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| author | Roger Frank <rfrank@pglaf.org> | 2025-10-14 19:53:36 -0700 |
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Wenn das +auch nichts hilft, nehmen Sie stattdessen die Latin-1 Version dieses +Textes. + +Zeichen _wie so_ bedeuten Gesperrt; +wie so+ bedeuten Antiqua +(nicht-Fraktur); =wie so= bedeuten Fettschrift.] + + + + + Thomas Babington Macaulay’s + + Geschichte von England + + + seit der + + Thronbesteigung Jakob’s des Zweiten. + + + Aus dem Englischen. + + + +Vollständige und wohlfeilste Stereotyp-Ausgabe.+ + + + Vierter Band. + + + Leipzig, 1854. + _G. H. Friedlein._ + + + * * * * * + * * * * + + + Siebentes Kapitel. + + Jakob II. + + + + + =Inhalt.= + + Seite + Wilhelm, Prinz von Oranien 5 + Sein Äußeres 5 + Sein früheres Leben und seine Erziehung 5 + Seine religiösen Ansichten 7 + Seine militairischen Talente 8 + Sein Vergnügen an Gefahren; seine schlechte Gesundheit 10 + Kälte seines Benehmens und Heftigkeit seiner Gemüthsregungen 10 + Seine Freundschaft für Bentinck 10 + Marie, Prinzessin von Oranien 12 + Gilbert Burnet 14 + Er vermittelt eine innigere Annäherung zwischen dem Prinzen + und der Prinzessin 17 + Beziehungen Wilhelm’s zu den englischen Parteien 18 + Seine Gesinnungen gegen England 18 + Seine Gesinnungen gegen Holland und Frankreich 19 + Seine Politik durchaus consequent 22 + Vertrag von Augsburg 24 + Wilhelm wird das Oberhaupt der englischen Opposition 25 + Mordaunt schlägt Wilhelm eine Landung in England vor 26 + Wilhelm verwirft den Rath 26 + Unzufriedenheit in England nach dem Sturze der Hyde 27 + Bekehrungen zum Papismus; Peterborough, Salisbury 27 + Wycherley, Tindal, Haines 28 + Dryden 29 + +„The Hind and Panther.“+ 30 + Änderung in dem Verfahren des Hofes gegen die Puritaner 32 + In Schottland theilweise Duldung gewährt 35 + Persönliche Bearbeitung Einzelner im königlichen Kabinet 36 + Erfolglosigkeit der persönlichen Bearbeitung 37 + Admiral Herbert 37 + Die Indulgenzerklärung 37 + Stimmung der protestantischen Dissenters 39 + Stimmung der anglikanischen Kirche 40 + Der Hof und die Kirche 40 + „Brief an einen Dissenter.“ 42 + Benehmen der Dissenters 43 + Einige von ihnen halten es mit dem Hofe. Care, Alsop, + Rosewell 45 + Lobb 46 + Penn 46 + Die Mehrzahl der Puritaner ist gegen den Hof. Baxter 46 + Howe 47 + Bunyan 47 + Kiffin 49 + Der Prinz und die Prinzessin von Oranien gegen die + Indulgenzerklärung 52 + Vertheidigung ihrer Ansichten bezüglich der englischen + Katholiken 53 + Jakob’s Feindschaft gegen Burnet 57 + Sendung Dykvelt’s nach England 59 + Unterhandlungen Dykvelt’s mit englischen Staatsmännern 59 + Danby 60 + Nottingham 60 + Halifax 61 + Devonshire 62 + Eduard Russel 64 + Compton. -- Herbert. -- Churchill 65 + Lady Churchill und die Prinzessin Anna 66 + Dykvelt kehrt mit Briefen von vielen angesehenen Engländern + nach dem Haag zurück 68 + Zulestein’s Sendung 69 + Zunehmende Feindschaft zwischen Jakob und Wilhelm 70 + Einfluß der holländischen Presse 71 + Stewart’s und Fagel’s Correspondenz 71 + Castelmaine’s Gesandtschaft in Rom 72 + + + + +[_Wilhelm, Prinz von Oranien._] Wilhelm Heinrich, Prinz von +Oranien-Nassau, nimmt in der Geschichte Englands und der gesammten +Menschheit eine so bedeutende Stelle ein, daß es wünschenswerth +erscheint, die markirten Züge seines Characters mit einiger +Ausführlichkeit zu zeichnen.[1] + + [Anmerkung 1: Die Hauptquellen, aus denen ich meine Schilderung + des Prinzen von Oranien geschöpft habe, sind Burnet’s Geschichte, + Temple’s und Gourville’s Memoiren, die Unterhandlungen der Grafen + Estrades und Avaux, Sir Georg Downing’s Briefe an den Lordkanzler + Clarendon, Wagenaar’s umfangreiches Geschichtswerk, Van Kampen’s + +Karakterkunde Vaderlandsche Geschiedenis+, und vor Allem + Wilhelm’s eigene vertrauliche Correspondenz, von welcher der + Herzog von Portland Sir Jakob Mackintosh eine Abschrift zu nehmen + erlaubte.] + + +[_Sein Äußeres._] Er stand jetzt in seinem siebenunddreißigsten +Lebensjahre, war aber körperlich und geistig älter als andere Leute in +diesen Jahren. Man könnte fast sagen, er sei niemals jung gewesen. Sein +Äußeres ist uns fast eben so gut bekannt, als seinen eigenen Heerführern +und Räthen. Bildhauer, Maler und Münzschneider haben ihre ganze +Geschicklichkeit aufgeboten, um seine Züge der Nachwelt zu überliefern, +und diese waren von der Art, daß kein Künstler sie verfehlen und daß, +wer sie einmal gesehen, sie nie vergessen konnte. Sein Name erinnert uns +sogleich an eine schmächtige und zarte Gestalt, an eine hohe und breite +Stirn, an eine wie der Schnabel eines Adlers gebogene Nase, an ein Paar +Augen, die an Glanz und Schärfe mit denen des Adler wetteiferten, an +eine gedankenvolle, etwas finstre Miene, einen festen und etwas +mürrischen Mund, an eine bleiche, eingefallene und durch Krankheit und +Sorgen tief gefurchte Wange. Dieses gedankenvolle, ernste und feierliche +Aussehen konnte kaum einem glücklichen und lebensfrohen Manne angehört +haben; aber es verräth in unverkennbarer Weise die Befähigung zu den +schwierigsten Unternehmungen und einen durch kein Mißgeschick und durch +keine Gefahren zu erschütternden Muth. + + +[_Sein früheres Leben und seine Erziehung._] Die Natur hatte Wilhelm mit +allen Eigenschaften eines großen Herrschers reich ausgestattet und die +Erziehung hatte diese Eigenschaften in nicht gewöhnlichem Grade +entwickelt. Mit einem scharfen natürlichen Verstande und einer seltenen +Willenskraft sah er sich, als sein Geist zu erwachen begann, als vater- +und mutterlose Waise, als das Oberhaupt einer großen, aber unterdrückten +und entmuthigten Partei und als den Erben ausgedehnter aber unbestimmter +Ansprüche, welche die Furcht und die Abneigung der damals in den +Niederlanden herrschenden Oligarchie erregten. Das gemeine Volk, das +seit einem Jahrhundert seinem Hause treu ergeben war, bewies so oft es +ihn sah, auf nicht zu verkennende Weise, daß es ihn als sein +rechtmäßiges Oberhaupt betrachtete. Die geschickten und erfahrenen +Minister der Republik, die seinen Namen tödtlich haßten, brachten ihm +täglich ihre erzwungene Huldigung dar und beobachteten dabei die +Fortschritte seines Geistes. Die ersten Regungen seines Ehrgeizes wurden +sorgfältig bewacht, jedes unüberlegte Wort, das ihm entschlüpfte, wurde +niedergeschrieben, und er besaß nicht einen einzigen Rathgeber, auf +dessen Ausspruch Vertrauen gesetzt werden konnte. Er war kaum funfzehn +Jahre alt, so wurden alle Diener, die seinem Interesse ergeben waren und +die sein Vertrauen genossen, von der mißtrauischen Regierung aus seinem +Hause entfernt. Er sträubte sich dagegen mit einer weit über seine Jahre +hinausgehenden Energie, aber vergebens. Aufmerksame Beobachter sahen +mehr als einmal Thränen in den Augen des jungen Staatsgefangenen. Seine +von Haus aus zarte Gesundheit war eine Zeit lang durch die +Gemüthsbewegungen, die seine traurige und vereinsamte Stellung erzeugte, +ernstlich erschüttert. Eine solche Lage macht den Schwachen muthlos und +bestürzt, dem Starken giebt sie eine verdoppelte Kraft. Von Schlingen +umgeben, in denen ein gewöhnlicher Jüngling umgekommen sein würde, +lernte Wilhelm vorsichtig und zu gleicher Zeit energisch auftreten. +Schon lange bevor er das Mannesalter erreicht, verstand er es, +Geheimnisse zu bewahren, die Neugierde durch trockene und wohlüberlegte +Antworten abzutrumpfen und alle Leidenschaften unter dem nämlichen +Scheine ernster Ruhe zu verbergen. In der feinen Weltbildung und in +literarischen Kenntnissen machte er dagegen nur geringe Fortschritte. +Dem Benehmen des holländischen Adels jener Zeit fehlte die +liebenswürdige Anmuth, welche bei den gebildeten Franzosen in höchster +Vollkommenheit zu finden war und in geringerem Grade auch den englischen +Hof zierte; seine Manieren waren durchaus holländisch. Selbst seine +eigenen Landsleute nannten ihn plump, und Ausländern erschien er oft +noch mehr als dies. In seinem Verkehr mit der Welt im Allgemeinen schien +er jene Fertigkeiten, welche den Werth einer Gunstbezeugung erhöhen und +einer Verweigerung die Spitze abbrechen, nicht zu kennen oder sie zu +verschmähen. Die Literatur und die Wissenschaften interessirten ihn +wenig; er wußte nichts von den Entdeckungen eines Newton und Leibnitz, +von den Poesien eines Dryden und Boileau; dramatische Darstellungen +langweilten ihn und er war froh, wenn er den Blick von der Bühne +abwenden und von öffentlichen Angelegenheiten sprechen konnte, während +Orestes raste oder Tartüffe der Elmira die Hand drückte. Er besaß zwar +einiges Talent zu Sarkasmen und entfaltete nicht selten ganz unbewußt +eine sonderbar klingende, aber kräftige und originelle natürliche +Redekunst, aber nach den Titel eines Schöngeistes oder eines Redners +strebte er nicht. Seine ganze Aufmerksamkeit war auf diejenigen Studien +gerichtet gewesen, welche einen tüchtigen und umsichtigen Geschäftsmann +bilden. Von Kindheit an hörte er mit Interesse zu, wenn wichtige Fragen +über Bündnisse, Finanzen und Krieg besprochen wurden. Von der Geometrie +lernte er soviel als zum Bau einer Schanze oder eines Hornwerks nöthig +war. Von fremden Sprachen lernte er mit Hülfe seines ausgezeichneten +Gedächtnisses soviel als er bedurfte, um Alles, was mit ihm gesprochen +wurde, und jeden Brief, den er empfing, verstehen und beantworten zu +können. Das Holländische war seine Umgangssprache. Er verstand +Lateinisch, Italienisch und Spanisch, sprach und schrieb Französisch, +Englisch und Deutsch, zwar nicht elegant und grammatisch richtig, aber +fließend und verständlich. Keine Fähigkeit konnte wichtiger sein für +einen Mann, der dazu bestimmt war, große Bündnisse zu organisiren und +Armeen zu commandiren, die aus verschiedenen Nationalitäten +zusammengesetzt waren. + + +[_Seine religiösen Ansichten._] Eine Klasse von philosophischen Fragen +war durch die Umstände seiner Aufmerksamkeit dringend empfohlen worden +und scheint ihn mehr interessirt zu haben, als man es von seinem +allgemeinen Character hätte erwarten sollen. Die Protestanten der +Vereinigten Provinzen bestanden wie die unsrer Insel aus zwei großen +religiösen Partein, welche zwei großen politischen Parteien fast genau +entsprachen. Die Oberhäupter der städtischen Oligarchie waren Arminianer +und wurden im Allgemeinen von der Menge als nicht viel besser denn +Papisten betrachtet. Die Prinzen von Oranien waren gewöhnlich die +Schutzpatrone der calvinistischen Theologie gewesen und verdankten +keinen geringen Theil ihrer Popularität ihrem Eifer für die Lehren von +der Gnadenwahl und dem endlichen Beharren, einem Eifer, der nicht immer +durch Kenntnisse erleuchtet oder durch Humanität gemäßigt war. Wilhelm +war von Kindheit auf in dem theologischen System, dem seine Familie +anhing, sorgfältig unterrichtet worden, und betrachtete dieses System +mit größerer Vorliebe, als man in der Regel für seinen ererbten Glauben +hegt. Er hatte über die großen Probleme, welche auf der Synode von +Dortrecht erörtert worden waren, nachgedacht und in der strengen, +unbeugsamen Logik der genfer Schule etwas gefunden, was seinem Verstande +und seinem Gemüth zusagte. Das Beispiel von Unduldsamkeit, das einige +seiner Vorgänger gegeben, ahmte er jedoch niemals nach; er empfand gegen +alle Verfolgung eine entschiedene Abneigung, die er nicht allein da +aussprach, wo ein solches Eingeständniß offenbar staatsklug war, sondern +auch in Fällen, wo es den Anschein hatte, daß sein Interesse durch +Verstellung oder Stillschweigen hätte gefördert werden können. +Gleichwohl waren seine theologischen Ansichten noch entschiedener als +die seiner Vorgänger. Die Lehre von der Prädestination war der +Grundstein seiner Religion. Er erklärte oft, daß wenn er diese Lehre +aufgeben müßte, er zugleich mit derselben allen Glauben an eine waltende +Vorsehung aufgeben und ein reiner Epikuräer werden müßte. Diesen +einzigen Punkt ausgenommen, wurde die ganze Fülle seines kräftigen +Geistes frühzeitig von dem Theoretischen ab und auf das Praktische +gelenkt. Die Fähigkeiten, deren es zur Leitung wichtiger Geschäfte +bedarf, gediehen bei ihm schon in einem Alter zur Reife, wo sie sich bei +gewöhnlichen Menschen kaum erst zu entfalten begonnen haben. Seit +Octavius hatte die Welt kein solches Beispiel frühzeitiger +staatsmännischer Befähigung gesehen. Erfahrene Diplomaten erstaunten +über die treffenden Bemerkungen, die der siebzehnjährige Prinz über +öffentliche Angelegenheiten machte, und mit noch weit größerem Erstaunen +sahen sie diesen Knaben in Lagen, wo man hätte erwarten sollen, daß er +starke Leidenschaften verrathen werde, eine eben so unerschütterliche +Ruhe bewahren, wie sie selbst. Mit achtzehn Jahren saß er bereits unter +den Vätern der Republik, ernst, besonnen und einsichtsvoll wie der +Älteste unter ihnen. Mit zweiundzwanzig Jahren ward er an einem Tage der +Trauer und des Schreckens an die Spitze der Verwaltung gestellt. Mit +dreiundzwanzig Jahren war er durch ganz Europa als Feldherr und +Staatsmann berühmt. Er hatte innere Factionen niedergeworfen, war die +Seele einer mächtigen Coalition und hatte im Felde gegen einige von den +größten Generälen seiner Zeit mit Ehren gefochten. + + +[_Seine militairischen Talente._] Seine persönlichen Neigungen waren +mehr die eines Kriegers als die eines Staatsmannes, aber wie sein +Urgroßvater, der schweigsame Prinz, der die batavische Republik +gründete, nimmt er unter den Staatsmännern einen viel höheren Rang ein +als unter den Feldherren. Der Verlauf der Schlachten ist allerdings kein +untrüglicher Prüfstein für die Talente eines Befehlshabers, und es würde +ganz besonders ungerecht sein, wollte man diesen Prüfstein bei Wilhelm +anwenden, denn das Schicksal wollte, daß er fast stets Feldherren, +welche vollendete Meister in ihrer Kunst, und Truppen gegenüberstand, +welche in der Disciplin den seinigen weit überlegen waren. Indessen läßt +sich mit gutem Grunde annehmen, daß er als General im offenen Felde +Manchem, der in geistiger Beziehung tief unter ihm stand, keineswegs +gleichkam. Mit Leuten, die sein Vertrauen besaßen, sprach er über diesen +Gegenstand mit der edlen Offenheit eines Mannes, der Großes vollbracht +hat und der recht wohl auch einige Mängel eingestehen kann. Er sagte, er +habe keine Lehrzeit für den militairischen Beruf bestanden; er sei schon +als Knabe an die Spitze einer Armee gestellt worden, unter seinen +Offizieren habe sich keiner befunden, der fähig gewesen wäre, ihn zu +unterweisen; nur aus seinen eigenen Fehlern und deren Folgen habe er +etwas lernen können. „Ich würde einen guten Theil meines Vermögens darum +geben,“ rief er einmal aus, „wenn ich einige Feldzüge unter dem Prinzen +von Condé mitgemacht hätte, ehe ich gegen ihn commandiren mußte.“ Es ist +nicht unwahrscheinlich, daß der Umstand, welcher Wilhelm verhinderte, +eine ausgezeichnete strategische Bildung zu erlangen, der allgemeinen +Entwickelung seiner Geisteskräfte zu Gute gekommen ist. Bewiesen seine +Schlachten auch nicht den großen Taktiker, so berechtigten sie ihn doch +zu dem Titel eines großen Mannes. Kein Mißgeschick konnte ihn nur einen +Augenblick seiner Festigkeit und des vollständigen Besitzes aller seiner +Fähigkeiten berauben. Seine Niederlagen wurden mit einer so wunderbaren +Schnelligkeit wieder gut gemacht, daß er, noch ehe seine Feinde das +Tedeum gesungen hatten, schon wieder zum Kampfe gerüstet war; auch +beeinträchtigten solche Schläge in keiner Weise die Achtung und das +Vertrauen, dessen er sich von Seiten seiner Soldaten erfreute. Diese +Achtung und dieses Vertrauen verdankte er in nicht geringem Maße seinem +persönlichen Muthe. Den Grad von Muth, dessen der Soldat bedarf, um +einen Feldzug ohne Schande zu bestehen, besitzen die meisten Menschen +oder wenigstens können sie denselben in einer guten Schule erlangen. Ein +Muth wie der des Prinzen Wilhelm aber ist in der That selten. Er wurde +auf jede nur mögliche Weise geprüft, durch Krieg, durch Wunden, durch +schmerzhafte und entnervende Krankheiten, durch Seestürme, durch die +beständig drohende Gefahr, ermordet zu werden, eine Gefahr, die schon +sehr starke Nerven erschüttert hat und durch welche selbst die eiserne +Tapferkeit Cromwell’s einen harten Stoß erhielt. Aber Niemand konnte je +etwas entdecken, was der Prinz von Oranien fürchtete. Seine Rathgeber +konnten ihn nur mit Mühe dazu bringen, daß er einige Vorsichtsmaßregeln +gegen die Pistolen und Dolche von Verschwörern ergriff.[2] Alte Seeleute +erstaunten über die kaltblütige Ruhe, die er inmitten tobender +Brandungen an einer gefahrvollen Küste bewahrte. In der Schlacht +zeichnete ihn seine Tapferkeit unter Zehntausenden tapferer Krieger aus, +erweckte die hochherzige Anerkennung selbst der feindlichen Heere und +wurde selbst von der Unbilligkeit feindlicher Factionen nie bestritten. +Während seiner ersten Feldzüge setzte er sich der Gefahr aus, als ob er +den Tod gesucht hätte, war beim Angriff stets der Erste, beim Rückzug +der Letzte, kämpfte mit dem Schwerte in der Hand im dichtesten Gewühl, +und mit einer Flintenkugel im Arm, den Harnisch von Blut überströmt, +hielt er noch immer Stand und schwenkte im furchtbarsten Feuer seinen +Hut. Seine Freunde beschworen ihn, er solle doch sein für das Vaterland +unschätzbares Leben mehr schonen. Sein berühmtester Gegner, der große +Condé, bemerkte nach der blutigen Schlacht von Seneff, der Prinz von +Oranien habe sich in jeder Beziehung wie ein alter General benommen, nur +in sofern nicht, als er sich wie ein junger Soldat ausgesetzt. Wilhelm +leugnete, daß er sich der Tollkühnheit schuldig gemacht habe. Er stelle +sich, meinte er, nur aus Pflichtgefühl und aus kalter Berechnung dessen, +was das öffentliche Interesse erheische, immer auf den Posten der +Gefahr. Die Truppen, die er befehlige, seien wenig an den Krieg gewöhnt +und fürchteten ein Handgemenge mit den französischen Veteranen; es sei +daher nöthig, daß ihr Anführer ihnen zeige, wie man Schlachten gewinnt. +Und in der That wurde auch mehr als eine Schlacht, welche rettungslos +verloren schien, noch durch die Kühnheit gewonnen, mit der er seine +zersprengten Bataillone sammelte und eigenhändig die Memmen niederhieb, +welche das Beispiel zur Flucht gaben. Zuweilen sah es jedoch ganz so +aus, als ob er ein eignes Vergnügen daran finde, sein Leben zu +gefährden. Es wurde bemerkt, daß er nie heiterer, freundlicher und +liebenswürdiger war, als im blutigen Getümmel der Schlacht. Selbst bei +seinen Zerstreuungen liebte er das Aufregende der Gefahr. Kartenspiele, +Schach und Billard machten ihm kein Vergnügen; seine Lieblingserholung +war die Jagd, und die gefährlichste war ihm die liebste. Er machte oft +Sätze, daß seine kühnsten Begleiter nicht Lust hatten, ihm zu folgen. +Selbst die verwegensten Sportvergnügungen Englands scheint er für +weibisch gehalten zu haben, und im großen Parke von Windsor sehnte er +sich nach dem Wilde, das er in den Forsten von Geldern zu jagen gewohnt +war, nach Wölfen, Ebern und riesigen Sechzehnendern.[3] + + [Anmerkung 2: Nach dem Frieden von Ryswick drangen die Freunde + Wilhelm’s in ihn, mit dem französischen Gesandten ganz ernstlich + über die Mordanschläge zu sprechen, welche die Jakobiten von St. + Germain beständig schmiedeten. Die kaltblütige Hochherzigkeit, + mit der er diese Warnungen vor Gefahr aufnahm, ist besonders + characteristisch. Dem Grafen Bentinck, der von Paris sehr + beunruhigende Nachrichten gemeldet hatte, antwortete er nur am + Schlusse eines langen Geschäftsbriefes: +„Pour les assasins je ne + luy en ay pas voulu parler, croiant que c’etoit au desous de + moy.+“ -- 2.(12.) Mai 1698. Ich habe die Orthographie des + Originals, wenn von einer solchen überhaupt die Rede sein kann, + beibehalten.] + + [Anmerkung 3: Von Windsor schrieb er an Bentinck, damals Gesandten + in Paris: +„J’ay pris avant hier un cerf dans la forest avec les + chains du Pr. de Denm. et ay fait un assez jolie chasse, autant, + que ce vilain paiis le permest.“+ -- 20. März (1. April) 1698. Die + Orthographie ist schlecht, aber nicht schlechter als die + Napoleon’s. In besserer Stimmung schrieb Wilhelm von Loo aus: + +„Nous avons pris deux cerfs, le premier dans Dorewaert, qui est + un des plus gros que je sache avoir jamais pris. Il porte seize.“+ + -- 25. Oct. (4. Nov.) 1697.] + + +[_Sein Vergnügen an Gefahren; seine schlechte Gesundheit._] Seine +Tollkühnheit war um so merkwürdiger, da er von ungemein zarter +Körperconstitution war. Er war von früher Jugend an schwächlich und +kränklich gewesen, und im ersten Mannesalter waren seine Leiden durch +einen heftigen Pockenanfall noch verschlimmert worden. Er war engbrüstig +und schwindsüchtig. Sein schwächlicher Körper wurde durch einen +beständigen heiseren Husten erschüttert. Er konnte nicht schlafen, wenn +sein Kopf nicht durch mehrere Kissen unterstützt wurde, und nur in der +reinsten Luft konnte er ohne Beschwerden athmen. Dabei quälten ihn oft +heftige Kopfschmerzen. Körperliche Anstrengungen ermüdeten ihn sehr +bald. Die Ärzte pflegten die Hoffnung seiner Feinde dadurch aufrecht zu +erhalten, daß sie einen Termin festsetzten, über den hinaus, wenn sich +überhaupt irgend etwas in der Wissenschaft mit Sicherheit bestimmen +lasse, sein zerrütteter Organismus unmöglich ausdauern könnte. Dennoch +verließ seinen Geist während seines ganzen Lebens, das nur eine lange +Krankheit war, bei keiner wichtigen Gelegenheit die nöthige Kraft, um +seinen leidenden und siechen Körper aufrecht zu erhalten. + + +[_Kälte seines Benehmens und Heftigkeit seiner Gemüthsregungen._] Er war +mit heftigen Leidenschaften und mit leichter Reizbarkeit geboren; aber +die Welt hatte keine Ahnung von der Stärke seiner Gemüthsaffecte. Vor +den Blicken der Menge verbarg er seine Freude und seinen Kummer, seine +Zuneigung und seinen Groll unter einer phlegmatischen Ruhe, die ihm den +Ruf des kaltblütigsten und gleichgültigsten Menschen verschaffte. Wer +ihm eine gute Nachricht brachte, konnte selten ein Zeichen von Freude +entdecken; wer ihn nach einer Niederlage sah, spähte umsonst nach einer +Spur von Unmuth. Er lobte und tadelte, belohnte und bestrafte mit der +kalten Gelassenheit eines Mohawkhäuptlings; aber wer ihn genauer kannte +und ihn näher betrachtete, der bemerkte wohl, daß unter dieser Eisrinde +beständig ein ungestümes Feuer brannte. Nur selten raubte der Zorn ihm +seine Selbstbeherrschung; wenn er aber einmal in Wuth gerieth, so war +der erste Ausbruch seiner Leidenschaft furchtbar. Es war dann in der +That nicht rathsam, ihm zu nahe zu kommen. In diesen seltenen Fällen +jedoch gab er, sobald er seine Selbstbeherrschung wieder erlangt hatte, +Denen, die er beleidigt, so vollständige Genugthuung, daß sie sich fast +zu dem Wunsche versucht fühlten, er möchte aufs neue in Wuth gerathen. +Seine Liebe war nicht minder stürmisch als sein Zorn. Wo er einmal +liebte, da liebte er mit der ganzen Kraft seiner starken Seele. Wenn der +Tod ihn von einem geliebten Wesen trennte, fürchteten die wenigen Zeugen +seiner Schmerzensausbrüche für seinen Verstand und für sein Leben. Einem +sehr kleinen Kreise intimer Freunde gegenüber, auf deren Treue und +Verschwiegenheit er sich unbedingt verlassen konnte, war er ein ganz +andrer Mensch als der verschlossene und stoische Wilhelm, dem die Menge +jedes menschliche Gefühl absprach. In ihrer Gesellschaft war er +freundlich, gemüthlich, offenherzig, selbst gesellig und witzig, konnte +Stunden lang bei Tische sitzen und vollen Antheil an einer heiteren +Unterhaltung nehmen. + + +[_Seine Freundschaft für Bentinck._] Am höchsten in seiner Gunst stand +ein Kavalier seines Hofstaates, Namens Bentinck, der aus einem edlen +batavischen Geschlecht stammte und der Gründer eines der großen +patrizischen Häuser Englands werden sollte. Bentinck’s Treue hatte sich +in nicht gewöhnlicher Weise erprobt. Zu der Zeit, als die Vereinigten +Provinzen gegen die Macht Frankreichs um ihre Existenz kämpften, wurde +der junge Prinz, auf dem alle ihr Hoffnungen ruhten, von den Pocken +befallen. Diese Krankheit hatte bei mehreren Mitgliedern seiner Familie +einen tödtlichen Ausgang genommen und zeigte auch bei ihm anfangs einen +sehr bösartigen Character. Die Bestürzung des Volks war groß. Von früh +bis Abends waren die Straßen im Haag mit Leuten angefüllt, die sich +ängstlich nach dem Befinden Seiner Hoheit erkundigten. Endlich nahm das +Übel eine günstige Wendung. Seine Genesung wurde zum Theil seinem eignen +Gleichmuth, zum Theil der unerschrockenen und unermüdlichen Freundschaft +Bentinck’s zugeschrieben. Nur aus seinen Händen nahm Wilhelm Speisen und +Arzneien an; er allein hob ihn aus dem Bette und legte ihn wieder +hinein. „Ich weiß nicht, ob Bentinck während meiner Krankheit geschlafen +hat oder nicht,“ sagte Wilhelm mit inniger Rührung zu Temple; „soviel +aber weiß ich, daß ich in den sechzehn Tagen und Nächten nicht ein +einziges Mal etwas verlangte, ohne daß Bentinck augenblicklich an meiner +Seite gewesen wäre.“ Bevor der treue Diener seine Aufgabe ganz vollendet +hatte, wurde er selbst angesteckt. Trotzdem überwand er noch immer +Müdigkeit und Fieberschauer, bis sein Gebieter als Reconvalescent +erklärt wurde. Jetzt endlich bat er um Erlaubniß, nach Hause gehen zu +dürfen. Es war die höchste Zeit, denn seine Füße wollten ihn nicht mehr +tragen. Er kam in die größte Gefahr, genas aber und eilte, sobald er das +Bett verlassen konnte, zur Armee, wo er in vielen heißen Feldzügen immer +dicht an Wilhelm’s Seite gefunden ward, wie er es in einer Gefahr andrer +Art gewesen. + +Dies war der Ursprung einer so innigen und reinen Freundschaft wie +irgend eine, von der uns die alte oder neue Geschichte erzählt. Die +Nachkommen Bentinck’s bewahren noch heute viele Briefe auf, die Wilhelm +an ihren Ahnherrn geschrieben, und es ist nicht zuviel gesagt, wenn man +behauptet, daß wer diese Briefe nicht gelesen hat, sich keinen richtigen +Begriff von dem Character des Prinzen bilden kann. Der Mann, den selbst +seine Verehrer in der Regel für den zurückhaltendsten und frostigsten +Menschen hielten, vergißt hier jeden Rangunterschied und schüttet alle +seine Gedanken mit der Offenherzigkeit eines Schulknaben aus. Ohne +Rückhalt theilt er Geheimnisse von der höchsten Wichtigkeit mit und legt +mit der größten Einfachheit umfassende Pläne vor, welche alle +Regierungen Europa’s berührten. Mit seinen Mittheilungen über solche +Dinge verbindet er Mittheilungen von ganz andrer, aber vielleicht nicht +weniger interessanter Art. Alle seine Abenteuer, alle seine persönlichen +Ansichten, seine langen Jagdritte nach gewaltigen Hirschen, seine Gelage +am St. Hubertustage, das Gedeihen seiner Anpflanzungen, das Mißrathen +seiner Melonen, der Zustand seines Gestüts, der Wunsch, einen frommen +Zelter für seine Gemahlin zu erlangen, sein Verdruß, als er erfährt, daß +einer seiner Kavaliere, nachdem er ein Mädchen aus guter Familie +unglücklich gemacht, sich weigert, sie zu heirathen, seine Anfälle von +Seekrankheit, sein Husten, seine Kopfschmerzen, seine andächtigen +Stimmungen, seine Dankbarkeit für den göttlichen Schutz nach Errettung +aus einer großen Gefahr, seine Anstrengungen, sich nach einem +Unglücksfalle dem göttlichen Willen zu unterwerfen, dies Alles ist darin +mit einer liebenswürdigen Redseligkeit geschildert, die man von dem +verschwiegensten und ernstesten Staatsmanne jener Zeit kaum erwarten +sollte. Noch auffallender sind die sorglosen Ergüsse seiner Zärtlichkeit +und die brüderliche Theilnahme, die er an seines Freundes häuslichem +Glücke nimmt. Als Bentinck ein Erbe geboren wurde, sagte Wilhelm: „Ich +hoffe, er wird ein so braver Mann werden als Sie einer sind, und sollte +ich einen Sohn bekommen, so werden unsere Kinder einander hoffentlich +ebenso lieben, wie wir uns geliebt haben.“[4] Während seines ganzen +Lebens blickte er mit väterlicher Liebe auf die kleinen Bentincks. Er +ruft sie bei den zärtlichsten Diminutiven, er sorgt für sie in ihres +Vaters Abwesenheit, und so schwer es ihm wird, ihnen ein Vergnügen zu +versagen, so will er sie doch nicht an einer Jagdpartie teilnehmen +lassen, wo ihnen die Gefahr droht, von einem Hirsche gestoßen zu werden, +noch ihnen erlauben, bei einem Abendschmause bis spät in die Nacht +hinein zu verweilen.[5] Als ihre Mutter während der Abwesenheit ihres +Gatten krank wird, findet Wilhelm inmitten der wichtigsten und +dringendsten Staatsgeschäfte noch soviel Zeit, um an einem Tage mehrere +expresse Boten mit kurzen Briefen abzuschicken, in denen er von ihrem +Zustande Nachricht giebt.[6] Einmal als sie nach einem heftigen Anfall +außer Gefahr erklärt wird, ergießt sich der Prinz in die wärmsten +Dankesbezeigungen gegen Gott. „Ich schreibe,“ sagt er, „mit Thränen der +Freude in den Augen.“[7] Es liegt ein eigner Reiz in diesen Briefen von +der Hand eines Mannes, dessen Alles überwältigende Energie und +unbeugsame Festigkeit selbst seinen Feinden Achtung abnöthigte, dessen +kaltes und unfreundliches Benehmen in den meisten seiner Anhänger keine +innigere Zuneigung aufkommen ließ und dessen Geist beständig mit +gigantischen Plänen beschäftigt war, welche die Gestalt der Welt +veränderten. + +Seine Güte ward keinem Unwürdigen zu Theil. Temple hatte frühzeitig +Bentinck für den besten und treuesten Diener erklärt, den je ein Fürst +zu besitzen das Glück hatte, und er verdiente diesen ehrenvollen Titel +sein ganzes Leben hindurch. Die beiden Freunde waren in der That wie für +einander geschaffen. Wilhelm bedurfte weder eines Führers noch eines +Schmeichlers. Da er ein festes und wohlbegründetes Vertrauen in sein +eignes Urtheil setzte, so war er kein Freund von Rathgebern, die ihn mit +Vorschlägen und Einwendungen überhäuften. Zu gleicher Zeit besaß er eine +zu scharfe Unterscheidungsgabe und einen zu edlen Sinn, als daß er an +Schmeicheleien hätte Vergnügen finden können. Der Vertraute eines +solchen Fürsten mußte ein Mann sein nicht von erfinderischem Genie oder +von gebieterischem Character, aber bieder und treu, im Stande, jeden +Befehl pünktlich zu vollziehen, Geheimnisse unverbrüchlich zu bewahren, +Ereignisse umsichtig zu beobachten und treulich zu berichten. Und ein +solcher Mann war Bentinck. + + [Anmerkung 4: 3. März 1679.] + + [Anmerkung 5: +„Voilà en peu de mot le détail de nostre St. + Hubert. Et j’ay en soin que M. Woodstoc+ (Bentinck’s ältester + Sohn) +n’a point esté à la chasse, bien moin au soupé, quoyqu’il + fut icy. Vous pouvez pourtant croire que de n’avoir pas chassé l’a + un peu mortifié, mais je ne l’ay pas ausé prendre sur moy, puisque + vous m’aviez dit que vous ne le souhaitiez pas.“+ -- Von Loo, 4. + Nov. 1697.] + + [Anmerkung 6: Am 15. Juni 1688.] + + [Anmerkung 7: 6. Sept. 1679.] + + +[_Marie, Prinzessin von Oranien._] Wilhelm war in der Ehe nicht weniger +glücklich als in der Freundschaft. Anfangs hatte jedoch seine Ehe kein +besonderes häusliches Glück versprochen. Seine Wahl war hauptsächlich +durch politische Rücksichten bestimmt worden, und es sah nicht +wahrscheinlich aus, daß zwischen einem hübschen sechzehnjährigen +Mädchen, die zwar ein sanftes Gemüth und natürlichen Verstand besaß, im +übrigen aber unwissend und einfach war, und einem Bräutigam, der, obwohl +noch nicht ganz achtundzwanzig Jahr alt, doch seinem körperlichen +Zustande nach älter war als ihr Vater, der ein kaltes, abstoßendes +Benehmen hatte und dessen Kopf beständig mit Staatsgeschäften und +Sportvergnügungen angefüllt war, eine innige Zuneigung würde entstehen +können. Eine Zeit lang vernachlässigte Wilhelm seine Gemahlin, indem er +durch andere Frauen von ihr abgezogen wurde, besonders durch eine ihrer +Hofdamen, Namens Elisabeth Villiers, welche Talente besaß, die sie wohl +geeignet machten, seine Sorgen zu theilen, obgleich sie aller +persönlichen Reize entbehrte und sogar durch ein häßliches Schielen +entstellt war.[8] Er schämte sich zwar seiner Fehler und bemühte sich +nach Kräften, sie zu verbergen, aber trotz aller Vorsicht wußte Marie +wohl, daß er ihr nicht ganz treu war. Spione und Ohrenbläser thaten auf +Anregen ihres Vaters ihr Möglichstes, um ihren Zorn zu entflammen. Ein +Mann von ganz andrem Character, der vortreffliche Ken, der mehrere +Monate lang im Haag ihr Kaplan war, wurde so aufgebracht durch die ihr +widerfahrenden Kränkungen, daß er mit mehr Eifer als Besonnenheit +drohte, ihren Gemahl ernstlich zur Rede zu setzen.[9] Sie selbst ertrug +jedoch alles Unrecht mit einer Sanftmuth und Geduld, welche ihr nach und +nach Wilhelm’s Achtung und Dankbarkeit erwarben. Indessen war auch noch +eine andre Ursache der Entfremdung vorhanden. Es kam ohne Zweifel eine +Zeit, wo die Prinzessin, welche nur zu Stickereiarbeiten, zum +Spinetspiel und zum Lesen der Bibel und der „Pflichten des Menschen“ +erzogen war, das Oberhaupt einer großen Monarchie wurde und das +Gleichgewicht Europa’s in ihrer Hand ruhte, während ihr ehrgeiziger, +geschäftskundiger und beständig auf große Unternehmungen sinnender +Gemahl bei der britischen Regierung keine vorausbestimmte Stelle für +sich fand und nur durch ihre Güte und so lange es ihr gefiel Macht +ausüben konnte. Es kann nicht befremden, daß ein Mann, der die Gewalt so +liebte wie Wilhelm, und der sich seines Herrschergenies so bewußt war, +in hohem Maße die Eifersucht empfand, die während eines Königthums von +wenigen Stunden zwischen Guildford Dudley und Lady Johanna Zwietracht +hervorrief und einen noch viel tragischeren Bruch zwischen Darnley und +der Königin von Schottland herbeiführte. Die Prinzessin von Oranien +hatte nicht die leiseste Ahnung von den Gefühlen ihres Gemahls. Ihr +Lehrer, der Bischof Compton, hatte sie in der Religion sorgfältig +unterrichtet und ihr Gemüth namentlich gegen die Künste der +römisch-katholischen Theologen gestählt, sie aber in völliger Unkenntniß +der englischen Verfassung und ihrer eignen Stellung gelassen. Sie wußte, +daß ihr eheliches Gelübde sie zum Gehorsam gegen ihren Gemahl +verpflichtete und es war ihr nie in den Sinn gekommen, daß dieses +gegenseitige Verhältniß einmal umgekehrt werden könnte. Sie war bereits +neun Jahre vermählt, ehe sie die Ursache von Wilhelm’s Verstimmung +entdeckte, und von ihm selbst würde sie dieselbe auch nie erfahren +haben. In Folge seiner ganzen Gemüthsart brütete er eher über die ihn +niederdrückenden Sorgen, als daß er denselben einen Ausdruck gab, und in +diesem speciellen Falle wurde sein Mund durch ein ganz natürliches +Zartgefühl versiegelt. Endlich aber kam durch die Vermittelung Gilbert +Burnet’s eine vollkommene Verständigung und Aussöhnung zu Stande. + + [Anmerkung 8: Siehe Swift’s Bericht über sie im +Journal to + Stella+.] + + [Anmerkung 9: Heinrich Sidney’s Tagebuch vom 31. März 1680 in Mr. + Blencowe’s interessanter Sammlung.] + + +[_Gilbert Burnet._] Burnet’s Ruf ist mit auffallender Böswilligkeit und +Hartnäckigkeit angegriffen worden. Der Angriff begann schon frühzeitig +in seinem Leben und wird noch jetzt mit unverminderter Heftigkeit +fortgesetzt, obgleich er bereits über ein und ein Viertel Jahrhundert im +Grabe liegt. Allerdings ist er auch für den Parteihaß und den +muthwilligen Spott eine Zielscheibe, wie sie sich keine bessere wünschen +können, denn die Mängel seines Verstandes und seines Characters liegen +klar am Tage und können Niemandem entgehen. Es waren jedoch nicht die +Fehler, welche man als seinen Landsleuten eigen zu betrachten pflegt. Er +allein unter den vielen Schotten, die sich in England zu Auszeichnung +und Wohlstand emporgeschwungen haben, hatte den Charakter, welchen +Satiriker, Romanschreiber und Schauspieldichter allgemein den irischen +Abenteurern zuschreiben. Seine physische Lebendigkeit, seine +Ruhmredigkeit, seine unverhohlene Eitelkeit, seine Faseleien, seine +herausfordernde Indiscretion und seine kecke Dreistigkeit boten den +Tories unerschöpflichen Stoff zu Spötteleien. Auch unterließen seine +Feinde nicht, ihm nebenbei über seine breiten Schultern, seine dicken +Waden und sein Glück in Heirathsspekulationen auf verliebte reiche +Wittwen mehr witzige als artige Complimente zu machen. Obwohl jedoch +Burnet in vieler Beziehung dem Spott und selbst dem Tadel Blößen darbot, +so verdiente er doch keineswegs eine solche Geringschätzung. Er besaß +einen regen Geist, einen unermüdlichen Fleiß und eine vielseitige, +ausgedehnte Belesenheit. Er war zu gleicher Zeit Geschichtsschreiber, +Alterthumsforscher, Theolog, Prediger, Tagesschriftsteller, Polemiker +und thätiger politischer Parteiführer, und in allen diesen +Eigenschaften zeichnete er sich unter vielen geschickten Mitbewerbern +vortheilhaft aus. Die vielen geistreichen Abhandlungen, die er über +Tagesbegebenheiten schrieb, sind jetzt nur noch Forschern bekannt; aber +seine +History of his own Times+, seine +History of the Reformation+, +seine +Exposition of the Articles+, sein +Discourse of Pastoral Care+, +sein +Life of Hale+ und sein +Life of Wilmot+ werden noch immer neu +aufgelegt und fehlen in keiner guten Privatbibliothek. Gegen eine solche +Thatsache vermögen alle Anstrengungen der Verleumder nichts. Ein +Schriftsteller, dessen umfangreiche Werke in verschiedenen Zweigen der +Literatur noch hundertdreißig Jahre nach seinem Tode zahlreiche Leser +finden, kann große Fehler gehabt haben, muß aber auch große Vorzüge +gehabt haben, und diese hatte Burnet: einen fruchtbaren und regen Geist +und einen Styl, der allerdings von tadelloser Reinheit weit entfernt, +doch stets klar, oft lebendig ist und sich zuweilen selbst zu +feierlicher und glühender Beredtsamkeit erhebt. Auf der Kanzel wurde die +Wirkung seiner ohne irgend welche schriftliche Notizen gehaltenen +Predigten noch erhöht durch eine edle Gestalt und einen imponirenden +Vortrag. Er wurde oft durch das Beifallsgemurmel seiner Zuhörer +unterbrochen, und wenn die Sanduhr, die sich damals auf jeder Kanzel +befand, abgelaufen war und er dieselbe emporhielt, forderte ihn die +Gemeinde durch lauten Zuruf auf fortzufahren, bis der Sand noch einmal +abgelaufen wäre.[10] Die großen Mängel seines sittlichen Characters und +seines Geistes wurden durch große Vorzüge mehr als ausgeglichen. +Obgleich durch Vorurtheil und Leidenschaft oft auf Irrwege geführt, war +er doch im strengsten Sinne des Worts ein Ehrenmann. Konnte er auch den +Versuchungen der Eitelkeit nicht immer widerstehen, so stand sein +Character doch hoch über den Einflüssen der Habsucht und der Furcht. Er +war von Gemüth leutselig, hochherzig, dankbar und nachsichtig.[11] Sein +Glaubenseifer, obwohl stetig und glühend, wurde im Allgemeinen durch +Humanität und durch Achtung der Gewissensfreiheit in Schranken gehalten. +Trotz seiner unerschütterlichen Anhänglichkeit an das was er als den +Geist des Christenthums betrachtete, war er doch gleichgültig gegen +Gebräuche, Namen und Formen der kirchlichen Verfassung und war selbst +gegen Ungläubige und Ketzer, deren Lebenswandel tadellos war und deren +Irrthümer mehr die Wirkung falscher Begriffe als eines verderbten +Characters zu sein schienen, durchaus nicht zur Strenge geneigt. Aber +gleich vielen anderen braven Männern jener Zeit betrachtete er die Sache +der römischen Kirche als eine Ausnahme von allen gewöhnlichen Regeln. + +Burnet genoß schon seit mehreren Jahren eines europäischen Rufes. Seine +Geschichte der Reformation war von allen Protestanten mit lautem Beifall +aufgenommen und von den römischen Katholiken als ein gewaltiger Schlag +gefühlt worden. Der größte Gelehrte, den die römische Kirche seit dem +Schisma des sechzehnten Jahrhunderts hervorgebracht, Bossuet, Bischof +von Meaux, war mit der Bearbeitung einer ausführlichen Erwiederung +beschäftigt. Burnet war von einem der glaubenseifrigen Parlamente, +welche während der durch das papistische Complot verursachten Aufregung +tagten, mit einem Dankvotum beehrt und im Namen der Gemeinen von England +ersucht worden, seine geschichtlichen Forschungen fortzusetzen. Er war +von Karl sowohl als von Jakob in deren engere Unterhaltungszirkel +gezogen worden, hatte mit mehreren ausgezeichneten Staatsmännern, +besonders mit Halifax auf sehr vertrautem Fuße gestanden und war der +Gewissensrath einiger sehr hochstehenden Personen gewesen. Er hatte +ferner einen der glänzendsten Wüstlinge jener Zeit, Johann Wilmot, Earl +von Rochester, von Atheismus und Ausschweifung zurückgebracht. Lord +Stafford, das Opfer des Oates, war, obgleich Katholik, in seinen letzten +Stunden durch Burnet’s geistlichen Zuspruch über diejenigen Punkte, in +denen alle Christen übereinstimmen, erbaut worden. Wenige Jahre später +begleitete Burnet einen noch erlauchteren Dulder, Lord Russell, vom +Tower auf das Schaffot in Lincoln’s Inn Fields. Der Hof hatte nichts +unversucht gelassen, um einen so thätigen und tüchtigen Theologen zu +gewinnen. Weder königliche Schmeicheleien, noch die Verheißung +einträglicher Stellen waren gespart worden. Aber Burnet war, obwohl in +früher Jugend von den servilen Lehren angesteckt, denen der damalige +Klerus durchgehends anhing, aus Überzeugung Whig geworden und er blieb +seinen Grundsätzen durch alle Wechselfälle des Lebens treu. Er hatte +jedoch keinen Antheil an der Verschwörung genommen, welche soviel +Schmach und Unheil über die Whigpartei brachte und verabscheuete nicht +nur die Mordpläne Goodenough’s und Ferguson’s, sondern war auch der +Meinung, daß selbst sein geliebter und verehrter Freund Russell gegen +die Regierung weiter gegangen sei, als es sich rechtfertigen ließ. +Endlich kam eine Zeit, wo die Unschuld kein hinreichender Schutz war. +Burnet wurde, obgleich er sich keiner Übertretung des Gesetzes schuldig +gemacht, von der Rache des Hofes verfolgt. Er begab sich auf den +Continent und nachdem er etwa ein Jahr auf jene Wanderungen durch die +Schweiz, durch Italien und Deutschland verwendet, von denen er uns eine +anziehende Beschreibung hinterlassen hat, ging er im Sommer 1686 nach +dem Haag, wo er mit Freundlichkeit und Achtung aufgenommen wurde. Er +unterhielt sich sehr freisinnig mit der Prinzessin über Politik und +Religion und wurde bald ihr geistlicher Beistand und vertrauter +Rathgeber. Wilhelm erwies sich als ein viel freundlicherer Wirth, als es +zu erwarten gewesen wäre. Denn von allen Fehlern waren ihm +Zudringlichkeit und Indiscretion am meisten verhaßt und Burnet war, wie +selbst seine Freunde und Verehrer zugestanden, der zudringlichste und +indiscreteste Mensch, den es geben konnte. Aber der scharfsichtige Prinz +bemerkte sehr wohl, daß dieser vorlaute und schwatzhafte Theolog, der +beständig Geheimnisse ausplauderte, naseweise Fragen stellte und +unerbetenen Rath aufdrängte, bei alledem ein freimüthiger, furchtloser +und kluger Mann war, der die Gesinnungen und Absichten der britischen +Secten und Factionen genau kannte. Auch war der Ruf von Burnet’s +Beredsamkeit und Gelehrsamkeit weit verbreitet. Wilhelm selbst war kein +Freund vom Lesen, aber er stand jetzt seit vielen Jahren an der Spitze +der holländischen Regierung zu einer Zeit, wo die holländische Presse +eines der gewaltigsten Werkzeuge war, durch welche die öffentliche +Meinung in Europa bearbeitet wurde, und obgleich er an literarischen +Genüssen kein Vergnügen fand, war er doch viel zu klug und +scharfsichtig, als daß er den Werth des literarischen Beistandes nicht +hätte erkennen sollen. Er wußte sehr wohl, daß eine populäre Flugschrift +zuweilen ebenso gute Dienste leistet als ein Sieg auf dem Schlachtfelde. +Auch sah er ein, wie wichtig es sei, daß er immer einen Mann um sich +hatte, der mit der bürgerlichen und kirchlichen Verfassung unsrer Insel +vertraut war, und Burnet eignete sich vortrefflich dazu, als lebende +Encyclopädie über britische Angelegenheiten benutzt zu werden, denn +seine Kenntnisse waren, wenn auch nicht immer ganz zuverlässig, doch von +erstaunlicher Vielseitigkeit und es gab in England wie in Schottland +wenige ausgezeichnete Männer irgend einer politischen oder religiösen +Partei, mit denen er nicht verkehrt hätte. Es wurde ihm daher die +nämliche Gunst und das nämliche Vertrauen gewährt wie nur irgend Einem +außer denen, welche den kleinen intimsten Kreis von Privatfreunden des +Prinzen bildeten. Nahm sich der Doctor Freiheiten heraus, was nicht +selten der Fall war, so wurde sein Gönner noch kälter und mürrischer als +gewöhnlich gegen ihn und äußerte zuweilen eine kurze, beißende +Bemerkung, die einem Menschen von gewöhnlicher Dreistigkeit für immer +den Mund geschlossen haben würde. Trotz solcher Vorfälle aber dauerte +die Freundschaft dieses sonderbaren Paares mit wenigen kurzen +Unterbrechungen so lange, bis sie durch den Tod aufgelöst wurde. Es war +in der That nicht leicht, Burnet zu kränken. Seine Selbstgefälligkeit, +seine heitere Sorglosigkeit und seine Taktlosigkeit waren so groß, daß +er wohl oft Anstoß gab, aber nie Anstoß nahm. + + [Anmerkung 10: Sprecher Onslow’s Note zu Burnet I. 596; +Johnson’s + Life of Sprat+.] + + [Anmerkung 11: Niemand hat Burnet häufiger und bitterer + widersprochen als Dartmouth. Und doch schrieb auch Dartmouth: „Ich + glaube nicht, daß er jemals vorsätzlich etwas veröffentlichte, was + er für falsch hielt.“ Zu einer späteren Zeit nahm er, durch einige + Bemerkungen über sich im zweiten Bande der Geschichte des Bischofs + gereizt, dieses Lob zurück; aber auf einen solchen Widerruf darf + man kein großes Gewicht legen. Selbst Swift war so gerecht zu + sagen: „Im Ganzen war er ein hochherziger und braver Mann.“ +Short + Remarks on Bishop Burnet’s History+. + + Burnet wird gewöhnlich als ein auffallend ungenauer + Geschichtsschreiber getadelt; aber ich halte diesen Vorwurf für + ungerecht. Er scheint nur deshalb ungenau zu sein, weil seine + Darstellung einer besonders strengen und unfreundlichen Kritik + unterzogen worden ist. Wenn ein Whig sich die Mühe nehmen wollte + +Reresby’s Memoirs, North’s Examen, Mulgrave’s Account of the + Revolution+ oder +Clarke’s Life of James the Second+ einer + ähnlichen Prüfung zu unterwerfen, so würde es sich bald zeigen, + daß Burnet keineswegs der ungenaueste Geschichtsschreiber seiner + Zeit war.] + + +[_Er vermittelt eine innigere Annäherung zwischen dem Prinzen und der +Prinzessin._] Alle Eigenthümlichkeiten seines Characters machten ihn +ganz dazu geeignet, der Friedensstifter zwischen Wilhelm und Marien zu +werden. Wenn Personen, die einander achten und lieben sollten, durch +eine Ursache von einander fern gehalten werden, welche drei freimüthig +gesprochene Worte beseitigen könnten, so ist es ein Glück für sie, wenn +sie einen indiscreten Freund haben, der mit der ganzen Wahrheit +herausplatzt. Burnet sagte der Prinzessin ganz offen, welches Gefühl an +dem Herzen ihres Gemahls nagte. Sie erfuhr jetzt zum ersten Male mit +nicht geringem Erstaunen, daß, wenn sie Königin von England würde, +Wilhelm ihren Thron nicht theilen sollte. Sie erklärte mit den innigsten +Worten, daß es keinen Beweis von ehelicher Unterwerfung und Liebe gebe, +zu dem sie nicht jeden Augenblick bereit wäre. Unter vielen +Entschuldigungen und feierlichen Versicherungen, daß kein andrer Mensch +ihm ein Wort in den Mund gelegt habe, sagte ihr Burnet nun, daß das +Heilmittel in ihrer Hand liege. Wenn die Krone ihr zugefallen sei, könne +sie leicht ihr Parlament dazu bewegen, daß es ihrem Gatten nicht nur den +Königstitel gewährte, sondern ihm sogar durch ein Gesetz die Zügel der +Regierung in die Hand gab. „Aber,“ setzte er hinzu, „Ihre königliche +Hoheit müssen wohl überlegen, ehe Sie einen solchen Entschluß +aussprechen, denn es ist ein Entschluß, dessen Zurücknahme weder rathsam +noch leicht sein würde, wenn er einmal angekündigt wäre.“ -- „Ich bedarf +keiner Zeit zur Überlegung,“ antwortete Marie. „Es ist genug, daß ich +eine Gelegenheit habe, um dem Prinzen meine Achtung zu beweisen. Theilen +Sie ihm mit was ich gesagt habe, und bringen Sie ihn zu mir, damit er es +aus meinem eigenen Munde höre.“ Burnet wollte den Prinzen sogleich +herbeiholen, aber er war viele Meilen weit entfernt auf einer +Hirschjagd. Erst am folgenden Tage konnte die entscheidende Unterredung +stattfinden. „Ich habe erst gestern erfahren,“ sagte Marie, „daß +zwischen den Gesetzen Englands und den Gesetzen Gottes ein solcher +Unterschied obwaltet. Aber ich verspreche Ihnen, daß Sie jederzeit der +Gebieter sein sollen, und ich verlange keinen andren Lohn dafür, als daß +Sie das Gebot, welches den Gatten vorschreibt, ihre Frauen zu lieben, +ebenso befolgen, wie ich das Gebot halte, welches den Frauen +vorschreibt, ihren Gatten zu gehorchen.“ Dieser Beweis von edelmüthiger +Zuneigung gewann ihr Wilhelm’s Herz vollständig. Von diesem Augenblicke +an bis zu dem traurigen Tage, an welchem er ohnmächtig von ihrem +Sterbebett hinweggetragen wurde, herrschte vollkommene Freundschaft und +unbegrenztes Vertrauen zwischen ihnen. Viele von ihren Briefen an ihn +sind noch vorhanden und sie enthalten zahlreiche Beweise, daß es diesem +Manne, der in den Augen der Menge für so unliebenswürdig galt, gelungen +war, einer schönen und tugendhaften Frau, welche in Hinsicht der Geburt +über ihm stand, eine bis zur abgöttischen Verehrung gehende Liebe +einzuflößen. + +Der Dienst, den Burnet seinem Vaterlande erzeigt, war von hoher +Bedeutung. Es war eine Zeit gekommen, wo es für das Wohl des Staates +sehr wichtig war, daß zwischen dem Prinzen und der Prinzessin +vollkommene Eintracht herrschte. + + +[_Beziehungen Wilhelm’s zu den englischen Parteien._] Bis nach der +Unterdrückung des Aufstandes im Westen hatten ernste Ursachen des +Zwiespaltes Wilhelm sowohl von den Tories als von den Whigs getrennt. Er +hatte mit großem Mißfallen die Versuche der Whigs beobachtet, der +ausübenden Gewalt einige Befugnisse zu entziehen, die er zur +Aufrechthaltung ihrer Wirksamkeit und ihrer Würde für nöthig hielt. Mit +noch größerem Mißfallen hatte er die Unterstützung gesehen, welche ein +großer Theil dieser Partei den Anmaßungen Monmouth’s angedeihen ließ. Es +schien als ob die Opposition zuerst die Krone Englands des Tragens nicht +mehr werth machen und sie dann einem Bastard und Betrüger aufs Haupt +setzen wollte. Zu gleicher Zeit war das religiöse System des Prinzen +weit verschieden von dem, welchem die Torypartei huldigte. Sie waren +Arminianer und Prälatisten. Sie sahen mit Verachtung auf die +protestantischen Kirchen des Continents herab und hielten jede Zeile +ihrer eignen Liturgie und Rubrica für kaum weniger geheiligt als die +Evangelien. Seine Ansichten über die metaphysischen Seiten der Theologie +waren calvinistisch. Seine Ansichten bezüglich der Kirchenverfassungen +und der gottesdienstlichen Formen waren latitudinarisch. Er gab zu, daß +das Episcopat eine gesetzliche und zweckmäßige Form des Kirchenregiments +sei; aber er sprach mit Bitterkeit und Hohn von der Bigotterie Derer, +welche die bischöfliche Ordination für ein wesentliches Erforderniß +einer christlichen Gesellschaft hielten. Gegen die durch die Liturgie +vorgeschriebenen Gewänder und Gesten hatte er keine Bedenken, aber er +gestand, daß ihm die Gebräuche der anglikanischen Kirche lieber sein +würden, wenn sie ihn weniger an die Gebräuche der römischen Kirche +erinnerten. Man hatte ihn ein ominöses Gemurmel von sich geben hören, +als er in der Privatkapelle seiner Gemahlin zum ersten Male einen Altar +nach anglikanischer Weise geschmückt sah, und es schien ihm nicht +sonderlich zu gefallen, als er Hooker’s +Ecclesiastical Policy+ in ihrer +Hand sah.[12] + + [Anmerkung 12: +Dr.+ Hooper’s handschriftliche Erzählung im + Anhange zu Lord Dungannon’s +Life of William+.] + + +[_Seine Gesinnungen gegen England._] Er verfolgte daher lange den Streit +zwischen den englischen Parteien mit Aufmerksamkeit, aber ohne eine +starke Vorliebe für die eine oder die andre Partei zu hegen. Er wurde +auch bis ans Ende seines Lebens in der That niemals weder ein Whig, noch +ein Tory. Es fehlte ihm das was die gemeinsame Grundlage beider +Charactere ist, denn er wurde nie ein Engländer. Er rettete zwar +England, liebte es aber nie und erlangte ebensowenig die Liebe der +Engländer. Für ihn war es nur ein Verbannungsort, den er mit Widerwillen +besuchte und mit Freuden verließ. Selbst als er dem Lande die Dienste +leistete, deren günstige Wirkungen wir bis auf den heutigen Tag fühlen, +war sein Hauptzweck nicht die Wohlfahrt desselben. + + +[_Seine Gesinnungen gegen Holland und Frankreich._] All’ sein +patriotisches Gefühl gehörte Holland. Hier befand sich das prächtige +Grabmal, in welchem der große Staatsmann ruhte, dessen Blut, dessen +Namen, dessen Character und dessen Genie er geerbt hatte. Hier war der +bloße Klang seines Namens schon ein Zauberspruch, welcher durch drei +Generationen die liebevolle Begeisterung der Landleute und Handwerker +erweckt hatte. Die holländische Sprache war die Sprache seiner +Kinderstube; unter dem holländischen Adel hatte er seine ersten Freunde +gewählt; die Vergnügungen, die Bauart und die Gegenden seines +Heimathlandes wurzelten tief in seinem Herzen. Zu ihm wendete er sich +immer wieder mit unveränderter Zärtlichkeit von einem stolzeren und +schöneren Nebenbuhler ab. In den Sälen von Whitehall sehnte er sich nach +dem traulichen Hause im Busche im Haag und er fühlte sich nie +glücklicher, als wenn er die Pracht von Windsor mit der bescheidenen +Einfachheit von Loo vertauschen konnte. Während seiner glänzenden +Verbannung fand er einigen Trost darin, daß er durch Bauen, Pflanzen und +Graben um sich her einen Schauplatz schaffen konnte, der ihn an die +regelmäßigen Gebäude von rothem Backstein, an die langen Kanäle und an +die symmetrischen Blumenbeete erinnerte, unter denen er seine Jugend +verlebt hatte. Doch selbst die Liebe zu seinem Vaterlande war einem +andren Gefühle untergeordnet, welches schon frühzeitig in seiner Seele +die Oberherrschaft gewann, das sich mit allen seinen Leidenschaften +vermischte, das ihn zu großartigen Unternehmungen anspornte, das ihn +aufrecht erhielt, wenn Kränkungen, Schmerzen, Krankheit und Sorgen ihn +zu Boden drücken wollten, das gegen das Ende seiner Laufbahn einmal +kurze Zeit erloschen zu sein schien, aber bald heftiger als je wieder +hervorbrach und ihn noch beseelte, als das Sterbegebet an seinem Lager +gesprochen wurde. Dieses Gefühl war der Haß gegen Frankreich und den +prachtliebenden König, der in mehr als einer Hinsicht Frankreich +repräsentirte und der mit seinen specifisch französischen Tugenden und +Vorzügen jenen unruhigen, gewissenlosen und dünkelhaften Ehrgeiz +verband, der zu wiederholten Malen den Zorn ganz Europa’s über +Frankreich gebracht hat. + +Es ist nicht schwer, die Fortschritte des Gefühls zu verfolgen, welches +nach und nach die Alleinherrschaft in Wilhelm’s Seele erlangte. Als er +kaum erst dem Knabenalter entwachsen, war sein Vaterland in +prahlerischem Trotze gegen Recht und Gerechtigkeit überfallen, verwüstet +und allen Excessen der Raubsucht, Ausschweifung und Grausamkeit +preisgegeben worden. Die Holländer hatten sich in ihrer Bedrängniß vor +dem Eroberer gedemüthigt und um Gnade gefleht. Darauf war ihnen der +Bescheid geworden, daß wenn sie Frieden wünschten, sie ihre +Selbstständigkeit aufgeben und alljährlich dem Hause Bourbon huldigen +müßten. Die schwer beleidigte Nation hatte, zur Verzweiflung getrieben, +ihre Deiche durchbrochen und das Meer als Bundesgenossen gegen die +französische Tyrannei zu Hülfe gerufen. Mitten in den Greueln dieses +Kampfes, während die Landleute entsetzt vor den Eroberern flohen, +während Hunderte von schönen Gärten und Lusthäusern in den Fluthen +begraben, während die Berathungen der Generalstaaten durch die +Ohnmachten und das laute Weinen alter Senatoren unterbrochen wurden, +welche den Gedanken nicht ertragen konnten, die Freiheit und den Ruhm +ihres Vaterlandes zu überleben, war Wilhelm an die Spitze der Geschäfte +berufen worden. Eine Zeit lang dünkte ihm jeder Widerstand hoffnungslos. +Er sah sich vergebens nach Hülfe um. Spanien war ausgesogen, Deutschland +zerrissen, England bestochen. Es schien dem jungen Statthalter, als ob +ihm nichts weiter übrig bliebe, als mit dem Schwerte in der Hand zu +fallen, oder der Aeneas einer großen Völkerwanderung zu werden und in +Gegenden, welche außer dem Bereiche der Tyrannei Frankreichs lagen, ein +neues Holland zu gründen. Dann wäre kein Hinderniß mehr vorhanden +gewesen, das die Fortschritte des Hauses Bourbon hätte hemmen können. +Noch wenige Jahre und dieses Haus würde seine Besitzungen durch +Lothringen und Flandern, Castilien und Arragonien, Neapel und Mailand, +Mexico und Peru vergrößert haben. Ludwig hätte sich dann die Kaiserkrone +aufsetzen, einen Prinzen seines Hauses auf den Thron Polens erheben und +der Alleinherrscher in Europa von den scythischen Wüsten bis zum +Atlantischen Ocean, sowie in Amerika von den Gegenden nördlich vom +Wendekreis des Krebses bis zu den Gegenden südlich vom Wendekreis des +Steinbocks werden können. Dies waren die Aussichten, die sich Wilhelm +darboten, als er in das öffentliche Leben eintrat und welche ihn bis zu +seinem letzten Tage unaufhörlich verfolgten. Die französische Monarchie +war für ihn das was die römische Republik für Hannibal, was das +ottomanische Reich für Scanderbeg, was die südliche Herrschaft für +Wallace war. Die Religion gab diesem glühenden und unverlöschlichen +Hasse ihre Weihe. Hunderte von calvinistischen Predigern verkündeten, +daß die nämliche Macht, welche Simson vom Mutterleibe an dazu bestimmt, +die Geißel der Philister zu werden, und welche Gideon von der +Dreschtenne abgerufen, um die Midianiter zu schlagen, Wilhelm von +Oranien zum Vorkämpfer aller freien Nationen und aller reinen Kirchen +erkoren habe, und diese Ansicht war nicht ohne Einfluß auf sein Gemüth +geblieben. Dem Vertrauen, welches dieser heldenmüthige Fatalist in seine +erhabene Bestimmung und in seine heilige Sache setzte, ist zum Theil +seine auffallende Gleichgültigkeit gegen jede Gefahr zuzuschreiben. Er +hatte ein großes Werk zu vollbringen und bis es vollbracht war, konnte +ihm nichts schaden. Daher kam es auch, daß er trotz der Prophezeiungen +der Ärzte von hoffnungslos scheinenden Krankheiten genas, daß Schaaren +von Mördern sich vergebens gegen sein Leben verschworen, daß der offene +Nachen, dem er sich in sternenloser Nacht auf einem tobenden Ocean an +einer verrätherischen Küste anvertraute, ihn wohlbehalten ans Land trug +und daß auf zwanzig Schlachtfeldern die Kanonenkugeln auf allen Seiten +an ihm vorübersausten. Die Begeisterung und Ausdauer, womit er sich +seiner Sendung widmete, haben kaum ein Beispiel in der Geschichte. +Seinem großen Ziele gegenüber achtete er das Leben Anderer ebenso gering +als sein eigenes. Selbst die menschlichsten und edelmüthigen Soldaten +jener Zeit waren zu sehr daran gewöhnt, das Blutvergießen und die +Verheerungen, welche von großen kriegerischen Unternehmungen +unzertrennlich sind, mit kalter Gleichgültigkeit zu betrachten, und +Wilhelm’s Herz war nicht allein durch berufsmäßige Unempfindlichkeit, +sondern auch durch die noch starrere Unempfindlichkeit gestählt, welche +die Wirkung des Pflichtgefühls ist. Drei große Coalitionen, drei lange +und blutige Kriege, in denen ganz Europa von der Weichsel bis zum +westlichen Ocean unter den Waffen stand, sind lediglich seiner +unbezwinglichen Energie zuzuschreiben. Als im Jahre 1678 die +Generalstaaten erschöpft und entmuthigt nach Ruhe verlangten, stimmte er +noch immer dagegen, das Schwert in die Scheide zu stecken, und der +Friede wurde nur geschlossen, weil er seinen wilden und entschlossenen +Geist nicht auch Anderen einhauchen konnte. Noch im letzten Augenblicke +schlug er in der Hoffnung, dadurch die Unterhandlungen abzubrechen, von +denen er wohl wußte, daß sie dem Abschlusse nahe waren, eine der +blutigsten und hartnäckigsten Schlachten jener Zeit. Von dem Tage an, wo +der Friede von Nymwegen unterzeichnet worden war, begann er auf eine +neue Coalition zu sinnen. Sein Streit mit Ludwig, der nun vom +Schlachtfelde in das Kabinet versetzt wurde, ward bald durch eine +Privatfehde noch erbitterter. Die beiden Rivalen waren einander in +Talenten, Character, Manieren und Ansichten gerade entgegengesetzt. +Ludwig, fein und würdevoll, verschwenderisch und ausschweifend, ein +Freund von Prunk und Feind von persönlicher Gefahr, ein freigebiger +Beschützer der Künste und Wissenschaften und ein grausamer Verfolger der +Calvinisten, bildete einen auffallenden Contrast mit Wilhelm, der +einfach in seinen Neigungen, unfreundlich in seinem Benehmen, +unermüdlich und unerschrocken im Kriege, gleichgültig gegen alle +Luxuszweige des Wissens und ein entschiedener Anhänger der genfer +Theologie war. Die beiden Feinde beobachteten nicht lange jene +Artigkeit, welche Männer ihres Ranges, selbst wenn sie einander an der +Spitze von Armeen gegenüberstehen, selten aus den Augen setzen. Wilhelm +gebrauchte zwar die Formalität, daß er Ludwig seine besten Dienste +anbot; aber diese Höflichkeit wurde nach ihrem wahren Werthe gewürdigt +und mit einer trocknen Zurückweisung vergolten. Der große König +verachtete den kleinen Prinzen, der der Diener eines Bundes von +Handelsstädten war und auf jedes Zeichen von Verachtung antwortete der +unerschrockene Statthalter mit einer neuen Herausforderung, Wilhelm +entlehnte seinen Namen, ein Name, den die Ereignisse des +vorhergegangenen Jahrhunderts zu einem der glänzendsten und berühmtesten +von ganz Europa gemacht hatten, von einer Stadt, welche nicht weit von +Avignon an den Ufern der Rhone liegt und die, wie Avignon, obgleich von +allen Seiten von französischem Gebiet umgeben, doch eigentlich nicht der +französischen, sondern der kaiserlichen Krone als Lehen gehörte. Ludwig +besetzte Orange mit der ihm eigenen übermüthigen Verachtung des +Völkerrechts, schleifte die Befestigungswerke und eignete sich die +Einkünfte der Stadt zu. Wilhelm erklärte laut bei Tische in Anwesenheit +vieler Personen, der allerchristlichste König solle diese Beleidigung +schwer bereuen, und als der Graf von Avaux ihn um eine nähere Erklärung +dieser Worte bat, weigerte er sich auf das Bestimmteste, sie zu +widerrufen oder wegzuerklären. Der Streit ging so weit, daß der +französische Gesandte es nicht wagen durfte, sich im Empfangzimmer der +Prinzessin blicken zu lassen, wenn er sich nicht der Gefahr aussetzen +wollte, öffentlich beleidigt zu werden.[13] + +Wilhelm’s Gesinnungen gegen Frankreich erklären zugleich seine ganze +Politik gegen England. Sein Gemeinsinn war ein europäischer. Der +Hauptgegenstand seiner Sorge war nicht unsre Insel, ja selbst sein +Geburtsland nicht, sondern die große Gemeinschaft der Nationen, der die +Unterjochung durch ein zu mächtiges Mitglied drohte. Wer in dem Irrthume +befangen ist, ihn als einen englischen Staatsmann zu betrachten, muß +nothwendig sein ganzes Leben in einem falschen Lichte erblicken und wird +nicht im Stande sein, irgend einen Grundsatz, sei es ein guter oder ein +schlechter, ein whiggistischer oder ein toryistischer, zu entdecken, auf +den sich seine wichtigsten Thaten zurückführen ließen. Betrachten wir +ihn aber als einen Mann, dessen besondere Aufgabe es war, eine Masse von +schwachen, zerrissenen und entmuthigten Staaten zu einem festen und +starken Bunde gegen den gemeinsamen Feind zu sammeln, betrachten wir ihn +als einen Mann, in dessen Augen England namentlich deshalb wichtig war, +weil ohne dasselbe die von ihm beabsichtigte große Coalition +unvollständig gewesen sein würde, so werden wir zugeben müssen, daß +keine langjährige Laufbahn, von der uns die Geschichte erzählt, von +Anfang bis zu Ende gleichmäßiger war als die dieses großen Fürsten.[14] + + [Anmerkung 13: +Avaux Negotiations+, Aug. 10.(20.), Sept. + 14.(24.), Sept. 28. (Oct. 8.), Dec. 7.(17.) 1682.] + + [Anmerkung 14: Ich kann mir das Vergnügen nicht versagen, + Massillon’s unfreundliche, aber scharfsinnige und edle + Characteristik Wilhelm’s hier anzuführen: +„Un prince profond dans + ses vues; habile à former des ligues et à reunir les esprits, plus + heureux à exciter les guerres qu’à combattre; plus encore à + craindre dans le secret du cabinet, qu’à la tête des armées; un + ennemi que la haine du nom Français avait rendu capable d’imaginer + de grandes choses et de les exécuter; un de ces génies qui + semblent être nés pour mouvoir à leur gré les peuples et les + souverains; un grand homme, s’il n’avoit jamais voulu être roi.“+ + Grabrede auf den Dauphin.] + + +[_Seine Politik durchaus consequent._] Der Leitfaden, den wir jetzt +besitzen, wird es uns möglich machen, ohne Schwierigkeit den wirklich +consequenten, obgleich anscheinend zuweilen gewundenen Gang zu +verfolgen, den er gegen unsere inneren Factionen beobachtete. Er +erkannte deutlich, was übrigens auch weit weniger scharfsichtigen Leuten +als er war, nicht entging, daß das Unternehmen, an dem er mit ganzer +Seele hing, wahrscheinlich gelingen würde, wenn England auf seiner Seite +wäre, daß der Ausgang ungewiß sein würde, wenn England neutral bliebe, +und daß es hoffnungslos sein würde, wenn England handelte, wie es in den +Tagen der Cabale gehandelt hätte. Nicht weniger deutlich sah er, daß +zwischen der äußeren und der inneren Politik Englands ein enger +Zusammenhang stattfand, daß der Regent dieses Landes, wenn er mit dem +gesetzgebenden Körper harmonirte, stets einen großen Einfluß auf die +Angelegenheiten der Christenheit ausüben und daß ihm offenbar daran +gelegen sein mußte, der ungebührlichen Machtvergrößerung irgend eines +festländischen Potentaten entgegenzuwirken; daß auf der andren Seite der +Souverain, wenn der gesetzgebende Körper ihm nicht traute und ihn in +seinen freien Bewegungen hemmte, in der europäischen Politik nur von +geringem Gewicht sein konnte und daß dieses ganze kleine Gewicht in die +falsche Wagschale fallen würde. Der erste Wunsch des Prinzen war daher: +Eintracht zwischen dem Throne und dem Parlamente. Wie diese Eintracht +herzustellen war und auf welcher Seite Zugeständnisse gemacht werden +mußten, dies waren seiner Ansicht nach Fragen von untergeordneter +Bedeutung. Allerdings würde es ihm am liebsten gewesen sein, wenn eine +vollständige Aussöhnung hätte bewirkt werden können, ohne einen +Buchstaben von der Prärogative zu opfern, denn er hatte an der +ungeschmälerten Aufrechthaltung derselben ein anwartschaftliches +Interesse, und war von Natur mindestens eben so herrschsüchtig und ein +eben so großer Feind von Beschränkung, als irgend ein Stuart. Aber es +gab kein Kleinod der Krone, das er nicht, selbst nachdem sie auf sein +eignes Haupt gesetzt worden, bereitwilligst zum Opfer gebracht hätte, +wenn er überzeugt sein konnte, daß ein solches Opfer zur Erreichung +seines großen Zieles unumgänglich nöthig war. Daher empfahl er auch der +Regierung in den Tagen des papistischen Complots Nachgiebigkeit, +obgleich er die Heftigkeit mißbilligte, mit der die Opposition die +königliche Autorität angriff. Das Verfahren der Gemeinen bezüglich der +inneren Angelegenheiten, sagte er, sei höchst unverständig, aber so +lange die Gemeinen unzufrieden seien, könnten die Freiheiten Europa’s +nicht sicher sein und dieser überwiegenden Rücksicht müsse jede andre +weichen. Nach diesen Grundsätzen handelte er, als die Ausschließungsbill +die ganze Nation erschütterte. Man hat keinen Grund zu der Annahme, daß +er die Opposition aufgemuntert habe, diese Bill einzubringen oder die +wiederholt gemachten Vergleichsvorschläge des Thrones zurückzuweisen. +Als es aber klar wurde, daß, wenn diese Bill nicht durchging, ein +ernster Bruch zwischen den Gemeinen und dem Hofe entstehen mußte, sprach +er deutlich, obwohl mit gebührender Mäßigung, seine Ansicht dahin aus, +daß man sich um jeden Preis mit den Vertretern des Volks versöhnen +müsse. Als ein heftiger und reißender Umschwung der öffentlichen Meinung +die Whigpartei eine Zeit lang völlig hilflos gelassen hatte, versuchte +er es sein großes Ziel auf einem andren Wege zu erreichen, der seiner +Natur vielleicht besser zusagte als der vorher betretene. Die veränderte +Stimmung der Nation bot wenig Aussicht dar, daß ein Parlament gewählt +werden würde, das geneigt war, die Wünsche des Souverains zu +durchkreuzen. Karl war eine Zeit lang Herr. Ihn zu gewinnen, war daher +des Prinzen erster Wunsch. Im Sommer 1683, fast in dem Augenblicke, als +die Entdeckung des Ryehousecomplots die Niederlage der Whigs und den +Sieg des Königs vollständig machte, traten anderwärts Ereignisse ein, +welche Wilhelm nicht ohne die größte Angst und Besorgniß mit ansehen +konnte. Die türkischen Heere rückten bis an die Vorstädte Wiens heran. +Die große österreichische Monarchie, auf deren Unterstützung der Prinz +gerechnet hatte, schien ihrem Untergange nahe zu sein. Bentinck wurde +daher schleunigst vom Haag nach London gesandt, mit dem Auftrage nichts +zu versäumen, was nöthig sein konnte, um den englischen Hof zu gewinnen, +und ganz besonders war er angewiesen, in den stärksten Ausdrücken den +Abscheu seines Gebieters gegen die Whigverschwörung zu versichern. + +Während der nächsten achtzehn Monate war einige Hoffnung, daß der Einfuß +Halifax’ überwiegen und daß der Hof von Whitehall zur Politik der +Tripleallianz zurückkehren werde. An diese Hoffnung klammerte sich +Wilhelm mit Vorliebe an und sparte keine Mühe, um Karl günstig zu +stimmen. Die gastliche Aufnahme, welche Monmouth im Haag fand, muß +hauptsächlich dem ernstlichen Bestreben des Prinzen, die wirklichen +Wünsche von Monmouth’s Vater zu erfüllen, zugeschrieben werden. Sobald +Karl gestorben war, schlug Wilhelm in unabänderlicher Verfolgung seines +Zieles wieder ein andres Verfahren ein. Er hatte Monmouth aufgenommen, +um dem verstorbenen Könige zu gefallen; damit nun der gegenwärtige König +keine Ursache zu Beschwerden haben sollte, wurde Monmouth fortgeschickt. +Wir haben gesehen, daß beim Ausbruche des Aufstandes im Westen die in +holländischen Diensten stehenden britischen Regimenter durch die +thätigen Bemühungen des Prinzen auf die erste Aufforderung in ihre +Heimath zurückgesandt wurden. Wilhelm erbot sich sogar, persönlich ein +Commando gegen die Rebellen zu übernehmen, und daß dieses Anerbieten +vollkommen aufrichtig gemeint war, kann von Niemandem, der seine +vertraulichen Briefe an Bentinck gelesen hat, bezweifelt werden.[15] + +Der Prinz gab sich zu dieser Zeit augenscheinlich der Hoffnung hin, daß +der große Plan, dem in seinem Geiste alles Andre untergeordnet war, den +Beifall und die Unterstützung seines Schwiegervaters erhalten werde. Der +hohe Ton, den Jakob damals gegen Frankreich annahm, die +Bereitwilligkeit, mit der er sich zu einem Defensivbündnisse mit den +Vereinigten Provinzen verstand, und seine Geneigtheit zu einer +Verbindung mit dem Hause Österreich bestärkten diese Erwartung. Aber +bald verfinsterte sich der Horizont. Die Entlassung Halifax’, der Bruch +zwischen Jakob und dem Parlamente, die Prorogation desselben und die +ausdrückliche Erklärung, welche der König den auswärtigen Gesandten gab, +daß die festländische Politik seine Aufmerksamkeit nicht länger von +inneren Maßregeln zur Befestigung seiner Hoheitsrechte und zur Förderung +der Interessen seiner Kirche ablenken sollte, machten der Täuschung ein +Ende. Es war klar, daß England, wenn Jakob sein Beherrscher war, im Fall +einer europäischen Krisis entweder unthätig bleiben oder im Einklange +mit Frankreich handeln würde. Und die europäische Krisis rückte immer +näher. Das Haus Österreich war durch eine Reihe von Siegen gegen fernere +Gefahr von Seiten der Türkei gesichert worden und hatte daher nicht mehr +nöthig, die Übergriffe und Beleidigungen Ludwig’s geduldig zu ertragen. + + [Anmerkung 15: Zum Beispiel: +„Je crois M. Feversham un très brave + et honeste homme. Mais je doute s’il a assez d’expérience à + diriger une si grande affaire qu’il a sur le bras. Dieu lui donne + un succès prompt et heureux. Mais je ne suis pas hors + d’inquiétude.“+ -- 7.(17.) Juli 1685. Als er die Nachricht von der + Schlacht von Sedgemoor erhalten hatte, schrieb er wieder: +„Dieu + soit loué du bon succès que les troupes du Roy ont eu contres les + rebelles. Je ne doute pas que cette affaire ne soit entièrement + assoupie, et que le règne du Roy sera heureux, ce que Dieu + veuille.“+ -- 10.(20.) Juli.] + + +[_Vertrag von Augsburg._] In Folge dessen wurde im Juli 1686 zu Augsburg +ein Vertrag unterzeichnet, durch den sich die Fürsten des Reichs zum +Zwecke gegenseitiger Vertheidigung eng verbanden. Die Könige von Spanien +und von Schweden waren diesem Bunde ebenfalls beigetreten, der König von +Spanien als Besitzer der im burgundischen Kreise liegenden Provinzen, +der König von Schweden als Herzog von Pommern. Die Verbündeten +erklärten, daß sie nicht die Absicht hätten irgend eine Macht +anzugreifen oder irgend eine zu beleidigen, daß sie aber entschlossen +seien, keine Verletzung der Rechte zu dulden, welche das deutsche Reich +unter Sanction des Völkerrechts und der öffentlichen Treue besitze. Sie +verpflichteten sich, einander im Falle der Noth beizustehen und +bestimmten das Truppencontingent, das jedes Mitglied des Bundes stellen +mußte, wenn es nöthig werden sollte, einen Angriff zurückzuweisen.[16] +Der Name Wilhelm’s war in dieser Urkunde nicht genannt aber Jedermann +wußte, daß sie sein Werk war und sah voraus, daß er in nicht langer Zeit +wieder an der Spitze einer Coalition gegen Frankreich stehen werde. +Zwischen ihm und dem Vasallen Frankreichs konnte unter solchen Umständen +kein herzliches Einvernehmen stattfinden. Es erfolgte zwar kein offener +Bruch und kein Austausch von Drohungen oder Vorwürfen; aber +Schwiegervater und Schwiegersohn waren vollständig und für immer +geschieden. + + [Anmerkung 16: Der Vertrag ist in dem +Recueil des Traités, IV. + No. 209+ zu finden.] + + +[_Wilhelm wird das Oberhaupt der englischen Opposition._] Gerade zu der +Zeit, als der Prinz so dem englischen Hofe entfremdet wurde, +verschwanden die Ursachen, welche bisher eine Kälte zwischen ihm und den +beiden großen Parteien des englischen Volks hervorgerufen hatten. Ein +großer Theil, der Zahl nach vielleicht die Mehrheit der Whigs, hatte die +Ansprüche Monmouth’s begünstigt, aber Monmouth existirte jetzt nicht +mehr. Die Tories auf der andren Seite hatten gefürchtet, die Interessen +der anglikanischen Kirche mochten unter der Leitung eines Mannes nicht +sicher sein, der unter holländischen Presbyterianern aufgewachsen und +dessen Ansichten über die Gewänder, die Ceremonien und die Bischöfe als +latitudinarisch wohl bekannt waren; seitdem aber jener geliebten Kirche +von einer ganz andren Seite weit furchtbarere Gefahren drohten, hatten +diese Befürchtungen fast ihre ganze Kraft verloren. So kam es, daß beide +große Parteien in dem nämlichen Augenblicke ihre Hoffnungen und ihre +Liebe auf den nämlichen Führer zu richten begannen. Alte Republikaner +konnten ihr Vertrauen einem Manne nicht versagen, der viele Jahre +hindurch das höchste Amt einer Republik würdig bekleidet hatte, und alte +Royalisten sahen ein, daß sie in Übereinstimmung mit ihren Grundsätzen +handelten, wenn sie einem dem Throne so nahe gehenden Prinzen die +tiefste Ehrerbietung bezeigten. Unter diesen Umständen war es von +höchster Wichtigkeit, daß zwischen Wilhelm und Marien die vollkommenste +Einigkeit herrschte. Eine Mißhelligkeit zwischen der präsumtiven +Thronerbin und ihrem Gemahl hätte in der großen Masse, die sich von +allen Seiten her um einen gemeinschaftlichen Mittelpunkt schaarte, eine +Spaltung hervorbringen müssen. Zum Glück wurde jede Gefahr einer solchen +Mißhelligkeit im entscheidenden Augenblicke durch Burnet’s +Dazwischenkunft beseitigt und der Prinz wurde das unbestrittene Haupt +der ganzen Partei, welche der Regierung feindlich gegenüberstand, einer +Partei, welche fast die ganze Nation in sich begriff. + +Es ist nicht der mindeste Grund zu der Annahme vorhanden, daß er schon +um diese Zeit das große Unternehmen im Sinne hatte, zu dem ihn später +die gebieterische Nothwendigkeit trieb. Er wußte sehr gut, daß die +öffentliche Stimmung in England, wenn auch durch Kränkungen gereizt, +doch zu einer Revolution keineswegs reif war. Gewiß würde er gern das +Ärgerniß vermieden haben, das ein blutiger Streit zwischen Personen, +welche durch die engsten Bande der Blutsverwandtschaft und der +Verschwägerung an einander gekettet waren, nothwendig erregen mußte. +Auch sein Ehrgeiz ließ es ihm nicht wünschenswerth erscheinen, die +Größe, die im gewöhnlichen Laufe der Natur und des Rechts ihm zufallen +konnte, einer Gewaltthätigkeit zu verdanken, denn er wußte jetzt, daß, +wenn die Krone auf regelmäßigem Wege auf seine Gemahlin überging, +zugleich mit derselben auch alle ihre Vorrechte ungeschmälert auf ihn +selbst übergehen würden, daß sie aber, wenn sie durch eine Wahl erlangt +wurde, unter den Bedingungen angenommen werden mußte, welche die Wähler +zu stellen für gut fanden. Er schien daher geduldig den Tag erwarten zu +wollen, wo er mit unbestrittenem Rechte die Regierung antreten konnte, +und sich bis dahin darauf zu beschränken, als erster Prinz von Geblüt +und als Oberhaupt der Partei, welche in der Nation entschieden das +Übergewicht hatte, und die auch darauf rechnen konnte, in beiden Häusern +eines zu versammelnden Parlaments entschieden zu überwiegen, einen +großen Einfluß auf die englischen Angelegenheiten auszuüben. + + +[_Mordaunt schlägt Wilhelm eine Landung in England vor._] Indessen war +er bereits durch einen Rathgeber, der weniger scharfsichtig, aber +ungestümer war als er selbst, gedrängt worden, einen kühneren Weg +einzuschlagen. Dieser Rathgeber war der junge Lord Mordaunt. Das +damalige Zeitalter hat kein erfinderischeres Genie und keinen +verwegeneren Geist hervorgebracht. Aber wenn ein Plan nur glänzend war, +so fragte Mordaunt selten danach, ob er auch ausführbar sein würde, sein +ganzes Leben war ein wilder Roman, zusammengesetzt aus geheimnißvollen +Intriguen der Politik und der Liebe, aus heftigen und schnellen Wechseln +des Schauplatzes und des Glücks, und aus Siegen, welche mehr denen eines +Amadis und eines Lancelot, als denen eines Luxemburg und eines Eugen +glichen. Die Episoden, welche mit dieser seltsamen Lebensgeschichte +verflochten waren, entsprachen ganz der Hauptintrigue. Es waren darunter +nächtliche Kämpfe mit edelmüthigen Räubern und Befreiungen vornehmer und +schöner Damen aus den Händen von Entführern. Nachdem sich Mordaunt durch +die Beredtsamkeit und Kühnheit ausgezeichnet, mit der er im Hause der +Lords gegen den Hof aufgetreten war, zog er sich bald nach der +Prorogation nach dem Haag zurück und empfahl dringend eine unverzügliche +Landung in England. Er bildete sich ein, es sei eben so leicht, drei +große Königreiche zu überrumpeln, als es ihm lange nachher wurde, +Barcellona zu nehmen. + + +[_Wilhelm verwirft den Rath._] Wilhelm hörte ihn an, überlegte sich die +Sache und erwiederte endlich in allgemeinen Ausdrücken, er interessire +sich sehr für die englischen Angelegenheiten und werde dieselben scharf +im Auge behalten.[17] Was aber auch seine Absicht sein mochte, es ist +nicht anzunehmen, daß er einen voreiligen und hitzköpfigen fahrenden +Ritter zu seinem Vertrauten erwählt haben würde. Die beiden Männer +hatten nichts mit einander gemein als persönlichen Muth, der bei ihnen +bis zum fabelhaften Heroismus ging, Mordaunt wollte lediglich die +Aufregung des Kampfes genießen und die Menschen in Erstaunen setzen, +Wilhelm hatte beständig ein erhabenes Ziel vor Augen. Nach diesem Ziele +trieb ihn eine gewaltige Leidenschaft, die ihn im Gewande einer heiligen +Pflicht erschien. Auf dieses Ziel steuerte er mit einer Geduld hin, die, +wie er einmal sagte, der Geduld eines Bootsführers glich, den er auf +einem Kanale gegen eine widrige Strömung hatte ankämpfen sehen, der +immer wieder zurückgeworfen wurde, aber nicht aufhörte zu rudern und +zufrieden war, wenn er nach stundenlanger Arbeit um einige Yards +vorwärts gekommen war.[18] Heldenthaten, die ihn seinem Ziele nicht +näher brachten, mochten sie in den Augen des großen Haufens noch so +ruhmvoll sein, waren seiner Ansicht nach kindische Eitelkeiten, aber +kein Theil der wahren Aufgabe des Lebens. + +Er beschloß, Mordaunt’s Rath zu verwerfen und es kann keinem Zweifel +unterliegen, daß dies ein weiser Entschluß war. Hätte Wilhelm im Jahre +1686 oder selbst 1687 das versucht, was er 1688 mit so glänzendem +Erfolge unternahm, so würden zwar vielleicht auf seinen Ruf viele Whigs +zu den Waffen gegriffen haben, aber er würde bald gesehen haben, daß die +Nation noch nicht hinreichend vorbereitet war, um einen bewaffneten +Befreier aus fremdem Lande willkommen zu heißen, und daß die Kirche noch +nicht genugsam gereizt und beleidigt worden war, damit sie den +Grundsatz, der seit so langer Zeit ihr Losungswort war, schon hätte +vergessen haben können. Die alten Kavaliere würden sich um das +königliche Banner geschaart haben und es würde wahrscheinlich in allen +drei Königreichen ein eben so langer und heftiger Bürgerkrieg als der +unter der vorigen Generation ausgebrochen sein. Während dieser Krieg auf +den britischen Inseln wüthete, was konnte Ludwig inzwischen nicht Alles +auf dem Continent versuchen? Und welche Aussichten hätte dann Holland +gehabt, das von seinen Truppen entblößt und von seinem Statthalter +verlassen gewesen wäre? + + [Anmerkung 17: +Burnet I. 762.+] + + [Anmerkung 18: +Temple’s Memoirs.+] + + +[_Unzufriedenheit in England nach dem Sturze der Hyde._] Wilhelm +begnügte sich daher für jetzt, Maßregeln zu ergreifen, um der mächtigen +Opposition, deren Oberhaupt er geworden war, Einigkeit und Lebenskraft +einzuhauchen. Dies war nicht schwer. Der Fall der Hyde hatte durch ganz +England eine heftige Aufregung und Entrüstung hervorgerufen. Man fühlte, +daß es sich jetzt nicht mehr darum handelte, ob der Protestantismus +herrschen, sondern ob er geduldet werden sollte. An die Stelle des +Schatzmeisters war eine Commission getreten, deren Oberhaupt ein Papist +war. Das Geheimsiegel war einem Papisten anvertraut worden und der +Nachfolger des Lordlieutenants von Irland war ein Mann, der durchaus +keinen andren Anspruch auf einen so hohen Posten hatte, als daß er +Papist war. Tyrconnel wäre der Letzte gewesen, den eine Regierung, +welcher das allgemeine Wohl des Landes am Herzen lag, nach Dublin als +Stellvertreter geschickt hätte. Seine brutalen Manieren machten ihn +geradezu unfähig, die Majestät der Krone zu repräsentiren. Sein +beschränkter Verstand und sein heftiges Temperament machten ihn +untauglich, wichtige Staatsgeschäfte zu leiten. Sein unversöhnlicher Haß +gegen die Besitzer des größeren Theiles des irischen Grund und Bodens +machte ihn ganz untauglich, gerade dieses Land zu verwalten. Aber die +Maßlosigkeit seiner Bigotterie wurde als ein genügender Ersatz für die +Maßlosigkeit seiner anderen Leidenschaften betrachtet und aus Rücksicht +auf seinen Haß gegen den reformirten Glauben gestattete man ihm, seinem +Hasse gegen den englischen Namen freien Lauf zu lassen. Dies war also +der wirkliche Sinn der Achtung Seiner Majestät vor den Rechten der +Überzeugung! Er wollte, daß sein Parlament alle den Papisten auferlegte +Ausschließungen beseitigte, nur damit _er_ gleich drückende +Ausschließungen über die Protestanten verhängen konnte. Es war klar, daß +unter einem solchen Fürsten Glaubensabfall der einzige Weg zur Größe +sein konnte. Dennoch wagten es nur Wenige, diesen Weg einzuschlagen, +denn der Geist der Nation war furchtbar aufgeregt, und jeder Renegat +hatte ein solches Maß von Hohn und Verachtung zu ertragen, daß auch die +verhärtetsten Naturen nicht ganz unempfindlich dagegen bleiben konnten. + + +[_Bekehrungen zum Papismus; Peterborough, Salisbury._] Allerdings hatten +erst kürzlich mehrere bemerkenswerthe Übertritte stattgefunden; aber sie +waren von der Art, daß sie der römischen Kirche wenig Ehre machten. Zwei +vornehme Männer hatten sich in ihren Schooß aufnehmen lassen: Heinrich +Mordaunt, Earl von Peterborough und Jakob Cecil, Earl von Salisbury. +Aber Peterborough, früher ein thätiger Soldat, Hofmann und Diplomat, war +jetzt durch Alter und Krankheit gebeugt und wer ihn, auf einen Stock +gestützt und in Flanell und Pflaster eingehüllt, durch die Gallerien von +Whitehall hinken sah, tröstete sich über seinen Abfall damit, daß er +seinen Glauben erst gewechselt, nachdem er seine Körper- und +Geisteskräfte überlebt hatte.[19] Salisbury war sprüchwörtlich albern. +Sein Körper war in Folge sinnlicher Genüsse dermaßen aufgeschwollen, daß +er sich fast nicht mehr bewegen konnte, und dieser träge Körper war der +Wohnsitz eines eben so trägen Geistes. In populären Spottliedern war er +als ein Mensch dargestellt, der dazu geschaffen war, betrogen zu werden, +als ein Mensch, der bisher die Beute von Spielern gewesen und der eben +so gut die Beute von Mönchen werden konnte. Ein Pasquill, das zur Zeit +von Rochester’s Rücktritt an die Thür von Salisbury House am Strand +angeheftet wurde, schildert in starken Ausdrücken das Entsetzen, mit dem +der weise Robert Cecil, wenn er aus seinem Grabe auferstehen könnte, +sehen würde, auf was für ein Geschöpf seine Würden und Ehren gekommen +waren.[20] + + [Anmerkung 19: Siehe die beiden Gedichte, betitelt: +The Converts+ + und +The Delusion+.] + + [Anmerkung 20: Die Verse befinden sich in der +Collection of State + Poems+.] + + +[_Wycherley, Tindal, Haines._] Dies waren im Range die höchststehenden +von Jakob’s Proselyten. Außerdem gab es noch Renegaten ganz andrer Art, +unbemittelte Leute von Talent, die aber keine Grundsätze und keine Spur +von Ehrgefühl besaßen. Man hat Grund zu glauben, daß Wilhelm Wycherley, +der zügelloseste und hartherzigste Schriftsteller einer ganz besonders +zügellosen und hartherzigen Schule, zu diesen gehörte.[21] Gewiß ist, +daß Matthäus Tindal, der sich später durch seine Schriften gegen das +Christenthum einen Namen machte, um diese Zeit in den Schooß der +alleinseligmachenden Kirche aufgenommen wurde, ein Schritt, den, wie man +leicht denken kann, die Theologen, mit denen er nachmals polemisirte, +nicht vergessen hatten.[22] Ein noch ehrloserer Apostat war Joseph +Haines, dessen Name jetzt so gut wie vergessen ist, der aber damals als +ein Abenteurer von vielseitiger Begabung, als Gauner, Falschmünzer, +falscher Zeuge, falscher Bürge, Tanzmeister, Possenreißer, Dichter +und Schauspieler wohl bekannt war. Einige von seinen Prologen und +Epilogen wurden von seinen Zeitgenossen viel bewundert und sein +Schauspielertalent war allgemein anerkannt. Dieser Mann wurde Katholik, +ging im Gefolge Castelmaine’s mit nach Italien, wurde aber bald wegen +schlechter Aufführung wieder entlassen. Wenn man einer Tradition glauben +darf, die sich lange im Garderobezimmer erhalten hat, so hatte Haines +die Frechheit zu behaupten, daß ihm die Jungfrau Maria erschienen sei +und ihn zur Buße aufgefordert habe. Nach der Revolution versuchte er es +sich mit der Stadt durch eine Buße auszusöhnen, die noch skandalöser war +als sein Vergehen. Eines Abends, ehe er in einer Posse auftrat, erschien +er in ein weißes Betttuch gehüllt und mit einer Kerze in der Hand auf +der Bühne und trug einige gottlose, unanständige Knittelverse vor, die +er seinen Widerruf nannte.[23] + + [Anmerkung 21: Die Nachrichten, die wir über Wycherley haben, sind + äußerst dürftig; zweierlei aber ist gewiß: daß er sich in seinen + späteren Jahren einen Papisten nannte und daß er von Jakob Geld + erhielt. Ich zweifle kaum daran, daß er ein bezahlter Convertit + war.] + + [Anmerkung 22: Siehe den Artikel über ihn in der +Biographia + Britannica+.] + + [Anmerkung 23: Siehe Jakob Quin’s Bericht über Haines in +Davies’s + Miscellanies+; +Tom Brown’s Works+; +Lives of Sharpers+; Dryden’s + Epilog zu der +Secular Masque+.] + + +[_Dryden._] Mit dem Namen Haines wurde in vielen Libellen der Name eines +berühmteren Renegaten, Johann Dryden’s verbunden. Dryden näherte sich +jetzt dem Abend seines Lebens. Nach vielen Erfolgen und vielen +Enttäuschungen hatte er endlich mit allgemeiner Zustimmung die erste +Stelle unter den lebenden Dichtern Englands erhalten. Er hatte größere +Ansprüche auf den Dank Jakob’s als irgend ein andrer Schriftsteller des +Königreichs. Doch Jakob war an Versen wenig, sehr viel aber am Gelde +gelegen. Vom Tage seiner Thronbesteigung an bemühte er sich kleine +Ersparnisse zu machen, welche einer Regierung den Vorwurf der Knauserei +zuziehen, ohne die Finanzlast merklich zu erleichten. Zu den Opfern +seiner unverständigen Sparsamkeit gehörte auch der +Poeta Laureatus+. Es +wurde Befehl gegeben, daß in dem neuen Diplom, welches durch die +Erledigung der Krone nöthig geworden war, das jährlich gespendete Faß +Sect, das ursprünglich Jonson bewilligt und auch dessen Nachfolgern +zugestanden worden war, weggelassen werden sollte.[24] Dies war die +einzige Notiz, welche der König im ersten Jahre seiner Regierung von dem +gewaltigen Satiriker zu nehmen geruhte, der im kritischesten Augenblicke +des großen Kampfes wegen der Ausschließungsbill in den Reihen der Whigs +Schrecken verbreitet hatte. Dryden war arm und seine Armuth drückte ihn +nieder. Von Religion wußte er wenig und kümmerte sich auch nicht darum. +Wenn irgend ein Gefühl tief in seiner Brust wurzelte, so war es der +Widerwille gegen die Priester jeden Glaubens, gegen Leviten, Auguren, +Muftis, römisch-katholische Geistliche, presbyterianische und +anglikanische Geistliche. Er war von Natur kein hochherziger Mann, und +seine Bestrebungen waren nicht von der Art, daß sie seinem Sinne höhere +Würde und größeres Zartgefühl verleihen konnten. Er hatte viele Jahre +lang sich seinen Unterhalt dadurch erworben, daß er dem verderbten +Geschmacke des Publikums diente und reichen, adeligen Gönnern auf die +plumpste Manier schmeichelte. Selbstachtung und ein feines +Schicklichkeitsgefühl konnte man von einem Manne, der das Leben eines +Bettlers und Speichelleckers geführt hatte, nicht erwarten. Da er die +Bemerkung machte, daß seine Dienste unbeachtet bleiben würden, wenn er +fortführe sich einen Protestanten zu nennen, so erklärte er sich zum +Papisten. Augenblicklich ließ die Knauserei des Königs nach. Dryden +wurde mit einem Jahrgelde von hundert Pfund belohnt und dazu verwendet, +seine neue Religion in Prosa und in Versen zu vertheidigen. + +Zwei ausgezeichnete Männer, Samuel Johnson und Walter Scott, haben ihr +Möglichstes gethan, um sich selbst und Andere zu überreden, daß dieser +denkwürdige Glaubenswechsel aufrichtig war. Es war natürlich, daß sie +einen Schandfleck von dem Gedächtnisse eines Mannes verwischen +wollten, dessen Genie sie mit Recht bewunderten und mit dessen +politischen Ansichten sie stark sympathisirten; der unparteiische +Geschichtsschreiber aber muß ein ganz andres Urtheil aussprechen. Es +wird jederzeit starker Zweifel gegen die Aufrichtigkeit einer Bekehrung +erhoben werden, durch welche der Bekehrte unmittelbar gewinnt. Und in +Dryden’s Falle ist nichts vorhanden, was diesen Zweifel entkräften +konnte. Seine theologischen Schriften beweisen zur Genüge, daß er sich +nie fleißig und ernstlich bemüht hat, die Wahrheit zu ergründen, und daß +seine Kenntniß der Kirche, die er verließ, wie auch der, zu der er +übertrat, höchst oberflächlich war. Eben so wenig benahm er sich in der +Folge wie ein Mann, den ein starkes Pflichtgefühl zu einem Schritte von +so hochwichtiger Bedeutung bewogen hatte. Wäre er ein solcher Mann +gewesen, so würde die nämliche Überzeugung, die ihn in den Schooß der +römischen Kirche geführt hatte, ihn abgehalten haben, allgemeine Regeln, +welche diese Kirche in Übereinstimmung mit jeder andren christlichen +Gemeinschaft als bindend anerkennt, gröblich und gewohnheitsmäßig zu +verletzen. Es würde ein merklicher Unterschied zwischen seinen früheren +und seinen späteren Werken zu erkennen gewesen sein; er würde mit Reue +auf seine fast dreißigjährige literarische Laufbahn zurückgeblickt +haben, während welcher er seine seltenen Talente für die Diction und den +Versbau systematisch zur Verbreitung der Sittenverderbniß angewendet +hatte. Nicht eine Zeile, welche darauf hinzielte, die Tugend verächtlich +zu machen und unreine Begierden zu entzünden, würde von diesem +Augenblicke an mehr aus seiner Feder geflossen sein. Leider aber ist es +nur zu wahr, daß die Dramen, welche er nach seiner angeblichen Bekehrung +schrieb, in keiner Hinsicht weniger unrein und profan sind, als die +seiner Jugend. Selbst in seinen Übersetzungen wich er beständig von den +Originalen ab, um Bilder aufzusuchen, die er hätte übergehen müssen, +wenn er sie in den Originalen gefunden hätte. Das Schlechte wurde durch +seine Übertragungen noch schlechter, und das Unschuldige wurde durch die +Berührung mit seinem Geiste befleckt. Er machte die derbsten Satiren +Juvenal’s noch derber, schob in die Erzählungen Boccacio’s schlüpfrige +Schilderungen ein und befleckte die liebliche und reine Poesie der +Georgica mit Schmutz, der Vergil’s Ekel erregt haben würde. + +Dryden’s Beistand war denjenigen römisch-katholischen Theologen +willkommen, welche gegen die ausgezeichnetsten Männer der Staatskirche +mit Mühe einen Kampf unterhielten. Sie konnten es sich nicht verhehlen, +daß ihr durch ausländische, in Rom oder Douay aufgelesene Ausdrücke +entstellter Styl der Beredtsamkeit eines Tillotson und Sherlock +gegenüber eben in keinem vortheilhaften Lichte erschien. Man glaubte es +nicht gering anschlagen zu dürfen, daß man die Mitwirkung des größten +lebenden Meisters der englischen Sprache gewonnen hatte. Der erste +Dienst, der von ihm zum Dank für die bewilligte Pension verlangt wurde, +war eine in Prosa geschriebene Vertheidigung seiner Kirche gegen +Stillingfleet. Aber einem Manne, der nichts zu sagen weiß, hilft das +Talent, Alles gut sagen zu können, nichts, und in diesem Falle befand +sich Dryden. Er sah bald ein, daß er einem Gegner, dessen ganzes Leben +ein langes Studium der Polemik gewesen, nicht gewachsen war. Der +langgediente Gladiator entwaffnete den Neuling, versetzte ihm mit +Verachtung einige Hiebe und wendete sich dann von ihm ab, um +achtunggebietenderen Kämpfern entgegenzutreten. + + [Anmerkung 24: Diese Thatsache, welche den genauen Forschungen + Malone’s entging, ergiebt sich aus dem Briefbuche des Schatzamts + von 1685.] + + +[_+„The Hind and Panther.“+_] Jetzt griff Dryden zu einer Waffe, in der +er schwerlich einen ebenbürtigen Gegner zu fürchten hatte. Er zog sich +auf einige Zeit von dem Geräusch der Kaffeehäuser und Theater in einen +ruhigen Winkel von Huntingdonshire zurück und schrieb dort mit +ungewohnter Sorgfalt und Anstrengung sein berühmtes Gedicht über die +zwischen der römischen und anglikanischen Kirche obschwebenden +Streitpunkte. Die römische Kirche ist darin bildlich als eine milchweiße +Hindin dargestellt, die beständig in Lebensgefahr schwebt, aber dazu +bestimmt ist, nicht zu sterben. Die Thiere des Feldes sannen auf ihr +Verderben. Der zitternde (+quaking+) Hase beobachtete eine furchtsame +Neutralität, aber der socinianische Fuchs, der presbyterianische Wolf, +der independente Bär und der anabaptistische Eber schossen hämische +Blicke auf das makellose Geschöpf. Unter dem Schutze ihres Freundes, des +königlichen Löwen, konnte sie es indessen wagen, mit ihnen aus der +nämlichen Quelle zu trinken. Die anglikanische Kirche war als Panther +dargestellt, der zwar Flecken hat, aber schön, für ein Raubthier nur zu +schön ist. Hindin und Panther, von der blutdürstigen Bevölkerung des +Waldes in gleichem Grade gehaßt, beriethen sich im Stillen über ihre +gemeinsame Gefahr. Dann gingen sie zur Discussion der Punkte über, in +denen sie verschiedener Ansicht waren, und hielten, mit dem Schwanze +wedelnd und sich den Bart leckend, ein langes Zwiegespräch über die +wirkliche Anwesenheit Christi beim Abendmahl, über die Autorität der +Päpste und Concilien, über die Strafgesetze, die Testacte, die Meineide +des Oates, Buttler’s schlecht belohnte Dienste für die Kavalierpartei, +Stillingfleet’s Pamphlets und Burnet’s breiten Rücken und glückliche +Heirathsspekulationen. + +Das Unpassende dieses Planes springt in die Augen. Die Allegorie konnte +in der That nicht zehn Zeilen hintereinander ununterbrochen beibehalten +werden. Keine noch so kunstvolle Ausführung konnte die Fehler eines +solchen Planes verdecken. Dessenungeachtet ist die Fabel von der Hindin +und dem Panther unbestreitbar der werthvollste Beitrag zu der englischen +Literatur aus der kurzen und unruhigen Regierungszeit Jakob’s II. In +keinem andren Werke Dryden’s finden sich ergreifendere und erhabenere +Stellen, eine größere Biegsamkeit und Kraft der Sprache und ein +lieblicherer und abwechselnderer Wohllaut. + +Das Gedicht erschien mit allen Vortheilen ausgestattet, welche +königliche Gunst gewähren konnte. Eine Prachtausgabe für Schottland +wurde in der in Holyrood House errichteten Officin gedruckt. Aber die +Leute waren nicht in der Stimmung, um sich von dem durchsichtigen Style +und den melodischen Reimen des Apostaten bezaubern zu lassen. Der durch +seine Feilheit erregte Unwille, die durch die Politik, deren Lobhudler +er war, hervorgerufene Besorgniß ließen sich nicht in Schlaf singen. Die +gerechte Entrüstung des Publikums wurde von Vielen, die den Stachel +seines Spotts gefühlt, und von Vielen, die seinen Ruhm beneideten, +angeschürt. Trotz aller Beschränkungen, denen die Presse unterlag, +erschienen täglich Angriffe auf sein Leben und seine Schriften. Bald +hieß er Bayes, bald der Dichter Squab. Man erinnerte ihn daran, daß er +in seiner Jugend dem Hause Cromwell in der nämlichen knechtischen Weise +den Hof gemacht, wie jetzt dem Hause Stuart. Ein Theil seiner Gegner +druckte boshafterweise die sarkastischen Verse wieder ab, die er zu +einer Zeit, wo es ihm nichts eingebracht haben würde, wenn er Papist +geworden wäre, gegen den Papismus geschrieben hatte. Von den vielen +satirischen Arbeiten, welche bei dieser Gelegenheit erschienen, war die +gelungenste das gemeinsame Werk zweier junger Männer, welche kürzlich +ihre Studien in Cambridge vollendet hatten und als vielversprechende +Anfänger in den literarischen Kaffeehäusern Londons begrüßt worden +waren: Karl Montague und Matthäus Prior. Montague war von adeliger +Abkunft, Prior’s Ursprung aber war so dunkel, daß kein Biograph im +Stande gewesen ist, demselben auf die Spur zu kommen. Beide Abenteurer +waren arm und strebsam. Beide hatten einen scharfen Verstand und einen +lebendigen Geist, Beide schwangen sich später hoch empor. Beide +verbanden in nicht gewöhnlichem Grade mit der Liebe zu den +Wissenschaften Geschicklichkeit in denjenigen Gebieten des praktischen +Lebens, gegen welche die Schöngeister in der Regel einen entschiedenen +Widerwillen haben. Von den funfzig Dichtern, deren Lebenslauf Johnson +geschildert hat, waren Montague und Prior die beiden einzigen, die sich +durch eine gründliche Kenntniß des Handels und des Finanzwesens +auszeichneten. Ihre Wege gingen bald weit auseinander, und ihre +Jugendfreundschaft löste sich auf. Einer von ihnen wurde das Haupt der +Whigpartei und wurde von den Tories angeklagt; der Andre wurde in alle +Geheimnisse der toryistischen Diplomatie eingeweiht und von den Whigs +lange in strenger Haft gehalten. Endlich wurden die so lange getrennt +gewesenen Freunde nach vielen ereignißvollen Jahren in der +Westminster-Abtei wieder mit einander vereinigt. + + +[_Änderung in dem Verfahren des Hofes gegen die Puritaner._] Wer die +Fabel von der Hindin und dem Panther aufmerksam gelesen hat, muß bemerkt +haben, daß während der Bearbeitung dieses Werks in den Ansichten Derer, +welche Dryden als Dolmetscher benutzten, eine große Veränderung vorging. +Anfangs wird von der anglikanischen Kirche mit Liebe und Achtung +gesprochen und sie wird ermahnt, sich mit der römisch-katholischen gegen +die puritanischen Secten zu verbinden; am Schlusse des Gedichts aber und +in der Vorrede, welche nach Vollendung des Ganzen geschrieben wurde, +werden die protestantischen Dissenters aufgefordert, mit den Katholiken +gemeinschaftliche Sache gegen die anglikanische Kirche zu machen. + +Dieser Umschlag in der Sprache des Hofpoeten deutete auf einen großen +Umschlag in der Politik des Hofes hin. Der ursprüngliche Zweck Jakob’s +war gewesen, nicht allein vollständige Befreiung von allen Strafen und +bürgerlichen Ausschließungen, sondern auch einen großen Antheil an den +kirchlichen und akademischen Stiftungen für seine Kirche zu erlangen und +zu gleicher Zeit die Gesetze gegen die puritanischen Secten mit Strenge +auszuüben. Alle von ihm gewährten besonderen Dispensationen waren +römischen Katholiken gewährt worden. Alle Gesetze, welche auf den +Presbyterianern, Independenten und Baptisten am schwersten lasteten, +hatte er eine Zeit lang mit aller Strenge durchgeführt. Während Hales +ein Regiment commandirte, während Powis im Geheimen Rathe saß, während +Massey eine Dechanei bekleidete, während in Oxford mit königlicher +Genehmigung Breviarien und Meßbücher gedruckt wurden, während in London +die Hostie unter dem Schutze der Piken und Musketen der Fußgarde +öffentlich ausgestellt wurde, während Ordensbrüder und Mönche in ihren +Kutten in den Straßen von London einhergingen, saß Baxter im Gefängniß, +war Howe in der Verbannung, standen die Fünfmeilenacte und die +Conventikelacte in voller Kraft, mußten die puritanischen Schriftsteller +zur ausländischen oder geheimen Pressen ihre Zuflucht nehmen, konnten +puritanische Gemeinden sich nur des Nachts oder in abgelegenen Einöden +versammeln, mußten puritanische Geistliche in Kohlengräber- oder +Matrosenverkleidung predigen. In Schottland hatte der König neue Gesetze +von beispielloser Härte gegen die Presbyterianer von den Ständen +verlangt und erhalten, während er keine Anstrengung sparte, ihnen jede +Erleichterung für die Katholiken abzupressen. Sein Verfahren gegen die +verbannten Hugenotten hatte seine Gesinnungen nicht minder deutlich +verrathen. Wir haben gesehen, wie er, als die öffentliche Mildthätigkeit +eine große Summe zur Unterstützung dieser Unglücklichen in seine Hände +gelegt, allen Gesetzen der Gastfreundschaft und der Rechtschaffenheit +zum Hohn von ihnen verlangte, daß sie dem calvinistischen Ritual, dem +sie mit großer Liebe anhingen, entsagen und sich der anglikanischen +Kirche anschließen müßten, ehe er ihnen das Geringste von den seiner +Verwaltung anvertrauten Gaben spenden könnte. + +Dies war seine Politik gewesen, so lange er noch einigermaßen hoffen +konnte, daß die anglikanische Kirche einwilligen werde, die Herrschaft +mit der römischen Kirche zu theilen. Einmal stieg diese Hoffnung zur +festen Überzeugung. Die Begeisterung, mit der die Tories seinen +Regierungsantritt begrüßt hatten, die Wahlen, die demüthige Sprache und +die reichen Geldbewilligungen seines Parlaments, die Unterdrückung des +Aufstandes im Westen, die völlige Vernichtung der Partei, die ihn vom +Throne hatte ausschließen wollen, dies Alles steigerte seine Zuversicht +bis über die Grenzen der Vernunft. Er glaubte fest, daß seiner Macht und +seiner Entschlossenheit jedes Hinderniß weichen werde. Sein Parlament +leistete ihm Widerstand. Er versuchte die Wirkung von ungnädigen Blicken +und Drohungen, und da er mit diesen nichts erreichte, versuchte er es +mit der Prorogation. Aber von dem Augenblicke der Prorogation an wurde +der Widerstand gegen seine Pläne immer stärker und stärker. Es schien +klar, daß, wenn er seinen Willen durchsetzen wollte, er ihn im +Widerspruch mit der großen Partei durchsetzen mußte, die seinem Throne, +seinem Hause und seiner Person so glänzende Beweise von Treue gegeben +hatte. Die ganze anglikanische Geistlichkeit, die ganze Kavaliergentry +war gegen ihn. Vergebens hatte er kraft seines kirchlichen Supremats dem +Klerus anbefohlen, sich jeder Erörterung von Streitpunkten zu enthalten. +Jede Gemeinde der Nation wurde allsonntäglich gegen die Irrthümer Roms +gewarnt, und diese Warnungen waren um so wirksamer, weil sie stets mit +Versicherungen der Ehrerbietung gegen den König und des Entschlusses, +Alles mit Geduld zu ertragen, was ihm zu verhängen belieben werde, +verbunden waren. Die royalistischen Ritter und Squires, welche durch +fünfundvierzig Jahre des Kriegs und der Parteiwuth dem Throne mannhaft +zur Seite gestanden hatten, sprachen jetzt in sehr nachdrücklichen +Worten den Entschluß aus, daß sie eben so mannhaft zur Kirche halten +würden. Trotz seines beschränkten Verstandes und seines despotischen +Characters sah Jakob nun doch ein, daß er sein Verfahren ändern müsse. +Er konnte es ohne Gefahr nicht wagen, alle seine protestantischen +Unterthanen zugleich zu beleidigen. Wenn er es über sich gewinnen +konnte, der Partei, welche in beiden Häusern das Übergewicht hatte, +Zugeständnisse zu machen, wenn er sich entschließen konnte, der +Staatskirche alle ihre Würden, Einkünfte und Privilegien zu lassen, so +mochte er auch fernerhin presbyterianische Versammlungen verbieten und +die Gefängnisse mit baptistischen Predigern füllen. Blieb er aber dabei, +die Hierarchie zu plündern, so mußte er sich entschließen, dem +Vergnügen, die Dissenters zu verfolgen, zu entsagen. Wollte er von nun +an mit seinen alten Freunden in Fehde leben, so mußte er mit seinen +alten Feinden einen Waffenstillstand schließen. Er konnte die +anglikanische Kirche nur dadurch bezwingen, daß er eine umfassende +Coalition gegen sie bildete, welche Secten in sich schloß, die zwar in +Lehre und Verfassung von einander selbst viel stärker abwichen als von +ihr, aber doch durch ihre gemeinsame Eifersucht auf ihre Größe und durch +die gemeinsame Furcht vor ihrer Unduldsamkeit bewogen werden konnten, +ihre Feindseligkeiten so lange ruhen zu lassen, bis jene Kirche die +Macht verloren hatte, sie zu tyrannisiren. + +Ein Grund schien besonders für diesen Plan zu sprechen. Wenn es ihm nur +gelang, die protestantischen Nonconformisten zu gewinnen, so durfte er +sich mit der Hoffnung schmeicheln, vor jeder Rebellion sicher zu sein. +Nach der Ansicht der anglikanischen Geistlichen konnte keine Kränkung +irgend welcher Art einen Unterthanen berechtigen, den Gesalbten des +Herrn gewaltsamen Widerstand zu leisten. Die Theorie der puritanischen +Sectirer lautete ganz anders. Diese Sectirer trugen kein Bedenken, +Tyrannen mit dem Schwerte Gideon’s zu Boden zu schlagen, und manche von +ihnen scheuten sich auch nicht, den Dolch Ehud’s zu gebrauchen. +Wahrscheinlich sannen sie eben jetzt wieder auf einen neuen westlichen +Aufstand oder auf ein neues Ryehousecomplot. Jakob glaubte daher, daß er +getrost die Staatskirche verfolgen könnte, wenn es ihm nur gelang, die +Dissenters zu gewinnen. Die Partei, deren Grundsätze ihm keine +Sicherheit gewährten, war dann durch das Interesse an ihn gefesselt, und +die Partei, deren Interessen er angriff, erregte aus Grundsatz keinen +Aufruhr. + +Unter dem Einflusse solcher Erwägungen begann Jakob von dem Augenblicke +an, als er sich zornig von seinem Parlament trennte, auf eine Coalition +aller katholischen wie protestantischen Nonconformisten gegen die +Landeskirche zu denken. Schon um Weihnachten 1685 meldeten die Gesandten +der Vereinigten Provinzen den Generalstaaten, daß der Plan einer +allgemeinen Duldung entworfen sei und bald ans Licht treten werde.[25] +Indessen erwiesen sich die Nachrichten, welche der holländischen +Gesandtschaft zugekommen waren, als verfrüht. Die Separatisten scheinen +jedoch im Jahre 1686 schon viel milder behandelt worden zu sein, als +während des Jahres 1685. Aber nur ganz allmälig und nach vielen inneren +Kämpfen vermochte es der König über sich, mit Allem, was er am meisten +verabscheute, ein Bündniß zu schließen. Er hatte einen nicht +oberflächlichen und launenhaften, nicht erst kürzlich entstandenen oder +rasch aufgeschossenen, sondern in seiner Familie erblichen Groll zu +überwinden, welcher durch große, während hundertzwanzig ereignißvoller +Jahre zugefügte und erlittene Unbilden verstärkt worden und mit allen +seinen religiösen und politischen, häuslichen und persönlichen Gefühlen +verwachsen war. Vier Generationen von Stuarts hatten mit vier +Generationen von Puritanern einen Krieg auf Leben und Tod geführt, und +während dieses ganzen langen Krieges hatte kein Stuart die Puritaner so +stark gehaßt, und war so stark von ihnen gehaßt worden, als er. Sie +hatten es versucht, seine Ehre zu untergraben und ihn seines +Geburtsrechts zu berauben; sie hatten ihn einen Brandstifter, einen +Kehlabschneider und einen Giftmischer genannt; sie hatten ihn aus der +Admiralität und aus dem Staatsrathe verdrängt; sie hatten ihn zu +wiederholten Malen in die Verbannung getrieben, sie hatten einen +Mordanschlag auf ihn gemacht, und sie hatten sich zu Tausenden mit +bewaffneter Hand gegen ihn erhoben. Dafür hatte er sich an ihnen durch +ein Gemetzel gerächt, wie es England noch nie gesehen. Ihre Köpfe und +Glieder verwesten noch auf Pfählen auf allen öffentlichen Plätzen von +Somersetshire und Dorsetshire. Bejahrte Frauen, die wegen ihrer +Frömmigkeit und Mildthätigkeit von den Sectirern in hohen Ehren gehalten +wurden, waren um geringfügiger Vergehen willen, die kein guter Fürst nur +eines strengen Verweises werth gehalten haben würde, enthauptet oder +lebendig verbrannt worden. In einem solchen Verhältnisse hatte selbst in +England der König zu den Puritanern gestanden, und in Schottland hatte +die Tyrannei des Königs und die Wuth der Puritaner einen Grad erreicht, +von dem sich die Engländer kaum einen Begriff machen konnten. Einen so +langjährigen und so tödtlichen Haß zu vergessen, war für einen ganz +besonders harten und unversöhnlichen Character keine leichte Aufgabe. + +Der Kampf, der im Innern des Königs stattfand, entging dem Blicke +Barillon’s nicht. Ende Januar 1687 schrieb er einen interessanten Brief +nach Versailles. Der König -- dies war der wesentliche Inhalt des +Schreibens -- habe sich so ziemlich überzeugt, daß er nicht völlige +Freiheit für die römischen Katholiken erlangen und dabei doch die +Gesetze gegen die protestantischen Dissenters aufrecht erhalten könne. +Er neige sich daher zu einem Plane allgemeiner Indulgenz hin, im Herzen +aber würde es ihm weit lieber sein, wenn er auch jetzt noch seinen +Schutz und seine Gunst zwischen der römischen und der anglikanischen +Kirche, mit Ausschluß aller anderen religiösen Überzeugungen, theilen +könnte.[26] + + [Anmerkung 25: Leeuwen, 25. Dec. (4. Jan.) 1685/6.] + + [Anmerkung 26: Barillon, 31. Jan. (10. Febr.) 1686/7. +„Je crois + que, dans le fond, si on ne pouvoit laisser que la religion + Anglicane et la Catholique établies par les loix, le Roy + d’Angleterre en seroit bien plus content.“+] + + +[_In Schottland theilweise Duldung gewährt._] Wenige Tage nach dem +Abgang dieser Depesche that Jakob zögernd und widerstrebend den ersten +Schritt zur Annäherung an die Puritaner. Er hatte sich entschlossen, mit +Schottland zu beginnen, wo seine Befugniß, von Parlamentsacten zu +dispensiren, von den willfährigen Ständen anerkannt war. Demgemäß wurde +am 12. Februar in Edinburg eine Proklamation erlassen, welche +ängstlichen Gewissen eine Erleichterung gewährte.[27] Diese Proklamation +beweist vollkommen die Richtigkeit von Barillon’s Urtheil. Selbst in der +Acte, durch die er den Presbyterianern Zugeständnisse machte, konnte +Jakob seinen Widerwillen gegen sie nicht verhehlen. Die den Katholiken +gewährte Duldung war vollkommen. Auch die Quäker hatten wenig Ursache +sich zu beklagen. Aber die den Presbyterianern, welche die Hauptmasse +des schottischen Volks bildeten, bewilligte Indulgenz war durch +Bedingungen beschränkt, die sie fast werthlos machten. An die Stelle des +bisherigen Religionseides, der sowohl Katholiken als Presbyterianer von +Staatsämtern ausschloß, war ein neuer Religionseid gesetzt, der die +Katholiken zuließ, aber die meisten Presbyterianer ausschloß. Den +Katholiken war es erlaubt, Kapellen zu erbauen und sogar die Hostie +überall, mit Ausnahme der Straßen in königlichen Burgflecken, in +Prozession umherzutragen; den Quäkern war es gestattet, sich in +öffentlichen Gebäuden zu versammeln; die Presbyterianer aber durften nur +in Privatwohnungen Gottesdienst halten; es war ihnen streng verboten, +Bethäuser zu bauen, sie durften nicht einmal eine Scheune oder ein +Nebenhaus zu Andachtsübungen benutzen, und es ward ihnen nachdrücklich +eingeschärft, daß, wenn sie es wagten, Conventikel unter freiem Himmel +zu hatten, das Gesetz, welches sowohl den Predigern als den Zuhörern mit +dem Tode drohte, mit schonungsloser Strenge angewendet werden sollte. +Jeder katholische Priester durfte Messe lesen, jeder Quäker durfte vor +seinen Glaubensbrüdern Reden halten; aber der Geheime Rath war +angewiesen, darüber zu wachen, daß kein presbyterianischer Geistlicher +sich unterfange, ohne specielle Erlaubniß der Regierung zu predigen. +Jede Zeile dieses Dokuments und der dasselbe begleitenden Briefe +beweist, wie schwer es dem Könige wurde, nur einigermaßen die Härte zu +mildern, mit der er die alten Feinde seines Hauses von jeher behandelt +hatte.[28] + +Man hat wirklich Grund zu glauben, daß er bei Veröffentlichung dieser +Proklamation noch keineswegs zu einer Coalition mit den Puritanern fest +entschlossen war und daß er ihnen zuvörderst nur eben so viele +Begünstigungen gewähren wollte, als durchaus nöthig waren, um die +Anhänger der Landeskirche durch Einschüchterung zum Gehorsam zu bringen. +Er wartete daher einen Monat, um zu sehen, welchen Eindruck das in +Edinburg erlassene Edict in England machen werde. Diesen Monat +verwendete er auf Petre’s Rath eifrig zu dem, was man +closeting+[29] +nannte. + + [Anmerkung 27: Sie ist zu finden im Anfange zu Wodrow II. 129.] + + [Anmerkung 28: +Wodrow, Appendix, vol. II. Nos. 128, 129, 132.+] + + [Anmerkung 29: Persönliche Bearbeitung Einzelner im Privatkabinet + des Königs. D. Übers.] + + +[_Persönliche Bearbeitung Einzelner im königlichen Kabinet._] London war +voll von geeigneten Persönlichkeiten. Man erwartete die baldige +Zusammenberufung des Parlaments zur Erledigung von Geschäften, und viele +Mitglieder waren bereits in der Stadt. Der König nahm sich vor, sie Mann +für Mann zu werben. Er hoffte, daß die eifrigen Tories -- und aus +solchen bestand das Unterhaus mit wenigen Ausnahmen -- seinen dringenden +Bitten schwer würden widerstehen können, wenn er dieselben nicht an die +Gesammtheit, sondern an jeden Einzelnen, und nicht vom Thronsessel +herab, sondern im vertraulichen Gespräch an sie richtete. Die +Mitglieder, welche nach Whitehall kamen, um ihre Aufwartung zu machen, +wurden demnach auf die Seite genommen und mit langen Privatunterredungen +beehrt. Der König drang in sie, daß sie, als loyale Gentlemen, ihm nur +in dem einem Punkte, der ihm mehr als alles Andre am Herzen liege, den +Willen thun möchten. Er meinte, die Sache berühre seine persönliche +Ehre. Die unter der vorigen Regierung von factiösen Parlamenten gegen +die Katholiken erlassenen Verordnungen seien lediglich gegen ihn selbst +gerichtet gewesen; diese Gesetze hätten ihm ein Brandmal aufgedrückt, +ihn aus der Admiralität und aus dem Staatsrathe vertrieben, und er sei +berechtigt, zu erwarten, daß Alle, die ihn liebten und ehrten, sich zur +Abschaffung jener Gesetze vereinigen würden. Sah er, daß seine Zuhörer +gegen diese Ermahnungen taub blieben, so nahm er seine Zuflucht zu +Drohungen und Bestechungen. Denjenigen, die sich weigerten, ihm in +dieser Angelegenheit zu Willen zu sein, wurde geradezu gesagt, daß sie +keine Gunstbezeigung zu erwarten hätten. Trotz seiner Knauserei öffnete +und vertheilte er seine Schätze. Mehrere von Denen, die zu einer +Conferenz mit ihm eingeladen worden waren, nahmen aus seinem +Schlafzimmer Geld mit fort, das sie aus königlicher Hand empfangen +hatten. Die Richter, die sich gerade auf ihrer Frühjahrsrundreise +befanden, erhielten Befehl vom Könige, die noch in der Provinz +zurückgebliebenen Mitglieder zu besuchen und die Gesinnungen jedes +Einzelnen zu erforschen. + + +[_Erfolglosigkeit der persönlichen Bearbeitung._] Das Resultat aller +dieser Nachforschungen war, daß die große Majorität des Hauses der +Gemeinen entschlossen zu sein schien, sich den Maßregeln des Hofes zu +widersetzen.[30] Einer von Denjenigen, deren Festigkeit allgemeine +Bewunderung erregten, war Arthur Herbert, der Bruder des Oberrichters, +Parlamentsmitglied für Dover, Kammerherr und Contreadmiral von England. + + [Anmerkung 30: Barillon, 28. Febr. (10. März) 1686/7; Citters, + 15.(25.) Febr.; +Reresby’s Memoirs+; Bonrepaux, 25. Mai (4. Juni) + 1687.] + + +[_Admiral Herbert._] Arthur Herbert war bei den Seeleuten sehr beliebt +und galt für einen der tüchtigsten adeligen Marineoffiziere. Man hatte +allgemein vermuthet, daß er sich den Wünschen des Königs bereitwillig +fügen werde, denn er fragte wenig nach der Religion, war +vergnügungslustig und verschwenderisch, hatte kein Privatvermögen, bezog +aus seinen Stellen ein jährliches Einkommen von viertausend Pfund und +wurde seit langer Zeit zu den ergebensten persönlichen Anhängern Jakob’s +gerechnet. Als aber der Contreadmiral im Privatkabinet vorgenommen und +das Versprechen von ihm verlangt wurde, daß er für die Aufhebung der +Testacte stimmen wolle, antwortete er, seine Ehre und sein Gewissen +erlaubten ihm nicht, ein solches Versprechen zu geben. „Niemand zweifelt +an Ihrer Ehre“, sagte der König, „aber ein Mann, der so lebt wie Sie, +sollte nicht von seinem Gewissen sprechen.“ Auf diesen Vorwurf, einen +Vorwurf, der dem Geliebten der Katharine Sedley übel anstand, erwiederte +Herbert mit männlicher Offenheit: „Ich habe meine Fehler, Sire, aber ich +könnte Leute nennen, welche viel häufiger von ihrem Gewissen sprechen +als ich und dabei ein eben so lockeres Leben führen.“ Er wurde aller +seiner Stellen entsetzt und die Rechnung über seine Ausgaben und +Einnahmen als Kammerherr wurden mit großer und, wie er klagte, +ungerechter Strenge geprüft.[31] + +Es war jetzt augenscheinlich, daß jede Hoffnung auf ein Bündnis zwischen +der anglikanischen und römischen Kirche zu dem Zwecke, die Ämter und +Einnahmen unter sich zu theilen und die puritanischen Secten zu +unterdrücken, aufgegeben werden mußte. Es blieb weiter nichts übrig, als +der Versuch, eine Koalition zwischen der römischen Kirche und den +puritanischen Secten gegen die anglikanische Kirche zu Stande zu +bringen. + + [Anmerkung 31: Barillon, 14.(24.) März 1687; Lord Russell an +Dr.+ + Fitzwilliam, 1. April; +Burnet I. 671, 672+. In +Clarke’s Life of + James the Second, II. 204+ ist die Unterredung etwas anders + erzählt. Diese Stelle aber ist kein Theil der eigenen Memoiren des + Königs.] + + +[_Die Indulgenzerklärung._] Am 18. März kündigte der König dem Geheimen +Rathe an, daß er beschlossen habe, das Parlament bis Ende November zu +prorogiren und allen seinen Unterthanen aus eigner Machtvollkommenheit +völlige Gewissensfreiheit zu gewähren.[32] Am 4. April erschien die +denkwürdige Indulgenzerklärung. + +In dieser Erklärung sagte der König, es sei sein innigster Wunsch, seine +Unterthanen als Mitglieder derjenigen Kirche zu sehen, der er selbst +angehöre. Da dies aber nicht sein könne, erkläre er, daß es seine +Absicht sei, sie in der freien Ausübung ihrer Religion zu schützen. Er +wiederholte alle die schönen Redensarten, welche acht Jahre früher, als +er selbst ein Unterdrückter war, so oft aus seinem Munde kamen, die er +aber nicht mehr gebrauchte, seitdem ein Wechsel des Glücks ihm die Macht +verliehen hatte, selbst ein Unterdrücker zu werden. Er sei schon längst +überzeugt, sagte er, daß man dem Gewissen keinen Zwang anthun dürfe, daß +Verfolgungen der Zunahme der Bevölkerung und dem Handel nachtheilig +seien und nie zu dem Zwecke führten, den die Verfolger erreichen +wollten. Er wiederholte das schon oft gegebene und eben so oft +gebrochene Versprechen, daß er die Staatskirche im Genusse ihrer +gesetzlichen Rechte schützen wolle. Hierauf erklärte er, ebenfalls aus +eigner Machtvollkommenheit, eine lange Reihe von Gesetzen für null und +nichtig, hob alle Strafbestimmungen gegen alle Klassen von +Nonconformisten auf, ermächtigte die römischen Katholiken wie auch die +protestantischen Dissenters, ihren Gottesdienst öffentlich zu halten, +verbot seinen Unterthanen bei Strafe seines allerhöchsten Mißfallens, +irgend eine religiöse Versammlung zu stören, und schaffte auch alle +diejenigen Gesetze ab, welche die Befähigung zu bürgerlichen und +militairischen Ämtern von einem Religionseide abhängig machten.[33] + +Daß die Indulgenzerklärung verfassungswidrig war, darüber sind beide +große Parteien Englands zu allen Zeiten einig gewesen. Jeder, der in +politischen Fragen ein Urtheil hat, muß einsehen, daß ein Fürst, der +eine solche Erklärung erlassen darf, nichts Geringeres ist als ein +absoluter Monarch. Auch kann man zur Vertheidigung dieser Handlung +Jakob’s nicht die Gründe geltend machen, mit denen viele willkürliche +Maßregeln der Stuarts vertheidigt oder entschuldigt worden sind. Man +kann nicht sagen, daß er den Umfang seiner Prärogative verkannt habe, +weil sie nicht genau bestimmt gewesen sei, denn er überschritt die +Grenze angesichts einer ganz kürzlich erst festgestellten Grenzmarke. +Funfzehn Jahre früher hatte sein Bruder auf Anrathen der Cabale auch +eine Indulgenzerklärung erlassen, welche im Vergleich zu der Erklärung +Jakob’s gemäßigt und vorsichtig genannt werden konnte. Die Erklärung +Karl’s dispensirte nur von Strafgesetzen, die Erklärung Jakob’s +dispensirte auch von allen Religionseiden. Die Erklärung Karl’s +gestattete den Katholiken, nur in Privatwohnungen ihren Gottesdienst zu +halten, nach der Erklärung Jakob’s konnten sie Tempel bauen und +ausschmücken und sogar mit Kreuzen, Bildern und Rauchfässern in +Prozession durch Fleet Street ziehen. Dennoch war die Erklärung Karl’s +in alter Form für gesetzwidrig erklärt worden. Die Gemeinen hatten sich +dahin ausgesprochen, daß der König nicht befugt sei, in kirchlichen +Angelegenheiten von Gesetzen zu dispensiren. Karl hatte hierauf das +mißliebige Schriftstück vor seinen Augen vernichten lassen, hatte mit +eigner Hand das Siegel davon abgerissen und sowohl durch eine von ihm +eigenhändig unterschriebene Botschaft als auch mündlich vom Throne herab +in vollem Parlament beiden Häusern fest versprochen, daß der Schritt, +der so großen Anstoß gegeben, als nie geschehen betrachtet werden solle. +Die beiden Häuser hatten dann ohne eine einzige opponirende Stimme eine +gemeinschaftliche Dankadresse für diese Erfüllung ihrer Wünsche an ihn +gerichtet. Nie war eine Verfassungsfrage mit reiflicherer Erwägung, mit +unzweideutigerer Klarheit und mit vollkommnerer Einhelligkeit +entschieden worden. + +Jakob’s Vertheidiger haben zu seiner Entschuldigung häufig das +Erkenntniß anführt, welches der Gerichtshof der Kings Bench in der +abgekarteten Klage gegen Sir Eduard Hales abgab; aber dieser +Entschuldigungsgrund hat gar kein Gewicht. Jakob hatte diesen Ausspruch +notorisch durch Bitten, durch Drohungen, durch Entlassung gewissenhafter +Beamten und durch Besetzung der Richterbank mit anderen höfischer +gesinnten Richtern erlangt. Und obgleich dieses Erkenntniß von der +Advokatur wie von der Nation allgemein für verfassungswidrig erklärt +wurde, erstreckte es sich doch nur so weit, daß der König aus besonderen +Staatsgründen einzelnen Individuen Dispensationen von ausschließenden +Gesetzen bewilligen dürfe. Daß er durch ein Alles über den Haufen +werfendes Edict alle seine Unterthanen ermächtigen konnte, ganze Bände +von Gesetzen nicht mehr zu befolgen, dies hatte kein Gerichtshof +angesichts der feierlichen Entscheidung des Parlaments von 1673 zu +behaupten gewagt. + + [Anmerkung 32: +London Gazette, March 21, 1686/7.+] + + [Anmerkung 33: +London Gazette, April 7+. 1087.] + + +[_Stimmung der protestantischen Dissenters._] Die Stellung der Parteien +war jedoch von der Art, daß Jakob’s Indulgenzerklärung, obgleich der +kühnste von allen Angriffen der Stuarts auf die öffentliche Freiheit, +wohl geeignet war, gerade demjenigen Theile der Gesellschaft zu +gefallen, der allen anderen Angriffen der Stuarts auf die öffentliche +Freiheit den beharrlichsten Widerstand entgegengesetzt hatte. Es stand +kaum zu erwarten, daß der durch ein hartes und streng gehandhabtes +Gesetzbuch von seinen Landsleuten getrennte protestantische +Nonconformist geneigt sein werde, die Gültigkeit eines Erlasses zu +bestreiten, der ihn von unerträglichen Bedrückungen erlöste. Ein kalter +und philosophischer Beobachter würde ohne Zweifel erklärt haben, daß +alles Übel, das aus allen intoleranten Gesetzen, welche je von +Parlamenten erlassen wurden, hervorgehen könne, nicht zu vergleichen sei +mit dem Unheil, welches durch eine Übertragung der gesetzgebenden Gewalt +vom Parlament auf den Souverain entstehen würde. Aber eine so ruhige und +philosophische Überlegung kann man nicht von Leuten erwarten, die unter +einem vorhandenen Drucke seufzen und denen die lockende Aussicht auf +sofortige Erleichterung dargeboten wird. Ein puritanischer Theolog +konnte allerdings nicht leugnen, daß die jetzt von der Krone +beanspruchte Dispensationsgewalt mit den Grundprinzipien der +Verfassung unvereinbar war. Aber es war vielleicht zu entschuldigen, +wenn er fragte, was die Verfassung eigentlich für ihn sei. Die +Gleichförmigkeitsacte hatte ihn trotz königlicher Versprechungen von +einer Pfründe vertrieben, die sein rechtmäßiges Eigenthum war, und hatte +ihn in Armuth und Abhängigkeit zurückgeworfen. Die Fünfmeilenacte hatte +ihn von seiner Heimath, von seinen Verwandten, von seinen Freunden, von +fast jedem öffentlichen Zufluchtsorte verbannt. Kraft der +Conventikelacte war er seines Vermögens beraubt und aus einem +schmutzigen Kerker in den andren mitten unter Straßenräuber und Diebe +geworfen worden. Außerhalb des Gefängnisses wurde er beständig von den +Gerichtsdienern verfolgt; er hatte Angeber durch Geldgeschenke zum +Schweigen bringen, hatte sich in schimpflicher Verkleidung durch Fenster +und Fallthüren heimlich zu seiner Gemeinde schleichen müssen, und +während er das geweihte Wasser auf den Täufling sprengte oder das Brod +des heiligen Abendmahls austheilte, hatte er in beständiger Angst auf +das Zeichen horchen müssen, welches ihm sagte, daß die Sbirren der +Justiz sich näherten. War es nicht bitterer Hohn, einen so +ausgeplünderten und bedrückten Mann aufzufordern, daß er für das +Eigenthum und die Freiheit seiner Plünderer und Bedrücker zum Märtyrer +werden solle? Mochte die Indulgenzerklärung seinen glücklichen Nachbarn +noch so despotisch erscheinen, ihm brachte sie Erlösung. Er wurde +aufgefordert, nicht zwischen der Freiheit und der Knechtschaft, sondern +zwischen zwei Jochen zu wählen, und es wäre nicht unnatürlich gewesen, +wenn er das Joch des Königs für erträglicher gehalten hätte als das der +Kirche. + + +[_Stimmung der anglikanischen Kirche._] Während solche Gedanken die +Gemüther vieler Dissenters beschäftigten, war die anglikanische Partei +in Angst und Bestürzung. Diese neue Wendung der Dinge war in der That +beunruhigend. Das Haus Stuart im Bunde mit republikanischen und +königsmörderischen Secten gegen die alten Kavaliere Englands; der +Papismus im Bunde mit dem Puritanismus gegen ein kirchliches System, an +welchem die Puritaner nichts weiter auszusetzen hatten, als daß es +zuviel Papistisches beibehalten: das waren Zeichen und Wunder, welche +alle Berechnungen der Staatsmänner über den Haufen warfen. Die Kirche +sollte also mit einem Male von allen Seiten angegriffen werden, und zwar +unter der Leitung Dessen, der ihrer Verfassung nach ihr Oberhaupt war. +Es war kein Wunder, wenn sie von Erstaunen und Entsetzen ergriffen +wurde. Und zu dem Erstaunen und dem Entsetzen gesellten sich noch andere +bittere Gefühle: Groll gegen den meineidigen Fürsten, dem sie nur zu +treu gedient, und Reue über die Grausamkeiten, die sie in Gemeinschaft +mit ihm verübt hatte und für die er sie jetzt, wie es schien, bestrafen +wollte. Ihre Strafe war gerecht, sie erntete was sie gesäet hatte. Als +nach der Restauration ihre Macht den Höhepunkt erreicht, hatte sie nur +Rache geschnaubt. Sie hatte die Stuarts aufgefordert, gedrängt, fast +gezwungen, die kürzlich geleisteten Dienste der Presbyterianer mit +schnödem Undanke zu vergelten. Hätte sie sich in jener Zeit ihrer +höchsten Blüthe, wie es ihr geziemte, ihrer Feinde angenommen, so würde +sie jetzt, in der Zeit der Noth, Freunde in ihnen gefunden haben. +Vielleicht war es noch nicht zu spät, vielleicht konnte sie noch die +Taktik ihres Bedrückers gegen ihn selbst kehren. Es gab unter den +Anglikanern eine gemäßigte Partei, welche den protestantischen +Dissenters immer freundlich gesinnt gewesen war. Allerdings war diese +Partei nicht zahlreich, aber die Talente, Kenntnisse und Tugenden ihrer +Mitglieder machten sie achtunggebietend. Sie war von den höchsten +Würdenträgern der Kirche nicht mit günstigem Auge betrachtet und von den +Frömmlern aus der Schule Laud’s schonungslos verunglimpft worden; aber +von dem Tage, an welchem die Indulgenzerklärung erschien, bis zu dem +Tage, wo Jakob’s Macht aufhörte Schrecken einzuflößen, schien die ganze +Kirche von dem Geiste der verleumdeten Latitudinarier beseelt zu sein +und von ihren Rathschlägen geleitet zu werden. + + +[_Der Hof und die Kirche._] Nun folgte eine Art von Versteigerung, die +sonderbarste, von der uns die Geschichte erzählt. Der König auf der +einen, die Kirche auf der andren Seite begannen einander zu überbieten, +um die Gunst Derer zu erlangen, zu deren Unterdrückung sie bis dahin +verbündet gewesen waren. Die protestantischen Dissenters, die noch vor +wenigen Monaten eine verachtete und geächtete Klasse gewesen waren, +hielten jetzt die Wage der Macht in ihrer Hand. Die Härte, mit der sie +behandelt worden waren, wurde allgemein verdammt. Der Hof suchte die +ganze Schuld auf die Hierarchie zu wälzen, und die Hierarchie warf sie +zurück auf den Hof. Der König erklärte, daß er die Separatisten wider +Willen nur deshalb verfolgt habe, weil seine Angelegenheiten in einem +Zustande gewesen wären, bei dem er es nicht hatte wagen dürfen, dem +Klerus der Staatskirche zu nahe zu treten. Dieser versicherte, daß er +nur aus Ehrerbietung vor der Autorität des Königs an einer Strenge Theil +genommen habe, die seinen Gefühlen durchaus fremd sei. Der König brachte +eine Sammlung von Anekdoten von Rectoren und Vikaren zusammen, welche +durch Androhung von Verfolgung von protestantischen Dissenters Geld +erpreßt hatten. Er sprach häufig und öffentlich über diesen Gegenstand, +drohte mit einer Untersuchung, welche die Pfarrer der ganzen Welt in +ihrem wahren Character zeigen werde und erließ in der That mehrere +Verordnungen, durch welche Agenten, auf die er sich verlassen zu können +glaubte, ermächtigt wurden, den Betrag der Summen zu ermitteln, welche +in verschiedenen Landestheilen von Bekennern der herrschenden Religion +Sectirern abgepreßt worden waren. Die Vertheidiger der Landeskirche +führten dagegen Beispiele von rechtschaffenen Pfarrern an, welche vom +Hofe Verweise und Drohungen erhalten, weil sie auf der Kanzel +Duldsamkeit empfohlen und sich geweigert hatten, kleine Gemeinden von +Nonconformisten auszuspüren und zu Tode zu hetzen. Der König behauptete, +daß einige Mitglieder der Staatskirche, die er privatim vorgenommen, +sich erboten hatten, den Katholiken ausgedehnte Zugeständnisse zu +machen, unter der Bedingung, daß die Verfolgung gegen die Puritaner +ihren Fortgang behalte. Die angeklagten Anhänger der Staatskirche +leugneten heftig die Wahrheit dieser Beschuldigung und behaupteten, daß, +wenn sie sich mit dem, was der König für seine eigene Kirche verlangte, +einverstanden erklärt hätten, er ihnen sehr gern gestattet haben würde, +sich durch Verfolgung und Ausplünderung protestantischer Dissenters zu +entschädigen.[34] + +Der Hof hatte seine Physiognomie verändert. Die Schärpe und der +Priesterrock der anglikanischen Geistlichen konnten sich daselbst kaum +noch sehen lassen ohne spöttisches Lächeln und boshaftes Geflüster +hervorzurufen. Die Hofdamen erlaubten sich nicht mehr zu kichern und die +Kammerherren verbeugten sich bis zur Erde, wenn sich das puritanische +Gesicht und die puritanische Tracht, welche in den vornehmen Zirkeln so +lange Zeit Lieblingsgegenstände des Spotts gewesen waren, in den +Gallerien des Palastes zeigten. Taunton, das zwei Generationen hindurch +die Veste der Rundkopfpartei im Westen gewesen war, das die Armeen +Karl’s I. zweimal tapfer zurückgeschlagen, sich zur Unterstützung +Monmouth’s wie ein Mann erhoben hatte und von Kirke und Jeffreys in eine +Schlachtbank verwandelt worden war, schien plötzlich die Stelle erobert +zu haben, welche Oxford einst in der königlichen Gunst eingenommen.[35] +Der König gewann es über sich, ausgezeichneten Dissenters sogar mit +kriechender Höflichkeit zu begegnen. Einigen bot er Geld an, Anderen +städtische Ehrenämter, noch Anderen Begnadigung von Verwandten und +Freunden, die wegen Theilnahme an dem Ryehousecomplot oder wegen +Anschluß an die Fahne Monmouth’s auf dem Kontinent umherirrten oder in +den Zuckerplantagen von Barbados schwitzten. Er stellte sich sogar, als +ob er mit den freundlichen Gesinnungen der englischen Puritaner gegen +ihre auswärtigen Glaubensbrüder sympathisirte. Eine zweite und dritte +Proklamation erschien in Edinburg, welche die den Presbyterianern durch +das Februaredict gewährte nichtssagende Duldung bedeutend +erweiterten.[36] Die verbannten Hugenotten, die der König seit vielen +Monaten mit ungnädigem Auge angesehen und denen er die von der Nation +aufgebrachten milden Gaben vorenthalten hatte, wurden jetzt unterstützt +und gehätschelt. Es wurde ein Ministerialbefehl erlassen, der die +öffentliche Mildthätigkeit nochmals zu ihren Gunsten aufrief. Die +Vorschrift, welche von ihnen den Anschluß an die anglikanische +Gottesverehrung als Bedingung des Empfangs einer Unterstützung +verlangte, scheint zu dieser Zeit stillschweigend aufgehoben gewesen zu +sein, und die Vertheidiger der Politik des Königs hatten die Frechheit +zu behaupten, diese Vorschrift sei auf Andringen der Prälaten der +Staatskirche erlassen worden, während wir aus den sichersten Quellen +wissen, daß sie von ihm selbst im Einverständniß mit Barillon ersonnen +worden war.[37] + +Während der König sich so die Gunst seiner alten Gegner zu erwerben +suchte, waren die Freunde der Landeskirche nicht weniger thätig. Von der +Bitterkeit und dem Hohne, mit dem die Prälaten und Priester seit der +Restauration die Sectirer zu behandeln pflegten, war kaum noch eine Spur +zu erkennen. Die, welche man ganz kürzlich noch Schismatiker und +Fanatiker genannt hatte, waren jetzt geliebte Mitprotestanten, +Glaubensbrüder, die vielleicht schwach sein mochten, aber deren +Gewissensskrupel immerhin zarte Rücksichtnahme verdienten. Wenn sie nur +in dieser Krisis der englischen Verfassung und dem reformirten Glauben +treu blieben, so sollte ihre Hochherzigkeit bald und reich belohnt +werden. Anstatt einer Indulgenz, welche keine gesetzliche Gültigkeit +hätte, sollten sie eine wirkliche, durch eine Parlamentsacte gesicherte +Indulgenz haben. Ja, viele Mitglieder der Staatskirche, die sich bisher +durch ihr starres Festhalten an jeder in der Liturgie vorgeschriebenen +Geberde und Formel ausgezeichnet hatten, erklärten sich jetzt nicht nur +zur Duldung, sondern sogar zur Gleichstellung geneigt. Der Streit um +Chorröcke und Stellungen, sagten sie, habe nur zu lange Christen von +einander getrennt, welche doch in den wesentlichen Glaubenspunkten +übereinstimmten. Wenn der Kampf auf Tod und Leben gegen den gemeinsamen +Feind vorüber wäre, dann würde man sehen, daß die anglikanische +Geistlichkeit zu jedem billigen Zugeständnisse bereit sei. Wenn die +Dissenters nur nicht unbescheiden wären, so würden ihnen nicht blos +bürgerliche, sondern auch geistliche Ämter offen stehen, und Baxter und +Howe würden ohne einen Flecken an ihrer Ehre oder ihrem Gewissen auf der +Bank der Bischöfe sitzen können. + + [Anmerkung 34: Verordnungen des Schatzamts. Siehe besonders die + Instructionen vom 8. März 1687/88; +Burnet, I. 715+; +Reflections + on His Majesty’s Proclamation for a Toleration in Scotland+; + +Letters containing some Reflections on His Majesty’s Declaration + for Liberty of Conscience+; +Apology for the Church of England + with relation to the spirit of Persecution for which she is + accused, 1687/88.+ Doch es ist mir unmöglich, alle Flugschriften + anzuführen, aus denen ich mein Urtheil über den damaligen Stand + der Parteien geschöpft habe.] + + [Anmerkung 35: +Letter to a Dissenter+.] + + [Anmerkung 36: +Wodrow, Appendix, vol. II. Nos. 132, 134.+] + + [Anmerkung 37: +London Gazette, April 21. 1687+; +Animadversions + on a late paper entituled a Letter to a Dissenter, by H. C. (Henry + Care), 1687.+] + + +[_„Brief an einen Dissenter.“_] Von den zahlreichen damaligen +Flugschriften, in denen die Sache des Hofes und die Sache der Kirche vor +dem Puritaner, der jetzt durch eine sonderbare Wendung des Geschicks das +Loos seiner Verfolger entscheiden sollte, eifrig und ängstlich +entwickelt wurde, ist jetzt nur noch eine in der Erinnerung, betitelt: ++Letter to a Dissenter+. In dieser meisterhaften kleinen Schrift waren +alle Argumente, die einen Nonconformisten überzeugen konnten, daß es +seine Pflicht und sein Interesse sei, ein Bündniß mit der Staatskirche +einem Bündnisse mit dem Hofe vorzuziehen, auf einem engen Raume in der +übersichtlichsten Ordnung zusammengestellt, mit geistreichem Witze +erörtert und mit einer zwar lebhaften, aber selbst in den Momenten der +leidenschaftlichsten Heftigkeit die Grenzen des Anstandes und der seinen +Bildung nie überschreitenden Beredtsamkeit zur Geltung gebracht. Die +Schrift machte einen ungeheuren Eindruck, denn da sie nur einen Bogen +stark war, wurden über zwanzigtausend Exemplare durch die Post versandt +und die Wirkung zeigte sich in jedem Winkel des Reichs. Es erschienen +vierundzwanzig Antworten darauf, aber die ganze Stadt erklärte sie für +schlecht und die von Lestrange für die schlechteste von allen +vierundzwanzig.[38] Die Regierung war sehr ärgerlich und sparte keine +Mühe, um den Verfasser des Briefs ausfindig zu machen; aber es war nicht +möglich, rechtskräftige Beweise gegen ihn aufzubringen. Einige meinten +die Denk- und Sprachweise Temple’s zu erkennen.[39] In Wirklichkeit aber +gehörte dieser umfassende und scharfe Verstand, diese lebhafte +Phantasie, dieser elegante und kräftige Styl, diese ruhige und edle, +halb hofmännische, halb philosophische Würde, welche die heftigste +Aufregung des Kampfes nicht einen Augenblick aus der Fassung bringen +konnte, keinem Andren als Halifax an. + + [Anmerkung 38: +Lestrange’s Answer to a Letter to a Dissenter+; + +Care’s Animadversions on a Letter to a Dissenter+; +Dialogue + between Harry and Roger+, nämlich Harry Care und Roger Lestrange.] + + [Anmerkung 39: Der Brief war mit T. W. unterzeichnet. Care sagt in + seinen +Animadversions+: „Dieser Herr Politiker T. W. oder W. T., + denn einige Kritiker halten dies für die richtigere Lesart.“] + + +[_Benehmen der Dissenters._] Die Dissenters schwankten und man darf +ihnen keinen Vorwurf daraus machen. Sie litten und der König hatte ihnen +Linderung verschafft. Einige ausgezeichnete Geistliche waren ihrer Haft +entlassen worden, andere hatten es gewagt, aus dem Exil zurückzukehren. +Gemeinden, die ihre Zusammenkünfte bisher nur heimlich und im Dunklen +hatten abhalten können, versammelten sich jetzt am hellen Tage und +sangen laut ihre Psalmen vor den Augen von Magistratsbeamten, +Kirchenvorstehern und Constablern. Bescheidene Gotteshäuser von +puritanischer Bauart begannen sich in allen Gegenden Englands zu +erheben. Der aufmerksame Reisende kann noch jetzt an einigen der +ältesten Bethäuser die Jahrzahl 1687 erkennen. Dessen ungeachtet waren +die Anerbietungen der Kirche für einen klugen Dissenter viel lockender +als die des Königs. Die Indulgenzerklärung war in den Augen des Gesetzes +null und nichtig. Sie suspendirte die Strafgesetze gegen Nonconformität +nur auf so lange, als die Grundprinzipien der Verfassung und die +rechtmäßige Autorität des gesetzgebenden Körpers aufgehoben blieben. +Welchen Werth hatten Privilegien, die auf einen so schmachvollen und +zugleich so unsicheren Besitztitel beruhten? Es konnte bald eine +Thronerledigung eintreten, ein der Landeskirche anhängender Souverain +konnte auf den Thron kommen und ein aus Mitgliedern der Landeskirche +bestehendes Parlament gebildet werden. Wie beklagenswerth mußte dann die +Lage der Dissenters werden, die sich mit Jesuiten gegen die Verfassung +verbündet hatten! Die Kirche bot eine Indulgenz ganz andrer Art als die +von Jakob gewährte dar, eine Indulgenz, die eben so rechtsgültig und +heilig war als die Magna Charta. Beide streitende Parteien versprachen +dem Separatisten Glaubensfreiheit; aber die eine Partei verlangte von +ihm, daß er sie durch Aufopferung der bürgerlichen Freiheit erkaufen +sollte, während die andre ihn zum Genuß der bürgerlichen und religiösen +zugleich einlud. + +Aus diesen Gründen konnte ein Dissenter sich wohl entschließen, sein +Loos mit dem der Staatskirche zu verknüpfen, selbst wenn er hätte +glauben können, daß der Hof es aufrichtig meinte. Aber wer garantirte +ihm für die Aufrichtigkeit des Hofes? Jedermann kannte das bisherige +Benehmen Jakob’s. Es war zwar nicht gerade unmöglich, daß ein Verfolger +durch Vernunftgründe und Erfahrungen von den Vortheilen der +Religionsduldung überzeugt werden konnte. Aber Jakob behauptete, nicht +erst neuerdings überzeugt worden zu sein; im Gegentheil, er versäumte +keine Gelegenheit, um zu versichern, daß er schon seit vielen Jahren aus +Grundsatz aller Unduldsamkeit feind gewesen sei. Dennoch hatte er noch +vor wenigen Monaten Männer, Frauen und junge Mädchen um ihrer Religion +willen bis zum Tode verfolgt. Hatte er damals gegen die bessere +Überzeugung seines Gewissens gehandelt? oder sagte er jetzt eine +wissentliche Unwahrheit? Aus diesem Dilemma gab es keinen Ausweg und +jede der beiden Annahmen war für den Ruf der Rechtschaffenheit des +Königs gleich verderblich. Außerdem war auch allbekannt, daß ihn die +Jesuiten ganz in ihrer Gewalt hatten. Erst wenige Tage vor der +Bekanntmachung der Indulgenz war dieser Orden dem wohlbekannten Willen +des heiligen Stuhles zum Trotz mit einem neuen Beweise seines Vertrauens +und seines Beifalls beehrt worden. Sein Beichtvater, Pater Mansuetus, +ein Franziskaner, dessen menschenfreundlicher Character und tadelloser +Lebenswandel die größte Achtung verdienten, den aber Tyrconnel und Petre +schon längst haßten, war entlassen worden. Den dadurch erledigten Posten +erhielt ein Engländer, Namens Warner, der von dem Glauben seines +Vaterlandes abgefallen und Jesuit geworden war. Den gemäßigten +Katholiken und dem Nuntius war dieser Wechsel nichts weniger als +angenehm, und jeder Protestant erblickte darin einen Beweis, daß die +Jesuiten eine unumschränkte Herrschaft über das Gemüth des Königs +ausübten.[40] So großes Lob auch diese Väter mit Recht beanspruchen +konnten, besondere Liberalität und Wahrheitsliebe konnte selbst die +Schmeichelei ihnen nicht beimessen. Daß sie, wenn es das Interesse ihres +Glaubens oder ihres Ordens galt, niemals Bedenken trugen, den Beistand +des weltlichen Schwerts anzurufen, oder die Gesetze der Wahrheit und +Treue zu verletzen, dies war der Welt nicht nur durch protestantische +Ankläger, sondern auch durch Männer verkündet worden, deren +Tugendhaftigkeit und Genie der Stolz der römischen Kirche war. Es war +unglaublich, daß ein ergebener Schüler der Jesuiten der +Gewissensfreiheit aus Grundsatz zugethan sein sollte; dagegen aber war +es weder unglaublich noch unwahrscheinlich, daß er es für gerechtfertigt +hielt, seine wahren Gesinnungen zu verbergen, um seiner Religion einen +Dienst zu erzeigen. Es war gewiß, daß dem Könige im Herzen die +Anglikaner lieber waren als die Puritaner; es war gewiß, daß, so lange +er noch Hoffnung hatte, die Anhänger der Staatskirche zu gewinnen, er +den Puritanern nie die geringste Freundlichkeit erwiesen hatte. Konnte +es also wohl einem Zweifel unterliegen, daß er selbst jetzt noch die +Puritaner willig aufopfern würde, wenn die Anglikaner sich seinen +Wünschen fügten? Sein wiederholt gegebenes Versprechen hatte ihn nicht +abgehalten, die gesetzlichen Rechte der Geistlichkeit anzutasten, welche +so viele sprechende Beweise von treuer Anhänglichkeit an sein Haus +gegeben hatte. Welche Sicherheit konnte sonach sein Wort Secten +gewähren, welche durch die Erinnerung an tausend geschlagene und +empfangene, nicht wieder gut zu machende Wunden von ihm geschieden +waren? + + [Anmerkung 40: Ellis’ Correspondenz, 15. März u. 27. Juli 1686; + Barillon, 28. Febr. (10. März), 3.(13.) März, 6.(16.) März 1687; + Ronquillo, 9.(19.) März 1687 in der Mackintosh-Sammlung.] + + +[_Einige von ihnen halten es mit dem Hofe. Care, Alsop, Rosewell._] Als +die durch Bekanntmachung der Indulgenz verursachte Aufregung sich ein +wenig gelegt hatte, zeigte es sich, daß in der puritanischen Partei eine +Spaltung eingetreten war. Die Minorität, mit einigen wenigen thätigen +Männern an der Spitze, deren Urtheil mangelhaft oder durch das Interesse +geleitet war, unterstützte den König. Heinrich Care, welcher lange Zeit +der heftigste und thätigste Pamphletist unter den Nonconformisten +gewesen war und der in den Tagen des papistischen Complots Jakob in +einer Schrift unter dem Titel +Packet of Advice from Rome+ +(Nachrichtenpacket von Rom) mit schrankenloser Wuth angegriffen hatte, +schmeichelte ihm jetzt eben so laut, als er ihn früher geschmäht und +verleumdet hatte.[41] Der Hauptagent, dessen sich die Regierung zur +Bearbeitung der Presbyterianer bedient hatte, war Vincenz Alsop, ein +Geistlicher, der als Prediger wie auch als Schriftsteller nicht +unbekannt war. Sein Sohn, der wegen Hochverraths bestraft worden war, +wurde begnadigt, und daher widmete der Vater seinen ganzen Einfluß dem +Hofe.[42] Mit Alsop verbunden war Thomas Rosewell. Rosewell war während +der durch die Entdeckung des Ryehousecomplots herbeigeführten Verfolgung +der Dissenters fälschlich angeklagt worden, daß er gegen die Regierung +gepredigt habe. Jeffreys hatte auf seine Verurtheilung zum Tode +angetragen und eine bestochene Jury hatte ihn den klarsten Beweisen von +seiner Unschuld zum Trotz für schuldig erklärt. Die Ungerechtigkeit des +Urtheils war so himmelschreiend, daß selbst die Höflinge sich darüber +empört zeigten. Ein angesehener Tory, der den Verhandlungen des +Prozesses beigewohnt hatte, ging augenblicklich zu Karl und erklärte, +daß der Hals des loyalsten Unterthanen in England nicht mehr sicher sein +würde, wenn man Rosewell hinrichtete. Die Geschwornen selbst wurden von +Reue ergriffen, als sie überlegten, was sie gethan hatten, und boten +Alles auf, um dem Gefangenen das Leben zu retten. Endlich wurde seine +Begnadigung bewilligt, aber Rosewell mußte drückende Bürgschaft für sein +ferneres Wohlverhalten stellen und zu bestimmten Zeiten persönlich vor +dem Gerichtshofe der Kings Bench erscheinen. Seine Bürgschaften wurden +jetzt auf königlichen Befehl erlassen und dadurch seine Dienste +gewonnen.[43] + + [Anmerkung 41: +Wood’s Athenae Oxonienses+; +Observator+; + +Heraclitus Ridens+ an mehreren Stellen. Doch Care’s eigene + Schriften sind das beste Material zur Würdigung seines + Characters.] + + [Anmerkung 42: +Calamy’s Account of the Ministers ejected or + silenced after the Restoration, Northamptonshire+; +Wood’s Athenae + Oxonienses+; +Biographia Britannica.+] + + [Anmerkung 43: +Collection of State Trials+; +Samuel Rosewell’s + Life of Thomas Rosewell, 1718+; +Calamy’s Account.+] + + +[_Lobb._] Das Geschäft, die Independenten zu gewinnen, war vornehmlich +einem ihrer Geistlichen, Namens Stephan Lobb, übertragen. Lobb war ein +schwacher, heftiger und ehrgeiziger Mann. Er hatte die Opposition gegen +die Regierung so weit getrieben, daß sein Name in mehreren +Proklamationen geächtet worden war, söhnte sich aber jetzt mit dem Hofe +aus und ging in der Servilität eben so weit als er je in der Opposition +gegangen war. Er schloß sich der jesuitischen Cabale an und rieth eifrig +zu Maßregeln, vor denen die verständigsten und ehrenwerthesten +Katholiken zurückschauderten. Man bemerkte, daß er fortwährend im +Palaste und häufig im Privatkabinet des Königs war, daß er in einem +Glanze lebte, an den die puritanischen Geistlichen nicht gewöhnt waren, +und daß er beständig von Bittstellern belagert war, denen er durch +seinen Einfluß Stellen und Begnadigungen verschaffen sollte.[44] + + [Anmerkung 44: +London Gazette, March 15. 1685/6+; +Nichols’s + Defence of the Church of England+; +Pierce’s Vindication of the + Dissenters.+] + + +[_Penn._] Mit Lobb eng befreundet war Wilhelm Penn. Penn war nie ein +characterfester Mann gewesen, das Leben, das er seit zwei Jahren führte, +hatte sein sittliches Zartgefühl nicht wenig verhärtet, und wenn sein +Gewissen ihm einmal Vorwürfe machte, so tröstete er sich immer wieder +mit dem Gedanken, daß er einen guten und edlen Zweck verfolge und daß +ihm seine Dienste nicht mit Geld bezahlt würden. + +Durch den Einfluß dieser und anderer weniger hervorragender Männer +wurden mehrere Dissentergemeinden bewogen, Dankadressen an den König zu +richten. Toryistische Schriftsteller haben mit Recht bemerkt, daß die +Sprache dieser Adressen so widerlich servil war wie nur in irgend einer +der überschwenglichsten Lobreden, welche den Stuarts von Bischöfen +gespendet worden sind. Bei genauer Untersuchung stellt es sich heraus, +daß die Schmach nur einem sehr kleinen Theile der puritanischen Partei +zur Last fällt. Es gab kaum einen Marktflecken in England, der nicht +wenigstens ein kleines Häuflein Separatisten gehabt hätte, und man +sparte keine Mühe, um sie zu einer Äußerung ihrer Dankbarkeit für die +Indulgenz zu bewegen. Rundschreiben, welche sie zur Unterzeichnung +aufforderten, wurden nach allen Gegenden des Landes in solchen Massen +geschickt, daß, wie man scherzweise sagte, die Postfelleisen den Pferden +zu schwer waren. Indessen belief sich die Gesammtzahl der Adressen, die +man von allen über ganz England zerstreuten Presbyterianern, +Independenten und Baptisten erlangen konnte, noch nicht auf sechzig; +auch ist kein Grund zu der Vermuthung vorhanden, daß diese Adressen +zahlreiche Unterschriften hatten.[45] + + [Anmerkung 45: Die Adressen sind in der London Gazette zu finden.] + + +[_Die Mehrzahl der Puritaner ist gegen den Hof. Baxter._] Die große +Masse der protestantischen Nonconformisten, welche fest an den +bürgerlichen Freiheiten hing und den Versprechungen des Königs und der +Jesuiten nicht traute, weigerte sich standhaft, für eine Begünstigung zu +danken, hinter der man mit gutem Grund eine Schlinge argwöhnen durfte. +Dies war die Stimmung aller angesehensten Oberhäupter der Partei. Zu +ihnen gehörte Baxter. Er war, wie wir gesehen haben, bald nach Jakob’s +Thronbesteigung in Untersuchung gezogen, von Jeffreys gröblich insultirt +und von einer Jury, wie die höfischen Sheriffs der damaligen Zeit sie zu +wählen pflegten, für schuldig erklärt worden. Baxter befand sich seit +ungefähr anderthalb Jahren im Gefängniß, als der Hof ernstlich darauf zu +denken begann, die Nonconformisten zu gewinnen. Er wurde nicht allein in +Freiheit gesetzt, sondern auch bedeutet, daß er, wenn er sonst wollte, +seinen Aufenthalt in London nehmen könnte, ohne die Anwendung der +Fünfmeilenacte gegen sich zu fürchten. Die Regierung hoffte +wahrscheinlich, daß die Erinnerung an vergangene Leiden und das Gefühl +der gegenwärtigen Erlösung auf ihn die nämliche Wirkung äußern werde, +wie auf Rosewell und Lobb. Diese Hoffnung erwies sich jedoch als irrig. +Baxter war weder zu bestechen, noch zu täuschen; er weigerte sich, +irgend eine Dankadresse für die Indulgenz zu unterzeichnen und +verwendete seinen ganzen Einfluß zur Herbeiführung eines guten +Vernehmens zwischen der Staatskirche und den Presbyterianern.[46] + + [Anmerkung 46: +Calamy’s Life of Baxter.+] + + +[_Howe._] Wenn es irgend einen Mann gab, der in der Achtung der +protestantischen Dissenters noch höher stand als Baxter, so war dies +Johann Howe. Howe hatte, wie Baxter, durch den neuerlichen Umschwung der +Politik persönlich gewonnen. Die nämliche Tyrannei, welche Baxter ins +Gefängniß warf, hatte ihn in die Verbannung getrieben und bald nach +Baxter’s Entlassung aus dem Gefängnisse der Kings Bench kehrte Howe von +Utrecht nach England zurück. Man erwartete in Whitehall, daß Howe den +ganzen Einfluß, den er auf seine Glaubensgenossen ausübte, zu Gunsten +des Hofes verwenden werde. Der König selbst ließ sich herab, den +Unterthan, den er unterdrückt hatte, um seinen Beistand zu bitten. Howe +scheint geschwankt zu haben; der Einfuß Hampden’s aber, mit dem er intim +befreundet war, vermochte ihn, der Sache der Verfassung treu zu bleiben. +Eine Versammlung presbyterianischer Geistlichen wurde in seinem Hause +gehalten, um über die Lage der Dinge zu berathen und über den +einzuschlagenden Weg einen Beschluß zu fassen. Im Palaste erwartete man +mit ängstlicher Spannung das Ergebniß. Zwei königliche Abgesandte +wohnten der Verhandlung bei, und sie kamen mit der unwillkommnen +Nachricht zurück, daß Howe sich entschieden gegen das Dispensationsrecht +erklärt und nach langer Debatte die Majorität der Versammlung für sich +gewonnen habe.[47] + + [Anmerkung 47: +Calamy’s Life of Howe+. Den Antheil, den die + Familie Hampden an dieser Angelegenheit gehabt, habe ich aus einem + Briefe von Johnstone an Waristoun vom 13. Juni 1688 erfahren.] + + +[_Bunyan._] Neben Baxter und Howe muß noch ein andrer Mann genannt +werden, der nach seiner Stellung und Gelehrsamkeit tief unter ihnen, an +Tugend aber ihnen gleich, und an Genie hoch über ihnen stand, Johann +Bunyan. Bunyan war ursprünglich Kesselflicker gewesen und hatte als +gemeiner Soldat in der Parlamentsarmee gedient. Schon in seinen früheren +Jahren hatten ihn furchtbare Gewissensbisse wegen seiner Jugendsünden +gequält, von denen jedoch die schlimmsten solche gewesen zu sein +scheinen, welche die Welt für verzeihlich hält. Seine große Reizbarkeit +und seine glühende Phantasie machten seine inneren Kämpfe ganz besonders +qualvoll. Er bildete sich ein, daß ein Verdammungsurtheil über ihn +verhängt sei, daß er den heiligen Geist gelästert, daß er Christum +verkauft habe und daß er thatsächlich von einem bösen Geiste besessen +sei. Bald vernahm er laute Warnungsstimmen vom Himmel, bald versuchte +ihn der Teufel durch gottlose Einflüsterungen. Er hatte Visionen von +entfernten Berggipfeln, welche die Sonne glänzend beleuchtete, von denen +er aber durch eine Schneewüste getrennt war. Er fühlte wie der Teufel +ihn an den Kleidern zupfte; er glaubte, das Kainszeichen sei ihm +aufgedrückt; er fürchtete daß er zerbersten werde, wie Judas. Diese +Seelenkämpfe zerrütteten seine Gesundheit. Den einen Tag zitterte er wie +ein vom Schlage Getroffener; ein andermal brannte es ihn wie Feuer in +der Brust. Es ist kaum zu begreifen, daß er so entsetzlichen und +andauernden Qualen nicht unterlag. Endlich zertheilten sich die Wolken. +Aus dem Abgrunde der Verzweiflung erhob sich der Büßende in einen +Zustand heiterer Glückseligkeit. Ein unwiderstehlicher Drang trieb ihn +an, auch Andere des Segens theilhaftig werden zu lassen, dessen er +selbst genoß.[48] Er schloß sich den Baptisten an und wurde Prediger und +Schriftsteller. Seine Erziehung war die eines Handwerkers gewesen und er +verstand keine andre Sprache als die englische, wie sie von dem niederen +Volke gesprochen wird. Er hatte kein großes Musterwerk studirt, mit der +einzigen, allerdings sehr bedeutenden Ausnahme unsrer herrlichen +Bibelübersetzung. Seine Orthographie war schlecht; er machte häufige +Verstöße gegen die Regeln der Grammatik. Doch sein angebornes Genie und +seine durch eigene Erfahrung erworbene Kenntniß aller religiösen +Gefühle, von der Verzweiflung bis zur Verzückung, ersetzten in ihm +reichlich den Mangel an Gelehrsamkeit. Seine natürliche Beredtsamkeit +erhob und rührte Zuhörer, welche bei den fleißig ausgearbeiteten +Vorträgen großer Dialektiker und Hebraisten kalt blieben. Seine Werke +waren unter den niederen Klassen weit verbreitet. Eines davon, des +Pilgers Reise, wurde schon zu seinen Lebzeiten in mehrere fremde +Sprachen übersetzt. Den Gelehrten und höher Gebildeten war es jedoch +kaum bekannt, und die frommen Hüttenbewohner und Handwerker hatten sich +bereits seit einem Jahrhundert daran erfreut, als es endlich von einem +in der Literatur sehr hochstehenden Manne öffentlich empfohlen wurde. +Die Kritik ließ sich nun herab, das Geheimniß einer so ausgedehnten und +dauernden Popularität zu erforschen. Sie mußte gestehen, daß die +unwissende Menge richtiger geurtheilt hatte als die Gelehrten und daß +das verachtete Büchlein wirklich ein Meisterwerk war. Bunyan ist in der +That ebenso gewiß der erste Allegoriker, wie Demosthenes der erste +Redner und Shakespeare der erste Dramatiker ist. Zwar haben andere +Allegoriker eine gleiche Erfindungsgabe gezeigt; aber kein andrer ist je +im Stande gewesen, das Herz zu rühren und abstracte Begriffe zu +Gegenständen des Entsetzens, des Mitleids und der Liebe zu machen.[49] + +Es dürfte zu bezweifeln sein, ob irgend ein englischer Dissenter die +Last der Strafgesetze schwerer empfunden hat als Johann Bunyan. Von den +siebenundzwanzig Jahren, welche seit der Restauration verstrichen waren, +hatte er zwölf im Gefängniß zugebracht. Dennoch fuhr er fort zu +predigen, aber um dies zu können, mußte er sich als Fuhrmann verkleiden. +Oft wurde er, im Fuhrmannskittel und mit der Peitsche in der Hand, durch +eine Hinterthür in die Versammlung eingeführt. Hätte er nur an seine +eigene Ruhe und Sicherheit gedacht, so würde er die Indulgenzerklärung +freudig begrüßt haben. Jetzt durfte er endlich am hellen Tage predigen +und ermahnen. Seine Gemeinde wuchs mit reißender Schnelligkeit. Tausende +hingen an seinen Lippen und in Bedford, wo er sich größtentheils +aufhielt, gingen reiche Beisteuern zum Bau eines Bethauses für ihn ein. +Er stand in so hohem Ansehen bei dem gemeinen Volke, daß die Regierung +ihm gern ein städtisches Amt übertragen hätte; aber sein scharfer +Verstand und sein treues englisches Herz widerstanden siegreich allen +Versuchungen und Täuschungen. Er war fest überzeugt, daß die angebotene +Duldung nur ein Köder sei, um die puritanische Partei damit ins +Verderben zu locken; auch wollte er nicht durch Annahme einer Stelle, zu +der er nicht gesetzlich qualificirt war, die Gültigkeit der +Dispensationsgewalt anerkennen. Eine der letzten edlen Handlungen seines +tugendreichen Lebens war die Ablehnung einer Unterredung, zu der er +durch einen Agenten der Regierung eingeladen wurde.[50] + + [Anmerkung 48: +Bunyan’s Grace Abounding.+] + + [Anmerkung 49: Young stellt Bunyan’s Prosa auf gleiche Stufe mit + Durfey’s Poesie. Die fashionablen Leute im +Spiritual Quixote+ + stellen den +Pilgrim’s Progress+ mit +Jack the Giantkiller+ + zusammen. Spät im achtzehnten Jahrhundert wagte Cowper nur eine + Anspielung auf den großen Allegoriker: + + Nicht nennen will ich dich, damit Dein Name + Statt wohlverdienten Ruhm nicht Hohn Dir bringe.] + + [Anmerkung 50: Fortsetzung von Bunyan’s Biographie im Anhang zu + seiner „Überströmenden Gnade.“] + + +[_Kiffin._] So groß Bunyan’s Ansehen bei den Baptisten war, Wilhelm +Kiffin’s Ansehen war noch größer. Kiffin war in Bezug auf Rang und +Reichthum der Erste unter ihnen. Er pflegte seine geistlichen Talente +bei ihren Versammlungen auszuüben, erwarb sich aber nicht durch Predigen +seinen Unterhalt. Er machte große Handelsgeschäfte, stand an der Börse +in hohem Ansehen und hatte sich ein bedeutendes Vermögen gesammelt. +Niemand hätte vielleicht unter den dermaligen Verhältnissen dem Hofe +werthvollere Dienste leisten können als er. Aber zwischen ihm und dem +Hofe stand die Erinnerung an ein entsetzliches Ereigniß. Er war der +Großvater der Gebrüder Hewling, der beiden muthigen Jünglinge, welche +von allen Opfern der blutigen Assisen vielleicht am allgemeinsten +bedauert worden waren. Für das traurige Loos des einen von ihnen war +Jakob ganz besonders verantwortlich. Jeffreys hatte dem jüngeren Bruder +einen Aufschub bewilligt. Churchill hatte der Schwester der beiden +jungen Männer eine Audienz beim Könige verschafft, und sie hatte um +Gnade gefleht; aber des Königs Herz war unerbittlich gewesen. Es war für +die ganze Familie ein harter Schlag; am meisten aber war Kiffin zu +bedauern. Er war siebzig Jahr alt, als er vereinsamt dastand. Diejenigen +überlebend, die ihn hatten überleben sollen. Die herzlosen und feilen +Schmarotzer von Whitehall glaubten, indem sie nach sich selbst +urtheilten, der alte Mann werde durch einen Aldermansmantel und durch +eine Geldentschädigung für das verwirkte Vermögen seiner Enkel leicht +wieder zu gewinnen sein. Penn wurde zu dem Verführungswerke ausersehen; +aber seine Bemühungen waren vergebens. Der König beschloß hierauf, die +Wirkung seiner persönlichen Artigkeit zu versuchen. Kiffin wurde in den +Palast beschieden. Er fand einen glänzenden Kreis von Kavalieren und +Gentlemen versammelt. Jakob kam ihm sogleich entgegen, redete ihn sehr +freundlich an und schloß mit den Worten: „Ich habe Sie zu einem der +Aldermen von London bestimmt, Herr Kiffin.“ Der alte Mann sah den König +fest an, brach in Thränen aus und antwortete: „Sire, ich bin abgenutzt, +ich bin nicht mehr fähig, Eurer Majestät oder der Hauptstadt zu dienen. +Und überdies, Sire, hat der Tod meiner armen Jungen mir das Herz +gebrochen. Diese Wunde ist noch heute so frisch wie jemals, und ich +werde sie mit ins Grab nehmen.“ Der König schwieg einige Augenblicke +sichtlich bewegt und sagte dann: „Ich werde einen Balsam für diese Wunde +finden, Herr Kiffin.“ Es war gewiß nicht Jakob’s Absicht, etwas +Kränkendes oder Übermüthiges zu sagen, im Gegentheil, er scheint sich in +einer ungewöhnlich weichen Stimmung befunden zu haben. Dennoch wirft +keine Äußerung die uns von ihm berichtet wird, ein so nachtheiliges +Licht auf seinen Character als diese wenigen Worte. Es sind die Worte +eines hartherzigen, niedrig denkenden Mannes, der sich keine Verwundung +des Gefühls denken kann, welche durch eine Stelle oder durch eine +Pension nicht vollkommen zu heilen wäre.[51] + +Der Theil der Dissenters, der sich der neuen Politik des Königs günstig +zeigte, war von Anfang an klein gewesen und begann bald noch mehr +zusammenzuschmelzen. Denn die Nonconformisten erkannten in nicht langer +Zeit, daß ihre geistlichen Privilegien durch die Indulgenz eher +geschmälert als erweitert worden waren. Der characteristische Zug des +Puritaners war Abscheu gegen die Eigenthümlichkeiten der römischen +Kirche. Er hatte sich nur deshalb von der anglikanischen Kirche +losgetrennt, weil er meinte, daß sie ihrer hochmüthigen und üppigen +Schwester, der Zauberin mit dem goldenen Becher und dem Purpurgewande, +zu ähnlich sähe. Jetzt fand er, daß eine von den stillschweigenden +Bedingungen des Bündnisses, welches einige seiner Seelenhirten mit dem +Hofe geschlossen hatten, die war, daß die Religion des Hofes mit Achtung +und Schonung behandelt werden sollte. Er begann bald sich nach den Tagen +der Verfolgung zurückzusehnen. So lange die Strafgesetze noch angewendet +wurden, hatte er die Worte des Lebens zwar im Geheimen und mit +persönlicher Gefahr angehört, aber er hatte sie doch gehört. Wenn die +Brüder in ihrer Stube versammelt waren, wenn die Schildwachen +ausgestellt und die Thüren verschlossen waren, wenn der Prediger in der +Kleidung eines Metzgers oder Fuhrmanns über das Dach hereingekommen war, +dann wurde wenigstens ein wirklicher Gottesdienst gehalten. Kein Theil +der göttlichen Wahrheit ward aus weltlichen Rücksichten unterdrückt oder +verstümmelt, alle unterscheidenden Lehren der puritanischen Theologie +wurden vollständig und sogar in ihrer ungeschminktesten Form +dargestellt. Der römischen Kirche ward kein Pardon gegeben. Das Thier, +der Antichrist, der Mensch der Sünde, die mystische Isabel, das +mystische Babylon waren die Ausdrücke, mit denen man jenen hehren und +bezaubernden Aberglauben zu bezeichnen pflegte. Dies war einst die +Sprache Alsop’s, Lobb’s, Rosewell’s und anderer Geistlichen gewesen, +welche kürzlich im Palast wohl aufgenommen worden waren; aber so +sprachen sie jetzt nicht mehr. Geistliche, die nach einer hohen Stufe in +der Gunst und dem Vertrauen des Königs strebten, durften es nicht wagen, +in harten Worten von der Religion des Königs zu sprechen. Die Gemeinden +beklagten sich daher laut, daß sie seit dem Erscheinen der +Indulgenzerklärung, welche ihnen dem Wortlaute nach doch völlige +Gewissensfreiheit gewähren wollte, das Evangelium nie mehr kühn und rein +hätten verkünden hören. Früher hatten sie ihre geistliche Nahrung +verstohlen erhaschen müssen, aber wenn sie sie erhascht hatten, so +fanden sie sie wenigstens ganz nach ihrem Geschmacke zubereitet. Jetzt +konnten sie sie öffentlich und in aller Bequemlichkeit zu sich nehmen, +aber sie hatte ihren ganzen Wohlgeschmack verloren. Sie versammelten +sich bei Tage und in geräumigen Lokalen; aber sie hörten Predigten, die +ihnen bei weitem nicht so gefielen, als die, welche der Rector ihnen +gehalten haben würde. In der Pfarrkirche wurde der selbstgeschaffene +Gottesdienst und die Abgötterei Roms jeden Sonntag energisch +angegriffen; im Versammlungshause aber hütete sich der Pastor, der noch +vor wenigen Monaten die Geistlichen der Landeskirche für nicht viel +besser als die Papisten erklärt hatte, jetzt sorgfältig, den Papismus zu +tadeln, oder kleidete seinen Tadel wenigstens in ein so mildes Gewand, +daß er selbst das Ohr eines Pater Petre nicht beleidigt haben würde. +Auch war es nicht möglich, für diesen Wechsel einen stichhaltigen Grund +aufzufinden. Die römisch-katholischen Lehren hatten sich nicht +verändert; seit Menschengedenken waren die katholischen Priester noch +nie so eifrig im Proselytenmachen gewesen; noch nie waren so viele +katholische Schriften aus der Presse hervorgegangen; noch nie hatten +Alle, die sich um die Religion kümmerten, den Streit zwischen Katholiken +und Protestanten mit so gespannter Aufmerksamkeit verfolgt. Was konnte +man also von der Aufrichtigkeit von Theologen halten, welche nicht müde +geworden waren, den Papismus zu schmähen, so lange derselbe +vergleichsweise harmlos und wehrlos war, und die jetzt, wo eine Zeit +wirklicher Gefahr für den reformirten Glauben gekommen, sorgfaltig jedes +Wort vermieden, das einem Jesuiten Anstoß geben konnte? Ihr Benehmen war +in der That nicht schwer zu erklären. Es war bekannt, daß einige von +ihnen Begnadigungen erlangt, es wurde vermuthet, daß andere Geld +bekommen hatten. Ihr Vorbild war der schwache Apostel, der aus Angst den +Herrn verleugnete, dem er prahlerisch die unverbrüchlichste Treue gelobt +hatte, oder der noch schlechtere Apostel, der seinen Herrn um eine +Handvoll Silberlinge verkaufte.[52] + +So verloren die vom Hofe gewonnenen Dissentergeistlichen rasch den +Einfluß, den sie einst auf ihre Glaubensbrüder besessen hatten. Auf der +andren Seite fühlten sich die Sektirer durch eine starke religiöse +Sympathie zu den anglikanischen Prälaten und Priestern hingezogen, +welche trotz königlicher Befehle, Drohungen und Versprechungen einen +heftigen Krieg gegen die römische Kirche unterhielten. Die so lange +durch tödtliche Feindschaft getrennt gewesenen Anglikaner und Puritaner, +näherten sich einander mit jedem Tage mehr und mehr und jeder Schritt +zur Einigung vermehrte den Einfluß des Mannes, der ihr gemeinsames +Oberhaupt war. Wilhelm eignete sich in jeder Beziehung zum Vermittler +zwischen diesen beiden großen Parteien der englischen Nation. Man konnte +nicht sagen, daß er einer von beiden angehöre; aber keine von beiden +konnte sich bei ruhiger Überlegung weigern, ihn als einen Freund zu +betrachten. Sein theologisches System stimmte mit dem der Puritaner +überein. Zu gleicher Zeit betrachtete er das Episcopat wenn auch nicht +als eine göttliche Einrichtung, doch als eine vollkommen rechtmäßige und +höchst nützliche Form des Kirchenregiments. Fragen über Stellungen, +Gewänder, Festtage und Liturgien waren in seinen Augen keine +Lebensfragen. Ein einfacher Gottesdienst wie der, an den er von jeher +gewöhnt war, würde seinem persönlichen Geschmacke am meisten zugesagt +haben, aber er war dabei gern bereit, sich jedem Ritual zu fügen, das +der Nation angenehm war, und bestand nur darauf, daß man ihm nicht +zumuthete, diejenigen seiner protestantischen Brüder zu verfolgen, denen +ihr Gewissen es nicht zuließ, seinem Beispiele zu folgen. Zwei Jahre +früher würde er von zahlreichen Bigotten auf beiden Seiten für einen +bloßen Laodicäer erklärt, worden sein, der weder kalt noch warm war und +zu nichts taugte als ausgestoßen zu werden. Aber der Eifer, der +Anglikaner gegen Dissenters und Dissenters gegen Anglikaner entflammt +hatte, war durch gemeinsame Widerwärtigkeiten und Gefahren so gedämpft +worden, daß die Lauheit, die man ihm früher als Verbrechen angerechnet, +jetzt als eine seiner Haupttugenden betrachtet wurde. + + [Anmerkung 51: +Kiffin’s Memoirs+; Luson’s Brief an Brooke vom 11. + Mai 1773 in der Hughes-Correspondenz.] + + [Anmerkung 52: Man sehe unter anderen zeitgenössischen + Flugschriften eine mit dem Titel: +A Representation of the + threatening Dangers impending over Protestants.+] + + +[_Der Prinz und die Prinzessin von Oranien gegen die +Indulgenzerklärung._] Jedermann war gespannt auf seine Ansicht über die +Indulgenzerklärung. Eine Zeit lang nährte man in Whitehall die Hoffnung, +daß seine bekannte Achtung vor den Rechten des Gewissens ihn wenigstens +abhalten werde, öffentlich seine Mißbilligung einer Politik +auszusprechen, die einen unleugbaren Anstrich von Freisinnigkeit hatte. +Penn schickte zahlreiche Auseinandersetzungen nach dem Haag und begab +sich sogar persönlich dahin, in der Hoffnung daß seine Beredtsamkeit, +von der er eine hohe Meinung hatte, sich als unwiderstehlich erweisen +werde. Aber obgleich er sein Lieblingsthema mit einer Redseligkeit +entwickelte, die seine Zuhörer ermüdete und obgleich er sie versicherte, +daß ein Mann, der mit den Engeln verkehre, ihm das Herannahen eines +goldenen Zeitalters der Religionsfreiheit geoffenbart habe, so machte er +doch keinen Eindruck auf den Prinzen.[53] „Ihr verlangt von mir,“ sagte +er zu einem der Agenten des Königs, „daß ich einen Angriff auf meine +eigne Religion unterstützen soll. Das kann ich mit gutem Gewissen nicht +thun, und ich werde es nicht thun, nein, nicht um die Krone Englands, +nicht um die Herrschaft der Welt!“ Diese Worte wurden dem Könige +mitgetheilt und sie beunruhigten ihn nicht wenig.[54] Er schrieb mit +eigner Hand eindringliche Briefe. Zuweilen nahm er den Ton des +Beleidigten an. Er sei das Oberhaupt der königlichen Familie, als +solches sei er berechtigt, von den jüngeren Mitgliedern Gehorsam zu +erwarten, und es sei sehr hart, daß er in einer Angelegenheit, die ihm +über Alles am Herzen liege, auf Widerstand stoße. Andere Male wurde ihm +ein Köder vorgehalten, den man für unwiderstehlich hielt. Wenn Wilhelm +nur in diesem einen Punkte nachgäbe, so würde die englische Regierung +ihm dafür kräftigen Beistand gegen Frankreich leisten. Er ließ sich aber +nicht bethören. Er wußte, daß Jakob selbst beim besten Willen ohne die +Unterstützung eines Parlaments nicht im Stande sein würde, der +gemeinschaftlichen Sache Europa’s einen wirksamen Dienst zu leisten, und +es konnte keinem Zweifel unterliegen, daß wenn ein Parlament +zusammenkam, die erste Forderung beider Häuser die Cassirung der +Indulgenzerklärung sein würde. + +Die Prinzessin stimmte allen Meinungsäußerungen ihres Gemahls bei, und +ihre gemeinschaftliche Ansicht wurde dem Könige in entschiedenen aber +gemäßigten Ausdrücken mitgetheilt. Sie erklärten, daß sie das von Seiner +Majestät eingeschlagene Verfahren lebhaft bedauerten. Sie seien +überzeugt, daß er sich ein Hoheitsrecht angemaßt habe, das ihm +gesetzlich nicht zustehe. Gegen diese Anmaßung protestirten sie, nicht +nur als Freunde der bürgerlichen Freiheit, sondern auch als Mitglieder +des königlichen Hauses, als welche sie ein hohes Interesse an der +Erhaltung der Rechte dieser Krone hätten, die sie einst tragen könnten. +Denn die Erfahrung habe gelehrt, daß Willkürherrschaft in England +unfehlbar eine Reaction nach sich ziehe, die noch verderblicher sei als +jene selbst, und man müsse mit Grund befürchten, daß die durch die +Aussicht auf Despotismus beunruhigte und entrüstete Nation selbst gegen +die constitutionelle Monarchie einen Widerwillen fassen würde. Sie gäben +daher dem Könige den Rath, daß er in allen Dingen streng nach dem +Gesetze regieren möge. Sie geständen sehr gern zu, daß das Gesetz mit +Nutzen durch die competente Autorität abgeändert werden könne und daß +ein Theil seiner Erklärung es wohl verdiene, einer Parlamentsacte +einverleibt zu werden. Sie seien keine Verfolger, sie würden mit +Vergnügen römische Katholiken so gut als protestantische Dissenters in +geeigneter Weise von allen Strafgesetzen befreit, und ebenso gern +protestantische Dissenters in zweckmäßiger Weise zu bürgerlichen Ämtern +zugelassen sehen. Weiter aber könnten Ihre Hoheiten nicht gehen. Sie +könnten sich der ernsten Besorgniß nicht enthalten, daß die Zulassung +römischer Katholiken zu Staatsämtern große Nachtheile hervorrufen +würden, und es war nicht undeutlich zu verstehen gegeben, daß der Grund +zu dieser Besorgniß namentlich in Jakob’s Handlungsweise liege.[55] + + [Anmerkung 53: +Burnet I. 693, 694.+] + + [Anmerkung 54: +„Le Prince d’Orange, qui avoit éludé jusqu’alors + de faire une réponse positive dit ... qu’il ne consentira jamaia à + la suppression de ces lois qui avoient été établies pour le + maintien et la sureté de la religion Protestante, et que sa + conscience ne lui permettoit point, non seulement pour la + succession du royaume d’Angleterre, mais même pour l’empire du + monde; en sorte que le roi d’Angleterre est plus aigri contre lui + qu’il n’a jamais été.“+ -- Bonrepaux, 11.(21.) Juni 1687.] + + [Anmerkung 55: +Burnet, I. 710+; Bonrepaux, 24. Mai (4. Juni) + 1687.] + + +[_Vertheidigung ihrer Ansichten bezüglich der englischen Katholiken._] +Die ausgesprochene Ansicht des Prinzen und der Prinzessin über die +Ausschließungen, denen die römischen Katholiken unterworfen waren, +theilten fast alle Staatsmänner und Philosophen, welche damals der +politischen und religiösen Freiheit eifrig das Wort redeten. In unsrer +Zeit dagegen haben erleuchtete Männer oft mit Bedauern sich dahin +geäußert, daß Wilhelm in diesem einen Punkte gegen seinen Schwiegervater +im Nachtheil stehe. Das Wahre ist, daß einige Erwägungen, welche +nothwendig sind, wenn man sich ein richtiges Urtheil bilden will, von +vielen Schriftstellern des neunzehnten Jahrhunderts nicht berücksichtigt +worden zu sein scheinen. + +Es sind zwei einander entgegengesetzte Irrthümer, in welche Diejenigen, +die sich mit dem Studium unsrer vaterländischen Geschichte beschäftigen, +in steter Gefahr sind zu verfallen: der Irrthum, daß sie die Gegenwart +nach der Vergangenheit, und der Irrthum, daß sie die Vergangenheit nach +der Gegenwart beurtheilen. Dem ersteren sind Diejenigen unterworfen, +welche geneigt sind alles Alte zu verehren, dem zweiten Diejenigen, +welche von allem Neuen angezogen werden. Auf den ersteren stößt man +beständig in den Raisonnements conservativer Politiker über die Fragen +ihrer Zeit, der zweite findet sich immer in den Betrachtungen von +Schriftstellern der liberalen Richtung, wenn sie die Ereignisse einer +früheren Zeit besprechen. Der erstere ist bei einem Staatsmanne, der +andre bei einem Geschichtsschreiber verderblicher. + +Es ist für Niemanden, der es in Unsrer Zeit unternimmt, über die +Revolution zu schreiben, welche die Stuarts stürzte, so leicht, die +rechte Mittelstraße zwischen diesen beiden Extremen stetig einzuhalten. +Die Frage, ob es gerathen sei, Mitglieder der katholischen Kirche zum +Parlament und zu Staatsämtern zuzulassen, erschütterte unser Vaterland +während der Regierung Jakob’s II., durch seinen Sturz wurde sie in den +Hintergrund zurückgedrängt, und nachdem sie über ein Jahrhundert lang +geruht hatte, kam sie in Folge der großen Aufregung der Gemüther, welche +dem Zusammentritt der französischen Nationalversammlung folgte, wieder +zur Sprache. Dreißig Jahre währte der Streit in beiden Häusern des +Parlaments, in jedem Wahlkörper, in jedem Kreise der Gesellschaft. Er +stürzte Ministerien, zerriß Parteien, machte in einem Theile des Landes +jede Regierung unmöglich und brachte uns zuletzt an den Rand des +Bürgerkrieges. Selbst nach Beendigung des Kampfes gohren die +Leidenschaften, die er aufgeregt hatte, noch immer fort. Ein Mann, +dessen Geist unter dem Einflusse dieser Leidenschaften stand, konnte +fast unmöglich die Ereignisse der Jahre 1687 und 1688 in einem +vollkommen richtigen Lichte erblicken. + +Eine Klasse von Politikern, welche von dem richtigen Vordersatze +ausging, daß die Revolution eine große Wohlthat für unser Land gewesen +sei, gelangte zu dem irrigen Schlusse, daß keine Bürgschaft, die von den +Staatsmännern der Revolution zum Schutze unsrer Religion und unsrer +Freiheit für nöthig erachtet worden war, ohne Gefahr abgeschafft werden +könnte. Eine andre Klasse, die von dem ebenfalls richtigen Vordersatze +ausging, daß die über die Katholiken verhängten Ausschließungen lange +Zeit nichts als Unheil verursacht hätten, kam zu dem falschen Schlusse, +daß diese Ausschließungen zu keiner Zeit nützlich und nothwendig gewesen +sein könnten. Der erste Trugschluß durchdrang die Reden des geistreichen +und gelehrten Eldon, der andre blieb selbst auf einen so ruhigen und +philosophischen Kopf wie Mackintosh nicht ganz ohne Einfluß. + +Bei näherer Prüfung wird es sich jedoch vielleicht zeigen, daß wir das +von allen großen englischen Staatsmännern des siebzehnten Jahrhunderts +einstimmig gebilligte Verfahren rechtfertigen können, ohne die Weisheit +des von allen großen englischen Staatsmännern unsrer Zeit eben so +einstimmig gebilligten Verfahrens in Zweifel zu ziehen. + +Es ist unbestreitbar ein Übel, wenn ein Bürger seiner religiösen Meinung +halber vom Staatsdienste ausgeschlossen sein soll; aber der menschlichen +Weisheit bleibt zuweilen nichts andres übrig als die Wahl zwischen zwei +Übeln. Eine Nation kann in eine Lage kommen, in der die Mehrheit +entweder Ausschließungen verhängen oder sich solche gefallen lassen +muß und wo das was unter gewöhnlichen Verhältnissen mit Recht als +Verfolgung verdammt werden würde, noch innerhalb der Grenzen der +Selbstvertheidigung liegt. In einer solchen Situation befand sich +England im Jahre 1687. + +Nach der Verfassung des Reichs hatte Jakob das Recht, fast alle +öffentlichen Beamten, bei der Regierung, bei den Gerichten, in der +Kirche, beim Militair und bei der Flotte zu ernennen. Bei der Ausübung +dieses Rechts war er nicht, wie unsere gegenwärtigen Souveraine, +genöthigt, in Übereinstimmung mit dem Rathe von Ministern, die das Haus +der Gemeinen billigte, zu handeln. Es lag also auf der Hand, daß es, +wenn er durch das Gesetz nicht streng verbunden war, nur Protestanten +anzustellen, ihm frei stand, lauter Katholiken anzustellen. Die Anzahl +der römischen Katholiken war unbedeutend, und es gab nicht einen +einzigen Mann unter ihnen, dessen Dienste der Staat ernstlich vermißt +haben würde. Das Verhältniß, in dem ihre Zahl zur Gesammtbevölkerung +stand, war noch viel geringer als es gegenwärtig ist, denn gegenwärtig +ergießt sich ein ununterbrochener Auswanderungsstrom von Irland in +unsere großen Städte, während es im siebzehnten Jahrhunderte noch nicht +einmal in London eine irische Colonie gab. Neunundvierzig Funfzigstel +der Bewohner des Königreichs, neunundvierzig Funfzigstel des Vermögens +des Königreichs, fast alle politischen, juristischen und militairischen +Talente und Kenntnisse, die das Land besaß, waren protestantisch. +Trotzdem hatte der König in thörichter Verblendung sich vorgenommen, +sein unbegrenztes Ernennungsrecht als Mittel zum Proselytenmachen zu +benutzen. Seiner Kirche angehören war in seinen Augen der erste +Befähigungstitel für ein Amt. Der Landeskirche angehören war entschieden +ein Grund der Nichtbefähigung. Er verwarf zwar in einer Sprache, welche +den Beifall einiger leichtgläubigen Freunde der Glaubensfreiheit fand, +die monströse Ungerechtigkeit des Religionseides, der eine kleine +Minderheit der Nation von öffentlichen Ämtern ausschloß; zu gleicher +Zeit aber führte er einen andren Religionseid ein, der die Mehrheit +ausschloß. Es schien ihm hart, daß ein guter Finanzmann und loyaler +Unterthan lediglich deshalb weil er ein Papist war, von dem Posten eines +Lordschatzmeisters ausgeschlossen sein sollte; aber er selbst hatte +einen Lordschatzmeister, den er als einen tüchtigen Finanzmann und +loyalen Unterthan anerkannt, bloß deshalb abgesetzt, weil er Protestant +war. Er hatte wiederholt und bestimmt erklärt, er sei fest entschlossen, +den weißen Stab niemals in die Hände eines Ketzers zu geben. Mit vielen +anderen hohen Staatsämtern war er ebenso verfahren. Bereits waren der +Lordpräsident, der Geheimsiegelbewahrer, der Oberkammerherr, der +Garderobeaufseher, der erste Lord des Schatzes, ein Staatssekretär, der +Lordobercommissar von Schottland, der Kanzler von Schottland und der +Sekretär von Schottland Katholiken oder gaben sich wenigstens dafür aus. +Die meisten von diesen Beamten waren von Haus aus Anglikaner und hatten +sich des offenen oder geheimen Abfalls schuldig gemacht, um ihre hohen +Stellen zu erlangen oder zu behalten. Jeder Protestant, der noch einen +wichtigen Staatsposten bekleidete, bekleidete ihn in beständiger +Ungewißheit und Angst. Wir würden nicht fertig werden, wollten wir +die untergeordneteren Stellen anführen, welche von Mitgliedern der +begünstigten Klasse besetzt waren. In jedem Zweige der Verwaltung +wimmelte es schon von Katholiken. Sie waren Lordlieutenants, +stellvertretende Lieutenants, Richter, Friedensrichter, Zollcommissare, +Gesandte an fremden Höfen, Regimentsobersten und Festungscommandanten. +Der Antheil, den sie binnen wenigen Monaten von den durch die Krone zu +besetzenden weltlichen Ämtern erlangt hatten, war weit über zehnmal so +groß, als er unter einem unparteiischen Systeme gewesen sein würde. +Dies war indessen noch nicht das Schlimmste. Man hatte sie auch zu +Beherrschern der anglikanischen Kirche gemacht. Männer, die den König +versichert hatten, daß sie seines Glaubens seien, saßen in der Hohen +Commission und übten die höchste geistliche Gerichtsbarkeit über alle +Prälaten und Priester der Landeskirche aus. Kirchliche Pfründen von +hohem Ansehen waren theils erklärten, theils verkappten Papisten +verliehen worden. Und dies Alles war geschehen, während die Gesetze +gegen den Papismus noch in Kraft waren und Jakob noch gegründete Ursache +hatte, Achtung vor den Rechten des Gewissens zu heucheln. Was war also +von ihm zu erwarten, wenn seine Unterthanen einwilligten, ihn durch ein +Gesetz von jedem Schatten der Beschränkung vollends zu befreien? Kann +man wohl daran zweifeln, daß Protestanten durch eine streng gesetzmäßige +Anwendung der königlichen Prärogative eben so wirksam von Anstellungen +ausgeschlossen worden wären, als jemals römische Katholiken durch eine +Parlamentsacte ausgeschlossen worden sind? + +Wie hartnäckig Jakob entschlossen war, den Mitgliedern seiner Kirche +einen Antheil an den öffentlichen Ämtern zu gewähren, der zu ihrer Zahl +und zu ihrer Bedeutung außer allem Verhältniß stand, geht aus den +Instructionen hervor, die er im Exil und im hohen Alter als Leitfaden +für seinen Sohn aufzeichnete. Es ist unmöglich, diese Ergüsse eines +Mannes, an dem alle Lehren der Erfahrung und des Unglücks spurlos +vorübergegangen waren, ohne ein Gemisch von Mitleid und Verachtung zu +lesen. Dem Prätendenten wird anempfohlen, wenn er einmal zur Regierung +in England gelangen sollte, die Ämter zu theilen und den Mitgliedern der +römischen Kirche einen Antheil zu reserviren, der groß genug für sie +gewesen sein würde, wenn sie die Hälfte, anstatt ein Funfzigstel der +Nation gebildet hätten. Ein Staatssekretär, ein Schatzcommissar, der +Kriegssekretär, die Mehrheit der Großwürdenträger des Hofstaates und die +Mehrzahl der Offiziere der Armee müßten immer Katholiken sein. Dies +waren Jakob’s Ansichten selbst dann noch, als seine thörichte Bigotterie +ihm eine Strafe zugezogen hatte, über welche die ganze Welt erschrocken +war. Kann man also wohl in Zweifel darüber sein, wie er gehandelt haben +würde, wenn sein Volk, durch den leeren Namen der religiösen Freiheit +geblendet, ihn ohne Zügel hätte fortregieren lassen? + +Selbst Penn scheint trotz seiner blinden und maßlosen Begeisterung für +die Indulgenzerklärung eingesehen zu haben, daß man sich nicht wundern +durfte, wenn die Parteilichkeit, mit der römische Katholiken mit +Ehrenstellen und Einkünften überschüttet wurden, die Eifersucht der +Nation erregte. Er gab zu, daß die Protestanten im Fall der Aufhebung +der Testacte Anspruch auf ein Äquivalent hätten, und ging sogar so weit, +daß er verschiedene Äquivalente vorschlug. Schon seit mehreren Wochen +war das Wort Äquivalent, damals erst kürzlich aus Frankreich eingeführt, +im Munde aller Kaffeehausredner; endlich aber machten einige Seiten +scharfsinniger Logik und feiner Sarkasmen aus Halifax’ Feder diesen +hohlen Projecten ein Ende. Einer von Penn’s Plänen bestand darin, daß +ein Gesetz erlassen werden sollte, welches die von der Krone zu +verleihenden Ämter in drei gleiche Theile theilte, von denen nur einer +den Mitgliedern der katholischen Kirche zufallen sollte. Selbst unter +einem solchen System würden die Katholiken noch immer zwanzigmal den +ihnen eigentlich zustehenden Antheil erhalten haben, und doch kann man +nicht annehmen, daß der König selbst in eine solche Anordnung gewilligt +haben würde. Hätte er aber auch darein gewilligt, welche Garantie konnte +er bieten, daß er auch wirklich an diesem Übereinkommen festhielt? Man +hatte keine Antwort auf das von Halifax aufgestellte Dilemma: wenn +Gesetze für Euch bindend sind, so beobachtet das jetzt bestehende +Gesetz; sind sie nicht bindend für Euch, so ist es auch nutzlos, uns ein +Gesetz als Bürgschaft zu bieten.[56] + +Es ist sonach klar, daß es sich gar nicht darum handelte, ob weltliche +Ämter allen Religionsparteien ohne Unterschied offen stehen sollten. So +lange Jakob König war, war Ausschließung unvermeidlich, und es fragte +sich nur, wer ausgeschlossen werden sollte, ob Papisten oder +Protestanten, die Wenigen oder die Vielen, hunderttausend Engländer oder +fünf Millionen. + +Dies sind die gewichtigen Gründe, durch welche das Verfahren des Prinzen +von Oranien gegen die englischen Katholiken mit den Grundsätzen der +Glaubensfreiheit in Einklang gebracht werden kann. Diese Gründe haben, +wie man bemerken wird, mit keinem Theile der katholischen Theologie +etwas zu thun. Ebenso wird man einsehen, daß sie ihr ganzes Gewicht +verlieren mußten, als die Krone an ein protestantisches Herrscherhaus +gekommen und die Macht des Unterhauses im Staate ein so entschiedenes +Übergewicht erlangt hatte, daß kein Souverain, mochten seine Ansichten +oder Neigungen sein, welche sie wollten, das Beispiel Jakob’s +nachahmen konnte. Die Nation befand sich indessen nach ihren Schrecken, +ihren Kämpfen und ihrer mit genauer Noth erlangten Rettung in +einer mißtrauischen und rachsüchtigen Stimmung. Daher wurden +Vertheidigungsmittel, welche die Nothwendigkeit gerechtfertigt hatte, +die aber auch nur die Nothwendigkeit rechtfertigen konnte, noch lange, +nachdem die Nothwendigkeit nicht mehr vorhanden war, hartnäckig +beibehalten, und erst aufgegeben, nachdem das herrschende Vorurtheil +einen langjährigen Kampf gegen die Vernunft bestanden hatte. Zu den +Zeiten Jakob’s aber standen Vernunft und herrschendes Vorurtheil auf der +nämlichen Seite. Der Fanatiker und Ignorant wollte den Katholiken vom +Staatsdienste ausschließen, weil er Klötze und Steine anbetete, weil er +das Zeichen des Thieres an sich trug, weil er London angezündet und Sir +Edmondsbury Godfrey erwürgt hatte, und der einsichtsvollste und +toleranteste Staatsmann wurde, während er über den Irrwahn lächelte, in +dem das gemeine Volk befangen war, auf einem ganz andren Wege zu dem +nämlichen Schlusse geführt. + +Wilhelm’s großer Plan war jetzt, die zahlreichen Theile des großen +Körpers, der ihn als sein gemeinschaftliches Oberhaupt betrachtete, zu +einem Ganzen zu vereinigen. Bei diesem Werke hatte er mehrere geschickte +und zuverlässige Mitarbeiter, von denen zwei, Burnet und Dykvelt, ihm +ganz besonders nützlich waren. + + [Anmerkung 56: Johnstone, 13. Jan. 1688; +Halifax’s Anatomy of an + Equivalent+.] + + +[_Jakob’s Feindschaft gegen Burnet._] Burnet’s Dienste mußten allerdings +mit einiger Vorsicht angewendet werden. Die freundliche Aufnahme, die er +im Haag gefunden, hatte Jakob heftig aufgebracht, und Marie erhielt von +ihrem Vater zwei Briefe voll Invectiven gegen den frechen und +wühlerischen Theologen, den sie beschützte. Diese Beschuldigungen aber +machten einen so geringen Eindruck auf sie, daß sie Antworten darauf +zurücksandte, welche Burnet selbst dictirt hatte. Im Januar 1687 endlich +schritt der König zu energischeren Maßregeln. Skelton, der die englische +Regierung bei den Vereinigten Provinzen vertreten hatte, wurde nach +Paris versetzt und erhielt Albeville, das schwächste und gemeinste +Mitglied der ganzen jesuitischen Cabale, zum Nachfolger. Geld war +Albeville’s einziger Lebenszweck, und er nahm es von Jedem, der es ihm +anbot. Er wurde zu gleicher Zeit von Frankreich und von Holland bezahlt. +Er verschmähte sogar den erbärmlichen Anstand, den auch die +Bestechlichkeit zu beobachten pflegt, und nahm so kleine Geschenke an, +wie sie eher einem Lastträger oder einem Bedienten zukommen als einem +Gesandten, der mit einer englischen Baronie und einem ausländischen +Marquisate beehrt worden war. Einmal steckte er mit der größten +Gemüthsruhe ein Trinkgeld von fünfzig Pistolen für einen Dienst ein, den +er den Generalstaaten geleistet hatte. Dieser Mann war beauftragt, zu +verlangen, daß Burnet im Haag nicht länger begünstigt werde. Wilhelm, +der keine Lust hatte, sich von einem so werthvollen Freunde zu trennen, +antwortete zuerst mit seiner gewohnten Kälte: „Ich wüßte nicht, Sir, daß +der Doctor seit seinem Hiersein etwas gethan oder gesagt hätte, worüber +Seine Majestät sich mit Grund beklagen könnte.“ Jakob aber bestand +entschieden auf seiner Forderung, und da die geeignete Zeit zu einem +offenen Bruche noch nicht gekommen war, so mußte Wilhelm nachgeben. Über +anderthalb Jahr lang kam Burnet weder mit dem Prinzen, noch mit der +Prinzessin in persönliche Berührung; aber er wohnte in ihrer Nähe, wurde +von Allem, was vorging, genau unterrichtet, sein Rath ward beständig in +Anspruch genommen, seine Feder bei jedem wichtigen Anlasse benutzt und +viele der schärfsten und wirksamsten Aufsätze und Flugschriften, welche +damals in London erschienen, wurden ihm mit Recht zugeschrieben. + +Jakob’s Wuth entbrannte. Er war von jeher für zornige Leidenschaften nur +zu empfänglich gewesen, aber noch keinen seiner Feinde, selbst die +nicht, welche sich gegen sein Leben verschworen oder es versucht hatten, +ihm durch Meineid die Schuld des Verraths und des Mordes aufzubürden, +hatte er mit einer solchen Erbitterung gehaßt, als er jetzt Burnet +haßte. Seine Majestät schimpfte täglich in höchst unköniglicher Sprache +auf den Doctor und sann auf ungesetzliche Rache. Selbst Blut genügte +diesem wüthenden Hasse nicht; der unverschämte Theolog mußte gefoltert +werden, ehe er sterben durfte. Zum Glück war er ein Schotte von Geburt, +und in Schottland konnten seine Beine erst in den spanischen Stiefeln +zerquetscht werden, bevor er auf dem Grasmarkte gehängt wurde. Zu dem +Ende wurde in Edinburg der Prozeß gegen ihn eingeleitet; aber er war in +Holland naturalisirt, hatte eine vermögende Frau aus dieser Provinz +geheirathet und es war gewiß, daß sein Adoptivvaterland ihn nicht +ausliefern würde. Man beschloß daher, ihn wegfangen zu lassen. Mit +großen Summen wurden einige Bösewichter für diesen gefährlichen und +schändlichen Dienst gedungen; im Staatssekretariat wurde zu diesem +Zwecke eine Anweisung auf dreitausend Pfund Sterling ausgestellt. Ludwig +wurde von dem Plane unterrichtet und interessirte sich außerordentlich +dafür; er sicherte seinen kräftigen Beistand zu, damit der Schurke nach +England gebracht werde, und versprach, daß die Werkzeuge der Rache +Jakob’s in Frankreich eine Freistätte finden sollten. Burnet kannte die +ihm drohende Gefahr wohl, aber Furcht gehörte nicht zu seinen Fehlern. +Er veröffentlichte eine beherzte Antwort auf die in Edinburg gegen ihn +erhobenen Anschuldigungen. Er wisse, sagte er, daß man ihn ohne Prozeß +hinzurichten gedenke, aber er vertraue auf den König aller Könige, zu +dem unschuldiges Blut selbst gegen die mächtigsten Fürsten der Erde +nicht vergebens schreien werde. Er gab einigen Freunden ein +Abschiedsmahl, und nach demselben nahm er als ein Mann, der dem Tode +verfallen sei und mit dem sie ohne Gefahr nicht mehr umgehen könnten, +feierlich Abschied von ihnen. Dessenungeachtet zeigte er sich nach wie +vor so furchtlos auf allen öffentlichen Plätzen im Haag, daß seine +Freunde ihm wegen seiner Tollkühnheit bittere Vorwürfe machten.[57] + + [Anmerkung 57: +Burnet I. 726--731+; +Answer to the Criminal + Letters issued out against Dr. Burnet+; +Avaux Neg., July 7.(17.), + 14.(24.) July 28. (Aug. 7.) 1687, Jan. 19.(29.) 1688+; Ludwig an + Barillon, 30. Dec. 1687 (9. Jan. 1688); Johnstone an Waristoun, + 21. Febr. 1688; Lady Russel an +Dr.+ Fitzwilliam, 5. Oct. 1687. + Da man vermuthet hat, daß Burnet, der seine persönliche + Wichtigkeit nicht zu unterschätzen pflegte, die ihm drohende + Gefahr übertrieben habe, so will ich hier die Worte Ludwig’s und + Johnstone’s anführen: +„Qui que ce soit“+, sagt Ludwig, +„qui + entreprenne de l’enlever en Hollande trouvera non seulement une + retraite assurée et une entière protection dans mes états, mais + aussi toute l’assistance qu’il pourra désirer pour faire conduire + surement ce scélérat en Angleterre.“+ -- „Mit Bamfield (Burnet) + ist es ganz bestimmt so“, sagt Johnstone. „Niemand zweifelt hier + daran, und Einige, die dabei betheiligt sind, leugnen es nicht. + Seine Freunde sagen, sie hätten gehört, daß er nicht vorsichtig + sei, sondern aus Eitelkeit, um seinen Muth zu zeigen, mit + thörichter Verwegenheit handle, so daß Jedermann ihn auslachen + werde, wenn ihm ein Unglück zustoßen sollte. Ich bitte ihm dies + von Seiten Jones’ (Johnstone) zu sagen. Wenn Einige abgefaßt + werden könnten, während sie ihren +coup d’essai+ auf ihn machen, + so wäre das sehr gut, weil sie dadurch abgeschreckt würden, etwas + gegen Ogle (den Prinzen) zu unternehmen.“] + + +[_Sendung Dykvelt’s nach England._] Während Burnet Wilhelm’s Sekretär +für die englischen Angelegenheiten in Holland war, wurde Dykvelt mit +nicht geringerem Nutzen in London verwendet. Dykvelt war einer von den +ausgezeichneten Staatsmännern, welche in der edlen Schule des Johann de +Witt ihre politische Bildung erhalten hatten und nach dem Falle dieses +großen Ministers ihre Pflichten gegen die Republik dadurch am besten zu +erfüllen glaubten, daß sie sich um den Prinzen von Oranien schaarten. +Keiner von den Diplomaten im Dienste der Vereinigten Provinzen stand in +Bezug auf Gewandtheit, Character und Manieren über Dykvelt, und ebenso +scheint keiner ihm in der Kenntniß der englischen Verhältnisse +gleichgekommen zu sein. Es fand sich ein Vorwand, um ihn zu Anfang des +Jahres 1687 mit Beglaubigungsschreiben von den Generalstaaten in einer +besonderen Mission nach England zu senden. Eigentlich aber galt seine +Sendung nicht der Regierung, sondern der Opposition, und er handelte +nach Privatinstructionen, welche von Burnet entworfen und von Wilhelm +genehmigt waren.[58] + + [Anmerkung 58: +Burnet, I. 708+; +Avaux Neg., Jan. 3.(13.), Feb. + 6.(16.) 1687+; +Van Kampen, Karakterkunde der Vaderlandsche + Geschiedenis.+] + + +[_Unterhandlungen Dykvelt’s mit englischen Staatsmännern._] Dykvelt +berichtete, daß Jakob sich durch das Benehmen des Prinzen und der +Prinzessin tief gekränkt fühle. „Die Pflicht meines Neffen ist, meine +Hand zu stärken“, sagte der König, „aber es hat ihm von jeher Vergnügen +gemacht, wenn er mir hat hinderlich sein können.“ Dykvelt antwortete, in +Privatangelegenheiten habe Seine Hoheit stets die Wünsche des Königs +berücksichtigt und werde dies auch in Zukunft jederzeit thun, aber es +sei doch kaum recht und billig, die Unterstützung eines protestantischen +Fürsten gegen die protestantische Kirche zu erwarten.[59] Der König war +zum Schweigen gebracht, aber nicht besänftigt. Mit einem Verdrusse, den +er nicht verhehlen konnte, sah er, daß Dykvelt alle die verschiedenen +Abteilungen der Opposition mit einer Geschicklichkeit musterte und +einschulte, welche dem gewandtesten englischen Staatsmanne zur Ehre +gereicht haben würde und die bei einem Ausländer bewundernswürdig war. +Der Geistlichkeit wurde gesagt, daß sie in dem Prinzen einen Freund des +Episcopats und der Liturgie finden werde. Den Nonconformisten wurde +Hoffnung gemacht, daß sie von ihm nicht nur Duldung, sondern sogar +Gleichstellung zu erwarten hätten. Selbst die römischen Katholiken +wurden versöhnt und einige der Angesehensten unter ihnen sagten dem +Könige ins Gesicht, daß sie mit dem, was Dykvelt ihnen biete, zufrieden +seien und daß sie eine durch das Gesetz verbürgte Duldung einem +gesetzwidrigen und unsicheren Übergewichte vorzögen.[60] + + [Anmerkung 59: +Burnet I. 711+. Dykvelt’s Depeschen an die + Generalstaaten enthalten, so weit ich es habe ersehen oder + erfahren können, kein Wort über den wirklichen Zweck seiner + Sendung. Seine Correspondenz mit dem Prinzen von Oranien war + streng privater Natur.] + + [Anmerkung 60: Bonrepaux, 12.(22.) Sept. 1687.] + + +[_Danby._] Die Oberhäupter aller wichtigen Parteien der Nation hielten +häufige Besprechungen in Gegenwart des geschickten Gesandten. Die +Ansicht der Torypartei war bei diesen Zusammenkünften hauptsächlich +durch die Earls von Danby und von Nottingham vertreten. Obgleich seit +Danby’s Sturze bereits über acht Jahre vergangen waren, so stand sein +Name doch bei den alten Kavalieren Englands noch in hohem Ansehen, und +selbst viele von denjenigen Whigs, die ihn früher verfolgt hatten, gaben +jetzt bereitwillig zu, daß er für die Sünden Anderer habe büßen müssen +und daß sein Eifer für die Hoheitsrechte ihn zwar oft irre geleitet +habe, aber bei alledem durch zwei ehrenwerthe Gefühle gemildert worden +sei: durch Eifer für die Staatsreligion und durch Eifer für die Würde +und Unabhängigkeit seines Vaterlandes. Auch im Haag wurde er hoch +geschätzt, denn man vergaß es ihm dort nie, daß er es gewesen war, der +Karl trotz des Einflusses Frankreichs und der Papisten bewogen hatte, +die Hand der Prinzessin Marie ihrem Vetter zu geben. + + +[_Nottingham._] Daniel Finch, Earl von Nottingham, ein Edelmann, dessen +Name in der Geschichte dreier ereignißvoller Regierungen häufig genannt +werden wird, stammte aus einer Familie von unvergleichlicher +juristischer Auszeichnung. Einer seiner Verwandten hatte das Siegel +Karl’s I. geführt, hatte seine eminenten Talente und Kenntnisse zu +schlechten Zwecken gemißbraucht und war von der Rache der Gemeinen +Englands, mit Falkland an der Spitze, verfolgt worden. Einen +ehrenvolleren Ruf erlangte unter der folgenden Generation Heneage +Finche. Er war unmittelbar nach der Restauration zum Staatsprokurator +ernannt worden und war nacheinander zum Lordsiegelbewahrer, zum +Lordkanzler, zum Baron Finch und Earl von Nottingham emporgestiegen. +Während dieser ganzen glänzenden Laufbahn hatte er die Hoheitsrechte +stets so hoch gehalten, als er es mit Ehren und Anstand konnte; nie aber +war er bei irgend einer Machination gegen die Grundgesetze des Reichs +betheiligt gewesen. Inmitten eines verderbten Hofes hatte er seine +persönliche Rechtschaffenheit unbefleckt zu erhalten gewußt. Auch als +Redner genoß er eines hohen Rufes, obwohl seine nach Mustern aus der +Zeit vor dem Bürgerkriege gebildete Diction gegen das Ende seines Lebens +von den Schöngeistern der heranwachsenden Generation steif und +pedantisch genannt wurde. In Westminsterhall wird er noch immer mit +Achtung als der Mann erwähnt, welcher aus dem Chaos, dem man in alter +Zeit den Namen der Billigkeit gab, zuerst ein neues juristisches System +bildete, das ebenso geregelt und vollständig ist wie das nach welchem +die Richter des gemeinen Rechts verfahren.[61] Ein wesentlicher Theil +der sittlichen und geistigen Eigenschaften dieses großen Staatsmannes +ging mit dem Titel Nottingham auf seinen ältesten Sohn über. Dieser +Sohn, der Earl Daniel, war ein rechtschaffener und tugendhafter Mann. +Obwohl er in einigen abgeschmackten Vorurtheilen befangen und +sonderbaren Anfällen von Launenhaftigkeit unterworfen war, kann man ihn +doch nicht beschuldigen, daß er um unredlichen Gewinns oder strafbaren +Genusses willen vom Pfade des Rechts abgewichen wäre. Er war, wie sein +Vater, ein ausgezeichneter Redner und sprach eindringlich, aber +weitschweifig und mit zu monotoner Gemessenheit. Seine Persönlichkeit +entsprach ganz seiner Rede. Seine Haltung war steif, seine Gesichtsfarbe +so dunkel, daß man ihn für den Eingebornen eines wärmeren Himmelstrichs +hätte halten können, und seine scharf markirten Gesichtszüge hatten +einen Ausdruck, welcher dem des Hauptleidtragenden bei einem Begräbnisse +glich. Man pflegte von ihm zu sagen, daß er eher wie ein spanischer +Grande als wie ein englischer Gentleman aussähe. Spottvögel gaben ihm +die Spitznamen Dismal (Trübselig), Don Dismallo und Don Diego, welche +noch heute nicht vergessen sind. Er hatte auf das Studium der +Wissenschaft, durch die seine Familie sich so hoch emporgeschwungen, +großen Fleiß verwendet und war für einen vornehm und reich gebornen Mann +in den Gesetzen seines Vaterlandes erstaunlich bewandert. Er war ein +treuer Sohn der Hochkirche und bewies seine Achtung vor derselben auf +zwei Wegen, welche bei den Lords, die sich zu seiner Zeit als ihre +besonderen Freunde gerirten, nicht gewöhnlich war, nämlich dadurch, daß +er Schriften zur Vertheidigung ihrer Glaubenssätze herausgab und daß er +sich in seinem Privatleben nach ihren Gebeten richtete. Wie viele andre +eifrige Anglikaner hatte er bis vor Kurzem die monarchische +Regierungsform kräftig unterstützt. Die Politik aber, welche seit der +Unterdrückung des Aufstandes im Westen befolgt wurde, empörte ihn auf +das heftigste, und zwar deshalb nicht weniger, weil sein jüngerer Bruder +Heneage in Folge seiner Weigerung, die Dispensationsgewalt des Königs zu +vertheidigen, seines Amtes als Generalprokurator entsetzt worden +war.[62] + + [Anmerkung 61: Siehe seine Biographie von Lord Campbell.] + + [Anmerkung 62: Johnstone’s Correspondenz; +Mackay’s Memoirs+; + +Arbuthnot’s John Bull+; Swift’s Schriften von 1710 bis 1714 an + mehreren Stellen; Whiston’s Brief an den Earl von Nottingham und + des Letzteren Antwort darauf.] + + +[_Halifax._] Mit diesen beiden großen toryistischen Earls war jetzt +Halifax, das ausgezeichnete Oberhaupt der Trimmers, verbunden. Auf +Nottingham’s Gesinnungen scheint Halifax damals in der That einen +entschiedenen Einfluß ausgeübt zu haben. Zwischen Halifax und Danby +bestand eine Feindschaft, welche am Hofe Karl’s begonnen hatte und +nachher auch den Hof Wilhelm’s beunruhigte, während der Tyrannei Jakob’s +aber wie viele andere Feindschaften ruhte. Die beiden Gegner trafen +häufig in den von Dykvelt veranstalteten Conferenzen zusammen und +stimmten in dem Ausdrucke des Mißfallens an der Politik der Regierung +und der Verehrung für den Prinzen von Oranien überein. In ihrem Verkehr +mit den holländischen Gesandten trat die Characterverschiedenheit der +beiden Staatsmänner stark hervor. Halifax zeigte ein bewundernswürdiges +Talent für Auseinandersetzungen, scheute sich aber vor kühnen und +unwiderruflichen Entschlüssen. Danby war minder fein und beredt, besaß +aber mehr Energie, Entschlossenheit und praktischen Scharfblick. + + +[_Devonshire._] Mehrere ausgezeichnete Whigs waren mit Dykvelt in +fortwährender Verbindung; aber die Oberhäupter der großen Häuser +Cavendish und Russel konnten keinen so thätigen und vorwiegenden +Antheil an den Unterhandlungen nehmen, als man nach ihrer Stellung und +ihren Ansichten hätte erwarten dürfen. Der Ruhm und das Glück +Devonshire’s wurden im Augenblicke durch eine Wolke verdunkelt. Er hatte +einen beklagenswerthen Streit mit dem Hofe, der nicht aus einer +öffentlichen und ehrenvollen Angelegenheit, sondern aus einem +Privatzwist entsprungen war, in welchem selbst seine wärmsten Freunde +ihn nicht von aller Schuld freisprechen konnten. Als er einmal nach +Whitehall kam, um seine Aufwartung zu machen, war er von einem gewissen +Colepepper insultirt worden, einem jener Raufbolde, welche die +Umgebungen des Hofes unsicher machten und die sich durch Beleidigung von +Mitgliedern der Opposition bei der Regierung in Gunst zu setzen suchten. +Der König selbst äußerte seine Entrüstung über die einem seiner +ausgezeichneten Peers unter dem königlichen Dache widerfahrene +Behandlung und Devonshire wurde durch die Versicherung besänftigt, daß +der Beleidiger den Palast nie wieder betreten solle. Dieses Verbot wurde +jedoch bald wieder aufgehoben und der Groll des Earls erwachte von +neuem. Seine Diener nahmen sich der Sache an und die Straßen von +Westminster wurden durch Händel beunruhigt, die in ein roheres Zeitalter +gehörten. Die Zeit des Geheimen Raths ward durch Anklagen und +Gegenanklagen der streitenden Parteien in Anspruch genommen. +Colepepper’s Frau erklärte: sie und ihr Gatte seien ihres Leben nicht +sicher und ihr Haus sei beständig von Banditen in der Livree der +Cavendish belagert; Devonshire erwiederte, es sei aus Colepepper’s +Fenstern auf ihn geschossen worden. Dies wurde heftig geleugnet. Es +wurde zwar eingeräumt, daß ein blind geladenes Pistol abgefeuert worden +sei, aber dies sei nur in einem Augenblicke des Schreckens geschehen, um +die Wache zu alarmiren. Wahrend diese Fehde ihren Höhepunkt erreicht +hatte, traf der Earl im Empfangzimmer zu Whitehall mit Colepepper +zusammen und er glaubte in den Mienen des Raufboldes triumphirenden +Übermuth zu erkennen. Vor den Augen des Königs geschah nichts +Unziemliches; sobald aber die beiden Gegner das Audienzzimmer verlassen +hatten, machte Devonshire den Vorschlag, den Streit auf der Stelle mit +dem Degen zu entscheiden. Die Herausforderung wurde zurückgewiesen. Da +vergaß der stolze Peer die Achtung, die er dem Orte an dem er sich +befand, und seiner eignen Würde schuldig war, und schlug Colepepper mit +einem Stocke ins Gesicht. Diese Handlung wurde allgemein als übereilt +und unschicklich getadelt und Devonshire selbst konnte, nachdem sein +Blut sich abgekühlt hatte, nicht ohne Verdruß und Beschämung daran +denken. Die Regierung aber verfuhr mit gewohntem Unverstande so streng +gegen ihn, daß das Publikum bald ganz auf seine Seite trat. Es wurde +eine Criminalanklage bei der Kings Bench anhängig gemacht. Der +Angeklagte berief sich auf seine Vorrechte als Peer des Königsreichs; +dieser Punkt aber wurde sogleich zu seinem Nachtheile entschieden, und +es läßt sich auch nicht leugnen, daß diese Entscheidung, mochte sie den +technischen Regeln der englischen Gesetzgebung entsprechen oder nicht, +in vollkommenem Einklange mit den großen Prinzipien stand, welche die +Grundlage jeder Gesetzgebung sein sollen. Es blieb ihm somit nichts +übrig, als sich dem Erkenntnisse zu unterwerfen. Der Gerichtshof war +durch eine Reihe von Entlassungen zu so vollständigem Gehorsam gebracht +worden, daß die Regierung, welche die Untersuchung eingeleitet hatte, +die Strafe selbst vorschreiben konnte. Die Richter machten Jeffreys +in +pleno+ ihre Aufwartung und dieser bestand auf der Zuerkennung einer +Geldbuße von dreißigtausend Pfund. Dreißigtausend Pfund waren im +Verhältniß zu den damaligen Einkünften der englischen Großen ungefähr +soviel als hundertfunfzigtausend im neunzehnten Jahrhundert. In +Anwesenheit des Kanzlers wurde kein Wort der Mißbilligung geäußert; als +aber die Richter sich entfernt hatten, bemerkte Sir Johann Powell, in +welchem sich das wenige Rechtsgefühl des ganzen Collegiums concentrirte, +daß die beantragte Strafsumme übermäßig hoch und ein Zehntel derselben +vollauf genug sei. Seine Collegen waren nicht dieser Meinung und er +zeigte in diesem Falle nicht den Muth, durch den er einige Monate später +an einem denkwürdigen Tage seinen Ruf glänzend wiederherstellte. Der +Earl wurde demnach in eine Geldbuße von dreißigtausend Pfund und bis zur +Bezahlung dieses Betrags zu persönlicher Haft verurtheilt. Eine solche +Summe konnte damals auch der reichste Edelmann nicht in einem Tage +aufbringen. Indessen war das Hafturtel leichter gesprochen, als +vollzogen. Devonshire hatte sich nach Chatsworth zurückgezogen, wo er +eben damit beschäftigt war, das alte gothische Stammschloß seiner +Familie in ein Gebäude umzuwandeln, das Palladio’s würdig war. Der Peak +war damals ein fast ebenso unwirthbarer Bezirk als gegenwärtig +Connemara, und der Sheriff erkannte oder behauptete wenigstens, daß es +schwer sein dürfte, den Lord in einer so wilden Gegend und inmitten treu +ergebener Diener und Pächter zu verhaften. Darüber vergingen einige +Tage, endlich aber wurde nicht nur der Earl, sondern auch der Sheriff +zur Haft gebracht. Inzwischen verwendeten sich eine Menge Fürsprecher +mit ihrem ganzen Einflusse. Es hieß die verwittwete Gräfin von +Devonshire habe eine Privataudienz beim Könige erlangt, sie habe ihn +daran erinnert, daß ihr Schwager, der tapfere Karl Cavendish, im Kampfe +für die Krone bei Gainsborough gefallen sei, und ihm schriftliche +Empfangsbescheinigungen von Karl I. und Karl II. über bedeutende Summen +vorgelegt, die ihr Gemahl während der bürgerlichen Unruhen beiden +Monarchen geliehen hatte. Diese Darlehen waren nie zurück gezahlt worden +und sollten angeblich mehr betragen als die ungeheure Geldstrafe, welche +die Kings Bench über den Earl verhängt hatte. Dazu kam noch ein andrer +Punkt, der beim Könige noch mehr Gewicht gehabt zu haben scheint als die +Erinnerung an früher geleistete Dienste. Es konnte nothwendig werden ein +Parlament einzuberufen, und man glaubte, daß Devonshire in diesem Falle +sofort eine Cassationsklage einreichen werde. Der Punkt, auf den er +seine Appellation gegen das Erkenntniß der Kings Bench zu stützen +gedachte, waren seine Privilegien als Peer, und das Tribunal, vor das +die Appellation kommen mußte, war das Haus der Peers. In einem solchen +Falle konnte der Hof nicht einmal auf die Unterstützung der ihm +ergebensten Adeligen mit Gewißheit rechnen. Es stand kaum zu bezweifeln, +daß das Urtel cassirt werde, und daß die Regierung dadurch, daß sie zu +viel haben wollte, Alles verlieren würde. Jakob war daher zu einem +Vergleiche geneigt. Es wurde dem Earl angekündigt, daß, wenn er eine +Schuldverschreibung über die ganze Summe geben und sich des möglichen +Vortheils einer Cassationsklage begeben wolle, er in Freiheit gesetzt +werden solle. Ob er zur Bezahlung der Summe angehalten werden würde oder +nicht, sollte von seinem ferneren Benehmen abhängen. Wenn er das +Dispensationsrecht unterstützte, solle er nicht dafür in Anspruch +genommen werden; trachte er aber nach Popularität, so müsse er die +dreißigtausend Pfund bezahlen. Er weigerte sich eine Zeit lang, auf +diese Bedingungen einzugehen; aber die Haft war ihm unerträglich. Er +stellte die Verschreibung aus und wurde aus den Gefängnis entlassen; +aber obgleich er sich dazu verstand seinem Vermögen diese drückende +Schuldlast aufzubürden, konnte ihn doch nichts zu dem Versprechen +bestimmen, daß er seinen Grundsätzen und seiner Partei untreu werden +wolle. Er wurde nach wie vor in alle Geheimnisse der Opposition +eingeweiht, aber einige Monate lang hielten seine politischen Freunde es +um seiner selbst wie um ihrer Sache willen für gerathen, daß er im +Hintergrunde blieb.