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Asbjörnsen - Jörgen Moe - -Commentator: Ludwig Tieck - -Translator: Friedrich Bresemann - -Release Date: September 25, 2009 [EBook #30084] - -Language: German - -Character set encoding: ISO-8859-1 - -*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK NORWEGISCHE VOLKSMÄHRCHEN VOL. 2 *** - - - - -Produced by Delphine Lettau and the Online Distributed -Proofreading Team at http://www.pgdp.net - - - - - - - - - -Norwegische Volksmährchen. - -2. - - -Norwegische -Volksmährchen, -gesammelt -von -P. Asbjörnsen und Jörgen Moe. - -Deutsch von Friederich Bresemann. - -Mit einem Vorworte -von -Ludwig Tieck. - - -Zweiter Band. - -Verlegt -von -M. Simion in Berlin. - - -1847. - - -Gedruckt bei Julius Sittenfeld in Berlin. - - - - Inhalt. - - Seite - - 1. Die sieben Füllen 1 - 2. Gidske 11 - 3. Die zwölf wilden Enten 19 - 4. Der Meisterdieb 29 - 5. Die drei Schwestern im Berge 50 - 6. Von dem Riesen, der kein Herz im Leibe hatte 58 - 7. Die Grimsschecke 68 - 8. Es hat keine Noth mit Dem, in welchen alle Weiber - verliebt sind 83 - 9. Die Lügenprobe 96 - 10. Die drei Böcke Brausewind, die nach der Koppel gehen - und sich fett machen wollten 99 - 11. Östlich von der Sonne und westlich vom Mond 102 - 12. Von dem Huhn, das nach dem Dovrefjeld wollte, - damit nicht die Welt vergehen sollte 118 - 13. Der Mann, der das Haus beschicken sollte 122 - 14. Däumerling 127 - 15. Hakon Borkenbart 129 - 16. Die Meisterjungfer 140 - 17. Wohl gethan und schlecht gelohnt 162 - 18. Treu und Untreu 166 - 19. Peter und Paul und Esben Aschenbrödel 174 - 20. Die Mühle, die auf dem Meergrunde mahlt 182 - 21. Die Prinzessinn auf dem gläsernen Berg 189 - 22. Schmierbock 203 - - - - -1. - -Die Sieben Füllen. - - -Es waren einmal ein Paar arme Leute, die wohnten in einer elenden Hütte, -weit weg in einem Walde, und hatten nicht Mehr, als aus der Hand in den -Mund, und kaum einmal das; aber drei Söhne hatten sie, und der jüngste -von ihnen war _Aschenbrödel_, denn er that nichts Anders, als in der -Asche wühlen. - -Eines Tages sagte der älteste Bursch, er wolle fort und sich einen -Dienst suchen; dagegen hatten die Ältern Nichts einzuwenden, und er -wanderte hinaus in die Welt. Er ging den ganzen Tag, und als es Abend -ward, kam er zu einem Königsschloß. Da stand der König draußen auf der -Treppe und fragte ihn, wo er hin wolle. »O, ich suche mir nur einen -Dienst,« sagte der Bursch. »Willst Du bei mir dienen und meine sieben -Füllen hüten?« fragte ihn der König. »Wenn Du sie einen ganzen Tag hüten -kannst und mir am Abend sagen, Was sie essen und Was sie trinken, so -sollst Du die Prinzessinn und das halbe Reich haben,« sagte er: »kannst -Du es aber nicht, so schneide ich Dir drei rothe Riemen aus Deinem -Rücken.« Ja, das, meinte der Bursch, wär' eine leichte Arbeit, damit -wollt' er schon fertig werden. - -Am Morgen, als es Tag wurde, ließ der Stallmeister die sieben Füllen -aus; diese fort, und der Bursch hinter ihnen her, und darauf ging's über -Berg und Thal, durch Rusch und durch Busch. Als der Bursch eine gute -Weile gelaufen hatte, fing er an, müde zu werden, und als er's noch eine -Zeitlang ausgehalten, da hatt' er das Hüten völlig satt. Er stand eben -vor einer Bergschlucht, wo ein altes Weib saß und die Spindel dreh'te; -als die den Burschen erblickte, der hinter den Füllen herlief, daß ihm -der Schweiß von der Stirne troff, rief sie: »Komm her, mein schmucker -Bursch! ich will Dir den Kopf krauen.« Das war dem Burschen schon recht; -er setzte sich zu dem alten Weib in der Bergschlucht und legte seinen -Kopf auf ihren Schoß, und nun krau'te sie ihn den ganzen Tag, während er -da lag und sich runks'te. Als es Abend wurde, wollte der Bursch fort: -»Es ist wohl am besten, ich gehe nur wieder heim zu meinen Ältern,« -sagte er: »denn daß ich auf's Schloß zurückkehre, kann doch Nichts -nützen.« -- »Warte nur, bis es dunkel geworden ist,« sagte das Weib: -»dann kommen die Füllen hier wieder vorbei, und dann kannst Du mit ihnen -zurücklaufen; denn es weiß Niemand, daß Du hier den ganzen Tag auf -meinem Schoß gelegen hast, anstatt sie zu hüten.« Als nun die Füllen -ankamen, gab das Weib dem Burschen eine Flasche mit Wasser und einen -Büschel Moos; das sollte er dem König zeigen und sagen, das wäre Das, -was die sieben Füllen äßen und tränken. - -»Hast Du nun die Füllen den ganzen Tag treu gehütet?« fragte ihn der -König, als er am Abend ankam. »Ja, das hab' ich,« sagte der Bursch. -»Kannst Du mir denn sagen, Was sie essen, und Was sie trinken?« fragte -der König. Da zeigte der Bursch ihm die Flasche mit Wasser und den -Büschel Moos, was er von der Alten bekommen hatte. »Da siehst Du, Was -sie essen, und da siehst Du, Was sie trinken,« sagte er. Da wußte nun -der König gleich, wie er sie gehütet hatte, und er wurde so zornig, daß -er seinen Leuten befahl, sie sollten ihn sogleich aus dem Hause jagen, -erst aber sollten sie ihm drei rothe Riemen aus seinem Rücken schneiden -und Salz hineinstreuen. Als darauf der Bursch zu Hause kam, so kannst Du -Dir wohl vorstellen, wie ihm zu Muthe war. Einmal wäre er ausgegangen, -um zu dienen, sagte er: aber er thät's nicht zum zweiten Mal. - -Den Tag darauf sagte der zweite Sohn, nun wolle er auch einmal in die -Welt und sein Glück versuchen. Die Ältern aber sagten nein, und er -möchte nur den Rücken seines Bruders betrachten; aber der Sohn bat so -lange, bis sie ihn denn zuletzt reisen ließen. Wie er nun einen ganzen -Tag gewandert hatte, kam er auch zu dem Königsschloß. Da stand der König -auf der Treppe und fragte ihn, wo er hin wolle; und als der Bursch sagte, -er wolle sich nach einem Dienst umhören, sagte der König, er könne bei -ihm in Dienst kommen, wenn er seine sieben Füllen hüten wolle, setzte -ihm aber dieselbe Strafe und denselben Lohn aus, wie er beides seinem -Bruder ausgesetzt hatte. Ja, dem Burschen war das recht, und er nahm -ohne weiteres Bedenken den Dienst an; denn er meinte, er wolle die -Füllen schon hüten und dem König sagen, Was sie äßen und Was sie -tränken. - -Sobald es Tag wurde, ließ der Stallmeister die sieben Füllen hinaus; -diese fort über Berg und Thal, und der Bursch hinter ihnen her. Aber es -ging ihm nicht besser, als dem Bruder. Als er so lange hinter den Füllen -hergelaufen war, bis er ganz müde geworden und über und über mit Schweiß -bedeckt war, kam er ebenfalls an die Bergschlucht, wo das alte Weib saß -und die Spindel dreh'te. »Komm her, mein schmucker Bursch! ich will Dir -den Kopf krauen,« rief sie. Das däuchte dem Burschen ganz gut; er ließ -die Füllen laufen, wohin sie wollten, setzte sich zu dem Weib in der -Bergschlucht, und da lag er nun und runks'te sich den ganzen Tag. - -Als die Füllen am Abend zurückkamen, gab das alte Weib ihm auch eine -Flasche mit Wasser und einen Büschel Moos, welches er dem König zeigen -sollte. Als aber darauf der König den Burschen fragte, ob er ihm sagen -könne, Was die sieben Füllen äßen und Was sie tränken, und dieser ihm -die Wasserflasche und den Moosbüschel hinhielt und sagte: »Da siehst -Du, Was sie essen, und da siehst Du, Was sie trinken,« ward der König -so zornig, daß er befahl, ihm drei rothe Riemen aus seinem Rücken -zu schneiden und Salz hineinzustreuen und ihn dann augenblicklich -fortzujagen. Wie nun der Bursch zu Hause kam, erzählte er ebenfalls, -wie's ihm ergangen war, und sagte, einmal wäre er ausgegangen, um zu -dienen, aber er thät's nicht zum zweiten Mal. - -Den dritten Tag wollte Aschenbrödel sich aufmachen. Er hätte große -Lust, sagte er, auch mal zu versuchen, die sieben Füllen zu hüten. Die -Andern aber lachten und hatten ihn zum Besten. »Wenn es uns so gegangen -ist,« sagten sie: »so sollst Du wohl was ausrichten, Du, der nie etwas -Andres gethan hat, als auf dem Herd liegen und in der Asche wühlen.« --- »Einerlei,« sagte Aschenbrödel: »ich will aber fort; denn ich hab's -mir einmal in den Kopf gesetzt,« -- und wie sehr die Brüder ihn auch -auslachten, und die Ältern ihn bitten mochten, es half Alles nichts: -Aschenbrödel mußte fort. Als er nun den ganzen Tag marschirt hatte, kam -er endlich gegen Abend auch zu dem Königsschloß. Der König stand wieder -draußen auf der Treppe und fragte ihn, wo er hin wolle. »Ich wollte mich -nur nach einem Dienst umhören,« sagte Aschenbrödel. »Wo bist Du her?« -fragte ihn der König, denn er wollte sich erst etwas näher erkundigen, -eh' er wieder Jemanden in Dienst nahm. Aschenbrödel erzählte ihm nun, -wo er her sei, und daß er der Bruder von den Zweien wäre, die vor ihm -die Füllen gehütet hätten, und fragte, ob er den nächsten Tag nicht -auch versuchen dürfte, sie zu hüten. »Twi!« sagte der König und gerieth -ganz in Zorn: »bist Du der Bruder von den Zweien, so taugst Du auch -wohl nicht viel mehr, als sie; von solchen Leuten habe ich schon Genug -gehabt.« -- »Was schadt's?« sagte Aschenbrödel: »da ich doch einmal hier -bin, so könnt' ich's ja auch mal versuchen.« -- »Nun ja, wenn Du denn -durchaus Deinen Rücken geschunden haben willst, dann meinetwegen!« sagte -der König. »Ich möchte weit lieber die Prinzessinn haben,« sagte -Aschenbrödel. - -Am Morgen, als es Tag wurde, ließ der Stallmeister die sieben Füllen -hinaus; diese fort über Berg und über Thal, durch Rusch und durch Busch, -und Aschenbrödel immer hinter ihnen her. Als er ihnen eine gute Weile -nachgelaufen war, kam er auch zu der Bergschlucht; da saß wieder das -alte Weib mit ihrer Spindel und rief Aschenbrödel zu: »Komm her, mein -schmucker Bursch! ich will Dir den Kopf krauen!« -- »Küß mich hinten!« -sagte Aschenbrödel, hielt sich fest an dem Schweif des jüngsten Füllen -und sprang fort. Als sie die Bergschlucht hinter sich hatten, sagte das -Füllen zu ihm: »Setze Dich auf meinen Rücken, denn wir haben noch einen -weiten Weg,« und das that Aschenbrödel. - -Nun ging's noch ein weites Ende fort. »Siehst Du Etwas?« sagte das -Füllen. »Nein,« sagte Aschenbrödel. Damit ging's noch ein gutes Ende -weiter. »Siehst Du jetzt Etwas?« fragte das Füllen wieder. »Nein,« sagte -der Bursch. Als sie nun eine weite, weite Strecke zurückgelegt hatten, -fragte das Füllen wieder: »Siehst Du jetzt Etwas?« -- »Ja, nun seh' -ich etwas Weißes schimmern,« sagte Aschenbrödel: »es sieht aus wie ein -großer, dicker Birkenstamm.« -- »Da müssen wir hin,« sagte das Füllen. -Als sie nun hinkamen, riß das älteste Füllen den Stamm aus und warf ihn -bei Seite. Da öffnete sich an der Stelle, wo der Stamm gestanden hatte, -eine Thür -- drinnen war ein kleines Zimmer, und in dem Zimmer war -nichts Anders, als ein kleiner Herd und ein paar Bänke; und hinter der -Thür hing ein altes rostiges Schwert, eine Flasche und ein Krug. »Kannst -Du das Schwert schwingen?« fragte das Füllen. Aschenbrödel machte einen -Versuch, aber er konnt's nicht schwingen. Da mußte er einen Trunk aus -der Flasche thun, erst einmal, dann noch einmal, und dann noch einmal, -und da konnt' er es schwingen wie gar Nichts. »Jetzt musst Du das -Schwert mit Dir nehmen,« sagte das Füllen: und an Deinem Hochzeitstage -musst Du uns allen sieben damit den Kopf abhauen, dann werden wir -wieder zu Prinzen, wie wir ehedem waren; denn wir sind die Brüder der -Prinzessinn, die Du heirathen sollst, wenn Du dem König sagen kannst, -Was wir essen, und Was wir trinken; -- ein böser Troll hatte diese -Ham's[1] auf uns geworfen. Wenn Du uns aber dann den Kopf abgehauen -hast, musst Du vorsichtig jeden Kopf beim Schwanz desjenigen Rumpfes -hinlegen, auf dem er gesessen; alsdann hat der Zauber keine Macht mehr -über uns.« Aschenbrödel versprach, Alles genau zu thun, wie das Füllen -ihm gesagt hatte, und darauf ging es wieder fort. - -Als sie nun eine lange Strecke Weges zurückgelegt hatten, fragte das -Füllen: »Siehst Du Etwas?« -- »Nein,« sagte Aschenbrödel. Als sie darauf -ein gutes Ende weiter gekommen waren, fragte das Füllen wieder: »Siehst -Du jetzt Etwas?« -- »Nein, ich sehe Nichts,« sagte Aschenbrödel. Nun -ging es viele, viele Meilen weit über Berge und über Thäler. Endlich -fragte das Füllen wieder: »Siehst Du jetzt Etwas?« -- »Ja, nun seh' ich -einen blauen Streifen weit weit in der Ferne,« sagte Aschenbrödel. »Das -ist ein Fluß,« sagte das Füllen: »da müssen wir hinüber.« Über den Fluß -aber führte eine lange schöne Brücke, und als sie auf die andre Seite -gekommen waren, ging es wieder eine lange Strecke weiter. Endlich fragte -das Füllen wieder, ob Aschenbrödel Nichts sähe. Ja, da sah' er weit in -der Ferne etwas Schwarzes, das sah aus wie ein Kirchthurm. »Da müssen -wir hinein,« sagte das Füllen. - -Als die Füllen auf den Kirchhof kamen, wurden sie wieder in Menschen -verwandelt; sie sahen nun aus wie Königssöhne und hatten so prächtige -Kleider an, daß es glitzerte und blitzerte. Darauf gingen sie in die -Kirche und empfingen von dem Priester, der vor dem Altar stand, Brod und -Wein. Aschenbrödel ging auch mit hinein; und als der Priester die Hände -auf die Prinzen gelegt und sie gesegnet hatte, gingen sie wieder hinaus, -und Aschenbrödel folgte ihnen nach; zuvor aber steckte er eine Flasche -mit Wein und ein Altarbrod zu sich. Sowie die Prinzen den Kirchhof -verlassen hatten, waren sie wieder in Füllen verwandelt, und nun ging es -wieder desselben Weges zurück, den sie gekommen waren, aber noch viel -schneller, als vorher. Erst kamen sie über die Brücke, dann kamen sie zu -dem Birkenstamm, und dann zu dem alten Weib, das in der Bergschlucht saß -und spann. Es ging aber so schnell, daß Aschenbrödel nicht hören konnte, -Was das alte Weib, das hinter ihm herschrie, sagte; so Viel verstand er -jedoch, daß sie ganz bitterböse war. - -Es war beinahe dunkel geworden, als er am Schloß ankam, und der König -stand auf der Treppe und wartete auf ihn. »Hast Du nun die Füllen den -ganzen Tag treu gehütet?« fragte er Aschenbrödel. »Ich habe mein Bestes -gethan,« antwortete dieser. »So kannst Du mir denn wohl sagen, Was sie -essen, und Was sie trinken,« versetzte der König. Da nahm Aschenbrödel -die Flasche mit Wein und das Altarbrod hervor und sprach: »Da siehst Du, -Was sie essen, und da siehst Du, Was sie trinken.« -- »Ja, Du hast sie -treu gehütet,« sagte der König: »und nun sollst Du die Prinzessinn und -das halbe Reich haben.« Da wurde denn alsbald eine Hochzeit gefeiert, -daß man sich weit und breit davon zu erzählen hatte. Als sie aber bei -Tafel saßen, stand der Bräutigam von der Bank auf und ging hinunter in -den Stall, um, wie er sagte, noch Etwas zu holen, das er dort vergessen -hätte. Er that nun, wie die Füllen ihm gesagt hatten, und hau'te ihnen -allen sieben den Kopf ab, zuerst dem ältesten, und dann den übrigen, -sowie sie auf einander folgten; jeden Kopf aber legte er sorgfältig bei -dem Schwanz desjenigen Rumpfes hin, auf dem er gesessen hatte, und sowie -er das that, wurden alle die Füllen wieder in Prinzen verwandelt. Als er -nun mit den sieben Prinzen in den Hochzeitssaal eintrat, war der König -so erfreu't, daß er ihn umarmte und ihn küßte; und seine Braut hielt -noch mehr von ihm, als sie schon vorher von ihm gehalten hatte. »Das -halbe Reich gehört jetzt Dir,« sagte der König: »und die andre Hälfte -sollst Du nach meinem Tode haben; denn meine Söhne können sich jetzt, da -sie wieder Prinzen geworden sind, selber Land und Reich erwerben.« Nun -war die Freude und der Jubel erst recht groß bei der Hochzeit. Ich war -auch mit dabei; aber es hatte Niemand Zeit, an mich zu denken: ich bekam -nichts Anders, als ein Butterbrod, das legte ich auf den Ofen, und das -Brod verbrannte, und die Butter schmolz, und nie habe ich wieder das -Allergeringste bekommen. - - - - -2. - -Gidske. - - -Es war einmal ein Wittmann, der hatte eine Haushälterinn, Namens -_Gidske_, die wollte ihn gern zum Mann haben und lag ihm immer in -den Ohren, daß er sie heirathen sollte. Zuletzt wurde der Mann es -überdrüssig; aber er wußte nicht, wie er's anfangen sollte, um sie los -zu werden. Nun war es eben um die Zeit, daß der Hanf geschnitten werden -sollte, und weil Gidske sich immer für so tüchtig und flink hielt, fing -sie an, den Hanf zu schneiden und schnitt so lange, bis sie schwindlig -im Kopf ward von dem strengen Geruch und umfiel und auf dem Hanf-Felde -liegen blieb. Während sie nun da lag und schlief, kam der Mann mit einer -Schere und schnitt ihr den Rock ganz kurz ab; darnach beschmierte er -sie erst mit Talg und dann mit Ruß, so daß sie ärger aussah, als der -lebendige Teufel. Als Gidske erwachte und sah, wie häßlich sie war, -kannte sie sich selbst nicht mehr. »Bin ich's, oder bin ich's nicht?« -sagte sie: »Nein, ich kann's nicht sein; denn so häßlich bin ich ja -mein Lebtag nicht gewesen; es muß der Teufel sein.« Um nun hierüber ins -Reine zu kommen, ging sie hin und öffnete ein klein wenig die Thür zu -der Stube ihres Herrn und fragte: »Ist Eure Gidske zu Hause?« -- »Ei -freilich ist sie zu Hause!« sagte der Mann, weil er sie gern quitt sein -wollte. »So kann ich also nicht Gidske sein,« dachte sie und sockte -fort, und Der sich freu'te, das war der Mann. Als sie nun ein gutes -Ende gegangen war, kam sie in einen großen Wald; da begegneten ihr zwei -Spitzbuben. »Mit denen will ich mich ins Geleit geben,« dachte Gidske: -»denn weil ich doch einmal der Teufel bin, so ist das eben für mich die -rechte Gesellschaft.« Die Diebe dachten aber nicht so, sondern als sie -Gidske erblickten, schwangen sie die Fersen und machten sich aus dem -Staube, so schnell sie nur konnten; denn sie glaubten der Leibhaftige -wäre hinter ihnen her und wollte sie holen; aber es half ihnen nicht -viel; denn Gidske war langbeinig und schnell zu Fuß, und eh' sie sich's -versahen, hatte sie sie eingeholt. - -»Wollt Ihr aufs Stehlen aus, so will ich mit Euch und Euch helfen,« -sagte Gidske: »denn ich weiß hier in der Gegend gut Bescheid.« Als die -Diebe das hörten, meinten sie, das wäre eine gute Gesellschaft, und -waren nun nicht länger bange. - -Sie wollten gern hin und ein Schaf stehlen, sagten sie: aber sie wüßten -nicht, wo wohl eins zu holen wäre. »Ach, das ist eine Kleinigkeit,« -sagte Gidske: »Ich habe lange bei einem Bauern hier im Wald gedient -und kann den Schafstall mitten in der Nacht finden.« Das däuchte den -Spitzbuben ganz herrlich, und als sie zu dem Schafstall kamen, sollte -Gidske hineingehen und herausschicken, und sie wollten's draußen in -Empfang nehmen. Der Schafstall lag aber dicht an der Stube, wo der Mann -schlief; darum ging Gidske ganz leise und behutsam hinein; als sie aber -drinnen war, schrie sie zu den Dieben hinaus: »_Wollt Ihr einen Bock, -oder ein Schaf? Hier ist von Allen!_« -- »Scht! scht!« sagten die Diebe: -»nimm bloß Einen, der brav fett ist!« -- »_Ja, aber wollt Ihr einen -Bock, oder ein Schaf? Wollt Ihr einen Bock, oder ein Schaf? Denn hier -ist Genug von Allen!_« schrie Gidske. »So schweig' doch still!« sagten -die Diebe: »nimm bloß Einen, der brav fett ist, dann ist's einerlei, -ob's ein Bock, oder ein Schaf ist.« -- »_Ja, aber wollt Ihr einen Bock, -oder ein Schaf? Wollt Ihr einen Bock, oder ein Schaf? Hier ist Genug -von Allen!_« dabei blieb Gidske. »So halt doch Dein Maul und nimm bloß -Einen, der brav fett ist, ob's dann ein Bock, oder ein Schaf ist,« -sagten die Diebe. Indem kam der Mann, der über den Lärm erwacht war, -heraus im bloßen Hemd, und wollte sehen, Was da los war. Die Diebe -liefen davon, und Gidske hinter sie drein, so daß sie den Mann über den -Haufen lief. »So wartet doch! so wartet doch!« schrie sie. Der Mann, der -bloß das schwarze Ungeheuer gesehen hatte, war so erschrocken, daß er -anfangs gar nicht wagte, wieder aufzustehen; denn er glaubte, es sei der -Teufel selber, der aus seinem Schafstall gefahren kam. Zuletzt ging er -wieder ins Haus, weckte alle seine Leute auf und fing mit ihnen an, zu -lesen und zu beten; denn er hatte gehört, daß man dadurch den Teufel -fortbannen könne. - -Den andern Abend wollten die Diebe eine fette Gans stehlen, und Gidske -sollte ihnen den Weg zeigen. Als sie nun zum Gänsestall kamen, sollte -Gidske hineinsteigen und herausschicken, und sie wollten's in Empfang -nehmen. »_Wollt Ihr eine Gans, oder einen Gänserich? Hier ist genug von -Allen!_« schrie Gidske, als sie in den Stall gekommen war. »Scht! scht! -nimm bloß Einen, der brav fett ist!« sagten die Diebe. »_Ja, aber wollt -Ihr eine Gans, oder einen Gänserich? Wollt Ihr eine Gans, oder einen -Gänserich? Hier ist Genug von Allen!_« schrie Gidske. »Still! still! -nimm bloß Einen, der brav fett ist, so ist's einerlei, ob's eine Gans, -oder ein Gänserich ist, und dann halt Dein Maul!« sagten die Diebe. -Während nun Gidske rief, und die Diebe sie tuschten, fing eine Gans -an zu schreien, dann eine zweite, und endlich schrien sie alle mit -einander, aus vollem Halse. Da sprang der Mann heraus und wollte sehen, -Was es gab -- die Diebe auf und davon, so schnell sie nur konnten, und -Gidske hinter sie drein wie ein Unwetter, so daß der Bauer glaubte, es -sei der lebendige Teufel; denn langbeinig war sie, und die Röcke hielten -sie nicht auf. »So wartet doch!« rief Gidske: »Ihr könnt ja bekommen, -Was Ihr wollt, ob's denn eine Gans, oder ein Gänserich ist.« Aber die -Spitzbuben hatten keine Zeit, und der Bauer mit seinen Leuten fing an -zu lesen und zu beten; denn sie glaubten alle nicht anders, als daß der -Teufel in dem Gänsestall gewesen sei. - -Den dritten Tag waren die Diebe mit sammt Gidske so hungrig, daß ihnen -der Magen pfiff, und sie beschlossen daher, bei einem reichen Bauern, -der am Wald wohnte, aufs Stabur zu gehen und sich Etwas zu essen zu -stehlen. Gegen Abend gingen sie hin; die Diebe aber wagten sich nicht -hinauf, sondern Gidske sollte aufs Stabur gehen und herunterschicken, -und sie wollten's in Empfang nehmen. Als Gidske hinaufkam, war da -vollauf von Allem: von Fleisch und Speck und Wurst und Erbsenbrod. -Die Diebe tuschten sie und sagten, sie solle nur einige Lebensmittel -herauswerfen und nicht viel Gerede machen; denn sie wüßte wohl, wie's -ihnen die beiden vorigen Male gegangen wäre. Aber Gidske schrie wieder, -daß es nur so schallte: »_Wollt Ihr Fleisch, oder Speck, oder Wurst, -oder Erbsenbrod? herrliches Erbsenbrod! Ihr könnt kriegen, Was Ihr -wollt; denn hier ist Genug von Allem!_« Der Mann auf dem Gehöft, der -über das Geräusch erwachte, kam heraus und wollte sehen, Was es gab. -Die Diebe davon, so schnell sie konnten, und Gidske ihnen nach in einer -Höllenfahrt. Als der Mann das Ungethüm erblickte, glaubte er ebenfalls, -der Teufel sei los, denn er hatte gehört, Was sich die beiden Abende -vorher zugetragen, und er fing an zu lesen und zu beten, und mit ihm -alle Leute auf dem ganzen Gehöft, damit sie den Teufel fortbannten. - -Am Samstag-Abend wollten die Diebe sich einen fetten Bock zum Sonntag -stehlen; sie konnten's auch wohl nöthig haben, denn sie hatten schon -viele Tage gehungert; aber Gidske wollten sie das Mal nicht mit haben, -denn sie richte doch bloß Unheil mit ihrem Maul an, sagten sie. Als aber -am Sonntag-Morgen die Spitzbuben noch nicht zurückgekehrt waren, fühlte -Gidske einen entsetzlichen Hunger -- denn sie hatte in drei Tagen fast -nicht das Geringste genossen -- und ging daher ins Rübenfeld, gnitschte -und gnatschte und zog sich eine Rübe nach der andern auf. Indeß kam der -Mann gegangen, dem das Rübenfeld gehörte; wie der das schwarze Ungethüm -sah, das in seinen Rüben ging und gnatschte, glaubte er ebenfalls, es -sei der Lebendige. Er auf und davon nach Hause, so schnell er nur konnte -und erzählte, daß der Teufel in seinem Rübenfeld wäre. Als die Leute auf -dem Gehöft das hörten, erschraken sie gewaltig und glaubten, es wäre am -besten, nach dem Pfarrer zu schicken, damit er den Teufel festmache. -»Nein, das geht nicht an, daß wir nach dem Pfarrer schicken,« sagte -die Hausfrau: »denn es ist ja Sonntag-Morgen, und da ist er noch nicht -aufgestanden, und wenn er auch schon aufgestanden ist, so kommt er doch -nicht, denn er muß auf seinen Text studiren.« -- - -»O, ich verspreche ihm ein fettes Mastkalb, dann wird er schon kommen,« -sagte der Mann und machte sich auf zum Pfarrhof. Als er aber dort ankam, -war der Pfarrer noch nicht aufgestanden. Das Dienstmädchen hieß den -Mann eintreten, und ging hinauf zum Pfarrer und sagte, es wäre unten -ein Mann, der wäre so und so und wollte gern ein Wort mit dem Herrn -Pfarrer sprechen. Als der Pfarrer hörte, daß es ein so braver Mann war, -der ihn sprechen wollte, stand er sogleich auf und kam herunter in -Pantoffeln und mit der Nachtmütze. - -Der Mann erzählte ihm nun sein Anliegen und sagte, der Teufel wäre -los in seinem Rübenfeld, und wenn der Herr Pfarrer helfen wollte, ihn -festzumachen, so wolle er ihm auch ein fettes Mastkalb schicken. Ja, der -Pfarrer war sogleich bereit und wollte nur seinen Burschen rufen, daß er -dem Pferd den Sattel auflege, während er sich ankleide. »Nein, Gevatter, -das geht nicht,« sagte der Mann: »denn der Teufel lässt nicht auf sich -warten, und hat er sich erst wieder aus dem Staub gemacht, so hält's -schwer, ihn wieder zu attrapiren; Ihr müsst darum sogleich mit, wie Ihr -geht und steht.« Der Pfarrer mußte nun fort in seinen Pantoffeln und -mit der Nachtmütze; als sie aber ins Erlenbruch kamen, war der Boden so -locker, daß der Pfarrer in den Pantoffeln nicht fortkonnte. Da lud der -Mann ihn auf den Rücken und trug ihn huckepack, indem er ganz vorsichtig -immer von einem Bülten auf den andern trat. Als sie nun ungefähr bis in -die Mitte gekommen waren, bemerkte Gidske die Beiden und glaubte, es -wären die Diebe, welche mit dem Bock kämen. »Ist er brav fett? ist er -brav fett?« schrie sie, daß es ins Holz schallte. »Ich weiß den Teufel, -ob er fett ist, oder mager,« sagte der Mann: »willst Du's aber wissen, -so komm selber und sieh zu!« und damit warf er den Pfarrer mitten in die -Plampe und lief davon. Und ist der Pfarrer nicht wieder aufgestanden, so -liegt er wohl noch da. - - - - -3. - -Die zwölf wilden Enten. - - -Es war einmal eine Königinn, die fuhr einst bei Winterzeit, da frischer -Schnee gefallen war, in einem Schlitten. Unterweges fing ihr die Nase an -zu bluten, und sie mußte daher aussteigen. Während sie nun da stand und -sich an einen Zaun lehnte, betrachtete sie ihr rothes Blut in dem weißen -Schnee; da dachte sie bei sich selbst: »Ich habe nun zwölf Söhne, und -keine einzige Tochter; hätte ich eine Tochter, so weiß wie Schnee und so -roth wie Blut, dann wollt' ich mich um die Söhne nicht weiter grämen.« -Kaum hatte sie das so leise vor sich hin gesprochen, als plötzlich eine -Trollhexe vor ihr stand. »Eine Tochter sollst Du bekommen,« sagte sie: -»und die soll so weiß sein wie Schnee und so roth wie Blut; dann aber -sollen Deine Söhne mir gehören; jedoch kannst Du sie so lange bei Dir -behalten, bis die Tochter getauft ist.« - -Als nun die Zeit kam, da die Königinn gebären sollte, gebar sie eine -Tochter, die war weiß wie Schnee und roth wie Blut, so wie das Trollweib -es ihr versprochen hatte, und darum nannte sie sie _Schneeweiß und -Rosenroth_. Da war nun große Freude im Königsschloß, und am meisten -von Allen freu'te sich die Königinn. Als sie aber gedachte, Was sie der -alten Trollhexe versprochen hatte, ward ihr doch etwas wunderlich ums -Herz, und sie schickte zu einem Silberschmied, der mußte ihr zwölf -silberne Löffel verfertigen, einen für jeden Prinzen, und für Schneeweiß -und Rosenroth ließ sie auch einen machen. Wie nun die Prinzessinn -getauft war, wurden die Prinzen in zwölf wilde Enten verwandelt und -flogen davon und wurden nicht mehr gesehen; fort waren sie und fort -blieben sie. Die Prinzessinn wuchs indessen heran und wurde groß und -außerordentlich schön; aber sie war immer so in sich selbst gekehrt und -so schwermüthig, und Niemand konnte recht begreifen, Was ihr fehlte. -Eines Abends, als die Königinn auch so betrübt da saß und an ihre Söhne -dachte, sagte sie zu Schneeweiß und Rosenroth: »Warum bist Du immer so -traurig, meine Tochter? Fehlt Dir Etwas, so sage es mir! Möchtest Du -vielleicht gern Etwas haben, so sollst Du es bekommen.« -- »Ach, liebe -Mutter,« versetzte Schneeweiß und Rosenroth: »es kommt mir hier immer so -öde vor; alle andern Kinder haben Geschwister, aber ich habe keine, und -darüber bin ich so betrübt.« -- »Meine Tochter,« sagte die Königinn: »Du -hast auch Geschwister gehabt; denn ich hatte zwölf Söhne, welche Deine -Brüder waren, aber ich habe sie alle dahingegeben, um Dich zu bekommen,« -und darauf erzählte sie ihr, wie sich Alles zugetragen hatte. - -Als die Prinzessinn hörte, wie es ihren Brüdern ergangen war, hatte sie -keine Ruhe länger zu Hause; und wie sehr die Mutter auch weinen und sie -bitten mochte, es half Alles nichts, sie wollte fort und mußte fort, um -ihre Brüder wieder aufzusuchen; denn sie glaubte, sie wäre allein schuld -an ihrem Unglück; und darum verließ sie zuletzt heimlich das Schloß. Sie -wanderte nun so weit in die Welt hinaus, daß Du gar nicht glauben -solltest, wie eine so zarte Jungfrau so weit zu wandern vermocht hätte. - -Einmal war sie die ganze Nacht hindurch in einem großen Wald umhergeirrt; -gegen Morgen aber wurde sie müde, setzte sich auf den Rasen hin und -schlief ein. Da träumte ihr, sie ginge noch weiter in den Wald hinein, -bis sie zu einer kleinen hölzernen Hütte kam, und dort drinnen waren -ihre Brüder. Hierüber erwachte sie, und da sie vor sich einen gebahnten -Fußsteig durch das grüne Moos sah, folgte sie diesem, bis sie tiefer im -Walde zu einem hölzernen Häuschen kam, grade so, wie es ihr geträumt -hatte. - -Als sie hineintrat, war dort Niemand; aber es standen da zwölf Betten -und zwölf Stühle, und auf dem Tisch lagen zwölf Löffel, und von allen -Sachen, die sich da vorfanden, waren immer zwölf Stücke. Die Prinzessinn -war nun voller Freude; denn sie konnte sich wohl denken, daß ihre Brüder -da wohnen mußten, und daß sie es waren, denen die Betten und die Stühle -und die Löffel gehörten. Sie machte nun Feuer im Kamin an, fegte die -Zimmer und machte die Betten, darnach kochte sie Essen und putzte Alles -aufs beste auf. Und als sie mit dem Kochen fertig war und für alle ihre -Brüder zugerichtet hatte, setzte sie sich selber hin und aß, legte dann -ihren Löffel auf den Tisch und kroch unter das Bett des jüngsten -Bruders. - -Kaum war sie hinuntergekrochen, so hörte sie ein gewaltiges Sausen in -der Luft, und bald darauf kamen zwölf wilde Enten angeflogen; aber sowie -sie über die Thürschwelle kamen, verwandelten sie sich augenblicklich in -die Prinzen, ihre Brüder. »Ach wie gut hier Alles aufgeräumt, und wie es -hier so schön warm ist!« sagten sie: »Gott lohne Dem, der uns die Stube -so schön geheizt und so herrliches Essen für uns gekocht hat!« und -darauf nahm jeder seinen silbernen Löffel, um damit zu essen; aber wie -jeder den seinigen genommen hatte, blieb doch noch einer zurück, und -der war den übrigen so ähnlich, daß sie ihn nicht davon unterscheiden -konnten. Da sahen die Prinzen einander an und verwunderten sich sehr. -»Das ist der Löffel unsrer Schwester,« sagten sie: »und ist der Löffel -hier, so kann sie selber auch nicht weit sein.« -- - -»Ist es unsre Schwester, und sie findet sich hier,« sagte der älteste: -»so soll sie getödtet werden; denn sie ist schuld an all unserm -Unglück.« -- »Nein,« sagte der jüngste: »es wäre Sünde, sie zu tödten, -sie kann ja nichts dafür, daß wir Übles erdulden; sollte Jemand daran -schuld sein, so ist es Niemand anders, als unsre eigne Mutter.« - -Sie fingen nun an zu suchen, sowohl oben, als unten, und zuletzt suchten -sie auch unter allen Betten, und als sie zu dem Bett des jüngsten -Prinzen kamen, fanden sie die Prinzessinn, und zogen sie hervor. Der -älteste Prinz wollte nun wieder, sie sollte getödtet werden; aber sie -bat gar zu flehentlich und sagte: »Ach, tödtet mich doch nicht! ich bin -viele Jahre lang herumgewandert, um Euch aufzusuchen, und wenn ich Euch -erlösen könnte, wollte ich gern mein Leben dafür lassen.« -- »Ja wenn -Du uns erlösen willst,« sagten sie: »so sollst Du das Leben behalten; -denn wenn Du willst, so kannst Du es.« -- »Ja, sagt mir nur, wie ich es -machen soll, dann will ich Alles thun, was Ihr verlangt,« sagte die -Prinzessinn. »Dann musst Du die Dunen von der Butterblume sammeln,« -sagten die Prinzen: »und die musst Du kratzen und spinnen und weben, und -wenn das Gewebe fertig ist, musst Du es zuschneiden und zwölf Mützen, -zwölf Hemden, und zwölf Halstücher davon machen, für jeden von uns ein -Stück; aber in der Zeit, daß Du damit beschäftigt bist, darfst Du weder -sprechen, noch weinen, noch lachen; kannst Du das, so sind wir erlös't.« --- »Wo soll ich aber die vielen Dunen zu all den Hemden, Mützen und -Tüchern herbekommen?« fragte Schneeweiß und Rosenroth. »Das sollst Du -schon erfahren,« sagten die Prinzen, und darauf führten sie sie hinaus -auf eine große, große Wiese; da standen so viele Butterblumen mit weißen -Dunen, die nickten im Winde und glänzten im Sonnenschein, daß man den -Glanz schon weit in der Ferne sehen konnte. Noch nie hatte die Prinzessinn -zuvor so viele Butterblumen gesehen, und sie fing sogleich an zu -pflücken und zu sammeln, so Viel sie nur fortschaffen konnte; und als -sie am Abend zu Hause kam, begann sie sogleich, die Dunen zu kratzen und -Garn davon zu spinnen. So fuhr sie eine lange Zeit fort, sie sammelte -jeden Tag die Dunen der Butterblumen und kratzte und spann sie, und -dabei wartete sie zugleich den Prinzen auf: sie kochte für sie und -machte ihnen die Betten; und jeden Abend kamen ihre Brüder als wilde -Enten nach Hause geflogen, und des Nachts waren sie Prinzen, des Morgens -aber flogen sie wieder als wilde Enten davon. - -Nun geschah es einmal, als Schneeweiß und Rosenroth auf die Wiese -gegangen war, um sich Dunen von der Butterblume zu sammeln -- wenn ich -nicht irre, so war es das letzte Mal, daß sie welche sammeln wollte -- -daß der junge König, der das Land regierte, auf der Jagd war, und nach -der Wiese ritt, wo Schneeweiß und Rosenroth war. Als der König sie -erblickte, wunderte er sich sehr über die schöne Jungfrau, welche da -ging und die Dunen der Butterblume sammelte. Er hielt still und -redete sie an; da er aber keine Antwort von ihr erhielt, ward seine -Verwunderung noch größer, und weil ihm das Mädchen so wohl gefiel, -wollte er sie mit sich auf sein Schloß führen und sie zu seiner -Gemahlinn nehmen. Er gab daher seinen Dienern den Befehl, sie auf -sein Pferd zu setzen; Schneeweiß und Rosenroth aber rang ihre Hände und -deutete auf die Säcke, worin sie ihre Arbeit hatte; und als der König -begriffen hatte, Was sie meinte, befahl er seinen Dienern, auch die -Säcke mit aufzuladen. Als das geschehen war, gab die Prinzessinn sich -nach und nach zufrieden; denn der König war ein sehr schöner Mann, und -er war so sanft und so freundlich gegen sie. Als sie aber aufs Schloß -kamen, und die alte Königinn, die Stiefmutter des jungen Königs, -Schneeweiß und Rosenroth erblickte, ward sie so neidisch und so -aufgebracht über ihre große Schönheit und sagte zum König: »Siehst Du -denn nicht, daß es eine Trollhexe ist, die Du mitgebracht hast? denn -sie kann ja weder sprechen, noch lachen, noch weinen.« Der König aber -bekümmerte sich nicht darum, was seine Mutter sagte, sondern hielt -Hochzeit mit der schönen Jungfrau und lebte mit ihr herrlich und -vergnügt; sie aber unterließ nicht, fortwährend an den Hemden zu nähen. - -Ehe das Jahr um war, kam Schneeweiß und Rosenroth mit einem Prinzen -nieder; darüber wurde die alte Königinn noch neidischer und noch mehr -erbittert, und als es Nacht wurde, schlich sie sich, während die junge -Königinn schlief, in ihr Zimmer, nahm ihr das Kind weg und warf es in -die Schlangengrube; darnach schnitt sie sie in den Finger, bestrich ihr -mit dem Blute den Mund und ging dann hinein zum König und sprach: »Komm -jetzt und siehe, was es für Eine ist, die Du zur Gemahlinn genommen -hast; jetzt hat sie ihr eignes Kind gefressen.« Da ward der König so -betrübt, daß er beinahe Thränen vergoß, und er sagte: »Ja, es muß wohl -wahr sein, weil ich es vor meinen eignen Augen sehe; aber sie thut es -gewiß nicht wieder; dieses Mal will ich sie schonen.« - -Ehe das Jahr um war, gebar die Königinn wieder einen Sohn, und mit -diesem ging es eben so, wie mit dem ersten. Die Stiefmutter des Königs -ward diesmal noch neidischer und noch mehr erbittert; sie schlich sich -in der Nacht wieder in das Zimmer der jungen Königinn, während diese -schlief, nahm ihr das Kind weg und warf es in die Schlangengrube, schnitt -darauf die Königinn in den Finger, bestrich ihr mit dem Blute den Mund -und sagte dann zum König, seine Gemahlinn hätte wieder ihr eignes Kind -gefressen. Da ward der König so betrübt, daß Du's gar nicht glauben -kannst, und er sagte: »Ja, es muß wohl wahr sein, weil ich es vor meinen -eignen Augen sehe; aber sie wird es gewiß nicht wieder thun; dieses eine -Mal will ich sie noch schonen.« - -Ehe das Jahr wieder um war, kam Schneeweiß und Rosenroth mit einer -Tochter danieder, und die nahm die alte Königinn ebenfalls und warf sie -in die Schlangengrube, während die junge Königinn schlief, schnitt sie -in den Finger, bestrich ihr mit dem Blute den Mund und ging dann wieder -zum König und sprach: »Komm jetzt und siehe, ob es nicht wahr ist, Was -ich sage, daß sie eine Trollhexe ist; denn jetzt hat sie auch ihr -drittes Kind aufgefressen.« Da ward der König so betrübt, daß es gar -nicht zu sagen ist; denn jetzt konnte er sie nicht länger schonen, -sondern mußte den Befehl geben, sie lebendig zu verbrennen. Als nun der -Scheiterhaufen in Flammen stand, und sie hinaufsteigen sollte, gab sie -durch Mienen und Geberden zu verstehen, sie sollten zwölf Bretter nehmen -und sie um den Scheiterhaufen legen, und darauf legte sie die Hemden und -die Mützen und die Tücher ihrer Brüder; aber an dem Hemd des jüngsten -Bruders fehlte noch der linke Arm, den hatte sie nicht fertig bekommen -können. Kaum war dies geschehen, so hörte man ein Sausen und ein Brausen -in der Luft, und darauf kamen zwölf wilde Enten über den Wald her -geflogen, und jede von ihnen nahm ein Hemd, eine Mütze und ein Halstuch -in den Schnabel und flog damit fort. »Siehst Du nun,« sagte die böse -Stiefmutter zu dem König: »daß sie eine Trollhexe ist? Mach jetzt schnell -und verbrenne sie, ehe die Flammen das Holz verzehren.« -- »Damit hat's -noch keine Eile,« sagte der König: »denn Holz haben wir genug, und ich -habe große Lust, zu sehen, Was das Ende hievon sein wird.« In demselben -Augenblick kamen die Prinzen geritten, so schön und so wohlgebildet, wie -man sie nur sehen kann; der jüngste Prinz aber hatte anstatt des linken -Arms einen Entenflügel. »Was habt Ihr hier vor?« fragten die Prinzen. -»Meine Gemahlinn soll verbrannt werden,« sagte der König: »weil sie eine -Trollhexe ist und ihre eignen Kinder gefressen hat.« -- »Sie hat ihre -Kinder nicht gefressen,« sagten die Prinzen: »Sprich jetzt, Schwester! -Nun hast Du uns errettet, errette jetzt Dich selbst!« Da sprach Schneeweiß -und Rosenroth und erzählte, wie Alles sich zugetragen hatte, und daß -jedesmal, wenn sie ins Kindbette gekommen, die alte Königinn sich in ihr -Zimmer geschlichen und ihr das Kind weggenommen, und sie darnach in den -Finger geschnitten und ihr mit dem Blute den Mund bestrichen hätte. Und -die Prinzen nahmen den König und führten ihn hinaus zu der Schlangengrube; -da lagen die drei Kinder und spielten mit den Schlangen und den Nattern, -und schönere Kinder, als die waren, konnte man gar nicht sehen. Da nahm -der König sie mit sich und brachte sie zu seiner Stiefmutter und fragte -sie, was Der wohl für eine Strafe verdient hätte, der im Sinne gehabt, -eine unschuldige Königinn und drei so allerliebste Kinder zu verrathen. -»Der verdiente, daß er von zwölf wilden Pferden in Stücke zerrissen -würde,« sagte die alte Königinn. »Du hast selbst das Urtheil gesprochen, -und selber sollst Du die Strafe erleiden,« sagte der König; und darauf -wurde die alte böse Königinn an zwölf wilde Pferde gebunden und in -Stücke zerrissen. Schneeweiß und Rosenroth aber reis'te mit dem König, -ihrem Gemahl, und ihren Kindern und den zwölf Prinzen, ihren Brüdern, -nach Hause zu ihren Ältern und erzählte ihnen, was ihr Alles begegnet -war; und nun war lauter Freude und Jubel im ganzen Königreich, weil die -Prinzessinn errettet war, und sie auch ihre zwölf Brüder erlös't hatte. - - - - -4. - -Der Meisterdieb. - - -Es war einmal ein Kathenmann, der hatte drei Söhne; er hatte ihnen aber -kein Erbe zu geben und war so arm, daß er sie nicht einmal ein Gewerbe -konnte lernen lassen. Da sagte er eines Tages zu ihnen, sie müßten -selber zusehen, wie sie fortkämen, und könnten lernen, wozu sie Lust -hätten, und reisen, wohin sie wollten, er wolle sie gern noch eine -Strecke auf den Weg begleiten. Und das that er denn auch, er begleitete -sie bis da, wo drei Wege sich theilten; da nahmen die Söhne von dem -Vater Abschied, und jeder zog seine Straße. Wo die beiden ältesten -geblieben sind, habe ich nie erfahren können; aber der jüngste marschirte -tapfer drauf zu und kam weit hinaus in die Welt. - -Eines Nachts, als er durch einen großen Wald marschirte, kam ein -gewaltiges Unwetter über ihn; es weh'te und stöberte so heftig, daß er -fast die Augen im Kopf nicht offen halten konnte, und eh' er sich recht -besann, war er in die Irre gekommen und konnte weder Weg, noch Steg -mehr finden. Zuletzt erblickte er weit hin im Walde einen Lichtschimmer; -er ging grade darauf zu und kam endlich zu einem großen Gebäude, in -welchem ein helles Feuer auf dem Herd brannte, woraus er schließen konnte, -daß die Leute noch nicht zu Bett gegangen waren. Er trat hinein, und -drinnen war eine alte Frau, die puttelte da herum. - -»Guten Abend!« sagte der Bursch. »Guten Abend!« sagte die Frau. »Hutetu! -es ist so böses Wetter draußen die Nacht!« sagte der Bursch. »Das ist -wahr,« sagte die Frau. »Kann ich hier keine Herberge die Nacht kriegen?« -fragte der Bursch. »Hier ist keine gute Herberge für Dich,« sagte die -Frau: »denn kommen die Leute zu Hause und finden Dich hier, so tödten -sie Dich und mich dazu.« -- »Was sind es denn für Leute, die hier wohnen?« -fragte der Bursch. »Ach, es sind lauter Räuber und Spitzbuben,« sagte -die Frau: »mich haben sie geraubt, als ich noch ganz klein war, und nun -muß ich ihnen die Wirthschaft führen.« -- »Ich glaube, ich nehme hier -gleichwohl Quartier,« sagte der Bursch: »es mag gehen, wie es will; denn -hinaus will ich nicht wieder bei Nachtzeit in solchem Unwetter.« -- »Am -schlimmsten ist das immer für Dich selbst,« sagte die Frau. - -Der Bursch legte sich darauf in ein Bett, das da stand, aber er hütete -sich wohl, daß er einschlief. Bald darnach kamen die Räuber an, und das -alte Weib erzählte ihnen sogleich, es wär' ein fremder Kerl ins Haus -gekommen, der hätte nicht wieder fort wollen. - -»Hast Du nicht gesehen, ob er Geld bei sich hatte?« fragten die Räuber. -»Ja, der und Geld, der Lump!« sagte die Frau: »er hat kaum Kleider auf -dem Leibe.« Die Räuber flüsterten nun mit einander, Was wohl mit ihm -anzufangen wäre, ob sie ihn tödten sollten, oder Was sie sonst mit ihm -anfangen sollten. Indessen stand der Bursch auf und fragte sie, ob sie -nicht einen Knecht gebrauchen könnten, denn er hätte große Lust, bei -ihnen zu dienen. »Ja,« sagten sie: »wenn Du Lust hast und das Handwerk -treiben willst, das wir treiben, so kannst Du bei uns in Dienst kommen.« --- »Ja, es ist ganz einerlei, was es für ein Handwerk ist,« sagte der -Bursch: »denn als ich von Hause abreis'te, sagte mein Vater zu mir, ich -könnte lernen, Was ich selber wollte.« -- »Hast Du denn Lust, das -Stehlen zu lernen?« sagten die Räuber. »Ja,« sagte der Bursch: »das -Handwerk möcht' ich wohl lernen.« - -Nun wohnte nicht weit davon ein Mann, der hatte drei Ochsen; einen davon -wollte er zur Stadt bringen und ihn verkaufen, und das hatten die Räuber -ausspionirt. Da sagten sie zu dem Burschen, wenn er im Stande wäre, dem -Mann unterweges den Ochsen zu stehlen, so daß er's nicht gewahr würde, -und ohne daß er ihm Was zu Leide thäte, so wollten sie ihn in Dienst -nehmen, sonst nicht. Der Bursch sagte, er wollt's versuchen, und nahm -mit sich einen schön gearbeiteten Schuh mit silberner Schnalle, welchen -er da vorfand, den setzte er in den Weg hin, wo der Mann mit der Kuh -herkommen sollte, ging dann etwas tiefer in den Wald hinein und verbarg -sich unter einen Strauch. Es dauerte nicht lange, so kam der Mann an. -»Das wäre ja ein ganz hübscher Schuh!« sagte er: »hätte ich bloß den -andern dazu, so wollt' ich beide mit nach Hause nehmen, dann glaub' ich, -würde meine Altsche wohl einmal gutes Sinnes,« denn er hatte eine sehr -böse und schlimme Frau, und zwischen Schläge und Prügel, die er von ihr -bekam, war immer keine lange Zeit. Nun meinte er aber, könne er mit dem -einen Schuh doch Nichts anfangen, wenn er nicht den andern dazu hätte; -darum ließ er ihn stehen und ging weiter. Da nahm der Bursch den Schuh -und eilte, daß er dem Mann vorauskam, indem er durch den Wald lief, so -daß jener ihn nicht sehen konnte, und setzte den Schuh wieder vor ihm in -den Weg hin. Als der Mann mit seinem Ochsen ankam und den Schuh sah, war -er so verdrießlich, daß er so dumm gewesen war und vorhin den andern -Schuh nicht mitgenommen hatte. »Ich muß wohl nur zurücklaufen und den -andern nachholen,« sagte er bei sich selbst und band den Ochsen an einen -Zaun fest: »so krieg' ich doch mal ein paar gute Schuh für meine -Altsche; vielleicht, daß sie dann gutes Sinnes wird.« - -Er ging nun zurück und suchte nach dem Schuh die Länge und die Breite; -aber all sein Suchen war umsonst; zuletzt mußte er denn mit dem einen -Schuh zurückgehen. Indessen hatte sich aber der Bursch mit dem Ochsen -davon gemacht. Als der Mann zurückkam und sah, daß der Ochs fort war, -fing er an zu weinen und zu lamentiren; denn er war so bange vor seiner -Frau und fürchtete, sie möchte ihn todtschlagen, wenn sie erführe, daß -der Ochs fort war. Da fiel es ihm aber ein, daß er noch zwei andre -Ochsen im Stall hatte, und er ging zurück nach Hause, nahm den einen -Ochsen und machte sich damit auf nach der Stadt, ohne daß die Frau Etwas -davon gewahr ward. Das hatten aber die Räuber wieder ausspionirt und -sagten daher zu dem Burschen, wenn er dem Mann auch den zweiten Ochsen -stehlen könnte, ohne daß er es merkte, und ohne daß er ihm Was zu Leide -thäte, so sollte er Ihresgleichen sein. Ja, meinte der Bursch, das wäre -eben nicht schwer. - -Diesmal aber nahm er einen Strick mit und hängte sich mitten auf dem -Wege, wo der Mann vorbei mußte, unter den Armen auf. Als nun der Mann -mit seinem Ochsen ankam und ihn da hangen sah, ward er ein wenig -verdutzt und sagte: »Dir muß schwer zu Sinn gewesen sein, guter Freund, -daß Du Dich da aufgeknüpft hast; meinetwegen aber magst Du da hangen, so -lange Du willst; denn ich kann Dir doch kein Leben wieder einblasen,« -und damit ging er weiter mit seinem Ochsen. Als er fort war, sprang -der Bursch wieder herunter vom Baum, lief einen Richtsteig, so daß er -dem Mann vorauskam und hängte sich wieder mitten im Wege auf. »Ob Dir -wirklich so schwer zu Sinn gewesen ist, daß Du Dich da aufgeknüpft hast, -oder ob es bloß bei mir spukt?« sagte der Mann: »Meinetwegen aber magst -Du da hangen, so lange Du willst, ob Du nun ein Gespenst bist, oder Was -Du sonst sein magst,« und damit ging er weiter mit seinem Ochsen. Der -Bursch machte es wieder eben so, wie das vorige Mal, hüpfte herunter vom -Baum, lief den Richtsteig durch den Wald und hängte sich wieder mitten -im Wege auf. Als der Mann ihn gewahr ward, sagte er bei sich selbst: -»Das ist ja eine gräßliche Geschichte! Sollte ihnen denn so schwer zu -Sinn gewesen sein, daß sie sich alle drei aufgeknüpft haben? Ich kann's -aber nicht mal glauben, es spukt wohl bloß bei mir.« »Nun will ich aber -Gewißheit haben,« sagte er: »Hangen die andern Beiden noch da, dann ist's -wirklich so; hangen sie aber nicht da, so ist's nichts Anders, als Spuk,« -und damit band er seinen Ochsen fest und lief zurück, um zu sehen, -ob sie noch da hingen. Während er nun nach allen Bäumen hinaufguckte, -sprang der Bursch wieder herunter, nahm den Ochsen und machte sich damit -aus dem Staube. Als der Mann zurückkam und sah, daß der Ochs fort war, -da war's Päckchen wieder fertig: er fing an zu weinen und zu lamentiren; -endlich aber gab er sich doch zufrieden, denn er dachte bei sich selbst: -»Da ist kein andrer Rath, ich muß wieder nach Hause und den dritten -Ochsen auch holen, ohne daß meine Frau es gewahr wird, und muß dann -versuchen, ihn um so viel besser zu verhandeln, damit ich wieder zu -meinem Schaden komme.« Er ging nun zurück und holte sich auch den -dritten Ochsen, ohne daß seine Frau es gewahr ward. Die Räuber wußten -aber wieder sehr gut Bescheid und sagten zu dem Burschen, wenn er -ihm nun auch diesmal den Ochsen stehlen könnte, ohne daß der Mann es -merkte, und ohne daß er ihm Was zu Leide thäte, so sollte er Meister -sein über sie alle zusammen. - -Der Bursch machte sich wieder auf und lief in den Wald; und als der Mann -mit dem Ochsen daher kam, fing er an zu brüllen wie ein andrer großer -Ochs. Als der Mann das hörte, ward er froh, denn er meinte, seinen -Mastochsen an der Stimme zu erkennen, und glaubte, nun würde er sie alle -beide wieder bekommen, band den dritten Ochsen fest und lief abseits in -den Wald und suchte da herum. Während dessen aber machte der Bursch sich -auch mit dem dritten Ochsen davon. Als der Mann zurückkam und sah, daß -der auch fort war, ward ihm ganz hutlig zu Muthe; er weinte und lamentirte -und ließ sich in vielen Tagen nicht wieder zu Hause sehen; denn er war -bange, seine Frau möchte ihn rein todtschlagen. Den Räubern aber wollte -es gar nicht behagen, daß sie nun den Burschen als Meister über sich -alle zusammen anerkennen sollten. - -Nun gedachten sie einmal einen Streich auszuführen, den der Bursch ihnen -nicht sollte nachmachen können; sie reis'ten daher alle mit einander -fort und ließen ihn allein zurück. - -Das Erste, was der Bursch that, als die Andern das Haus verlassen -hatten, war, daß er alle die drei Ochsen hinausjagte, worauf -diese wieder nach dem Stall des Mannes, dem er sie genommen hatte, -zurückliefen, und Der sich freu'te, das war der Mann, kannst Du -glauben. Darauf nahm er alle Pferde, welche die Räuber hatten, und -belud sie mit dem Besten, was er vorfand, mit Gold und Silber und -Kleidern und andern prächtigen Sachen, und sagte dann zu der Frau, sie -solle die Räuber nur von ihm grüßen, er ließe sich vielmal bedanken, -und er reise jetzt fort; aber es sollte ihnen schwer fallen, ihn -wieder einzuholen, und damit reis'te er ab. - -Wie er nun eine lange Zeit gereis't hatte, kam er wieder auf den Weg, -von wo er zuerst in den Wald zu den Räubern gekommen war, und diesen -verfolgte er so lange, bis er wieder in das Dorf kam, wo sein Vater -wohnte. Zuvor aber zog er sich eine Montirung an, die grade wie für -einen General gemacht war, die hatte er unter den Sachen gefunden, die -er von den Räubern mitgenommen, und damit fuhr er auf den Hof, wie ein -großer Herr. Dort stieg er ab und ging in's Haus zu seinem Vater und -fragte ihn, ob er keine Herberge bei ihm bekommen könne. Nein, das könne -er ganz und gar nicht. »Wie sollte ich wohl Herberge haben für einen so -großen Herrn?« sagte der Mann: »ich habe kaum Betten, worauf ich selbst -liegen kann, und die sind noch dazu schlecht genug.« -- »Du bist immer -ein harter Mann gewesen, und das bist Du auch noch,« sagte der Bursch: -»da Du Deinem eignen Sohn nicht einmal Herberge geben willst.« -- »Bist -Du denn mein Sohn?« fragte der Mann. »Kennst Du mich denn nicht mehr?« -sagte der Bursch. Ja, da erkannte er ihn wieder. »Aber Was hast Du denn -gelernt, daß Du in der Geschwindigkeit ein solcher Kerl geworden bist?« -fragte ihn der Vater. »Das will ich Dir sagen,« versetzte der Bursch: -»Du sagtest ja, ich könnte lernen, wozu ich Lust hätte, und da gab ich -mich denn bei Räubern und Spitzbuben in die Lehre, und nun hab' ich -meine Lehrzeit ausgestanden und bin Meisterdieb geworden.« - -Nun wohnte dicht neben seinem Vater der Amtmann, der hatte ein großes, -herrliches Schloß und so viel Geld, daß er's nicht zählen konnte, und -dann hatte er auch eine Tochter, die war von außerordentlicher Schönheit; -die wollte nun der Meisterdieb gern haben und sagte zu seinem Vater, er -solle zum Amtmann gehen und seine Tochter für ihn begehren. »Wenn er -Dich fragen sollte, was für ein Handwerk ich treibe, so kannst Du nur -sagen, ich sei Meisterdieb,« sagte er. »Ich glaube, Du bist toll und -verrückt,« sagte der Mann: »denn klug kannst Du unmöglich sein, wenn Du -solche Narrheit im Kopf hast.« Ja, er solle und müsse zum Amtmann gehen -und ihn um seine Tochter bitten, es wäre kein andrer Rath, sagte der -Bursch. »Das thu' ich wahrhaftig nicht!« sagte der Vater: »Wie kann ich -wohl zum Amtmann gehen, der so reich ist und so viel Geld hat, und für -Dich um seine Tochter bitten? das geht mein Lebtag nicht an!« Es half -aber nichts, er sollte und mußte hin, und wenn er nicht mit Gutem -wollte, so sollte er mit Gewalt, sagte der Meisterdieb. Da ging der Mann -fort und kam weinend und heulend zum Amtmann. »Was fehlt Dir?« fragte -ihn der Amtmann. Da erzählte ihm der Mann, daß er drei Söhne hätte, -welche eines Tages fortgereis't wären, und er hätte ihnen erlaubt, zu -reisen, wohin sie wollten, und zu lernen, wozu sie Lust hätten; »und nun -ist der jüngste zurückgekommen und will mit aller Gewalt, ich soll zu -Dir gehen und Deine Tochter für ihn begehren und sollte sagen, er wäre -Meisterdieb,« sagte der Mann und weinte und lamentirte ganz jämmerlich. -»Gieb Dich nur zufrieden,« sagte der Amtmann und lachte: »und grüße -Deinen Sohn nur von mir und sage ihm, er müßte erst Proben von seiner -Geschicklichkeit ablegen; wenn er daher am Sonntag den Braten vom Spieß -in meiner Küche stehlen könnte, während alle meine Leute darauf Acht -hätten, so sollte er meine Tochter bekommen.« Mit diesem Bescheid kam -der Vater zu seinem Sohn zurück; der aber meinte, das solle ihm ein -Leichtes sein. Er sah nun zu, daß er drei lebendige Hasen bekam, die -steckte er in einen Sack, behängte sich mit einigen Lumpen, so daß -er ganz armselig und jämmerlich aussah, und dann schlich er sich am -Sonntag-Vormittag, wie so ein andrer Betteljunge, mit seinem Sack auf -die Diele des Amtmanns. Der Amtmann selbst und alle Leute im Hause waren -in der Küche und wollten auf den Braten Acht geben. Da ließ der Bursch -einen Hasen aus dem Sack schlüpfen, der -- hast Du mich nicht gesehen! -fort und auf dem Hof herum, daß es eine Höllenwirthschaft war. »Seht -einmal den Hasen da!« sagten die Leute in der Küche und wollten hinaus -und ihn fangen. Der Amtmann sah ihn auch. »O lasst ihn laufen!« sagte -er: »es nützt nicht, einen Hasen im Sprunge fangen zu wollen.« Es -dauerte nicht lange, so ließ der Bursch den zweiten Hasen hinaus; -den sahen die Leute in der Küche ebenfalls und glaubten, es wäre noch -derselbe; nun wollten sie hinaus und ihn fangen; aber der Amtmann sagte -wieder, es könne nichts nützen. Nach einer Weile ließ der Bursch den -dritten Hasen hinaus, der wieder fort und auf dem Hof herum die Kreuz -und die Quer. Als die Leute den sahen, glaubten sie, es sei immer noch -der erste, und nun wollten sie wieder hinaus und ihn fangen. »Das ist -doch auch ein schnurriger Hase!« sagte der Amtmann: »Kommt, Jungens, und -lasst uns mal sehen, ob wir ihn erwischen können!« Er hinaus, und die -Andern ihm nach, und der Hase voran, und sie alle hinterher, daß es ein -Mordspectakel war. Mittlerweile aber nahm der Meisterdieb den Braten vom -Spieß und lief damit fort, -- und wo da der Amtmann einen Braten zum -Mittag herbekam, weiß ich nicht; so Viel aber weiß ich wohl, daß er das -Mal keinen Hasenbraten bekam, obwohl er gelaufen hatte, daß ihm der -Schweiß von der Stirn troff. - -Am Mittag kam der Pfarrer aufs Schloß, und als der Amtmann ihm erzählte, -was der Meisterdieb ihm für einen Streich gespielt hatte, machte dieser -sich über ihn lustig und wollte sich immer todt lachen. »Ich weiß nicht, -wie ich mich von einem solchen Kerl sollte foppen lassen,« sagte der -Pfarrer. »Ja, nimm Dich nur in Acht,« sagte der Amtmann: »vielleicht -ist er bei Dir, eh' Du Dir's versiehst.« Der Pfarrer aber machte sich -fortwährend über den Amtmann lustig, weil dieser sich hatte bei der Nase -herumführen lassen. - -Am Nachmittag kam der Meisterdieb und wollte die Tochter des Amtmanns -haben, wie dieser ihm versprochen hatte. »Du musst erst noch mehr -Proben ablegen,« sagte der Amtmann und gab ihm gute Worte: »denn das -Kunststück, das Du heute gemacht hast, war eben nicht der Rede werth. -Sieh mal zu, ob Du nicht dem Pfarrer einen Possen spielen kannst; denn -der sitzt da drinnen und macht sich über mich lustig, weil ich mich von -einem Kerl, wie Du bist, bei der Nase habe herumführen lassen.« Der -Meisterdieb meinte, das sollte eben nicht schwer sein, und ging sogleich -fort und traf seine Anstalten: er verkleidete sich in einen Vogel, hängte -sich ein großes weißes Laken um, brach einer Gans die Flügel ab und -machte sie sich am Rücken fest, und dann kroch er auf einen großen -Ahornbaum, der in dem Garten des Pfarrers stand. Als am Abend der -Pfarrer nach Hause kam, rief der Bursch vom Baum herunter: »_Herr Lars! -Herr Lars!_« denn der Pfarrer hieß _Herr Lars_. »Wer ruft mich?« fragte -der Pfarrer. »_Ich bin ein Engel vom Himmel, der ausgesandt ist vom -lieben Gott, um Dir zu verkündigen, daß Du lebendig ins Himmelreich -kommen sollst von wegen Deiner Frömmigkeit_,« sagte der Meisterdieb: -»_Den nächsten Montag musst Du Dich reisefertig halten; denn alsdann -komme ich und hole Dich ab in einem Sack, und all Dein Gold und Dein -Silber und Was Du sonst von den Eitelkeiten dieser Welt besitzest, musst -Du auf einen Haufen in Deiner großen Stube zusammenlegen._« Herr Lars -fiel auf seine Knie und dankte dem Engel, und am Sonntag-Morgen, als er -auf die Kanzel stieg, predigte er vor den Leuten, daß ihm ein Engel vom -Himmel erschienen wäre auf dem großen Ahornbaum in seinem Garten, der -hätte ihm verkündigt, daß er sollte lebendig ins Himmelreich kommen von -wegen seiner Frömmigkeit, und er predigte und deutete ihnen das Wort -Gottes, daß alle Leute, die in der Kirche waren, darüber weinen mußten. - -Am Montag kam der Meisterdieb wieder in der Gestalt eines Engels, und -der Pfarrer fiel auf die Knie und betete und dankte ihm, bevor er in den -Sack gesteckt wurde, und als er hinein war, nahm der Meisterdieb den -Sack und schleppte ihn an der Erde mit sich fort über Stock und über -Stein. »Au! au!« schrie der Pfarrer im Sack: »wo bin ich?« -- »_Du -bist auf dem engen Wege, der in das Himmelreich führt_,« sagte der -Meisterdieb und schleppte den Sack immer weiter, so daß dem Pfarrer die -Rippen im Leibe krachten; zuletzt warf er ihn in den Gänsestall des -Amtmanns. Da flogen die Gänse auf ihn und fingen an zu zischen und ihn -zu beißen, und der Pfarrer war in seinem Sack mehr todt, als lebendig. -»Au! au! wo bin ich jetzt?« rief er. »_Jetzt bist Du im Fegefeuer, um -gereinigt und geläutert zu werden für das ewige Leben_,« sagte der -Meisterdieb, ging fort und holte sich all das Gold und das Silber und -die kostbaren Sachen, die der Pfarrer in seiner großen Stube -zusammengehäuft hatte. - -Am Morgen, als das Gänsemädchen kam und die Gänse aus dem Stall lassen -wollte, hörte sie den Pfarrer drinnen im Sack jammern. »Sagt mir um -Gotteswillen, Wer seid Ihr und Was fehlt Euch?« sagte das Mädchen: -»Ach,« rief der Pfarrer: »bist Du ein Engel vom Himmel, so laß mich -hinaus und schicke mich wieder zurück auf die Erde, denn hier ist's noch -viel schlimmer, als in der Hölle; tausend Teufel zwicken mich überall -mit ihren Zangen.« -- »Ich bin, Gott bessre es! kein Engel,« sagte das -Mädchen und half dem Pfarrer aus dem Sack: »ich hüte bloß die Gänse des -Amtmanns, und das sind auch wohl die Teufel, die Euch gezwickt haben, -Gevatter,« sagte sie. »Ach, das hat der Meisterdieb gethan! Ach, mein -Gold und mein Silber und meine schönen Kleider!« schrie der Pfarrer und -jammerte und lamentirte und lief fort nach Hause, so daß das Mädchen -glaubte, er habe rein den Verstand verloren. - -Als der Amtmann die Geschichte erfuhr und hörte, wie der Pfarrer sowohl -auf dem engen Wege, als im Fegefeuer gewesen war, wollte er sich beinahe -todtlachen. Als aber der Meisterdieb kam und seine Tochter haben wollte, -schwatzte er ihm wieder süß vor und sagte: »Du musst erst eine Probe -ablegen, die noch besser ist, damit ich recht erfahre, wozu Du taugst. -Ich habe zwölf Pferde in meinem Stall stehen, auf die will ich zwölf -Knechte setzen, einen auf jedes. Bist Du nun im Stande, ihnen die -Pferde unter dem Hosenleder wegzustehlen, so will ich sehen, Was -ich für Dich thun kann.« -- »Das ließe sich schon machen,« sagte der -Meisterdieb: »Bekomme ich dann aber auch ganz gewiß Deine Tochter?« --- »Ja, kannst Du das, so will ich mein Bestes thun,« sagte der Amtmann. - -Der Meisterdieb begab sich jetzt zu einem Krämer und kaufte sich zwei -Flaschen Branntwein, aber in die eine goß er einen Schlaftrunk; dann -bestellte er sich elf Knechte, die mußten sich in der Nacht hinter die -Scheune des Amtmanns verstecken. Für Geld und gute Worte bekam er auch -von einer alten Frau einen lumpigen Weiberrock und eine Jacke, womit er -sich wie ein altes Weib verkleidete; darauf nahm er einen Stock in die -Hand und einen Beutel auf den Nacken, und als es Abend wurde, hinkte er -fort nach dem Stall des Amtmanns. Als er dort ankam, tränkten die Leute -eben die Pferde zur Nacht und hatten dabei alle Hände voll zu thun. »Was -Teufel willst Du denn hier?« sagte einer von den Stallknechten zu dem -vermeintlichen Weibe. »Hutetu! es ist so kalt draußen!« sagte das Weib -und klapperte mit den Zähnen: »lasst mich ein wenig bei Euch in den -Stall kriechen.« -- »Wo Dich der Teufel nicht plagt! Pack Dich fort!« -sagte der eine von den Knechten: »denn kriegt der Amtmann Dich hier zu -sehen, so lässt er uns tanzen.« -- »Ach, das alte kümmerliche Weib!« -sagte ein andrer, der Mitleid mit ihr zu haben schien: »lasst nur die -Alte sich in den Stall hinsetzen; sie thut gewiß Keinem Was zu nah.« -Die Andern aber sagten, daraus könne Nichts werden, und während sie sich -hierüber zankten und die Pferde tränkten, kroch der Meisterdieb immer -weiter nach dem Stall zu, und endlich schlüpfte er hinter die Thür, wo -ihn nachher weiter Keiner bemerkte. - -Auf die Nacht hin kam es den Leuten ein wenig kalt an, so still und -unbeweglich auf den Pferden zu sitzen. »Hutetu! es ist kalt wie der -Teufel!« sagte der Eine und schlug die Arme um den Leib. »Wer nur ein -Bischen Tabak hätte!« sagte ein Andrer. Ein Dritter hatte denn ein -Päckchen, und das theilten sie; es war zwar nicht Viel für jeden, aber -sie kau'ten und spuckten, und das half ein wenig. Bald darnach waren sie -wieder gleich schlimm daran. »Hutetu!« sagte der Eine und schüttelte -sich. »Hutetu!« sagte das Weib und klapperte mit den Zähnen, nahm die -Flasche mit Branntwein hervor und zitterte so heftig mit der Hand, daß -es schwappte in der Flasche, und trank dann, daß es ihr Kluck! im Halse -sagte. »Was hast Du da in der Flasche?« sagte einer von den Stallknechten. -»Ach, es ist nur ein Tröpfchen Branntwein,« sagte sie. »Was? Branntwein? -Gieb mal her! gieb mal her!« schrien sie alle zugleich. »Ach, ich habe -nur so wenig,« sagte sie: »Ihr werdet nicht einmal naß davon im Mund.« -Aber es half nichts, sie wollten durchaus einen Schluck haben. Da nahm -die Alte die Flasche mit dem Schlaftrunk, hielt sie jedem vor den Mund -und ließ ihn davon trinken, so Viel er brauchte, und der Zwölfte hatte -noch nicht getrunken, als der Erste schon da saß und schnarchte. Darauf -warf der Meisterdieb seine Lumpen ab und nahm den einen Kerl nach dem -andern und setzte sie vorquer auf die Balken, rief dann seine elf Leute --- und fort jagte er mit allen zwölf Pferden. - -Als der Amtmann am Morgen herauskam und nach seinen Knechten sehen -wollte, wachten diese eben auf und fingen an, mit den Spornen in die -Balken zu hauen, daß die Splitter davon flogen, und einige von den -Knechten fielen herunter, andre blieben hangen, und die andern saßen da -wie Narren. »Ja, ich kann's mir schon denken, Wer hier gewesen ist,« -sagte der Amtmann: »Ihr seid aber doch ganz elende Kerls, daß Ihr hier -sitzt und Euch den Meisterdieb die Pferde unterm Hosenleder wegstehlen -lasst!« und damit bekamen sie ihre gehörige Schmiere. - -Später am Tage kam der Meisterdieb selbst und erzählte alle Umstände und -wollte jetzt die Tochter des Amtmanns haben, so wie dieser ihm versprochen -hatte. Der Amtmann aber gab ihm hundert Thaler und sagte, er müsse erst -einen Streich ausführen, der noch besser wäre. »Meinst Du, daß Du wohl -das Pferd unter mir selbst stehlen könntest, wenn ich darauf reite?« -sagte der Amtmann. »Das ließe sich schon machen,« sagte der Meisterdieb: -»bekäme ich dann nur eben so gewiß Deine Tochter.« Ja, er wollte sehn, -Was er thun könnte, sagte der Amtmann und bestimmte einen Tag, an -welchem er zu einem großen Exercirplatz hinausreiten wollte. - -Der Meisterdieb erhandelte sich eine alte abgelebte Schindmähre, flocht -sich einen Sielen aus Weiden und Besenreisern, kaufte einen alten Karren -und ein großes Faß und sagte dann zu einem alten zahnlosen Weib, er -wolle ihr zehn Thaler geben, wenn sie in das Faß kriechen und über dem -Zapfenloch gaffen wolle, er würde dann den Finger hineinstecken, -- Leides -sollte ihr nicht geschehen -- sie sollte bloß ein wenig fahren -- und -wenn er den Finger öfter, als _ein_mal herauszöge, so sollte sie noch -zehn Thaler dazu haben. Darauf zog er einige alte Lumpen an, machte -sich im Gesicht unkenntlich mit Ruß, setzte sich eine Perrücke auf -und heftete sich einen Bart von Ziegenhaaren an, so daß Keiner ihn -wiedererkennen konnte, und damit karjuckelte er nach dem Exercirplatz, -wo der Amtmann schon eine Weile geritten hatte. - -Es ging aber so langsam und so traurig, daß er fast nicht vom Fleck kam; -er dusselte und dusselte; dann stand das Fuhrwerk ganz still; dann ging -es wieder ein wenig, aber so traurig, daß der Amtmann nimmer darauf -verfallen konnte, daß das der Meisterdieb sein könne; er ritt daher -grade auf ihn zu und fragte ihn, ob er nicht Jemanden dort im Walde -hätte herumschleichen sehen. Nein, sagte der Mann, er hätte Keinen -gesehen. »Höre,« sagte der Amtmann: »reite doch einmal in den Wald und -sieh zu, ob nicht Einer da herumschleicht; ich will Dir so lange mein -Pferd leihen und Dir auch ein gutes Trinkgeld geben.« -- »Nein,« sagte -der Mann: »das kann ich nicht; denn ich soll dieses Methfaß zu einer -Hochzeit fahren; nun ist mir aber unterweges der Zapfen herausgefallen, -und darum muß ich beständig den Finger ins Loch halten.« -- »Reite Du -nur hin!« sagte der Amtmann: »Ich werde schon derweile auf Dein Pferd -und auf das Faß Acht haben.« Ja, dann sollte aber der Amtmann geschwind -den Finger ins Loch stecken, wenn er seinen herauszöge. Das that denn -der Amtmann auch, und der Meisterdieb setzte sich aufs Pferd. Die Zeit -aber verstrich, und es kam Niemand zurück. Zuletzt ward's der Amtmann -überdrüssig, immer den Finger ins Loch zu halten, und er zog ihn heraus. -»Nun krieg ich noch zehn Thaler dazu!« schrie das Weib drinnen im Faß. -Da erschrak der Amtmann, denn er merkte nun wohl, wie die Sache sich -verhielt, und begab sich schnell auf den Heimweg. Unterweges brachten -sie ihm schon sein Pferd entgegen, das der Meisterdieb bereits zu Hause -bei ihm abgeliefert hatte. - -Tages darauf kam der Bursch zum Amtmann und wollte seine Tochter haben, -so wie dieser ihm versprochen hatte. Der Amtmann schwatzte ihm wieder -Allerlei vor, gab ihm zweihundert Thaler und sagte, er müßte noch ein -Probestück machen, könnte er das, dann sollte er auch ganz gewiß seine -Tochter haben. »Laß mich hören, Was es ist,« sagte der Meisterdieb. -»Kannst Du mir denn wohl das Laken aus meinem Bett stehlen und meiner -Frau das Hemd vom Leibe?« sagte der Amtmann. »Das sollte sich schon -machen lassen,« sagte der Meisterdieb: »hätte ich nur eben so gewiß -Deine Tochter.« - -Als es nun Nacht geworden war, ging der Meisterdieb zum Galgen und -schnitt einen armen Sünder los, nahm ihn auf den Nacken und trug ihn -fort; darnach holte er sich eine große Leiter, die stellte er an das -Kammerfenster des Amtmanns, stieg dann hinauf und bewegte den Todten auf -und ab, grade als wenn Einer von außen ins Fenster guckte. »Das ist der -Meisterdieb, Frau!« sagte der Amtmann und stieß sie in die Seite. »Jetzt -schieß ich ihn!« sagte er und nahm die Büchse, die er vor sein Bett -hingelegt hatte. »Nein, thu das nicht, Mann!« sagte die Frau: »Du hast -ihn ja selber herbestellt.« -- »Ja, ich schieß ihn, dann bin ich ihn -quitt,« sagte der Amtmann und fing an zu zielen. Bald aber war der Kopf -oben, bald war er wieder unten; endlich aber bekam der Amtmann ihn doch -aufs Korn, knallte los, und der Todte bumps'te zur Erde nieder. Der -Meisterdieb herunter von der Leiter, so schnell er nur konnte. - -»Ich bin nun zwar selbst die hohe Obrigkeit,« sagte der Amtmann: »ich -möchte aber doch nicht gern, daß die Leute Etwas zu reden hätten; darum -ist's am besten, ich stehe auf und begrabe den Todten.« -- »Ja, thu, -wie es Dir gut dünkt, Mann,« sagte die Frau. Da stand der Amtmann auf -und ging hinunter, den Todten zu begraben; während er aber zur Thür -hinausging, schlüpfte der Meisterdieb zum Fenster hinein. »Nun, Mann,« -sagte die Frau -- denn sie glaubte es wäre der Amtmann -- »bist Du schon -fertig?« -- »Ja,« sagte der Meisterdieb: »ich steckte ihn bloß in ein -Loch und scharrte etwas Erde darüber, und so weit ist er nun verwahrt. -Es ist so ein abscheuliches Wetter draußen, ich will's schon ein andermal -besser machen. Gieb mir aber das Laken,« sagte er: »damit ich mich -abtrockne, denn ich habe mich über und über mit Blut besudelt.« Die Frau -gab ihm das Laken. »Du musst mir auch noch Dein Hemd geben,« sagte er: -»denn das Laken verschlägt nicht, merke ich.« Sie gab ihm nun auch noch -ihr Hemd. Da fiel es ihm ein, daß er vergessen hatte, die Thür zuzumachen, -und das mußte er erst, eh' er sich wieder zu Bett legte -- und fort ging -er mit dem Laken und mit dem Hemd. Eine Weile darnach kam der rechte -Amtmann. »Nein, wie lange Zeit Du gebraucht hast, um die Thür zuzumachen!« -sagte die Frau: »Wo hast Du aber nun das Laken und mein Hemd gelassen?« --- »Was sagst Du?« rief der Amtmann. »Ich frage, wo Du das Laken und -mein Hemd gelassen hast, das ich Dir gab, um Dich damit abzutrocknen?« -sagte sie. »Ei zum Teufel!« rief der Amtmann: »ist er nun damit auch -fort?« - -Am Tage kam der Meisterdieb wieder und verlangte die Tochter des -Amtmanns, wie dieser ihm versprochen hatte, und da durfte nun der -Amtmann nicht anders, sondern gab sie ihm und noch viel Geld dazu; denn -er fürchtete, der Meisterdieb möchte ihm zuletzt noch die Augen aus dem -Kopf stehlen, und daß er gar zu sehr ins Gerede käme. Der Meisterdieb -lebte nun mit der Tochter des Amtmanns lustig und vergnügt. Ob er nach -dieser Zeit noch wieder stahl, kann ich nicht mit Gewißheit sagen; that -er es aber, so geschah es wohl nur zu seinem eignen Vergnügen. - - - - -5. - -Die drei Schwestern im Berge. - - -Es war einmal eine alte Wittfrau, die wohnte mit ihren drei Töchtern -weit vom Dorfe unten an einem Berg. Sie war aber so arm, daß sie weiter -Nichts besaß, als nur ein Huhn, und das hatte sie so lieb, wie ihren -Augapfel; sie tickerte damit herum und warf ihm Körner zu früh und spät. -Eines Tages aber war das Huhn fort. Die Frau ging überall um das Haus -herum und suchte und lockte; aber das Huhn war fort und blieb fort. Da -sagte sie zu ihrer ältesten Tochter: »Du musst hingehen und zusehen, daß -Du das Huhn wiederfindest; denn her muß es wieder, und sollten wir es -auch aus dem Berg holen.« Die Tochter ging fort und suchte und lockte -überall; aber kein Huhn war zu finden. Da schallte es auf einmal aus der -Bergwand: - - »_Das Hühnchen trippelt im Berge!_ - _Das Hühnchen trippelt im Berge!_« - -Das Mädchen ging hin und wollte zusehen. Da öffnete sich aber plötzlich -unter ihr eine Fallthür, und sie fiel tief hinab in ein Gewölbe unter -der Erde. Als sie darin weiter ging, kam sie durch viele schöne Zimmer, -das eine noch immer prächtiger, als das andre. In dem innersten Zimmer -aber kam ein großer Bergmann auf sie zu, der fragte sie: »_Willst Du -meine Braut sein?_« Nein, sagte das Mädchen, das wollte sie ganz und -gar nicht, sie wollte wieder hinauf und nach ihrem Huhn suchen, das -fortgekommen wäre. Da ward der Bergmann so zornig, daß er sie nahm und -ihr den Kopf abriß und ihn mit sammt dem Rumpf in einen Keller -hinabwarf. - -Die Mutter saß indessen zu Hause und wartete von einer Zeit zur andern; -aber die Tochter war nicht da und kam nicht. Sie wartete nun noch eine -gute Zeit; da das Mädchen aber immer noch nicht kam, sagte sie zu ihrer -zweiten Tochter, sie solle hingehen und sich nach ihrer Schwester umsehen, -und dann solle sie zugleich das Huhn locken. - -Der zweiten Tochter ging es nun eben so, wie der ersten, sie suchte und -lockte überall, und plötzlich hörte sie es aus der Bergwand rufen: - - »_Das Hühnchen trippelt im Berge!_ - _Das Hühnchen trippelt im Berge!_« - -Das kam ihr ganz wunderbar vor, und als sie hingehen wollte und zusehen, -Was es zu bedeuten hatte, da fiel sie ebenfalls durch die Fallthür in -das unterirdische Gewölbe hinab. Sie ging nun durch viele Zimmer, und in -dem innersten kam der Bergmann auf sie zu und fragte sie, ob sie seine -Braut sein wollte. Nein, das wollte sie ganz und gar nicht, sie wollte -sogleich wieder hinauf und nach ihrem Huhn suchen, das fortgekommen -wäre. Da ward der Bergmann so zornig, daß er sie nahm und ihr den Kopf -abriß und ihn sammt dem Rumpf in den Keller hinabwarf. - -Als nun die Frau auch auf die zweite Tochter schon eine lange Zeit -gewartet hatte, und diese immer noch nicht kam, sagte sie zu der jüngsten: -»Nun musst Du einmal hingehen und Dich nach Deinen Schwestern umsehen.« -»Schlimm genug,« sagte sie: »daß uns das Huhn wegkam; sollten wir aber -Deine Schwestern noch dazu verlieren, so wäre das noch weit schlimmer; -vergiß aber nicht, unterweges das Huhn zu locken.« - -Die jüngste Tochter ging nun fort und suchte und lockte überall herum; -aber keine Schwestern waren zu finden, und kein Huhn war zu sehen. -Endlich kam sie auch zu der Bergwand, und nun rief es wieder: - - »_Das Hühnchen trippelt im Berge!_ - _Das Hühnchen trippelt im Berge!_« - -Das, däuchte dem Mädchen, wäre ja herrlich; sie wollte sogleich hin und -es holen; aber ehe sie sich's versah, fiel sie ebenfalls in das Gewölbe -hinunter. Wie sie nun durch die vielen Zimmer ging, wovon das eine immer -noch schöner war, als das andre, ließ sie sich gute Zeit und betrachtete -Alles genau, denn sie war ganz und gar nicht bange. Endlich bemerkte sie -eine Kellerklappe, die hob sie auf und sah hinunter; da erkannte sie -alsbald ihre Schwestern, welche beide da lagen und todt waren. Wie sie -eben die Klappe wieder zugemacht hatte, kam der Bergmann an. »_Willst -Du meine Braut sein?