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| author | Roger Frank <rfrank@pglaf.org> | 2025-10-15 02:47:37 -0700 |
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Kapellmeisters Wolfgang Amadeus Mozart + +Author: Franz Xaver Niemetschek + +Release Date: July 21, 2009 [EBook #29474] + +Language: German + +Character set encoding: UTF-8 + +*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK LEBENSBESCHREIBUNG *** + + + + +Produced by Norbert H. Langkau, Markus Brenner and the +Online Distributed Proofreading Team at http://www.pgdp.net + + + + + + + Lebensbeschreibung + + des + + K. K. Kapellmeisters + + Wolfgang Amadeus Mozart, + + aus + + Originalquellen, + + von + + Franz Xav. Němetschek, + Professor an der Universität zu Prag. + + + Zweite vermehrte Auflage. + + + Prag 1808, + in der Herrlischen Buchhandlung. + + + + +Die Nachwelt hat über den Rang bereits entschieden, der _Mozarten_ als +Künstler gebührt. Einzig, unübertroffen steht er, ein Raphael seiner +Kunst, unter den glorreichen Genien _Händel_, _Cimarosa_, _Gluck_, +_Hayden_, oben an; sein Ruhm erfüllt die ganze gebildete Welt. + +Aber _Mozart_ als Mensch ist nicht minder interessant: die frühe +Entwicklung und die schnelle Reife seines wunderbaren Genies biethet dem +Forscher der menschlichen Natur lehrreichen Stoff zum Nachdenken dar. In +beider Hinsicht darf sich diese biographische Skizze versprechen der +Aufmerksamkeit des Publikums nicht unwerth zu seyn. + + + + + I. + + Die Jugend Mozarts. + + +Der Vater dieses außerordentlichen Genies, Leopold Mozart, war der Sohn +eines Buchbinders zu Augsburg; er studirte zu Salzburg, und kam im Jahre +1743 als Hofmusikus in die fürstl. Kapelle. Sein Talent verbunden mit +einem rechtschaffenen Charakter verschaffte ihm 1762 die Stelle des +zweiten Kapellmeisters. Er war mit Anna Bertlinn verheurathet; beyde +waren von einer so vortheilhaften Körpergestalt, daß man sie zu ihrer +Zeit für das schönste Ehepaar in Salzburg hielt. + +Leopold Mozart beschäftigte sich mit dem Hofdienste, die übrigen Stunden +wendete er auf Komposition und Violinunterweisung. Welch ein +vorzüglicher Kenner dieses Instruments er gewesen sey, beweiset die +allgemein bekannte _Violinschule_, die er 1766 herausgab, und die im +Jahre 1770, und zu unserer Zeit das drittemal in Wien aufgelegt wurde. + +Er zeugte 7 Kinder; aber nur 2 blieben am Leben; ein Mädchen und ein +Knabe. Der Sohn der im Jahr 1756 am 27sten Jänner gebohren ward, hieß +Wolfgang Gottlieb, oder _Amadeus_; die Schwester, die älter war, Maria +Anna. + +Da der Vater bald an den beyden Kindern ein vorzügliches Talent zur +Musik bemerkte, so gab er alle Lektionen und auswärtige Geschäfte außer +seinem Dienste auf, und widmete sich ausschließlich der musikalischen +Erziehung dieses Kinderpaares. + +Dieser vortrefflichen Leitung muß der ungewöhnlich hohe Grad der +Vollkommenheit, zu dem Mozarts Genie sich so bald empor schwang, +zugeschrieben werden. Die Natur vermag freylich viel – aber verwahrlost, +oder zu einer andern Richtung gezwungen, verliert sie vieles von ihrer +ursprünglichen Kraft. Auf die ersten Ideenreihen und Eindrücke kommt es +bekanntermaßen bey der Erziehung der Kinder am meisten an; denke man +sich nun ein so großes natürliches Talent, als Mozart besaß, in so +günstigen Umständen, so wird man bald von dem Erstaunen, in welches uns +das Unbegreifliche seiner Aeußerungen und Begebenheiten versetzt, zurück +kommen, und den Thatsachen, die ich zu erzählen im Begriffe bin, gern +Glauben beimessen. Die ersten Eindrücke, die sein Ohr auffaßte, waren +Harmonien und Gesang; Musik waren die ersten Worte und Ideen, die er +begriff! So mußte der himmlische Funke, den die Gottheit in den Busen +dieses den Tönen geweihten Knaben gelegt hatte, sehr früh aufwachen und +in helle Flammen schlagen. Die gründlichen Kenntnisse seines sorgsamen +Vaters kamen überall dem aufwachenden Genie entgegen; so wuchs er auf, +so reifte er schneller, als die bloße Natur zu reifen vermag. + +Mozart war eben 3 Jahr alt, als seine 7 jährige Schwester den ersten +Unterricht auf dem Klaviere bekam; und hier äußerte sich zuerst das +Genie des Knaben. Er setzte sich oft freywillig zu dem Klavier und +beschäftigte sich stundenlang mit der Zusammenstimmung der _Terzen_, die +er dann, wenn er sie fand, anschlug, und in lebhafte Freude ausbrach. +Nun fing also der Vater an ihm leichte Stücke spielend beyzubringen; und +er fand zu seinem freudevollen Erstaunen, daß der Schüler alle +menschliche Erwartung übertraf; er lernte gewöhnlich in einer Stunde ein +Menuet, oder ein Liedchen, und trug es dann mit dem angemessenen +Ausdrucke vor. + +Jeder Leser wird es wahrscheinlich finden, wenn ich sage, daß der +kleine Mozart, das lebhafteste Temperament, und ein sehr zärtliches +Gefühl hatte. Seinen kindischen Spielen ergab er sich mit einer +Innigkeit, die ihn auf alles übrige vergessen ließ, und Liebe für alle +Personen die um ihn waren, oder sich mit ihm abgaben war sein +herrschender Hang; er fragte jeden, der mit ihm umgieng, ob er ihn lieb +habe, und vergoß gleich Zähren, wenn man es scherzweise verneinte. + +Ueberhaupt ergab sich Mozart schon als Kind und Knabe allen Dingen und +Personen, an denen sein Geist Interesse fand, mit der ganzen warmen und +lebhaften Innigkeit, deren ein so zartorganisirter Mensch fähig ist. +Dieser Zug blieb stets auch an dem Manne das unterscheidende Merkmal – +und war oft sein Unglück. + +Im 6ten Jahre kam er schon in der Musik so weit, daß er selbst kleine +Stücke auf dem Klavier komponirte, die dann sein Vater in Noten setzen +mußte. Von diesem Zeitpunkte an empfand er nichts so lebhaft, als Töne, +und jede andere Spielerey, die sonst Kinder freut, war ihm gleichgiltig, +sobald nicht Musik dabey war. + +Die täglichen Fortschritte die er darinn machte, setzten oft den Vater, +der doch beständig um ihn war, und jeden Schritt beobachtete, in das +überraschendeste Erstaunen; denn es waren nicht Fortschritte eines +gewöhnlichen geschickten Lehrlings, sondern Riesenschritte eines Genies, +dessen Größe selbst sein Vater und Erzieher nicht ahnden konnte, weil +seine Entwickelung und Aeußerung auch den größten Erwartungen zuvor kam. +Folgende Begebenheit, die auch Schlichtegroll in seinem Nekrolog +erzählt, und die mir von mehreren Personen bestättiget wurde, mag zum +Beweise dienen. + +Als Wolfgang ungefähr im 6ten Jahre seines Alters war, kam einst sein +Vater, aus der Kapelle mit einem Freunde nach Hause zurück; sie trafen +den kleinen Tonkünstler mit der Feder in der Hand beschäftiget an. Der +Vater fragte ihn was er denn mache. + +_Wolfg._ Ein Conzert fürs Klavier. + +_Vat._ Laß sehen; das wird wohl was Sauberes seyn. + +_Wolfg._ Es ist noch nicht fertig. + +Nun nahm es der Vater in die Hand, und fand ein Geschmiere von Noten und +ausgewischten Tintenflecken; denn der kleine Komponist wußte mit der +Feder noch nicht recht umzugehen; er tauchte sie zu tief in der Tinte +ein und machte dann freylich immer Flecke auf das Papier, die er mit der +Hand auswischte, und so weiter darauf fortschrieb. Als aber der Vater +etwas aufmerksamer die Komposition betrachtete, blieb sein Blick vom +angenehmen Erstaunen und einer unbeschreiblichen Rührung darauf +gefesselt, und helle Thränen der Freude traten in seine Augen. + +Sehen Sie Freund! sprach er dann lächelnd, wie alles richtig und nach +den Regeln gesetzt ist; nur kann man es nicht brauchen, weil es so +schwer ist, daß es sich nicht spielen läßt. + +_Wolfg_. Dafür ist es auch ein Konzert; man muß so lange exerzieren, bis +man es heraus bringt. Sehen Sie, so muß es gehen. + +Hier fieng er es an zu spielen, konnte aber auch selbst kaum so viel +vorbringen, als man erkennen konnte, was seine Gedanken gewesen sind. +Denn er hatte die Meynung, ein Conzert spielen, und Mirakel wirken sey +alles eins. + +Zu dieser Zeit hatte es der Knabe schon so weit in der Musik gebracht, +daß der Vater ohne Bedenken auch das Ausland zum Zeugen der +außerordentlichen Talente seines Sohnes machen konnte. + +Die erste Reise, die er mit ihm und seiner Schwester unternahm, war nach +München, im Jahre 1762. Hier spielte Wolfgang vor dem Churfürsten ein +Conzert, und erndete sammt seiner Schwester die größte Bewunderung ein. + +Die zweyte Reise geschah im Herbste des nemlichen Jahres, also auch im +6ten Jahre seines Alters nach Wien, wo die beyden kleinen Virtuosen dem +kaiserlichen Hof vorgestellet wurden. + +Eine verehrungswürdige Dame, die damals am Hofe war, versicherte mich, +daß beyde Kinder ein allgemeines Erstaunen erregt haben; man konnte kaum +seinen Augen und Ohren trauen, wenn sie sich produzirten. Vorzüglich hat +der verewigte Schätzer der Künste, Kaiser Franz I. an dem kleinen +Hexenmeister, (wie er ihn scherzweise nannte,) viel Wohlgefallen +gefunden. Er unterhielt sich vielmal mit ihm. Alle Anekdoten die Herr +Schlichtegroll bey dieser Gelegenheit erzählet, sind mir als wahr +bestättiget worden. + +Der Kaiser hat unter andern mit ihm gescherzt, es seye wohl keine so +außerordentliche Kunst zu spielen; wenn man auf die Klaviatur schauen +kann, aber bey verdeckter Klaviatur – das wäre etwas? Mozart war damit +nicht in Verlegenheit gesetzt: er läßt sich die Klaviatur bedecken und +spielt eben so gut, wie vorher. + +Auch dieß sey noch nichts besonderes, versetzte der Kaiser, wenn man mit +allen Fingern spielt; aber mit einem einzigen zu spielen, das wär erst +Kunst. + +Auch diese Zumuthung machte den Knaben nichts weniger als verlegen – er +versuchte es mit Entschlossenheit auf der Stelle, und spielte zur +Verwunderung mehrere Stücke auf diese Art mit Nettigkeit aus. Schon +damals äußerte er einen Charakterzug, der ihm stets eigen geblieben +ist; nemlich die Verachtung alles _Lobes_ der Großen, und eine gewisse +Abneigung vor Ihnen, wenn sie nicht Kenner zugleich waren, zu spielen. +Mußte er es dennoch, so spielte er nichts als Tändeleyen, Tanzstücke +u. d. gl. unbedeutende Sachen. Aber, wenn Kenner zugegen waren, so war +er ganz Feuer und Aufmerksamkeit. + +Diese Eigenheit behielt er bis zu seinem Tode, wie wir es bey seinem +dreymaligen Aufenthalt in Prag sehr oft erfahren haben. + +So geschah es auch damals bey dem Kaiser Franz. Als er sich zum Klavier +setzte um ein Konzert zu spielen, und der Kaiser bey ihm stand, sagte +Mozart: »Ist Herr Wagenseil nicht hier? der versteht es.« Wagenseil kam, +und der kleine Virtuose sagte: »Ich spiele ein Conzert von Ihnen, Sie +müssen mir umwenden.« + +Auch folgende Anekdote kann vielleicht zu seiner Schilderung beitragen. + +Unter allen Erzherzoginnen nahm ihn Antoinette, die nachmalige Königinn +von Frankreich am meisten ein, und er hatte eine besondere Zärtlichkeit +für sie. Als er einst in den Zimmern der höchstseligen Kaiserinn Maria +Theresia war, und von den kleinen Prinzen und Prinzessinnen herum +geführt wurde, hatte er das Unglück, des Gehens am geglätteten Fußboden +ungewohnt, zu fallen. Niemand war geschäftiger ihm beyzuspringen und +aufzuhelfen, als die kleine Erzherzoginn Antoinette; dieß rührte sein +kleines Herz so sehr, daß er gerade zu der Monarchin eilte, und mit viel +Begeisterung die Güte des Herzens dieser Prinzessinn erhob. Wer hätte +einem solchen Kinde nicht gut werden sollen? + +Die beyspiellose Fertigkeit, mit welcher er das Klavier behandelte, und +der hohe Grad der Kenntniß der Kunst, die er in einem Alter erreichte, +wo Kinder sonst noch kaum einen Kunsttrieb äußern, war bewundernswürdig +genug; ja es ließ sich wohl kaum etwas Größers erwarten. Aber der +wunderbare Geist der Töne, der in ihn von dem Schöpfer gelegt ward, +schritt alle gewöhnliche Schranken über, und ging, da er einmal erwacht +war, allem Unterrichte voran. Was man ihn lehren wollte, das war seinem +Geiste schon wie bekannt, und er schien sich nur daran zu besinnen! + +Der Unterricht diente ihm also nur als Reizmittel, und zur Berichtigung +des Geschmackes. + +_Mozart_ spielte bisher kein anderes Instrument als das Klavier; aber er +konnte auch schon geigen, bevor es sein Vater wahrnahm, oder ihm irgend +eine Anweisung auf der Violine gegeben hatte. Ich will den Vorfall, der +dieses offenbarte mit den Worten des Nekrologes erzählen. – »Mozart +hatte aus Wien eine kleine Geige mitgebracht, die er dort geschenkt +bekommen hatte. Kurz als die Familie wieder nach Salzburg zurück gekehrt +war, kam _Wenzl_ ein geschickter Geiger und Anfänger in der Komposition +zu dem Vater Mozart, und bath sich dessen Erinnerungen über 6 Trios aus, +die er während der Abwesenheit der Mozartischen Familie gesetzt hatte.« + +»_Schachtner_, ein noch lebender Hoftrompeter in Salzburg, den der +kleine Mozart besonders liebte, war eben gegenwärtig. Der Vater,« so +erzählte dieser glaubwürdige Augenzeuge, »spielte mit der Viola den Baß, +Wenzl die erste Violin, und ich sollte die zweyte spielen. Der kleine +Wolfgang bath, daß er doch die zweyte Violin spielen dürfte. Aber der +Vater verwieß ihm seine kindische Bitte, weil er noch keine ordentliche +Anweisung auf der Violin gehabt hätte und daher unmöglich etwas Gutes +herausbringen könnte. Der Kleine erwiederte, daß, um die 2te Violin zu +spielen man es ja wohl nicht erst gelernet zu haben brauche; aber der +Vater hieß ihn halb in Unwillen davon gehen und ihn nicht weiter stören. +Der Kleine fing an bitterlich zu weinen, und lief mit seiner kleinen +Geige davon. Ich bath, man möchte ihn doch mit mir spielen lassen; +endlich willigte der Vater ein, und sagte zu ihm: Nun so geige nur mit +Herrn Schachtner, jedoch so stille, daß man dich nicht höre, sonst mußt +du gleich fort. Wir spielten und der kleine Mozart geigte mit mir, doch +bald bemerkte ich, daß ich da ganz überflüssig sey. Ich legte meine +Geige weg und sah den Vater an, dem bey dieser Scene Thränen der +gerührten Zärtlichkeit aus dem väterlichen Auge über die Wangen rollten. +So spielte Wolfgang alle 6 Trios durch. Nach deren Endigung wurde er +durch unsern Beyfall so kühn, daß er behauptete, auch die erste Violin +spielen zu können. Wir machten zum Scherz einen Versuch, und mußten +herzlich lachen, als er auch diese, wiewohl mit lauter unrechten und +unregelmäßigen Applikaturen, doch aber so spielte, daß er nie völlig +stecken blieb.« + +Mit welcher bewundernswürdigen Genauigkeit sein Ohr auch den feinsten +Unterschied der Töne maß, wie unglaublich sicher sein Gedächtniß Töne +behielt, beweiset folgender Vorfall, der sich fast um gleiche Zeit +ereignete. + +_Schachtner_, der erwähnte Freund des Mozartschen Hauses, und der +Liebling des kleinen Wolfgangs, besaß eine Violin, die dieser ihres +sanften Tones wegen vorzüglich liebte, und die Buttergeige nannte. Er +spielte eines Tages darauf. In einigen Tagen kam Schachtner wieder, und +traf den Wolfgang auf seiner eigenen kleinen Geige phantasirend an. + +»Was macht ihre Buttergeige?« sagte Wolfgang und fuhr in seiner +Phantasie fort. Nach einer kleinen Pause, wo er sich auf etwas zu +besinnen schien, sagte er weiter: + +Wenn sie aber nur ihre Geige immer in gleicher Stimmung ließen; sie war +das letztemal, als ich auf ihr spielte, um einen Viertelton tiefer, als +meine da. Man lächelte über diese dreiste Behauptung in einer Sache, wo +das geübteste Künstlerohr kaum einen Unterschied zu bemerken im Stande +ist. + +Der Vater aber, der schon oft durch ähnliche Aeußerungen des großen +Tongefühls seines Sohnes überrascht wurde, hält es der Mühe werth die +Angabe zu prüfen. Die Geige wird gebracht, und zum allgemeinen Erstaunen +traf die Angabe mathematisch richtig ein. + +Bey allen diesen Fertigkeiten, bey diesem außerordentlich großen Talent, +besaß der kleine Mozart einen Fleiß, der für seinen zarten Körperbau +vielleicht zu groß war. Man mußte ihn Abends vom Klavier wegrufen, oft +mit Ernst wegjagen, sonst hätte ihn die aufgehende Sonne vielleicht noch +bey demselben angetroffen. + +Diese Vergessenheit seiner selbst, wenn er sich mit Musik beschäftigte, +blieb ihm bis an sein Ende eigen; er saß täglich am Fortepiano bis in +die späte Nacht. Ein sicheres Kennzeichen des Genies, welches seinen +Gegenstand immer mit der ganzen Kraft der Seele umfaßte, und seiner +selbst vergaß. + +Man darf jedoch nicht glauben, daß er nicht auch zu andern Sachen fähig +war; alles was er lernte, begriff er leicht, und ergab sich dem +Gegenstande mit einem Eifer und Feuer, dessen Grund in seiner +empfindsamen Organisation lag. So bemahlte er Stühle, Tische und den +Fußboden mit Ziffern, als er rechnen lernte, und dachte und redete von +nichts andern, als von arithmetischen Aufgaben; er ward nach der Zeit +einer der geübtesten Rechenmeister. + +Dabey war er so gehorsam und nachgiebig gegen seine Eltern, daß man nie +sinnlicher Strafen bedurfte, und daß er selbst keine Eßwaare ohne +Erlaubniß des Vaters annahm oder verzehrte. + +Sobald sein großes Talent etwas bekannt wurde, so mußte er oft ganze +Tage sich vor Fremden hören lassen: und doch zeigte er nie Unwillen, +wenn ihn der Befehl seines Vaters wieder an das Klavier gehen hieß. +Gegen seine Gespielen war er immer voll Freundlichkeit und Wohlwollen, +und hieng an ihnen mit der ganzen großen Zärtlichkeit seines Herzen; +selbst in kindischen Unterhaltungen zeigte sich sein Geist der Musik, +von der immer etwas mit dabey seyn mußte. + +Im siebenten Jahre seines Alters, das ist, im Jahr 1763 machte Mozart +mit seinen beyden Kindern die erste größere musikalische Reise in +Deutschland. Durch diese wurde der Ruhm des jungen Meisters allgemein +verbreitet. Er zeigte seine Talente und Fertigkeiten vorzüglich in +_München_, wo er auch ein Violin-Konzert vor dem Churfürsten spielte und +dazu aus dem Kopfe präambulirte; dann in _Augsburg_, _Manheim_, _Mainz_, +_Frankfurt_, _Koblenz_, _Kölln_, _Achen_ und _Brüssel_. + +Von da giengen sie im November nach Frankreich, wo sich die Familie +21 Wochen aufhielt. Zu Versailles ließ sich der kleine 8 jährige Mozart +in der königl. Kapelle vor dem Könige und dem ganzen Hofe auf der Orgel +hören. Man schätzte zu dieser Zeit sein Orgelspiel noch höher als das +Klavierspiel. + +In Paris gaben sie zwei Akademien fürs Publikum, wovon die Folge war, +daß alsogleich der Vater sammt den beyden Kindern in Kupfer gestochen +erschienen, und daß man allgemein in Bewunderung und Lobeserhebung +derselben wetteiferte. Hier gab auch Wolfgang Mozart seine ersten +Kompositionen in Stich heraus. Das erste Werk dedicirte er der Madame +Viktoire, der zweyten Tochter des Königs, das andere der Gräfinn Tesse. +Es sind Sonaten für das Klavier. + +Von Paris ging die Familie den 10. April 1764 nach England. Noch in +demselben Monate ließen sich die Kinder vor der königlichen Familie +hören; so auch im folgenden, wobei zugleich Mozart auf der Orgel des +Königs spielen mußte. Darauf gaben sie ein großes Konzert für das +Publikum zu ihrem Besten; ein anderes zum Nutzen des Hospitals der +Wöchnerinnen: in beyden waren alle Sinfonien von der Komposition des +Sohnes. Dann spielten sie noch einmal vor dem König und dem vornehmsten +Adel. + +Der ungewöhnliche Beyfall und die Bewunderung, zu welcher solche +Wundertalente das Publikum überall hingerissen haben, waren für den +jungen Mozart Antrieb und Reiz sich immer vollkommener zu machen. Er +sang auch mit der größten Empfindung Arien – und es war gewiß ein +rührendes Schauspiel dieses kleine Virtuosenpaar auf 2 Klavieren +konzertieren, oder im Gesange wetteifern zu hören! der Sohn war schon so +weit in der Kunst gekommen, daß er die schwersten Stücke von den größten +Meistern vom Blatte wegspielen konnte; in Paris und London legte man ihm +Sachen vom _Händel_ und _Bach_ vor, die er mit Akkuratesse und dem +angemessenen Vortrage zur Verwunderung jedes Kenners vom Blatt +wegspielte. + +Als er bei dem Könige von England spielte, legte man ihm unter andern +einen _bloßen Baß_ vor, wozu er auf der Stelle eine vortreffliche +Melodie erfand und zugleich vortrug. + +Während dieses Aufenthalts in England schrieb er 6 Klavier-Sonaten, die +er in London stechen ließ und der Königin dedizirte. + +Den Sommer des Jahrs 1765 brachte die Familie in _Flandern_, _Brabant_ +und _Holland_ zu. Während einer gefährlichen Krankheit, (_Blattern waren +es_), welche die beyden Kinder einige Monathe lang auf das Krankenbette +fesselte, fing Wolfgang andere 6 Klavier-Sonaten an; und als er sie nach +der Krankheit vollendet hatte, ließ er sie stechen, und dedizirte sie +der Prinzessin von Nassau-Weilburg. In dieser Krankheit zeigte sich die +immer rege Thätigkeit seines harmonischen Geistes sehr auffallend: denn +da er das Bette nicht verlassen durfte, so mußte man ihm ein Brett über +das Lager richten, auf welchem er schreiben konnte; und selbst als seine +kleinen Finger noch voll Pocken waren, konnte man ihn kaum vom Spielen +und Schreiben abhalten. Diese Anekdote ist aus dem Munde eines sehr +glaubwürdigen Zeugen. + +Zu dem Installationsfeste des Prinzen von Oranien, im Anfange des Jahrs +1766, setzte der junge Mozart einige Sinfonien, Variationen und Arien. + +Nachdem er einigemal bey dem Erbstatthalter gespielt hatte, gieng die +Familie wieder nach Frankreich, blieb einige Zeit in _Paris_, und reiste +über _Lyon_ und die _Schweiz_ nach _Schwaben_, wo sie einige Zeit in +Donaueschingen bey dem Fürsten von Fürstenberg verweilten, und dann zu +Ende des Jahrs 1766 nach einer Abwesenheit von 3 Jahren wieder in +Salzburg eintrafen. + +Hier blieb nun die Mozartische Familie mehr als ein Jahr in Ruhe. Diesen +Zeitraum der Musse wendete der junge Künstler auf das höhere Studium der +Komposition, deren größte Tiefen er nun bald ergründet hatte. _Emmanuel +Bach_, _Hasse_ und _Händel_ waren seine Männer – ihre Werke sein +unablässiges Studium! Er vernachlässigte auch nicht die alten +italienischen Meister, deren Vorzüge in Rücksicht der Melodie und der +Gründlichkeit des Satzes so auffallend gegen die heutigen Italiener +abstechen. So schritt er immer näher zu der Stufe der Vollkommenheit, +auf der ihn bald darauf die Welt als eine seltene Erscheinung erblickte. + +Im folgenden Jahre 1768 gieng Mozart nach Wien und spielte vor dem +Kaiser _Joseph_, der dem 12 jährigen Knaben den Auftrag gab, eine #Opera +buffa# zu schreiben. Sie hieß #La finta semplice#, und erhielt den +Beyfall des Kapellmeisters Hasse und Metastasios, wurde aber nicht +aufgeführt. + +Bey diesem Aufenthalte zu Wien war er oft bey dem Dichter Metastasio, +der ihn sehr liebte, bey dem Kapellmeister Hasse und dem Fürsten +Kaunitz; hier gab man ihm oft die erste beste italienische Arie, zu +welcher Wolfgang auf der Stelle in Gegenwart aller Anwesenden die Musik +mit allen Instrumenten setzte. Dieses Faktum bestättigen mehrere noch +lebende verehrungswürdige Zeugen, aus deren Mund ich die Anekdote gehört +habe. + +Zu der Einweihung der Kirche des Waisenhauses, welche zu dieser Zeit +gefeyert wurde, komponirte der zwölfjährige Meister Mozart die +Kirchenmusik, und dirigirte ihre Aufführung in Gegenwart des ganzen +kaiserlichen Hofes. + +Das Jahr 1769 brachte er mit seinem Vater in Salzburg zu, theils in +vollkommener Erlernung der italienischen Sprache, theils in der +Fortsetzung des höhern Studium seiner Kunst. In demselben Jahre wurde er +zum Konzertmeister bey dem Salzburgischen Hofe ernannt. + +Mozart hatte nun die ansehnlichsten Länder Europens gesehen; der Ruhm +seines großen, früh gereiften Künstlertalents blühte bereits von den +Ufern der Donau bis zur Seine und der Themse hin; aber er war noch nicht +in dem Vaterlande der Musik gewesen. Italiens Beyfall und Bewunderung +mußte erst der Urkunde seines Ruhmes das Siegel aufdrücken. Auch war es +seinem nach Vollkommenheit strebenden Geiste daran gelegen, die Blüthe +der Tonkunst – den Gesang in seinem natürlichen Boden zu beobachten, und +die vielen großen Männer, die damals noch Italiens Ruhm in der Musik +stützten, zu kennen – und von ihnen zu lernen. + +Im Dezember des nämlichen Jahres verließ also Mozart blos in Begleitung +seines Vaters, Salzburg. Sein erster Aufenthalt war Inspruck, wo er in +einer Akademie bey dem Grafen Künigl ein Konzert #primi vista# mit +vieler Leichtigkeit spielte. Von da giengen sie nach Mailand. + +Hatte in Frankreich und England sein großes Genie und die seltenen +Kunst-Fertigkeiten Bewunderung erregt, so war es in Italien feuriger +Enthusiasmus, mit dem man ihn aufnahm und erhob! Selbst der mächtige +Nationalstolz, und das Vorurtheil des Ultramontanismus wich besiegt von +den glänzenden Talenten des 12 jährigen Knaben; er schien eine +Erscheinung vom Himmel, ein höherer Genius der Tonkunst zu seyn! + +So groß war die Ueberlegenheit seines Genies, daß ihm zu Mailand nach +einigen öffentlichen Proben seiner Kunst, gleich die #Scrittura# zu der +#Opera seria# für den künftigen Karneval 1771 gegeben ward. Von da +reisete er schon im März 1770 nach Bologna – eine Stadt die nebst Neapel +den größten Ruhm der Musik hatte. + +Hier fand der junge Künstler einen enthusiastischen Bewunderer an dem +berühmten Kapellmeister Pater _Martini_,[1] dem größten Kontrapunktisten +und einem berühmten Schriftsteller in der Musik. Künstler von wahrem +Verdienst ehren einander überall! Auch haben es die Italiener nicht nur +an Mozart, sondern auch an unserm Landsmann Misliweczek bewiesen, daß +sie große Talente, wenn sie auch außer Italien entsprossen sind, zu +schätzen verstehen. Wie groß war die Achtung, in der dieser berühmte +Böhme in Neapel und Rom stand? + + [Fußnote 1: Anmerkung: Ohne meine Erinnerung werden die Leser + einsehen, daß dieser Martini mit dem Opernkomponisten Martini, + dem Verfasser der #Cosa rara#, nicht zu verwechseln sey.] + +Abbate _Martini_ war nebst den andern Kapellmeistern außer sich vor +Bewunderung, als der junge Mozart über jedes Fugenthema, das ihm Martini +hinschrieb, die gehörige Eintheilung und Disposition nach der ganzen +Strenge der Kunst angab, und die Fuge augenblicklich auf dem Klavier +ausführte. + +Zu Florenz fand man bey seiner Gegenwart alles, was der Ruf von seinen +Talenten sagte, zu gering, als Mozart bey dem #Marchese Ligneville# +ebenfalls einem großen Kontrapunktisten, jedes angegebene Thema auf der +Stelle vortrefflich ausführte – jede vorgelegte Fuge, mit einer +Leichtigkeit vom Blatte wegspielte, als hätte er sie selbst komponirt. +Und wie wahr es ist, daß treffliche Geister einander verstehen und ihre +Verwandschaft bald anerkennen, zeuget die Bekanntschaft, die Mozart hier +in Florenz mit einem jungen Engländer _Thomas Linley_, einem Knaben von +14 Jahren gemacht hatte. Er war der Schüler des berühmten Violonisten +Nardini, schon selbst Virtuose und Meister seines Instrumentes. Sie +wurden bald innige vertraute Freunde; ihre Freundschaft aber war nicht +Knaben Anhänglichkeit, sondern die Zärtlichkeit zweyer tieffühlenden, +übereinstimmenden Seelen! sie achteten sich als Künstler, und führten +sich auf wie Männer! Wie bitter war ihnen der Tag ihrer Trennung? Linley +brachte Mozarten am Tage der Abreise noch ein Gedicht, das er von der +Dichterin _Corilla_ auf ihn hatte verfertigen lassen, schied unter +vielen Umarmungen und Thränen von ihm, und begleitete seinen Wagen unter +beständigen Aeußerungen der zärtlichsten Betrübniß bis vor die Stadt. + +Von Florenz reisete Vater und Sohn nach Rom; sie kamen eben in der +Charwoche an. Hier hatte nun Mozart Gelegenheit genug die vielen +Meisterstücke der erhabensten Kirchenmusik zu hören, die in dieser +heiligen Zeit bey der ernsten Feyer der Welterlösung aufgeführt werden. +Den ersten Rang darunter verdiente das berühmte _Miserere_, welches +Mittwochs und Freytags diese Woche in der sixtinischen Kapelle blos von +Vokalstimmen gesungen wird, und das in dem _erhabenen, feyerlichen_ +Kirchengesange das #non plus ultra# der Kunst seyn soll; so zwar daß es +den päpstlichen Musikern unter der Strafe der Exkommunikation verbothen +ward, eine Kopie davon zu machen. + +Dieß gab dem jungen Mozart den Gedanken ein, bei der Anhörung desselben +recht aufmerksam zu seyn, und es dann zu Hause aus dem Gedächtnisse +aufzuschreiben. Es gelang ihm über alle Erwartung; er nahm den Aufsatz +am Charfreytage zur Wiederholung desselben mit, um im Stande zu seyn +Verbesserungen zu machen, und das Mangelhafte zu ergänzen. + +Bald verbreitete sich der Ruf davon in Rom, und erregte allgemeines +Aufsehen und Erstaunen; besonders, da es Mozart in einer Akademie +aufführte, wobey der Kastrat Christophori zugegen war, welcher es in der +Kapelle gesungen hatte, und durch sein Erstaunen Mozarts Triumph +vollkommen machte. + +Wer es einsieht, welchen Aufwand von Kunst eine so vielstimmige, +kritische Choralmusik erfodert, der wird mit Recht durch diese +Begebenheit in Erstaunen gesetzt. Welch ein Ohr, Gedächtniß, Tongefühl – +welche Kenntniß des Satzes war das, die vermögend war, ein solches Werk +sogleich zu fassen und so vollkommen zu behalten? Dieß zu können, mußte +ein höheres Maß von Kräften vorhanden seyn, als man gewöhnlich +anzutreffen pflegt. + +In Neapel, wohin er sich aus Rom begab, fand Mozart nicht weniger +Bewunderer, als in den andern Städten Italiens; denn jeder unbefangene +Zuhörer mußte seinem Genie huldigen. Mozart riß später als Mann mit der +Allgewalt seiner Kunst jedes gefühlvolle Herz hin: was mußte den +Zuhörern in Italien geschehen, die einen Knaben sahen und den +vollendetesten Künstler hörten? – Sie hielten ihn für einen Zauberer: +der war nun Mozart freylich: aber die magische Kraft lag nicht in seinem +Ringe, wie man in Neapel wähnte; denn als er ihn auf Verlangen der +Zuhörer weglegte, war sein Spiel nicht weniger bezaubernd, als zu vor. +Man denke sich nun das Erstaunen und die Bewunderung der lebhaften +Italiener? Von Neapel kehrte Mozart, mit einem Rufe, der nur _selten_ +einem Künstler vorangeht, nach Rom zurück. Der Papst durch alle die +Wunder der Kunst aufmerksam gemacht, wollte den jungen Kapellmeister +sehen. Er ward ihm vorgestellt, und erhielt das Kreuz und Breve als +Ritter #militiae auratae#. + +Auf seiner Rückreise von Rom nach Mayland, hielt er sich wieder eine +kurze Zeit zu Bologna auf, wo er mit einstimmiger Wahl als Mitglied und +Maestro der philharmonischen Akademie aufgenommen wurde. Zur Prüfung +bekam er eine vierstimmige Fuge im Kirchenstil auszuarbeiten; man schloß +ihn deshalb in ein Zimmer ganz allein ein. Er war damit in einer halben +Stunde fertig und erhielt das Diplom. + +In allen diesen Städten wurden ihm Opern-Akkorde für den nächsten +Fasching angetragen; da er aber bereits für Mailand versprochen war, so +mußte er sie alle ausschlagen. Daher eilte er dahin zu kommen. Seine +Oper unter dem Titel: #Mitridate# kam noch zu Ende des Jahres 1770, den +26. Dezember auf die Scene; sie erhielt allgemeinen Beyfall und ward +zwanzigmal nacheinander aufgeführt. Eben darum wurde mit ihm alsogleich +schriftlichen Akkord auf die #Opera seria# für den Karneval von 1773 +eingegangen. Sie hieß, #Lucio Sulla# und erhielt einen noch größern +Beyfall als #Mitridate#, denn sie wurde 26mal ohne Unterbrechen +aufgeführt. + +Auf seiner Rückreise aus Italien im J. 1771, besuchte er noch Venedig +und Verona; hier überreichte man ihm auch das Diplom als Mitglied der +philharmonischen Gesellschaft.[2] So kam er nach einem Aufenthalte von +mehr als 15 Monaten in Italien, nach Salzburg zurück. Die Ausbeute +dieser langen Reise war ein Schatz neuer Kenntnisse und Ideen, ein +geläuterter Geschmack und die Bewunderung einer Nation, die von der +Natur selbst zur Richterin in der Tonkunst berufen zu seyn schien. + + [Fußnote 2: Anmerkung. Alle diese Diplome, so wie das Kreuz des + päpstl. Ordens, bewahret die Wittwe zum Andenken.] + +Bey seiner Ankunft in Salzburg fand Mozart einen Brief von dem Grafen +_Firmian_ aus Mayland, worinn ihm dieser im Namen der Kaiserin _Maria +Theresia_ den Auftrag machte, die große theatralische Serenate zur +Vermählung des Erzherzogs _Ferdinand_ zu schreiben.[3] Zu diesem Feste +schrieb _Hasse_, der älteste unter den Kapellmeistern die Opera, und +Mozart, der jüngste unter ihnen, die Serenate; die Kaiserin schien das +so mit Absicht angeordnet zu haben! Diese Serenate hieß: #Ascanio in +Alba#; während der Feyerlichkeit ward immer mit der Oper und der +Serenate abgewechselt. Bey der Wahl des neuen Erzbischofs von Salzburg, +1772, schrieb Mozart auch eine theatralische Serenate, betitelt: #Lo +sogno di Scipione.# + + [Fußnote 3: Serenaten waren eine Gattung Kantaten, denen zum + Grunde ein dramatisches Sujet gelegt war; sie hatten also + Aehnlichkeiten mit den Oratorien.] + +Einige Reisen die Mozart im Jahre 1773 und 1774 nach Wien und München +machte, gaben die Gelegenheit zu mehreren Meisterwerken der Tonkunst; +hieher gehört die komische Oper: #La finta Giardiniera#, und mehrere +Messen für die Münchner Hofkapelle. + +Im Jahre 1775 schrieb Mozart in Salzburg die Serenate #il re pastore#, +welche außerordentlich gefiel, und unter diejenigen ältern Werke Mozarts +gehört, die auch jetzt noch ihren großen Werth haben; denn er hatte +darinn schon den hohen Geist ahnden lassen, der in seinen spätern +Kunstwerken herrscht. Dahin gehört das Oratorium der büssende David, +welches unter die besten Werke dieser Art gehört, und auch jetzt noch +von Kennern bewundert wird. + + + + + II. + + Mozart als Mann. + + +Diesen Zeitpunkt, das heißt, sein 20stes Lebensjahr können wir für die +Epoche seiner Vollendung als Meister annehmen; denn von nun an zeigte er +sich immer als ein solcher im glänzendesten Lichte, und mit einer +entscheidenden Ueberlegenheit des Geschmackes und Genies; alle seine +Werke, die er seit dem geliefert hat, sind klassisch und erwarben ihm +die Krone der Unsterblichkeit. Wir fahren in der Erzählung seiner +Lebensbegebenheiten fort, und werden die vorzüglichsten seiner Werke, +aus dieser Lebensperiode, in einem besondern Abschnitte rezensiren. + +Mozarts Ruhm war nun gegründet. Jede große Stadt, die er zu dem +Schauplatze seiner Talente gemacht hätte, würde ihn mit Freude +aufgenommen, und seine Werke mit Entzücken angehört haben. Zu einer +solchen Erwartung berechtigte ihn im hohen Maße die große Wirkung, die +sein zweifaches gleich großes Talent, des Klavierspielers und +Kompositors jedesmal und überall auf das Publikum gemacht hatte. + +Unter diesen Städten war wohl _Paris_ der angemessenste Platz für das +Genie Mozarts; um so mehr, da seine Kunst dort ein schon begeistertes +Publikum gefunden hätte. Aber er hatte keinen Geschmack an der +französischen Musik; über dieß war sein gerader Charakter zu Intriguen +und Kabalen nicht gemacht, die auf diesem großen Tummelplatze +menschlicher Leidenschaften auch die Künste mit ihren Schlangenwindungen +umstrickten. Er kam also von der letzten Reise, die er im Jahre 1777 mit +seiner Mutter nach Paris zu dem Endzwecke gemacht hatte, bald wieder, +aber allein zurück; denn sie starb dort.[4] Auch dieß mag seinem +gefühlvollen Herzen den Aufenthalt in Paris verleidet haben. Zu Ende +des Jahres 1778 war er schon wieder in Salzburg. + + [Fußnote 4: Anmerkung: Diese Reise nach Paris gab der Welt die + große Sinfonie in #D.# die deshalb und ihres raschen Feuers + wegen, die französische heißt.] + +Der Bayerische Hof, der schon so oft Zeuge seines Künstlertalentes war, +und insbesondere der damalige Churfürst, der große Schätzer aller +schönen Künste, liebte Mozarts Musik im hohen Grade. Er bekam daher den +Auftrag für den Fasching vom 1781 in München eine #Opera seria# zu +schreiben. + +Da schuf Mozart das erhabene Werk, die Oper #Idomeneo#; worinn eine +Gedankenfülle, eine Wärme der Empfindung herrscht, die sich nur von der +Jugendkraft eines genialischen Tonkünstlers wie Mozart erwarten ließ. +Diesen Aufenthalt in München rechnete Mozart unter die angenehmsten Tage +seines Lebens und vergaß nie auf die gefällige Freundschaft, die er da +von so vielen Männern vom Verdienst genoß. + +Aus München ward er durch einen Auftrag seines Erzbischofs nach Wien +berufen: und von dieser Zeit an, das heißt von seinem 25sten Jahre, +lebte er in dieser Kaiserstadt, die eben so sehr durch den entschiedenen +Hang des Publikums zur Musik, als auch durch die Menge vortrefflicher +Tonkünstler, für Mozarts Geist wichtig seyn mußte. + +Von hier aus verbreiteten sich seine erstaunenswürdigen Kompositionen +zunächst nach Böhmen, dann in das übrige Deutschland, und gaben dem +Geschmacke in der Musik einen großen Schwung, eine neue Richtung, die +aber seine zeitherigen Nachahmer verzerren und verderben. + +Sein Spiel auf dem Pianoforte fand zuerst Bewunderer und Liebhaber; denn +obschon Wien mehrere große Meister dieses Instrumentes, des Lieblinges +des Publikums zählte, so kam doch keiner unserm Mozart gleich. Eine +bewundernswürdige Geschwindigkeit, die man besonders in Rücksicht der +linken Hand oder des Basses einzig nennen konnte, Feinheit und +Delikatesse, der schönste, redendeste Ausdruck und ein Gefühl, das +unwiderstehlich zum Herzen drang, sind die Vorzüge seines Spieles +gewesen, die gepaart mit seiner Gedankenfülle, mit der tiefen Kenntniß +der Komposition natürlich jeden Hörer hinreißen, und Mozarten zu dem +größten Klavierspieler seiner Zeit erheben mußten. + +Seine Klavierkompositionen aller Art, Sonaten, Variationen, Konzerte, +wurden bald allgemein bekannt und beliebt. Man ward bey jedem neu +erschienenen Werke überrascht durch die Neuheit des Stiles, und der +Gedanken – man staunte über die Höhe, zu der sich die Musik durch seine +Werke so schnell empor schwang! + +In Wien fand Mozart einen Tonkünstler, dessen Genie dem seinigen am +ähnlichsten war; ich meine den berühmten Schöpfer der Alzeste und +Iphigenie, _Ritter von Gluck_, einen Böhmen von Geburt. Der Umgang mit +ihm und das unablässige Studium seiner erhabenen Werke gab Mozarten viel +Nahrung, und hatte Einfluß auf seine Opernkompositionen. Auch wurde +Mozart bald der innigste Verehrer des großen, unvergleichlichen _Joseph +Haydn_, der schon damals der Stolz der Tonkunst war, und nun, nachdem +Mozart nicht mehr ist, unser einzige Liebling, unsere Wonne bleibt. +Mozart nannte ihn oft seinen Lehrer. + +Bald nachdem Mozart seinen Aufenthalt in Wien aufgeschlagen hatte, faßte +der unvergeßliche Kaiser _Joseph_ II. den Gedanken, der eines deutschen +Kaisers so würdig war, den Geschmack an italienischen Opern durch die +Unterstützung deutscher Singspiele und Sänger zu verdrängen, und für das +Vaterländische mehr zu stimmen. Er versammelte daher die besten Sänger +und Sängerinnen, und ließ von Mozart eine deutsche Oper setzen. Für +diese Virtuosen schrieb Mozart das allgemein bekannte, allgemein +beliebte Singspiel, die _Entführung aus dem Serail_ in dem Jahre 1782. + +Sie machte allgemeines Aufsehen; und die schlauen Italiener sahen bald +ein, daß ein solcher Kopf für ihr welsches Geklingel bald gefährlich +werden dürfte. Der Neid erwachte nun mit der ganzen Schärfe des +italienischen Giftes! Der Monarch der im Grunde von der _neuen +tiefeindringenden_ Musik entzückt war, sagte doch zu Mozart: »Gewaltig +viel Noten lieber Mozart!« + +»Gerade so viel, Eure Majestät, als nöthig ist,« versetzte dieser mit +jenem edlen Stolze, und der Freymüthigkeit, die großen Geistern so gut +anstehet. Er sah es ein, daß dieß nicht eigenes Urtheil, sondern +nachgesagt war. + +Ich darf hier nicht verschweigen, daß Mozart zu der Zeit, als er diese +Oper schrieb, _Konstanza Weber_, seine nachmahlige Gemahlin, die +Schwester der berühmten Sängerin _Lang_, liebte und eben Bräutigam war. +Den Einfluß, den diese Seelenstimmung auf die Komposition dieser Oper +haben mußte, wird jedermann erkennen, der sie gehört hat; denn wer weiß +es nicht, wie voll süßer Gefühle, voll schmachtender Liebe sie ist? + +Ich kann den Beyfall und die Sensation, die sie in Wien erregte, nicht +aus eigener Erfahrung beschreiben – aber ich bin Zeuge des Enthusiasmus +gewesen, den sie bey ihrer Aufführung in Prag in Kennern und +Nichtkennern verursachte! Es war, als wenn das, was man hier bisher +gehört und gekannt hatte, keine Musik gewesen wäre! Alles war +hingerissen – alles staunte über die neuen Harmonien, über die +originellen, bisher ungehörten Sätze der Blasinstrumente. Nun fingen die +Böhmen an seine Kompositionen zu suchen; und in eben dem Jahre hörte man +schon in allen bessern musikalischen Akademien, Mozarts Klavierstücke +und Sinfonien. Von nun an war die Vorliebe der Böhmen für seine Werke +entschieden! Die größten Kenner und Künstler unserer Vaterstadt, waren +auch Mozarts größte Bewunderer, die feurigsten Verkündiger seines +Ruhmes.[5] + + [Fußnote 5: Vorzüglich der verehrte Herr _Duscheck, Kucharz, + Praupner, Johann Kozeluch, (nicht Leopold der in Wien lebt,) die + beyden Loschek, Maschek, Caj. Vogel, Wenzel, Weber, Rösler, + Witassek, Tomaschek_ u. a. m.] + +Mozart lebte bisher, ungeachtet seines großen Ruhmes ohne _Anstellung_, +also ohne bestimmte Einkünfte. Klavier-Unterricht, und abonnirte +Konzerte für einen geschlossenen Cirkel des hohen Adels waren noch die +ausgiebigsten Quellen seiner Einkünfte, wobey sich in einer Stadt, wie +Wien, sicher nichts ersparen ließ. + +In dieser Periode schrieb er die schönsten Sachen für das Klavier: +Sonaten mit und ohne Begleitung, Konzerte, die nun in jedermanns Händen +sind. + +Im Jahre 1785 gab er 6 meisterhafte Violin-Quartetten im Stich heraus, +mit einer Dedikation an seinen Freund den Kapellmeister _Joseph Haydn_, +die ein schöner Abdruck seiner Hochachtung für diesen großen Mann ist; +und so wie dieselbe den Ruhm _Haydns_, durch die Huldigungen eines +Künstlers wie Mozart, vermehrt: eben so sehr gereicht sie diesem zur +Ehre, und macht uns das Herz eines Mannes liebenswürdig, dessen Talent +Bewunderung heischt. + +Gewiß, Mozart hätte mit keinem Werke einen _Joseph Haydn_ besser ehren +können, als mit diesen Quartetten, die ein Schatz der schönsten +Gedanken, und das Muster und eine Schule der Komposition sind. In den +Augen des Kenners ist dies Werk eben so viel werth, als jede +Opernkomposition Mozarts. Alles darinn ist durchgedacht, und vollendet! +– Man sieht es diesen Quartetten an, daß er sich die Mühe gab _Haydns_ +Beyfall zu verdienen. + +Eben zu der Zeit machte das französische Lustspiel von Beaumarchais, +_Figaro_ sein Glück und kam auf alle Theater. Mozart ward vom Kaiser +_Joseph_ dazu bestimmt, diesem Lustspiele, nachdem es in ein Singspiel +umgegossen ward, auch auf dem italienischen Operntheater durch seine +Musik Celebrität zu verschaffen. Es wurde in Wien von der italienischen +Opern-Gesellschaft aufgeführt. Wenn es wahr ist, was man allgemein als +wahr erzählt, und was sich bei so vielen glaubwürdigen Zeugen freylich +nicht in Zweifel ziehen läßt, daß die Sänger, aus Haß, Neid und +niedriger Kabale bey der ersten Vorstellung durch vorsetzliche Fehler +sich alle Mühe gegeben haben die Oper zu stürzen: so kann der Leser +daraus schließen, wie sehr diese Faktion die Ueberlegenheit des Genies +in Mozart fürchtete, und wie wahr es sey, was ich kurz vorher bey +Gelegenheit der _Entführung aus dem Serail_ bemerkt habe. Dieser feige +Bund verdienstloser Menschen blieb bis an das frühe Ende des +unsterblichen Künstlers in voller Thätigkeit ihn zu hassen, zu +verläumden, und seine Kunst herabzusetzen. Welchen Kampf hatte Mozarts +Geist zu bestehen, bis er vollkommen triumphirte? + +Man erzählt, daß die Sänger durch eine ernste Warnung des seligen +Monarchen zu ihrer Pflicht gewiesen werden mußten, da Mozart voll +Bestürzung zwischen dem 2ten Akte zu Ihm in die Loge kam und Ihn darauf +aufmerksam machte. + +So wie jedes seiner Werke in Böhmen nach seinem wahren Werthe erkannt +und geschätzt wurde: so geschah es auch mit dieser Oper. Sie wurde im +Jahre 1786 von der Bondinischen Gesellschaft in Prag auf das Theater +gebracht und gleich bey der ersten Vorstellung mit einem Beyfall +aufgenommen, der nur mit demjenigen, welchen die Zauberflöte nachher +erhielt, verglichen werden kann. Es ist die strengste Wahrheit, wenn ich +sage, daß diese Oper fast ohne Unterbrechen diesen ganzen Winter +gespielt ward, und daß sie den traurigen Umständen des Unternehmers +vollkommen aufgeholfen hatte. Der Enthusiasmus, den sie bei dem Publikum +erregte, war bisher ohne Beyspiel; man konnte sich nicht genug daran +satt hören. Sie wurde bald von einem unserer besten Meister, Herrn +Kucharz in einen guten Klavier-Auszug gebracht, in blasende Parthieen, +ins Quintett für Kammermusik, in teutsche Tänze verwandelt: kurz Figaros +Gesänge wiederhallten auf den Gässen, in Gärten, ja selbst der Harfenist +auf der Bierbank mußte sein #non piu andrai# tönen lassen, wenn er +gehört werden wollte. Diese Erscheinung hat freylich größtentheils in +der Vortrefflichkeit des Werkes ihren Grund; aber nur ein Publikum, +welches so viel Sinn für das wahre Schöne in der Tonkunst und so viel +gründliche Kenner unter sich besitzt, konnte den Werth einer solchen +Kunst auf der Stelle empfinden; dazu gehört auch das unvergleiche +Orchester der damaligen Oper, welches die Ideen Mozarts so genau und +fleißig auszuführen verstand. Denn auf diese verdienten Männer, die zwar +größtentheils keine Konzertisten, aber desto gründlichere Kenner und +Orchestersubjekte waren, machte die neue Harmonie und der feurige Gang +des Gesanges den ersten und tiefsten Eindruck! Der nunmehr verstorbene +rühmlich bekannte Orchester-Direktor _Strobach_ versicherte oft, daß er +sammt seinem Personale bey der jedesmaligen Vorstellung so sehr ins +Feuer gerathe, daß er trotz der mühsamen Arbeit mit Vergnügen von vorne +wieder anfangen würde. + +Die Bewunderung für den Verfasser dieser Musik gieng so weit, daß einer +unserer edelsten Kavaliere und Kenner der Musik, _Graf Johann Joseph +Thun_, der selbst eine vortreffliche Kapelle unterhielt, ihn nach Prag +zu kommen einlud, und ihm Wohnung, Kost und alle Bequemlichkeiten in +seinem Hause anboth. Mozart war zu sehr über die Wirkung erfreut, die +seine Musik auf die Böhmen machte – zu begierig eine Nation von einem +solchen Musikgefühle kennen zu lernen, als daß er die Gelegenheit nicht +mit Freuden ergriffen hätte. Er kam im Februar 1787 nach Prag: am Tage +seiner Ankunft wurde Figaro gegeben, und Mozart erschien darinn. +Alsogleich verbreitete sich der Ruf von seiner Anwesenheit im Parterre, +und so wie die Sinfonie zu Ende gieng, klatschte ihm das ganze Publikum +Beyfall und Bewillkommen zu. + +Er ließ sich dann auf allgemeines Verlangen in einer großen +musikalischen Akademie im Operntheater auf dem Pianoforte hören. Nie sah +man noch das Theater so voll Menschen, als bey dieser Gelegenheit; nie +ein stärkeres, einstimmiges Entzücken, als sein göttliches Spiel +erweckte. Wir wußten in der That nicht, was wir mehr bewundern sollten, +ob die _außerordentliche_ Komposition, oder das _außerordentliche_ +Spiel; beydes zusammen bewirkte einen Totaleindruck auf unsere Seelen, +welcher einer süßen Bezauberung glich! Aber dieser Zustand lösete sich +dann, als Mozart zu Ende der Akademie allein auf dem Pianoforte mehr als +eine halbe Stunde phantasirte und unser Entzücken auf den höchsten Grad +gespannt hatte, in laute überströmende Beyfallsäußerung auf. Und in der +That übertraf dieses Phantasiren alles, was man sich vom Klavierspiele +vorstellen konnte, da der höchste Grad der Kompositionskunst mit der +vollkommensten Fertigkeit im Spiele vereinigt ward. Gewiß, so wie diese +Akademie für die Prager die einzige ihrer Art war, so zählte Mozart +diesen Tag zu den schönsten seines Lebens. + +Die Sinfonien, die er für diese Gelegenheit setzte, sind wahre +Meisterstücke des Instrumentalsatzes, voll überraschender Uebergänge und +haben einen raschen, feurigen Gang, so, daß sie alsogleich die Seele zur +Erwartung irgend etwas Erhabenen stimmen. Dieß gilt besonders von der +großen Sinfonie in #D dur# und #Es#, die noch immer ein Lieblingsstück +des Prager Publikums sind, obschon sie wohl hundertmal gehört waren. + +Der Opernunternehmer Bondini schloß zugleich mit Mozart den Akkord zu +einer neuen Oper für die Prager Bühne auf den nächsten Winter, welche +dieser gerne übernahm, weil er erfahren hatte, wie gut die Böhmen seine +Musik zu schätzen und auszuführen verstanden. Dieß äußerte er oft gegen +seine Prager Freunde: er war überhaupt gern in Prag, wo ihn ein +gefühlvolles Publikum, und wahre Freunde so zu sagen auf den Händen +trugen. – Dem Opernorchester dankte er in einem Briefe an den damaligen +Direktor Herrn Strobach sehr verbindlich, und schrieb seiner geschickten +Ausführung den größten Theil des Beyfalls zu, den seine Musik in Prag +erhalten hatte.[6] Dieser Zug seines Herzens, so unbedeutend er scheint, +ist sehr schön; er giebt einen Beweis, daß _Stolz_, _Eigendünkel_ oder +_Undankbarkeit_ seine Fehler nicht waren, wie man es so häufig an viel +geringern Virtuosen wahrnimmt. + + [Fußnote 6: Der Verfasser las den Brief im Original, und fand + ihn sehr gut geschrieben.] + +In dem nemlichen Jahre 1787 gegen den Winter kam Mozart vermög seines +Akkords wieder nach Prag, und vollendete da die Krone aller seiner +Meisterwerke, die Oper: #Il dissoluto punito#, oder #Don Giovanni#. + +Die Böhmen sind stolz darauf, daß er durch eine so erhabene und aus der +Tiefe seines Genies geschöpfte Musik ihren guten Geschmack erkannte und +ehrte. »_Don Juan ist für Prag geschrieben_« – mehr braucht man nicht zu +sagen, um zu beweisen, welchen hohen Begriff Mozart von dem +musikalischen Sinne der Böhmen hatte. Es gelang ihm auch vollkommen +diesen Sinn zu treffen und zu rühren; denn keine Oper hat sich hier in +einem gleichen Wohlgefallen so lange auf dem Theater erhalten, als _Don +Juan_. Es sind nunmehr 21 Jahre, seit sie gegeben wird, und noch immer +hört man sie mit Vergnügen, noch immer lockt sie zahlreiche Versammlung +in das Parterre. Kurz _Don Juan_ ist die Lieblingsoper des bessern +Publikum in Prag. Als Mozart bey der ersten Vorstellung derselben an dem +Klavier im Orchester erschien, empfing ihn das ganze bis zum Erdrücken +volle Theater mit einem allgemeinen Beyfallklatschen. Ueberhaupt bekam +Mozart in Prag bey jeder Gelegenheit große und unzweydeutige Beweise der +Hochachtung und Bewunderung, welche gewiß ehrenvoll waren, weil nicht +Vorurtheil oder Mode, sondern reines Gefühl seiner Kunst daran Theil +hatte. Man liebte und bewunderte seine schönen Werke; wie konnte man +gegen die Person ihres großen Schöpfers gleichgültig bleiben? + +In dem Jahre 1789 im Monat December schrieb Mozart das italienische +komische Singspiel, #Cosi fan tutte#, oder _die Schule der Liebenden_; +man wundert sich allgemein, wie der große Geist sich herablassen konnte, +an ein so elendes Machwerk von Text seine himmlisch süßen Melodien zu +verschwenden. Es stand nicht in seiner Gewalt, den Auftrag abzulehnen, +und der Text ward ihm ausdrücklich aufgetragen. – In diese Periode fällt +auch seine Reise über Leipzig und Dresden nach Berlin.[7] Der große Ruf +seines Namens gieng ihm voran, und man fand sich nirgends in der +Erwartung getäuscht, die er überall erregt hatte. Der damalige König von +Preußen, ein freygebiger Kenner und Freund der Tonkunst, ward ganz für +ihn eingenommen; und gab ihm ausgezeichnete Beweise seiner Achtung. Wie +wahrhaft und daurend dieselbe gewesen sey, beweiset die königliche +Großmuth, mit welcher dieser Monarch später die Wittwe Mozart in Berlin +aufnahm und unterstützte. + + [Fußnote 7: Er unternahm sie im Frühjahr des Jahrs 1789.] + +Mozart war bis jetzo ohne Anstellung, ohne sichere Einkünfte. So bekannt +auch sein Talent war, so sehr man seine Kompositionen suchte: so wenig +dachte man daran ihn zu belohnen, und zu unterstützen. Er hatte zwar oft +beträchtliche Einnahmen gemacht; aber bei der Unsicherheit und Unordnung +der Einkünfte, bei den häufigen Kindbetten, den langwierigen Krankheiten +seiner Gattin, in einer Stadt wie Wien, mußte Mozart doch im +eigentlichen Verstande darben. Er beschloß daher die _Stadt_ zu +verlassen, wo sich keine Stelle für einen Kopf wie _Mozart_ fand. Sein +Plan war nach England zu gehen, wo er ein besseres Schicksal um so mehr +erwarten konnte, als ihm oft von da Einladungen und lockende Anträge +gemacht wurden. + +Alles war zur Abreise fertig, als ihm _Kaiser Joseph_ den Titel eines +kaiserlichen Kammerkomponisten mit einem Jahrgehalt von 800 Gulden und +der Zusicherung ertheilte, daß auf ihn in der Zukunft Bedacht genommen +werden würde. Mozart mochte nicht trotzen; er nahm es willig an, und +blieb. Das Anstellungsdekret ist am 7. Dec. 1787 ausgestellt. + +Ich überlasse es jedem Leser darüber Beobachtungen anzustellen, um die +Ursachen der langen Vernachlässigung eines so großen Künstlers +auszuforschen. An ihm lag die Schuld gewiß nicht; man müßte denn seinen +geraden und offenen zum Bücken und Kriechen untauglichen Charakter als +Schuld annehmen. + +So viele Feinde und Neider auch jeden seiner Vorzüge durch Herabsetzung +und Verläumdung zu verdunkeln bemüht waren: so vollkommen war dennoch +der Triumph seiner Kunst bey unbefangenen, von dem Roste der Mode +unverletzten Seelen. Alle wahren Kenner der Tonkunst huldigten seinem +Genie. Ich will davon ein Beyspiel anführen. + +Der als Staatsmann und Gelehrter gleich verehrungswürdige _Baron von +Switten_, ein wahrer Kenner der Tonkunst, voll Gefühl für den ernsten +Gesang des erhabenen _Händels_, ließ oft die Werke dieses berühmten +Tonkünstlers, die für den tändelnden Modegeschmack unserer Tage eine zu +einfache Kost sind, in Privatkonzerten aufführen. Er bediente sich dazu +der Talente unsers Mozarts, der die großen Ideen _Händels_ mit der Wärme +seiner Empfindung zu beleben und durch den Zauber seines +Instrumentalsatzes für unser Zeitalter genüßbar zu machen verstand.[8] +Baron von _Switten_ korrespondirte oft über die Angelegenheit mit +Mozart, und schrieb ihm einst unter andern: + + Den 21sten März 1789. + + »Ihr Gedanke, den Text der kalten Arie in ein #Recitativ# zu + bringen ist trefflich, und in der Ungewißheit ob Sie wohl die + Worte zurückbehalten haben, schickte ich sie Ihnen hier + abgeschrieben. Wer _Händel_ so feyerlich und so geschmackvoll + kleiden kann, daß er einerseits auch dem Modegecken gefällt, und + andererseits doch immer in seiner Erhabenheit sich zeiget, der + hat seinen Werth gefühlt, der hat ihn verstanden, der ist zu der + Quelle seines Ausdruckes gelanget und kann und wird sicher + daraus schöpfen. So sehe ich dasjenige an, was Sie leisteten, + und nun brauche ich von keinem Zutrauen mehr zu sprechen, + sondern nur von dem Wunsche das Rezitativ bald zu erhalten.« + + _Switten_. + + [Fußnote 8: Mozart bearbeitete für ihn _Händels Acis und + Galathea, Messias, Cecilia, und das Fest des Alexanders_ in den + Jahren 1788, 89, 90.] + +Der Türkenkrieg und der dadurch veranlaßte Tod des _edelsten Monarchen_, +des unvergeßlichen _Josephs_, raubte auch Mozarten eine große Stütze +seiner Hoffnungen; er blieb Kapellmeister mit 800 Fl. und ohne +Wirkungskreis! + +Aber auch sein Ende rückte nun heran; er sollte den großen _Monarchen_ +nicht lange überleben. Das Jahr 1791, furchtbar reich an großen Todten, +ward bestimmt auch den Stolz der Tonkunst zu entreißen. Mozart hatte +jedoch zuvor der Nachwelt mit vollen Händen aus dem Reichthume seines +Geistes ausgespendet. Daher ist dieses Jahr eben so merkwürdig durch die +Schöpfung seiner schönsten Werke, als es uns durch seinen unerwarteten +Tod schmerzhaft geworden ist. In demselben, ja gewissermaßen nahe an dem +Ziele seines Lebens schuf er die Musik zu der _Zauberflöte_, zu der +ernsthaften Oper, #La Clemenza di Tito#, und das furchtbar erhabene +#Requiem# (Seelenmesse) welches er nicht einmal mehr vollenden konnte. +So gewiß es ist, daß diese drey Werke allein ihm den ersten Platz unter +den Tonkünstlern seines Zeitalters und unsterblichen Ruhm versichert +hätten, so sehr vermehren sie die Sehnsucht nach dem Entrissenen, durch +den Gedanken, der sich dem gefühlvollen Zuhörer unter dem Genusse seiner +Werke unwiderstehlich aufdringt: »_Ach! wie viel würde der Mann noch +geleistet, welche Harmonien geschaffen haben_?« + +Die Zauberflöte setzte er für das Theater des bekannten _Schikaneders_, +der sein alter Bekannter war. Die Musik zu der Oper #La Clemenza di +Tito# war von den böhmischen Ständen zu der Krönung des Kaisers +_Leopold_ bestellt. Diese letzte begann er in seinem Reisewagen auf dem +Wege von Wien, und vollendete sie in dem kurzen Zeitraume von 18 Tagen +in Prag. + +_Die Geschichte seines_ letzten Werkes, der erwähnten _Seelenmesse_, ist +eben so geheimnißvoll als merkwürdig. + +Kurz vor der Krönungszeit des Kaisers _Leopold_, bevor noch _Mozart_ den +Auftrag erhielt nach Prag zu reisen, wurde ihm ein Brief _ohne +Unterschrift_ von einem _unbekannten Bothen_ übergeben, der nebst +mehreren schmeichelhaften Aeußerungen die Anfrage enthielt, ob Mozart +eine Seelenmesse zu schreiben übernehmen wollte? um welchen Preis und +binnen welcher Zeit er sie liefern könnte? + +Mozart der ohne Mitwissen seiner Gattin nicht den geringsten Schritt zu +thun pflegte, erzählte ihr den sonderbaren Auftrag, und äußerte zugleich +sein Verlangen sich in dieser Gattung auch einmal zu versuchen, um so +mehr, da der höhere pathetische Stil der Kirchenmusik immer sehr nach +seinem Genie war. Sie rieth ihm den Auftrag anzunehmen. Er schrieb also +dem unbekannten Besteller zurück, er würde das Requiem für eine gewisse +Belohnung verfertigen; die Zeit der Vollendung könne er nicht genau +bestimmen; er wünsche jedoch den Ort zu wissen, wohin er das Werk, wenn +es fertig seyn würde, zu übergeben habe. In kurzer Zeit erschien +derselbe Bothe wieder, brachte nicht nur die bedungene Belohnung mit, +sondern noch das Versprechen, da er in dem Preise so billig gewesen sey, +bey der Absendung des Werkes eine beträchtliche Zugabe zu erhalten. Er +sollte übrigens nach der Stimmung und Laune seines Geistes schreiben, +sich aber gar keine Mühe geben, den Besteller zu erfahren, indem es +gewiß vergeblich seyn würde. + +Mittlerweile bekam Mozart den ehrenvollen und vortheilhaften Antrag für +die Prager Krönung des Kaisers _Leopold_ die Oper Titus zu schreiben. +Nach Prag zu gehen, für seine lieben Böhmen zu schreiben, hatte für ihn +zu viel Reiz, als daß er es hätte ausschlagen können! + +Eben als Mozart mit seiner Frau in den Reisewagen stieg, stand der Bothe +wie ein Geist da, zupfte die Frau an dem Rocke, und fragte: »Wie wird es +nun mit dem Requiem aussehen? –« + +Mozart entschuldigte sich mit der Nothwendigkeit der Reise und der +Unmöglichkeit seinem unbekannten Herrn davon Nachricht geben zu können: +übrigens würde es seine erste Arbeit bey der Zurückkunft seyn, und es +käme nur auf den Unbekannten an, ob er so lange warten wolle. Damit war +der Bothe gänzlich befriedigt. + +Schon in Prag kränkelte und medizinirte Mozart unaufhörlich; seine Farbe +war blaß und die Miene traurig, obschon sich sein munterer Humor in der +Gesellschaft seiner Freunde doch oft noch in fröhlichen Scherz ergoß. +Bey seinem Abschiede von dem Zirkel seiner Freunde ward er so wehmüthig, +daß er Thränen vergoß. Ein ahnendes Gefühl seines nahen Lebensende +schien die schwermüthige Stimmung hervorgebracht zu haben – denn schon +damals trug er den Keim der Krankheit, die ihn bald hinraffte, in sich. + +Bey seiner Zurückkunft nach Wien nahm er sogleich seine Seelenmesse vor, +und arbeitete mit viel Anstrengung und einem lebhaften Interesse daran: +aber seine Unpäßlichkeit nahm sichtbar zu, und stimmte ihn zur düstern +Schwermuth. Seine Gattin nahm es mit Betrübniß wahr. Als sie eines Tages +mit ihm in den Prater fuhr, um ihm Zerstreuung und Aufmunterung zu +verschaffen, und sie da beyde einsam saßen, fing Mozart an vom Tode zu +sprechen, und behauptete, daß er das Requiem für sich setze. Thränen +standen dem empfindsamen Manne in den Augen. »Ich fühle mich zu sehr, +sagte er weiter, mit mir dauert es nicht mehr lange: gewiß, man hat mir +Gift gegeben! Ich kann mich von diesem Gedanken nicht los winden. –« + +Zentnerschwer fiel diese Rede auf das Herz seiner Gattin; sie war kaum +im Stande ihn zu trösten, und das Grundlose seiner schwermüthigen +Vorstellungen zu beweisen. Da sie der Meynung war, daß wohl eine +Krankheit im Anzuge wäre, und das Requiem seine empfindlichen Nerven zu +sehr angreife, so rufte sie den Arzt, und nahm die Partitur der +Komposition weg. + +Wirklich besserte sich sein Zustand etwas, und er war während desselben +fähig eine kleine Kantate, die von einer Gesellschaft für ein Fest +bestellt wurde, zu verfertigen. Die gute Ausführung derselben und der +große Beyfall, mit dem sie aufgenommen ward, gab seinem Geiste neue +Schnellkraft. Er wurde nun etwas munterer und verlangte wiederholt sein +Requiem fortzusetzen und zu vollenden. Seine Frau fand nun keinen +Anstand ihm seine Noten wieder zu geben. + +Doch kurz war dieser hoffnungsvolle Zustand; in wenig Tagen verfiel er +in seine Melancholie, ward immer matter und schwächer, bis er endlich +ganz auf das Krankenlager hinsank, von dem er ach! nimmer aufstand. + +Am Tage seines Todes ließ er sich die Partitur an sein Bette bringen. +»Hab ich es nicht vorgesagt, daß ich dieß Requiem für mich schreibe?