[63] + + [Anmerkung 63: Kennet’s Grabrede auf den Herzog von Devonshire und + Memoiren der Familie Cavendish; +Collection of State Trials+; + +Privy Council Book, March 5. 1685/6+; Barillon, 30. Juni (10. + Juli) 1687.; Johnstone, 8.(18.) Dec. 1687.; +Lords’ Journals May + 6. 1689+. +„Ses amis et ses proches,“+ sagt Barillon, +„lui + conseillent de prendre le bon parti, mais il persiste jusqu’à + présent à ne se point soumettre. S’il vouloit se bien conduire et + renoncer à être populaire, il ne payeroit pas l’amende, mais s’il + opiniâtre, il lui en coutera trente mille pièces, et il demeurera + prisonnier jusqu’à l’actuel payement.“+] + + +[_Eduard Russell._] Der Earl von Bedford hatte sich von dem harten +Schlage, der ihm vor vier Jahren fast das Herz gebrochen, nie wieder +erholen können. Seine persönlichen wie auch seine öffentlichen Gefühle +machten ihn zum Gegner des Hofes; aber an der Verabredung von Maßregeln +gegen denselben nahm er keinen thätigen Antheil. Seine Stelle in den +Versammlungen der Mißvergnügten vertrat sein Neffe. Dies war der +berühmte Eduard Russell, ein Mann von unbezweifeltem Muth und Talent, +aber von lockeren Grundsätzen und ruhelosem Geiste. Er war Seemann, +hatte sich in seinem Berufe ausgezeichnet und hatte unter der vorigen +Regierung ein Hofamt bekleidet; aber durch den Tod seines Vetters +Wilhelm Russell waren alle Bande, die ihn an den Hof ketteten, zerrissen +worden. Der verwegene, unruhige und racheschnaubende Seemann saß jetzt +in den von dem holländischen Gesandten berufenen Versammlungen als +Vertreter des kühnsten und heftigsten Theiles der Opposition, der +Männer, welche unter den Namen Rundköpfe, Exclusionisten und Whigs einen +fünfundvierzigjährigen Kampf gegen drei aufeinanderfolgende Könige mit +wechselndem Glück unterhalten hatten. Diese Partei, welche vor Kurzem +niedergeworfen und fast vernichtet gewesen war, sich jetzt aber mit +voller Lebenskraft rasch zu Ansehen und Einfluß erhob, wurde durch keine +von den Bedenklichkeiten behindert, welche die Bewegungen der Tories und +der Trimmers noch immer hemmten, und war bereit, das Schwert gegen den +Tyrannen zu ziehen, sobald es mit gegründeter Aussicht auf den Sieg +gezogen werden konnte. + + +[_Compton. -- Herbert. -- Churchill._] Drei Männer sind noch zu +erwähnen, mit denen Dykvelt in vertrauter Verbindung stand und mit deren +Hülfe er sich die Mitwirkung von drei großen Ständen zu sichern hoffte. +Bischof Compton war der Agent, der die Geistlichkeit zu bearbeiten +hatte, Admiral Herbert übernahm es, seinen ganzen Einfluß bei der Flotte +zu verwenden und durch Churchill suchte man die Armee zu gewinnen. + +Das Benehmen Compton’s und Herbert’s bedarf keiner Erklärung. Nachdem +sie der Krone in allen weltlichen Dingen mit Treue und Eifer gedient, +hatten sie sich durch ihre Weigerung, als Werkzeuge der Zerstörung ihrer +eignen Religion zu dienen, das Mißfallen des Königs zugezogen. Beiden +hatte die Erfahrung gelehrt, wie bald Jakob eingegangene Verpflichtungen +vergaß und mit welchem bitteren Groll er sich dessen erinnerte, was er +als Beleidigung anzusehen für gut fand. Der Bischof war durch einen +ungesetzlichen Richterspruch seiner bischöflichen Functionen enthoben, +der Admiral in einer Stunde aus Reichthum in Armuth gestürzt worden. +Ganz anders war die Lage Churchill’s. Er war durch königliche Gunst aus +der Dunkelheit zu hohem Ansehen, aus der Dürftigkeit zum Reichthum +erhoben worden. Als armer Fähndrich hatte er seine Laufbahn begonnen und +jetzt war er, in seinem siebenunddreißigsten Jahre, Generalmajor, Peer +von Schottland und Peer von England, befehligte eine Abtheilung der +Leibgarde, bekleidete mehrere ehrenvolle und einträgliche Stellen und +bis jetzt verrieth noch nichts, daß er den geringsten Theil von der +Gunst verloren hatte, der er so viel verdankte. Er war nicht nur durch +die allgemeine Pflicht der Unterthanentreue, sondern auch durch +militairische Ehren, durch persönliche Dankbarkeit und, wie es +oberflächlichen Beobachtern schien, durch die stärksten Bande des +Interesses an Jakob gebunden. Aber Churchill selbst war kein +oberflächlicher Beobachter, er wußte genau, worin sein wirkliches +Interesse bestand. Er war überzeugt, daß, wenn sein Gebieter einmal +volle Freiheit erhielt Papisten anzustellen, er nicht einen einzigen +Protestanten mehr anstellen würde. Eine Zeit lang wurden vielleicht +einige hochbegünstigte Diener der Krone noch von der allgemeinen +Proscription ausgenommen, in der Hoffnung, daß sie sich dadurch +bestimmen ließen, ihren Glauben zu wechseln, aber selbst diese mußten +nach einer kurzen Frist Einer nach dem Andren fallen, wie Rochester +schon gefallen war. Churchill konnte sich allerdings durch Übertritt zur +katholischen Kirche gegen diese Gefahr sicher stellen und noch höher in +der königlichen Gunst steigen; auch hätte man glauben können, daß ein +Mann, der sich eben so sehr durch Habsucht und Characterlosigkeit, wie +durch Talent und Tapferkeit auszeichnete, schwerlich an dem Gedanken, +eine Messe anhören zu müssen, Anstoß nehmen würde. Aber die menschliche +Natur ist so reich an Widersprüchen, daß selbst abgestumpfte Gewissen +eine empfindliche Stelle haben. So hatte dieser Mann, der seine +Erhebung der Schande seiner Schwester verdankte, der von der +verschwenderischesten, herrschsüchtigsten und schamlosesten Buhlerin +unterhalten worden war und dessen öffentliches Leben Jedem, der mit +unbefangenem Blicke den schimmernden Glanz des Genies und des Ruhms zu +durchdringen vermag, als ein Abgrund von Schändlichkeit erscheinen muß, +einen blinden Glauben an die Religion, die ihm als Kind eingelernt +worden war, und schauderte bei dem Gedanken, sie förmlich abzuschwören. +Es stand ihm eine furchtbare Alternative bevor. Das irdische Übel, das +er am meisten fürchtete, war die Armuth, das einzige Verbrechen, vor dem +sein Herz zurückbebte, war der Glaubensabfall, und wenn die Pläne des +Hofes gelangen, konnte er nicht zweifeln, daß er bald zwischen Armuth +und Abfall wählen mußte. Daher entschloß er sich, diese Pläne zu +durchkreuzen, und es zeigte sich bald, daß er bereit war, jede Schuld +und jede Schmach auf sich zu laden, wenn er nur der Nothwendigkeit +entging, entweder seine Stellen oder seine Religion aufgeben zu +müssen.[64] + + [Anmerkung 64: Der Beweggrund, welcher das Verfahren der Churchill + bestimmte, ist kurz und bündig in +The Duchess of Marlborough’s + Vindication+ dargelegt. „Jedermann erkannte deutlich,“ sagt sie, + „daß bei dem Systeme, das König Jakob angenommen hatte, Jeder der + nicht Katholik werden wollte, früher oder später zu Grunde gehen + mußte. Diese Überzeugung ließ mich das Unternehmen des Prinzen von + Oranien, uns aus solcher Knechtschaft zu erlösen, mit Wohlgefallen + betrachten.“] + + +[_Lady Churchill und die Prinzessin Anna._] Nicht bloß als +militairischer Befehlshaber von hohem Range und ausgezeichnetem Geschick +und Muth konnte Churchill der Opposition Dienste leisten. Es war für das +Gelingen der Pläne Wilhelm’s wenn nicht absolut nothwendig, doch höchst +wichtig, daß seine Schwägerin, welche nach der englischen +Thronfolgeordnung zwischen ihm und seiner Gemahlin stand, in +vollkommener Übereinstimmung mit ihm handelte. Alle ihm +entgegenstehenden Schwierigkeiten würden bedeutend vergrößert worden +sein, wenn Anna sich günstig für die Indulgenz ausgesprochen hätte. Auf +welche Seite sie treten würde, hing von dem Willen Anderer ab, denn ihr +Verstand war träge, und obgleich in ihrem Character ein erblicher +Eigenwille und Starrsinn verborgen lag, welche viele Jahre später durch +große Macht und heftige Provocationen zum Vorschein gebracht wurden, so +war sie doch zur Zeit die willige Sklavin einer Frau von viel +lebhafterem und herrschsüchtigerem Character als der ihrige war. Diese +Frau, welche sie völlig beherrschte, war Churchill’s Gattin, ein Weib, +die nachmals auf die Geschicke England’s und Europa’s einen großen +Einfluß ausübte. + +Der Name dieser berühmten Günstlingin war Sara Jennings. Ihre ältere +Schwester Franziska hatte sich durch Schönheit und Leichtfertigkeit +selbst unter der Masse von schönen Gesichtern und leichtfertigen +Characteren ausgezeichnet, welche Whitehall während des wilden Carnevals +der Restauration zierten und schändeten. Einmal verkleidete sie sich +als Apfelsinenmädchen und rief in den Straßen ihre Früchte aus.[65] +Gesetzte Leute meinten, daß ein Mädchen von so wenig Takt- und +Schicklichkeitsgefühl nicht leicht einen Gatten finden werde. Sie war +indessen zweimal verheirathet und jetzt die Gattin Tyrconnel’s. Sara +war nicht so regelmäßig schön als ihre Schwester, aber vielleicht noch +anziehender. Ihr Gesicht war ausdrucksvoll, ihre Gestalt entbehrte +keines weiblichen Reizes, und die Fülle ihrer schönen Haare, welche noch +nicht nach der barbarischen Mode, deren Einführung sie noch erlebte, +durch Puder verunziert waren, erfüllten ihre zahlreichen Bewunderer mit +Entzücken. Von den Freiern, die sich um ihre Hand bewarben, erhielt der +junge, schöne, liebenswürdige, einschmeichelnde, beredte und tapfere +Oberst Churchill den Vorzug. Er mußte sie wirklich lieben, denn außer +der Leibrente, die er sich für den von der Herzogin von Cleveland +erhaltenen schmachvollen Lohn gekauft hatte, besaß er wenig Vermögen, +war unersättlich in seiner Gier nach Schätzen, Sara war arm, und es war +ihm ein einfaches Mädchen mit einem großen Vermögen angetragen worden. +Nach einem kurzen Kampfe trug die Liebe den Sieg über die Habsucht +davon, die Ehe verstärkte nur noch seine Leidenschaft, und Sara genoß +bis zum letzten Augenblicke seines Lebens das Vergnügen und die +Auszeichnung, das einzige menschliche Wesen zu sein, das im Stande war, +diesen weitsehenden und sicheren Blick auf sich zu fesseln, das von +diesem kalten Herzen heiß geliebt und von diesem unerschrockenen Geiste +knechtisch gefürchtet wurde. + +Im weltlichen Sinne ward Churchill’s treue Liebe reich belohnt. Bei +aller Dürftigkeit brachte seine Braut ihm doch ein Heirathsgut zu, das +klug verwendet ihn endlich zum englischen Herzog, zum deutschen +Reichsfürsten, zum Oberfeldherrn einer großen Coalition, zum +Schiedsrichter zwischen mächtigen Fürsten und was in seinen Augen noch +viel mehr werth war, zum reichsten Privatmann von ganz Europa machte. +Sie war von früher Kindheit an mit der Prinzessin Anna aufgewachsen und +es hatte sich eine innige Freundschaft zwischen den beiden Mädchen +gebildet. Im Character glichen sie einander nur wenig. Anna war +phlegmatisch und schweigsam. Gegen Diejenigen, die sie liebte, war sie +sanft; ihr Zorn äußerte sich nur durch ein mürrisches Schmollen. Sie +hatte einen starken religiösen Sinn und war den Gebräuchen und der +Verfassung der anglikanischen Kirche mit wahrer Bigotterie zugethan. +Sara war lebhaft und redselig, dominirte selbst Diejenigen, die sie am +meisten liebte, und wenn sie gekränkt wurde, äußerte sich ihre Wuth +durch Thränen und heftige Vorwürfe. Auf Frömmigkeit machte sie keinen +Anspruch, ja sie entging sogar kaum der Beschuldigung der +Irreligiosität. Sie war jetzt noch nicht das was sie später wurde, +nachdem das Glück _eine_ Klasse von Fehlern, das Unglück eine andre +vollkommen entwickelt, als Siege und Huldigungen ihr den Kopf verrückt +und Mißgeschick und Kränkungen ihren Character verbittert hatten. Sie +wurde in ihren späteren Lebensjahren das verächtlichste und +erbärmlichste Geschöpf: ein altes Weib, die in beständigem Hader lebte +mit ihrem ganzen Geschlecht, mit ihren eigenen Kindern und Enkeln, zwar +vornehm und reich, aber Vornehmheit und Reichthum hauptsächlich nur +deshalb schätzend, weil dieselben sie in den Stand setzten, der +öffentlichen Meinung Hohn zu sprechen und rückhaltlos ihrem Hasse gegen +Lebende und Todte zu fröhnen. Unter der Regierung Jakob’s II. galt sie +für nichts Schlimmeres als eine schöne, stolze junge Frau, die wohl +zuweilen launenhaft und eigensinnig sein konnte, der man aber in +Berücksichtigung ihrer Reize ihre Launen gern verzieh. + +Es ist eine sehr gewöhnliche Erscheinung, daß Verschiedenheit der +Neigungen und Geistesfähigkeiten keine Hindernisse der Freundschaft sind +und daß gerade zwei Herzen, die sich gegenseitig ergänzen, das Band der +innigsten Zuneigung umschlingt. Lady Churchill wurde von der Prinzessin +Anna geliebt, ja fast angebetet. Die Prinzessin konnte ohne den +Gegenstand ihrer romanhaften Zärtlichkeit nicht leben. Sie vermählte +sich und wurde eine treue, sogar liebevolle Gattin; aber Prinz Georg, +ein beschränkter Mann, dessen Hauptgenüsse die Freuden der Tafel und der +Flasche waren, erlangte keinen Einfluß auf sie, der sich mit dem ihrer +Freundin vergleichen ließ, und gab sich bald mit stupider Geduld der +Herrschaft des heftigen und gebieterischen Geistes hin, von dem seine +Gemahlin sich leiten ließ. Das königliche Paar bekam Kinder und Anna +entbehrte keineswegs der Gefühle einer Mutter; aber die Liebe zu ihren +Kindern war lau im Vergleich mit ihrer hingebenden Zärtlichkeit für ihre +Jugendfreundin. Endlich wurde die Prinzessin des Zwanges müde, den die +Etikette ihr auferlegte, es war ihr unerträglich, die Worte Madame und +Königliche Hoheit aus dem Munde einer Frau zu hören, die ihr mehr war +als eine Schwester. In der Gallerie und im Empfangzimmer waren diese +Worte nicht zu umgehen, aber im Boudoir wurden sie abgeschafft. Hier +hieß Anna Mrs. Morley, Lady Churchill Mrs. Freeman, und unter diesen +kindlichen Namen bestand zwanzig Jahre hindurch ein intimer Verkehr +zwischen den beiden Freundinnen, von dem schließlich das Schicksal von +Regierungen und Dynastien abhing. Bis jetzt hatte jedoch Anna noch keine +politische Macht und nur geringen persönlichen Einfluß. Ihre Freundin +bekleidete in ihrem Hausstaate das Amt der ersten Kammerdame mit nur +vierhundert Pfund Sterling Gehalt. Gleichwohl hat man Grund zu glauben, +daß es Churchill schon zu dieser Zeit möglich war, seine vorherrschende +Leidenschaft durch den Einfluß seiner Gattin zu befriedigen. Obgleich +die Prinzessin ein hohes Einkommen hatte und sehr einfach lebte, so +machte sie doch Schulden, die ihr Vater mit einigem Unwillen bezahlte, +und man sagte, daß der Grund ihrer finanziellen Verlegenheiten in ihrer +verschwenderischen Freigebigkeit gegen ihren Liebling zu suchen sei.[66] + +Endlich war die Zeit gekommen, wo diese sonderbare Freundschaft einen +großen Einfluß auf die öffentlichen Angelegenheiten ausüben sollte. Man +war äußerst gespannt darauf, welche Rolle Anna in dem Kampfe, der +England erschütterte, spielen werde. Auf der einen Seite stand die +Kindespflicht, auf der andren die Interessen der Religion, der sie +aufrichtig zugethan war. Ein minder phlegmatischer Character würde +zwischen so starken und wichtigen Beweggründen, die ihn nach +entgegengesetzten Richtungen hinzogen, gewiß lange geschwankt haben. Der +Einfluß der Churchill aber entschied die Frage und ihre Gönnerin wurde +ein wichtiges Mitglied des umfassenden Bundes, dessen Oberhaupt der +Prinz von Oranien war. + + [Anmerkung 65: +Mémoires de Grammont+; +Pepys’s Diary, Feb. 21. + 1684/5.+] + + [Anmerkung 66: Es würde mich zu weit führen, wollte ich alle die + Werke aufzählen, aus denen ich mein Urtheil über den Character der + Herzogin geschöpft habe. Meine Hauptquellen sind ihre eigenen + Briefe, ihre „Rechtfertigung“ und die Entgegnungen, welche diese + veranlaßte.] + + +[_Dykvelt kehrt mit Briefen von vielen angesehenen Engländern nach dem +Haag zurück._] Im Juni 1687 kehrte Dykvelt nach dem Haag zurück. Er +überreichte den Generalstaaten ein königliches Schreiben voll +Lobeserhebungen über sein Benehmen während seines Aufenthalts in London. +Diese Lobeserhebungen waren jedoch nur eine Formalität. In +Privatmittheilungen von seiner eigenen Hand beschwerte Jakob sich bitter +darüber, daß der Gesandte einen so vertrauten Umgang mit den heftigsten +Oppositionsmännern seines Reiches gepflogen und sie in allen ihren +Umsturzplänen bestärkt habe. Außerdem brachte Dykvelt auch eine Anzahl +Briefe von den ausgezeichnetsten derjenigen Männer mit, mit denen er +sich während seines Aufenthalts in London berathen hatte. Die Schreiber +dieser Briefe versicherten den Prinzen allgemein ihrer unbegrenzten +Verehrung und Hingebung und verwiesen ihn wegen der näheren Darlegung +ihrer Ansichten an den Überbringer. Halifax erörterte den Zustand und +die Aussichten des Landes mit gewohnter Schärfe und Lebendigkeit, hütete +sich aber sorgfältig, für irgend ein gefährliches Verfahren die +Verantwortung zu übernehmen. Danby schrieb in einem kühneren und +entschlosseneren Tone und konnte sich nicht enthalten, über die +Besorgnisse und Bedenklichkeiten seines genialen Nebenbuhlers zu +spötteln. Der interessanteste Brief aber war der von Churchill. Er war +mit der natürlichen Beredtsamkeit, an der es ihm trotz seines Mangels an +höherer Bildung bei wichtigen Anlässen nie fehlte, und mit einem +Anstrich von Hochherzigkeit geschrieben, den er sich, so perfid er auch +war, mit seltener Geschicklichkeit zu geben verstand. Die Prinzessin +Anna, sagte er, habe ihm befohlen, ihre erlauchten Verwandten im Haag zu +versichern, daß sie mit Gottes Hülfe fest entschlossen sei, eher ihr +Leben zu lassen, als sich eines Glaubensabfalls schuldig zu machen. Was +seine Person betreffe, so lege er auf seine Stellen und auf die +königliche Gunst einen weit geringeren Werth als auf seine Religion. Er +schloß mit der hochtrabenden Erklärung, daß man ihn, obgleich er keinen +Anspruch darauf mache, wie ein Heiliger gelebt zu haben, doch +vorkommenden Falls bereit finden werde, den Märtyrertod zu sterben.[67] + + [Anmerkung 67: Das Formalitätsschreiben, welches Dykvelt den + Generalstaaten überbrachte, befindet sich in den Archiven des + Haags. Die anderen in diesem Paragraphen erwähnten Briefe giebt + Dalrymple im Anhange zu Buch +V.+] + + +[_Zulestein’s Sendung._] Dykvelt’s Sendung hatte einen so glänzenden +Erfolg gehabt, daß bald ein neuer Vorwand gefunden war, um einen andren +Agenten abzusenden, der das so glücklich begonnene Werk fortsetzen +sollte. Der neue Gesandte, nachmals der Gründer eines jetzt erloschenen +englischen Adelshauses, war ein illegitimer leiblicher Vetter Wilhelm’s +und führte einen der Herrschaft Zulestein entlehnten Namen. Seine +Verwandtschaft mit dem Hause Oranien gab Zulestein in den Augen des +Publikums ein bedeutendes Ansehen. Sein Benehmen war das eines tapferen +Soldaten. In diplomatischen Talenten und Kenntnissen stand er Dykvelt +weit nach, aber gerade diese Inferiorität hatte ihre Vortheile. Ein +Militair, der sich anscheinend nie um die Politik gekümmert hatte, +konnte ohne Verdacht zu erregen mit der englischen Aristokratie einen +Verkehr unterhalten, der mit argwöhnischem Auge bewacht worden sein +würde, wenn er ein bekannter Meister in der Staatskunst gewesen wäre. +Nach kurzer Abwesenheit kehrte Zulestein mit nicht minder wichtigen +Briefen und mündlichen Botschaften, als die welche seinem Vorgänger +anvertraut worden waren, in sein Vaterland zurück. Von diesem +Augenblicke an trat der Prinz mit der Opposition in einen regelmäßigen +Briefwechsel. Geschäftsträger verschiedenen Ranges reisten beständig +zwischen der Themse und dem Haag hin und her. Der nützlichste von diesen +war ein Schotte von einigem Talent und großer Thätigkeit, Namens +Johnstone. Er war Burnet’s Vetter und der Sohn eines angesehenen +Covenanters, der bald nach der Restauration wegen Hochverraths +hingerichtet worden war und von seiner Partei als Märtyrer verehrt +wurde. + + +[_Zunehmende Feindschaft zwischen Jakob und Wilhelm._] Die Entfremdung +zwischen dem Könige von England und dem Prinzen von Oranien wurde mit +jedem Tage vollkommener. Es hatte sich ein ernsthafter Streit in Betreff +der sechs britischen Regimenter erhoben, welche im Solde der Vereinigten +Provinzen standen. Der König wollte diese Regimenter unter das Commando +römisch-katholischer Offiziere stellen, und der Prinz widersetzte sich +diesem Ansinnen entschieden. Der König nahm seine Zuflucht zu seinen +Lieblingsgemeinplätzen von der Duldung; der Prinz erwiederte daß er nur +das Beispiel Seiner Majestät nachahme. Es sei notorisch erwiesen, daß +loyale und tüchtige Männer in England lediglich deshalb, weil sie +Protestanten waren, aus dem Staatsdienste entlassen worden seien, und +dies berechtige den Statthalter und die Generalstaaten doch gewiß dazu, +die Papisten von hohen öffentlichen Ämtern auszuschließen. Diese Antwort +erbitterte Jakob dermaßen, daß er in seiner Wuth die Wahrhaftigkeit und +den gesunden Verstand völlig aus den Augen verlor. Es sei nicht wahr, +behauptete er mit Heftigkeit, daß er irgend Jemanden jemals aus +religiösen Gründen abgesetzt habe. Und wenn er es wirklich gethan hätte, +was ginge es dann dem Prinzen oder die Generalstaaten an? Wären sie etwa +seine Herren? wären sie befugt, sich zu Richtern über die Handlungen +fremder Fürsten aufzuwerfen? Von jetzt an wünschte er seine in +holländischen Diensten stehenden Unterthanen zurückzuberufen, denn er +glaubte durch diese Maßregel sich selbst zu verstärken und seine +schlimmsten Feinde zu schwächen. Es traten ihm jedoch finanzielle +Schwierigkeiten entgegen, die er unmöglich übersehen konnte. Die Zahl +der bereits von ihm unterhaltenen Truppen war schon so groß, als es +seine Einkünfte nur irgend zuließen, obgleich dieselben die aller seiner +Vorgänger weit überstiegen und mit großer Sparsamkeit verwaltet wurden. +Wenn aber die jetzt in Holland stehenden Bataillone noch zu dem +vorhandenen Etat kamen, so war die Staatskasse bankerott. Vielleicht +ließ Ludwig sich bewegen, sie in seinen Dienst zu nehmen. In diesem +Falle wurden sie aus einem Lande entfernt, wo sie dem verderblichen +Einflusse einer republikanischen Regierung und einer calvinistischen +Kirchenverfassung ausgesetzt waren, und kamen in ein Land, wo Niemand +die Autorität des Monarchen und die Lehren der wahren Kirche zu +bestreiten wagte. Die Soldaten würden dann bald alle politische und +religiöse Ketzerei wieder verlernen, ihr Landesfürst konnte zu jeder +Zeit binnen kurzer Frist über ihre Hülfe verfügen und sich unter allen +Umständen auf ihre Treue verlassen. + +Es wurden zwischen Whitehall und Versailles Unterhandlungen in dieser +Angelegenheit eröffnet. Ludwig hatte soviel Soldaten als er brauchte, +und wäre es auch anders gewesen, so würde er dennoch keine Lust gehabt +haben, englische Truppen in Dienst zu nehmen, da der englische Sold, so +niedrig er unsrer Generation erscheinen muß, doch viel höher war als der +französische. Auf der andren Seite aber hätte er Wilhelm sehr gern um +eine so schöne Brigade geschwächt. Nach einer mehrwöchentlichen +Correspondenz wurde Barillon zu der Erklärung ermächtigt, daß, wenn +Jakob die britischen Truppen aus Holland zurückriefe, Ludwig die +Unterhaltungskosten für zweitausend Mann in England übernehmen wolle. +Jakob nahm dieses Anerbieten mit dem wärmsten Danke an. In Folge des +getroffenen Arrangements ersuchte er die Generalstaaten um Rücksendung +der sechs Regimenter. Die Generalstaaten aber, welche Wilhelm ganz nach +seinem Willen leitete, antworteten, daß ein solches Verlangen unter den +obwaltenden Umständen durch die bestehenden Verträge nicht +gerechtfertigt werde, und weigerten sich entschieden, demselben zu +entsprechen. Es ist bemerkenswerth, daß Amsterdam, welches für +Zurückhaltung dieser Truppen in Holland gestimmt hatte, als Jakob ihrer +gegen die Insurgenten im Westen bedurfte, jetzt heftig für die Erfüllung +seines Verlangens stritt. In beiden Fällen beabsichtigten die Behörden +dieser großen Stadt nichts weiter, als dem Prinzen von Oranien zu +opponiren.[68] + + [Anmerkung 68: Sunderland an Wilhelm, 24. Aug. 1686; Wilhelm an + Sunderland, 2.(12.) Sept. 1686; Barillon, 6.(16.) Mai, 26. Mai (5. + Juni), 3.(13.) Oct., 28. Nov. (8. Dec.) 1687; Ludwig an Barillon, + 14.(24.) Oct. 1687; Memorial von Albeville, 15.(25.) Dec. 1687; + Jakob an Wilhelm, 17. Jan., 16. Feb., 2. u. 13. März 1688: Avaux, + 1.(11.), 6.(16.), 8.(18.) März, 22. März (1. April) 1688.] + + +[_Einfluß der holländischen Presse._] Die holländischen Waffen waren +jedoch für Jakob kaum so gefährlich als die holländische Presse. Fast +täglich erschienen im Haag englische Bücher und Flugschriften gegen die +Regierung, und keine Wachsamkeit konnte es verhindern, daß viele +Tausende von Exemplaren in die an der Nordsee gelegenen Grafschaften +eingeschmuggelt wurden. Unter diesen Schriften zeichnete sich besonders +eine durch ihre Wichtigkeit und durch den Eindruck, den sie machte, aus. +Jedermann, der mit den öffentlichen Angelegenheiten vertraut war, kannte +die Ansicht des Prinzen und der Prinzessin von Oranien in Betreff der +Indulgenz; da aber keine officielle Erklärung dieser Ansicht erschienen +war, so wurden Viele, denen gute Privatquellen nicht zugänglich waren, +durch die Zuversicht, mit der die Anhänger des Hofes behaupteten, daß +Ihre Hoheiten die letzten Maßregeln des Hofes billigten, getäuscht oder +verwirrt gemacht. Es würde ein sehr einfacher und naheliegender Weg +gewesen sein, diese Behauptungen öffentlich zu widerlegen, wenn Wilhelm +keinen andren Zweck gehabt hätte, als seinen Einfluß in England zu +befestigen. Allein er betrachtete England hauptsächlich als das zur +Ausführung seines großen europäischen Planes nöthige Werkzeug. Er hoffte +für diesen Plan die Mitwirkung der beiden Linien des Hauses Österreich, +der italienischen Fürsten und selbst des Papstes zu gewinnen, und er +hatte Grund zu der Befürchtung, daß jede die britischen Protestanten +befriedigende Erklärung in Madrid, Wien, Turin und Rom Besorgniß und +Unwillen erregen könnte. Deshalb enthielt sich der Prinz lange jeder +officiellen Äußerung seiner Gesinnungen. Endlich aber wurde er darauf +aufmerksam gemacht, daß sein beharrliches Stillschweigen unter den ihm +Wohlwollenden viel Besorgniß und Mißtrauen erweckt habe und daß es hohe +Zeit sei, sich offen auszusprechen. Er beschloß daher, sich zu erklären. + + +[_Stewart’s und Fagel’s Correspondenz._] Ein schottischer Whig, Namens +Jakob Stewart, war vor einigen Jahren nach Holland geflüchtet, um dem +spanischen Stiefel und dem Galgen zu entgehen, und er war mit dem +Großpensionär Fagel befreundet worden, der das Vertrauen und die Gunst +des Statthalters in hohem Grade besaß. Stewart war der Verfasser des +heftigen und gehässigen Manifestes von Argyle. Als die Indulgenz +erschien, erkannte Stewart, daß sich ihm die Gelegenheit darbot, nicht +nur Begnadigung, sondern noch obendrein eine Belohnung zu erlangen. Er +bot der Regierung, deren Feind er gewesen war, seine Dienste an, diese +wurden angenommen und er schrieb an Fagel einen Brief, zu dem er +angeblich von Jakob selbst beauftragt war. In diesem Briefe wurde der +Großpensionär dringend aufgefordert, seinen ganzen Einfluß bei dem +Prinzen und der Prinzessin aufzubieten, um sie zur Unterstützung der +Politik ihres Vaters zu bewegen. Nach einiger Zeit schickte Fagel eine +tief durchdachte und ausgezeichnet geschriebene Erwiederung ein. Wer +dieses interessante Dokument liest, muß bemerken, daß es zwar in einer +Weise abgefaßt ist, welche geeignet war, die englischen Protestanten zu +beruhigen und ihnen zu gefallen, dennoch aber kein Wort enthält, das +selbst dem Vatikan Anstoß hätte geben können. Es war darin gesagt, daß +Wilhelm und Marie mit Vergnügen zur Abschaffung jedes Gesetzes mitwirken +würden, welches über irgend einen Engländer seiner religiösen +Überzeugung wegen Strafe verhänge. Aber zwischen Strafen und +Ausschließungen war ein Unterschied gemacht. Katholiken zu Staatsämtern +zuzulassen, könne nach der Ansicht Ihrer Hoheiten weder im allgemeinen +Interesse Englands, noch im Interesse der Katholiken selbst liegen. +Dieses Manifest wurde in mehrere Sprachen übersetzt und war auf dem +Continent weit verbreitet. Von der durch Burnet besorgten englischen +Ausgabe wurden nahe an funfzigtausend Exemplare in die östlichen +Grafschaften eingeführt und rasch über das ganze Land verbreitet. +Nie hat eine Staatsschrift einen vollständigeren Erfolg gehabt. Die +Protestanten unsrer Insel priesen die männliche Entschiedenheit, mit der +Wilhelm erklärte, daß er es nicht gutheißen könne, die Papisten Antheil +an der Regierung nehmen zu lassen. Den katholischen Fürsten auf der +andren Seite gefiel der milde und gemäßigte Ton, in welchem diese +Erklärung gehalten war, sowie die ihnen eröffnete Aussicht, daß unter +seiner Regierung kein Mitglied ihrer Kirche um seines Glaubens willen +belästigt werden würde. + + +[_Castelmaine’s Gesandtschaft in Rom._] Es ist wahrscheinlich, daß der +Papst selbst einer von Denen war, die den berühmten Brief mit Vergnügen +lasen. Einige Monate zuvor hatte er Castelmaine auf eine Art entlassen, +welche wenig Rücksicht auf die Gesinnungen des Königs zeigte. Innocenz +war mit der ganzen inneren und äußeren Politik der englischen Regierung +durchaus nicht zufrieden. Er sah, daß die ungerechten und unklugen +Maßregeln der jesuitischen Cabale viel eher dazu beitrugen, das +Fortbestehen der Strafgesetze als die Abschaffung des Testes zu +bewirken. Sein Streit mit dem Hofe von Versailles wurde mit jedem Tage +ernsthafter, und er konnte weder als weltlicher Fürst, noch als +Oberhaupt der katholischen Kirche für einen Vasallen dieses Hofes eine +herzliche Freundschaft fühlen. Castelmaine war nicht geeignet, diesen +Widerwillen zu beseitigen. Er kannte zwar für einen Laien Rom ziemlich +gut und war auch in der theologischen Polemik gründlich bewandert,[69] +besaß aber durchaus nicht das Geschick, welches sein Posten erforderte, +und wenn er auch der talentvollste Diplomat gewesen wäre, so würde doch +ein Umstand ihn für die besondere Mission, mit der er betraut war, +untauglich gemacht haben. Er war in ganz Europa als der Gatte des +schamlosesten Weibes bekannt, und als weiter nichts. Man konnte +unmöglich mit ihm oder von ihm sprechen, ohne daran zu denken, wie er zu +dem Titel gekommen war, bei dem er genannt wurde. Dieser Umstand würde +wenig auf sich gehabt haben, wenn er an einem sittenlosen Hofe +accreditirt gewesen wäre, wie zum Beispiel bei dem, an welchem unlängst +die Herzogin von Montespan das Regiment geführt hatte. Aber es war +offenbar ein grober Mißgriff, ihn mit einem Auftrage mehr geistlichen +als weltlichen Characters an einen Papst von patriarchalischer +Sittenstrenge zu senden. Die Protestanten von ganz Europa spöttelten +darüber, und Innocenz, der ohnehin schon gegen die englische Regierung +eingenommen war, betrachtete die ihm mit so großer Gefahr und so großen +Kosten erzeigte Aufmerksamkeit als nicht viel besser denn eine +Beleidigung. Der Gehalt des Gesandten war auf hundert Pfund die Woche +festgesetzt. Castelmaine klagte, daß dies zu wenig sei und daß das +Dreifache dieses Betrags kaum ausreichen werde. Denn in Rom bemühten +sich die Gesandten aller großen Continentalmächte einander vor den Augen +eines Volks, das durch den beständigen Anblick prächtiger Gebäude, +Decorationen und Ceremonien verwöhnt war, im Glanz zu überbieten. Er +erklärte stets, daß er bei seiner Gesandtschaft Geld zusetzen müsse. Es +waren ihm mehrere junge Adelige aus den vornehmsten katholischen +Familien Englands, wie die Ratcliffe, die Arundell und Tichborne, +beigegeben, und er bewohnte in Rom den Palast der Familie Pamfili an dem +prächtigen Navonaplatze. Eine Privatunterredung mit Innocenz wurde ihm +bald bewilligt, die officielle Audienz aber wurde lange hinausgeschoben. +Castelmaine’s Vorbereitungen zu diesem wichtigen Acte waren so +prachtvoll, daß sie, obgleich schon zu Ostern 1686 begonnen, im +darauffolgenden November noch nicht beendigt waren, und im November +bekam der Papst einen wirklichen oder angeblichen Gichtanfall, der einen +weiteren Aufschub verursachte. Im Januar 1687 endlich fand die +feierliche Vorstellung und Aufwartung mit ungewöhnlichem Pompe statt. +Die Staatswagen, welche zu der Auffahrt in Rom gebaut wurden, waren so +prächtig, daß man sie für werth hielt, der Nachwelt in schönen +Abbildungen überliefert und von Dichtern in mehreren Sprachen besungen +zu werden.[70] Die Façade des Gesandtschaftspalastes wurde an diesem +hochwichtigen Tage mit geschmacklosen allegorischen Gemälden von +riesenhafter Größe decorirt. Man sah hier den heiligen Georg mit dem +Fuße auf dem Nacken des Titus Oates, und Herkules, wie er mit seiner +Keule den protestantischen Tischler College zu Boden schlägt, der sich +vergebens mit seinem Flegel zu vertheidigen sucht. Nach dieser +öffentlichen Schaustellung lud Castelmaine alle damals in Rom anwesenden +Notabilitäten zu einem Bankett in dem freundlichen und prächtigen Saale +ein, den Peter von Cortona mit Gemälden von Scenen aus der Aeneide +geschmückt hat. Die ganze Stadt drängte sich zu dem Schauspiele und nur +mit Mühe konnte eine Compagnie der Schweizergarde die Ordnung unter den +Zuschauern aufrechterhalten. Die Kavaliere des päpstlichen Hofstaates +gaben hierauf ihrerseits dem Gesandten glänzende Gastmähler, und Dichter +und Literaten überhäuften seinen Gebieter mit abgeschmackten und +hyperbolischen Schmeicheleien, wie sie da am meisten floriren, wo Genie +und Geschmack am tiefsten gesunken sind. An der Spitze der Schmeichler +stand ein gekröntes Haupt. Mehr als dreißig Jahre waren verflossen, seit +Christine, die Tochter des großen Gustav Adolph, freiwillig vom +schwedischen Throne herabgestieqen war. Nach langen Wanderungen, während +denen sie viele Thorheiten und Verbrechen begangen, hatte sie endlich in +Rom ihren bleibenden Aufenthalt genommen, wo sie sich mit astrologischen +Berechnungen und mit den Intriguen des Conclave beschäftigte und sich +nebenbei mit Gemälden, Gemmen, Handschriften und Münzen die Zeit +vertrieb. Jetzt dichtete sie einige italienische Stanzen zu Ehren des +englischen Fürsten, der, wie sie selbst, einem Geschlecht von Königen +entsprossen, welche zu ihrer Zeit als die Vorkämpfer der Reformation +betrachtet wurden, sich, gleich ihr, mit der alten Kirche wieder +ausgesöhnt hatte. Sie gab eine glänzende Gesellschaft in ihrem Palaste. +Ihre in Musik gesetzten Verse wurden unter allgemeinem Beifalle +vorgetragen und einer ihrer literarischen Günstlinge hielt über +denselben Gegenstand eine Rede in so blühendem Style, daß er den +Geschmack der englischen Zuhörer beleidigt zu haben scheint. Die dem +Papste feindlich gesinnten, den Interessen Frankreichs ergebenen +Jesuiten, denen jede Gelegenheit, Jakob Ehre zu erzeigen, willkommen +war, empfingen den englischen Gesandten mit möglichstem Gepränge in dem +fürstlichen Hause, wo die Überreste des Ignatius Loyola in einem Schrein +von Lasurstein und Gold aufbewahrt werden. Bildhauerkunst, Malerei, +Poesie und Beredtsamkeit wurden aufgeboten, um den Fremden zu +bewillkommnen; aber alle diese Künste lagen tief im Argen. Es wurde viel +schwülstige und unedle Latinität entfaltet, die eines so gelehrten +Ordens unwürdig war, und einige von den die Wände zierenden Inschriften +zeigten noch schlimmere Fehler als schlechten Styl. An einer Stelle war +gesagt, daß Jakob seinen Bruder als Boten zum Himmel gesandt habe, an +einer andren, daß Jakob die Schwingen geliefert, welche seinen Bruder in +eine höhere Region emporgetragen. Außerdem gab es ein noch viel +unglücklicheres Distichon, welches damals wenig beachtet wurde, dessen +man aber einige Monate später mit boshaften Auslegungen gedachte. +„O König,“ sagte der Dichter, „seufze nicht länger nach einem Sohne. Mag +auch die Natur Deinen Wunsch nicht erfüllen, die Sterne werden Mittel +finden, um ihn zu befriedigen.“ + +Inmitten dieser Festlichkeiten erfuhr Castelmaine schwere Kränkungen und +Demüthigungen. Der Papst behandelte ihn mit äußerster Kälte und +Zurückhaltung. So oft der Gesandte ihn um eine Antwort auf das zu +Gunsten Petre’s gestellte Anliegen bat, bekam Innocenz einen heftigen +Hustenanfall, der dem Gespräch ein Ende machte. Ganz Rom unterhielt sich +von diesen sonderbaren Audienzen. Pasquino schwieg nicht und die ganze +neugierige und geschwätzige Bevölkerung der müßigsten aller Städte, mit +alleiniger Ausnahme der Jesuiten und der Prälaten der französischen +Faction, lachte über Castelmaine’s verunglückte Mission. Sein von Natur +unfreundlicher Character wurde bald auf’s Heftigste erbittert und er +verbreitete eine Denkschrift mit Betrachtungen über den Papst. Dadurch +gerieth er in eine schiefe Stellung, der kluge Italiener hatte einen +Vortheil gewonnen und er ließ sich denselben nicht wieder entreißen. Er +erklärte gerade heraus, die Regel, welche die Jesuiten von kirchlichen +Würden ausschließe, dürfe zu Gunsten Petre’s nicht übertreten werden. +Der immer mehr gereizte Castelmaine drohte jetzt Rom zu verlassen. +Innocenz erwiederte ihm mit sanfter Impertinenz, die um so kränkender +war, weil sie sich kaum von treuherziger Einfalt unterscheiden ließ. +Seine Excellenz könne gehen, wenn es ihm beliebe. „Wenn wir ihn aber +verlieren müssen,“ setzte der ehrwürdige Pontifex hinzu, „so hoffe ich +wenigstens, daß er unterwegs seine Gesundheit schonen wird. Ein +Engländer weiß nicht, wie gefährlich es ist, hier zu Lande während der +Tageshitze zu reisen. Man thut am besten, wenn man vor Tagesanbruch +aufbricht und zu Mittag Rast macht.“ Mit diesem wohlmeinenden Rathe und +einem Rosenkranze wurde der unglückliche Gesandte entlassen. Wenige +Monate darauf erschien eine pomphafte Geschichte seiner Sendung in einer +prachtvollen Folioausgabe mit Kupferstichen in italienischer und +englischer Sprache. Das Titelkupfer zeigte zum großen Ärgerniß aller +Protestanten Castelmaine in der Peersrobe und mit der Adelskrone in der +Hand, wie er Innocenz den Fuß küßt.[71] + + [Anmerkung 69: Adda, 9.(19.) Nov. 1685.] + + [Anmerkung 70: Der Professor der griechischen Sprache am Kollegium + +De Propaganda Fide+ machte seiner Bewunderung in einigen + abscheulichen Hexametern und Pentametern Luft, von denen folgende + Probe genügen mag: + + Ρωγερίου δὴ σκεψόμενος λαμπροῖο θρίαμβον, + Ὦκα μάλ’ ἤϊσσεν καὶ θέεν ὄχλος ἅπας· + Θαυμάζουσα δὲ τὴν πομπὴν, παγχρύσεά τ’ αὐτοῦ + Ἅρματα, τοὺς θ’ ἵππους, τοίαδε Ῥώμη ἔψη. + + Die lateinischen Verse sind etwas besser. Nahum Tate stimmte auf + Englisch ein: + + Um etwas von dem Prachtzug zu erspähen, + Wie selbst in Rom noch Niemand ihn gesehen, + Drängt Alt und Jung sich nach der Thürme Zinnen + Und über jede Wange Freudenthränen rinnen.] + + [Anmerkung 71: Correspondenz Jakob’s und Innocenz’ im Britischen + Museum; +Burnet, I. 703--705+; +Welwood’s Memoirs+; +Commons’ + Journals, Oct. 28. 1689+; +An Account of his Excellency Roger Earl + of Castelmaine’s Embassy, by Michael Wright, chief steward of his + Excellency’s house at Rome, 1688.+] + + + * * * * * + * * * * + + + Achtes Kapitel. + + Jakob II. + + + + + =Inhalt.= + + Seite + Consecration des Nuntius im St. Jamespalaste 5 + Sein officieller Empfang. -- Der Herzog von Somerset 5 + Auflösung des Parlaments 6 + Gesetzwidrige Bestrafung militairischer Vergehen 7 + Verfahren der Hohen Commission 8 + Die Universitäten 9 + Verfahren gegen die Universität Cambridge 10 + Der Earl von Mulgrave 11 + Zustand Oxford’s 13 + Das Magdalenen-Collegium in Oxford 15 + Anton Farmer, vom Könige als Präsident empfohlen 17 + Wahl des Präsidenten 18 + Die Mitglieder des Magdalenen-Collegiums werden vor die + Hohe Commission geladen 18 + Parker zum Präsidenten empfohlen 19 + Die Karthause 19 + Rundreise des Königs 20 + Der König in Oxford 21 + Er giebt den Collegiaten des Magdalenenstifts einen Verweis 22 + Penn sucht zu vermitteln 22 + Eine kirchliche Specialcommission wird nach Oxford gesandt 24 + Hough’s Protest 24 + Einsetzung Parker’s 25 + Vertreibung der Collegiaten 26 + Das Magdalenen-Collegium in ein papistisches Seminar + verwandelt 27 + Groll der Geistlichkeit 28 + Pläne der jesuitischen Cabale in Bezug auf die Thronfolge 29 + Jakob’s und Tyrconnel’s Plan, die Prinzessin von Oranien + von der Erbfolge im Königreich Irland auszuschließen 30 + Schwangerschaft der Königin 31 + Allgemeiner Zweifel 31 + Stimmung der Wahlkörper und der Peers 33 + Jakob beschließt, ein bestochenes Parlament zusammenzusetzen 34 + Die Regulatoren 36 + Entlassung vieler Lordlieutenants 36 + Der Earl von Oxford 36 + Der Earl von Shrewsbury 37 + Der Earl von Dorset 38 + An die Obrigkeiten gerichtete Fragen, und Antworten darauf 41 + Scheitern der Pläne des Königs 42 + Liste der Sheriffs 45 + Character der katholischen Landgentlemen 45 + Stimmung der Dissenters 47 + Regulirung der Corporationen 47 + Untersuchung in allen öffentlichen Verwaltungszweigen 50 + Entlassung Sawyer’s 51 + Williams Generalprokurator 52 + Zweite Indulgenzerklärung 53 + Die Geistlichkeit erhält Befehl, sie von der Kanzel + zu verlesen 53 + Die Geistlichkeit ist unschlüssig 54 + Patriotismus der protestantischen Nonconformisten Londons 54 + Berathung der londoner Geistlichkeit 55 + Berathung im Palast zu Lambeth 57 + Die Petition der sieben Bischöfe dem Könige überreicht 57 + Die londoner Geistlichkeit gehorcht dem königlichen + Befehle nicht 60 + Unschlüssigkeit der Regierung 61 + Es wird eine gerichtliche Verfolgung der Bischöfe wegen + Libells beschlossen 63 + Sie werden im Geheimen Rathe verhört 63 + Geburt des Prätendenten 65 + Man hält ihn allgemein für untergeschoben 65 + Die Bischöfe werden vor die Kings Bench gestellt und + müssen Bürgschaft leisten 69 + Aufregung der Gemüther 70 + Sunderland’s Angst 71 + Er erklärt sich für einen Katholiken 72 + Prozeß der Bischöfe 72 + Das Verdict der Geschwornen; Freude des Volks 80 + Eigenthümlicher Zustand der öffentlichen Meinung + zu jener Zeit 84 + + + + +[_Consecration des Nuntius im St. Jamespalaste._] Die auffallende +Unhöflichkeit des Papstes hätte wohl den sanftmüthigsten Fürsten reizen +müssen. Auf Jakob aber machte sie keinen andren Eindruck, als daß er mit +Schmeicheleien und Komplimenten noch verschwenderischer wurde. Während +Castelmaine, das Herz von Zorn und Unwillen erfüllt, auf der Rückreise +nach England begriffen war, wurde der Nuntius mit Ehrenbezeigungen +überhäuft, die sein eigner Verstand verwerfen mußte. Er war in Folge +einer bei der römischen Kirche häufig in Anwendung kommenden Fiction +unlängst zur Bischofswürde ohne Bischofssitz erhoben worden. Jetzt wurde +er zum Erzbischof von Amasia, einer Stadt am Pontus, dem Geburtsorte +Strabo’s und Mithridates’, erhoben. Jakob bestand darauf, daß die +Ceremonie der Consecration in der Kapelle des St. Jamespalastes +stattfinden sollte. Der apostolische Vikar Leyburn und zwei irische +Prälaten versahen den Dienst. Die Thüren wurden dem Publikum geöffnet +und man bemerkte unter den Zuschauern einige von den Puritanern, die +sich neuerdings dem Hofe angeschlossen hatten. Am Abend erschien Adda in +seiner neuen Amtstracht im Gesellschaftszirkel der Königin. Jakob fiel +angesichts des ganzen Hofes auf die Knie und bat um seinen Segen. Trotz +aller Vorschriften der Etikette konnten die Umstehenden ihr Erstaunen +und ihren Widerwillen nicht unterdrücken.[1] Es hatte in der That seit +langer Zeit kein englischer Souverain vor einem Sterblichen gekniet und +wer das sonderbare Schauspiel mit ansah, erinnerte sich unwillkürlich +des schmachvollen Tages, an welchem Johann sich seine Krone von Pandolph +aufs Haupt setzen ließ. + + [Anmerkung 1: Barillon, 2.(12.) Mai 1687.] + + +[_Sein officieller Empfang. -- Der Herzog von Somerset._] Bald darauf +fand eine noch prächtigere Schaustellung zu Ehren des Heiligen Stuhles +statt. Es wurde beschlossen, daß der Nuntius sich in feierlicher +Prozession an den Hof begeben sollte. Bei dieser Gelegenheit zeigten +mehrere Personen, auf deren Gehorsam der König gerechnet hatte, zum +ersten Male eine Neigung zur Widersetzlichkeit. Der Hervorragendste +unter ihnen war der zweite Peer des Königreichs, Karl Seymour, +gewöhnlich der stolze Herzog von Somerset genannt. Er war in der That +ein Mann, bei dem Geburts- und Rangstolz fast zu einer krankhaften Manie +geworden war. Sein ererbtes Vermögen war der hohen Stelle, die er unter +dem englischen Adel einnahm, nicht angemessen; aber durch seine +Vermählung mit der Tochter und Erbin des letzten Percy, der die alte +Krone von Northumberland trug, war er in den Besitz des größten +Vermögens in England gelangt. Somerset war erst fünfundzwanzig Jahre alt +und im Publikum noch wenig bekannt. Er war Kammerherr des Königs und +Oberst eines der Regimenter, welche zur Zeit des Aufstandes im Westen +neu errichtet worden waren. Er hatte kein Bedenken dagegen erhoben, bei +feierlichen Gelegenheiten das Staatsschwert in die königliche Kapelle zu +tragen; diesmal aber weigerte er sich entschieden, an dem Festzuge zu +Ehren des Nuntius Theil zu nehmen. Einige Mitglieder seiner Familie +baten ihn dringend, sich das königliche Mißfallen nicht zuzuziehen; aber +ihr Bitten war fruchtlos. Der König setzte ihn nun selbst zur Rede. „Ich +hätte geglaubt, Mylord,“ sagte er, „daß ich Ihnen eine große Ehre +erzeigte, indem ich Sie dazu ausersah, den Gesandten des ersten aller +gekrönten Häupter zu begleiten.“ -- „Sire,“ entgegnete der Herzog, „ich +bin darauf aufmerksam gemacht worden, daß ich Eurer Majestät nicht +gehorchen kann, ohne das Gesetz zu verletzen.“ -- „Ich will Sie lehren, +mich ebenso zu achten wie das Gesetz,“ erwiederte der König in +hochfahrendem Tone. „Wissen Sie noch nicht, daß ich über dem Gesetz +stehe?“ -- „Eure Majestät mögen über dem Gesetz stehen, ich aber nicht, +und wenn ich dem Gesetz gehorche, fürchte ich nichts.“ Der König +entfernte sich höchlich erzürnt und Somerset wurde augenblicklich seiner +Stellen im Hofstaate und in der Armee entsetzt.[2] + +In einem Punkte zeigte jedoch der König einige Klugheit. Er wagte es +nicht, den päpstlichen Gesandten in feierlichem Aufzuge der ganzen +Bevölkerung der Hauptstadt vorzuführen. Die Ceremonie fand am 3. Juli +1687 in Windsor statt. Eine große Menschenmenge strömte nach dem +Städtchen. Der Schaulustigen waren so viele, daß sie weder Speise und +Trank noch ein Unterkommen fanden und eine Menge vornehmer Leute den +ganzen Tag in ihrem Wagen zubringen mußten, um das Schauspiel mit +anzusehen. Spät am Nachmittag endlich erschienen die Leute des +Hofmarschalls zu Pferde. Hierauf folgte ein langer Zug von Läufern und +dann in einem königlichen Staatswagen Adda im Purpurmantel und mit einem +Brillantenkreuze auf der Brust. Hinter ihm fuhren die Equipagen der +vornehmsten Hofkavaliere und der Staatsminister. Mit großem Mißfallen +bemerkte das Volk in dem Zuge die Wappen und Livreen Crewe’s, Bischofs +von Durham, und Cartwright’s, Bischofs von Chester.[3] + + [Anmerkung 2: +Memoirs of the Duke of Somerset+; Citters, 5.(15.) + Juli 1687; +Eachard’s History of the Revolution+; +Clarke’s Life + of James the Second, II. 116, 117, 118+; +Lord Lonsdale’s + Memoirs.+] + + [Anmerkung 3: +London Gazette, July 7. 1687+; Citters, 7.(17.) + Juli; Bericht über die Ceremonie in den Somers’schen Schriften.] + + +[_Auflösung des Parlaments._] Am folgenden Tage erschien in der Gazette +eine Proklamation, welche das Parlament auflöste, das von allen durch +die Stuarts einberufenen Parlamenten das fügsamste gewesen war.[4] + +Mittlerweile hatten sich neue Schwierigkeiten in Westminsterhall +gezeigt. Erst vor wenigen Monaten waren mehrere Richter entlassen und +andere an deren Stelle gesetzt worden, um in dem Prozesse gegen Sir +Eduard Hales ein Erkenntniß zu Gunsten der Krone zu erlangen, und schon +waren neue Änderungen nöthig. + + [Anmerkung 4: +London Gazette, July, 4. 1687.+] + + +[_Gesetzwidrige Bestrafung militairischer Vergehen._] Der König hatte +kaum die Armee gebildet, auf die er zur Ausführung seiner Pläne +namentlich rechnete, so erkannte er auch schon, daß er sie selbst nicht +regieren konnte. Wenn ein Krieg im Lande wüthete, so konnte ein Meuterer +oder Deserteur vor ein Kriegsgericht gestellt und das Urtel durch den +Generalprofoß vollzogen werden. Aber man war jetzt im tiefsten Frieden. +Das englische Landrecht, das aus einem Zeitalter herrührte, wo +erforderlichenfalls Jedermann, Niemand aber beständig die Waffen trug, +machte in Friedenszeiten keinen Unterschied zwischen einem Soldaten und +jedem andren Unterthan, und es gab kein Gesetz ähnlich dem, durch +welches heutzutage dem Souverain alljährlich die zum Oberbefehl über die +reguläre Truppenmacht nöthige Autorität verliehen wird. Zwar erklärten +einige alte Verordnungen die Desertion in gewissen angeführten Fällen +für Felonie; aber diese Verordnungen galten nur für die Soldaten, welche +dem Könige im wirklichen Kriege dienten und konnten nicht ohne die +arglistigste Willkür so weit ausgedehnt werden, daß sie auch auf einen +Mann Anwendung fanden, der in einer Zeit der vollständigsten inneren und +äußeren Ruhe des Lagers von Hounslow überdrüssig wurde und daher in sein +heimathliches Dorf zurückkehrte. Die Regierung hatte offenbar über einen +solchen Mann keine andre Macht, als die, welche ein Bäcker- oder +Schneidermeister über seine Gesellen hat. Er und seine Offiziere standen +vor dem Gesetz auf gleicher Stufe. Fluchte er gegen sie, so konnte er +wegen Schwörens mit einer Geldstrafe belegt werden; schlug er sie, so +konnte er wegen thätlicher Mißhandlung verklagt werden. Das stehende +Heer stand factisch unter einer milderen Disciplin als die Miliz, denn +die Miliz war durch eine Parlamentsacte errichtet worden, in welcher +zugleich bestimmt war, daß Disciplinarvergehen summarisch mit leichten +Strafen geahndet werden könnten. + +Es scheint nicht, daß die aus diesem Zustande des Gesetzes +entspringenden praktischen Nachtheile sich unter der Regierung Karl’s +II. sehr fühlbar gemacht hatten, was sich vielleicht dadurch erklären +läßt, weil bis zum letzten Jahre seiner Regierung die Streitmacht, die +er in England unterhielt, hauptsächlich aus Haustruppen bestand, welche +einen so hohen Sold bekamen, daß die Entlassung aus dem Dienste von den +Meisten sehr schmerzlich empfunden worden wäre. Eine Anstellung als +Gemeiner in der Leibgarde war für den jüngeren Sohn eines Gentleman eine +gute Versorgung; selbst die Fußgarden wurden so gut bezahlt als +Fabrikarbeiter unter besonders günstigen Verhältnissen, und sie befanden +sich daher in einer Lage, um die sie die große Masse der arbeitenden +Bevölkerung wohl beneiden konnte. Die Rückkehr der Garnison von Tanger +und die Errichtung der neuen Regimenter hatte eine große Veränderung +herbeigeführt. Es gab jetzt in England viele Tausend Soldaten, welche +nur acht Pence den Tag erhielten. Die Furcht vor der Verabschiedung war +nicht mehr hinreichend, um sie der Dienstpflicht treu zu erhalten, und +körperliche Strafen durften die Offiziere gesetzlich nicht zuerkennen. +Jakob hatte daher nur die Wahl, entweder die Armee ihrer Auflösung +entgegengehen zu lassen oder die Richter zu der Erklärung zu bewegen, +daß das Gesetz das sei, was es, wie jeder Student wußte, nicht war. + +Es war besonders wichtig, die Mitwirkung zweier Gerichtshöfe zu +gewinnen: der Kings Bench, welche der erste Criminalgerichtshof des +Landes war, und des Gerichtshofs für Leerung der Gefängnisse, der in der +Old Bailey saß und über die in der Hauptstadt begangenen Vergehen +abzuurtheilen hatte. In beiden Gerichtshöfen aber stieß man auf große +Schwierigkeiten. Herbert, der Oberrichter der Kings Bench, wollte trotz +aller bis dahin bewiesenen Servilität nicht weiter gehen. Ein noch +entschiedenerer Widerstand war von Sir Johann Holt zu erwarten, der als +Syndikus der City von London auf der Bank der Old Bailey saß. Holt war +ein ausgezeichnet gelehrter und aufgeklärter Jurist, dabei ein +rechtschaffener und muthiger Mann und seine politische Meinung hatte +eine whiggistische Färbung, obgleich er sich von allem Parteitreiben +stets fern hielt. Dem Willen des Königs mußten jedoch alle Hindernisse +weichen. Holt wurde seines Syndikats entsetzt. Herbert und ein andrer +Richter von der Kings Bench entfernt, und die erledigten Stellen mit +Männern besetzt, auf die sich die Regierung verlassen konnte. Allerdings +mußte man in ziemlich niedere juristische Regionen hinabsteigen, ehe man +Leute fand, welche zu Dienstleistungen, wie man sie jetzt brauchte, +bereit waren. Der neue Oberrichter, Sir Robert Wright, war +sprichwörtlich ein Ignorant, und die Unwissenheit war noch nicht sein +ärgster Fehler. Seine Laster hatten ihn zu Grunde gerichtet. Um sich +Geld zu verschaffen, hatte er zu unredlichen Mitteln seine Zuflucht +genommen und einmal einen falschen Eid abgelegt, um in den Besitz von +fünfhundert Pfund zu gelangen. Arm, ausschweifend und schamlos war er +einer von den Schmarotzern Jeffreys’ geworden, der ihn beförderte und +verächtlich behandelte. Dies war der Mann, den Jakob zum Lord +Oberrichter von England erkor. Ein gewisser Allibone, der in der +Rechtskunde noch unwissender war als Wright und als Katholik eigentlich +gar nicht fähig war, ein öffentliches Amt zu bekleiden, wurde zum +Unterrichter der Kings Bench ernannt. Sir Bartholomäus Shower, als +serviler Tory und langweiliger Redner gleich bekannt, wurde Syndikus von +London. Nachdem diese Veränderungen bewirkt waren, wurden mehrere +Deserteurs zur Untersuchung gezogen und dem Wortlaute und dem Geiste des +Gesetzes zum Hohn für schuldig befunden. Einige von ihnen vernahmen ihr +Todesurtheil vor den Schranken der Kings Bench, Andere vor den Schranken +der Old Bailey. Sie wurden vor den Augen der Regimenter, denen sie +angehört hatten, gehängt und dafür Sorge getragen, daß diese +Hinrichtungen durch die London Gazette, welche derartige Vorgänge nur +selten berichtete, zur Öffentlichkeit gelangten.[5] + + [Anmerkung 5: Siehe +Statutes 18 Henry 6. c. 19; 2 & 3 Ed. 6. c. + 2.+; +Eachard’s History of the Revolution+; +Kennet, III. 468+; + +North’s Life of Guildford, 247.+; + London Gazette, April 18. & + May 23. 1687+; +Vindication of the E. of R. (Earl of Rochester.)+] + + +[_Verfahren der Hohen Commission._] Man kann wohl denken, daß das +Gesetz, das so gröblich von denjenigen Gerichtshöfen verletzt wurde, +deren ganze Autorität sich auf dasselbe gründete und die es als +Richtschnur zu betrachten pflegten, von einem durch tyrannische Willkür +errichteten Tribunale eben so wenig geachtet wurde. Während der ersten +Monate ihres Bestehens hatte die neue Hohe Commission Geistlichen nur +die Ausübung ihrer Amtshandlungen verboten; die Eigenthumsrechte waren +noch unangetastet geblieben. Zu Anfang des Jahres 1687 aber beschloß man +auch gegen die Pfründeneinkünfte einen Schlag zu führen und jedem +anglikanischen Priester und Prälaten die Überzeugung beizubringen, daß, +wenn er seine Beihülfe zur Vernichtung der Kirche, deren Diener er war, +verweigerte, er in einer Stunde zum Bettler gemacht werden würde. + + +[_Die Universitäten._] Es würde der Klugheit angemessen gewesen sein, +das erste Exempel an einem unbekannten Individuum zu statuiren. Die +Regierung aber war in einer so unseligen Verblendung befangen, daß man +dieselbe in einem naiveren Zeitalter als eine göttliche Strafe +betrachtet haben würde. Es wurde daher ohne weiteres gleich von Anfang +an den beiden ehrwürdigsten Korporationen des Reichs, den Universitäten +Oxford und Cambridge, der Krieg erklärt. + +Die Macht dieser beiden Körperschaften war schon seit vielen +Jahrhunderten groß; in der zweiten Hälfte des siebzehnten Jahrhunderts +aber hatte sie ihren Höhepunkt erreicht. Kein Nachbarland konnte sich so +glänzender und reicher Sitze der Wissenschaft rühmen. Die Hochschulen +von Edinburg und Glasgow, von Leyden und Utrecht, von Löwen und Leipzig, +von Padua und Bologna kamen Gelehrten, welche in den prächtigen +Stiftungen Wykeham’s und Wolsey’s, Heinrich’s VI. und Heinrich’s VIII. +gebildet waren, ärmlich vor. Literatur und Wissenschaft waren in dem +akademischen Systeme Englands mit Gepränge umgeben, mit obrigkeitlicher +Gewalt bekleidet und mit den vornehmsten Institutionen des Landes eng +verbunden. Kanzler einer Universität zu werden, war eine Auszeichnung, +nach der die Magnaten des Reichs eifrig strebten; eine Universität im +Parlament zu vertreten, war das Lieblingsziel des Ehrgeizes von +Staatsmännern. Edelleute und selbst Fürsten waren stolz darauf, wenn +eine Universität ihnen das Recht verlieh, den Scharlach der Doctorwürde +zu tragen. Die Neugierigen wurden von den Universitäten angezogen durch +alte, mit mittelalterlichen Verzierungen reich ausgestattete Gebäude, +durch neuere Gebäude, welche glänzendes Zeugniß von dem künstlerischen +Genie eines Jones und Wren gaben, durch imposante Hallen und Kapellen, +durch Museen, durch botanische Gärten und durch die einzigen +öffentlichen Bibliotheken, welche das Königreich damals besaß. Der +Prunk, den namentlich Oxford bei feierlichen Gelegenheiten entfaltete, +wetteiferte mit dem souverainer Fürsten. Wenn der Kanzler, der +ehrwürdige Herzog von Ormond, in seinem geflickten Mantel auf seinem +Throne unter der gemalten Decke der Sheldon’schen Tribüne saß, umgeben +von vielen hundert Graduirten in der ihrem verschiedenen Range +entsprechenden Kleidung, während die vornehmsten Jünglinge Englands ihm +als Bewerber um akademische Ehren feierlich vorgeführt wurden, spielte +er eine kaum minder königliche Figur als sein Gebieter im Bankethause zu +Whitehall. Auf den Universitäten waren fast alle ausgezeichneten +Geistlichen, Rechtsgelehrten, Ärzte, Schriftsteller, Dichter und Redner +des Landes und zum großen Theil auch der hohe Adel und die reiche Gentry +gebildet. Auch ist zu bemerken, daß die Verbindung zwischen dem Schüler +und der Schule durch seinen Abgang nicht aufgelöst wurde. Er blieb oft +während seines ganzen Lebens Mitglied des akademischen Körpers und +behielt bei allen wichtigen Wahlen eine Stimme. Er hing daher an seinem +alten Lieblingsaufenthalte am Cam und Isis mit weit größerer Zuneigung, +als gebildete Leute sie in der Regel zu ihren Bildungsstätten empfinden. +Es gab in England keinen Winkel, wo nicht beide Universitäten dankbare +und treuergebene Söhne gehabt hätten. Jeder Angriff auf die Ehre oder +die Interessen von Cambridge oder Oxford mußte nothwendig den Unwillen +einer mächtigen, thätigen und intelligenten Klasse erregen, die über +alle Grafschaften, von Northumberland bis Cornwall, zerstreut war. + +Die seßhaften Graduirten waren vielleicht im Ganzen genommen den +seßhaften Graduirten unsrer Zeit nicht überlegen, aber im Vergleich zu +den anderen Gesellschaftskreisen standen sie damals auf einer viel +höheren Stufe; denn Cambridge und Oxford waren die beiden einzigen +Provinzialstädte im ganzen Königreiche, wo man eine bedeutende Anzahl +hochgebildeter Männer fand. Selbst die Hauptstadt hatte große Achtung +vor der Autorität der Universitäten, nicht nur in Fragen der Theologie, +der Naturwissenschaften und des klassischen Alterthums, sondern auch in +solchen Angelegenheiten, in denen die Hauptstädte in der Regel für die +höchsten Instanzen gelten wollen. Von Will’s Kaffeehaus und dem Parterre +des Drurylanetheaters appellirte man noch an die beiden großen +Nationalsitze des Geschmacks und der Gelehrsamkeit. Schauspiele, die in +London mit enthusiastischem Beifalle aufgenommen worden waren, galten +erst dann für außer Gefahr, wenn sie die strenge Prüfung eines mit +Sophokles und Terenz vertrauten Zuhörerkreises bestanden hatten.[6] + +Die englischen Universitäten hatten ihren großen moralischen und +intellectuellen Einfluß energisch zu Gunsten der Krone angewendet. Das +Hauptquartier Karl’s I. war in Oxford gewesen und die silbernen Krüge +und Teller sämmtlicher Collegien waren zur Unterstützung seiner +Kriegskasse eingeschmolzen worden. Cambridge war nicht weniger loyal +gesinnt. Es hatte ebenfalls einen großen Theil seines Silbergeräths in’s +königliche Lager gesandt, und der Rest würde auch nachgefolgt sein, wäre +die Stadt nicht von den Parlamentstruppen genommen worden. Beide +Universitäten waren von den siegreichen Puritanern mit der äußersten +Strenge behandelt worden, beide hatten die Restauration mit Freuden +begrüßt, beide hatten sich der Ausschließungsbill standhaft widersetzt +und ihren tiefsten Abscheu über das Ryehousecomplot ausgesprochen. +Cambridge hatte nicht nur seinen Kanzler Monmouth abgesetzt, sondern +seinen Unwillen über den Verrath des Herzogs sogar in einer eines Sitzes +der Gelehrsamkeit unwürdigen Weise zu erkennen gegeben, indem es die +Leinwand, auf der Kneller seine einnehmende Physiognomie und Gestalt mit +künstlerischer Vollendung dargestellt hatte, den Flammen übergab.[7] +Oxford, das dem Herde des westlichen Aufstandes näher lag, hatte noch +stärkere Beweise von Loyalität gegeben. Die Studenten hatten mit +Bewilligung ihrer Professoren zu Hunderten die Waffen zur Vertheidigung +der erblichen Thronrechte ergriffen. Und diese Körperschaften beschloß +Jakob jetzt in offenem Widerspruch mit den Gesetzen und mit seinem +verpfändeten Worte zu beschimpfen und zu berauben. + + [Anmerkung 6: Dryden’s Prologe und Cibber’s Memoiren enthalten + zahlreiche Beweise von dem Ansehen, welches der Geschmack der + Oxforder bei den gefeiertsten Dichtern und Schauspielern genoß.] + + [Anmerkung 7: Siehe das Gedicht: +Advice to the Painter upon the + Defeat of the Rebels in the West+, sowie noch ein andres ganz + abscheuliches Gedicht über den nämlichen Gegenstand von Stepney, + welcher damals am Trinity-Collegium studirte.] + + +[_Verfahren gegen die Universität Cambridge._] Mehrere Parlamentsacte, +die so klar waren als nur irgend eine Verordnung des Gesetzbuches, +hatten vorgeschrieben, daß auf beiden Universitäten Niemand zu irgend +einem Grade zugelassen werden sollte, ohne den Suprematseid und einen +andren ähnlichen Eid, der Gehorsamseid genannt, abgelegt zu haben. +Dessenungeachtet wurde im Februar 1687 ein königliches Schreiben nach +Cambridge gesandt, worin die Aufnahme eines Benedictinermönches, Namens +Alban Francis, als Magister der freien Künste anbefohlen wurde. + +Die akademischen Würdenträger, zwischen der Ehrerbietung gegen den König +und der Achtung vor dem Gesetz schwankend, waren in großer Verlegenheit. +Es wurden in aller Eile Boten an den Herzog von Albemarle gesandt, der +Monmouth’s Nachfolger als Kanzler der Universität war, und er wurde +dringend ersucht, dem Könige die Sache in geeigneter Weise vorzustellen. +Unterdessen begaben sich der Registrator und die Pedelle zu Francis und +erklärten ihm, daß er sogleich aufgenommen werden solle, wenn er die +gesetzlich vorgeschriebenen Eide leiste. Er weigerte sich dessen, machte +den Beamten Vorwürfe wegen ihrer Nichtachtung des königlichen Befehls, +und da sie nicht nachgaben, reiste er auf der Stelle wieder ab, um sich +in Whitehall zu beschweren. + +Die Vorsteher der Collegien versammelten sich zu einer Berathung. Die +Gutachten der ausgezeichnetsten Rechtsgelehrten wurden abgehört und sie +sprachen sich entschieden zu Gunsten des beobachteten Verfahrens aus. +Aber schon war ein zweites hochmüthiges und drohendes Schreiben von +Sunderland unterwegs. Albemarle antwortete der Universität unter vielen +Versicherungen seiner Theilnahme und seines Bedauerns, daß er alles +Mögliche gethan habe, aber vom Könige sehr kalt und unfreundlich +aufgenommen worden sei. Der akademische Körper, durch die königliche +Ungnade erschreckt und von dem aufrichtigen Willen beseelt, den Wünschen +Seiner Majestät nachzukommen, dabei aber auch fest entschlossen, das +klare Gesetz des Landes nicht zu verletzen, unterbreitete die +bescheidensten und ehrerbietigsten Auseinandersetzungen, aber ohne +Erfolg. Bald darauf kam eine Vorladung, welche den Vicekanzler und den +Senat auf den 24. April vor die Hohe Commission nach Westminster +beschied. Der Vicekanzler sollte in Person erscheinen, der Senat, der +aus allen Doctoren und Magistern der Universität besteht, eine +Deputation senden. + + +[_Der Earl von Mulgrave._] Als der festgesetzte Tag erschien, füllte +sich der Sitzungssaal mit einer großen Zuschauermenge. Jeffreys fungirte +als Präsident der Commission. Rochester war, seit ihm der weiße Stab +abgenommen worden, nicht mehr Mitglied, anstatt seiner erschien der +Lordkammerherr Johann Sheffield, Earl von Mulgrave. Das Schicksal dieses +Edelmanns glich in einer Beziehung dem seines Collegen Sprat. Mulgrave +schrieb Verse, die sich kaum über die absolute Mittelmäßigkeit erhoben, +da er aber ein in den politischen und vornehmen Kreisen hochangesehener +Mann war, so fanden seine Verse doch Bewunderer. Die Zeit zerstörte den +Zauber, zu seinem Unglücke aber erst nachdem seine Gedichte bereits ein +unveräußerliches Recht auf eine Stelle in allen Sammlungen englischer +Dichtungswerke erlangt hatten. Dennoch werden bis auf den heutigen Tag +seine, abgeschmackten Reimereien und seine jämmerlichen Lieder an +Amoretta und Gloriana in Gesellschaft des „Comus“ und des „Festes +Alexander’s“ immer wieder gedruckt. Die Folge davon ist, daß unsre +Generation Mulgrave hauptsächlich als einen Dichterling kennt und ihn +als solchen verachtet. Er war jedoch, wie selbst Diejenigen zugaben, die +ihn weder liebten noch achteten, ein durch schöne Talente +ausgezeichneter Mann und in der parlamentarischen Beredtsamkeit stand er +kaum einem Redner seiner Zeit nach. Dagegen verdiente sein moralischer +Character keine Achtung. Er war ein Wüstling, aber ohne jene Offenheit +des Herzens und der Hand, welche zuweilen auch die Ausschweifung +liebenswürdig, und ein stolzer Aristokrat ohne jene Hoheit der +Denkungsart, welche zuweilen den aristokratischen Hochmuth achtungswerth +macht. Die damaligen Satiriker gaben ihm den Spottnamen Lord Allpride +(Ganzstolz). Sein Stolz vertrug sich indessen mit allen schmachvollen +Lastern. Viele wunderten sich darüber, wie ein Mann, der ein so +übertriebenes Gefühl seiner Würde zur Schau trug, in Geldangelegenheiten +so zäh und knauserig sein konnte. Er hatte der königlichen Familie +großes Ägerniß dadurch gegeben, daß er den Gedanken zu hegen wagte, das +Herz und die Hand der Prinzessin Anna zu erobern. In dieser Hoffnung +getäuscht, hatte er sich bemüht, durch kriechende Gemeinheit die durch +Anmaßung verwirkte Gunst wieder zu gewinnen. Seine von ihm selbst +verfaßte Grabschrift sagt noch heute jedem Besucher der +Westminsterabtei, daß er in religiösen Dingen als Zweifler lebte und +starb, und aus seinen hinterlassenen Memoiren ersehen wir, daß der +römische Aberglaube ein Lieblingsthema seines Spottes war. Dennoch +begann er unmittelbar nach Jakob’s Regierungsantritt eine starke +Hinneigung zum Papismus zu zeigen und gerirte sich endlich privatim als +Convertit. Der Lohn für diese verworfene Heuchelei war seine Anstellung +bei der Hohen Commission.[8] + +Vor diesem gefürchteten Tribunal erschien jetzt der Vicekanzler der +Universität Cambridge, Doctor Johann Pechell. Er selbst war kein Mann +von ausgezeichneter Befähigung und Energie, aber es begleiteten ihn acht +vom Senat gewählte vorzügliche Akademiker. Einer davon war Isaak Newton, +Fellow des Trinity-Collegiums und Professor der Mathematik. Sein Genie +stand damals in seiner vollsten Kraft. Das große Werk, welches ihm die +erste Stelle unter den Geometern und Naturforschern aller Zeiten und +aller Nationen sichert, wurde seit einiger Zeit unter der Sanction der +Königlichen Societät gedruckt und war seiner Vollendung nahe. Er war der +entschiedenste Freund der bürgerlichen Freiheit und der protestantischen +Religion, aber seine Gewohnheiten machten ihn für die Kämpfe des +praktischen Lebens durchaus nicht geeignet. Er verharrte daher in +bescheidenem Stillschweigen unter den Delegirten und überließ anderen +Männern, welche im Geschäftsleben mehr bewandert waren, die Aufgabe, +seine geliebte Universität zu vertheidigen. + +Es konnte keinen klareren Rechtsfall geben. Das Gesetz ließ keinen +Zweifel zu und die Praxis hatte fast stets im Einklang mit dem Gesetz +gestanden. Es konnte vielleicht schon vorgekommen sein, daß an einem +besonders feierlichen Tage, wo viele Ehrengrade verliehen wurden, in der +Menge Einer durchgeschlüpft war, der die Eide nicht abgelegt hatte; aber +eine solche Unregelmäßigkeit, lediglich die Folge der Eil und +Unachtsamkeit, konnte nicht als Vorgang geltend gemacht werden. Fremde +Gesandte verschiedener Glaubensrichtungen, insbesondere ein Muselmann, +waren ohne die Eide aufgenommen worden. Aber es war eine große Frage, ob +solche Fälle im Bereiche der Ansicht und des Geistes der betreffenden +Parlamentsverordnungen lagen. Es war nicht einmal behauptet worden, daß +schon einmal Jemand, dem die Eide angesonnen wurden und der sie nicht +leisten wollte, einen akademischen Grad erlangt habe, und in dieser Lage +befand sich Francis. Die Delegirten erboten sich zu beweisen, daß unter +der vorigen Regierung mehrere königliche Befehle unberücksichtigt +geblieben waren, weil die empfohlenen Personen sich dem Gesetz nicht +hatten fügen wollen, und daß die Regierung sich in solchen Fällen stets +bei dem Verfahren der Universität beruhigt habe, da sie es als das +richtige anerkennen mußte. Jeffreys aber wollte von nichts hören. Er kam +bald dahinter, daß der Vicekanzler ein schwacher, unerfahrener und +schüchterner Mann war und ließ daher der ganzen Unverschämtheit, welche +so lange der Schrecken der Old Bailey gewesen war, freien Lauf. Der +unglückliche Doctor, der an ein solches Auditorium und an eine solche +Behandlung nicht gewöhnt war, wurde bald so eingeschüchtert, daß er +gänzlich die Fassung verlor. Sobald andere zur Verfechtung ihrer Sache +besser befähigte Akademiker das Wort ergreifen wollten, wurden sie auf +die unsanfteste Weise zum Schweigen gebracht. „Sie sind nicht +Vicekanzler; wenn Sie es einmal sein werden, dann mögen Sie sprechen, +bis dahin aber geziemt es Ihnen, den Mund zu halten.“ Die Angeklagten +wurden, ohne gehört worden zu sein aus dem Gerichtssaale gewiesen. Nach +einer Weile wurden sie wieder hereingerufen und ihnen kundgethan, daß +die Commission beschlossen habe, Pechell seiner Würde als Vicekanzler zu +entheben und ihm alle Einkünfte vorzuenthalten, die er als Vorsteher +eines Collegiums bezog und welche ganz den Character eines unantastbaren +Eigenthums hatten. „Sie, meine Herren,“ sagte Jeffreys zu den +Delegirten, „sind größtentheils Theologen, und ich will Sie daher mit +einer Stelle aus der Schrift heimschicken: „Gehet hin und sündigt fortan +nicht mehr, damit Euch nicht etwas Ärgeres widerfahre.“[9] + + [Anmerkung 8: +Mackay’s Character of Sheffield+ nebst Swift’s + Note; +Satire on the Deponents, 1688+; +Life of John, Duke of + Buckinghamshire, 1729+; Barillon, 30. Aug. 1687. Ich besitze ein + handschriftliches Spottgedicht aus Mulgrave von 1690, das nicht + ohne Witz ist. Die bemerkenswerthesten Zeilen sind diese: + + Heut’ schmeichelt er dem Peters (Petre), morgen dem Burnet. + Fragt nicht nach Glauben und Partei, denn alle sind ihm gleich.] + + [Anmerkung 9: Siehe den Prozeß gegen die Universität Cambridge in + der +Collection of State Trials+.] + + +[_Zustand Oxford’s._] Man sollte meinen, daß dieses Verfahren ungerecht +und willkürlich genug war. Aber der König hatte schon angefangen, Oxford +mit einer Strenge zu behandeln, im Vergleich zu welcher die gegen +Cambridge bewiesene Milde genannt werden konnte. Schon war das +University-Collegium durch Obadja Walker in ein römisch-katholisches +Seminar verwandelt, schon stand das Christchurch-Collegium unter der +Leitung eines römisch-katholischen Dechanten, schon wurde in diesen +beiden Collegien täglich Messe gelesen. Die ruhige, majestätische Stadt, +so lange das Bollwerk des monarchischen Prinzips, war von Leidenschaften +aufgeregt, die sie bisher nie gekannt hatte. Die Untergraduirten +verhöhnten mit stillschweigender Erlaubniß ihrer Vorgesetzten die +Mitglieder von Walker’s Gemeinde und sangen Spottlieder unter ihren +Fenstern. Einige Bruchstücke von den Serenaden, welche damals in High +Street die Ruhe störten, sind der Nachwelt erhalten worden; der Refrain +einer Ballade lautet: + + „Der alte Obadja + singt Ave Maria.“ + +Als die Schauspieler nach Oxford kamen, äußerte sich die öffentliche +Meinung noch stärker. Es wurde Howard’s „Comité“ gegeben. Dieses bald +nach der Restauration geschriebene Stück stellte die Puritaner in einem +gehässigen und verächtlichen Lichte dar und war deshalb seit einem +Vierteljahrhundert ein Lieblingsstück des oxforder Publikums. Jetzt war +es beliebter als je zuvor, denn ein glücklicher Zufall wollte, daß eine +der Hauptrollen ein alter Heuchler Namens Obadja war. Das Publikum brach +in einen Beifallsjubel aus, als Obadja in der letzten Scene mit einem +Strick um den Hals hereingeschleppt wurde, und der Applaus nahm zu, als +einer der Schauspieler, von dem vorgeschriebenen Texte abweichend, +ankündigte, daß Obadja wegen Glaubenabfalls gehängt werden solle. Der +König war höchlich entrüstet über diesen Hohn. Die Stimmung der +Universität war so rebellisch, daß eines der neu errichteten Regimenter, +das welches gegenwärtig das zweite Gardedragonerregiment heißt, nach +Oxford versetzt wurde, um einen Aufstand zu verhindern.[10] + +Diese Vorgänge hätten Jakob überzeugen können, daß er einen Weg +eingeschlagen hatte, der ihn ins Verderben führen mußte. An das Geschrei +der Londoner war er schon längst gewöhnt. Es war zuweilen +ungerechterweise, zuweilen vergebens gegen ihn erhoben worden; er hatte +demselben wiederholt getrotzt und konnte ihm auch fernerhin trotzen. Daß +aber Oxford, der Sitz der Loyalität, das Hauptquartier der +Kavalierarmee, der Ort, wohin sein Vater und sein Bruder ihren Hof +verlegten, wenn sie sich in ihrer stürmisch bewegten Hauptstadt nicht +mehr sicher glaubten, der Ort, wo die Schriften der großen +republikanischen Lehrer unlängst den Flammen überliefert worden waren, +daß diese Stadt sich jetzt in einer unzufriedenen Gährung befand und die +muthigen Jünglinge, die sich vor wenigen Monaten so eifrig als +Freiwillige gemeldet hatten, um gegen die Insurgenten im Westen zu +marschiren, jetzt nur mit Mühe durch Säbel und Karabiner im Schach +gehalten wurden: das waren Zeichen von schlimmer Vorbedeutung für das +Haus Stuart. Doch der abgestumpfte, starrsinnige und eigenwillige Tyrann +beachtete den Warnungsruf nicht. Er hatte sich einmal vorgenommen, +seiner Kirche die reichsten und glänzendsten Stiftungen Englands zu +verschaffen. Umsonst machten ihm die besseren und verständigeren seiner +römisch-katholischen Rathgeber Vorstellungen. Sie erklärten ihm, daß er +der Sache seiner Religion viel nützen könne, ohne die Eigenthumsrechte +zu verletzen. Eine Bewilligung von jährlich zweitausend Pfund aus seiner +Privatchatulle würde hinreichen, um ein Jesuitencollegium in Oxford zu +unterhalten, und diese Summe könne er leicht verschmerzen. Ein solches +Collegium, mit tüchtigen, gelehrten und eifrigen Lehrern ausgestattet, +würde ein gefährlicher Nebenbuhler für die alten akademischen Anstalten +werden, welche nur zu deutliche Symptome einer von Reichthum und +Sicherheit unzertrennlichen Erschlaffung zeigten. König Jakob’s +Collegium würde bald selbst von den Protestanten hinsichtlich der +Wissenschaften sowohl als auch der moralischen Zucht als die erste +Bildungsanstalt der Insel anerkannt werden. Dies würde der wirksamste +und zugleich glimpflichste Weg sein, um die anglikanische Kirche zu +demüthigen und die römische zu Ansehen zu bringen. Der Earl von +Ailesbury, einer der ergebensten Diener des königlichen Hauses, +erklärte, daß er, obgleich Protestant und nicht reich, lieber selbst +einen Beitrag von tausend Pfund zu diesem Zwecke hergeben wolle, als daß +sein Gebieter die Eigenthumsrechte verletze und sein der Staatskirche +gegebenes Wort breche.[11] Der Plan fand jedoch keinen Beifall in den +Augen des Königs. Allerdings entsprach er auch in mehr als einer +Beziehung seinem unfreundlichen Character nicht. Denn es machte ihm +Vergnügen, den Sinn der Menschen zu beugen und zu brechen, und von +seinem Gelde konnte er sich nur schwer trennen. Was er auf seine Kosten +zu unternehmen nicht hochherzig genug war, das beschloß er auf Kosten +Anderer durchzuführen. Wenn er einmal etwas begonnen hatte, so hielt +sein Stolz und sein Starrsinn ihn ab, wieder zurückzutreten, und er ließ +sich endlich Schritt für Schritt zu Handlungen türkischer Tyrannei +verleiten, zu Handlungen, welche die Nation zu der Überzeugung bringen +mußten, daß das Vermögen eines protestantischen Freisassen Englands +unter einem römisch-katholischen König ebenso unsicher war, wie das +eines Griechen unter der Herrschaft eines Moslem. + + [Anmerkung 10: +Wood’s Athenae Oxonienses+; +Apology for the Life + of Colley Cibber+; Citters, 2.(12.) März 1686.] + + [Anmerkung 11: +Burnet, I.+ 697; Brief von Lord Ailesbury, + abgedruckt im +European Magazine+, April 1795.] + + +[_Das Magdalenen-Collegium in Oxford._] Das Magdalenen-Collegium, +gegründet im funfzehnten Jahrhundert von Wilhelm von Waynflete, Bischof +von Winchester und Lordgroßkanzler, war eine der hervorragendsten +unserer akademischen Institute. Ein schlanker Thurm, auf dessen Zinnen +alljährlich am Morgen des ersten Mai von Choristen eine lateinische +Hymne gesungen wurde, fesselte schon von weitem die Aufmerksamkeit des +von London her kommenden Reisenden. Wenn er sich näherte, bemerkte er, +daß dieser Thurm sich von einem mit Zinnen versehenen, zwar niedrigen +und unregelmäßigen, aber doch sehr ehrwürdig aussehenden Gebäude erhob, +das von Bäumen beschattet und von den trägen Fluthen des Chervell +bespült wurde. Er trat durch einen Thorweg,[12] über dem eine stattliche +Gallerie hinlief, in einen geräumigen Kreuzgang, der mit Emblemen der +Tugenden und Laster, von den Bildhauern des funfzehnten Jahrhunderts roh +in grauen Stein gemeißelt, verziert war. Der Tisch der Gesellschaft +wurde in einem mit Gemälden und phantastischem Schnitzwerk reich +ausgestatteten Refectorium gedeckt. Der Gottesdienst wurde früh und +Abends in einer Kapelle gehalten, die von den Reformers und den +Puritanern viel zu leiden gehabt hatte, aber trotz alledem ein +wunderschönes Bauwerk war, das in unseren Tagen mit seltenem Geschmack +und Geschick restaurirt worden ist. Die großen Gartenanlagen am Ufer des +Flusses zeichneten sich durch hohe Bäume aus, unter denen ein Wunder der +Pflanzenwelt unsrer Insel emporragte, eine riesige Eiche, welche hundert +Jahre älter sein sollte, als das älteste Collegium der Universität. + +Die Statuten der Gesellschaften bestimmten, daß die Könige von England +und die Prinzen von Wales in dem Hause aufgenommen werden sollten, wie +in ihrem eignen Palaste. Eduard IV. hatte das Gebäude bewohnt, als es +noch nicht vollendet war. Richard III. hatte darin sein Hoflager +gehalten, im großen Saale Disputationen mit angehört, war königlich +bewirthet worden und hatte die Küche seiner Wirthe mit einem Geschenk +von fetten Rehböcken aus seinen Forsten beehrt. Zwei muthmaßliche +Thronerben, welche frühzeitig hinweggerafft wurden, Arthur, der ältere +Bruder Heinrich’s VIII., und Heinrich, der ältere Bruder Karl’s I., +hatten in dem Collegium studirt; ebenso auch ein andrer Prinz von +Geblüt, der letzte und beste der römisch-katholischen Erzbischöfe von +Canterbury, der menschenfreundliche Reginald Pole. Zur Zeit des +Bürgerkriegs war das Collegium der Sache der Krone treu geblieben. +Ruprecht hatte dort sein Hauptquartier aufgeschlagen, und ehe er zu +einigen seiner kühnsten Unternehmungen auszog, hatte man in den stillen +Kreuzgängen seine Trompeter zum Aufbruch blasen hören. Die Mehrzahl der +Fellows waren Theologen und konnten den König nur mit Gebeten und +Geldspenden unterstützen. Doch einer von den Mitgliedern der +Gesellschaft, ein Doctor des Civilrechts, warb eine Truppe +Untergraduirter und fiel an ihrer Spitze im tapferen Kampfe gegen die +Soldaten von Essex. Als die Feindseligkeiten beendigt und die Rundköpfe +Herren von England waren, verweigerten sechs Siebentel der Mitglieder +der usurpirten Gewalt ihre Unterwerfung. In Folge dessen wurden sie aus +ihren Wohnungen vertrieben und ihrer Einkünfte beraubt. Nach der +Restauration kehrten die noch Lebenden an ihren lieblichen Wohnsitz +zurück. Eine neue Generation war auf sie gefolgt, die ihre Ansichten und +ihren Muth geerbt hatte. Zur Zeit des Aufstandes im Westen hatten +diejenigen Collegiaten, welche nicht durch Alter oder Beruf zum +Gebrauche der Waffen unfähig waren, sich bereitwilligst erboten, für die +Krone zu kämpfen. Es dürfte schwerlich im ganzen Königreiche irgend eine +Korporation zu finden sein, welche gerechteren Anspruch auf die +Dankbarkeit des Hauses Stuart gehabt hätte.[13] + +Die Gesellschaft bestand aus einem Präsidenten, vierzig Fellow’s, +dreißig Studenten (+Demies+, Halbe genannt) und einer Anzahl von +Kaplanen, Schreibern und Chorsängern. Zur Zeit der Generalvisitation +unter Heinrich VIII. waren die Einkünfte viel bedeutender als die jeder +andren ähnlichen Stiftung des Landes, fast um die Hälfte größer als die +der reichen Stiftung Heinrich’s VI. in Cambridge und über noch einmal so +groß als die, welche Wilhelm von Wykeham seinem Collegium in Oxford +vermacht hatte. In den Tagen Jakob’s II. war der Reichthum des +Magdalenen-Collegiums enorm und wurde durch das Gerücht noch +übertrieben. Das Collegium wurde allgemein für reicher als die reichsten +Abteien des Continents gehalten. Wenn die Pachtgelder alle eingingen, +hieß es unter dem Volke, so beliefen sich die jährlichen Einkünfte auf +die ungeheure Summe von vierzigtausend Pfund Sterling.[14] + +Die Collegiaten waren durch die von dem Begründer festgesetzten Statuten +ermächtigt, sich ihren Präsidenten unter Personen, welche Mitglieder +ihrer Gesellschaft oder des Neuen Collegiums waren oder gewesen waren, +selbst zu wählen. Dieses Recht war in der Regel mit völliger Freiheit +ausgeübt worden. Nur in einzelnen Fällen waren königliche Zuschriften +gekommen, welche dem Collegium befähigte Personen anempfahlen, die bei +Hofe in Gunst standen, und es war in solchen Fällen Sitte gewesen, auf +die Wünsche des Souverains gebührende Rücksicht zu nehmen. + +Im März 1687 starb der Präsident des Collegiums. Einer der Fellows, +Doctor Thomas Smith, vom Volke spottweise Rabbi Smith genannt, ein +ausgezeichneter Reisender, Büchersammler, Alterthumsforscher und +Orientalist, der Kaplan bei der Gesandtschaft in Konstantinopel gewesen +und mit der Vergleichung der alexandrinischen Handschriften beauftragt +worden war, bewarb sich um den erledigten Posten. Er meinte als +Gelehrter und als eifriger Tory einigen Anspruch auf die Begünstigung +von Seiten der Regierung zu haben. Seine Loyalität war auch in der That +so glühend und so unwandelbar, wie man sie in der ganzer englischen +Kirche nur finden konnte. Er war lange mit dem Bischof Parker von Oxford +intim befreundet gewesen und hoffte durch die Verwendung dieses Prälaten +ein königliches Empfehlungsschreiben an das Collegium zu erhalten. +Parker versprach sein Möglichstes zu thun, berichtete aber bald, daß er +auf Schwierigkeiten gestoßen sei. „Der König,“ sagte er, „mag Niemanden +empfehlen, der nicht ein Freund seiner Religion ist. Was können Sie in +dieser Beziehung thun, um ihn zufrieden zu stellen?“ Smith antwortete, +daß, wenn er Präsident werden sollte, er sich bemühen würde, +Gelehrsamkeit, wahres Christenthum und Loyalität zu fördern. „Das wird +nicht genügen,“ sagte der Bischof. „Nun so mag Präsident werden wer da +will,“ versetzte Smith mannhaft; „ich kann nicht mehr versprechen.“ + + [Anmerkung 12: Dieser Thorweg ist jetzt verschlossen.] + + [Anmerkung 13: +Wood’s Athenae Oxonienses+; +Walker’s Sufferings + of the Clergy.+] + + [Anmerkung 14: +Burnet, I. 697+; +Tanner’s Notitia Monastica.+ Bei + der Visitation im sechsundzwanzigsten Regierungsjahre Heinrich’s + VIII. ergab es sich, daß die Einkünfte des Kings-Collegiums 751 + Pfd. St., die des Neuen Collegiums 487 Pfd. St. und die des + Magdalenen-Collegiums 1076 Pfd. St. betrugen.] + + +[_Anton Farmer vom Könige als Präsident empfohlen._] Die Wahl wurde auf +den dreizehnten April festgesetzt und die Fellows aufgefordert, +derselben beizuwohnen. Es ging die Rede, daß ein königliches Schreiben +einlaufen werde, das einen gewissen Anton Farmer für die erledigte +Stelle empfehle. Das Leben dieses Mannes war eine Reihenfolge ehrloser +Handlungen. Er war Mitglied der Universität Cambridge gewesen und der +Ausstoßung nur durch rechtzeitige freiwillige Entfernung entgangen. Dann +hatte er sich den Dissenters angeschlossen und hierauf war er nach +Oxford gegangen, um in das Magdalenen-Collegium einzutreten, wo er sich +bald durch alle möglichen Laster auszeichnete. In der Regel taumelte er +spät in der Nacht so betrunken, daß er nicht sprechen konnte, seinem +Collegium zu. Es war allbekannt, daß er an der Spitze eines +unehrenvollen Aufruhrs in Abingdon gestanden hatte, und er war ein +regelmäßiger Gast bekannter Lieblingsorte von Wüstlingen gewesen. +Endlich war er Kuppler geworden, hatte sogar die gewöhnliche Gemeinheit +seines abscheulichen Gewerbes noch übertroffen und hatte von +liederlichen jungen Leuten für Dienste, welche die Geschichte nicht gut +erzählen kann, Geld genommen. Dieser erbärmliche Mensch war jetzt zum +Papismus übergetreten. Sein Abfall sühnte alle seine Laster, und +obgleich noch sehr jung, wurde er zum Vorsteher einer ernsten religiösen +Gesellschaft empfohlen, in welcher das Ärgerniß, das er durch seine +Lasterhaftigkeit gegeben, noch im frischen Andenken war. + +Durch das allgemeine Landesgesetz war er als römischer Katholik von +allen akademischen Ämtern ausgeschlossen, und da er niemals Fellow des +Magdalenen-Collegiums noch des Neuen Collegiums gewesen, so hatte er der +besonderen Verordnung Wilhelm’s von Waynflete gemäß gar kein Recht, sich +um die erledigte Präsidentenstelle zu bewerben. Überdies hatte Waynflete +den Mitgliedern seiner Stiftung noch ausdrücklich eingeschärft, daß sie +bei der Wahl ihres Vorstehers namentlich auf seinen moralischen +Character Rücksicht nehmen sollten, und hätte er auch keine derartige +Weisung hinterlassen, so konnte eine meist aus Theologen bestehende +Gesellschaft einem Mann wie Farmer schicklicherweise nicht die Leitung +einer Bildungsanstalt übertragen. + +Die Collegiaten stellten dem Könige ehrerbietigst vor, in welche +Verlegenheit sie kommen würden, wenn das Gerücht, daß Farmer ihnen +empfohlen werden sollte, sich als begründet erwies, und baten darum, daß +Seine Majestät, wenn es ihm beliebe, sich in die Wahl einzumischen, +ihnen einen Mann vorschlagen möchte, für den sie gesetzlicherweise und +mit gutem Gewissen stimmen könnten. Von dieser ergebenen Bitte wurde +keine Notiz genommen. Das königliche Schreiben lief ein. Der Überbringer +desselben war ein Fellow des Collegiums, der unlängst Papist geworden +war, Namens Robert Charnock, ein Mann von Talent und Geist, aber von +heftigem und ruhelosem Temperament, das ihn einige Jahre später zu einem +abscheulichen Verbrechen und zu einem entsetzlichen Schicksale trieb. +Das Collegium versammelte sich am 13. April in der Kapelle. Man hatte +noch immer einige Hoffnung, daß der König sich durch die an ihn +gerichteten Vorstellungen werde bewegen lassen, und die Versammlung +vertagte sich deshalb bis auf den 15. April, als den letzten Termin, an +welchem die Wahl nach den Statuten des Collegiums stattfinden mußte. + + +[_Wahl des Präsidenten._] Der 15. April erschien und die Collegiaten +versammelten sich wieder in ihrer Kapelle. Von Whitehall war keine +Antwort gekommen. Einige der älteren Mitglieder, darunter Smith, waren +der Meinung, die Wahl lieber noch einmal zu verschieben, als einen +Schritt zu thun, der den König möglicherweise beleidigen konnte. Aber +die Sprache der Statuten war klar und die Mitglieder des Collegiums +hatten sich eidlich verpflichtet, dieselben zu befolgen. Die Ansicht der +Mehrheit war daher, daß kein weiterer Aufschub stattfinden dürfe. Es +erfolgte eine heftige Debatte. Die Wähler waren zu aufgeregt, als daß +sie hätten auf ihren Plätzen bleiben können; die ganze Kapelle war in +Aufruhr. Diejenigen, welche für die Vornahme der Wahl stimmten, beriefen +sich auf ihre Eide und auf die Verordnungen des Stifters, dessen Brot +sie aßen. Sie behaupteten ganz richtig, der König habe nicht das Recht, +ihnen selbst einen geeigneten Candidaten aufzudringen. In der Hitze des +Streits fielen einige für toryistische Ohren anstößige Äußerungen und +Smith ließ sich zu der Bemerkung verleiten, der Geist Ferguson’s habe +sich seiner Collegen bemächtigt. Mit großer Stimmenmehrheit wurde +endlich der Beschluß gefaßt, die Wahl unverzüglich vorzunehmen. Charnock +verließ die Kapelle. Die übrigen Fellows gaben, nachdem sie vorher das +Sakrament empfangen, ihre Stimmen ab. Die Wahl fiel auf Johann Hough, +einen Mann von seltener Tugend und Besonnenheit, der, nachdem er +Verfolgungen mit hohem Muthe und das Glück mit ernster Würde ertragen, +zu hohen Ehren emporgestiegen und noch höhere bescheiden abgelehnt +hatte, mehr als sechsundfünfzig Jahre nach diesem ereignißvollen Tage in +hohem Alter, aber noch in voller Kraft des Geistes starb. + +Die Gesellschaft beeilte sich, dem Könige die Umstände +auseinanderzusetzen, welche es nothwendig gemacht hatten, ohne weiteren +Verzug zur Wahl eines Präsidenten zu schreiten, und ersuchte den Herzog +von Ormond als Kanzler der ganzen Universität, und den Bischof von +Winchester als Visitator des Magdalenen-Collegiums, das Amt der +Vermittelung zu übernehmen. Der König aber war viel zu aufgebracht und +viel zu befangen, als daß er auf derartige Verstellungen hätte hören +können. + + +[_Die Mitglieder des Magdalenen-Collegiums werden vor die Hohe +Commission geladen._] Anfangs Juni wurden die Collegiaten vor die Hohe +Commission nach Whitehall beschieden. Fünf von ihnen kamen als Deputirte +der Korporation der Aufforderung nach. Jeffreys behandelte sie nach +seiner gewohnten Manier. Als einer von ihnen, ein ehrwürdiger Doctor, +Namens Fairfax, einigen Zweifel an der Rechtsgültigkeit der Commission +äußerte, begann er zu brüllen wie ein wildes Thier: „Wer ist der Mann? +Wer giebt ihm das Recht, hier unverschämt zu sein? Ergreift ihn und +steckt ihn in ein finstres Zimmer! Wie kann man ihn ohne Wächter lassen? +Er steht als Wahnsinniger unter meiner Aufsicht. Es wundert mich, daß +noch Niemand bei mir darauf angetragen hat, daß er in sicheres Gewahrsam +gebracht werde.“ Als aber der Sturm ausgetobt hatte und die Aussagen +über den sittlichen Charakter des vom Könige empfohlenen Kandidaten +verlesen waren, hatte keiner der Commissare die Frechheit zu behaupten, +daß ein solcher Mensch sich zum Präsidenten eines großen Collegiums +eigne. Obadja Walker und die übrigen oxforder Papisten, die sich +eingefunden hatten, um ihren Proselyten zu unterstützen, waren nicht +wenig bestürzt. Die Commission erklärte Hough’s Wahl für ungültig und +suspendirte Fairfax von seiner Collegiatur; von Farmer aber war keine +Rede mehr und im August kam ein königliches Schreiben an, welches dem +Collegium den Bischof von Oxford, Parker, empfahl. + + +[_Parker zum Präsidenten empfohlen._] Parker war kein erklärter Papist. +Es lag jedoch ein Umstand gegen ihn vor, der, selbst wenn die +Präsidentur erledigt gewesen wäre, hätte entscheidend sein müssen: er +hatte weder dem Neuen Collegium noch dem Magdalenen-Collegium jemals +angehört. Aber die Präsidentur war gar nicht erledigt, denn Hough war +rechtskräftig gewählt und sämmtliche Mitglieder des Collegiums waren +eidlich verpflichtet, ihn in seinem Amte zu erhalten. Sie entschuldigten +sich daher mit vielen Versicherungen ihrer Loyalität und ihres +Bedauerns, daß sie dem Befehle des Königs nicht Folge leisten könnten. + + +[_Die Karthause._] Während Oxford so der Tyrannei energisch entgegen +trat, leistete man an einem andren Orte nicht weniger tapferen +Widerstand. Jakob hatte vor einiger Zeit den Administratoren der +Karthause, Männern von hohem Rang und Ansehen im Königreiche, den Befehl +gegeben, einen römischen Katholiken, Namens Popham, in das unter ihrer +Verwaltung stehende Hospital aufzunehmen. Der Vorsteher der Anstalt, +Thomas Burnet, ein durch Genie, Gelehrsamkeit und Tugend ausgezeichneter +Geistlicher, hatte, obgleich der wilde Jeffreys im Collegium saß, den +Muth, sie darauf aufmerksam zu machen, daß jene Zumuthung dem Willen des +Stifters sowohl als einer Parlamentsacte zuwiderlaufe. „Was thut dies +zur Sache?“ fragte ein dem Vorstande angehörender Höfling. „Ich meine, +es thut sehr viel zur Sache,“ antwortete eine von Alter und Sorgen +geschwächte Stimme, die aber in keiner Versammlung ohne Achtung gehört +wurde, die Stimme des ehrwürdigen Ormond. „Eine Parlamentsacte,“ fuhr +der Patriarch der Kavalierpartei fort, „ist meiner Ansicht nach keine +Kleinigkeit.“ Es wurde die Frage gestellt, ob Popham zugelassen werden +solle, und der Beschluß lautete auf seine Zurückweisung. Da der Kanzler +seinem Grolle nicht wohl durch Fluchen und Verwünschungen gegen Ormond +Luft machen konnte, so lief er in voller Wuth fort und mehrere von der +Minorität folgten ihm. In Folge dessen blieb keine beschlußfähige Anzahl +übrig und es konnte daher auf den königlichen Befehl keine formelle +Antwort gegeben werden. + +Die nächste Sitzung fand nur zwei Tage, nachdem die Commission +Hough’s Wahl für ungültig erklärt und Fairfax suspendirt hatte, +statt. Die Administratoren erhielten einen zweiten Befehl mit dem +großen Staatssiegel; aber das tyrannische Verfahren gegen das +Magdalenen-Collegium hatte ihren Muth noch erhöht, anstatt ihn zu +schwächen. Sie setzten ein Schreiben an Sunderland auf, durch welches er +ersucht wurde, dem Könige mitzutheilen, daß sie im vorliegenden Falle +Seiner Majestät nicht gehorchen könnten, ohne das Gesetz und ihre +Amtspflicht zu verletzen. + +Es dürfte kaum zu bezweifeln sein, daß, wenn diese Zuschrift nur von +unbedeutenden Männern unterzeichnet gewesen wäre, der König irgend einen +Gewaltschritt gethan haben würde. Aber selbst er erschrak beim Anblick +der großen Namen Ormond, Halifax, Danby und Nottingham, der Oberhäupter +aller Farben der großen Partei, der er seine Krone verdankte. Er +begnügte sich deshalb, Jeffreys zu bedeuten, daß er das weiter +einzuschlagende Verfahren in Erwägung ziehen solle. Einmal hieß es, es +werde ein Prozeß bei der Kings Bench anhängig gemacht werden, ein +andermal, die Kirchliche Commission werde den Fall in die Hand nehmen, +aber diese Drohungen verstummten nach und nach wieder.[15] + + [Anmerkung 15: +A Relation of the Proceedings at the Charterhouse, + 1689.+] + + +[_Rundreise des Königs._] Der Sommer war jetzt weit vorgerückt und der +König trat eine Reise an, die längste und glänzendste, die man seit +vielen Jahren gesehen hatte. Am 16. August begab er sich von Windsor +nach Portsmouth, besichtigte die Festungswerke, berührte einige mit +Kröpfen Behaftete und fuhr dann in einer seiner Yachten nach +Southampton. Von hier reiste er nach Bath, wo er sich einige Tage +aufhielt und die Königin zurückließ. Als er wieder abreiste, begleiteten +ihn der Obersheriff von Somersetshire und eine große Anzahl Gentlemen +bis an die Grenze der Grafschaft, wo ihn der Obersheriff von +Gloucestershire mit einem nicht minder glänzenden Gefolge erwartete. Der +Herzog von Beaufort kam bald darauf den königlichen Equipagen entgegen +und geleitete dieselben nach Badminton, wo ein des Rufes, den sich der +Herzog durch seinen glänzenden Haushalt erworben hatte, würdiges Mahl +für ihn angerichtet war. Am Nachmittag ging der Zug weiter nach +Gloucester. Zwei Meilen vor der Stadt wurde er vom Bischofe und der +Geistlichkeit bewillkommnet. Am Südthore erwartete ihn der Mayor mit den +Schlüsseln. Die Glocken gingen und aus allen Röhrtrögen floß Wein, +während der König durch die Straßen nach dem Platze zog, der die +ehrwürdige Kathedrale umgiebt. Er übernachtete in der Dechanei und brach +am folgenden Morgen nach Worcester auf. Von Worcester ging er nach +Ludlow, Shrewsbury und Chester, und wurde überall mit äußeren Zeichen +der Freude und Ehrerbietung empfangen, die er schwach genug war, als +Beweise zu betrachten, daß die durch seine Maßregeln hervorgerufene +Unzufriedenheit gedämpft sei und ihm ein leichter Sieg bevorstehe. Der +scharfblickendere Barillon benachrichtigte Ludwig, daß der König in +einer Täuschung befangen sei, daß die Reise keinen wirklichen Nutzen +gebracht habe und daß die nämlichen Gentlemen von Worcestershire und +Shropshire, die es für ihre Pflicht gehalten, ihren Souverain und Gast +mit allen Ehrenbezeigungen zu empfangen, sich so widerspenstig als je +zeigen würden, wenn die Testangelegenheit zur Sprache käme.[16] + +Unterwegs schlossen sich dem königlichen Zuge zwei Höflinge an, die in +Character und Meinungen weit von einander verschieden waren. Penn war +auf einer geistlichen Hirtenreise in Chester. Seine Popularität und sein +Ansehen waren unter seinen Glaubensbrüdern tief gesunken, seitdem er ein +Werkzeug des Königs und der Jesuiten geworden war.[17] Jakob aber nahm +ihn sehr freundlich auf und er durfte am Sonntage im Ballhause einen +Vortrag halten, während Cartwright in der Kathedrale predigte und der +König an einem in der Grafschaftshalle errichteten Altare die Messe +hörte. Man sagt sogar, Seine Majestät habe geruht, einen Augenblick in +das Ballhaus einzutreten und der melodischen Beredtsamkeit seines +Freundes mit Anstand zuzuhören.[18] + +Der wüthende Tyrconnel war von Dublin über den Kanal gekommen, um von +seiner Verwaltung Bericht zu erstatten. Alle achtungswertheren +englischen Katholiken behandelten ihn als einen Feind ihres Stammes und +als eine Schande ihrer Religion mit Kälte. Sein Gebieter aber hieß ihn +herzlich willkommen und entließ ihn mit Versicherungen seines +ungeschwächten Vertrauens und seiner steten Unterstützung. Jakob vernahm +mit großer Freude, daß bald die ganze Verwaltung Irlands in +römisch-katholischen Händen sein werde. Die englischen Ansiedler waren +schon ihrer ganzen politischen Macht beraubt, es blieb nur noch übrig, +sie auch ihres Eigenthums zu berauben, und diese letzte Gewaltthat wurde +so lange aufgeschoben, bis man sich die Mitwirkung eines irischen +Parlaments gesichert haben würde.[19] + +Von Cheshire wendete sich der König nach dem Süden und in der festen +Überzeugung, daß die Fellows des Magdalenen-Collegiums es trotz ihres +widerspenstigen Geistes nicht wagen würden, einem ihnen mündlich +gegebenen Befehle den Gehorsam zu verweigern, reiste er nach Oxford. Auf +dem Wege dahin machte er einige kleine Abstecher nach Orten, die ihn als +König, als Bruder und als Sohn besonders interessirten. Er besuchte das +gastliche Dach von Boscobel und die Überreste der Eiche, die in der +Geschichte seines Hauses eine so wichtige Rolle spielt. Er fuhr über das +Schlachtfeld von Edgehill, wo die Kavaliere zuerst mit den Soldaten des +Parlaments die Schwerter kreuzten. Am 3. September speiste er mit großem +Gepränge im Palast von Woodstock, einem alten berühmten Schlosse, von +dem kein Stein mehr vorhanden ist, dessen Lage aber noch heute auf der +Wiese des Blenheimparks durch zwei unweit der stattlichen Brücke +stehende Platanen bezeichnet wird. + + [Anmerkung 16: London Gazette vom 18. Aug. bis 1. Sept. 1687; + Barillon, 19.(29.) Sept.] + + [Anmerkung 17: +„Penn, chef des Quakers, qu’on sait être dans les + intérêts du Roi d’Angleterre, est si fort décrié parmi ceux de son + parti qu’il n’ont plus aucune confiance en lui.“+ -- Bonrepaux an + Seignelay, 12.(22.) Sept. 1687. Gerhard Croese’s Zeugniß lautet + ganz ebenso: +„Etiam Quakeri Pennum non amplius, ut ante ita + amabant ac magnifaciebant, quidam aversabantur ac fugiebant.“ -- + Historia Quakeriana, lib. II. 1695.+] + + [Anmerkung 18: +Cartwright’s Diary, Aug. 30. 1687+; +Clarkson’s + Life of William Penn.+] + + [Anmerkung 19: +London Gazette, Sept. 5.+; +Sheridan MS.+; + Barillon 6.(16.) Sept. 1687. +„Le Roi son maître,“+ sagt Barillon, + +„a témoigné une grande satisfaction des mesures qu’il a prises, + et a autorisé ce qu’il a fait en faveur des Catholiques. Il les + établit dans les emplois et les charges, en sorte que l’autorité + se trouvera bientôt entre leurs mains. Il reste encore beaucoup de + choses à faire en ce pays là pour retirer les biens injustement + ôtés aux Catholiques. Mais cela ne peut s’exécuter qu’avec le + temps et dans l’assemblée d’un parlement en Irlande.“+] + + +[_Der König in Oxford._] Am Abend erreichte er Oxford, wo er mit den +gewohnten Ehrenbezeigungen empfangen wurde. Die Studenten hatten sich in +ihrer akademischen Tracht vom Stadtthore bis an den Haupteingang des +Christchurch-Collegiums in einer Doppelreihe aufgestellt. Er stieg in +der Dechanei ab, wo er unter anderen Bequemlichkeiten eine zum Meßdienst +eingerichtete Kapelle vorfand.[20] + + [Anmerkung 20: +London Gazette, Sept. 5, 8. 1687+.] + + +[_Er giebt den Collegiaten des Magdalenenstifts einen Verweis._] Den Tag +nach seiner Ankunft erhielten die Fellows des Magdalenen-Collegiums +Befehl, ihm ihre Aufwartung zu machen. Als sie vor ihm erschienen, +behandelte er sie mit einem Übermuth, wie ihn die puritanischen +Visitatoren gegen ihre Vorgänger nie bewiesen hatten. „Sie haben Sich +nicht wie Gentlemen gegen mich benommen,“ rief er aus; „Sie haben Sich +eben so unschicklich als ungehorsam gezeigt.“ Sie fielen auf die Knie +und überreichten ihm eine Petition. Er wollte sie nicht ansehen. „Ist +das die Loyalität Ihrer englischen Kirche? Ich hätte nicht gedacht, daß +so viele Geistliche der Kirche Englands sich bei einer solchen Sache +betheiligen könnten. Gehen Sie nach Hause, gehen Sie. Ich bin König und +ich verlange Gehorsam. Gehen Sie augenblicklich in Ihre Kapelle und +nehmen Sie den Bischof von Oxford auf. Und wehe Denen, die sich weigern, +sie sollen das ganze Gewicht meiner Hand fühlen, sie sollen erfahren, +was es heißt, sich die Ungnade seines Souverains zuziehen!“ Die noch +immer vor ihm knieenden Collegiaten reichten ihm wiederholt ihre +Petition dar. Er warf sie zornig zu Boden. „Gehen Sie, sage ich, ich +nehme nichts von Ihnen an, bis Sie den Bischof aufgenommen haben!“ + +Sie gingen und versammelten sich augenblicklich in ihrer Kapelle. Es +wurde die Frage gestellt, ob sie sich dem Befehle Seiner Majestät fügen +sollten. Smith war abwesend, nur Charnock antwortete mit Ja. Alle +übrigen Collegiaten erklärten, daß sie in allen gesetzlichen Dingen dem +Könige bereitwilligst gehorchen, ihre Statuten und ihre Eide aber nicht +verletzen würden. + +Voll Zorn und Ärger über seine Niederlage verließ der König Oxford und +kehrte nach Bath zur Königin zurück. Seine Hartnäckigkeit und Willkür +hatte ihn in eine sehr schwierige Lage versetzt. Er hatte zu fest auf +die Wirkung seiner finstren Miene und seiner gebieterischen Rede +gerechnet und unbesonnenerweise nicht nur das Ansehen seiner Regierung, +sondern auch seine persönliche Würde aufs Spiel gesetzt. Konnte er +Unterthanen nachgeben, denen er mit erhobener Stimme und zornigen +Geberden gedroht hatte? Konnte er es auf der andren Seite wagen, an +einem Tage eine Anzahl achtungswerther Geistlicher aus ihrer Heimath zu +vertreiben, weil sie eine in den Augen der ganzen Nation heilige Pflicht +gethan hatten? Vielleicht gab es noch einen Ausweg aus dieser +Verlegenheit, vielleicht konnte das Collegium doch noch durch Drohungen, +durch Zureden oder durch Bestechung zur Unterwerfung gebracht werden. + + +[_Penn sucht zu vermitteln._] Man bediente sich Penn’s als Vermittler. +Er hatte zuviel Rechtsgefühl, als daß er das gewaltsame und ungerechte +Verfahren der Regierung hätte billigen können und er wagte es sogar, +einem Theile seiner Gedanken Worte zu geben. Jakob beharrte wie +gewöhnlich auf seinem Vorsatze, und der höfische Quäker that daher sein +Möglichstes, um das Collegium vom Pfade des Rechts abzuziehen. Zuerst +versuchte er es mit Einschüchterungen. Er sagte, der Gesellschaft drohe +der Untergang, denn der König sei im höchsten Grade aufgebracht. Es sei +allerdings ein schwerer Schritt für sie, das sahen die meisten Leute +ein; aber jedes Kind wisse auch, daß Seine Majestät seinen Willen gern +durchsetze und daß er Widerspruch nicht vertragen könne. Penn ermahnte +daher die Collegiaten, nicht auf die Gerechtigkeit ihrer Sache zu +pochen, sondern sich zu fügen oder wenigstens zu temporisiren. Ein +solcher Rath klang sonderbar aus dem Munde eines Mannes, der selbst von +der Universität vertrieben worden war, weil er wegen des Chorhemds einen +Tumult hervorgerufen, der sich lieber der Gefahr der Enterbung +ausgesetzt hatte, als daß er sich entschloß, vor einem königlichen +Prinzen den Hut abzunehmen und der wegen seiner in Conventikeln +gehaltenen Reden mehr als einmal in’s Gefängniß geschickt worden war. Es +gelang ihm jedoch nicht, die Magdalenen-Collegiaten zu schrecken. In +Antwort auf seine drohenden Winke wurde er daran erinnert, daß unter der +vorigen Generation vierunddreißig von den vierzig Collegiaten lieber mit +Freuden ihre geliebten Kreuzgänge und Gärten, ihre Halle und ihre +Kapelle verlassen hätten und fortgegangen seien, ohne zu wissen wo sie +ein Mahl oder ein Nachtlager finden würden, als daß sie ihren +Unterthaneneid gebrochen hätten. Jetzt verlange der König die Verletzung +eines andren Eides von ihnen, aber er solle erfahren, daß der alte Geist +noch nicht erstorben sei. + +Penn zog nun gelindere Saiten auf. Er hatte eine Besprechung mit Hough +und einigen Collegiaten und begann endlich nach vielen Versicherungen +von Theilnahme und Freundschaft die Möglichkeit eines Vergleichs in +Aussicht zu stellen. Der König vertrage nun einmal keinen Widerspruch, +sagte er, das Collegium müsse nachgeben und Parker annehmen. Aber seine +Gesundheit sei schwankend und alle seine Ämter würden voraussichtlich +bald erledigt sein. „Doctor Hough,“ setzte er hinzu, „kann dann Bischof +von Oxford werden. Wie würde Ihnen das gefallen, meine Herren?“ Penn +hatte während seines ganzen Lebens gegen eine Miethlingsgeistlichkeit +gepredigt. Er hielt sich für verpflichtet, die Entrichtung von Zehnten +zu verweigern, und dies selbst als er mit Zehnten belastete Ländereien +gekauft hatte und ihm der Betrag der Zehnten von der Kaufsumme +nachgelassen worden war. Nach seinen eigenen Grundsätzen würde er eine +große Sünde begangen haben, wenn er sich dabei betheiligt hätte, dem +frömmsten Geistlichen selbst unter den ehrenvollsten Bedingungen eine +Pfründe zu verschaffen. Aber sein Character war durch schlechte +Gesellschaft so verdorben und sein Verstand durch übermäßigen Eifer für +einen einseitigen Zweck so verdunkelt, daß er keinen Anstand nahm, bei +einer Simonie von ganz besonders unehrenhafter Art den Unterhändler +abzugeben und ein Bisthum als Köder zu benutzen, um einen Geistlichen +zum Eidbruche zu verführen. Hough erwiederte mit höflicher +Geringschätzung, daß er von der Krone nichts weiter verlange als +einfache Gerechtigkeit. „Wir sind an unsere Statuten und unsere Eide +gebunden,“ sagte er; „aber auch ganz abgesehen von unseren Statuten und +unseren Eiden fühlen wir uns verpflichtet, unsren Glauben zu +vertheidigen. Die Papisten haben uns schon das University-Collegium und +das Christchurch-Collegium geraubt, jetzt greifen sie auch das +Magdalenen-Collegium an. Sie werden bald Alles haben.“ + +Penn war so unbesonnen, hierauf zu antworten, daß er ernstlich glaube, +die Papisten würden nun zufrieden sein. „Das University-Collegium,“ +sagte er, „ist ein schönes Collegium, Christchurch ein vortrefflicher +Platz und Magdalenen ein herrliches Gebäude. Die Lage ist angenehm, die +Gartenanlagen am Flusse reizend. Wenn die Katholiken vernünftig sind, +werden sie sich damit begnügen.“ Diese alberne Erklärung würde allein +schon Hough und seine Collegen in die Unmöglichkeit versetzt haben, +nachzugeben. Die Unterhandlung wurde abgebrochen, und der König beeilte +sich, seiner Drohung gemäß die Ungehorsamen fühlen zu lassen, was es +hieß, sich seine Ungnade zuziehen. + + +[_Eine kirchliche Specialcommission wird nach Oxford gesandt._] +Cartwright, Bischof von Chester, Wright, Oberrichter der Kings Bench, +und Sir Thomas Jenner, ein Baron des Schatzkammergerichts, erhielten +eine Specialvollmacht zur Visitation des Collegiums. Am 20. October +kamen sie in Oxford an, begleitet von drei Schwadronen Kavalerie mit +gezogenen Säbeln. Am folgenden Morgen nahmen die Commissare im Hörsaale +des Magdalenen-Collegiums ihre Sitze ein und Cartwright hielt eine +loyale Rede, welche noch vor wenigen Jahren von den Oxfordern mit lautem +Beifall aufgenommen worden wäre, die aber jetzt mit stummem Unwillen +angehört wurde. Es erfolgte hierauf eine lange Debatte. Der Präsident +vertheidigte seine Rechte mit Geschick, Mäßigung und Entschiedenheit. Er +versicherte seine hohe Achtung vor der königlichen Autorität, behauptete +aber fest, daß er nach den Gesetzen Englands ein Eigenthumsrecht an das +Haus und an die mit der Präsidentur verbundenen Einkünfte habe. Dieses +Rechts könne ihn ein Machtspruch des Landesherrn nicht berauben. „Wollen +Sie sich unsrer Visitation unterwerfen?“ fragte der Bischof. „Ich +unterwerfe mich derselben,“ antwortete Hough mit weiser Vorsicht, „in so +weit sie mit dem Gesetz im Einklange steht, weiter nicht.“ -- „Wollen +Sie den Schlüssel zu Ihrer Wohnung ausliefern?“ fragte Cartwright. Hough +schwieg. Die Frage wurde wiederholt, und Hough antwortete nun mild aber +entschieden, daß er dies nicht thun werde. Die Commissare nannten ihn +einen unberufenen Eindringling und forderten die Collegiaten auf, seine +Autorität nicht mehr anzuerkennen und für die Aufnahme des Bischofs von +Oxford zu stimmen. Charnock versprach bereitwilligst Gehorsam, Smith gab +eine ausweichende Antwort, die Hauptmasse der Collegiaten aber erklärte +auf das Bestimmteste, daß sie Hough noch immer als ihren rechtmäßigen +Präsidenten betrachteten. + + +[_Hough’s Protest._] Jetzt bat Hough um die Erlaubniß, selbst noch +einige Worte an die Commissare richten zu dürfen. Sie bewilligten ihm +dies sehr artig, vielleicht weil sie nach seinem ruhigen und gelassenen +Benehmen erwarteten, daß er ein Zugeständniß machen werde. „Mylords,“ +sprach er, „Sie haben mich heute meines freien Eigenthums beraubt; ich +protestire hiermit gegen Ihr ganzes Verfahren als gesetzwidrig, +ungerecht und nichtig und appellire an unsren erlauchten Gebieter, den +König, in seinen Gerichtshöfen.“ Ein lautes beifälliges Gemurmel erhob +sich unter den Studirenden, welche den Saal füllten. Die Commissare +waren wüthend. Man suchte die Verbrecher, welche applaudirt hatten, +herauszufinden, aber vergebens. Der ganze Zorn der Commission richtete +sich nun gegen Hough. „Glauben Sie nicht, daß Sie uns trotzen können,“ +rief Jenner mit einem Wortspiel auf den Namen des Präsidenten.[21] „Ich +werde die Autorität Seiner Majestät aufrecht erhalten, so lange ich +Athem in meiner Brust habe,“ setzte Wright hinzu. „Das Alles kommt von +Ihrem nach Popularität haschenden Protest. Sie haben den Landfrieden +gebrochen und sollen sich dafür vor der Kings Bench verantworten. Ich +verpflichte Sie bei Strafe von tausend Pfund, beim nächsten Termine zu +erscheinen. Wir wollen sehen, ob die Civilgewalt Sie nicht bändigen +wird. Reicht sie nicht aus, so sollen Sie auch die militairische haben.“ +Oxford befand sich in der That in einer Stimmung, welche die Commissare +nicht wenig beunruhigte. Die Soldaten erhielten Befehl, ihre Carabiner +zu laden, und man sagte, es sei ein expresser Bote nach London geschickt +worden, um schleunige Nachsendung von Verstärkungen zu verlangen. Es +fand jedoch keine Ruhestörung statt. + + [Anmerkung 21: Im Deutschen läßt sich das Wortspiel nicht + wiedergeben. +Hough+ und +huff+ (trotzen) wird im Englischen + ziemlich gleich ausgesprochen. D. Übers.] + + +[_Einsetzung Parker’s._] Der Bischof von Oxford wurde mittelst Vollmacht +ruhig eingesetzt, aber nur zwei Mitglieder des Magdalenen-Collegiums +wohnten der Feierlichkeit bei. Mancherlei Anzeichen bewiesen, daß der +Geist des Widerstandes sich auch des Volks bemächtigt hatte. Der +Thürsteher des Collegiums warf seinen Schlüssel weg. Der Kellermeister +weigerte sich, den Namen Hough’s aus dem Wirthschaftsbuche zu streichen. +In der ganzen Stadt war kein Schlosser aufzutreiben, der die Thür der +Präsidentenwohnung aufsprengen wollte. Die eigenen Diener der Commissare +mußten die Thür mit eisernen Stangen erbrechen. Die Predigten, welche am +nächstfolgenden Sonntage in der Universitätskirche gehalten wurden, +waren voll von Bemerkungen, welche Cartwright tief kränkten; aber sie +waren so gehalten, daß er nichts dagegen thun konnte. + +Wäre Jakob nicht ganz verblendet gewesen, so würde er hier innegehalten +haben. Die Collegiaten waren im Ganzen genommen nicht geneigt, den +Widerstand noch weiter zu treiben. Sie waren der Meinung, daß sie ihre +Achtung vor ihren Statuten und Eiden hinreichend bewiesen hätten, indem +sie ihre Mitwirkung bei der Einsetzung eines Unberufenen verweigerten, +und daß sie sich ihm jetzt, da er im factischen Besitze des Amtes war, +als ihrem Oberhaupte unterwerfen könnten, ohne einen Vorwurf auf sich zu +laden, bis er durch den Ausspruch eines competenten Gerichts entfernt +wurde. Nur ein Collegiat, Doctor Fairfax, weigerte sich, auch nur soweit +nachzugeben. Die Commissare würden zu einer solchen Verständigung gern +die Hand geboten haben und einige Stunden lang herrschte eine +Waffenruhe, von der Viele glaubten, daß sie zu einem gütlichen Vergleich +führen werde. Aber bald war Alles wieder in Aufregung. Die Collegiaten +sahen, daß die öffentliche Meinung sie offen der Kleinmüthigkeit +beschuldigte; in der Stadt sprach man schon ironisch von einem +Magdalenengewissen und sagte, der tapfere Hough und der brave Fairfax +seien verrathen und verlassen worden. Noch ärgerlicher waren die +Spötteleien Obadja Walker’s und seiner Renegatensippschaft. Das also, +sagten diese Apostaten, sei das Ende von all den hochtrabenden Worten, +in denen die Gesellschaft ihren Entschluß erklärt habe, treu zu ihrem +rechtmäßigen Präsidenten und zu ihrem protestantischen Glauben zu +stehen! Während die Collegiaten, tief gekränkt durch den öffentlichen +Tadel, ihre bedingte Unterwerfung bereueten, erfuhren sie, daß diese den +König noch keineswegs zufriedengestellt habe. Es sei nicht genug, sagte +er, daß sie sich erboten hätten, dem Bischof von Oxford als factischem +Präsidenten zu gehorchen; sie müßten auch die Commission und Alles was +dieselbe gethan habe, als gesetzlich anerkennen. Sie müßten eingestehen, +daß sie pflichtvergessen gehandelt hätten, müßten ihr Benehmen bereuen +und versprechen, daß sie sich in Zukunft besser betragen wollten, müßten +Seine Majestät um Verzeihung bitten und ihm zu Füßen fallen. Nur zwei +Collegiaten, Charnock und Smith, über welche der König nicht zu klagen +hatte, wurden von der Verpflichtung, diese erniedrigenden +Entschuldigungen zu machen, ausgenommen. + +Nie that Jakob einen thörichteren Fehlgriff. Die Collegiaten, schon mit +sich selbst unzufrieden, weil sie so weit nachgegeben hatten, und durch +den Tadel des Publikums gereizt, ergriffen eifrig die ihnen jetzt +gebotene Gelegenheit, die öffentliche Achtung wieder zu gewinnen. Sie +erklärten einstimmig, sie würden niemals deshalb, daß sie in ihrem +Rechte gewesen seien, um Verzeihung bitten, und eben so wenig +anerkennen, daß die Visitation ihres Collegiums und die Beraubung ihres +Präsidenten gesetzlich gewesen sei. + + +[_Vertreibung der Collegiaten._] Jetzt ließ sie der König das angedrohte +ganze Gewicht seiner Hand fühlen. Durch ein summarisches Edict wurden +sie zur Vertreibung verurtheilt. Diese Strafe wurde indessen noch nicht +für genügend erachtet. Man wußte, daß viele Edelleute und Gentlemen, +welche ein kirchliches Patronatrecht hatten, sich bemühen würden, für +Männer zu sorgen, welche für die Gesetze Englands und für den +protestantischen Glauben so viel gelitten. Deshalb erklärte die Hohe +Commission die Vertriebenen für unfähig, irgend ein geistliches Amt +wieder zu bekleiden, und Diejenigen, welche noch nicht ordinirt waren, +wurden für unfähig erklärt, die geistliche Ordination zu empfangen. So +hatte Jakob die Genugthuung, Viele von ihnen aus einer Lage, in der sie +alle möglichen Annehmlichkeiten des Lebens genossen und die schönsten +Aussichten auf zukünftige Anstellungen hatten, in hoffnungslose +Dürftigkeit zurückgeworfen zu haben. + +Aber all’ diese Strenge hatte gerade die entgegengesetzte Wirkung als er +erwartete. Der Geist der Engländer, dieser trotzige Geist, den kein +König aus dem Hause Stuart jemals durch Erfahrung erkennen lernte, +empörte sich heftig gegen die Ungerechtigkeit. Oxford, der friedliche +Sitz der Gelehrsamkeit und Loyalität, war in einem Zustande, ähnlich +dem, in welchem sich London am Morgen nach dem Versuche Karl’s I., die +fünf Parlamentsmitglieder festnehmen zu lassen, befunden hatte. Der +Vicekanzler war am Tage der Vertreibung von den Commissaren zu Tische +eingeladen worden. Er lehnte die Einladung ab. „Mein Geschmack,“ sagte +er, „ist verschieden von dem des Obersten Kirke; ich kann unter dem +Galgen nicht mit Appetit essen.“ Die Studenten weigerten sich, den neuen +Vorsteher des Magdalenen-Collegiums zu grüßen. Smith erhielt den +Spottnamen +Dr.+ Schuft und wurde in einem Kaffeehause öffentlich +insultirt. Als Charnock die Demies aufforderte, in seiner Gegenwart ihre +akademischen Übungen vorzunehmen, antworteten sie ihm, daß sie ihrer +rechtmäßigen Vorsteher beraubt seien und sich keiner widerrechtlichen +Autorität unterwerfen würden. Sie versammelten sich zum Studiren wie zum +Gottesdienst auf eigne Hand. Man versuchte es, sie durch das Anerbieten +der einträglichen Collegiaturen, welche eben für erledigt erklärt worden +waren, zu verführen, aber ein Untergraduirter nach dem andren antwortete +mit männlichem Freimuth, daß sein Gewissen ihm nicht gestatte, aus einem +Unrecht für sich Nutzen zu ziehen. Ein Student, der sich zur Annahme +einer Collegiatur überreden ließ, wurde von seinen Comiletonen aus dem +Saale gestoßen. Es wurden junge Leute aus anderen Collegien eingeladen, +aber mit geringem Erfolg; die reichste Stiftung des Landes schien selbst +für arme Studenten alle Anziehungskraft verloren zu haben. Inzwischen +wurde in London und im ganzen Lande Geld zur Unterstützung der +vertriebenen Collegiaten gesammelt. Die Prinzessin von Oranien zeichnete +zur großen Freude aller Protestanten zweihundert Pfund. Der König, +beharrte nichtsdestoweniger bei dem eingeschlagenen Verfahren. Auf die +Vertreibung der Collegiaten folgte bald die Ausstoßung einer Menge +Demies. Währenddem nahmen die körperlichen und geistigen Kräfte des +neuen Präsidenten mehr und mehr ab. Er hatte zu der Zeit, als sein +Kollegium sich in offener Empörung gegen seine Autorität befand, noch +einen schwachen Versuch gemacht, der Regierung einen Dienst zu leisten, +indem er eine Vertheidigung der Indulgenzerklärung oder vielmehr der +Lehre von der Transsubstantiation erscheinen ließ. Diese Schrift rief +viele Entgegnungen hervor, namentlich eine von Burnet, die mit +außerordentlicher Kraft und Schärfe geschrieben war. Wenige Wochen nach +der Vertreibung der Demies starb Parker in dem Hause, von dem er +gewaltsam Besitz ergriffen hatte. Man sagte damals, Reue und Scham +hätten sein Ende beschleunigt. Er ruht in der schönen Vorkapelle des +Collegiums, aber kein Denkstein bezeichnet sein Grab. + + +[_Das Magdalenen-Collegium in ein papistisches Seminar verwandelt._] Der +ganze Plan des Königs wurde nun vollends ausgeführt: das Collegium wurde +zu einem papistischen Seminar umgestaltet. Bonaventura Giffard, der +katholische Bischof von Madura, ward Präsident. In der Kapelle wurde +katholischer Gottesdienst gehalten und an einem Tage zwölf Katholiken +als Collegiaten aufgenommen. Einige servile Protestanten bewarben sich +um die Aufnahme, wurden aber abschläglich beschieden. Smith, der loyal +bis zur Begeisterung, aber noch immer ein aufrichtiges Mitglied der +anglikanischen Kirche war, konnte das veränderte Aussehen des Hauses +nicht ertragen. Er entfernte sich, kam der Aufforderung zur Rückkehr in +seine Wohnung nicht nach, und wurde daher abgesetzt. So war das +Beraubungswerk vollendet.[22] + +Das Universitätssystem Englands ist von der Art, daß jedes Ereigniß, das +die Interessen oder die Ehre irgend einer Universität berührt, im ganzen +Lande nothwendig einen starken Eindruck machen muß. Jeder neue Schlag +gegen das Magdalenen-Collegium wurde daher bis an die äußersten +Endpunkte des Königreichs gefühlt. In den londoner Kaffeehäusern, in den +juristischen Hochschulen, unter den Geistlichen aller Domkapitel, in +Pfarrwohnungen und Landschlössern selbst der entferntesten Grafschaften +war das Mitleid mit den Duldern und der Unwille gegen die Regierung +beständig im Zunehmen. Hough’s Protest fand überall Beifall, das +Aufsprengen seiner Thür wurde überall mit Abscheu erzählt und das über +die Collegiaten verhängte Beraubungs- und Vertreibungsurtheil zerriß +endlich die einst so engen und theuren Bande, welche die anglikanische +Kirche mit dem Hause Stuart verknüpften. + + [Anmerkung 22: Prozeßverfahren gegen das Magdalenen-Collegium zu + Oxford wegen Nichterwählung Anton Farmer’s zum Präsidenten, in der + +Collection of State Trials+, Ausgabe von Howell; +Luttrell’s + Diary, June 15., 17., Oct. 24., Dec. 10. 1687+; +Smith’s + Narrative+; Brief von Doctor Richard Rawlinson vom 31. Oct. 1687; + +Reresby’s Memoirs+; +Burnet, I. 699+; +Cartwright’s Diary+; + Citters, 25. Oct. (4. Nov.), 28. Oct. (7. Nov.), 8.(18.) u. + 18.(28.) Nov. 1687.] + + +[_Groll der Geistlichkeit._] Bitterer Groll und schlimme Befürchtungen +traten an die Stelle der Liebe und des Vertrauens. Es gab keinen +Pfründner, keinen Rector und keinen Vikar, der nicht von der Angst +gequält worden wäre, daß er, so friedlich sein Character und so +unbedeutend seine Stelle sein mochte, vielleicht in wenigen Monaten +durch einen willkürlichen Machtspruch aus seinem Hause vertrieben werden +könne, um im zerrissenen Priesterrocke mit Frau und Kindern zu betteln, +während sein durch uralte Gesetze und durch das königliche Wort +gesichertes Eigenthum von einem Apostaten in Besitz genommen wurde. Das +war also der Lohn für die heldenmüthige Loyalität, die sich in allen +Wechselfällen fünfzig stürmischer Jahre nicht ein einziges Mal +verleugnet hatte! Deshalb also hatte die Geistlichkeit für Karl I. +Plünderung und Verfolgung ertragen, deshalb hatte sie Karl II. in seinem +harten Kampfe mit der whiggistischen Opposition unterstützt, deshalb +hatte sie in der vordersten Reihe gegen Diejenigen gestanden, welche +Jakob seines Geburtsrechtes berauben wollten! Ihrer Treue allein +verdankte ihr Unterdrücker die Macht, die er jetzt zu ihrem Verderben +anwendete. Lange genug hatten sie mit bitterem Schmerze die Leiden +aufgezählt, die sie von den Puritanern in den Tagen ihrer Macht hatten +erdulden müssen. Der Puritaner war indessen einigermaßen zu +entschuldigen. Er war ein erklärter Feind, er hatte sich für erlittenes +Unrecht zu rächen und selbst er war nicht ganz ohne Mitleid gewesen, als +er die Kirchenverfassung des Landes umgestaltete und Alle, die seinen +Covenant nicht unterschreiben wollten, absetzte. Er hatte denen, die er +ihrer Pfründen beraubte, wenigstens so viel davon gelassen, als sie zu +ihrem Lebensunterhalte nothwendig brauchten. Aber des Königs Haß gegen +die Kirche, die ihn vor der Verbannung bewahrt und auf den Thron erhoben +hatte, war nicht so leicht zu sättigen. Nur der völlige Ruin seiner +Opfer konnte ihn zufrieden stellen. Nicht genug, daß sie aus ihren +Wohnungen vertrieben und ihres Einkommens beraubt wurden, auch jede +andre Laufbahn, auf der Männer ihrer Art ihren Unterhalt suchen konnten, +war ihnen mit raffinirter Böswilligkeit verschlossen und es blieb ihnen +nichts Andres übrig, als die unsichere und beschämende Hülfsquelle der +öffentlichen Mildthätigkeit. + +Die anglikanische Geistlichkeit und diejenigen Laien, welche dem +protestantischen Episcopat mit Liebe zugethan waren, betrachteten daher +jetzt den König mit Gefühlen, wie sie eine durch Undank noch +verschlimmerte Ungerechtigkeit nothwendig, erregen muß. Indessen hatte +der Anglikaner noch immer viele Bedenken des Gewissens und der Ehre zu +überwinden, ehe er sich zum gewaltsamen Widerstande gegen die Regierung +entschließen konnte. Man hatte ihn gelehrt, daß das göttliche Gesetz +passiven Gehorsam ohne Bedingung oder Ausnahme vorschreibe. Diese +Ansicht hatte er laut und offen ausgesprochen und die Insinuation, daß +extreme Fälle eintreten könnten, welche dem Volke das Recht gäben, gegen +königliche Tyrannei das Schwert zu ziehen, mit Verachtung +zurückgewiesen. Sowohl Grundsatz als Scham hielten ihn demnach ab, das +Beispiel der rebellischen Rundköpfe nachzuahmen, so lange noch einige +Hoffnung auf friedliche und gesetzmäßige Befreiung vorhanden war, und +eine solche Hoffnung konnte man vernünftigerweise wohl hegen, so lange +die Prinzessin von Oranien die nächste Thronerbin war. Wenn er diese +Glaubensprüfung geduldig überstand, so würden die Gesetze der Natur bald +das für ihn thun, was er ohne Sünde und Schande nicht selbst für sich +thun konnte. Die Bedrückungen der Kirche wurden dann abgestellt, ihr +Eigenthum und ihre Würde durch neue Bürgschaften gesichert und die +schändlichen Minister, die sie in Zeiten der Bedrängniß gekränkt und +verhöhnt hatten, wurden exemplarisch bestraft. + + +[_Pläne der jesuitischen Cabale in Bezug auf die Thronfolge._] An das +Ereigniß, von dem die anglikanische Kirche eine ehrenvolle und +friedliche Erlösung von ihren Leiden erwartete, konnten auch die +sorglosesten Mitglieder der jesuitischen Cabale nicht ohne quälende +Besorgnisse denken. Wenn ihr Gebieter starb, ohne ihnen eine größere +Sicherheit gegen die Strafgesetze zu hinterlassen als eine +Indulgenzerklärung, welche die ganze Nation einstimmig für null und +nichtig erklärt hatte, wenn ein von dem nämlichen Geiste, welcher in den +Parlamenten Karl’s II. vorgeherrscht, beseeltes Parlament sich um den +Thron eines protestantischen Landesoberhauptes versammelte, war dann +nicht vorauszusehen, daß eine furchtbare Vergeltung ausgeübt, daß die +alten Gesetze gegen den Papismus mit schonungsloser Strenge gehandhabt +und daß noch härtere neue Gesetze dem Gesetzbuche einverleibt werden +würden? Von diesen schlimmen Befürchtungen wurden die bösen Rathgeber +der Krone schon seit langer Zeit gequält, und einige von ihnen hatten +sonderbare und verzweifelte Schutzmittel ersonnen. Jakob hatte den Thron +kaum bestiegen, so begann man sich in Whitehall schon zuzuflüstern, daß, +wenn die Prinzessin Anna katholisch werden wollte, es mit Hülfe Ludwig’s +vielleicht nicht unmöglich sein würde, das Geburtsrecht ihrer älteren +Schwester auf sie zu übertragen. Bei der französischen Gesandtschaft +fand diese Idee großen Beifall und Bonrepaux war der Meinung, daß +Jakob’s Einwilligung nicht schwer zu erlangen sein werde.[23] Bald +jedoch zeigte es sich deutlich, daß Anna der Landeskirche +unerschütterlich treu war. Der Gedanke, sie zur Königin zu machen, wurde +daher wieder aufgegeben. Dessenungeachtet nährte ein kleines Häuflein +Fanatiker noch immer die kühne Hoffnung, daß es ihnen gelingen könne, +die Thronfolgeordnung zu ändern. Der Plan dieser Männer wurde in einem +Entwurfe dargelegt, von dem noch eine schlechte französische Übersetzung +vorhanden ist. Es sei zu hoffen, sagten sie, daß der König im Stande +sein werde, den wahren Glauben zu befestigen, ohne zu extremen Mitteln +zu greifen; im schlimmsten Fall aber könne er die Verfügung über seine +Krone Ludwig anheimstellen. Es sei für die Engländer immer noch besser, +wenn sie Vasallen Frankreichs wären, als Sklaven des Teufels.[24] Dieses +höchst merkwürdige Actenstück ging unter den Jesuiten und Höflingen von +Hand zu Hand, bis endlich einige ausgezeichnete Katholiken, in denen die +Bigotterie noch nicht allen Patriotismus erstickt hatte, dem +holländischen Gesandten eine Abschrift anfertigten. Dieser zeigte den +Aufsatz dem Könige, und Jakob erklärte denselben für eine erbärmliche +Fälschung, die von einem holländischen Pamphletschmierer ersonnen sein +müsse. Der holländische Gesandte antwortete mit Entschiedenheit, daß er +durch das Zeugniß mehrerer ausgezeichneter Mitglieder der eigenen Kirche +Seiner Majestät das Gegentheil beweisen könne, ja daß es sogar nicht +schwer sein werde, den Verfasser ausfindig zu machen, welcher im Grunde +nur das niedergeschrieben habe, wovon viele Priester und geschäftige +Politiker täglich in den Gallerien des Palastes sprächen. Der König +hielt es nicht für rathsam, nach dem Verfasser zu forschen, nahm den +Vorwurf der Fälschung zurück und versicherte mit großer Heftigkeit und +Feierlichkeit, daß es ihm nie in den Sinn gekommen sei, seine älteste +Tochter zu enterben. „Niemand,“ sagte er, „hat es je gewagt, eine solche +Idee gegen mich zu äußern, und ich würde auch nie darauf hören. Gott +befiehlt uns nicht, die wahre Religion durch Ungerechtigkeit zu +verbreiten, und dies würde die empörendste, widernatürlichste +Ungerechtigkeit sein“.[25] Trotz aller dieser Betheuerungen meldete +Barillon wenige Tage später seinem Hofe, daß Jakob angefangen habe, auf +Einflüsterungen in Betreff einer Änderung der Thronfolgeordnung zu +hören, daß die Sache zwar sehr kitzlich sei, daß man aber gegründete +Hoffnung habe, mit der Zeit und durch vorsichtiges Verfahren einen Weg +zu finden, um die Krone mit Ausschließung der beiden Prinzessinnen auf +ein römisch-katholisches Haupt zu bringen.[26] Dieser Plan wurde noch +viele Monate von den heftigsten und überspanntesten Papisten am Hofe +besprochen, und es wurden wirklich Candidaten für den Königsthron +genannt.[27] + + [Anmerkung 23: +„Quand on connoit le dedans de cette cour aussi + intimement que je la connois, on peut croire que Sa Majesté + Britannique donnera volontiers dans ces sortes de projets.“+ + Bonrepaux an Seignelay, 18.(28.) März 1686.] + + [Anmerkung 24: +„Que, quand pour établir la religion Catholique et + pour la confirmer icy, il+ (Jakob) +devroit se rendre en quelque + façon dépendant de la France, et mettre la décision de la + succession à la couronne entre les mains de ce monarque là, qu’il + seroit obligé de le faire, parcequ’il vaudroit mieux pour ses + sujets qu’ils devinssent vassaux du Roy de France, étant + Catholiques, que de demeurer comme esclaves du Diable.“+ -- Dieses + Schriftstück befindet sich sowohl im französischen als auch im + holländischen Archive.] + + [Anmerkung 25: Citters, 6.(16.) u. 17.(27.) Aug.; Barillon, + 19.(29.) Aug.] + + [Anmerkung 26: Barillon, 13.(23.) Sept. 1686. +„La succession est + une matière fort délicate à traiter. Je sais pourtant qu’on en + parle au Roy d’Angleterre et qu’on ne désespère pas avec le temps + de trouver des moyens pour faire passer la couronne sur la tête + d’un héritier Catholique.“+] + + [Anmerkung 27: Bonrepaux, 11.(21.) Juli 1687.] + + +[_Jakob’s und Tyrconnel’s Plan, die Prinzessin von Oranien von der +Erbfolge im Königreich Irland auszuschließen._] Es ist jedoch nicht +wahrscheinlich, daß Jakob jemals einen so unsinnigen Schritt zu thun +beabsichtigte. Er mußte wissen, daß England nicht einen einzigen Tag das +Joch eines Usurpators ertragen hätte, der noch obendrein Papist war, und +daß sowohl Diejenigen, welche die Ausschließungsbill unterstützt, als +auch Die, welche sich ihr widersetzt hatten, jeden Versuch, die +Prinzessin Marie bei Seite zu schieben, auf Leben und Tod bekämpft haben +würden. Dagegen unterliegt es keinem Zweifel, daß der König bei einem +minder unsinnigen, aber eben so unverantwortlichen Anschlage auf die +Rechte seiner Kinder die Hand im Spiele hatte. Tyrconnel hatte im +Einverständniß mit seinem Gebieter Anstalten getroffen, um Irland von +dem Königreiche zu trennen und es unter Ludwig’s Protection zu stellen, +sobald die Krone einem protestantischen Oberhaupte zufallen würde. +Bonrepaux war zu Rathe gezogen worden, hatte seinem Hofe den Plan +mitgetheilt und die Weisung erhalten, Tyrconnel zu versichern, daß +Frankreich zur Ausführung dieser großartigen Idee kräftigen Beistand +leisten werde.[28] Diese Unterhandlungen, welche im Haag vielleicht +nicht in ihrem ganzen Umfange genau bekannt waren, aber doch stark +vermuthet wurden, dürfen nicht außer Acht gelassen werden, wenn man sich +ein richtiges Urtheil über das Verfahren bilden will, das die Prinzessin +von Oranien wenige Monate später einschlug. Wer sie einer Verletzung der +Kindespflicht beschuldigt, muß zugeben, daß ihr Fehler durch das ihr +zugefügte Unrecht wenigstens sehr gemildert wird. Wenn sie im Interesse +ihres Glaubens die heiligsten Bande der Blutsverwandtschaft zerriß, so +folgte sie nur dem Beispiele ihres Vaters. Sie lieh erst dann die Hand +zu seiner Absetzung, als er einen Anschlag zu ihrer Enterbung +geschmiedet hatte. + + [Anmerkung 28: Bonrepaux an Seignelay, 25. Aug. (4. Sept.) 1687. + Ich will eine Stelle aus dieser wichtigen Depesche hier anführen. + +„Je sçay bien certainement que l’intention du Roy d’Angleterre + est de faire perdre ce royaume+ (Irland) +à son successeur, et de + le fortifier en sorte que tous ses sujets Catholiques y puissent + avoir un asile assuré. Son projet est de mettre les choses en cet + estat dans le cours de cinq années.“+ -- In den +Secret Consults + of the Romish Party in Ireland, 1690+, findet sich eine Stelle, + aus welcher hervorgeht, daß diese Unterhandlung nicht streng + geheim gehalten wurde. „Obgleich der König es selbst vor seinen + Räthen verschwieg, so ist es doch gewiß, daß er dem französischen + König die Verfügung über jene Regierung und jenes Königreich + versprochen hat, sobald die Dinge so weit gediehen sein würden, + daß es sich thun ließe.“] + + +[_Schwangerschaft der Königin._] Bonrepaux war kaum davon +benachrichtigt, daß Ludwig beschlossen habe, Tyrconnel’s Vorhaben zu +unterstützen, so wurde jeder Gedanke an diesen Plan wieder aufgegeben. +Jakob erblickte den ersten Schimmer einer Hoffnung, die ihn mit Stolz +und Entzücken erfüllte: die Königin war schwanger. + + +[_Allgemeiner Zweifel._] Gegen Ende October 1687 begann sich die große +Neuigkeit gerüchtweise zu verbreiten. Man hatte bemerkt, daß Ihre +Majestät sich unter dem Vorwande der Unpäßlichkeit von mehreren +öffentlichen Feierlichkeiten fern gehalten. Es hieß, daß ihr eine Menge +Reliquien, denen man eine außerordentliche Wirkung zuschrieb, umgehängt +worden seien. Die Geschichte fand bald ihren Weg aus dem Palaste in die +Kaffeehäuser und verbreitete sich rasch durch das ganze Land. Nur sehr +Wenige begrüßten das Gerücht mit Freuden, der bei weitem größte Theil +der Nation vernahm es mit einem Gemisch von Zweifel und Besorgniß. Die +Sache war jedoch keineswegs so unglaublich. Der König hatte eben erst +sein vierundfünfzigstes Jahr vollendet und die Königin stand im Sommer +ihres Lebens. Sie hatte vier Kinder geboren, welche jung starben, und +lange nachher wurde sie von einem fünften entbunden, das Niemand ein +Interesse hatte als untergeschoben zu betrachten und das daher auch nie +für ein solches erklärt wurde. Da indessen seit dieser letzten +Schwangerschaft fünf Jahre verstrichen waren, so hatte das Volk unter +dem Einflusse der Täuschung, welche die Menschen so leicht verleitet, +das zu glauben was sie wünschen, jede Besorgniß, daß sie noch einen +Thronerben zur Welt bringen werde, aufgegeben. Auf der andren Seite +schien nichts natürlicher und wahrscheinlicher, als daß die Jesuiten +einen frommen Betrug ersonnen haben könnten. Es unterlag keinem Zweifel, +daß sie die Thronbesteigung der Prinzessin von Oranien als einen der +härtesten Schläge betrachten mußten, der ihre Kirche treffen konnte. +Eben so gewiß war es, daß sie nicht sehr gewissenhaft in der Wahl der +Mittel sein würden, mit deren Hülfe sie ein so großes Unglück von ihrer +Kirche abwenden konnten. In Werken von ausgezeichneten Mitgliedern ihrer +Gesellschaft, welche von ihren Oberen sanctionirt waren, war es deutlich +ausgesprochen, daß selbst Mittel, welche allen Begriffen von +Gerechtigkeit und Humanität noch viel ärger Hohn sprachen, als die +Einschmuggelung eines unächten Erben in eine Familie, mit Fug und Recht +zu minder wichtigen Zwecken angewendet werden dürften, als die Bekehrung +eines ketzerischen Königreichs war. Es war ruchbar geworden, daß einige +Räthe des Königs und sogar der König selbst Pläne geschmiedet hätten, um +die Prinzessin Marie ganz oder theilweis um ihr rechtmäßiges Erbe zu +betrügen. Es bemächtigte sich der öffentlichen Meinung ein Verdacht, der +zwar nicht wohl begründet, aber keineswegs so abgeschmackt war, als man +gewöhnlich glaubt, und die Unbesonnenheit einiger Katholiken bestärkte +das allgemeine Vorurtheil. Sie sprachen von dem glücklichen Ereignisse +wie von etwas Außerordentlichem und Wunderbaren, wie von einem Zeichen +derselben göttlichen Allmacht, welche Sara durch Isaak stolz und +glücklich machte und die Gebete Hanna’s mit Samuel belohnte. Marien’s +Mütter, die Herzogin von Modena, war unlängst gestorben. Kurz vor ihrem +Tode sollte sie mit inbrünstigen Gebeten und reichen Opfergaben die +heilige Jungfrau von Loretto angefleht haben, daß sie Jakob einen Sohn +schenken möge. Der König selbst hatte im vergangenen August auf seiner +Reise einen Abstecher nach der sogenannten heiligen Quelle gemacht und +dort die heilige Winifreda gebeten, daß sie ihm das Geschenk verschaffen +möge, ohne welches seine großen Pläne zur Verbreitung des wahren +Glaubens nur unvollkommen ausgeführt werden könnten. Die unbesonnenen +Zeloten, die auf solche Geschichten ein großes Gewicht legten, +prophezeiten mit Zuversicht, daß das ungeborne Kind ein Knabe sein werde +und boten darauf eine Wette von zwanzig Guineen gegen eine an. Sie +meinten, der Himmel werde sich nicht in’s Mittel gelegt haben, wenn er +nicht einen großen Zweck dabei hätte. Ein Fanatiker verkündete sogar, +die Königin werde Zwillinge gebären, von denen der ältere König von +England, der jüngere Papst werden würde. Marie konnte das Vergnügen, mit +dem sie diese Prophezeiungen anhörte, nicht verbergen, und ihre Hofdamen +sahen, daß sie sich nicht besser bei ihr insinuiren könnten, als wenn +sie davon sprachen. Die Katholiken würden klüger gethan haben, wenn sie +von der Schwangerschaft als von einem ganz natürlichen Ereignisse +gesprochen und ihr unverhofftes Glück mit mehr Mäßigung getragen hätten. +Ihr übermüthiger Triumph erregte nur den Unwillen des Volks und ihre +Prophezeiungen bestärkten es in seinem Verdacht. Von dem Prinzen und der +Prinzessin von Dänemark herab bis zu den Lastträgern und Waschweibern +erwähnte Niemand die verheißene Geburt ohne ein höhnisches Lächeln. Die +londoner Spottvögel beschrieben das neue Wunder in Reimen, die, wie man +leicht denken kann, nicht eben die zartesten waren. Die ungeschliffenen +Landsquires brachen in ein schallendes Gelächter aus, wenn sie mit +Jemandem zusammentrafen, der so einfältig war zu glauben, daß die +Königin wirklich noch einmal Mutter werden würde. Es erschien eine +königliche Verordnung, welche der Geistlichkeit befahl, ein von Crewe +und Sprat für dieses freudige Ereigniß besonders verfaßtes Bitt- und +Dankgebet zu verlesen. Die Geistlichen gehorchten, aber man bemerkte, +daß die Gemeinden nicht respondirten und kein Zeichen von Ehrerbietung +äußerten. Bald circulirte in allen Kaffeehäusern ein rohes Spottgedicht +auf die höfischen Prälaten, deren Feder sich der König bedient hatte. +Mutter East (Ost) war darin ebenfalls reichlich mit Schmähungen bedacht. +Zu diesem einheimischen einsilbigen Wörtchen hatten unsere Vorfahren den +Namen des großen Hauses Este, welches in Modena regierte, +verstümmelt.[29] + +Die neue Hoffnung, welche den Muth des Königs so sehr hob, war indessen +mit mancherlei Besorgnissen vermischt. Es bedurfte noch etwas mehr als +die Geburt eines Prinzen von Wales zum Gelingen der von der +Jesuitenpartei entworfenen Pläne. Es war nicht anzunehmen, daß Jakob so +lange lebte, bis sein Sohn das zur Ausübung der königlichen Functionen +erforderliche Alter erreicht hatte. Das Gesetz hatte den Fall eines +minderjährigen Thronerben nicht vorgesehen, und der regierende +Landesherr war nicht berechtigt, für diesen Fall eine testamentarische +Verfügung zu treffen. Die gesetzgebende Versammlung allein konnte die +Lücke ausfüllen. Starb Jakob, bevor Letzteres geschehen war, und +hinterließ er einen Nachfolger von zarter Jugend, so mußte die höchste +Gewalt unfehlbar protestantischen Händen zufallen. Selbst diejenigen +Tories, welche am festesten an dem Grundsatze hingen, daß nichts sie zum +Widerstande gegen ihren Lehnsherrn berechtigen könne, würden gewiß kein +Bedenken getragen haben, das Schwert gegen ein papistisches Weib zu +ziehen, die es gewagt hätte, sich die Vormundschaft über das Reich und +über den jugendlichen Souverain anzumaßen. Der Ausgang eines Kampfes +konnte kaum zweifelhaft sein. Der Prinz von Oranien oder seine Gemahlin +wurde Regent und der junge König kam in die Hände ketzerischer Lehrer, +deren Kunstgriffe die Eindrücke, welche sein Gemüth in der Kinderstube +empfangen hatte, jedenfalls bald verwischten. Er konnte ein zweiter +Eduard VI. werden und der durch die Fürsprache der Mutter Gottes und der +heiligen Winifreda erlangte Segen konnte sich in Fluch verwandeln.[30] +Gegen eine solche Gefahr konnte nur eine Parlamentsacte schützen, und +eine solche Acte war nicht leicht zu erlangen. + + [Anmerkung 29: Citters, 28. Oct. (7. Nov.), 22. Nov. (2. Dec.) + 1687; die Prinzessin Anna an die Prinzessin von Oranien, 14. u. + 20. März 1687/8; Barillon, 1.(11.) Dec. 1687; +Revolution + Politics+; das Gedicht: +„Two Toms and a Nat“+; Johnstone, 4. + April 1688; +Secret Consults of the Romish Party in Ireland, + 1690+.] + + [Anmerkung 30: Die Besorgnisse des Königs über diesen Punkt werden + von Ronquillo in einer Depesche vom 12.(22.) Dec. 1688 mit starken + Farben geschildert: +„Un Principe de Vales y un Dogue de York y + otro di Lochaosterna+ (vermuthlich Lancaster), +no bastan, a + reducir la gente; porque el Rey tiene 54 años, y vendrá á morir, + dejando los hijos pequeños, y que entonces el reyno se apoderará + dellos, y los nombrará tutor, y los educará en la religion + protestante, contra la disposicion que dejare el Rey, y la + autoridad de la Reyna.“+] + + +[_Stimmung der Wahlkörper und der Peers._] Es schien Alles anzudeuten, +daß, wenn die Häuser einberufen werden sollten, sie von dem Geiste von +1640 beseelt nach Westminster kommen würden. Das Resultat der +Grafschaftswahlen konnte kaum zweifelhaft sein. Die ganze Masse der +Grundeigenthümer, hohe und niedere, geistlichen und weltlichen Standes, +waren gegen die Regierung heftig aufgebracht. In der großen Mehrzahl +derjenigen Städte, wo das Stimmrecht von der Entrichtung örtlicher +Steuern oder von dem Besitze eines Grundstücks abhängig war, hätte sich +kein höfisch gesinnter Kandidat blicken lassen dürfen. Ein sehr großer +Theil des Unterhauses wurde von Mitgliedern von Municipalcorporationen +gewählt. Diese Corporationen waren unlängst reorganisirt worden, um den +Einfluß der Whigs und der Dissenters zu zerstören, mehr als hundert +Wahlkörper waren durch der Krone ergebene Gerichtshöfe ihrer Freibriefe +beraubt oder doch veranlaßt worden, einer gewaltsamen Entziehung ihrer +Privilegien durch freiwilliges Aufgeben derselben zuvorzukommen. Jeder +Mayor, jeder Alderman, jeder Stadtschreiber von Berwick bis Helstone war +Tory und Anglikaner; aber Tories und Anglikaner waren jetzt dem +Souverain nicht mehr ergeben. Die neuen Municipalbehörden waren noch +unlenksamer als die früheren je gewesen waren, und sie wählten ohne +allen Zweifel solche Abgeordnete, deren erster parlamentarischer Act +eine Anklage gegen alle papistischen Geheimräthe und gegen alle +Mitglieder der Hohen Commission war. + +Bei den Lords waren die Aussichten fast eben so trübe als bei den +Gemeinen. Es unterlag keinem Zweifel, daß die große Mehrzahl der +weltlichen Peers gegen die Maßregeln des Königs sein würden, und auf der +Bischofsbank, welche ihn vor sieben Jahren einstimmig gegen Diejenigen +unterstützt hatte, die ihn seines Geburtsrechtes berauben wollten, +konnte er nur auf den Beistand von vier oder fünf servilen Schmeichlern +rechnen, die von ihren Berufsgenossen wie von der ganzen Nation +verachtet wurden.[31] + +Jedem, den die Leidenschaft nicht gänzlich verblendete, mußten diese +Hindernisse unübersteiglich erscheinen. Die gewissenlosesten Sklaven der +Gewalt ließen Zeichen von Besorgniß laut werden. Dryden äußerte, der +König werde durch seinen Versuch, die Sache besser zu machen, sie nur +verschlimmern, und er sehnte sich zurück nach den goldenen Tagen des +sorglosen und gutmüthigen Karl.[32] Selbst Jeffreys wurde schwankend. So +lange er arm war, war er stets bereit gewesen, um des Gewinns willen dem +bösen Leumunde und dem öffentlichen Hasse zu trotzen; aber er hatte sich +jetzt durch Bestechlichkeit und Erpressungen große Reichthümer erworben, +und es lag ihm mehr daran, sich den Besitz derselben zu sichern, als sie +noch zu vermehren. Seine Lauheit zog ihm einen strengen Verweis aus +königlichem Munde zu. Aus Furcht, das große Siegel zu verlieren, +versprach er Alles was von ihm verlangt wurde; Barillon aber bemerkte in +seinem hierauf bezüglichen Berichte an Ludwig, daß der König von England +sich selbst auf Diejenigen, die etwas zu verlieren hätten, nicht mehr +verlassen könne.[33] + + [Anmerkung 31: Drei damals entworfene Stimmlisten sind noch + vorhanden; eine befindet sich in den französischen Archiven, die + beiden anderen in den Archiven der Familie Portland. In diese + Listen sind die Peers unter drei Rubriken eingetragen: Für + Aufhebung des Testes, gegen die Aufhebung, und zweifelhaft. Nach + der einen Liste waren 31 für, 86 gegen und 20 zweifelhaft; nach + der zweiten 33 für, 87 gegen und 19 zweifelhaft; nach der dritten + 35 für, 92 gegen und 10 zweifelhaft. Abschriften der drei Listen + befinden sich unter den Mackintosh-Manuscripten.] + + [Anmerkung 32: Im Britischen Museum befindet sich ein Brief von + Dryden an Etherege vom Februar 1688. Ich entsinne mich nicht, ihn + gedruckt gesehen zu haben. „Ach,“ sagt Dryden, „möchte doch unser + König durch sein eignes Beispiel zu edler Muße aufmuntern, wie + sein Vorgänger hochseligen Andenkens es that. Mich dünkt er wird + mit all’ seinem Geschäftseifer die Angelegenheiten nicht + fördern.“] + + [Anmerkung 33: Barillon, 29. Aug. (8. Sept.) 1687.] + + +[_Jakob beschließt, ein bestochenes Parlament zusammenzusetzen._] Trotz +alledem beschloß Jakob, seinen Weg beharrlich zu verfolgen. Die +Zustimmung eines freien und gesetzlichen Parlaments zu erlangen, war +offenbar unmöglich; aber nicht ganz unmöglich war es, durch Bestechung, +Einschüchterung, gewaltthätige Anwendung der Prärogative und +betrügerische Rechtsverdrehungen eine Versammlung zu Stande zu bringen, +die sich ein Parlament nennen konnte und bereit war, jeden Befehl des +Souverains als Gesetz zu registriren. Es mußten Wahlbeamte ernannt +werden, die den geringsten Vorwand benutzten, um Freunde des Königs für +rechtsgültig gewählt zu erklären. Jedem Angestellten, von den höchsten +bis zu den niedrigsten, mußte zu verstehen gegeben werden, daß, wenn er +sein Amt behalten wolle, er diesmal den Thron durch seine Stimme und +seinen Einfluß unterstützen müsse. Zu gleicher Zeit mußte die Hohe +Commission ein scharfes Auge auf die Geistlichkeit haben. Die Wahlorte, +welche erst kürzlich reorganisirt worden waren, um dem einen Zwecke zu +dienen, konnten noch einmal umgestaltet werden, um einem andren zu +dienen. Auf diese Weise hoffte der König im Hause der Gemeinen eine +Majorität zu erlangen. Das Oberhaus war dann ganz in seiner Gewalt, denn +er hatte das unbestrittene gesetzliche Recht, Peers nach seinem +Gutdünken zu ernennen, und er war fest entschlossen, von diesem Rechte +Gebrauch zu machen. Er wünschte zwar nicht, was auch kein Souverain +wünschen kann, die höchste Ehrenbezeigung, welche die Krone zu verleihen +vermag, werthlos zu machen; aber er schmeichelte sich mit der Hoffnung, +daß es ihm durch Einberufung einiger nächster Erben in die Versammlung, +in der sie doch früher oder später einmal ihren Sitz einnehmen mußten, +und durch Verleihung englischer Adelstitel an schottische und irische +Lords gelingen werde, sich eine Majorität zu sichern; ohne so viele +Leute in den Adelsstand erheben zu müssen, daß dadurch die Adelskrone +und der Hermelin an Ansehen verloren. Indessen hatte er sich +vorgenommen, im Nothfall auch zu den äußersten Mitteln zu greifen. Als +in einer zahlreichen Gesellschaft einmal die Meinung ausgesprochen +wurde, daß sich die Peers unfügsam zeigen würden, sagte Sunderland zu +Churchill: „Wie einfältig! Ihre Garde wird vor dem Hause der Lords +stehen.“[34] + +Nachdem Jakob beschlossen hatte, ein corrumpirtes Parlament +zusammenzubringen, ging er energisch und planmäßig an die Ausführung. Es +erschien in der Gazette eine Proklamation, welche ankündigte, daß der +König sich entschlossen habe, die Bestallungen der Friedensrichter und +der Grafschaftsstatthalter einer Revision zu unterwerfen und daß nur +diejenigen Gentlemen im Staatsdienste bleiben sollten, welche geneigt +waren, seine Politik zu unterstützen[35]. Ein Ausschuß von sieben +Geheimräthen saß in Whitehall, um, wie man sich ausdrückte, die +Municipalkörperschaften zu reguliren. In diesem Ausschusse vertrat +Jeffreys allein das protestantische, Powis das gemäßigte katholische +Interesse. Alle anderen Mitglieder gehörten der jesuitischen Faction an. +Unter ihnen befand sich auch Petre, der in den Geheimen Rath vereidigt +worden war. Seine Ernennung war bis zum factischen Antritt dieser +Function vor Jedermann, mit alleiniger Ausnahme Sunderland’s, sorgfältig +geheim gehalten worden. Der öffentliche Unwille über diese abermalige +Verletzung des Gesetzes äußerte sich laut, und man bemerkte, daß die +Katholiken sie noch rücksichtsloser tadelten als die Protestanten. Der +eitle und ehrgeizige Jesuit war jetzt beauftragt, die Hälfte der +Wahlkörper des Reichs aufzulösen und neu zu organisiren. + + [Anmerkung 34: Lord Bradford, welcher anwesend war, erzählte dies + Dartmouth; Note zu Burnet I. 755.] + + [Anmerkung 35: +London Gazette, Dec. 12, 1687+.] + + +[_Die Regulatoren._] Unter der Oberleitung des Ausschusses der +Geheimräthe stand ein aus thätigen Agenten untergeordneten Ranges +gebildeter Unterausschuß, der die Einzelheiten des Geschäfts zu +besorgen hatte, und im ganzen Lande waren örtliche Ausschüsse von +Regulatoren errichtet, welche mit dem Centralcomité in Westminster +correspondirten.[36] + +Die Personen, auf deren Unterstützung Jakob bei diesem neuen +und schwierigen Unternehmen hauptsächlich rechnete, waren die +Lordlieutenants. Sie erhielten sämmtlich den schriftlichen Befehl, sich +unverweilt in ihre respectiven Grafschaften zu begeben. Dort sollten sie +alle ihre Stellvertreter und Friedensrichter vor sich laden und ihnen +eine Reihe Fragen vorlegen, um zu erfahren, wie sie sich bei einer +allgemeinen Wahl verhalten würden. Die Antworten sollten sie +niederschreiben und der Regierung einsenden. Ferner sollten sie ein +Verzeichniß derjenigen Katholiken und protestantischen Dissenters +anfertigen, welche für die Richterbank und für die Commandos in der +Miliz am geeignetsten erschienen. Auch sollten sie die Stimmung aller +Wahlorte der Grafschaft untersuchen und Berichte darüber einsenden, +welche den Regulatoren bei ihrer Arbeit als Leitfaden dienen konnten. +Schließlich war ihnen bedeutet, daß sie alle diese Pflichten in Person +zu vollziehen hätten und keine Stellvertreter mit der Ausführung +beauftragen dürften.[37] + + [Anmerkung 36: Bonrepaux an Seignelay, 14.(24.) Nov.; Citters, + 15.(25.) Nov.; +Lords’ Journals, Dec. 20. 1689+.] + + [Anmerkung 37: Citters, 28. Oct. (7. Nov.) 1687.] + + +[_Entlassung vieler Lordlieutenants._] Der erste Eindruck, den diese +Befehle machten, würde einen weniger verblendeten Fürsten als Jakob +sofort zur Besinnung gebracht haben. Die Hälfte der Lordlieutenants von +England verweigerten auf das Bestimmteste den gehässigen Dienst, den man +von ihnen verlangte. Sie wurden auf der Stelle entlassen. Alle, welche +diese ihnen zum Ruhme gereichende Ungnade traf, waren hochangesehene +Peers, welche bisher als feste Stützen der Monarchie gegolten hatten. +Einige Namen der Liste verdienen besondere Erwähnung. + + +[_Der Earl von Oxford._] Der vornehmste Unterthan von England und, wie +die Engländer gern sagten, von ganz Europa, war Aubray de Vere, der +zwanzigste und letzte der alten Earls von Oxford. Sein Adelstitel +schrieb sich durch eine ununterbrochene Reihenfolge männlicher Ahnen aus +einer Zeit her, wo die Familien Howard und Seymour noch unbekannt waren, +wo die Nevilles und die Percy erst eine provinzielle Berühmtheit hatten +und wo selbst der große Name Plantagenet in England noch nicht gehört +worden war. Ein Oberhaupt des Hauses de Vere hatte bei Hastings ein +hohes Commando bekleidet, ein Andrer war mit Gottfried und Tancred über +Haufen erschlagener Moslems nach dem Grabe Jesu Christi gezogen. Der +erste Earl von Oxford war Minister Heinrich Beauclerc’s gewesen; der +dritte hatte sich unter den Lords ausgezeichnet, welche von Johann die +Magna Charta erpreßten; der siebente hatte bei Cressy und Poitiers +tapfer gefochten; der dreizehnte war unter vielen Glückswechseln das +Oberhaupt der Partei der Rothen Rose gewesen und hatte in der +entscheidenden Schlacht von Bosworth die Vorhut angeführt; der +siebzehnte hatte am Hofe der Königin Elisabeth geglänzt und sich einen +ehrenvollen Platz unter den älteren Meistern der englischen Dichtkunst +erworben; der neunzehnte war im Kampfe für den protestantischen Glauben +und für die Freiheit Europa’s unter den Mauern von Mastricht gefallen. +Sein Sohn Aubray, mit welchem der älteste und erlauchteste Adelsstamm, +den England je gesehen, erlosch, ein Mann von lockeren Sitten, aber von +harmlosem Charakter und artigen Manieren, war Lordlieutenant von Essex +und Oberst der Blauen. Er war von Natur nicht widersetzlich und es lag +in seinem Interesse, einen Bruch mit dem Hofe zu vermeiden, denn seine +Güter waren mit Schulden belastet und sein Commando ein sehr +einträgliches. Er wurde in das königliche Kabinet beschieden und eine +bündige Erklärung über seine Gesinnungen von ihm verlangt. „Sire,“ +antwortete Oxford, „ich werde bis zum letzten Blutstropfen gegen alle +Feinde zu Eurer Majestät stehen; aber dies ist eine Gewissenssache, in +der ich Ihnen nicht willfahren kann.“ Er wurde augenblicklich seiner +Statthalterschaft und seines Commando’s entsetzt.[38] + + [Anmerkung 38: +Halstead’s Succinct Genealogy of the Family of + Vere, 1685+; +Collins’s Historical Collections+. Siehe auch in den + +Lords’ Journals+ und in +Jones’s Reports+ den Prozeß wegen des + Earlthums Oxford im März und April 1625/26. Die Einleitung der + Rede des Lordoberrichters Crew gehört zu den glänzendsten Proben + der altenglischen Beredtsamkeit. Citters, 7.(17.) Febr. 1688.] + + +[_Der Earl von Shrewsbury._] Dem Hause de Vere, aber auch nur diesem, +stand an Alter und Glanz das Haus Talbot nach. Seit der Regierung +Eduard’s III. hatten die Talbot stets unter den Peers des Reichs +gesessen. Das Earlthum Shrewsbury war im funfzehnten Jahrhundert Johann +Talbot, dem Gegner der Jungfrau von Orleans, verliehen worden. Seine +Landsleute hatten seiner noch lange in Liebe und Verehrung als eines der +berühmtesten Krieger gedacht, welche auf dem europäischen Festlande ein +großes englisches Reich zu gründen versuchten. Der unerschütterliche +Muth, den er im Unglück gezeigt, hatten ihn zum Gegenstande einer +größeren Theilnahme gemacht als glücklichere Feldherren sie erweckt +haben, und sein Tod lieferte unsrer älteren Bühne den Stoff zu einer +ungemein ergreifenden Scene. Seine Nachkommen waren zwei Jahrhunderte +lang ein blühendes und ehrenvolles Geschlecht. Zur Zeit der Restauration +war Franz, der elfte Earl, ein Katholik, das Oberhaupt der Familie. Sein +Tod war von Umständen begleitet gewesen, die selbst in jenen zügellosen +Zeiten, welche unmittelbar auf den Sturz der puritanischen Partei +folgten, Abscheu und Mitleid erweckt hatten. Der Herzog von Buckingham +war im Laufe seiner leichtfertigen Liebeshändel einen Augenblick von der +Gräfin von Shrewsbury angezogen worden. Sie wurde leicht erobert. Ihr +Gemahl forderte den Verführer zum Zweikampfe und fiel. Einige sagten, +das pflichtvergessene Weib habe den Zweikampf in männlicher Verkleidung +mit angesehen. Andere wollten sogar wissen, sie habe den siegreichen +Geliebten ans Herz gedrückt, während sein Hemd noch vom Blute ihres +Gatten geröthet war. Die Titel des Ermordeten gingen auf seinen +unmündigen Sohn Karl über. Als der verwaiste Jüngling zum Manne +heranwuchs, ward es allgemein anerkannt, daß kein andrer junger Adeliger +Englands von der Natur so reich begabt sei. Er besaß ein einnehmendes +Äußere, einen ungemein sanften Character und einen solchen Schatz von +Talenten, daß er, selbst wenn er in einem niederen Stande geboren +gewesen wäre, sich ohne Zweifel zu einer hohen Stellung im Staate +emporgeschwungen haben würde. Alle diese natürlichen Vorzüge hatte er so +gut angewendet, daß er schon vor seiner Volljährigkeit für einen der +feinsten und kenntnißreichsten Gentlemen seiner Zeit galt. Für seine +Gelehrsamkeit sprechen die noch vorhandenen eigenhändigen Anmerkungen +von ihm zu Werken aus fast allen Zweigen der Literatur. Er sprach +Französisch wie ein Kammerherr des Königs Ludwig und Italienisch wie ein +Florentiner. Es war wohl natürlich, daß ein Jüngling von solchen Gaben +nach den Gründen forschte, aus denen seine Familie sich der +Staatsreligion nicht angeschlossen hatte. Er studirte sorgfältig die +Streitpunkte, theilte seine Zweifel Priestern seines eignen Glaubens +mit, legte deren Antworten Tillotson vor, erwog lange und aufmerksam die +beiderseitigen Gründe und erklärte sich nach einer zweijährigen genauen +Untersuchung zum Protestanten. Die anglikanische Kirche nahm den +erlauchten Convertiten freudig in ihren Schooß auf. Er genoß einer +großen Popularität, und diese nahm zu, als man erfuhr, daß der König +umsonst Bitten und Versprechungen an ihn verschwendet hatte, um ihn zu +dem Irrglauben zurückzuführen, den er abgeschworen. Der Character des +jungen Mannes entwickelte sich jedoch nicht in einer Weise, welche +Diejenigen, die an seiner Bekehrung den hauptsächlichsten Antheil +hatten, vollkommen befriedigte. Seine Sittlichkeit entging der +allgemeinen Ansteckung der modischen Ausschweifungen nicht. Der Stoß, +der seine Jugendvorurtheile zerstört, hatte zu gleicher Zeit alle seine +Überzeugungen erschüttert und ihn der schwankenden Leitung seiner +Gefühle preisgegeben. Aber wenn auch seine Grundsätze ihren Halt +verloren hatten, so waren doch die Triebfedern seines Handelns so edel, +sein Gemüth so sanft, sein Benehmen so freundlich und gewinnend, daß es +unmöglich war, ihn nicht zu lieben. Er wurde schon frühzeitig der König +der Herzen genannt und verlor in seinem langen, ereignißvollen und +bewegten Leben nie das Recht auf diese Bezeichnung.[39] + +Shrewsbury war Lordlieutenant von Staffordshire und Oberst eines der +Kavallerieregimenter, die in Folge des Aufstandes im Westen errichtet +worden waren. Er weigerte sich jetzt, seine Thätigkeit durch die +Regulatoren bestimmen zu lassen und wurde deshalb seiner beiden Stellen +entsetzt. + + [Anmerkung 39: +Coxe’s Shrewsbury Correspondence+; +Mackay’s + Memoirs+; +Life of Charles Duke of Shrewsbury, 1718+; +Burnet, I. + 762+; +Birch’s Life of Tillotson.+ In letzterem Werke findet der + Leser einen Brief von Tillotson an Shrewsbury, der meiner Ansicht + nach ein Muster von ernstem, freundschaftlichem und + rücksichtvollem Tadel ist.] + + +[_Der Earl von Dorset._] Kein englischer Adeliger erfreute sich der +Volksgunst in einem reicheren Maße als Karl Sackville, Earl von Dorset. +Er war in der That ein merkwürdiger Mann. In seiner Jugend war er einer +der bekanntesten Wüstlinge der zügellosen Zeit gewesen, welche auf die +Restauration folgte. Er war der Schrecken der londoner Nachtwächter, +hatte manche Nacht auf der Wache zubringen müssen und zum mindesten +einmal eine Zelle in Newgate bewohnt. Seine Liebe zu Betty Morrice und +zu Lorchen Gwynn, die ihn ihren Karl I. zu nennen pflegte, hatte der +Stadt nicht wenig Stoff zur Unterhaltung und zum Ärgerniß gegeben.[40] +Doch bei all’ seinen Thorheiten und Lastern hatte er sich durch +hochherzigen Muth, durch scharfen Verstand und durch natürliche +Herzensgüte ausgezeichnet. Die Leute meinten, die Ausschweifungen, denen +er sich hingäbe, theile er mit dem ganzen Geschlechte der lebenslustigen +jungen Kavaliere, aber sein Mitgefühl für die Leiden der Menschheit und +die Großmuth, mit der er diejenigen, welche durch seine muthwilligen +Streiche verletzt wurden, zu entschädigen suchte, sei nur ihm allein +eigen. Seine Freunde wunderten sich darüber, daß das Publikum zwischen +ihm und ihnen einen Unterschied machte. „Der kann thun was er will,“ +sagte Wilmot; „ihm geschieht nie etwas.“ Das Urtheil der Welt über +Dorset gestaltete sich noch günstiger, als er mit den Jahren und in der +Ehe gesetzter wurde. Jedermann pries seine herablassenden Manieren, +seine geistreiche Unterhaltung, sein weiches Gemüth und seine +Freigebigkeit. Man sagte es vergehe kein Tag, ohne daß eine bedrängte +Familie Ursache habe, seinen Namen zu segnen. Und doch war bei aller +seiner Herzensgüte sein Witz so beißend, daß Spötter, deren Sarkasmus +die ganze Stadt fürchtete, vor dem Sarkasmus Dorset’s zitterten. Alle +politischen Parteien achteten und liebten ihn; ihm selbst aber behagte +die Politik überhaupt nicht sonderlich. Hätte ihn die Nothwendigkeit zu +Anstrengungen gespornt, so würde er wahrscheinlich zu den höchsten +Posten im Staate gestiegen sein; aber er nahm schon durch seine Geburt +einen so hohen Rang ein und war dabei so reich, daß ihm viele +Beweggründe fehlten, welche die Menschen antreiben, sich mit den +öffentlichen Angelegenheiten zu befassen. Er nahm gerade nur so viel +Theil an parlamentarischen und diplomatischen Geschäften, als +hinreichte, um zu beweisen, daß ihm nichts weiter fehlte als die Lust +dazu, um mit Danby und Sunderland zu rivalisiren, und richtete seine +Thätigkeit auf Bestrebungen, die ihm besser zusagten. Gleich vielen +anderen Männern, welche mit großen natürlichen Fähigkeiten eine +angeborne und gewohnheitsmäßige Indolenz verbinden, wurde er ein +geistiger Genußmensch und ein Meister in allen unterhaltenden Zweigen +des Wissens, die man sich ohne ernstes Studium aneignen kann. Er war +anerkanntermaßen der beste Richter in der Malerei, der Sculptur, der +Baukunst und der Schauspielerkunst, den der Hof aufzuweisen hatte. In +Angelegenheiten der schönen Künste und Wissenschaften galt sein Urtheil +in allen Kaffeehäusern für unwiderruflich maßgebend. Mehr als ein +hübsches Theaterstück, das bei der ersten Aufführung durchfiel, wurde +lediglich durch seine Autorität gegen das Geschrei des ganzen Parterres +siegreich vertheidigt und bestand mit glücklichem Erfolge die zweite +Probe. St. Evremond und Lafontaine rühmten die feine Eleganz seines +französischen Styls. Noch nie hatte England einen solchen Gönner der +Literatur gehabt. Er übte seine Freigebigkeit mit eben so richtiger +Einsicht als liberaler Unparteilichkeit, keine Secte oder Faction wurde +dabei von ihm bevorzugt. Geniale Männer, welche durch literarische +Eifersucht oder durch Verschiedenheit ihrer politischen Meinung einander +entfremdet waren, stimmten in der Anerkennung seiner unparteiischen Güte +überein. Dryden gestand, daß Dorset’s fürstliche Freigebigkeit ihn vom +Untergange gerettet habe. Und dennoch wurden Montague und Prior, welche +Dryden durch beißende Satiren getadelt hatten, von Dorset ins +öffentliche Leben eingeführt, und das beste Lustspiel von Dryden’s +Todfeind, Shadwell, war auf Dorset’s Landsitze geschrieben. Hätte der +freigebige Earl sonst gewollt, so hätte er sehr gut mit Denen +rivalisiren können, deren Wohlthäter er zu sein sich begnügte, denn die +Verse, die er gelegentlich dichtete, zeigen bei aller unkünstlerischen +Form Spuren eines angebornen Genies, das bei sorgfältiger Pflege Großes +hätte schaffen können. In dem kleinen Bande seiner Werke finden sich +Lieder, welche die ungezwungene Lebendigkeit Suckling’s besitzen, und +kleine Satiren, deren glänzender Humor dem eines Butler nicht +nachsteht.[41] + +Dorset war Lordlieutenant von Sussex und auf Sussex blickten die +Regulatoren mit besonders ängstlicher Spannung, denn in keiner andren +Grafschaft, Cornwall und Wiltshire ausgenommen, befanden sich so viele +kleine Wahlorte. Er erhielt Befehl, sich auf seinen Posten zu begeben. +Keiner von Denen, die ihn kannten, erwartete, daß er gehorchen werde. Er +gab eine Antwort, wie sie sich für ihn ziemte, und wurde bedeutet, daß +man seiner Dienste nicht mehr bedürfe. Das allgemeine Interesse, das er +seinen vielen edlen und liebenswürdigen Eigenschaften verdankte, wurde +nicht wenig erhöht, als man erfuhr, daß er durch die Post einen anonymen +Brief erhalten hatte, worin ihm angekündigt wurde, daß, wenn er sich +nicht sofort den Wünschen des Königs füge, ihn all’ sein Geist und seine +Popularität nicht vor der Ermordung schützen werde. Eine ähnliche +Warnung erhielt auch Shrewsbury. Drohbriefe waren damals viel seltener +als sie es späterhin geworden sind, und man kann sich daher nicht +darüber wundern, daß das ohnehin schon aufgeregte Volk zu dem Glauben +geneigt war, die besten und edelsten Engländer seien wirklich für +papistische Dolche ausersehen.[42] Gerade zu der Zeit, als diese Briefe +in ganz London das Tagesgespräch bildeten, wurde der verstümmelte +Leichnam eines angesehenen Puritaners auf der Straße gefunden. Es zeigte +sich indessen bald, daß der Mörder die That nicht aus religiösen oder +politischen Beweggründen verübt hatte. Aber der erste Verdacht des +gemeinen Volkes fiel auf die Papisten. Die verstümmelten Überreste des +Ermordeten wurden in feierlicher Prozession nach dem Jesuitencollegium +im Savoy getragen und einige Stunden lang war die Furcht und Wuth der +Menge kaum weniger heftig als an dem Tage, wo Godfrey zu Grabe getragen +ward.[43] + +Mit den übrigen Entlassungen muß ich mich kürzer fassen. Der Herzog von +Somerset, dem vor einigen Monaten schon sein Regiment wieder abgenommen +worden war, wurde nun auch seiner Stelle als Lordlieutenant des +Ostbezirks[44] von Yorkshire enthoben. Die Statthalterschaft des +Nordbezirks verlor der Viscount Fauconberg, die von Shropshire der +Viscount Newark und die von Lancashire der Earl von Derby, der Enkel des +tapferen Kavaliers, der auf dem Schlachtfelde sowohl als auf dem +Schaffot für das Haus Stuart dem Tode so muthig ins Auge geblickt hatte. +Der Earl von Pembroke, der unlängst der Krone gegen Monmouth treu und +tapfer gedient hatte, wurde in Wiltshire, der Earl von Rutland in +Leicestershire, der Earl von Bridgewater in Buckinghamshire, der Earl +von Thanet in Cumberland, der Earl von Northampton in Warwickshire, der +Earl von Abingdon in Oxfordshire, der Earl von Scarsdale in Derbyshire +abgesetzt. Scarsdale verlor außerdem auch sein Reiterregiment und seine +Stelle im Hofstaate der Prinzessin von Dänemark. Diese weigerte sich, +ihn aus ihren Diensten zu entlassen und gab nur einem peremptorischen +Befehle ihres Vaters nach. Der Earl von Gainsborough wurde nicht nur der +Statthalterschaft von Hampshire, sondern auch des Gouverneurpostens von +Portsmouth und des Wildmeisteramts im Neuen Forste entsetzt, zwei +Stellen, die er erst vor wenigen Monaten für fünftausend Pfund gekauft +hatte.[45] + +Der König konnte keine angesehenen Lords und namentlich gar keine +protestantischen auftreiben, welche die erledigten Stellen anzunehmen +bereit waren. Man mußte zwei Grafschaften Jeffreys, einem Manne von sehr +jungem Adel und von geringem Grundbesitz, und zwei andere Preston, der +nicht einmal Peer von England war, zuertheilen. Die übrigen ihrer +Statthalter beraubten Grafschaften wurden fast ohne Ausnahme bekannten +Katholiken oder solchen Höflingen überwiesen, welche dem Könige im +Geheimen versprochen hatten, zur römisch-katholischen Kirche +überzutreten, sobald die Klugheit es ihnen gestatten würde. + + [Anmerkung 40: Der König war nur Lorchen’s Karl III. Ob Dorset + oder Major Hart die Ehre hatte ihr Karl I. zu sein, ist eine + streitige Frage. Meines Bedünkens scheint Dorset gegründeteren + Anspruch auf diesen Vorzug zu haben. Siehe die gestrichene Stelle + in Burnet I. 263, und Pepys’ Tagebuch vom 26. Oct. 1667.] + + [Anmerkung 41: +Pepys’s Diary+; Prior’s Widmung seiner Gedichte an + den Herzog von Dorset; +Johnson’s Life of Dorset+; +Dryden’s Essay + on Satire+ und seine Widmung des +Essay on Dramatic Poesy+. + Dorset’s Liebe zu seiner Gattin und seine strenge eheliche Treue + wird von dem ausschweifenden Narren Sir Georg Etherege in seinen + Briefen aus Regensburg vom 9.(19.) Dec. 1687 und 16.(26.) Jan. + 1688 mit höhnender Geringschätzung erwähnt; Shadwell’s Widmung + zu seinem +Squire of Alsatia+; +Burnet I. 264+; +Mackay’s + Characters.+ Einige Seiten von Dorset’s Character werden in + seiner von Pope verfassten Grabschrift treffend angedeutet: + + Doch sanft war sein Herz, wenn auch streng sein Lied; + + und weiterhin: + + Ein glücklicher Hofmann, von Fürst und Land geliebt, + Und dennoch treu der Freundschaft und der Muße.] + + [Anmerkung 42: Barillon, 9.(19.) Jan. 1688; Citters, Jan. 31. + (Febr. 10.)] + + [Anmerkung 43: Adda, 3.(13.) u. 10.(20.) Febr. 1688.] + + [Anmerkung 44: Die Grafschaft York, die größte von England, wird + in drei Bezirke (+Ridings+) eingetheilt. D. Übers.] + + [Anmerkung 45: Barillon, 5.(15.), 8.(18.) u. 12.(22.) Dec. 1687; + Citters, 29. Nov. (9. Dec.) u. 2.(12.) Dec.] + + +[_An die Obrigkeiten gerichtete Fragen, und Antworten darauf._] Endlich +wurde die neue Maschinerie in Bewegung gesetzt und bald kam aus allen +Gegenden des Landes die Nachricht von der vollständigen und +hoffnungslosen Niederlage. Der Katechismus, nach welchem die +Lordlieutenants die Gesinnungen der Landgentry erforschen sollten, +bestand aus drei Fragen. Jeder Magistratsbeamte und jeder Stellvertreter +des Lordlieutenants mußte gefragt werden, erstens ob er, im Fall er +gewählt würde, um im Parlamente zu dienen, für eine im Sinne der +Indulgenzerklärung gefaßte Bill stimmen wolle; zweitens ob er als Wähler +seine Stimme solchen Candidaten geben wolle, die sich verpflichteten, +für eine derartige Bill zu stimmen; und drittens ob er als Privatmann +die wohlwollenden Zwecke des Königs fördern wolle, indem er mit Leuten +jeder religiösen Überzeugung in Frieden lebte.[46] + +Sobald diese Fragen bekannt geworden waren, wurde ein mit seltener +Geschicklichkeit entworfenes Antwortformular im ganzen Lande verbreitet +und allgemein angenommen. Es lautete folgendermaßen: „Im Fall mir die +Ehre zu Theil werden sollte, einen Sitz im Hause der Gemeinen +einzunehmen, werde ich als Mitglied dieses Hauses es für meine Pflicht +halten, die Gründe, welche für und gegen eine Indulgenzbill im Laufe der +Debatte geltend gemacht werden, sorgfältig zu erwägen, und dann nach +meiner gewissenhaften Überzeugung zu stimmen. Als Wähler werde ich meine +Stimme solchen Candidaten geben, deren Begriffe von den Pflichten eines +Volksvertreters mit meinen eigenen übereinstimmen. Als Privatmann hege +ich den Wunsch, mit Jedermann in Frieden und Eintracht zu leben.“ + + [Anmerkung 46: Citters, 28. Oct. (7. Nov.) 1687; +Lonsdale’s + Memoirs.+] + + +[_Scheitern der Pläne des Königs._] Diese Antwort, die noch viel +trotziger war als eine förmliche Weigerung, weil sie einen leichten +Anflug von milder und anständiger Ironie hatte, über die man sich nicht +wohl gereizt zeigen konnte, war Alles was die Emissäre des Hofes von den +meisten Landgentlemen erlangen konnten. Gegenvorstellungen, +Versprechungen und Drohungen wurden vergebens angewendet. Der Herzog von +Norfolk, obgleich Protestant und mit dem Verfahren der Regierung +unzufrieden, hatte sich zu ihrem Werkzeuge in zwei Grafschaften +hergegeben. Er begab sich zuerst nach Surrey, wo er aber bald sah, daß +er nichts ausrichten konnte.[47] Dann ging er nach Norfolk, von wo er +ebenfalls bald zurückkehrte, um dem Könige zu melden, daß ihm von +siebzig Gentlemen, welche in dieser großen Provinz öffentliche Ämter +bekleideten, nur sechs Hoffnung gemacht hätten, die Politik des Hofes zu +unterstützen.[48] Der Herzog von Beaufort, dessen Autorität sich über +vier englische Grafschaften und über das ganze Fürstenthum Wales +erstreckte, kam mit einem nicht minder niederschlagenden Berichte nach +Whitehall.[49] Rochester war Lordlieutenant von Hertfordshire. Sein +ganzer kleiner Schatz von Tugend war in dem Kampfe gegen die starke +Versuchung, seine Religion für Geld zu verkaufen, aufgezehrt worden; er +war noch durch einen Jahrgehalt von viertausend Pfund an den Hof +gebunden, und zum Dank dafür war er zu jedem wenn auch noch so +ungesetzlichen und erniedrigenden Dienste bereit, vorausgesetzt, daß man +nicht die Formalität einer Aussöhnung mit Rom von ihm verlangte. Er +hatte sich bereitwilligst der Aufgabe unterzogen, seine Grafschaft zu +bearbeiten, und er ging dabei, wie immer, mit übereilter Heftigkeit und +Gewaltthätigkeit zu Werke. Aber er verschwendete seinen Eifer vergebens +an die starrsinnigen Squires, mit denen er es zu thun hatte. Sie +erklärten ihm einstimmig, daß sie keinen Mann ins Parlament schicken +wollten, der für die Beseitigung der Schutzwehren des protestantischen +Glaubens stimmen würde.[50] Dieselbe Antwort erhielt der Kanzler auch in +Buckinghamshire.[51] Die Gentry von Shropshire weigerte sich in einer zu +Ludlow veranstalteten Zusammenkunft einhellig, sich durch das von dem +Könige verlangte Versprechen zu binden.[52] Der Earl von Yarmouth +berichtete aus Wiltshire, daß von sechzig Magistratsbeamten und +Statthaltersubstituten, mit denen er gesprochen, nur sieben eine +günstige Antwort gegeben hätten und daß man selbst diesen nicht trauen +könne.[53] Der Renegat Peterborough richtete eben so wenig in +Northamptonshire aus.[54] Nicht glücklicher war sein Genosse Dover in +Cambridgeshire.[55] Auch Preston brachte schlechte Nachrichten aus +Cumberland und Westmoreland; Dorsetshire und Huntingdonshire waren von +dem nämlichen Geiste beseelt. Der Earl von Bath kehrte nach langem +Stimmenwerben mit trostlosen Nachrichten aus dem Westen zurück. Er war +ermächtigt worden, den Bewohnern dieser Gegenden die verführerischesten +Anerbietungen zu machen. Insbesondere hatte er versprochen, daß, wenn +die Wünsche des Königs gebührend berücksichtigt würden, der Zinnhandel +von den auf ihm lastenden drückenden Beschränkungen befreit werden +solle. Aber dieser Köder, dem man zu einer andren Zeit nicht +widerstanden haben würde, wurde jetzt mit Verachtung zurückgewiesen. +Alle Friedensrichter und Statthaltersubstituten von Devonshire und +Cornwall erklärten ohne eine einzige Ausnahme, daß sie Gut und Blut für +den König opfern würden, daß aber die protestantische Religion ihnen +noch theurer sei als Gut und Blut. „Und,“ setzte Bath hinzu, „wenn Eure +Majestät alle diese Gentlemen absetzte, so würden ihre Nachfolger ganz +die nämliche Antwort geben“.[56] Wenn es irgend einen Bezirk gab, in +welchem die Regierung auf einen günstigen Erfolg hoffen durfte, so war +es Lancashire. Man hatte starke Zweifel gehegt, ob das Resultat in +dieser Provinz mit dem der meisten anderen Grafschaften übereinstimmen +werde. In keinem Theile des Landes gab es so viele reiche und angesehene +Familien, welche dem alten Glauben anhingen, und die Oberhäupter vieler +dieser Familien waren kraft der Dispensationsgewalt zu Friedensrichtern +und Commandanten der Miliz ernannt worden. Doch auch von dort meldete +der neue Lordstatthalter, selbst ein Katholik, daß zwei Drittel seiner +Substituten und der Magistratsbeamten dem Hofe feindlich gesinnt +seien.[57] Noch viel schmerzlicher verletzte das Ergebniß in Hampshire +den Stolz des Königs. Arabella Churchill hatte ihm vor mehr als zwanzig +Jahren einen Sohn geboren, der späterhin als einer der geschicktesten +Generäle Europa’s weit und breit berühmt wurde. Der junge Mann hieß +Jakob Fitzjames und bis dahin hatte noch nichts in ihm vermuthen lassen, +daß er sich einst zu hoher Auszeichnung emporschwingen würde; aber sein +Character und sein Benehmen waren so sanft und herzgewinnend, daß er +keinen Feind hatte, außer Marien von Modena, welche den Sohn der +Concubine schon seit langer Zeit mit dem bitteren Ingrimm einer +kinderlosen Gattin haßte. Ein kleiner Theil der jesuitischen Faction +hatte, bevor die Schwangerschaft der Königin angekündigt wurde, ganz +ernstlich daran gedacht, ihn als Kronprätendenten neben der Prinzessin +von Oranien aufzustellen.[58] Wenn man bedenkt, wie vollständig dem +Herzoge von Monmouth, obgleich das niedere Volk ihn für legitim hielt +und obgleich er der Vorkämpfer des nationalen Glaubens war, ein +ähnlicher Versuch mißlang, so muß es unbegreiflich erscheinen, wie ein +Mann durch den Fanatismus so ganz verblendet sein konnte, daß er nur auf +die Idee kam, einen jungen Menschen, der allgemein als ein papistischer +Bastard bekannt war, auf den Thron erheben zu wollen. Es läßt sich nicht +mit Gewißheit sagen, ob der König diesem albernen Plane seinen Beifall +zollte. Der junge Mann war übrigens als Prinz anerkannt und wurde mit +allen Auszeichnungen überschüttet, welche ein nicht aus königlichem +Blute entsprossener Unterthan nur irgend zu erlangen hoffen konnte. Er +war zum Herzog von Berwick erhoben worden und bekleidete jetzt mehrere +ehrenvolle und einträgliche Stellen, welche Edelleuten, die sich den +königlichen Befehlen nicht hatten fügen wollen, abgenommen worden waren. +Er war der Nachfolger des Earls von Oxford als Oberst der Blauen und des +Earls von Gainsborough als Lordlieutenant von Hampshire, Wildmeister des +Neuen Forstes und Gouverneur von Portsmouth. Berwick erwartete, daß ihn +an der Grenze von Hampshire, der Sitte gemäß, ein langer Zug von +Baronets, Rittern und Squires empfangen werde; aber nicht eine einzige +angesehene Person hatte sich zu seiner Begrüßung eingefunden. Er sendete +Schreiben aus, durch welche er die Gentry zu sich entbot, aber nur fünf +oder sechs beachteten diese Einladung. Die Übrigen warteten ihre +Entlassung gar nicht ab; sie erklärten im voraus, daß sie keinen Theil +an der Civil- oder Militairverwaltung ihrer Grafschaft haben möchten, so +lange der König daselbst durch einen Papisten vertreten sei, und legten +ihre Stellen freiwillig nieder.[59] + +Sunderland, der an die Stelle des Earls von Northampton zum +Lordlieutenant von Warwickshire ernannt worden war, fand eine Ausflucht, +um nicht in diese Grafschaft zu gehen und die Entrüstung und Verachtung +der dortigen Gentry auf sich zu laden, und seine Entschuldigung wurde um +so bereitwilliger angenommen, da der König endlich einzusehen begann, +daß sich der Sinn der Landgentry nicht beugen ließ.[60] + +Es muß bemerkt werden, daß Diejenigen, welche diesen trotzigen Sinn an +den Tag legten, nicht die alten Feinde des Hauses Stuart waren. Die +Listen der Friedensrichter und Statthaltersubstituten waren schon längst +von allen republikanischen Namen sorgfältig gesäubert. Die Männer, denen +die Regierung vergebens das Versprechen der Unterstützung abzuzwingen +versucht hatte, waren fast ohne Ausnahme Tories. Die älteren von ihnen +konnten noch Narben, welche von den Schwertern der Rundköpfe herrührten, +und Empfangsbescheinigungen über Silbergeschirr aufweisen, das sie +Karl I. in seiner Noth geschickt hatten. Die Jüngeren hatten gegen +Shaftesbury und Monmouth fest zu Jakob gehalten. Dies waren die Männer, +welche jetzt von dem nämlichen Fürsten, dem sie so glänzende Beweise von +treuer Anhänglichkeit gegeben hatten, in Masse ihrer Ämter entsetzt +wurden. Die Entlassung machte sie aber nur noch entschlossener; es war +bei ihnen zu einer heiligen Ehrensache geworden, in dieser Krisis fest +zusammenzuhalten. Es konnte keinem Zweifel unterliegen, daß, wenn bei +der Stimmenzählung ehrlich zu Werke gegangen wurde, nicht ein einziger +der Regierungspolitik günstiger Grafschaftsabgeordneter gewählt werden +würde. Die Leute fragten einander daher mit nicht geringer Besorgniß, ob +man wohl erwarten könne, daß bei der Stimmenzählung ehrlich zu Werke +gegangen werden würde. + + [Anmerkung 47: Citters, 22. Nov. (2. Dec.) 1687.] + + [Anmerkung 48: Citters, 27. Dez. (6. Jan.) 1687/88.] + + [Anmerkung 49: +Ibid.+] + + [Anmerkung 50: Johnstone erwähnt zweimal, unterm 25. Nov. und + unterm 8. Dec. 1687, den beleidigenden Eifer, den Rochester bei + dieser Gelegenheit zeigte. Das Mißlingen seiner Bemühungen erwähnt + Citters unterm 6.(16.) Dec.] + + [Anmerkung 51: Citters, 6.(16.) Dec. 1687.] + + [Anmerkung 52: +Ibid.+ 20.(30.) Dec. 1687.] + + [Anmerkung 53: Citters, 30. März (9. April) 1687.] + + [Anmerkung 54: +Ibid.+ 22. Nov. (2. Dec.) 1687.] + + [Anmerkung 55: +Ibid.+ 15.(25.) Nov. 1687.] + + [Anmerkung 56: +Ibid.+ 10.(20.) April 1688.] + + [Anmerkung 57: Die ängstliche Spannung wegen Lancashire erwähnt + Citters in einer Depesche vom 18.(28.) Nov. 1687, das Resultat in + einer vier Tage später datirten.] + + [Anmerkung 58: Bonrepaux, 11.(21.) Juli 1687.] + + [Anmerkung 59: Citters, 3.(13.) Febr. 1688.] + + [Anmerkung 60: Citters, 5.(15.) April 1688.] + + +[_Liste der Sheriffs._] Mit Ungeduld sah man der Liste der Sheriffs für +das neue Jahr entgegen. Sie erschien, während die Lordlieutenants noch +auf ihrer Werbungsreise begriffen waren, und wurde mit einem allgemeinen +Schrei des Zornes und Unwillens aufgenommen. Die Mehrzahl dieser +Beamten, welche bei den Grafschaftswahlen die Oberleitung hatten, waren +entweder Katholiken oder protestantische Dissenters, die ihre Zustimmung +zur Indulgenzerklärung ausgesprochen hatten.[61] Eine Zeit lang hegte +man die schlimmsten Befürchtungen, die aber bald wieder schwanden. Man +hatte guten Grund, anzunehmen, daß über einen gewissen Punkt hinaus der +König auch nicht auf die Unterstützung der seiner eigenen Kirche +angehörenden Sheriffs rechnen könne. + + [Anmerkung 61: +London Gazette, Dec. 5. 1687+; Citters, 6.(16.) + Dec.] + + +[_Character der katholischen Landgentlemen._] Zwischen dem katholischen +Höflinge und dem katholischen Landgentleman herrschte nur sehr geringe +Sympathie. Die in Whitehall dominirende Cabale bestand theils aus +Fanatikern, welche zum Zwecke der Verbreitung ihres Glaubens bereit +waren, alle Gesetze der Moral über den Haufen zu werfen und die ganze +Welt in eine heillose Verwirrung zu stürzen, theils aus Heuchlern, +welche um des Gewinnes willen von dem Glauben, in dem sie erzogen +worden, abgefallen waren und die jetzt den allen Neubekehrten eigenen +Eifer auf die Spitze trieben. Sowohl die Fanatiker als auch die Heuchler +am Hofe hatten zum größten Theil keine Spur von englischer +Anschauungsweise. In einigen von ihnen hatte die unbedingte Hingebung +für ihre Kirche alles Nationalgefühl erstickt; andere waren Irländer, +deren Patriotismus in einem tödtlichen Hasse gegen die sächsischen +Eroberer Irlands bestand; noch andere waren Verräther, die von einer +auswärtigen Macht einen regelmäßigen Sold bezogen, und wieder andere +hatten einen großen Theil ihres Lebens im Auslande zugebracht, und waren +entweder bloße Kosmopoliten oder hegten einen positiven Widerwillen +gegen die Sitten und Staatseinrichtungen des Landes, das sie jetzt zu +regieren hatten. Diese Leute hatten mit einem noch der alten Kirche +anhängenden Gutsbesitzer von Cheshire oder Staffordshire kaum irgend +etwas gemein. Er war weder Fanatiker noch Heuchler, er war Katholik, +weil sein Vater und Großvater Katholiken gewesen waren, und er hing an +seinem ererbten Glauben, wie die Menschen in der Regel an demselben +hängen, aufrichtig aber ohne sonderliche Begeisterung. In jeder andren +Beziehung war er nichts weiter als eben ein englischer Squire, der sich +von den benachbarten Squires höchstens dadurch unterschied, daß er noch +etwas ungebildeter und bäuerischer war als sie. Die auf ihm lastenden +Ausschließungen hatten ihn verhindert, sich bis zu der allerdings selbst +nur mäßig hohen Bildungsstufe zu erheben, auf der die meisten +protestantischen Landgentlemen standen. Als Knabe von Eton und +Westminster, als Jüngling von Oxford und Cambridge, als Mann vom +Parlament und von der Richterbank ausgeschlossen, vegetirte er still und +ruhig hin, wie die Ulmen der Allee, die zu dem ererbten Meierhofe seiner +Vorfahren führte. Seine Kornfelder, seine Milchwirthschaft, seine +Ciderpresse, seine Jagdhunde, seine Angelruthe und seine Flinte, sein +Bier und sein Tabak beschäftigten fast allein seine Gedanken. Mit seinen +Nachbarn stand er trotz der Glaubensverschiedenheit in der Regel auf +gutem Fuße. Sie kannten ihn als einen harmlosen Mann ohne Ehrgeiz, er +stammte fast durchgängig aus einer guten und alten Familie und war immer +ein Kavalier. Er drang Niemandem seine persönlichen Ansichten auf und +wurde Niemandem lästig damit, er quälte nicht, wie ein Puritaner, sich +selbst und Andere mit Gewissensskrupeln über alle Genüsse des Lebens; im +Gegentheil, er war ein eben so leidenschaftlicher Jagdliebhaber und ein +eben so heiterer Gesellschafter als irgend Einer, der den Suprematseid +und die Erklärung gegen die Transsubstantiation angenommen hatte. Er +ging mit seinen Nachbarsquires auf die Jagd, hielt bis zum Hallali bei +ihnen aus und nahm sie nach beendeter Jagd mit sich nach Hause zu einer +Wildpretpastete und zu einem Kruge Octoberbier, das seine vier Jahre auf +Flaschen lag. Die Bedrückungen, die er erduldet, waren nicht so arg, daß +sie ihn zu einem verzweifelten Entschlusse hätten treiben können; selbst +als seine Kirche schonungslos verfolgt wurde, waren sein Leben und sein +Eigenthum nicht in großer Gefahr. Der schamloseste falsche Zeuge würde +es schwerlich gewagt haben, der Wahrheit so frech ins Gesicht zu +schlagen, daß er ihn beschuldigt hätte, ein Verschwörer zu sein. Die +Papisten, welche Oates zu seinen Angriffen auswählte, waren Peers, +Prälaten, Jesuiten, Benedictiner, thätige politische Agenten, Juristen +mit ausgedehnter Praxis und Hofärzte. Der katholische Landgentlemen +konnte unter dem Schutze seiner Verborgenheit, seines leutseligen Wesens +und der Zuneigung seiner Umgebungen unbelästigt seine Ernte einbringen +und seine Waidtasche mit Wild füllen, während Coleman und Langhorne, +Whitbread und Pickering, Erzbischof Plunkett und Lord Stafford durch den +Strick oder durch das Beil starben. Eine Bande elender Schurken machte +zwar den Versuch, gegen Sir Thomas Gascoigne, einen bejahrten +katholischen Baronet in Yorkshire, eine Anklage auf Hochverrath zu +erheben, aber zwölf der besten Gentlemen des Westbezirks, die seinen +Lebenswandel kannten, hielten es nicht für möglich, daß ihr ehrenwerther +alter Bekannter Banditen zur Ermordung des Königs gedungen haben sollte, +und sprachen trotz mancherlei der Richterbank eben nicht zur Ehre +gereichender Versuche ein „Nichtschuldig“ aus. Wohl mochte es für das +Oberhaupt einer alten, angesehenen Familie in der Provinz ein +schmerzlicher Gedanke sein, daß er seines Glaubens wegen von ehrenvollen +Stellen und Ämtern ausgeschlossen war, zu deren Bekleidung Männer von +niedererer Herkunft und geringerem Vermögen für berechtigt gehalten +wurden; aber er hatte nicht Lust, Land und Leben im Kampfe gegen eine +erdrückende Übermacht auf’s Spiel zu setzen, und sein gerader, ächt +englischer Character würde, vor Mitteln, wie ein Petre und Tyrconnel sie +anwendeten, mit Abscheu zurückgebebt sein. Deshalb würde er jedoch eben +so bereitwillig, als irgend einer seiner protestantischen Nachbarn zur +Vertheidigung seines Vaterlandes gegen einen Einfall der Franzosen oder +irischen Papisten das Schwert um die Lenden gegürtet und die Pistolen in +die Halfter gesteckt haben. Dies war der allgemeine Character der +Männer, in denen Jakob jetzt die sichersten Werkzeuge zur Leitung der +Grafschaftswahlen zu erblicken glaubte. Er überzeugte sich jedoch bald, +daß sie nicht geneigt waren, sich durch einen ihm zu leistenden +schimpflichen und strafbaren Dienst die Achtung ihrer Nachbarn zu +verscherzen und Leben und Vermögen zu gefährden. Mehrere von ihnen +weigerten sich, Sheriffs zu werden, und von denen, welche die Ernennung +annahmen, erklärten viele, daß sie eben so gewissenhaft, als wenn sie +Mitglieder der Staatskirche wären, ihre Pflicht erfüllen, und keinen +Wahlcandidaten, der nicht eine wirkliche Stimmenmehrheit hätte, in’s +Parlament schicken würden.[62] + + [Anmerkung 62: Etwa zwanzig Jahre vor dieser Zeit sprach sich ein + Jesuit über die eingezogene Lebensweise der katholischen Gentry + Englands folgendermaßen aus: +„La nobilità Inglese, senon se + legata in serviglio di Corte ò in opera di maestrato, vive, e godo + il più dell’ anno a la campagna, ne’ suoi palagi e poderi, dove + son liberi e padroni; è ciò tanto più sollecitamente i Cattolici + quanto più utilmente, si come meno osservati colà.“ -- + L’Inghilterra descritta dal P. Daniello Bartoli. Roma, 1667.+ + + „Viele von den papistischen Sheriffs,“ schrieb Johnstone, „sind + begütert und erklären, daß man sich sehr irren würde, wenn man + gefälschte Wahlen von ihnen erwartete. Die papistische Gentry, + welche auf ihren Landgütern lebt, ist von der städtischen weit + verschieden. Mehrere von ihnen haben es abgelehnt, Sheriffs oder + Statthaltersubstituten zu werden.“ -- 8. Dec. 1687. + + Ronquillo sagt das Nämliche: +„Algunos Catolicos que fueron + nombrados por sherifes se han excusado.“+ -- 9.(19.) Jan. 1688. + Einige Monate später versichert er seinem Hof, daß die + katholischen Landgentlemen gern zu einer Verständigung die Hand + bieten würden, deren Grundbedingungen die Abschaffung der + Strafgesetze und die Beibehaltung des Religionseides wären. + +„Estoy informado,“+ sagt er, +„que los Catolicos de las + provincias no lo reprueban, pues no pretendiendo oficios, y siendo + solo algunos de la Corte los provechosos, les parece que mejoran + su estado, quedando seguros ellos y sus descendientes en la + religion, en la quietud, y en la seguridad de sus haciendas.“+ -- + 23. Juli (2. Aug.) 1688.] + + +[_Stimmung der Dissenters._] Konnte der König schon auf seine +katholischen Sheriffs wenig rechnen, so konnte er sich noch viel weniger +auf die puritanischen verlassen. Seit dem Erscheinen der +Indulgenzerklärung waren mehrere Monate verflossen, Monate voll +wichtiger Ereignisse und fortwährender Streitigkeiten. Die öffentliche +Besprechung der Angelegenheiten hatte vielen Dissenters die Augen +geöffnet, aber die Maßregeln der Regierung, und vorzugsweise das strenge +Verfahren gegen das Magdalenen-Collegium, hatte mehr als selbst die +Feder eines Halifax dazu beigetragen, alle Klassen der Protestanten +aufzurütteln und zu vereinigen. Die meisten von den Sectirern, die sich +hatten verleiten lassen, ihren Dank für die Indulgenz auszudrücken, +schämten sich jetzt ihres Irrthums und wünschten sehnlichst, ihn dadurch +wieder gut zu machen, daß sie sich der großen Masse ihrer Landsleute +anschlossen. + + +[_Regulirung der Corporationen._] In Folge dieses Umschwungs in den +Gesinnungen der Nonconformisten stieß die Regierung in den Städten auf +fast eben so große Schwierigkeiten, wie auf dem platten Lande. Als die +Regulatoren ihre Arbeit begannen, hatten sie fest darauf gerechnet, daß +jeder Dissenter, der sich zu Gunsten der Indulgenz ausgesprochen hatte, +auch die Politik des Königs unterstützen werde. Sie waren daher +überzeugt, daß sie im Stande sein würden, alle Municipalämter des +Königreichs mit zuverlässigen Freunden zu besetzen. In den neuen +Städteordnungen hatte sich die Krone das Recht vorbehalten, +Magistratsbeamte nach ihrem Belieben zu entlassen. Dieses Recht wurde +jetzt ohne alle Beschränkung ausgeübt. Durchaus nicht so klar war es +jedoch, daß Jakob auch das Recht hatte, neue Magistratsbeamte zu +ernennen; aber mochte es ihm nun zustehen oder nicht, er beschloß, es +sich zu nehmen. Allenthalben, vom Tweed bis Landsend, wurden +toryistische Beamte abgesetzt und Presbyterianer, Independenten und +Baptisten an ihrer Stelle ernannt. In dem neuen Freibriefe der +Hauptstadt hatte sich die Krone das Recht vorbehalten, alle Vorsteher, +Pfleger und Beisitzer der Innungen zu entlassen. In Folge dessen wurden +über achthundert angesehene Bürger, sämmtlich Mitglieder der Partei, die +sich der Ausschließungsbill widergesetzt hatte, durch einen einzigen +Erlaß ihrer Ämter enthoben. Bald darauf erschien ein Nachtrag zu dieser +langen Liste.[63] Aber die neuen Angestellten waren kaum vereidigt, so +zeigte es sich, daß sie eben so unfügsam waren, als ihre Vorgänger. In +Newcastle am Tyne ernannten die Regulatoren einen katholischen Mayor und +puritanische Aldermen. Man zweifelte keinen Augenblick, daß die so +umgestaltete Municipalbehörde eine Adresse beschließen werde, in der sie +die Maßregeln des Königs zu unterstützen versprach. Die Adresse wurde +jedoch verweigert. Der Mayor reiste wüthend nach London und sagte dem +Könige, die Dissenters seien alle Schurken und Rebellen und die +Regierung könne in der ganzen Corporation auf nicht mehr als vier +Stimmen rechnen.[64] In Reading wurden vierundzwanzig toryistische +Aldermen entlassen und vierundzwanzig neue ernannt. Von diesen erklärten +sich dreiundzwanzig sofort gegen die Indulgenz und wurden deshalb +ebenfalls wieder entlassen.[65] Im Laufe weniger Tage wurde der +Stadtbezirk von Yarmouth nacheinander durch drei verschiedene +Magistratskörper verwaltet, welche sämmtlich dem Hofe gleich feindlich +gesinnt waren.[66] Dies sind nur einzelne Beispiele von dem was im +ganzen Lande geschah. Der holländische Gesandte berichtete an die +Generalstaaten, daß in manchen Städten die Magistratsbeamten in einem +Monate zwei und selbst dreimal, aber dennoch vergebens gewechselt worden +seien.[67] Aus den Acten des Geheimen Raths geht hervor, daß die Zahl +der Regulationen, wie sie genannt wurden, zweihundert überstieg.[68] Die +Regulatoren fanden in der That, daß in nicht wenigen Städten die +Veränderung eine Verschlimmerung war. Die mißvergnügten Tories hatten, +wenn sie auch über die Politik des Königs murrten; doch wenigstens stets +Achtung für seine Person und seinen Thron an den Tag gelegt und jeden +Gedanken an Widerstand verworfen. Ganz anders war die Sprache einiger +neuen Mitglieder der Corporationen. Man sagte, daß alte Soldaten der +Republik, welche zu ihrem eignen wie zum Erstaunen des Publikums zu +Aldermen ernannt worden waren, den Agenten des Hofes deutlich zu +verstehen gäben, es müsse erst Blut fließen, bevor Papismus und +Willkürgewalt in England zur Herrschaft gelangten.[69] + +Die Regulatoren sahen, daß mit dem was sie bis jetzt gethan hatten, +wenig oder nichts gewonnen war. Es gab indessen noch ein Mittel, aber +auch nur dieses eine, durch das sie hoffen konnten ihren Zweck zu +erreichen. Die Gemeindeordnungen der Wahlflecken mußten zurückgezogen +und durch neue ersetzt werden, welche das Wahlrecht auf sehr kleine, vom +König zu ernennende Wahlkörper beschränkten.[70] + +Aber wie war dieser Plan auszuführen? In einigen der neuen Freibriefe +hatte sich die Krone zwar das Recht der Wiederentziehung vorbehalten, +aber die übrigen konnte Jakob nur durch freiwillige Zurückgabe von +Seiten der Corporationen oder durch einen Ausspruch der Kings Bench +wieder in die Hand bekommen. Aber nur wenige Corporationen waren jetzt +geneigt, ihre Gemeindeordnungen freiwillig aufzugeben, und ein +Richterspruch, wie er den Zwecken des Hofes diente, war selbst von einem +Sklaven wie Wright nicht zu erwarten. Die Quo-Warranto-Erlasse,[71] +welche vor einigen Jahren erschienen waren, um die Whigpartei zu +vernichten, waren von allen Unparteiischen einhellig verdammt worden. +Doch hatten diese Erlasse wenigstens einen Anschein von Recht für sich, +denn sie waren gegen alte Municipalkörper gerichtet, und unter diesen +gab es wenige, in denen im Laufe der Zeit nicht Mißbrauche eingerissen +waren, welche genügenden Anhalt zu einem Prozeßverfahren darboten. Die +Corporationen aber, welche jetzt angegriffen wurden, befanden sich noch +im Alter der kindlichen Unschuld, die ältesten von ihnen hatten kaum ihr +fünftes Lebensjahr erreicht, und es war unmöglich, daß viele von ihnen +schon so schwer gesündigt haben sollten, daß sie eine Zurücknahme ihrer +Privilegien verdienten. Den Richtern selbst war nicht wohl zu Muthe. Sie +gaben zu bedenken, daß das, was man von ihnen verlange, den einfachsten +und klarsten Grundsätzen des Rechts und der Gerechtigkeit schnurstracks +zuwiderlaufe; aber alle Vorstellungen waren umsonst. Die Wahlorte wurden +zur Rücksendung ihrer Freibriefe aufgefordert. Einige wenige kamen der +Aufforderung nach; aber das Verfahren, welches der König gegen diese +wenigen einschlug, war eben nicht geeignet, bei den anderen Vertrauen zu +erwecken. In mehreren Städten wurde der Gesammtbürgerschaft das +Wahlrecht entzogen und auf eine kleine Anzahl Personen beschränkt und +diese mußten sich eidlich verpflichten, die von der Regierung +empfohlenen Candidaten zu unterstützen. In Tewkesbury zum Beispiel wurde +das Wahlrecht dreizehn Personen übertragen. Doch selbst diese Anzahl war +noch zu groß. Haß und Furcht hatten sich so weit verbreitet, daß es kaum +möglich war, auch durch die unredlichsten Mittel nur dreizehn Männer zu +finden, auf die sich der Hof unbedingt verlassen konnte. Es hieß, daß +die Mehrheit des neuen Wahlkörpers von Tewkesbury von dem nämlichen +Sinne beseelt sei, welcher in der ganzen Nation überwiege, und daß +derselbe an dem entscheidenden Tage zuverlässige Protestanten in’s +Parlament schicken werde. Die Regulatoren drohten in heftigem Zorne, die +Zahl der Wähler auf drei zu reduciren.[72] Inzwischen weigerte sich die +große Mehrzahl der Wahlorte entschieden, ihre Privilegien aufzugeben. +Barnstaple, Winchester und Buckingham zeichneten sich durch die Kühnheit +ihres Widerstandes besonders aus. In Oxford wurde der Antrag, daß die +Stadt ihr Wahlrecht dem Könige zurückgeben solle, mit achtzig gegen zwei +Stimmen verworfen.[73] Der Tempel und Westminsterhall kamen durch die +plötzliche Häufung von Aufträgen aus allen Theilen des Landes in +ungewohnte Bewegung. Jeder Advokat von bedeutender Praxis erhielt +Vollmachten über Vollmachten von den städtischen Corporationen, und die +gewöhnlichen Clienten beklagten sich, daß ihre Angelegenheiten +vernachlässigt würden.[74] Es lag auf der Hand, daß eine geraume Zeit +darüber hingehen mußte, ehe eine so große Anzahl Prozesse entschieden +werden konnten. Diese Verzögerung war der Tyrannei unerträglich. Es +wurde nichts unterlassen, um die widerspenstigen Wahlkörper durch +Drohungen zur Unterwerfung zu bringen. In Buckingham hatten einige +Municipalbeamten sich in nicht eben lobender Weise ausgesprochen. Man +machte ihnen den Prozeß und kündigte ihnen an, daß mit schonungsloser +Strenge gegen sie verfahren werden würde, wenn sie sich nicht durch +Herausgabe ihres Freibriefs loskauften.[75] In Winchester griff man zu +noch strengeren Gewaltmaßregeln. Eine bedeutende Truppenabtheilung wurde +in die Stadt gelegt, einzig und allein zu dem Zwecke, die Einwohner zu +belästigen und zu quälen.[76] Die Stadt blieb fest und die öffentliche +Stimme beschuldigte den König laut, daß er die schlimmsten Verbrechen +seines Bruders von Frankreich nachahme; die Dragonaden hätten begonnen, +sagte man. Man hatte auch wirklich Grund zu ernsten Besorgnissen. Jakob +war auf den Einfall gekommen, daß er den Widerstandsgeist einer +hartnäckigen Stadt nicht wirksamer brechen könne, als indem er den +Einwohnern Soldaten in’s Quartier legte. Er mußte wissen, daß diese +Maßregel sechzig Jahre früher heftigen Unwillen erregt und durch die +Bitte um Recht, ein Gesetz, das von den Engländern kaum weniger verehrt +wurde, als die Magna Charta, feierlichst für gesetzwidrig erklärt worden +war. Aber er hoffte von den Gerichtshöfen eine Erklärung zu erlangen, +daß selbst die Bitte um Recht die Prärogative nicht beschränken könne. +Er fragte in der That den Oberrichter der Kings Bench über diesen +Gegenstand um Rath;[77] aber das Resultat der Besprechung wurde geheim +gehalten, und in einigen Wochen gestalteten sich die Dinge so, daß eine +Furcht, welche noch stärker war, als selbst die vor der königlichen +Ungnade, sogar einen so servilen Mann wie Wright bewog, ein wenig +einzuhalten. + + [Anmerkung 63: +Privy Council Book, Sept. 25. 1687, Febr. 21, + 1687/88+.] + + [Anmerkung 64: Acten der Corporation, angeführt in +Brand’s + History of Newcastle+; Johnstone, 21. Febr. 1687/88.] + + [Anmerkung 65: Johnstone, 21. Febr. 1687/88.] + + [Anmerkung 66: Citters, 14.(24.) Febr. 1688.] + + [Anmerkung 67: Citters, 1.(11.) Mai 1688.] + + [Anmerkung 68: Am Rande der Geheimrathsacten findet man die + Bemerkung „Zweite Regulation“ und „Dritte Regulation“, wenn ein + Wahlkörper mehr als einmal umgestaltet worden war.] + + [Anmerkung 69: Johnstone, 23. Mai 1688.] + + [Anmerkung 70: Johnstone, 21. Febr. 1688.] + + [Anmerkung 71: Diese Erlasse, so genannt nach den beiden + Anfangsworten +Quo warranto+, ordneten eine Untersuchung über die + Rechtsbefugnisse an, auf welche sich die Privilegien einer + Corporation gründeten, und wenn sich eine Unregelmäßigkeit fand, + wurde der Freibrief entzogen. D. Übers.] + + [Anmerkung 72: Johnstone, 21. Febr. 1688.] + + [Anmerkung 73: Citters, 20.(30.) März 1688.] + + [Anmerkung 74: +Ibid.+ 1.(11.) Mai 1688.] + + [Anmerkung 75: +Ibid.+ 22. Mai (1. Jun.) 1688.] + + [Anmerkung 76: +Ibid.+ 1.(11.) Mai 1688.] + + [Anmerkung 77: +Ibid.+ 18.(28.) Mai 1688.] + + +[_Untersuchung in allen öffentlichen Verwaltungszweigen._] Während die +Lordlieutenants die Friedensrichter ausforschten und die Regulatoren die +Wahlkörper umgestalteten, wurden alle Zweige des Staatsdienstes einer +strengen Untersuchung unterworfen. Zuerst wurde der Palast gesäubert. +Jeder mit Narben bedeckte alte Kavalier, der zum Ersatz für das der +Sache des Königs geopferte Blut und Grundeigenthum ein Ämtchen in der +königlichen Garderobe oder im Marstalle erhalten hatte, wurde +aufgefordert, zwischen dem Könige und der Kirche zu wählen. Die Zoll- +und Steuercommissare wurden zu Seiner Majestät ins Schatzamt beschieden, +hier das Versprechen von ihnen verlangt, daß sie seine Politik +unterstützen wollten, und ihnen bedeutet, daß sie allen ihren +Unterbeamten ein ähnliches Versprechen abzunehmen hätten.[78] Ein +Zollbeamter motivirte seine Unterwerfung unter den Willen des Königs in +einer Weise, welche Heiterkeit und zugleich Mitleid erregte. „Ich habe,“ +sagte er, „vierzehn Gründe, die mich bestimmen, Seiner Majestät Befehlen +zu gehorchen: eine Frau und dreizehn unerzogene Kinder“.[79] Gegen +solche Gründe ließ sich allerdings nichts einwenden; dennoch aber kamen +nicht wenig Fälle vor, wo die religiösen und patriotischen Gefühle +selbst solche Gründe überwogen. + +Man hat Grund zu der Vermuthung, daß die Regierung um diese Zeit +ernstlich mit dem Plane umging, einen Schlag zu führen, der viele +tausend Familien an den Bettelstab gebracht und auf die socialen +Zustände aller Landestheile störend eingewirkt haben würde. Niemand +durfte Wein, Bier oder Kaffee ohne Concession verkaufen. Es hieß nun, +daß jeder Inhaber einer solchen Concession demnächst aufgefordert werden +sollte, entweder dieselben Verpflichtungen einzugehen, welche den +öffentlichen Beamten auferlegt worden waren, oder sein Geschäft +aufzugeben.[80] Wäre ein solcher Schritt gethan worden, so würden ohne +allen Zweifel die Wirthshäuser und öffentlichen Vergnügungsorte im +ganzen Lande zu Hunderten geschlossen worden sein. Welche Wirkung ein +solcher Eingriff in die Lebensgenüsse aller Stände hervorgebracht haben +würde, läßt sich nur muthmaßen. Der durch Übel erzeugte Unwille steht +nicht immer im Verhältnisse mit der Wichtigkeit derselben, und es ist +durchaus nicht unwahrscheinlich, daß die Einziehung von +Schankconcessionen das bewirkt haben würde, was die Entziehung von +Freibriefen nicht bewirkt hatte. Die Vornehmeren würden ihr +Chokoladenhaus in St. James Street, die Geschäftsmänner ihre +Kaffeekanne, bei der sie in Change Alley zu rauchen und zu politisiren +pflegten, schmerzlich vermißt haben. Die Hälfte der Clubs hätte sich +neue Versammlungslokale suchen müssen. Der Reisende würde des Nachts den +Gasthof, in welchem er gewohnt war abzusteigen und seine Abendmahlzeit +einzunehmen, verödet gefunden haben. Der Landmann würde die Bierschenke +vermißt haben, wo er im Sommer auf der Bank vor der Thür, im Winter am +Kamin seinen Krug zu trinken gewohnt war. Es war leicht möglich, daß die +auf solche Art gereizte Nation sich zu einem allgemeinen Aufstande +erhob, ohne auf die Hülfe fremder Verbündeter zu warten. + + [Anmerkung 78: Citters, 6.(16.) April 1688; +Treasury Letter Book. + March 14. 1687/88+; Ronquillo, 16.(26.) April.] + + [Anmerkung 79: Citters, 18.(28.) Mai 1688.] + + [Anmerkung 80: +Ibid.+ 18.