_« fragte er sie. »Ja, recht gern,« sagte das Mädchen, -denn sie konnte sich nun wohl denken, wie es ihren Schwestern ergangen -war. Als der Troll das hörte, ward er seelenfroh und schenkte ihr die -schönsten und prächtigsten Kleider und Alles, was sie sich nur wünschen -mochte, so sehr freu'te er sich, daß Eine mal seine Braut sein wollte. - -Als das Mädchen sich nun einige Zeit bei dem Trollen aufgehalten hatte, -war sie eines Tages ganz traurig und betrübt. Der Troll fragte sie, Was -ihr fehle. »Ach,« sagte sie: »es betrübt mich so sehr, daß ich nicht zu -Hause bei meiner Mutter sein kann; die leidet gewiß Hunger und Durst und -hat keinen Menschen um sich.« -- »Ja, Dich zu ihr gehen lassen, kann ich -nicht,« sagte der Troll: »aber thu nur etwas Essen in einen Sack, dann -will ich's ihr schon bringen.« Dafür dankte das Mädchen ihm und nahm -einen Sack und füllte ihn mit lauter Gold und Silber an, aber oben -darauf legte sie Etwas zu essen, und sagte dann zu dem Trollen, nun wäre -der Sack fertig, aber er dürfe nicht zusehen, Was drin wäre; das mußte -er ihr versprechen. Na, er wollt's auch nicht thun. Als er fortging, sah -sie ihm nach durch ein Loch, das in der Fallthür war. Unterweges sah -sich der Troll um und sagte: »Der ist doch auch verdammt schwer, der -Sack! ich muß doch mal zusehen, Was drin ist,« und damit wollte er das -Band auflösen. Aber das Mädchen rief ihm zu: »Ich sehe Dich! ich sehe -Dich!« -- »_Das ist doch auch zum Kukuk, was Du für Augen im Kopf -hast!_« sagte der Troll und wagte nun keinen weitern Versuch. Als er -bei der Wittwe ankam, warf er den Sack durch die Thür hinein. »_Da hast -Du Was zu essen von Deiner Tochter!_« sagte er: »_sie kann's entbehren._« - -Wie nun das Mädchen schon eine gute Zeit bei dem Trollen im Berge -zugebracht hatte, fiel eines Tages ein Ziegenbock durch die Fallthür -hinunter. »_Wer hat nach dir geschickt, du langrippiges Beest!_« rief -der Troll und war entsetzlich böse, nahm den Bock, dreh'te ihm den Kopf -um und warf ihn hinunter in den Keller. »Ach, warum hast Du das gethan?« -sagte das Mädchen: »ich hätte ja meinen Zeitvertreib damit haben können.« --- »Nun, Du brauchst darum eben das Maul nicht schief zu machen,« sagte -der Troll: »er soll bald wieder lebendig werden.« Darauf nahm er einen -Krug, der an der Wand hing, setzte dem Ziegenbock den Kopf wieder auf -und bestrich ihn mit der Salbe aus dem Krug, und da war der Bock wieder -eben so frisch und munter, als zuvor. »Haha!« dachte das Mädchen: »der -Krug ist Was werth!« - -Als sie nun noch eine gute Zeit bei dem Trollen gewesen war, ersah sie -eines Tages die Gelegenheit, da der Troll nicht zu Hause war, nahm die -älteste Schwester und setzte ihr den Kopf auf und bestrich sie dann mit -der Salbe aus dem Krug, so wie sie gesehen, daß der Troll es mit dem -Ziegenbock gemacht hatte; und als das geschehen war, ward die Schwester -sogleich wieder lebendig. Sie steckte sie nun in einen Sack, legte ein -wenig Essen oben drauf, und wie der Troll nach Hause kam, sagte sie zu -ihm: »Ach, willst Du nicht zu meiner Mutter gehen und ihr ein wenig -Essen bringen? sie leidet gewiß Hunger und Durst, die Arme! Aber Du -musst auch nicht in den Sack sehen.« Nein, er wollte nicht hineinsehen, -sagte der Troll, nahm den Sack und marschirte damit fort. Wie er aber -ein Ende gegangen war, däuchte ihm, der Sack wäre so verdammt schwer, -und als er noch etwas weiter gegangen war, sagte er: »Ich möchte doch -wohl wissen, Was drin ist, und was sie auch für Augen im Kopf haben mag, -so kann sie mich doch jetzt nicht mehr sehen.« Als er aber nun das Band -auflösen wollte, rief die Schwester, die in dem Sack war: »Ich seh' Dich -wohl! ich seh' Dich wohl!« -- »_Das ist doch auch zum Kukuk mit Deinen -Augen!_« sagte der Troll, denn er glaubte, es wäre Die im Berge, welche -das sagte. Er wagte nun nicht weiter, den Sack zu öffnen, sondern lief -damit, was er nur konnte, zu der Mutter, und als er an die Thür kam, -warf er den Sack hinein und rief: »_Da hast Du Essen von Deiner Tochter! -sie kann's entbehren._« - -Wie nun das Mädchen noch eine gute Zeit in dem Berg gewesen war, machte -sie es eben so mit der zweiten Schwester: sie setzte ihr den Kopf auf, -bestrich sie mit der Salbe aus dem Krug und steckte sie in den Sack. -Aber das Mal legte sie oben drauf so viel Gold und Silber, als nur -hinein konnte, und ganz oben darauf legte sie ein Wenig zu essen. »Ach,« -sagte sie zu dem Trollen: »Willst Du nicht zu meiner Mutter gehen und -ihr wieder ein Wenig Essen bringen? aber Du darfst ja nicht in den Sack -sehen.« Ja, er wollte wohl hingehen und wollt' auch nicht hineinsehen, -sagte der Troll. Als er aber eine Strecke weit gekommen war, däuchte -ihm, der Sack würde so verdammt schwer, und als er noch etwas weiter -gekommen war, konnte er ihn beinah nicht mehr tragen. Er wollte nun das -Band auflösen und in den Sack gucken; aber da rief die Schwester, welche -drinnen war: »Ich seh' Dich wohl! ich seh' Dich wohl!« -- »_Das ist doch -auch zum Kukuk, was Du für Augen im Kopf hast!_« sagte der Troll und -wagte nicht weiter, in den Sack zu sehen, sondern trug ihn, so schnell -er nur konnte, gradesweges zu der Mutter, und als er an's Haus kam, warf -er ihn durch die Thür hinein und rief: »_Da hast Du Essen von Deiner -Tochter! sie kann's entbehren._« - -Als nun das Mädchen noch eine gute Zeit in dem Berg gewesen war, wollte -der Troll einmal ausgehen. Das Mädchen aber stellte sich schwach und -elend an und sagte: »Es kann nichts nützen, daß Du vor zwölf Uhr zu -Hause kommst; denn ich kann das Essen heut doch nicht so früh fertig -kriegen, weil ich so schwach bin.« Als darauf der Troll gegangen war, -stopfte sie ihre Kleider mit Stroh aus und stellte die Strohdirne in die -Ecke am Herd hin mit einem Quirl in der Hand, so daß es aussah, als wäre -sie es selbst. Darauf schlich sie sich aus dem Berg und lief fort nach -Hause; unterweges aber sprach sie sich einen Schützen auf, und den nahm -sie mit. - -Als die Uhr zwölf war, oder so ungefähr, kam der Troll nach Hause: »_Gieb -mir Was zu essen!_« rief er der Strohdirne zu; aber die antwortete -nicht. »_Gieb mir Was zu essen, sag' ich Dir!_« rief der Troll: »denn -ich bin hungrig.« Keine Antwort. »_Gieb mir Was zu essen!_« schrie der -Troll zum dritten Mal: »_und wenn Du nicht thust, Was ich Dir sage, -werde ich Dich aus dem Schlaf wecken._« Aber die Dirn stand da, ohne -sich zu rühren. Da wurde der Troll rasend und stieß sie mit dem Fuß, daß -die Halme umherstoben. Als er aber das sah, merkte er Unrath und begann -zu suchen im ganzen Berg herum, und zuletzt kam er auch hinunter in den -Keller; da waren aber die beiden Schwestern des Mädchens fort, und nun -konnte er sich wohl den ganzen Zusammenhang denken. »_Ja, das will ich -ihr bezahlen!_« sagte er und machte sich auf nach dem Hause der Mutter. -Als er aber an die Thür kam, knallte der Schütz los. Wie der Troll das -hörte, wagte er nicht, hineinzugehen, denn er glaubte, es wäre der -Donner, und lief wieder fort nach Hause, so schnell er nur konnte. Eh' -er aber zu der Fallthür kam, ging die Sonne auf, und da barst er. -- -Wenn ich bloß wüßte, wo die Fallthür wäre; denn da ist gewiß noch Gold -und Silber Genug zu holen. - - - - -6. - -Von dem Riesen, der kein Herz im Leibe hatte. - - -Es war einmal ein König, der hatte sieben Söhne, von denen hielt er so -viel, daß er nicht leben konnte ohne sie; einer wenigstens mußte immer -um ihn sein. Als die Söhne groß waren, sollten die sechs ältesten -ausziehen und sich eine Frau suchen; den jüngsten aber wollte der Vater -bei sich zu Hause behalten, und die andern sollten eine Prinzessinn -für ihn mitbringen. Der König gab nun den sechs Prinzen die schönsten -Kleider, die man sehen konnte, sie waren so schön, daß man den Glanz -schon weit in der Ferne sah, und jedem gab er ein Pferd, das kostete -viele, viele hundert Thaler, und damit reis'ten sie fort. Als sie nun an -vielen Königshöfen gewesen waren und viele Prinzessinnen gesehen hatten, -kamen sie endlich auch zu einem König, der sechs Töchter hatte; so -schöne Königstöchter aber hatten die Prinzen noch nie gesehen, und jeder -frei'te um eine von ihnen und bekam sie zur Braut, und darauf begaben -sie sich mit den Prinzessinnen wieder auf den Heimweg zu ihrem Vater; -sie waren aber in ihre Bräute so verliebt, daß sie es ganz vergaßen, -auch eine Prinzessinn für Aschenbrödel mitzubringen, der zu Hause -geblieben war. - -Wie sie nun schon eine gute Strecke Weges zurückgelegt hatten, kamen sie -an einer steilen Bergwand vorbei, wo ein Riesenschloß war. Der Riese kam -heraus, und als er sie sah, verwandelte er sie alle in Stein, sowohl die -Prinzen, als die Prinzessinnen. Der König wartete immerfort auf seine -Söhne; aber wie lange er auch warten mochte, sie kehrten nicht zurück. -Da ward der König sehr betrübt und konnte nimmer wieder froh werden. -»Hätte ich nicht Dich noch,« sagte er zu Aschenbrödel: »so möchte ich -gar nicht mehr in der Welt leben.« Aschenbrödel aber bat den König, -daß er ihm erlauben möchte, fortzureisen, um seine Brüder wieder -aufzusuchen. »Nein, das kann ich nicht,« sagte der König: »denn Du -kommst nachher auch nicht wieder.« Aber Aschenbrödel wollte durchaus -fort und bat seinen Vater so lange, bis er ihn endlich reisen ließ. Nun -hatte der König aber kein andres Pferd für Aschenbrödel, als eine alte -elende Kracke; denn die sechs andern Königssöhne hatten alle die andern -Pferde bekommen. Das kümmerte Aschenbrödel aber wenig; er setzte sich -auf seine alte Kracke und reis'te fort. »Lebe wohl, Vater!« sagte er, -als er abreis'te: »ich werde schon wiederkommen, und vielleicht bringe -ich dann meine Brüder auch mit.« - -Als er ein Ende geritten war, traf er auf dem Wege einen Raben an, -der lag da und schlug mit den Flügeln und konnte vor lauter Hunger -und Mattigkeit nicht von der Stelle. »Ach, gieb mir doch ein Wenig zu -essen,« sagte der Rabe: »dann will ich Dir auch wieder helfen, wenn -Du mal in Noth kommst.« -- »Ja, Viel hab' ich eben nicht,« sagte der -Königssohn: »und Du siehst auch gar nicht darnach aus, daß Du mir große -Hülfe leisten könntest; weil Du es aber so nöthig zu haben scheinst, -will ich Dir wohl geben, Was ich vermag,« und darauf öffnete er seinen -Ranzen und gab dem Raben zu essen. Wie er nun ein Ende weiter gereis't -war, kam er zu einem Bach. Nicht weit davon lag ein großer Lachs, der -auf das trockne Land gekommen war, und zappelte und konnte nicht wieder -zurück ins Wasser. »Ach hilf mir doch wieder in's Wasser,« sagte der -Lachs: »Ich will Dir auch wieder helfen, wenn Du mal in Noth kommst.« --- »Ja, Deine Hülfe wird mir wohl nicht viel nützen,« sagte der -Königssohn: »aber es wäre ja Sünde, Dich hier umkommen zu lassen,« und -damit setzte er den Fisch wieder ins Wasser. Nun reis'te er ein gutes -Ende weiter; da traf er auf dem Wege einen Wolf an, der lag da und wand -und krümmte sich vor lauter Hunger. »Ach gieb mir doch Dein Pferd zu -fressen,« sagte der Wolf: »denn ich bin so hungrig, daß mir der Magen -schlottert, weil ich in zwei Jahren Nichts zu essen bekommen habe.« --- »Nein,« sagte Aschenbrödel: »das kann ich nicht! Erst kam ich zu einem -Raben, dem mußte ich mein Essen geben; darauf kam ich zu einem Lachs, -dem mußte ich wieder ins Wasser helfen; und Du willst nun gar mein -Pferd haben; das geht nicht, dann weiß ich nicht, wie ich meine Reise -fortsetzen soll.« -- »Ja, Du musst mir helfen,« sagte der Wolf: »Du -kannst nachher auf mir reiten; ich will Dir auch wieder helfen, wenn Du -mal in Noth kommst.« -- »Ja, Was Du mir helfen kannst, hat wohl nicht -Viel zu bedeuten,« sagte der Prinz: »aber nimm das Pferd nur hin, weil -Du's doch so nöthig hast.« Als der Wolf das Pferd gefressen hatte, gab -Aschenbrödel ihm das Gebiß ins Maul und legte ihm den Sattel auf den -Rücken; denn der Wolf war jetzt so stark und so groß geworden von Dem, -was er gefressen hatte, weit größer, als ein Pferd. Wie Aschenbrödel -sich aufgesetzt hatte, legte der Wolf mit ihm los; aber so schnell hatte -Aschenbrödel noch nie geritten. Als sie nun schon einen guten Weg hinter -sich hatten, sagte der Wolf: »Wenn wir noch ein kleines Ende weiter -gekommen sind, dann werde ich Dir das Riesenschloß zeigen.« Es dauerte -nicht lange, so waren sie da. »Hier siehst Du das Schloß,« sagte der -Wolf: »und dies hier sind Deine sechs Brüder, die der Riese in Stein -verwandelt hat, und das da sind ihre sechs Bräute; dort siehst Du auch -die Thür zu dem Schloß, und da musst Du hineingehen.« -- »Nein,« sagte -der Königssohn: »der Riese bringt mich um.« -- »Sei nur ohne Furcht,« -versetzte der Wolf: »denn wenn Du hineinkommst, triffst Du dort eine -Prinzessinn an, die wird Dir wohl sagen, wie Du es machen musst, um den -Riesen zu tödten; und thu dann nur, wie sie Dir sagt.« Aschenbrödel ging -darauf hinein, und wie er durch mehre Zimmer gekommen war, saß in dem -einen die Prinzessinn; aber eine so schöne Jungfrau hatte er noch nie -gesehen. »Ach, Gott steh Dir bei!« sagte sie, als sie ihn erblickte: -»Wie bist Du hier hereingekommen? Dein Tod ist Dir gewiß; denn hier -wohnt ein Riese, den kann Niemand tödten, weil er kein Herz im Leibe -hat.« -- »Ich will es aber doch versuchen,« sagte Aschenbrödel: »denn -darum bin ich hergekommen; und meine Brüder, welche hier in Stein -verwandelt sind, wollte ich auch gern erretten, und Dich dazu, wenn ich -könnte.« Wie nun die Prinzessinn ihn durchaus nicht überreden konnte, -wieder fortzugehen, sagte sie zu ihm: »Laß uns denn zusehen, wie wir's -am besten anfangen: Krieche hier unter dieses Bett, und da musst Du -still liegen bleiben und genau zuhören, Was der Riese sagt, wenn ich ihn -ausfrage.« Er kroch nun unter's Bett, und kaum war das geschehen, so kam -der Riese an. »_Hutetu! hier riecht's so nach Menschenfleisch!_« rief -er. »Ja, es flog hier eine Elster vorbei mit einem Knochen im Schnabel, -den ließ sie durch den Schornstein fallen,« sagte die Prinzessinn: »ich -habe mich zwar beeilt, ihn hinwegzuschaffen; aber es muß wohl noch der -Geruch davon zurückgeblieben sein;« und damit war der Riese zufrieden -gestellt. Als es Abend wurde, legten sie sich zu Bett, und wie sie eine -Weile gelegen hatten, sagte die Prinzessinn: »Da ist Eins, wonach ich -Dich gern fragen wollte, aber Du musst auch nicht böse werden.« -- »_Was -ist denn das?_« fragte der Riese. »O,« sagte sie: »ich möchte gern -wissen, wo Du Dein Herz hast, weil Du es doch nicht bei Dir trägst.« --- »_Das ist Etwas, wonach Du nicht zu fragen brauchst_,« sagte der Riese: -»_sonst liegt es dort unter der Thürschwelle._« -- »Aha! da wollen wir's -schon finden!« dachte Aschenbrödel, der unter dem Bett lag. - -Am nächsten Morgen stand der Riese früh auf und streifte nach dem Wald -zu. Kaum war er fort, so fingen Aschenbrödel und die Prinzessinn an, -unter der Thürschwelle zu suchen; aber was sie auch suchen und graben -mochten, so fanden sie doch Nichts. »Diesmal hat er uns angeführt,« -sagte die Prinzessinn: »aber wir müssen's noch einmal versuchen.« Darauf -pflückte sie die schönsten Blumen, die sie finden konnte, und bestreu'te -damit die Thürschwelle, nachdem sie dieselbe vorher wieder in Stand -gebracht hatten. Wie es um die Zeit war, daß sie den Riesen zu Hause -erwarteten, mußte Aschenbrödel wieder unter's Bett kriechen. »_Hutetu! -hier riecht's so nach Menschenfleisch!_« sagte der Riese, als er eintrat. -»O, das ist wohl noch der Knochen von gestern,« sagte die Prinzessinn, -und damit war der Riese zufrieden. Nach einer Weile fragte er, Wer denn -all die schönen Blumen auf die Thürschwelle gestreu't hätte. »O, das -habe ich gethan,« sagte die Prinzessinn. »_Und wozu soll das?_« fragte -der Riese. »Meinst Du denn nicht, daß ich Dich so lieb habe, um die -Schwelle mit Blumen zu bestreuen, wenn ich weiß, daß Dein Herz darunter -liegt?« sagte die Prinzessinn. »_Ah so!_« sagte der Riese: »_sonst liegt -es aber nicht da._« - -Als sie sich am Abend zu Bett gelegt hatten, bat die Prinzessinn ihn, er -möchte ihr doch sagen, wo sein Herz wäre; denn sie hielt so viel von -ihm, sagte sie, und darum möchte sie es so gern wissen. »_O, es liegt -dort in dem Wandschrank_,« sagte der Riese. »Haha!« dachte Aschenbrödel: -»da wollen wir's schon finden!« Den nächsten Morgen machte der Riese -sich wieder früh auf und streifte nach dem Wald zu. Kaum aber war er -gegangen, als Aschenbrödel und die Königstochter den ganzen Schrank -durchsuchten, um sein Herz zu finden; aber wie fleißig sie auch suchten, -so fanden sie auch diesmal Nichts. »Wir müssen's noch einmal probiren,« -sagte die Prinzessinn. Sie schmückte nun den Schrank mit Blumen und -mit Kränzen, und gegen Abend mußte Aschenbrödel wieder unter's Bett -kriechen. Darauf kam der Riese an. »_Hutetu! hier riecht's so nach -Menschenfleisch!_« sagte er, als er eintrat. »Ach, es ist wohl immer -noch der alte Knochen,« sagte die Prinzessinn: »der Geruch will gar -nicht wieder fort.« Damit war der Riese zufrieden und sagte weiter -Nichts. Wie er aber darauf den Schrank erblickte, der mit Blumen und -Kränzen geschmückt war, fragte er die Prinzessinn, Wer das gethan hätte. -»Ach, das habe ich gethan,« sagte sie. »_Und wozu soll die Thorheit?_« -fragte er. »Meinst Du denn nicht, daß ich Dich so lieb habe, um den -Schrank mit Blumen und Kränzen zu schmücken, wenn ich weiß, daß Dein -Herz darin liegt?« sagte sie. »_Kannst Du so närrisch sein und das -glauben?_« sagte der Riese. »Ich muß es ja wohl glauben, wenn Du es -sagst,« versetzte die Prinzessinn. »_Du bist ein Narr!_« sagte der -Riese: »_wo mein Herz ist, dahin kommst Du nie._« -- »Du könntest mir -aber doch wohl sagen, wo es ist,« sagte sie. Nun konnte der Riese nicht -anders, sondern mußte es ihr sagen. »_Weit, weit von hier in einem -Wasser_,« sagte er: »_liegt eine Insel; auf der Insel steht eine Kirche; -in der Kirche ist ein Brunnen; in dem Brunnen schwimmt eine Ente; in der -Ente ist ein Ei; und in dem Ei -- da ist mein Herz._« - -Am Morgen früh, als es noch nicht dämmerte, streifte der Riese schon -wieder nach dem Wald zu. »Ja, nun muß ich auch fort,« sagte Aschenbrödel: -»wenn ich bloß den Weg wüßte.« Er sagte darauf der Prinzessinn Lebewohl, -und als er draußen vor's Schloß kam, stand der Wolf noch da und wartete -auf ihn. Aschenbrödel erzählte ihm Alles, was ihm im Schloß begegnet war -und sagte, nun möchte er gern zu dem Brunnen in der Kirche, wenn er -bloß den Weg dahin wüßte. Der Wolf aber sagte, den Weg wollte er schon -finden, er sollte sich nur auf seinen Rücken setzen, und darauf ging es -fort über Klippen und Hügel, über Berg und Thal, daß es nur so saus'te. -Als sie schon manchen lieben Tag gereis't waren, kamen sie endlich zu -einem Wasser. Nun wußte der Königssohn nicht, wie er hinüber kommen -sollte; aber der Wolf sagte zu ihm, er solle sich bloß nicht fürchten, -und dann sprang er in's Wasser und schwamm mit dem Prinzen hinüber zu -der Insel. Als sie aber zu der Kirche kamen, hing der Schlüssel ganz -oben an der Thurmspitze. Nun wußte der Königssohn wieder nicht, wie er -ihn herunterkriegen sollte. »Du musst den Raben zu Hülfe rufen,« sagte -der Wolf, und das that der Prinz. Da kam der Rabe geflogen, schwang sich -hinauf zu der Thurmspitze und holte den Schlüssel herunter. Nun konnte -der Prinz in die Kirche kommen; und als er zu dem Brunnen kam, schwamm -die Ente darin auf und ab, so wie der Riese gesagt hatte. Der Prinz fing -nun an, sie zu locken, und lockte so lange, bis sie so nahe kam, daß er -sie greifen konnte. Wie er sie aber aus dem Wasser hob, ließ sie das -Ei in den Brunnen fallen. Nun wußte Aschenbrödel nicht, wie er das Ei -wiederbekommen sollte. »Du musst jetzt den Lachs zu Hülfe rufen,« sagte -der Wolf. Da rief der Prinz den Lachs, und dieser kam sogleich und holte -das Ei herauf. Nun, sagte der Wolf zu dem Prinzen, solle er das Ei in -der Hand drücken; und wie der Prinz das that, schrie der Riese laut auf. -»Drück noch einmal zu!« sagte der Wolf; und wie der Prinz noch einmal -zudrückte, erhob der Riese ein klägliches Gewinsel und bat und fleh'te -um sein Leben; er wolle auch Alles thun, was der Königssohn verlangte, -wenn er ihm bloß nicht das Herz entzwei drücken wollte, sagte er. »Sage -ihm, wenn er Deine sechs Brüder, die er in Stein verwandelt hat, wieder -in Prinzen umschafft, und ihre Bräute in Prinzessinnen, dann solle er -das Leben behalten,« sagte der Wolf; und das that der Prinz. Ja, dazu -war der Troll sogleich bereit: er verwandelte die sechs Brüder wieder in -Prinzen, und ihre Bräute wieder in Prinzessinnen. »Drück jetzt das Ei -entzwei!« sagte der Wolf. Nun drückte Aschenbrödel das Ei entzwei, und -da barst der Riese mitten von einander. Wie sie ihn nun quitt waren, -ritt Aschenbrödel wieder zurück nach dem Bergschloß. Da standen alle -seine sechs Brüder mit ihren Bräuten frisch und gesund vor ihm, und -Aschenbrödel ging in den Berg und holte sich die Prinzessinn, die wurde -nun _seine_ Braut, und darauf reis'ten sie alle mit einander zurück nach -dem Schloß des Königs. Wie nun der alte König alle seine sieben Söhne -mit ihren Bräuten ankommen sah, da freu'te er sich nicht wenig, kannst -Du glauben; aber die schönste von allen Prinzessinnen war doch die Braut -von Aschenbrödel, und er mußte sich mit ihr bei Tafel oben an setzen. -Darauf hielten alle Prinzen Hochzeit mit ihren Bräuten, und es wurde -gegastet und gejubelt viele Tage lang, und haben sie nicht ausgejubelt, -so jubeln sie wohl noch. - - - - -7. - -Die Grimsschecke. - - -Es waren einmal ein Paar reiche Leute, die hatten zwölf Söhne. Als der -jüngste von ihnen herangewachsen war, wollte er nicht länger zu Hause -bleiben, sondern wollte fort in die Welt und sein Glück versuchen. Die -Ältern sagten, er hätte es ja gut bei ihnen, warum er denn nicht zu -Hause bleiben wollte. Aber er hatte keine Ruhe, er wollte und mußte -fort, und da ließen sie ihn denn endlich reisen. Als er nun eine -Zeitlang umhergewandert war, kam er auch zu einem Königsschloß; da bat -er um einen Dienst, und den erhielt er auch. - -Die Tochter des Königs von diesem Lande aber wurde von einem Trollen in -einem Berg zurückgehalten, und der König hatte nicht mehr Kinder, als -nur diese einzige Tochter. Darum war er und mit ihm das ganze Land in -großer Sorge und Betrübniß, und der König hatte Demjenigen, der sie -befreien könnte, die Prinzessinn und das halbe Reich versprochen; aber -es war Niemand, der das konnte, obwohl Viele es versuchten. Als der -Bursch ein Jahr, oder so ungefähr, da gewesen war, wollte er wieder -nach Hause und seine Ältern besuchen; wie er aber zu Hause ankam, waren -seine Ältern in der Zeit gestorben, und die Brüder hatten die Erbschaft -unter sich getheilt, so daß nun Nichts mehr für den Burschen übrig -war. »Soll ich denn Nichts haben?« sagte der Bursch. »Konnten wir denn -wissen, daß Du noch am Leben warst, der Du so lange herumgestreift -bist?« sagten die Brüder: »Aber es mag drum sein: Oben in der Bergkoppel -gehen zwölf Stuten, die wir noch nicht getheilt haben; willst Du die für -Deinen Theil haben, so kannst Du sie nehmen.« Ja, damit war der Bursch -wohlzufrieden und begab sich sogleich nach der Bergkoppel, wo die zwölf -Stuten gras'ten. Wie er hinkam, hatte jede Stute ihr Saugfüllen; das -schönste Füllen hatte aber doch die eine Stute, das war ein großes -scheckiges Füllen und so fett und so gut bei Leibe, daß es glänzte. »Du -bist ein schönes Thierchen,« sagte der Bursch. »Ja, aber willst Du die -andern Füllen todtschlagen, so daß ich alle Stuten ein ganzes Jahr -saugen kann, dann sollst Du mal sehen, wie groß und schön ich werde,« -sagte das Füllen. Das that denn der Bursch auch: er schlug alle die -andern Füllen todt, und darauf ging er fort. - -Als er das nächste Jahr wiederkam und sich nach seinem Füllen und seinen -Stuten umsehen wollte, da war das Füllen so fett geworden, daß es glänzte -und blinkerte, und so groß war es, daß der Bursch nur mit genauer -Noth hinaufkommen konnte; alle Stuten aber hatten wieder ihr Füllen -bekommen. »Ja, es ist wahr, es hat sich gut gelohnt, daß ich Dich alle -zwölf Stuten saugen ließ,« sagte der Bursch zu dem Einjährigen: »aber -jetzt bist Du groß genug, nun muß ich Dich mithaben.« -- »Nein, laß mich -noch ein Jahr dazu gehen,« sagte das Füllen: »schlag' wieder die zwölf -andern Füllen todt, daß ich auch dieses Jahr alle zwölf Stuten saugen -kann; dann sollst Du mal sehen, wie groß und schön ich den nächsten -Sommer bin.« Der Bursch that wieder, wie das Füllen ihm sagte; und als -er das nächste Jahr in die Koppel kam, da hatte wieder jede Stute ihr -Saugfüllen; das scheckige Füllen aber war so groß geworden, daß der -Bursch gar nicht mehr hinauf konnte, und so fett und so blank war es, -daß es nur so glitzerte. »Groß und schön warst Du voriges Jahr,« sagte -der Bursch: »aber dieses Jahr bist Du noch stattlicher; ein solches -Füllen giebt es nicht in des Königs Schloß. Aber nun muß ich Dich mit -mir haben.« -- »Nein,« sagte die Schecke: »laß mich noch ein Jahr dazu -gehen! schlage wieder die zwölf andern Füllen todt, so daß ich auch noch -dieses Jahr alle Stuten saugen kann; dann sollst Du mich mal sehen zum -nächsten Sommer!« Der Bursch that wieder, wie das Scheckenfüllen ihm -sagte, schlug alle die andern Füllen todt, und damit ging er fort. - -Als er aber nun das nächste Jahr wiederkam, und sich nach seinem Füllen -und seinen Stuten umsehen wollte, da war der Bursch ganz erschrocken. So -groß und so schwer, hatte er nie geglaubt, daß ein Pferd werden könnte; -denn die Schecke mußte sich auf allen Vieren niederlegen, wenn der Bursch -hinaufsteigen wollte, und dann hatte er noch Genug zu thun, daß er -nur hinaufkam; und so fett und so quabbelig war sie geworden, daß sie -glänzte und blitzte wie ein Spiegel; und das Mal hatte die Schecke -Nichts dagegen einzuwenden, daß der Bursch sie mitnahm. Er setzte sich -auf sie und ritt mit ihr nach Hause zu seinen Brüdern; die schlugen die -Hände über dem Kopf zusammen und kreuzten sich, denn ein solches Pferd -hatten sie weder gesehen, noch davon reden gehört. »Es mag drum sein,« -sagte der Bursch: »wollt Ihr mir einen so schönen Beschlag unter mein -Pferd, und so schönen Sattel und so schönes Gebiß verschaffen, als man's -nur haben kann, so mögt Ihr alle zwölf Stuten nehmen, so wie sie da in -der Koppel gehen, und ihre zwölf Füllen dazu« -- denn das Jahr hatte -jede Stute wieder ein Füllen bekommen. -- Ja, das wollten die Brüder -gern; und nun bekam der Bursch einen solchen Beschlag unter sein Pferd, -daß die Kiesel in die Luft flogen, wenn er über den Berg ritt, und einen -solchen Goldsattel und ein solches Goldgebiß, daß man den Glanz davon -schon von weitem sah. »Laß uns jetzt nach des Königs Schloß reisen!« -sagte die _Grimsschecke_ -- denn so hieß das Pferd --: »aber Du musst -den König um guten Stallraum und gutes Futter für mich bitten.« Ja, er -wollt's nicht vergessen, sagte der Bursch, und damit ritt er fort, daß -die Funken stoben; und da kannst Du Dir wohl denken, daß sie eben nicht -lange Zeit gebrauchten, um nach dem Schloß zu kommen. - -Wie der Bursch dort ankam, stand der König draußen auf der Treppe; er -guckte und guckte und konnte nicht begreifen, was Das für Einer war, der -da geritten kam. »Nein!« sagte er: »einen solchen Kerl und ein solches -Pferd hab' ich noch mein Lebtag nicht gesehen!« Als darauf der Bursch -ihn fragte, ob er nicht einen Dienst im Schloß bekommen könnte, ward der -König so froh, daß er hüpfte und sprang, und da konnt' es denn nicht -fehlen, daß der Bursch einen Dienst bekam. »Ja, aber guten Stallraum für -mein Pferd will ich haben, und gutes Futter auch,« sagte der Bursch. Ja, -Stallraum für sein Pferd sollte er bekommen, und Hafer und Heu so viel -es nur verdelgen könnte; und darauf mußten die andern Ritter alle ihre -Pferde aus dem Stall führen; denn der sollte für die Grimsschecke allein -bleiben, damit sie gut Platz drin hätte. - -Und nun, kannst Du Dir wohl denken, dauerte es nicht lange, daß die -Andern im Schloß neidisch wurden auf den Burschen, und nicht wußten, -was sie ihm all für Schabernack anthun sollten, wenn sie bloß gedurft -hätten. Endlich verfielen sie darauf, zu dem König zu sagen, der Bursch -habe sich gerühmt, die Prinzessinn befreien zu können, die der Troll bei -sich im Berg eingeschlossen halte, wenn er bloß wollte. Sogleich ließ -der König ihn zu sich rufen und sagte, so und so hätte er gesagt, und -nun sollte er Wort halten; könnte er es, so wüßte er wohl, daß er dann -die Prinzessinn und das halbe Reich haben solle, und das sollt' er denn -auch redlich bekommen; könnte er es aber nicht, so solle er das Leben -verlieren. Der Bursch sagte zwar, nein, das hätt' er nicht gesagt; aber -es half nichts, der König wollte auf dem Ohr nicht hören, und es war -kein andrer Rath für den Burschen, er mußte es versuchen. Er ging nun -hinunter nach dem Stall und war ganz traurig und muthlos. Die Grimsschecke -fragte ihn, Was ihm fehle, und da erzählte ihr denn der Bursch, Was der -König von ihm verlangte, und sagte, er wüßte nicht, wie er das anfangen -sollte, denn die Prinzessinn zu befreien, meinte er, wäre wohl ein Ding -der Unmöglichkeit. »Die Sache ist gar nicht so gefährlich,« sagte -die Grimsschecke: »ich will Dir schon helfen, aber Du musst mich gut -beschlagen lassen. Zwanzig Pfund Eisen und zwölf Pfund Stahl musst Du -verlangen, und einen Schmied zum Schmieden, und einen zum Beschlagen.« -Ja, das that der Bursch, und der König sagte nicht Nein, sondern gab ihm -Eisen und Stahl und zwei Schmiede, und die Grimsschecke wurde beschlagen -hinten und vorn, und darauf ritt der Bursch aus dem Schloß, daß der -Staub aufwirbelte. Als er aber nun zu dem Berg kam, galt es, die steile -Wand hinaufzukommen; denn die war so schroff, wie eine Mauer, und so -glatt, wie ein Spiegel. Bei dem ersten Anlauf kam der Bursch ein Ende -hinauf; aber da glitt die Grimsschecke mit den beiden Vorderfüßen aus, -und wieder herunter, daß es donnerte und krachte. Beim zweiten Anlauf -kam er ein Ende weiter hinauf; aber da glitt die Grimsschecke wieder mit -dem einen Vorderbein aus, und herunter, daß der alte Berg bebte. Das -dritte Mal sagte die Grimsschecke: »Jetzt muß es werden!« und damit -legte sie los, daß die Steine in die Wolken flogen, und das Mal kam -sie hinauf. Nun ritt der Bursch in vollem Galopp, erschnappte die -Königstochter und nahm sie vor sich auf den Sattel, und eh' der Troll -sich noch recht besann, waren sie auf und davon -- wenn ich aber nicht -irre, so lag der Troll damals und schlief -- und nun war die Prinzessinn -befrei't. - -Als jetzt der Bursch zurückkam auf's Schloß, freu'te sich der König -nicht wenig, kannst Du glauben. Wie dem nun aber auch sein mochte, so -hatten die Andern auf dem Schloß dem König Allerlei vorgeredet, so daß -er gleichwohl zornig war auf den Burschen. »Ich danke Dir, daß Du meine -Tochter befrei't hast« -- das war Alles, was er sagte, und damit wollte -er seines Weges gehen. Der Bursch aber sagte: »Sie ist jetzt eben so gut -_mein_, als _Dein_, denn ich hoffe doch, daß Du ein Mann von Wort bist.« --- »Nun ja,« sagte der König: »Du sollst sie haben, weil ich es Dir -versprochen habe; aber erst musst Du machen, daß die Sonne in mein -Schloß scheint« -- denn es lag ein großer Berg vor dem Schloßfenster, -der schattete, so daß die Sonne nicht hineinscheinen konnte. -- »Das war -nun freilich nicht mit im Accord,« sagte der Bursch: »aber es hilft -nicht, ich muß nur mein Bestes versuchen; denn die Prinzessinn wollt' -ich doch gern haben.« Er ging nun wieder hinunter zu der Schecke und -erzählte ihr, Was der König von ihm verlangte; die Grimsschecke meinte, -die Sache sei eben nicht so gefährlich; aber einen neuen Beschlag unter -den Füßen müßte sie haben, sagte sie, und dazu müßten zwanzig Pfund -Eisen und zwölf Pfund Stahl, und zwei Schmiede, einen zum Schmieden, und -einen zum Beschlagen, dann sollte schon nachher die Sonne in's Schloß -scheinen. Der Bursch bekam Alles, was er verlangte, denn das konnte der -König Schanden halber ihm nicht versagen, und es wurde nun ein neuer -Beschlag unter die Grimsschecke gelegt, und der war nicht schlecht. Wie -das geschehen war, setzte der Bursch sich auf, und bei jedem Schritt, -den die Grimsschecke that, sank der Berg dreißig Fuß tief in die Erde, -und das dauerte so lange fort, bis Nichts mehr vom Berg zu sehen war. - -Wie nun der Bursch zurück nach dem Schloß kam, fragte er den König, ob -er ihm jetzt die Prinzessinn geben wolle; denn nun wisse er nicht -anders, sagte er, als daß die Sonne ins Schloß scheine. Aber da hatten -die Andern dem König wieder Allerlei vorgeredet, und er sagte zu dem -Burschen, die Prinzessinn sollte er allerdings haben, denn er hätte -seinen Sinn nicht geändert; aber erst sollte er ihm ein so stattliches -Brautpferd schaffen, als er ein Bräutigamspferd hätte, das wäre nicht -mehr, als billig. Der Bursch sagte, davon hätte der König nicht -gesprochen, und er meine, er habe die Prinzessinn jetzt verdient. Aber -der König blieb bei Dem, was er gesagt hatte; und wenn er ihm nicht ein -solches Brautpferd schaffen könne, sagte er: dann solle er das Leben -dazu verlieren. Der Bursch ging nun in den Stall, aber ganz traurig und -muthlos, und erzählte der Grimsschecke, wie der König von ihm verlange, -er solle der Prinzessinn ein so stattliches Brautpferd verschaffen, als -er ein Bräutigamspferd hätte, sonst solle er das Leben verlieren. »Wie -soll das aber angehen?« sagte er: »denn Deinesgleichen giebt es wohl -nicht mehr in der Welt.« -- »Ja, es giebt Meinesgleichen,« sagte die -Grimsschecke: »aber es hält schwer, sie zu bekommen, denn sie ist in der -Hölle; wir wollen indeß unser Bestes versuchen.« -- »Und Was muß ich -denn thun?« fragte der Bursch. »Erst musst Du zum König gehen,« sagte -die Grimsschecke: »und einen neuen Beschlag unter meinen Füßen verlangen, -und dazu müssen zwanzig Pfund Eisen und zwölf Pfund Stahl, und zwei -Schmiede, einer zum Schmieden, und einer zum Beschlagen, aber sieh ja -zu, daß die Eisen gut scharf werden; und dann musst Du zwölf Tonnen -Rocken und zwölf Tonnen Gerste verlangen, und zwölf geschlachtete -Ochsen müssen wir haben, dazu alle zwölf Ochsenhäute und in jeder Haut -zwölfhundert Lattenspiker; denn alles das müssen wir gebrauchen.« -Der Bursch ging nun hinauf zum König und verlangte Alles, so wie die -Grimsschecke ihm gesagt hatte, und der König konnte Schanden halber es -ihm nicht verweigern, sondern mußte ihm Alles geben. - -Als nun die Grimsschecke gehörig beschlagen war, setzte der Bursch sich -auf und ritt aus dem Schloßhof. Wie er nun ein weites, weites Ende -geritten war über Berge und über Hügel, da fragte die Schecke ihn: -»Hörst Du Etwas?« -- »Ja,« sagte der Bursch: »ich höre ein gewaltiges -Sausen oben in der Luft, so daß mir angst und bange wird.« -- »Das -sind alle die wilden Vögel des Waldes, die geflogen kommen,« sagte die -Grimsschecke, »die sind ausgesandt, um uns aufzuhalten; aber schneide -jetzt ein Loch in die Kornsäcke, dann haben sie Genug zu thun mit dem -Korn und vergessen darüber uns.« Das that nun der Bursch: er schnitt -ein Loch in die Kornsäcke, so daß der Rocken und die Gerste auf allen -Seiten herauslief. Da kamen alle die wilden Vögel des Waldes in so -großer Menge, daß die Sonne davon verdunkelt ward; als sie aber das -Korn erblickten, schossen sie herunter und fingen an, die Rocken- und -Gerstenkörner aufzupicken; und zuletzt, glaub' ich, schlugen sie sich -sogar; doch das kann ich nicht mit Gewißheit sagen; aber so viel weiß -ich wohl, daß sie dem Burschen und der Grimsschecke Nichts thaten, denn -die hatten sie ganz vergessen. - -Nun ritt der Bursch wieder eine lange Strecke, über Berge und Thäler, -durch Sumpf und Moor; da horchte plötzlich die Grimsschecke auf und -fragte den Burschen: »Hörst Du Etwas?« -- »Ja, ich höre ein entsetzliches -Krachen im Walde von allen Seiten her, so daß mir angst und bange wird,« -sagte der Bursch. »Das sind alle die wilden Thiere des Waldes,« sagte -die Grimsschecke: »die sind ausgeschickt, um uns aufzuhalten; aber wirf -jetzt nur die Rümpfe von den zwölf Ochsen hinaus, dann bekommen sie -Genug zu thun und vergessen uns.« Da warf der Bursch die Rümpfe hinaus, -und nun kamen alle wilden Thiere, so viel ihrer im Wald waren: Bären, -Wölfe, Löwen und andre Ungeheuer; als sie aber die Ochsenrümpfe sahen, -fielen sie alle darauf her und fingen an, sich zu schlagen, daß das Blut -floß; den Burschen aber und die Grimsschecke vergaßen sie ganz. - -Darauf ritt der Bursch wieder ein weites, weites Ende, und die Wolken -flogen ihm jeden Augenblick vorüber; denn mit der Grimsschecke ging es -nicht langsam, wie man sich wohl denken kann. Plötzlich aber fing die -Schecke an zu wiehern und fragte: »Hörst Du Etwas?« -- »Ja, ich höre in -der Ferne ein leises Wiehern wie von einem Füllen,« sagte der Bursch. -»Nun, das war eben kein kleines Füllen,« sagte die Schecke: »es hört -sich nur so leise an, weil es noch so weit weg ist.« Darauf reis'ten sie -ein gutes Ende weiter. Endlich wieherte die Grimsschecke wieder. »Hörst -Du Etwas?« fragte sie. »Ja, nun hör' ich es deutlich wiehern, wie ein -großes Pferd,« sagte der Bursch. »Ja, Du musst es noch einmal hören,« -sagte die Schecke: »dann wirst Du's schon gewahr werden.« Nun reis'ten -sie wieder ein gutes Ende weiter; da wieherte die Grimsschecke zum -dritten Mal; aber ehe sie noch den Burschen fragen konnte, ob er Etwas -höre, wieherte es auf der Senne, daß der Bursch dachte, der alte Berg -würde bersten. »Nun ist es hier!« sagte die Grimsschecke: »Wirf jetzt -geschwind die Ochsenhäute mit den Lattenspikern auf mich, und die -Theertonne wirf auf die Erde, und dann klettre auf die große Tanne da. -Wenn dann das Pferd kommt, schnaubt es Feuer aus beiden Nüstern und -zündet die Theertonne an. Alsdann gieb wohl Acht: wenn die Flamme -_steigt_, so gewinne ich; _fällt_ sie, so verliere ich. Siehst Du -aber, daß ich gewinne, so wirf ihm schnell meinen Zaum über, dann -ist es zahm.« Kaum hatte der Bursch die Häute mit den Spikern auf die -Grimsschecke geworfen, die Theertonne auf die Erde gerollt und war auf -die Tanne geklettert, so kam das Pferd an, daß ihm die Flammen aus -beiden Nüstern fuhren, und sogleich fing die Theertonne Feuer. Darauf -begann die Grimsschecke einen Kampf mit dem andern Pferd, daß die Steine -bis an den Himmel flogen, sie bissen sich und schlugen aus mit den -Vorder- und den Hinterbeinen. Der Bursch sah bald nach ihnen, bald nach -der Theertonne, und endlich _stieg_ die Flamme; denn wo das andre Pferd -auch beißen und schlagen mochte, so traf es immer nur die Häute mit -den Spikern, und da mußte es sich denn endlich geben. Als der Bursch -das sah, sprang er schnell vom Baum herunter, nahm den Zaum von der -Grimsschecke und warf ihn auf das andre Pferd, und da war es so zahm, -daß er es mit einem Zwirnsfaden lenken konnte, und eben so scheckig -war es wie das Grimsfüllen, so daß man sie nicht von einander zu -unterscheiden vermochte. Nun setzte der Bursch sich auf das neue Pferd -und ritt wieder zurück nach dem Königsschloß, und die Grimsschecke lief -neben ihm her. Als er beim Schloß ankam, stand der König draußen auf dem -Hof. »Kannst Du mir jetzt sagen, was für ein Pferd ich gefangen habe, -und was für eins ich hatte?« sagte der Bursch: »kannst Du es nicht, so -gehört Deine Tochter mir.« Der König betrachtete beide Schecken von -unten bis oben; aber es war kein Haar anders an der einen, als an der -andern. »Nein,« sagte der König: »das kann ich nicht. Meine Tochter hast -Du jetzt, da Du ihr ein so stattliches Brautpferd verschafft hast, Dir -erworben; aber erst müssen wir sehen, ob es auch so bestimmt ist, daß -Du sie haben sollst: Meine Tochter soll sich zweimal verstecken, und -nachher sollst Du Dich auch zweimal verstecken; kannst Du sie nun -die beiden Male finden, aber sie nicht jedesmal Dich, dann ist es so -bestimmt, daß Du sie haben sollst.« -- »Das steht nun freilich auch -nicht mit im Accord,« sagte der Bursch: »aber weil's denn so sein muß, -wollen wir's versuchen.« - -Nun sollte die Königstochter sich zuerst verstecken, und da verwandelte -sie sich in eine Ente und schwamm auf dem Wasser, das dicht bei dem -Schloß war. Der Bursch aber ging hinunter in den Stall und fragte die -Grimsschecke, wo sie sich versteckt hätte. »O, Du brauchst nur Dein -Gewehr zu nehmen und nach der Ente zu zielen, die auf dem Wasser -schwimmt,« sagte die Grimsschecke: »dann wird sie schon zum Vorschein -kommen.« Da nahm der Bursch sein Gewehr und ging damit nach dem Wasser. -»Ich will doch mal die Ente kappen,« sagte er und fing an zu zielen. -»Nein, nein! schieß nicht! das bin _ich_!« sagte die Prinzessinn; und -nun hatte er sie das erste Mal gefunden. Das zweite Mal verwandelte die -Prinzessinn sich in ein Brod und lag auf dem Tisch zwischen vier andern -Broden, und alle waren ganz gleich, so daß Keiner sie zu unterscheiden -vermochte. Aber der Bursch ging wieder in den Stall zu der Grimsschecke -und fragte, wo er jetzt wohl die Prinzessinn suchen sollte. »O, nimm -bloß ein Brodmesser und wetze es tüchtig und thu dann, als ob Du das -Brod, das, von der Linken gezählt, das dritte unter den vier andern -ist, die auf dem Küchentisch liegen, anschneiden wolltest,« sagte die -Grimsschecke: »dann wird sie schon zum Vorschein kommen.« Da ging der -Bursch in die Küche und nahm das größte Brodmesser, das er finden -konnte, und wetzte es tüchtig; dann ergriff er das Brod, welches, von -der Linken gezählt, das dritte unter den vier andern war, und setzte -das Messer an, als ob er's mitten durchschneiden wollte. »Ich muß mir -doch mal einen Knorren von diesem Brod abschneiden,« sagte er. »Nein, -schneide nicht! das bin _ich_!« sagte die Prinzessinn; und nun hatte er -sie auch das zweite Mal gefunden. - -Jetzt sollte der Bursch sich verstecken; da sagte ihm aber die -Grimsschecke so guten Bescheid, daß er nicht leicht zu finden war. -Zuerst verwandelte er sich in eine Roßmücke und verbarg sich in die -linke Nüster der Grimsschecke. Die Prinzessinn ging und suchte überall, -und zuletzt wollte sie auch in den Raum hinein, wo die Grimsschecke -stand; aber die fing an zu beißen und um sich zu schlagen, daß sie sich -nicht nahen durfte, und da konnte sie ihn denn nicht finden. »Nein, ich -kann Dich nicht finden,« rief sie: »komm nur hervor!« und sogleich stand -der Bursch vor ihr in dem Stall. Das zweite Mal verwandelte er sich in -einen Klumpen Erde und legte sich zwischen den Huf und das Eisen an dem -linken Vorderfuß der Schecke. Die Königstochter ging wieder überall herum -und suchte, und zuletzt kam sie auch in den Stall und wollte wieder in -den Raum zu der Grimsschecke. Diesmal durfte sie sich auch nahen; aber -unter den Huf konnte sie nicht kommen, denn die Schecke stand allzu fest -auf ihren Beinen. Da ihr nun alles Suchen nichts half, sagte sie endlich; -»Komm nur hervor! denn ich kann Dich doch nicht finden,« und da stand -der Bursch sogleich wieder neben ihr im Stall. »Nun ist sie _mein_,« -sagte er zum König: »denn nun kannst Du sehen, daß es so bestimmt ist.« --- »Ja, wenn es denn so bestimmt ist, so muß es wohl so bleiben,« sagte -der König. Und darauf wurde augenblicklich die Hochzeit gehalten; und -der Bursch setzte sich auf die Grimsschecke, und die Prinzessinn auf die -andre Schecke, und da kannst Du Dir denn wohl vorstellen, daß sie eben -nicht lange Zeit gebrauchten, um nach der Kirche zu kommen; und sie -lebten hiernach glücklich und vergnügt mit einander. - - - - -8. - -Es hat keine Noth mit Dem, in welchen alle Weiber verliebt sind. - - -Es waren einmal drei Brüder; nun weiß ich nicht recht, wie das zugegangen -war, aber jeder von ihnen hatte einen Wunsch bekommen, so daß er sich -wünschen konnte, Was er wollte. Die beiden ältesten bedachten sich nicht -lange, sondern wünschten sich, daß es ihnen nie an Geld fehlen möchte, -so oft sie in die Tasche griffen; »denn wenn Einer immer Geld hat,« -sagten sie: »so kommt er schon fort in der Welt.« Der jüngste dagegen -wünschte sich, daß alle Weiber sich in ihn verlieben müßten, sobald sie -ihn sähen, sie möchten nun wollen, oder nicht; und das, sollst Du mal -hören, war weit besser, als Geld und Gut. Sobald die Brüder ihre Wünsche -gethan hatten, wollten die beiden ältesten fort in die Welt. Aschenbrödel -bat sie, ihn mit sich zu nehmen, aber von dem wollten die Andern Nichts -wissen. »Wo wir hinkommen, werden wir überall empfangen wie Grafen und -Prinzen,« sagten sie: »aber Du, der Du gar Nichts hast, Wer wollte sich -wohl um Dich bekümmern?« -- »Aber Ihr könnt mich darum ja gern mit Euch -reisen lassen,« sagte Aschenbrödel: »denn es wird wohl immer auch ein -Bissen für mich abfallen, wenn ich bei so hohen Herrschaften bin.« -Endlich und zuletzt erlaubten sie ihm denn, mitzureisen, wenn er ihr -Diener sein wollte, und darauf ging Aschenbrödel auch ein. - -Als sie nun einen Tag, oder so ungefähr, gereis't waren, kamen sie zu -einem großen Gasthause; da kehrten die beiden ältesten Brüder, welche -Geld hatten, ein, und verlangten frischweg Braten und Fische und -Branntwein und Meth und Alles, was gut schmeckt; Aschenbrödel aber, der -Nichts hatte, mußte draußen im Hof bleiben und auf die Pferde und das -Gepäck der vornehmen Herren Acht geben, denn er war nun ihr Diener. Wie -er aber da im Hofe auf- und abging, bemerkte die Frau des Gastwirths ihn -durch das Fenster, und ein so schöner Bursch, däuchte ihr, wär' ihr noch -nicht vorgekommen; sie guckte und guckte, und je länger sie den Burschen -ansah, desto schöner kam er ihr vor. »Was Teufel hast Du da zu stehen -und zu glotzen!« sagte der Mann: »mir däucht, es wäre besser, Du säh'st -zu, daß das Spanferkel gut gebraten würde, als daß Du da stehst und -glotzäugst; Du weißt wohl, was für Herrschaften wir heut zu bewirthen -haben.« -- »Ach, ich schere mich den Henker um das vornehme Pack!« sagte -die Frau: »wollen sie nicht bleiben, so können sie wieder hinreisen, wo -sie hergekommen sind. Aber komm mal her und sieh bloß Den, der auf dem -Hof geht! einen so schmucken Burschen hab' ich noch mein Lebtag nicht -gesehn; willst Du, wie ich, so bitten wir ihn herein und tractiren ihn; -denn der arme Schelm hat wohl nicht Viel übrig.« -- »Weib, hast Du denn -ganz Dein Bischen Verstand verloren?« sagte der Mann und war so zornig, -daß ihm die Augen im Kopf glüh'ten. »Fort mit Dir in die Küche!« rief -er: »und stehe nicht hier und äugle nach fremden Kerls!« Da war nun -kein andrer Rath für die Frau, sie mußte wieder in die Küche und das -Essen bereiten; nach dem Burschen aber durfte sie sich nicht weiter -umsehen, und ihn tractiren durfte sie noch weniger. Da ersah sie aber -die Gelegenheit und machte sich ein Geschäft in dem Hof, und nun schenkte -sie Aschenbrödel eine Schere, die hatte die Eigenschaft, daß er sich -damit die schönsten Kleider von Sammt und von Seide herabschneiden -konnte, wenn er bloß damit in die Luft schnitt. »Die will ich Dir -schenken, weil Du ein so schmucker Bursch bist,« sagte sie. - -Als nun die beiden andern Brüder ihr Spanferkel und all das Gesottene -und Gebratene verzehrt hatten, reis'ten sie weiter, und Aschenbrödel -stand wieder als ihr Diener hinten auf dem Wagen. Nach sechs oder sieben -Stunden kamen sie zu einem andern Gasthause, und da kehrten die beiden -ältesten wieder ein; aber Aschenbrödel, der kein Geld hatte, mußte -draußen im Hof bleiben und auf ihre Sachen Acht geben. »Wenn Jemand Dich -fragt, Wer wir sind, so sage nur, wir wären zwei fremde Prinzen,« sagten -sie zu ihm. In diesem Gasthause ging es nun ungefähr wieder eben so, -wie in dem vorigen. Die Wirthsfrau kam ans Fenster und sah Aschenbrödel -auf dem Hof stehen, und da ward sie eben so verliebt in ihn, wie die -Frau des ersten Gastwirths, und sie konnte sich gar nicht satt an ihm -sehen. Als aber ihr Mann darauf zukam, sagte er: »Steh doch nicht da und -glotze, wie eine Kuh, die das neue Thor betrachtet, sondern scher' Dich -fort in die Küche zu Deinem Fischgrapen; denn Du weißt wohl, was wir -heut für Leute zu bewirthen haben.« -- »Ach, ich bekümmre mich den Henker -um das vornehme Pack!« sagte die Frau: »wenn's ihnen bei uns nicht gut -genug ist, so können sie ja hingehen, wo's ihnen besser gefällt. Aber -komm mal her und sieh den hübschen Burschen, der da draußen im Hof -steht; noch in meinem Leben hab' ich keinen so hübschen Menschen -gesehen. Willst Du, wie ich, so nöthigen wir ihn herein zu uns und -tractiren ihn; der arme Teufel kann's nöthig haben.« -- »Viel Verstand -hast Du nie gehabt, Frau,« sagte der Mann: »und das Bischen, das Du -hattest, glaub' ich, hast Du jetzt auch verloren. -- Fort mit Dir in -die Küche! und steh nicht länger da und guck nach dem fremden Kerl -aus!« rief er und war noch weit zorniger, als der erste Gastwirth. Sie -mußte nun wieder hinaus zu ihrem Fischgrapen, und so gern sie auch den -Burschen tractirt hätte, so durfte sie's doch nicht wagen, denn sie -fürchtete sich vor ihrem Mann. Da ersah sie aber die Gelegenheit und -machte sich ein Geschäft in dem Hof, und nun schenkte sie Aschenbrödel -ein Tuch, das hatte die Eigenschaft, daß es sich aufdeckte mit den -schönsten Gerichten, die man sich nur wünschen kann, wenn er es bloß aus -einander legte. »Das sollst Du haben, weil Du ein so schmucker Bursch -bist,« sagte die Wirthsfrau zu Aschenbrödel. Der bedankte sich und war -seelenvergnügt; denn ein solches Tuch, kannst Du wohl denken, war -besser, als viel Geld. - -Nachdem nun die beiden Brüder gegessen und getrunken und Alles theuer -bezahlt hatten, reis'ten sie weiter, und Aschenbrödel stand wieder -hinten auf. Als sie so lange gereis't waren, bis sie wieder hungrig -wurden, kehrten sie in ein sehr vornehmes Gasthaus ein und verlangten -das Theuerste und Beste, was es gab. »Wir sind zwei reisende Könige,« -sagten sie: »und Geld haben wir wie Heu.« Als der Gastwirth das hörte, -ging es an ein Kochen und Braten, daß man's zehn Häuser davon bei den -Nachbaren riechen konnte. Aschenbrödel aber mußte wieder in dem Hof -bleiben und auf die Sachen Acht geben. Hier ging's ihm nun ungefähr eben -so, wie in den beiden vorigen Gasthöfen. Die Wirthsfrau sah durch das -Fenster den Diener, der draußen beim Wagen stand, und ein so schmucker -Bursch war ihr denn auch noch nicht vorgekommen; sie sah und sah, und -je länger sie ihn ansah, desto schöner, däuchte er ihr. Als aber der -Gastwirth kam und sie da stehen und gucken sah, sagte er: »Hast Du denn -nichts Besseres zu thun, als daß Du da stehst und guckäugelst? Weißt Du -denn nicht, was für Leute wir im Hause haben? Fort mit Dir in die Küche -zum Grützkessel, und das den Augenblick!« »Ach, es ist wohl nicht so -gefährlich,« sagte die Frau. »Wollen sie nicht warten, bis die Grütze -fertig ist, so können sie ja wieder reisen; es hält sie Niemand auf. -Aber komm mal her, dann sollst Du Was zu sehen kriegen. Sieh mal da -auf dem Hof! Ein so schmucker Bursch, sag' ich Dir, ist mir noch -nicht vorgekommen. Willst Du, wie ich, so nöthigen wir ihn herein -und tractiren ihn; denn er scheint's wohl nöthig zu haben.« -- »Ein -manntolles Weib bist Du all Dein Lebtag gewesen, und das bist Du auch -noch,« sagte der Mann und war entsetzlich böse: »Machst Du aber nicht -den Augenblick, daß Du hinauskommst zum Grützkessel, so sollst Du sehen, -wie ich Dir Beine machen werde!« Die Frau mußte nun wieder hinaus in die -Küche, denn sie wußte wohl, daß der Mann nicht mit sich scherzen ließ. -Nach einer Weile aber ersah sie die Gelegenheit, schlüpfte hinaus in -den Hof und schenkte Aschenbrödel einen allerliebsten Zapfhahn. »Wenn -Du bloß den Hahn umdreh'st,« sagte sie: »so bekommst Du die schönsten -Getränke, die Du Dir wünschest: Meth, Wein und auch Branntwein; Das will -ich Dir schenken, weil Du ein so schmucker Bursch bist.« Aschenbrödel -bedankte sich und war seelenvergnügt; denn ein solcher Zapfhahn war -nicht schlecht, kannst Du glauben. - -Als nun die beiden Brüder ihre Mahlzeit verzehrt hatten, reis'ten sie -wieder fort, und Aschenbrödel stand wieder hinten auf dem Wagen. Sie -reis'ten nun ein weites Ende, und endlich kamen sie zu einem Königsschloß; -da gaben die beiden ältesten sich aus für zwei Kaisersöhne; und weil -sie viel Geld hatten und so stattlich gekleidet waren, wurden sie auf -das beste empfangen; sie mußten auf dem Schloß wohnen, und der König -wußte nicht, Was er ihnen alles zu Ehren thun wollte. Aber Aschenbrödel, -der noch dieselben Lumpen anhatte, die er von Hause mitgenommen, wurde -von der Schloßwache auf eine Insel gebracht, nach welcher man alle die -Bettler und Lumpenkerls hinausruderte, die auf's Schloß kamen; denn der -König konnte die Bettler und Lumpenkerls nicht leiden, sie störten nur -die Freude auf dem Schloß, sagte er. Auf der Insel aber bekamen sie nur -grade so Viel zu essen, daß sie sich das Leben damit erhalten konnten. -Die Brüder von Aschenbrödel sahen wohl, daß die Wache mit ihm nach der -Insel hinausfuhr, aber sie waren froh, daß sie ihn los wurden, und -bekümmerten sich nicht weiter um ihn. Als nun Aschenbrödel auf die Insel -zu den andern Bettlern und Lumpenkerls hinauskam, nahm er bloß seine -Schere und schnitt damit in die Luft, und da schnitt er die schönsten -Kleider herab, die man sich wünschen kann, von Sammt und von Seide, für -sie alle zusammen, so daß der gemeinste Bettler auf der Insel weit -stattlicher gekleidet war, als der König selbst und Alle, die auf dem -Schloß waren. Darauf nahm Aschenbrödel sein Tuch und breitete es aus, -und da deckte es sich mit einer Menge der schönsten Gerichte, so daß -Alle daran Mehr, als Genug hatten, und ein solches Gastmahl war noch -nicht gehalten worden auf des Königs Schloß. »Nun seid Ihr aber auch -wohl durstig,« sagte Aschenbrödel, nahm seinen Zapfhahn und dreh'te ihn -herum, und da bekamen alle Bettler auch Genug zu trinken; aber solchen -Meth und solchen Wein hatte der König selber noch in seinem Leben nicht -geschmeckt. - -Als nun Die, welche das Essen nach der Bettlerinsel bringen sollten, mit -ihrer kalten Grütze und ihren sauern Molken ankamen -- denn das war das -Essen, was Die auf der Insel erhielten -- so wollten die Bettler es -nicht einmal kosten, worüber Die von dem Schloß sich sehr verwunderten, -aber noch mehr verwunderten sie sich, als sie sahen, wie Alle so stattlich -gekleidet waren, als wären es lauter Kaiser und Päbste gewesen, und sie -glaubten schon, sie wären zu einer unrechten Insel gekommen; als sie -aber besser zusahen, da war's denn doch ganz recht. Nun konnten sie sich -nicht anders denken, als daß Der, den sie gestern hinausgerudert hatten, -den Bettlern all den Staat und die Herrlichkeit verschafft haben müßte; -und als sie zurück aufs Schloß kamen, erzählten sie sogleich, wie Der, -den sie gestern hinausgebracht, alle Bettler so schön und so prächtig -herausgekleidet hätte, daß es nur so tröpfelte von Gold; »und die Grütze -und die Molken, die wir brachten, haben sie nicht einmal angerührt,« -sagten sie: »so hochmüthig waren sie geworden.« Nun hatte aber Einer von -den Leuten des Königs ausspionirt, wie der Bursch eine Schere hatte, -womit er all die schönen Kleider, welche die Bettler bekommen hatten, -aus der Luft geschnitten; das erzählte er sogleich auf dem Schloß und -sagte: »wenn er bloß mit der Schere in die Luft schneidet, so schneidet -er lauter Sammt und Seide herunter.« Als die Prinzessinn das hörte, -hatte sie keine Ruhe, ehe sie den Burschen sah, der die Schere hatte, -die lauter Sammt und Seide aus der Luft schnitt; eine solche Schere wäre -wohl werth zu haben, dachte sie, denn damit könnte sie sich all den Putz -verschaffen, den sie sich wünschte. Sie bat nun den König so lange, bis -dieser hinausschickte nach der Bettlerinsel und den Burschen holen ließ; -als dieser ankam, fragte die Prinzessinn ihn, ob es wahr sei, daß er -eine Schere hätte, die so und so wäre, und ob er ihr die nicht verkaufen -wolle. Ja, eine solche Schere hätte er wohl, sagte Aschenbrödel, aber -verkaufen wolle er sie nicht, und darauf nahm er die Schere und schnitt -damit in die Luft, daß die Sammt- und Seidenstoffe um ihn herumflogen. -»Ja, Du musst mir die Schere durchaus verkaufen,« sagte die Prinzessinn: -»Du kannst dafür verlangen, Was Du willst; denn haben muß ich sie.« -Nein, verkaufen könne er sie auf keine Weise, sagte der Bursch, denn -eine solche Schere bekäm' er nicht leicht wieder. Und während sie nun da -standen und um die Schere disputirten, betrachtete die Prinzessinn den -Burschen genauer, und da däuchte ihr, einen so schönen Menschen hätte -sie noch nie gesehen; darnach handelte sie wieder um die Schere und bat -Aschenbrödel, er möchte sie ihr doch verkaufen, er könne verlangen so -viele hundert Thaler er wolle, sagte sie. »Nein, verkaufen thu ich sie -nicht,« sagte Aschenbrödel: »aber es mag drum sein! willst Du mich eine -Nacht in Deiner Kammer bei der Thür schlafen lassen, so sollst Du sie -haben. Zu Leide will ich Dir Nichts thun,« sagte er: »und wenn Du Dich -fürchtest, so kannst Du gern zwei Mann Wache hinstellen.« Ja, das -wollte die Prinzessinn gern; wenn sie bloß die Schere bekam, so war sie -zufrieden. Und nun schlief Aschenbrödel die Nacht in ihrer Kammer, und -zwei Mann standen dabei Wache. Aber die Prinzessinn bekam nicht viel -Schlaf in die Augen, denn sie mußte die ganze Nacht hindurch Aschenbrödel -ansehen. - -Am Morgen ruderte Aschenbrödel wieder hinaus nach der Bettlerinsel. -Als aber Die vom Schloß mit der Grütze und den Molken ankamen, wollte -wieder Keiner davon kosten. Nun hatte aber Einer von des Königs Leuten -ausspionirt, daß der Bursch ein Tuch hatte, das sich mit dem schönsten -Essen deckte, sobald er es nur aus einander legte; und als dieser -zurückkehrte, erzählte er es sogleich der Prinzessinn: »und solchen -Braten und solche Rahmgrütze,« sagte er: »giebt's nicht auf des Königs -Schloß.« Als die Prinzessinn das hörte, erzählte sie es dem König und -bat ihn so lange, bis er nach der Insel schickte und den Burschen holen -ließ. Wie nun Aschenbrödel aufs Schloß kam, wollte die Prinzessinn ihm -durchaus das Tuch abkaufen und bot ihm Geld über Geld; aber Aschenbrödel -wollt's nicht verkaufen für keinen Preis. »Willst Du mich aber die Nacht -auf der Bank vor Deinem Bett schlafen lassen, so sollst Du das Tuch -haben,« sagte er: »zu Leide will ich Dir Nichts thun, und wenn Du Dich -fürchtest, so kannst Du gern vier Mann Wache hinstellen.« Ja, darauf -ging die Prinzessinn sogleich ein; und Aschenbrödel lag nun die Nacht -auf der Bank vor ihrem Bett, und vier Mann standen Wache dabei. Hatte -aber die Prinzessinn die vorige Nacht nicht schlafen können, so konnte -sie es noch weniger diese Nacht; sie lag beständig und sah nur den -Burschen an. - -Am Morgen ruderte Aschenbrödel wieder hinaus nach der Bettlerinsel. Als -aber Die vom Schloß mit der Grütze und den Molken ankamen, wollte Keiner -es wieder ansehen, so satt waren sie noch alle von gestern. Das fiel nun -den Leuten vom Schloß weiter nicht auf; jedoch verwunderte es sie, daß -sie noch gar nicht wieder durstig waren. Da bemerkte aber Einer, daß der -Bursch einen Zapfhahn hatte und immer die schönsten Getränke bekam: Meth -und Wein und auch Bier, wenn er bloß den Hahn umdreh'te. Wie nun dieser -zurückkam, erzählte er sogleich weit und breit von dem Zapfhahn des -Burschen: »und solches Bier und solchen Meth hat man nicht auf des -Königs Schloß,« sagte er: »denn das schmeckt noch süßer, als Honig und -Syrup.« Als die Prinzessinn das hörte, wollte sie durchaus den Zapfhahn -haben und ließ dem König nicht eher Ruhe, als bis er nach der Insel -schickte und den Burschen holen ließ. - -Als nun Aschenbrödel aufs Schloß kam, fragte die Prinzessinn ihn, ob es -wahr sei, daß er einen Zapfhahn hätte, der so und so wäre. Ja, sagte -Aschenbrödel, einen solchen Zapfhahn hätte er; und als die Prinzessinn -ihm den nun mit aller Gewalt abkaufen wollte, sagte er wieder, verkaufen -könne er ihn auf keine Weise, wenn die Prinzessinn ihm auch das halbe -Reich dafür geben wollte. »Aber es mag drum sein!« sagte er: »willst -Du mich diese Nacht vorn in Deinem Bett schlafen lassen, so sollst -Du meinen Zapfhahn haben; Du kannst meinetwegen gern acht Mann Wache -hinstellen.« -- »Ach nein, das ist nicht nöthig,« sagte die Prinzessinn: -»denn dazu kenne ich Dich jetzt schon genug.« Und nun schlief Aschenbrödel -die Nacht bei der Prinzessinn im Bette, und hatte sie die beiden vorigen -Nächte nicht schlafen können, so that sie diese ganze Nacht kein Auge -zu. - -Wie nun Aschenbrödel am Morgen wieder fort wollte nach der Insel, sagte -sie zu ihm: »Wart' noch ein wenig!« lief hinein zum König und bat ihn, -daß er ihr doch den Burschen zum Gemahl geben möchte; denn sie wäre so -verliebt in ihn, sagte sie, daß sie ohne ihn nicht leben könne. »Ei -nun,« sagte der König: »wenn er so herrliche Dinge hat, wie Du mir -erzählst, so ist er ja eben so reich, als Du; nimm ihn also nur hin!« Da -bekam Aschenbrödel die Prinzessinn und das halbe Reich, und das andere -halbe Reich sollte er nach des Königs Tode haben; und nun war Alles gut. -Seine Brüder aber, welche immer so schlecht gegen ihn gewesen waren, -ließ er hinausbringen auf die Bettlerinsel; da können sie nun erfahren, -Wer am besten daran ist: Der, welcher viel Geld in der Tasche hat, oder -Der, in welchen alle Weiber verliebt sind; -- und hat Aschenbrödel sie -nicht von der Insel zurückgeholt, so gehen sie noch da und essen kalte -Grütze und saure Molken den heutigen Tag. - - - - -9. - -Die Lügenprobe. - - -Es war einmal ein König, der hatte eine Tochter, die konnte so gewaltig -lügen, daß Keiner es darin mit ihr aufnehmen konnte. Da ließ der König -bekannt machen, daß Der, welcher so lügen könne, daß die Prinzessinn -Nichts mehr dagegen zu lügen wüßte, sie und das halbe Reich haben -sollte. Es kamen darauf Viele an den Hof und machten den Versuch; denn -Alle wollten gern die Prinzessinn und das halbe Reich haben; aber sie -kamen alle schlecht davon. Nun waren aber auch drei Brüder, und die -wollten ebenfalls ihr Glück versuchen. Zuerst kamen die beiden ältesten; -aber es ging ihnen nicht besser, als all den Übrigen. Zuletzt machte -Aschenbrödel sich auf, und als er ankam, traf er die Prinzessinn im -Stall. »Guten Tag!« sagte er. »Schönen Dank,« sagte sie: »Ihr habt doch -nicht einen so großen Stall, als wir; denn wenn der Hirt an dem einen -Ende steht und auf dem Bockshorn bläs't, kann man's nicht hören am -andern Ende.« -- »Das ist auch was Rechtes!« sagte Aschenbrödel: »unsrer -ist weit größer; denn wenn eine Kuh an dem einen Ende trächtig wird, -kalbt sie erst an dem andern.« -- »Haha!« sagte die Prinzessinn: »Aber -Ihr habt doch nicht einen so großen Ochsen, als wir; denn wenn auf jedem -Horn Einer sitzt mit einer Meßstange, so können sie doch einander nicht -ablangen.« -- »Da kommst Du schön an!« sagte Aschenbrödel: »Wir haben -einen Ochsen, der ist so groß, daß wenn Einer auf jedem Horn sitzt und -auf dem Haberrohr bläs't, sie einander doch nicht hören können.« -- »Na -so!« sagte die Prinzessinn: »Aber Ihr habt doch nicht so viel Milch, als -wir; denn wir melken unsre Milch in große Eimer und tragen sie in große -Kessel hinein und machen Käse, so groß wie Tonnen.« -- »Und wir,« sagte -Aschenbrödel: »wir melken unsre Milch in große Küben und fahren sie mit -dem Wagen ins Haus und gießen sie in große Braupfannen und machen Käse, -so groß wie Häuser; und dann haben wir ein buntscheckiges Mutterpferd, -das den Käse zusammentritt; einmal aber fohlte es in dem Käse, und -als wir sieben Jahr davon gegessen hatten, trafen wir auf ein großes -buntscheckiges Pferd; mit dem sollte ich mal nach der Mühle fahren, -aber da brach ihm eine Rippe entzwei; nun wußte ich keinen andern Rath, -sondern nahm eine Tanne und setzte sie ihm ein statt der Rippe, und eine -andre Rippe hat's nachher nicht gehabt, so lange wir es hatten. Nun -schoß aber die Tanne auf und wuchs aus dem Rücken heraus und ward so -groß, daß ich daran zum Himmel hinaufklettern konnte. Da kam ich zu der -Jungfrau Maria, die saß da und spann Borstenstricke von Mehlbrei. Wie -ich nun da stand und zusah, brach unten die Tanne ab, und nun konnte ich -nicht wieder herunter; aber die Jungfrau Maria ließ mich an einem der -Stricke hinabgleiten, und da kam ich in einem Fuchsloch an; da saßen -meine Mutter und Dein Vater und flickten Schuh; aber eh' ich's mir -versah, schlug meine Mutter Deinen Vater, daß ihm die Perrücke vom Kopf -flog.« -- »Das lügst Du,« sagte die Prinzessinn: »denn das hat mein -Vater nie gethan.« - - - - -10. - -Die drei Böcke Brausewind, die nach der Koppel gehen -und sich fett machen wollten. - - -Es waren einmal drei Böcke, die wollten nach der Koppel gehen und sich -fett machen, und alle drei hießen sie _Brausewind_. Auf dem Wege aber -war eine Brücke über einem Fluß, wo sie hinüber mußten, und unter der -Brücke wohnte ein großer, abscheulicher Troll, der hatte Augen, so groß -wie zinnerne Teller, und eine Nase, so lang wie ein Hackenstiel. Zuerst -kam der jüngste Bock Brausewind und wollte über die Brücke. »Tripp -trapp! tripp trapp!« sagte es auf der Brücke. »_Wer ist es, der auf -meiner Brücke trippelt?_« rief der Troll. »O, es ist der kleinste Bock -Brausewind; ich wollte nur nach der Koppel und mich fett machen,« sagte -der Bock mit ganz feiner Stimme. »_Nun komm ich und hole Dich!_« rief -der Troll. »Ach, hol' mich nicht, ich bin noch so klein!« sagte der -Bock: »wart bloß so lange, bis der andre Bock Brausewind kommt, der ist -viel größer, als ich.« -- »_Ja wohl!_« sagte der Troll. - -Nach einer Weile kam der andre Bock Brausewind und wollte über die -Brücke. »_Tripp trapp! tripp trapp!_« sagte es auf der Brücke. »_Wer ist -es, der auf meiner Brücke trappelt?_« rief der Troll. »_O, das ist der -zweite Bock Brausewind; ich wollte nur nach der Koppel und mich fett -machen_,« sagte der Bock, der hatte aber keine so feine Stimme. »_Nun -komm ich und hole Dich!_« rief der Troll. »_Ach nein, hol' mich nicht! -wart' noch ein bischen, dann kommt der große Bock Brausewind, der ist -viel größer, als ich_,« sagte der Bock, »_Ja wohl!_« sagte der Troll. - -Nun dauerte es nicht lange, so kam der große Bock Brausewind an: »TRIPP -TRAPP! TRIPP TRAPP!« sagte es auf der Brücke, daß es nur so krachte. -»_Wer ist es, der auf meiner Brücke trampelt?_« rief der Troll. »DAS -IST DER GROSSE BOCK BRAUSEWIND!« sagte der Bock mit einer groben Stimme. -»_Nun komm ich und hole Dich!_« rief der Troll. - - »JA, KOMM NUR, ICH HABE ZWEI SPEERE BEIM SCHOPF, - DAMIT BOHR' ICH DIE AUGEN DIR AUS DEM KOPF; - ICH HABE ZWEI GROSSE KIESELSTEINE, - DAMIT ZERQUETSCH ICH DIR KNOCHEN UND BEINE!« - -sagte der Bock, und damit fuhr er auf den Trollen zu, stach ihm die -Augen aus und zerquetschte ihm die Knochen im Leibe; darnach warf er ihn -in den Fluß und ging dann mit den andern nach der Koppel. Da wurden nun -die Böcke so fett, so fett, daß sie nicht wieder nach Hause gehen -konnten; und ist das Fett nicht wieder von ihnen gegangen, so sind sie -es noch. - - Un ßnipp, ßnapp, ßnuut! - So is dat Leuschen uut. - - - - -11. - -Östlich von der Sonne und westlich vom Mond. - - -Es war einmal ein armer Kathenmann, der hatte viele Kinder; er war aber -so arm, daß er ihnen weder ordentlich zu essen, noch Kleider auf den -Leib geben konnte; dennoch waren die Kinder alle sehr schön; aber am -schönsten von allen war doch die jüngste Tochter. - -Nun war es einmal an einem Donnerstag-Abend im Spätherbst ein ganz -abscheuliches Wetter draußen; es war stockfinster, und dabei regnete und -stürmte es, daß die Fenster krachten. Die ganze Familie saß um den Kamin -herum, und Jeder war mit seiner Arbeit beschäftigt. Plötzlich klopfte es -dreimal laut ans Fenster. Der Mann ging hinaus und wollte zusehen, Was -es war, und als er hinauskam, stand da ein großer weißer Bär. - -»Guten Abend!« sagte der Bär. »Guten Abend!« sagte der Mann. -- »Willst -Du mir Deine jüngste Tochter zur Frau geben,« sagte der Bär: »dann will -ich Dich so reich machen, als Du jetzt arm bist.« Dem Mann däuchte das -nicht übel; aber er meinte, er müßte doch erst mit seiner Tochter ein -Wort sprechen, ging hinein und erzählte, wie draußen ein großer weißer -Bär stände, der hätte ihm versprochen, ihn eben so reich zu machen, -als er jetzt arm wäre, wenn er ihm seine jüngste Tochter zur Frau geben -wolle. Das Mädchen sagte aber Nein und wollte Nichts von dem Handel -wissen. Da ging der Mann wieder hinaus, sprach gütlich mit dem Bären -und sagte, er solle nur am nächsten Donnerstag-Abend wiederkommen; -inmittlerzeit wolle er schon sehen, Was bei der Sache zu thun wäre. Sie -überredeten nun das Mädchen und schwatzten ihr Allerlei vor von dem -großen Reichthum, wozu sie gelangen würden, und wie gut sie es selbst -bekäme. Da gab sie denn endlich nach, wusch ihre paar Lappen, die sie -hatte, rein, putzte sich heraus, so gut sie konnte, und hielt sich -reisefertig. - -Als am nächsten Donnerstag-Abend der Bär wiederkam, ja, da war's richtig; -das Mädchen setzte sich mit ihrem Bündel auf seinen Rücken, und fort -ging's. Als sie ein gutes Ende hinausgekommen waren, fragte der Bär sie: -»Bist Du auch bange?« Nein, das war sie ganz und gar nicht. »Halt Dich -nur immer gut an meinen Zotteln fest,« sagte der Bär: »dann hat's keine -Noth.« - -Nun ritt sie auf dem Rücken des Bären weit, weit in die Welt hinaus, --- kein Mensch kann sagen, wie weit es eigentlich war -- und zuletzt -kamen sie zu einem großen Felsen; da klopfte der Bär an, und nun öffnete -sich eine Pforte, durch welche sie in ein großes Schloß gelangten; -drinnen waren viele von Lampen erleuchtete Zimmer, und Alles strahlte -von Gold und von Silber; auch war da ein großer Saal, und in dem Saal -stand ein Tisch, der war mit den herrlichsten Gerichten besetzt. Nun gab -der Bär ihr eine silberne Glocke und sagte, wenn sie sich irgend Etwas -im Schloß wünsche, dann solle sie nur damit klingeln, alsdann würde -sie es sogleich bekommen. Wie sie nun gegessen und getrunken hatte und -gegen Abend müde wurde und sich zu Bett legen wollte, klingelte sie -nur mit der Glocke -- und sogleich öffnete sich eine Kammer, worin ein -aufgemachtes Bett stand, so schön, wie man's sich nur wünschen konnte, -mit seidenen Kissen und Vorhängen mit Goldfransen, und Alles, was sich -in der Kammer befand, war ebenfalls von Gold und von Silber. Wie sie -aber nun das Licht ausgelöscht und sich ins Bett gelegt hatte, kam ein -Mensch an und legte sich zu ihr, und so geschah es jede Nacht; aber sie -bekam ihn nie zu sehen, denn er kam immer erst, wenn sie schon das Licht -ausgelöscht hatte, und ging wieder fort, eh' es noch Tag wurde. So lebte -sie nun eine Zeitlang ruhig und zufrieden; aber endlich bekam sie eine -so große Sehnsucht, ihre Ältern und Geschwister wiederzusehen, daß sie -ganz still und traurig ward. Da fragte der Bär sie eines Tages, Was ihr -fehle, daß sie immer so still und sinnig wäre. »Ach,« sagte sie: »es -wird mir hier so öde im Schloß, denn ich möchte so gern meine Ältern und -meine Geschwister einmal wiedersehen.« -- »Dazu kann Rath werden,« sagte -der Bär: »aber Du musst mir versprechen, daß Du nie mit Deiner Mutter -allein reden willst, sondern nur, wenn die Andern zugegen sind; denn -sie wird Dich wohl bei der Hand nehmen und Dich in eine Kammer führen -wollen, um mit Dir allein zu sprechen; lässt Du Dich aber darauf ein, so -machst Du mich und Dich unglücklich.« Nein, sagte das Mädchen, sie wolle -sich schon in Acht nehmen. - -Am Sonntag kam der Bär und sagte, jetzt könne sie die Reise zu ihren -Ältern antreten. Sie setzte sich nun auf seinen Rücken, und damit ging -es fort. Wie sie nun eine lange Zeit gereis't waren, kamen sie zu einem -großen weißen Schloß, da gingen ihre Geschwister aus und ein, und -spielten, und Alles war da so schön und prächtig, daß es eine Lust war, -es anzusehen. »Da wohnen Deine Ältern!« sagte der Bär: »Vergiß nun -nicht, Was ich Dir gesagt habe; denn sonst machst Du Dich und mich -unglücklich.« Nein, sie wollt's nicht vergessen, sagte das Mädchen und -ging ins Schloß; der Bär aber kehrte wieder um. - -Wie nun die Ältern ihre Tochter wiedersahen, freu'ten sie sich so sehr, -daß es gar nicht zu sagen ist, und konnten ihr nicht genug danken für -Das, was sie für sie gethan hatte; und sie erzählten ihr, wie sie es nun -so außerordentlich gut hätten, und fragten sie, wie es denn ihr ginge. -O, ihr ginge es auch recht gut, sagte das Mädchen, sie hätte Alles, was -sie sich nur wünschte. Was sie noch weiter sagte, weiß ich nicht recht; -aber ich glaube, sie gab ihnen doch keinen ordentlichen Bescheid. Am -Nachmittag, als sie gegessen hatten, geschah es, wie der Bär ihr gesagt -hatte: die Mutter wollte mit der Tochter allein in der Kammer sprechen; -aber das Mädchen dachte an die Worte des Bären, und wollte nicht mit ihr -gehen, sondern sagte: »O, Das, was wir zu sprechen haben, können wir -immer hier sprechen.« Nun weiß ich aber nicht, wie es recht kam, die -Mutter überredete sie doch zuletzt, und da mußte sie ihr denn Alles -erzählen, was sie wußte. Sie erzählte ihr nun auch, wie des Abends, wenn -sie das Licht ausgemacht hätte, immer ein Mensch käme und sich zu ihr -ins Bett legte; aber sie bekäme ihn nie zu sehen, denn eh' es Tag würde, -wäre er immer wieder fort, sagte sie, und darüber wäre sie so betrübt; -denn sie wollte ihn doch so gern sehen, und der Tag würde ihr so lang, -weil sie immer so allein wäre. »Wer weiß! das ist gewiß ein Troll, der -bei Dir schläft,« sagte die Mutter: »Wenn Du aber meinem Rath folgen -willst, so steh mal des Nachts auf, wenn er eingeschlafen ist, und zünde -ein Licht an und sieh zu, was es für Einer ist; aber nimm Dich in Acht, -daß Du keinen Talg auf ihn tröpfelst.« - -Am Abend kam der Bär wieder und holte das Mädchen ab. Wie sie nun ein -Ende hinausgekommen waren, fragte er sie, ob es nicht so gekommen sei, -wie er gesagt hätte. »Ja,« das konnte das Mädchen nicht leugnen. »Hast -Du nun auf den Rath Deiner Mutter gehorcht,« sagte der Bär: »dann machst -Du Dich und mich unglücklich; und mit uns beiden ist dann die Freundschaft -aus.« Nein, das hätte sie nicht gethan, sagte sie. - -Als sie nun nach Hause gekommen waren, und das Mädchen sich ins Bett -gelegt hatte, geschah es wieder, wie sonst: es kam ein Mensch und legte -sich zu ihr. In der Nacht aber, als sie hörte, daß er schlief, stand sie -auf und zündete ein Licht an, und da sah sie nun im Bett den schönsten -Prinzen liegen, den man nur sehen konnte, und sie ward so verliebt in -ihn, daß sie ihn den Augenblick küssen mußte. Da versah sie's aber -und ließ drei heiße Talgtropfen auf sein Hemd fallen, so daß er davon -erwachte. »Was hast Du gethan?