« so +sprach er, und sah noch einmal das Ganze mit nassen Augen aufmerksam +durch. Es war der letzte schmerzvolle Blick des Abschiedes von seiner +geliebten Kunst – eine Ahndung seiner Unsterblichkeit! + +Gleich nach seinem Tode meldete sich der Bothe, verlangte das Werk, so +wie es unvollendet war, und erhielt es. Von dem Augenblicke an sah ihn +die Wittwe nie mehr, und erfuhr nicht das mindeste, weder von der +Seelenmesse, noch von dem Besteller. Jeder Leser kann sich vorstellen, +daß man sich alle Mühe gab den räthselhaften Bothen auszuforschen, aber +alle Mittel und Versuche waren fruchtlos.[9] + + [Fußnote 9: Der Verfasser erzählt die Begebenheit, wie er sie + oftmals aus dem Munde der Wittwe gehört hatte, und überläßt es + jedem Leser Betrachtungen darüber anzustellen. Er sah eines der + Billette, die der unbekannte Besteller an Mozart schrieb. Man + kann daraus nichts Besonders abnehmen. Es ist sehr kurz, Mozart + wird darinn ersucht das Requiem zu senden, und eine Summe zu + bestimmen, um welche er jährlich eine gewisse Anzahl Quartetten + machen könnte. Warum hat der unbekannte Verehrer der Talente + Mozarts, (so nannte er sich,) für gut gefunden verborgen zu + bleiben? Was ist mit dem Requiem geschehen? Man erfuhr nie, daß + es damals irgendwo aufgeführt worden sey. Mozarts Freunden würde + es ein großes Vergnügen machen, einigen Aufschluß über die Sache + zu erhalten. Denn man kann keine gegründete Ursache denken, die + eine solche geheimnißvolle Verborgenheit nothwendig machte.] + +Mozart blieb während seiner Krankheit bey vollkommenem Bewußtseyn bis +an sein Ende, und starb zwar gelassen, aber doch sehr ungern. Jedermann +wird dieß begreiflich finden, wenn er bedenkt, daß Mozart kurz zuvor das +Anstellungsdekret als Kapellmeister in der St. Stephanskirche mit allen +Emolumenten, die von Alters her damit verbunden waren, bekam, und nun +erst die frohe Aussicht hatte, bei hinlänglichen Einkünften ruhig, ohne +Nahrungssorgen leben zu können. Auch erhielt er fast zu gleicher Zeit +aus _Ungarn_ und _Amsterdam_ ansehnliche Bestellungen und Akkorde auf +periodische Lieferungen gewisser Kompositionen. + +Dieses sonderbare Zusammentreffen so glücklicher Vorbothen eines +bessern Schicksales – seine gegenwärtigen traurigen Vermögensumstände – +der Anblick einer trostlosen Gattin – der Gedanke an zwey unmündige +Kinder: alles dieses war nicht gemacht, einen bewunderten Künstler, der +nie Stoiker gewesen ist, in seinem 35ten Jahre die Bitterkeit des Todes +zu versüßen. »Eben _jetzt_, so klagte er oft in seiner Krankheit, soll +ich fort, da ich ruhig leben würde! _Jetzt_ meine Kunst verlassen, da +ich nicht mehr als Sklave der Mode, nicht mehr von Spekulanten +gefesselt, den Regungen meiner Empfindung folgen, frey und unabhängig +schreiben könnte, was mein Herz mir eingiebt! Ich soll fort von meiner +Familie, von meinen armen Kindern, in dem Augenblicke, da ich im Stande +geworden wäre, für ihr Wohl besser zu sorgen!« Sein Tod erfolgte in der +Nacht am 5ten Dezember 1791. Die Aerzte waren in der Bestimmung seiner +Krankheit nicht einig. Man kann sagen, um Mozart floßen unzählbare +Thränen; nicht in Wien allein, vielleicht mehr noch in Prag, wo man ihn +liebte und bewunderte. Jeder Kenner, jeder Freund der Tonkunst hielt +seinen Verlust für unersetzlich; und wahrlich, bis jetzt hat man nicht +Ursache diese trostlose Meynung zurück zu nehmen! Es schien unglaublich, +daß ein Mann, der so unsterbliche Werke geliefert, der unsern Herzen so +reine Entzückungen geschaffen hat, nicht mehr seyn sollte! + +In Wien feyerte man sein Andenken mit Würde; aber Prag zeichnete sich +auch hierinn durch die wärmste Theilnahme aus; die Trauer um unsern +Liebling war allgemein und ungeheuchelt. Zuerst veranstaltete der +würdige Musik Direktor _Joseph Strobach,_ ein Freund des +Verstorbenen,[10] in seiner Pfarrkirche bey St. Niklas den 14ten +Dezember d. n. J. ein feyerliches Seelenamt für Mozart. Nie gab es ein +so rührendes und erhabenes Trauerbegängniß. Ein Chor von 120 Personen +aus den besten Künstlern Prags ausgewählt, die alle mit wehmüthigen +Eifer sich dazu angebothen hatten, unter der Direktion des braven +_Strobachs_ führte das meisterhafte Requiem unsers berühmten Landsmannes +Rosetti mit einem so schwermuthsvollen Ausdrucke auf, daß es nothwendig +auf das versammelte Volk den tiefsten Eindruck machen mußte. Mehr als +3000 Menschen, vom Adel und Bürgerstande, (so viel nemlich diese große +Kirche faßte,) waren da beysammen – alle gerührt, alle voll Wehmuth +über den frühen Tod des entrissenen Künstlers! + + [Fußnote 10: Dieser als Künstler und Mensch gleich + verehrungswürdige Mann ist im Jahr 1798 im Dezember gestorben.] + +Etwas später, den 28ten Dezember 1791 unternahm eine Gesellschaft wahrer +Verehrer des Verstorbenen, zur Unterstützung der hinterlassenen Waisen +und Wittwe ein öffentliches Konzert in dem Nationaltheater; man führte +einige der besten, weniger bekannten Kompositionen Mozarts auf. Eine so +edle Todtenfeier unterstützte das Prager Publikum aus allen Kräften, um +so mehr, da es die Gelegenheit fand den Tribut seiner Hochachtung dem +_Genie_ Mozarts in der großmüthigen Unterstützung der hilflosen Waisen +zu zollen. Das Theater war voll, und die Einnahme beträchtlich. Wie +glücklich ist ein Künstler, dessen Talent solche Freunde erwirbt! + +In Wien wurde die Wittwe auf eine eben so großmüthige Art unterstützt. – +Mozart hinterließ seiner Familie nichts als den Ruhm seines Namens. Alle +Hilfsmittel ihrer Erhaltung beruhten auf der Großmuth eines dankbaren +Publikums, dem Mozart so viele Stunden des reinsten Vergnügens, der +edelsten Unterhaltung durch sein unerschöpfliches Talent geschaffen +hatte. Und wahrlich, man kann sagen, daß dieses seine Schuld redlich +abzutragen suchte. Die Wittwe ließ in einem öffentlichen Konzert zu +ihrem Besten die merkwürdige _Seelenmesse_ aufführen. Der große Ruf +dieses Meisterstückes und der Wunsch, die Waisen zu unterstützen, zog +ein zahlreiches Publikum hin, und man muß es den edlen Freunden der +Kunst in Wien zum Ruhme nachsagen, daß dieselben auch nach 17 Jahren +noch gegen den Mozartischen Namen nicht gleichgültig geworden sind. In +allen musikalischen Akademien, die der Wittwe zu ihrem Besten +zugestanden werden, ist das Haus voll, und die Einnahme gut. + +Aber die Großmuth des sel. Kaisers _Leopold_, dieses +menschenfreundlichen, für die Wissenschaften und Künste so früh +entrissenen Monarchen, übertraf alles, was bisher der Wittwe zum Besten +geschah. + +Mozarts Feinde und Verläumder wurden besonders gegen sein Ende, und nach +seinem Tode so boshaft, so laut, daß bis zu dem Ohre des Monarchen +manche nachtheilige Sage von Mozart gedrungen war. Diese Ausstreuungen +und Lügen waren so unverschämt, so empörend, daß der Monarch, von +Niemanden des Gegentheiles belehrt, sehr entrüstet war. Nebst einer +schändlichen Erdichtung und Vergrößerung von Ausschweifungen, denen +Mozart, wie sie sagten, ergeben gewesen sey, behauptete man, daß er +nicht weniger als 30,000 Gulden Schulden hinterlassen habe – eine Summe, +über die der Monarch erschrack! + +Die Wittwe war eben gesonnen den Monarchen um Pension zu bitten. Eine +edeldenkende Freundin und vortreffliche Schülerin Mozarts unterrichtete +sie von den Verläumdungen ihres Mannes bey Hofe, und gab ihr den Rath +den gütigen Monarchen bey der Audienz eines Bessern zu belehren. + +Die Wittwe hatte bald Gelegenheit ihren Rath auszuführen. + +»=Euer Majestät=,« sagte sie mit edlem Eifer bey der Audienz, »jeder +Mensch hat Feinde; aber heftiger und anhaltender ist noch niemand von +den seinigen verfolgt und verläumdet worden, als mein Mann, blos weil er +ein so großes Talent war! Man hat es gewagt =Euer Majestät= viel +Unwahres über ihn zu sagen: man hat seine hinterlassene Schulden +_zehnfach_ vergrößert. Ich stehe mit meinem Leben dafür, daß ich mit +einer Summe von ungefähr 3000 Gulden alles bezahlen könnte, was er +schuldig ist. Und diese Schuld ist nicht muthwillig gemacht worden. Wir +hatten keine sichern Einkünfte; häufige Kindbetten, eine schwere und +kostbare Krankheit von anderthalb Jahren, die ich auszustehen hatte, +werden bey dem menschenfreundlichen Herzen _meines Monarchen_ zur +Entschuldigung dienen.« + +»Wenn es so ist,« sagte der Monarch, »da ist wohl noch Rath zu schaffen. +Geben sie ein Konzert von seinen hinterlassenen Werken, und ich will es +unterstützen.« + +Er nahm ihr die Bittschrift gnädig ab; und in kurzer Zeit ward ihr eine +Pension von 260 fl. angewiesen, die zwar an sich gering ist, aber da +Mozart erst 3 Jahre angestellt, folglich die Wittwe noch nicht +pensionsfähig war, so bleibt es immer eine Gnade. Die Akademie ward +unternommen, und der _unsterbliche Monarch_ erfüllte so großmüthig sein +Versprechen, daß die Wittwe dadurch in den Stand gesetzt wurde, die +Schulden ihres Mannes zu tilgen. + +Aus dieser Begebenheit kann man schließen, wie viel an den boshaften +Erzählungen von der Unordnung seiner Haushaltung, seiner Verschwendung +und dergleichen Anschwärzungen Wahres seyn mag. Da man so wenig seiner +Größe als Künstler beyzukommen im Stande war, so suchte der grämliche +Neid seinen moralischen Charakter zu verstellen! Eine sehr leichte und +gewöhnliche Taktik kleiner Seelen, denen jedes Verdienst, jede Größe +unausstehlich ist: um so mehr, wenn sie ihrem kleinen Gewerbe zu schaden +droht! Es ist nur Gerechtigkeit, die dem Verdienste gebührt, wenn man +sich Mühe giebt _solche fremde_ Flecken aus dem Gemählde würdiger +Menschen zu verwischen. + +Wenn gegen Mozart diejenige Billigkeit ausgeübt wird, die jeder an sich +selbst zu erfahren wünschen muß, so wird er deshalb noch nicht als +Muster der Oekonomie und Sparsamkeit angepriesen. Es ist wahr; er hätte +den Werth des Geldes besser schätzen sollen: aber darf ein großer Geist +keine Schwächen, keine Fehler haben? Möchten doch die, über ihn so +streng urtheilen, auf ihr Herz greifen und sich fragen: – – – + + #Quid tu? + nullane habes vitia?# + +Und sind sie in irgend einem Fache _Mozarte_? – Die Endschuldigung der +Schulden, die er hinterließ, vernahmen wir eben aus dem Munde seiner +Wittwe; und gewiß, sie ist nicht ungegründet. + +Mozart hinterließ von mehreren Kindern nur zwey Söhne, wovon der jüngere +etwa 4 Monathe alt war, als der Vater starb. Er heißt Wolfgang wie sein +Vater, ist gegenwärtig 17 Jahre alt, und durch die ersten Produkte +seines musikalischen Talentes dem Publikum schon vortheilhaft bekannt. +Sein Klavierspiel zeichnet sich durch feinen Ausdruck und Präcision aus. +Und so wäre denn zum Theil die scherzhafte Vorhersagung seines Vaters +erfüllt, daß _dieß Kind ein Mozart werden würde_, weil es einst weinend +in den Ton stimmte, aus dem der Vater eben auf dem Fortepiano spielte. +Offenbar lebt der Geist seines Vaters in ihm: aber dem Sohne fehlt eine +so bildende Vaterhand, wie diejenige war, die das Genie des Vaters so +trefflich leitete und entwickelte. + +Möge der hoffnungsvolle Sohn in dem Bestreben nach Vollkommenheit nicht +ermüden, und so wie er der Erbe des väterlichen Talentes ist, auch +seinen rastlosen Fleiß in dem Studium großer Meister geerbt haben! Nur +dadurch geht der Weg zum wahren Ruhme! Der ältere Sohn Karl ist +gegenwärtig in Mayland und macht ebenfalls große Fortschritte in der +Tonkunst. + +In Böhmen war Mozarts Kunstvollkommenheit noch bey seinem Leben +allgemein anerkannt und nach Werth geschätzt: aber er lebte zu kurz, um +die wahre Blüthezeit seines Ruhmes zu sehen. Selbst in Wien seinem +Wohnorte waren es nur Kenner, die seinem Genie Gerechtigkeit widerfahren +ließen. Der Zauberflöte, wovon Mozart die ersten Vorstellungen und +folglich auch den außerordentlichen Beyfall noch erlebte, war es +vorbehalten seine Größe dem Auslande zu verkünden. Durch dieß +Meisterwerk begeistert suchte man seine übrigen Werke auf, studierte sie +und empfand ihre Schönheit, und so ward der Name _Mozart_ bald in der +ganzen gebildeten Welt gefeyert, seine Gesänge die Lust jegliches Ohres! + +Dieß erfuhr seine Wittwe auf ihrer Reise durch Deutschland, die sie im +J. 1796 unternommen hatte. Ueberall sah sie zu ihrer innigsten Wonne, +wie gern die Teutschen wahres Verdienst erkennen und ehren, und wie tief +Mozarts Gesänge auf ihre Herzen gewirket haben. + +Bey ihrem Aufenthalte zu Berlin im Febr. 1796 gab der _höchstselige +Wilhelm_ II., dieser vortreffliche Freund der Tonkunst, und der ganze +königl. Hof ausgezeichnete Beweise seiner Liebe und Achtung für das +Genie Mozarts. Durch ein gnädiges Handbillet ward ihr blos aus Rücksicht +auf die Talente ihres Mannes das königl. Theater und die Kapelle zum +Gebrauche für ihr Konzert überlassen; und ihre Unternehmung wurde nicht +nur von dem Monarchen, sondern auch von dem ganzen Publikum auf das +großmüthigste unterstützt. Ueber alle Beschreibung groß und rührend war +die Wirkung, welche die Aufführung der Singstücke aus der Oper: #La +Clemenza di Tito# bey dem Konzerte auf den König, und das so +ungewöhnlich zahlreich versammelte Publikum machte. Alles war gleich +begeistert, die großen Sänger, das vortreffliche Orchester und die +Zuhörer. Der Geist des verewigten Künstlers, (so drückt sich ein +Berliner Wochenblatt aus, worinn die Akademie sehr interessant +beschrieben wurde) schien über der Versammlung zu schweben, als zum +Anfange die Sinfonie aus der Zauberflöte von dem Orchester so +meisterhaft vorgetragen, eine feyerliche, einweihende Stille +hervorbrachte. Das Handbillet worinn der König von Preußen einen so +rühmlichen Beweis seines guten Geschmackes und der Achtung für teutsches +Talent gegeben, lautet wörtlich so: + + »Sr. Königliche Majestät von Preußen etc. etc. machen sich ein + wahres Vergnügen, durch die Gewährung des Wunsches der Wittwe + Mozart zu beweisen, wie sehr Sie das Talent ihres verstorbenen + Mannes geschätzt und die ungünstigen Umstände bedauert haben, + welche ihm die Früchte seiner Werke einzuerndten verhinderten. + Allerhöchst dieselben bewilligen der Wittwe Mozart zur + Ausführung dessen letzter Komposition, #La Clemenza di Tito# das + große Opernhaus, so wie Dero eigenes Orchester, haben auch + dieserhalb die nöthigen Befehle an den Kammerherrn Freyherrn von + der _Reck_ erlassen, an welchen sich selbige nunmehr zu wenden + hat, und wegen des hiezu zu bestimmenden Tages und wegen des + übrigen Details mit ihm sich gehörig zu besprechen. Berlin den + 14ten Februar 1796.« + + Fr. Wilhelm. + +Selbst der Italiener seit Jahrhunderten im unbestrittenem Besitze des +Meisterrechtes der Tonkunst überwand seinen Nationalstolz, und erkennt +nun Mozarts Ueberlegenheit in der Musik an. Seine Opern werden in Rom, +Mayland und andern Städten mit Beyfall gegeben; die Klaviersachen von +jedermann gespielt; Meister studiren seine Partituren. + +Noch früher hat Frankreich seiner Kunst gehuldiget. Der Beyfall den die +Mysterien der Isis (Zauberflöte) in Paris erhielten ist ein Beweis +davon. Don Juan machte kein so großes Glück; aber dieß war, wie alle +Nachrichten einstimmig aussagten, die Folge der schlechten Darstellung +des Stückes. Denn der hohe Werth der Musik selbst wurde vollkommen +anerkannt. Seine Sinfonien, Klavierkonzerte, Quartetten werden allgemein +bewundert, häufig gespielt, und im Stich und Druck ohne Aufhören neu +aufgelegt. + +England, welches deutsches Tonkünstlerverdienst von jeher schätzte und +lohnte, kennt und bewundert auch Mozarts allgewaltigen Geist. Die +Seelenmesse ward in London öfter mit dem größten Beyfalle aufgeführt; +der Absatz seiner Werke, die bey Breitkopf und Härtel herausgekommen, +ist nach England eben so stark, als in Deutschland und Frankreich. + +Wo giebt es überhaupt Kenner und Liebhaber der süßesten der Künste, wo +nicht Mozarts Töne tönten und jedes Ohr entzückten? Selbst in den +entferntesten Welttheilen, wohin kaum der Name der berühmtesten Europäer +dringt, wiederhallen seine Harmonien. In den philippinischen Inseln, +(schreibt unser Landsmann, der bekannte Botaniker Hänke) werden seine +Werke mit Entzücken gehört. + + + + + III. + + Mozart als Künstler und Mensch. + + +Die Körperbildung dieses außerordentlichen Menschen hatte nichts +Auszeichnendes; er war klein, sein Angesicht angenehm, aber, wenn man +das große, feurige Auge ausnimmt, kündigte es die Größe seines Genies +auf den ersten Anblick nicht an. + +Der Blick schien unstet und zerstreut, außer wenn er bey dem Klavier +saß; da änderte sich sein ganzes Antlitz! Ernst und versammelt ruhte +dann sein Auge; auf jeder Muskelbewegung drückte sich die Empfindung +aus, welche er durch sein Spiel vortrug und in dem Zuhörer so mächtig +wieder zu erwecken vermochte. + +Er hatte kleine schöne Hände; bey dem Klavierspielen wußte er sie so +sanft und natürlich an der Klaviatur zu bewegen, daß sich das Auge +daran nicht minder, als das Ohr an den Tönen ergötzen mußte. Auch darinn +zeichnete sich also Mozart vor den tummelnden Kraftgenies unserer Tage +aus! + +Der kleine Wuchs seines Körpers kam von seiner frühen Geistesanstrengung +her, und von dem Mangel an freyer Bewegung in der Zeit seiner Kindheit. +Er war zwar von schönen Eltern erzeugt, und selbst ein schönes Kind +gewesen; aber von dem 6ten Lebensjahre an war er an eine sitzende +Lebensweise gebunden; um diese Zeit fing er schon an zu schreiben! Und +wie viel hat der Mann nicht in seinem Leben geschrieben? Da Mozart +bekanntermaßen in der Nacht am liebsten spielte und komponirte und die +Arbeit oft dringend war: so kann sich jeder vorstellen, wie sehr ein so +fein organisirter Körper darunter leiden mußte! Sein früher Tod, (_wenn +er ja nicht auch künstlich befördert war_), muß diesen Ursachen +hauptsächlich zugeschrieben werden. + +_Aber in dem unansehnlichen Körper wohnte ein Genius der Kunst_, wie ihn +nur wenigen Lieblingen die Natur verlieh! + +Die Größe und der Umfang seines Genies läßt sich nur nach dem so frühen, +so beyspiellos schnellen Gange seiner Entwickelung, und nach der hohen +Stufe der Vollkommenheit abmessen, auf die er in seiner Kunst gestiegen +war. Kein Tonkünstler vor ihm hatte das weite Gebiet seiner Kunst so +ganz umfaßt, und in jedem Zweige derselben so vollendete Produkte +geschaffen, als Mozart. Von der Schöpfung einer Oper an, bis zu dem +einfachen Liede, von der kritischen Erhabenheit einer Sinfonie, bis zu +dem leichten Tanzstückchen herab; im Ernsten und Komischen tragen seine +Werke überall den Stempel der reichsten Phantasie, der eindringendsten +Empfindung, des feinsten Geschmackes. Sie haben eine Neuheit und +Originalität, die eine getreue Beurkundung seines Genies ist. Selbst +dasjenige, welches man ihm als _Fehler_ vorwirft, zeuget von der Kraft +seines _freyen_, eine _neue Bahn_ gehenden Geistes. Dazu denke man noch +die _Vollkommenheit_, die er zugleich im Klavierspielen erreicht hatte! + +Alle diese so seltenen, so mannigfaltigen und so innig verwebten Vorzüge +bestimmen den Rang, der _ihm unter den Genien_ der Künste gebührt. _Er +war unstreitig einer der großen, schöpferischen Geister, die in ihrer +Kunst Epoche machen, weil sie dieselbe vervollkommnen, oder doch ihren +Nachfolgern neue Ansichten und Pfade eröffnen; nach deren Erscheinung +aber die Kunst gewöhnlich still stehet, oder rückwärts geht._ + +Unter den schönen Künsten ist keine so sehr Sklavin der Mode und des +Zeitgeschmackes, als die Musik. Da sie bey uns blos dem Vergnügen dient, +blos Sache des _Einzelnen_ bleibt, keinen Vereinigungspunkt, keine +Anstalt hat, wodurch der Geschmack des Publikums die gehörige Richtung +bekäme; da ferner ihre Theorie noch zu wenig bestimmt und entwickelt +ist, um selbst den Künstlern eine Gränze zu zeigen oder ein Ideal +vorzustellen: so muß sie immer zwischen der Laune der Mode, dem +Eigensinne eines verderbten Geschmackes und zwischen den aufgestellten +Mustern großer Künstler unstet hin und her schwanken, und erhält nie +einen sichern Gang zur Vollkommenheit. Ueberdieß sind ihre Zeichen und +Formen zu unbestimmt, und das _Ohr_, durch welches sie auf den Geist +wirket, ist ein viel zu untreuer Bothe, seine Sensationen sind zu +dunkel, als daß man so deutlich bestimmen könnte, welches darinn das +wahre Schöne sey. _Was dem großen Haufen gefällt_ – heißt _schön_! Das +Neue hat einen starken Reiz; daher ist es seines Sieges über das bessere +Alte gewiß; und darum gilt alte Musik und alte Mode einerley. Denn die +wenigsten Menschen haben Geschmack und Kenntniß genug, um ächte +Schönheit, vom Flitter zu unterscheiden. Wenn größere Geister durch ihre +Meisterwerke mehr als eine augenblickliche Rührung hervorbringen, so +summen doch der Leyermänner der zwey _Schwestern von Prag_, des _Tyroler +Wastels_, und dergl. schönen Sächelchen, so lange dem Publikum um die +Ohren, bis der Nachhall schönerer Töne verschwindet! Dann kennt man die +Namen großer Meister nur noch aus Büchern; ihre himmlischen Harmonien +sind längst verhallt! Das ist gewöhnlich das traurige Schicksal der +Musik! Wie viel Kraft, wie viel klassischen Gehalt muß also in den +Werken Mozarts liegen, wenn ihre Wirkung von dieser Erscheinung eine +Ausnahme machet? Ihre Schönheit empfindet man gewöhnlich dann erst recht +lebhaft, wenn man sie öfters gehört, oder recht scharf geprüfet hat. +Oder haben uns wohl _Figaro_, _Don Juan_, _Titus_, während ihrer +vieljährigen Vorstellung noch jemals Langeweile gemacht? Hört man seine +_Klavierkonzerte_, _Sonaten_, _Lieder_ das dreyßigstemal nicht lieber +noch, als das erstemal? Wer hat die tiefgedachten Schönheiten seiner +Violin-Quartetten und Quintetten nach der häufigsten Wiederholung +erschöpft? Dieses ist der wahre Probirstein des klassischen Werthes! Die +Meisterstücke der Römer und Griechen gefallen bey fortgesetzter Lektüre +und je reifer der Geschmack wird, immer mehr und mehr – das nemliche +widerfährt dem Kenner und Nichtkenner bey der Anhörung Mozartischer +Musik, besonders der dramatischen Werke. So ging es uns bey der ersten +Vorstellung des _Don Juan_ und insbesondere des Titus. + +Ja eben itzt, nachdem die meisten Schöpfungen seiner Kunst 20 bis 30 +Jahre alt sind, gefallen sie am meisten! Wie gern hört man nach dem +Wirrwarr neuester Kompositeurs die stillerhabenen, klaren, so einfachen +Gesänge unsers Lieblinges! Wie wohl thun sie unserm Gefühle – es ist als +wenn man aus einem chaotischen Gewirre, aus dichter Finsterniß ins Licht +und eine heitere Ordnung versetzt würde. + +Nebst den oben angeführten Eigenheiten und Vorzügen des mozartischen +Kunsttalentes, beobachtete an ihm der aufmerksame Schätzer seiner Werke +einen gewissen _feinen Sinn_, den Charakter jeder Person, Lage und +Empfindung aufs genaueste zu treffen; + + #reddere convenientia cuique#. + +Diese Eigenschaft war sein wahrer Beruf zum dramatischen Komponisten, +und ist zugleich der Erklärungsgrund des Zaubers und der großen Wirkung +seiner Werke. Daher hat jede seiner Kompositionen einen bestimmten, +eigenthümlichen Charakter, eine Individualität, die selbst in der Wahl +der Tonart sich ankündigt. Kenner seiner Werke bedürfen keiner +besondern Beyspiele, da alle Opern von seiner Komposition diese +Eigenschaft im hohen Grade an sich haben; aber das schönste Muster davon +ist #La Clemenza di Tito#. – Wie ganz anders bey den gewöhnlichen +Kompositionen? Es sind größtentheils Gesänge von so unbestimmtem +Charakter, daß sie eben so gut zu einer Messe, als #Opera buffa# taugen. + +Eine andere auszeichnende Eigenheit seiner Werke ist die _Verbindung der +höchsten Kompositionskunst mit Lieblichkeit und Anmuth_. Diese +Vereinigung ist eine Aufgabe blos für Künstler von mozartischem Genie. +Den Beweis davon giebt die Erfahrung. Wie selten trift man auf +Kompositionen, die den beyden Forderungen Genüge leisteten? Entweder +sind es blos kontrapunktische Kunststücke, die wohl allen Regeln des +Satzes zusagen mögen; aber Wärme, Anmuth und Lieblichkeit, diese wahren +Zaubermittel der Rührung, wußte ihnen ihr Meister nicht anzuziffern: +oder es sind geistlose, fade Liedeleyen, ohne Sinn und Zusammenhang, +kaum im Stande dem Ohre mit ihrem übersüßen Geklingel einen +vorübergehenden Kitzel zu verursachen. + +Wie ganz anders ist es beym Mozart? Wie schmilzt in seinen Werken das, +was man Kunst des Satzes nennt, mit Anmuth, Lieblichkeit und Wohllaut +so schön zusammen, daß das eine wegen des andern da zu seyn scheint – +und beydes zur Hervorbringung des höchsten Effektes gleich wirksam ist! +Und doch, wie mäßig und besonnen war er in dem Gebrauche der Süßigkeiten +und Gewürze? Er kannte die hohe Forderung der Kunst und der Natur. Er +schrieb was sein Genius ihm eingab, was sein richtiger Geschmack wahr +fand, unbekümmert ob es nach dem Geschmacke des Parterres seyn würde +oder nicht; und _so bildete er sich selber das Publikum_, überzeugt, daß +wahre Schönheit, wie die Wahrheit, endlich doch erkannt wird und +gefällt. Dieß thaten immer große Künstler, welche die Kraft hatten einen +eigenen Weg zu gehen, und der Mode nicht zu fröhnen. + +Der Punkt dieser schönen Vereinigung der Gründlichkeit des Satzes mit +Anmuth und Lieblichkeit ist gewiß die treffliche und vor seiner Zeit +_unbekannte Art die Blasinstrumente zu brauchen und wirken zu lassen_. +Hierinn glänzt sein erfinderisches _Genie_ ohne Beyspiel und +Nebenbuhler. + +Er maß mit dem feinsten Sinne die Natur und den Umfang der Instrumente +ab, zeichnete ihnen neue Bahnen vor, und gab jedem derselben die +vortheilhafteste Rolle, um die kraftvolle Masse von Harmonie +hervorzubringen, welche die Bewunderung aller Kenner erzwingt und das +Muster und Studium der guten Köpfe bleiben wird. Wie ganz anders sehen +hierinn die Kompositionen selbst großer Meister nach Mozarts Periode, +als vor derselben aus? Wie unendlich viel haben sie gewonnen durch die +Anwendung seiner Art, die Blasinstrumente zu setzen? Selbst des großen +Haidns Werke bestättigen diese Behauptung. Man vergleiche die ältern +Sinfonien von ihm, mit den neuern? Die Schöpfung schrieb Haidn erst nach +Mozarts Epoche. + +Wie leise schmiegen sich die Töne der Blasinstrumente dem Hauptgesange +an? wie kühn wetteifern sie bald wieder mit der Singstimme? Welche feine +Wendungen? Welche Mannichfaltigkeit und Abwechslung überall? Bald +wieder, wo es der Gegenstand oder Affekt erfordert, wie abstehend der +Kontrast? Wie gewaltig das Aufbrausen der Leidenschaft? Selbst in +Stücken ohne Singstimmen lehrte Mozart seine Instrumente einen Gesang, +der so vernehmlich zu dem Gefühle spricht, daß der Zuhörer nur wenig die +Abwesenheit der Singstimme wahrnehmen kann. Man höre seine Andantes oder +Romanzen, in den Klavierkonzerten und Quartetten! + +Bey dem häufigen Gebrauche der Blasinstrumente, wie vollkommen wußte +doch Mozart alle Ueberladung zu vermeiden? wie richtig den Ort und den +Zeitpunkt zu treffen, wo sie Effekt machen? Nie ist ein Instrument +verschwendet oder mißbraucht, und daher überflüssig. Aber nur _er_ +verstand die Oekonomie mit dem geringsten Aufwande, oft durch einen +einzigen Zug eines Instruments, durch einen _Akkord_, einen +Trompetenstoß, einen Paukenwirbel die größte Wirkung hervorzuzaubern! +Wie tief sind viele seiner Nachahmer hierinnen unter ihm? + +So groß, so neu immer Mozart in der Instrumentalpartie seyn mag, so +entfaltet sich doch sein mächtiges Genie noch _reizender in dem Satze +des Gesanges für menschliche Stimmen_. Hierinn erwarb er sich ein +zweifaches, gleich großes Verdienst. Mit richtigem Geschmacke führte er +ihn zu seiner anspruchslosen Mutter, der Natur und Empfindung zurück. Er +wagte es den italienischen Sängern zu trotzen,[11] alle unnützen +charakterlosen Gurgeleyen, Schnörkel und Passagen zu verbannen! Daher +ist sein Gesang überall _einfach, natürlich, kraftvoll, ein reiner +Ausdruck der Empfindung und der Individualität_ der Person und ihrer +Lage. Der Sinn des Textes ist immer so richtig und genau getroffen, daß +man ausrufen muß: »Wahrlich die Musik spricht«! Aber Mozart scheint sich +selbst zu übertreffen, wenn er den Gesang für mehrere Stimmen dichtet, +_in Terzetten, Quartetten, Quintetten_ d. h. in vielstimmigen Stücken; +vorzüglich in seinen unübertrefflichen, wahrlich _einzigen Operfinalen_. +Welcher Reichthum? welche Mannigfaltigkeit in Wendungen und +Veränderungen? Wie schlingt sich da eine Stimme um die andere? wie schön +vereinigen sie sich alle ein reizendes Ganze zu bilden, eine neue +Harmonie hervorzubringen? Und doch sagt jede nur ihre eigene oft +entgegengesetzte Empfindung! _Hier ist die größte Mannigfaltigkeit und +die strengste Einheit vereinigt._ Man findet wohl _schöne_ Arien auch +bey andern Meistern: aber niemand wird in _vielstimmigen Sachen_ +Mozarten die Palme entreißen. + + [Fußnote 11: Auch dieß ist eine Ursache der Abneigung der + welschen Sänger gegen seine Werke; eine noch stärkere ist die + Mühe, die es ihrer Unwissenheit kostete seine Gesänge + einzustudiren. Mozart hat zwar bisweilen von diesem Grundsatze + eine Ausnahme gemacht. Aber war er denn in bestellten Sachen + immer frey? Mußte er nicht gegen Sänger gefällig seyn, wenn er + wünschte, daß sie ihm die Sachen nicht verderben? Darum müßte + man immer die Sänger kennen, für die er schrieb, wenn man ein + richtiges Urtheil über seine dramatischen Werke fällen wollte.] + +Doch wer mag sie alle entwickeln, die unzähligen Vorzüge, die +unerschöpflichen Schönheiten seiner Kunst? Wer mag mit Worten das _Neue, +Originelle, Hinreißende, Erhabene, Volltönende seiner_ Musik +beschreiben? Seine Musik verfehlt nie ihre Wirkung, wenn sie nur +pünktlich und mit Feuer vorgetragen wird. Freylich ist es nicht leicht +seinem Geiste nachzufliegen; und da bey ihm jede Note mathematisch genau +zu der Harmonie berechnet ist: so giebt es auch kein so arges Mißgetön, +als wenn rohe Hände unwissender Bierfiedler sich an seine Heiligthümer +wagen. + +Die berühmtesten Tonkünstler erkannten die Größe seines Genies, und +bewunderten seine Werke. _Joseph Haydn_, dieser Liebling der Grazien, +der in seinem Alter noch das Gefühl eines Jünglinges zeigte, ist gewiß +vor allen _ein befugter und berufener Richter_. + +Sein Urtheil ist unpartheyisch, weil er als ein redlicher Mann bekannt +ist, und Mozarts aufblühender Ruhm dem seinigen im Wege stand. Schon im +Jahre 1785 da Mozarts Vater noch lebte, sagte J. Hayden bey einer +Zusammenkunft in Wien zu ihm: »_Ich sage Ihnen vor Gott und als ein +ehrlicher Mann, daß ich ihren Sohn für den größten Komponisten +anerkenne, von dem ich nur immer gehört habe; er hat Geschmack und +besitzt die gründlichste Kenntniß in der Kunst der Komposition._« + +Im Jahre 1787 im Dezember schrieb eben dieser große Mann an einen +_Freund in Prag_, der mit ihm seit langer Zeit in Briefwechsel stand, +und ein Singspiel von seiner Komposition für Prag verlangte, folgenden +merkwürdigen Brief: + + »Sie verlangen eine #Opera buffa# von mir; recht herzlich gern, + wenn Sie Lust haben von meiner Singkomposition etwas für sich + allein zu besitzen. Aber um sie auf dem Theater zu Prag + aufzuführen, kann ich Ihnen dießfalls nicht dienen, weil alle + meine Opern zu viel auf unser Personale (_zu Esterhaz in + Ungarn_) gebunden sind, und außerdem nie die Wirkung + hervorbringen würden, die ich nach der Lokalität berechnet habe. + Ganz was anders wär es, wenn ich das unschätzbare Glück hätte + ein ganz neues Buch für das dasige Theater zu komponiren. Aber + auch da hätte ich noch viel zu wagen, in dem der _große_ Mozart + schwerlich jemanden andern zur Seite haben kann.« + + »Denn, könnt ich jedem Musikfreunde besonders aber den Großen + die unnachahmlichen Arbeiten Mozarts _so tief und mit einem + solchen musikalischen Verstande, mit einer so großen Empfindung + in die Seele prägen, als ich sie begreife und empfinde_: so + würden die Nationen wetteifern ein solches Kleinod in ihren + Ringmauern zu besitzen. Prag soll den theuern Mann fest halten – + aber auch belohnen; denn ohne dieses ist die Geschichte großer + _Genies traurig_, und giebt der Nachwelt wenig Aufmunterung zum + fernern Bestreben; weßwegen leider! so viel hoffnungsvolle + Geister darnieder liegen. Mich zürnet es, daß dieser _einzige + Mozart_ noch nicht bey einem kaiserlichen oder königlichen Hofe + engagirt ist. Verzeihen Sie, wenn ich aus dem Geleise komme: ich + habe den Mann zu lieb.« + + Ich bin etc. + Joseph Hayden. + + N. S. An das Prager Orchester und die dasige Virtuosen mein + ergebenstes Kompliment.[12] + + [Fußnote 12: Ich habe dieses schätzbare Denkmal einer edlen + Seele der gütigen Mittheilung des _Herrn Roth_ + Proviantoberverwalter zu Prag (an den der Brief geschrieben war) + zu danken. Da er für den Geist und das Herz seines Verfassers + nicht minder ruhmvoll ist, als für Mozart: so ließ ich ihn hier + _wörtlich nach dem Originale abdrucken_.] + +Wenn ein _Haydn_ so urtheilt, so begeistert spricht – ein Haydn, der +allein unter allen Tonkünstlern über seinen Verlust zu trösten im Stande +wäre, was will dann das Gekreische einiger kleinen Geister sagen, die an +Mozarts Ruhme zu Rittern werden wollten? + +Der chursächsische Kapellmeister H. Naumann bezeugte bey seinem +Aufenthalte zu Prag auf eine schöne Art seine Hochachtung und +Bewunderung für Mozarts Talente und Werke in einer rührenden Anrede an +seinen Sohn, als ihm derselbe von seiner Freundin Duschek vorgestellt +wurde. Wer die redliche anspruchslose Denkungsart dieses berühmten +Meisters kannte, wird an der Wahrheit seiner Gesinnungen gewiß nicht +zweifeln.[13] + + [Fußnote 13: Der Verfasser hatte das Vergnügen Augenzeuge der + schönen Scene zu seyn.] + +Wie sehr ihn _Gluck_ geschätzt habe, ist schon erwähnt worden. + +Cherubini, dessen Geist dem Mozartischen am nächsten verwandt scheint, +ist sein größter Bewunderer, und hat seine Werke zum Gegenstande seines +beständigen Studium gemacht. Alle Neuern, wenn sie es auch nicht +gestehen wollen, haben von Mozart gelernt, oder ahmen ihn nach! + +Ein noch lebender, nicht unberühmter Tonsetzer in Wien sagte zu einem +andern bey Mozarts Tode, mit vieler Wahrheit und Aufrichtigkeit: »Es ist +zwar Schade um ein so großes Genie; aber wohl uns, daß er todt ist. +Denn, würde er länger gelebt haben, wahrlich! die Welt hätte uns kein +Stück Brod mehr für unsere Kompositionen gegeben.« + +Die zahlreiche Klasse gründlicher Tonkünstler in Prag verdient mit Recht +unter den Richtern über Mozarts hohen Werth einen ansehnlichen Platz. +Die meisten von ihnen sprechen mit einer Achtung von Mozarts Werken, die +ein rühmlicher Beweis ihrer Kenntnisse, und der Unbefangenheit ihres +Herzens ist. – Einige, (lange noch nicht alle) sind in einer +vorhergehenden Anmerkung genannt worden. Der brave Duschek mit seiner +Gattin, die als Künstlerin und gebildete Frau im gleichen Maße auf +Achtung und Beyfall Anspruch machen kann, waren Freunde und Bewunderer +Mozarts. Wie viele treffliche Künstler, auf die _Böhmen_ stolz ist – wie +viele gründliche und geschmackvolle Dilletanten vom Adel und dem +Bürgerstande, die in jedem andern Lande für Virtuosen gelten würden, +müßte ich nennen, wenn ich alle Freunde und Verehrer seiner Werke und +Talente in Böhmen herzählen wollte? + +Doch um Mozart als Tonkünstler ganz kennen zu lernen, ist es nöthig ihn +bey seinem Schreibpulte, wenn er die unsterblichen Werke dichtete, zu +beobachten! + +Mozart schrieb alles mit einer Leichtigkeit und Geschwindigkeit, die +wohl beym ersten Anblick Flüchtigkeit oder Eile scheinen konnte; auch +kam er nie während des Schreibens zum Klavier. Seine Imagination stellte +ihm das ganze Werk, wenn es empfangen war, deutlich und lebhaft dar. Die +große Kenntniß des Satzes erleichterte ihm den Ueberblick der gesammten +Harmonie. Selten trift man in seinen Konzeptpartituren ausgebesserte +oder überstrichene Stellen an. Daraus folgt nicht, daß er seine Arbeiten +nur hingeworfen habe. In seinem Kopfe lag das Werk immer schon +vollendet, ehe er sich zum Schreibpulte setzte. Wenn er den Text zu +einer Singkomposition bekam, so ging er lange Zeit damit herum, dachte +sich ganz hinein, und erregte die Thätigkeit seiner Phantasie. Bey dem +Klavier arbeitete er dann die Gedanken vollständig aus; und nun erst +setzte er sich zum Schreiben hin. Daher war ihm das Schreiben eine +leichte Arbeit, wobey er oft scherzte und tändelte. Es ist schon oben +gesagt worden, daß er auch in seinen Mannsjahren halbe Nächte bey dem +Klavier zubrachte, dieß waren eigentlich die _Schöpferstunden_ seiner +himmlischen Gesänge! Bey der schweigenden Ruhe der Nacht, wo kein +Gegenstand die Sinne fesselt, entglühete seine Einbildungskraft zu der +regesten Thätigkeit, und entfaltete den ganzen Reichthum der Töne, +welchen die Natur in seinen Geist gelegt hatte. Hier war _Mozart ganz_ +Empfindung und Wohllaut – hier floßen von seinen Fingern die +wunderbarsten Harmonien! _Wer Mozart in solchen Stunden hörte, der nur +kannte die Tiefe, den ganzen Umfang seines musikalischen Genies: frey +und unabhängig von jeder Rücksicht durfte da sein Geist mit kühnen Fluge +sich in die höchsten Regionen der Kunst schwingen._ In solchen Stunden +der dichterischen Laune schuf sich Mozart unerschöpflichen Vorrath; +daraus ordnete und bildete er dann mit leichter Hand seine unsterblichen +Werke. + +Uebrigens wird jeder einsehen, daß eine reiche Ader der Gedanken dazu +erfodert war. Ohne diese würde alle seine Kunst unfruchtbar geblieben +seyn. Es giebt zwar Komponisten, die durch hartnäckigen Fleiß einige +Gedanken erzwingen: aber wie bald versiegt ihre Quelle? Dann hört man +sie nur wiederholen: ihre spätern Werke sind gewöhnlich nur die +Musterkarte der frühern. + +Diese Leichtigkeit, mit der Mozart schrieb, hat er, wie wir gesehen +haben, schon als Knabe gezeigt; ein Beweis, daß sie ein Werk des Genies +war. Aber wie oft überraschte er damit in seinen letzten Jahren selbst +diejenigen, die mit seinen Talenten vertraut waren? Die genievolle +Eingangssinfonie zum _Don Juan_ ist ein merkwürdiges Beyspiel davon. +Mozart schrieb diese Oper im Oktober 1787 zu Prag; sie war nun schon +vollendet, einstudirt, und sollte übermorgen aufgeführt werden, nur die +Ouverture fehlte noch. + +Die ängstliche Besorgniß seiner Freunde, die mit jeder Stunde zunahm, +schien ihn zu unterhalten; je mehr sie verlegen waren, desto +leichtsinniger stellte sich Mozart. Endlich am Abende vor dem Tage der +ersten Vorstellung, nachdem er sich satt gescherzt hatte, gieng er gegen +Mitternacht auf sein Zimmer, fing an zu schreiben, und vollendete _in +einigen Stunden das bewundernswürdige Meisterstück_, welches die Kenner +nur der himmlischen Sinfonie der Zauberflöte nachsetzen. Die Kopisten +wurden nur mit Mühe bis zur Vorstellung fertig, und das Opernorchester, +dessen Geschicklichkeit Mozart schon kannte, führte sie #prima vista# +vortrefflich auf.[14] + + [Fußnote 14: Die Begebenheit ist in Prag allgemein bekannt.] + +Die Musik zur Zauberflöte war schon im Julius 1791 fertig. In der Mitte +des _Augustus_ gieng Mozart nach Prag, schrieb da innerhalb 18 Tagen #La +Clemenza di Tito#, welche am 5ten September aufs Theater kam. In der +Mitte dieses Monaths reisete er nach Wien zurück, und schrieb ein paar +Tage vor der Vorstellung der Zauberflöte, die am 30. September geschah, +die beste aller Ouverturen und den _Priestermarsch_ zum Anfang des 2ten +Aktes. + +Solche Beyspiele könnten häufig angeführt werden. Sein außerordentliches +Gedächtniß zeigte sich auch schon in der Jugend; das aufgefaßte +_Miserere_ in Rom giebt einen vollen Beweis davon. Er behielt es +ungeschwächt bis an sein Ende. + +Da man seine Kompositionen unglaublich suchte: so war er nie sicher, daß +ihm nicht ein neues Werk selbst während des Kopirens abgestohlen werde. +Er schrieb daher bey seinen Klavier-Konzerten gewöhnlich nur eine Zeile +für eine Hand auf, und spielte das übrige aus dem Gedächtnisse. So hat +er einst ein Klavierkonzert, welches er schon seit geraumer Zeit nicht +in Händen gehabt hatte, in einer musik. Akademie aus dem Gedächtnisse +gespielt, indem er die Prinzipalstimme in der Eile zu Hause vergaß. + +Aber wie ist Mozart ein so _großer_, ja ich möchte sagen, _einziger_ +Mann in seiner Kunst geworden? Hat er alles der Natur, oder seinem +Studium, seiner Ausbildung zu danken? Einige teutschen Schriftsteller +sprechen von einer _instinktartigen Beschaffenheit seines Geistes_, +welche ihn unwillkührlich zur Hervorbringung seiner Meisterwerke +getrieben habe. Aber diese Herrn kennen sicher Mozarten gar nicht, und +scheinen die Leichtigkeit, mit welcher er, wenn die Idee des Werkes +einmal gebildet war, schrieb, für die instinktartige Wirkung seines +Talentes zu halten. Freylich haben die Aeußerungen des Genies, in +wiefern es angeboren ist, etwas instinktartiges: aber nur Bildung und +Uebung – Studium giebt ihm Reife und Vollendung. Mozart hatte von der +Natur ein Genie empfangen wie Shakespeare, aber er übertraf diesen an +Geschmack und Korrektheit. Er produzirte mit Verstand und Wahl. Diese so +seltene Vereinigung eines feinen Geschmackes und der richtigsten +Beurtheilung mit den größten Naturanlagen, die Mozarten unter den +Meistern seiner Kunst den ersten Rang giebt, war größtentheils sein +Werk – das Werk seines Eifers, seines Fleißes; das Werk des tiefen und +gründlichen Studiums der Kunst. + +Aus der Geschichte seiner Jugend haben wir gesehen, wie sorgfältig er +jede Gelegenheit benützte, um zu lernen; wie weise und streng ihn sein +Vater dazu leitete; wie tief er in die Geheimnisse der Kunst so früh +schon eingedrungen war. Aber wir wollen ihn selbst darüber hören. + +Einst – (es war nach den ersten Proben seines Don Juan) – gieng Mozart +mit dem damaligen Orchesterdirektor und Kapellmeister Herr Kucharz[15] +spazieren. Unter andern vertraulichen Gesprächen kam die Rede auf Don +Juan. Mozart sagte: »Was halten sie von der Musik zum Don Juan? Wird sie +so gefallen, wie Figaro? Sie ist von einer andern Gattung! + + [Fußnote 15: Anmerkung. Ein trefflicher Schüler Seegerts, und + biederer Mann. Diese Anekdote habe ich aus seinem Munde.] + +_Kuch_. Wie können Sie daran zweifeln? Die Musik ist schön, originell, +tief gedacht. Was von Mozart kommt wird den Böhmen gewiß gefallen. + +_Moz_. Ihre Versicherung beruhigt mich, sie kommt von einem Kenner. Aber +ich habe mir Mühe und Arbeit nicht verdrüßen lassen, für Prag etwas +vorzügliches zu leisten. Ueberhaupt irrt man, wenn man denkt, daß mir +meine Kunst so leicht geworden ist. Ich versichere Sie, lieber Freund! +niemand hat so viel Mühe auf das Studium der Komposition verwendet als +ich. _Es giebt nicht leicht einen berühmten Meister in der Musik, den +ich nicht fleißig, oft mehrmal durchstudirt hätte._« + +Und in der That, man sah die Werke großer Tonkünstler, auch da noch, als +er bereits klassische Vollkommenheit erreicht hatte, auf seinem Pulte. + +Sein gewandter Geist wußte sich den Charakter eines jeden so anzueignen, +daß er sie oft zum Scherze im Satze und Stile bis zum Täuschen +nachahmte. + +Sein Gehör war so fein, faßte die Verschiedenheit der Töne so gewiß und +richtig auf, daß er den geringsten Fehler oder Mißton selbst bey dem +stärksten Orchester bemerkte, und dasjenige Subjekt oder Instrument, +welches ihn begieng genau anzugeben wußte. Nichts brachte ihn so sehr +auf, als Unruhe, Getöse oder Geschwätz bey der Musik. Da gerieth der so +sanfte, muntere Mann in den größten Unwillen, und äußerte ihn sehr +lebhaft. Es ist bekannt, daß er einst mitten im Spiele unwillig von dem +Klavier aufstand, und die unaufmerksamen Zuhörer verließ. Dieses hat +man ihm vielfältig übel genommen; aber gewiß mit Unrecht. Alles, was er +vortrug, empfand er selbst auf das stärkste – sein ganzes Wesen war dann +Gefühl und Aufmerksamkeit: wie konnte ihn also kalte Fühllosigkeit, +Unaufmerksamkeit: oder gar ein störendes Geschwätze in der Laune und +Fassung erhalten? Als begeisterter Künstler vergaß er da auf alle andere +Rücksichten. + +Wie reizbar lebhaft sein Kunstsinn gewesen sey, kann man aus dem +schließen, daß er bey der Aufführung einer guten Musik bis zu Thränen +gerührt wurde: vorzüglich wenn er etwas von den beyden großen _Haydn_ +hörte. Aber nicht allein Musik, jeder andere rührende Gegenstand ergriff +sein ganzes Gefühl und erschütterte ihn. Seine Einbildungskraft war +immer thätig, immer mit Musik beschäftigt; daher schien er oft zerstreut +und gedankenlos. + +_So groß war Mozart als Künstler!_ Den Forscher der menschlichen +Natur wird es nicht befremden, wenn er sieht, daß dieser als Künstler +so seltene Mensch, nicht auch in den übrigen Verhältnissen des +Lebens ein _großer Mann_ war. Die Tonkunst machte die Haupt- und +Lieblingsbeschäftigung seines ganzen Lebens aus – um diese bewegte sich +sein ganzes Gedanken- und Empfindungsspiel; alle Bildung seiner Kräfte, +die das Genie des Künstlers ausmachen, ging von da aus und bezog sich +darauf. Ist es ein Wunder, wenn er den übrigen Dingen um sich weniger +Aufmerksamkeit widmete? Er war Künstler, war es ganz und in einer +bewundernswürdigen Größe: das ist genug! Wer mag indeß die Gränzlinien +seiner Geistkräfte so genau ziehen, um behaupten zu können, Mozart habe +außer seiner Kunst zu nichts sonst Anlage oder Fähigkeit gehabt? Man +setzt freylich das Wesen des Künstler-Genies in eine überwiegende Stärke +der untern oder ästhetischen Kräfte der Seele, aber man weiß auch, daß +die Künste besonders die Musik häufig einen scharfen Ueberblick, +Beurtheilung und Einsicht in die Lage der Dinge erfodern; welches bey +Mozart um so gewisser vorauszusetzen ist, da er kein gemeiner +mechanischer Virtuos eines Instrumentes war, sondern das ganze weite +Gebieth der Tonkunst mit seltner Kraft und Geschicklichkeit umfaßte. + +Wie schön und beneidenswerth ist übrigens der Wirkungskreis eines +Tonkünstlers? Mit seinen süßen Harmonien entzückt er tausend gefühlvolle +Seelen; er schafft ihnen die reinste Wonne; er erhebt, besänftiget, +tröstet! Auch dann wenn er nicht mehr ist, lebt er dennoch in seinen +widerholenden Gesängen – Tausende segnen und bewundern ihn. + +_Mozart_ hatte schon in seiner Jugend zu allen Kenntnissen, die man ihm +beyzubringen für nöthig fand, eine große Anlage gezeigt, in allen +schnelle Fortschritte gemacht; von der Arithmetik ist Erwähnung +geschehen. Auch in seinen spätern Jahren liebte er diese Kenntniß sehr +und war wirklich ein ungemein geschickter Rechenmeister. Eben so groß +war sein Talent zur Sprachwissenschaft; er verstand _Französisch_, +_Englisch_, _Italienisch_ und _Teutsch_. Die lateinische Sprache lernte +er in spätern Jahren, und zwar nur so weit, als es zur Verständniß des +Kirchentextes, den er allenfalls in Musik zu setzen hätte, erfordert +war. In allen übrigen Sprachen hat er die guten Schriftsteller gelesen +und verstanden. Er machte oft selbst Verse; meistens aber nur bey +scherzhaften Gelegenheiten.[16] In den übrigen Fächern hatte Mozart +wenigstens so viel historische Kenntniß, als für einen Mann von Bildung +nöthig war. + + [Fußnote 16: Dieß war unter andern der Fall bey dem Tode eines + geliebten Staares, den er in seinem gemietheten Garten ein + ordentliches Grabmahl errichtet, und mit einer Inschrift + versehen hatte. Thiere und insbesondere Vögel liebte er sehr.] + +Zu bedauern ist es, daß er nicht über seine Kunst schrieb! Aus einem +Briefe, welchen er an F. v. Trattner, eine seiner Schülerinnen über den +_Vortrag_ der für sie gesetzten Klavierphantasie geschrieben hatte, +konnte man sehen, daß er nicht nur die Prax, sondern auch die Theorie +seiner Kunst vollkommen verstand. Der Brief ist, leider! nicht zu finden +gewesen. + +In einem Heft einer musikalischen Zeitschrift von Berlin vor einigen +Jahren wurde von Mozart behauptet, er habe eigentlich keine _höhere +Bildung_ gehabt. Es ist schwer zu errathen, was der Verfasser mit den +Worten höhere Bildung gemeint habe. Mozart hatte die Welt gesehen, er +kannte die Schriftsteller der gebildetesten Nationen, zeigte überall +einen offenen und freymüthigen Geist: was fehlte ihm also zur höhern +Kultur? Muß man in Göttingen oder Jena studirt haben, um höhere Bildung +zu erlangen? Oder besteht die höhere Bildung darinn, daß man weiß, was +teutsche Schriftsteller sagen? daß man von allen zu schwatzen verstehet? + +Der _moralische Charakter Mozarts_ war _bieder_ und _liebenswürdig_. +Unbefangene _Herzensgüte_ und eine _seltene Empfindlichkeit für alle +Eindrücke_ des _Wohlwollens und der Freundschaft_ waren seine Grundzüge. +Er überließ sich diesen liebenswürdigen Regungen ganz, und wurde daher +mehrmal das Opfer seines gutmüthigen Zutrauens. Oft beherbergte und +pflegte er seine ärgsten Feinde und Verderber bey sich. + +Er hatte zwar oft mit einem schnellen Blicke auch versteckte Charaktere +aus dem Innersten ausgeholt: aber im Ganzen genommen, hatte er zu viel +Gutmüthigkeit um Menschenkenntniß zu erlangen. Selbst die Art seiner +_Erziehung_, die _unstäte Lebensart auf Reisen_, wo er nur für seine +Kunst lebte, machte eine wahre Kenntniß des menschlichen Herzen +unmöglich. Diesem Mangel muß man manche Unklugheit seines Lebens zu +schreiben. + +Uebrigens hatte Mozart für die Freuden der Geselligkeit und Freundschaft +einen offenen Sinn. Unter guten Freunden war er vertraulich wie ein +Kind, voll _munterer_ Laune; diese ergoß sich dann meistentheils in den +drolligsten _Einfällen_. Mit Vergnügen denken seine Freunde in Prag an +die schönen Stunden, die sie in seiner Gesellschaft verlebten; sie +können sein gutes argloses Herz nie genug rühmen; man vergaß in seiner +Gesellschaft ganz, daß man _Mozart_ den bewunderten Künstler vor sich +habe. + +Nie verrieth er einen gewissen _Kunst-Pedantismus_, der an manchen +Jüngern Apollos so widerlich ist. Er sprach selten und wenig von seiner +Kunst, und immer mit einer liebenswürdigen Bescheidenheit. Hochschätzung +des wahren Verdienstes und Achtung für die Person leiteten seine +Urtheile in Kunstsachen. Es war gewiß rührend, wenn er von den _beyden +Haydn_, oder andern großen Meistern sprach: man glaubte nicht dem +allgewaltigen Mozart, sondern einen ihrer begeisterten Schüler zu hören. + +Ich kann hier eine Anekdote nicht übergehen, die eben so sehr seinen +geraden Sinn, und den Unwillen gegen lieblose Tadelsucht, als seine +große Achtung für Joseph _Haydn_ beweiset. Sie sey zugleich ein Beyspiel +seiner guten Einfälle. + +In einer Privatgesellschaft wurde einst ein neues Werk von Joseph Haydn +gemacht. Nebst Mozart waren mehrere Tonkünstler gegenwärtig, unter +andern L. K..., der noch nie jemanden gelobt hatte, als sich selbst. Er +stellte sich zum Mozart und tadelte bald dieses bald jenes. Mit Geduld +hörte ihn dieser eine Zeit an; als es ihm aber zu lang dauerte, und der +Tadler endlich wieder bey einer Stelle mit Selbstgenügsamkeit ausrief: +»Das hätt’ ich nicht gethan« – erwiederte Mozart: Ich auch nicht; wissen +Sie aber warum? Weil _wir es beyde_ nicht so gut getroffen hätten! – +Durch diesen Einfall machte er sich einen unversöhnlichen Feind mehr. + +Mit einer solchen Bescheidenheit verband Mozart dennoch ein edles +_Bewußtseyn_ seiner Künstlerwürde. Wie wäre es auch möglich gewesen +nicht zu wissen, wie _groß_ er sey? Aber er jagte nie nach dem Beyfalle +der Menge; selbst als Kind rührte ihn nur das Lob des Kenners. Daher war +ihm alles gleichgültig, was blos aus Neugierde ihn anzugaffen gekommen +war. Oft ging dieses Betragen vielleicht zu weit. Er war daher bisweilen +auch in der Gegenwart großer Herrn vom höchsten Range zum Spielen nicht +zu bewegen; oder er spielte nichts als Tändeleyen, wenn er merkte, daß +sie keine Kenner oder wahre Liebhaber sind. Aber Mozart war der +gefälligste Mann von der Welt, wenn er sah, daß man Sinn für seine Kunst +besitze; er spielte Stunden lang dem geringsten, oft unbekannten +Menschen. Mit aufmunternder Achtsamkeit hörte er die Versuche junger +Künstler an, und weckte durch eine liebevolle Beyfallsäußerung das +schlummernde Selbstbewußtseyn. + +Unser beste Klavierspieler und beliebter Tonsetzer Joh. Witassek dankt +ihm diese Erweckung seines Talentes. Die wenigen Stunden die er bey +Mozart zubrachte, schätzt er nach eigenem Geständnisse für einen großen +Zuwachs zu seiner Ausbildung. + +Menschenfreundlich und uneigennützig war _Mozart_ im hohen Grade. Darum +sammelte er kein Vermögen. Ganz im Reiche der Töne lebend, schätzte er +den Werth des Geldes und der übrigen Dinge zu wenig. Daher arbeitete er +viel umsonst, aus Gefälligkeit oder Wohlthätigkeit. Jeder reisende +Virtuos war gewiß, wenn er sich ihm durch Talent oder moralischen +Charakter zu empfehlen wußte, eine Komposition für sich zu erhalten. So +entstanden die Konzerte für die übrigen Instrumente, so eine Menge +einzelner Singkompositionen, unter andern die majestätischen Chöre zu +dem Schauspiele, König Tamos, die den erhabensten Werken Händels und +Glucks an die Seite gesetzt werden. + +Aber selbst die Bezahlung, die er für seine Arbeiten bekam, war meistens +mittelmäßig. Der Theaterunternehmer Guardasoni zahlte ihm für Don Juan +nur hundert Dukaten. + +_Verstellung und Schmeicheley_ war seinem arglosen Herzen gleich fremd; +jeder Zwang, den er seinem Geiste anthun mußte, _unausstehlich_. +Freymüthig und offen in seinen Aeußerungen und Antworten, beleidigte er +nicht selten die Empfindlichkeit der Eigenliebe, und zog sich dadurch +manchen Feind zu. + +Seine hohe Kunst und der liebenswürdige Charakter verschafften ihm +Freunde, die ihn von ganzer Seele liebten und für sein Wohl eifrig +besorgt waren. Es würde das Zartgefühl dieser edlen Menschen beleidigen, +wenn sie hier namentlich angeführt würden; wie wäre es auch möglich alle +zu kennen und zu nennen? Indem mir also diese Betrachtung verbiethet von +der großmüthigen Freundschaft eines B. v. S**, und des Kaufmannes B** in +Wien zu reden: so sey es wenigstens erlaubt hier der ausgezeichneten +Wohlthätigkeit eines Wiener Bürgers gegen Mozart zu erwähnen. Dieser +brave Mann, ein Flecksieder vom Gewerbe, ohne Mozart persönlich zu +kennen, blos von Bewunderung für seine Kunst hingerissen, verschaffte +seiner kranken Gemahlin, (die nach der Verordnung der Aerzte wegen einer +Lähmung am Fuße Bäder vom gekochten Magengekröße brauchen mußte), die +Gelegenheit in seinem eigenen Hause durch geraume Zeit die Kur mit +vieler Bequemlichkeit brauchen zu können. Er lieferte ihr nicht nur die +Flecke unentgeltlich und ersparte dadurch Mozarten eine Auslage von +mehreren hundert Gulden, sondern verlangte auch für Logis und Kost gar +nichts. Aehnliche Beyspiele eines solchen Enthusiasmus für die hohe +Kunst Mozarts sind sehr häufig. + +Aber Mozart hatte auch Feinde, zahlreiche, unversöhnliche Feinde. Wie +hätten ihm auch diese mangeln können, da er ein so _großer Künstler_ und +_ein so gerader Mann war_? Und diese waren die unlautere Quelle, aus +welcher so viele häßliche _Erzählungen_ von seinem _Leichtsinne, seinen +Ausschweifungen_ gefloßen sind. Mozart war Mensch, folglich Fehlern +unterworfen wie alle Menschen. Die nemlichen Eigenschaften und Kräfte, +die das Wesen seiner großen Talente ausmachten, waren zugleich Reiz und +Anlaß zu manchen Fehltritte: brachten Neigungen hervor, die freylich bey +Alltagsmenschen nicht angetroffen werden. Seine Erziehung und Lebensart +bis zu dem Zeitpunkte, da er sich in Wien niederließ, war auch nicht +gemacht ihm Menschenkenntniß und Welterfahrung zu verschaffen. Denke man +sich einen so zart organisirten Jüngling – einen Tonkünstler von seiner +Empfindung in einer Stadt, wie Wien, sich selbst überlassen? Braucht es +mehr um zur Nachsicht gegen seine Fehler gestimmt zu werden? Man muß +aber gegen diese Erzählungen überhaupt mißtrauisch seyn, da gewiß der +größte Theil baare Unwahrheiten, und nichts als Schmähungen des +scheelsüchtigen Neides sind. Wir haben dieß in Rücksicht seiner +hinterlassenen Schulden schon bemerkt. Niemand wird es unbegreiflich +finden, warum die Welt diesen Ausstreuungen so leicht Glauben beymißt, +wenn er sich erinnert, daß man gewöhnlich mit einem Tonkünstler den +Begriff eines Verschwenders oder Wüstlings verbindet. Aber zahlreiche +Beyspiele achtungswürdiger Künstler haben bewiesen, wie sehr dieses +Vorurtheil einzuschränken sey. + +In seiner Ehe mit _Konstanza Weber_ lebte Mozart vergnügt. Er fand an +ihr ein gutes, liebevolles Weib, die sich an seine Gemüthsart +vortrefflich anzuschmiegen wußte, und dadurch sein ganzes Zutrauen und +eine Gewalt über ihn gewann, welche sie nur dazu anwendete, ihn oft von +Uebereilungen abzuhalten. Er liebte sie wahrhaft, vertraute ihr alles, +selbst seine kleinen Sünden – und sie vergalt es ihm mit Zärtlichkeit +und treuer Sorgfalt. Wien war Zeuge dieser Behandlung, und die Wittwe +denkt nie ohne Rührung an die Tage ihrer Ehe.