(28.) Mai 1688.] + + +[_Entlassung Sawyer’s._] Es war nicht zu erwarten, daß ein Fürst, der +von allen niederen Dienern der Regierung bei Strafe der Entlassung +Unterstützung seiner Politik verlangte, einen Generalfiskal behalten +würde, dessen Abneigung gegen diese Politik kein Geheimniß war. Sawyer +hatte noch über anderthalb Jahr in seiner Stellung bleiben dürfen, +nachdem er sich gegen die Dispensationsgewalt erklärt hatte. Diese +ungewöhnliche Nachsicht verdankte er nur der außerordentlichen +Schwierigkeit, die es der Regierung machte, einen Nachfolger für ihn zu +finden. Es war um der pekuniären Interessen der Krone willen nothwendig, +daß wenigstens einer der beiden ersten Staatsanwälte ein talentvoller +und kenntnißreicher Mann war, und es war keineswegs leicht, einen diesen +Anforderungen genügenden Juristen zu bewegen, daß er sich durch das +tägliche Begehen von Handlungen, welche das nächste Parlament +wahrscheinlich als schwere Übertretungen und Verbrechen betrachtete, +sehr ernster Gefahr aussetzte. Es war nicht möglich gewesen, einen +besseren Generalprokurator als Powis aufzutreiben, ein Mann, der sich +zwar aus nichts ein Gewissen machte, der aber auch nicht einmal den +gewöhnlichsten Pflichten seines Postens gewachsen war. Unter diesen +Umständen hielt man es für wünschenswerth, die Arbeit zu theilen. Ein +Fiskal, dessen Berufstüchtigkeit durch Gewissensskrupel bedeutend +beeinträchtigt wurde, hatte einen Prokurator zur Seite, dessen +Gewissenlosigkeit seinen Mangel an Befähigung einigermaßen ersetzte. +Wenn es der Regierung um energische Durchführung des Gesetzes zu thun +war, so wendete sie sich an Sawyer; wollte sie das Gesetz mit Füßen +treten, so hielt sie sich an Powis. Dieses Arrangement wurde so lange +beibehalten, bis der König die Dienste eines Anwalts erlangte, der zu +gleicher Zeit noch gewissenloser als Powis und geschickter als Sawyer +war. + + +[_Williams Generalprokurator._] Keiner der damals lebenden Advokaten +hatte der Regierung giftiger opponirt als Wilhelm Williams. Er hatte +sich unter der vorigen Regierung als Whig und Exclusionist hervorgethan. +Als die Parteiwuth den höchsten Grad erreicht hatte, war er zum Sprecher +des Unterhauses erwählt worden. Nach der Prorogation des oxforder +Parlaments war er der gewöhnliche Rechtsbeistand der heftigsten +Demagogen gewesen, die des Aufruhrs angeklagt wurden. Er besaß +anerkanntermaßen bedeutende juristische Gewandtheit und Kenntnisse. +Unbesonnene Überstürzung und Parteigeist hielt man für seine +Hauptfehler; daß er noch andere Fehler hatte, in Vergleich mit denen die +genannten als Tugenden gelten konnten, ahnete man damals noch nicht. Die +Regierung suchte eine Gelegenheit, um ihm etwas anzuhaben, und es wurde +ihr nicht schwer, eine solche zu finden. Er hatte auf Befehl des Hauses +der Gemeinen einen von Dangerfield verfaßten erzählenden Bericht +herausgegeben. Hätte ein Privatmann diese Schrift veröffentlicht, so +würde sie unbestreitbar als ein aufrührerisches Libell zu betrachten +gewesen sein. Es wurde bei der Kings Bench eine Criminaluntersuchung +gegen Williams eingeleitet; er berief sich umsonst auf die Privilegien +des Parlaments und wurde zu einer Geldbuße von zehntausend Pfund +verurtheilt. Einen großen Theil dieser Summe bezahlte er baar und über +den Rest gab er eine Schuldverschreibung. Der Earl von Peterborough, der +in Dangerfield’s Erzählung in beleidigender Weise erwähnt war, wurde +durch den Erfolg der Criminaluntersuchung ermuthigt, eine Civilklage auf +eine bedeutende Entschädigungssumme anhängig zu machen. Williams gerieth +dadurch in die größte Verlegenheit. Da bot sich ihm ein rettender Ausweg +dar. Allerdings war es ein Ausweg, der einem Manne von festen +Grundsätzen und edlem Character noch schrecklicher gewesen sein würde, +als Armuth, Gefängniß und selbst Tod. Er konnte sich der Regierung +verkaufen, deren Feind und Opfer er gewesen war; er konnte sich +erbieten, bei jedem Angriffe auf die Freiheiten und die Religion, für +welche er einen maßlosen Eifer gezeigt hatte, den gefährlichsten Posten +zu übernehmen; er konnte seinen Whiggismus durch Dienste wieder gut +machen, vor denen selbst die eingefleischtesten Tories, an deren Händen +das Blut Russell’s und Sidney’s klebte, mit Abscheu zurückbebten. Der +Handel wurde abgeschlossen. Der noch schuldige Rest der Strafsumme wurde +erlassen und Peterborough durch Vermittelung des Königs zu einem +Vergleich bewogen. Sawyer wurde abgesetzt, Powis wurde Generalfiskal, +Williams wurde zum Generalprokurator ernannt, in den Adelstand erhoben +und war bald ein Günstling des Königs. Obgleich im Range nur der zweite +Kronjurist, gelang es ihm doch sehr bald, durch seine Gewandtheit, +Gelehrsamkeit und Energie seinen Vorgesetzten völlig in den Schatten zu +stellen[81]. + +Williams war noch nicht lange im Amte, als er aufgefordert wurde, in dem +denkwürdigsten Staatsprozesse, von dem die Annalen der britischen Justiz +berichten, eine Hauptrolle zu übernehmen. + + [Anmerkung 81: +London Gazette, Dec. 15. 1687+. Siehe den Prozeß + gegen Williams in der +Collection of State Trials+. +„Ha hecho,“+ + sagt Ronquillo, +„grande susto el haber nombrado el abogado + Williams, que fue el orador y el mas arrabiade de toda la casa des + comunes en los ultimos terribles parlamentos del Rey difunto.“+ + 27. Nov. (7. Dec.) 1687.] + + +[_Zweite Indulgenzerklärung._] Am 27. April 1688 erließ der König eine +zweite Indulgenzerklärung. In diesem Schriftstücke führte er die +Erklärung vom vorjährigen April in ihrer ganzen Länge auf. Sein +bisheriges Leben, sagte er dann, habe sein Volk überzeugen können, daß +er nicht der Mann sei, der sich von einem einmal gefaßten Beschlusse so +leicht abbringen lasse. Da aber heimtückische Menschen es versucht +hätten, die Welt glauben zu machen, daß man ihn doch noch zum Nachgeben +in dieser Angelegenheit werde bestimmen können, halte er es für nöthig, +zu erklären, daß sein Vorsatz unwiderruflich fest stehe, daß er +entschlossen sei, nur solche Männer anzustellen, welche bereit wären, +ihn bei der Ausführung seiner Pläne zu unterstützen, und daß er in +Gemäßheit dieses Entschlusses viele seiner ungehorsamen Diener von +Civil- und Militairämtern habe entheben müssen. Schließlich zeigte er +an, daß er spätestens im November ein Parlament einzuberufen gedenke, +und ermahnte seine Unterthanen, solche Vertreter in dasselbe zu wählen, +die ihn bei dem begonnenen großen Werke zu unterstützen geneigt +wären[82]. + + [Anmerkung 82: +London Gazette, April 30. 1688+; Barillon, 26. + April (6. Mai).] + + +[_Die Geistlichkeit erhält Befehl, sie von der Kanzel zu verlesen._] +Diese Erklärung machte anfangs nur wenig Sensation. Sie enthielt nichts +Neues und die Leute wunderten sich, daß der König es für nöthig hielt, +ein feierliches Manifest zu erlassen, blos um ihnen zu sagen, daß er +seinen Sinn nicht geändert habe[83]. Die Gleichgültigkeit, mit der die +Ankündigung seines festen Entschlusses vom Publikum aufgenommen wurde, +verdroß ihn wahrscheinlich und er glaubte ohne Zweifel, daß seine Würde +und Autorität leiden könnten, wenn er nicht unverzüglich etwas Neues und +Auffallendes thue. In Folge dessen verfügte er unterm 4. Mai durch einen +Geheimrathsbefehl, daß seine Erklärung von vergangener Woche an zwei +aufeinanderfolgenden Sonntagen beim öffentlichen Gottesdienste von den +dienstthuenden Geistlichen aller Kirchen und Kapellen des Reiches +verlesen werden solle. In London und seinen Vorstädten sollte die +Verlesung am 20. und 27. Mai, in den anderen Landestheilen am 3. und 10. +Juni stattfinden. Die Bischöfe waren angewiesen, Exemplare der Erklärung +in ihren respectiven Diöcesen zu vertheilen[84]. + +Wenn man berücksichtigt, daß die Geistlichen der anglikanischen Kirche +fast ohne Ausnahme die Indulgenzerklärung als eine Verletzung der +Landesgesetze, als einen Wortbruch des Königs und als einen +verderblichen Gewaltstreich gegen die Interessen und die Würde ihres +Standes betrachteten, so wird man schwerlich daran zweifeln können, daß +der Geheimrathsbefehl darauf berechnet war, als eine tiefe Kränkung von +ihnen empfunden zu werden. Man glaubte im Volke, daß Petre diese Absicht +durch ein der orientalischen Redeweise entlehntes rohes Gleichniß +ausgesprochen habe. Er sollte gesagt haben, er wolle sie Koth essen +lassen und zwar den abscheulichsten und ekelhaftesten Koth. Aber konnte +man annehmen, daß die anglikanische Geistlichkeit diesem tyrannischen +und gehässigen Befehle den Gehorsam verweigern werde? Der Character des +Königs war willkürlich und streng und das Verfahren der kirchlichen +Commission eben so summarisch wie das eines Kriegsgerichts. Wer sich +aufzulehnen wagte, konnte in Zeit von acht Tagen seiner Stelle entsetzt, +seines ganzen Einkommens beraubt, der ferneren Bekleidung jedes +geistlichen Amts unfähig erklärt und in die Nothwendigkeit versetzt +werden, von Haus zu Haus sein Brot zu erbetteln. Wenn der ganze Stand +sich einmüthig dem königlichen Willen widersetzte, dann war es +allerdings wahrscheinlich, daß selbst Jakob nicht den Muth haben würde, +zehntausend Schuldige auf einmal zu bestrafen. Aber zu einer allgemeinen +Verständigung in dieser Angelegenheit war keine Zeit. Am 7. Mai erschien +der Befehl in der Gazette und schon am 20. sollte die Erklärung von +allen Kanzeln Londons und dessen Umgegend verlesen werden. Er wäre +damals mit der größten Anstrengung nicht möglich gewesen, binnen +vierzehn Tagen die Ansichten nur des zehnten Theiles der im ganzen Lande +zerstreuten Pfarrgeistlichen einzuholen, ja nur die Stimmen der Bischöfe +hätten nicht leicht in so kurzer Zeit gesammelt werden können. Auch +stand zu befürchten, daß, wenn die Geistlichkeit das Verlesen der +Erklärung verweigerte, die protestantischen Dissenters die Weigerung +falsch auslegen, die Hoffnung, von den Mitgliedern der anglikanischen +Kirche Duldung zu erlangen, aufgeben und ihr ganzes Gewicht in die +Wagschale des Hofes werfen würden. + + [Anmerkung 83: Citters, 1.(11.) Mai 1688.] + + [Anmerkung 84: +London Gazette, Mai 7. 1688.+] + + +[_Die Geistlichkeit ist unschlüssig._] Die Geistlichkeit war daher +unschlüssig und diese Unschlüssigkeit läßt sich wohl entschuldigen, denn +einige hochgestellte Laien, welche das öffentliche Vertrauen in hohem +Maße genossen, waren geneigt, zur Unterwerfung zu rathen. Sie waren der +Meinung, ein allgemeiner Widerstand stehe kaum zu erwarten und ein +theilweiser werde für die Einzelnen verderblich und für die Kirche und +die Nation im Allgemeinen nur von geringem Nutzen sein. Dies war die +ausgesprochene Ansicht von Halifax und Nottingham. Der Tag rückte heran +und noch war keine Verständigung und kein bestimmter Entschluß +erzielt.[85] + + [Anmerkung 85: Johnstone, 27. Mai 1688.] + + +[_Patriotismus der protestantischen Nonconformisten Londons._] In diesem +Augenblicke erwarben sich die protestantischen Dissenters der Hauptstadt +einen Anspruch auf die ewige Dankbarkeit ihres Vaterlandes. Die +Regierung hatte sie bisher als einen Theil ihrer Stärke betrachtet. +Einige von ihren thätigsten und lautesten Predigern hatten, durch die +Gnadenbezeigungen des Hofes bestochen, Adressen zu Gunsten der Politik +des Königs zu Stande gebracht. Andere, welche durch die Erinnerung an +viele schwere Unbilden sowohl der anglikanischen Kirche als dem Hause +Stuart entfremdet waren, hatten mit boshafter Schadenfreude gesehen, wie +der tyrannische Fürst und die tyrannische Hierarchie durch bittere +Feindschaft von einander getrennt waren und sich gegenseitig überboten, +um den Beistand von Secten zu erlangen, die sie noch unlängst verfolgt +und verachtet hatten. Aber so natürlich dieses Gefühl auch sein mochte, +man hatte sich demselben lange genug hingegeben. Die Zeit war gekommen, +wo man eine Wahl treffen mußte, und die Nonconformisten traten in einer +hochherzigen Regung auf die Seite der Anglikaner, um gemeinschaftlich +mit ihnen die Grundgesetze des Reichs zu vertheidigen. Baxter, Bates und +Howe zeichneten sich durch ihre Anstrengungen, dieses Bündniß zu Stande +zu bringen, besonders aus; aber die edle Begeisterung, welche die +Gesammtheit der Puritaner beseelte, erleichterte ihnen die Aufgabe. Der +Eifer der Pfarrer wurde von dem ihrer Gemeinden noch übertroffen. +Diejenigen Presbyterianer- und Independentenprediger, welche Lust +zeigten, mit dem Könige Partei gegen die Landeskirche zu nehmen, wurden +nachdrücklich bedeutet, daß, wenn sie ihr Verfahren nicht änderten, ihre +Gemeinden sie fernerhin weder hören noch bezahlen würden. Alsop, der +sich mit der Hoffnung geschmeichelt hatte, daß er im Stande sein werde, +einen großen Theil seiner Anhänger dem Könige zuzuführen, sah sich +plötzlich von Denen, die ihn kurz zuvor noch als ihren geistlichen +Führer verehrt hatten, verachtet und verabscheut, verfiel darüber in +eine tiefe Schwermuth und verbarg sich vor den Blicken der Welt. Bei +mehreren londoner Geistlichen erschienen Deputationen, um sie zu bitten, +daß sie die Masse der Dissenters nicht nach den kriechenden +Schmeicheleien beurtheilen möchten, welche kürzlich die Spalten der +Gazette gefüllt hätten, und forderten sie, als bei dem großen Kampfe in +vorderster Reihe stehend, auf, mit männlicher Tapferkeit für die +Freiheiten Englands und den den Heiligen überlieferten Glauben zu +streiten. Diese Versicherungen wurden freudig und dankend aufgenommen. +Unter Denen aber, die sich zu entscheiden hatten, ob sie am nächsten +Sonntage, den 20. Mai, dem Befehl des Königs nachkommen wollten +oder nicht, herrschte noch immer große Ängstlichkeit und +Meinungsverschiedenheit. + + +[_Berathung der londoner Geistlichkeit._] Die londoner Geistlichkeit, +welche damals allgemein als die Elite ihres Standes anerkannt war, +veranstaltete eine berathende Versammlung. Funfzehn Doctoren der +Theologie waren anwesend. Tillotson, Dechant von Canterbury, der +berühmteste Kanzelredner der damaligen Zeit, kam vom Krankenlager dahin. +Sherlock, Vorsteher des Tempels, Patrick, Dechant von Peterborough und +Oberpfarrer des wichtigen Kirchspiels St. Paul in Coventgarden, sowie +auch Stillingfleet, Archidiakonus von London und Dechant der St. +Pauls-Kathedrale, nahmen daran Theil. Die Versammlung im Allgemeinen +schien der Ansicht zu sein, daß es im Grunde doch gerathen sei, dem +Geheimrathsbefehl zu gehorchen. Der Streit begann hitzig zu werden und +hätte vielleicht schlimme Folgen haben können, wäre er nicht durch die +Festigkeit und Einsicht des Unterpfarrers von St. Giles, Cripplegate, +Doctor Eduard Fowler, beendigt worden. Dieser Mann gehörte zu der +kleinen aber ausgezeichneten Klasse von Theologen, welche die der Schule +Calvin’s eigene Liebe zur bürgerlichen Freiheit mit der Theologie der +Schule des Arminius verbanden[86]. Er erhob sich und sprach: „Ich will +offen meine Meinung sagen. Die Sache ist so klar und einfach, daß lange +Erörterungen kein neues Licht auf sie werfen können, sondern nur die +Leidenschaften aufregen müssen. Lassen Sie einem Jeden blos Ja oder Nein +sagen. Ich für meine Person kann mich durch das Votum der Majorität +nicht binden lassen. Es würde mir leid thun, wenn dadurch unsre +Einigkeit gestört werden sollte, aber mein Gewissen erlaubt mir nicht, +diese Erklärung zu verlesen.“ Tillotson, Patrick, Sherlock und +Stillingfleet erklärten, daß sie der nämlichen Meinung seien, und die +Majorität fügte sich einer so achtbaren Minorität. Es wurde ein Beschluß +schriftlich ausgefertigt, durch den sich alle Anwesenden gegen einander +verpflichteten, die Erklärung nicht zu verlesen. Patrick war der Erste, +der seinen Namen unterschrieb, Fowler der Zweite. Das Papier wurde dann +in der Stadt herumgeschickt und war bald von fünfundachtzig +Pfründeninhabern unterzeichnet[87]. + +Unterdessen beriethen sich mehrere Bischöfe in banger Sorge über das +einzuschlagende Verfahren. Am 12. Mai war ein ernster und gelehrter +Kreis um den Tisch des Primas zu Lambeth versammelt. Compton, Bischof +von London, Turner, Bischof von Ely, White, Bischof von Peterborough, +und Tenison, Oberpfarrer des Kirchspiels St. Martin, befanden +sich unter den Anwesenden. Der Earl von Clarendon, ein warmer und +unerschütterlicher Freund der Kirche, war ebenfalls eingeladen worden. +Cartwright, Bischof von Chester, drängte sich, wahrscheinlich als Spion, +in die Versammlung. So lange er anwesend war, konnten vertrauliche +Mittheilungen nicht stattfinden; nach seinem Weggange aber wurde die +große Frage, welche alle Gemüther erfüllte, zur Sprache gebracht und +erörtert. Die allgemeine Ansicht war, daß die Erklärung nicht verlesen +werden solle. An mehrere der achtbarsten Prälaten der Provinz Canterbury +wurden sogleich Briefe geschrieben, durch welche dieselben aufgefordert +wurden, unverzüglich nach London zu kommen, um ihren Metropoliten in +dieser Angelegenheit zu unterstützen[88]. Da man kaum zweifeln konnte, +daß diese Briefe geöffnet werden würden, wenn sie durch das Postamt in +Lombard Street gingen, so wurden sie bis zu den nächsten Poststationen +in den verschiedenen Richtungen durch reitende Boten befördert. Der +Bischof von Winchester, dessen Loyalität sich bei Sedgemoor so glänzend +erprobt hatte, beschloß trotz eines ernstlichen Unwohlseins der +Aufforderung nachzukommen und sofort abzureisen, sah aber, daß er die +Erschütterung des Fahrens nicht vertragen konnte. Der an Wilhelm Lloyd, +Bischof von Norwich, gerichtete Brief wurde ungeachtet aller +Vorsichtsmaßregeln von einem Postmeister zurückgehalten, und dieser +Prälat, welcher keinem seiner Amtsbrüder in Muth und Eifer für die +gemeinsame Sache seines Berufs nachstand, kam zu spät in London an[89]. +Sein Namensvetter, Wilhelm Lloyd, Bischof von St. Asaph, ein frommer, +rechtschaffener und gelehrter Mann, aber von schwacher Urtheilskraft und +halb aufgerieben durch seine beharrlichen Anstrengungen, aus Daniel und +der Offenbarung einige Aufschlüsse über den Papst und den König von +Frankreich zu gewinnen, eilte nach der Hauptstadt und traf am +Sechzehnten ein[90]. Am nächstfolgenden Tage kamen auch der treffliche +Ken, Bischof von Bath und Wells, Lake, Bischof von Chichester, und Sir +Johann Trelawney, Bischof von Bristol, ein Baronet aus einer alten und +angesehenen Familie in Cornwall. + + [Anmerkung 86: Der verstorbene Alexander Knox, dieser + ausgezeichnete Mann, dessen beredte Conversation und vortrefflich + ausgearbeitete Briefe einen großen Einfluß auf die Gemüther seiner + Landsleute ausübten, hat, wie ich vermuthe, vieles von seinem + theologischen System und Fowler’s Schriften gelernt. Fowler’s Werk + über den Zweck des Christenthums wurde von Johann Bunyan mit einer + durch nichts zu rechtfertigenden Heftigkeit angegriffen, die sich + nur durch die Herkunft und mangelhafte Erziehung des ehrlichen + Kesselflickers einigermaßen entschuldigen läßt.] + + [Anmerkung 87: Johnstone, 23. Mai 1688. Es existirt ein + satirisches Gedicht auf diese Versammlung betitelt: „Die + geistliche Cabale.“] + + [Anmerkung 88: +Clarendon’s Diary, May 22. 1688.+] + + [Anmerkung 89: Auszug aus Tanner’s Handschriften in +Howell’s + State Trials+; +Life of Prideaux+; +Clarendon’s Diary, May 16. + 1688+.] + + [Anmerkung 90: +Clarendon’s Diary, May 16 & 17. 1688+.] + + +[_Berathung im Palast zu Lambeth._] Am Achtzehnten wurde im Palast des +Primas zu Lambeth eine Versammlung von Prälaten und anderen +ausgezeichneten Theologen gehalten. Tillotson, Tenison, Stillingfleet, +Patrick und Sherlock waren dabei anwesend. Vor dem Beginn der Berathung +wurde eine feierliche Betstunde gehalten. Nach einer langen Besprechung +setzte der Erzbischof eigenhändig eine Petition auf, in der die +allgemeine Ansicht ausgesprochen war. Sie war nicht im elegantesten +Style abgefaßt. Sancroft zog sich durch den schwülstigen und unschönen +Periodenbau sogar spöttelnden Tadel zu, den er mit weniger Geduld +ertrug, als er bei viel härteren Prüfungen gezeigt hatte. Dem Inhalte +nach aber konnte nichts geschickter entworfen sein, als dieses +denkwürdige Actenstück. Man verwahrte sich entschieden gegen alle +Illoyalität und Intoleranz, versicherte dem König, daß die Kirche noch +immer, wie von jeher, dem Throne treu ergeben sei und daß die Bischöfe +seiner Zeit am geeigneten Orte als Lords des Parlaments und als +Mitglieder des Oberhauses der Convocation beweisen wurden, wie es ihnen +keineswegs an humaner Rücksicht auf die Gewissensbedenken der Dissenters +fehle. Aber das Parlament habe sowohl unter der vorigen wie unter der +gegenwärtigen Regierung ausgesprochen, daß der Souverain nach der +Verfassung nicht berechtigt sei, in kirchlichen Angelegenheiten von +Gesetzen zu dispensiren. Deshalb sei die Erklärung gesetzwidrig und +Klugheit, Ehre und Gewissen gestatte den Petenten nicht, sich bei der +feierlichen Veröffentlichung einer ungesetzlichen Erklärung im Hause +Gottes und während der Zeit des Gottesdienstes zu betheiligen. + +Diese Petition wurde von dem Erzbischof und sechs seiner Suffraganen, +Lloyd von St. Asaph, Turner von Ely, Lake von Chichester, Ken von Bath +und Wells, White von Peterborough und Trelawney von Bristol, +unterzeichnet. Der Bischof von London unterzeichnete nicht mit, weil er +suspendirt war. + + +[_Die Petition der sieben Bischöfe dem Könige überreicht._] Es war spät +am Freitag Abend, und am Sonntag Morgen sollte die Erklärung in den +Kirchen von London verlesen werden. Die Petition mußte daher dem Könige +unverweilt überreicht werden. Die sechs Bischöfe brachen sofort nach +Whitehall auf; der Erzbischof, dem schon seit geraumer Zeit der Zutritt +bei Hofe untersagt war, begleitete sie nicht. Lloyd ließ seine fünf +Collegen im Hause des Lord Dartmouth in der Nähe des Palastes zurück, +begab sich zu Sunderland und bat den Minister, die Petition zu lesen und +sich zu erkundigen, wann der König geneigt sein werde, sie in Empfang zu +nehmen. Sunderland wollte, aus Furcht sich zu compromittiren, die +Petition gar nicht ansehen, begab sich aber sogleich ins königliche +Kabinet. Jakob befahl, die Bischöfe vorzulassen. Er hatte von seinem +Spion Cartwright erfahren, daß sie wohl geneigt wären, dem königlichen +Befehle zu gehorchen, aber einige kleine Änderungen in der Form +wünschten und eine unterthänige Bitte in diesem Sinne vorlegen wollten. +Seine Majestät war daher sehr gut gelaunt. Als die Prälaten vor ihm +knieten, bat er sie freundlich, aufzustehen, nahm das Papier, aus +Lloyd’s Händen und sagte: „Das ist Mylord Canterbury’s Hand.“ -- „Ja, +Sire, seine eigene Hand,“ war die Antwort. Jakob las die Petition, brach +sie dann zusammen und sprach, während seine Stirn sich verfinsterte: +„Dies ist eine große Überraschung für mich. Ich hätte dies von Ihrer +Kirche, insbesondere von einigen unter Ihnen, nicht erwartet. Das heißt +die Fahne des Aufruhrs aufpflanzen.“ Die Bischöfe ergossen sich in die +wärmsten Versicherungen ihrer Loyalität; der König aber wiederholte +seiner Gewohnheit nach die gesprochenen Worte von Anfang bis zu Ende. +„Ich sage Ihnen, es ist eine Fahne des Aufruhrs!“ -- „Des Aufruhrs?“ +rief Trelawney auf die Knie fallend. „Um des Himmels willen, Sire, +sprechen Sie nicht so hart von uns. Ein Trelawney kann nie ein Rebell +werden. Erinnern Sie Sich, daß meine Familie für die Krone gekämpft hat, +erinnern Sie Sich, wie ich Eurer Majestät gedient habe, als Monmouth im +Westen war.“ -- „Wir haben den letzten Aufstand unterdrückt,“ sagte +Lake, „und wollen gewiß nicht einen neuen hervorrufen.“ -- „Wir, +Rebellen!“ rief Turner; „wir sind bereit, zu den Füßen Eurer Majestät zu +sterben.“ -- „Sire,“ hob jetzt Ken in einem männlicheren Tone an, „ich +hoffe, Sie werden uns die Gewissensfreiheit zugestehen, die Sie +Jedermann gewähren.“ Jakob aber wiederholte abermals: „Das ist Aufruhr! +das ist eine Fahne des Aufruhrs! Hat jemals ein guter Diener der +Staatskirche das Dispensationsrecht in Frage gestellt? Haben nicht +einige von Ihnen zu Gunsten desselben gepredigt und geschrieben? Ich +will durchaus, daß meine Erklärung verlesen werde!“ -- „Wir haben zwei +Pflichten zu erfüllen,“ erwiederte Ken, „unsre Pflicht gegen Gott und +unsre Pflicht gegen Eure Majestät. Wir ehren Sie, aber wir fürchten +Gott.“ -- „Habe ich das um Sie verdient?“ versetzte der König mit +wachsendem Zorne; „bin ich nicht stets ein Freund Ihrer Kirche gewesen? +Ich hätte dies nicht von Ihnen erwartet. Aber ich verlange Gehorsam. +Meine Erklärung muß verlesen werden. Sie sind die Trompeter des +Aufruhrs. Was wollen Sie hier? Gehen Sie in Ihre Diöcesen und sorgen Sie +dafür, daß meinen Befehlen gehorcht wird. Dieses Papier will ich +behalten. Sie bekommen es nicht zurück. Ich werde Sie, die +Unterzeichner, nicht vergessen.“ -- „Gottes Wille geschehe,“ sagte Ken. +-- „Gott hat mir die Dispensationsgewalt verliehen,“ fuhr der König +fort, „und ich werde sie zu behaupten wissen. Ich sage Ihnen, es sind +noch Siebentausend in Ihrer Kirche, die das Knie nicht vor dem Baal +gebeugt haben.“ Die Bischöfe entfernten sich ehrerbietig[91]. Noch den +nämlichen Abend erschien die Petition, die sie dem Könige überreicht +hatten, Wort für Wort, in Druck und wurde in allen Kaffeehäusern +ausgelegt und in den Straßen zum Verkauf ausgeboten. Allenthalben +standen die Leute aus den Betten wieder auf und gingen hinunter auf die +Straße, um zu sehen, was es gab. Man sagte, daß der Drucker binnen +wenigen Stunden durch dieses Pennyblatt tausend Pfund verdient habe. +Dies mag übertrieben sein, aber es beweist wenigstens, daß der Absatz +ungeheuer war. Wie die Petition in die Öffentlichkeit kam, ist noch +heute ein Geheimniß. Sancroft versicherte, daß er jede erdenkliche +Vorsicht beobachtet habe und von keinem andren Exemplare wisse, als von +dem, welches er selbst geschrieben und das der König aus Lloyd’s Händen +entgegengenommen hatte. Die Wahrhaftigkeit des Erzbischofs ist über alle +Zweifel erhaben. Nicht unwahrscheinlich aber ist es, daß einige von den +anwesenden Geistlichen das kurze Schriftstück ihrem Gedächtniß genau +eingeprägt und es zum Druck befördert hatten. Die vorherrschende Meinung +war jedoch, daß eine Person aus der nächsten Umgebung des Königs eine +Indiscretion oder einen Verrath begangen habe[92]. Kaum weniger Aufsehen +machte ein kurzer, mit großer logischer Schärfe und in kräftiger Sprache +geschriebener Brief, der im Geheimen gedruckt und an dem nämlichen Tage +durch die Post und durch die gewöhnlichen Botenfuhrleute verbreitet +wurde. Jedem Geistlichen im ganzen Lande wurde ein Exemplar zugesandt. +Der Verfasser versuchte es nicht, die Gefahr zu verhehlen, der sich +Diejenigen aussetzten, welche dem königlichen Befehle nicht gehorchten; +aber er schilderte mit lebhaften Farben die noch größere Gefahr der +Unterwerfung. „Wenn wir die Erklärung verlesen,“ sagte er, „so fallen +wir, um uns nicht wieder zu erheben. Und wir werden nicht bedauert, +sondern nur verachtet werden; wir fallen unter den Verwünschungen einer +Nation, die unsre Willfährigkeit ins Verderben gestürzt hat.“ Einige +waren der Meinung, die Schrift sei aus Holland herübergekommen, Andere +schrieben sie Sherlock zu. Aber Prideaux, Dechant von Norwich, der bei +der Verbreitung besonders thätig war, hielt sie für das Werk Halifax’. + +Das Verfahren der Prälaten fand allgemeinen und lebhaften Beifall; aber +hier und da ließ sich auch ein Murren vornehmen. Man sagte, daß so +ernste Männer, wenn ihr Gewissen ihnen geboten hätte, beim Könige zu +remonstriren, dies früher hätten thun sollen. Wäre es recht gegen ihn +gehandelt, daß sie ihn bis sechsunddreißig Stunden vor der zur Verlesung +der Erklärung festgesetzten Zeit im Dunkeln ließen? Selbst wenn er den +Geheimrathsbefehl hätte zurücknehmen wollen, wäre es dazu zu spät +gewesen. Aus dem Allen scheine hervorzugehen, daß die Petition nicht den +Zweck gehabt habe, den König andren Sinnes zu machen, sondern nur die +Unzufriedenheit des Volks zu erregen[93]. Diese Beschwerden waren jedoch +völlig grundlos. Der König hatte den Bischöfen einen neuen, unerwarteten +und in Verlegenheit setzenden Befehl gegeben. Es war ihre Pflicht, mit +einander in Vernehmen zu treten und so weit als möglich die Ansicht des +Standes, dessen Oberhäupter sie waren, einzuholen, ehe sie irgend einen +Schritt thaten. Die Mitglieder waren im ganzen Lande zerstreut, einige +waren eine volle Tagereise von einander entfernt. Jakob hatte ihnen nur +vierzehn Tage Zeit gelassen, um sich zu erkundigen, zu berathschlagen +und einen Entschluß zu fassen, und er konnte sich gewiß nicht darüber +beklagen, daß diese vierzehn Tage zu Ende gingen, bevor er ihren +Entschluß erfuhr. Ebenso ist es auch nicht wahr, daß sie ihm nicht Zeit +ließen, seinen Befehl zurückzunehmen, wenn er hätte so klug sein wollen, +dies zu thun. Er hätte am Samstag Morgen den Geheimen Rath +zusammenberufen können und vor dem Abend konnte es in ganz London und +dessen Vorstädten bekannt sein, daß er den Bitten der Väter der Kirche +nachgegeben. Der Samstag ging jedoch ohne ein Zeichen von Sinnesänderung +seitens der Regierung vorüber und der Sonntag kam heran, ein Tag, dessen +man sich noch lange erinnerte. + + [Anmerkung 91: Sancroft’s Bericht aus Tanner’s Handschriften + abgedruckt; Citters, 22. Mai (1. Juni) 1688.] + + [Anmerkung 92: +Burnet, I. 741+; +Revolution Politics+; +Higgins’s + Short View.+] + + [Anmerkung 93: +Clarke’s Life of James the Second, II. 155.+] + + +[_Die londoner Geistlichkeit gehorcht dem königlichen Befehle nicht._] +In der City und den Vorstädten Londons gab es ungefähr hundert +Pfarrkirchen. Nur in vier derselben wurde der Geheimrathsbefehl befolgt. +In der St. Gregorskirche wurde die Erklärung von einem Geistlichen, +Namens Martin, verlesen. Sobald er die ersten Worte sprach, stand die +ganze Gemeinde auf und entfernte sich. In der St. Matthäuskirche in +Friday Street wurde ein Elender, Namens Timotheus Hall, der seinen +Priesterrock geschändet, indem er der Herzogin von Portsmouth bei dem +Handel mit Begnadigungen als Zwischenträger gedient und der jetzt +Hoffnung auf das erledigte Bisthum Oxford hatte, ebenfalls von seiner +Gemeinde in der Kirche allein gelassen. In Serjeant’s Inn, in Chancery +Lane, gab der Geistliche vor, er habe vergessen, ein Exemplar der +Erklärung mitzubringen, und der Oberrichter der Kings Bench, welcher +anwesend war, um darauf zu sehen, daß dem königlichen Befehle gehorcht +werde, mußte sich mit dieser Entschuldigung begnügen. Samuel Wesley, der +Vater Johann’s und Karl’s Wesley, Pfarrer in London, wählte an diesem +Sonntage zum Text seiner Predigt die edle Antwort, welche die drei Juden +dem chaldäischen Tyrannen gaben: „So sollst Du nun wissen, o König, daß +wir Deine Götter nicht ehren, noch das güldene Bild, das Du hast setzen +lassen, anbeten wollen.“ Selbst in der Kapelle des St. Jamespalastes +hatte der dienstthuende Geistliche den Muth, dem Befehle nicht zu +gehorchen. Die Knaben von Westminster erinnerten sich noch lange dessen, +was an jenem Tage in der Abtei vorging. Sprat, Bischof von Rochester, +fungirte hier als Dechant. Sobald er die Erklärung zu verlesen begann, +übertäubte das Murren und das Geräusch des sich aus der Kirche +drängenden Volks seine Stimme. Er zitterte so heftig, daß man das Papier +in seiner Hand sich bewegen sah. Lange bevor er geendet hatte, war die +Kirche von Allen verlassen, bis auf Diejenigen, die ihre Stellung zum +Bleiben nöthigte.[94] + +Noch nie war die Kirche der Nation so theuer gewesen, als an jenem +Nachmittage. Der Geist der Zwietracht schien erloschen zu sein. Baxter +hielt auf der Kanzel eine Lobrede auf die Bischöfe und die Pfarrer. +Wenige Stunden später schrieb der holländische Gesandte an die +Generalstaaten, daß die anglikanische Geistlichkeit in der Achtung des +Publikums unglaublich gestiegen sei. Die Nonconformisten, sagte er, +sprächen sich allgemein dahin aus, daß sie lieber unter dem Drucke der +Strafgesetze bleiben, als ihre Sache von der der Prälaten trennen +wollten.[95] + +So verging noch eine Woche ängstlicher Aufregung, und der zweite Sonntag +kam heran. Abermals waren die Kirchen der Hauptstadt mit +Hunderttausenden gefüllt. Die Erklärung wurde nirgends anderwärts +verlesen, als an den wenigen Orten, wo sie vor acht Tagen verlesen +worden war. Der Geistliche, der in der Kapelle des St. Jamespalastes +gepredigt hatte, war seines Amtes entsetzt worden und es erschien ein +servilerer Geistlicher mit dem Papier in der Hand; aber er war so +befangen, daß er nicht vernehmlich sprechen konnte. Die Stimmung der +ganzen Nation hatte sich in der That so gestaltet, daß nur die besten +und hochherzigsten, oder die schlechtesten und characterlosesten +Menschen ihr ohne große Angst die Stirn bieten konnten.[96] + + [Anmerkung 94: Citters; 22. Mai (1. Juni) 1688; +Burnet+, I. 740 + und Lord Dartmouth’s Note; +Southey’s Life of Wesley+.] + + [Anmerkung 95: Citters, 22. Mai (1. Juni) 1688.] + + [Anmerkung 96: +Ibid.+ 29. Mai (8. Juni) 1688.] + + +[_Unschlüssigkeit der Regierung._] Selbst der König war einen Augenblick +bestürzt über die Heftigkeit des von ihm heraufbeschworenen Sturmes. Was +sollte er nun zunächst thun? Er mußte entweder vorwärts oder rückwärts +gehen, und ersteres konnte er nicht ohne Gefahr, letzteres nicht ohne +Demüthigung. Einmal nahm er sich vor, einen neuen Befehl zu erlassen, +durch den er der Geistlichkeit in hochmüthigem und zornigem Tone gebot, +seine Erklärung zu verlesen, und jedem Widerspenstigen mit +augenblicklicher Amtsentsetzung drohte. Dieser Befehl wurde zu Papier +gebracht und in die Druckerei geschickt, dann zurückgeholt, dann zum +zweitenmal in die Druckerei geschickt und noch einmal zurückgeholt.[97] +Zu einem andren Plane riethen einige von Denen, welche für strenge +Maßregeln waren. Sie meinten, die Prälaten, welche die Petition +unterzeichnet hatten, könnten ja vor die kirchliche Commission citirt +und ihrer Bischofssitze beraubt werden. Gegen dieses Verfahren aber +wurden im Staatsrathe energische Einwendungen erhoben. Man habe +angekündigt, daß die Kammern noch vor Ende des Jahres einberufen werden +sollten und die Lords würden das Absetzungsurtel unzweifelhaft für null +und nichtig erklären, auf der Einberufung Sancroft’s und seiner +Mitpetenten bestehen und sich weigern, einen neuen Erzbischof von +Canterbury oder einen neuen Bischof von Bath und Wells anzuerkennen. So +würde die Session, die aller Wahrscheinlichkeit nach im günstigen Falle +immer noch sehr stürmisch werden würde, sogleich mit einem erbitterten +Streite zwischen der Krone und den Peers beginnen. Wenn daher eine +Bestrafung der Bischöfe für nöthig gehalten würde, so müßte dieselbe +nach dem bekannten Gange des englischen Rechtsverfahrens über sie +verhängt werden. Sunderland hatte sich von Anfang an, soweit er es ohne +Gefahr wagen konnte, dem Geheimrathsbefehl widersetzt. Jetzt rieth er zu +einem Verfahren, das zwar nicht frei von Nachtheilen, aber doch das +klügste und würdigste war, welches der Regierung nach einer Reihe von +Fehlgriffen noch offen stand. Der König solle mit Huld und Majestät der +Welt ankündigen, daß das ungehorsame Benehmen der anglikanischen Kirche +ihn tief verletzt habe, daß er aber die vielen Dienste nicht vergessen +könne, die diese Kirche in schweren Prüfungszeiten seinem Vater, seinem +Bruder und ihm selbst geleistet; daß er als Freund der Gewissensfreiheit +nicht streng gegen Männer verfahren wolle, deren allerdings +irregeleitetes und über alle Maßen bedenkliches Gewissen ihnen nicht +erlaubt habe, seinen Befehlen zu gehorchen, und daß er daher die +Schuldigen der Strafe überlassen werde, die ihre eigne Überzeugung ihnen +zuerkennen müsse, wenn sie ihre neuesten Schritte mit den loyalen +Grundsätzen verglichen, deren sie sich so laut gerühmt hätten. Nicht +allein Powis und Bellasyse, welche stets für gemäßigte Beschlüsse waren, +sondern selbst Dover und Arundell neigten sich zu diesem Vorschlage hin. +Jeffreys dagegen behauptete, daß die Regierung entehrt sein würde, wenn +sie solche Verbrecher, wie die sieben Bischöfe, mit einem bloßen +Verweise davon kommen ließe. Er wünschte jedoch nicht, daß sie vor die +Hohe Commission, in welcher er als erster oder vielmehr einziger Richter +saß, geladen würden, denn die Last des öffentlichen Hasses, die er +bereits zu tragen hatte, war selbst für seine schamlose Stirn und sein +verknöchertes Herz zu groß, und er erschrak vor der Verantwortlichkeit, +die er durch eine gesetzwidrige Verurtheilung der Oberhäupter der +Staatskirche und der Lieblinge des Volkes auf sich geladen haben würde. + + [Anmerkung 97: +Ibid.+] + + +[_Es wird eine gerichtliche Verfolgung der Bischöfe wegen Libells +beschlossen._] Jeffreys empfahl deshalb einen Criminalprozeß gegen sie +anhängig zu machen. In Folge dessen wurde beschlossen, den Erzbischof +und die sechs anderen Bittsteller unter der Anklage auf Abfassung eines +aufrührerischen Libells vor den Gerichtshof der Kings Bench zu stellen. +Daß sie für schuldig befunden werden würden, daran war kaum zu zweifeln, +denn die Richter und ihre Unterbeamten waren Werkzeuge des Hofes. +Seitdem der Hauptstadt ihr alter Freibrief entzogen worden, war kaum ein +Gefangener, den die Regierung bestraft wissen wollte, von einer Jury +freigesprochen worden. Die widerspenstigen Prälaten wurden höchst +wahrscheinlich zu unerschwinglichen Geldbußen und langer Haft +verurtheilt und waren dann froh, wenn sie sich dadurch loskaufen +konnten, daß sie in und außer dem Parlament den Absichten des Königs +dienten.[98] + +Am 27. Mai wurde den Bischöfen angekündigt, daß sie am 8. Juni vor dem +Könige im Geheimen Rathe erscheinen sollten. Warum eine so lange Frist +gestattet wurde, ist uns nicht bekannt. Vielleicht hoffte Jakob, daß +einige der Schuldigen sich aus Furcht vor seiner Ungnade bis zu dem zum +Verlesen der Erklärung bestimmten Tage noch fügen und, um sich mit ihm +auszusöhnen, die Geistlichen ihrer Diöcesen zum Gehorsam überreden +würden. Wenn dies wirklich seine Hoffnung war, so wurde sie vollständig +getäuscht. Der 3. Juni kam und alle Theile Englands folgten dem +Beispiele der Hauptstadt. Die Bischöfe von Norwich, Gloucester, +Salisbury, Winchester und Exeter hatten bereits Abschriften der Petition +zum Beweis ihrer Zustimmung unterzeichnet; der Bischof von Worcester +hatte sich geweigert, die Erklärung unter seine Geistlichen zu +vertheilen; der Bischof von Hereford hatte sie vertheilt, wurde aber, +wie allgemein bekannt war, deshalb von Reue und Scham gequält. Von +fünfzig Pfarrern fügte sich noch nicht einer dem Geheimrathsbefehl. In +der großen Diöcese Chester, welche die Grafschaft Lancaster umfaßt, +konnte Cartwright nicht mehr als drei Geistliche zum Gehorsam gegen den +König bewegen. Die Diöcese Norwich enthält viele hundert Pfarreien, und +nur in vieren davon wurde die Erklärung verlesen. Dem höfischen Bischof +von Rochester gelang es nicht, die Gewissensscrupel des +Gefängnißpredigers von Chatham, der von der Regierung besoldet wurde, zu +heben. Es existirt noch ein rührender Brief, den dieser wackere +Geistliche an den Sekretär der Admiralität schrieb. „Ich kann wohl nicht +erwarten,“ schrieb er darin, „daß Euer Ehren sich für mich verwenden. +Der Wille Gottes geschehe. Ich will lieber leiden, als sündigen“[99]. + + [Anmerkung 98: Barillon, 24. Mai (3. Juni), 31. Mai (10. Juni) + 1688; Citters, 1.(11.) Juli; Adda 25. Mai (4. Juni), 30. Mai (9. + Juni), 1.(11.) Juni; +Clarke’s Life of James the Second, II. + 158+.] + + [Anmerkung 99: +Burnet, I. 740+; +Life of Prideaux+; Citters, + 12.(22.), 15.(25.) Juni 1688; +Tanner MS.+; +Life and + Correspondence of Pepys+.] + + +[_Sie werden im Geheimen Rathe verhört._] Am Abend des 8. Juni begaben +sich die sieben Prälaten, von den ausgezeichnetsten Rechtsgelehrten +Englands gehörig instruirt, in den Palast, wo sie alsbald in das +Geheimrathszimmer gerufen wurden. Ihre Petition lag auf dem Tische. Der +Kanzler nahm das Papier, zeigte es dem Erzbischofe und sagte: „Ist dies +die Schrift, die Euer Gnaden aufgesetzt und welche die hier anwesenden +Bischöfe Seiner Majestät überreicht haben?“ Sancroft warf einen Blick +auf das Papier und sagte dann zum Könige: „Sire, ich stehe hier als +Angeklagter. Ich war dies noch nie und hätte früher nicht geglaubt, daß +ich es je einmal werden könnte. Am allerwenigsten aber habe ich daran +gedacht, daß mir ein Vergehen gegen meinen König zur Last gelegt werden +könnte. Da ich aber das Unglück habe, in diese Lage gekommen zu sein, so +wird Eure Majestät es mir nicht übel nehmen, wenn ich von dem mir +gesetzlich zustehenden Rechte Gebrauch mache, nichts zu sagen, was mich +als schuldig erscheinen lassen könnte.“ -- „Dies ist bloße Chikane,“ +erwiederte der König. „Euer Gnaden werden hoffentlich nicht so +gewissenlos sein, daß Sie Ihre eigne Hand verleugnen?“ -- „Sire,“ sagte +Lloyd, der die Casuistik gründlich studirt hatte, „alle Theologen +stimmen darin überein, daß Jemand, der sich in unsrer Lage befindet, die +Antwort auf eine solche Frage verweigern darf.“ Der König, der eben so +beschränkten Verstandes, als heftigen Temperamentes war, wußte nicht +sogleich was der Prälat meinte. Er beharrte jedoch auf seinem Verlangen +und gerieth in sichtbaren Zorn. „Sire,“ hob der Erzbischof wieder an, +„ich bin nicht verpflichtet, mich selbst anzuklagen. Dessenungeachtet +will ich, wenn Eure Majestät es durchaus befiehlt, eine Antwort geben, +in dem Vertrauen, daß ein gerechter und edelsinniger Fürst das was ich +lediglich aus Gehorsam gegen Höchstdessen Befehl thue, nicht als +Rechtsbeweis gegen mich anwenden lassen wird.“ -- „Sie dürfen mit Ihrem +Souverain nicht kapituliren,“ sagte der Kanzler. „Nein,“ setzte der +König hinzu, „ich werde einen solchen Befehl nicht geben. Wenn Sie es +vorziehen, Ihre eigenen Handschriften abzuleugnen, so habe ich Ihnen +nichts mehr zu sagen.“ + +Die Bischöfe wurden zu wiederholten Malen ins Vorzimmer hinausgeschickt +und eben so oft wieder hereingerufen. Endlich gab ihnen Jakob den +bestimmten Befehl, auf die Frage zu antworten. Er verpflichtete sich +allerdings nicht ausdrücklich dazu, daß ihr Geständniß nicht gegen sie +angewendet werden sollte; aber nach dem was vorausgegangen war, mußten +sie natürlich annehmen, daß diese Zusage selbstverständlich mit in dem +Befehle enthalten sei. Sancroft erkannte seine Handschrift an, und seine +Collegen folgten seinem Beispiele. Hierauf wurden sie über den Sinn +einiger in der Petition vorkommenden Worte und über den Brief befragt, +der im ganzen Lande verbreitet worden war und so großes Aufsehen gemacht +hatte; aber ihre Antworten waren so vorsichtig, daß durch das Verhör +nichts gewonnen wurde. Der Kanzler sagte ihnen nun, daß eine +Criminaluntersuchung bei der Kings Bench gegen sie eingeleitet werden +würde und forderte sie auf, sich wegen ihres Erscheinens jeder für seine +eigne Person zu verpflichten. Dies lehnten sie aber ab. Sie seien Peers +des Reiches, sagten sie, die besten Rechtsgelehrten von Westminster Hall +hätten ihnen gesagt, daß keinem Peer in einer Untersuchung wegen Libells +persönliche Bürgschaft angesonnen werden könne, und sie hielten sich +nicht für berechtigt, auf eines ihrer Standesvorrechte zu verzichten. +Der König war einfältig genug, es als eine persönliche Beleidigung gegen +sich zu betrachten, daß die Bischöfe in einer Rechtsfrage sich durch +juristischen Rath leiten ließen. „Sie glauben ja auch jedem Andren eher +als mir,“ sagte er. Er fühlte sich ernstlich gedemüthigt und beunruhigt, +denn er war so weit gegangen, daß ihm, wenn sie auf ihrem Vorsatze +beharrten, nichts Andres übrig blieb, als sie in’s Gefängniß zu +schicken, und wenn er auch keineswegs _alle_ Folgen eines solchen +Schrittes voraussah, so sah er doch so viel davon voraus, daß ihm bange +wurde. Sie blieben fest. Es wurde daher wirklich ein Befehl +ausgefertigt, welcher den Gouverneur des Tower anwies, sie in sicherem +Gewahrsam zu halten und eine Barke brachte sie den Fluß hinunter nach +dem Staatsgefängnisse.[100] + +Ganz London wußte, daß die Bischöfe vor dem Geheimen Rathe standen. Das +Publikum war in gespannter Erwartung. Eine große Menschenmenge füllte +die Höfe von Whitehall und alle umliegenden Straßen. Viele Leute +pflegten sich damals an Sommerabenden an der kühlen Themseluft zu +erlaben; an diesem Abend aber war der ganze Fluß mit Böten bedeckt. Als +die sieben Bischöfe in Begleitung einer Wache erschienen, konnte das +Volk seine Gefühle nicht mehr beherrschen. Tausende fielen auf die Knie +und beteten laut für die Männer, welche mit dem christlichen Muthe eines +Ridley und Latimer einem von der ganzen Bigotterie der Maria erfüllten +Tyrannen Trotz geboten hatten. Viele sprangen in den Fluß und riefen, +bis über den Hüften in Schlamm und Wasser stehend, die heiligen Väter um +ihren Segen an. Auf der ganzen Strecke von Whitehall bis zur +London-Brücke fuhr die königliche Barke zwischen Reihen von Böten, aus +denen beständig der Ruf: „Gott segne Eure Lordschaften!“ ertönte. Der +König gab in seiner Angst Befehl, daß die Besatzung des Tower verstärkt, +die Garden zum Feuern bereit gehalten und zwei Compagnien von jedem +Regiment im ganzen Reiche unverzüglich nach London berufen werden +sollten. Die Militairmacht aber, die er als das zuverlässigste Werkzeug +zur Bändigung des Volkes ansah, theilte alle Gefühle desselben. Selbst +die Schildwachen, welche am Verrätherthore unter Waffen standen, baten +die Märtyrer, die sie bewachen sollten, um ihren Segen. Der Gouverneur +des Tower war Sir Eduard Hales. Er war nicht eben geneigt, seine +Gefangenen freundlich zu behandeln, denn er war von der Kirche, für die +sie litten, abgefallen und bekleidete kraft der Dispensationsgewalt, +gegen die sie protestirt hatten, mehrere einträgliche Stellen. Mit +Entrüstung vernahm er, daß seine Soldaten auf das Wohl der Bischöfe +tranken, und er befahl seinen Offizieren, dies ein für allemal zu +verbieten; aber diese brachten ihm die Meldung, daß es sich nicht mehr +verhindern lasse und daß in der ganzen Besatzung keine andre Gesundheit +mehr ausgebracht werde. Übrigens bewiesen die Truppen ihre Verehrung für +die Väter der Kirche nicht allein durch Toaste. Im ganzen Tower +herrschte eine so andächtige Stimmung, daß fromme Geistliche dem Himmel +dankten, daß er aus Bösem Gutes hervorgehen ließe und die Verfolgung +seiner treuen Diener zum Rettungsmittel für viele Seelen machte. Tag für +Tag sah man die Equipagen und Livreen der vornehmsten Kavaliere Englands +vor den Eingängen des Gefängnisses, und Tausende von Zuschauern aus den +bürgerlichen Klassen bedeckten fortwährend Towerhill.[101] Von den +verschiedenen Zeichen der öffentlichen Verehrung und Theilnahme für die +Prälaten erfüllte aber namentlich eines mehr als alle anderen den König +mit Zorn und Besorgniß. Er erfuhr, daß eine Deputation von zehn +nonconformistischen Geistlichen die Bischöfe im Tower besucht hatte. Er +ließ vier von ihnen zu sich entbieten und machte ihnen persönlich +heftige Vorwürfe; sie aber antworteten ihm muthig, daß sie es für ihre +Pflicht hielten, vergangene Streitigkeiten zu vergessen und zu den +Männern zu stehen, welche die Träger des protestantischen Glaubens +seien.[102] + + [Anmerkung 100: Sancroft’s Bericht, abgedruckt aus Tanner’s + Handschriften.] + + [Anmerkung 101: +Burnet, I. 741+; Citters, 8.(18.), 12.(22.) Juni + 1688; +Luttrell’s Diary, June 8+; +Evelyn’s Diary+, Brief von + +Dr.+ Ralson an seine Gattin vom 14. Juni abgedruckt aus Tanner’s + Handschriften; +Reresby’s Memoirs+.] + + [Anmerkung 102: +Reresby’s Memoirs+.] + + +[_Geburt des Prätendenten._] Kaum hatten sich die Thore des Tower hinter +den Gefangenen geschlossen, so trat ein Ereigniß ein, welches die +allgemeine Aufregung noch vermehrte. Es war angekündigt worden, daß die +Königin erst im Juli ihre Entbindung erwarte. Den Tag nach dem Verhöre +der Bischöfe aber bemerkte man, daß der König sich angelegentlich nach +ihrem Befinden erkundigte. Sie saß jedoch diesen Abend noch bis gegen +Mitternacht in Whitehall am Spieltisch. Dann aber wurde sie in einer +Sänfte in den St. Jamespalast gebracht, wo in aller Eil Zimmer für sie +eingerichtet worden waren. Bald darauf eilten Boten nach allen +Richtungen hin, um Ärzte und Priester, Staatsräthe und Kammerdamen +herbeizuholen. Binnen wenigen Stunden waren eine Menge Staatsbeamte und +vornehme Damen im Zimmer der Königin versammelt, und hier wurde am +Morgen des 10. Juni, einem Sonntage, der von den allzutreuen Freunden +einer schlechten Sache lange in Ehren gehalten wurde, der unglücklichste +aller Fürsten geboren, bestimmt zu siebenundsiebzig Jahren der +Verbannung und des Umherirrens, zu einem Leben voll eitler Pläne, voll +Ehrenbezeigungen, welche kränkender sind als offene Beleidigungen, und +voll Hoffnungen, die das Herz vor Gram vergehen lassen. + + +[_Man hält ihn allgemein für untergeschoben._] Die traurigen Schicksale +des armen Kindes begannen schon vor seiner Geburt. Die Nation über +welche er nach der gewöhnlichen Erbfolgeordnung einst regiert haben +würde, war fest überzeugt, daß seine Mutter gar nicht schwanger sei. +Wäre seine Geburt auch durch noch so viele Zeugen bewiesen worden, +ein großer Theil des Volks würde trotzdem wahrscheinlich bei der +Behauptung geblieben sein, daß die Jesuiten ein geschicktes +Taschenspielerkunststück ausgeführt hätten; der Beweis für die Thatsache +ließ aber, theils durch Zufall, theils durch grobe Versehen manchen +Einwürfen und Zweifeln Raum. Es waren zwar viele Personen beiderlei +Geschlechts im königlichen Schlafgemache anwesend, als das Kind das +Licht der Welt erblickte, aber keine von ihnen erfreute sich des +öffentlichen Vertrauens im besonderen Grade. Von den anwesenden +Geheimräthen waren die Hälfte Katholiken und die, welche sich +Protestanten nannten, galten allgemein für Verräther an Gott und +Vaterland. Unter den Kammerdamen befanden sich viele Französinnen, +Italienerinnen und Portugiesinnen, und von den englischen Damen waren +einige selbst Papistinnen, andere die Gattinnen von Papisten. Mehrere +Personen, welche vorzugsweise hätten anwesend sein sollen, und deren +Zeugniß allen Verständigen genügt haben würde, fehlten und man legte die +Schuld an ihrer Abwesenheit dem Könige zur Last. Die Prinzessin Anna war +von allen Bewohnern der ganzen Insel am meisten bei der Sache +interessirt. Ihr Geschlecht und ihre Erfahrung berechtigte sie, als +Wächterin des Geburtsrechts ihrer Schwester und ihres eigenen +aufzutreten. Sie hatte starken Verdacht geschöpft, in welchem sie +täglich durch geringfügige oder imaginäre Umstände bestärkt wurde. Es +schien ihr, als ob die Königin geflissentlich ihren Fragen auswiche und +sie schrieb diese Zurückhaltung, welche vielleicht im Zartgefühl ihren +Grund hatte, dem Schuldbewußtsein zu.[103] In Folge dessen hatte Anna +sich vorgenommen, an dem entscheidenden Tage anwesend zu sein und ein +scharfes Auge zu haben. Sie hatte es aber nicht für nöthig gehalten, +schon einen Monat vor diesem Tage auf ihrem Posten zu sein, sondern war +mit Bewilligung und angeblich auf Anrathen ihres Vaters nach Bath +gereist, um dort eine Brunnenkur zu gebrauchen. Sancroft, dessen hohe +Stellung ihm die Pflicht auferlegte, anwesend zu sein, und in dessen +Rechtschaffenheit die Nation volles Vertrauen setzte, war einige Stunden +vorher von Jakob in den Tower geschickt worden. Die Hyde waren die +geeigneten Beschützer der Rechte beider Prinzessinnen. Der holländische +Gesandte konnte als der Vertreter Wilhelm’s betrachtet werden, der als +der erste Prinz von Geblüt und als Gemahl der ältesten Tochter des +Königs das größte Interesse an dem Ereignisse hatte. Jakob aber dachte +nicht daran, ein männliches oder weibliches Mitglied der Familie Hyde +herbeizurufen und eben so wenig wurde der holländische Gesandte +zugezogen. + +Die Nachwelt hat den König von dem Betrug, dessen sein Volk ihn +beschuldigte, vollkommen freigesprochen. Unmöglich aber kann man ihn von +der Thorheit und Verkehrtheit freisprechen, welche den Irrthum seiner +Zeitgenossen erklären und entschuldigen. Er wußte recht gut, welche +argwöhnischen Vermuthungen man im Publikum hegte,[104] und er hätte eben +so gut wissen können, daß dieser Argwohn nicht durch das Zeugniß von +Mitgliedern der römischen Kirche oder solchen Personen zerstreut werden +konnte, die sich zwar Mitglieder der anglikanischen Kirche nannten, aber +sich ganz bereit gezeigt hatten, die Interessen dieser Kirche zu opfern, +um seine Gunst zu gewinnen. Daß der Eintritt des Ereignisses ihn vor der +erwarteten Zeit überraschte, ist wahr, aber er hatte immerhin zwölf +Stunden vor sich, um seine Anordnungen zu treffen. So gut als er den St. +Jamespalast mit Bigotten und Schmarotzern füllen konnte, deren Wort die +Nation nicht traute, eben so gut hätte er auch für die Anwesenheit +einiger angesehenen Personen sorgen können, deren treue Anhänglichkeit +an die Prinzessinnen und an die Landeskirche außer Zweifel stand. + +Zu einer späteren Zeit, als er für seine tollkühne Verachtung der +öffentlichen Meinung schwer gebüßt hatte, pflegte man in Saint-Germain +ihn dadurch zu entschuldigen, daß man die Schuld auf Andere wälzte. +Einige Jakobiten behaupteten, Anna habe sich absichtlich fern gehalten, +ja sie scheuten sich nicht zu sagen, Sancroft habe den König +herausgefordert, ihn in den Tower zu schicken, damit das Zeugniß, +welches die Verleumdungen der Unzufriedenen widerlegen konnte, +mangelhaft wäre.[105] Die Abgeschmacktheit dieser Beschuldigung ist +handgreiflich. Konnte Anna oder Sancroft vermuthen, daß die Königin sich +in ihrer Berechnung um einen ganzen Monat geirrt hatte? Wäre ihre +Berechnung richtig gewesen, so würde Anna gewiß, um der Entbindung +beiwohnen zu können, zur rechten Zeit von Bath zurückgekehrt und +Sancroft nicht im Tower gewesen sein. Jedenfalls aber waren die +mütterlichen Oheime der Tochter des Königs weder von London entfernt +noch im Gefängniß. Die nämlichen Boten, welche die ganze Schaar der +Renegaten, Dover, Peterborough, Murray, Sunderland und Mulgrave, +herbeiholten, hätten ganz eben so leicht auch Clarendon herbeirufen +können. Er war so gut Geheimer Rath als sie, und seine Wohnung befand +sich in Jermyn Street, keine zweihundert Schritt von den Gemächern der +Königin. Dennoch ließ man es ihn erst in der St. Jameskirche durch die +Bewegung und das Geflüster der Gemeinde erfahren, daß seine Nichte +aufgehört hatte, die präsumtive Thronerbin zu sein.[106] Gehörte er etwa +deshalb nicht in das Entbindungszimmer, weil er ein naher Verwandter der +Prinzessinnen von Oranien und von Dänemark war, oder weil er +unerschütterlich treu an der anglikanischen Kirche hing? + +Die ganze Nation sprach es laut und offen aus, daß ein Betrug gespielt +worden sei. Mehre Monate lang hätten die Papisten auf der Kanzel und +durch die Presse, in Prosa und in Versen, in englischer und in +lateinischer Sprache prophezeit, daß die Bitten der Kirche erhört und +ein Prinz von Wales geboren werden würde, und sie hätten jetzt selbst +ihre Prophezeiung erfüllt. Jeder nicht zu bestechende oder zu +hintergehende Zeuge sei sorgfältig ausgeschlossen worden. Anna habe man +arglistigerweise zu einer Reise nach Bath überredet. Der Primas sei +gerade am Tage vor dem zur Ausführung des Betrugs bestimmten den +Vorschriften des Gesetzes und der Privilegien der Peers zum Trotz ins +Gefängniß geworfen worden. Nicht eine einzige männliche oder weibliche +Person, die das geringste Interesse an der Enthüllung des Betrugs haben +konnte, sei zugezogen worden. Man habe die Königin plötzlich mitten in +der Nacht in den St. Jamespalast gebracht, weil dieses Gebäude, für +unehrliche Zwecke passender eingerichtet als Whitehall, einige für die +Absichten der Jesuiten vortrefflich geeignete Zimmer und Gänge enthalte. +Hier sei inmitten eines Kreises von Zeloten, denen nichts, was die +Interessen ihrer Kirche fördern konnte, ein Verbrechen dünkte, und von +Höflingen, welche nichts, was zu ihrer Bereicherung und Erhebung +beitragen konnte, für Sünde hielten, ein neugeborenes Kind ins Bett der +Königin practicirt und dann triumphirend als Erbe dreier Königreiche +herumgegeben worden. Durch diesen zwar unbegründeten, aber nicht ganz +unnatürlichen Verdacht aufgeregt, drängten sich die Leute nur um so +eifriger danach, den frommen Opfern des Tyrannen zu huldigen, der, +nachdem er lange seinem Volke das empörendste Unrecht zugefügt, das Maß +seiner Schändlichkeit voll machte, indem er sich noch empörender an +seinen eigenen Kindern verging[107]. + +Der Prinz von Oranien, der selbst keinen Betrug argwöhnte und den +Zustand der Volksstimmung in England nicht kannte, ordnete Dankgebete +für seinen kleinen Schwager unter seinem eigenen Dache an und schickte +Zulestein mit einem förmlichen Beglückwünschungsschreiben nach London. +Zulestein hörte zu seinem großen Erstaunen Jedermann ganz offen von dem +schändlichen Betruge sprechen, den die Jesuiten eben begangen haben +sollten, und erblickte jede Stunde ein neues Pasquill auf die +Schwangerschaft und die Entbindung der Königin. Er schrieb sehr bald +nach dem Haag, von zehn Personen glaube nicht eine, daß die Königin +dieses Kind geboren habe[108]. + +Das Benehmen der gefangenen Prälaten erhöhte inzwischen die allgemeine +Theilnahme, die ihre Lage erweckte. Am Abend des „schwarzen Freitags“, +wie man den Tag ihrer Einkerkerung nannte, kamen sie gerade zur Stunde +des Gottesdienstes in ihrem Gefängnisse an. Sie begaben sich sogleich in +die Kapelle. Der Zufall wollte, daß im zweiten Vorlesestück die Worte +vorkamen: „In allen Dingen lasset uns beweisen als die Diener Gottes in +großer Geduld und Trübsalen, in Nöthen und Ängsten, in Schlägen, in +Gefängnissen.“ Alle eifrigen Anhänger der Staatskirche freuten sich +dieses Zusammentreffens und erinnerten sich, wie ein ganz ähnliches vor +fast vierzig Jahren Karl I. in seiner Todesstunde getröstet und erhoben +hatte. + +Am Abend des folgenden Tages, Samstag den 9. Juni, kam ein Schreiben von +Sunderland, welcher dem Kaplan des Tower befahl, am nächsten Morgen beim +Gottesdienste die Erklärung zu verlesen. Da die in dem Geheimrathsbefehl +zur Verlesung in London bestimmte Zeit längst verstrichen war, so konnte +dieses Verfahren der Regierung nur als eine ganz gemeine und kindische +persönliche Insulte gegen die ehrwürdigen Gefangenen betrachtet werden. +Der Kaplan weigerte sich zu gehorchen; er wurde sofort entlassen und die +Kapelle geschlossen[109]. + + [Anmerkung 103: Correspondenz zwischen Anna und Marie in + Dalrymple; +Clarendon’s Diary Oct. 31. 1688+.] + + [Anmerkung 104: Dies geht aus Clarendon’s Tagebuche vom 31. Oct. + 1688 klar hervor.] + + [Anmerkung 105: +Clarke’s Life of James the Second, II. 159. + 160.+] + + [Anmerkung 106: +Clarendon’s Diary, June 10. 1688.+] + + [Anmerkung 107: Johnstone giebt in kurzen Worten eine treffliche + Übersicht der gegen den König erhobenen Beschuldigungen. „Die + große Masse des Volks ist der Meinung, daß Alles ein Betrug sei, + denn, sagen sie, die Berechnung treffe nicht zu, die Prinzessin + sei entfernt und weder Jemand von der Familie Clarendon noch der + holländische Gesandte herbeigerufen worden; dazu komme noch der + plötzliche Eintritt des Ereignisses, die Predigten, die Zuversicht + der Priester und die Eil.“ -- 13. Juni 1688.] + + [Anmerkung 108: Ronquillo, 26. Juli (5. Aug.). Ronquillo setzt + hinzu, daß Zulestein’s Bericht über den Zustand der öffentlichen + Meinung vollkommen wahr sei.] + + [Anmerkung 109: Citters, 12.(22.) Juni 1688; +Luttrell’s Diary, + June 18.+] + + +[_Die Bischöfe werden vor die Kings Bench gestellt und müssen Bürgschaft +leisten._] Die Bischöfe erbauten Alle, die sich ihnen näherten, durch +die Standhaftigkeit und Freudigkeit, mit der sie ihre Haft ertrugen, +durch die Bescheidenheit und Demuth, mit der sie die Beifallsbezeigungen +und Segenswünsche der ganzen Nation aufnahmen, und durch die loyale +Anhänglichkeit, die sie für den Tyrannen, der sie in’s Verderben stürzen +wollte, an den Tag legten. Am Freitag den 15. Juni, dem ersten +Sitzungstage der Kings Bench, wurden sie vor diesen Gerichtshof +gestellt. Eine ungeheure Menschenmenge erwartete ihre Ankunft. Vom +Landungsplatze bis zur Court of Requests gingen sie durch eine +Doppelreihe von Zuschauern, welche ihnen Segenswünsche und Beifall +zuriefen. „Lieben Freunde,“ sagten die Gefangenen im Vorübergehen, +„ehret den König und gedenket unserer in Euren Gebeten.“ Diese +demüthigen und frommen Worte rührten Viele bis zu Thränen. Als sich der +Zug endlich durch das Gedränge einen Weg gebahnt hatte und vor den +Richtern angekommen war, verlas der Generalfiskal die Anklage, welche er +auf hohen Befehl ausgearbeitet hatte und stellte den Antrag, daß die +Beklagten aufgefordert werden sollten, auf die Klage einzugehen. Der +Vertheidiger wendete dagegen ein, die Bischöfe seien gesetzwidrig +verhaftet worden, und ihr Erscheinen vor dem Gerichtshofe sei daher +nicht ordnungsgemäß. Die Frage, ob ein Peer unter einer Anklage wegen +Libells sein Erscheinen vor Gericht gehörig zu verbürgen habe, wurde +ausführlich erörtert und endlich von der Mehrheit der Richter zu Gunsten +der Krone entschieden. Die Gefangenen erklärten sich nun für +nichtschuldig. Der vierzehnte Tag darauf, der 29. Juni, wurde zur +Verhandlung ihres Prozesses anberaumt. Bis dahin wurden sie gegen das +persönliche Versprechen, sich zu stellen, in Freiheit gesetzt. Die +Kronanwälte thaten sehr weise daran, aß sie keine fremde Bürgschaft +verlangten, denn Halifax hatte dafür gesorgt, daß einundzwanzig +weltliche Peers vom höchsten Ansehen, je drei für einen Angeklagten, zur +Bürgschaftleistung bereit waren, und eine solche Gesinnungsäußerung des +hohen Adels würde für die Regierung ein harter Schlag gewesen sein. Eben +so wußte man, daß einer der reichsten, Dissenters der Hauptstadt um die +Ehre nachgesucht hatte, für Ken Bürgschaft leisten zu dürfen. + +Die Bischöfe durften nun in ihre Heimath zurückkehren. Das niedere Volk, +welches von dem bei der Kings Bench beobachteten Gerichtsverfahren +nichts wußte und nur sah, daß ihre Lieblinge, nachdem sie unter +Bedeckung nach Westminster Hall gebracht worden waren, jetzt sich in +voller Freiheit wieder entfernen durften, glaubte, die gute Sache habe +gesiegt, und brach in lauten Beifallsjubel aus, während zugleich +fröhliches Glockengeläute von allen Thürmen ertönte. Sprat erstaunte +nicht wenig, als er die Glocken seiner eigenen Abtei lustig erklingen +hörte. Er brachte sie sofort zum Schweigen, aber seine Einmischung +erregte viel unwilliges Murren. Die Bischöfe wußten gar nicht, wie sie +sich vor der zudringlichen Masse ihrer Freunde retten sollten. Lloyd +wurde im Palasthofe von Verehrern zurückgehalten, die sich um die Gunst +stritten, seine Hände zu berühren und den Saum seines Rockes zu küssen, +bis endlich Clarendon ihn nicht ohne Anstrengung befreite und ihn durch +eine Seitengasse nach Hause führte. Man sagte, Cartwright sei so +unvorsichtig gewesen, sich unter das Volk zu mischen. Jemand, der ihn an +seinem Bischofsgewand erkannte, erbat sich und erhielt seinen Segen. +„Wißt Ihr, von wem Ihr Euch eben habt segnen lassen?“ rief einer der +Umstehenden. „Nun, es war doch gewiß einer von den Sieben?“ versetzte +Der, welcher eben mit dem Segen beehrt worden war. „Nein,“ entgegnete +der Andere, „es war der papistische Bischof von Chester.“ -- +„Papistischer Hund!“ rief der Protestant wüthend, „nimm Deinen Segen +zurück!“ + +Der Zusammenlauf und die Aufregung waren so groß, daß der holländische +Gesandte sich wunderte, den Tag ohne einen Aufstand enden zu sehen. Dem +Könige war durchaus nicht wohl zu Muthe gewesen. Um jede Ruhestörung +sogleich unterdrücken zu können, hatte er am Morgen in Hydepark mehrere +Bataillone Infanterie gemustert. Es ist jedoch keineswegs ausgemacht, +daß diese Truppen zu ihm gehalten haben würden, wenn er ihrer Dienste +bedurft hätte. Als Sancroft am Nachmittag in Lambeth ankam, fand er die +in dieser Vorstadt liegenden Grenadiergarden vor dem Eingange seines +Palastes versammelt. Sie stellten sich in einer Doppelreihe auf und +während er zwischen ihnen hinschritt, baten sie ihn um seinen Segen. Nur +mit Mühe hielt er sie davon ab, daß sie zur Feier seiner Rückkehr in +seine Wohnung ein Freudenfeuer anzündeten. Es brannten übrigens an jenem +Abend mehrere Freudenfeuer in der Hauptstadt. Zwei Katholiken, welche so +unbesonnen waren, einige Knaben zu schlagen, weil sie an diesen +öffentlichen Freudenbezeigungen Theil nahmen, wurden vom Pöbel +ergriffen, nackt ausgezogen und schimpflich gebrandmarkt[110]. + +Jetzt forderte Sir Eduard Hales seine Gebühren von den Bischöfen, die +seine Gefangenen gewesen waren. Sie weigerten sich, einem Beamten, +dessen Bestallung sie nach ihren Grundsätzen für null und nichtig +ansahen, etwas für eine in ihren Augen gesetzwidrige Haft zu bezahlen. +Hierauf gab ihnen der Gouverneur sehr deutlich zu verstehen, daß, wenn +sie noch einmal in seine Hände kämen, er sie in schwere Eisen legen und +auf die nackten Steine betten werde. „Wir haben uns die Ungnade unsres +Königs zugezogen,“ war ihre Antwort, „und wir empfinden dies sehr +schmerzlich; ein Mitunterthan aber, der uns droht, strengt nutzlos seine +Lunge an.“ Man kann leicht denken, mit welchem Unwillen das ohnehin +schon gereizte Volk erfuhr, daß ein vom protestantischen Glauben +Abgefallener, der den Grundgesetzen Englands zum Hohn einen +Commandoposten bekleidete, es gewagt hatte, ehrwürdigen Geistlichen mit +allen Barbareien von Lollard’s Tower zu drohen[111]. + + [Anmerkung 110: Über die Ereignisse dieses Tages sehe man die + +Collection of State Trials+; +Clarendon’s Diary+; +Luttrell’s + Diary+; Citters, 15.(25.) Juni; Johnstone, 18. Juni und + +Revolution Politics.+] + + [Anmerkung 111: Johnstone, 18. Juni 1688; +Evelyn’s Diary, June + 29.+] + + +[_Aufregung der Gemüther._] Bis zu dem Tage des Prozesses hatte sich die +Aufregung nach den entferntesten Winkeln der Insel verbreitet. Aus +Schottland erhielten die Bischöfe Zuschriften, in denen sie der +Sympathie aller Presbyterianer dieses dem Prälatenthum so lange und so +bitter Feind gewesenen Landes versichert wurden[112]. Die Bevölkerung +von Cornwall, ein trotziges, kühnes und herkulisches Geschlecht, das ein +stärkeres Provinzialgefühl hatte, als man es in irgend einem andren +Theile des Landes fand, nahm großen Antheil an der Gefahr, in welcher +Trelawney schwebte, den sie weniger als einen Leiter der Kirche, denn +als das Oberhaupt eines angesehenen Hauses und als den Erben von zwanzig +Ahnen verehrten, welche schon in hohem Ansehen standen, ehe die +Normannen den Fuß auf englischen Boden gesetzt hatten. In der ganzen +Grafschaft sang das Landvolk eine Ballade, deren Refrain noch nicht +vergessen ist: + + „Und bringt man Trelawney um, bringt man Trelawney um, + Wollen dreißigtausend cornische Burschen wissen warum?“ + +Die Bergleute sangen das Lied mit einer kleinen Variation: + + „Wollen Zwanzigtausend unter der Erde wissen warum.“[113] + +In manchen Theilen des Landes sprachen die Bauern laut eine sonderbare +Hoffnung aus, welche nie aufgehört hat, in ihren Herzen fortzuleben. Sie +meinten, ihr protestantischer Herzog, ihr geliebter Monmouth, werde +plötzlich wieder erscheinen, sie zum Siege führen und den König wie die +Jesuiten unter seinen Füßen zertreten[114]. + +Die Minister waren in der größten Angst; selbst Jeffreys würde gern +seine Maßregeln zurückgenommen haben. Er beauftragte Clarendon mit +freundlichen Botschaften an die Bischöfe und wälzte die Schuld an der +Verfolgung, zu der er selbst gerathen hatte, auf Andere. Sunderland +wagte es noch einmal, Zugeständnisse anzuempfehlen. Die glückliche +Geburt eines Prinzen, sagte er, biete dem Könige eine vortreffliche +Gelegenheit, eine gefährliche und nachtheilige Stellung aufzugeben, ohne +sich den Vorwurf der Zaghaftigkeit oder der Launenhaftigkeit zuzuziehen. +Bei so erfreulichen Anlässen sei es stets Sitte gewesen, daß der Fürst +die Herzen seiner Unterthanen durch Gnadenacte erfreue, und nichts könne +dem Prinzen von Wales mehr zum Vortheile gereichen, als wenn er schon in +der Wiege der Friedensstifter zwischen seinem Vater und der +aufgebrachten Nation würde. Aber des Königs Entschluß stand fest. „Ich +werde fortfahren,“ sagte er, „ich bin nur zu nachsichtig gewesen. Die +Nachsicht war meines Vaters Verderben“[115]. + + [Anmerkung 112: +Tanner MS.+] + + [Anmerkung 113: Diese Thatsache wurde mir freundlichst von dem + Rev. R. S. Hawker von Morwenstow in Cornwall mitgetheilt.] + + [Anmerkung 114: Johnstone, 18. Juni 1688.] + + [Anmerkung 115: Adda, 29. Juni (9. Juli) 1688.] + + +[_Sunderland’s Angst._] Der schlaue Minister kam dahinter, daß sein Rath +früher nur deshalb angenommen worden war, weil er denselben jederzeit +nach dem Willen des Königs eingerichtet hatte, daß er aber von dem +Augenblicke an, wo er wirklich guten ertheilte, kein Gehör mehr finden +würde. Bei dem Verfahren gegen das Magdalenen-Collegium hatte er einige +Lauheit gezeigt. Er hatte ferner ganz neuerdings den König zu überzeugen +gesucht, daß Tyrconnel’s Plan zur Confiscirung des Eigenthums der +englischen Colonisten in Irland höchst gefährlich sei, und er hatte es +mit Hülfe Powis’ und Bellasyse’s wenigstens dahingebracht, daß die +Ausführung des Planes noch um ein Jahr aufgeschoben wurde. Aber diese +zaghafte Bedenklichkeit hatte den Keim des Widerwillens und Mißtrauens +ins Herz des Königs gelegt[116]. Der Tag der Vergeltung war jetzt +gekommen. Sunderland war in der nämlichen Lage, in der sich einige +Monate früher sein Nebenbuhler Rochester befunden hatte. Beide +Staatsmänner lernten die Angst eines Menschen kennen, der sich +krampfhaft an eine Stütze anklammert, die seinen Händen mehr und mehr +entschlüpft. Beide sahen ihre Rathschläge verächtlich zurückgewiesen. +Beide erlitten die Qual, in den Mienen und dem Benehmen ihres Gebieters +Unzufriedenheit und Mißtrauen zu lesen, und doch wurden Beide von ihrem +Vaterlande für die Verbrechen und Irrthümer, von denen sie ihn vergebens +zurückzubringen versucht hatten, verantwortlich gemacht. Während er sie +in dem Verdacht hatte, daß sie auf Kosten seiner Autorität und seiner +Würde sich populär machen wollten, beschuldigte die öffentliche Stimme +sie laut des Versuchs, auf Kosten ihrer eigenen Ehre und des Gemeinwohls +die königliche Gunst zu gewinnen. Doch trotz aller Kränkungen und +Demüthigungen hielten Beide ihren Ministerposten mit der verzweifelten +Kraft Ertrinkender umklammert. Beide versuchten es, den König wieder +günstig zu stimmen, indem sie sich stellten, als ob sie zum Anschluß an +seine Kirche geneigt wären. Es gab aber eine Grenze, welche Rochester +entschlossen war nicht zu überschreiten. Er ging bis an den Rand des +Glaubensabfalls; hier aber blieb er stehen und in Berücksichtigung der +Standhaftigkeit, mit der er sich weigerte, den letzten Schritt zu thun, +verzieh ihm die Welt großmüthig seine frühere Willfährigkeit. + + [Anmerkung 116: Sunderland’s eigner Erzählung darf man natürlich + nicht unbedingten Glauben beimessen. Aber er führte Godolphin zum + Zeugen für das an, was in Betreff der irischen Ansiedlungsacte + vorgegangen war.] + + +[_Er erklärt sich für einen Katholiken._] Der weniger gewissenhafte und +für das Schamgefühl weniger empfängliche Sunderland beschloß durch einen +Schritt, der jedem von der Wichtigkeit der religiösen Überzeugung +durchdrungenen Gemüth als eines der schändlichsten Verbrechen erscheinen +mußte und den selbst weltlich gesinnte Menschen als das Übermaß von +Verworfenheit betrachten, seine bisherige Mäßigung wieder gut zu machen +und das Vertrauen des Königs wieder zu gewinnen. Ungefähr eine Woche vor +dem zur Verhandlung des Prozesses anberaumten Tage erschien die +öffentliche Ankündigung, daß er Papist geworden sei. Der König sprach +mit Entzücken von diesem Siege der göttlichen Gnade. Die Höflinge und +auswärtigen Gesandten bemühten sich nach Kräften ernsthaft zu bleiben, +als der Renegat versicherte, daß er schon lange von der Unmöglichkeit +überzeugt sei, außerhalb des Schooßes der römischen Kirche selig werden +zu können, und daß sein Gewissen ihm keine Ruhe gelassen, bis er sich +von dem Ketzerglauben losgesagt habe, in dem er erzogen worden. Die +Neuigkeit verbreitete sich schnell. In allen Kaffeehäusern erzählte man +sich, wie der Premierminister von England barfuß und mit einer Kerze in +der Hand sich nach der königlichen Kapelle begeben und demüthig um +Einlaß gebeten, wie die Stimme eines Priesters drinnen gefragt habe, wer +da sei, wie Sunderland zur Antwort gegeben, ein armer Sünder, der lange +fern von der wahren Kirche umherirre, flehe um Aufnahme und Absolution, +wie hierauf die Thüren geöffnet worden seien und der Neubekehrte an den +heiligen Mysterien habe Theil nehmen dürfen[117]. + + [Anmerkung 117: Barillon, 21. Juni (1. Juli) 1688; Adda, 29. Juni + (9. Juli); Citters, 26. Juni (6. Juli); Johnstone, 2. Juli 1688; + +The Converts, a poem+.] + + +[_Prozeß der Bischöfe._] Dieser schmachvolle Abfall konnte das Interesse +nur erhöhen, mit dem die Nation dem Tage entgegensah, an welchem das +Schicksal der sieben muthigen Bekenner der anglikanischen Kirche +entschieden werden sollte. Eine willfährige Jury zusammenzubringen war +jetzt das Hauptziel des Königs. Die Kronanwälte erhielten Befehl, die +Gesinnung der Männer, welche in das Verzeichniß der Freisassen +eingetragen waren, genau zu erforschen. Sir Samuel Astry, Sekretär der +Krone, dem die Auswählung der Namen in solchen Fällen oblag, wurde in +den Palast beschieden und hatte eine Unterredung mit Jakob, an welcher +der Kanzler Theil nahm[118]. Sir Samuel scheint sein Möglichstes gethan +zu haben, denn es befanden sich, wie es hieß, unter den achtundvierzig +Personen, die er auswählte, mehrere Diener des Königs und mehrere +Katholiken[119]. Da aber der Vertheidiger der Bischöfe das Recht hatte, +zwölf davon zu streichen, so waren diese natürlich die gestrichenen. Die +Kronanwälte strichen ebenfalls zwölf und die Liste reducirte sich +dadurch auf vierundzwanzig. Die ersten zwölf, welche aufgerufen wurden, +hatten dann den Ausspruch zu thun. + +Am neunundzwanzigsten Juni waren Westminsterhall, der alte und der neue +Palasthof und alle benachbarten Straßen weithin mit einer dicht +gedrängten Volksmasse angefüllt. Ein so zahlreiches Auditorium war nie +zuvor und ist auch seitdem nie wieder im Gerichtssaale der Kings Bench +versammelt gewesen. Man zählte fünfunddreißig weltliche Peers unter der +Menge[120]. + +Sämmtliche vier Richter des Gerichtshofes waren anwesend. Wright, der +den Vorsitz führte, war einzig und allein wegen seiner gewissenlosen +Servilität vielen tüchtigeren und gelehrteren Männern bei Besetzung +seines hohen Postens vorgezogen worden. Allibone war Papist und +verdankte seine Stellung der Dispensationsgewalt, deren Gesetzlichkeit +eben in Frage stand. Holloway war seither ein willenloses Werkzeug der +Regierung gewesen. Selbst Powell, der sich des Rufes strenger +Rechtschaffenheit erfreute, hatte bei einigen Vorgängen eine Rolle +gespielt, die sich nicht vertheidigen läßt. Er hatte in dem wichtigen +Prozesse Sir Eduard Hales’, allerdings mit einigem Bedenken und nach +einigem Zögern, mit der Mehrheit der Richter gestimmt und dadurch auf +seinen Character einen Flecken geworfen, der aber durch sein +ehrenwerthes Benehmen an diesem Tage völlig verwischt wurde. + +Die beiderseitigen Rechtsanwälte waren einander durchaus nicht +ebenbürtig. Die Regierung hatte von ihren Kronjuristen so gehässige und +entehrende Dienste verlangt, daß die ausgezeichnetsten Rechtsgelehrten +und Advokaten der Torypartei nach einander ihre Mitwirkung verweigert +hatten und ihrer Ämter entsetzt worden waren. Sir Thomas Powis, +der Generalfiskal, war kaum ein Jurist dritten Ranges. Der +Generalprokurator, Sir Wilhelm Williams, besaß zwar einen scharfen +Verstand und einen unbeugsamen Muth, aber es fehlte ihm an der nöthigen +Ruhe und Bedächtigkeit; er war streitsüchtig, konnte sein Temperament +nicht beherrschen und wurde von allen politischen Parteien gehaßt und +verachtet. Die hervorragendsten Beistände des Fiskals und des +Prokurators waren Serjeant Trinder, ein Katholik, und Sir Bartholomäus +Shower, Syndikus von London, der einige juristische Kenntnisse besaß, +aber wegen seiner oft den Anstand verletzenden Vertheidigungen und +seiner endlosen Wiederholungen das Gespött von ganz Westminsterhall war. +Gern hätte die Regierung Maynard’s Dienste gewonnen; aber er hatte +geradezu erklärt, daß er sich auf das, was man von ihm verlangte, mit +gutem Gewissen nicht einlassen könne[121]. + +Auf der andren Seite hingegen standen fast alle ausgezeichneten +juristischen Talente der damaligen Zeit. Sawyer und Finch, welche beim +Regierungsantritt Jakob’s Fiskal und Prokurator gewesen waren, und die +während der Verfolgung der Whigs unter der vorigen Regierung der Krone +mit nur zu großem Eifer und zu glücklichem Erfolge gedient hatten, +befanden sich unter den Vertheidigern der Angeklagten. Ihnen zur Seite +standen zwei Männer, welche, seit Maynard’s Thätigkeit durch sein +vorgerücktes Alter vermindert worden war, für die beiden besten Juristen +galten: Pemberton, der zur Zeit Karl’s II. Oberrichter der Kings Bench +gewesen, wegen seiner Menschlichkeit und Mäßigung aber dieses hohen +Postens entsetzt worden und deshalb wieder zur advokatorischen Praxis +zurückgekehrt war, und Pollexfen, der lange die Assisen im Westen +geleitet und von dem man, obgleich er sich bei den blutigen Assisen +durch Annahme von Aufträgen für die Krone und besonders durch sein +Auftreten gegen Alice Lisle sehr unpopulär gemacht hatte, dennoch wußte, +daß er im Herzen ein Whig, wenn nicht gar ein Republikaner war. Ferner +war dabei Sir Creswell Levinz, ein Mann von gründlichen Kenntnissen und +reichen Erfahrungen, aber von auffallend ängstlichem Wesen. Er war +einige Jahre vorher von der Richterbank entfernt worden, weil er sich +nicht hatte entschließen können, den Zwecken der Regierung zu dienen. +Jetzt scheute er sich wieder, als Vertheidiger der Bischöfe aufzutreten +und hatte sich zuerst geweigert, ihnen seine Dienste zu widmen; aber die +ganze Corporation der Gerichtsadvokaten, die ihn beschäftigten, hatten +ihm erklärt, daß wenn er diesen Auftrag zurückwiese, er nie wieder einen +erhalten sollte[122]. + +Sir Georg Treby, ein reichbegabter und eifriger Whig, der unter der +alten städtischen Verfassung Syndikus von London gewesen war, stand auf +der nämlichen Seite. Sir Johann Holt, ein noch ausgezeichneterer +whiggistischer Advokat, wurde wahrscheinlich deshalb, weil Sancroft +gegen ihn eingenommen war, nicht mit zur Vertheidigung berufen, war aber +vom Bischof von London privatim um Rath gefragt worden[123]. Der jüngste +Rechtsbeistand der Bischöfe war ein junger Advokat, Namens Johann +Somers. Er war weder durch hohe Geburt noch durch Vermögen begünstigt +und hatte auch noch keine Gelegenheit gehabt, sich öffentlich +auszuzeichnen, aber sein Genie, sein Fleiß und sein vielseitiges großes +Talent waren einem kleinen Kreise von Freunden wohl bekannt, und sein +gründliches, klares System der Beweisführung, sowie sein jederzeit +taktvolles Benehmen hatten ihm trotz seiner whiggistischen Ansichten die +Aufmerksamkeit des Gerichtshofes der Kings Bench bereits gesichert. +Johnstone hatte den Bischöfen eindringlich vorgestellt, wie wichtig es +sei, seinen Beistand zu gewinnen, und Pollexfen sollte erklärt haben, +daß Niemand in Westminsterhall zur Behandlung einer geschichtlichen und +die Verfassung berührenden Frage so befähigt sei, als Somers. + +Die Jury wurde vereidigt; sie bestand aus Männern, welche sehr geachtete +Stellungen in der Gesellschaft einnahmen. Der Vormann war Sir Roger +Langley, ein Baronet von alter und angesehener Familie. Ihm zur Seite +stand ein Ritter und zehn Esquires, von denen mehrere sehr vermögend +waren. Es befanden sich einige Nonconformisten unter ihnen, denn die +Bischöfe hatten wohlweislich beschlossen, kein Mißtrauen gegen die +protestantischen Dissenters zu zeigen. Ein Name jedoch erregte große +Besorgniß, der Name Michael Arnold’s. Er war Hofbrauer und man +fürchtete, daß die Regierung auf seine Stimme rechnen könne. Es wird +erzählt, daß er sich bitter über die Stellung beklagt habe, in die er +versetzt war. „Was ich auch thun mag,“ soll er geäußert haben, „so habe +ich die Gewißheit, halb ruinirt zu werden. Sage ich Nichtschuldig, so +werde ich nicht mehr für den König brauen; sage ich Schuldig, so werde +ich für niemand Andren mehr brauen“.[124] + +So begann denn die gerichtliche Verhandlung, die, selbst wenn man sie +nach Verlauf von mehr als anderthalb Jahrhunderten mit kaltem Blute +liest, das ganze Interesse eines Drama’s hat. Die Advokaten stritten auf +beiden Seiten mit einer mehr als berufsmäßigen Schärfe und Heftigkeit, +das anwesende Publikum hörte mit so gespannter Aufmerksamkeit zu, als +hätte das Schicksal jedes Einzelnen von dem Ausspruche der Geschwornen +abgehangen, und die Aussichten auf den Sieg wechselten so plötzlich und +so ergreifend, daß die Menge zu wiederholten Malen in der nämlichen +Minute von der größten Angst zur lebhaftesten Freude und umgekehrt von +der lebhaftesten Freude zu noch größerer Angst übersprang. + +Die Anklage beschuldigte die Bischöfe, in der Grafschaft Middlesex ein +falsches, böswilliges und aufrührerisches Libell geschrieben oder +veröffentlicht zu haben. Der Generalfiskal und der Staatsprokurator +versuchten zuvörderst den Beweis zu führen, daß die Angeklagten das +Libell unterschrieben hatten. Zu dem Ende wurden mehrere Personen +aufgefordert, die Handschriften der Bischöfe zu recognosciren. Aber die +Zeugen thaten dies mit solcher Unlust, daß kaum einem von ihnen eine +klare und deutliche Antwort zu entlocken war. Pemberton, Pollexfen und +Levinz behaupteten, daß keine genügenden Beweise vorhanden seien, die +der Jury vorgelegt werden könnten; zwei von den Richtern, Holloway und +Powell, traten dieser Ansicht bei, und die Hoffnung der Zuschauer stieg +bedeutend. Da erklärten plötzlich die Kronanwälte, daß sie einen andren +Weg einzuschlagen gedächten. Powis führte mit unverkennbarer Beschämung +und Widerstreben einen Sekretär des Geheimen Raths, Namens Blathwayt, +der zugegen gewesen war, als der König die Bischöfe verhörte, in die +Zeugenloge ein. Blathwayt versicherte eidlich, daß er gehört habe, wie +sie ihre Unterschriften selbst anerkannt hätten. Dieses Zeugniß war +entscheidend. „Warum haben Sie,“ sagte der Richter Holloway zu dem +Fiskal, „da Sie einen solchen Zeugen hatten, ihn nicht sogleich +vorgeführt? es wäre dadurch viel unnöthiger Zeitverlust erspart worden.“ +Es ergab sich bald, warum der Kronanwalt sich nur höchst ungern durch +die dringendste Nothwendigkeit hatte bestimmen lassen, zu diesem +Beweismittel zu greifen. Pemberton hielt Blathwayt zurück, unterwarf ihn +einem umständlichen Verhör und verlangte eine genaue Erzählung alles +dessen, was zwischen dem Könige und den Angeklagten vorgegangen sei. +„Das wäre etwas ganz Neues!“ rief Williams. „Glauben Sie,“ sagte Powis, +„daß Sie ein Recht dazu haben, an unsere Zeugen jede impertinente Frage +zu richten, die Ihnen in den Sinn kommt?“ Die Advokaten der Bischöfe +waren jedoch nicht die Männer, die sich so leicht werfen ließen. „Er ist +darauf vereidigt,“ sagte Pollexfen, „die Wahrheit, die ganze Wahrheit zu +sagen; wir wollen und müssen eine Antwort haben.“ Der Zeuge wurde +verlegen, gab ausweichende Antworten, wollte die Fragen nicht richtig +verstanden haben und bat um den Schutz des Gerichtshofes; aber er war in +Händen, aus denen nicht leicht wieder loszukommen war. Endlich schlug +der Generalfiskal sich wieder ins Mittel. „Wenn Sie durchaus auf Ihrer +Forderung bestehen,“ hob er an, „so sagen Sie uns wenigstens, welchen +Gebrauch Sie von der Antwort zu machen gedenken.“ Pemberton, der während +der ganzen Verhandlung seine Pflicht muthig und geschickt erfüllte, +erwiederte ohne Besinnen: „Mylords, ich will dem Herrn Generalfiskal +antworten, ich will offen mit dem Gerichtshofe reden. Wenn die Bischöfe +sich unter dem Versprechen von Seiten Seiner Majestät, daß ihr +Geständniß nicht gegen sie angewendet werden solle, zu dieser Schrift +bekannten, so wird man sich hoffentlich nicht eines unredlichen +Vortheils gegen sie bedienen.“ -- „Sie erheben eine Beschuldigung gegen +Seine Majestät, die ich kaum auszusprechen wage,“ sagte Williams; „da +Sie es so genau nehmen, dann verlange ich auch für den König, daß die +Frage zu Protokoll genommen wird.“ -- „Was meinen Sie damit?“ fragte +jetzt Sawyer. „Ich weiß, was ich meine,“ antwortete der Apostat, „ich +verlange, daß die Frage vor Gericht zu Protokoll genommen wird.“ -- +„Nehmen Sie zu Protokoll, was Sie wollen, Herr Prokurator, ich fürchte +Sie nicht,“ sagte Pemberton. Es folgte nun ein lauter und heftiger +Wortwechsel, den der Oberrichter nur mit Mühe beschwichtigen konnte. In +jedem andren Falle hätte er die Frage ohne Zweifel zu Protokoll nehmen +und Pemberton verhaften lassen. Aber an diesem wichtigen Tage wagte er +dies nicht. Er warf oft einen Seitenblick auf die dichten Reihen der +Earls und Barone, die ihn scharf beobachteten und die ihn beim nächsten +Parlamente zur Rechenschaft ziehen konnten. Ein Anwesender meinte +nachher, es habe ausgesehen, als ob alle zuhörenden Peers Stricke in der +Tasche gehabt hätten.[125] Blathwayt wurde endlich gezwungen, über den +ganzen Vorgang einen ausführlichen Bericht zu erstatten. Es stellte sich +heraus, daß der König den Bischöfen gegenüber keine ausdrückliche +Verpflichtung eingegangen war; ebenso aber ergab es sich auch, daß die +Bischöfe wohl Grund hatten, eine stillschweigende Zusage anzunehmen. Aus +dem Widerstreben, mit dem die Kronanwälte den Sekretär des Geheimraths +in die Zeugenloge einführten und aus der Heftigkeit, mit der sie sich +Pemberton’s Kreuzfragen widersetzten, geht klar hervor, daß sie der +nämlichen Ansicht waren. + +Die Handschrift war jedoch bewiesen. Aber jetzt wurde ein neuer und +ernster Einwand erhoben. Der Beweis, daß die Bischöfe das gesetzwidrige +Libell geschrieben hatten, war nicht genügend; es mußte auch bewiesen +werden, daß sie es in der Grafschaft Middlesex geschrieben hatten. +Allein dies konnten der Fiskal und der Prokurator nicht nur nicht +beweisen, sondern die Angeklagten waren sogar im Stande, das Gegentheil +zu beweisen, denn Sancroft hatte von dem Augenblicke an, wo der +Geheimrathsbefehl erschien, bis zu dem Augenblicke, wo die Petition dem +Könige überreicht wurde, seinen Palast in Lambeth nicht verlassen. Die +ganze Anklage fiel daher in sich selbst zusammen und das Publikum +erwartete mit großer Freude eine vollständige Freisprechung. + +Die Kronjuristen änderten nun abermals ihre Taktik, ließen die Anklage +auf Abfassung eines Libells ganz fallen und unternahmen es, zu beweisen, +daß die Bischöfe in Middlesex ein Libell _veröffentlicht_ hätten. Das +war nicht leicht. Die Überreichung der Petition an den König war in den +Augen des Gesetzes unzweifelhaft eine Veröffentlichung. Aber wie war +diese Überreichung zu beweisen? Es war bei der Audienz im königlichen +Kabinet außer dem Könige und den Angeklagten Niemand zugegen gewesen. +Den König konnte man nicht wohl als Zeugen vereidigen. Das Factum der +Veröffentlichung konnte also nur durch das Eingeständniß der Angeklagten +constatirt werden. Blathwayt wurde noch einmal vernommen, aber +vergebens. Er sagte, er erinnere sich wohl, daß die Bischöfe ihre +Unterschriften anerkannt, nicht aber, daß sie das auf dem Tische des +Geheimen Raths liegende Papier als das nämliche anerkannt hätten, +welches sie dem Könige überreichten, noch daß sie überhaupt über diesen +Punkt befragt worden waren. Mehrere andere Beamte, die im +Geheimrathszimmer zugegen gewesen waren, wurden aufgerufen, unter ihnen +Samuel Pepys, Sekretär der Admiralität; aber keinem von ihnen war es +erinnerlich, daß von der Überreichung irgend die Rede gewesen sei. +Williams bemühte sich vergebens, sie durch verfängliche Fragen zu dem +gewünschten Zeugnisse zu verleiten, bis endlich die Rechtsanwälte der +Gegenpartei erklärten, daß ein solches Drehen und Wenden noch an keinem +Gerichtshofe vorgekommen sei, und Wright selbst zugestehen mußte, daß +die Vernehmungsweise des Generalprokurators allen Regeln zuwider sei. Da +ein Zeuge nach dem andren verneinend antwortete, wiederhallte der ganze +Saal von lautem Gelächter und triumphirendem Jubel, welche zum Schweigen +zu bringen die Richter gar nicht versuchten. + +Der harte Kampf schien endlich gewonnen zu sein; für die Krone war +nichts mehr vorzubringen. Hätten die Anwälte der Bischöfe nun +geschwiegen, so war die Freisprechung gewiß, denn es war nichts +ausgesagt worden, was auch der parteiischeste und gewissenloseste +Richter einen rechtskräftigen Beweis für die Veröffentlichung hätte +nennen kennen. Der Oberrichter schickte sich bereits an, den Geschwornen +das Resumé vorzulegen und er würde sie ohne Zweifel angewiesen haben, +die Angeklagten freizusprechen, als Finch, der zu aufgeregt war, um mit +gehöriger Besonnenheit handeln zu können, noch auftrat und gehört zu +werden verlangte. „Wenn Sie gehört sein wollen,“ sagte Wright, „so +können wir Sie nicht hindern zu sprechen; aber ich muß Ihnen bemerken, +daß Sie Ihren eigenen Vortheil nicht erkennen.“ Die anderen Vertheidiger +bewogen Finch, sich wieder niederzusetzen und baten den Oberrichter +fortzufahren. Eben wollte er dies auch thun, da kam ein Bote an den +Generalprokurator mit der Nachricht, daß Lord Sunderland die +Veröffentlichung beweisen könne und sogleich im Gerichtssaal erscheinen +werde. Wright bemerkte den Vertheidigern in ziemlich spitzigem Tone, daß +sie sich diese neue Wendung der Dinge lediglich selbst zuzuschreiben +hätten. Die Gesichtszüge der versammelten Zuschauer verfinsterten sich; +Finch war einige Stunden lang der unpopulärste Mann im ganzen Lande. +Warum konnte er nicht ruhig sitzen bleiben wie seine verständigeren +Collegen Sawyer, Pemberton und Pollexfen? Seine Sucht, auch etwas zu +sagen, der Wunsch eine schöne Rede zu halten, hatte Alles verdorben. + +Inzwischen wurde der Lordpräsident in einer Sänfte durch die Halle +getragen. Nicht ein einziger Hut wurde gelüftet und viele Stimmen +riefen: „Papistischer Hund!“ Bleich und zitternd, mit zu Boden gesenktem +Blicke trat er vor die Schranken und gab mit unsicherer Stimme seine +Zeugenaussage ab. Er versicherte eidlich, daß ihm die Bischöfe ihre +Absicht, dem Könige eine Petition zu überreichen, mitgetheilt hätten und +daß sie zu dem Ende in das königliche Kabinet eingelassen worden seien. +Dieser Umstand in Verbindung mit dem, daß sich, nachdem sie das Kabinet +verlassen, eine von ihnen unterzeichnete Petition in den Händen des +Königs befand, war für das Factum der Veröffentlichung ein Beweis, der +einer Jury wohl genügen konnte. + +Die Veröffentlichung in Middlesex war also ebenfalls bewiesen. Aber war +das veröffentlichte Schriftstück ein falsches, böswilliges und +aufrührerisches Libell? Bis jetzt hatte es sich nur darum gehandelt, ob +eine Thatsache, die Jedermann als wirklich geschehen kannte, nach den +technischen Regeln des Beweises constatirt werden konnte; jetzt aber +erhielt der Streit ein höheres Interesse. Man mußte die Grenzen der +königlichen Hoheitsrechte und der bürgerlichen Freiheit, das Recht des +Königs, von Gesetzen zu dispensiren, und das Recht der Unterthanen um +Abstellung von Mißständen zu petitioniren, untersuchen. Drei Stunden +lang vertheidigten die Anwälte der Petenten mit energischem Nachdrucke +die Grundprinzipien der Verfassung und bewiesen aus den Protokollen des +Hauses der Gemeinen, daß die Bischöfe nur etwas Wahres behauptet hätten, +indem sie dem Könige vorstellten, daß die von ihm beanspruchte +Dispensationsgewalt mehr als einmal vom Parlament für ungesetzlich +erklärt worden sei. Somers erhob sich zuletzt. Er sprach wenig über fünf +Minuten lang, aber jedes seiner Worte war gewichtigen Inhalts, und als +er seinen Platz wieder einnahm, war sein Ruf als Redner und als +constitutioneller Jurist fest begründet. Er untersuchte die Ausdrücke +der Anklage, in welcher das den Bischöfen zur Last gelegte Vergehen +dargestellt war, und bewies, daß jedes Wort, Adjectiv oder Substantiv, +durchaus unangemessen sei. Die Anklage laute auf ein falsches, +böswilliges und aufrührerisches Libell. Falsch sei das Schriftstück +nicht, denn jede darin behauptete Thatsache sei durch die +Parlamentsprotokolle als wahr bewiesen. Auch böswillig sei das +Schriftstück nicht, denn die Angeklagten hätten nicht Streit gesucht, +sondern die Regierung habe sie in eine Lage versetzt, in der sie sich +entweder dem königlichen Willen widersetzen oder die heiligsten +Pflichten des Gewissens und der Ehre verletzen mußten. Aufrührerisch sei +das Schriftstück eben so wenig, denn die Verfasser hätten es nicht unter +dem Volke vertheilt, sondern es privatim den Händen des Königs allein +übergeben; auch sei es kein Libell, sondern eine anständige Petition, +wie sie nach den Gesetzen Englands, ja nach den Gesetzen des römischen +Kaiserreichs und nach den Gesetzen aller civilisirten Staaten jeder +Unterthan, welcher glaubt, daß ihm Unrecht geschehen, mit Fug und Recht +dem Souverain überreichen dürfe. + +Der Fiskal replicirte kurz und schwach. Der Prokurator sprach sehr +ausführlich und mit großer Bitterkeit, so daß er oft durch Zurufe und +Zischen des Publikums unterbrochen wurde. Er ging so weit zu behaupten, +daß kein einzelner Unterthan und keine Gemeinschaft von Unterthanen, +außer die Parlamentshäuser, berechtigt sei, eine Petition an den König +zu richten. Die Zuschauer waren wüthend und selbst der Oberrichter war +ganz betroffen über die Frechheit dieses feilen Achselträgers. + +Wright schritt endlich zum Resumé. Seine Rede bewies, daß seine Furcht +vor der Regierung durch die Furcht vor dieser zahlreichen, glänzenden +und heftig aufgeregten Versammlung gemäßigt wurde. Er sagte, er wolle +nicht seine Ansicht über die Dispensationsfrage abgeben, er habe dies +nicht nöthig, er könne dem Staatsprokurator in vielen Punkten seiner +Rede nicht beistimmen, ein Unterthan habe allerdings das Recht, zu +petitioniren, aber die dem Gerichtshofe vorliegende specielle Petition, +sei ungebührlich abgefaßt und daher in den Augen des Gesetzes ein +Libell. Allibone sprach die nämliche Ansicht aus, bewies aber in seinem +Vortrag eine so gänzliche Unkenntniß des Rechts und der Geschichte, daß +er sich die Verachtung Aller zuzog, die ihn anhörten. Holloway umging +die Dispensationsfrage, sagte aber, ihm scheine die Petition so gefaßt, +wie sie Unterthanen, die sich in ihrem Rechte gekränkt glaubten, wohl zu +überreichen befugt seien, und sie sei daher kein Libell. Powell trat +noch kühner auf. Er erklärte geradezu, daß seiner Ansicht nach die +Indulgenzerklärung null und nichtig und die Dispensationsgewalt, wie sie +neuerdings ausgeübt worden, mit allen Gesetzen durchaus unvereinbar sei. +Wenn man solche Übergriffe der Prärogative dulden wolle, so seien die +Parlamente ganz überflüssig, die ganze gesetzgebende Gewalt liege dann +in den Händen des Königs. „Diese Entscheidung, meine Herren,“ sagte er, +„stelle ich Gott und Ihrem Gewissen anheim“.[126] + +Es war dunkel geworden, als die Jury sich zurückzog, um über ihren +Schiedsspruch zu berathen. Diese Nacht war eine Nacht voll ängstlicher +Spannung. Es existiren noch einige Briefe, welche während jener Stunden +der Ungewißheit abgesendet wurden und die daher ein ganz besonderes +Interesse haben. „Es ist sehr spät,“ schrieb der päpstliche Nuntius, +„und noch ist die Entscheidung nicht bekannt. Die Richter und die +Angeklagten haben sich nach Hause begeben, die Geschwornen aber bleiben +beisammen. Morgen werden wir den Ausgang dieses wichtigen Kampfes +erfahren.“ + +Der Prokurator der Bischöfe brachte mit einer Anzahl Bedienten die ganze +Nacht auf der Treppe zu, welche nach dem Berathungszimmer der +Geschwornen führte. Es war durchaus nothwendig, die an den Thüren Wache +haltenden Beamten scharf zu beobachten, denn man vermuthete, daß sie von +der Regierung gewonnen waren, und sie konnten daher, wenn sie nicht +sorgfältig bewacht wurden, einen höfisch gesinnten Geschwornen mit +Speise und Trank versehen, so daß er dann im Stande war, seine elf +Collegen auszuhungern. Es wurde daher strenge Wache gehalten und nicht +einmal ein Licht, um eine Pfeife anzuzünden, eingelassen. Gegen vier Uhr +Morgens ließ man einige Becken mit Wasser zum Waschen passiren. Die vor +Durst verschmachtenden Geschwornen tranken gierig die Gefäße aus. Die +umliegenden Straßen waren bis zum Morgen von einer großen Volksmenge +angefüllt. Von Stunde zu Stunde kam ein Bote von Whitehall um sich nach +dem Stande der Sache zu erkundigen. Verschiedene Male hörte man drinnen +im Zimmer einen heftigen Wortstreit; aber etwas Gewisses erfuhr man +nicht.[127] + +Zuerst waren neun für die Freisprechung und drei für die Verurtheilung. +Zwei von der Minorität gaben bald nach; Arnold aber beharrte auf seinem +Ausspruche. Thomas Austin, ein reichbegüterter Landgentleman, der die +Zeugenaussagen und Reden aufmerksam verfolgt und sich ausführliche +Notizen gemacht hatte, wollte die Sache mit ihm speciell erörtern. +Arnold aber lehnte dies ab, indem er ärgerlich sagte, er sei nicht +gewöhnt zu raisonniren und zu debattiren, sein Gewissen gestatte ihm +nicht, die Bischöfe freizusprechen. „Wenn Sie dabei beharren,“ sagte +Austin, „so sehen Sie mich an. Ich bin der Größte und Stärkste von uns +Zwölfen; ehe ich aber eine Petition wie diese als ein Libell anerkenne, +bleibe ich hier, bis ich nicht mehr dicker bin als ein Pfeifenrohr.“ Es +war sechs Uhr Morgens, als Arnold endlich nachgab. Es wurde bald +bekannt, daß die Geschwornen einig waren; wie aber ihr Ausspruch +lautete, war noch ein Geheimniß.[128] + +Um zehn Uhr versammelte sich der Gerichtshof wieder. Das Gedränge war +noch ärger als am vorigen Tage. Die Geschwornen erschienen in ihrer Loge +und es trat eine lautlose Stille ein. + + [Anmerkung 118: +Clarendon’s Diary, June+ 21. 1688.] + + [Anmerkung 119: Gitters, 26. Juni (6. Juli) 1688.] + + [Anmerkung 120: Johnstone, 2. Juli 1688.] + + [Anmerkung 121: Johnstone, 2. Juli 1688.] + + [Anmerkung 122: Johnstone, 2. Juli 1688. Der Herausgeber von + +Levinz’s Reports+ drückt seine große Verwunderung darüber aus, + daß Levinz nach der Revolution nicht wieder in sein Richteramt + eingesetzt wurde. Die von Johnstone erzählten Thatsachen können + dies anscheinende Ungerechtigkeit vielleicht erklären.] + + [Anmerkung 123: Ich schließe dies aus einem Briefe von Compton an + Sancroft vom 12. Juni.] + + [Anmerkung 124: +Revolution Politics.+] + + [Anmerkung 125: Der Ausdruck eines Augenzeugen. Er findet sich in + einem Neuigkeitsbriefe in der Mackintosh-Sammlung.] + + [Anmerkung 126: Siehe den Prozeß in der +Collection of State + Trials+. Einiges habe ich auch von Johnstone und Citters + entlehnt.] + + [Anmerkung 127: Johnstone, 2. Juli 1688; Brief von Mr. Ince an den + Erzbischof, datirt von sechs Uhr Morgens; +Tanner MS.+; + +Revolution Politics+.] + + [Anmerkung 128: Johnstone, 2. Juli 1688.] + + +[_Das Verdict der Geschwornen; Freude des Volks._] Sir Samuel Astry +sprach: „Finden Sie die Angeklagten oder einen von ihnen des Vergehens, +dessen sie angeklagt sind, schuldig oder nicht schuldig?“ Sir Roger +Langley antwortete: „Nicht schuldig.“ Sobald diese Worte über seine +Lippen waren, sprang Halifax auf und schwenkte seinen Hut. Auf dieses +Zeichen brachen alle Bänke und Gallerien in donnernden Beifallsjubel +aus. Im nächsten Augenblick stimmten die zehntausend Menschen, welche +die große Halle füllten, mit noch lauterem Jubel ein, von dem die alte +eichene Decke erdröhnte, und noch einen Augenblick, so ließ die draußen +versammelte Menge ein drittes Hurrah erschallen, das man in Templebar +hören konnte. Die Böte, welche den Fluß bedeckten, antworteten mit +gleicher Begeisterung, ein Kanonenschlag knallte auf dem Wasser, dann +wieder einer und wieder einer, und so flog die frohe Nachricht binnen +wenigen Augenblicken über den Savoy und über die Friars hinaus bis zur +Londonbrücke und zu dem Mastenwalde der jenseit derselben liegenden +Schiffe. Wohin die Botschaft kam, brachen Straßen und Squares, +Marktplätze und Kaffeehäuser in Freudenjubel aus. Der Jubel aber war +minder auffallend, als die Thränen. Denn die Gefühle der Leute waren so +angespannt worden, daß selbst die kalte, an Äußerungen von +Gemüthsbewegung wenig gewöhnte englische Natur überwältigt wurde und +Tausende vor lauter Freude schluchzten. Inzwischen sprengten von den +Endpunkten der Menge Reiter fort, um die Kunde von dem Siege der Kirche +und der Nation durch alle Hauptstraßen zu verbreiten. Aber selbst dieser +gewaltige Ausbruch der Freude vermochte den hämischen und furchtlosen +Sinn des Staatsprokurators nicht zu erschüttern. Er versuchte es, sich +in dem betäubenden Lärme Gehör zu verschaffen und forderte die Richter +auf, Diejenigen, welche durch ihr Geschrei die Würde des Gerichtshofes +verletzt hatten, verhaften zu lassen. Einer aus der jubelnden Menge +wurde wirklich festgenommen. Indessen sah das Tribunal doch ein, daß es +geradezu lächerlich gewesen wäre einen Einzelnen für eine Übertretung zu +bestrafen, welche Hunderttausende begangen hatten, und entließ ihn daher +wieder mit einem leichten Verweis.[129] + +Es war jetzt nicht daran zu denken, etwas Andres vorzunehmen, denn das +Getöse der Menge war so arg, daß man eine halbe Stunde lang im +Gerichtssaale kein Wort verstehen konnte. Williams stieg unter einem +Sturme von Zischen und Verwünschungen in seinen Wagen. Cartwright, der +eine unbezähmbare Neugierde besaß, hatte die Thorheit und +Unschicklichkeit begangen, nach Westminster zu kommen, um zu hören, wie +das Urtel ausfallen würde. Man erkannte ihn an seiner Priestertracht und +seiner Korpulenz und verfolgte ihn durch die ganze Halle mit Geschrei. +„Nehmt Euch vor dem Wolfe in Schafskleidern in Acht,“ sagte Einer. +„Platz für den Mann mit dem Papst im Bauche!“ rief ein Andrer.[130] + +Die freigesprochenen Prälaten flüchteten sich vor der Menge, die sie um +ihren Segen bat, in die nächste Kapelle, wo eben Gottesdienst gehalten +wurde. Viele Kirchen der Hauptstadt waren an diesem Morgen geöffnet und +wurden von vielen Andächtigen besucht. In allen Kirchspielen der City +und der Vorstädte gingen die Glocken. Unterdessen konnten sich die +Geschwornen kaum einen Weg aus der Halle bahnen. Von Hunderten mußten +sie sich die Hand drücken lassen. „Gott segne Euch,“ rief das Volk; +„Gott segne Eure Familien! Ihr habt wie brave Gentlemen gehandelt und +uns Alle heute gerettet.“ Während die Peers, welche zur Unterstützung +der guten Sache herbeigekommen waren, fortfuhren, warfen sie Hände voll +Geld unter die Menge und hießen sie auf das Wohl des Königs, der +Bischöfe und der Geschwornen trinken.[131] + +Der Generalfiskal überbrachte die Nachricht Sunderland, der sich gerade +mit dem Nuntius unterhielt. „Seit Menschengedenken,“ sagte Powis, „hat +man nicht einen solchen Jubel und so viel Freudenthränen gesehen wie +heute“.[132] Der König hatte am Morgen das Lager auf der Hounslowhaide +besucht. Sunderland schickte sofort einen Courier mit der Botschaft an +ihn ab. Jakob befand sich in Feversham’s Zelte, als der Expresse ankam. +Er war sehr ärgerlich über die Nachricht und rief auf Französisch aus: +„Sie sollen es bereuen!“ Er brach sogleich nach London auf. So lange er +anwesend war, hielt der Respekt die Soldaten ab, ihren Gefühlen freien +Lauf zu lassen; kaum aber hatte er das Lager verlassen, so hörte er +hinter sich ein lautes Jubelgeschrei. Er wunderte sich darüber und +fragte, was das bedeute. „Es ist nichts,“ erhielt er zur Antwort, „die +Soldaten freuen sich nur über die Freisprechung der Bischöfe.“ -- „Das +nennen Sie nichts?“ sagte der König und wiederholte dann noch einmal: +„Sie sollen es bereuen!“[133] + +Er hatte in der That Ursache, verstimmt zu sein, denn seine Niederlage +war vollständig und im höchsten Grade demüthigend. Wären die Prälaten +auf Grund mangelhaften Beweises freigesprochen worden, etwa weil sie die +Petition nicht in Middlesex geschrieben hatten, oder weil es ihnen +streng nach den Regeln des Gesetzes nicht bewiesen werden konnte, daß +sie dem Könige die Petition, um dessentwillen sie in Untersuchung waren, +überreicht hatten, so würde die Prärogative keinen Stoß erhalten haben. +Zum Glück für das Land aber war die Thatsache der Veröffentlichung +vollkommen festgestellt worden und die Vertheidiger der Angeklagten +hatten daher das Dispensationsrecht angreifen müssen. Dies hatten sie +mit großer Gelehrsamkeit, Beredtsamkeit und Kühnheit gethan. Die Anwälte +der Krone waren, wie allgemein anerkannt wurde, in dem Kampfe +unterlegen. Nicht ein einziger Richter hatte die Indulgenzerklärung für +gesetzlich zu erklären gewagt, einer hatte sie sogar in den stärksten +Ausdrücken als ungesetzlich bezeichnet. Die ganze Stadt sprach davon, +daß die Dispensationsgewalt den Todesstoß bekommen habe. Finch, der den +Tag vorher allgemein geschmäht worden war, wurde jetzt allgemein +gepriesen. Man sagte, er habe die Sache nicht in einer Weise entschieden +sehen wollen, wobei die große Verfassungsfrage auf immer zweifelhaft +geblieben wäre. Er habe eingesehen, daß die Freisprechung seiner +Klienten ohne Verdammung der Indulgenzerklärung nur ein halber Sieg +gewesen sein würde. Es ist gewiß, daß Finch weder die Vorwürfe +verdiente, mit denen er überhäuft wurde, so lange der Ausgang noch +zweifelhaft war, noch die Lobpreisungen, die ihm gespendet wurden, +nachdem derselbe so günstig ausgefallen. Es war thöricht, ihn zu tadeln, +weil die Kronanwälte während des von ihm veranlaßten kurzen Verzugs +unerwartet einen neuen Zeugen fanden. Eben so thöricht war die Annahme, +daß er seine Klienten absichtlich einer Gefahr ausgesetzt habe, um ein +allgemeines Prinzip festzustellen, und noch thörichter war es, ihn wegen +etwas zu loben, was eine grobe Verletzung seiner Berufspflichten gewesen +sein würde. + +Dem freudigen Tage folgte eine nicht minder freudige Nacht. Die Bischöfe +und einige ihrer achtungswerthen Freunde bemühten sich vergebens, +tumultuarische Freudenbezeigungen zu verhindern. Die ältesten Leute +erinnerten sich nicht, jemals, selbst nicht an dem Abende, als es in +London bekannt wurde, daß die schottische Armee sich für ein freies +Parlament erklärt hatte, die Straßen von so zahlreichen Freudenfeuern +erhellt gesehen zu haben. Um jedes Feuer hatte sich ein Haufe gelagert, +der auf das Wohl der Bischöfe und auf den Untergang der Papisten trank. +Die Fenster waren ebenfalls glänzend erleuchtet, jedes gewöhnlich durch +sieben Lichter, von denen das mittelste und längste den Primas +vorstellte. Dazu hörte man fortwährend das Knallen von Schwärmern, +Raketen und Gewehrschüssen. Ein ungeheurer Holzstoß brannte gerade dem +Haupteingange von Whitehall gegenüber; andere wurden vor den Thüren +katholischer Peers angezündet. Lord Arundell von Wardour beschwichtigte +wohlweislich den Pöbel mit ein wenig Geld; im Palast Salisbury am Strand +aber wurde ein Widerstandsversuch gemacht. Die Dienerschaft Lord +Salisbury’s machte einen Ausfall und feuerte; aber nur der unglückliche +Büttel des Bezirks fiel, der gerade gekommen war, um das Feuer +auszulöschen, und die Schaar wurde bald in den Palast zurückgetrieben. +Kein Schauspiel jener Nacht amüsirte das gemeine Volk so sehr, als +eines, das ihnen vor mehreren Jahren wohl bekannt gewesen war, und das +ihnen jetzt nach einer langen Pause wieder gegeben wurde: die +Verbrennung des Papstes. Dieses vor Zeiten sehr beliebte Schauspiel +kennt unsere Generation nur aus Beschreibungen und Abbildungen. Eine +Figur, die aber keineswegs jenen plumpen Conterfeyen von Guy Fawx glich, +welche noch jetzt am 5. November zur Schau umhergetragen werden, sondern +die mit einiger Geschicklichkeit von Wachs verfertigt und mit nicht +geringen Kosten mit Gewändern und einer Tiara geschmückt war, wurde auf +einen Stuhl gesetzt, ähnlich dem, auf welchem noch heute an einigen +hohen Festtagen die römischen Bischöfe durch die Peterskirche zum +Hochaltare getragen werden. Seine Heiligkeit war gewöhnlich umgeben von +einem Gefolge von Cardinälen und Jesuiten, und ihm zur Seite stand ein +als Teufel mit Schweif und Hörnern verkleideter Hanswurst. Kein reicher +und eifriger Protestant sah bei dieser Gelegenheit eine Guinee an, und +wenn man der Sage glauben darf, betrugen die Kosten einer solchen +Prozession zuweilen nicht weniger als tausend Pfund. Nachdem der Papst +eine Zeit lang über den Köpfen der Menge zur Schau umhergetragen worden +war, wurde er unter lautem Jubel den Flammen überliefert. Zur Zeit der +Popularität Oates’ und Shaftesbury’s wurde das Schauspiel alljährlich am +Geburtstage der Königin Elisabeth in Fleet Street unter den Fenstern des +Whig-Clubs aufgeführt. Der groteske Gebrauch war so berühmt, daß +Barillon sich einmal in Lebensgefahr begab, um aus einem Versteck +zuzusehen.[134] Seit der Entdeckung des Ryehousecomplots war die +Ceremonie bis zu dem Tage der Freisprechung der Bischöfe unterblieben. +An diesem Abende aber tauchten in verschiedenen Stadttheilen Londons +mehrere Päpste auf. Der Nuntius war höchlich entrüstet und der König +fühlte sich durch diese Verhöhnung seiner Kirche schwerer gekränkt als +durch irgend eine andre ihm zugefügte Beleidigung. Die Behörden konnten +jedoch nichts thun. Der Sonntagmorgen graute bereits und die Glocken der +Pfarrkirchen riefen zum Frühgebet, ehe die Feuer zu erlöschen und die +Volksmassen sich zu verlaufen begannen. Es erschien nun alsbald eine +Proklamation gegen die Ruhestörer. Viele von ihnen, meist Lehrlinge, +wurden verhaftet: aber die Anklagen gegen sie wurden von den Gerichten +von Middlesex nicht angenommen. Die Magistratsbeamten, von denen viele +Katholiken waren, geriethen mit der großen Jury in Streit und schickten +sie mehrere Male zurück, aber ohne Erfolg.[135] + + [Anmerkung 129: +Collection of State Trials+; +Oldmixon, 739+; + +Clarendon’s Diary, June 25. 1688+; Johnstone, 2. Juli; Citters, + 3.(13.) Juli; Adda, 6.(10.) Juli; +Luttrell’s Diary+; Barillon, + 2.(12.) Juli.] + + [Anmerkung 130: Citters, 3.(13.) Juli. Der würdevolle Ernst, mit + dem er die Geschichte erzählt, macht einen komischen Eindruck: + +„Den Bisschop van Chester, wie seer de partie van het hof houdt, + om te voldoen aan syne gewoone nieusgierigheyt, hem op dien tyt in + Westminster Hall mede hebbende laten vinden, in het uytgaan + doorgaans was uytgekreten voor een grypende wolf in schaaps + kleederen; en hy synde een heer van hooge stature en vollyvig, + spotsgewyse allomme geroepen was dat men voor hem plaats moeste + maken, om te laten passen, gelyck ook geschiede, om dat soo sy + uytschreeuwden en hem in het aansigt seyden, hy den Paus in syn + buyck hadde.“+] + + [Anmerkung 131: Luttrell; Citters, 3.(13.) Juli 1688. +„Soo syn in + tegendeel gedagte jurys met de uyterste acclamatie en alle + teyckenen van genegenheyt en danckbaarheyt in het door passeren + van de gemeente ontvangen. Honderden vielen haar om den hals met + alle bedenckelycke wewensch van segen en geluck over hare + persoonen en familien, om dat sy haar so heusch en eerlyck buyten + verwagtinge als het ware in desen gedragen hadden. Veele van de + grooten en kleynen adel wierpen in het wegryden handen vol gelt + under de armen luyten, om op de gesontheyt van den Coning, der + Heeren Prelaten, on de Jurys te drincken.“+] + + [Anmerkung 132: +„Mi trovava con Milord Sunderland la stessa + mattina, quando venne l’Avvocato Generale a rendergli conto del + successo, e disse, che mai piu a memoria d’huomini si era sentito + un applauso, mescolato di voce e lagrime di giubilo, egual a + quello che veniva egli di vedere in quest’ occasione.“+ Adda, + 6.(16.) Juli 1688.] + + [Anmerkung 133: +Burnet, I. 744+; Citters, 3.(13.) Juli 1688.] + + [Anmerkung 134: Siehe eine interessante Erzählung, welche Danby, + damals Herzog von Leeds, zugleich mit anderen Papieren im Jahre + 1710 veröffentlichte. Eine anziehende Beschreibung der Ceremonie + der Papstverbrennung findet sich auch in North’s +Examen, 570+. + Ferner sehe man die Note zum Epilog des Trauerspiels „Ödipus“ in + Scott’s Ausgabe von Dryden.] + + [Anmerkung 135: +Reresby’s Memoirs+; Citters, 3.(13.) Juli 1688; + Adda, 6.(16.) Juli; Barillon 2.(12.) Juli; +Luttrell’s Diary+; + Neuigkeitsbrief vom 4. Juli; +Oldmixon, 739+; Ellis’ + Correspondenz.] + + +[_Eigenthümlicher Zustand der öffentlichen Meinung zu jener Zeit._] +Inzwischen verbreitete sich die frohe Nachricht durch das ganze Land und +wurde allenthalben mit Jubel aufgenommen. Gloucester, Bedford und +Lichfield gehörten zu den Städten, die sich durch besonderen Eifer +auszeichneten; Bristol und Norwich aber, welche nach Bevölkerung und +Reichthum London am nächsten standen, kamen bei diesem freudigen Anlasse +auch in der Begeisterung der Hauptstadt am nächsten. + +Die gerichtliche Verfolgung der sieben Bischöfe ist ein Ereigniß, das in +unsrer Geschichte einzig dasteht. Es war der erste und letzte Fall, wo +zwei mächtige in der Regel einander entgegengesetzte Gefühle, von denen +jedes für sich allein bei heftiger Erregung hinreichend war, um den +Staat zu erschüttern, in vollkommener Eintracht verbündet waren. Diese +Gefühle waren die Liebe zur Kirche und die Liebe zur Freiheit. Während +vieler Generationen war jeder heftige Ausbruch des kirchlichen Gefühls, +mit einer einzigen Ausnahme, der bürgerlichen Freiheit nachtheilig +gewesen; und ebenso war jeder heftige Ausbruch des Freiheitsgefühls, mit +einer einzigen Ausnahme, dem Ansehen und Einflusse des Prälatenthums und +der Priesterschaft verderblich. Im Jahre 1688 war die Sache der +Hierarchie einen Augenblick die Sache der Volkspartei. Mehr als +neuntausend Geistliche, mit dem Primas und seinen ehrenwerthesten +Suffraganen an der Spitze, erklärten sich bereit, Haft und +Eigenthumsberaubung für das große Grundprinzip unsrer freien Verfassung +zu erdulden. Die Folge war eine Coalition, welche die eifrigsten +Kavaliere, die eifrigsten Republikaner und alle zwischeninne liegenden +Parteien der Gesammtheit umfaßte. Der Geist, welcher Hampden unter der +vergangenen Generation aufrecht erhalten hatte, verband sich mit dem +Geiste, welcher Sacheverell unter der folgenden aufrecht erhielt, um den +Erzbischof, der ein Hampden und ein Sacheverell zugleich war, aufrecht +zu erhalten. Diejenigen Klassen der Gesellschaft, denen an der Erhaltung +der Ruhe am meisten gelegen ist, welche in stürmischen Zeiten gewöhnlich +am ersten bei der Hand sind, die Regierung zu unterstützen, und welche +einen natürlichen Widerwillen gegen Aufwiegler hegen, folgten ohne +Bedenken der Leitung eines ehrwürdigen Mannes, des ersten Peers des +Reiches, des ersten Dieners der Kirche, eines Tory’s in der Politik, +eines Heiligen in seinem Privatleben, den die Tyrannei wider seinen +Willen in einen Demagogen verwandelt hatte. Auf der andren Seite flehten +jetzt selbst Diejenigen, welche das Episcopat als einen Überrest des +Papismus und als ein Werkzeug der Willkürherrschaft stets verabscheut +hatten, auf den Knien um den Segen eines Prälaten, der bereit war, eher +Ketten zu tragen und seine alterschwachen Glieder auf die nackten Steine +eines Kerkers zu legen, als daß er die Interessen des protestantischen +Glaubens verrathen und die Hoheitsrechte der Krone über das Gesetz +gestellt hätte. Mit der Liebe zur Kirche und der Liebe zur Freiheit +verband sich in dieser wichtigen Krisis noch ein drittes Gefühl, das zu +den achtungswerthesten Zügen unsres Nationalcharacters gehört. Ein durch +Willkürgewalt unterdrückter Mensch findet bei uns, hätte er sonst auch +nicht den mindesten Anspruch auf Achtung und Dankbarkeit, gewöhnlich +eine rege Theilnahme. So wurde zu den Zeiten unserer Großväter die +Gesellschaft durch Wilkes’ Verfolgung heftig aufgeregt. Wir selbst sahen +die Nation durch die gegen die Königin Karoline geübte Härte fast bis +zum Wahnsinn gereizt. Daher wurde England, selbst wenn von dem Ausgange +des Prozesses gegen die Bischöfe keine wichtigen politischen oder +religiösen Interessen abgehangen hätten, es wahrscheinlich nicht ohne +starke Regungen von Mitleid und Unwillen mit angesehen haben, wie einige +Greise von makelloser Tugend von der Rache eines jähzornigen und +unerbittlichen Fürsten verfolgt wurden, der ihrer Treue seine Krone +verdankte. + +Von diesen Gefühlen angetrieben, stellten sich unsere Vorfahren in einer +ungeheuren und compacten Masse der Regierung entgegen. Die mächtige +Phalanx war aus allen Ständen, allen Parteien, allen protestantischen +Seelen gebildet. Im Vordertreffen standen die geistlichen und weltlichen +Lords, dann kamen die begüterte Gentry und der Klerus, beide +Universitäten, alle Gerichtshöfe, Großhändler, Krämer und Pächter, die +Lastträger, die sich in den Straßen der großen Städte plagten, und die +Landleute, welche das Feld bebauten. Die Koalition gegen den König +umfaßte selbst die Matrosen, die seine Schiffe bemannten, selbst die +Schildwachen, die seinen Palast bewachten. Die Namen Whig und Tory waren +einen Augenblick vergessen. Der alte Ausschließungsmann reichte dem +alten Verabscheuer die Hand; Episcopalen, Presbyterianer, Independenten +und Baptisten vergaßen ihre langjährigen Fehden, um nur an ihren +gemeinsamen Protestantismus und an ihre gemeinsame Gefahr zu denken; +Theologen, die in der Schule Laud’s gebildet waren, sprachen nicht nur +von Duldung, sondern sogar von Einigung. Der Erzbischof erließ bald nach +seiner Freisprechung einen Hirtenbrief, der eines der merkwürdigsten +Schriftstücke jener Zeit ist. Er hatte von Jugend auf mit den +Nonconformisten in Streit gelegen und sie mehrmals mit ungerechter und +unchristlicher Heftigkeit angegriffen. Sein Hauptwerk war eine häßliche +Karrikatur auf die Calvinistische Theologie.[136] Er hatte für den 30. +Januar, den Jahrestag der Hinrichtung Karl’s I., und für den 29. Mai, +den Jahrestag der Rückkehr Karl’s II., Gebetsformulare abgefaßt, welche +so heftige Schmähungen gegen die Puritaner enthielten, daß die Regierung +es für nöthig erachtet hatte, dieselben zu mildern. Jetzt aber war sein +Herz erweicht und geöffnet. Er ermahnte die Bischöfe und die Geistlichen +feierlich und eindringlich, ihren Brüdern, den protestantischen +Dissenters, mit zarter Rücksicht zu begegnen, sie oft zu besuchen, sie +gastlich zu bewirthen, sich freundlich mit ihnen zu unterhalten und sie +womöglich zum Anschluß an die Kirche zu bewegen, sich aber, wenn ihnen +dies nicht gelänge, in ihrem Wirken für die segensreiche Sache der +Reformation herzlich und liebreich zu verbinden.[137] + +Viele fromme Leute dachten in späteren Jahren mit schmerzlicher +Sehnsucht an jene Zeit zurück. Sie schilderten dieselbe als den +flüchtigen Schimmer eines goldenen Zeitalters zwischen zwei eisernen +Zeitaltern. Waren solche Klagen auch natürlich, so waren sie doch nicht +begründet. Die Coalition von 1688 war und konnte nur das Erzeugniß einer +an Wahnsinn grenzenden Tyrannei und einer alle großen Institutionen des +Landes gleichzeitig bedrohenden Gefahr sein. Daß eine solche Coalition +seitdem nicht wieder vorgekommen, hat seinen Grund darin, weil noch nie +wieder so schlecht und verkehrt regiert worden ist. Man darf nicht +vergessen, daß, wenn auch Eintracht an sich besser ist als Zwietracht, +doch Zwietracht das Zeichen besserer Zustände sein kann als Eintracht +sie andeutet. Unglück und Gefahr zwingen die Menschen oft, sich zu +verbinden. Glück und Sicherheit bestimmen sie oft, sich zu trennen. + + [Anmerkung 136: Der +Fur Praedestinatus+.] + + [Anmerkung 137: Dieser Hirtenbrief findet sich in der ersten der + zwölf Sammlungen von Urkunden über die englischen Angelegenheiten, + die zu Ende des Jahres 1688 und zu Anfang des Jahres 1689 gedruckt + wurden. Er wurde am 26. Juli, nicht ganz einen Monat nach dem + Prozesse erlassen. Um die nämliche Zeit äußerte Lloyd von St. + Asaph gegen Heinrich Wharton, daß die Bischöfe ein ganz neues + Verfahren gegen die protestantischen Dissenters einzuschlagen + gedächten: +„Omni modo curaturos, ut ecclesia sordibus et + corruptelis penitus exueretur; ut sectariis reformatis reditus in + ecclesiae sinum exoptati occasio ac ratio concederetur, si qui + sobrii et pii essent; ut pertinacibus interim jugum levaretur, + extinctis penitus legibus mulctatoriis.“ -- Excerpta ex Vita H. + Wharton.+] + + + + + Druck von Philipp Reclam jun. in Leipzig. + + + * * * * * + * * * * + * * * * * + + +Druckfehler und Unregelmässigkeiten + +Rechtschreibungsformen wie »funfzig« : »fünfzig«, »Urtel« : »Urtheil« +und »Partein« : »Parteien« sind ungeändert. Die Namen »Russel« und +»Russell« sind ebenso ungeändert (auch wenn es um die selbe Person +handelt). Einige doppelte Punkte wie + + [_Sir Patrick Hume und Sir Johann Cochrane._]. + +sind leise korrigiert. + +VII. Kapitel + + [Inhalt] + Wycherley, Tindal, Haines [Tintal] + Compton. -- Herbert. -- Churchill [Compten] + [Anm. VII.1] ... Van Kampen’s ... Sir Jakob Mackintosh + [Van Kamper’s, Makintosh] + Zeugen seiner Schmerzensausbrüche [Schmerzensausbbrüche] + [Anm. VII.5] ... j’ay en soin que M. Woodstoc + [_ungeändert: Namen ist »Woodstock«_] + [Anm. VII.57] +Burnet I. 726--731+ [I.,] + [Anm. VII.63] ... jusqu’à l’actuel payement. [j’usqu’à] + Namens Johnstone [Johnestone] + die Überreste des Ignatius Loyola [Loyla] + +VIII. Kapitel + + Heinrich’s VI. und Heinrich’s VIII. gebildet waren [Heinrichs VIII.] + „Sie ... sind ... aus der Schrift heimschicken: „Gehet hin ... + widerfahre.“ + [_anführungsszeichen ungeändert_] + vierzig Fellow’s [_’ im Original_] + Von Whitehall war keine Antwort gekommen. [Withehall] + von Windsor nach Portsmouth [Portsmuth] + [Anm. VIII.34] ... Note zu Burnet I. 755 [I, 755] + [Anm. VIII.41] ... +Burnet I. 264+ [I, 264] + [Anm. VIII.45] ... 2.(12.) Dec. [2.(12. Dec.).] + [Anm. VIII.127] ... +Tanner MS.+ [Ms.] + durch Wilkes’ Verfolgung [Wilke’s] + + + + + + + +End of the Project Gutenberg EBook of Geschichte von England seit der +Thronbesteigung Jakob's des Zwe, by Thomas Babington Macaulay + +*** END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK 30331 *** diff --git a/30331-0.zip b/30331-0.zip Binary files differnew file mode 100644 index 0000000..d8c7669 --- /dev/null +++ b/30331-0.zip diff --git a/30331-8.txt b/30331-8.txt new file mode 100644 index 0000000..1c3e563 --- /dev/null +++ b/30331-8.txt @@ -0,0 +1,9092 @@ +The Project Gutenberg EBook of Geschichte von England seit der +Thronbesteigung Jakob's des Zweiten., by Thomas Babington Macaulay + +This eBook is for the use of anyone anywhere at no cost and with +almost no restrictions whatsoever. You may copy it, give it away or +re-use it under the terms of the Project Gutenberg License included +with this eBook or online at www.gutenberg.org + + +Title: Geschichte von England seit der Thronbesteigung Jakob's des Zweiten. + Vierter Band + +Author: Thomas Babington Macaulay + +Translator: Wilhelm Hartwig Beseler + +Release Date: October 25, 2009 [EBook #30331] + +Language: German + +Character set encoding: ISO-8859-1 + +*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK GESCHICHTE VON ENGLAND--VIERTER BAND *** + + + + +Produced by Louise Hope, Delphine Lettau, richyfourtytwo +and the Online Distributed Proofreading Team at +https://www.pgdp.net + + + + + + +[Dieser Text ist fr Benutzer gedacht, deren Text-Anzeigeprogramm +nicht die volle Unicode (UTF-8) Version anzeigen kann. An- und +Abfhrungsstriche aus dem Original wurden durch Guillemets ersetzt, +die einfachen Anfhrungsstriche oder Apostrophe haben die einfachere +'Schreibmaschinenform'. Das griechische Zitat ist #wie so# gezeichnet. + +Zeichen _wie so_ bedeuten Gesperrt; +wie so+ bedeuten Antiqua +(nicht-Fraktur); =wie so= bedeuten Fettschrift.] + + + + + Thomas Babington Macaulay's + + Geschichte von England + + + seit der + + Thronbesteigung Jakob's des Zweiten. + + + Aus dem Englischen. + + + +Vollstndige und wohlfeilste Stereotyp-Ausgabe.+ + + + Vierter Band. + + + Leipzig, 1854. + _G. H. Friedlein._ + + + * * * * * + * * * * + + + Siebentes Kapitel. + + Jakob II. + + + + + =Inhalt.= + + Seite + Wilhelm, Prinz von Oranien 5 + Sein ueres 5 + Sein frheres Leben und seine Erziehung 5 + Seine religisen Ansichten 7 + Seine militairischen Talente 8 + Sein Vergngen an Gefahren; seine schlechte Gesundheit 10 + Klte seines Benehmens und Heftigkeit seiner Gemthsregungen 10 + Seine Freundschaft fr Bentinck 10 + Marie, Prinzessin von Oranien 12 + Gilbert Burnet 14 + Er vermittelt eine innigere Annherung zwischen dem Prinzen + und der Prinzessin 17 + Beziehungen Wilhelm's zu den englischen Parteien 18 + Seine Gesinnungen gegen England 18 + Seine Gesinnungen gegen Holland und Frankreich 19 + Seine Politik durchaus consequent 22 + Vertrag von Augsburg 24 + Wilhelm wird das Oberhaupt der englischen Opposition 25 + Mordaunt schlgt Wilhelm eine Landung in England vor 26 + Wilhelm verwirft den Rath 26 + Unzufriedenheit in England nach dem Sturze der Hyde 27 + Bekehrungen zum Papismus; Peterborough, Salisbury 27 + Wycherley, Tindal, Haines 28 + Dryden 29 + +The Hind and Panther.+ 30 + nderung in dem Verfahren des Hofes gegen die Puritaner 32 + In Schottland theilweise Duldung gewhrt 35 + Persnliche Bearbeitung Einzelner im kniglichen Kabinet 36 + Erfolglosigkeit der persnlichen Bearbeitung 37 + Admiral Herbert 37 + Die Indulgenzerklrung 37 + Stimmung der protestantischen Dissenters 39 + Stimmung der anglikanischen Kirche 40 + Der Hof und die Kirche 40 + Brief an einen Dissenter. 42 + Benehmen der Dissenters 43 + Einige von ihnen halten es mit dem Hofe. Care, Alsop, + Rosewell 45 + Lobb 46 + Penn 46 + Die Mehrzahl der Puritaner ist gegen den Hof. Baxter 46 + Howe 47 + Bunyan 47 + Kiffin 49 + Der Prinz und die Prinzessin von Oranien gegen die + Indulgenzerklrung 52 + Vertheidigung ihrer Ansichten bezglich der englischen + Katholiken 53 + Jakob's Feindschaft gegen Burnet 57 + Sendung Dykvelt's nach England 59 + Unterhandlungen Dykvelt's mit englischen Staatsmnnern 59 + Danby 60 + Nottingham 60 + Halifax 61 + Devonshire 62 + Eduard Russel 64 + Compton. -- Herbert. -- Churchill 65 + Lady Churchill und die Prinzessin Anna 66 + Dykvelt kehrt mit Briefen von vielen angesehenen Englndern + nach dem Haag zurck 68 + Zulestein's Sendung 69 + Zunehmende Feindschaft zwischen Jakob und Wilhelm 70 + Einflu der hollndischen Presse 71 + Stewart's und Fagel's Correspondenz 71 + Castelmaine's Gesandtschaft in Rom 72 + + + + +[_Wilhelm, Prinz von Oranien._] Wilhelm Heinrich, Prinz von +Oranien-Nassau, nimmt in der Geschichte Englands und der gesammten +Menschheit eine so bedeutende Stelle ein, da es wnschenswerth +erscheint, die markirten Zge seines Characters mit einiger +Ausfhrlichkeit zu zeichnen.[1] + + [Anmerkung 1: Die Hauptquellen, aus denen ich meine Schilderung + des Prinzen von Oranien geschpft habe, sind Burnet's Geschichte, + Temple's und Gourville's Memoiren, die Unterhandlungen der Grafen + Estrades und Avaux, Sir Georg Downing's Briefe an den Lordkanzler + Clarendon, Wagenaar's umfangreiches Geschichtswerk, Van Kampen's + +Karakterkunde Vaderlandsche Geschiedenis+, und vor Allem + Wilhelm's eigene vertrauliche Correspondenz, von welcher der + Herzog von Portland Sir Jakob Mackintosh eine Abschrift zu nehmen + erlaubte.] + + +[_Sein ueres._] Er stand jetzt in seinem siebenunddreiigsten +Lebensjahre, war aber krperlich und geistig lter als andere Leute in +diesen Jahren. Man knnte fast sagen, er sei niemals jung gewesen. Sein +ueres ist uns fast eben so gut bekannt, als seinen eigenen Heerfhrern +und Rthen. Bildhauer, Maler und Mnzschneider haben ihre ganze +Geschicklichkeit aufgeboten, um seine Zge der Nachwelt zu berliefern, +und diese waren von der Art, da kein Knstler sie verfehlen und da, +wer sie einmal gesehen, sie nie vergessen konnte. Sein Name erinnert uns +sogleich an eine schmchtige und zarte Gestalt, an eine hohe und breite +Stirn, an eine wie der Schnabel eines Adlers gebogene Nase, an ein Paar +Augen, die an Glanz und Schrfe mit denen des Adler wetteiferten, an +eine gedankenvolle, etwas finstre Miene, einen festen und etwas +mrrischen Mund, an eine bleiche, eingefallene und durch Krankheit und +Sorgen tief gefurchte Wange. Dieses gedankenvolle, ernste und feierliche +Aussehen konnte kaum einem glcklichen und lebensfrohen Manne angehrt +haben; aber es verrth in unverkennbarer Weise die Befhigung zu den +schwierigsten Unternehmungen und einen durch kein Migeschick und durch +keine Gefahren zu erschtternden Muth. + + +[_Sein frheres Leben und seine Erziehung._] Die Natur hatte Wilhelm mit +allen Eigenschaften eines groen Herrschers reich ausgestattet und die +Erziehung hatte diese Eigenschaften in nicht gewhnlichem Grade +entwickelt. Mit einem scharfen natrlichen Verstande und einer seltenen +Willenskraft sah er sich, als sein Geist zu erwachen begann, als vater- +und mutterlose Waise, als das Oberhaupt einer groen, aber unterdrckten +und entmuthigten Partei und als den Erben ausgedehnter aber unbestimmter +Ansprche, welche die Furcht und die Abneigung der damals in den +Niederlanden herrschenden Oligarchie erregten. Das gemeine Volk, das +seit einem Jahrhundert seinem Hause treu ergeben war, bewies so oft es +ihn sah, auf nicht zu verkennende Weise, da es ihn als sein +rechtmiges Oberhaupt betrachtete. Die geschickten und erfahrenen +Minister der Republik, die seinen Namen tdtlich haten, brachten ihm +tglich ihre erzwungene Huldigung dar und beobachteten dabei die +Fortschritte seines Geistes. Die ersten Regungen seines Ehrgeizes wurden +sorgfltig bewacht, jedes unberlegte Wort, das ihm entschlpfte, wurde +niedergeschrieben, und er besa nicht einen einzigen Rathgeber, auf +dessen Ausspruch Vertrauen gesetzt werden konnte. Er war kaum funfzehn +Jahre alt, so wurden alle Diener, die seinem Interesse ergeben waren und +die sein Vertrauen genossen, von der mitrauischen Regierung aus seinem +Hause entfernt. Er strubte sich dagegen mit einer weit ber seine Jahre +hinausgehenden Energie, aber vergebens. Aufmerksame Beobachter sahen +mehr als einmal Thrnen in den Augen des jungen Staatsgefangenen. Seine +von Haus aus zarte Gesundheit war eine Zeit lang durch die +Gemthsbewegungen, die seine traurige und vereinsamte Stellung erzeugte, +ernstlich erschttert. Eine solche Lage macht den Schwachen muthlos und +bestrzt, dem Starken giebt sie eine verdoppelte Kraft. Von Schlingen +umgeben, in denen ein gewhnlicher Jngling umgekommen sein wrde, +lernte Wilhelm vorsichtig und zu gleicher Zeit energisch auftreten. +Schon lange bevor er das Mannesalter erreicht, verstand er es, +Geheimnisse zu bewahren, die Neugierde durch trockene und wohlberlegte +Antworten abzutrumpfen und alle Leidenschaften unter dem nmlichen +Scheine ernster Ruhe zu verbergen. In der feinen Weltbildung und in +literarischen Kenntnissen machte er dagegen nur geringe Fortschritte. +Dem Benehmen des hollndischen Adels jener Zeit fehlte die +liebenswrdige Anmuth, welche bei den gebildeten Franzosen in hchster +Vollkommenheit zu finden war und in geringerem Grade auch den englischen +Hof zierte; seine Manieren waren durchaus hollndisch. Selbst seine +eigenen Landsleute nannten ihn plump, und Auslndern erschien er oft +noch mehr als dies. In seinem Verkehr mit der Welt im Allgemeinen schien +er jene Fertigkeiten, welche den Werth einer Gunstbezeugung erhhen und +einer Verweigerung die Spitze abbrechen, nicht zu kennen oder sie zu +verschmhen. Die Literatur und die Wissenschaften interessirten ihn +wenig; er wute nichts von den Entdeckungen eines Newton und Leibnitz, +von den Poesien eines Dryden und Boileau; dramatische Darstellungen +langweilten ihn und er war froh, wenn er den Blick von der Bhne +abwenden und von ffentlichen Angelegenheiten sprechen konnte, whrend +Orestes raste oder Tartffe der Elmira die Hand drckte. Er besa zwar +einiges Talent zu Sarkasmen und entfaltete nicht selten ganz unbewut +eine sonderbar klingende, aber krftige und originelle natrliche +Redekunst, aber nach den Titel eines Schngeistes oder eines Redners +strebte er nicht. Seine ganze Aufmerksamkeit war auf diejenigen Studien +gerichtet gewesen, welche einen tchtigen und umsichtigen Geschftsmann +bilden. Von Kindheit an hrte er mit Interesse zu, wenn wichtige Fragen +ber Bndnisse, Finanzen und Krieg besprochen wurden. Von der Geometrie +lernte er soviel als zum Bau einer Schanze oder eines Hornwerks nthig +war. Von fremden Sprachen lernte er mit Hlfe seines ausgezeichneten +Gedchtnisses soviel als er bedurfte, um Alles, was mit ihm gesprochen +wurde, und jeden Brief, den er empfing, verstehen und beantworten zu +knnen. Das Hollndische war seine Umgangssprache. Er verstand +Lateinisch, Italienisch und Spanisch, sprach und schrieb Franzsisch, +Englisch und Deutsch, zwar nicht elegant und grammatisch richtig, aber +flieend und verstndlich. Keine Fhigkeit konnte wichtiger sein fr +einen Mann, der dazu bestimmt war, groe Bndnisse zu organisiren und +Armeen zu commandiren, die aus verschiedenen Nationalitten +zusammengesetzt waren. + + +[_Seine religisen Ansichten._] Eine Klasse von philosophischen Fragen +war durch die Umstnde seiner Aufmerksamkeit dringend empfohlen worden +und scheint ihn mehr interessirt zu haben, als man es von seinem +allgemeinen Character htte erwarten sollen. Die Protestanten der +Vereinigten Provinzen bestanden wie die unsrer Insel aus zwei groen +religisen Partein, welche zwei groen politischen Parteien fast genau +entsprachen. Die Oberhupter der stdtischen Oligarchie waren Arminianer +und wurden im Allgemeinen von der Menge als nicht viel besser denn +Papisten betrachtet. Die Prinzen von Oranien waren gewhnlich die +Schutzpatrone der calvinistischen Theologie gewesen und verdankten +keinen geringen Theil ihrer Popularitt ihrem Eifer fr die Lehren von +der Gnadenwahl und dem endlichen Beharren, einem Eifer, der nicht immer +durch Kenntnisse erleuchtet oder durch Humanitt gemigt war. Wilhelm +war von Kindheit auf in dem theologischen System, dem seine Familie +anhing, sorgfltig unterrichtet worden, und betrachtete dieses System +mit grerer Vorliebe, als man in der Regel fr seinen ererbten Glauben +hegt. Er hatte ber die groen Probleme, welche auf der Synode von +Dortrecht errtert worden waren, nachgedacht und in der strengen, +unbeugsamen Logik der genfer Schule etwas gefunden, was seinem Verstande +und seinem Gemth zusagte. Das Beispiel von Unduldsamkeit, das einige +seiner Vorgnger gegeben, ahmte er jedoch niemals nach; er empfand gegen +alle Verfolgung eine entschiedene Abneigung, die er nicht allein da +aussprach, wo ein solches Eingestndni offenbar staatsklug war, sondern +auch in Fllen, wo es den Anschein hatte, da sein Interesse durch +Verstellung oder Stillschweigen htte gefrdert werden knnen. +Gleichwohl waren seine theologischen Ansichten noch entschiedener als +die seiner Vorgnger. Die Lehre von der Prdestination war der +Grundstein seiner Religion. Er erklrte oft, da wenn er diese Lehre +aufgeben mte, er zugleich mit derselben allen Glauben an eine waltende +Vorsehung aufgeben und ein reiner Epikurer werden mte. Diesen +einzigen Punkt ausgenommen, wurde die ganze Flle seines krftigen +Geistes frhzeitig von dem Theoretischen ab und auf das Praktische +gelenkt. Die Fhigkeiten, deren es zur Leitung wichtiger Geschfte +bedarf, gediehen bei ihm schon in einem Alter zur Reife, wo sie sich bei +gewhnlichen Menschen kaum erst zu entfalten begonnen haben. Seit +Octavius hatte die Welt kein solches Beispiel frhzeitiger +staatsmnnischer Befhigung gesehen. Erfahrene Diplomaten erstaunten +ber die treffenden Bemerkungen, die der siebzehnjhrige Prinz ber +ffentliche Angelegenheiten machte, und mit noch weit grerem Erstaunen +sahen sie diesen Knaben in Lagen, wo man htte erwarten sollen, da er +starke Leidenschaften verrathen werde, eine eben so unerschtterliche +Ruhe bewahren, wie sie selbst. Mit achtzehn Jahren sa er bereits unter +den Vtern der Republik, ernst, besonnen und einsichtsvoll wie der +lteste unter ihnen. Mit zweiundzwanzig Jahren ward er an einem Tage der +Trauer und des Schreckens an die Spitze der Verwaltung gestellt. Mit +dreiundzwanzig Jahren war er durch ganz Europa als Feldherr und +Staatsmann berhmt. Er hatte innere Factionen niedergeworfen, war die +Seele einer mchtigen Coalition und hatte im Felde gegen einige von den +grten Generlen seiner Zeit mit Ehren gefochten. + + +[_Seine militairischen Talente._] Seine persnlichen Neigungen waren +mehr die eines Kriegers als die eines Staatsmannes, aber wie sein +Urgrovater, der schweigsame Prinz, der die batavische Republik +grndete, nimmt er unter den Staatsmnnern einen viel hheren Rang ein +als unter den Feldherren. Der Verlauf der Schlachten ist allerdings kein +untrglicher Prfstein fr die Talente eines Befehlshabers, und es wrde +ganz besonders ungerecht sein, wollte man diesen Prfstein bei Wilhelm +anwenden, denn das Schicksal wollte, da er fast stets Feldherren, +welche vollendete Meister in ihrer Kunst, und Truppen gegenberstand, +welche in der Disciplin den seinigen weit berlegen waren. Indessen lt +sich mit gutem Grunde annehmen, da er als General im offenen Felde +Manchem, der in geistiger Beziehung tief unter ihm stand, keineswegs +gleichkam. Mit Leuten, die sein Vertrauen besaen, sprach er ber diesen +Gegenstand mit der edlen Offenheit eines Mannes, der Groes vollbracht +hat und der recht wohl auch einige Mngel eingestehen kann. Er sagte, er +habe keine Lehrzeit fr den militairischen Beruf bestanden; er sei schon +als Knabe an die Spitze einer Armee gestellt worden, unter seinen +Offizieren habe sich keiner befunden, der fhig gewesen wre, ihn zu +unterweisen; nur aus seinen eigenen Fehlern und deren Folgen habe er +etwas lernen knnen. Ich wrde einen guten Theil meines Vermgens darum +geben, rief er einmal aus, wenn ich einige Feldzge unter dem Prinzen +von Cond mitgemacht htte, ehe ich gegen ihn commandiren mute. Es ist +nicht unwahrscheinlich, da der Umstand, welcher Wilhelm verhinderte, +eine ausgezeichnete strategische Bildung zu erlangen, der allgemeinen +Entwickelung seiner Geisteskrfte zu Gute gekommen ist. Bewiesen seine +Schlachten auch nicht den groen Taktiker, so berechtigten sie ihn doch +zu dem Titel eines groen Mannes. Kein Migeschick konnte ihn nur einen +Augenblick seiner Festigkeit und des vollstndigen Besitzes aller seiner +Fhigkeiten berauben. Seine Niederlagen wurden mit einer so wunderbaren +Schnelligkeit wieder gut gemacht, da er, noch ehe seine Feinde das +Tedeum gesungen hatten, schon wieder zum Kampfe gerstet war; auch +beeintrchtigten solche Schlge in keiner Weise die Achtung und das +Vertrauen, dessen er sich von Seiten seiner Soldaten erfreute. Diese +Achtung und dieses Vertrauen verdankte er in nicht geringem Mae seinem +persnlichen Muthe. Den Grad von Muth, dessen der Soldat bedarf, um +einen Feldzug ohne Schande zu bestehen, besitzen die meisten Menschen +oder wenigstens knnen sie denselben in einer guten Schule erlangen. Ein +Muth wie der des Prinzen Wilhelm aber ist in der That selten. Er wurde +auf jede nur mgliche Weise geprft, durch Krieg, durch Wunden, durch +schmerzhafte und entnervende Krankheiten, durch Seestrme, durch die +bestndig drohende Gefahr, ermordet zu werden, eine Gefahr, die schon +sehr starke Nerven erschttert hat und durch welche selbst die eiserne +Tapferkeit Cromwell's einen harten Sto erhielt. Aber Niemand konnte je +etwas entdecken, was der Prinz von Oranien frchtete. Seine Rathgeber +konnten ihn nur mit Mhe dazu bringen, da er einige Vorsichtsmaregeln +gegen die Pistolen und Dolche von Verschwrern ergriff.[2] Alte Seeleute +erstaunten ber die kaltbltige Ruhe, die er inmitten tobender +Brandungen an einer gefahrvollen Kste bewahrte. In der Schlacht +zeichnete ihn seine Tapferkeit unter Zehntausenden tapferer Krieger aus, +erweckte die hochherzige Anerkennung selbst der feindlichen Heere und +wurde selbst von der Unbilligkeit feindlicher Factionen nie bestritten. +Whrend seiner ersten Feldzge setzte er sich der Gefahr aus, als ob er +den Tod gesucht htte, war beim Angriff stets der Erste, beim Rckzug +der Letzte, kmpfte mit dem Schwerte in der Hand im dichtesten Gewhl, +und mit einer Flintenkugel im Arm, den Harnisch von Blut berstrmt, +hielt er noch immer Stand und schwenkte im furchtbarsten Feuer seinen +Hut. Seine Freunde beschworen ihn, er solle doch sein fr das Vaterland +unschtzbares Leben mehr schonen. Sein berhmtester Gegner, der groe +Cond, bemerkte nach der blutigen Schlacht von Seneff, der Prinz von +Oranien habe sich in jeder Beziehung wie ein alter General benommen, nur +in sofern nicht, als er sich wie ein junger Soldat ausgesetzt. Wilhelm +leugnete, da er sich der Tollkhnheit schuldig gemacht habe. Er stelle +sich, meinte er, nur aus Pflichtgefhl und aus kalter Berechnung dessen, +was das ffentliche Interesse erheische, immer auf den Posten der +Gefahr. Die Truppen, die er befehlige, seien wenig an den Krieg gewhnt +und frchteten ein Handgemenge mit den franzsischen Veteranen; es sei +daher nthig, da ihr Anfhrer ihnen zeige, wie man Schlachten gewinnt. +Und in der That wurde auch mehr als eine Schlacht, welche rettungslos +verloren schien, noch durch die Khnheit gewonnen, mit der er seine +zersprengten Bataillone sammelte und eigenhndig die Memmen niederhieb, +welche das Beispiel zur Flucht gaben. Zuweilen sah es jedoch ganz so +aus, als ob er ein eignes Vergngen daran finde, sein Leben zu +gefhrden. Es wurde bemerkt, da er nie heiterer, freundlicher und +liebenswrdiger war, als im blutigen Getmmel der Schlacht. Selbst bei +seinen Zerstreuungen liebte er das Aufregende der Gefahr. Kartenspiele, +Schach und Billard machten ihm kein Vergngen; seine Lieblingserholung +war die Jagd, und die gefhrlichste war ihm die liebste. Er machte oft +Stze, da seine khnsten Begleiter nicht Lust hatten, ihm zu folgen. +Selbst die verwegensten Sportvergngungen Englands scheint er fr +weibisch gehalten zu haben, und im groen Parke von Windsor sehnte er +sich nach dem Wilde, das er in den Forsten von Geldern zu jagen gewohnt +war, nach Wlfen, Ebern und riesigen Sechzehnendern.[3] + + [Anmerkung 2: Nach dem Frieden von Ryswick drangen die Freunde + Wilhelm's in ihn, mit dem franzsischen Gesandten ganz ernstlich + ber die Mordanschlge zu sprechen, welche die Jakobiten von St. + Germain bestndig schmiedeten. Die kaltbltige Hochherzigkeit, + mit der er diese Warnungen vor Gefahr aufnahm, ist besonders + characteristisch. Dem Grafen Bentinck, der von Paris sehr + beunruhigende Nachrichten gemeldet hatte, antwortete er nur am + Schlusse eines langen Geschftsbriefes: +Pour les assasins je ne + luy en ay pas voulu parler, croiant que c'etoit au desous de + moy.+ -- 2.(12.) Mai 1698. Ich habe die Orthographie des + Originals, wenn von einer solchen berhaupt die Rede sein kann, + beibehalten.] + + [Anmerkung 3: Von Windsor schrieb er an Bentinck, damals Gesandten + in Paris: +J'ay pris avant hier un cerf dans la forest avec les + chains du Pr. de Denm. et ay fait un assez jolie chasse, autant, + que ce vilain paiis le permest.+ -- 20. Mrz (1. April) 1698. Die + Orthographie ist schlecht, aber nicht schlechter als die + Napoleon's. In besserer Stimmung schrieb Wilhelm von Loo aus: + +Nous avons pris deux cerfs, le premier dans Dorewaert, qui est + un des plus gros que je sache avoir jamais pris. Il porte seize.+ + -- 25. Oct. (4. Nov.) 1697.] + + +[_Sein Vergngen an Gefahren; seine schlechte Gesundheit._] Seine +Tollkhnheit war um so merkwrdiger, da er von ungemein zarter +Krperconstitution war. Er war von frher Jugend an schwchlich und +krnklich gewesen, und im ersten Mannesalter waren seine Leiden durch +einen heftigen Pockenanfall noch verschlimmert worden. Er war engbrstig +und schwindschtig. Sein schwchlicher Krper wurde durch einen +bestndigen heiseren Husten erschttert. Er konnte nicht schlafen, wenn +sein Kopf nicht durch mehrere Kissen untersttzt wurde, und nur in der +reinsten Luft konnte er ohne Beschwerden athmen. Dabei qulten ihn oft +heftige Kopfschmerzen. Krperliche Anstrengungen ermdeten ihn sehr +bald. Die rzte pflegten die Hoffnung seiner Feinde dadurch aufrecht zu +erhalten, da sie einen Termin festsetzten, ber den hinaus, wenn sich +berhaupt irgend etwas in der Wissenschaft mit Sicherheit bestimmen +lasse, sein zerrtteter Organismus unmglich ausdauern knnte. Dennoch +verlie seinen Geist whrend seines ganzen Lebens, das nur eine lange +Krankheit war, bei keiner wichtigen Gelegenheit die nthige Kraft, um +seinen leidenden und siechen Krper aufrecht zu erhalten. + + +[_Klte seines Benehmens und Heftigkeit seiner Gemthsregungen._] Er war +mit heftigen Leidenschaften und mit leichter Reizbarkeit geboren; aber +die Welt hatte keine Ahnung von der Strke seiner Gemthsaffecte. Vor +den Blicken der Menge verbarg er seine Freude und seinen Kummer, seine +Zuneigung und seinen Groll unter einer phlegmatischen Ruhe, die ihm den +Ruf des kaltbltigsten und gleichgltigsten Menschen verschaffte. Wer +ihm eine gute Nachricht brachte, konnte selten ein Zeichen von Freude +entdecken; wer ihn nach einer Niederlage sah, sphte umsonst nach einer +Spur von Unmuth. Er lobte und tadelte, belohnte und bestrafte mit der +kalten Gelassenheit eines Mohawkhuptlings; aber wer ihn genauer kannte +und ihn nher betrachtete, der bemerkte wohl, da unter dieser Eisrinde +bestndig ein ungestmes Feuer brannte. Nur selten raubte der Zorn ihm +seine Selbstbeherrschung; wenn er aber einmal in Wuth gerieth, so war +der erste Ausbruch seiner Leidenschaft furchtbar. Es war dann in der +That nicht rathsam, ihm zu nahe zu kommen. In diesen seltenen Fllen +jedoch gab er, sobald er seine Selbstbeherrschung wieder erlangt hatte, +Denen, die er beleidigt, so vollstndige Genugthuung, da sie sich fast +zu dem Wunsche versucht fhlten, er mchte aufs neue in Wuth gerathen. +Seine Liebe war nicht minder strmisch als sein Zorn. Wo er einmal +liebte, da liebte er mit der ganzen Kraft seiner starken Seele. Wenn der +Tod ihn von einem geliebten Wesen trennte, frchteten die wenigen Zeugen +seiner Schmerzensausbrche fr seinen Verstand und fr sein Leben. Einem +sehr kleinen Kreise intimer Freunde gegenber, auf deren Treue und +Verschwiegenheit er sich unbedingt verlassen konnte, war er ein ganz +andrer Mensch als der verschlossene und stoische Wilhelm, dem die Menge +jedes menschliche Gefhl absprach. In ihrer Gesellschaft war er +freundlich, gemthlich, offenherzig, selbst gesellig und witzig, konnte +Stunden lang bei Tische sitzen und vollen Antheil an einer heiteren +Unterhaltung nehmen. + + +[_Seine Freundschaft fr Bentinck._] Am hchsten in seiner Gunst stand +ein Kavalier seines Hofstaates, Namens Bentinck, der aus einem edlen +batavischen Geschlecht stammte und der Grnder eines der groen +patrizischen Huser Englands werden sollte. Bentinck's Treue hatte sich +in nicht gewhnlicher Weise erprobt. Zu der Zeit, als die Vereinigten +Provinzen gegen die Macht Frankreichs um ihre Existenz kmpften, wurde +der junge Prinz, auf dem alle ihr Hoffnungen ruhten, von den Pocken +befallen. Diese Krankheit hatte bei mehreren Mitgliedern seiner Familie +einen tdtlichen Ausgang genommen und zeigte auch bei ihm anfangs einen +sehr bsartigen Character. Die Bestrzung des Volks war gro. Von frh +bis Abends waren die Straen im Haag mit Leuten angefllt, die sich +ngstlich nach dem Befinden Seiner Hoheit erkundigten. Endlich nahm das +bel eine gnstige Wendung. Seine Genesung wurde zum Theil seinem eignen +Gleichmuth, zum Theil der unerschrockenen und unermdlichen Freundschaft +Bentinck's zugeschrieben. Nur aus seinen Hnden nahm Wilhelm Speisen und +Arzneien an; er allein hob ihn aus dem Bette und legte ihn wieder +hinein. Ich wei nicht, ob Bentinck whrend meiner Krankheit geschlafen +hat oder nicht, sagte Wilhelm mit inniger Rhrung zu Temple; soviel +aber wei ich, da ich in den sechzehn Tagen und Nchten nicht ein +einziges Mal etwas verlangte, ohne da Bentinck augenblicklich an meiner +Seite gewesen wre. Bevor der treue Diener seine Aufgabe ganz vollendet +hatte, wurde er selbst angesteckt. Trotzdem berwand er noch immer +Mdigkeit und Fieberschauer, bis sein Gebieter als Reconvalescent +erklrt wurde. Jetzt endlich bat er um Erlaubni, nach Hause gehen zu +drfen. Es war die hchste Zeit, denn seine Fe wollten ihn nicht mehr +tragen. Er kam in die grte Gefahr, genas aber und eilte, sobald er das +Bett verlassen konnte, zur Armee, wo er in vielen heien Feldzgen immer +dicht an Wilhelm's Seite gefunden ward, wie er es in einer Gefahr andrer +Art gewesen. + +Dies war der Ursprung einer so innigen und reinen Freundschaft wie +irgend eine, von der uns die alte oder neue Geschichte erzhlt. Die +Nachkommen Bentinck's bewahren noch heute viele Briefe auf, die Wilhelm +an ihren Ahnherrn geschrieben, und es ist nicht zuviel gesagt, wenn man +behauptet, da wer diese Briefe nicht gelesen hat, sich keinen richtigen +Begriff von dem Character des Prinzen bilden kann. Der Mann, den selbst +seine Verehrer in der Regel fr den zurckhaltendsten und frostigsten +Menschen hielten, vergit hier jeden Rangunterschied und schttet alle +seine Gedanken mit der Offenherzigkeit eines Schulknaben aus. Ohne +Rckhalt theilt er Geheimnisse von der hchsten Wichtigkeit mit und legt +mit der grten Einfachheit umfassende Plne vor, welche alle +Regierungen Europa's berhrten. Mit seinen Mittheilungen ber solche +Dinge verbindet er Mittheilungen von ganz andrer, aber vielleicht nicht +weniger interessanter Art. Alle seine Abenteuer, alle seine persnlichen +Ansichten, seine langen Jagdritte nach gewaltigen Hirschen, seine Gelage +am St. Hubertustage, das Gedeihen seiner Anpflanzungen, das Mirathen +seiner Melonen, der Zustand seines Gestts, der Wunsch, einen frommen +Zelter fr seine Gemahlin zu erlangen, sein Verdru, als er erfhrt, da +einer seiner Kavaliere, nachdem er ein Mdchen aus guter Familie +unglcklich gemacht, sich weigert, sie zu heirathen, seine Anflle von +Seekrankheit, sein Husten, seine Kopfschmerzen, seine andchtigen +Stimmungen, seine Dankbarkeit fr den gttlichen Schutz nach Errettung +aus einer groen Gefahr, seine Anstrengungen, sich nach einem +Unglcksfalle dem gttlichen Willen zu unterwerfen, dies Alles ist darin +mit einer liebenswrdigen Redseligkeit geschildert, die man von dem +verschwiegensten und ernstesten Staatsmanne jener Zeit kaum erwarten +sollte. Noch auffallender sind die sorglosen Ergsse seiner Zrtlichkeit +und die brderliche Theilnahme, die er an seines Freundes huslichem +Glcke nimmt. Als Bentinck ein Erbe geboren wurde, sagte Wilhelm: Ich +hoffe, er wird ein so braver Mann werden als Sie einer sind, und sollte +ich einen Sohn bekommen, so werden unsere Kinder einander hoffentlich +ebenso lieben, wie wir uns geliebt haben.[4] Whrend seines ganzen +Lebens blickte er mit vterlicher Liebe auf die kleinen Bentincks. Er +ruft sie bei den zrtlichsten Diminutiven, er sorgt fr sie in ihres +Vaters Abwesenheit, und so schwer es ihm wird, ihnen ein Vergngen zu +versagen, so will er sie doch nicht an einer Jagdpartie teilnehmen +lassen, wo ihnen die Gefahr droht, von einem Hirsche gestoen zu werden, +noch ihnen erlauben, bei einem Abendschmause bis spt in die Nacht +hinein zu verweilen.[5] Als ihre Mutter whrend der Abwesenheit ihres +Gatten krank wird, findet Wilhelm inmitten der wichtigsten und +dringendsten Staatsgeschfte noch soviel Zeit, um an einem Tage mehrere +expresse Boten mit kurzen Briefen abzuschicken, in denen er von ihrem +Zustande Nachricht giebt.[6] Einmal als sie nach einem heftigen Anfall +auer Gefahr erklrt wird, ergiet sich der Prinz in die wrmsten +Dankesbezeigungen gegen Gott. Ich schreibe, sagt er, mit Thrnen der +Freude in den Augen.[7] Es liegt ein eigner Reiz in diesen Briefen von +der Hand eines Mannes, dessen Alles berwltigende Energie und +unbeugsame Festigkeit selbst seinen Feinden Achtung abnthigte, dessen +kaltes und unfreundliches Benehmen in den meisten seiner Anhnger keine +innigere Zuneigung aufkommen lie und dessen Geist bestndig mit +gigantischen Plnen beschftigt war, welche die Gestalt der Welt +vernderten. + +Seine Gte ward keinem Unwrdigen zu Theil. Temple hatte frhzeitig +Bentinck fr den besten und treuesten Diener erklrt, den je ein Frst +zu besitzen das Glck hatte, und er verdiente diesen ehrenvollen Titel +sein ganzes Leben hindurch. Die beiden Freunde waren in der That wie fr +einander geschaffen. Wilhelm bedurfte weder eines Fhrers noch eines +Schmeichlers. Da er ein festes und wohlbegrndetes Vertrauen in sein +eignes Urtheil setzte, so war er kein Freund von Rathgebern, die ihn mit +Vorschlgen und Einwendungen berhuften. Zu gleicher Zeit besa er eine +zu scharfe Unterscheidungsgabe und einen zu edlen Sinn, als da er an +Schmeicheleien htte Vergngen finden knnen. Der Vertraute eines +solchen Frsten mute ein Mann sein nicht von erfinderischem Genie oder +von gebieterischem Character, aber bieder und treu, im Stande, jeden +Befehl pnktlich zu vollziehen, Geheimnisse unverbrchlich zu bewahren, +Ereignisse umsichtig zu beobachten und treulich zu berichten. Und ein +solcher Mann war Bentinck. + + [Anmerkung 4: 3. Mrz 1679.] + + [Anmerkung 5: +Voil en peu de mot le dtail de nostre St. + Hubert. Et j'ay en soin que M. Woodstoc+ (Bentinck's ltester + Sohn) +n'a point est la chasse, bien moin au soup, quoyqu'il + fut icy. Vous pouvez pourtant croire que de n'avoir pas chass l'a + un peu mortifi, mais je ne l'ay pas aus prendre sur moy, puisque + vous m'aviez dit que vous ne le souhaitiez pas.+ -- Von Loo, 4. + Nov. 1697.] + + [Anmerkung 6: Am 15. Juni 1688.] + + [Anmerkung 7: 6. Sept. 1679.] + + +[_Marie, Prinzessin von Oranien._] Wilhelm war in der Ehe nicht weniger +glcklich als in der Freundschaft. Anfangs hatte jedoch seine Ehe kein +besonderes husliches Glck versprochen. Seine Wahl war hauptschlich +durch politische Rcksichten bestimmt worden, und es sah nicht +wahrscheinlich aus, da zwischen einem hbschen sechzehnjhrigen +Mdchen, die zwar ein sanftes Gemth und natrlichen Verstand besa, im +brigen aber unwissend und einfach war, und einem Brutigam, der, obwohl +noch nicht ganz achtundzwanzig Jahr alt, doch seinem krperlichen +Zustande nach lter war als ihr Vater, der ein kaltes, abstoendes +Benehmen hatte und dessen Kopf bestndig mit Staatsgeschften und +Sportvergngungen angefllt war, eine innige Zuneigung wrde entstehen +knnen. Eine Zeit lang vernachlssigte Wilhelm seine Gemahlin, indem er +durch andere Frauen von ihr abgezogen wurde, besonders durch eine ihrer +Hofdamen, Namens Elisabeth Villiers, welche Talente besa, die sie wohl +geeignet machten, seine Sorgen zu theilen, obgleich sie aller +persnlichen Reize entbehrte und sogar durch ein hliches Schielen +entstellt war.[8] Er schmte sich zwar seiner Fehler und bemhte sich +nach Krften, sie zu verbergen, aber trotz aller Vorsicht wute Marie +wohl, da er ihr nicht ganz treu war. Spione und Ohrenblser thaten auf +Anregen ihres Vaters ihr Mglichstes, um ihren Zorn zu entflammen. Ein +Mann von ganz andrem Character, der vortreffliche Ken, der mehrere +Monate lang im Haag ihr Kaplan war, wurde so aufgebracht durch die ihr +widerfahrenden Krnkungen, da er mit mehr Eifer als Besonnenheit +drohte, ihren Gemahl ernstlich zur Rede zu setzen.[9] Sie selbst ertrug +jedoch alles Unrecht mit einer Sanftmuth und Geduld, welche ihr nach und +nach Wilhelm's Achtung und Dankbarkeit erwarben. Indessen war auch noch +eine andre Ursache der Entfremdung vorhanden. Es kam ohne Zweifel eine +Zeit, wo die Prinzessin, welche nur zu Stickereiarbeiten, zum +Spinetspiel und zum Lesen der Bibel und der Pflichten des Menschen +erzogen war, das Oberhaupt einer groen Monarchie wurde und das +Gleichgewicht Europa's in ihrer Hand ruhte, whrend ihr ehrgeiziger, +geschftskundiger und bestndig auf groe Unternehmungen sinnender +Gemahl bei der britischen Regierung keine vorausbestimmte Stelle fr +sich fand und nur durch ihre Gte und so lange es ihr gefiel Macht +ausben konnte. Es kann nicht befremden, da ein Mann, der die Gewalt so +liebte wie Wilhelm, und der sich seines Herrschergenies so bewut war, +in hohem Mae die Eifersucht empfand, die whrend eines Knigthums von +wenigen Stunden zwischen Guildford Dudley und Lady Johanna Zwietracht +hervorrief und einen noch viel tragischeren Bruch zwischen Darnley und +der Knigin von Schottland herbeifhrte. Die Prinzessin von Oranien +hatte nicht die leiseste Ahnung von den Gefhlen ihres Gemahls. Ihr +Lehrer, der Bischof Compton, hatte sie in der Religion sorgfltig +unterrichtet und ihr Gemth namentlich gegen die Knste der +rmisch-katholischen Theologen gesthlt, sie aber in vlliger Unkenntni +der englischen Verfassung und ihrer eignen Stellung gelassen. Sie wute, +da ihr eheliches Gelbde sie zum Gehorsam gegen ihren Gemahl +verpflichtete und es war ihr nie in den Sinn gekommen, da dieses +gegenseitige Verhltni einmal umgekehrt werden knnte. Sie war bereits +neun Jahre vermhlt, ehe sie die Ursache von Wilhelm's Verstimmung +entdeckte, und von ihm selbst wrde sie dieselbe auch nie erfahren +haben. In Folge seiner ganzen Gemthsart brtete er eher ber die ihn +niederdrckenden Sorgen, als da er denselben einen Ausdruck gab, und in +diesem speciellen Falle wurde sein Mund durch ein ganz natrliches +Zartgefhl versiegelt. Endlich aber kam durch die Vermittelung Gilbert +Burnet's eine vollkommene Verstndigung und Ausshnung zu Stande. + + [Anmerkung 8: Siehe Swift's Bericht ber sie im +Journal to + Stella+.] + + [Anmerkung 9: Heinrich Sidney's Tagebuch vom 31. Mrz 1680 in Mr. + Blencowe's interessanter Sammlung.] + + +[_Gilbert Burnet._] Burnet's Ruf ist mit auffallender Bswilligkeit und +Hartnckigkeit angegriffen worden. Der Angriff begann schon frhzeitig +in seinem Leben und wird noch jetzt mit unverminderter Heftigkeit +fortgesetzt, obgleich er bereits ber ein und ein Viertel Jahrhundert im +Grabe liegt. Allerdings ist er auch fr den Parteiha und den +muthwilligen Spott eine Zielscheibe, wie sie sich keine bessere wnschen +knnen, denn die Mngel seines Verstandes und seines Characters liegen +klar am Tage und knnen Niemandem entgehen. Es waren jedoch nicht die +Fehler, welche man als seinen Landsleuten eigen zu betrachten pflegt. Er +allein unter den vielen Schotten, die sich in England zu Auszeichnung +und Wohlstand emporgeschwungen haben, hatte den Charakter, welchen +Satiriker, Romanschreiber und Schauspieldichter allgemein den irischen +Abenteurern zuschreiben. Seine physische Lebendigkeit, seine +Ruhmredigkeit, seine unverhohlene Eitelkeit, seine Faseleien, seine +herausfordernde Indiscretion und seine kecke Dreistigkeit boten den +Tories unerschpflichen Stoff zu Sptteleien. Auch unterlieen seine +Feinde nicht, ihm nebenbei ber seine breiten Schultern, seine dicken +Waden und sein Glck in Heirathsspekulationen auf verliebte reiche +Wittwen mehr witzige als artige Complimente zu machen. Obwohl jedoch +Burnet in vieler Beziehung dem Spott und selbst dem Tadel Blen darbot, +so verdiente er doch keineswegs eine solche Geringschtzung. Er besa +einen regen Geist, einen unermdlichen Flei und eine vielseitige, +ausgedehnte Belesenheit. Er war zu gleicher Zeit Geschichtsschreiber, +Alterthumsforscher, Theolog, Prediger, Tagesschriftsteller, Polemiker +und thtiger politischer Parteifhrer, und in allen diesen +Eigenschaften zeichnete er sich unter vielen geschickten Mitbewerbern +vortheilhaft aus. Die vielen geistreichen Abhandlungen, die er ber +Tagesbegebenheiten schrieb, sind jetzt nur noch Forschern bekannt; aber +seine +History of his own Times+, seine +History of the Reformation+, +seine +Exposition of the Articles+, sein +Discourse of Pastoral Care+, +sein +Life of Hale+ und sein +Life of Wilmot+ werden noch immer neu +aufgelegt und fehlen in keiner guten Privatbibliothek. Gegen eine solche +Thatsache vermgen alle Anstrengungen der Verleumder nichts. Ein +Schriftsteller, dessen umfangreiche Werke in verschiedenen Zweigen der +Literatur noch hundertdreiig Jahre nach seinem Tode zahlreiche Leser +finden, kann groe Fehler gehabt haben, mu aber auch groe Vorzge +gehabt haben, und diese hatte Burnet: einen fruchtbaren und regen Geist +und einen Styl, der allerdings von tadelloser Reinheit weit entfernt, +doch stets klar, oft lebendig ist und sich zuweilen selbst zu +feierlicher und glhender Beredtsamkeit erhebt. Auf der Kanzel wurde die +Wirkung seiner ohne irgend welche schriftliche Notizen gehaltenen +Predigten noch erhht durch eine edle Gestalt und einen imponirenden +Vortrag. Er wurde oft durch das Beifallsgemurmel seiner Zuhrer +unterbrochen, und wenn die Sanduhr, die sich damals auf jeder Kanzel +befand, abgelaufen war und er dieselbe emporhielt, forderte ihn die +Gemeinde durch lauten Zuruf auf fortzufahren, bis der Sand noch einmal +abgelaufen wre.[10] Die groen Mngel seines sittlichen Characters und +seines Geistes wurden durch groe Vorzge mehr als ausgeglichen. +Obgleich durch Vorurtheil und Leidenschaft oft auf Irrwege gefhrt, war +er doch im strengsten Sinne des Worts ein Ehrenmann. Konnte er auch den +Versuchungen der Eitelkeit nicht immer widerstehen, so stand sein +Character doch hoch ber den Einflssen der Habsucht und der Furcht. Er +war von Gemth leutselig, hochherzig, dankbar und nachsichtig.[11] Sein +Glaubenseifer, obwohl stetig und glhend, wurde im Allgemeinen durch +Humanitt und durch Achtung der Gewissensfreiheit in Schranken gehalten. +Trotz seiner unerschtterlichen Anhnglichkeit an das was er als den +Geist des Christenthums betrachtete, war er doch gleichgltig gegen +Gebruche, Namen und Formen der kirchlichen Verfassung und war selbst +gegen Unglubige und Ketzer, deren Lebenswandel tadellos war und deren +Irrthmer mehr die Wirkung falscher Begriffe als eines verderbten +Characters zu sein schienen, durchaus nicht zur Strenge geneigt. Aber +gleich vielen anderen braven Mnnern jener Zeit betrachtete er die Sache +der rmischen Kirche als eine Ausnahme von allen gewhnlichen Regeln. + +Burnet geno schon seit mehreren Jahren eines europischen Rufes. Seine +Geschichte der Reformation war von allen Protestanten mit lautem Beifall +aufgenommen und von den rmischen Katholiken als ein gewaltiger Schlag +gefhlt worden. Der grte Gelehrte, den die rmische Kirche seit dem +Schisma des sechzehnten Jahrhunderts hervorgebracht, Bossuet, Bischof +von Meaux, war mit der Bearbeitung einer ausfhrlichen Erwiederung +beschftigt. Burnet war von einem der glaubenseifrigen Parlamente, +welche whrend der durch das papistische Complot verursachten Aufregung +tagten, mit einem Dankvotum beehrt und im Namen der Gemeinen von England +ersucht worden, seine geschichtlichen Forschungen fortzusetzen. Er war +von Karl sowohl als von Jakob in deren engere Unterhaltungszirkel +gezogen worden, hatte mit mehreren ausgezeichneten Staatsmnnern, +besonders mit Halifax auf sehr vertrautem Fue gestanden und war der +Gewissensrath einiger sehr hochstehenden Personen gewesen. Er hatte +ferner einen der glnzendsten Wstlinge jener Zeit, Johann Wilmot, Earl +von Rochester, von Atheismus und Ausschweifung zurckgebracht. Lord +Stafford, das Opfer des Oates, war, obgleich Katholik, in seinen letzten +Stunden durch Burnet's geistlichen Zuspruch ber diejenigen Punkte, in +denen alle Christen bereinstimmen, erbaut worden. Wenige Jahre spter +begleitete Burnet einen noch erlauchteren Dulder, Lord Russell, vom +Tower auf das Schaffot in Lincoln's Inn Fields. Der Hof hatte nichts +unversucht gelassen, um einen so thtigen und tchtigen Theologen zu +gewinnen. Weder knigliche Schmeicheleien, noch die Verheiung +eintrglicher Stellen waren gespart worden. Aber Burnet war, obwohl in +frher Jugend von den servilen Lehren angesteckt, denen der damalige +Klerus durchgehends anhing, aus berzeugung Whig geworden und er blieb +seinen Grundstzen durch alle Wechselflle des Lebens treu. Er hatte +jedoch keinen Antheil an der Verschwrung genommen, welche soviel +Schmach und Unheil ber die Whigpartei brachte und verabscheuete nicht +nur die Mordplne Goodenough's und Ferguson's, sondern war auch der +Meinung, da selbst sein geliebter und verehrter Freund Russell gegen +die Regierung weiter gegangen sei, als es sich rechtfertigen lie. +Endlich kam eine Zeit, wo die Unschuld kein hinreichender Schutz war. +Burnet wurde, obgleich er sich keiner bertretung des Gesetzes schuldig +gemacht, von der Rache des Hofes verfolgt. Er begab sich auf den +Continent und nachdem er etwa ein Jahr auf jene Wanderungen durch die +Schweiz, durch Italien und Deutschland verwendet, von denen er uns eine +anziehende Beschreibung hinterlassen hat, ging er im Sommer 1686 nach +dem Haag, wo er mit Freundlichkeit und Achtung aufgenommen wurde. Er +unterhielt sich sehr freisinnig mit der Prinzessin ber Politik und +Religion und wurde bald ihr geistlicher Beistand und vertrauter +Rathgeber. Wilhelm erwies sich als ein viel freundlicherer Wirth, als es +zu erwarten gewesen wre. Denn von allen Fehlern waren ihm +Zudringlichkeit und Indiscretion am meisten verhat und Burnet war, wie +selbst seine Freunde und Verehrer zugestanden, der zudringlichste und +indiscreteste Mensch, den es geben konnte. Aber der scharfsichtige Prinz +bemerkte sehr wohl, da dieser vorlaute und schwatzhafte Theolog, der +bestndig Geheimnisse ausplauderte, naseweise Fragen stellte und +unerbetenen Rath aufdrngte, bei alledem ein freimthiger, furchtloser +und kluger Mann war, der die Gesinnungen und Absichten der britischen +Secten und Factionen genau kannte. Auch war der Ruf von Burnet's +Beredsamkeit und Gelehrsamkeit weit verbreitet. Wilhelm selbst war kein +Freund vom Lesen, aber er stand jetzt seit vielen Jahren an der Spitze +der hollndischen Regierung zu einer Zeit, wo die hollndische Presse +eines der gewaltigsten Werkzeuge war, durch welche die ffentliche +Meinung in Europa bearbeitet wurde, und obgleich er an literarischen +Genssen kein Vergngen fand, war er doch viel zu klug und +scharfsichtig, als da er den Werth des literarischen Beistandes nicht +htte erkennen sollen. Er wute sehr wohl, da eine populre Flugschrift +zuweilen ebenso gute Dienste leistet als ein Sieg auf dem Schlachtfelde. +Auch sah er ein, wie wichtig es sei, da er immer einen Mann um sich +hatte, der mit der brgerlichen und kirchlichen Verfassung unsrer Insel +vertraut war, und Burnet eignete sich vortrefflich dazu, als lebende +Encyclopdie ber britische Angelegenheiten benutzt zu werden, denn +seine Kenntnisse waren, wenn auch nicht immer ganz zuverlssig, doch von +erstaunlicher Vielseitigkeit und es gab in England wie in Schottland +wenige ausgezeichnete Mnner irgend einer politischen oder religisen +Partei, mit denen er nicht verkehrt htte. Es wurde ihm daher die +nmliche Gunst und das nmliche Vertrauen gewhrt wie nur irgend Einem +auer denen, welche den kleinen intimsten Kreis von Privatfreunden des +Prinzen bildeten. Nahm sich der Doctor Freiheiten heraus, was nicht +selten der Fall war, so wurde sein Gnner noch klter und mrrischer als +gewhnlich gegen ihn und uerte zuweilen eine kurze, beiende +Bemerkung, die einem Menschen von gewhnlicher Dreistigkeit fr immer +den Mund geschlossen haben wrde. Trotz solcher Vorflle aber dauerte +die Freundschaft dieses sonderbaren Paares mit wenigen kurzen +Unterbrechungen so lange, bis sie durch den Tod aufgelst wurde. Es war +in der That nicht leicht, Burnet zu krnken. Seine Selbstgeflligkeit, +seine heitere Sorglosigkeit und seine Taktlosigkeit waren so gro, da +er wohl oft Ansto gab, aber nie Ansto nahm. + + [Anmerkung 10: Sprecher Onslow's Note zu Burnet I. 596; +Johnson's + Life of Sprat+.] + + [Anmerkung 11: Niemand hat Burnet hufiger und bitterer + widersprochen als Dartmouth. Und doch schrieb auch Dartmouth: Ich + glaube nicht, da er jemals vorstzlich etwas verffentlichte, was + er fr falsch hielt. Zu einer spteren Zeit nahm er, durch einige + Bemerkungen ber sich im zweiten Bande der Geschichte des Bischofs + gereizt, dieses Lob zurck; aber auf einen solchen Widerruf darf + man kein groes Gewicht legen. Selbst Swift war so gerecht zu + sagen: Im Ganzen war er ein hochherziger und braver Mann. +Short + Remarks on Bishop Burnet's History+. + + Burnet wird gewhnlich als ein auffallend ungenauer + Geschichtsschreiber getadelt; aber ich halte diesen Vorwurf fr + ungerecht. Er scheint nur deshalb ungenau zu sein, weil seine + Darstellung einer besonders strengen und unfreundlichen Kritik + unterzogen worden ist. Wenn ein Whig sich die Mhe nehmen wollte + +Reresby's Memoirs, North's Examen, Mulgrave's Account of the + Revolution+ oder +Clarke's Life of James the Second+ einer + hnlichen Prfung zu unterwerfen, so wrde es sich bald zeigen, + da Burnet keineswegs der ungenaueste Geschichtsschreiber seiner + Zeit war.] + + +[_Er vermittelt eine innigere Annherung zwischen dem Prinzen und der +Prinzessin._] Alle Eigenthmlichkeiten seines Characters machten ihn +ganz dazu geeignet, der Friedensstifter zwischen Wilhelm und Marien zu +werden. Wenn Personen, die einander achten und lieben sollten, durch +eine Ursache von einander fern gehalten werden, welche drei freimthig +gesprochene Worte beseitigen knnten, so ist es ein Glck fr sie, wenn +sie einen indiscreten Freund haben, der mit der ganzen Wahrheit +herausplatzt. Burnet sagte der Prinzessin ganz offen, welches Gefhl an +dem Herzen ihres Gemahls nagte. Sie erfuhr jetzt zum ersten Male mit +nicht geringem Erstaunen, da, wenn sie Knigin von England wrde, +Wilhelm ihren Thron nicht theilen sollte. Sie erklrte mit den innigsten +Worten, da es keinen Beweis von ehelicher Unterwerfung und Liebe gebe, +zu dem sie nicht jeden Augenblick bereit wre. Unter vielen +Entschuldigungen und feierlichen Versicherungen, da kein andrer Mensch +ihm ein Wort in den Mund gelegt habe, sagte ihr Burnet nun, da das +Heilmittel in ihrer Hand liege. Wenn die Krone ihr zugefallen sei, knne +sie leicht ihr Parlament dazu bewegen, da es ihrem Gatten nicht nur den +Knigstitel gewhrte, sondern ihm sogar durch ein Gesetz die Zgel der +Regierung in die Hand gab. Aber, setzte er hinzu, Ihre knigliche +Hoheit mssen wohl berlegen, ehe Sie einen solchen Entschlu +aussprechen, denn es ist ein Entschlu, dessen Zurcknahme weder rathsam +noch leicht sein wrde, wenn er einmal angekndigt wre. -- Ich bedarf +keiner Zeit zur berlegung, antwortete Marie. Es ist genug, da ich +eine Gelegenheit habe, um dem Prinzen meine Achtung zu beweisen. Theilen +Sie ihm mit was ich gesagt habe, und bringen Sie ihn zu mir, damit er es +aus meinem eigenen Munde hre. Burnet wollte den Prinzen sogleich +herbeiholen, aber er war viele Meilen weit entfernt auf einer +Hirschjagd. Erst am folgenden Tage konnte die entscheidende Unterredung +stattfinden. Ich habe erst gestern erfahren, sagte Marie, da +zwischen den Gesetzen Englands und den Gesetzen Gottes ein solcher +Unterschied obwaltet. Aber ich verspreche Ihnen, da Sie jederzeit der +Gebieter sein sollen, und ich verlange keinen andren Lohn dafr, als da +Sie das Gebot, welches den Gatten vorschreibt, ihre Frauen zu lieben, +ebenso befolgen, wie ich das Gebot halte, welches den Frauen +vorschreibt, ihren Gatten zu gehorchen. Dieser Beweis von edelmthiger +Zuneigung gewann ihr Wilhelm's Herz vollstndig. Von diesem Augenblicke +an bis zu dem traurigen Tage, an welchem er ohnmchtig von ihrem +Sterbebett hinweggetragen wurde, herrschte vollkommene Freundschaft und +unbegrenztes Vertrauen zwischen ihnen. Viele von ihren Briefen an ihn +sind noch vorhanden und sie enthalten zahlreiche Beweise, da es diesem +Manne, der in den Augen der Menge fr so unliebenswrdig galt, gelungen +war, einer schnen und tugendhaften Frau, welche in Hinsicht der Geburt +ber ihm stand, eine bis zur abgttischen Verehrung gehende Liebe +einzuflen. + +Der Dienst, den Burnet seinem Vaterlande erzeigt, war von hoher +Bedeutung. Es war eine Zeit gekommen, wo es fr das Wohl des Staates +sehr wichtig war, da zwischen dem Prinzen und der Prinzessin +vollkommene Eintracht herrschte. + + +[_Beziehungen Wilhelm's zu den englischen Parteien._] Bis nach der +Unterdrckung des Aufstandes im Westen hatten ernste Ursachen des +Zwiespaltes Wilhelm sowohl von den Tories als von den Whigs getrennt. Er +hatte mit groem Mifallen die Versuche der Whigs beobachtet, der +ausbenden Gewalt einige Befugnisse zu entziehen, die er zur +Aufrechthaltung ihrer Wirksamkeit und ihrer Wrde fr nthig hielt. Mit +noch grerem Mifallen hatte er die Untersttzung gesehen, welche ein +groer Theil dieser Partei den Anmaungen Monmouth's angedeihen lie. Es +schien als ob die Opposition zuerst die Krone Englands des Tragens nicht +mehr werth machen und sie dann einem Bastard und Betrger aufs Haupt +setzen wollte. Zu gleicher Zeit war das religise System des Prinzen +weit verschieden von dem, welchem die Torypartei huldigte. Sie waren +Arminianer und Prlatisten. Sie sahen mit Verachtung auf die +protestantischen Kirchen des Continents herab und hielten jede Zeile +ihrer eignen Liturgie und Rubrica fr kaum weniger geheiligt als die +Evangelien. Seine Ansichten ber die metaphysischen Seiten der Theologie +waren calvinistisch. Seine Ansichten bezglich der Kirchenverfassungen +und der gottesdienstlichen Formen waren latitudinarisch. Er gab zu, da +das Episcopat eine gesetzliche und zweckmige Form des Kirchenregiments +sei; aber er sprach mit Bitterkeit und Hohn von der Bigotterie Derer, +welche die bischfliche Ordination fr ein wesentliches Erforderni +einer christlichen Gesellschaft hielten. Gegen die durch die Liturgie +vorgeschriebenen Gewnder und Gesten hatte er keine Bedenken, aber er +gestand, da ihm die Gebruche der anglikanischen Kirche lieber sein +wrden, wenn sie ihn weniger an die Gebruche der rmischen Kirche +erinnerten. Man hatte ihn ein ominses Gemurmel von sich geben hren, +als er in der Privatkapelle seiner Gemahlin zum ersten Male einen Altar +nach anglikanischer Weise geschmckt sah, und es schien ihm nicht +sonderlich zu gefallen, als er Hooker's +Ecclesiastical Policy+ in ihrer +Hand sah.[12] + + [Anmerkung 12: +Dr.+ Hooper's handschriftliche Erzhlung im + Anhange zu Lord Dungannon's +Life of William+.] + + +[_Seine Gesinnungen gegen England._] Er verfolgte daher lange den Streit +zwischen den englischen Parteien mit Aufmerksamkeit, aber ohne eine +starke Vorliebe fr die eine oder die andre Partei zu hegen. Er wurde +auch bis ans Ende seines Lebens in der That niemals weder ein Whig, noch +ein Tory. Es fehlte ihm das was die gemeinsame Grundlage beider +Charactere ist, denn er wurde nie ein Englnder. Er rettete zwar +England, liebte es aber nie und erlangte ebensowenig die Liebe der +Englnder. Fr ihn war es nur ein Verbannungsort, den er mit Widerwillen +besuchte und mit Freuden verlie. Selbst als er dem Lande die Dienste +leistete, deren gnstige Wirkungen wir bis auf den heutigen Tag fhlen, +war sein Hauptzweck nicht die Wohlfahrt desselben. + + +[_Seine Gesinnungen gegen Holland und Frankreich._] All' sein +patriotisches Gefhl gehrte Holland. Hier befand sich das prchtige +Grabmal, in welchem der groe Staatsmann ruhte, dessen Blut, dessen +Namen, dessen Character und dessen Genie er geerbt hatte. Hier war der +bloe Klang seines Namens schon ein Zauberspruch, welcher durch drei +Generationen die liebevolle Begeisterung der Landleute und Handwerker +erweckt hatte. Die hollndische Sprache war die Sprache seiner +Kinderstube; unter dem hollndischen Adel hatte er seine ersten Freunde +gewhlt; die Vergngungen, die Bauart und die Gegenden seines +Heimathlandes wurzelten tief in seinem Herzen. Zu ihm wendete er sich +immer wieder mit unvernderter Zrtlichkeit von einem stolzeren und +schneren Nebenbuhler ab. In den Slen von Whitehall sehnte er sich nach +dem traulichen Hause im Busche im Haag und er fhlte sich nie +glcklicher, als wenn er die Pracht von Windsor mit der bescheidenen +Einfachheit von Loo vertauschen konnte. Whrend seiner glnzenden +Verbannung fand er einigen Trost darin, da er durch Bauen, Pflanzen und +Graben um sich her einen Schauplatz schaffen konnte, der ihn an die +regelmigen Gebude von rothem Backstein, an die langen Kanle und an +die symmetrischen Blumenbeete erinnerte, unter denen er seine Jugend +verlebt hatte. Doch selbst die Liebe zu seinem Vaterlande war einem +andren Gefhle untergeordnet, welches schon frhzeitig in seiner Seele +die Oberherrschaft gewann, das sich mit allen seinen Leidenschaften +vermischte, das ihn zu groartigen Unternehmungen anspornte, das ihn +aufrecht erhielt, wenn Krnkungen, Schmerzen, Krankheit und Sorgen ihn +zu Boden drcken wollten, das gegen das Ende seiner Laufbahn einmal +kurze Zeit erloschen zu sein schien, aber bald heftiger als je wieder +hervorbrach und ihn noch beseelte, als das Sterbegebet an seinem Lager +gesprochen wurde. Dieses Gefhl war der Ha gegen Frankreich und den +prachtliebenden Knig, der in mehr als einer Hinsicht Frankreich +reprsentirte und der mit seinen specifisch franzsischen Tugenden und +Vorzgen jenen unruhigen, gewissenlosen und dnkelhaften Ehrgeiz +verband, der zu wiederholten Malen den Zorn ganz Europa's ber +Frankreich gebracht hat. + +Es ist nicht schwer, die Fortschritte des Gefhls zu verfolgen, welches +nach und nach die Alleinherrschaft in Wilhelm's Seele erlangte. Als er +kaum erst dem Knabenalter entwachsen, war sein Vaterland in +prahlerischem Trotze gegen Recht und Gerechtigkeit berfallen, verwstet +und allen Excessen der Raubsucht, Ausschweifung und Grausamkeit +preisgegeben worden. Die Hollnder hatten sich in ihrer Bedrngni vor +dem Eroberer gedemthigt und um Gnade gefleht. Darauf war ihnen der +Bescheid geworden, da wenn sie Frieden wnschten, sie ihre +Selbststndigkeit aufgeben und alljhrlich dem Hause Bourbon huldigen +mten. Die schwer beleidigte Nation hatte, zur Verzweiflung getrieben, +ihre Deiche durchbrochen und das Meer als Bundesgenossen gegen die +franzsische Tyrannei zu Hlfe gerufen. Mitten in den Greueln dieses +Kampfes, whrend die Landleute entsetzt vor den Eroberern flohen, +whrend Hunderte von schnen Grten und Lusthusern in den Fluthen +begraben, whrend die Berathungen der Generalstaaten durch die +Ohnmachten und das laute Weinen alter Senatoren unterbrochen wurden, +welche den Gedanken nicht ertragen konnten, die Freiheit und den Ruhm +ihres Vaterlandes zu berleben, war Wilhelm an die Spitze der Geschfte +berufen worden. Eine Zeit lang dnkte ihm jeder Widerstand hoffnungslos. +Er sah sich vergebens nach Hlfe um. Spanien war ausgesogen, Deutschland +zerrissen, England bestochen. Es schien dem jungen Statthalter, als ob +ihm nichts weiter brig bliebe, als mit dem Schwerte in der Hand zu +fallen, oder der Aeneas einer groen Vlkerwanderung zu werden und in +Gegenden, welche auer dem Bereiche der Tyrannei Frankreichs lagen, ein +neues Holland zu grnden. Dann wre kein Hinderni mehr vorhanden +gewesen, das die Fortschritte des Hauses Bourbon htte hemmen knnen. +Noch wenige Jahre und dieses Haus wrde seine Besitzungen durch +Lothringen und Flandern, Castilien und Arragonien, Neapel und Mailand, +Mexico und Peru vergrert haben. Ludwig htte sich dann die Kaiserkrone +aufsetzen, einen Prinzen seines Hauses auf den Thron Polens erheben und +der Alleinherrscher in Europa von den scythischen Wsten bis zum +Atlantischen Ocean, sowie in Amerika von den Gegenden nrdlich vom +Wendekreis des Krebses bis zu den Gegenden sdlich vom Wendekreis des +Steinbocks werden knnen. Dies waren die Aussichten, die sich Wilhelm +darboten, als er in das ffentliche Leben eintrat und welche ihn bis zu +seinem letzten Tage unaufhrlich verfolgten. Die franzsische Monarchie +war fr ihn das was die rmische Republik fr Hannibal, was das +ottomanische Reich fr Scanderbeg, was die sdliche Herrschaft fr +Wallace war. Die Religion gab diesem glhenden und unverlschlichen +Hasse ihre Weihe. Hunderte von calvinistischen Predigern verkndeten, +da die nmliche Macht, welche Simson vom Mutterleibe an dazu bestimmt, +die Geiel der Philister zu werden, und welche Gideon von der +Dreschtenne abgerufen, um die Midianiter zu schlagen, Wilhelm von +Oranien zum Vorkmpfer aller freien Nationen und aller reinen Kirchen +erkoren habe, und diese Ansicht war nicht ohne Einflu auf sein Gemth +geblieben. Dem Vertrauen, welches dieser heldenmthige Fatalist in seine +erhabene Bestimmung und in seine heilige Sache setzte, ist zum Theil +seine auffallende Gleichgltigkeit gegen jede Gefahr zuzuschreiben. Er +hatte ein groes Werk zu vollbringen und bis es vollbracht war, konnte +ihm nichts schaden. Daher kam es auch, da er trotz der Prophezeiungen +der rzte von hoffnungslos scheinenden Krankheiten genas, da Schaaren +von Mrdern sich vergebens gegen sein Leben verschworen, da der offene +Nachen, dem er sich in sternenloser Nacht auf einem tobenden Ocean an +einer verrtherischen Kste anvertraute, ihn wohlbehalten ans Land trug +und da auf zwanzig Schlachtfeldern die Kanonenkugeln auf allen Seiten +an ihm vorbersausten. Die Begeisterung und Ausdauer, womit er sich +seiner Sendung widmete, haben kaum ein Beispiel in der Geschichte. +Seinem groen Ziele gegenber achtete er das Leben Anderer ebenso gering +als sein eigenes. Selbst die menschlichsten und edelmthigen Soldaten +jener Zeit waren zu sehr daran gewhnt, das Blutvergieen und die +Verheerungen, welche von groen kriegerischen Unternehmungen +unzertrennlich sind, mit kalter Gleichgltigkeit zu betrachten, und +Wilhelm's Herz war nicht allein durch berufsmige Unempfindlichkeit, +sondern auch durch die noch starrere Unempfindlichkeit gesthlt, welche +die Wirkung des Pflichtgefhls ist. Drei groe Coalitionen, drei lange +und blutige Kriege, in denen ganz Europa von der Weichsel bis zum +westlichen Ocean unter den Waffen stand, sind lediglich seiner +unbezwinglichen Energie zuzuschreiben. Als im Jahre 1678 die +Generalstaaten erschpft und entmuthigt nach Ruhe verlangten, stimmte er +noch immer dagegen, das Schwert in die Scheide zu stecken, und der +Friede wurde nur geschlossen, weil er seinen wilden und entschlossenen +Geist nicht auch Anderen einhauchen konnte. Noch im letzten Augenblicke +schlug er in der Hoffnung, dadurch die Unterhandlungen abzubrechen, von +denen er wohl wute, da sie dem Abschlusse nahe waren, eine der +blutigsten und hartnckigsten Schlachten jener Zeit. Von dem Tage an, wo +der Friede von Nymwegen unterzeichnet worden war, begann er auf eine +neue Coalition zu sinnen. Sein Streit mit Ludwig, der nun vom +Schlachtfelde in das Kabinet versetzt wurde, ward bald durch eine +Privatfehde noch erbitterter. Die beiden Rivalen waren einander in +Talenten, Character, Manieren und Ansichten gerade entgegengesetzt. +Ludwig, fein und wrdevoll, verschwenderisch und ausschweifend, ein +Freund von Prunk und Feind von persnlicher Gefahr, ein freigebiger +Beschtzer der Knste und Wissenschaften und ein grausamer Verfolger der +Calvinisten, bildete einen auffallenden Contrast mit Wilhelm, der +einfach in seinen Neigungen, unfreundlich in seinem Benehmen, +unermdlich und unerschrocken im Kriege, gleichgltig gegen alle +Luxuszweige des Wissens und ein entschiedener Anhnger der genfer +Theologie war. Die beiden Feinde beobachteten nicht lange jene +Artigkeit, welche Mnner ihres Ranges, selbst wenn sie einander an der +Spitze von Armeen gegenberstehen, selten aus den Augen setzen. Wilhelm +gebrauchte zwar die Formalitt, da er Ludwig seine besten Dienste +anbot; aber diese Hflichkeit wurde nach ihrem wahren Werthe gewrdigt +und mit einer trocknen Zurckweisung vergolten. Der groe Knig +verachtete den kleinen Prinzen, der der Diener eines Bundes von +Handelsstdten war und auf jedes Zeichen von Verachtung antwortete der +unerschrockene Statthalter mit einer neuen Herausforderung, Wilhelm +entlehnte seinen Namen, ein Name, den die Ereignisse des +vorhergegangenen Jahrhunderts zu einem der glnzendsten und berhmtesten +von ganz Europa gemacht hatten, von einer Stadt, welche nicht weit von +Avignon an den Ufern der Rhone liegt und die, wie Avignon, obgleich von +allen Seiten von franzsischem Gebiet umgeben, doch eigentlich nicht der +franzsischen, sondern der kaiserlichen Krone als Lehen gehrte. Ludwig +besetzte Orange mit der ihm eigenen bermthigen Verachtung des +Vlkerrechts, schleifte die Befestigungswerke und eignete sich die +Einknfte der Stadt zu. Wilhelm erklrte laut bei Tische in Anwesenheit +vieler Personen, der allerchristlichste Knig solle diese Beleidigung +schwer bereuen, und als der Graf von Avaux ihn um eine nhere Erklrung +dieser Worte bat, weigerte er sich auf das Bestimmteste, sie zu +widerrufen oder wegzuerklren. Der Streit ging so weit, da der +franzsische Gesandte es nicht wagen durfte, sich im Empfangzimmer der +Prinzessin blicken zu lassen, wenn er sich nicht der Gefahr aussetzen +wollte, ffentlich beleidigt zu werden.[13] + +Wilhelm's Gesinnungen gegen Frankreich erklren zugleich seine ganze +Politik gegen England. Sein Gemeinsinn war ein europischer. Der +Hauptgegenstand seiner Sorge war nicht unsre Insel, ja selbst sein +Geburtsland nicht, sondern die groe Gemeinschaft der Nationen, der die +Unterjochung durch ein zu mchtiges Mitglied drohte. Wer in dem Irrthume +befangen ist, ihn als einen englischen Staatsmann zu betrachten, mu +nothwendig sein ganzes Leben in einem falschen Lichte erblicken und wird +nicht im Stande sein, irgend einen Grundsatz, sei es ein guter oder ein +schlechter, ein whiggistischer oder ein toryistischer, zu entdecken, auf +den sich seine wichtigsten Thaten zurckfhren lieen. Betrachten wir +ihn aber als einen Mann, dessen besondere Aufgabe es war, eine Masse von +schwachen, zerrissenen und entmuthigten Staaten zu einem festen und +starken Bunde gegen den gemeinsamen Feind zu sammeln, betrachten wir ihn +als einen Mann, in dessen Augen England namentlich deshalb wichtig war, +weil ohne dasselbe die von ihm beabsichtigte groe Coalition +unvollstndig gewesen sein wrde, so werden wir zugeben mssen, da +keine langjhrige Laufbahn, von der uns die Geschichte erzhlt, von +Anfang bis zu Ende gleichmiger war als die dieses groen Frsten.[14] + + [Anmerkung 13: +Avaux Negotiations+, Aug. 10.(20.), Sept. + 14.(24.), Sept. 28. (Oct. 8.), Dec. 7.(17.) 1682.] + + [Anmerkung 14: Ich kann mir das Vergngen nicht versagen, + Massillon's unfreundliche, aber scharfsinnige und edle + Characteristik Wilhelm's hier anzufhren: +Un prince profond dans + ses vues; habile former des ligues et reunir les esprits, plus + heureux exciter les guerres qu' combattre; plus encore + craindre dans le secret du cabinet, qu' la tte des armes; un + ennemi que la haine du nom Franais avait rendu capable d'imaginer + de grandes choses et de les excuter; un de ces gnies qui + semblent tre ns pour mouvoir leur gr les peuples et les + souverains; un grand homme, s'il n'avoit jamais voulu tre roi.+ + Grabrede auf den Dauphin.] + + +[_Seine Politik durchaus consequent._] Der Leitfaden, den wir jetzt +besitzen, wird es uns mglich machen, ohne Schwierigkeit den wirklich +consequenten, obgleich anscheinend zuweilen gewundenen Gang zu +verfolgen, den er gegen unsere inneren Factionen beobachtete. Er +erkannte deutlich, was brigens auch weit weniger scharfsichtigen Leuten +als er war, nicht entging, da das Unternehmen, an dem er mit ganzer +Seele hing, wahrscheinlich gelingen wrde, wenn England auf seiner Seite +wre, da der Ausgang ungewi sein wrde, wenn England neutral bliebe, +und da es hoffnungslos sein wrde, wenn England handelte, wie es in den +Tagen der Cabale gehandelt htte. Nicht weniger deutlich sah er, da +zwischen der ueren und der inneren Politik Englands ein enger +Zusammenhang stattfand, da der Regent dieses Landes, wenn er mit dem +gesetzgebenden Krper harmonirte, stets einen groen Einflu auf die +Angelegenheiten der Christenheit ausben und da ihm offenbar daran +gelegen sein mute, der ungebhrlichen Machtvergrerung irgend eines +festlndischen Potentaten entgegenzuwirken; da auf der andren Seite der +Souverain, wenn der gesetzgebende Krper ihm nicht traute und ihn in +seinen freien Bewegungen hemmte, in der europischen Politik nur von +geringem Gewicht sein konnte und da dieses ganze kleine Gewicht in die +falsche Wagschale fallen wrde. Der erste Wunsch des Prinzen war daher: +Eintracht zwischen dem Throne und dem Parlamente. Wie diese Eintracht +herzustellen war und auf welcher Seite Zugestndnisse gemacht werden +muten, dies waren seiner Ansicht nach Fragen von untergeordneter +Bedeutung. Allerdings wrde es ihm am liebsten gewesen sein, wenn eine +vollstndige Ausshnung htte bewirkt werden knnen, ohne einen +Buchstaben von der Prrogative zu opfern, denn er hatte an der +ungeschmlerten Aufrechthaltung derselben ein anwartschaftliches +Interesse, und war von Natur mindestens eben so herrschschtig und ein +eben so groer Feind von Beschrnkung, als irgend ein Stuart. Aber es +gab kein Kleinod der Krone, das er nicht, selbst nachdem sie auf sein +eignes Haupt gesetzt worden, bereitwilligst zum Opfer gebracht htte, +wenn er berzeugt sein konnte, da ein solches Opfer zur Erreichung +seines groen Zieles unumgnglich nthig war. Daher empfahl er auch der +Regierung in den Tagen des papistischen Complots Nachgiebigkeit, +obgleich er die Heftigkeit mibilligte, mit der die Opposition die +knigliche Autoritt angriff. Das Verfahren der Gemeinen bezglich der +inneren Angelegenheiten, sagte er, sei hchst unverstndig, aber so +lange die Gemeinen unzufrieden seien, knnten die Freiheiten Europa's +nicht sicher sein und dieser berwiegenden Rcksicht msse jede andre +weichen. Nach diesen Grundstzen handelte er, als die Ausschlieungsbill +die ganze Nation erschtterte. Man hat keinen Grund zu der Annahme, da +er die Opposition aufgemuntert habe, diese Bill einzubringen oder die +wiederholt gemachten Vergleichsvorschlge des Thrones zurckzuweisen. +Als es aber klar wurde, da, wenn diese Bill nicht durchging, ein +ernster Bruch zwischen den Gemeinen und dem Hofe entstehen mute, sprach +er deutlich, obwohl mit gebhrender Migung, seine Ansicht dahin aus, +da man sich um jeden Preis mit den Vertretern des Volks vershnen +msse. Als ein heftiger und reiender Umschwung der ffentlichen Meinung +die Whigpartei eine Zeit lang vllig hilflos gelassen hatte, versuchte +er es sein groes Ziel auf einem andren Wege zu erreichen, der seiner +Natur vielleicht besser zusagte als der vorher betretene. Die vernderte +Stimmung der Nation bot wenig Aussicht dar, da ein Parlament gewhlt +werden wrde, das geneigt war, die Wnsche des Souverains zu +durchkreuzen. Karl war eine Zeit lang Herr. Ihn zu gewinnen, war daher +des Prinzen erster Wunsch. Im Sommer 1683, fast in dem Augenblicke, als +die Entdeckung des Ryehousecomplots die Niederlage der Whigs und den +Sieg des Knigs vollstndig machte, traten anderwrts Ereignisse ein, +welche Wilhelm nicht ohne die grte Angst und Besorgni mit ansehen +konnte. Die trkischen Heere rckten bis an die Vorstdte Wiens heran. +Die groe sterreichische Monarchie, auf deren Untersttzung der Prinz +gerechnet hatte, schien ihrem Untergange nahe zu sein. Bentinck wurde +daher schleunigst vom Haag nach London gesandt, mit dem Auftrage nichts +zu versumen, was nthig sein konnte, um den englischen Hof zu gewinnen, +und ganz besonders war er angewiesen, in den strksten Ausdrcken den +Abscheu seines Gebieters gegen die Whigverschwrung zu versichern. + +Whrend der nchsten achtzehn Monate war einige Hoffnung, da der Einfu +Halifax' berwiegen und da der Hof von Whitehall zur Politik der +Tripleallianz zurckkehren werde. An diese Hoffnung klammerte sich +Wilhelm mit Vorliebe an und sparte keine Mhe, um Karl gnstig zu +stimmen. Die gastliche Aufnahme, welche Monmouth im Haag fand, mu +hauptschlich dem ernstlichen Bestreben des Prinzen, die wirklichen +Wnsche von Monmouth's Vater zu erfllen, zugeschrieben werden. Sobald +Karl gestorben war, schlug Wilhelm in unabnderlicher Verfolgung seines +Zieles wieder ein andres Verfahren ein. Er hatte Monmouth aufgenommen, +um dem verstorbenen Knige zu gefallen; damit nun der gegenwrtige Knig +keine Ursache zu Beschwerden haben sollte, wurde Monmouth fortgeschickt. +Wir haben gesehen, da beim Ausbruche des Aufstandes im Westen die in +hollndischen Diensten stehenden britischen Regimenter durch die +thtigen Bemhungen des Prinzen auf die erste Aufforderung in ihre +Heimath zurckgesandt wurden. Wilhelm erbot sich sogar, persnlich ein +Commando gegen die Rebellen zu bernehmen, und da dieses Anerbieten +vollkommen aufrichtig gemeint war, kann von Niemandem, der seine +vertraulichen Briefe an Bentinck gelesen hat, bezweifelt werden.[15] + +Der Prinz gab sich zu dieser Zeit augenscheinlich der Hoffnung hin, da +der groe Plan, dem in seinem Geiste alles Andre untergeordnet war, den +Beifall und die Untersttzung seines Schwiegervaters erhalten werde. Der +hohe Ton, den Jakob damals gegen Frankreich annahm, die +Bereitwilligkeit, mit der er sich zu einem Defensivbndnisse mit den +Vereinigten Provinzen verstand, und seine Geneigtheit zu einer +Verbindung mit dem Hause sterreich bestrkten diese Erwartung. Aber +bald verfinsterte sich der Horizont. Die Entlassung Halifax', der Bruch +zwischen Jakob und dem Parlamente, die Prorogation desselben und die +ausdrckliche Erklrung, welche der Knig den auswrtigen Gesandten gab, +da die festlndische Politik seine Aufmerksamkeit nicht lnger von +inneren Maregeln zur Befestigung seiner Hoheitsrechte und zur Frderung +der Interessen seiner Kirche ablenken sollte, machten der Tuschung ein +Ende. Es war klar, da England, wenn Jakob sein Beherrscher war, im Fall +einer europischen Krisis entweder unthtig bleiben oder im Einklange +mit Frankreich handeln wrde. Und die europische Krisis rckte immer +nher. Das Haus sterreich war durch eine Reihe von Siegen gegen fernere +Gefahr von Seiten der Trkei gesichert worden und hatte daher nicht mehr +nthig, die bergriffe und Beleidigungen Ludwig's geduldig zu ertragen. + + [Anmerkung 15: Zum Beispiel: +Je crois M. Feversham un trs brave + et honeste homme. Mais je doute s'il a assez d'exprience + diriger une si grande affaire qu'il a sur le bras. Dieu lui donne + un succs prompt et heureux. Mais je ne suis pas hors + d'inquitude.+ -- 7.(17.) Juli 1685. Als er die Nachricht von der + Schlacht von Sedgemoor erhalten hatte, schrieb er wieder: +Dieu + soit lou du bon succs que les troupes du Roy ont eu contres les + rebelles. Je ne doute pas que cette affaire ne soit entirement + assoupie, et que le rgne du Roy sera heureux, ce que Dieu + veuille.+ -- 10.(20.) Juli.] + + +[_Vertrag von Augsburg._] In Folge dessen wurde im Juli 1686 zu Augsburg +ein Vertrag unterzeichnet, durch den sich die Frsten des Reichs zum +Zwecke gegenseitiger Vertheidigung eng verbanden. Die Knige von Spanien +und von Schweden waren diesem Bunde ebenfalls beigetreten, der Knig von +Spanien als Besitzer der im burgundischen Kreise liegenden Provinzen, +der Knig von Schweden als Herzog von Pommern. Die Verbndeten +erklrten, da sie nicht die Absicht htten irgend eine Macht +anzugreifen oder irgend eine zu beleidigen, da sie aber entschlossen +seien, keine Verletzung der Rechte zu dulden, welche das deutsche Reich +unter Sanction des Vlkerrechts und der ffentlichen Treue besitze. Sie +verpflichteten sich, einander im Falle der Noth beizustehen und +bestimmten das Truppencontingent, das jedes Mitglied des Bundes stellen +mute, wenn es nthig werden sollte, einen Angriff zurckzuweisen.[16] +Der Name Wilhelm's war in dieser Urkunde nicht genannt aber Jedermann +wute, da sie sein Werk war und sah voraus, da er in nicht langer Zeit +wieder an der Spitze einer Coalition gegen Frankreich stehen werde. +Zwischen ihm und dem Vasallen Frankreichs konnte unter solchen Umstnden +kein herzliches Einvernehmen stattfinden. Es erfolgte zwar kein offener +Bruch und kein Austausch von Drohungen oder Vorwrfen; aber +Schwiegervater und Schwiegersohn waren vollstndig und fr immer +geschieden. + + [Anmerkung 16: Der Vertrag ist in dem +Recueil des Traits, IV. + No. 209+ zu finden.] + + +[_Wilhelm wird das Oberhaupt der englischen Opposition._] Gerade zu der +Zeit, als der Prinz so dem englischen Hofe entfremdet wurde, +verschwanden die Ursachen, welche bisher eine Klte zwischen ihm und den +beiden groen Parteien des englischen Volks hervorgerufen hatten. Ein +groer Theil, der Zahl nach vielleicht die Mehrheit der Whigs, hatte die +Ansprche Monmouth's begnstigt, aber Monmouth existirte jetzt nicht +mehr. Die Tories auf der andren Seite hatten gefrchtet, die Interessen +der anglikanischen Kirche mochten unter der Leitung eines Mannes nicht +sicher sein, der unter hollndischen Presbyterianern aufgewachsen und +dessen Ansichten ber die Gewnder, die Ceremonien und die Bischfe als +latitudinarisch wohl bekannt waren; seitdem aber jener geliebten Kirche +von einer ganz andren Seite weit furchtbarere Gefahren drohten, hatten +diese Befrchtungen fast ihre ganze Kraft verloren. So kam es, da beide +groe Parteien in dem nmlichen Augenblicke ihre Hoffnungen und ihre +Liebe auf den nmlichen Fhrer zu richten begannen. Alte Republikaner +konnten ihr Vertrauen einem Manne nicht versagen, der viele Jahre +hindurch das hchste Amt einer Republik wrdig bekleidet hatte, und alte +Royalisten sahen ein, da sie in bereinstimmung mit ihren Grundstzen +handelten, wenn sie einem dem Throne so nahe gehenden Prinzen die +tiefste Ehrerbietung bezeigten. Unter diesen Umstnden war es von +hchster Wichtigkeit, da zwischen Wilhelm und Marien die vollkommenste +Einigkeit herrschte. Eine Mihelligkeit zwischen der prsumtiven +Thronerbin und ihrem Gemahl htte in der groen Masse, die sich von +allen Seiten her um einen gemeinschaftlichen Mittelpunkt schaarte, eine +Spaltung hervorbringen mssen. Zum Glck wurde jede Gefahr einer solchen +Mihelligkeit im entscheidenden Augenblicke durch Burnet's +Dazwischenkunft beseitigt und der Prinz wurde das unbestrittene Haupt +der ganzen Partei, welche der Regierung feindlich gegenberstand, einer +Partei, welche fast die ganze Nation in sich begriff. + +Es ist nicht der mindeste Grund zu der Annahme vorhanden, da er schon +um diese Zeit das groe Unternehmen im Sinne hatte, zu dem ihn spter +die gebieterische Nothwendigkeit trieb. Er wute sehr gut, da die +ffentliche Stimmung in England, wenn auch durch Krnkungen gereizt, +doch zu einer Revolution keineswegs reif war. Gewi wrde er gern das +rgerni vermieden haben, das ein blutiger Streit zwischen Personen, +welche durch die engsten Bande der Blutsverwandtschaft und der +Verschwgerung an einander gekettet waren, nothwendig erregen mute. +Auch sein Ehrgeiz lie es ihm nicht wnschenswerth erscheinen, die +Gre, die im gewhnlichen Laufe der Natur und des Rechts ihm zufallen +konnte, einer Gewaltthtigkeit zu verdanken, denn er wute jetzt, da, +wenn die Krone auf regelmigem Wege auf seine Gemahlin berging, +zugleich mit derselben auch alle ihre Vorrechte ungeschmlert auf ihn +selbst bergehen wrden, da sie aber, wenn sie durch eine Wahl erlangt +wurde, unter den Bedingungen angenommen werden mute, welche die Whler +zu stellen fr gut fanden. Er schien daher geduldig den Tag erwarten zu +wollen, wo er mit unbestrittenem Rechte die Regierung antreten konnte, +und sich bis dahin darauf zu beschrnken, als erster Prinz von Geblt +und als Oberhaupt der Partei, welche in der Nation entschieden das +bergewicht hatte, und die auch darauf rechnen konnte, in beiden Husern +eines zu versammelnden Parlaments entschieden zu berwiegen, einen +groen Einflu auf die englischen Angelegenheiten auszuben. + + +[_Mordaunt schlgt Wilhelm eine Landung in England vor._] Indessen war +er bereits durch einen Rathgeber, der weniger scharfsichtig, aber +ungestmer war als er selbst, gedrngt worden, einen khneren Weg +einzuschlagen. Dieser Rathgeber war der junge Lord Mordaunt. Das +damalige Zeitalter hat kein erfinderischeres Genie und keinen +verwegeneren Geist hervorgebracht. Aber wenn ein Plan nur glnzend war, +so fragte Mordaunt selten danach, ob er auch ausfhrbar sein wrde, sein +ganzes Leben war ein wilder Roman, zusammengesetzt aus geheimnivollen +Intriguen der Politik und der Liebe, aus heftigen und schnellen Wechseln +des Schauplatzes und des Glcks, und aus Siegen, welche mehr denen eines +Amadis und eines Lancelot, als denen eines Luxemburg und eines Eugen +glichen. Die Episoden, welche mit dieser seltsamen Lebensgeschichte +verflochten waren, entsprachen ganz der Hauptintrigue. Es waren darunter +nchtliche Kmpfe mit edelmthigen Rubern und Befreiungen vornehmer und +schner Damen aus den Hnden von Entfhrern. Nachdem sich Mordaunt durch +die Beredtsamkeit und Khnheit ausgezeichnet, mit der er im Hause der +Lords gegen den Hof aufgetreten war, zog er sich bald nach der +Prorogation nach dem Haag zurck und empfahl dringend eine unverzgliche +Landung in England. Er bildete sich ein, es sei eben so leicht, drei +groe Knigreiche zu berrumpeln, als es ihm lange nachher wurde, +Barcellona zu nehmen. + + +[_Wilhelm verwirft den Rath._] Wilhelm hrte ihn an, berlegte sich die +Sache und erwiederte endlich in allgemeinen Ausdrcken, er interessire +sich sehr fr die englischen Angelegenheiten und werde dieselben scharf +im Auge behalten.[17] Was aber auch seine Absicht sein mochte, es ist +nicht anzunehmen, da er einen voreiligen und hitzkpfigen fahrenden +Ritter zu seinem Vertrauten erwhlt haben wrde. Die beiden Mnner +hatten nichts mit einander gemein als persnlichen Muth, der bei ihnen +bis zum fabelhaften Heroismus ging, Mordaunt wollte lediglich die +Aufregung des Kampfes genieen und die Menschen in Erstaunen setzen, +Wilhelm hatte bestndig ein erhabenes Ziel vor Augen. Nach diesem Ziele +trieb ihn eine gewaltige Leidenschaft, die ihn im Gewande einer heiligen +Pflicht erschien. Auf dieses Ziel steuerte er mit einer Geduld hin, die, +wie er einmal sagte, der Geduld eines Bootsfhrers glich, den er auf +einem Kanale gegen eine widrige Strmung hatte ankmpfen sehen, der +immer wieder zurckgeworfen wurde, aber nicht aufhrte zu rudern und +zufrieden war, wenn er nach stundenlanger Arbeit um einige Yards +vorwrts gekommen war.[18] Heldenthaten, die ihn seinem Ziele nicht +nher brachten, mochten sie in den Augen des groen Haufens noch so +ruhmvoll sein, waren seiner Ansicht nach kindische Eitelkeiten, aber +kein Theil der wahren Aufgabe des Lebens. + +Er beschlo, Mordaunt's Rath zu verwerfen und es kann keinem Zweifel +unterliegen, da dies ein weiser Entschlu war. Htte Wilhelm im Jahre +1686 oder selbst 1687 das versucht, was er 1688 mit so glnzendem +Erfolge unternahm, so wrden zwar vielleicht auf seinen Ruf viele Whigs +zu den Waffen gegriffen haben, aber er wrde bald gesehen haben, da die +Nation noch nicht hinreichend vorbereitet war, um einen bewaffneten +Befreier aus fremdem Lande willkommen zu heien, und da die Kirche noch +nicht genugsam gereizt und beleidigt worden war, damit sie den +Grundsatz, der seit so langer Zeit ihr Losungswort war, schon htte +vergessen haben knnen. Die alten Kavaliere wrden sich um das +knigliche Banner geschaart haben und es wrde wahrscheinlich in allen +drei Knigreichen ein eben so langer und heftiger Brgerkrieg als der +unter der vorigen Generation ausgebrochen sein. Whrend dieser Krieg auf +den britischen Inseln wthete, was konnte Ludwig inzwischen nicht Alles +auf dem Continent versuchen? Und welche Aussichten htte dann Holland +gehabt, das von seinen Truppen entblt und von seinem Statthalter +verlassen gewesen wre? + + [Anmerkung 17: +Burnet I. 762.+] + + [Anmerkung 18: +Temple's Memoirs.+] + + +[_Unzufriedenheit in England nach dem Sturze der Hyde._] Wilhelm +begngte sich daher fr jetzt, Maregeln zu ergreifen, um der mchtigen +Opposition, deren Oberhaupt er geworden war, Einigkeit und Lebenskraft +einzuhauchen. Dies war nicht schwer. Der Fall der Hyde hatte durch ganz +England eine heftige Aufregung und Entrstung hervorgerufen. Man fhlte, +da es sich jetzt nicht mehr darum handelte, ob der Protestantismus +herrschen, sondern ob er geduldet werden sollte. An die Stelle des +Schatzmeisters war eine Commission getreten, deren Oberhaupt ein Papist +war. Das Geheimsiegel war einem Papisten anvertraut worden und der +Nachfolger des Lordlieutenants von Irland war ein Mann, der durchaus +keinen andren Anspruch auf einen so hohen Posten hatte, als da er +Papist war. Tyrconnel wre der Letzte gewesen, den eine Regierung, +welcher das allgemeine Wohl des Landes am Herzen lag, nach Dublin als +Stellvertreter geschickt htte. Seine brutalen Manieren machten ihn +geradezu unfhig, die Majestt der Krone zu reprsentiren. Sein +beschrnkter Verstand und sein heftiges Temperament machten ihn +untauglich, wichtige Staatsgeschfte zu leiten. Sein unvershnlicher Ha +gegen die Besitzer des greren Theiles des irischen Grund und Bodens +machte ihn ganz untauglich, gerade dieses Land zu verwalten. Aber die +Malosigkeit seiner Bigotterie wurde als ein gengender Ersatz fr die +Malosigkeit seiner anderen Leidenschaften betrachtet und aus Rcksicht +auf seinen Ha gegen den reformirten Glauben gestattete man ihm, seinem +Hasse gegen den englischen Namen freien Lauf zu lassen. Dies war also +der wirkliche Sinn der Achtung Seiner Majestt vor den Rechten der +berzeugung! Er wollte, da sein Parlament alle den Papisten auferlegte +Ausschlieungen beseitigte, nur damit _er_ gleich drckende +Ausschlieungen ber die Protestanten verhngen konnte. Es war klar, da +unter einem solchen Frsten Glaubensabfall der einzige Weg zur Gre +sein konnte. Dennoch wagten es nur Wenige, diesen Weg einzuschlagen, +denn der Geist der Nation war furchtbar aufgeregt, und jeder Renegat +hatte ein solches Ma von Hohn und Verachtung zu ertragen, da auch die +verhrtetsten Naturen nicht ganz unempfindlich dagegen bleiben konnten. + + +[_Bekehrungen zum Papismus; Peterborough, Salisbury._] Allerdings hatten +erst krzlich mehrere bemerkenswerthe bertritte stattgefunden; aber sie +waren von der Art, da sie der rmischen Kirche wenig Ehre machten. Zwei +vornehme Mnner hatten sich in ihren Schoo aufnehmen lassen: Heinrich +Mordaunt, Earl von Peterborough und Jakob Cecil, Earl von Salisbury. +Aber Peterborough, frher ein thtiger Soldat, Hofmann und Diplomat, war +jetzt durch Alter und Krankheit gebeugt und wer ihn, auf einen Stock +gesttzt und in Flanell und Pflaster eingehllt, durch die Gallerien von +Whitehall hinken sah, trstete sich ber seinen Abfall damit, da er +seinen Glauben erst gewechselt, nachdem er seine Krper- und +Geisteskrfte berlebt hatte.[19] Salisbury war sprchwrtlich albern. +Sein Krper war in Folge sinnlicher Gensse dermaen aufgeschwollen, da +er sich fast nicht mehr bewegen konnte, und dieser trge Krper war der +Wohnsitz eines eben so trgen Geistes. In populren Spottliedern war er +als ein Mensch dargestellt, der dazu geschaffen war, betrogen zu werden, +als ein Mensch, der bisher die Beute von Spielern gewesen und der eben +so gut die Beute von Mnchen werden konnte. Ein Pasquill, das zur Zeit +von Rochester's Rcktritt an die Thr von Salisbury House am Strand +angeheftet wurde, schildert in starken Ausdrcken das Entsetzen, mit dem +der weise Robert Cecil, wenn er aus seinem Grabe auferstehen knnte, +sehen wrde, auf was fr ein Geschpf seine Wrden und Ehren gekommen +waren.[20] + + [Anmerkung 19: Siehe die beiden Gedichte, betitelt: +The Converts+ + und +The Delusion+.] + + [Anmerkung 20: Die Verse befinden sich in der +Collection of State + Poems+.] + + +[_Wycherley, Tindal, Haines._] Dies waren im Range die hchststehenden +von Jakob's Proselyten. Auerdem gab es noch Renegaten ganz andrer Art, +unbemittelte Leute von Talent, die aber keine Grundstze und keine Spur +von Ehrgefhl besaen. Man hat Grund zu glauben, da Wilhelm Wycherley, +der zgelloseste und hartherzigste Schriftsteller einer ganz besonders +zgellosen und hartherzigen Schule, zu diesen gehrte.[21] Gewi ist, +da Matthus Tindal, der sich spter durch seine Schriften gegen das +Christenthum einen Namen machte, um diese Zeit in den Schoo der +alleinseligmachenden Kirche aufgenommen wurde, ein Schritt, den, wie man +leicht denken kann, die Theologen, mit denen er nachmals polemisirte, +nicht vergessen hatten.[22] Ein noch ehrloserer Apostat war Joseph +Haines, dessen Name jetzt so gut wie vergessen ist, der aber damals als +ein Abenteurer von vielseitiger Begabung, als Gauner, Falschmnzer, +falscher Zeuge, falscher Brge, Tanzmeister, Possenreier, Dichter +und Schauspieler wohl bekannt war. Einige von seinen Prologen und +Epilogen wurden von seinen Zeitgenossen viel bewundert und sein +Schauspielertalent war allgemein anerkannt. Dieser Mann wurde Katholik, +ging im Gefolge Castelmaine's mit nach Italien, wurde aber bald wegen +schlechter Auffhrung wieder entlassen. Wenn man einer Tradition glauben +darf, die sich lange im Garderobezimmer erhalten hat, so hatte Haines +die Frechheit zu behaupten, da ihm die Jungfrau Maria erschienen sei +und ihn zur Bue aufgefordert habe. Nach der Revolution versuchte er es +sich mit der Stadt durch eine Bue auszushnen, die noch skandalser war +als sein Vergehen. Eines Abends, ehe er in einer Posse auftrat, erschien +er in ein weies Betttuch gehllt und mit einer Kerze in der Hand auf +der Bhne und trug einige gottlose, unanstndige Knittelverse vor, die +er seinen Widerruf nannte.[23] + + [Anmerkung 21: Die Nachrichten, die wir ber Wycherley haben, sind + uerst drftig; zweierlei aber ist gewi: da er sich in seinen + spteren Jahren einen Papisten nannte und da er von Jakob Geld + erhielt. Ich zweifle kaum daran, da er ein bezahlter Convertit + war.] + + [Anmerkung 22: Siehe den Artikel ber ihn in der +Biographia + Britannica+.] + + [Anmerkung 23: Siehe Jakob Quin's Bericht ber Haines in +Davies's + Miscellanies+; +Tom Brown's Works+; +Lives of Sharpers+; Dryden's + Epilog zu der +Secular Masque+.] + + +[_Dryden._] Mit dem Namen Haines wurde in vielen Libellen der Name eines +berhmteren Renegaten, Johann Dryden's verbunden. Dryden nherte sich +jetzt dem Abend seines Lebens. Nach vielen Erfolgen und vielen +Enttuschungen hatte er endlich mit allgemeiner Zustimmung die erste +Stelle unter den lebenden Dichtern Englands erhalten. Er hatte grere +Ansprche auf den Dank Jakob's als irgend ein andrer Schriftsteller des +Knigreichs. Doch Jakob war an Versen wenig, sehr viel aber am Gelde +gelegen. Vom Tage seiner Thronbesteigung an bemhte er sich kleine +Ersparnisse zu machen, welche einer Regierung den Vorwurf der Knauserei +zuziehen, ohne die Finanzlast merklich zu erleichten. Zu den Opfern +seiner unverstndigen Sparsamkeit gehrte auch der +Poeta Laureatus+. Es +wurde Befehl gegeben, da in dem neuen Diplom, welches durch die +Erledigung der Krone nthig geworden war, das jhrlich gespendete Fa +Sect, das ursprnglich Jonson bewilligt und auch dessen Nachfolgern +zugestanden worden war, weggelassen werden sollte.