« rief er, als er die Augen aufschlug: -»Nun hast Du mich und Dich unglücklich gemacht. Hättest Du bloß das -Jahr ausgehalten, so wäre ich erlös't gewesen; denn ich habe eine -Stiefmutter, die hat mich verzaubert, so daß ich des Tages ein Bär und -des Nachts ein Mensch bin; aber mit uns beiden ist es nun aus, denn ich -muß Dich jetzt verlassen und wieder zu ihr reisen; sie wohnt auf einem -Schloß, das liegt östlich von der Sonne und westlich vom Mond, und da -soll ich eine Prinzessinn heirathen, die hat eine Nase, die ist drei -Ellen lang.« - -Das Mädchen fing an zu weinen und zu jammern; aber es war jetzt zu spät, -er mußte fort. Sie fragte ihn, ob sie denn nicht mit ihm reisen könne. -Nein, sagte er, das ginge nicht an. »Kannst Du mir denn nicht den Weg -sagen, damit ich Dich aufsuche?« fragte sie: »denn das ist mir doch wohl -erlaubt?« -- »Ja, das magst Du gern,« sagte er: »aber es führt kein Weg -dahin; denn das Schloß liegt östlich von der Sonne und westlich vom -Mond, und dahin kommst Du nie.« - -Am Morgen, als sie erwachte, war sowohl der Prinz, als das Schloß -verschwunden, und sie lag nun auf der bloßen Erde mitten in einem -dicken, finstern Wald und hatte wieder ihre alten Lappen an, und neben -ihr lag dasselbe Bündel, das sie von Hause mitgenommen. Als sie sich den -Schlaf aus den Augen gerieben und sich satt geweint hatte, begab sie -sich auf den Weg und wanderte viele, viele Tage lang, bis sie endlich zu -einem großen Berg kam. Vor dem Berge saß eine alte Frau und spielte mit -einem goldnen Apfel. Das Mädchen fragte sie, ob sie nicht den Weg wüßte -zu dem Prinzen, der bei seiner Stiefmutter auf einem Schloß wohne, -das östlich von der Sonne und westlich vom Mond läge, und der eine -Prinzessinn heirathen sollte mit einer Nase, die drei Ellen lang wäre. -»Woher kennst Du ihn?« fragte die Frau: »Bist Du vielleicht das Mädchen, -das er heirathen wollte?« Ja, sagte das Mädchen, das wäre sie. »So! also -Du bist es!« sagte die Frau. »Ja, mein Kind,« fuhr sie fort: »ich wollte -Dir gern helfen; aber ich weiß auch weiter Nichts von dem Schloß, als -daß es östlich von der Sonne und westlich vom Mond liegt, und dahin -kommst Du wohl nie. Ich will Dir aber mein Pferd leihen, darauf kannst -Du zu meiner nächsten Nachbarinn reiten, vielleicht, daß _sie_ den Weg -Dir sagen kann. Wenn Du aber bei ihr ankommst, so schlage nur das Pferd -unter das linke Ohr und heiß es wieder nach Hause gehen; und dann nimm -diesen goldnen Apfel, denn Du kannst ihn vielleicht gebrauchen.« - -Das Mädchen setzte sich nun auf das Pferd und ritt eine lange, lange -Zeit; endlich kam sie wieder zu einem Berg, vor dem saß eine alte Frau -mit einem goldnen Haspel. Das Mädchen fragte sie, ob sie ihr nicht den -Weg sagen könne nach dem Schloß, das östlich von der Sonne und westlich -vom Mond läge. Die sagte aber eben so, wie die vorige Frau, sie wüßte -weiter Nichts von dem Schloß, als daß es östlich von der Sonne und -westlich vom Mond läge, »und dahin wirst Du wohl niemals kommen,« sagte -sie: »aber ich will Dir mein Pferd leihen, darauf kannst Du zu meiner -nächsten Nachbarinn reiten, vielleicht daß _sie_ den Weg Dir sagen kann. -Wenn Du aber bei ihr ankommst, so schlage nur das Pferd unter das linke -Ohr und heiß es wieder nach Hause gehen; und dann nimm diesen goldnen -Haspel mit, denn Du kannst ihn vielleicht gebrauchen.« - -Das Mädchen setzte sich nun auf das Pferd und ritt viele Tage und Wochen -lang: endlich kam sie wieder zu einem Berg, und vor dem saß eine alte -Frau und spann an einem goldnen Rocken. Das Mädchen fragte nun wieder -nach dem Prinzen und nach dem Schloß, das östlich von der Sonne und -westlich vom Mond läge. »Bist Du es, die der Prinz heirathen wollte?« -fragte die Frau. »Ja,« sagte das Mädchen; aber die Frau wußte den -Weg nicht besser, als die beiden vorigen. »Östlich von der Sonne und -westlich vom Mond liegt das Schloß,« sagte sie: »und dahin kommst Du -wohl niemals. Ich will Dir aber mein Pferd leihen; darauf kannst Du zu -dem Ostwind reiten; vielleicht daß der den Weg Dir sagen kann. Wenn Du -aber bei ihm ankommst, so schlage nur das Pferd unter das linke Ohr und -heiß es wieder nach Hause gehen, und dann nimm diesen goldnen Rocken -mit, denn Du kannst ihn vielleicht gebrauchen.« - -Sie ritt nun manche liebe Zeit, und endlich kam sie bei dem Ostwind an. -Sie fragte ihn nun wieder, ob er ihr nicht sagen könne, wie sie zu dem -Prinzen käme, der auf dem Schloß wohne, das östlich von der Sonne und -westlich vom Mond läge. »Ja, von dem Prinzen hab' ich wohl reden hören -und von dem Schloß auch,« sagte der Ostwind; »aber den Weg kann ich Dir -nicht sagen, denn ich habe nie so weit geweh't. Ich will Dich aber zu -meinem Bruder, dem Westwind, führen, vielleicht, daß der es weiß, denn -der ist viel stärker, als ich. Du kannst Dich nur auf meinen Rücken -setzen, dann will ich Dich hintragen.« Das Mädchen setzte sich nun -auf seinen Rücken, und fort ging es. Als sie bei dem Westwind ankamen, -erzählte ihm der Ostwind, er habe ein Mädchen mitgebracht, die den -Prinzen heirathen solle, der auf dem Schloß wohne, das östlich von der -Sonne und westlich vom Mond läge, und fragte ihn, ob er nicht den Weg -dahin wüßte. »Nein,« versetzte der Westwind: »so weit habe ich nie -geweh't. Wenn Du es aber willst,« sagte er zu dem Mädchen: »so kannst -Du Dich auf meinen Rücken setzen, dann will ich Dich zu dem Südwind -bringen; vielleicht kann der es Dir sagen, denn der ist weit stärker, -als ich, und weh't und streift überall umher.« Das Mädchen setzte sich -auf seinen Rücken, und da dauerte es denn nicht lange, so waren sie bei -dem Südwind. Als sie ankamen, fragte ihn der Westwind, ob er nicht den -Weg nach dem Schloß wüßte, das östlich von der Sonne und westlich vom -Mond läge, denn das Mädchen, das er mitgebracht hätte, solle den Prinzen -heirathen, sagte er. »So?« sagte der Südwind, aber den Weg wußte er auch -nicht. »Ich hab' mein Lebtag viel herumgeweht,« sagte er: »aber so weit -bin ich nie gekommen. Wenn Du es aber wünschest,« sagte er zu dem -Mädchen: »so will ich Dich zu meinem Bruder, dem Nordwind, führen, der -ist der älteste und stärkste von uns allen, und wenn der den Weg Dir -nicht sagen kann, so erfährst Du ihn niemals.« Das Mädchen mußte sich -nun auf seinen Rücken setzen, und fort ging es, daß die Heide wackelte. - -Es dauerte nicht lange, so kamen sie bei dem Nordwind an; aber der war -so wild und ungestüm, daß er ihnen schon von weitem lauter Schnee und -Eis ins Gesicht blies. »_Was wollt Ihr?_« rief er, so daß es ihnen kalt -über die Haut lief. »O, Du musst nicht so gegen uns auffahren,« sagte -der Südwind: »denn das bin ich, Dein Bruder, und das hier ist das -Mädchen, das den Prinzen heirathen soll, der auf dem Schloß wohnt, das -östlich von der Sonne und westlich vom Mond liegt, und nun wollte sie -Dich gern fragen, ob Du nicht da herum Bescheid wüßtest. »_Ja, ich weiß -wohl, wo es liegt_;« sagte der Nordwind: »ich habe mal ein Espenblatt -dahin geweh't; aber da war ich so müde, daß ich nicht wieder wehen konnte -manchen lieben Tag. Wenn Du aber durchaus dahin willst,« sagte er zu dem -Mädchen: »und Dich nicht fürchtest, so will ich Dich auf meinen Rücken -nehmen und zusehen, ob ich Dich hinwehen kann.« -- Ja, sagte das Mädchen, -hin wolle und müsse sie, wenn's nur auf irgend eine Weise angehen könne, -und bange wäre sie ganz und gar nicht, ob's auch noch so schlimm gehen -sollte. -- »So musst Du die Nacht hier bleiben,« sagte der Nordwind: -»denn wir müssen den Tag vor uns haben, wenn wir hin wollen.« - -Früh am andern Morgen weckte sie der Nordwind, blies sich auf und machte -sich so groß und stark, daß es ganz entsetzlich war, und fort ging's -durch die Luft, als ob's bis ans Ende der Welt gehen sollte. Da entstand -ein so gewaltiger Sturm, daß ganze Dörfer und Wälder umweh'ten, und als -sie über's große Meer kamen, versanken die Schiffe bei Hunderten. Immer -ging's fort über's Wasser, und das so weit, so weit, daß kein Mensch es -glauben sollte; aber der Nordwind wurde schwächer und immer schwächer, -und so schwach wurde er, daß er beinah nicht mehr wehen konnte, und er -sank tiefer und immer tiefer hinunter, und zuletzt ging es so niedrig, -daß die Wellen ihm an die Fersen schlugen. »Bist Du bange?« fragte er -das Mädchen. »Nein, ganz und gar nicht,« sagte sie. Nun waren sie nicht -mehr weit vom Lande, und der Nordwind hatte kaum noch so viel Kräfte -übrig, daß er sie an den Strand unter die Fenster des Schlosses wehen -konnte, das östlich von der Sonne und westlich vom Mond lag. Da war er -aber auch so matt und hinfällig, daß er sich viele Tage lang ausruhen -mußte, eh' er wieder nach Hause konnte. - -Den andern Morgen setzte das Mädchen sich unter die Fenster des -Schlosses und spielte mit dem goldnen Apfel, und die Erste, welche sie -sah, war die Nasenprinzessinn, die der Prinz heirathen sollte. »Was -willst Du für Deinen goldnen Apfel haben?« fragte sie das Mädchen, indem -sie das Fenster aufmachte. »Der ist nicht feil, weder für Gold, noch für -Geld,« sagte das Mädchen. »Wenn Du ihn nicht verkaufen willst, weder -für Gold, noch für Geld, Was willst Du denn dafür haben?« sagte die -Prinzessinn: »Ich will Dir geben, Was Du verlangst.« -- »Ja, wenn ich -eine Nacht bei dem Prinzen schlafen darf, so sollst Du ihn haben,« sagte -das Mädchen. »Ja, das magst Du gern,« sagte die Prinzessinn und nahm den -goldnen Apfel. Als aber das Mädchen in die Kammer des Prinzen kam, war -dieser fest eingeschlafen; sie rief ihn und rüttelte ihn und weinte und -jammerte; aber sie konnte ihn nicht ermuntern. Am Morgen, als es hell -wurde, kam die Prinzessinn mit der langen Nase und jagte sie wieder -hinaus. - -_Den_ Tag setzte das Mädchen sich wieder unter die Fenster des Schlosses -und schlang das Garn auf ihren goldnen Haspel, und nun geschah es wieder -eben so, wie gestern. Die Prinzessinn fragte sie, Was sie für den Haspel -haben wolle; aber das Mädchen sagte, er wäre nicht feil, weder für Gold, -noch für Geld; wenn sie aber noch eine Nacht bei dem Prinzen schlafen -dürfe, so solle die Prinzessinn ihn haben. Die sagte sogleich Ja und -nahm den goldnen Haspel. Als aber das Mädchen hinaufkam, war der Prinz -wieder fest eingeschlafen; und wie viel sie ihn auch rief und rüttelte, -und weinte und jammerte, so konnte sie ihn doch nicht ermuntern; und am -Morgen, als es hell wurde, kam die Prinzessinn mit der langen Nase und -jagte sie wieder hinaus. - -An diesem Tage setzte sich das Mädchen mit ihrem goldnen Rocken unter -die Fenster hin und spann. Als die Prinzessinn mit der langen Nase den -Rocken sah, wollte sie den auch gern haben; sie machte das Fenster auf -und fragte das Mädchen, Was sie haben wolle für ihren goldnen Rocken. -Das Mädchen sagte aber wieder wie die beiden vorigen Male, für Gold und -Geld sei er nicht feil; wenn die Prinzessinn sie aber noch eine Nacht -bei dem Prinzen wolle schlafen lassen, dann solle sie ihn haben. Ja, -das dürfe sie gern, sagte die Prinzessinn und nahm den goldnen Rocken. -Nun hatten aber einige Leute, die neben der Kammer des Prinzen schliefen, -seit zwei Nächten ein so klägliches Rufen und Wimmern von einem -Frauenzimmer drinnen gehört, und das erzählten sie am Morgen dem -Prinzen. Als nun am Abend die Prinzessinn mit der Suppe kam, die der -Prinz immer zu trinken pflegte, eh' er zu Bett ging, that er, als ob er -sie tränke, aber goß die Suppe hinter sich; denn er ahnte nun wohl, daß -die Prinzessinn einen Schlaftrunk hineingethan hatte. Wie nun am Abend -das Mädchen in die Kammer kam, war der Prinz noch wach und freu'te -sich über alle Maßen, das Mädchen wiederzusehen; und sie mußte ihm nun -erzählen, wie es ihr ergangen war, und wie sie nach dem Schloß gekommen -sei. Als sie ihm Alles erzählt hatte, sagte er: »Du kommst grade zu -rechter Zeit; denn morgen soll meine Hochzeit mit der Prinzessinn sein; -aber ich frage nichts nach ihr und ihrer langen Nase, sondern Du bist -die Einzige, die ich haben will. Ich werde darum sagen, ich möchte gern -sehen, wozu meine Braut taugt, und von der Prinzessinn verlangen, daß -sie die drei Talgflecke aus meinem Hemd wasche. Darauf wird sie sich -denn wohl einlassen, aber ich weiß, daß sie es nicht zu Stande bringt; -denn die Flecke sind von Deiner Hand darauf getröpfelt, und nur -Christenhände können sie wieder auswaschen, aber nicht die Hände von -solchem Trollpack, wozu sie gehört. Ich werde aber sagen, ich wolle -keine andre Braut haben, als Die, welche es zu Stande brächte, und wenn -sie es dann Alle versucht haben und nicht damit fertig werden können, -dann werde ich Dich rufen, daß Du es auch versuchst.« Hierauf brachten -sie die Nacht munter und vergnügt mit einander zu. Als aber am Tage die -Hochzeit werden sollte, sagte der Prinz: »Ich möchte doch erst sehen, -wozu meine Braut taugt.« Das wäre nicht Mehr, als billig, meinte die -Stiefmutter. »Ich habe ein so schönes Hemd,« sagte der Prinz: »und -das möchte ich gern zum Bräutigamshemd haben; aber nun sind mir drei -Talgflecke hineingekommen, und die wollt' ich gern wieder ausgewaschen -haben; darum habe ich mir vorgenommen, keine Andre zu heirathen, als -Die, welche dazu taugt.« Ih nun, das wäre ja nicht so gefährlich, meinten -die Frauen und gingen darauf ein; und die Prinzessinn mit der langen -Nase fing an zu waschen, was sie nur konnte; aber je länger sie wusch, -desto größer und schwärzer wurden die Flecke. »Ach, Du verstehst Dich -nicht darauf,« sagte das alte Trollweib, ihre Mutter: »gieb mir mal -her!« Als aber die nun das Hemd bekam, wurde es noch schwärzer, und je -mehr sie es wusch und rieb, desto größer wurden die Flecke. Nun sollten -die andern Trollweiber das Hemd waschen; aber je länger sie es wuschen, -desto abscheulicher ward es aussehen, und zuletzt sah das ganze Hemd -aus, als hätt' es im Schornstein gehangen. »Ach, Ihr taugt alle nicht -dazu!« sagte der Prinz: »Da sitzt eine arme Bettlerdirne unter den -Fenstern; ich bin gewiß, die versteht sich besser aufs Waschen, als -Ihr alle zusammen. _Komm mal herein, Du Dirne!_« rief er; und als das -Mädchen kam, fragte er sie: »Kannst Du wohl das Hemd da rein waschen?« --- »Ich weiß nicht,« sagte das Mädchen: »aber ich denke wohl.« Das -Mädchen nahm nun das Hemd und fing an zu waschen und da wurde es unter -ihren Händen so weiß, wie frisch gefallener Schnee, und noch weißer. -»_Ja, Dich will ich haben!_« sagte der Prinz. Da ward das alte Trollweib -so arg, daß es barst; und die Prinzessinn mit der langen Nase und das -andre Trollpack, glaub' ich, ist auch geborsten; denn ich habe nachher -nie wieder Etwas von ihnen gehört. Der Prinz und seine Braut ließen nun -alle Christen frei, die im Schloß gefangen waren; darauf nahmen sie so -viel Gold und Silber, als sie nur fortschaffen konnten, und zogen weit -weg von dem Schloß, das östlich von der Sonne und westlich vom Mond lag. -Wie sie aber fortgekommen sind, und wo sie hinzogen, das weiß ich nicht; -sind es aber Die, welche ich meine, so sind sie nicht so gar weit von -hier. - - - - -12. - -Das Huhn, das nach dem Dovrefjeld wollte, damit nicht die Welt vergehen -sollte. - - -Es war einmal ein Huhn, das war abends auf eine Eiche geflogen und hatte -sich da zur Ruhe gesetzt. In der Nacht träumte ihm, wenn es nicht nach -dem Dovrefjeld käme, so müßte die Welt vergehen. Als es nun aufwachte, -flog es sogleich herunter und machte sich auf den Weg. Wie es ein Ende -gereis't war, begegnete ihm ein Hahn. »Guten Tag, Hahn Pahn!« sagte das -Huhn. »Guten Tag, Huhn Puhn! wo willst Du hin so früh?« sagte der Hahn. -»O, ich will nur nach dem Dovrefjeld, damit nicht die Welt vergehen -soll,« sagte das Huhn. »Wer hat Dir das gesagt, Huhn Puhn?« fragte der -Hahn. »Ich saß in der Eiche und träumte es die Nacht,« sagte das Huhn. -»Ich will mit Dir gehen,« sagte der Hahn. Nun gingen beide ein weites -Ende fort; da begegnete ihnen eine Ente. »Guten Tag, Ente Pente!« sagte -der Hahn. »Guten Tag, Hahn Pahn, wo willst Du hin so früh?« sagte die -Ente. »Ich will nach dem Dovrefjeld, damit nicht die Welt vergehen -soll,« sagte der Hahn. »Wer hat Dir das gesagt, Hahn Pahn?« -- »Huhn -Puhn.« sagte der Hahn. »Wer hat es Dir gesagt, Huhn Puhn?« fragte die -Ente. »Ich saß in der Eiche und träumte es die Nacht,« sagte das Huhn. -»Ich will mit Euch,« sagte die Ente. Nun machten sie sich auf und gingen -weiter; da begegnete ihnen eine Gans. »Guten Tag, Gans Pans!« sagte die -Ente. »Guten Tag, Ente Pente!« sagte die Gans: »wo willst Du hin so -früh?« -- »Ich will nach dem Dovrefjeld, damit nicht die Welt vergehen -soll,« sagte die Ente. »Wer hat Dir das gesagt, Ente Pente?« fragte die -Gans. -- »Hahn Pahn.« -- »Wer hat es Dir gesagt, Hahn Pahn?« -- »Huhn -Puhn.« -- »Woher weißt Du es, Huhn Puhn?« fragte die Gans. »Ich saß -in der Eiche und träumte es die Nacht,« sagte das Huhn. »Ich will mit -Euch,« sagte die Gans. Wie sie nun ein Ende weiter gegangen waren, -begegnete ihnen der Fuchs. »Guten Tag, Fuchs Puchs,« sagte die Gans. --- »Guten Tag, Gans Pans.« -- »Wo hinaus Fuchs Puchs?« -- »Wo willst Du -hin, Gans Pans?« -- »Ich will nach dem Dovrefjeld, damit nicht die Welt -vergehen soll.« -- »Wer hat Dir das gesagt, Gans Pans?« fragte der Fuchs. --- »Ente Pente.« -- »Wer hat es Dir gesagt, Ente Pente?« -- »Hahn Pahn.« --- »Und Wer hat Dir es gesagt, Hahn Pahn?« -- »Huhn Puhn.« -- »Und woher -weißt Du es, Huhn Puhn?« -- »Ich saß in der Eiche und träumte es die -Nacht,« sagte das Huhn. »O Schnack!« sagte der Fuchs: »die Welt vergeht -nicht, wenn Ihr auch nicht nach dem Dovrefjeld kommt. Geht lieber mit -mir in meine Höhle, da sitzt Ihr warm und gut.« Der Vorschlag gefiel den -Reisenden, und sie gingen mit dem Fuchs in seine Höhle. Als sie aber -dort ankamen, legte der Fuchs tüchtig nach im Kamin, so daß sie alle -schläfrig wurden. Die Gans und die Ente setzten sich in einen Winkel, -aber der Hahn und das Huhn flogen auf die Hühnersteige. Als die Gans und -die Ente eingeschlafen waren, legte der Fuchs die Gans auf die Kohlen -und briet sie. Wie es nun dem Huhn so sengerich roch, hüpfte es einen -Stock höher und sagte so halb im Schlaf: »Pfui! wie's hier stinkt!« --- »O Schnack!« sagte der Fuchs: »das ist bloß der Rauch im Schornstein. -Halt nur Dein Maul und schlaf ein!« Da schlief das Huhn wieder ein. Der -Fuchs hatte aber kaum die Gans zu Leibe, so machte er es eben so mit der -Ente. Dem Huhn ward es wieder so sengerich riechen, und es flog daher -noch einen Stock höher, indem es wieder sagte: »Pfui! wie's hier stinkt!« -Da that es aber zugleich die Augen auf und sah nun, daß der Fuchs die -Gans und die Ente verzehrt hatte. Wie das Huhn das gewahr ward, flog es -auf den höchsten Stock und guckte zum Schornstein hinaus. »Nein, seh mal -Einer die schönen Gänse, die da fliegen!« sagte es zu dem Fuchs. Reineke -hinaus und wollte sich einen fetten Braten holen. Da weckte das Huhn -den Hahn und erzählte ihm, wie es der Gans Pans und der Ente Pente -ergangen wär'. Darauf flogen Hahn Pahn und Huhn Puhn hinaus durch den -Schornstein, und wären sie nicht nach dem Dovrefjeld gekommen, so wär's -aus gewesen mit der Welt. - - - - -13. - -Der Mann, der das Haus beschicken sollte. - - -Es war einmal ein Mann, der war immer so mürrisch und vergrätzt, und -nie konnte die Frau ihm Genug thun, oder Etwas zu Dank machen im Hause. -Einmal in der Erntezeit kam er spät am Abend vom Felde zurück, und nun -ging es an ein Schelten und an ein Toben, daß es ganz entsetzlich war; -bald war ihm Dies, bald war ihm Das nicht recht. »Ach, Väterchen,« sagte -die Frau: »sei doch nicht immer so böse. Morgen wollen wir mal mit der -Arbeit umtauschen: ich will dann mit den Schnittern ins Feld gehen, und -Du kannst das Haus beschicken.« Ja, das war dem Mann schon recht, und er -ging sogleich auf den Vorschlag ein. Früh den andern Morgen nahm die -Frau die Sense auf den Nacken und ging mit den Schnittern ins Feld, um -zu mähen; der Mann dagegen sollte das Haus beschicken. Nun wollte er -zuerst Butter machen; als er aber eine Weile gebuttert hatte, wurde -er durstig und ging hinunter in den Keller, um sich Bier zu zapfen. -Während er nun aus dem Faß in die Bierkanne zapfte, hörte er, daß ein -Ferkel in die Küche kam. Er fort mit dem Zapfen in der Hand und die -Treppe hinauf, so schnell er nur konnte, damit das Ferkel nicht das -Butterfaß umwerfen sollte. Als er aber sah, daß das Faß schon auf der -Seite lag, und das Ferkel in dem Rahm schmatzte, der auf dem Boden floß, -gerieth er so in Wuth, daß er ganz und gar das Bierfaß vergaß und dem -Ferkel nachrannte. Bei der Thür holte er es ein, und da gab er ihm einen -so derben Schlag, daß es auf der Stelle liegen blieb. Nun fiel es ihm -wieder ein, daß er noch den Bierzapfen in der Hand hätte; als er aber -hinunterkam in den Keller, war alles Bier auf den Boden gelaufen. - -Er ging nun in die Milchkammer, füllte aufs neue das Butterfaß mit Rahm -und fing wieder an zu buttern; denn Butter wollte er durchaus zum Mittag -haben. Als er aber eine Weile gebuttert hatte, fiel es ihm ein, daß -die Milchkuh noch im Stall stände und weder zu fressen, noch zu saufen -bekommen hätte, obgleich es schon hoch am Tage war. Weil er nun dachte, -es wäre doch zu weit, sie nach der Koppel zu treiben, wollte er sie oben -auf's Dach bringen, denn das Dach war mit Rasen gedeckt und es stand -darauf schönes hohes Gras; und weil nun das Haus an einem steilen Hügel -lag, glaubte er, es wäre ein Leichtes sie hinaufzubringen, wenn er bloß -eine Planke von dem Hügel aufs Dach hinüberlegte; das Butterfaß wollte -er aber nicht stehen lassen, denn sein kleiner Junge krabbelte da an der -Erde herum und könnt's nachher umstoßen, dachte er; darum nahm er es -auf den Rücken und ging hinaus. Eh' er aber die Kuh auf das Dach ließ, -wollte er ihr noch mal zu saufen geben, und nahm einen Eimer, um damit -Wasser aus dem Brunnen zu schöpfen; als er sich aber hinunterbückte, floß -aller Rahm aus dem Faß ihm an dem Nacken herunter und lief ins Wasser. -Wie es nun gegen Mittag ging, dachte er, weil's ihm mit der Butter nicht -geglückt wäre, wollte er sich Grütze zum Mittag kochen, und hängte den -Kessel mit Wasser über's Feuer. Kaum hatte er das gethan, so fiel es ihm -ein, daß die Kuh, die er aufs Dach gebracht hatte, herunterfallen und -Hals und Bein brechen könne; darum nahm er einen Strick und ging hinauf, -um sie festzubinden; das eine Ende band er ihr um den Hals und das andre -Ende warf er durch den Schornstein, ging dann hinunter und band es sich -in aller Eile um's Bein, denn das Wasser kochte schon im Kessel, und er -mußte die Grütze umrühren. Während er nun damit beschäftigt war, fiel die -Kuh vom Dach herunter und zog den Mann an dem Strick in den Schornstein -hinauf. Da hing er nun und konnte weder vorwärts, noch rückwärts, und -die Kuh hing draußen zwischen Himmel und Erde und konnte auch nicht -loskommen. Die Frau hatte schon eine lange Zeit gewartet, daß der Mann -kommen und sie zum Mittag abrufen solle; aber er war nicht da und kam -nicht. Zuletzt dauerte es ihr doch zu lange, und sie ging mit den -Leuten nach Hause. Als sie die Kuh sah, die da zwischen Himmel und Erde -hing, ging sie hinzu und hieb mit der Sense den Strick entzwei. Da fiel -der Mann herunter durch den Schornstein, und als sie in die Küche kam, -stand er da auf dem Kopf im Grützkessel. - - - - -14. - -Däumerling. - - -Es war einmal eine Frau, die hatte nur einen einzigen Sohn, der war aber -nicht größer, als ein Daumen, und darum nannten sie ihn Däumerling. Als -er nun zu Jahren und zu Verstand gekommen war, sagte die Mutter zu ihm, -jetzt müsse er daran denken, sich eine Frau zu nehmen. Ja, Däumerling -war's zufrieden, und die Mutter setzte sich mit ihm auf den Wagen, -und sie fuhren gradesweges nach des Königs Schloß; denn da war eine -Prinzessinn, die war außerordentlich groß, und um die sollte Däumerling -freien. Als sie nun ein Ende gefahren waren, da war Däumerling plötzlich -verschwunden. Die Mutter suchte ihn überall, und rief ihn bei Namen. -»Pip, pip!« sagte Däumerling und hatte sich in die Mähne des Pferdes -versteckt. Als er wieder zum Vorschein kam, mußte er der Mutter -versprechen, daß er sich nicht öfter verstecken wolle. Wie sie aber ein -Ende weiter gekommen waren, da war Däumerling wieder verschwunden. Die -Mutter suchte ihn und rief ihn bei Namen und weinte und jammerte, aber -Däumerling war fort. »Pip, pip!« sagte er und lachte und kicherte; aber -sie konnte ihn das Mal nicht finden. »Pip! pip! hier bin ich!« sagte -Däumerling und kroch aus dem Ohr des Pferdes hervor. Nun mußte er der -Mutter heilig versprechen, daß er sich nicht öfter verstecken wolle; -aber es dauerte nicht lange, so war er abermals fort. Die Mutter suchte -ihn wieder überall und weinte und rief ihn bei Namen, aber Alles war -umsonst; Däumerling war fort. »Pip, pip! hier bin ich,« wisperte es -plötzlich; aber die Mutter konnte gar nicht begreifen, wo es war, denn -es hörte sich so undeutlich an; sie suchte fortwährend, und er sagte -immer: »Pip! pip! hier bin ich!« und lachte und hägte sich, weil sie ihn -nicht finden konnte. Plötzlich aber fing das Pferd an zu niesen, und da -nies'te es Däumerling aus, denn er hatte sich in die eine der Nüstern -versteckt. Nun konnte sich die Mutter nicht anders helfen, als daß -sie ihn in einen Beutel steckte, denn sie wußte wohl, daß er die -Narrenpossen doch nicht nachlassen würde. So kamen sie denn auf dem -Schloß an. Die Prinzessinn konnte den kleinen hübschen Burschen wohl -leiden und verlobte sich mit ihm, und bald darauf ward die Hochzeit. - -Als sie sich nun zur Tafel setzten, nahm Däumerling seinen Platz neben -der Prinzessinn; aber er war übel daran, denn als er zulangen wollte, -konnte er nicht an den Teller reichen und hätte gewiß keinen einzigen -Bissen bekommen, wenn die Prinzessinn ihn nicht vom Stuhl genommen und -auf den Tisch gesetzt hätte. So lange er nun da vom Teller aß, ging das -Ding gut; als aber nachher die große Schüssel mit Grütze hereinkam, da -konnte er wieder nicht ankommen; er wußte sich aber zu helfen und setzte -sich auf den breiten Rand. Nun war aber in der Mitte der Schüssel eine -Grube mit Butter zum Eintunken, und so weit konnte er nicht reichen; er -ging daher über die Grütze und setzte sich dicht an den Rand der Butter. -Nun nahm die Prinzessinn einen großen Löffelvoll Grütze und wollte ihn -in die Butter tunken; aber da versah sie's und stieß an Däumerling, so -daß er hinunterfiel in die Butter und ertrank. - - - - -15. - -Hakon Borkenbart. - - -Es war einmal eine Königstochter, die war so stolz und schnippisch, daß -kein Freier ihr gut genug war; sie machte sich über alle lustig und -gab dem einen nach dem andern einen Korb; dennoch aber kamen immer der -Freier genug, weil die Hexe so außerordentlich schön war. Einmal kam -auch ein Prinz, mit Namen _Hakon Borkenbart_, und warb um sie. Aber da -sagte die Prinzessinn am Abend zu dem Hofnarren, er solle hingehen, und -dem einen Pferd des Prinzen die Ohren abschneiden, und dem andern das -Maul bis an beide Ohren aufschlitzen. Das that denn der Hofnarr auch. -Als nun der Prinz den andern Tag ausfahren wollte, stand die Prinzessinn -auf dem Flur und sah hinaus. »Nein!« sagte sie: »so Etwas hab' ich noch -mein Lebtag nicht gesehen. Da ist der Nordwind gekommen und hat dem -einen Pferd die Ohren abgeweh't, und darüber hat das andre so gewaltig -gelacht, daß ihm das Maul bis an die Ohren aufgerissen ist,« und damit -lief sie hinein und ließ den Prinzen abziehen. Dieser reis'te nun wieder -nach Hause, aber er dachte bei sich selbst, er wolle sich schon dafür -rächen, machte sich einen großen Bart von Moos, zog einen weißen ledernen -Rock an und kleidete sich aus wie ein Bettler; dann kaufte er bei einem -Goldschmied einen goldnen Rocken, und damit setzte er sich eines Morgens -unter das Fenster der Prinzessinn hin und fing an zu feilen; denn der -Rocken war noch nicht ganz fertig, auch war noch kein Wocken daran. Als -die Prinzessinn ans Fenster kam, öffnete sie es sogleich und fragte ihn, -ob er ihr nicht den goldnen Rocken verkaufen wolle. »Nein, zu verkaufen -ist er nicht,« sagte Hakon Borkenbart: »aber es mag drum sein! willst Du -mich diese Nacht vor Deiner Kammerthür schlafen lassen, so sollst Du ihn -haben.« Ja, das, meinte die Prinzessinn, wäre ein wohlfeiler Kauf, und -die Sache sei eben nicht so gefährlich. Sie bekam nun den Rocken, und -am Abend legte Hakon Borkenbart sich draußen vor ihrer Kammerthür hin. -Als es aber auf die Nacht kam, fing er an entsetzlich zu frieren. -»Hutetutetutetu! es ist so kalt hier!« rief er: »laß mich bloß hinein!« --- »Ich glaube, Du bist verrückt!« sagte die Prinzessinn. »Ach, -hutetutetutetu! es ist so kalt! laß mich bloß hinein!« rief Hakon -Borkenbart. »Scht! schweig doch still!« sagte die Prinzessinn: »denn -hört mein Vater, daß hier eine Mannsperson ist, so bin ich rein -unglücklich.« -- »Oh hutetutetutetu! wie mich friert! laß mich bloß -hinein und auf der Erde liegen!« sagte Hakon Borkenbart. Es war nun kein -anderer Rath, die Prinzessinn mußte ihn einlassen, und darauf legte er -sich in ihrer Kammer auf die Erde hin und schlief ein. - -Einige Tage darnach kam Hakon auch mit dem Wocken und setzte sich wieder -unter das Fenster der Prinzessinn hin und fing an zu feilen; denn der -Wocken war noch nicht ganz fertig. Sobald die Prinzessinn ihn gewahr -wurde, öffnete sie wieder das Fenster und fragte ihn, Was er da hätte. -»O, es ist bloß der Wocken zu dem Spinnrocken, den Du mir neulich -abkauftest; denn ich dachte, wenn Du doch einmal den Rocken hättest, so -könntest Du auch wohl den Wocken dazu gebrauchen.« -- »Was willst Du -denn dafür haben?« fragte ihn die Prinzessinn. »Für Geld ist er nicht -feil,« sagte er: »willst Du mich aber diese Nacht wieder auf dem Boden -in Deiner Kammer schlafen lassen, so sollst Du ihn haben.« -- »Ja, recht -gern,« sagte die Prinzessinn: »aber Du musst auch nicht wieder so frieren -und Hutetu! sagen.« Nein, das wollt' er auch nicht; aber als es auf die -Nacht kam, fing er an zu huppern und zu frieren und hutetu! zu sagen, -daß der Prinzessinn wieder angst und bange ward, und sie mußte ihm -erlauben, sich an die Erde dicht vor ihrem Bett hinzulegen, damit nur -der König es nicht gewahr würde, und da schlief er nun die Nacht über -ruhig und wohl. - -Hiernach dauerte es eine ganze Zeit, ehe Hakon Borkenbart sich wieder -sehen ließ; endlich aber bemerkte die Prinzessinn ihn eines Morgens -wieder unter ihrem Fenster, wo er saß und an einer goldnen Garnwinde -feilte. Sie fragte ihn nun wieder, Was er für die Garnwinde haben wolle. -»Die ist nicht für Geld feil,« sagte er: »aber willst Du mich diese -Nacht in Deiner Kammer mit dem Kopf an Deiner Bettstelle schlafen -lassen, so sollst Du sie haben.« Ja, das könnte er gern, sagte die -Prinzessinn, wenn er bloß ruhig sein und nicht wieder solchen Lärm -machen wolle. Nein, das wolle er gewiß nicht, sagte Hakon Borkenbart; -als es aber auf die Nacht kam, fing er wieder an zu huppern und zu -frieren, daß ihm die Zähne im Munde klapperten. »Hutetutetu! es ist so -kalt! laß mich bloß in Dein Bett und mich ein wenig wärmen!« sagte Hakon -Borkenbart. »Ich glaube, Du bist verrückt!« sagte die Prinzessinn. --- »Hutetutetu! laß mich bloß in Dein Bett hutetutetutetu!« -- »Scht! -scht! um Gotteswillen! so schweig doch still!« sagte die Prinzessinn: -»denn hört mein Vater, daß hier eine Mannsperson drinnen ist, so glaub' -ich, nimmt er mir das Leben.« -- »Hutetutetutetu! laß mich bloß in Dein -Bett!« sagte Hakon Borkenbart und fror, daß die Wände bebten. Es war nun -kein anderer Rath, die Prinzessinn mußte ihn zu sich ins Bett lassen, -und da schlief er nun die Nacht über zufrieden und wohl. - -Einige Zeit darnach aber bekam die Prinzessinn ein kleines Kind, und -darüber ward der König so zornig, daß er beinahe sie und das Kind dazu -umgebracht hätte. Da kam aber eines Tages Hakon Borkenbart als ein -Bettler gekleidet, so wie von Ohngefähr, wieder zu dem Schloß und sah in -die Küche. Wie die Prinzessinn ihn gewahr ward, sagte sie zu ihm: »Ach, -Gott tröste mich wegen des Unglücks, das Du mir verursacht hast! Mein -Vater ist so zornig auf mich, daß er aus der Haut fahren will; es ist -am besten, Du nimmst mich nur gleich mit Dir.« -- - -»Du bist es aber wohl zu gut gewohnt,« sagte Hakon Borkenbart: »ich habe -aber nur eine ganz kleine Hütte und weiß nicht, wie ich Dich ernähren -soll, denn ich habe schon Genug zu thun, um nur allein durchzukommen.« --- »Es ist mir ganz einerlei, wie gut, oder wie schlecht Du es hast,« -sagte die Prinzessinn: »nimm mich bloß mit Dir, denn bleibe ich hier -noch länger, so nimmt mein Vater mir gewiß das Leben.« Da nahm denn der -Bettler sie und das Kind mit sich; aber sie hatten einen sehr weiten -Weg, und der Prinzessinn kam das Gehen außerordentlich sauer an. Als sie -nun aus dem Reich ihres Vaters in ein andres Land kamen, fragte die -Prinzessinn den Bettler: »Wem gehört dieses Reich?« -- - -»O, das gehört Hakon Borkenbart,« sagte der Bettler. - -»So!« sagte die Prinzessinn: »ja, ich hätte _ihn_ nehmen sollen, dann -hätt' ich nicht nöthig gehabt, nun als ein Bettlermädchen hier zu -gehen.« - -Und so oft sie zu einem schönen Schloß, oder Wald, oder Gehöft kamen, -fragte die Prinzessinn immer: »Wem gehört das?« -- »O, das gehört Hakon -Borkenbart,« sagte dann der Bettler immer. Und die Prinzessinn weinte -und jammerte beständig, daß sie nicht _ihn_ genommen hatte; aber nun war -es zu spät. Endlich kamen sie zu einer kleinen Hütte, die lag dicht an -einem Walde, und das, sagte der Bettler, wäre seine Wohnung. Von der -Hütte aus konnte man in der Ferne das Königsschloß sehen, und da, sagte -der Bettler, wolle er sich Arbeit suchen, denn er wäre da schon bekannt; -und nun ging er jeden Tag nach dem Schloß und hau'te Holz und trug dem -Koch das Wasser zu, wie er sagte, und wenn er dann des Abends zu Hause -kam, brachte er immer ein wenig Essen mit, aber das reichte nicht sehr -weit. - -Eines Abends, als er vom Schloß zurückkam, sagte er: »Morgen werde ich -zu Hause bleiben und das Kind warten, Du aber musst nach dem Schloß -gehen; denn der Prinz hat gesagt, Du solltest mit beim Backen helfen.« -- - -»Ach, wie soll ich wohl beim Backen helfen?« sagte die Königstochter: -»das verstehe ich nicht, denn das hab' ich in meinem Leben noch nicht -gethan.« -- - -»Du musst aber doch hingehen,« sagte Hakon Borkenbart: »weil der Prinz -es so befohlen hat. Kannst Du auch nicht backen, so kannst Du es ja -lernen; Du musst nur gut zusehen, wie die Andern es machen, und wenn Du -weggehst, dann nimm heimlich ein paar Brode mit.« -- - -»Nein, stehlen kann ich nicht,« sagte die Königstochter. - -»Du musst es lernen,« sagte Hakon Borkenbart: »denn Du weißt wohl, wir -haben es nur knapp; nimm Dich aber ja vor dem Prinzen in Acht, denn der -hat seine Augen überall.« - -Als sie gegangen war, lief Hakon einen Richtweg, so daß er noch lange -vor ihr auf dem Schloß ankam; dort warf er seine Lumpen und seinen -Moosbart ab und zog wieder seine Prinzenkleider an. - -Die Königstochter half nun mit beim Backen, und als sie fertig war, that -sie, wie Hakon ihr gesagt hatte, und steckte sich alle Taschen voll -Brode. Als sie aber am Abend nach Hause gehen wollte, sagte der Prinz: - -»Dieses Weib kennen wir nicht so recht; daher ist's am besten, wir sehen -nach, ob sie nicht Etwas genommen hat.« - -Damit untersuchte er alle ihre Taschen, und als er darauf die Brode -fand, ward er entsetzlich böse und hielt furchtbar Haus. Die -Königstochter weinte und fleh'te und sagte: »Mein Mann hatte es mir -geheißen; da musst' ich es denn wohl thun.« -- - -»Ja, es sollte Dir schlimm gehen,« sagte der Prinz »aber um Deines -Mannes willen mag es Dir vergeben sein.« - -Als sie gegangen war, warf Hakon schnell seine Prinzenkleider ab, zog -wieder seinen ledernen Rock an und klebte sich auch wieder den Moosbart -ins Gesicht, und eh' sie noch in der Hütte ankam, war er schon da und -wartete das Kind. »Ja, Du hast mich verleitet, Etwas zu thun, das mich -gereu't,« sagte sie: »es war das erste Mal, daß ich gestohlen habe, aber -es soll auch das letzte Mal sein,« und damit erzählte sie ihm, wie es -ihr ergangen war, und Was der Prinz gesagt hatte. - -Einige Tage darnach, als Hakon am Abend wieder vom Schloß zurückkam, -sagte er: »Morgen werde ich zu Hause bleiben und das Kind warten, denn -Du sollst wieder auf das Schloß und beim Schlachten und Wurstmachen -helfen.« -- - -»Ach, wie soll ich wohl Wurst machen?« sagte die Königstochter: »das -versteh' ich nicht; essen kann ich wohl die Wurst, aber gemacht hab' ich -sie noch nie.« - -Hakon aber sagte, sie müsse durchaus hin, weil der Prinz es so befohlen -hätte; sie sollte nur gut Acht geben, wie die Andern es machten, sagte -er, und wenn sie wegginge, sollte sie heimlich ein paar Würste -mitnehmen. »Nein, stehlen kann ich nicht wieder,« sagte sie: »denn Du -weißt wohl, wie es mir das letzte Mal ging.« -- »Du musst es lernen,« -sagte Hakon: »es ist nicht gesagt, daß es allemal schlecht geht.« Als -sie gegangen war, lief Hakon Borkenbart den Richtweg und kam noch lange -vor ihr auf dem Schloß an; dort warf er schnell seinen ledernen Rock und -seinen Moosbart ab, und als sie in der Küche ankam, stand er schon da in -seinen Prinzenkleidern. Die Königstochter half nun mit beim Schlachten -und Wurstmachen, und als sie damit fertig war, that sie, wie Hakon ihr -gesagt hatte, und stopfte sich alle Taschen voll Würste. Wie sie aber am -Abend nach Hause gehen wollte, sagte der Prinz: - -»Dieses Bettlerweib machte neulich lange Finger; darum ist's am besten, -wir sehen nach, ob sie nicht wieder Etwas stipitzt hat,« und damit fing -er an, alle ihre Taschen zu untersuchen. Wie er nun die Würste fand, -ward er gewaltig böse, hielt eine entsetzliche Wirthschaft und droh'te -ihr, er wolle sie zu dem Dorfrichter schicken. - -»Ach Gott, nein! lasst mich nur gehen!« sagte sie: »denn mein Mann hatte -es mir geheißen,« und weinte und jammerte ganz gewaltig. - -»Es sollte Dir eigentlich schlimm gehen,« sagte Hakon Borkenbart: »aber -um Deines Mannes willen mag es Dir vergeben sein.« - -Als sie gegangen war, warf der Prinz schnell seine Kleider ab und hüllte -sich wieder in seine Lumpen, lief dann den Richtweg, und als sie nach -Hause kam, war Hakon schon in der Hütte. Sie erzählte ihm, wie es ihr -gegangen war und gelobte hoch und theuer, es solle das letzte Mal sein, -daß sie gestohlen hätte. - -Einige Zeit darnach, als Hakon eines Abends wieder vom Schloß -zurückkehrte, sagte er; »Nun will der Prinz Hochzeit halten; aber die -Braut ist krank geworden, so daß der Schneider ihr nicht das Maß zu dem -Brautkleid nehmen kann; und darum will der Prinz, daß Du auf's Schloß -kommst und Dir statt seiner Braut das Maß nehmen lässest, denn er sagt, -Du gleichest ihr im Wuchs und in Allem. Wenn man Dir aber das Maß -genommen hat, so geh nicht gleich fort, sondern gieb Acht, wie der -Schneider das Zeug zuschneidet, und dann stipitze heimlich die größten -Stücke und bring' sie mit zu einer Pickelhaube für mich.« -- - -»Nein, stehlen kann ich nicht,« sagte sie: »Du weißt wohl, wie es mir -das letzte Mal ging.« -- »Du musst es lernen,« sagte er: »es ist nicht -gesagt, daß es immer schlecht abläuft.« - -Sie meinte zwar, es wäre ein schlimmes Ding, aber that doch, wie er ihr -gesagt hatte, stipitzte einige von den größten Stücken und steckte sie -in die Tasche. Als sie gehen wollte, sagte der Prinz: »Wir müssen doch -nachsehen, ob das Weib auch nicht diesmal wieder lange Finger gemacht -hat,« und damit untersuchte er alle ihre Taschen, und wie er nun die -gestohlenen Sachen fand, ward er so zornig und machte einen solchen -Lärm, daß es gar nicht zu sagen ist. Die Königstochter weinte und bat -und sagte: »Ach, mein Mann hatte es mir geheißen; darum mußte ich es -wohl thun.« -- - -»Ja, es sollte Dir schlecht gehen, aber um Deines Mannes willen mag es -Dir vergeben sein,« sagte Hakon Borkenbart; und nun ging es wieder eben -so, wie die vorigen Male: als die Königstochter nach der Hütte kam, war -Hakon Borkenbart schon wieder da. »Ach, Gott steh mir bei!« sagte sie: -»ich werde doch zuletzt noch unglücklich um Deinetwillen; denn Du willst -mich immer zu Dem haben, was nicht taugt. Der Prinz war diesmal so -bitterböse, daß er mir mit dem Dorfrichter und dem Zuchthaus droh'te.« - -Einige Zeit darnach sagte Hakon, als er abends vom Schloß zurückkam. -»Nun will der Prinz, daß Du auf's Schloß kommen und die Braut vorstellen -sollst, denn die rechte Braut ist noch immer krank und bettlägerig; aber -Hochzeit will der Prinz nun einmal halten, und er sagt, Du gleichest -seiner Braut so sehr, daß Keiner Euch von einander unterscheiden könne. -Halt Dich also bereit, morgen aufs Schloß zu gehen.« -- - -»Ich glaube, Ihr habt beide Euern Verstand verloren, sowohl Du, als der -Prinz,« sagte sie: »Sehe ich denn darnach aus, daß ich eine Braut -vorstellen kann? Kein Bettlerweib kann ja ärger aussehen, als ich.« -- - -»Einerlei! der Prinz will es aber einmal so haben,« versetzte Hakon -Borkenbart, und es war nun kein anderer Rath, sie mußte fort, und als -sie aufs Schloß kam, wurde sie so aufgeputzt und herausstaffirt, daß -keine Prinzessinn stattlicher aussehen konnte. Darauf gingen sie zur -Kirche, und sie stellte die Braut vor, und als sie zurückkamen, gab es -Musik und Tanz und lauter Lustbarkeit auf dem Schloß. Wie aber die -Königstochter mit dem Prinzen im besten Tanzen war, sah sie einen hellen -Schein durch das Fenster, und wie sie hinblickte, da stand die Hütte in -Feuer und Flammen. - -»Ach! die Hütte! und der Bettler! und mein Kind!« rief sie und sank -beinahe in Ohnmacht. - -»Hier ist der Bettler! und da ist Dein Kind!« sagte Hakon Borkenbart: -»und laß dann die Hütte zum Teufel sein!« Da erkannte die Königstochter -ihn wieder, und nun ging erst die rechte Lust an. Nachher aber habe ich -Nichts weiter von ihnen gehört. - - - - -16. - -Die Meisterjungfer. - - -Es war einmal ein König, der hatte mehre Söhne, wie viel es aber -eigentlich waren, kann ich nicht mit Gewißheit sagen. Als der jüngste -herangewachsen war, hatte er durchaus keine Ruhe zu Hause, sondern -wollte mit aller Gewalt fort in die Welt und sein Glück versuchen; er -hielt auch nicht auf, seinen Vater so lange zu bitten, bis dieser ihm -endlich die Erlaubniß zum Reisen ertheilte. Als er nun einige Tage lang -gereis't war, kam er zu einem Riesenschloß, und da gab er sich bei dem -Riesen in Dienst. Den andern Morgen machte der Riese sich in aller -Frühe auf, um seine Ziegen zu hüten, dem Königssohn aber befahl er, -inmittlerweile den Stall auszumisten; »_und wenn Du damit fertig bist_,« -sagte er: »_dann hast Du für heute Feierabend; denn Du musst wissen, daß -Du zu einem guten Herrn gekommen bist; aber Was ich Dir sage, das musst -Du treu und ordentlich verrichten; und dann darfst Du in keins von den -Zimmern gehen, worin Du noch nicht gewesen bist; thust Du es dennoch, -so kostet es Dir das Leben._« -- »Ja, wahrhaftig!« sagte der Königssohn, -als der Riese fort war: »das ist doch ein guter Herr!« und ging auf und -ab im Zimmer und sang und trallei'te; denn er meinte, mit dem Ausmisten -hätte es noch gute Weile. »Aber wissen möcht' ich doch wohl, Was in den -andern Zimmern sein mag,« sagte er: »es muß wohl etwas Besonderes sein, -weil er es mir so strenge verboten hat, hineinzugehen,« und damit ging -er rasch in das erste von den Zimmern. Hier hing ein Kessel von der -Decke herab und kochte; aber der Königssohn sah kein Feuer darunter. -»Was wohl drin sein mag?« dachte er und tauchte einen von seinen -Handschuhen hinein, und da wurde der Handschuh als wär' er von lauter -Kupfer. »Eine schöne Suppe!« sagte er: »wenn Einer davon kostete, würde -er gewiß hübsch um den Schnabel aussehen.« Hierauf ging er in ein andres -Zimmer, und da hing auch ein Kessel von der Decke herab und pruttelte -und kochte, aber Feuer war auch nicht darunter. »Ich muß den auch mal -probiren,« sagte der Königssohn und steckte wieder seinen Handschuh -hinein, und nun ward derselbe ganz versilbert. »So theure Suppe giebt's -nicht auf meines Vaters Schloß,« sagte der Königssohn: »es fragt sich -nur, wie sie schmeckt.« Hierauf ging er in das dritte Zimmer, und da -hing auch ein Kessel von der Decke herab und kochte, ganz so, wie in den -beiden andern Zimmern, und der Königssohn bekam Lust, den auch zu -probiren und tauchte wieder den Handschuh hinein, und da ward derselbe -so blank vergoldet, daß es nur so blitzte. »Donner und's Wetter!« sagte -der Königssohn: »wird hier Gold gekocht, Was mag man denn dort drinnen -kochen?« und damit ging er in das vierte Zimmer. Hier war kein Kessel -zu sehen; aber auf der Bank saß eine Jungfrau, das war gewiß eine -Königstochter; was für eines Mannes Tochter es aber auch sein mochte, -so hatte doch der Königssohn noch nie ihres Gleichen gesehen, so -außerordentlich schön war sie. »Um's Himmels willen, Was willst Du -hier?« rief sie, sobald sie ihn gewahr ward. »Ich bin seit gestern hier -im Dienst,« sagte der Königssohn. »Gott steh' Dir bei für den Dienst, -den Du hier bekommen hast!« sagte sie. »O, mir däucht, ich habe einen -guten Herrn bekommen,« sagte der Königssohn: »er hat mir heute eben -keine schwere Arbeit aufgegeben: wenn ich den Stall ausgemistet habe, -kann ich Feierabend machen.« -- »Ja, aber wie willst Du das anfangen?« -sagte sie: »denn wenn Du so ausmistest, wie andre Leute zu thun pflegen, -so kommen für jede Schaufelvoll, die Du hinauswirfst, wieder zehn andre -Schaufeln voll hinein. Ich will Dir aber sagen, wie Du es machen sollst: -Du musst bloß die Schaufel umkehren und mit dem Stiel ausmisten, dann -fliegt Alles von selbst hinaus.« -- Ja, das wollte er schon in Acht -haben, sagte der Königssohn, und nun blieb er bei der Prinzessinn -- ich -werde sie so nennen -- den ganzen Tag über, denn sie waren bald darüber -einig geworden, daß sie einander heirathen wollten, und da wurde denn -dem Königssohn der erste Tag, den er bei dem Riesen diente, eben nicht -lang, kannst Du glauben. Als es aber gegen Abend kam, sagte sie zu ihm: -»Nun ist es am besten, Du mistest den Stall aus, ehe der Riese wieder -nach Hause kommt.« Als aber der Bursch in den Stall kam, wollte er -sehen, ob es sich wirklich so verhielt, wie die Königstochter ihm gesagt -hatte, und fing an, so auszumisten, wie er es früher von den Stallknechten -seines Vaters gesehen hatte; aber er mußte bald damit aufhalten; denn -als er eine Weile so gemistet hatte, war im Stall beinahe kein Raum -mehr, wo er stehen konnte. Darauf mistete er so aus, wie die Königstochter -es ihm gelehrt hatte: nämlich, er kehrte die Schaufel um und mistete mit -dem Stiel, und nun dauerte es kaum einen Augenblick, da war der Stall so -rein, als ob er gefegt und gescheuert wäre. Als er damit zu Stande war, -ging er wieder zurück in das Zimmer, das der Riese ihm angewiesen hatte, -und da spazierte er auf und ab und sang und trallei'te. Endlich kam der -Riese mit den Ziegen wieder nach Hause, und die erste Frage, die er dem -Königssohn that, war: »_Hast Du nun den Stall ausgemistet?_« -- »Ja, -Herr, der ist rein und sauber,« sagte der Königssohn. »_Das will ich -mal sehen_,« sagte der Riese und ging in den Stall; aber es verhielt -sich, wie der Königssohn gesagt hatte. »_Du hast gewiß mit meiner_ -MEISTERJUNGFER _gesprochen_,« sagte der Riese: »_denn das hast Du -nicht aus Dir selber._« -- »Meisterjungfer? Was ist das für Eine?« sagte -der Königssohn und stellte sich ganz dumm an: »die möcht' ich wohl mal -sehen.« -- »_Du wirst sie noch früh genug zu sehen kriegen_,« sagte der -Riese. - -Als der Riese den andern Morgen die Ziegen wieder auf die Weide trieb, -sagte er zu dem Königssohn, den Tag solle er sein Pferd nach Hause -holen, das in der Koppel ginge, und wenn er das gethan hätte, könne er -Feierabend machen; »_denn Du bist zu einem guten Herrn gekommen, musst -Du wissen_,« sagte er wieder: »_Gehst Du aber in irgend eins der Zimmer, -das ich Dir verboten habe, so drehe ich Dir den Hals um_,« und damit -trieb er seine Heerde in den Wald. »Ja, wahrhaftig, bist Du ein guter -Herr!« sagte der Königssohn: »ich möchte aber doch wieder ein Wort mit -der Meisterjungfer sprechen, vielleicht daß sie noch eben so früh _mein_ -wird, als _Dein_,« und damit ging er wieder zu ihr hinein. Sie fragte -ihn, Was der Riese ihm den Tag zu thun befohlen hätte. »O, es ist eben -keine schwere Arbeit,« sagte er: »ich soll bloß das Pferd aus der Koppel -holen.« -- »Ja, aber wie willst Du das anfangen?« fragte ihn die -Meisterjungfer. »O, es gehört wohl eben keine Kunst dazu, ein Pferd aus -der Koppel zu holen,« sagte der Königssohn: »denn ich will doch meinen, -ich habe schon manches rasche Pferd geritten.« -- »Die Sache ist aber -gleichwohl nicht so leicht,« sagte sie: »indeß will ich Dir lehren, wie -Du es machen musst: Sobald Du das Pferd erblickst, kommt es brausend auf -Dich zu und schnaubt Feuer und Flammen aus beiden Nüstern. Paß aber dann -gut auf und nimm das Gebiß, das dort bei der Thür hangt, und wirf es -ihm ins Maul, dann wird es augenblicklich so zahm, daß Du damit thun -kannst, was Du willst.« Ja, das wollte er schon in Acht haben, sagte der -Königssohn und blieb nun den ganzen Tag drinnen bei der Meisterjungfer, -und sie schwatzten von Diesem und Jenem, und wie herrlich und vergnügt -sie leben wollten, wenn sie erst aus der Gewalt des Riesen wären und -einander geheirathet hätten; und der Königssohn hätte gewiß Pferd und -Koppel darüber vergessen, wenn nicht die Meisterjungfer gegen Abend ihn -daran erinnert hätte und zu ihm sagte, es wäre am besten, daß er jetzt -das Pferd hole, ehe der Riese nach Hause käme. Das that er denn auch: er -nahm das Gebiß, das bei der Thür hing, und lief damit in die Koppel; nun -dauerte es nicht lange, so kam das Pferd an und schnob Feuer und Flammen -aus beiden Nüstern; da nahm aber der Königssohn seine Gelegenheit wahr -und warf ihm das Gebiß in den offenen Rachen, und nun stand das Pferd -da, so geduldig, wie ein Lamm, und da war's eben keine große Kunst, es -nach dem Stall zu bringen. Als der Bursch damit fertig war, ging er -wieder zurück auf sein Zimmer, und dort spazierte er auf und ab und sang -und trallei'te. - -Wie nun der Riese mit den Ziegen nach Hause kam, war seine erste Frage: -»_Hast Du auch das Pferd von der Koppel geholt?_« -- »Ja, Herr!« sagte -der Königssohn: »es war ein possirliches Pferd zu reiten; aber ich hab's -glücklich in den Stall gebracht.« -- »_Das will ich mal sehen!_« sagte -der Riese und ging in den Stall; das Pferd aber stand richtig da, so wie -der Königssohn gesagt hatte. »_Du hast gewiß mit meiner_ MEISTERJUNGFER -_gesprochen_,« sagte der Riese: »_denn das hast Du nicht aus Dir -selber._« -- »Gestern spracht Ihr von Eurer Meisterjungfer und heute -wieder,« sagte der Königssohn und stellte sich ganz dumm und einfältig -an: »Was ist denn das für Eine, Herr? ich möchte sie doch gern einmal -sehen.« -- »_Du wirst sie noch früh genug zu sehen kriegen_,« sagte -jener. - -Als der Riese am dritten Morgen seine Ziegen in den Wald trieb, sagte er -zu dem Königssohn: »_Heute sollst Du nach der Hölle und den Brandschatz -holen, und wenn Du das gethan hast, kannst Du Feierabend machen; denn -Du bist zu einem guten Herrn gekommen, musst Du wissen._« -- »Ja, ich -will's glauben,« sagte der Königssohn, als der Riese gegangen war: -»ein wie guter Herr Du aber auch sein magst, so sind es doch garstige -Arbeiten, die Du mir auflegst; ich will indeß mal wieder ein Wort mit -Deiner Meisterjungfer sprechen; Du sagst zwar, sie gehört _Dir_; aber -vielleicht sagt sie es doch _mir_, wie ich es machen muß,« und damit -ging er wieder hinein zu der Meisterjungfer. Als diese ihn nun fragte, -was der Riese ihm den Tag für eine Arbeit aufgegeben hätte, sagte er, -daß er ihm befohlen habe, nach der Hölle zu gehen und den Brandschatz zu -holen. »Und wie willst Du das anfangen?« fragte ihn die Meisterjungfer. -»Ja, Du musst es mir sagen,« versetzte der Königssohn: »denn in der -Hölle bin ich noch nicht gewesen, und wenn ich auch den Weg dahin wüßte, -so weiß ich doch nicht, wie Viel ich einfordern soll.« -- »Ja, ich will -Dir wohl helfen,« versetzte die Meisterjungfer: »Du musst nach dem -Felsen dort hinter der Koppel gehen und den Kloben nehmen, der da liegt, -und damit an die Felswand klopfen; dann wird wohl Einer herauskommen, -daß es nur so knistert, dem musst Du Deinen Auftrag sagen; und wenn er -Dich dann fragt, wie Viel Du haben willst, dann sage nur: »So Viel, als -ich tragen kann.«« -- Ja, das wollte er schon in Acht haben, sagte der -Königssohn und blieb nun wieder bei der Meisterjungfer, bis es Abend -wurde, und er wäre gern noch länger da geblieben, wenn sie ihn nicht -erinnert hätte, daß er fort müsse nach der Hölle und den Brandschatz -holen, ehe der Riese wieder nach Hause käme. Der Bursch machte sich -nun auf und that, wie die Meisterjungfer ihm gesagt hatte, ging zu dem -Felsen hinter der Koppel, nahm den Kloben und klopfte damit an die Wand. -Sogleich kam Einer heraus, dem die Funken aus Augen und Nase flogen. -»_Was willst Du?_« rief er. »Ich soll grüßen von dem Riesen und den -Brandschatz für ihn einfordern,« sagte der Königssohn. »_Wie Viel willst -Du haben?_« fragte der Andre. »O, ich verlange nicht Mehr, als ich tragen -kann,« versetzte der Königssohn. »_Es war Dein Glück, daß Du nicht ein -ganzes Fuder verlangtest_,« sagte Der, welcher aus der Felswand gekommen -war: »_aber komm jetzt herein, dann will ich Dir den Brandschatz -auszahlen._« Der Königssohn ging nun mit ihm hinein, und da sah er in -dem Berg so viel Gold und Silber, als Steine in der Erde liegen; er -bekam nun eine Tracht, so groß, wie er sie nur tragen konnte, und damit -ging er seines Weges. Als darauf am Abend der Riese mit den Ziegen nach -Hause kam, spazierte der Königssohn eben so, wie die beiden Abende -zuvor, im Zimmer auf und ab und sang und trallei'te. »_Bist Du in der -Hölle gewesen und hast den Brandschatz geholt?_« fragte ihn der Riese. -»Ja, Herr!« sagte der Königssohn. »_Wo hast Du ihn denn?_« fragte der -Riese. »Da auf der Bank steht der Goldsack,« sagte der Königssohn. -»_Das will ich mal sehen_,« sagte der Riese; und als er zusah, stand -da ein Sack, der war so gedrängt voll, daß die Gold- und Silberstücke -herausfielen, sowie nur der Riese das Band ein wenig auflockerte. »_Du -hast gewiß mit meiner_ MEISTERJUNGFER _gesprochen_,« sagte er: »_ist -aber das der Fall, dann drehe ich Dir das Genick um._« -- »Mit Eurer -_Meisterjungfer_?« sagte der Königssohn: »Gestern und vorgestern -schwatztet Ihr von Eurer Meisterjungfer und heute wieder? Was ist denn -das für Eine, Herr? ich möchte sie doch gern einmal sehen.« -- »_Ja, -warte nur bis morgen, dann sollst Du sie zu sehen kriegen_,« sagte der -Riese. -- »Danke schön!« sagte der Königssohn: »aber es ist wohl bloß -Euer Scherz, Herr.« - -Den Tag darauf ging der Riese mit ihm in das Zimmer, worin die -Meisterjungfer war. »Jetzt sollst Du ihn schlachten und ihn in dem -großen Kessel für mich zum Mittag kochen, und wenn die Suppe fertig ist, -kannst Du mich rufen,« sagte er zu ihr und streckte sich auf die Bank -hin; und während er nun da lag und schnarchte, daß der alte Berg bebte, -nahm die Meisterjungfer ein Messer, schnitt damit den Burschen in den -Finger und ließ drei Blutstropfen auf die Bank fließen; darauf nahm sie -alle die alten Lappen und Schuhsohlen und andern Kram, den sie finden -konnte, und warf es in den Kessel; dann nahm sie einen ganzen Kasten -voll gemahlenes Gold und einen Salzstein und eine Wasserflasche, die bei -der Thür hing, und einen goldnen Apfel und zwei goldne Hühner nahm sie -auch mit, und darauf machten beide sich aus dem Staube, so schnell sie -nur konnten. Wie sie nun ein Ende gegangen waren, kamen sie zu dem Meer, -und da gingen sie unter Segel; wie sie aber zu dem Schiff gelangten, -habe ich nie so recht erfahren können. - -Als der Riese eine gute Weile geschlafen hatte, fing er an sich zu -strecken. »_Ist das Essen noch nicht fertig?_« fragte er. »_Eben erst -angefangen!_« sagte der erste Blutstropfen auf der Bank. Darauf legte er -sich wieder schlafen und schlief noch eine gute Zeit; endlich fing er -wieder an sich zu strecken. »_Ist jetzt das Essen fertig?_« fragte er, -aber ohne aufzusehen, eben so wie er auch das erste Mal gethan hatte, -denn er war noch halb im Schlaf. »_Halb fertig!_« sagte der zweite -Blutstropfen. Der Riese aber glaubte, es sei die Meisterjungfer, die das -sagte, kehrte sich wieder um und legte sich auf's neue schlafen. Als er -nun viele Stunden hinter einander geschlafen hatte, fing er endlich -wieder an sich zu rühren und zu strecken. »_Ist es denn jetzt fertig?_« -fragte er. »_Vollkommen fertig!_« sagte der dritte Blutstropfen. Der -Riese richtete sich nun auf und rieb sich die Augen; aber er konnte die -Meisterjungfer nirgends erblicken, und darum rief er sie bei Namen. Er -bekam aber keine Antwort. »O,« dachte er: »sie ist wohl nur ein wenig -hinausgegangen,« und nahm einen Löffel und füllte damit aus dem Kessel, -um das Essen zu probiren. Da fand er aber Nichts, als lauter Schuhsohlen -und Lumpen und dergleichen Kram darin, und das war zusammengekocht, so -daß er nicht wußte, ob's Fisch, oder Fleisch war. Als er das gewahr -ward, konnte er sich wohl denken, wie die Sache sich verhielt, und ward -so arg, daß er nicht wußte, »auf welchem Bein er stehen wollte;« er -eilte sogleich dem Königssohn und der Meisterjungfer nach, und es -dauerte nicht lange, so stand er beim Wasser, aber da konnte er nicht -hinüber. »_Ich weiß schon Rath_,« sagte er: »_ich will bloß meinen -Meersauger rufen._« Wie nun der Meersauger ankam, legte der sich auf die -Erde nieder und that dreimal einen guten Trunk, und da ward das Meer so -viel kleiner, daß der Riese die Meisterjungfer und den Königssohn auf -dem Schiff sehen konnte. »Jetzt musst Du den Salzstein hinauswerfen,« -sagte die Meisterjungfer; und als der Königssohn das gethan hatte, -entstand plötzlich quer durch das Meer ein so hoher Berg, daß der Riese -nicht hinüber konnte, und der Meersauger konnte ihm nun auch nichts -helfen. »_Ich weiß schon Rath_,« sagte der Riese und holte sich seinen -_Bergbohrer_, und damit bohrte er ein großes Loch durch den Berg, so daß -der Meersauger wieder trinken konnte. Wie die Meisterjungfer das gewahr -ward, sagte sie zu dem Königssohn, jetzt solle er einen, oder zwei -Tropfen aus der Flasche gießen; und als der Königssohn das gethan hatte, -ward das Meer wieder ganz voll. Ehe nun der Meersauger noch wieder einen -guten Trunk thun konnte, waren sie schon am Lande, und damit waren sie -gerettet. - -Nun wollte der Königssohn die Meisterjungfer nach seines Vaters Schloß -bringen; aber er meinte, es schicke sich nicht, daß sie zu Fuß gehe, und -darum sagte er zu ihr: »Warte hier eine Weile; ich will nur nach Hause -gehen und die sieben Pferde holen, die in meines Vaters Stall stehen; -denn ich möchte nicht gern, daß meine Braut zu Fuß auf dem Schloß ankäme. -Der Weg dahin ist nicht lang, und ich werde bald wieder hier sein.« --- »Ach nein, thu' das nicht!« sagte sie: »denn kommst Du erst zu Deines -Vaters Schloß, dann wirst Du mich bald vergessen.« -- »Wie sollte ich -Dich wohl vergessen,« sagte der Königssohn: »da wir so viel Ungemach -zusammen erduldet und einander so lieb haben?« und er wollte und mußte -nach Hause und einen Wagen und die sieben Pferde holen, und sie sollte -so lange dort am Ufer auf ihn warten; und weil er es nun durchaus nicht -anders wollte, so mußte endlich die Meisterjungfer nachgeben. »Aber,« -sagte sie: »wenn Du auf das Schloß kommst, musst Du Dir nicht einmal so -viel Zeit lassen, daß Du Jemanden grüßest, sondern gradesweges in den -Stall gehen und die Pferde vor den Wagen spannen, und dann davon jagen, -so schnell Du nur kannst; denn sie werden wohl alle sehr neugierig sein -und um Dich herum kommen; aber Du musst thun, als ob Du sie gar nicht -bemerktest, und dann darfst Du durchaus keinen Bissen von Dem, was man -Dir anbietet, genießen; thust Du das, dann machst Du sowohl Dich, als -mich unglücklich.« Der Königssohn versprach ihr, sich genau nach Allem -richten zu wollen, was sie ihm gesagt hatte, und versicherte ihr, daß -sie durchaus nicht zu fürchten brauche, als ob er sie je vergessen -könnte. - -Als aber der Königssohn auf dem Schloßhof ankam, hielt grade einer von -seinen Brüdern Hochzeit, und die Braut und alle Gäste waren schon da, -und Alle kamen um ihn herum und fragten ihn nach Diesem und Jenem und -nöthigten ihn mit sich ins Schloß; aber er that, als ob er sie gar nicht -bemerkte, ging gradezu in den Stall, zog die Pferde heraus und wollte -sie vor den Wagen spannen. Wie sie nun auf keine Art und Weise ihn -bewegen konnten, mit ihnen ins Schloß zu gehen, brachten sie ihm zu -essen und zu trinken heraus, all das Beste, was man zur Hochzeit -angerichtet hatte; aber der Königssohn wollte von Allem keinen Bissen -anrühren, sondern beeilte sich nur, die Pferde vor den Wagen zu spannen. -Da rollte aber zuletzt die Schwester der Braut einen Apfel über den -Schloßhof zu ihm hin: »Wenn Du denn durchaus Nichts genießen willst,« -sagte sie: »so kannst Du doch wenigstens in diesen Apfel beißen, denn Du -wirst wohl hungrig und durstig sein von der langen Reise.« Da hob der -Königssohn den Apfel von der Erde auf und biß hinein. Aber kaum hatte -er das gethan, so vergaß er ganz und gar die Meisterjungfer, und daß er -sie holen wollte. »Bin ich denn verrückt?« sagte er: »Was will ich mit -den Pferden und mit dem Wagen?« und darauf zog er die Pferde wieder in -den Stall und ging mit den Andern ins Schloß; und nun dauerte es nicht -lange, so war es dahin gekommen, daß er die Schwester der Braut -heirathen sollte, dieselbe, welche ihm den Apfel zugerollt hatte. - -Die Meisterjungfer saß indeß am Ufer und wartete sieben lang und sieben -breit, aber kein Königssohn ließ sich sehen. Endlich ging sie fort, und -als sie ein Ende gegangen war, kam sie zu einer kleinen Hütte, welche ganz -einsam in einem Walde, nicht weit von des Königs Schloß, lag; da ging -sie hinein und bat um Herberge. Drinnen aber saß ein altes Weib, dem die -Hütte gehörte, das war aber ein arges und abscheuliches Trollmensch und -wollte anfangs von der Meisterjungfer gar Nichts wissen; aber endlich -und zuletzt gab sie ihr doch Herberge für Geld und gute Worte. Aber -unsauber und schmutzig war es drinnen, wie in einem Schweinstall. Die -Meisterjungfer sagte, sie wollte die Hütte ein wenig aufputzen, damit -es doch aussehen würde wie bei andern honnetten Leuten; aber das litt -die Alte nicht, sondern fing an zu schelten und zu toben und war ganz -entsetzlich böse. Aber die Meisterjungfer zog dessen ungeachtet ihren -Schrein hervor und warf eine Handvoll Goldmehl in das Kaminfeuer. Da -flackerte es hell auf, und ein rother Strahl zog durch die ganze Hütte, -so daß sie inwendig und auswendig davon vergoldet wurde. Als die Alte -das sah, ward sie so arg, daß sie aus der Haut fahren wollte, und rannte -zur Hütte hinaus, als ob der Teufel hinter ihr wäre; da vergaß sie aber, -sich zu bücken, und zerbrach sich die Hirnschale an der Thürpfoste. - -Den Morgen darauf kam der Schulze da vorbei; der war ganz verwundert -über die goldne Hütte, die er im Walde glänzen sah; als er aber hineinging -und drinnen die schöne Jungfrau erblickte, da verwunderte er sich noch -mehr, und er ward augenblicklich so in sie verliebt, daß er um sie -frei'te. »Ja, hast Du aber auch brav Geld?« fragte die Meisterjungfer. -Ja, Geld hätte er genug, sagte er, und er wolle sogleich hin und es -holen. Am Abend kam er wieder und brachte einen ganzen Scheffelssack -voll, den setzte er auf die Bank hin. Ja, weil er so viel Geld hatte, -wollte die Meisterjungfer ihn haben, und darauf legten sie sich zusammen -ins Bett. Kaum aber hatten sie sich niedergelegt, so wollte die -Meisterjungfer wieder aufstehen; denn sie hätte noch vergessen, das -Feuer im Kamin anzuschüren, sagte sie. »Ach behüte!« sagte der Schulze: -»solltest Du darum aufstehen? Das will ich wohl thun,« und damit sprang -er aus dem Bett und lief nach dem Kamin. »Sage mir's, wenn Du den -Aschraker angefasst hast,« sagte die Meisterjungfer. »Nun hab' ich ihn -angefasst,« sagte der Schulze. »So gebe Gott, daß Du ihn festhältst, und -er Dich, und Du da stehen magst die ganze Nacht und Dir Kohlen und Asche -über den Kopf raken bis an den hellen Morgen!« sagte die Meisterjungfer, -und als sie das gesagt hatte, blieb der Schulze vor dem Kamin stehen und -rakte sich Kohlen und Asche über den Kopf die ganze Nacht hindurch, und -wie sehr er auch weinen und bitten und raken mochte, so verloschen darum -doch nicht die Kohlen, und die Asche wurde nicht kälter. Erst am Morgen, -als es Tag wurde, ließ ihn der Aschraker los; aber nun blieb er keinen -Augenblick länger in der Hütte, sondern machte sich fort, als ob der -Teufel hinter ihm her wäre; und alle Leute, die ihm begegneten sahen ihn -an und lachten; denn er legte los, als ob er toll wäre, und aussehen -konnte er nicht schändlicher, wenn man ihn gegerbt und geschunden hätte. - -Den Tag darauf kam der Amtsschreiber da vorbei; der sah auch die Hütte -im Walde glänzen, und als er hineinging, um zu sehen, Wer da wohnte, und -die schöne Jungfrau erblickte, da ward er noch mehr in sie verliebt, als -der Schulze, und frei'te stehenden Fußes um sie. Ja, sagte die -Meisterjungfer wieder, sie wollte ihn wohl haben, wenn er brav Geld -hätte. Ja, sagte der Schreiber, Geld hätte er genug, und er wolle -sogleich hin und es holen. Am Abend kam er mit einem großen, schweren -Sack an, -- ich glaube gewiß, es waren zwei Scheffel drin -- und den -setzte er auf die Bank hin. Nun war denn weiter Nichts im Wege, und sie -legten sich zu Bette. Aber kaum hatten sie sich niedergelegt, so hatte -die Meisterjungfer vergessen, die Hausthür zuzumachen, und darum wollte -sie wieder aufstehen. »Ach, behüte! solltest _Du_ das thun?« sagte der -Schreiber: »Nein, bleib Du nur liegen! ich will wohl hingehen,« und -damit sprang er aus dem Bett, so leicht »wie eine Erbse auf Birkenrinde« -und lief hinaus auf die Diele. »Sage mir's, wenn Du die Thür angefasst -hast,« rief die Meisterjungfer. »Nun hab' ich sie angefasst!« rief der -Schreiber auf der Diele. »So gebe Gott, daß Du sie festhältst, und sie -Dich, und Ihr hin- und herfahren mögt die ganze Nacht, bis daß es Tag -wird!« sagte die Meisterjungfer; und nun mußte der Schreiber die ganze -Nacht über mit der Thür vorwärts und rückwärts tanzen; aber einen -solchen Walzer hatt' er noch nie gemacht, und es verlangte ihn auch -nachher nicht, ihn wieder zu machen: bald war _er_ vorn, und bald die -_Thür_, und es ging von der Pfoste an die Mauer, und von der Mauer an -die Pfoste, so daß der Schreiber sich beinahe zu Tode stieß. Erst fing -er an zu fluchen, und dann zu weinen und zu bitten; aber um alles das -bekümmerte sich die Thür gar nicht, sondern hielt fest, so lange, bis -es Tag ward; dann erst ließ sie ihn los -- und der Schreiber auf und -davon, als ob's für Geld ginge; er vergaß sowohl seine Freierei, als den -Goldsack, und war nur froh, daß die Thür nicht hinter ihm her getanzt -kam. Alle Leute, die ihm begegneten, sahen ihn an und lachten; denn er -flog davon, als ob er toll wäre, und dazu sah er aus, noch schlimmer, -als hätten die Böcke ihn die Nacht unter gehabt. - -Am dritten Tag kam der Amtmann da vorbei; der hatte kaum die goldne -Hütte erblickt, so wollte er auch hin und zusehen, Wer da wohnte; und -als er nun drinnen die Meisterjungfer sah und sie kaum gegrüßt hatte, -war er schon so verliebt in sie, daß er augenblicklich um sie frei'te. -Die Meisterjungfer aber antwortete ihm eben so, wie den beiden Andern: -wenn er brav Geld hätte, dann wollte sie ihn wohl haben. Ja, davon hätt' -er nicht so wenig, sagte der Amtmann und ging sogleich nach Hause, um es -zu holen. Als er am Abend wiederkam, brachte er einen noch größeren Sack -mit, als der Schreiber, -- es waren gewiß drei Scheffel drin -- und den -setzte er auf die Bank hin. Ja, nun war denn Nichts weiter im Wege, nun -sollte er die Meisterjungfer haben. Kaum aber hatten sie sich zu Bett -gelegt, so sagte die Meisterjungfer, sie hätte vergessen, das Kalb -einzulassen, und wollte darum wieder aufstehen. Nein, den Kukuk! das -sollte sie ja nicht, das wollte er schon thun, sagte der Amtmann, und -der, so dick und fett er war, heraus aus dem Bett, so leichtfüßig, als -wär' er ein junger Bursch gewesen. »Sage mir's, wenn Du das Kalb beim -Schwanz hältst!« sagte die Meisterjungfer. »Jetzt halt ich's!« rief -der Amtmann. »So gebe Gott, daß Du den Schwanz hältst, und er Dich, -und Ihr in der Welt herumfahren mögt, bis daß es Tag wird!« sagte die -Meisterjungfer, und kaum hatte sie das gesagt, so legte das Kalb mit dem -Amtmann los über Stock und Stein, über Berg und Thal, so daß die Heide -wackelte, und je mehr der Amtmann fluchte und schrie, desto schneller -rannte das Kalb mit ihm davon. Als es Tag wurde, war der Amtmann beinahe -zu Matsch, und nun erst ließ das Kalb ihn los; inmittlerweile hatte er -aber seine Freierei ganz vergessen und seinen Geldsack dazu. Er ließ es -nun zwar etwas sachter angehen, als der Schreiber und der Schulz, aber -je schulpusiger er fortkroch, desto mehr Zeit hatten die Leute, ihm -nachzugucken und zu lachen. - -Den Tag darnach sollte auf dem Schloß die Hochzeit der beiden Prinzen -gefeiert werden, nämlich die des ältesten und die des jüngsten, der bei -dem Riesen gewesen war, denn der sollte die Schwester von der Braut -seines Bruders heirathen, und beide Brautpaare sollten in der Kirche -zugleich getrau't werden. Als sie aber in den Wagen stiegen und vom -Schloßhof fahren wollten, da zerbrach das eine Wachtholz; sie nahmen -nun ein andres, aber das zerbrach auch; darauf nahmen sie ein drittes, -aber es half ihnen Alles nichts, denn was für Holz sie auch nehmen -mochten, so hielt doch kein einziges. Wie sie nun ganz mißmüthig da -standen und nicht fortkonnten, sagte der Schulze -- denn der war auch -mit zur Hochzeit gebeten, musst Du wissen --: »Dort im Walde wohnt eine -Jungfrau, die hat einen _Aschraker_, womit sie das Feuer anschürt; wenn -Ihr nur zu der schicken und sie bitten lassen wolltet, Euch diesen -Aschraker zu leihen, so weiß ich gewiß, daß er nicht entzwei geht.« Es -wurde nun sogleich zu der Jungfrau geschickt, und sie ließen sie bitten, -ihnen doch den Aschraker zu leihen, wovon der Schulz gesprochen hätte. -Die Jungfrau sagte auch nicht Nein, sondern gab dem Boten ihren Aschraker, -und nun bekamen sie eine Wacht, die nicht entzwei ging, kannst Du -glauben. Als sie aber darauf vom Schloßhof fahren wollten, zerbrach -plötzlich der Wagenboden; und wie oft sie auch einen neuen Boden machten, -und was für Holz sie auch dazu nehmen mochten, so half doch Alles nichts, -denn wenn sie aus dem Hof fahren wollten, ging er jedesmal wieder entzwei, -und sie waren nun noch übler daran, als vorhin mit dem Wachtholz. Endlich -sagte der Amtsschreiber -- denn war der Schulze da, so kann man sich -wohl denken, daß der Schreiber nicht fehlen durfte --: »Dort im Walde -wohnt eine Jungfrau, wenn die Euch bloß ihre eine _Halbthür_ leihen -wollte, die von lauter Gold ist, so weiß ich gewiß, daß sie nicht entzwei -geht.« Sogleich wurde nun wieder zu der Jungfrau geschickt, und sie -ließen sie bitten, ihnen doch die eine Halbthür zu leihen, wovon der -Schreiber gesprochen hätte, und die bekamen sie denn auch. Nun war Alles -gut, und sie wollten nach der Kirche fahren; aber da waren die Pferde -nicht im Stande, den Wagen fortzuziehen; sechs Pferde hatten sie schon -davor; dann spannten sie acht vor, dann zehn, dann zwölf; aber wie viel -sie auch vorspannten, und wie sehr der Kutscher auch peitschen mochte, -es half Alles nichts, der Wagen rührte sich nicht vom Fleck. Es war nun -schon ziemlich spät geworden, und zur Kirche wollten und mußten sie, und -wie sie nun gar keine Möglichkeit sahen, fortzukommen, waren sie alle -nahe daran, zu verzweifeln. Zuletzt aber sagte der Amtmann, dort im -Walde wohne eine Jungfrau, die hätte ein _Kalb_, welches -- ja, wenn -sie bloß das Kalb geliehen bekämen, sagte er, das würde den Wagen schon -ziehen, und wenn er so schwer wäre wie ein Berg. Sie meinten nun zwar, -es sähe nicht hübsch aus, mit einem Kalb zur Kirche zu fahren; aber es -war einmal kein andrer Rath, sie mußten wieder zu der Jungfrau schicken -und sie bitten lassen, ihnen doch das Kalb zu leihen, wovon der Amtmann -gesprochen hätte. Die Meisterjungfer sagte auch diesmal nicht Nein, -sondern gab dem Boten sogleich das Kalb. Da sie es nun vorgespannt -hatten, saus'te der Wagen davon über Stock und Stein, durch Rusch und -Busch, so daß sie kaum Athem holen konnten; bald waren sie auf der Erde, -und bald waren sie in der Luft; und als sie zur Kirche kamen, flog der -Wagen rund um die Kirche, so schnell wie ein Haspel, und es gelang ihnen -nur mir genauer Noth, herunterzukommen. Auf dem Rückweg aber ging's noch -schneller, und sie hatten fast alle die Besinnung verloren, als sie -wieder auf dem Schloßhof ankamen. - -Als sie sich zu Tische gesetzt hatten, sagte der Königssohn -- der, -welcher auf dem Riesenschloß gewesen war -- es schicke sich nicht -anders, als daß sie auch die Jungfrau einlüden, die ihnen den Aschraker, -die Halbthür und das Kalb geliehen; »denn hätten wir die drei Dinge -nicht erhalten, so wären wir noch nicht von der Stelle gekommen,« sagte -er. Ja, das, däuchte dem König auch, wäre nicht mehr, als billig, und er -schickte sogleich fünf von seinen Leuten zu der vergoldeten Hütte mit -einem Gruß von ihm, und die Jungfrau möchte doch so gut sein, und aufs -Schloß kommen und da zu Mittag essen. Die Jungfrau aber antwortete: -»Grüßt nur den König wieder von mir und sagt ihm, wenn er sich zu gut -dünke, um selbst zu mir zu kommen, so dünke ich mich auch viel zu gut, -um zu ihm zu kommen.« Nun mußte der König sich denn selbst aufmachen, -und da ging die Jungfrau auch sogleich mit. Der König aber konnte sich -wohl denken, daß sie etwas Mehr war, als sie zu sein schien, und setzte -sie darum bei Tafel oben an bei dem jüngsten Bräutigam. Als sie nun eine -Weile gesessen hatten, nahm die Meisterjungfer den Hahn und das Huhn -und den goldnen Apfel hervor, welche drei Dinge sie aus dem Riesenschloß -mitgenommen hatte, und legte sie vor sich auf den Tisch hin; und sogleich -fingen der Hahn und das Huhn an, sich um den goldnen Apfel zu schlagen. -»Ei seht doch, wie die Beiden da um den goldnen Apfel kämpfen!« sagte -der Königssohn. »Ja, so hatten wir beide damals auch zu kämpfen, um aus -dem Berg zu kommen,« sagte die Meisterjungfer. Da erkannte der Königssohn -sie wieder, und seine Freude war unbeschreiblich; die Trollhexe aber, -die ihm den goldnen Apfel zugerollt hatte, ließ er von vier und zwanzig -Pferden in Stücke zerreißen, so daß kein Fetzen an ihr ganz blieb; und -nun begann erst die rechte Hochzeit; und der Schulz und der Schreiber -und der Amtmann, so sehr sie sich auch die Flügel versengt hatten, waren -auch mit dabei und hielten aus bis zuletzt. - - - - -17. - -Wohl gethan und schlecht gelohnt. - - -Es war einmal ein Mann, der fuhr mit einem Schlitten in den Wald und -wollte sich Holz holen; da begegnete ihm der Bär. »Gieb mir Dein Pferd, -oder sonst zerreiß ich alle Deine Schafe diesen Sommer,« sagte der Bär. - -»Ach, Gott steh mir bei!