[17] + + [Fußnote 17: Die achtungswürdige Frau beträgt sich in ihrem + Wittwenstande sehr klug, und sorgt für ihre 2 Söhne mütterlich. + Sie lebt in Wien von ihrer Pension und dem kleinen Erwerbe aus + dem Nachlasse ihres Mannes.] + +Seine liebste Unterhaltung war _Musik_; wenn ihm seine Gemahlinn eine +recht angenehme Ueberraschung an einem Familienfeste machen wollte, so +veranstaltete sie in Geheim die Aufführung einer neuen Kirchen-Komposition +von Michael oder Joseph Haydn. + +Das Billardspiel liebte er leidenschaftlich, vermuthlich weil es mit +Bewegung des Körpers verbunden ist; er hatte ein eignes zu Hause, bey +dem er sich täglich mit seiner Frau unterhielt. Die Schönheit der Natur +im Sommer war für sein tieffühlendes Herz ein entzückender Genuß; er +verschaffte sich ihn, wenn er konnte, und miethete daher fast alle Jahre +Gärtchen in der Vorstadt, wo er den Sommer zuzubringen pflegte. + +Erstaunend ist die Arbeitsamkeit seiner letzten Lebensjahre. + +Aus dem vollständigen Verzeichnisse seiner Kompositionen seit dem Jahre +1784 bis zu seinem Tode, in welches er mit eigener Hand das Thema eines +jeden Stückes und den Tag der Vollendung eintrug, sieht man wie viel er +oft in einem Monathe gearbeitet hatte?[18] Nur die Größe und +Fruchtbarkeit seines Genies macht die Möglichkeit so vielfacher Arbeit +begreiflich. So schrieb er innerhalb der 4 letzten Monathe seines +Lebens, wo er schon kränkelte, und Reisen machte: + + [Fußnote 18: Der Verfasser hatte es bey der Ausarbeitung dieser + Biographie im Originale vor sich.] + +1) Eine Klavierkantate: »Die ihr des unermeßlichen Weltalls Schöpfer +ehrt.« + +2) Die Zauberflöte. + +3) #La Clemenza di Tito.# + +4) Ein Klarinett-Konzert für H. Stadler. + +5) Eine Kantate für ein ganzes Chor. + +6) Das Requiem. + +Eine ungeheure Anstrengung, die seine Kräfte erschöpfen mußte! + +So wurde _Mozart ein Wunder seiner Kunst_, der _Liebling_ seines +Zeitalters! Sein kurzes, aber glänzendes Künstlerleben macht in der +Geschichte der Tonkunst eine neue Epoche. + +Der große, feurige Geist, der in seinen Werken waltet und der volle +Strom der Empfindung reißen jedes gefühlvolle Herz mit unwiderstehlicher +Gewalt hin. Der süße Zauber seiner Harmonien entzückt das Ohr; die Fülle +der Gedanken, das Neue in ihrer Ausführung machen das Gefallen seiner +Musik dauerhaft. Wer einmal an _Mozart_ Geschmack gefunden hat, der wird +durch andere Musik schwer zu befriedigen seyn. Und _alle_ diese +Vollkommenheiten hat er _in einem Alter_ erreicht, das für gewöhnliche +Künstler kaum der Zeitpunkt _der ersten Ausbildung_ ist! Da er starb, +hatte sein Ruhm bereits eine Größe, wie sie nur selten auch der +glücklichste Künstler hoffen darf – und wie kurz war sein Leben? Er +hatte noch nicht das 35te Jahr vollendet, als er starb! Was würde sein +unerschöpflicher Geist der Welt noch geliefert haben? – – + +Wär er nach England gegangen – sein Ruhm würde neben _Händels_ +unsterblichem Namen glänzen: in Teutschland rang sein Geist oft mit +Mangel; seinen _Grabeshügel zeichnet nicht einmal eine schlechte +Inschrift aus_! – + +Auf seinen Tod erschienen mehrere Trauer-Kantaten; darunter zeichnen +sich zwey aus, vom Herrn _Wessely_ und _Karl Kannabich_ dem jüngern aus +München. + +Einfach und edel war das Fest, welches die Hörer der Rechte zu Prag in +ihrer musikalischen Akademie, bey der Anwesenheit der Wittwe im Jahre +1794 Mozarts Andenken weiheten; es wurde durch ein Gedicht +verherrlichet, welches den Profess. Meinert zum Verfasser hat. Ein Paar +Stanzen daraus verdienen hier allerdings einen Platz. + + Ach! er ward uns früh entrückt, + Der die Saiten der Empfindung, + Wie ihr Schöpfer kannt’ und griff; + In harmonische Verbindung + Ihre kühnsten Töne rief: + Jetzt ein Gott in seines Zornes + Donner rauschend niederfuhr, + Itzo lispelnd wie des Wiesenbornes + Welle floß in stiller Flur. + + Ach! schon grünt des Edlen Hügel: + Aber ganz birgt er ihn nicht. + Eines, das durch Gräber Riegel, + Ewig jung und göttlich bricht, + _Eines_ lebt – der hohe reine + Geistesabdruck ist dieß _Eine_, + Das zur Ewigkeit entblüht, + Norne! deinem Dolch entflieht. + + Fühlt ihr in der Saiten Beben, + Im begeisternden Gesang, + In des Herzens Sturm und Drang + Fühlt ihr des Entschlaf’nen Leben? + Horch! es tönen Engelharmonien, – + Das ist Mozart! Seht ihr ihn + Lichtbekränzt? Mit Feentritte + Wallt sein Geist in eurer Mitte. + + + + + IV. + + Nachricht von Mozarts Werken. + + +Es ist fast kein Zweig der Tonkunst, in welchem Mozart nicht mit +entschiedenem Glücke seine Kräfte versucht hätte. + +_Dramatische Musik_, und die _Klavierkompositionen_ haben ihm am meisten +Ruhm erworben. Wenn man seine Werke besonders die theatralischen nach +der Zeitfolge ihrer Entstehung betrachtet, so merkt man deutlich den +Gang seines zur Vollkommenheit schreitenden Geistes. In den frühern, +z. B. in der Oper Idomeneo und der _Entführung aus dem Serail_, auch +noch zum Theil im _Figaro_ strömt das ganze Feuer einer jugendlichen +Phantasie und eine Fülle üppiger Empfindung ohne Gränzen. Es ist mehr +Wärme, als Licht darinn – die Massen des Gesanges und der Harmonie sind +nicht so bestimmt, wie in den spätern Werken, in welchen dieser Strom +der Empfindung immer sanfter sich in sein Bett zurückzieht, alles +leichter, einfacher und korrekter wird. Nirgends ist diese Reife des +Geschmackes sichtbarer, als in der #Clemenza di Tito#, und dem Requiem. +Daraus läßt es sich schließen, was man noch von Mozart zu erwarten +berechtiget war? + +Einige _Kunstrichter_ haben mit sinnreicher Feinheit zwar die +Vortrefflichkeit seiner Instrumentation, d. i. den mehr mechanischen +Theil der Kunst anerkannt, aber das, was blos Sache des Genies ist, die +Singparthie getadelt, – sie haben behauptet, Mozart sey hierinn nicht so +groß, als in der Instrumentalparthie. Die Gränzen dieser Schilderung +erlauben es nicht, die Grundlosigkeit davon zu zeigen, oder die Werke +Mozarts von dieser Ansicht zu betrachten. Die Tadler mögen indessen nur +beherzigen, daß gerade diese Seite seiner Werke von gründlichen und +berufenen Richtern immer am meisten bewundert worden ist. Was konnte +denn in seinen Opern und den übrigen Singkompositionen so sehr gefallen, +wenn es _der Gesang_ nicht war? Das Volk versteht wenig von der +Schönheit des Instrumentalsatzes; gerade dieser Theil seiner Werke, der +große Geschicklichkeit der Subjekte erfodert, wird gewöhnlich schlecht +aufgeführt – und doch brachten die meisten seiner Singkompositionen so +viel Wirkung, so viel Enthusiasmus hervor? dieß konnte nur der +_einfache, schöne, rhythmische Gesang bewirken_. Warum singt man seine +Melodien so gern nach? Warum sind so viele davon Volksgesänge geworden? +Wie wahr, wie lebhaft weiß Mozart den Sinn der Worte des Dichters +auszudrücken? Dringt sein Gesang nicht überall dem Zuhörer ans Herz? +Wenn dieß der höchste _Zweck_ der Tonkunst ist, wer hat ihn vollkommener +_erreicht als Mozart_? + +Man könnte zahlreiche Beyspiele anführen, wo Mozart mit einem feinen +ästhetischen Sinne selbst die Worte und Ideen des Dichters durch schöne +Wendungen der Melodie erhoben und verbessert hat. Sein Gesang haucht den +Worten meistentheils erst Wärme und Leben ein; fast immer liegt darinn +noch mehr Sinn und Empfindung, als in den Worten. Daher haben selbst +elende Poesien blos durch seine Komposition gefallen. Die Zauberflöte +und #Cosi fan tutte# sey Beweis. + +Die Gestalt, in welcher die alte #Opera seria# von Metastasio #La +Clemenza di Tito# bey seiner Musik erscheint, ist das Werk seines +richtigen Urtheiles und Geschmackes. Und ein solcher Kompositeur, der +den Geist des Textes, das eigene der Situation so faßte und verstand – +ihn oft verbesserte noch öfter erhob, soll keine höhere Bildung gehabt +haben? + +»Aber Mozarts Werke sind so _schwer_, so _kritisch_, _voll Kunst_ und so +_wenig_ für das Gehör.« + +Auf gleiche Art klagen oft Schulknaben über die Dunkelheiten und +Schwierigkeiten des Horaz. Man muß darüber lächeln! Wen trifft hier der +Vorwurf? Schrieb Mozart bloß für Schüler? oder ist dasjenige, was er für +sie schrieb, nicht leicht und verständlich? Das Schwere in seinen Werken +ist nicht _Absicht_, ist _nur Folge_ der Größe und Originalität seines +Genies. Dieß hat Mozart mit allen großen Künstlern gemein. _Populär_ +durften alle seine Werke nicht seyn; wo Popularität nöthig war, da hat +er sie vollkommen erreicht. Findet in seinen Singspielen nicht der +Kenner und der bloße Liebhaber Gerüchte für seinen Gaum? Auch die +_erhabensten Sachen_ von seiner Hand, wo er sich in der ganzen Stärke +seiner Kunst des Kontrapunktes zeigt, haben so viel Schönheit an sich, +daß sie auch uneingeweihten Ohren gefallen, wenn sie _nur richtig_, und +_geschmackvoll vorgetragen werden_. Aber hier liegt _der Knoten_ – das +ist größtentheils der Grund solcher Klagen. Ueberdieß erheischt seine +Musik ein reines Gefühl, ein unverdorbenes Ohr: _wer dieses nicht +mitbringt, für den hat Mozart nicht geschrieben._[19] + + [Fußnote 19: Anmerkung. Diese Bemerkungen der ersten Ausgabe, + sind jetzt beynahe unnöthig, da Mozart gegen seine Nachahmer, + die Faßlichkeit und Popularität selbst ist!] + +Der Tadel einer Klasse von Menschen, denen seine Musik nicht gefällt, +entscheidet nichts gegen ihre Vortrefflichkeit; so wie Rafaels Ruhm +nicht geschmählert wird, wenn dem ehrlichen Schneiderjungen ein buntes +Allerley von einem Schmierer besser ins Auge fällt, als Rafaels +Meisterstücke. Oder gab es nie Ohren, welchen die rauhe Pfeife des +Waldgottes entzückender schien, als die himmlischen Töne Apollos? – Wem +_Mozarts Musik_ nicht genug fürs Gehör zu seyn scheint, der dürfte wohl +den Fehler eigentlich in seinen Ohren suchen. Was werden so delikate +Ohren zu der Musik der neuern Tonsetzer sagen? + +Mit seinen Werken wird nun von den _Uebersetzern und Musikhändlern_ ein +wahrer Unfug getrieben, wobey das Publikum oft angeführt, und der Name +des großen Meisters größtentheils geschändet wird. Man hängt ihn erstens +als Anempfehlungsschild so manchem Machwerk vor, das seines Geistes ganz +unwürdig ist; noch häufiger ist der Fall, daß unbefugte Uebersetzer aus +seinen größern Werken _Klaviersachen_ zusammenstoppeln, die dann als +Originalwerke verkauft werden, und nothwendig schlechter seyn müssen, +als seine übrigen Klavierkompositionen. + +Eben so nachtheilig für seinen Ruhm ist es, daß man so häufig aus +Mangel an neuern Werken von seiner Meisterhand, ältere Kompositionen, +zum Theil aus seiner frühen Jugend herausgiebt, ohne diesen Umstand dem +Publikum zu sagen. Solche Werke sind größtentheils seinen spätern ganz +unähnlich, und können den Stempel der Vollkommenheit an sich nicht +haben. + +Seine Werke können zur bessern Uebersicht in 11 verschiedene Klassen +eingetheilt werden. Zur ersten rechnen wir die _dramatischen_. Mozart +schrieb 9 italienische Opern, – und 3 teutsche. + +#La finta semplice, opera buffa# für Kaiser Joseph 1768 + +#Mitridate, opera seria# für Mayland; im Jahr 1770 + +#Sulla,# – – – – 1772 + +#Giardiniera, opera buffa# für Kaiser Joseph im Jahr 1774 + +#Idomeneo, opera seria# für München im J. 1780 + +#Figaro, opera buffa# für Wien im J. 1786 + +#Don Giovanni, opera buffa# für Prag 1787 + +#Cosi fan tutte, opera buffa# für Wien 1790 + +#La Clemenza di Tito, opera seria# für Prag 1791 + + +_Teutsche Singspiele:_ + +Die Entführung aus dem Serail für Wien 1782 + +Der Schauspieldirektor ein kleines Singspiel für den Kaiser Joseph nach +Schönbrunn im Jahre 1786 + +Die Zauberflöte für das Theater Schikaneders 1791 + +_Idomeneo_ ist eines seiner größten, und gedankenreichesten Werke; der +Stil ist durchgehends pathetisch und athmet heroische Erhabenheit. Da er +diese Opera für große Sänger und für eines der besten Orchester von +Europa schrieb, so fühlte sein Geist keinen Zwang, und entfaltete sich +darinn am üppigsten. Aber Idomeneo muß besser aufgeführt werden, als es +zu Prag vor einigen Jahren in Sommer geschah, wo ihn der +Opern-Unternehmer im eigentlichen Verstande prostituirte. Es war ein +drolligter Gedanke eine der größten Opern ohne Sängerinnen und Orchester +aufzuführen. Denn beydes fehlte, und ward durch Substituten ersetzt. +Auch hüte man sich diese Opera, so wie jede von Mozart nach +mittelmäßigen Klavierübersetzungen zu beurtheilen! + +_Figaro_ wird von Musik-Kennern am meisten geschätzt; wahr ist es, daß +Mozart bey ihrer Ausarbeitung am fleißigsten studirt habe. An +Gedanken-Reichthum gleicht sie dem Idomeneo, an Originalität weicht sie +keiner andern. + +_Don Juan_ ist anerkannt das größte Meisterstück seines Genies – die +höchste Kunst mit der größten Anmuth ist darinn in lieblicher Eintracht +gepaart. Die Rolle des Leporello ist das erste Meisterstück des +Komischen – das Muster für alle Opernkomponisten. + +#Cosi fan tutte# oder die Schule der Liebenden ist die _lieblichste_ und +scherzhafteste Musik voll Charakter und Ausdruck. + +Die Finalien sind unübertrefflich. Wenn man den schlechten Text dieser +Oper betrachtet, so muß man über die Fruchtbarkeit seines dichterischen +Genies erstaunen, das fähig war ein so trockenes, einfältiges Sujet zu +beleben und solche Schönheiten hervor zu bringen. Es ist schon bemerkt +worden, daß er in der Wahl des Buches nicht frey war. + +#La Clemenza di Tito# wird in ästhetischer Hinsicht, als schönes +Kunstwerk, für die vollendeteste Arbeit Mozarts gehalten. Mit einem +feinem Sinne faßte Mozart die Einfachheit, die stille Erhabenheit des +Charakters des Titus, und der ganzen Handlung auf, und übertrug sie ganz +in seine Komposition. Jeder Theil, selbst die gemäßigte +Instrumentalparthie trägt dieses Gepräge an sich, und vereinigt sich zu +der schönsten Einheit des Ganzen. Da sie für ein Krönungsfest, und für +zwey ganz eigends dazu angenommene Sänger aus Italien geschrieben war, +so mußte er nothwendig brillante Arien für diese zwey Rollen schreiben. +Aber welche Arien sind das? Wie hoch stehen sie über dem gewöhnlichen +Troß der Bravour-Gesänge? + +Die übrigen Stücke verrathen überall den großen Geist aus dem sie +gefloßen. Die letzte Scene oder das Finale des 1ten Aktes ist gewiß die +gelungenste Arbeit Mozarts, ja wohl aller dramatischen Tonsetzungen; +_Ausdruck_, _Charakter_, _Empfindung_, wetteifern darinn den größten +Effekt hervorzubringen. Der Gesang, die Instrumentation, die Abwechslung +der Töne, der Wiederhall der fernen Chöre – bewirkten bey jeder +Aufführung eine Rührung und Täuschung, die bey Opern eine so seltene +Erscheinung ist. Unter allen Chören, die ich gehört habe, ist keiner so +fließend, so erhaben und ausdrucksvoll, als der Schlußchor im 2ten Akte; +unter allen Arien, keine so lieblich, so voll süßer Schwermuth, so reich +an musikalischen Schönheiten, als das vollkommene Rondo in #F#, mit dem +oblig: Baßethorne, #Non piu di fiori# im 2ten Akte. Die wenigen +instrumentirten Rezitative sind von Mozart, die übrigen alle – was sehr +zu bedauern ist, – von einer Schülerhand. + +Die Oper, die jetzt noch immer mit Entzücken gehört wird, gefiel das +erstemal bey der Krönung nicht so sehr, als sie es verdiente. Ein +Publikum, das vom Tanz, von Bällen und Vergnügungen trunken war, in dem +Geräusche eines Krönungsfestes, konnte freylich an den einfachen +Schönheiten Mozartscher Kunst wenig Geschmack finden. + +_Unter den teutschen Singspielen_ zeichnet sich die Entführung aus dem +Serail an Empfindung und Schönheit des Gesanges aus. Man sieht es ihr +an, daß sie bald nach Idomeneo gedichtet ward. + +Das kleine Singspiel, der _Schauspieldirektor_ ist blos ein +Gelegenheitsstück für den kaiserl. Hof in Schönbrunn. Was soll ich von +der _Zauberflöte_ sagen? Wer kennt sie in Teutschland nicht? Giebt es +ein Theater, wo sie nicht aufgeführt ward? Sie ist unser Nationalstück. +Der Beyfall den sie überall – überall erhielt, von dem Hoftheater an, +bis zu der wandernden Bühne des kleinen Marktfleckens, ist bisher ohne +Beyspiel. In Wien wurde sie nur im 1ten Jahre ihrer Erscheinung mehr als +_hundertmal_ aufgeführt. + +_Die 2te Klasse_ seiner Werke begreift die Kompositionen fürs Klavier. +Darunter glänzen am meisten die Klavierkonzerte, worinn Mozart ohne +Nebenbuhler den ersten Rang behauptet. Hier, so wie in vielen andern +Fächern war er Erfinder einer neuen Gattung. Diese Werke enthalten +einen unerschöpflichen Reichthum an den treflichsten Gedanken, die +glänzendeste Instrumentation, und erschöpfen fast alle Tiefen des +Kontrapunktes. + +Die Sonaten aller Art _mit und ohne_ Begleitung sind in jedermanns +Händen. Unter denselben sind die Trio am originellsten geschrieben. Das +berühmte Quintett fürs Klavier mit Begleitung einer Oboe, einer +Klarinette, eines Waldhornes und Fagottes halten Kenner für sein +Meisterstück in Rücksicht der Instrumentation; geschrieben im J. 1784 +_den 30ten März_. Die vielen _Variazionen_ zeichnen sich durch +Reichthum, Manigfaltigkeit und Neuheit vor allen ähnlichen Werken aus. +Die letzten, die er setzte, sind die, über das Lied: _Ein Weib ist das +herrlichste Ding_; den 15ten März 1791 komponirt. Diese Klasse seiner +Werke ist die zahlreichste. + +_Die 3te Klasse_ begreift die Sinfonien; die schönsten davon, die er in +den Jahren 1786 bis 1788 schrieb, sind folgende 4: in #D#, #Eb#, #G mol# +und #C# mit der Fuge im letzten Stücke. Alle können den schönsten von +_Hayden_ an die Seite gesetzt werden; er entfaltete darinn seine Kunst +der Komposition im höchsten Grade. Die Opernsinfonien sind bekannt und +bewundert genug. + +_Zur 4ten Klasse_ gehören Gelegenheits-Kantaten mit vollstimmiger +Begleitung. In dem Verzeichnisse sind 3 aufgemerkt. + +_In die 5te Klasse_ können die einzelnen Scenen und Arien gerechnet +werden, die er für musikalische Akademien oder für besondere Sänger +schrieb. In dem Verzeichnisse sind 22 solche enthalten, für allerley +Stimmen. + +_6te Klasse:_ teutsche Lieder mit Klavierbegleitung allein; in dem +Verzeichnisse sind 20 Stücke aufgezeichnet, worunter _die_ so bekannte +_Abendempfindung_, _das Veilchen_ und an _Chloe_, so voll Einfachheit, +Ausdruck und Empfindung, _kurz so schön_ sind, daß man sagen kann, +Mozart hätte blos mit diesem sich unsterblichen Ruhm erworben. Daraus +vorzüglich mögen seine Tadler sehen, ob er nicht _groß_ in der +Singkomposition war? Ob er den Worten Leben zu geben, auch ohne das +Rauschen der Instrumente nicht verstand? + +_7te Klasse:_ Konzerte für verschiedene Instrumente schrieb er am +seltensten. + +In dem Verzeichnisse sind nur folgende angemerkt: 1) Ein Andante zu +einem Violinkonzert; 2) Ein Konzert für das Waldhorn. 3) _Für die +Harmonika_; 4) für die Klarinette. + +_8te Klasse:_ Violinquartetten und Quintetten. Unter den Quartetten sind +die 6, die er Joseph Haydn dedizirte, klassisch. Später im Jahre 1789 +im Junius schrieb er 3 konzertante Quartetten für den verstorbenen König +von Preußen; nebst diesen ist noch ein einzelnes Quartett aus #D# im +Jahr 1786 geschrieben, und _eine einzelne Fuge_. + +_Originalquintetten_ sind in dem Verzeichnisse nur 4 aufgezeichnet; aus +#C#, #G mol#, #D dur# und #Eb#. Er schrieb bey seinem Aufenthalte in +München 1782 einige Nachtmusiken #à quadro# mit Begleitung 2er +Waldhörner, die man füglich als Violinkonzerte betrachten kann – alle +diese Sachen sind voll Gedanken und Schönheiten. Ein konzertantes +Divertimento für 3 Stimmen, die Violin, Bratsche und das Violoncello ist +vorzüglich schön und voll hoher Kunst. Die 2 Duetten für die Violin und +Bratsche sind bekannt und beliebt genug. + +_9te Klasse:_ Parthien für blasende Instrumente zu Tafel- und +Nachtmusiken. Hier in Prag sind mehrere bekannt. Ihre Schönheiten sind +bezaubernd, und reißen auch das gefühlloseste Herz hin. Es existirt auch +eine Nachtmusik aus 13 blasenden Instrumenten von seiner Arbeit. + +_10te Klasse: Tanzstücke._ Mozart schrieb mehrere Parthien, Menuetten +und teutsche Tänze für den Kaiserl. Redouten Saal zu Wien. Wie sehr +diese Sachen von seiner Arbeit gesucht wurden, sieht man aus dem +Verzeichnisse, wo jeden Karneval eine Menge Menuetten, Teutsche, Walzer +und Kontratänze angemerkt sind. + +_11te Klasse: Kirchenmusik_, war das Lieblingsfach Mozarts. Aber er +konnte sich demselben _am wenigsten_ widmen. Die Messen, die von ihm +übrig sind, wurden bey verschiedenen Gelegenheiten und Einladungen +verfertigt. Alle, die wir hier in Prag gehört haben, tragen den Stempel +seines Genies. In dem Verzeichnisse ist keine einzige Messe angezeigt – +ein Beweis, daß alle, die wir haben, in frühere Zeiten seines Lebens zu +setzen sind. Nur ein Graduale auf den Text: #ave verum corpus# hat er im +Junius 1791 verfertiget. + +Mozart würde in diesem Fache der Kunst seine ganze Stärke erst gezeigt +haben, wenn er die Stelle bey St. Stephan wirklich angetreten hätte; er +freute sich auch sehr darauf. Wie sehr sein Genie für den hohen Stil des +ernsten Kirchengesanges gemacht war, beweiset seine letzte Arbeit, die +_Seelenmesse_, die gewiß _alles_ übertrifft, was in diesem Fache bisher +ist geleistet worden, und nicht so bald übertroffen werden wird. + +Nebst diesen Gattungen seiner Werke hinterließ er 10 #Canoni# blos für +Singstimmen; und zwar 8 vierstimmige, und 2 dreystimmige, sowohl +komische, als ernsthafte. Sie sind nicht nur Meisterstücke in der Kunst +sondern auch sehr unterhaltend. + +Zum Schlusse setzen wir noch eine Anekdote her, die mehr als eine +Lobrede sagt. Ein alter italienischer Impressarius einer +Operngesellschaft in Teutschland, der es an seiner Kasse zu fühlen +schien, daß seit Mozart keine andern Opern, am wenigsten die von +welschen Authoren gefallen wollen, pflegte immer, so oft er in seiner +Opernregistratur auf eine Oper von Mozart kam, mit einem Seufzer +auszurufen: _Der ist mein Unglück!_ + + + +Anmerkungen zur Transkription: Dieses elektronische Buch wurde auf +Grundlage der 1808 erschienenen zweiten Auflage erstellt. Kleinere +Unregelmäßigkeiten in der Schreibweise wurden beibehalten. Die +nachfolgende Tabelle enthält eine Auflistung aller gegenüber dem +Originaltext vorgenommenen Korrekturen. + +Das Originalbuch ist in Frakturschrift gedruckt. Textauszeichnungen +wurden folgendermaßen ersetzt: + +Sperrung: _gesperrter Text_ +Großdruck: =groß gedruckter Text= +Antiquaschrift: #Antiquatext# + +Die Fraktur-Ligatur für »etc.« wurde durch etc. ersetzt. + + +Transcriber’s Note: This ebook has been prepared from the second edition +published in 1808. Minor spelling inconsistencies have been maintained. +The table below lists all corrections applied to the original text. + +The original book is printed in Fraktur font. Marked-up text has been +replaced by: + +Spaced-out: _spaced out text_ +Bigger font: =bigger font= +Antiqua: #text in Antiqua font# + +The ligature for “etc.” has been replaced by etc. + + +p. 004: und deu Thatsacheu -> und den Thatsachen +p. 006: Es ist noch uicht fertig -> nicht +p. 009: [added period] Tanzstücke u. d. gl -> u. d. gl. +p. 011: ihn nicht weier stören -> weiter +p. 013: [added comma] in einer Sache, wo das +p. 013: auserordentlich großen Talent -> außerordentlich +p. 015: zweyten Tochter der Königs -> des +p. 016: den 10 April 1764 -> 10. April +p. 017: konnte man ihm kaum vom Spielen -> ihn +p. 020: mit den man ihn aufnahm -> dem +p. 021: zu schatzen verstehen -> schätzen +p. 024: den vollendesten Künstler hörten -> vollendetesten +p. 025: Der Pabst durch alle die Wunder -> Papst +p. 025: [deleted period] den Karneval von 1773. eingegangen +p. 031: München eine Oper seria zu schreiben -> Opera +p. 033: der schon damal der Stolz -> damals +p. 036: [deleted comma] Man sieht, es diesen Quartetten an +p. 041: obschon sie wohl hundermal gehört waren -> hundertmal +p. 042: empfing ihm das ganze -> ihn +p. 043: Der große Rnf seines Namens -> Ruf +p. 044: oft von da Einladuugen -> Einladungen +p. 045: vom dem Roste der Mode -> von +p. 048: eben so geheimnißvoll als merkmürdig -> merkwürdig +p. 048: sich in dieser Gattuug -> Gattung +p. 053: der Unbekannte Verehrer -> unbekannte +p. 054: [added comma] und wahrlich, bis jetzt +p. 055: ein feyrrliches Seelenamt -> feyerliches +p. 057: das Haus voll, nnd die Einnahme gut -> und +p. 057: [deleted comma] nicht weniger, als 30,000 Gulden +p. 057: [added comma] eine Summe, über die +p. 060: über ihn so streng urtheien -> urtheilen +p. 062: so drückt sich ein Berliner Wochenblatt, worinn -> aus, worin +p. 068: [added comma] zu dem einfachen Liede, von der +p. 070: die Meisterstücke der Römer und Griechen -> Die +p. 072: [deleted comma] 20, bis 30 Jahre alt +p. 072: bey dem gewöhnlichen Kompositionen -> den +p. 072: von so unbestimmten Charakter -> unbestimmtem +p. 072: [added comma] Anmuth und Lieblichkeit, diese wahren Zaubermittel +p. 082: [added comma] damit herum, dachte sich +p. 085: die am 30 September geschah -> 30. September +p. 092: Schriftsteller der gebildesten Nationen -> gebildetesten +p. 093: Unter guten Freuden -> Freunden +p. 096: nach eigenem Geständuisse -> Geständnisse +p. 096: Menschrnfreundlich und uneigennützig -> Menschenfreundlich +p. 096: den Werh des Geldes -> Werth +p. 096: nnd zog sich dadurch -> und +p. 100: [deleted period] seit dem Jahre 1784. bis -> 1784 bis +p. 101: Eine Klavierkantatate -> Klavierkantate +p. 101: das Neue in ihrer Ausführuug -> Ausführung +p. 102: verdienen hier allerdings einen Plaz -> Platz +p. 102: Wie ihr Schöpfer kannt’ und grif -> griff +p. 107: wo Popularität uöthig war -> nöthig +p. 111: in leiblicher Eintracht gepaart -> lieblicher +p. 116: auch das gefülloseste Herz -> gefühlloseste +p. 116: [added comma] mehrere Parthien, Menuetten und teutsche Tänze +p. 117: sieht mau aus dem -> man +p. 117: 11te Klase: Kirchenmusik -> Klasse +p. 118: sondern auch sehr unhaltend -> unterhaltend + + + + + +End of the Project Gutenberg EBook of Lebensbeschreibung des k. k. +Kapellmeisters Wolfgang Amad, by Franz Xaver Niemetschek + +*** END OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK LEBENSBESCHREIBUNG *** + +***** This file should be named 29474-0.txt or 29474-0.zip ***** +This and all associated files of various formats will be found in: + http://www.gutenberg.org/2/9/4/7/29474/ + +Produced by Norbert H. 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You may copy it, give it away or +re-use it under the terms of the Project Gutenberg License included +with this eBook or online at www.gutenberg.org + + +Title: Lebensbeschreibung des k. k. Kapellmeisters Wolfgang Amadeus Mozart + +Author: Franz Xaver Niemetschek + +Release Date: July 21, 2009 [EBook #29474] + +Language: German + +Character set encoding: ISO-8859-1 + +*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK LEBENSBESCHREIBUNG *** + + + + +Produced by Norbert H. Langkau, Markus Brenner and the +Online Distributed Proofreading Team at http://www.pgdp.net + + + + + + + Lebensbeschreibung + + des + + K. K. Kapellmeisters + + Wolfgang Amadeus Mozart, + + aus + + Originalquellen, + + von + + Franz Xav. Nemetschek, + Professor an der Universitt zu Prag. + + + Zweite vermehrte Auflage. + + + Prag 1808, + in der Herrlischen Buchhandlung. + + + + +Die Nachwelt hat ber den Rang bereits entschieden, der _Mozarten_ als +Knstler gebhrt. Einzig, unbertroffen steht er, ein Raphael seiner +Kunst, unter den glorreichen Genien _Hndel_, _Cimarosa_, _Gluck_, +_Hayden_, oben an; sein Ruhm erfllt die ganze gebildete Welt. + +Aber _Mozart_ als Mensch ist nicht minder interessant: die frhe +Entwicklung und die schnelle Reife seines wunderbaren Genies biethet dem +Forscher der menschlichen Natur lehrreichen Stoff zum Nachdenken dar. In +beider Hinsicht darf sich diese biographische Skizze versprechen der +Aufmerksamkeit des Publikums nicht unwerth zu seyn. + + + + + I. + + Die Jugend Mozarts. + + +Der Vater dieses auerordentlichen Genies, Leopold Mozart, war der Sohn +eines Buchbinders zu Augsburg; er studirte zu Salzburg, und kam im Jahre +1743 als Hofmusikus in die frstl. Kapelle. Sein Talent verbunden mit +einem rechtschaffenen Charakter verschaffte ihm 1762 die Stelle des +zweiten Kapellmeisters. Er war mit Anna Bertlinn verheurathet; beyde +waren von einer so vortheilhaften Krpergestalt, da man sie zu ihrer +Zeit fr das schnste Ehepaar in Salzburg hielt. + +Leopold Mozart beschftigte sich mit dem Hofdienste, die brigen Stunden +wendete er auf Komposition und Violinunterweisung. Welch ein +vorzglicher Kenner dieses Instruments er gewesen sey, beweiset die +allgemein bekannte _Violinschule_, die er 1766 herausgab, und die im +Jahre 1770, und zu unserer Zeit das drittemal in Wien aufgelegt wurde. + +Er zeugte 7 Kinder; aber nur 2 blieben am Leben; ein Mdchen und ein +Knabe. Der Sohn der im Jahr 1756 am 27sten Jnner gebohren ward, hie +Wolfgang Gottlieb, oder _Amadeus_; die Schwester, die lter war, Maria +Anna. + +Da der Vater bald an den beyden Kindern ein vorzgliches Talent zur +Musik bemerkte, so gab er alle Lektionen und auswrtige Geschfte auer +seinem Dienste auf, und widmete sich ausschlielich der musikalischen +Erziehung dieses Kinderpaares. + +Dieser vortrefflichen Leitung mu der ungewhnlich hohe Grad der +Vollkommenheit, zu dem Mozarts Genie sich so bald empor schwang, +zugeschrieben werden. Die Natur vermag freylich viel -- aber verwahrlost, +oder zu einer andern Richtung gezwungen, verliert sie vieles von ihrer +ursprnglichen Kraft. Auf die ersten Ideenreihen und Eindrcke kommt es +bekanntermaen bey der Erziehung der Kinder am meisten an; denke man +sich nun ein so groes natrliches Talent, als Mozart besa, in so +gnstigen Umstnden, so wird man bald von dem Erstaunen, in welches uns +das Unbegreifliche seiner Aeuerungen und Begebenheiten versetzt, zurck +kommen, und den Thatsachen, die ich zu erzhlen im Begriffe bin, gern +Glauben beimessen. Die ersten Eindrcke, die sein Ohr auffate, waren +Harmonien und Gesang; Musik waren die ersten Worte und Ideen, die er +begriff! So mute der himmlische Funke, den die Gottheit in den Busen +dieses den Tnen geweihten Knaben gelegt hatte, sehr frh aufwachen und +in helle Flammen schlagen. Die grndlichen Kenntnisse seines sorgsamen +Vaters kamen berall dem aufwachenden Genie entgegen; so wuchs er auf, +so reifte er schneller, als die bloe Natur zu reifen vermag. + +Mozart war eben 3Jahr alt, als seine 7jhrige Schwester den ersten +Unterricht auf dem Klaviere bekam; und hier uerte sich zuerst das +Genie des Knaben. Er setzte sich oft freywillig zu dem Klavier und +beschftigte sich stundenlang mit der Zusammenstimmung der _Terzen_, die +er dann, wenn er sie fand, anschlug, und in lebhafte Freude ausbrach. +Nun fing also der Vater an ihm leichte Stcke spielend beyzubringen; und +er fand zu seinem freudevollen Erstaunen, da der Schler alle +menschliche Erwartung bertraf; er lernte gewhnlich in einer Stunde ein +Menuet, oder ein Liedchen, und trug es dann mit dem angemessenen +Ausdrucke vor. + +Jeder Leser wird es wahrscheinlich finden, wenn ich sage, da der +kleine Mozart, das lebhafteste Temperament, und ein sehr zrtliches +Gefhl hatte. Seinen kindischen Spielen ergab er sich mit einer +Innigkeit, die ihn auf alles brige vergessen lie, und Liebe fr alle +Personen die um ihn waren, oder sich mit ihm abgaben war sein +herrschender Hang; er fragte jeden, der mit ihm umgieng, ob er ihn lieb +habe, und vergo gleich Zhren, wenn man es scherzweise verneinte. + +Ueberhaupt ergab sich Mozart schon als Kind und Knabe allen Dingen und +Personen, an denen sein Geist Interesse fand, mit der ganzen warmen und +lebhaften Innigkeit, deren ein so zartorganisirter Mensch fhig ist. +Dieser Zug blieb stets auch an dem Manne das unterscheidende Merkmal -- +und war oft sein Unglck. + +Im 6ten Jahre kam er schon in der Musik so weit, da er selbst kleine +Stcke auf dem Klavier komponirte, die dann sein Vater in Noten setzen +mute. Von diesem Zeitpunkte an empfand er nichts so lebhaft, als Tne, +und jede andere Spielerey, die sonst Kinder freut, war ihm gleichgiltig, +sobald nicht Musik dabey war. + +Die tglichen Fortschritte die er darinn machte, setzten oft den Vater, +der doch bestndig um ihn war, und jeden Schritt beobachtete, in das +berraschendeste Erstaunen; denn es waren nicht Fortschritte eines +gewhnlichen geschickten Lehrlings, sondern Riesenschritte eines Genies, +dessen Gre selbst sein Vater und Erzieher nicht ahnden konnte, weil +seine Entwickelung und Aeuerung auch den grten Erwartungen zuvor kam. +Folgende Begebenheit, die auch Schlichtegroll in seinem Nekrolog +erzhlt, und die mir von mehreren Personen bestttiget wurde, mag zum +Beweise dienen. + +Als Wolfgang ungefhr im 6ten Jahre seines Alters war, kam einst sein +Vater, aus der Kapelle mit einem Freunde nach Hause zurck; sie trafen +den kleinen Tonknstler mit der Feder in der Hand beschftiget an. Der +Vater fragte ihn was er denn mache. + +_Wolfg._ Ein Conzert frs Klavier. + +_Vat._ La sehen; das wird wohl was Sauberes seyn. + +_Wolfg._ Es ist noch nicht fertig. + +Nun nahm es der Vater in die Hand, und fand ein Geschmiere von Noten und +ausgewischten Tintenflecken; denn der kleine Komponist wute mit der +Feder noch nicht recht umzugehen; er tauchte sie zu tief in der Tinte +ein und machte dann freylich immer Flecke auf das Papier, die er mit der +Hand auswischte, und so weiter darauf fortschrieb. Als aber der Vater +etwas aufmerksamer die Komposition betrachtete, blieb sein Blick vom +angenehmen Erstaunen und einer unbeschreiblichen Rhrung darauf +gefesselt, und helle Thrnen der Freude traten in seine Augen. + +Sehen Sie Freund! sprach er dann lchelnd, wie alles richtig und nach +den Regeln gesetzt ist; nur kann man es nicht brauchen, weil es so +schwer ist, da es sich nicht spielen lt. + +_Wolfg_. Dafr ist es auch ein Konzert; man mu so lange exerzieren, bis +man es heraus bringt. Sehen Sie, so mu es gehen. + +Hier fieng er es an zu spielen, konnte aber auch selbst kaum so viel +vorbringen, als man erkennen konnte, was seine Gedanken gewesen sind. +Denn er hatte die Meynung, ein Conzert spielen, und Mirakel wirken sey +alles eins. + +Zu dieser Zeit hatte es der Knabe schon so weit in der Musik gebracht, +da der Vater ohne Bedenken auch das Ausland zum Zeugen der +auerordentlichen Talente seines Sohnes machen konnte. + +Die erste Reise, die er mit ihm und seiner Schwester unternahm, war nach +Mnchen, im Jahre 1762. Hier spielte Wolfgang vor dem Churfrsten ein +Conzert, und erndete sammt seiner Schwester die grte Bewunderung ein. + +Die zweyte Reise geschah im Herbste des nemlichen Jahres, also auch im +6ten Jahre seines Alters nach Wien, wo die beyden kleinen Virtuosen dem +kaiserlichen Hof vorgestellet wurden. + +Eine verehrungswrdige Dame, die damals am Hofe war, versicherte mich, +da beyde Kinder ein allgemeines Erstaunen erregt haben; man konnte kaum +seinen Augen und Ohren trauen, wenn sie sich produzirten. Vorzglich hat +der verewigte Schtzer der Knste, Kaiser FranzI. an dem kleinen +Hexenmeister, (wie er ihn scherzweise nannte,) viel Wohlgefallen +gefunden. Er unterhielt sich vielmal mit ihm. Alle Anekdoten die Herr +Schlichtegroll bey dieser Gelegenheit erzhlet, sind mir als wahr +bestttiget worden. + +Der Kaiser hat unter andern mit ihm gescherzt, es seye wohl keine so +auerordentliche Kunst zu spielen; wenn man auf die Klaviatur schauen +kann, aber bey verdeckter Klaviatur -- das wre etwas? Mozart war damit +nicht in Verlegenheit gesetzt: er lt sich die Klaviatur bedecken und +spielt eben so gut, wie vorher. + +Auch die sey noch nichts besonderes, versetzte der Kaiser, wenn man mit +allen Fingern spielt; aber mit einem einzigen zu spielen, das wr erst +Kunst. + +Auch diese Zumuthung machte den Knaben nichts weniger als verlegen -- er +versuchte es mit Entschlossenheit auf der Stelle, und spielte zur +Verwunderung mehrere Stcke auf diese Art mit Nettigkeit aus. Schon +damals uerte er einen Charakterzug, der ihm stets eigen geblieben +ist; nemlich die Verachtung alles _Lobes_ der Groen, und eine gewisse +Abneigung vor Ihnen, wenn sie nicht Kenner zugleich waren, zu spielen. +Mute er es dennoch, so spielte er nichts als Tndeleyen, Tanzstcke +u.d.gl. unbedeutende Sachen. Aber, wenn Kenner zugegen waren, so war +er ganz Feuer und Aufmerksamkeit. + +Diese Eigenheit behielt er bis zu seinem Tode, wie wir es bey seinem +dreymaligen Aufenthalt in Prag sehr oft erfahren haben. + +So geschah es auch damals bey dem Kaiser Franz. Als er sich zum Klavier +setzte um ein Konzert zu spielen, und der Kaiser bey ihm stand, sagte +Mozart: Ist Herr Wagenseil nicht hier? der versteht es. Wagenseil kam, +und der kleine Virtuose sagte: Ich spiele ein Conzert von Ihnen, Sie +mssen mir umwenden. + +Auch folgende Anekdote kann vielleicht zu seiner Schilderung beitragen. + +Unter allen Erzherzoginnen nahm ihn Antoinette, die nachmalige Kniginn +von Frankreich am meisten ein, und er hatte eine besondere Zrtlichkeit +fr sie. Als er einst in den Zimmern der hchstseligen Kaiserinn Maria +Theresia war, und von den kleinen Prinzen und Prinzessinnen herum +gefhrt wurde, hatte er das Unglck, des Gehens am gegltteten Fuboden +ungewohnt, zu fallen. Niemand war geschftiger ihm beyzuspringen und +aufzuhelfen, als die kleine Erzherzoginn Antoinette; die rhrte sein +kleines Herz so sehr, da er gerade zu der Monarchin eilte, und mit viel +Begeisterung die Gte des Herzens dieser Prinzessinn erhob. Wer htte +einem solchen Kinde nicht gut werden sollen? + +Die beyspiellose Fertigkeit, mit welcher er das Klavier behandelte, und +der hohe Grad der Kenntni der Kunst, die er in einem Alter erreichte, +wo Kinder sonst noch kaum einen Kunsttrieb uern, war bewundernswrdig +genug; ja es lie sich wohl kaum etwas Grers erwarten. Aber der +wunderbare Geist der Tne, der in ihn von dem Schpfer gelegt ward, +schritt alle gewhnliche Schranken ber, und ging, da er einmal erwacht +war, allem Unterrichte voran. Was man ihn lehren wollte, das war seinem +Geiste schon wie bekannt, und er schien sich nur daran zu besinnen! + +Der Unterricht diente ihm also nur als Reizmittel, und zur Berichtigung +des Geschmackes. + +_Mozart_ spielte bisher kein anderes Instrument als das Klavier; aber er +konnte auch schon geigen, bevor es sein Vater wahrnahm, oder ihm irgend +eine Anweisung auf der Violine gegeben hatte. Ich will den Vorfall, der +dieses offenbarte mit den Worten des Nekrologes erzhlen. -- Mozart +hatte aus Wien eine kleine Geige mitgebracht, die er dort geschenkt +bekommen hatte. Kurz als die Familie wieder nach Salzburg zurck gekehrt +war, kam _Wenzl_ ein geschickter Geiger und Anfnger in der Komposition +zu dem Vater Mozart, und bath sich dessen Erinnerungen ber 6 Trios aus, +die er whrend der Abwesenheit der Mozartischen Familie gesetzt hatte. + +_Schachtner_, ein noch lebender Hoftrompeter in Salzburg, den der +kleine Mozart besonders liebte, war eben gegenwrtig. Der Vater, so +erzhlte dieser glaubwrdige Augenzeuge, spielte mit der Viola den Ba, +Wenzl die erste Violin, und ich sollte die zweyte spielen. Der kleine +Wolfgang bath, da er doch die zweyte Violin spielen drfte. Aber der +Vater verwie ihm seine kindische Bitte, weil er noch keine ordentliche +Anweisung auf der Violin gehabt htte und daher unmglich etwas Gutes +herausbringen knnte. Der Kleine erwiederte, da, um die 2te Violin zu +spielen man es ja wohl nicht erst gelernet zu haben brauche; aber der +Vater hie ihn halb in Unwillen davon gehen und ihn nicht weiter stren. +Der Kleine fing an bitterlich zu weinen, und lief mit seiner kleinen +Geige davon. Ich bath, man mchte ihn doch mit mir spielen lassen; +endlich willigte der Vater ein, und sagte zu ihm: Nun so geige nur mit +Herrn Schachtner, jedoch so stille, da man dich nicht hre, sonst mut +du gleich fort. Wir spielten und der kleine Mozart geigte mit mir, doch +bald bemerkte ich, da ich da ganz berflssig sey. Ich legte meine +Geige weg und sah den Vater an, dem bey dieser Scene Thrnen der +gerhrten Zrtlichkeit aus dem vterlichen Auge ber die Wangen rollten. +So spielte Wolfgang alle 6 Trios durch. Nach deren Endigung wurde er +durch unsern Beyfall so khn, da er behauptete, auch die erste Violin +spielen zu knnen. Wir machten zum Scherz einen Versuch, und muten +herzlich lachen, als er auch diese, wiewohl mit lauter unrechten und +unregelmigen Applikaturen, doch aber so spielte, da er nie vllig +stecken blieb. + +Mit welcher bewundernswrdigen Genauigkeit sein Ohr auch den feinsten +Unterschied der Tne ma, wie unglaublich sicher sein Gedchtni Tne +behielt, beweiset folgender Vorfall, der sich fast um gleiche Zeit +ereignete. + +_Schachtner_, der erwhnte Freund des Mozartschen Hauses, und der +Liebling des kleinen Wolfgangs, besa eine Violin, die dieser ihres +sanften Tones wegen vorzglich liebte, und die Buttergeige nannte. Er +spielte eines Tages darauf. In einigen Tagen kam Schachtner wieder, und +traf den Wolfgang auf seiner eigenen kleinen Geige phantasirend an. + +Was macht ihre Buttergeige? sagte Wolfgang und fuhr in seiner +Phantasie fort. Nach einer kleinen Pause, wo er sich auf etwas zu +besinnen schien, sagte er weiter: + +Wenn sie aber nur ihre Geige immer in gleicher Stimmung lieen; sie war +das letztemal, als ich auf ihr spielte, um einen Viertelton tiefer, als +meine da. Man lchelte ber diese dreiste Behauptung in einer Sache, wo +das gebteste Knstlerohr kaum einen Unterschied zu bemerken im Stande +ist. + +Der Vater aber, der schon oft durch hnliche Aeuerungen des groen +Tongefhls seines Sohnes berrascht wurde, hlt es der Mhe werth die +Angabe zu prfen. Die Geige wird gebracht, und zum allgemeinen Erstaunen +traf die Angabe mathematisch richtig ein. + +Bey allen diesen Fertigkeiten, bey diesem auerordentlich groen Talent, +besa der kleine Mozart einen Flei, der fr seinen zarten Krperbau +vielleicht zu gro war. Man mute ihn Abends vom Klavier wegrufen, oft +mit Ernst wegjagen, sonst htte ihn die aufgehende Sonne vielleicht noch +bey demselben angetroffen. + +Diese Vergessenheit seiner selbst, wenn er sich mit Musik beschftigte, +blieb ihm bis an sein Ende eigen; er sa tglich am Fortepiano bis in +die spte Nacht. Ein sicheres Kennzeichen des Genies, welches seinen +Gegenstand immer mit der ganzen Kraft der Seele umfate, und seiner +selbst verga. + +Man darf jedoch nicht glauben, da er nicht auch zu andern Sachen fhig +war; alles was er lernte, begriff er leicht, und ergab sich dem +Gegenstande mit einem Eifer und Feuer, dessen Grund in seiner +empfindsamen Organisation lag. So bemahlte er Sthle, Tische und den +Fuboden mit Ziffern, als er rechnen lernte, und dachte und redete von +nichts andern, als von arithmetischen Aufgaben; er ward nach der Zeit +einer der gebtesten Rechenmeister. + +Dabey war er so gehorsam und nachgiebig gegen seine Eltern, da man nie +sinnlicher Strafen bedurfte, und da er selbst keine Ewaare ohne +Erlaubni des Vaters annahm oder verzehrte. + +Sobald sein groes Talent etwas bekannt wurde, so mute er oft ganze +Tage sich vor Fremden hren lassen: und doch zeigte er nie Unwillen, +wenn ihn der Befehl seines Vaters wieder an das Klavier gehen hie. +Gegen seine Gespielen war er immer voll Freundlichkeit und Wohlwollen, +und hieng an ihnen mit der ganzen groen Zrtlichkeit seines Herzen; +selbst in kindischen Unterhaltungen zeigte sich sein Geist der Musik, +von der immer etwas mit dabey seyn mute. + +Im siebenten Jahre seines Alters, das ist, im Jahr 1763 machte Mozart +mit seinen beyden Kindern die erste grere musikalische Reise in +Deutschland. Durch diese wurde der Ruhm des jungen Meisters allgemein +verbreitet. Er zeigte seine Talente und Fertigkeiten vorzglich in +_Mnchen_, wo er auch ein Violin-Konzert vor dem Churfrsten spielte und +dazu aus dem Kopfe prambulirte; dann in _Augsburg_, _Manheim_, _Mainz_, +_Frankfurt_, _Koblenz_, _Klln_, _Achen_ und _Brssel_. + +Von da giengen sie im November nach Frankreich, wo sich die Familie +21Wochen aufhielt. Zu Versailles lie sich der kleine 8jhrige Mozart +in der knigl. Kapelle vor dem Knige und dem ganzen Hofe auf der Orgel +hren. Man schtzte zu dieser Zeit sein Orgelspiel noch hher als das +Klavierspiel. + +In Paris gaben sie zwei Akademien frs Publikum, wovon die Folge war, +da alsogleich der Vater sammt den beyden Kindern in Kupfer gestochen +erschienen, und da man allgemein in Bewunderung und Lobeserhebung +derselben wetteiferte. Hier gab auch Wolfgang Mozart seine ersten +Kompositionen in Stich heraus. Das erste Werk dedicirte er der Madame +Viktoire, der zweyten Tochter des Knigs, das andere der Grfinn Tesse. +Es sind Sonaten fr das Klavier. + +Von Paris ging die Familie den 10. April 1764 nach England. Noch in +demselben Monate lieen sich die Kinder vor der kniglichen Familie +hren; so auch im folgenden, wobei zugleich Mozart auf der Orgel des +Knigs spielen mute. Darauf gaben sie ein groes Konzert fr das +Publikum zu ihrem Besten; ein anderes zum Nutzen des Hospitals der +Wchnerinnen: in beyden waren alle Sinfonien von der Komposition des +Sohnes. Dann spielten sie noch einmal vor dem Knig und dem vornehmsten +Adel. + +Der ungewhnliche Beyfall und die Bewunderung, zu welcher solche +Wundertalente das Publikum berall hingerissen haben, waren fr den +jungen Mozart Antrieb und Reiz sich immer vollkommener zu machen. Er +sang auch mit der grten Empfindung Arien -- und es war gewi ein +rhrendes Schauspiel dieses kleine Virtuosenpaar auf 2Klavieren +konzertieren, oder im Gesange wetteifern zu hren! der Sohn war schon so +weit in der Kunst gekommen, da er die schwersten Stcke von den grten +Meistern vom Blatte wegspielen konnte; in Paris und London legte man ihm +Sachen vom _Hndel_ und _Bach_ vor, die er mit Akkuratesse und dem +angemessenen Vortrage zur Verwunderung jedes Kenners vom Blatt +wegspielte. + +Als er bei dem Knige von England spielte, legte man ihm unter andern +einen _bloen Ba_ vor, wozu er auf der Stelle eine vortreffliche +Melodie erfand und zugleich vortrug. + +Whrend dieses Aufenthalts in England schrieb er 6Klavier-Sonaten, die +er in London stechen lie und der Knigin dedizirte. + +Den Sommer des Jahrs 1765 brachte die Familie in _Flandern_, _Brabant_ +und _Holland_ zu. Whrend einer gefhrlichen Krankheit, (_Blattern waren +es_), welche die beyden Kinder einige Monathe lang auf das Krankenbette +fesselte, fing Wolfgang andere 6Klavier-Sonaten an; und als er sie nach +der Krankheit vollendet hatte, lie er sie stechen, und dedizirte sie +der Prinzessin von Nassau-Weilburg. In dieser Krankheit zeigte sich die +immer rege Thtigkeit seines harmonischen Geistes sehr auffallend: denn +da er das Bette nicht verlassen durfte, so mute man ihm ein Brett ber +das Lager richten, auf welchem er schreiben konnte; und selbst als seine +kleinen Finger noch voll Pocken waren, konnte man ihn kaum vom Spielen +und Schreiben abhalten. Diese Anekdote ist aus dem Munde eines sehr +glaubwrdigen Zeugen. + +Zu dem Installationsfeste des Prinzen von Oranien, im Anfange des Jahrs +1766, setzte der junge Mozart einige Sinfonien, Variationen und Arien. + +Nachdem er einigemal bey dem Erbstatthalter gespielt hatte, gieng die +Familie wieder nach Frankreich, blieb einige Zeit in _Paris_, und reiste +ber _Lyon_ und die _Schweiz_ nach _Schwaben_, wo sie einige Zeit in +Donaueschingen bey dem Frsten von Frstenberg verweilten, und dann zu +Ende des Jahrs 1766 nach einer Abwesenheit von 3Jahren wieder in +Salzburg eintrafen. + +Hier blieb nun die Mozartische Familie mehr als ein Jahr in Ruhe. Diesen +Zeitraum der Musse wendete der junge Knstler auf das hhere Studium der +Komposition, deren grte Tiefen er nun bald ergrndet hatte. _Emmanuel +Bach_, _Hasse_ und _Hndel_ waren seine Mnner -- ihre Werke sein +unablssiges Studium! Er vernachlssigte auch nicht die alten +italienischen Meister, deren Vorzge in Rcksicht der Melodie und der +Grndlichkeit des Satzes so auffallend gegen die heutigen Italiener +abstechen. So schritt er immer nher zu der Stufe der Vollkommenheit, +auf der ihn bald darauf die Welt als eine seltene Erscheinung erblickte. + +Im folgenden Jahre 1768 gieng Mozart nach Wien und spielte vor dem +Kaiser _Joseph_, der dem 12jhrigen Knaben den Auftrag gab, eine #Opera +buffa# zu schreiben. Sie hie #La finta semplice#, und erhielt den +Beyfall des Kapellmeisters Hasse und Metastasios, wurde aber nicht +aufgefhrt. + +Bey diesem Aufenthalte zu Wien war er oft bey dem Dichter Metastasio, +der ihn sehr liebte, bey dem Kapellmeister Hasse und dem Frsten +Kaunitz; hier gab man ihm oft die erste beste italienische Arie, zu +welcher Wolfgang auf der Stelle in Gegenwart aller Anwesenden die Musik +mit allen Instrumenten setzte. Dieses Faktum bestttigen mehrere noch +lebende verehrungswrdige Zeugen, aus deren Mund ich die Anekdote gehrt +habe. + +Zu der Einweihung der Kirche des Waisenhauses, welche zu dieser Zeit +gefeyert wurde, komponirte der zwlfjhrige Meister Mozart die +Kirchenmusik, und dirigirte ihre Auffhrung in Gegenwart des ganzen +kaiserlichen Hofes. + +Das Jahr 1769 brachte er mit seinem Vater in Salzburg zu, theils in +vollkommener Erlernung der italienischen Sprache, theils in der +Fortsetzung des hhern Studium seiner Kunst. In demselben Jahre wurde er +zum Konzertmeister bey dem Salzburgischen Hofe ernannt. + +Mozart hatte nun die ansehnlichsten Lnder Europens gesehen; der Ruhm +seines groen, frh gereiften Knstlertalents blhte bereits von den +Ufern der Donau bis zur Seine und der Themse hin; aber er war noch nicht +in dem Vaterlande der Musik gewesen. Italiens Beyfall und Bewunderung +mute erst der Urkunde seines Ruhmes das Siegel aufdrcken. Auch war es +seinem nach Vollkommenheit strebenden Geiste daran gelegen, die Blthe +der Tonkunst -- den Gesang in seinem natrlichen Boden zu beobachten, und +die vielen groen Mnner, die damals noch Italiens Ruhm in der Musik +sttzten, zu kennen -- und von ihnen zu lernen. + +Im Dezember des nmlichen Jahres verlie also Mozart blos in Begleitung +seines Vaters, Salzburg. Sein erster Aufenthalt war Inspruck, wo er in +einer Akademie bey dem Grafen Knigl ein Konzert #primi vista# mit +vieler Leichtigkeit spielte. Von da giengen sie nach Mailand. + +Hatte in Frankreich und England sein groes Genie und die seltenen +Kunst-Fertigkeiten Bewunderung erregt, so war es in Italien feuriger +Enthusiasmus, mit dem man ihn aufnahm und erhob! Selbst der mchtige +Nationalstolz, und das Vorurtheil des Ultramontanismus wich besiegt von +den glnzenden Talenten des 12jhrigen Knaben; er schien eine +Erscheinung vom Himmel, ein hherer Genius der Tonkunst zu seyn! + +So gro war die Ueberlegenheit seines Genies, da ihm zu Mailand nach +einigen ffentlichen Proben seiner Kunst, gleich die #Scrittura# zu der +#Opera seria# fr den knftigen Karneval 1771 gegeben ward. Von da +reisete er schon im Mrz 1770 nach Bologna -- eine Stadt die nebst Neapel +den grten Ruhm der Musik hatte. + +Hier fand der junge Knstler einen enthusiastischen Bewunderer an dem +berhmten Kapellmeister Pater _Martini_,[1] dem grten Kontrapunktisten +und einem berhmten Schriftsteller in der Musik. Knstler von wahrem +Verdienst ehren einander berall! Auch haben es die Italiener nicht nur +an Mozart, sondern auch an unserm Landsmann Misliweczek bewiesen, da +sie groe Talente, wenn sie auch auer Italien entsprossen sind, zu +schtzen verstehen. Wie gro war die Achtung, in der dieser berhmte +Bhme in Neapel und Rom stand? + + [Funote 1: Anmerkung: Ohne meine Erinnerung werden die Leser + einsehen, da dieser Martini mit dem Opernkomponisten Martini, + dem Verfasser der #Cosa rara#, nicht zu verwechseln sey.] + +Abbate _Martini_ war nebst den andern Kapellmeistern auer sich vor +Bewunderung, als der junge Mozart ber jedes Fugenthema, das ihm Martini +hinschrieb, die gehrige Eintheilung und Disposition nach der ganzen +Strenge der Kunst angab, und die Fuge augenblicklich auf dem Klavier +ausfhrte. + +Zu Florenz fand man bey seiner Gegenwart alles, was der Ruf von seinen +Talenten sagte, zu gering, als Mozart bey dem #Marchese Ligneville# +ebenfalls einem groen Kontrapunktisten, jedes angegebene Thema auf der +Stelle vortrefflich ausfhrte -- jede vorgelegte Fuge, mit einer +Leichtigkeit vom Blatte wegspielte, als htte er sie selbst komponirt. +Und wie wahr es ist, da treffliche Geister einander verstehen und ihre +Verwandschaft bald anerkennen, zeuget die Bekanntschaft, die Mozart hier +in Florenz mit einem jungen Englnder _Thomas Linley_, einem Knaben von +14Jahren gemacht hatte. Er war der Schler des berhmten Violonisten +Nardini, schon selbst Virtuose und Meister seines Instrumentes. Sie +wurden bald innige vertraute Freunde; ihre Freundschaft aber war nicht +Knaben Anhnglichkeit, sondern die Zrtlichkeit zweyer tieffhlenden, +bereinstimmenden Seelen! sie achteten sich als Knstler, und fhrten +sich auf wie Mnner! Wie bitter war ihnen der Tag ihrer Trennung? Linley +brachte Mozarten am Tage der Abreise noch ein Gedicht, das er von der +Dichterin _Corilla_ auf ihn hatte verfertigen lassen, schied unter +vielen Umarmungen und Thrnen von ihm, und begleitete seinen Wagen unter +bestndigen Aeuerungen der zrtlichsten Betrbni bis vor die Stadt. + +Von Florenz reisete Vater und Sohn nach Rom; sie kamen eben in der +Charwoche an. Hier hatte nun Mozart Gelegenheit genug die vielen +Meisterstcke der erhabensten Kirchenmusik zu hren, die in dieser +heiligen Zeit bey der ernsten Feyer der Welterlsung aufgefhrt werden. +Den ersten Rang darunter verdiente das berhmte _Miserere_, welches +Mittwochs und Freytags diese Woche in der sixtinischen Kapelle blos von +Vokalstimmen gesungen wird, und das in dem _erhabenen, feyerlichen_ +Kirchengesange das #non plus ultra# der Kunst seyn soll; so zwar da es +den ppstlichen Musikern unter der Strafe der Exkommunikation verbothen +ward, eine Kopie davon zu machen. + +Die gab dem jungen Mozart den Gedanken ein, bei der Anhrung desselben +recht aufmerksam zu seyn, und es dann zu Hause aus dem Gedchtnisse +aufzuschreiben. Es gelang ihm ber alle Erwartung; er nahm den Aufsatz +am Charfreytage zur Wiederholung desselben mit, um im Stande zu seyn +Verbesserungen zu machen, und das Mangelhafte zu ergnzen. + +Bald verbreitete sich der Ruf davon in Rom, und erregte allgemeines +Aufsehen und Erstaunen; besonders, da es Mozart in einer Akademie +auffhrte, wobey der Kastrat Christophori zugegen war, welcher es in der +Kapelle gesungen hatte, und durch sein Erstaunen Mozarts Triumph +vollkommen machte. + +Wer es einsieht, welchen Aufwand von Kunst eine so vielstimmige, +kritische Choralmusik erfodert, der wird mit Recht durch diese +Begebenheit in Erstaunen gesetzt. Welch ein Ohr, Gedchtni, Tongefhl -- +welche Kenntni des Satzes war das, die vermgend war, ein solches Werk +sogleich zu fassen und so vollkommen zu behalten? Die zu knnen, mute +ein hheres Ma von Krften vorhanden seyn, als man gewhnlich +anzutreffen pflegt. + +In Neapel, wohin er sich aus Rom begab, fand Mozart nicht weniger +Bewunderer, als in den andern Stdten Italiens; denn jeder unbefangene +Zuhrer mute seinem Genie huldigen. Mozart ri spter als Mann mit der +Allgewalt seiner Kunst jedes gefhlvolle Herz hin: was mute den +Zuhrern in Italien geschehen, die einen Knaben sahen und den +vollendetesten Knstler hrten? -- Sie hielten ihn fr einen Zauberer: +der war nun Mozart freylich: aber die magische Kraft lag nicht in seinem +Ringe, wie man in Neapel whnte; denn als er ihn auf Verlangen der +Zuhrer weglegte, war sein Spiel nicht weniger bezaubernd, als zu vor. +Man denke sich nun das Erstaunen und die Bewunderung der lebhaften +Italiener? Von Neapel kehrte Mozart, mit einem Rufe, der nur _selten_ +einem Knstler vorangeht, nach Rom zurck. Der Papst durch alle die +Wunder der Kunst aufmerksam gemacht, wollte den jungen Kapellmeister +sehen. Er ward ihm vorgestellt, und erhielt das Kreuz und Breve als +Ritter #militiae auratae#. + +Auf seiner Rckreise von Rom nach Mayland, hielt er sich wieder eine +kurze Zeit zu Bologna auf, wo er mit einstimmiger Wahl als Mitglied und +Maestro der philharmonischen Akademie aufgenommen wurde. Zur Prfung +bekam er eine vierstimmige Fuge im Kirchenstil auszuarbeiten; man schlo +ihn deshalb in ein Zimmer ganz allein ein. Er war damit in einer halben +Stunde fertig und erhielt das Diplom. + +In allen diesen Stdten wurden ihm Opern-Akkorde fr den nchsten +Fasching angetragen; da er aber bereits fr Mailand versprochen war, so +mute er sie alle ausschlagen. Daher eilte er dahin zu kommen. Seine +Oper unter dem Titel: #Mitridate# kam noch zu Ende des Jahres 1770, den +26. Dezember auf die Scene; sie erhielt allgemeinen Beyfall und ward +zwanzigmal nacheinander aufgefhrt. Eben darum wurde mit ihm alsogleich +schriftlichen Akkord auf die #Opera seria# fr den Karneval von 1773 +eingegangen. Sie hie, #Lucio Sulla# und erhielt einen noch grern +Beyfall als #Mitridate#, denn sie wurde 26mal ohne Unterbrechen +aufgefhrt. + +Auf seiner Rckreise aus Italien im J.1771, besuchte er noch Venedig +und Verona; hier berreichte man ihm auch das Diplom als Mitglied der +philharmonischen Gesellschaft.[2] So kam er nach einem Aufenthalte von +mehr als 15Monaten in Italien, nach Salzburg zurck. Die Ausbeute +dieser langen Reise war ein Schatz neuer Kenntnisse und Ideen, ein +geluterter Geschmack und die Bewunderung einer Nation, die von der +Natur selbst zur Richterin in der Tonkunst berufen zu seyn schien. + + [Funote 2: Anmerkung. Alle diese Diplome, so wie das Kreuz des + ppstl. Ordens, bewahret die Wittwe zum Andenken.] + +Bey seiner Ankunft in Salzburg fand Mozart einen Brief von dem Grafen +_Firmian_ aus Mayland, worinn ihm dieser im Namen der Kaiserin _Maria +Theresia_ den Auftrag machte, die groe theatralische Serenate zur +Vermhlung des Erzherzogs _Ferdinand_ zu schreiben.[3] Zu diesem Feste +schrieb _Hasse_, der lteste unter den Kapellmeistern die Opera, und +Mozart, der jngste unter ihnen, die Serenate; die Kaiserin schien das +so mit Absicht angeordnet zu haben! Diese Serenate hie: #Ascanio in +Alba#; whrend der Feyerlichkeit ward immer mit der Oper und der +Serenate abgewechselt. Bey der Wahl des neuen Erzbischofs von Salzburg, +1772, schrieb Mozart auch eine theatralische Serenate, betitelt: #Lo +sogno di Scipione.