[24] Dies war die +einzige Notiz, welche der Knig im ersten Jahre seiner Regierung von dem +gewaltigen Satiriker zu nehmen geruhte, der im kritischesten Augenblicke +des groen Kampfes wegen der Ausschlieungsbill in den Reihen der Whigs +Schrecken verbreitet hatte. Dryden war arm und seine Armuth drckte ihn +nieder. Von Religion wute er wenig und kmmerte sich auch nicht darum. +Wenn irgend ein Gefhl tief in seiner Brust wurzelte, so war es der +Widerwille gegen die Priester jeden Glaubens, gegen Leviten, Auguren, +Muftis, rmisch-katholische Geistliche, presbyterianische und +anglikanische Geistliche. Er war von Natur kein hochherziger Mann, und +seine Bestrebungen waren nicht von der Art, da sie seinem Sinne hhere +Wrde und greres Zartgefhl verleihen konnten. Er hatte viele Jahre +lang sich seinen Unterhalt dadurch erworben, da er dem verderbten +Geschmacke des Publikums diente und reichen, adeligen Gnnern auf die +plumpste Manier schmeichelte. Selbstachtung und ein feines +Schicklichkeitsgefhl konnte man von einem Manne, der das Leben eines +Bettlers und Speichelleckers gefhrt hatte, nicht erwarten. Da er die +Bemerkung machte, da seine Dienste unbeachtet bleiben wrden, wenn er +fortfhre sich einen Protestanten zu nennen, so erklrte er sich zum +Papisten. Augenblicklich lie die Knauserei des Knigs nach. Dryden +wurde mit einem Jahrgelde von hundert Pfund belohnt und dazu verwendet, +seine neue Religion in Prosa und in Versen zu vertheidigen. + +Zwei ausgezeichnete Mnner, Samuel Johnson und Walter Scott, haben ihr +Mglichstes gethan, um sich selbst und Andere zu berreden, da dieser +denkwrdige Glaubenswechsel aufrichtig war. Es war natrlich, da sie +einen Schandfleck von dem Gedchtnisse eines Mannes verwischen +wollten, dessen Genie sie mit Recht bewunderten und mit dessen +politischen Ansichten sie stark sympathisirten; der unparteiische +Geschichtsschreiber aber mu ein ganz andres Urtheil aussprechen. Es +wird jederzeit starker Zweifel gegen die Aufrichtigkeit einer Bekehrung +erhoben werden, durch welche der Bekehrte unmittelbar gewinnt. Und in +Dryden's Falle ist nichts vorhanden, was diesen Zweifel entkrften +konnte. Seine theologischen Schriften beweisen zur Genge, da er sich +nie fleiig und ernstlich bemht hat, die Wahrheit zu ergrnden, und da +seine Kenntni der Kirche, die er verlie, wie auch der, zu der er +bertrat, hchst oberflchlich war. Eben so wenig benahm er sich in der +Folge wie ein Mann, den ein starkes Pflichtgefhl zu einem Schritte von +so hochwichtiger Bedeutung bewogen hatte. Wre er ein solcher Mann +gewesen, so wrde die nmliche berzeugung, die ihn in den Schoo der +rmischen Kirche gefhrt hatte, ihn abgehalten haben, allgemeine Regeln, +welche diese Kirche in bereinstimmung mit jeder andren christlichen +Gemeinschaft als bindend anerkennt, grblich und gewohnheitsmig zu +verletzen. Es wrde ein merklicher Unterschied zwischen seinen frheren +und seinen spteren Werken zu erkennen gewesen sein; er wrde mit Reue +auf seine fast dreiigjhrige literarische Laufbahn zurckgeblickt +haben, whrend welcher er seine seltenen Talente fr die Diction und den +Versbau systematisch zur Verbreitung der Sittenverderbni angewendet +hatte. Nicht eine Zeile, welche darauf hinzielte, die Tugend verchtlich +zu machen und unreine Begierden zu entznden, wrde von diesem +Augenblicke an mehr aus seiner Feder geflossen sein. Leider aber ist es +nur zu wahr, da die Dramen, welche er nach seiner angeblichen Bekehrung +schrieb, in keiner Hinsicht weniger unrein und profan sind, als die +seiner Jugend. Selbst in seinen bersetzungen wich er bestndig von den +Originalen ab, um Bilder aufzusuchen, die er htte bergehen mssen, +wenn er sie in den Originalen gefunden htte. Das Schlechte wurde durch +seine bertragungen noch schlechter, und das Unschuldige wurde durch die +Berhrung mit seinem Geiste befleckt. Er machte die derbsten Satiren +Juvenal's noch derber, schob in die Erzhlungen Boccacio's schlpfrige +Schilderungen ein und befleckte die liebliche und reine Poesie der +Georgica mit Schmutz, der Vergil's Ekel erregt haben wrde. + +Dryden's Beistand war denjenigen rmisch-katholischen Theologen +willkommen, welche gegen die ausgezeichnetsten Mnner der Staatskirche +mit Mhe einen Kampf unterhielten. Sie konnten es sich nicht verhehlen, +da ihr durch auslndische, in Rom oder Douay aufgelesene Ausdrcke +entstellter Styl der Beredtsamkeit eines Tillotson und Sherlock +gegenber eben in keinem vortheilhaften Lichte erschien. Man glaubte es +nicht gering anschlagen zu drfen, da man die Mitwirkung des grten +lebenden Meisters der englischen Sprache gewonnen hatte. Der erste +Dienst, der von ihm zum Dank fr die bewilligte Pension verlangt wurde, +war eine in Prosa geschriebene Vertheidigung seiner Kirche gegen +Stillingfleet. Aber einem Manne, der nichts zu sagen wei, hilft das +Talent, Alles gut sagen zu knnen, nichts, und in diesem Falle befand +sich Dryden. Er sah bald ein, da er einem Gegner, dessen ganzes Leben +ein langes Studium der Polemik gewesen, nicht gewachsen war. Der +langgediente Gladiator entwaffnete den Neuling, versetzte ihm mit +Verachtung einige Hiebe und wendete sich dann von ihm ab, um +achtunggebietenderen Kmpfern entgegenzutreten. + + [Anmerkung 24: Diese Thatsache, welche den genauen Forschungen + Malone's entging, ergiebt sich aus dem Briefbuche des Schatzamts + von 1685.] + + +[_+The Hind and Panther.+_] Jetzt griff Dryden zu einer Waffe, in der +er schwerlich einen ebenbrtigen Gegner zu frchten hatte. Er zog sich +auf einige Zeit von dem Gerusch der Kaffeehuser und Theater in einen +ruhigen Winkel von Huntingdonshire zurck und schrieb dort mit +ungewohnter Sorgfalt und Anstrengung sein berhmtes Gedicht ber die +zwischen der rmischen und anglikanischen Kirche obschwebenden +Streitpunkte. Die rmische Kirche ist darin bildlich als eine milchweie +Hindin dargestellt, die bestndig in Lebensgefahr schwebt, aber dazu +bestimmt ist, nicht zu sterben. Die Thiere des Feldes sannen auf ihr +Verderben. Der zitternde (+quaking+) Hase beobachtete eine furchtsame +Neutralitt, aber der socinianische Fuchs, der presbyterianische Wolf, +der independente Br und der anabaptistische Eber schossen hmische +Blicke auf das makellose Geschpf. Unter dem Schutze ihres Freundes, des +kniglichen Lwen, konnte sie es indessen wagen, mit ihnen aus der +nmlichen Quelle zu trinken. Die anglikanische Kirche war als Panther +dargestellt, der zwar Flecken hat, aber schn, fr ein Raubthier nur zu +schn ist. Hindin und Panther, von der blutdrstigen Bevlkerung des +Waldes in gleichem Grade gehat, beriethen sich im Stillen ber ihre +gemeinsame Gefahr. Dann gingen sie zur Discussion der Punkte ber, in +denen sie verschiedener Ansicht waren, und hielten, mit dem Schwanze +wedelnd und sich den Bart leckend, ein langes Zwiegesprch ber die +wirkliche Anwesenheit Christi beim Abendmahl, ber die Autoritt der +Ppste und Concilien, ber die Strafgesetze, die Testacte, die Meineide +des Oates, Buttler's schlecht belohnte Dienste fr die Kavalierpartei, +Stillingfleet's Pamphlets und Burnet's breiten Rcken und glckliche +Heirathsspekulationen. + +Das Unpassende dieses Planes springt in die Augen. Die Allegorie konnte +in der That nicht zehn Zeilen hintereinander ununterbrochen beibehalten +werden. Keine noch so kunstvolle Ausfhrung konnte die Fehler eines +solchen Planes verdecken. Dessenungeachtet ist die Fabel von der Hindin +und dem Panther unbestreitbar der werthvollste Beitrag zu der englischen +Literatur aus der kurzen und unruhigen Regierungszeit Jakob'sII. In +keinem andren Werke Dryden's finden sich ergreifendere und erhabenere +Stellen, eine grere Biegsamkeit und Kraft der Sprache und ein +lieblicherer und abwechselnderer Wohllaut. + +Das Gedicht erschien mit allen Vortheilen ausgestattet, welche +knigliche Gunst gewhren konnte. Eine Prachtausgabe fr Schottland +wurde in der in Holyrood House errichteten Officin gedruckt. Aber die +Leute waren nicht in der Stimmung, um sich von dem durchsichtigen Style +und den melodischen Reimen des Apostaten bezaubern zu lassen. Der durch +seine Feilheit erregte Unwille, die durch die Politik, deren Lobhudler +er war, hervorgerufene Besorgni lieen sich nicht in Schlaf singen. Die +gerechte Entrstung des Publikums wurde von Vielen, die den Stachel +seines Spotts gefhlt, und von Vielen, die seinen Ruhm beneideten, +angeschrt. Trotz aller Beschrnkungen, denen die Presse unterlag, +erschienen tglich Angriffe auf sein Leben und seine Schriften. Bald +hie er Bayes, bald der Dichter Squab. Man erinnerte ihn daran, da er +in seiner Jugend dem Hause Cromwell in der nmlichen knechtischen Weise +den Hof gemacht, wie jetzt dem Hause Stuart. Ein Theil seiner Gegner +druckte boshafterweise die sarkastischen Verse wieder ab, die er zu +einer Zeit, wo es ihm nichts eingebracht haben wrde, wenn er Papist +geworden wre, gegen den Papismus geschrieben hatte. Von den vielen +satirischen Arbeiten, welche bei dieser Gelegenheit erschienen, war die +gelungenste das gemeinsame Werk zweier junger Mnner, welche krzlich +ihre Studien in Cambridge vollendet hatten und als vielversprechende +Anfnger in den literarischen Kaffeehusern Londons begrt worden +waren: Karl Montague und Matthus Prior. Montague war von adeliger +Abkunft, Prior's Ursprung aber war so dunkel, da kein Biograph im +Stande gewesen ist, demselben auf die Spur zu kommen. Beide Abenteurer +waren arm und strebsam. Beide hatten einen scharfen Verstand und einen +lebendigen Geist, Beide schwangen sich spter hoch empor. Beide +verbanden in nicht gewhnlichem Grade mit der Liebe zu den +Wissenschaften Geschicklichkeit in denjenigen Gebieten des praktischen +Lebens, gegen welche die Schngeister in der Regel einen entschiedenen +Widerwillen haben. Von den funfzig Dichtern, deren Lebenslauf Johnson +geschildert hat, waren Montague und Prior die beiden einzigen, die sich +durch eine grndliche Kenntni des Handels und des Finanzwesens +auszeichneten. Ihre Wege gingen bald weit auseinander, und ihre +Jugendfreundschaft lste sich auf. Einer von ihnen wurde das Haupt der +Whigpartei und wurde von den Tories angeklagt; der Andre wurde in alle +Geheimnisse der toryistischen Diplomatie eingeweiht und von den Whigs +lange in strenger Haft gehalten. Endlich wurden die so lange getrennt +gewesenen Freunde nach vielen ereignivollen Jahren in der +Westminster-Abtei wieder mit einander vereinigt. + + +[_nderung in dem Verfahren des Hofes gegen die Puritaner._] Wer die +Fabel von der Hindin und dem Panther aufmerksam gelesen hat, mu bemerkt +haben, da whrend der Bearbeitung dieses Werks in den Ansichten Derer, +welche Dryden als Dolmetscher benutzten, eine groe Vernderung vorging. +Anfangs wird von der anglikanischen Kirche mit Liebe und Achtung +gesprochen und sie wird ermahnt, sich mit der rmisch-katholischen gegen +die puritanischen Secten zu verbinden; am Schlusse des Gedichts aber und +in der Vorrede, welche nach Vollendung des Ganzen geschrieben wurde, +werden die protestantischen Dissenters aufgefordert, mit den Katholiken +gemeinschaftliche Sache gegen die anglikanische Kirche zu machen. + +Dieser Umschlag in der Sprache des Hofpoeten deutete auf einen groen +Umschlag in der Politik des Hofes hin. Der ursprngliche Zweck Jakob's +war gewesen, nicht allein vollstndige Befreiung von allen Strafen und +brgerlichen Ausschlieungen, sondern auch einen groen Antheil an den +kirchlichen und akademischen Stiftungen fr seine Kirche zu erlangen und +zu gleicher Zeit die Gesetze gegen die puritanischen Secten mit Strenge +auszuben. Alle von ihm gewhrten besonderen Dispensationen waren +rmischen Katholiken gewhrt worden. Alle Gesetze, welche auf den +Presbyterianern, Independenten und Baptisten am schwersten lasteten, +hatte er eine Zeit lang mit aller Strenge durchgefhrt. Whrend Hales +ein Regiment commandirte, whrend Powis im Geheimen Rathe sa, whrend +Massey eine Dechanei bekleidete, whrend in Oxford mit kniglicher +Genehmigung Breviarien und Mebcher gedruckt wurden, whrend in London +die Hostie unter dem Schutze der Piken und Musketen der Fugarde +ffentlich ausgestellt wurde, whrend Ordensbrder und Mnche in ihren +Kutten in den Straen von London einhergingen, sa Baxter im Gefngni, +war Howe in der Verbannung, standen die Fnfmeilenacte und die +Conventikelacte in voller Kraft, muten die puritanischen Schriftsteller +zur auslndischen oder geheimen Pressen ihre Zuflucht nehmen, konnten +puritanische Gemeinden sich nur des Nachts oder in abgelegenen Einden +versammeln, muten puritanische Geistliche in Kohlengrber- oder +Matrosenverkleidung predigen. In Schottland hatte der Knig neue Gesetze +von beispielloser Hrte gegen die Presbyterianer von den Stnden +verlangt und erhalten, whrend er keine Anstrengung sparte, ihnen jede +Erleichterung fr die Katholiken abzupressen. Sein Verfahren gegen die +verbannten Hugenotten hatte seine Gesinnungen nicht minder deutlich +verrathen. Wir haben gesehen, wie er, als die ffentliche Mildthtigkeit +eine groe Summe zur Untersttzung dieser Unglcklichen in seine Hnde +gelegt, allen Gesetzen der Gastfreundschaft und der Rechtschaffenheit +zum Hohn von ihnen verlangte, da sie dem calvinistischen Ritual, dem +sie mit groer Liebe anhingen, entsagen und sich der anglikanischen +Kirche anschlieen mten, ehe er ihnen das Geringste von den seiner +Verwaltung anvertrauten Gaben spenden knnte. + +Dies war seine Politik gewesen, so lange er noch einigermaen hoffen +konnte, da die anglikanische Kirche einwilligen werde, die Herrschaft +mit der rmischen Kirche zu theilen. Einmal stieg diese Hoffnung zur +festen berzeugung. Die Begeisterung, mit der die Tories seinen +Regierungsantritt begrt hatten, die Wahlen, die demthige Sprache und +die reichen Geldbewilligungen seines Parlaments, die Unterdrckung des +Aufstandes im Westen, die vllige Vernichtung der Partei, die ihn vom +Throne hatte ausschlieen wollen, dies Alles steigerte seine Zuversicht +bis ber die Grenzen der Vernunft. Er glaubte fest, da seiner Macht und +seiner Entschlossenheit jedes Hinderni weichen werde. Sein Parlament +leistete ihm Widerstand. Er versuchte die Wirkung von ungndigen Blicken +und Drohungen, und da er mit diesen nichts erreichte, versuchte er es +mit der Prorogation. Aber von dem Augenblicke der Prorogation an wurde +der Widerstand gegen seine Plne immer strker und strker. Es schien +klar, da, wenn er seinen Willen durchsetzen wollte, er ihn im +Widerspruch mit der groen Partei durchsetzen mute, die seinem Throne, +seinem Hause und seiner Person so glnzende Beweise von Treue gegeben +hatte. Die ganze anglikanische Geistlichkeit, die ganze Kavaliergentry +war gegen ihn. Vergebens hatte er kraft seines kirchlichen Supremats dem +Klerus anbefohlen, sich jeder Errterung von Streitpunkten zu enthalten. +Jede Gemeinde der Nation wurde allsonntglich gegen die Irrthmer Roms +gewarnt, und diese Warnungen waren um so wirksamer, weil sie stets mit +Versicherungen der Ehrerbietung gegen den Knig und des Entschlusses, +Alles mit Geduld zu ertragen, was ihm zu verhngen belieben werde, +verbunden waren. Die royalistischen Ritter und Squires, welche durch +fnfundvierzig Jahre des Kriegs und der Parteiwuth dem Throne mannhaft +zur Seite gestanden hatten, sprachen jetzt in sehr nachdrcklichen +Worten den Entschlu aus, da sie eben so mannhaft zur Kirche halten +wrden. Trotz seines beschrnkten Verstandes und seines despotischen +Characters sah Jakob nun doch ein, da er sein Verfahren ndern msse. +Er konnte es ohne Gefahr nicht wagen, alle seine protestantischen +Unterthanen zugleich zu beleidigen. Wenn er es ber sich gewinnen +konnte, der Partei, welche in beiden Husern das bergewicht hatte, +Zugestndnisse zu machen, wenn er sich entschlieen konnte, der +Staatskirche alle ihre Wrden, Einknfte und Privilegien zu lassen, so +mochte er auch fernerhin presbyterianische Versammlungen verbieten und +die Gefngnisse mit baptistischen Predigern fllen. Blieb er aber dabei, +die Hierarchie zu plndern, so mute er sich entschlieen, dem +Vergngen, die Dissenters zu verfolgen, zu entsagen. Wollte er von nun +an mit seinen alten Freunden in Fehde leben, so mute er mit seinen +alten Feinden einen Waffenstillstand schlieen. Er konnte die +anglikanische Kirche nur dadurch bezwingen, da er eine umfassende +Coalition gegen sie bildete, welche Secten in sich schlo, die zwar in +Lehre und Verfassung von einander selbst viel strker abwichen als von +ihr, aber doch durch ihre gemeinsame Eifersucht auf ihre Gre und durch +die gemeinsame Furcht vor ihrer Unduldsamkeit bewogen werden konnten, +ihre Feindseligkeiten so lange ruhen zu lassen, bis jene Kirche die +Macht verloren hatte, sie zu tyrannisiren. + +Ein Grund schien besonders fr diesen Plan zu sprechen. Wenn es ihm nur +gelang, die protestantischen Nonconformisten zu gewinnen, so durfte er +sich mit der Hoffnung schmeicheln, vor jeder Rebellion sicher zu sein. +Nach der Ansicht der anglikanischen Geistlichen konnte keine Krnkung +irgend welcher Art einen Unterthanen berechtigen, den Gesalbten des +Herrn gewaltsamen Widerstand zu leisten. Die Theorie der puritanischen +Sectirer lautete ganz anders. Diese Sectirer trugen kein Bedenken, +Tyrannen mit dem Schwerte Gideon's zu Boden zu schlagen, und manche von +ihnen scheuten sich auch nicht, den Dolch Ehud's zu gebrauchen. +Wahrscheinlich sannen sie eben jetzt wieder auf einen neuen westlichen +Aufstand oder auf ein neues Ryehousecomplot. Jakob glaubte daher, da er +getrost die Staatskirche verfolgen knnte, wenn es ihm nur gelang, die +Dissenters zu gewinnen. Die Partei, deren Grundstze ihm keine +Sicherheit gewhrten, war dann durch das Interesse an ihn gefesselt, und +die Partei, deren Interessen er angriff, erregte aus Grundsatz keinen +Aufruhr. + +Unter dem Einflusse solcher Erwgungen begann Jakob von dem Augenblicke +an, als er sich zornig von seinem Parlament trennte, auf eine Coalition +aller katholischen wie protestantischen Nonconformisten gegen die +Landeskirche zu denken. Schon um Weihnachten 1685 meldeten die Gesandten +der Vereinigten Provinzen den Generalstaaten, da der Plan einer +allgemeinen Duldung entworfen sei und bald ans Licht treten werde.[25] +Indessen erwiesen sich die Nachrichten, welche der hollndischen +Gesandtschaft zugekommen waren, als verfrht. Die Separatisten scheinen +jedoch im Jahre 1686 schon viel milder behandelt worden zu sein, als +whrend des Jahres 1685. Aber nur ganz allmlig und nach vielen inneren +Kmpfen vermochte es der Knig ber sich, mit Allem, was er am meisten +verabscheute, ein Bndni zu schlieen. Er hatte einen nicht +oberflchlichen und launenhaften, nicht erst krzlich entstandenen oder +rasch aufgeschossenen, sondern in seiner Familie erblichen Groll zu +berwinden, welcher durch groe, whrend hundertzwanzig ereignivoller +Jahre zugefgte und erlittene Unbilden verstrkt worden und mit allen +seinen religisen und politischen, huslichen und persnlichen Gefhlen +verwachsen war. Vier Generationen von Stuarts hatten mit vier +Generationen von Puritanern einen Krieg auf Leben und Tod gefhrt, und +whrend dieses ganzen langen Krieges hatte kein Stuart die Puritaner so +stark gehat, und war so stark von ihnen gehat worden, als er. Sie +hatten es versucht, seine Ehre zu untergraben und ihn seines +Geburtsrechts zu berauben; sie hatten ihn einen Brandstifter, einen +Kehlabschneider und einen Giftmischer genannt; sie hatten ihn aus der +Admiralitt und aus dem Staatsrathe verdrngt; sie hatten ihn zu +wiederholten Malen in die Verbannung getrieben, sie hatten einen +Mordanschlag auf ihn gemacht, und sie hatten sich zu Tausenden mit +bewaffneter Hand gegen ihn erhoben. Dafr hatte er sich an ihnen durch +ein Gemetzel gercht, wie es England noch nie gesehen. Ihre Kpfe und +Glieder verwesten noch auf Pfhlen auf allen ffentlichen Pltzen von +Somersetshire und Dorsetshire. Bejahrte Frauen, die wegen ihrer +Frmmigkeit und Mildthtigkeit von den Sectirern in hohen Ehren gehalten +wurden, waren um geringfgiger Vergehen willen, die kein guter Frst nur +eines strengen Verweises werth gehalten haben wrde, enthauptet oder +lebendig verbrannt worden. In einem solchen Verhltnisse hatte selbst in +England der Knig zu den Puritanern gestanden, und in Schottland hatte +die Tyrannei des Knigs und die Wuth der Puritaner einen Grad erreicht, +von dem sich die Englnder kaum einen Begriff machen konnten. Einen so +langjhrigen und so tdtlichen Ha zu vergessen, war fr einen ganz +besonders harten und unvershnlichen Character keine leichte Aufgabe. + +Der Kampf, der im Innern des Knigs stattfand, entging dem Blicke +Barillon's nicht. Ende Januar 1687 schrieb er einen interessanten Brief +nach Versailles. Der Knig -- dies war der wesentliche Inhalt des +Schreibens -- habe sich so ziemlich berzeugt, da er nicht vllige +Freiheit fr die rmischen Katholiken erlangen und dabei doch die +Gesetze gegen die protestantischen Dissenters aufrecht erhalten knne. +Er neige sich daher zu einem Plane allgemeiner Indulgenz hin, im Herzen +aber wrde es ihm weit lieber sein, wenn er auch jetzt noch seinen +Schutz und seine Gunst zwischen der rmischen und der anglikanischen +Kirche, mit Ausschlu aller anderen religisen berzeugungen, theilen +knnte.[26] + + [Anmerkung 25: Leeuwen, 25. Dec. (4. Jan.) 1685/6.] + + [Anmerkung 26: Barillon, 31. Jan. (10. Febr.) 1686/7. +Je crois + que, dans le fond, si on ne pouvoit laisser que la religion + Anglicane et la Catholique tablies par les loix, le Roy + d'Angleterre en seroit bien plus content.+] + + +[_In Schottland theilweise Duldung gewhrt._] Wenige Tage nach dem +Abgang dieser Depesche that Jakob zgernd und widerstrebend den ersten +Schritt zur Annherung an die Puritaner. Er hatte sich entschlossen, mit +Schottland zu beginnen, wo seine Befugni, von Parlamentsacten zu +dispensiren, von den willfhrigen Stnden anerkannt war. Demgem wurde +am 12. Februar in Edinburg eine Proklamation erlassen, welche +ngstlichen Gewissen eine Erleichterung gewhrte.[27] Diese Proklamation +beweist vollkommen die Richtigkeit von Barillon's Urtheil. Selbst in der +Acte, durch die er den Presbyterianern Zugestndnisse machte, konnte +Jakob seinen Widerwillen gegen sie nicht verhehlen. Die den Katholiken +gewhrte Duldung war vollkommen. Auch die Quker hatten wenig Ursache +sich zu beklagen. Aber die den Presbyterianern, welche die Hauptmasse +des schottischen Volks bildeten, bewilligte Indulgenz war durch +Bedingungen beschrnkt, die sie fast werthlos machten. An die Stelle des +bisherigen Religionseides, der sowohl Katholiken als Presbyterianer von +Staatsmtern ausschlo, war ein neuer Religionseid gesetzt, der die +Katholiken zulie, aber die meisten Presbyterianer ausschlo. Den +Katholiken war es erlaubt, Kapellen zu erbauen und sogar die Hostie +berall, mit Ausnahme der Straen in kniglichen Burgflecken, in +Prozession umherzutragen; den Qukern war es gestattet, sich in +ffentlichen Gebuden zu versammeln; die Presbyterianer aber durften nur +in Privatwohnungen Gottesdienst halten; es war ihnen streng verboten, +Bethuser zu bauen, sie durften nicht einmal eine Scheune oder ein +Nebenhaus zu Andachtsbungen benutzen, und es ward ihnen nachdrcklich +eingeschrft, da, wenn sie es wagten, Conventikel unter freiem Himmel +zu hatten, das Gesetz, welches sowohl den Predigern als den Zuhrern mit +dem Tode drohte, mit schonungsloser Strenge angewendet werden sollte. +Jeder katholische Priester durfte Messe lesen, jeder Quker durfte vor +seinen Glaubensbrdern Reden halten; aber der Geheime Rath war +angewiesen, darber zu wachen, da kein presbyterianischer Geistlicher +sich unterfange, ohne specielle Erlaubni der Regierung zu predigen. +Jede Zeile dieses Dokuments und der dasselbe begleitenden Briefe +beweist, wie schwer es dem Knige wurde, nur einigermaen die Hrte zu +mildern, mit der er die alten Feinde seines Hauses von jeher behandelt +hatte.[28] + +Man hat wirklich Grund zu glauben, da er bei Verffentlichung dieser +Proklamation noch keineswegs zu einer Coalition mit den Puritanern fest +entschlossen war und da er ihnen zuvrderst nur eben so viele +Begnstigungen gewhren wollte, als durchaus nthig waren, um die +Anhnger der Landeskirche durch Einschchterung zum Gehorsam zu bringen. +Er wartete daher einen Monat, um zu sehen, welchen Eindruck das in +Edinburg erlassene Edict in England machen werde. Diesen Monat +verwendete er auf Petre's Rath eifrig zu dem, was man +closeting+[29] +nannte. + + [Anmerkung 27: Sie ist zu finden im Anfange zu Wodrow II. 129.] + + [Anmerkung 28: +Wodrow, Appendix, vol. II. Nos. 128, 129, 132.+] + + [Anmerkung 29: Persnliche Bearbeitung Einzelner im Privatkabinet + des Knigs. D. bers.] + + +[_Persnliche Bearbeitung Einzelner im kniglichen Kabinet._] London war +voll von geeigneten Persnlichkeiten. Man erwartete die baldige +Zusammenberufung des Parlaments zur Erledigung von Geschften, und viele +Mitglieder waren bereits in der Stadt. Der Knig nahm sich vor, sie Mann +fr Mann zu werben. Er hoffte, da die eifrigen Tories -- und aus +solchen bestand das Unterhaus mit wenigen Ausnahmen -- seinen dringenden +Bitten schwer wrden widerstehen knnen, wenn er dieselben nicht an die +Gesammtheit, sondern an jeden Einzelnen, und nicht vom Thronsessel +herab, sondern im vertraulichen Gesprch an sie richtete. Die +Mitglieder, welche nach Whitehall kamen, um ihre Aufwartung zu machen, +wurden demnach auf die Seite genommen und mit langen Privatunterredungen +beehrt. Der Knig drang in sie, da sie, als loyale Gentlemen, ihm nur +in dem einem Punkte, der ihm mehr als alles Andre am Herzen liege, den +Willen thun mchten. Er meinte, die Sache berhre seine persnliche +Ehre. Die unter der vorigen Regierung von factisen Parlamenten gegen +die Katholiken erlassenen Verordnungen seien lediglich gegen ihn selbst +gerichtet gewesen; diese Gesetze htten ihm ein Brandmal aufgedrckt, +ihn aus der Admiralitt und aus dem Staatsrathe vertrieben, und er sei +berechtigt, zu erwarten, da Alle, die ihn liebten und ehrten, sich zur +Abschaffung jener Gesetze vereinigen wrden. Sah er, da seine Zuhrer +gegen diese Ermahnungen taub blieben, so nahm er seine Zuflucht zu +Drohungen und Bestechungen. Denjenigen, die sich weigerten, ihm in +dieser Angelegenheit zu Willen zu sein, wurde geradezu gesagt, da sie +keine Gunstbezeigung zu erwarten htten. Trotz seiner Knauserei ffnete +und vertheilte er seine Schtze. Mehrere von Denen, die zu einer +Conferenz mit ihm eingeladen worden waren, nahmen aus seinem +Schlafzimmer Geld mit fort, das sie aus kniglicher Hand empfangen +hatten. Die Richter, die sich gerade auf ihrer Frhjahrsrundreise +befanden, erhielten Befehl vom Knige, die noch in der Provinz +zurckgebliebenen Mitglieder zu besuchen und die Gesinnungen jedes +Einzelnen zu erforschen. + + +[_Erfolglosigkeit der persnlichen Bearbeitung._] Das Resultat aller +dieser Nachforschungen war, da die groe Majoritt des Hauses der +Gemeinen entschlossen zu sein schien, sich den Maregeln des Hofes zu +widersetzen.[30] Einer von Denjenigen, deren Festigkeit allgemeine +Bewunderung erregten, war Arthur Herbert, der Bruder des Oberrichters, +Parlamentsmitglied fr Dover, Kammerherr und Contreadmiral von England. + + [Anmerkung 30: Barillon, 28. Febr. (10. Mrz) 1686/7; Citters, + 15.(25.) Febr.; +Reresby's Memoirs+; Bonrepaux, 25. Mai (4. Juni) + 1687.] + + +[_Admiral Herbert._] Arthur Herbert war bei den Seeleuten sehr beliebt +und galt fr einen der tchtigsten adeligen Marineoffiziere. Man hatte +allgemein vermuthet, da er sich den Wnschen des Knigs bereitwillig +fgen werde, denn er fragte wenig nach der Religion, war +vergngungslustig und verschwenderisch, hatte kein Privatvermgen, bezog +aus seinen Stellen ein jhrliches Einkommen von viertausend Pfund und +wurde seit langer Zeit zu den ergebensten persnlichen Anhngern Jakob's +gerechnet. Als aber der Contreadmiral im Privatkabinet vorgenommen und +das Versprechen von ihm verlangt wurde, da er fr die Aufhebung der +Testacte stimmen wolle, antwortete er, seine Ehre und sein Gewissen +erlaubten ihm nicht, ein solches Versprechen zu geben. Niemand zweifelt +an Ihrer Ehre, sagte der Knig, aber ein Mann, der so lebt wie Sie, +sollte nicht von seinem Gewissen sprechen. Auf diesen Vorwurf, einen +Vorwurf, der dem Geliebten der Katharine Sedley bel anstand, erwiederte +Herbert mit mnnlicher Offenheit: Ich habe meine Fehler, Sire, aber ich +knnte Leute nennen, welche viel hufiger von ihrem Gewissen sprechen +als ich und dabei ein eben so lockeres Leben fhren. Er wurde aller +seiner Stellen entsetzt und die Rechnung ber seine Ausgaben und +Einnahmen als Kammerherr wurden mit groer und, wie er klagte, +ungerechter Strenge geprft.[31] + +Es war jetzt augenscheinlich, da jede Hoffnung auf ein Bndnis zwischen +der anglikanischen und rmischen Kirche zu dem Zwecke, die mter und +Einnahmen unter sich zu theilen und die puritanischen Secten zu +unterdrcken, aufgegeben werden mute. Es blieb weiter nichts brig, als +der Versuch, eine Koalition zwischen der rmischen Kirche und den +puritanischen Secten gegen die anglikanische Kirche zu Stande zu +bringen. + + [Anmerkung 31: Barillon, 14.(24.) Mrz 1687; Lord Russell an +Dr.+ + Fitzwilliam, 1. April; +Burnet I. 671, 672+. In +Clarke's Life of + James the Second, II. 204+ ist die Unterredung etwas anders + erzhlt. Diese Stelle aber ist kein Theil der eigenen Memoiren des + Knigs.] + + +[_Die Indulgenzerklrung._] Am 18. Mrz kndigte der Knig dem Geheimen +Rathe an, da er beschlossen habe, das Parlament bis Ende November zu +prorogiren und allen seinen Unterthanen aus eigner Machtvollkommenheit +vllige Gewissensfreiheit zu gewhren.[32] Am 4. April erschien die +denkwrdige Indulgenzerklrung. + +In dieser Erklrung sagte der Knig, es sei sein innigster Wunsch, seine +Unterthanen als Mitglieder derjenigen Kirche zu sehen, der er selbst +angehre. Da dies aber nicht sein knne, erklre er, da es seine +Absicht sei, sie in der freien Ausbung ihrer Religion zu schtzen. Er +wiederholte alle die schnen Redensarten, welche acht Jahre frher, als +er selbst ein Unterdrckter war, so oft aus seinem Munde kamen, die er +aber nicht mehr gebrauchte, seitdem ein Wechsel des Glcks ihm die Macht +verliehen hatte, selbst ein Unterdrcker zu werden. Er sei schon lngst +berzeugt, sagte er, da man dem Gewissen keinen Zwang anthun drfe, da +Verfolgungen der Zunahme der Bevlkerung und dem Handel nachtheilig +seien und nie zu dem Zwecke fhrten, den die Verfolger erreichen +wollten. Er wiederholte das schon oft gegebene und eben so oft +gebrochene Versprechen, da er die Staatskirche im Genusse ihrer +gesetzlichen Rechte schtzen wolle. Hierauf erklrte er, ebenfalls aus +eigner Machtvollkommenheit, eine lange Reihe von Gesetzen fr null und +nichtig, hob alle Strafbestimmungen gegen alle Klassen von +Nonconformisten auf, ermchtigte die rmischen Katholiken wie auch die +protestantischen Dissenters, ihren Gottesdienst ffentlich zu halten, +verbot seinen Unterthanen bei Strafe seines allerhchsten Mifallens, +irgend eine religise Versammlung zu stren, und schaffte auch alle +diejenigen Gesetze ab, welche die Befhigung zu brgerlichen und +militairischen mtern von einem Religionseide abhngig machten.[33] + +Da die Indulgenzerklrung verfassungswidrig war, darber sind beide +groe Parteien Englands zu allen Zeiten einig gewesen. Jeder, der in +politischen Fragen ein Urtheil hat, mu einsehen, da ein Frst, der +eine solche Erklrung erlassen darf, nichts Geringeres ist als ein +absoluter Monarch. Auch kann man zur Vertheidigung dieser Handlung +Jakob's nicht die Grnde geltend machen, mit denen viele willkrliche +Maregeln der Stuarts vertheidigt oder entschuldigt worden sind. Man +kann nicht sagen, da er den Umfang seiner Prrogative verkannt habe, +weil sie nicht genau bestimmt gewesen sei, denn er berschritt die +Grenze angesichts einer ganz krzlich erst festgestellten Grenzmarke. +Funfzehn Jahre frher hatte sein Bruder auf Anrathen der Cabale auch +eine Indulgenzerklrung erlassen, welche im Vergleich zu der Erklrung +Jakob's gemigt und vorsichtig genannt werden konnte. Die Erklrung +Karl's dispensirte nur von Strafgesetzen, die Erklrung Jakob's +dispensirte auch von allen Religionseiden. Die Erklrung Karl's +gestattete den Katholiken, nur in Privatwohnungen ihren Gottesdienst zu +halten, nach der Erklrung Jakob's konnten sie Tempel bauen und +ausschmcken und sogar mit Kreuzen, Bildern und Rauchfssern in +Prozession durch Fleet Street ziehen. Dennoch war die Erklrung Karl's +in alter Form fr gesetzwidrig erklrt worden. Die Gemeinen hatten sich +dahin ausgesprochen, da der Knig nicht befugt sei, in kirchlichen +Angelegenheiten von Gesetzen zu dispensiren. Karl hatte hierauf das +miliebige Schriftstck vor seinen Augen vernichten lassen, hatte mit +eigner Hand das Siegel davon abgerissen und sowohl durch eine von ihm +eigenhndig unterschriebene Botschaft als auch mndlich vom Throne herab +in vollem Parlament beiden Husern fest versprochen, da der Schritt, +der so groen Ansto gegeben, als nie geschehen betrachtet werden solle. +Die beiden Huser hatten dann ohne eine einzige opponirende Stimme eine +gemeinschaftliche Dankadresse fr diese Erfllung ihrer Wnsche an ihn +gerichtet. Nie war eine Verfassungsfrage mit reiflicherer Erwgung, mit +unzweideutigerer Klarheit und mit vollkommnerer Einhelligkeit +entschieden worden. + +Jakob's Vertheidiger haben zu seiner Entschuldigung hufig das +Erkenntni anfhrt, welches der Gerichtshof der Kings Bench in der +abgekarteten Klage gegen Sir Eduard Hales abgab; aber dieser +Entschuldigungsgrund hat gar kein Gewicht. Jakob hatte diesen Ausspruch +notorisch durch Bitten, durch Drohungen, durch Entlassung gewissenhafter +Beamten und durch Besetzung der Richterbank mit anderen hfischer +gesinnten Richtern erlangt. Und obgleich dieses Erkenntni von der +Advokatur wie von der Nation allgemein fr verfassungswidrig erklrt +wurde, erstreckte es sich doch nur so weit, da der Knig aus besonderen +Staatsgrnden einzelnen Individuen Dispensationen von ausschlieenden +Gesetzen bewilligen drfe. Da er durch ein Alles ber den Haufen +werfendes Edict alle seine Unterthanen ermchtigen konnte, ganze Bnde +von Gesetzen nicht mehr zu befolgen, dies hatte kein Gerichtshof +angesichts der feierlichen Entscheidung des Parlaments von 1673 zu +behaupten gewagt. + + [Anmerkung 32: +London Gazette, March 21, 1686/7.+] + + [Anmerkung 33: +London Gazette, April 7+. 1087.] + + +[_Stimmung der protestantischen Dissenters._] Die Stellung der Parteien +war jedoch von der Art, da Jakob's Indulgenzerklrung, obgleich der +khnste von allen Angriffen der Stuarts auf die ffentliche Freiheit, +wohl geeignet war, gerade demjenigen Theile der Gesellschaft zu +gefallen, der allen anderen Angriffen der Stuarts auf die ffentliche +Freiheit den beharrlichsten Widerstand entgegengesetzt hatte. Es stand +kaum zu erwarten, da der durch ein hartes und streng gehandhabtes +Gesetzbuch von seinen Landsleuten getrennte protestantische +Nonconformist geneigt sein werde, die Gltigkeit eines Erlasses zu +bestreiten, der ihn von unertrglichen Bedrckungen erlste. Ein kalter +und philosophischer Beobachter wrde ohne Zweifel erklrt haben, da +alles bel, das aus allen intoleranten Gesetzen, welche je von +Parlamenten erlassen wurden, hervorgehen knne, nicht zu vergleichen sei +mit dem Unheil, welches durch eine bertragung der gesetzgebenden Gewalt +vom Parlament auf den Souverain entstehen wrde. Aber eine so ruhige und +philosophische berlegung kann man nicht von Leuten erwarten, die unter +einem vorhandenen Drucke seufzen und denen die lockende Aussicht auf +sofortige Erleichterung dargeboten wird. Ein puritanischer Theolog +konnte allerdings nicht leugnen, da die jetzt von der Krone +beanspruchte Dispensationsgewalt mit den Grundprinzipien der +Verfassung unvereinbar war. Aber es war vielleicht zu entschuldigen, +wenn er fragte, was die Verfassung eigentlich fr ihn sei. Die +Gleichfrmigkeitsacte hatte ihn trotz kniglicher Versprechungen von +einer Pfrnde vertrieben, die sein rechtmiges Eigenthum war, und hatte +ihn in Armuth und Abhngigkeit zurckgeworfen. Die Fnfmeilenacte hatte +ihn von seiner Heimath, von seinen Verwandten, von seinen Freunden, von +fast jedem ffentlichen Zufluchtsorte verbannt. Kraft der +Conventikelacte war er seines Vermgens beraubt und aus einem +schmutzigen Kerker in den andren mitten unter Straenruber und Diebe +geworfen worden. Auerhalb des Gefngnisses wurde er bestndig von den +Gerichtsdienern verfolgt; er hatte Angeber durch Geldgeschenke zum +Schweigen bringen, hatte sich in schimpflicher Verkleidung durch Fenster +und Fallthren heimlich zu seiner Gemeinde schleichen mssen, und +whrend er das geweihte Wasser auf den Tufling sprengte oder das Brod +des heiligen Abendmahls austheilte, hatte er in bestndiger Angst auf +das Zeichen horchen mssen, welches ihm sagte, da die Sbirren der +Justiz sich nherten. War es nicht bitterer Hohn, einen so +ausgeplnderten und bedrckten Mann aufzufordern, da er fr das +Eigenthum und die Freiheit seiner Plnderer und Bedrcker zum Mrtyrer +werden solle? Mochte die Indulgenzerklrung seinen glcklichen Nachbarn +noch so despotisch erscheinen, ihm brachte sie Erlsung. Er wurde +aufgefordert, nicht zwischen der Freiheit und der Knechtschaft, sondern +zwischen zwei Jochen zu whlen, und es wre nicht unnatrlich gewesen, +wenn er das Joch des Knigs fr ertrglicher gehalten htte als das der +Kirche. + + +[_Stimmung der anglikanischen Kirche._] Whrend solche Gedanken die +Gemther vieler Dissenters beschftigten, war die anglikanische Partei +in Angst und Bestrzung. Diese neue Wendung der Dinge war in der That +beunruhigend. Das Haus Stuart im Bunde mit republikanischen und +knigsmrderischen Secten gegen die alten Kavaliere Englands; der +Papismus im Bunde mit dem Puritanismus gegen ein kirchliches System, an +welchem die Puritaner nichts weiter auszusetzen hatten, als da es +zuviel Papistisches beibehalten: das waren Zeichen und Wunder, welche +alle Berechnungen der Staatsmnner ber den Haufen warfen. Die Kirche +sollte also mit einem Male von allen Seiten angegriffen werden, und zwar +unter der Leitung Dessen, der ihrer Verfassung nach ihr Oberhaupt war. +Es war kein Wunder, wenn sie von Erstaunen und Entsetzen ergriffen +wurde. Und zu dem Erstaunen und dem Entsetzen gesellten sich noch andere +bittere Gefhle: Groll gegen den meineidigen Frsten, dem sie nur zu +treu gedient, und Reue ber die Grausamkeiten, die sie in Gemeinschaft +mit ihm verbt hatte und fr die er sie jetzt, wie es schien, bestrafen +wollte. Ihre Strafe war gerecht, sie erntete was sie geset hatte. Als +nach der Restauration ihre Macht den Hhepunkt erreicht, hatte sie nur +Rache geschnaubt. Sie hatte die Stuarts aufgefordert, gedrngt, fast +gezwungen, die krzlich geleisteten Dienste der Presbyterianer mit +schndem Undanke zu vergelten. Htte sie sich in jener Zeit ihrer +hchsten Blthe, wie es ihr geziemte, ihrer Feinde angenommen, so wrde +sie jetzt, in der Zeit der Noth, Freunde in ihnen gefunden haben. +Vielleicht war es noch nicht zu spt, vielleicht konnte sie noch die +Taktik ihres Bedrckers gegen ihn selbst kehren. Es gab unter den +Anglikanern eine gemigte Partei, welche den protestantischen +Dissenters immer freundlich gesinnt gewesen war. Allerdings war diese +Partei nicht zahlreich, aber die Talente, Kenntnisse und Tugenden ihrer +Mitglieder machten sie achtunggebietend. Sie war von den hchsten +Wrdentrgern der Kirche nicht mit gnstigem Auge betrachtet und von den +Frmmlern aus der Schule Laud's schonungslos verunglimpft worden; aber +von dem Tage, an welchem die Indulgenzerklrung erschien, bis zu dem +Tage, wo Jakob's Macht aufhrte Schrecken einzuflen, schien die ganze +Kirche von dem Geiste der verleumdeten Latitudinarier beseelt zu sein +und von ihren Rathschlgen geleitet zu werden. + + +[_Der Hof und die Kirche._] Nun folgte eine Art von Versteigerung, die +sonderbarste, von der uns die Geschichte erzhlt. Der Knig auf der +einen, die Kirche auf der andren Seite begannen einander zu berbieten, +um die Gunst Derer zu erlangen, zu deren Unterdrckung sie bis dahin +verbndet gewesen waren. Die protestantischen Dissenters, die noch vor +wenigen Monaten eine verachtete und gechtete Klasse gewesen waren, +hielten jetzt die Wage der Macht in ihrer Hand. Die Hrte, mit der sie +behandelt worden waren, wurde allgemein verdammt. Der Hof suchte die +ganze Schuld auf die Hierarchie zu wlzen, und die Hierarchie warf sie +zurck auf den Hof. Der Knig erklrte, da er die Separatisten wider +Willen nur deshalb verfolgt habe, weil seine Angelegenheiten in einem +Zustande gewesen wren, bei dem er es nicht hatte wagen drfen, dem +Klerus der Staatskirche zu nahe zu treten. Dieser versicherte, da er +nur aus Ehrerbietung vor der Autoritt des Knigs an einer Strenge Theil +genommen habe, die seinen Gefhlen durchaus fremd sei. Der Knig brachte +eine Sammlung von Anekdoten von Rectoren und Vikaren zusammen, welche +durch Androhung von Verfolgung von protestantischen Dissenters Geld +erpret hatten. Er sprach hufig und ffentlich ber diesen Gegenstand, +drohte mit einer Untersuchung, welche die Pfarrer der ganzen Welt in +ihrem wahren Character zeigen werde und erlie in der That mehrere +Verordnungen, durch welche Agenten, auf die er sich verlassen zu knnen +glaubte, ermchtigt wurden, den Betrag der Summen zu ermitteln, welche +in verschiedenen Landestheilen von Bekennern der herrschenden Religion +Sectirern abgepret worden waren. Die Vertheidiger der Landeskirche +fhrten dagegen Beispiele von rechtschaffenen Pfarrern an, welche vom +Hofe Verweise und Drohungen erhalten, weil sie auf der Kanzel +Duldsamkeit empfohlen und sich geweigert hatten, kleine Gemeinden von +Nonconformisten auszuspren und zu Tode zu hetzen. Der Knig behauptete, +da einige Mitglieder der Staatskirche, die er privatim vorgenommen, +sich erboten hatten, den Katholiken ausgedehnte Zugestndnisse zu +machen, unter der Bedingung, da die Verfolgung gegen die Puritaner +ihren Fortgang behalte. Die angeklagten Anhnger der Staatskirche +leugneten heftig die Wahrheit dieser Beschuldigung und behaupteten, da, +wenn sie sich mit dem, was der Knig fr seine eigene Kirche verlangte, +einverstanden erklrt htten, er ihnen sehr gern gestattet haben wrde, +sich durch Verfolgung und Ausplnderung protestantischer Dissenters zu +entschdigen.[34] + +Der Hof hatte seine Physiognomie verndert. Die Schrpe und der +Priesterrock der anglikanischen Geistlichen konnten sich daselbst kaum +noch sehen lassen ohne spttisches Lcheln und boshaftes Geflster +hervorzurufen. Die Hofdamen erlaubten sich nicht mehr zu kichern und die +Kammerherren verbeugten sich bis zur Erde, wenn sich das puritanische +Gesicht und die puritanische Tracht, welche in den vornehmen Zirkeln so +lange Zeit Lieblingsgegenstnde des Spotts gewesen waren, in den +Gallerien des Palastes zeigten. Taunton, das zwei Generationen hindurch +die Veste der Rundkopfpartei im Westen gewesen war, das die Armeen +Karl'sI. zweimal tapfer zurckgeschlagen, sich zur Untersttzung +Monmouth's wie ein Mann erhoben hatte und von Kirke und Jeffreys in eine +Schlachtbank verwandelt worden war, schien pltzlich die Stelle erobert +zu haben, welche Oxford einst in der kniglichen Gunst eingenommen.[35] +Der Knig gewann es ber sich, ausgezeichneten Dissenters sogar mit +kriechender Hflichkeit zu begegnen. Einigen bot er Geld an, Anderen +stdtische Ehrenmter, noch Anderen Begnadigung von Verwandten und +Freunden, die wegen Theilnahme an dem Ryehousecomplot oder wegen +Anschlu an die Fahne Monmouth's auf dem Kontinent umherirrten oder in +den Zuckerplantagen von Barbados schwitzten. Er stellte sich sogar, als +ob er mit den freundlichen Gesinnungen der englischen Puritaner gegen +ihre auswrtigen Glaubensbrder sympathisirte. Eine zweite und dritte +Proklamation erschien in Edinburg, welche die den Presbyterianern durch +das Februaredict gewhrte nichtssagende Duldung bedeutend +erweiterten.[36] Die verbannten Hugenotten, die der Knig seit vielen +Monaten mit ungndigem Auge angesehen und denen er die von der Nation +aufgebrachten milden Gaben vorenthalten hatte, wurden jetzt untersttzt +und gehtschelt. Es wurde ein Ministerialbefehl erlassen, der die +ffentliche Mildthtigkeit nochmals zu ihren Gunsten aufrief. Die +Vorschrift, welche von ihnen den Anschlu an die anglikanische +Gottesverehrung als Bedingung des Empfangs einer Untersttzung +verlangte, scheint zu dieser Zeit stillschweigend aufgehoben gewesen zu +sein, und die Vertheidiger der Politik des Knigs hatten die Frechheit +zu behaupten, diese Vorschrift sei auf Andringen der Prlaten der +Staatskirche erlassen worden, whrend wir aus den sichersten Quellen +wissen, da sie von ihm selbst im Einverstndni mit Barillon ersonnen +worden war.[37] + +Whrend der Knig sich so die Gunst seiner alten Gegner zu erwerben +suchte, waren die Freunde der Landeskirche nicht weniger thtig. Von der +Bitterkeit und dem Hohne, mit dem die Prlaten und Priester seit der +Restauration die Sectirer zu behandeln pflegten, war kaum noch eine Spur +zu erkennen. Die, welche man ganz krzlich noch Schismatiker und +Fanatiker genannt hatte, waren jetzt geliebte Mitprotestanten, +Glaubensbrder, die vielleicht schwach sein mochten, aber deren +Gewissensskrupel immerhin zarte Rcksichtnahme verdienten. Wenn sie nur +in dieser Krisis der englischen Verfassung und dem reformirten Glauben +treu blieben, so sollte ihre Hochherzigkeit bald und reich belohnt +werden. Anstatt einer Indulgenz, welche keine gesetzliche Gltigkeit +htte, sollten sie eine wirkliche, durch eine Parlamentsacte gesicherte +Indulgenz haben. Ja, viele Mitglieder der Staatskirche, die sich bisher +durch ihr starres Festhalten an jeder in der Liturgie vorgeschriebenen +Geberde und Formel ausgezeichnet hatten, erklrten sich jetzt nicht nur +zur Duldung, sondern sogar zur Gleichstellung geneigt. Der Streit um +Chorrcke und Stellungen, sagten sie, habe nur zu lange Christen von +einander getrennt, welche doch in den wesentlichen Glaubenspunkten +bereinstimmten. Wenn der Kampf auf Tod und Leben gegen den gemeinsamen +Feind vorber wre, dann wrde man sehen, da die anglikanische +Geistlichkeit zu jedem billigen Zugestndnisse bereit sei. Wenn die +Dissenters nur nicht unbescheiden wren, so wrden ihnen nicht blos +brgerliche, sondern auch geistliche mter offen stehen, und Baxter und +Howe wrden ohne einen Flecken an ihrer Ehre oder ihrem Gewissen auf der +Bank der Bischfe sitzen knnen. + + [Anmerkung 34: Verordnungen des Schatzamts. Siehe besonders die + Instructionen vom 8. Mrz 1687/88; +Burnet, I. 715+; +Reflections + on His Majesty's Proclamation for a Toleration in Scotland+; + +Letters containing some Reflections on His Majesty's Declaration + for Liberty of Conscience+; +Apology for the Church of England + with relation to the spirit of Persecution for which she is + accused, 1687/88.+ Doch es ist mir unmglich, alle Flugschriften + anzufhren, aus denen ich mein Urtheil ber den damaligen Stand + der Parteien geschpft habe.] + + [Anmerkung 35: +Letter to a Dissenter+.] + + [Anmerkung 36: +Wodrow, Appendix, vol. II. Nos. 132, 134.+] + + [Anmerkung 37: +London Gazette, April 21. 1687+; +Animadversions + on a late paper entituled a Letter to a Dissenter, by H.C. (Henry + Care), 1687.+] + + +[_Brief an einen Dissenter._] Von den zahlreichen damaligen +Flugschriften, in denen die Sache des Hofes und die Sache der Kirche vor +dem Puritaner, der jetzt durch eine sonderbare Wendung des Geschicks das +Loos seiner Verfolger entscheiden sollte, eifrig und ngstlich +entwickelt wurde, ist jetzt nur noch eine in der Erinnerung, betitelt: ++Letter to a Dissenter+. In dieser meisterhaften kleinen Schrift waren +alle Argumente, die einen Nonconformisten berzeugen konnten, da es +seine Pflicht und sein Interesse sei, ein Bndni mit der Staatskirche +einem Bndnisse mit dem Hofe vorzuziehen, auf einem engen Raume in der +bersichtlichsten Ordnung zusammengestellt, mit geistreichem Witze +errtert und mit einer zwar lebhaften, aber selbst in den Momenten der +leidenschaftlichsten Heftigkeit die Grenzen des Anstandes und der seinen +Bildung nie berschreitenden Beredtsamkeit zur Geltung gebracht. Die +Schrift machte einen ungeheuren Eindruck, denn da sie nur einen Bogen +stark war, wurden ber zwanzigtausend Exemplare durch die Post versandt +und die Wirkung zeigte sich in jedem Winkel des Reichs. Es erschienen +vierundzwanzig Antworten darauf, aber die ganze Stadt erklrte sie fr +schlecht und die von Lestrange fr die schlechteste von allen +vierundzwanzig.[38] Die Regierung war sehr rgerlich und sparte keine +Mhe, um den Verfasser des Briefs ausfindig zu machen; aber es war nicht +mglich, rechtskrftige Beweise gegen ihn aufzubringen. Einige meinten +die Denk- und Sprachweise Temple's zu erkennen.[39] In Wirklichkeit aber +gehrte dieser umfassende und scharfe Verstand, diese lebhafte +Phantasie, dieser elegante und krftige Styl, diese ruhige und edle, +halb hofmnnische, halb philosophische Wrde, welche die heftigste +Aufregung des Kampfes nicht einen Augenblick aus der Fassung bringen +konnte, keinem Andren als Halifax an. + + [Anmerkung 38: +Lestrange's Answer to a Letter to a Dissenter+; + +Care's Animadversions on a Letter to a Dissenter+; +Dialogue + between Harry and Roger+, nmlich Harry Care und Roger Lestrange.] + + [Anmerkung 39: Der Brief war mit T. W. unterzeichnet. Care sagt in + seinen +Animadversions+: Dieser Herr Politiker T.W. oder W.T., + denn einige Kritiker halten dies fr die richtigere Lesart.] + + +[_Benehmen der Dissenters._] Die Dissenters schwankten und man darf +ihnen keinen Vorwurf daraus machen. Sie litten und der Knig hatte ihnen +Linderung verschafft. Einige ausgezeichnete Geistliche waren ihrer Haft +entlassen worden, andere hatten es gewagt, aus dem Exil zurckzukehren. +Gemeinden, die ihre Zusammenknfte bisher nur heimlich und im Dunklen +hatten abhalten knnen, versammelten sich jetzt am hellen Tage und +sangen laut ihre Psalmen vor den Augen von Magistratsbeamten, +Kirchenvorstehern und Constablern. Bescheidene Gotteshuser von +puritanischer Bauart begannen sich in allen Gegenden Englands zu +erheben. Der aufmerksame Reisende kann noch jetzt an einigen der +ltesten Bethuser die Jahrzahl 1687 erkennen. Dessen ungeachtet waren +die Anerbietungen der Kirche fr einen klugen Dissenter viel lockender +als die des Knigs. Die Indulgenzerklrung war in den Augen des Gesetzes +null und nichtig. Sie suspendirte die Strafgesetze gegen Nonconformitt +nur auf so lange, als die Grundprinzipien der Verfassung und die +rechtmige Autoritt des gesetzgebenden Krpers aufgehoben blieben. +Welchen Werth hatten Privilegien, die auf einen so schmachvollen und +zugleich so unsicheren Besitztitel beruhten? Es konnte bald eine +Thronerledigung eintreten, ein der Landeskirche anhngender Souverain +konnte auf den Thron kommen und ein aus Mitgliedern der Landeskirche +bestehendes Parlament gebildet werden. Wie beklagenswerth mute dann die +Lage der Dissenters werden, die sich mit Jesuiten gegen die Verfassung +verbndet hatten! Die Kirche bot eine Indulgenz ganz andrer Art als die +von Jakob gewhrte dar, eine Indulgenz, die eben so rechtsgltig und +heilig war als die Magna Charta. Beide streitende Parteien versprachen +dem Separatisten Glaubensfreiheit; aber die eine Partei verlangte von +ihm, da er sie durch Aufopferung der brgerlichen Freiheit erkaufen +sollte, whrend die andre ihn zum Genu der brgerlichen und religisen +zugleich einlud. + +Aus diesen Grnden konnte ein Dissenter sich wohl entschlieen, sein +Loos mit dem der Staatskirche zu verknpfen, selbst wenn er htte +glauben knnen, da der Hof es aufrichtig meinte. Aber wer garantirte +ihm fr die Aufrichtigkeit des Hofes? Jedermann kannte das bisherige +Benehmen Jakob's. Es war zwar nicht gerade unmglich, da ein Verfolger +durch Vernunftgrnde und Erfahrungen von den Vortheilen der +Religionsduldung berzeugt werden konnte. Aber Jakob behauptete, nicht +erst neuerdings berzeugt worden zu sein; im Gegentheil, er versumte +keine Gelegenheit, um zu versichern, da er schon seit vielen Jahren aus +Grundsatz aller Unduldsamkeit feind gewesen sei. Dennoch hatte er noch +vor wenigen Monaten Mnner, Frauen und junge Mdchen um ihrer Religion +willen bis zum Tode verfolgt. Hatte er damals gegen die bessere +berzeugung seines Gewissens gehandelt? oder sagte er jetzt eine +wissentliche Unwahrheit? Aus diesem Dilemma gab es keinen Ausweg und +jede der beiden Annahmen war fr den Ruf der Rechtschaffenheit des +Knigs gleich verderblich. Auerdem war auch allbekannt, da ihn die +Jesuiten ganz in ihrer Gewalt hatten. Erst wenige Tage vor der +Bekanntmachung der Indulgenz war dieser Orden dem wohlbekannten Willen +des heiligen Stuhles zum Trotz mit einem neuen Beweise seines Vertrauens +und seines Beifalls beehrt worden. Sein Beichtvater, Pater Mansuetus, +ein Franziskaner, dessen menschenfreundlicher Character und tadelloser +Lebenswandel die grte Achtung verdienten, den aber Tyrconnel und Petre +schon lngst haten, war entlassen worden. Den dadurch erledigten Posten +erhielt ein Englnder, Namens Warner, der von dem Glauben seines +Vaterlandes abgefallen und Jesuit geworden war. Den gemigten +Katholiken und dem Nuntius war dieser Wechsel nichts weniger als +angenehm, und jeder Protestant erblickte darin einen Beweis, da die +Jesuiten eine unumschrnkte Herrschaft ber das Gemth des Knigs +ausbten.[40] So groes Lob auch diese Vter mit Recht beanspruchen +konnten, besondere Liberalitt und Wahrheitsliebe konnte selbst die +Schmeichelei ihnen nicht beimessen. Da sie, wenn es das Interesse ihres +Glaubens oder ihres Ordens galt, niemals Bedenken trugen, den Beistand +des weltlichen Schwerts anzurufen, oder die Gesetze der Wahrheit und +Treue zu verletzen, dies war der Welt nicht nur durch protestantische +Anklger, sondern auch durch Mnner verkndet worden, deren +Tugendhaftigkeit und Genie der Stolz der rmischen Kirche war. Es war +unglaublich, da ein ergebener Schler der Jesuiten der +Gewissensfreiheit aus Grundsatz zugethan sein sollte; dagegen aber war +es weder unglaublich noch unwahrscheinlich, da er es fr gerechtfertigt +hielt, seine wahren Gesinnungen zu verbergen, um seiner Religion einen +Dienst zu erzeigen. Es war gewi, da dem Knige im Herzen die +Anglikaner lieber waren als die Puritaner; es war gewi, da, so lange +er noch Hoffnung hatte, die Anhnger der Staatskirche zu gewinnen, er +den Puritanern nie die geringste Freundlichkeit erwiesen hatte. Konnte +es also wohl einem Zweifel unterliegen, da er selbst jetzt noch die +Puritaner willig aufopfern wrde, wenn die Anglikaner sich seinen +Wnschen fgten? Sein wiederholt gegebenes Versprechen hatte ihn nicht +abgehalten, die gesetzlichen Rechte der Geistlichkeit anzutasten, welche +so viele sprechende Beweise von treuer Anhnglichkeit an sein Haus +gegeben hatte. Welche Sicherheit konnte sonach sein Wort Secten +gewhren, welche durch die Erinnerung an tausend geschlagene und +empfangene, nicht wieder gut zu machende Wunden von ihm geschieden +waren? + + [Anmerkung 40: Ellis' Correspondenz, 15. Mrz u. 27. Juli 1686; + Barillon, 28. Febr. (10. Mrz), 3.(13.) Mrz, 6.(16.) Mrz 1687; + Ronquillo, 9.(19.) Mrz 1687 in der Mackintosh-Sammlung.] + + +[_Einige von ihnen halten es mit dem Hofe. Care, Alsop, Rosewell._] Als +die durch Bekanntmachung der Indulgenz verursachte Aufregung sich ein +wenig gelegt hatte, zeigte es sich, da in der puritanischen Partei eine +Spaltung eingetreten war. Die Minoritt, mit einigen wenigen thtigen +Mnnern an der Spitze, deren Urtheil mangelhaft oder durch das Interesse +geleitet war, untersttzte den Knig. Heinrich Care, welcher lange Zeit +der heftigste und thtigste Pamphletist unter den Nonconformisten +gewesen war und der in den Tagen des papistischen Complots Jakob in +einer Schrift unter dem Titel +Packet of Advice from Rome+ +(Nachrichtenpacket von Rom) mit schrankenloser Wuth angegriffen hatte, +schmeichelte ihm jetzt eben so laut, als er ihn frher geschmht und +verleumdet hatte.[41] Der Hauptagent, dessen sich die Regierung zur +Bearbeitung der Presbyterianer bedient hatte, war Vincenz Alsop, ein +Geistlicher, der als Prediger wie auch als Schriftsteller nicht +unbekannt war. Sein Sohn, der wegen Hochverraths bestraft worden war, +wurde begnadigt, und daher widmete der Vater seinen ganzen Einflu dem +Hofe.[42] Mit Alsop verbunden war Thomas Rosewell. Rosewell war whrend +der durch die Entdeckung des Ryehousecomplots herbeigefhrten Verfolgung +der Dissenters flschlich angeklagt worden, da er gegen die Regierung +gepredigt habe. Jeffreys hatte auf seine Verurtheilung zum Tode +angetragen und eine bestochene Jury hatte ihn den klarsten Beweisen von +seiner Unschuld zum Trotz fr schuldig erklrt. Die Ungerechtigkeit des +Urtheils war so himmelschreiend, da selbst die Hflinge sich darber +emprt zeigten. Ein angesehener Tory, der den Verhandlungen des +Prozesses beigewohnt hatte, ging augenblicklich zu Karl und erklrte, +da der Hals des loyalsten Unterthanen in England nicht mehr sicher sein +wrde, wenn man Rosewell hinrichtete. Die Geschwornen selbst wurden von +Reue ergriffen, als sie berlegten, was sie gethan hatten, und boten +Alles auf, um dem Gefangenen das Leben zu retten. Endlich wurde seine +Begnadigung bewilligt, aber Rosewell mute drckende Brgschaft fr sein +ferneres Wohlverhalten stellen und zu bestimmten Zeiten persnlich vor +dem Gerichtshofe der Kings Bench erscheinen. Seine Brgschaften wurden +jetzt auf kniglichen Befehl erlassen und dadurch seine Dienste +gewonnen.[43] + + [Anmerkung 41: +Wood's Athenae Oxonienses+; +Observator+; + +Heraclitus Ridens+ an mehreren Stellen. Doch Care's eigene + Schriften sind das beste Material zur Wrdigung seines + Characters.] + + [Anmerkung 42: +Calamy's Account of the Ministers ejected or + silenced after the Restoration, Northamptonshire+; +Wood's Athenae + Oxonienses+; +Biographia Britannica.+] + + [Anmerkung 43: +Collection of State Trials+; +Samuel Rosewell's + Life of Thomas Rosewell, 1718+; +Calamy's Account.+] + + +[_Lobb._] Das Geschft, die Independenten zu gewinnen, war vornehmlich +einem ihrer Geistlichen, Namens Stephan Lobb, bertragen. Lobb war ein +schwacher, heftiger und ehrgeiziger Mann. Er hatte die Opposition gegen +die Regierung so weit getrieben, da sein Name in mehreren +Proklamationen gechtet worden war, shnte sich aber jetzt mit dem Hofe +aus und ging in der Servilitt eben so weit als er je in der Opposition +gegangen war. Er schlo sich der jesuitischen Cabale an und rieth eifrig +zu Maregeln, vor denen die verstndigsten und ehrenwerthesten +Katholiken zurckschauderten. Man bemerkte, da er fortwhrend im +Palaste und hufig im Privatkabinet des Knigs war, da er in einem +Glanze lebte, an den die puritanischen Geistlichen nicht gewhnt waren, +und da er bestndig von Bittstellern belagert war, denen er durch +seinen Einflu Stellen und Begnadigungen verschaffen sollte.[44] + + [Anmerkung 44: +London Gazette, March 15. 1685/6+; +Nichols's + Defence of the Church of England+; +Pierce's Vindication of the + Dissenters.+] + + +[_Penn._] Mit Lobb eng befreundet war Wilhelm Penn. Penn war nie ein +characterfester Mann gewesen, das Leben, das er seit zwei Jahren fhrte, +hatte sein sittliches Zartgefhl nicht wenig verhrtet, und wenn sein +Gewissen ihm einmal Vorwrfe machte, so trstete er sich immer wieder +mit dem Gedanken, da er einen guten und edlen Zweck verfolge und da +ihm seine Dienste nicht mit Geld bezahlt wrden. + +Durch den Einflu dieser und anderer weniger hervorragender Mnner +wurden mehrere Dissentergemeinden bewogen, Dankadressen an den Knig zu +richten. Toryistische Schriftsteller haben mit Recht bemerkt, da die +Sprache dieser Adressen so widerlich servil war wie nur in irgend einer +der berschwenglichsten Lobreden, welche den Stuarts von Bischfen +gespendet worden sind. Bei genauer Untersuchung stellt es sich heraus, +da die Schmach nur einem sehr kleinen Theile der puritanischen Partei +zur Last fllt. Es gab kaum einen Marktflecken in England, der nicht +wenigstens ein kleines Huflein Separatisten gehabt htte, und man +sparte keine Mhe, um sie zu einer uerung ihrer Dankbarkeit fr die +Indulgenz zu bewegen. Rundschreiben, welche sie zur Unterzeichnung +aufforderten, wurden nach allen Gegenden des Landes in solchen Massen +geschickt, da, wie man scherzweise sagte, die Postfelleisen den Pferden +zu schwer waren. Indessen belief sich die Gesammtzahl der Adressen, die +man von allen ber ganz England zerstreuten Presbyterianern, +Independenten und Baptisten erlangen konnte, noch nicht auf sechzig; +auch ist kein Grund zu der Vermuthung vorhanden, da diese Adressen +zahlreiche Unterschriften hatten.[45] + + [Anmerkung 45: Die Adressen sind in der London Gazette zu finden.] + + +[_Die Mehrzahl der Puritaner ist gegen den Hof. Baxter._] Die groe +Masse der protestantischen Nonconformisten, welche fest an den +brgerlichen Freiheiten hing und den Versprechungen des Knigs und der +Jesuiten nicht traute, weigerte sich standhaft, fr eine Begnstigung zu +danken, hinter der man mit gutem Grund eine Schlinge argwhnen durfte. +Dies war die Stimmung aller angesehensten Oberhupter der Partei. Zu +ihnen gehrte Baxter. Er war, wie wir gesehen haben, bald nach Jakob's +Thronbesteigung in Untersuchung gezogen, von Jeffreys grblich insultirt +und von einer Jury, wie die hfischen Sheriffs der damaligen Zeit sie zu +whlen pflegten, fr schuldig erklrt worden. Baxter befand sich seit +ungefhr anderthalb Jahren im Gefngni, als der Hof ernstlich darauf zu +denken begann, die Nonconformisten zu gewinnen. Er wurde nicht allein in +Freiheit gesetzt, sondern auch bedeutet, da er, wenn er sonst wollte, +seinen Aufenthalt in London nehmen knnte, ohne die Anwendung der +Fnfmeilenacte gegen sich zu frchten. Die Regierung hoffte +wahrscheinlich, da die Erinnerung an vergangene Leiden und das Gefhl +der gegenwrtigen Erlsung auf ihn die nmliche Wirkung uern werde, +wie auf Rosewell und Lobb. Diese Hoffnung erwies sich jedoch als irrig. +Baxter war weder zu bestechen, noch zu tuschen; er weigerte sich, +irgend eine Dankadresse fr die Indulgenz zu unterzeichnen und +verwendete seinen ganzen Einflu zur Herbeifhrung eines guten +Vernehmens zwischen der Staatskirche und den Presbyterianern.[46] + + [Anmerkung 46: +Calamy's Life of Baxter.+] + + +[_Howe._] Wenn es irgend einen Mann gab, der in der Achtung der +protestantischen Dissenters noch hher stand als Baxter, so war dies +Johann Howe. Howe hatte, wie Baxter, durch den neuerlichen Umschwung der +Politik persnlich gewonnen. Die nmliche Tyrannei, welche Baxter ins +Gefngni warf, hatte ihn in die Verbannung getrieben und bald nach +Baxter's Entlassung aus dem Gefngnisse der Kings Bench kehrte Howe von +Utrecht nach England zurck. Man erwartete in Whitehall, da Howe den +ganzen Einflu, den er auf seine Glaubensgenossen ausbte, zu Gunsten +des Hofes verwenden werde. Der Knig selbst lie sich herab, den +Unterthan, den er unterdrckt hatte, um seinen Beistand zu bitten. Howe +scheint geschwankt zu haben; der Einfu Hampden's aber, mit dem er intim +befreundet war, vermochte ihn, der Sache der Verfassung treu zu bleiben. +Eine Versammlung presbyterianischer Geistlichen wurde in seinem Hause +gehalten, um ber die Lage der Dinge zu berathen und ber den +einzuschlagenden Weg einen Beschlu zu fassen. Im Palaste erwartete man +mit ngstlicher Spannung das Ergebni. Zwei knigliche Abgesandte +wohnten der Verhandlung bei, und sie kamen mit der unwillkommnen +Nachricht zurck, da Howe sich entschieden gegen das Dispensationsrecht +erklrt und nach langer Debatte die Majoritt der Versammlung fr sich +gewonnen habe.[47] + + [Anmerkung 47: +Calamy's Life of Howe+. Den Antheil, den die + Familie Hampden an dieser Angelegenheit gehabt, habe ich aus einem + Briefe von Johnstone an Waristoun vom 13. Juni 1688 erfahren.] + + +[_Bunyan._] Neben Baxter und Howe mu noch ein andrer Mann genannt +werden, der nach seiner Stellung und Gelehrsamkeit tief unter ihnen, an +Tugend aber ihnen gleich, und an Genie hoch ber ihnen stand, Johann +Bunyan. Bunyan war ursprnglich Kesselflicker gewesen und hatte als +gemeiner Soldat in der Parlamentsarmee gedient. Schon in seinen frheren +Jahren hatten ihn furchtbare Gewissensbisse wegen seiner Jugendsnden +geqult, von denen jedoch die schlimmsten solche gewesen zu sein +scheinen, welche die Welt fr verzeihlich hlt. Seine groe Reizbarkeit +und seine glhende Phantasie machten seine inneren Kmpfe ganz besonders +qualvoll. Er bildete sich ein, da ein Verdammungsurtheil ber ihn +verhngt sei, da er den heiligen Geist gelstert, da er Christum +verkauft habe und da er thatschlich von einem bsen Geiste besessen +sei. Bald vernahm er laute Warnungsstimmen vom Himmel, bald versuchte +ihn der Teufel durch gottlose Einflsterungen. Er hatte Visionen von +entfernten Berggipfeln, welche die Sonne glnzend beleuchtete, von denen +er aber durch eine Schneewste getrennt war. Er fhlte wie der Teufel +ihn an den Kleidern zupfte; er glaubte, das Kainszeichen sei ihm +aufgedrckt; er frchtete da er zerbersten werde, wie Judas. Diese +Seelenkmpfe zerrtteten seine Gesundheit. Den einen Tag zitterte er wie +ein vom Schlage Getroffener; ein andermal brannte es ihn wie Feuer in +der Brust. Es ist kaum zu begreifen, da er so entsetzlichen und +andauernden Qualen nicht unterlag. Endlich zertheilten sich die Wolken. +Aus dem Abgrunde der Verzweiflung erhob sich der Bende in einen +Zustand heiterer Glckseligkeit. Ein unwiderstehlicher Drang trieb ihn +an, auch Andere des Segens theilhaftig werden zu lassen, dessen er +selbst geno.[48] Er schlo sich den Baptisten an und wurde Prediger und +Schriftsteller. Seine Erziehung war die eines Handwerkers gewesen und er +verstand keine andre Sprache als die englische, wie sie von dem niederen +Volke gesprochen wird. Er hatte kein groes Musterwerk studirt, mit der +einzigen, allerdings sehr bedeutenden Ausnahme unsrer herrlichen +Bibelbersetzung. Seine Orthographie war schlecht; er machte hufige +Verste gegen die Regeln der Grammatik. Doch sein angebornes Genie und +seine durch eigene Erfahrung erworbene Kenntni aller religisen +Gefhle, von der Verzweiflung bis zur Verzckung, ersetzten in ihm +reichlich den Mangel an Gelehrsamkeit. Seine natrliche Beredtsamkeit +erhob und rhrte Zuhrer, welche bei den fleiig ausgearbeiteten +Vortrgen groer Dialektiker und Hebraisten kalt blieben. Seine Werke +waren unter den niederen Klassen weit verbreitet. Eines davon, des +Pilgers Reise, wurde schon zu seinen Lebzeiten in mehrere fremde +Sprachen bersetzt. Den Gelehrten und hher Gebildeten war es jedoch +kaum bekannt, und die frommen Httenbewohner und Handwerker hatten sich +bereits seit einem Jahrhundert daran erfreut, als es endlich von einem +in der Literatur sehr hochstehenden Manne ffentlich empfohlen wurde. +Die Kritik lie sich nun herab, das Geheimni einer so ausgedehnten und +dauernden Popularitt zu erforschen. Sie mute gestehen, da die +unwissende Menge richtiger geurtheilt hatte als die Gelehrten und da +das verachtete Bchlein wirklich ein Meisterwerk war. Bunyan ist in der +That ebenso gewi der erste Allegoriker, wie Demosthenes der erste +Redner und Shakespeare der erste Dramatiker ist. Zwar haben andere +Allegoriker eine gleiche Erfindungsgabe gezeigt; aber kein andrer ist je +im Stande gewesen, das Herz zu rhren und abstracte Begriffe zu +Gegenstnden des Entsetzens, des Mitleids und der Liebe zu machen.[49] + +Es drfte zu bezweifeln sein, ob irgend ein englischer Dissenter die +Last der Strafgesetze schwerer empfunden hat als Johann Bunyan. Von den +siebenundzwanzig Jahren, welche seit der Restauration verstrichen waren, +hatte er zwlf im Gefngni zugebracht. Dennoch fuhr er fort zu +predigen, aber um dies zu knnen, mute er sich als Fuhrmann verkleiden. +Oft wurde er, im Fuhrmannskittel und mit der Peitsche in der Hand, durch +eine Hinterthr in die Versammlung eingefhrt. Htte er nur an seine +eigene Ruhe und Sicherheit gedacht, so wrde er die Indulgenzerklrung +freudig begrt haben. Jetzt durfte er endlich am hellen Tage predigen +und ermahnen. Seine Gemeinde wuchs mit reiender Schnelligkeit. Tausende +hingen an seinen Lippen und in Bedford, wo er sich grtentheils +aufhielt, gingen reiche Beisteuern zum Bau eines Bethauses fr ihn ein. +Er stand in so hohem Ansehen bei dem gemeinen Volke, da die Regierung +ihm gern ein stdtisches Amt bertragen htte; aber sein scharfer +Verstand und sein treues englisches Herz widerstanden siegreich allen +Versuchungen und Tuschungen. Er war fest berzeugt, da die angebotene +Duldung nur ein Kder sei, um die puritanische Partei damit ins +Verderben zu locken; auch wollte er nicht durch Annahme einer Stelle, zu +der er nicht gesetzlich qualificirt war, die Gltigkeit der +Dispensationsgewalt anerkennen. Eine der letzten edlen Handlungen seines +tugendreichen Lebens war die Ablehnung einer Unterredung, zu der er +durch einen Agenten der Regierung eingeladen wurde.[50] + + [Anmerkung 48: +Bunyan's Grace Abounding.+] + + [Anmerkung 49: Young stellt Bunyan's Prosa auf gleiche Stufe mit + Durfey's Poesie. Die fashionablen Leute im +Spiritual Quixote+ + stellen den +Pilgrim's Progress+ mit +Jack the Giantkiller+ + zusammen. Spt im achtzehnten Jahrhundert wagte Cowper nur eine + Anspielung auf den groen Allegoriker: + + Nicht nennen will ich dich, damit Dein Name + Statt wohlverdienten Ruhm nicht Hohn Dir bringe.] + + [Anmerkung 50: Fortsetzung von Bunyan's Biographie im Anhang zu + seiner berstrmenden Gnade.] + + +[_Kiffin._] So gro Bunyan's Ansehen bei den Baptisten war, Wilhelm +Kiffin's Ansehen war noch grer. Kiffin war in Bezug auf Rang und +Reichthum der Erste unter ihnen. Er pflegte seine geistlichen Talente +bei ihren Versammlungen auszuben, erwarb sich aber nicht durch Predigen +seinen Unterhalt. Er machte groe Handelsgeschfte, stand an der Brse +in hohem Ansehen und hatte sich ein bedeutendes Vermgen gesammelt. +Niemand htte vielleicht unter den dermaligen Verhltnissen dem Hofe +werthvollere Dienste leisten knnen als er. Aber zwischen ihm und dem +Hofe stand die Erinnerung an ein entsetzliches Ereigni. Er war der +Grovater der Gebrder Hewling, der beiden muthigen Jnglinge, welche +von allen Opfern der blutigen Assisen vielleicht am allgemeinsten +bedauert worden waren. Fr das traurige Loos des einen von ihnen war +Jakob ganz besonders verantwortlich. Jeffreys hatte dem jngeren Bruder +einen Aufschub bewilligt. Churchill hatte der Schwester der beiden +jungen Mnner eine Audienz beim Knige verschafft, und sie hatte um +Gnade gefleht; aber des Knigs Herz war unerbittlich gewesen. Es war fr +die ganze Familie ein harter Schlag; am meisten aber war Kiffin zu +bedauern. Er war siebzig Jahr alt, als er vereinsamt dastand. Diejenigen +berlebend, die ihn hatten berleben sollen. Die herzlosen und feilen +Schmarotzer von Whitehall glaubten, indem sie nach sich selbst +urtheilten, der alte Mann werde durch einen Aldermansmantel und durch +eine Geldentschdigung fr das verwirkte Vermgen seiner Enkel leicht +wieder zu gewinnen sein. Penn wurde zu dem Verfhrungswerke ausersehen; +aber seine Bemhungen waren vergebens. Der Knig beschlo hierauf, die +Wirkung seiner persnlichen Artigkeit zu versuchen. Kiffin wurde in den +Palast beschieden. Er fand einen glnzenden Kreis von Kavalieren und +Gentlemen versammelt. Jakob kam ihm sogleich entgegen, redete ihn sehr +freundlich an und schlo mit den Worten: Ich habe Sie zu einem der +Aldermen von London bestimmt, Herr Kiffin. Der alte Mann sah den Knig +fest an, brach in Thrnen aus und antwortete: Sire, ich bin abgenutzt, +ich bin nicht mehr fhig, Eurer Majestt oder der Hauptstadt zu dienen. +Und berdies, Sire, hat der Tod meiner armen Jungen mir das Herz +gebrochen. Diese Wunde ist noch heute so frisch wie jemals, und ich +werde sie mit ins Grab nehmen. Der Knig schwieg einige Augenblicke +sichtlich bewegt und sagte dann: Ich werde einen Balsam fr diese Wunde +finden, Herr Kiffin. Es war gewi nicht Jakob's Absicht, etwas +Krnkendes oder bermthiges zu sagen, im Gegentheil, er scheint sich in +einer ungewhnlich weichen Stimmung befunden zu haben. Dennoch wirft +keine uerung die uns von ihm berichtet wird, ein so nachtheiliges +Licht auf seinen Character als diese wenigen Worte. Es sind die Worte +eines hartherzigen, niedrig denkenden Mannes, der sich keine Verwundung +des Gefhls denken kann, welche durch eine Stelle oder durch eine +Pension nicht vollkommen zu heilen wre.[51] + +Der Theil der Dissenters, der sich der neuen Politik des Knigs gnstig +zeigte, war von Anfang an klein gewesen und begann bald noch mehr +zusammenzuschmelzen. Denn die Nonconformisten erkannten in nicht langer +Zeit, da ihre geistlichen Privilegien durch die Indulgenz eher +geschmlert als erweitert worden waren. Der characteristische Zug des +Puritaners war Abscheu gegen die Eigenthmlichkeiten der rmischen +Kirche. Er hatte sich nur deshalb von der anglikanischen Kirche +losgetrennt, weil er meinte, da sie ihrer hochmthigen und ppigen +Schwester, der Zauberin mit dem goldenen Becher und dem Purpurgewande, +zu hnlich she. Jetzt fand er, da eine von den stillschweigenden +Bedingungen des Bndnisses, welches einige seiner Seelenhirten mit dem +Hofe geschlossen hatten, die war, da die Religion des Hofes mit Achtung +und Schonung behandelt werden sollte. Er begann bald sich nach den Tagen +der Verfolgung zurckzusehnen. So lange die Strafgesetze noch angewendet +wurden, hatte er die Worte des Lebens zwar im Geheimen und mit +persnlicher Gefahr angehrt, aber er hatte sie doch gehrt. Wenn die +Brder in ihrer Stube versammelt waren, wenn die Schildwachen +ausgestellt und die Thren verschlossen waren, wenn der Prediger in der +Kleidung eines Metzgers oder Fuhrmanns ber das Dach hereingekommen war, +dann wurde wenigstens ein wirklicher Gottesdienst gehalten. Kein Theil +der gttlichen Wahrheit ward aus weltlichen Rcksichten unterdrckt oder +verstmmelt, alle unterscheidenden Lehren der puritanischen Theologie +wurden vollstndig und sogar in ihrer ungeschminktesten Form +dargestellt. Der rmischen Kirche ward kein Pardon gegeben. Das Thier, +der Antichrist, der Mensch der Snde, die mystische Isabel, das +mystische Babylon waren die Ausdrcke, mit denen man jenen hehren und +bezaubernden Aberglauben zu bezeichnen pflegte. Dies war einst die +Sprache Alsop's, Lobb's, Rosewell's und anderer Geistlichen gewesen, +welche krzlich im Palast wohl aufgenommen worden waren; aber so +sprachen sie jetzt nicht mehr. Geistliche, die nach einer hohen Stufe in +der Gunst und dem Vertrauen des Knigs strebten, durften es nicht wagen, +in harten Worten von der Religion des Knigs zu sprechen. Die Gemeinden +beklagten sich daher laut, da sie seit dem Erscheinen der +Indulgenzerklrung, welche ihnen dem Wortlaute nach doch vllige +Gewissensfreiheit gewhren wollte, das Evangelium nie mehr khn und rein +htten verknden hren. Frher hatten sie ihre geistliche Nahrung +verstohlen erhaschen mssen, aber wenn sie sie erhascht hatten, so +fanden sie sie wenigstens ganz nach ihrem Geschmacke zubereitet. Jetzt +konnten sie sie ffentlich und in aller Bequemlichkeit zu sich nehmen, +aber sie hatte ihren ganzen Wohlgeschmack verloren. Sie versammelten +sich bei Tage und in gerumigen Lokalen; aber sie hrten Predigten, die +ihnen bei weitem nicht so gefielen, als die, welche der Rector ihnen +gehalten haben wrde. In der Pfarrkirche wurde der selbstgeschaffene +Gottesdienst und die Abgtterei Roms jeden Sonntag energisch +angegriffen; im Versammlungshause aber htete sich der Pastor, der noch +vor wenigen Monaten die Geistlichen der Landeskirche fr nicht viel +besser als die Papisten erklrt hatte, jetzt sorgfltig, den Papismus zu +tadeln, oder kleidete seinen Tadel wenigstens in ein so mildes Gewand, +da er selbst das Ohr eines Pater Petre nicht beleidigt haben wrde. +Auch war es nicht mglich, fr diesen Wechsel einen stichhaltigen Grund +aufzufinden. Die rmisch-katholischen Lehren hatten sich nicht +verndert; seit Menschengedenken waren die katholischen Priester noch +nie so eifrig im Proselytenmachen gewesen; noch nie waren so viele +katholische Schriften aus der Presse hervorgegangen; noch nie hatten +Alle, die sich um die Religion kmmerten, den Streit zwischen Katholiken +und Protestanten mit so gespannter Aufmerksamkeit verfolgt. Was konnte +man also von der Aufrichtigkeit von Theologen halten, welche nicht mde +geworden waren, den Papismus zu schmhen, so lange derselbe +vergleichsweise harmlos und wehrlos war, und die jetzt, wo eine Zeit +wirklicher Gefahr fr den reformirten Glauben gekommen, sorgfaltig jedes +Wort vermieden, das einem Jesuiten Ansto geben konnte? Ihr Benehmen war +in der That nicht schwer zu erklren. Es war bekannt, da einige von +ihnen Begnadigungen erlangt, es wurde vermuthet, da andere Geld +bekommen hatten. Ihr Vorbild war der schwache Apostel, der aus Angst den +Herrn verleugnete, dem er prahlerisch die unverbrchlichste Treue gelobt +hatte, oder der noch schlechtere Apostel, der seinen Herrn um eine +Handvoll Silberlinge verkaufte.[52] + +So verloren die vom Hofe gewonnenen Dissentergeistlichen rasch den +Einflu, den sie einst auf ihre Glaubensbrder besessen hatten. Auf der +andren Seite fhlten sich die Sektirer durch eine starke religise +Sympathie zu den anglikanischen Prlaten und Priestern hingezogen, +welche trotz kniglicher Befehle, Drohungen und Versprechungen einen +heftigen Krieg gegen die rmische Kirche unterhielten. Die so lange +durch tdtliche Feindschaft getrennt gewesenen Anglikaner und Puritaner, +nherten sich einander mit jedem Tage mehr und mehr und jeder Schritt +zur Einigung vermehrte den Einflu des Mannes, der ihr gemeinsames +Oberhaupt war. Wilhelm eignete sich in jeder Beziehung zum Vermittler +zwischen diesen beiden groen Parteien der englischen Nation. Man konnte +nicht sagen, da er einer von beiden angehre; aber keine von beiden +konnte sich bei ruhiger berlegung weigern, ihn als einen Freund zu +betrachten. Sein theologisches System stimmte mit dem der Puritaner +berein. Zu gleicher Zeit betrachtete er das Episcopat wenn auch nicht +als eine gttliche Einrichtung, doch als eine vollkommen rechtmige und +hchst ntzliche Form des Kirchenregiments. Fragen ber Stellungen, +Gewnder, Festtage und Liturgien waren in seinen Augen keine +Lebensfragen. Ein einfacher Gottesdienst wie der, an den er von jeher +gewhnt war, wrde seinem persnlichen Geschmacke am meisten zugesagt +haben, aber er war dabei gern bereit, sich jedem Ritual zu fgen, das +der Nation angenehm war, und bestand nur darauf, da man ihm nicht +zumuthete, diejenigen seiner protestantischen Brder zu verfolgen, denen +ihr Gewissen es nicht zulie, seinem Beispiele zu folgen. Zwei Jahre +frher wrde er von zahlreichen Bigotten auf beiden Seiten fr einen +bloen Laodicer erklrt, worden sein, der weder kalt noch warm war und +zu nichts taugte als ausgestoen zu werden. Aber der Eifer, der +Anglikaner gegen Dissenters und Dissenters gegen Anglikaner entflammt +hatte, war durch gemeinsame Widerwrtigkeiten und Gefahren so gedmpft +worden, da die Lauheit, die man ihm frher als Verbrechen angerechnet, +jetzt als eine seiner Haupttugenden betrachtet wurde. + + [Anmerkung 51: +Kiffin's Memoirs+; Luson's Brief an Brooke vom 11. + Mai 1773 in der Hughes-Correspondenz.] + + [Anmerkung 52: Man sehe unter anderen zeitgenssischen + Flugschriften eine mit dem Titel: +A Representation of the + threatening Dangers impending over Protestants.+] + + +[_Der Prinz und die Prinzessin von Oranien gegen die +Indulgenzerklrung._] Jedermann war gespannt auf seine Ansicht ber die +Indulgenzerklrung. Eine Zeit lang nhrte man in Whitehall die Hoffnung, +da seine bekannte Achtung vor den Rechten des Gewissens ihn wenigstens +abhalten werde, ffentlich seine Mibilligung einer Politik +auszusprechen, die einen unleugbaren Anstrich von Freisinnigkeit hatte. +Penn schickte zahlreiche Auseinandersetzungen nach dem Haag und begab +sich sogar persnlich dahin, in der Hoffnung da seine Beredtsamkeit, +von der er eine hohe Meinung hatte, sich als unwiderstehlich erweisen +werde. Aber obgleich er sein Lieblingsthema mit einer Redseligkeit +entwickelte, die seine Zuhrer ermdete und obgleich er sie versicherte, +da ein Mann, der mit den Engeln verkehre, ihm das Herannahen eines +goldenen Zeitalters der Religionsfreiheit geoffenbart habe, so machte er +doch keinen Eindruck auf den Prinzen.[53] Ihr verlangt von mir, sagte +er zu einem der Agenten des Knigs, da ich einen Angriff auf meine +eigne Religion untersttzen soll. Das kann ich mit gutem Gewissen nicht +thun, und ich werde es nicht thun, nein, nicht um die Krone Englands, +nicht um die Herrschaft der Welt! Diese Worte wurden dem Knige +mitgetheilt und sie beunruhigten ihn nicht wenig.[54] Er schrieb mit +eigner Hand eindringliche Briefe. Zuweilen nahm er den Ton des +Beleidigten an. Er sei das Oberhaupt der kniglichen Familie, als +solches sei er berechtigt, von den jngeren Mitgliedern Gehorsam zu +erwarten, und es sei sehr hart, da er in einer Angelegenheit, die ihm +ber Alles am Herzen liege, auf Widerstand stoe. Andere Male wurde ihm +ein Kder vorgehalten, den man fr unwiderstehlich hielt. Wenn Wilhelm +nur in diesem einen Punkte nachgbe, so wrde die englische Regierung +ihm dafr krftigen Beistand gegen Frankreich leisten. Er lie sich aber +nicht bethren. Er wute, da Jakob selbst beim besten Willen ohne die +Untersttzung eines Parlaments nicht im Stande sein wrde, der +gemeinschaftlichen Sache Europa's einen wirksamen Dienst zu leisten, und +es konnte keinem Zweifel unterliegen, da wenn ein Parlament +zusammenkam, die erste Forderung beider Huser die Cassirung der +Indulgenzerklrung sein wrde. + +Die Prinzessin stimmte allen Meinungsuerungen ihres Gemahls bei, und +ihre gemeinschaftliche Ansicht wurde dem Knige in entschiedenen aber +gemigten Ausdrcken mitgetheilt. Sie erklrten, da sie das von Seiner +Majestt eingeschlagene Verfahren lebhaft bedauerten. Sie seien +berzeugt, da er sich ein Hoheitsrecht angemat habe, das ihm +gesetzlich nicht zustehe. Gegen diese Anmaung protestirten sie, nicht +nur als Freunde der brgerlichen Freiheit, sondern auch als Mitglieder +des kniglichen Hauses, als welche sie ein hohes Interesse an der +Erhaltung der Rechte dieser Krone htten, die sie einst tragen knnten. +Denn die Erfahrung habe gelehrt, da Willkrherrschaft in England +unfehlbar eine Reaction nach sich ziehe, die noch verderblicher sei als +jene selbst, und man msse mit Grund befrchten, da die durch die +Aussicht auf Despotismus beunruhigte und entrstete Nation selbst gegen +die constitutionelle Monarchie einen Widerwillen fassen wrde. Sie gben +daher dem Knige den Rath, da er in allen Dingen streng nach dem +Gesetze regieren mge. Sie gestnden sehr gern zu, da das Gesetz mit +Nutzen durch die competente Autoritt abgendert werden knne und da +ein Theil seiner Erklrung es wohl verdiene, einer Parlamentsacte +einverleibt zu werden. Sie seien keine Verfolger, sie wrden mit +Vergngen rmische Katholiken so gut als protestantische Dissenters in +geeigneter Weise von allen Strafgesetzen befreit, und ebenso gern +protestantische Dissenters in zweckmiger Weise zu brgerlichen mtern +zugelassen sehen. Weiter aber knnten Ihre Hoheiten nicht gehen. Sie +knnten sich der ernsten Besorgni nicht enthalten, da die Zulassung +rmischer Katholiken zu Staatsmtern groe Nachtheile hervorrufen +wrden, und es war nicht undeutlich zu verstehen gegeben, da der Grund +zu dieser Besorgni namentlich in Jakob's Handlungsweise liege.[55] + + [Anmerkung 53: +Burnet I. 693, 694.+] + + [Anmerkung 54: +Le Prince d'Orange, qui avoit lud jusqu'alors + de faire une rponse positive dit ... qu'il ne consentira jamaia + la suppression de ces lois qui avoient t tablies pour le + maintien et la suret de la religion Protestante, et que sa + conscience ne lui permettoit point, non seulement pour la + succession du royaume d'Angleterre, mais mme pour l'empire du + monde; en sorte que le roi d'Angleterre est plus aigri contre lui + qu'il n'a jamais t.+ -- Bonrepaux, 11.(21.) Juni 1687.] + + [Anmerkung 55: +Burnet, I. 710+; Bonrepaux, 24. Mai (4. Juni) + 1687.] + + +[_Vertheidigung ihrer Ansichten bezglich der englischen Katholiken._] +Die ausgesprochene Ansicht des Prinzen und der Prinzessin ber die +Ausschlieungen, denen die rmischen Katholiken unterworfen waren, +theilten fast alle Staatsmnner und Philosophen, welche damals der +politischen und religisen Freiheit eifrig das Wort redeten. In unsrer +Zeit dagegen haben erleuchtete Mnner oft mit Bedauern sich dahin +geuert, da Wilhelm in diesem einen Punkte gegen seinen Schwiegervater +im Nachtheil stehe. Das Wahre ist, da einige Erwgungen, welche +nothwendig sind, wenn man sich ein richtiges Urtheil bilden will, von +vielen Schriftstellern des neunzehnten Jahrhunderts nicht bercksichtigt +worden zu sein scheinen. + +Es sind zwei einander entgegengesetzte Irrthmer, in welche Diejenigen, +die sich mit dem Studium unsrer vaterlndischen Geschichte beschftigen, +in steter Gefahr sind zu verfallen: der Irrthum, da sie die Gegenwart +nach der Vergangenheit, und der Irrthum, da sie die Vergangenheit nach +der Gegenwart beurtheilen. Dem ersteren sind Diejenigen unterworfen, +welche geneigt sind alles Alte zu verehren, dem zweiten Diejenigen, +welche von allem Neuen angezogen werden. Auf den ersteren stt man +bestndig in den Raisonnements conservativer Politiker ber die Fragen +ihrer Zeit, der zweite findet sich immer in den Betrachtungen von +Schriftstellern der liberalen Richtung, wenn sie die Ereignisse einer +frheren Zeit besprechen. Der erstere ist bei einem Staatsmanne, der +andre bei einem Geschichtsschreiber verderblicher. + +Es ist fr Niemanden, der es in Unsrer Zeit unternimmt, ber die +Revolution zu schreiben, welche die Stuarts strzte, so leicht, die +rechte Mittelstrae zwischen diesen beiden Extremen stetig einzuhalten. +Die Frage, ob es gerathen sei, Mitglieder der katholischen Kirche zum +Parlament und zu Staatsmtern zuzulassen, erschtterte unser Vaterland +whrend der Regierung Jakob'sII., durch seinen Sturz wurde sie in den +Hintergrund zurckgedrngt, und nachdem sie ber ein Jahrhundert lang +geruht hatte, kam sie in Folge der groen Aufregung der Gemther, welche +dem Zusammentritt der franzsischen Nationalversammlung folgte, wieder +zur Sprache. Dreiig Jahre whrte der Streit in beiden Husern des +Parlaments, in jedem Wahlkrper, in jedem Kreise der Gesellschaft. Er +strzte Ministerien, zerri Parteien, machte in einem Theile des Landes +jede Regierung unmglich und brachte uns zuletzt an den Rand des +Brgerkrieges. Selbst nach Beendigung des Kampfes gohren die +Leidenschaften, die er aufgeregt hatte, noch immer fort. Ein Mann, +dessen Geist unter dem Einflusse dieser Leidenschaften stand, konnte +fast unmglich die Ereignisse der Jahre 1687 und 1688 in einem +vollkommen richtigen Lichte erblicken. + +Eine Klasse von Politikern, welche von dem richtigen Vordersatze +ausging, da die Revolution eine groe Wohlthat fr unser Land gewesen +sei, gelangte zu dem irrigen Schlusse, da keine Brgschaft, die von den +Staatsmnnern der Revolution zum Schutze unsrer Religion und unsrer +Freiheit fr nthig erachtet worden war, ohne Gefahr abgeschafft werden +knnte. Eine andre Klasse, die von dem ebenfalls richtigen Vordersatze +ausging, da die ber die Katholiken verhngten Ausschlieungen lange +Zeit nichts als Unheil verursacht htten, kam zu dem falschen Schlusse, +da diese Ausschlieungen zu keiner Zeit ntzlich und nothwendig gewesen +sein knnten. Der erste Trugschlu durchdrang die Reden des geistreichen +und gelehrten Eldon, der andre blieb selbst auf einen so ruhigen und +philosophischen Kopf wie Mackintosh nicht ganz ohne Einflu. + +Bei nherer Prfung wird es sich jedoch vielleicht zeigen, da wir das +von allen groen englischen Staatsmnnern des siebzehnten Jahrhunderts +einstimmig gebilligte Verfahren rechtfertigen knnen, ohne die Weisheit +des von allen groen englischen Staatsmnnern unsrer Zeit eben so +einstimmig gebilligten Verfahrens in Zweifel zu ziehen. + +Es ist unbestreitbar ein bel, wenn ein Brger seiner religisen Meinung +halber vom Staatsdienste ausgeschlossen sein soll; aber der menschlichen +Weisheit bleibt zuweilen nichts andres brig als die Wahl zwischen zwei +beln. Eine Nation kann in eine Lage kommen, in der die Mehrheit +entweder Ausschlieungen verhngen oder sich solche gefallen lassen +mu und wo das was unter gewhnlichen Verhltnissen mit Recht als +Verfolgung verdammt werden wrde, noch innerhalb der Grenzen der +Selbstvertheidigung liegt. In einer solchen Situation befand sich +England im Jahre 1687. + +Nach der Verfassung des Reichs hatte Jakob das Recht, fast alle +ffentlichen Beamten, bei der Regierung, bei den Gerichten, in der +Kirche, beim Militair und bei der Flotte zu ernennen. Bei der Ausbung +dieses Rechts war er nicht, wie unsere gegenwrtigen Souveraine, +genthigt, in bereinstimmung mit dem Rathe von Ministern, die das Haus +der Gemeinen billigte, zu handeln. Es lag also auf der Hand, da es, +wenn er durch das Gesetz nicht streng verbunden war, nur Protestanten +anzustellen, ihm frei stand, lauter Katholiken anzustellen. Die Anzahl +der rmischen Katholiken war unbedeutend, und es gab nicht einen +einzigen Mann unter ihnen, dessen Dienste der Staat ernstlich vermit +haben wrde. Das Verhltni, in dem ihre Zahl zur Gesammtbevlkerung +stand, war noch viel geringer als es gegenwrtig ist, denn gegenwrtig +ergiet sich ein ununterbrochener Auswanderungsstrom von Irland in +unsere groen Stdte, whrend es im siebzehnten Jahrhunderte noch nicht +einmal in London eine irische Colonie gab. Neunundvierzig Funfzigstel +der Bewohner des Knigreichs, neunundvierzig Funfzigstel des Vermgens +des Knigreichs, fast alle politischen, juristischen und militairischen +Talente und Kenntnisse, die das Land besa, waren protestantisch. +Trotzdem hatte der Knig in thrichter Verblendung sich vorgenommen, +sein unbegrenztes Ernennungsrecht als Mittel zum Proselytenmachen zu +benutzen. Seiner Kirche angehren war in seinen Augen der erste +Befhigungstitel fr ein Amt. Der Landeskirche angehren war entschieden +ein Grund der Nichtbefhigung. Er verwarf zwar in einer Sprache, welche +den Beifall einiger leichtglubigen Freunde der Glaubensfreiheit fand, +die monstrse Ungerechtigkeit des Religionseides, der eine kleine +Minderheit der Nation von ffentlichen mtern ausschlo; zu gleicher +Zeit aber fhrte er einen andren Religionseid ein, der die Mehrheit +ausschlo. Es schien ihm hart, da ein guter Finanzmann und loyaler +Unterthan lediglich deshalb weil er ein Papist war, von dem Posten eines +Lordschatzmeisters ausgeschlossen sein sollte; aber er selbst hatte +einen Lordschatzmeister, den er als einen tchtigen Finanzmann und +loyalen Unterthan anerkannt, blo deshalb abgesetzt, weil er Protestant +war. Er hatte wiederholt und bestimmt erklrt, er sei fest entschlossen, +den weien Stab niemals in die Hnde eines Ketzers zu geben. Mit vielen +anderen hohen Staatsmtern war er ebenso verfahren. Bereits waren der +Lordprsident, der Geheimsiegelbewahrer, der Oberkammerherr, der +Garderobeaufseher, der erste Lord des Schatzes, ein Staatssekretr, der +Lordobercommissar von Schottland, der Kanzler von Schottland und der +Sekretr von Schottland Katholiken oder gaben sich wenigstens dafr aus. +Die meisten von diesen Beamten waren von Haus aus Anglikaner und hatten +sich des offenen oder geheimen Abfalls schuldig gemacht, um ihre hohen +Stellen zu erlangen oder zu behalten. Jeder Protestant, der noch einen +wichtigen Staatsposten bekleidete, bekleidete ihn in bestndiger +Ungewiheit und Angst. Wir wrden nicht fertig werden, wollten wir +die untergeordneteren Stellen anfhren, welche von Mitgliedern der +begnstigten Klasse besetzt waren. In jedem Zweige der Verwaltung +wimmelte es schon von Katholiken. Sie waren Lordlieutenants, +stellvertretende Lieutenants, Richter, Friedensrichter, Zollcommissare, +Gesandte an fremden Hfen, Regimentsobersten und Festungscommandanten. +Der Antheil, den sie binnen wenigen Monaten von den durch die Krone zu +besetzenden weltlichen mtern erlangt hatten, war weit ber zehnmal so +gro, als er unter einem unparteiischen Systeme gewesen sein wrde. +Dies war indessen noch nicht das Schlimmste. Man hatte sie auch zu +Beherrschern der anglikanischen Kirche gemacht. Mnner, die den Knig +versichert hatten, da sie seines Glaubens seien, saen in der Hohen +Commission und bten die hchste geistliche Gerichtsbarkeit ber alle +Prlaten und Priester der Landeskirche aus. Kirchliche Pfrnden von +hohem Ansehen waren theils erklrten, theils verkappten Papisten +verliehen worden. Und dies Alles war geschehen, whrend die Gesetze +gegen den Papismus noch in Kraft waren und Jakob noch gegrndete Ursache +hatte, Achtung vor den Rechten des Gewissens zu heucheln. Was war also +von ihm zu erwarten, wenn seine Unterthanen einwilligten, ihn durch ein +Gesetz von jedem Schatten der Beschrnkung vollends zu befreien? Kann +man wohl daran zweifeln, da Protestanten durch eine streng gesetzmige +Anwendung der kniglichen Prrogative eben so wirksam von Anstellungen +ausgeschlossen worden wren, als jemals rmische Katholiken durch eine +Parlamentsacte ausgeschlossen worden sind? + +Wie hartnckig Jakob entschlossen war, den Mitgliedern seiner Kirche +einen Antheil an den ffentlichen mtern zu gewhren, der zu ihrer Zahl +und zu ihrer Bedeutung auer allem Verhltni stand, geht aus den +Instructionen hervor, die er im Exil und im hohen Alter als Leitfaden +fr seinen Sohn aufzeichnete. Es ist unmglich, diese Ergsse eines +Mannes, an dem alle Lehren der Erfahrung und des Unglcks spurlos +vorbergegangen waren, ohne ein Gemisch von Mitleid und Verachtung zu +lesen. Dem Prtendenten wird anempfohlen, wenn er einmal zur Regierung +in England gelangen sollte, die mter zu theilen und den Mitgliedern der +rmischen Kirche einen Antheil zu reserviren, der gro genug fr sie +gewesen sein wrde, wenn sie die Hlfte, anstatt ein Funfzigstel der +Nation gebildet htten. Ein Staatssekretr, ein Schatzcommissar, der +Kriegssekretr, die Mehrheit der Growrdentrger des Hofstaates und die +Mehrzahl der Offiziere der Armee mten immer Katholiken sein. Dies +waren Jakob's Ansichten selbst dann noch, als seine thrichte Bigotterie +ihm eine Strafe zugezogen hatte, ber welche die ganze Welt erschrocken +war. Kann man also wohl in Zweifel darber sein, wie er gehandelt haben +wrde, wenn sein Volk, durch den leeren Namen der religisen Freiheit +geblendet, ihn ohne Zgel htte fortregieren lassen? + +Selbst Penn scheint trotz seiner blinden und malosen Begeisterung fr +die Indulgenzerklrung eingesehen zu haben, da man sich nicht wundern +durfte, wenn die Parteilichkeit, mit der rmische Katholiken mit +Ehrenstellen und Einknften berschttet wurden, die Eifersucht der +Nation erregte. Er gab zu, da die Protestanten im Fall der Aufhebung +der Testacte Anspruch auf ein quivalent htten, und ging sogar so weit, +da er verschiedene quivalente vorschlug. Schon seit mehreren Wochen +war das Wort quivalent, damals erst krzlich aus Frankreich eingefhrt, +im Munde aller Kaffeehausredner; endlich aber machten einige Seiten +scharfsinniger Logik und feiner Sarkasmen aus Halifax' Feder diesen +hohlen Projecten ein Ende. Einer von Penn's Plnen bestand darin, da +ein Gesetz erlassen werden sollte, welches die von der Krone zu +verleihenden mter in drei gleiche Theile theilte, von denen nur einer +den Mitgliedern der katholischen Kirche zufallen sollte. Selbst unter +einem solchen System wrden die Katholiken noch immer zwanzigmal den +ihnen eigentlich zustehenden Antheil erhalten haben, und doch kann man +nicht annehmen, da der Knig selbst in eine solche Anordnung gewilligt +haben wrde. Htte er aber auch darein gewilligt, welche Garantie konnte +er bieten, da er auch wirklich an diesem bereinkommen festhielt? Man +hatte keine Antwort auf das von Halifax aufgestellte Dilemma: wenn +Gesetze fr Euch bindend sind, so beobachtet das jetzt bestehende +Gesetz; sind sie nicht bindend fr Euch, so ist es auch nutzlos, uns ein +Gesetz als Brgschaft zu bieten.[56] + +Es ist sonach klar, da es sich gar nicht darum handelte, ob weltliche +mter allen Religionsparteien ohne Unterschied offen stehen sollten. So +lange Jakob Knig war, war Ausschlieung unvermeidlich, und es fragte +sich nur, wer ausgeschlossen werden sollte, ob Papisten oder +Protestanten, die Wenigen oder die Vielen, hunderttausend Englnder oder +fnf Millionen. + +Dies sind die gewichtigen Grnde, durch welche das Verfahren des Prinzen +von Oranien gegen die englischen Katholiken mit den Grundstzen der +Glaubensfreiheit in Einklang gebracht werden kann. Diese Grnde haben, +wie man bemerken wird, mit keinem Theile der katholischen Theologie +etwas zu thun. Ebenso wird man einsehen, da sie ihr ganzes Gewicht +verlieren muten, als die Krone an ein protestantisches Herrscherhaus +gekommen und die Macht des Unterhauses im Staate ein so entschiedenes +bergewicht erlangt hatte, da kein Souverain, mochten seine Ansichten +oder Neigungen sein, welche sie wollten, das Beispiel Jakob's +nachahmen konnte. Die Nation befand sich indessen nach ihren Schrecken, +ihren Kmpfen und ihrer mit genauer Noth erlangten Rettung in +einer mitrauischen und rachschtigen Stimmung. Daher wurden +Vertheidigungsmittel, welche die Nothwendigkeit gerechtfertigt hatte, +die aber auch nur die Nothwendigkeit rechtfertigen konnte, noch lange, +nachdem die Nothwendigkeit nicht mehr vorhanden war, hartnckig +beibehalten, und erst aufgegeben, nachdem das herrschende Vorurtheil +einen langjhrigen Kampf gegen die Vernunft bestanden hatte. Zu den +Zeiten Jakob's aber standen Vernunft und herrschendes Vorurtheil auf der +nmlichen Seite. Der Fanatiker und Ignorant wollte den Katholiken vom +Staatsdienste ausschlieen, weil er Kltze und Steine anbetete, weil er +das Zeichen des Thieres an sich trug, weil er London angezndet und Sir +Edmondsbury Godfrey erwrgt hatte, und der einsichtsvollste und +toleranteste Staatsmann wurde, whrend er ber den Irrwahn lchelte, in +dem das gemeine Volk befangen war, auf einem ganz andren Wege zu dem +nmlichen Schlusse gefhrt. + +Wilhelm's groer Plan war jetzt, die zahlreichen Theile des groen +Krpers, der ihn als sein gemeinschaftliches Oberhaupt betrachtete, zu +einem Ganzen zu vereinigen. Bei diesem Werke hatte er mehrere geschickte +und zuverlssige Mitarbeiter, von denen zwei, Burnet und Dykvelt, ihm +ganz besonders ntzlich waren. + + [Anmerkung 56: Johnstone, 13. Jan. 1688; +Halifax's Anatomy of an + Equivalent+.] + + +[_Jakob's Feindschaft gegen Burnet._] Burnet's Dienste muten allerdings +mit einiger Vorsicht angewendet werden. Die freundliche Aufnahme, die er +im Haag gefunden, hatte Jakob heftig aufgebracht, und Marie erhielt von +ihrem Vater zwei Briefe voll Invectiven gegen den frechen und +whlerischen Theologen, den sie beschtzte. Diese Beschuldigungen aber +machten einen so geringen Eindruck auf sie, da sie Antworten darauf +zurcksandte, welche Burnet selbst dictirt hatte. Im Januar 1687 endlich +schritt der Knig zu energischeren Maregeln. Skelton, der die englische +Regierung bei den Vereinigten Provinzen vertreten hatte, wurde nach +Paris versetzt und erhielt Albeville, das schwchste und gemeinste +Mitglied der ganzen jesuitischen Cabale, zum Nachfolger. Geld war +Albeville's einziger Lebenszweck, und er nahm es von Jedem, der es ihm +anbot. Er wurde zu gleicher Zeit von Frankreich und von Holland bezahlt. +Er verschmhte sogar den erbrmlichen Anstand, den auch die +Bestechlichkeit zu beobachten pflegt, und nahm so kleine Geschenke an, +wie sie eher einem Lasttrger oder einem Bedienten zukommen als einem +Gesandten, der mit einer englischen Baronie und einem auslndischen +Marquisate beehrt worden war. Einmal steckte er mit der grten +Gemthsruhe ein Trinkgeld von fnfzig Pistolen fr einen Dienst ein, den +er den Generalstaaten geleistet hatte. Dieser Mann war beauftragt, zu +verlangen, da Burnet im Haag nicht lnger begnstigt werde. Wilhelm, +der keine Lust hatte, sich von einem so werthvollen Freunde zu trennen, +antwortete zuerst mit seiner gewohnten Klte: Ich wte nicht, Sir, da +der Doctor seit seinem Hiersein etwas gethan oder gesagt htte, worber +Seine Majestt sich mit Grund beklagen knnte. Jakob aber bestand +entschieden auf seiner Forderung, und da die geeignete Zeit zu einem +offenen Bruche noch nicht gekommen war, so mute Wilhelm nachgeben. ber +anderthalb Jahr lang kam Burnet weder mit dem Prinzen, noch mit der +Prinzessin in persnliche Berhrung; aber er wohnte in ihrer Nhe, wurde +von Allem, was vorging, genau unterrichtet, sein Rath ward bestndig in +Anspruch genommen, seine Feder bei jedem wichtigen Anlasse benutzt und +viele der schrfsten und wirksamsten Aufstze und Flugschriften, welche +damals in London erschienen, wurden ihm mit Recht zugeschrieben. + +Jakob's Wuth entbrannte. Er war von jeher fr zornige Leidenschaften nur +zu empfnglich gewesen, aber noch keinen seiner Feinde, selbst die +nicht, welche sich gegen sein Leben verschworen oder es versucht hatten, +ihm durch Meineid die Schuld des Verraths und des Mordes aufzubrden, +hatte er mit einer solchen Erbitterung gehat, als er jetzt Burnet +hate. Seine Majestt schimpfte tglich in hchst unkniglicher Sprache +auf den Doctor und sann auf ungesetzliche Rache. Selbst Blut gengte +diesem wthenden Hasse nicht; der unverschmte Theolog mute gefoltert +werden, ehe er sterben durfte. Zum Glck war er ein Schotte von Geburt, +und in Schottland konnten seine Beine erst in den spanischen Stiefeln +zerquetscht werden, bevor er auf dem Grasmarkte gehngt wurde. Zu dem +Ende wurde in Edinburg der Proze gegen ihn eingeleitet; aber er war in +Holland naturalisirt, hatte eine vermgende Frau aus dieser Provinz +geheirathet und es war gewi, da sein Adoptivvaterland ihn nicht +ausliefern wrde. Man beschlo daher, ihn wegfangen zu lassen. Mit +groen Summen wurden einige Bsewichter fr diesen gefhrlichen und +schndlichen Dienst gedungen; im Staatssekretariat wurde zu diesem +Zwecke eine Anweisung auf dreitausend Pfund Sterling ausgestellt. Ludwig +wurde von dem Plane unterrichtet und interessirte sich auerordentlich +dafr; er sicherte seinen krftigen Beistand zu, damit der Schurke nach +England gebracht werde, und versprach, da die Werkzeuge der Rache +Jakob's in Frankreich eine Freisttte finden sollten. Burnet kannte die +ihm drohende Gefahr wohl, aber Furcht gehrte nicht zu seinen Fehlern. +Er verffentlichte eine beherzte Antwort auf die in Edinburg gegen ihn +erhobenen Anschuldigungen. Er wisse, sagte er, da man ihn ohne Proze +hinzurichten gedenke, aber er vertraue auf den Knig aller Knige, zu +dem unschuldiges Blut selbst gegen die mchtigsten Frsten der Erde +nicht vergebens schreien werde. Er gab einigen Freunden ein +Abschiedsmahl, und nach demselben nahm er als ein Mann, der dem Tode +verfallen sei und mit dem sie ohne Gefahr nicht mehr umgehen knnten, +feierlich Abschied von ihnen. Dessenungeachtet zeigte er sich nach wie +vor so furchtlos auf allen ffentlichen Pltzen im Haag, da seine +Freunde ihm wegen seiner Tollkhnheit bittere Vorwrfe machten.[57] + + [Anmerkung 57: +Burnet I. 726--731+; +Answer to the Criminal + Letters issued out against Dr. Burnet+; +Avaux Neg., July 7.(17.), + 14.(24.) July 28. (Aug. 7.) 1687, Jan. 19.(29.) 1688+; Ludwig an + Barillon, 30. Dec. 1687 (9. Jan. 1688); Johnstone an Waristoun, + 21. Febr. 1688; Lady Russel an +Dr.+ Fitzwilliam, 5. Oct. 1687. + Da man vermuthet hat, da Burnet, der seine persnliche + Wichtigkeit nicht zu unterschtzen pflegte, die ihm drohende + Gefahr bertrieben habe, so will ich hier die Worte Ludwig's und + Johnstone's anfhren: +Qui que ce soit+, sagt Ludwig, +qui + entreprenne de l'enlever en Hollande trouvera non seulement une + retraite assure et une entire protection dans mes tats, mais + aussi toute l'assistance qu'il pourra dsirer pour faire conduire + surement ce sclrat en Angleterre.+ -- Mit Bamfield (Burnet) + ist es ganz bestimmt so, sagt Johnstone. Niemand zweifelt hier + daran, und Einige, die dabei betheiligt sind, leugnen es nicht. + Seine Freunde sagen, sie htten gehrt, da er nicht vorsichtig + sei, sondern aus Eitelkeit, um seinen Muth zu zeigen, mit + thrichter Verwegenheit handle, so da Jedermann ihn auslachen + werde, wenn ihm ein Unglck zustoen sollte. Ich bitte ihm dies + von Seiten Jones' (Johnstone) zu sagen. Wenn Einige abgefat + werden knnten, whrend sie ihren +coup d'essai+ auf ihn machen, + so wre das sehr gut, weil sie dadurch abgeschreckt wrden, etwas + gegen Ogle (den Prinzen) zu unternehmen.] + + +[_Sendung Dykvelt's nach England._] Whrend Burnet Wilhelm's Sekretr +fr die englischen Angelegenheiten in Holland war, wurde Dykvelt mit +nicht geringerem Nutzen in London verwendet. Dykvelt war einer von den +ausgezeichneten Staatsmnnern, welche in der edlen Schule des Johann de +Witt ihre politische Bildung erhalten hatten und nach dem Falle dieses +groen Ministers ihre Pflichten gegen die Republik dadurch am besten zu +erfllen glaubten, da sie sich um den Prinzen von Oranien schaarten. +Keiner von den Diplomaten im Dienste der Vereinigten Provinzen stand in +Bezug auf Gewandtheit, Character und Manieren ber Dykvelt, und ebenso +scheint keiner ihm in der Kenntni der englischen Verhltnisse +gleichgekommen zu sein. Es fand sich ein Vorwand, um ihn zu Anfang des +Jahres 1687 mit Beglaubigungsschreiben von den Generalstaaten in einer +besonderen Mission nach England zu senden. Eigentlich aber galt seine +Sendung nicht der Regierung, sondern der Opposition, und er handelte +nach Privatinstructionen, welche von Burnet entworfen und von Wilhelm +genehmigt waren.[58] + + [Anmerkung 58: +Burnet, I. 708+; +Avaux Neg., Jan. 3.(13.), Feb. + 6.(16.) 1687+; +Van Kampen, Karakterkunde der Vaderlandsche + Geschiedenis.+] + + +[_Unterhandlungen Dykvelt's mit englischen Staatsmnnern._] Dykvelt +berichtete, da Jakob sich durch das Benehmen des Prinzen und der +Prinzessin tief gekrnkt fhle. Die Pflicht meines Neffen ist, meine +Hand zu strken, sagte der Knig, aber es hat ihm von jeher Vergngen +gemacht, wenn er mir hat hinderlich sein knnen. Dykvelt antwortete, in +Privatangelegenheiten habe Seine Hoheit stets die Wnsche des Knigs +bercksichtigt und werde dies auch in Zukunft jederzeit thun, aber es +sei doch kaum recht und billig, die Untersttzung eines protestantischen +Frsten gegen die protestantische Kirche zu erwarten.[59] Der Knig war +zum Schweigen gebracht, aber nicht besnftigt. Mit einem Verdrusse, den +er nicht verhehlen konnte, sah er, da Dykvelt alle die verschiedenen +Abteilungen der Opposition mit einer Geschicklichkeit musterte und +einschulte, welche dem gewandtesten englischen Staatsmanne zur Ehre +gereicht haben wrde und die bei einem Auslnder bewundernswrdig war. +Der Geistlichkeit wurde gesagt, da sie in dem Prinzen einen Freund des +Episcopats und der Liturgie finden werde. Den Nonconformisten wurde +Hoffnung gemacht, da sie von ihm nicht nur Duldung, sondern sogar +Gleichstellung zu erwarten htten. Selbst die rmischen Katholiken +wurden vershnt und einige der Angesehensten unter ihnen sagten dem +Knige ins Gesicht, da sie mit dem, was Dykvelt ihnen biete, zufrieden +seien und da sie eine durch das Gesetz verbrgte Duldung einem +gesetzwidrigen und unsicheren bergewichte vorzgen.[60] + + [Anmerkung 59: +Burnet I. 711+. Dykvelt's Depeschen an die + Generalstaaten enthalten, so weit ich es habe ersehen oder + erfahren knnen, kein Wort ber den wirklichen Zweck seiner + Sendung. Seine Correspondenz mit dem Prinzen von Oranien war + streng privater Natur.] + + [Anmerkung 60: Bonrepaux, 12.(22.) Sept. 1687.] + + +[_Danby._] Die Oberhupter aller wichtigen Parteien der Nation hielten +hufige Besprechungen in Gegenwart des geschickten Gesandten. Die +Ansicht der Torypartei war bei diesen Zusammenknften hauptschlich +durch die Earls von Danby und von Nottingham vertreten. Obgleich seit +Danby's Sturze bereits ber acht Jahre vergangen waren, so stand sein +Name doch bei den alten Kavalieren Englands noch in hohem Ansehen, und +selbst viele von denjenigen Whigs, die ihn frher verfolgt hatten, gaben +jetzt bereitwillig zu, da er fr die Snden Anderer habe ben mssen +und da sein Eifer fr die Hoheitsrechte ihn zwar oft irre geleitet +habe, aber bei alledem durch zwei ehrenwerthe Gefhle gemildert worden +sei: durch Eifer fr die Staatsreligion und durch Eifer fr die Wrde +und Unabhngigkeit seines Vaterlandes. Auch im Haag wurde er hoch +geschtzt, denn man verga es ihm dort nie, da er es gewesen war, der +Karl trotz des Einflusses Frankreichs und der Papisten bewogen hatte, +die Hand der Prinzessin Marie ihrem Vetter zu geben. + + +[_Nottingham._] Daniel Finch, Earl von Nottingham, ein Edelmann, dessen +Name in der Geschichte dreier ereignivoller Regierungen hufig genannt +werden wird, stammte aus einer Familie von unvergleichlicher +juristischer Auszeichnung. Einer seiner Verwandten hatte das Siegel +Karl'sI. gefhrt, hatte seine eminenten Talente und Kenntnisse zu +schlechten Zwecken gemibraucht und war von der Rache der Gemeinen +Englands, mit Falkland an der Spitze, verfolgt worden. Einen +ehrenvolleren Ruf erlangte unter der folgenden Generation Heneage +Finche. Er war unmittelbar nach der Restauration zum Staatsprokurator +ernannt worden und war nacheinander zum Lordsiegelbewahrer, zum +Lordkanzler, zum Baron Finch und Earl von Nottingham emporgestiegen. +Whrend dieser ganzen glnzenden Laufbahn hatte er die Hoheitsrechte +stets so hoch gehalten, als er es mit Ehren und Anstand konnte; nie aber +war er bei irgend einer Machination gegen die Grundgesetze des Reichs +betheiligt gewesen. Inmitten eines verderbten Hofes hatte er seine +persnliche Rechtschaffenheit unbefleckt zu erhalten gewut. Auch als +Redner geno er eines hohen Rufes, obwohl seine nach Mustern aus der +Zeit vor dem Brgerkriege gebildete Diction gegen das Ende seines Lebens +von den Schngeistern der heranwachsenden Generation steif und +pedantisch genannt wurde. In Westminsterhall wird er noch immer mit +Achtung als der Mann erwhnt, welcher aus dem Chaos, dem man in alter +Zeit den Namen der Billigkeit gab, zuerst ein neues juristisches System +bildete, das ebenso geregelt und vollstndig ist wie das nach welchem +die Richter des gemeinen Rechts verfahren.[61] Ein wesentlicher Theil +der sittlichen und geistigen Eigenschaften dieses groen Staatsmannes +ging mit dem Titel Nottingham auf seinen ltesten Sohn ber. Dieser +Sohn, der Earl Daniel, war ein rechtschaffener und tugendhafter Mann. +Obwohl er in einigen abgeschmackten Vorurtheilen befangen und +sonderbaren Anfllen von Launenhaftigkeit unterworfen war, kann man ihn +doch nicht beschuldigen, da er um unredlichen Gewinns oder strafbaren +Genusses willen vom Pfade des Rechts abgewichen wre. Er war, wie sein +Vater, ein ausgezeichneter Redner und sprach eindringlich, aber +weitschweifig und mit zu monotoner Gemessenheit. Seine Persnlichkeit +entsprach ganz seiner Rede. Seine Haltung war steif, seine Gesichtsfarbe +so dunkel, da man ihn fr den Eingebornen eines wrmeren Himmelstrichs +htte halten knnen, und seine scharf markirten Gesichtszge hatten +einen Ausdruck, welcher dem des Hauptleidtragenden bei einem Begrbnisse +glich. Man pflegte von ihm zu sagen, da er eher wie ein spanischer +Grande als wie ein englischer Gentleman ausshe. Spottvgel gaben ihm +die Spitznamen Dismal (Trbselig), Don Dismallo und Don Diego, welche +noch heute nicht vergessen sind. Er hatte auf das Studium der +Wissenschaft, durch die seine Familie sich so hoch emporgeschwungen, +groen Flei verwendet und war fr einen vornehm und reich gebornen Mann +in den Gesetzen seines Vaterlandes erstaunlich bewandert. Er war ein +treuer Sohn der Hochkirche und bewies seine Achtung vor derselben auf +zwei Wegen, welche bei den Lords, die sich zu seiner Zeit als ihre +besonderen Freunde gerirten, nicht gewhnlich war, nmlich dadurch, da +er Schriften zur Vertheidigung ihrer Glaubensstze herausgab und da er +sich in seinem Privatleben nach ihren Gebeten richtete. Wie viele andre +eifrige Anglikaner hatte er bis vor Kurzem die monarchische +Regierungsform krftig untersttzt. Die Politik aber, welche seit der +Unterdrckung des Aufstandes im Westen befolgt wurde, emprte ihn auf +das heftigste, und zwar deshalb nicht weniger, weil sein jngerer Bruder +Heneage in Folge seiner Weigerung, die Dispensationsgewalt des Knigs zu +vertheidigen, seines Amtes als Generalprokurator entsetzt worden +war.[62] + + [Anmerkung 61: Siehe seine Biographie von Lord Campbell.] + + [Anmerkung 62: Johnstone's Correspondenz; +Mackay's Memoirs+; + +Arbuthnot's John Bull+; Swift's Schriften von 1710 bis 1714 an + mehreren Stellen; Whiston's Brief an den Earl von Nottingham und + des Letzteren Antwort darauf.] + + +[_Halifax._] Mit diesen beiden groen toryistischen Earls war jetzt +Halifax, das ausgezeichnete Oberhaupt der Trimmers, verbunden. Auf +Nottingham's Gesinnungen scheint Halifax damals in der That einen +entschiedenen Einflu ausgebt zu haben. Zwischen Halifax und Danby +bestand eine Feindschaft, welche am Hofe Karl's begonnen hatte und +nachher auch den Hof Wilhelm's beunruhigte, whrend der Tyrannei Jakob's +aber wie viele andere Feindschaften ruhte. Die beiden Gegner trafen +hufig in den von Dykvelt veranstalteten Conferenzen zusammen und +stimmten in dem Ausdrucke des Mifallens an der Politik der Regierung +und der Verehrung fr den Prinzen von Oranien berein. In ihrem Verkehr +mit den hollndischen Gesandten trat die Characterverschiedenheit der +beiden Staatsmnner stark hervor. Halifax zeigte ein bewundernswrdiges +Talent fr Auseinandersetzungen, scheute sich aber vor khnen und +unwiderruflichen Entschlssen. Danby war minder fein und beredt, besa +aber mehr Energie, Entschlossenheit und praktischen Scharfblick. + + +[_Devonshire._] Mehrere ausgezeichnete Whigs waren mit Dykvelt in +fortwhrender Verbindung; aber die Oberhupter der groen Huser +Cavendish und Russel konnten keinen so thtigen und vorwiegenden +Antheil an den Unterhandlungen nehmen, als man nach ihrer Stellung und +ihren Ansichten htte erwarten drfen. Der Ruhm und das Glck +Devonshire's wurden im Augenblicke durch eine Wolke verdunkelt. Er hatte +einen beklagenswerthen Streit mit dem Hofe, der nicht aus einer +ffentlichen und ehrenvollen Angelegenheit, sondern aus einem +Privatzwist entsprungen war, in welchem selbst seine wrmsten Freunde +ihn nicht von aller Schuld freisprechen konnten. Als er einmal nach +Whitehall kam, um seine Aufwartung zu machen, war er von einem gewissen +Colepepper insultirt worden, einem jener Raufbolde, welche die +Umgebungen des Hofes unsicher machten und die sich durch Beleidigung von +Mitgliedern der Opposition bei der Regierung in Gunst zu setzen suchten. +Der Knig selbst uerte seine Entrstung ber die einem seiner +ausgezeichneten Peers unter dem kniglichen Dache widerfahrene +Behandlung und Devonshire wurde durch die Versicherung besnftigt, da +der Beleidiger den Palast nie wieder betreten solle. Dieses Verbot wurde +jedoch bald wieder aufgehoben und der Groll des Earls erwachte von +neuem. Seine Diener nahmen sich der Sache an und die Straen von +Westminster wurden durch Hndel beunruhigt, die in ein roheres Zeitalter +gehrten. Die Zeit des Geheimen Raths ward durch Anklagen und +Gegenanklagen der streitenden Parteien in Anspruch genommen. +Colepepper's Frau erklrte: sie und ihr Gatte seien ihres Leben nicht +sicher und ihr Haus sei bestndig von Banditen in der Livree der +Cavendish belagert; Devonshire erwiederte, es sei aus Colepepper's +Fenstern auf ihn geschossen worden. Dies wurde heftig geleugnet. Es +wurde zwar eingerumt, da ein blind geladenes Pistol abgefeuert worden +sei, aber dies sei nur in einem Augenblicke des Schreckens geschehen, um +die Wache zu alarmiren. Wahrend diese Fehde ihren Hhepunkt erreicht +hatte, traf der Earl im Empfangzimmer zu Whitehall mit Colepepper +zusammen und er glaubte in den Mienen des Raufboldes triumphirenden +bermuth zu erkennen. Vor den Augen des Knigs geschah nichts +Unziemliches; sobald aber die beiden Gegner das Audienzzimmer verlassen +hatten, machte Devonshire den Vorschlag, den Streit auf der Stelle mit +dem Degen zu entscheiden. Die Herausforderung wurde zurckgewiesen. Da +verga der stolze Peer die Achtung, die er dem Orte an dem er sich +befand, und seiner eignen Wrde schuldig war, und schlug Colepepper mit +einem Stocke ins Gesicht. Diese Handlung wurde allgemein als bereilt +und unschicklich getadelt und Devonshire selbst konnte, nachdem sein +Blut sich abgekhlt hatte, nicht ohne Verdru und Beschmung daran +denken. Die Regierung aber verfuhr mit gewohntem Unverstande so streng +gegen ihn, da das Publikum bald ganz auf seine Seite trat. Es wurde +eine Criminalanklage bei der Kings Bench anhngig gemacht. Der +Angeklagte berief sich auf seine Vorrechte als Peer des Knigsreichs; +dieser Punkt aber wurde sogleich zu seinem Nachtheile entschieden, und +es lt sich auch nicht leugnen, da diese Entscheidung, mochte sie den +technischen Regeln der englischen Gesetzgebung entsprechen oder nicht, +in vollkommenem Einklange mit den groen Prinzipien stand, welche die +Grundlage jeder Gesetzgebung sein sollen. Es blieb ihm somit nichts +brig, als sich dem Erkenntnisse zu unterwerfen. Der Gerichtshof war +durch eine Reihe von Entlassungen zu so vollstndigem Gehorsam gebracht +worden, da die Regierung, welche die Untersuchung eingeleitet hatte, +die Strafe selbst vorschreiben konnte. Die Richter machten Jeffreys +in +pleno+ ihre Aufwartung und dieser bestand auf der Zuerkennung einer +Geldbue von dreiigtausend Pfund. Dreiigtausend Pfund waren im +Verhltni zu den damaligen Einknften der englischen Groen ungefhr +soviel als hundertfunfzigtausend im neunzehnten Jahrhundert. In +Anwesenheit des Kanzlers wurde kein Wort der Mibilligung geuert; als +aber die Richter sich entfernt hatten, bemerkte Sir Johann Powell, in +welchem sich das wenige Rechtsgefhl des ganzen Collegiums concentrirte, +da die beantragte Strafsumme bermig hoch und ein Zehntel derselben +vollauf genug sei. Seine Collegen waren nicht dieser Meinung und er +zeigte in diesem Falle nicht den Muth, durch den er einige Monate spter +an einem denkwrdigen Tage seinen Ruf glnzend wiederherstellte. Der +Earl wurde demnach in eine Geldbue von dreiigtausend Pfund und bis zur +Bezahlung dieses Betrags zu persnlicher Haft verurtheilt. Eine solche +Summe konnte damals auch der reichste Edelmann nicht in einem Tage +aufbringen. Indessen war das Hafturtel leichter gesprochen, als +vollzogen. Devonshire hatte sich nach Chatsworth zurckgezogen, wo er +eben damit beschftigt war, das alte gothische Stammschlo seiner +Familie in ein Gebude umzuwandeln, das Palladio's wrdig war. Der Peak +war damals ein fast ebenso unwirthbarer Bezirk als gegenwrtig +Connemara, und der Sheriff erkannte oder behauptete wenigstens, da es +schwer sein drfte, den Lord in einer so wilden Gegend und inmitten treu +ergebener Diener und Pchter zu verhaften. Darber vergingen einige +Tage, endlich aber wurde nicht nur der Earl, sondern auch der Sheriff +zur Haft gebracht. Inzwischen verwendeten sich eine Menge Frsprecher +mit ihrem ganzen Einflusse. Es hie die verwittwete Grfin von +Devonshire habe eine Privataudienz beim Knige erlangt, sie habe ihn +daran erinnert, da ihr Schwager, der tapfere Karl Cavendish, im Kampfe +fr die Krone bei Gainsborough gefallen sei, und ihm schriftliche +Empfangsbescheinigungen von KarlI. und KarlII. ber bedeutende Summen +vorgelegt, die ihr Gemahl whrend der brgerlichen Unruhen beiden +Monarchen geliehen hatte. Diese Darlehen waren nie zurck gezahlt worden +und sollten angeblich mehr betragen als die ungeheure Geldstrafe, welche +die Kings Bench ber den Earl verhngt hatte. Dazu kam noch ein andrer +Punkt, der beim Knige noch mehr Gewicht gehabt zu haben scheint als die +Erinnerung an frher geleistete Dienste. Es konnte nothwendig werden ein +Parlament einzuberufen, und man glaubte, da Devonshire in diesem Falle +sofort eine Cassationsklage einreichen werde. Der Punkt, auf den er +seine Appellation gegen das Erkenntni der Kings Bench zu sttzen +gedachte, waren seine Privilegien als Peer, und das Tribunal, vor das +die Appellation kommen mute, war das Haus der Peers. In einem solchen +Falle konnte der Hof nicht einmal auf die Untersttzung der ihm +ergebensten Adeligen mit Gewiheit rechnen. Es stand kaum zu bezweifeln, +da das Urtel cassirt werde, und da die Regierung dadurch, da sie zu +viel haben wollte, Alles verlieren wrde. Jakob war daher zu einem +Vergleiche geneigt. Es wurde dem Earl angekndigt, da, wenn er eine +Schuldverschreibung ber die ganze Summe geben und sich des mglichen +Vortheils einer Cassationsklage begeben wolle, er in Freiheit gesetzt +werden solle. Ob er zur Bezahlung der Summe angehalten werden wrde oder +nicht, sollte von seinem ferneren Benehmen abhngen. Wenn er das +Dispensationsrecht untersttzte, solle er nicht dafr in Anspruch +genommen werden; trachte er aber nach Popularitt, so msse er die +dreiigtausend Pfund bezahlen. Er weigerte sich eine Zeit lang, auf +diese Bedingungen einzugehen; aber die Haft war ihm unertrglich. Er +stellte die Verschreibung aus und wurde aus den Gefngnis entlassen; +aber obgleich er sich dazu verstand seinem Vermgen diese drckende +Schuldlast aufzubrden, konnte ihn doch nichts zu dem Versprechen +bestimmen, da er seinen Grundstzen und seiner Partei untreu werden +wolle. Er wurde nach wie vor in alle Geheimnisse der Opposition +eingeweiht, aber einige Monate lang hielten seine politischen Freunde es +um seiner selbst wie um ihrer Sache willen fr gerathen, da er im +Hintergrunde blieb.[63] + + [Anmerkung 63: Kennet's Grabrede auf den Herzog von Devonshire und + Memoiren der Familie Cavendish; +Collection of State Trials+; + +Privy Council Book, March 5. 1685/6+; Barillon, 30. Juni (10. + Juli) 1687.; Johnstone, 8.(18.) Dec. 1687.; +Lords' Journals May + 6. 1689+. +Ses amis et ses proches,+ sagt Barillon, +lui + conseillent de prendre le bon parti, mais il persiste jusqu' + prsent ne se point soumettre. S'il vouloit se bien conduire et + renoncer tre populaire, il ne payeroit pas l'amende, mais s'il + opinitre, il lui en coutera trente mille pices, et il demeurera + prisonnier jusqu' l'actuel payement.+] + + +[_Eduard Russell._] Der Earl von Bedford hatte sich von dem harten +Schlage, der ihm vor vier Jahren fast das Herz gebrochen, nie wieder +erholen knnen. Seine persnlichen wie auch seine ffentlichen Gefhle +machten ihn zum Gegner des Hofes; aber an der Verabredung von Maregeln +gegen denselben nahm er keinen thtigen Antheil. Seine Stelle in den +Versammlungen der Mivergngten vertrat sein Neffe. Dies war der +berhmte Eduard Russell, ein Mann von unbezweifeltem Muth und Talent, +aber von lockeren Grundstzen und ruhelosem Geiste. Er war Seemann, +hatte sich in seinem Berufe ausgezeichnet und hatte unter der vorigen +Regierung ein Hofamt bekleidet; aber durch den Tod seines Vetters +Wilhelm Russell waren alle Bande, die ihn an den Hof ketteten, zerrissen +worden. Der verwegene, unruhige und racheschnaubende Seemann sa jetzt +in den von dem hollndischen Gesandten berufenen Versammlungen als +Vertreter des khnsten und heftigsten Theiles der Opposition, der +Mnner, welche unter den Namen Rundkpfe, Exclusionisten und Whigs einen +fnfundvierzigjhrigen Kampf gegen drei aufeinanderfolgende Knige mit +wechselndem Glck unterhalten hatten. Diese Partei, welche vor Kurzem +niedergeworfen und fast vernichtet gewesen war, sich jetzt aber mit +voller Lebenskraft rasch zu Ansehen und Einflu erhob, wurde durch keine +von den Bedenklichkeiten behindert, welche die Bewegungen der Tories und +der Trimmers noch immer hemmten, und war bereit, das Schwert gegen den +Tyrannen zu ziehen, sobald es mit gegrndeter Aussicht auf den Sieg +gezogen werden konnte. + + +[_Compton. -- Herbert. -- Churchill._] Drei Mnner sind noch zu +erwhnen, mit denen Dykvelt in vertrauter Verbindung stand und mit deren +Hlfe er sich die Mitwirkung von drei groen Stnden zu sichern hoffte. +Bischof Compton war der Agent, der die Geistlichkeit zu bearbeiten +hatte, Admiral Herbert bernahm es, seinen ganzen Einflu bei der Flotte +zu verwenden und durch Churchill suchte man die Armee zu gewinnen. + +Das Benehmen Compton's und Herbert's bedarf keiner Erklrung. Nachdem +sie der Krone in allen weltlichen Dingen mit Treue und Eifer gedient, +hatten sie sich durch ihre Weigerung, als Werkzeuge der Zerstrung ihrer +eignen Religion zu dienen, das Mifallen des Knigs zugezogen. Beiden +hatte die Erfahrung gelehrt, wie bald Jakob eingegangene Verpflichtungen +verga und mit welchem bitteren Groll er sich dessen erinnerte, was er +als Beleidigung anzusehen fr gut fand. Der Bischof war durch einen +ungesetzlichen Richterspruch seiner bischflichen Functionen enthoben, +der Admiral in einer Stunde aus Reichthum in Armuth gestrzt worden. +Ganz anders war die Lage Churchill's. Er war durch knigliche Gunst aus +der Dunkelheit zu hohem Ansehen, aus der Drftigkeit zum Reichthum +erhoben worden. Als armer Fhndrich hatte er seine Laufbahn begonnen und +jetzt war er, in seinem siebenunddreiigsten Jahre, Generalmajor, Peer +von Schottland und Peer von England, befehligte eine Abtheilung der +Leibgarde, bekleidete mehrere ehrenvolle und eintrgliche Stellen und +bis jetzt verrieth noch nichts, da er den geringsten Theil von der +Gunst verloren hatte, der er so viel verdankte. Er war nicht nur durch +die allgemeine Pflicht der Unterthanentreue, sondern auch durch +militairische Ehren, durch persnliche Dankbarkeit und, wie es +oberflchlichen Beobachtern schien, durch die strksten Bande des +Interesses an Jakob gebunden. Aber Churchill selbst war kein +oberflchlicher Beobachter, er wute genau, worin sein wirkliches +Interesse bestand. Er war berzeugt, da, wenn sein Gebieter einmal +volle Freiheit erhielt Papisten anzustellen, er nicht einen einzigen +Protestanten mehr anstellen wrde. Eine Zeit lang wurden vielleicht +einige hochbegnstigte Diener der Krone noch von der allgemeinen +Proscription ausgenommen, in der Hoffnung, da sie sich dadurch +bestimmen lieen, ihren Glauben zu wechseln, aber selbst diese muten +nach einer kurzen Frist Einer nach dem Andren fallen, wie Rochester +schon gefallen war. Churchill konnte sich allerdings durch bertritt zur +katholischen Kirche gegen diese Gefahr sicher stellen und noch hher in +der kniglichen Gunst steigen; auch htte man glauben knnen, da ein +Mann, der sich eben so sehr durch Habsucht und Characterlosigkeit, wie +durch Talent und Tapferkeit auszeichnete, schwerlich an dem Gedanken, +eine Messe anhren zu mssen, Ansto nehmen wrde. Aber die menschliche +Natur ist so reich an Widersprchen, da selbst abgestumpfte Gewissen +eine empfindliche Stelle haben. So hatte dieser Mann, der seine +Erhebung der Schande seiner Schwester verdankte, der von der +verschwenderischesten, herrschschtigsten und schamlosesten Buhlerin +unterhalten worden war und dessen ffentliches Leben Jedem, der mit +unbefangenem Blicke den schimmernden Glanz des Genies und des Ruhms zu +durchdringen vermag, als ein Abgrund von Schndlichkeit erscheinen mu, +einen blinden Glauben an die Religion, die ihm als Kind eingelernt +worden war, und schauderte bei dem Gedanken, sie frmlich abzuschwren. +Es stand ihm eine furchtbare Alternative bevor. Das irdische bel, das +er am meisten frchtete, war die Armuth, das einzige Verbrechen, vor dem +sein Herz zurckbebte, war der Glaubensabfall, und wenn die Plne des +Hofes gelangen, konnte er nicht zweifeln, da er bald zwischen Armuth +und Abfall whlen mute. Daher entschlo er sich, diese Plne zu +durchkreuzen, und es zeigte sich bald, da er bereit war, jede Schuld +und jede Schmach auf sich zu laden, wenn er nur der Nothwendigkeit +entging, entweder seine Stellen oder seine Religion aufgeben zu +mssen.[64] + + [Anmerkung 64: Der Beweggrund, welcher das Verfahren der Churchill + bestimmte, ist kurz und bndig in +The Duchess of Marlborough's + Vindication+ dargelegt. Jedermann erkannte deutlich, sagt sie, + da bei dem Systeme, das Knig Jakob angenommen hatte, Jeder der + nicht Katholik werden wollte, frher oder spter zu Grunde gehen + mute. Diese berzeugung lie mich das Unternehmen des Prinzen von + Oranien, uns aus solcher Knechtschaft zu erlsen, mit Wohlgefallen + betrachten.] + + +[_Lady Churchill und die Prinzessin Anna._] Nicht blo als +militairischer Befehlshaber von hohem Range und ausgezeichnetem Geschick +und Muth konnte Churchill der Opposition Dienste leisten. Es war fr das +Gelingen der Plne Wilhelm's wenn nicht absolut nothwendig, doch hchst +wichtig, da seine Schwgerin, welche nach der englischen +Thronfolgeordnung zwischen ihm und seiner Gemahlin stand, in +vollkommener bereinstimmung mit ihm handelte. Alle ihm +entgegenstehenden Schwierigkeiten wrden bedeutend vergrert worden +sein, wenn Anna sich gnstig fr die Indulgenz ausgesprochen htte. Auf +welche Seite sie treten wrde, hing von dem Willen Anderer ab, denn ihr +Verstand war trge, und obgleich in ihrem Character ein erblicher +Eigenwille und Starrsinn verborgen lag, welche viele Jahre spter durch +groe Macht und heftige Provocationen zum Vorschein gebracht wurden, so +war sie doch zur Zeit die willige Sklavin einer Frau von viel +lebhafterem und herrschschtigerem Character als der ihrige war. Diese +Frau, welche sie vllig beherrschte, war Churchill's Gattin, ein Weib, +die nachmals auf die Geschicke England's und Europa's einen groen +Einflu ausbte. + +Der Name dieser berhmten Gnstlingin war Sara Jennings. Ihre ltere +Schwester Franziska hatte sich durch Schnheit und Leichtfertigkeit +selbst unter der Masse von schnen Gesichtern und leichtfertigen +Characteren ausgezeichnet, welche Whitehall whrend des wilden Carnevals +der Restauration zierten und schndeten. Einmal verkleidete sie sich +als Apfelsinenmdchen und rief in den Straen ihre Frchte aus.[65] +Gesetzte Leute meinten, da ein Mdchen von so wenig Takt- und +Schicklichkeitsgefhl nicht leicht einen Gatten finden werde. Sie war +indessen zweimal verheirathet und jetzt die Gattin Tyrconnel's. Sara +war nicht so regelmig schn als ihre Schwester, aber vielleicht noch +anziehender. Ihr Gesicht war ausdrucksvoll, ihre Gestalt entbehrte +keines weiblichen Reizes, und die Flle ihrer schnen Haare, welche noch +nicht nach der barbarischen Mode, deren Einfhrung sie noch erlebte, +durch Puder verunziert waren, erfllten ihre zahlreichen Bewunderer mit +Entzcken. Von den Freiern, die sich um ihre Hand bewarben, erhielt der +junge, schne, liebenswrdige, einschmeichelnde, beredte und tapfere +Oberst Churchill den Vorzug. Er mute sie wirklich lieben, denn auer +der Leibrente, die er sich fr den von der Herzogin von Cleveland +erhaltenen schmachvollen Lohn gekauft hatte, besa er wenig Vermgen, +war unersttlich in seiner Gier nach Schtzen, Sara war arm, und es war +ihm ein einfaches Mdchen mit einem groen Vermgen angetragen worden. +Nach einem kurzen Kampfe trug die Liebe den Sieg ber die Habsucht +davon, die Ehe verstrkte nur noch seine Leidenschaft, und Sara geno +bis zum letzten Augenblicke seines Lebens das Vergngen und die +Auszeichnung, das einzige menschliche Wesen zu sein, das im Stande war, +diesen weitsehenden und sicheren Blick auf sich zu fesseln, das von +diesem kalten Herzen hei geliebt und von diesem unerschrockenen Geiste +knechtisch gefrchtet wurde. + +Im weltlichen Sinne ward Churchill's treue Liebe reich belohnt. Bei +aller Drftigkeit brachte seine Braut ihm doch ein Heirathsgut zu, das +klug verwendet ihn endlich zum englischen Herzog, zum deutschen +Reichsfrsten, zum Oberfeldherrn einer groen Coalition, zum +Schiedsrichter zwischen mchtigen Frsten und was in seinen Augen noch +viel mehr werth war, zum reichsten Privatmann von ganz Europa machte. +Sie war von frher Kindheit an mit der Prinzessin Anna aufgewachsen und +es hatte sich eine innige Freundschaft zwischen den beiden Mdchen +gebildet. Im Character glichen sie einander nur wenig. Anna war +phlegmatisch und schweigsam. Gegen Diejenigen, die sie liebte, war sie +sanft; ihr Zorn uerte sich nur durch ein mrrisches Schmollen. Sie +hatte einen starken religisen Sinn und war den Gebruchen und der +Verfassung der anglikanischen Kirche mit wahrer Bigotterie zugethan. +Sara war lebhaft und redselig, dominirte selbst Diejenigen, die sie am +meisten liebte, und wenn sie gekrnkt wurde, uerte sich ihre Wuth +durch Thrnen und heftige Vorwrfe. Auf Frmmigkeit machte sie keinen +Anspruch, ja sie entging sogar kaum der Beschuldigung der +Irreligiositt. Sie war jetzt noch nicht das was sie spter wurde, +nachdem das Glck _eine_ Klasse von Fehlern, das Unglck eine andre +vollkommen entwickelt, als Siege und Huldigungen ihr den Kopf verrckt +und Migeschick und Krnkungen ihren Character verbittert hatten. Sie +wurde in ihren spteren Lebensjahren das verchtlichste und +erbrmlichste Geschpf: ein altes Weib, die in bestndigem Hader lebte +mit ihrem ganzen Geschlecht, mit ihren eigenen Kindern und Enkeln, zwar +vornehm und reich, aber Vornehmheit und Reichthum hauptschlich nur +deshalb schtzend, weil dieselben sie in den Stand setzten, der +ffentlichen Meinung Hohn zu sprechen und rckhaltlos ihrem Hasse gegen +Lebende und Todte zu frhnen. Unter der Regierung Jakob'sII. galt sie +fr nichts Schlimmeres als eine schne, stolze junge Frau, die wohl +zuweilen launenhaft und eigensinnig sein konnte, der man aber in +Bercksichtigung ihrer Reize ihre Launen gern verzieh. + +Es ist eine sehr gewhnliche Erscheinung, da Verschiedenheit der +Neigungen und Geistesfhigkeiten keine Hindernisse der Freundschaft sind +und da gerade zwei Herzen, die sich gegenseitig ergnzen, das Band der +innigsten Zuneigung umschlingt. Lady Churchill wurde von der Prinzessin +Anna geliebt, ja fast angebetet. Die Prinzessin konnte ohne den +Gegenstand ihrer romanhaften Zrtlichkeit nicht leben. Sie vermhlte +sich und wurde eine treue, sogar liebevolle Gattin; aber Prinz Georg, +ein beschrnkter Mann, dessen Hauptgensse die Freuden der Tafel und der +Flasche waren, erlangte keinen Einflu auf sie, der sich mit dem ihrer +Freundin vergleichen lie, und gab sich bald mit stupider Geduld der +Herrschaft des heftigen und gebieterischen Geistes hin, von dem seine +Gemahlin sich leiten lie. Das knigliche Paar bekam Kinder und Anna +entbehrte keineswegs der Gefhle einer Mutter; aber die Liebe zu ihren +Kindern war lau im Vergleich mit ihrer hingebenden Zrtlichkeit fr ihre +Jugendfreundin. Endlich wurde die Prinzessin des Zwanges mde, den die +Etikette ihr auferlegte, es war ihr unertrglich, die Worte Madame und +Knigliche Hoheit aus dem Munde einer Frau zu hren, die ihr mehr war +als eine Schwester. In der Gallerie und im Empfangzimmer waren diese +Worte nicht zu umgehen, aber im Boudoir wurden sie abgeschafft. Hier +hie Anna Mrs. Morley, Lady Churchill Mrs. Freeman, und unter diesen +kindlichen Namen bestand zwanzig Jahre hindurch ein intimer Verkehr +zwischen den beiden Freundinnen, von dem schlielich das Schicksal von +Regierungen und Dynastien abhing. Bis jetzt hatte jedoch Anna noch keine +politische Macht und nur geringen persnlichen Einflu. Ihre Freundin +bekleidete in ihrem Hausstaate das Amt der ersten Kammerdame mit nur +vierhundert Pfund Sterling Gehalt. Gleichwohl hat man Grund zu glauben, +da es Churchill schon zu dieser Zeit mglich war, seine vorherrschende +Leidenschaft durch den Einflu seiner Gattin zu befriedigen. Obgleich +die Prinzessin ein hohes Einkommen hatte und sehr einfach lebte, so +machte sie doch Schulden, die ihr Vater mit einigem Unwillen bezahlte, +und man sagte, da der Grund ihrer finanziellen Verlegenheiten in ihrer +verschwenderischen Freigebigkeit gegen ihren Liebling zu suchen sei.[66] + +Endlich war die Zeit gekommen, wo diese sonderbare Freundschaft einen +groen Einflu auf die ffentlichen Angelegenheiten ausben sollte. Man +war uerst gespannt darauf, welche Rolle Anna in dem Kampfe, der +England erschtterte, spielen werde. Auf der einen Seite stand die +Kindespflicht, auf der andren die Interessen der Religion, der sie +aufrichtig zugethan war. Ein minder phlegmatischer Character wrde +zwischen so starken und wichtigen Beweggrnden, die ihn nach +entgegengesetzten Richtungen hinzogen, gewi lange geschwankt haben. Der +Einflu der Churchill aber entschied die Frage und ihre Gnnerin wurde +ein wichtiges Mitglied des umfassenden Bundes, dessen Oberhaupt der +Prinz von Oranien war. + + [Anmerkung 65: +Mmoires de Grammont+; +Pepys's Diary, Feb. 21. + 1684/5.+] + + [Anmerkung 66: Es wrde mich zu weit fhren, wollte ich alle die + Werke aufzhlen, aus denen ich mein Urtheil ber den Character der + Herzogin geschpft habe. Meine Hauptquellen sind ihre eigenen + Briefe, ihre Rechtfertigung und die Entgegnungen, welche diese + veranlate.] + + +[_Dykvelt kehrt mit Briefen von vielen angesehenen Englndern nach dem +Haag zurck._] Im Juni 1687 kehrte Dykvelt nach dem Haag zurck. Er +berreichte den Generalstaaten ein knigliches Schreiben voll +Lobeserhebungen ber sein Benehmen whrend seines Aufenthalts in London. +Diese Lobeserhebungen waren jedoch nur eine Formalitt. In +Privatmittheilungen von seiner eigenen Hand beschwerte Jakob sich bitter +darber, da der Gesandte einen so vertrauten Umgang mit den heftigsten +Oppositionsmnnern seines Reiches gepflogen und sie in allen ihren +Umsturzplnen bestrkt habe. Auerdem brachte Dykvelt auch eine Anzahl +Briefe von den ausgezeichnetsten derjenigen Mnner mit, mit denen er +sich whrend seines Aufenthalts in London berathen hatte. Die Schreiber +dieser Briefe versicherten den Prinzen allgemein ihrer unbegrenzten +Verehrung und Hingebung und verwiesen ihn wegen der nheren Darlegung +ihrer Ansichten an den berbringer. Halifax errterte den Zustand und +die Aussichten des Landes mit gewohnter Schrfe und Lebendigkeit, htete +sich aber sorgfltig, fr irgend ein gefhrliches Verfahren die +Verantwortung zu bernehmen. Danby schrieb in einem khneren und +entschlosseneren Tone und konnte sich nicht enthalten, ber die +Besorgnisse und Bedenklichkeiten seines genialen Nebenbuhlers zu +sptteln. Der interessanteste Brief aber war der von Churchill. Er war +mit der natrlichen Beredtsamkeit, an der es ihm trotz seines Mangels an +hherer Bildung bei wichtigen Anlssen nie fehlte, und mit einem +Anstrich von Hochherzigkeit geschrieben, den er sich, so perfid er auch +war, mit seltener Geschicklichkeit zu geben verstand. Die Prinzessin +Anna, sagte er, habe ihm befohlen, ihre erlauchten Verwandten im Haag zu +versichern, da sie mit Gottes Hlfe fest entschlossen sei, eher ihr +Leben zu lassen, als sich eines Glaubensabfalls schuldig zu machen. Was +seine Person betreffe, so lege er auf seine Stellen und auf die +knigliche Gunst einen weit geringeren Werth als auf seine Religion. Er +schlo mit der hochtrabenden Erklrung, da man ihn, obgleich er keinen +Anspruch darauf mache, wie ein Heiliger gelebt zu haben, doch +vorkommenden Falls bereit finden werde, den Mrtyrertod zu sterben.[67] + + [Anmerkung 67: Das Formalittsschreiben, welches Dykvelt den + Generalstaaten berbrachte, befindet sich in den Archiven des + Haags. Die anderen in diesem Paragraphen erwhnten Briefe giebt + Dalrymple im Anhange zu Buch +V.+] + + +[_Zulestein's Sendung._] Dykvelt's Sendung hatte einen so glnzenden +Erfolg gehabt, da bald ein neuer Vorwand gefunden war, um einen andren +Agenten abzusenden, der das so glcklich begonnene Werk fortsetzen +sollte. Der neue Gesandte, nachmals der Grnder eines jetzt erloschenen +englischen Adelshauses, war ein illegitimer leiblicher Vetter Wilhelm's +und fhrte einen der Herrschaft Zulestein entlehnten Namen. Seine +Verwandtschaft mit dem Hause Oranien gab Zulestein in den Augen des +Publikums ein bedeutendes Ansehen. Sein Benehmen war das eines tapferen +Soldaten. In diplomatischen Talenten und Kenntnissen stand er Dykvelt +weit nach, aber gerade diese Inferioritt hatte ihre Vortheile. Ein +Militair, der sich anscheinend nie um die Politik gekmmert hatte, +konnte ohne Verdacht zu erregen mit der englischen Aristokratie einen +Verkehr unterhalten, der mit argwhnischem Auge bewacht worden sein +wrde, wenn er ein bekannter Meister in der Staatskunst gewesen wre. +Nach kurzer Abwesenheit kehrte Zulestein mit nicht minder wichtigen +Briefen und mndlichen Botschaften, als die welche seinem Vorgnger +anvertraut worden waren, in sein Vaterland zurck. Von diesem +Augenblicke an trat der Prinz mit der Opposition in einen regelmigen +Briefwechsel. Geschftstrger verschiedenen Ranges reisten bestndig +zwischen der Themse und dem Haag hin und her. Der ntzlichste von diesen +war ein Schotte von einigem Talent und groer Thtigkeit, Namens +Johnstone. Er war Burnet's Vetter und der Sohn eines angesehenen +Covenanters, der bald nach der Restauration wegen Hochverraths +hingerichtet worden war und von seiner Partei als Mrtyrer verehrt +wurde. + + +[_Zunehmende Feindschaft zwischen Jakob und Wilhelm._] Die Entfremdung +zwischen dem Knige von England und dem Prinzen von Oranien wurde mit +jedem Tage vollkommener. Es hatte sich ein ernsthafter Streit in Betreff +der sechs britischen Regimenter erhoben, welche im Solde der Vereinigten +Provinzen standen. Der Knig wollte diese Regimenter unter das Commando +rmisch-katholischer Offiziere stellen, und der Prinz widersetzte sich +diesem Ansinnen entschieden. Der Knig nahm seine Zuflucht zu seinen +Lieblingsgemeinpltzen von der Duldung; der Prinz erwiederte da er nur +das Beispiel Seiner Majestt nachahme. Es sei notorisch erwiesen, da +loyale und tchtige Mnner in England lediglich deshalb, weil sie +Protestanten waren, aus dem Staatsdienste entlassen worden seien, und +dies berechtige den Statthalter und die Generalstaaten doch gewi dazu, +die Papisten von hohen ffentlichen mtern auszuschlieen. Diese Antwort +erbitterte Jakob dermaen, da er in seiner Wuth die Wahrhaftigkeit und +den gesunden Verstand vllig aus den Augen verlor. Es sei nicht wahr, +behauptete er mit Heftigkeit, da er irgend Jemanden jemals aus +religisen Grnden abgesetzt habe. Und wenn er es wirklich gethan htte, +was ginge es dann dem Prinzen oder die Generalstaaten an? Wren sie etwa +seine Herren? wren sie befugt, sich zu Richtern ber die Handlungen +fremder Frsten aufzuwerfen? Von jetzt an wnschte er seine in +hollndischen Diensten stehenden Unterthanen zurckzuberufen, denn er +glaubte durch diese Maregel sich selbst zu verstrken und seine +schlimmsten Feinde zu schwchen. Es traten ihm jedoch finanzielle +Schwierigkeiten entgegen, die er unmglich bersehen konnte. Die Zahl +der bereits von ihm unterhaltenen Truppen war schon so gro, als es +seine Einknfte nur irgend zulieen, obgleich dieselben die aller seiner +Vorgnger weit berstiegen und mit groer Sparsamkeit verwaltet wurden. +Wenn aber die jetzt in Holland stehenden Bataillone noch zu dem +vorhandenen Etat kamen, so war die Staatskasse bankerott. Vielleicht +lie Ludwig sich bewegen, sie in seinen Dienst zu nehmen. In diesem +Falle wurden sie aus einem Lande entfernt, wo sie dem verderblichen +Einflusse einer republikanischen Regierung und einer calvinistischen +Kirchenverfassung ausgesetzt waren, und kamen in ein Land, wo Niemand +die Autoritt des Monarchen und die Lehren der wahren Kirche zu +bestreiten wagte. Die Soldaten wrden dann bald alle politische und +religise Ketzerei wieder verlernen, ihr Landesfrst konnte zu jeder +Zeit binnen kurzer Frist ber ihre Hlfe verfgen und sich unter allen +Umstnden auf ihre Treue verlassen. + +Es wurden zwischen Whitehall und Versailles Unterhandlungen in dieser +Angelegenheit erffnet. Ludwig hatte soviel Soldaten als er brauchte, +und wre es auch anders gewesen, so wrde er dennoch keine Lust gehabt +haben, englische Truppen in Dienst zu nehmen, da der englische Sold, so +niedrig er unsrer Generation erscheinen mu, doch viel hher war als der +franzsische. Auf der andren Seite aber htte er Wilhelm sehr gern um +eine so schne Brigade geschwcht. Nach einer mehrwchentlichen +Correspondenz wurde Barillon zu der Erklrung ermchtigt, da, wenn +Jakob die britischen Truppen aus Holland zurckriefe, Ludwig die +Unterhaltungskosten fr zweitausend Mann in England bernehmen wolle. +Jakob nahm dieses Anerbieten mit dem wrmsten Danke an. In Folge des +getroffenen Arrangements ersuchte er die Generalstaaten um Rcksendung +der sechs Regimenter. Die Generalstaaten aber, welche Wilhelm ganz nach +seinem Willen leitete, antworteten, da ein solches Verlangen unter den +obwaltenden Umstnden durch die bestehenden Vertrge nicht +gerechtfertigt werde, und weigerten sich entschieden, demselben zu +entsprechen. Es ist bemerkenswerth, da Amsterdam, welches fr +Zurckhaltung dieser Truppen in Holland gestimmt hatte, als Jakob ihrer +gegen die Insurgenten im Westen bedurfte, jetzt heftig fr die Erfllung +seines Verlangens stritt. In beiden Fllen beabsichtigten die Behrden +dieser groen Stadt nichts weiter, als dem Prinzen von Oranien zu +opponiren.[68] + + [Anmerkung 68: Sunderland an Wilhelm, 24. Aug. 1686; Wilhelm an + Sunderland, 2.(12.) Sept. 1686; Barillon, 6.(16.) Mai, 26. Mai (5. + Juni), 3.(13.) Oct., 28. Nov. (8. Dec.) 1687; Ludwig an Barillon, + 14.(24.) Oct. 1687; Memorial von Albeville, 15.(25.) Dec. 1687; + Jakob an Wilhelm, 17. Jan., 16. Feb., 2. u. 13. Mrz 1688: Avaux, + 1.(11.), 6.(16.), 8.(18.) Mrz, 22. Mrz (1. April) 1688.] + + +[_Einflu der hollndischen Presse._] Die hollndischen Waffen waren +jedoch fr Jakob kaum so gefhrlich als die hollndische Presse. Fast +tglich erschienen im Haag englische Bcher und Flugschriften gegen die +Regierung, und keine Wachsamkeit konnte es verhindern, da viele +Tausende von Exemplaren in die an der Nordsee gelegenen Grafschaften +eingeschmuggelt wurden. Unter diesen Schriften zeichnete sich besonders +eine durch ihre Wichtigkeit und durch den Eindruck, den sie machte, aus. +Jedermann, der mit den ffentlichen Angelegenheiten vertraut war, kannte +die Ansicht des Prinzen und der Prinzessin von Oranien in Betreff der +Indulgenz; da aber keine officielle Erklrung dieser Ansicht erschienen +war, so wurden Viele, denen gute Privatquellen nicht zugnglich waren, +durch die Zuversicht, mit der die Anhnger des Hofes behaupteten, da +Ihre Hoheiten die letzten Maregeln des Hofes billigten, getuscht oder +verwirrt gemacht. Es wrde ein sehr einfacher und naheliegender Weg +gewesen sein, diese Behauptungen ffentlich zu widerlegen, wenn Wilhelm +keinen andren Zweck gehabt htte, als seinen Einflu in England zu +befestigen. Allein er betrachtete England hauptschlich als das zur +Ausfhrung seines groen europischen Planes nthige Werkzeug. Er hoffte +fr diesen Plan die Mitwirkung der beiden Linien des Hauses sterreich, +der italienischen Frsten und selbst des Papstes zu gewinnen, und er +hatte Grund zu der Befrchtung, da jede die britischen Protestanten +befriedigende Erklrung in Madrid, Wien, Turin und Rom Besorgni und +Unwillen erregen knnte. Deshalb enthielt sich der Prinz lange jeder +officiellen uerung seiner Gesinnungen. Endlich aber wurde er darauf +aufmerksam gemacht, da sein beharrliches Stillschweigen unter den ihm +Wohlwollenden viel Besorgni und Mitrauen erweckt habe und da es hohe +Zeit sei, sich offen auszusprechen. Er beschlo daher, sich zu erklren. + + +[_Stewart's und Fagel's Correspondenz._] Ein schottischer Whig, Namens +Jakob Stewart, war vor einigen Jahren nach Holland geflchtet, um dem +spanischen Stiefel und dem Galgen zu entgehen, und er war mit dem +Gropensionr Fagel befreundet worden, der das Vertrauen und die Gunst +des Statthalters in hohem Grade besa. Stewart war der Verfasser des +heftigen und gehssigen Manifestes von Argyle. Als die Indulgenz +erschien, erkannte Stewart, da sich ihm die Gelegenheit darbot, nicht +nur Begnadigung, sondern noch obendrein eine Belohnung zu erlangen. Er +bot der Regierung, deren Feind er gewesen war, seine Dienste an, diese +wurden angenommen und er schrieb an Fagel einen Brief, zu dem er +angeblich von Jakob selbst beauftragt war. In diesem Briefe wurde der +Gropensionr dringend aufgefordert, seinen ganzen Einflu bei dem +Prinzen und der Prinzessin aufzubieten, um sie zur Untersttzung der +Politik ihres Vaters zu bewegen. Nach einiger Zeit schickte Fagel eine +tief durchdachte und ausgezeichnet geschriebene Erwiederung ein. Wer +dieses interessante Dokument liest, mu bemerken, da es zwar in einer +Weise abgefat ist, welche geeignet war, die englischen Protestanten zu +beruhigen und ihnen zu gefallen, dennoch aber kein Wort enthlt, das +selbst dem Vatikan Ansto htte geben knnen. Es war darin gesagt, da +Wilhelm und Marie mit Vergngen zur Abschaffung jedes Gesetzes mitwirken +wrden, welches ber irgend einen Englnder seiner religisen +berzeugung wegen Strafe verhnge. Aber zwischen Strafen und +Ausschlieungen war ein Unterschied gemacht. Katholiken zu Staatsmtern +zuzulassen, knne nach der Ansicht Ihrer Hoheiten weder im allgemeinen +Interesse Englands, noch im Interesse der Katholiken selbst liegen. +Dieses Manifest wurde in mehrere Sprachen bersetzt und war auf dem +Continent weit verbreitet. Von der durch Burnet besorgten englischen +Ausgabe wurden nahe an funfzigtausend Exemplare in die stlichen +Grafschaften eingefhrt und rasch ber das ganze Land verbreitet. +Nie hat eine Staatsschrift einen vollstndigeren Erfolg gehabt. Die +Protestanten unsrer Insel priesen die mnnliche Entschiedenheit, mit der +Wilhelm erklrte, da er es nicht gutheien knne, die Papisten Antheil +an der Regierung nehmen zu lassen. Den katholischen Frsten auf der +andren Seite gefiel der milde und gemigte Ton, in welchem diese +Erklrung gehalten war, sowie die ihnen erffnete Aussicht, da unter +seiner Regierung kein Mitglied ihrer Kirche um seines Glaubens willen +belstigt werden wrde. + + +[_Castelmaine's Gesandtschaft in Rom._] Es ist wahrscheinlich, da der +Papst selbst einer von Denen war, die den berhmten Brief mit Vergngen +lasen. Einige Monate zuvor hatte er Castelmaine auf eine Art entlassen, +welche wenig Rcksicht auf die Gesinnungen des Knigs zeigte. Innocenz +war mit der ganzen inneren und ueren Politik der englischen Regierung +durchaus nicht zufrieden. Er sah, da die ungerechten und unklugen +Maregeln der jesuitischen Cabale viel eher dazu beitrugen, das +Fortbestehen der Strafgesetze als die Abschaffung des Testes zu +bewirken. Sein Streit mit dem Hofe von Versailles wurde mit jedem Tage +ernsthafter, und er konnte weder als weltlicher Frst, noch als +Oberhaupt der katholischen Kirche fr einen Vasallen dieses Hofes eine +herzliche Freundschaft fhlen. Castelmaine war nicht geeignet, diesen +Widerwillen zu beseitigen. Er kannte zwar fr einen Laien Rom ziemlich +gut und war auch in der theologischen Polemik grndlich bewandert,[69] +besa aber durchaus nicht das Geschick, welches sein Posten erforderte, +und wenn er auch der talentvollste Diplomat gewesen wre, so wrde doch +ein Umstand ihn fr die besondere Mission, mit der er betraut war, +untauglich gemacht haben. Er war in ganz Europa als der Gatte des +schamlosesten Weibes bekannt, und als weiter nichts. Man konnte +unmglich mit ihm oder von ihm sprechen, ohne daran zu denken, wie er zu +dem Titel gekommen war, bei dem er genannt wurde. Dieser Umstand wrde +wenig auf sich gehabt haben, wenn er an einem sittenlosen Hofe +accreditirt gewesen wre, wie zum Beispiel bei dem, an welchem unlngst +die Herzogin von Montespan das Regiment gefhrt hatte. Aber es war +offenbar ein grober Migriff, ihn mit einem Auftrage mehr geistlichen +als weltlichen Characters an einen Papst von patriarchalischer +Sittenstrenge zu senden. Die Protestanten von ganz Europa spttelten +darber, und Innocenz, der ohnehin schon gegen die englische Regierung +eingenommen war, betrachtete die ihm mit so groer Gefahr und so groen +Kosten erzeigte Aufmerksamkeit als nicht viel besser denn eine +Beleidigung. Der Gehalt des Gesandten war auf hundert Pfund die Woche +festgesetzt. Castelmaine klagte, da dies zu wenig sei und da das +Dreifache dieses Betrags kaum ausreichen werde. Denn in Rom bemhten +sich die Gesandten aller groen Continentalmchte einander vor den Augen +eines Volks, das durch den bestndigen Anblick prchtiger Gebude, +Decorationen und Ceremonien verwhnt war, im Glanz zu berbieten. Er +erklrte stets, da er bei seiner Gesandtschaft Geld zusetzen msse. Es +waren ihm mehrere junge Adelige aus den vornehmsten katholischen +Familien Englands, wie die Ratcliffe, die Arundell und Tichborne, +beigegeben, und er bewohnte in Rom den Palast der Familie Pamfili an dem +prchtigen Navonaplatze. Eine Privatunterredung mit Innocenz wurde ihm +bald bewilligt, die officielle Audienz aber wurde lange hinausgeschoben. +Castelmaine's Vorbereitungen zu diesem wichtigen Acte waren so +prachtvoll, da sie, obgleich schon zu Ostern 1686 begonnen, im +darauffolgenden November noch nicht beendigt waren, und im November +bekam der Papst einen wirklichen oder angeblichen Gichtanfall, der einen +weiteren Aufschub verursachte. Im Januar 1687 endlich fand die +feierliche Vorstellung und Aufwartung mit ungewhnlichem Pompe statt. +Die Staatswagen, welche zu der Auffahrt in Rom gebaut wurden, waren so +prchtig, da man sie fr werth hielt, der Nachwelt in schnen +Abbildungen berliefert und von Dichtern in mehreren Sprachen besungen +zu werden.[70] Die Faade des Gesandtschaftspalastes wurde an diesem +hochwichtigen Tage mit geschmacklosen allegorischen Gemlden von +riesenhafter Gre decorirt. Man sah hier den heiligen Georg mit dem +Fue auf dem Nacken des Titus Oates, und Herkules, wie er mit seiner +Keule den protestantischen Tischler College zu Boden schlgt, der sich +vergebens mit seinem Flegel zu vertheidigen sucht. Nach dieser +ffentlichen Schaustellung lud Castelmaine alle damals in Rom anwesenden +Notabilitten zu einem Bankett in dem freundlichen und prchtigen Saale +ein, den Peter von Cortona mit Gemlden von Scenen aus der Aeneide +geschmckt hat. Die ganze Stadt drngte sich zu dem Schauspiele und nur +mit Mhe konnte eine Compagnie der Schweizergarde die Ordnung unter den +Zuschauern aufrechterhalten. Die Kavaliere des ppstlichen Hofstaates +gaben hierauf ihrerseits dem Gesandten glnzende Gastmhler, und Dichter +und Literaten berhuften seinen Gebieter mit abgeschmackten und +hyperbolischen Schmeicheleien, wie sie da am meisten floriren, wo Genie +und Geschmack am tiefsten gesunken sind. An der Spitze der Schmeichler +stand ein gekrntes Haupt. Mehr als dreiig Jahre waren verflossen, seit +Christine, die Tochter des groen Gustav Adolph, freiwillig vom +schwedischen Throne herabgestieqen war. Nach langen Wanderungen, whrend +denen sie viele Thorheiten und Verbrechen begangen, hatte sie endlich in +Rom ihren bleibenden Aufenthalt genommen, wo sie sich mit astrologischen +Berechnungen und mit den Intriguen des Conclave beschftigte und sich +nebenbei mit Gemlden, Gemmen, Handschriften und Mnzen die Zeit +vertrieb. Jetzt dichtete sie einige italienische Stanzen zu Ehren des +englischen Frsten, der, wie sie selbst, einem Geschlecht von Knigen +entsprossen, welche zu ihrer Zeit als die Vorkmpfer der Reformation +betrachtet wurden, sich, gleich ihr, mit der alten Kirche wieder +ausgeshnt hatte. Sie gab eine glnzende Gesellschaft in ihrem Palaste. +Ihre in Musik gesetzten Verse wurden unter allgemeinem Beifalle +vorgetragen und einer ihrer literarischen Gnstlinge hielt ber +denselben Gegenstand eine Rede in so blhendem Style, da er den +Geschmack der englischen Zuhrer beleidigt zu haben scheint. Die dem +Papste feindlich gesinnten, den Interessen Frankreichs ergebenen +Jesuiten, denen jede Gelegenheit, Jakob Ehre zu erzeigen, willkommen +war, empfingen den englischen Gesandten mit mglichstem Geprnge in dem +frstlichen Hause, wo die berreste des Ignatius Loyola in einem Schrein +von Lasurstein und Gold aufbewahrt werden. Bildhauerkunst, Malerei, +Poesie und Beredtsamkeit wurden aufgeboten, um den Fremden zu +bewillkommnen; aber alle diese Knste lagen tief im Argen. Es wurde viel +schwlstige und unedle Latinitt entfaltet, die eines so gelehrten +Ordens unwrdig war, und einige von den die Wnde zierenden Inschriften +zeigten noch schlimmere Fehler als schlechten Styl. An einer Stelle war +gesagt, da Jakob seinen Bruder als Boten zum Himmel gesandt habe, an +einer andren, da Jakob die Schwingen geliefert, welche seinen Bruder in +eine hhere Region emporgetragen. Auerdem gab es ein noch viel +unglcklicheres Distichon, welches damals wenig beachtet wurde, dessen +man aber einige Monate spter mit boshaften Auslegungen gedachte. +OKnig, sagte der Dichter, seufze nicht lnger nach einem Sohne. Mag +auch die Natur Deinen Wunsch nicht erfllen, die Sterne werden Mittel +finden, um ihn zu befriedigen. + +Inmitten dieser Festlichkeiten erfuhr Castelmaine schwere Krnkungen und +Demthigungen. Der Papst behandelte ihn mit uerster Klte und +Zurckhaltung. So oft der Gesandte ihn um eine Antwort auf das zu +Gunsten Petre's gestellte Anliegen bat, bekam Innocenz einen heftigen +Hustenanfall, der dem Gesprch ein Ende machte. Ganz Rom unterhielt sich +von diesen sonderbaren Audienzen. Pasquino schwieg nicht und die ganze +neugierige und geschwtzige Bevlkerung der migsten aller Stdte, mit +alleiniger Ausnahme der Jesuiten und der Prlaten der franzsischen +Faction, lachte ber Castelmaine's verunglckte Mission. Sein von Natur +unfreundlicher Character wurde bald auf's Heftigste erbittert und er +verbreitete eine Denkschrift mit Betrachtungen ber den Papst. Dadurch +gerieth er in eine schiefe Stellung, der kluge Italiener hatte einen +Vortheil gewonnen und er lie sich denselben nicht wieder entreien. Er +erklrte gerade heraus, die Regel, welche die Jesuiten von kirchlichen +Wrden ausschliee, drfe zu Gunsten Petre's nicht bertreten werden. +Der immer mehr gereizte Castelmaine drohte jetzt Rom zu verlassen. +Innocenz erwiederte ihm mit sanfter Impertinenz, die um so krnkender +war, weil sie sich kaum von treuherziger Einfalt unterscheiden lie. +Seine Excellenz knne gehen, wenn es ihm beliebe. Wenn wir ihn aber +verlieren mssen, setzte der ehrwrdige Pontifex hinzu, so hoffe ich +wenigstens, da er unterwegs seine Gesundheit schonen wird. Ein +Englnder wei nicht, wie gefhrlich es ist, hier zu Lande whrend der +Tageshitze zu reisen. Man thut am besten, wenn man vor Tagesanbruch +aufbricht und zu Mittag Rast macht. Mit diesem wohlmeinenden Rathe und +einem Rosenkranze wurde der unglckliche Gesandte entlassen. Wenige +Monate darauf erschien eine pomphafte Geschichte seiner Sendung in einer +prachtvollen Folioausgabe mit Kupferstichen in italienischer und +englischer Sprache. Das Titelkupfer zeigte zum groen rgerni aller +Protestanten Castelmaine in der Peersrobe und mit der Adelskrone in der +Hand, wie er Innocenz den Fu kt.[71] + + [Anmerkung 69: Adda, 9.(19.) Nov. 1685.] + + [Anmerkung 70: Der Professor der griechischen Sprache am Kollegium + +De Propaganda Fide+ machte seiner Bewunderung in einigen + abscheulichen Hexametern und Pentametern Luft, von denen folgende + Probe gengen mag: + + #Rgeriou d skepsomenos lamproio thriambon, + ka mal' ssen kai theen ochlos apas; + Thaumazousa de tn pompn, panchrusea t' autou + Harmata, tous th' hippous, toiade Rhm eps.# + + Die lateinischen Verse sind etwas besser. Nahum Tate stimmte auf + Englisch ein: + + Um etwas von dem Prachtzug zu ersphen, + Wie selbst in Rom noch Niemand ihn gesehen, + Drngt Alt und Jung sich nach der Thrme Zinnen + Und ber jede Wange Freudenthrnen rinnen.] + + [Anmerkung 71: Correspondenz Jakob's und Innocenz' im Britischen + Museum; +Burnet, I. 703--705+; +Welwood's Memoirs+; +Commons' + Journals, Oct. 28. 1689+; +An Account of his Excellency Roger Earl + of Castelmaine's Embassy, by Michael Wright, chief steward of his + Excellency's house at Rome, 1688.+] + + + * * * * * + * * * * + + + Achtes Kapitel. + + Jakob II. + + + + + =Inhalt.= + + Seite + Consecration des Nuntius im St. Jamespalaste 5 + Sein officieller Empfang. -- Der Herzog von Somerset 5 + Auflsung des Parlaments 6 + Gesetzwidrige Bestrafung militairischer Vergehen 7 + Verfahren der Hohen Commission 8 + Die Universitten 9 + Verfahren gegen die Universitt Cambridge 10 + Der Earl von Mulgrave 11 + Zustand Oxford's 13 + Das Magdalenen-Collegium in Oxford 15 + Anton Farmer, vom Knige als Prsident empfohlen 17 + Wahl des Prsidenten 18 + Die Mitglieder des Magdalenen-Collegiums werden vor die + Hohe Commission geladen 18 + Parker zum Prsidenten empfohlen 19 + Die Karthause 19 + Rundreise des Knigs 20 + Der Knig in Oxford 21 + Er giebt den Collegiaten des Magdalenenstifts einen Verweis 22 + Penn sucht zu vermitteln 22 + Eine kirchliche Specialcommission wird nach Oxford gesandt 24 + Hough's Protest 24 + Einsetzung Parker's 25 + Vertreibung der Collegiaten 26 + Das Magdalenen-Collegium in ein papistisches Seminar + verwandelt 27 + Groll der Geistlichkeit 28 + Plne der jesuitischen Cabale in Bezug auf die Thronfolge 29 + Jakob's und Tyrconnel's Plan, die Prinzessin von Oranien + von der Erbfolge im Knigreich Irland auszuschlieen 30 + Schwangerschaft der Knigin 31 + Allgemeiner Zweifel 31 + Stimmung der Wahlkrper und der Peers 33 + Jakob beschliet, ein bestochenes Parlament zusammenzusetzen 34 + Die Regulatoren 36 + Entlassung vieler Lordlieutenants 36 + Der Earl von Oxford 36 + Der Earl von Shrewsbury 37 + Der Earl von Dorset 38 + An die Obrigkeiten gerichtete Fragen, und Antworten darauf 41 + Scheitern der Plne des Knigs 42 + Liste der Sheriffs 45 + Character der katholischen Landgentlemen 45 + Stimmung der Dissenters 47 + Regulirung der Corporationen 47 + Untersuchung in allen ffentlichen Verwaltungszweigen 50 + Entlassung Sawyer's 51 + Williams Generalprokurator 52 + Zweite Indulgenzerklrung 53 + Die Geistlichkeit erhlt Befehl, sie von der Kanzel + zu verlesen 53 + Die Geistlichkeit ist unschlssig 54 + Patriotismus der protestantischen Nonconformisten Londons 54 + Berathung der londoner Geistlichkeit 55 + Berathung im Palast zu Lambeth 57 + Die Petition der sieben Bischfe dem Knige berreicht 57 + Die londoner Geistlichkeit gehorcht dem kniglichen + Befehle nicht 60 + Unschlssigkeit der Regierung 61 + Es wird eine gerichtliche Verfolgung der Bischfe wegen + Libells beschlossen 63 + Sie werden im Geheimen Rathe verhrt 63 + Geburt des Prtendenten 65 + Man hlt ihn allgemein fr untergeschoben 65 + Die Bischfe werden vor die Kings Bench gestellt und + mssen Brgschaft leisten 69 + Aufregung der Gemther 70 + Sunderland's Angst 71 + Er erklrt sich fr einen Katholiken 72 + Proze der Bischfe 72 + Das Verdict der Geschwornen; Freude des Volks 80 + Eigenthmlicher Zustand der ffentlichen Meinung + zu jener Zeit 84 + + + + +[_Consecration des Nuntius im St. Jamespalaste._] Die auffallende +Unhflichkeit des Papstes htte wohl den sanftmthigsten Frsten reizen +mssen. Auf Jakob aber machte sie keinen andren Eindruck, als da er mit +Schmeicheleien und Komplimenten noch verschwenderischer wurde. Whrend +Castelmaine, das Herz von Zorn und Unwillen erfllt, auf der Rckreise +nach England begriffen war, wurde der Nuntius mit Ehrenbezeigungen +berhuft, die sein eigner Verstand verwerfen mute. Er war in Folge +einer bei der rmischen Kirche hufig in Anwendung kommenden Fiction +unlngst zur Bischofswrde ohne Bischofssitz erhoben worden. Jetzt wurde +er zum Erzbischof von Amasia, einer Stadt am Pontus, dem Geburtsorte +Strabo's und Mithridates', erhoben. Jakob bestand darauf, da die +Ceremonie der Consecration in der Kapelle des St. Jamespalastes +stattfinden sollte. Der apostolische Vikar Leyburn und zwei irische +Prlaten versahen den Dienst. Die Thren wurden dem Publikum geffnet +und man bemerkte unter den Zuschauern einige von den Puritanern, die +sich neuerdings dem Hofe angeschlossen hatten. Am Abend erschien Adda in +seiner neuen Amtstracht im Gesellschaftszirkel der Knigin. Jakob fiel +angesichts des ganzen Hofes auf die Knie und bat um seinen Segen. Trotz +aller Vorschriften der Etikette konnten die Umstehenden ihr Erstaunen +und ihren Widerwillen nicht unterdrcken.[1] Es hatte in der That seit +langer Zeit kein englischer Souverain vor einem Sterblichen gekniet und +wer das sonderbare Schauspiel mit ansah, erinnerte sich unwillkrlich +des schmachvollen Tages, an welchem Johann sich seine Krone von Pandolph +aufs Haupt setzen lie. + + [Anmerkung 1: Barillon, 2.(12.) Mai 1687.] + + +[_Sein officieller Empfang. -- Der Herzog von Somerset._] Bald darauf +fand eine noch prchtigere Schaustellung zu Ehren des Heiligen Stuhles +statt. Es wurde beschlossen, da der Nuntius sich in feierlicher +Prozession an den Hof begeben sollte. Bei dieser Gelegenheit zeigten +mehrere Personen, auf deren Gehorsam der Knig gerechnet hatte, zum +ersten Male eine Neigung zur Widersetzlichkeit. Der Hervorragendste +unter ihnen war der zweite Peer des Knigreichs, Karl Seymour, +gewhnlich der stolze Herzog von Somerset genannt. Er war in der That +ein Mann, bei dem Geburts- und Rangstolz fast zu einer krankhaften Manie +geworden war. Sein ererbtes Vermgen war der hohen Stelle, die er unter +dem englischen Adel einnahm, nicht angemessen; aber durch seine +Vermhlung mit der Tochter und Erbin des letzten Percy, der die alte +Krone von Northumberland trug, war er in den Besitz des grten +Vermgens in England gelangt. Somerset war erst fnfundzwanzig Jahre alt +und im Publikum noch wenig bekannt. Er war Kammerherr des Knigs und +Oberst eines der Regimenter, welche zur Zeit des Aufstandes im Westen +neu errichtet worden waren. Er hatte kein Bedenken dagegen erhoben, bei +feierlichen Gelegenheiten das Staatsschwert in die knigliche Kapelle zu +tragen; diesmal aber weigerte er sich entschieden, an dem Festzuge zu +Ehren des Nuntius Theil zu nehmen. Einige Mitglieder seiner Familie +baten ihn dringend, sich das knigliche Mifallen nicht zuzuziehen; aber +ihr Bitten war fruchtlos. Der Knig setzte ihn nun selbst zur Rede. Ich +htte geglaubt, Mylord, sagte er, da ich Ihnen eine groe Ehre +erzeigte, indem ich Sie dazu ausersah, den Gesandten des ersten aller +gekrnten Hupter zu begleiten. -- Sire, entgegnete der Herzog, ich +bin darauf aufmerksam gemacht worden, da ich Eurer Majestt nicht +gehorchen kann, ohne das Gesetz zu verletzen. -- Ich will Sie lehren, +mich ebenso zu achten wie das Gesetz, erwiederte der Knig in +hochfahrendem Tone. Wissen Sie noch nicht, da ich ber dem Gesetz +stehe? -- Eure Majestt mgen ber dem Gesetz stehen, ich aber nicht, +und wenn ich dem Gesetz gehorche, frchte ich nichts. Der Knig +entfernte sich hchlich erzrnt und Somerset wurde augenblicklich seiner +Stellen im Hofstaate und in der Armee entsetzt.[2] + +In einem Punkte zeigte jedoch der Knig einige Klugheit. Er wagte es +nicht, den ppstlichen Gesandten in feierlichem Aufzuge der ganzen +Bevlkerung der Hauptstadt vorzufhren. Die Ceremonie fand am 3. Juli +1687 in Windsor statt. Eine groe Menschenmenge strmte nach dem +Stdtchen. Der Schaulustigen waren so viele, da sie weder Speise und +Trank noch ein Unterkommen fanden und eine Menge vornehmer Leute den +ganzen Tag in ihrem Wagen zubringen muten, um das Schauspiel mit +anzusehen. Spt am Nachmittag endlich erschienen die Leute des +Hofmarschalls zu Pferde. Hierauf folgte ein langer Zug von Lufern und +dann in einem kniglichen Staatswagen Adda im Purpurmantel und mit einem +Brillantenkreuze auf der Brust. Hinter ihm fuhren die Equipagen der +vornehmsten Hofkavaliere und der Staatsminister. Mit groem Mifallen +bemerkte das Volk in dem Zuge die Wappen und Livreen Crewe's, Bischofs +von Durham, und Cartwright's, Bischofs von Chester.[3] + + [Anmerkung 2: +Memoirs of the Duke of Somerset+; Citters, 5.(15.) + Juli 1687; +Eachard's History of the Revolution+; +Clarke's Life + of James the Second, II. 116, 117, 118+; +Lord Lonsdale's + Memoirs.+] + + [Anmerkung 3: +London Gazette, July 7. 1687+; Citters, 7.(17.) + Juli; Bericht ber die Ceremonie in den Somers'schen Schriften.] + + +[_Auflsung des Parlaments._] Am folgenden Tage erschien in der Gazette +eine Proklamation, welche das Parlament auflste, das von allen durch +die Stuarts einberufenen Parlamenten das fgsamste gewesen war.[4] + +Mittlerweile hatten sich neue Schwierigkeiten in Westminsterhall +gezeigt. Erst vor wenigen Monaten waren mehrere Richter entlassen und +andere an deren Stelle gesetzt worden, um in dem Prozesse gegen Sir +Eduard Hales ein Erkenntni zu Gunsten der Krone zu erlangen, und schon +waren neue nderungen nthig. + + [Anmerkung 4: +London Gazette, July, 4. 1687.+] + + +[_Gesetzwidrige Bestrafung militairischer Vergehen._] Der Knig hatte +kaum die Armee gebildet, auf die er zur Ausfhrung seiner Plne +namentlich rechnete, so erkannte er auch schon, da er sie selbst nicht +regieren konnte. Wenn ein Krieg im Lande wthete, so konnte ein Meuterer +oder Deserteur vor ein Kriegsgericht gestellt und das Urtel durch den +Generalprofo vollzogen werden. Aber man war jetzt im tiefsten Frieden. +Das englische Landrecht, das aus einem Zeitalter herrhrte, wo +erforderlichenfalls Jedermann, Niemand aber bestndig die Waffen trug, +machte in Friedenszeiten keinen Unterschied zwischen einem Soldaten und +jedem andren Unterthan, und es gab kein Gesetz hnlich dem, durch +welches heutzutage dem Souverain alljhrlich die zum Oberbefehl ber die +regulre Truppenmacht nthige Autoritt verliehen wird. Zwar erklrten +einige alte Verordnungen die Desertion in gewissen angefhrten Fllen +fr Felonie; aber diese Verordnungen galten nur fr die Soldaten, welche +dem Knige im wirklichen Kriege dienten und konnten nicht ohne die +arglistigste Willkr so weit ausgedehnt werden, da sie auch auf einen +Mann Anwendung fanden, der in einer Zeit der vollstndigsten inneren und +ueren Ruhe des Lagers von Hounslow berdrssig wurde und daher in sein +heimathliches Dorf zurckkehrte. Die Regierung hatte offenbar ber einen +solchen Mann keine andre Macht, als die, welche ein Bcker- oder +Schneidermeister ber seine Gesellen hat. Er und seine Offiziere standen +vor dem Gesetz auf gleicher Stufe. Fluchte er gegen sie, so konnte er +wegen Schwrens mit einer Geldstrafe belegt werden; schlug er sie, so +konnte er wegen thtlicher Mihandlung verklagt werden. Das stehende +Heer stand factisch unter einer milderen Disciplin als die Miliz, denn +die Miliz war durch eine Parlamentsacte errichtet worden, in welcher +zugleich bestimmt war, da Disciplinarvergehen summarisch mit leichten +Strafen geahndet werden knnten. + +Es scheint nicht, da die aus diesem Zustande des Gesetzes +entspringenden praktischen Nachtheile sich unter der Regierung Karl's +II. sehr fhlbar gemacht hatten, was sich vielleicht dadurch erklren +lt, weil bis zum letzten Jahre seiner Regierung die Streitmacht, die +er in England unterhielt, hauptschlich aus Haustruppen bestand, welche +einen so hohen Sold bekamen, da die Entlassung aus dem Dienste von den +Meisten sehr schmerzlich empfunden worden wre. Eine Anstellung als +Gemeiner in der Leibgarde war fr den jngeren Sohn eines Gentleman eine +gute Versorgung; selbst die Fugarden wurden so gut bezahlt als +Fabrikarbeiter unter besonders gnstigen Verhltnissen, und sie befanden +sich daher in einer Lage, um die sie die groe Masse der arbeitenden +Bevlkerung wohl beneiden konnte. Die Rckkehr der Garnison von Tanger +und die Errichtung der neuen Regimenter hatte eine groe Vernderung +herbeigefhrt. Es gab jetzt in England viele Tausend Soldaten, welche +nur acht Pence den Tag erhielten. Die Furcht vor der Verabschiedung war +nicht mehr hinreichend, um sie der Dienstpflicht treu zu erhalten, und +krperliche Strafen durften die Offiziere gesetzlich nicht zuerkennen. +Jakob hatte daher nur die Wahl, entweder die Armee ihrer Auflsung +entgegengehen zu lassen oder die Richter zu der Erklrung zu bewegen, +da das Gesetz das sei, was es, wie jeder Student wute, nicht war. + +Es war besonders wichtig, die Mitwirkung zweier Gerichtshfe zu +gewinnen: der Kings Bench, welche der erste Criminalgerichtshof des +Landes war, und des Gerichtshofs fr Leerung der Gefngnisse, der in der +Old Bailey sa und ber die in der Hauptstadt begangenen Vergehen +abzuurtheilen hatte. In beiden Gerichtshfen aber stie man auf groe +Schwierigkeiten. Herbert, der Oberrichter der Kings Bench, wollte trotz +aller bis dahin bewiesenen Servilitt nicht weiter gehen. Ein noch +entschiedenerer Widerstand war von Sir Johann Holt zu erwarten, der als +Syndikus der City von London auf der Bank der Old Bailey sa. Holt war +ein ausgezeichnet gelehrter und aufgeklrter Jurist, dabei ein +rechtschaffener und muthiger Mann und seine politische Meinung hatte +eine whiggistische Frbung, obgleich er sich von allem Parteitreiben +stets fern hielt. Dem Willen des Knigs muten jedoch alle Hindernisse +weichen. Holt wurde seines Syndikats entsetzt. Herbert und ein andrer +Richter von der Kings Bench entfernt, und die erledigten Stellen mit +Mnnern besetzt, auf die sich die Regierung verlassen konnte. Allerdings +mute man in ziemlich niedere juristische Regionen hinabsteigen, ehe man +Leute fand, welche zu Dienstleistungen, wie man sie jetzt brauchte, +bereit waren. Der neue Oberrichter, Sir Robert Wright, war +sprichwrtlich ein Ignorant, und die Unwissenheit war noch nicht sein +rgster Fehler. Seine Laster hatten ihn zu Grunde gerichtet. Um sich +Geld zu verschaffen, hatte er zu unredlichen Mitteln seine Zuflucht +genommen und einmal einen falschen Eid abgelegt, um in den Besitz von +fnfhundert Pfund zu gelangen. Arm, ausschweifend und schamlos war er +einer von den Schmarotzern Jeffreys' geworden, der ihn befrderte und +verchtlich behandelte. Dies war der Mann, den Jakob zum Lord +Oberrichter von England erkor. Ein gewisser Allibone, der in der +Rechtskunde noch unwissender war als Wright und als Katholik eigentlich +gar nicht fhig war, ein ffentliches Amt zu bekleiden, wurde zum +Unterrichter der Kings Bench ernannt. Sir Bartholomus Shower, als +serviler Tory und langweiliger Redner gleich bekannt, wurde Syndikus von +London. Nachdem diese Vernderungen bewirkt waren, wurden mehrere +Deserteurs zur Untersuchung gezogen und dem Wortlaute und dem Geiste des +Gesetzes zum Hohn fr schuldig befunden. Einige von ihnen vernahmen ihr +Todesurtheil vor den Schranken der Kings Bench, Andere vor den Schranken +der Old Bailey. Sie wurden vor den Augen der Regimenter, denen sie +angehrt hatten, gehngt und dafr Sorge getragen, da diese +Hinrichtungen durch die London Gazette, welche derartige Vorgnge nur +selten berichtete, zur ffentlichkeit gelangten.[5] + + [Anmerkung 5: Siehe +Statutes 18 Henry 6. c. 19; 2 & 3 Ed. 6. c. + 2.+; +Eachard's History of the Revolution+; +Kennet, III. 468+; + +North's Life of Guildford, 247.+; + London Gazette, April 18. & + May 23. 1687+; +Vindication of the E. of R. (Earl of Rochester.)+] + + +[_Verfahren der Hohen Commission._] Man kann wohl denken, da das +Gesetz, das so grblich von denjenigen Gerichtshfen verletzt wurde, +deren ganze Autoritt sich auf dasselbe grndete und die es als +Richtschnur zu betrachten pflegten, von einem durch tyrannische Willkr +errichteten Tribunale eben so wenig geachtet wurde. Whrend der ersten +Monate ihres Bestehens hatte die neue Hohe Commission Geistlichen nur +die Ausbung ihrer Amtshandlungen verboten; die Eigenthumsrechte waren +noch unangetastet geblieben. Zu Anfang des Jahres 1687 aber beschlo man +auch gegen die Pfrndeneinknfte einen Schlag zu fhren und jedem +anglikanischen Priester und Prlaten die berzeugung beizubringen, da, +wenn er seine Beihlfe zur Vernichtung der Kirche, deren Diener er war, +verweigerte, er in einer Stunde zum Bettler gemacht werden wrde. + + +[_Die Universitten._] Es wrde der Klugheit angemessen gewesen sein, +das erste Exempel an einem unbekannten Individuum zu statuiren. Die +Regierung aber war in einer so unseligen Verblendung befangen, da man +dieselbe in einem naiveren Zeitalter als eine gttliche Strafe +betrachtet haben wrde. Es wurde daher ohne weiteres gleich von Anfang +an den beiden ehrwrdigsten Korporationen des Reichs, den Universitten +Oxford und Cambridge, der Krieg erklrt. + +Die Macht dieser beiden Krperschaften war schon seit vielen +Jahrhunderten gro; in der zweiten Hlfte des siebzehnten Jahrhunderts +aber hatte sie ihren Hhepunkt erreicht. Kein Nachbarland konnte sich so +glnzender und reicher Sitze der Wissenschaft rhmen. Die Hochschulen +von Edinburg und Glasgow, von Leyden und Utrecht, von Lwen und Leipzig, +von Padua und Bologna kamen Gelehrten, welche in den prchtigen +Stiftungen Wykeham's und Wolsey's, Heinrich'sVI. und Heinrich's VIII. +gebildet waren, rmlich vor. Literatur und Wissenschaft waren in dem +akademischen Systeme Englands mit Geprnge umgeben, mit obrigkeitlicher +Gewalt bekleidet und mit den vornehmsten Institutionen des Landes eng +verbunden. Kanzler einer Universitt zu werden, war eine Auszeichnung, +nach der die Magnaten des Reichs eifrig strebten; eine Universitt im +Parlament zu vertreten, war das Lieblingsziel des Ehrgeizes von +Staatsmnnern. Edelleute und selbst Frsten waren stolz darauf, wenn +eine Universitt ihnen das Recht verlieh, den Scharlach der Doctorwrde +zu tragen. Die Neugierigen wurden von den Universitten angezogen durch +alte, mit mittelalterlichen Verzierungen reich ausgestattete Gebude, +durch neuere Gebude, welche glnzendes Zeugni von dem knstlerischen +Genie eines Jones und Wren gaben, durch imposante Hallen und Kapellen, +durch Museen, durch botanische Grten und durch die einzigen +ffentlichen Bibliotheken, welche das Knigreich damals besa. Der +Prunk, den namentlich Oxford bei feierlichen Gelegenheiten entfaltete, +wetteiferte mit dem souverainer Frsten. Wenn der Kanzler, der +ehrwrdige Herzog von Ormond, in seinem geflickten Mantel auf seinem +Throne unter der gemalten Decke der Sheldon'schen Tribne sa, umgeben +von vielen hundert Graduirten in der ihrem verschiedenen Range +entsprechenden Kleidung, whrend die vornehmsten Jnglinge Englands ihm +als Bewerber um akademische Ehren feierlich vorgefhrt wurden, spielte +er eine kaum minder knigliche Figur als sein Gebieter im Bankethause zu +Whitehall. Auf den Universitten waren fast alle ausgezeichneten +Geistlichen, Rechtsgelehrten, rzte, Schriftsteller, Dichter und Redner +des Landes und zum groen Theil auch der hohe Adel und die reiche Gentry +gebildet. Auch ist zu bemerken, da die Verbindung zwischen dem Schler +und der Schule durch seinen Abgang nicht aufgelst wurde. Er blieb oft +whrend seines ganzen Lebens Mitglied des akademischen Krpers und +behielt bei allen wichtigen Wahlen eine Stimme. Er hing daher an seinem +alten Lieblingsaufenthalte am Cam und Isis mit weit grerer Zuneigung, +als gebildete Leute sie in der Regel zu ihren Bildungssttten empfinden. +Es gab in England keinen Winkel, wo nicht beide Universitten dankbare +und treuergebene Shne gehabt htten. Jeder Angriff auf die Ehre oder +die Interessen von Cambridge oder Oxford mute nothwendig den Unwillen +einer mchtigen, thtigen und intelligenten Klasse erregen, die ber +alle Grafschaften, von Northumberland bis Cornwall, zerstreut war. + +Die sehaften Graduirten waren vielleicht im Ganzen genommen den +sehaften Graduirten unsrer Zeit nicht berlegen, aber im Vergleich zu +den anderen Gesellschaftskreisen standen sie damals auf einer viel +hheren Stufe; denn Cambridge und Oxford waren die beiden einzigen +Provinzialstdte im ganzen Knigreiche, wo man eine bedeutende Anzahl +hochgebildeter Mnner fand. Selbst die Hauptstadt hatte groe Achtung +vor der Autoritt der Universitten, nicht nur in Fragen der Theologie, +der Naturwissenschaften und des klassischen Alterthums, sondern auch in +solchen Angelegenheiten, in denen die Hauptstdte in der Regel fr die +hchsten Instanzen gelten wollen. Von Will's Kaffeehaus und dem Parterre +des Drurylanetheaters appellirte man noch an die beiden groen +Nationalsitze des Geschmacks und der Gelehrsamkeit. Schauspiele, die in +London mit enthusiastischem Beifalle aufgenommen worden waren, galten +erst dann fr auer Gefahr, wenn sie die strenge Prfung eines mit +Sophokles und Terenz vertrauten Zuhrerkreises bestanden hatten.[6] + +Die englischen Universitten hatten ihren groen moralischen und +intellectuellen Einflu energisch zu Gunsten der Krone angewendet. Das +Hauptquartier Karl'sI. war in Oxford gewesen und die silbernen Krge +und Teller smmtlicher Collegien waren zur Untersttzung seiner +Kriegskasse eingeschmolzen worden. Cambridge war nicht weniger loyal +gesinnt. Es hatte ebenfalls einen groen Theil seines Silbergerths in's +knigliche Lager gesandt, und der Rest wrde auch nachgefolgt sein, wre +die Stadt nicht von den Parlamentstruppen genommen worden. Beide +Universitten waren von den siegreichen Puritanern mit der uersten +Strenge behandelt worden, beide hatten die Restauration mit Freuden +begrt, beide hatten sich der Ausschlieungsbill standhaft widersetzt +und ihren tiefsten Abscheu ber das Ryehousecomplot ausgesprochen. +Cambridge hatte nicht nur seinen Kanzler Monmouth abgesetzt, sondern +seinen Unwillen ber den Verrath des Herzogs sogar in einer eines Sitzes +der Gelehrsamkeit unwrdigen Weise zu erkennen gegeben, indem es die +Leinwand, auf der Kneller seine einnehmende Physiognomie und Gestalt mit +knstlerischer Vollendung dargestellt hatte, den Flammen bergab.[7] +Oxford, das dem Herde des westlichen Aufstandes nher lag, hatte noch +strkere Beweise von Loyalitt gegeben. Die Studenten hatten mit +Bewilligung ihrer Professoren zu Hunderten die Waffen zur Vertheidigung +der erblichen Thronrechte ergriffen. Und diese Krperschaften beschlo +Jakob jetzt in offenem Widerspruch mit den Gesetzen und mit seinem +verpfndeten Worte zu beschimpfen und zu berauben. + + [Anmerkung 6: Dryden's Prologe und Cibber's Memoiren enthalten + zahlreiche Beweise von dem Ansehen, welches der Geschmack der + Oxforder bei den gefeiertsten Dichtern und Schauspielern geno.] + + [Anmerkung 7: Siehe das Gedicht: +Advice to the Painter upon the + Defeat of the Rebels in the West+, sowie noch ein andres ganz + abscheuliches Gedicht ber den nmlichen Gegenstand von Stepney, + welcher damals am Trinity-Collegium studirte.] + + +[_Verfahren gegen die Universitt Cambridge._] Mehrere Parlamentsacte, +die so klar waren als nur irgend eine Verordnung des Gesetzbuches, +hatten vorgeschrieben, da auf beiden Universitten Niemand zu irgend +einem Grade zugelassen werden sollte, ohne den Suprematseid und einen +andren hnlichen Eid, der Gehorsamseid genannt, abgelegt zu haben. +Dessenungeachtet wurde im Februar 1687 ein knigliches Schreiben nach +Cambridge gesandt, worin die Aufnahme eines Benedictinermnches, Namens +Alban Francis, als Magister der freien Knste anbefohlen wurde. + +Die akademischen Wrdentrger, zwischen der Ehrerbietung gegen den Knig +und der Achtung vor dem Gesetz schwankend, waren in groer Verlegenheit. +Es wurden in aller Eile Boten an den Herzog von Albemarle gesandt, der +Monmouth's Nachfolger als Kanzler der Universitt war, und er wurde +dringend ersucht, dem Knige die Sache in geeigneter Weise vorzustellen. +Unterdessen begaben sich der Registrator und die Pedelle zu Francis und +erklrten ihm, da er sogleich aufgenommen werden solle, wenn er die +gesetzlich vorgeschriebenen Eide leiste. Er weigerte sich dessen, machte +den Beamten Vorwrfe wegen ihrer Nichtachtung des kniglichen Befehls, +und da sie nicht nachgaben, reiste er auf der Stelle wieder ab, um sich +in Whitehall zu beschweren. + +Die Vorsteher der Collegien versammelten sich zu einer Berathung. Die +Gutachten der ausgezeichnetsten Rechtsgelehrten wurden abgehrt und sie +sprachen sich entschieden zu Gunsten des beobachteten Verfahrens aus. +Aber schon war ein zweites hochmthiges und drohendes Schreiben von +Sunderland unterwegs. Albemarle antwortete der Universitt unter vielen +Versicherungen seiner Theilnahme und seines Bedauerns, da er alles +Mgliche gethan habe, aber vom Knige sehr kalt und unfreundlich +aufgenommen worden sei. Der akademische Krper, durch die knigliche +Ungnade erschreckt und von dem aufrichtigen Willen beseelt, den Wnschen +Seiner Majestt nachzukommen, dabei aber auch fest entschlossen, das +klare Gesetz des Landes nicht zu verletzen, unterbreitete die +bescheidensten und ehrerbietigsten Auseinandersetzungen, aber ohne +Erfolg. Bald darauf kam eine Vorladung, welche den Vicekanzler und den +Senat auf den 24. April vor die Hohe Commission nach Westminster +beschied. Der Vicekanzler sollte in Person erscheinen, der Senat, der +aus allen Doctoren und Magistern der Universitt besteht, eine +Deputation senden. + + +[_Der Earl von Mulgrave._] Als der festgesetzte Tag erschien, fllte +sich der Sitzungssaal mit einer groen Zuschauermenge. Jeffreys fungirte +als Prsident der Commission. Rochester war, seit ihm der weie Stab +abgenommen worden, nicht mehr Mitglied, anstatt seiner erschien der +Lordkammerherr Johann Sheffield, Earl von Mulgrave. Das Schicksal dieses +Edelmanns glich in einer Beziehung dem seines Collegen Sprat. Mulgrave +schrieb Verse, die sich kaum ber die absolute Mittelmigkeit erhoben, +da er aber ein in den politischen und vornehmen Kreisen hochangesehener +Mann war, so fanden seine Verse doch Bewunderer. Die Zeit zerstrte den +Zauber, zu seinem Unglcke aber erst nachdem seine Gedichte bereits ein +unveruerliches Recht auf eine Stelle in allen Sammlungen englischer +Dichtungswerke erlangt hatten. Dennoch werden bis auf den heutigen Tag +seine, abgeschmackten Reimereien und seine jmmerlichen Lieder an +Amoretta und Gloriana in Gesellschaft des Comus und des Festes +Alexander's immer wieder gedruckt. Die Folge davon ist, da unsre +Generation Mulgrave hauptschlich als einen Dichterling kennt und ihn +als solchen verachtet. Er war jedoch, wie selbst Diejenigen zugaben, die +ihn weder liebten noch achteten, ein durch schne Talente +ausgezeichneter Mann und in der parlamentarischen Beredtsamkeit stand er +kaum einem Redner seiner Zeit nach. Dagegen verdiente sein moralischer +Character keine Achtung. Er war ein Wstling, aber ohne jene Offenheit +des Herzens und der Hand, welche zuweilen auch die Ausschweifung +liebenswrdig, und ein stolzer Aristokrat ohne jene Hoheit der +Denkungsart, welche zuweilen den aristokratischen Hochmuth achtungswerth +macht. Die damaligen Satiriker gaben ihm den Spottnamen Lord Allpride +(Ganzstolz). Sein Stolz vertrug sich indessen mit allen schmachvollen +Lastern. Viele wunderten sich darber, wie ein Mann, der ein so +bertriebenes Gefhl seiner Wrde zur Schau trug, in Geldangelegenheiten +so zh und knauserig sein konnte. Er hatte der kniglichen Familie +groes gerni dadurch gegeben, da er den Gedanken zu hegen wagte, das +Herz und die Hand der Prinzessin Anna zu erobern. In dieser Hoffnung +getuscht, hatte er sich bemht, durch kriechende Gemeinheit die durch +Anmaung verwirkte Gunst wieder zu gewinnen. Seine von ihm selbst +verfate Grabschrift sagt noch heute jedem Besucher der +Westminsterabtei, da er in religisen Dingen als Zweifler lebte und +starb, und aus seinen hinterlassenen Memoiren ersehen wir, da der +rmische Aberglaube ein Lieblingsthema seines Spottes war. Dennoch +begann er unmittelbar nach Jakob's Regierungsantritt eine starke +Hinneigung zum Papismus zu zeigen und gerirte sich endlich privatim als +Convertit. Der Lohn fr diese verworfene Heuchelei war seine Anstellung +bei der Hohen Commission.[8] + +Vor diesem gefrchteten Tribunal erschien jetzt der Vicekanzler der +Universitt Cambridge, Doctor Johann Pechell. Er selbst war kein Mann +von ausgezeichneter Befhigung und Energie, aber es begleiteten ihn acht +vom Senat gewhlte vorzgliche Akademiker. Einer davon war Isaak Newton, +Fellow des Trinity-Collegiums und Professor der Mathematik. Sein Genie +stand damals in seiner vollsten Kraft. Das groe Werk, welches ihm die +erste Stelle unter den Geometern und Naturforschern aller Zeiten und +aller Nationen sichert, wurde seit einiger Zeit unter der Sanction der +Kniglichen Societt gedruckt und war seiner Vollendung nahe. Er war der +entschiedenste Freund der brgerlichen Freiheit und der protestantischen +Religion, aber seine Gewohnheiten machten ihn fr die Kmpfe des +praktischen Lebens durchaus nicht geeignet. Er verharrte daher in +bescheidenem Stillschweigen unter den Delegirten und berlie anderen +Mnnern, welche im Geschftsleben mehr bewandert waren, die Aufgabe, +seine geliebte Universitt zu vertheidigen. + +Es konnte keinen klareren Rechtsfall geben. Das Gesetz lie keinen +Zweifel zu und die Praxis hatte fast stets im Einklang mit dem Gesetz +gestanden. Es konnte vielleicht schon vorgekommen sein, da an einem +besonders feierlichen Tage, wo viele Ehrengrade verliehen wurden, in der +Menge Einer durchgeschlpft war, der die Eide nicht abgelegt hatte; aber +eine solche Unregelmigkeit, lediglich die Folge der Eil und +Unachtsamkeit, konnte nicht als Vorgang geltend gemacht werden. Fremde +Gesandte verschiedener Glaubensrichtungen, insbesondere ein Muselmann, +waren ohne die Eide aufgenommen worden. Aber es war eine groe Frage, ob +solche Flle im Bereiche der Ansicht und des Geistes der betreffenden +Parlamentsverordnungen lagen. Es war nicht einmal behauptet worden, da +schon einmal Jemand, dem die Eide angesonnen wurden und der sie nicht +leisten wollte, einen akademischen Grad erlangt habe, und in dieser Lage +befand sich Francis. Die Delegirten erboten sich zu beweisen, da unter +der vorigen Regierung mehrere knigliche Befehle unbercksichtigt +geblieben waren, weil die empfohlenen Personen sich dem Gesetz nicht +hatten fgen wollen, und da die Regierung sich in solchen Fllen stets +bei dem Verfahren der Universitt beruhigt habe, da sie es als das +richtige anerkennen mute. Jeffreys aber wollte von nichts hren. Er kam +bald dahinter, da der Vicekanzler ein schwacher, unerfahrener und +schchterner Mann war und lie daher der ganzen Unverschmtheit, welche +so lange der Schrecken der Old Bailey gewesen war, freien Lauf. Der +unglckliche Doctor, der an ein solches Auditorium und an eine solche +Behandlung nicht gewhnt war, wurde bald so eingeschchtert, da er +gnzlich die Fassung verlor. Sobald andere zur Verfechtung ihrer Sache +besser befhigte Akademiker das Wort ergreifen wollten, wurden sie auf +die unsanfteste Weise zum Schweigen gebracht. Sie sind nicht +Vicekanzler; wenn Sie es einmal sein werden, dann mgen Sie sprechen, +bis dahin aber geziemt es Ihnen, den Mund zu halten. Die Angeklagten +wurden, ohne gehrt worden zu sein aus dem Gerichtssaale gewiesen. Nach +einer Weile wurden sie wieder hereingerufen und ihnen kundgethan, da +die Commission beschlossen habe, Pechell seiner Wrde als Vicekanzler zu +entheben und ihm alle Einknfte vorzuenthalten, die er als Vorsteher +eines Collegiums bezog und welche ganz den Character eines unantastbaren +Eigenthums hatten. Sie, meine Herren, sagte Jeffreys zu den +Delegirten, sind grtentheils Theologen, und ich will Sie daher mit +einer Stelle aus der Schrift heimschicken: Gehet hin und sndigt fortan +nicht mehr, damit Euch nicht etwas rgeres widerfahre.[9] + + [Anmerkung 8: +Mackay's Character of Sheffield+ nebst Swift's + Note; +Satire on the Deponents, 1688+; +Life of John, Duke of + Buckinghamshire, 1729+; Barillon, 30. Aug. 1687. Ich besitze ein + handschriftliches Spottgedicht aus Mulgrave von 1690, das nicht + ohne Witz ist. Die bemerkenswerthesten Zeilen sind diese: + + Heut' schmeichelt er dem Peters (Petre), morgen dem Burnet. + Fragt nicht nach Glauben und Partei, denn alle sind ihm gleich.] + + [Anmerkung 9: Siehe den Proze gegen die Universitt Cambridge in + der +Collection of State Trials+.] + + +[_Zustand Oxford's._] Man sollte meinen, da dieses Verfahren ungerecht +und willkrlich genug war. Aber der Knig hatte schon angefangen, Oxford +mit einer Strenge zu behandeln, im Vergleich zu welcher die gegen +Cambridge bewiesene Milde genannt werden konnte. Schon war das +University-Collegium durch Obadja Walker in ein rmisch-katholisches +Seminar verwandelt, schon stand das Christchurch-Collegium unter der +Leitung eines rmisch-katholischen Dechanten, schon wurde in diesen +beiden Collegien tglich Messe gelesen. Die ruhige, majesttische Stadt, +so lange das Bollwerk des monarchischen Prinzips, war von Leidenschaften +aufgeregt, die sie bisher nie gekannt hatte. Die Untergraduirten +verhhnten mit stillschweigender Erlaubni ihrer Vorgesetzten die +Mitglieder von Walker's Gemeinde und sangen Spottlieder unter ihren +Fenstern. Einige Bruchstcke von den Serenaden, welche damals in High +Street die Ruhe strten, sind der Nachwelt erhalten worden; der Refrain +einer Ballade lautet: + + Der alte Obadja + singt Ave Maria. + +Als die Schauspieler nach Oxford kamen, uerte sich die ffentliche +Meinung noch strker. Es wurde Howard's Comit gegeben. Dieses bald +nach der Restauration geschriebene Stck stellte die Puritaner in einem +gehssigen und verchtlichen Lichte dar und war deshalb seit einem +Vierteljahrhundert ein Lieblingsstck des oxforder Publikums. Jetzt war +es beliebter als je zuvor, denn ein glcklicher Zufall wollte, da eine +der Hauptrollen ein alter Heuchler Namens Obadja war. Das Publikum brach +in einen Beifallsjubel aus, als Obadja in der letzten Scene mit einem +Strick um den Hals hereingeschleppt wurde, und der Applaus nahm zu, als +einer der Schauspieler, von dem vorgeschriebenen Texte abweichend, +ankndigte, da Obadja wegen Glaubenabfalls gehngt werden solle. Der +Knig war hchlich entrstet ber diesen Hohn. Die Stimmung der +Universitt war so rebellisch, da eines der neu errichteten Regimenter, +das welches gegenwrtig das zweite Gardedragonerregiment heit, nach +Oxford versetzt wurde, um einen Aufstand zu verhindern.[10] + +Diese Vorgnge htten Jakob berzeugen knnen, da er einen Weg +eingeschlagen hatte, der ihn ins Verderben fhren mute. An das Geschrei +der Londoner war er schon lngst gewhnt. Es war zuweilen +ungerechterweise, zuweilen vergebens gegen ihn erhoben worden; er hatte +demselben wiederholt getrotzt und konnte ihm auch fernerhin trotzen. Da +aber Oxford, der Sitz der Loyalitt, das Hauptquartier der +Kavalierarmee, der Ort, wohin sein Vater und sein Bruder ihren Hof +verlegten, wenn sie sich in ihrer strmisch bewegten Hauptstadt nicht +mehr sicher glaubten, der Ort, wo die Schriften der groen +republikanischen Lehrer unlngst den Flammen berliefert worden waren, +da diese Stadt sich jetzt in einer unzufriedenen Ghrung befand und die +muthigen Jnglinge, die sich vor wenigen Monaten so eifrig als +Freiwillige gemeldet hatten, um gegen die Insurgenten im Westen zu +marschiren, jetzt nur mit Mhe durch Sbel und Karabiner im Schach +gehalten wurden: das waren Zeichen von schlimmer Vorbedeutung fr das +Haus Stuart. Doch der abgestumpfte, starrsinnige und eigenwillige Tyrann +beachtete den Warnungsruf nicht. Er hatte sich einmal vorgenommen, +seiner Kirche die reichsten und glnzendsten Stiftungen Englands zu +verschaffen. Umsonst machten ihm die besseren und verstndigeren seiner +rmisch-katholischen Rathgeber Vorstellungen. Sie erklrten ihm, da er +der Sache seiner Religion viel ntzen knne, ohne die Eigenthumsrechte +zu verletzen. Eine Bewilligung von jhrlich zweitausend Pfund aus seiner +Privatchatulle wrde hinreichen, um ein Jesuitencollegium in Oxford zu +unterhalten, und diese Summe knne er leicht verschmerzen. Ein solches +Collegium, mit tchtigen, gelehrten und eifrigen Lehrern ausgestattet, +wrde ein gefhrlicher Nebenbuhler fr die alten akademischen Anstalten +werden, welche nur zu deutliche Symptome einer von Reichthum und +Sicherheit unzertrennlichen Erschlaffung zeigten. Knig Jakob's +Collegium wrde bald selbst von den Protestanten hinsichtlich der +Wissenschaften sowohl als auch der moralischen Zucht als die erste +Bildungsanstalt der Insel anerkannt werden. Dies wrde der wirksamste +und zugleich glimpflichste Weg sein, um die anglikanische Kirche zu +demthigen und die rmische zu Ansehen zu bringen. Der Earl von +Ailesbury, einer der ergebensten Diener des kniglichen Hauses, +erklrte, da er, obgleich Protestant und nicht reich, lieber selbst +einen Beitrag von tausend Pfund zu diesem Zwecke hergeben wolle, als da +sein Gebieter die Eigenthumsrechte verletze und sein der Staatskirche +gegebenes Wort breche.[11] Der Plan fand jedoch keinen Beifall in den +Augen des Knigs. Allerdings entsprach er auch in mehr als einer +Beziehung seinem unfreundlichen Character nicht. Denn es machte ihm +Vergngen, den Sinn der Menschen zu beugen und zu brechen, und von +seinem Gelde konnte er sich nur schwer trennen. Was er auf seine Kosten +zu unternehmen nicht hochherzig genug war, das beschlo er auf Kosten +Anderer durchzufhren. Wenn er einmal etwas begonnen hatte, so hielt +sein Stolz und sein Starrsinn ihn ab, wieder zurckzutreten, und er lie +sich endlich Schritt fr Schritt zu Handlungen trkischer Tyrannei +verleiten, zu Handlungen, welche die Nation zu der berzeugung bringen +muten, da das Vermgen eines protestantischen Freisassen Englands +unter einem rmisch-katholischen Knig ebenso unsicher war, wie das +eines Griechen unter der Herrschaft eines Moslem. + + [Anmerkung 10: +Wood's Athenae Oxonienses+; +Apology for the Life + of Colley Cibber+; Citters, 2.(12.) Mrz 1686.] + + [Anmerkung 11: +Burnet, I.+ 697; Brief von Lord Ailesbury, + abgedruckt im +European Magazine+, April 1795.] + + +[_Das Magdalenen-Collegium in Oxford._] Das Magdalenen-Collegium, +gegrndet im funfzehnten Jahrhundert von Wilhelm von Waynflete, Bischof +von Winchester und Lordgrokanzler, war eine der hervorragendsten +unserer akademischen Institute. Ein schlanker Thurm, auf dessen Zinnen +alljhrlich am Morgen des ersten Mai von Choristen eine lateinische +Hymne gesungen wurde, fesselte schon von weitem die Aufmerksamkeit des +von London her kommenden Reisenden. Wenn er sich nherte, bemerkte er, +da dieser Thurm sich von einem mit Zinnen versehenen, zwar niedrigen +und unregelmigen, aber doch sehr ehrwrdig aussehenden Gebude erhob, +das von Bumen beschattet und von den trgen Fluthen des Chervell +besplt wurde. Er trat durch einen Thorweg,[12] ber dem eine stattliche +Gallerie hinlief, in einen gerumigen Kreuzgang, der mit Emblemen der +Tugenden und Laster, von den Bildhauern des funfzehnten Jahrhunderts roh +in grauen Stein gemeielt, verziert war. Der Tisch der Gesellschaft +wurde in einem mit Gemlden und phantastischem Schnitzwerk reich +ausgestatteten Refectorium gedeckt. Der Gottesdienst wurde frh und +Abends in einer Kapelle gehalten, die von den Reformers und den +Puritanern viel zu leiden gehabt hatte, aber trotz alledem ein +wunderschnes Bauwerk war, das in unseren Tagen mit seltenem Geschmack +und Geschick restaurirt worden ist. Die groen Gartenanlagen am Ufer des +Flusses zeichneten sich durch hohe Bume aus, unter denen ein Wunder der +Pflanzenwelt unsrer Insel emporragte, eine riesige Eiche, welche hundert +Jahre lter sein sollte, als das lteste Collegium der Universitt. + +Die Statuten der Gesellschaften bestimmten, da die Knige von England +und die Prinzen von Wales in dem Hause aufgenommen werden sollten, wie +in ihrem eignen Palaste. EduardIV. hatte das Gebude bewohnt, als es +noch nicht vollendet war. Richard III. hatte darin sein Hoflager +gehalten, im groen Saale Disputationen mit angehrt, war kniglich +bewirthet worden und hatte die Kche seiner Wirthe mit einem Geschenk +von fetten Rehbcken aus seinen Forsten beehrt. Zwei muthmaliche +Thronerben, welche frhzeitig hinweggerafft wurden, Arthur, der ltere +Bruder Heinrich's VIII., und Heinrich, der ltere Bruder Karl'sI., +hatten in dem Collegium studirt; ebenso auch ein andrer Prinz von +Geblt, der letzte und beste der rmisch-katholischen Erzbischfe von +Canterbury, der menschenfreundliche Reginald Pole. Zur Zeit des +Brgerkriegs war das Collegium der Sache der Krone treu geblieben. +Ruprecht hatte dort sein Hauptquartier aufgeschlagen, und ehe er zu +einigen seiner khnsten Unternehmungen auszog, hatte man in den stillen +Kreuzgngen seine Trompeter zum Aufbruch blasen hren. Die Mehrzahl der +Fellows waren Theologen und konnten den Knig nur mit Gebeten und +Geldspenden untersttzen. Doch einer von den Mitgliedern der +Gesellschaft, ein Doctor des Civilrechts, warb eine Truppe +Untergraduirter und fiel an ihrer Spitze im tapferen Kampfe gegen die +Soldaten von Essex. Als die Feindseligkeiten beendigt und die Rundkpfe +Herren von England waren, verweigerten sechs Siebentel der Mitglieder +der usurpirten Gewalt ihre Unterwerfung. In Folge dessen wurden sie aus +ihren Wohnungen vertrieben und ihrer Einknfte beraubt. Nach der +Restauration kehrten die noch Lebenden an ihren lieblichen Wohnsitz +zurck. Eine neue Generation war auf sie gefolgt, die ihre Ansichten und +ihren Muth geerbt hatte. Zur Zeit des Aufstandes im Westen hatten +diejenigen Collegiaten, welche nicht durch Alter oder Beruf zum +Gebrauche der Waffen unfhig waren, sich bereitwilligst erboten, fr die +Krone zu kmpfen. Es drfte schwerlich im ganzen Knigreiche irgend eine +Korporation zu finden sein, welche gerechteren Anspruch auf die +Dankbarkeit des Hauses Stuart gehabt htte.[13] + +Die Gesellschaft bestand aus einem Prsidenten, vierzig Fellow's, +dreiig Studenten (+Demies+, Halbe genannt) und einer Anzahl von +Kaplanen, Schreibern und Chorsngern. Zur Zeit der Generalvisitation +unter Heinrich VIII. waren die Einknfte viel bedeutender als die jeder +andren hnlichen Stiftung des Landes, fast um die Hlfte grer als die +der reichen Stiftung Heinrich'sVI. in Cambridge und ber noch einmal so +gro als die, welche Wilhelm von Wykeham seinem Collegium in Oxford +vermacht hatte. In den Tagen Jakob'sII. war der Reichthum des +Magdalenen-Collegiums enorm und wurde durch das Gercht noch +bertrieben. Das Collegium wurde allgemein fr reicher als die reichsten +Abteien des Continents gehalten. Wenn die Pachtgelder alle eingingen, +hie es unter dem Volke, so beliefen sich die jhrlichen Einknfte auf +die ungeheure Summe von vierzigtausend Pfund Sterling.[14] + +Die Collegiaten waren durch die von dem Begrnder festgesetzten Statuten +ermchtigt, sich ihren Prsidenten unter Personen, welche Mitglieder +ihrer Gesellschaft oder des Neuen Collegiums waren oder gewesen waren, +selbst zu whlen. Dieses Recht war in der Regel mit vlliger Freiheit +ausgebt worden. Nur in einzelnen Fllen waren knigliche Zuschriften +gekommen, welche dem Collegium befhigte Personen anempfahlen, die bei +Hofe in Gunst standen, und es war in solchen Fllen Sitte gewesen, auf +die Wnsche des Souverains gebhrende Rcksicht zu nehmen. + +Im Mrz 1687 starb der Prsident des Collegiums. Einer der Fellows, +Doctor Thomas Smith, vom Volke spottweise Rabbi Smith genannt, ein +ausgezeichneter Reisender, Bchersammler, Alterthumsforscher und +Orientalist, der Kaplan bei der Gesandtschaft in Konstantinopel gewesen +und mit der Vergleichung der alexandrinischen Handschriften beauftragt +worden war, bewarb sich um den erledigten Posten. Er meinte als +Gelehrter und als eifriger Tory einigen Anspruch auf die Begnstigung +von Seiten der Regierung zu haben. Seine Loyalitt war auch in der That +so glhend und so unwandelbar, wie man sie in der ganzer englischen +Kirche nur finden konnte. Er war lange mit dem Bischof Parker von Oxford +intim befreundet gewesen und hoffte durch die Verwendung dieses Prlaten +ein knigliches Empfehlungsschreiben an das Collegium zu erhalten. +Parker versprach sein Mglichstes zu thun, berichtete aber bald, da er +auf Schwierigkeiten gestoen sei. Der Knig, sagte er, mag Niemanden +empfehlen, der nicht ein Freund seiner Religion ist. Was knnen Sie in +dieser Beziehung thun, um ihn zufrieden zu stellen? Smith antwortete, +da, wenn er Prsident werden sollte, er sich bemhen wrde, +Gelehrsamkeit, wahres Christenthum und Loyalitt zu frdern. Das wird +nicht gengen, sagte der Bischof. Nun so mag Prsident werden wer da +will, versetzte Smith mannhaft; ich kann nicht mehr versprechen. + + [Anmerkung 12: Dieser Thorweg ist jetzt verschlossen.] + + [Anmerkung 13: +Wood's Athenae Oxonienses+; +Walker's Sufferings + of the Clergy.+] + + [Anmerkung 14: +Burnet, I. 697+; +Tanner's Notitia Monastica.+ Bei + der Visitation im sechsundzwanzigsten Regierungsjahre Heinrich's + VIII. ergab es sich, da die Einknfte des Kings-Collegiums 751 + Pfd. St., die des Neuen Collegiums 487 Pfd. St. und die des + Magdalenen-Collegiums 1076 Pfd. St. betrugen.] + + +[_Anton Farmer vom Knige als Prsident empfohlen._] Die Wahl wurde auf +den dreizehnten April festgesetzt und die Fellows aufgefordert, +derselben beizuwohnen. Es ging die Rede, da ein knigliches Schreiben +einlaufen werde, das einen gewissen Anton Farmer fr die erledigte +Stelle empfehle. Das Leben dieses Mannes war eine Reihenfolge ehrloser +Handlungen. Er war Mitglied der Universitt Cambridge gewesen und der +Ausstoung nur durch rechtzeitige freiwillige Entfernung entgangen. Dann +hatte er sich den Dissenters angeschlossen und hierauf war er nach +Oxford gegangen, um in das Magdalenen-Collegium einzutreten, wo er sich +bald durch alle mglichen Laster auszeichnete. In der Regel taumelte er +spt in der Nacht so betrunken, da er nicht sprechen konnte, seinem +Collegium zu. Es war allbekannt, da er an der Spitze eines +unehrenvollen Aufruhrs in Abingdon gestanden hatte, und er war ein +regelmiger Gast bekannter Lieblingsorte von Wstlingen gewesen. +Endlich war er Kuppler geworden, hatte sogar die gewhnliche Gemeinheit +seines abscheulichen Gewerbes noch bertroffen und hatte von +liederlichen jungen Leuten fr Dienste, welche die Geschichte nicht gut +erzhlen kann, Geld genommen. Dieser erbrmliche Mensch war jetzt zum +Papismus bergetreten. Sein Abfall shnte alle seine Laster, und +obgleich noch sehr jung, wurde er zum Vorsteher einer ernsten religisen +Gesellschaft empfohlen, in welcher das rgerni, das er durch seine +Lasterhaftigkeit gegeben, noch im frischen Andenken war. + +Durch das allgemeine Landesgesetz war er als rmischer Katholik von +allen akademischen mtern ausgeschlossen, und da er niemals Fellow des +Magdalenen-Collegiums noch des Neuen Collegiums gewesen, so hatte er der +besonderen Verordnung Wilhelm's von Waynflete gem gar kein Recht, sich +um die erledigte Prsidentenstelle zu bewerben. berdies hatte Waynflete +den Mitgliedern seiner Stiftung noch ausdrcklich eingeschrft, da sie +bei der Wahl ihres Vorstehers namentlich auf seinen moralischen +Character Rcksicht nehmen sollten, und htte er auch keine derartige +Weisung hinterlassen, so konnte eine meist aus Theologen bestehende +Gesellschaft einem Mann wie Farmer schicklicherweise nicht die Leitung +einer Bildungsanstalt bertragen. + +Die Collegiaten stellten dem Knige ehrerbietigst vor, in welche +Verlegenheit sie kommen wrden, wenn das Gercht, da Farmer ihnen +empfohlen werden sollte, sich als begrndet erwies, und baten darum, da +Seine Majestt, wenn es ihm beliebe, sich in die Wahl einzumischen, +ihnen einen Mann vorschlagen mchte, fr den sie gesetzlicherweise und +mit gutem Gewissen stimmen knnten. Von dieser ergebenen Bitte wurde +keine Notiz genommen. Das knigliche Schreiben lief ein. Der berbringer +desselben war ein Fellow des Collegiums, der unlngst Papist geworden +war, Namens Robert Charnock, ein Mann von Talent und Geist, aber von +heftigem und ruhelosem Temperament, das ihn einige Jahre spter zu einem +abscheulichen Verbrechen und zu einem entsetzlichen Schicksale trieb. +Das Collegium versammelte sich am 13. April in der Kapelle. Man hatte +noch immer einige Hoffnung, da der Knig sich durch die an ihn +gerichteten Vorstellungen werde bewegen lassen, und die Versammlung +vertagte sich deshalb bis auf den 15. April, als den letzten Termin, an +welchem die Wahl nach den Statuten des Collegiums stattfinden mute. + + +[_Wahl des Prsidenten._] Der 15. April erschien und die Collegiaten +versammelten sich wieder in ihrer Kapelle. Von Whitehall war keine +Antwort gekommen. Einige der lteren Mitglieder, darunter Smith, waren +der Meinung, die Wahl lieber noch einmal zu verschieben, als einen +Schritt zu thun, der den Knig mglicherweise beleidigen konnte. Aber +die Sprache der Statuten war klar und die Mitglieder des Collegiums +hatten sich eidlich verpflichtet, dieselben zu befolgen. Die Ansicht der +Mehrheit war daher, da kein weiterer Aufschub stattfinden drfe. Es +erfolgte eine heftige Debatte. Die Whler waren zu aufgeregt, als da +sie htten auf ihren Pltzen bleiben knnen; die ganze Kapelle war in +Aufruhr. Diejenigen, welche fr die Vornahme der Wahl stimmten, beriefen +sich auf ihre Eide und auf die Verordnungen des Stifters, dessen Brot +sie aen. Sie behaupteten ganz richtig, der Knig habe nicht das Recht, +ihnen selbst einen geeigneten Candidaten aufzudringen. In der Hitze des +Streits fielen einige fr toryistische Ohren anstige uerungen und +Smith lie sich zu der Bemerkung verleiten, der Geist Ferguson's habe +sich seiner Collegen bemchtigt. Mit groer Stimmenmehrheit wurde +endlich der Beschlu gefat, die Wahl unverzglich vorzunehmen. Charnock +verlie die Kapelle. Die brigen Fellows gaben, nachdem sie vorher das +Sakrament empfangen, ihre Stimmen ab. Die Wahl fiel auf Johann Hough, +einen Mann von seltener Tugend und Besonnenheit, der, nachdem er +Verfolgungen mit hohem Muthe und das Glck mit ernster Wrde ertragen, +zu hohen Ehren emporgestiegen und noch hhere bescheiden abgelehnt +hatte, mehr als sechsundfnfzig Jahre nach diesem ereignivollen Tage in +hohem Alter, aber noch in voller Kraft des Geistes starb. + +Die Gesellschaft beeilte sich, dem Knige die Umstnde +auseinanderzusetzen, welche es nothwendig gemacht hatten, ohne weiteren +Verzug zur Wahl eines Prsidenten zu schreiten, und ersuchte den Herzog +von Ormond als Kanzler der ganzen Universitt, und den Bischof von +Winchester als Visitator des Magdalenen-Collegiums, das Amt der +Vermittelung zu bernehmen. Der Knig aber war viel zu aufgebracht und +viel zu befangen, als da er auf derartige Verstellungen htte hren +knnen. + + +[_Die Mitglieder des Magdalenen-Collegiums werden vor die Hohe +Commission geladen._] Anfangs Juni wurden die Collegiaten vor die Hohe +Commission nach Whitehall beschieden. Fnf von ihnen kamen als Deputirte +der Korporation der Aufforderung nach. Jeffreys behandelte sie nach +seiner gewohnten Manier. Als einer von ihnen, ein ehrwrdiger Doctor, +Namens Fairfax, einigen Zweifel an der Rechtsgltigkeit der Commission +uerte, begann er zu brllen wie ein wildes Thier: Wer ist der Mann? +Wer giebt ihm das Recht, hier unverschmt zu sein? Ergreift ihn und +steckt ihn in ein finstres Zimmer! Wie kann man ihn ohne Wchter lassen? +Er steht als Wahnsinniger unter meiner Aufsicht. Es wundert mich, da +noch Niemand bei mir darauf angetragen hat, da er in sicheres Gewahrsam +gebracht werde. Als aber der Sturm ausgetobt hatte und die Aussagen +ber den sittlichen Charakter des vom Knige empfohlenen Kandidaten +verlesen waren, hatte keiner der Commissare die Frechheit zu behaupten, +da ein solcher Mensch sich zum Prsidenten eines groen Collegiums +eigne. Obadja Walker und die brigen oxforder Papisten, die sich +eingefunden hatten, um ihren Proselyten zu untersttzen, waren nicht +wenig bestrzt. Die Commission erklrte Hough's Wahl fr ungltig und +suspendirte Fairfax von seiner Collegiatur; von Farmer aber war keine +Rede mehr und im August kam ein knigliches Schreiben an, welches dem +Collegium den Bischof von Oxford, Parker, empfahl. + + +[_Parker zum Prsidenten empfohlen._] Parker war kein erklrter Papist. +Es lag jedoch ein Umstand gegen ihn vor, der, selbst wenn die +Prsidentur erledigt gewesen wre, htte entscheidend sein mssen: er +hatte weder dem Neuen Collegium noch dem Magdalenen-Collegium jemals +angehrt. Aber die Prsidentur war gar nicht erledigt, denn Hough war +rechtskrftig gewhlt und smmtliche Mitglieder des Collegiums waren +eidlich verpflichtet, ihn in seinem Amte zu erhalten. Sie entschuldigten +sich daher mit vielen Versicherungen ihrer Loyalitt und ihres +Bedauerns, da sie dem Befehle des Knigs nicht Folge leisten knnten. + + +[_Die Karthause._] Whrend Oxford so der Tyrannei energisch entgegen +trat, leistete man an einem andren Orte nicht weniger tapferen +Widerstand. Jakob hatte vor einiger Zeit den Administratoren der +Karthause, Mnnern von hohem Rang und Ansehen im Knigreiche, den Befehl +gegeben, einen rmischen Katholiken, Namens Popham, in das unter ihrer +Verwaltung stehende Hospital aufzunehmen. Der Vorsteher der Anstalt, +Thomas Burnet, ein durch Genie, Gelehrsamkeit und Tugend ausgezeichneter +Geistlicher, hatte, obgleich der wilde Jeffreys im Collegium sa, den +Muth, sie darauf aufmerksam zu machen, da jene Zumuthung dem Willen des +Stifters sowohl als einer Parlamentsacte zuwiderlaufe. Was thut dies +zur Sache? fragte ein dem Vorstande angehrender Hfling. Ich meine, +es thut sehr viel zur Sache, antwortete eine von Alter und Sorgen +geschwchte Stimme, die aber in keiner Versammlung ohne Achtung gehrt +wurde, die Stimme des ehrwrdigen Ormond. Eine Parlamentsacte, fuhr +der Patriarch der Kavalierpartei fort, ist meiner Ansicht nach keine +Kleinigkeit. Es wurde die Frage gestellt, ob Popham zugelassen werden +solle, und der Beschlu lautete auf seine Zurckweisung. Da der Kanzler +seinem Grolle nicht wohl durch Fluchen und Verwnschungen gegen Ormond +Luft machen konnte, so lief er in voller Wuth fort und mehrere von der +Minoritt folgten ihm. In Folge dessen blieb keine beschlufhige Anzahl +brig und es konnte daher auf den kniglichen Befehl keine formelle +Antwort gegeben werden. + +Die nchste Sitzung fand nur zwei Tage, nachdem die Commission +Hough's Wahl fr ungltig erklrt und Fairfax suspendirt hatte, +statt. Die Administratoren erhielten einen zweiten Befehl mit dem +groen Staatssiegel; aber das tyrannische Verfahren gegen das +Magdalenen-Collegium hatte ihren Muth noch erhht, anstatt ihn zu +schwchen. Sie setzten ein Schreiben an Sunderland auf, durch welches er +ersucht wurde, dem Knige mitzutheilen, da sie im vorliegenden Falle +Seiner Majestt nicht gehorchen knnten, ohne das Gesetz und ihre +Amtspflicht zu verletzen. + +Es drfte kaum zu bezweifeln sein, da, wenn diese Zuschrift nur von +unbedeutenden Mnnern unterzeichnet gewesen wre, der Knig irgend einen +Gewaltschritt gethan haben wrde. Aber selbst er erschrak beim Anblick +der groen Namen Ormond, Halifax, Danby und Nottingham, der Oberhupter +aller Farben der groen Partei, der er seine Krone verdankte. Er +begngte sich deshalb, Jeffreys zu bedeuten, da er das weiter +einzuschlagende Verfahren in Erwgung ziehen solle. Einmal hie es, es +werde ein Proze bei der Kings Bench anhngig gemacht werden, ein +andermal, die Kirchliche Commission werde den Fall in die Hand nehmen, +aber diese Drohungen verstummten nach und nach wieder.