« sagte der Mann: »ich habe kein Stück Brennholz -mehr im Hause; laß mich bloß erst diesen Schlitten heimfahren, denn -sonst müssen wir alle todtfrieren; morgen will ich mit dem Pferd -wiederkommen.« Na, der Bär ließ ihn denn auch fahren; wenn er aber nicht -wiederkäme, sagte er, dann sollt's kaputt gehen mit all seinen Schafen -im Sommer. - -Der Mann fuhr nun mit seinem Holz nach Hause; aber er war nicht sehr -vergnügt über den Accord, wie man sich wohl denken kann. Unterweges -begegnete ihm der Fuchs. - -»Warum bist Du so betrübt?« fragte der Fuchs ihn. - -»Ach, mir ist der Bär im Wald begegnet,« sagte der Mann: »und ich hab' -ihm versprechen müssen, ihm morgen um diese Zeit mein Pferd zu bringen; -sonst wollte er alle meine Schafe diesen Sommer zerreißen, sagte er.« -- - -»Nichts weiter, als das?« sagte der Fuchs: »Willst Du mir den fettsten -Bock aus Deinem Stall geben, so will ich Dich von dem Bären befreien.« - -Ja, das wollte der Mann gern und gab dem Fuchs sein Wort. - -»Wenn Du nun morgen mit Deinem Pferd zu dem Bären kommst,« sagte der -Fuchs: »so werde ich dort oben auf dem Berg juchen, und wenn dann der -Bär Dich fragt: »Was ist Das?« dann sollst Du sagen: »Das ist Peter der -Schütz, der beste Jäger im ganzen Land;« und nachher wirst Du Dir schon -selbst weiter helfen.« - -Als nun am andern Tag der Mann mit seinem Pferd zu dem Bären in den Wald -kam, hörte man es bald oben auf dem Berg juchen. - -»Horch! Was ist Das?« sagte der Bär. - -»O, das ist Peter der Schütz, der beste Jäger im ganzen Land,« sagte der -Mann: »ich kenne ihn an der Stimme.« -- - -»Hast Du keinen Bären hier gesehen, Erich?« rief es durch den Wald. - -»Sag' Nein,« sagte der Bär. - -»Nein, ich habe keinen Bären gesehen,« sagte Erich. - -»Was ist denn Das, was da neben Dir steht?« rief es im Walde. - -»Sag', es ist ein alter Kienstamm,« flüsterte der Bär. - -»O, es ist nur ein alter Kienstamm,« sagte Erich. - -»Solche Kienstämme pflegen wir bei uns auf den Schlitten zu werfen,« -rief es im Walde: »Kannst Du's nicht allein, so will ich kommen und Dir -helfen.« -- - -»Sag', Du kannst Dir schon selbst helfen, und wirf mich auf den -Schlitten,« sagte der Bär. - -»Nein, danke! ich kann mir schon selbst helfen,« sagte der Mann und warf -den Bären auf den Schlitten. - -»Solche Kienstämme pflegen wir nachher mit dem Strick festzubinden,« rief -es im Walde: »Soll ich Dir helfen?« -- - -»Sag', Du kannst Dir schon selbst helfen, und binde mich fest,« sagte -der Bär. - -»Nein, danke! ich kann mir schon selbst helfen,« sagte der Mann und band -den Bären fest mit all den Stricken, die er bei sich hatte, so daß er -kein Glied rühren konnte. - -»Und nachher, wenn wir sie festgebunden haben, pflegen wir in solche -alte Kienstämme unsre Axt zu hauen,« rief's im Walde: »dann steuern wir -besser über die großen Berge.« -- - -»Thu', als ob Du Deine Axt in mich hau'test,« flüsterte der Bär. - -Da nahm der Mann seine Axt und zerspaltete damit dem Bären die Hirnschale, -so daß er nicht mehr mucks'te. Darauf kam Reineke hervor, und sie wurden -gute Freunde mit einander. - -Als sie nicht mehr weit von dem Gehöft waren, sagte der Fuchs: »Ich habe -keine Lust, Dir weiter zu folgen, denn ich kann Deine Hunde nicht gut -vertragen; ich will aber hier auf Dich warten, dann kannst Du mir den -Bock herbringen; nimm aber einen, der brav fett ist.« - -Der Mann gab ihm sein Versprechen und dankte ihm für seine Hülfe; und -als er sein Pferd in den Stall gezogen hatte, ging er hinüber zu dem -Schafstall. - -»Wo willst Du hin?« fragte seine Frau. - -»O, ich will nur in den Schafstall und einen fetten Bock für den Fuchs -holen, der mein Pferd gerettet hat,« sagte der Mann: »denn ich hab' es -ihm versprochen.« -- - -»Der Henker sollte dem Schelm einen Bock geben!« sagte die Frau: »Unser -Pferd haben wir ja und den Bären dazu, und der Fuchs hat uns gewiß schon -mehr Gänse gestohlen, als der Bock werth ist, und hat er's noch nicht -gethan, so kann er's wohl noch thun. Nein,« sagte sie: »steck lieber ein -Paar von Deinen bösesten Hunden in den Sack und schick ihm die auf den -Pelz, dann werden wir den alten Schelm vielleicht dazu los.« - -Das schien dem Mann ein guter Rath, und er steckte zwei seiner bösesten -Hunde in den Sack und damit ging er fort. - -»Hast Du den Bock?« fragte der Fuchs. - -»Ja, komm und nimm ihn!« sagte der Mann, machte seinen Sack auf und ließ -die Hunde heraus. - -»Houf!« sagte der Fuchs und nahm einen Satz: »es ist wohl wahr, was ein -altes Sprichwort sagt: »Wohl gethan wird schlecht gelohnt,«« und schwang -die Fersen, während die Hunde hinter ihm drein waren. - - - - -18. - -Treu und Untreu. - - -Es waren einmal zwei Brüder, der eine hieß _Treu_, und der andere hieß -_Untreu_. Treu war immer gut und aufrichtig gegen Jedermann, aber Untreu -war böse und voller Lügen, so daß Niemand auf sein Wort bauen konnte. -Die Mutter war Wittwe und hatte nur kümmerlich zu leben; darum mußten -die Söhne, als sie herangewachsen waren, in die Welt auswandern, um sich -ihr Brod zu verdienen, und jedem von ihnen gab sie einen Schnappsack mit -Essen auf den Weg. - -Als sie nun so lange fortgewandert waren, bis es Abend wurde, setzten -sie sich auf einen vom Sturm umgeworfenen Baum im Walde nieder, und -jeder nahm seinen Schnappsack hervor. »Willst Du, wie ich,« sagte Untreu: -»so wollen wir erst aus Deinem Sack essen, so lange Was drin ist, naher -essen wir aus meinem.« Ja, Treu war's zufrieden, that seinen Schnappsack -auf, und sie fingen an zu essen; aber all das Schönste und Beste pfropfte -Untreu in sich hinein, und Treu bekam nur die Schwarten und die -angebrannte Rinde. Am Morgen war Treu wieder der Wirth und am Mittag -auch; da ward aber sein Schnappsack ganz leer. Als sie nun so lange -gegangen waren, bis es wieder Abend wurde, und der Hunger sich einstellte, -wollte Treu mit aus seines Bruders Schnappsack essen; aber Untreu sagte, -das Essen wäre sein, und er hätte nicht Mehr, als er selbst gebrauche. -»Ich hab' Dich aber doch aus _meinem_ Schnappsack essen lassen, so lange -was drin war,« sagte Treu. »Ja, warum bist ein solcher Narr gewesen und -hast das gethan?« sagte Untreu: »Nun kannst Du Dir den Mund lecken, wenn -Du nichts Andres hast.« -- »_Untreu_ heißt Du, und _untreu_ bist Du, und -das bist Du all Dein Lebtag gewesen,« sagte Treu. Als Untreu das hörte, -gerieth er so in Wuth, daß er auf den Bruder zurannte, und ihm die Augen -aus dem Kopf stach. »Nun kannst Du sehen, welche Leute treu, und welche -untreu sind, Du Blindekuh!« sagte er, und damit ging er fort. - -Der arme Treu ging nun und tappte blind und allein im dicken Wald umher -und wußte nicht, Was er anfangen sollte. Endlich kam er zu einem großen -Lindenbaum und da kletterte er hinauf, um nur die Nacht über im Schutz -vor den wilden Thieren zu sein. »Wenn morgen die Vögel singen, dann ist -es Tag,« dachte er: »und dann muß ich zusehen, daß ich weiter komme.« -Als er aber eine Weile da gesessen hatte, hörte er, daß Jemand unter den -Baum kam und anfing zu kochen und zu braten; und es dauerte nicht lange, -so kamen noch Mehr, und als sie einander grüßten, hörte er, daß es der -Bär, der Wolf, der Fuchs und der Hase waren, die wollten den St. -Johannistag feiern. - -Sie fingen nun an zu essen und zu trinken und thaten sich gütlich; und -als sie damit fertig waren, setzten sie sich hin und schwatzten mit -einander. Darauf sagte der Fuchs: »Wir wollen einander Geschichten -erzählen.« Der Vorschlag gefiel, und der Bär begann zuerst, denn der war -der Vornehmste. »Der König von England,« sagte er: »hat schlechte Augen: -er kann fast nicht einen Ellbogen weit vor sich sehen; aber wenn er des -Morgens auf diese Linde stiege, während der Thau auf den Blättern sitzt, -und sich damit die Augen bestriche, so würde er wieder eben so gut sehen -lernen, als er's zuvor gekonnt hat.« »Ja,« sagte der Wolf: »der König -von England hat auch eine taubstumme Tochter; aber wüßte er, Was ich -weiß, so wäre ihr bald geholfen: Als sie nämlich voriges Jahr zum -Abendmahl ging, spuckte sie das Altarbrod wieder aus, und da kam eine -große Kröte und verschlang es. Wenn sie jetzt nur in der Kirche unter -dem Fußboden nachgrüben, so würden sie die Kröte finden; denn die sitzt -unter dem Altar, und das Brod steckt ihr noch im Halse; und wenn sie -dann die Kröte aufschnitten und das Brod der Prinzessinn zu essen gäben, -so würde sie wieder eben so gut hören und sprechen lernen, als andre -Leute.« -- »Ja, ja,« sagte der Fuchs: »wenn der König von England -wüßte, Was ich weiß, dann hätte er nicht so schlechtes Wasser in seinem -Schloßhof; denn unter dem großen Stein mitten im Hof ist das klarste -Brunnenwasser, das man sich nur wünschen kann, wenn er bloß so klug -wäre und da nachgrübe.« -- »Ja,« sagte der Hase: »der König von England -hat den schönsten Obstgarten im ganzen Lande, aber er trägt ihm keinen -Apfel, denn es liegt eine schwere goldene Kette dreimal rund um den -Garten vergraben; wenn er aber die herausgrübe, so würde es der schönste -Garten im ganzen Reich werden.« -- »Nun ist es schon spät in der Nacht, -und wir thun am besten, wir gehn wieder nach Hause,« sagte der Fuchs; -und damit gingen Alle ihres Weges. - -Als sie fort waren, schlief Treu, der oben in der Linde saß, sogleich -ein; aber sowie am Morgen die Vögel zu singen begannen, erwachte er -wieder, und nun nahm er von dem Thau, der auf den Blättern saß, und -bestrich sich damit die Augen, und als er das gethan hatte, konnte -er wieder eben so gut damit sehen, als zuvor, eh' Untreu sie ihm -ausgestochen. Nun ging er gradesweges auf's Schloß zu dem König von -England und bat um Arbeit, und die bekam er denn auch. Eines Tages -kam der König hinaus auf den Hof, und als er da eine Weile auf- und -abgegangen war, wollte er Etwas zu trinken haben aus seinem Brunnen, -denn es war sehr heiß den Tag; als sie aber das Wasser aufschöpften, -war es ganz schlammig und trübe. Darüber ward der König ärgerlich und -sprach: »Ich bin der Einzige in meinem Reich, der schlechtes Wasser in -seinem Hof hat, und doch muß ich es weit unter Berg und Thal herleiten.« --- Treu aber sprach zu ihm: »Wenn Du mir nur etliche Leute zu Hülfe -geben wolltest, damit ich den großen Stein aufbrechen könnte, der mitten -in Deinem Hof liegt, dann solltest Du schon reines und gutes Wasser -bekommen, und das so viel Du nur wünschen magst.« Dazu war der König -sogleich bereit; und kaum hatten die Leute den Stein aufgebrochen und -eine Weile gegraben, so sprang das Wasser in hellen Strahlen in die -Höhe, und klareres Wasser fand man nicht in ganz England. - -Einige Zeit darnach war der König eines Tages wieder auf dem Hof; da -schoß plötzlich ein großer Habicht auf seine Hühner herab, und Alle -klatschten in die Hände und riefen: »Da ist er! da ist er!« Der König -griff nach seiner Büchse und wollte den Habicht schießen; aber er konnte -nicht so weit sehen. Darüber war er sehr betrübt und sprach: »Wollte -Gott, daß mir nur Jemand einen guten Rath für meine Augen geben könnte! -Ich glaube, ich werde am Ende noch ganz blind.« -- »Ich will Dir wohl -sagen, wie Dir zu helfen ist,« sagte Treu, und erzählte ihm von dem -wunderthätigen Thau auf der Linde, wodurch er selbst einmal sein Gesicht -wieder erlangt hätte. Und der König begab sich noch denselben Abend nach -dem Wald und schlief die Nacht über auf der Linde; und als er sich -darauf am Morgen mit dem Thau, der auf den Blättern saß, die Augen -bestrichen hatte, da konnte er wieder eben so gut sehen, als zuvor. Aber -von der Zeit an hielt der König von Keinem mehr, als von Treu, und er -mußte immer um ihn sein, wo er nur ging und stand. Eines Tages gingen -sie zusammen im Garten spazieren. »Ich weiß nicht, woher es kommt,« -sagte der König: »aber Keiner in meinem ganzen Lande hat so Viel auf -seinen Garten verwendet, als ich, und doch kann ich keinen einzigen Baum -so weit bringen, daß er auch nur einen Apfel trägt.« Da sagte Treu zu -dem König: »Willst Du mir Das geben, was dreimal rund um Deinen Garten -liegt, und auch so viel Leute, um es aufzugraben, dann sollen die Bäume -in Deinem Garten bald Früchte genug tragen.« Ja, das wollte der König -gern. Treu bekam Leute zum Graben, so viel er nur wollte; und als sie -eine Weile gegraben hatten, trafen sie auf die goldne Kette, die dreimal -rund um den ganzen Garten ging; und als sie die herausgegraben hatten, -fingen auch die Bäume im Garten an, Früchte zu tragen, und trugen bald -so viel, daß die Zweige bis an die Erde herunterhingen. Treu war nun ein -reicher Mann, weit reicher als der König selbst; aber dieser freu'te -sich bloß, daß nun die Bäume in seinem Garten so schöne Früchte trugen. - -Eines Tages gingen Treu und der König zusammen und schwatzten von Diesem -und Jenem; da kam grade die Prinzessinn an ihnen vorüber, und der König -wurde ganz betrübt, als er sie sah, und sprach: »Ist es nicht Jammer und -Schade, daß eine so schöne Prinzessinn, wie meine Tochter ist, des Gehörs -und der Sprache beraubt sein muß?« -- - -»Dafür wäre wohl Rath,« meinte Treu. Als der König das hörte, ward er so -froh, daß er dem Burschen die Prinzessinn und das halbe Reich versprach, -wenn er ihr bloß das Gehör und die Sprache wieder verschaffen könne. -Treu aber nahm ein paar Leute mit sich in die Kirche und grub die Kröte -heraus, die dort unter dem Altar saß, schnitt ihr den Rachen auf, nahm -das Brod heraus und gab es der Königstochter zu essen -- und sowie sie -das gegessen hatte, konnte sie wieder eben so gut hören und sprechen, -wie andre Leute. - -Nun war es so weit, daß Treu die Prinzessinn heirathen sollte, und es -wurde zur Hochzeit angerichtet; das sollte aber eine Hochzeit werden, -wovon man sich im ganzen Lande zu erzählen hätte. Während sie nun Alle -lustig waren und sangen und tanzten, kam ein armer Bettler vor die Thür -und bat um ein Wenig zu essen; aber er hatte so lumpige Kleider an und -sah so entsetzlich elend aus, daß Alle sich vor ihm kreuzten. Treu aber -erkannte ihn sogleich und sah, daß es sein Bruder Untreu war. »Kennst Du -mich nicht?« fragte Treu ihn. »Ach, wo sollte ich wohl einen so großen -Herrn gesehen haben, wie Ihr seid?« sagte Untreu. »Gesehen hast Du mich -allerdings,« sagte Treu: »denn das war ich, dem Du vor einem Jahr die -Augen ausstachst. _Untreu_ heißt Du und _untreu_ bist Du; das sagte ich -Dir damals, und das sag' ich Dir auch noch jetzt; Du bist aber dessen -ungeachtet mein Bruder, und darum sollst Du nicht hungrig von dannen -gehen, sondern zu essen und zu trinken haben, und darnach kannst Du Dich -zu der Linde begeben, auf der ich voriges Jahr in der Nacht saß -- und -erfährst Du dann Etwas, das zu Deinem Heil dienen kann, so ist es gut -für Dich.« Untreu ließ die Worte nicht verloren sein. »Hat Treu, weil er -eine Nacht auf der Linde saß, ein solches Glück davon getragen, daß er -binnen einem Jahr König von halb England geworden ist, so -- Wer weiß --- dachte er und machte sich auf den Weg nach dem Walde und stieg auf die -Linde. Er hatte noch nicht lange da gesessen, so kamen die Thiere unter -dem Baum zusammen, aßen und tranken und feierten den St. Johannistag. -Als sie nun genug gegessen und getrunken hatten, machte der Fuchs wieder -den Vorschlag, daß sie einander Geschichten erzählen wollten, und da -kannst Du Dir wohl denken, wie Untreu die Ohren spitzte. Aber der Bär war -das Mal verdrießlich, brummte und sprach: »_Es hat Jemand ausgeschwatzt, -Was wir uns voriges Jahr erzählten, und darum wollen wir jetzt schweigen -von Dem, was wir wissen!_« und darauf sagten die Thiere einander gute -Nacht und gingen ihres Weges; und Untreu war nicht klüger geworden, als -zuvor, das macht, weil er _Untreu_ hieß und weil er _untreu_ war. - - - - -19. - -Peter und Paul und Esben Aschenbrödel. - - -Es war einmal ein Mann, der hatte drei Söhne, die hießen Peter und Paul -und Esben Aschenbrödel; aber weiter als die drei Söhne hatte er auch -Nichts in der Welt, ja, er war so arm, daß er nicht einmal einen Knopf -an seinem Rock hatte, und darum sagte er oft und alle Tage zu den -Burschen, sie sollten fort in die Welt und sich ihr Brod verdienen, denn -zu Hause bei ihm müßten sie doch am Ende nur todt hungern. Nun sollst Du -mal hören, wie zuletzt die Burschen auf den Trab kamen; das ging nämlich -so zu: - -Nicht weit davon, wo der Mann wohnte, lag ein Königsschloß, und grade -vor den Fenstern des Königs stand eine Eiche, die war so groß und so -dick, daß sie alles Licht wegnahm, so daß die Sonne nicht ins Zimmer -scheinen konnte. Darum hatte der König Demjenigen, der die Eiche umhauen -könnte, viel Geld versprochen; aber dazu taugte Keiner; denn sobald -Einer nur einen Span von dem Stamm abhau'te, wuchs gleich wieder noch -einmal so Viel daran. Ferner wollte der König einen Brunnen gegraben -haben, der sollte das ganze Jahr hindurch Wasser halten; denn alle -Großen in seinem Reich hatten Brunnen, nur er hatte keinen, und das, -däuchte dem König, wäre doch Unrecht. Wer ihm nun einen solchen Brunnen -graben konnte, der das ganze Jahr hindurch Wasser hielt, dem hatte er -Geld und auch noch viele andre Dinge versprochen; aber Keiner konnt' es -zu Stande bringen, denn das Schloß lag oben auf einem Berg, und kaum -hatte man einige Zoll tief in die Erde gegraben, so kam man auf den -harten Felsboden. Da sich aber der König einmal in den Kopf gesetzt -hatte, daß die Sache zu Stande gebracht werden sollte, so ließ er -zuletzt weit und breit bekannt machen in seinem ganzen Land, daß Der, -welcher die große Eiche vor dem Schloß umhauen, und einen Brunnen graben -könnte, der das ganze Jahr hindurch Wasser hielt, die Prinzessinn und -das halbe Reich haben sollte. Nun kann man sich wohl denken, daß Viele -kamen, um ihr Glück zu versuchen; aber was sie auch hauen und sägen und -hacken und graben mochten, es half Alles nichts: die Eiche wurde bei -jedem Hieb nur noch dicker, und der Felsboden wurde nicht weicher. -Endlich wollten die drei Brüder auch fort und ihr Glück versuchen, und -damit war der Vater wohlzufrieden; denn bekämen sie auch nicht die -Prinzessinn und das halbe Reich, dachte er, so könnten sie doch wohl bei -irgend einem braven Mann in Dienst kommen, und Mehr wünschte er nicht; -und als darum die Brüder davon anfingen, daß sie zu dem Königsschloß -wollten, sagte der Vater auch gleich Ja, und darauf machten Peter und -Paul und Esben Aschenbrödel sich auf den Weg. - -Als sie ein Ende gegangen waren, kamen sie an einem mit Tannen -bewachsenen Berg vorbei, und oben da hau'te und hau'te es. »Das wundert -mich, daß es da oben auf dem Berg so hau't,« sagte Esben Aschenbrödel. -»Du bist immer gleich bei der Hand mit Deinem Verwundern,« sagten Peter -und Paul: »ist das zu verwundern, daß ein Holzhauer da auf dem Berg -hau't?« -- »Ja, ich möchte aber doch wissen, Was es ist,« sagte Esben -Aschenbrödel, und ging hinauf. »Wenn Du ein solcher Narr bist, so sieh -zu, dann wirst Du's erfahren!« riefen die Brüder ihm nach; aber Esben -bekümmerte sich nicht darum, sondern ging grade nach dem Ort hin, wo er -es hauen hörte, und da sah er nun eine Axt, welche ganz allein da stand -und an einer Tanne hau'te. »Was stehst Du hier ganz allein und hau'st?« -fragte Esben Aschenbrödel. »Ach, nun hab' ich hier gestanden und gehau't -manchen lieben Tag, und hab' nur auf Dich gewartet,« sagte die Axt. -»Gut, nun bin ich hier,« sagte Esben, schlug die Axt von dem Helft -herunter und steckte sie in seinen Schnappsack. Als er nun wieder zu -seinen Brüdern kam, machten sie sich über ihn lustig und fragten: »Na, -was war denn Das für Schönes, was Du da oben sah'st?« -- »O, es war -bloß eine Axt,« sagte Esben. - -Als sie nun ein Ende weiter gegangen waren, kamen sie wieder zu einem -Berg, und oben da hörten sie es hacken und graben. »Das wundert mich,« -sagte Esben: »ich möchte doch wohl wissen, Was es ist, das da so -hackt und gräbt.« -- »Du bist immer gleich bei der Hand mit Deinem -Verwundern,« sagten Peter und Paul: »hast Du denn nie die Vögel auf den -Bäumen hacken und bicken hören?« -- »Ja, aber ich hätte doch Lust, zu -sehen, Was es ist,« sagte Esben und bekümmerte sich nicht darum, daß die -Andern ihn wieder auslachten, sondern ging gradezu auf den Berg. Dort -oben sah er nun eine Steinhacke, die stand da ganz allein und hackte und -grub. »Guten Tag!« sagte Esben Aschenbrödel: »Was stehst Du hier ganz -allein und hackst und gräbst?« -- »Ach, nun hab' ich hier gestanden und -gehackt und gegraben manchen lieben Tag und habe nur auf Dich gewartet,« -sagte die Hacke. »Gut, nun bin ich hier,« sagte Esben, schlug die Hacke -vom Stiel herunter, steckte sie in seinen Schnappsack, und damit ging er -wieder fort. »Das war wohl was Schönes, was Du da oben sah'st,« sagten -Peter und Paul zu ihm, als er sie wieder eingeholt hatte. »O, es war nur -eine Steinhacke,« sagte Esben Aschenbrödel. - -Nun gingen sie ein gutes Ende weiter, bis sie endlich zu einem Bach -kamen, und da nun alle Drei durstig waren von der Reise, legten sie -sich nieder, um zu trinken. »Mich wundert nur dieser Bach,« sagte -Aschenbrödel: »ich möchte doch wohl wissen, wo das Wasser herkommt.« --- »Mich wundert nur, daß Du nicht recht im Kopf bist!« sagten Peter und -Paul: »bist Du aber noch nicht verrückt, so wirst Du es wohl vor lauter -Verwunderung bald werden. Hast Du denn noch nie gehört, daß das Wasser -aus der Erde quillt?« -- »Ja aber ich hätte doch Lust, zu sehen, wo -es herkommt,« sagte Esben Aschenbrödel, und damit ging er an dem Bach -entlang und bekümmerte sich nicht darum, daß seine Brüder hinter ihm -herriefen und ihn auslachten. Als er nun ein weites Ende gegangen war, -wurde der Bach schmäler und immer schmäler, und endlich sah er da eine -große Wallnuß liegen, aus der sickerte das Wasser heraus. »Guten Tag,« -sagte Esben: »Was liegst Du hier so allein und sickerst?« -- »Ach, nun -hab' ich hier gelegen und gesickert manchen lieben Tag und habe nur auf -Dich gewartet,« sagte die Wallnuß. »Gut, nun bin ich hier,« sagte Esben, -nahm einen Flausch Moos und stopfte es in das Loch, so daß das Wasser -nicht heraus konnte, und dann steckte er die Wallnuß in seinen Schnappsack -und ging wieder zurück zu seinen Brüdern. »Nun hast Du wohl gesehen, -wo das Wasser herkommt; das sah wohl hübsch aus, kann ich mir denken,« -sagten Peter und Paul. »O, es war bloß ein Loch, wo es herausfloß,« -sagte Esben Aschenbrödel, und die Brüder lachten und machten sich über -ihn lustig; aber Esben bekümmerte sich nicht darum, sondern sagte bloß: -»Ich hatte nun einmal meine Lust daran, es zu sehen.« - -Als sie nun noch etwas weiter gegangen waren, kamen sie zu dem -Königsschloß. Aber da nun so viele Leute gehört hatten, daß sie die -Prinzessinn und das halbe Reich gewinnen könnten, wenn sie es zu Stande -brächten, die große Eiche umzuhauen und einen Brunnen im Schloßhof zu -graben, der immer Wasser hielt, so waren schon so Viele gekommen, die -ihr Glück versucht hatten, daß die Eiche noch einmal so groß und dick -geworden war, als vorher; denn Du erinnerst Dich wohl noch, daß immer -doppelt so Viel wieder anwuchs, als man mit der Axt abhau'te. Darum -hatte der König nun die Strafe ausgesetzt, daß wenn künftig Einer sein -Glück versuchen wollte und die Eiche nicht umhauen könnte, ihm beide -Ohren abgeschnitten werden sollten, und darnach sollte er auf eine Insel -hinausgebracht werden, die mitten im Meer lag. Aber die beiden Brüder -ließen sich dadurch nicht abschrecken, sie meinten, sie wollten die -Eiche schon umhauen, und Peter, welcher der älteste war, sollte zuerst -den Versuch machen. Aber es ging ihm nicht besser, als all den Andern, -die vor ihm ihr Glück versucht hatten; denn für jeden Span, den er -abhieb, wuchs gleich noch einmal so Viel wieder daran. Da nahmen die -Leute des Königs ihn bei den Schlafitten und brachten ihn hinaus auf -die Insel, nachdem sie ihm vorher beide Ohren abgeschnitten hatten. Nun -wollte sich Paul daran machen; aber dem gings um Nichts besser. Als er -zwei bis drei Hiebe gethan hatte, und die Leute sahen, daß die Eiche nur -noch größer wurde, nahmen sie ihn ebenfalls beim Kragen und brachten ihn -hinaus auf die Insel; ihm aber schnitten sie die Ohren noch dichter beim -Kopf ab, weil er der Bruder von dem Andern war. Nun wollte sich Esben -Aschenbrödel daran machen. »Möchtest Du gern aussehen, wie ein gemerktes -Schaf, so wollen wir Dir lieber die Ohren gleich abschneiden, dann sparst -Du die Mühe,« sagte der König und war gewaltig böse auf ihn, von wegen -seiner Brüder. »Ich hätte doch Lust, erst mein Glück zu versuchen,« -sagte Esben, und das durften sie ihm denn nicht verwehren. Er nahm nun -seine Axt aus dem Schnappsack, steckte sie wieder auf den Helft und -sprach dann: »Hau selber!« und sogleich fing die Axt an zu hauen, daß -nur die Späne so flogen, und da dauerte es nicht lange, so war die Eiche -herunter. Wie das gethan war, nahm Esben seine Hacke hervor, steckte sie -wieder an den Stiel, und sprach dann: »Grabe und hacke selbst!« und -sogleich fing die Hacke an zu graben und zu hacken, daß Erde und Steine -umherflogen, und da kann man sich denn wohl denken, daß der Brunnen tief -genug werden mußte. Als Esben ihn so tief und so groß hatte, wie er ihn -haben wollte, nahm er seine Wallnuß und legte sie unten auf den Boden, -dann zog er das Moos wieder aus dem Loch und sprach: »Fang' nun an zu -sickern!« Da fing die Wallnuß an zu sickern, daß nur das Wasser so -strömte, und da dauerte es nicht lange, so war der Brunnen bis an den -Rand voll. So hatte nun Esben Aschenbrödel die Eiche umgehauen, die -vor den Fenstern des Königs schattete, und einen Brunnen im Schloßhof -gegraben, der beständig Wasser hielt; und da bekam er die Prinzessinn -und das halbe Reich, so wie der König es versprochen hatte. Gut war es, -daß Peter und Paul ihre Ohren verloren hatten, denn sonst hätten sie es -immer und alle Tage hören müssen, daß Esben Aschenbrödel sich doch nicht -so schlecht gewundert hatte. - - - - -20. - -Die Mühle, die auf dem Meergrunde mahlt. - - -Es waren mal in uralter Zeit zwei Brüder, der eine war reich, und der -andre war arm. Als nun das Weihnachtsfest herankam, hatte der arme -keinen Bissen Fleisch, noch Brod im Hause, ging darum zu seinem Bruder -und bat ihn um eine Kleinigkeit in Gottes Namen. Nun war es aber nicht -das erste Mal, daß der reiche Bruder dem armen Etwas gegeben hatte, und -er war daher eben nicht sonderlich froh, als er ihn kommen sah. »Willst -Du thun, Was ich Dir sage,« sprach er: »so sollst Du einen ganzen Schinken -haben, so wie er im Rauch hangt.« Ja, das wollte der Arme gern und -bedankte sich. »Da hast Du ihn!« sagte der Reiche, indem er ihm den -Schinken zuwarf: »und geh nun zur Hölle!« -- »Hab' ich es versprochen, -so muß ich es thun,« sagte der Andre, nahm den Schinken und ging fort. -Er wanderte wohl den ganzen Tag, und als es dunkel wurde, erblickte -er vor sich einen hellen Lichtschimmer. »Hier muß es sein!« dachte -er. Etwas weiter hin im Walde aber stand ein alter Mann mit einem -langen weißen Bart und hau'te Holz. »Guten Abend!« sagte Der mit dem -Rauchschinken. »Guten Abend! Wo willst Du hin?« sagte der Mann. »O, ich -wollte nur zur Hölle, aber ich weiß nicht, ob ich recht gegangen bin,« -versetzte der Arme. »Ja, Du bist ganz recht,« sagte der alte Mann: »denn -das hier ist die Hölle,« und weiter sagte er: »Wenn Du nun hineinkommst, -dann werden sie Dir wohl alle Deinen Schinken abkaufen wollen, denn -Schweinfleisch ist ein seltnes Gericht in der Hölle; aber Du sollst -ihn für kein Geld verkaufen, sondern sollst dafür die alte Handmühle -verlangen, die hinter der Thür steht. Wenn Du dann wieder herauskommst, -will ich Dir auch lehren, wie Du sie stellen musst; denn die Mühle ist -zu Etwas gut, musst Du wissen.« Der Mann mit dem Schinken dankte für -guten Bescheid und klopfte beim Teufel an. - -Als er hineintrat, geschah es, wie der Alte ihm gesagt hatte: alle -Teufel, groß und klein, kamen um ihn herum, und der eine überbot immer -den andern auf den Rauchschinken. »Es war freilich meine Absicht, ihn -zum Weihnachts-Heiligen-Abend mit meinem Weib zu verschmausen;« sagte -der Mann: »aber weil Ihr alle so erpicht darauf seid, will ich ihn Euch -wohl überlassen; aber ich verkaufe ihn für keinen andern Preis, als für -die alte Handmühle, die da hinter der Thür steht.« Damit wollte aber der -Teufel nicht gern heraus, und er dung und feilschte mit dem Mann; aber -der blieb bei Dem, was er gesagt hatte, und da mußte ihm denn der Teufel -endlich die Mühle überlassen. Als der Mann nun wieder aus der Hölle -herausgekommen war, fragte er den alten Holzhauer, wie er denn die Mühle -stellen müsse, und als der es ihm gesagt hatte, bedankte er sich und -machte sich wieder auf den Heimweg; aber wie sehr er auch ausholte, so -kam er doch nicht eher, als nachts um zwölf Uhr zu Hause an. - -»Aber wo in aller Welt bist Du denn eigentlich gewesen?« sagte seine -Frau, als er eintrat: »Ich hab' hier gesessen und gewartet von einer -Stunde zur andern und habe nicht einmal zwei Holzsplitter kreuzweis -über einander unter den Grützkessel zu legen, damit ich uns ein -Weihnachtsessen koche.« -- »O,« sagte der Mann: »ich konnte nicht gut -eher kommen, denn ich hatte ein Geschäft zu besorgen und mußte deßhalb -einen weiten Weg machen; aber nun sollst Du mal sehen, Was ich uns -mitgebracht habe!« und damit stellte er die Mühle auf den Tisch hin und -ließ sie mahlen, erst Lichter, dann ein Tischtuch, und darnach Essen und -Bier und Alles, was zu einem guten Weihnachtsschmaus gehört; und so wie -er es der Mühle befahl, so mahlte sie. Seine Frau stand da und kreuzte -sich das eine Mal über das andre und wollte durchaus wissen, wo der Mann -die Mühle herbekommen hätte; aber damit wollte er nicht heraus: »Es kann -ganz einerlei sein, woher ich sie habe, Frau,« sagte er: »Du siehst, daß -die Mühle gut ist, und daß das Mahlwasser nicht all wird, und das ist -Genug,« und er mahlte Essen und Trinken und Alles, was gut schmeckt, -für das ganze Weihnachtsfest, und am dritten Tag bat er seine Freunde -zu sich, denn er wollte ihnen einen Gastschmaus geben. Als der reiche -Bruder sah, Was da alles zum Schmaus bereit stand, lief es ihm heiß und -kalt über die Haut, weil er seinem Bruder durchaus Nichts gönnte. »Am -Weihnachts-Abend,« sagte er zu den Andern: »war er noch so bettelarm, -daß er zu mir kam und mich um eine Kleinigkeit in Gottes Namen bat, -und nun auf einmal lässt er's drauf gehen, als wenn er Graf, oder -König geworden wäre. -- Wo zum ewigen Satan! hast Du all den Reichthum -herbekommen?« fragte er den Bruder. »Hinter der Thür,« sagte der, denn -er hatte keine Lust, ihm zu beichten; aber gegen Abend, als er ein -wenig in den Krüsel bekommen hatte, konnte er sich nicht länger halten, -sondern kam mit der Mühle zum Vorschein. »Da siehst Du die Gans, die mir -all den Reichthum gebracht hat,« sagte er und ließ die Mühle bald Dies, -bald Jenes mahlen. Als der Bruder das sah, wollte er ihm die Mühle -durchaus abkaufen; aber der Andre wollte sich anfangs gar nicht dazu -verstehen; endlich aber, wie der Bruder so sehr darum anhielt, sollte er -sie denn für dreihundert Thaler haben; aber bis zum Heumonat, das bedung -er sich aus, wollte er sie noch behalten; »denn,« dachte er: »hab' ich -sie noch so lange, kann ich mir Essen damit mahlen für manches liebe -Jahr.« In dieser Zeit nun wurde die Mühle, wie man sich wohl denken -kann, nicht rostig, und als der Heumonat herankam, erhielt der Bruder -sie; aber der Andre hatte sich wohl gehütet, ihm zu sagen, wie er sie -stellen müßte. Es war am Abend, als der Reiche die Mühle nach Hause -brachte, und am Morgen sagte er zu seiner Frau, sie sollte mit den -Schnittern ins Feld gehen und das Heu hinter ihnen kehren, er wolle -derweile das Mittagsessen bereiten. Als es nun so gegen Mittag war, -stellte er die Mühle auf den Küchentisch hin. »Mahl Hering und Milchsuppe, -daß es Art hat!« sprach er. Da fing die Mühle an zu mahlen Hering und -Milchsuppe, erst alle Schüsseln und Grapen voll, und nachher so viel, -daß die ganze Küche davon schwamm. Der Mann stellte und dreh'te die -Mühle; aber wie er sie auch handthieren mochte, so hielt die Mühle nicht -auf, zu mahlen, und zuletzt stand die Milchsuppe schon so hoch, daß der -Mann nahe daran war, zu ertrinken. Nun riß er die Stubenthür auf; aber -es dauerte nicht lange, so hatte die Mühle auch die Stube vollgemahlt, -und nur mit genauer Noth konnte der Mann noch die Thürklinke in der -Fluth von lauter Milchsuppe erfassen. Wie er nun die Thür aufgemacht -hatte, stürzte er hinaus ins Freie, und Hering und Milchsuppe immer -hinter ihn drein, so daß der ganze Hof und das Feld davon strömte. - -Indessen däuchte es der Frau, die das Heu auf dem Felde kehrte, es daure -ziemlich lange, eh' der Mann käme und sie zum Mittag abriefe. »Wir wollen -nur nach Hause gehen,« sagte sie zu den Schnittern: »denn ich kann es -mir wohl denken, er kann mit der Milchsuppe nicht allein fertig werden, -und ich muß ihm nur helfen.« Sie machten sich also auf und gingen nach -Hause. Wie sie aber hinter den Berg kamen, schwamm ihnen Hering und -Milchsuppe und Brod entgegen, alles durch einander, und der Mann lief -immer voran. »Gott gebe, daß Jeder von Euch hundert Bäuche hätte, um in -sich zu schlingen!« rief er: »Nehmt Euch aber in Acht, daß Ihr nicht in -meinem Mittagsessen ersauft!« und damit fuhr er ihnen vorbei, als wär' -der Teufel hinter ihm her, und hinüber zu seinem Bruder; den bat er nun -um Gottes willen, er möchte doch sogleich die Mühle wiedernehmen; »denn -mahlt sie noch eine Stunde dazu,« sprach er: »so vergeht das ganze Dorf -in lauter Hering und Milchsuppe.« Der Bruder aber wollte die Mühle nicht -wiedernehmen, wenn der Andre ihm nicht noch dreihundert Thaler dazu -bezahlte. Weil nun durchaus kein andrer Rath war, so mußte der Reiche -mit dem Gelde heraus. Nun hatte der Arme sowohl Geld, als die Mühle, und -da dauerte es denn nicht lange, so hatte er sich ein Haus gebau't, noch -weit prächtiger, als das, worin der Bruder wohnte. Mit der Mühle mahlte -er so viel Gold zusammen, daß er die Wände mit lauter Goldplatten -bekleiden konnte, und das Haus lag so nahe am Strande, daß man den Glanz -davon schon von weitem auf dem Meer sah. Alle, die da vorbeisegelten, -hielten dort an, um den reichen Mann in dem goldnen Hause zu besuchen -und die wunderbare Mühle zu sehen; denn es ging davon ein Gerede weit -und breit. - -Einmal kam auch ein Schiffer dort vorbei, der wollte ebenfalls die Mühle -sehen, und als er sie gesehen hatte, fragte er, ob sie auch wohl Salz -mahlen könne. »Ja, Salz kann sie auch mahlen,« sagte der Mann; und nun -wollte der Schiffer sie ihm durchaus abkaufen, sie möchte kosten, Was -sie wolle; »denn habe ich die,« dachte er: »dann brauch' ich nicht immer -so weit über's wilde Meer zu segeln, um Salz zu holen; sondern kann mir -einen guten Tag pflegen.« Anfangs aber wollte der Mann sie durchaus -nicht losschlagen; aber der Schiffer bat ihn so lange und so flehend, -bis er sie ihm endlich für viele tausend Thaler verkaufte. Als nun der -Schiffer die Mühle bekommen hatte, blieb er nicht lange in der Gegend; -denn er dachte, dem Mann könne der Handel nachher wieder leid werden; er -ließ sich auch nicht einmal so viel Zeit, daß er ihn fragte, wie er die -Mühle stellen müßte, sondern ging schnell auf sein Schiff und stieß von -Land. Als er ein Ende hinausgekommen war in die große See, nahm er seine -Mühle hervor. »Mahl Salz, daß es Art hat!« rief er. Da fing die Mühle an -und mahlte Salz, daß es knisterte und sprüh'te. Als der Schiffer sein -Schiff voll hatte, wollte er die Mühle stopfen, aber wie er's auch -anfing und sie stellen und drehen mochte, die Mühle mahlte immer fort, -und der Salzhaufen wuchs höher und immer höher, und zuletzt versank das -ganze Schiff ins Meer. Da steht nun die Mühle auf dem Meergrunde und -mahlt noch den heutigen Tag, und daher kommt es, daß das Meerwasser -salzig ist. - - - - -21. - -Die Prinzessinn auf dem gläsernen Berg. - - -Es war einmal ein Mann, der hatte eine Heuwiese, die lag auf einem Berg, -und auf der Wiese stand ein Schoppen, worin er das Futter aufbewahrte. -In den letzten Jahren aber war der Schoppen immer ziemlich leer gewesen; -denn allemal in der St. Johannisnacht, wenn das Gras am schönsten und -üppigsten stand, wurde die Wiese ganz kahl, als ob eine Viehheerde da -gegangen und das Gras abgefressen hätte. So geschah es das eine Jahr, -und so geschah es das andre. Das verdroß endlich den Mann, und er sagte -zu seinen Söhnen -- er hatte drei, und der dritte hieß _Aschenbrödel_, -musst Du wissen -- es solle einer von ihnen in der St. Johannisnacht im -Heuschoppen liegen und Acht geben, wie das Ding zusammenhinge; denn -es könne nicht angehen, daß jedes Jahr das Gras mit Stumpf und Stiel -abgefressen würde, sagte er. Nun machte zuerst der älteste Sohn sich -auf; er wollte schon aufpassen, sagte er, und es sollten ihm weder -Menschen, noch Vieh, noch der Teufel selbst das Gras von der Wiese -stehlen. Darauf ging er hin und legte sich in dem Heuschoppen schlafen. -Wie es aber auf die Nacht kam, entstand plötzlich ein solches Getöse und -ein Erdbeben, daß Dach und Wände krachten. Dem Burschen ward angst und -bange, und er sprang auf und lief davon, ohne sich umzusehen, und die -Wiese wurde in dieser Nacht wieder eben so kahl, als in den beiden -letzten Jahren. - -Den nächsten St. Johannis-Abend sagte der Mann wieder, es könne nicht -angehen, daß sie jedes Jahr ihr Heu auf der Wiese einbüßen sollten, es -müsse einer von den Söhnen die Nacht über im Schoppen schlafen und gut -aufpassen. Da machte sich denn der zweite Sohn auf; aber es ging ihm -nicht besser, als seinem Bruder; denn in der Nacht entstand wieder ein -Getöse und ein Erdbeben, noch weit furchtbarer, als in der vorigen -Johannis-Nacht. Dem Burschen ward angst und bange, und er sprang auf und -schwang die Fersen, als ob's für Geld ginge. - -Das Jahr darauf kam die Reihe an Aschenbrödel. Als er sich aber -anschickte, nach der Wiese zu gehen, fingen die andern Beiden an zu -lachen und machten sich über ihn lustig. »Ja, Du bist eben der Rechte, -um das Heu zu hüten,« sagten sie: »Du, der Du nichts Anders gelernt -hast, als in der Asche zu sitzen und Dich zu braten.« Aber Aschenbrödel -bekümmerte sich nicht um ihr Geschwätz, sondern als es Abend wurde, ging -er gradezu nach der Wiese. Als er eine Weile im Schoppen gelegen hatte, -fing es an zu donnern und zu krachen. »O, wenn's nicht schlimmer wird, -so kann ich's aushalten,« dachte Aschenbrödel. Als er noch eine Weile -gelegen hatte, entstand ein Krachen und ein Erdbeben, daß die Heuhalme -umherstoben. »O, wenn's nicht schlimmer wird, so halt ich's aus,« dachte -Aschenbrödel. Bald darauf kam ein drittes Krachen und Erdbeben, so daß -der Bursch glaubte, Dach und Wände würden zusammenstürzen; als das aber -vorbei war, wurde es mäuschenstill. »Ob's wohl wiederkommt?« dachte -Aschenbrödel; aber es kam nicht wieder. Nach einer Weile däuchte es dem -Burschen, als ob draußen vor dem Schoppen ein Pferd stände und gras'te. -Er schlich sich daher an die Thür und guckte durch die Ritze, und da sah -er denn ein Pferd stehen, welches das Gras abbiß; aber ein so großes -und stattliches Pferd hatte Aschenbrödel noch nie gesehen, und auf dem -Rücken trug es Sattel und Gebiß und eine vollständige Rüstung für einen -Ritter. Alles aber war von Kupfer, und so blank, daß es glitzerte. -»Haha! bist Du es, der uns immer das Gras abfrisst?« dachte der Bursch: -»aber das will ich Dir schon verbieten.« Er nahm darauf schnell sein -Feuerstahl aus der Tasche und warf es über das Pferd; da konnte es sich -nicht vom Fleck rühren, sondern war so zahm, daß der Bursch mit ihm -machen konnte, Was er wollte. Er setzte sich nun darauf und ritt damit -nach einem Ort hin, den Niemand kannte, als er allein, und da brachte er -es in Verwahrsam. Als er wieder nach Hause kam, fingen seine Brüder an -zu lachen und fragten ihn, wie es denn gegangen sei. »Du bliebst wohl -nicht lange in dem Schoppen liegen,« sagten sie: »wenn Du sonst überhaupt -nach der Wiese gekommen bist.« -- »Ich habe so lange in dem Schoppen -gelegen, bis die Sonne aufging,« sagte der Bursch: »aber ich habe Nichts -gehört, noch gesehen. Gott mag wissen, Was es ist, das Euch so in Furcht -gejagt hat.« -- »Ja, wir werden bald sehen, wie Du die Wiese gehütet -hast,« versetzten die Brüder. Als sie aber hinkamen, stand das Gras da -eben so hoch und so dicht, als den Tag zuvor. - -Den nächsten Johannis war es wieder das alte Lied. Keiner von den beiden -Brüdern wollte nach dem Schoppen gehen und die Wiese hüten, aber -Aschenbrödel, der wollte. Nun ging es wieder eben so, wie in der -vorigen Johannis-Nacht: zuerst kam wieder ein furchtbares Getöse und ein -Erdbeben, dann noch einmal, und endlich zum dritten Mal; aber alle drei -Erdbeben waren diesmal weit stärker, als das vorige Jahr. Darauf ward -es plötzlich ganz still, und der Bursch hörte Etwas draußen vor dem -Schoppen knuppern; er schlich sich nun wieder ganz leise nach der Thür -und guckte durch die Ritze. Ja, richtig! da stand wieder ein Pferd dicht -an der Mauer und fraß das Gras ab; aber das war noch weit größer und -stattlicher, als das vorige, und auf dem Rücken lagen Sattel und Gebiß -und eine vollständige Rüstung für einen Ritter -- Alles von blankem -Silber, und so prächtig, wie man's nur sehen kann. »Haha! bist Du es, -der uns in dieser Nacht das Gras abfressen wollte?« dachte der Bursch: -»aber das will ich Dir verbieten,« und damit nahm er schnell sein -Feuerstahl aus der Tasche und warf es dem Pferd über die Mähne, und nun -stand es da, so fromm und so zahm, wie ein Lamm. Da setzte der Bursch -sich drauf und ritt damit nach demselben Ort hin, wo er das andre Pferd -stehen hatte, und dann ging er wieder nach Hause. »Heute sieht es wohl -schön aus auf der Heuwiese,« sagten die Brüder. »O ja, ganz gut,« -versetzte Aschenbrödel. Sie wollten nun hin und zusehen, und als sie -hinkamen, stand das Gras da so hoch und so schön, daß es nur eine Lust -war; aber die Brüder wurden darum nicht freundlicher gegen Aschenbrödel. - -Als die dritte Johannis-Nacht herankam, wollte wieder Keiner von den -beiden ältesten Brüdern in dem Heuschoppen liegen und die Wiese hüten; -denn sie waren noch so eingeschüchtert von der ersten Nacht her, die -sie da gelegen hatten, daß sie's gar nicht wieder vergessen konnten. Da -mußte sich denn Aschenbrödel wieder aufmachen; und nun ging es wieder -eben so, wie die beiden vorigen Male: es kamen wieder drei Erdbeben, das -eine noch immer stärker, als das andre, und bei dem letzten tanzte der -Bursch von der einen Schoppenwand zur andern; aber darauf wurde es -mäuschenstill. Als der Bursch nun noch eine Weile gelegen hatte, hörte -er wieder draußen vor dem Schoppen Etwas knuppern. Er schlich sich nun -leise nach der Thür und guckte durch die Ritze -- da stand denn wieder -ein Pferd da, noch weit größer und stattlicher, als die beiden andern, -die er schon gefangen hatte. »Haha! bist Du es, der mir diese Nacht das -Gras abfressen wollte?« dachte der Bursch: »aber das will ich Dir schon -verbieten;« und damit nahm er sein Feuerstahl und warf es über das Pferd, -und da stand es auf dem Fleck so fest, als wär' es dran genagelt, und -der Bursch konnte mit ihm machen, Was er wollte; er ritt es nun nach -demselben Ort hin, wo er schon die beiden andern Pferde stehen hatte, -und ging dann nach Hause. Die beiden Brüder machten sich wieder über ihn -lustig, eben so wie die beiden vorigen Male. Diese Nacht, sagten sie, -hätte er die Wiese wohl gut gehütet, denn er sähe ja aus, als ob er noch -im Schlaf ginge, und Was Dergleichen Mehr war. Aber Aschenbrödel that, -als ob er nicht darauf achte, sondern sagte bloß, sie möchten nur -hingehen und zusehen; das thaten sie denn auch; aber das Gras stand da -eben so schön und üppig, als den Tag zuvor. - -Um diese Zeit geschah es, daß der König des Landes, in welchem -Aschenbrödels Vater wohnte, ein Aufgebot in seinem ganzen Reich ergehen -ließ. Der König hatte nämlich eine Tochter von wunderlieblicher -Schönheit, und die wollte er verheirathen. Die Tochter aber saß mit drei -goldnen Äpfeln in ihrem Schoß oben auf einem hohen gläsernen Berg, der -war so glatt wie Eis und so blank wie ein Spiegel. Wer nun auf den Berg -reiten und ihr die drei Äpfel aus dem Schoß nehmen könnte, der sollte -die Prinzessinn und das halbe Reich haben; das hatte der König in -allen Kirchdörfern in seinem ganzen Reich und noch in vielen andern -Königreichen bekannt machen lassen. Weil nun die Prinzessinn so -außerordentlich schön war, daß Jeder, der sie nur ansah, sogleich in -sie verliebt ward, er mochte wollen, oder nicht, so hatten alle Prinzen -und Ritter große Lust, sie und das halbe Königreich zu gewinnen, und -kamen daher von allen Enden der Welt geritten, so stattlich, daß man den -Glanz schon von weitem sah; und ihre Pferde gingen einher, als ob sie -unter ihnen tanzten -- kurz, es war Niemand, der nicht daran dachte, die -Prinzessinn und das halbe Reich zu gewinnen. - -Als nun der Tag gekommen war, den der König zu dem Ritt bestimmt hatte, -waren so viele Prinzen und Ritter um den gläsernen Berg versammelt, daß -es von ihnen wimmelte; und Jeder, der nur kriechen konnte, wollte hin -und sehen, Wer die Königstochter gewönne, und die beiden Brüder von -Aschenbrödel wollten auch hin, aber Aschenbrödel wollten sie nicht mit -haben, denn hätten sie einen solchen Wechselbalg bei sich, so schwarz -und abscheulich wie er, der immer da liege und in der Asche wühle, -sagten sie, dann würden die Leute sich nur über sie lustig machen. -Aschenbrödel aber sagte, es wär' ihm ganz einerlei, er bliebe auch eben -so gern zu Hause. Als nun die beiden Brüder zu dem gläsernen Berg kamen, -versuchten schon alle Ritter und Prinzen den Ritt, und sie ritten, daß -die Pferde unter ihnen schäumten; aber es half ihnen Alles nichts; denn -sowie nur das Pferd den Fuß an den Berg setzte, glitt es immer wieder -aus, und es war kein Einziger da, der nur ein paar Ellen lang an dem -Berg hinauf gekommen wäre, und das war eben nicht zu verwundern, denn -der Berg war so glatt wie ein Spiegel, und so steil wie eine Wand. Alle -aber wollten gern die Königstochter und das halbe Reich gewinnen, und -sie ritten und sie glitten, aber Alles umsonst. Zuletzt waren alle -Pferde schon so ausgemattet, daß sie nicht mehr vom Fleck konnten, und -über und über waren sie mit Schweiß bedeckt, und der Schaum stand ihnen -vor dem Mund. Da mußten sich denn die Prinzen und Ritter endlich geben. -Der König wollte nun schon bekannt machen lassen, daß das Wettreiten den -nächsten Tag wieder anfangen sollte, ob's dann vielleicht Einem gelingen -möchte; aber in demselben Augenblick kam ein Ritter in einer kupfernen -Rüstung daher, die war so blank, daß man sich darin spiegeln konnte, und -das Pferd, das er ritt, war so groß und so stattlich, wie noch Keiner -ein solches Pferd je gesehen hatte. Die andern Prinzen und Ritter -aber riefen ihm zu, er könne sich gern die Mühe sparen, den Ritt zu -versuchen, denn es würde ihm doch nichts helfen. Jener konnte aber auf -dem Ohr nicht hören, sondern ritt grade auf den gläsernen Berg zu und -hinan und hinauf, als wär' es gar Nichts gewesen. Als er aber um das -erste Drittheil hinaufgekommen war, lenkte er mit dem Pferd um und ritt -wieder zurück. Einen so schönen Ritter hatte die Prinzessinn noch nie -zuvor gesehen, und sie dachte bei sich selbst: »Ach Gott, wenn er doch -nur heraufkäme!« Als sie aber sah, daß er mit dem Pferd wieder umlenkte, -warf sie ihm einen von den goldnen Äpfeln nach, und der rollte hinab in -seinen Schuh. Sobald der fremde Ritter wieder unten war, gab er seinem -Pferd die Spornen und jagte davon, und Niemand wußte, wo er gestoben -oder geflogen war. Am Abend sollten alle Prinzen und Ritter vor -dem König erscheinen, damit Der, welcher an dem gläsernen Berg -hinaufgeritten sei, den goldnen Apfel aufzeigen könne, den die -Königstochter ihm zugeworfen hatte. Aber da war Keiner, der Etwas -aufzeigen konnte; der Eine kam nach dem Andern, aber den goldnen Apfel -hatte Niemand. - -Als nun die Brüder Aschenbrödels wieder nach Hause kamen, erzählten sie -ein Langes und Breites von dem Ritt auf den gläsernen Berg: wie zuerst -Keiner auch nur einen Schritt lang an dem Berg hätte hinaufkommen können, -und wie nachher Einer gekommen wäre in einer kupfernen Rüstung, so -blank, daß man sich darin spiegeln konnte, »und das war ein Bursch,« -sagten sie: »der konnte reiten; er ritt wohl über den dritten Theil an -dem gläsernen Berg hinauf, und er hätte auch wohl ganz hinaufreiten -können, wenn er bloß gewollt hätte; aber da kehrte er wieder um, denn er -mochte wohl denken, es sei Genug für das Mal.« -- »O, den hätt' ich auch -wohl sehen mögen!« sagte Aschenbrödel -- er saß auf dem Herd und wühlte -in der Asche, wie er gewöhnlich zu thun pflegte. »Ja, Du!« sagten -die Brüder: »Du siehst auch darnach aus, daß Du Dich vor so hohen -Herrschaften kannst sehen lassen, Du abscheuliches Biest, so wie Du da -sitzest!« - -Den andern Tag wollten die Brüder wieder nach dem gläsernen Berg, und -Aschenbrödel bat sie auch das Mal, sie möchten ihn doch mitnehmen, damit -er auch zusehen könne; aber nein, das ging nicht an, dazu wär' er viel -zu häßlich, sagten sie. »Ei nun, so bleib' ich auch eben so gern zu -Hause,« sagte Aschenbrödel. Als die Brüder zu dem Berg kamen, begannen -eben die Ritter und Prinzen wieder ihr Wettreiten, und das Mal hatten -sie ihre Pferde gehörig beschlagen lassen, kannst Du glauben; aber es -half ihnen doch Alles nichts, sie ritten und sie glitten eben so, wie -den vorigen Tag, und Keiner kam auch nur eine Elle lang an dem Berg -hinauf; und als sie ihre Pferde so lange abgequält hatten, daß sie nicht -mehr von der Stelle konnten, mußten sie alle wieder aufhalten. Nun -wollte der König schon bekannt machen lassen, daß das Wettreiten den -nächsten Tag zum letzten Mal vor sich gehen sollte, ob's dann vielleicht -noch Einem gelänge; da fiel ihm aber der Ritter mit der kupfernen -Rüstung ein, und er beschloß, noch ein wenig zu warten, ob er sich etwa -noch einfinden möchte. Aber der Ritter mit der kupfernen Rüstung fand -sich nicht ein; dagegen aber kam nach einer Weile ein anderer Ritter -daher gesprengt, der trug eine silberne Rüstung, die blitzte schon -von weitem, und das Roß, welches er ritt, war noch weit größer und -stattlicher, als das des kupfernen Ritters von gestern. Die Ritter und -Prinzen riefen ihm zwar zu, er könne sich gern die Mühe sparen, den Ritt -zu versuchen, denn es würde ihm doch nichts helfen; aber er achtete -nicht darauf, sondern ritt grade auf den gläsernen Berg zu und hinan und -hinauf, noch viel weiter, als der in der kupfernen Rüstung. Als er aber -um zwei Drittheile hinaufgekommen war, lenkte er mit seinem Pferd um -und ritt wieder zurück. _Den_ Ritter mochte nun die Prinzessinn noch -lieber leiden, als den von gestern, und sie wünschte, daß er doch nur -ganz hinaufkommen möchte. Als sie aber sah, daß er wieder umkehrte, warf -sie ihm den andern Apfel nach, und der rollte hinunter in seinen Schuh. -Der Ritter aber jagte schnell davon, und Niemand wußte, wo er geblieben -war. - -Am Abend sollten wieder Alle vor dem König und der Prinzessinn erscheinen, -damit Der, welcher den goldnen Apfel hätte, ihn aufweisen könne; aber -den goldnen Apfel hatte Niemand. - -Die Brüder erzählten zu Hause wieder, wie sich Alles zugetragen hatte. -»Alle Prinzen und Ritter, die da versammelt waren,« sagten sie: »konnten -Nichts ausrichten; zuletzt aber kam Einer mit einer silbernen Rüstung --- Wetter nicht mal! der konnte reiten! Er kam wohl über zwei Drittheile -an dem Berg hinauf, und da kehrte er wieder um. Aber das war ein Bursch! -und die Prinzessinn warf ihm den zweiten Apfel nach.« -- »Ach, den hätt' -ich auch wohl sehen mögen!« sagte Aschenbrödel. »Ja, er war ein wenig -blanker, als die Asche, worin Du wühlst, Du schwarzes Biest!« sagten die -Brüder. - -Am dritten Tag ging es wieder ungefähr eben so: Aschenbrödel wollte -wieder mit und zusehen; aber die Brüder wollten ihn durchaus nicht -mitnehmen. Als sie zu dem gläsernen Berg kamen, konnte wieder Niemand -auch nur eine Elle lang hinaufkommen. Alle warteten nun auf den Ritter -mit der silbernen Rüstung; aber der war weder zu sehen, noch zu hören. -Endlich kam ein Ritter in einer goldenen Rüstung dahergesprengt, die -strahlte, daß man den Glanz schon weit in der Ferne sehen konnte, und -das Pferd, das er ritt, war so groß und so stattlich, daß Keiner noch -dergleichen je gesehen hatte. Die Prinzen und Ritter konnten vor lauter -Verwunderung ihm nicht einmal zurufen, daß er sich die Mühe sparen solle, -den Ritt zu versuchen, und ehe sie sich's versahen, war er schon bei dem -gläsernen Berg und sprengte hinauf, als wär' es gar Nichts gewesen, so -daß die Prinzessinn nicht einmal Zeit bekam, zu wünschen, er möchte doch -ganz hinaufkommen. Oben nahm er ihr den dritten goldnen Apfel aus dem -Schoß, lenkte dann mit seinem Pferd wieder um -- und fort war er, als -wär' er verschwunden. - -Als am Abend die Brüder nach Hause kamen, erzählten sie wieder ein Langes -und Breites von dem Wettreiten an dem Tage, und zuletzt erzählten sie -auch von dem Ritter mit der goldnen Rüstung. »Das war aber ein Bursch!« -sagten sie: »einen so stattlichen Ritter giebt's nicht mehr in der -Welt.« -- »O, den hätt' ich auch wohl sehen mögen!« sagte Aschenbrödel. -»Ja, es blitzt nicht völlig so in der Asche, worin Du immer wühlst, Du -schwarzes Biest!« sagten die Brüder. - -Tages darauf sollten alle Prinzen und Ritter vor dem König und der -Prinzessinn erscheinen, -- denn am Abend, glaub' ich, war es schon zu -spät geworden -- damit Der, welcher den goldnen Apfel hätte, ihn -aufweisen könne. Es kam nun Einer nach dem Andern, erst kamen alle -Prinzen, und dann die Ritter; aber den goldnen Apfel hatte Niemand. »Ja, -Einer muß ihn doch haben,« sagte der König; »denn wir sahen es ja alle -mit unsern Augen, wie er da den Berg hinaufritt und ihn der Prinzessinn -aus dem Schoß nahm.« Da sich aber Niemand meldete, gab endlich der König -den Befehl, daß alle Leute in seinem ganzen Land aufs Schloß kommen -sollten, damit Der, welcher den goldnen Apfel hätte, ihn aufweise. Es -kam nun Einer nach dem Andern; aber den goldnen Apfel hatte Niemand. -Endlich kamen auch die beiden Brüder von Aschenbrödel; sie waren die -letzten. Darauf fragte der König, ob denn gar nicht mehr Leute in seinem -Reich wären. »Ja, wir haben noch einen Bruder zu Hause,« sagten die -Beiden: »aber der hat den goldnen Apfel wohl nicht genommen; denn er ist -in der Zeit nicht aus dem Aschhaufen gekommen.« -- »Einerlei,« sagte der -König: »sind alle die Andern hier gewesen, so mag er auch kommen!« und -da mußte denn Aschenbrödel auch aufs Schloß. »Hast Du den goldnen Apfel, -Du?« fragte ihn der König. »Ja, hier ist er, und hier ist der andre, und -hier ist der dritte,« sagte Aschenbrödel, indem er alle drei goldenen -Äpfel aus der Tasche nahm; und in demselben Augenblick warf er seine -russigen Kleider ab und stand nun da in seiner goldenen Rüstung, daß es -nur so blitzte. »Ja, Du sollst meine Tochter und das halbe Reich haben,« -sagte der König: »denn Du hast beides ehrlich verdient.« Darauf wurde -die Hochzeit gehalten, und Aschenbrödel bekam die Prinzessinn und das -halbe Reich. Bei der Hochzeit aber ging's lustig her; denn Hochzeit -feiern konnten sie alle, wenn sie auch nicht auf den gläsernen Berg -reiten konnten; und haben sie nicht aufgehört zu feiern, so feiern sie -noch. - - - - -22. - -Schmierbock. - - -Es war einmal eine Frau, die hatte einen kleinen Knaben, der war so dick -und so fett und mochte immer so gern gute Bissen, und darum nannte die -Mutter ihn _Schmierbock_; auch hatte sie einen kleinen allerliebsten -Hund, welchen sie _Goldzahn_ nannte. Nun stand die Frau einmal beim -Backtrog und backte Brod; da fing der Hund plötzlich an zu bellen. - -»Lauf mal hinaus, Schmierbock,« sagte die Frau: »und sieh zu, wonach -Goldzahn so bellt.« Da lief der Knabe hinaus, kam wieder herein und -sagte: - -»Na, Gott steh uns bei! da kommt ein großes, langes Trollweib her mit -dem Kopf unter dem Arm und einem Sack auf dem Rücken.« -- - -»Kriech unter den Backtrog und versteck Dich!« sagte seine Mutter. - -Nun kam das Trollweib an. »Guten Tag!« sagte sie. - -»Schönen Dank!« sagte die Mutter von Schmierbock. - -»Ist Schmierbock nicht zu Hause?« fragte das Weib. - -»Nein, er ist mit seinem Vater im Holz und fängt Waldhühner,« versetzte -die Frau. - -»Das wär' der Troll!« sagte das Weib: »ich hab' ein kleines silbernes -Messer, das wollt' ich ihm gern schenken.« -- - -»Pip! pip! hier bin ich!« sagte Schmierbock unter dem Backtrog und kroch -hervor. - -»Ich bin so alt und bin schon so steif im Rücken,« sagte das Trollweib: -»Du musst in den Sack kriechen und es Dir selbst holen.« - -Wie nun Schmierbock in den Sack gekrochen war, schwang das Weib ihn -auf den Rücken und ging damit fort. Als sie aber ein Ende gegangen -war, wurde sie müde und fragte: »Wie weit ist es noch bis zur -Schlafstelle?« -- - -»Ein Halbviertel Weges,« antwortete Schmierbock. - -Da setzte das Weib den Sack am Wege nieder, strich durch's Unterholz und -legte sich schlafen. Nun benutzte Schmierbock die Gelegenheit, nahm sein -Messer, schnitt damit ein Loch in den Sack und kroch heraus; dann legte -er eine große Kienwurzel an die Stelle und lief wieder nach Hause zu -seiner Mutter. Als nun das Trollweib in ihrer Wohnung ankam und sah, Was -sie im Sack hatte, da wurde sie so böse, daß es gar nicht zu sagen ist. - -Tages darauf stand die Frau abermals beim Trog und backte Brod; da begann -der Hund plötzlich wieder zu bellen. »Lauf mal hinaus, Schmierbock,« -sagte die Frau: »und sieh zu, wonach Goldzahn so bellt.« -- - -»Nun seh mal Einer das abscheuliche Biest!« sagte Schmierbock: »da kommt -sie wieder mit dem Kopf unter dem Arm und einem großen Sack auf dem -Rücken.« -- - -»Kriech unter den Backtrog und versteck Dich!« sagte seine Mutter. - -Nun kam das Trollweib an. »Guten Tag!« sagte sie: »ist Schmierbock nicht -zu Hause?« -- - -»Ei, was wollt' er zu Hause sein!« sagte die Frau: »er ist mit seinem -Vater im Holz und fängt Waldhühner.« -- - -»Das wär' der Troll!« sagte das Weib: »ich hab' ihm sonst eine schöne -silberne Gabel mitgebracht, die wollt' ich ihm schenken.« - -»Pip! pip! hier bin ich!« sagte Schmierbock und kroch hervor. - -»Ich bin so steif im Rücken,« sagte das Trollweib: »Du musst selbst in -den Sack kriechen und sie Dir holen.« Als nun Schmierbock in den Sack -gekrochen war, schwang das Weib ihn auf den Rücken und ging fort. Wie -sie aber ein Ende gegangen war, wurde sie wieder müde und fragte: »Wie -weit ist es noch bis zur Schlafstelle?« -- - -»Eine halbe Meile,« antwortete Schmierbock. - -Da setzte das Weib den Sack am Wege nieder, strich durch den Wald und -legte sich schlafen. Indessen aber benutzte Schmierbock die Gelegenheit, -schnitt ein Loch in den Sack und kroch heraus; dann legte er einen -großen Stein an die Stelle und lief wieder nach Hause zu seiner Mutter. -Als nun das Trollweib in ihrer Wohnung ankam, machte sie ein großes -Feuer auf dem Herd an, hängte einen großen Kessel darüber und wollte -Schmierbock kochen. Als sie ihn aber in den Kessel schütten wollte, fiel -der Stein heraus und schlug den Boden entzwei, so daß alles Wasser -herauslief und das Feuer auslöschte. Da wurde das Weib ganz wüthend und -sagte: »Wenn er sich auch noch so sehr sträubt, ich will ihn doch schon -kriegen.« - -Das dritte Mal ging es wieder eben so. Goldzahn fing wieder an zu bellen, -und da sagte die Mutter zu dem Knaben: »Geh mal hinaus, Schmierbock, und -sieh zu, wonach Goldzahn so bellt.« - -Schmierbock lief hinaus, kam wieder herein und sagte: »Na, Gott steh uns -bei! Da kommt wieder das Trollmensch mit dem Kopf unter dem Arm und -einem Sack auf dem Rücken.« -- - -»Kriech unter den Backtrog und versteck' Dich!« sagte die Mutter. - -Es dauerte nicht lange, so kam das Trollweib an. »Guten Tag!« sagte sie: -»ist Schmierbock nicht zu Hause?« -- - -»Ei was wollt' er zu Hause sein!« sagte die Mutter: »er ist mit seinem -Vater im Holz und fängt Waldhühner.« -- - -»Das wär' der Troll!« sagte das Weib: »ich habe sonst einen hübschen -silbernen Löffel mitgebracht, den wollt' ich ihm schenken.« -- - -»Pip! pip! hier bin ich!« sagte Schmierbock und kroch unter dem Backtrog -hervor. - -»Ich bin so steif im Rücken,« sagte das Trollweib: »Du musst selbst in -den Sack kriechen und ihn Dir holen.« Als Schmierbock hineingekrochen -war, schwang das Weib den Sack wieder auf den Rücken und ging fort. Das -Mal aber legte sie sich nicht wieder im Wald schlafen, sondern trug -Schmierbock gradesweges nach ihrem Hause. Als sie dort ankam, war es -grade Sonntag; darum sagte sie zu ihrer Tochter: - -»Nimm diesen Schmierbock und schlachte ihn und koch Suppe davon; die muß -aber fertig sein, wenn ich zurückkomme; denn ich gehe jetzt mit Deinem -Vater in die Kirche, um Fremde zu bitten.« - -Als nun das Trollpack gegangen war, wollte die Tochter den Schmierbock -schlachten; aber sie wußte gar nicht, wie sie das anfangen sollte. - -»Wart, ich will Dir's zeigen, wie Du's machen musst,« sagte Schmierbock: -»Lege nur Deinen Kopf auf die Bank, dann sollst Du mal sehen.« - -Das that denn das arme Mädchen auch; aber da nahm Schmierbock die Axt -und hieb ihr damit den Kopf ab, als wär's ein Küken gewesen. Dann legte -er den Kopf ins Bett und den Rumpf in den Kessel und kochte Suppe davon; -und als er das gethan hatte, nahm er die Kienwurzel und den Stein und -kroch damit in den Schornstein hinauf. - -Als darauf das Trollweib mit ihrem Mann wieder nach Hause kam, und sie -den Kopf im Bett liegen sahen, meinten sie, es wäre die Tochter, die -schliefe; sie wollten sie nun nicht aufwecken, sondern gingen zum -Kessel, um die Suppe zu kosten. - -»Schmeckt gut, die Schmierbocksuppe!« sagte das Trollweib. - -»Schmeckt gut, die Tochtersuppe!« sagte Schmierbock oben im Schornstein; -aber das hörten sie nicht recht. - -Darauf nahm der Troll den Löffel und wollte auch die Suppe kosten. - -»Schmeckt gut, die Schmierbocksuppe!« sagte er. - -»Schmeckt gut, die Tochtersuppe!« sagte Schmierbock im Schornstein. - -Da wurden sie aufmerksam und konnten nicht begreifen, Wer es sei, der -da im Schornstein schwatze; sie stiegen daher auf den Herd und wollten -zusehen. Aber da nahm Schmierbock die Kienwurzel und den Stein und warf -sie damit auf den Kopf, so daß sie todt umfielen. Als Schmierbock das -sah, stieg er wieder herunter, nahm all das Gold und Silber, was er da -vorfand, und reis'te damit nach Hause zu seiner Mutter. Und nun war -Schmierbock ein reicher Mann. - - - - FUSSNOTEN -- FOOTNOTES - - 1. _Ham_ bezeichnet in der nordischen Mythologie eine zauberkräftige - Haut irgend eines Thiers mit den daran befindlichen Haaren, oder - Federn, wodurch Derjenige, auf welchen diese Haut geworfen ward, - augenblicklich in ein solches Thier verwandelt wurde. - Anm. d. Übers. - - - - - TRANSCRIBER'S NOTE -- ZUR KENNTNISNAHME - - Contemporary spellings have generally been retained even when - inconsistent. The following additional changes have been made: - - - Zeitgenössische Schreibungen wurden generell beibehalten, - auch wenn gelegentlich mehrere Variaten auftauchen. - Die folgenden zuätzlichen Änderungen wurden vorgenommen: - - daß man den Ganz schon daß man den _Glanz_ schon - weit in der Ferne sah weit in der Ferne sah - - Darauf begann die Grimsschecke Darauf begann die Grimsschecke - einem Kampf _einen_ Kampf - - was wir zu sprechen haben, was wir zu sprechen haben, - können wie immer hier sprechen können _wir_ immer hier sprechen - - »So?« sagte der Westwind »So?« sagte der _Südwind_ - - als eine Bettlermädchen als _ein_ Bettlermädchen - - das erste Mal, das erste Mal, - das ich gestohlen habe _daß_ ich gestohlen habe - - es solle das erste Mal sein, es solle das erste Mal sein, - das sie gestohlen hätte _daß_ sie gestohlen hätte - - habe nur auf auf Dich gewartet habe nur _auf_ Dich gewartet - - - - - -End of the Project Gutenberg EBook of Norwegische Volksmährchen vol. 2, by -P. Asbjörnsen and Jörgen Moe - -*** END OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK NORWEGISCHE VOLKSMÄHRCHEN VOL. 2 *** - -***** This file should be named 30084-8.txt or 30084-8.zip ***** -This and all associated files of various formats will be found in: - http://www.gutenberg.org/3/0/0/8/30084/ - -Produced by Delphine Lettau and the Online Distributed -Proofreading Team at http://www.pgdp.net - - -Updated editions will replace the previous one--the old editions -will be renamed. - -Creating the works from public domain print editions means that no -one owns a United States copyright in these works, so the Foundation -(and you!) can copy and distribute it in the United States without -permission and without paying copyright royalties. Special rules, -set forth in the General Terms of Use part of this license, apply to -copying and distributing Project Gutenberg-tm electronic works to -protect the PROJECT GUTENBERG-tm concept and trademark. 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Redistribution is -subject to the trademark license, especially commercial -redistribution. - - - -*** START: FULL LICENSE *** - -THE FULL PROJECT GUTENBERG LICENSE -PLEASE READ THIS BEFORE YOU DISTRIBUTE OR USE THIS WORK - -To protect the Project Gutenberg-tm mission of promoting the free -distribution of electronic works, by using or distributing this work -(or any other work associated in any way with the phrase "Project -Gutenberg"), you agree to comply with all the terms of the Full Project -Gutenberg-tm License (available with this file or online at -http://gutenberg.org/license). - - -Section 1. General Terms of Use and Redistributing Project Gutenberg-tm -electronic works - -1.A. By reading or using any part of this Project Gutenberg-tm -electronic work, you indicate that you have read, understand, agree to -and accept all the terms of this license and intellectual property -(trademark/copyright) agreement. 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It exists -because of the efforts of hundreds of volunteers and donations from -people in all walks of life. - -Volunteers and financial support to provide volunteers with the -assistance they need, are critical to reaching Project Gutenberg-tm's -goals and ensuring that the Project Gutenberg-tm collection will -remain freely available for generations to come. In 2001, the Project -Gutenberg Literary Archive Foundation was created to provide a secure -and permanent future for Project Gutenberg-tm and future generations. -To learn more about the Project Gutenberg Literary Archive Foundation -and how your efforts and donations can help, see Sections 3 and 4 -and the Foundation web page at http://www.pglaf.org. - - -Section 3. 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Thus, we do not necessarily -keep eBooks in compliance with any particular paper edition. - - -Most people start at our Web site which has the main PG search facility: - - http://www.gutenberg.org - -This Web site includes information about Project Gutenberg-tm, -including how to make donations to the Project Gutenberg Literary -Archive Foundation, how to help produce our new eBooks, and how to -subscribe to our email newsletter to hear about new eBooks. diff --git a/old/30084-8.zip b/old/30084-8.zip Binary files differdeleted file mode 100644 index 7712081..0000000 --- a/old/30084-8.zip +++ /dev/null diff --git a/old/30084-h.zip b/old/30084-h.zip Binary files differdeleted file mode 100644 index 0be816d..0000000 --- a/old/30084-h.zip +++ /dev/null diff --git a/old/30084-h/30084-h.htm b/old/30084-h/30084-h.htm deleted file mode 100644 index c85efc0..0000000 --- a/old/30084-h/30084-h.htm +++ /dev/null @@ -1,6427 +0,0 @@ -<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Strict//EN" - "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-strict.dtd"> -<html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"> -<head> -<meta http-equiv="Content-Type" content="text/html; charset=ISO-8859-1" /> -<title>The Project Gutenberg eBook of Norwegische Volksmärchen, zweiter Band, by P. 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Asbjörnsen and Jörgen Moe - -This eBook is for the use of anyone anywhere at no cost and with -almost no restrictions whatsoever. You may copy it, give it away or -re-use it under the terms of the Project Gutenberg License included -with this eBook or online at www.gutenberg.org - - -Title: Norwegische Volksmährchen vol. 2 - gesammelt von P. Asbjörnsen und Jörgen Moe - -Author: P. Asbjörnsen - Jörgen Moe - -Commentator: Ludwig Tieck - -Translator: Friedrich Bresemann - -Release Date: September 25, 2009 [EBook #30084] - -Language: German - -Character set encoding: ISO-8859-1 - -*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK NORWEGISCHE VOLKSMÄHRCHEN VOL. 2 *** - - - - -Produced by Delphine Lettau and the Online Distributed -Proofreading Team at http://www.pgdp.net - - - - - - -</pre> - -<hr class="full" /> -<p> </p> -<h3>Norwegische</h3> -<h1>Volksmährchen,</h1> -<h4>gesammelt</h4> -<h4>von</h4> -<h3>P. Asbjörnsen und Jörgen Moe.</h3> -<hr class="min" /> -<h3>Deutsch von Friederich Bresemann.</h3> -<hr class="min" /> -<p> </p> -<h4>Mit einem Vorworte<br /> -<br /> -von<br /> -</h4> -<h3>Ludwig Tieck.</h3> -<hr class="min" /> -<p> </p> -<h4>Zweiter Band.</h4> -<p> </p> -<div class="center"> -<p class="noindent"><small>Verlegt<br /> -von</small><br /> -<b>M. Simion in Berlin.</b><br /> - -1847.</p></div> - -<h6>Gedruckt bei Julius Sittenfeld in Berlin.</h6> - -<p> </p> -<hr class="narrow" /> -<p> </p> - -<h2><span class="wide">I n h a l t</span></h2> -<div class="center"> -<table style="margin: 0 auto" cellpadding="1" summary="Inhalt_Contents"> - -<tr><td align="right" valign="top">1. </td> <td align="left"><a href="#kap1" >Die sieben Füllen</a></td></tr> -<tr><td align="right" valign="top">2. </td> <td align="left"><a href="#kap2" >Gidske</a></td></tr> -<tr><td align="right" valign="top">3. </td> <td align="left"><a href="#kap3" >Die zwölf wilden Enten</a></td></tr> -<tr><td align="right" valign="top">4. </td> <td align="left"><a href="#kap4" >Der Meisterdieb</a></td></tr> -<tr><td align="right" valign="top">5. </td> <td align="left"><a href="#kap5" >Die drei Schwestern im Berge</a></td></tr> -<tr><td align="right" valign="top">6. </td> <td align="left"><a href="#kap6" >Von dem Riesen, der kein Herz im Leibe hatte</a></td></tr> -<tr><td align="right" valign="top">7. </td> <td align="left"><a href="#kap7" >Die Grimsschecke</a></td></tr> -<tr><td align="right" valign="top">8. </td> <td align="left"><a href="#kap8" >Es hat keine Noth mit Dem, in welchen alle Weiber<br /> -verliebt sind</a></td></tr> -<tr><td align="right" valign="top">9. </td> <td align="left"><a href="#kap9" >Die Lügenprobe</a></td></tr> -<tr><td align="right" valign="top">10. </td> <td align="left"><a href="#kap10" >Die drei Böcke Brausewind, die nach der Koppel gehen<br /> -und sich fett machen wollten</a></td></tr> -<tr><td align="right" valign="top">11. </td> <td align="left"><a href="#kap11" >Östlich von der Sonne und westlich vom Mond</a></td></tr> -<tr><td align="right" valign="top">12. </td> <td align="left"><a href="#kap12" >Von dem Huhn, das nach dem Dovrefjeld wollte,<br /> -damit nicht die Welt vergehen sollte</a></td></tr> -<tr><td align="right" valign="top">13. </td> <td align="left"><a href="#kap13" >Der Mann, der das Haus beschicken sollte</a></td></tr> -<tr><td align="right" valign="top">14. </td> <td align="left"><a href="#kap14" >Däumerling</a></td></tr> -<tr><td align="right" valign="top">15. </td> <td align="left"><a href="#kap15" >Hakon Borkenbart</a></td></tr> -<tr><td align="right" valign="top">16. </td> <td align="left"><a href="#kap16" >Die Meisterjungfer</a></td></tr> -<tr><td align="right" valign="top">17. </td> <td align="left"><a href="#kap17" >Wohl gethan und schlecht gelohnt</a></td></tr> -<tr><td align="right" valign="top">18. </td> <td align="left"><a href="#kap18" >Treu und Untreu</a></td></tr> -<tr><td align="right" valign="top">19. </td> <td align="left"><a href="#kap19" >Peter und Paul und Esben Aschenbrödel</a></td></tr> -<tr><td align="right" valign="top">20. </td> <td align="left"><a href="#kap20" >Die Mühle, die auf dem Meergrunde mahlt</a></td></tr> -<tr><td align="right" valign="top">21. </td> <td align="left"><a href="#kap21" >Die Prinzessinn auf dem gläsernen Berg</a></td></tr> -<tr><td align="right" valign="top">22. </td> <td align="left"><a href="#kap22" >Schmierbock</a></td></tr> -</table> -</div> -<p> </p> -<p> </p> - -<hr class="narrow" /> -<h3><a name="kap1" id="kap1"></a>1.</h3> -<div class="center"> - <p class="noindent"><b>Die Sieben Füllen.</b></p> -</div> - -<p>Es waren einmal ein Paar arme Leute, die wohnten in -einer elenden Hütte, weit weg in einem Walde, und hatten -nicht Mehr, als aus der Hand in den Mund, und -kaum einmal das; aber drei Söhne hatten sie, und der -jüngste von ihnen war <span class="wide">Aschenbrödel</span>, denn er that -nichts Anders, als in der Asche wühlen.</p> - -<p>Eines Tages sagte der älteste Bursch, er wolle fort und -sich einen Dienst suchen; dagegen hatten die Ältern Nichts einzuwenden, -und er wanderte hinaus in die Welt. Er ging -den ganzen Tag, und als es Abend ward, kam er zu einem -Königsschloß. Da stand der König draußen auf der Treppe -und fragte ihn, wo er hin wolle. »O, ich suche mir nur -einen Dienst,« sagte der Bursch. »Willst Du bei mir -dienen und meine sieben Füllen hüten?« fragte ihn der -König. »Wenn Du sie einen ganzen Tag hüten kannst -und mir am Abend sagen, Was sie essen und Was sie -trinken, so sollst Du die Prinzessinn und das halbe Reich -haben,« sagte er: »kannst Du es aber nicht, so schneide -ich Dir drei rothe Riemen aus Deinem Rücken.« Ja, -das, meinte der Bursch, wär' eine leichte Arbeit, damit -wollt' er schon fertig werden.</p> - -<p>Am Morgen, als es Tag wurde, ließ der Stallmeister -die sieben Füllen aus; diese fort, und der Bursch hinter -ihnen her, und darauf ging's über Berg und Thal, -durch Rusch und durch Busch. Als der Bursch eine gute -Weile gelaufen hatte, fing er an, müde zu werden, und -als er's noch eine Zeitlang ausgehalten, da hatt' er das -Hüten völlig satt. Er stand eben vor einer Bergschlucht, -wo ein altes Weib saß und die Spindel dreh'te; als die -den Burschen erblickte, der hinter den Füllen herlief, daß -ihm der Schweiß von der Stirne troff, rief sie: »Komm -her, mein schmucker Bursch! ich will Dir den Kopf krauen.