# + + [Funote 3: Serenaten waren eine Gattung Kantaten, denen zum + Grunde ein dramatisches Sujet gelegt war; sie hatten also + Aehnlichkeiten mit den Oratorien.] + +Einige Reisen die Mozart im Jahre 1773 und 1774 nach Wien und Mnchen +machte, gaben die Gelegenheit zu mehreren Meisterwerken der Tonkunst; +hieher gehrt die komische Oper: #La finta Giardiniera#, und mehrere +Messen fr die Mnchner Hofkapelle. + +Im Jahre 1775 schrieb Mozart in Salzburg die Serenate #il re pastore#, +welche auerordentlich gefiel, und unter diejenigen ltern Werke Mozarts +gehrt, die auch jetzt noch ihren groen Werth haben; denn er hatte +darinn schon den hohen Geist ahnden lassen, der in seinen sptern +Kunstwerken herrscht. Dahin gehrt das Oratorium der bssende David, +welches unter die besten Werke dieser Art gehrt, und auch jetzt noch +von Kennern bewundert wird. + + + + + II. + + Mozart als Mann. + + +Diesen Zeitpunkt, das heit, sein 20stes Lebensjahr knnen wir fr die +Epoche seiner Vollendung als Meister annehmen; denn von nun an zeigte er +sich immer als ein solcher im glnzendesten Lichte, und mit einer +entscheidenden Ueberlegenheit des Geschmackes und Genies; alle seine +Werke, die er seit dem geliefert hat, sind klassisch und erwarben ihm +die Krone der Unsterblichkeit. Wir fahren in der Erzhlung seiner +Lebensbegebenheiten fort, und werden die vorzglichsten seiner Werke, +aus dieser Lebensperiode, in einem besondern Abschnitte rezensiren. + +Mozarts Ruhm war nun gegrndet. Jede groe Stadt, die er zu dem +Schauplatze seiner Talente gemacht htte, wrde ihn mit Freude +aufgenommen, und seine Werke mit Entzcken angehrt haben. Zu einer +solchen Erwartung berechtigte ihn im hohen Mae die groe Wirkung, die +sein zweifaches gleich groes Talent, des Klavierspielers und +Kompositors jedesmal und berall auf das Publikum gemacht hatte. + +Unter diesen Stdten war wohl _Paris_ der angemessenste Platz fr das +Genie Mozarts; um so mehr, da seine Kunst dort ein schon begeistertes +Publikum gefunden htte. Aber er hatte keinen Geschmack an der +franzsischen Musik; ber die war sein gerader Charakter zu Intriguen +und Kabalen nicht gemacht, die auf diesem groen Tummelplatze +menschlicher Leidenschaften auch die Knste mit ihren Schlangenwindungen +umstrickten. Er kam also von der letzten Reise, die er im Jahre 1777 mit +seiner Mutter nach Paris zu dem Endzwecke gemacht hatte, bald wieder, +aber allein zurck; denn sie starb dort.[4] Auch die mag seinem +gefhlvollen Herzen den Aufenthalt in Paris verleidet haben. Zu Ende +des Jahres 1778 war er schon wieder in Salzburg. + + [Funote 4: Anmerkung: Diese Reise nach Paris gab der Welt die + groe Sinfonie in #D.# die deshalb und ihres raschen Feuers + wegen, die franzsische heit.] + +Der Bayerische Hof, der schon so oft Zeuge seines Knstlertalentes war, +und insbesondere der damalige Churfrst, der groe Schtzer aller +schnen Knste, liebte Mozarts Musik im hohen Grade. Er bekam daher den +Auftrag fr den Fasching vom 1781 in Mnchen eine #Opera seria# zu +schreiben. + +Da schuf Mozart das erhabene Werk, die Oper #Idomeneo#; worinn eine +Gedankenflle, eine Wrme der Empfindung herrscht, die sich nur von der +Jugendkraft eines genialischen Tonknstlers wie Mozart erwarten lie. +Diesen Aufenthalt in Mnchen rechnete Mozart unter die angenehmsten Tage +seines Lebens und verga nie auf die gefllige Freundschaft, die er da +von so vielen Mnnern vom Verdienst geno. + +Aus Mnchen ward er durch einen Auftrag seines Erzbischofs nach Wien +berufen: und von dieser Zeit an, das heit von seinem 25sten Jahre, +lebte er in dieser Kaiserstadt, die eben so sehr durch den entschiedenen +Hang des Publikums zur Musik, als auch durch die Menge vortrefflicher +Tonknstler, fr Mozarts Geist wichtig seyn mute. + +Von hier aus verbreiteten sich seine erstaunenswrdigen Kompositionen +zunchst nach Bhmen, dann in das brige Deutschland, und gaben dem +Geschmacke in der Musik einen groen Schwung, eine neue Richtung, die +aber seine zeitherigen Nachahmer verzerren und verderben. + +Sein Spiel auf dem Pianoforte fand zuerst Bewunderer und Liebhaber; denn +obschon Wien mehrere groe Meister dieses Instrumentes, des Lieblinges +des Publikums zhlte, so kam doch keiner unserm Mozart gleich. Eine +bewundernswrdige Geschwindigkeit, die man besonders in Rcksicht der +linken Hand oder des Basses einzig nennen konnte, Feinheit und +Delikatesse, der schnste, redendeste Ausdruck und ein Gefhl, das +unwiderstehlich zum Herzen drang, sind die Vorzge seines Spieles +gewesen, die gepaart mit seiner Gedankenflle, mit der tiefen Kenntni +der Komposition natrlich jeden Hrer hinreien, und Mozarten zu dem +grten Klavierspieler seiner Zeit erheben muten. + +Seine Klavierkompositionen aller Art, Sonaten, Variationen, Konzerte, +wurden bald allgemein bekannt und beliebt. Man ward bey jedem neu +erschienenen Werke berrascht durch die Neuheit des Stiles, und der +Gedanken -- man staunte ber die Hhe, zu der sich die Musik durch seine +Werke so schnell empor schwang! + +In Wien fand Mozart einen Tonknstler, dessen Genie dem seinigen am +hnlichsten war; ich meine den berhmten Schpfer der Alzeste und +Iphigenie, _Ritter von Gluck_, einen Bhmen von Geburt. Der Umgang mit +ihm und das unablssige Studium seiner erhabenen Werke gab Mozarten viel +Nahrung, und hatte Einflu auf seine Opernkompositionen. Auch wurde +Mozart bald der innigste Verehrer des groen, unvergleichlichen _Joseph +Haydn_, der schon damals der Stolz der Tonkunst war, und nun, nachdem +Mozart nicht mehr ist, unser einzige Liebling, unsere Wonne bleibt. +Mozart nannte ihn oft seinen Lehrer. + +Bald nachdem Mozart seinen Aufenthalt in Wien aufgeschlagen hatte, fate +der unvergeliche Kaiser _Joseph_II. den Gedanken, der eines deutschen +Kaisers so wrdig war, den Geschmack an italienischen Opern durch die +Untersttzung deutscher Singspiele und Snger zu verdrngen, und fr das +Vaterlndische mehr zu stimmen. Er versammelte daher die besten Snger +und Sngerinnen, und lie von Mozart eine deutsche Oper setzen. Fr +diese Virtuosen schrieb Mozart das allgemein bekannte, allgemein +beliebte Singspiel, die _Entfhrung aus dem Serail_ in dem Jahre 1782. + +Sie machte allgemeines Aufsehen; und die schlauen Italiener sahen bald +ein, da ein solcher Kopf fr ihr welsches Geklingel bald gefhrlich +werden drfte. Der Neid erwachte nun mit der ganzen Schrfe des +italienischen Giftes! Der Monarch der im Grunde von der _neuen +tiefeindringenden_ Musik entzckt war, sagte doch zu Mozart: Gewaltig +viel Noten lieber Mozart! + +Gerade so viel, Eure Majestt, als nthig ist, versetzte dieser mit +jenem edlen Stolze, und der Freymthigkeit, die groen Geistern so gut +anstehet. Er sah es ein, da die nicht eigenes Urtheil, sondern +nachgesagt war. + +Ich darf hier nicht verschweigen, da Mozart zu der Zeit, als er diese +Oper schrieb, _Konstanza Weber_, seine nachmahlige Gemahlin, die +Schwester der berhmten Sngerin _Lang_, liebte und eben Brutigam war. +Den Einflu, den diese Seelenstimmung auf die Komposition dieser Oper +haben mute, wird jedermann erkennen, der sie gehrt hat; denn wer wei +es nicht, wie voll ser Gefhle, voll schmachtender Liebe sie ist? + +Ich kann den Beyfall und die Sensation, die sie in Wien erregte, nicht +aus eigener Erfahrung beschreiben -- aber ich bin Zeuge des Enthusiasmus +gewesen, den sie bey ihrer Auffhrung in Prag in Kennern und +Nichtkennern verursachte! Es war, als wenn das, was man hier bisher +gehrt und gekannt hatte, keine Musik gewesen wre! Alles war +hingerissen -- alles staunte ber die neuen Harmonien, ber die +originellen, bisher ungehrten Stze der Blasinstrumente. Nun fingen die +Bhmen an seine Kompositionen zu suchen; und in eben dem Jahre hrte man +schon in allen bessern musikalischen Akademien, Mozarts Klavierstcke +und Sinfonien. Von nun an war die Vorliebe der Bhmen fr seine Werke +entschieden! Die grten Kenner und Knstler unserer Vaterstadt, waren +auch Mozarts grte Bewunderer, die feurigsten Verkndiger seines +Ruhmes.[5] + + [Funote 5: Vorzglich der verehrte Herr _Duscheck, Kucharz, + Praupner, Johann Kozeluch, (nicht Leopold der in Wien lebt,) die + beyden Loschek, Maschek, Caj. Vogel, Wenzel, Weber, Rsler, + Witassek, Tomaschek_ u.a.m.] + +Mozart lebte bisher, ungeachtet seines groen Ruhmes ohne _Anstellung_, +also ohne bestimmte Einknfte. Klavier-Unterricht, und abonnirte +Konzerte fr einen geschlossenen Cirkel des hohen Adels waren noch die +ausgiebigsten Quellen seiner Einknfte, wobey sich in einer Stadt, wie +Wien, sicher nichts ersparen lie. + +In dieser Periode schrieb er die schnsten Sachen fr das Klavier: +Sonaten mit und ohne Begleitung, Konzerte, die nun in jedermanns Hnden +sind. + +Im Jahre 1785 gab er 6 meisterhafte Violin-Quartetten im Stich heraus, +mit einer Dedikation an seinen Freund den Kapellmeister _Joseph Haydn_, +die ein schner Abdruck seiner Hochachtung fr diesen groen Mann ist; +und so wie dieselbe den Ruhm _Haydns_, durch die Huldigungen eines +Knstlers wie Mozart, vermehrt: eben so sehr gereicht sie diesem zur +Ehre, und macht uns das Herz eines Mannes liebenswrdig, dessen Talent +Bewunderung heischt. + +Gewi, Mozart htte mit keinem Werke einen _Joseph Haydn_ besser ehren +knnen, als mit diesen Quartetten, die ein Schatz der schnsten +Gedanken, und das Muster und eine Schule der Komposition sind. In den +Augen des Kenners ist dies Werk eben so viel werth, als jede +Opernkomposition Mozarts. Alles darinn ist durchgedacht, und vollendet! +-- Man sieht es diesen Quartetten an, da er sich die Mhe gab _Haydns_ +Beyfall zu verdienen. + +Eben zu der Zeit machte das franzsische Lustspiel von Beaumarchais, +_Figaro_ sein Glck und kam auf alle Theater. Mozart ward vom Kaiser +_Joseph_ dazu bestimmt, diesem Lustspiele, nachdem es in ein Singspiel +umgegossen ward, auch auf dem italienischen Operntheater durch seine +Musik Celebritt zu verschaffen. Es wurde in Wien von der italienischen +Opern-Gesellschaft aufgefhrt. Wenn es wahr ist, was man allgemein als +wahr erzhlt, und was sich bei so vielen glaubwrdigen Zeugen freylich +nicht in Zweifel ziehen lt, da die Snger, aus Ha, Neid und +niedriger Kabale bey der ersten Vorstellung durch vorsetzliche Fehler +sich alle Mhe gegeben haben die Oper zu strzen: so kann der Leser +daraus schlieen, wie sehr diese Faktion die Ueberlegenheit des Genies +in Mozart frchtete, und wie wahr es sey, was ich kurz vorher bey +Gelegenheit der _Entfhrung aus dem Serail_ bemerkt habe. Dieser feige +Bund verdienstloser Menschen blieb bis an das frhe Ende des +unsterblichen Knstlers in voller Thtigkeit ihn zu hassen, zu +verlumden, und seine Kunst herabzusetzen. Welchen Kampf hatte Mozarts +Geist zu bestehen, bis er vollkommen triumphirte? + +Man erzhlt, da die Snger durch eine ernste Warnung des seligen +Monarchen zu ihrer Pflicht gewiesen werden muten, da Mozart voll +Bestrzung zwischen dem 2ten Akte zu Ihm in die Loge kam und Ihn darauf +aufmerksam machte. + +So wie jedes seiner Werke in Bhmen nach seinem wahren Werthe erkannt +und geschtzt wurde: so geschah es auch mit dieser Oper. Sie wurde im +Jahre 1786 von der Bondinischen Gesellschaft in Prag auf das Theater +gebracht und gleich bey der ersten Vorstellung mit einem Beyfall +aufgenommen, der nur mit demjenigen, welchen die Zauberflte nachher +erhielt, verglichen werden kann. Es ist die strengste Wahrheit, wenn ich +sage, da diese Oper fast ohne Unterbrechen diesen ganzen Winter +gespielt ward, und da sie den traurigen Umstnden des Unternehmers +vollkommen aufgeholfen hatte. Der Enthusiasmus, den sie bei dem Publikum +erregte, war bisher ohne Beyspiel; man konnte sich nicht genug daran +satt hren. Sie wurde bald von einem unserer besten Meister, Herrn +Kucharz in einen guten Klavier-Auszug gebracht, in blasende Parthieen, +ins Quintett fr Kammermusik, in teutsche Tnze verwandelt: kurz Figaros +Gesnge wiederhallten auf den Gssen, in Grten, ja selbst der Harfenist +auf der Bierbank mute sein #non piu andrai# tnen lassen, wenn er +gehrt werden wollte. Diese Erscheinung hat freylich grtentheils in +der Vortrefflichkeit des Werkes ihren Grund; aber nur ein Publikum, +welches so viel Sinn fr das wahre Schne in der Tonkunst und so viel +grndliche Kenner unter sich besitzt, konnte den Werth einer solchen +Kunst auf der Stelle empfinden; dazu gehrt auch das unvergleiche +Orchester der damaligen Oper, welches die Ideen Mozarts so genau und +fleiig auszufhren verstand. Denn auf diese verdienten Mnner, die zwar +grtentheils keine Konzertisten, aber desto grndlichere Kenner und +Orchestersubjekte waren, machte die neue Harmonie und der feurige Gang +des Gesanges den ersten und tiefsten Eindruck! Der nunmehr verstorbene +rhmlich bekannte Orchester-Direktor _Strobach_ versicherte oft, da er +sammt seinem Personale bey der jedesmaligen Vorstellung so sehr ins +Feuer gerathe, da er trotz der mhsamen Arbeit mit Vergngen von vorne +wieder anfangen wrde. + +Die Bewunderung fr den Verfasser dieser Musik gieng so weit, da einer +unserer edelsten Kavaliere und Kenner der Musik, _Graf Johann Joseph +Thun_, der selbst eine vortreffliche Kapelle unterhielt, ihn nach Prag +zu kommen einlud, und ihm Wohnung, Kost und alle Bequemlichkeiten in +seinem Hause anboth. Mozart war zu sehr ber die Wirkung erfreut, die +seine Musik auf die Bhmen machte -- zu begierig eine Nation von einem +solchen Musikgefhle kennen zu lernen, als da er die Gelegenheit nicht +mit Freuden ergriffen htte. Er kam im Februar 1787 nach Prag: am Tage +seiner Ankunft wurde Figaro gegeben, und Mozart erschien darinn. +Alsogleich verbreitete sich der Ruf von seiner Anwesenheit im Parterre, +und so wie die Sinfonie zu Ende gieng, klatschte ihm das ganze Publikum +Beyfall und Bewillkommen zu. + +Er lie sich dann auf allgemeines Verlangen in einer groen +musikalischen Akademie im Operntheater auf dem Pianoforte hren. Nie sah +man noch das Theater so voll Menschen, als bey dieser Gelegenheit; nie +ein strkeres, einstimmiges Entzcken, als sein gttliches Spiel +erweckte. Wir wuten in der That nicht, was wir mehr bewundern sollten, +ob die _auerordentliche_ Komposition, oder das _auerordentliche_ +Spiel; beydes zusammen bewirkte einen Totaleindruck auf unsere Seelen, +welcher einer sen Bezauberung glich! Aber dieser Zustand lsete sich +dann, als Mozart zu Ende der Akademie allein auf dem Pianoforte mehr als +eine halbe Stunde phantasirte und unser Entzcken auf den hchsten Grad +gespannt hatte, in laute berstrmende Beyfallsuerung auf. Und in der +That bertraf dieses Phantasiren alles, was man sich vom Klavierspiele +vorstellen konnte, da der hchste Grad der Kompositionskunst mit der +vollkommensten Fertigkeit im Spiele vereinigt ward. Gewi, so wie diese +Akademie fr die Prager die einzige ihrer Art war, so zhlte Mozart +diesen Tag zu den schnsten seines Lebens. + +Die Sinfonien, die er fr diese Gelegenheit setzte, sind wahre +Meisterstcke des Instrumentalsatzes, voll berraschender Uebergnge und +haben einen raschen, feurigen Gang, so, da sie alsogleich die Seele zur +Erwartung irgend etwas Erhabenen stimmen. Die gilt besonders von der +groen Sinfonie in #Ddur# und #Es#, die noch immer ein Lieblingsstck +des Prager Publikums sind, obschon sie wohl hundertmal gehrt waren. + +Der Opernunternehmer Bondini schlo zugleich mit Mozart den Akkord zu +einer neuen Oper fr die Prager Bhne auf den nchsten Winter, welche +dieser gerne bernahm, weil er erfahren hatte, wie gut die Bhmen seine +Musik zu schtzen und auszufhren verstanden. Die uerte er oft gegen +seine Prager Freunde: er war berhaupt gern in Prag, wo ihn ein +gefhlvolles Publikum, und wahre Freunde so zu sagen auf den Hnden +trugen. -- Dem Opernorchester dankte er in einem Briefe an den damaligen +Direktor Herrn Strobach sehr verbindlich, und schrieb seiner geschickten +Ausfhrung den grten Theil des Beyfalls zu, den seine Musik in Prag +erhalten hatte.[6] Dieser Zug seines Herzens, so unbedeutend er scheint, +ist sehr schn; er giebt einen Beweis, da _Stolz_, _Eigendnkel_ oder +_Undankbarkeit_ seine Fehler nicht waren, wie man es so hufig an viel +geringern Virtuosen wahrnimmt. + + [Funote 6: Der Verfasser las den Brief im Original, und fand + ihn sehr gut geschrieben.] + +In dem nemlichen Jahre 1787 gegen den Winter kam Mozart vermg seines +Akkords wieder nach Prag, und vollendete da die Krone aller seiner +Meisterwerke, die Oper: #Il dissoluto punito#, oder #Don Giovanni#. + +Die Bhmen sind stolz darauf, da er durch eine so erhabene und aus der +Tiefe seines Genies geschpfte Musik ihren guten Geschmack erkannte und +ehrte. _Don Juan ist fr Prag geschrieben_ -- mehr braucht man nicht zu +sagen, um zu beweisen, welchen hohen Begriff Mozart von dem +musikalischen Sinne der Bhmen hatte. Es gelang ihm auch vollkommen +diesen Sinn zu treffen und zu rhren; denn keine Oper hat sich hier in +einem gleichen Wohlgefallen so lange auf dem Theater erhalten, als _Don +Juan_. Es sind nunmehr 21Jahre, seit sie gegeben wird, und noch immer +hrt man sie mit Vergngen, noch immer lockt sie zahlreiche Versammlung +in das Parterre. Kurz _Don Juan_ ist die Lieblingsoper des bessern +Publikum in Prag. Als Mozart bey der ersten Vorstellung derselben an dem +Klavier im Orchester erschien, empfing ihn das ganze bis zum Erdrcken +volle Theater mit einem allgemeinen Beyfallklatschen. Ueberhaupt bekam +Mozart in Prag bey jeder Gelegenheit groe und unzweydeutige Beweise der +Hochachtung und Bewunderung, welche gewi ehrenvoll waren, weil nicht +Vorurtheil oder Mode, sondern reines Gefhl seiner Kunst daran Theil +hatte. Man liebte und bewunderte seine schnen Werke; wie konnte man +gegen die Person ihres groen Schpfers gleichgltig bleiben? + +In dem Jahre 1789 im Monat December schrieb Mozart das italienische +komische Singspiel, #Cosi fan tutte#, oder _die Schule der Liebenden_; +man wundert sich allgemein, wie der groe Geist sich herablassen konnte, +an ein so elendes Machwerk von Text seine himmlisch sen Melodien zu +verschwenden. Es stand nicht in seiner Gewalt, den Auftrag abzulehnen, +und der Text ward ihm ausdrcklich aufgetragen. -- In diese Periode fllt +auch seine Reise ber Leipzig und Dresden nach Berlin.[7] Der groe Ruf +seines Namens gieng ihm voran, und man fand sich nirgends in der +Erwartung getuscht, die er berall erregt hatte. Der damalige Knig von +Preuen, ein freygebiger Kenner und Freund der Tonkunst, ward ganz fr +ihn eingenommen; und gab ihm ausgezeichnete Beweise seiner Achtung. Wie +wahrhaft und daurend dieselbe gewesen sey, beweiset die knigliche +Gromuth, mit welcher dieser Monarch spter die Wittwe Mozart in Berlin +aufnahm und untersttzte. + + [Funote 7: Er unternahm sie im Frhjahr des Jahrs 1789.] + +Mozart war bis jetzo ohne Anstellung, ohne sichere Einknfte. So bekannt +auch sein Talent war, so sehr man seine Kompositionen suchte: so wenig +dachte man daran ihn zu belohnen, und zu untersttzen. Er hatte zwar oft +betrchtliche Einnahmen gemacht; aber bei der Unsicherheit und Unordnung +der Einknfte, bei den hufigen Kindbetten, den langwierigen Krankheiten +seiner Gattin, in einer Stadt wie Wien, mute Mozart doch im +eigentlichen Verstande darben. Er beschlo daher die _Stadt_ zu +verlassen, wo sich keine Stelle fr einen Kopf wie _Mozart_ fand. Sein +Plan war nach England zu gehen, wo er ein besseres Schicksal um so mehr +erwarten konnte, als ihm oft von da Einladungen und lockende Antrge +gemacht wurden. + +Alles war zur Abreise fertig, als ihm _Kaiser Joseph_ den Titel eines +kaiserlichen Kammerkomponisten mit einem Jahrgehalt von 800Gulden und +der Zusicherung ertheilte, da auf ihn in der Zukunft Bedacht genommen +werden wrde. Mozart mochte nicht trotzen; er nahm es willig an, und +blieb. Das Anstellungsdekret ist am 7. Dec. 1787 ausgestellt. + +Ich berlasse es jedem Leser darber Beobachtungen anzustellen, um die +Ursachen der langen Vernachlssigung eines so groen Knstlers +auszuforschen. An ihm lag die Schuld gewi nicht; man mte denn seinen +geraden und offenen zum Bcken und Kriechen untauglichen Charakter als +Schuld annehmen. + +So viele Feinde und Neider auch jeden seiner Vorzge durch Herabsetzung +und Verlumdung zu verdunkeln bemht waren: so vollkommen war dennoch +der Triumph seiner Kunst bey unbefangenen, von dem Roste der Mode +unverletzten Seelen. Alle wahren Kenner der Tonkunst huldigten seinem +Genie. Ich will davon ein Beyspiel anfhren. + +Der als Staatsmann und Gelehrter gleich verehrungswrdige _Baron von +Switten_, ein wahrer Kenner der Tonkunst, voll Gefhl fr den ernsten +Gesang des erhabenen _Hndels_, lie oft die Werke dieses berhmten +Tonknstlers, die fr den tndelnden Modegeschmack unserer Tage eine zu +einfache Kost sind, in Privatkonzerten auffhren. Er bediente sich dazu +der Talente unsers Mozarts, der die groen Ideen _Hndels_ mit der Wrme +seiner Empfindung zu beleben und durch den Zauber seines +Instrumentalsatzes fr unser Zeitalter genbar zu machen verstand.[8] +Baron von _Switten_ korrespondirte oft ber die Angelegenheit mit +Mozart, und schrieb ihm einst unter andern: + + Den 21sten Mrz 1789. + + Ihr Gedanke, den Text der kalten Arie in ein #Recitativ# zu + bringen ist trefflich, und in der Ungewiheit ob Sie wohl die + Worte zurckbehalten haben, schickte ich sie Ihnen hier + abgeschrieben. Wer _Hndel_ so feyerlich und so geschmackvoll + kleiden kann, da er einerseits auch dem Modegecken gefllt, und + andererseits doch immer in seiner Erhabenheit sich zeiget, der + hat seinen Werth gefhlt, der hat ihn verstanden, der ist zu der + Quelle seines Ausdruckes gelanget und kann und wird sicher + daraus schpfen. So sehe ich dasjenige an, was Sie leisteten, + und nun brauche ich von keinem Zutrauen mehr zu sprechen, + sondern nur von dem Wunsche das Rezitativ bald zu erhalten. + + _Switten_. + + [Funote 8: Mozart bearbeitete fr ihn _Hndels Acis und + Galathea, Messias, Cecilia, und das Fest des Alexanders_ in den + Jahren 1788, 89, 90.] + +Der Trkenkrieg und der dadurch veranlate Tod des _edelsten Monarchen_, +des unvergelichen _Josephs_, raubte auch Mozarten eine groe Sttze +seiner Hoffnungen; er blieb Kapellmeister mit 800Fl. und ohne +Wirkungskreis! + +Aber auch sein Ende rckte nun heran; er sollte den groen _Monarchen_ +nicht lange berleben. Das Jahr 1791, furchtbar reich an groen Todten, +ward bestimmt auch den Stolz der Tonkunst zu entreien. Mozart hatte +jedoch zuvor der Nachwelt mit vollen Hnden aus dem Reichthume seines +Geistes ausgespendet. Daher ist dieses Jahr eben so merkwrdig durch die +Schpfung seiner schnsten Werke, als es uns durch seinen unerwarteten +Tod schmerzhaft geworden ist. In demselben, ja gewissermaen nahe an dem +Ziele seines Lebens schuf er die Musik zu der _Zauberflte_, zu der +ernsthaften Oper, #La Clemenza di Tito#, und das furchtbar erhabene +#Requiem# (Seelenmesse) welches er nicht einmal mehr vollenden konnte. +So gewi es ist, da diese drey Werke allein ihm den ersten Platz unter +den Tonknstlern seines Zeitalters und unsterblichen Ruhm versichert +htten, so sehr vermehren sie die Sehnsucht nach dem Entrissenen, durch +den Gedanken, der sich dem gefhlvollen Zuhrer unter dem Genusse seiner +Werke unwiderstehlich aufdringt: _Ach! wie viel wrde der Mann noch +geleistet, welche Harmonien geschaffen haben_? + +Die Zauberflte setzte er fr das Theater des bekannten _Schikaneders_, +der sein alter Bekannter war. Die Musik zu der Oper #La Clemenza di +Tito# war von den bhmischen Stnden zu der Krnung des Kaisers +_Leopold_ bestellt. Diese letzte begann er in seinem Reisewagen auf dem +Wege von Wien, und vollendete sie in dem kurzen Zeitraume von 18 Tagen +in Prag. + +_Die Geschichte seines_ letzten Werkes, der erwhnten _Seelenmesse_, ist +eben so geheimnivoll als merkwrdig. + +Kurz vor der Krnungszeit des Kaisers _Leopold_, bevor noch _Mozart_ den +Auftrag erhielt nach Prag zu reisen, wurde ihm ein Brief _ohne +Unterschrift_ von einem _unbekannten Bothen_ bergeben, der nebst +mehreren schmeichelhaften Aeuerungen die Anfrage enthielt, ob Mozart +eine Seelenmesse zu schreiben bernehmen wollte? um welchen Preis und +binnen welcher Zeit er sie liefern knnte? + +Mozart der ohne Mitwissen seiner Gattin nicht den geringsten Schritt zu +thun pflegte, erzhlte ihr den sonderbaren Auftrag, und uerte zugleich +sein Verlangen sich in dieser Gattung auch einmal zu versuchen, um so +mehr, da der hhere pathetische Stil der Kirchenmusik immer sehr nach +seinem Genie war. Sie rieth ihm den Auftrag anzunehmen. Er schrieb also +dem unbekannten Besteller zurck, er wrde das Requiem fr eine gewisse +Belohnung verfertigen; die Zeit der Vollendung knne er nicht genau +bestimmen; er wnsche jedoch den Ort zu wissen, wohin er das Werk, wenn +es fertig seyn wrde, zu bergeben habe. In kurzer Zeit erschien +derselbe Bothe wieder, brachte nicht nur die bedungene Belohnung mit, +sondern noch das Versprechen, da er in dem Preise so billig gewesen sey, +bey der Absendung des Werkes eine betrchtliche Zugabe zu erhalten. Er +sollte brigens nach der Stimmung und Laune seines Geistes schreiben, +sich aber gar keine Mhe geben, den Besteller zu erfahren, indem es +gewi vergeblich seyn wrde. + +Mittlerweile bekam Mozart den ehrenvollen und vortheilhaften Antrag fr +die Prager Krnung des Kaisers _Leopold_ die Oper Titus zu schreiben. +Nach Prag zu gehen, fr seine lieben Bhmen zu schreiben, hatte fr ihn +zu viel Reiz, als da er es htte ausschlagen knnen! + +Eben als Mozart mit seiner Frau in den Reisewagen stieg, stand der Bothe +wie ein Geist da, zupfte die Frau an dem Rocke, und fragte: Wie wird es +nun mit dem Requiem aussehen?-- + +Mozart entschuldigte sich mit der Nothwendigkeit der Reise und der +Unmglichkeit seinem unbekannten Herrn davon Nachricht geben zu knnen: +brigens wrde es seine erste Arbeit bey der Zurckkunft seyn, und es +kme nur auf den Unbekannten an, ob er so lange warten wolle. Damit war +der Bothe gnzlich befriedigt. + +Schon in Prag krnkelte und medizinirte Mozart unaufhrlich; seine Farbe +war bla und die Miene traurig, obschon sich sein munterer Humor in der +Gesellschaft seiner Freunde doch oft noch in frhlichen Scherz ergo. +Bey seinem Abschiede von dem Zirkel seiner Freunde ward er so wehmthig, +da er Thrnen vergo. Ein ahnendes Gefhl seines nahen Lebensende +schien die schwermthige Stimmung hervorgebracht zu haben -- denn schon +damals trug er den Keim der Krankheit, die ihn bald hinraffte, in sich. + +Bey seiner Zurckkunft nach Wien nahm er sogleich seine Seelenmesse vor, +und arbeitete mit viel Anstrengung und einem lebhaften Interesse daran: +aber seine Unplichkeit nahm sichtbar zu, und stimmte ihn zur dstern +Schwermuth. Seine Gattin nahm es mit Betrbni wahr. Als sie eines Tages +mit ihm in den Prater fuhr, um ihm Zerstreuung und Aufmunterung zu +verschaffen, und sie da beyde einsam saen, fing Mozart an vom Tode zu +sprechen, und behauptete, da er das Requiem fr sich setze. Thrnen +standen dem empfindsamen Manne in den Augen. Ich fhle mich zu sehr, +sagte er weiter, mit mir dauert es nicht mehr lange: gewi, man hat mir +Gift gegeben! Ich kann mich von diesem Gedanken nicht los winden.-- + +Zentnerschwer fiel diese Rede auf das Herz seiner Gattin; sie war kaum +im Stande ihn zu trsten, und das Grundlose seiner schwermthigen +Vorstellungen zu beweisen. Da sie der Meynung war, da wohl eine +Krankheit im Anzuge wre, und das Requiem seine empfindlichen Nerven zu +sehr angreife, so rufte sie den Arzt, und nahm die Partitur der +Komposition weg. + +Wirklich besserte sich sein Zustand etwas, und er war whrend desselben +fhig eine kleine Kantate, die von einer Gesellschaft fr ein Fest +bestellt wurde, zu verfertigen. Die gute Ausfhrung derselben und der +groe Beyfall, mit dem sie aufgenommen ward, gab seinem Geiste neue +Schnellkraft. Er wurde nun etwas munterer und verlangte wiederholt sein +Requiem fortzusetzen und zu vollenden. Seine Frau fand nun keinen +Anstand ihm seine Noten wieder zu geben. + +Doch kurz war dieser hoffnungsvolle Zustand; in wenig Tagen verfiel er +in seine Melancholie, ward immer matter und schwcher, bis er endlich +ganz auf das Krankenlager hinsank, von dem er ach! nimmer aufstand. + +Am Tage seines Todes lie er sich die Partitur an sein Bette bringen. +Hab ich es nicht vorgesagt, da ich die Requiem fr mich schreibe? so +sprach er, und sah noch einmal das Ganze mit nassen Augen aufmerksam +durch. Es war der letzte schmerzvolle Blick des Abschiedes von seiner +geliebten Kunst -- eine Ahndung seiner Unsterblichkeit! + +Gleich nach seinem Tode meldete sich der Bothe, verlangte das Werk, so +wie es unvollendet war, und erhielt es. Von dem Augenblicke an sah ihn +die Wittwe nie mehr, und erfuhr nicht das mindeste, weder von der +Seelenmesse, noch von dem Besteller. Jeder Leser kann sich vorstellen, +da man sich alle Mhe gab den rthselhaften Bothen auszuforschen, aber +alle Mittel und Versuche waren fruchtlos.[9] + + [Funote 9: Der Verfasser erzhlt die Begebenheit, wie er sie + oftmals aus dem Munde der Wittwe gehrt hatte, und berlt es + jedem Leser Betrachtungen darber anzustellen. Er sah eines der + Billette, die der unbekannte Besteller an Mozart schrieb. Man + kann daraus nichts Besonders abnehmen. Es ist sehr kurz, Mozart + wird darinn ersucht das Requiem zu senden, und eine Summe zu + bestimmen, um welche er jhrlich eine gewisse Anzahl Quartetten + machen knnte. Warum hat der unbekannte Verehrer der Talente + Mozarts, (so nannte er sich,) fr gut gefunden verborgen zu + bleiben? Was ist mit dem Requiem geschehen? Man erfuhr nie, da + es damals irgendwo aufgefhrt worden sey. Mozarts Freunden wrde + es ein groes Vergngen machen, einigen Aufschlu ber die Sache + zu erhalten. Denn man kann keine gegrndete Ursache denken, die + eine solche geheimnivolle Verborgenheit nothwendig machte.] + +Mozart blieb whrend seiner Krankheit bey vollkommenem Bewutseyn bis +an sein Ende, und starb zwar gelassen, aber doch sehr ungern. Jedermann +wird die begreiflich finden, wenn er bedenkt, da Mozart kurz zuvor das +Anstellungsdekret als Kapellmeister in der St.Stephanskirche mit allen +Emolumenten, die von Alters her damit verbunden waren, bekam, und nun +erst die frohe Aussicht hatte, bei hinlnglichen Einknften ruhig, ohne +Nahrungssorgen leben zu knnen. Auch erhielt er fast zu gleicher Zeit +aus _Ungarn_ und _Amsterdam_ ansehnliche Bestellungen und Akkorde auf +periodische Lieferungen gewisser Kompositionen. + +Dieses sonderbare Zusammentreffen so glcklicher Vorbothen eines +bessern Schicksales -- seine gegenwrtigen traurigen Vermgensumstnde -- +der Anblick einer trostlosen Gattin -- der Gedanke an zwey unmndige +Kinder: alles dieses war nicht gemacht, einen bewunderten Knstler, der +nie Stoiker gewesen ist, in seinem 35ten Jahre die Bitterkeit des Todes +zu versen. Eben _jetzt_, so klagte er oft in seiner Krankheit, soll +ich fort, da ich ruhig leben wrde! _Jetzt_ meine Kunst verlassen, da +ich nicht mehr als Sklave der Mode, nicht mehr von Spekulanten +gefesselt, den Regungen meiner Empfindung folgen, frey und unabhngig +schreiben knnte, was mein Herz mir eingiebt! Ich soll fort von meiner +Familie, von meinen armen Kindern, in dem Augenblicke, da ich im Stande +geworden wre, fr ihr Wohl besser zu sorgen! Sein Tod erfolgte in der +Nacht am 5ten Dezember 1791. Die Aerzte waren in der Bestimmung seiner +Krankheit nicht einig. Man kann sagen, um Mozart floen unzhlbare +Thrnen; nicht in Wien allein, vielleicht mehr noch in Prag, wo man ihn +liebte und bewunderte. Jeder Kenner, jeder Freund der Tonkunst hielt +seinen Verlust fr unersetzlich; und wahrlich, bis jetzt hat man nicht +Ursache diese trostlose Meynung zurck zu nehmen! Es schien unglaublich, +da ein Mann, der so unsterbliche Werke geliefert, der unsern Herzen so +reine Entzckungen geschaffen hat, nicht mehr seyn sollte! + +In Wien feyerte man sein Andenken mit Wrde; aber Prag zeichnete sich +auch hierinn durch die wrmste Theilnahme aus; die Trauer um unsern +Liebling war allgemein und ungeheuchelt. Zuerst veranstaltete der +wrdige Musik Direktor _Joseph Strobach,_ ein Freund des +Verstorbenen,[10] in seiner Pfarrkirche bey St. Niklas den 14ten +Dezember d.n.J. ein feyerliches Seelenamt fr Mozart. Nie gab es ein +so rhrendes und erhabenes Trauerbegngni. Ein Chor von 120Personen +aus den besten Knstlern Prags ausgewhlt, die alle mit wehmthigen +Eifer sich dazu angebothen hatten, unter der Direktion des braven +_Strobachs_ fhrte das meisterhafte Requiem unsers berhmten Landsmannes +Rosetti mit einem so schwermuthsvollen Ausdrucke auf, da es nothwendig +auf das versammelte Volk den tiefsten Eindruck machen mute. Mehr als +3000Menschen, vom Adel und Brgerstande, (so viel nemlich diese groe +Kirche fate,) waren da beysammen -- alle gerhrt, alle voll Wehmuth +ber den frhen Tod des entrissenen Knstlers! + + [Funote 10: Dieser als Knstler und Mensch gleich + verehrungswrdige Mann ist im Jahr 1798 im Dezember gestorben.] + +Etwas spter, den 28ten Dezember 1791 unternahm eine Gesellschaft wahrer +Verehrer des Verstorbenen, zur Untersttzung der hinterlassenen Waisen +und Wittwe ein ffentliches Konzert in dem Nationaltheater; man fhrte +einige der besten, weniger bekannten Kompositionen Mozarts auf. Eine so +edle Todtenfeier untersttzte das Prager Publikum aus allen Krften, um +so mehr, da es die Gelegenheit fand den Tribut seiner Hochachtung dem +_Genie_ Mozarts in der gromthigen Untersttzung der hilflosen Waisen +zu zollen. Das Theater war voll, und die Einnahme betrchtlich. Wie +glcklich ist ein Knstler, dessen Talent solche Freunde erwirbt! + +In Wien wurde die Wittwe auf eine eben so gromthige Art untersttzt. -- +Mozart hinterlie seiner Familie nichts als den Ruhm seines Namens. Alle +Hilfsmittel ihrer Erhaltung beruhten auf der Gromuth eines dankbaren +Publikums, dem Mozart so viele Stunden des reinsten Vergngens, der +edelsten Unterhaltung durch sein unerschpfliches Talent geschaffen +hatte. Und wahrlich, man kann sagen, da dieses seine Schuld redlich +abzutragen suchte. Die Wittwe lie in einem ffentlichen Konzert zu +ihrem Besten die merkwrdige _Seelenmesse_ auffhren. Der groe Ruf +dieses Meisterstckes und der Wunsch, die Waisen zu untersttzen, zog +ein zahlreiches Publikum hin, und man mu es den edlen Freunden der +Kunst in Wien zum Ruhme nachsagen, da dieselben auch nach 17Jahren +noch gegen den Mozartischen Namen nicht gleichgltig geworden sind. In +allen musikalischen Akademien, die der Wittwe zu ihrem Besten +zugestanden werden, ist das Haus voll, und die Einnahme gut. + +Aber die Gromuth des sel. Kaisers _Leopold_, dieses +menschenfreundlichen, fr die Wissenschaften und Knste so frh +entrissenen Monarchen, bertraf alles, was bisher der Wittwe zum Besten +geschah. + +Mozarts Feinde und Verlumder wurden besonders gegen sein Ende, und nach +seinem Tode so boshaft, so laut, da bis zu dem Ohre des Monarchen +manche nachtheilige Sage von Mozart gedrungen war. Diese Ausstreuungen +und Lgen waren so unverschmt, so emprend, da der Monarch, von +Niemanden des Gegentheiles belehrt, sehr entrstet war. Nebst einer +schndlichen Erdichtung und Vergrerung von Ausschweifungen, denen +Mozart, wie sie sagten, ergeben gewesen sey, behauptete man, da er +nicht weniger als 30,000Gulden Schulden hinterlassen habe -- eine Summe, +ber die der Monarch erschrack! + +Die Wittwe war eben gesonnen den Monarchen um Pension zu bitten. Eine +edeldenkende Freundin und vortreffliche Schlerin Mozarts unterrichtete +sie von den Verlumdungen ihres Mannes bey Hofe, und gab ihr den Rath +den gtigen Monarchen bey der Audienz eines Bessern zu belehren. + +Die Wittwe hatte bald Gelegenheit ihren Rath auszufhren. + +=Euer Majestt=, sagte sie mit edlem Eifer bey der Audienz, jeder +Mensch hat Feinde; aber heftiger und anhaltender ist noch niemand von +den seinigen verfolgt und verlumdet worden, als mein Mann, blos weil er +ein so groes Talent war! Man hat es gewagt =Euer Majestt= viel +Unwahres ber ihn zu sagen: man hat seine hinterlassene Schulden +_zehnfach_ vergrert. Ich stehe mit meinem Leben dafr, da ich mit +einer Summe von ungefhr 3000Gulden alles bezahlen knnte, was er +schuldig ist. Und diese Schuld ist nicht muthwillig gemacht worden. Wir +hatten keine sichern Einknfte; hufige Kindbetten, eine schwere und +kostbare Krankheit von anderthalb Jahren, die ich auszustehen hatte, +werden bey dem menschenfreundlichen Herzen _meines Monarchen_ zur +Entschuldigung dienen. + +Wenn es so ist, sagte der Monarch, da ist wohl noch Rath zu schaffen. +Geben sie ein Konzert von seinen hinterlassenen Werken, und ich will es +untersttzen. + +Er nahm ihr die Bittschrift gndig ab; und in kurzer Zeit ward ihr eine +Pension von 260fl. angewiesen, die zwar an sich gering ist, aber da +Mozart erst 3Jahre angestellt, folglich die Wittwe noch nicht +pensionsfhig war, so bleibt es immer eine Gnade. Die Akademie ward +unternommen, und der _unsterbliche Monarch_ erfllte so gromthig sein +Versprechen, da die Wittwe dadurch in den Stand gesetzt wurde, die +Schulden ihres Mannes zu tilgen. + +Aus dieser Begebenheit kann man schlieen, wie viel an den boshaften +Erzhlungen von der Unordnung seiner Haushaltung, seiner Verschwendung +und dergleichen Anschwrzungen Wahres seyn mag. Da man so wenig seiner +Gre als Knstler beyzukommen im Stande war, so suchte der grmliche +Neid seinen moralischen Charakter zu verstellen! Eine sehr leichte und +gewhnliche Taktik kleiner Seelen, denen jedes Verdienst, jede Gre +unausstehlich ist: um so mehr, wenn sie ihrem kleinen Gewerbe zu schaden +droht! Es ist nur Gerechtigkeit, die dem Verdienste gebhrt, wenn man +sich Mhe giebt _solche fremde_ Flecken aus dem Gemhlde wrdiger +Menschen zu verwischen. + +Wenn gegen Mozart diejenige Billigkeit ausgebt wird, die jeder an sich +selbst zu erfahren wnschen mu, so wird er deshalb noch nicht als +Muster der Oekonomie und Sparsamkeit angepriesen. Es ist wahr; er htte +den Werth des Geldes besser schtzen sollen: aber darf ein groer Geist +keine Schwchen, keine Fehler haben? Mchten doch die, ber ihn so +streng urtheilen, auf ihr Herz greifen und sich fragen:------ + + #Quid tu? + nullane habes vitia?# + +Und sind sie in irgend einem Fache _Mozarte_? -- Die Endschuldigung der +Schulden, die er hinterlie, vernahmen wir eben aus dem Munde seiner +Wittwe; und gewi, sie ist nicht ungegrndet. + +Mozart hinterlie von mehreren Kindern nur zwey Shne, wovon der jngere +etwa 4Monathe alt war, als der Vater starb. Er heit Wolfgang wie sein +Vater, ist gegenwrtig 17Jahre alt, und durch die ersten Produkte +seines musikalischen Talentes dem Publikum schon vortheilhaft bekannt. +Sein Klavierspiel zeichnet sich durch feinen Ausdruck und Prcision aus. +Und so wre denn zum Theil die scherzhafte Vorhersagung seines Vaters +erfllt, da _die Kind ein Mozart werden wrde_, weil es einst weinend +in den Ton stimmte, aus dem der Vater eben auf dem Fortepiano spielte. +Offenbar lebt der Geist seines Vaters in ihm: aber dem Sohne fehlt eine +so bildende Vaterhand, wie diejenige war, die das Genie des Vaters so +trefflich leitete und entwickelte. + +Mge der hoffnungsvolle Sohn in dem Bestreben nach Vollkommenheit nicht +ermden, und so wie er der Erbe des vterlichen Talentes ist, auch +seinen rastlosen Flei in dem Studium groer Meister geerbt haben! Nur +dadurch geht der Weg zum wahren Ruhme! Der ltere Sohn Karl ist +gegenwrtig in Mayland und macht ebenfalls groe Fortschritte in der +Tonkunst. + +In Bhmen war Mozarts Kunstvollkommenheit noch bey seinem Leben +allgemein anerkannt und nach Werth geschtzt: aber er lebte zu kurz, um +die wahre Blthezeit seines Ruhmes zu sehen. Selbst in Wien seinem +Wohnorte waren es nur Kenner, die seinem Genie Gerechtigkeit widerfahren +lieen. Der Zauberflte, wovon Mozart die ersten Vorstellungen und +folglich auch den auerordentlichen Beyfall noch erlebte, war es +vorbehalten seine Gre dem Auslande zu verknden. Durch die +Meisterwerk begeistert suchte man seine brigen Werke auf, studierte sie +und empfand ihre Schnheit, und so ward der Name _Mozart_ bald in der +ganzen gebildeten Welt gefeyert, seine Gesnge die Lust jegliches Ohres! + +Die erfuhr seine Wittwe auf ihrer Reise durch Deutschland, die sie im +J.1796 unternommen hatte. Ueberall sah sie zu ihrer innigsten Wonne, +wie gern die Teutschen wahres Verdienst erkennen und ehren, und wie tief +Mozarts Gesnge auf ihre Herzen gewirket haben. + +Bey ihrem Aufenthalte zu Berlin im Febr. 1796 gab der _hchstselige +Wilhelm_II., dieser vortreffliche Freund der Tonkunst, und der ganze +knigl. Hof ausgezeichnete Beweise seiner Liebe und Achtung fr das +Genie Mozarts. Durch ein gndiges Handbillet ward ihr blos aus Rcksicht +auf die Talente ihres Mannes das knigl. Theater und die Kapelle zum +Gebrauche fr ihr Konzert berlassen; und ihre Unternehmung wurde nicht +nur von dem Monarchen, sondern auch von dem ganzen Publikum auf das +gromthigste untersttzt. Ueber alle Beschreibung gro und rhrend war +die Wirkung, welche die Auffhrung der Singstcke aus der Oper: #La +Clemenza di Tito# bey dem Konzerte auf den Knig, und das so +ungewhnlich zahlreich versammelte Publikum machte. Alles war gleich +begeistert, die groen Snger, das vortreffliche Orchester und die +Zuhrer. Der Geist des verewigten Knstlers, (so drckt sich ein +Berliner Wochenblatt aus, worinn die Akademie sehr interessant +beschrieben wurde) schien ber der Versammlung zu schweben, als zum +Anfange die Sinfonie aus der Zauberflte von dem Orchester so +meisterhaft vorgetragen, eine feyerliche, einweihende Stille +hervorbrachte. Das Handbillet worinn der Knig von Preuen einen so +rhmlichen Beweis seines guten Geschmackes und der Achtung fr teutsches +Talent gegeben, lautet wrtlich so: + + Sr. Knigliche Majestt von Preuen etc. etc. machen sich ein + wahres Vergngen, durch die Gewhrung des Wunsches der Wittwe + Mozart zu beweisen, wie sehr Sie das Talent ihres verstorbenen + Mannes geschtzt und die ungnstigen Umstnde bedauert haben, + welche ihm die Frchte seiner Werke einzuerndten verhinderten. + Allerhchst dieselben bewilligen der Wittwe Mozart zur + Ausfhrung dessen letzter Komposition, #La Clemenza di Tito# das + groe Opernhaus, so wie Dero eigenes Orchester, haben auch + dieserhalb die nthigen Befehle an den Kammerherrn Freyherrn von + der _Reck_ erlassen, an welchen sich selbige nunmehr zu wenden + hat, und wegen des hiezu zu bestimmenden Tages und wegen des + brigen Details mit ihm sich gehrig zu besprechen. Berlin den + 14ten Februar 1796. + + Fr. Wilhelm. + +Selbst der Italiener seit Jahrhunderten im unbestrittenem Besitze des +Meisterrechtes der Tonkunst berwand seinen Nationalstolz, und erkennt +nun Mozarts Ueberlegenheit in der Musik an. Seine Opern werden in Rom, +Mayland und andern Stdten mit Beyfall gegeben; die Klaviersachen von +jedermann gespielt; Meister studiren seine Partituren. + +Noch frher hat Frankreich seiner Kunst gehuldiget. Der Beyfall den die +Mysterien der Isis (Zauberflte) in Paris erhielten ist ein Beweis +davon. Don Juan machte kein so groes Glck; aber die war, wie alle +Nachrichten einstimmig aussagten, die Folge der schlechten Darstellung +des Stckes. Denn der hohe Werth der Musik selbst wurde vollkommen +anerkannt. Seine Sinfonien, Klavierkonzerte, Quartetten werden allgemein +bewundert, hufig gespielt, und im Stich und Druck ohne Aufhren neu +aufgelegt. + +England, welches deutsches Tonknstlerverdienst von jeher schtzte und +lohnte, kennt und bewundert auch Mozarts allgewaltigen Geist. Die +Seelenmesse ward in London fter mit dem grten Beyfalle aufgefhrt; +der Absatz seiner Werke, die bey Breitkopf und Hrtel herausgekommen, +ist nach England eben so stark, als in Deutschland und Frankreich. + +Wo giebt es berhaupt Kenner und Liebhaber der sesten der Knste, wo +nicht Mozarts Tne tnten und jedes Ohr entzckten? Selbst in den +entferntesten Welttheilen, wohin kaum der Name der berhmtesten Europer +dringt, wiederhallen seine Harmonien. In den philippinischen Inseln, +(schreibt unser Landsmann, der bekannte Botaniker Hnke) werden seine +Werke mit Entzcken gehrt. + + + + + III. + + Mozart als Knstler und Mensch. + + +Die Krperbildung dieses auerordentlichen Menschen hatte nichts +Auszeichnendes; er war klein, sein Angesicht angenehm, aber, wenn man +das groe, feurige Auge ausnimmt, kndigte es die Gre seines Genies +auf den ersten Anblick nicht an. + +Der Blick schien unstet und zerstreut, auer wenn er bey dem Klavier +sa; da nderte sich sein ganzes Antlitz! Ernst und versammelt ruhte +dann sein Auge; auf jeder Muskelbewegung drckte sich die Empfindung +aus, welche er durch sein Spiel vortrug und in dem Zuhrer so mchtig +wieder zu erwecken vermochte. + +Er hatte kleine schne Hnde; bey dem Klavierspielen wute er sie so +sanft und natrlich an der Klaviatur zu bewegen, da sich das Auge +daran nicht minder, als das Ohr an den Tnen ergtzen mute. Auch darinn +zeichnete sich also Mozart vor den tummelnden Kraftgenies unserer Tage +aus! + +Der kleine Wuchs seines Krpers kam von seiner frhen Geistesanstrengung +her, und von dem Mangel an freyer Bewegung in der Zeit seiner Kindheit. +Er war zwar von schnen Eltern erzeugt, und selbst ein schnes Kind +gewesen; aber von dem 6ten Lebensjahre an war er an eine sitzende +Lebensweise gebunden; um diese Zeit fing er schon an zu schreiben! Und +wie viel hat der Mann nicht in seinem Leben geschrieben? Da Mozart +bekanntermaen in der Nacht am liebsten spielte und komponirte und die +Arbeit oft dringend war: so kann sich jeder vorstellen, wie sehr ein so +fein organisirter Krper darunter leiden mute! Sein frher Tod, (_wenn +er ja nicht auch knstlich befrdert war_), mu diesen Ursachen +hauptschlich zugeschrieben werden. + +_Aber in dem unansehnlichen Krper wohnte ein Genius der Kunst_, wie ihn +nur wenigen Lieblingen die Natur verlieh! + +Die Gre und der Umfang seines Genies lt sich nur nach dem so frhen, +so beyspiellos schnellen Gange seiner Entwickelung, und nach der hohen +Stufe der Vollkommenheit abmessen, auf die er in seiner Kunst gestiegen +war. Kein Tonknstler vor ihm hatte das weite Gebiet seiner Kunst so +ganz umfat, und in jedem Zweige derselben so vollendete Produkte +geschaffen, als Mozart. Von der Schpfung einer Oper an, bis zu dem +einfachen Liede, von der kritischen Erhabenheit einer Sinfonie, bis zu +dem leichten Tanzstckchen herab; im Ernsten und Komischen tragen seine +Werke berall den Stempel der reichsten Phantasie, der eindringendsten +Empfindung, des feinsten Geschmackes. Sie haben eine Neuheit und +Originalitt, die eine getreue Beurkundung seines Genies ist. Selbst +dasjenige, welches man ihm als _Fehler_ vorwirft, zeuget von der Kraft +seines _freyen_, eine _neue Bahn_ gehenden Geistes. Dazu denke man noch +die _Vollkommenheit_, die er zugleich im Klavierspielen erreicht hatte! + +Alle diese so seltenen, so mannigfaltigen und so innig verwebten Vorzge +bestimmen den Rang, der _ihm unter den Genien_ der Knste gebhrt. _Er +war unstreitig einer der groen, schpferischen Geister, die in ihrer +Kunst Epoche machen, weil sie dieselbe vervollkommnen, oder doch ihren +Nachfolgern neue Ansichten und Pfade erffnen; nach deren Erscheinung +aber die Kunst gewhnlich still stehet, oder rckwrts geht._ + +Unter den schnen Knsten ist keine so sehr Sklavin der Mode und des +Zeitgeschmackes, als die Musik. Da sie bey uns blos dem Vergngen dient, +blos Sache des _Einzelnen_ bleibt, keinen Vereinigungspunkt, keine +Anstalt hat, wodurch der Geschmack des Publikums die gehrige Richtung +bekme; da ferner ihre Theorie noch zu wenig bestimmt und entwickelt +ist, um selbst den Knstlern eine Grnze zu zeigen oder ein Ideal +vorzustellen: so mu sie immer zwischen der Laune der Mode, dem +Eigensinne eines verderbten Geschmackes und zwischen den aufgestellten +Mustern groer Knstler unstet hin und her schwanken, und erhlt nie +einen sichern Gang zur Vollkommenheit. Ueberdie sind ihre Zeichen und +Formen zu unbestimmt, und das _Ohr_, durch welches sie auf den Geist +wirket, ist ein viel zu untreuer Bothe, seine Sensationen sind zu +dunkel, als da man so deutlich bestimmen knnte, welches darinn das +wahre Schne sey. _Was dem groen Haufen gefllt_ -- heit _schn_! Das +Neue hat einen starken Reiz; daher ist es seines Sieges ber das bessere +Alte gewi; und darum gilt alte Musik und alte Mode einerley. Denn die +wenigsten Menschen haben Geschmack und Kenntni genug, um chte +Schnheit, vom Flitter zu unterscheiden. Wenn grere Geister durch ihre +Meisterwerke mehr als eine augenblickliche Rhrung hervorbringen, so +summen doch der Leyermnner der zwey _Schwestern von Prag_, des _Tyroler +Wastels_, und dergl. schnen Schelchen, so lange dem Publikum um die +Ohren, bis der Nachhall schnerer Tne verschwindet! Dann kennt man die +Namen groer Meister nur noch aus Bchern; ihre himmlischen Harmonien +sind lngst verhallt! Das ist gewhnlich das traurige Schicksal der +Musik! Wie viel Kraft, wie viel klassischen Gehalt mu also in den +Werken Mozarts liegen, wenn ihre Wirkung von dieser Erscheinung eine +Ausnahme machet? Ihre Schnheit empfindet man gewhnlich dann erst recht +lebhaft, wenn man sie fters gehrt, oder recht scharf geprfet hat. +Oder haben uns wohl _Figaro_, _Don Juan_, _Titus_, whrend ihrer +vieljhrigen Vorstellung noch jemals Langeweile gemacht? Hrt man seine +_Klavierkonzerte_, _Sonaten_, _Lieder_ das dreyigstemal nicht lieber +noch, als das erstemal? Wer hat die tiefgedachten Schnheiten seiner +Violin-Quartetten und Quintetten nach der hufigsten Wiederholung +erschpft? Dieses ist der wahre Probirstein des klassischen Werthes! Die +Meisterstcke der Rmer und Griechen gefallen bey fortgesetzter Lektre +und je reifer der Geschmack wird, immer mehr und mehr -- das nemliche +widerfhrt dem Kenner und Nichtkenner bey der Anhrung Mozartischer +Musik, besonders der dramatischen Werke. So ging es uns bey der ersten +Vorstellung des _Don Juan_ und insbesondere des Titus. + +Ja eben itzt, nachdem die meisten Schpfungen seiner Kunst 20 bis 30 +Jahre alt sind, gefallen sie am meisten! Wie gern hrt man nach dem +Wirrwarr neuester Kompositeurs die stillerhabenen, klaren, so einfachen +Gesnge unsers Lieblinges! Wie wohl thun sie unserm Gefhle -- es ist als +wenn man aus einem chaotischen Gewirre, aus dichter Finsterni ins Licht +und eine heitere Ordnung versetzt wrde. + +Nebst den oben angefhrten Eigenheiten und Vorzgen des mozartischen +Kunsttalentes, beobachtete an ihm der aufmerksame Schtzer seiner Werke +einen gewissen _feinen Sinn_, den Charakter jeder Person, Lage und +Empfindung aufs genaueste zu treffen; + + #reddere convenientia cuique#. + +Diese Eigenschaft war sein wahrer Beruf zum dramatischen Komponisten, +und ist zugleich der Erklrungsgrund des Zaubers und der groen Wirkung +seiner Werke. Daher hat jede seiner Kompositionen einen bestimmten, +eigenthmlichen Charakter, eine Individualitt, die selbst in der Wahl +der Tonart sich ankndigt. Kenner seiner Werke bedrfen keiner +besondern Beyspiele, da alle Opern von seiner Komposition diese +Eigenschaft im hohen Grade an sich haben; aber das schnste Muster davon +ist #La Clemenza di Tito#. -- Wie ganz anders bey den gewhnlichen +Kompositionen? Es sind grtentheils Gesnge von so unbestimmtem +Charakter, da sie eben so gut zu einer Messe, als #Opera buffa# taugen. + +Eine andere auszeichnende Eigenheit seiner Werke ist die _Verbindung der +hchsten Kompositionskunst mit Lieblichkeit und Anmuth_. Diese +Vereinigung ist eine Aufgabe blos fr Knstler von mozartischem Genie. +Den Beweis davon giebt die Erfahrung. Wie selten trift man auf +Kompositionen, die den beyden Forderungen Genge leisteten? Entweder +sind es blos kontrapunktische Kunststcke, die wohl allen Regeln des +Satzes zusagen mgen; aber Wrme, Anmuth und Lieblichkeit, diese wahren +Zaubermittel der Rhrung, wute ihnen ihr Meister nicht anzuziffern: +oder es sind geistlose, fade Liedeleyen, ohne Sinn und Zusammenhang, +kaum im Stande dem Ohre mit ihrem bersen Geklingel einen +vorbergehenden Kitzel zu verursachen. + +Wie ganz anders ist es beym Mozart? Wie schmilzt in seinen Werken das, +was man Kunst des Satzes nennt, mit Anmuth, Lieblichkeit und Wohllaut +so schn zusammen, da das eine wegen des andern da zu seyn scheint -- +und beydes zur Hervorbringung des hchsten Effektes gleich wirksam ist! +Und doch, wie mig und besonnen war er in dem Gebrauche der Sigkeiten +und Gewrze? Er kannte die hohe Forderung der Kunst und der Natur. Er +schrieb was sein Genius ihm eingab, was sein richtiger Geschmack wahr +fand, unbekmmert ob es nach dem Geschmacke des Parterres seyn wrde +oder nicht; und _so bildete er sich selber das Publikum_, berzeugt, da +wahre Schnheit, wie die Wahrheit, endlich doch erkannt wird und +gefllt. Die thaten immer groe Knstler, welche die Kraft hatten einen +eigenen Weg zu gehen, und der Mode nicht zu frhnen. + +Der Punkt dieser schnen Vereinigung der Grndlichkeit des Satzes mit +Anmuth und Lieblichkeit ist gewi die treffliche und vor seiner Zeit +_unbekannte Art die Blasinstrumente zu brauchen und wirken zu lassen_. +Hierinn glnzt sein erfinderisches _Genie_ ohne Beyspiel und +Nebenbuhler. + +Er ma mit dem feinsten Sinne die Natur und den Umfang der Instrumente +ab, zeichnete ihnen neue Bahnen vor, und gab jedem derselben die +vortheilhafteste Rolle, um die kraftvolle Masse von Harmonie +hervorzubringen, welche die Bewunderung aller Kenner erzwingt und das +Muster und Studium der guten Kpfe bleiben wird. Wie ganz anders sehen +hierinn die Kompositionen selbst groer Meister nach Mozarts Periode, +als vor derselben aus? Wie unendlich viel haben sie gewonnen durch die +Anwendung seiner Art, die Blasinstrumente zu setzen? Selbst des groen +Haidns Werke bestttigen diese Behauptung. Man vergleiche die ltern +Sinfonien von ihm, mit den neuern? Die Schpfung schrieb Haidn erst nach +Mozarts Epoche. + +Wie leise schmiegen sich die Tne der Blasinstrumente dem Hauptgesange +an? wie khn wetteifern sie bald wieder mit der Singstimme? Welche feine +Wendungen? Welche Mannichfaltigkeit und Abwechslung berall? Bald +wieder, wo es der Gegenstand oder Affekt erfordert, wie abstehend der +Kontrast? Wie gewaltig das Aufbrausen der Leidenschaft? Selbst in +Stcken ohne Singstimmen lehrte Mozart seine Instrumente einen Gesang, +der so vernehmlich zu dem Gefhle spricht, da der Zuhrer nur wenig die +Abwesenheit der Singstimme wahrnehmen kann. Man hre seine Andantes oder +Romanzen, in den Klavierkonzerten und Quartetten! + +Bey dem hufigen Gebrauche der Blasinstrumente, wie vollkommen wute +doch Mozart alle Ueberladung zu vermeiden? wie richtig den Ort und den +Zeitpunkt zu treffen, wo sie Effekt machen? Nie ist ein Instrument +verschwendet oder mibraucht, und daher berflssig. Aber nur _er_ +verstand die Oekonomie mit dem geringsten Aufwande, oft durch einen +einzigen Zug eines Instruments, durch einen _Akkord_, einen +Trompetensto, einen Paukenwirbel die grte Wirkung hervorzuzaubern! +Wie tief sind viele seiner Nachahmer hierinnen unter ihm? + +So gro, so neu immer Mozart in der Instrumentalpartie seyn mag, so +entfaltet sich doch sein mchtiges Genie noch _reizender in dem Satze +des Gesanges fr menschliche Stimmen_. Hierinn erwarb er sich ein +zweifaches, gleich groes Verdienst. Mit richtigem Geschmacke fhrte er +ihn zu seiner anspruchslosen Mutter, der Natur und Empfindung zurck. Er +wagte es den italienischen Sngern zu trotzen,[11] alle unntzen +charakterlosen Gurgeleyen, Schnrkel und Passagen zu verbannen! Daher +ist sein Gesang berall _einfach, natrlich, kraftvoll, ein reiner +Ausdruck der Empfindung und der Individualitt_ der Person und ihrer +Lage. Der Sinn des Textes ist immer so richtig und genau getroffen, da +man ausrufen mu: Wahrlich die Musik spricht! Aber Mozart scheint sich +selbst zu bertreffen, wenn er den Gesang fr mehrere Stimmen dichtet, +_in Terzetten, Quartetten, Quintetten_ d.h. in vielstimmigen Stcken; +vorzglich in seinen unbertrefflichen, wahrlich _einzigen Operfinalen_. +Welcher Reichthum? welche Mannigfaltigkeit in Wendungen und +Vernderungen? Wie schlingt sich da eine Stimme um die andere? wie schn +vereinigen sie sich alle ein reizendes Ganze zu bilden, eine neue +Harmonie hervorzubringen? Und doch sagt jede nur ihre eigene oft +entgegengesetzte Empfindung! _Hier ist die grte Mannigfaltigkeit und +die strengste Einheit vereinigt._ Man findet wohl _schne_ Arien auch +bey andern Meistern: aber niemand wird in _vielstimmigen Sachen_ +Mozarten die Palme entreien. + + [Funote 11: Auch die ist eine Ursache der Abneigung der + welschen Snger gegen seine Werke; eine noch strkere ist die + Mhe, die es ihrer Unwissenheit kostete seine Gesnge + einzustudiren. Mozart hat zwar bisweilen von diesem Grundsatze + eine Ausnahme gemacht. Aber war er denn in bestellten Sachen + immer frey? Mute er nicht gegen Snger gefllig seyn, wenn er + wnschte, da sie ihm die Sachen nicht verderben? Darum mte + man immer die Snger kennen, fr die er schrieb, wenn man ein + richtiges Urtheil ber seine dramatischen Werke fllen wollte.] + +Doch wer mag sie alle entwickeln, die unzhligen Vorzge, die +unerschpflichen Schnheiten seiner Kunst? Wer mag mit Worten das _Neue, +Originelle, Hinreiende, Erhabene, Volltnende seiner_ Musik +beschreiben? Seine Musik verfehlt nie ihre Wirkung, wenn sie nur +pnktlich und mit Feuer vorgetragen wird. Freylich ist es nicht leicht +seinem Geiste nachzufliegen; und da bey ihm jede Note mathematisch genau +zu der Harmonie berechnet ist: so giebt es auch kein so arges Migetn, +als wenn rohe Hnde unwissender Bierfiedler sich an seine Heiligthmer +wagen. + +Die berhmtesten Tonknstler erkannten die Gre seines Genies, und +bewunderten seine Werke. _Joseph Haydn_, dieser Liebling der Grazien, +der in seinem Alter noch das Gefhl eines Jnglinges zeigte, ist gewi +vor allen _ein befugter und berufener Richter_. + +Sein Urtheil ist unpartheyisch, weil er als ein redlicher Mann bekannt +ist, und Mozarts aufblhender Ruhm dem seinigen im Wege stand. Schon im +Jahre 1785 da Mozarts Vater noch lebte, sagte J. Hayden bey einer +Zusammenkunft in Wien zu ihm: _Ich sage Ihnen vor Gott und als ein +ehrlicher Mann, da ich ihren Sohn fr den grten Komponisten +anerkenne, von dem ich nur immer gehrt habe; er hat Geschmack und +besitzt die grndlichste Kenntni in der Kunst der Komposition._ + +Im Jahre 1787 im Dezember schrieb eben dieser groe Mann an einen +_Freund in Prag_, der mit ihm seit langer Zeit in Briefwechsel stand, +und ein Singspiel von seiner Komposition fr Prag verlangte, folgenden +merkwrdigen Brief: + + Sie verlangen eine #Opera buffa# von mir; recht herzlich gern, + wenn Sie Lust haben von meiner Singkomposition etwas fr sich + allein zu besitzen. Aber um sie auf dem Theater zu Prag + aufzufhren, kann ich Ihnen diefalls nicht dienen, weil alle + meine Opern zu viel auf unser Personale (_zu Esterhaz in + Ungarn_) gebunden sind, und auerdem nie die Wirkung + hervorbringen wrden, die ich nach der Lokalitt berechnet habe. + Ganz was anders wr es, wenn ich das unschtzbare Glck htte + ein ganz neues Buch fr das dasige Theater zu komponiren. Aber + auch da htte ich noch viel zu wagen, in dem der _groe_ Mozart + schwerlich jemanden andern zur Seite haben kann. + + Denn, knnt ich jedem Musikfreunde besonders aber den Groen + die unnachahmlichen Arbeiten Mozarts _so tief und mit einem + solchen musikalischen Verstande, mit einer so groen Empfindung + in die Seele prgen, als ich sie begreife und empfinde_: so + wrden die Nationen wetteifern ein solches Kleinod in ihren + Ringmauern zu besitzen. Prag soll den theuern Mann fest halten -- + aber auch belohnen; denn ohne dieses ist die Geschichte groer + _Genies traurig_, und giebt der Nachwelt wenig Aufmunterung zum + fernern Bestreben; wewegen leider! so viel hoffnungsvolle + Geister darnieder liegen. Mich zrnet es, da dieser _einzige + Mozart_ noch nicht bey einem kaiserlichen oder kniglichen Hofe + engagirt ist. Verzeihen Sie, wenn ich aus dem Geleise komme: ich + habe den Mann zu lieb. + + Ich bin etc. + Joseph Hayden. + + N.S. An das Prager Orchester und die dasige Virtuosen mein + ergebenstes Kompliment.