[15] + + [Anmerkung 15: +A Relation of the Proceedings at the Charterhouse, + 1689.+] + + +[_Rundreise des Knigs._] Der Sommer war jetzt weit vorgerckt und der +Knig trat eine Reise an, die lngste und glnzendste, die man seit +vielen Jahren gesehen hatte. Am 16. August begab er sich von Windsor +nach Portsmouth, besichtigte die Festungswerke, berhrte einige mit +Krpfen Behaftete und fuhr dann in einer seiner Yachten nach +Southampton. Von hier reiste er nach Bath, wo er sich einige Tage +aufhielt und die Knigin zurcklie. Als er wieder abreiste, begleiteten +ihn der Obersheriff von Somersetshire und eine groe Anzahl Gentlemen +bis an die Grenze der Grafschaft, wo ihn der Obersheriff von +Gloucestershire mit einem nicht minder glnzenden Gefolge erwartete. Der +Herzog von Beaufort kam bald darauf den kniglichen Equipagen entgegen +und geleitete dieselben nach Badminton, wo ein des Rufes, den sich der +Herzog durch seinen glnzenden Haushalt erworben hatte, wrdiges Mahl +fr ihn angerichtet war. Am Nachmittag ging der Zug weiter nach +Gloucester. Zwei Meilen vor der Stadt wurde er vom Bischofe und der +Geistlichkeit bewillkommnet. Am Sdthore erwartete ihn der Mayor mit den +Schlsseln. Die Glocken gingen und aus allen Rhrtrgen flo Wein, +whrend der Knig durch die Straen nach dem Platze zog, der die +ehrwrdige Kathedrale umgiebt. Er bernachtete in der Dechanei und brach +am folgenden Morgen nach Worcester auf. Von Worcester ging er nach +Ludlow, Shrewsbury und Chester, und wurde berall mit ueren Zeichen +der Freude und Ehrerbietung empfangen, die er schwach genug war, als +Beweise zu betrachten, da die durch seine Maregeln hervorgerufene +Unzufriedenheit gedmpft sei und ihm ein leichter Sieg bevorstehe. Der +scharfblickendere Barillon benachrichtigte Ludwig, da der Knig in +einer Tuschung befangen sei, da die Reise keinen wirklichen Nutzen +gebracht habe und da die nmlichen Gentlemen von Worcestershire und +Shropshire, die es fr ihre Pflicht gehalten, ihren Souverain und Gast +mit allen Ehrenbezeigungen zu empfangen, sich so widerspenstig als je +zeigen wrden, wenn die Testangelegenheit zur Sprache kme.[16] + +Unterwegs schlossen sich dem kniglichen Zuge zwei Hflinge an, die in +Character und Meinungen weit von einander verschieden waren. Penn war +auf einer geistlichen Hirtenreise in Chester. Seine Popularitt und sein +Ansehen waren unter seinen Glaubensbrdern tief gesunken, seitdem er ein +Werkzeug des Knigs und der Jesuiten geworden war.[17] Jakob aber nahm +ihn sehr freundlich auf und er durfte am Sonntage im Ballhause einen +Vortrag halten, whrend Cartwright in der Kathedrale predigte und der +Knig an einem in der Grafschaftshalle errichteten Altare die Messe +hrte. Man sagt sogar, Seine Majestt habe geruht, einen Augenblick in +das Ballhaus einzutreten und der melodischen Beredtsamkeit seines +Freundes mit Anstand zuzuhren.[18] + +Der wthende Tyrconnel war von Dublin ber den Kanal gekommen, um von +seiner Verwaltung Bericht zu erstatten. Alle achtungswertheren +englischen Katholiken behandelten ihn als einen Feind ihres Stammes und +als eine Schande ihrer Religion mit Klte. Sein Gebieter aber hie ihn +herzlich willkommen und entlie ihn mit Versicherungen seines +ungeschwchten Vertrauens und seiner steten Untersttzung. Jakob vernahm +mit groer Freude, da bald die ganze Verwaltung Irlands in +rmisch-katholischen Hnden sein werde. Die englischen Ansiedler waren +schon ihrer ganzen politischen Macht beraubt, es blieb nur noch brig, +sie auch ihres Eigenthums zu berauben, und diese letzte Gewaltthat wurde +so lange aufgeschoben, bis man sich die Mitwirkung eines irischen +Parlaments gesichert haben wrde.[19] + +Von Cheshire wendete sich der Knig nach dem Sden und in der festen +berzeugung, da die Fellows des Magdalenen-Collegiums es trotz ihres +widerspenstigen Geistes nicht wagen wrden, einem ihnen mndlich +gegebenen Befehle den Gehorsam zu verweigern, reiste er nach Oxford. Auf +dem Wege dahin machte er einige kleine Abstecher nach Orten, die ihn als +Knig, als Bruder und als Sohn besonders interessirten. Er besuchte das +gastliche Dach von Boscobel und die berreste der Eiche, die in der +Geschichte seines Hauses eine so wichtige Rolle spielt. Er fuhr ber das +Schlachtfeld von Edgehill, wo die Kavaliere zuerst mit den Soldaten des +Parlaments die Schwerter kreuzten. Am 3. September speiste er mit groem +Geprnge im Palast von Woodstock, einem alten berhmten Schlosse, von +dem kein Stein mehr vorhanden ist, dessen Lage aber noch heute auf der +Wiese des Blenheimparks durch zwei unweit der stattlichen Brcke +stehende Platanen bezeichnet wird. + + [Anmerkung 16: London Gazette vom 18. Aug. bis 1. Sept. 1687; + Barillon, 19.(29.) Sept.] + + [Anmerkung 17: +Penn, chef des Quakers, qu'on sait tre dans les + intrts du Roi d'Angleterre, est si fort dcri parmi ceux de son + parti qu'il n'ont plus aucune confiance en lui.+ -- Bonrepaux an + Seignelay, 12.(22.) Sept. 1687. Gerhard Croese's Zeugni lautet + ganz ebenso: +Etiam Quakeri Pennum non amplius, ut ante ita + amabant ac magnifaciebant, quidam aversabantur ac fugiebant. -- + Historia Quakeriana, lib. II. 1695.+] + + [Anmerkung 18: +Cartwright's Diary, Aug. 30. 1687+; +Clarkson's + Life of William Penn.+] + + [Anmerkung 19: +London Gazette, Sept. 5.+; +Sheridan MS.+; + Barillon 6.(16.) Sept. 1687. +Le Roi son matre,+ sagt Barillon, + +a tmoign une grande satisfaction des mesures qu'il a prises, + et a autoris ce qu'il a fait en faveur des Catholiques. Il les + tablit dans les emplois et les charges, en sorte que l'autorit + se trouvera bientt entre leurs mains. Il reste encore beaucoup de + choses faire en ce pays l pour retirer les biens injustement + ts aux Catholiques. Mais cela ne peut s'excuter qu'avec le + temps et dans l'assemble d'un parlement en Irlande.+] + + +[_Der Knig in Oxford._] Am Abend erreichte er Oxford, wo er mit den +gewohnten Ehrenbezeigungen empfangen wurde. Die Studenten hatten sich in +ihrer akademischen Tracht vom Stadtthore bis an den Haupteingang des +Christchurch-Collegiums in einer Doppelreihe aufgestellt. Er stieg in +der Dechanei ab, wo er unter anderen Bequemlichkeiten eine zum Medienst +eingerichtete Kapelle vorfand.[20] + + [Anmerkung 20: +London Gazette, Sept. 5, 8. 1687+.] + + +[_Er giebt den Collegiaten des Magdalenenstifts einen Verweis._] Den Tag +nach seiner Ankunft erhielten die Fellows des Magdalenen-Collegiums +Befehl, ihm ihre Aufwartung zu machen. Als sie vor ihm erschienen, +behandelte er sie mit einem bermuth, wie ihn die puritanischen +Visitatoren gegen ihre Vorgnger nie bewiesen hatten. Sie haben Sich +nicht wie Gentlemen gegen mich benommen, rief er aus; Sie haben Sich +eben so unschicklich als ungehorsam gezeigt. Sie fielen auf die Knie +und berreichten ihm eine Petition. Er wollte sie nicht ansehen. Ist +das die Loyalitt Ihrer englischen Kirche? Ich htte nicht gedacht, da +so viele Geistliche der Kirche Englands sich bei einer solchen Sache +betheiligen knnten. Gehen Sie nach Hause, gehen Sie. Ich bin Knig und +ich verlange Gehorsam. Gehen Sie augenblicklich in Ihre Kapelle und +nehmen Sie den Bischof von Oxford auf. Und wehe Denen, die sich weigern, +sie sollen das ganze Gewicht meiner Hand fhlen, sie sollen erfahren, +was es heit, sich die Ungnade seines Souverains zuziehen! Die noch +immer vor ihm knieenden Collegiaten reichten ihm wiederholt ihre +Petition dar. Er warf sie zornig zu Boden. Gehen Sie, sage ich, ich +nehme nichts von Ihnen an, bis Sie den Bischof aufgenommen haben! + +Sie gingen und versammelten sich augenblicklich in ihrer Kapelle. Es +wurde die Frage gestellt, ob sie sich dem Befehle Seiner Majestt fgen +sollten. Smith war abwesend, nur Charnock antwortete mit Ja. Alle +brigen Collegiaten erklrten, da sie in allen gesetzlichen Dingen dem +Knige bereitwilligst gehorchen, ihre Statuten und ihre Eide aber nicht +verletzen wrden. + +Voll Zorn und rger ber seine Niederlage verlie der Knig Oxford und +kehrte nach Bath zur Knigin zurck. Seine Hartnckigkeit und Willkr +hatte ihn in eine sehr schwierige Lage versetzt. Er hatte zu fest auf +die Wirkung seiner finstren Miene und seiner gebieterischen Rede +gerechnet und unbesonnenerweise nicht nur das Ansehen seiner Regierung, +sondern auch seine persnliche Wrde aufs Spiel gesetzt. Konnte er +Unterthanen nachgeben, denen er mit erhobener Stimme und zornigen +Geberden gedroht hatte? Konnte er es auf der andren Seite wagen, an +einem Tage eine Anzahl achtungswerther Geistlicher aus ihrer Heimath zu +vertreiben, weil sie eine in den Augen der ganzen Nation heilige Pflicht +gethan hatten? Vielleicht gab es noch einen Ausweg aus dieser +Verlegenheit, vielleicht konnte das Collegium doch noch durch Drohungen, +durch Zureden oder durch Bestechung zur Unterwerfung gebracht werden. + + +[_Penn sucht zu vermitteln._] Man bediente sich Penn's als Vermittler. +Er hatte zuviel Rechtsgefhl, als da er das gewaltsame und ungerechte +Verfahren der Regierung htte billigen knnen und er wagte es sogar, +einem Theile seiner Gedanken Worte zu geben. Jakob beharrte wie +gewhnlich auf seinem Vorsatze, und der hfische Quker that daher sein +Mglichstes, um das Collegium vom Pfade des Rechts abzuziehen. Zuerst +versuchte er es mit Einschchterungen. Er sagte, der Gesellschaft drohe +der Untergang, denn der Knig sei im hchsten Grade aufgebracht. Es sei +allerdings ein schwerer Schritt fr sie, das sahen die meisten Leute +ein; aber jedes Kind wisse auch, da Seine Majestt seinen Willen gern +durchsetze und da er Widerspruch nicht vertragen knne. Penn ermahnte +daher die Collegiaten, nicht auf die Gerechtigkeit ihrer Sache zu +pochen, sondern sich zu fgen oder wenigstens zu temporisiren. Ein +solcher Rath klang sonderbar aus dem Munde eines Mannes, der selbst von +der Universitt vertrieben worden war, weil er wegen des Chorhemds einen +Tumult hervorgerufen, der sich lieber der Gefahr der Enterbung +ausgesetzt hatte, als da er sich entschlo, vor einem kniglichen +Prinzen den Hut abzunehmen und der wegen seiner in Conventikeln +gehaltenen Reden mehr als einmal in's Gefngni geschickt worden war. Es +gelang ihm jedoch nicht, die Magdalenen-Collegiaten zu schrecken. In +Antwort auf seine drohenden Winke wurde er daran erinnert, da unter der +vorigen Generation vierunddreiig von den vierzig Collegiaten lieber mit +Freuden ihre geliebten Kreuzgnge und Grten, ihre Halle und ihre +Kapelle verlassen htten und fortgegangen seien, ohne zu wissen wo sie +ein Mahl oder ein Nachtlager finden wrden, als da sie ihren +Unterthaneneid gebrochen htten. Jetzt verlange der Knig die Verletzung +eines andren Eides von ihnen, aber er solle erfahren, da der alte Geist +noch nicht erstorben sei. + +Penn zog nun gelindere Saiten auf. Er hatte eine Besprechung mit Hough +und einigen Collegiaten und begann endlich nach vielen Versicherungen +von Theilnahme und Freundschaft die Mglichkeit eines Vergleichs in +Aussicht zu stellen. Der Knig vertrage nun einmal keinen Widerspruch, +sagte er, das Collegium msse nachgeben und Parker annehmen. Aber seine +Gesundheit sei schwankend und alle seine mter wrden voraussichtlich +bald erledigt sein. Doctor Hough, setzte er hinzu, kann dann Bischof +von Oxford werden. Wie wrde Ihnen das gefallen, meine Herren? Penn +hatte whrend seines ganzen Lebens gegen eine Miethlingsgeistlichkeit +gepredigt. Er hielt sich fr verpflichtet, die Entrichtung von Zehnten +zu verweigern, und dies selbst als er mit Zehnten belastete Lndereien +gekauft hatte und ihm der Betrag der Zehnten von der Kaufsumme +nachgelassen worden war. Nach seinen eigenen Grundstzen wrde er eine +groe Snde begangen haben, wenn er sich dabei betheiligt htte, dem +frmmsten Geistlichen selbst unter den ehrenvollsten Bedingungen eine +Pfrnde zu verschaffen. Aber sein Character war durch schlechte +Gesellschaft so verdorben und sein Verstand durch bermigen Eifer fr +einen einseitigen Zweck so verdunkelt, da er keinen Anstand nahm, bei +einer Simonie von ganz besonders unehrenhafter Art den Unterhndler +abzugeben und ein Bisthum als Kder zu benutzen, um einen Geistlichen +zum Eidbruche zu verfhren. Hough erwiederte mit hflicher +Geringschtzung, da er von der Krone nichts weiter verlange als +einfache Gerechtigkeit. Wir sind an unsere Statuten und unsere Eide +gebunden, sagte er; aber auch ganz abgesehen von unseren Statuten und +unseren Eiden fhlen wir uns verpflichtet, unsren Glauben zu +vertheidigen. Die Papisten haben uns schon das University-Collegium und +das Christchurch-Collegium geraubt, jetzt greifen sie auch das +Magdalenen-Collegium an. Sie werden bald Alles haben. + +Penn war so unbesonnen, hierauf zu antworten, da er ernstlich glaube, +die Papisten wrden nun zufrieden sein. Das University-Collegium, +sagte er, ist ein schnes Collegium, Christchurch ein vortrefflicher +Platz und Magdalenen ein herrliches Gebude. Die Lage ist angenehm, die +Gartenanlagen am Flusse reizend. Wenn die Katholiken vernnftig sind, +werden sie sich damit begngen. Diese alberne Erklrung wrde allein +schon Hough und seine Collegen in die Unmglichkeit versetzt haben, +nachzugeben. Die Unterhandlung wurde abgebrochen, und der Knig beeilte +sich, seiner Drohung gem die Ungehorsamen fhlen zu lassen, was es +hie, sich seine Ungnade zuziehen. + + +[_Eine kirchliche Specialcommission wird nach Oxford gesandt._] +Cartwright, Bischof von Chester, Wright, Oberrichter der Kings Bench, +und Sir Thomas Jenner, ein Baron des Schatzkammergerichts, erhielten +eine Specialvollmacht zur Visitation des Collegiums. Am 20. October +kamen sie in Oxford an, begleitet von drei Schwadronen Kavalerie mit +gezogenen Sbeln. Am folgenden Morgen nahmen die Commissare im Hrsaale +des Magdalenen-Collegiums ihre Sitze ein und Cartwright hielt eine +loyale Rede, welche noch vor wenigen Jahren von den Oxfordern mit lautem +Beifall aufgenommen worden wre, die aber jetzt mit stummem Unwillen +angehrt wurde. Es erfolgte hierauf eine lange Debatte. Der Prsident +vertheidigte seine Rechte mit Geschick, Migung und Entschiedenheit. Er +versicherte seine hohe Achtung vor der kniglichen Autoritt, behauptete +aber fest, da er nach den Gesetzen Englands ein Eigenthumsrecht an das +Haus und an die mit der Prsidentur verbundenen Einknfte habe. Dieses +Rechts knne ihn ein Machtspruch des Landesherrn nicht berauben. Wollen +Sie sich unsrer Visitation unterwerfen? fragte der Bischof. Ich +unterwerfe mich derselben, antwortete Hough mit weiser Vorsicht, in so +weit sie mit dem Gesetz im Einklange steht, weiter nicht. -- Wollen +Sie den Schlssel zu Ihrer Wohnung ausliefern? fragte Cartwright. Hough +schwieg. Die Frage wurde wiederholt, und Hough antwortete nun mild aber +entschieden, da er dies nicht thun werde. Die Commissare nannten ihn +einen unberufenen Eindringling und forderten die Collegiaten auf, seine +Autoritt nicht mehr anzuerkennen und fr die Aufnahme des Bischofs von +Oxford zu stimmen. Charnock versprach bereitwilligst Gehorsam, Smith gab +eine ausweichende Antwort, die Hauptmasse der Collegiaten aber erklrte +auf das Bestimmteste, da sie Hough noch immer als ihren rechtmigen +Prsidenten betrachteten. + + +[_Hough's Protest._] Jetzt bat Hough um die Erlaubni, selbst noch +einige Worte an die Commissare richten zu drfen. Sie bewilligten ihm +dies sehr artig, vielleicht weil sie nach seinem ruhigen und gelassenen +Benehmen erwarteten, da er ein Zugestndni machen werde. Mylords, +sprach er, Sie haben mich heute meines freien Eigenthums beraubt; ich +protestire hiermit gegen Ihr ganzes Verfahren als gesetzwidrig, +ungerecht und nichtig und appellire an unsren erlauchten Gebieter, den +Knig, in seinen Gerichtshfen. Ein lautes beiflliges Gemurmel erhob +sich unter den Studirenden, welche den Saal fllten. Die Commissare +waren wthend. Man suchte die Verbrecher, welche applaudirt hatten, +herauszufinden, aber vergebens. Der ganze Zorn der Commission richtete +sich nun gegen Hough. Glauben Sie nicht, da Sie uns trotzen knnen, +rief Jenner mit einem Wortspiel auf den Namen des Prsidenten.[21] Ich +werde die Autoritt Seiner Majestt aufrecht erhalten, so lange ich +Athem in meiner Brust habe, setzte Wright hinzu. Das Alles kommt von +Ihrem nach Popularitt haschenden Protest. Sie haben den Landfrieden +gebrochen und sollen sich dafr vor der Kings Bench verantworten. Ich +verpflichte Sie bei Strafe von tausend Pfund, beim nchsten Termine zu +erscheinen. Wir wollen sehen, ob die Civilgewalt Sie nicht bndigen +wird. Reicht sie nicht aus, so sollen Sie auch die militairische haben. +Oxford befand sich in der That in einer Stimmung, welche die Commissare +nicht wenig beunruhigte. Die Soldaten erhielten Befehl, ihre Carabiner +zu laden, und man sagte, es sei ein expresser Bote nach London geschickt +worden, um schleunige Nachsendung von Verstrkungen zu verlangen. Es +fand jedoch keine Ruhestrung statt. + + [Anmerkung 21: Im Deutschen lt sich das Wortspiel nicht + wiedergeben. +Hough+ und +huff+ (trotzen) wird im Englischen + ziemlich gleich ausgesprochen. D. bers.] + + +[_Einsetzung Parker's._] Der Bischof von Oxford wurde mittelst Vollmacht +ruhig eingesetzt, aber nur zwei Mitglieder des Magdalenen-Collegiums +wohnten der Feierlichkeit bei. Mancherlei Anzeichen bewiesen, da der +Geist des Widerstandes sich auch des Volks bemchtigt hatte. Der +Thrsteher des Collegiums warf seinen Schlssel weg. Der Kellermeister +weigerte sich, den Namen Hough's aus dem Wirthschaftsbuche zu streichen. +In der ganzen Stadt war kein Schlosser aufzutreiben, der die Thr der +Prsidentenwohnung aufsprengen wollte. Die eigenen Diener der Commissare +muten die Thr mit eisernen Stangen erbrechen. Die Predigten, welche am +nchstfolgenden Sonntage in der Universittskirche gehalten wurden, +waren voll von Bemerkungen, welche Cartwright tief krnkten; aber sie +waren so gehalten, da er nichts dagegen thun konnte. + +Wre Jakob nicht ganz verblendet gewesen, so wrde er hier innegehalten +haben. Die Collegiaten waren im Ganzen genommen nicht geneigt, den +Widerstand noch weiter zu treiben. Sie waren der Meinung, da sie ihre +Achtung vor ihren Statuten und Eiden hinreichend bewiesen htten, indem +sie ihre Mitwirkung bei der Einsetzung eines Unberufenen verweigerten, +und da sie sich ihm jetzt, da er im factischen Besitze des Amtes war, +als ihrem Oberhaupte unterwerfen knnten, ohne einen Vorwurf auf sich zu +laden, bis er durch den Ausspruch eines competenten Gerichts entfernt +wurde. Nur ein Collegiat, Doctor Fairfax, weigerte sich, auch nur soweit +nachzugeben. Die Commissare wrden zu einer solchen Verstndigung gern +die Hand geboten haben und einige Stunden lang herrschte eine +Waffenruhe, von der Viele glaubten, da sie zu einem gtlichen Vergleich +fhren werde. Aber bald war Alles wieder in Aufregung. Die Collegiaten +sahen, da die ffentliche Meinung sie offen der Kleinmthigkeit +beschuldigte; in der Stadt sprach man schon ironisch von einem +Magdalenengewissen und sagte, der tapfere Hough und der brave Fairfax +seien verrathen und verlassen worden. Noch rgerlicher waren die +Sptteleien Obadja Walker's und seiner Renegatensippschaft. Das also, +sagten diese Apostaten, sei das Ende von all den hochtrabenden Worten, +in denen die Gesellschaft ihren Entschlu erklrt habe, treu zu ihrem +rechtmigen Prsidenten und zu ihrem protestantischen Glauben zu +stehen! Whrend die Collegiaten, tief gekrnkt durch den ffentlichen +Tadel, ihre bedingte Unterwerfung bereueten, erfuhren sie, da diese den +Knig noch keineswegs zufriedengestellt habe. Es sei nicht genug, sagte +er, da sie sich erboten htten, dem Bischof von Oxford als factischem +Prsidenten zu gehorchen; sie mten auch die Commission und Alles was +dieselbe gethan habe, als gesetzlich anerkennen. Sie mten eingestehen, +da sie pflichtvergessen gehandelt htten, mten ihr Benehmen bereuen +und versprechen, da sie sich in Zukunft besser betragen wollten, mten +Seine Majestt um Verzeihung bitten und ihm zu Fen fallen. Nur zwei +Collegiaten, Charnock und Smith, ber welche der Knig nicht zu klagen +hatte, wurden von der Verpflichtung, diese erniedrigenden +Entschuldigungen zu machen, ausgenommen. + +Nie that Jakob einen thrichteren Fehlgriff. Die Collegiaten, schon mit +sich selbst unzufrieden, weil sie so weit nachgegeben hatten, und durch +den Tadel des Publikums gereizt, ergriffen eifrig die ihnen jetzt +gebotene Gelegenheit, die ffentliche Achtung wieder zu gewinnen. Sie +erklrten einstimmig, sie wrden niemals deshalb, da sie in ihrem +Rechte gewesen seien, um Verzeihung bitten, und eben so wenig +anerkennen, da die Visitation ihres Collegiums und die Beraubung ihres +Prsidenten gesetzlich gewesen sei. + + +[_Vertreibung der Collegiaten._] Jetzt lie sie der Knig das angedrohte +ganze Gewicht seiner Hand fhlen. Durch ein summarisches Edict wurden +sie zur Vertreibung verurtheilt. Diese Strafe wurde indessen noch nicht +fr gengend erachtet. Man wute, da viele Edelleute und Gentlemen, +welche ein kirchliches Patronatrecht hatten, sich bemhen wrden, fr +Mnner zu sorgen, welche fr die Gesetze Englands und fr den +protestantischen Glauben so viel gelitten. Deshalb erklrte die Hohe +Commission die Vertriebenen fr unfhig, irgend ein geistliches Amt +wieder zu bekleiden, und Diejenigen, welche noch nicht ordinirt waren, +wurden fr unfhig erklrt, die geistliche Ordination zu empfangen. So +hatte Jakob die Genugthuung, Viele von ihnen aus einer Lage, in der sie +alle mglichen Annehmlichkeiten des Lebens genossen und die schnsten +Aussichten auf zuknftige Anstellungen hatten, in hoffnungslose +Drftigkeit zurckgeworfen zu haben. + +Aber all' diese Strenge hatte gerade die entgegengesetzte Wirkung als er +erwartete. Der Geist der Englnder, dieser trotzige Geist, den kein +Knig aus dem Hause Stuart jemals durch Erfahrung erkennen lernte, +emprte sich heftig gegen die Ungerechtigkeit. Oxford, der friedliche +Sitz der Gelehrsamkeit und Loyalitt, war in einem Zustande, hnlich +dem, in welchem sich London am Morgen nach dem Versuche Karl'sI., die +fnf Parlamentsmitglieder festnehmen zu lassen, befunden hatte. Der +Vicekanzler war am Tage der Vertreibung von den Commissaren zu Tische +eingeladen worden. Er lehnte die Einladung ab. Mein Geschmack, sagte +er, ist verschieden von dem des Obersten Kirke; ich kann unter dem +Galgen nicht mit Appetit essen. Die Studenten weigerten sich, den neuen +Vorsteher des Magdalenen-Collegiums zu gren. Smith erhielt den +Spottnamen +Dr.+ Schuft und wurde in einem Kaffeehause ffentlich +insultirt. Als Charnock die Demies aufforderte, in seiner Gegenwart ihre +akademischen bungen vorzunehmen, antworteten sie ihm, da sie ihrer +rechtmigen Vorsteher beraubt seien und sich keiner widerrechtlichen +Autoritt unterwerfen wrden. Sie versammelten sich zum Studiren wie zum +Gottesdienst auf eigne Hand. Man versuchte es, sie durch das Anerbieten +der eintrglichen Collegiaturen, welche eben fr erledigt erklrt worden +waren, zu verfhren, aber ein Untergraduirter nach dem andren antwortete +mit mnnlichem Freimuth, da sein Gewissen ihm nicht gestatte, aus einem +Unrecht fr sich Nutzen zu ziehen. Ein Student, der sich zur Annahme +einer Collegiatur berreden lie, wurde von seinen Comiletonen aus dem +Saale gestoen. Es wurden junge Leute aus anderen Collegien eingeladen, +aber mit geringem Erfolg; die reichste Stiftung des Landes schien selbst +fr arme Studenten alle Anziehungskraft verloren zu haben. Inzwischen +wurde in London und im ganzen Lande Geld zur Untersttzung der +vertriebenen Collegiaten gesammelt. Die Prinzessin von Oranien zeichnete +zur groen Freude aller Protestanten zweihundert Pfund. Der Knig, +beharrte nichtsdestoweniger bei dem eingeschlagenen Verfahren. Auf die +Vertreibung der Collegiaten folgte bald die Ausstoung einer Menge +Demies. Whrenddem nahmen die krperlichen und geistigen Krfte des +neuen Prsidenten mehr und mehr ab. Er hatte zu der Zeit, als sein +Kollegium sich in offener Emprung gegen seine Autoritt befand, noch +einen schwachen Versuch gemacht, der Regierung einen Dienst zu leisten, +indem er eine Vertheidigung der Indulgenzerklrung oder vielmehr der +Lehre von der Transsubstantiation erscheinen lie. Diese Schrift rief +viele Entgegnungen hervor, namentlich eine von Burnet, die mit +auerordentlicher Kraft und Schrfe geschrieben war. Wenige Wochen nach +der Vertreibung der Demies starb Parker in dem Hause, von dem er +gewaltsam Besitz ergriffen hatte. Man sagte damals, Reue und Scham +htten sein Ende beschleunigt. Er ruht in der schnen Vorkapelle des +Collegiums, aber kein Denkstein bezeichnet sein Grab. + + +[_Das Magdalenen-Collegium in ein papistisches Seminar verwandelt._] Der +ganze Plan des Knigs wurde nun vollends ausgefhrt: das Collegium wurde +zu einem papistischen Seminar umgestaltet. Bonaventura Giffard, der +katholische Bischof von Madura, ward Prsident. In der Kapelle wurde +katholischer Gottesdienst gehalten und an einem Tage zwlf Katholiken +als Collegiaten aufgenommen. Einige servile Protestanten bewarben sich +um die Aufnahme, wurden aber abschlglich beschieden. Smith, der loyal +bis zur Begeisterung, aber noch immer ein aufrichtiges Mitglied der +anglikanischen Kirche war, konnte das vernderte Aussehen des Hauses +nicht ertragen. Er entfernte sich, kam der Aufforderung zur Rckkehr in +seine Wohnung nicht nach, und wurde daher abgesetzt. So war das +Beraubungswerk vollendet.[22] + +Das Universittssystem Englands ist von der Art, da jedes Ereigni, das +die Interessen oder die Ehre irgend einer Universitt berhrt, im ganzen +Lande nothwendig einen starken Eindruck machen mu. Jeder neue Schlag +gegen das Magdalenen-Collegium wurde daher bis an die uersten +Endpunkte des Knigreichs gefhlt. In den londoner Kaffeehusern, in den +juristischen Hochschulen, unter den Geistlichen aller Domkapitel, in +Pfarrwohnungen und Landschlssern selbst der entferntesten Grafschaften +war das Mitleid mit den Duldern und der Unwille gegen die Regierung +bestndig im Zunehmen. Hough's Protest fand berall Beifall, das +Aufsprengen seiner Thr wurde berall mit Abscheu erzhlt und das ber +die Collegiaten verhngte Beraubungs- und Vertreibungsurtheil zerri +endlich die einst so engen und theuren Bande, welche die anglikanische +Kirche mit dem Hause Stuart verknpften. + + [Anmerkung 22: Prozeverfahren gegen das Magdalenen-Collegium zu + Oxford wegen Nichterwhlung Anton Farmer's zum Prsidenten, in der + +Collection of State Trials+, Ausgabe von Howell; +Luttrell's + Diary, June 15., 17., Oct. 24., Dec. 10. 1687+; +Smith's + Narrative+; Brief von Doctor Richard Rawlinson vom 31. Oct. 1687; + +Reresby's Memoirs+; +Burnet, I. 699+; +Cartwright's Diary+; + Citters, 25. Oct. (4. Nov.), 28. Oct. (7. Nov.), 8.(18.) u. + 18.(28.) Nov. 1687.] + + +[_Groll der Geistlichkeit._] Bitterer Groll und schlimme Befrchtungen +traten an die Stelle der Liebe und des Vertrauens. Es gab keinen +Pfrndner, keinen Rector und keinen Vikar, der nicht von der Angst +geqult worden wre, da er, so friedlich sein Character und so +unbedeutend seine Stelle sein mochte, vielleicht in wenigen Monaten +durch einen willkrlichen Machtspruch aus seinem Hause vertrieben werden +knne, um im zerrissenen Priesterrocke mit Frau und Kindern zu betteln, +whrend sein durch uralte Gesetze und durch das knigliche Wort +gesichertes Eigenthum von einem Apostaten in Besitz genommen wurde. Das +war also der Lohn fr die heldenmthige Loyalitt, die sich in allen +Wechselfllen fnfzig strmischer Jahre nicht ein einziges Mal +verleugnet hatte! Deshalb also hatte die Geistlichkeit fr KarlI. +Plnderung und Verfolgung ertragen, deshalb hatte sie KarlII. in seinem +harten Kampfe mit der whiggistischen Opposition untersttzt, deshalb +hatte sie in der vordersten Reihe gegen Diejenigen gestanden, welche +Jakob seines Geburtsrechtes berauben wollten! Ihrer Treue allein +verdankte ihr Unterdrcker die Macht, die er jetzt zu ihrem Verderben +anwendete. Lange genug hatten sie mit bitterem Schmerze die Leiden +aufgezhlt, die sie von den Puritanern in den Tagen ihrer Macht hatten +erdulden mssen. Der Puritaner war indessen einigermaen zu +entschuldigen. Er war ein erklrter Feind, er hatte sich fr erlittenes +Unrecht zu rchen und selbst er war nicht ganz ohne Mitleid gewesen, als +er die Kirchenverfassung des Landes umgestaltete und Alle, die seinen +Covenant nicht unterschreiben wollten, absetzte. Er hatte denen, die er +ihrer Pfrnden beraubte, wenigstens so viel davon gelassen, als sie zu +ihrem Lebensunterhalte nothwendig brauchten. Aber des Knigs Ha gegen +die Kirche, die ihn vor der Verbannung bewahrt und auf den Thron erhoben +hatte, war nicht so leicht zu sttigen. Nur der vllige Ruin seiner +Opfer konnte ihn zufrieden stellen. Nicht genug, da sie aus ihren +Wohnungen vertrieben und ihres Einkommens beraubt wurden, auch jede +andre Laufbahn, auf der Mnner ihrer Art ihren Unterhalt suchen konnten, +war ihnen mit raffinirter Bswilligkeit verschlossen und es blieb ihnen +nichts Andres brig, als die unsichere und beschmende Hlfsquelle der +ffentlichen Mildthtigkeit. + +Die anglikanische Geistlichkeit und diejenigen Laien, welche dem +protestantischen Episcopat mit Liebe zugethan waren, betrachteten daher +jetzt den Knig mit Gefhlen, wie sie eine durch Undank noch +verschlimmerte Ungerechtigkeit nothwendig, erregen mu. Indessen hatte +der Anglikaner noch immer viele Bedenken des Gewissens und der Ehre zu +berwinden, ehe er sich zum gewaltsamen Widerstande gegen die Regierung +entschlieen konnte. Man hatte ihn gelehrt, da das gttliche Gesetz +passiven Gehorsam ohne Bedingung oder Ausnahme vorschreibe. Diese +Ansicht hatte er laut und offen ausgesprochen und die Insinuation, da +extreme Flle eintreten knnten, welche dem Volke das Recht gben, gegen +knigliche Tyrannei das Schwert zu ziehen, mit Verachtung +zurckgewiesen. Sowohl Grundsatz als Scham hielten ihn demnach ab, das +Beispiel der rebellischen Rundkpfe nachzuahmen, so lange noch einige +Hoffnung auf friedliche und gesetzmige Befreiung vorhanden war, und +eine solche Hoffnung konnte man vernnftigerweise wohl hegen, so lange +die Prinzessin von Oranien die nchste Thronerbin war. Wenn er diese +Glaubensprfung geduldig berstand, so wrden die Gesetze der Natur bald +das fr ihn thun, was er ohne Snde und Schande nicht selbst fr sich +thun konnte. Die Bedrckungen der Kirche wurden dann abgestellt, ihr +Eigenthum und ihre Wrde durch neue Brgschaften gesichert und die +schndlichen Minister, die sie in Zeiten der Bedrngni gekrnkt und +verhhnt hatten, wurden exemplarisch bestraft. + + +[_Plne der jesuitischen Cabale in Bezug auf die Thronfolge._] An das +Ereigni, von dem die anglikanische Kirche eine ehrenvolle und +friedliche Erlsung von ihren Leiden erwartete, konnten auch die +sorglosesten Mitglieder der jesuitischen Cabale nicht ohne qulende +Besorgnisse denken. Wenn ihr Gebieter starb, ohne ihnen eine grere +Sicherheit gegen die Strafgesetze zu hinterlassen als eine +Indulgenzerklrung, welche die ganze Nation einstimmig fr null und +nichtig erklrt hatte, wenn ein von dem nmlichen Geiste, welcher in den +Parlamenten Karl'sII. vorgeherrscht, beseeltes Parlament sich um den +Thron eines protestantischen Landesoberhauptes versammelte, war dann +nicht vorauszusehen, da eine furchtbare Vergeltung ausgebt, da die +alten Gesetze gegen den Papismus mit schonungsloser Strenge gehandhabt +und da noch hrtere neue Gesetze dem Gesetzbuche einverleibt werden +wrden? Von diesen schlimmen Befrchtungen wurden die bsen Rathgeber +der Krone schon seit langer Zeit geqult, und einige von ihnen hatten +sonderbare und verzweifelte Schutzmittel ersonnen. Jakob hatte den Thron +kaum bestiegen, so begann man sich in Whitehall schon zuzuflstern, da, +wenn die Prinzessin Anna katholisch werden wollte, es mit Hlfe Ludwig's +vielleicht nicht unmglich sein wrde, das Geburtsrecht ihrer lteren +Schwester auf sie zu bertragen. Bei der franzsischen Gesandtschaft +fand diese Idee groen Beifall und Bonrepaux war der Meinung, da +Jakob's Einwilligung nicht schwer zu erlangen sein werde.[23] Bald +jedoch zeigte es sich deutlich, da Anna der Landeskirche +unerschtterlich treu war. Der Gedanke, sie zur Knigin zu machen, wurde +daher wieder aufgegeben. Dessenungeachtet nhrte ein kleines Huflein +Fanatiker noch immer die khne Hoffnung, da es ihnen gelingen knne, +die Thronfolgeordnung zu ndern. Der Plan dieser Mnner wurde in einem +Entwurfe dargelegt, von dem noch eine schlechte franzsische bersetzung +vorhanden ist. Es sei zu hoffen, sagten sie, da der Knig im Stande +sein werde, den wahren Glauben zu befestigen, ohne zu extremen Mitteln +zu greifen; im schlimmsten Fall aber knne er die Verfgung ber seine +Krone Ludwig anheimstellen. Es sei fr die Englnder immer noch besser, +wenn sie Vasallen Frankreichs wren, als Sklaven des Teufels.[24] Dieses +hchst merkwrdige Actenstck ging unter den Jesuiten und Hflingen von +Hand zu Hand, bis endlich einige ausgezeichnete Katholiken, in denen die +Bigotterie noch nicht allen Patriotismus erstickt hatte, dem +hollndischen Gesandten eine Abschrift anfertigten. Dieser zeigte den +Aufsatz dem Knige, und Jakob erklrte denselben fr eine erbrmliche +Flschung, die von einem hollndischen Pamphletschmierer ersonnen sein +msse. Der hollndische Gesandte antwortete mit Entschiedenheit, da er +durch das Zeugni mehrerer ausgezeichneter Mitglieder der eigenen Kirche +Seiner Majestt das Gegentheil beweisen knne, ja da es sogar nicht +schwer sein werde, den Verfasser ausfindig zu machen, welcher im Grunde +nur das niedergeschrieben habe, wovon viele Priester und geschftige +Politiker tglich in den Gallerien des Palastes sprchen. Der Knig +hielt es nicht fr rathsam, nach dem Verfasser zu forschen, nahm den +Vorwurf der Flschung zurck und versicherte mit groer Heftigkeit und +Feierlichkeit, da es ihm nie in den Sinn gekommen sei, seine lteste +Tochter zu enterben. Niemand, sagte er, hat es je gewagt, eine solche +Idee gegen mich zu uern, und ich wrde auch nie darauf hren. Gott +befiehlt uns nicht, die wahre Religion durch Ungerechtigkeit zu +verbreiten, und dies wrde die emprendste, widernatrlichste +Ungerechtigkeit sein.[25] Trotz aller dieser Betheuerungen meldete +Barillon wenige Tage spter seinem Hofe, da Jakob angefangen habe, auf +Einflsterungen in Betreff einer nderung der Thronfolgeordnung zu +hren, da die Sache zwar sehr kitzlich sei, da man aber gegrndete +Hoffnung habe, mit der Zeit und durch vorsichtiges Verfahren einen Weg +zu finden, um die Krone mit Ausschlieung der beiden Prinzessinnen auf +ein rmisch-katholisches Haupt zu bringen.[26] Dieser Plan wurde noch +viele Monate von den heftigsten und berspanntesten Papisten am Hofe +besprochen, und es wurden wirklich Candidaten fr den Knigsthron +genannt.[27] + + [Anmerkung 23: +Quand on connoit le dedans de cette cour aussi + intimement que je la connois, on peut croire que Sa Majest + Britannique donnera volontiers dans ces sortes de projets.+ + Bonrepaux an Seignelay, 18.(28.) Mrz 1686.] + + [Anmerkung 24: +Que, quand pour tablir la religion Catholique et + pour la confirmer icy, il+ (Jakob) +devroit se rendre en quelque + faon dpendant de la France, et mettre la dcision de la + succession la couronne entre les mains de ce monarque l, qu'il + seroit oblig de le faire, parcequ'il vaudroit mieux pour ses + sujets qu'ils devinssent vassaux du Roy de France, tant + Catholiques, que de demeurer comme esclaves du Diable.+ -- Dieses + Schriftstck befindet sich sowohl im franzsischen als auch im + hollndischen Archive.] + + [Anmerkung 25: Citters, 6.(16.) u. 17.(27.) Aug.; Barillon, + 19.(29.) Aug.] + + [Anmerkung 26: Barillon, 13.(23.) Sept. 1686. +La succession est + une matire fort dlicate traiter. Je sais pourtant qu'on en + parle au Roy d'Angleterre et qu'on ne dsespre pas avec le temps + de trouver des moyens pour faire passer la couronne sur la tte + d'un hritier Catholique.+] + + [Anmerkung 27: Bonrepaux, 11.(21.) Juli 1687.] + + +[_Jakob's und Tyrconnel's Plan, die Prinzessin von Oranien von der +Erbfolge im Knigreich Irland auszuschlieen._] Es ist jedoch nicht +wahrscheinlich, da Jakob jemals einen so unsinnigen Schritt zu thun +beabsichtigte. Er mute wissen, da England nicht einen einzigen Tag das +Joch eines Usurpators ertragen htte, der noch obendrein Papist war, und +da sowohl Diejenigen, welche die Ausschlieungsbill untersttzt, als +auch Die, welche sich ihr widersetzt hatten, jeden Versuch, die +Prinzessin Marie bei Seite zu schieben, auf Leben und Tod bekmpft haben +wrden. Dagegen unterliegt es keinem Zweifel, da der Knig bei einem +minder unsinnigen, aber eben so unverantwortlichen Anschlage auf die +Rechte seiner Kinder die Hand im Spiele hatte. Tyrconnel hatte im +Einverstndni mit seinem Gebieter Anstalten getroffen, um Irland von +dem Knigreiche zu trennen und es unter Ludwig's Protection zu stellen, +sobald die Krone einem protestantischen Oberhaupte zufallen wrde. +Bonrepaux war zu Rathe gezogen worden, hatte seinem Hofe den Plan +mitgetheilt und die Weisung erhalten, Tyrconnel zu versichern, da +Frankreich zur Ausfhrung dieser groartigen Idee krftigen Beistand +leisten werde.[28] Diese Unterhandlungen, welche im Haag vielleicht +nicht in ihrem ganzen Umfange genau bekannt waren, aber doch stark +vermuthet wurden, drfen nicht auer Acht gelassen werden, wenn man sich +ein richtiges Urtheil ber das Verfahren bilden will, das die Prinzessin +von Oranien wenige Monate spter einschlug. Wer sie einer Verletzung der +Kindespflicht beschuldigt, mu zugeben, da ihr Fehler durch das ihr +zugefgte Unrecht wenigstens sehr gemildert wird. Wenn sie im Interesse +ihres Glaubens die heiligsten Bande der Blutsverwandtschaft zerri, so +folgte sie nur dem Beispiele ihres Vaters. Sie lieh erst dann die Hand +zu seiner Absetzung, als er einen Anschlag zu ihrer Enterbung +geschmiedet hatte. + + [Anmerkung 28: Bonrepaux an Seignelay, 25. Aug. (4. Sept.) 1687. + Ich will eine Stelle aus dieser wichtigen Depesche hier anfhren. + +Je say bien certainement que l'intention du Roy d'Angleterre + est de faire perdre ce royaume+ (Irland) + son successeur, et de + le fortifier en sorte que tous ses sujets Catholiques y puissent + avoir un asile assur. Son projet est de mettre les choses en cet + estat dans le cours de cinq annes.+ -- In den +Secret Consults + of the Romish Party in Ireland, 1690+, findet sich eine Stelle, + aus welcher hervorgeht, da diese Unterhandlung nicht streng + geheim gehalten wurde. Obgleich der Knig es selbst vor seinen + Rthen verschwieg, so ist es doch gewi, da er dem franzsischen + Knig die Verfgung ber jene Regierung und jenes Knigreich + versprochen hat, sobald die Dinge so weit gediehen sein wrden, + da es sich thun liee.] + + +[_Schwangerschaft der Knigin._] Bonrepaux war kaum davon +benachrichtigt, da Ludwig beschlossen habe, Tyrconnel's Vorhaben zu +untersttzen, so wurde jeder Gedanke an diesen Plan wieder aufgegeben. +Jakob erblickte den ersten Schimmer einer Hoffnung, die ihn mit Stolz +und Entzcken erfllte: die Knigin war schwanger. + + +[_Allgemeiner Zweifel._] Gegen Ende October 1687 begann sich die groe +Neuigkeit gerchtweise zu verbreiten. Man hatte bemerkt, da Ihre +Majestt sich unter dem Vorwande der Unplichkeit von mehreren +ffentlichen Feierlichkeiten fern gehalten. Es hie, da ihr eine Menge +Reliquien, denen man eine auerordentliche Wirkung zuschrieb, umgehngt +worden seien. Die Geschichte fand bald ihren Weg aus dem Palaste in die +Kaffeehuser und verbreitete sich rasch durch das ganze Land. Nur sehr +Wenige begrten das Gercht mit Freuden, der bei weitem grte Theil +der Nation vernahm es mit einem Gemisch von Zweifel und Besorgni. Die +Sache war jedoch keineswegs so unglaublich. Der Knig hatte eben erst +sein vierundfnfzigstes Jahr vollendet und die Knigin stand im Sommer +ihres Lebens. Sie hatte vier Kinder geboren, welche jung starben, und +lange nachher wurde sie von einem fnften entbunden, das Niemand ein +Interesse hatte als untergeschoben zu betrachten und das daher auch nie +fr ein solches erklrt wurde. Da indessen seit dieser letzten +Schwangerschaft fnf Jahre verstrichen waren, so hatte das Volk unter +dem Einflusse der Tuschung, welche die Menschen so leicht verleitet, +das zu glauben was sie wnschen, jede Besorgni, da sie noch einen +Thronerben zur Welt bringen werde, aufgegeben. Auf der andren Seite +schien nichts natrlicher und wahrscheinlicher, als da die Jesuiten +einen frommen Betrug ersonnen haben knnten. Es unterlag keinem Zweifel, +da sie die Thronbesteigung der Prinzessin von Oranien als einen der +hrtesten Schlge betrachten muten, der ihre Kirche treffen konnte. +Eben so gewi war es, da sie nicht sehr gewissenhaft in der Wahl der +Mittel sein wrden, mit deren Hlfe sie ein so groes Unglck von ihrer +Kirche abwenden konnten. In Werken von ausgezeichneten Mitgliedern ihrer +Gesellschaft, welche von ihren Oberen sanctionirt waren, war es deutlich +ausgesprochen, da selbst Mittel, welche allen Begriffen von +Gerechtigkeit und Humanitt noch viel rger Hohn sprachen, als die +Einschmuggelung eines unchten Erben in eine Familie, mit Fug und Recht +zu minder wichtigen Zwecken angewendet werden drften, als die Bekehrung +eines ketzerischen Knigreichs war. Es war ruchbar geworden, da einige +Rthe des Knigs und sogar der Knig selbst Plne geschmiedet htten, um +die Prinzessin Marie ganz oder theilweis um ihr rechtmiges Erbe zu +betrgen. Es bemchtigte sich der ffentlichen Meinung ein Verdacht, der +zwar nicht wohl begrndet, aber keineswegs so abgeschmackt war, als man +gewhnlich glaubt, und die Unbesonnenheit einiger Katholiken bestrkte +das allgemeine Vorurtheil. Sie sprachen von dem glcklichen Ereignisse +wie von etwas Auerordentlichem und Wunderbaren, wie von einem Zeichen +derselben gttlichen Allmacht, welche Sara durch Isaak stolz und +glcklich machte und die Gebete Hanna's mit Samuel belohnte. Marien's +Mtter, die Herzogin von Modena, war unlngst gestorben. Kurz vor ihrem +Tode sollte sie mit inbrnstigen Gebeten und reichen Opfergaben die +heilige Jungfrau von Loretto angefleht haben, da sie Jakob einen Sohn +schenken mge. Der Knig selbst hatte im vergangenen August auf seiner +Reise einen Abstecher nach der sogenannten heiligen Quelle gemacht und +dort die heilige Winifreda gebeten, da sie ihm das Geschenk verschaffen +mge, ohne welches seine groen Plne zur Verbreitung des wahren +Glaubens nur unvollkommen ausgefhrt werden knnten. Die unbesonnenen +Zeloten, die auf solche Geschichten ein groes Gewicht legten, +prophezeiten mit Zuversicht, da das ungeborne Kind ein Knabe sein werde +und boten darauf eine Wette von zwanzig Guineen gegen eine an. Sie +meinten, der Himmel werde sich nicht in's Mittel gelegt haben, wenn er +nicht einen groen Zweck dabei htte. Ein Fanatiker verkndete sogar, +die Knigin werde Zwillinge gebren, von denen der ltere Knig von +England, der jngere Papst werden wrde. Marie konnte das Vergngen, mit +dem sie diese Prophezeiungen anhrte, nicht verbergen, und ihre Hofdamen +sahen, da sie sich nicht besser bei ihr insinuiren knnten, als wenn +sie davon sprachen. Die Katholiken wrden klger gethan haben, wenn sie +von der Schwangerschaft als von einem ganz natrlichen Ereignisse +gesprochen und ihr unverhofftes Glck mit mehr Migung getragen htten. +Ihr bermthiger Triumph erregte nur den Unwillen des Volks und ihre +Prophezeiungen bestrkten es in seinem Verdacht. Von dem Prinzen und der +Prinzessin von Dnemark herab bis zu den Lasttrgern und Waschweibern +erwhnte Niemand die verheiene Geburt ohne ein hhnisches Lcheln. Die +londoner Spottvgel beschrieben das neue Wunder in Reimen, die, wie man +leicht denken kann, nicht eben die zartesten waren. Die ungeschliffenen +Landsquires brachen in ein schallendes Gelchter aus, wenn sie mit +Jemandem zusammentrafen, der so einfltig war zu glauben, da die +Knigin wirklich noch einmal Mutter werden wrde. Es erschien eine +knigliche Verordnung, welche der Geistlichkeit befahl, ein von Crewe +und Sprat fr dieses freudige Ereigni besonders verfates Bitt- und +Dankgebet zu verlesen. Die Geistlichen gehorchten, aber man bemerkte, +da die Gemeinden nicht respondirten und kein Zeichen von Ehrerbietung +uerten. Bald circulirte in allen Kaffeehusern ein rohes Spottgedicht +auf die hfischen Prlaten, deren Feder sich der Knig bedient hatte. +Mutter East (Ost) war darin ebenfalls reichlich mit Schmhungen bedacht. +Zu diesem einheimischen einsilbigen Wrtchen hatten unsere Vorfahren den +Namen des groen Hauses Este, welches in Modena regierte, +verstmmelt.[29] + +Die neue Hoffnung, welche den Muth des Knigs so sehr hob, war indessen +mit mancherlei Besorgnissen vermischt. Es bedurfte noch etwas mehr als +die Geburt eines Prinzen von Wales zum Gelingen der von der +Jesuitenpartei entworfenen Plne. Es war nicht anzunehmen, da Jakob so +lange lebte, bis sein Sohn das zur Ausbung der kniglichen Functionen +erforderliche Alter erreicht hatte. Das Gesetz hatte den Fall eines +minderjhrigen Thronerben nicht vorgesehen, und der regierende +Landesherr war nicht berechtigt, fr diesen Fall eine testamentarische +Verfgung zu treffen. Die gesetzgebende Versammlung allein konnte die +Lcke ausfllen. Starb Jakob, bevor Letzteres geschehen war, und +hinterlie er einen Nachfolger von zarter Jugend, so mute die hchste +Gewalt unfehlbar protestantischen Hnden zufallen. Selbst diejenigen +Tories, welche am festesten an dem Grundsatze hingen, da nichts sie zum +Widerstande gegen ihren Lehnsherrn berechtigen knne, wrden gewi kein +Bedenken getragen haben, das Schwert gegen ein papistisches Weib zu +ziehen, die es gewagt htte, sich die Vormundschaft ber das Reich und +ber den jugendlichen Souverain anzumaen. Der Ausgang eines Kampfes +konnte kaum zweifelhaft sein. Der Prinz von Oranien oder seine Gemahlin +wurde Regent und der junge Knig kam in die Hnde ketzerischer Lehrer, +deren Kunstgriffe die Eindrcke, welche sein Gemth in der Kinderstube +empfangen hatte, jedenfalls bald verwischten. Er konnte ein zweiter +EduardVI. werden und der durch die Frsprache der Mutter Gottes und der +heiligen Winifreda erlangte Segen konnte sich in Fluch verwandeln.[30] +Gegen eine solche Gefahr konnte nur eine Parlamentsacte schtzen, und +eine solche Acte war nicht leicht zu erlangen. + + [Anmerkung 29: Citters, 28. Oct. (7. Nov.), 22. Nov. (2. Dec.) + 1687; die Prinzessin Anna an die Prinzessin von Oranien, 14. u. + 20. Mrz 1687/8; Barillon, 1.(11.) Dec. 1687; +Revolution + Politics+; das Gedicht: +Two Toms and a Nat+; Johnstone, 4. + April 1688; +Secret Consults of the Romish Party in Ireland, + 1690+.] + + [Anmerkung 30: Die Besorgnisse des Knigs ber diesen Punkt werden + von Ronquillo in einer Depesche vom 12.(22.) Dec. 1688 mit starken + Farben geschildert: +Un Principe de Vales y un Dogue de York y + otro di Lochaosterna+ (vermuthlich Lancaster), +no bastan, a + reducir la gente; porque el Rey tiene 54 aos, y vendr morir, + dejando los hijos pequeos, y que entonces el reyno se apoderar + dellos, y los nombrar tutor, y los educar en la religion + protestante, contra la disposicion que dejare el Rey, y la + autoridad de la Reyna.+] + + +[_Stimmung der Wahlkrper und der Peers._] Es schien Alles anzudeuten, +da, wenn die Huser einberufen werden sollten, sie von dem Geiste von +1640 beseelt nach Westminster kommen wrden. Das Resultat der +Grafschaftswahlen konnte kaum zweifelhaft sein. Die ganze Masse der +Grundeigenthmer, hohe und niedere, geistlichen und weltlichen Standes, +waren gegen die Regierung heftig aufgebracht. In der groen Mehrzahl +derjenigen Stdte, wo das Stimmrecht von der Entrichtung rtlicher +Steuern oder von dem Besitze eines Grundstcks abhngig war, htte sich +kein hfisch gesinnter Kandidat blicken lassen drfen. Ein sehr groer +Theil des Unterhauses wurde von Mitgliedern von Municipalcorporationen +gewhlt. Diese Corporationen waren unlngst reorganisirt worden, um den +Einflu der Whigs und der Dissenters zu zerstren, mehr als hundert +Wahlkrper waren durch der Krone ergebene Gerichtshfe ihrer Freibriefe +beraubt oder doch veranlat worden, einer gewaltsamen Entziehung ihrer +Privilegien durch freiwilliges Aufgeben derselben zuvorzukommen. Jeder +Mayor, jeder Alderman, jeder Stadtschreiber von Berwick bis Helstone war +Tory und Anglikaner; aber Tories und Anglikaner waren jetzt dem +Souverain nicht mehr ergeben. Die neuen Municipalbehrden waren noch +unlenksamer als die frheren je gewesen waren, und sie whlten ohne +allen Zweifel solche Abgeordnete, deren erster parlamentarischer Act +eine Anklage gegen alle papistischen Geheimrthe und gegen alle +Mitglieder der Hohen Commission war. + +Bei den Lords waren die Aussichten fast eben so trbe als bei den +Gemeinen. Es unterlag keinem Zweifel, da die groe Mehrzahl der +weltlichen Peers gegen die Maregeln des Knigs sein wrden, und auf der +Bischofsbank, welche ihn vor sieben Jahren einstimmig gegen Diejenigen +untersttzt hatte, die ihn seines Geburtsrechtes berauben wollten, +konnte er nur auf den Beistand von vier oder fnf servilen Schmeichlern +rechnen, die von ihren Berufsgenossen wie von der ganzen Nation +verachtet wurden.[31] + +Jedem, den die Leidenschaft nicht gnzlich verblendete, muten diese +Hindernisse unbersteiglich erscheinen. Die gewissenlosesten Sklaven der +Gewalt lieen Zeichen von Besorgni laut werden. Dryden uerte, der +Knig werde durch seinen Versuch, die Sache besser zu machen, sie nur +verschlimmern, und er sehnte sich zurck nach den goldenen Tagen des +sorglosen und gutmthigen Karl.[32] Selbst Jeffreys wurde schwankend. So +lange er arm war, war er stets bereit gewesen, um des Gewinns willen dem +bsen Leumunde und dem ffentlichen Hasse zu trotzen; aber er hatte sich +jetzt durch Bestechlichkeit und Erpressungen groe Reichthmer erworben, +und es lag ihm mehr daran, sich den Besitz derselben zu sichern, als sie +noch zu vermehren. Seine Lauheit zog ihm einen strengen Verweis aus +kniglichem Munde zu. Aus Furcht, das groe Siegel zu verlieren, +versprach er Alles was von ihm verlangt wurde; Barillon aber bemerkte in +seinem hierauf bezglichen Berichte an Ludwig, da der Knig von England +sich selbst auf Diejenigen, die etwas zu verlieren htten, nicht mehr +verlassen knne.[33] + + [Anmerkung 31: Drei damals entworfene Stimmlisten sind noch + vorhanden; eine befindet sich in den franzsischen Archiven, die + beiden anderen in den Archiven der Familie Portland. In diese + Listen sind die Peers unter drei Rubriken eingetragen: Fr + Aufhebung des Testes, gegen die Aufhebung, und zweifelhaft. Nach + der einen Liste waren 31 fr, 86 gegen und 20 zweifelhaft; nach + der zweiten 33 fr, 87 gegen und 19 zweifelhaft; nach der dritten + 35 fr, 92 gegen und 10 zweifelhaft. Abschriften der drei Listen + befinden sich unter den Mackintosh-Manuscripten.] + + [Anmerkung 32: Im Britischen Museum befindet sich ein Brief von + Dryden an Etherege vom Februar 1688. Ich entsinne mich nicht, ihn + gedruckt gesehen zu haben. Ach, sagt Dryden, mchte doch unser + Knig durch sein eignes Beispiel zu edler Mue aufmuntern, wie + sein Vorgnger hochseligen Andenkens es that. Mich dnkt er wird + mit all' seinem Geschftseifer die Angelegenheiten nicht + frdern.] + + [Anmerkung 33: Barillon, 29. Aug. (8. Sept.) 1687.] + + +[_Jakob beschliet, ein bestochenes Parlament zusammenzusetzen._] Trotz +alledem beschlo Jakob, seinen Weg beharrlich zu verfolgen. Die +Zustimmung eines freien und gesetzlichen Parlaments zu erlangen, war +offenbar unmglich; aber nicht ganz unmglich war es, durch Bestechung, +Einschchterung, gewaltthtige Anwendung der Prrogative und +betrgerische Rechtsverdrehungen eine Versammlung zu Stande zu bringen, +die sich ein Parlament nennen konnte und bereit war, jeden Befehl des +Souverains als Gesetz zu registriren. Es muten Wahlbeamte ernannt +werden, die den geringsten Vorwand benutzten, um Freunde des Knigs fr +rechtsgltig gewhlt zu erklren. Jedem Angestellten, von den hchsten +bis zu den niedrigsten, mute zu verstehen gegeben werden, da, wenn er +sein Amt behalten wolle, er diesmal den Thron durch seine Stimme und +seinen Einflu untersttzen msse. Zu gleicher Zeit mute die Hohe +Commission ein scharfes Auge auf die Geistlichkeit haben. Die Wahlorte, +welche erst krzlich reorganisirt worden waren, um dem einen Zwecke zu +dienen, konnten noch einmal umgestaltet werden, um einem andren zu +dienen. Auf diese Weise hoffte der Knig im Hause der Gemeinen eine +Majoritt zu erlangen. Das Oberhaus war dann ganz in seiner Gewalt, denn +er hatte das unbestrittene gesetzliche Recht, Peers nach seinem +Gutdnken zu ernennen, und er war fest entschlossen, von diesem Rechte +Gebrauch zu machen. Er wnschte zwar nicht, was auch kein Souverain +wnschen kann, die hchste Ehrenbezeigung, welche die Krone zu verleihen +vermag, werthlos zu machen; aber er schmeichelte sich mit der Hoffnung, +da es ihm durch Einberufung einiger nchster Erben in die Versammlung, +in der sie doch frher oder spter einmal ihren Sitz einnehmen muten, +und durch Verleihung englischer Adelstitel an schottische und irische +Lords gelingen werde, sich eine Majoritt zu sichern; ohne so viele +Leute in den Adelsstand erheben zu mssen, da dadurch die Adelskrone +und der Hermelin an Ansehen verloren. Indessen hatte er sich +vorgenommen, im Nothfall auch zu den uersten Mitteln zu greifen. Als +in einer zahlreichen Gesellschaft einmal die Meinung ausgesprochen +wurde, da sich die Peers unfgsam zeigen wrden, sagte Sunderland zu +Churchill: Wie einfltig! Ihre Garde wird vor dem Hause der Lords +stehen.[34] + +Nachdem Jakob beschlossen hatte, ein corrumpirtes Parlament +zusammenzubringen, ging er energisch und planmig an die Ausfhrung. Es +erschien in der Gazette eine Proklamation, welche ankndigte, da der +Knig sich entschlossen habe, die Bestallungen der Friedensrichter und +der Grafschaftsstatthalter einer Revision zu unterwerfen und da nur +diejenigen Gentlemen im Staatsdienste bleiben sollten, welche geneigt +waren, seine Politik zu untersttzen[35]. Ein Ausschu von sieben +Geheimrthen sa in Whitehall, um, wie man sich ausdrckte, die +Municipalkrperschaften zu reguliren. In diesem Ausschusse vertrat +Jeffreys allein das protestantische, Powis das gemigte katholische +Interesse. Alle anderen Mitglieder gehrten der jesuitischen Faction an. +Unter ihnen befand sich auch Petre, der in den Geheimen Rath vereidigt +worden war. Seine Ernennung war bis zum factischen Antritt dieser +Function vor Jedermann, mit alleiniger Ausnahme Sunderland's, sorgfltig +geheim gehalten worden. Der ffentliche Unwille ber diese abermalige +Verletzung des Gesetzes uerte sich laut, und man bemerkte, da die +Katholiken sie noch rcksichtsloser tadelten als die Protestanten. Der +eitle und ehrgeizige Jesuit war jetzt beauftragt, die Hlfte der +Wahlkrper des Reichs aufzulsen und neu zu organisiren. + + [Anmerkung 34: Lord Bradford, welcher anwesend war, erzhlte dies + Dartmouth; Note zu Burnet I. 755.] + + [Anmerkung 35: +London Gazette, Dec. 12, 1687+.] + + +[_Die Regulatoren._] Unter der Oberleitung des Ausschusses der +Geheimrthe stand ein aus thtigen Agenten untergeordneten Ranges +gebildeter Unterausschu, der die Einzelheiten des Geschfts zu +besorgen hatte, und im ganzen Lande waren rtliche Ausschsse von +Regulatoren errichtet, welche mit dem Centralcomit in Westminster +correspondirten.[36] + +Die Personen, auf deren Untersttzung Jakob bei diesem neuen +und schwierigen Unternehmen hauptschlich rechnete, waren die +Lordlieutenants. Sie erhielten smmtlich den schriftlichen Befehl, sich +unverweilt in ihre respectiven Grafschaften zu begeben. Dort sollten sie +alle ihre Stellvertreter und Friedensrichter vor sich laden und ihnen +eine Reihe Fragen vorlegen, um zu erfahren, wie sie sich bei einer +allgemeinen Wahl verhalten wrden. Die Antworten sollten sie +niederschreiben und der Regierung einsenden. Ferner sollten sie ein +Verzeichni derjenigen Katholiken und protestantischen Dissenters +anfertigen, welche fr die Richterbank und fr die Commandos in der +Miliz am geeignetsten erschienen. Auch sollten sie die Stimmung aller +Wahlorte der Grafschaft untersuchen und Berichte darber einsenden, +welche den Regulatoren bei ihrer Arbeit als Leitfaden dienen konnten. +Schlielich war ihnen bedeutet, da sie alle diese Pflichten in Person +zu vollziehen htten und keine Stellvertreter mit der Ausfhrung +beauftragen drften.[37] + + [Anmerkung 36: Bonrepaux an Seignelay, 14.(24.) Nov.; Citters, + 15.(25.) Nov.; +Lords' Journals, Dec. 20. 1689+.] + + [Anmerkung 37: Citters, 28. Oct. (7. Nov.) 1687.] + + +[_Entlassung vieler Lordlieutenants._] Der erste Eindruck, den diese +Befehle machten, wrde einen weniger verblendeten Frsten als Jakob +sofort zur Besinnung gebracht haben. Die Hlfte der Lordlieutenants von +England verweigerten auf das Bestimmteste den gehssigen Dienst, den man +von ihnen verlangte. Sie wurden auf der Stelle entlassen. Alle, welche +diese ihnen zum Ruhme gereichende Ungnade traf, waren hochangesehene +Peers, welche bisher als feste Sttzen der Monarchie gegolten hatten. +Einige Namen der Liste verdienen besondere Erwhnung. + + +[_Der Earl von Oxford._] Der vornehmste Unterthan von England und, wie +die Englnder gern sagten, von ganz Europa, war Aubray de Vere, der +zwanzigste und letzte der alten Earls von Oxford. Sein Adelstitel +schrieb sich durch eine ununterbrochene Reihenfolge mnnlicher Ahnen aus +einer Zeit her, wo die Familien Howard und Seymour noch unbekannt waren, +wo die Nevilles und die Percy erst eine provinzielle Berhmtheit hatten +und wo selbst der groe Name Plantagenet in England noch nicht gehrt +worden war. Ein Oberhaupt des Hauses de Vere hatte bei Hastings ein +hohes Commando bekleidet, ein Andrer war mit Gottfried und Tancred ber +Haufen erschlagener Moslems nach dem Grabe Jesu Christi gezogen. Der +erste Earl von Oxford war Minister Heinrich Beauclerc's gewesen; der +dritte hatte sich unter den Lords ausgezeichnet, welche von Johann die +Magna Charta erpreten; der siebente hatte bei Cressy und Poitiers +tapfer gefochten; der dreizehnte war unter vielen Glckswechseln das +Oberhaupt der Partei der Rothen Rose gewesen und hatte in der +entscheidenden Schlacht von Bosworth die Vorhut angefhrt; der +siebzehnte hatte am Hofe der Knigin Elisabeth geglnzt und sich einen +ehrenvollen Platz unter den lteren Meistern der englischen Dichtkunst +erworben; der neunzehnte war im Kampfe fr den protestantischen Glauben +und fr die Freiheit Europa's unter den Mauern von Mastricht gefallen. +Sein Sohn Aubray, mit welchem der lteste und erlauchteste Adelsstamm, +den England je gesehen, erlosch, ein Mann von lockeren Sitten, aber von +harmlosem Charakter und artigen Manieren, war Lordlieutenant von Essex +und Oberst der Blauen. Er war von Natur nicht widersetzlich und es lag +in seinem Interesse, einen Bruch mit dem Hofe zu vermeiden, denn seine +Gter waren mit Schulden belastet und sein Commando ein sehr +eintrgliches. Er wurde in das knigliche Kabinet beschieden und eine +bndige Erklrung ber seine Gesinnungen von ihm verlangt. Sire, +antwortete Oxford, ich werde bis zum letzten Blutstropfen gegen alle +Feinde zu Eurer Majestt stehen; aber dies ist eine Gewissenssache, in +der ich Ihnen nicht willfahren kann. Er wurde augenblicklich seiner +Statthalterschaft und seines Commando's entsetzt.[38] + + [Anmerkung 38: +Halstead's Succinct Genealogy of the Family of + Vere, 1685+; +Collins's Historical Collections+. Siehe auch in den + +Lords' Journals+ und in +Jones's Reports+ den Proze wegen des + Earlthums Oxford im Mrz und April 1625/26. Die Einleitung der + Rede des Lordoberrichters Crew gehrt zu den glnzendsten Proben + der altenglischen Beredtsamkeit. Citters, 7.(17.) Febr. 1688.] + + +[_Der Earl von Shrewsbury._] Dem Hause de Vere, aber auch nur diesem, +stand an Alter und Glanz das Haus Talbot nach. Seit der Regierung +Eduard's III. hatten die Talbot stets unter den Peers des Reichs +gesessen. Das Earlthum Shrewsbury war im funfzehnten Jahrhundert Johann +Talbot, dem Gegner der Jungfrau von Orleans, verliehen worden. Seine +Landsleute hatten seiner noch lange in Liebe und Verehrung als eines der +berhmtesten Krieger gedacht, welche auf dem europischen Festlande ein +groes englisches Reich zu grnden versuchten. Der unerschtterliche +Muth, den er im Unglck gezeigt, hatten ihn zum Gegenstande einer +greren Theilnahme gemacht als glcklichere Feldherren sie erweckt +haben, und sein Tod lieferte unsrer lteren Bhne den Stoff zu einer +ungemein ergreifenden Scene. Seine Nachkommen waren zwei Jahrhunderte +lang ein blhendes und ehrenvolles Geschlecht. Zur Zeit der Restauration +war Franz, der elfte Earl, ein Katholik, das Oberhaupt der Familie. Sein +Tod war von Umstnden begleitet gewesen, die selbst in jenen zgellosen +Zeiten, welche unmittelbar auf den Sturz der puritanischen Partei +folgten, Abscheu und Mitleid erweckt hatten. Der Herzog von Buckingham +war im Laufe seiner leichtfertigen Liebeshndel einen Augenblick von der +Grfin von Shrewsbury angezogen worden. Sie wurde leicht erobert. Ihr +Gemahl forderte den Verfhrer zum Zweikampfe und fiel. Einige sagten, +das pflichtvergessene Weib habe den Zweikampf in mnnlicher Verkleidung +mit angesehen. Andere wollten sogar wissen, sie habe den siegreichen +Geliebten ans Herz gedrckt, whrend sein Hemd noch vom Blute ihres +Gatten gerthet war. Die Titel des Ermordeten gingen auf seinen +unmndigen Sohn Karl ber. Als der verwaiste Jngling zum Manne +heranwuchs, ward es allgemein anerkannt, da kein andrer junger Adeliger +Englands von der Natur so reich begabt sei. Er besa ein einnehmendes +uere, einen ungemein sanften Character und einen solchen Schatz von +Talenten, da er, selbst wenn er in einem niederen Stande geboren +gewesen wre, sich ohne Zweifel zu einer hohen Stellung im Staate +emporgeschwungen haben wrde. Alle diese natrlichen Vorzge hatte er so +gut angewendet, da er schon vor seiner Volljhrigkeit fr einen der +feinsten und kenntnireichsten Gentlemen seiner Zeit galt. Fr seine +Gelehrsamkeit sprechen die noch vorhandenen eigenhndigen Anmerkungen +von ihm zu Werken aus fast allen Zweigen der Literatur. Er sprach +Franzsisch wie ein Kammerherr des Knigs Ludwig und Italienisch wie ein +Florentiner. Es war wohl natrlich, da ein Jngling von solchen Gaben +nach den Grnden forschte, aus denen seine Familie sich der +Staatsreligion nicht angeschlossen hatte. Er studirte sorgfltig die +Streitpunkte, theilte seine Zweifel Priestern seines eignen Glaubens +mit, legte deren Antworten Tillotson vor, erwog lange und aufmerksam die +beiderseitigen Grnde und erklrte sich nach einer zweijhrigen genauen +Untersuchung zum Protestanten. Die anglikanische Kirche nahm den +erlauchten Convertiten freudig in ihren Schoo auf. Er geno einer +groen Popularitt, und diese nahm zu, als man erfuhr, da der Knig +umsonst Bitten und Versprechungen an ihn verschwendet hatte, um ihn zu +dem Irrglauben zurckzufhren, den er abgeschworen. Der Character des +jungen Mannes entwickelte sich jedoch nicht in einer Weise, welche +Diejenigen, die an seiner Bekehrung den hauptschlichsten Antheil +hatten, vollkommen befriedigte. Seine Sittlichkeit entging der +allgemeinen Ansteckung der modischen Ausschweifungen nicht. Der Sto, +der seine Jugendvorurtheile zerstrt, hatte zu gleicher Zeit alle seine +berzeugungen erschttert und ihn der schwankenden Leitung seiner +Gefhle preisgegeben. Aber wenn auch seine Grundstze ihren Halt +verloren hatten, so waren doch die Triebfedern seines Handelns so edel, +sein Gemth so sanft, sein Benehmen so freundlich und gewinnend, da es +unmglich war, ihn nicht zu lieben. Er wurde schon frhzeitig der Knig +der Herzen genannt und verlor in seinem langen, ereignivollen und +bewegten Leben nie das Recht auf diese Bezeichnung.[39] + +Shrewsbury war Lordlieutenant von Staffordshire und Oberst eines der +Kavallerieregimenter, die in Folge des Aufstandes im Westen errichtet +worden waren. Er weigerte sich jetzt, seine Thtigkeit durch die +Regulatoren bestimmen zu lassen und wurde deshalb seiner beiden Stellen +entsetzt. + + [Anmerkung 39: +Coxe's Shrewsbury Correspondence+; +Mackay's + Memoirs+; +Life of Charles Duke of Shrewsbury, 1718+; +Burnet, I. + 762+; +Birch's Life of Tillotson.+ In letzterem Werke findet der + Leser einen Brief von Tillotson an Shrewsbury, der meiner Ansicht + nach ein Muster von ernstem, freundschaftlichem und + rcksichtvollem Tadel ist.] + + +[_Der Earl von Dorset._] Kein englischer Adeliger erfreute sich der +Volksgunst in einem reicheren Mae als Karl Sackville, Earl von Dorset. +Er war in der That ein merkwrdiger Mann. In seiner Jugend war er einer +der bekanntesten Wstlinge der zgellosen Zeit gewesen, welche auf die +Restauration folgte. Er war der Schrecken der londoner Nachtwchter, +hatte manche Nacht auf der Wache zubringen mssen und zum mindesten +einmal eine Zelle in Newgate bewohnt. Seine Liebe zu Betty Morrice und +zu Lorchen Gwynn, die ihn ihren KarlI. zu nennen pflegte, hatte der +Stadt nicht wenig Stoff zur Unterhaltung und zum rgerni gegeben.[40] +Doch bei all' seinen Thorheiten und Lastern hatte er sich durch +hochherzigen Muth, durch scharfen Verstand und durch natrliche +Herzensgte ausgezeichnet. Die Leute meinten, die Ausschweifungen, denen +er sich hingbe, theile er mit dem ganzen Geschlechte der lebenslustigen +jungen Kavaliere, aber sein Mitgefhl fr die Leiden der Menschheit und +die Gromuth, mit der er diejenigen, welche durch seine muthwilligen +Streiche verletzt wurden, zu entschdigen suchte, sei nur ihm allein +eigen. Seine Freunde wunderten sich darber, da das Publikum zwischen +ihm und ihnen einen Unterschied machte. Der kann thun was er will, +sagte Wilmot; ihm geschieht nie etwas. Das Urtheil der Welt ber +Dorset gestaltete sich noch gnstiger, als er mit den Jahren und in der +Ehe gesetzter wurde. Jedermann pries seine herablassenden Manieren, +seine geistreiche Unterhaltung, sein weiches Gemth und seine +Freigebigkeit. Man sagte es vergehe kein Tag, ohne da eine bedrngte +Familie Ursache habe, seinen Namen zu segnen. Und doch war bei aller +seiner Herzensgte sein Witz so beiend, da Sptter, deren Sarkasmus +die ganze Stadt frchtete, vor dem Sarkasmus Dorset's zitterten. Alle +politischen Parteien achteten und liebten ihn; ihm selbst aber behagte +die Politik berhaupt nicht sonderlich. Htte ihn die Nothwendigkeit zu +Anstrengungen gespornt, so wrde er wahrscheinlich zu den hchsten +Posten im Staate gestiegen sein; aber er nahm schon durch seine Geburt +einen so hohen Rang ein und war dabei so reich, da ihm viele +Beweggrnde fehlten, welche die Menschen antreiben, sich mit den +ffentlichen Angelegenheiten zu befassen. Er nahm gerade nur so viel +Theil an parlamentarischen und diplomatischen Geschften, als +hinreichte, um zu beweisen, da ihm nichts weiter fehlte als die Lust +dazu, um mit Danby und Sunderland zu rivalisiren, und richtete seine +Thtigkeit auf Bestrebungen, die ihm besser zusagten. Gleich vielen +anderen Mnnern, welche mit groen natrlichen Fhigkeiten eine +angeborne und gewohnheitsmige Indolenz verbinden, wurde er ein +geistiger Genumensch und ein Meister in allen unterhaltenden Zweigen +des Wissens, die man sich ohne ernstes Studium aneignen kann. Er war +anerkanntermaen der beste Richter in der Malerei, der Sculptur, der +Baukunst und der Schauspielerkunst, den der Hof aufzuweisen hatte. In +Angelegenheiten der schnen Knste und Wissenschaften galt sein Urtheil +in allen Kaffeehusern fr unwiderruflich magebend. Mehr als ein +hbsches Theaterstck, das bei der ersten Auffhrung durchfiel, wurde +lediglich durch seine Autoritt gegen das Geschrei des ganzen Parterres +siegreich vertheidigt und bestand mit glcklichem Erfolge die zweite +Probe. St. Evremond und Lafontaine rhmten die feine Eleganz seines +franzsischen Styls. Noch nie hatte England einen solchen Gnner der +Literatur gehabt. Er bte seine Freigebigkeit mit eben so richtiger +Einsicht als liberaler Unparteilichkeit, keine Secte oder Faction wurde +dabei von ihm bevorzugt. Geniale Mnner, welche durch literarische +Eifersucht oder durch Verschiedenheit ihrer politischen Meinung einander +entfremdet waren, stimmten in der Anerkennung seiner unparteiischen Gte +berein. Dryden gestand, da Dorset's frstliche Freigebigkeit ihn vom +Untergange gerettet habe. Und dennoch wurden Montague und Prior, welche +Dryden durch beiende Satiren getadelt hatten, von Dorset ins +ffentliche Leben eingefhrt, und das beste Lustspiel von Dryden's +Todfeind, Shadwell, war auf Dorset's Landsitze geschrieben. Htte der +freigebige Earl sonst gewollt, so htte er sehr gut mit Denen +rivalisiren knnen, deren Wohlthter er zu sein sich begngte, denn die +Verse, die er gelegentlich dichtete, zeigen bei aller unknstlerischen +Form Spuren eines angebornen Genies, das bei sorgfltiger Pflege Groes +htte schaffen knnen. In dem kleinen Bande seiner Werke finden sich +Lieder, welche die ungezwungene Lebendigkeit Suckling's besitzen, und +kleine Satiren, deren glnzender Humor dem eines Butler nicht +nachsteht.[41] + +Dorset war Lordlieutenant von Sussex und auf Sussex blickten die +Regulatoren mit besonders ngstlicher Spannung, denn in keiner andren +Grafschaft, Cornwall und Wiltshire ausgenommen, befanden sich so viele +kleine Wahlorte. Er erhielt Befehl, sich auf seinen Posten zu begeben. +Keiner von Denen, die ihn kannten, erwartete, da er gehorchen werde. Er +gab eine Antwort, wie sie sich fr ihn ziemte, und wurde bedeutet, da +man seiner Dienste nicht mehr bedrfe. Das allgemeine Interesse, das er +seinen vielen edlen und liebenswrdigen Eigenschaften verdankte, wurde +nicht wenig erhht, als man erfuhr, da er durch die Post einen anonymen +Brief erhalten hatte, worin ihm angekndigt wurde, da, wenn er sich +nicht sofort den Wnschen des Knigs fge, ihn all' sein Geist und seine +Popularitt nicht vor der Ermordung schtzen werde. Eine hnliche +Warnung erhielt auch Shrewsbury. Drohbriefe waren damals viel seltener +als sie es spterhin geworden sind, und man kann sich daher nicht +darber wundern, da das ohnehin schon aufgeregte Volk zu dem Glauben +geneigt war, die besten und edelsten Englnder seien wirklich fr +papistische Dolche ausersehen.[42] Gerade zu der Zeit, als diese Briefe +in ganz London das Tagesgesprch bildeten, wurde der verstmmelte +Leichnam eines angesehenen Puritaners auf der Strae gefunden. Es zeigte +sich indessen bald, da der Mrder die That nicht aus religisen oder +politischen Beweggrnden verbt hatte. Aber der erste Verdacht des +gemeinen Volkes fiel auf die Papisten. Die verstmmelten berreste des +Ermordeten wurden in feierlicher Prozession nach dem Jesuitencollegium +im Savoy getragen und einige Stunden lang war die Furcht und Wuth der +Menge kaum weniger heftig als an dem Tage, wo Godfrey zu Grabe getragen +ward.[43] + +Mit den brigen Entlassungen mu ich mich krzer fassen. Der Herzog von +Somerset, dem vor einigen Monaten schon sein Regiment wieder abgenommen +worden war, wurde nun auch seiner Stelle als Lordlieutenant des +Ostbezirks[44] von Yorkshire enthoben. Die Statthalterschaft des +Nordbezirks verlor der Viscount Fauconberg, die von Shropshire der +Viscount Newark und die von Lancashire der Earl von Derby, der Enkel des +tapferen Kavaliers, der auf dem Schlachtfelde sowohl als auf dem +Schaffot fr das Haus Stuart dem Tode so muthig ins Auge geblickt hatte. +Der Earl von Pembroke, der unlngst der Krone gegen Monmouth treu und +tapfer gedient hatte, wurde in Wiltshire, der Earl von Rutland in +Leicestershire, der Earl von Bridgewater in Buckinghamshire, der Earl +von Thanet in Cumberland, der Earl von Northampton in Warwickshire, der +Earl von Abingdon in Oxfordshire, der Earl von Scarsdale in Derbyshire +abgesetzt. Scarsdale verlor auerdem auch sein Reiterregiment und seine +Stelle im Hofstaate der Prinzessin von Dnemark. Diese weigerte sich, +ihn aus ihren Diensten zu entlassen und gab nur einem peremptorischen +Befehle ihres Vaters nach. Der Earl von Gainsborough wurde nicht nur der +Statthalterschaft von Hampshire, sondern auch des Gouverneurpostens von +Portsmouth und des Wildmeisteramts im Neuen Forste entsetzt, zwei +Stellen, die er erst vor wenigen Monaten fr fnftausend Pfund gekauft +hatte.[45] + +Der Knig konnte keine angesehenen Lords und namentlich gar keine +protestantischen auftreiben, welche die erledigten Stellen anzunehmen +bereit waren. Man mute zwei Grafschaften Jeffreys, einem Manne von sehr +jungem Adel und von geringem Grundbesitz, und zwei andere Preston, der +nicht einmal Peer von England war, zuertheilen. Die brigen ihrer +Statthalter beraubten Grafschaften wurden fast ohne Ausnahme bekannten +Katholiken oder solchen Hflingen berwiesen, welche dem Knige im +Geheimen versprochen hatten, zur rmisch-katholischen Kirche +berzutreten, sobald die Klugheit es ihnen gestatten wrde. + + [Anmerkung 40: Der Knig war nur Lorchen's Karl III. Ob Dorset + oder Major Hart die Ehre hatte ihr KarlI. zu sein, ist eine + streitige Frage. Meines Bednkens scheint Dorset gegrndeteren + Anspruch auf diesen Vorzug zu haben. Siehe die gestrichene Stelle + in Burnet I. 263, und Pepys' Tagebuch vom 26. Oct. 1667.] + + [Anmerkung 41: +Pepys's Diary+; Prior's Widmung seiner Gedichte an + den Herzog von Dorset; +Johnson's Life of Dorset+; +Dryden's Essay + on Satire+ und seine Widmung des +Essay on Dramatic Poesy+. + Dorset's Liebe zu seiner Gattin und seine strenge eheliche Treue + wird von dem ausschweifenden Narren Sir Georg Etherege in seinen + Briefen aus Regensburg vom 9.(19.) Dec. 1687 und 16.(26.) Jan. + 1688 mit hhnender Geringschtzung erwhnt; Shadwell's Widmung + zu seinem +Squire of Alsatia+; +Burnet I. 264+; +Mackay's + Characters.+ Einige Seiten von Dorset's Character werden in + seiner von Pope verfassten Grabschrift treffend angedeutet: + + Doch sanft war sein Herz, wenn auch streng sein Lied; + + und weiterhin: + + Ein glcklicher Hofmann, von Frst und Land geliebt, + Und dennoch treu der Freundschaft und der Mue.] + + [Anmerkung 42: Barillon, 9.(19.) Jan. 1688; Citters, Jan. 31. + (Febr. 10.)] + + [Anmerkung 43: Adda, 3.(13.) u. 10.(20.) Febr. 1688.] + + [Anmerkung 44: Die Grafschaft York, die grte von England, wird + in drei Bezirke (+Ridings+) eingetheilt. D. bers.] + + [Anmerkung 45: Barillon, 5.(15.), 8.(18.) u. 12.(22.) Dec. 1687; + Citters, 29. Nov. (9. Dec.) u. 2.(12.) Dec.] + + +[_An die Obrigkeiten gerichtete Fragen, und Antworten darauf._] Endlich +wurde die neue Maschinerie in Bewegung gesetzt und bald kam aus allen +Gegenden des Landes die Nachricht von der vollstndigen und +hoffnungslosen Niederlage. Der Katechismus, nach welchem die +Lordlieutenants die Gesinnungen der Landgentry erforschen sollten, +bestand aus drei Fragen. Jeder Magistratsbeamte und jeder Stellvertreter +des Lordlieutenants mute gefragt werden, erstens ob er, im Fall er +gewhlt wrde, um im Parlamente zu dienen, fr eine im Sinne der +Indulgenzerklrung gefate Bill stimmen wolle; zweitens ob er als Whler +seine Stimme solchen Candidaten geben wolle, die sich verpflichteten, +fr eine derartige Bill zu stimmen; und drittens ob er als Privatmann +die wohlwollenden Zwecke des Knigs frdern wolle, indem er mit Leuten +jeder religisen berzeugung in Frieden lebte.[46] + +Sobald diese Fragen bekannt geworden waren, wurde ein mit seltener +Geschicklichkeit entworfenes Antwortformular im ganzen Lande verbreitet +und allgemein angenommen. Es lautete folgendermaen: Im Fall mir die +Ehre zu Theil werden sollte, einen Sitz im Hause der Gemeinen +einzunehmen, werde ich als Mitglied dieses Hauses es fr meine Pflicht +halten, die Grnde, welche fr und gegen eine Indulgenzbill im Laufe der +Debatte geltend gemacht werden, sorgfltig zu erwgen, und dann nach +meiner gewissenhaften berzeugung zu stimmen. Als Whler werde ich meine +Stimme solchen Candidaten geben, deren Begriffe von den Pflichten eines +Volksvertreters mit meinen eigenen bereinstimmen. Als Privatmann hege +ich den Wunsch, mit Jedermann in Frieden und Eintracht zu leben. + + [Anmerkung 46: Citters, 28. Oct. (7. Nov.) 1687; +Lonsdale's + Memoirs.+] + + +[_Scheitern der Plne des Knigs._] Diese Antwort, die noch viel +trotziger war als eine frmliche Weigerung, weil sie einen leichten +Anflug von milder und anstndiger Ironie hatte, ber die man sich nicht +wohl gereizt zeigen konnte, war Alles was die Emissre des Hofes von den +meisten Landgentlemen erlangen konnten. Gegenvorstellungen, +Versprechungen und Drohungen wurden vergebens angewendet. Der Herzog von +Norfolk, obgleich Protestant und mit dem Verfahren der Regierung +unzufrieden, hatte sich zu ihrem Werkzeuge in zwei Grafschaften +hergegeben. Er begab sich zuerst nach Surrey, wo er aber bald sah, da +er nichts ausrichten konnte.[47] Dann ging er nach Norfolk, von wo er +ebenfalls bald zurckkehrte, um dem Knige zu melden, da ihm von +siebzig Gentlemen, welche in dieser groen Provinz ffentliche mter +bekleideten, nur sechs Hoffnung gemacht htten, die Politik des Hofes zu +untersttzen.[48] Der Herzog von Beaufort, dessen Autoritt sich ber +vier englische Grafschaften und ber das ganze Frstenthum Wales +erstreckte, kam mit einem nicht minder niederschlagenden Berichte nach +Whitehall.[49] Rochester war Lordlieutenant von Hertfordshire. Sein +ganzer kleiner Schatz von Tugend war in dem Kampfe gegen die starke +Versuchung, seine Religion fr Geld zu verkaufen, aufgezehrt worden; er +war noch durch einen Jahrgehalt von viertausend Pfund an den Hof +gebunden, und zum Dank dafr war er zu jedem wenn auch noch so +ungesetzlichen und erniedrigenden Dienste bereit, vorausgesetzt, da man +nicht die Formalitt einer Ausshnung mit Rom von ihm verlangte. Er +hatte sich bereitwilligst der Aufgabe unterzogen, seine Grafschaft zu +bearbeiten, und er ging dabei, wie immer, mit bereilter Heftigkeit und +Gewaltthtigkeit zu Werke. Aber er verschwendete seinen Eifer vergebens +an die starrsinnigen Squires, mit denen er es zu thun hatte. Sie +erklrten ihm einstimmig, da sie keinen Mann ins Parlament schicken +wollten, der fr die Beseitigung der Schutzwehren des protestantischen +Glaubens stimmen wrde.[50] Dieselbe Antwort erhielt der Kanzler auch in +Buckinghamshire.[51] Die Gentry von Shropshire weigerte sich in einer zu +Ludlow veranstalteten Zusammenkunft einhellig, sich durch das von dem +Knige verlangte Versprechen zu binden.[52] Der Earl von Yarmouth +berichtete aus Wiltshire, da von sechzig Magistratsbeamten und +Statthaltersubstituten, mit denen er gesprochen, nur sieben eine +gnstige Antwort gegeben htten und da man selbst diesen nicht trauen +knne.[53] Der Renegat Peterborough richtete eben so wenig in +Northamptonshire aus.[54] Nicht glcklicher war sein Genosse Dover in +Cambridgeshire.[55] Auch Preston brachte schlechte Nachrichten aus +Cumberland und Westmoreland; Dorsetshire und Huntingdonshire waren von +dem nmlichen Geiste beseelt. Der Earl von Bath kehrte nach langem +Stimmenwerben mit trostlosen Nachrichten aus dem Westen zurck. Er war +ermchtigt worden, den Bewohnern dieser Gegenden die verfhrerischesten +Anerbietungen zu machen. Insbesondere hatte er versprochen, da, wenn +die Wnsche des Knigs gebhrend bercksichtigt wrden, der Zinnhandel +von den auf ihm lastenden drckenden Beschrnkungen befreit werden +solle. Aber dieser Kder, dem man zu einer andren Zeit nicht +widerstanden haben wrde, wurde jetzt mit Verachtung zurckgewiesen. +Alle Friedensrichter und Statthaltersubstituten von Devonshire und +Cornwall erklrten ohne eine einzige Ausnahme, da sie Gut und Blut fr +den Knig opfern wrden, da aber die protestantische Religion ihnen +noch theurer sei als Gut und Blut. Und, setzte Bath hinzu, wenn Eure +Majestt alle diese Gentlemen absetzte, so wrden ihre Nachfolger ganz +die nmliche Antwort geben.[56] Wenn es irgend einen Bezirk gab, in +welchem die Regierung auf einen gnstigen Erfolg hoffen durfte, so war +es Lancashire. Man hatte starke Zweifel gehegt, ob das Resultat in +dieser Provinz mit dem der meisten anderen Grafschaften bereinstimmen +werde. In keinem Theile des Landes gab es so viele reiche und angesehene +Familien, welche dem alten Glauben anhingen, und die Oberhupter vieler +dieser Familien waren kraft der Dispensationsgewalt zu Friedensrichtern +und Commandanten der Miliz ernannt worden. Doch auch von dort meldete +der neue Lordstatthalter, selbst ein Katholik, da zwei Drittel seiner +Substituten und der Magistratsbeamten dem Hofe feindlich gesinnt +seien.[57] Noch viel schmerzlicher verletzte das Ergebni in Hampshire +den Stolz des Knigs. Arabella Churchill hatte ihm vor mehr als zwanzig +Jahren einen Sohn geboren, der spterhin als einer der geschicktesten +Generle Europa's weit und breit berhmt wurde. Der junge Mann hie +Jakob Fitzjames und bis dahin hatte noch nichts in ihm vermuthen lassen, +da er sich einst zu hoher Auszeichnung emporschwingen wrde; aber sein +Character und sein Benehmen waren so sanft und herzgewinnend, da er +keinen Feind hatte, auer Marien von Modena, welche den Sohn der +Concubine schon seit langer Zeit mit dem bitteren Ingrimm einer +kinderlosen Gattin hate. Ein kleiner Theil der jesuitischen Faction +hatte, bevor die Schwangerschaft der Knigin angekndigt wurde, ganz +ernstlich daran gedacht, ihn als Kronprtendenten neben der Prinzessin +von Oranien aufzustellen.[58] Wenn man bedenkt, wie vollstndig dem +Herzoge von Monmouth, obgleich das niedere Volk ihn fr legitim hielt +und obgleich er der Vorkmpfer des nationalen Glaubens war, ein +hnlicher Versuch milang, so mu es unbegreiflich erscheinen, wie ein +Mann durch den Fanatismus so ganz verblendet sein konnte, da er nur auf +die Idee kam, einen jungen Menschen, der allgemein als ein papistischer +Bastard bekannt war, auf den Thron erheben zu wollen. Es lt sich nicht +mit Gewiheit sagen, ob der Knig diesem albernen Plane seinen Beifall +zollte. Der junge Mann war brigens als Prinz anerkannt und wurde mit +allen Auszeichnungen berschttet, welche ein nicht aus kniglichem +Blute entsprossener Unterthan nur irgend zu erlangen hoffen konnte. Er +war zum Herzog von Berwick erhoben worden und bekleidete jetzt mehrere +ehrenvolle und eintrgliche Stellen, welche Edelleuten, die sich den +kniglichen Befehlen nicht hatten fgen wollen, abgenommen worden waren. +Er war der Nachfolger des Earls von Oxford als Oberst der Blauen und des +Earls von Gainsborough als Lordlieutenant von Hampshire, Wildmeister des +Neuen Forstes und Gouverneur von Portsmouth. Berwick erwartete, da ihn +an der Grenze von Hampshire, der Sitte gem, ein langer Zug von +Baronets, Rittern und Squires empfangen werde; aber nicht eine einzige +angesehene Person hatte sich zu seiner Begrung eingefunden. Er sendete +Schreiben aus, durch welche er die Gentry zu sich entbot, aber nur fnf +oder sechs beachteten diese Einladung. Die brigen warteten ihre +Entlassung gar nicht ab; sie erklrten im voraus, da sie keinen Theil +an der Civil- oder Militairverwaltung ihrer Grafschaft haben mchten, so +lange der Knig daselbst durch einen Papisten vertreten sei, und legten +ihre Stellen freiwillig nieder.[59] + +Sunderland, der an die Stelle des Earls von Northampton zum +Lordlieutenant von Warwickshire ernannt worden war, fand eine Ausflucht, +um nicht in diese Grafschaft zu gehen und die Entrstung und Verachtung +der dortigen Gentry auf sich zu laden, und seine Entschuldigung wurde um +so bereitwilliger angenommen, da der Knig endlich einzusehen begann, +da sich der Sinn der Landgentry nicht beugen lie.[60] + +Es mu bemerkt werden, da Diejenigen, welche diesen trotzigen Sinn an +den Tag legten, nicht die alten Feinde des Hauses Stuart waren. Die +Listen der Friedensrichter und Statthaltersubstituten waren schon lngst +von allen republikanischen Namen sorgfltig gesubert. Die Mnner, denen +die Regierung vergebens das Versprechen der Untersttzung abzuzwingen +versucht hatte, waren fast ohne Ausnahme Tories. Die lteren von ihnen +konnten noch Narben, welche von den Schwertern der Rundkpfe herrhrten, +und Empfangsbescheinigungen ber Silbergeschirr aufweisen, das sie +KarlI. in seiner Noth geschickt hatten. Die Jngeren hatten gegen +Shaftesbury und Monmouth fest zu Jakob gehalten. Dies waren die Mnner, +welche jetzt von dem nmlichen Frsten, dem sie so glnzende Beweise von +treuer Anhnglichkeit gegeben hatten, in Masse ihrer mter entsetzt +wurden. Die Entlassung machte sie aber nur noch entschlossener; es war +bei ihnen zu einer heiligen Ehrensache geworden, in dieser Krisis fest +zusammenzuhalten. Es konnte keinem Zweifel unterliegen, da, wenn bei +der Stimmenzhlung ehrlich zu Werke gegangen wurde, nicht ein einziger +der Regierungspolitik gnstiger Grafschaftsabgeordneter gewhlt werden +wrde. Die Leute fragten einander daher mit nicht geringer Besorgni, ob +man wohl erwarten knne, da bei der Stimmenzhlung ehrlich zu Werke +gegangen werden wrde. + + [Anmerkung 47: Citters, 22. Nov. (2. Dec.) 1687.] + + [Anmerkung 48: Citters, 27. Dez. (6. Jan.) 1687/88.] + + [Anmerkung 49: +Ibid.+] + + [Anmerkung 50: Johnstone erwhnt zweimal, unterm 25. Nov. und + unterm 8. Dec. 1687, den beleidigenden Eifer, den Rochester bei + dieser Gelegenheit zeigte. Das Milingen seiner Bemhungen erwhnt + Citters unterm 6.(16.) Dec.] + + [Anmerkung 51: Citters, 6.(16.) Dec. 1687.] + + [Anmerkung 52: +Ibid.+ 20.(30.) Dec. 1687.] + + [Anmerkung 53: Citters, 30. Mrz (9. April) 1687.] + + [Anmerkung 54: +Ibid.+ 22. Nov. (2. Dec.) 1687.] + + [Anmerkung 55: +Ibid.+ 15.(25.) Nov. 1687.] + + [Anmerkung 56: +Ibid.+ 10.(20.) April 1688.] + + [Anmerkung 57: Die ngstliche Spannung wegen Lancashire erwhnt + Citters in einer Depesche vom 18.(28.) Nov. 1687, das Resultat in + einer vier Tage spter datirten.] + + [Anmerkung 58: Bonrepaux, 11.(21.) Juli 1687.] + + [Anmerkung 59: Citters, 3.(13.) Febr. 1688.] + + [Anmerkung 60: Citters, 5.(15.) April 1688.] + + +[_Liste der Sheriffs._] Mit Ungeduld sah man der Liste der Sheriffs fr +das neue Jahr entgegen. Sie erschien, whrend die Lordlieutenants noch +auf ihrer Werbungsreise begriffen waren, und wurde mit einem allgemeinen +Schrei des Zornes und Unwillens aufgenommen. Die Mehrzahl dieser +Beamten, welche bei den Grafschaftswahlen die Oberleitung hatten, waren +entweder Katholiken oder protestantische Dissenters, die ihre Zustimmung +zur Indulgenzerklrung ausgesprochen hatten.[61] Eine Zeit lang hegte +man die schlimmsten Befrchtungen, die aber bald wieder schwanden. Man +hatte guten Grund, anzunehmen, da ber einen gewissen Punkt hinaus der +Knig auch nicht auf die Untersttzung der seiner eigenen Kirche +angehrenden Sheriffs rechnen knne. + + [Anmerkung 61: +London Gazette, Dec. 5. 1687+; Citters, 6.(16.) + Dec.] + + +[_Character der katholischen Landgentlemen._] Zwischen dem katholischen +Hflinge und dem katholischen Landgentleman herrschte nur sehr geringe +Sympathie. Die in Whitehall dominirende Cabale bestand theils aus +Fanatikern, welche zum Zwecke der Verbreitung ihres Glaubens bereit +waren, alle Gesetze der Moral ber den Haufen zu werfen und die ganze +Welt in eine heillose Verwirrung zu strzen, theils aus Heuchlern, +welche um des Gewinnes willen von dem Glauben, in dem sie erzogen +worden, abgefallen waren und die jetzt den allen Neubekehrten eigenen +Eifer auf die Spitze trieben. Sowohl die Fanatiker als auch die Heuchler +am Hofe hatten zum grten Theil keine Spur von englischer +Anschauungsweise. In einigen von ihnen hatte die unbedingte Hingebung +fr ihre Kirche alles Nationalgefhl erstickt; andere waren Irlnder, +deren Patriotismus in einem tdtlichen Hasse gegen die schsischen +Eroberer Irlands bestand; noch andere waren Verrther, die von einer +auswrtigen Macht einen regelmigen Sold bezogen, und wieder andere +hatten einen groen Theil ihres Lebens im Auslande zugebracht, und waren +entweder bloe Kosmopoliten oder hegten einen positiven Widerwillen +gegen die Sitten und Staatseinrichtungen des Landes, das sie jetzt zu +regieren hatten. Diese Leute hatten mit einem noch der alten Kirche +anhngenden Gutsbesitzer von Cheshire oder Staffordshire kaum irgend +etwas gemein. Er war weder Fanatiker noch Heuchler, er war Katholik, +weil sein Vater und Grovater Katholiken gewesen waren, und er hing an +seinem ererbten Glauben, wie die Menschen in der Regel an demselben +hngen, aufrichtig aber ohne sonderliche Begeisterung. In jeder andren +Beziehung war er nichts weiter als eben ein englischer Squire, der sich +von den benachbarten Squires hchstens dadurch unterschied, da er noch +etwas ungebildeter und buerischer war als sie. Die auf ihm lastenden +Ausschlieungen hatten ihn verhindert, sich bis zu der allerdings selbst +nur mig hohen Bildungsstufe zu erheben, auf der die meisten +protestantischen Landgentlemen standen. Als Knabe von Eton und +Westminster, als Jngling von Oxford und Cambridge, als Mann vom +Parlament und von der Richterbank ausgeschlossen, vegetirte er still und +ruhig hin, wie die Ulmen der Allee, die zu dem ererbten Meierhofe seiner +Vorfahren fhrte. Seine Kornfelder, seine Milchwirthschaft, seine +Ciderpresse, seine Jagdhunde, seine Angelruthe und seine Flinte, sein +Bier und sein Tabak beschftigten fast allein seine Gedanken. Mit seinen +Nachbarn stand er trotz der Glaubensverschiedenheit in der Regel auf +gutem Fue. Sie kannten ihn als einen harmlosen Mann ohne Ehrgeiz, er +stammte fast durchgngig aus einer guten und alten Familie und war immer +ein Kavalier. Er drang Niemandem seine persnlichen Ansichten auf und +wurde Niemandem lstig damit, er qulte nicht, wie ein Puritaner, sich +selbst und Andere mit Gewissensskrupeln ber alle Gensse des Lebens; im +Gegentheil, er war ein eben so leidenschaftlicher Jagdliebhaber und ein +eben so heiterer Gesellschafter als irgend Einer, der den Suprematseid +und die Erklrung gegen die Transsubstantiation angenommen hatte. Er +ging mit seinen Nachbarsquires auf die Jagd, hielt bis zum Hallali bei +ihnen aus und nahm sie nach beendeter Jagd mit sich nach Hause zu einer +Wildpretpastete und zu einem Kruge Octoberbier, das seine vier Jahre auf +Flaschen lag. Die Bedrckungen, die er erduldet, waren nicht so arg, da +sie ihn zu einem verzweifelten Entschlusse htten treiben knnen; selbst +als seine Kirche schonungslos verfolgt wurde, waren sein Leben und sein +Eigenthum nicht in groer Gefahr. Der schamloseste falsche Zeuge wrde +es schwerlich gewagt haben, der Wahrheit so frech ins Gesicht zu +schlagen, da er ihn beschuldigt htte, ein Verschwrer zu sein. Die +Papisten, welche Oates zu seinen Angriffen auswhlte, waren Peers, +Prlaten, Jesuiten, Benedictiner, thtige politische Agenten, Juristen +mit ausgedehnter Praxis und Hofrzte. Der katholische Landgentlemen +konnte unter dem Schutze seiner Verborgenheit, seines leutseligen Wesens +und der Zuneigung seiner Umgebungen unbelstigt seine Ernte einbringen +und seine Waidtasche mit Wild fllen, whrend Coleman und Langhorne, +Whitbread und Pickering, Erzbischof Plunkett und Lord Stafford durch den +Strick oder durch das Beil starben. Eine Bande elender Schurken machte +zwar den Versuch, gegen Sir Thomas Gascoigne, einen bejahrten +katholischen Baronet in Yorkshire, eine Anklage auf Hochverrath zu +erheben, aber zwlf der besten Gentlemen des Westbezirks, die seinen +Lebenswandel kannten, hielten es nicht fr mglich, da ihr ehrenwerther +alter Bekannter Banditen zur Ermordung des Knigs gedungen haben sollte, +und sprachen trotz mancherlei der Richterbank eben nicht zur Ehre +gereichender Versuche ein Nichtschuldig aus. Wohl mochte es fr das +Oberhaupt einer alten, angesehenen Familie in der Provinz ein +schmerzlicher Gedanke sein, da er seines Glaubens wegen von ehrenvollen +Stellen und mtern ausgeschlossen war, zu deren Bekleidung Mnner von +niedererer Herkunft und geringerem Vermgen fr berechtigt gehalten +wurden; aber er hatte nicht Lust, Land und Leben im Kampfe gegen eine +erdrckende bermacht auf's Spiel zu setzen, und sein gerader, cht +englischer Character wrde, vor Mitteln, wie ein Petre und Tyrconnel sie +anwendeten, mit Abscheu zurckgebebt sein. Deshalb wrde er jedoch eben +so bereitwillig, als irgend einer seiner protestantischen Nachbarn zur +Vertheidigung seines Vaterlandes gegen einen Einfall der Franzosen oder +irischen Papisten das Schwert um die Lenden gegrtet und die Pistolen in +die Halfter gesteckt haben. Dies war der allgemeine Character der +Mnner, in denen Jakob jetzt die sichersten Werkzeuge zur Leitung der +Grafschaftswahlen zu erblicken glaubte. Er berzeugte sich jedoch bald, +da sie nicht geneigt waren, sich durch einen ihm zu leistenden +schimpflichen und strafbaren Dienst die Achtung ihrer Nachbarn zu +verscherzen und Leben und Vermgen zu gefhrden. Mehrere von ihnen +weigerten sich, Sheriffs zu werden, und von denen, welche die Ernennung +annahmen, erklrten viele, da sie eben so gewissenhaft, als wenn sie +Mitglieder der Staatskirche wren, ihre Pflicht erfllen, und keinen +Wahlcandidaten, der nicht eine wirkliche Stimmenmehrheit htte, in's +Parlament schicken wrden.[62] + + [Anmerkung 62: Etwa zwanzig Jahre vor dieser Zeit sprach sich ein + Jesuit ber die eingezogene Lebensweise der katholischen Gentry + Englands folgendermaen aus: +La nobilit Inglese, senon se + legata in serviglio di Corte in opera di maestrato, vive, e godo + il pi dell' anno a la campagna, ne' suoi palagi e poderi, dove + son liberi e padroni; ci tanto pi sollecitamente i Cattolici + quanto pi utilmente, si come meno osservati col. -- + L'Inghilterra descritta dal P. Daniello Bartoli. Roma, 1667.+ + + Viele von den papistischen Sheriffs, schrieb Johnstone, sind + begtert und erklren, da man sich sehr irren wrde, wenn man + geflschte Wahlen von ihnen erwartete. Die papistische Gentry, + welche auf ihren Landgtern lebt, ist von der stdtischen weit + verschieden. Mehrere von ihnen haben es abgelehnt, Sheriffs oder + Statthaltersubstituten zu werden. -- 8. Dec. 1687. + + Ronquillo sagt das Nmliche: +Algunos Catolicos que fueron + nombrados por sherifes se han excusado.+ -- 9.(19.) Jan. 1688. + Einige Monate spter versichert er seinem Hof, da die + katholischen Landgentlemen gern zu einer Verstndigung die Hand + bieten wrden, deren Grundbedingungen die Abschaffung der + Strafgesetze und die Beibehaltung des Religionseides wren. + +Estoy informado,+ sagt er, +que los Catolicos de las + provincias no lo reprueban, pues no pretendiendo oficios, y siendo + solo algunos de la Corte los provechosos, les parece que mejoran + su estado, quedando seguros ellos y sus descendientes en la + religion, en la quietud, y en la seguridad de sus haciendas.+ -- + 23. Juli (2. Aug.) 1688.] + + +[_Stimmung der Dissenters._] Konnte der Knig schon auf seine +katholischen Sheriffs wenig rechnen, so konnte er sich noch viel weniger +auf die puritanischen verlassen. Seit dem Erscheinen der +Indulgenzerklrung waren mehrere Monate verflossen, Monate voll +wichtiger Ereignisse und fortwhrender Streitigkeiten. Die ffentliche +Besprechung der Angelegenheiten hatte vielen Dissenters die Augen +geffnet, aber die Maregeln der Regierung, und vorzugsweise das strenge +Verfahren gegen das Magdalenen-Collegium, hatte mehr als selbst die +Feder eines Halifax dazu beigetragen, alle Klassen der Protestanten +aufzurtteln und zu vereinigen. Die meisten von den Sectirern, die sich +hatten verleiten lassen, ihren Dank fr die Indulgenz auszudrcken, +schmten sich jetzt ihres Irrthums und wnschten sehnlichst, ihn dadurch +wieder gut zu machen, da sie sich der groen Masse ihrer Landsleute +anschlossen. + + +[_Regulirung der Corporationen._] In Folge dieses Umschwungs in den +Gesinnungen der Nonconformisten stie die Regierung in den Stdten auf +fast eben so groe Schwierigkeiten, wie auf dem platten Lande. Als die +Regulatoren ihre Arbeit begannen, hatten sie fest darauf gerechnet, da +jeder Dissenter, der sich zu Gunsten der Indulgenz ausgesprochen hatte, +auch die Politik des Knigs untersttzen werde. Sie waren daher +berzeugt, da sie im Stande sein wrden, alle Municipalmter des +Knigreichs mit zuverlssigen Freunden zu besetzen. In den neuen +Stdteordnungen hatte sich die Krone das Recht vorbehalten, +Magistratsbeamte nach ihrem Belieben zu entlassen. Dieses Recht wurde +jetzt ohne alle Beschrnkung ausgebt. Durchaus nicht so klar war es +jedoch, da Jakob auch das Recht hatte, neue Magistratsbeamte zu +ernennen; aber mochte es ihm nun zustehen oder nicht, er beschlo, es +sich zu nehmen. Allenthalben, vom Tweed bis Landsend, wurden +toryistische Beamte abgesetzt und Presbyterianer, Independenten und +Baptisten an ihrer Stelle ernannt. In dem neuen Freibriefe der +Hauptstadt hatte sich die Krone das Recht vorbehalten, alle Vorsteher, +Pfleger und Beisitzer der Innungen zu entlassen. In Folge dessen wurden +ber achthundert angesehene Brger, smmtlich Mitglieder der Partei, die +sich der Ausschlieungsbill widergesetzt hatte, durch einen einzigen +Erla ihrer mter enthoben. Bald darauf erschien ein Nachtrag zu dieser +langen Liste.[63] Aber die neuen Angestellten waren kaum vereidigt, so +zeigte es sich, da sie eben so unfgsam waren, als ihre Vorgnger. In +Newcastle am Tyne ernannten die Regulatoren einen katholischen Mayor und +puritanische Aldermen. Man zweifelte keinen Augenblick, da die so +umgestaltete Municipalbehrde eine Adresse beschlieen werde, in der sie +die Maregeln des Knigs zu untersttzen versprach. Die Adresse wurde +jedoch verweigert. Der Mayor reiste wthend nach London und sagte dem +Knige, die Dissenters seien alle Schurken und Rebellen und die +Regierung knne in der ganzen Corporation auf nicht mehr als vier +Stimmen rechnen.[64] In Reading wurden vierundzwanzig toryistische +Aldermen entlassen und vierundzwanzig neue ernannt. Von diesen erklrten +sich dreiundzwanzig sofort gegen die Indulgenz und wurden deshalb +ebenfalls wieder entlassen.[65] Im Laufe weniger Tage wurde der +Stadtbezirk von Yarmouth nacheinander durch drei verschiedene +Magistratskrper verwaltet, welche smmtlich dem Hofe gleich feindlich +gesinnt waren.[66] Dies sind nur einzelne Beispiele von dem was im +ganzen Lande geschah. Der hollndische Gesandte berichtete an die +Generalstaaten, da in manchen Stdten die Magistratsbeamten in einem +Monate zwei und selbst dreimal, aber dennoch vergebens gewechselt worden +seien.[67] Aus den Acten des Geheimen Raths geht hervor, da die Zahl +der Regulationen, wie sie genannt wurden, zweihundert berstieg.[68] Die +Regulatoren fanden in der That, da in nicht wenigen Stdten die +Vernderung eine Verschlimmerung war. Die mivergngten Tories hatten, +wenn sie auch ber die Politik des Knigs murrten; doch wenigstens stets +Achtung fr seine Person und seinen Thron an den Tag gelegt und jeden +Gedanken an Widerstand verworfen. Ganz anders war die Sprache einiger +neuen Mitglieder der Corporationen. Man sagte, da alte Soldaten der +Republik, welche zu ihrem eignen wie zum Erstaunen des Publikums zu +Aldermen ernannt worden waren, den Agenten des Hofes deutlich zu +verstehen gben, es msse erst Blut flieen, bevor Papismus und +Willkrgewalt in England zur Herrschaft gelangten.[69] + +Die Regulatoren sahen, da mit dem was sie bis jetzt gethan hatten, +wenig oder nichts gewonnen war. Es gab indessen noch ein Mittel, aber +auch nur dieses eine, durch das sie hoffen konnten ihren Zweck zu +erreichen. Die Gemeindeordnungen der Wahlflecken muten zurckgezogen +und durch neue ersetzt werden, welche das Wahlrecht auf sehr kleine, vom +Knig zu ernennende Wahlkrper beschrnkten.[70] + +Aber wie war dieser Plan auszufhren? In einigen der neuen Freibriefe +hatte sich die Krone zwar das Recht der Wiederentziehung vorbehalten, +aber die brigen konnte Jakob nur durch freiwillige Zurckgabe von +Seiten der Corporationen oder durch einen Ausspruch der Kings Bench +wieder in die Hand bekommen. Aber nur wenige Corporationen waren jetzt +geneigt, ihre Gemeindeordnungen freiwillig aufzugeben, und ein +Richterspruch, wie er den Zwecken des Hofes diente, war selbst von einem +Sklaven wie Wright nicht zu erwarten. Die Quo-Warranto-Erlasse,[71] +welche vor einigen Jahren erschienen waren, um die Whigpartei zu +vernichten, waren von allen Unparteiischen einhellig verdammt worden. +Doch hatten diese Erlasse wenigstens einen Anschein von Recht fr sich, +denn sie waren gegen alte Municipalkrper gerichtet, und unter diesen +gab es wenige, in denen im Laufe der Zeit nicht Mibrauche eingerissen +waren, welche gengenden Anhalt zu einem Prozeverfahren darboten. Die +Corporationen aber, welche jetzt angegriffen wurden, befanden sich noch +im Alter der kindlichen Unschuld, die ltesten von ihnen hatten kaum ihr +fnftes Lebensjahr erreicht, und es war unmglich, da viele von ihnen +schon so schwer gesndigt haben sollten, da sie eine Zurcknahme ihrer +Privilegien verdienten. Den Richtern selbst war nicht wohl zu Muthe. Sie +gaben zu bedenken, da das, was man von ihnen verlange, den einfachsten +und klarsten Grundstzen des Rechts und der Gerechtigkeit schnurstracks +zuwiderlaufe; aber alle Vorstellungen waren umsonst. Die Wahlorte wurden +zur Rcksendung ihrer Freibriefe aufgefordert. Einige wenige kamen der +Aufforderung nach; aber das Verfahren, welches der Knig gegen diese +wenigen einschlug, war eben nicht geeignet, bei den anderen Vertrauen zu +erwecken. In mehreren Stdten wurde der Gesammtbrgerschaft das +Wahlrecht entzogen und auf eine kleine Anzahl Personen beschrnkt und +diese muten sich eidlich verpflichten, die von der Regierung +empfohlenen Candidaten zu untersttzen. In Tewkesbury zum Beispiel wurde +das Wahlrecht dreizehn Personen bertragen. Doch selbst diese Anzahl war +noch zu gro. Ha und Furcht hatten sich so weit verbreitet, da es kaum +mglich war, auch durch die unredlichsten Mittel nur dreizehn Mnner zu +finden, auf die sich der Hof unbedingt verlassen konnte. Es hie, da +die Mehrheit des neuen Wahlkrpers von Tewkesbury von dem nmlichen +Sinne beseelt sei, welcher in der ganzen Nation berwiege, und da +derselbe an dem entscheidenden Tage zuverlssige Protestanten in's +Parlament schicken werde. Die Regulatoren drohten in heftigem Zorne, die +Zahl der Whler auf drei zu reduciren.[72] Inzwischen weigerte sich die +groe Mehrzahl der Wahlorte entschieden, ihre Privilegien aufzugeben. +Barnstaple, Winchester und Buckingham zeichneten sich durch die Khnheit +ihres Widerstandes besonders aus. In Oxford wurde der Antrag, da die +Stadt ihr Wahlrecht dem Knige zurckgeben solle, mit achtzig gegen zwei +Stimmen verworfen.[73] Der Tempel und Westminsterhall kamen durch die +pltzliche Hufung von Auftrgen aus allen Theilen des Landes in +ungewohnte Bewegung. Jeder Advokat von bedeutender Praxis erhielt +Vollmachten ber Vollmachten von den stdtischen Corporationen, und die +gewhnlichen Clienten beklagten sich, da ihre Angelegenheiten +vernachlssigt wrden.[74] Es lag auf der Hand, da eine geraume Zeit +darber hingehen mute, ehe eine so groe Anzahl Prozesse entschieden +werden konnten. Diese Verzgerung war der Tyrannei unertrglich. Es +wurde nichts unterlassen, um die widerspenstigen Wahlkrper durch +Drohungen zur Unterwerfung zu bringen. In Buckingham hatten einige +Municipalbeamten sich in nicht eben lobender Weise ausgesprochen. Man +machte ihnen den Proze und kndigte ihnen an, da mit schonungsloser +Strenge gegen sie verfahren werden wrde, wenn sie sich nicht durch +Herausgabe ihres Freibriefs loskauften.[75] In Winchester griff man zu +noch strengeren Gewaltmaregeln. Eine bedeutende Truppenabtheilung wurde +in die Stadt gelegt, einzig und allein zu dem Zwecke, die Einwohner zu +belstigen und zu qulen.[76] Die Stadt blieb fest und die ffentliche +Stimme beschuldigte den Knig laut, da er die schlimmsten Verbrechen +seines Bruders von Frankreich nachahme; die Dragonaden htten begonnen, +sagte man. Man hatte auch wirklich Grund zu ernsten Besorgnissen. Jakob +war auf den Einfall gekommen, da er den Widerstandsgeist einer +hartnckigen Stadt nicht wirksamer brechen knne, als indem er den +Einwohnern Soldaten in's Quartier legte. Er mute wissen, da diese +Maregel sechzig Jahre frher heftigen Unwillen erregt und durch die +Bitte um Recht, ein Gesetz, das von den Englndern kaum weniger verehrt +wurde, als die Magna Charta, feierlichst fr gesetzwidrig erklrt worden +war. Aber er hoffte von den Gerichtshfen eine Erklrung zu erlangen, +da selbst die Bitte um Recht die Prrogative nicht beschrnken knne. +Er fragte in der That den Oberrichter der Kings Bench ber diesen +Gegenstand um Rath;[77] aber das Resultat der Besprechung wurde geheim +gehalten, und in einigen Wochen gestalteten sich die Dinge so, da eine +Furcht, welche noch strker war, als selbst die vor der kniglichen +Ungnade, sogar einen so servilen Mann wie Wright bewog, ein wenig +einzuhalten. + + [Anmerkung 63: +Privy Council Book, Sept. 25. 1687, Febr. 21, + 1687/88+.] + + [Anmerkung 64: Acten der Corporation, angefhrt in +Brand's + History of Newcastle+; Johnstone, 21. Febr. 1687/88.] + + [Anmerkung 65: Johnstone, 21. Febr. 1687/88.] + + [Anmerkung 66: Citters, 14.(24.) Febr. 1688.] + + [Anmerkung 67: Citters, 1.(11.) Mai 1688.] + + [Anmerkung 68: Am Rande der Geheimrathsacten findet man die + Bemerkung Zweite Regulation und Dritte Regulation, wenn ein + Wahlkrper mehr als einmal umgestaltet worden war.] + + [Anmerkung 69: Johnstone, 23. Mai 1688.] + + [Anmerkung 70: Johnstone, 21. Febr. 1688.] + + [Anmerkung 71: Diese Erlasse, so genannt nach den beiden + Anfangsworten +Quo warranto+, ordneten eine Untersuchung ber die + Rechtsbefugnisse an, auf welche sich die Privilegien einer + Corporation grndeten, und wenn sich eine Unregelmigkeit fand, + wurde der Freibrief entzogen. D. bers.] + + [Anmerkung 72: Johnstone, 21. Febr. 1688.] + + [Anmerkung 73: Citters, 20.(30.) Mrz 1688.] + + [Anmerkung 74: +Ibid.+ 1.(11.) Mai 1688.] + + [Anmerkung 75: +Ibid.+ 22. Mai (1. Jun.) 1688.] + + [Anmerkung 76: +Ibid.+ 1.(11.) Mai 1688.] + + [Anmerkung 77: +Ibid.+ 18.(28.) Mai 1688.] + + +[_Untersuchung in allen ffentlichen Verwaltungszweigen._] Whrend die +Lordlieutenants die Friedensrichter ausforschten und die Regulatoren die +Wahlkrper umgestalteten, wurden alle Zweige des Staatsdienstes einer +strengen Untersuchung unterworfen. Zuerst wurde der Palast gesubert. +Jeder mit Narben bedeckte alte Kavalier, der zum Ersatz fr das der +Sache des Knigs geopferte Blut und Grundeigenthum ein mtchen in der +kniglichen Garderobe oder im Marstalle erhalten hatte, wurde +aufgefordert, zwischen dem Knige und der Kirche zu whlen. Die Zoll- +und Steuercommissare wurden zu Seiner Majestt ins Schatzamt beschieden, +hier das Versprechen von ihnen verlangt, da sie seine Politik +untersttzen wollten, und ihnen bedeutet, da sie allen ihren +Unterbeamten ein hnliches Versprechen abzunehmen htten.[78] Ein +Zollbeamter motivirte seine Unterwerfung unter den Willen des Knigs in +einer Weise, welche Heiterkeit und zugleich Mitleid erregte. Ich habe, +sagte er, vierzehn Grnde, die mich bestimmen, Seiner Majestt Befehlen +zu gehorchen: eine Frau und dreizehn unerzogene Kinder.[79] Gegen +solche Grnde lie sich allerdings nichts einwenden; dennoch aber kamen +nicht wenig Flle vor, wo die religisen und patriotischen Gefhle +selbst solche Grnde berwogen. + +Man hat Grund zu der Vermuthung, da die Regierung um diese Zeit +ernstlich mit dem Plane umging, einen Schlag zu fhren, der viele +tausend Familien an den Bettelstab gebracht und auf die socialen +Zustnde aller Landestheile strend eingewirkt haben wrde. Niemand +durfte Wein, Bier oder Kaffee ohne Concession verkaufen. Es hie nun, +da jeder Inhaber einer solchen Concession demnchst aufgefordert werden +sollte, entweder dieselben Verpflichtungen einzugehen, welche den +ffentlichen Beamten auferlegt worden waren, oder sein Geschft +aufzugeben.[80] Wre ein solcher Schritt gethan worden, so wrden ohne +allen Zweifel die Wirthshuser und ffentlichen Vergngungsorte im +ganzen Lande zu Hunderten geschlossen worden sein. Welche Wirkung ein +solcher Eingriff in die Lebensgensse aller Stnde hervorgebracht haben +wrde, lt sich nur muthmaen. Der durch bel erzeugte Unwille steht +nicht immer im Verhltnisse mit der Wichtigkeit derselben, und es ist +durchaus nicht unwahrscheinlich, da die Einziehung von +Schankconcessionen das bewirkt haben wrde, was die Entziehung von +Freibriefen nicht bewirkt hatte. Die Vornehmeren wrden ihr +Chokoladenhaus in St. James Street, die Geschftsmnner ihre +Kaffeekanne, bei der sie in Change Alley zu rauchen und zu politisiren +pflegten, schmerzlich vermit haben. Die Hlfte der Clubs htte sich +neue Versammlungslokale suchen mssen. Der Reisende wrde des Nachts den +Gasthof, in welchem er gewohnt war abzusteigen und seine Abendmahlzeit +einzunehmen, verdet gefunden haben. Der Landmann wrde die Bierschenke +vermit haben, wo er im Sommer auf der Bank vor der Thr, im Winter am +Kamin seinen Krug zu trinken gewohnt war. Es war leicht mglich, da die +auf solche Art gereizte Nation sich zu einem allgemeinen Aufstande +erhob, ohne auf die Hlfe fremder Verbndeter zu warten. + + [Anmerkung 78: Citters, 6.(16.) April 1688; +Treasury Letter Book. + March 14. 1687/88+; Ronquillo, 16.(26.) April.] + + [Anmerkung 79: Citters, 18.(28.) Mai 1688.] + + [Anmerkung 80: +Ibid.+ 18.(28.) Mai 1688.] + + +[_Entlassung Sawyer's._] Es war nicht zu erwarten, da ein Frst, der +von allen niederen Dienern der Regierung bei Strafe der Entlassung +Untersttzung seiner Politik verlangte, einen Generalfiskal behalten +wrde, dessen Abneigung gegen diese Politik kein Geheimni war. Sawyer +hatte noch ber anderthalb Jahr in seiner Stellung bleiben drfen, +nachdem er sich gegen die Dispensationsgewalt erklrt hatte. Diese +ungewhnliche Nachsicht verdankte er nur der auerordentlichen +Schwierigkeit, die es der Regierung machte, einen Nachfolger fr ihn zu +finden. Es war um der pekuniren Interessen der Krone willen nothwendig, +da wenigstens einer der beiden ersten Staatsanwlte ein talentvoller +und kenntnireicher Mann war, und es war keineswegs leicht, einen diesen +Anforderungen gengenden Juristen zu bewegen, da er sich durch das +tgliche Begehen von Handlungen, welche das nchste Parlament +wahrscheinlich als schwere bertretungen und Verbrechen betrachtete, +sehr ernster Gefahr aussetzte. Es war nicht mglich gewesen, einen +besseren Generalprokurator als Powis aufzutreiben, ein Mann, der sich +zwar aus nichts ein Gewissen machte, der aber auch nicht einmal den +gewhnlichsten Pflichten seines Postens gewachsen war. Unter diesen +Umstnden hielt man es fr wnschenswerth, die Arbeit zu theilen. Ein +Fiskal, dessen Berufstchtigkeit durch Gewissensskrupel bedeutend +beeintrchtigt wurde, hatte einen Prokurator zur Seite, dessen +Gewissenlosigkeit seinen Mangel an Befhigung einigermaen ersetzte. +Wenn es der Regierung um energische Durchfhrung des Gesetzes zu thun +war, so wendete sie sich an Sawyer; wollte sie das Gesetz mit Fen +treten, so hielt sie sich an Powis. Dieses Arrangement wurde so lange +beibehalten, bis der Knig die Dienste eines Anwalts erlangte, der zu +gleicher Zeit noch gewissenloser als Powis und geschickter als Sawyer +war. + + +[_Williams Generalprokurator._] Keiner der damals lebenden Advokaten +hatte der Regierung giftiger opponirt als Wilhelm Williams. Er hatte +sich unter der vorigen Regierung als Whig und Exclusionist hervorgethan. +Als die Parteiwuth den hchsten Grad erreicht hatte, war er zum Sprecher +des Unterhauses erwhlt worden. Nach der Prorogation des oxforder +Parlaments war er der gewhnliche Rechtsbeistand der heftigsten +Demagogen gewesen, die des Aufruhrs angeklagt wurden. Er besa +anerkanntermaen bedeutende juristische Gewandtheit und Kenntnisse. +Unbesonnene berstrzung und Parteigeist hielt man fr seine +Hauptfehler; da er noch andere Fehler hatte, in Vergleich mit denen die +genannten als Tugenden gelten konnten, ahnete man damals noch nicht. Die +Regierung suchte eine Gelegenheit, um ihm etwas anzuhaben, und es wurde +ihr nicht schwer, eine solche zu finden. Er hatte auf Befehl des Hauses +der Gemeinen einen von Dangerfield verfaten erzhlenden Bericht +herausgegeben. Htte ein Privatmann diese Schrift verffentlicht, so +wrde sie unbestreitbar als ein aufrhrerisches Libell zu betrachten +gewesen sein. Es wurde bei der Kings Bench eine Criminaluntersuchung +gegen Williams eingeleitet; er berief sich umsonst auf die Privilegien +des Parlaments und wurde zu einer Geldbue von zehntausend Pfund +verurtheilt. Einen groen Theil dieser Summe bezahlte er baar und ber +den Rest gab er eine Schuldverschreibung. Der Earl von Peterborough, der +in Dangerfield's Erzhlung in beleidigender Weise erwhnt war, wurde +durch den Erfolg der Criminaluntersuchung ermuthigt, eine Civilklage auf +eine bedeutende Entschdigungssumme anhngig zu machen. Williams gerieth +dadurch in die grte Verlegenheit. Da bot sich ihm ein rettender Ausweg +dar. Allerdings war es ein Ausweg, der einem Manne von festen +Grundstzen und edlem Character noch schrecklicher gewesen sein wrde, +als Armuth, Gefngni und selbst Tod. Er konnte sich der Regierung +verkaufen, deren Feind und Opfer er gewesen war; er konnte sich +erbieten, bei jedem Angriffe auf die Freiheiten und die Religion, fr +welche er einen malosen Eifer gezeigt hatte, den gefhrlichsten Posten +zu bernehmen; er konnte seinen Whiggismus durch Dienste wieder gut +machen, vor denen selbst die eingefleischtesten Tories, an deren Hnden +das Blut Russell's und Sidney's klebte, mit Abscheu zurckbebten. Der +Handel wurde abgeschlossen. Der noch schuldige Rest der Strafsumme wurde +erlassen und Peterborough durch Vermittelung des Knigs zu einem +Vergleich bewogen. Sawyer wurde abgesetzt, Powis wurde Generalfiskal, +Williams wurde zum Generalprokurator ernannt, in den Adelstand erhoben +und war bald ein Gnstling des Knigs. Obgleich im Range nur der zweite +Kronjurist, gelang es ihm doch sehr bald, durch seine Gewandtheit, +Gelehrsamkeit und Energie seinen Vorgesetzten vllig in den Schatten zu +stellen[81]. + +Williams war noch nicht lange im Amte, als er aufgefordert wurde, in dem +denkwrdigsten Staatsprozesse, von dem die Annalen der britischen Justiz +berichten, eine Hauptrolle zu bernehmen. + + [Anmerkung 81: +London Gazette, Dec. 15. 1687+. Siehe den Proze + gegen Williams in der +Collection of State Trials+. +Ha hecho,+ + sagt Ronquillo, +grande susto el haber nombrado el abogado + Williams, que fue el orador y el mas arrabiade de toda la casa des + comunes en los ultimos terribles parlamentos del Rey difunto.+ + 27. Nov. (7. Dec.) 1687.] + + +[_Zweite Indulgenzerklrung._] Am 27. April 1688 erlie der Knig eine +zweite Indulgenzerklrung. In diesem Schriftstcke fhrte er die +Erklrung vom vorjhrigen April in ihrer ganzen Lnge auf. Sein +bisheriges Leben, sagte er dann, habe sein Volk berzeugen knnen, da +er nicht der Mann sei, der sich von einem einmal gefaten Beschlusse so +leicht abbringen lasse. Da aber heimtckische Menschen es versucht +htten, die Welt glauben zu machen, da man ihn doch noch zum Nachgeben +in dieser Angelegenheit werde bestimmen knnen, halte er es fr nthig, +zu erklren, da sein Vorsatz unwiderruflich fest stehe, da er +entschlossen sei, nur solche Mnner anzustellen, welche bereit wren, +ihn bei der Ausfhrung seiner Plne zu untersttzen, und da er in +Gemheit dieses Entschlusses viele seiner ungehorsamen Diener von +Civil- und Militairmtern habe entheben mssen. Schlielich zeigte er +an, da er sptestens im November ein Parlament einzuberufen gedenke, +und ermahnte seine Unterthanen, solche Vertreter in dasselbe zu whlen, +die ihn bei dem begonnenen groen Werke zu untersttzen geneigt +wren[82]. + + [Anmerkung 82: +London Gazette, April 30. 1688+; Barillon, 26. + April (6. Mai).] + + +[_Die Geistlichkeit erhlt Befehl, sie von der Kanzel zu verlesen._] +Diese Erklrung machte anfangs nur wenig Sensation. Sie enthielt nichts +Neues und die Leute wunderten sich, da der Knig es fr nthig hielt, +ein feierliches Manifest zu erlassen, blos um ihnen zu sagen, da er +seinen Sinn nicht gendert habe[83]. Die Gleichgltigkeit, mit der die +Ankndigung seines festen Entschlusses vom Publikum aufgenommen wurde, +verdro ihn wahrscheinlich und er glaubte ohne Zweifel, da seine Wrde +und Autoritt leiden knnten, wenn er nicht unverzglich etwas Neues und +Auffallendes thue. In Folge dessen verfgte er unterm 4. Mai durch einen +Geheimrathsbefehl, da seine Erklrung von vergangener Woche an zwei +aufeinanderfolgenden Sonntagen beim ffentlichen Gottesdienste von den +dienstthuenden Geistlichen aller Kirchen und Kapellen des Reiches +verlesen werden solle. In London und seinen Vorstdten sollte die +Verlesung am 20. und 27. Mai, in den anderen Landestheilen am 3. und 10. +Juni stattfinden. Die Bischfe waren angewiesen, Exemplare der Erklrung +in ihren respectiven Dicesen zu vertheilen[84]. + +Wenn man bercksichtigt, da die Geistlichen der anglikanischen Kirche +fast ohne Ausnahme die Indulgenzerklrung als eine Verletzung der +Landesgesetze, als einen Wortbruch des Knigs und als einen +verderblichen Gewaltstreich gegen die Interessen und die Wrde ihres +Standes betrachteten, so wird man schwerlich daran zweifeln knnen, da +der Geheimrathsbefehl darauf berechnet war, als eine tiefe Krnkung von +ihnen empfunden zu werden. Man glaubte im Volke, da Petre diese Absicht +durch ein der orientalischen Redeweise entlehntes rohes Gleichni +ausgesprochen habe. Er sollte gesagt haben, er wolle sie Koth essen +lassen und zwar den abscheulichsten und ekelhaftesten Koth. Aber konnte +man annehmen, da die anglikanische Geistlichkeit diesem tyrannischen +und gehssigen Befehle den Gehorsam verweigern werde? Der Character des +Knigs war willkrlich und streng und das Verfahren der kirchlichen +Commission eben so summarisch wie das eines Kriegsgerichts. Wer sich +aufzulehnen wagte, konnte in Zeit von acht Tagen seiner Stelle entsetzt, +seines ganzen Einkommens beraubt, der ferneren Bekleidung jedes +geistlichen Amts unfhig erklrt und in die Nothwendigkeit versetzt +werden, von Haus zu Haus sein Brot zu erbetteln. Wenn der ganze Stand +sich einmthig dem kniglichen Willen widersetzte, dann war es +allerdings wahrscheinlich, da selbst Jakob nicht den Muth haben wrde, +zehntausend Schuldige auf einmal zu bestrafen. Aber zu einer allgemeinen +Verstndigung in dieser Angelegenheit war keine Zeit. Am 7. Mai erschien +der Befehl in der Gazette und schon am 20. sollte die Erklrung von +allen Kanzeln Londons und dessen Umgegend verlesen werden. Er wre +damals mit der grten Anstrengung nicht mglich gewesen, binnen +vierzehn Tagen die Ansichten nur des zehnten Theiles der im ganzen Lande +zerstreuten Pfarrgeistlichen einzuholen, ja nur die Stimmen der Bischfe +htten nicht leicht in so kurzer Zeit gesammelt werden knnen. Auch +stand zu befrchten, da, wenn die Geistlichkeit das Verlesen der +Erklrung verweigerte, die protestantischen Dissenters die Weigerung +falsch auslegen, die Hoffnung, von den Mitgliedern der anglikanischen +Kirche Duldung zu erlangen, aufgeben und ihr ganzes Gewicht in die +Wagschale des Hofes werfen wrden. + + [Anmerkung 83: Citters, 1.(11.) Mai 1688.] + + [Anmerkung 84: +London Gazette, Mai 7. 1688.+] + + +[_Die Geistlichkeit ist unschlssig._] Die Geistlichkeit war daher +unschlssig und diese Unschlssigkeit lt sich wohl entschuldigen, denn +einige hochgestellte Laien, welche das ffentliche Vertrauen in hohem +Mae genossen, waren geneigt, zur Unterwerfung zu rathen. Sie waren der +Meinung, ein allgemeiner Widerstand stehe kaum zu erwarten und ein +theilweiser werde fr die Einzelnen verderblich und fr die Kirche und +die Nation im Allgemeinen nur von geringem Nutzen sein. Dies war die +ausgesprochene Ansicht von Halifax und Nottingham. Der Tag rckte heran +und noch war keine Verstndigung und kein bestimmter Entschlu +erzielt.[85] + + [Anmerkung 85: Johnstone, 27. Mai 1688.] + + +[_Patriotismus der protestantischen Nonconformisten Londons._] In diesem +Augenblicke erwarben sich die protestantischen Dissenters der Hauptstadt +einen Anspruch auf die ewige Dankbarkeit ihres Vaterlandes. Die +Regierung hatte sie bisher als einen Theil ihrer Strke betrachtet. +Einige von ihren thtigsten und lautesten Predigern hatten, durch die +Gnadenbezeigungen des Hofes bestochen, Adressen zu Gunsten der Politik +des Knigs zu Stande gebracht. Andere, welche durch die Erinnerung an +viele schwere Unbilden sowohl der anglikanischen Kirche als dem Hause +Stuart entfremdet waren, hatten mit boshafter Schadenfreude gesehen, wie +der tyrannische Frst und die tyrannische Hierarchie durch bittere +Feindschaft von einander getrennt waren und sich gegenseitig berboten, +um den Beistand von Secten zu erlangen, die sie noch unlngst verfolgt +und verachtet hatten. Aber so natrlich dieses Gefhl auch sein mochte, +man hatte sich demselben lange genug hingegeben. Die Zeit war gekommen, +wo man eine Wahl treffen mute, und die Nonconformisten traten in einer +hochherzigen Regung auf die Seite der Anglikaner, um gemeinschaftlich +mit ihnen die Grundgesetze des Reichs zu vertheidigen. Baxter, Bates und +Howe zeichneten sich durch ihre Anstrengungen, dieses Bndni zu Stande +zu bringen, besonders aus; aber die edle Begeisterung, welche die +Gesammtheit der Puritaner beseelte, erleichterte ihnen die Aufgabe. Der +Eifer der Pfarrer wurde von dem ihrer Gemeinden noch bertroffen. +Diejenigen Presbyterianer- und Independentenprediger, welche Lust +zeigten, mit dem Knige Partei gegen die Landeskirche zu nehmen, wurden +nachdrcklich bedeutet, da, wenn sie ihr Verfahren nicht nderten, ihre +Gemeinden sie fernerhin weder hren noch bezahlen wrden. Alsop, der +sich mit der Hoffnung geschmeichelt hatte, da er im Stande sein werde, +einen groen Theil seiner Anhnger dem Knige zuzufhren, sah sich +pltzlich von Denen, die ihn kurz zuvor noch als ihren geistlichen +Fhrer verehrt hatten, verachtet und verabscheut, verfiel darber in +eine tiefe Schwermuth und verbarg sich vor den Blicken der Welt. Bei +mehreren londoner Geistlichen erschienen Deputationen, um sie zu bitten, +da sie die Masse der Dissenters nicht nach den kriechenden +Schmeicheleien beurtheilen mchten, welche krzlich die Spalten der +Gazette gefllt htten, und forderten sie, als bei dem groen Kampfe in +vorderster Reihe stehend, auf, mit mnnlicher Tapferkeit fr die +Freiheiten Englands und den den Heiligen berlieferten Glauben zu +streiten. Diese Versicherungen wurden freudig und dankend aufgenommen. +Unter Denen aber, die sich zu entscheiden hatten, ob sie am nchsten +Sonntage, den 20. Mai, dem Befehl des Knigs nachkommen wollten +oder nicht, herrschte noch immer groe ngstlichkeit und +Meinungsverschiedenheit. + + +[_Berathung der londoner Geistlichkeit._] Die londoner Geistlichkeit, +welche damals allgemein als die Elite ihres Standes anerkannt war, +veranstaltete eine berathende Versammlung. Funfzehn Doctoren der +Theologie waren anwesend. Tillotson, Dechant von Canterbury, der +berhmteste Kanzelredner der damaligen Zeit, kam vom Krankenlager dahin. +Sherlock, Vorsteher des Tempels, Patrick, Dechant von Peterborough und +Oberpfarrer des wichtigen Kirchspiels St. Paul in Coventgarden, sowie +auch Stillingfleet, Archidiakonus von London und Dechant der St. +Pauls-Kathedrale, nahmen daran Theil. Die Versammlung im Allgemeinen +schien der Ansicht zu sein, da es im Grunde doch gerathen sei, dem +Geheimrathsbefehl zu gehorchen. Der Streit begann hitzig zu werden und +htte vielleicht schlimme Folgen haben knnen, wre er nicht durch die +Festigkeit und Einsicht des Unterpfarrers von St. Giles, Cripplegate, +Doctor Eduard Fowler, beendigt worden. Dieser Mann gehrte zu der +kleinen aber ausgezeichneten Klasse von Theologen, welche die der Schule +Calvin's eigene Liebe zur brgerlichen Freiheit mit der Theologie der +Schule des Arminius verbanden[86]. Er erhob sich und sprach: Ich will +offen meine Meinung sagen. Die Sache ist so klar und einfach, da lange +Errterungen kein neues Licht auf sie werfen knnen, sondern nur die +Leidenschaften aufregen mssen. Lassen Sie einem Jeden blos Ja oder Nein +sagen. Ich fr meine Person kann mich durch das Votum der Majoritt +nicht binden lassen. Es wrde mir leid thun, wenn dadurch unsre +Einigkeit gestrt werden sollte, aber mein Gewissen erlaubt mir nicht, +diese Erklrung zu verlesen. Tillotson, Patrick, Sherlock und +Stillingfleet erklrten, da sie der nmlichen Meinung seien, und die +Majoritt fgte sich einer so achtbaren Minoritt. Es wurde ein Beschlu +schriftlich ausgefertigt, durch den sich alle Anwesenden gegen einander +verpflichteten, die Erklrung nicht zu verlesen. Patrick war der Erste, +der seinen Namen unterschrieb, Fowler der Zweite. Das Papier wurde dann +in der Stadt herumgeschickt und war bald von fnfundachtzig +Pfrndeninhabern unterzeichnet[87]. + +Unterdessen beriethen sich mehrere Bischfe in banger Sorge ber das +einzuschlagende Verfahren. Am 12. Mai war ein ernster und gelehrter +Kreis um den Tisch des Primas zu Lambeth versammelt. Compton, Bischof +von London, Turner, Bischof von Ely, White, Bischof von Peterborough, +und Tenison, Oberpfarrer des Kirchspiels St. Martin, befanden +sich unter den Anwesenden. Der Earl von Clarendon, ein warmer und +unerschtterlicher Freund der Kirche, war ebenfalls eingeladen worden. +Cartwright, Bischof von Chester, drngte sich, wahrscheinlich als Spion, +in die Versammlung. So lange er anwesend war, konnten vertrauliche +Mittheilungen nicht stattfinden; nach seinem Weggange aber wurde die +groe Frage, welche alle Gemther erfllte, zur Sprache gebracht und +errtert. Die allgemeine Ansicht war, da die Erklrung nicht verlesen +werden solle. An mehrere der achtbarsten Prlaten der Provinz Canterbury +wurden sogleich Briefe geschrieben, durch welche dieselben aufgefordert +wurden, unverzglich nach London zu kommen, um ihren Metropoliten in +dieser Angelegenheit zu untersttzen[88]. Da man kaum zweifeln konnte, +da diese Briefe geffnet werden wrden, wenn sie durch das Postamt in +Lombard Street gingen, so wurden sie bis zu den nchsten Poststationen +in den verschiedenen Richtungen durch reitende Boten befrdert. Der +Bischof von Winchester, dessen Loyalitt sich bei Sedgemoor so glnzend +erprobt hatte, beschlo trotz eines ernstlichen Unwohlseins der +Aufforderung nachzukommen und sofort abzureisen, sah aber, da er die +Erschtterung des Fahrens nicht vertragen konnte. Der an Wilhelm Lloyd, +Bischof von Norwich, gerichtete Brief wurde ungeachtet aller +Vorsichtsmaregeln von einem Postmeister zurckgehalten, und dieser +Prlat, welcher keinem seiner Amtsbrder in Muth und Eifer fr die +gemeinsame Sache seines Berufs nachstand, kam zu spt in London an[89]. +Sein Namensvetter, Wilhelm Lloyd, Bischof von St. Asaph, ein frommer, +rechtschaffener und gelehrter Mann, aber von schwacher Urtheilskraft und +halb aufgerieben durch seine beharrlichen Anstrengungen, aus Daniel und +der Offenbarung einige Aufschlsse ber den Papst und den Knig von +Frankreich zu gewinnen, eilte nach der Hauptstadt und traf am +Sechzehnten ein[90]. Am nchstfolgenden Tage kamen auch der treffliche +Ken, Bischof von Bath und Wells, Lake, Bischof von Chichester, und Sir +Johann Trelawney, Bischof von Bristol, ein Baronet aus einer alten und +angesehenen Familie in Cornwall. + + [Anmerkung 86: Der verstorbene Alexander Knox, dieser + ausgezeichnete Mann, dessen beredte Conversation und vortrefflich + ausgearbeitete Briefe einen groen Einflu auf die Gemther seiner + Landsleute ausbten, hat, wie ich vermuthe, vieles von seinem + theologischen System und Fowler's Schriften gelernt. Fowler's Werk + ber den Zweck des Christenthums wurde von Johann Bunyan mit einer + durch nichts zu rechtfertigenden Heftigkeit angegriffen, die sich + nur durch die Herkunft und mangelhafte Erziehung des ehrlichen + Kesselflickers einigermaen entschuldigen lt.] + + [Anmerkung 87: Johnstone, 23. Mai 1688. Es existirt ein + satirisches Gedicht auf diese Versammlung betitelt: Die + geistliche Cabale.] + + [Anmerkung 88: +Clarendon's Diary, May 22. 1688.+] + + [Anmerkung 89: Auszug aus Tanner's Handschriften in +Howell's + State Trials+; +Life of Prideaux+; +Clarendon's Diary, May 16. + 1688+.] + + [Anmerkung 90: +Clarendon's Diary, May 16 & 17. 1688+.] + + +[_Berathung im Palast zu Lambeth._] Am Achtzehnten wurde im Palast des +Primas zu Lambeth eine Versammlung von Prlaten und anderen +ausgezeichneten Theologen gehalten. Tillotson, Tenison, Stillingfleet, +Patrick und Sherlock waren dabei anwesend. Vor dem Beginn der Berathung +wurde eine feierliche Betstunde gehalten. Nach einer langen Besprechung +setzte der Erzbischof eigenhndig eine Petition auf, in der die +allgemeine Ansicht ausgesprochen war. Sie war nicht im elegantesten +Style abgefat. Sancroft zog sich durch den schwlstigen und unschnen +Periodenbau sogar spttelnden Tadel zu, den er mit weniger Geduld +ertrug, als er bei viel hrteren Prfungen gezeigt hatte. Dem Inhalte +nach aber konnte nichts geschickter entworfen sein, als dieses +denkwrdige Actenstck. Man verwahrte sich entschieden gegen alle +Illoyalitt und Intoleranz, versicherte dem Knig, da die Kirche noch +immer, wie von jeher, dem Throne treu ergeben sei und da die Bischfe +seiner Zeit am geeigneten Orte als Lords des Parlaments und als +Mitglieder des Oberhauses der Convocation beweisen wurden, wie es ihnen +keineswegs an humaner Rcksicht auf die Gewissensbedenken der Dissenters +fehle. Aber das Parlament habe sowohl unter der vorigen wie unter der +gegenwrtigen Regierung ausgesprochen, da der Souverain nach der +Verfassung nicht berechtigt sei, in kirchlichen Angelegenheiten von +Gesetzen zu dispensiren. Deshalb sei die Erklrung gesetzwidrig und +Klugheit, Ehre und Gewissen gestatte den Petenten nicht, sich bei der +feierlichen Verffentlichung einer ungesetzlichen Erklrung im Hause +Gottes und whrend der Zeit des Gottesdienstes zu betheiligen. + +Diese Petition wurde von dem Erzbischof und sechs seiner Suffraganen, +Lloyd von St. Asaph, Turner von Ely, Lake von Chichester, Ken von Bath +und Wells, White von Peterborough und Trelawney von Bristol, +unterzeichnet. Der Bischof von London unterzeichnete nicht mit, weil er +suspendirt war. + + +[_Die Petition der sieben Bischfe dem Knige berreicht._] Es war spt +am Freitag Abend, und am Sonntag Morgen sollte die Erklrung in den +Kirchen von London verlesen werden. Die Petition mute daher dem Knige +unverweilt berreicht werden. Die sechs Bischfe brachen sofort nach +Whitehall auf; der Erzbischof, dem schon seit geraumer Zeit der Zutritt +bei Hofe untersagt war, begleitete sie nicht. Lloyd lie seine fnf +Collegen im Hause des Lord Dartmouth in der Nhe des Palastes zurck, +begab sich zu Sunderland und bat den Minister, die Petition zu lesen und +sich zu erkundigen, wann der Knig geneigt sein werde, sie in Empfang zu +nehmen. Sunderland wollte, aus Furcht sich zu compromittiren, die +Petition gar nicht ansehen, begab sich aber sogleich ins knigliche +Kabinet. Jakob befahl, die Bischfe vorzulassen. Er hatte von seinem +Spion Cartwright erfahren, da sie wohl geneigt wren, dem kniglichen +Befehle zu gehorchen, aber einige kleine nderungen in der Form +wnschten und eine unterthnige Bitte in diesem Sinne vorlegen wollten. +Seine Majestt war daher sehr gut gelaunt. Als die Prlaten vor ihm +knieten, bat er sie freundlich, aufzustehen, nahm das Papier, aus +Lloyd's Hnden und sagte: Das ist Mylord Canterbury's Hand. -- Ja, +Sire, seine eigene Hand, war die Antwort. Jakob las die Petition, brach +sie dann zusammen und sprach, whrend seine Stirn sich verfinsterte: +Dies ist eine groe berraschung fr mich. Ich htte dies von Ihrer +Kirche, insbesondere von einigen unter Ihnen, nicht erwartet. Das heit +die Fahne des Aufruhrs aufpflanzen. Die Bischfe ergossen sich in die +wrmsten Versicherungen ihrer Loyalitt; der Knig aber wiederholte +seiner Gewohnheit nach die gesprochenen Worte von Anfang bis zu Ende. +Ich sage Ihnen, es ist eine Fahne des Aufruhrs! -- Des Aufruhrs? +rief Trelawney auf die Knie fallend. Um des Himmels willen, Sire, +sprechen Sie nicht so hart von uns. Ein Trelawney kann nie ein Rebell +werden. Erinnern Sie Sich, da meine Familie fr die Krone gekmpft hat, +erinnern Sie Sich, wie ich Eurer Majestt gedient habe, als Monmouth im +Westen war. -- Wir haben den letzten Aufstand unterdrckt, sagte +Lake, und wollen gewi nicht einen neuen hervorrufen. -- Wir, +Rebellen! rief Turner; wir sind bereit, zu den Fen Eurer Majestt zu +sterben. -- Sire, hob jetzt Ken in einem mnnlicheren Tone an, ich +hoffe, Sie werden uns die Gewissensfreiheit zugestehen, die Sie +Jedermann gewhren. Jakob aber wiederholte abermals: Das ist Aufruhr! +das ist eine Fahne des Aufruhrs! Hat jemals ein guter Diener der +Staatskirche das Dispensationsrecht in Frage gestellt? Haben nicht +einige von Ihnen zu Gunsten desselben gepredigt und geschrieben? Ich +will durchaus, da meine Erklrung verlesen werde! -- Wir haben zwei +Pflichten zu erfllen, erwiederte Ken, unsre Pflicht gegen Gott und +unsre Pflicht gegen Eure Majestt. Wir ehren Sie, aber wir frchten +Gott. -- Habe ich das um Sie verdient? versetzte der Knig mit +wachsendem Zorne; bin ich nicht stets ein Freund Ihrer Kirche gewesen? +Ich htte dies nicht von Ihnen erwartet. Aber ich verlange Gehorsam. +Meine Erklrung mu verlesen werden. Sie sind die Trompeter des +Aufruhrs. Was wollen Sie hier? Gehen Sie in Ihre Dicesen und sorgen Sie +dafr, da meinen Befehlen gehorcht wird. Dieses Papier will ich +behalten. Sie bekommen es nicht zurck. Ich werde Sie, die +Unterzeichner, nicht vergessen. -- Gottes Wille geschehe, sagte Ken. +-- Gott hat mir die Dispensationsgewalt verliehen, fuhr der Knig +fort, und ich werde sie zu behaupten wissen. Ich sage Ihnen, es sind +noch Siebentausend in Ihrer Kirche, die das Knie nicht vor dem Baal +gebeugt haben. Die Bischfe entfernten sich ehrerbietig[91]. Noch den +nmlichen Abend erschien die Petition, die sie dem Knige berreicht +hatten, Wort fr Wort, in Druck und wurde in allen Kaffeehusern +ausgelegt und in den Straen zum Verkauf ausgeboten. Allenthalben +standen die Leute aus den Betten wieder auf und gingen hinunter auf die +Strae, um zu sehen, was es gab. Man sagte, da der Drucker binnen +wenigen Stunden durch dieses Pennyblatt tausend Pfund verdient habe. +Dies mag bertrieben sein, aber es beweist wenigstens, da der Absatz +ungeheuer war. Wie die Petition in die ffentlichkeit kam, ist noch +heute ein Geheimni. Sancroft versicherte, da er jede erdenkliche +Vorsicht beobachtet habe und von keinem andren Exemplare wisse, als von +dem, welches er selbst geschrieben und das der Knig aus Lloyd's Hnden +entgegengenommen hatte. Die Wahrhaftigkeit des Erzbischofs ist ber alle +Zweifel erhaben. Nicht unwahrscheinlich aber ist es, da einige von den +anwesenden Geistlichen das kurze Schriftstck ihrem Gedchtni genau +eingeprgt und es zum Druck befrdert hatten. Die vorherrschende Meinung +war jedoch, da eine Person aus der nchsten Umgebung des Knigs eine +Indiscretion oder einen Verrath begangen habe[92]. Kaum weniger Aufsehen +machte ein kurzer, mit groer logischer Schrfe und in krftiger Sprache +geschriebener Brief, der im Geheimen gedruckt und an dem nmlichen Tage +durch die Post und durch die gewhnlichen Botenfuhrleute verbreitet +wurde. Jedem Geistlichen im ganzen Lande wurde ein Exemplar zugesandt. +Der Verfasser versuchte es nicht, die Gefahr zu verhehlen, der sich +Diejenigen aussetzten, welche dem kniglichen Befehle nicht gehorchten; +aber er schilderte mit lebhaften Farben die noch grere Gefahr der +Unterwerfung. Wenn wir die Erklrung verlesen, sagte er, so fallen +wir, um uns nicht wieder zu erheben. Und wir werden nicht bedauert, +sondern nur verachtet werden; wir fallen unter den Verwnschungen einer +Nation, die unsre Willfhrigkeit ins Verderben gestrzt hat. Einige +waren der Meinung, die Schrift sei aus Holland herbergekommen, Andere +schrieben sie Sherlock zu. Aber Prideaux, Dechant von Norwich, der bei +der Verbreitung besonders thtig war, hielt sie fr das Werk Halifax'. + +Das Verfahren der Prlaten fand allgemeinen und lebhaften Beifall; aber +hier und da lie sich auch ein Murren vornehmen. Man sagte, da so +ernste Mnner, wenn ihr Gewissen ihnen geboten htte, beim Knige zu +remonstriren, dies frher htten thun sollen. Wre es recht gegen ihn +gehandelt, da sie ihn bis sechsunddreiig Stunden vor der zur Verlesung +der Erklrung festgesetzten Zeit im Dunkeln lieen? Selbst wenn er den +Geheimrathsbefehl htte zurcknehmen wollen, wre es dazu zu spt +gewesen. Aus dem Allen scheine hervorzugehen, da die Petition nicht den +Zweck gehabt habe, den Knig andren Sinnes zu machen, sondern nur die +Unzufriedenheit des Volks zu erregen[93]. Diese Beschwerden waren jedoch +vllig grundlos. Der Knig hatte den Bischfen einen neuen, unerwarteten +und in Verlegenheit setzenden Befehl gegeben. Es war ihre Pflicht, mit +einander in Vernehmen zu treten und so weit als mglich die Ansicht des +Standes, dessen Oberhupter sie waren, einzuholen, ehe sie irgend einen +Schritt thaten. Die Mitglieder waren im ganzen Lande zerstreut, einige +waren eine volle Tagereise von einander entfernt. Jakob hatte ihnen nur +vierzehn Tage Zeit gelassen, um sich zu erkundigen, zu berathschlagen +und einen Entschlu zu fassen, und er konnte sich gewi nicht darber +beklagen, da diese vierzehn Tage zu Ende gingen, bevor er ihren +Entschlu erfuhr. Ebenso ist es auch nicht wahr, da sie ihm nicht Zeit +lieen, seinen Befehl zurckzunehmen, wenn er htte so klug sein wollen, +dies zu thun. Er htte am Samstag Morgen den Geheimen Rath +zusammenberufen knnen und vor dem Abend konnte es in ganz London und +dessen Vorstdten bekannt sein, da er den Bitten der Vter der Kirche +nachgegeben. Der Samstag ging jedoch ohne ein Zeichen von Sinnesnderung +seitens der Regierung vorber und der Sonntag kam heran, ein Tag, dessen +man sich noch lange erinnerte. + + [Anmerkung 91: Sancroft's Bericht aus Tanner's Handschriften + abgedruckt; Citters, 22. Mai (1. Juni) 1688.] + + [Anmerkung 92: +Burnet, I. 741+; +Revolution Politics+; +Higgins's + Short View.+] + + [Anmerkung 93: +Clarke's Life of James the Second, II. 155.+] + + +[_Die londoner Geistlichkeit gehorcht dem kniglichen Befehle nicht._] +In der City und den Vorstdten Londons gab es ungefhr hundert +Pfarrkirchen. Nur in vier derselben wurde der Geheimrathsbefehl befolgt. +In der St. Gregorskirche wurde die Erklrung von einem Geistlichen, +Namens Martin, verlesen. Sobald er die ersten Worte sprach, stand die +ganze Gemeinde auf und entfernte sich. In der St. Matthuskirche in +Friday Street wurde ein Elender, Namens Timotheus Hall, der seinen +Priesterrock geschndet, indem er der Herzogin von Portsmouth bei dem +Handel mit Begnadigungen als Zwischentrger gedient und der jetzt +Hoffnung auf das erledigte Bisthum Oxford hatte, ebenfalls von seiner +Gemeinde in der Kirche allein gelassen. In Serjeant's Inn, in Chancery +Lane, gab der Geistliche vor, er habe vergessen, ein Exemplar der +Erklrung mitzubringen, und der Oberrichter der Kings Bench, welcher +anwesend war, um darauf zu sehen, da dem kniglichen Befehle gehorcht +werde, mute sich mit dieser Entschuldigung begngen. Samuel Wesley, der +Vater Johann's und Karl's Wesley, Pfarrer in London, whlte an diesem +Sonntage zum Text seiner Predigt die edle Antwort, welche die drei Juden +dem chaldischen Tyrannen gaben: So sollst Du nun wissen, o Knig, da +wir Deine Gtter nicht ehren, noch das gldene Bild, das Du hast setzen +lassen, anbeten wollen. Selbst in der Kapelle des St. Jamespalastes +hatte der dienstthuende Geistliche den Muth, dem Befehle nicht zu +gehorchen. Die Knaben von Westminster erinnerten sich noch lange dessen, +was an jenem Tage in der Abtei vorging. Sprat, Bischof von Rochester, +fungirte hier als Dechant. Sobald er die Erklrung zu verlesen begann, +bertubte das Murren und das Gerusch des sich aus der Kirche +drngenden Volks seine Stimme. Er zitterte so heftig, da man das Papier +in seiner Hand sich bewegen sah. Lange bevor er geendet hatte, war die +Kirche von Allen verlassen, bis auf Diejenigen, die ihre Stellung zum +Bleiben nthigte.[94] + +Noch nie war die Kirche der Nation so theuer gewesen, als an jenem +Nachmittage. Der Geist der Zwietracht schien erloschen zu sein. Baxter +hielt auf der Kanzel eine Lobrede auf die Bischfe und die Pfarrer. +Wenige Stunden spter schrieb der hollndische Gesandte an die +Generalstaaten, da die anglikanische Geistlichkeit in der Achtung des +Publikums unglaublich gestiegen sei. Die Nonconformisten, sagte er, +sprchen sich allgemein dahin aus, da sie lieber unter dem Drucke der +Strafgesetze bleiben, als ihre Sache von der der Prlaten trennen +wollten.[95] + +So verging noch eine Woche ngstlicher Aufregung, und der zweite Sonntag +kam heran. Abermals waren die Kirchen der Hauptstadt mit +Hunderttausenden gefllt. Die Erklrung wurde nirgends anderwrts +verlesen, als an den wenigen Orten, wo sie vor acht Tagen verlesen +worden war. Der Geistliche, der in der Kapelle des St. Jamespalastes +gepredigt hatte, war seines Amtes entsetzt worden und es erschien ein +servilerer Geistlicher mit dem Papier in der Hand; aber er war so +befangen, da er nicht vernehmlich sprechen konnte. Die Stimmung der +ganzen Nation hatte sich in der That so gestaltet, da nur die besten +und hochherzigsten, oder die schlechtesten und characterlosesten +Menschen ihr ohne groe Angst die Stirn bieten konnten.[96] + + [Anmerkung 94: Citters; 22. Mai (1. Juni) 1688; +Burnet+, I. 740 + und Lord Dartmouth's Note; +Southey's Life of Wesley+.] + + [Anmerkung 95: Citters, 22. Mai (1. Juni) 1688.] + + [Anmerkung 96: +Ibid.+ 29. Mai (8. Juni) 1688.] + + +[_Unschlssigkeit der Regierung._] Selbst der Knig war einen Augenblick +bestrzt ber die Heftigkeit des von ihm heraufbeschworenen Sturmes. Was +sollte er nun zunchst thun? Er mute entweder vorwrts oder rckwrts +gehen, und ersteres konnte er nicht ohne Gefahr, letzteres nicht ohne +Demthigung. Einmal nahm er sich vor, einen neuen Befehl zu erlassen, +durch den er der Geistlichkeit in hochmthigem und zornigem Tone gebot, +seine Erklrung zu verlesen, und jedem Widerspenstigen mit +augenblicklicher Amtsentsetzung drohte. Dieser Befehl wurde zu Papier +gebracht und in die Druckerei geschickt, dann zurckgeholt, dann zum +zweitenmal in die Druckerei geschickt und noch einmal zurckgeholt.[97] +Zu einem andren Plane riethen einige von Denen, welche fr strenge +Maregeln waren. Sie meinten, die Prlaten, welche die Petition +unterzeichnet hatten, knnten ja vor die kirchliche Commission citirt +und ihrer Bischofssitze beraubt werden. Gegen dieses Verfahren aber +wurden im Staatsrathe energische Einwendungen erhoben. Man habe +angekndigt, da die Kammern noch vor Ende des Jahres einberufen werden +sollten und die Lords wrden das Absetzungsurtel unzweifelhaft fr null +und nichtig erklren, auf der Einberufung Sancroft's und seiner +Mitpetenten bestehen und sich weigern, einen neuen Erzbischof von +Canterbury oder einen neuen Bischof von Bath und Wells anzuerkennen. So +wrde die Session, die aller Wahrscheinlichkeit nach im gnstigen Falle +immer noch sehr strmisch werden wrde, sogleich mit einem erbitterten +Streite zwischen der Krone und den Peers beginnen. Wenn daher eine +Bestrafung der Bischfe fr nthig gehalten wrde, so mte dieselbe +nach dem bekannten Gange des englischen Rechtsverfahrens ber sie +verhngt werden. Sunderland hatte sich von Anfang an, soweit er es ohne +Gefahr wagen konnte, dem Geheimrathsbefehl widersetzt. Jetzt rieth er zu +einem Verfahren, das zwar nicht frei von Nachtheilen, aber doch das +klgste und wrdigste war, welches der Regierung nach einer Reihe von +Fehlgriffen noch offen stand. Der Knig solle mit Huld und Majestt der +Welt ankndigen, da das ungehorsame Benehmen der anglikanischen Kirche +ihn tief verletzt habe, da er aber die vielen Dienste nicht vergessen +knne, die diese Kirche in schweren Prfungszeiten seinem Vater, seinem +Bruder und ihm selbst geleistet; da er als Freund der Gewissensfreiheit +nicht streng gegen Mnner verfahren wolle, deren allerdings +irregeleitetes und ber alle Maen bedenkliches Gewissen ihnen nicht +erlaubt habe, seinen Befehlen zu gehorchen, und da er daher die +Schuldigen der Strafe berlassen werde, die ihre eigne berzeugung ihnen +zuerkennen msse, wenn sie ihre neuesten Schritte mit den loyalen +Grundstzen verglichen, deren sie sich so laut gerhmt htten. Nicht +allein Powis und Bellasyse, welche stets fr gemigte Beschlsse waren, +sondern selbst Dover und Arundell neigten sich zu diesem Vorschlage hin. +Jeffreys dagegen behauptete, da die Regierung entehrt sein wrde, wenn +sie solche Verbrecher, wie die sieben Bischfe, mit einem bloen +Verweise davon kommen liee. Er wnschte jedoch nicht, da sie vor die +Hohe Commission, in welcher er als erster oder vielmehr einziger Richter +sa, geladen wrden, denn die Last des ffentlichen Hasses, die er +bereits zu tragen hatte, war selbst fr seine schamlose Stirn und sein +verknchertes Herz zu gro, und er erschrak vor der Verantwortlichkeit, +die er durch eine gesetzwidrige Verurtheilung der Oberhupter der +Staatskirche und der Lieblinge des Volkes auf sich geladen haben wrde. + + [Anmerkung 97: +Ibid.+] + + +[_Es wird eine gerichtliche Verfolgung der Bischfe wegen Libells +beschlossen._] Jeffreys empfahl deshalb einen Criminalproze gegen sie +anhngig zu machen. In Folge dessen wurde beschlossen, den Erzbischof +und die sechs anderen Bittsteller unter der Anklage auf Abfassung eines +aufrhrerischen Libells vor den Gerichtshof der Kings Bench zu stellen. +Da sie fr schuldig befunden werden wrden, daran war kaum zu zweifeln, +denn die Richter und ihre Unterbeamten waren Werkzeuge des Hofes. +Seitdem der Hauptstadt ihr alter Freibrief entzogen worden, war kaum ein +Gefangener, den die Regierung bestraft wissen wollte, von einer Jury +freigesprochen worden. Die widerspenstigen Prlaten wurden hchst +wahrscheinlich zu unerschwinglichen Geldbuen und langer Haft +verurtheilt und waren dann froh, wenn sie sich dadurch loskaufen +konnten, da sie in und auer dem Parlament den Absichten des Knigs +dienten.[98] + +Am 27. Mai wurde den Bischfen angekndigt, da sie am 8. Juni vor dem +Knige im Geheimen Rathe erscheinen sollten. Warum eine so lange Frist +gestattet wurde, ist uns nicht bekannt. Vielleicht hoffte Jakob, da +einige der Schuldigen sich aus Furcht vor seiner Ungnade bis zu dem zum +Verlesen der Erklrung bestimmten Tage noch fgen und, um sich mit ihm +auszushnen, die Geistlichen ihrer Dicesen zum Gehorsam berreden +wrden. Wenn dies wirklich seine Hoffnung war, so wurde sie vollstndig +getuscht. Der 3. Juni kam und alle Theile Englands folgten dem +Beispiele der Hauptstadt. Die Bischfe von Norwich, Gloucester, +Salisbury, Winchester und Exeter hatten bereits Abschriften der Petition +zum Beweis ihrer Zustimmung unterzeichnet; der Bischof von Worcester +hatte sich geweigert, die Erklrung unter seine Geistlichen zu +vertheilen; der Bischof von Hereford hatte sie vertheilt, wurde aber, +wie allgemein bekannt war, deshalb von Reue und Scham geqult. Von +fnfzig Pfarrern fgte sich noch nicht einer dem Geheimrathsbefehl. In +der groen Dicese Chester, welche die Grafschaft Lancaster umfat, +konnte Cartwright nicht mehr als drei Geistliche zum Gehorsam gegen den +Knig bewegen. Die Dicese Norwich enthlt viele hundert Pfarreien, und +nur in vieren davon wurde die Erklrung verlesen. Dem hfischen Bischof +von Rochester gelang es nicht, die Gewissensscrupel des +Gefngnipredigers von Chatham, der von der Regierung besoldet wurde, zu +heben. Es existirt noch ein rhrender Brief, den dieser wackere +Geistliche an den Sekretr der Admiralitt schrieb. Ich kann wohl nicht +erwarten, schrieb er darin, da Euer Ehren sich fr mich verwenden. +Der Wille Gottes geschehe. Ich will lieber leiden, als sndigen[99]. + + [Anmerkung 98: Barillon, 24. Mai (3. Juni), 31. Mai (10. Juni) + 1688; Citters, 1.(11.) Juli; Adda 25. Mai (4. Juni), 30. Mai (9. + Juni), 1.(11.) Juni; +Clarke's Life of James the Second, II. + 158+.] + + [Anmerkung 99: +Burnet, I. 740+; +Life of Prideaux+; Citters, + 12.(22.), 15.(25.) Juni 1688; +Tanner MS.+; +Life and + Correspondence of Pepys+.] + + +[_Sie werden im Geheimen Rathe verhrt._] Am Abend des 8. Juni begaben +sich die sieben Prlaten, von den ausgezeichnetsten Rechtsgelehrten +Englands gehrig instruirt, in den Palast, wo sie alsbald in das +Geheimrathszimmer gerufen wurden. Ihre Petition lag auf dem Tische. Der +Kanzler nahm das Papier, zeigte es dem Erzbischofe und sagte: Ist dies +die Schrift, die Euer Gnaden aufgesetzt und welche die hier anwesenden +Bischfe Seiner Majestt berreicht haben? Sancroft warf einen Blick +auf das Papier und sagte dann zum Knige: Sire, ich stehe hier als +Angeklagter. Ich war dies noch nie und htte frher nicht geglaubt, da +ich es je einmal werden knnte. Am allerwenigsten aber habe ich daran +gedacht, da mir ein Vergehen gegen meinen Knig zur Last gelegt werden +knnte. Da ich aber das Unglck habe, in diese Lage gekommen zu sein, so +wird Eure Majestt es mir nicht bel nehmen, wenn ich von dem mir +gesetzlich zustehenden Rechte Gebrauch mache, nichts zu sagen, was mich +als schuldig erscheinen lassen knnte. -- Dies ist bloe Chikane, +erwiederte der Knig. Euer Gnaden werden hoffentlich nicht so +gewissenlos sein, da Sie Ihre eigne Hand verleugnen? -- Sire, sagte +Lloyd, der die Casuistik grndlich studirt hatte, alle Theologen +stimmen darin berein, da Jemand, der sich in unsrer Lage befindet, die +Antwort auf eine solche Frage verweigern darf. Der Knig, der eben so +beschrnkten Verstandes, als heftigen Temperamentes war, wute nicht +sogleich was der Prlat meinte. Er beharrte jedoch auf seinem Verlangen +und gerieth in sichtbaren Zorn. Sire, hob der Erzbischof wieder an, +ich bin nicht verpflichtet, mich selbst anzuklagen. Dessenungeachtet +will ich, wenn Eure Majestt es durchaus befiehlt, eine Antwort geben, +in dem Vertrauen, da ein gerechter und edelsinniger Frst das was ich +lediglich aus Gehorsam gegen Hchstdessen Befehl thue, nicht als +Rechtsbeweis gegen mich anwenden lassen wird. -- Sie drfen mit Ihrem +Souverain nicht kapituliren, sagte der Kanzler. Nein, setzte der +Knig hinzu, ich werde einen solchen Befehl nicht geben. Wenn Sie es +vorziehen, Ihre eigenen Handschriften abzuleugnen, so habe ich Ihnen +nichts mehr zu sagen. + +Die Bischfe wurden zu wiederholten Malen ins Vorzimmer hinausgeschickt +und eben so oft wieder hereingerufen. Endlich gab ihnen Jakob den +bestimmten Befehl, auf die Frage zu antworten. Er verpflichtete sich +allerdings nicht ausdrcklich dazu, da ihr Gestndni nicht gegen sie +angewendet werden sollte; aber nach dem was vorausgegangen war, muten +sie natrlich annehmen, da diese Zusage selbstverstndlich mit in dem +Befehle enthalten sei. Sancroft erkannte seine Handschrift an, und seine +Collegen folgten seinem Beispiele. Hierauf wurden sie ber den Sinn +einiger in der Petition vorkommenden Worte und ber den Brief befragt, +der im ganzen Lande verbreitet worden war und so groes Aufsehen gemacht +hatte; aber ihre Antworten waren so vorsichtig, da durch das Verhr +nichts gewonnen wurde. Der Kanzler sagte ihnen nun, da eine +Criminaluntersuchung bei der Kings Bench gegen sie eingeleitet werden +wrde und forderte sie auf, sich wegen ihres Erscheinens jeder fr seine +eigne Person zu verpflichten. Dies lehnten sie aber ab. Sie seien Peers +des Reiches, sagten sie, die besten Rechtsgelehrten von Westminster Hall +htten ihnen gesagt, da keinem Peer in einer Untersuchung wegen Libells +persnliche Brgschaft angesonnen werden knne, und sie hielten sich +nicht fr berechtigt, auf eines ihrer Standesvorrechte zu verzichten. +Der Knig war einfltig genug, es als eine persnliche Beleidigung gegen +sich zu betrachten, da die Bischfe in einer Rechtsfrage sich durch +juristischen Rath leiten lieen. Sie glauben ja auch jedem Andren eher +als mir, sagte er. Er fhlte sich ernstlich gedemthigt und beunruhigt, +denn er war so weit gegangen, da ihm, wenn sie auf ihrem Vorsatze +beharrten, nichts Andres brig blieb, als sie in's Gefngni zu +schicken, und wenn er auch keineswegs _alle_ Folgen eines solchen +Schrittes voraussah, so sah er doch so viel davon voraus, da ihm bange +wurde. Sie blieben fest. Es wurde daher wirklich ein Befehl +ausgefertigt, welcher den Gouverneur des Tower anwies, sie in sicherem +Gewahrsam zu halten und eine Barke brachte sie den Flu hinunter nach +dem Staatsgefngnisse.[100] + +Ganz London wute, da die Bischfe vor dem Geheimen Rathe standen. Das +Publikum war in gespannter Erwartung. Eine groe Menschenmenge fllte +die Hfe von Whitehall und alle umliegenden Straen. Viele Leute +pflegten sich damals an Sommerabenden an der khlen Themseluft zu +erlaben; an diesem Abend aber war der ganze Flu mit Bten bedeckt. Als +die sieben Bischfe in Begleitung einer Wache erschienen, konnte das +Volk seine Gefhle nicht mehr beherrschen. Tausende fielen auf die Knie +und beteten laut fr die Mnner, welche mit dem christlichen Muthe eines +Ridley und Latimer einem von der ganzen Bigotterie der Maria erfllten +Tyrannen Trotz geboten hatten. Viele sprangen in den Flu und riefen, +bis ber den Hften in Schlamm und Wasser stehend, die heiligen Vter um +ihren Segen an. Auf der ganzen Strecke von Whitehall bis zur +London-Brcke fuhr die knigliche Barke zwischen Reihen von Bten, aus +denen bestndig der Ruf: Gott segne Eure Lordschaften! ertnte. Der +Knig gab in seiner Angst Befehl, da die Besatzung des Tower verstrkt, +die Garden zum Feuern bereit gehalten und zwei Compagnien von jedem +Regiment im ganzen Reiche unverzglich nach London berufen werden +sollten. Die Militairmacht aber, die er als das zuverlssigste Werkzeug +zur Bndigung des Volkes ansah, theilte alle Gefhle desselben. Selbst +die Schildwachen, welche am Verrtherthore unter Waffen standen, baten +die Mrtyrer, die sie bewachen sollten, um ihren Segen. Der Gouverneur +des Tower war Sir Eduard Hales. Er war nicht eben geneigt, seine +Gefangenen freundlich zu behandeln, denn er war von der Kirche, fr die +sie litten, abgefallen und bekleidete kraft der Dispensationsgewalt, +gegen die sie protestirt hatten, mehrere eintrgliche Stellen. Mit +Entrstung vernahm er, da seine Soldaten auf das Wohl der Bischfe +tranken, und er befahl seinen Offizieren, dies ein fr allemal zu +verbieten; aber diese brachten ihm die Meldung, da es sich nicht mehr +verhindern lasse und da in der ganzen Besatzung keine andre Gesundheit +mehr ausgebracht werde. brigens bewiesen die Truppen ihre Verehrung fr +die Vter der Kirche nicht allein durch Toaste. Im ganzen Tower +herrschte eine so andchtige Stimmung, da fromme Geistliche dem Himmel +dankten, da er aus Bsem Gutes hervorgehen liee und die Verfolgung +seiner treuen Diener zum Rettungsmittel fr viele Seelen machte. Tag fr +Tag sah man die Equipagen und Livreen der vornehmsten Kavaliere Englands +vor den Eingngen des Gefngnisses, und Tausende von Zuschauern aus den +brgerlichen Klassen bedeckten fortwhrend Towerhill.[101] Von den +verschiedenen Zeichen der ffentlichen Verehrung und Theilnahme fr die +Prlaten erfllte aber namentlich eines mehr als alle anderen den Knig +mit Zorn und Besorgni. Er erfuhr, da eine Deputation von zehn +nonconformistischen Geistlichen die Bischfe im Tower besucht hatte. Er +lie vier von ihnen zu sich entbieten und machte ihnen persnlich +heftige Vorwrfe; sie aber antworteten ihm muthig, da sie es fr ihre +Pflicht hielten, vergangene Streitigkeiten zu vergessen und zu den +Mnnern zu stehen, welche die Trger des protestantischen Glaubens +seien.[102] + + [Anmerkung 100: Sancroft's Bericht, abgedruckt aus Tanner's + Handschriften.] + + [Anmerkung 101: +Burnet, I. 741+; Citters, 8.(18.), 12.(22.) Juni + 1688; +Luttrell's Diary, June 8+; +Evelyn's Diary+, Brief von + +Dr.+ Ralson an seine Gattin vom 14. Juni abgedruckt aus Tanner's + Handschriften; +Reresby's Memoirs+.] + + [Anmerkung 102: +Reresby's Memoirs+.] + + +[_Geburt des Prtendenten._] Kaum hatten sich die Thore des Tower hinter +den Gefangenen geschlossen, so trat ein Ereigni ein, welches die +allgemeine Aufregung noch vermehrte. Es war angekndigt worden, da die +Knigin erst im Juli ihre Entbindung erwarte. Den Tag nach dem Verhre +der Bischfe aber bemerkte man, da der Knig sich angelegentlich nach +ihrem Befinden erkundigte. Sie sa jedoch diesen Abend noch bis gegen +Mitternacht in Whitehall am Spieltisch. Dann aber wurde sie in einer +Snfte in den St. Jamespalast gebracht, wo in aller Eil Zimmer fr sie +eingerichtet worden waren. Bald darauf eilten Boten nach allen +Richtungen hin, um rzte und Priester, Staatsrthe und Kammerdamen +herbeizuholen. Binnen wenigen Stunden waren eine Menge Staatsbeamte und +vornehme Damen im Zimmer der Knigin versammelt, und hier wurde am +Morgen des 10. Juni, einem Sonntage, der von den allzutreuen Freunden +einer schlechten Sache lange in Ehren gehalten wurde, der unglcklichste +aller Frsten geboren, bestimmt zu siebenundsiebzig Jahren der +Verbannung und des Umherirrens, zu einem Leben voll eitler Plne, voll +Ehrenbezeigungen, welche krnkender sind als offene Beleidigungen, und +voll Hoffnungen, die das Herz vor Gram vergehen lassen. + + +[_Man hlt ihn allgemein fr untergeschoben._] Die traurigen Schicksale +des armen Kindes begannen schon vor seiner Geburt. Die Nation ber +welche er nach der gewhnlichen Erbfolgeordnung einst regiert haben +wrde, war fest berzeugt, da seine Mutter gar nicht schwanger sei. +Wre seine Geburt auch durch noch so viele Zeugen bewiesen worden, +ein groer Theil des Volks wrde trotzdem wahrscheinlich bei der +Behauptung geblieben sein, da die Jesuiten ein geschicktes +Taschenspielerkunststck ausgefhrt htten; der Beweis fr die Thatsache +lie aber, theils durch Zufall, theils durch grobe Versehen manchen +Einwrfen und Zweifeln Raum. Es waren zwar viele Personen beiderlei +Geschlechts im kniglichen Schlafgemache anwesend, als das Kind das +Licht der Welt erblickte, aber keine von ihnen erfreute sich des +ffentlichen Vertrauens im besonderen Grade. Von den anwesenden +Geheimrthen waren die Hlfte Katholiken und die, welche sich +Protestanten nannten, galten allgemein fr Verrther an Gott und +Vaterland. Unter den Kammerdamen befanden sich viele Franzsinnen, +Italienerinnen und Portugiesinnen, und von den englischen Damen waren +einige selbst Papistinnen, andere die Gattinnen von Papisten. Mehrere +Personen, welche vorzugsweise htten anwesend sein sollen, und deren +Zeugni allen Verstndigen gengt haben wrde, fehlten und man legte die +Schuld an ihrer Abwesenheit dem Knige zur Last. Die Prinzessin Anna war +von allen Bewohnern der ganzen Insel am meisten bei der Sache +interessirt. Ihr Geschlecht und ihre Erfahrung berechtigte sie, als +Wchterin des Geburtsrechts ihrer Schwester und ihres eigenen +aufzutreten. Sie hatte starken Verdacht geschpft, in welchem sie +tglich durch geringfgige oder imaginre Umstnde bestrkt wurde. Es +schien ihr, als ob die Knigin geflissentlich ihren Fragen auswiche und +sie schrieb diese Zurckhaltung, welche vielleicht im Zartgefhl ihren +Grund hatte, dem Schuldbewutsein zu.[103] In Folge dessen hatte Anna +sich vorgenommen, an dem entscheidenden Tage anwesend zu sein und ein +scharfes Auge zu haben. Sie hatte es aber nicht fr nthig gehalten, +schon einen Monat vor diesem Tage auf ihrem Posten zu sein, sondern war +mit Bewilligung und angeblich auf Anrathen ihres Vaters nach Bath +gereist, um dort eine Brunnenkur zu gebrauchen. Sancroft, dessen hohe +Stellung ihm die Pflicht auferlegte, anwesend zu sein, und in dessen +Rechtschaffenheit die Nation volles Vertrauen setzte, war einige Stunden +vorher von Jakob in den Tower geschickt worden. Die Hyde waren die +geeigneten Beschtzer der Rechte beider Prinzessinnen. Der hollndische +Gesandte konnte als der Vertreter Wilhelm's betrachtet werden, der als +der erste Prinz von Geblt und als Gemahl der ltesten Tochter des +Knigs das grte Interesse an dem Ereignisse hatte. Jakob aber dachte +nicht daran, ein mnnliches oder weibliches Mitglied der Familie Hyde +herbeizurufen und eben so wenig wurde der hollndische Gesandte +zugezogen. + +Die Nachwelt hat den Knig von dem Betrug, dessen sein Volk ihn +beschuldigte, vollkommen freigesprochen. Unmglich aber kann man ihn von +der Thorheit und Verkehrtheit freisprechen, welche den Irrthum seiner +Zeitgenossen erklren und entschuldigen. Er wute recht gut, welche +argwhnischen Vermuthungen man im Publikum hegte,[104] und er htte eben +so gut wissen knnen, da dieser Argwohn nicht durch das Zeugni von +Mitgliedern der rmischen Kirche oder solchen Personen zerstreut werden +konnte, die sich zwar Mitglieder der anglikanischen Kirche nannten, aber +sich ganz bereit gezeigt hatten, die Interessen dieser Kirche zu opfern, +um seine Gunst zu gewinnen. Da der Eintritt des Ereignisses ihn vor der +erwarteten Zeit berraschte, ist wahr, aber er hatte immerhin zwlf +Stunden vor sich, um seine Anordnungen zu treffen. So gut als er den St. +Jamespalast mit Bigotten und Schmarotzern fllen konnte, deren Wort die +Nation nicht traute, eben so gut htte er auch fr die Anwesenheit +einiger angesehenen Personen sorgen knnen, deren treue Anhnglichkeit +an die Prinzessinnen und an die Landeskirche auer Zweifel stand. + +Zu einer spteren Zeit, als er fr seine tollkhne Verachtung der +ffentlichen Meinung schwer gebt hatte, pflegte man in Saint-Germain +ihn dadurch zu entschuldigen, da man die Schuld auf Andere wlzte. +Einige Jakobiten behaupteten, Anna habe sich absichtlich fern gehalten, +ja sie scheuten sich nicht zu sagen, Sancroft habe den Knig +herausgefordert, ihn in den Tower zu schicken, damit das Zeugni, +welches die Verleumdungen der Unzufriedenen widerlegen konnte, +mangelhaft wre.[105] Die Abgeschmacktheit dieser Beschuldigung ist +handgreiflich. Konnte Anna oder Sancroft vermuthen, da die Knigin sich +in ihrer Berechnung um einen ganzen Monat geirrt hatte? Wre ihre +Berechnung richtig gewesen, so wrde Anna gewi, um der Entbindung +beiwohnen zu knnen, zur rechten Zeit von Bath zurckgekehrt und +Sancroft nicht im Tower gewesen sein. Jedenfalls aber waren die +mtterlichen Oheime der Tochter des Knigs weder von London entfernt +noch im Gefngni. Die nmlichen Boten, welche die ganze Schaar der +Renegaten, Dover, Peterborough, Murray, Sunderland und Mulgrave, +herbeiholten, htten ganz eben so leicht auch Clarendon herbeirufen +knnen. Er war so gut Geheimer Rath als sie, und seine Wohnung befand +sich in Jermyn Street, keine zweihundert Schritt von den Gemchern der +Knigin. Dennoch lie man es ihn erst in der St. Jameskirche durch die +Bewegung und das Geflster der Gemeinde erfahren, da seine Nichte +aufgehrt hatte, die prsumtive Thronerbin zu sein.[106] Gehrte er etwa +deshalb nicht in das Entbindungszimmer, weil er ein naher Verwandter der +Prinzessinnen von Oranien und von Dnemark war, oder weil er +unerschtterlich treu an der anglikanischen Kirche hing? + +Die ganze Nation sprach es laut und offen aus, da ein Betrug gespielt +worden sei. Mehre Monate lang htten die Papisten auf der Kanzel und +durch die Presse, in Prosa und in Versen, in englischer und in +lateinischer Sprache prophezeit, da die Bitten der Kirche erhrt und +ein Prinz von Wales geboren werden wrde, und sie htten jetzt selbst +ihre Prophezeiung erfllt. Jeder nicht zu bestechende oder zu +hintergehende Zeuge sei sorgfltig ausgeschlossen worden. Anna habe man +arglistigerweise zu einer Reise nach Bath berredet. Der Primas sei +gerade am Tage vor dem zur Ausfhrung des Betrugs bestimmten den +Vorschriften des Gesetzes und der Privilegien der Peers zum Trotz ins +Gefngni geworfen worden. Nicht eine einzige mnnliche oder weibliche +Person, die das geringste Interesse an der Enthllung des Betrugs haben +konnte, sei zugezogen worden. Man habe die Knigin pltzlich mitten in +der Nacht in den St. Jamespalast gebracht, weil dieses Gebude, fr +unehrliche Zwecke passender eingerichtet als Whitehall, einige fr die +Absichten der Jesuiten vortrefflich geeignete Zimmer und Gnge enthalte. +Hier sei inmitten eines Kreises von Zeloten, denen nichts, was die +Interessen ihrer Kirche frdern konnte, ein Verbrechen dnkte, und von +Hflingen, welche nichts, was zu ihrer Bereicherung und Erhebung +beitragen konnte, fr Snde hielten, ein neugeborenes Kind ins Bett der +Knigin practicirt und dann triumphirend als Erbe dreier Knigreiche +herumgegeben worden. Durch diesen zwar unbegrndeten, aber nicht ganz +unnatrlichen Verdacht aufgeregt, drngten sich die Leute nur um so +eifriger danach, den frommen Opfern des Tyrannen zu huldigen, der, +nachdem er lange seinem Volke das emprendste Unrecht zugefgt, das Ma +seiner Schndlichkeit voll machte, indem er sich noch emprender an +seinen eigenen Kindern verging[107]. + +Der Prinz von Oranien, der selbst keinen Betrug argwhnte und den +Zustand der Volksstimmung in England nicht kannte, ordnete Dankgebete +fr seinen kleinen Schwager unter seinem eigenen Dache an und schickte +Zulestein mit einem frmlichen Beglckwnschungsschreiben nach London. +Zulestein hrte zu seinem groen Erstaunen Jedermann ganz offen von dem +schndlichen Betruge sprechen, den die Jesuiten eben begangen haben +sollten, und erblickte jede Stunde ein neues Pasquill auf die +Schwangerschaft und die Entbindung der Knigin. Er schrieb sehr bald +nach dem Haag, von zehn Personen glaube nicht eine, da die Knigin +dieses Kind geboren habe[108]. + +Das Benehmen der gefangenen Prlaten erhhte inzwischen die allgemeine +Theilnahme, die ihre Lage erweckte. Am Abend des schwarzen Freitags, +wie man den Tag ihrer Einkerkerung nannte, kamen sie gerade zur Stunde +des Gottesdienstes in ihrem Gefngnisse an. Sie begaben sich sogleich in +die Kapelle. Der Zufall wollte, da im zweiten Vorlesestck die Worte +vorkamen: In allen Dingen lasset uns beweisen als die Diener Gottes in +groer Geduld und Trbsalen, in Nthen und ngsten, in Schlgen, in +Gefngnissen. Alle eifrigen Anhnger der Staatskirche freuten sich +dieses Zusammentreffens und erinnerten sich, wie ein ganz hnliches vor +fast vierzig Jahren KarlI. in seiner Todesstunde getrstet und erhoben +hatte. + +Am Abend des folgenden Tages, Samstag den 9. Juni, kam ein Schreiben von +Sunderland, welcher dem Kaplan des Tower befahl, am nchsten Morgen beim +Gottesdienste die Erklrung zu verlesen. Da die in dem Geheimrathsbefehl +zur Verlesung in London bestimmte Zeit lngst verstrichen war, so konnte +dieses Verfahren der Regierung nur als eine ganz gemeine und kindische +persnliche Insulte gegen die ehrwrdigen Gefangenen betrachtet werden. +Der Kaplan weigerte sich zu gehorchen; er wurde sofort entlassen und die +Kapelle geschlossen[109]. + + [Anmerkung 103: Correspondenz zwischen Anna und Marie in + Dalrymple; +Clarendon's Diary Oct. 31. 1688+.] + + [Anmerkung 104: Dies geht aus Clarendon's Tagebuche vom 31. Oct. + 1688 klar hervor.] + + [Anmerkung 105: +Clarke's Life of James the Second, II. 159. + 160.+] + + [Anmerkung 106: +Clarendon's Diary, June 10. 1688.+] + + [Anmerkung 107: Johnstone giebt in kurzen Worten eine treffliche + bersicht der gegen den Knig erhobenen Beschuldigungen. Die + groe Masse des Volks ist der Meinung, da Alles ein Betrug sei, + denn, sagen sie, die Berechnung treffe nicht zu, die Prinzessin + sei entfernt und weder Jemand von der Familie Clarendon noch der + hollndische Gesandte herbeigerufen worden; dazu komme noch der + pltzliche Eintritt des Ereignisses, die Predigten, die Zuversicht + der Priester und die Eil. -- 13. Juni 1688.] + + [Anmerkung 108: Ronquillo, 26. Juli (5. Aug.). Ronquillo setzt + hinzu, da Zulestein's Bericht ber den Zustand der ffentlichen + Meinung vollkommen wahr sei.] + + [Anmerkung 109: Citters, 12.(22.) Juni 1688; +Luttrell's Diary, + June 18.+] + + +[_Die Bischfe werden vor die Kings Bench gestellt und mssen Brgschaft +leisten._] Die Bischfe erbauten Alle, die sich ihnen nherten, durch +die Standhaftigkeit und Freudigkeit, mit der sie ihre Haft ertrugen, +durch die Bescheidenheit und Demuth, mit der sie die Beifallsbezeigungen +und Segenswnsche der ganzen Nation aufnahmen, und durch die loyale +Anhnglichkeit, die sie fr den Tyrannen, der sie in's Verderben strzen +wollte, an den Tag legten. Am Freitag den 15. Juni, dem ersten +Sitzungstage der Kings Bench, wurden sie vor diesen Gerichtshof +gestellt. Eine ungeheure Menschenmenge erwartete ihre Ankunft. Vom +Landungsplatze bis zur Court of Requests gingen sie durch eine +Doppelreihe von Zuschauern, welche ihnen Segenswnsche und Beifall +zuriefen. Lieben Freunde, sagten die Gefangenen im Vorbergehen, +ehret den Knig und gedenket unserer in Euren Gebeten. Diese +demthigen und frommen Worte rhrten Viele bis zu Thrnen. Als sich der +Zug endlich durch das Gedrnge einen Weg gebahnt hatte und vor den +Richtern angekommen war, verlas der Generalfiskal die Anklage, welche er +auf hohen Befehl ausgearbeitet hatte und stellte den Antrag, da die +Beklagten aufgefordert werden sollten, auf die Klage einzugehen. Der +Vertheidiger wendete dagegen ein, die Bischfe seien gesetzwidrig +verhaftet worden, und ihr Erscheinen vor dem Gerichtshofe sei daher +nicht ordnungsgem. Die Frage, ob ein Peer unter einer Anklage wegen +Libells sein Erscheinen vor Gericht gehrig zu verbrgen habe, wurde +ausfhrlich errtert und endlich von der Mehrheit der Richter zu Gunsten +der Krone entschieden. Die Gefangenen erklrten sich nun fr +nichtschuldig. Der vierzehnte Tag darauf, der 29. Juni, wurde zur +Verhandlung ihres Prozesses anberaumt. Bis dahin wurden sie gegen das +persnliche Versprechen, sich zu stellen, in Freiheit gesetzt. Die +Kronanwlte thaten sehr weise daran, a sie keine fremde Brgschaft +verlangten, denn Halifax hatte dafr gesorgt, da einundzwanzig +weltliche Peers vom hchsten Ansehen, je drei fr einen Angeklagten, zur +Brgschaftleistung bereit waren, und eine solche Gesinnungsuerung des +hohen Adels wrde fr die Regierung ein harter Schlag gewesen sein. Eben +so wute man, da einer der reichsten, Dissenters der Hauptstadt um die +Ehre nachgesucht hatte, fr Ken Brgschaft leisten zu drfen. + +Die Bischfe durften nun in ihre Heimath zurckkehren. Das niedere Volk, +welches von dem bei der Kings Bench beobachteten Gerichtsverfahren +nichts wute und nur sah, da ihre Lieblinge, nachdem sie unter +Bedeckung nach Westminster Hall gebracht worden waren, jetzt sich in +voller Freiheit wieder entfernen durften, glaubte, die gute Sache habe +gesiegt, und brach in lauten Beifallsjubel aus, whrend zugleich +frhliches Glockengelute von allen Thrmen ertnte. Sprat erstaunte +nicht wenig, als er die Glocken seiner eigenen Abtei lustig erklingen +hrte. Er brachte sie sofort zum Schweigen, aber seine Einmischung +erregte viel unwilliges Murren. Die Bischfe wuten gar nicht, wie sie +sich vor der zudringlichen Masse ihrer Freunde retten sollten. Lloyd +wurde im Palasthofe von Verehrern zurckgehalten, die sich um die Gunst +stritten, seine Hnde zu berhren und den Saum seines Rockes zu kssen, +bis endlich Clarendon ihn nicht ohne Anstrengung befreite und ihn durch +eine Seitengasse nach Hause fhrte. Man sagte, Cartwright sei so +unvorsichtig gewesen, sich unter das Volk zu mischen. Jemand, der ihn an +seinem Bischofsgewand erkannte, erbat sich und erhielt seinen Segen. +Wit Ihr, von wem Ihr Euch eben habt segnen lassen? rief einer der +Umstehenden. Nun, es war doch gewi einer von den Sieben? versetzte +Der, welcher eben mit dem Segen beehrt worden war. Nein, entgegnete +der Andere, es war der papistische Bischof von Chester. -- +Papistischer Hund! rief der Protestant wthend, nimm Deinen Segen +zurck! + +Der Zusammenlauf und die Aufregung waren so gro, da der hollndische +Gesandte sich wunderte, den Tag ohne einen Aufstand enden zu sehen. Dem +Knige war durchaus nicht wohl zu Muthe gewesen. Um jede Ruhestrung +sogleich unterdrcken zu knnen, hatte er am Morgen in Hydepark mehrere +Bataillone Infanterie gemustert. Es ist jedoch keineswegs ausgemacht, +da diese Truppen zu ihm gehalten haben wrden, wenn er ihrer Dienste +bedurft htte. Als Sancroft am Nachmittag in Lambeth ankam, fand er die +in dieser Vorstadt liegenden Grenadiergarden vor dem Eingange seines +Palastes versammelt. Sie stellten sich in einer Doppelreihe auf und +whrend er zwischen ihnen hinschritt, baten sie ihn um seinen Segen. Nur +mit Mhe hielt er sie davon ab, da sie zur Feier seiner Rckkehr in +seine Wohnung ein Freudenfeuer anzndeten. Es brannten brigens an jenem +Abend mehrere Freudenfeuer in der Hauptstadt. Zwei Katholiken, welche so +unbesonnen waren, einige Knaben zu schlagen, weil sie an diesen +ffentlichen Freudenbezeigungen Theil nahmen, wurden vom Pbel +ergriffen, nackt ausgezogen und schimpflich gebrandmarkt[110]. + +Jetzt forderte Sir Eduard Hales seine Gebhren von den Bischfen, die +seine Gefangenen gewesen waren. Sie weigerten sich, einem Beamten, +dessen Bestallung sie nach ihren Grundstzen fr null und nichtig +ansahen, etwas fr eine in ihren Augen gesetzwidrige Haft zu bezahlen. +Hierauf gab ihnen der Gouverneur sehr deutlich zu verstehen, da, wenn +sie noch einmal in seine Hnde kmen, er sie in schwere Eisen legen und +auf die nackten Steine betten werde. Wir haben uns die Ungnade unsres +Knigs zugezogen, war ihre Antwort, und wir empfinden dies sehr +schmerzlich; ein Mitunterthan aber, der uns droht, strengt nutzlos seine +Lunge an. Man kann leicht denken, mit welchem Unwillen das ohnehin +schon gereizte Volk erfuhr, da ein vom protestantischen Glauben +Abgefallener, der den Grundgesetzen Englands zum Hohn einen +Commandoposten bekleidete, es gewagt hatte, ehrwrdigen Geistlichen mit +allen Barbareien von Lollard's Tower zu drohen[111]. + + [Anmerkung 110: ber die Ereignisse dieses Tages sehe man die + +Collection of State Trials+; +Clarendon's Diary+; +Luttrell's + Diary+; Citters, 15.(25.) Juni; Johnstone, 18. Juni und + +Revolution Politics.+] + + [Anmerkung 111: Johnstone, 18. Juni 1688; +Evelyn's Diary, June + 29.+] + + +[_Aufregung der Gemther._] Bis zu dem Tage des Prozesses hatte sich die +Aufregung nach den entferntesten Winkeln der Insel verbreitet. Aus +Schottland erhielten die Bischfe Zuschriften, in denen sie der +Sympathie aller Presbyterianer dieses dem Prlatenthum so lange und so +bitter Feind gewesenen Landes versichert wurden[112]. Die Bevlkerung +von Cornwall, ein trotziges, khnes und herkulisches Geschlecht, das ein +strkeres Provinzialgefhl hatte, als man es in irgend einem andren +Theile des Landes fand, nahm groen Antheil an der Gefahr, in welcher +Trelawney schwebte, den sie weniger als einen Leiter der Kirche, denn +als das Oberhaupt eines angesehenen Hauses und als den Erben von zwanzig +Ahnen verehrten, welche schon in hohem Ansehen standen, ehe die +Normannen den Fu auf englischen Boden gesetzt hatten. In der ganzen +Grafschaft sang das Landvolk eine Ballade, deren Refrain noch nicht +vergessen ist: + + Und bringt man Trelawney um, bringt man Trelawney um, + Wollen dreiigtausend cornische Burschen wissen warum? + +Die Bergleute sangen das Lied mit einer kleinen Variation: + + Wollen Zwanzigtausend unter der Erde wissen warum.[113] + +In manchen Theilen des Landes sprachen die Bauern laut eine sonderbare +Hoffnung aus, welche nie aufgehrt hat, in ihren Herzen fortzuleben. Sie +meinten, ihr protestantischer Herzog, ihr geliebter Monmouth, werde +pltzlich wieder erscheinen, sie zum Siege fhren und den Knig wie die +Jesuiten unter seinen Fen zertreten[114]. + +Die Minister waren in der grten Angst; selbst Jeffreys wrde gern +seine Maregeln zurckgenommen haben. Er beauftragte Clarendon mit +freundlichen Botschaften an die Bischfe und wlzte die Schuld an der +Verfolgung, zu der er selbst gerathen hatte, auf Andere. Sunderland +wagte es noch einmal, Zugestndnisse anzuempfehlen. Die glckliche +Geburt eines Prinzen, sagte er, biete dem Knige eine vortreffliche +Gelegenheit, eine gefhrliche und nachtheilige Stellung aufzugeben, ohne +sich den Vorwurf der Zaghaftigkeit oder der Launenhaftigkeit zuzuziehen. +Bei so erfreulichen Anlssen sei es stets Sitte gewesen, da der Frst +die Herzen seiner Unterthanen durch Gnadenacte erfreue, und nichts knne +dem Prinzen von Wales mehr zum Vortheile gereichen, als wenn er schon in +der Wiege der Friedensstifter zwischen seinem Vater und der +aufgebrachten Nation wrde. Aber des Knigs Entschlu stand fest. Ich +werde fortfahren, sagte er, ich bin nur zu nachsichtig gewesen. Die +Nachsicht war meines Vaters Verderben[115]. + + [Anmerkung 112: +Tanner MS.+] + + [Anmerkung 113: Diese Thatsache wurde mir freundlichst von dem + Rev. R.S. Hawker von Morwenstow in Cornwall mitgetheilt.] + + [Anmerkung 114: Johnstone, 18. Juni 1688.] + + [Anmerkung 115: Adda, 29. Juni (9. Juli) 1688.] + + +[_Sunderland's Angst._] Der schlaue Minister kam dahinter, da sein Rath +frher nur deshalb angenommen worden war, weil er denselben jederzeit +nach dem Willen des Knigs eingerichtet hatte, da er aber von dem +Augenblicke an, wo er wirklich guten ertheilte, kein Gehr mehr finden +wrde. Bei dem Verfahren gegen das Magdalenen-Collegium hatte er einige +Lauheit gezeigt. Er hatte ferner ganz neuerdings den Knig zu berzeugen +gesucht, da Tyrconnel's Plan zur Confiscirung des Eigenthums der +englischen Colonisten in Irland hchst gefhrlich sei, und er hatte es +mit Hlfe Powis' und Bellasyse's wenigstens dahingebracht, da die +Ausfhrung des Planes noch um ein Jahr aufgeschoben wurde. Aber diese +zaghafte Bedenklichkeit hatte den Keim des Widerwillens und Mitrauens +ins Herz des Knigs gelegt[116]. Der Tag der Vergeltung war jetzt +gekommen. Sunderland war in der nmlichen Lage, in der sich einige +Monate frher sein Nebenbuhler Rochester befunden hatte. Beide +Staatsmnner lernten die Angst eines Menschen kennen, der sich +krampfhaft an eine Sttze anklammert, die seinen Hnden mehr und mehr +entschlpft. Beide sahen ihre Rathschlge verchtlich zurckgewiesen. +Beide erlitten die Qual, in den Mienen und dem Benehmen ihres Gebieters +Unzufriedenheit und Mitrauen zu lesen, und doch wurden Beide von ihrem +Vaterlande fr die Verbrechen und Irrthmer, von denen sie ihn vergebens +zurckzubringen versucht hatten, verantwortlich gemacht. Whrend er sie +in dem Verdacht hatte, da sie auf Kosten seiner Autoritt und seiner +Wrde sich populr machen wollten, beschuldigte die ffentliche Stimme +sie laut des Versuchs, auf Kosten ihrer eigenen Ehre und des Gemeinwohls +die knigliche Gunst zu gewinnen. Doch trotz aller Krnkungen und +Demthigungen hielten Beide ihren Ministerposten mit der verzweifelten +Kraft Ertrinkender umklammert. Beide versuchten es, den Knig wieder +gnstig zu stimmen, indem sie sich stellten, als ob sie zum Anschlu an +seine Kirche geneigt wren. Es gab aber eine Grenze, welche Rochester +entschlossen war nicht zu berschreiten. Er ging bis an den Rand des +Glaubensabfalls; hier aber blieb er stehen und in Bercksichtigung der +Standhaftigkeit, mit der er sich weigerte, den letzten Schritt zu thun, +verzieh ihm die Welt gromthig seine frhere Willfhrigkeit. + + [Anmerkung 116: Sunderland's eigner Erzhlung darf man natrlich + nicht unbedingten Glauben beimessen. Aber er fhrte Godolphin zum + Zeugen fr das an, was in Betreff der irischen Ansiedlungsacte + vorgegangen war.] + + +[_Er erklrt sich fr einen Katholiken._] Der weniger gewissenhafte und +fr das Schamgefhl weniger empfngliche Sunderland beschlo durch einen +Schritt, der jedem von der Wichtigkeit der religisen berzeugung +durchdrungenen Gemth als eines der schndlichsten Verbrechen erscheinen +mute und den selbst weltlich gesinnte Menschen als das berma von +Verworfenheit betrachten, seine bisherige Migung wieder gut zu machen +und das Vertrauen des Knigs wieder zu gewinnen. Ungefhr eine Woche vor +dem zur Verhandlung des Prozesses anberaumten Tage erschien die +ffentliche Ankndigung, da er Papist geworden sei. Der Knig sprach +mit Entzcken von diesem Siege der gttlichen Gnade. Die Hflinge und +auswrtigen Gesandten bemhten sich nach Krften ernsthaft zu bleiben, +als der Renegat versicherte, da er schon lange von der Unmglichkeit +berzeugt sei, auerhalb des Schooes der rmischen Kirche selig werden +zu knnen, und da sein Gewissen ihm keine Ruhe gelassen, bis er sich +von dem Ketzerglauben losgesagt habe, in dem er erzogen worden. Die +Neuigkeit verbreitete sich schnell. In allen Kaffeehusern erzhlte man +sich, wie der Premierminister von England barfu und mit einer Kerze in +der Hand sich nach der kniglichen Kapelle begeben und demthig um +Einla gebeten, wie die Stimme eines Priesters drinnen gefragt habe, wer +da sei, wie Sunderland zur Antwort gegeben, ein armer Snder, der lange +fern von der wahren Kirche umherirre, flehe um Aufnahme und Absolution, +wie hierauf die Thren geffnet worden seien und der Neubekehrte an den +heiligen Mysterien habe Theil nehmen drfen[117]. + + [Anmerkung 117: Barillon, 21. Juni (1. Juli) 1688; Adda, 29. Juni + (9. Juli); Citters, 26. Juni (6. Juli); Johnstone, 2. Juli 1688; + +The Converts, a poem+.] + + +[_Proze der Bischfe._] Dieser schmachvolle Abfall konnte das Interesse +nur erhhen, mit dem die Nation dem Tage entgegensah, an welchem das +Schicksal der sieben muthigen Bekenner der anglikanischen Kirche +entschieden werden sollte. Eine willfhrige Jury zusammenzubringen war +jetzt das Hauptziel des Knigs. Die Kronanwlte erhielten Befehl, die +Gesinnung der Mnner, welche in das Verzeichni der Freisassen +eingetragen waren, genau zu erforschen. Sir Samuel Astry, Sekretr der +Krone, dem die Auswhlung der Namen in solchen Fllen oblag, wurde in +den Palast beschieden und hatte eine Unterredung mit Jakob, an welcher +der Kanzler Theil nahm[118]. Sir Samuel scheint sein Mglichstes gethan +zu haben, denn es befanden sich, wie es hie, unter den achtundvierzig +Personen, die er auswhlte, mehrere Diener des Knigs und mehrere +Katholiken[119]. Da aber der Vertheidiger der Bischfe das Recht hatte, +zwlf davon zu streichen, so waren diese natrlich die gestrichenen. Die +Kronanwlte strichen ebenfalls zwlf und die Liste reducirte sich +dadurch auf vierundzwanzig. Die ersten zwlf, welche aufgerufen wurden, +hatten dann den Ausspruch zu thun. + +Am neunundzwanzigsten Juni waren Westminsterhall, der alte und der neue +Palasthof und alle benachbarten Straen weithin mit einer dicht +gedrngten Volksmasse angefllt. Ein so zahlreiches Auditorium war nie +zuvor und ist auch seitdem nie wieder im Gerichtssaale der Kings Bench +versammelt gewesen. Man zhlte fnfunddreiig weltliche Peers unter der +Menge[120]. + +Smmtliche vier Richter des Gerichtshofes waren anwesend. Wright, der +den Vorsitz fhrte, war einzig und allein wegen seiner gewissenlosen +Servilitt vielen tchtigeren und gelehrteren Mnnern bei Besetzung +seines hohen Postens vorgezogen worden. Allibone war Papist und +verdankte seine Stellung der Dispensationsgewalt, deren Gesetzlichkeit +eben in Frage stand. Holloway war seither ein willenloses Werkzeug der +Regierung gewesen. Selbst Powell, der sich des Rufes strenger +Rechtschaffenheit erfreute, hatte bei einigen Vorgngen eine Rolle +gespielt, die sich nicht vertheidigen lt. Er hatte in dem wichtigen +Prozesse Sir Eduard Hales', allerdings mit einigem Bedenken und nach +einigem Zgern, mit der Mehrheit der Richter gestimmt und dadurch auf +seinen Character einen Flecken geworfen, der aber durch sein +ehrenwerthes Benehmen an diesem Tage vllig verwischt wurde. + +Die beiderseitigen Rechtsanwlte waren einander durchaus nicht +ebenbrtig. Die Regierung hatte von ihren Kronjuristen so gehssige und +entehrende Dienste verlangt, da die ausgezeichnetsten Rechtsgelehrten +und Advokaten der Torypartei nach einander ihre Mitwirkung verweigert +hatten und ihrer mter entsetzt worden waren. Sir Thomas Powis, +der Generalfiskal, war kaum ein Jurist dritten Ranges. Der +Generalprokurator, Sir Wilhelm Williams, besa zwar einen scharfen +Verstand und einen unbeugsamen Muth, aber es fehlte ihm an der nthigen +Ruhe und Bedchtigkeit; er war streitschtig, konnte sein Temperament +nicht beherrschen und wurde von allen politischen Parteien gehat und +verachtet. Die hervorragendsten Beistnde des Fiskals und des +Prokurators waren Serjeant Trinder, ein Katholik, und Sir Bartholomus +Shower, Syndikus von London, der einige juristische Kenntnisse besa, +aber wegen seiner oft den Anstand verletzenden Vertheidigungen und +seiner endlosen Wiederholungen das Gesptt von ganz Westminsterhall war. +Gern htte die Regierung Maynard's Dienste gewonnen; aber er hatte +geradezu erklrt, da er sich auf das, was man von ihm verlangte, mit +gutem Gewissen nicht einlassen knne[121]. + +Auf der andren Seite hingegen standen fast alle ausgezeichneten +juristischen Talente der damaligen Zeit. Sawyer und Finch, welche beim +Regierungsantritt Jakob's Fiskal und Prokurator gewesen waren, und die +whrend der Verfolgung der Whigs unter der vorigen Regierung der Krone +mit nur zu groem Eifer und zu glcklichem Erfolge gedient hatten, +befanden sich unter den Vertheidigern der Angeklagten. Ihnen zur Seite +standen zwei Mnner, welche, seit Maynard's Thtigkeit durch sein +vorgercktes Alter vermindert worden war, fr die beiden besten Juristen +galten: Pemberton, der zur Zeit Karl'sII. Oberrichter der Kings Bench +gewesen, wegen seiner Menschlichkeit und Migung aber dieses hohen +Postens entsetzt worden und deshalb wieder zur advokatorischen Praxis +zurckgekehrt war, und Pollexfen, der lange die Assisen im Westen +geleitet und von dem man, obgleich er sich bei den blutigen Assisen +durch Annahme von Auftrgen fr die Krone und besonders durch sein +Auftreten gegen Alice Lisle sehr unpopulr gemacht hatte, dennoch wute, +da er im Herzen ein Whig, wenn nicht gar ein Republikaner war. Ferner +war dabei Sir Creswell Levinz, ein Mann von grndlichen Kenntnissen und +reichen Erfahrungen, aber von auffallend ngstlichem Wesen. Er war +einige Jahre vorher von der Richterbank entfernt worden, weil er sich +nicht hatte entschlieen knnen, den Zwecken der Regierung zu dienen. +Jetzt scheute er sich wieder, als Vertheidiger der Bischfe aufzutreten +und hatte sich zuerst geweigert, ihnen seine Dienste zu widmen; aber die +ganze Corporation der Gerichtsadvokaten, die ihn beschftigten, hatten +ihm erklrt, da wenn er diesen Auftrag zurckwiese, er nie wieder einen +erhalten sollte[122]. + +Sir Georg Treby, ein reichbegabter und eifriger Whig, der unter der +alten stdtischen Verfassung Syndikus von London gewesen war, stand auf +der nmlichen Seite. Sir Johann Holt, ein noch ausgezeichneterer +whiggistischer Advokat, wurde wahrscheinlich deshalb, weil Sancroft +gegen ihn eingenommen war, nicht mit zur Vertheidigung berufen, war aber +vom Bischof von London privatim um Rath gefragt worden[123]. Der jngste +Rechtsbeistand der Bischfe war ein junger Advokat, Namens Johann +Somers. Er war weder durch hohe Geburt noch durch Vermgen begnstigt +und hatte auch noch keine Gelegenheit gehabt, sich ffentlich +auszuzeichnen, aber sein Genie, sein Flei und sein vielseitiges groes +Talent waren einem kleinen Kreise von Freunden wohl bekannt, und sein +grndliches, klares System der Beweisfhrung, sowie sein jederzeit +taktvolles Benehmen hatten ihm trotz seiner whiggistischen Ansichten die +Aufmerksamkeit des Gerichtshofes der Kings Bench bereits gesichert. +Johnstone hatte den Bischfen eindringlich vorgestellt, wie wichtig es +sei, seinen Beistand zu gewinnen, und Pollexfen sollte erklrt haben, +da Niemand in Westminsterhall zur Behandlung einer geschichtlichen und +die Verfassung berhrenden Frage so befhigt sei, als Somers. + +Die Jury wurde vereidigt; sie bestand aus Mnnern, welche sehr geachtete +Stellungen in der Gesellschaft einnahmen. Der Vormann war Sir Roger +Langley, ein Baronet von alter und angesehener Familie. Ihm zur Seite +stand ein Ritter und zehn Esquires, von denen mehrere sehr vermgend +waren. Es befanden sich einige Nonconformisten unter ihnen, denn die +Bischfe hatten wohlweislich beschlossen, kein Mitrauen gegen die +protestantischen Dissenters zu zeigen. Ein Name jedoch erregte groe +Besorgni, der Name Michael Arnold's. Er war Hofbrauer und man +frchtete, da die Regierung auf seine Stimme rechnen knne. Es wird +erzhlt, da er sich bitter ber die Stellung beklagt habe, in die er +versetzt war. Was ich auch thun mag, soll er geuert haben, so habe +ich die Gewiheit, halb ruinirt zu werden. Sage ich Nichtschuldig, so +werde ich nicht mehr fr den Knig brauen; sage ich Schuldig, so werde +ich fr niemand Andren mehr brauen.[124] + +So begann denn die gerichtliche Verhandlung, die, selbst wenn man sie +nach Verlauf von mehr als anderthalb Jahrhunderten mit kaltem Blute +liest, das ganze Interesse eines Drama's hat. Die Advokaten stritten auf +beiden Seiten mit einer mehr als berufsmigen Schrfe und Heftigkeit, +das anwesende Publikum hrte mit so gespannter Aufmerksamkeit zu, als +htte das Schicksal jedes Einzelnen von dem Ausspruche der Geschwornen +abgehangen, und die Aussichten auf den Sieg wechselten so pltzlich und +so ergreifend, da die Menge zu wiederholten Malen in der nmlichen +Minute von der grten Angst zur lebhaftesten Freude und umgekehrt von +der lebhaftesten Freude zu noch grerer Angst bersprang. + +Die Anklage beschuldigte die Bischfe, in der Grafschaft Middlesex ein +falsches, bswilliges und aufrhrerisches Libell geschrieben oder +verffentlicht zu haben. Der Generalfiskal und der Staatsprokurator +versuchten zuvrderst den Beweis zu fhren, da die Angeklagten das +Libell unterschrieben hatten. Zu dem Ende wurden mehrere Personen +aufgefordert, die Handschriften der Bischfe zu recognosciren. Aber die +Zeugen thaten dies mit solcher Unlust, da kaum einem von ihnen eine +klare und deutliche Antwort zu entlocken war. Pemberton, Pollexfen und +Levinz behaupteten, da keine gengenden Beweise vorhanden seien, die +der Jury vorgelegt werden knnten; zwei von den Richtern, Holloway und +Powell, traten dieser Ansicht bei, und die Hoffnung der Zuschauer stieg +bedeutend. Da erklrten pltzlich die Kronanwlte, da sie einen andren +Weg einzuschlagen gedchten. Powis fhrte mit unverkennbarer Beschmung +und Widerstreben einen Sekretr des Geheimen Raths, Namens Blathwayt, +der zugegen gewesen war, als der Knig die Bischfe verhrte, in die +Zeugenloge ein. Blathwayt versicherte eidlich, da er gehrt habe, wie +sie ihre Unterschriften selbst anerkannt htten. Dieses Zeugni war +entscheidend. Warum haben Sie, sagte der Richter Holloway zu dem +Fiskal, da Sie einen solchen Zeugen hatten, ihn nicht sogleich +vorgefhrt? es wre dadurch viel unnthiger Zeitverlust erspart worden. +Es ergab sich bald, warum der Kronanwalt sich nur hchst ungern durch +die dringendste Nothwendigkeit hatte bestimmen lassen, zu diesem +Beweismittel zu greifen. Pemberton hielt Blathwayt zurck, unterwarf ihn +einem umstndlichen Verhr und verlangte eine genaue Erzhlung alles +dessen, was zwischen dem Knige und den Angeklagten vorgegangen sei. +Das wre etwas ganz Neues! rief Williams. Glauben Sie, sagte Powis, +da Sie ein Recht dazu haben, an unsere Zeugen jede impertinente Frage +zu richten, die Ihnen in den Sinn kommt? Die Advokaten der Bischfe +waren jedoch nicht die Mnner, die sich so leicht werfen lieen. Er ist +darauf vereidigt, sagte Pollexfen, die Wahrheit, die ganze Wahrheit zu +sagen; wir wollen und mssen eine Antwort haben. Der Zeuge wurde +verlegen, gab ausweichende Antworten, wollte die Fragen nicht richtig +verstanden haben und bat um den Schutz des Gerichtshofes; aber er war in +Hnden, aus denen nicht leicht wieder loszukommen war. Endlich schlug +der Generalfiskal sich wieder ins Mittel. Wenn Sie durchaus auf Ihrer +Forderung bestehen, hob er an, so sagen Sie uns wenigstens, welchen +Gebrauch Sie von der Antwort zu machen gedenken. Pemberton, der whrend +der ganzen Verhandlung seine Pflicht muthig und geschickt erfllte, +erwiederte ohne Besinnen: Mylords, ich will dem Herrn Generalfiskal +antworten, ich will offen mit dem Gerichtshofe reden. Wenn die Bischfe +sich unter dem Versprechen von Seiten Seiner Majestt, da ihr +Gestndni nicht gegen sie angewendet werden solle, zu dieser Schrift +bekannten, so wird man sich hoffentlich nicht eines unredlichen +Vortheils gegen sie bedienen. -- Sie erheben eine Beschuldigung gegen +Seine Majestt, die ich kaum auszusprechen wage, sagte Williams; da +Sie es so genau nehmen, dann verlange ich auch fr den Knig, da die +Frage zu Protokoll genommen wird. -- Was meinen Sie damit? fragte +jetzt Sawyer. Ich wei, was ich meine, antwortete der Apostat, ich +verlange, da die Frage vor Gericht zu Protokoll genommen wird. -- +Nehmen Sie zu Protokoll, was Sie wollen, Herr Prokurator, ich frchte +Sie nicht, sagte Pemberton. Es folgte nun ein lauter und heftiger +Wortwechsel, den der Oberrichter nur mit Mhe beschwichtigen konnte. In +jedem andren Falle htte er die Frage ohne Zweifel zu Protokoll nehmen +und Pemberton verhaften lassen. Aber an diesem wichtigen Tage wagte er +dies nicht. Er warf oft einen Seitenblick auf die dichten Reihen der +Earls und Barone, die ihn scharf beobachteten und die ihn beim nchsten +Parlamente zur Rechenschaft ziehen konnten. Ein Anwesender meinte +nachher, es habe ausgesehen, als ob alle zuhrenden Peers Stricke in der +Tasche gehabt htten.[125] Blathwayt wurde endlich gezwungen, ber den +ganzen Vorgang einen ausfhrlichen Bericht zu erstatten. Es stellte sich +heraus, da der Knig den Bischfen gegenber keine ausdrckliche +Verpflichtung eingegangen war; ebenso aber ergab es sich auch, da die +Bischfe wohl Grund hatten, eine stillschweigende Zusage anzunehmen. Aus +dem Widerstreben, mit dem die Kronanwlte den Sekretr des Geheimraths +in die Zeugenloge einfhrten und aus der Heftigkeit, mit der sie sich +Pemberton's Kreuzfragen widersetzten, geht klar hervor, da sie der +nmlichen Ansicht waren. + +Die Handschrift war jedoch bewiesen. Aber jetzt wurde ein neuer und +ernster Einwand erhoben. Der Beweis, da die Bischfe das gesetzwidrige +Libell geschrieben hatten, war nicht gengend; es mute auch bewiesen +werden, da sie es in der Grafschaft Middlesex geschrieben hatten. +Allein dies konnten der Fiskal und der Prokurator nicht nur nicht +beweisen, sondern die Angeklagten waren sogar im Stande, das Gegentheil +zu beweisen, denn Sancroft hatte von dem Augenblicke an, wo der +Geheimrathsbefehl erschien, bis zu dem Augenblicke, wo die Petition dem +Knige berreicht wurde, seinen Palast in Lambeth nicht verlassen. Die +ganze Anklage fiel daher in sich selbst zusammen und das Publikum +erwartete mit groer Freude eine vollstndige Freisprechung. + +Die Kronjuristen nderten nun abermals ihre Taktik, lieen die Anklage +auf Abfassung eines Libells ganz fallen und unternahmen es, zu beweisen, +da die Bischfe in Middlesex ein Libell _verffentlicht_ htten. Das +war nicht leicht. Die berreichung der Petition an den Knig war in den +Augen des Gesetzes unzweifelhaft eine Verffentlichung. Aber wie war +diese berreichung zu beweisen? Es war bei der Audienz im kniglichen +Kabinet auer dem Knige und den Angeklagten Niemand zugegen gewesen. +Den Knig konnte man nicht wohl als Zeugen vereidigen. Das Factum der +Verffentlichung konnte also nur durch das Eingestndni der Angeklagten +constatirt werden. Blathwayt wurde noch einmal vernommen, aber +vergebens. Er sagte, er erinnere sich wohl, da die Bischfe ihre +Unterschriften anerkannt, nicht aber, da sie das auf dem Tische des +Geheimen Raths liegende Papier als das nmliche anerkannt htten, +welches sie dem Knige berreichten, noch da sie berhaupt ber diesen +Punkt befragt worden waren. Mehrere andere Beamte, die im +Geheimrathszimmer zugegen gewesen waren, wurden aufgerufen, unter ihnen +Samuel Pepys, Sekretr der Admiralitt; aber keinem von ihnen war es +erinnerlich, da von der berreichung irgend die Rede gewesen sei. +Williams bemhte sich vergebens, sie durch verfngliche Fragen zu dem +gewnschten Zeugnisse zu verleiten, bis endlich die Rechtsanwlte der +Gegenpartei erklrten, da ein solches Drehen und Wenden noch an keinem +Gerichtshofe vorgekommen sei, und Wright selbst zugestehen mute, da +die Vernehmungsweise des Generalprokurators allen Regeln zuwider sei. Da +ein Zeuge nach dem andren verneinend antwortete, wiederhallte der ganze +Saal von lautem Gelchter und triumphirendem Jubel, welche zum Schweigen +zu bringen die Richter gar nicht versuchten. + +Der harte Kampf schien endlich gewonnen zu sein; fr die Krone war +nichts mehr vorzubringen. Htten die Anwlte der Bischfe nun +geschwiegen, so war die Freisprechung gewi, denn es war nichts +ausgesagt worden, was auch der parteiischeste und gewissenloseste +Richter einen rechtskrftigen Beweis fr die Verffentlichung htte +nennen kennen. Der Oberrichter schickte sich bereits an, den Geschwornen +das Resum vorzulegen und er wrde sie ohne Zweifel angewiesen haben, +die Angeklagten freizusprechen, als Finch, der zu aufgeregt war, um mit +gehriger Besonnenheit handeln zu knnen, noch auftrat und gehrt zu +werden verlangte. Wenn Sie gehrt sein wollen, sagte Wright, so +knnen wir Sie nicht hindern zu sprechen; aber ich mu Ihnen bemerken, +da Sie Ihren eigenen Vortheil nicht erkennen. Die anderen Vertheidiger +bewogen Finch, sich wieder niederzusetzen und baten den Oberrichter +fortzufahren. Eben wollte er dies auch thun, da kam ein Bote an den +Generalprokurator mit der Nachricht, da Lord Sunderland die +Verffentlichung beweisen knne und sogleich im Gerichtssaal erscheinen +werde. Wright bemerkte den Vertheidigern in ziemlich spitzigem Tone, da +sie sich diese neue Wendung der Dinge lediglich selbst zuzuschreiben +htten. Die Gesichtszge der versammelten Zuschauer verfinsterten sich; +Finch war einige Stunden lang der unpopulrste Mann im ganzen Lande. +Warum konnte er nicht ruhig sitzen bleiben wie seine verstndigeren +Collegen Sawyer, Pemberton und Pollexfen? Seine Sucht, auch etwas zu +sagen, der Wunsch eine schne Rede zu halten, hatte Alles verdorben. + +Inzwischen wurde der Lordprsident in einer Snfte durch die Halle +getragen. Nicht ein einziger Hut wurde gelftet und viele Stimmen +riefen: Papistischer Hund! Bleich und zitternd, mit zu Boden gesenktem +Blicke trat er vor die Schranken und gab mit unsicherer Stimme seine +Zeugenaussage ab. Er versicherte eidlich, da ihm die Bischfe ihre +Absicht, dem Knige eine Petition zu berreichen, mitgetheilt htten und +da sie zu dem Ende in das knigliche Kabinet eingelassen worden seien. +Dieser Umstand in Verbindung mit dem, da sich, nachdem sie das Kabinet +verlassen, eine von ihnen unterzeichnete Petition in den Hnden des +Knigs befand, war fr das Factum der Verffentlichung ein Beweis, der +einer Jury wohl gengen konnte. + +Die Verffentlichung in Middlesex war also ebenfalls bewiesen. Aber war +das verffentlichte Schriftstck ein falsches, bswilliges und +aufrhrerisches Libell? Bis jetzt hatte es sich nur darum gehandelt, ob +eine Thatsache, die Jedermann als wirklich geschehen kannte, nach den +technischen Regeln des Beweises constatirt werden konnte; jetzt aber +erhielt der Streit ein hheres Interesse. Man mute die Grenzen der +kniglichen Hoheitsrechte und der brgerlichen Freiheit, das Recht des +Knigs, von Gesetzen zu dispensiren, und das Recht der Unterthanen um +Abstellung von Mistnden zu petitioniren, untersuchen. Drei Stunden +lang vertheidigten die Anwlte der Petenten mit energischem Nachdrucke +die Grundprinzipien der Verfassung und bewiesen aus den Protokollen des +Hauses der Gemeinen, da die Bischfe nur etwas Wahres behauptet htten, +indem sie dem Knige vorstellten, da die von ihm beanspruchte +Dispensationsgewalt mehr als einmal vom Parlament fr ungesetzlich +erklrt worden sei. Somers erhob sich zuletzt. Er sprach wenig ber fnf +Minuten lang, aber jedes seiner Worte war gewichtigen Inhalts, und als +er seinen Platz wieder einnahm, war sein Ruf als Redner und als +constitutioneller Jurist fest begrndet. Er untersuchte die Ausdrcke +der Anklage, in welcher das den Bischfen zur Last gelegte Vergehen +dargestellt war, und bewies, da jedes Wort, Adjectiv oder Substantiv, +durchaus unangemessen sei. Die Anklage laute auf ein falsches, +bswilliges und aufrhrerisches Libell. Falsch sei das Schriftstck +nicht, denn jede darin behauptete Thatsache sei durch die +Parlamentsprotokolle als wahr bewiesen. Auch bswillig sei das +Schriftstck nicht, denn die Angeklagten htten nicht Streit gesucht, +sondern die Regierung habe sie in eine Lage versetzt, in der sie sich +entweder dem kniglichen Willen widersetzen oder die heiligsten +Pflichten des Gewissens und der Ehre verletzen muten. Aufrhrerisch sei +das Schriftstck eben so wenig, denn die Verfasser htten es nicht unter +dem Volke vertheilt, sondern es privatim den Hnden des Knigs allein +bergeben; auch sei es kein Libell, sondern eine anstndige Petition, +wie sie nach den Gesetzen Englands, ja nach den Gesetzen des rmischen +Kaiserreichs und nach den Gesetzen aller civilisirten Staaten jeder +Unterthan, welcher glaubt, da ihm Unrecht geschehen, mit Fug und Recht +dem Souverain berreichen drfe. + +Der Fiskal replicirte kurz und schwach. Der Prokurator sprach sehr +ausfhrlich und mit groer Bitterkeit, so da er oft durch Zurufe und +Zischen des Publikums unterbrochen wurde. Er ging so weit zu behaupten, +da kein einzelner Unterthan und keine Gemeinschaft von Unterthanen, +auer die Parlamentshuser, berechtigt sei, eine Petition an den Knig +zu richten. Die Zuschauer waren wthend und selbst der Oberrichter war +ganz betroffen ber die Frechheit dieses feilen Achseltrgers. + +Wright schritt endlich zum Resum. Seine Rede bewies, da seine Furcht +vor der Regierung durch die Furcht vor dieser zahlreichen, glnzenden +und heftig aufgeregten Versammlung gemigt wurde. Er sagte, er wolle +nicht seine Ansicht ber die Dispensationsfrage abgeben, er habe dies +nicht nthig, er knne dem Staatsprokurator in vielen Punkten seiner +Rede nicht beistimmen, ein Unterthan habe allerdings das Recht, zu +petitioniren, aber die dem Gerichtshofe vorliegende specielle Petition, +sei ungebhrlich abgefat und daher in den Augen des Gesetzes ein +Libell. Allibone sprach die nmliche Ansicht aus, bewies aber in seinem +Vortrag eine so gnzliche Unkenntni des Rechts und der Geschichte, da +er sich die Verachtung Aller zuzog, die ihn anhrten. Holloway umging +die Dispensationsfrage, sagte aber, ihm scheine die Petition so gefat, +wie sie Unterthanen, die sich in ihrem Rechte gekrnkt glaubten, wohl zu +berreichen befugt seien, und sie sei daher kein Libell. Powell trat +noch khner auf. Er erklrte geradezu, da seiner Ansicht nach die +Indulgenzerklrung null und nichtig und die Dispensationsgewalt, wie sie +neuerdings ausgebt worden, mit allen Gesetzen durchaus unvereinbar sei. +Wenn man solche bergriffe der Prrogative dulden wolle, so seien die +Parlamente ganz berflssig, die ganze gesetzgebende Gewalt liege dann +in den Hnden des Knigs. Diese Entscheidung, meine Herren, sagte er, +stelle ich Gott und Ihrem Gewissen anheim.[126] + +Es war dunkel geworden, als die Jury sich zurckzog, um ber ihren +Schiedsspruch zu berathen. Diese Nacht war eine Nacht voll ngstlicher +Spannung. Es existiren noch einige Briefe, welche whrend jener Stunden +der Ungewiheit abgesendet wurden und die daher ein ganz besonderes +Interesse haben. Es ist sehr spt, schrieb der ppstliche Nuntius, +und noch ist die Entscheidung nicht bekannt. Die Richter und die +Angeklagten haben sich nach Hause begeben, die Geschwornen aber bleiben +beisammen. Morgen werden wir den Ausgang dieses wichtigen Kampfes +erfahren. + +Der Prokurator der Bischfe brachte mit einer Anzahl Bedienten die ganze +Nacht auf der Treppe zu, welche nach dem Berathungszimmer der +Geschwornen fhrte. Es war durchaus nothwendig, die an den Thren Wache +haltenden Beamten scharf zu beobachten, denn man vermuthete, da sie von +der Regierung gewonnen waren, und sie konnten daher, wenn sie nicht +sorgfltig bewacht wurden, einen hfisch gesinnten Geschwornen mit +Speise und Trank versehen, so da er dann im Stande war, seine elf +Collegen auszuhungern. Es wurde daher strenge Wache gehalten und nicht +einmal ein Licht, um eine Pfeife anzuznden, eingelassen. Gegen vier Uhr +Morgens lie man einige Becken mit Wasser zum Waschen passiren. Die vor +Durst verschmachtenden Geschwornen tranken gierig die Gefe aus. Die +umliegenden Straen waren bis zum Morgen von einer groen Volksmenge +angefllt. Von Stunde zu Stunde kam ein Bote von Whitehall um sich nach +dem Stande der Sache zu erkundigen. Verschiedene Male hrte man drinnen +im Zimmer einen heftigen Wortstreit; aber etwas Gewisses erfuhr man +nicht.[127] + +Zuerst waren neun fr die Freisprechung und drei fr die Verurtheilung. +Zwei von der Minoritt gaben bald nach; Arnold aber beharrte auf seinem +Ausspruche. Thomas Austin, ein reichbegterter Landgentleman, der die +Zeugenaussagen und Reden aufmerksam verfolgt und sich ausfhrliche +Notizen gemacht hatte, wollte die Sache mit ihm speciell errtern. +Arnold aber lehnte dies ab, indem er rgerlich sagte, er sei nicht +gewhnt zu raisonniren und zu debattiren, sein Gewissen gestatte ihm +nicht, die Bischfe freizusprechen. Wenn Sie dabei beharren, sagte +Austin, so sehen Sie mich an. Ich bin der Grte und Strkste von uns +Zwlfen; ehe ich aber eine Petition wie diese als ein Libell anerkenne, +bleibe ich hier, bis ich nicht mehr dicker bin als ein Pfeifenrohr. Es +war sechs Uhr Morgens, als Arnold endlich nachgab. Es wurde bald +bekannt, da die Geschwornen einig waren; wie aber ihr Ausspruch +lautete, war noch ein Geheimni.[128] + +Um zehn Uhr versammelte sich der Gerichtshof wieder. Das Gedrnge war +noch rger als am vorigen Tage. Die Geschwornen erschienen in ihrer Loge +und es trat eine lautlose Stille ein. + + [Anmerkung 118: +Clarendon's Diary, June+ 21. 1688.] + + [Anmerkung 119: Gitters, 26. Juni (6. Juli) 1688.] + + [Anmerkung 120: Johnstone, 2. Juli 1688.] + + [Anmerkung 121: Johnstone, 2. Juli 1688.] + + [Anmerkung 122: Johnstone, 2. Juli 1688. Der Herausgeber von + +Levinz's Reports+ drckt seine groe Verwunderung darber aus, + da Levinz nach der Revolution nicht wieder in sein Richteramt + eingesetzt wurde. Die von Johnstone erzhlten Thatsachen knnen + dies anscheinende Ungerechtigkeit vielleicht erklren.] + + [Anmerkung 123: Ich schliee dies aus einem Briefe von Compton an + Sancroft vom 12. Juni.] + + [Anmerkung 124: +Revolution Politics.+] + + [Anmerkung 125: Der Ausdruck eines Augenzeugen. Er findet sich in + einem Neuigkeitsbriefe in der Mackintosh-Sammlung.] + + [Anmerkung 126: Siehe den Proze in der +Collection of State + Trials+. Einiges habe ich auch von Johnstone und Citters + entlehnt.] + + [Anmerkung 127: Johnstone, 2. Juli 1688; Brief von Mr. Ince an den + Erzbischof, datirt von sechs Uhr Morgens; +Tanner MS.