« -Das war dem Burschen schon recht; er setzte sich zu dem -alten Weib in der Bergschlucht und legte seinen Kopf auf -ihren Schoß, und nun krau'te sie ihn den ganzen Tag, -während er da lag und sich runks'te. Als es Abend -wurde, wollte der Bursch fort: »Es ist wohl am besten, -ich gehe nur wieder heim zu meinen Ältern,« sagte er: -»denn daß ich auf's Schloß zurückkehre, kann doch Nichts -nützen.« — »Warte nur, bis es dunkel geworden ist,« -sagte das Weib: »dann kommen die Füllen hier wieder -vorbei, und dann kannst Du mit ihnen zurücklaufen; -denn es weiß Niemand, daß Du hier den ganzen -Tag auf meinem Schoß gelegen hast, anstatt sie zu hüten.« -Als nun die Füllen ankamen, gab das Weib dem -Burschen eine Flasche mit Wasser und einen Büschel Moos; -das sollte er dem König zeigen und sagen, das wäre Das, -was die sieben Füllen äßen und tränken.</p> - -<p>»Hast Du nun die Füllen den ganzen Tag treu gehütet?« -fragte ihn der König, als er am Abend ankam. -»Ja, das hab' ich,« sagte der Bursch. »Kannst Du mir -denn sagen, Was sie essen, und Was sie trinken?« fragte -der König. Da zeigte der Bursch ihm die Flasche mit -Wasser und den Büschel Moos, was er von der Alten -bekommen hatte. »Da siehst Du, Was sie essen, und da -siehst Du, Was sie trinken,« sagte er. Da wußte nun -der König gleich, wie er sie gehütet hatte, und er wurde -so zornig, daß er seinen Leuten befahl, sie sollten ihn sogleich -aus dem Hause jagen, erst aber sollten sie ihm drei -rothe Riemen aus seinem Rücken schneiden und Salz hineinstreuen. -Als darauf der Bursch zu Hause kam, so kannst -Du Dir wohl vorstellen, wie ihm zu Muthe war. Einmal -wäre er ausgegangen, um zu dienen, sagte er: aber -er thät's nicht zum zweiten Mal.</p> - -<p>Den Tag darauf sagte der zweite Sohn, nun wolle -er auch einmal in die Welt und sein Glück versuchen. -Die Ältern aber sagten nein, und er möchte nur den -Rücken seines Bruders betrachten; aber der Sohn bat so -lange, bis sie ihn denn zuletzt reisen ließen. Wie er nun -einen ganzen Tag gewandert hatte, kam er auch zu dem -Königsschloß. Da stand der König auf der Treppe und -fragte ihn, wo er hin wolle; und als der Bursch sagte, -er wolle sich nach einem Dienst umhören, sagte der König, -er könne bei ihm in Dienst kommen, wenn er seine -sieben Füllen hüten wolle, setzte ihm aber dieselbe Strafe -und denselben Lohn aus, wie er beides seinem Bruder -ausgesetzt hatte. Ja, dem Burschen war das recht, und -er nahm ohne weiteres Bedenken den Dienst an; denn er -meinte, er wolle die Füllen schon hüten und dem König -sagen, Was sie äßen und Was sie tränken.</p> - -<p>Sobald es Tag wurde, ließ der Stallmeister die sieben -Füllen hinaus; diese fort über Berg und Thal, und -der Bursch hinter ihnen her. Aber es ging ihm nicht besser, -als dem Bruder. Als er so lange hinter den Füllen hergelaufen -war, bis er ganz müde geworden und über und über mit -Schweiß bedeckt war, kam er ebenfalls an die Bergschlucht, wo -das alte Weib saß und die Spindel dreh'te. »Komm her, -mein schmucker Bursch! ich will Dir den Kopf krauen,« -rief sie. Das däuchte dem Burschen ganz gut; er ließ -die Füllen laufen, wohin sie wollten, setzte sich zu dem -Weib in der Bergschlucht, und da lag er nun und runks'te -sich den ganzen Tag.</p> - -<p>Als die Füllen am Abend zurückkamen, gab das alte -Weib ihm auch eine Flasche mit Wasser und einen Büschel -Moos, welches er dem König zeigen sollte. Als aber -darauf der König den Burschen fragte, ob er ihm sagen -könne, Was die sieben Füllen äßen und Was sie tränken, -und dieser ihm die Wasserflasche und den Moosbüschel -hinhielt und sagte: »Da siehst Du, Was sie essen, und -da siehst Du, Was sie trinken,« ward der König so zornig, -daß er befahl, ihm drei rothe Riemen aus seinem -Rücken zu schneiden und Salz hineinzustreuen und ihn -dann augenblicklich fortzujagen. Wie nun der Bursch zu -Hause kam, erzählte er ebenfalls, wie's ihm ergangen war, -und sagte, einmal wäre er ausgegangen, um zu dienen, -aber er thät's nicht zum zweiten Mal.</p> - -<p>Den dritten Tag wollte Aschenbrödel sich aufmachen. -Er hätte große Lust, sagte er, auch mal zu versuchen, die -sieben Füllen zu hüten. Die Andern aber lachten und hatten -ihn zum Besten. »Wenn es uns so gegangen ist,« sagten -sie: »so sollst Du wohl was ausrichten, Du, der nie -etwas Andres gethan hat, als auf dem Herd liegen und -in der Asche wühlen.« — »Einerlei,« sagte Aschenbrödel: -»ich will aber fort; denn ich hab's mir einmal in den -Kopf gesetzt,« — und wie sehr die Brüder ihn auch auslachten, -und die Ältern ihn bitten mochten, es half Alles -nichts: Aschenbrödel mußte fort. Als er nun den ganzen -Tag marschirt hatte, kam er endlich gegen Abend auch zu -dem Königsschloß. Der König stand wieder draußen auf -der Treppe und fragte ihn, wo er hin wolle. »Ich wollte -mich nur nach einem Dienst umhören,« sagte Aschenbrödel. -»Wo bist Du her?« fragte ihn der König, denn er -wollte sich erst etwas näher erkundigen, eh' er wieder Jemanden -in Dienst nahm. Aschenbrödel erzählte ihm nun, -wo er her sei, und daß er der Bruder von den Zweien -wäre, die vor ihm die Füllen gehütet hätten, und fragte, ob -er den nächsten Tag nicht auch versuchen dürfte, sie zu -hüten. »Twi!« sagte der König und gerieth ganz in -Zorn: »bist Du der Bruder von den Zweien, so taugst -Du auch wohl nicht viel mehr, als sie; von solchen -Leuten habe ich schon Genug gehabt.« — »Was schadt's?« -sagte Aschenbrödel: »da ich doch einmal hier bin, so könnt' -ich's ja auch mal versuchen.« — »Nun ja, wenn Du denn -durchaus Deinen Rücken geschunden haben willst, dann -meinetwegen!« sagte der König. »Ich möchte weit lieber -die Prinzessinn haben,« sagte Aschenbrödel.</p> - -<p>Am Morgen, als es Tag wurde, ließ der Stallmeister -die sieben Füllen hinaus; diese fort über Berg und -über Thal, durch Rusch und durch Busch, und Aschenbrödel -immer hinter ihnen her. Als er ihnen eine gute -Weile nachgelaufen war, kam er auch zu der Bergschlucht; -da saß wieder das alte Weib mit ihrer Spindel und rief -Aschenbrödel zu: »Komm her, mein schmucker Bursch! ich -will Dir den Kopf krauen!« — »Küß mich hinten!« -sagte Aschenbrödel, hielt sich fest an dem Schweif des jüngsten -Füllen und sprang fort. Als sie die Bergschlucht -hinter sich hatten, sagte das Füllen zu ihm: »Setze Dich -auf meinen Rücken, denn wir haben noch einen weiten -Weg,« und das that Aschenbrödel.</p> - -<p>Nun ging's noch ein weites Ende fort. »Siehst Du -Etwas?« sagte das Füllen. »Nein,« sagte Aschenbrödel. -Damit ging's noch ein gutes Ende weiter. »Siehst Du -jetzt Etwas?« fragte das Füllen wieder. »Nein,« sagte -der Bursch. Als sie nun eine weite, weite Strecke zurückgelegt -hatten, fragte das Füllen wieder: »Siehst Du jetzt -Etwas?« — »Ja, nun seh' ich etwas Weißes schimmern,« -sagte Aschenbrödel: »es sieht aus wie ein großer, dicker -Birkenstamm.« — »Da müssen wir hin,« sagte das Füllen. -Als sie nun hinkamen, riß das älteste Füllen den Stamm -aus und warf ihn bei Seite. Da öffnete sich an der Stelle, -wo der Stamm gestanden hatte, eine Thür — drinnen -war ein kleines Zimmer, und in dem Zimmer war nichts -Anders, als ein kleiner Herd und ein paar Bänke; und -hinter der Thür hing ein altes rostiges Schwert, eine -Flasche und ein Krug. »Kannst Du das Schwert schwingen?« -fragte das Füllen. Aschenbrödel machte einen Versuch, -aber er konnt's nicht schwingen. Da mußte er einen -Trunk aus der Flasche thun, erst einmal, dann noch einmal, -und dann noch einmal, und da konnt' er es schwingen -wie gar Nichts. »Jetzt musst Du das Schwert mit -Dir nehmen,« sagte das Füllen: und an Deinem Hochzeitstage -musst Du uns allen sieben damit den Kopf abhauen, -dann werden wir wieder zu Prinzen, wie wir ehedem -waren; denn wir sind die Brüder der Prinzessinn, -die Du heirathen sollst, wenn Du dem König sagen kannst, -Was wir essen, und Was wir trinken; — ein böser Troll -hatte diese Ham's<a name="fn1r" id="fn1r"></a><a href="#fn1"><small><sup>1</sup></small></a> auf uns geworfen. Wenn Du uns -aber dann den Kopf abgehauen hast, musst Du vorsichtig -jeden Kopf beim Schwanz desjenigen Rumpfes hinlegen, -auf dem er gesessen; alsdann hat der Zauber keine Macht -mehr über uns.« Aschenbrödel versprach, Alles genau zu -thun, wie das Füllen ihm gesagt hatte, und darauf ging -es wieder fort.</p> - -<p>Als sie nun eine lange Strecke Weges zurückgelegt -hatten, fragte das Füllen: »Siehst Du Etwas?« — -»Nein,« sagte Aschenbrödel. Als sie darauf ein gutes Ende -weiter gekommen waren, fragte das Füllen wieder: »Siehst -Du jetzt Etwas?« — »Nein, ich sehe Nichts,« sagte -Aschenbrödel. Nun ging es viele, viele Meilen weit über -Berge und über Thäler. Endlich fragte das Füllen wieder: -»Siehst Du jetzt Etwas?« — »Ja, nun seh' ich -einen blauen Streifen weit weit in der Ferne,« sagte -Aschenbrödel. »Das ist ein Fluß,« sagte das Füllen: -»da müssen wir hinüber.« Über den Fluß aber führte -eine lange schöne Brücke, und als sie auf die andre Seite -gekommen waren, ging es wieder eine lange Strecke weiter. -Endlich fragte das Füllen wieder, ob Aschenbrödel -Nichts sähe. Ja, da sah' er weit in der Ferne etwas -Schwarzes, das sah aus wie ein Kirchthurm. »Da müssen -wir hinein,« sagte das Füllen.</p> - -<p>Als die Füllen auf den Kirchhof kamen, wurden sie -wieder in Menschen verwandelt; sie sahen nun aus wie -Königssöhne und hatten so prächtige Kleider an, daß es -glitzerte und blitzerte. Darauf gingen sie in die Kirche -und empfingen von dem Priester, der vor dem Altar stand, -Brod und Wein. Aschenbrödel ging auch mit hinein; und -als der Priester die Hände auf die Prinzen gelegt und sie -gesegnet hatte, gingen sie wieder hinaus, und Aschenbrödel -folgte ihnen nach; zuvor aber steckte er eine Flasche mit Wein -und ein Altarbrod zu sich. Sowie die Prinzen den Kirchhof verlassen -hatten, waren sie wieder in Füllen verwandelt, und nun -ging es wieder desselben Weges zurück, den sie gekommen -waren, aber noch viel schneller, als vorher. Erst kamen -sie über die Brücke, dann kamen sie zu dem Birkenstamm, -und dann zu dem alten Weib, das in der Bergschlucht -saß und spann. Es ging aber so schnell, daß Aschenbrödel -nicht hören konnte, Was das alte Weib, das hinter ihm -herschrie, sagte; so Viel verstand er jedoch, daß sie ganz -bitterböse war.</p> - -<p>Es war beinahe dunkel geworden, als er am Schloß -ankam, und der König stand auf der Treppe und wartete -auf ihn. »Hast Du nun die Füllen den ganzen Tag treu -gehütet?« fragte er Aschenbrödel. »Ich habe mein Bestes -gethan,« antwortete dieser. »So kannst Du mir denn -wohl sagen, Was sie essen, und Was sie trinken,« versetzte -der König. Da nahm Aschenbrödel die Flasche mit -Wein und das Altarbrod hervor und sprach: »Da siehst -Du, Was sie essen, und da siehst Du, Was sie trinken.« -— »Ja, Du hast sie treu gehütet,« sagte der König: -»und nun sollst Du die Prinzessinn und das halbe Reich -haben.« Da wurde denn alsbald eine Hochzeit gefeiert, daß -man sich weit und breit davon zu erzählen hatte. Als -sie aber bei Tafel saßen, stand der Bräutigam von der -Bank auf und ging hinunter in den Stall, um, wie er -sagte, noch Etwas zu holen, das er dort vergessen hätte. -Er that nun, wie die Füllen ihm gesagt hatten, und hau'te -ihnen allen sieben den Kopf ab, zuerst dem ältesten, und -dann den übrigen, sowie sie auf einander folgten; jeden Kopf -aber legte er sorgfältig bei dem Schwanz desjenigen Rumpfes -hin, auf dem er gesessen hatte, und sowie er das that, wurden -alle die Füllen wieder in Prinzen verwandelt. Als er nun mit -den sieben Prinzen in den Hochzeitssaal eintrat, war der König -so erfreu't, daß er ihn umarmte und ihn küßte; und seine -Braut hielt noch mehr von ihm, als sie schon vorher von -ihm gehalten hatte. »Das halbe Reich gehört jetzt Dir,« -sagte der König: »und die andre Hälfte sollst Du nach -meinem Tode haben; denn meine Söhne können sich jetzt, -da sie wieder Prinzen geworden sind, selber Land und -Reich erwerben.« Nun war die Freude und der Jubel -erst recht groß bei der Hochzeit. Ich war auch mit dabei; -aber es hatte Niemand Zeit, an mich zu denken: ich -bekam nichts Anders, als ein Butterbrod, das legte ich -auf den Ofen, und das Brod verbrannte, und die Butter -schmolz, und nie habe ich wieder das Allergeringste bekommen.</p> - -<hr class="narrow" /> -<h3><a name="kap2" id="kap2"></a>2.</h3> - -<div class="center"> -<p class="noindent"><b>Gidske.</b> -</p> -</div> - -<p>Es war einmal ein Wittmann, der hatte eine Haushälterinn, -Namens <span class="wide">Gidske</span>, die wollte ihn gern zum Mann -haben und lag ihm immer in den Ohren, daß er sie -heirathen sollte. Zuletzt wurde der Mann es überdrüssig; -aber er wußte nicht, wie er's anfangen sollte, -um sie los zu werden. Nun war es eben um die -Zeit, daß der Hanf geschnitten werden sollte, und weil -Gidske sich immer für so tüchtig und flink hielt, fing sie -an, den Hanf zu schneiden und schnitt so lange, bis sie -schwindlig im Kopf ward von dem strengen Geruch und -umfiel und auf dem Hanf-Felde liegen blieb. Während -sie nun da lag und schlief, kam der Mann mit einer -Schere und schnitt ihr den Rock ganz kurz ab; darnach -beschmierte er sie erst mit Talg und dann mit Ruß, so -daß sie ärger aussah, als der lebendige Teufel. Als Gidske -erwachte und sah, wie häßlich sie war, kannte sie sich selbst -nicht mehr. »Bin ich's, oder bin ich's nicht?« sagte sie: -»Nein, ich kann's nicht sein; denn so häßlich bin ich ja -mein Lebtag nicht gewesen; es muß der Teufel sein.« Um -nun hierüber ins Reine zu kommen, ging sie hin und öffnete -ein klein wenig die Thür zu der Stube ihres Herrn -und fragte: »Ist Eure Gidske zu Hause?« — »Ei freilich -ist sie zu Hause!« sagte der Mann, weil er sie gern quitt -sein wollte. »So kann ich also nicht Gidske sein,« dachte -sie und sockte fort, und Der sich freu'te, das war der Mann. -Als sie nun ein gutes Ende gegangen war, kam sie in -einen großen Wald; da begegneten ihr zwei Spitzbuben. -»Mit denen will ich mich ins Geleit geben,« dachte Gidske: -»denn weil ich doch einmal der Teufel bin, so ist das eben -für mich die rechte Gesellschaft.« Die Diebe dachten aber -nicht so, sondern als sie Gidske erblickten, schwangen sie -die Fersen und machten sich aus dem Staube, so schnell -sie nur konnten; denn sie glaubten der Leibhaftige wäre -hinter ihnen her und wollte sie holen; aber es half ihnen -nicht viel; denn Gidske war langbeinig und schnell zu Fuß, -und eh' sie sich's versahen, hatte sie sie eingeholt.</p> - -<p>»Wollt Ihr aufs Stehlen aus, so will ich mit Euch -und Euch helfen,« sagte Gidske: »denn ich weiß hier in -der Gegend gut Bescheid.« Als die Diebe das hörten, -meinten sie, das wäre eine gute Gesellschaft, und waren -nun nicht länger bange.</p> - -<p>Sie wollten gern hin und ein Schaf stehlen, sagten -sie: aber sie wüßten nicht, wo wohl eins zu holen wäre. -»Ach, das ist eine Kleinigkeit,« sagte Gidske: »Ich habe -lange bei einem Bauern hier im Wald gedient und kann -den Schafstall mitten in der Nacht finden.« Das däuchte -den Spitzbuben ganz herrlich, und als sie zu dem -Schafstall kamen, sollte Gidske hineingehen und herausschicken, -und sie wollten's draußen in Empfang nehmen. Der Schafstall -lag aber dicht an der Stube, wo der Mann schlief; -darum ging Gidske ganz leise und behutsam hinein; als -sie aber drinnen war, schrie sie zu den Dieben hinaus: -»<span class="wide">Wollt Ihr einen Bock, oder ein Schaf? Hier -ist von Allen!</span>« — »Scht! scht!« sagten die Diebe: -»nimm bloß Einen, der brav fett ist!« — »<span class="wide">Ja, aber -wollt Ihr einen Bock, oder ein Schaf? Wollt -Ihr einen Bock, oder ein Schaf? Denn hier ist -Genug von Allen!</span>« schrie Gidske. »So schweig' doch -still!« sagten die Diebe: »nimm bloß Einen, der brav fett -ist, dann ist's einerlei, ob's ein Bock, oder ein Schaf ist.« -— »<span class="wide">Ja, aber wollt Ihr einen Bock, oder ein -Schaf? Wollt Ihr einen Bock, oder ein Schaf? -Hier ist Genug von Allen!</span>« dabei blieb Gidske. »So -halt doch Dein Maul und nimm bloß Einen, der brav fett -ist, ob's dann ein Bock, oder ein Schaf ist,« sagten die -Diebe. Indem kam der Mann, der über den Lärm -erwacht war, heraus im bloßen Hemd, und wollte sehen, -Was da los war. Die Diebe liefen davon, und Gidske -hinter sie drein, so daß sie den Mann über den Haufen -lief. »So wartet doch! so wartet doch!« schrie sie. Der -Mann, der bloß das schwarze Ungeheuer gesehen hatte, war -so erschrocken, daß er anfangs gar nicht wagte, wieder aufzustehen; -denn er glaubte, es sei der Teufel selber, der aus -seinem Schafstall gefahren kam. Zuletzt ging er wieder -ins Haus, weckte alle seine Leute auf und fing mit ihnen -an, zu lesen und zu beten; denn er hatte gehört, daß man -dadurch den Teufel fortbannen könne.</p> - -<p>Den andern Abend wollten die Diebe eine fette Gans -stehlen, und Gidske sollte ihnen den Weg zeigen. Als sie -nun zum Gänsestall kamen, sollte Gidske hineinsteigen und -herausschicken, und sie wollten's in Empfang nehmen. -»<span class="wide">Wollt Ihr eine Gans, oder einen Gänserich? -Hier ist genug von Allen!</span>« schrie Gidske, als sie in -den Stall gekommen war. »Scht! scht! nimm bloß Einen, -der brav fett ist!« sagten die Diebe. »<span class="wide">Ja, aber wollt -Ihr eine Gans, oder einen Gänserich? Wollt -Ihr eine Gans, oder einen Gänserich? Hier ist -Genug von Allen!</span>« schrie Gidske. »Still! still! nimm -bloß Einen, der brav fett ist, so ist's einerlei, ob's eine -Gans, oder ein Gänserich ist, und dann halt Dein Maul!« -sagten die Diebe. Während nun Gidske rief, und die Diebe -sie tuschten, fing eine Gans an zu schreien, dann eine zweite, -und endlich schrien sie alle mit einander, aus vollem Halse. -Da sprang der Mann heraus und wollte sehen, Was es -gab — die Diebe auf und davon, so schnell sie nur konnten, -und Gidske hinter sie drein wie ein Unwetter, so daß -der Bauer glaubte, es sei der lebendige Teufel; denn langbeinig -war sie, und die Röcke hielten sie nicht auf. »So wartet -doch!« rief Gidske: »Ihr könnt ja bekommen, Was Ihr -wollt, ob's denn eine Gans, oder ein Gänserich ist.« Aber -die Spitzbuben hatten keine Zeit, und der Bauer mit seinen -Leuten fing an zu lesen und zu beten; denn sie glaubten -alle nicht anders, als daß der Teufel in dem Gänsestall -gewesen sei.</p> - -<p>Den dritten Tag waren die Diebe mit sammt Gidske -so hungrig, daß ihnen der Magen pfiff, und sie beschlossen -daher, bei einem reichen Bauern, der am Wald wohnte, -aufs Stabur zu gehen und sich Etwas zu essen zu stehlen. -Gegen Abend gingen sie hin; die Diebe aber wagten sich -nicht hinauf, sondern Gidske sollte aufs Stabur gehen und -herunterschicken, und sie wollten's in Empfang nehmen. -Als Gidske hinaufkam, war da vollauf von Allem: von -Fleisch und Speck und Wurst und Erbsenbrod. Die -Diebe tuschten sie und sagten, sie solle nur einige Lebensmittel -herauswerfen und nicht viel Gerede machen; denn -sie wüßte wohl, wie's ihnen die beiden vorigen Male -gegangen wäre. Aber Gidske schrie wieder, daß es -nur so schallte: »<span class="wide">Wollt Ihr Fleisch, oder Speck, -oder Wurst, oder Erbsenbrod? herrliches Erbsenbrod! -Ihr könnt kriegen, Was Ihr wollt; -denn hier ist Genug von Allem!</span>« Der Mann auf -dem Gehöft, der über das Geräusch erwachte, kam heraus -und wollte sehen, Was es gab. Die Diebe davon, so -schnell sie konnten, und Gidske ihnen nach in einer Höllenfahrt. -Als der Mann das Ungethüm erblickte, glaubte -er ebenfalls, der Teufel sei los, denn er hatte gehört, Was -sich die beiden Abende vorher zugetragen, und er fing an -zu lesen und zu beten, und mit ihm alle Leute auf dem -ganzen Gehöft, damit sie den Teufel fortbannten.</p> - -<p>Am Samstag-Abend wollten die Diebe sich einen -fetten Bock zum Sonntag stehlen; sie konnten's auch wohl -nöthig haben, denn sie hatten schon viele Tage gehungert; -aber Gidske wollten sie das Mal nicht mit haben, denn sie -richte doch bloß Unheil mit ihrem Maul an, sagten sie. -Als aber am Sonntag-Morgen die Spitzbuben noch nicht -zurückgekehrt waren, fühlte Gidske einen entsetzlichen Hunger -— denn sie hatte in drei Tagen fast nicht das Geringste -genossen — und ging daher ins Rübenfeld, gnitschte und -gnatschte und zog sich eine Rübe nach der andern auf. Indeß -kam der Mann gegangen, dem das Rübenfeld gehörte; wie der -das schwarze Ungethüm sah, das in seinen Rüben ging -und gnatschte, glaubte er ebenfalls, es sei der Lebendige. Er -auf und davon nach Hause, so schnell er nur konnte und erzählte, -daß der Teufel in seinem Rübenfeld wäre. Als die -Leute auf dem Gehöft das hörten, erschraken sie gewaltig -und glaubten, es wäre am besten, nach dem Pfarrer zu -schicken, damit er den Teufel festmache. »Nein, das geht -nicht an, daß wir nach dem Pfarrer schicken,« sagte die -Hausfrau: »denn es ist ja Sonntag-Morgen, und da ist er -noch nicht aufgestanden, und wenn er auch schon aufgestanden -ist, so kommt er doch nicht, denn er muß auf seinen Text -studiren.« —</p> - -<p>»O, ich verspreche ihm ein fettes Mastkalb, dann wird -er schon kommen,« sagte der Mann und machte sich auf -zum Pfarrhof. Als er aber dort ankam, war der Pfarrer -noch nicht aufgestanden. Das Dienstmädchen hieß den Mann -eintreten, und ging hinauf zum Pfarrer und sagte, es wäre -unten ein Mann, der wäre so und so und wollte gern ein -Wort mit dem Herrn Pfarrer sprechen. Als der Pfarrer -hörte, daß es ein so braver Mann war, der ihn sprechen -wollte, stand er sogleich auf und kam herunter in Pantoffeln -und mit der Nachtmütze.</p> - -<p>Der Mann erzählte ihm nun sein Anliegen und sagte, -der Teufel wäre los in seinem Rübenfeld, und wenn der -Herr Pfarrer helfen wollte, ihn festzumachen, so wolle er -ihm auch ein fettes Mastkalb schicken. Ja, der Pfarrer -war sogleich bereit und wollte nur seinen Burschen rufen, -daß er dem Pferd den Sattel auflege, während er sich -ankleide. »Nein, Gevatter, das geht nicht,« sagte der -Mann: »denn der Teufel lässt nicht auf sich warten, und -hat er sich erst wieder aus dem Staub gemacht, so hält's -schwer, ihn wieder zu attrapiren; Ihr müsst darum sogleich -mit, wie Ihr geht und steht.« Der Pfarrer mußte nun -fort in seinen Pantoffeln und mit der Nachtmütze; als sie -aber ins Erlenbruch kamen, war der Boden so locker, daß -der Pfarrer in den Pantoffeln nicht fortkonnte. Da lud -der Mann ihn auf den Rücken und trug ihn huckepack, -indem er ganz vorsichtig immer von einem Bülten auf -den andern trat. Als sie nun ungefähr bis in die Mitte -gekommen waren, bemerkte Gidske die Beiden und glaubte, -es wären die Diebe, welche mit dem Bock kämen. »Ist -er brav fett? ist er brav fett?« schrie sie, daß es ins -Holz schallte. »Ich weiß den Teufel, ob er fett ist, oder -mager,« sagte der Mann: »willst Du's aber wissen, -so komm selber und sieh zu!« und damit warf er den -Pfarrer mitten in die Plampe und lief davon. Und ist -der Pfarrer nicht wieder aufgestanden, so liegt er wohl -noch da.</p> - -<hr class="narrow" /> -<h3><a name="kap3" id="kap3"></a>3.</h3> - -<div class="center"> -<p class="noindent"><b>Die zwölf wilden Enten.</b> -</p> -</div> - -<p>Es war einmal eine Königinn, die fuhr einst bei Winterzeit, -da frischer Schnee gefallen war, in einem Schlitten. -Unterweges fing ihr die Nase an zu bluten, und sie -mußte daher aussteigen. Während sie nun da stand und -sich an einen Zaun lehnte, betrachtete sie ihr rothes Blut -in dem weißen Schnee; da dachte sie bei sich selbst: »Ich -habe nun zwölf Söhne, und keine einzige Tochter; hätte -ich eine Tochter, so weiß wie Schnee und so roth wie Blut, -dann wollt' ich mich um die Söhne nicht weiter grämen.« -Kaum hatte sie das so leise vor sich hin gesprochen, als -plötzlich eine Trollhexe vor ihr stand. »Eine Tochter sollst -Du bekommen,« sagte sie: »und die soll so weiß sein wie -Schnee und so roth wie Blut; dann aber sollen Deine -Söhne mir gehören; jedoch kannst Du sie so lange bei -Dir behalten, bis die Tochter getauft ist.«</p> - -<p>Als nun die Zeit kam, da die Königinn gebären sollte, -gebar sie eine Tochter, die war weiß wie Schnee und roth -wie Blut, so wie das Trollweib es ihr versprochen hatte, -und darum nannte sie sie <span class="wide">Schneeweiß und Rosenroth</span>. -Da war nun große Freude im Königsschloß, und am meisten -von Allen freu'te sich die Königinn. Als sie aber gedachte, -Was sie der alten Trollhexe versprochen hatte, ward -ihr doch etwas wunderlich ums Herz, und sie schickte zu -einem Silberschmied, der mußte ihr zwölf silberne Löffel -verfertigen, einen für jeden Prinzen, und für Schneeweiß -und Rosenroth ließ sie auch einen machen. Wie nun die -Prinzessinn getauft war, wurden die Prinzen in zwölf wilde -Enten verwandelt und flogen davon und wurden nicht mehr -gesehen; fort waren sie und fort blieben sie. Die Prinzessinn -wuchs indessen heran und wurde groß und außerordentlich -schön; aber sie war immer so in sich selbst gekehrt -und so schwermüthig, und Niemand konnte recht begreifen, -Was ihr fehlte. Eines Abends, als die Königinn auch -so betrübt da saß und an ihre Söhne dachte, sagte sie zu -Schneeweiß und Rosenroth: »Warum bist Du immer so -traurig, meine Tochter? Fehlt Dir Etwas, so sage es mir! -Möchtest Du vielleicht gern Etwas haben, so sollst Du es -bekommen.« — »Ach, liebe Mutter,« versetzte Schneeweiß -und Rosenroth: »es kommt mir hier immer so öde vor; -alle andern Kinder haben Geschwister, aber ich habe keine, -und darüber bin ich so betrübt.« — »Meine Tochter,« -sagte die Königinn: »Du hast auch Geschwister gehabt; -denn ich hatte zwölf Söhne, welche Deine Brüder waren, -aber ich habe sie alle dahingegeben, um Dich zu bekommen,« -und darauf erzählte sie ihr, wie sich Alles zugetragen -hatte.</p> - -<p>Als die Prinzessinn hörte, wie es ihren Brüdern -ergangen war, hatte sie keine Ruhe länger zu Hause; und -wie sehr die Mutter auch weinen und sie bitten mochte, -es half Alles nichts, sie wollte fort und mußte fort, um -ihre Brüder wieder aufzusuchen; denn sie glaubte, sie wäre -allein schuld an ihrem Unglück; und darum verließ sie -zuletzt heimlich das Schloß. Sie wanderte nun so weit -in die Welt hinaus, daß Du gar nicht glauben solltest, -wie eine so zarte Jungfrau so weit zu wandern vermocht -hätte.</p> - -<p>Einmal war sie die ganze Nacht hindurch in einem -großen Wald umhergeirrt; gegen Morgen aber wurde sie -müde, setzte sich auf den Rasen hin und schlief ein. Da -träumte ihr, sie ginge noch weiter in den Wald hinein, -bis sie zu einer kleinen hölzernen Hütte kam, und dort -drinnen waren ihre Brüder. Hierüber erwachte sie, und -da sie vor sich einen gebahnten Fußsteig durch das grüne -Moos sah, folgte sie diesem, bis sie tiefer im Walde zu -einem hölzernen Häuschen kam, grade so, wie es ihr geträumt -hatte.</p> - -<p>Als sie hineintrat, war dort Niemand; aber es standen -da zwölf Betten und zwölf Stühle, und auf dem Tisch -lagen zwölf Löffel, und von allen Sachen, die sich da vorfanden, -waren immer zwölf Stücke. Die Prinzessinn war -nun voller Freude; denn sie konnte sich wohl denken, daß -ihre Brüder da wohnen mußten, und daß sie es waren, -denen die Betten und die Stühle und die Löffel gehörten. -Sie machte nun Feuer im Kamin an, fegte die Zimmer -und machte die Betten, darnach kochte sie Essen und putzte -Alles aufs beste auf. Und als sie mit dem Kochen fertig -war und für alle ihre Brüder zugerichtet hatte, setzte sie -sich selber hin und aß, legte dann ihren Löffel auf den -Tisch und kroch unter das Bett des jüngsten Bruders.</p> - -<p>Kaum war sie hinuntergekrochen, so hörte sie ein -gewaltiges Sausen in der Luft, und bald darauf kamen -zwölf wilde Enten angeflogen; aber sowie sie über -die Thürschwelle kamen, verwandelten sie sich augenblicklich -in die Prinzen, ihre Brüder. »Ach wie gut hier Alles -aufgeräumt, und wie es hier so schön warm ist!« sagten -sie: »Gott lohne Dem, der uns die Stube so schön geheizt -und so herrliches Essen für uns gekocht hat!« und -darauf nahm jeder seinen silbernen Löffel, um damit zu -essen; aber wie jeder den seinigen genommen hatte, blieb -doch noch einer zurück, und der war den übrigen so ähnlich, -daß sie ihn nicht davon unterscheiden konnten. Da sahen -die Prinzen einander an und verwunderten sich sehr. »Das -ist der Löffel unsrer Schwester,« sagten sie: »und ist der -Löffel hier, so kann sie selber auch nicht weit sein.« —</p> - -<p>»Ist es unsre Schwester, und sie findet sich hier,« -sagte der älteste: »so soll sie getödtet werden; denn sie ist -schuld an all unserm Unglück.« — »Nein,« sagte der -jüngste: »es wäre Sünde, sie zu tödten, sie kann ja nichts -dafür, daß wir Übles erdulden; sollte Jemand daran -schuld sein, so ist es Niemand anders, als unsre eigne -Mutter.«</p> - -<p>Sie fingen nun an zu suchen, sowohl oben, als unten, -und zuletzt suchten sie auch unter allen Betten, und -als sie zu dem Bett des jüngsten Prinzen kamen, fanden sie -die Prinzessinn, und zogen sie hervor. Der älteste Prinz wollte -nun wieder, sie sollte getödtet werden; aber sie bat gar zu flehentlich -und sagte: »Ach, tödtet mich doch nicht! ich bin viele -Jahre lang herumgewandert, um Euch aufzusuchen, und -wenn ich Euch erlösen könnte, wollte ich gern mein Leben -dafür lassen.« — »Ja wenn Du uns erlösen willst,« sagten -sie: »so sollst Du das Leben behalten; denn wenn Du -willst, so kannst Du es.« — »Ja, sagt mir nur, wie ich -es machen soll, dann will ich Alles thun, was Ihr verlangt,« -sagte die Prinzessinn. »Dann musst Du die Dunen -von der Butterblume sammeln,« sagten die Prinzen: -»und die musst Du kratzen und spinnen und weben, und -wenn das Gewebe fertig ist, musst Du es zuschneiden und -zwölf Mützen, zwölf Hemden, und zwölf Halstücher davon -machen, für jeden von uns ein Stück; aber in der Zeit, -daß Du damit beschäftigt bist, darfst Du weder sprechen, -noch weinen, noch lachen; kannst Du das, so sind wir erlös't.« -— »Wo soll ich aber die vielen Dunen zu all den -Hemden, Mützen und Tüchern herbekommen?« fragte Schneeweiß -und Rosenroth. »Das sollst Du schon erfahren,« -sagten die Prinzen, und darauf führten sie sie hinaus auf -eine große, große Wiese; da standen so viele Butterblumen -mit weißen Dunen, die nickten im Winde und glänzten -im Sonnenschein, daß man den <ins title="original has Ganz">Glanz</ins> schon weit in der -Ferne sehen konnte. Noch nie hatte die Prinzessinn zuvor -so viele Butterblumen gesehen, und sie fing sogleich -an zu pflücken und zu sammeln, so Viel sie nur fortschaffen -konnte; und als sie am Abend zu Hause kam, begann sie -sogleich, die Dunen zu kratzen und Garn davon zu spinnen. -So fuhr sie eine lange Zeit fort, sie sammelte jeden -Tag die Dunen der Butterblumen und kratzte und -spann sie, und dabei wartete sie zugleich den Prinzen auf: -sie kochte für sie und machte ihnen die Betten; und jeden -Abend kamen ihre Brüder als wilde Enten nach Hause -geflogen, und des Nachts waren sie Prinzen, des Morgens -aber flogen sie wieder als wilde Enten davon.</p> - -<p>Nun geschah es einmal, als Schneeweiß und Rosenroth -auf die Wiese gegangen war, um sich Dunen -von der Butterblume zu sammeln — wenn ich nicht irre, -so war es das letzte Mal, daß sie welche sammeln wollte -— daß der junge König, der das Land regierte, auf der -Jagd war, und nach der Wiese ritt, wo Schneeweiß und -Rosenroth war. Als der König sie erblickte, wunderte -er sich sehr über die schöne Jungfrau, welche da ging und -die Dunen der Butterblume sammelte. Er hielt still und -redete sie an; da er aber keine Antwort von ihr erhielt, -ward seine Verwunderung noch größer, und weil ihm das -Mädchen so wohl gefiel, wollte er sie mit sich auf sein -Schloß führen und sie zu seiner Gemahlinn nehmen. Er -gab daher seinen Dienern den Befehl, sie auf sein Pferd -zu setzen; Schneeweiß und Rosenroth aber rang ihre Hände -und deutete auf die Säcke, worin sie ihre Arbeit hatte; und -als der König begriffen hatte, Was sie meinte, befahl er seinen -Dienern, auch die Säcke mit aufzuladen. Als das geschehen -war, gab die Prinzessinn sich nach und nach zufrieden; -denn der König war ein sehr schöner Mann, und er war -so sanft und so freundlich gegen sie. Als sie aber aufs -Schloß kamen, und die alte Königinn, die Stiefmutter des -jungen Königs, Schneeweiß und Rosenroth erblickte, ward -sie so neidisch und so aufgebracht über ihre große Schönheit -und sagte zum König: »Siehst Du denn nicht, daß -es eine Trollhexe ist, die Du mitgebracht hast? denn sie -kann ja weder sprechen, noch lachen, noch weinen.« Der -König aber bekümmerte sich nicht darum, was seine Mutter -sagte, sondern hielt Hochzeit mit der schönen Jungfrau -und lebte mit ihr herrlich und vergnügt; sie aber unterließ -nicht, fortwährend an den Hemden zu nähen.</p> - -<p>Ehe das Jahr um war, kam Schneeweiß und Rosenroth -mit einem Prinzen nieder; darüber wurde die alte -Königinn noch neidischer und noch mehr erbittert, und als -es Nacht wurde, schlich sie sich, während die junge Königinn -schlief, in ihr Zimmer, nahm ihr das Kind weg und -warf es in die Schlangengrube; darnach schnitt sie sie in -den Finger, bestrich ihr mit dem Blute den Mund und -ging dann hinein zum König und sprach: »Komm jetzt -und siehe, was es für Eine ist, die Du zur Gemahlinn -genommen hast; jetzt hat sie ihr eignes Kind gefressen.« -Da ward der König so betrübt, daß er beinahe Thränen -vergoß, und er sagte: »Ja, es muß wohl wahr sein, weil ich -es vor meinen eignen Augen sehe; aber sie thut es gewiß -nicht wieder; dieses Mal will ich sie schonen.«</p> - -<p>Ehe das Jahr um war, gebar die Königinn wieder -einen Sohn, und mit diesem ging es eben so, wie mit -dem ersten. Die Stiefmutter des Königs ward diesmal -noch neidischer und noch mehr erbittert; sie schlich sich in -der Nacht wieder in das Zimmer der jungen Königinn, -während diese schlief, nahm ihr das Kind weg und warf -es in die Schlangengrube, schnitt darauf die Königinn in den -Finger, bestrich ihr mit dem Blute den Mund und sagte dann -zum König, seine Gemahlinn hätte wieder ihr eignes Kind -gefressen. Da ward der König so betrübt, daß Du's gar -nicht glauben kannst, und er sagte: »Ja, es muß wohl -wahr sein, weil ich es vor meinen eignen Augen sehe; -aber sie wird es gewiß nicht wieder thun; dieses eine Mal -will ich sie noch schonen.«</p> - -<p>Ehe das Jahr wieder um war, kam Schneeweiß und -Rosenroth mit einer Tochter danieder, und die nahm die -alte Königinn ebenfalls und warf sie in die Schlangengrube, -während die junge Königinn schlief, schnitt sie in -den Finger, bestrich ihr mit dem Blute den Mund und -ging dann wieder zum König und sprach: »Komm jetzt -und siehe, ob es nicht wahr ist, Was ich sage, daß sie -eine Trollhexe ist; denn jetzt hat sie auch ihr drittes Kind -aufgefressen.« Da ward der König so betrübt, daß es -gar nicht zu sagen ist; denn jetzt konnte er sie nicht länger -schonen, sondern mußte den Befehl geben, sie lebendig -zu verbrennen. Als nun der Scheiterhaufen in Flammen -stand, und sie hinaufsteigen sollte, gab sie durch Mienen -und Geberden zu verstehen, sie sollten zwölf Bretter nehmen -und sie um den Scheiterhaufen legen, und darauf -legte sie die Hemden und die Mützen und die Tücher ihrer -Brüder; aber an dem Hemd des jüngsten Bruders fehlte -noch der linke Arm, den hatte sie nicht fertig bekommen -können. Kaum war dies geschehen, so hörte man ein Sausen -und ein Brausen in der Luft, und darauf kamen zwölf -wilde Enten über den Wald her geflogen, und jede von -ihnen nahm ein Hemd, eine Mütze und ein Halstuch in -den Schnabel und flog damit fort. »Siehst Du nun,« -sagte die böse Stiefmutter zu dem König: »daß sie eine -Trollhexe ist? Mach jetzt schnell und verbrenne sie, ehe die -Flammen das Holz verzehren.« — »Damit hat's noch -keine Eile,« sagte der König: »denn Holz haben wir genug, -und ich habe große Lust, zu sehen, Was das Ende -hievon sein wird.« In demselben Augenblick kamen die -Prinzen geritten, so schön und so wohlgebildet, wie man -sie nur sehen kann; der jüngste Prinz aber hatte anstatt -des linken Arms einen Entenflügel. »Was habt Ihr hier -vor?« fragten die Prinzen. »Meine Gemahlinn soll verbrannt -werden,« sagte der König: »weil sie eine Trollhexe -ist und ihre eignen Kinder gefressen hat.« — »Sie hat -ihre Kinder nicht gefressen,« sagten die Prinzen: »Sprich -jetzt, Schwester! Nun hast Du uns errettet, errette jetzt -Dich selbst!« Da sprach Schneeweiß und Rosenroth und -erzählte, wie Alles sich zugetragen hatte, und daß jedesmal, -wenn sie ins Kindbette gekommen, die alte Königinn -sich in ihr Zimmer geschlichen und ihr das Kind weggenommen, -und sie darnach in den Finger geschnitten und -ihr mit dem Blute den Mund bestrichen hätte. Und die -Prinzen nahmen den König und führten ihn hinaus zu -der Schlangengrube; da lagen die drei Kinder und spielten -mit den Schlangen und den Nattern, und schönere -Kinder, als die waren, konnte man gar nicht sehen. Da -nahm der König sie mit sich und brachte sie zu seiner Stiefmutter -und fragte sie, was Der wohl für eine Strafe verdient -hätte, der im Sinne gehabt, eine unschuldige Königinn -und drei so allerliebste Kinder zu verrathen. »Der -verdiente, daß er von zwölf wilden Pferden in Stücke zerrissen -würde,« sagte die alte Königinn. »Du hast selbst -das Urtheil gesprochen, und selber sollst Du die Strafe erleiden,« -sagte der König; und darauf wurde die alte böse -Königinn an zwölf wilde Pferde gebunden und in Stücke -zerrissen. Schneeweiß und Rosenroth aber reis'te mit dem -König, ihrem Gemahl, und ihren Kindern und den zwölf -Prinzen, ihren Brüdern, nach Hause zu ihren Ältern und -erzählte ihnen, was ihr Alles begegnet war; und nun war -lauter Freude und Jubel im ganzen Königreich, weil die -Prinzessinn errettet war, und sie auch ihre zwölf Brüder -erlös't hatte.</p> - -<hr class="narrow" /> -<h3><a name="kap4" id="kap4"></a>4.</h3> - -<div class="center"> -<p class="noindent"><b>Der Meisterdieb.</b> -</p> -</div> - -<p>Es war einmal ein Kathenmann, der hatte drei Söhne; -er hatte ihnen aber kein Erbe zu geben und war so arm, -daß er sie nicht einmal ein Gewerbe konnte lernen lassen. -Da sagte er eines Tages zu ihnen, sie müßten selber zusehen, -wie sie fortkämen, und könnten lernen, wozu sie -Lust hätten, und reisen, wohin sie wollten, er wolle sie -gern noch eine Strecke auf den Weg begleiten. Und das -that er denn auch, er begleitete sie bis da, wo drei Wege -sich theilten; da nahmen die Söhne von dem Vater Abschied, -und jeder zog seine Straße. Wo die beiden ältesten -geblieben sind, habe ich nie erfahren können; aber der -jüngste marschirte tapfer drauf zu und kam weit hinaus -in die Welt.</p> - -<p>Eines Nachts, als er durch einen großen Wald marschirte, -kam ein gewaltiges Unwetter über ihn; es weh'te -und stöberte so heftig, daß er fast die Augen im Kopf -nicht offen halten konnte, und eh' er sich recht besann, war -er in die Irre gekommen und konnte weder Weg, noch -Steg mehr finden. Zuletzt erblickte er weit hin im Walde -einen Lichtschimmer; er ging grade darauf zu und kam -endlich zu einem großen Gebäude, in welchem ein helles -Feuer auf dem Herd brannte, woraus er schließen konnte, -daß die Leute noch nicht zu Bett gegangen waren. Er -trat hinein, und drinnen war eine alte Frau, die puttelte -da herum.</p> - -<p>»Guten Abend!« sagte der Bursch. »Guten Abend!« -sagte die Frau. »Hutetu! es ist so böses Wetter draußen -die Nacht!« sagte der Bursch. »Das ist wahr,« -sagte die Frau. »Kann ich hier keine Herberge die Nacht -kriegen?« fragte der Bursch. »Hier ist keine gute Herberge -für Dich,« sagte die Frau: »denn kommen die Leute -zu Hause und finden Dich hier, so tödten sie Dich und -mich dazu.« — »Was sind es denn für Leute, die hier -wohnen?« fragte der Bursch. »Ach, es sind lauter Räuber -und Spitzbuben,« sagte die Frau: »mich haben sie -geraubt, als ich noch ganz klein war, und nun muß ich -ihnen die Wirthschaft führen.« — »Ich glaube, ich nehme -hier gleichwohl Quartier,« sagte der Bursch: »es mag -gehen, wie es will; denn hinaus will ich nicht wieder bei -Nachtzeit in solchem Unwetter.« — »Am schlimmsten ist -das immer für Dich selbst,« sagte die Frau.</p> - -<p>Der Bursch legte sich darauf in ein Bett, das da stand, -aber er hütete sich wohl, daß er einschlief. Bald darnach -kamen die Räuber an, und das alte Weib erzählte -ihnen sogleich, es wär' ein fremder Kerl ins Haus gekommen, -der hätte nicht wieder fort wollen.</p> - -<p>»Hast Du nicht gesehen, ob er Geld bei sich hatte?« -fragten die Räuber. »Ja, der und Geld, der Lump!« -sagte die Frau: »er hat kaum Kleider auf dem Leibe.« -Die Räuber flüsterten nun mit einander, Was wohl mit -ihm anzufangen wäre, ob sie ihn tödten sollten, oder Was -sie sonst mit ihm anfangen sollten. Indessen stand der -Bursch auf und fragte sie, ob sie nicht einen Knecht gebrauchen -könnten, denn er hätte große Lust, bei ihnen zu -dienen. »Ja,« sagten sie: »wenn Du Lust hast und das -Handwerk treiben willst, das wir treiben, so kannst Du -bei uns in Dienst kommen.« — »Ja, es ist ganz einerlei, -was es für ein Handwerk ist,« sagte der Bursch: -»denn als ich von Hause abreis'te, sagte mein Vater zu -mir, ich könnte lernen, Was ich selber wollte.« — »Hast -Du denn Lust, das Stehlen zu lernen?« sagten die Räuber. -»Ja,« sagte der Bursch: »das Handwerk möcht' ich -wohl lernen.«</p> - -<p>Nun wohnte nicht weit davon ein Mann, der hatte -drei Ochsen; einen davon wollte er zur Stadt bringen und -ihn verkaufen, und das hatten die Räuber ausspionirt. Da -sagten sie zu dem Burschen, wenn er im Stande wäre, -dem Mann unterweges den Ochsen zu stehlen, so daß er's -nicht gewahr würde, und ohne daß er ihm Was zu Leide -thäte, so wollten sie ihn in Dienst nehmen, sonst nicht. -Der Bursch sagte, er wollt's versuchen, und nahm mit sich -einen schön gearbeiteten Schuh mit silberner Schnalle, welchen -er da vorfand, den setzte er in den Weg hin, wo der -Mann mit der Kuh herkommen sollte, ging dann etwas -tiefer in den Wald hinein und verbarg sich unter einen -Strauch. Es dauerte nicht lange, so kam der Mann an. -»Das wäre ja ein ganz hübscher Schuh!« sagte er: »hätte -ich bloß den andern dazu, so wollt' ich beide mit nach -Hause nehmen, dann glaub' ich, würde meine Altsche wohl -einmal gutes Sinnes,« denn er hatte eine sehr böse und -schlimme Frau, und zwischen Schläge und Prügel, die er -von ihr bekam, war immer keine lange Zeit. Nun meinte -er aber, könne er mit dem einen Schuh doch Nichts anfangen, -wenn er nicht den andern dazu hätte; darum ließ -er ihn stehen und ging weiter. Da nahm der Bursch den -Schuh und eilte, daß er dem Mann vorauskam, indem -er durch den Wald lief, so daß jener ihn nicht sehen -konnte, und setzte den Schuh wieder vor ihm in den Weg -hin. Als der Mann mit seinem Ochsen ankam und den -Schuh sah, war er so verdrießlich, daß er so dumm gewesen -war und vorhin den andern Schuh nicht mitgenommen -hatte. »Ich muß wohl nur zurücklaufen und den -andern nachholen,« sagte er bei sich selbst und band den -Ochsen an einen Zaun fest: »so krieg' ich doch mal ein -paar gute Schuh für meine Altsche; vielleicht, daß sie -dann gutes Sinnes wird.«</p> - -<p>Er ging nun zurück und suchte nach dem Schuh die -Länge und die Breite; aber all sein Suchen war umsonst; -zuletzt mußte er denn mit dem einen Schuh zurückgehen. -Indessen hatte sich aber der Bursch mit dem Ochsen davon -gemacht. Als der Mann zurückkam und sah, daß -der Ochs fort war, fing er an zu weinen und zu -lamentiren; denn er war so bange vor seiner Frau und fürchtete, -sie möchte ihn todtschlagen, wenn sie erführe, daß -der Ochs fort war. Da fiel es ihm aber ein, daß er -noch zwei andre Ochsen im Stall hatte, und er ging zurück -nach Hause, nahm den einen Ochsen und machte sich -damit auf nach der Stadt, ohne daß die Frau Etwas davon -gewahr ward. Das hatten aber die Räuber wieder -ausspionirt und sagten daher zu dem Burschen, wenn er -dem Mann auch den zweiten Ochsen stehlen könnte, ohne -daß er es merkte, und ohne daß er ihm Was zu Leide -thäte, so sollte er Ihresgleichen sein. Ja, meinte der -Bursch, das wäre eben nicht schwer.</p> - -<p>Diesmal aber nahm er einen Strick mit und hängte -sich mitten auf dem Wege, wo der Mann vorbei mußte, -unter den Armen auf. Als nun der Mann mit seinem -Ochsen ankam und ihn da hangen sah, ward er ein wenig -verdutzt und sagte: »Dir muß schwer zu Sinn gewesen -sein, guter Freund, daß Du Dich da aufgeknüpft -hast; meinetwegen aber magst Du da hangen, so lange -Du willst; denn ich kann Dir doch kein Leben wieder einblasen,« -und damit ging er weiter mit seinem Ochsen. -Als er fort war, sprang der Bursch wieder herunter vom -Baum, lief einen Richtsteig, so daß er dem Mann vorauskam -und hängte sich wieder mitten im Wege auf. »Ob -Dir wirklich so schwer zu Sinn gewesen ist, daß Du Dich -da aufgeknüpft hast, oder ob es bloß bei mir spukt?« -sagte der Mann: »Meinetwegen aber magst Du da hangen, -so lange Du willst, ob Du nun ein Gespenst bist, -oder Was Du sonst sein magst,« und damit ging er weiter -mit seinem Ochsen. Der Bursch machte es wieder eben -so, wie das vorige Mal, hüpfte herunter vom Baum, -lief den Richtsteig durch den Wald und hängte sich wieder -mitten im Wege auf. Als der Mann ihn gewahr ward, -sagte er bei sich selbst: »Das ist ja eine gräßliche Geschichte! -Sollte ihnen denn so schwer zu Sinn gewesen -sein, daß sie sich alle drei aufgeknüpft haben? Ich kann's -aber nicht mal glauben, es spukt wohl bloß bei mir.« -»Nun will ich aber Gewißheit haben,« sagte er: »Hangen -die andern Beiden noch da, dann ist's wirklich so; -hangen sie aber nicht da, so ist's nichts Anders, als Spuk,« -und damit band er seinen Ochsen fest und lief zurück, um -zu sehen, ob sie noch da hingen. Während er nun -nach allen Bäumen hinaufguckte, sprang der Bursch wieder -herunter, nahm den Ochsen und machte sich damit aus -dem Staube. Als der Mann zurückkam und sah, daß -der Ochs fort war, da war's Päckchen wieder fertig: er -fing an zu weinen und zu lamentiren; endlich aber gab -er sich doch zufrieden, denn er dachte bei sich selbst: »Da -ist kein andrer Rath, ich muß wieder nach Hause und den -dritten Ochsen auch holen, ohne daß meine Frau es -gewahr wird, und muß dann versuchen, ihn um so viel -besser zu verhandeln, damit ich wieder zu meinem Schaden -komme.« Er ging nun zurück und holte sich auch den -dritten Ochsen, ohne daß seine Frau es gewahr ward. Die -Räuber wußten aber wieder sehr gut Bescheid und sagten -zu dem Burschen, wenn er ihm nun auch diesmal -den Ochsen stehlen könnte, ohne daß der Mann es merkte, -und ohne daß er ihm Was zu Leide thäte, so sollte er -Meister sein über sie alle zusammen.</p> - -<p>Der Bursch machte sich wieder auf und lief in den Wald; -und als der Mann mit dem Ochsen daher kam, fing er -an zu brüllen wie ein andrer großer Ochs. Als der -Mann das hörte, ward er froh, denn er meinte, seinen -Mastochsen an der Stimme zu erkennen, und glaubte, nun -würde er sie alle beide wieder bekommen, band den dritten -Ochsen fest und lief abseits in den Wald und suchte da -herum. Während dessen aber machte der Bursch sich auch -mit dem dritten Ochsen davon. Als der Mann zurückkam -und sah, daß der auch fort war, ward ihm ganz -hutlig zu Muthe; er weinte und lamentirte und ließ sich -in vielen Tagen nicht wieder zu Hause sehen; denn er -war bange, seine Frau möchte ihn rein todtschlagen. -Den Räubern aber wollte es gar nicht behagen, daß sie -nun den Burschen als Meister über sich alle zusammen anerkennen -sollten.</p> - -<p>Nun gedachten sie einmal einen Streich auszuführen, -den der Bursch ihnen nicht sollte nachmachen können; sie -reis'ten daher alle mit einander fort und ließen ihn allein -zurück.</p> - -<p>Das Erste, was der Bursch that, als die Andern das -Haus verlassen hatten, war, daß er alle die drei Ochsen -hinausjagte, worauf diese wieder nach dem Stall des Mannes, -dem er sie genommen hatte, zurückliefen, und Der -sich freu'te, das war der Mann, kannst Du glauben. -Darauf nahm er alle Pferde, welche die Räuber hatten, -und belud sie mit dem Besten, was er vorfand, mit Gold -und Silber und Kleidern und andern prächtigen Sachen, -und sagte dann zu der Frau, sie solle die Räuber nur -von ihm grüßen, er ließe sich vielmal bedanken, und er -reise jetzt fort; aber es sollte ihnen schwer fallen, ihn wieder -einzuholen, und damit reis'te er ab.</p> - -<p>Wie er nun eine lange Zeit gereis't hatte, kam er -wieder auf den Weg, von wo er zuerst in den Wald zu -den Räubern gekommen war, und diesen verfolgte er so -lange, bis er wieder in das Dorf kam, wo sein Vater -wohnte. Zuvor aber zog er sich eine Montirung an, die -grade wie für einen General gemacht war, die hatte er -unter den Sachen gefunden, die er von den Räubern mitgenommen, -und damit fuhr er auf den Hof, wie ein großer -Herr. Dort stieg er ab und ging in's Haus zu seinem -Vater und fragte ihn, ob er keine Herberge bei ihm -bekommen könne. Nein, das könne er ganz und gar nicht. -»Wie sollte ich wohl Herberge haben für einen so großen -Herrn?« sagte der Mann: »ich habe kaum Betten, worauf -ich selbst liegen kann, und die sind noch dazu schlecht genug.« -— »Du bist immer ein harter Mann gewesen, und -das bist Du auch noch,« sagte der Bursch: »da Du Deinem -eignen Sohn nicht einmal Herberge geben willst.« — -»Bist Du denn mein Sohn?« fragte der Mann. »Kennst -Du mich denn nicht mehr?« sagte der Bursch. Ja, da -erkannte er ihn wieder. »Aber Was hast Du denn gelernt, -daß Du in der Geschwindigkeit ein solcher Kerl -geworden bist?« fragte ihn der Vater. »Das will ich Dir -sagen,« versetzte der Bursch: »Du sagtest ja, ich könnte -lernen, wozu ich Lust hätte, und da gab ich mich denn -bei Räubern und Spitzbuben in die Lehre, und nun hab' -ich meine Lehrzeit ausgestanden und bin Meisterdieb geworden.«</p> - -<p>Nun wohnte dicht neben seinem Vater der Amtmann, -der hatte ein großes, herrliches Schloß und so viel Geld, -daß er's nicht zählen konnte, und dann hatte er auch -eine Tochter, die war von außerordentlicher Schönheit; -die wollte nun der Meisterdieb gern haben und sagte zu -seinem Vater, er solle zum Amtmann gehen und seine -Tochter für ihn begehren. »Wenn er Dich fragen -sollte, was für ein Handwerk ich treibe, so kannst Du -nur sagen, ich sei Meisterdieb,« sagte er. »Ich glaube, -Du bist toll und verrückt,« sagte der Mann: »denn -klug kannst Du unmöglich sein, wenn Du solche Narrheit -im Kopf hast.« Ja, er solle und müsse zum Amtmann -gehen und ihn um seine Tochter bitten, es wäre -kein andrer Rath, sagte der Bursch. »Das thu' ich wahrhaftig -nicht!« sagte der Vater: »Wie kann ich wohl zum -Amtmann gehen, der so reich ist und so viel Geld hat, -und für Dich um seine Tochter bitten? das geht mein -Lebtag nicht an!« Es half aber nichts, er sollte und -mußte hin, und wenn er nicht mit Gutem wollte, so -sollte er mit Gewalt, sagte der Meisterdieb. Da ging -der Mann fort und kam weinend und heulend zum Amtmann. -»Was fehlt Dir?« fragte ihn der Amtmann. Da -erzählte ihm der Mann, daß er drei Söhne hätte, welche -eines Tages fortgereis't wären, und er hätte ihnen erlaubt, -zu reisen, wohin sie wollten, und zu lernen, wozu -sie Lust hätten; »und nun ist der jüngste zurückgekommen -und will mit aller Gewalt, ich soll zu Dir gehen -und Deine Tochter für ihn begehren und sollte sagen, -er wäre Meisterdieb,« sagte der Mann und weinte -und lamentirte ganz jämmerlich. »Gieb Dich nur zufrieden,« -sagte der Amtmann und lachte: »und grüße -Deinen Sohn nur von mir und sage ihm, er müßte -erst Proben von seiner Geschicklichkeit ablegen; wenn er -daher am Sonntag den Braten vom Spieß in meiner -Küche stehlen könnte, während alle meine Leute darauf -Acht hätten, so sollte er meine Tochter bekommen.« Mit -diesem Bescheid kam der Vater zu seinem Sohn zurück; -der aber meinte, das solle ihm ein Leichtes sein. Er -sah nun zu, daß er drei lebendige Hasen bekam, die -steckte er in einen Sack, behängte sich mit einigen Lumpen, -so daß er ganz armselig und jämmerlich aussah, und -dann schlich er sich am Sonntag-Vormittag, wie so ein -andrer Betteljunge, mit seinem Sack auf die Diele des -Amtmanns. Der Amtmann selbst und alle Leute im -Hause waren in der Küche und wollten auf den Braten -Acht geben. Da ließ der Bursch einen Hasen aus dem -Sack schlüpfen, der — hast Du mich nicht gesehen! fort -und auf dem Hof herum, daß es eine Höllenwirthschaft -war. »Seht einmal den Hasen da!« sagten die Leute -in der Küche und wollten hinaus und ihn fangen. Der -Amtmann sah ihn auch. »O lasst ihn laufen!« sagte -er: »es nützt nicht, einen Hasen im Sprunge fangen zu -wollen.« Es dauerte nicht lange, so ließ der Bursch -den zweiten Hasen hinaus; den sahen die Leute in der -Küche ebenfalls und glaubten, es wäre noch derselbe; nun -wollten sie hinaus und ihn fangen; aber der Amtmann -sagte wieder, es könne nichts nützen. Nach einer Weile -ließ der Bursch den dritten Hasen hinaus, der wieder fort -und auf dem Hof herum die Kreuz und die Quer. Als die -Leute den sahen, glaubten sie, es sei immer noch der -erste, und nun wollten sie wieder hinaus und ihn fangen. -»Das ist doch auch ein schnurriger Hase!« sagte -der Amtmann: »Kommt, Jungens, und lasst uns mal -sehen, ob wir ihn erwischen können!« Er hinaus, und -die Andern ihm nach, und der Hase voran, und sie alle -hinterher, daß es ein Mordspectakel war. Mittlerweile aber -nahm der Meisterdieb den Braten vom Spieß und lief -damit fort, — und wo da der Amtmann einen Braten -zum Mittag herbekam, weiß ich nicht; so Viel aber weiß -ich wohl, daß er das Mal keinen Hasenbraten bekam, -obwohl er gelaufen hatte, daß ihm der Schweiß von -der Stirn troff.</p> - -<p>Am Mittag kam der Pfarrer aufs Schloß, und -als der Amtmann ihm erzählte, was der Meisterdieb ihm -für einen Streich gespielt hatte, machte dieser sich über -ihn lustig und wollte sich immer todt lachen. »Ich weiß -nicht, wie ich mich von einem solchen Kerl sollte foppen -lassen,« sagte der Pfarrer. »Ja, nimm Dich nur in -Acht,« sagte der Amtmann: »vielleicht ist er bei Dir, -eh' Du Dir's versiehst.« Der Pfarrer aber machte sich -fortwährend über den Amtmann lustig, weil dieser sich -hatte bei der Nase herumführen lassen.</p> - -<p>Am Nachmittag kam der Meisterdieb und wollte die -Tochter des Amtmanns haben, wie dieser ihm versprochen -hatte. »Du musst erst noch mehr Proben ablegen,« sagte -der Amtmann und gab ihm gute Worte: »denn das Kunststück, -das Du heute gemacht hast, war eben nicht der -Rede werth. Sieh mal zu, ob Du nicht dem Pfarrer -einen Possen spielen kannst; denn der sitzt da drinnen -und macht sich über mich lustig, weil ich mich von -einem Kerl, wie Du bist, bei der Nase habe herumführen -lassen.« Der Meisterdieb meinte, das sollte eben nicht -schwer sein, und ging sogleich fort und traf seine Anstalten: -er verkleidete sich in einen Vogel, hängte sich ein -großes weißes Laken um, brach einer Gans die Flügel ab -und machte sie sich am Rücken fest, und dann kroch er -auf einen großen Ahornbaum, der in dem Garten des -Pfarrers stand. Als am Abend der Pfarrer nach Hause -kam, rief der Bursch vom Baum herunter: »<span class="wide">Herr Lars! -Herr Lars!</span>« denn der Pfarrer hieß <span class="wide">Herr Lars</span>. »Wer -ruft mich?« fragte der Pfarrer. »<span class="wide">Ich bin ein Engel -vom Himmel, der ausgesandt ist vom lieben Gott, -um Dir zu verkündigen, daß Du lebendig ins -Himmelreich kommen sollst von wegen Deiner -Frömmigkeit,</span>« sagte der Meisterdieb: »<span class="wide">Den nächsten -Montag musst Du Dich reisefertig halten; denn -alsdann komme ich und hole Dich ab in einem -Sack, und all Dein Gold und Dein Silber und -Was Du sonst von den Eitelkeiten dieser Welt -besitzest, musst Du auf einen Haufen in Deiner -großen Stube zusammenlegen.</span>« Herr Lars fiel auf -seine Knie und dankte dem Engel, und am Sonntag-Morgen, -als er auf die Kanzel stieg, predigte er vor den Leuten, -daß ihm ein Engel vom Himmel erschienen wäre auf -dem großen Ahornbaum in seinem Garten, der hätte ihm -verkündigt, daß er sollte lebendig ins Himmelreich kommen -von wegen seiner Frömmigkeit, und er predigte und -deutete ihnen das Wort Gottes, daß alle Leute, die in -der Kirche waren, darüber weinen mußten.</p> - -<p>Am Montag kam der Meisterdieb wieder in der Gestalt -eines Engels, und der Pfarrer fiel auf die Knie und -betete und dankte ihm, bevor er in den Sack gesteckt wurde, -und als er hinein war, nahm der Meisterdieb den Sack -und schleppte ihn an der Erde mit sich fort über Stock -und über Stein. »Au! au!« schrie der Pfarrer im Sack: -»wo bin ich?« — »<span class="wide">Du bist auf dem engen Wege, -der in das Himmelreich führt</span>,« sagte der Meisterdieb -und schleppte den Sack immer weiter, so daß dem -Pfarrer die Rippen im Leibe krachten; zuletzt warf er ihn -in den Gänsestall des Amtmanns. Da flogen die Gänse -auf ihn und fingen an zu zischen und ihn zu beißen, und -der Pfarrer war in seinem Sack mehr todt, als lebendig. -»Au! au! wo bin ich jetzt?« rief er. »<span class="wide">Jetzt bist Du -im Fegefeuer, um gereinigt und geläutert zu -werden für das ewige Leben</span>,« sagte der Meisterdieb, -ging fort und holte sich all das Gold und das Silber -und die kostbaren Sachen, die der Pfarrer in seiner großen -Stube zusammengehäuft hatte.</p> - -<p>Am Morgen, als das Gänsemädchen kam und die -Gänse aus dem Stall lassen wollte, hörte sie den Pfarrer -drinnen im Sack jammern. »Sagt mir um Gotteswillen, -Wer seid Ihr und Was fehlt Euch?« sagte das Mädchen: -»Ach,« rief der Pfarrer: »bist Du ein Engel vom Himmel, -so laß mich hinaus und schicke mich wieder zurück auf die -Erde, denn hier ist's noch viel schlimmer, als in der Hölle; -tausend Teufel zwicken mich überall mit ihren Zangen.« — -»Ich bin, Gott bessre es! kein Engel,« sagte das Mädchen -und half dem Pfarrer aus dem Sack: »ich hüte bloß die -Gänse des Amtmanns, und das sind auch wohl die Teufel, -die Euch gezwickt haben, Gevatter,« sagte sie. »Ach, -das hat der Meisterdieb gethan! Ach, mein Gold und mein -Silber und meine schönen Kleider!« schrie der Pfarrer und -jammerte und lamentirte und lief fort nach Hause, so daß -das Mädchen glaubte, er habe rein den Verstand verloren.</p> - -<p>Als der Amtmann die Geschichte erfuhr und hörte, -wie der Pfarrer sowohl auf dem engen Wege, als im Fegefeuer -gewesen war, wollte er sich beinahe todtlachen. Als -aber der Meisterdieb kam und seine Tochter haben wollte, -schwatzte er ihm wieder süß vor und sagte: »Du musst -erst eine Probe ablegen, die noch besser ist, damit ich recht -erfahre, wozu Du taugst. Ich habe zwölf Pferde in meinem -Stall stehen, auf die will ich zwölf Knechte setzen, -einen auf jedes. Bist Du nun im Stande, ihnen die -Pferde unter dem Hosenleder wegzustehlen, so will ich sehen, -Was ich für Dich thun kann.« — »Das ließe sich -schon machen,« sagte der Meisterdieb: »Bekomme ich dann -aber auch ganz gewiß Deine Tochter?« — »Ja, kannst -Du das, so will ich mein Bestes thun,« sagte der Amtmann.</p> - -<p>Der Meisterdieb begab sich jetzt zu einem Krämer und -kaufte sich zwei Flaschen Branntwein, aber in die eine -goß er einen Schlaftrunk; dann bestellte er sich elf Knechte, -die mußten sich in der Nacht hinter die Scheune des Amtmanns -verstecken. Für Geld und gute Worte bekam er auch -von einer alten Frau einen lumpigen Weiberrock und eine -Jacke, womit er sich wie ein altes Weib verkleidete; darauf -nahm er einen Stock in die Hand und einen Beutel -auf den Nacken, und als es Abend wurde, hinkte er fort -nach dem Stall des Amtmanns. Als er dort ankam, tränkten -die Leute eben die Pferde zur Nacht und hatten dabei -alle Hände voll zu thun. »Was Teufel willst Du denn -hier?« sagte einer von den Stallknechten zu dem vermeintlichen -Weibe. »Hutetu! es ist so kalt draußen!« sagte -das Weib und klapperte mit den Zähnen: »lasst mich ein -wenig bei Euch in den Stall kriechen.« — »Wo Dich -der Teufel nicht plagt! Pack Dich fort!« sagte der eine -von den Knechten: »denn kriegt der Amtmann Dich hier -zu sehen, so lässt er uns tanzen.« — »Ach, das alte -kümmerliche Weib!« sagte ein andrer, der Mitleid mit -ihr zu haben schien: »lasst nur die Alte sich in den Stall -hinsetzen; sie thut gewiß Keinem Was zu nah.« Die Andern -aber sagten, daraus könne Nichts werden, und während -sie sich hierüber zankten und die Pferde tränkten, -kroch der Meisterdieb immer weiter nach dem Stall zu, -und endlich schlüpfte er hinter die Thür, wo ihn nachher -weiter Keiner bemerkte.</p> - -<p>Auf die Nacht hin kam es den Leuten ein wenig kalt -an, so still und unbeweglich auf den Pferden zu sitzen. -»Hutetu! es ist kalt wie der Teufel!« sagte der Eine und -schlug die Arme um den Leib. »Wer nur ein Bischen -Tabak hätte!« sagte ein Andrer. Ein Dritter hatte denn -ein Päckchen, und das theilten sie; es war zwar nicht Viel -für jeden, aber sie kau'ten und spuckten, und das half ein -wenig. Bald darnach waren sie wieder gleich schlimm daran. -»Hutetu!« sagte der Eine und schüttelte sich. »Hutetu!« -sagte das Weib und klapperte mit den Zähnen, nahm die -Flasche mit Branntwein hervor und zitterte so heftig mit -der Hand, daß es schwappte in der Flasche, und trank -dann, daß es ihr Kluck! im Halse sagte. »Was hast Du -da in der Flasche?« sagte einer von den Stallknechten. -»Ach, es ist nur ein Tröpfchen Branntwein,« sagte sie. -»Was? Branntwein? Gieb mal her! gieb mal her!« -schrien sie alle zugleich. »Ach, ich habe nur so wenig,« -sagte sie: »Ihr werdet nicht einmal naß davon im Mund.« -Aber es half nichts, sie wollten durchaus einen Schluck -haben. Da nahm die Alte die Flasche mit dem Schlaftrunk, -hielt sie jedem vor den Mund und ließ ihn davon -trinken, so Viel er brauchte, und der Zwölfte hatte noch -nicht getrunken, als der Erste schon da saß und schnarchte. -Darauf warf der Meisterdieb seine Lumpen ab und nahm -den einen Kerl nach dem andern und setzte sie vorquer auf -die Balken, rief dann seine elf Leute — und fort jagte -er mit allen zwölf Pferden.</p> - -<p>Als der Amtmann am Morgen herauskam und nach -seinen Knechten sehen wollte, wachten diese eben auf und -fingen an, mit den Spornen in die Balken zu hauen, daß -die Splitter davon flogen, und einige von den Knechten -fielen herunter, andre blieben hangen, und die andern saßen -da wie Narren. »Ja, ich kann's mir schon denken, Wer -hier gewesen ist,« sagte der Amtmann: »Ihr seid aber -doch ganz elende Kerls, daß Ihr hier sitzt und Euch den -Meisterdieb die Pferde unterm Hosenleder wegstehlen lasst!« -und damit bekamen sie ihre gehörige Schmiere.</p> - -<p>Später am Tage kam der Meisterdieb selbst und erzählte -alle Umstände und wollte jetzt die Tochter des Amtmanns -haben, so wie dieser ihm versprochen hatte. Der -Amtmann aber gab ihm hundert Thaler und sagte, er -müsse erst einen Streich ausführen, der noch besser wäre. -»Meinst Du, daß Du wohl das Pferd unter mir selbst -stehlen könntest, wenn ich darauf reite?« sagte der Amtmann. -»Das ließe sich schon machen,« sagte der Meisterdieb: -»bekäme ich dann nur eben so gewiß Deine Tochter.« -Ja, er wollte sehn, Was er thun könnte, sagte der Amtmann -und bestimmte einen Tag, an welchem er zu einem -großen Exercirplatz hinausreiten wollte.</p> - -<p>Der Meisterdieb erhandelte sich eine alte abgelebte -Schindmähre, flocht sich einen Sielen aus Weiden und -Besenreisern, kaufte einen alten Karren und ein großes -Faß und sagte dann zu einem alten zahnlosen Weib, er -wolle ihr zehn Thaler geben, wenn sie in das Faß kriechen -und über dem Zapfenloch gaffen wolle, er würde dann den -Finger hineinstecken, — Leides sollte ihr nicht geschehen — -sie sollte bloß ein wenig fahren — und wenn er den Finger -öfter, als <span class="wide">ein</span>mal herauszöge, so sollte sie noch zehn Thaler -dazu haben. Darauf zog er einige alte Lumpen an, -machte sich im Gesicht unkenntlich mit Ruß, setzte sich -eine Perrücke auf und heftete sich einen Bart von Ziegenhaaren -an, so daß Keiner ihn wiedererkennen konnte, und -damit karjuckelte er nach dem Exercirplatz, wo der Amtmann -schon eine Weile geritten hatte.</p> - -<p>Es ging aber so langsam und so traurig, daß er fast -nicht vom Fleck kam; er dusselte und dusselte; dann stand das -Fuhrwerk ganz still; dann ging es wieder ein wenig, aber -so traurig, daß der Amtmann nimmer darauf verfallen -konnte, daß das der Meisterdieb sein könne; er ritt daher -grade auf ihn zu und fragte ihn, ob er nicht Jemanden -dort im Walde hätte herumschleichen sehen. Nein, sagte -der Mann, er hätte Keinen gesehen. »Höre,« sagte der -Amtmann: »reite doch einmal in den Wald und sieh zu, -ob nicht Einer da herumschleicht; ich will Dir so lange -mein Pferd leihen und Dir auch ein gutes Trinkgeld geben.« -— »Nein,« sagte der Mann: »das kann ich nicht; -denn ich soll dieses Methfaß zu einer Hochzeit fahren; nun -ist mir aber unterweges der Zapfen herausgefallen, und -darum muß ich beständig den Finger ins Loch halten.« -— »Reite Du nur hin!« sagte der Amtmann: »Ich werde -schon derweile auf Dein Pferd und auf das Faß Acht -haben.« Ja, dann sollte aber der Amtmann geschwind den -Finger ins Loch stecken, wenn er seinen herauszöge. Das -that denn der Amtmann auch, und der Meisterdieb setzte -sich aufs Pferd. Die Zeit aber verstrich, und es kam -Niemand zurück. Zuletzt ward's der Amtmann überdrüssig, -immer den Finger ins Loch zu halten, und er zog ihn -heraus. »Nun krieg ich noch zehn Thaler dazu!« schrie das -Weib drinnen im Faß. Da erschrak der Amtmann, denn -er merkte nun wohl, wie die Sache sich verhielt, und begab -sich schnell auf den Heimweg. Unterweges brachten sie ihm -schon sein Pferd entgegen, das der Meisterdieb bereits zu -Hause bei ihm abgeliefert hatte.</p> - -<p>Tages darauf kam der Bursch zum Amtmann und -wollte seine Tochter haben, so wie dieser ihm versprochen -hatte. Der Amtmann schwatzte ihm wieder Allerlei vor, -gab ihm zweihundert Thaler und sagte, er müßte noch ein -Probestück machen, könnte er das, dann sollte er auch ganz -gewiß seine Tochter haben. »Laß mich hören, Was es -ist,« sagte der Meisterdieb. »Kannst Du mir denn wohl -das Laken aus meinem Bett stehlen und meiner Frau das -Hemd vom Leibe?« sagte der Amtmann. »Das sollte sich -schon machen lassen,« sagte der Meisterdieb: »hätte ich nur -eben so gewiß Deine Tochter.«</p> - -<p>Als es nun Nacht geworden war, ging der Meisterdieb -zum Galgen und schnitt einen armen Sünder los, -nahm ihn auf den Nacken und trug ihn fort; darnach -holte er sich eine große Leiter, die stellte er an das Kammerfenster -des Amtmanns, stieg dann hinauf und bewegte -den Todten auf und ab, grade als wenn Einer von außen -ins Fenster guckte. »Das ist der Meisterdieb, Frau!« sagte -der Amtmann und stieß sie in die Seite. »Jetzt schieß ich -ihn!« sagte er und nahm die Büchse, die er vor sein -Bett hingelegt hatte. »Nein, thu das nicht, Mann!« sagte -die Frau: »Du hast ihn ja selber herbestellt.« — »Ja, -ich schieß ihn, dann bin ich ihn quitt,« sagte der Amtmann -und fing an zu zielen. Bald aber war der Kopf -oben, bald war er wieder unten; endlich aber bekam der -Amtmann ihn doch aufs Korn, knallte los, und der Todte -bumps'te zur Erde nieder. Der Meisterdieb herunter von -der Leiter, so schnell er nur konnte.</p> - -<p>»Ich bin nun zwar selbst die hohe Obrigkeit,« sagte -der Amtmann: »ich möchte aber doch nicht gern, daß die -Leute Etwas zu reden hätten; darum ist's am besten, ich -stehe auf und begrabe den Todten.« — »Ja, thu, wie es -Dir gut dünkt, Mann,« sagte die Frau. Da stand der -Amtmann auf und ging hinunter, den Todten zu begraben; -während er aber zur Thür hinausging, schlüpfte der Meisterdieb -zum Fenster hinein. »Nun, Mann,« sagte die Frau — -denn sie glaubte es wäre der Amtmann — »bist Du schon fertig?« -— »Ja,« sagte der Meisterdieb: »ich steckte ihn bloß in -ein Loch und scharrte etwas Erde darüber, und so weit ist er -nun verwahrt. Es ist so ein abscheuliches Wetter draußen, ich -will's schon ein andermal besser machen. Gieb mir aber -das Laken,« sagte er: »damit ich mich abtrockne, denn ich -habe mich über und über mit Blut besudelt.« Die Frau -gab ihm das Laken. »Du musst mir auch noch Dein -Hemd geben,« sagte er: »denn das Laken verschlägt nicht, -merke ich.« Sie gab ihm nun auch noch ihr Hemd. Da -fiel es ihm ein, daß er vergessen hatte, die Thür zuzumachen, -und das mußte er erst, eh' er sich wieder zu -Bett legte — und fort ging er mit dem Laken und mit dem -Hemd. Eine Weile darnach kam der rechte Amtmann. -»Nein, wie lange Zeit Du gebraucht hast, um die Thür -zuzumachen!« sagte die Frau: »Wo hast Du aber nun -das Laken und mein Hemd gelassen?« — »Was sagst -Du?« rief der Amtmann. »Ich frage, wo Du das Laken -und mein Hemd gelassen hast, das ich Dir gab, um -Dich damit abzutrocknen?« sagte sie. »Ei zum Teufel!« -rief der Amtmann: »ist er nun damit auch fort?«</p> - -<p>Am Tage kam der Meisterdieb wieder und verlangte die -Tochter des Amtmanns, wie dieser ihm versprochen hatte, und -da durfte nun der Amtmann nicht anders, sondern gab sie -ihm und noch viel Geld dazu; denn er fürchtete, der Meisterdieb -möchte ihm zuletzt noch die Augen aus dem Kopf -stehlen, und daß er gar zu sehr ins Gerede käme. Der -Meisterdieb lebte nun mit der Tochter des Amtmanns lustig -und vergnügt. Ob er nach dieser Zeit noch wieder stahl, kann -ich nicht mit Gewißheit sagen; that er es aber, so geschah -es wohl nur zu seinem eignen Vergnügen.</p> - -<hr class="narrow" /> -<h3><a name="kap5" id="kap5"></a>5.</h3> - -<div class="center"> -<p class="noindent"><b>Die drei Schwestern im Berge.</b> -</p> -</div> - -<p>Es war einmal eine alte Wittfrau, die wohnte mit ihren -drei Töchtern weit vom Dorfe unten an einem Berg. -Sie war aber so arm, daß sie weiter Nichts besaß, als -nur ein Huhn, und das hatte sie so lieb, wie ihren Augapfel; -sie tickerte damit herum und warf ihm Körner zu -früh und spät. Eines Tages aber war das Huhn fort. -Die Frau ging überall um das Haus herum und suchte -und lockte; aber das Huhn war fort und blieb fort. Da -sagte sie zu ihrer ältesten Tochter: »Du musst hingehen und -zusehen, daß Du das Huhn wiederfindest; denn her muß -es wieder, und sollten wir es auch aus dem Berg holen.« -Die Tochter ging fort und suchte und lockte überall; aber -kein Huhn war zu finden. Da schallte es auf einmal aus -der Bergwand:</p> - -<div class="center"> -<table style="margin: 0 auto" cellpadding="1" summary=""> -<tr><td align="left" valign="top">»<span class="wide">Das Hühnchen trippelt im Berge!</span></td></tr> -<tr><td align="left" valign="top"><span class="wide"> Das Hühnchen trippelt im Berge!</span>«</td></tr> -</table> -</div> - -<p>Das Mädchen ging hin und wollte zusehen. Da öffnete -sich aber plötzlich unter ihr eine Fallthür, und sie fiel -tief hinab in ein Gewölbe unter der Erde. Als sie darin -weiter ging, kam sie durch viele schöne Zimmer, das eine -noch immer prächtiger, als das andre. In dem innersten -Zimmer aber kam ein großer Bergmann auf sie zu, der -fragte sie: »<span class="wide">Willst Du meine Braut sein?</span>« Nein, -sagte das Mädchen, das wollte sie ganz und gar nicht, sie -wollte wieder hinauf und nach ihrem Huhn suchen, das -fortgekommen wäre. Da ward der Bergmann so zornig, -daß er sie nahm und ihr den Kopf abriß und ihn mit -sammt dem Rumpf in einen Keller hinabwarf.</p> - -<p>Die Mutter saß indessen zu Hause und wartete von -einer Zeit zur andern; aber die Tochter war nicht da -und kam nicht. Sie wartete nun noch eine gute Zeit; da -das Mädchen aber immer noch nicht kam, sagte sie zu -ihrer zweiten Tochter, sie solle hingehen und sich nach ihrer -Schwester umsehen, und dann solle sie zugleich das -Huhn locken.</p> - -<p>Der zweiten Tochter ging es nun eben so, wie der -ersten, sie suchte und lockte überall, und plötzlich hörte sie -es aus der Bergwand rufen:</p> - -<div class="center"> -<table style="margin: 0 auto" cellpadding="1" summary=""> -<tr><td align="left" valign="top">»<span class="wide">Das Hühnchen trippelt im Berge!</span></td></tr> -<tr><td align="left" valign="top"><span class="wide"> Das Hühnchen trippelt im Berge!</span>«</td></tr> -</table> -</div> - -<p>Das kam ihr ganz wunderbar vor, und als sie hingehen -wollte und zusehen, Was es zu bedeuten hatte, da -fiel sie ebenfalls durch die Fallthür in das unterirdische -Gewölbe hinab. Sie ging nun durch viele Zimmer, und -in dem innersten kam der Bergmann auf sie zu und -fragte sie, ob sie seine Braut sein wollte. Nein, das wollte -sie ganz und gar nicht, sie wollte sogleich wieder hinauf -und nach ihrem Huhn suchen, das fortgekommen wäre. -Da ward der Bergmann so zornig, daß er sie nahm und -ihr den Kopf abriß und ihn sammt dem Rumpf in den -Keller hinabwarf.</p> - -<p>Als nun die Frau auch auf die zweite Tochter schon -eine lange Zeit gewartet hatte, und diese immer noch -nicht kam, sagte sie zu der jüngsten: »Nun musst Du -einmal hingehen und Dich nach Deinen Schwestern umsehen.« -»Schlimm genug,« sagte sie: »daß uns das -Huhn wegkam; sollten wir aber Deine Schwestern noch -dazu verlieren, so wäre das noch weit schlimmer; vergiß -aber nicht, unterweges das Huhn zu locken.«</p> - -<p>Die jüngste Tochter ging nun fort und suchte und -lockte überall herum; aber keine Schwestern waren zu finden, -und kein Huhn war zu sehen. Endlich kam sie auch -zu der Bergwand, und nun rief es wieder:</p> - -<div class="center"> -<table style="margin: 0 auto" cellpadding="1" summary=""> -<tr><td align="left" valign="top">»<span class="wide">Das Hühnchen trippelt im Berge!</span></td></tr> -<tr><td align="left" valign="top"><span class="wide"> Das Hühnchen trippelt im Berge!</span>«</td></tr> -</table> -</div> - -<p>Das, däuchte dem Mädchen, wäre ja herrlich; sie wollte -sogleich hin und es holen; aber ehe sie sich's versah, fiel sie -ebenfalls in das Gewölbe hinunter. Wie sie nun durch die -vielen Zimmer ging, wovon das eine immer noch schöner -war, als das andre, ließ sie sich gute Zeit und betrachtete -Alles genau, denn sie war ganz und gar nicht bange. -Endlich bemerkte sie eine Kellerklappe, die hob sie auf und -sah hinunter; da erkannte sie alsbald ihre Schwestern, -welche beide da lagen und todt waren. Wie sie eben die -Klappe wieder zugemacht hatte, kam der Bergmann an. -»<span class="wide">Willst Du meine Braut sein?</span>« fragte er sie. »Ja, -recht gern,« sagte das Mädchen, denn sie konnte sich nun -wohl denken, wie es ihren Schwestern ergangen war. Als -der Troll das hörte, ward er seelenfroh und schenkte ihr -die schönsten und prächtigsten Kleider und Alles, was sie -sich nur wünschen mochte, so sehr freu'te er sich, daß -Eine mal seine Braut sein wollte.</p> - -<p>Als das Mädchen sich nun einige Zeit bei dem Trollen -aufgehalten hatte, war sie eines Tages ganz traurig -und betrübt. Der Troll fragte sie, Was ihr fehle. »Ach,« -sagte sie: »es betrübt mich so sehr, daß ich nicht zu Hause -bei meiner Mutter sein kann; die leidet gewiß Hunger und -Durst und hat keinen Menschen um sich.« — »Ja, Dich -zu ihr gehen lassen, kann ich nicht,« sagte der Troll: »aber -thu nur etwas Essen in einen Sack, dann will ich's ihr -schon bringen.