[12] + + [Funote 12: Ich habe dieses schtzbare Denkmal einer edlen + Seele der gtigen Mittheilung des _Herrn Roth_ + Proviantoberverwalter zu Prag (an den der Brief geschrieben war) + zu danken. Da er fr den Geist und das Herz seines Verfassers + nicht minder ruhmvoll ist, als fr Mozart: so lie ich ihn hier + _wrtlich nach dem Originale abdrucken_.] + +Wenn ein _Haydn_ so urtheilt, so begeistert spricht -- ein Haydn, der +allein unter allen Tonknstlern ber seinen Verlust zu trsten im Stande +wre, was will dann das Gekreische einiger kleinen Geister sagen, die an +Mozarts Ruhme zu Rittern werden wollten? + +Der churschsische Kapellmeister H. Naumann bezeugte bey seinem +Aufenthalte zu Prag auf eine schne Art seine Hochachtung und +Bewunderung fr Mozarts Talente und Werke in einer rhrenden Anrede an +seinen Sohn, als ihm derselbe von seiner Freundin Duschek vorgestellt +wurde. Wer die redliche anspruchslose Denkungsart dieses berhmten +Meisters kannte, wird an der Wahrheit seiner Gesinnungen gewi nicht +zweifeln.[13] + + [Funote 13: Der Verfasser hatte das Vergngen Augenzeuge der + schnen Scene zu seyn.] + +Wie sehr ihn _Gluck_ geschtzt habe, ist schon erwhnt worden. + +Cherubini, dessen Geist dem Mozartischen am nchsten verwandt scheint, +ist sein grter Bewunderer, und hat seine Werke zum Gegenstande seines +bestndigen Studium gemacht. Alle Neuern, wenn sie es auch nicht +gestehen wollen, haben von Mozart gelernt, oder ahmen ihn nach! + +Ein noch lebender, nicht unberhmter Tonsetzer in Wien sagte zu einem +andern bey Mozarts Tode, mit vieler Wahrheit und Aufrichtigkeit: Es ist +zwar Schade um ein so groes Genie; aber wohl uns, da er todt ist. +Denn, wrde er lnger gelebt haben, wahrlich! die Welt htte uns kein +Stck Brod mehr fr unsere Kompositionen gegeben. + +Die zahlreiche Klasse grndlicher Tonknstler in Prag verdient mit Recht +unter den Richtern ber Mozarts hohen Werth einen ansehnlichen Platz. +Die meisten von ihnen sprechen mit einer Achtung von Mozarts Werken, die +ein rhmlicher Beweis ihrer Kenntnisse, und der Unbefangenheit ihres +Herzens ist. -- Einige, (lange noch nicht alle) sind in einer +vorhergehenden Anmerkung genannt worden. Der brave Duschek mit seiner +Gattin, die als Knstlerin und gebildete Frau im gleichen Mae auf +Achtung und Beyfall Anspruch machen kann, waren Freunde und Bewunderer +Mozarts. Wie viele treffliche Knstler, auf die _Bhmen_ stolz ist -- wie +viele grndliche und geschmackvolle Dilletanten vom Adel und dem +Brgerstande, die in jedem andern Lande fr Virtuosen gelten wrden, +mte ich nennen, wenn ich alle Freunde und Verehrer seiner Werke und +Talente in Bhmen herzhlen wollte? + +Doch um Mozart als Tonknstler ganz kennen zu lernen, ist es nthig ihn +bey seinem Schreibpulte, wenn er die unsterblichen Werke dichtete, zu +beobachten! + +Mozart schrieb alles mit einer Leichtigkeit und Geschwindigkeit, die +wohl beym ersten Anblick Flchtigkeit oder Eile scheinen konnte; auch +kam er nie whrend des Schreibens zum Klavier. Seine Imagination stellte +ihm das ganze Werk, wenn es empfangen war, deutlich und lebhaft dar. Die +groe Kenntni des Satzes erleichterte ihm den Ueberblick der gesammten +Harmonie. Selten trift man in seinen Konzeptpartituren ausgebesserte +oder berstrichene Stellen an. Daraus folgt nicht, da er seine Arbeiten +nur hingeworfen habe. In seinem Kopfe lag das Werk immer schon +vollendet, ehe er sich zum Schreibpulte setzte. Wenn er den Text zu +einer Singkomposition bekam, so ging er lange Zeit damit herum, dachte +sich ganz hinein, und erregte die Thtigkeit seiner Phantasie. Bey dem +Klavier arbeitete er dann die Gedanken vollstndig aus; und nun erst +setzte er sich zum Schreiben hin. Daher war ihm das Schreiben eine +leichte Arbeit, wobey er oft scherzte und tndelte. Es ist schon oben +gesagt worden, da er auch in seinen Mannsjahren halbe Nchte bey dem +Klavier zubrachte, die waren eigentlich die _Schpferstunden_ seiner +himmlischen Gesnge! Bey der schweigenden Ruhe der Nacht, wo kein +Gegenstand die Sinne fesselt, entglhete seine Einbildungskraft zu der +regesten Thtigkeit, und entfaltete den ganzen Reichthum der Tne, +welchen die Natur in seinen Geist gelegt hatte. Hier war _Mozart ganz_ +Empfindung und Wohllaut -- hier floen von seinen Fingern die +wunderbarsten Harmonien! _Wer Mozart in solchen Stunden hrte, der nur +kannte die Tiefe, den ganzen Umfang seines musikalischen Genies: frey +und unabhngig von jeder Rcksicht durfte da sein Geist mit khnen Fluge +sich in die hchsten Regionen der Kunst schwingen._ In solchen Stunden +der dichterischen Laune schuf sich Mozart unerschpflichen Vorrath; +daraus ordnete und bildete er dann mit leichter Hand seine unsterblichen +Werke. + +Uebrigens wird jeder einsehen, da eine reiche Ader der Gedanken dazu +erfodert war. Ohne diese wrde alle seine Kunst unfruchtbar geblieben +seyn. Es giebt zwar Komponisten, die durch hartnckigen Flei einige +Gedanken erzwingen: aber wie bald versiegt ihre Quelle? Dann hrt man +sie nur wiederholen: ihre sptern Werke sind gewhnlich nur die +Musterkarte der frhern. + +Diese Leichtigkeit, mit der Mozart schrieb, hat er, wie wir gesehen +haben, schon als Knabe gezeigt; ein Beweis, da sie ein Werk des Genies +war. Aber wie oft berraschte er damit in seinen letzten Jahren selbst +diejenigen, die mit seinen Talenten vertraut waren? Die genievolle +Eingangssinfonie zum _Don Juan_ ist ein merkwrdiges Beyspiel davon. +Mozart schrieb diese Oper im Oktober 1787 zu Prag; sie war nun schon +vollendet, einstudirt, und sollte bermorgen aufgefhrt werden, nur die +Ouverture fehlte noch. + +Die ngstliche Besorgni seiner Freunde, die mit jeder Stunde zunahm, +schien ihn zu unterhalten; je mehr sie verlegen waren, desto +leichtsinniger stellte sich Mozart. Endlich am Abende vor dem Tage der +ersten Vorstellung, nachdem er sich satt gescherzt hatte, gieng er gegen +Mitternacht auf sein Zimmer, fing an zu schreiben, und vollendete _in +einigen Stunden das bewundernswrdige Meisterstck_, welches die Kenner +nur der himmlischen Sinfonie der Zauberflte nachsetzen. Die Kopisten +wurden nur mit Mhe bis zur Vorstellung fertig, und das Opernorchester, +dessen Geschicklichkeit Mozart schon kannte, fhrte sie #prima vista# +vortrefflich auf.[14] + + [Funote 14: Die Begebenheit ist in Prag allgemein bekannt.] + +Die Musik zur Zauberflte war schon im Julius 1791 fertig. In der Mitte +des _Augustus_ gieng Mozart nach Prag, schrieb da innerhalb 18Tagen #La +Clemenza di Tito#, welche am 5ten September aufs Theater kam. In der +Mitte dieses Monaths reisete er nach Wien zurck, und schrieb ein paar +Tage vor der Vorstellung der Zauberflte, die am 30. September geschah, +die beste aller Ouverturen und den _Priestermarsch_ zum Anfang des 2ten +Aktes. + +Solche Beyspiele knnten hufig angefhrt werden. Sein auerordentliches +Gedchtni zeigte sich auch schon in der Jugend; das aufgefate +_Miserere_ in Rom giebt einen vollen Beweis davon. Er behielt es +ungeschwcht bis an sein Ende. + +Da man seine Kompositionen unglaublich suchte: so war er nie sicher, da +ihm nicht ein neues Werk selbst whrend des Kopirens abgestohlen werde. +Er schrieb daher bey seinen Klavier-Konzerten gewhnlich nur eine Zeile +fr eine Hand auf, und spielte das brige aus dem Gedchtnisse. So hat +er einst ein Klavierkonzert, welches er schon seit geraumer Zeit nicht +in Hnden gehabt hatte, in einer musik. Akademie aus dem Gedchtnisse +gespielt, indem er die Prinzipalstimme in der Eile zu Hause verga. + +Aber wie ist Mozart ein so _groer_, ja ich mchte sagen, _einziger_ +Mann in seiner Kunst geworden? Hat er alles der Natur, oder seinem +Studium, seiner Ausbildung zu danken? Einige teutschen Schriftsteller +sprechen von einer _instinktartigen Beschaffenheit seines Geistes_, +welche ihn unwillkhrlich zur Hervorbringung seiner Meisterwerke +getrieben habe. Aber diese Herrn kennen sicher Mozarten gar nicht, und +scheinen die Leichtigkeit, mit welcher er, wenn die Idee des Werkes +einmal gebildet war, schrieb, fr die instinktartige Wirkung seines +Talentes zu halten. Freylich haben die Aeuerungen des Genies, in +wiefern es angeboren ist, etwas instinktartiges: aber nur Bildung und +Uebung -- Studium giebt ihm Reife und Vollendung. Mozart hatte von der +Natur ein Genie empfangen wie Shakespeare, aber er bertraf diesen an +Geschmack und Korrektheit. Er produzirte mit Verstand und Wahl. Diese so +seltene Vereinigung eines feinen Geschmackes und der richtigsten +Beurtheilung mit den grten Naturanlagen, die Mozarten unter den +Meistern seiner Kunst den ersten Rang giebt, war grtentheils sein +Werk -- das Werk seines Eifers, seines Fleies; das Werk des tiefen und +grndlichen Studiums der Kunst. + +Aus der Geschichte seiner Jugend haben wir gesehen, wie sorgfltig er +jede Gelegenheit bentzte, um zu lernen; wie weise und streng ihn sein +Vater dazu leitete; wie tief er in die Geheimnisse der Kunst so frh +schon eingedrungen war. Aber wir wollen ihn selbst darber hren. + +Einst -- (es war nach den ersten Proben seines Don Juan) -- gieng Mozart +mit dem damaligen Orchesterdirektor und Kapellmeister Herr Kucharz[15] +spazieren. Unter andern vertraulichen Gesprchen kam die Rede auf Don +Juan. Mozart sagte: Was halten sie von der Musik zum Don Juan? Wird sie +so gefallen, wie Figaro? Sie ist von einer andern Gattung! + + [Funote 15: Anmerkung. Ein trefflicher Schler Seegerts, und + biederer Mann. Diese Anekdote habe ich aus seinem Munde.] + +_Kuch_. Wie knnen Sie daran zweifeln? Die Musik ist schn, originell, +tief gedacht. Was von Mozart kommt wird den Bhmen gewi gefallen. + +_Moz_. Ihre Versicherung beruhigt mich, sie kommt von einem Kenner. Aber +ich habe mir Mhe und Arbeit nicht verdren lassen, fr Prag etwas +vorzgliches zu leisten. Ueberhaupt irrt man, wenn man denkt, da mir +meine Kunst so leicht geworden ist. Ich versichere Sie, lieber Freund! +niemand hat so viel Mhe auf das Studium der Komposition verwendet als +ich. _Es giebt nicht leicht einen berhmten Meister in der Musik, den +ich nicht fleiig, oft mehrmal durchstudirt htte._ + +Und in der That, man sah die Werke groer Tonknstler, auch da noch, als +er bereits klassische Vollkommenheit erreicht hatte, auf seinem Pulte. + +Sein gewandter Geist wute sich den Charakter eines jeden so anzueignen, +da er sie oft zum Scherze im Satze und Stile bis zum Tuschen +nachahmte. + +Sein Gehr war so fein, fate die Verschiedenheit der Tne so gewi und +richtig auf, da er den geringsten Fehler oder Miton selbst bey dem +strksten Orchester bemerkte, und dasjenige Subjekt oder Instrument, +welches ihn begieng genau anzugeben wute. Nichts brachte ihn so sehr +auf, als Unruhe, Getse oder Geschwtz bey der Musik. Da gerieth der so +sanfte, muntere Mann in den grten Unwillen, und uerte ihn sehr +lebhaft. Es ist bekannt, da er einst mitten im Spiele unwillig von dem +Klavier aufstand, und die unaufmerksamen Zuhrer verlie. Dieses hat +man ihm vielfltig bel genommen; aber gewi mit Unrecht. Alles, was er +vortrug, empfand er selbst auf das strkste -- sein ganzes Wesen war dann +Gefhl und Aufmerksamkeit: wie konnte ihn also kalte Fhllosigkeit, +Unaufmerksamkeit: oder gar ein strendes Geschwtze in der Laune und +Fassung erhalten? Als begeisterter Knstler verga er da auf alle andere +Rcksichten. + +Wie reizbar lebhaft sein Kunstsinn gewesen sey, kann man aus dem +schlieen, da er bey der Auffhrung einer guten Musik bis zu Thrnen +gerhrt wurde: vorzglich wenn er etwas von den beyden groen _Haydn_ +hrte. Aber nicht allein Musik, jeder andere rhrende Gegenstand ergriff +sein ganzes Gefhl und erschtterte ihn. Seine Einbildungskraft war +immer thtig, immer mit Musik beschftigt; daher schien er oft zerstreut +und gedankenlos. + +_So gro war Mozart als Knstler!_ Den Forscher der menschlichen +Natur wird es nicht befremden, wenn er sieht, da dieser als Knstler +so seltene Mensch, nicht auch in den brigen Verhltnissen des +Lebens ein _groer Mann_ war. Die Tonkunst machte die Haupt- und +Lieblingsbeschftigung seines ganzen Lebens aus -- um diese bewegte sich +sein ganzes Gedanken- und Empfindungsspiel; alle Bildung seiner Krfte, +die das Genie des Knstlers ausmachen, ging von da aus und bezog sich +darauf. Ist es ein Wunder, wenn er den brigen Dingen um sich weniger +Aufmerksamkeit widmete? Er war Knstler, war es ganz und in einer +bewundernswrdigen Gre: das ist genug! Wer mag inde die Grnzlinien +seiner Geistkrfte so genau ziehen, um behaupten zu knnen, Mozart habe +auer seiner Kunst zu nichts sonst Anlage oder Fhigkeit gehabt? Man +setzt freylich das Wesen des Knstler-Genies in eine berwiegende Strke +der untern oder sthetischen Krfte der Seele, aber man wei auch, da +die Knste besonders die Musik hufig einen scharfen Ueberblick, +Beurtheilung und Einsicht in die Lage der Dinge erfodern; welches bey +Mozart um so gewisser vorauszusetzen ist, da er kein gemeiner +mechanischer Virtuos eines Instrumentes war, sondern das ganze weite +Gebieth der Tonkunst mit seltner Kraft und Geschicklichkeit umfate. + +Wie schn und beneidenswerth ist brigens der Wirkungskreis eines +Tonknstlers? Mit seinen sen Harmonien entzckt er tausend gefhlvolle +Seelen; er schafft ihnen die reinste Wonne; er erhebt, besnftiget, +trstet! Auch dann wenn er nicht mehr ist, lebt er dennoch in seinen +widerholenden Gesngen -- Tausende segnen und bewundern ihn. + +_Mozart_ hatte schon in seiner Jugend zu allen Kenntnissen, die man ihm +beyzubringen fr nthig fand, eine groe Anlage gezeigt, in allen +schnelle Fortschritte gemacht; von der Arithmetik ist Erwhnung +geschehen. Auch in seinen sptern Jahren liebte er diese Kenntni sehr +und war wirklich ein ungemein geschickter Rechenmeister. Eben so gro +war sein Talent zur Sprachwissenschaft; er verstand _Franzsisch_, +_Englisch_, _Italienisch_ und _Teutsch_. Die lateinische Sprache lernte +er in sptern Jahren, und zwar nur so weit, als es zur Verstndni des +Kirchentextes, den er allenfalls in Musik zu setzen htte, erfordert +war. In allen brigen Sprachen hat er die guten Schriftsteller gelesen +und verstanden. Er machte oft selbst Verse; meistens aber nur bey +scherzhaften Gelegenheiten.[16] In den brigen Fchern hatte Mozart +wenigstens so viel historische Kenntni, als fr einen Mann von Bildung +nthig war. + + [Funote 16: Die war unter andern der Fall bey dem Tode eines + geliebten Staares, den er in seinem gemietheten Garten ein + ordentliches Grabmahl errichtet, und mit einer Inschrift + versehen hatte. Thiere und insbesondere Vgel liebte er sehr.] + +Zu bedauern ist es, da er nicht ber seine Kunst schrieb! Aus einem +Briefe, welchen er an F.v. Trattner, eine seiner Schlerinnen ber den +_Vortrag_ der fr sie gesetzten Klavierphantasie geschrieben hatte, +konnte man sehen, da er nicht nur die Prax, sondern auch die Theorie +seiner Kunst vollkommen verstand. Der Brief ist, leider! nicht zu finden +gewesen. + +In einem Heft einer musikalischen Zeitschrift von Berlin vor einigen +Jahren wurde von Mozart behauptet, er habe eigentlich keine _hhere +Bildung_ gehabt. Es ist schwer zu errathen, was der Verfasser mit den +Worten hhere Bildung gemeint habe. Mozart hatte die Welt gesehen, er +kannte die Schriftsteller der gebildetesten Nationen, zeigte berall +einen offenen und freymthigen Geist: was fehlte ihm also zur hhern +Kultur? Mu man in Gttingen oder Jena studirt haben, um hhere Bildung +zu erlangen? Oder besteht die hhere Bildung darinn, da man wei, was +teutsche Schriftsteller sagen? da man von allen zu schwatzen verstehet? + +Der _moralische Charakter Mozarts_ war _bieder_ und _liebenswrdig_. +Unbefangene _Herzensgte_ und eine _seltene Empfindlichkeit fr alle +Eindrcke_ des _Wohlwollens und der Freundschaft_ waren seine Grundzge. +Er berlie sich diesen liebenswrdigen Regungen ganz, und wurde daher +mehrmal das Opfer seines gutmthigen Zutrauens. Oft beherbergte und +pflegte er seine rgsten Feinde und Verderber bey sich. + +Er hatte zwar oft mit einem schnellen Blicke auch versteckte Charaktere +aus dem Innersten ausgeholt: aber im Ganzen genommen, hatte er zu viel +Gutmthigkeit um Menschenkenntni zu erlangen. Selbst die Art seiner +_Erziehung_, die _unstte Lebensart auf Reisen_, wo er nur fr seine +Kunst lebte, machte eine wahre Kenntni des menschlichen Herzen +unmglich. Diesem Mangel mu man manche Unklugheit seines Lebens zu +schreiben. + +Uebrigens hatte Mozart fr die Freuden der Geselligkeit und Freundschaft +einen offenen Sinn. Unter guten Freunden war er vertraulich wie ein +Kind, voll _munterer_ Laune; diese ergo sich dann meistentheils in den +drolligsten _Einfllen_. Mit Vergngen denken seine Freunde in Prag an +die schnen Stunden, die sie in seiner Gesellschaft verlebten; sie +knnen sein gutes argloses Herz nie genug rhmen; man verga in seiner +Gesellschaft ganz, da man _Mozart_ den bewunderten Knstler vor sich +habe. + +Nie verrieth er einen gewissen _Kunst-Pedantismus_, der an manchen +Jngern Apollos so widerlich ist. Er sprach selten und wenig von seiner +Kunst, und immer mit einer liebenswrdigen Bescheidenheit. Hochschtzung +des wahren Verdienstes und Achtung fr die Person leiteten seine +Urtheile in Kunstsachen. Es war gewi rhrend, wenn er von den _beyden +Haydn_, oder andern groen Meistern sprach: man glaubte nicht dem +allgewaltigen Mozart, sondern einen ihrer begeisterten Schler zu hren. + +Ich kann hier eine Anekdote nicht bergehen, die eben so sehr seinen +geraden Sinn, und den Unwillen gegen lieblose Tadelsucht, als seine +groe Achtung fr Joseph _Haydn_ beweiset. Sie sey zugleich ein Beyspiel +seiner guten Einflle. + +In einer Privatgesellschaft wurde einst ein neues Werk von Joseph Haydn +gemacht. Nebst Mozart waren mehrere Tonknstler gegenwrtig, unter +andern L.K..., der noch nie jemanden gelobt hatte, als sich selbst. Er +stellte sich zum Mozart und tadelte bald dieses bald jenes. Mit Geduld +hrte ihn dieser eine Zeit an; als es ihm aber zu lang dauerte, und der +Tadler endlich wieder bey einer Stelle mit Selbstgengsamkeit ausrief: +Das htt' ich nicht gethan -- erwiederte Mozart: Ich auch nicht; wissen +Sie aber warum? Weil _wir es beyde_ nicht so gut getroffen htten! -- +Durch diesen Einfall machte er sich einen unvershnlichen Feind mehr. + +Mit einer solchen Bescheidenheit verband Mozart dennoch ein edles +_Bewutseyn_ seiner Knstlerwrde. Wie wre es auch mglich gewesen +nicht zu wissen, wie _gro_ er sey? Aber er jagte nie nach dem Beyfalle +der Menge; selbst als Kind rhrte ihn nur das Lob des Kenners. Daher war +ihm alles gleichgltig, was blos aus Neugierde ihn anzugaffen gekommen +war. Oft ging dieses Betragen vielleicht zu weit. Er war daher bisweilen +auch in der Gegenwart groer Herrn vom hchsten Range zum Spielen nicht +zu bewegen; oder er spielte nichts als Tndeleyen, wenn er merkte, da +sie keine Kenner oder wahre Liebhaber sind. Aber Mozart war der +geflligste Mann von der Welt, wenn er sah, da man Sinn fr seine Kunst +besitze; er spielte Stunden lang dem geringsten, oft unbekannten +Menschen. Mit aufmunternder Achtsamkeit hrte er die Versuche junger +Knstler an, und weckte durch eine liebevolle Beyfallsuerung das +schlummernde Selbstbewutseyn. + +Unser beste Klavierspieler und beliebter Tonsetzer Joh. Witassek dankt +ihm diese Erweckung seines Talentes. Die wenigen Stunden die er bey +Mozart zubrachte, schtzt er nach eigenem Gestndnisse fr einen groen +Zuwachs zu seiner Ausbildung. + +Menschenfreundlich und uneigenntzig war _Mozart_ im hohen Grade. Darum +sammelte er kein Vermgen. Ganz im Reiche der Tne lebend, schtzte er +den Werth des Geldes und der brigen Dinge zu wenig. Daher arbeitete er +viel umsonst, aus Geflligkeit oder Wohlthtigkeit. Jeder reisende +Virtuos war gewi, wenn er sich ihm durch Talent oder moralischen +Charakter zu empfehlen wute, eine Komposition fr sich zu erhalten. So +entstanden die Konzerte fr die brigen Instrumente, so eine Menge +einzelner Singkompositionen, unter andern die majesttischen Chre zu +dem Schauspiele, Knig Tamos, die den erhabensten Werken Hndels und +Glucks an die Seite gesetzt werden. + +Aber selbst die Bezahlung, die er fr seine Arbeiten bekam, war meistens +mittelmig. Der Theaterunternehmer Guardasoni zahlte ihm fr Don Juan +nur hundert Dukaten. + +_Verstellung und Schmeicheley_ war seinem arglosen Herzen gleich fremd; +jeder Zwang, den er seinem Geiste anthun mute, _unausstehlich_. +Freymthig und offen in seinen Aeuerungen und Antworten, beleidigte er +nicht selten die Empfindlichkeit der Eigenliebe, und zog sich dadurch +manchen Feind zu. + +Seine hohe Kunst und der liebenswrdige Charakter verschafften ihm +Freunde, die ihn von ganzer Seele liebten und fr sein Wohl eifrig +besorgt waren. Es wrde das Zartgefhl dieser edlen Menschen beleidigen, +wenn sie hier namentlich angefhrt wrden; wie wre es auch mglich alle +zu kennen und zu nennen? Indem mir also diese Betrachtung verbiethet von +der gromthigen Freundschaft eines B.v.S**, und des Kaufmannes B** in +Wien zu reden: so sey es wenigstens erlaubt hier der ausgezeichneten +Wohlthtigkeit eines Wiener Brgers gegen Mozart zu erwhnen. Dieser +brave Mann, ein Flecksieder vom Gewerbe, ohne Mozart persnlich zu +kennen, blos von Bewunderung fr seine Kunst hingerissen, verschaffte +seiner kranken Gemahlin, (die nach der Verordnung der Aerzte wegen einer +Lhmung am Fue Bder vom gekochten Magengekre brauchen mute), die +Gelegenheit in seinem eigenen Hause durch geraume Zeit die Kur mit +vieler Bequemlichkeit brauchen zu knnen. Er lieferte ihr nicht nur die +Flecke unentgeltlich und ersparte dadurch Mozarten eine Auslage von +mehreren hundert Gulden, sondern verlangte auch fr Logis und Kost gar +nichts. Aehnliche Beyspiele eines solchen Enthusiasmus fr die hohe +Kunst Mozarts sind sehr hufig. + +Aber Mozart hatte auch Feinde, zahlreiche, unvershnliche Feinde. Wie +htten ihm auch diese mangeln knnen, da er ein so _groer Knstler_ und +_ein so gerader Mann war_? Und diese waren die unlautere Quelle, aus +welcher so viele hliche _Erzhlungen_ von seinem _Leichtsinne, seinen +Ausschweifungen_ gefloen sind. Mozart war Mensch, folglich Fehlern +unterworfen wie alle Menschen. Die nemlichen Eigenschaften und Krfte, +die das Wesen seiner groen Talente ausmachten, waren zugleich Reiz und +Anla zu manchen Fehltritte: brachten Neigungen hervor, die freylich bey +Alltagsmenschen nicht angetroffen werden. Seine Erziehung und Lebensart +bis zu dem Zeitpunkte, da er sich in Wien niederlie, war auch nicht +gemacht ihm Menschenkenntni und Welterfahrung zu verschaffen. Denke man +sich einen so zart organisirten Jngling -- einen Tonknstler von seiner +Empfindung in einer Stadt, wie Wien, sich selbst berlassen? Braucht es +mehr um zur Nachsicht gegen seine Fehler gestimmt zu werden? Man mu +aber gegen diese Erzhlungen berhaupt mitrauisch seyn, da gewi der +grte Theil baare Unwahrheiten, und nichts als Schmhungen des +scheelschtigen Neides sind. Wir haben die in Rcksicht seiner +hinterlassenen Schulden schon bemerkt. Niemand wird es unbegreiflich +finden, warum die Welt diesen Ausstreuungen so leicht Glauben beymit, +wenn er sich erinnert, da man gewhnlich mit einem Tonknstler den +Begriff eines Verschwenders oder Wstlings verbindet. Aber zahlreiche +Beyspiele achtungswrdiger Knstler haben bewiesen, wie sehr dieses +Vorurtheil einzuschrnken sey. + +In seiner Ehe mit _Konstanza Weber_ lebte Mozart vergngt. Er fand an +ihr ein gutes, liebevolles Weib, die sich an seine Gemthsart +vortrefflich anzuschmiegen wute, und dadurch sein ganzes Zutrauen und +eine Gewalt ber ihn gewann, welche sie nur dazu anwendete, ihn oft von +Uebereilungen abzuhalten. Er liebte sie wahrhaft, vertraute ihr alles, +selbst seine kleinen Snden -- und sie vergalt es ihm mit Zrtlichkeit +und treuer Sorgfalt. Wien war Zeuge dieser Behandlung, und die Wittwe +denkt nie ohne Rhrung an die Tage ihrer Ehe.[17] + + [Funote 17: Die achtungswrdige Frau betrgt sich in ihrem + Wittwenstande sehr klug, und sorgt fr ihre 2Shne mtterlich. + Sie lebt in Wien von ihrer Pension und dem kleinen Erwerbe aus + dem Nachlasse ihres Mannes.] + +Seine liebste Unterhaltung war _Musik_; wenn ihm seine Gemahlinn eine +recht angenehme Ueberraschung an einem Familienfeste machen wollte, so +veranstaltete sie in Geheim die Auffhrung einer neuen Kirchen-Komposition +von Michael oder Joseph Haydn. + +Das Billardspiel liebte er leidenschaftlich, vermuthlich weil es mit +Bewegung des Krpers verbunden ist; er hatte ein eignes zu Hause, bey +dem er sich tglich mit seiner Frau unterhielt. Die Schnheit der Natur +im Sommer war fr sein tieffhlendes Herz ein entzckender Genu; er +verschaffte sich ihn, wenn er konnte, und miethete daher fast alle Jahre +Grtchen in der Vorstadt, wo er den Sommer zuzubringen pflegte. + +Erstaunend ist die Arbeitsamkeit seiner letzten Lebensjahre. + +Aus dem vollstndigen Verzeichnisse seiner Kompositionen seit dem Jahre +1784 bis zu seinem Tode, in welches er mit eigener Hand das Thema eines +jeden Stckes und den Tag der Vollendung eintrug, sieht man wie viel er +oft in einem Monathe gearbeitet hatte?[18] Nur die Gre und +Fruchtbarkeit seines Genies macht die Mglichkeit so vielfacher Arbeit +begreiflich. So schrieb er innerhalb der 4 letzten Monathe seines +Lebens, wo er schon krnkelte, und Reisen machte: + + [Funote 18: Der Verfasser hatte es bey der Ausarbeitung dieser + Biographie im Originale vor sich.] + +1) Eine Klavierkantate: Die ihr des unermelichen Weltalls Schpfer +ehrt. + +2) Die Zauberflte. + +3) #La Clemenza di Tito.# + +4) Ein Klarinett-Konzert fr H. Stadler. + +5) Eine Kantate fr ein ganzes Chor. + +6) Das Requiem. + +Eine ungeheure Anstrengung, die seine Krfte erschpfen mute! + +So wurde _Mozart ein Wunder seiner Kunst_, der _Liebling_ seines +Zeitalters! Sein kurzes, aber glnzendes Knstlerleben macht in der +Geschichte der Tonkunst eine neue Epoche. + +Der groe, feurige Geist, der in seinen Werken waltet und der volle +Strom der Empfindung reien jedes gefhlvolle Herz mit unwiderstehlicher +Gewalt hin. Der se Zauber seiner Harmonien entzckt das Ohr; die Flle +der Gedanken, das Neue in ihrer Ausfhrung machen das Gefallen seiner +Musik dauerhaft. Wer einmal an _Mozart_ Geschmack gefunden hat, der wird +durch andere Musik schwer zu befriedigen seyn. Und _alle_ diese +Vollkommenheiten hat er _in einem Alter_ erreicht, das fr gewhnliche +Knstler kaum der Zeitpunkt _der ersten Ausbildung_ ist! Da er starb, +hatte sein Ruhm bereits eine Gre, wie sie nur selten auch der +glcklichste Knstler hoffen darf -- und wie kurz war sein Leben? Er +hatte noch nicht das 35te Jahr vollendet, als er starb! Was wrde sein +unerschpflicher Geist der Welt noch geliefert haben?---- + +Wr er nach England gegangen -- sein Ruhm wrde neben _Hndels_ +unsterblichem Namen glnzen: in Teutschland rang sein Geist oft mit +Mangel; seinen _Grabeshgel zeichnet nicht einmal eine schlechte +Inschrift aus_!-- + +Auf seinen Tod erschienen mehrere Trauer-Kantaten; darunter zeichnen +sich zwey aus, vom Herrn _Wessely_ und _Karl Kannabich_ dem jngern aus +Mnchen. + +Einfach und edel war das Fest, welches die Hrer der Rechte zu Prag in +ihrer musikalischen Akademie, bey der Anwesenheit der Wittwe im Jahre +1794 Mozarts Andenken weiheten; es wurde durch ein Gedicht +verherrlichet, welches den Profess. Meinert zum Verfasser hat. Ein Paar +Stanzen daraus verdienen hier allerdings einen Platz. + + Ach! er ward uns frh entrckt, + Der die Saiten der Empfindung, + Wie ihr Schpfer kannt' und griff; + In harmonische Verbindung + Ihre khnsten Tne rief: + Jetzt ein Gott in seines Zornes + Donner rauschend niederfuhr, + Itzo lispelnd wie des Wiesenbornes + Welle flo in stiller Flur. + + Ach! schon grnt des Edlen Hgel: + Aber ganz birgt er ihn nicht. + Eines, das durch Grber Riegel, + Ewig jung und gttlich bricht, + _Eines_ lebt -- der hohe reine + Geistesabdruck ist die _Eine_, + Das zur Ewigkeit entblht, + Norne! deinem Dolch entflieht. + + Fhlt ihr in der Saiten Beben, + Im begeisternden Gesang, + In des Herzens Sturm und Drang + Fhlt ihr des Entschlaf'nen Leben? + Horch! es tnen Engelharmonien,-- + Das ist Mozart! Seht ihr ihn + Lichtbekrnzt? Mit Feentritte + Wallt sein Geist in eurer Mitte. + + + + + IV. + + Nachricht von Mozarts Werken. + + +Es ist fast kein Zweig der Tonkunst, in welchem Mozart nicht mit +entschiedenem Glcke seine Krfte versucht htte. + +_Dramatische Musik_, und die _Klavierkompositionen_ haben ihm am meisten +Ruhm erworben. Wenn man seine Werke besonders die theatralischen nach +der Zeitfolge ihrer Entstehung betrachtet, so merkt man deutlich den +Gang seines zur Vollkommenheit schreitenden Geistes. In den frhern, +z.B. in der Oper Idomeneo und der _Entfhrung aus dem Serail_, auch +noch zum Theil im _Figaro_ strmt das ganze Feuer einer jugendlichen +Phantasie und eine Flle ppiger Empfindung ohne Grnzen. Es ist mehr +Wrme, als Licht darinn -- die Massen des Gesanges und der Harmonie sind +nicht so bestimmt, wie in den sptern Werken, in welchen dieser Strom +der Empfindung immer sanfter sich in sein Bett zurckzieht, alles +leichter, einfacher und korrekter wird. Nirgends ist diese Reife des +Geschmackes sichtbarer, als in der #Clemenza di Tito#, und dem Requiem. +Daraus lt es sich schlieen, was man noch von Mozart zu erwarten +berechtiget war? + +Einige _Kunstrichter_ haben mit sinnreicher Feinheit zwar die +Vortrefflichkeit seiner Instrumentation, d.i. den mehr mechanischen +Theil der Kunst anerkannt, aber das, was blos Sache des Genies ist, die +Singparthie getadelt, -- sie haben behauptet, Mozart sey hierinn nicht so +gro, als in der Instrumentalparthie. Die Grnzen dieser Schilderung +erlauben es nicht, die Grundlosigkeit davon zu zeigen, oder die Werke +Mozarts von dieser Ansicht zu betrachten. Die Tadler mgen indessen nur +beherzigen, da gerade diese Seite seiner Werke von grndlichen und +berufenen Richtern immer am meisten bewundert worden ist. Was konnte +denn in seinen Opern und den brigen Singkompositionen so sehr gefallen, +wenn es _der Gesang_ nicht war? Das Volk versteht wenig von der +Schnheit des Instrumentalsatzes; gerade dieser Theil seiner Werke, der +groe Geschicklichkeit der Subjekte erfodert, wird gewhnlich schlecht +aufgefhrt -- und doch brachten die meisten seiner Singkompositionen so +viel Wirkung, so viel Enthusiasmus hervor? die konnte nur der +_einfache, schne, rhythmische Gesang bewirken_. Warum singt man seine +Melodien so gern nach? Warum sind so viele davon Volksgesnge geworden? +Wie wahr, wie lebhaft wei Mozart den Sinn der Worte des Dichters +auszudrcken? Dringt sein Gesang nicht berall dem Zuhrer ans Herz? +Wenn die der hchste _Zweck_ der Tonkunst ist, wer hat ihn vollkommener +_erreicht als Mozart_? + +Man knnte zahlreiche Beyspiele anfhren, wo Mozart mit einem feinen +sthetischen Sinne selbst die Worte und Ideen des Dichters durch schne +Wendungen der Melodie erhoben und verbessert hat. Sein Gesang haucht den +Worten meistentheils erst Wrme und Leben ein; fast immer liegt darinn +noch mehr Sinn und Empfindung, als in den Worten. Daher haben selbst +elende Poesien blos durch seine Komposition gefallen. Die Zauberflte +und #Cosi fan tutte# sey Beweis. + +Die Gestalt, in welcher die alte #Opera seria# von Metastasio #La +Clemenza di Tito# bey seiner Musik erscheint, ist das Werk seines +richtigen Urtheiles und Geschmackes. Und ein solcher Kompositeur, der +den Geist des Textes, das eigene der Situation so fate und verstand -- +ihn oft verbesserte noch fter erhob, soll keine hhere Bildung gehabt +haben? + +Aber Mozarts Werke sind so _schwer_, so _kritisch_, _voll Kunst_ und so +_wenig_ fr das Gehr. + +Auf gleiche Art klagen oft Schulknaben ber die Dunkelheiten und +Schwierigkeiten des Horaz. Man mu darber lcheln! Wen trifft hier der +Vorwurf? Schrieb Mozart blo fr Schler? oder ist dasjenige, was er fr +sie schrieb, nicht leicht und verstndlich? Das Schwere in seinen Werken +ist nicht _Absicht_, ist _nur Folge_ der Gre und Originalitt seines +Genies. Die hat Mozart mit allen groen Knstlern gemein. _Populr_ +durften alle seine Werke nicht seyn; wo Popularitt nthig war, da hat +er sie vollkommen erreicht. Findet in seinen Singspielen nicht der +Kenner und der bloe Liebhaber Gerchte fr seinen Gaum? Auch die +_erhabensten Sachen_ von seiner Hand, wo er sich in der ganzen Strke +seiner Kunst des Kontrapunktes zeigt, haben so viel Schnheit an sich, +da sie auch uneingeweihten Ohren gefallen, wenn sie _nur richtig_, und +_geschmackvoll vorgetragen werden_. Aber hier liegt _der Knoten_ -- das +ist grtentheils der Grund solcher Klagen. Ueberdie erheischt seine +Musik ein reines Gefhl, ein unverdorbenes Ohr: _wer dieses nicht +mitbringt, fr den hat Mozart nicht geschrieben._[19] + + [Funote 19: Anmerkung. Diese Bemerkungen der ersten Ausgabe, + sind jetzt beynahe unnthig, da Mozart gegen seine Nachahmer, + die Falichkeit und Popularitt selbst ist!] + +Der Tadel einer Klasse von Menschen, denen seine Musik nicht gefllt, +entscheidet nichts gegen ihre Vortrefflichkeit; so wie Rafaels Ruhm +nicht geschmhlert wird, wenn dem ehrlichen Schneiderjungen ein buntes +Allerley von einem Schmierer besser ins Auge fllt, als Rafaels +Meisterstcke. Oder gab es nie Ohren, welchen die rauhe Pfeife des +Waldgottes entzckender schien, als die himmlischen Tne Apollos? -- Wem +_Mozarts Musik_ nicht genug frs Gehr zu seyn scheint, der drfte wohl +den Fehler eigentlich in seinen Ohren suchen. Was werden so delikate +Ohren zu der Musik der neuern Tonsetzer sagen? + +Mit seinen Werken wird nun von den _Uebersetzern und Musikhndlern_ ein +wahrer Unfug getrieben, wobey das Publikum oft angefhrt, und der Name +des groen Meisters grtentheils geschndet wird. Man hngt ihn erstens +als Anempfehlungsschild so manchem Machwerk vor, das seines Geistes ganz +unwrdig ist; noch hufiger ist der Fall, da unbefugte Uebersetzer aus +seinen grern Werken _Klaviersachen_ zusammenstoppeln, die dann als +Originalwerke verkauft werden, und nothwendig schlechter seyn mssen, +als seine brigen Klavierkompositionen. + +Eben so nachtheilig fr seinen Ruhm ist es, da man so hufig aus +Mangel an neuern Werken von seiner Meisterhand, ltere Kompositionen, +zum Theil aus seiner frhen Jugend herausgiebt, ohne diesen Umstand dem +Publikum zu sagen. Solche Werke sind grtentheils seinen sptern ganz +unhnlich, und knnen den Stempel der Vollkommenheit an sich nicht +haben. + +Seine Werke knnen zur bessern Uebersicht in 11 verschiedene Klassen +eingetheilt werden. Zur ersten rechnen wir die _dramatischen_. Mozart +schrieb 9 italienische Opern, -- und 3 teutsche. + +#La finta semplice, opera buffa# fr Kaiser Joseph 1768 + +#Mitridate, opera seria# fr Mayland; im Jahr 1770 + +#Sulla,# -- -- -- -- 1772 + +#Giardiniera, opera buffa# fr Kaiser Joseph im Jahr 1774 + +#Idomeneo, opera seria# fr Mnchen im J. 1780 + +#Figaro, opera buffa# fr Wien im J. 1786 + +#Don Giovanni, opera buffa# fr Prag 1787 + +#Cosi fan tutte, opera buffa# fr Wien 1790 + +#La Clemenza di Tito, opera seria# fr Prag 1791 + + +_Teutsche Singspiele:_ + +Die Entfhrung aus dem Serail fr Wien 1782 + +Der Schauspieldirektor ein kleines Singspiel fr den Kaiser Joseph nach +Schnbrunn im Jahre 1786 + +Die Zauberflte fr das Theater Schikaneders 1791 + +_Idomeneo_ ist eines seiner grten, und gedankenreichesten Werke; der +Stil ist durchgehends pathetisch und athmet heroische Erhabenheit. Da er +diese Opera fr groe Snger und fr eines der besten Orchester von +Europa schrieb, so fhlte sein Geist keinen Zwang, und entfaltete sich +darinn am ppigsten. Aber Idomeneo mu besser aufgefhrt werden, als es +zu Prag vor einigen Jahren in Sommer geschah, wo ihn der +Opern-Unternehmer im eigentlichen Verstande prostituirte. Es war ein +drolligter Gedanke eine der grten Opern ohne Sngerinnen und Orchester +aufzufhren. Denn beydes fehlte, und ward durch Substituten ersetzt. +Auch hte man sich diese Opera, so wie jede von Mozart nach +mittelmigen Klavierbersetzungen zu beurtheilen! + +_Figaro_ wird von Musik-Kennern am meisten geschtzt; wahr ist es, da +Mozart bey ihrer Ausarbeitung am fleiigsten studirt habe. An +Gedanken-Reichthum gleicht sie dem Idomeneo, an Originalitt weicht sie +keiner andern. + +_Don Juan_ ist anerkannt das grte Meisterstck seines Genies -- die +hchste Kunst mit der grten Anmuth ist darinn in lieblicher Eintracht +gepaart. Die Rolle des Leporello ist das erste Meisterstck des +Komischen -- das Muster fr alle Opernkomponisten. + +#Cosi fan tutte# oder die Schule der Liebenden ist die _lieblichste_ und +scherzhafteste Musik voll Charakter und Ausdruck. + +Die Finalien sind unbertrefflich. Wenn man den schlechten Text dieser +Oper betrachtet, so mu man ber die Fruchtbarkeit seines dichterischen +Genies erstaunen, das fhig war ein so trockenes, einfltiges Sujet zu +beleben und solche Schnheiten hervor zu bringen. Es ist schon bemerkt +worden, da er in der Wahl des Buches nicht frey war. + +#La Clemenza di Tito# wird in sthetischer Hinsicht, als schnes +Kunstwerk, fr die vollendeteste Arbeit Mozarts gehalten. Mit einem +feinem Sinne fate Mozart die Einfachheit, die stille Erhabenheit des +Charakters des Titus, und der ganzen Handlung auf, und bertrug sie ganz +in seine Komposition. Jeder Theil, selbst die gemigte +Instrumentalparthie trgt dieses Geprge an sich, und vereinigt sich zu +der schnsten Einheit des Ganzen. Da sie fr ein Krnungsfest, und fr +zwey ganz eigends dazu angenommene Snger aus Italien geschrieben war, +so mute er nothwendig brillante Arien fr diese zwey Rollen schreiben. +Aber welche Arien sind das? Wie hoch stehen sie ber dem gewhnlichen +Tro der Bravour-Gesnge? + +Die brigen Stcke verrathen berall den groen Geist aus dem sie +gefloen. Die letzte Scene oder das Finale des 1ten Aktes ist gewi die +gelungenste Arbeit Mozarts, ja wohl aller dramatischen Tonsetzungen; +_Ausdruck_, _Charakter_, _Empfindung_, wetteifern darinn den grten +Effekt hervorzubringen. Der Gesang, die Instrumentation, die Abwechslung +der Tne, der Wiederhall der fernen Chre -- bewirkten bey jeder +Auffhrung eine Rhrung und Tuschung, die bey Opern eine so seltene +Erscheinung ist. Unter allen Chren, die ich gehrt habe, ist keiner so +flieend, so erhaben und ausdrucksvoll, als der Schluchor im 2ten Akte; +unter allen Arien, keine so lieblich, so voll ser Schwermuth, so reich +an musikalischen Schnheiten, als das vollkommene Rondo in #F#, mit dem +oblig: Baethorne, #Non piu di fiori# im 2ten Akte. Die wenigen +instrumentirten Rezitative sind von Mozart, die brigen alle -- was sehr +zu bedauern ist, -- von einer Schlerhand. + +Die Oper, die jetzt noch immer mit Entzcken gehrt wird, gefiel das +erstemal bey der Krnung nicht so sehr, als sie es verdiente. Ein +Publikum, das vom Tanz, von Bllen und Vergngungen trunken war, in dem +Gerusche eines Krnungsfestes, konnte freylich an den einfachen +Schnheiten Mozartscher Kunst wenig Geschmack finden. + +_Unter den teutschen Singspielen_ zeichnet sich die Entfhrung aus dem +Serail an Empfindung und Schnheit des Gesanges aus. Man sieht es ihr +an, da sie bald nach Idomeneo gedichtet ward. + +Das kleine Singspiel, der _Schauspieldirektor_ ist blos ein +Gelegenheitsstck fr den kaiserl. Hof in Schnbrunn. Was soll ich von +der _Zauberflte_ sagen? Wer kennt sie in Teutschland nicht? Giebt es +ein Theater, wo sie nicht aufgefhrt ward? Sie ist unser Nationalstck. +Der Beyfall den sie berall -- berall erhielt, von dem Hoftheater an, +bis zu der wandernden Bhne des kleinen Marktfleckens, ist bisher ohne +Beyspiel. In Wien wurde sie nur im 1ten Jahre ihrer Erscheinung mehr als +_hundertmal_ aufgefhrt. + +_Die 2te Klasse_ seiner Werke begreift die Kompositionen frs Klavier. +Darunter glnzen am meisten die Klavierkonzerte, worinn Mozart ohne +Nebenbuhler den ersten Rang behauptet. Hier, so wie in vielen andern +Fchern war er Erfinder einer neuen Gattung. Diese Werke enthalten +einen unerschpflichen Reichthum an den treflichsten Gedanken, die +glnzendeste Instrumentation, und erschpfen fast alle Tiefen des +Kontrapunktes. + +Die Sonaten aller Art _mit und ohne_ Begleitung sind in jedermanns +Hnden. Unter denselben sind die Trio am originellsten geschrieben. Das +berhmte Quintett frs Klavier mit Begleitung einer Oboe, einer +Klarinette, eines Waldhornes und Fagottes halten Kenner fr sein +Meisterstck in Rcksicht der Instrumentation; geschrieben im J.1784 +_den 30ten Mrz_. Die vielen _Variazionen_ zeichnen sich durch +Reichthum, Manigfaltigkeit und Neuheit vor allen hnlichen Werken aus. +Die letzten, die er setzte, sind die, ber das Lied: _Ein Weib ist das +herrlichste Ding_; den 15ten Mrz 1791 komponirt. Diese Klasse seiner +Werke ist die zahlreichste. + +_Die 3te Klasse_ begreift die Sinfonien; die schnsten davon, die er in +den Jahren 1786 bis 1788 schrieb, sind folgende 4: in #D#, #Eb#, #G mol# +und #C# mit der Fuge im letzten Stcke. Alle knnen den schnsten von +_Hayden_ an die Seite gesetzt werden; er entfaltete darinn seine Kunst +der Komposition im hchsten Grade. Die Opernsinfonien sind bekannt und +bewundert genug. + +_Zur 4ten Klasse_ gehren Gelegenheits-Kantaten mit vollstimmiger +Begleitung. In dem Verzeichnisse sind 3 aufgemerkt. + +_In die 5te Klasse_ knnen die einzelnen Scenen und Arien gerechnet +werden, die er fr musikalische Akademien oder fr besondere Snger +schrieb. In dem Verzeichnisse sind 22 solche enthalten, fr allerley +Stimmen. + +_6te Klasse:_ teutsche Lieder mit Klavierbegleitung allein; in dem +Verzeichnisse sind 20 Stcke aufgezeichnet, worunter _die_ so bekannte +_Abendempfindung_, _das Veilchen_ und an _Chloe_, so voll Einfachheit, +Ausdruck und Empfindung, _kurz so schn_ sind, da man sagen kann, +Mozart htte blos mit diesem sich unsterblichen Ruhm erworben. Daraus +vorzglich mgen seine Tadler sehen, ob er nicht _gro_ in der +Singkomposition war? Ob er den Worten Leben zu geben, auch ohne das +Rauschen der Instrumente nicht verstand? + +_7te Klasse:_ Konzerte fr verschiedene Instrumente schrieb er am +seltensten. + +In dem Verzeichnisse sind nur folgende angemerkt: 1) Ein Andante zu +einem Violinkonzert; 2) Ein Konzert fr das Waldhorn. 3) _Fr die +Harmonika_; 4) fr die Klarinette. + +_8te Klasse:_ Violinquartetten und Quintetten. Unter den Quartetten sind +die 6, die er Joseph Haydn dedizirte, klassisch. Spter im Jahre 1789 +im Junius schrieb er 3 konzertante Quartetten fr den verstorbenen Knig +von Preuen; nebst diesen ist noch ein einzelnes Quartett aus #D# im +Jahr 1786 geschrieben, und _eine einzelne Fuge_. + +_Originalquintetten_ sind in dem Verzeichnisse nur 4 aufgezeichnet; aus +#C#, #G mol#, #D dur# und #Eb#. Er schrieb bey seinem Aufenthalte in +Mnchen 1782 einige Nachtmusiken # quadro# mit Begleitung 2er +Waldhrner, die man fglich als Violinkonzerte betrachten kann -- alle +diese Sachen sind voll Gedanken und Schnheiten. Ein konzertantes +Divertimento fr 3 Stimmen, die Violin, Bratsche und das Violoncello ist +vorzglich schn und voll hoher Kunst. Die 2 Duetten fr die Violin und +Bratsche sind bekannt und beliebt genug. + +_9te Klasse:_ Parthien fr blasende Instrumente zu Tafel- und +Nachtmusiken. Hier in Prag sind mehrere bekannt. Ihre Schnheiten sind +bezaubernd, und reien auch das gefhlloseste Herz hin. Es existirt auch +eine Nachtmusik aus 13 blasenden Instrumenten von seiner Arbeit. + +_10te Klasse: Tanzstcke._ Mozart schrieb mehrere Parthien, Menuetten +und teutsche Tnze fr den Kaiserl. Redouten Saal zu Wien. Wie sehr +diese Sachen von seiner Arbeit gesucht wurden, sieht man aus dem +Verzeichnisse, wo jeden Karneval eine Menge Menuetten, Teutsche, Walzer +und Kontratnze angemerkt sind. + +_11te Klasse: Kirchenmusik_, war das Lieblingsfach Mozarts. Aber er +konnte sich demselben _am wenigsten_ widmen. Die Messen, die von ihm +brig sind, wurden bey verschiedenen Gelegenheiten und Einladungen +verfertigt. Alle, die wir hier in Prag gehrt haben, tragen den Stempel +seines Genies. In dem Verzeichnisse ist keine einzige Messe angezeigt -- +ein Beweis, da alle, die wir haben, in frhere Zeiten seines Lebens zu +setzen sind. Nur ein Graduale auf den Text: #ave verum corpus# hat er im +Junius 1791 verfertiget. + +Mozart wrde in diesem Fache der Kunst seine ganze Strke erst gezeigt +haben, wenn er die Stelle bey St. Stephan wirklich angetreten htte; er +freute sich auch sehr darauf. Wie sehr sein Genie fr den hohen Stil des +ernsten Kirchengesanges gemacht war, beweiset seine letzte Arbeit, die +_Seelenmesse_, die gewi _alles_ bertrifft, was in diesem Fache bisher +ist geleistet worden, und nicht so bald bertroffen werden wird. + +Nebst diesen Gattungen seiner Werke hinterlie er 10 #Canoni# blos fr +Singstimmen; und zwar 8 vierstimmige, und 2 dreystimmige, sowohl +komische, als ernsthafte. Sie sind nicht nur Meisterstcke in der Kunst +sondern auch sehr unterhaltend. + +Zum Schlusse setzen wir noch eine Anekdote her, die mehr als eine +Lobrede sagt. Ein alter italienischer Impressarius einer +Operngesellschaft in Teutschland, der es an seiner Kasse zu fhlen +schien, da seit Mozart keine andern Opern, am wenigsten die von +welschen Authoren gefallen wollen, pflegte immer, so oft er in seiner +Opernregistratur auf eine Oper von Mozart kam, mit einem Seufzer +auszurufen: _Der ist mein Unglck!_ + + + +Anmerkungen zur Transkription: Dieses elektronische Buch wurde auf +Grundlage der 1808 erschienenen zweiten Auflage erstellt. Kleinere +Unregelmigkeiten in der Schreibweise wurden beibehalten. Die +nachfolgende Tabelle enthlt eine Auflistung aller gegenber dem +Originaltext vorgenommenen Korrekturen. + +Das Originalbuch ist in Frakturschrift gedruckt. Textauszeichnungen +wurden folgendermaen ersetzt: + +Sperrung: _gesperrter Text_ +Grodruck: =gro gedruckter Text= +Antiquaschrift: #Antiquatext# + +Die Fraktur-Ligatur fr etc. wurde durch etc. ersetzt. + + +Transcriber's Note: This ebook has been prepared from the second edition +published in 1808. Minor spelling inconsistencies have been maintained. +The table below lists all corrections applied to the original text. + +The original book is printed in Fraktur font. Marked-up text has been +replaced by: + +Spaced-out: _spaced out text_ +Bigger font: =bigger font= +Antiqua: #text in Antiqua font# + +The ligature for "etc." has been replaced by etc. + + +p. 004: und deu Thatsacheu -> und den Thatsachen +p. 006: Es ist noch uicht fertig -> nicht +p. 009: [added period] Tanzstcke u. d. gl -> u. d. gl. +p. 011: ihn nicht weier stren -> weiter +p. 013: [added comma] in einer Sache, wo das +p. 013: auserordentlich groen Talent -> auerordentlich +p. 015: zweyten Tochter der Knigs -> des +p. 016: den 10 April 1764 -> 10. April +p. 017: konnte man ihm kaum vom Spielen -> ihn +p. 020: mit den man ihn aufnahm -> dem +p. 021: zu schatzen verstehen -> schtzen +p. 024: den vollendesten Knstler hrten -> vollendetesten +p. 025: Der Pabst durch alle die Wunder -> Papst +p. 025: [deleted period] den Karneval von 1773. eingegangen +p. 031: Mnchen eine Oper seria zu schreiben -> Opera +p. 033: der schon damal der Stolz -> damals +p. 036: [deleted comma] Man sieht, es diesen Quartetten an +p. 041: obschon sie wohl hundermal gehrt waren -> hundertmal +p. 042: empfing ihm das ganze -> ihn +p. 043: Der groe Rnf seines Namens -> Ruf +p. 044: oft von da Einladuugen -> Einladungen +p. 045: vom dem Roste der Mode -> von +p. 048: eben so geheimnivoll als merkmrdig -> merkwrdig +p. 048: sich in dieser Gattuug -> Gattung +p. 053: der Unbekannte Verehrer -> unbekannte +p. 054: [added comma] und wahrlich, bis jetzt +p. 055: ein feyrrliches Seelenamt -> feyerliches +p. 057: das Haus voll, nnd die Einnahme gut -> und +p. 057: [deleted comma] nicht weniger, als 30,000Gulden +p. 057: [added comma] eine Summe, ber die +p. 060: ber ihn so streng urtheien -> urtheilen +p. 062: so drckt sich ein Berliner Wochenblatt, worinn -> aus, worin +p. 068: [added comma] zu dem einfachen Liede, von der +p. 070: die Meisterstcke der Rmer und Griechen -> Die +p. 072: [deleted comma] 20, bis 30 Jahre alt +p. 072: bey dem gewhnlichen Kompositionen -> den +p. 072: von so unbestimmten Charakter -> unbestimmtem +p. 072: [added comma] Anmuth und Lieblichkeit, diese wahren Zaubermittel +p. 082: [added comma] damit herum, dachte sich +p. 085: die am 30 September geschah -> 30. September +p. 092: Schriftsteller der gebildesten Nationen -> gebildetesten +p. 093: Unter guten Freuden -> Freunden +p. 096: nach eigenem Gestnduisse -> Gestndnisse +p. 096: Menschrnfreundlich und uneigenntzig -> Menschenfreundlich +p. 096: den Werh des Geldes -> Werth +p. 096: nnd zog sich dadurch -> und +p. 100: [deleted period] seit dem Jahre 1784. bis -> 1784 bis +p. 101: Eine Klavierkantatate -> Klavierkantate +p. 101: das Neue in ihrer Ausfhruug -> Ausfhrung +p. 102: verdienen hier allerdings einen Plaz -> Platz +p. 102: Wie ihr Schpfer kannt' und grif -> griff +p. 107: wo Popularitt uthig war -> nthig +p. 111: in leiblicher Eintracht gepaart -> lieblicher +p. 116: auch das geflloseste Herz -> gefhlloseste +p. 116: [added comma] mehrere Parthien, Menuetten und teutsche Tnze +p. 117: sieht mau aus dem -> man +p. 117: 11te Klase: Kirchenmusik -> Klasse +p. 118: sondern auch sehr unhaltend -> unterhaltend + + + + + +End of the Project Gutenberg EBook of Lebensbeschreibung des k. k. +Kapellmeisters Wolfgang Amadeus Mozart, by Franz Xaver Niemetschek + +*** END OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK LEBENSBESCHREIBUNG *** + +***** This file should be named 29474-8.txt or 29474-8.zip ***** +This and all associated files of various formats will be found in: + http://www.gutenberg.org/2/9/4/7/29474/ + +Produced by Norbert H. Langkau, Markus Brenner and the +Online Distributed Proofreading Team at http://www.pgdp.net + + +Updated editions will replace the previous one--the old editions +will be renamed. + +Creating the works from public domain print editions means that no +one owns a United States copyright in these works, so the Foundation +(and you!) can copy and distribute it in the United States without +permission and without paying copyright royalties. Special rules, +set forth in the General Terms of Use part of this license, apply to +copying and distributing Project Gutenberg-tm electronic works to +protect the PROJECT GUTENBERG-tm concept and trademark. Project +Gutenberg is a registered trademark, and may not be used if you +charge for the eBooks, unless you receive specific permission. If you +do not charge anything for copies of this eBook, complying with the +rules is very easy. You may use this eBook for nearly any purpose +such as creation of derivative works, reports, performances and +research. They may be modified and printed and given away--you may do +practically ANYTHING with public domain eBooks. Redistribution is +subject to the trademark license, especially commercial +redistribution. + + + +*** START: FULL LICENSE *** + +THE FULL PROJECT GUTENBERG LICENSE +PLEASE READ THIS BEFORE YOU DISTRIBUTE OR USE THIS WORK + +To protect the Project Gutenberg-tm mission of promoting the free +distribution of electronic works, by using or distributing this work +(or any other work associated in any way with the phrase "Project +Gutenberg"), you agree to comply with all the terms of the Full Project +Gutenberg-tm License (available with this file or online at +http://gutenberg.org/license). + + +Section 1. General Terms of Use and Redistributing Project Gutenberg-tm +electronic works + +1.A. 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There are a few +things that you can do with most Project Gutenberg-tm electronic works +even without complying with the full terms of this agreement. See +paragraph 1.C below. There are a lot of things you can do with Project +Gutenberg-tm electronic works if you follow the terms of this agreement +and help preserve free future access to Project Gutenberg-tm electronic +works. See paragraph 1.E below. + +1.C. The Project Gutenberg Literary Archive Foundation ("the Foundation" +or PGLAF), owns a compilation copyright in the collection of Project +Gutenberg-tm electronic works. Nearly all the individual works in the +collection are in the public domain in the United States. If an +individual work is in the public domain in the United States and you are +located in the United States, we do not claim a right to prevent you from +copying, distributing, performing, displaying or creating derivative +works based on the work as long as all references to Project Gutenberg +are removed. 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It exists +because of the efforts of hundreds of volunteers and donations from +people in all walks of life. + +Volunteers and financial support to provide volunteers with the +assistance they need, are critical to reaching Project Gutenberg-tm's +goals and ensuring that the Project Gutenberg-tm collection will +remain freely available for generations to come. In 2001, the Project +Gutenberg Literary Archive Foundation was created to provide a secure +and permanent future for Project Gutenberg-tm and future generations. +To learn more about the Project Gutenberg Literary Archive Foundation +and how your efforts and donations can help, see Sections 3 and 4 +and the Foundation web page at http://www.pglaf.org. + + +Section 3. Information about the Project Gutenberg Literary Archive +Foundation + +The Project Gutenberg Literary Archive Foundation is a non profit +501(c)(3) educational corporation organized under the laws of the +state of Mississippi and granted tax exempt status by the Internal +Revenue Service. The Foundation's EIN or federal tax identification +number is 64-6221541. Its 501(c)(3) letter is posted at +http://pglaf.org/fundraising. Contributions to the Project Gutenberg +Literary Archive Foundation are tax deductible to the full extent +permitted by U.S. federal laws and your state's laws. + +The Foundation's principal office is located at 4557 Melan Dr. S. +Fairbanks, AK, 99712., but its volunteers and employees are scattered +throughout numerous locations. Its business office is located at +809 North 1500 West, Salt Lake City, UT 84116, (801) 596-1887, email +business@pglaf.org. 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Thus, we do not necessarily +keep eBooks in compliance with any particular paper edition. + + +Most people start at our Web site which has the main PG search facility: + + http://www.gutenberg.org + +This Web site includes information about Project Gutenberg-tm, +including how to make donations to the Project Gutenberg Literary +Archive Foundation, how to help produce our new eBooks, and how to +subscribe to our email newsletter to hear about new eBooks. diff --git a/29474-8.zip b/29474-8.zip Binary files differnew file mode 100644 index 0000000..5706576 --- /dev/null +++ b/29474-8.zip diff --git a/29474-h.zip b/29474-h.zip Binary files differnew file mode 100644 index 0000000..4577659 --- /dev/null +++ b/29474-h.zip diff --git a/29474-h/29474-h.htm b/29474-h/29474-h.htm new file mode 100644 index 0000000..62ee013 --- /dev/null +++ b/29474-h/29474-h.htm @@ -0,0 +1,4328 @@ +<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Strict//EN" + "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-strict.dtd"> + +<html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml"> + <head> + <meta http-equiv="Content-Type" content="text/html;charset=iso-8859-1" /> + <title> + The Project Gutenberg Lebensbeschreibung W. A. Mozart, by Franz Xav. Němetschek + </title> + <style type="text/css"> + body { + margin-left: 10%; + margin-right: 10%; + } + p { + margin-top: .75em; + text-align: justify; + margin-bottom: .75em; + text-indent: 1em; + } + h1,h2,h3,h4,h5,h6 { + text-align: center; + clear: both; + margin-top: 0em; + margin-bottom: 0em; + font-weight: normal; + } + h1 { + margin-top: 1em; + font-size: x-large; + line-height: 150%; + letter-spacing: 0.2ex; + padding-left: 0.2ex; + } + h2 { + margin-top: 3em; + margin-bottom: 1.5em; + font-size: large; + line-height: 200%; + } + h2 span.caption { + font-size: x-large; + letter-spacing: 0.1ex; + padding-left: 0.1ex; + } + h3 { + font-size: large; + } + h4 { + margin-top: 1em; + margin-bottom: 0em; + text-align: left; + margin-left: 4em; + font-size: medium; + } + + em.gesperrt { + letter-spacing: 0.35ex; + padding-left: 0.35ex; + font-style: normal; + } + em.antiqua { + font-style: italic; + } + em.bigfont { + font-style: normal; + font-size: large; + } + + p.writtenby { + text-align: center; + margin-top: 1.5em; + margin-bottom: 1.5em; + text-indent: 0em; + letter-spacing: 0.25ex; + padding-left: 0.25ex; + } + p.author { + font-size: large; + text-align: center; + letter-spacing: 0.25ex; + padding-left: 0.25ex; + margin-bottom: 3em; + text-indent: 0em; + line-height: 200%; + } + p.auflage { + font-size: medium; + text-align: center; + letter-spacing: 0.25ex; + padding-left: 0.25ex; + margin-top: 4em; + text-indent: 0em; + } + + p.publisher { + font-size: medium; + line-height: 175%; + margin-top: 2em; + margin-bottom: 6em; + text-align: center; + text-indent: 0em; + } + p.newsection { + text-indent: 0em; + } + .dropcap { + font-size: x-large; + line-height: 100%; + } + p.letterhead { + text-indent: 2em; + } + p.sigline1 { + text-align: left; + padding-left: 3em; + margin-bottom: 0em; + } + p.signature { + text-align: right; + padding-right: 10%; + margin-top: 0em; + } + + div.note { + margin: 4em 10% 0 10%; + padding: 1em; + border: 1px dashed black; + color: inherit; + background-color: #F0F8FF; + font-size: smaller; + } + div.note p { + margin-top: 0em; + text-indent: 0em; + } + + ul { + list-style: none; + margin-left: 2em; + margin-bottom: 0em; + padding-left: 1.5em; + text-indent: -1.5em; + } + li { + margin-bottom: 0.5em; + } + + div.note ul { + list-style: none; + margin-left: 0em; + margin-bottom: 0em; + padding-left: 1.5em; + text-indent: -1.5em; + } + div.note li { + margin-bottom: 0em; + } + + sup { + vertical-align: baseline; + font-size: 90%; + position: relative; + top: -.4em; + } + + .pagenum { /* uncomment the next line for invisible page numbers */ + /* visibility: hidden; */ + position: absolute; + right: 1%; + font-size: x-small; + font-weight: normal; + font-style: normal; + text-align: right; + text-indent: 0em; + color: gray; + background-color: inherit; + letter-spacing: 0ex; + padding-left: 0ex; + } + + a:link { + text-decoration: none; + color: rgb(10%,30%,60%); + background-color: inherit; + } + a:visited { + text-decoration: none; + color: rgb(10%,30%,60%); + background-color: inherit; + } + a:hover { + text-decoration: underline; + } + a:active { + text-decoration: underline; + } + + .blockquote { + margin-left: 5%; + margin-right: 10%; + margin-top: 1.5em; + margin-bottom: 1.5em; + } + .smaller { + font-size: smaller; + } + + .footnotes { + margin-bottom: 1em; + margin-top: 3em; + } + .footnote { + margin-left: 10%; + margin-right: 10%; + font-size: smaller; + } + .footnote .label { + position: absolute; + right: 84%; + text-align: right; + } + .fnanchor { + vertical-align: baseline; + font-size: 80%; + position: relative; + top: -.4em; + } + div.footnote p { + text-indent: 0em; + } + + .poem {margin-left:10%; margin-right:10%; text-align: left;} + .poem br {display: none;} + .poem .stanza {margin: 1em 0em 1em 0em;} + .poem span.i0 {display: block; margin-left: 0em; padding-left: 3em; text-indent: -3em;} + </style> + </head> +<body> + + +<pre> + +The Project Gutenberg EBook of Lebensbeschreibung des k. k. Kapellmeisters +Wolfgang Amadeus Mozart, by Franz Xaver Niemetschek + +This eBook is for the use of anyone anywhere at no cost and with +almost no restrictions whatsoever. You may copy it, give it away or +re-use it under the terms of the Project Gutenberg License included +with this eBook or online at www.gutenberg.org + + +Title: Lebensbeschreibung des k. k. Kapellmeisters Wolfgang Amadeus Mozart + +Author: Franz Xaver Niemetschek + +Release Date: July 21, 2009 [EBook #29474] + +Language: German + +Character set encoding: ISO-8859-1 + +*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK LEBENSBESCHREIBUNG *** + + + + +Produced by Norbert H. Langkau, Markus Brenner and the +Online Distributed Proofreading Team at http://www.pgdp.net + + + + + + +</pre> + + + + +<h1>Lebensbeschreibung<br /> +<span style="font-size: small">des</span><br /> +<span style="font-size: medium">K. K. Kapellmeisters</span><br /> +<span style="font-size: x-large; letter-spacing: 0ex; padding-left: 0ex">Wolfgang Amadeus Mozart,</span><br /> +<span style="font-size: small">aus</span><br /> +<span style="font-size: large">Originalquellen,</span></h1> + + +<p class="writtenby">von</p> + +<p class="author">Franz Xav. Němetschek,<br /> +<span class="smaller">Professor an der Universität zu Prag.