+; + +Revolution Politics+.] + + [Anmerkung 128: Johnstone, 2. Juli 1688.] + + +[_Das Verdict der Geschwornen; Freude des Volks._] Sir Samuel Astry +sprach: Finden Sie die Angeklagten oder einen von ihnen des Vergehens, +dessen sie angeklagt sind, schuldig oder nicht schuldig? Sir Roger +Langley antwortete: Nicht schuldig. Sobald diese Worte ber seine +Lippen waren, sprang Halifax auf und schwenkte seinen Hut. Auf dieses +Zeichen brachen alle Bnke und Gallerien in donnernden Beifallsjubel +aus. Im nchsten Augenblick stimmten die zehntausend Menschen, welche +die groe Halle fllten, mit noch lauterem Jubel ein, von dem die alte +eichene Decke erdrhnte, und noch einen Augenblick, so lie die drauen +versammelte Menge ein drittes Hurrah erschallen, das man in Templebar +hren konnte. Die Bte, welche den Flu bedeckten, antworteten mit +gleicher Begeisterung, ein Kanonenschlag knallte auf dem Wasser, dann +wieder einer und wieder einer, und so flog die frohe Nachricht binnen +wenigen Augenblicken ber den Savoy und ber die Friars hinaus bis zur +Londonbrcke und zu dem Mastenwalde der jenseit derselben liegenden +Schiffe. Wohin die Botschaft kam, brachen Straen und Squares, +Marktpltze und Kaffeehuser in Freudenjubel aus. Der Jubel aber war +minder auffallend, als die Thrnen. Denn die Gefhle der Leute waren so +angespannt worden, da selbst die kalte, an uerungen von +Gemthsbewegung wenig gewhnte englische Natur berwltigt wurde und +Tausende vor lauter Freude schluchzten. Inzwischen sprengten von den +Endpunkten der Menge Reiter fort, um die Kunde von dem Siege der Kirche +und der Nation durch alle Hauptstraen zu verbreiten. Aber selbst dieser +gewaltige Ausbruch der Freude vermochte den hmischen und furchtlosen +Sinn des Staatsprokurators nicht zu erschttern. Er versuchte es, sich +in dem betubenden Lrme Gehr zu verschaffen und forderte die Richter +auf, Diejenigen, welche durch ihr Geschrei die Wrde des Gerichtshofes +verletzt hatten, verhaften zu lassen. Einer aus der jubelnden Menge +wurde wirklich festgenommen. Indessen sah das Tribunal doch ein, da es +geradezu lcherlich gewesen wre einen Einzelnen fr eine bertretung zu +bestrafen, welche Hunderttausende begangen hatten, und entlie ihn daher +wieder mit einem leichten Verweis.[129] + +Es war jetzt nicht daran zu denken, etwas Andres vorzunehmen, denn das +Getse der Menge war so arg, da man eine halbe Stunde lang im +Gerichtssaale kein Wort verstehen konnte. Williams stieg unter einem +Sturme von Zischen und Verwnschungen in seinen Wagen. Cartwright, der +eine unbezhmbare Neugierde besa, hatte die Thorheit und +Unschicklichkeit begangen, nach Westminster zu kommen, um zu hren, wie +das Urtel ausfallen wrde. Man erkannte ihn an seiner Priestertracht und +seiner Korpulenz und verfolgte ihn durch die ganze Halle mit Geschrei. +Nehmt Euch vor dem Wolfe in Schafskleidern in Acht, sagte Einer. +Platz fr den Mann mit dem Papst im Bauche! rief ein Andrer.[130] + +Die freigesprochenen Prlaten flchteten sich vor der Menge, die sie um +ihren Segen bat, in die nchste Kapelle, wo eben Gottesdienst gehalten +wurde. Viele Kirchen der Hauptstadt waren an diesem Morgen geffnet und +wurden von vielen Andchtigen besucht. In allen Kirchspielen der City +und der Vorstdte gingen die Glocken. Unterdessen konnten sich die +Geschwornen kaum einen Weg aus der Halle bahnen. Von Hunderten muten +sie sich die Hand drcken lassen. Gott segne Euch, rief das Volk; +Gott segne Eure Familien! Ihr habt wie brave Gentlemen gehandelt und +uns Alle heute gerettet. Whrend die Peers, welche zur Untersttzung +der guten Sache herbeigekommen waren, fortfuhren, warfen sie Hnde voll +Geld unter die Menge und hieen sie auf das Wohl des Knigs, der +Bischfe und der Geschwornen trinken.[131] + +Der Generalfiskal berbrachte die Nachricht Sunderland, der sich gerade +mit dem Nuntius unterhielt. Seit Menschengedenken, sagte Powis, hat +man nicht einen solchen Jubel und so viel Freudenthrnen gesehen wie +heute.[132] Der Knig hatte am Morgen das Lager auf der Hounslowhaide +besucht. Sunderland schickte sofort einen Courier mit der Botschaft an +ihn ab. Jakob befand sich in Feversham's Zelte, als der Expresse ankam. +Er war sehr rgerlich ber die Nachricht und rief auf Franzsisch aus: +Sie sollen es bereuen! Er brach sogleich nach London auf. So lange er +anwesend war, hielt der Respekt die Soldaten ab, ihren Gefhlen freien +Lauf zu lassen; kaum aber hatte er das Lager verlassen, so hrte er +hinter sich ein lautes Jubelgeschrei. Er wunderte sich darber und +fragte, was das bedeute. Es ist nichts, erhielt er zur Antwort, die +Soldaten freuen sich nur ber die Freisprechung der Bischfe. -- Das +nennen Sie nichts? sagte der Knig und wiederholte dann noch einmal: +Sie sollen es bereuen![133] + +Er hatte in der That Ursache, verstimmt zu sein, denn seine Niederlage +war vollstndig und im hchsten Grade demthigend. Wren die Prlaten +auf Grund mangelhaften Beweises freigesprochen worden, etwa weil sie die +Petition nicht in Middlesex geschrieben hatten, oder weil es ihnen +streng nach den Regeln des Gesetzes nicht bewiesen werden konnte, da +sie dem Knige die Petition, um dessentwillen sie in Untersuchung waren, +berreicht hatten, so wrde die Prrogative keinen Sto erhalten haben. +Zum Glck fr das Land aber war die Thatsache der Verffentlichung +vollkommen festgestellt worden und die Vertheidiger der Angeklagten +hatten daher das Dispensationsrecht angreifen mssen. Dies hatten sie +mit groer Gelehrsamkeit, Beredtsamkeit und Khnheit gethan. Die Anwlte +der Krone waren, wie allgemein anerkannt wurde, in dem Kampfe +unterlegen. Nicht ein einziger Richter hatte die Indulgenzerklrung fr +gesetzlich zu erklren gewagt, einer hatte sie sogar in den strksten +Ausdrcken als ungesetzlich bezeichnet. Die ganze Stadt sprach davon, +da die Dispensationsgewalt den Todessto bekommen habe. Finch, der den +Tag vorher allgemein geschmht worden war, wurde jetzt allgemein +gepriesen. Man sagte, er habe die Sache nicht in einer Weise entschieden +sehen wollen, wobei die groe Verfassungsfrage auf immer zweifelhaft +geblieben wre. Er habe eingesehen, da die Freisprechung seiner +Klienten ohne Verdammung der Indulgenzerklrung nur ein halber Sieg +gewesen sein wrde. Es ist gewi, da Finch weder die Vorwrfe +verdiente, mit denen er berhuft wurde, so lange der Ausgang noch +zweifelhaft war, noch die Lobpreisungen, die ihm gespendet wurden, +nachdem derselbe so gnstig ausgefallen. Es war thricht, ihn zu tadeln, +weil die Kronanwlte whrend des von ihm veranlaten kurzen Verzugs +unerwartet einen neuen Zeugen fanden. Eben so thricht war die Annahme, +da er seine Klienten absichtlich einer Gefahr ausgesetzt habe, um ein +allgemeines Prinzip festzustellen, und noch thrichter war es, ihn wegen +etwas zu loben, was eine grobe Verletzung seiner Berufspflichten gewesen +sein wrde. + +Dem freudigen Tage folgte eine nicht minder freudige Nacht. Die Bischfe +und einige ihrer achtungswerthen Freunde bemhten sich vergebens, +tumultuarische Freudenbezeigungen zu verhindern. Die ltesten Leute +erinnerten sich nicht, jemals, selbst nicht an dem Abende, als es in +London bekannt wurde, da die schottische Armee sich fr ein freies +Parlament erklrt hatte, die Straen von so zahlreichen Freudenfeuern +erhellt gesehen zu haben. Um jedes Feuer hatte sich ein Haufe gelagert, +der auf das Wohl der Bischfe und auf den Untergang der Papisten trank. +Die Fenster waren ebenfalls glnzend erleuchtet, jedes gewhnlich durch +sieben Lichter, von denen das mittelste und lngste den Primas +vorstellte. Dazu hrte man fortwhrend das Knallen von Schwrmern, +Raketen und Gewehrschssen. Ein ungeheurer Holzsto brannte gerade dem +Haupteingange von Whitehall gegenber; andere wurden vor den Thren +katholischer Peers angezndet. Lord Arundell von Wardour beschwichtigte +wohlweislich den Pbel mit ein wenig Geld; im Palast Salisbury am Strand +aber wurde ein Widerstandsversuch gemacht. Die Dienerschaft Lord +Salisbury's machte einen Ausfall und feuerte; aber nur der unglckliche +Bttel des Bezirks fiel, der gerade gekommen war, um das Feuer +auszulschen, und die Schaar wurde bald in den Palast zurckgetrieben. +Kein Schauspiel jener Nacht amsirte das gemeine Volk so sehr, als +eines, das ihnen vor mehreren Jahren wohl bekannt gewesen war, und das +ihnen jetzt nach einer langen Pause wieder gegeben wurde: die +Verbrennung des Papstes. Dieses vor Zeiten sehr beliebte Schauspiel +kennt unsere Generation nur aus Beschreibungen und Abbildungen. Eine +Figur, die aber keineswegs jenen plumpen Conterfeyen von Guy Fawx glich, +welche noch jetzt am 5. November zur Schau umhergetragen werden, sondern +die mit einiger Geschicklichkeit von Wachs verfertigt und mit nicht +geringen Kosten mit Gewndern und einer Tiara geschmckt war, wurde auf +einen Stuhl gesetzt, hnlich dem, auf welchem noch heute an einigen +hohen Festtagen die rmischen Bischfe durch die Peterskirche zum +Hochaltare getragen werden. Seine Heiligkeit war gewhnlich umgeben von +einem Gefolge von Cardinlen und Jesuiten, und ihm zur Seite stand ein +als Teufel mit Schweif und Hrnern verkleideter Hanswurst. Kein reicher +und eifriger Protestant sah bei dieser Gelegenheit eine Guinee an, und +wenn man der Sage glauben darf, betrugen die Kosten einer solchen +Prozession zuweilen nicht weniger als tausend Pfund. Nachdem der Papst +eine Zeit lang ber den Kpfen der Menge zur Schau umhergetragen worden +war, wurde er unter lautem Jubel den Flammen berliefert. Zur Zeit der +Popularitt Oates' und Shaftesbury's wurde das Schauspiel alljhrlich am +Geburtstage der Knigin Elisabeth in Fleet Street unter den Fenstern des +Whig-Clubs aufgefhrt. Der groteske Gebrauch war so berhmt, da +Barillon sich einmal in Lebensgefahr begab, um aus einem Versteck +zuzusehen.[134] Seit der Entdeckung des Ryehousecomplots war die +Ceremonie bis zu dem Tage der Freisprechung der Bischfe unterblieben. +An diesem Abende aber tauchten in verschiedenen Stadttheilen Londons +mehrere Ppste auf. Der Nuntius war hchlich entrstet und der Knig +fhlte sich durch diese Verhhnung seiner Kirche schwerer gekrnkt als +durch irgend eine andre ihm zugefgte Beleidigung. Die Behrden konnten +jedoch nichts thun. Der Sonntagmorgen graute bereits und die Glocken der +Pfarrkirchen riefen zum Frhgebet, ehe die Feuer zu erlschen und die +Volksmassen sich zu verlaufen begannen. Es erschien nun alsbald eine +Proklamation gegen die Ruhestrer. Viele von ihnen, meist Lehrlinge, +wurden verhaftet: aber die Anklagen gegen sie wurden von den Gerichten +von Middlesex nicht angenommen. Die Magistratsbeamten, von denen viele +Katholiken waren, geriethen mit der groen Jury in Streit und schickten +sie mehrere Male zurck, aber ohne Erfolg.[135] + + [Anmerkung 129: +Collection of State Trials+; +Oldmixon, 739+; + +Clarendon's Diary, June 25. 1688+; Johnstone, 2. Juli; Citters, + 3.(13.) Juli; Adda, 6.(10.) Juli; +Luttrell's Diary+; Barillon, + 2.(12.) Juli.] + + [Anmerkung 130: Citters, 3.(13.) Juli. Der wrdevolle Ernst, mit + dem er die Geschichte erzhlt, macht einen komischen Eindruck: + +Den Bisschop van Chester, wie seer de partie van het hof houdt, + om te voldoen aan syne gewoone nieusgierigheyt, hem op dien tyt in + Westminster Hall mede hebbende laten vinden, in het uytgaan + doorgaans was uytgekreten voor een grypende wolf in schaaps + kleederen; en hy synde een heer van hooge stature en vollyvig, + spotsgewyse allomme geroepen was dat men voor hem plaats moeste + maken, om te laten passen, gelyck ook geschiede, om dat soo sy + uytschreeuwden en hem in het aansigt seyden, hy den Paus in syn + buyck hadde.+] + + [Anmerkung 131: Luttrell; Citters, 3.(13.) Juli 1688. +Soo syn in + tegendeel gedagte jurys met de uyterste acclamatie en alle + teyckenen van genegenheyt en danckbaarheyt in het door passeren + van de gemeente ontvangen. Honderden vielen haar om den hals met + alle bedenckelycke wewensch van segen en geluck over hare + persoonen en familien, om dat sy haar so heusch en eerlyck buyten + verwagtinge als het ware in desen gedragen hadden. Veele van de + grooten en kleynen adel wierpen in het wegryden handen vol gelt + under de armen luyten, om op de gesontheyt van den Coning, der + Heeren Prelaten, on de Jurys te drincken.+] + + [Anmerkung 132: +Mi trovava con Milord Sunderland la stessa + mattina, quando venne l'Avvocato Generale a rendergli conto del + successo, e disse, che mai piu a memoria d'huomini si era sentito + un applauso, mescolato di voce e lagrime di giubilo, egual a + quello che veniva egli di vedere in quest' occasione.+ Adda, + 6.(16.) Juli 1688.] + + [Anmerkung 133: +Burnet, I. 744+; Citters, 3.(13.) Juli 1688.] + + [Anmerkung 134: Siehe eine interessante Erzhlung, welche Danby, + damals Herzog von Leeds, zugleich mit anderen Papieren im Jahre + 1710 verffentlichte. Eine anziehende Beschreibung der Ceremonie + der Papstverbrennung findet sich auch in North's +Examen, 570+. + Ferner sehe man die Note zum Epilog des Trauerspiels dipus in + Scott's Ausgabe von Dryden.] + + [Anmerkung 135: +Reresby's Memoirs+; Citters, 3.(13.) Juli 1688; + Adda, 6.(16.) Juli; Barillon 2.(12.) Juli; +Luttrell's Diary+; + Neuigkeitsbrief vom 4. Juli; +Oldmixon, 739+; Ellis' + Correspondenz.] + + +[_Eigenthmlicher Zustand der ffentlichen Meinung zu jener Zeit._] +Inzwischen verbreitete sich die frohe Nachricht durch das ganze Land und +wurde allenthalben mit Jubel aufgenommen. Gloucester, Bedford und +Lichfield gehrten zu den Stdten, die sich durch besonderen Eifer +auszeichneten; Bristol und Norwich aber, welche nach Bevlkerung und +Reichthum London am nchsten standen, kamen bei diesem freudigen Anlasse +auch in der Begeisterung der Hauptstadt am nchsten. + +Die gerichtliche Verfolgung der sieben Bischfe ist ein Ereigni, das in +unsrer Geschichte einzig dasteht. Es war der erste und letzte Fall, wo +zwei mchtige in der Regel einander entgegengesetzte Gefhle, von denen +jedes fr sich allein bei heftiger Erregung hinreichend war, um den +Staat zu erschttern, in vollkommener Eintracht verbndet waren. Diese +Gefhle waren die Liebe zur Kirche und die Liebe zur Freiheit. Whrend +vieler Generationen war jeder heftige Ausbruch des kirchlichen Gefhls, +mit einer einzigen Ausnahme, der brgerlichen Freiheit nachtheilig +gewesen; und ebenso war jeder heftige Ausbruch des Freiheitsgefhls, mit +einer einzigen Ausnahme, dem Ansehen und Einflusse des Prlatenthums und +der Priesterschaft verderblich. Im Jahre 1688 war die Sache der +Hierarchie einen Augenblick die Sache der Volkspartei. Mehr als +neuntausend Geistliche, mit dem Primas und seinen ehrenwerthesten +Suffraganen an der Spitze, erklrten sich bereit, Haft und +Eigenthumsberaubung fr das groe Grundprinzip unsrer freien Verfassung +zu erdulden. Die Folge war eine Coalition, welche die eifrigsten +Kavaliere, die eifrigsten Republikaner und alle zwischeninne liegenden +Parteien der Gesammtheit umfate. Der Geist, welcher Hampden unter der +vergangenen Generation aufrecht erhalten hatte, verband sich mit dem +Geiste, welcher Sacheverell unter der folgenden aufrecht erhielt, um den +Erzbischof, der ein Hampden und ein Sacheverell zugleich war, aufrecht +zu erhalten. Diejenigen Klassen der Gesellschaft, denen an der Erhaltung +der Ruhe am meisten gelegen ist, welche in strmischen Zeiten gewhnlich +am ersten bei der Hand sind, die Regierung zu untersttzen, und welche +einen natrlichen Widerwillen gegen Aufwiegler hegen, folgten ohne +Bedenken der Leitung eines ehrwrdigen Mannes, des ersten Peers des +Reiches, des ersten Dieners der Kirche, eines Tory's in der Politik, +eines Heiligen in seinem Privatleben, den die Tyrannei wider seinen +Willen in einen Demagogen verwandelt hatte. Auf der andren Seite flehten +jetzt selbst Diejenigen, welche das Episcopat als einen berrest des +Papismus und als ein Werkzeug der Willkrherrschaft stets verabscheut +hatten, auf den Knien um den Segen eines Prlaten, der bereit war, eher +Ketten zu tragen und seine alterschwachen Glieder auf die nackten Steine +eines Kerkers zu legen, als da er die Interessen des protestantischen +Glaubens verrathen und die Hoheitsrechte der Krone ber das Gesetz +gestellt htte. Mit der Liebe zur Kirche und der Liebe zur Freiheit +verband sich in dieser wichtigen Krisis noch ein drittes Gefhl, das zu +den achtungswerthesten Zgen unsres Nationalcharacters gehrt. Ein durch +Willkrgewalt unterdrckter Mensch findet bei uns, htte er sonst auch +nicht den mindesten Anspruch auf Achtung und Dankbarkeit, gewhnlich +eine rege Theilnahme. So wurde zu den Zeiten unserer Grovter die +Gesellschaft durch Wilkes' Verfolgung heftig aufgeregt. Wir selbst sahen +die Nation durch die gegen die Knigin Karoline gebte Hrte fast bis +zum Wahnsinn gereizt. Daher wurde England, selbst wenn von dem Ausgange +des Prozesses gegen die Bischfe keine wichtigen politischen oder +religisen Interessen abgehangen htten, es wahrscheinlich nicht ohne +starke Regungen von Mitleid und Unwillen mit angesehen haben, wie einige +Greise von makelloser Tugend von der Rache eines jhzornigen und +unerbittlichen Frsten verfolgt wurden, der ihrer Treue seine Krone +verdankte. + +Von diesen Gefhlen angetrieben, stellten sich unsere Vorfahren in einer +ungeheuren und compacten Masse der Regierung entgegen. Die mchtige +Phalanx war aus allen Stnden, allen Parteien, allen protestantischen +Seelen gebildet. Im Vordertreffen standen die geistlichen und weltlichen +Lords, dann kamen die begterte Gentry und der Klerus, beide +Universitten, alle Gerichtshfe, Grohndler, Krmer und Pchter, die +Lasttrger, die sich in den Straen der groen Stdte plagten, und die +Landleute, welche das Feld bebauten. Die Koalition gegen den Knig +umfate selbst die Matrosen, die seine Schiffe bemannten, selbst die +Schildwachen, die seinen Palast bewachten. Die Namen Whig und Tory waren +einen Augenblick vergessen. Der alte Ausschlieungsmann reichte dem +alten Verabscheuer die Hand; Episcopalen, Presbyterianer, Independenten +und Baptisten vergaen ihre langjhrigen Fehden, um nur an ihren +gemeinsamen Protestantismus und an ihre gemeinsame Gefahr zu denken; +Theologen, die in der Schule Laud's gebildet waren, sprachen nicht nur +von Duldung, sondern sogar von Einigung. Der Erzbischof erlie bald nach +seiner Freisprechung einen Hirtenbrief, der eines der merkwrdigsten +Schriftstcke jener Zeit ist. Er hatte von Jugend auf mit den +Nonconformisten in Streit gelegen und sie mehrmals mit ungerechter und +unchristlicher Heftigkeit angegriffen. Sein Hauptwerk war eine hliche +Karrikatur auf die Calvinistische Theologie.[136] Er hatte fr den 30. +Januar, den Jahrestag der Hinrichtung Karl'sI., und fr den 29. Mai, +den Jahrestag der Rckkehr Karl'sII., Gebetsformulare abgefat, welche +so heftige Schmhungen gegen die Puritaner enthielten, da die Regierung +es fr nthig erachtet hatte, dieselben zu mildern. Jetzt aber war sein +Herz erweicht und geffnet. Er ermahnte die Bischfe und die Geistlichen +feierlich und eindringlich, ihren Brdern, den protestantischen +Dissenters, mit zarter Rcksicht zu begegnen, sie oft zu besuchen, sie +gastlich zu bewirthen, sich freundlich mit ihnen zu unterhalten und sie +womglich zum Anschlu an die Kirche zu bewegen, sich aber, wenn ihnen +dies nicht gelnge, in ihrem Wirken fr die segensreiche Sache der +Reformation herzlich und liebreich zu verbinden.[137] + +Viele fromme Leute dachten in spteren Jahren mit schmerzlicher +Sehnsucht an jene Zeit zurck. Sie schilderten dieselbe als den +flchtigen Schimmer eines goldenen Zeitalters zwischen zwei eisernen +Zeitaltern. Waren solche Klagen auch natrlich, so waren sie doch nicht +begrndet. Die Coalition von 1688 war und konnte nur das Erzeugni einer +an Wahnsinn grenzenden Tyrannei und einer alle groen Institutionen des +Landes gleichzeitig bedrohenden Gefahr sein. Da eine solche Coalition +seitdem nicht wieder vorgekommen, hat seinen Grund darin, weil noch nie +wieder so schlecht und verkehrt regiert worden ist. Man darf nicht +vergessen, da, wenn auch Eintracht an sich besser ist als Zwietracht, +doch Zwietracht das Zeichen besserer Zustnde sein kann als Eintracht +sie andeutet. Unglck und Gefahr zwingen die Menschen oft, sich zu +verbinden. Glck und Sicherheit bestimmen sie oft, sich zu trennen. + + [Anmerkung 136: Der +Fur Praedestinatus+.] + + [Anmerkung 137: Dieser Hirtenbrief findet sich in der ersten der + zwlf Sammlungen von Urkunden ber die englischen Angelegenheiten, + die zu Ende des Jahres 1688 und zu Anfang des Jahres 1689 gedruckt + wurden. Er wurde am 26. Juli, nicht ganz einen Monat nach dem + Prozesse erlassen. Um die nmliche Zeit uerte Lloyd von St. + Asaph gegen Heinrich Wharton, da die Bischfe ein ganz neues + Verfahren gegen die protestantischen Dissenters einzuschlagen + gedchten: +Omni modo curaturos, ut ecclesia sordibus et + corruptelis penitus exueretur; ut sectariis reformatis reditus in + ecclesiae sinum exoptati occasio ac ratio concederetur, si qui + sobrii et pii essent; ut pertinacibus interim jugum levaretur, + extinctis penitus legibus mulctatoriis. -- Excerpta ex Vita H. + Wharton.+] + + + + + Druck von Philipp Reclam jun. in Leipzig. + + + * * * * * + * * * * + * * * * * + + +Druckfehler und Unregelmssigkeiten + +Rechtschreibungsformen wie funfzig : fnfzig, Urtel : Urtheil +und Partein : Parteien sind ungendert. Die Namen Russel und +Russell sind ebenso ungendert (auch wenn es um die selbe Person +handelt). Einige doppelte Punkte wie + + [_Sir Patrick Hume und Sir Johann Cochrane._]. + +sind leise korrigiert. + +VII. Kapitel + + [Inhalt] + Wycherley, Tindal, Haines [Tintal] + Compton. -- Herbert. -- Churchill [Compten] + [Anm. VII.1] ... Van Kampen's ... Sir Jakob Mackintosh + [Van Kamper's, Makintosh] + Zeugen seiner Schmerzensausbrche [Schmerzensausbbrche] + [Anm. VII.5] ... j'ay en soin que M. Woodstoc + [_ungendert: Namen ist Woodstock_] + [Anm. VII.57] +Burnet I. 726--731+ [I.,] + [Anm. VII.63] ... jusqu' l'actuel payement. [j'usqu'] + Namens Johnstone [Johnestone] + die berreste des Ignatius Loyola [Loyla] + +VIII. Kapitel + + Heinrich's VI. und Heinrich's VIII. gebildet waren [Heinrichs VIII.] + Sie ... sind ... aus der Schrift heimschicken: Gehet hin ... + widerfahre. + [_anfhrungsszeichen ungendert_] + vierzig Fellow's [_' im Original_] + Von Whitehall war keine Antwort gekommen. [Withehall] + von Windsor nach Portsmouth [Portsmuth] + [Anm. VIII.34] ... Note zu Burnet I. 755 [I, 755] + [Anm. VIII.41] ... +Burnet I. 264+ [I, 264] + [Anm. VIII.45] ... 2.(12.) Dec. [2.(12. Dec.).] + [Anm. VIII.127] ... +Tanner MS.+ [Ms.] + durch Wilkes' Verfolgung [Wilke's] + + + + + + + +End of the Project Gutenberg EBook of Geschichte von England seit der +Thronbesteigung Jakob's des Zweiten., by Thomas Babington Macaulay + +*** END OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK GESCHICHTE VON ENGLAND--VIERTER BAND *** + +***** This file should be named 30331-8.txt or 30331-8.zip ***** +This and all associated files of various formats will be found in: + https://www.gutenberg.org/3/0/3/3/30331/ + +Produced by Louise Hope, Delphine Lettau, richyfourtytwo +and the Online Distributed Proofreading Team at +https://www.pgdp.net + + +Updated editions will replace the previous one--the old editions +will be renamed. + +Creating the works from public domain print editions means that no +one owns a United States copyright in these works, so the Foundation +(and you!) can copy and distribute it in the United States without +permission and without paying copyright royalties. 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Wenn die Apostrophe, Anführungs­zeichen +und die Umlaute in diesem Absatz als seltsame Zeichen dargestellt +werden, könnte es auch an Ihrem inkompa­tiblen Browser oder an +fehlenden Fonts (Zeichen­sätzen) liegen. Stellen Sie zunächst +sicher, dass der „Zeichensatz“ oder „Datei-Kodierung“ auf Unicode +(UTF-8) eingestellt ist. Eventuell ist es auch nötig, die +Standard­schrift Ihres Browser zu ändern.</p> + +<p>Einige Druckfehler sind korrigiert und mit <ins class = "correction" +title = "wie so">popups</ins> notiert. Recht­schreibungs­formen +wie »funfzig« : »fünfzig«, »Urtel« : »Urtheil« und »Partein« : +»Parteien« sind ungeändert. Die Namen »Russel« und »Russell« sind ebenso +ungeändert (auch wenn es um die selbe Person handelt).</p> + +<p class = "hanging"><a href = "#kap_VII">7. Kapitel</a><br> +<a href = "#inhalt_VII">Inhalt</a></p> + +<p class = "hanging"><a href = "#kap_VII">8. Kapitel</a><br> +<a href = "#inhalt_VIII">Inhalt</a></p> + + +</div> + +<div class = "titlepage"> + +<h2>Thomas Babington Macaulay’s</h2> + +<h1>Geschichte von England</h1> + + +<h6><em>seit der</em></h6> + +<p> </p> + +<h4>Thronbesteigung Jakob’s des Zweiten.</h4> + +<p> </p> + +<hr class = "tiny"> + +<p> </p> + +<h6><em>Aus dem Englischen.</em></h6> + +<p> </p> + +<hr class = "border"> + +<h5 class = "sans">Vollständige und wohlfeilste Stereotyp-Ausgabe.</h5> + +<hr class = "border"> + +<p> </p> + +<h5>Vierter Band</h5> + +<p> </p> + +<p class = "illustration"> +<img src = "images/floral.png" width = "178" height = "9" +alt = "----"></p> + +<h5>Leipzig, 1854.</h5> + +<h6 class = "extended">G. H. Friedlein.</h6> + +</div> + + +<a name = "kap_VII" id = "kap_VII"> </a> +<div class = "chapterhead"> + +<span class = "pagenum">VII.1</span> +<a name = "pageVII_1" id = "pageVII_1"> </a> + +<h5><b>Siebentes Kapitel.</b></h5> + +<h4><span class = "extended">Jakob</span> <b>II.</b></h4> + +<hr class = "tiny"> + +</div> + +<a name = "pageVII_2" id = "pageVII_2"> </a> + +<span class = "pagenum">VII.3</span> +<a name = "pageVII_3" id = "pageVII_3"> </a> + +<h4><a name = "inhalt_VII" id = "inhalt_VII"> +<b><span class = "extended">Inhalt</span>.</b></a></h4> + +<hr class = "micro"> + +<table class = "toc" summary = "inhaltsverzeichniss"> +<tr> +<td></td> +<td class = "seite">Seite</td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVII_1">Wilhelm, Prinz von Oranien</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_5">5</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVII_2">Sein Äußeres</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_5">5</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVII_3">Sein früheres Leben und seine +Erziehung</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_5">5</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVII_4">Seine religiösen Ansichten</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_7">7</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVII_5">Seine militairischen Talente</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_8">8</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVII_6">Sein Vergnügen an Gefahren; seine schlechte +Gesundheit</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_10">10</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVII_7">Kälte seines Benehmens und Heftigkeit +seiner Gemüthsregungen</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_10">10</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVII_8">Seine Freundschaft für Bentinck</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_10">10</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVII_9">Marie, Prinzessin von Oranien</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_12">12</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVII_10">Gilbert Burnet</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_14">14</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVII_11">Er vermittelt eine innigere Annäherung +zwischen dem Prinzen und der Prinzessin</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_17">17</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVII_12">Beziehungen Wilhelm’s zu den englischen +Parteien</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_18">18</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVII_13">Seine Gesinnungen gegen England</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_18">18</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVII_14">Seine Gesinnungen gegen Holland und +Frankreich</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_19">19</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVII_15">Seine Politik durchaus consequent</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_22">22</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVII_16">Vertrag von Augsburg</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_24">24</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVII_17">Wilhelm wird das Oberhaupt der englischen +Opposition</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_25">25</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVII_18">Mordaunt schlägt Wilhelm eine Landung in +England vor</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_26">26</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVII_19">Wilhelm verwirft den Rath</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_26">26</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVII_20">Unzufriedenheit in England nach dem Sturze +der Hyde</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_27">27</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVII_21">Bekehrungen zum Papismus; Peterborough, +Salisbury</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_27">27</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVII_22">Wycherley, <ins class = "correction" title += "Original hat »Tintal«">Tindal</ins>, Haines</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_28">28</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVII_23">Dryden</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_29">29</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVII_24"><span class = "antiqua">„The Hind and +Panther.“</span></a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_30">30</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVII_25">Änderung in dem Verfahren des Hofes gegen +die Puritaner</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_32">32</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVII_26">In Schottland theilweise Duldung +gewährt</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_35">35</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVII_27">Persönliche Bearbeitung Einzelner im +königlichen Kabinet</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_36">36</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVII_28">Erfolglosigkeit der persönlichen +Bearbeitung</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_37">37</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVII_29">Admiral Herbert</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_37">37</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVII_30">Die Indulgenzerklärung</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_37">37</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVII_31">Stimmung der protestantischen +Dissenters</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_39">39</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVII_32">Stimmung der anglikanischen Kirche</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_40">40</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVII_33">Der Hof und die Kirche</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_40">40</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVII_34">„Brief an einen Dissenter.“</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_42">42</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVII_35">Benehmen der Dissenters</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_43">43</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVII_36">Einige von ihnen halten es mit dem Hofe. +Care, Alsop, Rosewell</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_45">45</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVII_37">Lobb</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_46">46</a></td> +</tr> +<tr> +<td> +<span class = "pagenum">VII.4</span> +<a name = "pageVII_4" id = "pageVII_4"> </a> +<a href = "#secVII_38">Penn</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_46">46</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVII_39">Die Mehrzahl der Puritaner ist gegen den +Hof. Baxter</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_46">46</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVII_40">Howe</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_47">47</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVII_41">Bunyan</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_47">47</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVII_42">Kiffin</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_49">49</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVII_43">Der Prinz und die Prinzessin von Oranien +gegen die Indulgenzerklärung</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_52">52</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVII_44">Vertheidigung ihrer Ansichten bezüglich +der englischen Katholiken</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_53">53</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVII_45">Jakob’s Feindschaft gegen Burnet</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_57">57</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVII_46">Sendung Dykvelt’s nach England</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_59">59</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVII_47">Unterhandlungen Dykvelt’s mit englischen +Staatsmännern</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_59">59</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVII_48">Danby</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_60">60</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVII_49">Nottingham</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_60">60</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVII_50">Halifax</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_61">61</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVII_51">Devonshire</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_62">62</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVII_52">Eduard Russel</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_64">64</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVII_53"><ins class = "correction" title = +"Original hat »Compten«">Compton</ins>. -- Herbert. — +Churchill</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_65">65</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVII_54">Lady Churchill und die Prinzessin +Anna</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_66">66</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVII_55">Dykvelt kehrt mit Briefen von vielen +angesehenen Engländern nach dem Haag zurück</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_68">68</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVII_56">Zulestein’s Sendung</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_69">69</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVII_57">Zunehmende Feindschaft zwischen Jakob und +Wilhelm</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_70">70</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVII_58">Einfluß der holländischen Presse</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_71">71</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVII_59">Stewart’s und Fagel’s Correspondenz</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_71">71</a></td> +</tr> +<tr class = "bottomline"> +<td><a href = "#secVII_60">Castelmaine’s Gesandtschaft in Rom</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_72">72</a></td> +</tr> +<tr class = "toppad"> +<td><a href = "#kap_VIII">[<i>8. Kapitel</i>]</a></td> +<td></td> +</tr> +</table> + + +<span class = "pagenum">VII.5</span> +<a name = "pageVII_5" id = "pageVII_5"> </a> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Wilhelm, Prinz von Oranien.</span> +<a name = "secVII_1" id = "secVII_1">Wilhelm</a> Heinrich, Prinz von +Oranien-Nassau, nimmt in der Geschichte Englands und der gesammten +Menschheit eine so bedeutende Stelle ein, daß es wünschenswerth +erscheint, die markirten Züge seines Characters mit einiger +Ausführlichkeit zu zeichnen.<a class = "tag" name = "tagVII_1" id = +"tagVII_1" href = "#noteVII_1">1</a></p> + +<p class = "footnote"> +<a name = "noteVII_1" id = "noteVII_1" href = "#tagVII_1">1.</a> +Die Hauptquellen, aus denen ich meine Schilderung des Prinzen von +Oranien geschöpft habe, sind Burnet’s Geschichte, Temple’s und +Gourville’s Memoiren, die Unterhandlungen der Grafen Estrades und Avaux, +Sir Georg Downing’s Briefe an den Lordkanzler Clarendon, Wagenaar’s +umfangreiches Geschichtswerk, <ins class = "correction" title = +"Original hat »Van Kamper’s«">Van Kampen’s</ins> <span class = +"antiqua">Karakterkunde Vaderlandsche Geschiedenis</span>, und vor Allem +Wilhelm’s eigene vertrauliche Correspondenz, von welcher der Herzog von +Portland Sir Jakob <ins class = "correction" title = "Original hat »Makintosh«">Mackintosh</ins> eine Abschrift zu nehmen erlaubte.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Sein Äußeres.</span> +<a name = "secVII_2" id = "secVII_2">Er</a> stand jetzt in seinem +siebenunddreißigsten Lebensjahre, war aber körperlich und geistig älter +als andere Leute in diesen Jahren. Man könnte fast sagen, er sei niemals +jung gewesen. Sein Äußeres ist uns fast eben so gut bekannt, als seinen +eigenen Heerführern und Räthen. Bildhauer, Maler und Münzschneider haben +ihre ganze Geschicklichkeit aufgeboten, um seine Züge der Nachwelt zu +überliefern, und diese waren von der Art, daß kein Künstler sie +verfehlen und daß, wer sie einmal gesehen, sie nie vergessen konnte. +Sein Name erinnert uns sogleich an eine schmächtige und zarte Gestalt, +an eine hohe und breite Stirn, an eine wie der Schnabel eines Adlers +gebogene Nase, an ein Paar Augen, die an Glanz und Schärfe mit denen des +Adler wetteiferten, an eine gedankenvolle, etwas finstre Miene, einen +festen und etwas mürrischen Mund, an eine bleiche, eingefallene und +durch Krankheit und Sorgen tief gefurchte Wange. Dieses gedankenvolle, +ernste und feierliche Aussehen konnte kaum einem glücklichen und +lebensfrohen Manne angehört haben; aber es verräth in unverkennbarer +Weise die Befähigung zu den schwierigsten Unternehmungen und einen durch +kein Mißgeschick und durch keine Gefahren zu erschütternden Muth.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Sein früheres Leben und seine Erziehung.</span> +<a name = "secVII_3" id = "secVII_3">Die</a> Natur hatte Wilhelm mit +allen Eigenschaften eines großen Herrschers reich ausgestattet und die +Erziehung hatte diese Eigenschaften in nicht gewöhnlichem Grade +entwickelt. Mit einem scharfen natürlichen Verstande und einer seltenen +Willenskraft sah er sich, als sein Geist zu erwachen begann, als vater- +und mutterlose Waise, als das Oberhaupt einer großen, aber unterdrückten +und entmuthigten Partei und als den Erben ausgedehnter aber unbestimmter +Ansprüche, welche die Furcht und die Abneigung der damals in den +Niederlanden herrschenden Oligarchie erregten. Das gemeine Volk, +<span class = "pagenum">VII.6</span> +<a name = "pageVII_6" id = "pageVII_6"> </a> +das seit einem Jahrhundert seinem Hause treu ergeben war, bewies so oft +es ihn sah, auf nicht zu verkennende Weise, daß es ihn als sein +rechtmäßiges Oberhaupt betrachtete. Die geschickten und erfahrenen +Minister der Republik, die seinen Namen tödtlich haßten, brachten ihm +täglich ihre erzwungene Huldigung dar und beobachteten dabei die +Fortschritte seines Geistes. Die ersten Regungen seines Ehrgeizes wurden +sorgfältig bewacht, jedes unüberlegte Wort, das ihm entschlüpfte, wurde +niedergeschrieben, und er besaß nicht einen einzigen Rathgeber, auf +dessen Ausspruch Vertrauen gesetzt werden konnte. Er war kaum funfzehn +Jahre alt, so wurden alle Diener, die seinem Interesse ergeben waren und +die sein Vertrauen genossen, von der mißtrauischen Regierung aus seinem +Hause entfernt. Er sträubte sich dagegen mit einer weit über seine Jahre +hinausgehenden Energie, aber vergebens. Aufmerksame Beobachter sahen +mehr als einmal Thränen in den Augen des jungen Staatsgefangenen. Seine +von Haus aus zarte Gesundheit war eine Zeit lang durch die +Gemüthsbewegungen, die seine traurige und vereinsamte Stellung erzeugte, +ernstlich erschüttert. Eine solche Lage macht den Schwachen muthlos und +bestürzt, dem Starken giebt sie eine verdoppelte Kraft. Von Schlingen +umgeben, in denen ein gewöhnlicher Jüngling umgekommen sein würde, +lernte Wilhelm vorsichtig und zu gleicher Zeit energisch auftreten. +Schon lange bevor er das Mannesalter erreicht, verstand er es, +Geheimnisse zu bewahren, die Neugierde durch trockene und wohlüberlegte +Antworten abzutrumpfen und alle Leidenschaften unter dem nämlichen +Scheine ernster Ruhe zu verbergen. In der feinen Weltbildung und in +literarischen Kenntnissen machte er dagegen nur geringe Fortschritte. +Dem Benehmen des holländischen Adels jener Zeit fehlte die +liebenswürdige Anmuth, welche bei den gebildeten Franzosen in höchster +Vollkommenheit zu finden war und in geringerem Grade auch den englischen +Hof zierte; seine Manieren waren durchaus holländisch. Selbst seine +eigenen Landsleute nannten ihn plump, und Ausländern erschien er oft +noch mehr als dies. In seinem Verkehr mit der Welt im Allgemeinen schien +er jene Fertigkeiten, welche den Werth einer Gunstbezeugung erhöhen und +einer Verweigerung die Spitze abbrechen, nicht zu kennen oder sie zu +verschmähen. Die Literatur und die Wissenschaften interessirten ihn +wenig; er wußte nichts von den Entdeckungen eines Newton und Leibnitz, +von den Poesien eines Dryden und Boileau; dramatische Darstellungen +langweilten ihn und er war froh, wenn er den Blick von der Bühne +abwenden und von öffentlichen Angelegenheiten sprechen konnte, während +Orestes raste oder Tartüffe der Elmira die Hand drückte. Er besaß zwar +einiges Talent zu Sarkasmen und entfaltete nicht selten ganz unbewußt +eine sonderbar klingende, aber kräftige und originelle natürliche +Redekunst, aber nach den Titel eines Schöngeistes oder eines Redners +strebte er nicht. Seine ganze Aufmerksamkeit war auf diejenigen Studien +gerichtet gewesen, welche einen tüchtigen und umsichtigen Geschäftsmann +bilden. Von Kindheit an hörte er mit Interesse zu, wenn wichtige Fragen +über Bündnisse, Finanzen und Krieg besprochen wurden. Von der Geometrie +lernte er soviel als zum Bau einer Schanze oder eines Hornwerks nöthig +war. Von fremden Sprachen lernte er mit Hülfe seines ausgezeichneten +Gedächtnisses soviel als er bedurfte, um Alles, was mit ihm gesprochen +wurde, und jeden Brief, den er empfing, verstehen und beantworten zu +können. Das Holländische war seine Umgangssprache. Er verstand +Lateinisch, Italienisch +<span class = "pagenum">VII.7</span> +<a name = "pageVII_7" id = "pageVII_7"> </a> +und Spanisch, sprach und schrieb Französisch, Englisch und Deutsch, zwar +nicht elegant und grammatisch richtig, aber fließend und verständlich. +Keine Fähigkeit konnte wichtiger sein für einen Mann, der dazu bestimmt +war, große Bündnisse zu organisiren und Armeen zu commandiren, die aus +verschiedenen Nationalitäten zusammengesetzt waren.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Seine religiösen Ansichten.</span> +<a name = "secVII_4" id = "secVII_4">Eine</a> Klasse von philosophischen +Fragen war durch die Umstände seiner Aufmerksamkeit dringend empfohlen +worden und scheint ihn mehr interessirt zu haben, als man es von seinem +allgemeinen Character hätte erwarten sollen. Die Protestanten der +Vereinigten Provinzen bestanden wie die unsrer Insel aus zwei großen +religiösen Partein, welche zwei großen politischen Parteien fast genau +entsprachen. Die Oberhäupter der städtischen Oligarchie waren Arminianer +und wurden im Allgemeinen von der Menge als nicht viel besser denn +Papisten betrachtet. Die Prinzen von Oranien waren gewöhnlich die +Schutzpatrone der calvinistischen Theologie gewesen und verdankten +keinen geringen Theil ihrer Popularität ihrem Eifer für die Lehren von +der Gnadenwahl und dem endlichen Beharren, einem Eifer, der nicht immer +durch Kenntnisse erleuchtet oder durch Humanität gemäßigt war. Wilhelm +war von Kindheit auf in dem theologischen System, dem seine Familie +anhing, sorgfältig unterrichtet worden, und betrachtete dieses System +mit größerer Vorliebe, als man in der Regel für seinen ererbten Glauben +hegt. Er hatte über die großen Probleme, welche auf der Synode von +Dortrecht erörtert worden waren, nachgedacht und in der strengen, +unbeugsamen Logik der genfer Schule etwas gefunden, was seinem Verstande +und seinem Gemüth zusagte. Das Beispiel von Unduldsamkeit, das einige +seiner Vorgänger gegeben, ahmte er jedoch niemals nach; er empfand gegen +alle Verfolgung eine entschiedene Abneigung, die er nicht allein da +aussprach, wo ein solches Eingeständniß offenbar staatsklug war, sondern +auch in Fällen, wo es den Anschein hatte, daß sein Interesse durch +Verstellung oder Stillschweigen hätte gefördert werden können. +Gleichwohl waren seine theologischen Ansichten noch entschiedener als +die seiner Vorgänger. Die Lehre von der Prädestination war der +Grundstein seiner Religion. Er erklärte oft, daß wenn er diese Lehre +aufgeben müßte, er zugleich mit derselben allen Glauben an eine waltende +Vorsehung aufgeben und ein reiner Epikuräer werden müßte. Diesen +einzigen Punkt ausgenommen, wurde die ganze Fülle seines kräftigen +Geistes frühzeitig von dem Theoretischen ab und auf das Praktische +gelenkt. Die Fähigkeiten, deren es zur Leitung wichtiger Geschäfte +bedarf, gediehen bei ihm schon in einem Alter zur Reife, wo sie sich bei +gewöhnlichen Menschen kaum erst zu entfalten begonnen haben. Seit +Octavius hatte die Welt kein solches Beispiel frühzeitiger +staatsmännischer Befähigung gesehen. Erfahrene Diplomaten erstaunten +über die treffenden Bemerkungen, die der siebzehnjährige Prinz über +öffentliche Angelegenheiten machte, und mit noch weit größerem Erstaunen +sahen sie diesen Knaben in Lagen, wo man hätte erwarten sollen, daß er +starke Leidenschaften verrathen werde, eine eben so unerschütterliche +Ruhe bewahren, wie sie selbst. Mit achtzehn Jahren saß er bereits unter +den Vätern der Republik, ernst, besonnen und einsichtsvoll wie der +Älteste unter ihnen. Mit zweiundzwanzig Jahren ward er an einem Tage der +Trauer und des Schreckens an die Spitze der Verwaltung gestellt. Mit +dreiundzwanzig Jahren war er durch ganz Europa als Feldherr und +Staatsmann berühmt. Er hatte innere Factionen niedergeworfen, +<span class = "pagenum">VII.8</span> +<a name = "pageVII_8" id = "pageVII_8"> </a> +war die Seele einer mächtigen Coalition und hatte im Felde gegen einige +von den größten Generälen seiner Zeit mit Ehren gefochten.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Seine militairischen Talente.</span> +<a name = "secVII_5" id = "secVII_5">Seine</a> persönlichen Neigungen +waren mehr die eines Kriegers als die eines Staatsmannes, aber wie sein +Urgroßvater, der schweigsame Prinz, der die batavische Republik +gründete, nimmt er unter den Staatsmännern einen viel höheren Rang ein +als unter den Feldherren. Der Verlauf der Schlachten ist allerdings kein +untrüglicher Prüfstein für die Talente eines Befehlshabers, und es würde +ganz besonders ungerecht sein, wollte man diesen Prüfstein bei Wilhelm +anwenden, denn das Schicksal wollte, daß er fast stets Feldherren, +welche vollendete Meister in ihrer Kunst, und Truppen gegenüberstand, +welche in der Disciplin den seinigen weit überlegen waren. Indessen läßt +sich mit gutem Grunde annehmen, daß er als General im offenen Felde +Manchem, der in geistiger Beziehung tief unter ihm stand, keineswegs +gleichkam. Mit Leuten, die sein Vertrauen besaßen, sprach er über diesen +Gegenstand mit der edlen Offenheit eines Mannes, der Großes vollbracht +hat und der recht wohl auch einige Mängel eingestehen kann. Er sagte, er +habe keine Lehrzeit für den militairischen Beruf bestanden; er sei schon +als Knabe an die Spitze einer Armee gestellt worden, unter seinen +Offizieren habe sich keiner befunden, der fähig gewesen wäre, ihn zu +unterweisen; nur aus seinen eigenen Fehlern und deren Folgen habe er +etwas lernen können. „Ich würde einen guten Theil meines Vermögens darum +geben,“ rief er einmal aus, „wenn ich einige Feldzüge unter dem Prinzen +von Condé mitgemacht hätte, ehe ich gegen ihn commandiren mußte.“ Es ist +nicht unwahrscheinlich, daß der Umstand, welcher Wilhelm verhinderte, +eine ausgezeichnete strategische Bildung zu erlangen, der allgemeinen +Entwickelung seiner Geisteskräfte zu Gute gekommen ist. Bewiesen seine +Schlachten auch nicht den großen Taktiker, so berechtigten sie ihn doch +zu dem Titel eines großen Mannes. Kein Mißgeschick konnte ihn nur einen +Augenblick seiner Festigkeit und des vollständigen Besitzes aller seiner +Fähigkeiten berauben. Seine Niederlagen wurden mit einer so wunderbaren +Schnelligkeit wieder gut gemacht, daß er, noch ehe seine Feinde das +Tedeum gesungen hatten, schon wieder zum Kampfe gerüstet war; auch +beeinträchtigten solche Schläge in keiner Weise die Achtung und das +Vertrauen, dessen er sich von Seiten seiner Soldaten erfreute. Diese +Achtung und dieses Vertrauen verdankte er in nicht geringem Maße seinem +persönlichen Muthe. Den Grad von Muth, dessen der Soldat bedarf, um +einen Feldzug ohne Schande zu bestehen, besitzen die meisten Menschen +oder wenigstens können sie denselben in einer guten Schule erlangen. Ein +Muth wie der des Prinzen Wilhelm aber ist in der That selten. Er wurde +auf jede nur mögliche Weise geprüft, durch Krieg, durch Wunden, durch +schmerzhafte und entnervende Krankheiten, durch Seestürme, durch die +beständig drohende Gefahr, ermordet zu werden, eine Gefahr, die schon +sehr starke Nerven erschüttert hat und durch welche selbst die eiserne +Tapferkeit Cromwell’s einen harten Stoß erhielt. Aber Niemand konnte je +etwas entdecken, was der Prinz von Oranien fürchtete. Seine Rathgeber +konnten ihn nur mit Mühe dazu bringen, daß er einige Vorsichtsmaßregeln +gegen die Pistolen und Dolche von Verschwörern ergriff.<a class = "tag" +name = "tagVII_2" id = "tagVII_2" href = "#noteVII_2">2</a> Alte +Seeleute erstaunten über die kaltblütige Ruhe, die er +<span class = "pagenum">VII.9</span> +<a name = "pageVII_9" id = "pageVII_9"> </a> +inmitten tobender Brandungen an einer gefahrvollen Küste bewahrte. In +der Schlacht zeichnete ihn seine Tapferkeit unter Zehntausenden tapferer +Krieger aus, erweckte die hochherzige Anerkennung selbst der feindlichen +Heere und wurde selbst von der Unbilligkeit feindlicher Factionen nie +bestritten. Während seiner ersten Feldzüge setzte er sich der Gefahr +aus, als ob er den Tod gesucht hätte, war beim Angriff stets der Erste, +beim Rückzug der Letzte, kämpfte mit dem Schwerte in der Hand im +dichtesten Gewühl, und mit einer Flintenkugel im Arm, den Harnisch von +Blut überströmt, hielt er noch immer Stand und schwenkte im +furchtbarsten Feuer seinen Hut. Seine Freunde beschworen ihn, er solle +doch sein für das Vaterland unschätzbares Leben mehr schonen. Sein +berühmtester Gegner, der große Condé, bemerkte nach der blutigen +Schlacht von Seneff, der Prinz von Oranien habe sich in jeder Beziehung +wie ein alter General benommen, nur in sofern nicht, als er sich wie ein +junger Soldat ausgesetzt. Wilhelm leugnete, daß er sich der Tollkühnheit +schuldig gemacht habe. Er stelle sich, meinte er, nur aus Pflichtgefühl +und aus kalter Berechnung dessen, was das öffentliche Interesse +erheische, immer auf den Posten der Gefahr. Die Truppen, die er +befehlige, seien wenig an den Krieg gewöhnt und fürchteten ein +Handgemenge mit den französischen Veteranen; es sei daher nöthig, daß +ihr Anführer ihnen zeige, wie man Schlachten gewinnt. Und in der That +wurde auch mehr als eine Schlacht, welche rettungslos verloren schien, +noch durch die Kühnheit gewonnen, mit der er seine zersprengten +Bataillone sammelte und eigenhändig die Memmen niederhieb, welche das +Beispiel zur Flucht gaben. Zuweilen sah es jedoch ganz so aus, als ob er +ein eignes Vergnügen daran finde, sein Leben zu gefährden. Es wurde +bemerkt, daß er nie heiterer, freundlicher und liebenswürdiger war, als +im blutigen Getümmel der Schlacht. Selbst bei seinen Zerstreuungen +liebte er das Aufregende der Gefahr. Kartenspiele, Schach und Billard +machten ihm kein Vergnügen; seine Lieblingserholung war die Jagd, und +die gefährlichste war ihm die liebste. Er machte oft Sätze, daß seine +kühnsten Begleiter nicht Lust hatten, ihm zu folgen. Selbst die +verwegensten Sportvergnügungen Englands scheint er für weibisch gehalten +zu haben, und im großen Parke von Windsor sehnte er sich nach dem Wilde, +das er in den Forsten von Geldern zu jagen gewohnt war, nach Wölfen, +Ebern und riesigen Sechzehnendern.<a class = "tag" name = "tagVII_3" id += "tagVII_3" href = "#noteVII_3">3</a></p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVII_2" id = "noteVII_2" href = "#tagVII_2">2.</a> +Nach dem Frieden von Ryswick drangen die Freunde Wilhelm’s in ihn, mit +dem französischen Gesandten ganz ernstlich über die Mordanschläge zu +sprechen, welche die Jakobiten von St. Germain beständig schmiedeten. +Die kaltblütige Hochherzigkeit, mit der er diese Warnungen vor Gefahr +aufnahm, ist besonders characteristisch. Dem Grafen Bentinck, der von +Paris sehr beunruhigende Nachrichten gemeldet hatte, antwortete er nur +am Schlusse eines langen Geschäftsbriefes: <span class = "antiqua">„Pour +les assasins je ne luy en ay pas voulu parler, croiant que c’etoit au +desous de moy.</span>“ — 2.(12.) Mai 1698. Ich habe die +Orthographie des Originals, wenn von einer solchen überhaupt die Rede +sein kann, beibehalten.</p> + +<p><a name = "noteVII_3" id = "noteVII_3" href = "#tagVII_3">3.</a> +Von Windsor schrieb er an Bentinck, damals Gesandten in Paris: <span +class = "antiqua">„J’ay pris avant hier un cerf dans la forest avec les +chains du Pr. de Denm. et ay fait un assez jolie chasse, autant, que ce +vilain paiis le permest.“</span> — 20. März (1. April) 1698. Die +Orthographie ist schlecht, aber nicht schlechter als die Napoleon’s. In +besserer Stimmung schrieb Wilhelm von Loo aus: <span class = +"antiqua">„Nous avons pris deux cerfs, le premier dans Dorewaert, qui +est un des plus gros que je sache avoir jamais pris. Il porte +seize.“</span> — 25. Oct. (4. Nov.) 1697.</p> +</div> + +<span class = "pagenum">VII.10</span> +<a name = "pageVII_10" id = "pageVII_10"> </a> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Sein Vergnügen an Gefahren; seine schlechte Gesundheit.</span> +<a name = "secVII_6" id = "secVII_6">Seine</a> Tollkühnheit war um so +merkwürdiger, da er von ungemein zarter Körperconstitution war. Er war +von früher Jugend an schwächlich und kränklich gewesen, und im ersten +Mannesalter waren seine Leiden durch einen heftigen Pockenanfall noch +verschlimmert worden. Er war engbrüstig und schwindsüchtig. Sein +schwächlicher Körper wurde durch einen beständigen heiseren Husten +erschüttert. Er konnte nicht schlafen, wenn sein Kopf nicht durch +mehrere Kissen unterstützt wurde, und nur in der reinsten Luft konnte er +ohne Beschwerden athmen. Dabei quälten ihn oft heftige Kopfschmerzen. +Körperliche Anstrengungen ermüdeten ihn sehr bald. Die Ärzte pflegten +die Hoffnung seiner Feinde dadurch aufrecht zu erhalten, daß sie einen +Termin festsetzten, über den hinaus, wenn sich überhaupt irgend etwas in +der Wissenschaft mit Sicherheit bestimmen lasse, sein zerrütteter +Organismus unmöglich ausdauern könnte. Dennoch verließ seinen Geist +während seines ganzen Lebens, das nur eine lange Krankheit war, bei +keiner wichtigen Gelegenheit die nöthige Kraft, um seinen leidenden und +siechen Körper aufrecht zu erhalten.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Kälte seines Benehmens und Heftigkeit seiner Gemüthsregungen.</span> +<a name = "secVII_7" id = "secVII_7">Er</a> war mit heftigen +Leidenschaften und mit leichter Reizbarkeit geboren; aber die Welt hatte +keine Ahnung von der Stärke seiner Gemüthsaffecte. Vor den Blicken der +Menge verbarg er seine Freude und seinen Kummer, seine Zuneigung und +seinen Groll unter einer phlegmatischen Ruhe, die ihm den Ruf des +kaltblütigsten und gleichgültigsten Menschen verschaffte. Wer ihm eine +gute Nachricht brachte, konnte selten ein Zeichen von Freude entdecken; +wer ihn nach einer Niederlage sah, spähte umsonst nach einer Spur von +Unmuth. Er lobte und tadelte, belohnte und bestrafte mit der kalten +Gelassenheit eines Mohawkhäuptlings; aber wer ihn genauer kannte und ihn +näher betrachtete, der bemerkte wohl, daß unter dieser Eisrinde +beständig ein ungestümes Feuer brannte. Nur selten raubte der Zorn ihm +seine Selbstbeherrschung; wenn er aber einmal in Wuth gerieth, so war +der erste Ausbruch seiner Leidenschaft furchtbar. Es war dann in der +That nicht rathsam, ihm zu nahe zu kommen. In diesen seltenen Fällen +jedoch gab er, sobald er seine Selbstbeherrschung wieder erlangt hatte, +Denen, die er beleidigt, so vollständige Genugthuung, daß sie sich fast +zu dem Wunsche versucht fühlten, er möchte aufs neue in Wuth gerathen. +Seine Liebe war nicht minder stürmisch als sein Zorn. Wo er einmal +liebte, da liebte er mit der ganzen Kraft seiner starken Seele. Wenn der +Tod ihn von einem geliebten Wesen trennte, fürchteten die wenigen Zeugen +seiner <ins class = "correction" title = "Original hat »Schmerzensausbbrüche«">Schmerzensausbrüche</ins> für seinen Verstand +und für sein Leben. Einem sehr kleinen Kreise intimer Freunde gegenüber, +auf deren Treue und Verschwiegenheit er sich unbedingt verlassen konnte, +war er ein ganz andrer Mensch als der verschlossene und stoische +Wilhelm, dem die Menge jedes menschliche Gefühl absprach. In ihrer +Gesellschaft war er freundlich, gemüthlich, offenherzig, selbst gesellig +und witzig, konnte Stunden lang bei Tische sitzen und vollen Antheil an +einer heiteren Unterhaltung nehmen.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Seine Freundschaft für Bentinck.</span> +<a name = "secVII_8" id = "secVII_8">Am</a> höchsten in seiner Gunst +stand ein Kavalier seines Hofstaates, Namens Bentinck, der aus einem +edlen batavischen Geschlecht stammte und der Gründer eines der großen +patrizischen Häuser Englands werden sollte. Bentinck’s Treue hatte sich +in nicht gewöhnlicher Weise erprobt. Zu der Zeit, als die Vereinigten +<span class = "pagenum">VII.11</span> +<a name = "pageVII_11" id = "pageVII_11"> </a> +Provinzen gegen die Macht Frankreichs um ihre Existenz kämpften, wurde +der junge Prinz, auf dem alle ihr Hoffnungen ruhten, von den Pocken +befallen. Diese Krankheit hatte bei mehreren Mitgliedern seiner Familie +einen tödtlichen Ausgang genommen und zeigte auch bei ihm anfangs einen +sehr bösartigen Character. Die Bestürzung des Volks war groß. Von früh +bis Abends waren die Straßen im Haag mit Leuten angefüllt, die sich +ängstlich nach dem Befinden Seiner Hoheit erkundigten. Endlich nahm das +Übel eine günstige Wendung. Seine Genesung wurde zum Theil seinem eignen +Gleichmuth, zum Theil der unerschrockenen und unermüdlichen Freundschaft +Bentinck’s zugeschrieben. Nur aus seinen Händen nahm Wilhelm Speisen und +Arzneien an; er allein hob ihn aus dem Bette und legte ihn wieder +hinein. „Ich weiß nicht, ob Bentinck während meiner Krankheit geschlafen +hat oder nicht,“ sagte Wilhelm mit inniger Rührung zu Temple; „soviel +aber weiß ich, daß ich in den sechzehn Tagen und Nächten nicht ein +einziges Mal etwas verlangte, ohne daß Bentinck augenblicklich an meiner +Seite gewesen wäre.“ Bevor der treue Diener seine Aufgabe ganz vollendet +hatte, wurde er selbst angesteckt. Trotzdem überwand er noch immer +Müdigkeit und Fieberschauer, bis sein Gebieter als Reconvalescent +erklärt wurde. Jetzt endlich bat er um Erlaubniß, nach Hause gehen zu +dürfen. Es war die höchste Zeit, denn seine Füße wollten ihn nicht mehr +tragen. Er kam in die größte Gefahr, genas aber und eilte, sobald er das +Bett verlassen konnte, zur Armee, wo er in vielen heißen Feldzügen immer +dicht an Wilhelm’s Seite gefunden ward, wie er es in einer Gefahr andrer +Art gewesen.</p> + +<p>Dies war der Ursprung einer so innigen und reinen Freundschaft wie +irgend eine, von der uns die alte oder neue Geschichte erzählt. Die +Nachkommen Bentinck’s bewahren noch heute viele Briefe auf, die Wilhelm +an ihren Ahnherrn geschrieben, und es ist nicht zuviel gesagt, wenn man +behauptet, daß wer diese Briefe nicht gelesen hat, sich keinen richtigen +Begriff von dem Character des Prinzen bilden kann. Der Mann, den selbst +seine Verehrer in der Regel für den zurückhaltendsten und frostigsten +Menschen hielten, vergißt hier jeden Rangunterschied und schüttet alle +seine Gedanken mit der Offenherzigkeit eines Schulknaben aus. Ohne +Rückhalt theilt er Geheimnisse von der höchsten Wichtigkeit mit und legt +mit der größten Einfachheit umfassende Pläne vor, welche alle +Regierungen Europa’s berührten. Mit seinen Mittheilungen über solche +Dinge verbindet er Mittheilungen von ganz andrer, aber vielleicht nicht +weniger interessanter Art. Alle seine Abenteuer, alle seine persönlichen +Ansichten, seine langen Jagdritte nach gewaltigen Hirschen, seine Gelage +am St. Hubertustage, das Gedeihen seiner Anpflanzungen, das Mißrathen +seiner Melonen, der Zustand seines Gestüts, der Wunsch, einen frommen +Zelter für seine Gemahlin zu erlangen, sein Verdruß, als er erfährt, daß +einer seiner Kavaliere, nachdem er ein Mädchen aus guter Familie +unglücklich gemacht, sich weigert, sie zu heirathen, seine Anfälle von +Seekrankheit, sein Husten, seine Kopfschmerzen, seine andächtigen +Stimmungen, seine Dankbarkeit für den göttlichen Schutz nach Errettung +aus einer großen Gefahr, seine Anstrengungen, sich nach einem +Unglücksfalle dem göttlichen Willen zu unterwerfen, dies Alles ist darin +mit einer liebenswürdigen Redseligkeit geschildert, die man von dem +verschwiegensten und ernstesten Staatsmanne jener Zeit kaum erwarten +sollte. Noch auffallender sind die sorglosen Ergüsse seiner Zärtlichkeit +und die brüderliche Theilnahme, +<span class = "pagenum">VII.12</span> +<a name = "pageVII_12" id = "pageVII_12"> </a> +die er an seines Freundes häuslichem Glücke nimmt. Als Bentinck ein Erbe +geboren wurde, sagte Wilhelm: „Ich hoffe, er wird ein so braver Mann +werden als Sie einer sind, und sollte ich einen Sohn bekommen, so werden +unsere Kinder einander hoffentlich ebenso lieben, wie wir uns geliebt +haben.“<a class = "tag" name = "tagVII_4" id = "tagVII_4" href = +"#noteVII_4">4</a> Während seines ganzen Lebens blickte er mit +väterlicher Liebe auf die kleinen Bentincks. Er ruft sie bei den +zärtlichsten Diminutiven, er sorgt für sie in ihres Vaters Abwesenheit, +und so schwer es ihm wird, ihnen ein Vergnügen zu versagen, so will er +sie doch nicht an einer Jagdpartie teilnehmen lassen, wo ihnen die +Gefahr droht, von einem Hirsche gestoßen zu werden, noch ihnen erlauben, +bei einem Abendschmause bis spät in die Nacht hinein zu verweilen.<a +class = "tag" name = "tagVII_5" id = "tagVII_5" href = +"#noteVII_5">5</a> Als ihre Mutter während der Abwesenheit ihres Gatten +krank wird, findet Wilhelm inmitten der wichtigsten und dringendsten +Staatsgeschäfte noch soviel Zeit, um an einem Tage mehrere expresse +Boten mit kurzen Briefen abzuschicken, in denen er von ihrem Zustande +Nachricht giebt.<a class = "tag" name = "tagVII_6" id = "tagVII_6" href += "#noteVII_6">6</a> Einmal als sie nach einem heftigen Anfall außer +Gefahr erklärt wird, ergießt sich der Prinz in die wärmsten +Dankesbezeigungen gegen Gott. „Ich schreibe,“ sagt er, „mit Thränen der +Freude in den Augen.“<a class = "tag" name = "tagVII_7" id = "tagVII_7" +href = "#noteVII_7">7</a> Es liegt ein eigner Reiz in diesen Briefen von +der Hand eines Mannes, dessen Alles überwältigende Energie und +unbeugsame Festigkeit selbst seinen Feinden Achtung abnöthigte, dessen +kaltes und unfreundliches Benehmen in den meisten seiner Anhänger keine +innigere Zuneigung aufkommen ließ und dessen Geist beständig mit +gigantischen Plänen beschäftigt war, welche die Gestalt der Welt +veränderten.</p> + +<p>Seine Güte ward keinem Unwürdigen zu Theil. Temple hatte frühzeitig +Bentinck für den besten und treuesten Diener erklärt, den je ein Fürst +zu besitzen das Glück hatte, und er verdiente diesen ehrenvollen Titel +sein ganzes Leben hindurch. Die beiden Freunde waren in der That wie für +einander geschaffen. Wilhelm bedurfte weder eines Führers noch eines +Schmeichlers. Da er ein festes und wohlbegründetes Vertrauen in sein +eignes Urtheil setzte, so war er kein Freund von Rathgebern, die ihn mit +Vorschlägen und Einwendungen überhäuften. Zu gleicher Zeit besaß er eine +zu scharfe Unterscheidungsgabe und einen zu edlen Sinn, als daß er an +Schmeicheleien hätte Vergnügen finden können. Der Vertraute eines +solchen Fürsten mußte ein Mann sein nicht von erfinderischem Genie oder +von gebieterischem Character, aber bieder und treu, im Stande, jeden +Befehl pünktlich zu vollziehen, Geheimnisse unverbrüchlich zu bewahren, +Ereignisse umsichtig zu beobachten und treulich zu berichten. Und ein +solcher Mann war Bentinck.</p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVII_4" id = "noteVII_4" href = "#tagVII_4">4.</a> +3. März 1679.</p> + +<p><a name = "noteVII_5" id = "noteVII_5" href = "#tagVII_5">5.</a> +<span class = "antiqua">„Voilà en peu de mot le détail de nostre St. +Hubert. Et j’ay en soin que M. <ins class = "correction" title = +"ungeändert">Woodstoc</ins></span> (Bentinck’s ältester Sohn) <span +class = "antiqua">n’a point esté à la chasse, bien moin au soupé, +quoyqu’il fut icy. Vous pouvez pourtant croire que de n’avoir pas chassé +l’a un peu mortifié, mais je ne l’ay pas ausé prendre sur moy, puisque +vous m’aviez dit que vous ne le souhaitiez pas.“</span> — Von Loo, +4. Nov. 1697.</p> + +<p><a name = "noteVII_6" id = "noteVII_6" href = "#tagVII_6">6.</a> +Am 15. Juni 1688.</p> + +<p><a name = "noteVII_7" id = "noteVII_7" href = "#tagVII_7">7.</a> +6. Sept. 1679.</p> +</div> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Marie, Prinzessin von Oranien.</span> +<a name = "secVII_9" id = "secVII_9">Wilhelm</a> war in der Ehe nicht +weniger glücklich als in der Freundschaft. Anfangs hatte jedoch +<span class = "pagenum">VII.13</span> +<a name = "pageVII_13" id = "pageVII_13"> </a> +seine Ehe kein besonderes häusliches Glück versprochen. Seine Wahl war +hauptsächlich durch politische Rücksichten bestimmt worden, und es sah +nicht wahrscheinlich aus, daß zwischen einem hübschen sechzehnjährigen +Mädchen, die zwar ein sanftes Gemüth und natürlichen Verstand besaß, im +übrigen aber unwissend und einfach war, und einem Bräutigam, der, obwohl +noch nicht ganz achtundzwanzig Jahr alt, doch seinem körperlichen +Zustande nach älter war als ihr Vater, der ein kaltes, abstoßendes +Benehmen hatte und dessen Kopf beständig mit Staatsgeschäften und +Sportvergnügungen angefüllt war, eine innige Zuneigung würde entstehen +können. Eine Zeit lang vernachlässigte Wilhelm seine Gemahlin, indem er +durch andere Frauen von ihr abgezogen wurde, besonders durch eine ihrer +Hofdamen, Namens Elisabeth Villiers, welche Talente besaß, die sie wohl +geeignet machten, seine Sorgen zu theilen, obgleich sie aller +persönlichen Reize entbehrte und sogar durch ein häßliches Schielen +entstellt war.<a class = "tag" name = "tagVII_8" id = "tagVII_8" href = +"#noteVII_8">8</a> Er schämte sich zwar seiner Fehler und bemühte sich +nach Kräften, sie zu verbergen, aber trotz aller Vorsicht wußte Marie +wohl, daß er ihr nicht ganz treu war. Spione und Ohrenbläser thaten auf +Anregen ihres Vaters ihr Möglichstes, um ihren Zorn zu entflammen. Ein +Mann von ganz andrem Character, der vortreffliche Ken, der mehrere +Monate lang im Haag ihr Kaplan war, wurde so aufgebracht durch die ihr +widerfahrenden Kränkungen, daß er mit mehr Eifer als Besonnenheit +drohte, ihren Gemahl ernstlich zur Rede zu setzen.<a class = "tag" name += "tagVII_9" id = "tagVII_9" href = "#noteVII_9">9</a> Sie selbst ertrug +jedoch alles Unrecht mit einer Sanftmuth und Geduld, welche ihr nach und +nach Wilhelm’s Achtung und Dankbarkeit erwarben. Indessen war auch noch +eine andre Ursache der Entfremdung vorhanden. Es kam ohne Zweifel eine +Zeit, wo die Prinzessin, welche nur zu Stickereiarbeiten, zum +Spinetspiel und zum Lesen der Bibel und der „Pflichten des Menschen“ +erzogen war, das Oberhaupt einer großen Monarchie wurde und das +Gleichgewicht Europa’s in ihrer Hand ruhte, während ihr ehrgeiziger, +geschäftskundiger und beständig auf große Unternehmungen sinnender +Gemahl bei der britischen Regierung keine vorausbestimmte Stelle für +sich fand und nur durch ihre Güte und so lange es ihr gefiel Macht +ausüben konnte. Es kann nicht befremden, daß ein Mann, der die Gewalt so +liebte wie Wilhelm, und der sich seines Herrschergenies so bewußt war, +in hohem Maße die Eifersucht empfand, die während eines Königthums von +wenigen Stunden zwischen Guildford Dudley und Lady Johanna Zwietracht +hervorrief und einen noch viel tragischeren Bruch zwischen Darnley und +der Königin von Schottland herbeiführte. Die Prinzessin von Oranien +hatte nicht die leiseste Ahnung von den Gefühlen ihres Gemahls. Ihr +Lehrer, der Bischof Compton, hatte sie in der Religion sorgfältig +unterrichtet und ihr Gemüth namentlich gegen die Künste der +römisch-katholischen Theologen gestählt, sie aber in völliger Unkenntniß +der englischen Verfassung und ihrer eignen Stellung gelassen. Sie wußte, +daß ihr eheliches Gelübde sie zum Gehorsam gegen ihren Gemahl +verpflichtete und es war ihr nie in den Sinn gekommen, daß dieses +gegenseitige Verhältniß einmal umgekehrt werden könnte. Sie war bereits +neun Jahre vermählt, ehe sie die Ursache +<span class = "pagenum">VII.14</span> +<a name = "pageVII_14" id = "pageVII_14"> </a> +von Wilhelm’s Verstimmung entdeckte, und von ihm selbst würde sie +dieselbe auch nie erfahren haben. In Folge seiner ganzen Gemüthsart +brütete er eher über die ihn niederdrückenden Sorgen, als daß er +denselben einen Ausdruck gab, und in diesem speciellen Falle wurde sein +Mund durch ein ganz natürliches Zartgefühl versiegelt. Endlich aber kam +durch die Vermittelung Gilbert Burnet’s eine vollkommene Verständigung +und Aussöhnung zu Stande.</p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVII_8" id = "noteVII_8" href = "#tagVII_8">8.</a> +Siehe Swift’s Bericht über sie im <span class = "antiqua">Journal to +Stella</span>.</p> + +<p><a name = "noteVII_9" id = "noteVII_9" href = "#tagVII_9">9.</a> +Heinrich Sidney’s Tagebuch vom 31. März 1680 in Mr. Blencowe’s +interessanter Sammlung.</p> +</div> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Gilbert Burnet.</span> +<a name = "secVII_10" id = "secVII_10">Burnet</a>’s Ruf ist mit +auffallender Böswilligkeit und Hartnäckigkeit angegriffen worden. Der +Angriff begann schon frühzeitig in seinem Leben und wird noch jetzt mit +unverminderter Heftigkeit fortgesetzt, obgleich er bereits über ein und +ein Viertel Jahrhundert im Grabe liegt. Allerdings ist er auch für den +Parteihaß und den muthwilligen Spott eine Zielscheibe, wie sie sich +keine bessere wünschen können, denn die Mängel seines Verstandes und +seines Characters liegen klar am Tage und können Niemandem entgehen. Es +waren jedoch nicht die Fehler, welche man als seinen Landsleuten eigen +zu betrachten pflegt. Er allein unter den vielen Schotten, die sich in +England zu Auszeichnung und Wohlstand emporgeschwungen haben, hatte den +Charakter, welchen Satiriker, Romanschreiber und Schauspieldichter +allgemein den irischen Abenteurern zuschreiben. Seine physische +Lebendigkeit, seine Ruhmredigkeit, seine unverhohlene Eitelkeit, seine +Faseleien, seine herausfordernde Indiscretion und seine kecke +Dreistigkeit boten den Tories unerschöpflichen Stoff zu Spötteleien. +Auch unterließen seine Feinde nicht, ihm nebenbei über seine breiten +Schultern, seine dicken Waden und sein Glück in Heirathsspekulationen +auf verliebte reiche Wittwen mehr witzige als artige Complimente zu +machen. Obwohl jedoch Burnet in vieler Beziehung dem Spott und selbst +dem Tadel Blößen darbot, so verdiente er doch keineswegs eine solche +Geringschätzung. Er besaß einen regen Geist, einen unermüdlichen Fleiß +und eine vielseitige, ausgedehnte Belesenheit. Er war zu gleicher Zeit +Geschichtsschreiber, Alterthumsforscher, Theolog, Prediger, +Tagesschriftsteller, Polemiker und thätiger politischer Parteiführer, +und in allen diesen Eigenschaften zeichnete er sich unter vielen +geschickten Mitbewerbern vortheilhaft aus. Die vielen geistreichen +Abhandlungen, die er über Tagesbegebenheiten schrieb, sind jetzt nur +noch Forschern bekannt; aber seine <span class = "antiqua">History of +his own Times</span>, seine <span class = "antiqua">History of the +Reformation</span>, seine <span class = "antiqua">Exposition of the +Articles</span>, sein <span class = "antiqua">Discourse of Pastoral +Care</span>, sein <span class = "antiqua">Life of Hale</span> und sein +<span class = "antiqua">Life of Wilmot</span> werden noch immer neu +aufgelegt und fehlen in keiner guten Privatbibliothek. Gegen eine solche +Thatsache vermögen alle Anstrengungen der Verleumder nichts. Ein +Schriftsteller, dessen umfangreiche Werke in verschiedenen Zweigen der +Literatur noch hundertdreißig Jahre nach seinem Tode zahlreiche Leser +finden, kann große Fehler gehabt haben, muß aber auch große Vorzüge +gehabt haben, und diese hatte Burnet: einen fruchtbaren und regen Geist +und einen Styl, der allerdings von tadelloser Reinheit weit entfernt, +doch stets klar, oft lebendig ist und sich zuweilen selbst zu +feierlicher und glühender Beredtsamkeit erhebt. Auf der Kanzel wurde die +Wirkung seiner ohne irgend welche schriftliche Notizen gehaltenen +Predigten noch erhöht durch eine edle Gestalt und einen imponirenden +Vortrag. Er wurde oft durch das Beifallsgemurmel seiner Zuhörer +unterbrochen, und wenn die Sanduhr, die sich damals auf jeder Kanzel +befand, abgelaufen war und er dieselbe emporhielt, forderte ihn die +Gemeinde durch lauten Zuruf auf fortzufahren, bis +<span class = "pagenum">VII.15</span> +<a name = "pageVII_15" id = "pageVII_15"> </a> +der Sand noch einmal abgelaufen wäre.<a class = "tag" name = "tagVII_10" +id = "tagVII_10" href = "#noteVII_10">10</a> Die großen Mängel seines +sittlichen Characters und seines Geistes wurden durch große Vorzüge mehr +als ausgeglichen. Obgleich durch Vorurtheil und Leidenschaft oft auf +Irrwege geführt, war er doch im strengsten Sinne des Worts ein +Ehrenmann. Konnte er auch den Versuchungen der Eitelkeit nicht immer +widerstehen, so stand sein Character doch hoch über den Einflüssen der +Habsucht und der Furcht. Er war von Gemüth leutselig, hochherzig, +dankbar und nachsichtig.<a class = "tag" name = "tagVII_11" id = +"tagVII_11" href = "#noteVII_11">11</a> Sein Glaubenseifer, obwohl +stetig und glühend, wurde im Allgemeinen durch Humanität und durch +Achtung der Gewissensfreiheit in Schranken gehalten. Trotz seiner +unerschütterlichen Anhänglichkeit an das was er als den Geist des +Christenthums betrachtete, war er doch gleichgültig gegen Gebräuche, +Namen und Formen der kirchlichen Verfassung und war selbst gegen +Ungläubige und Ketzer, deren Lebenswandel tadellos war und deren +Irrthümer mehr die Wirkung falscher Begriffe als eines verderbten +Characters zu sein schienen, durchaus nicht zur Strenge geneigt. Aber +gleich vielen anderen braven Männern jener Zeit betrachtete er die Sache +der römischen Kirche als eine Ausnahme von allen gewöhnlichen +Regeln.</p> + +<p>Burnet genoß schon seit mehreren Jahren eines europäischen Rufes. +Seine Geschichte der Reformation war von allen Protestanten mit lautem +Beifall aufgenommen und von den römischen Katholiken als ein gewaltiger +Schlag gefühlt worden. Der größte Gelehrte, den die römische Kirche seit +dem Schisma des sechzehnten Jahrhunderts hervorgebracht, Bossuet, +Bischof von Meaux, war mit der Bearbeitung einer ausführlichen +Erwiederung beschäftigt. Burnet war von einem der glaubenseifrigen +Parlamente, welche während der durch das papistische Complot +verursachten Aufregung tagten, mit einem Dankvotum beehrt und im Namen +der Gemeinen von England ersucht worden, seine geschichtlichen +Forschungen fortzusetzen. Er war von Karl sowohl als von Jakob in deren +engere Unterhaltungszirkel gezogen worden, hatte mit mehreren +ausgezeichneten Staatsmännern, besonders mit Halifax auf sehr vertrautem +Fuße gestanden und war der Gewissensrath einiger sehr hochstehenden +Personen gewesen. Er hatte ferner einen der glänzendsten Wüstlinge jener +Zeit, Johann Wilmot, Earl von Rochester, von Atheismus und Ausschweifung +zurückgebracht. Lord Stafford, das Opfer des Oates, war, obgleich +Katholik, in seinen letzten Stunden durch Burnet’s geistlichen Zuspruch +über diejenigen Punkte, in denen alle Christen übereinstimmen, erbaut +<span class = "pagenum">VII.16</span> +<a name = "pageVII_16" id = "pageVII_16"> </a> +worden. Wenige Jahre später begleitete Burnet einen noch erlauchteren +Dulder, Lord Russell, vom Tower auf das Schaffot in Lincoln’s Inn +Fields. Der Hof hatte nichts unversucht gelassen, um einen so thätigen +und tüchtigen Theologen zu gewinnen. Weder königliche Schmeicheleien, +noch die Verheißung einträglicher Stellen waren gespart worden. Aber +Burnet war, obwohl in früher Jugend von den servilen Lehren angesteckt, +denen der damalige Klerus durchgehends anhing, aus Überzeugung Whig +geworden und er blieb seinen Grundsätzen durch alle Wechselfälle des +Lebens treu. Er hatte jedoch keinen Antheil an der Verschwörung +genommen, welche soviel Schmach und Unheil über die Whigpartei brachte +und verabscheuete nicht nur die Mordpläne Goodenough’s und Ferguson’s, +sondern war auch der Meinung, daß selbst sein geliebter und verehrter +Freund Russell gegen die Regierung weiter gegangen sei, als es sich +rechtfertigen ließ. Endlich kam eine Zeit, wo die Unschuld kein +hinreichender Schutz war. Burnet wurde, obgleich er sich keiner +Übertretung des Gesetzes schuldig gemacht, von der Rache des Hofes +verfolgt. Er begab sich auf den Continent und nachdem er etwa ein Jahr +auf jene Wanderungen durch die Schweiz, durch Italien und Deutschland +verwendet, von denen er uns eine anziehende Beschreibung hinterlassen +hat, ging er im Sommer 1686 nach dem Haag, wo er mit Freundlichkeit und +Achtung aufgenommen wurde. Er unterhielt sich sehr freisinnig mit der +Prinzessin über Politik und Religion und wurde bald ihr geistlicher +Beistand und vertrauter Rathgeber. Wilhelm erwies sich als ein viel +freundlicherer Wirth, als es zu erwarten gewesen wäre. Denn von allen +Fehlern waren ihm Zudringlichkeit und Indiscretion am meisten verhaßt +und Burnet war, wie selbst seine Freunde und Verehrer zugestanden, der +zudringlichste und indiscreteste Mensch, den es geben konnte. Aber der +scharfsichtige Prinz bemerkte sehr wohl, daß dieser vorlaute und +schwatzhafte Theolog, der beständig Geheimnisse ausplauderte, naseweise +Fragen stellte und unerbetenen Rath aufdrängte, bei alledem ein +freimüthiger, furchtloser und kluger Mann war, der die Gesinnungen und +Absichten der britischen Secten und Factionen genau kannte. Auch war der +Ruf von Burnet’s Beredsamkeit und Gelehrsamkeit weit verbreitet. Wilhelm +selbst war kein Freund vom Lesen, aber er stand jetzt seit vielen Jahren +an der Spitze der holländischen Regierung zu einer Zeit, wo die +holländische Presse eines der gewaltigsten Werkzeuge war, durch welche +die öffentliche Meinung in Europa bearbeitet wurde, und obgleich er an +literarischen Genüssen kein Vergnügen fand, war er doch viel zu klug und +scharfsichtig, als daß er den Werth des literarischen Beistandes nicht +hätte erkennen sollen. Er wußte sehr wohl, daß eine populäre Flugschrift +zuweilen ebenso gute Dienste leistet als ein Sieg auf dem Schlachtfelde. +Auch sah er ein, wie wichtig es sei, daß er immer einen Mann um sich +hatte, der mit der bürgerlichen und kirchlichen Verfassung unsrer Insel +vertraut war, und Burnet eignete sich vortrefflich dazu, als lebende +Encyclopädie über britische Angelegenheiten benutzt zu werden, denn +seine Kenntnisse waren, wenn auch nicht immer ganz zuverlässig, doch von +erstaunlicher Vielseitigkeit und es gab in England wie in Schottland +wenige ausgezeichnete Männer irgend einer politischen oder religiösen +Partei, mit denen er nicht verkehrt hätte. Es wurde ihm daher die +nämliche Gunst und das nämliche Vertrauen gewährt wie nur irgend Einem +außer denen, welche den kleinen intimsten Kreis von Privatfreunden des +Prinzen +<span class = "pagenum">VII.17</span> +<a name = "pageVII_17" id = "pageVII_17"> </a> +bildeten. Nahm sich der Doctor Freiheiten heraus, was nicht selten der +Fall war, so wurde sein Gönner noch kälter und mürrischer als gewöhnlich +gegen ihn und äußerte zuweilen eine kurze, beißende Bemerkung, die einem +Menschen von gewöhnlicher Dreistigkeit für immer den Mund geschlossen +haben würde. Trotz solcher Vorfälle aber dauerte die Freundschaft dieses +sonderbaren Paares mit wenigen kurzen Unterbrechungen so lange, bis sie +durch den Tod aufgelöst wurde. Es war in der That nicht leicht, Burnet +zu kränken. Seine Selbstgefälligkeit, seine heitere Sorglosigkeit und +seine Taktlosigkeit waren so groß, daß er wohl oft Anstoß gab, aber nie +Anstoß nahm.</p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVII_10" id = "noteVII_10" href = "#tagVII_10">10.</a> +Sprecher Onslow’s Note zu Burnet I. 596; <span class = +"antiqua">Johnson’s Life of Sprat</span>.</p> + +<p><a name = "noteVII_11" id = "noteVII_11" href = "#tagVII_11">11.</a> +Niemand hat Burnet häufiger und bitterer widersprochen als Dartmouth. +Und doch schrieb auch Dartmouth: „Ich glaube nicht, daß er jemals +vorsätzlich etwas veröffentlichte, was er für falsch hielt.“ Zu einer +späteren Zeit nahm er, durch einige Bemerkungen über sich im zweiten +Bande der Geschichte des Bischofs gereizt, dieses Lob zurück; aber auf +einen solchen Widerruf darf man kein großes Gewicht legen. Selbst Swift +war so gerecht zu sagen: „Im Ganzen war er ein hochherziger und braver +Mann.“ <span class = "antiqua">Short Remarks on Bishop Burnet’s +History</span>.</p> +</div> + +<p class = "continue"> +Burnet wird gewöhnlich als ein auffallend ungenauer Geschichtsschreiber +getadelt; aber ich halte diesen Vorwurf für ungerecht. Er scheint nur +deshalb ungenau zu sein, weil seine Darstellung einer besonders strengen +und unfreundlichen Kritik unterzogen worden ist. Wenn ein Whig sich die +Mühe nehmen wollte <span class = "antiqua">Reresby’s Memoirs, North’s +Examen, Mulgrave’s Account of the Revolution</span> oder <span class = +"antiqua">Clarke’s Life of James the Second</span> einer ähnlichen +Prüfung zu unterwerfen, so würde es sich bald zeigen, daß Burnet +keineswegs der ungenaueste Geschichtsschreiber seiner Zeit war.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Er vermittelt eine innigere Annäherung zwischen dem Prinzen und der +Prinzessin.</span> +<a name = "secVII_11" id = "secVII_11">Alle</a> Eigenthümlichkeiten +seines Characters machten ihn ganz dazu geeignet, der Friedensstifter +zwischen Wilhelm und Marien zu werden. Wenn Personen, die einander +achten und lieben sollten, durch eine Ursache von einander fern gehalten +werden, welche drei freimüthig gesprochene Worte beseitigen könnten, so +ist es ein Glück für sie, wenn sie einen indiscreten Freund haben, der +mit der ganzen Wahrheit herausplatzt. Burnet sagte der Prinzessin ganz +offen, welches Gefühl an dem Herzen ihres Gemahls nagte. Sie erfuhr +jetzt zum ersten Male mit nicht geringem Erstaunen, daß, wenn sie +Königin von England würde, Wilhelm ihren Thron nicht theilen sollte. Sie +erklärte mit den innigsten Worten, daß es keinen Beweis von ehelicher +Unterwerfung und Liebe gebe, zu dem sie nicht jeden Augenblick bereit +wäre. Unter vielen Entschuldigungen und feierlichen Versicherungen, daß +kein andrer Mensch ihm ein Wort in den Mund gelegt habe, sagte ihr +Burnet nun, daß das Heilmittel in ihrer Hand liege. Wenn die Krone ihr +zugefallen sei, könne sie leicht ihr Parlament dazu bewegen, daß es +ihrem Gatten nicht nur den Königstitel gewährte, sondern ihm sogar durch +ein Gesetz die Zügel der Regierung in die Hand gab. „Aber,“ setzte er +hinzu, „Ihre königliche Hoheit müssen wohl überlegen, ehe Sie einen +solchen Entschluß aussprechen, denn es ist ein Entschluß, dessen +Zurücknahme weder rathsam noch leicht sein würde, wenn er einmal +angekündigt wäre.“ — „Ich bedarf keiner Zeit zur Überlegung,“ +antwortete Marie. „Es ist genug, daß ich eine Gelegenheit habe, um dem +Prinzen meine Achtung zu beweisen. Theilen Sie ihm mit was ich gesagt +habe, und bringen Sie ihn zu mir, damit er es aus meinem eigenen Munde +höre.“ Burnet wollte den Prinzen sogleich herbeiholen, aber er war viele +Meilen weit entfernt auf einer Hirschjagd. Erst am folgenden Tage konnte +die entscheidende Unterredung stattfinden. „Ich habe erst gestern +erfahren,“ sagte Marie, „daß zwischen den Gesetzen Englands und den +Gesetzen Gottes ein solcher Unterschied obwaltet. Aber ich verspreche +Ihnen, daß Sie jederzeit der Gebieter sein sollen, und ich verlange +keinen andren Lohn dafür, als daß Sie das Gebot, welches den Gatten +vorschreibt, ihre Frauen zu lieben, ebenso befolgen, wie ich das Gebot +halte, welches den Frauen vorschreibt, ihren Gatten zu gehorchen.“ +Dieser Beweis von edelmüthiger Zuneigung gewann ihr Wilhelm’s Herz +vollständig. Von diesem Augenblicke an bis zu dem traurigen Tage, an +welchem er ohnmächtig von ihrem Sterbebett hinweggetragen wurde, +herrschte vollkommene Freundschaft und unbegrenztes Vertrauen zwischen +ihnen. Viele von ihren Briefen an ihn sind noch vorhanden und sie +enthalten zahlreiche Beweise, daß es diesem Manne, der in den Augen +<span class = "pagenum">VII.18</span> +<a name = "pageVII_18" id = "pageVII_18"> </a> +der Menge für so unliebenswürdig galt, gelungen war, einer schönen und +tugendhaften Frau, welche in Hinsicht der Geburt über ihm stand, eine +bis zur abgöttischen Verehrung gehende Liebe einzuflößen.</p> + +<p>Der Dienst, den Burnet seinem Vaterlande erzeigt, war von hoher +Bedeutung. Es war eine Zeit gekommen, wo es für das Wohl des Staates +sehr wichtig war, daß zwischen dem Prinzen und der Prinzessin +vollkommene Eintracht herrschte.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Beziehungen Wilhelm’s zu den englischen Parteien.</span> +<a name = "secVII_12" id = "secVII_12">Bis</a> nach der Unterdrückung +des Aufstandes im Westen hatten ernste Ursachen des Zwiespaltes Wilhelm +sowohl von den Tories als von den Whigs getrennt. Er hatte mit großem +Mißfallen die Versuche der Whigs beobachtet, der ausübenden Gewalt +einige Befugnisse zu entziehen, die er zur Aufrechthaltung ihrer +Wirksamkeit und ihrer Würde für nöthig hielt. Mit noch größerem +Mißfallen hatte er die Unterstützung gesehen, welche ein großer Theil +dieser Partei den Anmaßungen Monmouth’s angedeihen ließ. Es schien als +ob die Opposition zuerst die Krone Englands des Tragens nicht mehr werth +machen und sie dann einem Bastard und Betrüger aufs Haupt setzen wollte. +Zu gleicher Zeit war das religiöse System des Prinzen weit verschieden +von dem, welchem die Torypartei huldigte. Sie waren Arminianer und +Prälatisten. Sie sahen mit Verachtung auf die protestantischen Kirchen +des Continents herab und hielten jede Zeile ihrer eignen Liturgie und +Rubrica für kaum weniger geheiligt als die Evangelien. Seine Ansichten +über die metaphysischen Seiten der Theologie waren calvinistisch. Seine +Ansichten bezüglich der Kirchenverfassungen und der gottesdienstlichen +Formen waren latitudinarisch. Er gab zu, daß das Episcopat eine +gesetzliche und zweckmäßige Form des Kirchenregiments sei; aber er +sprach mit Bitterkeit und Hohn von der Bigotterie Derer, welche die +bischöfliche Ordination für ein wesentliches Erforderniß einer +christlichen Gesellschaft hielten. Gegen die durch die Liturgie +vorgeschriebenen Gewänder und Gesten hatte er keine Bedenken, aber er +gestand, daß ihm die Gebräuche der anglikanischen Kirche lieber sein +würden, wenn sie ihn weniger an die Gebräuche der römischen Kirche +erinnerten. Man hatte ihn ein ominöses Gemurmel von sich geben hören, +als er in der Privatkapelle seiner Gemahlin zum ersten Male einen Altar +nach anglikanischer Weise geschmückt sah, und es schien ihm nicht +sonderlich zu gefallen, als er Hooker’s <span class = +"antiqua">Ecclesiastical Policy</span> in ihrer Hand sah.<a class = +"tag" name = "tagVII_12" id = "tagVII_12" href = +"#noteVII_12">12</a></p> + +<p class = "footnote"> +<a name = "noteVII_12" id = "noteVII_12" href = "#tagVII_12">12.</a> +<span class = "antiqua">Dr.</span> Hooper’s handschriftliche Erzählung +im Anhange zu Lord Dungannon’s <span class = "antiqua">Life of +William</span>.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Seine Gesinnungen gegen England.</span> +<a name = "secVII_13" id = "secVII_13">Er</a> verfolgte daher lange den +Streit zwischen den englischen Parteien mit Aufmerksamkeit, aber ohne +eine starke Vorliebe für die eine oder die andre Partei zu hegen. Er +wurde auch bis ans Ende seines Lebens in der That niemals weder ein +Whig, noch ein Tory. Es fehlte ihm das was die gemeinsame Grundlage +beider Charactere ist, denn er wurde nie ein Engländer. Er rettete zwar +England, liebte es aber nie und erlangte ebensowenig die Liebe der +Engländer. Für ihn war es nur ein Verbannungsort, den er mit Widerwillen +besuchte und mit Freuden verließ. Selbst als er dem Lande die Dienste +leistete, deren günstige Wirkungen wir bis auf den heutigen Tag fühlen, +war sein Hauptzweck nicht die Wohlfahrt desselben.</p> +<span class = "pagenum">VII.19</span> +<a name = "pageVII_19" id = "pageVII_19"> </a> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Seine Gesinnungen gegen Holland und Frankreich.</span> +<a name = "secVII_14" id = "secVII_14">All</a>’ sein patriotisches +Gefühl gehörte Holland. Hier befand sich das prächtige Grabmal, in +welchem der große Staatsmann ruhte, dessen Blut, dessen Namen, dessen +Character und dessen Genie er geerbt hatte. Hier war der bloße Klang +seines Namens schon ein Zauberspruch, welcher durch drei Generationen +die liebevolle Begeisterung der Landleute und Handwerker erweckt hatte. +Die holländische Sprache war die Sprache seiner Kinderstube; unter dem +holländischen Adel hatte er seine ersten Freunde gewählt; die +Vergnügungen, die Bauart und die Gegenden seines Heimathlandes wurzelten +tief in seinem Herzen. Zu ihm wendete er sich immer wieder mit +unveränderter Zärtlichkeit von einem stolzeren und schöneren Nebenbuhler +ab. In den Sälen von Whitehall sehnte er sich nach dem traulichen Hause +im Busche im Haag und er fühlte sich nie glücklicher, als wenn er die +Pracht von Windsor mit der bescheidenen Einfachheit von Loo vertauschen +konnte. Während seiner glänzenden Verbannung fand er einigen Trost +darin, daß er durch Bauen, Pflanzen und Graben um sich her einen +Schauplatz schaffen konnte, der ihn an die regelmäßigen Gebäude von +rothem Backstein, an die langen Kanäle und an die symmetrischen +Blumenbeete erinnerte, unter denen er seine Jugend verlebt hatte. Doch +selbst die Liebe zu seinem Vaterlande war einem andren Gefühle +untergeordnet, welches schon frühzeitig in seiner Seele die +Oberherrschaft gewann, das sich mit allen seinen Leidenschaften +vermischte, das ihn zu großartigen Unternehmungen anspornte, das ihn +aufrecht erhielt, wenn Kränkungen, Schmerzen, Krankheit und Sorgen ihn +zu Boden drücken wollten, das gegen das Ende seiner Laufbahn einmal +kurze Zeit erloschen zu sein schien, aber bald heftiger als je wieder +hervorbrach und ihn noch beseelte, als das Sterbegebet an seinem Lager +gesprochen wurde. Dieses Gefühl war der Haß gegen Frankreich und den +prachtliebenden König, der in mehr als einer Hinsicht Frankreich +repräsentirte und der mit seinen specifisch französischen Tugenden und +Vorzügen jenen unruhigen, gewissenlosen und dünkelhaften Ehrgeiz +verband, der zu wiederholten Malen den Zorn ganz Europa’s über +Frankreich gebracht hat.</p> + +<p>Es ist nicht schwer, die Fortschritte des Gefühls zu verfolgen, +welches nach und nach die Alleinherrschaft in Wilhelm’s Seele erlangte. +Als er kaum erst dem Knabenalter entwachsen, war sein Vaterland in +prahlerischem Trotze gegen Recht und Gerechtigkeit überfallen, verwüstet +und allen Excessen der Raubsucht, Ausschweifung und Grausamkeit +preisgegeben worden. Die Holländer hatten sich in ihrer Bedrängniß vor +dem Eroberer gedemüthigt und um Gnade gefleht. Darauf war ihnen der +Bescheid geworden, daß wenn sie Frieden wünschten, sie ihre +Selbstständigkeit aufgeben und alljährlich dem Hause Bourbon huldigen +müßten. Die schwer beleidigte Nation hatte, zur Verzweiflung getrieben, +ihre Deiche durchbrochen und das Meer als Bundesgenossen gegen die +französische Tyrannei zu Hülfe gerufen. Mitten in den Greueln dieses +Kampfes, während die Landleute entsetzt vor den Eroberern flohen, +während Hunderte von schönen Gärten und Lusthäusern in den Fluthen +begraben, während die Berathungen der Generalstaaten durch die +Ohnmachten und das laute Weinen alter Senatoren unterbrochen wurden, +welche den Gedanken nicht ertragen konnten, die Freiheit und den Ruhm +ihres Vaterlandes zu überleben, war Wilhelm an die Spitze der Geschäfte +berufen worden. Eine Zeit lang dünkte ihm jeder Widerstand hoffnungslos. +Er +<span class = "pagenum">VII.20</span> +<a name = "pageVII_20" id = "pageVII_20"> </a> +sah sich vergebens nach Hülfe um. Spanien war ausgesogen, Deutschland +zerrissen, England bestochen. Es schien dem jungen Statthalter, als ob +ihm nichts weiter übrig bliebe, als mit dem Schwerte in der Hand zu +fallen, oder der Aeneas einer großen Völkerwanderung zu werden und in +Gegenden, welche außer dem Bereiche der Tyrannei Frankreichs lagen, ein +neues Holland zu gründen. Dann wäre kein Hinderniß mehr vorhanden +gewesen, das die Fortschritte des Hauses Bourbon hätte hemmen können. +Noch wenige Jahre und dieses Haus würde seine Besitzungen durch +Lothringen und Flandern, Castilien und Arragonien, Neapel und Mailand, +Mexico und Peru vergrößert haben. Ludwig hätte sich dann die Kaiserkrone +aufsetzen, einen Prinzen seines Hauses auf den Thron Polens erheben und +der Alleinherrscher in Europa von den scythischen Wüsten bis zum +Atlantischen Ocean, sowie in Amerika von den Gegenden nördlich vom +Wendekreis des Krebses bis zu den Gegenden südlich vom Wendekreis des +Steinbocks werden können. Dies waren die Aussichten, die sich Wilhelm +darboten, als er in das öffentliche Leben eintrat und welche ihn bis zu +seinem letzten Tage unaufhörlich verfolgten. Die französische Monarchie +war für ihn das was die römische Republik für Hannibal, was das +ottomanische Reich für Scanderbeg, was die südliche Herrschaft für +Wallace war. Die Religion gab diesem glühenden und unverlöschlichen +Hasse ihre Weihe. Hunderte von calvinistischen Predigern verkündeten, +daß die nämliche Macht, welche Simson vom Mutterleibe an dazu bestimmt, +die Geißel der Philister zu werden, und welche Gideon von der +Dreschtenne abgerufen, um die Midianiter zu schlagen, Wilhelm von +Oranien zum Vorkämpfer aller freien Nationen und aller reinen Kirchen +erkoren habe, und diese Ansicht war nicht ohne Einfluß auf sein Gemüth +geblieben. Dem Vertrauen, welches dieser heldenmüthige Fatalist in seine +erhabene Bestimmung und in seine heilige Sache setzte, ist zum Theil +seine auffallende Gleichgültigkeit gegen jede Gefahr zuzuschreiben. Er +hatte ein großes Werk zu vollbringen und bis es vollbracht war, konnte +ihm nichts schaden. Daher kam es auch, daß er trotz der Prophezeiungen +der Ärzte von hoffnungslos scheinenden Krankheiten genas, daß Schaaren +von Mördern sich vergebens gegen sein Leben verschworen, daß der offene +Nachen, dem er sich in sternenloser Nacht auf einem tobenden Ocean an +einer verrätherischen Küste anvertraute, ihn wohlbehalten ans Land trug +und daß auf zwanzig Schlachtfeldern die Kanonenkugeln auf allen Seiten +an ihm vorübersausten. Die Begeisterung und Ausdauer, womit er sich +seiner Sendung widmete, haben kaum ein Beispiel in der Geschichte. +Seinem großen Ziele gegenüber achtete er das Leben Anderer ebenso gering +als sein eigenes. Selbst die menschlichsten und edelmüthigen Soldaten +jener Zeit waren zu sehr daran gewöhnt, das Blutvergießen und die +Verheerungen, welche von großen kriegerischen Unternehmungen +unzertrennlich sind, mit kalter Gleichgültigkeit zu betrachten, und +Wilhelm’s Herz war nicht allein durch berufsmäßige Unempfindlichkeit, +sondern auch durch die noch starrere Unempfindlichkeit gestählt, welche +die Wirkung des Pflichtgefühls ist. Drei große Coalitionen, drei lange +und blutige Kriege, in denen ganz Europa von der Weichsel bis zum +westlichen Ocean unter den Waffen stand, sind lediglich seiner +unbezwinglichen Energie zuzuschreiben. Als im Jahre 1678 die +Generalstaaten erschöpft und entmuthigt nach Ruhe verlangten, stimmte er +noch immer dagegen, das Schwert in die Scheide zu stecken, und der +<span class = "pagenum">VII.21</span> +<a name = "pageVII_21" id = "pageVII_21"> </a> +Friede wurde nur geschlossen, weil er seinen wilden und entschlossenen +Geist nicht auch Anderen einhauchen konnte. Noch im letzten Augenblicke +schlug er in der Hoffnung, dadurch die Unterhandlungen abzubrechen, von +denen er wohl wußte, daß sie dem Abschlusse nahe waren, eine der +blutigsten und hartnäckigsten Schlachten jener Zeit. Von dem Tage an, wo +der Friede von Nymwegen unterzeichnet worden war, begann er auf eine +neue Coalition zu sinnen. Sein Streit mit Ludwig, der nun vom +Schlachtfelde in das Kabinet versetzt wurde, ward bald durch eine +Privatfehde noch erbitterter. Die beiden Rivalen waren einander in +Talenten, Character, Manieren und Ansichten gerade entgegengesetzt. +Ludwig, fein und würdevoll, verschwenderisch und ausschweifend, ein +Freund von Prunk und Feind von persönlicher Gefahr, ein freigebiger +Beschützer der Künste und Wissenschaften und ein grausamer Verfolger der +Calvinisten, bildete einen auffallenden Contrast mit Wilhelm, der +einfach in seinen Neigungen, unfreundlich in seinem Benehmen, +unermüdlich und unerschrocken im Kriege, gleichgültig gegen alle +Luxuszweige des Wissens und ein entschiedener Anhänger der genfer +Theologie war. Die beiden Feinde beobachteten nicht lange jene +Artigkeit, welche Männer ihres Ranges, selbst wenn sie einander an der +Spitze von Armeen gegenüberstehen, selten aus den Augen setzen. Wilhelm +gebrauchte zwar die Formalität, daß er Ludwig seine besten Dienste +anbot; aber diese Höflichkeit wurde nach ihrem wahren Werthe gewürdigt +und mit einer trocknen Zurückweisung vergolten. Der große König +verachtete den kleinen Prinzen, der der Diener eines Bundes von +Handelsstädten war und auf jedes Zeichen von Verachtung antwortete der +unerschrockene Statthalter mit einer neuen Herausforderung, Wilhelm +entlehnte seinen Namen, ein Name, den die Ereignisse des +vorhergegangenen Jahrhunderts zu einem der glänzendsten und berühmtesten +von ganz Europa gemacht hatten, von einer Stadt, welche nicht weit von +Avignon an den Ufern der Rhone liegt und die, wie Avignon, obgleich von +allen Seiten von französischem Gebiet umgeben, doch eigentlich nicht der +französischen, sondern der kaiserlichen Krone als Lehen gehörte. Ludwig +besetzte Orange mit der ihm eigenen übermüthigen Verachtung des +Völkerrechts, schleifte die Befestigungswerke und eignete sich die +Einkünfte der Stadt zu. Wilhelm erklärte laut bei Tische in Anwesenheit +vieler Personen, der allerchristlichste König solle diese Beleidigung +schwer bereuen, und als der Graf von Avaux ihn um eine nähere Erklärung +dieser Worte bat, weigerte er sich auf das Bestimmteste, sie zu +widerrufen oder wegzuerklären. Der Streit ging so weit, daß der +französische Gesandte es nicht wagen durfte, sich im Empfangzimmer der +Prinzessin blicken zu lassen, wenn er sich nicht der Gefahr aussetzen +wollte, öffentlich beleidigt zu werden.<a class = "tag" name = +"tagVII_13" id = "tagVII_13" href = "#noteVII_13">13</a></p> + +<p>Wilhelm’s Gesinnungen gegen Frankreich erklären zugleich seine ganze +Politik gegen England. Sein Gemeinsinn war ein europäischer. Der +Hauptgegenstand seiner Sorge war nicht unsre Insel, ja selbst sein +Geburtsland nicht, sondern die große Gemeinschaft der Nationen, der die +Unterjochung durch ein zu mächtiges Mitglied drohte. Wer in dem Irrthume +befangen ist, ihn als einen englischen Staatsmann zu betrachten, muß +nothwendig sein ganzes Leben in einem falschen Lichte erblicken und +<span class = "pagenum">VII.22</span> +<a name = "pageVII_22" id = "pageVII_22"> </a> +wird nicht im Stande sein, irgend einen Grundsatz, sei es ein guter oder +ein schlechter, ein whiggistischer oder ein toryistischer, zu entdecken, +auf den sich seine wichtigsten Thaten zurückführen ließen. Betrachten +wir ihn aber als einen Mann, dessen besondere Aufgabe es war, eine Masse +von schwachen, zerrissenen und entmuthigten Staaten zu einem festen und +starken Bunde gegen den gemeinsamen Feind zu sammeln, betrachten wir ihn +als einen Mann, in dessen Augen England namentlich deshalb wichtig war, +weil ohne dasselbe die von ihm beabsichtigte große Coalition +unvollständig gewesen sein würde, so werden wir zugeben müssen, daß +keine langjährige Laufbahn, von der uns die Geschichte erzählt, von +Anfang bis zu Ende gleichmäßiger war als die dieses großen Fürsten.<a +class = "tag" name = "tagVII_14" id = "tagVII_14" href = +"#noteVII_14">14</a></p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVII_13" id = "noteVII_13" href = "#tagVII_13">13.</a> +<span class = "antiqua">Avaux Negotiations</span>, Aug. 10.(20.), Sept. +14.(24.), Sept. 28. (Oct. 8.), Dec. 7.(17.) 1682.</p> + +<p><a name = "noteVII_14" id = "noteVII_14" href = "#tagVII_14">14.</a> +Ich kann mir das Vergnügen nicht versagen, Massillon’s unfreundliche, +aber scharfsinnige und edle Characteristik Wilhelm’s hier anzuführen: +<span class = "antiqua">„Un prince profond dans ses vues; habile à +former des ligues et à reunir les esprits, plus heureux à exciter les +guerres qu’à combattre; plus encore à craindre dans le secret du +cabinet, qu’à la tête des armées; un ennemi que la haine du nom Français +avait rendu capable d’imaginer de grandes choses et de les exécuter; un +de ces génies qui semblent être nés pour mouvoir à leur gré les peuples +et les souverains; un grand homme, s’il n’avoit jamais voulu être +roi.“</span> Grabrede auf den Dauphin.</p> +</div> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Seine Politik durchaus consequent.</span> +<a name = "secVII_15" id = "secVII_15">Der</a> Leitfaden, den wir jetzt +besitzen, wird es uns möglich machen, ohne Schwierigkeit den wirklich +consequenten, obgleich anscheinend zuweilen gewundenen Gang zu +verfolgen, den er gegen unsere inneren Factionen beobachtete. Er +erkannte deutlich, was übrigens auch weit weniger scharfsichtigen Leuten +als er war, nicht entging, daß das Unternehmen, an dem er mit ganzer +Seele hing, wahrscheinlich gelingen würde, wenn England auf seiner Seite +wäre, daß der Ausgang ungewiß sein würde, wenn England neutral bliebe, +und daß es hoffnungslos sein würde, wenn England handelte, wie es in den +Tagen der Cabale gehandelt hätte. Nicht weniger deutlich sah er, daß +zwischen der äußeren und der inneren Politik Englands ein enger +Zusammenhang stattfand, daß der Regent dieses Landes, wenn er mit dem +gesetzgebenden Körper harmonirte, stets einen großen Einfluß auf die +Angelegenheiten der Christenheit ausüben und daß ihm offenbar daran +gelegen sein mußte, der ungebührlichen Machtvergrößerung irgend eines +festländischen Potentaten entgegenzuwirken; daß auf der andren Seite der +Souverain, wenn der gesetzgebende Körper ihm nicht traute und ihn in +seinen freien Bewegungen hemmte, in der europäischen Politik nur von +geringem Gewicht sein konnte und daß dieses ganze kleine Gewicht in die +falsche Wagschale fallen würde. Der erste Wunsch des Prinzen war daher: +Eintracht zwischen dem Throne und dem Parlamente. Wie diese Eintracht +herzustellen war und auf welcher Seite Zugeständnisse gemacht werden +mußten, dies waren seiner Ansicht nach Fragen von untergeordneter +Bedeutung. Allerdings würde es ihm am liebsten gewesen sein, wenn eine +vollständige Aussöhnung hätte bewirkt werden können, ohne einen +Buchstaben von der Prärogative zu opfern, denn er hatte an der +ungeschmälerten Aufrechthaltung derselben ein anwartschaftliches +Interesse, und war von Natur mindestens eben so herrschsüchtig und ein +eben so großer Feind von Beschränkung, als irgend ein Stuart. Aber es +gab kein Kleinod der Krone, das er nicht, selbst nachdem sie auf sein +eignes Haupt gesetzt worden, bereitwilligst zum Opfer gebracht hätte, +wenn er +<span class = "pagenum">VII.23</span> +<a name = "pageVII_23" id = "pageVII_23"> </a> +überzeugt sein konnte, daß ein solches Opfer zur Erreichung seines +großen Zieles unumgänglich nöthig war. Daher empfahl er auch der +Regierung in den Tagen des papistischen Complots Nachgiebigkeit, +obgleich er die Heftigkeit mißbilligte, mit der die Opposition die +königliche Autorität angriff. Das Verfahren der Gemeinen bezüglich der +inneren Angelegenheiten, sagte er, sei höchst unverständig, aber so +lange die Gemeinen unzufrieden seien, könnten die Freiheiten Europa’s +nicht sicher sein und dieser überwiegenden Rücksicht müsse jede andre +weichen. Nach diesen Grundsätzen handelte er, als die Ausschließungsbill +die ganze Nation erschütterte. Man hat keinen Grund zu der Annahme, daß +er die Opposition aufgemuntert habe, diese Bill einzubringen oder die +wiederholt gemachten Vergleichsvorschläge des Thrones zurückzuweisen. +Als es aber klar wurde, daß, wenn diese Bill nicht durchging, ein +ernster Bruch zwischen den Gemeinen und dem Hofe entstehen mußte, sprach +er deutlich, obwohl mit gebührender Mäßigung, seine Ansicht dahin aus, +daß man sich um jeden Preis mit den Vertretern des Volks versöhnen +müsse. Als ein heftiger und reißender Umschwung der öffentlichen Meinung +die Whigpartei eine Zeit lang völlig hilflos gelassen hatte, versuchte +er es sein großes Ziel auf einem andren Wege zu erreichen, der seiner +Natur vielleicht besser zusagte als der vorher betretene. Die veränderte +Stimmung der Nation bot wenig Aussicht dar, daß ein Parlament gewählt +werden würde, das geneigt war, die Wünsche des Souverains zu +durchkreuzen. Karl war eine Zeit lang Herr. Ihn zu gewinnen, war daher +des Prinzen erster Wunsch. Im Sommer 1683, fast in dem Augenblicke, als +die Entdeckung des Ryehousecomplots die Niederlage der Whigs und den +Sieg des Königs vollständig machte, traten anderwärts Ereignisse ein, +welche Wilhelm nicht ohne die größte Angst und Besorgniß mit ansehen +konnte. Die türkischen Heere rückten bis an die Vorstädte Wiens heran. +Die große österreichische Monarchie, auf deren Unterstützung der Prinz +gerechnet hatte, schien ihrem Untergange nahe zu sein. Bentinck wurde +daher schleunigst vom Haag nach London gesandt, mit dem Auftrage nichts +zu versäumen, was nöthig sein konnte, um den englischen Hof zu gewinnen, +und ganz besonders war er angewiesen, in den stärksten Ausdrücken den +Abscheu seines Gebieters gegen die Whigverschwörung zu versichern.</p> + +<p>Während der nächsten achtzehn Monate war einige Hoffnung, daß der +Einfuß Halifax’ überwiegen und daß der Hof von Whitehall zur Politik der +Tripleallianz zurückkehren werde. An diese Hoffnung klammerte sich +Wilhelm mit Vorliebe an und sparte keine Mühe, um Karl günstig zu +stimmen. Die gastliche Aufnahme, welche Monmouth im Haag fand, muß +hauptsächlich dem ernstlichen Bestreben des Prinzen, die wirklichen +Wünsche von Monmouth’s Vater zu erfüllen, zugeschrieben werden. Sobald +Karl gestorben war, schlug Wilhelm in unabänderlicher Verfolgung seines +Zieles wieder ein andres Verfahren ein. Er hatte Monmouth aufgenommen, +um dem verstorbenen Könige zu gefallen; damit nun der gegenwärtige König +keine Ursache zu Beschwerden haben sollte, wurde Monmouth fortgeschickt. +Wir haben gesehen, daß beim Ausbruche des Aufstandes im Westen die in +holländischen Diensten stehenden britischen Regimenter durch die +thätigen Bemühungen des Prinzen auf die erste Aufforderung in ihre +Heimath zurückgesandt wurden. Wilhelm erbot sich sogar, persönlich ein +Commando gegen die Rebellen zu übernehmen, und +<span class = "pagenum">VII.24</span> +<a name = "pageVII_24" id = "pageVII_24"> </a> +daß dieses Anerbieten vollkommen aufrichtig gemeint war, kann von +Niemandem, der seine vertraulichen Briefe an Bentinck gelesen hat, +bezweifelt werden.<a class = "tag" name = "tagVII_15" id = "tagVII_15" +href = "#noteVII_15">15</a></p> + +<p>Der Prinz gab sich zu dieser Zeit augenscheinlich der Hoffnung hin, +daß der große Plan, dem in seinem Geiste alles Andre untergeordnet war, +den Beifall und die Unterstützung seines Schwiegervaters erhalten werde. +Der hohe Ton, den Jakob damals gegen Frankreich annahm, die +Bereitwilligkeit, mit der er sich zu einem Defensivbündnisse mit den +Vereinigten Provinzen verstand, und seine Geneigtheit zu einer +Verbindung mit dem Hause Österreich bestärkten diese Erwartung. Aber +bald verfinsterte sich der Horizont. Die Entlassung Halifax’, der Bruch +zwischen Jakob und dem Parlamente, die Prorogation desselben und die +ausdrückliche Erklärung, welche der König den auswärtigen Gesandten gab, +daß die festländische Politik seine Aufmerksamkeit nicht länger von +inneren Maßregeln zur Befestigung seiner Hoheitsrechte und zur Förderung +der Interessen seiner Kirche ablenken sollte, machten der Täuschung ein +Ende. Es war klar, daß England, wenn Jakob sein Beherrscher war, im Fall +einer europäischen Krisis entweder unthätig bleiben oder im Einklange +mit Frankreich handeln würde. Und die europäische Krisis rückte immer +näher. Das Haus Österreich war durch eine Reihe von Siegen gegen fernere +Gefahr von Seiten der Türkei gesichert worden und hatte daher nicht mehr +nöthig, die Übergriffe und Beleidigungen Ludwig’s geduldig zu +ertragen.</p> + +<p class = "footnote"> +<a name = "noteVII_15" id = "noteVII_15" href = "#tagVII_15">15.</a> +Zum Beispiel: <span class = "antiqua">„Je crois M. Feversham un très +brave et honeste homme. Mais je doute s’il a assez d’expérience à +diriger une si grande affaire qu’il a sur le bras. Dieu lui donne un +succès prompt et heureux. Mais je ne suis pas hors d’inquiétude.“</span> +— 7.(17.) Juli 1685. Als er die Nachricht von der Schlacht von +Sedgemoor erhalten hatte, schrieb er wieder: <span class = +"antiqua">„Dieu soit loué du bon succès que les troupes du Roy ont eu +contres les rebelles. Je ne doute pas que cette affaire ne soit +entièrement assoupie, et que le règne du Roy sera heureux, ce que Dieu +veuille.“</span> — 10.(20.) Juli.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Vertrag von Augsburg.</span> +<a name = "secVII_16" id = "secVII_16">In</a> Folge dessen wurde im Juli +1686 zu Augsburg ein Vertrag unterzeichnet, durch den sich die Fürsten +des Reichs zum Zwecke gegenseitiger Vertheidigung eng verbanden. Die +Könige von Spanien und von Schweden waren diesem Bunde ebenfalls +beigetreten, der König von Spanien als Besitzer der im burgundischen +Kreise liegenden Provinzen, der König von Schweden als Herzog von +Pommern. Die Verbündeten erklärten, daß sie nicht die Absicht hätten +irgend eine Macht anzugreifen oder irgend eine zu beleidigen, daß sie +aber entschlossen seien, keine Verletzung der Rechte zu dulden, welche +das deutsche Reich unter Sanction des Völkerrechts und der öffentlichen +Treue besitze. Sie verpflichteten sich, einander im Falle der Noth +beizustehen und bestimmten das Truppencontingent, das jedes Mitglied des +Bundes stellen mußte, wenn es nöthig werden sollte, einen Angriff +zurückzuweisen.<a class = "tag" name = "tagVII_16" id = "tagVII_16" href += "#noteVII_16">16</a> Der Name Wilhelm’s war in dieser Urkunde nicht +genannt aber Jedermann wußte, daß sie sein Werk war und sah voraus, daß +er in nicht langer Zeit wieder an der Spitze einer Coalition gegen +Frankreich stehen werde. Zwischen ihm und dem Vasallen Frankreichs +konnte unter solchen Umständen kein herzliches Einvernehmen stattfinden. +Es erfolgte zwar kein offener Bruch und kein Austausch von Drohungen +oder +<span class = "pagenum">VII.25</span> +<a name = "pageVII_25" id = "pageVII_25"> </a> +Vorwürfen; aber Schwiegervater und Schwiegersohn waren vollständig und +für immer geschieden.</p> + +<p class = "footnote"> +<a name = "noteVII_16" id = "noteVII_16" href = "#tagVII_16">16.</a> +Der Vertrag ist in dem <span class = "antiqua">Recueil des Traités, IV. +No. 209</span> zu finden.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Wilhelm wird das Oberhaupt der englischen Opposition.</span> +<a name = "secVII_17" id = "secVII_17">Gerade</a> zu der Zeit, als der +Prinz so dem englischen Hofe entfremdet wurde, verschwanden die +Ursachen, welche bisher eine Kälte zwischen ihm und den beiden großen +Parteien des englischen Volks hervorgerufen hatten. Ein großer Theil, +der Zahl nach vielleicht die Mehrheit der Whigs, hatte die Ansprüche +Monmouth’s begünstigt, aber Monmouth existirte jetzt nicht mehr. Die +Tories auf der andren Seite hatten gefürchtet, die Interessen der +anglikanischen Kirche mochten unter der Leitung eines Mannes nicht +sicher sein, der unter holländischen Presbyterianern aufgewachsen und +dessen Ansichten über die Gewänder, die Ceremonien und die Bischöfe als +latitudinarisch wohl bekannt waren; seitdem aber jener geliebten Kirche +von einer ganz andren Seite weit furchtbarere Gefahren drohten, hatten +diese Befürchtungen fast ihre ganze Kraft verloren. So kam es, daß beide +große Parteien in dem nämlichen Augenblicke ihre Hoffnungen und ihre +Liebe auf den nämlichen Führer zu richten begannen. Alte Republikaner +konnten ihr Vertrauen einem Manne nicht versagen, der viele Jahre +hindurch das höchste Amt einer Republik würdig bekleidet hatte, und alte +Royalisten sahen ein, daß sie in Übereinstimmung mit ihren Grundsätzen +handelten, wenn sie einem dem Throne so nahe gehenden Prinzen die +tiefste Ehrerbietung bezeigten. Unter diesen Umständen war es von +höchster Wichtigkeit, daß zwischen Wilhelm und Marien die vollkommenste +Einigkeit herrschte. Eine Mißhelligkeit zwischen der präsumtiven +Thronerbin und ihrem Gemahl hätte in der großen Masse, die sich von +allen Seiten her um einen gemeinschaftlichen Mittelpunkt schaarte, eine +Spaltung hervorbringen müssen. Zum Glück wurde jede Gefahr einer solchen +Mißhelligkeit im entscheidenden Augenblicke durch Burnet’s +Dazwischenkunft beseitigt und der Prinz wurde das unbestrittene Haupt +der ganzen Partei, welche der Regierung feindlich gegenüberstand, einer +Partei, welche fast die ganze Nation in sich begriff.</p> + +<p>Es ist nicht der mindeste Grund zu der Annahme vorhanden, daß er +schon um diese Zeit das große Unternehmen im Sinne hatte, zu dem ihn +später die gebieterische Nothwendigkeit trieb. Er wußte sehr gut, daß +die öffentliche Stimmung in England, wenn auch durch Kränkungen gereizt, +doch zu einer Revolution keineswegs reif war. Gewiß würde er gern das +Ärgerniß vermieden haben, das ein blutiger Streit zwischen Personen, +welche durch die engsten Bande der Blutsverwandtschaft und der +Verschwägerung an einander gekettet waren, nothwendig erregen mußte. +Auch sein Ehrgeiz ließ es ihm nicht wünschenswerth erscheinen, die +Größe, die im gewöhnlichen Laufe der Natur und des Rechts ihm zufallen +konnte, einer Gewaltthätigkeit zu verdanken, denn er wußte jetzt, daß, +wenn die Krone auf regelmäßigem Wege auf seine Gemahlin überging, +zugleich mit derselben auch alle ihre Vorrechte ungeschmälert auf ihn +selbst übergehen würden, daß sie aber, wenn sie durch eine Wahl erlangt +wurde, unter den Bedingungen angenommen werden mußte, welche die Wähler +zu stellen für gut fanden. Er schien daher geduldig den Tag erwarten zu +wollen, wo er mit unbestrittenem Rechte die Regierung antreten konnte, +und sich bis dahin darauf zu beschränken, als erster Prinz von Geblüt +und als Oberhaupt der Partei, welche in der Nation entschieden das +Übergewicht +<span class = "pagenum">VII.26</span> +<a name = "pageVII_26" id = "pageVII_26"> </a> +hatte, und die auch darauf rechnen konnte, in beiden Häusern eines zu +versammelnden Parlaments entschieden zu überwiegen, einen großen Einfluß +auf die englischen Angelegenheiten auszuüben.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Mordaunt schlägt Wilhelm eine Landung in England vor.</span> +<a name = "secVII_18" id = "secVII_18">Indessen</a> war er bereits durch +einen Rathgeber, der weniger scharfsichtig, aber ungestümer war als er +selbst, gedrängt worden, einen kühneren Weg einzuschlagen. Dieser +Rathgeber war der junge Lord Mordaunt. Das damalige Zeitalter hat kein +erfinderischeres Genie und keinen verwegeneren Geist hervorgebracht. +Aber wenn ein Plan nur glänzend war, so fragte Mordaunt selten danach, +ob er auch ausführbar sein würde, sein ganzes Leben war ein wilder +Roman, zusammengesetzt aus geheimnißvollen Intriguen der Politik und der +Liebe, aus heftigen und schnellen Wechseln des Schauplatzes und des +Glücks, und aus Siegen, welche mehr denen eines Amadis und eines +Lancelot, als denen eines Luxemburg und eines Eugen glichen. Die +Episoden, welche mit dieser seltsamen Lebensgeschichte verflochten +waren, entsprachen ganz der Hauptintrigue. Es waren darunter nächtliche +Kämpfe mit edelmüthigen Räubern und Befreiungen vornehmer und schöner +Damen aus den Händen von Entführern. Nachdem sich Mordaunt durch die +Beredtsamkeit und Kühnheit ausgezeichnet, mit der er im Hause der Lords +gegen den Hof aufgetreten war, zog er sich bald nach der Prorogation +nach dem Haag zurück und empfahl dringend eine unverzügliche Landung in +England. Er bildete sich ein, es sei eben so leicht, drei große +Königreiche zu überrumpeln, als es ihm lange nachher wurde, Barcellona +zu nehmen.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Wilhelm verwirft den Rath.</span> +<a name = "secVII_19" id = "secVII_19">Wilhelm</a> hörte ihn an, +überlegte sich die Sache und erwiederte endlich in allgemeinen +Ausdrücken, er interessire sich sehr für die englischen Angelegenheiten +und werde dieselben scharf im Auge behalten.<a class = "tag" name = +"tagVII_17" id = "tagVII_17" href = "#noteVII_17">17</a> Was aber auch +seine Absicht sein mochte, es ist nicht anzunehmen, daß er einen +voreiligen und hitzköpfigen fahrenden Ritter zu seinem Vertrauten +erwählt haben würde. Die beiden Männer hatten nichts mit einander gemein +als persönlichen Muth, der bei ihnen bis zum fabelhaften Heroismus ging, +Mordaunt wollte lediglich die Aufregung des Kampfes genießen und die +Menschen in Erstaunen setzen, Wilhelm hatte beständig ein erhabenes Ziel +vor Augen. Nach diesem Ziele trieb ihn eine gewaltige Leidenschaft, die +ihn im Gewande einer heiligen Pflicht erschien. Auf dieses Ziel steuerte +er mit einer Geduld hin, die, wie er einmal sagte, der Geduld eines +Bootsführers glich, den er auf einem Kanale gegen eine widrige Strömung +hatte ankämpfen sehen, der immer wieder zurückgeworfen wurde, aber nicht +aufhörte zu rudern und zufrieden war, wenn er nach stundenlanger Arbeit +um einige Yards vorwärts gekommen war.<a class = "tag" name = +"tagVII_18" id = "tagVII_18" href = "#noteVII_18">18</a> Heldenthaten, +die ihn seinem Ziele nicht näher brachten, mochten sie in den Augen des +großen Haufens noch so ruhmvoll sein, waren seiner Ansicht nach +kindische Eitelkeiten, aber kein Theil der wahren Aufgabe des +Lebens.</p> + +<p>Er beschloß, Mordaunt’s Rath zu verwerfen und es kann keinem Zweifel +unterliegen, daß dies ein weiser Entschluß war. Hätte Wilhelm im Jahre +1686 oder selbst 1687 das versucht, was er 1688 mit so +<span class = "pagenum">VII.27</span> +<a name = "pageVII_27" id = "pageVII_27"> </a> +glänzendem Erfolge unternahm, so würden zwar vielleicht auf seinen Ruf +viele Whigs zu den Waffen gegriffen haben, aber er würde bald gesehen +haben, daß die Nation noch nicht hinreichend vorbereitet war, um einen +bewaffneten Befreier aus fremdem Lande willkommen zu heißen, und daß die +Kirche noch nicht genugsam gereizt und beleidigt worden war, damit sie +den Grundsatz, der seit so langer Zeit ihr Losungswort war, schon hätte +vergessen haben können. Die alten Kavaliere würden sich um das +königliche Banner geschaart haben und es würde wahrscheinlich in allen +drei Königreichen ein eben so langer und heftiger Bürgerkrieg als der +unter der vorigen Generation ausgebrochen sein. Während dieser Krieg auf +den britischen Inseln wüthete, was konnte Ludwig inzwischen nicht Alles +auf dem Continent versuchen? Und welche Aussichten hätte dann Holland +gehabt, das von seinen Truppen entblößt und von seinem Statthalter +verlassen gewesen wäre?</p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVII_17" id = "noteVII_17" href = "#tagVII_17">17.</a> +<span class = "antiqua">Burnet I. 762.</span></p> + +<p><a name = "noteVII_18" id = "noteVII_18" href = "#tagVII_18">18.</a> +<span class = "antiqua">Temple’s Memoirs.</span></p> +</div> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Unzufriedenheit in England nach dem Sturze der Hyde.</span> +<a name = "secVII_20" id = "secVII_20">Wilhelm</a> begnügte sich daher +für jetzt, Maßregeln zu ergreifen, um der mächtigen Opposition, deren +Oberhaupt er geworden war, Einigkeit und Lebenskraft einzuhauchen. Dies +war nicht schwer. Der Fall der Hyde hatte durch ganz England eine +heftige Aufregung und Entrüstung hervorgerufen. Man fühlte, daß es sich +jetzt nicht mehr darum handelte, ob der Protestantismus herrschen, +sondern ob er geduldet werden sollte. An die Stelle des Schatzmeisters +war eine Commission getreten, deren Oberhaupt ein Papist war. Das +Geheimsiegel war einem Papisten anvertraut worden und der Nachfolger des +Lordlieutenants von Irland war ein Mann, der durchaus keinen andren +Anspruch auf einen so hohen Posten hatte, als daß er Papist war. +Tyrconnel wäre der Letzte gewesen, den eine Regierung, welcher das +allgemeine Wohl des Landes am Herzen lag, nach Dublin als Stellvertreter +geschickt hätte. Seine brutalen Manieren machten ihn geradezu unfähig, +die Majestät der Krone zu repräsentiren. Sein beschränkter Verstand und +sein heftiges Temperament machten ihn untauglich, wichtige +Staatsgeschäfte zu leiten. Sein unversöhnlicher Haß gegen die Besitzer +des größeren Theiles des irischen Grund und Bodens machte ihn ganz +untauglich, gerade dieses Land zu verwalten. Aber die Maßlosigkeit +seiner Bigotterie wurde als ein genügender Ersatz für die Maßlosigkeit +seiner anderen Leidenschaften betrachtet und aus Rücksicht auf seinen +Haß gegen den reformirten Glauben gestattete man ihm, seinem Hasse gegen +den englischen Namen freien Lauf zu lassen. Dies war also der wirkliche +Sinn der Achtung Seiner Majestät vor den Rechten der Überzeugung! Er +wollte, daß sein Parlament alle den Papisten auferlegte Ausschließungen +beseitigte, nur damit <em>er</em> gleich drückende Ausschließungen über +die Protestanten verhängen konnte. Es war klar, daß unter einem solchen +Fürsten Glaubensabfall der einzige Weg zur Größe sein konnte. Dennoch +wagten es nur Wenige, diesen Weg einzuschlagen, denn der Geist der +Nation war furchtbar aufgeregt, und jeder Renegat hatte ein solches Maß +von Hohn und Verachtung zu ertragen, daß auch die verhärtetsten Naturen +nicht ganz unempfindlich dagegen bleiben konnten.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Bekehrungen zum Papismus; Peterborough, Salisbury.</span> +<a name = "secVII_21" id = "secVII_21">Allerdings</a> hatten erst +kürzlich mehrere bemerkenswerthe Übertritte stattgefunden; aber sie +waren von der Art, daß sie der römischen Kirche wenig Ehre machten. Zwei +vornehme Männer hatten sich in ihren Schooß aufnehmen lassen: Heinrich +Mordaunt, Earl von Peterborough +<span class = "pagenum">VII.28</span> +<a name = "pageVII_28" id = "pageVII_28"> </a> +und Jakob Cecil, Earl von Salisbury. Aber Peterborough, früher ein +thätiger Soldat, Hofmann und Diplomat, war jetzt durch Alter und +Krankheit gebeugt und wer ihn, auf einen Stock gestützt und in Flanell +und Pflaster eingehüllt, durch die Gallerien von Whitehall hinken sah, +tröstete sich über seinen Abfall damit, daß er seinen Glauben erst +gewechselt, nachdem er seine Körper- und Geisteskräfte überlebt hatte.<a +class = "tag" name = "tagVII_19" id = "tagVII_19" href = +"#noteVII_19">19</a> Salisbury war sprüchwörtlich albern. Sein Körper +war in Folge sinnlicher Genüsse dermaßen aufgeschwollen, daß er sich +fast nicht mehr bewegen konnte, und dieser träge Körper war der Wohnsitz +eines eben so trägen Geistes. In populären Spottliedern war er als ein +Mensch dargestellt, der dazu geschaffen war, betrogen zu werden, als ein +Mensch, der bisher die Beute von Spielern gewesen und der eben so gut +die Beute von Mönchen werden konnte. Ein Pasquill, das zur Zeit von +Rochester’s Rücktritt an die Thür von Salisbury House am Strand +angeheftet wurde, schildert in starken Ausdrücken das Entsetzen, mit dem +der weise Robert Cecil, wenn er aus seinem Grabe auferstehen könnte, +sehen würde, auf was für ein Geschöpf seine Würden und Ehren gekommen +waren.<a class = "tag" name = "tagVII_20" id = "tagVII_20" href = +"#noteVII_20">20</a></p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVII_19" id = "noteVII_19" href = "#tagVII_19">19.</a> +Siehe die beiden Gedichte, betitelt: <span class = "antiqua">The +Converts</span> und <span class = "antiqua">The Delusion</span>.</p> + +<p><a name = "noteVII_20" id = "noteVII_20" href = "#tagVII_20">20.</a> +Die Verse befinden sich in der <span class = "antiqua">Collection of +State Poems</span>.</p> +</div> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Wycherley, Tindal, Haines.</span> +<a name = "secVII_22" id = "secVII_22">Dies</a> waren im Range die +höchststehenden von Jakob’s Proselyten. Außerdem gab es noch Renegaten +ganz andrer Art, unbemittelte Leute von Talent, die aber keine +Grundsätze und keine Spur von Ehrgefühl besaßen. Man hat Grund zu +glauben, daß Wilhelm Wycherley, der zügelloseste und hartherzigste +Schriftsteller einer ganz besonders zügellosen und hartherzigen Schule, +zu diesen gehörte.<a class = "tag" name = "tagVII_21" id = "tagVII_21" +href = "#noteVII_21">21</a> Gewiß ist, daß Matthäus Tindal, der sich +später durch seine Schriften gegen das Christenthum einen Namen machte, +um diese Zeit in den Schooß der alleinseligmachenden Kirche aufgenommen +wurde, ein Schritt, den, wie man leicht denken kann, die Theologen, mit +denen er nachmals polemisirte, nicht vergessen hatten.<a class = "tag" +name = "tagVII_22" id = "tagVII_22" href = "#noteVII_22">22</a> Ein noch +ehrloserer Apostat war Joseph Haines, dessen Name jetzt so gut wie +vergessen ist, der aber damals als ein Abenteurer von vielseitiger +Begabung, als Gauner, Falschmünzer, falscher Zeuge, falscher Bürge, +Tanzmeister, Possenreißer, Dichter und Schauspieler wohl bekannt war. +Einige von seinen Prologen und Epilogen wurden von seinen Zeitgenossen +viel bewundert und sein Schauspielertalent war allgemein anerkannt. +Dieser Mann wurde Katholik, ging im Gefolge Castelmaine’s mit nach +Italien, wurde aber bald wegen schlechter Aufführung wieder entlassen. +Wenn man einer Tradition glauben darf, die sich lange im Garderobezimmer +erhalten hat, so hatte Haines die Frechheit zu behaupten, daß ihm die +Jungfrau Maria erschienen sei und ihn zur Buße aufgefordert habe. Nach +der Revolution versuchte er es sich mit der Stadt durch eine Buße +auszusöhnen, die noch skandalöser war als sein Vergehen. Eines Abends, +ehe er in einer Posse auftrat, erschien er in ein weißes Betttuch +gehüllt und mit einer Kerze +<span class = "pagenum">VII.29</span> +<a name = "pageVII_29" id = "pageVII_29"> </a> +in der Hand auf der Bühne und trug einige gottlose, unanständige +Knittelverse vor, die er seinen Widerruf nannte.<a class = "tag" name = +"tagVII_23" id = "tagVII_23" href = "#noteVII_23">23</a></p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVII_21" id = "noteVII_21" href = "#tagVII_21">21.</a> +Die Nachrichten, die wir über Wycherley haben, sind äußerst dürftig; +zweierlei aber ist gewiß: daß er sich in seinen späteren Jahren einen +Papisten nannte und daß er von Jakob Geld erhielt. Ich zweifle kaum +daran, daß er ein bezahlter Convertit war.</p> + +<p><a name = "noteVII_22" id = "noteVII_22" href = "#tagVII_22">22.</a> +Siehe den Artikel über ihn in der <span class = "antiqua">Biographia +Britannica</span>.</p> + +<p><a name = "noteVII_23" id = "noteVII_23" href = "#tagVII_23">23.</a> +Siehe Jakob Quin’s Bericht über Haines in <span class = +"antiqua">Davies’s Miscellanies</span>; <span class = "antiqua">Tom +Brown’s Works</span>; <span class = "antiqua">Lives of Sharpers</span>; +Dryden’s Epilog zu der <span class = "antiqua">Secular +Masque</span>.</p> +</div> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Dryden.</span> +<a name = "secVII_23" id = "secVII_23">Mit</a> dem Namen Haines wurde in +vielen Libellen der Name eines berühmteren Renegaten, Johann Dryden’s +verbunden. Dryden näherte sich jetzt dem Abend seines Lebens. Nach +vielen Erfolgen und vielen Enttäuschungen hatte er endlich mit +allgemeiner Zustimmung die erste Stelle unter den lebenden Dichtern +Englands erhalten. Er hatte größere Ansprüche auf den Dank Jakob’s als +irgend ein andrer Schriftsteller des Königreichs. Doch Jakob war an +Versen wenig, sehr viel aber am Gelde gelegen. Vom Tage seiner +Thronbesteigung an bemühte er sich kleine Ersparnisse zu machen, welche +einer Regierung den Vorwurf der Knauserei zuziehen, ohne die Finanzlast +merklich zu erleichten. Zu den Opfern seiner unverständigen Sparsamkeit +gehörte auch der <span class = "antiqua">Poeta Laureatus</span>. Es +wurde Befehl gegeben, daß in dem neuen Diplom, welches durch die +Erledigung der Krone nöthig geworden war, das jährlich gespendete Faß +Sect, das ursprünglich Jonson bewilligt und auch dessen Nachfolgern +zugestanden worden war, weggelassen werden sollte.<a class = "tag" name += "tagVII_24" id = "tagVII_24" href = "#noteVII_24">24</a> Dies war die +einzige Notiz, welche der König im ersten Jahre seiner Regierung von dem +gewaltigen Satiriker zu nehmen geruhte, der im kritischesten Augenblicke +des großen Kampfes wegen der Ausschließungsbill in den Reihen der Whigs +Schrecken verbreitet hatte. Dryden war arm und seine Armuth drückte ihn +nieder. Von Religion wußte er wenig und kümmerte sich auch nicht darum. +Wenn irgend ein Gefühl tief in seiner Brust wurzelte, so war es der +Widerwille gegen die Priester jeden Glaubens, gegen Leviten, Auguren, +Muftis, römisch-katholische Geistliche, presbyterianische und +anglikanische Geistliche. Er war von Natur kein hochherziger Mann, und +seine Bestrebungen waren nicht von der Art, daß sie seinem Sinne höhere +Würde und größeres Zartgefühl verleihen konnten. Er hatte viele Jahre +lang sich seinen Unterhalt dadurch erworben, daß er dem verderbten +Geschmacke des Publikums diente und reichen, adeligen Gönnern auf die +plumpste Manier schmeichelte. Selbstachtung und ein feines +Schicklichkeitsgefühl konnte man von einem Manne, der das Leben eines +Bettlers und Speichelleckers geführt hatte, nicht erwarten. Da er die +Bemerkung machte, daß seine Dienste unbeachtet bleiben würden, wenn er +fortführe sich einen Protestanten zu nennen, so erklärte er sich zum +Papisten. Augenblicklich ließ die Knauserei des Königs nach. Dryden +wurde mit einem Jahrgelde von hundert Pfund belohnt und dazu verwendet, +seine neue Religion in Prosa und in Versen zu vertheidigen.</p> + +<p>Zwei ausgezeichnete Männer, Samuel Johnson und Walter Scott, haben +ihr Möglichstes gethan, um sich selbst und Andere zu überreden, daß +dieser denkwürdige Glaubenswechsel aufrichtig war. Es war natürlich, daß +sie einen Schandfleck von dem Gedächtnisse eines Mannes verwischen +wollten, dessen Genie sie mit Recht bewunderten und mit dessen +politischen Ansichten sie stark sympathisirten; der unparteiische +Geschichtsschreiber aber muß ein ganz andres Urtheil aussprechen. Es +wird jederzeit starker Zweifel gegen die Aufrichtigkeit einer Bekehrung +erhoben werden, durch welche +<span class = "pagenum">VII.30</span> +<a name = "pageVII_30" id = "pageVII_30"> </a> +der Bekehrte unmittelbar gewinnt. Und in Dryden’s Falle ist nichts +vorhanden, was diesen Zweifel entkräften konnte. Seine theologischen +Schriften beweisen zur Genüge, daß er sich nie fleißig und ernstlich +bemüht hat, die Wahrheit zu ergründen, und daß seine Kenntniß der +Kirche, die er verließ, wie auch der, zu der er übertrat, höchst +oberflächlich war. Eben so wenig benahm er sich in der Folge wie ein +Mann, den ein starkes Pflichtgefühl zu einem Schritte von so +hochwichtiger Bedeutung bewogen hatte. Wäre er ein solcher Mann gewesen, +so würde die nämliche Überzeugung, die ihn in den Schooß der römischen +Kirche geführt hatte, ihn abgehalten haben, allgemeine Regeln, welche +diese Kirche in Übereinstimmung mit jeder andren christlichen +Gemeinschaft als bindend anerkennt, gröblich und gewohnheitsmäßig zu +verletzen. Es würde ein merklicher Unterschied zwischen seinen früheren +und seinen späteren Werken zu erkennen gewesen sein; er würde mit Reue +auf seine fast dreißigjährige literarische Laufbahn zurückgeblickt +haben, während welcher er seine seltenen Talente für die Diction und den +Versbau systematisch zur Verbreitung der Sittenverderbniß angewendet +hatte. Nicht eine Zeile, welche darauf hinzielte, die Tugend verächtlich +zu machen und unreine Begierden zu entzünden, würde von diesem +Augenblicke an mehr aus seiner Feder geflossen sein. Leider aber ist es +nur zu wahr, daß die Dramen, welche er nach seiner angeblichen Bekehrung +schrieb, in keiner Hinsicht weniger unrein und profan sind, als die +seiner Jugend. Selbst in seinen Übersetzungen wich er beständig von den +Originalen ab, um Bilder aufzusuchen, die er hätte übergehen müssen, +wenn er sie in den Originalen gefunden hätte. Das Schlechte wurde durch +seine Übertragungen noch schlechter, und das Unschuldige wurde durch die +Berührung mit seinem Geiste befleckt. Er machte die derbsten Satiren +Juvenal’s noch derber, schob in die Erzählungen Boccacio’s schlüpfrige +Schilderungen ein und befleckte die liebliche und reine Poesie der +Georgica mit Schmutz, der Vergil’s Ekel erregt haben würde.</p> + +<p>Dryden’s Beistand war denjenigen römisch-katholischen Theologen +willkommen, welche gegen die ausgezeichnetsten Männer der Staatskirche +mit Mühe einen Kampf unterhielten. Sie konnten es sich nicht verhehlen, +daß ihr durch ausländische, in Rom oder Douay aufgelesene Ausdrücke +entstellter Styl der Beredtsamkeit eines Tillotson und Sherlock +gegenüber eben in keinem vortheilhaften Lichte erschien. Man glaubte es +nicht gering anschlagen zu dürfen, daß man die Mitwirkung des größten +lebenden Meisters der englischen Sprache gewonnen hatte. Der erste +Dienst, der von ihm zum Dank für die bewilligte Pension verlangt wurde, +war eine in Prosa geschriebene Vertheidigung seiner Kirche gegen +Stillingfleet. Aber einem Manne, der nichts zu sagen weiß, hilft das +Talent, Alles gut sagen zu können, nichts, und in diesem Falle befand +sich Dryden. Er sah bald ein, daß er einem Gegner, dessen ganzes Leben +ein langes Studium der Polemik gewesen, nicht gewachsen war. Der +langgediente Gladiator entwaffnete den Neuling, versetzte ihm mit +Verachtung einige Hiebe und wendete sich dann von ihm ab, um +achtunggebietenderen Kämpfern entgegenzutreten.</p> + +<p class = "footnote"> +<a name = "noteVII_24" id = "noteVII_24" href = "#tagVII_24">24.</a> +Diese Thatsache, welche den genauen Forschungen Malone’s entging, +ergiebt sich aus dem Briefbuche des Schatzamts von 1685.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +<span class = "antiqua">„The Hind and Panther.“</span></span> +<a name = "secVII_24" id = "secVII_24">Jetzt</a> griff Dryden zu einer +Waffe, in der er schwerlich einen ebenbürtigen Gegner zu fürchten hatte. +Er zog sich auf einige Zeit von dem Geräusch der Kaffeehäuser und +Theater in einen ruhigen Winkel von Huntingdonshire zurück und schrieb +dort mit +<span class = "pagenum">VII.31</span> +<a name = "pageVII_31" id = "pageVII_31"> </a> +ungewohnter Sorgfalt und Anstrengung sein berühmtes Gedicht über die +zwischen der römischen und anglikanischen Kirche obschwebenden +Streitpunkte. Die römische Kirche ist darin bildlich als eine milchweiße +Hindin dargestellt, die beständig in Lebensgefahr schwebt, aber dazu +bestimmt ist, nicht zu sterben. Die Thiere des Feldes sannen auf ihr +Verderben. Der zitternde (<span class = "antiqua">quaking</span>) Hase +beobachtete eine furchtsame Neutralität, aber der socinianische Fuchs, +der presbyterianische Wolf, der independente Bär und der anabaptistische +Eber schossen hämische Blicke auf das makellose Geschöpf. Unter dem +Schutze ihres Freundes, des königlichen Löwen, konnte sie es indessen +wagen, mit ihnen aus der nämlichen Quelle zu trinken. Die anglikanische +Kirche war als Panther dargestellt, der zwar Flecken hat, aber schön, +für ein Raubthier nur zu schön ist. Hindin und Panther, von der +blutdürstigen Bevölkerung des Waldes in gleichem Grade gehaßt, beriethen +sich im Stillen über ihre gemeinsame Gefahr. Dann gingen sie zur +Discussion der Punkte über, in denen sie verschiedener Ansicht waren, +und hielten, mit dem Schwanze wedelnd und sich den Bart leckend, ein +langes Zwiegespräch über die wirkliche Anwesenheit Christi beim +Abendmahl, über die Autorität der Päpste und Concilien, über die +Strafgesetze, die Testacte, die Meineide des Oates, Buttler’s schlecht +belohnte Dienste für die Kavalierpartei, Stillingfleet’s Pamphlets und +Burnet’s breiten Rücken und glückliche Heirathsspekulationen.</p> + +<p>Das Unpassende dieses Planes springt in die Augen. Die Allegorie +konnte in der That nicht zehn Zeilen hintereinander ununterbrochen +beibehalten werden. Keine noch so kunstvolle Ausführung konnte die +Fehler eines solchen Planes verdecken. Dessenungeachtet ist die Fabel +von der Hindin und dem Panther unbestreitbar der werthvollste Beitrag zu +der englischen Literatur aus der kurzen und unruhigen Regierungszeit +Jakob’s II. In keinem andren Werke Dryden’s finden sich +ergreifendere und erhabenere Stellen, eine größere Biegsamkeit und Kraft +der Sprache und ein lieblicherer und abwechselnderer Wohllaut.</p> + +<p>Das Gedicht erschien mit allen Vortheilen ausgestattet, welche +königliche Gunst gewähren konnte. Eine Prachtausgabe für Schottland +wurde in der in Holyrood House errichteten Officin gedruckt. Aber die +Leute waren nicht in der Stimmung, um sich von dem durchsichtigen Style +und den melodischen Reimen des Apostaten bezaubern zu lassen. Der durch +seine Feilheit erregte Unwille, die durch die Politik, deren Lobhudler +er war, hervorgerufene Besorgniß ließen sich nicht in Schlaf singen. Die +gerechte Entrüstung des Publikums wurde von Vielen, die den Stachel +seines Spotts gefühlt, und von Vielen, die seinen Ruhm beneideten, +angeschürt. Trotz aller Beschränkungen, denen die Presse unterlag, +erschienen täglich Angriffe auf sein Leben und seine Schriften. Bald +hieß er Bayes, bald der Dichter Squab. Man erinnerte ihn daran, daß er +in seiner Jugend dem Hause Cromwell in der nämlichen knechtischen Weise +den Hof gemacht, wie jetzt dem Hause Stuart. Ein Theil seiner Gegner +druckte boshafterweise die sarkastischen Verse wieder ab, die er zu +einer Zeit, wo es ihm nichts eingebracht haben würde, wenn er Papist +geworden wäre, gegen den Papismus geschrieben hatte. Von den vielen +satirischen Arbeiten, welche bei dieser Gelegenheit erschienen, war die +gelungenste das gemeinsame Werk zweier junger Männer, welche kürzlich +ihre Studien in Cambridge vollendet hatten und als vielversprechende +Anfänger in den literarischen Kaffeehäusern Londons begrüßt worden +waren: Karl Montague +<span class = "pagenum">VII.32</span> +<a name = "pageVII_32" id = "pageVII_32"> </a> +und Matthäus Prior. Montague war von adeliger Abkunft, Prior’s Ursprung +aber war so dunkel, daß kein Biograph im Stande gewesen ist, demselben +auf die Spur zu kommen. Beide Abenteurer waren arm und strebsam. Beide +hatten einen scharfen Verstand und einen lebendigen Geist, Beide +schwangen sich später hoch empor. Beide verbanden in nicht gewöhnlichem +Grade mit der Liebe zu den Wissenschaften Geschicklichkeit in denjenigen +Gebieten des praktischen Lebens, gegen welche die Schöngeister in der +Regel einen entschiedenen Widerwillen haben. Von den funfzig Dichtern, +deren Lebenslauf Johnson geschildert hat, waren Montague und Prior die +beiden einzigen, die sich durch eine gründliche Kenntniß des Handels und +des Finanzwesens auszeichneten. Ihre Wege gingen bald weit auseinander, +und ihre Jugendfreundschaft löste sich auf. Einer von ihnen wurde das +Haupt der Whigpartei und wurde von den Tories angeklagt; der Andre wurde +in alle Geheimnisse der toryistischen Diplomatie eingeweiht und von den +Whigs lange in strenger Haft gehalten. Endlich wurden die so lange +getrennt gewesenen Freunde nach vielen ereignißvollen Jahren in der +Westminster-Abtei wieder mit einander vereinigt.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Änderung in dem Verfahren des Hofes gegen die Puritaner.</span> +<a name = "secVII_25" id = "secVII_25">Wer</a> die Fabel von der Hindin +und dem Panther aufmerksam gelesen hat, muß bemerkt haben, daß während +der Bearbeitung dieses Werks in den Ansichten Derer, welche Dryden als +Dolmetscher benutzten, eine große Veränderung vorging. Anfangs wird von +der anglikanischen Kirche mit Liebe und Achtung gesprochen und sie wird +ermahnt, sich mit der römisch-katholischen gegen die puritanischen +Secten zu verbinden; am Schlusse des Gedichts aber und in der Vorrede, +welche nach Vollendung des Ganzen geschrieben wurde, werden die +protestantischen Dissenters aufgefordert, mit den Katholiken +gemeinschaftliche Sache gegen die anglikanische Kirche zu machen.</p> + +<p>Dieser Umschlag in der Sprache des Hofpoeten deutete auf einen großen +Umschlag in der Politik des Hofes hin. Der ursprüngliche Zweck Jakob’s +war gewesen, nicht allein vollständige Befreiung von allen Strafen und +bürgerlichen Ausschließungen, sondern auch einen großen Antheil an den +kirchlichen und akademischen Stiftungen für seine Kirche zu erlangen und +zu gleicher Zeit die Gesetze gegen die puritanischen Secten mit Strenge +auszuüben. Alle von ihm gewährten besonderen Dispensationen waren +römischen Katholiken gewährt worden. Alle Gesetze, welche auf den +Presbyterianern, Independenten und Baptisten am schwersten lasteten, +hatte er eine Zeit lang mit aller Strenge durchgeführt. Während Hales +ein Regiment commandirte, während Powis im Geheimen Rathe saß, während +Massey eine Dechanei bekleidete, während in Oxford mit königlicher +Genehmigung Breviarien und Meßbücher gedruckt wurden, während in London +die Hostie unter dem Schutze der Piken und Musketen der Fußgarde +öffentlich ausgestellt wurde, während Ordensbrüder und Mönche in ihren +Kutten in den Straßen von London einhergingen, saß Baxter im Gefängniß, +war Howe in der Verbannung, standen die Fünfmeilenacte und die +Conventikelacte in voller Kraft, mußten die puritanischen Schriftsteller +zur ausländischen oder geheimen Pressen ihre Zuflucht nehmen, konnten +puritanische Gemeinden sich nur des Nachts oder in abgelegenen Einöden +versammeln, mußten puritanische Geistliche in Kohlengräber- oder +Matrosenverkleidung predigen. In Schottland hatte der König neue Gesetze +von beispielloser Härte gegen die Presbyterianer von den Ständen +verlangt +<span class = "pagenum">VII.33</span> +<a name = "pageVII_33" id = "pageVII_33"> </a> +und erhalten, während er keine Anstrengung sparte, ihnen jede +Erleichterung für die Katholiken abzupressen. Sein Verfahren gegen die +verbannten Hugenotten hatte seine Gesinnungen nicht minder deutlich +verrathen. Wir haben gesehen, wie er, als die öffentliche Mildthätigkeit +eine große Summe zur Unterstützung dieser Unglücklichen in seine Hände +gelegt, allen Gesetzen der Gastfreundschaft und der Rechtschaffenheit +zum Hohn von ihnen verlangte, daß sie dem calvinistischen Ritual, dem +sie mit großer Liebe anhingen, entsagen und sich der anglikanischen +Kirche anschließen müßten, ehe er ihnen das Geringste von den seiner +Verwaltung anvertrauten Gaben spenden könnte.</p> + +<p>Dies war seine Politik gewesen, so lange er noch einigermaßen hoffen +konnte, daß die anglikanische Kirche einwilligen werde, die Herrschaft +mit der römischen Kirche zu theilen. Einmal stieg diese Hoffnung zur +festen Überzeugung. Die Begeisterung, mit der die Tories seinen +Regierungsantritt begrüßt hatten, die Wahlen, die demüthige Sprache und +die reichen Geldbewilligungen seines Parlaments, die Unterdrückung des +Aufstandes im Westen, die völlige Vernichtung der Partei, die ihn vom +Throne hatte ausschließen wollen, dies Alles steigerte seine Zuversicht +bis über die Grenzen der Vernunft. Er glaubte fest, daß seiner Macht und +seiner Entschlossenheit jedes Hinderniß weichen werde. Sein Parlament +leistete ihm Widerstand. Er versuchte die Wirkung von ungnädigen Blicken +und Drohungen, und da er mit diesen nichts erreichte, versuchte er es +mit der Prorogation. Aber von dem Augenblicke der Prorogation an wurde +der Widerstand gegen seine Pläne immer stärker und stärker. Es schien +klar, daß, wenn er seinen Willen durchsetzen wollte, er ihn im +Widerspruch mit der großen Partei durchsetzen mußte, die seinem Throne, +seinem Hause und seiner Person so glänzende Beweise von Treue gegeben +hatte. Die ganze anglikanische Geistlichkeit, die ganze Kavaliergentry +war gegen ihn. Vergebens hatte er kraft seines kirchlichen Supremats dem +Klerus anbefohlen, sich jeder Erörterung von Streitpunkten zu enthalten. +Jede Gemeinde der Nation wurde allsonntäglich gegen die Irrthümer Roms +gewarnt, und diese Warnungen waren um so wirksamer, weil sie stets mit +Versicherungen der Ehrerbietung gegen den König und des Entschlusses, +Alles mit Geduld zu ertragen, was ihm zu verhängen belieben werde, +verbunden waren. Die royalistischen Ritter und Squires, welche durch +fünfundvierzig Jahre des Kriegs und der Parteiwuth dem Throne mannhaft +zur Seite gestanden hatten, sprachen jetzt in sehr nachdrücklichen +Worten den Entschluß aus, daß sie eben so mannhaft zur Kirche halten +würden. Trotz seines beschränkten Verstandes und seines despotischen +Characters sah Jakob nun doch ein, daß er sein Verfahren ändern müsse. +Er konnte es ohne Gefahr nicht wagen, alle seine protestantischen +Unterthanen zugleich zu beleidigen. Wenn er es über sich gewinnen +konnte, der Partei, welche in beiden Häusern das Übergewicht hatte, +Zugeständnisse zu machen, wenn er sich entschließen konnte, der +Staatskirche alle ihre Würden, Einkünfte und Privilegien zu lassen, so +mochte er auch fernerhin presbyterianische Versammlungen verbieten und +die Gefängnisse mit baptistischen Predigern füllen. Blieb er aber dabei, +die Hierarchie zu plündern, so mußte er sich entschließen, dem +Vergnügen, die Dissenters zu verfolgen, zu entsagen. Wollte er von nun +an mit seinen alten Freunden in Fehde leben, so mußte er mit seinen +alten Feinden einen Waffenstillstand schließen. Er konnte die +anglikanische Kirche nur dadurch bezwingen, daß er eine +<span class = "pagenum">VII.34</span> +<a name = "pageVII_34" id = "pageVII_34"> </a> +umfassende Coalition gegen sie bildete, welche Secten in sich schloß, +die zwar in Lehre und Verfassung von einander selbst viel stärker +abwichen als von ihr, aber doch durch ihre gemeinsame Eifersucht auf +ihre Größe und durch die gemeinsame Furcht vor ihrer Unduldsamkeit +bewogen werden konnten, ihre Feindseligkeiten so lange ruhen zu lassen, +bis jene Kirche die Macht verloren hatte, sie zu tyrannisiren.</p> + +<p>Ein Grund schien besonders für diesen Plan zu sprechen. Wenn es ihm +nur gelang, die protestantischen Nonconformisten zu gewinnen, so durfte +er sich mit der Hoffnung schmeicheln, vor jeder Rebellion sicher zu +sein. Nach der Ansicht der anglikanischen Geistlichen konnte keine +Kränkung irgend welcher Art einen Unterthanen berechtigen, den Gesalbten +des Herrn gewaltsamen Widerstand zu leisten. Die Theorie der +puritanischen Sectirer lautete ganz anders. Diese Sectirer trugen kein +Bedenken, Tyrannen mit dem Schwerte Gideon’s zu Boden zu schlagen, und +manche von ihnen scheuten sich auch nicht, den Dolch Ehud’s zu +gebrauchen. Wahrscheinlich sannen sie eben jetzt wieder auf einen neuen +westlichen Aufstand oder auf ein neues Ryehousecomplot. Jakob glaubte +daher, daß er getrost die Staatskirche verfolgen könnte, wenn es ihm nur +gelang, die Dissenters zu gewinnen. Die Partei, deren Grundsätze ihm +keine Sicherheit gewährten, war dann durch das Interesse an ihn +gefesselt, und die Partei, deren Interessen er angriff, erregte aus +Grundsatz keinen Aufruhr.</p> + +<p>Unter dem Einflusse solcher Erwägungen begann Jakob von dem +Augenblicke an, als er sich zornig von seinem Parlament trennte, auf +eine Coalition aller katholischen wie protestantischen Nonconformisten +gegen die Landeskirche zu denken. Schon um Weihnachten 1685 meldeten die +Gesandten der Vereinigten Provinzen den Generalstaaten, daß der Plan +einer allgemeinen Duldung entworfen sei und bald ans Licht treten +werde.<a class = "tag" name = "tagVII_25" id = "tagVII_25" href = +"#noteVII_25">25</a> Indessen erwiesen sich die Nachrichten, welche der +holländischen Gesandtschaft zugekommen waren, als verfrüht. Die +Separatisten scheinen jedoch im Jahre 1686 schon viel milder behandelt +worden zu sein, als während des Jahres 1685. Aber nur ganz allmälig und +nach vielen inneren Kämpfen vermochte es der König über sich, mit Allem, +was er am meisten verabscheute, ein Bündniß zu schließen. Er hatte einen +nicht oberflächlichen und launenhaften, nicht erst kürzlich entstandenen +oder rasch aufgeschossenen, sondern in seiner Familie erblichen Groll zu +überwinden, welcher durch große, während hundertzwanzig ereignißvoller +Jahre zugefügte und erlittene Unbilden verstärkt worden und mit allen +seinen religiösen und politischen, häuslichen und persönlichen Gefühlen +verwachsen war. Vier Generationen von Stuarts hatten mit vier +Generationen von Puritanern einen Krieg auf Leben und Tod geführt, und +während dieses ganzen langen Krieges hatte kein Stuart die Puritaner so +stark gehaßt, und war so stark von ihnen gehaßt worden, als er. Sie +hatten es versucht, seine Ehre zu untergraben und ihn seines +Geburtsrechts zu berauben; sie hatten ihn einen Brandstifter, einen +Kehlabschneider und einen Giftmischer genannt; sie hatten ihn aus der +Admiralität und aus dem Staatsrathe verdrängt; sie hatten ihn zu +wiederholten Malen in die Verbannung getrieben, sie hatten einen +Mordanschlag auf ihn gemacht, und sie hatten sich zu Tausenden mit +bewaffneter Hand gegen ihn erhoben. Dafür hatte er sich an ihnen durch +ein Gemetzel gerächt, wie es England +<span class = "pagenum">VII.35</span> +<a name = "pageVII_35" id = "pageVII_35"> </a> +noch nie gesehen. Ihre Köpfe und Glieder verwesten noch auf Pfählen auf +allen öffentlichen Plätzen von Somersetshire und Dorsetshire. Bejahrte +Frauen, die wegen ihrer Frömmigkeit und Mildthätigkeit von den Sectirern +in hohen Ehren gehalten wurden, waren um geringfügiger Vergehen willen, +die kein guter Fürst nur eines strengen Verweises werth gehalten haben +würde, enthauptet oder lebendig verbrannt worden. In einem solchen +Verhältnisse hatte selbst in England der König zu den Puritanern +gestanden, und in Schottland hatte die Tyrannei des Königs und die Wuth +der Puritaner einen Grad erreicht, von dem sich die Engländer kaum einen +Begriff machen konnten. Einen so langjährigen und so tödtlichen Haß zu +vergessen, war für einen ganz besonders harten und unversöhnlichen +Character keine leichte Aufgabe.</p> + +<p>Der Kampf, der im Innern des Königs stattfand, entging dem Blicke +Barillon’s nicht. Ende Januar 1687 schrieb er einen interessanten Brief +nach Versailles. Der König — dies war der wesentliche Inhalt des +Schreibens — habe sich so ziemlich überzeugt, daß er nicht völlige +Freiheit für die römischen Katholiken erlangen und dabei doch die +Gesetze gegen die protestantischen Dissenters aufrecht erhalten könne. +Er neige sich daher zu einem Plane allgemeiner Indulgenz hin, im Herzen +aber würde es ihm weit lieber sein, wenn er auch jetzt noch seinen +Schutz und seine Gunst zwischen der römischen und der anglikanischen +Kirche, mit Ausschluß aller anderen religiösen Überzeugungen, theilen +könnte.<a class = "tag" name = "tagVII_26" id = "tagVII_26" href = +"#noteVII_26">26</a></p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVII_25" id = "noteVII_25" href = "#tagVII_25">25.</a> +Leeuwen, 25. Dec. (4. Jan.) 1685/6.</p> + +<p><a name = "noteVII_26" id = "noteVII_26" href = "#tagVII_26">26.</a> +Barillon, 31. Jan. (10. Febr.) 1686/7. <span class = "antiqua">„Je crois +que, dans le fond, si on ne pouvoit laisser que la religion Anglicane et +la Catholique établies par les loix, le Roy d’Angleterre en seroit bien +plus content.“</span></p> +</div> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +In Schottland theilweise Duldung gewährt.</span> +<a name = "secVII_26" id = "secVII_26">Wenige</a> Tage nach dem Abgang +dieser Depesche that Jakob zögernd und widerstrebend den ersten Schritt +zur Annäherung an die Puritaner. Er hatte sich entschlossen, mit +Schottland zu beginnen, wo seine Befugniß, von Parlamentsacten zu +dispensiren, von den willfährigen Ständen anerkannt war. Demgemäß wurde +am 12. Februar in Edinburg eine Proklamation erlassen, welche +ängstlichen Gewissen eine Erleichterung gewährte.<a class = "tag" name = +"tagVII_27" id = "tagVII_27" href = "#noteVII_27">27</a> Diese +Proklamation beweist vollkommen die Richtigkeit von Barillon’s Urtheil. +Selbst in der Acte, durch die er den Presbyterianern Zugeständnisse +machte, konnte Jakob seinen Widerwillen gegen sie nicht verhehlen. Die +den Katholiken gewährte Duldung war vollkommen. Auch die Quäker hatten +wenig Ursache sich zu beklagen. Aber die den Presbyterianern, welche die +Hauptmasse des schottischen Volks bildeten, bewilligte Indulgenz war +durch Bedingungen beschränkt, die sie fast werthlos machten. An die +Stelle des bisherigen Religionseides, der sowohl Katholiken als +Presbyterianer von Staatsämtern ausschloß, war ein neuer Religionseid +gesetzt, der die Katholiken zuließ, aber die meisten Presbyterianer +ausschloß. Den Katholiken war es erlaubt, Kapellen zu erbauen und sogar +die Hostie überall, mit Ausnahme der Straßen in königlichen Burgflecken, +in Prozession umherzutragen; den Quäkern war es gestattet, sich in +öffentlichen Gebäuden zu versammeln; die Presbyterianer aber durften nur +in Privatwohnungen Gottesdienst halten; es war ihnen streng verboten, +Bethäuser zu bauen, sie durften nicht einmal eine Scheune oder ein +Nebenhaus zu Andachtsübungen benutzen, und es ward ihnen nachdrücklich +eingeschärft, +<span class = "pagenum">VII.36</span> +<a name = "pageVII_36" id = "pageVII_36"> </a> +daß, wenn sie es wagten, Conventikel unter freiem Himmel zu hatten, das +Gesetz, welches sowohl den Predigern als den Zuhörern mit dem Tode +drohte, mit schonungsloser Strenge angewendet werden sollte. Jeder +katholische Priester durfte Messe lesen, jeder Quäker durfte vor seinen +Glaubensbrüdern Reden halten; aber der Geheime Rath war angewiesen, +darüber zu wachen, daß kein presbyterianischer Geistlicher sich +unterfange, ohne specielle Erlaubniß der Regierung zu predigen. Jede +Zeile dieses Dokuments und der dasselbe begleitenden Briefe beweist, wie +schwer es dem Könige wurde, nur einigermaßen die Härte zu mildern, mit +der er die alten Feinde seines Hauses von jeher behandelt hatte.<a class += "tag" name = "tagVII_28" id = "tagVII_28" href = +"#noteVII_28">28</a></p> + +<p>Man hat wirklich Grund zu glauben, daß er bei Veröffentlichung dieser +Proklamation noch keineswegs zu einer Coalition mit den Puritanern fest +entschlossen war und daß er ihnen zuvörderst nur eben so viele +Begünstigungen gewähren wollte, als durchaus nöthig waren, um die +Anhänger der Landeskirche durch Einschüchterung zum Gehorsam zu bringen. +Er wartete daher einen Monat, um zu sehen, welchen Eindruck das in +Edinburg erlassene Edict in England machen werde. Diesen Monat +verwendete er auf Petre’s Rath eifrig zu dem, was man <span class = +"antiqua">closeting</span><a class = "tag" name = "tagVII_29" id = +"tagVII_29" href = "#noteVII_29">29</a> nannte.</p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVII_27" id = "noteVII_27" href = "#tagVII_27">27.</a> +Sie ist zu finden im Anfange zu Wodrow II. 129.</p> + +<p><a name = "noteVII_28" id = "noteVII_28" href = "#tagVII_28">28.</a> +<span class = "antiqua">Wodrow, Appendix, vol. II. Nos. 128, 129, +132.</span></p> + +<p><a name = "noteVII_29" id = "noteVII_29" href = "#tagVII_29">29.</a> +Persönliche Bearbeitung Einzelner im Privatkabinet des Königs. +  D. Übers.</p> +</div> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Persönliche Bearbeitung Einzelner im königlichen Kabinet.</span> +<a name = "secVII_27" id = "secVII_27">London</a> war voll von +geeigneten Persönlichkeiten. Man erwartete die baldige Zusammenberufung +des Parlaments zur Erledigung von Geschäften, und viele Mitglieder waren +bereits in der Stadt. Der König nahm sich vor, sie Mann für Mann zu +werben. Er hoffte, daß die eifrigen Tories — und aus solchen +bestand das Unterhaus mit wenigen Ausnahmen — seinen dringenden +Bitten schwer würden widerstehen können, wenn er dieselben nicht an die +Gesammtheit, sondern an jeden Einzelnen, und nicht vom Thronsessel +herab, sondern im vertraulichen Gespräch an sie richtete. Die +Mitglieder, welche nach Whitehall kamen, um ihre Aufwartung zu machen, +wurden demnach auf die Seite genommen und mit langen Privatunterredungen +beehrt. Der König drang in sie, daß sie, als loyale Gentlemen, ihm nur +in dem einem Punkte, der ihm mehr als alles Andre am Herzen liege, den +Willen thun möchten. Er meinte, die Sache berühre seine persönliche +Ehre. Die unter der vorigen Regierung von factiösen Parlamenten gegen +die Katholiken erlassenen Verordnungen seien lediglich gegen ihn selbst +gerichtet gewesen; diese Gesetze hätten ihm ein Brandmal aufgedrückt, +ihn aus der Admiralität und aus dem Staatsrathe vertrieben, und er sei +berechtigt, zu erwarten, daß Alle, die ihn liebten und ehrten, sich zur +Abschaffung jener Gesetze vereinigen würden. Sah er, daß seine Zuhörer +gegen diese Ermahnungen taub blieben, so nahm er seine Zuflucht zu +Drohungen und Bestechungen. Denjenigen, die sich weigerten, ihm in +dieser Angelegenheit zu Willen zu sein, wurde geradezu gesagt, daß sie +keine Gunstbezeigung zu erwarten hätten. Trotz seiner Knauserei öffnete +und vertheilte er seine Schätze. Mehrere von Denen, die zu einer +Conferenz mit ihm eingeladen worden waren, nahmen aus seinem +Schlafzimmer Geld mit fort, das sie aus königlicher Hand empfangen +hatten. Die Richter, die sich gerade auf ihrer Frühjahrsrundreise +befanden, erhielten Befehl vom Könige, die noch in der Provinz +zurückgebliebenen +<span class = "pagenum">VII.37</span> +<a name = "pageVII_37" id = "pageVII_37"> </a> +Mitglieder zu besuchen und die Gesinnungen jedes Einzelnen zu +erforschen.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Erfolglosigkeit der persönlichen Bearbeitung.</span> +<a name = "secVII_28" id = "secVII_28">Das</a> Resultat aller dieser +Nachforschungen war, daß die große Majorität des Hauses der Gemeinen +entschlossen zu sein schien, sich den Maßregeln des Hofes zu +widersetzen.<a class = "tag" name = "tagVII_30" id = "tagVII_30" href = +"#noteVII_30">30</a> Einer von Denjenigen, deren Festigkeit allgemeine +Bewunderung erregten, war Arthur Herbert, der Bruder des Oberrichters, +Parlamentsmitglied für Dover, Kammerherr und Contreadmiral von +England.</p> + +<p class = "footnote"> +<a name = "noteVII_30" id = "noteVII_30" href = "#tagVII_30">30.</a> +Barillon, 28. Febr. (10. März) 1686/7; Citters, 15.(25.) Febr.; <span +class = "antiqua">Reresby’s Memoirs</span>; Bonrepaux, 25. Mai (4. Juni) +1687.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Admiral Herbert.</span> +<a name = "secVII_29" id = "secVII_29">Arthur</a> Herbert war bei den +Seeleuten sehr beliebt und galt für einen der tüchtigsten adeligen +Marineoffiziere. Man hatte allgemein vermuthet, daß er sich den Wünschen +des Königs bereitwillig fügen werde, denn er fragte wenig nach der +Religion, war vergnügungslustig und verschwenderisch, hatte kein +Privatvermögen, bezog aus seinen Stellen ein jährliches Einkommen von +viertausend Pfund und wurde seit langer Zeit zu den ergebensten +persönlichen Anhängern Jakob’s gerechnet. Als aber der Contreadmiral im +Privatkabinet vorgenommen und das Versprechen von ihm verlangt wurde, +daß er für die Aufhebung der Testacte stimmen wolle, antwortete er, +seine Ehre und sein Gewissen erlaubten ihm nicht, ein solches +Versprechen zu geben. „Niemand zweifelt an Ihrer Ehre“, sagte der König, +„aber ein Mann, der so lebt wie Sie, sollte nicht von seinem Gewissen +sprechen.“ Auf diesen Vorwurf, einen Vorwurf, der dem Geliebten der +Katharine Sedley übel anstand, erwiederte Herbert mit männlicher +Offenheit: „Ich habe meine Fehler, Sire, aber ich könnte Leute nennen, +welche viel häufiger von ihrem Gewissen sprechen als ich und dabei ein +eben so lockeres Leben führen.“ Er wurde aller seiner Stellen entsetzt +und die Rechnung über seine Ausgaben und Einnahmen als Kammerherr wurden +mit großer und, wie er klagte, ungerechter Strenge geprüft.<a class = +"tag" name = "tagVII_31" id = "tagVII_31" href = +"#noteVII_31">31</a></p> + +<p>Es war jetzt augenscheinlich, daß jede Hoffnung auf ein Bündnis +zwischen der anglikanischen und römischen Kirche zu dem Zwecke, die +Ämter und Einnahmen unter sich zu theilen und die puritanischen Secten +zu unterdrücken, aufgegeben werden mußte. Es blieb weiter nichts übrig, +als der Versuch, eine Koalition zwischen der römischen Kirche und den +puritanischen Secten gegen die anglikanische Kirche zu Stande zu +bringen.</p> + +<p class = "footnote"> +<a name = "noteVII_31" id = "noteVII_31" href = "#tagVII_31">31.</a> +Barillon, 14.(24.) März 1687; Lord Russell an <span class = +"antiqua">Dr.</span> Fitzwilliam, 1. April; <span class = +"antiqua">Burnet I. 671, 672</span>. In <span class = "antiqua">Clarke’s +Life of James the Second, II. 204</span> ist die Unterredung etwas +anders erzählt. Diese Stelle aber ist kein Theil der eigenen Memoiren +des Königs.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Die Indulgenzerklärung.</span> +<a name = "secVII_30" id = "secVII_30">Am</a> 18. März kündigte der +König dem Geheimen Rathe an, daß er beschlossen habe, das Parlament bis +Ende November zu prorogiren und allen seinen Unterthanen aus eigner +Machtvollkommenheit völlige Gewissensfreiheit zu gewähren.<a class = +"tag" name = "tagVII_32" id = "tagVII_32" href = "#noteVII_32">32</a> Am +4. April erschien die denkwürdige Indulgenzerklärung.</p> + +<p>In dieser Erklärung sagte der König, es sei sein innigster Wunsch, +seine Unterthanen als Mitglieder derjenigen Kirche zu sehen, der er +selbst angehöre. Da dies aber nicht sein könne, erkläre er, daß es seine +Absicht +<span class = "pagenum">VII.38</span> +<a name = "pageVII_38" id = "pageVII_38"> </a> +sei, sie in der freien Ausübung ihrer Religion zu schützen. Er +wiederholte alle die schönen Redensarten, welche acht Jahre früher, als +er selbst ein Unterdrückter war, so oft aus seinem Munde kamen, die er +aber nicht mehr gebrauchte, seitdem ein Wechsel des Glücks ihm die Macht +verliehen hatte, selbst ein Unterdrücker zu werden. Er sei schon längst +überzeugt, sagte er, daß man dem Gewissen keinen Zwang anthun dürfe, daß +Verfolgungen der Zunahme der Bevölkerung und dem Handel nachtheilig +seien und nie zu dem Zwecke führten, den die Verfolger erreichen +wollten. Er wiederholte das schon oft gegebene und eben so oft +gebrochene Versprechen, daß er die Staatskirche im Genusse ihrer +gesetzlichen Rechte schützen wolle. Hierauf erklärte er, ebenfalls aus +eigner Machtvollkommenheit, eine lange Reihe von Gesetzen für null und +nichtig, hob alle Strafbestimmungen gegen alle Klassen von +Nonconformisten auf, ermächtigte die römischen Katholiken wie auch die +protestantischen Dissenters, ihren Gottesdienst öffentlich zu halten, +verbot seinen Unterthanen bei Strafe seines allerhöchsten Mißfallens, +irgend eine religiöse Versammlung zu stören, und schaffte auch alle +diejenigen Gesetze ab, welche die Befähigung zu bürgerlichen und +militairischen Ämtern von einem Religionseide abhängig machten.<a class += "tag" name = "tagVII_33" id = "tagVII_33" href = +"#noteVII_33">33</a></p> + +<p>Daß die Indulgenzerklärung verfassungswidrig war, darüber sind beide +große Parteien Englands zu allen Zeiten einig gewesen. Jeder, der in +politischen Fragen ein Urtheil hat, muß einsehen, daß ein Fürst, der +eine solche Erklärung erlassen darf, nichts Geringeres ist als ein +absoluter Monarch. Auch kann man zur Vertheidigung dieser Handlung +Jakob’s nicht die Gründe geltend machen, mit denen viele willkürliche +Maßregeln der Stuarts vertheidigt oder entschuldigt worden sind. Man +kann nicht sagen, daß er den Umfang seiner Prärogative verkannt habe, +weil sie nicht genau bestimmt gewesen sei, denn er überschritt die +Grenze angesichts einer ganz kürzlich erst festgestellten Grenzmarke. +Funfzehn Jahre früher hatte sein Bruder auf Anrathen der Cabale auch +eine Indulgenzerklärung erlassen, welche im Vergleich zu der Erklärung +Jakob’s gemäßigt und vorsichtig genannt werden konnte. Die Erklärung +Karl’s dispensirte nur von Strafgesetzen, die Erklärung Jakob’s +dispensirte auch von allen Religionseiden. Die Erklärung Karl’s +gestattete den Katholiken, nur in Privatwohnungen ihren Gottesdienst zu +halten, nach der Erklärung Jakob’s konnten sie Tempel bauen und +ausschmücken und sogar mit Kreuzen, Bildern und Rauchfässern in +Prozession durch Fleet Street ziehen. Dennoch war die Erklärung Karl’s +in alter Form für gesetzwidrig erklärt worden. Die Gemeinen hatten sich +dahin ausgesprochen, daß der König nicht befugt sei, in kirchlichen +Angelegenheiten von Gesetzen zu dispensiren. Karl hatte hierauf das +mißliebige Schriftstück vor seinen Augen vernichten lassen, hatte mit +eigner Hand das Siegel davon abgerissen und sowohl durch eine von ihm +eigenhändig unterschriebene Botschaft als auch mündlich vom Throne herab +in vollem Parlament beiden Häusern fest versprochen, daß der Schritt, +der so großen Anstoß gegeben, als nie geschehen betrachtet werden solle. +Die beiden Häuser hatten dann ohne eine einzige opponirende Stimme eine +gemeinschaftliche Dankadresse für diese Erfüllung ihrer Wünsche an ihn +gerichtet. Nie war eine Verfassungsfrage mit reiflicherer +<span class = "pagenum">VII.39</span> +<a name = "pageVII_39" id = "pageVII_39"> </a> +Erwägung, mit unzweideutigerer Klarheit und mit vollkommnerer +Einhelligkeit entschieden worden.</p> + +<p>Jakob’s Vertheidiger haben zu seiner Entschuldigung häufig das +Erkenntniß anführt, welches der Gerichtshof der Kings Bench in der +abgekarteten Klage gegen Sir Eduard Hales abgab; aber dieser +Entschuldigungsgrund hat gar kein Gewicht. Jakob hatte diesen Ausspruch +notorisch durch Bitten, durch Drohungen, durch Entlassung gewissenhafter +Beamten und durch Besetzung der Richterbank mit anderen höfischer +gesinnten Richtern erlangt. Und obgleich dieses Erkenntniß von der +Advokatur wie von der Nation allgemein für verfassungswidrig erklärt +wurde, erstreckte es sich doch nur so weit, daß der König aus besonderen +Staatsgründen einzelnen Individuen Dispensationen von ausschließenden +Gesetzen bewilligen dürfe. Daß er durch ein Alles über den Haufen +werfendes Edict alle seine Unterthanen ermächtigen konnte, ganze Bände +von Gesetzen nicht mehr zu befolgen, dies hatte kein Gerichtshof +angesichts der feierlichen Entscheidung des Parlaments von 1673 zu +behaupten gewagt.</p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVII_32" id = "noteVII_32" href = "#tagVII_32">32.</a> +<span class = "antiqua">London Gazette, March 21, 1686/7.</span></p> + +<p><a name = "noteVII_33" id = "noteVII_33" href = "#tagVII_33">33.</a> +<span class = "antiqua">London Gazette, April 7</span>. 1087.</p> +</div> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Stimmung der protestantischen Dissenters.</span> +<a name = "secVII_31" id = "secVII_31">Die</a> Stellung der Parteien war +jedoch von der Art, daß Jakob’s Indulgenzerklärung, obgleich der kühnste +von allen Angriffen der Stuarts auf die öffentliche Freiheit, wohl +geeignet war, gerade demjenigen Theile der Gesellschaft zu gefallen, der +allen anderen Angriffen der Stuarts auf die öffentliche Freiheit den +beharrlichsten Widerstand entgegengesetzt hatte. Es stand kaum zu +erwarten, daß der durch ein hartes und streng gehandhabtes Gesetzbuch +von seinen Landsleuten getrennte protestantische Nonconformist geneigt +sein werde, die Gültigkeit eines Erlasses zu bestreiten, der ihn von +unerträglichen Bedrückungen erlöste. Ein kalter und philosophischer +Beobachter würde ohne Zweifel erklärt haben, daß alles Übel, das aus +allen intoleranten Gesetzen, welche je von Parlamenten erlassen wurden, +hervorgehen könne, nicht zu vergleichen sei mit dem Unheil, welches +durch eine Übertragung der gesetzgebenden Gewalt vom Parlament auf den +Souverain entstehen würde. Aber eine so ruhige und philosophische +Überlegung kann man nicht von Leuten erwarten, die unter einem +vorhandenen Drucke seufzen und denen die lockende Aussicht auf sofortige +Erleichterung dargeboten wird. Ein puritanischer Theolog konnte +allerdings nicht leugnen, daß die jetzt von der Krone beanspruchte +Dispensationsgewalt mit den Grundprinzipien der Verfassung unvereinbar +war. Aber es war vielleicht zu entschuldigen, wenn er fragte, was die +Verfassung eigentlich für ihn sei. Die Gleichförmigkeitsacte hatte ihn +trotz königlicher Versprechungen von einer Pfründe vertrieben, die sein +rechtmäßiges Eigenthum war, und hatte ihn in Armuth und Abhängigkeit +zurückgeworfen. Die Fünfmeilenacte hatte ihn von seiner Heimath, von +seinen Verwandten, von seinen Freunden, von fast jedem öffentlichen +Zufluchtsorte verbannt. Kraft der Conventikelacte war er seines +Vermögens beraubt und aus einem schmutzigen Kerker in den andren mitten +unter Straßenräuber und Diebe geworfen worden. Außerhalb des +Gefängnisses wurde er beständig von den Gerichtsdienern verfolgt; er +hatte Angeber durch Geldgeschenke zum Schweigen bringen, hatte sich in +schimpflicher Verkleidung durch Fenster und Fallthüren heimlich zu +seiner Gemeinde schleichen müssen, und während er das geweihte Wasser +auf den Täufling sprengte oder das Brod des heiligen Abendmahls +austheilte, hatte er in beständiger Angst auf das Zeichen horchen +müssen, welches ihm sagte, daß die Sbirren der +<span class = "pagenum">VII.40</span> +<a name = "pageVII_40" id = "pageVII_40"> </a> +Justiz sich näherten. War es nicht bitterer Hohn, einen so +ausgeplünderten und bedrückten Mann aufzufordern, daß er für das +Eigenthum und die Freiheit seiner Plünderer und Bedrücker zum Märtyrer +werden solle? Mochte die Indulgenzerklärung seinen glücklichen Nachbarn +noch so despotisch erscheinen, ihm brachte sie Erlösung. Er wurde +aufgefordert, nicht zwischen der Freiheit und der Knechtschaft, sondern +zwischen zwei Jochen zu wählen, und es wäre nicht unnatürlich gewesen, +wenn er das Joch des Königs für erträglicher gehalten hätte als das der +Kirche.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Stimmung der anglikanischen Kirche.</span> +<a name = "secVII_32" id = "secVII_32">Während</a> solche Gedanken die +Gemüther vieler Dissenters beschäftigten, war die anglikanische Partei +in Angst und Bestürzung. Diese neue Wendung der Dinge war in der That +beunruhigend. Das Haus Stuart im Bunde mit republikanischen und +königsmörderischen Secten gegen die alten Kavaliere Englands; der +Papismus im Bunde mit dem Puritanismus gegen ein kirchliches System, an +welchem die Puritaner nichts weiter auszusetzen hatten, als daß es +zuviel Papistisches beibehalten: das waren Zeichen und Wunder, welche +alle Berechnungen der Staatsmänner über den Haufen warfen. Die Kirche +sollte also mit einem Male von allen Seiten angegriffen werden, und zwar +unter der Leitung Dessen, der ihrer Verfassung nach ihr Oberhaupt war. +Es war kein Wunder, wenn sie von Erstaunen und Entsetzen ergriffen +wurde. Und zu dem Erstaunen und dem Entsetzen gesellten sich noch andere +bittere Gefühle: Groll gegen den meineidigen Fürsten, dem sie nur zu +treu gedient, und Reue über die Grausamkeiten, die sie in Gemeinschaft +mit ihm verübt hatte und für die er sie jetzt, wie es schien, bestrafen +wollte. Ihre Strafe war gerecht, sie erntete was sie gesäet hatte. Als +nach der Restauration ihre Macht den Höhepunkt erreicht, hatte sie nur +Rache geschnaubt. Sie hatte die Stuarts aufgefordert, gedrängt, fast +gezwungen, die kürzlich geleisteten Dienste der Presbyterianer mit +schnödem Undanke zu vergelten. Hätte sie sich in jener Zeit ihrer +höchsten Blüthe, wie es ihr geziemte, ihrer Feinde angenommen, so würde +sie jetzt, in der Zeit der Noth, Freunde in ihnen gefunden haben. +Vielleicht war es noch nicht zu spät, vielleicht konnte sie noch die +Taktik ihres Bedrückers gegen ihn selbst kehren. Es gab unter den +Anglikanern eine gemäßigte Partei, welche den protestantischen +Dissenters immer freundlich gesinnt gewesen war. Allerdings war diese +Partei nicht zahlreich, aber die Talente, Kenntnisse und Tugenden ihrer +Mitglieder machten sie achtunggebietend. Sie war von den höchsten +Würdenträgern der Kirche nicht mit günstigem Auge betrachtet und von den +Frömmlern aus der Schule Laud’s schonungslos verunglimpft worden; aber +von dem Tage, an welchem die Indulgenzerklärung erschien, bis zu dem +Tage, wo Jakob’s Macht aufhörte Schrecken einzuflößen, schien die ganze +Kirche von dem Geiste der verleumdeten Latitudinarier beseelt zu sein +und von ihren Rathschlägen geleitet zu werden.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Der Hof und die Kirche.</span> +<a name = "secVII_33" id = "secVII_33">Nun</a> folgte eine Art von +Versteigerung, die sonderbarste, von der uns die Geschichte erzählt. Der +König auf der einen, die Kirche auf der andren Seite begannen einander +zu überbieten, um die Gunst Derer zu erlangen, zu deren Unterdrückung +sie bis dahin verbündet gewesen waren. Die protestantischen Dissenters, +die noch vor wenigen Monaten eine verachtete und geächtete Klasse +gewesen waren, hielten jetzt die Wage der Macht in ihrer Hand. Die +Härte, mit der sie behandelt worden waren, wurde allgemein verdammt. Der +Hof +<span class = "pagenum">VII.41</span> +<a name = "pageVII_41" id = "pageVII_41"> </a> +suchte die ganze Schuld auf die Hierarchie zu wälzen, und die Hierarchie +warf sie zurück auf den Hof. Der König erklärte, daß er die Separatisten +wider Willen nur deshalb verfolgt habe, weil seine Angelegenheiten in +einem Zustande gewesen wären, bei dem er es nicht hatte wagen dürfen, +dem Klerus der Staatskirche zu nahe zu treten. Dieser versicherte, daß +er nur aus Ehrerbietung vor der Autorität des Königs an einer Strenge +Theil genommen habe, die seinen Gefühlen durchaus fremd sei. Der König +brachte eine Sammlung von Anekdoten von Rectoren und Vikaren zusammen, +welche durch Androhung von Verfolgung von protestantischen Dissenters +Geld erpreßt hatten. Er sprach häufig und öffentlich über diesen +Gegenstand, drohte mit einer Untersuchung, welche die Pfarrer der ganzen +Welt in ihrem wahren Character zeigen werde und erließ in der That +mehrere Verordnungen, durch welche Agenten, auf die er sich verlassen zu +können glaubte, ermächtigt wurden, den Betrag der Summen zu ermitteln, +welche in verschiedenen Landestheilen von Bekennern der herrschenden +Religion Sectirern abgepreßt worden waren. Die Vertheidiger der +Landeskirche führten dagegen Beispiele von rechtschaffenen Pfarrern an, +welche vom Hofe Verweise und Drohungen erhalten, weil sie auf der Kanzel +Duldsamkeit empfohlen und sich geweigert hatten, kleine Gemeinden von +Nonconformisten auszuspüren und zu Tode zu hetzen. Der König behauptete, +daß einige Mitglieder der Staatskirche, die er privatim vorgenommen, +sich erboten hatten, den Katholiken ausgedehnte Zugeständnisse zu +machen, unter der Bedingung, daß die Verfolgung gegen die Puritaner +ihren Fortgang behalte. Die angeklagten Anhänger der Staatskirche +leugneten heftig die Wahrheit dieser Beschuldigung und behaupteten, daß, +wenn sie sich mit dem, was der König für seine eigene Kirche verlangte, +einverstanden erklärt hätten, er ihnen sehr gern gestattet haben würde, +sich durch Verfolgung und Ausplünderung protestantischer Dissenters zu +entschädigen.<a class = "tag" name = "tagVII_34" id = "tagVII_34" href = +"#noteVII_34">34</a></p> + +<p>Der Hof hatte seine Physiognomie verändert. Die Schärpe und der +Priesterrock der anglikanischen Geistlichen konnten sich daselbst kaum +noch sehen lassen ohne spöttisches Lächeln und boshaftes Geflüster +hervorzurufen. Die Hofdamen erlaubten sich nicht mehr zu kichern und die +Kammerherren verbeugten sich bis zur Erde, wenn sich das puritanische +Gesicht und die puritanische Tracht, welche in den vornehmen Zirkeln so +lange Zeit Lieblingsgegenstände des Spotts gewesen waren, in den +Gallerien des Palastes zeigten. Taunton, das zwei Generationen hindurch +die Veste der Rundkopfpartei im Westen gewesen war, das die Armeen +Karl’s I. zweimal tapfer zurückgeschlagen, sich zur Unterstützung +Monmouth’s wie ein Mann erhoben hatte und von Kirke und Jeffreys in eine +Schlachtbank verwandelt worden war, schien plötzlich die Stelle erobert +zu haben, welche Oxford einst in der königlichen Gunst eingenommen.<a +class = "tag" name = "tagVII_35" id = "tagVII_35" href = +"#noteVII_35">35</a> Der König gewann es über sich, ausgezeichneten +Dissenters sogar mit kriechender +<span class = "pagenum">VII.42</span> +<a name = "pageVII_42" id = "pageVII_42"> </a> +Höflichkeit zu begegnen. Einigen bot er Geld an, Anderen städtische +Ehrenämter, noch Anderen Begnadigung von Verwandten und Freunden, die +wegen Theilnahme an dem Ryehousecomplot oder wegen Anschluß an die Fahne +Monmouth’s auf dem Kontinent umherirrten oder in den Zuckerplantagen von +Barbados schwitzten. Er stellte sich sogar, als ob er mit den +freundlichen Gesinnungen der englischen Puritaner gegen ihre auswärtigen +Glaubensbrüder sympathisirte. Eine zweite und dritte Proklamation +erschien in Edinburg, welche die den Presbyterianern durch das +Februaredict gewährte nichtssagende Duldung bedeutend erweiterten.<a +class = "tag" name = "tagVII_36" id = "tagVII_36" href = +"#noteVII_36">36</a> Die verbannten Hugenotten, die der König seit +vielen Monaten mit ungnädigem Auge angesehen und denen er die von der +Nation aufgebrachten milden Gaben vorenthalten hatte, wurden jetzt +unterstützt und gehätschelt. Es wurde ein Ministerialbefehl erlassen, +der die öffentliche Mildthätigkeit nochmals zu ihren Gunsten aufrief. +Die Vorschrift, welche von ihnen den Anschluß an die anglikanische +Gottesverehrung als Bedingung des Empfangs einer Unterstützung +verlangte, scheint zu dieser Zeit stillschweigend aufgehoben gewesen zu +sein, und die Vertheidiger der Politik des Königs hatten die Frechheit +zu behaupten, diese Vorschrift sei auf Andringen der Prälaten der +Staatskirche erlassen worden, während wir aus den sichersten Quellen +wissen, daß sie von ihm selbst im Einverständniß mit Barillon ersonnen +worden war.<a class = "tag" name = "tagVII_37" id = "tagVII_37" href = +"#noteVII_37">37</a></p> + +<p>Während der König sich so die Gunst seiner alten Gegner zu erwerben +suchte, waren die Freunde der Landeskirche nicht weniger thätig. Von der +Bitterkeit und dem Hohne, mit dem die Prälaten und Priester seit der +Restauration die Sectirer zu behandeln pflegten, war kaum noch eine Spur +zu erkennen. Die, welche man ganz kürzlich noch Schismatiker und +Fanatiker genannt hatte, waren jetzt geliebte Mitprotestanten, +Glaubensbrüder, die vielleicht schwach sein mochten, aber deren +Gewissensskrupel immerhin zarte Rücksichtnahme verdienten. Wenn sie nur +in dieser Krisis der englischen Verfassung und dem reformirten Glauben +treu blieben, so sollte ihre Hochherzigkeit bald und reich belohnt +werden. Anstatt einer Indulgenz, welche keine gesetzliche Gültigkeit +hätte, sollten sie eine wirkliche, durch eine Parlamentsacte gesicherte +Indulgenz haben. Ja, viele Mitglieder der Staatskirche, die sich bisher +durch ihr starres Festhalten an jeder in der Liturgie vorgeschriebenen +Geberde und Formel ausgezeichnet hatten, erklärten sich jetzt nicht nur +zur Duldung, sondern sogar zur Gleichstellung geneigt. Der Streit um +Chorröcke und Stellungen, sagten sie, habe nur zu lange Christen von +einander getrennt, welche doch in den wesentlichen Glaubenspunkten +übereinstimmten. Wenn der Kampf auf Tod und Leben gegen den gemeinsamen +Feind vorüber wäre, dann würde man sehen, daß die anglikanische +Geistlichkeit zu jedem billigen Zugeständnisse bereit sei. Wenn die +Dissenters nur nicht unbescheiden wären, so würden ihnen nicht blos +bürgerliche, sondern auch geistliche Ämter offen stehen, und Baxter und +Howe würden ohne einen Flecken an ihrer Ehre oder ihrem Gewissen auf der +Bank der Bischöfe sitzen können.</p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVII_34" id = "noteVII_34" href = "#tagVII_34">34.</a> +Verordnungen des Schatzamts. Siehe besonders die Instructionen vom 8. +März 1687/88; <span class = "antiqua">Burnet, I. 715</span>; <span class += "antiqua">Reflections on His Majesty’s Proclamation for a Toleration +in Scotland</span>; <span class = "antiqua">Letters containing some +Reflections on His Majesty’s Declaration for Liberty of +Conscience</span>; <span class = "antiqua">Apology for the Church of +England with relation to the spirit of Persecution for which she is +accused, 1687/88.</span> Doch es ist mir unmöglich, alle Flugschriften +anzuführen, aus denen ich mein Urtheil über den damaligen Stand der +Parteien geschöpft habe.</p> + +<p><a name = "noteVII_35" id = "noteVII_35" href = "#tagVII_35">35.</a> +<span class = "antiqua">Letter to a Dissenter</span>.</p> + +<p><a name = "noteVII_36" id = "noteVII_36" href = "#tagVII_36">36.</a> +<span class = "antiqua">Wodrow, Appendix, vol. II. Nos. 132, +134.</span></p> + +<p><a name = "noteVII_37" id = "noteVII_37" href = "#tagVII_37">37.</a> +<span class = "antiqua">London Gazette, April 21. 1687</span>; <span +class = "antiqua">Animadversions on a late paper entituled a Letter to a +Dissenter, by H. C. (Henry Care), 1687.</span></p> +</div> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +„Brief an einen Dissenter.“</span> +<a name = "secVII_34" id = "secVII_34">Von</a> den zahlreichen damaligen +Flugschriften, in denen die Sache des Hofes und die Sache der Kirche +<span class = "pagenum">VII.43</span> +<a name = "pageVII_43" id = "pageVII_43"> </a> +vor dem Puritaner, der jetzt durch eine sonderbare Wendung des Geschicks +das Loos seiner Verfolger entscheiden sollte, eifrig und ängstlich +entwickelt wurde, ist jetzt nur noch eine in der Erinnerung, betitelt: +<span class = "antiqua">Letter to a Dissenter</span>. In dieser +meisterhaften kleinen Schrift waren alle Argumente, die einen +Nonconformisten überzeugen konnten, daß es seine Pflicht und sein +Interesse sei, ein Bündniß mit der Staatskirche einem Bündnisse mit dem +Hofe vorzuziehen, auf einem engen Raume in der übersichtlichsten Ordnung +zusammengestellt, mit geistreichem Witze erörtert und mit einer zwar +lebhaften, aber selbst in den Momenten der leidenschaftlichsten +Heftigkeit die Grenzen des Anstandes und der seinen Bildung nie +überschreitenden Beredtsamkeit zur Geltung gebracht. Die Schrift machte +einen ungeheuren Eindruck, denn da sie nur einen Bogen stark war, wurden +über zwanzigtausend Exemplare durch die Post versandt und die Wirkung +zeigte sich in jedem Winkel des Reichs. Es erschienen vierundzwanzig +Antworten darauf, aber die ganze Stadt erklärte sie für schlecht und die +von Lestrange für die schlechteste von allen vierundzwanzig.<a class = +"tag" name = "tagVII_38" id = "tagVII_38" href = "#noteVII_38">38</a> +Die Regierung war sehr ärgerlich und sparte keine Mühe, um den Verfasser +des Briefs ausfindig zu machen; aber es war nicht möglich, +rechtskräftige Beweise gegen ihn aufzubringen. Einige meinten die Denk- +und Sprachweise Temple’s zu erkennen.<a class = "tag" name = "tagVII_39" +id = "tagVII_39" href = "#noteVII_39">39</a> In Wirklichkeit aber +gehörte dieser umfassende und scharfe Verstand, diese lebhafte +Phantasie, dieser elegante und kräftige Styl, diese ruhige und edle, +halb hofmännische, halb philosophische Würde, welche die heftigste +Aufregung des Kampfes nicht einen Augenblick aus der Fassung bringen +konnte, keinem Andren als Halifax an.</p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVII_38" id = "noteVII_38" href = "#tagVII_38">38.</a> +<span class = "antiqua">Lestrange’s Answer to a Letter to a +Dissenter</span>; <span class = "antiqua">Care’s Animadversions on a +Letter to a Dissenter</span>; <span class = "antiqua">Dialogue between +Harry and Roger</span>, nämlich Harry Care und Roger Lestrange.</p> + +<p><a name = "noteVII_39" id = "noteVII_39" href = "#tagVII_39">39.</a> +Der Brief war mit T. W. unterzeichnet. Care sagt in seinen <span class = +"antiqua">Animadversions</span>: „Dieser Herr Politiker T. W. oder +W. T., denn einige Kritiker halten dies für die richtigere +Lesart.“</p> +</div> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Benehmen der Dissenters.</span> +<a name = "secVII_35" id = "secVII_35">Die</a> Dissenters schwankten und +man darf ihnen keinen Vorwurf daraus machen. Sie litten und der König +hatte ihnen Linderung verschafft. Einige ausgezeichnete Geistliche waren +ihrer Haft entlassen worden, andere hatten es gewagt, aus dem Exil +zurückzukehren. Gemeinden, die ihre Zusammenkünfte bisher nur heimlich +und im Dunklen hatten abhalten können, versammelten sich jetzt am hellen +Tage und sangen laut ihre Psalmen vor den Augen von Magistratsbeamten, +Kirchenvorstehern und Constablern. Bescheidene Gotteshäuser von +puritanischer Bauart begannen sich in allen Gegenden Englands zu +erheben. Der aufmerksame Reisende kann noch jetzt an einigen der +ältesten Bethäuser die Jahrzahl 1687 erkennen. Dessen ungeachtet waren +die Anerbietungen der Kirche für einen klugen Dissenter viel lockender +als die des Königs. Die Indulgenzerklärung war in den Augen des Gesetzes +null und nichtig. Sie suspendirte die Strafgesetze gegen Nonconformität +nur auf so lange, als die Grundprinzipien der Verfassung und die +rechtmäßige Autorität des gesetzgebenden Körpers aufgehoben blieben. +Welchen Werth hatten Privilegien, die auf einen so schmachvollen und +zugleich so unsicheren Besitztitel beruhten? Es konnte bald eine +Thronerledigung eintreten, ein der Landeskirche anhängender Souverain +konnte +<span class = "pagenum">VII.44</span> +<a name = "pageVII_44" id = "pageVII_44"> </a> +auf den Thron kommen und ein aus Mitgliedern der Landeskirche +bestehendes Parlament gebildet werden. Wie beklagenswerth mußte dann die +Lage der Dissenters werden, die sich mit Jesuiten gegen die Verfassung +verbündet hatten! Die Kirche bot eine Indulgenz ganz andrer Art als die +von Jakob gewährte dar, eine Indulgenz, die eben so rechtsgültig und +heilig war als die Magna Charta. Beide streitende Parteien versprachen +dem Separatisten Glaubensfreiheit; aber die eine Partei verlangte von +ihm, daß er sie durch Aufopferung der bürgerlichen Freiheit erkaufen +sollte, während die andre ihn zum Genuß der bürgerlichen und religiösen +zugleich einlud.</p> + +<p>Aus diesen Gründen konnte ein Dissenter sich wohl entschließen, sein +Loos mit dem der Staatskirche zu verknüpfen, selbst wenn er hätte +glauben können, daß der Hof es aufrichtig meinte. Aber wer garantirte +ihm für die Aufrichtigkeit des Hofes? Jedermann kannte das bisherige +Benehmen Jakob’s. Es war zwar nicht gerade unmöglich, daß ein Verfolger +durch Vernunftgründe und Erfahrungen von den Vortheilen der +Religionsduldung überzeugt werden konnte. Aber Jakob behauptete, nicht +erst neuerdings überzeugt worden zu sein; im Gegentheil, er versäumte +keine Gelegenheit, um zu versichern, daß er schon seit vielen Jahren aus +Grundsatz aller Unduldsamkeit feind gewesen sei. Dennoch hatte er noch +vor wenigen Monaten Männer, Frauen und junge Mädchen um ihrer Religion +willen bis zum Tode verfolgt. Hatte er damals gegen die bessere +Überzeugung seines Gewissens gehandelt? oder sagte er jetzt eine +wissentliche Unwahrheit? Aus diesem Dilemma gab es keinen Ausweg und +jede der beiden Annahmen war für den Ruf der Rechtschaffenheit des +Königs gleich verderblich. Außerdem war auch allbekannt, daß ihn die +Jesuiten ganz in ihrer Gewalt hatten. Erst wenige Tage vor der +Bekanntmachung der Indulgenz war dieser Orden dem wohlbekannten Willen +des heiligen Stuhles zum Trotz mit einem neuen Beweise seines Vertrauens +und seines Beifalls beehrt worden. Sein Beichtvater, Pater Mansuetus, +ein Franziskaner, dessen menschenfreundlicher Character und tadelloser +Lebenswandel die größte Achtung verdienten, den aber Tyrconnel und Petre +schon längst haßten, war entlassen worden. Den dadurch erledigten Posten +erhielt ein Engländer, Namens Warner, der von dem Glauben seines +Vaterlandes abgefallen und Jesuit geworden war. Den gemäßigten +Katholiken und dem Nuntius war dieser Wechsel nichts weniger als +angenehm, und jeder Protestant erblickte darin einen Beweis, daß die +Jesuiten eine unumschränkte Herrschaft über das Gemüth des Königs +ausübten.<a class = "tag" name = "tagVII_40" id = "tagVII_40" href = +"#noteVII_40">40</a> So großes Lob auch diese Väter mit Recht +beanspruchen konnten, besondere Liberalität und Wahrheitsliebe konnte +selbst die Schmeichelei ihnen nicht beimessen. Daß sie, wenn es das +Interesse ihres Glaubens oder ihres Ordens galt, niemals Bedenken +trugen, den Beistand des weltlichen Schwerts anzurufen, oder die Gesetze +der Wahrheit und Treue zu verletzen, dies war der Welt nicht nur durch +protestantische Ankläger, sondern auch durch Männer verkündet worden, +deren Tugendhaftigkeit und Genie der Stolz der römischen Kirche war. Es +war unglaublich, daß ein ergebener Schüler der Jesuiten der +Gewissensfreiheit aus Grundsatz zugethan +<span class = "pagenum">VII.45</span> +<a name = "pageVII_45" id = "pageVII_45"> </a> +sein sollte; dagegen aber war es weder unglaublich noch +unwahrscheinlich, daß er es für gerechtfertigt hielt, seine wahren +Gesinnungen zu verbergen, um seiner Religion einen Dienst zu erzeigen. +Es war gewiß, daß dem Könige im Herzen die Anglikaner lieber waren als +die Puritaner; es war gewiß, daß, so lange er noch Hoffnung hatte, die +Anhänger der Staatskirche zu gewinnen, er den Puritanern nie die +geringste Freundlichkeit erwiesen hatte. Konnte es also wohl einem +Zweifel unterliegen, daß er selbst jetzt noch die Puritaner willig +aufopfern würde, wenn die Anglikaner sich seinen Wünschen fügten? Sein +wiederholt gegebenes Versprechen hatte ihn nicht abgehalten, die +gesetzlichen Rechte der Geistlichkeit anzutasten, welche so viele +sprechende Beweise von treuer Anhänglichkeit an sein Haus gegeben hatte. +Welche Sicherheit konnte sonach sein Wort Secten gewähren, welche durch +die Erinnerung an tausend geschlagene und empfangene, nicht wieder gut +zu machende Wunden von ihm geschieden waren?</p> + +<p class = "footnote"> +<a name = "noteVII_40" id = "noteVII_40" href = "#tagVII_40">40.</a> +Ellis’ Correspondenz, 15. März u. 27. Juli 1686; Barillon, 28. Febr. +(10. März), 3.(13.) März, 6.(16.) März 1687; Ronquillo, 9.(19.) März +1687 in der Mackintosh-Sammlung.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Einige von ihnen halten es mit dem Hofe. Care, Alsop, Rosewell.</span> +<a name = "secVII_36" id = "secVII_36">Als</a> die durch Bekanntmachung +der Indulgenz verursachte Aufregung sich ein wenig gelegt hatte, zeigte +es sich, daß in der puritanischen Partei eine Spaltung eingetreten war. +Die Minorität, mit einigen wenigen thätigen Männern an der Spitze, deren +Urtheil mangelhaft oder durch das Interesse geleitet war, unterstützte +den König. Heinrich Care, welcher lange Zeit der heftigste und thätigste +Pamphletist unter den Nonconformisten gewesen war und der in den Tagen +des papistischen Complots Jakob in einer Schrift unter dem Titel <span +class = "antiqua">Packet of Advice from Rome</span> (Nachrichtenpacket +von Rom) mit schrankenloser Wuth angegriffen hatte, schmeichelte ihm +jetzt eben so laut, als er ihn früher geschmäht und verleumdet hatte.<a +class = "tag" name = "tagVII_41" id = "tagVII_41" href = +"#noteVII_41">41</a> Der Hauptagent, dessen sich die Regierung zur +Bearbeitung der Presbyterianer bedient hatte, war Vincenz Alsop, ein +Geistlicher, der als Prediger wie auch als Schriftsteller nicht +unbekannt war. Sein Sohn, der wegen Hochverraths bestraft worden war, +wurde begnadigt, und daher widmete der Vater seinen ganzen Einfluß dem +Hofe.<a class = "tag" name = "tagVII_42" id = "tagVII_42" href = +"#noteVII_42">42</a> Mit Alsop verbunden war Thomas Rosewell. Rosewell +war während der durch die Entdeckung des Ryehousecomplots +herbeigeführten Verfolgung der Dissenters fälschlich angeklagt worden, +daß er gegen die Regierung gepredigt habe. Jeffreys hatte auf seine +Verurtheilung zum Tode angetragen und eine bestochene Jury hatte ihn den +klarsten Beweisen von seiner Unschuld zum Trotz für schuldig erklärt. +Die Ungerechtigkeit des Urtheils war so himmelschreiend, daß selbst die +Höflinge sich darüber empört zeigten. Ein angesehener Tory, der den +Verhandlungen des Prozesses beigewohnt hatte, ging augenblicklich zu +Karl und erklärte, daß der Hals des loyalsten Unterthanen in England +nicht mehr sicher sein würde, wenn man Rosewell hinrichtete. Die +Geschwornen selbst wurden von Reue ergriffen, als sie überlegten, was +sie gethan hatten, und boten Alles auf, um dem Gefangenen das Leben zu +retten. Endlich wurde seine Begnadigung +<span class = "pagenum">VII.46</span> +<a name = "pageVII_46" id = "pageVII_46"> </a> +bewilligt, aber Rosewell mußte drückende Bürgschaft für sein ferneres +Wohlverhalten stellen und zu bestimmten Zeiten persönlich vor dem +Gerichtshofe der Kings Bench erscheinen. Seine Bürgschaften wurden jetzt +auf königlichen Befehl erlassen und dadurch seine Dienste gewonnen.<a +class = "tag" name = "tagVII_43" id = "tagVII_43" href = +"#noteVII_43">43</a></p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVII_41" id = "noteVII_41" href = "#tagVII_41">41.</a> +<span class = "antiqua">Wood’s Athenae Oxonienses</span>; <span class = +"antiqua">Observator</span>; <span class = "antiqua">Heraclitus +Ridens</span> an mehreren Stellen. Doch Care’s eigene Schriften sind das +beste Material zur Würdigung seines Characters.</p> + +<p><a name = "noteVII_42" id = "noteVII_42" href = "#tagVII_42">42.</a> +<span class = "antiqua">Calamy’s Account of the Ministers ejected or +silenced after the Restoration, Northamptonshire</span>; <span class = +"antiqua">Wood’s Athenae Oxonienses</span>; <span class = +"antiqua">Biographia Britannica.</span></p> + +<p><a name = "noteVII_43" id = "noteVII_43" href = "#tagVII_43">43.</a> +<span class = "antiqua">Collection of State Trials</span>; <span class = +"antiqua">Samuel Rosewell’s Life of Thomas Rosewell, 1718</span>; <span +class = "antiqua">Calamy’s Account.</span></p> +</div> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Lobb.</span> +<a name = "secVII_37" id = "secVII_37">Das</a> Geschäft, die +Independenten zu gewinnen, war vornehmlich einem ihrer Geistlichen, +Namens Stephan Lobb, übertragen. Lobb war ein schwacher, heftiger und +ehrgeiziger Mann. Er hatte die Opposition gegen die Regierung so weit +getrieben, daß sein Name in mehreren Proklamationen geächtet worden war, +söhnte sich aber jetzt mit dem Hofe aus und ging in der Servilität eben +so weit als er je in der Opposition gegangen war. Er schloß sich der +jesuitischen Cabale an und rieth eifrig zu Maßregeln, vor denen die +verständigsten und ehrenwerthesten Katholiken zurückschauderten. Man +bemerkte, daß er fortwährend im Palaste und häufig im Privatkabinet des +Königs war, daß er in einem Glanze lebte, an den die puritanischen +Geistlichen nicht gewöhnt waren, und daß er beständig von Bittstellern +belagert war, denen er durch seinen Einfluß Stellen und Begnadigungen +verschaffen sollte.<a class = "tag" name = "tagVII_44" id = "tagVII_44" +href = "#noteVII_44">44</a></p> + +<p class = "footnote"> +<a name = "noteVII_44" id = "noteVII_44" href = "#tagVII_44">44.</a> +<span class = "antiqua">London Gazette, March 15. 1685/6</span>; <span +class = "antiqua">Nichols’s Defence of the Church of England</span>; +<span class = "antiqua">Pierce’s Vindication of the +Dissenters.</span></p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Penn.</span> +<a name = "secVII_38" id = "secVII_38">Mit</a> Lobb eng befreundet war +Wilhelm Penn. Penn war nie ein characterfester Mann gewesen, das Leben, +das er seit zwei Jahren führte, hatte sein sittliches Zartgefühl nicht +wenig verhärtet, und wenn sein Gewissen ihm einmal Vorwürfe machte, so +tröstete er sich immer wieder mit dem Gedanken, daß er einen guten und +edlen Zweck verfolge und daß ihm seine Dienste nicht mit Geld bezahlt +würden.</p> + +<p>Durch den Einfluß dieser und anderer weniger hervorragender Männer +wurden mehrere Dissentergemeinden bewogen, Dankadressen an den König zu +richten. Toryistische Schriftsteller haben mit Recht bemerkt, daß die +Sprache dieser Adressen so widerlich servil war wie nur in irgend einer +der überschwenglichsten Lobreden, welche den Stuarts von Bischöfen +gespendet worden sind. Bei genauer Untersuchung stellt es sich heraus, +daß die Schmach nur einem sehr kleinen Theile der puritanischen Partei +zur Last fällt. Es gab kaum einen Marktflecken in England, der nicht +wenigstens ein kleines Häuflein Separatisten gehabt hätte, und man +sparte keine Mühe, um sie zu einer Äußerung ihrer Dankbarkeit für die +Indulgenz zu bewegen. Rundschreiben, welche sie zur Unterzeichnung +aufforderten, wurden nach allen Gegenden des Landes in solchen Massen +geschickt, daß, wie man scherzweise sagte, die Postfelleisen den Pferden +zu schwer waren. Indessen belief sich die Gesammtzahl der Adressen, die +man von allen über ganz England zerstreuten Presbyterianern, +Independenten und Baptisten erlangen konnte, noch nicht auf sechzig; +auch ist kein Grund zu der Vermuthung vorhanden, daß diese Adressen +zahlreiche Unterschriften hatten.<a class = "tag" name = "tagVII_45" id += "tagVII_45" href = "#noteVII_45">45</a></p> + +<p class = "footnote"> +<a name = "noteVII_45" id = "noteVII_45" href = "#tagVII_45">45.</a> +Die Adressen sind in der London Gazette zu finden.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Die Mehrzahl der Puritaner ist gegen den Hof. Baxter.</span> +<a name = "secVII_39" id = "secVII_39">Die</a> große Masse der +protestantischen Nonconformisten, welche fest an den bürgerlichen +Freiheiten hing und den Versprechungen des Königs und der Jesuiten nicht +traute, weigerte sich standhaft, für eine Begünstigung zu +<span class = "pagenum">VII.47</span> +<a name = "pageVII_47" id = "pageVII_47"> </a> +danken, hinter der man mit gutem Grund eine Schlinge argwöhnen durfte. +Dies war die Stimmung aller angesehensten Oberhäupter der Partei. Zu +ihnen gehörte Baxter. Er war, wie wir gesehen haben, bald nach Jakob’s +Thronbesteigung in Untersuchung gezogen, von Jeffreys gröblich insultirt +und von einer Jury, wie die höfischen Sheriffs der damaligen Zeit sie zu +wählen pflegten, für schuldig erklärt worden. Baxter befand sich seit +ungefähr anderthalb Jahren im Gefängniß, als der Hof ernstlich darauf zu +denken begann, die Nonconformisten zu gewinnen. Er wurde nicht allein in +Freiheit gesetzt, sondern auch bedeutet, daß er, wenn er sonst wollte, +seinen Aufenthalt in London nehmen könnte, ohne die Anwendung der +Fünfmeilenacte gegen sich zu fürchten. Die Regierung hoffte +wahrscheinlich, daß die Erinnerung an vergangene Leiden und das Gefühl +der gegenwärtigen Erlösung auf ihn die nämliche Wirkung äußern werde, +wie auf Rosewell und Lobb. Diese Hoffnung erwies sich jedoch als irrig. +Baxter war weder zu bestechen, noch zu täuschen; er weigerte sich, +irgend eine Dankadresse für die Indulgenz zu unterzeichnen und +verwendete seinen ganzen Einfluß zur Herbeiführung eines guten +Vernehmens zwischen der Staatskirche und den Presbyterianern.<a class = +"tag" name = "tagVII_46" id = "tagVII_46" href = +"#noteVII_46">46</a></p> + +<p class = "footnote"> +<a name = "noteVII_46" id = "noteVII_46" href = "#tagVII_46">46.</a> +<span class = "antiqua">Calamy’s Life of Baxter.</span></p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Howe.</span> +<a name = "secVII_40" id = "secVII_40">Wenn</a> es irgend einen Mann +gab, der in der Achtung der protestantischen Dissenters noch höher stand +als Baxter, so war dies Johann Howe. Howe hatte, wie Baxter, durch den +neuerlichen Umschwung der Politik persönlich gewonnen. Die nämliche +Tyrannei, welche Baxter ins Gefängniß warf, hatte ihn in die Verbannung +getrieben und bald nach Baxter’s Entlassung aus dem Gefängnisse der +Kings Bench kehrte Howe von Utrecht nach England zurück. Man erwartete +in Whitehall, daß Howe den ganzen Einfluß, den er auf seine +Glaubensgenossen ausübte, zu Gunsten des Hofes verwenden werde. Der +König selbst ließ sich herab, den Unterthan, den er unterdrückt hatte, +um seinen Beistand zu bitten. Howe scheint geschwankt zu haben; der +Einfuß Hampden’s aber, mit dem er intim befreundet war, vermochte ihn, +der Sache der Verfassung treu zu bleiben. Eine Versammlung +presbyterianischer Geistlichen wurde in seinem Hause gehalten, um über +die Lage der Dinge zu berathen und über den einzuschlagenden Weg einen +Beschluß zu fassen. Im Palaste erwartete man mit ängstlicher Spannung +das Ergebniß. Zwei königliche Abgesandte wohnten der Verhandlung bei, +und sie kamen mit der unwillkommnen Nachricht zurück, daß Howe sich +entschieden gegen das Dispensationsrecht erklärt und nach langer Debatte +die Majorität der Versammlung für sich gewonnen habe.<a class = "tag" +name = "tagVII_47" id = "tagVII_47" href = "#noteVII_47">47</a></p> + +<p class = "footnote"> +<a name = "noteVII_47" id = "noteVII_47" href = "#tagVII_47">47.</a> +<span class = "antiqua">Calamy’s Life of Howe</span>. Den Antheil, den +die Familie Hampden an dieser Angelegenheit gehabt, habe ich aus einem +Briefe von Johnstone an Waristoun vom 13. Juni 1688 erfahren.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Bunyan.</span> +<a name = "secVII_41" id = "secVII_41">Neben</a> Baxter und Howe muß +noch ein andrer Mann genannt werden, der nach seiner Stellung und +Gelehrsamkeit tief unter ihnen, an Tugend aber ihnen gleich, und an +Genie hoch über ihnen stand, Johann Bunyan. Bunyan war ursprünglich +Kesselflicker gewesen und hatte als gemeiner Soldat in der +Parlamentsarmee gedient. Schon in seinen früheren Jahren hatten ihn +furchtbare Gewissensbisse wegen seiner Jugendsünden gequält, von denen +jedoch die schlimmsten solche gewesen zu sein scheinen, welche die Welt +für verzeihlich hält. Seine große Reizbarkeit +<span class = "pagenum">VII.48</span> +<a name = "pageVII_48" id = "pageVII_48"> </a> +und seine glühende Phantasie machten seine inneren Kämpfe ganz besonders +qualvoll. Er bildete sich ein, daß ein Verdammungsurtheil über ihn +verhängt sei, daß er den heiligen Geist gelästert, daß er Christum +verkauft habe und daß er thatsächlich von einem bösen Geiste besessen +sei. Bald vernahm er laute Warnungsstimmen vom Himmel, bald versuchte +ihn der Teufel durch gottlose Einflüsterungen. Er hatte Visionen von +entfernten Berggipfeln, welche die Sonne glänzend beleuchtete, von denen +er aber durch eine Schneewüste getrennt war. Er fühlte wie der Teufel +ihn an den Kleidern zupfte; er glaubte, das Kainszeichen sei ihm +aufgedrückt; er fürchtete daß er zerbersten werde, wie Judas. Diese +Seelenkämpfe zerrütteten seine Gesundheit. Den einen Tag zitterte er wie +ein vom Schlage Getroffener; ein andermal brannte es ihn wie Feuer in +der Brust. Es ist kaum zu begreifen, daß er so entsetzlichen und +andauernden Qualen nicht unterlag. Endlich zertheilten sich die Wolken. +Aus dem Abgrunde der Verzweiflung erhob sich der Büßende in einen +Zustand heiterer Glückseligkeit. Ein unwiderstehlicher Drang trieb ihn +an, auch Andere des Segens theilhaftig werden zu lassen, dessen er +selbst genoß.<a class = "tag" name = "tagVII_48" id = "tagVII_48" href = +"#noteVII_48">48</a> Er schloß sich den Baptisten an und wurde Prediger +und Schriftsteller. Seine Erziehung war die eines Handwerkers gewesen +und er verstand keine andre Sprache als die englische, wie sie von dem +niederen Volke gesprochen wird. Er hatte kein großes Musterwerk studirt, +mit der einzigen, allerdings sehr bedeutenden Ausnahme unsrer herrlichen +Bibelübersetzung. Seine Orthographie war schlecht; er machte häufige +Verstöße gegen die Regeln der Grammatik. Doch sein angebornes Genie und +seine durch eigene Erfahrung erworbene Kenntniß aller religiösen +Gefühle, von der Verzweiflung bis zur Verzückung, ersetzten in ihm +reichlich den Mangel an Gelehrsamkeit. Seine natürliche Beredtsamkeit +erhob und rührte Zuhörer, welche bei den fleißig ausgearbeiteten +Vorträgen großer Dialektiker und Hebraisten kalt blieben. Seine Werke +waren unter den niederen Klassen weit verbreitet. Eines davon, des +Pilgers Reise, wurde schon zu seinen Lebzeiten in mehrere fremde +Sprachen übersetzt. Den Gelehrten und höher Gebildeten war es jedoch +kaum bekannt, und die frommen Hüttenbewohner und Handwerker hatten sich +bereits seit einem Jahrhundert daran erfreut, als es endlich von einem +in der Literatur sehr hochstehenden Manne öffentlich empfohlen wurde. +Die Kritik ließ sich nun herab, das Geheimniß einer so ausgedehnten und +dauernden Popularität zu erforschen. Sie mußte gestehen, daß die +unwissende Menge richtiger geurtheilt hatte als die Gelehrten und daß +das verachtete Büchlein wirklich ein Meisterwerk war. Bunyan ist in der +That ebenso gewiß der erste Allegoriker, wie Demosthenes der erste +Redner und Shakespeare der erste Dramatiker ist. Zwar haben andere +Allegoriker eine gleiche Erfindungsgabe gezeigt; aber kein andrer ist je +im Stande gewesen, das Herz zu rühren und abstracte Begriffe zu +Gegenständen des Entsetzens, des Mitleids und der Liebe zu machen.<a +class = "tag" name = "tagVII_49" id = "tagVII_49" href = +"#noteVII_49">49</a></p> +<span class = "pagenum">VII.49</span> +<a name = "pageVII_49" id = "pageVII_49"> </a> + +<p>Es dürfte zu bezweifeln sein, ob irgend ein englischer Dissenter die +Last der Strafgesetze schwerer empfunden hat als Johann Bunyan. Von den +siebenundzwanzig Jahren, welche seit der Restauration verstrichen waren, +hatte er zwölf im Gefängniß zugebracht. Dennoch fuhr er fort zu +predigen, aber um dies zu können, mußte er sich als Fuhrmann verkleiden. +Oft wurde er, im Fuhrmannskittel und mit der Peitsche in der Hand, durch +eine Hinterthür in die Versammlung eingeführt. Hätte er nur an seine +eigene Ruhe und Sicherheit gedacht, so würde er die Indulgenzerklärung +freudig begrüßt haben. Jetzt durfte er endlich am hellen Tage predigen +und ermahnen. Seine Gemeinde wuchs mit reißender Schnelligkeit. Tausende +hingen an seinen Lippen und in Bedford, wo er sich größtentheils +aufhielt, gingen reiche Beisteuern zum Bau eines Bethauses für ihn ein. +Er stand in so hohem Ansehen bei dem gemeinen Volke, daß die Regierung +ihm gern ein städtisches Amt übertragen hätte; aber sein scharfer +Verstand und sein treues englisches Herz widerstanden siegreich allen +Versuchungen und Täuschungen. Er war fest überzeugt, daß die angebotene +Duldung nur ein Köder sei, um die puritanische Partei damit ins +Verderben zu locken; auch wollte er nicht durch Annahme einer Stelle, zu +der er nicht gesetzlich qualificirt war, die Gültigkeit der +Dispensationsgewalt anerkennen. Eine der letzten edlen Handlungen seines +tugendreichen Lebens war die Ablehnung einer Unterredung, zu der er +durch einen Agenten der Regierung eingeladen wurde.<a class = "tag" name += "tagVII_50" id = "tagVII_50" href = "#noteVII_50">50</a></p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVII_48" id = "noteVII_48" href = "#tagVII_48">48.</a> +<span class = "antiqua">Bunyan’s Grace Abounding.</span></p> + +<p><a name = "noteVII_49" id = "noteVII_49" href = "#tagVII_49">49.</a> +Young stellt Bunyan’s Prosa auf gleiche Stufe mit Durfey’s Poesie. Die +fashionablen Leute im <span class = "antiqua">Spiritual Quixote</span> +stellen den <span class = "antiqua">Pilgrim’s Progress</span> mit <span +class = "antiqua">Jack the Giantkiller</span> zusammen. Spät im +achtzehnten Jahrhundert wagte Cowper nur eine Anspielung auf den großen +Allegoriker:</p> + +<div class = "verse"> +<p>Nicht nennen will ich dich, damit Dein Name</p> +<p>Statt wohlverdienten Ruhm nicht Hohn Dir bringe.</p> +</div> + +<p><a name = "noteVII_50" id = "noteVII_50" href = "#tagVII_50">50.</a> +Fortsetzung von Bunyan’s Biographie im Anhang zu seiner „Überströmenden +Gnade.“</p> +</div> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Kiffin.