« Dafür dankte das Mädchen ihm und -nahm einen Sack und füllte ihn mit lauter Gold und Silber -an, aber oben darauf legte sie Etwas zu essen, und -sagte dann zu dem Trollen, nun wäre der Sack fertig, -aber er dürfe nicht zusehen, Was drin wäre; das mußte -er ihr versprechen. Na, er wollt's auch nicht thun. Als -er fortging, sah sie ihm nach durch ein Loch, das in der -Fallthür war. Unterweges sah sich der Troll um und -sagte: »Der ist doch auch verdammt schwer, der Sack! ich -muß doch mal zusehen, Was drin ist,« und damit wollte -er das Band auflösen. Aber das Mädchen rief ihm zu: -»Ich sehe Dich! ich sehe Dich!« — »<span class="wide">Das ist doch auch -zum Kukuk, was Du für Augen im Kopf hast!</span>« -sagte der Troll und wagte nun keinen weitern Versuch. -Als er bei der Wittwe ankam, warf er den Sack durch -die Thür hinein. »<span class="wide">Da hast Du Was zu essen von -Deiner Tochter!</span>« sagte er: »<span class="wide">sie kann's entbehren.</span>«</p> - -<p>Wie nun das Mädchen schon eine gute Zeit bei dem -Trollen im Berge zugebracht hatte, fiel eines Tages ein -Ziegenbock durch die Fallthür hinunter. »<span class="wide">Wer hat nach -dir geschickt, du langrippiges Beest!</span>« rief der Troll -und war entsetzlich böse, nahm den Bock, dreh'te ihm den -Kopf um und warf ihn hinunter in den Keller. »Ach, -warum hast Du das gethan?« sagte das Mädchen: »ich -hätte ja meinen Zeitvertreib damit haben können.« — »Nun, -Du brauchst darum eben das Maul nicht schief zu machen,« -sagte der Troll: »er soll bald wieder lebendig werden.« -Darauf nahm er einen Krug, der an der Wand -hing, setzte dem Ziegenbock den Kopf wieder auf und bestrich -ihn mit der Salbe aus dem Krug, und da war der -Bock wieder eben so frisch und munter, als zuvor. »Haha!« -dachte das Mädchen: »der Krug ist Was werth!«</p> - -<p>Als sie nun noch eine gute Zeit bei dem Trollen -gewesen war, ersah sie eines Tages die Gelegenheit, da -der Troll nicht zu Hause war, nahm die älteste Schwester -und setzte ihr den Kopf auf und bestrich sie dann mit der -Salbe aus dem Krug, so wie sie gesehen, daß der Troll -es mit dem Ziegenbock gemacht hatte; und als das geschehen -war, ward die Schwester sogleich wieder lebendig. -Sie steckte sie nun in einen Sack, legte ein wenig Essen -oben drauf, und wie der Troll nach Hause kam, sagte sie zu -ihm: »Ach, willst Du nicht zu meiner Mutter gehen und -ihr ein wenig Essen bringen? sie leidet gewiß Hunger und -Durst, die Arme! Aber Du musst auch nicht in den Sack -sehen.« Nein, er wollte nicht hineinsehen, sagte der Troll, -nahm den Sack und marschirte damit fort. Wie er aber -ein Ende gegangen war, däuchte ihm, der Sack wäre so -verdammt schwer, und als er noch etwas weiter gegangen -war, sagte er: »Ich möchte doch wohl wissen, Was drin -ist, und was sie auch für Augen im Kopf haben mag, so -kann sie mich doch jetzt nicht mehr sehen.« Als er aber -nun das Band auflösen wollte, rief die Schwester, die in -dem Sack war: »Ich seh' Dich wohl! ich seh' Dich wohl!« -— »<span class="wide">Das ist doch auch zum Kukuk mit Deinen Augen!</span>« -sagte der Troll, denn er glaubte, es wäre Die im -Berge, welche das sagte. Er wagte nun nicht weiter, den -Sack zu öffnen, sondern lief damit, was er nur konnte, zu -der Mutter, und als er an die Thür kam, warf er den -Sack hinein und rief: »<span class="wide">Da hast Du Essen von Deiner -Tochter! sie kann's entbehren.</span>«</p> - -<p>Wie nun das Mädchen noch eine gute Zeit in dem -Berg gewesen war, machte sie es eben so mit der zweiten -Schwester: sie setzte ihr den Kopf auf, bestrich sie mit der -Salbe aus dem Krug und steckte sie in den Sack. Aber -das Mal legte sie oben drauf so viel Gold und Silber, -als nur hinein konnte, und ganz oben darauf legte sie ein -Wenig zu essen. »Ach,« sagte sie zu dem Trollen: -»Willst Du nicht zu meiner Mutter gehen und ihr wieder -ein Wenig Essen bringen? aber Du darfst ja nicht in -den Sack sehen.« Ja, er wollte wohl hingehen und wollt' -auch nicht hineinsehen, sagte der Troll. Als er aber eine -Strecke weit gekommen war, däuchte ihm, der Sack würde -so verdammt schwer, und als er noch etwas weiter gekommen -war, konnte er ihn beinah nicht mehr tragen. Er -wollte nun das Band auflösen und in den Sack gucken; -aber da rief die Schwester, welche drinnen war: »Ich seh' -Dich wohl! ich seh' Dich wohl!« — »<span class="wide">Das ist doch -auch zum Kukuk, was Du für Augen im Kopf -hast!</span>« sagte der Troll und wagte nicht weiter, in den -Sack zu sehen, sondern trug ihn, so schnell er nur konnte, -gradesweges zu der Mutter, und als er an's Haus kam, -warf er ihn durch die Thür hinein und rief: »<span class="wide">Da hast -Du Essen von Deiner Tochter! sie kann's entbehren.</span>«</p> - -<p>Als nun das Mädchen noch eine gute Zeit in dem -Berg gewesen war, wollte der Troll einmal ausgehen. -Das Mädchen aber stellte sich schwach und elend an und -sagte: »Es kann nichts nützen, daß Du vor zwölf Uhr -zu Hause kommst; denn ich kann das Essen heut doch -nicht so früh fertig kriegen, weil ich so schwach bin.« -Als darauf der Troll gegangen war, stopfte sie ihre Kleider -mit Stroh aus und stellte die Strohdirne in die -Ecke am Herd hin mit einem Quirl in der Hand, so daß -es aussah, als wäre sie es selbst. Darauf schlich sie sich -aus dem Berg und lief fort nach Hause; unterweges aber -sprach sie sich einen Schützen auf, und den nahm sie mit.</p> - -<p>Als die Uhr zwölf war, oder so ungefähr, kam der -Troll nach Hause: »<span class="wide">Gieb mir Was zu essen!</span>« rief er -der Strohdirne zu; aber die antwortete nicht. »<span class="wide">Gieb -mir Was zu essen, sag' ich Dir!</span>« rief der Troll: -»denn ich bin hungrig.« Keine Antwort. »<span class="wide">Gieb -mir Was zu essen!</span>« schrie der Troll zum dritten Mal: -»<span class="wide">und wenn Du nicht thust, Was ich Dir sage, -werde ich Dich aus dem Schlaf wecken.</span>« Aber -die Dirn stand da, ohne sich zu rühren. Da wurde der -Troll rasend und stieß sie mit dem Fuß, daß die Halme -umherstoben. Als er aber das sah, merkte er Unrath und -begann zu suchen im ganzen Berg herum, und zuletzt kam -er auch hinunter in den Keller; da waren aber die beiden -Schwestern des Mädchens fort, und nun konnte er sich -wohl den ganzen Zusammenhang denken. »<span class="wide">Ja, das will -ich ihr bezahlen!</span>« sagte er und machte sich auf nach -dem Hause der Mutter. Als er aber an die Thür kam, -knallte der Schütz los. Wie der Troll das hörte, wagte -er nicht, hineinzugehen, denn er glaubte, es wäre der Donner, -und lief wieder fort nach Hause, so schnell er nur -konnte. Eh' er aber zu der Fallthür kam, ging die Sonne -auf, und da barst er. — Wenn ich bloß wüßte, wo die -Fallthür wäre; denn da ist gewiß noch Gold und Silber -Genug zu holen.</p> - -<hr class="narrow" /> -<h3><a name="kap6" id="kap6"></a>6.</h3> - -<div class="center"> - <p class="noindent"> - <b>Von dem Riesen, der kein Herz im Leibe hatte.</b> - </p> -</div> - -<p>Es war einmal ein König, der hatte sieben Söhne, von -denen hielt er so viel, daß er nicht leben konnte ohne sie; -einer wenigstens mußte immer um ihn sein. Als -die Söhne groß waren, sollten die sechs ältesten ausziehen -und sich eine Frau suchen; den jüngsten aber wollte -der Vater bei sich zu Hause behalten, und die andern sollten -eine Prinzessinn für ihn mitbringen. Der König gab -nun den sechs Prinzen die schönsten Kleider, die man sehen -konnte, sie waren so schön, daß man den Glanz schon weit -in der Ferne sah, und jedem gab er ein Pferd, das kostete -viele, viele hundert Thaler, und damit reis'ten sie fort. -Als sie nun an vielen Königshöfen gewesen waren und -viele Prinzessinnen gesehen hatten, kamen sie endlich auch -zu einem König, der sechs Töchter hatte; so schöne Königstöchter -aber hatten die Prinzen noch nie gesehen, und -jeder frei'te um eine von ihnen und bekam sie zur Braut, -und darauf begaben sie sich mit den Prinzessinnen wieder -auf den Heimweg zu ihrem Vater; sie waren aber in ihre -Bräute so verliebt, daß sie es ganz vergaßen, auch eine -Prinzessinn für Aschenbrödel mitzubringen, der zu Hause -geblieben war.</p> - -<p>Wie sie nun schon eine gute Strecke Weges zurückgelegt -hatten, kamen sie an einer steilen Bergwand vorbei, -wo ein Riesenschloß war. Der Riese kam heraus, -und als er sie sah, verwandelte er sie alle in Stein, sowohl -die Prinzen, als die Prinzessinnen. Der König -wartete immerfort auf seine Söhne; aber wie lange er -auch warten mochte, sie kehrten nicht zurück. Da ward -der König sehr betrübt und konnte nimmer wieder froh -werden. »Hätte ich nicht Dich noch,« sagte er zu Aschenbrödel: -»so möchte ich gar nicht mehr in der Welt leben.« -Aschenbrödel aber bat den König, daß er ihm erlauben -möchte, fortzureisen, um seine Brüder wieder aufzusuchen. -»Nein, das kann ich nicht,« sagte der König: »denn Du -kommst nachher auch nicht wieder.« Aber Aschenbrödel -wollte durchaus fort und bat seinen Vater so lange, bis -er ihn endlich reisen ließ. Nun hatte der König aber -kein andres Pferd für Aschenbrödel, als eine alte elende -Kracke; denn die sechs andern Königssöhne hatten alle die -andern Pferde bekommen. Das kümmerte Aschenbrödel -aber wenig; er setzte sich auf seine alte Kracke und reis'te -fort. »Lebe wohl, Vater!« sagte er, als er abreis'te: -»ich werde schon wiederkommen, und vielleicht bringe ich -dann meine Brüder auch mit.«</p> - -<p>Als er ein Ende geritten war, traf er auf dem Wege -einen Raben an, der lag da und schlug mit den Flügeln -und konnte vor lauter Hunger und Mattigkeit nicht von -der Stelle. »Ach, gieb mir doch ein Wenig zu essen,« -sagte der Rabe: »dann will ich Dir auch wieder helfen, -wenn Du mal in Noth kommst.« — »Ja, Viel hab' ich -eben nicht,« sagte der Königssohn: »und Du siehst auch -gar nicht darnach aus, daß Du mir große Hülfe leisten -könntest; weil Du es aber so nöthig zu haben scheinst, -will ich Dir wohl geben, Was ich vermag,« und darauf -öffnete er seinen Ranzen und gab dem Raben zu essen. -Wie er nun ein Ende weiter gereis't war, kam er zu einem -Bach. Nicht weit davon lag ein großer Lachs, der auf -das trockne Land gekommen war, und zappelte und konnte -nicht wieder zurück ins Wasser. »Ach hilf mir doch wieder -in's Wasser,« sagte der Lachs: »Ich will Dir auch -wieder helfen, wenn Du mal in Noth kommst.« — »Ja, -Deine Hülfe wird mir wohl nicht viel nützen,« sagte der -Königssohn: »aber es wäre ja Sünde, Dich hier umkommen -zu lassen,« und damit setzte er den Fisch wieder ins Wasser. -Nun reis'te er ein gutes Ende weiter; da traf er auf -dem Wege einen Wolf an, der lag da und wand und -krümmte sich vor lauter Hunger. »Ach gieb mir doch -Dein Pferd zu fressen,« sagte der Wolf: »denn ich bin -so hungrig, daß mir der Magen schlottert, weil ich in zwei -Jahren Nichts zu essen bekommen habe.« — »Nein,« -sagte Aschenbrödel: »das kann ich nicht! Erst kam ich -zu einem Raben, dem mußte ich mein Essen geben; darauf -kam ich zu einem Lachs, dem mußte ich wieder ins Wasser -helfen; und Du willst nun gar mein Pferd haben; -das geht nicht, dann weiß ich nicht, wie ich meine Reise -fortsetzen soll.« — »Ja, Du musst mir helfen,« sagte der -Wolf: »Du kannst nachher auf mir reiten; ich will Dir -auch wieder helfen, wenn Du mal in Noth kommst.« — -»Ja, Was Du mir helfen kannst, hat wohl nicht Viel zu -bedeuten,« sagte der Prinz: »aber nimm das Pferd nur -hin, weil Du's doch so nöthig hast.« Als der Wolf das -Pferd gefressen hatte, gab Aschenbrödel ihm das Gebiß -ins Maul und legte ihm den Sattel auf den Rücken; -denn der Wolf war jetzt so stark und so groß geworden -von Dem, was er gefressen hatte, weit größer, als ein -Pferd. Wie Aschenbrödel sich aufgesetzt hatte, legte der -Wolf mit ihm los; aber so schnell hatte Aschenbrödel noch -nie geritten. Als sie nun schon einen guten Weg hinter -sich hatten, sagte der Wolf: »Wenn wir noch ein -kleines Ende weiter gekommen sind, dann werde ich Dir -das Riesenschloß zeigen.« Es dauerte nicht lange, so -waren sie da. »Hier siehst Du das Schloß,« sagte -der Wolf: »und dies hier sind Deine sechs Brüder, die -der Riese in Stein verwandelt hat, und das da sind ihre -sechs Bräute; dort siehst Du auch die Thür zu dem Schloß, -und da musst Du hineingehen.« — »Nein,« sagte der Königssohn: -»der Riese bringt mich um.« — »Sei nur -ohne Furcht,« versetzte der Wolf: »denn wenn Du hineinkommst, -triffst Du dort eine Prinzessinn an, die wird Dir -wohl sagen, wie Du es machen musst, um den Riesen zu -tödten; und thu dann nur, wie sie Dir sagt.« Aschenbrödel -ging darauf hinein, und wie er durch mehre Zimmer -gekommen war, saß in dem einen die Prinzessinn; aber -eine so schöne Jungfrau hatte er noch nie gesehen. »Ach, -Gott steh Dir bei!« sagte sie, als sie ihn erblickte: »Wie -bist Du hier hereingekommen? Dein Tod ist Dir gewiß; -denn hier wohnt ein Riese, den kann Niemand tödten, -weil er kein Herz im Leibe hat.« — »Ich will es aber -doch versuchen,« sagte Aschenbrödel: »denn darum bin ich -hergekommen; und meine Brüder, welche hier in Stein -verwandelt sind, wollte ich auch gern erretten, und Dich -dazu, wenn ich könnte.« Wie nun die Prinzessinn ihn -durchaus nicht überreden konnte, wieder fortzugehen, sagte -sie zu ihm: »Laß uns denn zusehen, wie wir's am besten -anfangen: Krieche hier unter dieses Bett, und da -musst Du still liegen bleiben und genau zuhören, Was der -Riese sagt, wenn ich ihn ausfrage.« Er kroch nun unter's -Bett, und kaum war das geschehen, so kam der Riese an. -»<span class="wide">Hutetu! hier riecht's so nach Menschenfleisch!</span>« -rief er. »Ja, es flog hier eine Elster vorbei mit einem -Knochen im Schnabel, den ließ sie durch den Schornstein -fallen,« sagte die Prinzessinn: »ich habe mich zwar beeilt, -ihn hinwegzuschaffen; aber es muß wohl noch der -Geruch davon zurückgeblieben sein;« und damit war der -Riese zufrieden gestellt. Als es Abend wurde, legten sie -sich zu Bett, und wie sie eine Weile gelegen hatten, sagte -die Prinzessinn: »Da ist Eins, wonach ich Dich gern fragen -wollte, aber Du musst auch nicht böse werden.« — -»<span class="wide">Was ist denn das?</span>« fragte der Riese. »O,« sagte -sie: »ich möchte gern wissen, wo Du Dein Herz hast, weil -Du es doch nicht bei Dir trägst.« — »<span class="wide">Das ist Etwas, -wonach Du nicht zu fragen brauchst</span>,« sagte der -Riese: »<span class="wide">sonst liegt es dort unter der Thürschwelle.</span>« -— »Aha! da wollen wir's schon finden!« -dachte Aschenbrödel, der unter dem Bett lag.</p> - -<p>Am nächsten Morgen stand der Riese früh auf und -streifte nach dem Wald zu. Kaum war er fort, so fingen -Aschenbrödel und die Prinzessinn an, unter der -Thürschwelle zu suchen; aber was sie auch suchen und graben -mochten, so fanden sie doch Nichts. »Diesmal hat -er uns angeführt,« sagte die Prinzessinn: »aber wir müssen's -noch einmal versuchen.« Darauf pflückte sie die schönsten -Blumen, die sie finden konnte, und bestreu'te damit -die Thürschwelle, nachdem sie dieselbe vorher wieder in Stand -gebracht hatten. Wie es um die Zeit war, daß sie den -Riesen zu Hause erwarteten, mußte Aschenbrödel wieder -unter's Bett kriechen. »<span class="wide">Hutetu! hier riecht's so nach -Menschenfleisch!</span>« sagte der Riese, als er eintrat. »O, -das ist wohl noch der Knochen von gestern,« sagte die -Prinzessinn, und damit war der Riese zufrieden. Nach -einer Weile fragte er, Wer denn all die schönen Blumen -auf die Thürschwelle gestreu't hätte. »O, das habe ich -gethan,« sagte die Prinzessinn. »<span class="wide">Und wozu soll das?</span>« -fragte der Riese. »Meinst Du denn nicht, daß ich Dich -so lieb habe, um die Schwelle mit Blumen zu bestreuen, -wenn ich weiß, daß Dein Herz darunter liegt?« sagte -die Prinzessinn. »<span class="wide">Ah so!</span>« sagte der Riese: »<span class="wide">sonst liegt -es aber nicht da.</span>«</p> - -<p>Als sie sich am Abend zu Bett gelegt hatten, bat -die Prinzessinn ihn, er möchte ihr doch sagen, wo sein -Herz wäre; denn sie hielt so viel von ihm, sagte sie, und -darum möchte sie es so gern wissen. »<span class="wide">O, es liegt -dort in dem Wandschrank,</span>« sagte der Riese. »Haha!« -dachte Aschenbrödel: »da wollen wir's schon finden!« -Den nächsten Morgen machte der Riese sich wieder früh -auf und streifte nach dem Wald zu. Kaum aber war er -gegangen, als Aschenbrödel und die Königstochter den -ganzen Schrank durchsuchten, um sein Herz zu finden; -aber wie fleißig sie auch suchten, so fanden sie auch diesmal -Nichts. »Wir müssen's noch einmal probiren,« sagte -die Prinzessinn. Sie schmückte nun den Schrank mit -Blumen und mit Kränzen, und gegen Abend mußte -Aschenbrödel wieder unter's Bett kriechen. Darauf kam -der Riese an. »<span class="wide">Hutetu! hier riecht's so nach Menschenfleisch!</span>« -sagte er, als er eintrat. »Ach, es ist -wohl immer noch der alte Knochen,« sagte die Prinzessinn: -»der Geruch will gar nicht wieder fort.« Damit war -der Riese zufrieden und sagte weiter Nichts. Wie er aber -darauf den Schrank erblickte, der mit Blumen und -Kränzen geschmückt war, fragte er die Prinzessinn, Wer -das gethan hätte. »Ach, das habe ich gethan,« sagte -sie. »<span class="wide">Und wozu soll die Thorheit?</span>« fragte er. -»Meinst Du denn nicht, daß ich Dich so lieb habe, -um den Schrank mit Blumen und Kränzen zu schmücken, -wenn ich weiß, daß Dein Herz darin liegt?« sagte sie. -»<span class="wide">Kannst Du so närrisch sein und das glauben?</span>« -sagte der Riese. »Ich muß es ja wohl glauben, wenn -Du es sagst,« versetzte die Prinzessinn. »<span class="wide">Du bist ein -Narr!</span>« sagte der Riese: »<span class="wide">wo mein Herz ist, dahin -kommst Du nie.</span>« — »Du könntest mir aber doch -wohl sagen, wo es ist,« sagte sie. Nun konnte -der Riese nicht anders, sondern mußte es ihr sagen. -»<span class="wide">Weit, weit von hier in einem Wasser,</span>« sagte er: -»<span class="wide">liegt eine Insel; auf der Insel steht eine Kirche; -in der Kirche ist ein Brunnen; in dem Brunnen -schwimmt eine Ente; in der Ente ist ein Ei; und -in dem Ei — da ist mein Herz.</span>«</p> - -<p>Am Morgen früh, als es noch nicht dämmerte, -streifte der Riese schon wieder nach dem Wald zu. »Ja, nun -muß ich auch fort,« sagte Aschenbrödel: »wenn ich -bloß den Weg wüßte.« Er sagte darauf der Prinzessinn -Lebewohl, und als er draußen vor's Schloß kam, stand -der Wolf noch da und wartete auf ihn. Aschenbrödel -erzählte ihm Alles, was ihm im Schloß begegnet war -und sagte, nun möchte er gern zu dem Brunnen in der -Kirche, wenn er bloß den Weg dahin wüßte. Der Wolf aber -sagte, den Weg wollte er schon finden, er sollte sich nur -auf seinen Rücken setzen, und darauf ging es fort über -Klippen und Hügel, über Berg und Thal, daß es nur -so saus'te. Als sie schon manchen lieben Tag gereis't waren, -kamen sie endlich zu einem Wasser. Nun wußte der -Königssohn nicht, wie er hinüber kommen sollte; aber der -Wolf sagte zu ihm, er solle sich bloß nicht fürchten, und -dann sprang er in's Wasser und schwamm mit dem -Prinzen hinüber zu der Insel. Als sie aber zu der Kirche -kamen, hing der Schlüssel ganz oben an der Thurmspitze. -Nun wußte der Königssohn wieder nicht, wie -er ihn herunterkriegen sollte. »Du musst den Raben -zu Hülfe rufen,« sagte der Wolf, und das that der -Prinz. Da kam der Rabe geflogen, schwang sich hinauf zu -der Thurmspitze und holte den Schlüssel herunter. Nun -konnte der Prinz in die Kirche kommen; und als er zu dem -Brunnen kam, schwamm die Ente darin auf und ab, so wie -der Riese gesagt hatte. Der Prinz fing nun an, sie zu -locken, und lockte so lange, bis sie so nahe kam, daß er sie -greifen konnte. Wie er sie aber aus dem Wasser hob, -ließ sie das Ei in den Brunnen fallen. Nun wußte -Aschenbrödel nicht, wie er das Ei wiederbekommen sollte. -»Du musst jetzt den Lachs zu Hülfe rufen,« sagte der -Wolf. Da rief der Prinz den Lachs, und dieser kam -sogleich und holte das Ei herauf. Nun, sagte der Wolf -zu dem Prinzen, solle er das Ei in der Hand drücken; -und wie der Prinz das that, schrie der Riese laut auf. -»Drück noch einmal zu!« sagte der Wolf; und wie der -Prinz noch einmal zudrückte, erhob der Riese ein klägliches -Gewinsel und bat und fleh'te um sein Leben; er wolle -auch Alles thun, was der Königssohn verlangte, wenn er -ihm bloß nicht das Herz entzwei drücken wollte, sagte er. -»Sage ihm, wenn er Deine sechs Brüder, die er in Stein -verwandelt hat, wieder in Prinzen umschafft, und ihre -Bräute in Prinzessinnen, dann solle er das Leben behalten,« -sagte der Wolf; und das that der Prinz. Ja, dazu -war der Troll sogleich bereit: er verwandelte die sechs -Brüder wieder in Prinzen, und ihre Bräute wieder in -Prinzessinnen. »Drück jetzt das Ei entzwei!« sagte der -Wolf. Nun drückte Aschenbrödel das Ei entzwei, und da -barst der Riese mitten von einander. Wie sie ihn nun quitt -waren, ritt Aschenbrödel wieder zurück nach dem Bergschloß. -Da standen alle seine sechs Brüder mit ihren Bräuten frisch -und gesund vor ihm, und Aschenbrödel ging in den Berg -und holte sich die Prinzessinn, die wurde nun <span class="wide">seine</span> -Braut, und darauf reis'ten sie alle mit einander zurück -nach dem Schloß des Königs. Wie nun der alte König -alle seine sieben Söhne mit ihren Bräuten ankommen sah, -da freu'te er sich nicht wenig, kannst Du glauben; aber -die schönste von allen Prinzessinnen war doch die Braut -von Aschenbrödel, und er mußte sich mit ihr bei Tafel -oben an setzen. Darauf hielten alle Prinzen Hochzeit -mit ihren Bräuten, und es wurde gegastet und gejubelt -viele Tage lang, und haben sie nicht ausgejubelt, so -jubeln sie wohl noch.</p> - -<hr class="narrow" /> -<h3><a name="kap7" id="kap7"></a>7.</h3> - -<div class="center"> - <p class="noindent"> - <b>Die Grimsschecke.</b> - </p> -</div> - -<p>Es waren einmal ein Paar reiche Leute, die hatten zwölf -Söhne. Als der jüngste von ihnen herangewachsen war, -wollte er nicht länger zu Hause bleiben, sondern wollte -fort in die Welt und sein Glück versuchen. Die Ältern -sagten, er hätte es ja gut bei ihnen, warum er denn -nicht zu Hause bleiben wollte. Aber er hatte keine Ruhe, -er wollte und mußte fort, und da ließen sie ihn denn -endlich reisen. Als er nun eine Zeitlang umhergewandert -war, kam er auch zu einem Königsschloß; da bat er um -einen Dienst, und den erhielt er auch.</p> - -<p>Die Tochter des Königs von diesem Lande aber wurde -von einem Trollen in einem Berg zurückgehalten, und der -König hatte nicht mehr Kinder, als nur diese einzige -Tochter. Darum war er und mit ihm das ganze Land -in großer Sorge und Betrübniß, und der König hatte -Demjenigen, der sie befreien könnte, die Prinzessinn und -das halbe Reich versprochen; aber es war Niemand, der -das konnte, obwohl Viele es versuchten. Als der Bursch -ein Jahr, oder so ungefähr, da gewesen war, wollte -er wieder nach Hause und seine Ältern besuchen; wie er -aber zu Hause ankam, waren seine Ältern in der Zeit -gestorben, und die Brüder hatten die Erbschaft unter sich -getheilt, so daß nun Nichts mehr für den Burschen übrig -war. »Soll ich denn Nichts haben?« sagte der Bursch. -»Konnten wir denn wissen, daß Du noch am Leben warst, -der Du so lange herumgestreift bist?« sagten die Brüder: -»Aber es mag drum sein: Oben in der Bergkoppel gehen -zwölf Stuten, die wir noch nicht getheilt haben; willst -Du die für Deinen Theil haben, so kannst Du sie nehmen.« -Ja, damit war der Bursch wohlzufrieden und -begab sich sogleich nach der Bergkoppel, wo die zwölf -Stuten gras'ten. Wie er hinkam, hatte jede Stute ihr -Saugfüllen; das schönste Füllen hatte aber doch die eine -Stute, das war ein großes scheckiges Füllen und so fett -und so gut bei Leibe, daß es glänzte. »Du bist ein -schönes Thierchen,« sagte der Bursch. »Ja, aber willst -Du die andern Füllen todtschlagen, so daß ich alle Stuten -ein ganzes Jahr saugen kann, dann sollst Du mal -sehen, wie groß und schön ich werde,« sagte das Füllen. -Das that denn der Bursch auch: er schlug alle die andern -Füllen todt, und darauf ging er fort.</p> - -<p>Als er das nächste Jahr wiederkam und sich nach seinem -Füllen und seinen Stuten umsehen wollte, da war das -Füllen so fett geworden, daß es glänzte und blinkerte, und so -groß war es, daß der Bursch nur mit genauer Noth hinaufkommen -konnte; alle Stuten aber hatten wieder ihr Füllen -bekommen. »Ja, es ist wahr, es hat sich gut gelohnt, daß -ich Dich alle zwölf Stuten saugen ließ,« sagte der Bursch -zu dem Einjährigen: »aber jetzt bist Du groß genug, nun -muß ich Dich mithaben.« — »Nein, laß mich noch ein -Jahr dazu gehen,« sagte das Füllen: »schlag' wieder die -zwölf andern Füllen todt, daß ich auch dieses Jahr alle -zwölf Stuten saugen kann; dann sollst Du mal sehen, -wie groß und schön ich den nächsten Sommer bin.« Der -Bursch that wieder, wie das Füllen ihm sagte; und als -er das nächste Jahr in die Koppel kam, da hatte wieder -jede Stute ihr Saugfüllen; das scheckige Füllen aber war -so groß geworden, daß der Bursch gar nicht mehr hinauf -konnte, und so fett und so blank war es, daß es nur so -glitzerte. »Groß und schön warst Du voriges Jahr,« -sagte der Bursch: »aber dieses Jahr bist Du noch stattlicher; -ein solches Füllen giebt es nicht in des Königs -Schloß. Aber nun muß ich Dich mit mir haben.« — -»Nein,« sagte die Schecke: »laß mich noch ein Jahr dazu -gehen! schlage wieder die zwölf andern Füllen todt, so -daß ich auch noch dieses Jahr alle Stuten saugen kann; -dann sollst Du mich mal sehen zum nächsten Sommer!« -Der Bursch that wieder, wie das Scheckenfüllen ihm -sagte, schlug alle die andern Füllen todt, und damit ging -er fort.</p> - -<p>Als er aber nun das nächste Jahr wiederkam, und sich -nach seinem Füllen und seinen Stuten umsehen wollte, da -war der Bursch ganz erschrocken. So groß und so schwer, -hatte er nie geglaubt, daß ein Pferd werden könnte; denn die -Schecke mußte sich auf allen Vieren niederlegen, wenn -der Bursch hinaufsteigen wollte, und dann hatte er noch -Genug zu thun, daß er nur hinaufkam; und so fett und -so quabbelig war sie geworden, daß sie glänzte und blitzte -wie ein Spiegel; und das Mal hatte die Schecke Nichts -dagegen einzuwenden, daß der Bursch sie mitnahm. Er -setzte sich auf sie und ritt mit ihr nach Hause zu seinen -Brüdern; die schlugen die Hände über dem Kopf zusammen -und kreuzten sich, denn ein solches Pferd hatten sie -weder gesehen, noch davon reden gehört. »Es mag drum -sein,« sagte der Bursch: »wollt Ihr mir einen so schönen -Beschlag unter mein Pferd, und so schönen Sattel und -so schönes Gebiß verschaffen, als man's nur haben kann, -so mögt Ihr alle zwölf Stuten nehmen, so wie sie da in -der Koppel gehen, und ihre zwölf Füllen dazu« — denn -das Jahr hatte jede Stute wieder ein Füllen bekommen. -— Ja, das wollten die Brüder gern; und nun bekam -der Bursch einen solchen Beschlag unter sein Pferd, daß -die Kiesel in die Luft flogen, wenn er über den Berg ritt, -und einen solchen Goldsattel und ein solches Goldgebiß, -daß man den Glanz davon schon von weitem sah. »Laß uns -jetzt nach des Königs Schloß reisen!« sagte die <span class="wide">Grimsschecke</span> -— denn so hieß das Pferd —: »aber Du musst -den König um guten Stallraum und gutes Futter für -mich bitten.« Ja, er wollt's nicht vergessen, sagte der -Bursch, und damit ritt er fort, daß die Funken stoben; -und da kannst Du Dir wohl denken, daß sie eben nicht -lange Zeit gebrauchten, um nach dem Schloß zu kommen.</p> - -<p>Wie der Bursch dort ankam, stand der König draußen -auf der Treppe; er guckte und guckte und konnte nicht -begreifen, was Das für Einer war, der da geritten kam. -»Nein!« sagte er: »einen solchen Kerl und ein solches Pferd -hab' ich noch mein Lebtag nicht gesehen!« Als darauf der -Bursch ihn fragte, ob er nicht einen Dienst im Schloß -bekommen könnte, ward der König so froh, daß er hüpfte -und sprang, und da konnt' es denn nicht fehlen, daß der -Bursch einen Dienst bekam. »Ja, aber guten Stallraum -für mein Pferd will ich haben, und gutes Futter auch,« -sagte der Bursch. Ja, Stallraum für sein Pferd sollte -er bekommen, und Hafer und Heu so viel es nur verdelgen -könnte; und darauf mußten die andern Ritter alle -ihre Pferde aus dem Stall führen; denn der sollte für die -Grimsschecke allein bleiben, damit sie gut Platz drin hätte.</p> - -<p>Und nun, kannst Du Dir wohl denken, dauerte es -nicht lange, daß die Andern im Schloß neidisch wurden -auf den Burschen, und nicht wußten, was sie ihm all -für Schabernack anthun sollten, wenn sie bloß gedurft -hätten. Endlich verfielen sie darauf, zu dem König zu -sagen, der Bursch habe sich gerühmt, die Prinzessinn befreien -zu können, die der Troll bei sich im Berg eingeschlossen -halte, wenn er bloß wollte. Sogleich ließ der König ihn -zu sich rufen und sagte, so und so hätte er gesagt, und -nun sollte er Wort halten; könnte er es, so wüßte er -wohl, daß er dann die Prinzessinn und das halbe Reich -haben solle, und das sollt' er denn auch redlich bekommen; -könnte er es aber nicht, so solle er das Leben verlieren. -Der Bursch sagte zwar, nein, das hätt' er nicht gesagt; -aber es half nichts, der König wollte auf dem Ohr nicht -hören, und es war kein andrer Rath für den Burschen, -er mußte es versuchen. Er ging nun hinunter nach dem -Stall und war ganz traurig und muthlos. Die Grimsschecke -fragte ihn, Was ihm fehle, und da erzählte ihr denn -der Bursch, Was der König von ihm verlangte, und sagte, -er wüßte nicht, wie er das anfangen sollte, denn die Prinzessinn -zu befreien, meinte er, wäre wohl ein Ding der -Unmöglichkeit. »Die Sache ist gar nicht so gefährlich,« -sagte die Grimsschecke: »ich will Dir schon helfen, aber Du -musst mich gut beschlagen lassen. Zwanzig Pfund Eisen und -zwölf Pfund Stahl musst Du verlangen, und einen Schmied -zum Schmieden, und einen zum Beschlagen.« Ja, das that -der Bursch, und der König sagte nicht Nein, sondern gab -ihm Eisen und Stahl und zwei Schmiede, und die Grimsschecke -wurde beschlagen hinten und vorn, und darauf ritt -der Bursch aus dem Schloß, daß der Staub aufwirbelte. -Als er aber nun zu dem Berg kam, galt es, die steile -Wand hinaufzukommen; denn die war so schroff, wie -eine Mauer, und so glatt, wie ein Spiegel. Bei dem -ersten Anlauf kam der Bursch ein Ende hinauf; aber da -glitt die Grimsschecke mit den beiden Vorderfüßen aus, -und wieder herunter, daß es donnerte und krachte. Beim -zweiten Anlauf kam er ein Ende weiter hinauf; aber da -glitt die Grimsschecke wieder mit dem einen Vorderbein -aus, und herunter, daß der alte Berg bebte. Das dritte -Mal sagte die Grimsschecke: »Jetzt muß es werden!« und -damit legte sie los, daß die Steine in die Wolken flogen, -und das Mal kam sie hinauf. Nun ritt der Bursch in -vollem Galopp, erschnappte die Königstochter und nahm -sie vor sich auf den Sattel, und eh' der Troll sich noch -recht besann, waren sie auf und davon — wenn ich aber -nicht irre, so lag der Troll damals und schlief — und -nun war die Prinzessinn befrei't.</p> - -<p>Als jetzt der Bursch zurückkam auf's Schloß, freu'te -sich der König nicht wenig, kannst Du glauben. Wie dem -nun aber auch sein mochte, so hatten die Andern auf -dem Schloß dem König Allerlei vorgeredet, so daß er -gleichwohl zornig war auf den Burschen. »Ich danke -Dir, daß Du meine Tochter befrei't hast« — das war -Alles, was er sagte, und damit wollte er seines Weges -gehen. Der Bursch aber sagte: »Sie ist jetzt eben so gut -<span class="wide">mein</span>, als <span class="wide">Dein</span>, denn ich hoffe doch, daß Du ein Mann -von Wort bist.« — »Nun ja,« sagte der König: »Du -sollst sie haben, weil ich es Dir versprochen habe; aber -erst musst Du machen, daß die Sonne in mein Schloß -scheint« — denn es lag ein großer Berg vor dem Schloßfenster, -der schattete, so daß die Sonne nicht hineinscheinen -konnte. — »Das war nun freilich nicht mit im Accord,« -sagte der Bursch: »aber es hilft nicht, ich muß nur mein -Bestes versuchen; denn die Prinzessinn wollt' ich doch gern -haben.« Er ging nun wieder hinunter zu der Schecke -und erzählte ihr, Was der König von ihm verlangte; die -Grimsschecke meinte, die Sache sei eben nicht so gefährlich; -aber einen neuen Beschlag unter den Füßen müßte sie -haben, sagte sie, und dazu müßten zwanzig Pfund Eisen -und zwölf Pfund Stahl, und zwei Schmiede, einen zum -Schmieden, und einen zum Beschlagen, dann sollte schon -nachher die Sonne in's Schloß scheinen. Der Bursch bekam -Alles, was er verlangte, denn das konnte der König -Schanden halber ihm nicht versagen, und es wurde nun -ein neuer Beschlag unter die Grimsschecke gelegt, und der -war nicht schlecht. Wie das geschehen war, setzte der -Bursch sich auf, und bei jedem Schritt, den die Grimsschecke -that, sank der Berg dreißig Fuß tief in die Erde, -und das dauerte so lange fort, bis Nichts mehr vom Berg -zu sehen war.</p> - -<p>Wie nun der Bursch zurück nach dem Schloß kam, -fragte er den König, ob er ihm jetzt die Prinzessinn geben -wolle; denn nun wisse er nicht anders, sagte er, als daß -die Sonne ins Schloß scheine. Aber da hatten die Andern -dem König wieder Allerlei vorgeredet, und er sagte -zu dem Burschen, die Prinzessinn sollte er allerdings haben, -denn er hätte seinen Sinn nicht geändert; aber erst sollte -er ihm ein so stattliches Brautpferd schaffen, als er ein -Bräutigamspferd hätte, das wäre nicht mehr, als billig. -Der Bursch sagte, davon hätte der König nicht gesprochen, -und er meine, er habe die Prinzessinn jetzt verdient. Aber -der König blieb bei Dem, was er gesagt hatte; und wenn -er ihm nicht ein solches Brautpferd schaffen könne, sagte -er: dann solle er das Leben dazu verlieren. Der Bursch -ging nun in den Stall, aber ganz traurig und muthlos, -und erzählte der Grimsschecke, wie der König von ihm -verlange, er solle der Prinzessinn ein so stattliches Brautpferd -verschaffen, als er ein Bräutigamspferd hätte, -sonst solle er das Leben verlieren. »Wie soll das aber -angehen?« sagte er: »denn Deinesgleichen giebt es wohl -nicht mehr in der Welt.« — »Ja, es giebt Meinesgleichen,« -sagte die Grimsschecke: »aber es hält schwer, sie -zu bekommen, denn sie ist in der Hölle; wir wollen indeß -unser Bestes versuchen.« — »Und Was muß ich denn -thun?« fragte der Bursch. »Erst musst Du zum König -gehen,« sagte die Grimsschecke: »und einen neuen Beschlag -unter meinen Füßen verlangen, und dazu müssen zwanzig -Pfund Eisen und zwölf Pfund Stahl, und zwei Schmiede, -einer zum Schmieden, und einer zum Beschlagen, aber sieh -ja zu, daß die Eisen gut scharf werden; und dann musst -Du zwölf Tonnen Rocken und zwölf Tonnen Gerste verlangen, -und zwölf geschlachtete Ochsen müssen wir haben, -dazu alle zwölf Ochsenhäute und in jeder Haut zwölfhundert -Lattenspiker; denn alles das müssen wir gebrauchen.« -Der Bursch ging nun hinauf zum König und -verlangte Alles, so wie die Grimsschecke ihm gesagt hatte, -und der König konnte Schanden halber es ihm nicht verweigern, -sondern mußte ihm Alles geben.</p> - -<p>Als nun die Grimsschecke gehörig beschlagen war, -setzte der Bursch sich auf und ritt aus dem Schloßhof. -Wie er nun ein weites, weites Ende geritten war über -Berge und über Hügel, da fragte die Schecke ihn: »Hörst -Du Etwas?« — »Ja,« sagte der Bursch: »ich höre ein -gewaltiges Sausen oben in der Luft, so daß mir angst -und bange wird.« — »Das sind alle die wilden Vögel -des Waldes, die geflogen kommen,« sagte die Grimsschecke, -»die sind ausgesandt, um uns aufzuhalten; aber schneide -jetzt ein Loch in die Kornsäcke, dann haben sie Genug zu -thun mit dem Korn und vergessen darüber uns.« Das -that nun der Bursch: er schnitt ein Loch in die Kornsäcke, -so daß der Rocken und die Gerste auf allen Seiten -herauslief. Da kamen alle die wilden Vögel des Waldes -in so großer Menge, daß die Sonne davon verdunkelt ward; -als sie aber das Korn erblickten, schossen sie herunter und -fingen an, die Rocken- und Gerstenkörner aufzupicken; und -zuletzt, glaub' ich, schlugen sie sich sogar; doch das kann -ich nicht mit Gewißheit sagen; aber so viel weiß ich wohl, -daß sie dem Burschen und der Grimsschecke Nichts thaten, -denn die hatten sie ganz vergessen.</p> - -<p>Nun ritt der Bursch wieder eine lange Strecke, über -Berge und Thäler, durch Sumpf und Moor; da horchte -plötzlich die Grimsschecke auf und fragte den Burschen: -»Hörst Du Etwas?« — »Ja, ich höre ein entsetzliches -Krachen im Walde von allen Seiten her, so daß mir -angst und bange wird,« sagte der Bursch. »Das sind alle -die wilden Thiere des Waldes,« sagte die Grimsschecke: »die -sind ausgeschickt, um uns aufzuhalten; aber wirf jetzt nur -die Rümpfe von den zwölf Ochsen hinaus, dann bekommen -sie Genug zu thun und vergessen uns.« Da warf -der Bursch die Rümpfe hinaus, und nun kamen alle wilden -Thiere, so viel ihrer im Wald waren: Bären, Wölfe, -Löwen und andre Ungeheuer; als sie aber die -Ochsenrümpfe sahen, fielen sie alle darauf her und fingen an, -sich zu schlagen, daß das Blut floß; den Burschen aber -und die Grimsschecke vergaßen sie ganz.</p> - -<p>Darauf ritt der Bursch wieder ein weites, weites -Ende, und die Wolken flogen ihm jeden Augenblick vorüber; -denn mit der Grimsschecke ging es nicht langsam, -wie man sich wohl denken kann. Plötzlich aber fing die -Schecke an zu wiehern und fragte: »Hörst Du Etwas?« -— »Ja, ich höre in der Ferne ein leises Wiehern wie -von einem Füllen,« sagte der Bursch. »Nun, das war -eben kein kleines Füllen,« sagte die Schecke: »es hört sich -nur so leise an, weil es noch so weit weg ist.« Darauf -reis'ten sie ein gutes Ende weiter. Endlich wieherte die -Grimsschecke wieder. »Hörst Du Etwas?« fragte sie. -»Ja, nun hör' ich es deutlich wiehern, wie ein großes -Pferd,« sagte der Bursch. »Ja, Du musst es noch einmal -hören,« sagte die Schecke: »dann wirst Du's schon -gewahr werden.« Nun reis'ten sie wieder ein gutes Ende -weiter; da wieherte die Grimsschecke zum dritten Mal; -aber ehe sie noch den Burschen fragen konnte, ob er Etwas -höre, wieherte es auf der Senne, daß der Bursch -dachte, der alte Berg würde bersten. »Nun ist es hier!« -sagte die Grimsschecke: »Wirf jetzt geschwind die Ochsenhäute -mit den Lattenspikern auf mich, und die Theertonne -wirf auf die Erde, und dann klettre auf die große -Tanne da. Wenn dann das Pferd kommt, schnaubt es -Feuer aus beiden Nüstern und zündet die Theertonne an. -Alsdann gieb wohl Acht: wenn die Flamme <span class="wide">steigt</span>, so -gewinne ich; <span class="wide">fällt</span> sie, so verliere ich. Siehst Du aber, -daß ich gewinne, so wirf ihm schnell meinen Zaum -über, dann ist es zahm.« Kaum hatte der Bursch die -Häute mit den Spikern auf die Grimsschecke geworfen, -die Theertonne auf die Erde gerollt und war auf die Tanne -geklettert, so kam das Pferd an, daß ihm die Flammen -aus beiden Nüstern fuhren, und sogleich fing die Theertonne -Feuer. Darauf begann die Grimsschecke <ins title="original has einem">einen</ins> Kampf -mit dem andern Pferd, daß die Steine bis an den Himmel -flogen, sie bissen sich und schlugen aus mit den -Vorder- und den Hinterbeinen. Der Bursch sah bald -nach ihnen, bald nach der Theertonne, und endlich <span class="wide">stieg</span> -die Flamme; denn wo das andre Pferd auch beißen und -schlagen mochte, so traf es immer nur die Häute mit den -Spikern, und da mußte es sich denn endlich geben. Als -der Bursch das sah, sprang er schnell vom Baum herunter, -nahm den Zaum von der Grimsschecke und warf ihn -auf das andre Pferd, und da war es so zahm, daß er -es mit einem Zwirnsfaden lenken konnte, und eben so -scheckig war es wie das Grimsfüllen, so daß man sie nicht -von einander zu unterscheiden vermochte. Nun setzte der -Bursch sich auf das neue Pferd und ritt wieder zurück -nach dem Königsschloß, und die Grimsschecke lief neben -ihm her. Als er beim Schloß ankam, stand der König -draußen auf dem Hof. »Kannst Du mir jetzt sagen, -was für ein Pferd ich gefangen habe, und was für eins -ich hatte?« sagte der Bursch: »kannst Du es nicht, so -gehört Deine Tochter mir.« Der König betrachtete beide -Schecken von unten bis oben; aber es war kein Haar anders -an der einen, als an der andern. »Nein,« sagte -der König: »das kann ich nicht. Meine Tochter hast Du -jetzt, da Du ihr ein so stattliches Brautpferd verschafft -hast, Dir erworben; aber erst müssen wir sehen, ob es -auch so bestimmt ist, daß Du sie haben sollst: Meine -Tochter soll sich zweimal verstecken, und nachher sollst Du -Dich auch zweimal verstecken; kannst Du sie nun die beiden -Male finden, aber sie nicht jedesmal Dich, dann ist -es so bestimmt, daß Du sie haben sollst.« — »Das steht -nun freilich auch nicht mit im Accord,« sagte der Bursch: -»aber weil's denn so sein muß, wollen wir's versuchen.«</p> - -<p>Nun sollte die Königstochter sich zuerst verstecken, -und da verwandelte sie sich in eine Ente und schwamm -auf dem Wasser, das dicht bei dem Schloß war. Der Bursch -aber ging hinunter in den Stall und fragte die Grimsschecke, -wo sie sich versteckt hätte. »O, Du brauchst nur -Dein Gewehr zu nehmen und nach der Ente zu zielen, die -auf dem Wasser schwimmt,« sagte die Grimsschecke: »dann -wird sie schon zum Vorschein kommen.« Da nahm der -Bursch sein Gewehr und ging damit nach dem Wasser. -»Ich will doch mal die Ente kappen,« sagte er und fing -an zu zielen. »Nein, nein! schieß nicht! das bin <span class="wide">ich</span>!« -sagte die Prinzessinn; und nun hatte er sie das erste Mal -gefunden. Das zweite Mal verwandelte die Prinzessinn sich -in ein Brod und lag auf dem Tisch zwischen vier andern -Broden, und alle waren ganz gleich, so daß Keiner sie zu -unterscheiden vermochte. Aber der Bursch ging wieder in -den Stall zu der Grimsschecke und fragte, wo er jetzt -wohl die Prinzessinn suchen sollte. »O, nimm bloß ein -Brodmesser und wetze es tüchtig und thu dann, als ob Du -das Brod, das, von der Linken gezählt, das dritte unter -den vier andern ist, die auf dem Küchentisch liegen, anschneiden -wolltest,« sagte die Grimsschecke: »dann wird sie -schon zum Vorschein kommen.« Da ging der Bursch in -die Küche und nahm das größte Brodmesser, das er finden -konnte, und wetzte es tüchtig; dann ergriff er das -Brod, welches, von der Linken gezählt, das dritte unter -den vier andern war, und setzte das Messer an, als ob -er's mitten durchschneiden wollte. »Ich muß mir doch -mal einen Knorren von diesem Brod abschneiden,« sagte er. -»Nein, schneide nicht! das bin <span class="wide">ich</span>!« sagte die Prinzessinn; -und nun hatte er sie auch das zweite Mal gefunden.</p> - -<p>Jetzt sollte der Bursch sich verstecken; da sagte ihm -aber die Grimsschecke so guten Bescheid, daß er nicht leicht -zu finden war. Zuerst verwandelte er sich in eine Roßmücke -und verbarg sich in die linke Nüster der Grimsschecke. -Die Prinzessinn ging und suchte überall, und zuletzt -wollte sie auch in den Raum hinein, wo die Grimsschecke -stand; aber die fing an zu beißen und um sich zu schlagen, -daß sie sich nicht nahen durfte, und da konnte sie ihn -denn nicht finden. »Nein, ich kann Dich nicht finden,« -rief sie: »komm nur hervor!« und sogleich stand der Bursch -vor ihr in dem Stall. Das zweite Mal verwandelte er -sich in einen Klumpen Erde und legte sich zwischen den -Huf und das Eisen an dem linken Vorderfuß der Schecke. -Die Königstochter ging wieder überall herum und suchte, -und zuletzt kam sie auch in den Stall und wollte wieder -in den Raum zu der Grimsschecke. Diesmal durfte sie sich -auch nahen; aber unter den Huf konnte sie nicht kommen, -denn die Schecke stand allzu fest auf ihren Beinen. Da -ihr nun alles Suchen nichts half, sagte sie endlich; »Komm -nur hervor! denn ich kann Dich doch nicht finden,« und da -stand der Bursch sogleich wieder neben ihr im Stall. »Nun -ist sie <span class="wide">mein</span>,« sagte er zum König: »denn nun kannst -Du sehen, daß es so bestimmt ist.« — »Ja, wenn es -denn so bestimmt ist, so muß es wohl so bleiben,« sagte -der König. Und darauf wurde augenblicklich die Hochzeit -gehalten; und der Bursch setzte sich auf die Grimsschecke, -und die Prinzessinn auf die andre Schecke, und da kannst -Du Dir denn wohl vorstellen, daß sie eben nicht lange -Zeit gebrauchten, um nach der Kirche zu kommen; und sie -lebten hiernach glücklich und vergnügt mit einander.</p> - -<hr class="narrow" /> -<h3><a name="kap8" id="kap8"></a>8.</h3> - -<div class="center"> - <p class="noindent"> - <b>Es hat keine Noth mit Dem, in welchen alle Weiber<br /> -verliebt sind.</b> - </p> -</div> - -<p>Es waren einmal drei Brüder; nun weiß ich nicht recht, -wie das zugegangen war, aber jeder von ihnen hatte einen -Wunsch bekommen, so daß er sich wünschen konnte, Was -er wollte. Die beiden ältesten bedachten sich nicht lange, -sondern wünschten sich, daß es ihnen nie an Geld fehlen -möchte, so oft sie in die Tasche griffen; »denn wenn Einer -immer Geld hat,« sagten sie: »so kommt er schon fort -in der Welt.« Der jüngste dagegen wünschte sich, daß -alle Weiber sich in ihn verlieben müßten, sobald sie ihn -sähen, sie möchten nun wollen, oder nicht; und das, sollst -Du mal hören, war weit besser, als Geld und Gut. Sobald -die Brüder ihre Wünsche gethan hatten, wollten die -beiden ältesten fort in die Welt. Aschenbrödel bat sie, -ihn mit sich zu nehmen, aber von dem wollten die Andern -Nichts wissen. »Wo wir hinkommen, werden wir überall -empfangen wie Grafen und Prinzen,« sagten sie: »aber -Du, der Du gar Nichts hast, Wer wollte sich wohl -um Dich bekümmern?« — »Aber Ihr könnt mich darum -ja gern mit Euch reisen lassen,« sagte Aschenbrödel: -»denn es wird wohl immer auch ein Bissen für mich -abfallen, wenn ich bei so hohen Herrschaften bin.« Endlich -und zuletzt erlaubten sie ihm denn, mitzureisen, wenn -er ihr Diener sein wollte, und darauf ging Aschenbrödel -auch ein.</p> - -<p>Als sie nun einen Tag, oder so ungefähr, gereis't -waren, kamen sie zu einem großen Gasthause; da kehrten -die beiden ältesten Brüder, welche Geld hatten, ein, und -verlangten frischweg Braten und Fische und Branntwein und -Meth und Alles, was gut schmeckt; Aschenbrödel aber, -der Nichts hatte, mußte draußen im Hof bleiben und auf -die Pferde und das Gepäck der vornehmen Herren Acht -geben, denn er war nun ihr Diener. Wie er aber da -im Hofe auf- und abging, bemerkte die Frau des Gastwirths -ihn durch das Fenster, und ein so schöner Bursch, -däuchte ihr, wär' ihr noch nicht vorgekommen; sie guckte -und guckte, und je länger sie den Burschen ansah, desto -schöner kam er ihr vor. »Was Teufel hast Du da zu -stehen und zu glotzen!« sagte der Mann: »mir däucht, -es wäre besser, Du säh'st zu, daß das Spanferkel gut gebraten -würde, als daß Du da stehst und glotzäugst; Du -weißt wohl, was für Herrschaften wir heut zu bewirthen -haben.« — »Ach, ich schere mich den Henker um das vornehme -Pack!« sagte die Frau: »wollen sie nicht bleiben, -so können sie wieder hinreisen, wo sie hergekommen sind. -Aber komm mal her und sieh bloß Den, der auf dem Hof -geht! einen so schmucken Burschen hab' ich noch mein Lebtag -nicht gesehn; willst Du, wie ich, so bitten wir ihn -herein und tractiren ihn; denn der arme Schelm hat wohl -nicht Viel übrig.« — »Weib, hast Du denn ganz Dein -Bischen Verstand verloren?« sagte der Mann und war -so zornig, daß ihm die Augen im Kopf glüh'ten. »Fort -mit Dir in die Küche!« rief er: »und stehe nicht hier und -äugle nach fremden Kerls!« Da war nun kein andrer -Rath für die Frau, sie mußte wieder in die Küche und -das Essen bereiten; nach dem Burschen aber durfte sie -sich nicht weiter umsehen, und ihn tractiren durfte sie noch -weniger. Da ersah sie aber die Gelegenheit und machte -sich ein Geschäft in dem Hof, und nun schenkte sie Aschenbrödel -eine Schere, die hatte die Eigenschaft, daß er sich -damit die schönsten Kleider von Sammt und von Seide -herabschneiden konnte, wenn er bloß damit in die Luft -schnitt. »Die will ich Dir schenken, weil Du ein so -schmucker Bursch bist,« sagte sie.</p> - -<p>Als nun die beiden andern Brüder ihr Spanferkel -und all das Gesottene und Gebratene verzehrt hatten, reis'ten -sie weiter, und Aschenbrödel stand wieder als ihr Diener -hinten auf dem Wagen. Nach sechs oder sieben Stunden -kamen sie zu einem andern Gasthause, und da kehrten die -beiden ältesten wieder ein; aber Aschenbrödel, der kein Geld -hatte, mußte draußen im Hof bleiben und auf ihre Sachen -Acht geben. »Wenn Jemand Dich fragt, Wer wir -sind, so sage nur, wir wären zwei fremde Prinzen,« sagten -sie zu ihm. In diesem Gasthause ging es nun ungefähr -wieder eben so, wie in dem vorigen. Die Wirthsfrau kam -ans Fenster und sah Aschenbrödel auf dem Hof stehen, -und da ward sie eben so verliebt in ihn, wie die Frau -des ersten Gastwirths, und sie konnte sich gar nicht satt -an ihm sehen. Als aber ihr Mann darauf zukam, sagte -er: »Steh doch nicht da und glotze, wie eine Kuh, die -das neue Thor betrachtet, sondern scher' Dich fort in die -Küche zu Deinem Fischgrapen; denn Du weißt wohl, was -wir heut für Leute zu bewirthen haben.« — »Ach, ich bekümmre -mich den Henker um das vornehme Pack!« sagte die -Frau: »wenn's ihnen bei uns nicht gut genug ist, so -können sie ja hingehen, wo's ihnen besser gefällt. Aber -komm mal her und sieh den hübschen Burschen, der da -draußen im Hof steht; noch in meinem Leben hab' ich -keinen so hübschen Menschen gesehen. Willst Du, wie -ich, so nöthigen wir ihn herein zu uns und tractiren ihn; -der arme Teufel kann's nöthig haben.« — »Viel Verstand -hast Du nie gehabt, Frau,« sagte der Mann: »und -das Bischen, das Du hattest, glaub' ich, hast Du jetzt -auch verloren. — Fort mit Dir in die Küche! und steh -nicht länger da und guck nach dem fremden Kerl aus!« -rief er und war noch weit zorniger, als der erste Gastwirth. -Sie mußte nun wieder hinaus zu ihrem Fischgrapen, -und so gern sie auch den Burschen tractirt hätte, -so durfte sie's doch nicht wagen, denn sie fürchtete sich vor -ihrem Mann. Da ersah sie aber die Gelegenheit und -machte sich ein Geschäft in dem Hof, und nun schenkte sie -Aschenbrödel ein Tuch, das hatte die Eigenschaft, daß es -sich aufdeckte mit den schönsten Gerichten, die man sich -nur wünschen kann, wenn er es bloß aus einander legte. -»Das sollst Du haben, weil Du ein so schmucker Bursch -bist,« sagte die Wirthsfrau zu Aschenbrödel. Der bedankte -sich und war seelenvergnügt; denn ein solches Tuch, -kannst Du wohl denken, war besser, als viel Geld.</p> - -<p>Nachdem nun die beiden Brüder gegessen und getrunken -und Alles theuer bezahlt hatten, reis'ten sie weiter, und -Aschenbrödel stand wieder hinten auf. Als sie so lange -gereis't waren, bis sie wieder hungrig wurden, kehrten -sie in ein sehr vornehmes Gasthaus ein und verlangten -das Theuerste und Beste, was es gab. »Wir sind -zwei reisende Könige,« sagten sie: »und Geld haben -wir wie Heu.« Als der Gastwirth das hörte, ging es -an ein Kochen und Braten, daß man's zehn Häuser davon -bei den Nachbaren riechen konnte. Aschenbrödel aber -mußte wieder in dem Hof bleiben und auf die Sachen -Acht geben. Hier ging's ihm nun ungefähr eben so, wie -in den beiden vorigen Gasthöfen. Die Wirthsfrau sah -durch das Fenster den Diener, der draußen beim Wagen -stand, und ein so schmucker Bursch war ihr denn auch -noch nicht vorgekommen; sie sah und sah, und je länger -sie ihn ansah, desto schöner, däuchte er ihr. Als aber -der Gastwirth kam und sie da stehen und gucken sah, -sagte er: »Hast Du denn nichts Besseres zu thun, als -daß Du da stehst und guckäugelst? Weißt Du denn nicht, -was für Leute wir im Hause haben? Fort mit Dir in -die Küche zum Grützkessel, und das den Augenblick!« »Ach, -es ist wohl nicht so gefährlich,« sagte die Frau. -»Wollen sie nicht warten, bis die Grütze fertig ist, so können -sie ja wieder reisen; es hält sie Niemand auf. -Aber komm mal her, dann sollst Du Was zu sehen kriegen. -Sieh mal da auf dem Hof! Ein so schmucker Bursch, -sag' ich Dir, ist mir noch nicht vorgekommen. Willst Du, -wie ich, so nöthigen wir ihn herein und tractiren ihn; -denn er scheint's wohl nöthig zu haben.« — »Ein -manntolles Weib bist Du all Dein Lebtag gewesen, und -das bist Du auch noch,« sagte der Mann und war entsetzlich -böse: »Machst Du aber nicht den Augenblick, daß -Du hinauskommst zum Grützkessel, so sollst Du sehen, -wie ich Dir Beine machen werde!« Die Frau mußte -nun wieder hinaus in die Küche, denn sie wußte wohl, -daß der Mann nicht mit sich scherzen ließ. Nach einer -Weile aber ersah sie die Gelegenheit, schlüpfte hinaus -in den Hof und schenkte Aschenbrödel einen allerliebsten -Zapfhahn. »Wenn Du bloß den Hahn umdreh'st,« -sagte sie: »so bekommst Du die schönsten Getränke, die -Du Dir wünschest: Meth, Wein und auch Branntwein; -Das will ich Dir schenken, weil Du ein so schmucker Bursch -bist.« Aschenbrödel bedankte sich und war seelenvergnügt; -denn ein solcher Zapfhahn war nicht schlecht, kannst Du -glauben.</p> - -<p>Als nun die beiden Brüder ihre Mahlzeit verzehrt -hatten, reis'ten sie wieder fort, und Aschenbrödel stand wieder -hinten auf dem Wagen. Sie reis'ten nun ein weites -Ende, und endlich kamen sie zu einem Königsschloß; da -gaben die beiden ältesten sich aus für zwei Kaisersöhne; -und weil sie viel Geld hatten und so stattlich gekleidet -waren, wurden sie auf das beste empfangen; sie mußten -auf dem Schloß wohnen, und der König wußte nicht, -Was er ihnen alles zu Ehren thun wollte. Aber Aschenbrödel, -der noch dieselben Lumpen anhatte, die er von -Hause mitgenommen, wurde von der Schloßwache auf eine -Insel gebracht, nach welcher man alle die Bettler und -Lumpenkerls hinausruderte, die auf's Schloß kamen; denn -der König konnte die Bettler und Lumpenkerls nicht leiden, -sie störten nur die Freude auf dem Schloß, sagte er. -Auf der Insel aber bekamen sie nur grade so Viel zu essen, -daß sie sich das Leben damit erhalten konnten. Die -Brüder von Aschenbrödel sahen wohl, daß die Wache mit -ihm nach der Insel hinausfuhr, aber sie waren froh, daß -sie ihn los wurden, und bekümmerten sich nicht weiter um -ihn. Als nun Aschenbrödel auf die Insel zu den andern -Bettlern und Lumpenkerls hinauskam, nahm er bloß seine -Schere und schnitt damit in die Luft, und da schnitt er -die schönsten Kleider herab, die man sich wünschen kann, -von Sammt und von Seide, für sie alle zusammen, so -daß der gemeinste Bettler auf der Insel weit stattlicher -gekleidet war, als der König selbst und Alle, die auf dem -Schloß waren. Darauf nahm Aschenbrödel sein Tuch -und breitete es aus, und da deckte es sich mit einer Menge -der schönsten Gerichte, so daß Alle daran Mehr, als Genug -hatten, und ein solches Gastmahl war noch nicht gehalten -worden auf des Königs Schloß. »Nun seid Ihr aber -auch wohl durstig,« sagte Aschenbrödel, nahm seinen Zapfhahn -und dreh'te ihn herum, und da bekamen alle Bettler -auch Genug zu trinken; aber solchen Meth und solchen -Wein hatte der König selber noch in seinem Leben nicht -geschmeckt.</p> - -<p>Als nun Die, welche das Essen nach der Bettlerinsel -bringen sollten, mit ihrer kalten Grütze und ihren sauern -Molken ankamen — denn das war das Essen, was Die -auf der Insel erhielten — so wollten die Bettler es nicht -einmal kosten, worüber Die von dem Schloß sich sehr -verwunderten, aber noch mehr verwunderten sie sich, als -sie sahen, wie Alle so stattlich gekleidet waren, als wären -es lauter Kaiser und Päbste gewesen, und sie glaubten -schon, sie wären zu einer unrechten Insel gekommen; als -sie aber besser zusahen, da war's denn doch ganz recht. -Nun konnten sie sich nicht anders denken, als daß -Der, den sie gestern hinausgerudert hatten, den Bettlern -all den Staat und die Herrlichkeit verschafft haben müßte; -und als sie zurück aufs Schloß kamen, erzählten sie sogleich, -wie Der, den sie gestern hinausgebracht, alle Bettler -so schön und so prächtig herausgekleidet hätte, daß es -nur so tröpfelte von Gold; »und die Grütze und die Molken, -die wir brachten, haben sie nicht einmal angerührt,« -sagten sie: »so hochmüthig waren sie geworden.« Nun -hatte aber Einer von den Leuten des Königs ausspionirt, -wie der Bursch eine Schere hatte, womit er all die schönen -Kleider, welche die Bettler bekommen hatten, aus der -Luft geschnitten; das erzählte er sogleich auf dem Schloß -und sagte: »wenn er bloß mit der Schere in die Luft -schneidet, so schneidet er lauter Sammt und Seide herunter.« -Als die Prinzessinn das hörte, hatte sie keine Ruhe, -ehe sie den Burschen sah, der die Schere hatte, die lauter -Sammt und Seide aus der Luft schnitt; eine solche Schere -wäre wohl werth zu haben, dachte sie, denn damit könnte -sie sich all den Putz verschaffen, den sie sich wünschte. -Sie bat nun den König so lange, bis dieser hinausschickte -nach der Bettlerinsel und den Burschen holen ließ; als dieser -ankam, fragte die Prinzessinn ihn, ob es wahr sei, daß er -eine Schere hätte, die so und so wäre, und ob er ihr die nicht -verkaufen wolle. Ja, eine solche Schere hätte er wohl, -sagte Aschenbrödel, aber verkaufen wolle er sie nicht, und -darauf nahm er die Schere und schnitt damit in die Luft, -daß die Sammt- und Seidenstoffe um ihn herumflogen. -»Ja, Du musst mir die Schere durchaus verkaufen,« -sagte die Prinzessinn: »Du kannst dafür verlangen, Was Du -willst; denn haben muß ich sie.« Nein, verkaufen könne er -sie auf keine Weise, sagte der Bursch, denn eine solche Schere -bekäm' er nicht leicht wieder. Und während sie nun da -standen und um die Schere disputirten, betrachtete die Prinzessinn -den Burschen genauer, und da däuchte ihr, einen -so schönen Menschen hätte sie noch nie gesehen; darnach -handelte sie wieder um die Schere und bat Aschenbrödel, -er möchte sie ihr doch verkaufen, er könne verlangen so -viele hundert Thaler er wolle, sagte sie. »Nein, verkaufen -thu ich sie nicht,« sagte Aschenbrödel: »aber es mag drum -sein! willst Du mich eine Nacht in Deiner Kammer bei -der Thür schlafen lassen, so sollst Du sie haben. Zu -Leide will ich Dir Nichts thun,« sagte er: »und wenn Du -Dich fürchtest, so kannst Du gern zwei Mann Wache hinstellen.« -Ja, das wollte die Prinzessinn gern; wenn sie -bloß die Schere bekam, so war sie zufrieden. Und nun -schlief Aschenbrödel die Nacht in ihrer Kammer, und zwei -Mann standen dabei Wache. Aber die Prinzessinn bekam -nicht viel Schlaf in die Augen, denn sie mußte die -ganze Nacht hindurch Aschenbrödel ansehen.</p> - -<p>Am Morgen ruderte Aschenbrödel wieder hinaus nach -der Bettlerinsel. Als aber Die vom Schloß mit der Grütze -und den Molken ankamen, wollte wieder Keiner davon kosten. -Nun hatte aber Einer von des Königs Leuten ausspionirt, -daß der Bursch ein Tuch hatte, das sich mit dem -schönsten Essen deckte, sobald er es nur aus einander legte; -und als dieser zurückkehrte, erzählte er es sogleich der Prinzessinn: -»und solchen Braten und solche Rahmgrütze,« -sagte er: »giebt's nicht auf des Königs Schloß.« Als die -Prinzessinn das hörte, erzählte sie es dem König und bat -ihn so lange, bis er nach der Insel schickte und den Burschen -holen ließ. Wie nun Aschenbrödel aufs Schloß kam, -wollte die Prinzessinn ihm durchaus das Tuch abkaufen und -bot ihm Geld über Geld; aber Aschenbrödel wollt's nicht -verkaufen für keinen Preis. »Willst Du mich aber die Nacht -auf der Bank vor Deinem Bett schlafen lassen, so sollst Du -das Tuch haben,« sagte er: »zu Leide will ich Dir Nichts -thun, und wenn Du Dich fürchtest, so kannst Du gern -vier Mann Wache hinstellen.« Ja, darauf ging die Prinzessinn -sogleich ein; und Aschenbrödel lag nun die Nacht -auf der Bank vor ihrem Bett, und vier Mann standen -Wache dabei. Hatte aber die Prinzessinn die vorige Nacht -nicht schlafen können, so konnte sie es noch weniger diese -Nacht; sie lag beständig und sah nur den Burschen an.</p> - -<p>Am Morgen ruderte Aschenbrödel wieder hinaus nach -der Bettlerinsel. Als aber Die vom Schloß mit der Grütze -und den Molken ankamen, wollte Keiner es wieder ansehen, -so satt waren sie noch alle von gestern. Das fiel nun den -Leuten vom Schloß weiter nicht auf; jedoch verwunderte -es sie, daß sie noch gar nicht wieder durstig waren. -Da bemerkte aber Einer, daß der Bursch einen Zapfhahn -hatte und immer die schönsten Getränke bekam: Meth und -Wein und auch Bier, wenn er bloß den Hahn umdreh'te. -Wie nun dieser zurückkam, erzählte er sogleich weit und -breit von dem Zapfhahn des Burschen: »und solches Bier -und solchen Meth hat man nicht auf des Königs Schloß,« -sagte er: »denn das schmeckt noch süßer, als Honig und -Syrup.« Als die Prinzessinn das hörte, wollte sie durchaus -den Zapfhahn haben und ließ dem König nicht eher Ruhe, -als bis er nach der Insel schickte und den Burschen holen -ließ.</p> - -<p>Als nun Aschenbrödel aufs Schloß kam, fragte die -Prinzessinn ihn, ob es wahr sei, daß er einen Zapfhahn -hätte, der so und so wäre. Ja, sagte Aschenbrödel, einen -solchen Zapfhahn hätte er; und als die Prinzessinn ihm -den nun mit aller Gewalt abkaufen wollte, sagte er wieder, -verkaufen könne er ihn auf keine Weise, wenn die -Prinzessinn ihm auch das halbe Reich dafür geben wollte. -»Aber es mag drum sein!« sagte er: »willst Du mich -diese Nacht vorn in Deinem Bett schlafen lassen, so sollst -Du meinen Zapfhahn haben; Du kannst meinetwegen gern -acht Mann Wache hinstellen.« — »Ach nein, das ist nicht -nöthig,« sagte die Prinzessinn: »denn dazu kenne ich Dich -jetzt schon genug.« Und nun schlief Aschenbrödel die Nacht -bei der Prinzessinn im Bette, und hatte sie die beiden vorigen -Nächte nicht schlafen können, so that sie diese ganze -Nacht kein Auge zu.</p> - -<p>Wie nun Aschenbrödel am Morgen wieder fort wollte -nach der Insel, sagte sie zu ihm: »Wart' noch ein wenig!« -lief hinein zum König und bat ihn, daß er ihr doch -den Burschen zum Gemahl geben möchte; denn sie wäre -so verliebt in ihn, sagte sie, daß sie ohne ihn nicht leben -könne. »Ei nun,« sagte der König: »wenn er so herrliche -Dinge hat, wie Du mir erzählst, so ist er ja eben so -reich, als Du; nimm ihn also nur hin!« Da bekam -Aschenbrödel die Prinzessinn und das halbe Reich, und -das andere halbe Reich sollte er nach des Königs Tode -haben; und nun war Alles gut. Seine Brüder aber, -welche immer so schlecht gegen ihn gewesen waren, ließ -er hinausbringen auf die Bettlerinsel; da können sie nun -erfahren, Wer am besten daran ist: Der, welcher viel Geld -in der Tasche hat, oder Der, in welchen alle Weiber verliebt -sind; — und hat Aschenbrödel sie nicht von der Insel -zurückgeholt, so gehen sie noch da und essen kalte Grütze -und saure Molken den heutigen Tag.</p> - -<hr class="narrow" /> -<h3><a name="kap9" id="kap9"></a>9.</h3> - -<div class="center"> - <p class="noindent"> - <b>Die Lügenprobe.</b> - </p> -</div> - -<p>Es war einmal ein König, der hatte eine Tochter, die -konnte so gewaltig lügen, daß Keiner es darin mit ihr -aufnehmen konnte. Da ließ der König bekannt machen, -daß Der, welcher so lügen könne, daß die Prinzessinn -Nichts mehr dagegen zu lügen wüßte, sie und das halbe -Reich haben sollte. Es kamen darauf Viele an den -Hof und machten den Versuch; denn Alle wollten gern -die Prinzessinn und das halbe Reich haben; aber sie kamen -alle schlecht davon. Nun waren aber auch drei Brüder, -und die wollten ebenfalls ihr Glück versuchen. Zuerst -kamen die beiden ältesten; aber es ging ihnen nicht -besser, als all den Übrigen. Zuletzt machte Aschenbrödel -sich auf, und als er ankam, traf er die Prinzessinn im -Stall. »Guten Tag!« sagte er. »Schönen Dank,« sagte -sie: »Ihr habt doch nicht einen so großen Stall, als wir; -denn wenn der Hirt an dem einen Ende steht und auf -dem Bockshorn bläs't, kann man's nicht hören am andern -Ende.« — »Das ist auch was Rechtes!« sagte -Aschenbrödel: »unsrer ist weit größer; denn wenn eine -Kuh an dem einen Ende trächtig wird, kalbt sie erst an -dem andern.« — »Haha!« sagte die Prinzessinn: »Aber -Ihr habt doch nicht einen so großen Ochsen, als wir; -denn wenn auf jedem Horn Einer sitzt mit einer Meßstange, -so können sie doch einander nicht ablangen.« — -»Da kommst Du schön an!« sagte Aschenbrödel: »Wir -haben einen Ochsen, der ist so groß, daß wenn Einer auf -jedem Horn sitzt und auf dem Haberrohr bläs't, sie einander -doch nicht hören können.« — »Na so!« sagte die Prinzessinn: -»Aber Ihr habt doch nicht so viel Milch, als wir; -denn wir melken unsre Milch in große Eimer und tragen -sie in große Kessel hinein und machen Käse, so groß wie -Tonnen.« — »Und wir,« sagte Aschenbrödel: »wir -melken unsre Milch in große Küben und fahren sie mit -dem Wagen ins Haus und gießen sie in große Braupfannen -und machen Käse, so groß wie Häuser; und dann haben -wir ein buntscheckiges Mutterpferd, das den Käse zusammentritt; -einmal aber fohlte es in dem Käse, und als -wir sieben Jahr davon gegessen hatten, trafen wir auf ein -großes buntscheckiges Pferd; mit dem sollte ich mal nach -der Mühle fahren, aber da brach ihm eine Rippe entzwei; -nun wußte ich keinen andern Rath, sondern nahm eine -Tanne und setzte sie ihm ein statt der Rippe, und eine -andre Rippe hat's nachher nicht gehabt, so lange wir es -hatten. Nun schoß aber die Tanne auf und wuchs aus -dem Rücken heraus und ward so groß, daß ich daran zum -Himmel hinaufklettern konnte. Da kam ich zu der Jungfrau -Maria, die saß da und spann Borstenstricke von -Mehlbrei. Wie ich nun da stand und zusah, brach unten die -Tanne ab, und nun konnte ich nicht wieder herunter; aber -die Jungfrau Maria ließ mich an einem der Stricke hinabgleiten, -und da kam ich in einem Fuchsloch an; da saßen -meine Mutter und Dein Vater und flickten Schuh; -aber eh' ich's mir versah, schlug meine Mutter Deinen -Vater, daß ihm die Perrücke vom Kopf flog.« — »Das -lügst Du,« sagte die Prinzessinn: »denn das hat mein -Vater nie gethan.«</p> - -<hr class="narrow" /> -<h3><a name="kap10" id="kap10"></a>10.</h3> - -<div class="center"> - <p class="noindent"> - <b>Die drei Böcke Brausewind, die nach der Koppel<br /> -gehen und sich fett machen wollten.</b> - </p> -</div> - -<p>Es waren einmal drei Böcke, die wollten nach der -Koppel gehen und sich fett machen, und alle drei hießen -sie <span class="wide">Brausewind</span>. Auf dem Wege aber war eine -Brücke über einem Fluß, wo sie hinüber mußten, und -unter der Brücke wohnte ein großer, abscheulicher Troll, -der hatte Augen, so groß wie zinnerne Teller, und eine -Nase, so lang wie ein Hackenstiel. Zuerst kam der jüngste -Bock Brausewind und wollte über die Brücke. »Tripp -trapp! tripp trapp!« sagte es auf der Brücke. »<span class="wide">Wer ist -es, der auf meiner Brücke trippelt?</span>« rief der Troll. -»O, es ist der kleinste Bock Brausewind; ich wollte nur -nach der Koppel und mich fett machen,« sagte der Bock -mit ganz feiner Stimme. »<span class="wide">Nun komm ich und hole -Dich!</span>« rief der Troll. »Ach, hol' mich nicht, ich bin -noch so klein!« sagte der Bock: »wart bloß so lange, bis -der andre Bock Brausewind kommt, der ist viel größer, -als ich.« — »<span class="wide">Ja wohl!</span>« sagte der Troll.</p> - -<p>Nach einer Weile kam der andre Bock Brausewind -und wollte über die Brücke. »<span class="wide">Tripp trapp! tripp -trapp!</span>« sagte es auf der Brücke. »<span class="wide">Wer ist es, der -auf meiner Brücke trappelt?</span>« rief der Troll. »<span class="wide">O, -das ist der zweite Bock Brausewind; ich wollte -nur nach der Koppel und mich fett machen</span>,« sagte -der Bock, der hatte aber keine so feine Stimme. »<span class="wide">Nun -komm ich und hole Dich!</span>« rief der Troll. »<span class="wide">Ach -nein, hol' mich nicht! wart' noch ein bischen, -dann kommt der große Bock Brausewind, der ist -viel größer, als ich,</span>« sagte der Bock, »<span class="wide">Ja wohl!</span>« -sagte der Troll.</p> - -<p>Nun dauerte es nicht lange, so kam der große Bock -Brausewind an: »<b>Tripp trapp! tripp trapp!</b>« sagte -es auf der Brücke, daß es nur so krachte. »<span class="wide">Wer ist es, -der auf meiner Brücke trampelt?</span>« rief der Troll. -»<b>Das ist der große Bock Brausewind!</b>« sagte der -Bock mit einer groben Stimme. »<span class="wide">Nun komm ich und -hole Dich!</span>« rief der Troll.</p> - -<div class="center"> -<table style="margin: 0 auto" cellpadding="1" summary=""> -<tr><td align="left">»<b>Ja, komm nur, ich habe zwei Speere beim Schopf,</b></td></tr> -<tr><td align="left">»<b>Damit bohr' ich die Augen Dir aus dem Kopf;</b></td></tr> -<tr><td align="left">»<b>Ich habe zwei große Kieselsteine,</b></td></tr> -<tr><td align="left">»<b>Damit zerquetsch ich Dir Knochen und Beine!</b>«</td></tr> -</table> -</div> - -<p>sagte der Bock, und damit fuhr er auf den Trollen zu, -stach ihm die Augen aus und zerquetschte ihm die Knochen -im Leibe; darnach warf er ihn in den Fluß und -ging dann mit den andern nach der Koppel. Da wurden -nun die Böcke so fett, so fett, daß sie nicht wieder nach -Hause gehen konnten; und ist das Fett nicht wieder von -ihnen gegangen, so sind sie es noch.</p> - -<div class="center"> -<table style="margin: 0 auto" cellpadding="1" summary=""> -<tr><td align="left">Un ßnipp, ßnapp, ßnuut!</td></tr> -<tr><td align="left">So is dat Leuschen uut.</td></tr> -</table> -</div> - -<hr class="narrow" /> -<h3><a name="kap11" id="kap11"></a>11.</h3> - -<div class="center"> - <p class="noindent"> - <b>Östlich von der Sonne und westlich vom Mond.</b> - </p> -</div> - -<p>Es war einmal ein armer Kathenmann, der hatte viele -Kinder; er war aber so arm, daß er ihnen weder ordentlich -zu essen, noch Kleider auf den Leib geben konnte; dennoch -waren die Kinder alle sehr schön; aber am schönsten von -allen war doch die jüngste Tochter.</p> - -<p>Nun war es einmal an einem Donnerstag-Abend -im Spätherbst ein ganz abscheuliches Wetter draußen; es -war stockfinster, und dabei regnete und stürmte es, daß -die Fenster krachten. Die ganze Familie saß um den Kamin -herum, und Jeder war mit seiner Arbeit beschäftigt. -Plötzlich klopfte es dreimal laut ans Fenster. Der Mann -ging hinaus und wollte zusehen, Was es war, und als -er hinauskam, stand da ein großer weißer Bär.</p> - -<p>»Guten Abend!« sagte der Bär. »Guten Abend!« -sagte der Mann. — »Willst Du mir Deine jüngste Tochter -zur Frau geben,« sagte der Bär: »dann will ich Dich so -reich machen, als Du jetzt arm bist.« Dem Mann däuchte -das nicht übel; aber er meinte, er müßte doch erst mit -seiner Tochter ein Wort sprechen, ging hinein und erzählte, -wie draußen ein großer weißer Bär stände, der -hätte ihm versprochen, ihn eben so reich zu machen, als -er jetzt arm wäre, wenn er ihm seine jüngste Tochter zur -Frau geben wolle. Das Mädchen sagte aber Nein und -wollte Nichts von dem Handel wissen. Da ging der Mann -wieder hinaus, sprach gütlich mit dem Bären und sagte, -er solle nur am nächsten Donnerstag-Abend wiederkommen; -inmittlerzeit wolle er schon sehen, Was bei der Sache zu -thun wäre. Sie überredeten nun das Mädchen und schwatzten -ihr Allerlei vor von dem großen Reichthum, wozu sie -gelangen würden, und wie gut sie es selbst bekäme. Da -gab sie denn endlich nach, wusch ihre paar Lappen, die -sie hatte, rein, putzte sich heraus, so gut sie konnte, und -hielt sich reisefertig.</p> - -<p>Als am nächsten Donnerstag-Abend der Bär wiederkam, -ja, da war's richtig; das Mädchen setzte sich mit -ihrem Bündel auf seinen Rücken, und fort ging's. Als -sie ein gutes Ende hinausgekommen waren, fragte der -Bär sie: »Bist Du auch bange?« Nein, das war sie ganz -und gar nicht. »Halt Dich nur immer gut an meinen -Zotteln fest,« sagte der Bär: »dann hat's keine Noth.«</p> - -<p>Nun ritt sie auf dem Rücken des Bären weit, weit -in die Welt hinaus, — kein Mensch kann sagen, wie weit -es eigentlich war — und zuletzt kamen sie zu einem großen -Felsen; da klopfte der Bär an, und nun öffnete sich -eine Pforte, durch welche sie in ein großes Schloß gelangten; -drinnen waren viele von Lampen erleuchtete -Zimmer, und Alles strahlte von Gold und von Silber; auch -war da ein großer Saal, und in dem Saal stand ein -Tisch, der war mit den herrlichsten Gerichten besetzt. Nun -gab der Bär ihr eine silberne Glocke und sagte, wenn sie -sich irgend Etwas im Schloß wünsche, dann solle sie nur -damit klingeln, alsdann würde sie es sogleich bekommen. -Wie sie nun gegessen und getrunken hatte und gegen Abend -müde wurde und sich zu Bett legen wollte, klingelte sie -nur mit der Glocke — und sogleich öffnete sich eine Kammer, -worin ein aufgemachtes Bett stand, so schön, wie -man's sich nur wünschen konnte, mit seidenen Kissen und -Vorhängen mit Goldfransen, und Alles, was sich in der -Kammer befand, war ebenfalls von Gold und von Silber. -Wie sie aber nun das Licht ausgelöscht und sich ins Bett -gelegt hatte, kam ein Mensch an und legte sich zu ihr, -und so geschah es jede Nacht; aber sie bekam ihn nie zu -sehen, denn er kam immer erst, wenn sie schon das Licht -ausgelöscht hatte, und ging wieder fort, eh' es noch Tag -wurde. So lebte sie nun eine Zeitlang ruhig und zufrieden; -aber endlich bekam sie eine so große Sehnsucht, ihre -Ältern und Geschwister wiederzusehen, daß sie ganz still -und traurig ward. Da fragte der Bär sie eines Tages, -Was ihr fehle, daß sie immer so still und sinnig wäre. -»Ach,« sagte sie: »es wird mir hier so öde im Schloß, -denn ich möchte so gern meine Ältern und meine Geschwister -einmal wiedersehen.« — »Dazu kann Rath werden,« -sagte der Bär: »aber Du musst mir versprechen, daß Du -nie mit Deiner Mutter allein reden willst, sondern nur, -wenn die Andern zugegen sind; denn sie wird Dich wohl -bei der Hand nehmen und Dich in eine Kammer führen -wollen, um mit Dir allein zu sprechen; lässt Du Dich -aber darauf ein, so machst Du mich und Dich unglücklich.« -Nein, sagte das Mädchen, sie wolle sich schon in Acht -nehmen.</p> - -<p>Am Sonntag kam der Bär und sagte, jetzt könne sie -die Reise zu ihren Ältern antreten. Sie setzte sich nun -auf seinen Rücken, und damit ging es fort. Wie sie nun -eine lange Zeit gereis't waren, kamen sie zu einem großen -weißen Schloß, da gingen ihre Geschwister aus und ein, -und spielten, und Alles war da so schön und prächtig, -daß es eine Lust war, es anzusehen. »Da wohnen Deine -Ältern!« sagte der Bär: »Vergiß nun nicht, Was ich -Dir gesagt habe; denn sonst machst Du Dich und mich -unglücklich.« Nein, sie wollt's nicht vergessen, sagte das -Mädchen und ging ins Schloß; der Bär aber kehrte wieder -um.</p> - -<p>Wie nun die Ältern ihre Tochter wiedersahen, freu'ten -sie sich so sehr, daß es gar nicht zu sagen ist, und -konnten ihr nicht genug danken für Das, was sie für -sie gethan hatte; und sie erzählten ihr, wie sie es nun so -außerordentlich gut hätten, und fragten sie, wie es denn -ihr ginge. O, ihr ginge es auch recht gut, sagte das -Mädchen, sie hätte Alles, was sie sich nur wünschte. -Was sie noch weiter sagte, weiß ich nicht recht; aber -ich glaube, sie gab ihnen doch keinen ordentlichen Bescheid. -Am Nachmittag, als sie gegessen hatten, geschah -es, wie der Bär ihr gesagt hatte: die Mutter wollte mit -der Tochter allein in der Kammer sprechen; aber das -Mädchen dachte an die Worte des Bären, und wollte -nicht mit ihr gehen, sondern sagte: »O, Das, was wir -zu sprechen haben, können ^<ins title="original has wie">wir</ins> immer hier sprechen.