</span></p> + +<p class="auflage">Zweite vermehrte Auflage.</p> + +<p class="publisher"><em class="gesperrt">Prag</em> 1808,<br /> +<em class="gesperrt">in der Herrlischen Buchhandlung.</em></p> + +<!-- +<p>[Blank Page]</p> +--> + + + + +<p class="newsection"><span class="pagenum"><a name="Page_1" id="Page_1">[1]</a></span> +<span class="dropcap">D</span>ie Nachwelt hat über den Rang bereits entschieden, +der <em class="gesperrt">Mozarten</em> als Künstler gebührt. +Einzig, unübertroffen steht er, ein Raphael seiner +Kunst, unter den glorreichen Genien <em class="gesperrt">Händel</em>, +<em class="gesperrt">Cimarosa</em>, <em class="gesperrt">Gluck</em>, <em class="gesperrt">Hayden</em>, oben +an; sein Ruhm erfüllt die ganze gebildete +Welt.</p> + +<p>Aber <em class="gesperrt">Mozart</em> als Mensch ist nicht minder +interessant: die frühe Entwicklung und die schnelle +Reife seines wunderbaren Genies biethet dem +Forscher der menschlichen Natur lehrreichen Stoff +zum Nachdenken dar. In beider Hinsicht darf +sich diese biographische Skizze versprechen der +Aufmerksamkeit des Publikums nicht unwerth +zu seyn.</p> + + + +<h2><span class="pagenum"><a name="Page_2" id="Page_2">[2]</a></span><a name="I" id="I"></a>I.<br /> +<span class="caption">Die Jugend Mozarts.</span></h2> + + +<p class="newsection"><span class="dropcap">D</span>er Vater dieses außerordentlichen Genies, +Leopold Mozart, war der Sohn eines Buchbinders +zu Augsburg; er studirte zu Salzburg, und +kam im Jahre 1743 als Hofmusikus in die +fürstl. Kapelle. Sein Talent verbunden mit einem +rechtschaffenen Charakter verschaffte ihm +1762 die Stelle des zweiten Kapellmeisters. Er +war mit Anna Bertlinn verheurathet; beyde +waren von einer so vortheilhaften Körpergestalt, +daß man sie zu ihrer Zeit für das schönste Ehepaar +in Salzburg hielt.</p> + +<p>Leopold Mozart beschäftigte sich mit dem +Hofdienste, die übrigen Stunden wendete er auf +Komposition und Violinunterweisung. Welch +ein vorzüglicher Kenner dieses Instruments er gewesen +sey, beweiset die allgemein bekannte <em class="gesperrt">Violinschule</em>, +<span class="pagenum"><a name="Page_3" id="Page_3">[3]</a></span>die er 1766 herausgab, und die im +Jahre 1770, und zu unserer Zeit das drittemal +in Wien aufgelegt wurde.</p> + +<p>Er zeugte 7 Kinder; aber nur 2 blieben am +Leben; ein Mädchen und ein Knabe. Der +Sohn der im Jahr 1756 am 27sten Jänner gebohren +ward, hieß Wolfgang Gottlieb, oder +<em class="gesperrt">Amadeus</em>; die Schwester, die älter war, +Maria Anna.</p> + +<p>Da der Vater bald an den beyden Kindern +ein vorzügliches Talent zur Musik bemerkte, so +gab er alle Lektionen und auswärtige Geschäfte +außer seinem Dienste auf, und widmete sich ausschließlich +der musikalischen Erziehung dieses +Kinderpaares.</p> + +<p>Dieser vortrefflichen Leitung muß der ungewöhnlich +hohe Grad der Vollkommenheit, zu +dem Mozarts Genie sich so bald empor schwang, +zugeschrieben werden. Die Natur vermag freylich +viel – aber verwahrlost, oder zu einer andern +Richtung gezwungen, verliert sie vieles von +ihrer ursprünglichen Kraft. Auf die ersten +Ideenreihen und Eindrücke kommt es bekanntermaßen +bey der Erziehung der Kinder am meisten +an; denke man sich nun ein so großes natürliches +Talent, als Mozart besaß, in so günstigen +Umständen, so wird man bald von dem Erstaunen, +in welches uns das Unbegreifliche seiner +Aeußerungen und Begebenheiten versetzt, zurück +<span class="pagenum"><a name="Page_4" id="Page_4">[4]</a></span>kommen, und den Thatsachen, die ich zu erzählen +im Begriffe bin, gern Glauben beimessen. +Die ersten Eindrücke, die sein Ohr auffaßte, +waren Harmonien und Gesang; Musik waren +die ersten Worte und Ideen, die er begriff! So +mußte der himmlische Funke, den die Gottheit +in den Busen dieses den Tönen geweihten Knaben +gelegt hatte, sehr früh aufwachen und in +helle Flammen schlagen. Die gründlichen Kenntnisse +seines sorgsamen Vaters kamen überall dem +aufwachenden Genie entgegen; so wuchs er auf, +so reifte er schneller, als die bloße Natur zu reifen +vermag.</p> + +<p>Mozart war eben 3 Jahr alt, als seine 7 jährige +Schwester den ersten Unterricht auf dem +Klaviere bekam; und hier äußerte sich zuerst das +Genie des Knaben. Er setzte sich oft freywillig +zu dem Klavier und beschäftigte sich stundenlang +mit der Zusammenstimmung der <em class="gesperrt">Terzen</em>, die +er dann, wenn er sie fand, anschlug, und in +lebhafte Freude ausbrach. Nun fing also der +Vater an ihm leichte Stücke spielend beyzubringen; +und er fand zu seinem freudevollen Erstaunen, +daß der Schüler alle menschliche Erwartung +übertraf; er lernte gewöhnlich in einer +Stunde ein Menuet, oder ein Liedchen, und +trug es dann mit dem angemessenen Ausdrucke +vor.</p> + +<p><span class="pagenum"><a name="Page_5" id="Page_5">[5]</a></span>Jeder Leser wird es wahrscheinlich finden, +wenn ich sage, daß der kleine Mozart, das lebhafteste +Temperament, und ein sehr zärtliches +Gefühl hatte. Seinen kindischen Spielen ergab +er sich mit einer Innigkeit, die ihn auf alles übrige +vergessen ließ, und Liebe für alle Personen +die um ihn waren, oder sich mit ihm abgaben +war sein herrschender Hang; er fragte jeden, +der mit ihm umgieng, ob er ihn lieb habe, und +vergoß gleich Zähren, wenn man es scherzweise +verneinte.</p> + +<p>Ueberhaupt ergab sich Mozart schon als Kind +und Knabe allen Dingen und Personen, an denen +sein Geist Interesse fand, mit der ganzen +warmen und lebhaften Innigkeit, deren ein so +zartorganisirter Mensch fähig ist. Dieser Zug +blieb stets auch an dem Manne das unterscheidende +Merkmal – und war oft sein Unglück.</p> + +<p>Im 6ten Jahre kam er schon in der Musik +so weit, daß er selbst kleine Stücke auf dem Klavier +komponirte, die dann sein Vater in Noten +setzen mußte. Von diesem Zeitpunkte an empfand +er nichts so lebhaft, als Töne, und jede +andere Spielerey, die sonst Kinder freut, war +ihm gleichgiltig, sobald nicht Musik dabey war.</p> + +<p>Die täglichen Fortschritte die er darinn +machte, setzten oft den Vater, der doch beständig +um ihn war, und jeden Schritt beobachtete, +in das überraschendeste Erstaunen; denn es waren +<span class="pagenum"><a name="Page_6" id="Page_6">[6]</a></span>nicht Fortschritte eines gewöhnlichen geschickten +Lehrlings, sondern Riesenschritte eines Genies, +dessen Größe selbst sein Vater und Erzieher +nicht ahnden konnte, weil seine Entwickelung +und Aeußerung auch den größten Erwartungen +zuvor kam. Folgende Begebenheit, die +auch Schlichtegroll in seinem Nekrolog erzählt, +und die mir von mehreren Personen bestättiget +wurde, mag zum Beweise dienen.</p> + +<p>Als Wolfgang ungefähr im 6ten Jahre seines +Alters war, kam einst sein Vater, aus der +Kapelle mit einem Freunde nach Hause zurück; +sie trafen den kleinen Tonkünstler mit der Feder +in der Hand beschäftiget an. Der Vater fragte +ihn was er denn mache.</p> + +<p><em class="gesperrt">Wolfg.</em> Ein Conzert fürs Klavier.</p> + +<p><em class="gesperrt">Vat.</em> Laß sehen; das wird wohl was +Sauberes seyn.</p> + +<p><em class="gesperrt">Wolfg.</em> Es ist noch nicht fertig.</p> + +<p>Nun nahm es der Vater in die Hand, und +fand ein Geschmiere von Noten und ausgewischten +Tintenflecken; denn der kleine Komponist +wußte mit der Feder noch nicht recht umzugehen; +er tauchte sie zu tief in der Tinte ein und machte +dann freylich immer Flecke auf das Papier, +die er mit der Hand auswischte, und so weiter +darauf fortschrieb. Als aber der Vater etwas +aufmerksamer die Komposition betrachtete, blieb +sein Blick vom angenehmen Erstaunen und einer +<span class="pagenum"><a name="Page_7" id="Page_7">[7]</a></span>unbeschreiblichen Rührung darauf gefesselt, und +helle Thränen der Freude traten in seine Augen.</p> + +<p>Sehen Sie Freund! sprach er dann lächelnd, +wie alles richtig und nach den Regeln gesetzt ist; +nur kann man es nicht brauchen, weil es so +schwer ist, daß es sich nicht spielen läßt.</p> + +<p><em class="gesperrt">Wolfg</em>. Dafür ist es auch ein Konzert; +man muß so lange exerzieren, bis man es heraus +bringt. Sehen Sie, so muß es gehen.</p> + +<p>Hier fieng er es an zu spielen, konnte aber +auch selbst kaum so viel vorbringen, als man erkennen +konnte, was seine Gedanken gewesen +sind. Denn er hatte die Meynung, ein Conzert +spielen, und Mirakel wirken sey alles eins.</p> + +<p>Zu dieser Zeit hatte es der Knabe schon so +weit in der Musik gebracht, daß der Vater ohne +Bedenken auch das Ausland zum Zeugen der +außerordentlichen Talente seines Sohnes machen +konnte.</p> + +<p>Die erste Reise, die er mit ihm und seiner +Schwester unternahm, war nach München, im +Jahre 1762. Hier spielte Wolfgang vor dem +Churfürsten ein Conzert, und erndete sammt seiner +Schwester die größte Bewunderung ein.</p> + +<p>Die zweyte Reise geschah im Herbste des +nemlichen Jahres, also auch im 6ten Jahre seines +Alters nach Wien, wo die beyden kleinen +Virtuosen dem kaiserlichen Hof vorgestellet +wurden.</p> + +<p><span class="pagenum"><a name="Page_8" id="Page_8">[8]</a></span>Eine verehrungswürdige Dame, die damals +am Hofe war, versicherte mich, daß beyde Kinder +ein allgemeines Erstaunen erregt haben; man +konnte kaum seinen Augen und Ohren trauen, +wenn sie sich produzirten. Vorzüglich hat der +verewigte Schätzer der Künste, Kaiser Franz I. +an dem kleinen Hexenmeister, (wie er ihn scherzweise +nannte,) viel Wohlgefallen gefunden. +Er unterhielt sich vielmal mit ihm. Alle Anekdoten +die Herr Schlichtegroll bey dieser Gelegenheit +erzählet, sind mir als wahr bestättiget +worden.</p> + +<p>Der Kaiser hat unter andern mit ihm gescherzt, +es seye wohl keine so außerordentliche +Kunst zu spielen; wenn man auf die Klaviatur +schauen kann, aber bey verdeckter Klaviatur – +das wäre etwas? Mozart war damit nicht in +Verlegenheit gesetzt: er läßt sich die Klaviatur +bedecken und spielt eben so gut, wie vorher.</p> + +<p>Auch dieß sey noch nichts besonderes, versetzte +der Kaiser, wenn man mit allen Fingern +spielt; aber mit einem einzigen zu spielen, das +wär erst Kunst.</p> + +<p>Auch diese Zumuthung machte den Knaben +nichts weniger als verlegen – er versuchte es +mit Entschlossenheit auf der Stelle, und spielte +zur Verwunderung mehrere Stücke auf diese Art +mit Nettigkeit aus. Schon damals äußerte er +einen Charakterzug, der ihm stets eigen geblieben +<span class="pagenum"><a name="Page_9" id="Page_9">[9]</a></span>ist; nemlich die Verachtung alles <em class="gesperrt">Lobes</em> +der Großen, und eine gewisse Abneigung vor +Ihnen, wenn sie nicht Kenner zugleich waren, +zu spielen. Mußte er es dennoch, so spielte er +nichts als Tändeleyen, Tanzstücke u. d. gl. unbedeutende +Sachen. Aber, wenn Kenner zugegen +waren, so war er ganz Feuer und Aufmerksamkeit.</p> + +<p>Diese Eigenheit behielt er bis zu seinem Tode, +wie wir es bey seinem dreymaligen Aufenthalt +in Prag sehr oft erfahren haben.</p> + +<p>So geschah es auch damals bey dem Kaiser +Franz. Als er sich zum Klavier setzte um ein +Konzert zu spielen, und der Kaiser bey ihm +stand, sagte Mozart: »Ist Herr Wagenseil nicht +hier? der versteht es.« Wagenseil kam, und +der kleine Virtuose sagte: »Ich spiele ein Conzert +von Ihnen, Sie müssen mir umwenden.«</p> + +<p>Auch folgende Anekdote kann vielleicht zu +seiner Schilderung beitragen.</p> + +<p>Unter allen Erzherzoginnen nahm ihn Antoinette, +die nachmalige Königinn von Frankreich +am meisten ein, und er hatte eine besondere +Zärtlichkeit für sie. Als er einst in den Zimmern +der höchstseligen Kaiserinn Maria Theresia +war, und von den kleinen Prinzen und Prinzessinnen +herum geführt wurde, hatte er das Unglück, +des Gehens am geglätteten Fußboden ungewohnt, +zu fallen. Niemand war geschäftiger +<span class="pagenum"><a name="Page_10" id="Page_10">[10]</a></span>ihm beyzuspringen und aufzuhelfen, als die kleine +Erzherzoginn Antoinette; dieß rührte sein +kleines Herz so sehr, daß er gerade zu der Monarchin +eilte, und mit viel Begeisterung die Güte +des Herzens dieser Prinzessinn erhob. Wer +hätte einem solchen Kinde nicht gut werden +sollen?</p> + +<p>Die beyspiellose Fertigkeit, mit welcher er +das Klavier behandelte, und der hohe Grad der +Kenntniß der Kunst, die er in einem Alter erreichte, +wo Kinder sonst noch kaum einen Kunsttrieb +äußern, war bewundernswürdig genug; ja +es ließ sich wohl kaum etwas Größers erwarten. +Aber der wunderbare Geist der Töne, der in +ihn von dem Schöpfer gelegt ward, schritt alle +gewöhnliche Schranken über, und ging, da er +einmal erwacht war, allem Unterrichte voran. +Was man ihn lehren wollte, das war seinem +Geiste schon wie bekannt, und er schien sich nur +daran zu besinnen!</p> + +<p>Der Unterricht diente ihm also nur als Reizmittel, +und zur Berichtigung des Geschmackes.</p> + +<p><em class="gesperrt">Mozart</em> spielte bisher kein anderes Instrument +als das Klavier; aber er konnte auch schon +geigen, bevor es sein Vater wahrnahm, oder +ihm irgend eine Anweisung auf der Violine gegeben +hatte. Ich will den Vorfall, der dieses +offenbarte mit den Worten des Nekrologes erzählen. +– »Mozart hatte aus Wien eine kleine +<span class="pagenum"><a name="Page_11" id="Page_11">[11]</a></span>Geige mitgebracht, die er dort geschenkt bekommen +hatte. Kurz als die Familie wieder nach +Salzburg zurück gekehrt war, kam <em class="gesperrt">Wenzl</em> +ein geschickter Geiger und Anfänger in der +Komposition zu dem Vater Mozart, und bath +sich dessen Erinnerungen über 6 Trios aus, die +er während der Abwesenheit der Mozartischen +Familie gesetzt hatte.«</p> + +<p>»<em class="gesperrt">Schachtner</em>, ein noch lebender Hoftrompeter +in Salzburg, den der kleine Mozart besonders +liebte, war eben gegenwärtig. Der +Vater,« so erzählte dieser glaubwürdige Augenzeuge, +»spielte mit der Viola den Baß, +Wenzl die erste Violin, und ich sollte die zweyte +spielen. Der kleine Wolfgang bath, daß +er doch die zweyte Violin spielen dürfte. Aber +der Vater verwieß ihm seine kindische Bitte, +weil er noch keine ordentliche Anweisung auf +der Violin gehabt hätte und daher unmöglich +etwas Gutes herausbringen könnte. Der Kleine +erwiederte, daß, um die 2te Violin zu spielen +man es ja wohl nicht erst gelernet zu haben +brauche; aber der Vater hieß ihn halb in Unwillen +davon gehen und ihn nicht weiter stören. +Der Kleine fing an bitterlich zu weinen, +und lief mit seiner kleinen Geige davon. Ich +bath, man möchte ihn doch mit mir spielen +lassen; endlich willigte der Vater ein, und +sagte zu ihm: Nun so geige nur mit Herrn +<span class="pagenum"><a name="Page_12" id="Page_12">[12]</a></span>Schachtner, jedoch so stille, daß man dich nicht +höre, sonst mußt du gleich fort. Wir spielten +und der kleine Mozart geigte mit mir, doch bald +bemerkte ich, daß ich da ganz überflüssig sey. +Ich legte meine Geige weg und sah den Vater +an, dem bey dieser Scene Thränen der gerührten +Zärtlichkeit aus dem väterlichen Auge über +die Wangen rollten. So spielte Wolfgang alle +6 Trios durch. Nach deren Endigung wurde +er durch unsern Beyfall so kühn, daß er behauptete, +auch die erste Violin spielen zu können. +Wir machten zum Scherz einen Versuch, +und mußten herzlich lachen, als er auch diese, +wiewohl mit lauter unrechten und unregelmäßigen +Applikaturen, doch aber so spielte, daß er +nie völlig stecken blieb.«</p> + +<p>Mit welcher bewundernswürdigen Genauigkeit +sein Ohr auch den feinsten Unterschied der +Töne maß, wie unglaublich sicher sein Gedächtniß +Töne behielt, beweiset folgender Vorfall, +der sich fast um gleiche Zeit ereignete.</p> + +<p><em class="gesperrt">Schachtner</em>, der erwähnte Freund des +Mozartschen Hauses, und der Liebling des kleinen +Wolfgangs, besaß eine Violin, die dieser +ihres sanften Tones wegen vorzüglich liebte, und +die Buttergeige nannte. Er spielte eines Tages +darauf. In einigen Tagen kam Schachtner wieder, +und traf den Wolfgang auf seiner eigenen +kleinen Geige phantasirend an.</p> + +<p><span class="pagenum"><a name="Page_13" id="Page_13">[13]</a></span>»Was macht ihre Buttergeige?« sagte Wolfgang +und fuhr in seiner Phantasie fort. Nach +einer kleinen Pause, wo er sich auf etwas zu +besinnen schien, sagte er weiter:</p> + +<p>Wenn sie aber nur ihre Geige immer in +gleicher Stimmung ließen; sie war das letztemal, +als ich auf ihr spielte, um einen Viertelton +tiefer, als meine da. Man lächelte über diese +dreiste Behauptung in einer Sache, wo das geübteste +Künstlerohr kaum einen Unterschied zu bemerken +im Stande ist.</p> + +<p>Der Vater aber, der schon oft durch ähnliche +Aeußerungen des großen Tongefühls seines +Sohnes überrascht wurde, hält es der Mühe +werth die Angabe zu prüfen. Die Geige wird +gebracht, und zum allgemeinen Erstaunen traf +die Angabe mathematisch richtig ein.</p> + +<p>Bey allen diesen Fertigkeiten, bey diesem außerordentlich +großen Talent, besaß der kleine +Mozart einen Fleiß, der für seinen zarten Körperbau +vielleicht zu groß war. Man mußte ihn +Abends vom Klavier wegrufen, oft mit Ernst +wegjagen, sonst hätte ihn die aufgehende Sonne +vielleicht noch bey demselben angetroffen.</p> + +<p>Diese Vergessenheit seiner selbst, wenn er sich +mit Musik beschäftigte, blieb ihm bis an sein +Ende eigen; er saß täglich am Fortepiano bis +in die späte Nacht. Ein sicheres Kennzeichen +des Genies, welches seinen Gegenstand immer +<span class="pagenum"><a name="Page_14" id="Page_14">[14]</a></span>mit der ganzen Kraft der Seele umfaßte, und +seiner selbst vergaß.</p> + +<p>Man darf jedoch nicht glauben, daß er nicht +auch zu andern Sachen fähig war; alles was er +lernte, begriff er leicht, und ergab sich dem Gegenstande +mit einem Eifer und Feuer, dessen +Grund in seiner empfindsamen Organisation +lag. So bemahlte er Stühle, Tische und den +Fußboden mit Ziffern, als er rechnen lernte, +und dachte und redete von nichts andern, als +von arithmetischen Aufgaben; er ward nach der +Zeit einer der geübtesten Rechenmeister.</p> + +<p>Dabey war er so gehorsam und nachgiebig +gegen seine Eltern, daß man nie sinnlicher +Strafen bedurfte, und daß er selbst keine Eßwaare +ohne Erlaubniß des Vaters annahm +oder verzehrte.</p> + +<p>Sobald sein großes Talent etwas bekannt +wurde, so mußte er oft ganze Tage sich vor +Fremden hören lassen: und doch zeigte er nie +Unwillen, wenn ihn der Befehl seines Vaters +wieder an das Klavier gehen hieß. Gegen seine +Gespielen war er immer voll Freundlichkeit und +Wohlwollen, und hieng an ihnen mit der ganzen +großen Zärtlichkeit seines Herzen; selbst in +kindischen Unterhaltungen zeigte sich sein Geist +der Musik, von der immer etwas mit dabey +seyn mußte.</p> + +<p><span class="pagenum"><a name="Page_15" id="Page_15">[15]</a></span>Im siebenten Jahre seines Alters, das ist, +im Jahr 1763 machte Mozart mit seinen beyden +Kindern die erste größere musikalische Reise +in Deutschland. Durch diese wurde der Ruhm +des jungen Meisters allgemein verbreitet. Er +zeigte seine Talente und Fertigkeiten vorzüglich in +<em class="gesperrt">München</em>, wo er auch ein Violin-Konzert +vor dem Churfürsten spielte und dazu aus dem +Kopfe präambulirte; dann in <em class="gesperrt">Augsburg</em>, +<em class="gesperrt">Manheim</em>, <em class="gesperrt">Mainz</em>, <em class="gesperrt">Frankfurt</em>, <em class="gesperrt">Koblenz</em>, +<em class="gesperrt">Kölln</em>, <em class="gesperrt">Achen</em> und <em class="gesperrt">Brüssel</em>.</p> + +<p>Von da giengen sie im November nach Frankreich, +wo sich die Familie 21 Wochen aufhielt. +Zu Versailles ließ sich der kleine 8 jährige Mozart +in der königl. Kapelle vor dem Könige und +dem ganzen Hofe auf der Orgel hören. Man +schätzte zu dieser Zeit sein Orgelspiel noch höher +als das Klavierspiel.</p> + +<p>In Paris gaben sie zwei Akademien fürs +Publikum, wovon die Folge war, daß alsogleich +der Vater sammt den beyden Kindern in +Kupfer gestochen erschienen, und daß man allgemein +in Bewunderung und Lobeserhebung derselben +wetteiferte. Hier gab auch Wolfgang Mozart +seine ersten Kompositionen in Stich heraus. +Das erste Werk dedicirte er der Madame Viktoire, +der zweyten Tochter des Königs, das andere +der Gräfinn Tesse. Es sind Sonaten für +das Klavier.</p> + +<p><span class="pagenum"><a name="Page_16" id="Page_16">[16]</a></span>Von Paris ging die Familie den 10. April +1764 nach England. Noch in demselben Monate +ließen sich die Kinder vor der königlichen +Familie hören; so auch im folgenden, wobei zugleich +Mozart auf der Orgel des Königs spielen +mußte. Darauf gaben sie ein großes Konzert +für das Publikum zu ihrem Besten; ein anderes +zum Nutzen des Hospitals der Wöchnerinnen: +in beyden waren alle Sinfonien von der Komposition +des Sohnes. Dann spielten sie noch +einmal vor dem König und dem vornehmsten +Adel.</p> + +<p>Der ungewöhnliche Beyfall und die Bewunderung, +zu welcher solche Wundertalente das +Publikum überall hingerissen haben, waren für +den jungen Mozart Antrieb und Reiz sich immer +vollkommener zu machen. Er sang auch mit der +größten Empfindung Arien – und es war gewiß +ein rührendes Schauspiel dieses kleine Virtuosenpaar +auf 2 Klavieren konzertieren, oder +im Gesange wetteifern zu hören! der Sohn war +schon so weit in der Kunst gekommen, daß er +die schwersten Stücke von den größten Meistern +vom Blatte wegspielen konnte; in Paris und +London legte man ihm Sachen vom <em class="gesperrt">Händel</em> +und <em class="gesperrt">Bach</em> vor, die er mit Akkuratesse und dem +angemessenen Vortrage zur Verwunderung jedes +Kenners vom Blatt wegspielte.</p> + +<p><span class="pagenum"><a name="Page_17" id="Page_17">[17]</a></span>Als er bei dem Könige von England spielte, +legte man ihm unter andern einen <em class="gesperrt">bloßen +Baß</em> vor, wozu er auf der Stelle eine vortreffliche +Melodie erfand und zugleich vortrug.</p> + +<p>Während dieses Aufenthalts in England +schrieb er 6 Klavier-Sonaten, die er in London +stechen ließ und der Königin dedizirte.</p> + +<p>Den Sommer des Jahrs 1765 brachte +die Familie in <em class="gesperrt">Flandern</em>, <em class="gesperrt">Brabant</em> und +<em class="gesperrt">Holland</em> zu. Während einer gefährlichen +Krankheit, (<em class="gesperrt">Blattern waren es</em>), welche +die beyden Kinder einige Monathe lang auf das +Krankenbette fesselte, fing Wolfgang andere 6 Klavier-Sonaten +an; und als er sie nach der +Krankheit vollendet hatte, ließ er sie stechen, +und dedizirte sie der Prinzessin von Nassau-Weilburg. +In dieser Krankheit zeigte sich die immer +rege Thätigkeit seines harmonischen Geistes sehr +auffallend: denn da er das Bette nicht verlassen +durfte, so mußte man ihm ein Brett über das Lager +richten, auf welchem er schreiben konnte; +und selbst als seine kleinen Finger noch voll Pocken +waren, konnte man ihn kaum vom Spielen und +Schreiben abhalten. Diese Anekdote ist aus dem +Munde eines sehr glaubwürdigen Zeugen.</p> + +<p>Zu dem Installationsfeste des Prinzen von +Oranien, im Anfange des Jahrs 1766, setzte +der junge Mozart einige Sinfonien, Variationen +und Arien.</p> + +<p><span class="pagenum"><a name="Page_18" id="Page_18">[18]</a></span>Nachdem er einigemal bey dem Erbstatthalter +gespielt hatte, gieng die Familie wieder nach +Frankreich, blieb einige Zeit in <em class="gesperrt">Paris</em>, und +reiste über <em class="gesperrt">Lyon</em> und die <em class="gesperrt">Schweiz</em> nach +<em class="gesperrt">Schwaben</em>, wo sie einige Zeit in Donaueschingen +bey dem Fürsten von Fürstenberg verweilten, +und dann zu Ende des Jahrs 1766 +nach einer Abwesenheit von 3 Jahren wieder in +Salzburg eintrafen.</p> + +<p>Hier blieb nun die Mozartische Familie mehr +als ein Jahr in Ruhe. Diesen Zeitraum der +Musse wendete der junge Künstler auf das höhere +Studium der Komposition, deren größte Tiefen +er nun bald ergründet hatte. <em class="gesperrt">Emmanuel +Bach</em>, <em class="gesperrt">Hasse</em> und <em class="gesperrt">Händel</em> waren seine +Männer – ihre Werke sein unablässiges Studium! +Er vernachlässigte auch nicht die alten italienischen +Meister, deren Vorzüge in Rücksicht der +Melodie und der Gründlichkeit des Satzes so auffallend +gegen die heutigen Italiener abstechen. +So schritt er immer näher zu der Stufe der Vollkommenheit, +auf der ihn bald darauf die Welt +als eine seltene Erscheinung erblickte.</p> + +<p>Im folgenden Jahre 1768 gieng Mozart +nach Wien und spielte vor dem Kaiser <em class="gesperrt">Joseph</em>, +der dem 12 jährigen Knaben den Auftrag gab, +eine <em class="antiqua">Opera buffa</em> zu schreiben. Sie hieß <em class="antiqua">La +finta semplice</em>, und erhielt den Beyfall des +<span class="pagenum"><a name="Page_19" id="Page_19">[19]</a></span>Kapellmeisters Hasse und Metastasios, wurde +aber nicht aufgeführt.</p> + +<p>Bey diesem Aufenthalte zu Wien war er oft +bey dem Dichter Metastasio, der ihn sehr liebte, +bey dem Kapellmeister Hasse und dem Fürsten +Kaunitz; hier gab man ihm oft die erste beste +italienische Arie, zu welcher Wolfgang auf der +Stelle in Gegenwart aller Anwesenden die +Musik mit allen Instrumenten setzte. Dieses +Faktum bestättigen mehrere noch lebende verehrungswürdige +Zeugen, aus deren Mund ich die +Anekdote gehört habe.</p> + +<p>Zu der Einweihung der Kirche des Waisenhauses, +welche zu dieser Zeit gefeyert wurde, +komponirte der zwölfjährige Meister Mozart die +Kirchenmusik, und dirigirte ihre Aufführung in +Gegenwart des ganzen kaiserlichen Hofes.</p> + +<p>Das Jahr 1769 brachte er mit seinem +Vater in Salzburg zu, theils in vollkommener +Erlernung der italienischen Sprache, theils in +der Fortsetzung des höhern Studium seiner Kunst. +In demselben Jahre wurde er zum Konzertmeister +bey dem Salzburgischen Hofe ernannt.</p> + +<p>Mozart hatte nun die ansehnlichsten Länder +Europens gesehen; der Ruhm seines großen, +früh gereiften Künstlertalents blühte bereits von +den Ufern der Donau bis zur Seine und der +Themse hin; aber er war noch nicht in dem +Vaterlande der Musik gewesen. Italiens Beyfall +<span class="pagenum"><a name="Page_20" id="Page_20">[20]</a></span>und Bewunderung mußte erst der Urkunde +seines Ruhmes das Siegel aufdrücken. Auch +war es seinem nach Vollkommenheit strebenden +Geiste daran gelegen, die Blüthe der Tonkunst +– den Gesang in seinem natürlichen Boden +zu beobachten, und die vielen großen Männer, +die damals noch Italiens Ruhm in der Musik +stützten, zu kennen – und von ihnen zu lernen.</p> + +<p>Im Dezember des nämlichen Jahres verließ +also Mozart blos in Begleitung seines Vaters, +Salzburg. Sein erster Aufenthalt war +Inspruck, wo er in einer Akademie bey dem +Grafen Künigl ein Konzert <em class="antiqua">primi vista</em> mit +vieler Leichtigkeit spielte. Von da giengen sie +nach Mailand.</p> + +<p>Hatte in Frankreich und England sein großes +Genie und die seltenen Kunst-Fertigkeiten +Bewunderung erregt, so war es in Italien +feuriger Enthusiasmus, mit dem man ihn aufnahm +und erhob! Selbst der mächtige Nationalstolz, +und das Vorurtheil des Ultramontanismus +wich besiegt von den glänzenden Talenten des 12 jährigen +Knaben; er schien eine Erscheinung vom +Himmel, ein höherer Genius der Tonkunst zu +seyn!</p> + +<p>So groß war die Ueberlegenheit seines Genies, +daß ihm zu Mailand nach einigen öffentlichen +Proben seiner Kunst, gleich die <em class="antiqua">Scrittura</em> +zu der <em class="antiqua">Opera seria</em> für den künftigen Karneval +<span class="pagenum"><a name="Page_21" id="Page_21">[21]</a></span>1771 gegeben ward. Von da reisete er schon +im März 1770 nach Bologna – eine Stadt +die nebst Neapel den größten Ruhm der Musik +hatte.</p> + +<p>Hier fand der junge Künstler einen enthusiastischen +Bewunderer an dem berühmten Kapellmeister +Pater <em class="gesperrt">Martini</em>,<a name="FNanchor_1_1" id="FNanchor_1_1"></a><a href="#Footnote_1_1" class="fnanchor">[1]</a> dem größten +Kontrapunktisten und einem berühmten Schriftsteller +in der Musik. Künstler von wahrem Verdienst +ehren einander überall! Auch haben es die +Italiener nicht nur an Mozart, sondern auch +an unserm Landsmann Misliweczek bewiesen, +daß sie große Talente, wenn sie auch außer Italien +entsprossen sind, zu schätzen verstehen. Wie +groß war die Achtung, in der dieser berühmte +Böhme in Neapel und Rom stand?</p> + +<p>Abbate <em class="gesperrt">Martini</em> war nebst den andern +Kapellmeistern außer sich vor Bewunderung, als +der junge Mozart über jedes Fugenthema, das +ihm Martini hinschrieb, die gehörige Eintheilung +und Disposition nach der ganzen Strenge +der Kunst angab, und die Fuge augenblicklich +auf dem Klavier ausführte.</p> + +<p><span class="pagenum"><a name="Page_22" id="Page_22">[22]</a></span>Zu Florenz fand man bey seiner Gegenwart +alles, was der Ruf von seinen Talenten +sagte, zu gering, als Mozart bey dem <em class="antiqua">Marchese +Ligneville</em> ebenfalls einem großen Kontrapunktisten, +jedes angegebene Thema auf der Stelle +vortrefflich ausführte – jede vorgelegte Fuge, +mit einer Leichtigkeit vom Blatte wegspielte, als +hätte er sie selbst komponirt. Und wie wahr es +ist, daß treffliche Geister einander verstehen und +ihre Verwandschaft bald anerkennen, zeuget die +Bekanntschaft, die Mozart hier in Florenz mit +einem jungen Engländer <em class="gesperrt">Thomas Linley</em>, +einem Knaben von 14 Jahren gemacht hatte. +Er war der Schüler des berühmten Violonisten +Nardini, schon selbst Virtuose und Meister +seines Instrumentes. Sie wurden bald innige +vertraute Freunde; ihre Freundschaft aber war +nicht Knaben Anhänglichkeit, sondern die Zärtlichkeit +zweyer tieffühlenden, übereinstimmenden +Seelen! sie achteten sich als Künstler, und +führten sich auf wie Männer! Wie bitter war +ihnen der Tag ihrer Trennung? Linley brachte +Mozarten am Tage der Abreise noch ein Gedicht, +das er von der Dichterin <em class="gesperrt">Corilla</em> auf +ihn hatte verfertigen lassen, schied unter vielen +Umarmungen und Thränen von ihm, und begleitete +seinen Wagen unter beständigen Aeußerungen +der zärtlichsten Betrübniß bis vor die +Stadt.</p> + +<p><span class="pagenum"><a name="Page_23" id="Page_23">[23]</a></span>Von Florenz reisete Vater und Sohn nach +Rom; sie kamen eben in der Charwoche an. +Hier hatte nun Mozart Gelegenheit genug die +vielen Meisterstücke der erhabensten Kirchenmusik +zu hören, die in dieser heiligen Zeit bey der ernsten +Feyer der Welterlösung aufgeführt werden. +Den ersten Rang darunter verdiente das berühmte +<em class="gesperrt">Miserere</em>, welches Mittwochs und Freytags +diese Woche in der sixtinischen Kapelle blos von +Vokalstimmen gesungen wird, und das in dem +<em class="gesperrt">erhabenen, feyerlichen</em> Kirchengesange +das <em class="antiqua">non plus ultra</em> der Kunst seyn soll; so zwar +daß es den päpstlichen Musikern unter der Strafe +der Exkommunikation verbothen ward, eine +Kopie davon zu machen.</p> + +<p>Dieß gab dem jungen Mozart den Gedanken +ein, bei der Anhörung desselben recht aufmerksam +zu seyn, und es dann zu Hause aus dem Gedächtnisse +aufzuschreiben. Es gelang ihm über +alle Erwartung; er nahm den Aufsatz am Charfreytage +zur Wiederholung desselben mit, um im +Stande zu seyn Verbesserungen zu machen, und +das Mangelhafte zu ergänzen.</p> + +<p>Bald verbreitete sich der Ruf davon in Rom, +und erregte allgemeines Aufsehen und Erstaunen; +besonders, da es Mozart in einer Akademie aufführte, +wobey der Kastrat Christophori zugegen +war, welcher es in der Kapelle gesungen hatte, +<span class="pagenum"><a name="Page_24" id="Page_24">[24]</a></span>und durch sein Erstaunen Mozarts Triumph vollkommen +machte.</p> + +<p>Wer es einsieht, welchen Aufwand von Kunst +eine so vielstimmige, kritische Choralmusik erfodert, +der wird mit Recht durch diese Begebenheit +in Erstaunen gesetzt. Welch ein Ohr, Gedächtniß, +Tongefühl – welche Kenntniß des Satzes +war das, die vermögend war, ein solches Werk +sogleich zu fassen und so vollkommen zu behalten? +Dieß zu können, mußte ein höheres Maß von +Kräften vorhanden seyn, als man gewöhnlich +anzutreffen pflegt.</p> + +<p>In Neapel, wohin er sich aus Rom begab, +fand Mozart nicht weniger Bewunderer, +als in den andern Städten Italiens; denn jeder +unbefangene Zuhörer mußte seinem Genie huldigen. +Mozart riß später als Mann mit der Allgewalt +seiner Kunst jedes gefühlvolle Herz hin: +was mußte den Zuhörern in Italien geschehen, +die einen Knaben sahen und den vollendetesten +Künstler hörten? – Sie hielten ihn für einen +Zauberer: der war nun Mozart freylich: aber +die magische Kraft lag nicht in seinem Ringe, +wie man in Neapel wähnte; denn als er ihn auf +Verlangen der Zuhörer weglegte, war sein Spiel +nicht weniger bezaubernd, als zu vor. Man +denke sich nun das Erstaunen und die Bewunderung +der lebhaften Italiener? Von Neapel kehrte +<span class="pagenum"><a name="Page_25" id="Page_25">[25]</a></span>Mozart, mit einem Rufe, der nur <em class="gesperrt">selten</em> +einem Künstler vorangeht, nach Rom zurück. +Der Papst durch alle die Wunder der +Kunst aufmerksam gemacht, wollte den jungen +Kapellmeister sehen. Er ward ihm vorgestellt, +und erhielt das Kreuz und Breve als Ritter <em class="antiqua">militiae +auratae</em>.</p> + +<p>Auf seiner Rückreise von Rom nach Mayland, +hielt er sich wieder eine kurze Zeit zu Bologna +auf, wo er mit einstimmiger Wahl als +Mitglied und Maestro der philharmonischen Akademie +aufgenommen wurde. Zur Prüfung bekam +er eine vierstimmige Fuge im Kirchenstil auszuarbeiten; +man schloß ihn deshalb in ein Zimmer +ganz allein ein. Er war damit in einer halben +Stunde fertig und erhielt das Diplom.</p> + +<p>In allen diesen Städten wurden ihm +Opern-Akkorde für den nächsten Fasching angetragen; +da er aber bereits für Mailand versprochen +war, so mußte er sie alle ausschlagen. Daher +eilte er dahin zu kommen. Seine Oper unter +dem Titel: <em class="antiqua">Mitridate</em> kam noch zu Ende des +Jahres 1770, den 26. Dezember auf die Scene; +sie erhielt allgemeinen Beyfall und ward zwanzigmal +nacheinander aufgeführt. Eben darum +wurde mit ihm alsogleich schriftlichen Akkord auf +die <em class="antiqua">Opera seria</em> für den Karneval von 1773 +eingegangen. Sie hieß, <em class="antiqua">Lucio Sulla</em> und erhielt +<span class="pagenum"><a name="Page_26" id="Page_26">[26]</a></span>einen noch größern Beyfall als <em class="antiqua">Mitridate</em>, +denn sie wurde 26mal ohne Unterbrechen aufgeführt.</p> + +<p>Auf seiner Rückreise aus Italien im J. 1771, +besuchte er noch Venedig und Verona; hier +überreichte man ihm auch das Diplom als Mitglied +der philharmonischen Gesellschaft.<a name="FNanchor_2_2" id="FNanchor_2_2"></a><a href="#Footnote_2_2" class="fnanchor">[2]</a> So +kam er nach einem Aufenthalte von mehr als 15 Monaten +in Italien, nach Salzburg zurück. +Die Ausbeute dieser langen Reise war ein +Schatz neuer Kenntnisse und Ideen, ein geläuterter +Geschmack und die Bewunderung einer +Nation, die von der Natur selbst zur Richterin +in der Tonkunst berufen zu seyn schien.</p> + +<p>Bey seiner Ankunft in Salzburg fand Mozart +einen Brief von dem Grafen <em class="gesperrt">Firmian</em> +aus Mayland, worinn ihm dieser im Namen +der Kaiserin <em class="gesperrt">Maria Theresia</em> den Auftrag +machte, die große theatralische Serenate zur +Vermählung des Erzherzogs <em class="gesperrt">Ferdinand</em> zu +<span class="pagenum"><a name="Page_27" id="Page_27">[27]</a></span>schreiben.<a name="FNanchor_3_3" id="FNanchor_3_3"></a><a href="#Footnote_3_3" class="fnanchor">[3]</a> Zu diesem Feste schrieb <em class="gesperrt">Hasse</em>, +der älteste unter den Kapellmeistern die Opera, +und Mozart, der jüngste unter ihnen, die Serenate; +die Kaiserin schien das so mit Absicht +angeordnet zu haben! Diese Serenate hieß: +<em class="antiqua">Ascanio in Alba</em>; während der Feyerlichkeit +ward immer mit der Oper und der Serenate +abgewechselt. Bey der Wahl des neuen Erzbischofs +von Salzburg, 1772, schrieb Mozart +auch eine theatralische Serenate, betitelt: <em class="antiqua">Lo +sogno di Scipione.</em></p> + +<p>Einige Reisen die Mozart im Jahre 1773 +und 1774 nach Wien und München machte, +gaben die Gelegenheit zu mehreren Meisterwerken +der Tonkunst; hieher gehört die komische +Oper: <em class="antiqua">La finta Giardiniera</em>, und mehrere +Messen für die Münchner Hofkapelle.</p> + +<p>Im Jahre 1775 schrieb Mozart in Salzburg +die Serenate <em class="antiqua">il re pastore</em>, welche außerordentlich +gefiel, und unter diejenigen ältern +Werke Mozarts gehört, die auch jetzt noch ihren +<span class="pagenum"><a name="Page_28" id="Page_28">[28]</a></span>großen Werth haben; denn er hatte darinn +schon den hohen Geist ahnden lassen, der +in seinen spätern Kunstwerken herrscht. Dahin +gehört das Oratorium der büssende David, +welches unter die besten Werke dieser Art gehört, +und auch jetzt noch von Kennern bewundert +wird.</p> + + +<div class="footnotes"><h3>Fußnoten:</h3> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_1_1" id="Footnote_1_1"></a><a href="#FNanchor_1_1"><span class="label">[1]</span></a> Anmerkung: Ohne meine Erinnerung werden +die Leser einsehen, daß dieser Martini mit dem +Opernkomponisten Martini, dem Verfasser der +<em class="antiqua">Cosa rara</em>, nicht zu verwechseln sey.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_2_2" id="Footnote_2_2"></a><a href="#FNanchor_2_2"><span class="label">[2]</span></a> Anmerkung. Alle diese Diplome, so wie das +Kreuz des päpstl. Ordens, bewahret die Wittwe +zum Andenken.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_3_3" id="Footnote_3_3"></a><a href="#FNanchor_3_3"><span class="label">[3]</span></a> Serenaten waren eine Gattung Kantaten, denen +zum Grunde ein dramatisches Sujet gelegt +war; sie hatten also Aehnlichkeiten mit den +Oratorien.</p></div> +</div> + + + + +<h2><span class="pagenum"><a name="Page_29" id="Page_29">[29]</a></span><a name="II" id="II"></a>II.<br /> +<span class="caption">Mozart als Mann.</span></h2> + + +<p class="newsection"><span class="dropcap">D</span>iesen Zeitpunkt, das heißt, sein 20stes Lebensjahr +können wir für die Epoche seiner +Vollendung als Meister annehmen; denn von +nun an zeigte er sich immer als ein solcher im +glänzendesten Lichte, und mit einer entscheidenden +Ueberlegenheit des Geschmackes und Genies; +alle seine Werke, die er seit dem geliefert hat, +sind klassisch und erwarben ihm die Krone der +Unsterblichkeit. Wir fahren in der Erzählung +seiner Lebensbegebenheiten fort, und werden die +vorzüglichsten seiner Werke, aus dieser Lebensperiode, +in einem besondern Abschnitte rezensiren.</p> + +<p>Mozarts Ruhm war nun gegründet. Jede +große Stadt, die er zu dem Schauplatze seiner +<span class="pagenum"><a name="Page_30" id="Page_30">[30]</a></span>Talente gemacht hätte, würde ihn mit Freude +aufgenommen, und seine Werke mit Entzücken +angehört haben. Zu einer solchen Erwartung +berechtigte ihn im hohen Maße die große Wirkung, +die sein zweifaches gleich großes Talent, +des Klavierspielers und Kompositors jedesmal +und überall auf das Publikum gemacht hatte.</p> + +<p>Unter diesen Städten war wohl <em class="gesperrt">Paris</em> +der angemessenste Platz für das Genie Mozarts; +um so mehr, da seine Kunst dort ein schon +begeistertes Publikum gefunden hätte. Aber er +hatte keinen Geschmack an der französischen Musik; +über dieß war sein gerader Charakter zu Intriguen +und Kabalen nicht gemacht, die auf diesem +großen Tummelplatze menschlicher Leidenschaften +auch die Künste mit ihren Schlangenwindungen +umstrickten. Er kam also von der +letzten Reise, die er im Jahre 1777 mit seiner +Mutter nach Paris zu dem Endzwecke gemacht +hatte, bald wieder, aber allein zurück; denn sie +starb dort.<a name="FNanchor_4_4" id="FNanchor_4_4"></a><a href="#Footnote_4_4" class="fnanchor">[4]</a> Auch dieß mag seinem gefühlvollen +Herzen den Aufenthalt in Paris verleidet +<span class="pagenum"><a name="Page_31" id="Page_31">[31]</a></span>haben. Zu Ende des Jahres 1778 war er schon +wieder in Salzburg.</p> + +<p>Der Bayerische Hof, der schon so oft +Zeuge seines Künstlertalentes war, und insbesondere +der damalige Churfürst, der große Schätzer +aller schönen Künste, liebte Mozarts Musik +im hohen Grade. Er bekam daher den Auftrag +für den Fasching vom 1781 in München eine +<em class="antiqua">Opera seria</em> zu schreiben.</p> + +<p>Da schuf Mozart das erhabene Werk, die Oper +<em class="antiqua">Idomeneo</em>; worinn eine Gedankenfülle, eine Wärme +der Empfindung herrscht, die sich nur von der +Jugendkraft eines genialischen Tonkünstlers wie +Mozart erwarten ließ. Diesen Aufenthalt in +München rechnete Mozart unter die angenehmsten +Tage seines Lebens und vergaß nie auf die +gefällige Freundschaft, die er da von so vielen +Männern vom Verdienst genoß.</p> + +<p>Aus München ward er durch einen Auftrag seines +Erzbischofs nach Wien berufen: und von dieser +Zeit an, das heißt von seinem 25sten Jahre, +lebte er in dieser Kaiserstadt, die eben so sehr +durch den entschiedenen Hang des Publikums +zur Musik, als auch durch die Menge vortrefflicher +Tonkünstler, für Mozarts Geist wichtig seyn mußte.</p> + +<p>Von hier aus verbreiteten sich seine erstaunenswürdigen +Kompositionen zunächst nach Böhmen, +dann in das übrige Deutschland, und +gaben dem Geschmacke in der Musik einen großen +<span class="pagenum"><a name="Page_32" id="Page_32">[32]</a></span>Schwung, eine neue Richtung, die aber +seine zeitherigen Nachahmer verzerren und verderben.</p> + +<p>Sein Spiel auf dem Pianoforte fand zuerst +Bewunderer und Liebhaber; denn obschon +Wien mehrere große Meister dieses Instrumentes, +des Lieblinges des Publikums zählte, so +kam doch keiner unserm Mozart gleich. Eine bewundernswürdige +Geschwindigkeit, die man besonders +in Rücksicht der linken Hand oder des +Basses einzig nennen konnte, Feinheit und Delikatesse, +der schönste, redendeste Ausdruck und +ein Gefühl, das unwiderstehlich zum Herzen +drang, sind die Vorzüge seines Spieles gewesen, +die gepaart mit seiner Gedankenfülle, mit der +tiefen Kenntniß der Komposition natürlich jeden +Hörer hinreißen, und Mozarten zu dem größten +Klavierspieler seiner Zeit erheben mußten.</p> + +<p>Seine Klavierkompositionen aller Art, Sonaten, +Variationen, Konzerte, wurden bald +allgemein bekannt und beliebt. Man ward +bey jedem neu erschienenen Werke überrascht durch +die Neuheit des Stiles, und der Gedanken – +man staunte über die Höhe, zu der sich die +Musik durch seine Werke so schnell empor +schwang!</p> + +<p>In Wien fand Mozart einen Tonkünstler, +dessen Genie dem seinigen am ähnlichsten war; +ich meine den berühmten Schöpfer der Alzeste +<span class="pagenum"><a name="Page_33" id="Page_33">[33]</a></span>und Iphigenie, <em class="gesperrt">Ritter von Gluck</em>, einen +Böhmen von Geburt. Der Umgang mit ihm +und das unablässige Studium seiner erhabenen +Werke gab Mozarten viel Nahrung, und hatte +Einfluß auf seine Opernkompositionen. Auch +wurde Mozart bald der innigste Verehrer des großen, +unvergleichlichen <em class="gesperrt">Joseph Haydn</em>, +der schon damals der Stolz der Tonkunst war, +und nun, nachdem Mozart nicht mehr ist, unser +einzige Liebling, unsere Wonne bleibt. Mozart +nannte ihn oft seinen Lehrer.</p> + +<p>Bald nachdem Mozart seinen Aufenthalt +in Wien aufgeschlagen hatte, faßte der unvergeßliche +Kaiser <em class="gesperrt">Joseph</em> II. den Gedanken, der +eines deutschen Kaisers so würdig war, den Geschmack +an italienischen Opern durch die Unterstützung +deutscher Singspiele und Sänger zu verdrängen, +und für das Vaterländische mehr zu +stimmen. Er versammelte daher die besten Sänger +und Sängerinnen, und ließ von Mozart eine +deutsche Oper setzen. Für diese Virtuosen schrieb +Mozart das allgemein bekannte, allgemein beliebte +Singspiel, die <em class="gesperrt">Entführung aus dem +Serail</em> in dem Jahre 1782.</p> + +<p>Sie machte allgemeines Aufsehen; und die +schlauen Italiener sahen bald ein, daß ein solcher +Kopf für ihr welsches Geklingel bald gefährlich +werden dürfte. Der Neid erwachte nun +mit der ganzen Schärfe des italienischen Giftes! +<span class="pagenum"><a name="Page_34" id="Page_34">[34]</a></span>Der Monarch der im Grunde von der <em class="gesperrt">neuen +tiefeindringenden</em> Musik entzückt war, +sagte doch zu Mozart: »Gewaltig viel Noten +lieber Mozart!«</p> + +<p>»Gerade so viel, Eure Majestät, als nöthig +ist,« versetzte dieser mit jenem edlen Stolze, +und der Freymüthigkeit, die großen Geistern so +gut anstehet. Er sah es ein, daß dieß nicht eigenes +Urtheil, sondern nachgesagt war.</p> + +<p>Ich darf hier nicht verschweigen, daß Mozart +zu der Zeit, als er diese Oper schrieb, +<em class="gesperrt">Konstanza Weber</em>, seine nachmahlige Gemahlin, +die Schwester der berühmten Sängerin +<em class="gesperrt">Lang</em>, liebte und eben Bräutigam war. +Den Einfluß, den diese Seelenstimmung auf +die Komposition dieser Oper haben mußte, wird +jedermann erkennen, der sie gehört hat; denn +wer weiß es nicht, wie voll süßer Gefühle, voll +schmachtender Liebe sie ist?</p> + +<p>Ich kann den Beyfall und die Sensation, +die sie in Wien erregte, nicht aus eigener Erfahrung +beschreiben – aber ich bin Zeuge des Enthusiasmus +gewesen, den sie bey ihrer Aufführung +in Prag in Kennern und Nichtkennern +verursachte! Es war, als wenn das, was man +hier bisher gehört und gekannt hatte, keine Musik +<span class="pagenum"><a name="Page_35" id="Page_35">[35]</a></span>gewesen wäre! Alles war hingerissen – +alles staunte über die neuen Harmonien, über die +originellen, bisher ungehörten Sätze der Blasinstrumente. +Nun fingen die Böhmen an seine Kompositionen +zu suchen; und in eben dem Jahre hörte man +schon in allen bessern musikalischen Akademien, +Mozarts Klavierstücke und Sinfonien. Von +nun an war die Vorliebe der Böhmen für seine +Werke entschieden! Die größten Kenner und +Künstler unserer Vaterstadt, waren auch Mozarts +größte Bewunderer, die feurigsten Verkündiger +seines Ruhmes.<a name="FNanchor_5_5" id="FNanchor_5_5"></a><a href="#Footnote_5_5" class="fnanchor">[5]</a></p> + +<p>Mozart lebte bisher, ungeachtet seines großen +Ruhmes ohne <em class="gesperrt">Anstellung</em>, also ohne bestimmte +Einkünfte. Klavier-Unterricht, und +abonnirte Konzerte für einen geschlossenen Cirkel +des hohen Adels waren noch die ausgiebigsten +Quellen seiner Einkünfte, wobey sich in einer +Stadt, wie Wien, sicher nichts ersparen ließ.</p> + +<p><span class="pagenum"><a name="Page_36" id="Page_36">[36]</a></span>In dieser Periode schrieb er die schönsten +Sachen für das Klavier: Sonaten mit und ohne +Begleitung, Konzerte, die nun in jedermanns +Händen sind.</p> + +<p>Im Jahre 1785 gab er 6 meisterhafte Violin-Quartetten +im Stich heraus, mit einer Dedikation +an seinen Freund den Kapellmeister <em class="gesperrt">Joseph +Haydn</em>, die ein schöner Abdruck seiner Hochachtung +für diesen großen Mann ist; und so wie +dieselbe den Ruhm <em class="gesperrt">Haydns</em>, durch die Huldigungen +eines Künstlers wie Mozart, vermehrt: +eben so sehr gereicht sie diesem zur Ehre, und +macht uns das Herz eines Mannes liebenswürdig, +dessen Talent Bewunderung heischt.</p> + +<p>Gewiß, Mozart hätte mit keinem Werke einen +<em class="gesperrt">Joseph Haydn</em> besser ehren können, +als mit diesen Quartetten, die ein Schatz der +schönsten Gedanken, und das Muster und eine +Schule der Komposition sind. In den Augen +des Kenners ist dies Werk eben so viel werth, als +jede Opernkomposition Mozarts. Alles darinn +ist durchgedacht, und vollendet! – Man sieht +es diesen Quartetten an, daß er sich die Mühe +gab <em class="gesperrt">Haydns</em> Beyfall zu verdienen.</p> + +<p>Eben zu der Zeit machte das französische +Lustspiel von Beaumarchais, <em class="gesperrt">Figaro</em> sein +Glück und kam auf alle Theater. Mozart +ward vom Kaiser <em class="gesperrt">Joseph</em> dazu bestimmt, diesem +Lustspiele, nachdem es in ein Singspiel umgegossen +<span class="pagenum"><a name="Page_37" id="Page_37">[37]</a></span>ward, auch auf dem italienischen Operntheater +durch seine Musik Celebrität zu verschaffen. +Es wurde in Wien von der italienischen Opern-Gesellschaft +aufgeführt. Wenn es wahr ist, was +man allgemein als wahr erzählt, und was sich +bei so vielen glaubwürdigen Zeugen freylich nicht +in Zweifel ziehen läßt, daß die Sänger, aus +Haß, Neid und niedriger Kabale bey der ersten +Vorstellung durch vorsetzliche Fehler sich alle +Mühe gegeben haben die Oper zu stürzen: so +kann der Leser daraus schließen, wie sehr diese +Faktion die Ueberlegenheit des Genies in Mozart +fürchtete, und wie wahr es sey, was ich kurz +vorher bey Gelegenheit der <em class="gesperrt">Entführung aus +dem Serail</em> bemerkt habe. Dieser feige +Bund verdienstloser Menschen blieb bis an das +frühe Ende des unsterblichen Künstlers in voller +Thätigkeit ihn zu hassen, zu verläumden, und +seine Kunst herabzusetzen. Welchen Kampf hatte +Mozarts Geist zu bestehen, bis er vollkommen +triumphirte?</p> + +<p>Man erzählt, daß die Sänger durch eine +ernste Warnung des seligen Monarchen zu ihrer +Pflicht gewiesen werden mußten, da Mozart voll +Bestürzung zwischen dem 2ten Akte zu Ihm in +die Loge kam und Ihn darauf aufmerksam +machte.</p> + +<p>So wie jedes seiner Werke in Böhmen nach +seinem wahren Werthe erkannt und geschätzt +<span class="pagenum"><a name="Page_38" id="Page_38">[38]</a></span>wurde: so geschah es auch mit dieser Oper. +Sie wurde im Jahre 1786 von der Bondinischen +Gesellschaft in Prag auf das Theater +gebracht und gleich bey der ersten Vorstellung +mit einem Beyfall aufgenommen, der nur mit +demjenigen, welchen die Zauberflöte nachher erhielt, +verglichen werden kann. Es ist die strengste +Wahrheit, wenn ich sage, daß diese Oper +fast ohne Unterbrechen diesen ganzen Winter gespielt +ward, und daß sie den traurigen Umständen +des Unternehmers vollkommen aufgeholfen +hatte. Der Enthusiasmus, den sie bei dem Publikum +erregte, war bisher ohne Beyspiel; man +konnte sich nicht genug daran satt hören. Sie +wurde bald von einem unserer besten Meister, +Herrn Kucharz in einen guten Klavier-Auszug +gebracht, in blasende Parthieen, ins Quintett +für Kammermusik, in teutsche Tänze verwandelt: +kurz Figaros Gesänge wiederhallten auf den Gässen, +in Gärten, ja selbst der Harfenist auf der +Bierbank mußte sein <em class="antiqua">non piu andrai</em> tönen lassen, +wenn er gehört werden wollte. Diese Erscheinung +hat freylich größtentheils in der Vortrefflichkeit +des Werkes ihren Grund; aber nur ein +Publikum, welches so viel Sinn für das wahre +Schöne in der Tonkunst und so viel gründliche +Kenner unter sich besitzt, konnte den Werth einer +solchen Kunst auf der Stelle empfinden; dazu gehört +auch das unvergleiche Orchester der damaligen +<span class="pagenum"><a name="Page_39" id="Page_39">[39]</a></span>Oper, welches die Ideen Mozarts so genau +und fleißig auszuführen verstand. Denn auf +diese verdienten Männer, die zwar größtentheils +keine Konzertisten, aber desto gründlichere Kenner +und Orchestersubjekte waren, machte die +neue Harmonie und der feurige Gang des Gesanges +den ersten und tiefsten Eindruck! Der +nunmehr verstorbene rühmlich bekannte Orchester-Direktor +<em class="gesperrt">Strobach</em> versicherte oft, daß er +sammt seinem Personale bey der jedesmaligen +Vorstellung so sehr ins Feuer gerathe, daß er +trotz der mühsamen Arbeit mit Vergnügen von +vorne wieder anfangen würde.</p> + +<p>Die Bewunderung für den Verfasser dieser +Musik gieng so weit, daß einer unserer edelsten +Kavaliere und Kenner der Musik, <em class="gesperrt">Graf Johann +Joseph Thun</em>, der selbst eine vortreffliche +Kapelle unterhielt, ihn nach Prag zu kommen +einlud, und ihm Wohnung, Kost und alle +Bequemlichkeiten in seinem Hause anboth. Mozart +war zu sehr über die Wirkung erfreut, die +seine Musik auf die Böhmen machte – zu begierig +eine Nation von einem solchen Musikgefühle +kennen zu lernen, als daß er die Gelegenheit +nicht mit Freuden ergriffen hätte. Er kam +im Februar 1787 nach Prag: am Tage seiner +Ankunft wurde Figaro gegeben, und Mozart erschien +darinn. Alsogleich verbreitete sich der +Ruf von seiner Anwesenheit im Parterre, und +<span class="pagenum"><a name="Page_40" id="Page_40">[40]</a></span>so wie die Sinfonie zu Ende gieng, klatschte +ihm das ganze Publikum Beyfall und Bewillkommen +zu.</p> + +<p>Er ließ sich dann auf allgemeines Verlangen +in einer großen musikalischen Akademie im Operntheater +auf dem Pianoforte hören. Nie sah man +noch das Theater so voll Menschen, als bey +dieser Gelegenheit; nie ein stärkeres, einstimmiges +Entzücken, als sein göttliches Spiel erweckte. +Wir wußten in der That nicht, was wir mehr +bewundern sollten, ob die <em class="gesperrt">außerordentliche</em> +Komposition, oder das <em class="gesperrt">außerordentliche</em> +Spiel; beydes zusammen bewirkte einen Totaleindruck +auf unsere Seelen, welcher einer süßen +Bezauberung glich! Aber dieser Zustand lösete +sich dann, als Mozart zu Ende der Akademie +allein auf dem Pianoforte mehr als eine halbe +Stunde phantasirte und unser Entzücken auf den +höchsten Grad gespannt hatte, in laute überströmende +Beyfallsäußerung auf. Und in der That +übertraf dieses Phantasiren alles, was man sich +vom Klavierspiele vorstellen konnte, da der höchste +Grad der Kompositionskunst mit der vollkommensten +Fertigkeit im Spiele vereinigt ward. +Gewiß, so wie diese Akademie für die Prager +die einzige ihrer Art war, so zählte Mozart diesen +Tag zu den schönsten seines Lebens.</p> + +<p><span class="pagenum"><a name="Page_41" id="Page_41">[41]</a></span>Die Sinfonien, die er für diese Gelegenheit +setzte, sind wahre Meisterstücke des Instrumentalsatzes, +voll überraschender Uebergänge und haben +einen raschen, feurigen Gang, so, daß sie +alsogleich die Seele zur Erwartung irgend etwas +Erhabenen stimmen. Dieß gilt besonders von +der großen Sinfonie in <em class="antiqua">D dur</em> und <em class="antiqua">Es</em>, die noch +immer ein Lieblingsstück des Prager Publikums +sind, obschon sie wohl hundertmal gehört waren.</p> + +<p>Der Opernunternehmer Bondini schloß zugleich +mit Mozart den Akkord zu einer neuen +Oper für die Prager Bühne auf den nächsten +Winter, welche dieser gerne übernahm, weil er +erfahren hatte, wie gut die Böhmen seine Musik +zu schätzen und auszuführen verstanden. Dieß +äußerte er oft gegen seine Prager Freunde: er +war überhaupt gern in Prag, wo ihn ein gefühlvolles +Publikum, und wahre Freunde so zu +sagen auf den Händen trugen. – Dem Opernorchester +dankte er in einem Briefe an den damaligen +Direktor Herrn Strobach sehr verbindlich, +und schrieb seiner geschickten Ausführung den +größten Theil des Beyfalls zu, den seine Musik +in Prag erhalten hatte.<a name="FNanchor_6_6" id="FNanchor_6_6"></a><a href="#Footnote_6_6" class="fnanchor">[6]</a> Dieser Zug seines +Herzens, so unbedeutend er scheint, ist sehr +<span class="pagenum"><a name="Page_42" id="Page_42">[42]</a></span>schön; er giebt einen Beweis, daß <em class="gesperrt">Stolz</em>, +<em class="gesperrt">Eigendünkel</em> oder <em class="gesperrt">Undankbarkeit</em> seine +Fehler nicht waren, wie man es so häufig an +viel geringern Virtuosen wahrnimmt.</p> + +<p>In dem nemlichen Jahre 1787 gegen den +Winter kam Mozart vermög seines Akkords wieder +nach Prag, und vollendete da die Krone aller +seiner Meisterwerke, die Oper: <em class="antiqua">Il dissoluto +punito</em>, oder <em class="antiqua">Don Giovanni</em>.