</span> +<a name = "secVII_42" id = "secVII_42">So</a> groß Bunyan’s Ansehen bei +den Baptisten war, Wilhelm Kiffin’s Ansehen war noch größer. Kiffin war +in Bezug auf Rang und Reichthum der Erste unter ihnen. Er pflegte seine +geistlichen Talente bei ihren Versammlungen auszuüben, erwarb sich aber +nicht durch Predigen seinen Unterhalt. Er machte große Handelsgeschäfte, +stand an der Börse in hohem Ansehen und hatte sich ein bedeutendes +Vermögen gesammelt. Niemand hätte vielleicht unter den dermaligen +Verhältnissen dem Hofe werthvollere Dienste leisten können als er. Aber +zwischen ihm und dem Hofe stand die Erinnerung an ein entsetzliches +Ereigniß. Er war der Großvater der Gebrüder Hewling, der beiden muthigen +Jünglinge, welche von allen Opfern der blutigen Assisen vielleicht am +allgemeinsten bedauert worden waren. Für das traurige Loos des einen von +ihnen war Jakob ganz besonders verantwortlich. Jeffreys hatte dem +jüngeren Bruder einen Aufschub bewilligt. Churchill hatte der Schwester +der beiden jungen Männer eine Audienz beim Könige verschafft, und sie +hatte um Gnade gefleht; aber des Königs Herz war unerbittlich gewesen. +Es war für die ganze Familie ein harter Schlag; am meisten aber war +Kiffin zu bedauern. Er war siebzig Jahr alt, als er vereinsamt dastand. +Diejenigen überlebend, die ihn hatten überleben sollen. Die herzlosen +und feilen Schmarotzer von Whitehall glaubten, indem sie nach sich +selbst urtheilten, der alte Mann werde durch einen Aldermansmantel und +durch eine Geldentschädigung für das verwirkte Vermögen seiner Enkel +leicht wieder zu gewinnen sein. Penn wurde zu dem Verführungswerke +ausersehen; aber seine Bemühungen waren vergebens. Der König beschloß +hierauf, die Wirkung seiner persönlichen Artigkeit zu versuchen. Kiffin +wurde in den Palast beschieden. Er fand einen glänzenden Kreis von +Kavalieren und +<span class = "pagenum">VII.50</span> +<a name = "pageVII_50" id = "pageVII_50"> </a> +Gentlemen versammelt. Jakob kam ihm sogleich entgegen, redete ihn sehr +freundlich an und schloß mit den Worten: „Ich habe Sie zu einem der +Aldermen von London bestimmt, Herr Kiffin.“ Der alte Mann sah den König +fest an, brach in Thränen aus und antwortete: „Sire, ich bin abgenutzt, +ich bin nicht mehr fähig, Eurer Majestät oder der Hauptstadt zu dienen. +Und überdies, Sire, hat der Tod meiner armen Jungen mir das Herz +gebrochen. Diese Wunde ist noch heute so frisch wie jemals, und ich +werde sie mit ins Grab nehmen.“ Der König schwieg einige Augenblicke +sichtlich bewegt und sagte dann: „Ich werde einen Balsam für diese Wunde +finden, Herr Kiffin.“ Es war gewiß nicht Jakob’s Absicht, etwas +Kränkendes oder Übermüthiges zu sagen, im Gegentheil, er scheint sich in +einer ungewöhnlich weichen Stimmung befunden zu haben. Dennoch wirft +keine Äußerung die uns von ihm berichtet wird, ein so nachtheiliges +Licht auf seinen Character als diese wenigen Worte. Es sind die Worte +eines hartherzigen, niedrig denkenden Mannes, der sich keine Verwundung +des Gefühls denken kann, welche durch eine Stelle oder durch eine +Pension nicht vollkommen zu heilen wäre.<a class = "tag" name = +"tagVII_51" id = "tagVII_51" href = "#noteVII_51">51</a></p> + +<p>Der Theil der Dissenters, der sich der neuen Politik des Königs +günstig zeigte, war von Anfang an klein gewesen und begann bald noch +mehr zusammenzuschmelzen. Denn die Nonconformisten erkannten in nicht +langer Zeit, daß ihre geistlichen Privilegien durch die Indulgenz eher +geschmälert als erweitert worden waren. Der characteristische Zug des +Puritaners war Abscheu gegen die Eigenthümlichkeiten der römischen +Kirche. Er hatte sich nur deshalb von der anglikanischen Kirche +losgetrennt, weil er meinte, daß sie ihrer hochmüthigen und üppigen +Schwester, der Zauberin mit dem goldenen Becher und dem Purpurgewande, +zu ähnlich sähe. Jetzt fand er, daß eine von den stillschweigenden +Bedingungen des Bündnisses, welches einige seiner Seelenhirten mit dem +Hofe geschlossen hatten, die war, daß die Religion des Hofes mit Achtung +und Schonung behandelt werden sollte. Er begann bald sich nach den Tagen +der Verfolgung zurückzusehnen. So lange die Strafgesetze noch angewendet +wurden, hatte er die Worte des Lebens zwar im Geheimen und mit +persönlicher Gefahr angehört, aber er hatte sie doch gehört. Wenn die +Brüder in ihrer Stube versammelt waren, wenn die Schildwachen +ausgestellt und die Thüren verschlossen waren, wenn der Prediger in der +Kleidung eines Metzgers oder Fuhrmanns über das Dach hereingekommen war, +dann wurde wenigstens ein wirklicher Gottesdienst gehalten. Kein Theil +der göttlichen Wahrheit ward aus weltlichen Rücksichten unterdrückt oder +verstümmelt, alle unterscheidenden Lehren der puritanischen Theologie +wurden vollständig und sogar in ihrer ungeschminktesten Form +dargestellt. Der römischen Kirche ward kein Pardon gegeben. Das Thier, +der Antichrist, der Mensch der Sünde, die mystische Isabel, das +mystische Babylon waren die Ausdrücke, mit denen man jenen hehren und +bezaubernden Aberglauben zu bezeichnen pflegte. Dies war einst die +Sprache Alsop’s, Lobb’s, Rosewell’s und anderer Geistlichen gewesen, +welche kürzlich im Palast wohl aufgenommen worden waren; aber so +sprachen sie jetzt nicht mehr. Geistliche, die nach einer hohen Stufe in +der Gunst und dem Vertrauen des Königs strebten, durften es nicht wagen, +in harten Worten +<span class = "pagenum">VII.51</span> +<a name = "pageVII_51" id = "pageVII_51"> </a> +von der Religion des Königs zu sprechen. Die Gemeinden beklagten sich +daher laut, daß sie seit dem Erscheinen der Indulgenzerklärung, welche +ihnen dem Wortlaute nach doch völlige Gewissensfreiheit gewähren wollte, +das Evangelium nie mehr kühn und rein hätten verkünden hören. Früher +hatten sie ihre geistliche Nahrung verstohlen erhaschen müssen, aber +wenn sie sie erhascht hatten, so fanden sie sie wenigstens ganz nach +ihrem Geschmacke zubereitet. Jetzt konnten sie sie öffentlich und in +aller Bequemlichkeit zu sich nehmen, aber sie hatte ihren ganzen +Wohlgeschmack verloren. Sie versammelten sich bei Tage und in geräumigen +Lokalen; aber sie hörten Predigten, die ihnen bei weitem nicht so +gefielen, als die, welche der Rector ihnen gehalten haben würde. In der +Pfarrkirche wurde der selbstgeschaffene Gottesdienst und die Abgötterei +Roms jeden Sonntag energisch angegriffen; im Versammlungshause aber +hütete sich der Pastor, der noch vor wenigen Monaten die Geistlichen der +Landeskirche für nicht viel besser als die Papisten erklärt hatte, jetzt +sorgfältig, den Papismus zu tadeln, oder kleidete seinen Tadel +wenigstens in ein so mildes Gewand, daß er selbst das Ohr eines Pater +Petre nicht beleidigt haben würde. Auch war es nicht möglich, für diesen +Wechsel einen stichhaltigen Grund aufzufinden. Die römisch-katholischen +Lehren hatten sich nicht verändert; seit Menschengedenken waren die +katholischen Priester noch nie so eifrig im Proselytenmachen gewesen; +noch nie waren so viele katholische Schriften aus der Presse +hervorgegangen; noch nie hatten Alle, die sich um die Religion +kümmerten, den Streit zwischen Katholiken und Protestanten mit so +gespannter Aufmerksamkeit verfolgt. Was konnte man also von der +Aufrichtigkeit von Theologen halten, welche nicht müde geworden waren, +den Papismus zu schmähen, so lange derselbe vergleichsweise harmlos und +wehrlos war, und die jetzt, wo eine Zeit wirklicher Gefahr für den +reformirten Glauben gekommen, sorgfaltig jedes Wort vermieden, das einem +Jesuiten Anstoß geben konnte? Ihr Benehmen war in der That nicht schwer +zu erklären. Es war bekannt, daß einige von ihnen Begnadigungen erlangt, +es wurde vermuthet, daß andere Geld bekommen hatten. Ihr Vorbild war der +schwache Apostel, der aus Angst den Herrn verleugnete, dem er +prahlerisch die unverbrüchlichste Treue gelobt hatte, oder der noch +schlechtere Apostel, der seinen Herrn um eine Handvoll Silberlinge +verkaufte.<a class = "tag" name = "tagVII_52" id = "tagVII_52" href = +"#noteVII_52">52</a></p> + +<p>So verloren die vom Hofe gewonnenen Dissentergeistlichen rasch den +Einfluß, den sie einst auf ihre Glaubensbrüder besessen hatten. Auf der +andren Seite fühlten sich die Sektirer durch eine starke religiöse +Sympathie zu den anglikanischen Prälaten und Priestern hingezogen, +welche trotz königlicher Befehle, Drohungen und Versprechungen einen +heftigen Krieg gegen die römische Kirche unterhielten. Die so lange +durch tödtliche Feindschaft getrennt gewesenen Anglikaner und Puritaner, +näherten sich einander mit jedem Tage mehr und mehr und jeder Schritt +zur Einigung vermehrte den Einfluß des Mannes, der ihr gemeinsames +Oberhaupt war. Wilhelm eignete sich in jeder Beziehung zum Vermittler +zwischen diesen beiden großen Parteien der englischen Nation. Man konnte +nicht sagen, daß er einer von beiden angehöre; aber keine von +<span class = "pagenum">VII.52</span> +<a name = "pageVII_52" id = "pageVII_52"> </a> +beiden konnte sich bei ruhiger Überlegung weigern, ihn als einen Freund +zu betrachten. Sein theologisches System stimmte mit dem der Puritaner +überein. Zu gleicher Zeit betrachtete er das Episcopat wenn auch nicht +als eine göttliche Einrichtung, doch als eine vollkommen rechtmäßige und +höchst nützliche Form des Kirchenregiments. Fragen über Stellungen, +Gewänder, Festtage und Liturgien waren in seinen Augen keine +Lebensfragen. Ein einfacher Gottesdienst wie der, an den er von jeher +gewöhnt war, würde seinem persönlichen Geschmacke am meisten zugesagt +haben, aber er war dabei gern bereit, sich jedem Ritual zu fügen, das +der Nation angenehm war, und bestand nur darauf, daß man ihm nicht +zumuthete, diejenigen seiner protestantischen Brüder zu verfolgen, denen +ihr Gewissen es nicht zuließ, seinem Beispiele zu folgen. Zwei Jahre +früher würde er von zahlreichen Bigotten auf beiden Seiten für einen +bloßen Laodicäer erklärt, worden sein, der weder kalt noch warm war und +zu nichts taugte als ausgestoßen zu werden. Aber der Eifer, der +Anglikaner gegen Dissenters und Dissenters gegen Anglikaner entflammt +hatte, war durch gemeinsame Widerwärtigkeiten und Gefahren so gedämpft +worden, daß die Lauheit, die man ihm früher als Verbrechen angerechnet, +jetzt als eine seiner Haupttugenden betrachtet wurde.</p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVII_51" id = "noteVII_51" href = "#tagVII_51">51.</a> +<span class = "antiqua">Kiffin’s Memoirs</span>; Luson’s Brief an Brooke +vom 11. Mai 1773 in der Hughes-Correspondenz.</p> + +<p><a name = "noteVII_52" id = "noteVII_52" href = "#tagVII_52">52.</a> +Man sehe unter anderen zeitgenössischen Flugschriften eine mit dem +Titel: <span class = "antiqua">A Representation of the threatening +Dangers impending over Protestants.</span></p> +</div> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Der Prinz und die Prinzessin von Oranien gegen die +Indulgenzerklärung.</span> +<a name = "secVII_43" id = "secVII_43">Jedermann</a> war gespannt auf +seine Ansicht über die Indulgenzerklärung. Eine Zeit lang nährte man in +Whitehall die Hoffnung, daß seine bekannte Achtung vor den Rechten des +Gewissens ihn wenigstens abhalten werde, öffentlich seine Mißbilligung +einer Politik auszusprechen, die einen unleugbaren Anstrich von +Freisinnigkeit hatte. Penn schickte zahlreiche Auseinandersetzungen nach +dem Haag und begab sich sogar persönlich dahin, in der Hoffnung daß +seine Beredtsamkeit, von der er eine hohe Meinung hatte, sich als +unwiderstehlich erweisen werde. Aber obgleich er sein Lieblingsthema mit +einer Redseligkeit entwickelte, die seine Zuhörer ermüdete und obgleich +er sie versicherte, daß ein Mann, der mit den Engeln verkehre, ihm das +Herannahen eines goldenen Zeitalters der Religionsfreiheit geoffenbart +habe, so machte er doch keinen Eindruck auf den Prinzen.<a class = "tag" +name = "tagVII_53" id = "tagVII_53" href = "#noteVII_53">53</a> „Ihr +verlangt von mir,“ sagte er zu einem der Agenten des Königs, „daß ich +einen Angriff auf meine eigne Religion unterstützen soll. Das kann ich +mit gutem Gewissen nicht thun, und ich werde es nicht thun, nein, nicht +um die Krone Englands, nicht um die Herrschaft der Welt!“ Diese Worte +wurden dem Könige mitgetheilt und sie beunruhigten ihn nicht wenig.<a +class = "tag" name = "tagVII_54" id = "tagVII_54" href = +"#noteVII_54">54</a> Er schrieb mit eigner Hand eindringliche Briefe. +Zuweilen nahm er den Ton des Beleidigten an. Er sei das Oberhaupt der +königlichen Familie, als solches sei er berechtigt, von den jüngeren +Mitgliedern Gehorsam zu erwarten, und es sei sehr hart, daß er in einer +Angelegenheit, die ihm über Alles am +<span class = "pagenum">VII.53</span> +<a name = "pageVII_53" id = "pageVII_53"> </a> +Herzen liege, auf Widerstand stoße. Andere Male wurde ihm ein Köder +vorgehalten, den man für unwiderstehlich hielt. Wenn Wilhelm nur in +diesem einen Punkte nachgäbe, so würde die englische Regierung ihm dafür +kräftigen Beistand gegen Frankreich leisten. Er ließ sich aber nicht +bethören. Er wußte, daß Jakob selbst beim besten Willen ohne die +Unterstützung eines Parlaments nicht im Stande sein würde, der +gemeinschaftlichen Sache Europa’s einen wirksamen Dienst zu leisten, und +es konnte keinem Zweifel unterliegen, daß wenn ein Parlament +zusammenkam, die erste Forderung beider Häuser die Cassirung der +Indulgenzerklärung sein würde.</p> + +<p>Die Prinzessin stimmte allen Meinungsäußerungen ihres Gemahls bei, +und ihre gemeinschaftliche Ansicht wurde dem Könige in entschiedenen +aber gemäßigten Ausdrücken mitgetheilt. Sie erklärten, daß sie das von +Seiner Majestät eingeschlagene Verfahren lebhaft bedauerten. Sie seien +überzeugt, daß er sich ein Hoheitsrecht angemaßt habe, das ihm +gesetzlich nicht zustehe. Gegen diese Anmaßung protestirten sie, nicht +nur als Freunde der bürgerlichen Freiheit, sondern auch als Mitglieder +des königlichen Hauses, als welche sie ein hohes Interesse an der +Erhaltung der Rechte dieser Krone hätten, die sie einst tragen könnten. +Denn die Erfahrung habe gelehrt, daß Willkürherrschaft in England +unfehlbar eine Reaction nach sich ziehe, die noch verderblicher sei als +jene selbst, und man müsse mit Grund befürchten, daß die durch die +Aussicht auf Despotismus beunruhigte und entrüstete Nation selbst gegen +die constitutionelle Monarchie einen Widerwillen fassen würde. Sie gäben +daher dem Könige den Rath, daß er in allen Dingen streng nach dem +Gesetze regieren möge. Sie geständen sehr gern zu, daß das Gesetz mit +Nutzen durch die competente Autorität abgeändert werden könne und daß +ein Theil seiner Erklärung es wohl verdiene, einer Parlamentsacte +einverleibt zu werden. Sie seien keine Verfolger, sie würden mit +Vergnügen römische Katholiken so gut als protestantische Dissenters in +geeigneter Weise von allen Strafgesetzen befreit, und ebenso gern +protestantische Dissenters in zweckmäßiger Weise zu bürgerlichen Ämtern +zugelassen sehen. Weiter aber könnten Ihre Hoheiten nicht gehen. Sie +könnten sich der ernsten Besorgniß nicht enthalten, daß die Zulassung +römischer Katholiken zu Staatsämtern große Nachtheile hervorrufen +würden, und es war nicht undeutlich zu verstehen gegeben, daß der Grund +zu dieser Besorgniß namentlich in Jakob’s Handlungsweise liege.<a class += "tag" name = "tagVII_55" id = "tagVII_55" href = +"#noteVII_55">55</a></p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVII_53" id = "noteVII_53" href = "#tagVII_53">53.</a> +<span class = "antiqua">Burnet I. 693, 694.</span></p> + +<p><a name = "noteVII_54" id = "noteVII_54" href = "#tagVII_54">54.</a> +<span class = "antiqua">„Le Prince d’Orange, qui avoit éludé jusqu’alors +de faire une réponse positive dit ... qu’il ne consentira jamaia à la +suppression de ces lois qui avoient été établies pour le maintien et la +sureté de la religion Protestante, et que sa conscience ne lui +permettoit point, non seulement pour la succession du royaume +d’Angleterre, mais même pour l’empire du monde; en sorte que le roi +d’Angleterre est plus aigri contre lui qu’il n’a jamais été.“</span> +— Bonrepaux, 11.(21.) Juni 1687.</p> + +<p><a name = "noteVII_55" id = "noteVII_55" href = "#tagVII_55">55.</a> +<span class = "antiqua">Burnet, I. 710</span>; Bonrepaux, 24. Mai (4. +Juni) 1687.</p> +</div> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Vertheidigung ihrer Ansichten bezüglich der englischen +Katholiken.</span> +<a name = "secVII_44" id = "secVII_44">Die</a> ausgesprochene Ansicht +des Prinzen und der Prinzessin über die Ausschließungen, denen die +römischen Katholiken unterworfen waren, theilten fast alle Staatsmänner +und Philosophen, welche damals der politischen und religiösen Freiheit +eifrig das Wort redeten. In unsrer Zeit dagegen haben erleuchtete Männer +oft mit Bedauern sich dahin geäußert, daß Wilhelm in diesem einen Punkte +gegen seinen Schwiegervater im Nachtheil stehe. Das Wahre ist, daß +einige Erwägungen, welche nothwendig sind, wenn man sich ein richtiges +Urtheil bilden will, von vielen Schriftstellern des neunzehnten +Jahrhunderts nicht berücksichtigt worden zu sein scheinen.</p> +<span class = "pagenum">VII.54</span> +<a name = "pageVII_54" id = "pageVII_54"> </a> + +<p>Es sind zwei einander entgegengesetzte Irrthümer, in welche +Diejenigen, die sich mit dem Studium unsrer vaterländischen Geschichte +beschäftigen, in steter Gefahr sind zu verfallen: der Irrthum, daß sie +die Gegenwart nach der Vergangenheit, und der Irrthum, daß sie die +Vergangenheit nach der Gegenwart beurtheilen. Dem ersteren sind +Diejenigen unterworfen, welche geneigt sind alles Alte zu verehren, dem +zweiten Diejenigen, welche von allem Neuen angezogen werden. Auf den +ersteren stößt man beständig in den Raisonnements conservativer +Politiker über die Fragen ihrer Zeit, der zweite findet sich immer in +den Betrachtungen von Schriftstellern der liberalen Richtung, wenn sie +die Ereignisse einer früheren Zeit besprechen. Der erstere ist bei einem +Staatsmanne, der andre bei einem Geschichtsschreiber verderblicher.</p> + +<p>Es ist für Niemanden, der es in Unsrer Zeit unternimmt, über die +Revolution zu schreiben, welche die Stuarts stürzte, so leicht, die +rechte Mittelstraße zwischen diesen beiden Extremen stetig einzuhalten. +Die Frage, ob es gerathen sei, Mitglieder der katholischen Kirche zum +Parlament und zu Staatsämtern zuzulassen, erschütterte unser Vaterland +während der Regierung Jakob’s II., durch seinen Sturz wurde sie in +den Hintergrund zurückgedrängt, und nachdem sie über ein Jahrhundert +lang geruht hatte, kam sie in Folge der großen Aufregung der Gemüther, +welche dem Zusammentritt der französischen Nationalversammlung folgte, +wieder zur Sprache. Dreißig Jahre währte der Streit in beiden Häusern +des Parlaments, in jedem Wahlkörper, in jedem Kreise der Gesellschaft. +Er stürzte Ministerien, zerriß Parteien, machte in einem Theile des +Landes jede Regierung unmöglich und brachte uns zuletzt an den Rand des +Bürgerkrieges. Selbst nach Beendigung des Kampfes gohren die +Leidenschaften, die er aufgeregt hatte, noch immer fort. Ein Mann, +dessen Geist unter dem Einflusse dieser Leidenschaften stand, konnte +fast unmöglich die Ereignisse der Jahre 1687 und 1688 in einem +vollkommen richtigen Lichte erblicken.</p> + +<p>Eine Klasse von Politikern, welche von dem richtigen Vordersatze +ausging, daß die Revolution eine große Wohlthat für unser Land gewesen +sei, gelangte zu dem irrigen Schlusse, daß keine Bürgschaft, die von den +Staatsmännern der Revolution zum Schutze unsrer Religion und unsrer +Freiheit für nöthig erachtet worden war, ohne Gefahr abgeschafft werden +könnte. Eine andre Klasse, die von dem ebenfalls richtigen Vordersatze +ausging, daß die über die Katholiken verhängten Ausschließungen lange +Zeit nichts als Unheil verursacht hätten, kam zu dem falschen Schlusse, +daß diese Ausschließungen zu keiner Zeit nützlich und nothwendig gewesen +sein könnten. Der erste Trugschluß durchdrang die Reden des geistreichen +und gelehrten Eldon, der andre blieb selbst auf einen so ruhigen und +philosophischen Kopf wie Mackintosh nicht ganz ohne Einfluß.</p> + +<p>Bei näherer Prüfung wird es sich jedoch vielleicht zeigen, daß wir +das von allen großen englischen Staatsmännern des siebzehnten +Jahrhunderts einstimmig gebilligte Verfahren rechtfertigen können, ohne +die Weisheit des von allen großen englischen Staatsmännern unsrer Zeit +eben so einstimmig gebilligten Verfahrens in Zweifel zu ziehen.</p> + +<p>Es ist unbestreitbar ein Übel, wenn ein Bürger seiner religiösen +Meinung halber vom Staatsdienste ausgeschlossen sein soll; aber der +menschlichen Weisheit bleibt zuweilen nichts andres übrig als die Wahl +zwischen zwei Übeln. Eine Nation kann in eine Lage kommen, in der +<span class = "pagenum">VII.55</span> +<a name = "pageVII_55" id = "pageVII_55"> </a> +die Mehrheit entweder Ausschließungen verhängen oder sich solche +gefallen lassen muß und wo das was unter gewöhnlichen Verhältnissen mit +Recht als Verfolgung verdammt werden würde, noch innerhalb der Grenzen +der Selbstvertheidigung liegt. In einer solchen Situation befand sich +England im Jahre 1687.</p> + +<p>Nach der Verfassung des Reichs hatte Jakob das Recht, fast alle +öffentlichen Beamten, bei der Regierung, bei den Gerichten, in der +Kirche, beim Militair und bei der Flotte zu ernennen. Bei der Ausübung +dieses Rechts war er nicht, wie unsere gegenwärtigen Souveraine, +genöthigt, in Übereinstimmung mit dem Rathe von Ministern, die das Haus +der Gemeinen billigte, zu handeln. Es lag also auf der Hand, daß es, +wenn er durch das Gesetz nicht streng verbunden war, nur Protestanten +anzustellen, ihm frei stand, lauter Katholiken anzustellen. Die Anzahl +der römischen Katholiken war unbedeutend, und es gab nicht einen +einzigen Mann unter ihnen, dessen Dienste der Staat ernstlich vermißt +haben würde. Das Verhältniß, in dem ihre Zahl zur Gesammtbevölkerung +stand, war noch viel geringer als es gegenwärtig ist, denn gegenwärtig +ergießt sich ein ununterbrochener Auswanderungsstrom von Irland in +unsere großen Städte, während es im siebzehnten Jahrhunderte noch nicht +einmal in London eine irische Colonie gab. Neunundvierzig Funfzigstel +der Bewohner des Königreichs, neunundvierzig Funfzigstel des Vermögens +des Königreichs, fast alle politischen, juristischen und militairischen +Talente und Kenntnisse, die das Land besaß, waren protestantisch. +Trotzdem hatte der König in thörichter Verblendung sich vorgenommen, +sein unbegrenztes Ernennungsrecht als Mittel zum Proselytenmachen zu +benutzen. Seiner Kirche angehören war in seinen Augen der erste +Befähigungstitel für ein Amt. Der Landeskirche angehören war entschieden +ein Grund der Nichtbefähigung. Er verwarf zwar in einer Sprache, welche +den Beifall einiger leichtgläubigen Freunde der Glaubensfreiheit fand, +die monströse Ungerechtigkeit des Religionseides, der eine kleine +Minderheit der Nation von öffentlichen Ämtern ausschloß; zu gleicher +Zeit aber führte er einen andren Religionseid ein, der die Mehrheit +ausschloß. Es schien ihm hart, daß ein guter Finanzmann und loyaler +Unterthan lediglich deshalb weil er ein Papist war, von dem Posten eines +Lordschatzmeisters ausgeschlossen sein sollte; aber er selbst hatte +einen Lordschatzmeister, den er als einen tüchtigen Finanzmann und +loyalen Unterthan anerkannt, bloß deshalb abgesetzt, weil er Protestant +war. Er hatte wiederholt und bestimmt erklärt, er sei fest entschlossen, +den weißen Stab niemals in die Hände eines Ketzers zu geben. Mit vielen +anderen hohen Staatsämtern war er ebenso verfahren. Bereits waren der +Lordpräsident, der Geheimsiegelbewahrer, der Oberkammerherr, der +Garderobeaufseher, der erste Lord des Schatzes, ein Staatssekretär, der +Lordobercommissar von Schottland, der Kanzler von Schottland und der +Sekretär von Schottland Katholiken oder gaben sich wenigstens dafür aus. +Die meisten von diesen Beamten waren von Haus aus Anglikaner und hatten +sich des offenen oder geheimen Abfalls schuldig gemacht, um ihre hohen +Stellen zu erlangen oder zu behalten. Jeder Protestant, der noch einen +wichtigen Staatsposten bekleidete, bekleidete ihn in beständiger +Ungewißheit und Angst. Wir würden nicht fertig werden, wollten wir die +untergeordneteren Stellen anführen, welche von Mitgliedern der +begünstigten Klasse besetzt waren. In jedem Zweige der Verwaltung +wimmelte es schon von Katholiken. Sie waren Lordlieutenants, +<span class = "pagenum">VII.56</span> +<a name = "pageVII_56" id = "pageVII_56"> </a> +stellvertretende Lieutenants, Richter, Friedensrichter, Zollcommissare, +Gesandte an fremden Höfen, Regimentsobersten und Festungscommandanten. +Der Antheil, den sie binnen wenigen Monaten von den durch die Krone zu +besetzenden weltlichen Ämtern erlangt hatten, war weit über zehnmal so +groß, als er unter einem unparteiischen Systeme gewesen sein würde. Dies +war indessen noch nicht das Schlimmste. Man hatte sie auch zu +Beherrschern der anglikanischen Kirche gemacht. Männer, die den König +versichert hatten, daß sie seines Glaubens seien, saßen in der Hohen +Commission und übten die höchste geistliche Gerichtsbarkeit über alle +Prälaten und Priester der Landeskirche aus. Kirchliche Pfründen von +hohem Ansehen waren theils erklärten, theils verkappten Papisten +verliehen worden. Und dies Alles war geschehen, während die Gesetze +gegen den Papismus noch in Kraft waren und Jakob noch gegründete Ursache +hatte, Achtung vor den Rechten des Gewissens zu heucheln. Was war also +von ihm zu erwarten, wenn seine Unterthanen einwilligten, ihn durch ein +Gesetz von jedem Schatten der Beschränkung vollends zu befreien? Kann +man wohl daran zweifeln, daß Protestanten durch eine streng gesetzmäßige +Anwendung der königlichen Prärogative eben so wirksam von Anstellungen +ausgeschlossen worden wären, als jemals römische Katholiken durch eine +Parlamentsacte ausgeschlossen worden sind?</p> + +<p>Wie hartnäckig Jakob entschlossen war, den Mitgliedern seiner Kirche +einen Antheil an den öffentlichen Ämtern zu gewähren, der zu ihrer Zahl +und zu ihrer Bedeutung außer allem Verhältniß stand, geht aus den +Instructionen hervor, die er im Exil und im hohen Alter als Leitfaden +für seinen Sohn aufzeichnete. Es ist unmöglich, diese Ergüsse eines +Mannes, an dem alle Lehren der Erfahrung und des Unglücks spurlos +vorübergegangen waren, ohne ein Gemisch von Mitleid und Verachtung zu +lesen. Dem Prätendenten wird anempfohlen, wenn er einmal zur Regierung +in England gelangen sollte, die Ämter zu theilen und den Mitgliedern der +römischen Kirche einen Antheil zu reserviren, der groß genug für sie +gewesen sein würde, wenn sie die Hälfte, anstatt ein Funfzigstel der +Nation gebildet hätten. Ein Staatssekretär, ein Schatzcommissar, der +Kriegssekretär, die Mehrheit der Großwürdenträger des Hofstaates und die +Mehrzahl der Offiziere der Armee müßten immer Katholiken sein. Dies +waren Jakob’s Ansichten selbst dann noch, als seine thörichte Bigotterie +ihm eine Strafe zugezogen hatte, über welche die ganze Welt erschrocken +war. Kann man also wohl in Zweifel darüber sein, wie er gehandelt haben +würde, wenn sein Volk, durch den leeren Namen der religiösen Freiheit +geblendet, ihn ohne Zügel hätte fortregieren lassen?</p> + +<p>Selbst Penn scheint trotz seiner blinden und maßlosen Begeisterung +für die Indulgenzerklärung eingesehen zu haben, daß man sich nicht +wundern durfte, wenn die Parteilichkeit, mit der römische Katholiken mit +Ehrenstellen und Einkünften überschüttet wurden, die Eifersucht der +Nation erregte. Er gab zu, daß die Protestanten im Fall der Aufhebung +der Testacte Anspruch auf ein Äquivalent hätten, und ging sogar so weit, +daß er verschiedene Äquivalente vorschlug. Schon seit mehreren Wochen +war das Wort Äquivalent, damals erst kürzlich aus Frankreich eingeführt, +im Munde aller Kaffeehausredner; endlich aber machten einige Seiten +scharfsinniger Logik und feiner Sarkasmen aus Halifax’ Feder diesen +hohlen Projecten ein Ende. Einer von Penn’s Plänen bestand darin, daß +ein Gesetz erlassen werden sollte, welches die von der Krone zu +verleihenden +<span class = "pagenum">VII.57</span> +<a name = "pageVII_57" id = "pageVII_57"> </a> +Ämter in drei gleiche Theile theilte, von denen nur einer den +Mitgliedern der katholischen Kirche zufallen sollte. Selbst unter einem +solchen System würden die Katholiken noch immer zwanzigmal den ihnen +eigentlich zustehenden Antheil erhalten haben, und doch kann man nicht +annehmen, daß der König selbst in eine solche Anordnung gewilligt haben +würde. Hätte er aber auch darein gewilligt, welche Garantie konnte er +bieten, daß er auch wirklich an diesem Übereinkommen festhielt? Man +hatte keine Antwort auf das von Halifax aufgestellte Dilemma: wenn +Gesetze für Euch bindend sind, so beobachtet das jetzt bestehende +Gesetz; sind sie nicht bindend für Euch, so ist es auch nutzlos, uns ein +Gesetz als Bürgschaft zu bieten.<a class = "tag" name = "tagVII_56" id = +"tagVII_56" href = "#noteVII_56">56</a></p> + +<p>Es ist sonach klar, daß es sich gar nicht darum handelte, ob +weltliche Ämter allen Religionsparteien ohne Unterschied offen stehen +sollten. So lange Jakob König war, war Ausschließung unvermeidlich, und +es fragte sich nur, wer ausgeschlossen werden sollte, ob Papisten oder +Protestanten, die Wenigen oder die Vielen, hunderttausend Engländer oder +fünf Millionen.</p> + +<p>Dies sind die gewichtigen Gründe, durch welche das Verfahren des +Prinzen von Oranien gegen die englischen Katholiken mit den Grundsätzen +der Glaubensfreiheit in Einklang gebracht werden kann. Diese Gründe +haben, wie man bemerken wird, mit keinem Theile der katholischen +Theologie etwas zu thun. Ebenso wird man einsehen, daß sie ihr ganzes +Gewicht verlieren mußten, als die Krone an ein protestantisches +Herrscherhaus gekommen und die Macht des Unterhauses im Staate ein so +entschiedenes Übergewicht erlangt hatte, daß kein Souverain, mochten +seine Ansichten oder Neigungen sein, welche sie wollten, das Beispiel +Jakob’s nachahmen konnte. Die Nation befand sich indessen nach ihren +Schrecken, ihren Kämpfen und ihrer mit genauer Noth erlangten Rettung in +einer mißtrauischen und rachsüchtigen Stimmung. Daher wurden +Vertheidigungsmittel, welche die Nothwendigkeit gerechtfertigt hatte, +die aber auch nur die Nothwendigkeit rechtfertigen konnte, noch lange, +nachdem die Nothwendigkeit nicht mehr vorhanden war, hartnäckig +beibehalten, und erst aufgegeben, nachdem das herrschende Vorurtheil +einen langjährigen Kampf gegen die Vernunft bestanden hatte. Zu den +Zeiten Jakob’s aber standen Vernunft und herrschendes Vorurtheil auf der +nämlichen Seite. Der Fanatiker und Ignorant wollte den Katholiken vom +Staatsdienste ausschließen, weil er Klötze und Steine anbetete, weil er +das Zeichen des Thieres an sich trug, weil er London angezündet und Sir +Edmondsbury Godfrey erwürgt hatte, und der einsichtsvollste und +toleranteste Staatsmann wurde, während er über den Irrwahn lächelte, in +dem das gemeine Volk befangen war, auf einem ganz andren Wege zu dem +nämlichen Schlusse geführt.</p> + +<p>Wilhelm’s großer Plan war jetzt, die zahlreichen Theile des großen +Körpers, der ihn als sein gemeinschaftliches Oberhaupt betrachtete, zu +einem Ganzen zu vereinigen. Bei diesem Werke hatte er mehrere geschickte +und zuverlässige Mitarbeiter, von denen zwei, Burnet und Dykvelt, ihm +ganz besonders nützlich waren.</p> + +<p class = "footnote"> +<a name = "noteVII_56" id = "noteVII_56" href = "#tagVII_56">56.</a> +Johnstone, 13. Jan. 1688; <span class = "antiqua">Halifax’s Anatomy of +an Equivalent</span>.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Jakob’s Feindschaft gegen Burnet.</span> +<a name = "secVII_45" id = "secVII_45">Burnet</a>’s Dienste mußten +allerdings mit einiger Vorsicht angewendet werden. Die freundliche +<span class = "pagenum">VII.58</span> +<a name = "pageVII_58" id = "pageVII_58"> </a> +Aufnahme, die er im Haag gefunden, hatte Jakob heftig aufgebracht, und +Marie erhielt von ihrem Vater zwei Briefe voll Invectiven gegen den +frechen und wühlerischen Theologen, den sie beschützte. Diese +Beschuldigungen aber machten einen so geringen Eindruck auf sie, daß sie +Antworten darauf zurücksandte, welche Burnet selbst dictirt hatte. Im +Januar 1687 endlich schritt der König zu energischeren Maßregeln. +Skelton, der die englische Regierung bei den Vereinigten Provinzen +vertreten hatte, wurde nach Paris versetzt und erhielt Albeville, das +schwächste und gemeinste Mitglied der ganzen jesuitischen Cabale, zum +Nachfolger. Geld war Albeville’s einziger Lebenszweck, und er nahm es +von Jedem, der es ihm anbot. Er wurde zu gleicher Zeit von Frankreich +und von Holland bezahlt. Er verschmähte sogar den erbärmlichen Anstand, +den auch die Bestechlichkeit zu beobachten pflegt, und nahm so kleine +Geschenke an, wie sie eher einem Lastträger oder einem Bedienten +zukommen als einem Gesandten, der mit einer englischen Baronie und einem +ausländischen Marquisate beehrt worden war. Einmal steckte er mit der +größten Gemüthsruhe ein Trinkgeld von fünfzig Pistolen für einen Dienst +ein, den er den Generalstaaten geleistet hatte. Dieser Mann war +beauftragt, zu verlangen, daß Burnet im Haag nicht länger begünstigt +werde. Wilhelm, der keine Lust hatte, sich von einem so werthvollen +Freunde zu trennen, antwortete zuerst mit seiner gewohnten Kälte: „Ich +wüßte nicht, Sir, daß der Doctor seit seinem Hiersein etwas gethan oder +gesagt hätte, worüber Seine Majestät sich mit Grund beklagen könnte.“ +Jakob aber bestand entschieden auf seiner Forderung, und da die +geeignete Zeit zu einem offenen Bruche noch nicht gekommen war, so mußte +Wilhelm nachgeben. Über anderthalb Jahr lang kam Burnet weder mit dem +Prinzen, noch mit der Prinzessin in persönliche Berührung; aber er +wohnte in ihrer Nähe, wurde von Allem, was vorging, genau unterrichtet, +sein Rath ward beständig in Anspruch genommen, seine Feder bei jedem +wichtigen Anlasse benutzt und viele der schärfsten und wirksamsten +Aufsätze und Flugschriften, welche damals in London erschienen, wurden +ihm mit Recht zugeschrieben.</p> + +<p>Jakob’s Wuth entbrannte. Er war von jeher für zornige Leidenschaften +nur zu empfänglich gewesen, aber noch keinen seiner Feinde, selbst die +nicht, welche sich gegen sein Leben verschworen oder es versucht hatten, +ihm durch Meineid die Schuld des Verraths und des Mordes aufzubürden, +hatte er mit einer solchen Erbitterung gehaßt, als er jetzt Burnet +haßte. Seine Majestät schimpfte täglich in höchst unköniglicher Sprache +auf den Doctor und sann auf ungesetzliche Rache. Selbst Blut genügte +diesem wüthenden Hasse nicht; der unverschämte Theolog mußte gefoltert +werden, ehe er sterben durfte. Zum Glück war er ein Schotte von Geburt, +und in Schottland konnten seine Beine erst in den spanischen Stiefeln +zerquetscht werden, bevor er auf dem Grasmarkte gehängt wurde. Zu dem +Ende wurde in Edinburg der Prozeß gegen ihn eingeleitet; aber er war in +Holland naturalisirt, hatte eine vermögende Frau aus dieser Provinz +geheirathet und es war gewiß, daß sein Adoptivvaterland ihn nicht +ausliefern würde. Man beschloß daher, ihn wegfangen zu lassen. Mit +großen Summen wurden einige Bösewichter für diesen gefährlichen und +schändlichen Dienst gedungen; im Staatssekretariat wurde zu diesem +Zwecke eine Anweisung auf dreitausend Pfund Sterling ausgestellt. Ludwig +wurde von dem Plane unterrichtet und interessirte sich außerordentlich +dafür; +<span class = "pagenum">VII.59</span> +<a name = "pageVII_59" id = "pageVII_59"> </a> +er sicherte seinen kräftigen Beistand zu, damit der Schurke nach England +gebracht werde, und versprach, daß die Werkzeuge der Rache Jakob’s in +Frankreich eine Freistätte finden sollten. Burnet kannte die ihm +drohende Gefahr wohl, aber Furcht gehörte nicht zu seinen Fehlern. Er +veröffentlichte eine beherzte Antwort auf die in Edinburg gegen ihn +erhobenen Anschuldigungen. Er wisse, sagte er, daß man ihn ohne Prozeß +hinzurichten gedenke, aber er vertraue auf den König aller Könige, zu +dem unschuldiges Blut selbst gegen die mächtigsten Fürsten der Erde +nicht vergebens schreien werde. Er gab einigen Freunden ein +Abschiedsmahl, und nach demselben nahm er als ein Mann, der dem Tode +verfallen sei und mit dem sie ohne Gefahr nicht mehr umgehen könnten, +feierlich Abschied von ihnen. Dessenungeachtet zeigte er sich nach wie +vor so furchtlos auf allen öffentlichen Plätzen im Haag, daß seine +Freunde ihm wegen seiner Tollkühnheit bittere Vorwürfe machten.<a class += "tag" name = "tagVII_57" id = "tagVII_57" href = +"#noteVII_57">57</a></p> + +<p class = "footnote"> +<a name = "noteVII_57" id = "noteVII_57" href = "#tagVII_57">57.</a> +<span class = "antiqua">Burnet <ins class = "correction" title = +"Original hat »I.,«">I.</ins> 726—731</span>; <span class = +"antiqua">Answer to the Criminal Letters issued out against Dr. +Burnet</span>; <span class = "antiqua">Avaux Neg., July 7.(17.), +14.(24.) July 28. (Aug. 7.) 1687, Jan. 19.(29.) 1688</span>; Ludwig an +Barillon, 30. Dec. 1687 (9. Jan. 1688); Johnstone an Waristoun, 21. +Febr. 1688; Lady Russel an <span class = "antiqua">Dr.</span> +Fitzwilliam, 5. Oct. 1687. Da man vermuthet hat, daß Burnet, der seine +persönliche Wichtigkeit nicht zu unterschätzen pflegte, die ihm drohende +Gefahr übertrieben habe, so will ich hier die Worte Ludwig’s und +Johnstone’s anführen: <span class = "antiqua">„Qui que ce soit“</span>, +sagt Ludwig, <span class = "antiqua">„qui entreprenne de l’enlever en +Hollande trouvera non seulement une retraite assurée et une entière +protection dans mes états, mais aussi toute l’assistance qu’il pourra +désirer pour faire conduire surement ce scélérat en Angleterre.“</span> +— „Mit Bamfield (Burnet) ist es ganz bestimmt so“, sagt Johnstone. +„Niemand zweifelt hier daran, und Einige, die dabei betheiligt sind, +leugnen es nicht. Seine Freunde sagen, sie hätten gehört, daß er nicht +vorsichtig sei, sondern aus Eitelkeit, um seinen Muth zu zeigen, mit +thörichter Verwegenheit handle, so daß Jedermann ihn auslachen werde, +wenn ihm ein Unglück zustoßen sollte. Ich bitte ihm dies von Seiten +Jones’ (Johnstone) zu sagen. Wenn Einige abgefaßt werden könnten, +während sie ihren <span class = "antiqua">coup d’essai</span> auf ihn +machen, so wäre das sehr gut, weil sie dadurch abgeschreckt würden, +etwas gegen Ogle (den Prinzen) zu unternehmen.“</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Sendung Dykvelt’s nach England.</span> +<a name = "secVII_46" id = "secVII_46">Während</a> Burnet Wilhelm’s +Sekretär für die englischen Angelegenheiten in Holland war, wurde +Dykvelt mit nicht geringerem Nutzen in London verwendet. Dykvelt war +einer von den ausgezeichneten Staatsmännern, welche in der edlen Schule +des Johann de Witt ihre politische Bildung erhalten hatten und nach dem +Falle dieses großen Ministers ihre Pflichten gegen die Republik dadurch +am besten zu erfüllen glaubten, daß sie sich um den Prinzen von Oranien +schaarten. Keiner von den Diplomaten im Dienste der Vereinigten +Provinzen stand in Bezug auf Gewandtheit, Character und Manieren über +Dykvelt, und ebenso scheint keiner ihm in der Kenntniß der englischen +Verhältnisse gleichgekommen zu sein. Es fand sich ein Vorwand, um ihn zu +Anfang des Jahres 1687 mit Beglaubigungsschreiben von den Generalstaaten +in einer besonderen Mission nach England zu senden. Eigentlich aber galt +seine Sendung nicht der Regierung, sondern der Opposition, und er +handelte nach Privatinstructionen, welche von Burnet entworfen und von +Wilhelm genehmigt waren.<a class = "tag" name = "tagVII_58" id = +"tagVII_58" href = "#noteVII_58">58</a></p> + +<p class = "footnote"> +<a name = "noteVII_58" id = "noteVII_58" href = "#tagVII_58">58.</a> +<span class = "antiqua">Burnet, I. 708</span>; <span class = +"antiqua">Avaux Neg., Jan. 3.(13.), Feb. 6.(16.) 1687</span>; <span +class = "antiqua">Van Kampen, Karakterkunde der Vaderlandsche +Geschiedenis.</span></p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Unterhandlungen Dykvelt’s mit englischen Staatsmännern.</span> +<a name = "secVII_47" id = "secVII_47">Dykvelt</a> berichtete, daß Jakob +sich durch das Benehmen des Prinzen und der Prinzessin tief gekränkt +fühle. „Die Pflicht meines Neffen +<span class = "pagenum">VII.60</span> +<a name = "pageVII_60" id = "pageVII_60"> </a> +ist, meine Hand zu stärken“, sagte der König, „aber es hat ihm von jeher +Vergnügen gemacht, wenn er mir hat hinderlich sein können.“ Dykvelt +antwortete, in Privatangelegenheiten habe Seine Hoheit stets die Wünsche +des Königs berücksichtigt und werde dies auch in Zukunft jederzeit thun, +aber es sei doch kaum recht und billig, die Unterstützung eines +protestantischen Fürsten gegen die protestantische Kirche zu erwarten.<a +class = "tag" name = "tagVII_59" id = "tagVII_59" href = +"#noteVII_59">59</a> Der König war zum Schweigen gebracht, aber nicht +besänftigt. Mit einem Verdrusse, den er nicht verhehlen konnte, sah er, +daß Dykvelt alle die verschiedenen Abteilungen der Opposition mit einer +Geschicklichkeit musterte und einschulte, welche dem gewandtesten +englischen Staatsmanne zur Ehre gereicht haben würde und die bei einem +Ausländer bewundernswürdig war. Der Geistlichkeit wurde gesagt, daß sie +in dem Prinzen einen Freund des Episcopats und der Liturgie finden +werde. Den Nonconformisten wurde Hoffnung gemacht, daß sie von ihm nicht +nur Duldung, sondern sogar Gleichstellung zu erwarten hätten. Selbst die +römischen Katholiken wurden versöhnt und einige der Angesehensten unter +ihnen sagten dem Könige ins Gesicht, daß sie mit dem, was Dykvelt ihnen +biete, zufrieden seien und daß sie eine durch das Gesetz verbürgte +Duldung einem gesetzwidrigen und unsicheren Übergewichte vorzögen.<a +class = "tag" name = "tagVII_60" id = "tagVII_60" href = +"#noteVII_60">60</a></p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVII_59" id = "noteVII_59" href = "#tagVII_59">59.</a> +<span class = "antiqua">Burnet I. 711</span>. Dykvelt’s Depeschen an die +Generalstaaten enthalten, so weit ich es habe ersehen oder erfahren +können, kein Wort über den wirklichen Zweck seiner Sendung. Seine +Correspondenz mit dem Prinzen von Oranien war streng privater Natur.</p> + +<p><a name = "noteVII_60" id = "noteVII_60" href = "#tagVII_60">60.</a> +Bonrepaux, 12.(22.) Sept. 1687.</p> +</div> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Danby.</span> +<a name = "secVII_48" id = "secVII_48">Die</a> Oberhäupter aller +wichtigen Parteien der Nation hielten häufige Besprechungen in Gegenwart +des geschickten Gesandten. Die Ansicht der Torypartei war bei diesen +Zusammenkünften hauptsächlich durch die Earls von Danby und von +Nottingham vertreten. Obgleich seit Danby’s Sturze bereits über acht +Jahre vergangen waren, so stand sein Name doch bei den alten Kavalieren +Englands noch in hohem Ansehen, und selbst viele von denjenigen Whigs, +die ihn früher verfolgt hatten, gaben jetzt bereitwillig zu, daß er für +die Sünden Anderer habe büßen müssen und daß sein Eifer für die +Hoheitsrechte ihn zwar oft irre geleitet habe, aber bei alledem durch +zwei ehrenwerthe Gefühle gemildert worden sei: durch Eifer für die +Staatsreligion und durch Eifer für die Würde und Unabhängigkeit seines +Vaterlandes. Auch im Haag wurde er hoch geschätzt, denn man vergaß es +ihm dort nie, daß er es gewesen war, der Karl trotz des Einflusses +Frankreichs und der Papisten bewogen hatte, die Hand der Prinzessin +Marie ihrem Vetter zu geben.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Nottingham.</span> +<a name = "secVII_49" id = "secVII_49">Daniel</a> Finch, Earl von +Nottingham, ein Edelmann, dessen Name in der Geschichte dreier +ereignißvoller Regierungen häufig genannt werden wird, stammte aus einer +Familie von unvergleichlicher juristischer Auszeichnung. Einer seiner +Verwandten hatte das Siegel Karl’s I. geführt, hatte seine +eminenten Talente und Kenntnisse zu schlechten Zwecken gemißbraucht und +war von der Rache der Gemeinen Englands, mit Falkland an der Spitze, +verfolgt worden. Einen ehrenvolleren Ruf erlangte unter der folgenden +Generation Heneage Finche. Er war unmittelbar nach der Restauration zum +Staatsprokurator ernannt worden und war nacheinander zum +Lordsiegelbewahrer, zum Lordkanzler, zum Baron Finch und Earl von +Nottingham emporgestiegen. Während +<span class = "pagenum">VII.61</span> +<a name = "pageVII_61" id = "pageVII_61"> </a> +dieser ganzen glänzenden Laufbahn hatte er die Hoheitsrechte stets so +hoch gehalten, als er es mit Ehren und Anstand konnte; nie aber war er +bei irgend einer Machination gegen die Grundgesetze des Reichs +betheiligt gewesen. Inmitten eines verderbten Hofes hatte er seine +persönliche Rechtschaffenheit unbefleckt zu erhalten gewußt. Auch als +Redner genoß er eines hohen Rufes, obwohl seine nach Mustern aus der +Zeit vor dem Bürgerkriege gebildete Diction gegen das Ende seines Lebens +von den Schöngeistern der heranwachsenden Generation steif und +pedantisch genannt wurde. In Westminsterhall wird er noch immer mit +Achtung als der Mann erwähnt, welcher aus dem Chaos, dem man in alter +Zeit den Namen der Billigkeit gab, zuerst ein neues juristisches System +bildete, das ebenso geregelt und vollständig ist wie das nach welchem +die Richter des gemeinen Rechts verfahren.<a class = "tag" name = +"tagVII_61" id = "tagVII_61" href = "#noteVII_61">61</a> Ein +wesentlicher Theil der sittlichen und geistigen Eigenschaften dieses +großen Staatsmannes ging mit dem Titel Nottingham auf seinen ältesten +Sohn über. Dieser Sohn, der Earl Daniel, war ein rechtschaffener und +tugendhafter Mann. Obwohl er in einigen abgeschmackten Vorurtheilen +befangen und sonderbaren Anfällen von Launenhaftigkeit unterworfen war, +kann man ihn doch nicht beschuldigen, daß er um unredlichen Gewinns oder +strafbaren Genusses willen vom Pfade des Rechts abgewichen wäre. Er war, +wie sein Vater, ein ausgezeichneter Redner und sprach eindringlich, aber +weitschweifig und mit zu monotoner Gemessenheit. Seine Persönlichkeit +entsprach ganz seiner Rede. Seine Haltung war steif, seine Gesichtsfarbe +so dunkel, daß man ihn für den Eingebornen eines wärmeren Himmelstrichs +hätte halten können, und seine scharf markirten Gesichtszüge hatten +einen Ausdruck, welcher dem des Hauptleidtragenden bei einem Begräbnisse +glich. Man pflegte von ihm zu sagen, daß er eher wie ein spanischer +Grande als wie ein englischer Gentleman aussähe. Spottvögel gaben ihm +die Spitznamen Dismal (Trübselig), Don Dismallo und Don Diego, welche +noch heute nicht vergessen sind. Er hatte auf das Studium der +Wissenschaft, durch die seine Familie sich so hoch emporgeschwungen, +großen Fleiß verwendet und war für einen vornehm und reich gebornen Mann +in den Gesetzen seines Vaterlandes erstaunlich bewandert. Er war ein +treuer Sohn der Hochkirche und bewies seine Achtung vor derselben auf +zwei Wegen, welche bei den Lords, die sich zu seiner Zeit als ihre +besonderen Freunde gerirten, nicht gewöhnlich war, nämlich dadurch, daß +er Schriften zur Vertheidigung ihrer Glaubenssätze herausgab und daß er +sich in seinem Privatleben nach ihren Gebeten richtete. Wie viele andre +eifrige Anglikaner hatte er bis vor Kurzem die monarchische +Regierungsform kräftig unterstützt. Die Politik aber, welche seit der +Unterdrückung des Aufstandes im Westen befolgt wurde, empörte ihn auf +das heftigste, und zwar deshalb nicht weniger, weil sein jüngerer Bruder +Heneage in Folge seiner Weigerung, die Dispensationsgewalt des Königs zu +vertheidigen, seines Amtes als Generalprokurator entsetzt worden war.<a +class = "tag" name = "tagVII_62" id = "tagVII_62" href = +"#noteVII_62">62</a></p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVII_61" id = "noteVII_61" href = "#tagVII_61">61.</a> +Siehe seine Biographie von Lord Campbell.</p> + +<p><a name = "noteVII_62" id = "noteVII_62" href = "#tagVII_62">62.</a> +Johnstone’s Correspondenz; <span class = "antiqua">Mackay’s +Memoirs</span>; <span class = "antiqua">Arbuthnot’s John Bull</span>; +Swift’s Schriften von 1710 bis 1714 an mehreren Stellen; Whiston’s Brief +an den Earl von Nottingham und des Letzteren Antwort darauf.</p> +</div> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Halifax.</span> +<a name = "secVII_50" id = "secVII_50">Mit</a> diesen beiden großen +toryistischen Earls war jetzt +<span class = "pagenum">VII.62</span> +<a name = "pageVII_62" id = "pageVII_62"> </a> +Halifax, das ausgezeichnete Oberhaupt der Trimmers, verbunden. Auf +Nottingham’s Gesinnungen scheint Halifax damals in der That einen +entschiedenen Einfluß ausgeübt zu haben. Zwischen Halifax und Danby +bestand eine Feindschaft, welche am Hofe Karl’s begonnen hatte und +nachher auch den Hof Wilhelm’s beunruhigte, während der Tyrannei Jakob’s +aber wie viele andere Feindschaften ruhte. Die beiden Gegner trafen +häufig in den von Dykvelt veranstalteten Conferenzen zusammen und +stimmten in dem Ausdrucke des Mißfallens an der Politik der Regierung +und der Verehrung für den Prinzen von Oranien überein. In ihrem Verkehr +mit den holländischen Gesandten trat die Characterverschiedenheit der +beiden Staatsmänner stark hervor. Halifax zeigte ein bewundernswürdiges +Talent für Auseinandersetzungen, scheute sich aber vor kühnen und +unwiderruflichen Entschlüssen. Danby war minder fein und beredt, besaß +aber mehr Energie, Entschlossenheit und praktischen Scharfblick.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Devonshire.</span> +<a name = "secVII_51" id = "secVII_51">Mehrere</a> ausgezeichnete Whigs +waren mit Dykvelt in fortwährender Verbindung; aber die Oberhäupter der +großen Häuser Cavendish und Russel konnten keinen so thätigen und +vorwiegenden Antheil an den Unterhandlungen nehmen, als man nach ihrer +Stellung und ihren Ansichten hätte erwarten dürfen. Der Ruhm und das +Glück Devonshire’s wurden im Augenblicke durch eine Wolke verdunkelt. Er +hatte einen beklagenswerthen Streit mit dem Hofe, der nicht aus einer +öffentlichen und ehrenvollen Angelegenheit, sondern aus einem +Privatzwist entsprungen war, in welchem selbst seine wärmsten Freunde +ihn nicht von aller Schuld freisprechen konnten. Als er einmal nach +Whitehall kam, um seine Aufwartung zu machen, war er von einem gewissen +Colepepper insultirt worden, einem jener Raufbolde, welche die +Umgebungen des Hofes unsicher machten und die sich durch Beleidigung von +Mitgliedern der Opposition bei der Regierung in Gunst zu setzen suchten. +Der König selbst äußerte seine Entrüstung über die einem seiner +ausgezeichneten Peers unter dem königlichen Dache widerfahrene +Behandlung und Devonshire wurde durch die Versicherung besänftigt, daß +der Beleidiger den Palast nie wieder betreten solle. Dieses Verbot wurde +jedoch bald wieder aufgehoben und der Groll des Earls erwachte von +neuem. Seine Diener nahmen sich der Sache an und die Straßen von +Westminster wurden durch Händel beunruhigt, die in ein roheres Zeitalter +gehörten. Die Zeit des Geheimen Raths ward durch Anklagen und +Gegenanklagen der streitenden Parteien in Anspruch genommen. +Colepepper’s Frau erklärte: sie und ihr Gatte seien ihres Leben nicht +sicher und ihr Haus sei beständig von Banditen in der Livree der +Cavendish belagert; Devonshire erwiederte, es sei aus Colepepper’s +Fenstern auf ihn geschossen worden. Dies wurde heftig geleugnet. Es +wurde zwar eingeräumt, daß ein blind geladenes Pistol abgefeuert worden +sei, aber dies sei nur in einem Augenblicke des Schreckens geschehen, um +die Wache zu alarmiren. Wahrend diese Fehde ihren Höhepunkt erreicht +hatte, traf der Earl im Empfangzimmer zu Whitehall mit Colepepper +zusammen und er glaubte in den Mienen des Raufboldes triumphirenden +Übermuth zu erkennen. Vor den Augen des Königs geschah nichts +Unziemliches; sobald aber die beiden Gegner das Audienzzimmer verlassen +hatten, machte Devonshire den Vorschlag, den Streit auf der Stelle mit +dem Degen zu entscheiden. Die Herausforderung wurde zurückgewiesen. Da +vergaß der stolze Peer die Achtung, die er dem Orte an dem er sich +befand, und seiner eignen Würde schuldig +<span class = "pagenum">VII.63</span> +<a name = "pageVII_63" id = "pageVII_63"> </a> +war, und schlug Colepepper mit einem Stocke ins Gesicht. Diese Handlung +wurde allgemein als übereilt und unschicklich getadelt und Devonshire +selbst konnte, nachdem sein Blut sich abgekühlt hatte, nicht ohne +Verdruß und Beschämung daran denken. Die Regierung aber verfuhr mit +gewohntem Unverstande so streng gegen ihn, daß das Publikum bald ganz +auf seine Seite trat. Es wurde eine Criminalanklage bei der Kings Bench +anhängig gemacht. Der Angeklagte berief sich auf seine Vorrechte als +Peer des Königsreichs; dieser Punkt aber wurde sogleich zu seinem +Nachtheile entschieden, und es läßt sich auch nicht leugnen, daß diese +Entscheidung, mochte sie den technischen Regeln der englischen +Gesetzgebung entsprechen oder nicht, in vollkommenem Einklange mit den +großen Prinzipien stand, welche die Grundlage jeder Gesetzgebung sein +sollen. Es blieb ihm somit nichts übrig, als sich dem Erkenntnisse zu +unterwerfen. Der Gerichtshof war durch eine Reihe von Entlassungen zu so +vollständigem Gehorsam gebracht worden, daß die Regierung, welche die +Untersuchung eingeleitet hatte, die Strafe selbst vorschreiben konnte. +Die Richter machten Jeffreys <span class = "antiqua">in pleno</span> +ihre Aufwartung und dieser bestand auf der Zuerkennung einer Geldbuße +von dreißigtausend Pfund. Dreißigtausend Pfund waren im Verhältniß zu +den damaligen Einkünften der englischen Großen ungefähr soviel als +hundertfunfzigtausend im neunzehnten Jahrhundert. In Anwesenheit des +Kanzlers wurde kein Wort der Mißbilligung geäußert; als aber die Richter +sich entfernt hatten, bemerkte Sir Johann Powell, in welchem sich das +wenige Rechtsgefühl des ganzen Collegiums concentrirte, daß die +beantragte Strafsumme übermäßig hoch und ein Zehntel derselben vollauf +genug sei. Seine Collegen waren nicht dieser Meinung und er zeigte in +diesem Falle nicht den Muth, durch den er einige Monate später an einem +denkwürdigen Tage seinen Ruf glänzend wiederherstellte. Der Earl wurde +demnach in eine Geldbuße von dreißigtausend Pfund und bis zur Bezahlung +dieses Betrags zu persönlicher Haft verurtheilt. Eine solche Summe +konnte damals auch der reichste Edelmann nicht in einem Tage aufbringen. +Indessen war das Hafturtel leichter gesprochen, als vollzogen. +Devonshire hatte sich nach Chatsworth zurückgezogen, wo er eben damit +beschäftigt war, das alte gothische Stammschloß seiner Familie in ein +Gebäude umzuwandeln, das Palladio’s würdig war. Der Peak war damals ein +fast ebenso unwirthbarer Bezirk als gegenwärtig Connemara, und der +Sheriff erkannte oder behauptete wenigstens, daß es schwer sein dürfte, +den Lord in einer so wilden Gegend und inmitten treu ergebener Diener +und Pächter zu verhaften. Darüber vergingen einige Tage, endlich aber +wurde nicht nur der Earl, sondern auch der Sheriff zur Haft gebracht. +Inzwischen verwendeten sich eine Menge Fürsprecher mit ihrem ganzen +Einflusse. Es hieß die verwittwete Gräfin von Devonshire habe eine +Privataudienz beim Könige erlangt, sie habe ihn daran erinnert, daß ihr +Schwager, der tapfere Karl Cavendish, im Kampfe für die Krone bei +Gainsborough gefallen sei, und ihm schriftliche Empfangsbescheinigungen +von Karl I. und Karl II. über bedeutende Summen vorgelegt, die +ihr Gemahl während der bürgerlichen Unruhen beiden Monarchen geliehen +hatte. Diese Darlehen waren nie zurück gezahlt worden und sollten +angeblich mehr betragen als die ungeheure Geldstrafe, welche die Kings +Bench über den Earl verhängt hatte. Dazu kam noch ein andrer Punkt, der +beim Könige noch mehr Gewicht gehabt zu haben scheint als die Erinnerung +an früher geleistete Dienste. Es konnte nothwendig werden ein +<span class = "pagenum">VII.64</span> +<a name = "pageVII_64" id = "pageVII_64"> </a> +Parlament einzuberufen, und man glaubte, daß Devonshire in diesem Falle +sofort eine Cassationsklage einreichen werde. Der Punkt, auf den er +seine Appellation gegen das Erkenntniß der Kings Bench zu stützen +gedachte, waren seine Privilegien als Peer, und das Tribunal, vor das +die Appellation kommen mußte, war das Haus der Peers. In einem solchen +Falle konnte der Hof nicht einmal auf die Unterstützung der ihm +ergebensten Adeligen mit Gewißheit rechnen. Es stand kaum zu bezweifeln, +daß das Urtel cassirt werde, und daß die Regierung dadurch, daß sie zu +viel haben wollte, Alles verlieren würde. Jakob war daher zu einem +Vergleiche geneigt. Es wurde dem Earl angekündigt, daß, wenn er eine +Schuldverschreibung über die ganze Summe geben und sich des möglichen +Vortheils einer Cassationsklage begeben wolle, er in Freiheit gesetzt +werden solle. Ob er zur Bezahlung der Summe angehalten werden würde oder +nicht, sollte von seinem ferneren Benehmen abhängen. Wenn er das +Dispensationsrecht unterstützte, solle er nicht dafür in Anspruch +genommen werden; trachte er aber nach Popularität, so müsse er die +dreißigtausend Pfund bezahlen. Er weigerte sich eine Zeit lang, auf +diese Bedingungen einzugehen; aber die Haft war ihm unerträglich. Er +stellte die Verschreibung aus und wurde aus den Gefängnis entlassen; +aber obgleich er sich dazu verstand seinem Vermögen diese drückende +Schuldlast aufzubürden, konnte ihn doch nichts zu dem Versprechen +bestimmen, daß er seinen Grundsätzen und seiner Partei untreu werden +wolle. Er wurde nach wie vor in alle Geheimnisse der Opposition +eingeweiht, aber einige Monate lang hielten seine politischen Freunde es +um seiner selbst wie um ihrer Sache willen für gerathen, daß er im +Hintergrunde blieb.<a class = "tag" name = "tagVII_63" id = "tagVII_63" +href = "#noteVII_63">63</a></p> + +<p class = "footnote"> +<a name = "noteVII_63" id = "noteVII_63" href = "#tagVII_63">63.</a> +Kennet’s Grabrede auf den Herzog von Devonshire und Memoiren der Familie +Cavendish; <span class = "antiqua">Collection of State Trials</span>; +<span class = "antiqua">Privy Council Book, March 5. 1685/6</span>; +Barillon, 30. Juni (10. Juli) 1687.; Johnstone, 8.(18.) Dec. 1687.; +<span class = "antiqua">Lords’ Journals May 6. 1689</span>. <span class += "antiqua">„Ses amis et ses proches,“</span> sagt Barillon, <span class += "antiqua">„lui conseillent de prendre le bon parti, mais il persiste +jusqu’à présent à ne se point soumettre. S’il vouloit se bien conduire +et renoncer à être populaire, il ne payeroit pas l’amende, mais s’il +opiniâtre, il lui en coutera trente mille pièces, et il demeurera +prisonnier <ins class = "correction" title = "Original hat »j’usqu’à«">jusq’à</ins> l’actuel payement.“</span></p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Eduard Russell.</span> +<a name = "secVII_52" id = "secVII_52">Der</a> Earl von Bedford hatte +sich von dem harten Schlage, der ihm vor vier Jahren fast das Herz +gebrochen, nie wieder erholen können. Seine persönlichen wie auch seine +öffentlichen Gefühle machten ihn zum Gegner des Hofes; aber an der +Verabredung von Maßregeln gegen denselben nahm er keinen thätigen +Antheil. Seine Stelle in den Versammlungen der Mißvergnügten vertrat +sein Neffe. Dies war der berühmte Eduard Russell, ein Mann von +unbezweifeltem Muth und Talent, aber von lockeren Grundsätzen und +ruhelosem Geiste. Er war Seemann, hatte sich in seinem Berufe +ausgezeichnet und hatte unter der vorigen Regierung ein Hofamt +bekleidet; aber durch den Tod seines Vetters Wilhelm Russell waren alle +Bande, die ihn an den Hof ketteten, zerrissen worden. Der verwegene, +unruhige und racheschnaubende Seemann saß jetzt in den von dem +holländischen Gesandten berufenen Versammlungen als Vertreter des +kühnsten und heftigsten Theiles der Opposition, der Männer, welche unter +den Namen Rundköpfe, Exclusionisten und Whigs einen +fünfundvierzigjährigen Kampf gegen drei aufeinanderfolgende Könige mit +wechselndem Glück unterhalten hatten. Diese Partei, welche vor Kurzem +niedergeworfen und fast vernichtet gewesen war, +<span class = "pagenum">VII.65</span> +<a name = "pageVII_65" id = "pageVII_65"> </a> +sich jetzt aber mit voller Lebenskraft rasch zu Ansehen und Einfluß +erhob, wurde durch keine von den Bedenklichkeiten behindert, welche die +Bewegungen der Tories und der Trimmers noch immer hemmten, und war +bereit, das Schwert gegen den Tyrannen zu ziehen, sobald es mit +gegründeter Aussicht auf den Sieg gezogen werden konnte.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Compton. — Herbert. — Churchill.</span> +<a name = "secVII_53" id = "secVII_53">Drei</a> Männer sind noch zu +erwähnen, mit denen Dykvelt in vertrauter Verbindung stand und mit deren +Hülfe er sich die Mitwirkung von drei großen Ständen zu sichern hoffte. +Bischof Compton war der Agent, der die Geistlichkeit zu bearbeiten +hatte, Admiral Herbert übernahm es, seinen ganzen Einfluß bei der Flotte +zu verwenden und durch Churchill suchte man die Armee zu gewinnen.</p> + +<p>Das Benehmen Compton’s und Herbert’s bedarf keiner Erklärung. Nachdem +sie der Krone in allen weltlichen Dingen mit Treue und Eifer gedient, +hatten sie sich durch ihre Weigerung, als Werkzeuge der Zerstörung ihrer +eignen Religion zu dienen, das Mißfallen des Königs zugezogen. Beiden +hatte die Erfahrung gelehrt, wie bald Jakob eingegangene Verpflichtungen +vergaß und mit welchem bitteren Groll er sich dessen erinnerte, was er +als Beleidigung anzusehen für gut fand. Der Bischof war durch einen +ungesetzlichen Richterspruch seiner bischöflichen Functionen enthoben, +der Admiral in einer Stunde aus Reichthum in Armuth gestürzt worden. +Ganz anders war die Lage Churchill’s. Er war durch königliche Gunst aus +der Dunkelheit zu hohem Ansehen, aus der Dürftigkeit zum Reichthum +erhoben worden. Als armer Fähndrich hatte er seine Laufbahn begonnen und +jetzt war er, in seinem siebenunddreißigsten Jahre, Generalmajor, Peer +von Schottland und Peer von England, befehligte eine Abtheilung der +Leibgarde, bekleidete mehrere ehrenvolle und einträgliche Stellen und +bis jetzt verrieth noch nichts, daß er den geringsten Theil von der +Gunst verloren hatte, der er so viel verdankte. Er war nicht nur durch +die allgemeine Pflicht der Unterthanentreue, sondern auch durch +militairische Ehren, durch persönliche Dankbarkeit und, wie es +oberflächlichen Beobachtern schien, durch die stärksten Bande des +Interesses an Jakob gebunden. Aber Churchill selbst war kein +oberflächlicher Beobachter, er wußte genau, worin sein wirkliches +Interesse bestand. Er war überzeugt, daß, wenn sein Gebieter einmal +volle Freiheit erhielt Papisten anzustellen, er nicht einen einzigen +Protestanten mehr anstellen würde. Eine Zeit lang wurden vielleicht +einige hochbegünstigte Diener der Krone noch von der allgemeinen +Proscription ausgenommen, in der Hoffnung, daß sie sich dadurch +bestimmen ließen, ihren Glauben zu wechseln, aber selbst diese mußten +nach einer kurzen Frist Einer nach dem Andren fallen, wie Rochester +schon gefallen war. Churchill konnte sich allerdings durch Übertritt zur +katholischen Kirche gegen diese Gefahr sicher stellen und noch höher in +der königlichen Gunst steigen; auch hätte man glauben können, daß ein +Mann, der sich eben so sehr durch Habsucht und Characterlosigkeit, wie +durch Talent und Tapferkeit auszeichnete, schwerlich an dem Gedanken, +eine Messe anhören zu müssen, Anstoß nehmen würde. Aber die menschliche +Natur ist so reich an Widersprüchen, daß selbst abgestumpfte Gewissen +eine empfindliche Stelle haben. So hatte dieser Mann, der seine Erhebung +der Schande seiner Schwester verdankte, der von der +verschwenderischesten, herrschsüchtigsten und schamlosesten Buhlerin +unterhalten worden war und dessen öffentliches Leben +<span class = "pagenum">VII.66</span> +<a name = "pageVII_66" id = "pageVII_66"> </a> +Jedem, der mit unbefangenem Blicke den schimmernden Glanz des Genies und +des Ruhms zu durchdringen vermag, als ein Abgrund von Schändlichkeit +erscheinen muß, einen blinden Glauben an die Religion, die ihm als Kind +eingelernt worden war, und schauderte bei dem Gedanken, sie förmlich +abzuschwören. Es stand ihm eine furchtbare Alternative bevor. Das +irdische Übel, das er am meisten fürchtete, war die Armuth, das einzige +Verbrechen, vor dem sein Herz zurückbebte, war der Glaubensabfall, und +wenn die Pläne des Hofes gelangen, konnte er nicht zweifeln, daß er bald +zwischen Armuth und Abfall wählen mußte. Daher entschloß er sich, diese +Pläne zu durchkreuzen, und es zeigte sich bald, daß er bereit war, jede +Schuld und jede Schmach auf sich zu laden, wenn er nur der +Nothwendigkeit entging, entweder seine Stellen oder seine Religion +aufgeben zu müssen.<a class = "tag" name = "tagVII_64" id = "tagVII_64" +href = "#noteVII_64">64</a></p> + +<p class = "footnote"> +<a name = "noteVII_64" id = "noteVII_64" href = "#tagVII_64">64.</a> +Der Beweggrund, welcher das Verfahren der Churchill bestimmte, ist kurz +und bündig in <span class = "antiqua">The Duchess of Marlborough’s +Vindication</span> dargelegt. „Jedermann erkannte deutlich,“ sagt sie, +„daß bei dem Systeme, das König Jakob angenommen hatte, Jeder der nicht +Katholik werden wollte, früher oder später zu Grunde gehen mußte. Diese +Überzeugung ließ mich das Unternehmen des Prinzen von Oranien, uns aus +solcher Knechtschaft zu erlösen, mit Wohlgefallen betrachten.“</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Lady Churchill und die Prinzessin Anna.</span> +<a name = "secVII_54" id = "secVII_54">Nicht</a> bloß als militairischer +Befehlshaber von hohem Range und ausgezeichnetem Geschick und Muth +konnte Churchill der Opposition Dienste leisten. Es war für das Gelingen +der Pläne Wilhelm’s wenn nicht absolut nothwendig, doch höchst wichtig, +daß seine Schwägerin, welche nach der englischen Thronfolgeordnung +zwischen ihm und seiner Gemahlin stand, in vollkommener Übereinstimmung +mit ihm handelte. Alle ihm entgegenstehenden Schwierigkeiten würden +bedeutend vergrößert worden sein, wenn Anna sich günstig für die +Indulgenz ausgesprochen hätte. Auf welche Seite sie treten würde, hing +von dem Willen Anderer ab, denn ihr Verstand war träge, und obgleich in +ihrem Character ein erblicher Eigenwille und Starrsinn verborgen lag, +welche viele Jahre später durch große Macht und heftige Provocationen +zum Vorschein gebracht wurden, so war sie doch zur Zeit die willige +Sklavin einer Frau von viel lebhafterem und herrschsüchtigerem Character +als der ihrige war. Diese Frau, welche sie völlig beherrschte, war +Churchill’s Gattin, ein Weib, die nachmals auf die Geschicke England’s +und Europa’s einen großen Einfluß ausübte.</p> + +<p>Der Name dieser berühmten Günstlingin war Sara Jennings. Ihre ältere +Schwester Franziska hatte sich durch Schönheit und Leichtfertigkeit +selbst unter der Masse von schönen Gesichtern und leichtfertigen +Characteren ausgezeichnet, welche Whitehall während des wilden Carnevals +der Restauration zierten und schändeten. Einmal verkleidete sie sich als +Apfelsinenmädchen und rief in den Straßen ihre Früchte aus.<a class = +"tag" name = "tagVII_65" id = "tagVII_65" href = "#noteVII_65">65</a> +Gesetzte Leute meinten, daß ein Mädchen von so wenig Takt- und +Schicklichkeitsgefühl nicht leicht einen Gatten finden werde. Sie war +indessen zweimal verheirathet und jetzt die Gattin Tyrconnel’s. Sara war +nicht so regelmäßig schön als ihre Schwester, aber vielleicht noch +anziehender. Ihr Gesicht war ausdrucksvoll, ihre Gestalt entbehrte +keines weiblichen Reizes, und die Fülle ihrer schönen Haare, welche noch +nicht nach der barbarischen Mode, deren Einführung sie noch erlebte, +durch Puder verunziert waren, erfüllten ihre zahlreichen Bewunderer mit +Entzücken. Von den Freiern, +<span class = "pagenum">VII.67</span> +<a name = "pageVII_67" id = "pageVII_67"> </a> +die sich um ihre Hand bewarben, erhielt der junge, schöne, +liebenswürdige, einschmeichelnde, beredte und tapfere Oberst Churchill +den Vorzug. Er mußte sie wirklich lieben, denn außer der Leibrente, die +er sich für den von der Herzogin von Cleveland erhaltenen schmachvollen +Lohn gekauft hatte, besaß er wenig Vermögen, war unersättlich in seiner +Gier nach Schätzen, Sara war arm, und es war ihm ein einfaches Mädchen +mit einem großen Vermögen angetragen worden. Nach einem kurzen Kampfe +trug die Liebe den Sieg über die Habsucht davon, die Ehe verstärkte nur +noch seine Leidenschaft, und Sara genoß bis zum letzten Augenblicke +seines Lebens das Vergnügen und die Auszeichnung, das einzige +menschliche Wesen zu sein, das im Stande war, diesen weitsehenden und +sicheren Blick auf sich zu fesseln, das von diesem kalten Herzen heiß +geliebt und von diesem unerschrockenen Geiste knechtisch gefürchtet +wurde.</p> + +<p>Im weltlichen Sinne ward Churchill’s treue Liebe reich belohnt. Bei +aller Dürftigkeit brachte seine Braut ihm doch ein Heirathsgut zu, das +klug verwendet ihn endlich zum englischen Herzog, zum deutschen +Reichsfürsten, zum Oberfeldherrn einer großen Coalition, zum +Schiedsrichter zwischen mächtigen Fürsten und was in seinen Augen noch +viel mehr werth war, zum reichsten Privatmann von ganz Europa machte. +Sie war von früher Kindheit an mit der Prinzessin Anna aufgewachsen und +es hatte sich eine innige Freundschaft zwischen den beiden Mädchen +gebildet. Im Character glichen sie einander nur wenig. Anna war +phlegmatisch und schweigsam. Gegen Diejenigen, die sie liebte, war sie +sanft; ihr Zorn äußerte sich nur durch ein mürrisches Schmollen. Sie +hatte einen starken religiösen Sinn und war den Gebräuchen und der +Verfassung der anglikanischen Kirche mit wahrer Bigotterie zugethan. +Sara war lebhaft und redselig, dominirte selbst Diejenigen, die sie am +meisten liebte, und wenn sie gekränkt wurde, äußerte sich ihre Wuth +durch Thränen und heftige Vorwürfe. Auf Frömmigkeit machte sie keinen +Anspruch, ja sie entging sogar kaum der Beschuldigung der +Irreligiosität. Sie war jetzt noch nicht das was sie später wurde, +nachdem das Glück <em>eine</em> Klasse von Fehlern, das Unglück eine +andre vollkommen entwickelt, als Siege und Huldigungen ihr den Kopf +verrückt und Mißgeschick und Kränkungen ihren Character verbittert +hatten. Sie wurde in ihren späteren Lebensjahren das verächtlichste und +erbärmlichste Geschöpf: ein altes Weib, die in beständigem Hader lebte +mit ihrem ganzen Geschlecht, mit ihren eigenen Kindern und Enkeln, zwar +vornehm und reich, aber Vornehmheit und Reichthum hauptsächlich nur +deshalb schätzend, weil dieselben sie in den Stand setzten, der +öffentlichen Meinung Hohn zu sprechen und rückhaltlos ihrem Hasse gegen +Lebende und Todte zu fröhnen. Unter der Regierung Jakob’s II. galt +sie für nichts Schlimmeres als eine schöne, stolze junge Frau, die wohl +zuweilen launenhaft und eigensinnig sein konnte, der man aber in +Berücksichtigung ihrer Reize ihre Launen gern verzieh.</p> + +<p>Es ist eine sehr gewöhnliche Erscheinung, daß Verschiedenheit der +Neigungen und Geistesfähigkeiten keine Hindernisse der Freundschaft sind +und daß gerade zwei Herzen, die sich gegenseitig ergänzen, das Band der +innigsten Zuneigung umschlingt. Lady Churchill wurde von der Prinzessin +Anna geliebt, ja fast angebetet. Die Prinzessin konnte ohne den +Gegenstand ihrer romanhaften Zärtlichkeit nicht leben. Sie vermählte +sich und wurde eine treue, sogar liebevolle Gattin; aber Prinz Georg, +ein beschränkter Mann, dessen Hauptgenüsse die Freuden der Tafel und der +<span class = "pagenum">VII.68</span> +<a name = "pageVII_68" id = "pageVII_68"> </a> +Flasche waren, erlangte keinen Einfluß auf sie, der sich mit dem ihrer +Freundin vergleichen ließ, und gab sich bald mit stupider Geduld der +Herrschaft des heftigen und gebieterischen Geistes hin, von dem seine +Gemahlin sich leiten ließ. Das königliche Paar bekam Kinder und Anna +entbehrte keineswegs der Gefühle einer Mutter; aber die Liebe zu ihren +Kindern war lau im Vergleich mit ihrer hingebenden Zärtlichkeit für ihre +Jugendfreundin. Endlich wurde die Prinzessin des Zwanges müde, den die +Etikette ihr auferlegte, es war ihr unerträglich, die Worte Madame und +Königliche Hoheit aus dem Munde einer Frau zu hören, die ihr mehr war +als eine Schwester. In der Gallerie und im Empfangzimmer waren diese +Worte nicht zu umgehen, aber im Boudoir wurden sie abgeschafft. Hier +hieß Anna Mrs. Morley, Lady Churchill Mrs. Freeman, und unter diesen +kindlichen Namen bestand zwanzig Jahre hindurch ein intimer Verkehr +zwischen den beiden Freundinnen, von dem schließlich das Schicksal von +Regierungen und Dynastien abhing. Bis jetzt hatte jedoch Anna noch keine +politische Macht und nur geringen persönlichen Einfluß. Ihre Freundin +bekleidete in ihrem Hausstaate das Amt der ersten Kammerdame mit nur +vierhundert Pfund Sterling Gehalt. Gleichwohl hat man Grund zu glauben, +daß es Churchill schon zu dieser Zeit möglich war, seine vorherrschende +Leidenschaft durch den Einfluß seiner Gattin zu befriedigen. Obgleich +die Prinzessin ein hohes Einkommen hatte und sehr einfach lebte, so +machte sie doch Schulden, die ihr Vater mit einigem Unwillen bezahlte, +und man sagte, daß der Grund ihrer finanziellen Verlegenheiten in ihrer +verschwenderischen Freigebigkeit gegen ihren Liebling zu suchen sei.<a +class = "tag" name = "tagVII_66" id = "tagVII_66" href = +"#noteVII_66">66</a></p> + +<p>Endlich war die Zeit gekommen, wo diese sonderbare Freundschaft einen +großen Einfluß auf die öffentlichen Angelegenheiten ausüben sollte. Man +war äußerst gespannt darauf, welche Rolle Anna in dem Kampfe, der +England erschütterte, spielen werde. Auf der einen Seite stand die +Kindespflicht, auf der andren die Interessen der Religion, der sie +aufrichtig zugethan war. Ein minder phlegmatischer Character würde +zwischen so starken und wichtigen Beweggründen, die ihn nach +entgegengesetzten Richtungen hinzogen, gewiß lange geschwankt haben. Der +Einfluß der Churchill aber entschied die Frage und ihre Gönnerin wurde +ein wichtiges Mitglied des umfassenden Bundes, dessen Oberhaupt der +Prinz von Oranien war.</p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVII_65" id = "noteVII_65" href = "#tagVII_65">65.</a> +<span class = "antiqua">Mémoires de Grammont</span>; <span class = +"antiqua">Pepys’s Diary, Feb. 21. 1684/5.</span></p> + +<p><a name = "noteVII_66" id = "noteVII_66" href = "#tagVII_66">66.</a> +Es würde mich zu weit führen, wollte ich alle die Werke aufzählen, aus +denen ich mein Urtheil über den Character der Herzogin geschöpft habe. +Meine Hauptquellen sind ihre eigenen Briefe, ihre „Rechtfertigung“ und +die Entgegnungen, welche diese veranlaßte.</p> +</div> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Dykvelt kehrt mit Briefen von vielen angesehenen Engländern nach dem +Haag zurück.</span> +<a name = "secVII_55" id = "secVII_55">Im</a> Juni 1687 kehrte Dykvelt +nach dem Haag zurück. Er überreichte den Generalstaaten ein königliches +Schreiben voll Lobeserhebungen über sein Benehmen während seines +Aufenthalts in London. Diese Lobeserhebungen waren jedoch nur eine +Formalität. In Privatmittheilungen von seiner eigenen Hand beschwerte +Jakob sich bitter darüber, daß der Gesandte einen so vertrauten Umgang +mit den heftigsten Oppositionsmännern seines Reiches gepflogen und sie +in allen ihren Umsturzplänen bestärkt habe. Außerdem brachte Dykvelt +auch eine Anzahl Briefe von den ausgezeichnetsten derjenigen +<span class = "pagenum">VII.69</span> +<a name = "pageVII_69" id = "pageVII_69"> </a> +Männer mit, mit denen er sich während seines Aufenthalts in London +berathen hatte. Die Schreiber dieser Briefe versicherten den Prinzen +allgemein ihrer unbegrenzten Verehrung und Hingebung und verwiesen ihn +wegen der näheren Darlegung ihrer Ansichten an den Überbringer. Halifax +erörterte den Zustand und die Aussichten des Landes mit gewohnter +Schärfe und Lebendigkeit, hütete sich aber sorgfältig, für irgend ein +gefährliches Verfahren die Verantwortung zu übernehmen. Danby schrieb in +einem kühneren und entschlosseneren Tone und konnte sich nicht +enthalten, über die Besorgnisse und Bedenklichkeiten seines genialen +Nebenbuhlers zu spötteln. Der interessanteste Brief aber war der von +Churchill. Er war mit der natürlichen Beredtsamkeit, an der es ihm trotz +seines Mangels an höherer Bildung bei wichtigen Anlässen nie fehlte, und +mit einem Anstrich von Hochherzigkeit geschrieben, den er sich, so +perfid er auch war, mit seltener Geschicklichkeit zu geben verstand. Die +Prinzessin Anna, sagte er, habe ihm befohlen, ihre erlauchten Verwandten +im Haag zu versichern, daß sie mit Gottes Hülfe fest entschlossen sei, +eher ihr Leben zu lassen, als sich eines Glaubensabfalls schuldig zu +machen. Was seine Person betreffe, so lege er auf seine Stellen und auf +die königliche Gunst einen weit geringeren Werth als auf seine Religion. +Er schloß mit der hochtrabenden Erklärung, daß man ihn, obgleich er +keinen Anspruch darauf mache, wie ein Heiliger gelebt zu haben, doch +vorkommenden Falls bereit finden werde, den Märtyrertod zu sterben.<a +class = "tag" name = "tagVII_67" id = "tagVII_67" href = +"#noteVII_67">67</a></p> + +<p class = "footnote"> +<a name = "noteVII_67" id = "noteVII_67" href = "#tagVII_67">67.</a> +Das Formalitätsschreiben, welches Dykvelt den Generalstaaten +überbrachte, befindet sich in den Archiven des Haags. Die anderen in +diesem Paragraphen erwähnten Briefe giebt Dalrymple im Anhange zu Buch +<span class = "antiqua">V.</span></p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Zulestein’s Sendung.</span> +<a name = "secVII_56" id = "secVII_56">Dykvelt</a>’s Sendung hatte einen +so glänzenden Erfolg gehabt, daß bald ein neuer Vorwand gefunden war, um +einen andren Agenten abzusenden, der das so glücklich begonnene Werk +fortsetzen sollte. Der neue Gesandte, nachmals der Gründer eines jetzt +erloschenen englischen Adelshauses, war ein illegitimer leiblicher +Vetter Wilhelm’s und führte einen der Herrschaft Zulestein entlehnten +Namen. Seine Verwandtschaft mit dem Hause Oranien gab Zulestein in den +Augen des Publikums ein bedeutendes Ansehen. Sein Benehmen war das eines +tapferen Soldaten. In diplomatischen Talenten und Kenntnissen stand er +Dykvelt weit nach, aber gerade diese Inferiorität hatte ihre Vortheile. +Ein Militair, der sich anscheinend nie um die Politik gekümmert hatte, +konnte ohne Verdacht zu erregen mit der englischen Aristokratie einen +Verkehr unterhalten, der mit argwöhnischem Auge bewacht worden sein +würde, wenn er ein bekannter Meister in der Staatskunst gewesen wäre. +Nach kurzer Abwesenheit kehrte Zulestein mit nicht minder wichtigen +Briefen und mündlichen Botschaften, als die welche seinem Vorgänger +anvertraut worden waren, in sein Vaterland zurück. Von diesem +Augenblicke an trat der Prinz mit der Opposition in einen regelmäßigen +Briefwechsel. Geschäftsträger verschiedenen Ranges reisten beständig +zwischen der Themse und dem Haag hin und her. Der nützlichste von diesen +war ein Schotte von einigem Talent und großer Thätigkeit, Namens <ins +class = "correction" title = "Original hat »Johnestone«">Johnstone</ins>. Er war Burnet’s Vetter und der Sohn eines +angesehenen Covenanters, der bald nach der Restauration wegen +Hochverraths hingerichtet worden war und von seiner Partei als Märtyrer +verehrt wurde.</p> +<span class = "pagenum">VII.70</span> +<a name = "pageVII_70" id = "pageVII_70"> </a> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Zunehmende Feindschaft zwischen Jakob und Wilhelm.</span> +<a name = "secVII_57" id = "secVII_57">Die</a> Entfremdung zwischen dem +Könige von England und dem Prinzen von Oranien wurde mit jedem Tage +vollkommener. Es hatte sich ein ernsthafter Streit in Betreff der sechs +britischen Regimenter erhoben, welche im Solde der Vereinigten Provinzen +standen. Der König wollte diese Regimenter unter das Commando +römisch-katholischer Offiziere stellen, und der Prinz widersetzte sich +diesem Ansinnen entschieden. Der König nahm seine Zuflucht zu seinen +Lieblingsgemeinplätzen von der Duldung; der Prinz erwiederte daß er nur +das Beispiel Seiner Majestät nachahme. Es sei notorisch erwiesen, daß +loyale und tüchtige Männer in England lediglich deshalb, weil sie +Protestanten waren, aus dem Staatsdienste entlassen worden seien, und +dies berechtige den Statthalter und die Generalstaaten doch gewiß dazu, +die Papisten von hohen öffentlichen Ämtern auszuschließen. Diese Antwort +erbitterte Jakob dermaßen, daß er in seiner Wuth die Wahrhaftigkeit und +den gesunden Verstand völlig aus den Augen verlor. Es sei nicht wahr, +behauptete er mit Heftigkeit, daß er irgend Jemanden jemals aus +religiösen Gründen abgesetzt habe. Und wenn er es wirklich gethan hätte, +was ginge es dann dem Prinzen oder die Generalstaaten an? Wären sie etwa +seine Herren? wären sie befugt, sich zu Richtern über die Handlungen +fremder Fürsten aufzuwerfen? Von jetzt an wünschte er seine in +holländischen Diensten stehenden Unterthanen zurückzuberufen, denn er +glaubte durch diese Maßregel sich selbst zu verstärken und seine +schlimmsten Feinde zu schwächen. Es traten ihm jedoch finanzielle +Schwierigkeiten entgegen, die er unmöglich übersehen konnte. Die Zahl +der bereits von ihm unterhaltenen Truppen war schon so groß, als es +seine Einkünfte nur irgend zuließen, obgleich dieselben die aller seiner +Vorgänger weit überstiegen und mit großer Sparsamkeit verwaltet wurden. +Wenn aber die jetzt in Holland stehenden Bataillone noch zu dem +vorhandenen Etat kamen, so war die Staatskasse bankerott. Vielleicht +ließ Ludwig sich bewegen, sie in seinen Dienst zu nehmen. In diesem +Falle wurden sie aus einem Lande entfernt, wo sie dem verderblichen +Einflusse einer republikanischen Regierung und einer calvinistischen +Kirchenverfassung ausgesetzt waren, und kamen in ein Land, wo Niemand +die Autorität des Monarchen und die Lehren der wahren Kirche zu +bestreiten wagte. Die Soldaten würden dann bald alle politische und +religiöse Ketzerei wieder verlernen, ihr Landesfürst konnte zu jeder +Zeit binnen kurzer Frist über ihre Hülfe verfügen und sich unter allen +Umständen auf ihre Treue verlassen.</p> + +<p>Es wurden zwischen Whitehall und Versailles Unterhandlungen in dieser +Angelegenheit eröffnet. Ludwig hatte soviel Soldaten als er brauchte, +und wäre es auch anders gewesen, so würde er dennoch keine Lust gehabt +haben, englische Truppen in Dienst zu nehmen, da der englische Sold, so +niedrig er unsrer Generation erscheinen muß, doch viel höher war als der +französische. Auf der andren Seite aber hätte er Wilhelm sehr gern um +eine so schöne Brigade geschwächt. Nach einer mehrwöchentlichen +Correspondenz wurde Barillon zu der Erklärung ermächtigt, daß, wenn +Jakob die britischen Truppen aus Holland zurückriefe, Ludwig die +Unterhaltungskosten für zweitausend Mann in England übernehmen wolle. +Jakob nahm dieses Anerbieten mit dem wärmsten Danke an. In Folge des +getroffenen Arrangements ersuchte er die Generalstaaten um Rücksendung +der sechs Regimenter. Die Generalstaaten aber, welche Wilhelm ganz nach +seinem Willen leitete, antworteten, daß ein solches Verlangen unter den +obwaltenden +<span class = "pagenum">VII.71</span> +<a name = "pageVII_71" id = "pageVII_71"> </a> +Umständen durch die bestehenden Verträge nicht gerechtfertigt werde, und +weigerten sich entschieden, demselben zu entsprechen. Es ist +bemerkenswerth, daß Amsterdam, welches für Zurückhaltung dieser Truppen +in Holland gestimmt hatte, als Jakob ihrer gegen die Insurgenten im +Westen bedurfte, jetzt heftig für die Erfüllung seines Verlangens +stritt. In beiden Fällen beabsichtigten die Behörden dieser großen Stadt +nichts weiter, als dem Prinzen von Oranien zu opponiren.<a class = "tag" +name = "tagVII_68" id = "tagVII_68" href = "#noteVII_68">68</a></p> + +<p class = "footnote"> +<a name = "noteVII_68" id = "noteVII_68" href = "#tagVII_68">68.</a> +Sunderland an Wilhelm, 24. Aug. 1686; Wilhelm an Sunderland, 2.(12.) +Sept. 1686; Barillon, 6.(16.) Mai, 26. Mai (5. Juni), 3.(13.) Oct., 28. +Nov. (8. Dec.) 1687; Ludwig an Barillon, 14.(24.) Oct. 1687; Memorial +von Albeville, 15.(25.) Dec. 1687; Jakob an Wilhelm, 17. Jan., 16. Feb., +2. u. 13. März 1688: Avaux, 1.(11.), 6.(16.), 8.(18.) März, 22. März (1. +April) 1688.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Einfluß der holländischen Presse.</span> +<a name = "secVII_58" id = "secVII_58">Die</a> holländischen Waffen +waren jedoch für Jakob kaum so gefährlich als die holländische Presse. +Fast täglich erschienen im Haag englische Bücher und Flugschriften gegen +die Regierung, und keine Wachsamkeit konnte es verhindern, daß viele +Tausende von Exemplaren in die an der Nordsee gelegenen Grafschaften +eingeschmuggelt wurden. Unter diesen Schriften zeichnete sich besonders +eine durch ihre Wichtigkeit und durch den Eindruck, den sie machte, aus. +Jedermann, der mit den öffentlichen Angelegenheiten vertraut war, kannte +die Ansicht des Prinzen und der Prinzessin von Oranien in Betreff der +Indulgenz; da aber keine officielle Erklärung dieser Ansicht erschienen +war, so wurden Viele, denen gute Privatquellen nicht zugänglich waren, +durch die Zuversicht, mit der die Anhänger des Hofes behaupteten, daß +Ihre Hoheiten die letzten Maßregeln des Hofes billigten, getäuscht oder +verwirrt gemacht. Es würde ein sehr einfacher und naheliegender Weg +gewesen sein, diese Behauptungen öffentlich zu widerlegen, wenn Wilhelm +keinen andren Zweck gehabt hätte, als seinen Einfluß in England zu +befestigen. Allein er betrachtete England hauptsächlich als das zur +Ausführung seines großen europäischen Planes nöthige Werkzeug. Er hoffte +für diesen Plan die Mitwirkung der beiden Linien des Hauses Österreich, +der italienischen Fürsten und selbst des Papstes zu gewinnen, und er +hatte Grund zu der Befürchtung, daß jede die britischen Protestanten +befriedigende Erklärung in Madrid, Wien, Turin und Rom Besorgniß und +Unwillen erregen könnte. Deshalb enthielt sich der Prinz lange jeder +officiellen Äußerung seiner Gesinnungen. Endlich aber wurde er darauf +aufmerksam gemacht, daß sein beharrliches Stillschweigen unter den ihm +Wohlwollenden viel Besorgniß und Mißtrauen erweckt habe und daß es hohe +Zeit sei, sich offen auszusprechen. Er beschloß daher, sich zu +erklären.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Stewart’s und Fagel’s Correspondenz.</span> +<a name = "secVII_59" id = "secVII_59">Ein</a> schottischer Whig, Namens +Jakob Stewart, war vor einigen Jahren nach Holland geflüchtet, um dem +spanischen Stiefel und dem Galgen zu entgehen, und er war mit dem +Großpensionär Fagel befreundet worden, der das Vertrauen und die Gunst +des Statthalters in hohem Grade besaß. Stewart war der Verfasser des +heftigen und gehässigen Manifestes von Argyle. Als die Indulgenz +erschien, erkannte Stewart, daß sich ihm die Gelegenheit darbot, nicht +nur Begnadigung, sondern noch obendrein eine Belohnung zu erlangen. Er +bot der Regierung, deren Feind er gewesen war, seine Dienste an, diese +wurden angenommen und er schrieb an Fagel einen Brief, zu dem er +angeblich von Jakob selbst beauftragt war. In diesem +<span class = "pagenum">VII.72</span> +<a name = "pageVII_72" id = "pageVII_72"> </a> +Briefe wurde der Großpensionär dringend aufgefordert, seinen ganzen +Einfluß bei dem Prinzen und der Prinzessin aufzubieten, um sie zur +Unterstützung der Politik ihres Vaters zu bewegen. Nach einiger Zeit +schickte Fagel eine tief durchdachte und ausgezeichnet geschriebene +Erwiederung ein. Wer dieses interessante Dokument liest, muß bemerken, +daß es zwar in einer Weise abgefaßt ist, welche geeignet war, die +englischen Protestanten zu beruhigen und ihnen zu gefallen, dennoch aber +kein Wort enthält, das selbst dem Vatikan Anstoß hätte geben können. Es +war darin gesagt, daß Wilhelm und Marie mit Vergnügen zur Abschaffung +jedes Gesetzes mitwirken würden, welches über irgend einen Engländer +seiner religiösen Überzeugung wegen Strafe verhänge. Aber zwischen +Strafen und Ausschließungen war ein Unterschied gemacht. Katholiken zu +Staatsämtern zuzulassen, könne nach der Ansicht Ihrer Hoheiten weder im +allgemeinen Interesse Englands, noch im Interesse der Katholiken selbst +liegen. Dieses Manifest wurde in mehrere Sprachen übersetzt und war auf +dem Continent weit verbreitet. Von der durch Burnet besorgten englischen +Ausgabe wurden nahe an funfzigtausend Exemplare in die östlichen +Grafschaften eingeführt und rasch über das ganze Land verbreitet. Nie +hat eine Staatsschrift einen vollständigeren Erfolg gehabt. Die +Protestanten unsrer Insel priesen die männliche Entschiedenheit, mit der +Wilhelm erklärte, daß er es nicht gutheißen könne, die Papisten Antheil +an der Regierung nehmen zu lassen. Den katholischen Fürsten auf der +andren Seite gefiel der milde und gemäßigte Ton, in welchem diese +Erklärung gehalten war, sowie die ihnen eröffnete Aussicht, daß unter +seiner Regierung kein Mitglied ihrer Kirche um seines Glaubens willen +belästigt werden würde.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Castelmaine’s Gesandtschaft in Rom.</span> +<a name = "secVII_60" id = "secVII_60">Es</a> ist wahrscheinlich, daß +der Papst selbst einer von Denen war, die den berühmten Brief mit +Vergnügen lasen. Einige Monate zuvor hatte er Castelmaine auf eine Art +entlassen, welche wenig Rücksicht auf die Gesinnungen des Königs zeigte. +Innocenz war mit der ganzen inneren und äußeren Politik der englischen +Regierung durchaus nicht zufrieden. Er sah, daß die ungerechten und +unklugen Maßregeln der jesuitischen Cabale viel eher dazu beitrugen, das +Fortbestehen der Strafgesetze als die Abschaffung des Testes zu +bewirken. Sein Streit mit dem Hofe von Versailles wurde mit jedem Tage +ernsthafter, und er konnte weder als weltlicher Fürst, noch als +Oberhaupt der katholischen Kirche für einen Vasallen dieses Hofes eine +herzliche Freundschaft fühlen. Castelmaine war nicht geeignet, diesen +Widerwillen zu beseitigen. Er kannte zwar für einen Laien Rom ziemlich +gut und war auch in der theologischen Polemik gründlich bewandert,<a +class = "tag" name = "tagVII_69" id = "tagVII_69" href = +"#noteVII_69">69</a> besaß aber durchaus nicht das Geschick, welches +sein Posten erforderte, und wenn er auch der talentvollste Diplomat +gewesen wäre, so würde doch ein Umstand ihn für die besondere Mission, +mit der er betraut war, untauglich gemacht haben. Er war in ganz Europa +als der Gatte des schamlosesten Weibes bekannt, und als weiter nichts. +Man konnte unmöglich mit ihm oder von ihm sprechen, ohne daran zu +denken, wie er zu dem Titel gekommen war, bei dem er genannt wurde. +Dieser Umstand würde wenig auf sich gehabt haben, wenn er an einem +sittenlosen Hofe accreditirt gewesen wäre, wie zum Beispiel bei dem, an +welchem unlängst die Herzogin +<span class = "pagenum">VII.73</span> +<a name = "pageVII_73" id = "pageVII_73"> </a> +von Montespan das Regiment geführt hatte. Aber es war offenbar ein +grober Mißgriff, ihn mit einem Auftrage mehr geistlichen als weltlichen +Characters an einen Papst von patriarchalischer Sittenstrenge zu senden. +Die Protestanten von ganz Europa spöttelten darüber, und Innocenz, der +ohnehin schon gegen die englische Regierung eingenommen war, betrachtete +die ihm mit so großer Gefahr und so großen Kosten erzeigte +Aufmerksamkeit als nicht viel besser denn eine Beleidigung. Der Gehalt +des Gesandten war auf hundert Pfund die Woche festgesetzt. Castelmaine +klagte, daß dies zu wenig sei und daß das Dreifache dieses Betrags kaum +ausreichen werde. Denn in Rom bemühten sich die Gesandten aller großen +Continentalmächte einander vor den Augen eines Volks, das durch den +beständigen Anblick prächtiger Gebäude, Decorationen und Ceremonien +verwöhnt war, im Glanz zu überbieten. Er erklärte stets, daß er bei +seiner Gesandtschaft Geld zusetzen müsse. Es waren ihm mehrere junge +Adelige aus den vornehmsten katholischen Familien Englands, wie die +Ratcliffe, die Arundell und Tichborne, beigegeben, und er bewohnte in +Rom den Palast der Familie Pamfili an dem prächtigen Navonaplatze. Eine +Privatunterredung mit Innocenz wurde ihm bald bewilligt, die officielle +Audienz aber wurde lange hinausgeschoben. Castelmaine’s Vorbereitungen +zu diesem wichtigen Acte waren so prachtvoll, daß sie, obgleich schon zu +Ostern 1686 begonnen, im darauffolgenden November noch nicht beendigt +waren, und im November bekam der Papst einen wirklichen oder angeblichen +Gichtanfall, der einen weiteren Aufschub verursachte. Im Januar 1687 +endlich fand die feierliche Vorstellung und Aufwartung mit +ungewöhnlichem Pompe statt. Die Staatswagen, welche zu der Auffahrt in +Rom gebaut wurden, waren so prächtig, daß man sie für werth hielt, der +Nachwelt in schönen Abbildungen überliefert und von Dichtern in mehreren +Sprachen besungen zu werden.<a class = "tag" name = "tagVII_70" id = +"tagVII_70" href = "#noteVII_70">70</a> Die Façade des +Gesandtschaftspalastes wurde an diesem hochwichtigen Tage mit +geschmacklosen allegorischen Gemälden von riesenhafter Größe decorirt. +Man sah hier den heiligen Georg mit dem Fuße auf dem Nacken des Titus +Oates, und Herkules, wie er mit seiner Keule den protestantischen +Tischler College zu Boden schlägt, der sich vergebens mit seinem Flegel +zu vertheidigen sucht. Nach dieser öffentlichen Schaustellung lud +Castelmaine alle damals in Rom anwesenden Notabilitäten zu einem Bankett +in dem freundlichen und prächtigen Saale ein, den Peter von Cortona mit +Gemälden von Scenen aus der Aeneide geschmückt hat. Die ganze Stadt +drängte sich zu dem Schauspiele und nur mit Mühe konnte eine Compagnie +der Schweizergarde die Ordnung unter den Zuschauern aufrechterhalten. +Die Kavaliere des päpstlichen Hofstaates +<span class = "pagenum">VII.74</span> +<a name = "pageVII_74" id = "pageVII_74"> </a> +gaben hierauf ihrerseits dem Gesandten glänzende Gastmähler, und Dichter +und Literaten überhäuften seinen Gebieter mit abgeschmackten und +hyperbolischen Schmeicheleien, wie sie da am meisten floriren, wo Genie +und Geschmack am tiefsten gesunken sind. An der Spitze der Schmeichler +stand ein gekröntes Haupt. Mehr als dreißig Jahre waren verflossen, seit +Christine, die Tochter des großen Gustav Adolph, freiwillig vom +schwedischen Throne herabgestieqen war. Nach langen Wanderungen, während +denen sie viele Thorheiten und Verbrechen begangen, hatte sie endlich in +Rom ihren bleibenden Aufenthalt genommen, wo sie sich mit astrologischen +Berechnungen und mit den Intriguen des Conclave beschäftigte und sich +nebenbei mit Gemälden, Gemmen, Handschriften und Münzen die Zeit +vertrieb. Jetzt dichtete sie einige italienische Stanzen zu Ehren des +englischen Fürsten, der, wie sie selbst, einem Geschlecht von Königen +entsprossen, welche zu ihrer Zeit als die Vorkämpfer der Reformation +betrachtet wurden, sich, gleich ihr, mit der alten Kirche wieder +ausgesöhnt hatte. Sie gab eine glänzende Gesellschaft in ihrem Palaste. +Ihre in Musik gesetzten Verse wurden unter allgemeinem Beifalle +vorgetragen und einer ihrer literarischen Günstlinge hielt über +denselben Gegenstand eine Rede in so blühendem Style, daß er den +Geschmack der englischen Zuhörer beleidigt zu haben scheint. Die dem +Papste feindlich gesinnten, den Interessen Frankreichs ergebenen +Jesuiten, denen jede Gelegenheit, Jakob Ehre zu erzeigen, willkommen +war, empfingen den englischen Gesandten mit möglichstem Gepränge in dem +fürstlichen Hause, wo die Überreste des Ignatius <ins class = +"correction" title = "Original hat »Loyla«">Loyola</ins> in einem +Schrein von Lasurstein und Gold aufbewahrt werden. Bildhauerkunst, +Malerei, Poesie und Beredtsamkeit wurden aufgeboten, um den Fremden zu +bewillkommnen; aber alle diese Künste lagen tief im Argen. Es wurde viel +schwülstige und unedle Latinität entfaltet, die eines so gelehrten +Ordens unwürdig war, und einige von den die Wände zierenden Inschriften +zeigten noch schlimmere Fehler als schlechten Styl. An einer Stelle war +gesagt, daß Jakob seinen Bruder als Boten zum Himmel gesandt habe, an +einer andren, daß Jakob die Schwingen geliefert, welche seinen Bruder in +eine höhere Region emporgetragen. Außerdem gab es ein noch viel +unglücklicheres Distichon, welches damals wenig beachtet wurde, dessen +man aber einige Monate später mit boshaften Auslegungen gedachte. +„O König,“ sagte der Dichter, „seufze nicht länger nach einem +Sohne. Mag auch die Natur Deinen Wunsch nicht erfüllen, die Sterne +werden Mittel finden, um ihn zu befriedigen.“</p> + +<p>Inmitten dieser Festlichkeiten erfuhr Castelmaine schwere Kränkungen +und Demüthigungen. Der Papst behandelte ihn mit äußerster Kälte und +Zurückhaltung. So oft der Gesandte ihn um eine Antwort auf das zu +Gunsten Petre’s gestellte Anliegen bat, bekam Innocenz einen heftigen +Hustenanfall, der dem Gespräch ein Ende machte. Ganz Rom unterhielt sich +von diesen sonderbaren Audienzen. Pasquino schwieg nicht und die ganze +neugierige und geschwätzige Bevölkerung der müßigsten aller Städte, mit +alleiniger Ausnahme der Jesuiten und der Prälaten der französischen +Faction, lachte über Castelmaine’s verunglückte Mission. Sein von Natur +unfreundlicher Character wurde bald auf’s Heftigste erbittert und er +verbreitete eine Denkschrift mit Betrachtungen über den Papst. Dadurch +gerieth er in eine schiefe Stellung, der kluge Italiener hatte einen +Vortheil gewonnen und er ließ sich denselben nicht wieder entreißen. Er +erklärte gerade heraus, die Regel, welche die Jesuiten von kirchlichen +Würden ausschließe, +<span class = "pagenum">VII.75</span> +<a name = "pageVII_75" id = "pageVII_75"> </a> +dürfe zu Gunsten Petre’s nicht übertreten werden. Der immer mehr +gereizte Castelmaine drohte jetzt Rom zu verlassen. Innocenz erwiederte +ihm mit sanfter Impertinenz, die um so kränkender war, weil sie sich +kaum von treuherziger Einfalt unterscheiden ließ. Seine Excellenz könne +gehen, wenn es ihm beliebe. „Wenn wir ihn aber verlieren müssen,“ setzte +der ehrwürdige Pontifex hinzu, „so hoffe ich wenigstens, daß er +unterwegs seine Gesundheit schonen wird. Ein Engländer weiß nicht, wie +gefährlich es ist, hier zu Lande während der Tageshitze zu reisen. Man +thut am besten, wenn man vor Tagesanbruch aufbricht und zu Mittag Rast +macht.“ Mit diesem wohlmeinenden Rathe und einem Rosenkranze wurde der +unglückliche Gesandte entlassen. Wenige Monate darauf erschien eine +pomphafte Geschichte seiner Sendung in einer prachtvollen Folioausgabe +mit Kupferstichen in italienischer und englischer Sprache. Das +Titelkupfer zeigte zum großen Ärgerniß aller Protestanten Castelmaine in +der Peersrobe und mit der Adelskrone in der Hand, wie er Innocenz den +Fuß küßt.<a class = "tag" name = "tagVII_71" id = "tagVII_71" href = +"#noteVII_71">71</a></p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVII_69" id = "noteVII_69" href = "#tagVII_69">69.</a> +Adda, 9.(19.) Nov. 1685.</p> + +<p><a name = "noteVII_70" id = "noteVII_70" href = "#tagVII_70">70.</a> +Der Professor der griechischen Sprache am Kollegium <span class = +"antiqua">De Propaganda Fide</span> machte seiner Bewunderung in einigen +abscheulichen Hexametern und Pentametern Luft, von denen folgende Probe +genügen mag:</p> + +<div class = "verse"> +<p title = "Rôgeriou dê skepsomenos lamproio thriambon,">Ρωγερίου δὴ +σκεψόμενος λαμπροῖο θρίαμβον,</p> +<p class = "indent" title = "Ôka mal’ êïssen kai theen ochlos apas;">Ὦκα +μάλ’ ἤϊσσεν καὶ θέεν ὄχλος ἅπας·</p> +<p title = "Thaumazousa de tên pompên, panchrusea t’ autou">Θαυμάζουσα +δὲ τὴν πομπὴν, παγχρύσεά τ’ αὐτοῦ</p> +<p class = "indent" title = "Harmata, tous th’ hippous, toiade Rhômê epsê.">Ἅρματα, τοὺς θ’ ἵππους, τοίαδε Ῥώμη ἔψη.</p> +</div> + +<p class = "continue"> +Die lateinischen Verse sind etwas besser. Nahum Tate stimmte auf +Englisch ein:</p> + +<div class = "verse"> +<p>Um etwas von dem Prachtzug zu erspähen,</p> +<p>Wie selbst in Rom noch Niemand ihn gesehen,</p> +<p>Drängt Alt und Jung sich nach der Thürme Zinnen</p> +<p>Und über jede Wange Freudenthränen rinnen.</p> +</div> + +<p><a name = "noteVII_71" id = "noteVII_71" href = "#tagVII_71">71.</a> +Correspondenz Jakob’s und Innocenz’ im Britischen Museum; <span class = +"antiqua">Burnet, I. 703—705</span>; <span class = +"antiqua">Welwood’s Memoirs</span>; <span class = "antiqua">Commons’ +Journals, Oct. 28. 1689</span>; <span class = "antiqua">An Account of +his Excellency Roger Earl of Castelmaine’s Embassy, by Michael Wright, +chief steward of his Excellency’s house at Rome, 1688.</span></p> +</div> + + +<a name = "kap_VIII" id = "kap_VIII"> </a> +<div class = "chapterhead"> + +<span class = "pagenum">VIII.1</span> +<a name = "pageVIII_1" id = "pageVIII_1"> </a> + +<h5><b>Achtes Kapitel. </b></h5> + +<h4><span class = "extended">Jakob</span> <b>II.</b></h4> + +<hr class = "tiny"> + +</div> + +<a name = "pageVIII_2" id = "pageVIII_2"> </a> + + +<span class = "pagenum">VIII.3</span> +<a name = "pageVIII_3" id = "pageVIII_3"> </a> + +<h4><a name = "inhalt_VIII" id = "inhalt_VIII"> +<b><span class = "extended">Inhalt</span>.</b></a></h4> + +<hr class = "micro"> + +<table class = "toc" summary = "inhaltsverzeichniss"> +<tr> +<td></td> +<td class = "seite">Seite</td> +</tr> +<tr class = "bottomline"> +<td><a href = "#kap_VII">[<i>7. Kapitel</i>]</a></td> +<td></td> +</tr> +<tr class = "toppad"> +<td><p><a href = "#secVIII_1">Consecration des Nuntius im St. +Jamespalaste</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_5">5</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVIII_2">Sein officieller Empfang. — Der +Herzog von Somerset</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_5">5</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVIII_3">Auflösung des Parlaments</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_6">6</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVIII_4">Gesetzwidrige Bestrafung militairischer +Vergehen</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_7">7</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVIII_5">Verfahren der Hohen Commission</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_8">8</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVIII_6">Die Universitäten</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_9">9</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVIII_7">Verfahren gegen die Universität +Cambridge</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_10">10</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVIII_8">Der Earl von Mulgrave</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_11">11</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVIII_9">Zustand Oxford’s</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_13">13</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVIII_10">Das Magdalenen-Collegium in Oxford</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_15">15</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVIII_11">Anton Farmer, vom Könige als Präsident +empfohlen</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_17">17</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVIII_12">Wahl des Präsidenten</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_18">18</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVIII_13">Die Mitglieder des Magdalenen-Collegiums +werden vor die Hohe Commission geladen</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_18">18</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVIII_14">Parker zum Präsidenten empfohlen</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_19">19</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVIII_15">Die Karthause</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_19">19</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVIII_16">Rundreise des Königs</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_20">20</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVIII_17">Der König in Oxford</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_21">21</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVIII_18">Er giebt den Collegiaten des +Magdalenenstifts einen Verweis</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_22">22</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVIII_19">Penn sucht zu vermitteln</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_22">22</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVIII_20">Eine kirchliche Specialcommission wird +nach Oxford gesandt</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_24">24</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVIII_21">Hough’s Protest</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_24">24</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVIII_22">Einsetzung Parker’s</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_25">25</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVIII_23">Vertreibung der Collegiaten</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_26">26</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVIII_24">Das Magdalenen-Collegium in ein +papistisches Seminar verwandelt</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_27">27</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVIII_25">Groll der Geistlichkeit</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_28">28</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVIII_26">Pläne der jesuitischen Cabale in Bezug +auf die Thronfolge</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_29">29</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVIII_27">Jakob’s und Tyrconnel’s Plan, die +Prinzessin von Oranien von der Erbfolge im Königreich Irland +auszuschließen</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_30">30</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVIII_28">Schwangerschaft der Königin</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_31">31</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVIII_29">Allgemeiner Zweifel</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_31">31</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVIII_30">Stimmung der Wahlkörper und der +Peers</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_33">33</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVIII_31">Jakob beschließt, ein bestochenes +Parlament zusammenzusetzen</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_34">34</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVIII_32">Die Regulatoren</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_36">36</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVIII_33">Entlassung vieler Lordlieutenants</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_36">36</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVIII_34">Der Earl von Oxford</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_36">36</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVIII_35">Der Earl von Shrewsbury</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_37">37</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVIII_36">Der Earl von Dorset</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_38">38</a></td> +</tr> +<tr> +<td> +<span class = "pagenum">VIII.4</span> +<a name = "pageVIII_4" id = "pageVIII_4"> </a> +<p><a href = "#secVIII_37">An die Obrigkeiten gerichtete Fragen, und +Antworten darauf</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_41">41</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVIII_38">Scheitern der Pläne des Königs</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_42">42</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVIII_39">Liste der Sheriffs</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_45">45</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVIII_40">Character der katholischen +Landgentlemen</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_45">45</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVIII_41">Stimmung der Dissenters</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_47">47</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVIII_42">Regulirung der Corporationen</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_47">47</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVIII_43">Untersuchung in allen öffentlichen +Verwaltungszweigen</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_50">50</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVIII_44">Entlassung Sawyer’s</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_51">51</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVIII_45">Williams Generalprokurator</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_52">52</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVIII_46">Zweite Indulgenzerklärung</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_53">53</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVIII_47">Die Geistlichkeit erhält Befehl, sie von +der Kanzel zu verlesen</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_53">53</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVIII_48">Die Geistlichkeit ist unschlüssig</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_54">54</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVIII_49">Patriotismus der protestantischen +Nonconformisten Londons</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_54">54</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVIII_50">Berathung der londoner +Geistlichkeit</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_55">55</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVIII_51">Berathung im Palast zu Lambeth</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_57">57</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVIII_52">Die Petition der sieben Bischöfe dem +Könige überreicht</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_57">57</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVIII_53">Die londoner Geistlichkeit gehorcht dem +königlichen Befehle nicht</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_60">60</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVIII_54">Unschlüssigkeit der Regierung</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_61">61</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVIII_55">Es wird eine gerichtliche Verfolgung der +Bischöfe wegen Libells beschlossen</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_63">63</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVIII_56">Sie werden im Geheimen Rathe +verhört</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_63">63</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVIII_57">Geburt des Prätendenten</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_65">65</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVIII_58">Man hält ihn allgemein für +untergeschoben</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_65">65</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVIII_59">Die Bischöfe werden vor die Kings Bench +gestellt und müssen Bürgschaft leisten</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_69">69</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVIII_60">Aufregung der Gemüther</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_70">70</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVIII_61">Sunderland’s Angst</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_71">71</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVIII_62">Er erklärt sich für einen +Katholiken</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_72">72</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVIII_63">Prozeß der Bischöfe</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_72">72</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVIII_64">Das Verdict der Geschwornen; Freude des +Volks</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_80">80</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVIII_65">Eigenthümlicher Zustand der öffentlichen +Meinung zu jener Zeit</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_84">84</a></td> +</tr> +</table> + +<span class = "pagenum">VIII.5</span> +<a name = "pageVIII_5" id = "pageVIII_5"> </a> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Consecration des Nuntius im St. Jamespalaste.</span> +<a name = "secVIII_1" id = "secVIII_1">Die</a> auffallende Unhöflichkeit +des Papstes hätte wohl den sanftmüthigsten Fürsten reizen müssen. Auf +Jakob aber machte sie keinen andren Eindruck, als daß er mit +Schmeicheleien und Komplimenten noch verschwenderischer wurde. Während +Castelmaine, das Herz von Zorn und Unwillen erfüllt, auf der Rückreise +nach England begriffen war, wurde der Nuntius mit Ehrenbezeigungen +überhäuft, die sein eigner Verstand verwerfen mußte. Er war in Folge +einer bei der römischen Kirche häufig in Anwendung kommenden Fiction +unlängst zur Bischofswürde ohne Bischofssitz erhoben worden. Jetzt wurde +er zum Erzbischof von Amasia, einer Stadt am Pontus, dem Geburtsorte +Strabo’s und Mithridates’, erhoben. Jakob bestand darauf, daß die +Ceremonie der Consecration in der Kapelle des St. Jamespalastes +stattfinden sollte. Der apostolische Vikar Leyburn und zwei irische +Prälaten versahen den Dienst. Die Thüren wurden dem Publikum geöffnet +und man bemerkte unter den Zuschauern einige von den Puritanern, die +sich neuerdings dem Hofe angeschlossen hatten. Am Abend erschien Adda in +seiner neuen Amtstracht im Gesellschaftszirkel der Königin. Jakob fiel +angesichts des ganzen Hofes auf die Knie und bat um seinen Segen. Trotz +aller Vorschriften der Etikette konnten die Umstehenden ihr Erstaunen +und ihren Widerwillen nicht unterdrücken.<a class = "tag" name = +"tagVIII_1" id = "tagVIII_1" href = "#noteVIII_1">1</a> Es hatte in der +That seit langer Zeit kein englischer Souverain vor einem Sterblichen +gekniet und wer das sonderbare Schauspiel mit ansah, erinnerte sich +unwillkürlich des schmachvollen Tages, an welchem Johann sich seine +Krone von Pandolph aufs Haupt setzen ließ.</p> + +<p class = "footnote"> +<a name = "noteVIII_1" id = "noteVIII_1" href = "#tagVIII_1">1.</a> +Barillon, 2.(12.) Mai 1687.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Sein officieller Empfang. — Der Herzog von Somerset.</span> +<a name = "secVIII_2" id = "secVIII_2">Bald</a> darauf fand eine noch +prächtigere Schaustellung zu Ehren des Heiligen Stuhles statt. Es wurde +beschlossen, daß der Nuntius sich in feierlicher Prozession an den Hof +begeben sollte. Bei dieser Gelegenheit zeigten mehrere Personen, auf +deren Gehorsam der König gerechnet hatte, zum ersten Male eine Neigung +zur Widersetzlichkeit. Der Hervorragendste unter ihnen war der zweite +Peer des Königreichs, Karl Seymour, gewöhnlich der stolze Herzog von +Somerset genannt. Er war in der That ein Mann, bei dem Geburts- und +Rangstolz fast zu einer krankhaften Manie geworden war. Sein ererbtes +Vermögen war der hohen Stelle, die er unter dem englischen Adel einnahm, +nicht angemessen; aber durch seine Vermählung mit der Tochter und Erbin +des letzten Percy, der +<span class = "pagenum">VIII.6</span> +<a name = "pageVIII_6" id = "pageVIII_6"> </a> +die alte Krone von Northumberland trug, war er in den Besitz des größten +Vermögens in England gelangt. Somerset war erst fünfundzwanzig Jahre alt +und im Publikum noch wenig bekannt. Er war Kammerherr des Königs und +Oberst eines der Regimenter, welche zur Zeit des Aufstandes im Westen +neu errichtet worden waren. Er hatte kein Bedenken dagegen erhoben, bei +feierlichen Gelegenheiten das Staatsschwert in die königliche Kapelle zu +tragen; diesmal aber weigerte er sich entschieden, an dem Festzuge zu +Ehren des Nuntius Theil zu nehmen. Einige Mitglieder seiner Familie +baten ihn dringend, sich das königliche Mißfallen nicht zuzuziehen; aber +ihr Bitten war fruchtlos. Der König setzte ihn nun selbst zur Rede. „Ich +hätte geglaubt, Mylord,“ sagte er, „daß ich Ihnen eine große Ehre +erzeigte, indem ich Sie dazu ausersah, den Gesandten des ersten aller +gekrönten Häupter zu begleiten.“ — „Sire,“ entgegnete der Herzog, +„ich bin darauf aufmerksam gemacht worden, daß ich Eurer Majestät nicht +gehorchen kann, ohne das Gesetz zu verletzen.“ — „Ich will Sie +lehren, mich ebenso zu achten wie das Gesetz,“ erwiederte der König in +hochfahrendem Tone. „Wissen Sie noch nicht, daß ich über dem Gesetz +stehe?“ — „Eure Majestät mögen über dem Gesetz stehen, ich aber +nicht, und wenn ich dem Gesetz gehorche, fürchte ich nichts.“ Der König +entfernte sich höchlich erzürnt und Somerset wurde augenblicklich seiner +Stellen im Hofstaate und in der Armee entsetzt.<a class = "tag" name = +"tagVIII_2" id = "tagVIII_2" href = "#noteVIII_2">2</a></p> + +<p>In einem Punkte zeigte jedoch der König einige Klugheit. Er wagte es +nicht, den päpstlichen Gesandten in feierlichem Aufzuge der ganzen +Bevölkerung der Hauptstadt vorzuführen. Die Ceremonie fand am 3. Juli +1687 in Windsor statt. Eine große Menschenmenge strömte nach dem +Städtchen. Der Schaulustigen waren so viele, daß sie weder Speise und +Trank noch ein Unterkommen fanden und eine Menge vornehmer Leute den +ganzen Tag in ihrem Wagen zubringen mußten, um das Schauspiel mit +anzusehen. Spät am Nachmittag endlich erschienen die Leute des +Hofmarschalls zu Pferde. Hierauf folgte ein langer Zug von Läufern und +dann in einem königlichen Staatswagen Adda im Purpurmantel und mit einem +Brillantenkreuze auf der Brust. Hinter ihm fuhren die Equipagen der +vornehmsten Hofkavaliere und der Staatsminister. Mit großem Mißfallen +bemerkte das Volk in dem Zuge die Wappen und Livreen Crewe’s, Bischofs +von Durham, und Cartwright’s, Bischofs von Chester.<a class = "tag" name += "tagVIII_3" id = "tagVIII_3" href = "#noteVIII_3">3</a></p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVIII_2" id = "noteVIII_2" href = "#tagVIII_2">2.</a> +<span class = "antiqua">Memoirs of the Duke of Somerset</span>; Citters, +5.(15.) Juli 1687; <span class = "antiqua">Eachard’s History of the +Revolution</span>; <span class = "antiqua">Clarke’s Life of James the +Second, II. 116, 117, 118</span>; <span class = "antiqua">Lord +Lonsdale’s Memoirs.</span></p> + +<p><a name = "noteVIII_3" id = "noteVIII_3" href = "#tagVIII_3">3.</a> +<span class = "antiqua">London Gazette, July 7. 1687</span>; Citters, +7.(17.) Juli; Bericht über die Ceremonie in den Somers’schen +Schriften.</p> +</div> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Auflösung des Parlaments.</span> +<a name = "secVIII_3" id = "secVIII_3">Am</a> folgenden Tage erschien in +der Gazette eine Proklamation, welche das Parlament auflöste, das von +allen durch die Stuarts einberufenen Parlamenten das fügsamste gewesen +war.<a class = "tag" name = "tagVIII_4" id = "tagVIII_4" href = +"#noteVIII_4">4</a></p> + +<p>Mittlerweile hatten sich neue Schwierigkeiten in Westminsterhall +gezeigt. Erst vor wenigen Monaten waren mehrere Richter entlassen und +andere an deren Stelle gesetzt worden, um in dem Prozesse gegen Sir +Eduard Hales ein Erkenntniß zu Gunsten der Krone zu erlangen, und schon +waren neue Änderungen nöthig.</p> + +<p class = "footnote"> +<a name = "noteVIII_4" id = "noteVIII_4" href = "#tagVIII_4">4.</a> +<span class = "antiqua">London Gazette, July, 4. 1687.</span></p> +<span class = "pagenum">VIII.7</span> +<a name = "pageVIII_7" id = "pageVIII_7"> </a> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Gesetzwidrige Bestrafung militairischer Vergehen.</span> +<a name = "secVIII_4" id = "secVIII_4">Der</a> König hatte kaum die +Armee gebildet, auf die er zur Ausführung seiner Pläne namentlich +rechnete, so erkannte er auch schon, daß er sie selbst nicht regieren +konnte. Wenn ein Krieg im Lande wüthete, so konnte ein Meuterer oder +Deserteur vor ein Kriegsgericht gestellt und das Urtel durch den +Generalprofoß vollzogen werden. Aber man war jetzt im tiefsten Frieden. +Das englische Landrecht, das aus einem Zeitalter herrührte, wo +erforderlichenfalls Jedermann, Niemand aber beständig die Waffen trug, +machte in Friedenszeiten keinen Unterschied zwischen einem Soldaten und +jedem andren Unterthan, und es gab kein Gesetz ähnlich dem, durch +welches heutzutage dem Souverain alljährlich die zum Oberbefehl über die +reguläre Truppenmacht nöthige Autorität verliehen wird. Zwar erklärten +einige alte Verordnungen die Desertion in gewissen angeführten Fällen +für Felonie; aber diese Verordnungen galten nur für die Soldaten, welche +dem Könige im wirklichen Kriege dienten und konnten nicht ohne die +arglistigste Willkür so weit ausgedehnt werden, daß sie auch auf einen +Mann Anwendung fanden, der in einer Zeit der vollständigsten inneren und +äußeren Ruhe des Lagers von Hounslow überdrüssig wurde und daher in sein +heimathliches Dorf zurückkehrte. Die Regierung hatte offenbar über einen +solchen Mann keine andre Macht, als die, welche ein Bäcker- oder +Schneidermeister über seine Gesellen hat. Er und seine Offiziere standen +vor dem Gesetz auf gleicher Stufe. Fluchte er gegen sie, so konnte er +wegen Schwörens mit einer Geldstrafe belegt werden; schlug er sie, so +konnte er wegen thätlicher Mißhandlung verklagt werden. Das stehende +Heer stand factisch unter einer milderen Disciplin als die Miliz, denn +die Miliz war durch eine Parlamentsacte errichtet worden, in welcher +zugleich bestimmt war, daß Disciplinarvergehen summarisch mit leichten +Strafen geahndet werden könnten.</p> + +<p>Es scheint nicht, daß die aus diesem Zustande des Gesetzes +entspringenden praktischen Nachtheile sich unter der Regierung +Karl’s II. sehr fühlbar gemacht hatten, was sich vielleicht dadurch +erklären läßt, weil bis zum letzten Jahre seiner Regierung die +Streitmacht, die er in England unterhielt, hauptsächlich aus Haustruppen +bestand, welche einen so hohen Sold bekamen, daß die Entlassung aus dem +Dienste von den Meisten sehr schmerzlich empfunden worden wäre. Eine +Anstellung als Gemeiner in der Leibgarde war für den jüngeren Sohn eines +Gentleman eine gute Versorgung; selbst die Fußgarden wurden so gut +bezahlt als Fabrikarbeiter unter besonders günstigen Verhältnissen, und +sie befanden sich daher in einer Lage, um die sie die große Masse der +arbeitenden Bevölkerung wohl beneiden konnte. Die Rückkehr der Garnison +von Tanger und die Errichtung der neuen Regimenter hatte eine große +Veränderung herbeigeführt. Es gab jetzt in England viele Tausend +Soldaten, welche nur acht Pence den Tag erhielten. Die Furcht vor der +Verabschiedung war nicht mehr hinreichend, um sie der Dienstpflicht treu +zu erhalten, und körperliche Strafen durften die Offiziere gesetzlich +nicht zuerkennen. Jakob hatte daher nur die Wahl, entweder die Armee +ihrer Auflösung entgegengehen zu lassen oder die Richter zu der +Erklärung zu bewegen, daß das Gesetz das sei, was es, wie jeder Student +wußte, nicht war.</p> + +<p>Es war besonders wichtig, die Mitwirkung zweier Gerichtshöfe zu +gewinnen: der Kings Bench, welche der erste Criminalgerichtshof des +Landes war, und des Gerichtshofs für Leerung der Gefängnisse, der in +<span class = "pagenum">VIII.8</span> +<a name = "pageVIII_8" id = "pageVIII_8"> </a> +der Old Bailey saß und über die in der Hauptstadt begangenen Vergehen +abzuurtheilen hatte. In beiden Gerichtshöfen aber stieß man auf große +Schwierigkeiten. Herbert, der Oberrichter der Kings Bench, wollte trotz +aller bis dahin bewiesenen Servilität nicht weiter gehen. Ein noch +entschiedenerer Widerstand war von Sir Johann Holt zu erwarten, der als +Syndikus der City von London auf der Bank der Old Bailey saß. Holt war +ein ausgezeichnet gelehrter und aufgeklärter Jurist, dabei ein +rechtschaffener und muthiger Mann und seine politische Meinung hatte +eine whiggistische Färbung, obgleich er sich von allem Parteitreiben +stets fern hielt. Dem Willen des Königs mußten jedoch alle Hindernisse +weichen. Holt wurde seines Syndikats entsetzt. Herbert und ein andrer +Richter von der Kings Bench entfernt, und die erledigten Stellen mit +Männern besetzt, auf die sich die Regierung verlassen konnte. Allerdings +mußte man in ziemlich niedere juristische Regionen hinabsteigen, ehe man +Leute fand, welche zu Dienstleistungen, wie man sie jetzt brauchte, +bereit waren. Der neue Oberrichter, Sir Robert Wright, war +sprichwörtlich ein Ignorant, und die Unwissenheit war noch nicht sein +ärgster Fehler. Seine Laster hatten ihn zu Grunde gerichtet. Um sich +Geld zu verschaffen, hatte er zu unredlichen Mitteln seine Zuflucht +genommen und einmal einen falschen Eid abgelegt, um in den Besitz von +fünfhundert Pfund zu gelangen. Arm, ausschweifend und schamlos war er +einer von den Schmarotzern Jeffreys’ geworden, der ihn beförderte und +verächtlich behandelte. Dies war der Mann, den Jakob zum Lord +Oberrichter von England erkor. Ein gewisser Allibone, der in der +Rechtskunde noch unwissender war als Wright und als Katholik eigentlich +gar nicht fähig war, ein öffentliches Amt zu bekleiden, wurde zum +Unterrichter der Kings Bench ernannt. Sir Bartholomäus Shower, als +serviler Tory und langweiliger Redner gleich bekannt, wurde Syndikus von +London. Nachdem diese Veränderungen bewirkt waren, wurden mehrere +Deserteurs zur Untersuchung gezogen und dem Wortlaute und dem Geiste des +Gesetzes zum Hohn für schuldig befunden. Einige von ihnen vernahmen ihr +Todesurtheil vor den Schranken der Kings Bench, Andere vor den Schranken +der Old Bailey. Sie wurden vor den Augen der Regimenter, denen sie +angehört hatten, gehängt und dafür Sorge getragen, daß diese +Hinrichtungen durch die London Gazette, welche derartige Vorgänge nur +selten berichtete, zur Öffentlichkeit gelangten.<a class = "tag" name = +"tagVIII_5" id = "tagVIII_5" href = "#noteVIII_5">5</a></p> + +<p class = "footnote"> +<a name = "noteVIII_5" id = "noteVIII_5" href = "#tagVIII_5">5.</a> +Siehe <span class = "antiqua">Statutes 18 Henry 6. c. 19; 2 & 3 Ed. +6. c. 2.</span>; <span class = "antiqua">Eachard’s History of the +Revolution</span>; <span class = "antiqua">Kennet, III. 468</span>; +<span class = "antiqua">North’s Life of Guildford, 247.</span>; <span +class = "antiqua"> London Gazette, April 18. & May 23. 1687</span>; +<span class = "antiqua">Vindication of the E. of R. (Earl of +Rochester.)</span></p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Verfahren der Hohen Commission.</span> +<a name = "secVIII_5" id = "secVIII_5">Man</a> kann wohl denken, daß das +Gesetz, das so gröblich von denjenigen Gerichtshöfen verletzt wurde, +deren ganze Autorität sich auf dasselbe gründete und die es als +Richtschnur zu betrachten pflegten, von einem durch tyrannische Willkür +errichteten Tribunale eben so wenig geachtet wurde. Während der ersten +Monate ihres Bestehens hatte die neue Hohe Commission Geistlichen nur +die Ausübung ihrer Amtshandlungen verboten; die Eigenthumsrechte waren +noch unangetastet geblieben. Zu Anfang des Jahres 1687 aber beschloß man +auch gegen die Pfründeneinkünfte einen Schlag zu führen und jedem +anglikanischen Priester und Prälaten die Überzeugung beizubringen, +<span class = "pagenum">VIII.9</span> +<a name = "pageVIII_9" id = "pageVIII_9"> </a> +daß, wenn er seine Beihülfe zur Vernichtung der Kirche, deren Diener er +war, verweigerte, er in einer Stunde zum Bettler gemacht werden +würde.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Die Universitäten.</span> +<a name = "secVIII_6" id = "secVIII_6">Es</a> würde der Klugheit +angemessen gewesen sein, das erste Exempel an einem unbekannten +Individuum zu statuiren. Die Regierung aber war in einer so unseligen +Verblendung befangen, daß man dieselbe in einem naiveren Zeitalter als +eine göttliche Strafe betrachtet haben würde. Es wurde daher ohne +weiteres gleich von Anfang an den beiden ehrwürdigsten Korporationen des +Reichs, den Universitäten Oxford und Cambridge, der Krieg erklärt.</p> + +<p>Die Macht dieser beiden Körperschaften war schon seit vielen +Jahrhunderten groß; in der zweiten Hälfte des siebzehnten Jahrhunderts +aber hatte sie ihren Höhepunkt erreicht. Kein Nachbarland konnte sich so +glänzender und reicher Sitze der Wissenschaft rühmen. Die Hochschulen +von Edinburg und Glasgow, von Leyden und Utrecht, von Löwen und Leipzig, +von Padua und Bologna kamen Gelehrten, welche in den prächtigen +Stiftungen Wykeham’s und Wolsey’s, Heinrich’s VI. und <ins class = +"correction" title = "Original hat »Heinrichs«">Heinrich’s</ins> VIII. +gebildet waren, ärmlich vor. Literatur und Wissenschaft waren in dem +akademischen Systeme Englands mit Gepränge umgeben, mit obrigkeitlicher +Gewalt bekleidet und mit den vornehmsten Institutionen des Landes eng +verbunden. Kanzler einer Universität zu werden, war eine Auszeichnung, +nach der die Magnaten des Reichs eifrig strebten; eine Universität im +Parlament zu vertreten, war das Lieblingsziel des Ehrgeizes von +Staatsmännern. Edelleute und selbst Fürsten waren stolz darauf, wenn +eine Universität ihnen das Recht verlieh, den Scharlach der Doctorwürde +zu tragen. Die Neugierigen wurden von den Universitäten angezogen durch +alte, mit mittelalterlichen Verzierungen reich ausgestattete Gebäude, +durch neuere Gebäude, welche glänzendes Zeugniß von dem künstlerischen +Genie eines Jones und Wren gaben, durch imposante Hallen und Kapellen, +durch Museen, durch botanische Gärten und durch die einzigen +öffentlichen Bibliotheken, welche das Königreich damals besaß. Der +Prunk, den namentlich Oxford bei feierlichen Gelegenheiten entfaltete, +wetteiferte mit dem souverainer Fürsten. Wenn der Kanzler, der +ehrwürdige Herzog von Ormond, in seinem geflickten Mantel auf seinem +Throne unter der gemalten Decke der Sheldon’schen Tribüne saß, umgeben +von vielen hundert Graduirten in der ihrem verschiedenen Range +entsprechenden Kleidung, während die vornehmsten Jünglinge Englands ihm +als Bewerber um akademische Ehren feierlich vorgeführt wurden, spielte +er eine kaum minder königliche Figur als sein Gebieter im Bankethause zu +Whitehall. Auf den Universitäten waren fast alle ausgezeichneten +Geistlichen, Rechtsgelehrten, Ärzte, Schriftsteller, Dichter und Redner +des Landes und zum großen Theil auch der hohe Adel und die reiche Gentry +gebildet. Auch ist zu bemerken, daß die Verbindung zwischen dem Schüler +und der Schule durch seinen Abgang nicht aufgelöst wurde. Er blieb oft +während seines ganzen Lebens Mitglied des akademischen Körpers und +behielt bei allen wichtigen Wahlen eine Stimme. Er hing daher an seinem +alten Lieblingsaufenthalte am Cam und Isis mit weit größerer Zuneigung, +als gebildete Leute sie in der Regel zu ihren Bildungsstätten empfinden. +Es gab in England keinen Winkel, wo nicht beide Universitäten dankbare +und treuergebene Söhne gehabt hätten. Jeder Angriff auf die Ehre oder +die Interessen von Cambridge oder Oxford mußte nothwendig den Unwillen +einer +<span class = "pagenum">VIII.10</span> +<a name = "pageVIII_10" id = "pageVIII_10"> </a> +mächtigen, thätigen und intelligenten Klasse erregen, die über alle +Grafschaften, von Northumberland bis Cornwall, zerstreut war.</p> + +<p>Die seßhaften Graduirten waren vielleicht im Ganzen genommen den +seßhaften Graduirten unsrer Zeit nicht überlegen, aber im Vergleich zu +den anderen Gesellschaftskreisen standen sie damals auf einer viel +höheren Stufe; denn Cambridge und Oxford waren die beiden einzigen +Provinzialstädte im ganzen Königreiche, wo man eine bedeutende Anzahl +hochgebildeter Männer fand. Selbst die Hauptstadt hatte große Achtung +vor der Autorität der Universitäten, nicht nur in Fragen der Theologie, +der Naturwissenschaften und des klassischen Alterthums, sondern auch in +solchen Angelegenheiten, in denen die Hauptstädte in der Regel für die +höchsten Instanzen gelten wollen. Von Will’s Kaffeehaus und dem Parterre +des Drurylanetheaters appellirte man noch an die beiden großen +Nationalsitze des Geschmacks und der Gelehrsamkeit. Schauspiele, die in +London mit enthusiastischem Beifalle aufgenommen worden waren, galten +erst dann für außer Gefahr, wenn sie die strenge Prüfung eines mit +Sophokles und Terenz vertrauten Zuhörerkreises bestanden hatten.<a class += "tag" name = "tagVIII_6" id = "tagVIII_6" href = +"#noteVIII_6">6</a></p> + +<p>Die englischen Universitäten hatten ihren großen moralischen und +intellectuellen Einfluß energisch zu Gunsten der Krone angewendet. Das +Hauptquartier Karl’s I. war in Oxford gewesen und die silbernen +Krüge und Teller sämmtlicher Collegien waren zur Unterstützung seiner +Kriegskasse eingeschmolzen worden. Cambridge war nicht weniger loyal +gesinnt. Es hatte ebenfalls einen großen Theil seines Silbergeräths in’s +königliche Lager gesandt, und der Rest würde auch nachgefolgt sein, wäre +die Stadt nicht von den Parlamentstruppen genommen worden. Beide +Universitäten waren von den siegreichen Puritanern mit der äußersten +Strenge behandelt worden, beide hatten die Restauration mit Freuden +begrüßt, beide hatten sich der Ausschließungsbill standhaft widersetzt +und ihren tiefsten Abscheu über das Ryehousecomplot ausgesprochen. +Cambridge hatte nicht nur seinen Kanzler Monmouth abgesetzt, sondern +seinen Unwillen über den Verrath des Herzogs sogar in einer eines Sitzes +der Gelehrsamkeit unwürdigen Weise zu erkennen gegeben, indem es die +Leinwand, auf der Kneller seine einnehmende Physiognomie und Gestalt mit +künstlerischer Vollendung dargestellt hatte, den Flammen übergab.<a +class = "tag" name = "tagVIII_7" id = "tagVIII_7" href = +"#noteVIII_7">7</a> Oxford, das dem Herde des westlichen Aufstandes +näher lag, hatte noch stärkere Beweise von Loyalität gegeben. Die +Studenten hatten mit Bewilligung ihrer Professoren zu Hunderten die +Waffen zur Vertheidigung der erblichen Thronrechte ergriffen. Und diese +Körperschaften beschloß Jakob jetzt in offenem Widerspruch mit den +Gesetzen und mit seinem verpfändeten Worte zu beschimpfen und zu +berauben.</p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVIII_6" id = "noteVIII_6" href = "#tagVIII_6">6.</a> +Dryden’s Prologe und Cibber’s Memoiren enthalten zahlreiche Beweise von +dem Ansehen, welches der Geschmack der Oxforder bei den gefeiertsten +Dichtern und Schauspielern genoß.</p> + +<p><a name = "noteVIII_7" id = "noteVIII_7" href = "#tagVIII_7">7.</a> +Siehe das Gedicht: <span class = "antiqua">Advice to the Painter upon +the Defeat of the Rebels in the West</span>, sowie noch ein andres ganz +abscheuliches Gedicht über den nämlichen Gegenstand von Stepney, welcher +damals am Trinity-Collegium studirte.</p> +</div> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Verfahren gegen die Universität Cambridge.</span> +<a name = "secVIII_7" id = "secVIII_7">Mehrere</a> Parlamentsacte, die +so klar waren als nur irgend eine Verordnung des Gesetzbuches, hatten +vorgeschrieben, daß auf beiden Universitäten Niemand zu irgend einem +Grade zugelassen werden sollte, ohne den Suprematseid und einen andren +ähnlichen Eid, der Gehorsamseid genannt, abgelegt zu +<span class = "pagenum">VIII.11</span> +<a name = "pageVIII_11" id = "pageVIII_11"> </a> +haben. Dessenungeachtet wurde im Februar 1687 ein königliches Schreiben +nach Cambridge gesandt, worin die Aufnahme eines Benedictinermönches, +Namens Alban Francis, als Magister der freien Künste anbefohlen +wurde.</p> + +<p>Die akademischen Würdenträger, zwischen der Ehrerbietung gegen den +König und der Achtung vor dem Gesetz schwankend, waren in großer +Verlegenheit. Es wurden in aller Eile Boten an den Herzog von Albemarle +gesandt, der Monmouth’s Nachfolger als Kanzler der Universität war, und +er wurde dringend ersucht, dem Könige die Sache in geeigneter Weise +vorzustellen. Unterdessen begaben sich der Registrator und die Pedelle +zu Francis und erklärten ihm, daß er sogleich aufgenommen werden solle, +wenn er die gesetzlich vorgeschriebenen Eide leiste. Er weigerte sich +dessen, machte den Beamten Vorwürfe wegen ihrer Nichtachtung des +königlichen Befehls, und da sie nicht nachgaben, reiste er auf der +Stelle wieder ab, um sich in Whitehall zu beschweren.</p> + +<p>Die Vorsteher der Collegien versammelten sich zu einer Berathung. Die +Gutachten der ausgezeichnetsten Rechtsgelehrten wurden abgehört und sie +sprachen sich entschieden zu Gunsten des beobachteten Verfahrens aus. +Aber schon war ein zweites hochmüthiges und drohendes Schreiben von +Sunderland unterwegs. Albemarle antwortete der Universität unter vielen +Versicherungen seiner Theilnahme und seines Bedauerns, daß er alles +Mögliche gethan habe, aber vom Könige sehr kalt und unfreundlich +aufgenommen worden sei. Der akademische Körper, durch die königliche +Ungnade erschreckt und von dem aufrichtigen Willen beseelt, den Wünschen +Seiner Majestät nachzukommen, dabei aber auch fest entschlossen, das +klare Gesetz des Landes nicht zu verletzen, unterbreitete die +bescheidensten und ehrerbietigsten Auseinandersetzungen, aber ohne +Erfolg. Bald darauf kam eine Vorladung, welche den Vicekanzler und den +Senat auf den 24. April vor die Hohe Commission nach Westminster +beschied. Der Vicekanzler sollte in Person erscheinen, der Senat, der +aus allen Doctoren und Magistern der Universität besteht, eine +Deputation senden.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Der Earl von Mulgrave.</span> +<a name = "secVIII_8" id = "secVIII_8">Als</a> der festgesetzte Tag +erschien, füllte sich der Sitzungssaal mit einer großen Zuschauermenge. +Jeffreys fungirte als Präsident der Commission. Rochester war, seit ihm +der weiße Stab abgenommen worden, nicht mehr Mitglied, anstatt seiner +erschien der Lordkammerherr Johann Sheffield, Earl von Mulgrave. Das +Schicksal dieses Edelmanns glich in einer Beziehung dem seines Collegen +Sprat. Mulgrave schrieb Verse, die sich kaum über die absolute +Mittelmäßigkeit erhoben, da er aber ein in den politischen und vornehmen +Kreisen hochangesehener Mann war, so fanden seine Verse doch Bewunderer. +Die Zeit zerstörte den Zauber, zu seinem Unglücke aber erst nachdem +seine Gedichte bereits ein unveräußerliches Recht auf eine Stelle in +allen Sammlungen englischer Dichtungswerke erlangt hatten. Dennoch +werden bis auf den heutigen Tag seine, abgeschmackten Reimereien und +seine jämmerlichen Lieder an Amoretta und Gloriana in Gesellschaft des +„Comus“ und des „Festes Alexander’s“ immer wieder gedruckt. Die Folge +davon ist, daß unsre Generation Mulgrave hauptsächlich als einen +Dichterling kennt und ihn als solchen verachtet. Er war jedoch, wie +selbst Diejenigen zugaben, die ihn weder liebten noch achteten, ein +durch schöne Talente ausgezeichneter Mann und in der parlamentarischen +Beredtsamkeit stand er kaum einem Redner seiner Zeit nach. Dagegen +verdiente sein moralischer Character keine Achtung. Er war ein Wüstling, +aber ohne jene Offenheit +<span class = "pagenum">VIII.12</span> +<a name = "pageVIII_12" id = "pageVIII_12"> </a> +des Herzens und der Hand, welche zuweilen auch die Ausschweifung +liebenswürdig, und ein stolzer Aristokrat ohne jene Hoheit der +Denkungsart, welche zuweilen den aristokratischen Hochmuth achtungswerth +macht. Die damaligen Satiriker gaben ihm den Spottnamen Lord Allpride +(Ganzstolz). Sein Stolz vertrug sich indessen mit allen schmachvollen +Lastern. Viele wunderten sich darüber, wie ein Mann, der ein so +übertriebenes Gefühl seiner Würde zur Schau trug, in Geldangelegenheiten +so zäh und knauserig sein konnte. Er hatte der königlichen Familie +großes Ägerniß dadurch gegeben, daß er den Gedanken zu hegen wagte, das +Herz und die Hand der Prinzessin Anna zu erobern. In dieser Hoffnung +getäuscht, hatte er sich bemüht, durch kriechende Gemeinheit die durch +Anmaßung verwirkte Gunst wieder zu gewinnen. Seine von ihm selbst +verfaßte Grabschrift sagt noch heute jedem Besucher der +Westminsterabtei, daß er in religiösen Dingen als Zweifler lebte und +starb, und aus seinen hinterlassenen Memoiren ersehen wir, daß der +römische Aberglaube ein Lieblingsthema seines Spottes war. Dennoch +begann er unmittelbar nach Jakob’s Regierungsantritt eine starke +Hinneigung zum Papismus zu zeigen und gerirte sich endlich privatim als +Convertit. Der Lohn für diese verworfene Heuchelei war seine Anstellung +bei der Hohen Commission.<a class = "tag" name = "tagVIII_8" id = +"tagVIII_8" href = "#noteVIII_8">8</a></p> + +<p>Vor diesem gefürchteten Tribunal erschien jetzt der Vicekanzler der +Universität Cambridge, Doctor Johann Pechell. Er selbst war kein Mann +von ausgezeichneter Befähigung und Energie, aber es begleiteten ihn acht +vom Senat gewählte vorzügliche Akademiker. Einer davon war Isaak Newton, +Fellow des Trinity-Collegiums und Professor der Mathematik. Sein Genie +stand damals in seiner vollsten Kraft. Das große Werk, welches ihm die +erste Stelle unter den Geometern und Naturforschern aller Zeiten und +aller Nationen sichert, wurde seit einiger Zeit unter der Sanction der +Königlichen Societät gedruckt und war seiner Vollendung nahe. Er war der +entschiedenste Freund der bürgerlichen Freiheit und der protestantischen +Religion, aber seine Gewohnheiten machten ihn für die Kämpfe des +praktischen Lebens durchaus nicht geeignet. Er verharrte daher in +bescheidenem Stillschweigen unter den Delegirten und überließ anderen +Männern, welche im Geschäftsleben mehr bewandert waren, die Aufgabe, +seine geliebte Universität zu vertheidigen.</p> + +<p>Es konnte keinen klareren Rechtsfall geben. Das Gesetz ließ keinen +Zweifel zu und die Praxis hatte fast stets im Einklang mit dem Gesetz +gestanden. Es konnte vielleicht schon vorgekommen sein, daß an einem +besonders feierlichen Tage, wo viele Ehrengrade verliehen wurden, in der +Menge Einer durchgeschlüpft war, der die Eide nicht abgelegt hatte; aber +eine solche Unregelmäßigkeit, lediglich die Folge der Eil und +Unachtsamkeit, konnte nicht als Vorgang geltend gemacht werden. Fremde +Gesandte verschiedener Glaubensrichtungen, insbesondere ein Muselmann, +waren ohne die Eide aufgenommen worden. Aber es war eine große Frage, ob +solche Fälle im Bereiche der Ansicht und des Geistes der betreffenden +Parlamentsverordnungen +<span class = "pagenum">VIII.13</span> +<a name = "pageVIII_13" id = "pageVIII_13"> </a> +lagen. Es war nicht einmal behauptet worden, daß schon einmal Jemand, +dem die Eide angesonnen wurden und der sie nicht leisten wollte, einen +akademischen Grad erlangt habe, und in dieser Lage befand sich Francis. +Die Delegirten erboten sich zu beweisen, daß unter der vorigen Regierung +mehrere königliche Befehle unberücksichtigt geblieben waren, weil die +empfohlenen Personen sich dem Gesetz nicht hatten fügen wollen, und daß +die Regierung sich in solchen Fällen stets bei dem Verfahren der +Universität beruhigt habe, da sie es als das richtige anerkennen mußte. +Jeffreys aber wollte von nichts hören. Er kam bald dahinter, daß der +Vicekanzler ein schwacher, unerfahrener und schüchterner Mann war und +ließ daher der ganzen Unverschämtheit, welche so lange der Schrecken der +Old Bailey gewesen war, freien Lauf. Der unglückliche Doctor, der an ein +solches Auditorium und an eine solche Behandlung nicht gewöhnt war, +wurde bald so eingeschüchtert, daß er gänzlich die Fassung verlor. +Sobald andere zur Verfechtung ihrer Sache besser befähigte Akademiker +das Wort ergreifen wollten, wurden sie auf die unsanfteste Weise zum +Schweigen gebracht. „Sie sind nicht Vicekanzler; wenn Sie es einmal sein +werden, dann mögen Sie sprechen, bis dahin aber geziemt es Ihnen, den +Mund zu halten.“ Die Angeklagten wurden, ohne gehört worden zu sein aus +dem Gerichtssaale gewiesen. Nach einer Weile wurden sie wieder +hereingerufen und ihnen kundgethan, daß die Commission beschlossen habe, +Pechell seiner Würde als Vicekanzler zu entheben und ihm alle Einkünfte +vorzuenthalten, die er als Vorsteher eines Collegiums bezog und welche +ganz den Character eines unantastbaren Eigenthums hatten. „Sie, meine +Herren,“ sagte Jeffreys zu den Delegirten, „sind größtentheils +Theologen, und ich will Sie daher mit einer Stelle aus der Schrift +heimschicken: <ins class = "correction" title = "alle anführungszeichen ungeändert">„Gehet</ins> hin und sündigt fortan nicht mehr, damit Euch +nicht etwas Ärgeres widerfahre.“<a class = "tag" name = "tagVIII_9" id = +"tagVIII_9" href = "#noteVIII_9">9</a></p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVIII_8" id = "noteVIII_8" href = "#tagVIII_8">8.</a> +<span class = "antiqua">Mackay’s Character of Sheffield</span> nebst +Swift’s Note; <span class = "antiqua">Satire on the Deponents, +1688</span>; <span class = "antiqua">Life of John, Duke of +Buckinghamshire, 1729</span>; Barillon, 30. Aug. 1687. Ich besitze ein +handschriftliches Spottgedicht aus Mulgrave von 1690, das nicht ohne +Witz ist. Die bemerkenswerthesten Zeilen sind diese:</p> + +<div class = "verse"> +<p>Heut’ schmeichelt er dem Peters (Petre), morgen dem Burnet.</p> +<p>Fragt nicht nach Glauben und Partei, denn alle sind ihm gleich.</p> +</div> + +<p><a name = "noteVIII_9" id = "noteVIII_9" href = "#tagVIII_9">9.</a> +Siehe den Prozeß gegen die Universität Cambridge in der <span class = +"antiqua">Collection of State Trials</span>.</p> +</div> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Zustand Oxford’s.</span> +<a name = "secVIII_9" id = "secVIII_9">Man</a> sollte meinen, daß dieses +Verfahren ungerecht und willkürlich genug war. Aber der König hatte +schon angefangen, Oxford mit einer Strenge zu behandeln, im Vergleich zu +welcher die gegen Cambridge bewiesene Milde genannt werden konnte. Schon +war das University-Collegium durch Obadja Walker in ein +römisch-katholisches Seminar verwandelt, schon stand das +Christchurch-Collegium unter der Leitung eines römisch-katholischen +Dechanten, schon wurde in diesen beiden Collegien täglich Messe gelesen. +Die ruhige, majestätische Stadt, so lange das Bollwerk des monarchischen +Prinzips, war von Leidenschaften aufgeregt, die sie bisher nie gekannt +hatte. Die Untergraduirten verhöhnten mit stillschweigender Erlaubniß +ihrer Vorgesetzten die Mitglieder von Walker’s Gemeinde und sangen +Spottlieder unter ihren Fenstern. Einige Bruchstücke von den Serenaden, +welche damals in High Street die Ruhe störten, sind der Nachwelt +erhalten worden; der Refrain einer Ballade lautet:</p> + +<div class = "verse"> +<p>„Der alte Obadja</p> +<p>singt Ave Maria.“</p> +</div> + +<p>Als die Schauspieler nach Oxford kamen, äußerte sich die öffentliche +Meinung noch stärker. Es wurde Howard’s „Comité“ gegeben. Dieses bald +nach der Restauration geschriebene Stück stellte die Puritaner in einem +<span class = "pagenum">VIII.14</span> +<a name = "pageVIII_14" id = "pageVIII_14"> </a> +gehässigen und verächtlichen Lichte dar und war deshalb seit einem +Vierteljahrhundert ein Lieblingsstück des oxforder Publikums. Jetzt war +es beliebter als je zuvor, denn ein glücklicher Zufall wollte, daß eine +der Hauptrollen ein alter Heuchler Namens Obadja war. Das Publikum brach +in einen Beifallsjubel aus, als Obadja in der letzten Scene mit einem +Strick um den Hals hereingeschleppt wurde, und der Applaus nahm zu, als +einer der Schauspieler, von dem vorgeschriebenen Texte abweichend, +ankündigte, daß Obadja wegen Glaubenabfalls gehängt werden solle. Der +König war höchlich entrüstet über diesen Hohn. Die Stimmung der +Universität war so rebellisch, daß eines der neu errichteten Regimenter, +das welches gegenwärtig das zweite Gardedragonerregiment heißt, nach +Oxford versetzt wurde, um einen Aufstand zu verhindern.<a class = "tag" +name = "tagVIII_10" id = "tagVIII_10" href = "#noteVIII_10">10</a></p> + +<p>Diese Vorgänge hätten Jakob überzeugen können, daß er einen Weg +eingeschlagen hatte, der ihn ins Verderben führen mußte. An das Geschrei +der Londoner war er schon längst gewöhnt. Es war zuweilen +ungerechterweise, zuweilen vergebens gegen ihn erhoben worden; er hatte +demselben wiederholt getrotzt und konnte ihm auch fernerhin trotzen. Daß +aber Oxford, der Sitz der Loyalität, das Hauptquartier der +Kavalierarmee, der Ort, wohin sein Vater und sein Bruder ihren Hof +verlegten, wenn sie sich in ihrer stürmisch bewegten Hauptstadt nicht +mehr sicher glaubten, der Ort, wo die Schriften der großen +republikanischen Lehrer unlängst den Flammen überliefert worden waren, +daß diese Stadt sich jetzt in einer unzufriedenen Gährung befand und die +muthigen Jünglinge, die sich vor wenigen Monaten so eifrig als +Freiwillige gemeldet hatten, um gegen die Insurgenten im Westen zu +marschiren, jetzt nur mit Mühe durch Säbel und Karabiner im Schach +gehalten wurden: das waren Zeichen von schlimmer Vorbedeutung für das +Haus Stuart. Doch der abgestumpfte, starrsinnige und eigenwillige Tyrann +beachtete den Warnungsruf nicht. Er hatte sich einmal vorgenommen, +seiner Kirche die reichsten und glänzendsten Stiftungen Englands zu +verschaffen. Umsonst machten ihm die besseren und verständigeren seiner +römisch-katholischen Rathgeber Vorstellungen. Sie erklärten ihm, daß er +der Sache seiner Religion viel nützen könne, ohne die Eigenthumsrechte +zu verletzen. Eine Bewilligung von jährlich zweitausend Pfund aus seiner +Privatchatulle würde hinreichen, um ein Jesuitencollegium in Oxford zu +unterhalten, und diese Summe könne er leicht verschmerzen. Ein solches +Collegium, mit tüchtigen, gelehrten und eifrigen Lehrern ausgestattet, +würde ein gefährlicher Nebenbuhler für die alten akademischen Anstalten +werden, welche nur zu deutliche Symptome einer von Reichthum und +Sicherheit unzertrennlichen Erschlaffung zeigten. König Jakob’s +Collegium würde bald selbst von den Protestanten hinsichtlich der +Wissenschaften sowohl als auch der moralischen Zucht als die erste +Bildungsanstalt der Insel anerkannt werden. Dies würde der wirksamste +und zugleich glimpflichste Weg sein, um die anglikanische Kirche zu +demüthigen und die römische zu Ansehen zu bringen. Der Earl von +Ailesbury, einer der ergebensten Diener des königlichen Hauses, +erklärte, daß er, obgleich Protestant und nicht reich, lieber selbst +einen Beitrag von tausend Pfund zu diesem Zwecke hergeben wolle, als daß +sein Gebieter +<span class = "pagenum">VIII.15</span> +<a name = "pageVIII_15" id = "pageVIII_15"> </a> +die Eigenthumsrechte verletze und sein der Staatskirche gegebenes Wort +breche.<a class = "tag" name = "tagVIII_11" id = "tagVIII_11" href = +"#noteVIII_11">11</a> Der Plan fand jedoch keinen Beifall in den Augen +des Königs. Allerdings entsprach er auch in mehr als einer Beziehung +seinem unfreundlichen Character nicht. Denn es machte ihm Vergnügen, den +Sinn der Menschen zu beugen und zu brechen, und von seinem Gelde konnte +er sich nur schwer trennen. Was er auf seine Kosten zu unternehmen nicht +hochherzig genug war, das beschloß er auf Kosten Anderer durchzuführen. +Wenn er einmal etwas begonnen hatte, so hielt sein Stolz und sein +Starrsinn ihn ab, wieder zurückzutreten, und er ließ sich endlich +Schritt für Schritt zu Handlungen türkischer Tyrannei verleiten, zu +Handlungen, welche die Nation zu der Überzeugung bringen mußten, daß das +Vermögen eines protestantischen Freisassen Englands unter einem +römisch-katholischen König ebenso unsicher war, wie das eines Griechen +unter der Herrschaft eines Moslem.</p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVIII_10" id = "noteVIII_10" href = +"#tagVIII_10">10.</a> +<span class = "antiqua">Wood’s Athenae Oxonienses</span>; <span class = +"antiqua">Apology for the Life of Colley Cibber</span>; Citters, 2.(12.) +März 1686.</p> + +<p><a name = "noteVIII_11" id = "noteVIII_11" href = +"#tagVIII_11">11.</a> +<span class = "antiqua">Burnet, I.</span> 697; Brief von Lord Ailesbury, +abgedruckt im <span class = "antiqua">European Magazine</span>, April +1795.</p> +</div> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Das Magdalenen-Collegium in Oxford.</span> +<a name = "secVIII_10" id = "secVIII_10">Das</a> Magdalenen-Collegium, +gegründet im funfzehnten Jahrhundert von Wilhelm von Waynflete, Bischof +von Winchester und Lordgroßkanzler, war eine der hervorragendsten +unserer akademischen Institute. Ein schlanker Thurm, auf dessen Zinnen +alljährlich am Morgen des ersten Mai von Choristen eine lateinische +Hymne gesungen wurde, fesselte schon von weitem die Aufmerksamkeit des +von London her kommenden Reisenden. Wenn er sich näherte, bemerkte er, +daß dieser Thurm sich von einem mit Zinnen versehenen, zwar niedrigen +und unregelmäßigen, aber doch sehr ehrwürdig aussehenden Gebäude erhob, +das von Bäumen beschattet und von den trägen Fluthen des Chervell +bespült wurde. Er trat durch einen Thorweg,<a class = "tag" name = +"tagVIII_12" id = "tagVIII_12" href = "#noteVIII_12">12</a> über dem +eine stattliche Gallerie hinlief, in einen geräumigen Kreuzgang, der mit +Emblemen der Tugenden und Laster, von den Bildhauern des funfzehnten +Jahrhunderts roh in grauen Stein gemeißelt, verziert war. Der Tisch der +Gesellschaft wurde in einem mit Gemälden und phantastischem Schnitzwerk +reich ausgestatteten Refectorium gedeckt. Der Gottesdienst wurde früh +und Abends in einer Kapelle gehalten, die von den Reformers und den +Puritanern viel zu leiden gehabt hatte, aber trotz alledem ein +wunderschönes Bauwerk war, das in unseren Tagen mit seltenem Geschmack +und Geschick restaurirt worden ist. Die großen Gartenanlagen am Ufer des +Flusses zeichneten sich durch hohe Bäume aus, unter denen ein Wunder der +Pflanzenwelt unsrer Insel emporragte, eine riesige Eiche, welche hundert +Jahre älter sein sollte, als das älteste Collegium der Universität.</p> + +<p>Die Statuten der Gesellschaften bestimmten, daß die Könige von +England und die Prinzen von Wales in dem Hause aufgenommen werden +sollten, wie in ihrem eignen Palaste. Eduard IV. hatte das Gebäude +bewohnt, als es noch nicht vollendet war. Richard III. hatte darin sein +Hoflager gehalten, im großen Saale Disputationen mit angehört, war +königlich bewirthet worden und hatte die Küche seiner Wirthe mit einem +Geschenk von fetten Rehböcken aus seinen Forsten beehrt. Zwei +muthmaßliche Thronerben, welche frühzeitig hinweggerafft wurden, Arthur, +der ältere Bruder Heinrich’s VIII., und Heinrich, der ältere Bruder +Karl’s I., hatten in dem Collegium studirt; ebenso auch ein andrer +Prinz +<span class = "pagenum">VIII.16</span> +<a name = "pageVIII_16" id = "pageVIII_16"> </a> +von Geblüt, der letzte und beste der römisch-katholischen Erzbischöfe +von Canterbury, der menschenfreundliche Reginald Pole. Zur Zeit des +Bürgerkriegs war das Collegium der Sache der Krone treu geblieben. +Ruprecht hatte dort sein Hauptquartier aufgeschlagen, und ehe er zu +einigen seiner kühnsten Unternehmungen auszog, hatte man in den stillen +Kreuzgängen seine Trompeter zum Aufbruch blasen hören. Die Mehrzahl der +Fellows waren Theologen und konnten den König nur mit Gebeten und +Geldspenden unterstützen. Doch einer von den Mitgliedern der +Gesellschaft, ein Doctor des Civilrechts, warb eine Truppe +Untergraduirter und fiel an ihrer Spitze im tapferen Kampfe gegen die +Soldaten von Essex. Als die Feindseligkeiten beendigt und die Rundköpfe +Herren von England waren, verweigerten sechs Siebentel der Mitglieder +der usurpirten Gewalt ihre Unterwerfung. In Folge dessen wurden sie aus +ihren Wohnungen vertrieben und ihrer Einkünfte beraubt. Nach der +Restauration kehrten die noch Lebenden an ihren lieblichen Wohnsitz +zurück. Eine neue Generation war auf sie gefolgt, die ihre Ansichten und +ihren Muth geerbt hatte. Zur Zeit des Aufstandes im Westen hatten +diejenigen Collegiaten, welche nicht durch Alter oder Beruf zum +Gebrauche der Waffen unfähig waren, sich bereitwilligst erboten, für die +Krone zu kämpfen. Es dürfte schwerlich im ganzen Königreiche irgend eine +Korporation zu finden sein, welche gerechteren Anspruch auf die +Dankbarkeit des Hauses Stuart gehabt hätte.<a class = "tag" name = +"tagVIII_13" id = "tagVIII_13" href = "#noteVIII_13">13</a></p> + +<p>Die Gesellschaft bestand aus einem Präsidenten, vierzig <ins class = +"correction" title = "’ im Original">Fellow’s</ins>, dreißig Studenten +(<span class = "antiqua">Demies</span>, Halbe genannt) und einer Anzahl +von Kaplanen, Schreibern und Chorsängern. Zur Zeit der Generalvisitation +unter Heinrich VIII. waren die Einkünfte viel bedeutender als die jeder +andren ähnlichen Stiftung des Landes, fast um die Hälfte größer als die +der reichen Stiftung Heinrich’s VI. in Cambridge und über noch +einmal so groß als die, welche Wilhelm von Wykeham seinem Collegium in +Oxford vermacht hatte. In den Tagen Jakob’s II. war der Reichthum +des Magdalenen-Collegiums enorm und wurde durch das Gerücht noch +übertrieben. Das Collegium wurde allgemein für reicher als die reichsten +Abteien des Continents gehalten. Wenn die Pachtgelder alle eingingen, +hieß es unter dem Volke, so beliefen sich die jährlichen Einkünfte auf +die ungeheure Summe von vierzigtausend Pfund Sterling.<a class = "tag" +name = "tagVIII_14" id = "tagVIII_14" href = "#noteVIII_14">14</a></p> + +<p>Die Collegiaten waren durch die von dem Begründer festgesetzten +Statuten ermächtigt, sich ihren Präsidenten unter Personen, welche +Mitglieder ihrer Gesellschaft oder des Neuen Collegiums waren oder +gewesen waren, selbst zu wählen. Dieses Recht war in der Regel mit +völliger Freiheit ausgeübt worden. Nur in einzelnen Fällen waren +königliche Zuschriften gekommen, welche dem Collegium befähigte Personen +anempfahlen, die bei Hofe in Gunst standen, und es war in solchen Fällen +Sitte gewesen, auf die Wünsche des Souverains gebührende Rücksicht zu +nehmen.</p> + +<p>Im März 1687 starb der Präsident des Collegiums. Einer der Fellows, +Doctor Thomas Smith, vom Volke spottweise Rabbi Smith +<span class = "pagenum">VIII.17</span> +<a name = "pageVIII_17" id = "pageVIII_17"> </a> +genannt, ein ausgezeichneter Reisender, Büchersammler, +Alterthumsforscher und Orientalist, der Kaplan bei der Gesandtschaft in +Konstantinopel gewesen und mit der Vergleichung der alexandrinischen +Handschriften beauftragt worden war, bewarb sich um den erledigten +Posten. Er meinte als Gelehrter und als eifriger Tory einigen Anspruch +auf die Begünstigung von Seiten der Regierung zu haben. Seine Loyalität +war auch in der That so glühend und so unwandelbar, wie man sie in der +ganzer englischen Kirche nur finden konnte. Er war lange mit dem Bischof +Parker von Oxford intim befreundet gewesen und hoffte durch die +Verwendung dieses Prälaten ein königliches Empfehlungsschreiben an das +Collegium zu erhalten. Parker versprach sein Möglichstes zu thun, +berichtete aber bald, daß er auf Schwierigkeiten gestoßen sei. „Der +König,“ sagte er, „mag Niemanden empfehlen, der nicht ein Freund seiner +Religion ist. Was können Sie in dieser Beziehung thun, um ihn zufrieden +zu stellen?“ Smith antwortete, daß, wenn er Präsident werden sollte, er +sich bemühen würde, Gelehrsamkeit, wahres Christenthum und Loyalität zu +fördern. „Das wird nicht genügen,“ sagte der Bischof. „Nun so mag +Präsident werden wer da will,“ versetzte Smith mannhaft; „ich kann nicht +mehr versprechen.“</p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVIII_12" id = "noteVIII_12" href = +"#tagVIII_12">12.</a> +Dieser Thorweg ist jetzt verschlossen.</p> + +<p><a name = "noteVIII_13" id = "noteVIII_13" href = +"#tagVIII_13">13.</a> +<span class = "antiqua">Wood’s Athenae Oxonienses</span>; <span class = +"antiqua">Walker’s Sufferings of the Clergy.</span></p> + +<p><a name = "noteVIII_14" id = "noteVIII_14" href = +"#tagVIII_14">14.</a> +<span class = "antiqua">Burnet, I. 697</span>; <span class = +"antiqua">Tanner’s Notitia Monastica.</span> Bei der Visitation im +sechsundzwanzigsten Regierungsjahre Heinrich’s VIII. ergab es sich, daß +die Einkünfte des Kings-Collegiums 751 Pfd. St., die des Neuen +Collegiums 487 Pfd. St. und die des Magdalenen-Collegiums 1076 Pfd. St. +betrugen.</p> +</div> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Anton Farmer vom Könige als Präsident empfohlen.</span> +<a name = "secVIII_11" id = "secVIII_11">Die</a> Wahl wurde auf den +dreizehnten April festgesetzt und die Fellows aufgefordert, derselben +beizuwohnen. Es ging die Rede, daß ein königliches Schreiben einlaufen +werde, das einen gewissen Anton Farmer für die erledigte Stelle +empfehle. Das Leben dieses Mannes war eine Reihenfolge ehrloser +Handlungen. Er war Mitglied der Universität Cambridge gewesen und der +Ausstoßung nur durch rechtzeitige freiwillige Entfernung entgangen. Dann +hatte er sich den Dissenters angeschlossen und hierauf war er nach +Oxford gegangen, um in das Magdalenen-Collegium einzutreten, wo er sich +bald durch alle möglichen Laster auszeichnete. In der Regel taumelte er +spät in der Nacht so betrunken, daß er nicht sprechen konnte, seinem +Collegium zu. Es war allbekannt, daß er an der Spitze eines +unehrenvollen Aufruhrs in Abingdon gestanden hatte, und er war ein +regelmäßiger Gast bekannter Lieblingsorte von Wüstlingen gewesen. +Endlich war er Kuppler geworden, hatte sogar die gewöhnliche Gemeinheit +seines abscheulichen Gewerbes noch übertroffen und hatte von +liederlichen jungen Leuten für Dienste, welche die Geschichte nicht gut +erzählen kann, Geld genommen. Dieser erbärmliche Mensch war jetzt zum +Papismus übergetreten. Sein Abfall sühnte alle seine Laster, und +obgleich noch sehr jung, wurde er zum Vorsteher einer ernsten religiösen +Gesellschaft empfohlen, in welcher das Ärgerniß, das er durch seine +Lasterhaftigkeit gegeben, noch im frischen Andenken war.</p> + +<p>Durch das allgemeine Landesgesetz war er als römischer Katholik von +allen akademischen Ämtern ausgeschlossen, und da er niemals Fellow des +Magdalenen-Collegiums noch des Neuen Collegiums gewesen, so hatte er der +besonderen Verordnung Wilhelm’s von Waynflete gemäß gar kein Recht, sich +um die erledigte Präsidentenstelle zu bewerben. Überdies hatte Waynflete +den Mitgliedern seiner Stiftung noch ausdrücklich eingeschärft, daß sie +bei der Wahl ihres Vorstehers namentlich auf seinen moralischen +Character Rücksicht nehmen sollten, und hätte er auch keine derartige +Weisung hinterlassen, so konnte eine meist aus Theologen bestehende +Gesellschaft einem Mann wie Farmer schicklicherweise nicht die Leitung +einer Bildungsanstalt übertragen. +<span class = "pagenum">VIII.18</span> +<a name = "pageVIII_18" id = "pageVIII_18"> </a></p> + +<p>Die Collegiaten stellten dem Könige ehrerbietigst vor, in welche +Verlegenheit sie kommen würden, wenn das Gerücht, daß Farmer ihnen +empfohlen werden sollte, sich als begründet erwies, und baten darum, daß +Seine Majestät, wenn es ihm beliebe, sich in die Wahl einzumischen, +ihnen einen Mann vorschlagen möchte, für den sie gesetzlicherweise und +mit gutem Gewissen stimmen könnten. Von dieser ergebenen Bitte wurde +keine Notiz genommen. Das königliche Schreiben lief ein. Der Überbringer +desselben war ein Fellow des Collegiums, der unlängst Papist geworden +war, Namens Robert Charnock, ein Mann von Talent und Geist, aber von +heftigem und ruhelosem Temperament, das ihn einige Jahre später zu einem +abscheulichen Verbrechen und zu einem entsetzlichen Schicksale trieb. +Das Collegium versammelte sich am 13. April in der Kapelle. Man hatte +noch immer einige Hoffnung, daß der König sich durch die an ihn +gerichteten Vorstellungen werde bewegen lassen, und die Versammlung +vertagte sich deshalb bis auf den 15. April, als den letzten Termin, an +welchem die Wahl nach den Statuten des Collegiums stattfinden mußte.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Wahl des Präsidenten.</span> +<a name = "secVIII_12" id = "secVIII_12">Der</a> 15. April erschien und +die Collegiaten versammelten sich wieder in ihrer Kapelle. Von <ins +class = "correction" title = "Original hat »Withehall«">Whitehall</ins> +war keine Antwort gekommen. Einige der älteren Mitglieder, darunter +Smith, waren der Meinung, die Wahl lieber noch einmal zu verschieben, +als einen Schritt zu thun, der den König möglicherweise beleidigen +konnte. Aber die Sprache der Statuten war klar und die Mitglieder des +Collegiums hatten sich eidlich verpflichtet, dieselben zu befolgen. Die +Ansicht der Mehrheit war daher, daß kein weiterer Aufschub stattfinden +dürfe. Es erfolgte eine heftige Debatte. Die Wähler waren zu aufgeregt, +als daß sie hätten auf ihren Plätzen bleiben können; die ganze Kapelle +war in Aufruhr. Diejenigen, welche für die Vornahme der Wahl stimmten, +beriefen sich auf ihre Eide und auf die Verordnungen des Stifters, +dessen Brot sie aßen. Sie behaupteten ganz richtig, der König habe nicht +das Recht, ihnen selbst einen geeigneten Candidaten aufzudringen. In der +Hitze des Streits fielen einige für toryistische Ohren anstößige +Äußerungen und Smith ließ sich zu der Bemerkung verleiten, der Geist +Ferguson’s habe sich seiner Collegen bemächtigt. Mit großer +Stimmenmehrheit wurde endlich der Beschluß gefaßt, die Wahl unverzüglich +vorzunehmen. Charnock verließ die Kapelle. Die übrigen Fellows gaben, +nachdem sie vorher das Sakrament empfangen, ihre Stimmen ab. Die Wahl +fiel auf Johann Hough, einen Mann von seltener Tugend und Besonnenheit, +der, nachdem er Verfolgungen mit hohem Muthe und das Glück mit ernster +Würde ertragen, zu hohen Ehren emporgestiegen und noch höhere bescheiden +abgelehnt hatte, mehr als sechsundfünfzig Jahre nach diesem +ereignißvollen Tage in hohem Alter, aber noch in voller Kraft des +Geistes starb.</p> + +<p>Die Gesellschaft beeilte sich, dem Könige die Umstände +auseinanderzusetzen, welche es nothwendig gemacht hatten, ohne weiteren +Verzug zur Wahl eines Präsidenten zu schreiten, und ersuchte den Herzog +von Ormond als Kanzler der ganzen Universität, und den Bischof von +Winchester als Visitator des Magdalenen-Collegiums, das Amt der +Vermittelung zu übernehmen. Der König aber war viel zu aufgebracht und +viel zu befangen, als daß er auf derartige Verstellungen hätte hören +können.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Die Mitglieder des Magdalenen-Collegiums werden vor die Hohe Commission +geladen.</span> +<a name = "secVIII_13" id = "secVIII_13">Anfangs</a> Juni wurden die +Collegiaten vor die Hohe Commission nach Whitehall beschieden. Fünf von +<span class = "pagenum">VIII.19</span> +<a name = "pageVIII_19" id = "pageVIII_19"> </a> +ihnen kamen als Deputirte der Korporation der Aufforderung nach. +Jeffreys behandelte sie nach seiner gewohnten Manier. Als einer von +ihnen, ein ehrwürdiger Doctor, Namens Fairfax, einigen Zweifel an der +Rechtsgültigkeit der Commission äußerte, begann er zu brüllen wie ein +wildes Thier: „Wer ist der Mann? Wer giebt ihm das Recht, hier +unverschämt zu sein? Ergreift ihn und steckt ihn in ein finstres Zimmer! +Wie kann man ihn ohne Wächter lassen? Er steht als Wahnsinniger unter +meiner Aufsicht. Es wundert mich, daß noch Niemand bei mir darauf +angetragen hat, daß er in sicheres Gewahrsam gebracht werde.“ Als aber +der Sturm ausgetobt hatte und die Aussagen über den sittlichen Charakter +des vom Könige empfohlenen Kandidaten verlesen waren, hatte keiner der +Commissare die Frechheit zu behaupten, daß ein solcher Mensch sich zum +Präsidenten eines großen Collegiums eigne. Obadja Walker und die übrigen +oxforder Papisten, die sich eingefunden hatten, um ihren Proselyten zu +unterstützen, waren nicht wenig bestürzt. Die Commission erklärte +Hough’s Wahl für ungültig und suspendirte Fairfax von seiner +Collegiatur; von Farmer aber war keine Rede mehr und im August kam ein +königliches Schreiben an, welches dem Collegium den Bischof von Oxford, +Parker, empfahl.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Parker zum Präsidenten empfohlen.</span> +<a name = "secVIII_14" id = "secVIII_14">Parker</a> war kein erklärter +Papist. Es lag jedoch ein Umstand gegen ihn vor, der, selbst wenn die +Präsidentur erledigt gewesen wäre, hätte entscheidend sein müssen: er +hatte weder dem Neuen Collegium noch dem Magdalenen-Collegium jemals +angehört. Aber die Präsidentur war gar nicht erledigt, denn Hough war +rechtskräftig gewählt und sämmtliche Mitglieder des Collegiums waren +eidlich verpflichtet, ihn in seinem Amte zu erhalten. Sie entschuldigten +sich daher mit vielen Versicherungen ihrer Loyalität und ihres +Bedauerns, daß sie dem Befehle des Königs nicht Folge leisten +könnten.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Die Karthause.</span> +<a name = "secVIII_15" id = "secVIII_15">Während</a> Oxford so der +Tyrannei energisch entgegen trat, leistete man an einem andren Orte +nicht weniger tapferen Widerstand. Jakob hatte vor einiger Zeit den +Administratoren der Karthause, Männern von hohem Rang und Ansehen im +Königreiche, den Befehl gegeben, einen römischen Katholiken, Namens +Popham, in das unter ihrer Verwaltung stehende Hospital aufzunehmen. Der +Vorsteher der Anstalt, Thomas Burnet, ein durch Genie, Gelehrsamkeit und +Tugend ausgezeichneter Geistlicher, hatte, obgleich der wilde Jeffreys +im Collegium saß, den Muth, sie darauf aufmerksam zu machen, daß jene +Zumuthung dem Willen des Stifters sowohl als einer Parlamentsacte +zuwiderlaufe. „Was thut dies zur Sache?“ fragte ein dem Vorstande +angehörender Höfling. „Ich meine, es thut sehr viel zur Sache,“ +antwortete eine von Alter und Sorgen geschwächte Stimme, die aber in +keiner Versammlung ohne Achtung gehört wurde, die Stimme des ehrwürdigen +Ormond. „Eine Parlamentsacte,“ fuhr der Patriarch der Kavalierpartei +fort, „ist meiner Ansicht nach keine Kleinigkeit.“ Es wurde die Frage +gestellt, ob Popham zugelassen werden solle, und der Beschluß lautete +auf seine Zurückweisung. Da der Kanzler seinem Grolle nicht wohl durch +Fluchen und Verwünschungen gegen Ormond Luft machen konnte, so lief er +in voller Wuth fort und mehrere von der Minorität folgten ihm. In Folge +dessen blieb keine beschlußfähige Anzahl übrig und es konnte daher auf +den königlichen Befehl keine formelle Antwort gegeben werden.</p> + +<p>Die nächste Sitzung fand nur zwei Tage, nachdem die Commission +<span class = "pagenum">VIII.20</span> +<a name = "pageVIII_20" id = "pageVIII_20"> </a> +Hough’s Wahl für ungültig erklärt und Fairfax suspendirt hatte, statt. +Die Administratoren erhielten einen zweiten Befehl mit dem großen +Staatssiegel; aber das tyrannische Verfahren gegen das +Magdalenen-Collegium hatte ihren Muth noch erhöht, anstatt ihn zu +schwächen. Sie setzten ein Schreiben an Sunderland auf, durch welches er +ersucht wurde, dem Könige mitzutheilen, daß sie im vorliegenden Falle +Seiner Majestät nicht gehorchen könnten, ohne das Gesetz und ihre +Amtspflicht zu verletzen.</p> + +<p>Es dürfte kaum zu bezweifeln sein, daß, wenn diese Zuschrift nur von +unbedeutenden Männern unterzeichnet gewesen wäre, der König irgend einen +Gewaltschritt gethan haben würde. Aber selbst er erschrak beim Anblick +der großen Namen Ormond, Halifax, Danby und Nottingham, der Oberhäupter +aller Farben der großen Partei, der er seine Krone verdankte. Er +begnügte sich deshalb, Jeffreys zu bedeuten, daß er das weiter +einzuschlagende Verfahren in Erwägung ziehen solle. Einmal hieß es, es +werde ein Prozeß bei der Kings Bench anhängig gemacht werden, ein +andermal, die Kirchliche Commission werde den Fall in die Hand nehmen, +aber diese Drohungen verstummten nach und nach wieder.<a class = "tag" +name = "tagVIII_15" id = "tagVIII_15" href = "#noteVIII_15">15</a></p> + +<p class = "footnote"> +<a name = "noteVIII_15" id = "noteVIII_15" href = "#tagVIII_15">15.</a> +<span class = "antiqua">A Relation of the Proceedings at the +Charterhouse, 1689.</span></p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Rundreise des Königs.</span> +<a name = "secVIII_16" id = "secVIII_16">Der</a> Sommer war jetzt weit +vorgerückt und der König trat eine Reise an, die längste und +glänzendste, die man seit vielen Jahren gesehen hatte. Am 16. August +begab er sich von Windsor nach <ins class = "correction" title = +"Original hat »Portsmuth«">Portsmouth</ins>, besichtigte die +Festungswerke, berührte einige mit Kröpfen Behaftete und fuhr dann in +einer seiner Yachten nach Southampton. Von hier reiste er nach Bath, wo +er sich einige Tage aufhielt und die Königin zurückließ. Als er wieder +abreiste, begleiteten ihn der Obersheriff von Somersetshire und eine +große Anzahl Gentlemen bis an die Grenze der Grafschaft, wo ihn der +Obersheriff von Gloucestershire mit einem nicht minder glänzenden +Gefolge erwartete. Der Herzog von Beaufort kam bald darauf den +königlichen Equipagen entgegen und geleitete dieselben nach Badminton, +wo ein des Rufes, den sich der Herzog durch seinen glänzenden Haushalt +erworben hatte, würdiges Mahl für ihn angerichtet war. Am Nachmittag +ging der Zug weiter nach Gloucester. Zwei Meilen vor der Stadt wurde er +vom Bischofe und der Geistlichkeit bewillkommnet. Am Südthore erwartete +ihn der Mayor mit den Schlüsseln. Die Glocken gingen und aus allen +Röhrtrögen floß Wein, während der König durch die Straßen nach dem +Platze zog, der die ehrwürdige Kathedrale umgiebt. Er übernachtete in +der Dechanei und brach am folgenden Morgen nach Worcester auf. Von +Worcester ging er nach Ludlow, Shrewsbury und Chester, und wurde überall +mit äußeren Zeichen der Freude und Ehrerbietung empfangen, die er +schwach genug war, als Beweise zu betrachten, daß die durch seine +Maßregeln hervorgerufene Unzufriedenheit gedämpft sei und ihm ein +leichter Sieg bevorstehe. Der scharfblickendere Barillon benachrichtigte +Ludwig, daß der König in einer Täuschung befangen sei, daß die Reise +keinen wirklichen Nutzen gebracht habe und daß die nämlichen Gentlemen +von Worcestershire und Shropshire, die es für ihre Pflicht gehalten, +ihren Souverain und Gast mit allen Ehrenbezeigungen zu empfangen, sich +so widerspenstig als je zeigen würden, wenn die Testangelegenheit zur +Sprache käme.<a class = "tag" name = "tagVIII_16" id = "tagVIII_16" href += "#noteVIII_16">16</a></p> + +<p>Unterwegs schlossen sich dem königlichen Zuge zwei Höflinge an, die +<span class = "pagenum">VIII.21</span> +<a name = "pageVIII_21" id = "pageVIII_21"> </a> +in Character und Meinungen weit von einander verschieden waren. Penn war +auf einer geistlichen Hirtenreise in Chester. Seine Popularität und sein +Ansehen waren unter seinen Glaubensbrüdern tief gesunken, seitdem er ein +Werkzeug des Königs und der Jesuiten geworden war.<a class = "tag" name += "tagVIII_17" id = "tagVIII_17" href = "#noteVIII_17">17</a> Jakob aber +nahm ihn sehr freundlich auf und er durfte am Sonntage im Ballhause +einen Vortrag halten, während Cartwright in der Kathedrale predigte und +der König an einem in der Grafschaftshalle errichteten Altare die Messe +hörte. Man sagt sogar, Seine Majestät habe geruht, einen Augenblick in +das Ballhaus einzutreten und der melodischen Beredtsamkeit seines +Freundes mit Anstand zuzuhören.<a class = "tag" name = "tagVIII_18" id = +"tagVIII_18" href = "#noteVIII_18">18</a></p> + +<p>Der wüthende Tyrconnel war von Dublin über den Kanal gekommen, um von +seiner Verwaltung Bericht zu erstatten. Alle achtungswertheren +englischen Katholiken behandelten ihn als einen Feind ihres Stammes und +als eine Schande ihrer Religion mit Kälte. Sein Gebieter aber hieß ihn +herzlich willkommen und entließ ihn mit Versicherungen seines +ungeschwächten Vertrauens und seiner steten Unterstützung. Jakob vernahm +mit großer Freude, daß bald die ganze Verwaltung Irlands in +römisch-katholischen Händen sein werde. Die englischen Ansiedler waren +schon ihrer ganzen politischen Macht beraubt, es blieb nur noch übrig, +sie auch ihres Eigenthums zu berauben, und diese letzte Gewaltthat wurde +so lange aufgeschoben, bis man sich die Mitwirkung eines irischen +Parlaments gesichert haben würde.<a class = "tag" name = "tagVIII_19" id += "tagVIII_19" href = "#noteVIII_19">19</a></p> + +<p>Von Cheshire wendete sich der König nach dem Süden und in der festen +Überzeugung, daß die Fellows des Magdalenen-Collegiums es trotz ihres +widerspenstigen Geistes nicht wagen würden, einem ihnen mündlich +gegebenen Befehle den Gehorsam zu verweigern, reiste er nach Oxford. Auf +dem Wege dahin machte er einige kleine Abstecher nach Orten, die ihn als +König, als Bruder und als Sohn besonders interessirten. Er besuchte das +gastliche Dach von Boscobel und die Überreste der Eiche, die in der +Geschichte seines Hauses eine so wichtige Rolle spielt. Er fuhr über das +Schlachtfeld von Edgehill, wo die Kavaliere zuerst mit den Soldaten des +Parlaments die Schwerter kreuzten. Am 3. September speiste er mit großem +Gepränge im Palast von Woodstock, einem alten berühmten Schlosse, von +dem kein Stein mehr vorhanden ist, dessen Lage aber noch heute auf der +Wiese des Blenheimparks durch zwei unweit der stattlichen Brücke +stehende Platanen bezeichnet wird.</p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVIII_16" id = "noteVIII_16" href = +"#tagVIII_16">16.</a> +London Gazette vom 18. Aug. bis 1. Sept. 1687; Barillon, 19.(29.) +Sept.</p> + +<p><a name = "noteVIII_17" id = "noteVIII_17" href = +"#tagVIII_17">17.</a> +<span class = "antiqua">„Penn, chef des Quakers, qu’on sait être dans +les intérêts du Roi d’Angleterre, est si fort décrié parmi ceux de son +parti qu’il n’ont plus aucune confiance en lui.“</span> — +Bonrepaux an Seignelay, 12.(22.) Sept. 1687. Gerhard Croese’s Zeugniß +lautet ganz ebenso: <span class = "antiqua">„Etiam Quakeri Pennum non +amplius, ut ante ita amabant ac magnifaciebant, quidam aversabantur ac +fugiebant.“ — Historia Quakeriana, lib. II. 1695.</span></p> + +<p><a name = "noteVIII_18" id = "noteVIII_18" href = +"#tagVIII_18">18.</a> +<span class = "antiqua">Cartwright’s Diary, Aug. 30. 1687</span>; <span +class = "antiqua">Clarkson’s Life of William Penn.</span></p> + +<p><a name = "noteVIII_19" id = "noteVIII_19" href = +"#tagVIII_19">19.</a> +<span class = "antiqua">London Gazette, Sept. 5.</span>; <span class = +"antiqua">Sheridan MS.</span>; Barillon 6.(16.) Sept. 1687. <span class += "antiqua">„Le Roi son maître,“</span> sagt Barillon, <span class = +"antiqua">„a témoigné une grande satisfaction des mesures qu’il a +prises, et a autorisé ce qu’il a fait en faveur des Catholiques. Il les +établit dans les emplois et les charges, en sorte que l’autorité se +trouvera bientôt entre leurs mains. Il reste encore beaucoup de choses à +faire en ce pays là pour retirer les biens injustement ôtés aux +Catholiques. Mais cela ne peut s’exécuter qu’avec le temps et dans +l’assemblée d’un parlement en Irlande.“</span></p> +</div> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Der König in Oxford.</span> +<a name = "secVIII_17" id = "secVIII_17">Am</a> Abend erreichte er +Oxford, wo +<span class = "pagenum">VIII.22</span> +<a name = "pageVIII_22" id = "pageVIII_22"> </a> +er mit den gewohnten Ehrenbezeigungen empfangen wurde. Die Studenten +hatten sich in ihrer akademischen Tracht vom Stadtthore bis an den +Haupteingang des Christchurch-Collegiums in einer Doppelreihe +aufgestellt. Er stieg in der Dechanei ab, wo er unter anderen +Bequemlichkeiten eine zum Meßdienst eingerichtete Kapelle vorfand.<a +class = "tag" name = "tagVIII_20" id = "tagVIII_20" href = +"#noteVIII_20">20</a></p> + +<p class = "footnote"> +<a name = "noteVIII_20" id = "noteVIII_20" href = "#tagVIII_20">20.</a> +<span class = "antiqua">London Gazette, Sept. 5, 8. 1687</span>.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Er giebt den Collegiaten des Magdalenenstifts einen Verweis.</span> +<a name = "secVIII_18" id = "secVIII_18">Den</a> Tag nach seiner Ankunft +erhielten die Fellows des Magdalenen-Collegiums Befehl, ihm ihre +Aufwartung zu machen. Als sie vor ihm erschienen, behandelte er sie mit +einem Übermuth, wie ihn die puritanischen Visitatoren gegen ihre +Vorgänger nie bewiesen hatten. „Sie haben Sich nicht wie Gentlemen gegen +mich benommen,“ rief er aus; „Sie haben Sich eben so unschicklich als +ungehorsam gezeigt.“ Sie fielen auf die Knie und überreichten ihm eine +Petition. Er wollte sie nicht ansehen. „Ist das die Loyalität Ihrer +englischen Kirche? Ich hätte nicht gedacht, daß so viele Geistliche der +Kirche Englands sich bei einer solchen Sache betheiligen könnten. Gehen +Sie nach Hause, gehen Sie. Ich bin König und ich verlange Gehorsam. +Gehen Sie augenblicklich in Ihre Kapelle und nehmen Sie den Bischof von +Oxford auf. Und wehe Denen, die sich weigern, sie sollen das ganze +Gewicht meiner Hand fühlen, sie sollen erfahren, was es heißt, sich die +Ungnade seines Souverains zuziehen!“ Die noch immer vor ihm knieenden +Collegiaten reichten ihm wiederholt ihre Petition dar. Er warf sie +zornig zu Boden. „Gehen Sie, sage ich, ich nehme nichts von Ihnen an, +bis Sie den Bischof aufgenommen haben!“</p> + +<p>Sie gingen und versammelten sich augenblicklich in ihrer Kapelle. Es +wurde die Frage gestellt, ob sie sich dem Befehle Seiner Majestät fügen +sollten. Smith war abwesend, nur Charnock antwortete mit Ja. Alle +übrigen Collegiaten erklärten, daß sie in allen gesetzlichen Dingen dem +Könige bereitwilligst gehorchen, ihre Statuten und ihre Eide aber nicht +verletzen würden.</p> + +<p>Voll Zorn und Ärger über seine Niederlage verließ der König Oxford +und kehrte nach Bath zur Königin zurück. Seine Hartnäckigkeit und +Willkür hatte ihn in eine sehr schwierige Lage versetzt. Er hatte zu +fest auf die Wirkung seiner finstren Miene und seiner gebieterischen +Rede gerechnet und unbesonnenerweise nicht nur das Ansehen seiner +Regierung, sondern auch seine persönliche Würde aufs Spiel gesetzt. +Konnte er Unterthanen nachgeben, denen er mit erhobener Stimme und +zornigen Geberden gedroht hatte? Konnte er es auf der andren Seite +wagen, an einem Tage eine Anzahl achtungswerther Geistlicher aus ihrer +Heimath zu vertreiben, weil sie eine in den Augen der ganzen Nation +heilige Pflicht gethan hatten? Vielleicht gab es noch einen Ausweg aus +dieser Verlegenheit, vielleicht konnte das Collegium doch noch durch +Drohungen, durch Zureden oder durch Bestechung zur Unterwerfung gebracht +werden.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Penn sucht zu vermitteln.</span> +<a name = "secVIII_19" id = "secVIII_19">Man</a> bediente sich Penn’s +als Vermittler. Er hatte zuviel Rechtsgefühl, als daß er das gewaltsame +und ungerechte Verfahren der Regierung hätte billigen können und er +wagte es sogar, einem Theile seiner Gedanken Worte zu geben. Jakob +beharrte wie gewöhnlich auf seinem Vorsatze, und der höfische Quäker +<span class = "pagenum">VIII.23</span> +<a name = "pageVIII_23" id = "pageVIII_23"> </a> +that daher sein Möglichstes, um das Collegium vom Pfade des Rechts +abzuziehen. Zuerst versuchte er es mit Einschüchterungen. Er sagte, der +Gesellschaft drohe der Untergang, denn der König sei im höchsten Grade +aufgebracht. Es sei allerdings ein schwerer Schritt für sie, das sahen +die meisten Leute ein; aber jedes Kind wisse auch, daß Seine Majestät +seinen Willen gern durchsetze und daß er Widerspruch nicht vertragen +könne. Penn ermahnte daher die Collegiaten, nicht auf die Gerechtigkeit +ihrer Sache zu pochen, sondern sich zu fügen oder wenigstens zu +temporisiren. Ein solcher Rath klang sonderbar aus dem Munde eines +Mannes, der selbst von der Universität vertrieben worden war, weil er +wegen des Chorhemds einen Tumult hervorgerufen, der sich lieber der +Gefahr der Enterbung ausgesetzt hatte, als daß er sich entschloß, vor +einem königlichen Prinzen den Hut abzunehmen und der wegen seiner in +Conventikeln gehaltenen Reden mehr als einmal in’s Gefängniß geschickt +worden war. Es gelang ihm jedoch nicht, die Magdalenen-Collegiaten zu +schrecken. In Antwort auf seine drohenden Winke wurde er daran erinnert, +daß unter der vorigen Generation vierunddreißig von den vierzig +Collegiaten lieber mit Freuden ihre geliebten Kreuzgänge und Gärten, +ihre Halle und ihre Kapelle verlassen hätten und fortgegangen seien, +ohne zu wissen wo sie ein Mahl oder ein Nachtlager finden würden, als +daß sie ihren Unterthaneneid gebrochen hätten. Jetzt verlange der König +die Verletzung eines andren Eides von ihnen, aber er solle erfahren, daß +der alte Geist noch nicht erstorben sei.</p> + +<p>Penn zog nun gelindere Saiten auf. Er hatte eine Besprechung mit +Hough und einigen Collegiaten und begann endlich nach vielen +Versicherungen von Theilnahme und Freundschaft die Möglichkeit eines +Vergleichs in Aussicht zu stellen. Der König vertrage nun einmal keinen +Widerspruch, sagte er, das Collegium müsse nachgeben und Parker +annehmen. Aber seine Gesundheit sei schwankend und alle seine Ämter +würden voraussichtlich bald erledigt sein. „Doctor Hough,“ setzte er +hinzu, „kann dann Bischof von Oxford werden. Wie würde Ihnen das +gefallen, meine Herren?“ Penn hatte während seines ganzen Lebens gegen +eine Miethlingsgeistlichkeit gepredigt. Er hielt sich für verpflichtet, +die Entrichtung von Zehnten zu verweigern, und dies selbst als er mit +Zehnten belastete Ländereien gekauft hatte und ihm der Betrag der +Zehnten von der Kaufsumme nachgelassen worden war. Nach seinen eigenen +Grundsätzen würde er eine große Sünde begangen haben, wenn er sich dabei +betheiligt hätte, dem frömmsten Geistlichen selbst unter den +ehrenvollsten Bedingungen eine Pfründe zu verschaffen. Aber sein +Character war durch schlechte Gesellschaft so verdorben und sein +Verstand durch übermäßigen Eifer für einen einseitigen Zweck so +verdunkelt, daß er keinen Anstand nahm, bei einer Simonie von ganz +besonders unehrenhafter Art den Unterhändler abzugeben und ein Bisthum +als Köder zu benutzen, um einen Geistlichen zum Eidbruche zu verführen. +Hough erwiederte mit höflicher Geringschätzung, daß er von der Krone +nichts weiter verlange als einfache Gerechtigkeit. „Wir sind an unsere +Statuten und unsere Eide gebunden,“ sagte er; „aber auch ganz abgesehen +von unseren Statuten und unseren Eiden fühlen wir uns verpflichtet, +unsren Glauben zu vertheidigen. Die Papisten haben uns schon das +University-Collegium und das Christchurch-Collegium geraubt, jetzt +greifen sie auch das Magdalenen-Collegium an. Sie werden bald Alles +haben.“ +<span class = "pagenum">VIII.24</span> +<a name = "pageVIII_24" id = "pageVIII_24"> </a></p> + +<p>Penn war so unbesonnen, hierauf zu antworten, daß er ernstlich +glaube, die Papisten würden nun zufrieden sein. „Das +University-Collegium,“ sagte er, „ist ein schönes Collegium, +Christchurch ein vortrefflicher Platz und Magdalenen ein herrliches +Gebäude. Die Lage ist angenehm, die Gartenanlagen am Flusse reizend. +Wenn die Katholiken vernünftig sind, werden sie sich damit begnügen.“ +Diese alberne Erklärung würde allein schon Hough und seine Collegen in +die Unmöglichkeit versetzt haben, nachzugeben. Die Unterhandlung wurde +abgebrochen, und der König beeilte sich, seiner Drohung gemäß die +Ungehorsamen fühlen zu lassen, was es hieß, sich seine Ungnade +zuziehen.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Eine kirchliche Specialcommission wird nach Oxford gesandt.</span> +<a name = "secVIII_20" id = "secVIII_20">Cartwright</a>, Bischof von +Chester, Wright, Oberrichter der Kings Bench, und Sir Thomas Jenner, ein +Baron des Schatzkammergerichts, erhielten eine Specialvollmacht zur +Visitation des Collegiums. Am 20. October kamen sie in Oxford an, +begleitet von drei Schwadronen Kavalerie mit gezogenen Säbeln. Am +folgenden Morgen nahmen die Commissare im Hörsaale des +Magdalenen-Collegiums ihre Sitze ein und Cartwright hielt eine loyale +Rede, welche noch vor wenigen Jahren von den Oxfordern mit lautem +Beifall aufgenommen worden wäre, die aber jetzt mit stummem Unwillen +angehört wurde. Es erfolgte hierauf eine lange Debatte. Der Präsident +vertheidigte seine Rechte mit Geschick, Mäßigung und Entschiedenheit. Er +versicherte seine hohe Achtung vor der königlichen Autorität, behauptete +aber fest, daß er nach den Gesetzen Englands ein Eigenthumsrecht an das +Haus und an die mit der Präsidentur verbundenen Einkünfte habe. Dieses +Rechts könne ihn ein Machtspruch des Landesherrn nicht berauben. „Wollen +Sie sich unsrer Visitation unterwerfen?“ fragte der Bischof. „Ich +unterwerfe mich derselben,“ antwortete Hough mit weiser Vorsicht, „in so +weit sie mit dem Gesetz im Einklange steht, weiter nicht.“ — +„Wollen Sie den Schlüssel zu Ihrer Wohnung ausliefern?“ fragte +Cartwright. Hough schwieg. Die Frage wurde wiederholt, und Hough +antwortete nun mild aber entschieden, daß er dies nicht thun werde. Die +Commissare nannten ihn einen unberufenen Eindringling und forderten die +Collegiaten auf, seine Autorität nicht mehr anzuerkennen und für die +Aufnahme des Bischofs von Oxford zu stimmen. Charnock versprach +bereitwilligst Gehorsam, Smith gab eine ausweichende Antwort, die +Hauptmasse der Collegiaten aber erklärte auf das Bestimmteste, daß sie +Hough noch immer als ihren rechtmäßigen Präsidenten betrachteten.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Hough’s Protest.</span> +<a name = "secVIII_21" id = "secVIII_21">Jetzt</a> bat Hough um die +Erlaubniß, selbst noch einige Worte an die Commissare richten zu dürfen. +Sie bewilligten ihm dies sehr artig, vielleicht weil sie nach seinem +ruhigen und gelassenen Benehmen erwarteten, daß er ein Zugeständniß +machen werde. „Mylords,“ sprach er, „Sie haben mich heute meines freien +Eigenthums beraubt; ich protestire hiermit gegen Ihr ganzes Verfahren +als gesetzwidrig, ungerecht und nichtig und appellire an unsren +erlauchten Gebieter, den König, in seinen Gerichtshöfen.“ Ein lautes +beifälliges Gemurmel erhob sich unter den Studirenden, welche den Saal +füllten. Die Commissare waren wüthend. Man suchte die Verbrecher, welche +applaudirt hatten, herauszufinden, aber vergebens. Der ganze Zorn der +Commission richtete sich nun gegen Hough. „Glauben Sie nicht, daß Sie +uns trotzen können,“ +<span class = "pagenum">VIII.25</span> +<a name = "pageVIII_25" id = "pageVIII_25"> </a> +rief Jenner mit einem Wortspiel auf den Namen des Präsidenten.<a class = +"tag" name = "tagVIII_21" id = "tagVIII_21" href = "#noteVIII_21">21</a> +„Ich werde die Autorität Seiner Majestät aufrecht erhalten, so lange ich +Athem in meiner Brust habe,“ setzte Wright hinzu. „Das Alles kommt von +Ihrem nach Popularität haschenden Protest. Sie haben den Landfrieden +gebrochen und sollen sich dafür vor der Kings Bench verantworten. Ich +verpflichte Sie bei Strafe von tausend Pfund, beim nächsten Termine zu +erscheinen. Wir wollen sehen, ob die Civilgewalt Sie nicht bändigen +wird. Reicht sie nicht aus, so sollen Sie auch die militairische haben.“ +Oxford befand sich in der That in einer Stimmung, welche die Commissare +nicht wenig beunruhigte. Die Soldaten erhielten Befehl, ihre Carabiner +zu laden, und man sagte, es sei ein expresser Bote nach London geschickt +worden, um schleunige Nachsendung von Verstärkungen zu verlangen. Es +fand jedoch keine Ruhestörung statt.</p> + +<p class = "footnote"> +<a name = "noteVIII_21" id = "noteVIII_21" href = "#tagVIII_21">21.</a> +Im Deutschen läßt sich das Wortspiel nicht wiedergeben. <span class = +"antiqua">Hough</span> und <span class = "antiqua">huff</span> (trotzen) +wird im Englischen ziemlich gleich +ausgesprochen.  D. Übers.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Einsetzung Parker’s.</span> +<a name = "secVIII_22" id = "secVIII_22">Der</a> Bischof von Oxford +wurde mittelst Vollmacht ruhig eingesetzt, aber nur zwei Mitglieder des +Magdalenen-Collegiums wohnten der Feierlichkeit bei. Mancherlei +Anzeichen bewiesen, daß der Geist des Widerstandes sich auch des Volks +bemächtigt hatte. Der Thürsteher des Collegiums warf seinen Schlüssel +weg. Der Kellermeister weigerte sich, den Namen Hough’s aus dem +Wirthschaftsbuche zu streichen. In der ganzen Stadt war kein Schlosser +aufzutreiben, der die Thür der Präsidentenwohnung aufsprengen wollte. +Die eigenen Diener der Commissare mußten die Thür mit eisernen Stangen +erbrechen. Die Predigten, welche am nächstfolgenden Sonntage in der +Universitätskirche gehalten wurden, waren voll von Bemerkungen, welche +Cartwright tief kränkten; aber sie waren so gehalten, daß er nichts +dagegen thun konnte.</p> + +<p>Wäre Jakob nicht ganz verblendet gewesen, so würde er hier +innegehalten haben. Die Collegiaten waren im Ganzen genommen nicht +geneigt, den Widerstand noch weiter zu treiben. Sie waren der Meinung, +daß sie ihre Achtung vor ihren Statuten und Eiden hinreichend bewiesen +hätten, indem sie ihre Mitwirkung bei der Einsetzung eines Unberufenen +verweigerten, und daß sie sich ihm jetzt, da er im factischen Besitze +des Amtes war, als ihrem Oberhaupte unterwerfen könnten, ohne einen +Vorwurf auf sich zu laden, bis er durch den Ausspruch eines competenten +Gerichts entfernt wurde. Nur ein Collegiat, Doctor Fairfax, weigerte +sich, auch nur soweit nachzugeben. Die Commissare würden zu einer +solchen Verständigung gern die Hand geboten haben und einige Stunden +lang herrschte eine Waffenruhe, von der Viele glaubten, daß sie zu einem +gütlichen Vergleich führen werde. Aber bald war Alles wieder in +Aufregung. Die Collegiaten sahen, daß die öffentliche Meinung sie offen +der Kleinmüthigkeit beschuldigte; in der Stadt sprach man schon ironisch +von einem Magdalenengewissen und sagte, der tapfere Hough und der brave +Fairfax seien verrathen und verlassen worden. Noch ärgerlicher waren die +Spötteleien Obadja Walker’s und seiner Renegatensippschaft. Das also, +sagten diese Apostaten, sei das Ende von all den hochtrabenden Worten, +in denen die Gesellschaft ihren Entschluß erklärt habe, treu zu ihrem +rechtmäßigen Präsidenten und zu ihrem protestantischen Glauben zu +stehen! Während die Collegiaten, tief gekränkt durch den öffentlichen +Tadel, ihre bedingte Unterwerfung bereueten, erfuhren sie, daß diese den +König noch keineswegs +<span class = "pagenum">VIII.26</span> +<a name = "pageVIII_26" id = "pageVIII_26"> </a> +zufriedengestellt habe. Es sei nicht genug, sagte er, daß sie sich +erboten hätten, dem Bischof von Oxford als factischem Präsidenten zu +gehorchen; sie müßten auch die Commission und Alles was dieselbe gethan +habe, als gesetzlich anerkennen. Sie müßten eingestehen, daß sie +pflichtvergessen gehandelt hätten, müßten ihr Benehmen bereuen und +versprechen, daß sie sich in Zukunft besser betragen wollten, müßten +Seine Majestät um Verzeihung bitten und ihm zu Füßen fallen. Nur zwei +Collegiaten, Charnock und Smith, über welche der König nicht zu klagen +hatte, wurden von der Verpflichtung, diese erniedrigenden +Entschuldigungen zu machen, ausgenommen.</p> + +<p>Nie that Jakob einen thörichteren Fehlgriff. Die Collegiaten, schon +mit sich selbst unzufrieden, weil sie so weit nachgegeben hatten, und +durch den Tadel des Publikums gereizt, ergriffen eifrig die ihnen jetzt +gebotene Gelegenheit, die öffentliche Achtung wieder zu gewinnen. Sie +erklärten einstimmig, sie würden niemals deshalb, daß sie in ihrem +Rechte gewesen seien, um Verzeihung bitten, und eben so wenig +anerkennen, daß die Visitation ihres Collegiums und die Beraubung ihres +Präsidenten gesetzlich gewesen sei.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Vertreibung der Collegiaten.</span> +<a name = "secVIII_23" id = "secVIII_23">Jetzt</a> ließ sie der König +das angedrohte ganze Gewicht seiner Hand fühlen. Durch ein summarisches +Edict wurden sie zur Vertreibung verurtheilt. Diese Strafe wurde +indessen noch nicht für genügend erachtet. Man wußte, daß viele +Edelleute und Gentlemen, welche ein kirchliches Patronatrecht hatten, +sich bemühen würden, für Männer zu sorgen, welche für die Gesetze +Englands und für den protestantischen Glauben so viel gelitten. Deshalb +erklärte die Hohe Commission die Vertriebenen für unfähig, irgend ein +geistliches Amt wieder zu bekleiden, und Diejenigen, welche noch nicht +ordinirt waren, wurden für unfähig erklärt, die geistliche Ordination zu +empfangen. So hatte Jakob die Genugthuung, Viele von ihnen aus einer +Lage, in der sie alle möglichen Annehmlichkeiten des Lebens genossen und +die schönsten Aussichten auf zukünftige Anstellungen hatten, in +hoffnungslose Dürftigkeit zurückgeworfen zu haben.</p> + +<p>Aber all’ diese Strenge hatte gerade die entgegengesetzte Wirkung als +er erwartete. Der Geist der Engländer, dieser trotzige Geist, den kein +König aus dem Hause Stuart jemals durch Erfahrung erkennen lernte, +empörte sich heftig gegen die Ungerechtigkeit. Oxford, der friedliche +Sitz der Gelehrsamkeit und Loyalität, war in einem Zustande, ähnlich +dem, in welchem sich London am Morgen nach dem Versuche Karl’s I., +die fünf Parlamentsmitglieder festnehmen zu lassen, befunden hatte. Der +Vicekanzler war am Tage der Vertreibung von den Commissaren zu Tische +eingeladen worden. Er lehnte die Einladung ab. „Mein Geschmack,“ sagte +er, „ist verschieden von dem des Obersten Kirke; ich kann unter dem +Galgen nicht mit Appetit essen.“ Die Studenten weigerten sich, den neuen +Vorsteher des Magdalenen-Collegiums zu grüßen. Smith erhielt den +Spottnamen <span class = "antiqua">Dr.</span> Schuft und wurde in einem +Kaffeehause öffentlich insultirt. Als Charnock die Demies aufforderte, +in seiner Gegenwart ihre akademischen Übungen vorzunehmen, antworteten +sie ihm, daß sie ihrer rechtmäßigen Vorsteher beraubt seien und sich +keiner widerrechtlichen Autorität unterwerfen würden. Sie versammelten +sich zum Studiren wie zum Gottesdienst auf eigne Hand. Man versuchte es, +sie durch das Anerbieten der einträglichen Collegiaturen, welche eben +für erledigt erklärt +<span class = "pagenum">VIII.27</span> +<a name = "pageVIII_27" id = "pageVIII_27"> </a> +worden waren, zu verführen, aber ein Untergraduirter nach dem andren +antwortete mit männlichem Freimuth, daß sein Gewissen ihm nicht +gestatte, aus einem Unrecht für sich Nutzen zu ziehen. Ein Student, der +sich zur Annahme einer Collegiatur überreden ließ, wurde von seinen +Comiletonen aus dem Saale gestoßen. Es wurden junge Leute aus anderen +Collegien eingeladen, aber mit geringem Erfolg; die reichste Stiftung +des Landes schien selbst für arme Studenten alle Anziehungskraft +verloren zu haben. Inzwischen wurde in London und im ganzen Lande Geld +zur Unterstützung der vertriebenen Collegiaten gesammelt. Die Prinzessin +von Oranien zeichnete zur großen Freude aller Protestanten zweihundert +Pfund. Der König, beharrte nichtsdestoweniger bei dem eingeschlagenen +Verfahren. Auf die Vertreibung der Collegiaten folgte bald die +Ausstoßung einer Menge Demies. Währenddem nahmen die körperlichen und +geistigen Kräfte des neuen Präsidenten mehr und mehr ab. Er hatte zu der +Zeit, als sein Kollegium sich in offener Empörung gegen seine Autorität +befand, noch einen schwachen Versuch gemacht, der Regierung einen Dienst +zu leisten, indem er eine Vertheidigung der Indulgenzerklärung oder +vielmehr der Lehre von der Transsubstantiation erscheinen ließ. Diese +Schrift rief viele Entgegnungen hervor, namentlich eine von Burnet, die +mit außerordentlicher Kraft und Schärfe geschrieben war. Wenige Wochen +nach der Vertreibung der Demies starb Parker in dem Hause, von dem er +gewaltsam Besitz ergriffen hatte. Man sagte damals, Reue und Scham +hätten sein Ende beschleunigt. Er ruht in der schönen Vorkapelle des +Collegiums, aber kein Denkstein bezeichnet sein Grab.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Das Magdalenen-Collegium in ein papistisches Seminar verwandelt.</span> +<a name = "secVIII_24" id = "secVIII_24">Der</a> ganze Plan des Königs +wurde nun vollends ausgeführt: das Collegium wurde zu einem papistischen +Seminar umgestaltet. Bonaventura Giffard, der katholische Bischof von +Madura, ward Präsident. In der Kapelle wurde katholischer Gottesdienst +gehalten und an einem Tage zwölf Katholiken als Collegiaten aufgenommen. +Einige servile Protestanten bewarben sich um die Aufnahme, wurden aber +abschläglich beschieden. Smith, der loyal bis zur Begeisterung, aber +noch immer ein aufrichtiges Mitglied der anglikanischen Kirche war, +konnte das veränderte Aussehen des Hauses nicht ertragen. Er entfernte +sich, kam der Aufforderung zur Rückkehr in seine Wohnung nicht nach, und +wurde daher abgesetzt. So war das Beraubungswerk vollendet.<a class = +"tag" name = "tagVIII_22" id = "tagVIII_22" href = +"#noteVIII_22">22</a></p> + +<p>Das Universitätssystem Englands ist von der Art, daß jedes Ereigniß, +das die Interessen oder die Ehre irgend einer Universität berührt, im +ganzen Lande nothwendig einen starken Eindruck machen muß. Jeder neue +Schlag gegen das Magdalenen-Collegium wurde daher bis an die äußersten +Endpunkte des Königreichs gefühlt. In den londoner Kaffeehäusern, in den +juristischen Hochschulen, unter den Geistlichen aller Domkapitel, in +Pfarrwohnungen und Landschlössern selbst der entferntesten Grafschaften +war das Mitleid mit den Duldern und der Unwille gegen die Regierung +<span class = "pagenum">VIII.28</span> +<a name = "pageVIII_28" id = "pageVIII_28"> </a> +beständig im Zunehmen. Hough’s Protest fand überall Beifall, das +Aufsprengen seiner Thür wurde überall mit Abscheu erzählt und das über +die Collegiaten verhängte Beraubungs- und Vertreibungsurtheil zerriß +endlich die einst so engen und theuren Bande, welche die anglikanische +Kirche mit dem Hause Stuart verknüpften.</p> + +<p class = "footnote"> +<a name = "noteVIII_22" id = "noteVIII_22" href = "#tagVIII_22">22.</a> +Prozeßverfahren gegen das Magdalenen-Collegium zu Oxford wegen +Nichterwählung Anton Farmer’s zum Präsidenten, in der <span class = +"antiqua">Collection of State Trials</span>, Ausgabe von Howell; <span +class = "antiqua">Luttrell’s Diary, June 15., 17., Oct. 24., Dec. 10. +1687</span>; <span class = "antiqua">Smith’s Narrative</span>; Brief von +Doctor Richard Rawlinson vom 31. Oct. 1687; <span class = +"antiqua">Reresby’s Memoirs</span>; <span class = "antiqua">Burnet, I. +699</span>; <span class = "antiqua">Cartwright’s Diary</span>; Citters, +25. Oct. (4. Nov.), 28. Oct. (7. Nov.), 8.(18.) u. 18.(28.) Nov. +1687.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Groll der Geistlichkeit.</span> +<a name = "secVIII_25" id = "secVIII_25">Bitterer</a> Groll und schlimme +Befürchtungen traten an die Stelle der Liebe und des Vertrauens. Es gab +keinen Pfründner, keinen Rector und keinen Vikar, der nicht von der +Angst gequält worden wäre, daß er, so friedlich sein Character und so +unbedeutend seine Stelle sein mochte, vielleicht in wenigen Monaten +durch einen willkürlichen Machtspruch aus seinem Hause vertrieben werden +könne, um im zerrissenen Priesterrocke mit Frau und Kindern zu betteln, +während sein durch uralte Gesetze und durch das königliche Wort +gesichertes Eigenthum von einem Apostaten in Besitz genommen wurde. Das +war also der Lohn für die heldenmüthige Loyalität, die sich in allen +Wechselfällen fünfzig stürmischer Jahre nicht ein einziges Mal +verleugnet hatte! Deshalb also hatte die Geistlichkeit für Karl I. +Plünderung und Verfolgung ertragen, deshalb hatte sie Karl II. in +seinem harten Kampfe mit der whiggistischen Opposition unterstützt, +deshalb hatte sie in der vordersten Reihe gegen Diejenigen gestanden, +welche Jakob seines Geburtsrechtes berauben wollten! Ihrer Treue allein +verdankte ihr Unterdrücker die Macht, die er jetzt zu ihrem Verderben +anwendete. Lange genug hatten sie mit bitterem Schmerze die Leiden +aufgezählt, die sie von den Puritanern in den Tagen ihrer Macht hatten +erdulden müssen. Der Puritaner war indessen einigermaßen zu +entschuldigen. Er war ein erklärter Feind, er hatte sich für erlittenes +Unrecht zu rächen und selbst er war nicht ganz ohne Mitleid gewesen, als +er die Kirchenverfassung des Landes umgestaltete und Alle, die seinen +Covenant nicht unterschreiben wollten, absetzte. Er hatte denen, die er +ihrer Pfründen beraubte, wenigstens so viel davon gelassen, als sie zu +ihrem Lebensunterhalte nothwendig brauchten. Aber des Königs Haß gegen +die Kirche, die ihn vor der Verbannung bewahrt und auf den Thron erhoben +hatte, war nicht so leicht zu sättigen. Nur der völlige Ruin seiner +Opfer konnte ihn zufrieden stellen. Nicht genug, daß sie aus ihren +Wohnungen vertrieben und ihres Einkommens beraubt wurden, auch jede +andre Laufbahn, auf der Männer ihrer Art ihren Unterhalt suchen konnten, +war ihnen mit raffinirter Böswilligkeit verschlossen und es blieb ihnen +nichts Andres übrig, als die unsichere und beschämende Hülfsquelle der +öffentlichen Mildthätigkeit.</p> + +<p>Die anglikanische Geistlichkeit und diejenigen Laien, welche dem +protestantischen Episcopat mit Liebe zugethan waren, betrachteten daher +jetzt den König mit Gefühlen, wie sie eine durch Undank noch +verschlimmerte Ungerechtigkeit nothwendig, erregen muß. Indessen hatte +der Anglikaner noch immer viele Bedenken des Gewissens und der Ehre zu +überwinden, ehe er sich zum gewaltsamen Widerstande gegen die Regierung +entschließen konnte. Man hatte ihn gelehrt, daß das göttliche Gesetz +passiven Gehorsam ohne Bedingung oder Ausnahme vorschreibe. Diese +Ansicht hatte er laut und offen ausgesprochen und die Insinuation, daß +extreme Fälle eintreten könnten, welche dem Volke das Recht gäben, gegen +königliche Tyrannei das Schwert zu ziehen, mit Verachtung +zurückgewiesen. Sowohl Grundsatz als Scham hielten ihn demnach ab, das +Beispiel der rebellischen Rundköpfe nachzuahmen, so lange noch einige +Hoffnung auf friedliche und +<span class = "pagenum">VIII.29</span> +<a name = "pageVIII_29" id = "pageVIII_29"> </a> +gesetzmäßige Befreiung vorhanden war, und eine solche Hoffnung konnte +man vernünftigerweise wohl hegen, so lange die Prinzessin von Oranien +die nächste Thronerbin war. Wenn er diese Glaubensprüfung geduldig +überstand, so würden die Gesetze der Natur bald das für ihn thun, was er +ohne Sünde und Schande nicht selbst für sich thun konnte. Die +Bedrückungen der Kirche wurden dann abgestellt, ihr Eigenthum und ihre +Würde durch neue Bürgschaften gesichert und die schändlichen Minister, +die sie in Zeiten der Bedrängniß gekränkt und verhöhnt hatten, wurden +exemplarisch bestraft.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Pläne der jesuitischen Cabale in Bezug auf die Thronfolge.</span> +<a name = "secVIII_26" id = "secVIII_26">An</a> das Ereigniß, von dem +die anglikanische Kirche eine ehrenvolle und friedliche Erlösung von +ihren Leiden erwartete, konnten auch die sorglosesten Mitglieder der +jesuitischen Cabale nicht ohne quälende Besorgnisse denken. Wenn ihr +Gebieter starb, ohne ihnen eine größere Sicherheit gegen die +Strafgesetze zu hinterlassen als eine Indulgenzerklärung, welche die +ganze Nation einstimmig für null und nichtig erklärt hatte, wenn ein von +dem nämlichen Geiste, welcher in den Parlamenten Karl’s II. +vorgeherrscht, beseeltes Parlament sich um den Thron eines +protestantischen Landesoberhauptes versammelte, war dann nicht +vorauszusehen, daß eine furchtbare Vergeltung ausgeübt, daß die alten +Gesetze gegen den Papismus mit schonungsloser Strenge gehandhabt und daß +noch härtere neue Gesetze dem Gesetzbuche einverleibt werden würden? Von +diesen schlimmen Befürchtungen wurden die bösen Rathgeber der Krone +schon seit langer Zeit gequält, und einige von ihnen hatten sonderbare +und verzweifelte Schutzmittel ersonnen. Jakob hatte den Thron kaum +bestiegen, so begann man sich in Whitehall schon zuzuflüstern, daß, wenn +die Prinzessin Anna katholisch werden wollte, es mit Hülfe Ludwig’s +vielleicht nicht unmöglich sein würde, das Geburtsrecht ihrer älteren +Schwester auf sie zu übertragen. Bei der französischen Gesandtschaft +fand diese Idee großen Beifall und Bonrepaux war der Meinung, daß +Jakob’s Einwilligung nicht schwer zu erlangen sein werde.<a class = +"tag" name = "tagVIII_23" id = "tagVIII_23" href = "#noteVIII_23">23</a> +Bald jedoch zeigte es sich deutlich, daß Anna der Landeskirche +unerschütterlich treu war. Der Gedanke, sie zur Königin zu machen, wurde +daher wieder aufgegeben. Dessenungeachtet nährte ein kleines Häuflein +Fanatiker noch immer die kühne Hoffnung, daß es ihnen gelingen könne, +die Thronfolgeordnung zu ändern. Der Plan dieser Männer wurde in einem +Entwurfe dargelegt, von dem noch eine schlechte französische Übersetzung +vorhanden ist. Es sei zu hoffen, sagten sie, daß der König im Stande +sein werde, den wahren Glauben zu befestigen, ohne zu extremen Mitteln +zu greifen; im schlimmsten Fall aber könne er die Verfügung über seine +Krone Ludwig anheimstellen. Es sei für die Engländer immer noch besser, +wenn sie Vasallen Frankreichs wären, als Sklaven des Teufels.<a class = +"tag" name = "tagVIII_24" id = "tagVIII_24" href = "#noteVIII_24">24</a> +Dieses höchst merkwürdige +<span class = "pagenum">VIII.30</span> +<a name = "pageVIII_30" id = "pageVIII_30"> </a> +Actenstück ging unter den Jesuiten und Höflingen von Hand zu Hand, bis +endlich einige ausgezeichnete Katholiken, in denen die Bigotterie noch +nicht allen Patriotismus erstickt hatte, dem holländischen Gesandten +eine Abschrift anfertigten. Dieser zeigte den Aufsatz dem Könige, und +Jakob erklärte denselben für eine erbärmliche Fälschung, die von einem +holländischen Pamphletschmierer ersonnen sein müsse. Der holländische +Gesandte antwortete mit Entschiedenheit, daß er durch das Zeugniß +mehrerer ausgezeichneter Mitglieder der eigenen Kirche Seiner Majestät +das Gegentheil beweisen könne, ja daß es sogar nicht schwer sein werde, +den Verfasser ausfindig zu machen, welcher im Grunde nur das +niedergeschrieben habe, wovon viele Priester und geschäftige Politiker +täglich in den Gallerien des Palastes sprächen. Der König hielt es nicht +für rathsam, nach dem Verfasser zu forschen, nahm den Vorwurf der +Fälschung zurück und versicherte mit großer Heftigkeit und +Feierlichkeit, daß es ihm nie in den Sinn gekommen sei, seine älteste +Tochter zu enterben. „Niemand,“ sagte er, „hat es je gewagt, eine solche +Idee gegen mich zu äußern, und ich würde auch nie darauf hören. Gott +befiehlt uns nicht, die wahre Religion durch Ungerechtigkeit zu +verbreiten, und dies würde die empörendste, widernatürlichste +Ungerechtigkeit sein“.