« -Nun weiß ich aber nicht, wie es recht kam, die Mutter -überredete sie doch zuletzt, und da mußte sie ihr denn -Alles erzählen, was sie wußte. Sie erzählte ihr nun auch, -wie des Abends, wenn sie das Licht ausgemacht hätte, -immer ein Mensch käme und sich zu ihr ins Bett legte; -aber sie bekäme ihn nie zu sehen, denn eh' es Tag würde, -wäre er immer wieder fort, sagte sie, und darüber wäre -sie so betrübt; denn sie wollte ihn doch so gern sehen, -und der Tag würde ihr so lang, weil sie immer so allein -wäre. »Wer weiß! das ist gewiß ein Troll, der bei Dir -schläft,« sagte die Mutter: »Wenn Du aber meinem Rath -folgen willst, so steh mal des Nachts auf, wenn er -eingeschlafen ist, und zünde ein Licht an und sieh zu, -was es für Einer ist; aber nimm Dich in Acht, daß -Du keinen Talg auf ihn tröpfelst.«</p> - -<p>Am Abend kam der Bär wieder und holte das Mädchen -ab. Wie sie nun ein Ende hinausgekommen waren, -fragte er sie, ob es nicht so gekommen sei, wie er gesagt -hätte. »Ja,« das konnte das Mädchen nicht leugnen. -»Hast Du nun auf den Rath Deiner Mutter gehorcht,« -sagte der Bär: »dann machst Du Dich und mich unglücklich; -und mit uns beiden ist dann die Freundschaft aus.« -Nein, das hätte sie nicht gethan, sagte sie.</p> - -<p>Als sie nun nach Hause gekommen waren, und das -Mädchen sich ins Bett gelegt hatte, geschah es wieder, wie -sonst: es kam ein Mensch und legte sich zu ihr. In der -Nacht aber, als sie hörte, daß er schlief, stand sie auf und -zündete ein Licht an, und da sah sie nun im Bett den -schönsten Prinzen liegen, den man nur sehen konnte, und -sie ward so verliebt in ihn, daß sie ihn den Augenblick -küssen mußte. Da versah sie's aber und ließ drei heiße -Talgtropfen auf sein Hemd fallen, so daß er davon erwachte. -»Was hast Du gethan?« rief er, als er die Augen -aufschlug: »Nun hast Du mich und Dich unglücklich -gemacht. Hättest Du bloß das Jahr ausgehalten, so wäre -ich erlös't gewesen; denn ich habe eine Stiefmutter, die hat -mich verzaubert, so daß ich des Tages ein Bär und des -Nachts ein Mensch bin; aber mit uns beiden ist es nun -aus, denn ich muß Dich jetzt verlassen und wieder zu ihr -reisen; sie wohnt auf einem Schloß, das liegt östlich von -der Sonne und westlich vom Mond, und da soll ich eine -Prinzessinn heirathen, die hat eine Nase, die ist drei Ellen -lang.«</p> - -<p>Das Mädchen fing an zu weinen und zu jammern; -aber es war jetzt zu spät, er mußte fort. Sie fragte ihn, -ob sie denn nicht mit ihm reisen könne. Nein, sagte er, -das ginge nicht an. »Kannst Du mir denn nicht den -Weg sagen, damit ich Dich aufsuche?« fragte sie: »denn -das ist mir doch wohl erlaubt?« — »Ja, das magst Du -gern,« sagte er: »aber es führt kein Weg dahin; denn das -Schloß liegt östlich von der Sonne und westlich vom -Mond, und dahin kommst Du nie.«</p> - -<p>Am Morgen, als sie erwachte, war sowohl der Prinz, -als das Schloß verschwunden, und sie lag nun auf der -bloßen Erde mitten in einem dicken, finstern Wald und -hatte wieder ihre alten Lappen an, und neben ihr lag -dasselbe Bündel, das sie von Hause mitgenommen. Als -sie sich den Schlaf aus den Augen gerieben und sich satt -geweint hatte, begab sie sich auf den Weg und wanderte -viele, viele Tage lang, bis sie endlich zu einem großen Berg -kam. Vor dem Berge saß eine alte Frau und spielte mit -einem goldnen Apfel. Das Mädchen fragte sie, ob sie nicht -den Weg wüßte zu dem Prinzen, der bei seiner Stiefmutter -auf einem Schloß wohne, das östlich von der -Sonne und westlich vom Mond läge, und der eine Prinzessinn -heirathen sollte mit einer Nase, die drei Ellen lang -wäre. »Woher kennst Du ihn?« fragte die Frau: »Bist -Du vielleicht das Mädchen, das er heirathen wollte?« Ja, -sagte das Mädchen, das wäre sie. »So! also Du bist es!« -sagte die Frau. »Ja, mein Kind,« fuhr sie fort: »ich -wollte Dir gern helfen; aber ich weiß auch weiter Nichts -von dem Schloß, als daß es östlich von der Sonne und -westlich vom Mond liegt, und dahin kommst Du wohl -nie. Ich will Dir aber mein Pferd leihen, darauf kannst -Du zu meiner nächsten Nachbarinn reiten, vielleicht, daß -<span class="wide">sie</span> den Weg Dir sagen kann. Wenn Du aber bei ihr -ankommst, so schlage nur das Pferd unter das linke Ohr -und heiß es wieder nach Hause gehen; und dann nimm -diesen goldnen Apfel, denn Du kannst ihn vielleicht gebrauchen.«</p> - -<p>Das Mädchen setzte sich nun auf das Pferd und ritt -eine lange, lange Zeit; endlich kam sie wieder zu einem -Berg, vor dem saß eine alte Frau mit einem goldnen -Haspel. Das Mädchen fragte sie, ob sie ihr nicht den -Weg sagen könne nach dem Schloß, das östlich von der -Sonne und westlich vom Mond läge. Die sagte aber eben -so, wie die vorige Frau, sie wüßte weiter Nichts von dem -Schloß, als daß es östlich von der Sonne und westlich -vom Mond läge, »und dahin wirst Du wohl niemals kommen,« -sagte sie: »aber ich will Dir mein Pferd leihen, -darauf kannst Du zu meiner nächsten Nachbarinn reiten, -vielleicht daß <span class="wide">sie</span> den Weg Dir sagen kann. Wenn Du -aber bei ihr ankommst, so schlage nur das Pferd unter -das linke Ohr und heiß es wieder nach Hause gehen; und -dann nimm diesen goldnen Haspel mit, denn Du kannst -ihn vielleicht gebrauchen.«</p> - -<p>Das Mädchen setzte sich nun auf das Pferd und ritt -viele Tage und Wochen lang: endlich kam sie wieder zu -einem Berg, und vor dem saß eine alte Frau und spann -an einem goldnen Rocken. Das Mädchen fragte nun wieder -nach dem Prinzen und nach dem Schloß, das östlich -von der Sonne und westlich vom Mond läge. »Bist Du -es, die der Prinz heirathen wollte?« fragte die Frau. »Ja,« -sagte das Mädchen; aber die Frau wußte den Weg nicht -besser, als die beiden vorigen. »Östlich von der Sonne -und westlich vom Mond liegt das Schloß,« sagte sie: »und -dahin kommst Du wohl niemals. Ich will Dir aber mein -Pferd leihen; darauf kannst Du zu dem Ostwind reiten; -vielleicht daß der den Weg Dir sagen kann. Wenn Du -aber bei ihm ankommst, so schlage nur das Pferd unter -das linke Ohr und heiß es wieder nach Hause gehen, und -dann nimm diesen goldnen Rocken mit, denn Du kannst -ihn vielleicht gebrauchen.«</p> - -<p>Sie ritt nun manche liebe Zeit, und endlich kam sie -bei dem Ostwind an. Sie fragte ihn nun wieder, ob er -ihr nicht sagen könne, wie sie zu dem Prinzen käme, der -auf dem Schloß wohne, das östlich von der Sonne und -westlich vom Mond läge. »Ja, von dem Prinzen hab' ich -wohl reden hören und von dem Schloß auch,« sagte der -Ostwind; »aber den Weg kann ich Dir nicht sagen, denn -ich habe nie so weit geweh't. Ich will Dich aber zu meinem -Bruder, dem Westwind, führen, vielleicht, daß der -es weiß, denn der ist viel stärker, als ich. Du kannst Dich -nur auf meinen Rücken setzen, dann will ich Dich hintragen.« -Das Mädchen setzte sich nun auf seinen Rücken, -und fort ging es. Als sie bei dem Westwind ankamen, -erzählte ihm der Ostwind, er habe ein Mädchen mitgebracht, -die den Prinzen heirathen solle, der auf dem Schloß -wohne, das östlich von der Sonne und westlich vom Mond -läge, und fragte ihn, ob er nicht den Weg dahin wüßte. -»Nein,« versetzte der Westwind: »so weit habe ich nie geweh't. -Wenn Du es aber willst,« sagte er zu dem Mädchen: -»so kannst Du Dich auf meinen Rücken setzen, dann -will ich Dich zu dem Südwind bringen; vielleicht kann der -es Dir sagen, denn der ist weit stärker, als ich, und weh't -und streift überall umher.« Das Mädchen setzte sich auf -seinen Rücken, und da dauerte es denn nicht lange, so waren -sie bei dem Südwind. Als sie ankamen, fragte ihn -der Westwind, ob er nicht den Weg nach dem Schloß -wüßte, das östlich von der Sonne und westlich vom Mond -läge, denn das Mädchen, das er mitgebracht hätte, solle -den Prinzen heirathen, sagte er. »So?« sagte der <ins title="original has Westwind">Südwind</ins>, -aber den Weg wußte er auch nicht. »Ich hab' -mein Lebtag viel herumgeweht,« sagte er: »aber so weit -bin ich nie gekommen. Wenn Du es aber wünschest,« sagte -er zu dem Mädchen: »so will ich Dich zu meinem Bruder, -dem Nordwind, führen, der ist der älteste und stärkste -von uns allen, und wenn der den Weg Dir nicht sagen -kann, so erfährst Du ihn niemals.« Das Mädchen mußte -sich nun auf seinen Rücken setzen, und fort ging es, daß -die Heide wackelte.</p> - -<p>Es dauerte nicht lange, so kamen sie bei dem Nordwind -an; aber der war so wild und ungestüm, daß er -ihnen schon von weitem lauter Schnee und Eis ins Gesicht -blies. »<span class="wide">Was wollt Ihr?</span>« rief er, so daß es ihnen -kalt über die Haut lief. »O, Du musst nicht so gegen -uns auffahren,« sagte der Südwind: »denn das bin -ich, Dein Bruder, und das hier ist das Mädchen, das den -Prinzen heirathen soll, der auf dem Schloß wohnt, das -östlich von der Sonne und westlich vom Mond liegt, -und nun wollte sie Dich gern fragen, ob Du nicht da -herum Bescheid wüßtest. »<span class="wide">Ja, ich weiß wohl, wo es -liegt</span>;« sagte der Nordwind: »ich habe mal ein Espenblatt -dahin geweh't; aber da war ich so müde, daß ich nicht -wieder wehen konnte manchen lieben Tag. Wenn Du -aber durchaus dahin willst,« sagte er zu dem Mädchen: -»und Dich nicht fürchtest, so will ich Dich auf meinen -Rücken nehmen und zusehen, ob ich Dich hinwehen kann.« -— Ja, sagte das Mädchen, hin wolle und müsse sie, -wenn's nur auf irgend eine Weise angehen könne, und -bange wäre sie ganz und gar nicht, ob's auch noch so -schlimm gehen sollte. — »So musst Du die Nacht hier -bleiben,« sagte der Nordwind: »denn wir müssen den Tag -vor uns haben, wenn wir hin wollen.«</p> - -<p>Früh am andern Morgen weckte sie der Nordwind, -blies sich auf und machte sich so groß und stark, daß es -ganz entsetzlich war, und fort ging's durch die Luft, als -ob's bis ans Ende der Welt gehen sollte. Da entstand -ein so gewaltiger Sturm, daß ganze Dörfer und Wälder -umweh'ten, und als sie über's große Meer kamen, versanken -die Schiffe bei Hunderten. Immer ging's fort über's -Wasser, und das so weit, so weit, daß kein Mensch es -glauben sollte; aber der Nordwind wurde schwächer und -immer schwächer, und so schwach wurde er, daß er beinah -nicht mehr wehen konnte, und er sank tiefer und immer -tiefer hinunter, und zuletzt ging es so niedrig, daß -die Wellen ihm an die Fersen schlugen. »Bist Du bange?« -fragte er das Mädchen. »Nein, ganz und gar nicht,« sagte -sie. Nun waren sie nicht mehr weit vom Lande, und der -Nordwind hatte kaum noch so viel Kräfte übrig, daß er -sie an den Strand unter die Fenster des Schlosses wehen -konnte, das östlich von der Sonne und westlich vom Mond -lag. Da war er aber auch so matt und hinfällig, daß -er sich viele Tage lang ausruhen mußte, eh' er wieder -nach Hause konnte.</p> - -<p>Den andern Morgen setzte das Mädchen sich unter -die Fenster des Schlosses und spielte mit dem goldnen -Apfel, und die Erste, welche sie sah, war die Nasenprinzessinn, -die der Prinz heirathen sollte. »Was willst Du -für Deinen goldnen Apfel haben?« fragte sie das Mädchen, -indem sie das Fenster aufmachte. »Der ist nicht feil, -weder für Gold, noch für Geld,« sagte das Mädchen. -»Wenn Du ihn nicht verkaufen willst, weder für Gold, -noch für Geld, Was willst Du denn dafür haben?« sagte -die Prinzessinn: »Ich will Dir geben, Was Du verlangst.« -— »Ja, wenn ich eine Nacht bei dem Prinzen schlafen -darf, so sollst Du ihn haben,« sagte das Mädchen. »Ja, das -magst Du gern,« sagte die Prinzessinn und nahm den goldnen -Apfel. Als aber das Mädchen in die Kammer des Prinzen kam, -war dieser fest eingeschlafen; sie rief ihn und rüttelte ihn -und weinte und jammerte; aber sie konnte ihn nicht ermuntern. -Am Morgen, als es hell wurde, kam die Prinzessinn -mit der langen Nase und jagte sie wieder hinaus.</p> - -<p><span class="wide">Den</span> Tag setzte das Mädchen sich wieder unter die -Fenster des Schlosses und schlang das Garn auf ihren goldnen -Haspel, und nun geschah es wieder eben so, wie gestern. Die -Prinzessinn fragte sie, Was sie für den Haspel haben wolle; aber -das Mädchen sagte, er wäre nicht feil, weder für Gold, noch -für Geld; wenn sie aber noch eine Nacht bei dem Prinzen -schlafen dürfe, so solle die Prinzessinn ihn haben. Die -sagte sogleich Ja und nahm den goldnen Haspel. Als -aber das Mädchen hinaufkam, war der Prinz wieder fest -eingeschlafen; und wie viel sie ihn auch rief und rüttelte, -und weinte und jammerte, so konnte sie ihn doch nicht ermuntern; -und am Morgen, als es hell wurde, kam die -Prinzessinn mit der langen Nase und jagte sie wieder -hinaus.</p> - -<p>An diesem Tage setzte sich das Mädchen mit ihrem -goldnen Rocken unter die Fenster hin und spann. Als -die Prinzessinn mit der langen Nase den Rocken sah, wollte -sie den auch gern haben; sie machte das Fenster auf und -fragte das Mädchen, Was sie haben wolle für ihren goldnen -Rocken. Das Mädchen sagte aber wieder wie die beiden -vorigen Male, für Gold und Geld sei er nicht feil; -wenn die Prinzessinn sie aber noch eine Nacht bei dem -Prinzen wolle schlafen lassen, dann solle sie ihn haben. -Ja, das dürfe sie gern, sagte die Prinzessinn und nahm -den goldnen Rocken. Nun hatten aber einige Leute, die -neben der Kammer des Prinzen schliefen, seit zwei Nächten -ein so klägliches Rufen und Wimmern von einem -Frauenzimmer drinnen gehört, und das erzählten sie am -Morgen dem Prinzen. Als nun am Abend die Prinzessinn -mit der Suppe kam, die der Prinz immer zu trinken -pflegte, eh' er zu Bett ging, that er, als ob er sie -tränke, aber goß die Suppe hinter sich; denn er ahnte -nun wohl, daß die Prinzessinn einen Schlaftrunk -hineingethan hatte. Wie nun am Abend das Mädchen in die -Kammer kam, war der Prinz noch wach und freu'te sich -über alle Maßen, das Mädchen wiederzusehen; und sie -mußte ihm nun erzählen, wie es ihr ergangen war, und -wie sie nach dem Schloß gekommen sei. Als sie ihm Alles -erzählt hatte, sagte er: »Du kommst grade zu rechter Zeit; -denn morgen soll meine Hochzeit mit der Prinzessinn sein; -aber ich frage nichts nach ihr und ihrer langen Nase, -sondern Du bist die Einzige, die ich haben will. Ich werde -darum sagen, ich möchte gern sehen, wozu meine Braut -taugt, und von der Prinzessinn verlangen, daß sie die drei -Talgflecke aus meinem Hemd wasche. Darauf wird sie -sich denn wohl einlassen, aber ich weiß, daß sie es nicht -zu Stande bringt; denn die Flecke sind von Deiner Hand -darauf getröpfelt, und nur Christenhände können sie wieder -auswaschen, aber nicht die Hände von solchem Trollpack, -wozu sie gehört. Ich werde aber sagen, ich wolle -keine andre Braut haben, als Die, welche es zu Stande -brächte, und wenn sie es dann Alle versucht haben -und nicht damit fertig werden können, dann werde ich -Dich rufen, daß Du es auch versuchst.« Hierauf brachten -sie die Nacht munter und vergnügt mit einander -zu. Als aber am Tage die Hochzeit werden sollte, -sagte der Prinz: »Ich möchte doch erst sehen, wozu meine -Braut taugt.« Das wäre nicht Mehr, als billig, meinte -die Stiefmutter. »Ich habe ein so schönes Hemd,« sagte -der Prinz: »und das möchte ich gern zum Bräutigamshemd -haben; aber nun sind mir drei Talgflecke -hineingekommen, und die wollt' ich gern wieder ausgewaschen haben; -darum habe ich mir vorgenommen, keine Andre -zu heirathen, als Die, welche dazu taugt.« Ih nun, -das wäre ja nicht so gefährlich, meinten die Frauen -und gingen darauf ein; und die Prinzessinn mit der langen -Nase fing an zu waschen, was sie nur konnte; -aber je länger sie wusch, desto größer und schwärzer -wurden die Flecke. »Ach, Du verstehst Dich nicht darauf,« -sagte das alte Trollweib, ihre Mutter: »gieb mir -mal her!« Als aber die nun das Hemd bekam, -wurde es noch schwärzer, und je mehr sie es wusch und -rieb, desto größer wurden die Flecke. Nun sollten die andern -Trollweiber das Hemd waschen; aber je länger sie es -wuschen, desto abscheulicher ward es aussehen, und zuletzt -sah das ganze Hemd aus, als hätt' es im Schornstein gehangen. -»Ach, Ihr taugt alle nicht dazu!« sagte der Prinz: -»Da sitzt eine arme Bettlerdirne unter den Fenstern; -ich bin gewiß, die versteht sich besser aufs Waschen, als -Ihr alle zusammen. <span class="wide">Komm mal herein, Du Dirne!</span>« -rief er; und als das Mädchen kam, fragte er sie: »Kannst -Du wohl das Hemd da rein waschen?« — »Ich weiß -nicht,« sagte das Mädchen: »aber ich denke wohl.« Das -Mädchen nahm nun das Hemd und fing an zu waschen -und da wurde es unter ihren Händen so weiß, wie frisch -gefallener Schnee, und noch weißer. »<span class="wide">Ja, Dich will ich -haben!</span>« sagte der Prinz. Da ward das alte Trollweib -so arg, daß es barst; und die Prinzessinn mit der langen -Nase und das andre Trollpack, glaub' ich, ist auch -geborsten; denn ich habe nachher nie wieder Etwas von ihnen -gehört. Der Prinz und seine Braut ließen nun alle Christen -frei, die im Schloß gefangen waren; darauf nahmen -sie so viel Gold und Silber, als sie nur fortschaffen konnten, -und zogen weit weg von dem Schloß, das östlich von -der Sonne und westlich vom Mond lag. Wie sie aber -fortgekommen sind, und wo sie hinzogen, das weiß ich nicht; -sind es aber Die, welche ich meine, so sind sie nicht so gar -weit von hier.</p> - -<hr class="narrow" /> -<h3><a name="kap12" id="kap12"></a>12.</h3> - -<div class="center"> - <p class="noindent"> - <b>Das Huhn, das nach dem Dovrefjeld wollte, damit<br /> -nicht die Welt vergehen sollte.</b> - </p> -</div> - -<p>Es war einmal ein Huhn, das war abends auf eine -Eiche geflogen und hatte sich da zur Ruhe gesetzt. In -der Nacht träumte ihm, wenn es nicht nach dem Dovrefjeld -käme, so müßte die Welt vergehen. Als es nun -aufwachte, flog es sogleich herunter und machte sich auf -den Weg. Wie es ein Ende gereis't war, begegnete ihm -ein Hahn. »Guten Tag, Hahn Pahn!« sagte das Huhn. -»Guten Tag, Huhn Puhn! wo willst Du hin so früh?« -sagte der Hahn. »O, ich will nur nach dem Dovrefjeld, -damit nicht die Welt vergehen soll,« sagte das Huhn. -»Wer hat Dir das gesagt, Huhn Puhn?« fragte der -Hahn. »Ich saß in der Eiche und träumte es die Nacht,« -sagte das Huhn. »Ich will mit Dir gehen,« sagte der -Hahn. Nun gingen beide ein weites Ende fort; da begegnete -ihnen eine Ente. »Guten Tag, Ente Pente!« -sagte der Hahn. »Guten Tag, Hahn Pahn, wo willst -Du hin so früh?« sagte die Ente. »Ich will nach dem -Dovrefjeld, damit nicht die Welt vergehen soll,« sagte der -Hahn. »Wer hat Dir das gesagt, Hahn Pahn?« — -»Huhn Puhn.« sagte der Hahn. »Wer hat es Dir gesagt, -Huhn Puhn?« fragte die Ente. »Ich saß in der -Eiche und träumte es die Nacht,« sagte das Huhn. »Ich -will mit Euch,« sagte die Ente. Nun machten sie sich -auf und gingen weiter; da begegnete ihnen eine Gans. -»Guten Tag, Gans Pans!« sagte die Ente. »Guten -Tag, Ente Pente!« sagte die Gans: »wo willst Du hin -so früh?« — »Ich will nach dem Dovrefjeld, damit nicht -die Welt vergehen soll,« sagte die Ente. »Wer hat Dir -das gesagt, Ente Pente?« fragte die Gans. — »Hahn -Pahn.« — »Wer hat es Dir gesagt, Hahn Pahn?« — -»Huhn Puhn.« — »Woher weißt Du es, Huhn Puhn?« -fragte die Gans. »Ich saß in der Eiche und träumte es -die Nacht,« sagte das Huhn. »Ich will mit Euch,« -sagte die Gans. Wie sie nun ein Ende weiter gegangen -waren, begegnete ihnen der Fuchs. »Guten Tag, Fuchs -Puchs,« sagte die Gans. — »Guten Tag, Gans Pans.« — -»Wo hinaus Fuchs Puchs?« — »Wo willst Du hin, -Gans Pans?« — »Ich will nach dem Dovrefjeld, damit -nicht die Welt vergehen soll.« — »Wer hat Dir das gesagt, -Gans Pans?« fragte der Fuchs. — »Ente Pente.« -— »Wer hat es Dir gesagt, Ente Pente?« — »Hahn -Pahn.« — »Und Wer hat Dir es gesagt, Hahn Pahn?« -— »Huhn Puhn.« — »Und woher weißt Du es, Huhn -Puhn?« — »Ich saß in der Eiche und träumte es die -Nacht,« sagte das Huhn. »O Schnack!« sagte der Fuchs: -»die Welt vergeht nicht, wenn Ihr auch nicht nach dem -Dovrefjeld kommt. Geht lieber mit mir in meine Höhle, -da sitzt Ihr warm und gut.« Der Vorschlag gefiel den -Reisenden, und sie gingen mit dem Fuchs in seine Höhle. -Als sie aber dort ankamen, legte der Fuchs tüchtig nach -im Kamin, so daß sie alle schläfrig wurden. Die -Gans und die Ente setzten sich in einen Winkel, aber -der Hahn und das Huhn flogen auf die Hühnersteige. -Als die Gans und die Ente eingeschlafen waren, legte der -Fuchs die Gans auf die Kohlen und briet sie. Wie es -nun dem Huhn so sengerich roch, hüpfte es einen Stock höher -und sagte so halb im Schlaf: »Pfui! wie's hier stinkt!« -— »O Schnack!« sagte der Fuchs: »das ist bloß der -Rauch im Schornstein. Halt nur Dein Maul und schlaf -ein!« Da schlief das Huhn wieder ein. Der Fuchs -hatte aber kaum die Gans zu Leibe, so machte er es eben -so mit der Ente. Dem Huhn ward es wieder so sengerich -riechen, und es flog daher noch einen Stock höher, -indem es wieder sagte: »Pfui! wie's hier stinkt!« Da -that es aber zugleich die Augen auf und sah nun, daß -der Fuchs die Gans und die Ente verzehrt hatte. Wie -das Huhn das gewahr ward, flog es auf den höchsten -Stock und guckte zum Schornstein hinaus. »Nein, seh -mal Einer die schönen Gänse, die da fliegen!« sagte es -zu dem Fuchs. Reineke hinaus und wollte sich einen -fetten Braten holen. Da weckte das Huhn den Hahn und -erzählte ihm, wie es der Gans Pans und der Ente Pente -ergangen wär'. Darauf flogen Hahn Pahn und Huhn -Puhn hinaus durch den Schornstein, und wären sie nicht -nach dem Dovrefjeld gekommen, so wär's aus gewesen -mit der Welt.</p> - -<hr class="narrow" /> -<h3><a name="kap13" id="kap13"></a>13.</h3> - -<div class="center"> - <p class="noindent"> - <b>Der Mann, der das Haus beschicken sollte.</b> - </p> -</div> - -<p>Es war einmal ein Mann, der war immer so mürrisch -und vergrätzt, und nie konnte die Frau ihm Genug thun, -oder Etwas zu Dank machen im Hause. Einmal in der -Erntezeit kam er spät am Abend vom Felde zurück, -und nun ging es an ein Schelten und an ein Toben, daß -es ganz entsetzlich war; bald war ihm Dies, bald war -ihm Das nicht recht. »Ach, Väterchen,« sagte die Frau: -»sei doch nicht immer so böse. Morgen wollen wir mal -mit der Arbeit umtauschen: ich will dann mit den Schnittern -ins Feld gehen, und Du kannst das Haus beschicken.« -Ja, das war dem Mann schon recht, und er ging sogleich -auf den Vorschlag ein. Früh den andern Morgen nahm -die Frau die Sense auf den Nacken und ging mit den -Schnittern ins Feld, um zu mähen; der Mann dagegen -sollte das Haus beschicken. Nun wollte er zuerst Butter -machen; als er aber eine Weile gebuttert hatte, wurde er -durstig und ging hinunter in den Keller, um sich Bier zu -zapfen. Während er nun aus dem Faß in die Bierkanne -zapfte, hörte er, daß ein Ferkel in die Küche kam. Er fort -mit dem Zapfen in der Hand und die Treppe hinauf, -so schnell er nur konnte, damit das Ferkel nicht das -Butterfaß umwerfen sollte. Als er aber sah, daß das -Faß schon auf der Seite lag, und das Ferkel in dem -Rahm schmatzte, der auf dem Boden floß, gerieth er so -in Wuth, daß er ganz und gar das Bierfaß vergaß und -dem Ferkel nachrannte. Bei der Thür holte er es ein, -und da gab er ihm einen so derben Schlag, daß es auf -der Stelle liegen blieb. Nun fiel es ihm wieder ein, daß -er noch den Bierzapfen in der Hand hätte; als er aber -hinunterkam in den Keller, war alles Bier auf den Boden -gelaufen.</p> - -<p>Er ging nun in die Milchkammer, füllte aufs neue -das Butterfaß mit Rahm und fing wieder an zu buttern; -denn Butter wollte er durchaus zum Mittag haben. Als -er aber eine Weile gebuttert hatte, fiel es ihm ein, daß -die Milchkuh noch im Stall stände und weder zu fressen, -noch zu saufen bekommen hätte, obgleich es schon hoch am -Tage war. Weil er nun dachte, es wäre doch zu weit, -sie nach der Koppel zu treiben, wollte er sie oben auf's -Dach bringen, denn das Dach war mit Rasen gedeckt und -es stand darauf schönes hohes Gras; und weil nun das -Haus an einem steilen Hügel lag, glaubte er, es wäre -ein Leichtes sie hinaufzubringen, wenn er bloß eine Planke -von dem Hügel aufs Dach hinüberlegte; das Butterfaß -wollte er aber nicht stehen lassen, denn sein kleiner Junge -krabbelte da an der Erde herum und könnt's nachher umstoßen, -dachte er; darum nahm er es auf den Rücken und -ging hinaus. Eh' er aber die Kuh auf das Dach ließ, -wollte er ihr noch mal zu saufen geben, und nahm einen -Eimer, um damit Wasser aus dem Brunnen zu schöpfen; -als er sich aber hinunterbückte, floß aller Rahm aus dem -Faß ihm an dem Nacken herunter und lief ins Wasser. -Wie es nun gegen Mittag ging, dachte er, weil's ihm mit -der Butter nicht geglückt wäre, wollte er sich Grütze zum -Mittag kochen, und hängte den Kessel mit Wasser über's -Feuer. Kaum hatte er das gethan, so fiel es ihm ein, -daß die Kuh, die er aufs Dach gebracht hatte, herunterfallen -und Hals und Bein brechen könne; darum nahm -er einen Strick und ging hinauf, um sie festzubinden; das -eine Ende band er ihr um den Hals und das andre Ende -warf er durch den Schornstein, ging dann hinunter und -band es sich in aller Eile um's Bein, denn das Wasser -kochte schon im Kessel, und er mußte die Grütze umrühren. -Während er nun damit beschäftigt war, fiel die Kuh -vom Dach herunter und zog den Mann an dem Strick -in den Schornstein hinauf. Da hing er nun und konnte -weder vorwärts, noch rückwärts, und die Kuh hing draußen -zwischen Himmel und Erde und konnte auch nicht -loskommen. Die Frau hatte schon eine lange Zeit gewartet, -daß der Mann kommen und sie zum Mittag abrufen -solle; aber er war nicht da und kam nicht. Zuletzt -dauerte es ihr doch zu lange, und sie ging mit den Leuten nach -Hause. Als sie die Kuh sah, die da zwischen Himmel und Erde -hing, ging sie hinzu und hieb mit der Sense den Strick -entzwei. Da fiel der Mann herunter durch den Schornstein, -und als sie in die Küche kam, stand er da auf dem -Kopf im Grützkessel.</p> - -<hr class="narrow" /> -<h3><a name="kap14" id="kap14"></a>14.</h3> - -<div class="center"> - <p class="noindent"> - <b>Däumerling.</b> - </p> -</div> - -<p>Es war einmal eine Frau, die hatte nur einen einzigen -Sohn, der war aber nicht größer, als ein Daumen, und -darum nannten sie ihn Däumerling. Als er nun zu -Jahren und zu Verstand gekommen war, sagte die -Mutter zu ihm, jetzt müsse er daran denken, sich eine Frau -zu nehmen. Ja, Däumerling war's zufrieden, und -die Mutter setzte sich mit ihm auf den Wagen, und sie -fuhren gradesweges nach des Königs Schloß; denn da -war eine Prinzessinn, die war außerordentlich groß, und -um die sollte Däumerling freien. Als sie nun ein Ende -gefahren waren, da war Däumerling plötzlich verschwunden. -Die Mutter suchte ihn überall, und rief ihn -bei Namen. »Pip, pip!« sagte Däumerling und hatte -sich in die Mähne des Pferdes versteckt. Als er wieder -zum Vorschein kam, mußte er der Mutter versprechen, daß -er sich nicht öfter verstecken wolle. Wie sie aber ein Ende -weiter gekommen waren, da war Däumerling wieder verschwunden. -Die Mutter suchte ihn und rief ihn bei -Namen und weinte und jammerte, aber Däumerling war fort. -»Pip, pip!« sagte er und lachte und kicherte; aber sie konnte ihn -das Mal nicht finden. »Pip! pip! hier bin ich!« sagte Däumerling -und kroch aus dem Ohr des Pferdes hervor. Nun -mußte er der Mutter heilig versprechen, daß er sich nicht -öfter verstecken wolle; aber es dauerte nicht lange, so war -er abermals fort. Die Mutter suchte ihn wieder überall -und weinte und rief ihn bei Namen, aber Alles war umsonst; -Däumerling war fort. »Pip, pip! hier bin ich,« -wisperte es plötzlich; aber die Mutter konnte gar nicht -begreifen, wo es war, denn es hörte sich so undeutlich an; -sie suchte fortwährend, und er sagte immer: »Pip! pip! hier -bin ich!« und lachte und hägte sich, weil sie ihn nicht -finden konnte. Plötzlich aber fing das Pferd an zu niesen, -und da nies'te es Däumerling aus, denn er hatte -sich in die eine der Nüstern versteckt. Nun konnte sich -die Mutter nicht anders helfen, als daß sie ihn in einen -Beutel steckte, denn sie wußte wohl, daß er die Narrenpossen -doch nicht nachlassen würde. So kamen sie denn -auf dem Schloß an. Die Prinzessinn konnte den kleinen -hübschen Burschen wohl leiden und verlobte sich mit ihm, -und bald darauf ward die Hochzeit.</p> - -<p>Als sie sich nun zur Tafel setzten, nahm Däumerling -seinen Platz neben der Prinzessinn; aber er war übel daran, -denn als er zulangen wollte, konnte er nicht an den Teller -reichen und hätte gewiß keinen einzigen Bissen bekommen, -wenn die Prinzessinn ihn nicht vom Stuhl genommen -und auf den Tisch gesetzt hätte. So lange er nun -da vom Teller aß, ging das Ding gut; als aber nachher -die große Schüssel mit Grütze hereinkam, da konnte er -wieder nicht ankommen; er wußte sich aber zu helfen -und setzte sich auf den breiten Rand. Nun war aber -in der Mitte der Schüssel eine Grube mit Butter zum -Eintunken, und so weit konnte er nicht reichen; er ging -daher über die Grütze und setzte sich dicht an den Rand -der Butter. Nun nahm die Prinzessinn einen großen Löffelvoll -Grütze und wollte ihn in die Butter tunken; aber -da versah sie's und stieß an Däumerling, so daß er -hinunterfiel in die Butter und ertrank.</p> - -<hr class="narrow" /> -<h3><a name="kap15" id="kap15"></a>15.</h3> - -<div class="center"> - <p class="noindent"> - <b>Hakon Borkenbart.</b> - </p> -</div> - -<p>Es war einmal eine Königstochter, die war so stolz und -schnippisch, daß kein Freier ihr gut genug war; sie machte -sich über alle lustig und gab dem einen nach dem andern -einen Korb; dennoch aber kamen immer der Freier genug, -weil die Hexe so außerordentlich schön war. Einmal kam -auch ein Prinz, mit Namen <span class="wide">Hakon Borkenbart</span>, und -warb um sie. Aber da sagte die Prinzessinn am Abend -zu dem Hofnarren, er solle hingehen, und dem einen Pferd -des Prinzen die Ohren abschneiden, und dem andern das Maul -bis an beide Ohren aufschlitzen. Das that denn der Hofnarr auch. -Als nun der Prinz den andern Tag ausfahren wollte, stand die -Prinzessinn auf dem Flur und sah hinaus. »Nein!« sagte sie: -»so Etwas hab' ich noch mein Lebtag nicht gesehen. Da ist -der Nordwind gekommen und hat dem einen Pferd die -Ohren abgeweh't, und darüber hat das andre so gewaltig -gelacht, daß ihm das Maul bis an die Ohren aufgerissen -ist,« und damit lief sie hinein und ließ den Prinzen abziehen. -Dieser reis'te nun wieder nach Hause, aber er dachte -bei sich selbst, er wolle sich schon dafür rächen, machte sich -einen großen Bart von Moos, zog einen weißen ledernen -Rock an und kleidete sich aus wie ein Bettler; -dann kaufte er bei einem Goldschmied einen goldnen Rocken, -und damit setzte er sich eines Morgens unter das -Fenster der Prinzessinn hin und fing an zu feilen; denn -der Rocken war noch nicht ganz fertig, auch war noch -kein Wocken daran. Als die Prinzessinn ans Fenster kam, -öffnete sie es sogleich und fragte ihn, ob er ihr nicht den goldnen -Rocken verkaufen wolle. »Nein, zu verkaufen ist er nicht,« -sagte Hakon Borkenbart: »aber es mag drum sein! willst -Du mich diese Nacht vor Deiner Kammerthür schlafen -lassen, so sollst Du ihn haben.« Ja, das, meinte die Prinzessinn, -wäre ein wohlfeiler Kauf, und die Sache sei eben -nicht so gefährlich. Sie bekam nun den Rocken, und am -Abend legte Hakon Borkenbart sich draußen vor ihrer Kammerthür -hin. Als es aber auf die Nacht kam, fing er -an entsetzlich zu frieren. »Hutetutetutetu! es ist so kalt -hier!« rief er: »laß mich bloß hinein!« — »Ich glaube, -Du bist verrückt!« sagte die Prinzessinn. »Ach, hutetutetutetu! -es ist so kalt! laß mich bloß hinein!« rief Hakon -Borkenbart. »Scht! schweig doch still!« sagte die Prinzessinn: -»denn hört mein Vater, daß hier eine Mannsperson ist, -so bin ich rein unglücklich.« — »Oh hutetutetutetu! wie -mich friert! laß mich bloß hinein und auf der Erde liegen!« -sagte Hakon Borkenbart. Es war nun kein anderer -Rath, die Prinzessinn mußte ihn einlassen, und darauf -legte er sich in ihrer Kammer auf die Erde hin und -schlief ein.</p> - -<p>Einige Tage darnach kam Hakon auch mit dem -Wocken und setzte sich wieder unter das Fenster der Prinzessinn -hin und fing an zu feilen; denn der Wocken war -noch nicht ganz fertig. Sobald die Prinzessinn ihn gewahr -wurde, öffnete sie wieder das Fenster und fragte ihn, -Was er da hätte. »O, es ist bloß der Wocken zu dem -Spinnrocken, den Du mir neulich abkauftest; denn ich dachte, -wenn Du doch einmal den Rocken hättest, so könntest Du -auch wohl den Wocken dazu gebrauchen.« — »Was willst -Du denn dafür haben?« fragte ihn die Prinzessinn. »Für -Geld ist er nicht feil,« sagte er: »willst Du mich aber -diese Nacht wieder auf dem Boden in Deiner Kammer -schlafen lassen, so sollst Du ihn haben.« — »Ja, recht -gern,« sagte die Prinzessinn: »aber Du musst auch nicht -wieder so frieren und Hutetu! sagen.« Nein, das wollt' -er auch nicht; aber als es auf die Nacht kam, fing er an -zu huppern und zu frieren und hutetu! zu sagen, daß der -Prinzessinn wieder angst und bange ward, und sie mußte -ihm erlauben, sich an die Erde dicht vor ihrem Bett -hinzulegen, damit nur der König es nicht gewahr würde, -und da schlief er nun die Nacht über ruhig und wohl.</p> - -<p>Hiernach dauerte es eine ganze Zeit, ehe Hakon Borkenbart -sich wieder sehen ließ; endlich aber bemerkte die -Prinzessinn ihn eines Morgens wieder unter ihrem Fenster, -wo er saß und an einer goldnen Garnwinde feilte. -Sie fragte ihn nun wieder, Was er für die Garnwinde -haben wolle. »Die ist nicht für Geld feil,« sagte -er: »aber willst Du mich diese Nacht in Deiner Kammer -mit dem Kopf an Deiner Bettstelle schlafen lassen, so sollst -Du sie haben.« Ja, das könnte er gern, sagte die Prinzessinn, -wenn er bloß ruhig sein und nicht wieder solchen -Lärm machen wolle. Nein, das wolle er gewiß nicht, -sagte Hakon Borkenbart; als es aber auf die Nacht kam, -fing er wieder an zu huppern und zu frieren, daß ihm -die Zähne im Munde klapperten. »Hutetutetu! es ist so -kalt! laß mich bloß in Dein Bett und mich ein -wenig wärmen!« sagte Hakon Borkenbart. »Ich glaube, -Du bist verrückt!« sagte die Prinzessinn. — »Hutetutetu! -laß mich bloß in Dein Bett hutetutetutetu!« — »Scht! -scht! um Gotteswillen! so schweig doch still!« sagte -die Prinzessinn: »denn hört mein Vater, daß hier eine -Mannsperson drinnen ist, so glaub' ich, nimmt er mir -das Leben.« — »Hutetutetutetu! laß mich bloß in -Dein Bett!« sagte Hakon Borkenbart und fror, daß die -Wände bebten. Es war nun kein anderer Rath, -die Prinzessinn mußte ihn zu sich ins Bett lassen, und da -schlief er nun die Nacht über zufrieden und wohl.</p> - -<p>Einige Zeit darnach aber bekam die Prinzessinn ein -kleines Kind, und darüber ward der König so zornig, daß er -beinahe sie und das Kind dazu umgebracht hätte. Da -kam aber eines Tages Hakon Borkenbart als ein Bettler -gekleidet, so wie von Ohngefähr, wieder zu dem Schloß -und sah in die Küche. Wie die Prinzessinn ihn gewahr -ward, sagte sie zu ihm: »Ach, Gott tröste mich wegen -des Unglücks, das Du mir verursacht hast! Mein Vater -ist so zornig auf mich, daß er aus der Haut fahren will; -es ist am besten, Du nimmst mich nur gleich mit Dir.« —</p> - -<p>»Du bist es aber wohl zu gut gewohnt,« sagte Hakon -Borkenbart: »ich habe aber nur eine ganz kleine Hütte -und weiß nicht, wie ich Dich ernähren soll, denn ich habe -schon Genug zu thun, um nur allein durchzukommen.« — -»Es ist mir ganz einerlei, wie gut, oder wie schlecht Du -es hast,« sagte die Prinzessinn: »nimm mich bloß mit Dir, -denn bleibe ich hier noch länger, so nimmt mein Vater -mir gewiß das Leben.« Da nahm denn der Bettler sie und das -Kind mit sich; aber sie hatten einen sehr weiten Weg, und der -Prinzessinn kam das Gehen außerordentlich sauer an. Als sie -nun aus dem Reich ihres Vaters in ein andres Land kamen, -fragte die Prinzessinn den Bettler: »Wem gehört -dieses Reich?« —</p> - -<p>»O, das gehört Hakon Borkenbart,« sagte der Bettler.</p> - -<p>»So!« sagte die Prinzessinn: »ja, ich hätte <span class="wide">ihn</span> nehmen -sollen, dann hätt' ich nicht nöthig gehabt, nun als -<ins title="original has eine">ein</ins> Bettlermädchen hier zu gehen.«</p> - -<p>Und so oft sie zu einem schönen Schloß, oder Wald, -oder Gehöft kamen, fragte die Prinzessinn immer: »Wem -gehört das?« — »O, das gehört Hakon Borkenbart,« -sagte dann der Bettler immer. Und die Prinzessinn weinte -und jammerte beständig, daß sie nicht <span class="wide">ihn</span> genommen -hatte; aber nun war es zu spät. Endlich kamen sie zu -einer kleinen Hütte, die lag dicht an einem Walde, und -das, sagte der Bettler, wäre seine Wohnung. Von der -Hütte aus konnte man in der Ferne das Königsschloß sehen, -und da, sagte der Bettler, wolle er sich Arbeit suchen, -denn er wäre da schon bekannt; und nun ging er -jeden Tag nach dem Schloß und hau'te Holz und trug -dem Koch das Wasser zu, wie er sagte, und wenn er dann -des Abends zu Hause kam, brachte er immer ein wenig Essen -mit, aber das reichte nicht sehr weit.</p> - -<p>Eines Abends, als er vom Schloß zurückkam, sagte -er: »Morgen werde ich zu Hause bleiben und das Kind -warten, Du aber musst nach dem Schloß gehen; denn der -Prinz hat gesagt, Du solltest mit beim Backen helfen.« —</p> - -<p>»Ach, wie soll ich wohl beim Backen helfen?« sagte -die Königstochter: »das verstehe ich nicht, denn das hab' -ich in meinem Leben noch nicht gethan.« —</p> - -<p>»Du musst aber doch hingehen,« sagte Hakon Borkenbart: -»weil der Prinz es so befohlen hat. Kannst Du -auch nicht backen, so kannst Du es ja lernen; Du musst -nur gut zusehen, wie die Andern es machen, und wenn -Du weggehst, dann nimm heimlich ein paar Brode mit.« —</p> - -<p>»Nein, stehlen kann ich nicht,« sagte die Königstochter.</p> - -<p>»Du musst es lernen,« sagte Hakon Borkenbart: -»denn Du weißt wohl, wir haben es nur knapp; nimm -Dich aber ja vor dem Prinzen in Acht, denn der hat seine -Augen überall.«</p> - -<p>Als sie gegangen war, lief Hakon einen Richtweg, -so daß er noch lange vor ihr auf dem Schloß ankam; -dort warf er seine Lumpen und seinen Moosbart ab und -zog wieder seine Prinzenkleider an.</p> - -<p>Die Königstochter half nun mit beim Backen, und als sie -fertig war, that sie, wie Hakon ihr gesagt hatte, und steckte -sich alle Taschen voll Brode. Als sie aber am Abend nach -Hause gehen wollte, sagte der Prinz:</p> - -<p>»Dieses Weib kennen wir nicht so recht; daher ist's -am besten, wir sehen nach, ob sie nicht Etwas genommen -hat.«</p> - -<p>Damit untersuchte er alle ihre Taschen, und als er -darauf die Brode fand, ward er entsetzlich böse und hielt -furchtbar Haus. Die Königstochter weinte und fleh'te und -sagte: »Mein Mann hatte es mir geheißen; da musst' ich es -denn wohl thun.« —</p> - -<p>»Ja, es sollte Dir schlimm gehen,« sagte der Prinz -»aber um Deines Mannes willen mag es Dir vergeben -sein.«</p> - -<p>Als sie gegangen war, warf Hakon schnell seine Prinzenkleider -ab, zog wieder seinen ledernen Rock an und klebte -sich auch wieder den Moosbart ins Gesicht, und eh' sie noch in -der Hütte ankam, war er schon da und wartete das Kind. -»Ja, Du hast mich verleitet, Etwas zu thun, das mich -gereu't,« sagte sie: »es war das erste Mal, <ins title="original has das">daß</ins> ich gestohlen -habe, aber es soll auch das letzte Mal sein,« und -damit erzählte sie ihm, wie es ihr ergangen war, und Was der -Prinz gesagt hatte.</p> - -<p>Einige Tage darnach, als Hakon am Abend wieder -vom Schloß zurückkam, sagte er: »Morgen werde ich zu -Hause bleiben und das Kind warten, denn Du sollst -wieder auf das Schloß und beim Schlachten und Wurstmachen -helfen.« —</p> - -<p>»Ach, wie soll ich wohl Wurst machen?« sagte die -Königstochter: »das versteh' ich nicht; essen kann ich wohl -die Wurst, aber gemacht hab' ich sie noch nie.«</p> - -<p>Hakon aber sagte, sie müsse durchaus hin, weil der -Prinz es so befohlen hätte; sie sollte nur gut Acht geben, wie -die Andern es machten, sagte er, und wenn sie wegginge, -sollte sie heimlich ein paar Würste mitnehmen. »Nein, -stehlen kann ich nicht wieder,« sagte sie: »denn Du weißt -wohl, wie es mir das letzte Mal ging.« — »Du musst -es lernen,« sagte Hakon: »es ist nicht gesagt, daß es allemal -schlecht geht.« Als sie gegangen war, lief Hakon -Borkenbart den Richtweg und kam noch lange vor ihr -auf dem Schloß an; dort warf er schnell seinen ledernen -Rock und seinen Moosbart ab, und als sie in der Küche ankam, -stand er schon da in seinen Prinzenkleidern. Die Königstochter -half nun mit beim Schlachten und Wurstmachen, -und als sie damit fertig war, that sie, wie Hakon -ihr gesagt hatte, und stopfte sich alle Taschen voll Würste. -Wie sie aber am Abend nach Hause gehen wollte, sagte -der Prinz:</p> - -<p>»Dieses Bettlerweib machte neulich lange Finger; -darum ist's am besten, wir sehen nach, ob sie nicht wieder -Etwas stipitzt hat,« und damit fing er an, alle ihre Taschen -zu untersuchen. Wie er nun die Würste fand, ward er -gewaltig böse, hielt eine entsetzliche Wirthschaft und droh'te -ihr, er wolle sie zu dem Dorfrichter schicken.</p> - -<p>»Ach Gott, nein! lasst mich nur gehen!« sagte sie: -»denn mein Mann hatte es mir geheißen,« und weinte -und jammerte ganz gewaltig.</p> - -<p>»Es sollte Dir eigentlich schlimm gehen,« sagte Hakon -Borkenbart: »aber um Deines Mannes willen mag -es Dir vergeben sein.«</p> - -<p>Als sie gegangen war, warf der Prinz schnell seine -Kleider ab und hüllte sich wieder in seine Lumpen, lief -dann den Richtweg, und als sie nach Hause kam, war Hakon -schon in der Hütte. Sie erzählte ihm, wie es ihr gegangen -war und gelobte hoch und theuer, es solle das letzte -Mal sein, <ins title="original has das">daß</ins> sie gestohlen hätte.</p> - -<p>Einige Zeit darnach, als Hakon eines Abends wieder -vom Schloß zurückkehrte, sagte er; »Nun will der Prinz -Hochzeit halten; aber die Braut ist krank geworden, so -daß der Schneider ihr nicht das Maß zu dem Brautkleid -nehmen kann; und darum will der Prinz, daß Du auf's -Schloß kommst und Dir statt seiner Braut das Maß nehmen -lässest, denn er sagt, Du gleichest ihr im Wuchs und -in Allem. Wenn man Dir aber das Maß genommen hat, -so geh nicht gleich fort, sondern gieb Acht, wie der -Schneider das Zeug zuschneidet, und dann stipitze heimlich -die größten Stücke und bring' sie mit zu einer Pickelhaube -für mich.« —</p> - -<p>»Nein, stehlen kann ich nicht,« sagte sie: »Du weißt -wohl, wie es mir das letzte Mal ging.« — »Du musst -es lernen,« sagte er: »es ist nicht gesagt, daß es immer -schlecht abläuft.«</p> - -<p>Sie meinte zwar, es wäre ein schlimmes Ding, aber -that doch, wie er ihr gesagt hatte, stipitzte einige von -den größten Stücken und steckte sie in die Tasche. Als -sie gehen wollte, sagte der Prinz: »Wir müssen doch nachsehen, -ob das Weib auch nicht diesmal wieder lange Finger -gemacht hat,« und damit untersuchte er alle ihre Taschen, -und wie er nun die gestohlenen Sachen fand, ward er so -zornig und machte einen solchen Lärm, daß es gar nicht -zu sagen ist. Die Königstochter weinte und bat und sagte: -»Ach, mein Mann hatte es mir geheißen; darum mußte -ich es wohl thun.« —</p> - -<p>»Ja, es sollte Dir schlecht gehen, aber um Deines -Mannes willen mag es Dir vergeben sein,« sagte Hakon -Borkenbart; und nun ging es wieder eben so, wie die -vorigen Male: als die Königstochter nach der Hütte kam, -war Hakon Borkenbart schon wieder da. »Ach, Gott steh mir -bei!« sagte sie: »ich werde doch zuletzt noch unglücklich um -Deinetwillen; denn Du willst mich immer zu Dem haben, -was nicht taugt. Der Prinz war diesmal so bitterböse, -daß er mir mit dem Dorfrichter und dem Zuchthaus -droh'te.«</p> - -<p>Einige Zeit darnach sagte Hakon, als er abends vom -Schloß zurückkam. »Nun will der Prinz, daß Du auf's -Schloß kommen und die Braut vorstellen sollst, denn die -rechte Braut ist noch immer krank und bettlägerig; aber -Hochzeit will der Prinz nun einmal halten, und er sagt, Du -gleichest seiner Braut so sehr, daß Keiner Euch von -einander unterscheiden könne. Halt Dich also bereit, morgen -aufs Schloß zu gehen.« —</p> - -<p>»Ich glaube, Ihr habt beide Euern Verstand verloren, -sowohl Du, als der Prinz,« sagte sie: »Sehe ich -denn darnach aus, daß ich eine Braut vorstellen kann? -Kein Bettlerweib kann ja ärger aussehen, als ich.« —</p> - -<p>»Einerlei! der Prinz will es aber einmal so haben,« -versetzte Hakon Borkenbart, und es war nun kein anderer -Rath, sie mußte fort, und als sie aufs Schloß kam, -wurde sie so aufgeputzt und herausstaffirt, daß keine -Prinzessinn stattlicher aussehen konnte. Darauf gingen sie -zur Kirche, und sie stellte die Braut vor, und als sie zurückkamen, -gab es Musik und Tanz und lauter Lustbarkeit -auf dem Schloß. Wie aber die Königstochter mit -dem Prinzen im besten Tanzen war, sah sie einen hellen -Schein durch das Fenster, und wie sie hinblickte, da stand -die Hütte in Feuer und Flammen.</p> - -<p>»Ach! die Hütte! und der Bettler! und mein Kind!« -rief sie und sank beinahe in Ohnmacht.</p> - -<p>»Hier ist der Bettler! und da ist Dein Kind!« sagte -Hakon Borkenbart: »und laß dann die Hütte zum Teufel -sein!« Da erkannte die Königstochter ihn wieder, und -nun ging erst die rechte Lust an. Nachher aber habe ich -Nichts weiter von ihnen gehört.</p> - -<hr class="narrow" /> -<h3><a name="kap16" id="kap16"></a>16.</h3> - -<div class="center"> - <p class="noindent"> - <b>Die Meisterjungfer.</b> - </p> -</div> - -<p>Es war einmal ein König, der hatte mehre Söhne, -wie viel es aber eigentlich waren, kann ich nicht mit Gewißheit -sagen. Als der jüngste herangewachsen war, hatte -er durchaus keine Ruhe zu Hause, sondern wollte mit aller -Gewalt fort in die Welt und sein Glück versuchen; er -hielt auch nicht auf, seinen Vater so lange zu bitten, bis -dieser ihm endlich die Erlaubniß zum Reisen ertheilte. Als -er nun einige Tage lang gereis't war, kam er zu einem -Riesenschloß, und da gab er sich bei dem Riesen in Dienst. -Den andern Morgen machte der Riese sich in aller Frühe -auf, um seine Ziegen zu hüten, dem Königssohn aber -befahl er, inmittlerweile den Stall auszumisten; »<span class="wide">und -wenn Du damit fertig bist</span>,« sagte er: »<span class="wide">dann hast -Du für heute Feierabend; denn Du musst wissen, -daß Du zu einem guten Herrn gekommen bist; -aber Was ich Dir sage, das musst Du treu -und ordentlich verrichten; und dann darfst Du -in keins von den Zimmern gehen, worin Du noch -nicht gewesen bist; thust Du es dennoch, so kostet -es Dir das Leben.</span>« — »Ja, wahrhaftig!« sagte der Königssohn, -als der Riese fort war: »das ist doch ein guter Herr!« -und ging auf und ab im Zimmer und sang und trallei'te; -denn er meinte, mit dem Ausmisten hätte es noch gute Weile. -»Aber wissen möcht' ich doch wohl, Was in den andern -Zimmern sein mag,« sagte er: »es muß wohl etwas Besonderes -sein, weil er es mir so strenge verboten hat, hineinzugehen,« -und damit ging er rasch in das erste von den Zimmern. Hier hing -ein Kessel von der Decke herab und kochte; aber der Königssohn -sah kein Feuer darunter. »Was wohl drin sein mag?« -dachte er und tauchte einen von seinen Handschuhen hinein, -und da wurde der Handschuh als wär' er von lauter Kupfer. -»Eine schöne Suppe!« sagte er: »wenn Einer davon kostete, -würde er gewiß hübsch um den Schnabel aussehen.« Hierauf -ging er in ein andres Zimmer, und da hing auch ein Kessel von -der Decke herab und pruttelte und kochte, aber Feuer war auch -nicht darunter. »Ich muß den auch mal probiren,« sagte der -Königssohn und steckte wieder seinen Handschuh hinein, und -nun ward derselbe ganz versilbert. »So theure Suppe giebt's -nicht auf meines Vaters Schloß,« sagte der Königssohn: -»es fragt sich nur, wie sie schmeckt.« Hierauf ging er in -das dritte Zimmer, und da hing auch ein Kessel von der -Decke herab und kochte, ganz so, wie in den beiden andern -Zimmern, und der Königssohn bekam Lust, den auch zu -probiren und tauchte wieder den Handschuh hinein, und da -ward derselbe so blank vergoldet, daß es nur so blitzte. -»Donner und's Wetter!« sagte der Königssohn: »wird -hier Gold gekocht, Was mag man denn dort drinnen -kochen?« und damit ging er in das vierte Zimmer. Hier -war kein Kessel zu sehen; aber auf der Bank saß eine -Jungfrau, das war gewiß eine Königstochter; was für -eines Mannes Tochter es aber auch sein mochte, so hatte -doch der Königssohn noch nie ihres Gleichen gesehen, so -außerordentlich schön war sie. »Um's Himmels willen, -Was willst Du hier?« rief sie, sobald sie ihn gewahr ward. -»Ich bin seit gestern hier im Dienst,« sagte der Königssohn. -»Gott steh' Dir bei für den Dienst, den Du hier -bekommen hast!« sagte sie. »O, mir däucht, ich habe -einen guten Herrn bekommen,« sagte der Königssohn: »er -hat mir heute eben keine schwere Arbeit aufgegeben: wenn -ich den Stall ausgemistet habe, kann ich Feierabend -machen.« — »Ja, aber wie willst Du das anfangen?« -sagte sie: »denn wenn Du so ausmistest, wie andre Leute zu -thun pflegen, so kommen für jede Schaufelvoll, die Du hinauswirfst, -wieder zehn andre Schaufeln voll hinein. Ich will Dir -aber sagen, wie Du es machen sollst: Du musst bloß die -Schaufel umkehren und mit dem Stiel ausmisten, dann -fliegt Alles von selbst hinaus.« — Ja, das wollte er schon -in Acht haben, sagte der Königssohn, und nun blieb er -bei der Prinzessinn — ich werde sie so nennen — den -ganzen Tag über, denn sie waren bald darüber einig -geworden, daß sie einander heirathen wollten, und da -wurde denn dem Königssohn der erste Tag, den er bei -dem Riesen diente, eben nicht lang, kannst Du glauben. -Als es aber gegen Abend kam, sagte sie zu ihm: »Nun -ist es am besten, Du mistest den Stall aus, ehe der Riese -wieder nach Hause kommt.« Als aber der Bursch in den -Stall kam, wollte er sehen, ob es sich wirklich so verhielt, -wie die Königstochter ihm gesagt hatte, und fing an, so -auszumisten, wie er es früher von den Stallknechten seines -Vaters gesehen hatte; aber er mußte bald damit aufhalten; -denn als er eine Weile so gemistet hatte, war im Stall -beinahe kein Raum mehr, wo er stehen konnte. Darauf -mistete er so aus, wie die Königstochter es ihm gelehrt -hatte: nämlich, er kehrte die Schaufel um und mistete mit -dem Stiel, und nun dauerte es kaum einen Augenblick, -da war der Stall so rein, als ob er gefegt und gescheuert -wäre. Als er damit zu Stande war, ging er wieder zurück -in das Zimmer, das der Riese ihm angewiesen hatte, und -da spazierte er auf und ab und sang und trallei'te. Endlich -kam der Riese mit den Ziegen wieder nach Hause, und -die erste Frage, die er dem Königssohn that, war: »<span class="wide">Hast -Du nun den Stall ausgemistet?</span>« — »Ja, Herr, der ist -rein und sauber,« sagte der Königssohn. »<span class="wide">Das will ich -mal sehen,</span>« sagte der Riese und ging in den Stall; aber -es verhielt sich, wie der Königssohn gesagt hatte. »<span class="wide">Du -hast gewiß mit meiner</span> <b>Meisterjungfer</b> <span class="wide">gesprochen</span>,« -sagte der Riese: »<span class="wide">denn das hast Du nicht -aus Dir selber.</span>« — »Meisterjungfer? Was ist das für -Eine?« sagte der Königssohn und stellte sich ganz dumm an: -»die möcht' ich wohl mal sehen.« — »<span class="wide">Du wirst sie noch -früh genug zu sehen kriegen,</span>« sagte der Riese.</p> - -<p>Als der Riese den andern Morgen die Ziegen wieder -auf die Weide trieb, sagte er zu dem Königssohn, den -Tag solle er sein Pferd nach Hause holen, das in der -Koppel ginge, und wenn er das gethan hätte, könne er -Feierabend machen; »<span class="wide">denn Du bist zu einem guten Herrn -gekommen, musst Du wissen</span>,« sagte er wieder: »<span class="wide">Gehst -Du aber in irgend eins der Zimmer, das ich Dir verboten -habe, so drehe ich Dir den Hals um</span>,« und damit -trieb er seine Heerde in den Wald. »Ja, wahrhaftig, bist Du -ein guter Herr!« sagte der Königssohn: »ich möchte aber -doch wieder ein Wort mit der Meisterjungfer sprechen, -vielleicht daß sie noch eben so früh <span class="wide">mein</span> wird, als -<span class="wide">Dein</span>,« und damit ging er wieder zu ihr hinein. Sie -fragte ihn, Was der Riese ihm den Tag zu thun befohlen -hätte. »O, es ist eben keine schwere Arbeit,« sagte er: -»ich soll bloß das Pferd aus der Koppel holen.« — »Ja, -aber wie willst Du das anfangen?« fragte ihn die Meisterjungfer. -»O, es gehört wohl eben keine Kunst dazu, ein -Pferd aus der Koppel zu holen,« sagte der Königssohn: »denn -ich will doch meinen, ich habe schon manches rasche Pferd -geritten.« — »Die Sache ist aber gleichwohl nicht so leicht,« -sagte sie: »indeß will ich Dir lehren, wie Du es machen -musst: Sobald Du das Pferd erblickst, kommt es brausend -auf Dich zu und schnaubt Feuer und Flammen aus beiden -Nüstern. Paß aber dann gut auf und nimm das Gebiß, -das dort bei der Thür hangt, und wirf es ihm ins Maul, -dann wird es augenblicklich so zahm, daß Du damit thun -kannst, was Du willst.« Ja, das wollte er schon in Acht -haben, sagte der Königssohn und blieb nun den ganzen -Tag drinnen bei der Meisterjungfer, und sie schwatzten -von Diesem und Jenem, und wie herrlich und vergnügt sie -leben wollten, wenn sie erst aus der Gewalt des Riesen -wären und einander geheirathet hätten; und der Königssohn -hätte gewiß Pferd und Koppel darüber vergessen, -wenn nicht die Meisterjungfer gegen Abend ihn daran erinnert -hätte und zu ihm sagte, es wäre am besten, daß -er jetzt das Pferd hole, ehe der Riese nach Hause käme. -Das that er denn auch: er nahm das Gebiß, das bei der -Thür hing, und lief damit in die Koppel; nun dauerte -es nicht lange, so kam das Pferd an und schnob Feuer -und Flammen aus beiden Nüstern; da nahm aber der -Königssohn seine Gelegenheit wahr und warf ihm das -Gebiß in den offenen Rachen, und nun stand das Pferd -da, so geduldig, wie ein Lamm, und da war's eben keine -große Kunst, es nach dem Stall zu bringen. Als der -Bursch damit fertig war, ging er wieder zurück auf sein -Zimmer, und dort spazierte er auf und ab und sang und -trallei'te.</p> - -<p>Wie nun der Riese mit den Ziegen nach Hause kam, -war seine erste Frage: »<span class="wide">Hast Du auch das Pferd von -der Koppel geholt?</span>« — »Ja, Herr!« sagte der Königssohn: -»es war ein possirliches Pferd zu reiten; aber -ich hab's glücklich in den Stall gebracht.« — »<span class="wide">Das -will ich mal sehen!</span>« sagte der Riese und ging in den -Stall; das Pferd aber stand richtig da, so wie der Königssohn -gesagt hatte. »<span class="wide">Du hast gewiß mit meiner</span> -<b>Meisterjungfer</b> <span class="wide">gesprochen</span>,« sagte der Riese: »<span class="wide">denn -das hast Du nicht aus Dir selber.</span>« — »Gestern -spracht Ihr von Eurer Meisterjungfer und heute wieder,« -sagte der Königssohn und stellte sich ganz dumm und einfältig -an: »Was ist denn das für Eine, Herr? ich möchte -sie doch gern einmal sehen.« — »<span class="wide">Du wirst sie noch -früh genug zu sehen kriegen,</span>« sagte jener.</p> - -<p>Als der Riese am dritten Morgen seine Ziegen in -den Wald trieb, sagte er zu dem Königssohn: »<span class="wide">Heute -sollst Du nach der Hölle und den Brandschatz -holen, und wenn Du das gethan hast, kannst Du -Feierabend machen; denn Du bist zu einem guten -Herrn gekommen, musst Du wissen.</span>« — »Ja, ich -will's glauben,« sagte der Königssohn, als der Riese gegangen -war: »ein wie guter Herr Du aber auch sein magst, so -sind es doch garstige Arbeiten, die Du mir auflegst; ich -will indeß mal wieder ein Wort mit Deiner Meisterjungfer -sprechen; Du sagst zwar, sie gehört <span class="wide">Dir</span>; aber vielleicht -sagt sie es doch <span class="wide">mir</span>, wie ich es machen muß,« und damit -ging er wieder hinein zu der Meisterjungfer. Als -diese ihn nun fragte, was der Riese ihm den Tag für eine -Arbeit aufgegeben hätte, sagte er, daß er ihm befohlen -habe, nach der Hölle zu gehen und den Brandschatz zu -holen. »Und wie willst Du das anfangen?« fragte ihn -die Meisterjungfer. »Ja, Du musst es mir sagen,« versetzte -der Königssohn: »denn in der Hölle bin ich noch -nicht gewesen, und wenn ich auch den Weg dahin wüßte, -so weiß ich doch nicht, wie Viel ich einfordern soll.« — -»Ja, ich will Dir wohl helfen,« versetzte die Meisterjungfer: -»Du musst nach dem Felsen dort hinter der Koppel gehen -und den Kloben nehmen, der da liegt, und damit an die -Felswand klopfen; dann wird wohl Einer herauskommen, -daß es nur so knistert, dem musst Du Deinen Auftrag -sagen; und wenn er Dich dann fragt, wie Viel Du haben -willst, dann sage nur: »So Viel, als ich tragen kann.«« -— Ja, das wollte er schon in Acht haben, sagte der -Königssohn und blieb nun wieder bei der Meisterjungfer, -bis es Abend wurde, und er wäre gern noch länger da -geblieben, wenn sie ihn nicht erinnert hätte, daß er fort -müsse nach der Hölle und den Brandschatz holen, ehe der -Riese wieder nach Hause käme. Der Bursch machte sich -nun auf und that, wie die Meisterjungfer ihm gesagt hatte, -ging zu dem Felsen hinter der Koppel, nahm den Kloben -und klopfte damit an die Wand. Sogleich kam Einer -heraus, dem die Funken aus Augen und Nase flogen. -»<span class="wide">Was willst Du?</span>« rief er. »Ich soll grüßen von -dem Riesen und den Brandschatz für ihn einfordern,« -sagte der Königssohn. »<span class="wide">Wie Viel willst Du haben?</span>« -fragte der Andre. »O, ich verlange nicht Mehr, als ich -tragen kann,« versetzte der Königssohn. »<span class="wide">Es war Dein -Glück, daß Du nicht ein ganzes Fuder verlangtest,</span>« -sagte Der, welcher aus der Felswand gekommen -war: »<span class="wide">aber komm jetzt herein, dann will ich Dir -den Brandschatz auszahlen.</span>« Der Königssohn ging -nun mit ihm hinein, und da sah er in dem Berg so viel -Gold und Silber, als Steine in der Erde liegen; er bekam -nun eine Tracht, so groß, wie er sie nur tragen -konnte, und damit ging er seines Weges. Als darauf am -Abend der Riese mit den Ziegen nach Hause kam, spazierte -der Königssohn eben so, wie die beiden Abende zuvor, im -Zimmer auf und ab und sang und trallei'te. »<span class="wide">Bist Du -in der Hölle gewesen und hast den Brandschatz -geholt?</span>« fragte ihn der Riese. »Ja, Herr!« sagte der -Königssohn. »<span class="wide">Wo hast Du ihn denn?</span>« fragte der -Riese. »Da auf der Bank steht der Goldsack,« sagte der -Königssohn. »<span class="wide">Das will ich mal sehen,</span>« sagte der -Riese; und als er zusah, stand da ein Sack, der war so -gedrängt voll, daß die Gold- und Silberstücke herausfielen, -sowie nur der Riese das Band ein wenig auflockerte. -»<span class="wide">Du hast gewiß mit meiner</span> <b>Meisterjungfer</b> <span class="wide">gesprochen,</span>« -sagte er: »<span class="wide">ist aber das der Fall, dann -drehe ich Dir das Genick um.</span>« — »Mit Eurer <span class="wide">Meisterjungfer</span>?« -sagte der Königssohn: »Gestern und vorgestern -schwatztet Ihr von Eurer Meisterjungfer und heute -wieder? Was ist denn das für Eine, Herr? ich möchte sie -doch gern einmal sehen.« — »<span class="wide">Ja, warte nur bis morgen, -dann sollst Du sie zu sehen kriegen,</span>« sagte -der Riese. — »Danke schön!« sagte der Königssohn: »aber -es ist wohl bloß Euer Scherz, Herr.«</p> - -<p>Den Tag darauf ging der Riese mit ihm in das Zimmer, -worin die Meisterjungfer war. »Jetzt sollst Du ihn -schlachten und ihn in dem großen Kessel für mich zum Mittag -kochen, und wenn die Suppe fertig ist, kannst Du mich -rufen,« sagte er zu ihr und streckte sich auf die Bank hin; -und während er nun da lag und schnarchte, daß der alte -Berg bebte, nahm die Meisterjungfer ein Messer, schnitt -damit den Burschen in den Finger und ließ drei Blutstropfen -auf die Bank fließen; darauf nahm sie alle die -alten Lappen und Schuhsohlen und andern Kram, den -sie finden konnte, und warf es in den Kessel; dann nahm -sie einen ganzen Kasten voll gemahlenes Gold und einen -Salzstein und eine Wasserflasche, die bei der Thür hing, -und einen goldnen Apfel und zwei goldne Hühner nahm sie -auch mit, und darauf machten beide sich aus dem Staube, -so schnell sie nur konnten. Wie sie nun ein Ende gegangen -waren, kamen sie zu dem Meer, und da gingen sie -unter Segel; wie sie aber zu dem Schiff gelangten, habe -ich nie so recht erfahren können.</p> - -<p>Als der Riese eine gute Weile geschlafen hatte, fing -er an sich zu strecken. »<span class="wide">Ist das Essen noch nicht -fertig?</span>« fragte er. »<span class="wide">Eben erst angefangen!</span>« sagte -der erste Blutstropfen auf der Bank. Darauf legte er -sich wieder schlafen und schlief noch eine gute Zeit; endlich -fing er wieder an sich zu strecken. »<span class="wide">Ist jetzt das -Essen fertig?</span>« fragte er, aber ohne aufzusehen, eben so -wie er auch das erste Mal gethan hatte, denn er war noch -halb im Schlaf. »<span class="wide">Halb fertig!</span>« sagte der zweite Blutstropfen. -Der Riese aber glaubte, es sei die Meisterjungfer, -die das sagte, kehrte sich wieder um und legte sich auf's -neue schlafen. Als er nun viele Stunden hinter einander -geschlafen hatte, fing er endlich wieder an sich zu rühren -und zu strecken. »<span class="wide">Ist es denn jetzt fertig?</span>« fragte er. -»<span class="wide">Vollkommen fertig!</span>« sagte der dritte Blutstropfen. -Der Riese richtete sich nun auf und rieb sich die Augen; -aber er konnte die Meisterjungfer nirgends erblicken, und -darum rief er sie bei Namen. Er bekam aber keine Antwort. -»O,« dachte er: »sie ist wohl nur ein wenig hinausgegangen,« -und nahm einen Löffel und füllte damit -aus dem Kessel, um das Essen zu probiren. Da fand er aber -Nichts, als lauter Schuhsohlen und Lumpen und dergleichen -Kram darin, und das war zusammengekocht, so daß er -nicht wußte, ob's Fisch, oder Fleisch war. Als er das -gewahr ward, konnte er sich wohl denken, wie die Sache -sich verhielt, und ward so arg, daß er nicht wußte, »auf -welchem Bein er stehen wollte;« er eilte sogleich dem Königssohn -und der Meisterjungfer nach, und es dauerte -nicht lange, so stand er beim Wasser, aber da konnte er -nicht hinüber. »<span class="wide">Ich weiß schon Rath,</span>« sagte er: -»<span class="wide">ich will bloß meinen Meersauger rufen.</span>« Wie -nun der Meersauger ankam, legte der sich auf die Erde -nieder und that dreimal einen guten Trunk, und da ward -das Meer so viel kleiner, daß der Riese die Meisterjungfer -und den Königssohn auf dem Schiff sehen konnte. »Jetzt -musst Du den Salzstein hinauswerfen,« sagte die Meisterjungfer; -und als der Königssohn das gethan hatte, entstand -plötzlich quer durch das Meer ein so hoher Berg, -daß der Riese nicht hinüber konnte, und der Meersauger -konnte ihm nun auch nichts helfen. »<span class="wide">Ich weiß schon -Rath,</span>« sagte der Riese und holte sich seinen <span class="wide">Bergbohrer</span>, -und damit bohrte er ein großes Loch durch den -Berg, so daß der Meersauger wieder trinken konnte. Wie -die Meisterjungfer das gewahr ward, sagte sie zu dem -Königssohn, jetzt solle er einen, oder zwei Tropfen aus -der Flasche gießen; und als der Königssohn das gethan -hatte, ward das Meer wieder ganz voll. Ehe nun der -Meersauger noch wieder einen guten Trunk thun konnte, -waren sie schon am Lande, und damit waren sie gerettet.</p> - -<p>Nun wollte der Königssohn die Meisterjungfer nach -seines Vaters Schloß bringen; aber er meinte, es schicke -sich nicht, daß sie zu Fuß gehe, und darum sagte er zu -ihr: »Warte hier eine Weile; ich will nur nach Hause -gehen und die sieben Pferde holen, die in meines Vaters -Stall stehen; denn ich möchte nicht gern, daß meine Braut -zu Fuß auf dem Schloß ankäme. Der Weg dahin ist -nicht lang, und ich werde bald wieder hier sein.« — »Ach -nein, thu' das nicht!« sagte sie: »denn kommst Du erst -zu Deines Vaters Schloß, dann wirst Du mich bald -vergessen.« — »Wie sollte ich Dich wohl vergessen,« sagte -der Königssohn: »da wir so viel Ungemach zusammen -erduldet und einander so lieb haben?« und er wollte und -mußte nach Hause und einen Wagen und die sieben Pferde -holen, und sie sollte so lange dort am Ufer auf ihn warten; -und weil er es nun durchaus nicht anders wollte, so -mußte endlich die Meisterjungfer nachgeben. »Aber,« sagte -sie: »wenn Du auf das Schloß kommst, musst Du Dir -nicht einmal so viel Zeit lassen, daß Du Jemanden grüßest, -sondern gradesweges in den Stall gehen und die -Pferde vor den Wagen spannen, und dann davon jagen, -so schnell Du nur kannst; denn sie werden wohl alle sehr -neugierig sein und um Dich herum kommen; aber Du -musst thun, als ob Du sie gar nicht bemerktest, und dann -darfst Du durchaus keinen Bissen von Dem, was man -Dir anbietet, genießen; thust Du das, dann machst Du -sowohl Dich, als mich unglücklich.« Der Königssohn versprach -ihr, sich genau nach Allem richten zu wollen, was -sie ihm gesagt hatte, und versicherte ihr, daß sie durchaus -nicht zu fürchten brauche, als ob er sie je vergessen -könnte.</p> - -<p>Als aber der Königssohn auf dem Schloßhof ankam, -hielt grade einer von seinen Brüdern Hochzeit, und die -Braut und alle Gäste waren schon da, und Alle kamen -um ihn herum und fragten ihn nach Diesem und Jenem -und nöthigten ihn mit sich ins Schloß; aber er -that, als ob er sie gar nicht bemerkte, ging gradezu in -den Stall, zog die Pferde heraus und wollte sie vor den -Wagen spannen. Wie sie nun auf keine Art und Weise -ihn bewegen konnten, mit ihnen ins Schloß zu gehen, -brachten sie ihm zu essen und zu trinken heraus, all -das Beste, was man zur Hochzeit angerichtet hatte; aber -der Königssohn wollte von Allem keinen Bissen anrühren, -sondern beeilte sich nur, die Pferde vor den Wagen zu -spannen. Da rollte aber zuletzt die Schwester der Braut -einen Apfel über den Schloßhof zu ihm hin: »Wenn Du -denn durchaus Nichts genießen willst,« sagte sie: »so -kannst Du doch wenigstens in diesen Apfel beißen, denn -Du wirst wohl hungrig und durstig sein von der langen -Reise.« Da hob der Königssohn den Apfel von der Erde -auf und biß hinein. Aber kaum hatte er das gethan, so -vergaß er ganz und gar die Meisterjungfer, und daß er -sie holen wollte. »Bin ich denn verrückt?« sagte er: -»Was will ich mit den Pferden und mit dem Wagen?« -und darauf zog er die Pferde wieder in den Stall und -ging mit den Andern ins Schloß; und nun dauerte es -nicht lange, so war es dahin gekommen, daß er die -Schwester der Braut heirathen sollte, dieselbe, welche ihm -den Apfel zugerollt hatte.</p> - -<p>Die Meisterjungfer saß indeß am Ufer und wartete -sieben lang und sieben breit, aber kein Königssohn ließ -sich sehen. Endlich ging sie fort, und als sie ein Ende -gegangen war, kam sie zu einer kleinen Hütte, welche ganz -einsam in einem Walde, nicht weit von des Königs Schloß, -lag; da ging sie hinein und bat um Herberge. Drinnen -aber saß ein altes Weib, dem die Hütte gehörte, das -war aber ein arges und abscheuliches Trollmensch und -wollte anfangs von der Meisterjungfer gar Nichts wissen; -aber endlich und zuletzt gab sie ihr doch Herberge für -Geld und gute Worte. Aber unsauber und schmutzig war -es drinnen, wie in einem Schweinstall. Die Meisterjungfer -sagte, sie wollte die Hütte ein wenig aufputzen, damit es -doch aussehen würde wie bei andern honnetten Leuten; -aber das litt die Alte nicht, sondern fing an zu schelten -und zu toben und war ganz entsetzlich böse. Aber die -Meisterjungfer zog dessen ungeachtet ihren Schrein hervor -und warf eine Handvoll Goldmehl in das Kaminfeuer. -Da flackerte es hell auf, und ein rother Strahl zog durch -die ganze Hütte, so daß sie inwendig und auswendig davon -vergoldet wurde. Als die Alte das sah, ward sie so -arg, daß sie aus der Haut fahren wollte, und rannte zur -Hütte hinaus, als ob der Teufel hinter ihr wäre; da -vergaß sie aber, sich zu bücken, und zerbrach sich die Hirnschale -an der Thürpfoste.</p> - -<p>Den Morgen darauf kam der Schulze da vorbei; der -war ganz verwundert über die goldne Hütte, die er im -Walde glänzen sah; als er aber hineinging und drinnen -die schöne Jungfrau erblickte, da verwunderte er sich noch -mehr, und er ward augenblicklich so in sie verliebt, daß -er um sie frei'te. »Ja, hast Du aber auch brav Geld?« -fragte die Meisterjungfer. Ja, Geld hätte er genug, sagte -er, und er wolle sogleich hin und es holen. Am Abend kam -er wieder und brachte einen ganzen Scheffelssack voll, den -setzte er auf die Bank hin. Ja, weil er so viel Geld hatte, -wollte die Meisterjungfer ihn haben, und darauf legten sie -sich zusammen ins Bett. Kaum aber hatten sie sich niedergelegt, -so wollte die Meisterjungfer wieder aufstehen; denn -sie hätte noch vergessen, das Feuer im Kamin anzuschüren, -sagte sie. »Ach behüte!« sagte der Schulze: »solltest Du -darum aufstehen? Das will ich wohl thun,« und damit -sprang er aus dem Bett und lief nach dem Kamin. »Sage -mir's, wenn Du den Aschraker angefasst hast,« sagte die -Meisterjungfer. »Nun hab' ich ihn angefasst,« sagte der -Schulze. »So gebe Gott, daß Du ihn festhältst, und er -Dich, und Du da stehen magst die ganze Nacht und Dir -Kohlen und Asche über den Kopf raken bis an den hellen -Morgen!« sagte die Meisterjungfer, und als sie das gesagt -hatte, blieb der Schulze vor dem Kamin stehen und -rakte sich Kohlen und Asche über den Kopf die ganze -Nacht hindurch, und wie sehr er auch weinen und bitten -und raken mochte, so verloschen darum doch nicht die Kohlen, -und die Asche wurde nicht kälter. Erst am Morgen, -als es Tag wurde, ließ ihn der Aschraker los; aber nun -blieb er keinen Augenblick länger in der Hütte, sondern -machte sich fort, als ob der Teufel hinter ihm her wäre; -und alle Leute, die ihm begegneten sahen ihn an und lachten; -denn er legte los, als ob er toll wäre, und aussehen -konnte er nicht schändlicher, wenn man ihn gegerbt und -geschunden hätte.</p> - -<p>Den Tag darauf kam der Amtsschreiber da vorbei; -der sah auch die Hütte im Walde glänzen, und als er -hineinging, um zu sehen, Wer da wohnte, und die schöne -Jungfrau erblickte, da ward er noch mehr in sie verliebt, -als der Schulze, und frei'te stehenden Fußes um sie. Ja, -sagte die Meisterjungfer wieder, sie wollte ihn wohl -haben, wenn er brav Geld hätte. Ja, sagte der Schreiber, -Geld hätte er genug, und er wolle sogleich hin und -es holen. Am Abend kam er mit einem großen, schweren -Sack an, — ich glaube gewiß, es waren zwei Scheffel -drin — und den setzte er auf die Bank hin. Nun war -denn weiter Nichts im Wege, und sie legten sich zu Bette. -Aber kaum hatten sie sich niedergelegt, so hatte die Meisterjungfer -vergessen, die Hausthür zuzumachen, und darum -wollte sie wieder aufstehen. »Ach, behüte! solltest <span class="wide">Du</span> das -thun?« sagte der Schreiber: »Nein, bleib Du nur liegen! -ich will wohl hingehen,« und damit sprang er aus dem -Bett, so leicht »wie eine Erbse auf Birkenrinde« und lief -hinaus auf die Diele. »Sage mir's, wenn Du die Thür -angefasst hast,« rief die Meisterjungfer. »Nun hab' ich -sie angefasst!« rief der Schreiber auf der Diele. »So -gebe Gott, daß Du sie festhältst, und sie Dich, und Ihr -hin- und herfahren mögt die ganze Nacht, bis daß es -Tag wird!« sagte die Meisterjungfer; und nun mußte der -Schreiber die ganze Nacht über mit der Thür vorwärts -und rückwärts tanzen; aber einen solchen Walzer hatt' er -noch nie gemacht, und es verlangte ihn auch nachher nicht, -ihn wieder zu machen: bald war <span class="wide">er</span> vorn, und bald die -<span class="wide">Thür</span>, und es ging von der Pfoste an die Mauer, und -von der Mauer an die Pfoste, so daß der Schreiber sich -beinahe zu Tode stieß. Erst fing er an zu fluchen, und -dann zu weinen und zu bitten; aber um alles das bekümmerte -sich die Thür gar nicht, sondern hielt fest, so lange, -bis es Tag ward; dann erst ließ sie ihn los — und der -Schreiber auf und davon, als ob's für Geld ginge; er -vergaß sowohl seine Freierei, als den Goldsack, und war -nur froh, daß die Thür nicht hinter ihm her getanzt kam. -Alle Leute, die ihm begegneten, sahen ihn an und lachten; -denn er flog davon, als ob er toll wäre, und dazu sah -er aus, noch schlimmer, als hätten die Böcke ihn die Nacht -unter gehabt.</p> - -<p>Am dritten Tag kam der Amtmann da vorbei; der -hatte kaum die goldne Hütte erblickt, so wollte er auch -hin und zusehen, Wer da wohnte; und als er nun drinnen -die Meisterjungfer sah und sie kaum gegrüßt hatte, -war er schon so verliebt in sie, daß er augenblicklich um -sie frei'te. Die Meisterjungfer aber antwortete ihm eben -so, wie den beiden Andern: wenn er brav Geld hätte, dann -wollte sie ihn wohl haben. Ja, davon hätt' er nicht so -wenig, sagte der Amtmann und ging sogleich nach Hause, -um es zu holen. Als er am Abend wiederkam, brachte -er einen noch größeren Sack mit, als der Schreiber, — -es waren gewiß drei Scheffel drin — und den setzte er -auf die Bank hin. Ja, nun war denn Nichts weiter im -Wege, nun sollte er die Meisterjungfer haben. Kaum aber -hatten sie sich zu Bett gelegt, so sagte die Meisterjungfer, -sie hätte vergessen, das Kalb einzulassen, und wollte darum -wieder aufstehen. Nein, den Kukuk! das sollte sie ja nicht, -das wollte er schon thun, sagte der Amtmann, und der, -so dick und fett er war, heraus aus dem Bett, so leichtfüßig, -als wär' er ein junger Bursch gewesen. »Sage -mir's, wenn Du das Kalb beim Schwanz hältst!« sagte -die Meisterjungfer. »Jetzt halt ich's!« rief der Amtmann. -»So gebe Gott, daß Du den Schwanz hältst, und er -Dich, und Ihr in der Welt herumfahren mögt, bis daß -es Tag wird!« sagte die Meisterjungfer, und kaum hatte -sie das gesagt, so legte das Kalb mit dem Amtmann los -über Stock und Stein, über Berg und Thal, so daß die -Heide wackelte, und je mehr der Amtmann fluchte und -schrie, desto schneller rannte das Kalb mit ihm davon. -Als es Tag wurde, war der Amtmann beinahe zu Matsch, -und nun erst ließ das Kalb ihn los; inmittlerweile hatte -er aber seine Freierei ganz vergessen und seinen Geldsack -dazu. Er ließ es nun zwar etwas sachter angehen, als -der Schreiber und der Schulz, aber je schulpusiger er -fortkroch, desto mehr Zeit hatten die Leute, ihm nachzugucken -und zu lachen.</p> - -<p>Den Tag darnach sollte auf dem Schloß die Hochzeit -der beiden Prinzen gefeiert werden, nämlich die des ältesten -und die des jüngsten, der bei dem Riesen gewesen war, denn -der sollte die Schwester von der Braut seines Bruders heirathen, -und beide Brautpaare sollten in der Kirche zugleich -getrau't werden. Als sie aber in den Wagen stiegen und -vom Schloßhof fahren wollten, da zerbrach das eine Wachtholz; -sie nahmen nun ein andres, aber das zerbrach auch; -darauf nahmen sie ein drittes, aber es half ihnen Alles -nichts, denn was für Holz sie auch nehmen mochten, so -hielt doch kein einziges. Wie sie nun ganz mißmüthig -da standen und nicht fortkonnten, sagte der Schulze — -denn der war auch mit zur Hochzeit gebeten, musst Du -wissen —: »Dort im Walde wohnt eine Jungfrau, die hat -einen <span class="wide">Aschraker</span>, womit sie das Feuer anschürt; wenn -Ihr nur zu der schicken und sie bitten lassen wolltet, Euch -diesen Aschraker zu leihen, so weiß ich gewiß, daß er -nicht entzwei geht.