</p> + +<p>Die Böhmen sind stolz darauf, daß er +durch eine so erhabene und aus der Tiefe seines +Genies geschöpfte Musik ihren guten Geschmack +erkannte und ehrte. »<em class="gesperrt">Don Juan ist für +Prag geschrieben</em>« – mehr braucht man +nicht zu sagen, um zu beweisen, welchen hohen +Begriff Mozart von dem musikalischen Sinne +der Böhmen hatte. Es gelang ihm auch vollkommen +diesen Sinn zu treffen und zu rühren; +denn keine Oper hat sich hier in einem gleichen +Wohlgefallen so lange auf dem Theater erhalten, +als <em class="gesperrt">Don Juan</em>. Es sind nunmehr 21 Jahre, +seit sie gegeben wird, und noch immer +hört man sie mit Vergnügen, noch immer +lockt sie zahlreiche Versammlung in das Parterre. +Kurz <em class="gesperrt">Don Juan</em> ist die Lieblingsoper des bessern +Publikum in Prag. Als Mozart bey der +ersten Vorstellung derselben an dem Klavier im +Orchester erschien, empfing ihn das ganze bis +zum Erdrücken volle Theater mit einem allgemeinen +<span class="pagenum"><a name="Page_43" id="Page_43">[43]</a></span>Beyfallklatschen. Ueberhaupt bekam Mozart +in Prag bey jeder Gelegenheit große und +unzweydeutige Beweise der Hochachtung und +Bewunderung, welche gewiß ehrenvoll waren, +weil nicht Vorurtheil oder Mode, sondern reines +Gefühl seiner Kunst daran Theil hatte. Man +liebte und bewunderte seine schönen Werke; wie +konnte man gegen die Person ihres großen Schöpfers +gleichgültig bleiben?</p> + +<p>In dem Jahre 1789 im Monat December +schrieb Mozart das italienische komische +Singspiel, <em class="antiqua">Cosi fan tutte</em>, oder <em class="gesperrt">die Schule +der Liebenden</em>; man wundert sich allgemein, +wie der große Geist sich herablassen konnte, +an ein so elendes Machwerk von Text seine +himmlisch süßen Melodien zu verschwenden. Es +stand nicht in seiner Gewalt, den Auftrag abzulehnen, +und der Text ward ihm ausdrücklich +aufgetragen. – In diese Periode fällt auch +seine Reise über Leipzig und Dresden nach Berlin.<a name="FNanchor_7_7" id="FNanchor_7_7"></a><a href="#Footnote_7_7" class="fnanchor">[7]</a> +Der große Ruf seines Namens gieng +ihm voran, und man fand sich nirgends in der +Erwartung getäuscht, die er überall erregt hatte. +Der damalige König von Preußen, ein freygebiger +Kenner und Freund der Tonkunst, ward +ganz für ihn eingenommen; und gab ihm ausgezeichnete +<span class="pagenum"><a name="Page_44" id="Page_44">[44]</a></span>Beweise seiner Achtung. Wie wahrhaft +und daurend dieselbe gewesen sey, beweiset +die königliche Großmuth, mit welcher dieser +Monarch später die Wittwe Mozart in Berlin +aufnahm und unterstützte.</p> + +<p>Mozart war bis jetzo ohne Anstellung, +ohne sichere Einkünfte. So bekannt auch +sein Talent war, so sehr man seine Kompositionen +suchte: so wenig dachte man daran +ihn zu belohnen, und zu unterstützen. +Er hatte zwar oft beträchtliche Einnahmen gemacht; +aber bei der Unsicherheit und Unordnung +der Einkünfte, bei den häufigen Kindbetten, den +langwierigen Krankheiten seiner Gattin, in einer +Stadt wie Wien, mußte Mozart doch im eigentlichen +Verstande darben. Er beschloß daher die +<em class="gesperrt">Stadt</em> zu verlassen, wo sich keine Stelle für +einen Kopf wie <em class="gesperrt">Mozart</em> fand. Sein Plan +war nach England zu gehen, wo er ein besseres +Schicksal um so mehr erwarten konnte, als ihm +oft von da Einladungen und lockende Anträge +gemacht wurden.</p> + +<p>Alles war zur Abreise fertig, als ihm <em class="gesperrt">Kaiser +Joseph</em> den Titel eines kaiserlichen Kammerkomponisten +mit einem Jahrgehalt von 800 Gulden +und der Zusicherung ertheilte, daß auf +ihn in der Zukunft Bedacht genommen werden +würde. Mozart mochte nicht trotzen; er nahm +<span class="pagenum"><a name="Page_45" id="Page_45">[45]</a></span>es willig an, und blieb. Das Anstellungsdekret +ist am 7. Dec. 1787 ausgestellt.</p> + +<p>Ich überlasse es jedem Leser darüber Beobachtungen +anzustellen, um die Ursachen der langen +Vernachlässigung eines so großen Künstlers +auszuforschen. An ihm lag die Schuld gewiß +nicht; man müßte denn seinen geraden und offenen +zum Bücken und Kriechen untauglichen Charakter +als Schuld annehmen.</p> + +<p>So viele Feinde und Neider auch jeden +seiner Vorzüge durch Herabsetzung und Verläumdung +zu verdunkeln bemüht waren: so vollkommen +war dennoch der Triumph seiner Kunst bey +unbefangenen, von dem Roste der Mode unverletzten +Seelen. Alle wahren Kenner der Tonkunst +huldigten seinem Genie. Ich will davon +ein Beyspiel anführen.</p> + +<p>Der als Staatsmann und Gelehrter gleich +verehrungswürdige <em class="gesperrt">Baron von Switten</em>, +ein wahrer Kenner der Tonkunst, voll Gefühl +für den ernsten Gesang des erhabenen <em class="gesperrt">Händels</em>, +ließ oft die Werke dieses berühmten Tonkünstlers, +die für den tändelnden Modegeschmack unserer +Tage eine zu einfache Kost sind, in Privatkonzerten +aufführen. Er bediente sich dazu der +Talente unsers Mozarts, der die großen Ideen +<em class="gesperrt">Händels</em> mit der Wärme seiner Empfindung +zu beleben und durch den Zauber seines Instrumentalsatzes +für unser Zeitalter genüßbar zu machen +<span class="pagenum"><a name="Page_46" id="Page_46">[46]</a></span>verstand.<a name="FNanchor_8_8" id="FNanchor_8_8"></a><a href="#Footnote_8_8" class="fnanchor">[8]</a> Baron von <em class="gesperrt">Switten</em> korrespondirte +oft über die Angelegenheit mit Mozart, +und schrieb ihm einst unter andern:</p> + +<div class="blockquote"> +<p class="letterhead">Den 21sten März 1789.</p> + +<p>»Ihr Gedanke, den Text der kalten Arie +in ein <em class="antiqua">Recitativ</em> zu bringen ist trefflich, und in +der Ungewißheit ob Sie wohl die Worte zurückbehalten +haben, schickte ich sie Ihnen hier +abgeschrieben. Wer <em class="gesperrt">Händel</em> so feyerlich +und so geschmackvoll kleiden kann, daß er einerseits +auch dem Modegecken gefällt, und andererseits +doch immer in seiner Erhabenheit sich +zeiget, der hat seinen Werth gefühlt, der hat +ihn verstanden, der ist zu der Quelle seines +Ausdruckes gelanget und kann und wird sicher +daraus schöpfen. So sehe ich dasjenige an, +was Sie leisteten, und nun brauche ich von +keinem Zutrauen mehr zu sprechen, sondern +nur von dem Wunsche das Rezitativ bald zu +erhalten.«</p> + +<p class="signature"><em class="gesperrt">Switten</em>.</p> +</div> + +<p>Der Türkenkrieg und der dadurch veranlaßte +Tod des <em class="gesperrt">edelsten Monarchen</em>, des unvergeßlichen +<span class="pagenum"><a name="Page_47" id="Page_47">[47]</a></span><em class="gesperrt">Josephs</em>, raubte auch Mozarten +eine große Stütze seiner Hoffnungen; er blieb +Kapellmeister mit 800 Fl. und ohne Wirkungskreis!</p> + +<p>Aber auch sein Ende rückte nun heran; er +sollte den großen <em class="gesperrt">Monarchen</em> nicht lange +überleben. Das Jahr 1791, furchtbar reich +an großen Todten, ward bestimmt auch den +Stolz der Tonkunst zu entreißen. Mozart hatte +jedoch zuvor der Nachwelt mit vollen Händen +aus dem Reichthume seines Geistes ausgespendet. +Daher ist dieses Jahr eben so merkwürdig durch +die Schöpfung seiner schönsten Werke, als es +uns durch seinen unerwarteten Tod schmerzhaft +geworden ist. In demselben, ja gewissermaßen +nahe an dem Ziele seines Lebens schuf er die +Musik zu der <em class="gesperrt">Zauberflöte</em>, zu der ernsthaften +Oper, <em class="antiqua">La Clemenza di Tito</em>, und das +furchtbar erhabene <em class="antiqua">Requiem</em> (Seelenmesse) welches +er nicht einmal mehr vollenden konnte. +So gewiß es ist, daß diese drey Werke allein +ihm den ersten Platz unter den Tonkünstlern seines +Zeitalters und unsterblichen Ruhm versichert +hätten, so sehr vermehren sie die Sehnsucht nach +dem Entrissenen, durch den Gedanken, der sich +dem gefühlvollen Zuhörer unter dem Genusse +seiner Werke unwiderstehlich aufdringt: »<em class="gesperrt">Ach! +wie viel würde der Mann noch geleistet, +<span class="pagenum"><a name="Page_48" id="Page_48">[48]</a></span>welche Harmonien geschaffen +haben</em>?«</p> + +<p>Die Zauberflöte setzte er für das Theater des +bekannten <em class="gesperrt">Schikaneders</em>, der sein alter Bekannter +war. Die Musik zu der Oper <em class="antiqua">La Clemenza +di Tito</em> war von den böhmischen Ständen +zu der Krönung des Kaisers <em class="gesperrt">Leopold</em> bestellt. +Diese letzte begann er in seinem Reisewagen +auf dem Wege von Wien, und vollendete +sie in dem kurzen Zeitraume von 18 Tagen in +Prag.</p> + +<p><em class="gesperrt">Die Geschichte seines</em> letzten Werkes, +der erwähnten <em class="gesperrt">Seelenmesse</em>, ist eben so geheimnißvoll +als merkwürdig.</p> + +<p>Kurz vor der Krönungszeit des Kaisers <em class="gesperrt">Leopold</em>, +bevor noch <em class="gesperrt">Mozart</em> den Auftrag erhielt +nach Prag zu reisen, wurde ihm ein Brief +<em class="gesperrt">ohne Unterschrift</em> von einem <em class="gesperrt">unbekannten +Bothen</em> übergeben, der nebst mehreren +schmeichelhaften Aeußerungen die Anfrage +enthielt, ob Mozart eine Seelenmesse zu schreiben +übernehmen wollte? um welchen Preis und +binnen welcher Zeit er sie liefern könnte?</p> + +<p>Mozart der ohne Mitwissen seiner Gattin +nicht den geringsten Schritt zu thun pflegte, +erzählte ihr den sonderbaren Auftrag, und äußerte +zugleich sein Verlangen sich in dieser Gattung +auch einmal zu versuchen, um so mehr, +da der höhere pathetische Stil der Kirchenmusik +<span class="pagenum"><a name="Page_49" id="Page_49">[49]</a></span>immer sehr nach seinem Genie war. Sie rieth +ihm den Auftrag anzunehmen. Er schrieb also +dem unbekannten Besteller zurück, er würde das +Requiem für eine gewisse Belohnung verfertigen; +die Zeit der Vollendung könne er nicht genau +bestimmen; er wünsche jedoch den Ort zu +wissen, wohin er das Werk, wenn es fertig +seyn würde, zu übergeben habe. In kurzer Zeit +erschien derselbe Bothe wieder, brachte nicht nur +die bedungene Belohnung mit, sondern noch das +Versprechen, da er in dem Preise so billig gewesen +sey, bey der Absendung des Werkes eine +beträchtliche Zugabe zu erhalten. Er sollte übrigens +nach der Stimmung und Laune seines +Geistes schreiben, sich aber gar keine Mühe geben, +den Besteller zu erfahren, indem es gewiß +vergeblich seyn würde.</p> + +<p>Mittlerweile bekam Mozart den ehrenvollen +und vortheilhaften Antrag für die Prager Krönung +des Kaisers <em class="gesperrt">Leopold</em> die Oper Titus zu +schreiben. Nach Prag zu gehen, für seine lieben +Böhmen zu schreiben, hatte für ihn zu viel +Reiz, als daß er es hätte ausschlagen können!</p> + +<p>Eben als Mozart mit seiner Frau in den +Reisewagen stieg, stand der Bothe wie ein +Geist da, zupfte die Frau an dem Rocke, und +fragte: »Wie wird es nun mit dem Requiem +aussehen? –«</p> + +<p><span class="pagenum"><a name="Page_50" id="Page_50">[50]</a></span>Mozart entschuldigte sich mit der Nothwendigkeit +der Reise und der Unmöglichkeit seinem +unbekannten Herrn davon Nachricht geben zu +können: übrigens würde es seine erste Arbeit bey +der Zurückkunft seyn, und es käme nur auf den +Unbekannten an, ob er so lange warten wolle. +Damit war der Bothe gänzlich befriedigt.</p> + +<p>Schon in Prag kränkelte und medizinirte +Mozart unaufhörlich; seine Farbe war blaß +und die Miene traurig, obschon sich sein munterer +Humor in der Gesellschaft seiner Freunde +doch oft noch in fröhlichen Scherz ergoß. +Bey seinem Abschiede von dem Zirkel seiner +Freunde ward er so wehmüthig, daß er Thränen +vergoß. Ein ahnendes Gefühl seines nahen +Lebensende schien die schwermüthige Stimmung +hervorgebracht zu haben – denn schon damals +trug er den Keim der Krankheit, die ihn bald +hinraffte, in sich.</p> + +<p>Bey seiner Zurückkunft nach Wien nahm +er sogleich seine Seelenmesse vor, und arbeitete +mit viel Anstrengung und einem lebhaften Interesse +daran: aber seine Unpäßlichkeit nahm +sichtbar zu, und stimmte ihn zur düstern Schwermuth. +Seine Gattin nahm es mit Betrübniß +wahr. Als sie eines Tages mit ihm in den +Prater fuhr, um ihm Zerstreuung und Aufmunterung +zu verschaffen, und sie da beyde einsam +saßen, fing Mozart an vom Tode zu sprechen, +<span class="pagenum"><a name="Page_51" id="Page_51">[51]</a></span>und behauptete, daß er das Requiem für +sich setze. Thränen standen dem empfindsamen +Manne in den Augen. »Ich fühle mich zu +sehr, sagte er weiter, mit mir dauert es nicht +mehr lange: gewiß, man hat mir Gift gegeben! +Ich kann mich von diesem Gedanken nicht los +winden. –«</p> + +<p>Zentnerschwer fiel diese Rede auf das Herz +seiner Gattin; sie war kaum im Stande ihn +zu trösten, und das Grundlose seiner schwermüthigen +Vorstellungen zu beweisen. Da sie der +Meynung war, daß wohl eine Krankheit im +Anzuge wäre, und das Requiem seine empfindlichen +Nerven zu sehr angreife, so rufte sie den +Arzt, und nahm die Partitur der Komposition +weg.</p> + +<p>Wirklich besserte sich sein Zustand etwas, +und er war während desselben fähig eine kleine +Kantate, die von einer Gesellschaft für ein +Fest bestellt wurde, zu verfertigen. Die gute +Ausführung derselben und der große Beyfall, +mit dem sie aufgenommen ward, gab seinem +Geiste neue Schnellkraft. Er wurde nun etwas +munterer und verlangte wiederholt sein Requiem +fortzusetzen und zu vollenden. Seine +Frau fand nun keinen Anstand ihm seine Noten +wieder zu geben.</p> + +<p>Doch kurz war dieser hoffnungsvolle Zustand; +in wenig Tagen verfiel er in seine Melancholie, +<span class="pagenum"><a name="Page_52" id="Page_52">[52]</a></span>ward immer matter und schwächer, +bis er endlich ganz auf das Krankenlager hinsank, +von dem er ach! nimmer aufstand.</p> + +<p>Am Tage seines Todes ließ er sich die Partitur +an sein Bette bringen. »Hab ich es nicht +vorgesagt, daß ich dieß Requiem für mich schreibe?« +so sprach er, und sah noch einmal das +Ganze mit nassen Augen aufmerksam durch. +Es war der letzte schmerzvolle Blick des Abschiedes +von seiner geliebten Kunst – eine Ahndung +seiner Unsterblichkeit!</p> + +<p>Gleich nach seinem Tode meldete sich der +Bothe, verlangte das Werk, so wie es unvollendet +war, und erhielt es. Von dem Augenblicke +an sah ihn die Wittwe nie mehr, und erfuhr +nicht das mindeste, weder von der Seelenmesse, +noch von dem Besteller. Jeder Leser +kann sich vorstellen, daß man sich alle Mühe +gab den räthselhaften Bothen auszuforschen, +aber alle Mittel und Versuche waren fruchtlos.<a name="FNanchor_9_9" id="FNanchor_9_9"></a><a href="#Footnote_9_9" class="fnanchor">[9]</a></p> + +<p><span class="pagenum"><a name="Page_53" id="Page_53">[53]</a></span>Mozart blieb während seiner Krankheit bey +vollkommenem Bewußtseyn bis an sein Ende, +und starb zwar gelassen, aber doch sehr ungern. +Jedermann wird dieß begreiflich finden, wenn +er bedenkt, daß Mozart kurz zuvor das Anstellungsdekret +als Kapellmeister in der St. Stephanskirche +mit allen Emolumenten, die von +Alters her damit verbunden waren, bekam, und +nun erst die frohe Aussicht hatte, bei hinlänglichen +Einkünften ruhig, ohne Nahrungssorgen +leben zu können. Auch erhielt er fast zu gleicher +Zeit aus <em class="gesperrt">Ungarn</em> und <em class="gesperrt">Amsterdam</em> ansehnliche +Bestellungen und Akkorde auf periodische +Lieferungen gewisser Kompositionen.</p> + +<p><span class="pagenum"><a name="Page_54" id="Page_54">[54]</a></span>Dieses sonderbare Zusammentreffen so glücklicher +Vorbothen eines bessern Schicksales – +seine gegenwärtigen traurigen Vermögensumstände +– der Anblick einer trostlosen Gattin – +der Gedanke an zwey unmündige Kinder: alles +dieses war nicht gemacht, einen bewunderten +Künstler, der nie Stoiker gewesen ist, in seinem +35ten Jahre die Bitterkeit des Todes zu versüßen. +»Eben <em class="gesperrt">jetzt</em>, so klagte er oft in seiner +Krankheit, soll ich fort, da ich ruhig leben +würde! <em class="gesperrt">Jetzt</em> meine Kunst verlassen, da ich +nicht mehr als Sklave der Mode, nicht mehr +von Spekulanten gefesselt, den Regungen meiner +Empfindung folgen, frey und unabhängig +schreiben könnte, was mein Herz mir eingiebt! +Ich soll fort von meiner Familie, von meinen +armen Kindern, in dem Augenblicke, da ich +im Stande geworden wäre, für ihr Wohl besser +zu sorgen!« Sein Tod erfolgte in der Nacht +am 5ten Dezember 1791. Die Aerzte waren +in der Bestimmung seiner Krankheit nicht einig. +Man kann sagen, um Mozart floßen unzählbare +Thränen; nicht in Wien allein, vielleicht +mehr noch in Prag, wo man ihn liebte und +bewunderte. Jeder Kenner, jeder Freund der +Tonkunst hielt seinen Verlust für unersetzlich; +und wahrlich, bis jetzt hat man nicht Ursache +diese trostlose Meynung zurück zu nehmen! Es +schien unglaublich, daß ein Mann, der so unsterbliche +<span class="pagenum"><a name="Page_55" id="Page_55">[55]</a></span>Werke geliefert, der unsern Herzen so +reine Entzückungen geschaffen hat, nicht mehr +seyn sollte!</p> + +<p>In Wien feyerte man sein Andenken mit +Würde; aber Prag zeichnete sich auch hierinn +durch die wärmste Theilnahme aus; die Trauer +um unsern Liebling war allgemein und ungeheuchelt. +Zuerst veranstaltete der würdige Musik +Direktor <em class="gesperrt">Joseph Strobach,</em> ein Freund +des Verstorbenen,<a name="FNanchor_10_10" id="FNanchor_10_10"></a><a href="#Footnote_10_10" class="fnanchor">[10]</a> in seiner Pfarrkirche bey +St. Niklas den 14ten Dezember d. n. J. ein +feyerliches Seelenamt für Mozart. Nie gab es +ein so rührendes und erhabenes Trauerbegängniß. +Ein Chor von 120 Personen aus den +besten Künstlern Prags ausgewählt, die alle mit +wehmüthigen Eifer sich dazu angebothen hatten, +unter der Direktion des braven <em class="gesperrt">Strobachs</em> +führte das meisterhafte Requiem unsers berühmten +Landsmannes Rosetti mit einem so schwermuthsvollen +Ausdrucke auf, daß es nothwendig +auf das versammelte Volk den tiefsten Eindruck +machen mußte. Mehr als 3000 Menschen, +vom Adel und Bürgerstande, (so viel nemlich +diese große Kirche faßte,) waren da beysammen +<span class="pagenum"><a name="Page_56" id="Page_56">[56]</a></span>– alle gerührt, alle voll Wehmuth über den +frühen Tod des entrissenen Künstlers!</p> + +<p>Etwas später, den 28ten Dezember 1791 +unternahm eine Gesellschaft wahrer Verehrer des +Verstorbenen, zur Unterstützung der hinterlassenen +Waisen und Wittwe ein öffentliches Konzert +in dem Nationaltheater; man führte einige der +besten, weniger bekannten Kompositionen Mozarts +auf. Eine so edle Todtenfeier unterstützte +das Prager Publikum aus allen Kräften, um +so mehr, da es die Gelegenheit fand den Tribut +seiner Hochachtung dem <em class="gesperrt">Genie</em> Mozarts in der +großmüthigen Unterstützung der hilflosen Waisen +zu zollen. Das Theater war voll, und die +Einnahme beträchtlich. Wie glücklich ist ein +Künstler, dessen Talent solche Freunde erwirbt!</p> + +<p>In Wien wurde die Wittwe auf eine eben +so großmüthige Art unterstützt. – Mozart hinterließ +seiner Familie nichts als den Ruhm seines +Namens. Alle Hilfsmittel ihrer Erhaltung +beruhten auf der Großmuth eines dankbaren +Publikums, dem Mozart so viele Stunden des +reinsten Vergnügens, der edelsten Unterhaltung +durch sein unerschöpfliches Talent geschaffen hatte. +Und wahrlich, man kann sagen, daß dieses +seine Schuld redlich abzutragen suchte. Die +Wittwe ließ in einem öffentlichen Konzert zu ihrem +Besten die merkwürdige <em class="gesperrt">Seelenmesse</em> +aufführen. Der große Ruf dieses Meisterstückes +<span class="pagenum"><a name="Page_57" id="Page_57">[57]</a></span>und der Wunsch, die Waisen zu unterstützen, +zog ein zahlreiches Publikum hin, und man +muß es den edlen Freunden der Kunst in Wien +zum Ruhme nachsagen, daß dieselben auch nach +17 Jahren noch gegen den Mozartischen Namen +nicht gleichgültig geworden sind. In allen musikalischen +Akademien, die der Wittwe zu ihrem +Besten zugestanden werden, ist das Haus voll, +und die Einnahme gut.</p> + +<p>Aber die Großmuth des sel. Kaisers <em class="gesperrt">Leopold</em>, +dieses menschenfreundlichen, für die +Wissenschaften und Künste so früh entrissenen +Monarchen, übertraf alles, was bisher der +Wittwe zum Besten geschah.</p> + +<p>Mozarts Feinde und Verläumder wurden +besonders gegen sein Ende, und nach seinem +Tode so boshaft, so laut, daß bis zu dem Ohre +des Monarchen manche nachtheilige Sage von +Mozart gedrungen war. Diese Ausstreuungen +und Lügen waren so unverschämt, so empörend, +daß der Monarch, von Niemanden des Gegentheiles +belehrt, sehr entrüstet war. Nebst einer +schändlichen Erdichtung und Vergrößerung von +Ausschweifungen, denen Mozart, wie sie sagten, +ergeben gewesen sey, behauptete man, daß er +nicht weniger als 30,000 Gulden Schulden hinterlassen +habe – eine Summe, über die der +Monarch erschrack!</p> + +<p><span class="pagenum"><a name="Page_58" id="Page_58">[58]</a></span>Die Wittwe war eben gesonnen den Monarchen +um Pension zu bitten. Eine edeldenkende +Freundin und vortreffliche Schülerin Mozarts +unterrichtete sie von den Verläumdungen ihres +Mannes bey Hofe, und gab ihr den Rath den +gütigen Monarchen bey der Audienz eines Bessern +zu belehren.</p> + +<p>Die Wittwe hatte bald Gelegenheit ihren +Rath auszuführen.</p> + +<p>»<em class="bigfont">Euer Majestät</em>,« sagte sie mit edlem +Eifer bey der Audienz, »jeder Mensch hat Feinde; +aber heftiger und anhaltender ist noch niemand +von den seinigen verfolgt und verläumdet +worden, als mein Mann, blos weil er ein so +großes Talent war! Man hat es gewagt <em class="bigfont">Euer +Majestät</em> viel Unwahres über ihn zu sagen: +man hat seine hinterlassene Schulden <em class="gesperrt">zehnfach</em> +vergrößert. Ich stehe mit meinem Leben +dafür, daß ich mit einer Summe von ungefähr +3000 Gulden alles bezahlen könnte, was er +schuldig ist. Und diese Schuld ist nicht muthwillig +gemacht worden. Wir hatten keine sichern +Einkünfte; häufige Kindbetten, eine schwere +und kostbare Krankheit von anderthalb Jahren, +die ich auszustehen hatte, werden bey dem menschenfreundlichen +Herzen <em class="gesperrt">meines Monarchen</em> +zur Entschuldigung dienen.«</p> + +<p>»Wenn es so ist,« sagte der Monarch, »da +ist wohl noch Rath zu schaffen. Geben sie ein +<span class="pagenum"><a name="Page_59" id="Page_59">[59]</a></span>Konzert von seinen hinterlassenen Werken, und +ich will es unterstützen.«</p> + +<p>Er nahm ihr die Bittschrift gnädig ab; und +in kurzer Zeit ward ihr eine Pension von 260 fl. +angewiesen, die zwar an sich gering ist, aber da +Mozart erst 3 Jahre angestellt, folglich die Wittwe +noch nicht pensionsfähig war, so bleibt es +immer eine Gnade. Die Akademie ward unternommen, +und der <em class="gesperrt">unsterbliche Monarch</em> +erfüllte so großmüthig sein Versprechen, daß die +Wittwe dadurch in den Stand gesetzt wurde, die +Schulden ihres Mannes zu tilgen.</p> + +<p>Aus dieser Begebenheit kann man schließen, +wie viel an den boshaften Erzählungen von der +Unordnung seiner Haushaltung, seiner Verschwendung +und dergleichen Anschwärzungen +Wahres seyn mag. Da man so wenig seiner +Größe als Künstler beyzukommen im Stande +war, so suchte der grämliche Neid seinen moralischen +Charakter zu verstellen! Eine sehr leichte +und gewöhnliche Taktik kleiner Seelen, denen +jedes Verdienst, jede Größe unausstehlich ist: +um so mehr, wenn sie ihrem kleinen Gewerbe +zu schaden droht! Es ist nur Gerechtigkeit, die +dem Verdienste gebührt, wenn man sich Mühe +giebt <em class="gesperrt">solche fremde</em> Flecken aus dem Gemählde +würdiger Menschen zu verwischen.</p> + +<p>Wenn gegen Mozart diejenige Billigkeit ausgeübt +wird, die jeder an sich selbst zu erfahren +<span class="pagenum"><a name="Page_60" id="Page_60">[60]</a></span>wünschen muß, so wird er deshalb noch nicht +als Muster der Oekonomie und Sparsamkeit angepriesen. +Es ist wahr; er hätte den Werth +des Geldes besser schätzen sollen: aber darf ein +großer Geist keine Schwächen, keine Fehler haben? +Möchten doch die, über ihn so streng urtheilen, +auf ihr Herz greifen und sich fragen: – – –</p> + +<div class="poem"><div class="stanza"> +<span class="i0"><em class="antiqua">Quid tu?</em><br /></span> +<span class="i0"><em class="antiqua">nullane habes vitia?</em></span> +</div></div> + +<p>Und sind sie in irgend einem Fache <em class="gesperrt">Mozarte</em>? +– Die Endschuldigung der Schulden, die +er hinterließ, vernahmen wir eben aus dem +Munde seiner Wittwe; und gewiß, sie ist nicht +ungegründet.</p> + +<p>Mozart hinterließ von mehreren Kindern nur +zwey Söhne, wovon der jüngere etwa 4 Monathe +alt war, als der Vater starb. Er heißt +Wolfgang wie sein Vater, ist gegenwärtig 17 Jahre +alt, und durch die ersten Produkte seines +musikalischen Talentes dem Publikum schon vortheilhaft +bekannt. Sein Klavierspiel zeichnet +sich durch feinen Ausdruck und Präcision aus. +Und so wäre denn zum Theil die scherzhafte Vorhersagung +seines Vaters erfüllt, daß <em class="gesperrt">dieß +Kind ein Mozart werden würde</em>, +weil es einst weinend in den Ton stimmte, aus +dem der Vater eben auf dem Fortepiano spielte. +Offenbar lebt der Geist seines Vaters in ihm: +aber dem Sohne fehlt eine so bildende Vaterhand, +<span class="pagenum"><a name="Page_61" id="Page_61">[61]</a></span>wie diejenige war, die das Genie des Vaters +so trefflich leitete und entwickelte.</p> + +<p>Möge der hoffnungsvolle Sohn in dem Bestreben +nach Vollkommenheit nicht ermüden, und +so wie er der Erbe des väterlichen Talentes ist, +auch seinen rastlosen Fleiß in dem Studium großer +Meister geerbt haben! Nur dadurch geht der +Weg zum wahren Ruhme! Der ältere Sohn +Karl ist gegenwärtig in Mayland und macht +ebenfalls große Fortschritte in der Tonkunst.</p> + +<p>In Böhmen war Mozarts Kunstvollkommenheit +noch bey seinem Leben allgemein anerkannt +und nach Werth geschätzt: aber er lebte zu kurz, +um die wahre Blüthezeit seines Ruhmes zu sehen. +Selbst in Wien seinem Wohnorte waren +es nur Kenner, die seinem Genie Gerechtigkeit +widerfahren ließen. Der Zauberflöte, wovon +Mozart die ersten Vorstellungen und folglich auch +den außerordentlichen Beyfall noch erlebte, war +es vorbehalten seine Größe dem Auslande zu verkünden. +Durch dieß Meisterwerk begeistert suchte +man seine übrigen Werke auf, studierte sie +und empfand ihre Schönheit, und so ward der +Name <em class="gesperrt">Mozart</em> bald in der ganzen gebildeten +Welt gefeyert, seine Gesänge die Lust jegliches +Ohres!</p> + +<p>Dieß erfuhr seine Wittwe auf ihrer Reise +durch Deutschland, die sie im J. 1796 unternommen +hatte. Ueberall sah sie zu ihrer innigsten +<span class="pagenum"><a name="Page_62" id="Page_62">[62]</a></span>Wonne, wie gern die Teutschen wahres +Verdienst erkennen und ehren, und wie tief Mozarts +Gesänge auf ihre Herzen gewirket haben.</p> + +<p>Bey ihrem Aufenthalte zu Berlin im Febr. +1796 gab der <em class="gesperrt">höchstselige Wilhelm</em> II., +dieser vortreffliche Freund der Tonkunst, und der +ganze königl. Hof ausgezeichnete Beweise seiner +Liebe und Achtung für das Genie Mozarts. +Durch ein gnädiges Handbillet ward ihr blos aus +Rücksicht auf die Talente ihres Mannes das königl. +Theater und die Kapelle zum Gebrauche +für ihr Konzert überlassen; und ihre Unternehmung +wurde nicht nur von dem Monarchen, +sondern auch von dem ganzen Publikum auf +das großmüthigste unterstützt. Ueber alle Beschreibung +groß und rührend war die Wirkung, +welche die Aufführung der Singstücke aus der +Oper: <em class="antiqua">La Clemenza di Tito</em> bey dem Konzerte +auf den König, und das so ungewöhnlich +zahlreich versammelte Publikum machte. Alles +war gleich begeistert, die großen Sänger, das +vortreffliche Orchester und die Zuhörer. Der +Geist des verewigten Künstlers, (so drückt sich +ein Berliner Wochenblatt aus, worinn die Akademie +sehr interessant beschrieben wurde) schien über der +Versammlung zu schweben, als zum Anfange +die Sinfonie aus der Zauberflöte von dem Orchester +so meisterhaft vorgetragen, eine feyerliche, +einweihende Stille hervorbrachte. Das Handbillet +<span class="pagenum"><a name="Page_63" id="Page_63">[63]</a></span>worinn der König von Preußen einen so +rühmlichen Beweis seines guten Geschmackes und +der Achtung für teutsches Talent gegeben, lautet +wörtlich so:</p> + +<div class="blockquote"><p>»Sr. Königliche Majestät von Preußen etc. etc. +machen sich ein wahres Vergnügen, durch die +Gewährung des Wunsches der Wittwe Mozart +zu beweisen, wie sehr Sie das Talent ihres verstorbenen +Mannes geschätzt und die ungünstigen +Umstände bedauert haben, welche ihm die +Früchte seiner Werke einzuerndten verhinderten. +Allerhöchst dieselben bewilligen der Wittwe Mozart +zur Ausführung dessen letzter Komposition, +<em class="antiqua">La Clemenza di Tito</em> das große Opernhaus, +so wie Dero eigenes Orchester, haben auch dieserhalb +die nöthigen Befehle an den Kammerherrn +Freyherrn von der <em class="gesperrt">Reck</em> erlassen, an +welchen sich selbige nunmehr zu wenden hat, +und wegen des hiezu zu bestimmenden Tages +und wegen des übrigen Details mit ihm sich +gehörig zu besprechen. Berlin den 14ten Februar +1796.«</p> + +<p class="signature">Fr. Wilhelm.</p> +</div> + +<p>Selbst der Italiener seit Jahrhunderten im +unbestrittenem Besitze des Meisterrechtes der Tonkunst +überwand seinen Nationalstolz, und erkennt +nun Mozarts Ueberlegenheit in der Musik +<span class="pagenum"><a name="Page_64" id="Page_64">[64]</a></span>an. Seine Opern werden in Rom, Mayland +und andern Städten mit Beyfall gegeben; die +Klaviersachen von jedermann gespielt; Meister +studiren seine Partituren.</p> + +<p>Noch früher hat Frankreich seiner Kunst gehuldiget. +Der Beyfall den die Mysterien der Isis +(Zauberflöte) in Paris erhielten ist ein Beweis +davon. Don Juan machte kein so großes +Glück; aber dieß war, wie alle Nachrichten einstimmig +aussagten, die Folge der schlechten Darstellung +des Stückes. Denn der hohe Werth der +Musik selbst wurde vollkommen anerkannt. Seine +Sinfonien, Klavierkonzerte, Quartetten werden +allgemein bewundert, häufig gespielt, und +im Stich und Druck ohne Aufhören neu aufgelegt.</p> + +<p>England, welches deutsches Tonkünstlerverdienst +von jeher schätzte und lohnte, kennt und bewundert +auch Mozarts allgewaltigen Geist. Die Seelenmesse +ward in London öfter mit dem größten +Beyfalle aufgeführt; der Absatz seiner Werke, +die bey Breitkopf und Härtel herausgekommen, +ist nach England eben so stark, als in Deutschland +und Frankreich.</p> + +<p>Wo giebt es überhaupt Kenner und Liebhaber +der süßesten der Künste, wo nicht Mozarts +Töne tönten und jedes Ohr entzückten? Selbst +<span class="pagenum"><a name="Page_65" id="Page_65">[65]</a></span>in den entferntesten Welttheilen, wohin kaum der +Name der berühmtesten Europäer dringt, wiederhallen +seine Harmonien. In den philippinischen +Inseln, (schreibt unser Landsmann, der +bekannte Botaniker Hänke) werden seine Werke +mit Entzücken gehört.</p> + + +<div class="footnotes"><h3>Fußnoten:</h3> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_4_4" id="Footnote_4_4"></a><a href="#FNanchor_4_4"><span class="label">[4]</span></a> Anmerkung: Diese Reise nach Paris gab der +Welt die große Sinfonie in <em class="antiqua">D.</em> die deshalb und +ihres raschen Feuers wegen, die französische +heißt.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_5_5" id="Footnote_5_5"></a><a href="#FNanchor_5_5"><span class="label">[5]</span></a> Vorzüglich der verehrte Herr <em class="gesperrt">Duscheck, Kucharz, +Praupner, Johann Kozeluch, +(nicht Leopold der in Wien lebt,) die +beyden Loschek, Maschek, Caj. Vogel, +Wenzel, Weber, Rösler, Witassek, Tomaschek</em> +u. a. m.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_6_6" id="Footnote_6_6"></a><a href="#FNanchor_6_6"><span class="label">[6]</span></a> Der Verfasser las den Brief im Original, und +fand ihn sehr gut geschrieben.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_7_7" id="Footnote_7_7"></a><a href="#FNanchor_7_7"><span class="label">[7]</span></a> Er unternahm sie im Frühjahr des Jahrs 1789.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_8_8" id="Footnote_8_8"></a><a href="#FNanchor_8_8"><span class="label">[8]</span></a> Mozart bearbeitete für ihn <em class="gesperrt">Händels Acis +und Galathea, Messias, Cecilia, und +das Fest des Alexanders</em> in den Jahren +1788, 89, 90.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_9_9" id="Footnote_9_9"></a><a href="#FNanchor_9_9"><span class="label">[9]</span></a> Der Verfasser erzählt die Begebenheit, wie er sie +oftmals aus dem Munde der Wittwe gehört hatte, +und überläßt es jedem Leser Betrachtungen darüber +anzustellen. Er sah eines der Billette, die +der unbekannte Besteller an Mozart schrieb. Man +kann daraus nichts Besonders abnehmen. Es ist +sehr kurz, Mozart wird darinn ersucht das Requiem +zu senden, und eine Summe zu bestimmen, +um welche er jährlich eine gewisse Anzahl Quartetten +machen könnte. Warum hat der unbekannte +Verehrer der Talente Mozarts, (so nannte +er sich,) für gut gefunden verborgen zu bleiben? +Was ist mit dem Requiem geschehen? +Man erfuhr nie, daß es damals irgendwo aufgeführt +worden sey. Mozarts Freunden würde es ein +großes Vergnügen machen, einigen Aufschluß +über die Sache zu erhalten. Denn man kann +keine gegründete Ursache denken, die eine solche +geheimnißvolle Verborgenheit nothwendig machte.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_10_10" id="Footnote_10_10"></a><a href="#FNanchor_10_10"><span class="label">[10]</span></a> Dieser als Künstler und Mensch gleich verehrungswürdige +Mann ist im Jahr 1798 im Dezember +gestorben.</p></div> +</div> + + + + +<h2><span class="pagenum"><a name="Page_66" id="Page_66">[66]</a></span><a name="III" id="III"></a>III.<br /> +<span class="caption">Mozart als Künstler und Mensch.</span></h2> + + +<p class="newsection"><span class="dropcap">D</span>ie Körperbildung dieses außerordentlichen +Menschen hatte nichts Auszeichnendes; er war +klein, sein Angesicht angenehm, aber, wenn man +das große, feurige Auge ausnimmt, kündigte es +die Größe seines Genies auf den ersten Anblick +nicht an.</p> + +<p>Der Blick schien unstet und zerstreut, außer +wenn er bey dem Klavier saß; da änderte sich +sein ganzes Antlitz! Ernst und versammelt ruhte +dann sein Auge; auf jeder Muskelbewegung +drückte sich die Empfindung aus, welche er durch +sein Spiel vortrug und in dem Zuhörer so mächtig +wieder zu erwecken vermochte.</p> + +<p>Er hatte kleine schöne Hände; bey dem Klavierspielen +wußte er sie so sanft und natürlich an +<span class="pagenum"><a name="Page_67" id="Page_67">[67]</a></span>der Klaviatur zu bewegen, daß sich das Auge +daran nicht minder, als das Ohr an den Tönen +ergötzen mußte. Auch darinn zeichnete sich also +Mozart vor den tummelnden Kraftgenies unserer +Tage aus!</p> + +<p>Der kleine Wuchs seines Körpers kam von seiner +frühen Geistesanstrengung her, und von dem +Mangel an freyer Bewegung in der Zeit seiner +Kindheit. Er war zwar von schönen Eltern erzeugt, +und selbst ein schönes Kind gewesen; aber +von dem 6ten Lebensjahre an war er an eine sitzende +Lebensweise gebunden; um diese Zeit fing er +schon an zu schreiben! Und wie viel hat der +Mann nicht in seinem Leben geschrieben? Da +Mozart bekanntermaßen in der Nacht am liebsten +spielte und komponirte und die Arbeit oft +dringend war: so kann sich jeder vorstellen, wie +sehr ein so fein organisirter Körper darunter leiden +mußte! Sein früher Tod, (<em class="gesperrt">wenn er ja +nicht auch künstlich befördert war</em>), +muß diesen Ursachen hauptsächlich zugeschrieben +werden.</p> + +<p><em class="gesperrt">Aber in dem unansehnlichen +Körper wohnte ein Genius der Kunst</em>, +wie ihn nur wenigen Lieblingen die Natur verlieh!</p> + +<p>Die Größe und der Umfang seines Genies +läßt sich nur nach dem so frühen, so beyspiellos +schnellen Gange seiner Entwickelung, und nach +<span class="pagenum"><a name="Page_68" id="Page_68">[68]</a></span>der hohen Stufe der Vollkommenheit abmessen, +auf die er in seiner Kunst gestiegen war. Kein Tonkünstler +vor ihm hatte das weite Gebiet seiner Kunst +so ganz umfaßt, und in jedem Zweige derselben +so vollendete Produkte geschaffen, als Mozart. +Von der Schöpfung einer Oper an, bis zu dem +einfachen Liede, von der kritischen Erhabenheit +einer Sinfonie, bis zu dem leichten Tanzstückchen +herab; im Ernsten und Komischen tragen +seine Werke überall den Stempel der reichsten +Phantasie, der eindringendsten Empfindung, des +feinsten Geschmackes. Sie haben eine Neuheit +und Originalität, die eine getreue Beurkundung +seines Genies ist. Selbst dasjenige, welches +man ihm als <em class="gesperrt">Fehler</em> vorwirft, zeuget von der +Kraft seines <em class="gesperrt">freyen</em>, eine <em class="gesperrt">neue Bahn</em> gehenden +Geistes. Dazu denke man noch die +<em class="gesperrt">Vollkommenheit</em>, die er zugleich im Klavierspielen +erreicht hatte!</p> + +<p>Alle diese so seltenen, so mannigfaltigen und +so innig verwebten Vorzüge bestimmen den Rang, +der <em class="gesperrt">ihm unter den Genien</em> der Künste +gebührt. <em class="gesperrt">Er war unstreitig einer der +großen, schöpferischen Geister, die +in ihrer Kunst Epoche machen, weil +sie dieselbe vervollkommnen, oder +doch ihren Nachfolgern neue Ansichten +und Pfade eröffnen; nach +deren Erscheinung aber die Kunst +<span class="pagenum"><a name="Page_69" id="Page_69">[69]</a></span>gewöhnlich still stehet, oder rückwärts +geht.</em></p> + +<p>Unter den schönen Künsten ist keine so +sehr Sklavin der Mode und des Zeitgeschmackes, +als die Musik. Da sie bey uns blos +dem Vergnügen dient, blos Sache des <em class="gesperrt">Einzelnen</em> +bleibt, keinen Vereinigungspunkt, keine +Anstalt hat, wodurch der Geschmack des +Publikums die gehörige Richtung bekäme; da +ferner ihre Theorie noch zu wenig bestimmt +und entwickelt ist, um selbst den Künstlern eine +Gränze zu zeigen oder ein Ideal vorzustellen: +so muß sie immer zwischen der Laune der Mode, +dem Eigensinne eines verderbten Geschmackes +und zwischen den aufgestellten Mustern +großer Künstler unstet hin und her schwanken, +und erhält nie einen sichern Gang zur Vollkommenheit. +Ueberdieß sind ihre Zeichen und +Formen zu unbestimmt, und das <em class="gesperrt">Ohr</em>, durch +welches sie auf den Geist wirket, ist ein viel +zu untreuer Bothe, seine Sensationen sind zu +dunkel, als daß man so deutlich bestimmen +könnte, welches darinn das wahre Schöne sey. +<em class="gesperrt">Was dem großen Haufen gefällt</em> – +heißt <em class="gesperrt">schön</em>! Das Neue hat einen starken +Reiz; daher ist es seines Sieges über das bessere +Alte gewiß; und darum gilt alte Musik +und alte Mode einerley. Denn die wenigsten +Menschen haben Geschmack und Kenntniß genug, +<span class="pagenum"><a name="Page_70" id="Page_70">[70]</a></span>um ächte Schönheit, vom Flitter zu unterscheiden. +Wenn größere Geister durch ihre +Meisterwerke mehr als eine augenblickliche Rührung +hervorbringen, so summen doch der Leyermänner +der zwey <em class="gesperrt">Schwestern von Prag</em>, +des <em class="gesperrt">Tyroler Wastels</em>, und dergl. schönen +Sächelchen, so lange dem Publikum um die +Ohren, bis der Nachhall schönerer Töne verschwindet! +Dann kennt man die Namen großer +Meister nur noch aus Büchern; ihre himmlischen +Harmonien sind längst verhallt! Das ist +gewöhnlich das traurige Schicksal der Musik! +Wie viel Kraft, wie viel klassischen Gehalt muß +also in den Werken Mozarts liegen, wenn ihre +Wirkung von dieser Erscheinung eine Ausnahme +machet? Ihre Schönheit empfindet man gewöhnlich +dann erst recht lebhaft, wenn man sie öfters +gehört, oder recht scharf geprüfet hat. Oder haben +uns wohl <em class="gesperrt">Figaro</em>, <em class="gesperrt">Don Juan</em>, <em class="gesperrt">Titus</em>, +während ihrer vieljährigen Vorstellung +noch jemals Langeweile gemacht? Hört man seine +<em class="gesperrt">Klavierkonzerte</em>, <em class="gesperrt">Sonaten</em>, <em class="gesperrt">Lieder</em> +das dreyßigstemal nicht lieber noch, als das +erstemal? Wer hat die tiefgedachten Schönheiten +seiner Violin-Quartetten und Quintetten nach +der häufigsten Wiederholung erschöpft? Dieses +ist der wahre Probirstein des klassischen Werthes! +Die Meisterstücke der Römer und Griechen gefallen +bey fortgesetzter Lektüre und je reifer der Geschmack +<span class="pagenum"><a name="Page_71" id="Page_71">[71]</a></span>wird, immer mehr und mehr – das +nemliche widerfährt dem Kenner und Nichtkenner +bey der Anhörung Mozartischer Musik, besonders +der dramatischen Werke. So ging es uns +bey der ersten Vorstellung des <em class="gesperrt">Don Juan</em> und +insbesondere des Titus.</p> + +<p>Ja eben itzt, nachdem die meisten Schöpfungen +seiner Kunst 20 bis 30 Jahre alt sind, gefallen sie +am meisten! Wie gern hört man nach dem Wirrwarr +neuester Kompositeurs die stillerhabenen, +klaren, so einfachen Gesänge unsers Lieblinges! +Wie wohl thun sie unserm Gefühle – es ist +als wenn man aus einem chaotischen Gewirre, +aus dichter Finsterniß ins Licht und eine heitere +Ordnung versetzt würde.</p> + +<p>Nebst den oben angeführten Eigenheiten und +Vorzügen des mozartischen Kunsttalentes, beobachtete +an ihm der aufmerksame Schätzer seiner +Werke einen gewissen <em class="gesperrt">feinen Sinn</em>, den Charakter +jeder Person, Lage und Empfindung aufs +genaueste zu treffen;</p> + +<div class="poem"><div class="stanza"> +<span class="i0"><em class="antiqua">reddere convenientia cuique</em>.</span> +</div></div> + +<p>Diese Eigenschaft war sein wahrer Beruf +zum dramatischen Komponisten, und ist zugleich +der Erklärungsgrund des Zaubers und der großen +Wirkung seiner Werke. Daher hat jede seiner +Kompositionen einen bestimmten, eigenthümlichen +Charakter, eine Individualität, die selbst in +der Wahl der Tonart sich ankündigt. Kenner +<span class="pagenum"><a name="Page_72" id="Page_72">[72]</a></span>seiner Werke bedürfen keiner besondern Beyspiele, +da alle Opern von seiner Komposition diese Eigenschaft +im hohen Grade an sich haben; aber +das schönste Muster davon ist <em class="antiqua">La Clemenza +di Tito</em>. – Wie ganz anders bey den gewöhnlichen +Kompositionen? Es sind größtentheils +Gesänge von so unbestimmtem Charakter, daß +sie eben so gut zu einer Messe, als <em class="antiqua">Opera buffa</em> +taugen.</p> + +<p>Eine andere auszeichnende Eigenheit seiner +Werke ist die <em class="gesperrt">Verbindung der höchsten +Kompositionskunst mit Lieblichkeit +und Anmuth</em>. Diese Vereinigung ist eine +Aufgabe blos für Künstler von mozartischem +Genie. Den Beweis davon giebt die Erfahrung. +Wie selten trift man auf Kompositionen, +die den beyden Forderungen Genüge leisteten? +Entweder sind es blos kontrapunktische Kunststücke, +die wohl allen Regeln des Satzes zusagen +mögen; aber Wärme, Anmuth und Lieblichkeit, +diese wahren Zaubermittel der Rührung, wußte +ihnen ihr Meister nicht anzuziffern: oder es +sind geistlose, fade Liedeleyen, ohne Sinn und +Zusammenhang, kaum im Stande dem Ohre +mit ihrem übersüßen Geklingel einen vorübergehenden +Kitzel zu verursachen.</p> + +<p>Wie ganz anders ist es beym Mozart? Wie +schmilzt in seinen Werken das, was man Kunst +des Satzes nennt, mit Anmuth, Lieblichkeit und +<span class="pagenum"><a name="Page_73" id="Page_73">[73]</a></span>Wohllaut so schön zusammen, daß das eine wegen +des andern da zu seyn scheint – und beydes +zur Hervorbringung des höchsten Effektes gleich +wirksam ist! Und doch, wie mäßig und besonnen +war er in dem Gebrauche der Süßigkeiten und +Gewürze? Er kannte die hohe Forderung der +Kunst und der Natur. Er schrieb was sein +Genius ihm eingab, was sein richtiger Geschmack +wahr fand, unbekümmert ob es nach +dem Geschmacke des Parterres seyn würde oder +nicht; und <em class="gesperrt">so bildete er sich selber das +Publikum</em>, überzeugt, daß wahre Schönheit, +wie die Wahrheit, endlich doch erkannt wird +und gefällt. Dieß thaten immer große Künstler, +welche die Kraft hatten einen eigenen Weg +zu gehen, und der Mode nicht zu fröhnen.</p> + +<p>Der Punkt dieser schönen Vereinigung der +Gründlichkeit des Satzes mit Anmuth und +Lieblichkeit ist gewiß die treffliche und vor seiner +Zeit <em class="gesperrt">unbekannte Art die Blasinstrumente +zu brauchen und wirken zu +lassen</em>. Hierinn glänzt sein erfinderisches <em class="gesperrt">Genie</em> +ohne Beyspiel und Nebenbuhler.</p> + +<p>Er maß mit dem feinsten Sinne die Natur +und den Umfang der Instrumente ab, +zeichnete ihnen neue Bahnen vor, und gab jedem +derselben die vortheilhafteste Rolle, um die +kraftvolle Masse von Harmonie hervorzubringen, +welche die Bewunderung aller Kenner erzwingt +<span class="pagenum"><a name="Page_74" id="Page_74">[74]</a></span>und das Muster und Studium der guten +Köpfe bleiben wird. Wie ganz anders sehen +hierinn die Kompositionen selbst großer Meister +nach Mozarts Periode, als vor derselben aus? +Wie unendlich viel haben sie gewonnen durch +die Anwendung seiner Art, die Blasinstrumente +zu setzen? Selbst des großen Haidns Werke +bestättigen diese Behauptung. Man vergleiche +die ältern Sinfonien von ihm, mit den +neuern? Die Schöpfung schrieb Haidn erst +nach Mozarts Epoche.</p> + +<p>Wie leise schmiegen sich die Töne der +Blasinstrumente dem Hauptgesange an? wie +kühn wetteifern sie bald wieder mit der Singstimme? +Welche feine Wendungen? Welche +Mannichfaltigkeit und Abwechslung überall? +Bald wieder, wo es der Gegenstand oder Affekt +erfordert, wie abstehend der Kontrast? +Wie gewaltig das Aufbrausen der Leidenschaft? +Selbst in Stücken ohne Singstimmen lehrte +Mozart seine Instrumente einen Gesang, der +so vernehmlich zu dem Gefühle spricht, daß +der Zuhörer nur wenig die Abwesenheit der +Singstimme wahrnehmen kann. Man höre +seine Andantes oder Romanzen, in den Klavierkonzerten +und Quartetten!</p> + +<p>Bey dem häufigen Gebrauche der Blasinstrumente, +wie vollkommen wußte doch Mozart +alle Ueberladung zu vermeiden? wie richtig den +<span class="pagenum"><a name="Page_75" id="Page_75">[75]</a></span>Ort und den Zeitpunkt zu treffen, wo sie Effekt +machen? Nie ist ein Instrument verschwendet +oder mißbraucht, und daher überflüssig. +Aber nur <em class="gesperrt">er</em> verstand die Oekonomie mit dem +geringsten Aufwande, oft durch einen einzigen +Zug eines Instruments, durch einen <em class="gesperrt">Akkord</em>, +einen Trompetenstoß, einen Paukenwirbel die +größte Wirkung hervorzuzaubern! Wie tief sind +viele seiner Nachahmer hierinnen unter ihm?</p> + +<p>So groß, so neu immer Mozart in der +Instrumentalpartie seyn mag, so entfaltet sich +doch sein mächtiges Genie noch <em class="gesperrt">reizender +in dem Satze des Gesanges für +menschliche Stimmen</em>. Hierinn erwarb +er sich ein zweifaches, gleich großes Verdienst. +Mit richtigem Geschmacke führte er ihn zu seiner +anspruchslosen Mutter, der Natur und +Empfindung zurück. Er wagte es den italienischen +Sängern zu trotzen,<a name="FNanchor_11_11" id="FNanchor_11_11"></a><a href="#Footnote_11_11" class="fnanchor">[11]</a> alle unnützen charakterlosen +<span class="pagenum"><a name="Page_76" id="Page_76">[76]</a></span>Gurgeleyen, Schnörkel und Passagen +zu verbannen! Daher ist sein Gesang überall +<em class="gesperrt">einfach, natürlich, kraftvoll, ein reiner +Ausdruck der Empfindung und +der Individualität</em> der Person und ihrer +Lage. Der Sinn des Textes ist immer so richtig +und genau getroffen, daß man ausrufen muß: +»Wahrlich die Musik spricht«! Aber Mozart +scheint sich selbst zu übertreffen, wenn er den +Gesang für mehrere Stimmen dichtet, <em class="gesperrt">in Terzetten, +Quartetten, Quintetten</em> d. h. +in vielstimmigen Stücken; vorzüglich in seinen +unübertrefflichen, wahrlich <em class="gesperrt">einzigen +Operfinalen</em>. Welcher Reichthum? welche +Mannigfaltigkeit in Wendungen und Veränderungen? +Wie schlingt sich da eine Stimme um +die andere? wie schön vereinigen sie sich alle ein +reizendes Ganze zu bilden, eine neue Harmonie +hervorzubringen? Und doch sagt jede nur ihre +eigene oft entgegengesetzte Empfindung! <em class="gesperrt">Hier +ist die größte Mannigfaltigkeit und +die strengste Einheit vereinigt.</em> Man +findet wohl <em class="gesperrt">schöne</em> Arien auch bey andern +<span class="pagenum"><a name="Page_77" id="Page_77">[77]</a></span>Meistern: aber niemand wird in <em class="gesperrt">vielstimmigen +Sachen</em> Mozarten die Palme entreißen.</p> + +<p>Doch wer mag sie alle entwickeln, die unzähligen +Vorzüge, die unerschöpflichen Schönheiten +seiner Kunst? Wer mag mit Worten das +<em class="gesperrt">Neue, Originelle, Hinreißende, Erhabene, +Volltönende seiner</em> Musik +beschreiben? Seine Musik verfehlt nie ihre Wirkung, +wenn sie nur pünktlich und mit Feuer +vorgetragen wird. Freylich ist es nicht leicht +seinem Geiste nachzufliegen; und da bey ihm jede +Note mathematisch genau zu der Harmonie +berechnet ist: so giebt es auch kein so arges +Mißgetön, als wenn rohe Hände unwissender +Bierfiedler sich an seine Heiligthümer wagen.</p> + +<p>Die berühmtesten Tonkünstler erkannten die +Größe seines Genies, und bewunderten seine +Werke. <em class="gesperrt">Joseph Haydn</em>, dieser Liebling +der Grazien, der in seinem Alter noch das +Gefühl eines Jünglinges zeigte, ist gewiß vor +allen <em class="gesperrt">ein befugter und berufener +Richter</em>.</p> + +<p>Sein Urtheil ist unpartheyisch, weil er als +ein redlicher Mann bekannt ist, und Mozarts +aufblühender Ruhm dem seinigen im Wege stand. +Schon im Jahre 1785 da Mozarts Vater noch +lebte, sagte J. Hayden bey einer Zusammenkunft +in Wien zu ihm: »<em class="gesperrt">Ich sage Ihnen +<span class="pagenum"><a name="Page_78" id="Page_78">[78]</a></span>vor Gott und als ein ehrlicher +Mann, daß ich ihren Sohn für den +größten Komponisten anerkenne, +von dem ich nur immer gehört habe; +er hat Geschmack und besitzt +die gründlichste Kenntniß in der +Kunst der Komposition.</em>«</p> + +<p>Im Jahre 1787 im Dezember schrieb eben +dieser große Mann an einen <em class="gesperrt">Freund in +Prag</em>, der mit ihm seit langer Zeit in Briefwechsel +stand, und ein Singspiel von seiner Komposition +für Prag verlangte, folgenden merkwürdigen +Brief:</p> + +<div class="blockquote"><p>»Sie verlangen eine <em class="antiqua">Opera buffa</em> von mir; +recht herzlich gern, wenn Sie Lust haben von +meiner Singkomposition etwas für sich allein zu +besitzen. Aber um sie auf dem Theater zu Prag +aufzuführen, kann ich Ihnen dießfalls nicht +dienen, weil alle meine Opern zu viel auf unser +Personale (<em class="gesperrt">zu Esterhaz in Ungarn</em>) +gebunden sind, und außerdem nie die Wirkung +hervorbringen würden, die ich nach der Lokalität +berechnet habe. Ganz was anders wär +es, wenn ich das unschätzbare Glück hätte ein +ganz neues Buch für das dasige Theater zu +komponiren. Aber auch da hätte ich noch viel +zu wagen, in dem der <em class="gesperrt">große</em> Mozart schwerlich +jemanden andern zur Seite haben kann.«</p> + +<p><span class="pagenum"><a name="Page_79" id="Page_79">[79]</a></span>»Denn, könnt ich jedem Musikfreunde besonders +aber den Großen die unnachahmlichen Arbeiten +Mozarts <em class="gesperrt">so tief und mit einem +solchen musikalischen Verstande, +mit einer so großen Empfindung in +die Seele prägen, als ich sie begreife +und empfinde</em>: so würden die +Nationen wetteifern ein solches Kleinod in ihren +Ringmauern zu besitzen. Prag soll den +theuern Mann fest halten – aber auch belohnen; +denn ohne dieses ist die Geschichte großer +<em class="gesperrt">Genies traurig</em>, und giebt der Nachwelt +wenig Aufmunterung zum fernern Bestreben; +weßwegen leider! so viel hoffnungsvolle Geister +darnieder liegen. Mich zürnet es, daß dieser +<em class="gesperrt">einzige Mozart</em> noch nicht bey einem +kaiserlichen oder königlichen Hofe engagirt ist. +Verzeihen Sie, wenn ich aus dem Geleise komme: +ich habe den Mann zu lieb.«</p> + +<p class="sigline1">Ich bin etc.</p> +<p class="signature">Joseph Hayden.</p> + +<p>N. S. An das Prager Orchester und die dasige +Virtuosen mein ergebenstes Kompliment.<a name="FNanchor_12_12" id="FNanchor_12_12"></a><a href="#Footnote_12_12" class="fnanchor">[12]</a></p> +</div> + +<p><span class="pagenum"><a name="Page_80" id="Page_80">[80]</a></span>Wenn ein <em class="gesperrt">Haydn</em> so urtheilt, so begeistert +spricht – ein Haydn, der allein unter +allen Tonkünstlern über seinen Verlust zu trösten +im Stande wäre, was will dann das Gekreische +einiger kleinen Geister sagen, die an Mozarts +Ruhme zu Rittern werden wollten?</p> + +<p>Der chursächsische Kapellmeister H. Naumann +bezeugte bey seinem Aufenthalte zu Prag +auf eine schöne Art seine Hochachtung und Bewunderung +für Mozarts Talente und Werke in +einer rührenden Anrede an seinen Sohn, als +ihm derselbe von seiner Freundin Duschek vorgestellt +wurde. Wer die redliche anspruchslose +Denkungsart dieses berühmten Meisters kannte, +wird an der Wahrheit seiner Gesinnungen gewiß +nicht zweifeln.<a name="FNanchor_13_13" id="FNanchor_13_13"></a><a href="#Footnote_13_13" class="fnanchor">[13]</a></p> + +<p>Wie sehr ihn <em class="gesperrt">Gluck</em> geschätzt habe, ist +schon erwähnt worden.</p> + +<p>Cherubini, dessen Geist dem Mozartischen am +nächsten verwandt scheint, ist sein größter Bewunderer, +<span class="pagenum"><a name="Page_81" id="Page_81">[81]</a></span>und hat seine Werke zum Gegenstande +seines beständigen Studium gemacht. Alle +Neuern, wenn sie es auch nicht gestehen wollen, +haben von Mozart gelernt, oder ahmen ihn +nach!</p> + +<p>Ein noch lebender, nicht unberühmter Tonsetzer +in Wien sagte zu einem andern bey Mozarts +Tode, mit vieler Wahrheit und Aufrichtigkeit: +»Es ist zwar Schade um ein so großes Genie; +aber wohl uns, daß er todt ist. Denn, +würde er länger gelebt haben, wahrlich! die +Welt hätte uns kein Stück Brod mehr für unsere +Kompositionen gegeben.«</p> + +<p>Die zahlreiche Klasse gründlicher Tonkünstler +in Prag verdient mit Recht unter den Richtern +über Mozarts hohen Werth einen ansehnlichen +Platz. Die meisten von ihnen sprechen mit einer +Achtung von Mozarts Werken, die ein rühmlicher +Beweis ihrer Kenntnisse, und der Unbefangenheit +ihres Herzens ist. – Einige, (lange +noch nicht alle) sind in einer vorhergehenden +Anmerkung genannt worden. Der brave Duschek +mit seiner Gattin, die als Künstlerin und +gebildete Frau im gleichen Maße auf Achtung +und Beyfall Anspruch machen kann, waren +Freunde und Bewunderer Mozarts. Wie viele +treffliche Künstler, auf die <em class="gesperrt">Böhmen</em> stolz ist +– wie viele gründliche und geschmackvolle Dilletanten +vom Adel und dem Bürgerstande, die +<span class="pagenum"><a name="Page_82" id="Page_82">[82]</a></span>in jedem andern Lande für Virtuosen gelten würden, +müßte ich nennen, wenn ich alle Freunde +und Verehrer seiner Werke und Talente in Böhmen +herzählen wollte?</p> + +<p>Doch um Mozart als Tonkünstler ganz kennen +zu lernen, ist es nöthig ihn bey seinem +Schreibpulte, wenn er die unsterblichen Werke +dichtete, zu beobachten!</p> + +<p>Mozart schrieb alles mit einer Leichtigkeit und +Geschwindigkeit, die wohl beym ersten Anblick +Flüchtigkeit oder Eile scheinen konnte; auch kam +er nie während des Schreibens zum Klavier. +Seine Imagination stellte ihm das ganze Werk, +wenn es empfangen war, deutlich und lebhaft +dar. Die große Kenntniß des Satzes erleichterte +ihm den Ueberblick der gesammten Harmonie. +Selten trift man in seinen Konzeptpartituren ausgebesserte +oder überstrichene Stellen an. Daraus +folgt nicht, daß er seine Arbeiten nur hingeworfen +habe. In seinem Kopfe lag das Werk immer +schon vollendet, ehe er sich zum Schreibpulte +setzte. Wenn er den Text zu einer Singkomposition +bekam, so ging er lange Zeit damit herum, +dachte sich ganz hinein, und erregte die Thätigkeit +seiner Phantasie. Bey dem Klavier arbeitete +er dann die Gedanken vollständig aus; und +nun erst setzte er sich zum Schreiben hin. Daher +war ihm das Schreiben eine leichte Arbeit, +wobey er oft scherzte und tändelte. Es ist schon +<span class="pagenum"><a name="Page_83" id="Page_83">[83]</a></span>oben gesagt worden, daß er auch in seinen Mannsjahren +halbe Nächte bey dem Klavier zubrachte, +dieß waren eigentlich die <em class="gesperrt">Schöpferstunden</em> +seiner himmlischen Gesänge! Bey der schweigenden +Ruhe der Nacht, wo kein Gegenstand die +Sinne fesselt, entglühete seine Einbildungskraft +zu der regesten Thätigkeit, und entfaltete den +ganzen Reichthum der Töne, welchen die Natur +in seinen Geist gelegt hatte. Hier war <em class="gesperrt">Mozart +ganz</em> Empfindung und Wohllaut – hier +floßen von seinen Fingern die wunderbarsten +Harmonien! <em class="gesperrt">Wer Mozart in solchen +Stunden hörte, der nur kannte die +Tiefe, den ganzen Umfang seines +musikalischen Genies: frey und unabhängig +von jeder Rücksicht durfte +da sein Geist mit kühnen Fluge sich +in die höchsten Regionen der Kunst +schwingen.</em> In solchen Stunden der dichterischen +Laune schuf sich Mozart unerschöpflichen +Vorrath; daraus ordnete und bildete er dann +mit leichter Hand seine unsterblichen Werke.</p> + +<p>Uebrigens wird jeder einsehen, daß eine reiche +Ader der Gedanken dazu erfodert war. +Ohne diese würde alle seine Kunst unfruchtbar +geblieben seyn. Es giebt zwar Komponisten, +die durch hartnäckigen Fleiß einige Gedanken +erzwingen: aber wie bald versiegt ihre Quelle? +Dann hört man sie nur wiederholen: ihre spätern +<span class="pagenum"><a name="Page_84" id="Page_84">[84]</a></span>Werke sind gewöhnlich nur die Musterkarte +der frühern.</p> + +<p>Diese Leichtigkeit, mit der Mozart schrieb, +hat er, wie wir gesehen haben, schon als Knabe +gezeigt; ein Beweis, daß sie ein Werk des Genies +war. Aber wie oft überraschte er damit in +seinen letzten Jahren selbst diejenigen, die mit +seinen Talenten vertraut waren? Die genievolle +Eingangssinfonie zum <em class="gesperrt">Don Juan</em> ist ein +merkwürdiges Beyspiel davon. Mozart schrieb +diese Oper im Oktober 1787 zu Prag; sie war +nun schon vollendet, einstudirt, und sollte übermorgen +aufgeführt werden, nur die Ouverture +fehlte noch.</p> + +<p>Die ängstliche Besorgniß seiner Freunde, die +mit jeder Stunde zunahm, schien ihn zu unterhalten; +je mehr sie verlegen waren, desto leichtsinniger +stellte sich Mozart. Endlich am Abende +vor dem Tage der ersten Vorstellung, nachdem +er sich satt gescherzt hatte, gieng er gegen Mitternacht +auf sein Zimmer, fing an zu schreiben, +und vollendete <em class="gesperrt">in einigen Stunden das +bewundernswürdige Meisterstück</em>, +welches die Kenner nur der himmlischen Sinfonie +der Zauberflöte nachsetzen. Die Kopisten +wurden nur mit Mühe bis zur Vorstellung fertig, +und das Opernorchester, dessen Geschicklichkeit +<span class="pagenum"><a name="Page_85" id="Page_85">[85]</a></span>Mozart schon kannte, führte sie <em class="antiqua">prima +vista</em> vortrefflich auf.<a name="FNanchor_14_14" id="FNanchor_14_14"></a><a href="#Footnote_14_14" class="fnanchor">[14]</a></p> + +<p>Die Musik zur Zauberflöte war schon im +Julius 1791 fertig. In der Mitte des <em class="gesperrt">Augustus</em> +gieng Mozart nach Prag, schrieb da innerhalb +18 Tagen <em class="antiqua">La Clemenza di Tito</em>, welche +am 5ten September aufs Theater kam. In +der Mitte dieses Monaths reisete er nach Wien +zurück, und schrieb ein paar Tage vor der Vorstellung +der Zauberflöte, die am 30. September +geschah, die beste aller Ouverturen und den +<em class="gesperrt">Priestermarsch</em> zum Anfang des 2ten +Aktes.