« Es wurde nun sogleich zu der Jungfrau -geschickt, und sie ließen sie bitten, ihnen doch den -Aschraker zu leihen, wovon der Schulz gesprochen hätte. -Die Jungfrau sagte auch nicht Nein, sondern gab dem -Boten ihren Aschraker, und nun bekamen sie eine Wacht, -die nicht entzwei ging, kannst Du glauben. Als sie aber -darauf vom Schloßhof fahren wollten, zerbrach plötzlich der -Wagenboden; und wie oft sie auch einen neuen Boden machten, -und was für Holz sie auch dazu nehmen mochten, so -half doch Alles nichts, denn wenn sie aus dem Hof fahren -wollten, ging er jedesmal wieder entzwei, und sie -waren nun noch übler daran, als vorhin mit dem Wachtholz. -Endlich sagte der Amtsschreiber — denn war der -Schulze da, so kann man sich wohl denken, daß der Schreiber -nicht fehlen durfte —: »Dort im Walde wohnt eine -Jungfrau, wenn die Euch bloß ihre eine <span class="wide">Halbthür</span> leihen -wollte, die von lauter Gold ist, so weiß ich gewiß, daß -sie nicht entzwei geht.« Sogleich wurde nun wieder zu -der Jungfrau geschickt, und sie ließen sie bitten, ihnen doch -die eine Halbthür zu leihen, wovon der Schreiber gesprochen -hätte, und die bekamen sie denn auch. Nun war -Alles gut, und sie wollten nach der Kirche fahren; aber -da waren die Pferde nicht im Stande, den Wagen fortzuziehen; -sechs Pferde hatten sie schon davor; dann spannten -sie acht vor, dann zehn, dann zwölf; aber wie viel sie -auch vorspannten, und wie sehr der Kutscher auch peitschen -mochte, es half Alles nichts, der Wagen rührte sich nicht -vom Fleck. Es war nun schon ziemlich spät geworden, -und zur Kirche wollten und mußten sie, und wie sie nun -gar keine Möglichkeit sahen, fortzukommen, waren sie alle -nahe daran, zu verzweifeln. Zuletzt aber sagte der Amtmann, -dort im Walde wohne eine Jungfrau, die hätte ein -<span class="wide">Kalb</span>, welches — ja, wenn sie bloß das Kalb geliehen -bekämen, sagte er, das würde den Wagen schon ziehen, und -wenn er so schwer wäre wie ein Berg. Sie meinten nun -zwar, es sähe nicht hübsch aus, mit einem Kalb zur Kirche -zu fahren; aber es war einmal kein andrer Rath, sie mußten -wieder zu der Jungfrau schicken und sie bitten lassen, -ihnen doch das Kalb zu leihen, wovon der Amtmann gesprochen -hätte. Die Meisterjungfer sagte auch diesmal -nicht Nein, sondern gab dem Boten sogleich das Kalb. -Da sie es nun vorgespannt hatten, saus'te der Wagen davon -über Stock und Stein, durch Rusch und Busch, so -daß sie kaum Athem holen konnten; bald waren sie auf -der Erde, und bald waren sie in der Luft; und als sie -zur Kirche kamen, flog der Wagen rund um die Kirche, -so schnell wie ein Haspel, und es gelang ihnen nur mir -genauer Noth, herunterzukommen. Auf dem Rückweg aber -ging's noch schneller, und sie hatten fast alle die Besinnung -verloren, als sie wieder auf dem Schloßhof ankamen.</p> - -<p>Als sie sich zu Tische gesetzt hatten, sagte der Königssohn -— der, welcher auf dem Riesenschloß gewesen -war — es schicke sich nicht anders, als daß sie auch die -Jungfrau einlüden, die ihnen den Aschraker, die Halbthür -und das Kalb geliehen; »denn hätten wir die drei -Dinge nicht erhalten, so wären wir noch nicht von der -Stelle gekommen,« sagte er. Ja, das, däuchte dem König -auch, wäre nicht mehr, als billig, und er schickte sogleich -fünf von seinen Leuten zu der vergoldeten Hütte mit einem -Gruß von ihm, und die Jungfrau möchte doch so gut sein, -und aufs Schloß kommen und da zu Mittag essen. Die -Jungfrau aber antwortete: »Grüßt nur den König wieder -von mir und sagt ihm, wenn er sich zu gut dünke, um selbst -zu mir zu kommen, so dünke ich mich auch viel zu gut, -um zu ihm zu kommen.« Nun mußte der König sich -denn selbst aufmachen, und da ging die Jungfrau auch sogleich -mit. Der König aber konnte sich wohl denken, daß -sie etwas Mehr war, als sie zu sein schien, und setzte sie -darum bei Tafel oben an bei dem jüngsten Bräutigam. -Als sie nun eine Weile gesessen hatten, nahm die Meisterjungfer -den Hahn und das Huhn und den goldnen Apfel -hervor, welche drei Dinge sie aus dem Riesenschloß mitgenommen -hatte, und legte sie vor sich auf den Tisch hin; -und sogleich fingen der Hahn und das Huhn an, sich um -den goldnen Apfel zu schlagen. »Ei seht doch, wie die -Beiden da um den goldnen Apfel kämpfen!« sagte der -Königssohn. »Ja, so hatten wir beide damals auch zu -kämpfen, um aus dem Berg zu kommen,« sagte die Meisterjungfer. -Da erkannte der Königssohn sie wieder, und -seine Freude war unbeschreiblich; die Trollhexe aber, die -ihm den goldnen Apfel zugerollt hatte, ließ er von vier -und zwanzig Pferden in Stücke zerreißen, so daß kein -Fetzen an ihr ganz blieb; und nun begann erst die rechte -Hochzeit; und der Schulz und der Schreiber und der Amtmann, -so sehr sie sich auch die Flügel versengt hatten, waren -auch mit dabei und hielten aus bis zuletzt.</p> - -<hr class="narrow" /> -<h3><a name="kap17" id="kap17"></a>17.</h3> - -<div class="center"> - <p class="noindent"> - <b>Wohl gethan und schlecht gelohnt.</b> - </p> -</div> - -<p>Es war einmal ein Mann, der fuhr mit einem Schlitten -in den Wald und wollte sich Holz holen; da begegnete -ihm der Bär. »Gieb mir Dein Pferd, oder sonst zerreiß -ich alle Deine Schafe diesen Sommer,« sagte der Bär.</p> - -<p>»Ach, Gott steh mir bei!« sagte der Mann: »ich habe -kein Stück Brennholz mehr im Hause; laß mich bloß erst -diesen Schlitten heimfahren, denn sonst müssen wir alle -todtfrieren; morgen will ich mit dem Pferd wiederkommen.« -Na, der Bär ließ ihn denn auch fahren; wenn er aber -nicht wiederkäme, sagte er, dann sollt's kaputt gehen mit -all seinen Schafen im Sommer.</p> - -<p>Der Mann fuhr nun mit seinem Holz nach Hause; -aber er war nicht sehr vergnügt über den Accord, wie -man sich wohl denken kann. Unterweges begegnete ihm -der Fuchs.</p> - -<p>»Warum bist Du so betrübt?« fragte der Fuchs ihn.</p> - -<p>»Ach, mir ist der Bär im Wald begegnet,« sagte der -Mann: »und ich hab' ihm versprechen müssen, ihm morgen -um diese Zeit mein Pferd zu bringen; sonst wollte er alle -meine Schafe diesen Sommer zerreißen, sagte er.« —</p> - -<p>»Nichts weiter, als das?« sagte der Fuchs: »Willst -Du mir den fettsten Bock aus Deinem Stall geben, so -will ich Dich von dem Bären befreien.«</p> - -<p>Ja, das wollte der Mann gern und gab dem Fuchs -sein Wort.</p> - -<p>»Wenn Du nun morgen mit Deinem Pferd zu dem -Bären kommst,« sagte der Fuchs: »so werde ich dort oben -auf dem Berg juchen, und wenn dann der Bär Dich fragt: -»Was ist Das?« dann sollst Du sagen: »Das ist Peter -der Schütz, der beste Jäger im ganzen Land;« und nachher -wirst Du Dir schon selbst weiter helfen.«</p> - -<p>Als nun am andern Tag der Mann mit seinem Pferd -zu dem Bären in den Wald kam, hörte man es bald oben -auf dem Berg juchen.</p> - -<p>»Horch! Was ist Das?« sagte der Bär.</p> - -<p>»O, das ist Peter der Schütz, der beste Jäger im -ganzen Land,« sagte der Mann: »ich kenne ihn an der -Stimme.« —</p> - -<p>»Hast Du keinen Bären hier gesehen, Erich?« rief es -durch den Wald.</p> - -<p>»Sag' Nein,« sagte der Bär.</p> - -<p>»Nein, ich habe keinen Bären gesehen,« sagte Erich.</p> - -<p>»Was ist denn Das, was da neben Dir steht?« rief -es im Walde.</p> - -<p>»Sag', es ist ein alter Kienstamm,« flüsterte der Bär.</p> - -<p>»O, es ist nur ein alter Kienstamm,« sagte Erich.</p> - -<p>»Solche Kienstämme pflegen wir bei uns auf den -Schlitten zu werfen,« rief es im Walde: »Kannst Du's -nicht allein, so will ich kommen und Dir helfen.« —</p> - -<p>»Sag', Du kannst Dir schon selbst helfen, und wirf -mich auf den Schlitten,« sagte der Bär.</p> - -<p>»Nein, danke! ich kann mir schon selbst helfen,« sagte -der Mann und warf den Bären auf den Schlitten.</p> - -<p>»Solche Kienstämme pflegen wir nachher mit dem -Strick festzubinden,« rief es im Walde: »Soll ich Dir -helfen?« —</p> - -<p>»Sag', Du kannst Dir schon selbst helfen, und binde -mich fest,« sagte der Bär.</p> - -<p>»Nein, danke! ich kann mir schon selbst helfen,« sagte -der Mann und band den Bären fest mit all den Stricken, -die er bei sich hatte, so daß er kein Glied rühren konnte.</p> - -<p>»Und nachher, wenn wir sie festgebunden haben, pflegen -wir in solche alte Kienstämme unsre Axt zu hauen,« -rief's im Walde: »dann steuern wir besser über die großen -Berge.« —</p> - -<p>»Thu', als ob Du Deine Axt in mich hau'test,« flüsterte -der Bär.</p> - -<p>Da nahm der Mann seine Axt und zerspaltete damit -dem Bären die Hirnschale, so daß er nicht mehr mucks'te. -Darauf kam Reineke hervor, und sie wurden gute Freunde -mit einander.</p> - -<p>Als sie nicht mehr weit von dem Gehöft waren, -sagte der Fuchs: »Ich habe keine Lust, Dir weiter zu -folgen, denn ich kann Deine Hunde nicht gut vertragen; -ich will aber hier auf Dich warten, dann kannst Du mir -den Bock herbringen; nimm aber einen, der brav fett ist.«</p> - -<p>Der Mann gab ihm sein Versprechen und dankte ihm -für seine Hülfe; und als er sein Pferd in den Stall gezogen -hatte, ging er hinüber zu dem Schafstall.</p> - -<p>»Wo willst Du hin?« fragte seine Frau.</p> - -<p>»O, ich will nur in den Schafstall und einen fetten -Bock für den Fuchs holen, der mein Pferd gerettet hat,« -sagte der Mann: »denn ich hab' es ihm versprochen.« —</p> - -<p>»Der Henker sollte dem Schelm einen Bock geben!« -sagte die Frau: »Unser Pferd haben wir ja und den Bären -dazu, und der Fuchs hat uns gewiß schon mehr Gänse -gestohlen, als der Bock werth ist, und hat er's noch nicht -gethan, so kann er's wohl noch thun. Nein,« sagte sie: -»steck lieber ein Paar von Deinen bösesten Hunden in den -Sack und schick ihm die auf den Pelz, dann werden wir -den alten Schelm vielleicht dazu los.«</p> - -<p>Das schien dem Mann ein guter Rath, und er steckte -zwei seiner bösesten Hunde in den Sack und damit ging er -fort.</p> - -<p>»Hast Du den Bock?« fragte der Fuchs.</p> - -<p>»Ja, komm und nimm ihn!« sagte der Mann, machte -seinen Sack auf und ließ die Hunde heraus.</p> - -<p>»Houf!« sagte der Fuchs und nahm einen Satz: »es -ist wohl wahr, was ein altes Sprichwort sagt: »Wohl gethan -wird schlecht gelohnt,«« und schwang die Fersen, während -die Hunde hinter ihm drein waren.</p> - -<hr class="narrow" /> -<h3><a name="kap18" id="kap18"></a>18.</h3> - -<div class="center"> - <p class="noindent"> - <b>Treu und Untreu.</b> - </p> -</div> - -<p>Es waren einmal zwei Brüder, der eine hieß <span class="wide">Treu</span>, -und der andere hieß <span class="wide">Untreu</span>. Treu war immer gut -und aufrichtig gegen Jedermann, aber Untreu war böse -und voller Lügen, so daß Niemand auf sein Wort bauen -konnte. Die Mutter war Wittwe und hatte nur kümmerlich -zu leben; darum mußten die Söhne, als sie -herangewachsen waren, in die Welt auswandern, um sich -ihr Brod zu verdienen, und jedem von ihnen gab sie einen -Schnappsack mit Essen auf den Weg.</p> - -<p>Als sie nun so lange fortgewandert waren, bis es -Abend wurde, setzten sie sich auf einen vom Sturm umgeworfenen -Baum im Walde nieder, und jeder nahm seinen -Schnappsack hervor. »Willst Du, wie ich,« sagte Untreu: -»so wollen wir erst aus Deinem Sack essen, so lange Was -drin ist, naher essen wir aus meinem.« Ja, Treu war's -zufrieden, that seinen Schnappsack auf, und sie fingen an -zu essen; aber all das Schönste und Beste pfropfte Untreu -in sich hinein, und Treu bekam nur die -Schwarten und die angebrannte Rinde. Am Morgen war Treu -wieder der Wirth und am Mittag auch; da ward aber -sein Schnappsack ganz leer. Als sie nun so lange gegangen -waren, bis es wieder Abend wurde, und der Hunger -sich einstellte, wollte Treu mit aus seines Bruders Schnappsack -essen; aber Untreu sagte, das Essen wäre sein, und -er hätte nicht Mehr, als er selbst gebrauche. »Ich hab' -Dich aber doch aus <span class="wide">meinem</span> Schnappsack essen lassen, -so lange was drin war,« sagte Treu. »Ja, warum bist -ein solcher Narr gewesen und hast das gethan?« sagte -Untreu: »Nun kannst Du Dir den Mund lecken, wenn -Du nichts Andres hast.« — »<span class="wide">Untreu</span> heißt Du, und <span class="wide">untreu</span> -bist Du, und das bist Du all Dein Lebtag gewesen,« -sagte Treu. Als Untreu das hörte, gerieth er so in -Wuth, daß er auf den Bruder zurannte, und ihm die -Augen aus dem Kopf stach. »Nun kannst Du sehen, welche -Leute treu, und welche untreu sind, Du Blindekuh!« sagte -er, und damit ging er fort.</p> - -<p>Der arme Treu ging nun und tappte blind und allein -im dicken Wald umher und wußte nicht, Was er anfangen -sollte. Endlich kam er zu einem großen Lindenbaum und -da kletterte er hinauf, um nur die Nacht über im Schutz -vor den wilden Thieren zu sein. »Wenn morgen die -Vögel singen, dann ist es Tag,« dachte er: »und dann -muß ich zusehen, daß ich weiter komme.« Als er aber -eine Weile da gesessen hatte, hörte er, daß Jemand unter -den Baum kam und anfing zu kochen und zu braten; -und es dauerte nicht lange, so kamen noch Mehr, und -als sie einander grüßten, hörte er, daß es der Bär, der -Wolf, der Fuchs und der Hase waren, die wollten den -St. Johannistag feiern.</p> - -<p>Sie fingen nun an zu essen und zu trinken und thaten -sich gütlich; und als sie damit fertig waren, setzten -sie sich hin und schwatzten mit einander. Darauf sagte -der Fuchs: »Wir wollen einander Geschichten erzählen.« -Der Vorschlag gefiel, und der Bär begann zuerst, denn -der war der Vornehmste. »Der König von England,« sagte -er: »hat schlechte Augen: er kann fast nicht einen Ellbogen -weit vor sich sehen; aber wenn er des Morgens auf diese -Linde stiege, während der Thau auf den Blättern sitzt, -und sich damit die Augen bestriche, so würde er wieder -eben so gut sehen lernen, als er's zuvor gekonnt hat.« -»Ja,« sagte der Wolf: »der König von England hat -auch eine taubstumme Tochter; aber wüßte er, Was ich -weiß, so wäre ihr bald geholfen: Als sie nämlich voriges -Jahr zum Abendmahl ging, spuckte sie das Altarbrod -wieder aus, und da kam eine große Kröte und verschlang -es. Wenn sie jetzt nur in der Kirche unter dem Fußboden -nachgrüben, so würden sie die Kröte finden; denn die -sitzt unter dem Altar, und das Brod steckt ihr noch im -Halse; und wenn sie dann die Kröte aufschnitten und das -Brod der Prinzessinn zu essen gäben, so würde sie wieder -eben so gut hören und sprechen lernen, als andre Leute.« — -»Ja, ja,« sagte der Fuchs: »wenn der König von England -wüßte, Was ich weiß, dann hätte er nicht so schlechtes -Wasser in seinem Schloßhof; denn unter dem großen -Stein mitten im Hof ist das klarste Brunnenwasser, -das man sich nur wünschen kann, wenn er bloß so klug -wäre und da nachgrübe.« — »Ja,« sagte der Hase: »der -König von England hat den schönsten Obstgarten im ganzen -Lande, aber er trägt ihm keinen Apfel, denn es liegt -eine schwere goldene Kette dreimal rund um den Garten -vergraben; wenn er aber die herausgrübe, so würde es der -schönste Garten im ganzen Reich werden.« — »Nun ist -es schon spät in der Nacht, und wir thun am besten, wir -gehn wieder nach Hause,« sagte der Fuchs; und damit gingen -Alle ihres Weges.</p> - -<p>Als sie fort waren, schlief Treu, der oben in der -Linde saß, sogleich ein; aber sowie am Morgen die Vögel -zu singen begannen, erwachte er wieder, und nun -nahm er von dem Thau, der auf den Blättern saß, und -bestrich sich damit die Augen, und als er das gethan hatte, -konnte er wieder eben so gut damit sehen, als zuvor, eh' -Untreu sie ihm ausgestochen. Nun ging er gradesweges -auf's Schloß zu dem König von England und bat um -Arbeit, und die bekam er denn auch. Eines Tages kam -der König hinaus auf den Hof, und als er da eine Weile -auf- und abgegangen war, wollte er Etwas zu trinken -haben aus seinem Brunnen, denn es war sehr heiß den -Tag; als sie aber das Wasser aufschöpften, war es ganz -schlammig und trübe. Darüber ward der König ärgerlich -und sprach: »Ich bin der Einzige in meinem Reich, der -schlechtes Wasser in seinem Hof hat, und doch muß ich -es weit unter Berg und Thal herleiten.« — Treu aber -sprach zu ihm: »Wenn Du mir nur etliche Leute zu Hülfe -geben wolltest, damit ich den großen Stein aufbrechen könnte, -der mitten in Deinem Hof liegt, dann solltest Du schon -reines und gutes Wasser bekommen, und das so viel -Du nur wünschen magst.« Dazu war der König sogleich -bereit; und kaum hatten die Leute den Stein aufgebrochen -und eine Weile gegraben, so sprang das Wasser -in hellen Strahlen in die Höhe, und klareres Wasser fand -man nicht in ganz England.</p> - -<p>Einige Zeit darnach war der König eines Tages -wieder auf dem Hof; da schoß plötzlich ein großer Habicht -auf seine Hühner herab, und Alle klatschten in die Hände -und riefen: »Da ist er! da ist er!« Der König griff nach -seiner Büchse und wollte den Habicht schießen; aber er -konnte nicht so weit sehen. Darüber war er sehr betrübt -und sprach: »Wollte Gott, daß mir nur Jemand einen -guten Rath für meine Augen geben könnte! Ich glaube, -ich werde am Ende noch ganz blind.« — »Ich will Dir -wohl sagen, wie Dir zu helfen ist,« sagte Treu, und erzählte -ihm von dem wunderthätigen Thau auf der Linde, -wodurch er selbst einmal sein Gesicht wieder erlangt hätte. -Und der König begab sich noch denselben Abend nach dem -Wald und schlief die Nacht über auf der Linde; und als -er sich darauf am Morgen mit dem Thau, der auf den -Blättern saß, die Augen bestrichen hatte, da konnte er -wieder eben so gut sehen, als zuvor. Aber von der -Zeit an hielt der König von Keinem mehr, als von Treu, -und er mußte immer um ihn sein, wo er nur ging und stand. -Eines Tages gingen sie zusammen im Garten spazieren. -»Ich weiß nicht, woher es kommt,« sagte der -König: »aber Keiner in meinem ganzen Lande hat so Viel -auf seinen Garten verwendet, als ich, und doch kann ich -keinen einzigen Baum so weit bringen, daß er auch nur -einen Apfel trägt.« Da sagte Treu zu dem König: -»Willst Du mir Das geben, was dreimal rund um Deinen -Garten liegt, und auch so viel Leute, um es aufzugraben, -dann sollen die Bäume in Deinem Garten bald Früchte -genug tragen.« Ja, das wollte der König gern. Treu -bekam Leute zum Graben, so viel er nur wollte; und -als sie eine Weile gegraben hatten, trafen sie auf die -goldne Kette, die dreimal rund um den ganzen Garten -ging; und als sie die herausgegraben hatten, fingen auch -die Bäume im Garten an, Früchte zu tragen, und trugen -bald so viel, daß die Zweige bis an die Erde herunterhingen. -Treu war nun ein reicher Mann, weit reicher -als der König selbst; aber dieser freu'te sich bloß, daß -nun die Bäume in seinem Garten so schöne Früchte -trugen.</p> - -<p>Eines Tages gingen Treu und der König zusammen -und schwatzten von Diesem und Jenem; da kam grade die -Prinzessinn an ihnen vorüber, und der König wurde ganz -betrübt, als er sie sah, und sprach: »Ist es nicht Jammer -und Schade, daß eine so schöne Prinzessinn, wie meine Tochter -ist, des Gehörs und der Sprache beraubt sein muß?« —</p> - -<p>»Dafür wäre wohl Rath,« meinte Treu. Als der König -das hörte, ward er so froh, daß er dem Burschen die -Prinzessinn und das halbe Reich versprach, wenn er ihr -bloß das Gehör und die Sprache wieder verschaffen könne. -Treu aber nahm ein paar Leute mit sich in die Kirche -und grub die Kröte heraus, die dort unter dem Altar saß, -schnitt ihr den Rachen auf, nahm das Brod heraus und -gab es der Königstochter zu essen — und sowie sie das -gegessen hatte, konnte sie wieder eben so gut hören und -sprechen, wie andre Leute.</p> - -<p>Nun war es so weit, daß Treu die Prinzessinn heirathen -sollte, und es wurde zur Hochzeit angerichtet; das -sollte aber eine Hochzeit werden, wovon man sich im ganzen -Lande zu erzählen hätte. Während sie nun Alle lustig -waren und sangen und tanzten, kam ein armer Bettler -vor die Thür und bat um ein Wenig zu essen; aber er -hatte so lumpige Kleider an und sah so entsetzlich elend -aus, daß Alle sich vor ihm kreuzten. Treu aber erkannte -ihn sogleich und sah, daß es sein Bruder Untreu war. -»Kennst Du mich nicht?« fragte Treu ihn. »Ach, wo -sollte ich wohl einen so großen Herrn gesehen haben, wie -Ihr seid?« sagte Untreu. »Gesehen hast Du mich allerdings,« -sagte Treu: »denn das war ich, dem Du vor einem Jahr -die Augen ausstachst. <span class="wide">Untreu</span> heißt Du und <span class="wide">untreu</span> -bist Du; das sagte ich Dir damals, und das sag' ich Dir -auch noch jetzt; Du bist aber dessen ungeachtet mein Bruder, -und darum sollst Du nicht hungrig von dannen gehen, -sondern zu essen und zu trinken haben, und darnach kannst -Du Dich zu der Linde begeben, auf der ich voriges Jahr -in der Nacht saß — und erfährst Du dann Etwas, das -zu Deinem Heil dienen kann, so ist es gut für Dich.« -Untreu ließ die Worte nicht verloren sein. »Hat Treu, -weil er eine Nacht auf der Linde saß, ein solches Glück -davon getragen, daß er binnen einem Jahr König von -halb England geworden ist, so — Wer weiß — dachte -er und machte sich auf den Weg nach dem Walde und -stieg auf die Linde. Er hatte noch nicht lange da gesessen, -so kamen die Thiere unter dem Baum zusammen, aßen -und tranken und feierten den St. Johannistag. Als sie -nun genug gegessen und getrunken hatten, machte der Fuchs -wieder den Vorschlag, daß sie einander Geschichten erzählen -wollten, und da kannst Du Dir wohl denken, wie -Untreu die Ohren spitzte. Aber der Bär war das Mal -verdrießlich, brummte und sprach: »<span class="wide">Es hat Jemand -ausgeschwatzt, Was wir uns voriges Jahr erzählten, -und darum wollen wir jetzt schweigen -von Dem, was wir wissen!</span>« und darauf sagten die -Thiere einander gute Nacht und gingen ihres Weges; und -Untreu war nicht klüger geworden, als zuvor, das macht, -weil er <span class="wide">Untreu</span> hieß und weil er <span class="wide">untreu</span> war.</p> - -<hr class="narrow" /> -<h3><a name="kap19" id="kap19"></a>19.</h3> - -<div class="center"> - <p class="noindent"> - <b>Peter und Paul und Esben Aschenbrödel.</b> - </p> -</div> - -<p>Es war einmal ein Mann, der hatte drei Söhne, die -hießen Peter und Paul und Esben Aschenbrödel; aber -weiter als die drei Söhne hatte er auch Nichts in der -Welt, ja, er war so arm, daß er nicht einmal einen -Knopf an seinem Rock hatte, und darum sagte er oft -und alle Tage zu den Burschen, sie sollten fort in die -Welt und sich ihr Brod verdienen, denn zu Hause bei ihm -müßten sie doch am Ende nur todt hungern. Nun sollst -Du mal hören, wie zuletzt die Burschen auf den Trab -kamen; das ging nämlich so zu:</p> - -<p>Nicht weit davon, wo der Mann wohnte, lag ein -Königsschloß, und grade vor den Fenstern des Königs -stand eine Eiche, die war so groß und so dick, daß sie -alles Licht wegnahm, so daß die Sonne nicht ins Zimmer -scheinen konnte. Darum hatte der König Demjenigen, der die -Eiche umhauen könnte, viel Geld versprochen; aber dazu -taugte Keiner; denn sobald Einer nur einen Span von -dem Stamm abhau'te, wuchs gleich wieder noch einmal so -Viel daran. Ferner wollte der König einen Brunnen gegraben -haben, der sollte das ganze Jahr hindurch Wasser -halten; denn alle Großen in seinem Reich hatten Brunnen, -nur er hatte keinen, und das, däuchte dem König, wäre -doch Unrecht. Wer ihm nun einen solchen Brunnen graben -konnte, der das ganze Jahr hindurch Wasser hielt, dem -hatte er Geld und auch noch viele andre Dinge versprochen; -aber Keiner konnt' es zu Stande bringen, denn das Schloß -lag oben auf einem Berg, und kaum hatte man einige -Zoll tief in die Erde gegraben, so kam man auf den -harten Felsboden. Da sich aber der König einmal in -den Kopf gesetzt hatte, daß die Sache zu Stande gebracht -werden sollte, so ließ er zuletzt weit und breit -bekannt machen in seinem ganzen Land, daß Der, welcher -die große Eiche vor dem Schloß umhauen, und einen -Brunnen graben könnte, der das ganze Jahr hindurch -Wasser hielt, die Prinzessinn und das halbe Reich haben -sollte. Nun kann man sich wohl denken, daß Viele -kamen, um ihr Glück zu versuchen; aber was sie auch -hauen und sägen und hacken und graben mochten, es -half Alles nichts: die Eiche wurde bei jedem Hieb nur -noch dicker, und der Felsboden wurde nicht weicher. Endlich -wollten die drei Brüder auch fort und ihr Glück versuchen, -und damit war der Vater wohlzufrieden; denn -bekämen sie auch nicht die Prinzessinn und das halbe -Reich, dachte er, so könnten sie doch wohl bei irgend einem -braven Mann in Dienst kommen, und Mehr wünschte er -nicht; und als darum die Brüder davon anfingen, daß -sie zu dem Königsschloß wollten, sagte der Vater auch -gleich Ja, und darauf machten Peter und Paul und -Esben Aschenbrödel sich auf den Weg.</p> - -<p>Als sie ein Ende gegangen waren, kamen sie an einem -mit Tannen bewachsenen Berg vorbei, und oben da hau'te -und hau'te es. »Das wundert mich, daß es da oben auf -dem Berg so hau't,« sagte Esben Aschenbrödel. »Du bist -immer gleich bei der Hand mit Deinem Verwundern,« -sagten Peter und Paul: »ist das zu verwundern, daß ein -Holzhauer da auf dem Berg hau't?« — »Ja, ich möchte -aber doch wissen, Was es ist,« sagte Esben Aschenbrödel, -und ging hinauf. »Wenn Du ein solcher Narr -bist, so sieh zu, dann wirst Du's erfahren!« riefen die -Brüder ihm nach; aber Esben bekümmerte sich nicht darum, -sondern ging grade nach dem Ort hin, wo er es -hauen hörte, und da sah er nun eine Axt, welche ganz -allein da stand und an einer Tanne hau'te. »Was stehst -Du hier ganz allein und hau'st?« fragte Esben Aschenbrödel. -»Ach, nun hab' ich hier gestanden und gehau't -manchen lieben Tag, und hab' nur <ins title="original has auf auf">auf</ins> Dich gewartet,« -sagte die Axt. »Gut, nun bin ich hier,« sagte Esben, -schlug die Axt von dem Helft herunter und steckte sie in -seinen Schnappsack. Als er nun wieder zu seinen Brüdern -kam, machten sie sich über ihn lustig und fragten: -»Na, was war denn Das für Schönes, was Du da oben -sah'st?« — »O, es war bloß eine Axt,« sagte -Esben.</p> - -<p>Als sie nun ein Ende weiter gegangen waren, kamen -sie wieder zu einem Berg, und oben da hörten sie es -hacken und graben. »Das wundert mich,« sagte Esben: -»ich möchte doch wohl wissen, Was es ist, das da so hackt -und gräbt.« — »Du bist immer gleich bei der Hand mit -Deinem Verwundern,« sagten Peter und Paul: »hast Du -denn nie die Vögel auf den Bäumen hacken und bicken hören?« -— »Ja, aber ich hätte doch Lust, zu sehen, Was -es ist,« sagte Esben und bekümmerte sich nicht darum, daß -die Andern ihn wieder auslachten, sondern ging gradezu -auf den Berg. Dort oben sah er nun eine Steinhacke, -die stand da ganz allein und hackte und grub. »Guten -Tag!« sagte Esben Aschenbrödel: »Was stehst Du hier -ganz allein und hackst und gräbst?« — »Ach, nun hab' ich -hier gestanden und gehackt und gegraben manchen lieben -Tag und habe nur auf Dich gewartet,« sagte die Hacke. -»Gut, nun bin ich hier,« sagte Esben, schlug die Hacke vom -Stiel herunter, steckte sie in seinen Schnappsack, und damit -ging er wieder fort. »Das war wohl was Schönes, -was Du da oben sah'st,« sagten Peter und Paul zu ihm, -als er sie wieder eingeholt hatte. »O, es war nur eine -Steinhacke,« sagte Esben Aschenbrödel.</p> - -<p>Nun gingen sie ein gutes Ende weiter, bis sie endlich -zu einem Bach kamen, und da nun alle Drei durstig waren -von der Reise, legten sie sich nieder, um zu trinken. -»Mich wundert nur dieser Bach,« sagte Aschenbrödel: »ich -möchte doch wohl wissen, wo das Wasser herkommt.« — -»Mich wundert nur, daß Du nicht recht im Kopf bist!« -sagten Peter und Paul: »bist Du aber noch nicht verrückt, -so wirst Du es wohl vor lauter Verwunderung bald werden. -Hast Du denn noch nie gehört, daß das Wasser -aus der Erde quillt?« — »Ja aber ich hätte doch Lust, -zu sehen, wo es herkommt,« sagte Esben Aschenbrödel, und -damit ging er an dem Bach entlang und bekümmerte sich -nicht darum, daß seine Brüder hinter ihm herriefen und -ihn auslachten. Als er nun ein weites Ende gegangen -war, wurde der Bach schmäler und immer schmäler, und -endlich sah er da eine große Wallnuß liegen, aus der sickerte -das Wasser heraus. »Guten Tag,« sagte Esben: »Was liegst -Du hier so allein und sickerst?« — »Ach, nun hab' ich hier -gelegen und gesickert manchen lieben Tag und habe nur auf -Dich gewartet,« sagte die Wallnuß. »Gut, nun bin ich -hier,« sagte Esben, nahm einen Flausch Moos und stopfte es -in das Loch, so daß das Wasser nicht heraus konnte, und -dann steckte er die Wallnuß in seinen Schnappsack und -ging wieder zurück zu seinen Brüdern. »Nun hast Du -wohl gesehen, wo das Wasser herkommt; das sah wohl -hübsch aus, kann ich mir denken,« sagten Peter und Paul. -»O, es war bloß ein Loch, wo es herausfloß,« sagte Esben -Aschenbrödel, und die Brüder lachten und machten -sich über ihn lustig; aber Esben bekümmerte sich nicht darum, -sondern sagte bloß: »Ich hatte nun einmal meine -Lust daran, es zu sehen.«</p> - -<p>Als sie nun noch etwas weiter gegangen waren, -kamen sie zu dem Königsschloß. Aber da nun so viele Leute -gehört hatten, daß sie die Prinzessinn und das halbe Reich -gewinnen könnten, wenn sie es zu Stande brächten, die große -Eiche umzuhauen und einen Brunnen im Schloßhof zu graben, -der immer Wasser hielt, so waren schon so Viele gekommen, -die ihr Glück versucht hatten, daß die Eiche noch einmal -so groß und dick geworden war, als vorher; denn Du erinnerst -Dich wohl noch, daß immer doppelt so Viel wieder anwuchs, -als man mit der Axt abhau'te. Darum hatte der König nun -die Strafe ausgesetzt, daß wenn künftig Einer sein Glück -versuchen wollte und die Eiche nicht umhauen könnte, ihm -beide Ohren abgeschnitten werden sollten, und darnach sollte -er auf eine Insel hinausgebracht werden, die mitten im -Meer lag. Aber die beiden Brüder ließen sich dadurch -nicht abschrecken, sie meinten, sie wollten die Eiche schon -umhauen, und Peter, welcher der älteste war, sollte zuerst -den Versuch machen. Aber es ging ihm nicht besser, als -all den Andern, die vor ihm ihr Glück versucht hatten; -denn für jeden Span, den er abhieb, wuchs gleich noch -einmal so Viel wieder daran. Da nahmen die Leute des -Königs ihn bei den Schlafitten und brachten ihn hinaus -auf die Insel, nachdem sie ihm vorher beide Ohren abgeschnitten -hatten. Nun wollte sich Paul daran machen; -aber dem gings um Nichts besser. Als er zwei bis drei -Hiebe gethan hatte, und die Leute sahen, daß die Eiche -nur noch größer wurde, nahmen sie ihn ebenfalls beim -Kragen und brachten ihn hinaus auf die Insel; ihm aber -schnitten sie die Ohren noch dichter beim Kopf ab, weil -er der Bruder von dem Andern war. Nun wollte sich -Esben Aschenbrödel daran machen. »Möchtest Du gern -aussehen, wie ein gemerktes Schaf, so wollen wir Dir lieber -die Ohren gleich abschneiden, dann sparst Du die Mühe,« -sagte der König und war gewaltig böse auf ihn, von wegen -seiner Brüder. »Ich hätte doch Lust, erst mein Glück -zu versuchen,« sagte Esben, und das durften sie ihm denn -nicht verwehren. Er nahm nun seine Axt aus dem Schnappsack, -steckte sie wieder auf den Helft und sprach dann: -»Hau selber!« und sogleich fing die Axt an zu hauen, -daß nur die Späne so flogen, und da dauerte es nicht -lange, so war die Eiche herunter. Wie das gethan war, -nahm Esben seine Hacke hervor, steckte sie wieder an den -Stiel, und sprach dann: »Grabe und hacke selbst!« -und sogleich fing die Hacke an zu graben und zu hacken, -daß Erde und Steine umherflogen, und da kann man sich -denn wohl denken, daß der Brunnen tief genug werden -mußte. Als Esben ihn so tief und so groß hatte, -wie er ihn haben wollte, nahm er seine Wallnuß und -legte sie unten auf den Boden, dann zog er das Moos -wieder aus dem Loch und sprach: »Fang' nun an zu sickern!« -Da fing die Wallnuß an zu sickern, daß nur das -Wasser so strömte, und da dauerte es nicht lange, so war -der Brunnen bis an den Rand voll. So hatte nun -Esben Aschenbrödel die Eiche umgehauen, die vor den -Fenstern des Königs schattete, und einen Brunnen im -Schloßhof gegraben, der beständig Wasser hielt; und da -bekam er die Prinzessinn und das halbe Reich, so wie -der König es versprochen hatte. Gut war es, daß Peter -und Paul ihre Ohren verloren hatten, denn sonst hätten -sie es immer und alle Tage hören müssen, daß Esben -Aschenbrödel sich doch nicht so schlecht gewundert hatte.</p> - -<hr class="narrow" /> -<h3><a name="kap20" id="kap20"></a>20.</h3> - -<div class="center"> - <p class="noindent"> - <b>Die Mühle, die auf dem Meergrunde mahlt.</b> - </p> -</div> - -<p>Es waren mal in uralter Zeit zwei Brüder, der eine -war reich, und der andre war arm. Als nun das Weihnachtsfest -herankam, hatte der arme keinen Bissen Fleisch, noch -Brod im Hause, ging darum zu seinem Bruder und bat -ihn um eine Kleinigkeit in Gottes Namen. Nun war es -aber nicht das erste Mal, daß der reiche Bruder dem armen -Etwas gegeben hatte, und er war daher eben nicht -sonderlich froh, als er ihn kommen sah. »Willst Du -thun, Was ich Dir sage,« sprach er: »so sollst Du einen -ganzen Schinken haben, so wie er im Rauch hangt.« Ja, -das wollte der Arme gern und bedankte sich. »Da hast -Du ihn!« sagte der Reiche, indem er ihm den Schinken -zuwarf: »und geh nun zur Hölle!« — »Hab' ich es versprochen, -so muß ich es thun,« sagte der Andre, nahm -den Schinken und ging fort. Er wanderte wohl den ganzen -Tag, und als es dunkel wurde, erblickte er vor sich -einen hellen Lichtschimmer. »Hier muß es sein!« dachte -er. Etwas weiter hin im Walde aber stand ein alter -Mann mit einem langen weißen Bart und hau'te Holz. -»Guten Abend!« sagte Der mit dem Rauchschinken. »Guten -Abend! Wo willst Du hin?« sagte der Mann. »O, ich -wollte nur zur Hölle, aber ich weiß nicht, ob ich recht gegangen -bin,« versetzte der Arme. »Ja, Du bist ganz recht,« -sagte der alte Mann: »denn das hier ist die Hölle,« und -weiter sagte er: »Wenn Du nun hineinkommst, dann -werden sie Dir wohl alle Deinen Schinken abkaufen wollen, -denn Schweinfleisch ist ein seltnes Gericht in der Hölle; -aber Du sollst ihn für kein Geld verkaufen, sondern sollst -dafür die alte Handmühle verlangen, die hinter der Thür -steht. Wenn Du dann wieder herauskommst, will ich Dir -auch lehren, wie Du sie stellen musst; denn die Mühle ist -zu Etwas gut, musst Du wissen.« Der Mann mit dem -Schinken dankte für guten Bescheid und klopfte beim Teufel -an.</p> - -<p>Als er hineintrat, geschah es, wie der Alte ihm gesagt -hatte: alle Teufel, groß und klein, kamen um ihn -herum, und der eine überbot immer den andern auf -den Rauchschinken. »Es war freilich meine Absicht, ihn -zum Weihnachts-Heiligen-Abend mit meinem Weib zu -verschmausen;« sagte der Mann: »aber weil Ihr alle so -erpicht darauf seid, will ich ihn Euch wohl überlassen; -aber ich verkaufe ihn für keinen andern Preis, als für die -alte Handmühle, die da hinter der Thür steht.« Damit -wollte aber der Teufel nicht gern heraus, und er dung und -feilschte mit dem Mann; aber der blieb bei Dem, was er -gesagt hatte, und da mußte ihm denn der Teufel endlich -die Mühle überlassen. Als der Mann nun wieder aus -der Hölle herausgekommen war, fragte er den alten Holzhauer, -wie er denn die Mühle stellen müsse, und als der -es ihm gesagt hatte, bedankte er sich und machte sich wieder -auf den Heimweg; aber wie sehr er auch ausholte, -so kam er doch nicht eher, als nachts um zwölf Uhr zu -Hause an.</p> - -<p>»Aber wo in aller Welt bist Du denn eigentlich gewesen?« -sagte seine Frau, als er eintrat: »Ich hab' hier -gesessen und gewartet von einer Stunde zur andern und -habe nicht einmal zwei Holzsplitter kreuzweis über einander -unter den Grützkessel zu legen, damit ich uns ein -Weihnachtsessen koche.« — »O,« sagte der Mann: »ich -konnte nicht gut eher kommen, denn ich hatte ein Geschäft -zu besorgen und mußte deßhalb einen weiten Weg machen; -aber nun sollst Du mal sehen, Was ich uns mitgebracht -habe!« und damit stellte er die Mühle auf den Tisch hin -und ließ sie mahlen, erst Lichter, dann ein Tischtuch, und -darnach Essen und Bier und Alles, was zu einem guten -Weihnachtsschmaus gehört; und so wie er es der Mühle -befahl, so mahlte sie. Seine Frau stand da und kreuzte -sich das eine Mal über das andre und wollte durchaus -wissen, wo der Mann die Mühle herbekommen hätte; aber -damit wollte er nicht heraus: »Es kann ganz einerlei sein, -woher ich sie habe, Frau,« sagte er: »Du siehst, daß die -Mühle gut ist, und daß das Mahlwasser nicht all wird, -und das ist Genug,« und er mahlte Essen und Trinken -und Alles, was gut schmeckt, für das ganze Weihnachtsfest, -und am dritten Tag bat er seine Freunde zu sich, -denn er wollte ihnen einen Gastschmaus geben. Als der -reiche Bruder sah, Was da alles zum Schmaus bereit -stand, lief es ihm heiß und kalt über die Haut, weil er -seinem Bruder durchaus Nichts gönnte. »Am Weihnachts-Abend,« -sagte er zu den Andern: »war er noch so bettelarm, -daß er zu mir kam und mich um eine Kleinigkeit -in Gottes Namen bat, und nun auf einmal lässt er's -drauf gehen, als wenn er Graf, oder König geworden -wäre. — Wo zum ewigen Satan! hast Du all den -Reichthum herbekommen?« fragte er den Bruder. »Hinter -der Thür,« sagte der, denn er hatte keine Lust, -ihm zu beichten; aber gegen Abend, als er ein wenig -in den Krüsel bekommen hatte, konnte er sich nicht länger -halten, sondern kam mit der Mühle zum Vorschein. -»Da siehst Du die Gans, die mir all den Reichthum gebracht -hat,« sagte er und ließ die Mühle bald Dies, -bald Jenes mahlen. Als der Bruder das sah, wollte er -ihm die Mühle durchaus abkaufen; aber der Andre wollte -sich anfangs gar nicht dazu verstehen; endlich aber, wie -der Bruder so sehr darum anhielt, sollte er sie denn für -dreihundert Thaler haben; aber bis zum Heumonat, das -bedung er sich aus, wollte er sie noch behalten; »denn,« -dachte er: »hab' ich sie noch so lange, kann ich mir Essen -damit mahlen für manches liebe Jahr.« In dieser Zeit -nun wurde die Mühle, wie man sich wohl denken kann, -nicht rostig, und als der Heumonat herankam, erhielt der -Bruder sie; aber der Andre hatte sich wohl gehütet, ihm -zu sagen, wie er sie stellen müßte. Es war am Abend, -als der Reiche die Mühle nach Hause brachte, und am -Morgen sagte er zu seiner Frau, sie sollte mit den Schnittern -ins Feld gehen und das Heu hinter ihnen kehren, er -wolle derweile das Mittagsessen bereiten. Als es nun so -gegen Mittag war, stellte er die Mühle auf den Küchentisch -hin. »Mahl Hering und Milchsuppe, daß es Art hat!« -sprach er. Da fing die Mühle an zu mahlen Hering und -Milchsuppe, erst alle Schüsseln und Grapen voll, und nachher -so viel, daß die ganze Küche davon schwamm. Der -Mann stellte und dreh'te die Mühle; aber wie er sie auch -handthieren mochte, so hielt die Mühle nicht auf, zu mahlen, -und zuletzt stand die Milchsuppe schon so hoch, daß -der Mann nahe daran war, zu ertrinken. Nun riß er -die Stubenthür auf; aber es dauerte nicht lange, so hatte -die Mühle auch die Stube vollgemahlt, und nur mit genauer -Noth konnte der Mann noch die Thürklinke in der -Fluth von lauter Milchsuppe erfassen. Wie er nun die -Thür aufgemacht hatte, stürzte er hinaus ins Freie, und -Hering und Milchsuppe immer hinter ihn drein, so daß -der ganze Hof und das Feld davon strömte.</p> - -<p>Indessen däuchte es der Frau, die das Heu auf dem -Felde kehrte, es daure ziemlich lange, eh' der Mann käme -und sie zum Mittag abriefe. »Wir wollen nur nach -Hause gehen,« sagte sie zu den Schnittern: »denn ich -kann es mir wohl denken, er kann mit der Milchsuppe -nicht allein fertig werden, und ich muß ihm nur helfen.« -Sie machten sich also auf und gingen nach Hause. Wie -sie aber hinter den Berg kamen, schwamm ihnen Hering -und Milchsuppe und Brod entgegen, alles durch einander, -und der Mann lief immer voran. »Gott gebe, daß Jeder -von Euch hundert Bäuche hätte, um in sich zu schlingen!« -rief er: »Nehmt Euch aber in Acht, daß Ihr nicht in -meinem Mittagsessen ersauft!« und damit fuhr er ihnen -vorbei, als wär' der Teufel hinter ihm her, und hinüber -zu seinem Bruder; den bat er nun um Gottes willen, er -möchte doch sogleich die Mühle wiedernehmen; »denn mahlt -sie noch eine Stunde dazu,« sprach er: »so vergeht das -ganze Dorf in lauter Hering und Milchsuppe.« Der -Bruder aber wollte die Mühle nicht wiedernehmen, wenn -der Andre ihm nicht noch dreihundert Thaler dazu bezahlte. -Weil nun durchaus kein andrer Rath war, so -mußte der Reiche mit dem Gelde heraus. Nun hatte der -Arme sowohl Geld, als die Mühle, und da dauerte es -denn nicht lange, so hatte er sich ein Haus gebau't, noch -weit prächtiger, als das, worin der Bruder wohnte. Mit -der Mühle mahlte er so viel Gold zusammen, daß er die -Wände mit lauter Goldplatten bekleiden konnte, und das -Haus lag so nahe am Strande, daß man den Glanz -davon schon von weitem auf dem Meer sah. Alle, die -da vorbeisegelten, hielten dort an, um den reichen Mann -in dem goldnen Hause zu besuchen und die wunderbare -Mühle zu sehen; denn es ging davon ein Gerede weit -und breit.</p> - -<p>Einmal kam auch ein Schiffer dort vorbei, der wollte -ebenfalls die Mühle sehen, und als er sie gesehen hatte, -fragte er, ob sie auch wohl Salz mahlen könne. »Ja, -Salz kann sie auch mahlen,« sagte der Mann; und nun -wollte der Schiffer sie ihm durchaus abkaufen, sie möchte -kosten, Was sie wolle; »denn habe ich die,« dachte er: -»dann brauch' ich nicht immer so weit über's wilde Meer -zu segeln, um Salz zu holen; sondern kann mir einen guten -Tag pflegen.« Anfangs aber wollte der Mann sie -durchaus nicht losschlagen; aber der Schiffer bat ihn so -lange und so flehend, bis er sie ihm endlich für viele tausend -Thaler verkaufte. Als nun der Schiffer die Mühle -bekommen hatte, blieb er nicht lange in der Gegend; denn -er dachte, dem Mann könne der Handel nachher wieder -leid werden; er ließ sich auch nicht einmal so viel Zeit, -daß er ihn fragte, wie er die Mühle stellen müßte, sondern -ging schnell auf sein Schiff und stieß von Land. Als -er ein Ende hinausgekommen war in die große See, nahm -er seine Mühle hervor. »Mahl Salz, daß es Art hat!« -rief er. Da fing die Mühle an und mahlte Salz, daß -es knisterte und sprüh'te. Als der Schiffer sein Schiff -voll hatte, wollte er die Mühle stopfen, aber wie er's auch -anfing und sie stellen und drehen mochte, die Mühle mahlte -immer fort, und der Salzhaufen wuchs höher und immer -höher, und zuletzt versank das ganze Schiff ins Meer. Da -steht nun die Mühle auf dem Meergrunde und mahlt noch -den heutigen Tag, und daher kommt es, daß das Meerwasser -salzig ist.</p> - -<hr class="narrow" /> -<h3><a name="kap21" id="kap21"></a>21.</h3> - -<div class="center"> - <p class="noindent"> - <b>Die Prinzessinn auf dem gläsernen Berg.</b> - </p> -</div> - -<p>Es war einmal ein Mann, der hatte eine Heuwiese, die -lag auf einem Berg, und auf der Wiese stand ein Schoppen, -worin er das Futter aufbewahrte. In den letzten -Jahren aber war der Schoppen immer ziemlich leer gewesen; -denn allemal in der St. Johannisnacht, wenn das -Gras am schönsten und üppigsten stand, wurde die Wiese -ganz kahl, als ob eine Viehheerde da gegangen und das -Gras abgefressen hätte. So geschah es das eine Jahr, und -so geschah es das andre. Das verdroß endlich den Mann, -und er sagte zu seinen Söhnen — er hatte drei, und -der dritte hieß <span class="wide">Aschenbrödel</span>, musst Du wissen — es -solle einer von ihnen in der St. Johannisnacht im Heuschoppen -liegen und Acht geben, wie das Ding zusammenhinge; -denn es könne nicht angehen, daß jedes Jahr das -Gras mit Stumpf und Stiel abgefressen würde, sagte -er. Nun machte zuerst der älteste Sohn sich auf; er wollte -schon aufpassen, sagte er, und es sollten ihm weder Menschen, -noch Vieh, noch der Teufel selbst das Gras von der Wiese -stehlen. Darauf ging er hin und legte sich in dem Heuschoppen -schlafen. Wie es aber auf die Nacht kam, entstand -plötzlich ein solches Getöse und ein Erdbeben, daß -Dach und Wände krachten. Dem Burschen ward angst -und bange, und er sprang auf und lief davon, ohne sich -umzusehen, und die Wiese wurde in dieser Nacht wieder -eben so kahl, als in den beiden letzten Jahren.</p> - -<p>Den nächsten St. Johannis-Abend sagte der Mann -wieder, es könne nicht angehen, daß sie jedes Jahr ihr -Heu auf der Wiese einbüßen sollten, es müsse einer von -den Söhnen die Nacht über im Schoppen schlafen und gut -aufpassen. Da machte sich denn der zweite Sohn auf; aber -es ging ihm nicht besser, als seinem Bruder; denn in der -Nacht entstand wieder ein Getöse und ein Erdbeben, noch -weit furchtbarer, als in der vorigen Johannis-Nacht. -Dem Burschen ward angst und bange, und er sprang auf -und schwang die Fersen, als ob's für Geld ginge.</p> - -<p>Das Jahr darauf kam die Reihe an Aschenbrödel. -Als er sich aber anschickte, nach der Wiese zu gehen, -fingen die andern Beiden an zu lachen und machten sich -über ihn lustig. »Ja, Du bist eben der Rechte, um das -Heu zu hüten,« sagten sie: »Du, der Du nichts Anders -gelernt hast, als in der Asche zu sitzen und Dich zu -braten.« Aber Aschenbrödel bekümmerte sich nicht um -ihr Geschwätz, sondern als es Abend wurde, ging er -gradezu nach der Wiese. Als er eine Weile im Schoppen -gelegen hatte, fing es an zu donnern und zu -krachen. »O, wenn's nicht schlimmer wird, so kann ich's -aushalten,« dachte Aschenbrödel. Als er noch eine Weile -gelegen hatte, entstand ein Krachen und ein Erdbeben, -daß die Heuhalme umherstoben. »O, wenn's nicht schlimmer -wird, so halt ich's aus,« dachte Aschenbrödel. Bald -darauf kam ein drittes Krachen und Erdbeben, so daß der -Bursch glaubte, Dach und Wände würden zusammenstürzen; -als das aber vorbei war, wurde es mäuschenstill. -»Ob's wohl wiederkommt?« dachte Aschenbrödel; aber -es kam nicht wieder. Nach einer Weile däuchte es dem -Burschen, als ob draußen vor dem Schoppen ein Pferd -stände und gras'te. Er schlich sich daher an die Thür -und guckte durch die Ritze, und da sah er denn ein Pferd -stehen, welches das Gras abbiß; aber ein so großes und -stattliches Pferd hatte Aschenbrödel noch nie gesehen, und -auf dem Rücken trug es Sattel und Gebiß und eine vollständige -Rüstung für einen Ritter. Alles aber war von -Kupfer, und so blank, daß es glitzerte. »Haha! bist Du -es, der uns immer das Gras abfrisst?« dachte der Bursch: -»aber das will ich Dir schon verbieten.« Er nahm darauf -schnell sein Feuerstahl aus der Tasche und warf es über -das Pferd; da konnte es sich nicht vom Fleck rühren, sondern -war so zahm, daß der Bursch mit ihm machen konnte, -Was er wollte. Er setzte sich nun darauf und ritt damit -nach einem Ort hin, den Niemand kannte, als er allein, -und da brachte er es in Verwahrsam. Als er wieder -nach Hause kam, fingen seine Brüder an zu lachen und -fragten ihn, wie es denn gegangen sei. »Du bliebst wohl -nicht lange in dem Schoppen liegen,« sagten sie: »wenn -Du sonst überhaupt nach der Wiese gekommen bist.« — -»Ich habe so lange in dem Schoppen gelegen, bis die -Sonne aufging,« sagte der Bursch: »aber ich habe Nichts -gehört, noch gesehen. Gott mag wissen, Was es ist, das -Euch so in Furcht gejagt hat.« — »Ja, wir werden bald -sehen, wie Du die Wiese gehütet hast,« versetzten die Brüder. -Als sie aber hinkamen, stand das Gras da eben so -hoch und so dicht, als den Tag zuvor.</p> - -<p>Den nächsten Johannis war es wieder das alte Lied. -Keiner von den beiden Brüdern wollte nach dem Schoppen -gehen und die Wiese hüten, aber Aschenbrödel, der wollte. -Nun ging es wieder eben so, wie in der vorigen Johannis-Nacht: -zuerst kam wieder ein furchtbares Getöse und ein -Erdbeben, dann noch einmal, und endlich zum dritten Mal; -aber alle drei Erdbeben waren diesmal weit stärker, als -das vorige Jahr. Darauf ward es plötzlich ganz still, -und der Bursch hörte Etwas draußen vor dem Schoppen -knuppern; er schlich sich nun wieder ganz leise nach der -Thür und guckte durch die Ritze. Ja, richtig! da stand -wieder ein Pferd dicht an der Mauer und fraß das Gras -ab; aber das war noch weit größer und stattlicher, als -das vorige, und auf dem Rücken lagen Sattel und Gebiß -und eine vollständige Rüstung für einen Ritter — Alles -von blankem Silber, und so prächtig, wie man's nur sehen -kann. »Haha! bist Du es, der uns in dieser Nacht das -Gras abfressen wollte?« dachte der Bursch: »aber das will ich -Dir verbieten,« und damit nahm er schnell sein Feuerstahl -aus der Tasche und warf es dem Pferd über die Mähne, -und nun stand es da, so fromm und so zahm, wie ein -Lamm. Da setzte der Bursch sich drauf und ritt damit -nach demselben Ort hin, wo er das andre Pferd stehen -hatte, und dann ging er wieder nach Hause. »Heute sieht -es wohl schön aus auf der Heuwiese,« sagten die Brüder. -»O ja, ganz gut,« versetzte Aschenbrödel. Sie wollten -nun hin und zusehen, und als sie hinkamen, stand das -Gras da so hoch und so schön, daß es nur eine Lust -war; aber die Brüder wurden darum nicht freundlicher -gegen Aschenbrödel.</p> - -<p>Als die dritte Johannis-Nacht herankam, wollte -wieder Keiner von den beiden ältesten Brüdern in dem -Heuschoppen liegen und die Wiese hüten; denn sie waren -noch so eingeschüchtert von der ersten Nacht her, die sie da -gelegen hatten, daß sie's gar nicht wieder vergessen konnten. -Da mußte sich denn Aschenbrödel wieder aufmachen; -und nun ging es wieder eben so, wie die beiden vorigen -Male: es kamen wieder drei Erdbeben, das eine noch -immer stärker, als das andre, und bei dem letzten -tanzte der Bursch von der einen Schoppenwand zur andern; -aber darauf wurde es mäuschenstill. Als der Bursch nun -noch eine Weile gelegen hatte, hörte er wieder draußen -vor dem Schoppen Etwas knuppern. Er schlich sich nun -leise nach der Thür und guckte durch die Ritze — da stand -denn wieder ein Pferd da, noch weit größer und stattlicher, -als die beiden andern, die er schon gefangen hatte. »Haha! -bist Du es, der mir diese Nacht das Gras abfressen wollte?« -dachte der Bursch: »aber das will ich Dir schon verbieten;« -und damit nahm er sein Feuerstahl und warf es über das -Pferd, und da stand es auf dem Fleck so fest, als wär' es dran -genagelt, und der Bursch konnte mit ihm machen, Was er -wollte; er ritt es nun nach demselben Ort hin, wo er schon -die beiden andern Pferde stehen hatte, und ging dann -nach Hause. Die beiden Brüder machten sich wieder -über ihn lustig, eben so wie die beiden vorigen Male. -Diese Nacht, sagten sie, hätte er die Wiese wohl gut gehütet, -denn er sähe ja aus, als ob er noch im Schlaf -ginge, und Was Dergleichen Mehr war. Aber Aschenbrödel -that, als ob er nicht darauf achte, sondern sagte -bloß, sie möchten nur hingehen und zusehen; das thaten -sie denn auch; aber das Gras stand da eben so schön und -üppig, als den Tag zuvor.</p> - -<p>Um diese Zeit geschah es, daß der König des Landes, -in welchem Aschenbrödels Vater wohnte, ein Aufgebot in -seinem ganzen Reich ergehen ließ. Der König hatte nämlich -eine Tochter von wunderlieblicher Schönheit, und die -wollte er verheirathen. Die Tochter aber saß mit drei goldnen -Äpfeln in ihrem Schoß oben auf einem hohen gläsernen -Berg, der war so glatt wie Eis und so blank wie ein -Spiegel. Wer nun auf den Berg reiten und ihr die drei -Äpfel aus dem Schoß nehmen könnte, der sollte die Prinzessinn -und das halbe Reich haben; das hatte der König -in allen Kirchdörfern in seinem ganzen Reich und noch in -vielen andern Königreichen bekannt machen lassen. Weil -nun die Prinzessinn so außerordentlich schön war, daß -Jeder, der sie nur ansah, sogleich in sie verliebt ward, -er mochte wollen, oder nicht, so hatten alle Prinzen und -Ritter große Lust, sie und das halbe Königreich zu gewinnen, -und kamen daher von allen Enden der Welt geritten, -so stattlich, daß man den Glanz schon von weitem -sah; und ihre Pferde gingen einher, als ob sie unter ihnen -tanzten — kurz, es war Niemand, der nicht daran dachte, -die Prinzessinn und das halbe Reich zu gewinnen.</p> - -<p>Als nun der Tag gekommen war, den der König zu dem -Ritt bestimmt hatte, waren so viele Prinzen und Ritter -um den gläsernen Berg versammelt, daß es von ihnen -wimmelte; und Jeder, der nur kriechen konnte, wollte hin -und sehen, Wer die Königstochter gewönne, und die beiden -Brüder von Aschenbrödel wollten auch hin, aber Aschenbrödel -wollten sie nicht mit haben, denn hätten sie einen -solchen Wechselbalg bei sich, so schwarz und abscheulich -wie er, der immer da liege und in der Asche wühle, sagten -sie, dann würden die Leute sich nur über sie lustig -machen. Aschenbrödel aber sagte, es wär' ihm ganz einerlei, -er bliebe auch eben so gern zu Hause. Als nun die -beiden Brüder zu dem gläsernen Berg kamen, versuchten -schon alle Ritter und Prinzen den Ritt, und sie ritten, -daß die Pferde unter ihnen schäumten; aber es half ihnen -Alles nichts; denn sowie nur das Pferd den Fuß an den -Berg setzte, glitt es immer wieder aus, und es war -kein Einziger da, der nur ein paar Ellen lang an dem -Berg hinauf gekommen wäre, und das war eben nicht zu -verwundern, denn der Berg war so glatt wie ein Spiegel, -und so steil wie eine Wand. Alle aber wollten gern die -Königstochter und das halbe Reich gewinnen, und sie ritten -und sie glitten, aber Alles umsonst. Zuletzt waren -alle Pferde schon so ausgemattet, daß sie nicht mehr vom -Fleck konnten, und über und über waren sie mit Schweiß -bedeckt, und der Schaum stand ihnen vor dem Mund. -Da mußten sich denn die Prinzen und Ritter endlich geben. -Der König wollte nun schon bekannt machen lassen, daß -das Wettreiten den nächsten Tag wieder anfangen sollte, -ob's dann vielleicht Einem gelingen möchte; aber in demselben -Augenblick kam ein Ritter in einer kupfernen Rüstung -daher, die war so blank, daß man sich darin spiegeln -konnte, und das Pferd, das er ritt, war so groß -und so stattlich, wie noch Keiner ein solches Pferd je gesehen -hatte. Die andern Prinzen und Ritter aber riefen -ihm zu, er könne sich gern die Mühe sparen, den Ritt -zu versuchen, denn es würde ihm doch nichts helfen. -Jener konnte aber auf dem Ohr nicht hören, sondern ritt -grade auf den gläsernen Berg zu und hinan und hinauf, -als wär' es gar Nichts gewesen. Als er aber um das -erste Drittheil hinaufgekommen war, lenkte er mit dem -Pferd um und ritt wieder zurück. Einen so schönen Ritter -hatte die Prinzessinn noch nie zuvor gesehen, und sie dachte -bei sich selbst: »Ach Gott, wenn er doch nur heraufkäme!« -Als sie aber sah, daß er mit dem Pferd wieder umlenkte, -warf sie ihm einen von den goldnen Äpfeln nach, und der -rollte hinab in seinen Schuh. Sobald der fremde Ritter -wieder unten war, gab er seinem Pferd die Spornen und -jagte davon, und Niemand wußte, wo er gestoben oder -geflogen war. Am Abend sollten alle Prinzen und Ritter -vor dem König erscheinen, damit Der, welcher an dem -gläsernen Berg hinaufgeritten sei, den goldnen Apfel aufzeigen -könne, den die Königstochter ihm zugeworfen hatte. -Aber da war Keiner, der Etwas aufzeigen konnte; der -Eine kam nach dem Andern, aber den goldnen Apfel hatte -Niemand.</p> - -<p>Als nun die Brüder Aschenbrödels wieder nach Hause -kamen, erzählten sie ein Langes und Breites von dem Ritt -auf den gläsernen Berg: wie zuerst Keiner auch nur einen -Schritt lang an dem Berg hätte hinaufkommen können, -und wie nachher Einer gekommen wäre in einer kupfernen -Rüstung, so blank, daß man sich darin spiegeln konnte, -»und das war ein Bursch,« sagten sie: »der konnte reiten; -er ritt wohl über den dritten Theil an dem gläsernen -Berg hinauf, und er hätte auch wohl ganz hinaufreiten -können, wenn er bloß gewollt hätte; aber da kehrte er -wieder um, denn er mochte wohl denken, es sei Genug -für das Mal.« — »O, den hätt' ich auch wohl sehen -mögen!« sagte Aschenbrödel — er saß auf dem Herd und -wühlte in der Asche, wie er gewöhnlich zu thun pflegte. -»Ja, Du!« sagten die Brüder: »Du siehst auch darnach -aus, daß Du Dich vor so hohen Herrschaften kannst sehen -lassen, Du abscheuliches Biest, so wie Du da sitzest!«</p> - -<p>Den andern Tag wollten die Brüder wieder nach dem -gläsernen Berg, und Aschenbrödel bat sie auch das Mal, -sie möchten ihn doch mitnehmen, damit er auch zusehen -könne; aber nein, das ging nicht an, dazu wär' er viel zu -häßlich, sagten sie. »Ei nun, so bleib' ich auch eben so -gern zu Hause,« sagte Aschenbrödel. Als die Brüder zu -dem Berg kamen, begannen eben die Ritter und Prinzen -wieder ihr Wettreiten, und das Mal hatten sie ihre Pferde -gehörig beschlagen lassen, kannst Du glauben; aber es half -ihnen doch Alles nichts, sie ritten und sie glitten eben so, -wie den vorigen Tag, und Keiner kam auch nur eine Elle -lang an dem Berg hinauf; und als sie ihre Pferde so lange -abgequält hatten, daß sie nicht mehr von der Stelle konnten, -mußten sie alle wieder aufhalten. Nun wollte der -König schon bekannt machen lassen, daß das Wettreiten -den nächsten Tag zum letzten Mal vor sich gehen sollte, -ob's dann vielleicht noch Einem gelänge; da fiel ihm aber -der Ritter mit der kupfernen Rüstung ein, und er beschloß, -noch ein wenig zu warten, ob er sich etwa noch einfinden -möchte. Aber der Ritter mit der kupfernen Rüstung fand -sich nicht ein; dagegen aber kam nach einer Weile ein anderer -Ritter daher gesprengt, der trug eine silberne Rüstung, -die blitzte schon von weitem, und das Roß, welches -er ritt, war noch weit größer und stattlicher, als das des -kupfernen Ritters von gestern. Die Ritter und Prinzen -riefen ihm zwar zu, er könne sich gern die Mühe sparen, -den Ritt zu versuchen, denn es würde ihm doch nichts -helfen; aber er achtete nicht darauf, sondern ritt grade auf -den gläsernen Berg zu und hinan und hinauf, noch viel -weiter, als der in der kupfernen Rüstung. Als er aber -um zwei Drittheile hinaufgekommen war, lenkte er mit -seinem Pferd um und ritt wieder zurück. <span class="wide">Den</span> Ritter mochte -nun die Prinzessinn noch lieber leiden, als den von gestern, -und sie wünschte, daß er doch nur ganz hinaufkommen -möchte. Als sie aber sah, daß er wieder umkehrte, warf -sie ihm den andern Apfel nach, und der rollte hinunter -in seinen Schuh. Der Ritter aber jagte schnell davon, -und Niemand wußte, wo er geblieben war.</p> - -<p>Am Abend sollten wieder Alle vor dem König und -der Prinzessinn erscheinen, damit Der, welcher den goldnen -Apfel hätte, ihn aufweisen könne; aber den goldnen Apfel -hatte Niemand.</p> - -<p>Die Brüder erzählten zu Hause wieder, wie sich Alles -zugetragen hatte. »Alle Prinzen und Ritter, die da versammelt -waren,« sagten sie: »konnten Nichts ausrichten; -zuletzt aber kam Einer mit einer silbernen Rüstung — Wetter -nicht mal! der konnte reiten! Er kam wohl über zwei -Drittheile an dem Berg hinauf, und da kehrte er wieder -um. Aber das war ein Bursch! und die Prinzessinn warf -ihm den zweiten Apfel nach.« — »Ach, den hätt' ich -auch wohl sehen mögen!« sagte Aschenbrödel. »Ja, er -war ein wenig blanker, als die Asche, worin Du wühlst, -Du schwarzes Biest!« sagten die Brüder.</p> - -<p>Am dritten Tag ging es wieder ungefähr eben -so: Aschenbrödel wollte wieder mit und zusehen; aber -die Brüder wollten ihn durchaus nicht mitnehmen. Als -sie zu dem gläsernen Berg kamen, konnte wieder Niemand -auch nur eine Elle lang hinaufkommen. Alle -warteten nun auf den Ritter mit der silbernen -Rüstung; aber der war weder zu sehen, noch zu hören. Endlich -kam ein Ritter in einer goldenen Rüstung dahergesprengt, -die strahlte, daß man den Glanz schon weit in -der Ferne sehen konnte, und das Pferd, das er ritt, war -so groß und so stattlich, daß Keiner noch dergleichen je -gesehen hatte. Die Prinzen und Ritter konnten vor lauter -Verwunderung ihm nicht einmal zurufen, daß er sich -die Mühe sparen solle, den Ritt zu versuchen, und ehe sie -sich's versahen, war er schon bei dem gläsernen Berg und -sprengte hinauf, als wär' es gar Nichts gewesen, so daß -die Prinzessinn nicht einmal Zeit bekam, zu wünschen, er -möchte doch ganz hinaufkommen. Oben nahm er ihr den -dritten goldnen Apfel aus dem Schoß, lenkte dann mit -seinem Pferd wieder um — und fort war er, als wär' er -verschwunden.</p> - -<p>Als am Abend die Brüder nach Hause kamen, erzählten -sie wieder ein Langes und Breites von dem Wettreiten -an dem Tage, und zuletzt erzählten sie auch von -dem Ritter mit der goldnen Rüstung. »Das war aber -ein Bursch!« sagten sie: »einen so stattlichen Ritter giebt's -nicht mehr in der Welt.« — »O, den hätt' ich auch wohl -sehen mögen!« sagte Aschenbrödel. »Ja, es blitzt nicht -völlig so in der Asche, worin Du immer wühlst, Du -schwarzes Biest!« sagten die Brüder.</p> - -<p>Tages darauf sollten alle Prinzen und Ritter vor -dem König und der Prinzessinn erscheinen, — denn am -Abend, glaub' ich, war es schon zu spät geworden — damit -Der, welcher den goldnen Apfel hätte, ihn aufweisen -könne. Es kam nun Einer nach dem Andern, erst kamen alle -Prinzen, und dann die Ritter; aber den goldnen Apfel -hatte Niemand. »Ja, Einer muß ihn doch haben,« sagte -der König; »denn wir sahen es ja alle mit unsern Augen, -wie er da den Berg hinaufritt und ihn der Prinzessinn -aus dem Schoß nahm.« Da sich aber Niemand meldete, -gab endlich der König den Befehl, daß alle Leute in seinem -ganzen Land aufs Schloß kommen sollten, damit Der, welcher -den goldnen Apfel hätte, ihn aufweise. Es kam nun -Einer nach dem Andern; aber den goldnen Apfel hatte -Niemand. Endlich kamen auch die beiden Brüder von -Aschenbrödel; sie waren die letzten. Darauf fragte der König, -ob denn gar nicht mehr Leute in seinem Reich wären. -»Ja, wir haben noch einen Bruder zu Hause,« sagten -die Beiden: »aber der hat den goldnen Apfel wohl -nicht genommen; denn er ist in der Zeit nicht aus dem -Aschhaufen gekommen.« — »Einerlei,« sagte der König: -»sind alle die Andern hier gewesen, so mag er auch kommen!« -und da mußte denn Aschenbrödel auch aufs Schloß. -»Hast Du den goldnen Apfel, Du?« fragte ihn der König. -»Ja, hier ist er, und hier ist der andre, und hier ist -der dritte,« sagte Aschenbrödel, indem er alle drei goldenen -Äpfel aus der Tasche nahm; und in demselben Augenblick -warf er seine russigen Kleider ab und stand nun -da in seiner goldenen Rüstung, daß es nur so blitzte. -»Ja, Du sollst meine Tochter und das halbe Reich haben,« -sagte der König: »denn Du hast beides ehrlich -verdient.« Darauf wurde die Hochzeit gehalten, und Aschenbrödel -bekam die Prinzessinn und das halbe Reich. Bei -der Hochzeit aber ging's lustig her; denn Hochzeit feiern -konnten sie alle, wenn sie auch nicht auf den gläsernen -Berg reiten konnten; und haben sie nicht aufgehört zu -feiern, so feiern sie noch.</p> - -<hr class="narrow" /> -<h3><a name="kap22" id="kap22"></a>22.</h3> - -<div class="center"> - <p class="noindent"> - <b>Schmierbock.</b> - </p> -</div> - -<p>Es war einmal eine Frau, die hatte einen kleinen Knaben, -der war so dick und so fett und mochte immer so -gern gute Bissen, und darum nannte die Mutter ihn -<span class="wide">Schmierbock</span>; auch hatte sie einen kleinen allerliebsten -Hund, welchen sie <span class="wide">Goldzahn</span> nannte. Nun stand die -Frau einmal beim Backtrog und backte Brod; da fing der -Hund plötzlich an zu bellen.</p> - -<p>»Lauf mal hinaus, Schmierbock,« sagte die Frau: »und -sieh zu, wonach Goldzahn so bellt.« Da lief der Knabe -hinaus, kam wieder herein und sagte:</p> - -<p>»Na, Gott steh uns bei! da kommt ein großes, langes -Trollweib her mit dem Kopf unter dem Arm und einem -Sack auf dem Rücken.« —</p> - -<p>»Kriech unter den Backtrog und versteck Dich!« sagte -seine Mutter.</p> - -<p>Nun kam das Trollweib an. »Guten Tag!« sagte sie.</p> - -<p>»Schönen Dank!« sagte die Mutter von Schmierbock.</p> - -<p>»Ist Schmierbock nicht zu Hause?« fragte das Weib.</p> - -<p>»Nein, er ist mit seinem Vater im Holz und fängt -Waldhühner,« versetzte die Frau.</p> - -<p>»Das wär' der Troll!« sagte das Weib: »ich hab' -ein kleines silbernes Messer, das wollt' ich ihm gern schenken.« —</p> - -<p>»Pip! pip! hier bin ich!« sagte Schmierbock unter -dem Backtrog und kroch hervor.</p> - -<p>»Ich bin so alt und bin schon so steif im Rücken,« -sagte das Trollweib: »Du musst in den Sack kriechen und -es Dir selbst holen.«</p> - -<p>Wie nun Schmierbock in den Sack gekrochen war, -schwang das Weib ihn auf den Rücken und ging damit -fort. Als sie aber ein Ende gegangen war, wurde sie -müde und fragte: »Wie weit ist es noch bis zur Schlafstelle?« —</p> - -<p>»Ein Halbviertel Weges,« antwortete Schmierbock.</p> - -<p>Da setzte das Weib den Sack am Wege nieder, strich -durch's Unterholz und legte sich schlafen. Nun benutzte -Schmierbock die Gelegenheit, nahm sein Messer, schnitt damit -ein Loch in den Sack und kroch heraus; dann legte -er eine große Kienwurzel an die Stelle und lief wieder -nach Hause zu seiner Mutter. Als nun das Trollweib in -ihrer Wohnung ankam und sah, Was sie im Sack hatte, -da wurde sie so böse, daß es gar nicht zu sagen ist.</p> - -<p>Tages darauf stand die Frau abermals beim Trog -und backte Brod; da begann der Hund plötzlich wieder zu -bellen. »Lauf mal hinaus, Schmierbock,« sagte die Frau: -»und sieh zu, wonach Goldzahn so bellt.« —</p> - -<p>»Nun seh mal Einer das abscheuliche Biest!« sagte -Schmierbock: »da kommt sie wieder mit dem Kopf unter -dem Arm und einem großen Sack auf dem Rücken.« —</p> - -<p>»Kriech unter den Backtrog und versteck Dich!« sagte -seine Mutter.</p> - -<p>Nun kam das Trollweib an. »Guten Tag!« sagte -sie: »ist Schmierbock nicht zu Hause?« —</p> - -<p>»Ei, was wollt' er zu Hause sein!« sagte die Frau: -»er ist mit seinem Vater im Holz und fängt Waldhühner.« —</p> - -<p>»Das wär' der Troll!« sagte das Weib: »ich hab' -ihm sonst eine schöne silberne Gabel mitgebracht, die wollt' -ich ihm schenken.«</p> - -<p>»Pip! pip! hier bin ich!« sagte Schmierbock und kroch -hervor.</p> - -<p>»Ich bin so steif im Rücken,« sagte das Trollweib: -»Du musst selbst in den Sack kriechen und sie Dir holen.« -Als nun Schmierbock in den Sack gekrochen war, schwang -das Weib ihn auf den Rücken und ging fort. Wie sie -aber ein Ende gegangen war, wurde sie wieder müde und -fragte: »Wie weit ist es noch bis zur Schlafstelle?« —</p> - -<p>»Eine halbe Meile,« antwortete Schmierbock.</p> - -<p>Da setzte das Weib den Sack am Wege nieder, strich -durch den Wald und legte sich schlafen. Indessen aber -benutzte Schmierbock die Gelegenheit, schnitt ein Loch in -den Sack und kroch heraus; dann legte er einen großen -Stein an die Stelle und lief wieder nach Hause zu seiner -Mutter. Als nun das Trollweib in ihrer Wohnung -ankam, machte sie ein großes Feuer auf dem Herd an, hängte -einen großen Kessel darüber und wollte Schmierbock kochen. -Als sie ihn aber in den Kessel schütten wollte, fiel der -Stein heraus und schlug den Boden entzwei, so daß alles -Wasser herauslief und das Feuer auslöschte. Da wurde -das Weib ganz wüthend und sagte: »Wenn er sich auch -noch so sehr sträubt, ich will ihn doch schon kriegen.«</p> - -<p>Das dritte Mal ging es wieder eben so. Goldzahn -fing wieder an zu bellen, und da sagte die Mutter zu dem -Knaben: »Geh mal hinaus, Schmierbock, und sieh zu, wonach -Goldzahn so bellt.«</p> - -<p>Schmierbock lief hinaus, kam wieder herein und sagte: -»Na, Gott steh uns bei! Da kommt wieder das Trollmensch -mit dem Kopf unter dem Arm und einem Sack -auf dem Rücken.« —</p> - -<p>»Kriech unter den Backtrog und versteck' Dich!« sagte -die Mutter.</p> - -<p>Es dauerte nicht lange, so kam das Trollweib an. -»Guten Tag!« sagte sie: »ist Schmierbock nicht zu Hause?« —</p> - -<p>»Ei was wollt' er zu Hause sein!« sagte die Mutter: -»er ist mit seinem Vater im Holz und fängt Waldhühner.« —</p> - -<p>»Das wär' der Troll!« sagte das Weib: »ich habe -sonst einen hübschen silbernen Löffel mitgebracht, den wollt' -ich ihm schenken.« —</p> - -<p>»Pip! pip! hier bin ich!« sagte Schmierbock und kroch -unter dem Backtrog hervor.</p> - -<p>»Ich bin so steif im Rücken,« sagte das Trollweib: -»Du musst selbst in den Sack kriechen und ihn Dir holen.« -Als Schmierbock hineingekrochen war, schwang das Weib -den Sack wieder auf den Rücken und ging fort. Das -Mal aber legte sie sich nicht wieder im Wald schlafen, sondern -trug Schmierbock gradesweges nach ihrem Hause. -Als sie dort ankam, war es grade Sonntag; darum sagte -sie zu ihrer Tochter:</p> - -<p>»Nimm diesen Schmierbock und schlachte ihn und koch -Suppe davon; die muß aber fertig sein, wenn ich zurückkomme; -denn ich gehe jetzt mit Deinem Vater in die Kirche, -um Fremde zu bitten.«</p> - -<p>Als nun das Trollpack gegangen war, wollte die Tochter -den Schmierbock schlachten; aber sie wußte gar nicht, -wie sie das anfangen sollte.</p> - -<p>»Wart, ich will Dir's zeigen, wie Du's machen musst,« -sagte Schmierbock: »Lege nur Deinen Kopf auf die Bank, -dann sollst Du mal sehen.«</p> - -<p>Das that denn das arme Mädchen auch; aber da nahm -Schmierbock die Axt und hieb ihr damit den Kopf ab, als -wär's ein Küken gewesen. Dann legte er den Kopf ins -Bett und den Rumpf in den Kessel und kochte Suppe davon; -und als er das gethan hatte, nahm er die Kienwurzel -und den Stein und kroch damit in den Schornstein -hinauf.</p> - -<p>Als darauf das Trollweib mit ihrem Mann wieder -nach Hause kam, und sie den Kopf im Bett liegen sahen, -meinten sie, es wäre die Tochter, die schliefe; sie wollten -sie nun nicht aufwecken, sondern gingen zum Kessel, um -die Suppe zu kosten.</p> - -<p>»Schmeckt gut, die Schmierbocksuppe!« sagte das -Trollweib.</p> - -<p>»Schmeckt gut, die Tochtersuppe!« sagte Schmierbock -oben im Schornstein; aber das hörten sie nicht recht.</p> - -<p>Darauf nahm der Troll den Löffel und wollte auch -die Suppe kosten.</p> - -<p>»Schmeckt gut, die Schmierbocksuppe!« sagte er.</p> - -<p>»Schmeckt gut, die Tochtersuppe!« sagte Schmierbock -im Schornstein.</p> - -<p>Da wurden sie aufmerksam und konnten nicht begreifen, -Wer es sei, der da im Schornstein schwatze; sie stiegen -daher auf den Herd und wollten zusehen. Aber da -nahm Schmierbock die Kienwurzel und den Stein und warf -sie damit auf den Kopf, so daß sie todt umfielen. Als -Schmierbock das sah, stieg er wieder herunter, nahm all -das Gold und Silber, was er da vorfand, und reis'te damit -nach Hause zu seiner Mutter. Und nun war Schmierbock -ein reicher Mann.</p> - -<p> </p> -<hr class="narrow" /> -<p> </p> -<h3>FUSSNOTE — FOOTNOTE</h3> - -<p class="noindent"><a name="fn1" id="fn1"></a><a href="#fn1r">1</a>: <span class="wide">Ham</span> -bezeichnet in der nordischen Mythologie eine zauberkräftige -Haut irgend eines Thiers mit den daran befindlichen -Haaren, oder Federn, wodurch Derjenige, auf welchen diese -Haut geworfen ward, augenblicklich in ein solches Thier verwandelt -wurde. Anm. d. Übers.</p> - -<p> </p> -<hr class="narrow" /> -<p> </p> - -<table class="small" border="0" style="background-color: #E6E6FA; margin: 0 auto" cellpadding="10" summary="NOTES"> -<tr> -<td colspan="2"> - <div class="center">TRANSCRIBER'S NOTE — ZUR KENNTNISNAHME</div> - </td> -</tr> -<tr> - <td valign="top"> -<p class="noindent" style="background-color: #E6E6FA"> -Contemporary spellings have generally been retained even -when inconsistent.</p></td> - -<td valign="top"><p class="noindent" style="background-color: #E6E6FA"> -Zeitgenössische Schreibungen wurden generell beibehalten, -auch wenn gelegentlich mehrere Variaten auftauchen.</p></td> -</tr> -<tr> - <td valign="top"><p class="noindent" style="background-color: #E6E6FA"> -The following additional changes have been made; they can be identified -in the body of the text by a grey dotted underline:<br /> -</p></td> - -<td valign="top"><p class="noindent" style="background-color: #E6E6FA"> -Die folgenden zusätzlichen Änderungen wurden vorgenommen -und sind im Text grau unterstrichelt:</p></td> -</tr> -<tr> - <td valign="top">daß man den Ganz schon weit in der Ferne sah</td> -<td valign="top">daß man den <i>Glanz</i> schon weit in der Ferne sah</td> -</tr> - -<tr> - <td valign="top">Darauf begann die Grimsschecke einem Kampf</td> -<td valign="top">Darauf begann die Grimsschecke <i>einen</i> Kampf</td> -</tr> - -<tr> - <td valign="top">was wir zu sprechen haben, können wie immer hier sprechen</td> - <td valign="top">was wir zu sprechen haben, können <i>wir</i> immer hier sprechen</td> -</tr> - - <tr> - <td valign="top">»So?« sagte der Westwind</td> - <td valign="top">»So?« sagte der <i>Südwind</i></td> -</tr> - -<tr> - <td valign="top">als eine Bettlermädchen</td> - <td valign="top">als <i>ein</i> Bettlermädchen</td> -</tr> - -<tr><td valign="top">das erste Mal, das ich gestohlen habe</td> -<td valign="top">das erste Mal, <i>daß</i> ich gestohlen habe</td></tr> - -<tr> - <td valign="top">es solle das erste Mal sein, das sie gestohlen hätte</td> - <td valign="top">es solle das erste Mal sein, <i>daß</i> sie gestohlen hätte</td> -</tr> - -<tr> - <td valign="top">habe nur auf auf Dich gewartet</td> - <td valign="top">habe nur <i>auf</i> Dich gewartet</td> -</tr> - -</table> - - - - - - - - -<pre> - - - - - -End of the Project Gutenberg EBook of Norwegische Volksmährchen vol. 2, by -P. Asbjörnsen and Jörgen Moe - -*** END OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK NORWEGISCHE VOLKSMÄHRCHEN VOL. 2 *** - -***** This file should be named 30084-h.htm or 30084-h.zip ***** -This and all associated files of various formats will be found in: - http://www.gutenberg.org/3/0/0/8/30084/ - -Produced by Delphine Lettau and the Online Distributed -Proofreading Team at http://www.pgdp.net - - -Updated editions will replace the previous one--the old editions -will be renamed. - -Creating the works from public domain print editions means that no -one owns a United States copyright in these works, so the Foundation -(and you!) can copy and distribute it in the United States without -permission and without paying copyright royalties. Special rules, -set forth in the General Terms of Use part of this license, apply to -copying and distributing Project Gutenberg-tm electronic works to -protect the PROJECT GUTENBERG-tm concept and trademark. 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Redistribution is -subject to the trademark license, especially commercial -redistribution. - - - -*** START: FULL LICENSE *** - -THE FULL PROJECT GUTENBERG LICENSE -PLEASE READ THIS BEFORE YOU DISTRIBUTE OR USE THIS WORK - -To protect the Project Gutenberg-tm mission of promoting the free -distribution of electronic works, by using or distributing this work -(or any other work associated in any way with the phrase "Project -Gutenberg"), you agree to comply with all the terms of the Full Project -Gutenberg-tm License (available with this file or online at -http://gutenberg.org/license). - - -Section 1. General Terms of Use and Redistributing Project Gutenberg-tm -electronic works - -1.A. By reading or using any part of this Project Gutenberg-tm -electronic work, you indicate that you have read, understand, agree to -and accept all the terms of this license and intellectual property -(trademark/copyright) agreement. 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