</p> + +<p>Solche Beyspiele könnten häufig angeführt +werden. Sein außerordentliches Gedächtniß +zeigte sich auch schon in der Jugend; das aufgefaßte +<em class="gesperrt">Miserere</em> in Rom giebt einen vollen +Beweis davon. Er behielt es ungeschwächt bis +an sein Ende.</p> + +<p>Da man seine Kompositionen unglaublich +suchte: so war er nie sicher, daß ihm nicht ein +neues Werk selbst während des Kopirens abgestohlen +werde. Er schrieb daher bey seinen Klavier-Konzerten +gewöhnlich nur eine Zeile für +eine Hand auf, und spielte das übrige aus dem +<span class="pagenum"><a name="Page_86" id="Page_86">[86]</a></span>Gedächtnisse. So hat er einst ein Klavierkonzert, +welches er schon seit geraumer Zeit nicht +in Händen gehabt hatte, in einer musik. Akademie +aus dem Gedächtnisse gespielt, indem er die Prinzipalstimme +in der Eile zu Hause vergaß.</p> + +<p>Aber wie ist Mozart ein so <em class="gesperrt">großer</em>, ja ich +möchte sagen, <em class="gesperrt">einziger</em> Mann in seiner Kunst +geworden? Hat er alles der Natur, oder seinem +Studium, seiner Ausbildung zu danken? Einige +teutschen Schriftsteller sprechen von einer <em class="gesperrt">instinktartigen +Beschaffenheit seines +Geistes</em>, welche ihn unwillkührlich zur Hervorbringung +seiner Meisterwerke getrieben habe. +Aber diese Herrn kennen sicher Mozarten gar nicht, +und scheinen die Leichtigkeit, mit welcher er, wenn +die Idee des Werkes einmal gebildet war, schrieb, +für die instinktartige Wirkung seines Talentes +zu halten. Freylich haben die Aeußerungen +des Genies, in wiefern es angeboren ist, etwas +instinktartiges: aber nur Bildung und Uebung +– Studium giebt ihm Reife und Vollendung. +Mozart hatte von der Natur ein Genie +empfangen wie Shakespeare, aber er übertraf +diesen an Geschmack und Korrektheit. Er produzirte +mit Verstand und Wahl. Diese so seltene +Vereinigung eines feinen Geschmackes und der +richtigsten Beurtheilung mit den größten Naturanlagen, +die Mozarten unter den Meistern seiner +Kunst den ersten Rang giebt, war größtentheils +<span class="pagenum"><a name="Page_87" id="Page_87">[87]</a></span>sein Werk – das Werk seines Eifers, seines +Fleißes; das Werk des tiefen und gründlichen +Studiums der Kunst.</p> + +<p>Aus der Geschichte seiner Jugend haben wir +gesehen, wie sorgfältig er jede Gelegenheit benützte, +um zu lernen; wie weise und streng ihn +sein Vater dazu leitete; wie tief er in die Geheimnisse +der Kunst so früh schon eingedrungen +war. Aber wir wollen ihn selbst darüber hören.</p> + +<p>Einst – (es war nach den ersten Proben +seines Don Juan) – gieng Mozart mit dem +damaligen Orchesterdirektor und Kapellmeister +Herr Kucharz<a name="FNanchor_15_15" id="FNanchor_15_15"></a><a href="#Footnote_15_15" class="fnanchor">[15]</a> spazieren. Unter andern vertraulichen +Gesprächen kam die Rede auf Don +Juan. Mozart sagte: »Was halten sie von der +Musik zum Don Juan? Wird sie so gefallen, +wie Figaro? Sie ist von einer andern Gattung!</p> + +<p><em class="gesperrt">Kuch</em>. Wie können Sie daran zweifeln? +Die Musik ist schön, originell, tief gedacht. +Was von Mozart kommt wird den Böhmen gewiß +gefallen.</p> + +<p><em class="gesperrt">Moz</em>. Ihre Versicherung beruhigt mich, +sie kommt von einem Kenner. Aber ich habe +<span class="pagenum"><a name="Page_88" id="Page_88">[88]</a></span>mir Mühe und Arbeit nicht verdrüßen lassen, +für Prag etwas vorzügliches zu leisten. Ueberhaupt +irrt man, wenn man denkt, daß mir meine +Kunst so leicht geworden ist. Ich versichere +Sie, lieber Freund! niemand hat so viel Mühe +auf das Studium der Komposition verwendet als +ich. <em class="gesperrt">Es giebt nicht leicht einen berühmten +Meister in der Musik, den +ich nicht fleißig, oft mehrmal durchstudirt +hätte.</em>«</p> + +<p>Und in der That, man sah die Werke großer +Tonkünstler, auch da noch, als er bereits +klassische Vollkommenheit erreicht hatte, auf seinem +Pulte.</p> + +<p>Sein gewandter Geist wußte sich den Charakter +eines jeden so anzueignen, daß er sie oft +zum Scherze im Satze und Stile bis zum Täuschen +nachahmte.</p> + +<p>Sein Gehör war so fein, faßte die Verschiedenheit +der Töne so gewiß und richtig auf, +daß er den geringsten Fehler oder Mißton selbst +bey dem stärksten Orchester bemerkte, und dasjenige +Subjekt oder Instrument, welches ihn begieng +genau anzugeben wußte. Nichts brachte +ihn so sehr auf, als Unruhe, Getöse oder Geschwätz +bey der Musik. Da gerieth der so sanfte, +muntere Mann in den größten Unwillen, +und äußerte ihn sehr lebhaft. Es ist bekannt, +daß er einst mitten im Spiele unwillig von dem +<span class="pagenum"><a name="Page_89" id="Page_89">[89]</a></span>Klavier aufstand, und die unaufmerksamen Zuhörer +verließ. Dieses hat man ihm vielfältig +übel genommen; aber gewiß mit Unrecht. +Alles, was er vortrug, empfand er selbst auf das +stärkste – sein ganzes Wesen war dann Gefühl +und Aufmerksamkeit: wie konnte ihn also kalte +Fühllosigkeit, Unaufmerksamkeit: oder gar ein +störendes Geschwätze in der Laune und Fassung +erhalten? Als begeisterter Künstler vergaß er da +auf alle andere Rücksichten.</p> + +<p>Wie reizbar lebhaft sein Kunstsinn gewesen +sey, kann man aus dem schließen, daß er bey +der Aufführung einer guten Musik bis zu +Thränen gerührt wurde: vorzüglich wenn er +etwas von den beyden großen <em class="gesperrt">Haydn</em> hörte. +Aber nicht allein Musik, jeder andere rührende +Gegenstand ergriff sein ganzes Gefühl und +erschütterte ihn. Seine Einbildungskraft war +immer thätig, immer mit Musik beschäftigt; +daher schien er oft zerstreut und gedankenlos.</p> + +<p><em class="gesperrt">So groß war Mozart als Künstler!</em> +Den Forscher der menschlichen Natur wird es +nicht befremden, wenn er sieht, daß dieser als +Künstler so seltene Mensch, nicht auch in den +übrigen Verhältnissen des Lebens ein <em class="gesperrt">großer +Mann</em> war. Die Tonkunst machte die +Haupt- und Lieblingsbeschäftigung seines ganzen +Lebens aus – um diese bewegte sich sein ganzes +Gedanken- und Empfindungsspiel; alle Bildung +<span class="pagenum"><a name="Page_90" id="Page_90">[90]</a></span>seiner Kräfte, die das Genie des Künstlers ausmachen, +ging von da aus und bezog sich darauf. +Ist es ein Wunder, wenn er den übrigen +Dingen um sich weniger Aufmerksamkeit widmete? +Er war Künstler, war es ganz und in einer +bewundernswürdigen Größe: das ist genug! Wer +mag indeß die Gränzlinien seiner Geistkräfte so +genau ziehen, um behaupten zu können, Mozart +habe außer seiner Kunst zu nichts sonst Anlage +oder Fähigkeit gehabt? Man setzt freylich das +Wesen des Künstler-Genies in eine überwiegende +Stärke der untern oder ästhetischen Kräfte der +Seele, aber man weiß auch, daß die Künste +besonders die Musik häufig einen scharfen +Ueberblick, Beurtheilung und Einsicht in die +Lage der Dinge erfodern; welches bey Mozart +um so gewisser vorauszusetzen ist, da er kein +gemeiner mechanischer Virtuos eines Instrumentes +war, sondern das ganze weite Gebieth der +Tonkunst mit seltner Kraft und Geschicklichkeit +umfaßte.</p> + +<p>Wie schön und beneidenswerth ist übrigens +der Wirkungskreis eines Tonkünstlers? Mit +seinen süßen Harmonien entzückt er tausend +gefühlvolle Seelen; er schafft ihnen die reinste +Wonne; er erhebt, besänftiget, tröstet! Auch +dann wenn er nicht mehr ist, lebt er dennoch in +seinen widerholenden Gesängen – Tausende +segnen und bewundern ihn.</p> + +<p><span class="pagenum"><a name="Page_91" id="Page_91">[91]</a></span><em class="gesperrt">Mozart</em> hatte schon in seiner Jugend +zu allen Kenntnissen, die man ihm +beyzubringen für nöthig fand, eine große Anlage +gezeigt, in allen schnelle Fortschritte gemacht; +von der Arithmetik ist Erwähnung geschehen. +Auch in seinen spätern Jahren liebte er diese +Kenntniß sehr und war wirklich ein ungemein +geschickter Rechenmeister. Eben so groß war +sein Talent zur Sprachwissenschaft; er verstand +<em class="gesperrt">Französisch</em>, <em class="gesperrt">Englisch</em>, <em class="gesperrt">Italienisch</em> +und <em class="gesperrt">Teutsch</em>. Die lateinische Sprache lernte +er in spätern Jahren, und zwar nur so weit, +als es zur Verständniß des Kirchentextes, den er +allenfalls in Musik zu setzen hätte, erfordert +war. In allen übrigen Sprachen hat er die +guten Schriftsteller gelesen und verstanden. Er +machte oft selbst Verse; meistens aber nur bey +scherzhaften Gelegenheiten.<a name="FNanchor_16_16" id="FNanchor_16_16"></a><a href="#Footnote_16_16" class="fnanchor">[16]</a> In den übrigen +Fächern hatte Mozart wenigstens so viel historische +Kenntniß, als für einen Mann von Bildung +nöthig war.</p> + +<p><span class="pagenum"><a name="Page_92" id="Page_92">[92]</a></span>Zu bedauern ist es, daß er nicht über seine +Kunst schrieb! Aus einem Briefe, welchen +er an F. v. Trattner, eine seiner Schülerinnen +über den <em class="gesperrt">Vortrag</em> der für sie gesetzten +Klavierphantasie geschrieben hatte, konnte man +sehen, daß er nicht nur die Prax, sondern auch +die Theorie seiner Kunst vollkommen verstand. +Der Brief ist, leider! nicht zu finden gewesen.</p> + +<p>In einem Heft einer musikalischen Zeitschrift +von Berlin vor einigen Jahren wurde von +Mozart behauptet, er habe eigentlich keine +<em class="gesperrt">höhere Bildung</em> gehabt. Es ist schwer zu +errathen, was der Verfasser mit den Worten +höhere Bildung gemeint habe. Mozart hatte die +Welt gesehen, er kannte die Schriftsteller der +gebildetesten Nationen, zeigte überall einen offenen +und freymüthigen Geist: was fehlte ihm also +zur höhern Kultur? Muß man in Göttingen +oder Jena studirt haben, um höhere Bildung zu +erlangen? Oder besteht die höhere Bildung +darinn, daß man weiß, was teutsche Schriftsteller +sagen? daß man von allen zu schwatzen +verstehet?</p> + +<p>Der <em class="gesperrt">moralische Charakter Mozarts</em> +war <em class="gesperrt">bieder</em> und <em class="gesperrt">liebenswürdig</em>. +Unbefangene <em class="gesperrt">Herzensgüte</em> und eine <em class="gesperrt">seltene +Empfindlichkeit für alle Eindrücke</em> +des <em class="gesperrt">Wohlwollens und der +Freundschaft</em> waren seine Grundzüge. Er +<span class="pagenum"><a name="Page_93" id="Page_93">[93]</a></span>überließ sich diesen liebenswürdigen Regungen +ganz, und wurde daher mehrmal das Opfer seines +gutmüthigen Zutrauens. Oft beherbergte +und pflegte er seine ärgsten Feinde und Verderber +bey sich.</p> + +<p>Er hatte zwar oft mit einem schnellen Blicke +auch versteckte Charaktere aus dem Innersten ausgeholt: +aber im Ganzen genommen, hatte er +zu viel Gutmüthigkeit um Menschenkenntniß zu +erlangen. Selbst die Art seiner <em class="gesperrt">Erziehung</em>, +die <em class="gesperrt">unstäte Lebensart auf Reisen</em>, wo +er nur für seine Kunst lebte, machte eine wahre +Kenntniß des menschlichen Herzen unmöglich. +Diesem Mangel muß man manche Unklugheit +seines Lebens zu schreiben.</p> + +<p>Uebrigens hatte Mozart für die Freuden der +Geselligkeit und Freundschaft einen offenen Sinn. +Unter guten Freunden war er vertraulich wie ein +Kind, voll <em class="gesperrt">munterer</em> Laune; diese ergoß sich +dann meistentheils in den drolligsten <em class="gesperrt">Einfällen</em>. +Mit Vergnügen denken seine Freunde in +Prag an die schönen Stunden, die sie in seiner +Gesellschaft verlebten; sie können sein gutes argloses +Herz nie genug rühmen; man vergaß in +seiner Gesellschaft ganz, daß man <em class="gesperrt">Mozart</em> +den bewunderten Künstler vor sich habe.</p> + +<p>Nie verrieth er einen gewissen <em class="gesperrt">Kunst-Pedantismus</em>, +der an manchen Jüngern Apollos +so widerlich ist. Er sprach selten und wenig +<span class="pagenum"><a name="Page_94" id="Page_94">[94]</a></span>von seiner Kunst, und immer mit einer liebenswürdigen +Bescheidenheit. Hochschätzung des +wahren Verdienstes und Achtung für die Person +leiteten seine Urtheile in Kunstsachen. Es war +gewiß rührend, wenn er von den <em class="gesperrt">beyden +Haydn</em>, oder andern großen Meistern sprach: +man glaubte nicht dem allgewaltigen Mozart, +sondern einen ihrer begeisterten Schüler zu +hören.</p> + +<p>Ich kann hier eine Anekdote nicht übergehen, +die eben so sehr seinen geraden Sinn, und den +Unwillen gegen lieblose Tadelsucht, als seine +große Achtung für Joseph <em class="gesperrt">Haydn</em> beweiset. +Sie sey zugleich ein Beyspiel seiner guten +Einfälle.</p> + +<p>In einer Privatgesellschaft wurde einst ein +neues Werk von Joseph Haydn gemacht. Nebst +Mozart waren mehrere Tonkünstler gegenwärtig, +unter andern L. K..., der noch nie jemanden +gelobt hatte, als sich selbst. Er stellte sich +zum Mozart und tadelte bald dieses bald jenes. +Mit Geduld hörte ihn dieser eine Zeit an; als +es ihm aber zu lang dauerte, und der Tadler +endlich wieder bey einer Stelle mit Selbstgenügsamkeit +ausrief: »Das hätt’ ich nicht gethan« +– erwiederte Mozart: Ich auch nicht; wissen +Sie aber warum? Weil <em class="gesperrt">wir es beyde</em> nicht +so gut getroffen hätten! – Durch diesen Einfall +<span class="pagenum"><a name="Page_95" id="Page_95">[95]</a></span>machte er sich einen unversöhnlichen Feind +mehr.</p> + +<p>Mit einer solchen Bescheidenheit verband +Mozart dennoch ein edles <em class="gesperrt">Bewußtseyn</em> seiner +Künstlerwürde. Wie wäre es auch möglich +gewesen nicht zu wissen, wie <em class="gesperrt">groß</em> er sey? +Aber er jagte nie nach dem Beyfalle der Menge; +selbst als Kind rührte ihn nur das Lob des Kenners. +Daher war ihm alles gleichgültig, was +blos aus Neugierde ihn anzugaffen gekommen +war. Oft ging dieses Betragen vielleicht zu +weit. Er war daher bisweilen auch in der Gegenwart +großer Herrn vom höchsten Range zum +Spielen nicht zu bewegen; oder er spielte nichts +als Tändeleyen, wenn er merkte, daß sie keine +Kenner oder wahre Liebhaber sind. Aber Mozart +war der gefälligste Mann von der Welt, +wenn er sah, daß man Sinn für seine Kunst +besitze; er spielte Stunden lang dem geringsten, +oft unbekannten Menschen. Mit aufmunternder +Achtsamkeit hörte er die Versuche junger Künstler +an, und weckte durch eine liebevolle Beyfallsäußerung +das schlummernde Selbstbewußtseyn.</p> + +<p>Unser beste Klavierspieler und beliebter Tonsetzer +Joh. Witassek dankt ihm diese Erweckung +seines Talentes. Die wenigen Stunden +die er bey Mozart zubrachte, schätzt er nach eigenem +<span class="pagenum"><a name="Page_96" id="Page_96">[96]</a></span>Geständnisse für einen großen Zuwachs zu +seiner Ausbildung.</p> + +<p>Menschenfreundlich und uneigennützig war +<em class="gesperrt">Mozart</em> im hohen Grade. Darum sammelte +er kein Vermögen. Ganz im Reiche der Töne +lebend, schätzte er den Werth des Geldes und der +übrigen Dinge zu wenig. Daher arbeitete er +viel umsonst, aus Gefälligkeit oder Wohlthätigkeit. +Jeder reisende Virtuos war gewiß, wenn +er sich ihm durch Talent oder moralischen Charakter +zu empfehlen wußte, eine Komposition +für sich zu erhalten. So entstanden die Konzerte +für die übrigen Instrumente, so eine Menge +einzelner Singkompositionen, unter andern die +majestätischen Chöre zu dem Schauspiele, König +Tamos, die den erhabensten Werken Händels +und Glucks an die Seite gesetzt werden.</p> + +<p>Aber selbst die Bezahlung, die er für seine +Arbeiten bekam, war meistens mittelmäßig. +Der Theaterunternehmer Guardasoni zahlte ihm +für Don Juan nur hundert Dukaten.</p> + +<p><em class="gesperrt">Verstellung und Schmeicheley</em> +war seinem arglosen Herzen gleich fremd; jeder +Zwang, den er seinem Geiste anthun mußte, +<em class="gesperrt">unausstehlich</em>. Freymüthig und offen in +seinen Aeußerungen und Antworten, beleidigte +er nicht selten die Empfindlichkeit der Eigenliebe, +und zog sich dadurch manchen Feind zu.</p> + +<p><span class="pagenum"><a name="Page_97" id="Page_97">[97]</a></span>Seine hohe Kunst und der liebenswürdige Charakter +verschafften ihm Freunde, die ihn von ganzer +Seele liebten und für sein Wohl eifrig besorgt +waren. Es würde das Zartgefühl dieser +edlen Menschen beleidigen, wenn sie hier namentlich +angeführt würden; wie wäre es auch +möglich alle zu kennen und zu nennen? Indem +mir also diese Betrachtung verbiethet von der +großmüthigen Freundschaft eines B. v. S**, +und des Kaufmannes B** in Wien zu reden: +so sey es wenigstens erlaubt hier der ausgezeichneten +Wohlthätigkeit eines Wiener Bürgers gegen +Mozart zu erwähnen. Dieser brave Mann, ein +Flecksieder vom Gewerbe, ohne Mozart persönlich +zu kennen, blos von Bewunderung für seine +Kunst hingerissen, verschaffte seiner kranken Gemahlin, +(die nach der Verordnung der Aerzte +wegen einer Lähmung am Fuße Bäder vom gekochten +Magengekröße brauchen mußte), die +Gelegenheit in seinem eigenen Hause durch geraume +Zeit die Kur mit vieler Bequemlichkeit +brauchen zu können. Er lieferte ihr nicht nur +die Flecke unentgeltlich und ersparte dadurch Mozarten +eine Auslage von mehreren hundert Gulden, +sondern verlangte auch für Logis und +Kost gar nichts. Aehnliche Beyspiele eines solchen +Enthusiasmus für die hohe Kunst Mozarts +sind sehr häufig.</p> + +<p><span class="pagenum"><a name="Page_98" id="Page_98">[98]</a></span>Aber Mozart hatte auch Feinde, zahlreiche, +unversöhnliche Feinde. Wie hätten ihm auch +diese mangeln können, da er ein so <em class="gesperrt">großer +Künstler</em> und <em class="gesperrt">ein so gerader Mann +war</em>? Und diese waren die unlautere Quelle, aus +welcher so viele häßliche <em class="gesperrt">Erzählungen</em> von seinem +<em class="gesperrt">Leichtsinne, seinen Ausschweifungen</em> +gefloßen sind. Mozart war Mensch, +folglich Fehlern unterworfen wie alle Menschen. +Die nemlichen Eigenschaften und Kräfte, die +das Wesen seiner großen Talente ausmachten, +waren zugleich Reiz und Anlaß zu manchen Fehltritte: +brachten Neigungen hervor, die freylich +bey Alltagsmenschen nicht angetroffen werden. +Seine Erziehung und Lebensart bis zu dem Zeitpunkte, +da er sich in Wien niederließ, war auch +nicht gemacht ihm Menschenkenntniß und Welterfahrung +zu verschaffen. Denke man sich einen +so zart organisirten Jüngling – einen Tonkünstler +von seiner Empfindung in einer Stadt, +wie Wien, sich selbst überlassen? Braucht es mehr +um zur Nachsicht gegen seine Fehler gestimmt zu +werden? Man muß aber gegen diese Erzählungen +überhaupt mißtrauisch seyn, da gewiß der +größte Theil baare Unwahrheiten, und nichts +als Schmähungen des scheelsüchtigen Neides sind. +Wir haben dieß in Rücksicht seiner hinterlassenen +Schulden schon bemerkt. Niemand wird es unbegreiflich +finden, warum die Welt diesen Ausstreuungen +<span class="pagenum"><a name="Page_99" id="Page_99">[99]</a></span>so leicht Glauben beymißt, wenn er +sich erinnert, daß man gewöhnlich mit einem +Tonkünstler den Begriff eines Verschwenders +oder Wüstlings verbindet. Aber zahlreiche Beyspiele +achtungswürdiger Künstler haben bewiesen, +wie sehr dieses Vorurtheil einzuschränken sey.</p> + +<p>In seiner Ehe mit <em class="gesperrt">Konstanza Weber</em> +lebte Mozart vergnügt. Er fand an ihr ein gutes, +liebevolles Weib, die sich an seine Gemüthsart +vortrefflich anzuschmiegen wußte, und +dadurch sein ganzes Zutrauen und eine Gewalt +über ihn gewann, welche sie nur dazu anwendete, +ihn oft von Uebereilungen abzuhalten. +Er liebte sie wahrhaft, vertraute ihr alles, selbst +seine kleinen Sünden – und sie vergalt es ihm +mit Zärtlichkeit und treuer Sorgfalt. Wien +war Zeuge dieser Behandlung, und die Wittwe +denkt nie ohne Rührung an die Tage ihrer +Ehe.<a name="FNanchor_17_17" id="FNanchor_17_17"></a><a href="#Footnote_17_17" class="fnanchor">[17]</a></p> + +<p>Seine liebste Unterhaltung war <em class="gesperrt">Musik</em>; +wenn ihm seine Gemahlinn eine recht angenehme +<span class="pagenum"><a name="Page_100" id="Page_100">[100]</a></span>Ueberraschung an einem Familienfeste machen +wollte, so veranstaltete sie in Geheim die Aufführung +einer neuen Kirchen-Komposition von +Michael oder Joseph Haydn.</p> + +<p>Das Billardspiel liebte er leidenschaftlich, +vermuthlich weil es mit Bewegung des Körpers +verbunden ist; er hatte ein eignes zu Hause, bey +dem er sich täglich mit seiner Frau unterhielt. +Die Schönheit der Natur im Sommer war für +sein tieffühlendes Herz ein entzückender Genuß; +er verschaffte sich ihn, wenn er konnte, und +miethete daher fast alle Jahre Gärtchen in der +Vorstadt, wo er den Sommer zuzubringen +pflegte.</p> + +<p>Erstaunend ist die Arbeitsamkeit seiner letzten +Lebensjahre.</p> + +<p>Aus dem vollständigen Verzeichnisse seiner +Kompositionen seit dem Jahre 1784 bis zu seinem +Tode, in welches er mit eigener Hand das +Thema eines jeden Stückes und den Tag der Vollendung +eintrug, sieht man wie viel er oft in einem +Monathe gearbeitet hatte?<a name="FNanchor_18_18" id="FNanchor_18_18"></a><a href="#Footnote_18_18" class="fnanchor">[18]</a> Nur die Größe +und Fruchtbarkeit seines Genies macht die Möglichkeit +so vielfacher Arbeit begreiflich. So +schrieb er innerhalb der 4 letzten Monathe seines +<span class="pagenum"><a name="Page_101" id="Page_101">[101]</a></span>Lebens, wo er schon kränkelte, und Reisen +machte:</p> + +<ul> +<li>1) Eine Klavierkantate: »Die ihr des +unermeßlichen Weltalls Schöpfer ehrt.«</li> + +<li>2) Die Zauberflöte.</li> + +<li>3) <em class="antiqua">La Clemenza di Tito.</em></li> + +<li>4) Ein Klarinett-Konzert für H. Stadler.</li> + +<li>5) Eine Kantate für ein ganzes Chor.</li> + +<li>6) Das Requiem.</li> +</ul> + +<p>Eine ungeheure Anstrengung, die seine Kräfte +erschöpfen mußte!</p> + +<p>So wurde <em class="gesperrt">Mozart ein Wunder seiner +Kunst</em>, der <em class="gesperrt">Liebling</em> seines Zeitalters! +Sein kurzes, aber glänzendes Künstlerleben +macht in der Geschichte der Tonkunst eine +neue Epoche.</p> + +<p>Der große, feurige Geist, der in seinen +Werken waltet und der volle Strom der Empfindung +reißen jedes gefühlvolle Herz mit unwiderstehlicher +Gewalt hin. Der süße Zauber seiner +Harmonien entzückt das Ohr; die Fülle der Gedanken, +das Neue in ihrer Ausführung machen +das Gefallen seiner Musik dauerhaft. Wer einmal +an <em class="gesperrt">Mozart</em> Geschmack gefunden hat, der +wird durch andere Musik schwer zu befriedigen +seyn. Und <em class="gesperrt">alle</em> diese Vollkommenheiten hat er +<em class="gesperrt">in einem Alter</em> erreicht, das für gewöhnliche +Künstler kaum der Zeitpunkt <em class="gesperrt">der ersten +Ausbildung</em> ist! Da er starb, hatte sein +<span class="pagenum"><a name="Page_102" id="Page_102">[102]</a></span>Ruhm bereits eine Größe, wie sie nur selten +auch der glücklichste Künstler hoffen darf – +und wie kurz war sein Leben? Er hatte noch +nicht das 35te Jahr vollendet, als er starb! +Was würde sein unerschöpflicher Geist der Welt +noch geliefert haben? – –</p> + +<p>Wär er nach England gegangen – sein +Ruhm würde neben <em class="gesperrt">Händels</em> unsterblichem +Namen glänzen: in Teutschland rang sein Geist +oft mit Mangel; seinen <em class="gesperrt">Grabeshügel +zeichnet nicht einmal eine schlechte +Inschrift aus</em>! –</p> + +<p>Auf seinen Tod erschienen mehrere Trauer-Kantaten; +darunter zeichnen sich zwey aus, vom +Herrn <em class="gesperrt">Wessely</em> und <em class="gesperrt">Karl Kannabich</em> +dem jüngern aus München.</p> + +<p>Einfach und edel war das Fest, welches die +Hörer der Rechte zu Prag in ihrer musikalischen +Akademie, bey der Anwesenheit der Wittwe im +Jahre 1794 Mozarts Andenken weiheten; es +wurde durch ein Gedicht verherrlichet, welches +den Profess. Meinert zum Verfasser hat. Ein +Paar Stanzen daraus verdienen hier allerdings +einen Platz.</p> + +<div class="poem"><div class="stanza"> +<span class="i0">Ach! er ward uns früh entrückt,<br /></span> +<span class="i0">Der die Saiten der Empfindung,<br /></span> +<span class="i0">Wie ihr Schöpfer kannt’ und griff;<br /></span> +<span class="i0">In harmonische Verbindung<br /></span> +<span class="pagenum"><a name="Page_103" id="Page_103">[103]</a></span><span class="i0">Ihre kühnsten Töne rief:<br /></span> +<span class="i0">Jetzt ein Gott in seines Zornes<br /></span> +<span class="i0">Donner rauschend niederfuhr,<br /></span> +<span class="i0">Itzo lispelnd wie des Wiesenbornes<br /></span> +<span class="i0">Welle floß in stiller Flur.<br /></span> +</div><div class="stanza"> +<span class="i0">Ach! schon grünt des Edlen Hügel:<br /></span> +<span class="i0">Aber ganz birgt er ihn nicht.<br /></span> +<span class="i0">Eines, das durch Gräber Riegel,<br /></span> +<span class="i0">Ewig jung und göttlich bricht,<br /></span> +<span class="i0"><em class="gesperrt">Eines</em> lebt – der hohe reine<br /></span> +<span class="i0">Geistesabdruck ist dieß <em class="gesperrt">Eine</em>,<br /></span> +<span class="i0">Das zur Ewigkeit entblüht,<br /></span> +<span class="i0">Norne! deinem Dolch entflieht.<br /></span> +</div><div class="stanza"> +<span class="i0">Fühlt ihr in der Saiten Beben,<br /></span> +<span class="i0">Im begeisternden Gesang,<br /></span> +<span class="i0">In des Herzens Sturm und Drang<br /></span> +<span class="i0">Fühlt ihr des Entschlaf’nen Leben?<br /></span> +<span class="i0">Horch! es tönen Engelharmonien, –<br /></span> +<span class="i0">Das ist Mozart! Seht ihr ihn<br /></span> +<span class="i0">Lichtbekränzt? Mit Feentritte<br /></span> +<span class="i0">Wallt sein Geist in eurer Mitte.<br /></span> +</div></div> + + +<div class="footnotes"><h3>Fußnoten:</h3> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_11_11" id="Footnote_11_11"></a><a href="#FNanchor_11_11"><span class="label">[11]</span></a> Auch dieß ist eine Ursache der Abneigung der +welschen Sänger gegen seine Werke; eine noch +stärkere ist die Mühe, die es ihrer Unwissenheit +kostete seine Gesänge einzustudiren. Mozart hat +zwar bisweilen von diesem Grundsatze eine Ausnahme +gemacht. Aber war er denn in bestellten +Sachen immer frey? Mußte er nicht gegen +Sänger gefällig seyn, wenn er wünschte, daß sie +ihm die Sachen nicht verderben? Darum müßte +man immer die Sänger kennen, für die er +schrieb, wenn man ein richtiges Urtheil über seine +dramatischen Werke fällen wollte.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_12_12" id="Footnote_12_12"></a><a href="#FNanchor_12_12"><span class="label">[12]</span></a> Ich habe dieses schätzbare Denkmal einer edlen +Seele der gütigen Mittheilung des <em class="gesperrt">Herrn Roth</em> +Proviantoberverwalter zu Prag (an den der Brief +geschrieben war) zu danken. Da er für den Geist +und das Herz seines Verfassers nicht minder ruhmvoll +ist, als für Mozart: so ließ ich ihn hier +<em class="gesperrt">wörtlich nach dem Originale abdrucken</em>.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_13_13" id="Footnote_13_13"></a><a href="#FNanchor_13_13"><span class="label">[13]</span></a> Der Verfasser hatte das Vergnügen Augenzeuge +der schönen Scene zu seyn.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_14_14" id="Footnote_14_14"></a><a href="#FNanchor_14_14"><span class="label">[14]</span></a> Die Begebenheit ist in Prag allgemein bekannt.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_15_15" id="Footnote_15_15"></a><a href="#FNanchor_15_15"><span class="label">[15]</span></a> Anmerkung. Ein trefflicher Schüler Seegerts, +und biederer Mann. Diese Anekdote habe ich aus +seinem Munde.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_16_16" id="Footnote_16_16"></a><a href="#FNanchor_16_16"><span class="label">[16]</span></a> Dieß war unter andern der Fall bey dem Tode +eines geliebten Staares, den er in seinem gemietheten +Garten ein ordentliches Grabmahl errichtet, +und mit einer Inschrift versehen hatte. Thiere +und insbesondere Vögel liebte er sehr.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_17_17" id="Footnote_17_17"></a><a href="#FNanchor_17_17"><span class="label">[17]</span></a> Die achtungswürdige Frau beträgt sich in ihrem +Wittwenstande sehr klug, und sorgt für ihre 2 Söhne +mütterlich. Sie lebt in Wien von ihrer +Pension und dem kleinen Erwerbe aus dem Nachlasse +ihres Mannes.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_18_18" id="Footnote_18_18"></a><a href="#FNanchor_18_18"><span class="label">[18]</span></a> Der Verfasser hatte es bey der Ausarbeitung +dieser Biographie im Originale vor sich.</p></div> +</div> + + + + +<h2><span class="pagenum"><a name="Page_104" id="Page_104">[104]</a></span><a name="IV" id="IV"></a>IV.<br /> +<span class="caption">Nachricht von Mozarts Werken.</span></h2> + + +<p class="newsection"><span class="dropcap">E</span>s ist fast kein Zweig der Tonkunst, in welchem +Mozart nicht mit entschiedenem Glücke seine +Kräfte versucht hätte.</p> + +<p><em class="gesperrt">Dramatische Musik</em>, und die <em class="gesperrt">Klavierkompositionen</em> +haben ihm am meisten +Ruhm erworben. Wenn man seine Werke besonders +die theatralischen nach der Zeitfolge ihrer +Entstehung betrachtet, so merkt man deutlich den +Gang seines zur Vollkommenheit schreitenden +Geistes. In den frühern, z. B. in der Oper +Idomeneo und der <em class="gesperrt">Entführung aus +dem Serail</em>, auch noch zum Theil im <em class="gesperrt">Figaro</em> +strömt das ganze Feuer einer jugendlichen +Phantasie und eine Fülle üppiger Empfindung +ohne Gränzen. Es ist mehr Wärme, als Licht +darinn – die Massen des Gesanges und der +Harmonie sind nicht so bestimmt, wie in den +spätern Werken, in welchen dieser Strom der +Empfindung immer sanfter sich in sein Bett zurückzieht, +alles leichter, einfacher und korrekter +<span class="pagenum"><a name="Page_105" id="Page_105">[105]</a></span>wird. Nirgends ist diese Reife des Geschmackes +sichtbarer, als in der <em class="antiqua">Clemenza di Tito</em>, und +dem Requiem. Daraus läßt es sich schließen, +was man noch von Mozart zu erwarten berechtiget +war?</p> + +<p>Einige <em class="gesperrt">Kunstrichter</em> haben mit sinnreicher +Feinheit zwar die Vortrefflichkeit seiner Instrumentation, +d. i. den mehr mechanischen Theil +der Kunst anerkannt, aber das, was blos Sache +des Genies ist, die Singparthie getadelt, – +sie haben behauptet, Mozart sey hierinn nicht +so groß, als in der Instrumentalparthie. Die +Gränzen dieser Schilderung erlauben es nicht, +die Grundlosigkeit davon zu zeigen, oder die +Werke Mozarts von dieser Ansicht zu betrachten. +Die Tadler mögen indessen nur beherzigen, daß +gerade diese Seite seiner Werke von gründlichen +und berufenen Richtern immer am meisten bewundert +worden ist. Was konnte denn in seinen +Opern und den übrigen Singkompositionen +so sehr gefallen, wenn es <em class="gesperrt">der Gesang</em> nicht +war? Das Volk versteht wenig von der Schönheit +des Instrumentalsatzes; gerade dieser Theil +seiner Werke, der große Geschicklichkeit der Subjekte +erfodert, wird gewöhnlich schlecht aufgeführt +– und doch brachten die meisten seiner Singkompositionen +so viel Wirkung, so viel Enthusiasmus +hervor? dieß konnte nur der <em class="gesperrt">einfache, +schöne, rhythmische Gesang bewirken</em>. +<span class="pagenum"><a name="Page_106" id="Page_106">[106]</a></span>Warum singt man seine Melodien +so gern nach? Warum sind so viele davon Volksgesänge +geworden? Wie wahr, wie lebhaft +weiß Mozart den Sinn der Worte des Dichters +auszudrücken? Dringt sein Gesang nicht überall +dem Zuhörer ans Herz? Wenn dieß der höchste +<em class="gesperrt">Zweck</em> der Tonkunst ist, wer hat ihn vollkommener +<em class="gesperrt">erreicht als Mozart</em>?</p> + +<p>Man könnte zahlreiche Beyspiele anführen, +wo Mozart mit einem feinen ästhetischen Sinne +selbst die Worte und Ideen des Dichters durch +schöne Wendungen der Melodie erhoben und verbessert +hat. Sein Gesang haucht den Worten +meistentheils erst Wärme und Leben ein; fast immer +liegt darinn noch mehr Sinn und Empfindung, +als in den Worten. Daher haben selbst elende Poesien +blos durch seine Komposition gefallen. Die +Zauberflöte und <em class="antiqua">Cosi fan tutte</em> sey Beweis.</p> + +<p>Die Gestalt, in welcher die alte <em class="antiqua">Opera seria</em> +von Metastasio <em class="antiqua">La Clemenza di Tito</em> bey seiner +Musik erscheint, ist das Werk seines richtigen +Urtheiles und Geschmackes. Und ein solcher +Kompositeur, der den Geist des Textes, das +eigene der Situation so faßte und verstand – +ihn oft verbesserte noch öfter erhob, soll keine +höhere Bildung gehabt haben?</p> + +<p>»Aber Mozarts Werke sind so <em class="gesperrt">schwer</em>, so +<em class="gesperrt">kritisch</em>, <em class="gesperrt">voll Kunst</em> und so <em class="gesperrt">wenig</em> für +das Gehör.«</p> + +<p><span class="pagenum"><a name="Page_107" id="Page_107">[107]</a></span>Auf gleiche Art klagen oft Schulknaben über +die Dunkelheiten und Schwierigkeiten des Horaz. +Man muß darüber lächeln! Wen trifft +hier der Vorwurf? Schrieb Mozart bloß für +Schüler? oder ist dasjenige, was er für sie +schrieb, nicht leicht und verständlich? Das +Schwere in seinen Werken ist nicht <em class="gesperrt">Absicht</em>, +ist <em class="gesperrt">nur Folge</em> der Größe und Originalität +seines Genies. Dieß hat Mozart +mit allen großen Künstlern gemein. <em class="gesperrt">Populär</em> +durften alle seine Werke nicht seyn; wo +Popularität nöthig war, da hat er sie vollkommen +erreicht. Findet in seinen Singspielen +nicht der Kenner und der bloße Liebhaber Gerüchte +für seinen Gaum? Auch die <em class="gesperrt">erhabensten +Sachen</em> von seiner Hand, wo er +sich in der ganzen Stärke seiner Kunst des Kontrapunktes +zeigt, haben so viel Schönheit an +sich, daß sie auch uneingeweihten Ohren gefallen, +wenn sie <em class="gesperrt">nur richtig</em>, und <em class="gesperrt">geschmackvoll +vorgetragen werden</em>. +Aber hier liegt <em class="gesperrt">der Knoten</em> – das ist größtentheils +der Grund solcher Klagen. Ueberdieß +erheischt seine Musik ein reines Gefühl, ein unverdorbenes +Ohr: <em class="gesperrt">wer dieses nicht mitbringt, +für den hat Mozart nicht geschrieben.</em><a name="FNanchor_19_19" id="FNanchor_19_19"></a><a href="#Footnote_19_19" class="fnanchor">[19]</a></p> + +<p><span class="pagenum"><a name="Page_108" id="Page_108">[108]</a></span>Der Tadel einer Klasse von Menschen, denen +seine Musik nicht gefällt, entscheidet nichts +gegen ihre Vortrefflichkeit; so wie Rafaels +Ruhm nicht geschmählert wird, wenn dem ehrlichen +Schneiderjungen ein buntes Allerley von +einem Schmierer besser ins Auge fällt, als +Rafaels Meisterstücke. Oder gab es nie Ohren, +welchen die rauhe Pfeife des Waldgottes +entzückender schien, als die himmlischen Töne +Apollos? – Wem <em class="gesperrt">Mozarts Musik</em> +nicht genug fürs Gehör zu seyn scheint, der +dürfte wohl den Fehler eigentlich in seinen Ohren +suchen. Was werden so delikate Ohren +zu der Musik der neuern Tonsetzer sagen?</p> + +<p>Mit seinen Werken wird nun von den +<em class="gesperrt">Uebersetzern und Musikhändlern</em> +ein wahrer Unfug getrieben, wobey das Publikum +oft angeführt, und der Name des großen +Meisters größtentheils geschändet wird. Man +hängt ihn erstens als Anempfehlungsschild so +manchem Machwerk vor, das seines Geistes +ganz unwürdig ist; noch häufiger ist der Fall, +daß unbefugte Uebersetzer aus seinen größern +Werken <em class="gesperrt">Klaviersachen</em> zusammenstoppeln, +die dann als Originalwerke verkauft werden, +und nothwendig schlechter seyn müssen, als seine +übrigen Klavierkompositionen.</p> + +<p><span class="pagenum"><a name="Page_109" id="Page_109">[109]</a></span>Eben so nachtheilig für seinen Ruhm ist +es, daß man so häufig aus Mangel an neuern +Werken von seiner Meisterhand, ältere Kompositionen, +zum Theil aus seiner frühen Jugend +herausgiebt, ohne diesen Umstand dem +Publikum zu sagen. Solche Werke sind größtentheils +seinen spätern ganz unähnlich, und +können den Stempel der Vollkommenheit an sich +nicht haben.</p> + +<p>Seine Werke können zur bessern Uebersicht in +11 verschiedene Klassen eingetheilt werden. Zur +ersten rechnen wir die <em class="gesperrt">dramatischen</em>. Mozart +schrieb 9 italienische Opern, – und 3 teutsche.</p> + +<ul> +<li><em class="antiqua">La finta semplice, opera buffa</em> für Kaiser +Joseph 1768</li> + +<li><em class="antiqua">Mitridate, opera seria</em> für Mayland; im +Jahr 1770</li> + +<li><em class="antiqua">Sulla,</em> – – – – 1772</li> + +<li><em class="antiqua">Giardiniera, opera buffa</em> für Kaiser Joseph +im Jahr 1774</li> + +<li><em class="antiqua">Idomeneo, opera seria</em> für München im J. 1780</li> + +<li><em class="antiqua">Figaro, opera buffa</em> für Wien im J. 1786</li> + +<li><em class="antiqua">Don Giovanni, opera buffa</em> für Prag 1787</li> + +<li><em class="antiqua">Cosi fan tutte, opera buffa</em> für Wien 1790</li> + +<li><em class="antiqua">La Clemenza di Tito, opera seria</em> für +Prag 1791</li> +</ul> + +<h4><em class="gesperrt">Teutsche Singspiele:</em></h4> + +<ul> +<li>Die Entführung aus dem Serail für Wien 1782</li> + +<li>Der Schauspieldirektor ein kleines Singspiel +<span class="pagenum"><a name="Page_110" id="Page_110">[110]</a></span>für den Kaiser Joseph nach Schönbrunn +im Jahre 1786</li> + +<li>Die Zauberflöte für das Theater Schikaneders +1791</li> +</ul> + +<p><em class="gesperrt">Idomeneo</em> ist eines seiner größten, und +gedankenreichesten Werke; der Stil ist durchgehends +pathetisch und athmet heroische Erhabenheit. +Da er diese Opera für große Sänger +und für eines der besten Orchester von Europa +schrieb, so fühlte sein Geist keinen Zwang, und +entfaltete sich darinn am üppigsten. Aber +Idomeneo muß besser aufgeführt werden, als es +zu Prag vor einigen Jahren in Sommer geschah, +wo ihn der Opern-Unternehmer im +eigentlichen Verstande prostituirte. Es war ein +drolligter Gedanke eine der größten Opern ohne +Sängerinnen und Orchester aufzuführen. Denn +beydes fehlte, und ward durch Substituten +ersetzt. Auch hüte man sich diese Opera, so +wie jede von Mozart nach mittelmäßigen Klavierübersetzungen +zu beurtheilen!</p> + +<p><em class="gesperrt">Figaro</em> wird von Musik-Kennern am +meisten geschätzt; wahr ist es, daß Mozart bey +ihrer Ausarbeitung am fleißigsten studirt habe. +An Gedanken-Reichthum gleicht sie dem +Idomeneo, an Originalität weicht sie keiner +andern.</p> + +<p><em class="gesperrt">Don Juan</em> ist anerkannt das größte +Meisterstück seines Genies – die höchste +<span class="pagenum"><a name="Page_111" id="Page_111">[111]</a></span>Kunst mit der größten Anmuth ist darinn in +lieblicher Eintracht gepaart. Die Rolle des +Leporello ist das erste Meisterstück des Komischen +– das Muster für alle Opernkomponisten.</p> + +<p><em class="antiqua">Cosi fan tutte</em> oder die Schule der Liebenden +ist die <em class="gesperrt">lieblichste</em> und scherzhafteste Musik +voll Charakter und Ausdruck.</p> + +<p>Die Finalien sind unübertrefflich. Wenn +man den schlechten Text dieser Oper betrachtet, +so muß man über die Fruchtbarkeit seines +dichterischen Genies erstaunen, das fähig war +ein so trockenes, einfältiges Sujet zu beleben +und solche Schönheiten hervor zu bringen. Es +ist schon bemerkt worden, daß er in der Wahl +des Buches nicht frey war.</p> + +<p><em class="antiqua">La Clemenza di Tito</em> wird in ästhetischer +Hinsicht, als schönes Kunstwerk, für die vollendeteste +Arbeit Mozarts gehalten. Mit einem +feinem Sinne faßte Mozart die Einfachheit, die +stille Erhabenheit des Charakters des Titus, +und der ganzen Handlung auf, und übertrug +sie ganz in seine Komposition. Jeder Theil, +selbst die gemäßigte Instrumentalparthie trägt +dieses Gepräge an sich, und vereinigt sich zu +der schönsten Einheit des Ganzen. Da sie für +ein Krönungsfest, und für zwey ganz eigends +dazu angenommene Sänger aus Italien geschrieben +war, so mußte er nothwendig brillante +<span class="pagenum"><a name="Page_112" id="Page_112">[112]</a></span>Arien für diese zwey Rollen schreiben. Aber +welche Arien sind das? Wie hoch stehen sie +über dem gewöhnlichen Troß der Bravour-Gesänge?</p> + +<p>Die übrigen Stücke verrathen überall den +großen Geist aus dem sie gefloßen. Die letzte +Scene oder das Finale des 1ten Aktes ist gewiß +die gelungenste Arbeit Mozarts, ja wohl +aller dramatischen Tonsetzungen; <em class="gesperrt">Ausdruck</em>, +<em class="gesperrt">Charakter</em>, <em class="gesperrt">Empfindung</em>, wetteifern +darinn den größten Effekt hervorzubringen. +Der Gesang, die Instrumentation, die Abwechslung +der Töne, der Wiederhall der fernen +Chöre – bewirkten bey jeder Aufführung +eine Rührung und Täuschung, die bey Opern +eine so seltene Erscheinung ist. Unter allen +Chören, die ich gehört habe, ist keiner so fließend, +so erhaben und ausdrucksvoll, als der +Schlußchor im 2ten Akte; unter allen Arien, +keine so lieblich, so voll süßer Schwermuth, so +reich an musikalischen Schönheiten, als das +vollkommene Rondo in <em class="antiqua">F</em>, mit dem oblig: +Baßethorne, <em class="antiqua">Non piu di fiori</em> im 2ten Akte. +Die wenigen instrumentirten Rezitative +sind von Mozart, die übrigen alle – was +sehr zu bedauern ist, – von einer Schülerhand.</p> + +<p>Die Oper, die jetzt noch immer mit Entzücken +gehört wird, gefiel das erstemal bey der +<span class="pagenum"><a name="Page_113" id="Page_113">[113]</a></span>Krönung nicht so sehr, als sie es verdiente. +Ein Publikum, das vom Tanz, von Bällen +und Vergnügungen trunken war, in dem Geräusche +eines Krönungsfestes, konnte freylich +an den einfachen Schönheiten Mozartscher Kunst +wenig Geschmack finden.</p> + +<p><em class="gesperrt">Unter den teutschen Singspielen</em> +zeichnet sich die Entführung aus dem Serail +an Empfindung und Schönheit des Gesanges +aus. Man sieht es ihr an, daß sie bald nach +Idomeneo gedichtet ward.</p> + +<p>Das kleine Singspiel, der <em class="gesperrt">Schauspieldirektor</em> +ist blos ein Gelegenheitsstück für +den kaiserl. Hof in Schönbrunn. Was soll +ich von der <em class="gesperrt">Zauberflöte</em> sagen? Wer kennt +sie in Teutschland nicht? Giebt es ein Theater, +wo sie nicht aufgeführt ward? Sie ist unser Nationalstück. +Der Beyfall den sie überall – +überall erhielt, von dem Hoftheater an, bis zu +der wandernden Bühne des kleinen Marktfleckens, +ist bisher ohne Beyspiel. In Wien wurde +sie nur im 1ten Jahre ihrer Erscheinung mehr +als <em class="gesperrt">hundertmal</em> aufgeführt.</p> + +<p><em class="gesperrt">Die 2te Klasse</em> seiner Werke begreift +die Kompositionen fürs Klavier. Darunter +glänzen am meisten die Klavierkonzerte, worinn +Mozart ohne Nebenbuhler den ersten Rang +behauptet. Hier, so wie in vielen andern Fächern +war er Erfinder einer neuen Gattung. +<span class="pagenum"><a name="Page_114" id="Page_114">[114]</a></span>Diese Werke enthalten einen unerschöpflichen +Reichthum an den treflichsten Gedanken, die +glänzendeste Instrumentation, und erschöpfen fast +alle Tiefen des Kontrapunktes.</p> + +<p>Die Sonaten aller Art <em class="gesperrt">mit und ohne</em> +Begleitung sind in jedermanns Händen. Unter +denselben sind die Trio am originellsten geschrieben. +Das berühmte Quintett fürs Klavier +mit Begleitung einer Oboe, einer Klarinette, +eines Waldhornes und Fagottes halten Kenner +für sein Meisterstück in Rücksicht der Instrumentation; +geschrieben im J. 1784 <em class="gesperrt">den</em> 30<em class="gesperrt">ten +März</em>. Die vielen <em class="gesperrt">Variazionen</em> zeichnen +sich durch Reichthum, Manigfaltigkeit und +Neuheit vor allen ähnlichen Werken aus. Die +letzten, die er setzte, sind die, über das Lied: +<em class="gesperrt">Ein Weib ist das herrlichste Ding</em>; +den 15ten März 1791 komponirt. Diese Klasse +seiner Werke ist die zahlreichste.</p> + +<p><em class="gesperrt">Die 3te Klasse</em> begreift die Sinfonien; +die schönsten davon, die er in den Jahren 1786 +bis 1788 schrieb, sind folgende 4: in <em class="antiqua">D</em>, <em class="antiqua">Eb</em>, +<em class="antiqua">G mol</em> und <em class="antiqua">C</em> mit der Fuge im letzten Stücke. +Alle können den schönsten von <em class="gesperrt">Hayden</em> an die +Seite gesetzt werden; er entfaltete darinn seine +Kunst der Komposition im höchsten Grade. Die +Opernsinfonien sind bekannt und bewundert genug.</p> + +<p><span class="pagenum"><a name="Page_115" id="Page_115">[115]</a></span><em class="gesperrt">Zur 4ten Klasse</em> gehören Gelegenheits-Kantaten +mit vollstimmiger Begleitung. In +dem Verzeichnisse sind 3 aufgemerkt.</p> + +<p><em class="gesperrt">In die 5te Klasse</em> können die einzelnen +Scenen und Arien gerechnet werden, die er für +musikalische Akademien oder für besondere Sänger +schrieb. In dem Verzeichnisse sind 22 solche +enthalten, für allerley Stimmen.</p> + +<p><em class="gesperrt">6te Klasse:</em> teutsche Lieder mit Klavierbegleitung +allein; in dem Verzeichnisse sind 20 +Stücke aufgezeichnet, worunter <em class="gesperrt">die</em> so bekannte +<em class="gesperrt">Abendempfindung</em>, <em class="gesperrt">das Veilchen</em> +und an <em class="gesperrt">Chloe</em>, so voll Einfachheit, Ausdruck +und Empfindung, <em class="gesperrt">kurz so schön</em> sind, daß +man sagen kann, Mozart hätte blos mit diesem +sich unsterblichen Ruhm erworben. Daraus vorzüglich +mögen seine Tadler sehen, ob er nicht +<em class="gesperrt">groß</em> in der Singkomposition war? Ob er +den Worten Leben zu geben, auch ohne das +Rauschen der Instrumente nicht verstand?</p> + +<p><em class="gesperrt">7te Klasse:</em> Konzerte für verschiedene Instrumente +schrieb er am seltensten.</p> + +<p>In dem Verzeichnisse sind nur folgende angemerkt: +1) Ein Andante zu einem Violinkonzert; +2) Ein Konzert für das Waldhorn. 3) +<em class="gesperrt">Für die Harmonika</em>; 4) für die Klarinette.</p> + +<p><em class="gesperrt">8te Klasse:</em> Violinquartetten und Quintetten. +Unter den Quartetten sind die 6, die er +Joseph Haydn dedizirte, klassisch. Später im +<span class="pagenum"><a name="Page_116" id="Page_116">[116]</a></span>Jahre 1789 im Junius schrieb er 3 konzertante +Quartetten für den verstorbenen König von +Preußen; nebst diesen ist noch ein einzelnes +Quartett aus <em class="antiqua">D</em> im Jahr 1786 geschrieben, +und <em class="gesperrt">eine einzelne Fuge</em>.</p> + +<p><em class="gesperrt">Originalquintetten</em> sind in dem Verzeichnisse +nur 4 aufgezeichnet; aus <em class="antiqua">C</em>, <em class="antiqua">G mol</em>, +<em class="antiqua">D dur</em> und <em class="antiqua">Eb</em>. Er schrieb bey seinem Aufenthalte +in München 1782 einige Nachtmusiken <em class="antiqua">à +quadro</em> mit Begleitung 2er Waldhörner, die +man füglich als Violinkonzerte betrachten kann – +alle diese Sachen sind voll Gedanken und Schönheiten. +Ein konzertantes Divertimento für 3 +Stimmen, die Violin, Bratsche und das Violoncello +ist vorzüglich schön und voll hoher Kunst. +Die 2 Duetten für die Violin und Bratsche +sind bekannt und beliebt genug.</p> + +<p><em class="gesperrt">9te Klasse:</em> Parthien für blasende Instrumente +zu Tafel- und Nachtmusiken. Hier in +Prag sind mehrere bekannt. Ihre Schönheiten +sind bezaubernd, und reißen auch das gefühlloseste +Herz hin. Es existirt auch eine Nachtmusik aus +13 blasenden Instrumenten von seiner Arbeit.</p> + +<p><em class="gesperrt">10te Klasse: Tanzstücke.</em> Mozart +schrieb mehrere Parthien, Menuetten und teutsche +Tänze für den Kaiserl. Redouten Saal zu +<span class="pagenum"><a name="Page_117" id="Page_117">[117]</a></span>Wien. Wie sehr diese Sachen von seiner Arbeit +gesucht wurden, sieht man aus dem Verzeichnisse, +wo jeden Karneval eine Menge Menuetten, +Teutsche, Walzer und Kontratänze angemerkt sind.</p> + +<p><em class="gesperrt">11te Klasse: Kirchenmusik</em>, war das +Lieblingsfach Mozarts. Aber er konnte sich +demselben <em class="gesperrt">am wenigsten</em> widmen. Die +Messen, die von ihm übrig sind, wurden bey +verschiedenen Gelegenheiten und Einladungen verfertigt. +Alle, die wir hier in Prag gehört haben, +tragen den Stempel seines Genies. In dem +Verzeichnisse ist keine einzige Messe angezeigt – +ein Beweis, daß alle, die wir haben, in frühere +Zeiten seines Lebens zu setzen sind. Nur ein +Graduale auf den Text: <em class="antiqua">ave verum corpus</em> hat +er im Junius 1791 verfertiget.</p> + +<p>Mozart würde in diesem Fache der Kunst +seine ganze Stärke erst gezeigt haben, wenn er +die Stelle bey St. Stephan wirklich angetreten +hätte; er freute sich auch sehr darauf. Wie sehr +sein Genie für den hohen Stil des ernsten Kirchengesanges +gemacht war, beweiset seine letzte +Arbeit, die <em class="gesperrt">Seelenmesse</em>, die gewiß <em class="gesperrt">alles</em> +übertrifft, was in diesem Fache bisher ist geleistet +worden, und nicht so bald übertroffen werden wird.</p> + +<p>Nebst diesen Gattungen seiner Werke hinterließ +er 10 <em class="antiqua">Canoni</em> blos für Singstimmen; und +zwar 8 vierstimmige, und 2 dreystimmige, sowohl +komische, als ernsthafte. Sie sind nicht nur +<span class="pagenum"><a name="Page_118" id="Page_118">[118]</a></span>Meisterstücke in der Kunst sondern auch sehr unterhaltend.</p> + +<p>Zum Schlusse setzen wir noch eine Anekdote +her, die mehr als eine Lobrede sagt. Ein alter +italienischer Impressarius einer Operngesellschaft +in Teutschland, der es an seiner Kasse zu fühlen +schien, daß seit Mozart keine andern Opern, +am wenigsten die von welschen Authoren gefallen +wollen, pflegte immer, so oft er in seiner Opernregistratur +auf eine Oper von Mozart kam, +mit einem Seufzer auszurufen: <em class="gesperrt">Der ist mein +Unglück!</em></p> + + +<div class="footnotes"><h3>Fußnoten:</h3> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_19_19" id="Footnote_19_19"></a><a href="#FNanchor_19_19"><span class="label">[19]</span></a> Anmerkung. Diese Bemerkungen der ersten Ausgabe, +sind jetzt beynahe unnöthig, da Mozart +gegen seine Nachahmer, die Faßlichkeit und Popularität +selbst ist!</p></div> +</div> + + + +<div class="note"> +<p><strong>Anmerkungen zur Transkription:</strong> Dieses elektronische Buch wurde auf +Grundlage der 1808 erschienenen zweiten Auflage erstellt. Kleinere +Unregelmäßigkeiten in der Schreibweise wurden beibehalten. Die +nachfolgende Tabelle enthält eine Auflistung aller gegenüber dem +Originaltext vorgenommenen Korrekturen.</p> + +<p>Die Fraktur-Ligatur für »etc.« wurde durch etc. ersetzt.</p> + + +<p><strong>Transcriber’s Note:</strong> This ebook has been prepared from the second edition +published in 1808. Minor spelling inconsistencies have been maintained. +The table below lists all corrections applied to the original text.</p> + +<p>The ligature for “etc.” has been replaced by etc.</p> + +<ul> +<li><a href="#Page_4">S. 4</a>: und deu Thatsacheu → und den Thatsachen</li> +<li><a href="#Page_6">S. 6</a>: Es ist noch uicht fertig → nicht</li> +<li><a href="#Page_9">S. 9</a>: [added period] Tanzstücke u. d. gl → u. d. gl.</li> +<li><a href="#Page_11">S. 11</a>: ihn nicht weier stören → weiter</li> +<li><a href="#Page_13">S. 13</a>: [added comma] in einer Sache, wo das</li> +<li><a href="#Page_13">S. 13</a>: auserordentlich großen Talent → außerordentlich</li> +<li><a href="#Page_15">S. 15</a>: zweyten Tochter der Königs → des</li> +<li><a href="#Page_16">S. 16</a>: den 10 April 1764 → 10. April</li> +<li><a href="#Page_17">S. 17</a>: konnte man ihm kaum vom Spielen → ihn</li> +<li><a href="#Page_20">S. 20</a>: mit den man ihn aufnahm → dem</li> +<li><a href="#Page_21">S. 21</a>: zu schatzen verstehen → schätzen</li> +<li><a href="#Page_24">S. 24</a>: den vollendesten Künstler hörten → vollendetesten</li> +<li><a href="#Page_25">S. 25</a>: Der Pabst durch alle die Wunder → Papst</li> +<li><a href="#Page_25">S. 25</a>: [deleted period] den Karneval von 1773. eingegangen</li> +<li><a href="#Page_31">S. 31</a>: München eine Oper seria zu schreiben → Opera</li> +<li><a href="#Page_33">S. 33</a>: der schon damal der Stolz → damals</li> +<li><a href="#Page_36">S. 36</a>: [deleted comma] Man sieht, es diesen Quartetten an</li> +<li><a href="#Page_41">S. 41</a>: obschon sie wohl hundermal gehört waren → hundertmal</li> +<li><a href="#Page_42">S. 42</a>: empfing ihm das ganze → ihn</li> +<li><a href="#Page_43">S. 43</a>: Der große Rnf seines Namens → Ruf</li> +<li><a href="#Page_44">S. 44</a>: oft von da Einladuugen → Einladungen</li> +<li><a href="#Page_45">S. 45</a>: vom dem Roste der Mode → von</li> +<li><a href="#Page_48">S. 48</a>: eben so geheimnißvoll als merkmürdig → merkwürdig</li> +<li><a href="#Page_48">S. 48</a>: sich in dieser Gattuug → Gattung</li> +<li><a href="#Page_53">S. 53</a>: der Unbekannte Verehrer → unbekannte</li> +<li><a href="#Page_54">S. 54</a>: [added comma] und wahrlich, bis jetzt</li> +<li><a href="#Page_55">S. 55</a>: ein feyrrliches Seelenamt → feyerliches</li> +<li><a href="#Page_57">S. 57</a>: das Haus voll, nnd die Einnahme gut → und</li> +<li><a href="#Page_57">S. 57</a>: [deleted comma] nicht weniger, als 30,000 Gulden</li> +<li><a href="#Page_57">S. 57</a>: [added comma] eine Summe, über die</li> +<li><a href="#Page_60">S. 60</a>: über ihn so streng urtheien → urtheilen</li> +<li><a href="#Page_62">S. 62</a>: so drückt sich ein Berliner Wochenblatt, worinn → aus, worin</li> +<li><a href="#Page_68">S. 68</a>: [added comma] zu dem einfachen Liede, von der</li> +<li><a href="#Page_70">S. 70</a>: die Meisterstücke der Römer und Griechen → Die</li> +<li><a href="#Page_72">S. 72</a>: [deleted comma] 20, bis 30 Jahre alt</li> +<li><a href="#Page_72">S. 72</a>: bey dem gewöhnlichen Kompositionen → den</li> +<li><a href="#Page_72">S. 72</a>: von so unbestimmten Charakter → unbestimmtem</li> +<li><a href="#Page_72">S. 72</a>: [added comma] Anmuth und Lieblichkeit, diese wahren Zaubermittel</li> +<li><a href="#Page_82">S. 82</a>: [added comma] damit herum, dachte sich</li> +<li><a href="#Page_85">S. 85</a>: die am 30 September geschah → 30. September</li> +<li><a href="#Page_92">S. 92</a>: Schriftsteller der gebildesten Nationen → gebildetesten</li> +<li><a href="#Page_93">S. 93</a>: Unter guten Freuden → Freunden</li> +<li><a href="#Page_96">S. 96</a>: nach eigenem Geständuisse → Geständnisse</li> +<li><a href="#Page_96">S. 96</a>: Menschrnfreundlich und uneigennützig → Menschenfreundlich</li> +<li><a href="#Page_96">S. 96</a>: den Werh des Geldes → Werth</li> +<li><a href="#Page_96">S. 96</a>: nnd zog sich dadurch → und</li> +<li><a href="#Page_100">S. 100</a>: [deleted period] seit dem Jahre 1784. bis → 1784 bis</li> +<li><a href="#Page_101">S. 101</a>: Eine Klavierkantatate → Klavierkantate</li> +<li><a href="#Page_101">S. 101</a>: das Neue in ihrer Ausführuug → Ausführung</li> +<li><a href="#Page_102">S. 102</a>: verdienen hier allerdings einen Plaz → Platz</li> +<li><a href="#Page_102">S. 102</a>: Wie ihr Schöpfer kannt’ und grif → griff</li> +<li><a href="#Page_107">S. 107</a>: wo Popularität uöthig war → nöthig</li> +<li><a href="#Page_111">S. 111</a>: in leiblicher Eintracht gepaart → lieblicher</li> +<li><a href="#Page_116">S. 116</a>: auch das gefülloseste Herz → gefühlloseste</li> +<li><a href="#Page_116">S. 116</a>: [added comma] mehrere Parthien, Menuetten und teutsche Tänze</li> +<li><a href="#Page_117">S. 117</a>: sieht mau aus dem → man</li> +<li><a href="#Page_117">S. 117</a>: 11te Klase: Kirchenmusik → Klasse</li> +<li><a href="#Page_118">S. 118</a>: sondern auch sehr unhaltend → unterhaltend</li> +</ul> +</div> + + + + + + + + +<pre> + + + + + +End of the Project Gutenberg EBook of Lebensbeschreibung des k. k. +Kapellmeisters Wolfgang Amadeus Mozart, by Franz Xaver Niemetschek + +*** END OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK LEBENSBESCHREIBUNG *** + +***** This file should be named 29474-h.htm or 29474-h.zip ***** +This and all associated files of various formats will be found in: + http://www.gutenberg.org/2/9/4/7/29474/ + +Produced by Norbert H. Langkau, Markus Brenner and the +Online Distributed Proofreading Team at http://www.pgdp.net + + +Updated editions will replace the previous one--the old editions +will be renamed. + +Creating the works from public domain print editions means that no +one owns a United States copyright in these works, so the Foundation +(and you!) can copy and distribute it in the United States without +permission and without paying copyright royalties. Special rules, +set forth in the General Terms of Use part of this license, apply to +copying and distributing Project Gutenberg-tm electronic works to +protect the PROJECT GUTENBERG-tm concept and trademark. Project +Gutenberg is a registered trademark, and may not be used if you +charge for the eBooks, unless you receive specific permission. If you +do not charge anything for copies of this eBook, complying with the +rules is very easy. 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It exists +because of the efforts of hundreds of volunteers and donations from +people in all walks of life. + +Volunteers and financial support to provide volunteers with the +assistance they need, are critical to reaching Project Gutenberg-tm's +goals and ensuring that the Project Gutenberg-tm collection will +remain freely available for generations to come. In 2001, the Project +Gutenberg Literary Archive Foundation was created to provide a secure +and permanent future for Project Gutenberg-tm and future generations. +To learn more about the Project Gutenberg Literary Archive Foundation +and how your efforts and donations can help, see Sections 3 and 4 +and the Foundation web page at http://www.pglaf.org. + + +Section 3. Information about the Project Gutenberg Literary Archive +Foundation + +The Project Gutenberg Literary Archive Foundation is a non profit +501(c)(3) educational corporation organized under the laws of the +state of Mississippi and granted tax exempt status by the Internal +Revenue Service. The Foundation's EIN or federal tax identification +number is 64-6221541. Its 501(c)(3) letter is posted at +http://pglaf.org/fundraising. Contributions to the Project Gutenberg +Literary Archive Foundation are tax deductible to the full extent +permitted by U.S. federal laws and your state's laws. + +The Foundation's principal office is located at 4557 Melan Dr. S. +Fairbanks, AK, 99712., but its volunteers and employees are scattered +throughout numerous locations. Its business office is located at +809 North 1500 West, Salt Lake City, UT 84116, (801) 596-1887, email +business@pglaf.org. 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