<a class = "tag" name = "tagVIII_25" id = +"tagVIII_25" href = "#noteVIII_25">25</a> Trotz aller dieser +Betheuerungen meldete Barillon wenige Tage später seinem Hofe, daß Jakob +angefangen habe, auf Einflüsterungen in Betreff einer Änderung der +Thronfolgeordnung zu hören, daß die Sache zwar sehr kitzlich sei, daß +man aber gegründete Hoffnung habe, mit der Zeit und durch vorsichtiges +Verfahren einen Weg zu finden, um die Krone mit Ausschließung der beiden +Prinzessinnen auf ein römisch-katholisches Haupt zu bringen.<a class = +"tag" name = "tagVIII_26" id = "tagVIII_26" href = "#noteVIII_26">26</a> +Dieser Plan wurde noch viele Monate von den heftigsten und +überspanntesten Papisten am Hofe besprochen, und es wurden wirklich +Candidaten für den Königsthron genannt.<a class = "tag" name = +"tagVIII_27" id = "tagVIII_27" href = "#noteVIII_27">27</a></p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVIII_23" id = "noteVIII_23" href = +"#tagVIII_23">23.</a> +<span class = "antiqua">„Quand on connoit le dedans de cette cour aussi +intimement que je la connois, on peut croire que Sa Majesté Britannique +donnera volontiers dans ces sortes de projets.“</span> Bonrepaux an +Seignelay, 18.(28.) März 1686.</p> + +<p><a name = "noteVIII_24" id = "noteVIII_24" href = +"#tagVIII_24">24.</a> +<span class = "antiqua">„Que, quand pour établir la religion Catholique +et pour la confirmer icy, il</span> (Jakob) <span class = +"antiqua">devroit se rendre en quelque façon dépendant de la France, et +mettre la décision de la succession à la couronne entre les mains de ce +monarque là, qu’il seroit obligé de le faire, parcequ’il vaudroit mieux +pour ses sujets qu’ils devinssent vassaux du Roy de France, étant +Catholiques, que de demeurer comme esclaves du Diable.“</span> — +Dieses Schriftstück befindet sich sowohl im französischen als auch im +holländischen Archive.</p> + +<p><a name = "noteVIII_25" id = "noteVIII_25" href = +"#tagVIII_25">25.</a> +Citters, 6.(16.) u. 17.(27.) Aug.; Barillon, 19.(29.) Aug.</p> + +<p><a name = "noteVIII_26" id = "noteVIII_26" href = +"#tagVIII_26">26.</a> +Barillon, 13.(23.) Sept. 1686. <span class = "antiqua">„La succession +est une matière fort délicate à traiter. Je sais pourtant qu’on en parle +au Roy d’Angleterre et qu’on ne désespère pas avec le temps de trouver +des moyens pour faire passer la couronne sur la tête d’un héritier +Catholique.“</span></p> + +<p><a name = "noteVIII_27" id = "noteVIII_27" href = +"#tagVIII_27">27.</a> +Bonrepaux, 11.(21.) Juli 1687.</p> +</div> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Jakob’s und Tyrconnel’s Plan, die Prinzessin von Oranien von der +Erbfolge im Königreich Irland auszuschließen.</span> +<a name = "secVIII_27" id = "secVIII_27">Es</a> ist jedoch nicht +wahrscheinlich, daß Jakob jemals einen so unsinnigen Schritt zu thun +beabsichtigte. Er mußte wissen, daß England nicht einen einzigen Tag das +Joch eines Usurpators ertragen hätte, der noch obendrein Papist war, und +daß sowohl Diejenigen, welche die Ausschließungsbill unterstützt, als +auch Die, welche sich ihr widersetzt hatten, jeden Versuch, die +Prinzessin Marie bei Seite zu schieben, auf Leben und Tod bekämpft haben +würden. Dagegen unterliegt es keinem Zweifel, daß der König bei einem +minder unsinnigen, aber eben so unverantwortlichen Anschlage auf die +Rechte seiner Kinder die Hand im Spiele hatte. Tyrconnel hatte im +Einverständniß mit seinem Gebieter Anstalten getroffen, um Irland von +dem Königreiche zu trennen und es unter Ludwig’s Protection zu stellen, +sobald die Krone einem protestantischen Oberhaupte zufallen würde. +Bonrepaux war zu Rathe gezogen worden, hatte seinem Hofe den Plan +mitgetheilt und die Weisung erhalten, Tyrconnel +<span class = "pagenum">VIII.31</span> +<a name = "pageVIII_31" id = "pageVIII_31"> </a> +zu versichern, daß Frankreich zur Ausführung dieser großartigen Idee +kräftigen Beistand leisten werde.<a class = "tag" name = "tagVIII_28" id += "tagVIII_28" href = "#noteVIII_28">28</a> Diese Unterhandlungen, +welche im Haag vielleicht nicht in ihrem ganzen Umfange genau bekannt +waren, aber doch stark vermuthet wurden, dürfen nicht außer Acht +gelassen werden, wenn man sich ein richtiges Urtheil über das Verfahren +bilden will, das die Prinzessin von Oranien wenige Monate später +einschlug. Wer sie einer Verletzung der Kindespflicht beschuldigt, muß +zugeben, daß ihr Fehler durch das ihr zugefügte Unrecht wenigstens sehr +gemildert wird. Wenn sie im Interesse ihres Glaubens die heiligsten +Bande der Blutsverwandtschaft zerriß, so folgte sie nur dem Beispiele +ihres Vaters. Sie lieh erst dann die Hand zu seiner Absetzung, als er +einen Anschlag zu ihrer Enterbung geschmiedet hatte.</p> + +<p class = "footnote"> +<a name = "noteVIII_28" id = "noteVIII_28" href = "#tagVIII_28">28.</a> +Bonrepaux an Seignelay, 25. Aug. (4. Sept.) 1687. Ich will eine Stelle +aus dieser wichtigen Depesche hier anführen. <span class = "antiqua">„Je +sçay bien certainement que l’intention du Roy d’Angleterre est de faire +perdre ce royaume</span> (Irland) <span class = "antiqua">à son +successeur, et de le fortifier en sorte que tous ses sujets Catholiques +y puissent avoir un asile assuré. Son projet est de mettre les choses en +cet estat dans le cours de cinq années.“</span> — In den <span +class = "antiqua">Secret Consults of the Romish Party in Ireland, +1690</span>, findet sich eine Stelle, aus welcher hervorgeht, daß diese +Unterhandlung nicht streng geheim gehalten wurde. „Obgleich der König es +selbst vor seinen Räthen verschwieg, so ist es doch gewiß, daß er dem +französischen König die Verfügung über jene Regierung und jenes +Königreich versprochen hat, sobald die Dinge so weit gediehen sein +würden, daß es sich thun ließe.“</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Schwangerschaft der Königin.</span> +<a name = "secVIII_28" id = "secVIII_28">Bonrepaux</a> war kaum davon +benachrichtigt, daß Ludwig beschlossen habe, Tyrconnel’s Vorhaben zu +unterstützen, so wurde jeder Gedanke an diesen Plan wieder aufgegeben. +Jakob erblickte den ersten Schimmer einer Hoffnung, die ihn mit Stolz +und Entzücken erfüllte: die Königin war schwanger.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Allgemeiner Zweifel.</span> +<a name = "secVIII_29" id = "secVIII_29">Gegen</a> Ende October 1687 +begann sich die große Neuigkeit gerüchtweise zu verbreiten. Man hatte +bemerkt, daß Ihre Majestät sich unter dem Vorwande der Unpäßlichkeit von +mehreren öffentlichen Feierlichkeiten fern gehalten. Es hieß, daß ihr +eine Menge Reliquien, denen man eine außerordentliche Wirkung zuschrieb, +umgehängt worden seien. Die Geschichte fand bald ihren Weg aus dem +Palaste in die Kaffeehäuser und verbreitete sich rasch durch das ganze +Land. Nur sehr Wenige begrüßten das Gerücht mit Freuden, der bei weitem +größte Theil der Nation vernahm es mit einem Gemisch von Zweifel und +Besorgniß. Die Sache war jedoch keineswegs so unglaublich. Der König +hatte eben erst sein vierundfünfzigstes Jahr vollendet und die Königin +stand im Sommer ihres Lebens. Sie hatte vier Kinder geboren, welche jung +starben, und lange nachher wurde sie von einem fünften entbunden, das +Niemand ein Interesse hatte als untergeschoben zu betrachten und das +daher auch nie für ein solches erklärt wurde. Da indessen seit dieser +letzten Schwangerschaft fünf Jahre verstrichen waren, so hatte das Volk +unter dem Einflusse der Täuschung, welche die Menschen so leicht +verleitet, das zu glauben was sie wünschen, jede Besorgniß, daß sie noch +einen Thronerben zur Welt bringen werde, aufgegeben. Auf der andren +Seite schien nichts natürlicher und wahrscheinlicher, als daß die +Jesuiten einen frommen Betrug ersonnen haben könnten. Es unterlag keinem +Zweifel, daß sie die Thronbesteigung der Prinzessin von Oranien als +einen der härtesten Schläge betrachten mußten, der ihre Kirche treffen +konnte. Eben +<span class = "pagenum">VIII.32</span> +<a name = "pageVIII_32" id = "pageVIII_32"> </a> +so gewiß war es, daß sie nicht sehr gewissenhaft in der Wahl der Mittel +sein würden, mit deren Hülfe sie ein so großes Unglück von ihrer Kirche +abwenden konnten. In Werken von ausgezeichneten Mitgliedern ihrer +Gesellschaft, welche von ihren Oberen sanctionirt waren, war es deutlich +ausgesprochen, daß selbst Mittel, welche allen Begriffen von +Gerechtigkeit und Humanität noch viel ärger Hohn sprachen, als die +Einschmuggelung eines unächten Erben in eine Familie, mit Fug und Recht +zu minder wichtigen Zwecken angewendet werden dürften, als die Bekehrung +eines ketzerischen Königreichs war. Es war ruchbar geworden, daß einige +Räthe des Königs und sogar der König selbst Pläne geschmiedet hätten, um +die Prinzessin Marie ganz oder theilweis um ihr rechtmäßiges Erbe zu +betrügen. Es bemächtigte sich der öffentlichen Meinung ein Verdacht, der +zwar nicht wohl begründet, aber keineswegs so abgeschmackt war, als man +gewöhnlich glaubt, und die Unbesonnenheit einiger Katholiken bestärkte +das allgemeine Vorurtheil. Sie sprachen von dem glücklichen Ereignisse +wie von etwas Außerordentlichem und Wunderbaren, wie von einem Zeichen +derselben göttlichen Allmacht, welche Sara durch Isaak stolz und +glücklich machte und die Gebete Hanna’s mit Samuel belohnte. Marien’s +Mütter, die Herzogin von Modena, war unlängst gestorben. Kurz vor ihrem +Tode sollte sie mit inbrünstigen Gebeten und reichen Opfergaben die +heilige Jungfrau von Loretto angefleht haben, daß sie Jakob einen Sohn +schenken möge. Der König selbst hatte im vergangenen August auf seiner +Reise einen Abstecher nach der sogenannten heiligen Quelle gemacht und +dort die heilige Winifreda gebeten, daß sie ihm das Geschenk verschaffen +möge, ohne welches seine großen Pläne zur Verbreitung des wahren +Glaubens nur unvollkommen ausgeführt werden könnten. Die unbesonnenen +Zeloten, die auf solche Geschichten ein großes Gewicht legten, +prophezeiten mit Zuversicht, daß das ungeborne Kind ein Knabe sein werde +und boten darauf eine Wette von zwanzig Guineen gegen eine an. Sie +meinten, der Himmel werde sich nicht in’s Mittel gelegt haben, wenn er +nicht einen großen Zweck dabei hätte. Ein Fanatiker verkündete sogar, +die Königin werde Zwillinge gebären, von denen der ältere König von +England, der jüngere Papst werden würde. Marie konnte das Vergnügen, mit +dem sie diese Prophezeiungen anhörte, nicht verbergen, und ihre Hofdamen +sahen, daß sie sich nicht besser bei ihr insinuiren könnten, als wenn +sie davon sprachen. Die Katholiken würden klüger gethan haben, wenn sie +von der Schwangerschaft als von einem ganz natürlichen Ereignisse +gesprochen und ihr unverhofftes Glück mit mehr Mäßigung getragen hätten. +Ihr übermüthiger Triumph erregte nur den Unwillen des Volks und ihre +Prophezeiungen bestärkten es in seinem Verdacht. Von dem Prinzen und der +Prinzessin von Dänemark herab bis zu den Lastträgern und Waschweibern +erwähnte Niemand die verheißene Geburt ohne ein höhnisches Lächeln. Die +londoner Spottvögel beschrieben das neue Wunder in Reimen, die, wie man +leicht denken kann, nicht eben die zartesten waren. Die ungeschliffenen +Landsquires brachen in ein schallendes Gelächter aus, wenn sie mit +Jemandem zusammentrafen, der so einfältig war zu glauben, daß die +Königin wirklich noch einmal Mutter werden würde. Es erschien eine +königliche Verordnung, welche der Geistlichkeit befahl, ein von Crewe +und Sprat für dieses freudige Ereigniß besonders verfaßtes Bitt- und +Dankgebet zu verlesen. Die Geistlichen gehorchten, aber man bemerkte, +daß die Gemeinden nicht respondirten und kein Zeichen von +<span class = "pagenum">VIII.33</span> +<a name = "pageVIII_33" id = "pageVIII_33"> </a> +Ehrerbietung äußerten. Bald circulirte in allen Kaffeehäusern ein rohes +Spottgedicht auf die höfischen Prälaten, deren Feder sich der König +bedient hatte. Mutter East (Ost) war darin ebenfalls reichlich mit +Schmähungen bedacht. Zu diesem einheimischen einsilbigen Wörtchen hatten +unsere Vorfahren den Namen des großen Hauses Este, welches in Modena +regierte, verstümmelt.<a class = "tag" name = "tagVIII_29" id = +"tagVIII_29" href = "#noteVIII_29">29</a></p> + +<p>Die neue Hoffnung, welche den Muth des Königs so sehr hob, war +indessen mit mancherlei Besorgnissen vermischt. Es bedurfte noch etwas +mehr als die Geburt eines Prinzen von Wales zum Gelingen der von der +Jesuitenpartei entworfenen Pläne. Es war nicht anzunehmen, daß Jakob so +lange lebte, bis sein Sohn das zur Ausübung der königlichen Functionen +erforderliche Alter erreicht hatte. Das Gesetz hatte den Fall eines +minderjährigen Thronerben nicht vorgesehen, und der regierende +Landesherr war nicht berechtigt, für diesen Fall eine testamentarische +Verfügung zu treffen. Die gesetzgebende Versammlung allein konnte die +Lücke ausfüllen. Starb Jakob, bevor Letzteres geschehen war, und +hinterließ er einen Nachfolger von zarter Jugend, so mußte die höchste +Gewalt unfehlbar protestantischen Händen zufallen. Selbst diejenigen +Tories, welche am festesten an dem Grundsatze hingen, daß nichts sie zum +Widerstande gegen ihren Lehnsherrn berechtigen könne, würden gewiß kein +Bedenken getragen haben, das Schwert gegen ein papistisches Weib zu +ziehen, die es gewagt hätte, sich die Vormundschaft über das Reich und +über den jugendlichen Souverain anzumaßen. Der Ausgang eines Kampfes +konnte kaum zweifelhaft sein. Der Prinz von Oranien oder seine Gemahlin +wurde Regent und der junge König kam in die Hände ketzerischer Lehrer, +deren Kunstgriffe die Eindrücke, welche sein Gemüth in der Kinderstube +empfangen hatte, jedenfalls bald verwischten. Er konnte ein zweiter +Eduard VI. werden und der durch die Fürsprache der Mutter Gottes +und der heiligen Winifreda erlangte Segen konnte sich in Fluch +verwandeln.<a class = "tag" name = "tagVIII_30" id = "tagVIII_30" href = +"#noteVIII_30">30</a> Gegen eine solche Gefahr konnte nur eine +Parlamentsacte schützen, und eine solche Acte war nicht leicht zu +erlangen.</p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVIII_29" id = "noteVIII_29" href = +"#tagVIII_29">29.</a> +Citters, 28. Oct. (7. Nov.), 22. Nov. (2. Dec.) 1687; die Prinzessin +Anna an die Prinzessin von Oranien, 14. u. 20. März 1687/8; Barillon, +1.(11.) Dec. 1687; <span class = "antiqua">Revolution Politics</span>; +das Gedicht: <span class = "antiqua">„Two Toms and a Nat“</span>; +Johnstone, 4. April 1688; <span class = "antiqua">Secret Consults of the +Romish Party in Ireland, 1690</span>.</p> + +<p><a name = "noteVIII_30" id = "noteVIII_30" href = +"#tagVIII_30">30.</a> +Die Besorgnisse des Königs über diesen Punkt werden von Ronquillo in +einer Depesche vom 12.(22.) Dec. 1688 mit starken Farben geschildert: +<span class = "antiqua">„Un Principe de Vales y un Dogue de York y otro +di Lochaosterna</span> (vermuthlich Lancaster), <span class = +"antiqua">no bastan, a reducir la gente; porque el Rey tiene 54 años, y +vendrá á morir, dejando los hijos pequeños, y que entonces el reyno se +apoderará dellos, y los nombrará tutor, y los educará en la religion +protestante, contra la disposicion que dejare el Rey, y la autoridad de +la Reyna.“</span></p> +</div> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Stimmung der Wahlkörper und der Peers.</span> +<a name = "secVIII_30" id = "secVIII_30">Es</a> schien Alles anzudeuten, +daß, wenn die Häuser einberufen werden sollten, sie von dem Geiste von +1640 beseelt nach Westminster kommen würden. Das Resultat der +Grafschaftswahlen konnte kaum zweifelhaft sein. Die ganze Masse der +Grundeigenthümer, hohe und niedere, geistlichen und weltlichen Standes, +waren gegen die Regierung heftig aufgebracht. In der großen Mehrzahl +derjenigen Städte, wo das Stimmrecht von der Entrichtung örtlicher +Steuern oder von dem Besitze eines Grundstücks abhängig war, hätte sich +kein höfisch gesinnter Kandidat blicken lassen dürfen. Ein sehr +<span class = "pagenum">VIII.34</span> +<a name = "pageVIII_34" id = "pageVIII_34"> </a> +großer Theil des Unterhauses wurde von Mitgliedern von +Municipalcorporationen gewählt. Diese Corporationen waren unlängst +reorganisirt worden, um den Einfluß der Whigs und der Dissenters zu +zerstören, mehr als hundert Wahlkörper waren durch der Krone ergebene +Gerichtshöfe ihrer Freibriefe beraubt oder doch veranlaßt worden, einer +gewaltsamen Entziehung ihrer Privilegien durch freiwilliges Aufgeben +derselben zuvorzukommen. Jeder Mayor, jeder Alderman, jeder +Stadtschreiber von Berwick bis Helstone war Tory und Anglikaner; aber +Tories und Anglikaner waren jetzt dem Souverain nicht mehr ergeben. Die +neuen Municipalbehörden waren noch unlenksamer als die früheren je +gewesen waren, und sie wählten ohne allen Zweifel solche Abgeordnete, +deren erster parlamentarischer Act eine Anklage gegen alle papistischen +Geheimräthe und gegen alle Mitglieder der Hohen Commission war.</p> + +<p>Bei den Lords waren die Aussichten fast eben so trübe als bei den +Gemeinen. Es unterlag keinem Zweifel, daß die große Mehrzahl der +weltlichen Peers gegen die Maßregeln des Königs sein würden, und auf der +Bischofsbank, welche ihn vor sieben Jahren einstimmig gegen Diejenigen +unterstützt hatte, die ihn seines Geburtsrechtes berauben wollten, +konnte er nur auf den Beistand von vier oder fünf servilen Schmeichlern +rechnen, die von ihren Berufsgenossen wie von der ganzen Nation +verachtet wurden.<a class = "tag" name = "tagVIII_31" id = "tagVIII_31" +href = "#noteVIII_31">31</a></p> + +<p>Jedem, den die Leidenschaft nicht gänzlich verblendete, mußten diese +Hindernisse unübersteiglich erscheinen. Die gewissenlosesten Sklaven der +Gewalt ließen Zeichen von Besorgniß laut werden. Dryden äußerte, der +König werde durch seinen Versuch, die Sache besser zu machen, sie nur +verschlimmern, und er sehnte sich zurück nach den goldenen Tagen des +sorglosen und gutmüthigen Karl.<a class = "tag" name = "tagVIII_32" id = +"tagVIII_32" href = "#noteVIII_32">32</a> Selbst Jeffreys wurde +schwankend. So lange er arm war, war er stets bereit gewesen, um des +Gewinns willen dem bösen Leumunde und dem öffentlichen Hasse zu trotzen; +aber er hatte sich jetzt durch Bestechlichkeit und Erpressungen große +Reichthümer erworben, und es lag ihm mehr daran, sich den Besitz +derselben zu sichern, als sie noch zu vermehren. Seine Lauheit zog ihm +einen strengen Verweis aus königlichem Munde zu. Aus Furcht, das große +Siegel zu verlieren, versprach er Alles was von ihm verlangt wurde; +Barillon aber bemerkte in seinem hierauf bezüglichen Berichte an Ludwig, +daß der König von England sich selbst auf Diejenigen, die etwas zu +verlieren hätten, nicht mehr verlassen könne.<a class = "tag" name = +"tagVIII_33" id = "tagVIII_33" href = "#noteVIII_33">33</a></p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVIII_31" id = "noteVIII_31" href = +"#tagVIII_31">31.</a> +Drei damals entworfene Stimmlisten sind noch vorhanden; eine befindet +sich in den französischen Archiven, die beiden anderen in den Archiven +der Familie Portland. In diese Listen sind die Peers unter drei Rubriken +eingetragen: Für Aufhebung des Testes, gegen die Aufhebung, und +zweifelhaft. Nach der einen Liste waren 31 für, 86 gegen und 20 +zweifelhaft; nach der zweiten 33 für, 87 gegen und 19 zweifelhaft; nach +der dritten 35 für, 92 gegen und 10 zweifelhaft. Abschriften der drei +Listen befinden sich unter den Mackintosh-Manuscripten.</p> + +<p><a name = "noteVIII_32" id = "noteVIII_32" href = +"#tagVIII_32">32.</a> +Im Britischen Museum befindet sich ein Brief von Dryden an Etherege vom +Februar 1688. Ich entsinne mich nicht, ihn gedruckt gesehen zu haben. +„Ach,“ sagt Dryden, „möchte doch unser König durch sein eignes Beispiel +zu edler Muße aufmuntern, wie sein Vorgänger hochseligen Andenkens es +that. Mich dünkt er wird mit all’ seinem Geschäftseifer die +Angelegenheiten nicht fördern.“</p> + +<p class = "footnote"> +<a name = "noteVIII_33" id = "noteVIII_33" href = "#tagVIII_33">33.</a> +Barillon, 29. Aug. (8. Sept.) 1687.</p> +</div> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Jakob beschließt, ein bestochenes Parlament zusammenzusetzen.</span> +<a name = "secVIII_31" id = "secVIII_31">Trotz</a> alledem beschloß +Jakob, seinen Weg beharrlich zu verfolgen. +<span class = "pagenum">VIII.35</span> +<a name = "pageVIII_35" id = "pageVIII_35"> </a> +Die Zustimmung eines freien und gesetzlichen Parlaments zu erlangen, war +offenbar unmöglich; aber nicht ganz unmöglich war es, durch Bestechung, +Einschüchterung, gewaltthätige Anwendung der Prärogative und +betrügerische Rechtsverdrehungen eine Versammlung zu Stande zu bringen, +die sich ein Parlament nennen konnte und bereit war, jeden Befehl des +Souverains als Gesetz zu registriren. Es mußten Wahlbeamte ernannt +werden, die den geringsten Vorwand benutzten, um Freunde des Königs für +rechtsgültig gewählt zu erklären. Jedem Angestellten, von den höchsten +bis zu den niedrigsten, mußte zu verstehen gegeben werden, daß, wenn er +sein Amt behalten wolle, er diesmal den Thron durch seine Stimme und +seinen Einfluß unterstützen müsse. Zu gleicher Zeit mußte die Hohe +Commission ein scharfes Auge auf die Geistlichkeit haben. Die Wahlorte, +welche erst kürzlich reorganisirt worden waren, um dem einen Zwecke zu +dienen, konnten noch einmal umgestaltet werden, um einem andren zu +dienen. Auf diese Weise hoffte der König im Hause der Gemeinen eine +Majorität zu erlangen. Das Oberhaus war dann ganz in seiner Gewalt, denn +er hatte das unbestrittene gesetzliche Recht, Peers nach seinem +Gutdünken zu ernennen, und er war fest entschlossen, von diesem Rechte +Gebrauch zu machen. Er wünschte zwar nicht, was auch kein Souverain +wünschen kann, die höchste Ehrenbezeigung, welche die Krone zu verleihen +vermag, werthlos zu machen; aber er schmeichelte sich mit der Hoffnung, +daß es ihm durch Einberufung einiger nächster Erben in die Versammlung, +in der sie doch früher oder später einmal ihren Sitz einnehmen mußten, +und durch Verleihung englischer Adelstitel an schottische und irische +Lords gelingen werde, sich eine Majorität zu sichern; ohne so viele +Leute in den Adelsstand erheben zu müssen, daß dadurch die Adelskrone +und der Hermelin an Ansehen verloren. Indessen hatte er sich +vorgenommen, im Nothfall auch zu den äußersten Mitteln zu greifen. Als +in einer zahlreichen Gesellschaft einmal die Meinung ausgesprochen +wurde, daß sich die Peers unfügsam zeigen würden, sagte Sunderland zu +Churchill: „Wie einfältig! Ihre Garde wird vor dem Hause der Lords +stehen.“<a class = "tag" name = "tagVIII_34" id = "tagVIII_34" href = +"#noteVIII_34">34</a></p> + +<p>Nachdem Jakob beschlossen hatte, ein corrumpirtes Parlament +zusammenzubringen, ging er energisch und planmäßig an die Ausführung. Es +erschien in der Gazette eine Proklamation, welche ankündigte, daß der +König sich entschlossen habe, die Bestallungen der Friedensrichter und +der Grafschaftsstatthalter einer Revision zu unterwerfen und daß nur +diejenigen Gentlemen im Staatsdienste bleiben sollten, welche geneigt +waren, seine Politik zu unterstützen<a class = "tag" name = "tagVIII_35" +id = "tagVIII_35" href = "#noteVIII_35">35</a>. Ein Ausschuß von sieben +Geheimräthen saß in Whitehall, um, wie man sich ausdrückte, die +Municipalkörperschaften zu reguliren. In diesem Ausschusse vertrat +Jeffreys allein das protestantische, Powis das gemäßigte katholische +Interesse. Alle anderen Mitglieder gehörten der jesuitischen Faction an. +Unter ihnen befand sich auch Petre, der in den Geheimen Rath vereidigt +worden war. Seine Ernennung war bis zum factischen Antritt dieser +Function vor Jedermann, mit alleiniger Ausnahme Sunderland’s, sorgfältig +geheim gehalten worden. Der öffentliche Unwille über diese abermalige +Verletzung des Gesetzes +<span class = "pagenum">VIII.36</span> +<a name = "pageVIII_36" id = "pageVIII_36"> </a> +äußerte sich laut, und man bemerkte, daß die Katholiken sie noch +rücksichtsloser tadelten als die Protestanten. Der eitle und ehrgeizige +Jesuit war jetzt beauftragt, die Hälfte der Wahlkörper des Reichs +aufzulösen und neu zu organisiren.</p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVIII_34" id = "noteVIII_34" href = +"#tagVIII_34">34.</a> +Lord Bradford, welcher anwesend war, erzählte dies Dartmouth; Note zu +Burnet <ins class = "correction" title = "Original hat ,">I.</ins> +755.</p> + +<p><a name = "noteVIII_35" id = "noteVIII_35" href = +"#tagVIII_35">35.</a> +<span class = "antiqua">London Gazette, Dec. 12, 1687</span>.</p> +</div> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Die Regulatoren.</span> +<a name = "secVIII_32" id = "secVIII_32">Unter</a> der Oberleitung des +Ausschusses der Geheimräthe stand ein aus thätigen Agenten +untergeordneten Ranges gebildeter Unterausschuß, der die Einzelheiten +des Geschäfts zu besorgen hatte, und im ganzen Lande waren örtliche +Ausschüsse von Regulatoren errichtet, welche mit dem Centralcomité in +Westminster correspondirten.<a class = "tag" name = "tagVIII_36" id = +"tagVIII_36" href = "#noteVIII_36">36</a></p> + +<p>Die Personen, auf deren Unterstützung Jakob bei diesem neuen und +schwierigen Unternehmen hauptsächlich rechnete, waren die +Lordlieutenants. Sie erhielten sämmtlich den schriftlichen Befehl, sich +unverweilt in ihre respectiven Grafschaften zu begeben. Dort sollten sie +alle ihre Stellvertreter und Friedensrichter vor sich laden und ihnen +eine Reihe Fragen vorlegen, um zu erfahren, wie sie sich bei einer +allgemeinen Wahl verhalten würden. Die Antworten sollten sie +niederschreiben und der Regierung einsenden. Ferner sollten sie ein +Verzeichniß derjenigen Katholiken und protestantischen Dissenters +anfertigen, welche für die Richterbank und für die Commandos in der +Miliz am geeignetsten erschienen. Auch sollten sie die Stimmung aller +Wahlorte der Grafschaft untersuchen und Berichte darüber einsenden, +welche den Regulatoren bei ihrer Arbeit als Leitfaden dienen konnten. +Schließlich war ihnen bedeutet, daß sie alle diese Pflichten in Person +zu vollziehen hätten und keine Stellvertreter mit der Ausführung +beauftragen dürften.<a class = "tag" name = "tagVIII_37" id = +"tagVIII_37" href = "#noteVIII_37">37</a></p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVIII_36" id = "noteVIII_36" href = +"#tagVIII_36">36.</a> +Bonrepaux an Seignelay, 14.(24.) Nov.; Citters, 15.(25.) Nov.; <span +class = "antiqua">Lords’ Journals, Dec. 20. 1689</span>.</p> + +<p><a name = "noteVIII_37" id = "noteVIII_37" href = +"#tagVIII_37">37.</a> +Citters, 28. Oct. (7. Nov.) 1687.</p> +</div> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Entlassung vieler Lordlieutenants.</span> +<a name = "secVIII_33" id = "secVIII_33">Der</a> erste Eindruck, den +diese Befehle machten, würde einen weniger verblendeten Fürsten als +Jakob sofort zur Besinnung gebracht haben. Die Hälfte der +Lordlieutenants von England verweigerten auf das Bestimmteste den +gehässigen Dienst, den man von ihnen verlangte. Sie wurden auf der +Stelle entlassen. Alle, welche diese ihnen zum Ruhme gereichende Ungnade +traf, waren hochangesehene Peers, welche bisher als feste Stützen der +Monarchie gegolten hatten. Einige Namen der Liste verdienen besondere +Erwähnung.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Der Earl von Oxford.</span> +<a name = "secVIII_34" id = "secVIII_34">Der</a> vornehmste Unterthan +von England und, wie die Engländer gern sagten, von ganz Europa, war +Aubray de Vere, der zwanzigste und letzte der alten Earls von Oxford. +Sein Adelstitel schrieb sich durch eine ununterbrochene Reihenfolge +männlicher Ahnen aus einer Zeit her, wo die Familien Howard und Seymour +noch unbekannt waren, wo die Nevilles und die Percy erst eine +provinzielle Berühmtheit hatten und wo selbst der große Name Plantagenet +in England noch nicht gehört worden war. Ein Oberhaupt des Hauses de +Vere hatte bei Hastings ein hohes Commando bekleidet, ein Andrer war mit +Gottfried und Tancred über Haufen erschlagener Moslems nach dem Grabe +Jesu Christi gezogen. Der erste Earl von Oxford war Minister Heinrich +Beauclerc’s gewesen; der dritte hatte sich unter den Lords +ausgezeichnet, welche von Johann die Magna Charta erpreßten; der +siebente hatte bei Cressy und Poitiers tapfer gefochten; der dreizehnte +war unter +<span class = "pagenum">VIII.37</span> +<a name = "pageVIII_37" id = "pageVIII_37"> </a> +vielen Glückswechseln das Oberhaupt der Partei der Rothen Rose gewesen +und hatte in der entscheidenden Schlacht von Bosworth die Vorhut +angeführt; der siebzehnte hatte am Hofe der Königin Elisabeth geglänzt +und sich einen ehrenvollen Platz unter den älteren Meistern der +englischen Dichtkunst erworben; der neunzehnte war im Kampfe für den +protestantischen Glauben und für die Freiheit Europa’s unter den Mauern +von Mastricht gefallen. Sein Sohn Aubray, mit welchem der älteste und +erlauchteste Adelsstamm, den England je gesehen, erlosch, ein Mann von +lockeren Sitten, aber von harmlosem Charakter und artigen Manieren, war +Lordlieutenant von Essex und Oberst der Blauen. Er war von Natur nicht +widersetzlich und es lag in seinem Interesse, einen Bruch mit dem Hofe +zu vermeiden, denn seine Güter waren mit Schulden belastet und sein +Commando ein sehr einträgliches. Er wurde in das königliche Kabinet +beschieden und eine bündige Erklärung über seine Gesinnungen von ihm +verlangt. „Sire,“ antwortete Oxford, „ich werde bis zum letzten +Blutstropfen gegen alle Feinde zu Eurer Majestät stehen; aber dies ist +eine Gewissenssache, in der ich Ihnen nicht willfahren kann.“ Er wurde +augenblicklich seiner Statthalterschaft und seines Commando’s +entsetzt.<a class = "tag" name = "tagVIII_38" id = "tagVIII_38" href = +"#noteVIII_38">38</a></p> + +<p class = "footnote"> +<a name = "noteVIII_38" id = "noteVIII_38" href = "#tagVIII_38">38.</a> +<span class = "antiqua">Halstead’s Succinct Genealogy of the Family of +Vere, 1685</span>; <span class = "antiqua">Collins’s Historical +Collections</span>. Siehe auch in den <span class = "antiqua">Lords’ +Journals</span> und in <span class = "antiqua">Jones’s Reports</span> +den Prozeß wegen des Earlthums Oxford im März und April 1625/26. Die +Einleitung der Rede des Lordoberrichters Crew gehört zu den glänzendsten +Proben der altenglischen Beredtsamkeit. Citters, 7.(17.) Febr. 1688.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Der Earl von Shrewsbury.</span> +<a name = "secVIII_35" id = "secVIII_35">Dem</a> Hause de Vere, aber +auch nur diesem, stand an Alter und Glanz das Haus Talbot nach. Seit der +Regierung Eduard’s III. hatten die Talbot stets unter den Peers des +Reichs gesessen. Das Earlthum Shrewsbury war im funfzehnten Jahrhundert +Johann Talbot, dem Gegner der Jungfrau von Orleans, verliehen worden. +Seine Landsleute hatten seiner noch lange in Liebe und Verehrung als +eines der berühmtesten Krieger gedacht, welche auf dem europäischen +Festlande ein großes englisches Reich zu gründen versuchten. Der +unerschütterliche Muth, den er im Unglück gezeigt, hatten ihn zum +Gegenstande einer größeren Theilnahme gemacht als glücklichere +Feldherren sie erweckt haben, und sein Tod lieferte unsrer älteren Bühne +den Stoff zu einer ungemein ergreifenden Scene. Seine Nachkommen waren +zwei Jahrhunderte lang ein blühendes und ehrenvolles Geschlecht. Zur +Zeit der Restauration war Franz, der elfte Earl, ein Katholik, das +Oberhaupt der Familie. Sein Tod war von Umständen begleitet gewesen, die +selbst in jenen zügellosen Zeiten, welche unmittelbar auf den Sturz der +puritanischen Partei folgten, Abscheu und Mitleid erweckt hatten. Der +Herzog von Buckingham war im Laufe seiner leichtfertigen Liebeshändel +einen Augenblick von der Gräfin von Shrewsbury angezogen worden. Sie +wurde leicht erobert. Ihr Gemahl forderte den Verführer zum Zweikampfe +und fiel. Einige sagten, das pflichtvergessene Weib habe den Zweikampf +in männlicher Verkleidung mit angesehen. Andere wollten sogar wissen, +sie habe den siegreichen Geliebten ans Herz gedrückt, während sein Hemd +noch vom Blute ihres Gatten geröthet war. Die Titel des Ermordeten +gingen auf seinen unmündigen Sohn Karl über. Als der verwaiste Jüngling +zum Manne heranwuchs, ward es allgemein anerkannt, daß kein andrer +junger Adeliger Englands von der Natur so reich begabt +<span class = "pagenum">VIII.38</span> +<a name = "pageVIII_38" id = "pageVIII_38"> </a> +sei. Er besaß ein einnehmendes Äußere, einen ungemein sanften Character +und einen solchen Schatz von Talenten, daß er, selbst wenn er in einem +niederen Stande geboren gewesen wäre, sich ohne Zweifel zu einer hohen +Stellung im Staate emporgeschwungen haben würde. Alle diese natürlichen +Vorzüge hatte er so gut angewendet, daß er schon vor seiner +Volljährigkeit für einen der feinsten und kenntnißreichsten Gentlemen +seiner Zeit galt. Für seine Gelehrsamkeit sprechen die noch vorhandenen +eigenhändigen Anmerkungen von ihm zu Werken aus fast allen Zweigen der +Literatur. Er sprach Französisch wie ein Kammerherr des Königs Ludwig +und Italienisch wie ein Florentiner. Es war wohl natürlich, daß ein +Jüngling von solchen Gaben nach den Gründen forschte, aus denen seine +Familie sich der Staatsreligion nicht angeschlossen hatte. Er studirte +sorgfältig die Streitpunkte, theilte seine Zweifel Priestern seines +eignen Glaubens mit, legte deren Antworten Tillotson vor, erwog lange +und aufmerksam die beiderseitigen Gründe und erklärte sich nach einer +zweijährigen genauen Untersuchung zum Protestanten. Die anglikanische +Kirche nahm den erlauchten Convertiten freudig in ihren Schooß auf. Er +genoß einer großen Popularität, und diese nahm zu, als man erfuhr, daß +der König umsonst Bitten und Versprechungen an ihn verschwendet hatte, +um ihn zu dem Irrglauben zurückzuführen, den er abgeschworen. Der +Character des jungen Mannes entwickelte sich jedoch nicht in einer +Weise, welche Diejenigen, die an seiner Bekehrung den hauptsächlichsten +Antheil hatten, vollkommen befriedigte. Seine Sittlichkeit entging der +allgemeinen Ansteckung der modischen Ausschweifungen nicht. Der Stoß, +der seine Jugendvorurtheile zerstört, hatte zu gleicher Zeit alle seine +Überzeugungen erschüttert und ihn der schwankenden Leitung seiner +Gefühle preisgegeben. Aber wenn auch seine Grundsätze ihren Halt +verloren hatten, so waren doch die Triebfedern seines Handelns so edel, +sein Gemüth so sanft, sein Benehmen so freundlich und gewinnend, daß es +unmöglich war, ihn nicht zu lieben. Er wurde schon frühzeitig der König +der Herzen genannt und verlor in seinem langen, ereignißvollen und +bewegten Leben nie das Recht auf diese Bezeichnung.<a class = "tag" name += "tagVIII_39" id = "tagVIII_39" href = "#noteVIII_39">39</a></p> + +<p>Shrewsbury war Lordlieutenant von Staffordshire und Oberst eines der +Kavallerieregimenter, die in Folge des Aufstandes im Westen errichtet +worden waren. Er weigerte sich jetzt, seine Thätigkeit durch die +Regulatoren bestimmen zu lassen und wurde deshalb seiner beiden Stellen +entsetzt.</p> + +<p class = "footnote"> +<a name = "noteVIII_39" id = "noteVIII_39" href = "#tagVIII_39">39.</a> +<span class = "antiqua">Coxe’s Shrewsbury Correspondence</span>; <span +class = "antiqua">Mackay’s Memoirs</span>; <span class = "antiqua">Life +of Charles Duke of Shrewsbury, 1718</span>; <span class = +"antiqua">Burnet, I. 762</span>; <span class = "antiqua">Birch’s Life of +Tillotson.</span> In letzterem Werke findet der Leser einen Brief von +Tillotson an Shrewsbury, der meiner Ansicht nach ein Muster von ernstem, +freundschaftlichem und rücksichtvollem Tadel ist.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Der Earl von Dorset.</span> +<a name = "secVIII_36" id = "secVIII_36">Kein</a> englischer Adeliger +erfreute sich der Volksgunst in einem reicheren Maße als Karl Sackville, +Earl von Dorset. Er war in der That ein merkwürdiger Mann. In seiner +Jugend war er einer der bekanntesten Wüstlinge der zügellosen Zeit +gewesen, welche auf die Restauration folgte. Er war der Schrecken der +londoner Nachtwächter, hatte manche Nacht auf der Wache zubringen müssen +und zum mindesten einmal eine Zelle in Newgate bewohnt. Seine Liebe zu +Betty Morrice und zu Lorchen Gwynn, die ihn ihren Karl I. zu nennen +pflegte, hatte der Stadt nicht wenig Stoff zur Unterhaltung und zum +<span class = "pagenum">VIII.39</span> +<a name = "pageVIII_39" id = "pageVIII_39"> </a> +Ärgerniß gegeben.<a class = "tag" name = "tagVIII_40" id = "tagVIII_40" +href = "#noteVIII_40">40</a> Doch bei all’ seinen Thorheiten und Lastern +hatte er sich durch hochherzigen Muth, durch scharfen Verstand und durch +natürliche Herzensgüte ausgezeichnet. Die Leute meinten, die +Ausschweifungen, denen er sich hingäbe, theile er mit dem ganzen +Geschlechte der lebenslustigen jungen Kavaliere, aber sein Mitgefühl für +die Leiden der Menschheit und die Großmuth, mit der er diejenigen, +welche durch seine muthwilligen Streiche verletzt wurden, zu +entschädigen suchte, sei nur ihm allein eigen. Seine Freunde wunderten +sich darüber, daß das Publikum zwischen ihm und ihnen einen Unterschied +machte. „Der kann thun was er will,“ sagte Wilmot; „ihm geschieht nie +etwas.“ Das Urtheil der Welt über Dorset gestaltete sich noch günstiger, +als er mit den Jahren und in der Ehe gesetzter wurde. Jedermann pries +seine herablassenden Manieren, seine geistreiche Unterhaltung, sein +weiches Gemüth und seine Freigebigkeit. Man sagte es vergehe kein Tag, +ohne daß eine bedrängte Familie Ursache habe, seinen Namen zu segnen. +Und doch war bei aller seiner Herzensgüte sein Witz so beißend, daß +Spötter, deren Sarkasmus die ganze Stadt fürchtete, vor dem Sarkasmus +Dorset’s zitterten. Alle politischen Parteien achteten und liebten ihn; +ihm selbst aber behagte die Politik überhaupt nicht sonderlich. Hätte +ihn die Nothwendigkeit zu Anstrengungen gespornt, so würde er +wahrscheinlich zu den höchsten Posten im Staate gestiegen sein; aber er +nahm schon durch seine Geburt einen so hohen Rang ein und war dabei so +reich, daß ihm viele Beweggründe fehlten, welche die Menschen antreiben, +sich mit den öffentlichen Angelegenheiten zu befassen. Er nahm gerade +nur so viel Theil an parlamentarischen und diplomatischen Geschäften, +als hinreichte, um zu beweisen, daß ihm nichts weiter fehlte als die +Lust dazu, um mit Danby und Sunderland zu rivalisiren, und richtete +seine Thätigkeit auf Bestrebungen, die ihm besser zusagten. Gleich +vielen anderen Männern, welche mit großen natürlichen Fähigkeiten eine +angeborne und gewohnheitsmäßige Indolenz verbinden, wurde er ein +geistiger Genußmensch und ein Meister in allen unterhaltenden Zweigen +des Wissens, die man sich ohne ernstes Studium aneignen kann. Er war +anerkanntermaßen der beste Richter in der Malerei, der Sculptur, der +Baukunst und der Schauspielerkunst, den der Hof aufzuweisen hatte. In +Angelegenheiten der schönen Künste und Wissenschaften galt sein Urtheil +in allen Kaffeehäusern für unwiderruflich maßgebend. Mehr als ein +hübsches Theaterstück, das bei der ersten Aufführung durchfiel, wurde +lediglich durch seine Autorität gegen das Geschrei des ganzen Parterres +siegreich vertheidigt und bestand mit glücklichem Erfolge die zweite +Probe. St. Evremond und Lafontaine rühmten die feine Eleganz seines +französischen Styls. Noch nie hatte England einen solchen Gönner der +Literatur gehabt. Er übte seine Freigebigkeit mit eben so richtiger +Einsicht als liberaler Unparteilichkeit, keine Secte oder Faction wurde +dabei von ihm bevorzugt. Geniale Männer, welche durch literarische +Eifersucht oder durch Verschiedenheit ihrer politischen Meinung einander +entfremdet waren, stimmten in der Anerkennung seiner unparteiischen Güte +überein. Dryden gestand, daß Dorset’s fürstliche Freigebigkeit ihn vom +<span class = "pagenum">VIII.40</span> +<a name = "pageVIII_40" id = "pageVIII_40"> </a> +Untergange gerettet habe. Und dennoch wurden Montague und Prior, welche +Dryden durch beißende Satiren getadelt hatten, von Dorset ins +öffentliche Leben eingeführt, und das beste Lustspiel von Dryden’s +Todfeind, Shadwell, war auf Dorset’s Landsitze geschrieben. Hätte der +freigebige Earl sonst gewollt, so hätte er sehr gut mit Denen +rivalisiren können, deren Wohlthäter er zu sein sich begnügte, denn die +Verse, die er gelegentlich dichtete, zeigen bei aller unkünstlerischen +Form Spuren eines angebornen Genies, das bei sorgfältiger Pflege Großes +hätte schaffen können. In dem kleinen Bande seiner Werke finden sich +Lieder, welche die ungezwungene Lebendigkeit Suckling’s besitzen, und +kleine Satiren, deren glänzender Humor dem eines Butler nicht +nachsteht.<a class = "tag" name = "tagVIII_41" id = "tagVIII_41" href = +"#noteVIII_41">41</a></p> + +<p>Dorset war Lordlieutenant von Sussex und auf Sussex blickten die +Regulatoren mit besonders ängstlicher Spannung, denn in keiner andren +Grafschaft, Cornwall und Wiltshire ausgenommen, befanden sich so viele +kleine Wahlorte. Er erhielt Befehl, sich auf seinen Posten zu begeben. +Keiner von Denen, die ihn kannten, erwartete, daß er gehorchen werde. Er +gab eine Antwort, wie sie sich für ihn ziemte, und wurde bedeutet, daß +man seiner Dienste nicht mehr bedürfe. Das allgemeine Interesse, das er +seinen vielen edlen und liebenswürdigen Eigenschaften verdankte, wurde +nicht wenig erhöht, als man erfuhr, daß er durch die Post einen anonymen +Brief erhalten hatte, worin ihm angekündigt wurde, daß, wenn er sich +nicht sofort den Wünschen des Königs füge, ihn all’ sein Geist und seine +Popularität nicht vor der Ermordung schützen werde. Eine ähnliche +Warnung erhielt auch Shrewsbury. Drohbriefe waren damals viel seltener +als sie es späterhin geworden sind, und man kann sich daher nicht +darüber wundern, daß das ohnehin schon aufgeregte Volk zu dem Glauben +geneigt war, die besten und edelsten Engländer seien wirklich für +papistische Dolche ausersehen.<a class = "tag" name = "tagVIII_42" id = +"tagVIII_42" href = "#noteVIII_42">42</a> Gerade zu der Zeit, als diese +Briefe in ganz London das Tagesgespräch bildeten, wurde der verstümmelte +Leichnam eines angesehenen Puritaners auf der Straße gefunden. Es zeigte +sich indessen bald, daß der Mörder die That nicht aus religiösen oder +politischen Beweggründen verübt hatte. Aber der erste Verdacht des +gemeinen Volkes fiel auf die Papisten. Die verstümmelten Überreste des +Ermordeten wurden in feierlicher Prozession nach dem Jesuitencollegium +im Savoy getragen und einige Stunden lang war die Furcht und Wuth der +Menge kaum weniger heftig als an dem Tage, wo Godfrey zu Grabe getragen +ward.<a class = "tag" name = "tagVIII_43" id = "tagVIII_43" href = +"#noteVIII_43">43</a></p> + +<p>Mit den übrigen Entlassungen muß ich mich kürzer fassen. Der Herzog +<span class = "pagenum">VIII.41</span> +<a name = "pageVIII_41" id = "pageVIII_41"> </a> +von Somerset, dem vor einigen Monaten schon sein Regiment wieder +abgenommen worden war, wurde nun auch seiner Stelle als Lordlieutenant +des Ostbezirks<a class = "tag" name = "tagVIII_44" id = "tagVIII_44" +href = "#noteVIII_44">44</a> von Yorkshire enthoben. Die +Statthalterschaft des Nordbezirks verlor der Viscount Fauconberg, die +von Shropshire der Viscount Newark und die von Lancashire der Earl von +Derby, der Enkel des tapferen Kavaliers, der auf dem Schlachtfelde +sowohl als auf dem Schaffot für das Haus Stuart dem Tode so muthig ins +Auge geblickt hatte. Der Earl von Pembroke, der unlängst der Krone gegen +Monmouth treu und tapfer gedient hatte, wurde in Wiltshire, der Earl von +Rutland in Leicestershire, der Earl von Bridgewater in Buckinghamshire, +der Earl von Thanet in Cumberland, der Earl von Northampton in +Warwickshire, der Earl von Abingdon in Oxfordshire, der Earl von +Scarsdale in Derbyshire abgesetzt. Scarsdale verlor außerdem auch sein +Reiterregiment und seine Stelle im Hofstaate der Prinzessin von +Dänemark. Diese weigerte sich, ihn aus ihren Diensten zu entlassen und +gab nur einem peremptorischen Befehle ihres Vaters nach. Der Earl von +Gainsborough wurde nicht nur der Statthalterschaft von Hampshire, +sondern auch des Gouverneurpostens von Portsmouth und des +Wildmeisteramts im Neuen Forste entsetzt, zwei Stellen, die er erst vor +wenigen Monaten für fünftausend Pfund gekauft hatte.<a class = "tag" +name = "tagVIII_45" id = "tagVIII_45" href = "#noteVIII_45">45</a></p> + +<p>Der König konnte keine angesehenen Lords und namentlich gar keine +protestantischen auftreiben, welche die erledigten Stellen anzunehmen +bereit waren. Man mußte zwei Grafschaften Jeffreys, einem Manne von sehr +jungem Adel und von geringem Grundbesitz, und zwei andere Preston, der +nicht einmal Peer von England war, zuertheilen. Die übrigen ihrer +Statthalter beraubten Grafschaften wurden fast ohne Ausnahme bekannten +Katholiken oder solchen Höflingen überwiesen, welche dem Könige im +Geheimen versprochen hatten, zur römisch-katholischen Kirche +überzutreten, sobald die Klugheit es ihnen gestatten würde.</p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVIII_40" id = "noteVIII_40" href = +"#tagVIII_40">40.</a> +Der König war nur Lorchen’s Karl III. Ob Dorset oder Major Hart die Ehre +hatte ihr Karl I. zu sein, ist eine streitige Frage. Meines +Bedünkens scheint Dorset gegründeteren Anspruch auf diesen Vorzug zu +haben. Siehe die gestrichene Stelle in Burnet I. 263, und Pepys’ +Tagebuch vom 26. Oct. 1667.</p> + +<p><a name = "noteVIII_41" id = "noteVIII_41" href = +"#tagVIII_41">41.</a> +<span class = "antiqua">Pepys’s Diary</span>; Prior’s Widmung seiner +Gedichte an den Herzog von Dorset; <span class = "antiqua">Johnson’s +Life of Dorset</span>; <span class = "antiqua">Dryden’s Essay on +Satire</span> und seine Widmung des <span class = "antiqua">Essay on +Dramatic Poesy</span>. Dorset’s Liebe zu seiner Gattin und seine strenge +eheliche Treue wird von dem ausschweifenden Narren Sir Georg Etherege in +seinen Briefen aus Regensburg vom 9.(19.) Dec. 1687 und 16.(26.) Jan. +1688 mit höhnender Geringschätzung erwähnt; Shadwell’s Widmung zu seinem +<span class = "antiqua">Squire of Alsatia</span>; <span class = +"antiqua">Burnet <ins class = "correction" title = "Original hat ,">I.</ins> 264</span>; <span class = "antiqua">Mackay’s +Characters.</span> Einige Seiten von Dorset’s Character werden in seiner +von Pope verfassten Grabschrift treffend angedeutet:</p> + +<div class = "verse"> +<p>Doch sanft war sein Herz, wenn auch streng sein Lied;</p> +</div> + +<p class = "continue"> +und weiterhin:</p> + +<div class = "verse"> +<p>Ein glücklicher Hofmann, von Fürst und Land geliebt,</p> +<p>Und dennoch treu der Freundschaft und der Muße.</p> +</div> + +<p><a name = "noteVIII_42" id = "noteVIII_42" href = +"#tagVIII_42">42.</a> +Barillon, 9.(19.) Jan. 1688; Citters, Jan. 31. (Febr. 10.)</p> + +<p><a name = "noteVIII_43" id = "noteVIII_43" href = +"#tagVIII_43">43.</a> +Adda, 3.(13.) u. 10.(20.) Febr. 1688.</p> + +<p><a name = "noteVIII_44" id = "noteVIII_44" href = +"#tagVIII_44">44.</a> +Die Grafschaft York, die größte von England, wird in drei Bezirke (<span +class = "antiqua">Ridings</span>) +eingetheilt.  D. Übers.</p> + +<p><a name = "noteVIII_45" id = "noteVIII_45" href = +"#tagVIII_45">45.</a> +Barillon, 5.(15.), 8.(18.) u. 12.(22.) Dec. 1687; Citters, 29. Nov. (9. +Dec.) u. <ins class = "correction" title = "Original hat »2.(12. Dec.).«">2.(12.) Dec.</ins></p> +</div> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +An die Obrigkeiten gerichtete Fragen, und Antworten darauf.</span> +<a name = "secVIII_37" id = "secVIII_37">Endlich</a> wurde die neue +Maschinerie in Bewegung gesetzt und bald kam aus allen Gegenden des +Landes die Nachricht von der vollständigen und hoffnungslosen +Niederlage. Der Katechismus, nach welchem die Lordlieutenants die +Gesinnungen der Landgentry erforschen sollten, bestand aus drei Fragen. +Jeder Magistratsbeamte und jeder Stellvertreter des Lordlieutenants +mußte gefragt werden, erstens ob er, im Fall er gewählt würde, um im +Parlamente zu dienen, für eine im Sinne der Indulgenzerklärung gefaßte +Bill stimmen wolle; zweitens ob er als Wähler seine Stimme solchen +Candidaten geben wolle, die sich verpflichteten, für eine derartige Bill +zu stimmen; und drittens ob er als Privatmann die wohlwollenden Zwecke +des Königs fördern wolle, indem er mit Leuten jeder religiösen +Überzeugung in Frieden lebte.<a class = "tag" name = "tagVIII_46" id = +"tagVIII_46" href = "#noteVIII_46">46</a></p> + +<p>Sobald diese Fragen bekannt geworden waren, wurde ein mit seltener +Geschicklichkeit entworfenes Antwortformular im ganzen Lande verbreitet +und allgemein angenommen. Es lautete folgendermaßen: „Im Fall mir +<span class = "pagenum">VIII.42</span> +<a name = "pageVIII_42" id = "pageVIII_42"> </a> +die Ehre zu Theil werden sollte, einen Sitz im Hause der Gemeinen +einzunehmen, werde ich als Mitglied dieses Hauses es für meine Pflicht +halten, die Gründe, welche für und gegen eine Indulgenzbill im Laufe der +Debatte geltend gemacht werden, sorgfältig zu erwägen, und dann nach +meiner gewissenhaften Überzeugung zu stimmen. Als Wähler werde ich meine +Stimme solchen Candidaten geben, deren Begriffe von den Pflichten eines +Volksvertreters mit meinen eigenen übereinstimmen. Als Privatmann hege +ich den Wunsch, mit Jedermann in Frieden und Eintracht zu leben.“</p> + +<p class = "footnote"> +<a name = "noteVIII_46" id = "noteVIII_46" href = "#tagVIII_46">46.</a> +Citters, 28. Oct. (7. Nov.) 1687; <span class = "antiqua">Lonsdale’s +Memoirs.</span></p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Scheitern der Pläne des Königs.</span> +<a name = "secVIII_38" id = "secVIII_38">Diese</a> Antwort, die noch +viel trotziger war als eine förmliche Weigerung, weil sie einen leichten +Anflug von milder und anständiger Ironie hatte, über die man sich nicht +wohl gereizt zeigen konnte, war Alles was die Emissäre des Hofes von den +meisten Landgentlemen erlangen konnten. Gegenvorstellungen, +Versprechungen und Drohungen wurden vergebens angewendet. Der Herzog von +Norfolk, obgleich Protestant und mit dem Verfahren der Regierung +unzufrieden, hatte sich zu ihrem Werkzeuge in zwei Grafschaften +hergegeben. Er begab sich zuerst nach Surrey, wo er aber bald sah, daß +er nichts ausrichten konnte.<a class = "tag" name = "tagVIII_47" id = +"tagVIII_47" href = "#noteVIII_47">47</a> Dann ging er nach Norfolk, von +wo er ebenfalls bald zurückkehrte, um dem Könige zu melden, daß ihm von +siebzig Gentlemen, welche in dieser großen Provinz öffentliche Ämter +bekleideten, nur sechs Hoffnung gemacht hätten, die Politik des Hofes zu +unterstützen.<a class = "tag" name = "tagVIII_48" id = "tagVIII_48" href += "#noteVIII_48">48</a> Der Herzog von Beaufort, dessen Autorität sich +über vier englische Grafschaften und über das ganze Fürstenthum Wales +erstreckte, kam mit einem nicht minder niederschlagenden Berichte nach +Whitehall.<a class = "tag" name = "tagVIII_49" id = "tagVIII_49" href = +"#noteVIII_49">49</a> Rochester war Lordlieutenant von Hertfordshire. +Sein ganzer kleiner Schatz von Tugend war in dem Kampfe gegen die starke +Versuchung, seine Religion für Geld zu verkaufen, aufgezehrt worden; er +war noch durch einen Jahrgehalt von viertausend Pfund an den Hof +gebunden, und zum Dank dafür war er zu jedem wenn auch noch so +ungesetzlichen und erniedrigenden Dienste bereit, vorausgesetzt, daß man +nicht die Formalität einer Aussöhnung mit Rom von ihm verlangte. Er +hatte sich bereitwilligst der Aufgabe unterzogen, seine Grafschaft zu +bearbeiten, und er ging dabei, wie immer, mit übereilter Heftigkeit und +Gewaltthätigkeit zu Werke. Aber er verschwendete seinen Eifer vergebens +an die starrsinnigen Squires, mit denen er es zu thun hatte. Sie +erklärten ihm einstimmig, daß sie keinen Mann ins Parlament schicken +wollten, der für die Beseitigung der Schutzwehren des protestantischen +Glaubens stimmen würde.<a class = "tag" name = "tagVIII_50" id = +"tagVIII_50" href = "#noteVIII_50">50</a> Dieselbe Antwort erhielt der +Kanzler auch in Buckinghamshire.<a class = "tag" name = "tagVIII_51" id += "tagVIII_51" href = "#noteVIII_51">51</a> Die Gentry von Shropshire +weigerte sich in einer zu Ludlow veranstalteten Zusammenkunft einhellig, +sich durch das von dem Könige verlangte Versprechen zu binden.<a class = +"tag" name = "tagVIII_52" id = "tagVIII_52" href = "#noteVIII_52">52</a> +Der Earl von Yarmouth berichtete +<span class = "pagenum">VIII.43</span> +<a name = "pageVIII_43" id = "pageVIII_43"> </a> +aus Wiltshire, daß von sechzig Magistratsbeamten und +Statthaltersubstituten, mit denen er gesprochen, nur sieben eine +günstige Antwort gegeben hätten und daß man selbst diesen nicht trauen +könne.<a class = "tag" name = "tagVIII_53" id = "tagVIII_53" href = +"#noteVIII_53">53</a> Der Renegat Peterborough richtete eben so wenig in +Northamptonshire aus.<a class = "tag" name = "tagVIII_54" id = +"tagVIII_54" href = "#noteVIII_54">54</a> Nicht glücklicher war sein +Genosse Dover in Cambridgeshire.<a class = "tag" name = "tagVIII_55" id += "tagVIII_55" href = "#noteVIII_55">55</a> Auch Preston brachte +schlechte Nachrichten aus Cumberland und Westmoreland; Dorsetshire und +Huntingdonshire waren von dem nämlichen Geiste beseelt. Der Earl von +Bath kehrte nach langem Stimmenwerben mit trostlosen Nachrichten aus dem +Westen zurück. Er war ermächtigt worden, den Bewohnern dieser Gegenden +die verführerischesten Anerbietungen zu machen. Insbesondere hatte er +versprochen, daß, wenn die Wünsche des Königs gebührend berücksichtigt +würden, der Zinnhandel von den auf ihm lastenden drückenden +Beschränkungen befreit werden solle. Aber dieser Köder, dem man zu einer +andren Zeit nicht widerstanden haben würde, wurde jetzt mit Verachtung +zurückgewiesen. Alle Friedensrichter und Statthaltersubstituten von +Devonshire und Cornwall erklärten ohne eine einzige Ausnahme, daß sie +Gut und Blut für den König opfern würden, daß aber die protestantische +Religion ihnen noch theurer sei als Gut und Blut. „Und,“ setzte Bath +hinzu, „wenn Eure Majestät alle diese Gentlemen absetzte, so würden ihre +Nachfolger ganz die nämliche Antwort geben“.<a class = "tag" name = +"tagVIII_56" id = "tagVIII_56" href = "#noteVIII_56">56</a> Wenn es +irgend einen Bezirk gab, in welchem die Regierung auf einen günstigen +Erfolg hoffen durfte, so war es Lancashire. Man hatte starke Zweifel +gehegt, ob das Resultat in dieser Provinz mit dem der meisten anderen +Grafschaften übereinstimmen werde. In keinem Theile des Landes gab es so +viele reiche und angesehene Familien, welche dem alten Glauben anhingen, +und die Oberhäupter vieler dieser Familien waren kraft der +Dispensationsgewalt zu Friedensrichtern und Commandanten der Miliz +ernannt worden. Doch auch von dort meldete der neue Lordstatthalter, +selbst ein Katholik, daß zwei Drittel seiner Substituten und der +Magistratsbeamten dem Hofe feindlich gesinnt seien.<a class = "tag" name += "tagVIII_57" id = "tagVIII_57" href = "#noteVIII_57">57</a> Noch viel +schmerzlicher verletzte das Ergebniß in Hampshire den Stolz des Königs. +Arabella Churchill hatte ihm vor mehr als zwanzig Jahren einen Sohn +geboren, der späterhin als einer der geschicktesten Generäle Europa’s +weit und breit berühmt wurde. Der junge Mann hieß Jakob Fitzjames und +bis dahin hatte noch nichts in ihm vermuthen lassen, daß er sich einst +zu hoher Auszeichnung emporschwingen würde; aber sein Character und sein +Benehmen waren so sanft und herzgewinnend, daß er keinen Feind hatte, +außer Marien von Modena, welche den Sohn der Concubine schon seit langer +Zeit mit dem bitteren Ingrimm einer kinderlosen Gattin haßte. Ein +kleiner Theil der jesuitischen Faction hatte, bevor die Schwangerschaft +der Königin angekündigt wurde, ganz ernstlich daran gedacht, ihn als +Kronprätendenten neben der Prinzessin von Oranien aufzustellen.<a class += "tag" name = "tagVIII_58" id = "tagVIII_58" href = +"#noteVIII_58">58</a> Wenn man bedenkt, wie vollständig dem Herzoge von +Monmouth, obgleich das +<span class = "pagenum">VIII.44</span> +<a name = "pageVIII_44" id = "pageVIII_44"> </a> +niedere Volk ihn für legitim hielt und obgleich er der Vorkämpfer des +nationalen Glaubens war, ein ähnlicher Versuch mißlang, so muß es +unbegreiflich erscheinen, wie ein Mann durch den Fanatismus so ganz +verblendet sein konnte, daß er nur auf die Idee kam, einen jungen +Menschen, der allgemein als ein papistischer Bastard bekannt war, auf +den Thron erheben zu wollen. Es läßt sich nicht mit Gewißheit sagen, ob +der König diesem albernen Plane seinen Beifall zollte. Der junge Mann +war übrigens als Prinz anerkannt und wurde mit allen Auszeichnungen +überschüttet, welche ein nicht aus königlichem Blute entsprossener +Unterthan nur irgend zu erlangen hoffen konnte. Er war zum Herzog von +Berwick erhoben worden und bekleidete jetzt mehrere ehrenvolle und +einträgliche Stellen, welche Edelleuten, die sich den königlichen +Befehlen nicht hatten fügen wollen, abgenommen worden waren. Er war der +Nachfolger des Earls von Oxford als Oberst der Blauen und des Earls von +Gainsborough als Lordlieutenant von Hampshire, Wildmeister des Neuen +Forstes und Gouverneur von Portsmouth. Berwick erwartete, daß ihn an der +Grenze von Hampshire, der Sitte gemäß, ein langer Zug von Baronets, +Rittern und Squires empfangen werde; aber nicht eine einzige angesehene +Person hatte sich zu seiner Begrüßung eingefunden. Er sendete Schreiben +aus, durch welche er die Gentry zu sich entbot, aber nur fünf oder sechs +beachteten diese Einladung. Die Übrigen warteten ihre Entlassung gar +nicht ab; sie erklärten im voraus, daß sie keinen Theil an der Civil- +oder Militairverwaltung ihrer Grafschaft haben möchten, so lange der +König daselbst durch einen Papisten vertreten sei, und legten ihre +Stellen freiwillig nieder.<a class = "tag" name = "tagVIII_59" id = +"tagVIII_59" href = "#noteVIII_59">59</a></p> + +<p>Sunderland, der an die Stelle des Earls von Northampton zum +Lordlieutenant von Warwickshire ernannt worden war, fand eine Ausflucht, +um nicht in diese Grafschaft zu gehen und die Entrüstung und Verachtung +der dortigen Gentry auf sich zu laden, und seine Entschuldigung wurde um +so bereitwilliger angenommen, da der König endlich einzusehen begann, +daß sich der Sinn der Landgentry nicht beugen ließ.<a class = "tag" name += "tagVIII_60" id = "tagVIII_60" href = "#noteVIII_60">60</a></p> + +<p>Es muß bemerkt werden, daß Diejenigen, welche diesen trotzigen Sinn +an den Tag legten, nicht die alten Feinde des Hauses Stuart waren. Die +Listen der Friedensrichter und Statthaltersubstituten waren schon längst +von allen republikanischen Namen sorgfältig gesäubert. Die Männer, denen +die Regierung vergebens das Versprechen der Unterstützung abzuzwingen +versucht hatte, waren fast ohne Ausnahme Tories. Die älteren von ihnen +konnten noch Narben, welche von den Schwertern der Rundköpfe herrührten, +und Empfangsbescheinigungen über Silbergeschirr aufweisen, das sie +Karl I. in seiner Noth geschickt hatten. Die Jüngeren hatten gegen +Shaftesbury und Monmouth fest zu Jakob gehalten. Dies waren die Männer, +welche jetzt von dem nämlichen Fürsten, dem sie so glänzende Beweise von +treuer Anhänglichkeit gegeben hatten, in Masse ihrer Ämter entsetzt +wurden. Die Entlassung machte sie aber nur noch entschlossener; es war +bei ihnen zu einer heiligen Ehrensache geworden, in dieser Krisis fest +zusammenzuhalten. Es konnte keinem Zweifel unterliegen, daß, wenn bei +der Stimmenzählung ehrlich zu Werke gegangen +<span class = "pagenum">VIII.45</span> +<a name = "pageVIII_45" id = "pageVIII_45"> </a> +wurde, nicht ein einziger der Regierungspolitik günstiger +Grafschaftsabgeordneter gewählt werden würde. Die Leute fragten einander +daher mit nicht geringer Besorgniß, ob man wohl erwarten könne, daß bei +der Stimmenzählung ehrlich zu Werke gegangen werden würde.</p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVIII_47" id = "noteVIII_47" href = +"#tagVIII_47">47.</a> +Citters, 22. Nov. (2. Dec.) 1687.</p> + +<p><a name = "noteVIII_48" id = "noteVIII_48" href = +"#tagVIII_48">48.</a> +Citters, 27. Dez. (6. Jan.) 1687/88.</p> + +<p><a name = "noteVIII_49" id = "noteVIII_49" href = +"#tagVIII_49">49.</a> +<span class = "antiqua">Ibid.</span></p> + +<p><a name = "noteVIII_50" id = "noteVIII_50" href = +"#tagVIII_50">50.</a> +Johnstone erwähnt zweimal, unterm 25. Nov. und unterm 8. Dec. 1687, den +beleidigenden Eifer, den Rochester bei dieser Gelegenheit zeigte. Das +Mißlingen seiner Bemühungen erwähnt Citters unterm 6.(16.) Dec.</p> + +<p><a name = "noteVIII_51" id = "noteVIII_51" href = +"#tagVIII_51">51.</a> +Citters, 6.(16.) Dec. 1687.</p> + +<p><a name = "noteVIII_52" id = "noteVIII_52" href = +"#tagVIII_52">52.</a> +<span class = "antiqua">Ibid.</span> 20.(30.) Dec. 1687.</p> + +<p><a name = "noteVIII_53" id = "noteVIII_53" href = +"#tagVIII_53">53.</a> +Citters, 30. März (9. April) 1687.</p> + +<p><a name = "noteVIII_54" id = "noteVIII_54" href = +"#tagVIII_54">54.</a> +<span class = "antiqua">Ibid.</span> 22. Nov. (2. Dec.) 1687.</p> + +<p><a name = "noteVIII_55" id = "noteVIII_55" href = +"#tagVIII_55">55.</a> +<span class = "antiqua">Ibid.</span> 15.(25.) Nov. 1687.</p> + +<p><a name = "noteVIII_56" id = "noteVIII_56" href = +"#tagVIII_56">56.</a> +<span class = "antiqua">Ibid.</span> 10.(20.) April 1688.</p> + +<p><a name = "noteVIII_57" id = "noteVIII_57" href = +"#tagVIII_57">57.</a> +Die ängstliche Spannung wegen Lancashire erwähnt Citters in einer +Depesche vom 18.(28.) Nov. 1687, das Resultat in einer vier Tage später +datirten.</p> + +<p><a name = "noteVIII_58" id = "noteVIII_58" href = +"#tagVIII_58">58.</a> +Bonrepaux, 11.(21.) Juli 1687.</p> + +<p><a name = "noteVIII_59" id = "noteVIII_59" href = +"#tagVIII_59">59.</a> +Citters, 3.(13.) Febr. 1688.</p> + +<p><a name = "noteVIII_60" id = "noteVIII_60" href = +"#tagVIII_60">60.</a> +Citters, 5.(15.) April 1688.</p> +</div> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Liste der Sheriffs.</span> +<a name = "secVIII_39" id = "secVIII_39">Mit</a> Ungeduld sah man der +Liste der Sheriffs für das neue Jahr entgegen. Sie erschien, während die +Lordlieutenants noch auf ihrer Werbungsreise begriffen waren, und wurde +mit einem allgemeinen Schrei des Zornes und Unwillens aufgenommen. Die +Mehrzahl dieser Beamten, welche bei den Grafschaftswahlen die +Oberleitung hatten, waren entweder Katholiken oder protestantische +Dissenters, die ihre Zustimmung zur Indulgenzerklärung ausgesprochen +hatten.<a class = "tag" name = "tagVIII_61" id = "tagVIII_61" href = +"#noteVIII_61">61</a> Eine Zeit lang hegte man die schlimmsten +Befürchtungen, die aber bald wieder schwanden. Man hatte guten Grund, +anzunehmen, daß über einen gewissen Punkt hinaus der König auch nicht +auf die Unterstützung der seiner eigenen Kirche angehörenden Sheriffs +rechnen könne.</p> + +<p class = "footnote"> +<a name = "noteVIII_61" id = "noteVIII_61" href = "#tagVIII_61">61.</a> +<span class = "antiqua">London Gazette, Dec. 5. 1687</span>; Citters, +6.(16.) Dec.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Character der katholischen Landgentlemen.</span> +<a name = "secVIII_40" id = "secVIII_40">Zwischen</a> dem katholischen +Höflinge und dem katholischen Landgentleman herrschte nur sehr geringe +Sympathie. Die in Whitehall dominirende Cabale bestand theils aus +Fanatikern, welche zum Zwecke der Verbreitung ihres Glaubens bereit +waren, alle Gesetze der Moral über den Haufen zu werfen und die ganze +Welt in eine heillose Verwirrung zu stürzen, theils aus Heuchlern, +welche um des Gewinnes willen von dem Glauben, in dem sie erzogen +worden, abgefallen waren und die jetzt den allen Neubekehrten eigenen +Eifer auf die Spitze trieben. Sowohl die Fanatiker als auch die Heuchler +am Hofe hatten zum größten Theil keine Spur von englischer +Anschauungsweise. In einigen von ihnen hatte die unbedingte Hingebung +für ihre Kirche alles Nationalgefühl erstickt; andere waren Irländer, +deren Patriotismus in einem tödtlichen Hasse gegen die sächsischen +Eroberer Irlands bestand; noch andere waren Verräther, die von einer +auswärtigen Macht einen regelmäßigen Sold bezogen, und wieder andere +hatten einen großen Theil ihres Lebens im Auslande zugebracht, und waren +entweder bloße Kosmopoliten oder hegten einen positiven Widerwillen +gegen die Sitten und Staatseinrichtungen des Landes, das sie jetzt zu +regieren hatten. Diese Leute hatten mit einem noch der alten Kirche +anhängenden Gutsbesitzer von Cheshire oder Staffordshire kaum irgend +etwas gemein. Er war weder Fanatiker noch Heuchler, er war Katholik, +weil sein Vater und Großvater Katholiken gewesen waren, und er hing an +seinem ererbten Glauben, wie die Menschen in der Regel an demselben +hängen, aufrichtig aber ohne sonderliche Begeisterung. In jeder andren +Beziehung war er nichts weiter als eben ein englischer Squire, der sich +von den benachbarten Squires höchstens dadurch unterschied, daß er noch +etwas ungebildeter und bäuerischer war als sie. Die auf ihm lastenden +Ausschließungen hatten ihn verhindert, sich bis zu der allerdings selbst +nur mäßig hohen Bildungsstufe zu erheben, auf der die meisten +protestantischen Landgentlemen standen. Als Knabe von Eton und +Westminster, als Jüngling von Oxford und Cambridge, als Mann vom +Parlament und von der Richterbank ausgeschlossen, vegetirte er still und +ruhig hin, wie die Ulmen der Allee, die zu dem ererbten Meierhofe seiner +<span class = "pagenum">VIII.46</span> +<a name = "pageVIII_46" id = "pageVIII_46"> </a> +Vorfahren führte. Seine Kornfelder, seine Milchwirthschaft, seine +Ciderpresse, seine Jagdhunde, seine Angelruthe und seine Flinte, sein +Bier und sein Tabak beschäftigten fast allein seine Gedanken. Mit seinen +Nachbarn stand er trotz der Glaubensverschiedenheit in der Regel auf +gutem Fuße. Sie kannten ihn als einen harmlosen Mann ohne Ehrgeiz, er +stammte fast durchgängig aus einer guten und alten Familie und war immer +ein Kavalier. Er drang Niemandem seine persönlichen Ansichten auf und +wurde Niemandem lästig damit, er quälte nicht, wie ein Puritaner, sich +selbst und Andere mit Gewissensskrupeln über alle Genüsse des Lebens; im +Gegentheil, er war ein eben so leidenschaftlicher Jagdliebhaber und ein +eben so heiterer Gesellschafter als irgend Einer, der den Suprematseid +und die Erklärung gegen die Transsubstantiation angenommen hatte. Er +ging mit seinen Nachbarsquires auf die Jagd, hielt bis zum Hallali bei +ihnen aus und nahm sie nach beendeter Jagd mit sich nach Hause zu einer +Wildpretpastete und zu einem Kruge Octoberbier, das seine vier Jahre auf +Flaschen lag. Die Bedrückungen, die er erduldet, waren nicht so arg, daß +sie ihn zu einem verzweifelten Entschlusse hätten treiben können; selbst +als seine Kirche schonungslos verfolgt wurde, waren sein Leben und sein +Eigenthum nicht in großer Gefahr. Der schamloseste falsche Zeuge würde +es schwerlich gewagt haben, der Wahrheit so frech ins Gesicht zu +schlagen, daß er ihn beschuldigt hätte, ein Verschwörer zu sein. Die +Papisten, welche Oates zu seinen Angriffen auswählte, waren Peers, +Prälaten, Jesuiten, Benedictiner, thätige politische Agenten, Juristen +mit ausgedehnter Praxis und Hofärzte. Der katholische Landgentlemen +konnte unter dem Schutze seiner Verborgenheit, seines leutseligen Wesens +und der Zuneigung seiner Umgebungen unbelästigt seine Ernte einbringen +und seine Waidtasche mit Wild füllen, während Coleman und Langhorne, +Whitbread und Pickering, Erzbischof Plunkett und Lord Stafford durch den +Strick oder durch das Beil starben. Eine Bande elender Schurken machte +zwar den Versuch, gegen Sir Thomas Gascoigne, einen bejahrten +katholischen Baronet in Yorkshire, eine Anklage auf Hochverrath zu +erheben, aber zwölf der besten Gentlemen des Westbezirks, die seinen +Lebenswandel kannten, hielten es nicht für möglich, daß ihr ehrenwerther +alter Bekannter Banditen zur Ermordung des Königs gedungen haben sollte, +und sprachen trotz mancherlei der Richterbank eben nicht zur Ehre +gereichender Versuche ein „Nichtschuldig“ aus. Wohl mochte es für das +Oberhaupt einer alten, angesehenen Familie in der Provinz ein +schmerzlicher Gedanke sein, daß er seines Glaubens wegen von ehrenvollen +Stellen und Ämtern ausgeschlossen war, zu deren Bekleidung Männer von +niedererer Herkunft und geringerem Vermögen für berechtigt gehalten +wurden; aber er hatte nicht Lust, Land und Leben im Kampfe gegen eine +erdrückende Übermacht auf’s Spiel zu setzen, und sein gerader, ächt +englischer Character würde, vor Mitteln, wie ein Petre und Tyrconnel sie +anwendeten, mit Abscheu zurückgebebt sein. Deshalb würde er jedoch eben +so bereitwillig, als irgend einer seiner protestantischen Nachbarn zur +Vertheidigung seines Vaterlandes gegen einen Einfall der Franzosen oder +irischen Papisten das Schwert um die Lenden gegürtet und die Pistolen in +die Halfter gesteckt haben. Dies war der allgemeine Character der +Männer, in denen Jakob jetzt die sichersten Werkzeuge zur Leitung der +Grafschaftswahlen zu erblicken glaubte. Er überzeugte sich jedoch bald, +daß sie nicht geneigt +<span class = "pagenum">VIII.47</span> +<a name = "pageVIII_47" id = "pageVIII_47"> </a> +waren, sich durch einen ihm zu leistenden schimpflichen und strafbaren +Dienst die Achtung ihrer Nachbarn zu verscherzen und Leben und Vermögen +zu gefährden. Mehrere von ihnen weigerten sich, Sheriffs zu werden, und +von denen, welche die Ernennung annahmen, erklärten viele, daß sie eben +so gewissenhaft, als wenn sie Mitglieder der Staatskirche wären, ihre +Pflicht erfüllen, und keinen Wahlcandidaten, der nicht eine wirkliche +Stimmenmehrheit hätte, in’s Parlament schicken würden.<a class = "tag" +name = "tagVIII_62" id = "tagVIII_62" href = "#noteVIII_62">62</a></p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVIII_62" id = "noteVIII_62" href = +"#tagVIII_62">62.</a> +Etwa zwanzig Jahre vor dieser Zeit sprach sich ein Jesuit über die +eingezogene Lebensweise der katholischen Gentry Englands folgendermaßen +aus: <span class = "antiqua">„La nobilità Inglese, senon se legata in +serviglio di Corte ò in opera di maestrato, vive, e godo il più dell’ +anno a la campagna, ne’ suoi palagi e poderi, dove son liberi e padroni; +è ciò tanto più sollecitamente i Cattolici quanto più utilmente, si come +meno osservati colà.“ — L’Inghilterra descritta dal P. Daniello +Bartoli. Roma, 1667.</span></p> + +<p class = "continue"> +„Viele von den papistischen Sheriffs,“ schrieb Johnstone, „sind begütert +und erklären, daß man sich sehr irren würde, wenn man gefälschte Wahlen +von ihnen erwartete. Die papistische Gentry, welche auf ihren Landgütern +lebt, ist von der städtischen weit verschieden. Mehrere von ihnen haben +es abgelehnt, Sheriffs oder Statthaltersubstituten zu werden.“ — +8. Dec. 1687.</p> + +<p class = "continue"> +Ronquillo sagt das Nämliche: <span class = "antiqua">„Algunos Catolicos +que fueron nombrados por sherifes se han excusado.“</span> — +9.(19.) Jan. 1688. Einige Monate später versichert er seinem Hof, daß +die katholischen Landgentlemen gern zu einer Verständigung die Hand +bieten würden, deren Grundbedingungen die Abschaffung der Strafgesetze +und die Beibehaltung des Religionseides wären. <span class = +"antiqua">„Estoy informado,“</span> sagt er, <span class = +"antiqua">„que los Catolicos de las provincias no lo reprueban, pues no +pretendiendo oficios, y siendo solo algunos de la Corte los provechosos, +les parece que mejoran su estado, quedando seguros ellos y sus +descendientes en la religion, en la quietud, y en la seguridad de sus +haciendas.“</span> — 23. Juli (2. Aug.) 1688.</p> +</div> + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Stimmung der Dissenters.</span> +<a name = "secVIII_41" id = "secVIII_41">Konnte</a> der König schon auf +seine katholischen Sheriffs wenig rechnen, so konnte er sich noch viel +weniger auf die puritanischen verlassen. Seit dem Erscheinen der +Indulgenzerklärung waren mehrere Monate verflossen, Monate voll +wichtiger Ereignisse und fortwährender Streitigkeiten. Die öffentliche +Besprechung der Angelegenheiten hatte vielen Dissenters die Augen +geöffnet, aber die Maßregeln der Regierung, und vorzugsweise das strenge +Verfahren gegen das Magdalenen-Collegium, hatte mehr als selbst die +Feder eines Halifax dazu beigetragen, alle Klassen der Protestanten +aufzurütteln und zu vereinigen. Die meisten von den Sectirern, die sich +hatten verleiten lassen, ihren Dank für die Indulgenz auszudrücken, +schämten sich jetzt ihres Irrthums und wünschten sehnlichst, ihn dadurch +wieder gut zu machen, daß sie sich der großen Masse ihrer Landsleute +anschlossen.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Regulirung der Corporationen.</span> +<a name = "secVIII_42" id = "secVIII_42">In</a> Folge dieses Umschwungs +in den Gesinnungen der Nonconformisten stieß die Regierung in den +Städten auf fast eben so große Schwierigkeiten, wie auf dem platten +Lande. Als die Regulatoren ihre Arbeit begannen, hatten sie fest darauf +gerechnet, daß jeder Dissenter, der sich zu Gunsten der Indulgenz +ausgesprochen hatte, auch die Politik des Königs unterstützen werde. Sie +waren daher überzeugt, daß sie im Stande sein würden, alle +Municipalämter des Königreichs mit zuverlässigen Freunden zu besetzen. +In den neuen Städteordnungen hatte sich die Krone das Recht vorbehalten, +Magistratsbeamte nach ihrem Belieben zu entlassen. Dieses Recht wurde +jetzt ohne alle Beschränkung ausgeübt. Durchaus nicht so klar war es +<span class = "pagenum">VIII.48</span> +<a name = "pageVIII_48" id = "pageVIII_48"> </a> +jedoch, daß Jakob auch das Recht hatte, neue Magistratsbeamte zu +ernennen; aber mochte es ihm nun zustehen oder nicht, er beschloß, es +sich zu nehmen. Allenthalben, vom Tweed bis Landsend, wurden +toryistische Beamte abgesetzt und Presbyterianer, Independenten und +Baptisten an ihrer Stelle ernannt. In dem neuen Freibriefe der +Hauptstadt hatte sich die Krone das Recht vorbehalten, alle Vorsteher, +Pfleger und Beisitzer der Innungen zu entlassen. In Folge dessen wurden +über achthundert angesehene Bürger, sämmtlich Mitglieder der Partei, die +sich der Ausschließungsbill widergesetzt hatte, durch einen einzigen +Erlaß ihrer Ämter enthoben. Bald darauf erschien ein Nachtrag zu dieser +langen Liste.<a class = "tag" name = "tagVIII_63" id = "tagVIII_63" href += "#noteVIII_63">63</a> Aber die neuen Angestellten waren kaum +vereidigt, so zeigte es sich, daß sie eben so unfügsam waren, als ihre +Vorgänger. In Newcastle am Tyne ernannten die Regulatoren einen +katholischen Mayor und puritanische Aldermen. Man zweifelte keinen +Augenblick, daß die so umgestaltete Municipalbehörde eine Adresse +beschließen werde, in der sie die Maßregeln des Königs zu unterstützen +versprach. Die Adresse wurde jedoch verweigert. Der Mayor reiste wüthend +nach London und sagte dem Könige, die Dissenters seien alle Schurken und +Rebellen und die Regierung könne in der ganzen Corporation auf nicht +mehr als vier Stimmen rechnen.<a class = "tag" name = "tagVIII_64" id = +"tagVIII_64" href = "#noteVIII_64">64</a> In Reading wurden +vierundzwanzig toryistische Aldermen entlassen und vierundzwanzig neue +ernannt. Von diesen erklärten sich dreiundzwanzig sofort gegen die +Indulgenz und wurden deshalb ebenfalls wieder entlassen.<a class = "tag" +name = "tagVIII_65" id = "tagVIII_65" href = "#noteVIII_65">65</a> Im +Laufe weniger Tage wurde der Stadtbezirk von Yarmouth nacheinander durch +drei verschiedene Magistratskörper verwaltet, welche sämmtlich dem Hofe +gleich feindlich gesinnt waren.<a class = "tag" name = "tagVIII_66" id = +"tagVIII_66" href = "#noteVIII_66">66</a> Dies sind nur einzelne +Beispiele von dem was im ganzen Lande geschah. Der holländische Gesandte +berichtete an die Generalstaaten, daß in manchen Städten die +Magistratsbeamten in einem Monate zwei und selbst dreimal, aber dennoch +vergebens gewechselt worden seien.<a class = "tag" name = "tagVIII_67" +id = "tagVIII_67" href = "#noteVIII_67">67</a> Aus den Acten des +Geheimen Raths geht hervor, daß die Zahl der Regulationen, wie sie +genannt wurden, zweihundert überstieg.<a class = "tag" name = +"tagVIII_68" id = "tagVIII_68" href = "#noteVIII_68">68</a> Die +Regulatoren fanden in der That, daß in nicht wenigen Städten die +Veränderung eine Verschlimmerung war. Die mißvergnügten Tories hatten, +wenn sie auch über die Politik des Königs murrten; doch wenigstens stets +Achtung für seine Person und seinen Thron an den Tag gelegt und jeden +Gedanken an Widerstand verworfen. Ganz anders war die Sprache einiger +neuen Mitglieder der Corporationen. Man sagte, daß alte Soldaten der +Republik, welche zu ihrem eignen wie zum Erstaunen des Publikums zu +Aldermen ernannt worden waren, den Agenten des Hofes deutlich zu +verstehen gäben, es müsse erst Blut fließen, bevor Papismus und +Willkürgewalt in England zur Herrschaft gelangten.<a class = "tag" name += "tagVIII_69" id = "tagVIII_69" href = "#noteVIII_69">69</a></p> +<span class = "pagenum">VIII.49</span> +<a name = "pageVIII_49" id = "pageVIII_49"> </a> + +<p>Die Regulatoren sahen, daß mit dem was sie bis jetzt gethan hatten, +wenig oder nichts gewonnen war. Es gab indessen noch ein Mittel, aber +auch nur dieses eine, durch das sie hoffen konnten ihren Zweck zu +erreichen. Die Gemeindeordnungen der Wahlflecken mußten zurückgezogen +und durch neue ersetzt werden, welche das Wahlrecht auf sehr kleine, vom +König zu ernennende Wahlkörper beschränkten.<a class = "tag" name = +"tagVIII_70" id = "tagVIII_70" href = "#noteVIII_70">70</a></p> + +<p>Aber wie war dieser Plan auszuführen? In einigen der neuen Freibriefe +hatte sich die Krone zwar das Recht der Wiederentziehung vorbehalten, +aber die übrigen konnte Jakob nur durch freiwillige Zurückgabe von +Seiten der Corporationen oder durch einen Ausspruch der Kings Bench +wieder in die Hand bekommen. Aber nur wenige Corporationen waren jetzt +geneigt, ihre Gemeindeordnungen freiwillig aufzugeben, und ein +Richterspruch, wie er den Zwecken des Hofes diente, war selbst von einem +Sklaven wie Wright nicht zu erwarten. Die Quo-Warranto-Erlasse,<a class += "tag" name = "tagVIII_71" id = "tagVIII_71" href = +"#noteVIII_71">71</a> welche vor einigen Jahren erschienen waren, um die +Whigpartei zu vernichten, waren von allen Unparteiischen einhellig +verdammt worden. Doch hatten diese Erlasse wenigstens einen Anschein von +Recht für sich, denn sie waren gegen alte Municipalkörper gerichtet, und +unter diesen gab es wenige, in denen im Laufe der Zeit nicht Mißbrauche +eingerissen waren, welche genügenden Anhalt zu einem Prozeßverfahren +darboten. Die Corporationen aber, welche jetzt angegriffen wurden, +befanden sich noch im Alter der kindlichen Unschuld, die ältesten von +ihnen hatten kaum ihr fünftes Lebensjahr erreicht, und es war unmöglich, +daß viele von ihnen schon so schwer gesündigt haben sollten, daß sie +eine Zurücknahme ihrer Privilegien verdienten. Den Richtern selbst war +nicht wohl zu Muthe. Sie gaben zu bedenken, daß das, was man von ihnen +verlange, den einfachsten und klarsten Grundsätzen des Rechts und der +Gerechtigkeit schnurstracks zuwiderlaufe; aber alle Vorstellungen waren +umsonst. Die Wahlorte wurden zur Rücksendung ihrer Freibriefe +aufgefordert. Einige wenige kamen der Aufforderung nach; aber das +Verfahren, welches der König gegen diese wenigen einschlug, war eben +nicht geeignet, bei den anderen Vertrauen zu erwecken. In mehreren +Städten wurde der Gesammtbürgerschaft das Wahlrecht entzogen und auf +eine kleine Anzahl Personen beschränkt und diese mußten sich eidlich +verpflichten, die von der Regierung empfohlenen Candidaten zu +unterstützen. In Tewkesbury zum Beispiel wurde das Wahlrecht dreizehn +Personen übertragen. Doch selbst diese Anzahl war noch zu groß. Haß und +Furcht hatten sich so weit verbreitet, daß es kaum möglich war, auch +durch die unredlichsten Mittel nur dreizehn Männer zu finden, auf die +sich der Hof unbedingt verlassen konnte. Es hieß, daß die Mehrheit des +neuen Wahlkörpers von Tewkesbury von dem nämlichen Sinne beseelt sei, +welcher in der ganzen Nation überwiege, und daß derselbe an dem +entscheidenden Tage zuverlässige Protestanten in’s Parlament schicken +werde. Die Regulatoren drohten in heftigem Zorne, die Zahl der Wähler +auf drei zu reduciren.<a class = "tag" name = "tagVIII_72" id = +"tagVIII_72" href = "#noteVIII_72">72</a> Inzwischen +<span class = "pagenum">VIII.50</span> +<a name = "pageVIII_50" id = "pageVIII_50"> </a> +weigerte sich die große Mehrzahl der Wahlorte entschieden, ihre +Privilegien aufzugeben. Barnstaple, Winchester und Buckingham zeichneten +sich durch die Kühnheit ihres Widerstandes besonders aus. In Oxford +wurde der Antrag, daß die Stadt ihr Wahlrecht dem Könige zurückgeben +solle, mit achtzig gegen zwei Stimmen verworfen.<a class = "tag" name = +"tagVIII_73" id = "tagVIII_73" href = "#noteVIII_73">73</a> Der Tempel +und Westminsterhall kamen durch die plötzliche Häufung von Aufträgen aus +allen Theilen des Landes in ungewohnte Bewegung. Jeder Advokat von +bedeutender Praxis erhielt Vollmachten über Vollmachten von den +städtischen Corporationen, und die gewöhnlichen Clienten beklagten sich, +daß ihre Angelegenheiten vernachlässigt würden.<a class = "tag" name = +"tagVIII_74" id = "tagVIII_74" href = "#noteVIII_74">74</a> Es lag auf +der Hand, daß eine geraume Zeit darüber hingehen mußte, ehe eine so +große Anzahl Prozesse entschieden werden konnten. Diese Verzögerung war +der Tyrannei unerträglich. Es wurde nichts unterlassen, um die +widerspenstigen Wahlkörper durch Drohungen zur Unterwerfung zu bringen. +In Buckingham hatten einige Municipalbeamten sich in nicht eben lobender +Weise ausgesprochen. Man machte ihnen den Prozeß und kündigte ihnen an, +daß mit schonungsloser Strenge gegen sie verfahren werden würde, wenn +sie sich nicht durch Herausgabe ihres Freibriefs loskauften.<a class = +"tag" name = "tagVIII_75" id = "tagVIII_75" href = "#noteVIII_75">75</a> +In Winchester griff man zu noch strengeren Gewaltmaßregeln. Eine +bedeutende Truppenabtheilung wurde in die Stadt gelegt, einzig und +allein zu dem Zwecke, die Einwohner zu belästigen und zu quälen.<a class += "tag" name = "tagVIII_76" id = "tagVIII_76" href = +"#noteVIII_76">76</a> Die Stadt blieb fest und die öffentliche Stimme +beschuldigte den König laut, daß er die schlimmsten Verbrechen seines +Bruders von Frankreich nachahme; die Dragonaden hätten begonnen, sagte +man. Man hatte auch wirklich Grund zu ernsten Besorgnissen. Jakob war +auf den Einfall gekommen, daß er den Widerstandsgeist einer hartnäckigen +Stadt nicht wirksamer brechen könne, als indem er den Einwohnern +Soldaten in’s Quartier legte. Er mußte wissen, daß diese Maßregel +sechzig Jahre früher heftigen Unwillen erregt und durch die Bitte um +Recht, ein Gesetz, das von den Engländern kaum weniger verehrt wurde, +als die Magna Charta, feierlichst für gesetzwidrig erklärt worden war. +Aber er hoffte von den Gerichtshöfen eine Erklärung zu erlangen, daß +selbst die Bitte um Recht die Prärogative nicht beschränken könne. Er +fragte in der That den Oberrichter der Kings Bench über diesen +Gegenstand um Rath;<a class = "tag" name = "tagVIII_77" id = +"tagVIII_77" href = "#noteVIII_77">77</a> aber das Resultat der +Besprechung wurde geheim gehalten, und in einigen Wochen gestalteten +sich die Dinge so, daß eine Furcht, welche noch stärker war, als selbst +die vor der königlichen Ungnade, sogar einen so servilen Mann wie Wright +bewog, ein wenig einzuhalten.</p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVIII_63" id = "noteVIII_63" href = +"#tagVIII_63">63.</a> +<span class = "antiqua">Privy Council Book, Sept. 25. 1687, Febr. 21, +1687/88</span>.</p> + +<p><a name = "noteVIII_64" id = "noteVIII_64" href = +"#tagVIII_64">64.</a> +Acten der Corporation, angeführt in <span class = "antiqua">Brand’s +History of Newcastle</span>; Johnstone, 21. Febr. 1687/88.</p> + +<p><a name = "noteVIII_65" id = "noteVIII_65" href = +"#tagVIII_65">65.</a> +Johnstone, 21. Febr. 1687/88.</p> + +<p><a name = "noteVIII_66" id = "noteVIII_66" href = +"#tagVIII_66">66.</a> +Citters, 14.(24.) Febr. 1688.</p> + +<p><a name = "noteVIII_67" id = "noteVIII_67" href = +"#tagVIII_67">67.</a> +Citters, 1.(11.) Mai 1688.</p> + +<p><a name = "noteVIII_68" id = "noteVIII_68" href = +"#tagVIII_68">68.</a> +Am Rande der Geheimrathsacten findet man die Bemerkung „Zweite +Regulation“ und „Dritte Regulation“, wenn ein Wahlkörper mehr als einmal +umgestaltet worden war.</p> + +<p><a name = "noteVIII_69" id = "noteVIII_69" href = +"#tagVIII_69">69.</a> +Johnstone, 23. Mai 1688.</p> + +<p><a name = "noteVIII_70" id = "noteVIII_70" href = +"#tagVIII_70">70.</a> +Johnstone, 21. Febr. 1688.</p> + +<p><a name = "noteVIII_71" id = "noteVIII_71" href = +"#tagVIII_71">71.</a> +Diese Erlasse, so genannt nach den beiden Anfangsworten <span class = +"antiqua">Quo warranto</span>, ordneten eine Untersuchung über die +Rechtsbefugnisse an, auf welche sich die Privilegien einer Corporation +gründeten, und wenn sich eine Unregelmäßigkeit fand, wurde der Freibrief +entzogen. +  D. Übers.</p> + +<p><a name = "noteVIII_72" id = "noteVIII_72" href = +"#tagVIII_72">72.</a> +Johnstone, 21. Febr. 1688.</p> + +<p><a name = "noteVIII_73" id = "noteVIII_73" href = +"#tagVIII_73">73.</a> +Citters, 20.(30.) März 1688.</p> + +<p><a name = "noteVIII_74" id = "noteVIII_74" href = +"#tagVIII_74">74.</a> +<span class = "antiqua">Ibid.</span> 1.(11.) Mai 1688.</p> + +<p><a name = "noteVIII_75" id = "noteVIII_75" href = +"#tagVIII_75">75.</a> +<span class = "antiqua">Ibid.</span> 22. Mai (1. Jun.) 1688.</p> + +<p><a name = "noteVIII_76" id = "noteVIII_76" href = +"#tagVIII_76">76.</a> +<span class = "antiqua">Ibid.</span> 1.(11.) Mai 1688.</p> + +<p><a name = "noteVIII_77" id = "noteVIII_77" href = +"#tagVIII_77">77.</a> +<span class = "antiqua">Ibid.</span> 18.(28.) Mai 1688.</p> +</div> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Untersuchung in allen öffentlichen Verwaltungszweigen.</span> +<a name = "secVIII_43" id = "secVIII_43">Während</a> die Lordlieutenants +die Friedensrichter ausforschten und die Regulatoren die Wahlkörper +umgestalteten, wurden alle Zweige des Staatsdienstes einer strengen +Untersuchung unterworfen. Zuerst wurde der Palast gesäubert. Jeder mit +Narben bedeckte alte Kavalier, der zum Ersatz für das der Sache des +Königs geopferte Blut und Grundeigenthum ein Ämtchen in der königlichen +Garderobe oder im Marstalle erhalten +<span class = "pagenum">VIII.51</span> +<a name = "pageVIII_51" id = "pageVIII_51"> </a> +hatte, wurde aufgefordert, zwischen dem Könige und der Kirche zu wählen. +Die Zoll- und Steuercommissare wurden zu Seiner Majestät ins Schatzamt +beschieden, hier das Versprechen von ihnen verlangt, daß sie seine +Politik unterstützen wollten, und ihnen bedeutet, daß sie allen ihren +Unterbeamten ein ähnliches Versprechen abzunehmen hätten.<a class = +"tag" name = "tagVIII_78" id = "tagVIII_78" href = "#noteVIII_78">78</a> +Ein Zollbeamter motivirte seine Unterwerfung unter den Willen des Königs +in einer Weise, welche Heiterkeit und zugleich Mitleid erregte. „Ich +habe,“ sagte er, „vierzehn Gründe, die mich bestimmen, Seiner Majestät +Befehlen zu gehorchen: eine Frau und dreizehn unerzogene Kinder“.<a +class = "tag" name = "tagVIII_79" id = "tagVIII_79" href = +"#noteVIII_79">79</a> Gegen solche Gründe ließ sich allerdings nichts +einwenden; dennoch aber kamen nicht wenig Fälle vor, wo die religiösen +und patriotischen Gefühle selbst solche Gründe überwogen.</p> + +<p>Man hat Grund zu der Vermuthung, daß die Regierung um diese Zeit +ernstlich mit dem Plane umging, einen Schlag zu führen, der viele +tausend Familien an den Bettelstab gebracht und auf die socialen +Zustände aller Landestheile störend eingewirkt haben würde. Niemand +durfte Wein, Bier oder Kaffee ohne Concession verkaufen. Es hieß nun, +daß jeder Inhaber einer solchen Concession demnächst aufgefordert werden +sollte, entweder dieselben Verpflichtungen einzugehen, welche den +öffentlichen Beamten auferlegt worden waren, oder sein Geschäft +aufzugeben.<a class = "tag" name = "tagVIII_80" id = "tagVIII_80" href = +"#noteVIII_80">80</a> Wäre ein solcher Schritt gethan worden, so würden +ohne allen Zweifel die Wirthshäuser und öffentlichen Vergnügungsorte im +ganzen Lande zu Hunderten geschlossen worden sein. Welche Wirkung ein +solcher Eingriff in die Lebensgenüsse aller Stände hervorgebracht haben +würde, läßt sich nur muthmaßen. Der durch Übel erzeugte Unwille steht +nicht immer im Verhältnisse mit der Wichtigkeit derselben, und es ist +durchaus nicht unwahrscheinlich, daß die Einziehung von +Schankconcessionen das bewirkt haben würde, was die Entziehung von +Freibriefen nicht bewirkt hatte. Die Vornehmeren würden ihr +Chokoladenhaus in St. James Street, die Geschäftsmänner ihre +Kaffeekanne, bei der sie in Change Alley zu rauchen und zu politisiren +pflegten, schmerzlich vermißt haben. Die Hälfte der Clubs hätte sich +neue Versammlungslokale suchen müssen. Der Reisende würde des Nachts den +Gasthof, in welchem er gewohnt war abzusteigen und seine Abendmahlzeit +einzunehmen, verödet gefunden haben. Der Landmann würde die Bierschenke +vermißt haben, wo er im Sommer auf der Bank vor der Thür, im Winter am +Kamin seinen Krug zu trinken gewohnt war. Es war leicht möglich, daß die +auf solche Art gereizte Nation sich zu einem allgemeinen Aufstande +erhob, ohne auf die Hülfe fremder Verbündeter zu warten.</p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVIII_78" id = "noteVIII_78" href = +"#tagVIII_78">78.</a> +Citters, 6.(16.) April 1688; <span class = "antiqua">Treasury Letter +Book. March 14. 1687/88</span>; Ronquillo, 16.(26.) April.</p> + +<p><a name = "noteVIII_79" id = "noteVIII_79" href = +"#tagVIII_79">79.</a> +Citters, 18.(28.) Mai 1688.</p> + +<p><a name = "noteVIII_80" id = "noteVIII_80" href = +"#tagVIII_80">80.</a> +<span class = "antiqua">Ibid.</span> 18.(28.) Mai 1688.</p> +</div> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Entlassung Sawyer’s.</span> +<a name = "secVIII_44" id = "secVIII_44">Es</a> war nicht zu erwarten, +daß ein Fürst, der von allen niederen Dienern der Regierung bei Strafe +der Entlassung Unterstützung seiner Politik verlangte, einen +Generalfiskal behalten würde, dessen Abneigung gegen diese Politik kein +Geheimniß war. Sawyer hatte noch über anderthalb Jahr in seiner Stellung +bleiben dürfen, nachdem er sich gegen die Dispensationsgewalt erklärt +hatte. Diese ungewöhnliche Nachsicht verdankte er nur der +außerordentlichen Schwierigkeit, die es der Regierung machte, einen +Nachfolger für ihn zu finden. Es war um +<span class = "pagenum">VIII.52</span> +<a name = "pageVIII_52" id = "pageVIII_52"> </a> +der pekuniären Interessen der Krone willen nothwendig, daß wenigstens +einer der beiden ersten Staatsanwälte ein talentvoller und +kenntnißreicher Mann war, und es war keineswegs leicht, einen diesen +Anforderungen genügenden Juristen zu bewegen, daß er sich durch das +tägliche Begehen von Handlungen, welche das nächste Parlament +wahrscheinlich als schwere Übertretungen und Verbrechen betrachtete, +sehr ernster Gefahr aussetzte. Es war nicht möglich gewesen, einen +besseren Generalprokurator als Powis aufzutreiben, ein Mann, der sich +zwar aus nichts ein Gewissen machte, der aber auch nicht einmal den +gewöhnlichsten Pflichten seines Postens gewachsen war. Unter diesen +Umständen hielt man es für wünschenswerth, die Arbeit zu theilen. Ein +Fiskal, dessen Berufstüchtigkeit durch Gewissensskrupel bedeutend +beeinträchtigt wurde, hatte einen Prokurator zur Seite, dessen +Gewissenlosigkeit seinen Mangel an Befähigung einigermaßen ersetzte. +Wenn es der Regierung um energische Durchführung des Gesetzes zu thun +war, so wendete sie sich an Sawyer; wollte sie das Gesetz mit Füßen +treten, so hielt sie sich an Powis. Dieses Arrangement wurde so lange +beibehalten, bis der König die Dienste eines Anwalts erlangte, der zu +gleicher Zeit noch gewissenloser als Powis und geschickter als Sawyer +war.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Williams Generalprokurator.</span> +<a name = "secVIII_45" id = "secVIII_45">Keiner</a> der damals lebenden +Advokaten hatte der Regierung giftiger opponirt als Wilhelm Williams. Er +hatte sich unter der vorigen Regierung als Whig und Exclusionist +hervorgethan. Als die Parteiwuth den höchsten Grad erreicht hatte, war +er zum Sprecher des Unterhauses erwählt worden. Nach der Prorogation des +oxforder Parlaments war er der gewöhnliche Rechtsbeistand der heftigsten +Demagogen gewesen, die des Aufruhrs angeklagt wurden. Er besaß +anerkanntermaßen bedeutende juristische Gewandtheit und Kenntnisse. +Unbesonnene Überstürzung und Parteigeist hielt man für seine +Hauptfehler; daß er noch andere Fehler hatte, in Vergleich mit denen die +genannten als Tugenden gelten konnten, ahnete man damals noch nicht. Die +Regierung suchte eine Gelegenheit, um ihm etwas anzuhaben, und es wurde +ihr nicht schwer, eine solche zu finden. Er hatte auf Befehl des Hauses +der Gemeinen einen von Dangerfield verfaßten erzählenden Bericht +herausgegeben. Hätte ein Privatmann diese Schrift veröffentlicht, so +würde sie unbestreitbar als ein aufrührerisches Libell zu betrachten +gewesen sein. Es wurde bei der Kings Bench eine Criminaluntersuchung +gegen Williams eingeleitet; er berief sich umsonst auf die Privilegien +des Parlaments und wurde zu einer Geldbuße von zehntausend Pfund +verurtheilt. Einen großen Theil dieser Summe bezahlte er baar und über +den Rest gab er eine Schuldverschreibung. Der Earl von Peterborough, der +in Dangerfield’s Erzählung in beleidigender Weise erwähnt war, wurde +durch den Erfolg der Criminaluntersuchung ermuthigt, eine Civilklage auf +eine bedeutende Entschädigungssumme anhängig zu machen. Williams gerieth +dadurch in die größte Verlegenheit. Da bot sich ihm ein rettender Ausweg +dar. Allerdings war es ein Ausweg, der einem Manne von festen +Grundsätzen und edlem Character noch schrecklicher gewesen sein würde, +als Armuth, Gefängniß und selbst Tod. Er konnte sich der Regierung +verkaufen, deren Feind und Opfer er gewesen war; er konnte sich +erbieten, bei jedem Angriffe auf die Freiheiten und die Religion, für +welche er einen maßlosen Eifer gezeigt hatte, den gefährlichsten Posten +zu übernehmen; er konnte seinen Whiggismus durch Dienste wieder gut +machen, vor denen selbst die eingefleischtesten Tories, an deren Händen +das Blut +<span class = "pagenum">VIII.53</span> +<a name = "pageVIII_53" id = "pageVIII_53"> </a> +Russell’s und Sidney’s klebte, mit Abscheu zurückbebten. Der Handel +wurde abgeschlossen. Der noch schuldige Rest der Strafsumme wurde +erlassen und Peterborough durch Vermittelung des Königs zu einem +Vergleich bewogen. Sawyer wurde abgesetzt, Powis wurde Generalfiskal, +Williams wurde zum Generalprokurator ernannt, in den Adelstand erhoben +und war bald ein Günstling des Königs. Obgleich im Range nur der zweite +Kronjurist, gelang es ihm doch sehr bald, durch seine Gewandtheit, +Gelehrsamkeit und Energie seinen Vorgesetzten völlig in den Schatten zu +stellen<a class = "tag" name = "tagVIII_81" id = "tagVIII_81" href = +"#noteVIII_81">81</a>.</p> + +<p>Williams war noch nicht lange im Amte, als er aufgefordert wurde, in +dem denkwürdigsten Staatsprozesse, von dem die Annalen der britischen +Justiz berichten, eine Hauptrolle zu übernehmen.</p> + +<p class = "footnote"> +<a name = "noteVIII_81" id = "noteVIII_81" href = "#tagVIII_81">81.</a> +<span class = "antiqua">London Gazette, Dec. 15. 1687</span>. Siehe den +Prozeß gegen Williams in der <span class = "antiqua">Collection of State +Trials</span>. <span class = "antiqua">„Ha hecho,“</span> sagt +Ronquillo, <span class = "antiqua">„grande susto el haber nombrado el +abogado Williams, que fue el orador y el mas arrabiade de toda la casa +des comunes en los ultimos terribles parlamentos del Rey +difunto.“</span> 27. Nov. (7. Dec.) 1687.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Zweite Indulgenzerklärung.</span> +<a name = "secVIII_46" id = "secVIII_46">Am</a> 27. April 1688 erließ +der König eine zweite Indulgenzerklärung. In diesem Schriftstücke führte +er die Erklärung vom vorjährigen April in ihrer ganzen Länge auf. Sein +bisheriges Leben, sagte er dann, habe sein Volk überzeugen können, daß +er nicht der Mann sei, der sich von einem einmal gefaßten Beschlusse so +leicht abbringen lasse. Da aber heimtückische Menschen es versucht +hätten, die Welt glauben zu machen, daß man ihn doch noch zum Nachgeben +in dieser Angelegenheit werde bestimmen können, halte er es für nöthig, +zu erklären, daß sein Vorsatz unwiderruflich fest stehe, daß er +entschlossen sei, nur solche Männer anzustellen, welche bereit wären, +ihn bei der Ausführung seiner Pläne zu unterstützen, und daß er in +Gemäßheit dieses Entschlusses viele seiner ungehorsamen Diener von +Civil- und Militairämtern habe entheben müssen. Schließlich zeigte er +an, daß er spätestens im November ein Parlament einzuberufen gedenke, +und ermahnte seine Unterthanen, solche Vertreter in dasselbe zu wählen, +die ihn bei dem begonnenen großen Werke zu unterstützen geneigt wären<a +class = "tag" name = "tagVIII_82" id = "tagVIII_82" href = +"#noteVIII_82">82</a>.</p> + +<p class = "footnote"> +<a name = "noteVIII_82" id = "noteVIII_82" href = "#tagVIII_82">82.</a> +<span class = "antiqua">London Gazette, April 30. 1688</span>; Barillon, +26. April (6. Mai).</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Die Geistlichkeit erhält Befehl, sie von der Kanzel zu verlesen.</span> +<a name = "secVIII_47" id = "secVIII_47">Diese</a> Erklärung machte +anfangs nur wenig Sensation. Sie enthielt nichts Neues und die Leute +wunderten sich, daß der König es für nöthig hielt, ein feierliches +Manifest zu erlassen, blos um ihnen zu sagen, daß er seinen Sinn nicht +geändert habe<a class = "tag" name = "tagVIII_83" id = "tagVIII_83" href += "#noteVIII_83">83</a>. Die Gleichgültigkeit, mit der die Ankündigung +seines festen Entschlusses vom Publikum aufgenommen wurde, verdroß ihn +wahrscheinlich und er glaubte ohne Zweifel, daß seine Würde und +Autorität leiden könnten, wenn er nicht unverzüglich etwas Neues und +Auffallendes thue. In Folge dessen verfügte er unterm 4. Mai durch einen +Geheimrathsbefehl, daß seine Erklärung von vergangener Woche an zwei +aufeinanderfolgenden Sonntagen beim öffentlichen Gottesdienste von den +dienstthuenden Geistlichen aller Kirchen und Kapellen des Reiches +verlesen werden solle. In London und seinen Vorstädten sollte die +Verlesung am 20. und 27. Mai, in den anderen Landestheilen am 3. und 10. +Juni stattfinden. Die Bischöfe waren angewiesen, Exemplare der Erklärung +in ihren respectiven Diöcesen zu vertheilen<a class = "tag" name = +"tagVIII_84" id = "tagVIII_84" href = "#noteVIII_84">84</a>.</p> + +<span class = "pagenum">VIII.54</span> +<a name = "pageVIII_54" id = "pageVIII_54"> </a> +<p>Wenn man berücksichtigt, daß die Geistlichen der anglikanischen +Kirche fast ohne Ausnahme die Indulgenzerklärung als eine Verletzung der +Landesgesetze, als einen Wortbruch des Königs und als einen +verderblichen Gewaltstreich gegen die Interessen und die Würde ihres +Standes betrachteten, so wird man schwerlich daran zweifeln können, daß +der Geheimrathsbefehl darauf berechnet war, als eine tiefe Kränkung von +ihnen empfunden zu werden. Man glaubte im Volke, daß Petre diese Absicht +durch ein der orientalischen Redeweise entlehntes rohes Gleichniß +ausgesprochen habe. Er sollte gesagt haben, er wolle sie Koth essen +lassen und zwar den abscheulichsten und ekelhaftesten Koth. Aber konnte +man annehmen, daß die anglikanische Geistlichkeit diesem tyrannischen +und gehässigen Befehle den Gehorsam verweigern werde? Der Character des +Königs war willkürlich und streng und das Verfahren der kirchlichen +Commission eben so summarisch wie das eines Kriegsgerichts. Wer sich +aufzulehnen wagte, konnte in Zeit von acht Tagen seiner Stelle entsetzt, +seines ganzen Einkommens beraubt, der ferneren Bekleidung jedes +geistlichen Amts unfähig erklärt und in die Nothwendigkeit versetzt +werden, von Haus zu Haus sein Brot zu erbetteln. Wenn der ganze Stand +sich einmüthig dem königlichen Willen widersetzte, dann war es +allerdings wahrscheinlich, daß selbst Jakob nicht den Muth haben würde, +zehntausend Schuldige auf einmal zu bestrafen. Aber zu einer allgemeinen +Verständigung in dieser Angelegenheit war keine Zeit. Am 7. Mai erschien +der Befehl in der Gazette und schon am 20. sollte die Erklärung von +allen Kanzeln Londons und dessen Umgegend verlesen werden. Er wäre +damals mit der größten Anstrengung nicht möglich gewesen, binnen +vierzehn Tagen die Ansichten nur des zehnten Theiles der im ganzen Lande +zerstreuten Pfarrgeistlichen einzuholen, ja nur die Stimmen der Bischöfe +hätten nicht leicht in so kurzer Zeit gesammelt werden können. Auch +stand zu befürchten, daß, wenn die Geistlichkeit das Verlesen der +Erklärung verweigerte, die protestantischen Dissenters die Weigerung +falsch auslegen, die Hoffnung, von den Mitgliedern der anglikanischen +Kirche Duldung zu erlangen, aufgeben und ihr ganzes Gewicht in die +Wagschale des Hofes werfen würden.</p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVIII_83" id = "noteVIII_83" href = +"#tagVIII_83">83.</a> +Citters, 1.(11.) Mai 1688.</p> + +<p><a name = "noteVIII_84" id = "noteVIII_84" href = +"#tagVIII_84">84.</a> +<span class = "antiqua">London Gazette, Mai 7. 1688.</span></p> +</div> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Die Geistlichkeit ist unschlüssig.</span> +<a name = "secVIII_48" id = "secVIII_48">Die</a> Geistlichkeit war daher +unschlüssig und diese Unschlüssigkeit läßt sich wohl entschuldigen, denn +einige hochgestellte Laien, welche das öffentliche Vertrauen in hohem +Maße genossen, waren geneigt, zur Unterwerfung zu rathen. Sie waren der +Meinung, ein allgemeiner Widerstand stehe kaum zu erwarten und ein +theilweiser werde für die Einzelnen verderblich und für die Kirche und +die Nation im Allgemeinen nur von geringem Nutzen sein. Dies war die +ausgesprochene Ansicht von Halifax und Nottingham. Der Tag rückte heran +und noch war keine Verständigung und kein bestimmter Entschluß +erzielt.<a class = "tag" name = "tagVIII_85" id = "tagVIII_85" href = +"#noteVIII_85">85</a></p> + +<p class = "footnote"> +<a name = "noteVIII_85" id = "noteVIII_85" href = "#tagVIII_85">85.</a> +Johnstone, 27. Mai 1688.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Patriotismus der protestantischen Nonconformisten Londons.</span> +<a name = "secVIII_49" id = "secVIII_49">In</a> diesem Augenblicke +erwarben sich die protestantischen Dissenters der Hauptstadt einen +Anspruch auf die ewige Dankbarkeit ihres Vaterlandes. Die Regierung +hatte sie bisher als einen Theil ihrer Stärke betrachtet. Einige von +ihren thätigsten und lautesten Predigern hatten, durch die +Gnadenbezeigungen des Hofes bestochen, Adressen zu Gunsten +<span class = "pagenum">VIII.55</span> +<a name = "pageVIII_55" id = "pageVIII_55"> </a> +der Politik des Königs zu Stande gebracht. Andere, welche durch die +Erinnerung an viele schwere Unbilden sowohl der anglikanischen Kirche +als dem Hause Stuart entfremdet waren, hatten mit boshafter +Schadenfreude gesehen, wie der tyrannische Fürst und die tyrannische +Hierarchie durch bittere Feindschaft von einander getrennt waren und +sich gegenseitig überboten, um den Beistand von Secten zu erlangen, die +sie noch unlängst verfolgt und verachtet hatten. Aber so natürlich +dieses Gefühl auch sein mochte, man hatte sich demselben lange genug +hingegeben. Die Zeit war gekommen, wo man eine Wahl treffen mußte, und +die Nonconformisten traten in einer hochherzigen Regung auf die Seite +der Anglikaner, um gemeinschaftlich mit ihnen die Grundgesetze des +Reichs zu vertheidigen. Baxter, Bates und Howe zeichneten sich durch +ihre Anstrengungen, dieses Bündniß zu Stande zu bringen, besonders aus; +aber die edle Begeisterung, welche die Gesammtheit der Puritaner +beseelte, erleichterte ihnen die Aufgabe. Der Eifer der Pfarrer wurde +von dem ihrer Gemeinden noch übertroffen. Diejenigen Presbyterianer- und +Independentenprediger, welche Lust zeigten, mit dem Könige Partei gegen +die Landeskirche zu nehmen, wurden nachdrücklich bedeutet, daß, wenn sie +ihr Verfahren nicht änderten, ihre Gemeinden sie fernerhin weder hören +noch bezahlen würden. Alsop, der sich mit der Hoffnung geschmeichelt +hatte, daß er im Stande sein werde, einen großen Theil seiner Anhänger +dem Könige zuzuführen, sah sich plötzlich von Denen, die ihn kurz zuvor +noch als ihren geistlichen Führer verehrt hatten, verachtet und +verabscheut, verfiel darüber in eine tiefe Schwermuth und verbarg sich +vor den Blicken der Welt. Bei mehreren londoner Geistlichen erschienen +Deputationen, um sie zu bitten, daß sie die Masse der Dissenters nicht +nach den kriechenden Schmeicheleien beurtheilen möchten, welche kürzlich +die Spalten der Gazette gefüllt hätten, und forderten sie, als bei dem +großen Kampfe in vorderster Reihe stehend, auf, mit männlicher +Tapferkeit für die Freiheiten Englands und den den Heiligen +überlieferten Glauben zu streiten. Diese Versicherungen wurden freudig +und dankend aufgenommen. Unter Denen aber, die sich zu entscheiden +hatten, ob sie am nächsten Sonntage, den 20. Mai, dem Befehl des Königs +nachkommen wollten oder nicht, herrschte noch immer große Ängstlichkeit +und Meinungsverschiedenheit.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Berathung der londoner Geistlichkeit.</span> +<a name = "secVIII_50" id = "secVIII_50">Die</a> londoner Geistlichkeit, +welche damals allgemein als die Elite ihres Standes anerkannt war, +veranstaltete eine berathende Versammlung. Funfzehn Doctoren der +Theologie waren anwesend. Tillotson, Dechant von Canterbury, der +berühmteste Kanzelredner der damaligen Zeit, kam vom Krankenlager dahin. +Sherlock, Vorsteher des Tempels, Patrick, Dechant von Peterborough und +Oberpfarrer des wichtigen Kirchspiels St. Paul in Coventgarden, sowie +auch Stillingfleet, Archidiakonus von London und Dechant der St. +Pauls-Kathedrale, nahmen daran Theil. Die Versammlung im Allgemeinen +schien der Ansicht zu sein, daß es im Grunde doch gerathen sei, dem +Geheimrathsbefehl zu gehorchen. Der Streit begann hitzig zu werden und +hätte vielleicht schlimme Folgen haben können, wäre er nicht durch die +Festigkeit und Einsicht des Unterpfarrers von St. Giles, Cripplegate, +Doctor Eduard Fowler, beendigt worden. Dieser Mann gehörte zu der +kleinen aber ausgezeichneten Klasse von Theologen, welche die der Schule +Calvin’s eigene Liebe zur bürgerlichen Freiheit mit der Theologie der +Schule des Arminius verbanden<a class = "tag" name = "tagVIII_86" id = +"tagVIII_86" href = "#noteVIII_86">86</a>. Er erhob sich und sprach: +„Ich will +<span class = "pagenum">VIII.56</span> +<a name = "pageVIII_56" id = "pageVIII_56"> </a> +offen meine Meinung sagen. Die Sache ist so klar und einfach, daß lange +Erörterungen kein neues Licht auf sie werfen können, sondern nur die +Leidenschaften aufregen müssen. Lassen Sie einem Jeden blos Ja oder Nein +sagen. Ich für meine Person kann mich durch das Votum der Majorität +nicht binden lassen. Es würde mir leid thun, wenn dadurch unsre +Einigkeit gestört werden sollte, aber mein Gewissen erlaubt mir nicht, +diese Erklärung zu verlesen.“ Tillotson, Patrick, Sherlock und +Stillingfleet erklärten, daß sie der nämlichen Meinung seien, und die +Majorität fügte sich einer so achtbaren Minorität. Es wurde ein Beschluß +schriftlich ausgefertigt, durch den sich alle Anwesenden gegen einander +verpflichteten, die Erklärung nicht zu verlesen. Patrick war der Erste, +der seinen Namen unterschrieb, Fowler der Zweite. Das Papier wurde dann +in der Stadt herumgeschickt und war bald von fünfundachtzig +Pfründeninhabern unterzeichnet<a class = "tag" name = "tagVIII_87" id = +"tagVIII_87" href = "#noteVIII_87">87</a>.</p> + +<p>Unterdessen beriethen sich mehrere Bischöfe in banger Sorge über das +einzuschlagende Verfahren. Am 12. Mai war ein ernster und gelehrter +Kreis um den Tisch des Primas zu Lambeth versammelt. Compton, Bischof +von London, Turner, Bischof von Ely, White, Bischof von Peterborough, +und Tenison, Oberpfarrer des Kirchspiels St. Martin, befanden sich unter +den Anwesenden. Der Earl von Clarendon, ein warmer und +unerschütterlicher Freund der Kirche, war ebenfalls eingeladen worden. +Cartwright, Bischof von Chester, drängte sich, wahrscheinlich als Spion, +in die Versammlung. So lange er anwesend war, konnten vertrauliche +Mittheilungen nicht stattfinden; nach seinem Weggange aber wurde die +große Frage, welche alle Gemüther erfüllte, zur Sprache gebracht und +erörtert. Die allgemeine Ansicht war, daß die Erklärung nicht verlesen +werden solle. An mehrere der achtbarsten Prälaten der Provinz Canterbury +wurden sogleich Briefe geschrieben, durch welche dieselben aufgefordert +wurden, unverzüglich nach London zu kommen, um ihren Metropoliten in +dieser Angelegenheit zu unterstützen<a class = "tag" name = "tagVIII_88" +id = "tagVIII_88" href = "#noteVIII_88">88</a>. Da man kaum zweifeln +konnte, daß diese Briefe geöffnet werden würden, wenn sie durch das +Postamt in Lombard Street gingen, so wurden sie bis zu den nächsten +Poststationen in den verschiedenen Richtungen durch reitende Boten +befördert. Der Bischof von Winchester, dessen Loyalität sich bei +Sedgemoor so glänzend erprobt hatte, beschloß trotz eines ernstlichen +Unwohlseins der Aufforderung nachzukommen und sofort abzureisen, sah +aber, daß er die Erschütterung des Fahrens nicht vertragen konnte. Der +an Wilhelm Lloyd, Bischof von Norwich, gerichtete Brief wurde ungeachtet +aller Vorsichtsmaßregeln von einem Postmeister zurückgehalten, und +dieser Prälat, welcher keinem seiner Amtsbrüder in Muth und Eifer für +die gemeinsame Sache seines +<span class = "pagenum">VIII.57</span> +<a name = "pageVIII_57" id = "pageVIII_57"> </a> +Berufs nachstand, kam zu spät in London an<a class = "tag" name = +"tagVIII_89" id = "tagVIII_89" href = "#noteVIII_89">89</a>. Sein +Namensvetter, Wilhelm Lloyd, Bischof von St. Asaph, ein frommer, +rechtschaffener und gelehrter Mann, aber von schwacher Urtheilskraft und +halb aufgerieben durch seine beharrlichen Anstrengungen, aus Daniel und +der Offenbarung einige Aufschlüsse über den Papst und den König von +Frankreich zu gewinnen, eilte nach der Hauptstadt und traf am +Sechzehnten ein<a class = "tag" name = "tagVIII_90" id = "tagVIII_90" +href = "#noteVIII_90">90</a>. Am nächstfolgenden Tage kamen auch der +treffliche Ken, Bischof von Bath und Wells, Lake, Bischof von +Chichester, und Sir Johann Trelawney, Bischof von Bristol, ein Baronet +aus einer alten und angesehenen Familie in Cornwall.</p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVIII_86" id = "noteVIII_86" href = +"#tagVIII_86">86.</a> +Der verstorbene Alexander Knox, dieser ausgezeichnete Mann, dessen +beredte Conversation und vortrefflich ausgearbeitete Briefe einen großen +Einfluß auf die Gemüther seiner Landsleute ausübten, hat, wie ich +vermuthe, vieles von seinem theologischen System und Fowler’s Schriften +gelernt. Fowler’s Werk über den Zweck des Christenthums wurde von Johann +Bunyan mit einer durch nichts zu rechtfertigenden Heftigkeit +angegriffen, die sich nur durch die Herkunft und mangelhafte Erziehung +des ehrlichen Kesselflickers einigermaßen entschuldigen läßt.</p> + +<p><a name = "noteVIII_87" id = "noteVIII_87" href = +"#tagVIII_87">87.</a> +Johnstone, 23. Mai 1688. Es existirt ein satirisches Gedicht auf diese +Versammlung betitelt: „Die geistliche Cabale.“</p> + +<p><a name = "noteVIII_88" id = "noteVIII_88" href = +"#tagVIII_88">88.</a> +<span class = "antiqua">Clarendon’s Diary, May 22. 1688.</span></p> + +<p><a name = "noteVIII_89" id = "noteVIII_89" href = +"#tagVIII_89">89.</a> +Auszug aus Tanner’s Handschriften in <span class = "antiqua">Howell’s +State Trials</span>; <span class = "antiqua">Life of Prideaux</span>; +<span class = "antiqua">Clarendon’s Diary, May 16. 1688</span>.</p> + +<p><a name = "noteVIII_90" id = "noteVIII_90" href = +"#tagVIII_90">90.</a> +<span class = "antiqua">Clarendon’s Diary, May 16 & 17. +1688</span>.</p> +</div> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Berathung im Palast zu Lambeth.</span> +<a name = "secVIII_51" id = "secVIII_51">Am</a> Achtzehnten wurde im +Palast des Primas zu Lambeth eine Versammlung von Prälaten und anderen +ausgezeichneten Theologen gehalten. Tillotson, Tenison, Stillingfleet, +Patrick und Sherlock waren dabei anwesend. Vor dem Beginn der Berathung +wurde eine feierliche Betstunde gehalten. Nach einer langen Besprechung +setzte der Erzbischof eigenhändig eine Petition auf, in der die +allgemeine Ansicht ausgesprochen war. Sie war nicht im elegantesten +Style abgefaßt. Sancroft zog sich durch den schwülstigen und unschönen +Periodenbau sogar spöttelnden Tadel zu, den er mit weniger Geduld +ertrug, als er bei viel härteren Prüfungen gezeigt hatte. Dem Inhalte +nach aber konnte nichts geschickter entworfen sein, als dieses +denkwürdige Actenstück. Man verwahrte sich entschieden gegen alle +Illoyalität und Intoleranz, versicherte dem König, daß die Kirche noch +immer, wie von jeher, dem Throne treu ergeben sei und daß die Bischöfe +seiner Zeit am geeigneten Orte als Lords des Parlaments und als +Mitglieder des Oberhauses der Convocation beweisen wurden, wie es ihnen +keineswegs an humaner Rücksicht auf die Gewissensbedenken der Dissenters +fehle. Aber das Parlament habe sowohl unter der vorigen wie unter der +gegenwärtigen Regierung ausgesprochen, daß der Souverain nach der +Verfassung nicht berechtigt sei, in kirchlichen Angelegenheiten von +Gesetzen zu dispensiren. Deshalb sei die Erklärung gesetzwidrig und +Klugheit, Ehre und Gewissen gestatte den Petenten nicht, sich bei der +feierlichen Veröffentlichung einer ungesetzlichen Erklärung im Hause +Gottes und während der Zeit des Gottesdienstes zu betheiligen.</p> + +<p>Diese Petition wurde von dem Erzbischof und sechs seiner Suffraganen, +Lloyd von St. Asaph, Turner von Ely, Lake von Chichester, Ken von Bath +und Wells, White von Peterborough und Trelawney von Bristol, +unterzeichnet. Der Bischof von London unterzeichnete nicht mit, weil er +suspendirt war.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Die Petition der sieben Bischöfe dem Könige überreicht.</span> +<a name = "secVIII_52" id = "secVIII_52">Es</a> war spät am Freitag +Abend, und am Sonntag Morgen sollte die Erklärung in den Kirchen von +London verlesen werden. Die Petition mußte daher dem Könige unverweilt +überreicht werden. Die sechs Bischöfe brachen sofort nach Whitehall auf; +der Erzbischof, dem schon seit geraumer Zeit der Zutritt bei Hofe +untersagt war, begleitete sie nicht. Lloyd ließ seine fünf Collegen im +Hause des Lord Dartmouth in der +<span class = "pagenum">VIII.58</span> +<a name = "pageVIII_58" id = "pageVIII_58"> </a> +Nähe des Palastes zurück, begab sich zu Sunderland und bat den Minister, +die Petition zu lesen und sich zu erkundigen, wann der König geneigt +sein werde, sie in Empfang zu nehmen. Sunderland wollte, aus Furcht sich +zu compromittiren, die Petition gar nicht ansehen, begab sich aber +sogleich ins königliche Kabinet. Jakob befahl, die Bischöfe vorzulassen. +Er hatte von seinem Spion Cartwright erfahren, daß sie wohl geneigt +wären, dem königlichen Befehle zu gehorchen, aber einige kleine +Änderungen in der Form wünschten und eine unterthänige Bitte in diesem +Sinne vorlegen wollten. Seine Majestät war daher sehr gut gelaunt. Als +die Prälaten vor ihm knieten, bat er sie freundlich, aufzustehen, nahm +das Papier, aus Lloyd’s Händen und sagte: „Das ist Mylord Canterbury’s +Hand.“ — „Ja, Sire, seine eigene Hand,“ war die Antwort. Jakob las +die Petition, brach sie dann zusammen und sprach, während seine Stirn +sich verfinsterte: „Dies ist eine große Überraschung für mich. Ich hätte +dies von Ihrer Kirche, insbesondere von einigen unter Ihnen, nicht +erwartet. Das heißt die Fahne des Aufruhrs aufpflanzen.“ Die Bischöfe +ergossen sich in die wärmsten Versicherungen ihrer Loyalität; der König +aber wiederholte seiner Gewohnheit nach die gesprochenen Worte von +Anfang bis zu Ende. „Ich sage Ihnen, es ist eine Fahne des Aufruhrs!“ +— „Des Aufruhrs?“ rief Trelawney auf die Knie fallend. „Um des +Himmels willen, Sire, sprechen Sie nicht so hart von uns. Ein Trelawney +kann nie ein Rebell werden. Erinnern Sie Sich, daß meine Familie für die +Krone gekämpft hat, erinnern Sie Sich, wie ich Eurer Majestät gedient +habe, als Monmouth im Westen war.“ — „Wir haben den letzten +Aufstand unterdrückt,“ sagte Lake, „und wollen gewiß nicht einen neuen +hervorrufen.“ — „Wir, Rebellen!“ rief Turner; „wir sind bereit, zu +den Füßen Eurer Majestät zu sterben.“ — „Sire,“ hob jetzt Ken in +einem männlicheren Tone an, „ich hoffe, Sie werden uns die +Gewissensfreiheit zugestehen, die Sie Jedermann gewähren.“ Jakob aber +wiederholte abermals: „Das ist Aufruhr! das ist eine Fahne des Aufruhrs! +Hat jemals ein guter Diener der Staatskirche das Dispensationsrecht in +Frage gestellt? Haben nicht einige von Ihnen zu Gunsten desselben +gepredigt und geschrieben? Ich will durchaus, daß meine Erklärung +verlesen werde!“ — „Wir haben zwei Pflichten zu erfüllen,“ +erwiederte Ken, „unsre Pflicht gegen Gott und unsre Pflicht gegen Eure +Majestät. Wir ehren Sie, aber wir fürchten Gott.“ — „Habe ich das +um Sie verdient?“ versetzte der König mit wachsendem Zorne; „bin ich +nicht stets ein Freund Ihrer Kirche gewesen? Ich hätte dies nicht von +Ihnen erwartet. Aber ich verlange Gehorsam. Meine Erklärung muß verlesen +werden. Sie sind die Trompeter des Aufruhrs. Was wollen Sie hier? Gehen +Sie in Ihre Diöcesen und sorgen Sie dafür, daß meinen Befehlen gehorcht +wird. Dieses Papier will ich behalten. Sie bekommen es nicht zurück. Ich +werde Sie, die Unterzeichner, nicht vergessen.“ — „Gottes Wille +geschehe,“ sagte Ken. — „Gott hat mir die Dispensationsgewalt +verliehen,“ fuhr der König fort, „und ich werde sie zu behaupten wissen. +Ich sage Ihnen, es sind noch Siebentausend in Ihrer Kirche, die das Knie +nicht vor dem Baal gebeugt haben.“ Die Bischöfe entfernten sich +ehrerbietig<a class = "tag" name = "tagVIII_91" id = "tagVIII_91" href = +"#noteVIII_91">91</a>. +<span class = "pagenum">VIII.59</span> +<a name = "pageVIII_59" id = "pageVIII_59"> </a> +Noch den nämlichen Abend erschien die Petition, die sie dem Könige +überreicht hatten, Wort für Wort, in Druck und wurde in allen +Kaffeehäusern ausgelegt und in den Straßen zum Verkauf ausgeboten. +Allenthalben standen die Leute aus den Betten wieder auf und gingen +hinunter auf die Straße, um zu sehen, was es gab. Man sagte, daß der +Drucker binnen wenigen Stunden durch dieses Pennyblatt tausend Pfund +verdient habe. Dies mag übertrieben sein, aber es beweist wenigstens, +daß der Absatz ungeheuer war. Wie die Petition in die Öffentlichkeit +kam, ist noch heute ein Geheimniß. Sancroft versicherte, daß er jede +erdenkliche Vorsicht beobachtet habe und von keinem andren Exemplare +wisse, als von dem, welches er selbst geschrieben und das der König aus +Lloyd’s Händen entgegengenommen hatte. Die Wahrhaftigkeit des +Erzbischofs ist über alle Zweifel erhaben. Nicht unwahrscheinlich aber +ist es, daß einige von den anwesenden Geistlichen das kurze Schriftstück +ihrem Gedächtniß genau eingeprägt und es zum Druck befördert hatten. Die +vorherrschende Meinung war jedoch, daß eine Person aus der nächsten +Umgebung des Königs eine Indiscretion oder einen Verrath begangen habe<a +class = "tag" name = "tagVIII_92" id = "tagVIII_92" href = +"#noteVIII_92">92</a>. Kaum weniger Aufsehen machte ein kurzer, mit +großer logischer Schärfe und in kräftiger Sprache geschriebener Brief, +der im Geheimen gedruckt und an dem nämlichen Tage durch die Post und +durch die gewöhnlichen Botenfuhrleute verbreitet wurde. Jedem +Geistlichen im ganzen Lande wurde ein Exemplar zugesandt. Der Verfasser +versuchte es nicht, die Gefahr zu verhehlen, der sich Diejenigen +aussetzten, welche dem königlichen Befehle nicht gehorchten; aber er +schilderte mit lebhaften Farben die noch größere Gefahr der +Unterwerfung. „Wenn wir die Erklärung verlesen,“ sagte er, „so fallen +wir, um uns nicht wieder zu erheben. Und wir werden nicht bedauert, +sondern nur verachtet werden; wir fallen unter den Verwünschungen einer +Nation, die unsre Willfährigkeit ins Verderben gestürzt hat.“ Einige +waren der Meinung, die Schrift sei aus Holland herübergekommen, Andere +schrieben sie Sherlock zu. Aber Prideaux, Dechant von Norwich, der bei +der Verbreitung besonders thätig war, hielt sie für das Werk +Halifax’.</p> + +<p>Das Verfahren der Prälaten fand allgemeinen und lebhaften Beifall; +aber hier und da ließ sich auch ein Murren vornehmen. Man sagte, daß so +ernste Männer, wenn ihr Gewissen ihnen geboten hätte, beim Könige zu +remonstriren, dies früher hätten thun sollen. Wäre es recht gegen ihn +gehandelt, daß sie ihn bis sechsunddreißig Stunden vor der zur Verlesung +der Erklärung festgesetzten Zeit im Dunkeln ließen? Selbst wenn er den +Geheimrathsbefehl hätte zurücknehmen wollen, wäre es dazu zu spät +gewesen. Aus dem Allen scheine hervorzugehen, daß die Petition nicht den +Zweck gehabt habe, den König andren Sinnes zu machen, sondern nur die +Unzufriedenheit des Volks zu erregen<a class = "tag" name = "tagVIII_93" +id = "tagVIII_93" href = "#noteVIII_93">93</a>. Diese Beschwerden waren +jedoch völlig grundlos. Der König hatte den Bischöfen einen neuen, +unerwarteten und in Verlegenheit setzenden Befehl gegeben. Es war ihre +Pflicht, mit einander in Vernehmen zu treten und so weit als möglich die +Ansicht des Standes, dessen Oberhäupter sie waren, einzuholen, ehe sie +irgend einen Schritt thaten. Die Mitglieder waren im ganzen Lande +zerstreut, +<span class = "pagenum">VIII.60</span> +<a name = "pageVIII_60" id = "pageVIII_60"> </a> +einige waren eine volle Tagereise von einander entfernt. Jakob hatte +ihnen nur vierzehn Tage Zeit gelassen, um sich zu erkundigen, zu +berathschlagen und einen Entschluß zu fassen, und er konnte sich gewiß +nicht darüber beklagen, daß diese vierzehn Tage zu Ende gingen, bevor er +ihren Entschluß erfuhr. Ebenso ist es auch nicht wahr, daß sie ihm nicht +Zeit ließen, seinen Befehl zurückzunehmen, wenn er hätte so klug sein +wollen, dies zu thun. Er hätte am Samstag Morgen den Geheimen Rath +zusammenberufen können und vor dem Abend konnte es in ganz London und +dessen Vorstädten bekannt sein, daß er den Bitten der Väter der Kirche +nachgegeben. Der Samstag ging jedoch ohne ein Zeichen von Sinnesänderung +seitens der Regierung vorüber und der Sonntag kam heran, ein Tag, dessen +man sich noch lange erinnerte.</p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVIII_91" id = "noteVIII_91" href = +"#tagVIII_91">91.</a> +Sancroft’s Bericht aus Tanner’s Handschriften abgedruckt; Citters, 22. +Mai (1. Juni) 1688.</p> + +<p><a name = "noteVIII_92" id = "noteVIII_92" href = +"#tagVIII_92">92.</a> +<span class = "antiqua">Burnet, I. 741</span>; <span class = +"antiqua">Revolution Politics</span>; <span class = "antiqua">Higgins’s +Short View.</span></p> + +<p><a name = "noteVIII_93" id = "noteVIII_93" href = +"#tagVIII_93">93.</a> +<span class = "antiqua">Clarke’s Life of James the Second, II. +155.</span></p> +</div> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Die londoner Geistlichkeit gehorcht dem königlichen Befehle +nicht.</span> +<a name = "secVIII_53" id = "secVIII_53">In</a> der City und den +Vorstädten Londons gab es ungefähr hundert Pfarrkirchen. Nur in vier +derselben wurde der Geheimrathsbefehl befolgt. In der St. Gregorskirche +wurde die Erklärung von einem Geistlichen, Namens Martin, verlesen. +Sobald er die ersten Worte sprach, stand die ganze Gemeinde auf und +entfernte sich. In der St. Matthäuskirche in Friday Street wurde ein +Elender, Namens Timotheus Hall, der seinen Priesterrock geschändet, +indem er der Herzogin von Portsmouth bei dem Handel mit Begnadigungen +als Zwischenträger gedient und der jetzt Hoffnung auf das erledigte +Bisthum Oxford hatte, ebenfalls von seiner Gemeinde in der Kirche allein +gelassen. In Serjeant’s Inn, in Chancery Lane, gab der Geistliche vor, +er habe vergessen, ein Exemplar der Erklärung mitzubringen, und der +Oberrichter der Kings Bench, welcher anwesend war, um darauf zu sehen, +daß dem königlichen Befehle gehorcht werde, mußte sich mit dieser +Entschuldigung begnügen. Samuel Wesley, der Vater Johann’s und Karl’s +Wesley, Pfarrer in London, wählte an diesem Sonntage zum Text seiner +Predigt die edle Antwort, welche die drei Juden dem chaldäischen +Tyrannen gaben: „So sollst Du nun wissen, o König, daß wir Deine Götter +nicht ehren, noch das güldene Bild, das Du hast setzen lassen, anbeten +wollen.“ Selbst in der Kapelle des St. Jamespalastes hatte der +dienstthuende Geistliche den Muth, dem Befehle nicht zu gehorchen. Die +Knaben von Westminster erinnerten sich noch lange dessen, was an jenem +Tage in der Abtei vorging. Sprat, Bischof von Rochester, fungirte hier +als Dechant. Sobald er die Erklärung zu verlesen begann, übertäubte das +Murren und das Geräusch des sich aus der Kirche drängenden Volks seine +Stimme. Er zitterte so heftig, daß man das Papier in seiner Hand sich +bewegen sah. Lange bevor er geendet hatte, war die Kirche von Allen +verlassen, bis auf Diejenigen, die ihre Stellung zum Bleiben nöthigte.<a +class = "tag" name = "tagVIII_94" id = "tagVIII_94" href = +"#noteVIII_94">94</a></p> + +<p>Noch nie war die Kirche der Nation so theuer gewesen, als an jenem +Nachmittage. Der Geist der Zwietracht schien erloschen zu sein. Baxter +hielt auf der Kanzel eine Lobrede auf die Bischöfe und die Pfarrer. +Wenige Stunden später schrieb der holländische Gesandte an die +Generalstaaten, daß die anglikanische Geistlichkeit in der Achtung des +Publikums unglaublich gestiegen sei. Die Nonconformisten, sagte er, +sprächen sich +<span class = "pagenum">VIII.61</span> +<a name = "pageVIII_61" id = "pageVIII_61"> </a> +allgemein dahin aus, daß sie lieber unter dem Drucke der Strafgesetze +bleiben, als ihre Sache von der der Prälaten trennen wollten.<a class = +"tag" name = "tagVIII_95" id = "tagVIII_95" href = +"#noteVIII_95">95</a></p> + +<p>So verging noch eine Woche ängstlicher Aufregung, und der zweite +Sonntag kam heran. Abermals waren die Kirchen der Hauptstadt mit +Hunderttausenden gefüllt. Die Erklärung wurde nirgends anderwärts +verlesen, als an den wenigen Orten, wo sie vor acht Tagen verlesen +worden war. Der Geistliche, der in der Kapelle des St. Jamespalastes +gepredigt hatte, war seines Amtes entsetzt worden und es erschien ein +servilerer Geistlicher mit dem Papier in der Hand; aber er war so +befangen, daß er nicht vernehmlich sprechen konnte. Die Stimmung der +ganzen Nation hatte sich in der That so gestaltet, daß nur die besten +und hochherzigsten, oder die schlechtesten und characterlosesten +Menschen ihr ohne große Angst die Stirn bieten konnten.<a class = "tag" +name = "tagVIII_96" id = "tagVIII_96" href = "#noteVIII_96">96</a></p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVIII_94" id = "noteVIII_94" href = +"#tagVIII_94">94.</a> +Citters; 22. Mai (1. Juni) 1688; <span class = "antiqua">Burnet</span>, +I. 740 und Lord Dartmouth’s Note; <span class = "antiqua">Southey’s Life +of Wesley</span>.</p> + +<p><a name = "noteVIII_95" id = "noteVIII_95" href = +"#tagVIII_95">95.</a> +Citters, 22. Mai (1. Juni) 1688.</p> + +<p><a name = "noteVIII_96" id = "noteVIII_96" href = +"#tagVIII_96">96.</a> +<span class = "antiqua">Ibid.</span> 29. Mai (8. Juni) 1688.</p> +</div> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Unschlüssigkeit der Regierung.</span> +<a name = "secVIII_54" id = "secVIII_54">Selbst</a> der König war einen +Augenblick bestürzt über die Heftigkeit des von ihm heraufbeschworenen +Sturmes. Was sollte er nun zunächst thun? Er mußte entweder vorwärts +oder rückwärts gehen, und ersteres konnte er nicht ohne Gefahr, +letzteres nicht ohne Demüthigung. Einmal nahm er sich vor, einen neuen +Befehl zu erlassen, durch den er der Geistlichkeit in hochmüthigem und +zornigem Tone gebot, seine Erklärung zu verlesen, und jedem +Widerspenstigen mit augenblicklicher Amtsentsetzung drohte. Dieser +Befehl wurde zu Papier gebracht und in die Druckerei geschickt, dann +zurückgeholt, dann zum zweitenmal in die Druckerei geschickt und noch +einmal zurückgeholt.<a class = "tag" name = "tagVIII_97" id = +"tagVIII_97" href = "#noteVIII_97">97</a> Zu einem andren Plane riethen +einige von Denen, welche für strenge Maßregeln waren. Sie meinten, die +Prälaten, welche die Petition unterzeichnet hatten, könnten ja vor die +kirchliche Commission citirt und ihrer Bischofssitze beraubt werden. +Gegen dieses Verfahren aber wurden im Staatsrathe energische +Einwendungen erhoben. Man habe angekündigt, daß die Kammern noch vor +Ende des Jahres einberufen werden sollten und die Lords würden das +Absetzungsurtel unzweifelhaft für null und nichtig erklären, auf der +Einberufung Sancroft’s und seiner Mitpetenten bestehen und sich weigern, +einen neuen Erzbischof von Canterbury oder einen neuen Bischof von Bath +und Wells anzuerkennen. So würde die Session, die aller +Wahrscheinlichkeit nach im günstigen Falle immer noch sehr stürmisch +werden würde, sogleich mit einem erbitterten Streite zwischen der Krone +und den Peers beginnen. Wenn daher eine Bestrafung der Bischöfe für +nöthig gehalten würde, so müßte dieselbe nach dem bekannten Gange des +englischen Rechtsverfahrens über sie verhängt werden. Sunderland hatte +sich von Anfang an, soweit er es ohne Gefahr wagen konnte, dem +Geheimrathsbefehl widersetzt. Jetzt rieth er zu einem Verfahren, das +zwar nicht frei von Nachtheilen, aber doch das klügste und würdigste +war, welches der Regierung nach einer Reihe von Fehlgriffen noch offen +stand. Der König solle mit Huld und Majestät der Welt ankündigen, daß +das ungehorsame Benehmen der anglikanischen Kirche ihn tief verletzt +habe, daß er aber die vielen Dienste nicht vergessen könne, die diese +Kirche in schweren Prüfungszeiten seinem Vater, +<span class = "pagenum">VIII.62</span> +<a name = "pageVIII_62" id = "pageVIII_62"> </a> +seinem Bruder und ihm selbst geleistet; daß er als Freund der +Gewissensfreiheit nicht streng gegen Männer verfahren wolle, deren +allerdings irregeleitetes und über alle Maßen bedenkliches Gewissen +ihnen nicht erlaubt habe, seinen Befehlen zu gehorchen, und daß er daher +die Schuldigen der Strafe überlassen werde, die ihre eigne Überzeugung +ihnen zuerkennen müsse, wenn sie ihre neuesten Schritte mit den loyalen +Grundsätzen verglichen, deren sie sich so laut gerühmt hätten. Nicht +allein Powis und Bellasyse, welche stets für gemäßigte Beschlüsse waren, +sondern selbst Dover und Arundell neigten sich zu diesem Vorschlage hin. +Jeffreys dagegen behauptete, daß die Regierung entehrt sein würde, wenn +sie solche Verbrecher, wie die sieben Bischöfe, mit einem bloßen +Verweise davon kommen ließe. Er wünschte jedoch nicht, daß sie vor die +Hohe Commission, in welcher er als erster oder vielmehr einziger Richter +saß, geladen würden, denn die Last des öffentlichen Hasses, die er +bereits zu tragen hatte, war selbst für seine schamlose Stirn und sein +verknöchertes Herz zu groß, und er erschrak vor der Verantwortlichkeit, +die er durch eine gesetzwidrige Verurtheilung der Oberhäupter der +Staatskirche und der Lieblinge des Volkes auf sich geladen haben +würde.</p> + +<p class = "footnote"> +<a name = "noteVIII_97" id = "noteVIII_97" href = "#tagVIII_97">97.</a> +<span class = "antiqua">Ibid.</span></p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Es wird eine gerichtliche Verfolgung der Bischöfe wegen Libells +beschlossen.</span> +<a name = "secVIII_55" id = "secVIII_55">Jeffreys</a> empfahl deshalb +einen Criminalprozeß gegen sie anhängig zu machen. In Folge dessen wurde +beschlossen, den Erzbischof und die sechs anderen Bittsteller unter der +Anklage auf Abfassung eines aufrührerischen Libells vor den Gerichtshof +der Kings Bench zu stellen. Daß sie für schuldig befunden werden würden, +daran war kaum zu zweifeln, denn die Richter und ihre Unterbeamten waren +Werkzeuge des Hofes. Seitdem der Hauptstadt ihr alter Freibrief entzogen +worden, war kaum ein Gefangener, den die Regierung bestraft wissen +wollte, von einer Jury freigesprochen worden. Die widerspenstigen +Prälaten wurden höchst wahrscheinlich zu unerschwinglichen Geldbußen und +langer Haft verurtheilt und waren dann froh, wenn sie sich dadurch +loskaufen konnten, daß sie in und außer dem Parlament den Absichten des +Königs dienten.<a class = "tag" name = "tagVIII_98" id = "tagVIII_98" +href = "#noteVIII_98">98</a></p> + +<p>Am 27. Mai wurde den Bischöfen angekündigt, daß sie am 8. Juni vor +dem Könige im Geheimen Rathe erscheinen sollten. Warum eine so lange +Frist gestattet wurde, ist uns nicht bekannt. Vielleicht hoffte Jakob, +daß einige der Schuldigen sich aus Furcht vor seiner Ungnade bis zu dem +zum Verlesen der Erklärung bestimmten Tage noch fügen und, um sich mit +ihm auszusöhnen, die Geistlichen ihrer Diöcesen zum Gehorsam überreden +würden. Wenn dies wirklich seine Hoffnung war, so wurde sie vollständig +getäuscht. Der 3. Juni kam und alle Theile Englands folgten dem +Beispiele der Hauptstadt. Die Bischöfe von Norwich, Gloucester, +Salisbury, Winchester und Exeter hatten bereits Abschriften der Petition +zum Beweis ihrer Zustimmung unterzeichnet; der Bischof von Worcester +hatte sich geweigert, die Erklärung unter seine Geistlichen zu +vertheilen; der Bischof von Hereford hatte sie vertheilt, wurde aber, +wie allgemein bekannt war, deshalb von Reue und Scham gequält. Von +<span class = "pagenum">VIII.63</span> +<a name = "pageVIII_63" id = "pageVIII_63"> </a> +fünfzig Pfarrern fügte sich noch nicht einer dem Geheimrathsbefehl. In +der großen Diöcese Chester, welche die Grafschaft Lancaster umfaßt, +konnte Cartwright nicht mehr als drei Geistliche zum Gehorsam gegen den +König bewegen. Die Diöcese Norwich enthält viele hundert Pfarreien, und +nur in vieren davon wurde die Erklärung verlesen. Dem höfischen Bischof +von Rochester gelang es nicht, die Gewissensscrupel des +Gefängnißpredigers von Chatham, der von der Regierung besoldet wurde, zu +heben. Es existirt noch ein rührender Brief, den dieser wackere +Geistliche an den Sekretär der Admiralität schrieb. „Ich kann wohl nicht +erwarten,“ schrieb er darin, „daß Euer Ehren sich für mich verwenden. +Der Wille Gottes geschehe. Ich will lieber leiden, als sündigen“<a class += "tag" name = "tagVIII_99" id = "tagVIII_99" href = +"#noteVIII_99">99</a>.</p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVIII_98" id = "noteVIII_98" href = +"#tagVIII_98">98.</a> +Barillon, 24. Mai (3. Juni), 31. Mai (10. Juni) 1688; Citters, 1.(11.) +Juli; Adda 25. Mai (4. Juni), 30. Mai (9. Juni), 1.(11.) Juni; <span +class = "antiqua">Clarke’s Life of James the Second, II. 158</span>.</p> + +<p><a name = "noteVIII_99" id = "noteVIII_99" href = +"#tagVIII_99">99.</a> +<span class = "antiqua">Burnet, I. 740</span>; <span class = +"antiqua">Life of Prideaux</span>; Citters, 12.(22.), 15.(25.) Juni +1688; <span class = "antiqua">Tanner MS.</span>; <span class = +"antiqua">Life and Correspondence of Pepys</span>.</p> +</div> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Sie werden im Geheimen Rathe verhört.</span> +<a name = "secVIII_56" id = "secVIII_56">Am</a> Abend des 8. Juni +begaben sich die sieben Prälaten, von den ausgezeichnetsten +Rechtsgelehrten Englands gehörig instruirt, in den Palast, wo sie +alsbald in das Geheimrathszimmer gerufen wurden. Ihre Petition lag auf +dem Tische. Der Kanzler nahm das Papier, zeigte es dem Erzbischofe und +sagte: „Ist dies die Schrift, die Euer Gnaden aufgesetzt und welche die +hier anwesenden Bischöfe Seiner Majestät überreicht haben?“ Sancroft +warf einen Blick auf das Papier und sagte dann zum Könige: „Sire, ich +stehe hier als Angeklagter. Ich war dies noch nie und hätte früher nicht +geglaubt, daß ich es je einmal werden könnte. Am allerwenigsten aber +habe ich daran gedacht, daß mir ein Vergehen gegen meinen König zur Last +gelegt werden könnte. Da ich aber das Unglück habe, in diese Lage +gekommen zu sein, so wird Eure Majestät es mir nicht übel nehmen, wenn +ich von dem mir gesetzlich zustehenden Rechte Gebrauch mache, nichts zu +sagen, was mich als schuldig erscheinen lassen könnte.“ — „Dies +ist bloße Chikane,“ erwiederte der König. „Euer Gnaden werden +hoffentlich nicht so gewissenlos sein, daß Sie Ihre eigne Hand +verleugnen?“ — „Sire,“ sagte Lloyd, der die Casuistik gründlich +studirt hatte, „alle Theologen stimmen darin überein, daß Jemand, der +sich in unsrer Lage befindet, die Antwort auf eine solche Frage +verweigern darf.“ Der König, der eben so beschränkten Verstandes, als +heftigen Temperamentes war, wußte nicht sogleich was der Prälat meinte. +Er beharrte jedoch auf seinem Verlangen und gerieth in sichtbaren Zorn. +„Sire,“ hob der Erzbischof wieder an, „ich bin nicht verpflichtet, mich +selbst anzuklagen. Dessenungeachtet will ich, wenn Eure Majestät es +durchaus befiehlt, eine Antwort geben, in dem Vertrauen, daß ein +gerechter und edelsinniger Fürst das was ich lediglich aus Gehorsam +gegen Höchstdessen Befehl thue, nicht als Rechtsbeweis gegen mich +anwenden lassen wird.“ — „Sie dürfen mit Ihrem Souverain nicht +kapituliren,“ sagte der Kanzler. „Nein,“ setzte der König hinzu, „ich +werde einen solchen Befehl nicht geben. Wenn Sie es vorziehen, Ihre +eigenen Handschriften abzuleugnen, so habe ich Ihnen nichts mehr zu +sagen.“</p> + +<p>Die Bischöfe wurden zu wiederholten Malen ins Vorzimmer +hinausgeschickt und eben so oft wieder hereingerufen. Endlich gab ihnen +Jakob den bestimmten Befehl, auf die Frage zu antworten. Er +verpflichtete sich allerdings nicht ausdrücklich dazu, daß ihr +Geständniß nicht gegen sie angewendet +<span class = "pagenum">VIII.64</span> +<a name = "pageVIII_64" id = "pageVIII_64"> </a> +werden sollte; aber nach dem was vorausgegangen war, mußten sie +natürlich annehmen, daß diese Zusage selbstverständlich mit in dem +Befehle enthalten sei. Sancroft erkannte seine Handschrift an, und seine +Collegen folgten seinem Beispiele. Hierauf wurden sie über den Sinn +einiger in der Petition vorkommenden Worte und über den Brief befragt, +der im ganzen Lande verbreitet worden war und so großes Aufsehen gemacht +hatte; aber ihre Antworten waren so vorsichtig, daß durch das Verhör +nichts gewonnen wurde. Der Kanzler sagte ihnen nun, daß eine +Criminaluntersuchung bei der Kings Bench gegen sie eingeleitet werden +würde und forderte sie auf, sich wegen ihres Erscheinens jeder für seine +eigne Person zu verpflichten. Dies lehnten sie aber ab. Sie seien Peers +des Reiches, sagten sie, die besten Rechtsgelehrten von Westminster Hall +hätten ihnen gesagt, daß keinem Peer in einer Untersuchung wegen Libells +persönliche Bürgschaft angesonnen werden könne, und sie hielten sich +nicht für berechtigt, auf eines ihrer Standesvorrechte zu verzichten. +Der König war einfältig genug, es als eine persönliche Beleidigung gegen +sich zu betrachten, daß die Bischöfe in einer Rechtsfrage sich durch +juristischen Rath leiten ließen. „Sie glauben ja auch jedem Andren eher +als mir,“ sagte er. Er fühlte sich ernstlich gedemüthigt und beunruhigt, +denn er war so weit gegangen, daß ihm, wenn sie auf ihrem Vorsatze +beharrten, nichts Andres übrig blieb, als sie in’s Gefängniß zu +schicken, und wenn er auch keineswegs <em>alle</em> Folgen eines solchen +Schrittes voraussah, so sah er doch so viel davon voraus, daß ihm bange +wurde. Sie blieben fest. Es wurde daher wirklich ein Befehl +ausgefertigt, welcher den Gouverneur des Tower anwies, sie in sicherem +Gewahrsam zu halten und eine Barke brachte sie den Fluß hinunter nach +dem Staatsgefängnisse.<a class = "tag" name = "tagVIII_100" id = +"tagVIII_100" href = "#noteVIII_100">100</a></p> + +<p>Ganz London wußte, daß die Bischöfe vor dem Geheimen Rathe standen. +Das Publikum war in gespannter Erwartung. Eine große Menschenmenge +füllte die Höfe von Whitehall und alle umliegenden Straßen. Viele Leute +pflegten sich damals an Sommerabenden an der kühlen Themseluft zu +erlaben; an diesem Abend aber war der ganze Fluß mit Böten bedeckt. Als +die sieben Bischöfe in Begleitung einer Wache erschienen, konnte das +Volk seine Gefühle nicht mehr beherrschen. Tausende fielen auf die Knie +und beteten laut für die Männer, welche mit dem christlichen Muthe eines +Ridley und Latimer einem von der ganzen Bigotterie der Maria erfüllten +Tyrannen Trotz geboten hatten. Viele sprangen in den Fluß und riefen, +bis über den Hüften in Schlamm und Wasser stehend, die heiligen Väter um +ihren Segen an. Auf der ganzen Strecke von Whitehall bis zur +London-Brücke fuhr die königliche Barke zwischen Reihen von Böten, aus +denen beständig der Ruf: „Gott segne Eure Lordschaften!“ ertönte. Der +König gab in seiner Angst Befehl, daß die Besatzung des Tower verstärkt, +die Garden zum Feuern bereit gehalten und zwei Compagnien von jedem +Regiment im ganzen Reiche unverzüglich nach London berufen werden +sollten. Die Militairmacht aber, die er als das zuverlässigste Werkzeug +zur Bändigung des Volkes ansah, theilte alle Gefühle desselben. Selbst +die Schildwachen, welche am Verrätherthore unter Waffen standen, baten +die Märtyrer, die sie bewachen sollten, um ihren Segen. Der Gouverneur +des Tower war Sir Eduard +<span class = "pagenum">VIII.65</span> +<a name = "pageVIII_65" id = "pageVIII_65"> </a> +Hales. Er war nicht eben geneigt, seine Gefangenen freundlich zu +behandeln, denn er war von der Kirche, für die sie litten, abgefallen +und bekleidete kraft der Dispensationsgewalt, gegen die sie protestirt +hatten, mehrere einträgliche Stellen. Mit Entrüstung vernahm er, daß +seine Soldaten auf das Wohl der Bischöfe tranken, und er befahl seinen +Offizieren, dies ein für allemal zu verbieten; aber diese brachten ihm +die Meldung, daß es sich nicht mehr verhindern lasse und daß in der +ganzen Besatzung keine andre Gesundheit mehr ausgebracht werde. Übrigens +bewiesen die Truppen ihre Verehrung für die Väter der Kirche nicht +allein durch Toaste. Im ganzen Tower herrschte eine so andächtige +Stimmung, daß fromme Geistliche dem Himmel dankten, daß er aus Bösem +Gutes hervorgehen ließe und die Verfolgung seiner treuen Diener zum +Rettungsmittel für viele Seelen machte. Tag für Tag sah man die +Equipagen und Livreen der vornehmsten Kavaliere Englands vor den +Eingängen des Gefängnisses, und Tausende von Zuschauern aus den +bürgerlichen Klassen bedeckten fortwährend Towerhill.<a class = "tag" +name = "tagVIII_101" id = "tagVIII_101" href = "#noteVIII_101">101</a> +Von den verschiedenen Zeichen der öffentlichen Verehrung und Theilnahme +für die Prälaten erfüllte aber namentlich eines mehr als alle anderen +den König mit Zorn und Besorgniß. Er erfuhr, daß eine Deputation von +zehn nonconformistischen Geistlichen die Bischöfe im Tower besucht +hatte. Er ließ vier von ihnen zu sich entbieten und machte ihnen +persönlich heftige Vorwürfe; sie aber antworteten ihm muthig, daß sie es +für ihre Pflicht hielten, vergangene Streitigkeiten zu vergessen und zu +den Männern zu stehen, welche die Träger des protestantischen Glaubens +seien.<a class = "tag" name = "tagVIII_102" id = "tagVIII_102" href = +"#noteVIII_102">102</a></p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVIII_100" id = "noteVIII_100" href = +"#tagVIII_100">100.</a> +Sancroft’s Bericht, abgedruckt aus Tanner’s Handschriften.</p> + +<p><a name = "noteVIII_101" id = "noteVIII_101" href = +"#tagVIII_101">101.</a> +<span class = "antiqua">Burnet, I. 741</span>; Citters, 8.(18.), +12.(22.) Juni 1688; <span class = "antiqua">Luttrell’s Diary, June +8</span>; <span class = "antiqua">Evelyn’s Diary</span>, Brief von <span +class = "antiqua">Dr.</span> Ralson an seine Gattin vom 14. Juni +abgedruckt aus Tanner’s Handschriften; <span class = "antiqua">Reresby’s +Memoirs</span>.</p> + +<p><a name = "noteVIII_102" id = "noteVIII_102" href = +"#tagVIII_102">102.</a> +<span class = "antiqua">Reresby’s Memoirs</span>.</p> +</div> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Geburt des Prätendenten.</span> +<a name = "secVIII_57" id = "secVIII_57">Kaum</a> hatten sich die Thore +des Tower hinter den Gefangenen geschlossen, so trat ein Ereigniß ein, +welches die allgemeine Aufregung noch vermehrte. Es war angekündigt +worden, daß die Königin erst im Juli ihre Entbindung erwarte. Den Tag +nach dem Verhöre der Bischöfe aber bemerkte man, daß der König sich +angelegentlich nach ihrem Befinden erkundigte. Sie saß jedoch diesen +Abend noch bis gegen Mitternacht in Whitehall am Spieltisch. Dann aber +wurde sie in einer Sänfte in den St. Jamespalast gebracht, wo in aller +Eil Zimmer für sie eingerichtet worden waren. Bald darauf eilten Boten +nach allen Richtungen hin, um Ärzte und Priester, Staatsräthe und +Kammerdamen herbeizuholen. Binnen wenigen Stunden waren eine Menge +Staatsbeamte und vornehme Damen im Zimmer der Königin versammelt, und +hier wurde am Morgen des 10. Juni, einem Sonntage, der von den +allzutreuen Freunden einer schlechten Sache lange in Ehren gehalten +wurde, der unglücklichste aller Fürsten geboren, bestimmt zu +siebenundsiebzig Jahren der Verbannung und des Umherirrens, zu einem +Leben voll eitler Pläne, voll Ehrenbezeigungen, welche kränkender sind +als offene Beleidigungen, und voll Hoffnungen, die das Herz vor Gram +vergehen lassen.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Man hält ihn allgemein für untergeschoben.</span> +<a name = "secVIII_58" id = "secVIII_58">Die</a> traurigen Schicksale +des armen Kindes begannen schon vor seiner Geburt. +<span class = "pagenum">VIII.66</span> +<a name = "pageVIII_66" id = "pageVIII_66"> </a> +Die Nation über welche er nach der gewöhnlichen Erbfolgeordnung einst +regiert haben würde, war fest überzeugt, daß seine Mutter gar nicht +schwanger sei. Wäre seine Geburt auch durch noch so viele Zeugen +bewiesen worden, ein großer Theil des Volks würde trotzdem +wahrscheinlich bei der Behauptung geblieben sein, daß die Jesuiten ein +geschicktes Taschenspielerkunststück ausgeführt hätten; der Beweis für +die Thatsache ließ aber, theils durch Zufall, theils durch grobe +Versehen manchen Einwürfen und Zweifeln Raum. Es waren zwar viele +Personen beiderlei Geschlechts im königlichen Schlafgemache anwesend, +als das Kind das Licht der Welt erblickte, aber keine von ihnen erfreute +sich des öffentlichen Vertrauens im besonderen Grade. Von den anwesenden +Geheimräthen waren die Hälfte Katholiken und die, welche sich +Protestanten nannten, galten allgemein für Verräther an Gott und +Vaterland. Unter den Kammerdamen befanden sich viele Französinnen, +Italienerinnen und Portugiesinnen, und von den englischen Damen waren +einige selbst Papistinnen, andere die Gattinnen von Papisten. Mehrere +Personen, welche vorzugsweise hätten anwesend sein sollen, und deren +Zeugniß allen Verständigen genügt haben würde, fehlten und man legte die +Schuld an ihrer Abwesenheit dem Könige zur Last. Die Prinzessin Anna war +von allen Bewohnern der ganzen Insel am meisten bei der Sache +interessirt. Ihr Geschlecht und ihre Erfahrung berechtigte sie, als +Wächterin des Geburtsrechts ihrer Schwester und ihres eigenen +aufzutreten. Sie hatte starken Verdacht geschöpft, in welchem sie +täglich durch geringfügige oder imaginäre Umstände bestärkt wurde. Es +schien ihr, als ob die Königin geflissentlich ihren Fragen auswiche und +sie schrieb diese Zurückhaltung, welche vielleicht im Zartgefühl ihren +Grund hatte, dem Schuldbewußtsein zu.<a class = "tag" name = +"tagVIII_103" id = "tagVIII_103" href = "#noteVIII_103">103</a> In Folge +dessen hatte Anna sich vorgenommen, an dem entscheidenden Tage anwesend +zu sein und ein scharfes Auge zu haben. Sie hatte es aber nicht für +nöthig gehalten, schon einen Monat vor diesem Tage auf ihrem Posten zu +sein, sondern war mit Bewilligung und angeblich auf Anrathen ihres +Vaters nach Bath gereist, um dort eine Brunnenkur zu gebrauchen. +Sancroft, dessen hohe Stellung ihm die Pflicht auferlegte, anwesend zu +sein, und in dessen Rechtschaffenheit die Nation volles Vertrauen +setzte, war einige Stunden vorher von Jakob in den Tower geschickt +worden. Die Hyde waren die geeigneten Beschützer der Rechte beider +Prinzessinnen. Der holländische Gesandte konnte als der Vertreter +Wilhelm’s betrachtet werden, der als der erste Prinz von Geblüt und als +Gemahl der ältesten Tochter des Königs das größte Interesse an dem +Ereignisse hatte. Jakob aber dachte nicht daran, ein männliches oder +weibliches Mitglied der Familie Hyde herbeizurufen und eben so wenig +wurde der holländische Gesandte zugezogen.</p> + +<p>Die Nachwelt hat den König von dem Betrug, dessen sein Volk ihn +beschuldigte, vollkommen freigesprochen. Unmöglich aber kann man ihn von +der Thorheit und Verkehrtheit freisprechen, welche den Irrthum seiner +Zeitgenossen erklären und entschuldigen. Er wußte recht gut, welche +argwöhnischen Vermuthungen man im Publikum hegte,<a class = "tag" name = +"tagVIII_104" id = "tagVIII_104" href = "#noteVIII_104">104</a> und er +hätte eben +<span class = "pagenum">VIII.67</span> +<a name = "pageVIII_67" id = "pageVIII_67"> </a> +so gut wissen können, daß dieser Argwohn nicht durch das Zeugniß von +Mitgliedern der römischen Kirche oder solchen Personen zerstreut werden +konnte, die sich zwar Mitglieder der anglikanischen Kirche nannten, aber +sich ganz bereit gezeigt hatten, die Interessen dieser Kirche zu opfern, +um seine Gunst zu gewinnen. Daß der Eintritt des Ereignisses ihn vor der +erwarteten Zeit überraschte, ist wahr, aber er hatte immerhin zwölf +Stunden vor sich, um seine Anordnungen zu treffen. So gut als er den St. +Jamespalast mit Bigotten und Schmarotzern füllen konnte, deren Wort die +Nation nicht traute, eben so gut hätte er auch für die Anwesenheit +einiger angesehenen Personen sorgen können, deren treue Anhänglichkeit +an die Prinzessinnen und an die Landeskirche außer Zweifel stand.</p> + +<p>Zu einer späteren Zeit, als er für seine tollkühne Verachtung der +öffentlichen Meinung schwer gebüßt hatte, pflegte man in Saint-Germain +ihn dadurch zu entschuldigen, daß man die Schuld auf Andere wälzte. +Einige Jakobiten behaupteten, Anna habe sich absichtlich fern gehalten, +ja sie scheuten sich nicht zu sagen, Sancroft habe den König +herausgefordert, ihn in den Tower zu schicken, damit das Zeugniß, +welches die Verleumdungen der Unzufriedenen widerlegen konnte, +mangelhaft wäre.<a class = "tag" name = "tagVIII_105" id = "tagVIII_105" +href = "#noteVIII_105">105</a> Die Abgeschmacktheit dieser Beschuldigung +ist handgreiflich. Konnte Anna oder Sancroft vermuthen, daß die Königin +sich in ihrer Berechnung um einen ganzen Monat geirrt hatte? Wäre ihre +Berechnung richtig gewesen, so würde Anna gewiß, um der Entbindung +beiwohnen zu können, zur rechten Zeit von Bath zurückgekehrt und +Sancroft nicht im Tower gewesen sein. Jedenfalls aber waren die +mütterlichen Oheime der Tochter des Königs weder von London entfernt +noch im Gefängniß. Die nämlichen Boten, welche die ganze Schaar der +Renegaten, Dover, Peterborough, Murray, Sunderland und Mulgrave, +herbeiholten, hätten ganz eben so leicht auch Clarendon herbeirufen +können. Er war so gut Geheimer Rath als sie, und seine Wohnung befand +sich in Jermyn Street, keine zweihundert Schritt von den Gemächern der +Königin. Dennoch ließ man es ihn erst in der St. Jameskirche durch die +Bewegung und das Geflüster der Gemeinde erfahren, daß seine Nichte +aufgehört hatte, die präsumtive Thronerbin zu sein.<a class = "tag" name += "tagVIII_106" id = "tagVIII_106" href = "#noteVIII_106">106</a> +Gehörte er etwa deshalb nicht in das Entbindungszimmer, weil er ein +naher Verwandter der Prinzessinnen von Oranien und von Dänemark war, +oder weil er unerschütterlich treu an der anglikanischen Kirche +hing?</p> + +<p>Die ganze Nation sprach es laut und offen aus, daß ein Betrug +gespielt worden sei. Mehre Monate lang hätten die Papisten auf der +Kanzel und durch die Presse, in Prosa und in Versen, in englischer und +in lateinischer Sprache prophezeit, daß die Bitten der Kirche erhört und +ein Prinz von Wales geboren werden würde, und sie hätten jetzt selbst +ihre Prophezeiung erfüllt. Jeder nicht zu bestechende oder zu +hintergehende Zeuge sei sorgfältig ausgeschlossen worden. Anna habe man +arglistigerweise zu einer Reise nach Bath überredet. Der Primas sei +gerade am Tage vor dem zur Ausführung des Betrugs bestimmten den +Vorschriften des Gesetzes und der Privilegien der Peers zum Trotz ins +Gefängniß geworfen worden. Nicht eine einzige männliche oder weibliche +Person, die das geringste Interesse an der Enthüllung des Betrugs haben +<span class = "pagenum">VIII.68</span> +<a name = "pageVIII_68" id = "pageVIII_68"> </a> +konnte, sei zugezogen worden. Man habe die Königin plötzlich mitten in +der Nacht in den St. Jamespalast gebracht, weil dieses Gebäude, für +unehrliche Zwecke passender eingerichtet als Whitehall, einige für die +Absichten der Jesuiten vortrefflich geeignete Zimmer und Gänge enthalte. +Hier sei inmitten eines Kreises von Zeloten, denen nichts, was die +Interessen ihrer Kirche fördern konnte, ein Verbrechen dünkte, und von +Höflingen, welche nichts, was zu ihrer Bereicherung und Erhebung +beitragen konnte, für Sünde hielten, ein neugeborenes Kind ins Bett der +Königin practicirt und dann triumphirend als Erbe dreier Königreiche +herumgegeben worden. Durch diesen zwar unbegründeten, aber nicht ganz +unnatürlichen Verdacht aufgeregt, drängten sich die Leute nur um so +eifriger danach, den frommen Opfern des Tyrannen zu huldigen, der, +nachdem er lange seinem Volke das empörendste Unrecht zugefügt, das Maß +seiner Schändlichkeit voll machte, indem er sich noch empörender an +seinen eigenen Kindern verging<a class = "tag" name = "tagVIII_107" id = +"tagVIII_107" href = "#noteVIII_107">107</a>.</p> + +<p>Der Prinz von Oranien, der selbst keinen Betrug argwöhnte und den +Zustand der Volksstimmung in England nicht kannte, ordnete Dankgebete +für seinen kleinen Schwager unter seinem eigenen Dache an und schickte +Zulestein mit einem förmlichen Beglückwünschungsschreiben nach London. +Zulestein hörte zu seinem großen Erstaunen Jedermann ganz offen von dem +schändlichen Betruge sprechen, den die Jesuiten eben begangen haben +sollten, und erblickte jede Stunde ein neues Pasquill auf die +Schwangerschaft und die Entbindung der Königin. Er schrieb sehr bald +nach dem Haag, von zehn Personen glaube nicht eine, daß die Königin +dieses Kind geboren habe<a class = "tag" name = "tagVIII_108" id = +"tagVIII_108" href = "#noteVIII_108">108</a>.</p> + +<p>Das Benehmen der gefangenen Prälaten erhöhte inzwischen die +allgemeine Theilnahme, die ihre Lage erweckte. Am Abend des „schwarzen +Freitags“, wie man den Tag ihrer Einkerkerung nannte, kamen sie gerade +zur Stunde des Gottesdienstes in ihrem Gefängnisse an. Sie begaben sich +sogleich in die Kapelle. Der Zufall wollte, daß im zweiten Vorlesestück +die Worte vorkamen: „In allen Dingen lasset uns beweisen als die Diener +Gottes in großer Geduld und Trübsalen, in Nöthen und Ängsten, in +Schlägen, in Gefängnissen.“ Alle eifrigen Anhänger der Staatskirche +freuten sich dieses Zusammentreffens und erinnerten sich, wie ein ganz +ähnliches vor fast vierzig Jahren Karl I. in seiner Todesstunde +getröstet und erhoben hatte.</p> + +<p>Am Abend des folgenden Tages, Samstag den 9. Juni, kam ein Schreiben +von Sunderland, welcher dem Kaplan des Tower befahl, am nächsten Morgen +beim Gottesdienste die Erklärung zu verlesen. Da die in dem +Geheimrathsbefehl zur Verlesung in London bestimmte Zeit längst +verstrichen war, so konnte dieses Verfahren der Regierung nur als eine +ganz gemeine und kindische persönliche Insulte gegen die ehrwürdigen +Gefangenen +<span class = "pagenum">VIII.69</span> +<a name = "pageVIII_69" id = "pageVIII_69"> </a> +betrachtet werden. Der Kaplan weigerte sich zu gehorchen; er wurde +sofort entlassen und die Kapelle geschlossen<a class = "tag" name = +"tagVIII_109" id = "tagVIII_109" href = "#noteVIII_109">109</a>.</p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVIII_103" id = "noteVIII_103" href = +"#tagVIII_103">103.</a> +Correspondenz zwischen Anna und Marie in Dalrymple; <span class = +"antiqua">Clarendon’s Diary Oct. 31. 1688</span>.</p> + +<p><a name = "noteVIII_104" id = "noteVIII_104" href = +"#tagVIII_104">104.</a> +Dies geht aus Clarendon’s Tagebuche vom 31. Oct. 1688 klar hervor.</p> + +<p><a name = "noteVIII_105" id = "noteVIII_105" href = +"#tagVIII_105">105.</a> +<span class = "antiqua">Clarke’s Life of James the Second, II. 159. +160.</span></p> + +<p><a name = "noteVIII_106" id = "noteVIII_106" href = +"#tagVIII_106">106.</a> +<span class = "antiqua">Clarendon’s Diary, June 10. 1688.</span></p> + +<p><a name = "noteVIII_107" id = "noteVIII_107" href = +"#tagVIII_107">107.</a> +Johnstone giebt in kurzen Worten eine treffliche Übersicht der gegen den +König erhobenen Beschuldigungen. „Die große Masse des Volks ist der +Meinung, daß Alles ein Betrug sei, denn, sagen sie, die Berechnung +treffe nicht zu, die Prinzessin sei entfernt und weder Jemand von der +Familie Clarendon noch der holländische Gesandte herbeigerufen worden; +dazu komme noch der plötzliche Eintritt des Ereignisses, die Predigten, +die Zuversicht der Priester und die Eil.“ — 13. Juni 1688.</p> + +<p><a name = "noteVIII_108" id = "noteVIII_108" href = +"#tagVIII_108">108.</a> +Ronquillo, 26. Juli (5. Aug.). Ronquillo setzt hinzu, daß Zulestein’s +Bericht über den Zustand der öffentlichen Meinung vollkommen wahr +sei.</p> + +<p><a name = "noteVIII_109" id = "noteVIII_109" href = +"#tagVIII_109">109.</a> +Citters, 12.(22.) Juni 1688; <span class = "antiqua">Luttrell’s Diary, +June 18.</span></p> +</div> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Die Bischöfe werden vor die Kings Bench gestellt und müssen Bürgschaft +leisten.</span> +<a name = "secVIII_59" id = "secVIII_59">Die</a> Bischöfe erbauten Alle, +die sich ihnen näherten, durch die Standhaftigkeit und Freudigkeit, mit +der sie ihre Haft ertrugen, durch die Bescheidenheit und Demuth, mit der +sie die Beifallsbezeigungen und Segenswünsche der ganzen Nation +aufnahmen, und durch die loyale Anhänglichkeit, die sie für den +Tyrannen, der sie in’s Verderben stürzen wollte, an den Tag legten. Am +Freitag den 15. Juni, dem ersten Sitzungstage der Kings Bench, wurden +sie vor diesen Gerichtshof gestellt. Eine ungeheure Menschenmenge +erwartete ihre Ankunft. Vom Landungsplatze bis zur Court of Requests +gingen sie durch eine Doppelreihe von Zuschauern, welche ihnen +Segenswünsche und Beifall zuriefen. „Lieben Freunde,“ sagten die +Gefangenen im Vorübergehen, „ehret den König und gedenket unserer in +Euren Gebeten.“ Diese demüthigen und frommen Worte rührten Viele bis zu +Thränen. Als sich der Zug endlich durch das Gedränge einen Weg gebahnt +hatte und vor den Richtern angekommen war, verlas der Generalfiskal die +Anklage, welche er auf hohen Befehl ausgearbeitet hatte und stellte den +Antrag, daß die Beklagten aufgefordert werden sollten, auf die Klage +einzugehen. Der Vertheidiger wendete dagegen ein, die Bischöfe seien +gesetzwidrig verhaftet worden, und ihr Erscheinen vor dem Gerichtshofe +sei daher nicht ordnungsgemäß. Die Frage, ob ein Peer unter einer +Anklage wegen Libells sein Erscheinen vor Gericht gehörig zu verbürgen +habe, wurde ausführlich erörtert und endlich von der Mehrheit der +Richter zu Gunsten der Krone entschieden. Die Gefangenen erklärten sich +nun für nichtschuldig. Der vierzehnte Tag darauf, der 29. Juni, wurde +zur Verhandlung ihres Prozesses anberaumt. Bis dahin wurden sie gegen +das persönliche Versprechen, sich zu stellen, in Freiheit gesetzt. Die +Kronanwälte thaten sehr weise daran, aß sie keine fremde Bürgschaft +verlangten, denn Halifax hatte dafür gesorgt, daß einundzwanzig +weltliche Peers vom höchsten Ansehen, je drei für einen Angeklagten, zur +Bürgschaftleistung bereit waren, und eine solche Gesinnungsäußerung des +hohen Adels würde für die Regierung ein harter Schlag gewesen sein. Eben +so wußte man, daß einer der reichsten, Dissenters der Hauptstadt um die +Ehre nachgesucht hatte, für Ken Bürgschaft leisten zu dürfen.</p> + +<p>Die Bischöfe durften nun in ihre Heimath zurückkehren. Das niedere +Volk, welches von dem bei der Kings Bench beobachteten Gerichtsverfahren +nichts wußte und nur sah, daß ihre Lieblinge, nachdem sie unter +Bedeckung nach Westminster Hall gebracht worden waren, jetzt sich in +voller Freiheit wieder entfernen durften, glaubte, die gute Sache habe +gesiegt, und brach in lauten Beifallsjubel aus, während zugleich +fröhliches Glockengeläute von allen Thürmen ertönte. Sprat erstaunte +nicht wenig, als er die Glocken seiner eigenen Abtei lustig erklingen +hörte. Er brachte sie sofort zum Schweigen, aber seine Einmischung +erregte viel unwilliges Murren. Die Bischöfe wußten gar nicht, wie sie +sich vor der zudringlichen Masse ihrer Freunde retten sollten. Lloyd +wurde im Palasthofe von Verehrern zurückgehalten, die sich um die Gunst +stritten, seine Hände zu berühren und den Saum seines Rockes zu küssen, +bis endlich Clarendon +<span class = "pagenum">VIII.70</span> +<a name = "pageVIII_70" id = "pageVIII_70"> </a> +ihn nicht ohne Anstrengung befreite und ihn durch eine Seitengasse nach +Hause führte. Man sagte, Cartwright sei so unvorsichtig gewesen, sich +unter das Volk zu mischen. Jemand, der ihn an seinem Bischofsgewand +erkannte, erbat sich und erhielt seinen Segen. „Wißt Ihr, von wem Ihr +Euch eben habt segnen lassen?“ rief einer der Umstehenden. „Nun, es war +doch gewiß einer von den Sieben?“ versetzte Der, welcher eben mit dem +Segen beehrt worden war. „Nein,“ entgegnete der Andere, „es war der +papistische Bischof von Chester.“ — „Papistischer Hund!“ rief der +Protestant wüthend, „nimm Deinen Segen zurück!“</p> + +<p>Der Zusammenlauf und die Aufregung waren so groß, daß der +holländische Gesandte sich wunderte, den Tag ohne einen Aufstand enden +zu sehen. Dem Könige war durchaus nicht wohl zu Muthe gewesen. Um jede +Ruhestörung sogleich unterdrücken zu können, hatte er am Morgen in +Hydepark mehrere Bataillone Infanterie gemustert. Es ist jedoch +keineswegs ausgemacht, daß diese Truppen zu ihm gehalten haben würden, +wenn er ihrer Dienste bedurft hätte. Als Sancroft am Nachmittag in +Lambeth ankam, fand er die in dieser Vorstadt liegenden Grenadiergarden +vor dem Eingange seines Palastes versammelt. Sie stellten sich in einer +Doppelreihe auf und während er zwischen ihnen hinschritt, baten sie ihn +um seinen Segen. Nur mit Mühe hielt er sie davon ab, daß sie zur Feier +seiner Rückkehr in seine Wohnung ein Freudenfeuer anzündeten. Es +brannten übrigens an jenem Abend mehrere Freudenfeuer in der Hauptstadt. +Zwei Katholiken, welche so unbesonnen waren, einige Knaben zu schlagen, +weil sie an diesen öffentlichen Freudenbezeigungen Theil nahmen, wurden +vom Pöbel ergriffen, nackt ausgezogen und schimpflich gebrandmarkt<a +class = "tag" name = "tagVIII_110" id = "tagVIII_110" href = +"#noteVIII_110">110</a>.</p> + +<p>Jetzt forderte Sir Eduard Hales seine Gebühren von den Bischöfen, die +seine Gefangenen gewesen waren. Sie weigerten sich, einem Beamten, +dessen Bestallung sie nach ihren Grundsätzen für null und nichtig +ansahen, etwas für eine in ihren Augen gesetzwidrige Haft zu bezahlen. +Hierauf gab ihnen der Gouverneur sehr deutlich zu verstehen, daß, wenn +sie noch einmal in seine Hände kämen, er sie in schwere Eisen legen und +auf die nackten Steine betten werde. „Wir haben uns die Ungnade unsres +Königs zugezogen,“ war ihre Antwort, „und wir empfinden dies sehr +schmerzlich; ein Mitunterthan aber, der uns droht, strengt nutzlos seine +Lunge an.“ Man kann leicht denken, mit welchem Unwillen das ohnehin +schon gereizte Volk erfuhr, daß ein vom protestantischen Glauben +Abgefallener, der den Grundgesetzen Englands zum Hohn einen +Commandoposten bekleidete, es gewagt hatte, ehrwürdigen Geistlichen mit +allen Barbareien von Lollard’s Tower zu drohen<a class = "tag" name = +"tagVIII_111" id = "tagVIII_111" href = "#noteVIII_111">111</a>.</p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVIII_110" id = "noteVIII_110" href = +"#tagVIII_110">110.</a> +Über die Ereignisse dieses Tages sehe man die <span class = +"antiqua">Collection of State Trials</span>; <span class = +"antiqua">Clarendon’s Diary</span>; <span class = "antiqua">Luttrell’s +Diary</span>; Citters, 15.(25.) Juni; Johnstone, 18. Juni und <span +class = "antiqua">Revolution Politics.</span></p> + +<p><a name = "noteVIII_111" id = "noteVIII_111" href = +"#tagVIII_111">111.</a> +Johnstone, 18. Juni 1688; <span class = "antiqua">Evelyn’s Diary, June +29.</span></p> +</div> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Aufregung der Gemüther.</span> +<a name = "secVIII_60" id = "secVIII_60">Bis</a> zu dem Tage des +Prozesses hatte sich die Aufregung nach den entferntesten Winkeln der +Insel verbreitet. Aus Schottland erhielten die Bischöfe Zuschriften, in +denen sie der Sympathie aller Presbyterianer dieses dem Prälatenthum so +lange und so bitter Feind gewesenen Landes versichert wurden<a class = +"tag" name = "tagVIII_112" id = "tagVIII_112" href = +"#noteVIII_112">112</a>. Die Bevölkerung von Cornwall, ein trotziges, +kühnes und herkulisches Geschlecht, +<span class = "pagenum">VIII.71</span> +<a name = "pageVIII_71" id = "pageVIII_71"> </a> +das ein stärkeres Provinzialgefühl hatte, als man es in irgend einem +andren Theile des Landes fand, nahm großen Antheil an der Gefahr, in +welcher Trelawney schwebte, den sie weniger als einen Leiter der Kirche, +denn als das Oberhaupt eines angesehenen Hauses und als den Erben von +zwanzig Ahnen verehrten, welche schon in hohem Ansehen standen, ehe die +Normannen den Fuß auf englischen Boden gesetzt hatten. In der ganzen +Grafschaft sang das Landvolk eine Ballade, deren Refrain noch nicht +vergessen ist:</p> + +<div class = "verse"> +<p>„Und bringt man Trelawney um, bringt man Trelawney um,</p> +<p>Wollen dreißigtausend cornische Burschen wissen warum?“</p> +</div> + +<p>Die Bergleute sangen das Lied mit einer kleinen Variation:</p> + +<div class = "verse"> +<p>„Wollen Zwanzigtausend unter der Erde wissen warum.“<a class = "tag" +name = "tagVIII_113" id = "tagVIII_113" href = +"#noteVIII_113">113</a></p> +</div> + +<p>In manchen Theilen des Landes sprachen die Bauern laut eine +sonderbare Hoffnung aus, welche nie aufgehört hat, in ihren Herzen +fortzuleben. Sie meinten, ihr protestantischer Herzog, ihr geliebter +Monmouth, werde plötzlich wieder erscheinen, sie zum Siege führen und +den König wie die Jesuiten unter seinen Füßen zertreten<a class = "tag" +name = "tagVIII_114" id = "tagVIII_114" href = +"#noteVIII_114">114</a>.</p> + +<p>Die Minister waren in der größten Angst; selbst Jeffreys würde gern +seine Maßregeln zurückgenommen haben. Er beauftragte Clarendon mit +freundlichen Botschaften an die Bischöfe und wälzte die Schuld an der +Verfolgung, zu der er selbst gerathen hatte, auf Andere. Sunderland +wagte es noch einmal, Zugeständnisse anzuempfehlen. Die glückliche +Geburt eines Prinzen, sagte er, biete dem Könige eine vortreffliche +Gelegenheit, eine gefährliche und nachtheilige Stellung aufzugeben, ohne +sich den Vorwurf der Zaghaftigkeit oder der Launenhaftigkeit zuzuziehen. +Bei so erfreulichen Anlässen sei es stets Sitte gewesen, daß der Fürst +die Herzen seiner Unterthanen durch Gnadenacte erfreue, und nichts könne +dem Prinzen von Wales mehr zum Vortheile gereichen, als wenn er schon in +der Wiege der Friedensstifter zwischen seinem Vater und der +aufgebrachten Nation würde. Aber des Königs Entschluß stand fest. „Ich +werde fortfahren,“ sagte er, „ich bin nur zu nachsichtig gewesen. Die +Nachsicht war meines Vaters Verderben“<a class = "tag" name = +"tagVIII_115" id = "tagVIII_115" href = "#noteVIII_115">115</a>.</p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVIII_112" id = "noteVIII_112" href = +"#tagVIII_112">112.</a> +<span class = "antiqua">Tanner MS.</span></p> + +<p><a name = "noteVIII_113" id = "noteVIII_113" href = +"#tagVIII_113">113.</a> +Diese Thatsache wurde mir freundlichst von dem Rev. R. S. Hawker +von Morwenstow in Cornwall mitgetheilt.</p> + +<p><a name = "noteVIII_114" id = "noteVIII_114" href = +"#tagVIII_114">114.</a> +Johnstone, 18. Juni 1688.</p> + +<p><a name = "noteVIII_115" id = "noteVIII_115" href = +"#tagVIII_115">115.</a> +Adda, 29. Juni (9. Juli) 1688.</p> +</div> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Sunderland’s Angst.</span> +<a name = "secVIII_61" id = "secVIII_61">Der</a> schlaue Minister kam +dahinter, daß sein Rath früher nur deshalb angenommen worden war, weil +er denselben jederzeit nach dem Willen des Königs eingerichtet hatte, +daß er aber von dem Augenblicke an, wo er wirklich guten ertheilte, kein +Gehör mehr finden würde. Bei dem Verfahren gegen das +Magdalenen-Collegium hatte er einige Lauheit gezeigt. Er hatte ferner +ganz neuerdings den König zu überzeugen gesucht, daß Tyrconnel’s Plan +zur Confiscirung des Eigenthums der englischen Colonisten in Irland +höchst gefährlich sei, und er hatte es mit Hülfe Powis’ und Bellasyse’s +wenigstens dahingebracht, daß die Ausführung des Planes noch um ein Jahr +aufgeschoben wurde. Aber diese zaghafte Bedenklichkeit hatte den Keim +des Widerwillens und Mißtrauens ins Herz des Königs gelegt<a class = +"tag" name = "tagVIII_116" id = "tagVIII_116" href = +"#noteVIII_116">116</a>. Der Tag der +<span class = "pagenum">VIII.72</span> +<a name = "pageVIII_72" id = "pageVIII_72"> </a> +Vergeltung war jetzt gekommen. Sunderland war in der nämlichen Lage, in +der sich einige Monate früher sein Nebenbuhler Rochester befunden hatte. +Beide Staatsmänner lernten die Angst eines Menschen kennen, der sich +krampfhaft an eine Stütze anklammert, die seinen Händen mehr und mehr +entschlüpft. Beide sahen ihre Rathschläge verächtlich zurückgewiesen. +Beide erlitten die Qual, in den Mienen und dem Benehmen ihres Gebieters +Unzufriedenheit und Mißtrauen zu lesen, und doch wurden Beide von ihrem +Vaterlande für die Verbrechen und Irrthümer, von denen sie ihn vergebens +zurückzubringen versucht hatten, verantwortlich gemacht. Während er sie +in dem Verdacht hatte, daß sie auf Kosten seiner Autorität und seiner +Würde sich populär machen wollten, beschuldigte die öffentliche Stimme +sie laut des Versuchs, auf Kosten ihrer eigenen Ehre und des Gemeinwohls +die königliche Gunst zu gewinnen. Doch trotz aller Kränkungen und +Demüthigungen hielten Beide ihren Ministerposten mit der verzweifelten +Kraft Ertrinkender umklammert. Beide versuchten es, den König wieder +günstig zu stimmen, indem sie sich stellten, als ob sie zum Anschluß an +seine Kirche geneigt wären. Es gab aber eine Grenze, welche Rochester +entschlossen war nicht zu überschreiten. Er ging bis an den Rand des +Glaubensabfalls; hier aber blieb er stehen und in Berücksichtigung der +Standhaftigkeit, mit der er sich weigerte, den letzten Schritt zu thun, +verzieh ihm die Welt großmüthig seine frühere Willfährigkeit.</p> + +<p class = "footnote"> +<a name = "noteVIII_116" id = "noteVIII_116" href = +"#tagVIII_116">116.</a> +Sunderland’s eigner Erzählung darf man natürlich nicht unbedingten +Glauben beimessen. Aber er führte Godolphin zum Zeugen für das an, was +in Betreff der irischen Ansiedlungsacte vorgegangen war.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Er erklärt sich für einen Katholiken.</span> +<a name = "secVIII_62" id = "secVIII_62">Der</a> weniger gewissenhafte +und für das Schamgefühl weniger empfängliche Sunderland beschloß durch +einen Schritt, der jedem von der Wichtigkeit der religiösen Überzeugung +durchdrungenen Gemüth als eines der schändlichsten Verbrechen erscheinen +mußte und den selbst weltlich gesinnte Menschen als das Übermaß von +Verworfenheit betrachten, seine bisherige Mäßigung wieder gut zu machen +und das Vertrauen des Königs wieder zu gewinnen. Ungefähr eine Woche vor +dem zur Verhandlung des Prozesses anberaumten Tage erschien die +öffentliche Ankündigung, daß er Papist geworden sei. Der König sprach +mit Entzücken von diesem Siege der göttlichen Gnade. Die Höflinge und +auswärtigen Gesandten bemühten sich nach Kräften ernsthaft zu bleiben, +als der Renegat versicherte, daß er schon lange von der Unmöglichkeit +überzeugt sei, außerhalb des Schooßes der römischen Kirche selig werden +zu können, und daß sein Gewissen ihm keine Ruhe gelassen, bis er sich +von dem Ketzerglauben losgesagt habe, in dem er erzogen worden. Die +Neuigkeit verbreitete sich schnell. In allen Kaffeehäusern erzählte man +sich, wie der Premierminister von England barfuß und mit einer Kerze in +der Hand sich nach der königlichen Kapelle begeben und demüthig um +Einlaß gebeten, wie die Stimme eines Priesters drinnen gefragt habe, wer +da sei, wie Sunderland zur Antwort gegeben, ein armer Sünder, der lange +fern von der wahren Kirche umherirre, flehe um Aufnahme und Absolution, +wie hierauf die Thüren geöffnet worden seien und der Neubekehrte an den +heiligen Mysterien habe Theil nehmen dürfen<a class = "tag" name = +"tagVIII_117" id = "tagVIII_117" href = "#noteVIII_117">117</a>.</p> + +<p class = "footnote"> +<a name = "noteVIII_117" id = "noteVIII_117" href = +"#tagVIII_117">117.</a> +Barillon, 21. Juni (1. Juli) 1688; Adda, 29. Juni (9. Juli); Citters, +26. Juni (6. Juli); Johnstone, 2. Juli 1688; <span class = "antiqua">The +Converts, a poem</span>.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Prozeß der Bischöfe.</span> +<a name = "secVIII_63" id = "secVIII_63">Dieser</a> schmachvolle Abfall +konnte das Interesse nur erhöhen, mit dem die Nation dem Tage +entgegensah, an +<span class = "pagenum">VIII.73</span> +<a name = "pageVIII_73" id = "pageVIII_73"> </a> +welchem das Schicksal der sieben muthigen Bekenner der anglikanischen +Kirche entschieden werden sollte. Eine willfährige Jury +zusammenzubringen war jetzt das Hauptziel des Königs. Die Kronanwälte +erhielten Befehl, die Gesinnung der Männer, welche in das Verzeichniß +der Freisassen eingetragen waren, genau zu erforschen. Sir Samuel Astry, +Sekretär der Krone, dem die Auswählung der Namen in solchen Fällen +oblag, wurde in den Palast beschieden und hatte eine Unterredung mit +Jakob, an welcher der Kanzler Theil nahm<a class = "tag" name = +"tagVIII_118" id = "tagVIII_118" href = "#noteVIII_118">118</a>. Sir +Samuel scheint sein Möglichstes gethan zu haben, denn es befanden sich, +wie es hieß, unter den achtundvierzig Personen, die er auswählte, +mehrere Diener des Königs und mehrere Katholiken<a class = "tag" name = +"tagVIII_119" id = "tagVIII_119" href = "#noteVIII_119">119</a>. Da aber +der Vertheidiger der Bischöfe das Recht hatte, zwölf davon zu streichen, +so waren diese natürlich die gestrichenen. Die Kronanwälte strichen +ebenfalls zwölf und die Liste reducirte sich dadurch auf vierundzwanzig. +Die ersten zwölf, welche aufgerufen wurden, hatten dann den Ausspruch zu +thun.</p> + +<p>Am neunundzwanzigsten Juni waren Westminsterhall, der alte und der +neue Palasthof und alle benachbarten Straßen weithin mit einer dicht +gedrängten Volksmasse angefüllt. Ein so zahlreiches Auditorium war nie +zuvor und ist auch seitdem nie wieder im Gerichtssaale der Kings Bench +versammelt gewesen. Man zählte fünfunddreißig weltliche Peers unter der +Menge<a class = "tag" name = "tagVIII_120" id = "tagVIII_120" href = +"#noteVIII_120">120</a>.</p> + +<p>Sämmtliche vier Richter des Gerichtshofes waren anwesend. Wright, der +den Vorsitz führte, war einzig und allein wegen seiner gewissenlosen +Servilität vielen tüchtigeren und gelehrteren Männern bei Besetzung +seines hohen Postens vorgezogen worden. Allibone war Papist und +verdankte seine Stellung der Dispensationsgewalt, deren Gesetzlichkeit +eben in Frage stand. Holloway war seither ein willenloses Werkzeug der +Regierung gewesen. Selbst Powell, der sich des Rufes strenger +Rechtschaffenheit erfreute, hatte bei einigen Vorgängen eine Rolle +gespielt, die sich nicht vertheidigen läßt. Er hatte in dem wichtigen +Prozesse Sir Eduard Hales’, allerdings mit einigem Bedenken und nach +einigem Zögern, mit der Mehrheit der Richter gestimmt und dadurch auf +seinen Character einen Flecken geworfen, der aber durch sein +ehrenwerthes Benehmen an diesem Tage völlig verwischt wurde.</p> + +<p>Die beiderseitigen Rechtsanwälte waren einander durchaus nicht +ebenbürtig. Die Regierung hatte von ihren Kronjuristen so gehässige und +entehrende Dienste verlangt, daß die ausgezeichnetsten Rechtsgelehrten +und Advokaten der Torypartei nach einander ihre Mitwirkung verweigert +hatten und ihrer Ämter entsetzt worden waren. Sir Thomas Powis, der +Generalfiskal, war kaum ein Jurist dritten Ranges. Der +Generalprokurator, Sir Wilhelm Williams, besaß zwar einen scharfen +Verstand und einen unbeugsamen Muth, aber es fehlte ihm an der nöthigen +Ruhe und Bedächtigkeit; er war streitsüchtig, konnte sein Temperament +nicht beherrschen und wurde von allen politischen Parteien gehaßt und +verachtet. Die hervorragendsten Beistände des Fiskals und des +Prokurators waren Serjeant Trinder, ein Katholik, und Sir Bartholomäus +Shower, Syndikus von London, der einige juristische Kenntnisse besaß, +aber wegen seiner oft den +<span class = "pagenum">VIII.74</span> +<a name = "pageVIII_74" id = "pageVIII_74"> </a> +Anstand verletzenden Vertheidigungen und seiner endlosen Wiederholungen +das Gespött von ganz Westminsterhall war. Gern hätte die Regierung +Maynard’s Dienste gewonnen; aber er hatte geradezu erklärt, daß er sich +auf das, was man von ihm verlangte, mit gutem Gewissen nicht einlassen +könne<a class = "tag" name = "tagVIII_121" id = "tagVIII_121" href = +"#noteVIII_121">121</a>.</p> + +<p>Auf der andren Seite hingegen standen fast alle ausgezeichneten +juristischen Talente der damaligen Zeit. Sawyer und Finch, welche beim +Regierungsantritt Jakob’s Fiskal und Prokurator gewesen waren, und die +während der Verfolgung der Whigs unter der vorigen Regierung der Krone +mit nur zu großem Eifer und zu glücklichem Erfolge gedient hatten, +befanden sich unter den Vertheidigern der Angeklagten. Ihnen zur Seite +standen zwei Männer, welche, seit Maynard’s Thätigkeit durch sein +vorgerücktes Alter vermindert worden war, für die beiden besten Juristen +galten: Pemberton, der zur Zeit Karl’s II. Oberrichter der Kings +Bench gewesen, wegen seiner Menschlichkeit und Mäßigung aber dieses +hohen Postens entsetzt worden und deshalb wieder zur advokatorischen +Praxis zurückgekehrt war, und Pollexfen, der lange die Assisen im Westen +geleitet und von dem man, obgleich er sich bei den blutigen Assisen +durch Annahme von Aufträgen für die Krone und besonders durch sein +Auftreten gegen Alice Lisle sehr unpopulär gemacht hatte, dennoch wußte, +daß er im Herzen ein Whig, wenn nicht gar ein Republikaner war. Ferner +war dabei Sir Creswell Levinz, ein Mann von gründlichen Kenntnissen und +reichen Erfahrungen, aber von auffallend ängstlichem Wesen. Er war +einige Jahre vorher von der Richterbank entfernt worden, weil er sich +nicht hatte entschließen können, den Zwecken der Regierung zu dienen. +Jetzt scheute er sich wieder, als Vertheidiger der Bischöfe aufzutreten +und hatte sich zuerst geweigert, ihnen seine Dienste zu widmen; aber die +ganze Corporation der Gerichtsadvokaten, die ihn beschäftigten, hatten +ihm erklärt, daß wenn er diesen Auftrag zurückwiese, er nie wieder einen +erhalten sollte<a class = "tag" name = "tagVIII_122" id = "tagVIII_122" +href = "#noteVIII_122">122</a>.</p> + +<p>Sir Georg Treby, ein reichbegabter und eifriger Whig, der unter der +alten städtischen Verfassung Syndikus von London gewesen war, stand auf +der nämlichen Seite. Sir Johann Holt, ein noch ausgezeichneterer +whiggistischer Advokat, wurde wahrscheinlich deshalb, weil Sancroft +gegen ihn eingenommen war, nicht mit zur Vertheidigung berufen, war aber +vom Bischof von London privatim um Rath gefragt worden<a class = "tag" +name = "tagVIII_123" id = "tagVIII_123" href = "#noteVIII_123">123</a>. +Der jüngste Rechtsbeistand der Bischöfe war ein junger Advokat, Namens +Johann Somers. Er war weder durch hohe Geburt noch durch Vermögen +begünstigt und hatte auch noch keine Gelegenheit gehabt, sich öffentlich +auszuzeichnen, aber sein Genie, sein Fleiß und sein vielseitiges großes +Talent waren einem kleinen Kreise von Freunden wohl bekannt, und sein +gründliches, klares System der Beweisführung, sowie sein jederzeit +taktvolles Benehmen hatten ihm trotz seiner whiggistischen Ansichten die +Aufmerksamkeit des Gerichtshofes der Kings Bench bereits gesichert. +Johnstone hatte den Bischöfen eindringlich vorgestellt, wie wichtig es +sei, seinen +<span class = "pagenum">VIII.75</span> +<a name = "pageVIII_75" id = "pageVIII_75"> </a> +Beistand zu gewinnen, und Pollexfen sollte erklärt haben, daß Niemand in +Westminsterhall zur Behandlung einer geschichtlichen und die Verfassung +berührenden Frage so befähigt sei, als Somers.</p> + +<p>Die Jury wurde vereidigt; sie bestand aus Männern, welche sehr +geachtete Stellungen in der Gesellschaft einnahmen. Der Vormann war Sir +Roger Langley, ein Baronet von alter und angesehener Familie. Ihm zur +Seite stand ein Ritter und zehn Esquires, von denen mehrere sehr +vermögend waren. Es befanden sich einige Nonconformisten unter ihnen, +denn die Bischöfe hatten wohlweislich beschlossen, kein Mißtrauen gegen +die protestantischen Dissenters zu zeigen. Ein Name jedoch erregte große +Besorgniß, der Name Michael Arnold’s. Er war Hofbrauer und man +fürchtete, daß die Regierung auf seine Stimme rechnen könne. Es wird +erzählt, daß er sich bitter über die Stellung beklagt habe, in die er +versetzt war. „Was ich auch thun mag,“ soll er geäußert haben, „so habe +ich die Gewißheit, halb ruinirt zu werden. Sage ich Nichtschuldig, so +werde ich nicht mehr für den König brauen; sage ich Schuldig, so werde +ich für niemand Andren mehr brauen“.<a class = "tag" name = +"tagVIII_124" id = "tagVIII_124" href = "#noteVIII_124">124</a></p> + +<p>So begann denn die gerichtliche Verhandlung, die, selbst wenn man sie +nach Verlauf von mehr als anderthalb Jahrhunderten mit kaltem Blute +liest, das ganze Interesse eines Drama’s hat. Die Advokaten stritten auf +beiden Seiten mit einer mehr als berufsmäßigen Schärfe und Heftigkeit, +das anwesende Publikum hörte mit so gespannter Aufmerksamkeit zu, als +hätte das Schicksal jedes Einzelnen von dem Ausspruche der Geschwornen +abgehangen, und die Aussichten auf den Sieg wechselten so plötzlich und +so ergreifend, daß die Menge zu wiederholten Malen in der nämlichen +Minute von der größten Angst zur lebhaftesten Freude und umgekehrt von +der lebhaftesten Freude zu noch größerer Angst übersprang.</p> + +<p>Die Anklage beschuldigte die Bischöfe, in der Grafschaft Middlesex +ein falsches, böswilliges und aufrührerisches Libell geschrieben oder +veröffentlicht zu haben. Der Generalfiskal und der Staatsprokurator +versuchten zuvörderst den Beweis zu führen, daß die Angeklagten das +Libell unterschrieben hatten. Zu dem Ende wurden mehrere Personen +aufgefordert, die Handschriften der Bischöfe zu recognosciren. Aber die +Zeugen thaten dies mit solcher Unlust, daß kaum einem von ihnen eine +klare und deutliche Antwort zu entlocken war. Pemberton, Pollexfen und +Levinz behaupteten, daß keine genügenden Beweise vorhanden seien, die +der Jury vorgelegt werden könnten; zwei von den Richtern, Holloway und +Powell, traten dieser Ansicht bei, und die Hoffnung der Zuschauer stieg +bedeutend. Da erklärten plötzlich die Kronanwälte, daß sie einen andren +Weg einzuschlagen gedächten. Powis führte mit unverkennbarer Beschämung +und Widerstreben einen Sekretär des Geheimen Raths, Namens Blathwayt, +der zugegen gewesen war, als der König die Bischöfe verhörte, in die +Zeugenloge ein. Blathwayt versicherte eidlich, daß er gehört habe, wie +sie ihre Unterschriften selbst anerkannt hätten. Dieses Zeugniß war +entscheidend. „Warum haben Sie,“ sagte der Richter Holloway zu dem +Fiskal, „da Sie einen solchen Zeugen hatten, ihn nicht sogleich +vorgeführt? es wäre dadurch viel unnöthiger Zeitverlust erspart worden.“ +Es ergab sich bald, warum der Kronanwalt sich nur höchst ungern durch +die dringendste +<span class = "pagenum">VIII.76</span> +<a name = "pageVIII_76" id = "pageVIII_76"> </a> +Nothwendigkeit hatte bestimmen lassen, zu diesem Beweismittel zu +greifen. Pemberton hielt Blathwayt zurück, unterwarf ihn einem +umständlichen Verhör und verlangte eine genaue Erzählung alles dessen, +was zwischen dem Könige und den Angeklagten vorgegangen sei. „Das wäre +etwas ganz Neues!“ rief Williams. „Glauben Sie,“ sagte Powis, „daß Sie +ein Recht dazu haben, an unsere Zeugen jede impertinente Frage zu +richten, die Ihnen in den Sinn kommt?“ Die Advokaten der Bischöfe waren +jedoch nicht die Männer, die sich so leicht werfen ließen. „Er ist +darauf vereidigt,“ sagte Pollexfen, „die Wahrheit, die ganze Wahrheit zu +sagen; wir wollen und müssen eine Antwort haben.“ Der Zeuge wurde +verlegen, gab ausweichende Antworten, wollte die Fragen nicht richtig +verstanden haben und bat um den Schutz des Gerichtshofes; aber er war in +Händen, aus denen nicht leicht wieder loszukommen war. Endlich schlug +der Generalfiskal sich wieder ins Mittel. „Wenn Sie durchaus auf Ihrer +Forderung bestehen,“ hob er an, „so sagen Sie uns wenigstens, welchen +Gebrauch Sie von der Antwort zu machen gedenken.“ Pemberton, der während +der ganzen Verhandlung seine Pflicht muthig und geschickt erfüllte, +erwiederte ohne Besinnen: „Mylords, ich will dem Herrn Generalfiskal +antworten, ich will offen mit dem Gerichtshofe reden. Wenn die Bischöfe +sich unter dem Versprechen von Seiten Seiner Majestät, daß ihr +Geständniß nicht gegen sie angewendet werden solle, zu dieser Schrift +bekannten, so wird man sich hoffentlich nicht eines unredlichen +Vortheils gegen sie bedienen.“ — „Sie erheben eine Beschuldigung +gegen Seine Majestät, die ich kaum auszusprechen wage,“ sagte Williams; +„da Sie es so genau nehmen, dann verlange ich auch für den König, daß +die Frage zu Protokoll genommen wird.“ — „Was meinen Sie damit?“ +fragte jetzt Sawyer. „Ich weiß, was ich meine,“ antwortete der Apostat, +„ich verlange, daß die Frage vor Gericht zu Protokoll genommen wird.“ +— „Nehmen Sie zu Protokoll, was Sie wollen, Herr Prokurator, ich +fürchte Sie nicht,“ sagte Pemberton. Es folgte nun ein lauter und +heftiger Wortwechsel, den der Oberrichter nur mit Mühe beschwichtigen +konnte. In jedem andren Falle hätte er die Frage ohne Zweifel zu +Protokoll nehmen und Pemberton verhaften lassen. Aber an diesem +wichtigen Tage wagte er dies nicht. Er warf oft einen Seitenblick auf +die dichten Reihen der Earls und Barone, die ihn scharf beobachteten und +die ihn beim nächsten Parlamente zur Rechenschaft ziehen konnten. Ein +Anwesender meinte nachher, es habe ausgesehen, als ob alle zuhörenden +Peers Stricke in der Tasche gehabt hätten.<a class = "tag" name = +"tagVIII_125" id = "tagVIII_125" href = "#noteVIII_125">125</a> +Blathwayt wurde endlich gezwungen, über den ganzen Vorgang einen +ausführlichen Bericht zu erstatten. Es stellte sich heraus, daß der +König den Bischöfen gegenüber keine ausdrückliche Verpflichtung +eingegangen war; ebenso aber ergab es sich auch, daß die Bischöfe wohl +Grund hatten, eine stillschweigende Zusage anzunehmen. Aus dem +Widerstreben, mit dem die Kronanwälte den Sekretär des Geheimraths in +die Zeugenloge einführten und aus der Heftigkeit, mit der sie sich +Pemberton’s Kreuzfragen widersetzten, geht klar hervor, daß sie der +nämlichen Ansicht waren.</p> + +<p>Die Handschrift war jedoch bewiesen. Aber jetzt wurde ein neuer und +ernster Einwand erhoben. Der Beweis, daß die Bischöfe das gesetzwidrige +<span class = "pagenum">VIII.77</span> +<a name = "pageVIII_77" id = "pageVIII_77"> </a> +Libell geschrieben hatten, war nicht genügend; es mußte auch bewiesen +werden, daß sie es in der Grafschaft Middlesex geschrieben hatten. +Allein dies konnten der Fiskal und der Prokurator nicht nur nicht +beweisen, sondern die Angeklagten waren sogar im Stande, das Gegentheil +zu beweisen, denn Sancroft hatte von dem Augenblicke an, wo der +Geheimrathsbefehl erschien, bis zu dem Augenblicke, wo die Petition dem +Könige überreicht wurde, seinen Palast in Lambeth nicht verlassen. Die +ganze Anklage fiel daher in sich selbst zusammen und das Publikum +erwartete mit großer Freude eine vollständige Freisprechung.</p> + +<p>Die Kronjuristen änderten nun abermals ihre Taktik, ließen die +Anklage auf Abfassung eines Libells ganz fallen und unternahmen es, zu +beweisen, daß die Bischöfe in Middlesex ein Libell +<em>veröffentlicht</em> hätten. Das war nicht leicht. Die Überreichung +der Petition an den König war in den Augen des Gesetzes unzweifelhaft +eine Veröffentlichung. Aber wie war diese Überreichung zu beweisen? Es +war bei der Audienz im königlichen Kabinet außer dem Könige und den +Angeklagten Niemand zugegen gewesen. Den König konnte man nicht wohl als +Zeugen vereidigen. Das Factum der Veröffentlichung konnte also nur durch +das Eingeständniß der Angeklagten constatirt werden. Blathwayt wurde +noch einmal vernommen, aber vergebens. Er sagte, er erinnere sich wohl, +daß die Bischöfe ihre Unterschriften anerkannt, nicht aber, daß sie das +auf dem Tische des Geheimen Raths liegende Papier als das nämliche +anerkannt hätten, welches sie dem Könige überreichten, noch daß sie +überhaupt über diesen Punkt befragt worden waren. Mehrere andere Beamte, +die im Geheimrathszimmer zugegen gewesen waren, wurden aufgerufen, unter +ihnen Samuel Pepys, Sekretär der Admiralität; aber keinem von ihnen war +es erinnerlich, daß von der Überreichung irgend die Rede gewesen sei. +Williams bemühte sich vergebens, sie durch verfängliche Fragen zu dem +gewünschten Zeugnisse zu verleiten, bis endlich die Rechtsanwälte der +Gegenpartei erklärten, daß ein solches Drehen und Wenden noch an keinem +Gerichtshofe vorgekommen sei, und Wright selbst zugestehen mußte, daß +die Vernehmungsweise des Generalprokurators allen Regeln zuwider sei. Da +ein Zeuge nach dem andren verneinend antwortete, wiederhallte der ganze +Saal von lautem Gelächter und triumphirendem Jubel, welche zum Schweigen +zu bringen die Richter gar nicht versuchten.</p> + +<p>Der harte Kampf schien endlich gewonnen zu sein; für die Krone war +nichts mehr vorzubringen. Hätten die Anwälte der Bischöfe nun +geschwiegen, so war die Freisprechung gewiß, denn es war nichts +ausgesagt worden, was auch der parteiischeste und gewissenloseste +Richter einen rechtskräftigen Beweis für die Veröffentlichung hätte +nennen kennen. Der Oberrichter schickte sich bereits an, den Geschwornen +das Resumé vorzulegen und er würde sie ohne Zweifel angewiesen haben, +die Angeklagten freizusprechen, als Finch, der zu aufgeregt war, um mit +gehöriger Besonnenheit handeln zu können, noch auftrat und gehört zu +werden verlangte. „Wenn Sie gehört sein wollen,“ sagte Wright, „so +können wir Sie nicht hindern zu sprechen; aber ich muß Ihnen bemerken, +daß Sie Ihren eigenen Vortheil nicht erkennen.“ Die anderen Vertheidiger +bewogen Finch, sich wieder niederzusetzen und baten den Oberrichter +fortzufahren. Eben wollte er dies auch thun, da kam ein Bote an den +Generalprokurator mit der Nachricht, daß Lord Sunderland die +Veröffentlichung beweisen könne und sogleich im Gerichtssaal erscheinen +werde. +<span class = "pagenum">VIII.78</span> +<a name = "pageVIII_78" id = "pageVIII_78"> </a> +Wright bemerkte den Vertheidigern in ziemlich spitzigem Tone, daß sie +sich diese neue Wendung der Dinge lediglich selbst zuzuschreiben hätten. +Die Gesichtszüge der versammelten Zuschauer verfinsterten sich; Finch +war einige Stunden lang der unpopulärste Mann im ganzen Lande. Warum +konnte er nicht ruhig sitzen bleiben wie seine verständigeren Collegen +Sawyer, Pemberton und Pollexfen? Seine Sucht, auch etwas zu sagen, der +Wunsch eine schöne Rede zu halten, hatte Alles verdorben.</p> + +<p>Inzwischen wurde der Lordpräsident in einer Sänfte durch die Halle +getragen. Nicht ein einziger Hut wurde gelüftet und viele Stimmen +riefen: „Papistischer Hund!“ Bleich und zitternd, mit zu Boden gesenktem +Blicke trat er vor die Schranken und gab mit unsicherer Stimme seine +Zeugenaussage ab. Er versicherte eidlich, daß ihm die Bischöfe ihre +Absicht, dem Könige eine Petition zu überreichen, mitgetheilt hätten und +daß sie zu dem Ende in das königliche Kabinet eingelassen worden seien. +Dieser Umstand in Verbindung mit dem, daß sich, nachdem sie das Kabinet +verlassen, eine von ihnen unterzeichnete Petition in den Händen des +Königs befand, war für das Factum der Veröffentlichung ein Beweis, der +einer Jury wohl genügen konnte.</p> + +<p>Die Veröffentlichung in Middlesex war also ebenfalls bewiesen. Aber +war das veröffentlichte Schriftstück ein falsches, böswilliges und +aufrührerisches Libell? Bis jetzt hatte es sich nur darum gehandelt, ob +eine Thatsache, die Jedermann als wirklich geschehen kannte, nach den +technischen Regeln des Beweises constatirt werden konnte; jetzt aber +erhielt der Streit ein höheres Interesse. Man mußte die Grenzen der +königlichen Hoheitsrechte und der bürgerlichen Freiheit, das Recht des +Königs, von Gesetzen zu dispensiren, und das Recht der Unterthanen um +Abstellung von Mißständen zu petitioniren, untersuchen. Drei Stunden +lang vertheidigten die Anwälte der Petenten mit energischem Nachdrucke +die Grundprinzipien der Verfassung und bewiesen aus den Protokollen des +Hauses der Gemeinen, daß die Bischöfe nur etwas Wahres behauptet hätten, +indem sie dem Könige vorstellten, daß die von ihm beanspruchte +Dispensationsgewalt mehr als einmal vom Parlament für ungesetzlich +erklärt worden sei. Somers erhob sich zuletzt. Er sprach wenig über fünf +Minuten lang, aber jedes seiner Worte war gewichtigen Inhalts, und als +er seinen Platz wieder einnahm, war sein Ruf als Redner und als +constitutioneller Jurist fest begründet. Er untersuchte die Ausdrücke +der Anklage, in welcher das den Bischöfen zur Last gelegte Vergehen +dargestellt war, und bewies, daß jedes Wort, Adjectiv oder Substantiv, +durchaus unangemessen sei. Die Anklage laute auf ein falsches, +böswilliges und aufrührerisches Libell. Falsch sei das Schriftstück +nicht, denn jede darin behauptete Thatsache sei durch die +Parlamentsprotokolle als wahr bewiesen. Auch böswillig sei das +Schriftstück nicht, denn die Angeklagten hätten nicht Streit gesucht, +sondern die Regierung habe sie in eine Lage versetzt, in der sie sich +entweder dem königlichen Willen widersetzen oder die heiligsten +Pflichten des Gewissens und der Ehre verletzen mußten. Aufrührerisch sei +das Schriftstück eben so wenig, denn die Verfasser hätten es nicht unter +dem Volke vertheilt, sondern es privatim den Händen des Königs allein +übergeben; auch sei es kein Libell, sondern eine anständige Petition, +wie sie nach den Gesetzen Englands, ja nach den Gesetzen des römischen +Kaiserreichs und nach den Gesetzen aller civilisirten Staaten +<span class = "pagenum">VIII.79</span> +<a name = "pageVIII_79" id = "pageVIII_79"> </a> +jeder Unterthan, welcher glaubt, daß ihm Unrecht geschehen, mit Fug und +Recht dem Souverain überreichen dürfe.</p> + +<p>Der Fiskal replicirte kurz und schwach. Der Prokurator sprach sehr +ausführlich und mit großer Bitterkeit, so daß er oft durch Zurufe und +Zischen des Publikums unterbrochen wurde. Er ging so weit zu behaupten, +daß kein einzelner Unterthan und keine Gemeinschaft von Unterthanen, +außer die Parlamentshäuser, berechtigt sei, eine Petition an den König +zu richten. Die Zuschauer waren wüthend und selbst der Oberrichter war +ganz betroffen über die Frechheit dieses feilen Achselträgers.</p> + +<p>Wright schritt endlich zum Resumé. Seine Rede bewies, daß seine +Furcht vor der Regierung durch die Furcht vor dieser zahlreichen, +glänzenden und heftig aufgeregten Versammlung gemäßigt wurde. Er sagte, +er wolle nicht seine Ansicht über die Dispensationsfrage abgeben, er +habe dies nicht nöthig, er könne dem Staatsprokurator in vielen Punkten +seiner Rede nicht beistimmen, ein Unterthan habe allerdings das Recht, +zu petitioniren, aber die dem Gerichtshofe vorliegende specielle +Petition, sei ungebührlich abgefaßt und daher in den Augen des Gesetzes +ein Libell. Allibone sprach die nämliche Ansicht aus, bewies aber in +seinem Vortrag eine so gänzliche Unkenntniß des Rechts und der +Geschichte, daß er sich die Verachtung Aller zuzog, die ihn anhörten. +Holloway umging die Dispensationsfrage, sagte aber, ihm scheine die +Petition so gefaßt, wie sie Unterthanen, die sich in ihrem Rechte +gekränkt glaubten, wohl zu überreichen befugt seien, und sie sei daher +kein Libell. Powell trat noch kühner auf. Er erklärte geradezu, daß +seiner Ansicht nach die Indulgenzerklärung null und nichtig und die +Dispensationsgewalt, wie sie neuerdings ausgeübt worden, mit allen +Gesetzen durchaus unvereinbar sei. Wenn man solche Übergriffe der +Prärogative dulden wolle, so seien die Parlamente ganz überflüssig, die +ganze gesetzgebende Gewalt liege dann in den Händen des Königs. „Diese +Entscheidung, meine Herren,“ sagte er, „stelle ich Gott und Ihrem +Gewissen anheim“.<a class = "tag" name = "tagVIII_126" id = +"tagVIII_126" href = "#noteVIII_126">126</a></p> + +<p>Es war dunkel geworden, als die Jury sich zurückzog, um über ihren +Schiedsspruch zu berathen. Diese Nacht war eine Nacht voll ängstlicher +Spannung. Es existiren noch einige Briefe, welche während jener Stunden +der Ungewißheit abgesendet wurden und die daher ein ganz besonderes +Interesse haben. „Es ist sehr spät,“ schrieb der päpstliche Nuntius, +„und noch ist die Entscheidung nicht bekannt. Die Richter und die +Angeklagten haben sich nach Hause begeben, die Geschwornen aber bleiben +beisammen. Morgen werden wir den Ausgang dieses wichtigen Kampfes +erfahren.“</p> + +<p>Der Prokurator der Bischöfe brachte mit einer Anzahl Bedienten die +ganze Nacht auf der Treppe zu, welche nach dem Berathungszimmer der +Geschwornen führte. Es war durchaus nothwendig, die an den Thüren Wache +haltenden Beamten scharf zu beobachten, denn man vermuthete, daß sie von +der Regierung gewonnen waren, und sie konnten daher, wenn sie nicht +sorgfältig bewacht wurden, einen höfisch gesinnten Geschwornen mit +Speise und Trank versehen, so daß er dann im Stande war, seine elf +Collegen auszuhungern. Es wurde daher strenge Wache gehalten und nicht +einmal ein Licht, um eine Pfeife anzuzünden, eingelassen. Gegen +<span class = "pagenum">VIII.80</span> +<a name = "pageVIII_80" id = "pageVIII_80"> </a> +vier Uhr Morgens ließ man einige Becken mit Wasser zum Waschen passiren. +Die vor Durst verschmachtenden Geschwornen tranken gierig die Gefäße +aus. Die umliegenden Straßen waren bis zum Morgen von einer großen +Volksmenge angefüllt. Von Stunde zu Stunde kam ein Bote von Whitehall um +sich nach dem Stande der Sache zu erkundigen. Verschiedene Male hörte +man drinnen im Zimmer einen heftigen Wortstreit; aber etwas Gewisses +erfuhr man nicht.<a class = "tag" name = "tagVIII_127" id = +"tagVIII_127" href = "#noteVIII_127">127</a></p> + +<p>Zuerst waren neun für die Freisprechung und drei für die +Verurtheilung. Zwei von der Minorität gaben bald nach; Arnold aber +beharrte auf seinem Ausspruche. Thomas Austin, ein reichbegüterter +Landgentleman, der die Zeugenaussagen und Reden aufmerksam verfolgt und +sich ausführliche Notizen gemacht hatte, wollte die Sache mit ihm +speciell erörtern. Arnold aber lehnte dies ab, indem er ärgerlich sagte, +er sei nicht gewöhnt zu raisonniren und zu debattiren, sein Gewissen +gestatte ihm nicht, die Bischöfe freizusprechen. „Wenn Sie dabei +beharren,“ sagte Austin, „so sehen Sie mich an. Ich bin der Größte und +Stärkste von uns Zwölfen; ehe ich aber eine Petition wie diese als ein +Libell anerkenne, bleibe ich hier, bis ich nicht mehr dicker bin als ein +Pfeifenrohr.“ Es war sechs Uhr Morgens, als Arnold endlich nachgab. Es +wurde bald bekannt, daß die Geschwornen einig waren; wie aber ihr +Ausspruch lautete, war noch ein Geheimniß.<a class = "tag" name = +"tagVIII_128" id = "tagVIII_128" href = "#noteVIII_128">128</a></p> + +<p>Um zehn Uhr versammelte sich der Gerichtshof wieder. Das Gedränge war +noch ärger als am vorigen Tage. Die Geschwornen erschienen in ihrer Loge +und es trat eine lautlose Stille ein.</p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVIII_118" id = "noteVIII_118" href = +"#tagVIII_118">118.</a> +<span class = "antiqua">Clarendon’s Diary, June</span> 21. 1688.</p> + +<p><a name = "noteVIII_119" id = "noteVIII_119" href = +"#tagVIII_119">119.</a> +Gitters, 26. Juni (6. Juli) 1688.</p> + +<p><a name = "noteVIII_120" id = "noteVIII_120" href = +"#tagVIII_120">120.</a> +Johnstone, 2. Juli 1688.</p> + +<p><a name = "noteVIII_121" id = "noteVIII_121" href = +"#tagVIII_121">121.</a> +Johnstone, 2. Juli 1688.</p> + +<p><a name = "noteVIII_122" id = "noteVIII_122" href = +"#tagVIII_122">122.</a> +Johnstone, 2. Juli 1688. Der Herausgeber von <span class = +"antiqua">Levinz’s Reports</span> drückt seine große Verwunderung +darüber aus, daß Levinz nach der Revolution nicht wieder in sein +Richteramt eingesetzt wurde. Die von Johnstone erzählten Thatsachen +können dies anscheinende Ungerechtigkeit vielleicht erklären.</p> + +<p><a name = "noteVIII_123" id = "noteVIII_123" href = +"#tagVIII_123">123.</a> +Ich schließe dies aus einem Briefe von Compton an Sancroft vom 12. +Juni.</p> + +<p><a name = "noteVIII_124" id = "noteVIII_124" href = +"#tagVIII_124">124.</a> +<span class = "antiqua">Revolution Politics.</span></p> + +<p><a name = "noteVIII_125" id = "noteVIII_125" href = +"#tagVIII_125">125.</a> +Der Ausdruck eines Augenzeugen. Er findet sich in einem Neuigkeitsbriefe +in der Mackintosh-Sammlung.</p> + +<p><a name = "noteVIII_126" id = "noteVIII_126" href = +"#tagVIII_126">126.</a> +Siehe den Prozeß in der <span class = "antiqua">Collection of State +Trials</span>. Einiges habe ich auch von Johnstone und Citters +entlehnt.</p> + +<p><a name = "noteVIII_127" id = "noteVIII_127" href = +"#tagVIII_127">127.</a> +Johnstone, 2. Juli 1688; Brief von Mr. Ince an den Erzbischof, datirt +von sechs Uhr Morgens; <span class = "antiqua">Tanner <ins class = +"correction" title = "Original hat »Ms.«">MS.</ins></span>; <span class += "antiqua">Revolution Politics</span>.</p> + +<p><a name = "noteVIII_128" id = "noteVIII_128" href = +"#tagVIII_128">128.</a> +Johnstone, 2. Juli 1688.</p> +</div> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Das Verdict der Geschwornen; Freude des Volks.</span> +<a name = "secVIII_64" id = "secVIII_64">Sir</a> Samuel Astry sprach: +„Finden Sie die Angeklagten oder einen von ihnen des Vergehens, dessen +sie angeklagt sind, schuldig oder nicht schuldig?“ Sir Roger Langley +antwortete: „Nicht schuldig.“ Sobald diese Worte über seine Lippen +waren, sprang Halifax auf und schwenkte seinen Hut. Auf dieses Zeichen +brachen alle Bänke und Gallerien in donnernden Beifallsjubel aus. Im +nächsten Augenblick stimmten die zehntausend Menschen, welche die große +Halle füllten, mit noch lauterem Jubel ein, von dem die alte eichene +Decke erdröhnte, und noch einen Augenblick, so ließ die draußen +versammelte Menge ein drittes Hurrah erschallen, das man in Templebar +hören konnte. Die Böte, welche den Fluß bedeckten, antworteten mit +gleicher Begeisterung, ein Kanonenschlag knallte auf dem Wasser, dann +wieder einer und wieder einer, und so flog die frohe Nachricht binnen +wenigen Augenblicken über den Savoy und über die Friars hinaus bis zur +Londonbrücke und zu dem Mastenwalde der jenseit derselben liegenden +Schiffe. Wohin die Botschaft kam, brachen Straßen und Squares, +Marktplätze und Kaffeehäuser in Freudenjubel aus. Der Jubel aber war +minder auffallend, als die Thränen. Denn die Gefühle der Leute waren so +angespannt worden, daß selbst die kalte, an Äußerungen von +Gemüthsbewegung wenig gewöhnte englische Natur überwältigt wurde und +Tausende vor lauter Freude schluchzten. Inzwischen sprengten von den +Endpunkten der Menge Reiter fort, um die Kunde von dem Siege +<span class = "pagenum">VIII.81</span> +<a name = "pageVIII_81" id = "pageVIII_81"> </a> +der Kirche und der Nation durch alle Hauptstraßen zu verbreiten. Aber +selbst dieser gewaltige Ausbruch der Freude vermochte den hämischen und +furchtlosen Sinn des Staatsprokurators nicht zu erschüttern. Er +versuchte es, sich in dem betäubenden Lärme Gehör zu verschaffen und +forderte die Richter auf, Diejenigen, welche durch ihr Geschrei die +Würde des Gerichtshofes verletzt hatten, verhaften zu lassen. Einer aus +der jubelnden Menge wurde wirklich festgenommen. Indessen sah das +Tribunal doch ein, daß es geradezu lächerlich gewesen wäre einen +Einzelnen für eine Übertretung zu bestrafen, welche Hunderttausende +begangen hatten, und entließ ihn daher wieder mit einem leichten +Verweis.<a class = "tag" name = "tagVIII_129" id = "tagVIII_129" href = +"#noteVIII_129">129</a></p> + +<p>Es war jetzt nicht daran zu denken, etwas Andres vorzunehmen, denn +das Getöse der Menge war so arg, daß man eine halbe Stunde lang im +Gerichtssaale kein Wort verstehen konnte. Williams stieg unter einem +Sturme von Zischen und Verwünschungen in seinen Wagen. Cartwright, der +eine unbezähmbare Neugierde besaß, hatte die Thorheit und +Unschicklichkeit begangen, nach Westminster zu kommen, um zu hören, wie +das Urtel ausfallen würde. Man erkannte ihn an seiner Priestertracht und +seiner Korpulenz und verfolgte ihn durch die ganze Halle mit Geschrei. +„Nehmt Euch vor dem Wolfe in Schafskleidern in Acht,“ sagte Einer. +„Platz für den Mann mit dem Papst im Bauche!“ rief ein Andrer.<a class = +"tag" name = "tagVIII_130" id = "tagVIII_130" href = +"#noteVIII_130">130</a></p> + +<p>Die freigesprochenen Prälaten flüchteten sich vor der Menge, die sie +um ihren Segen bat, in die nächste Kapelle, wo eben Gottesdienst +gehalten wurde. Viele Kirchen der Hauptstadt waren an diesem Morgen +geöffnet und wurden von vielen Andächtigen besucht. In allen +Kirchspielen der City und der Vorstädte gingen die Glocken. Unterdessen +konnten sich die Geschwornen kaum einen Weg aus der Halle bahnen. Von +Hunderten mußten sie sich die Hand drücken lassen. „Gott segne Euch,“ +rief das Volk; „Gott segne Eure Familien! Ihr habt wie brave Gentlemen +gehandelt und uns Alle heute gerettet.“ Während die Peers, welche zur +Unterstützung der guten Sache herbeigekommen waren, fortfuhren, warfen +sie Hände voll Geld unter die Menge und hießen sie auf das Wohl des +Königs, der Bischöfe und der Geschwornen trinken.<a class = "tag" name = +"tagVIII_131" id = "tagVIII_131" href = "#noteVIII_131">131</a> +<span class = "pagenum">VIII.82</span> +<a name = "pageVIII_82" id = "pageVIII_82"> </a></p> + +<p>Der Generalfiskal überbrachte die Nachricht Sunderland, der sich +gerade mit dem Nuntius unterhielt. „Seit Menschengedenken,“ sagte Powis, +„hat man nicht einen solchen Jubel und so viel Freudenthränen gesehen +wie heute“.<a class = "tag" name = "tagVIII_132" id = "tagVIII_132" href += "#noteVIII_132">132</a> Der König hatte am Morgen das Lager auf der +Hounslowhaide besucht. Sunderland schickte sofort einen Courier mit der +Botschaft an ihn ab. Jakob befand sich in Feversham’s Zelte, als der +Expresse ankam. Er war sehr ärgerlich über die Nachricht und rief auf +Französisch aus: „Sie sollen es bereuen!“ Er brach sogleich nach London +auf. So lange er anwesend war, hielt der Respekt die Soldaten ab, ihren +Gefühlen freien Lauf zu lassen; kaum aber hatte er das Lager verlassen, +so hörte er hinter sich ein lautes Jubelgeschrei. Er wunderte sich +darüber und fragte, was das bedeute. „Es ist nichts,“ erhielt er zur +Antwort, „die Soldaten freuen sich nur über die Freisprechung der +Bischöfe.“ — „Das nennen Sie nichts?“ sagte der König und +wiederholte dann noch einmal: „Sie sollen es bereuen!“<a class = "tag" +name = "tagVIII_133" id = "tagVIII_133" href = +"#noteVIII_133">133</a></p> + +<p>Er hatte in der That Ursache, verstimmt zu sein, denn seine +Niederlage war vollständig und im höchsten Grade demüthigend. Wären die +Prälaten auf Grund mangelhaften Beweises freigesprochen worden, etwa +weil sie die Petition nicht in Middlesex geschrieben hatten, oder weil +es ihnen streng nach den Regeln des Gesetzes nicht bewiesen werden +konnte, daß sie dem Könige die Petition, um dessentwillen sie in +Untersuchung waren, überreicht hatten, so würde die Prärogative keinen +Stoß erhalten haben. Zum Glück für das Land aber war die Thatsache der +Veröffentlichung vollkommen festgestellt worden und die Vertheidiger der +Angeklagten hatten daher das Dispensationsrecht angreifen müssen. Dies +hatten sie mit großer Gelehrsamkeit, Beredtsamkeit und Kühnheit gethan. +Die Anwälte der Krone waren, wie allgemein anerkannt wurde, in dem +Kampfe unterlegen. Nicht ein einziger Richter hatte die +Indulgenzerklärung für gesetzlich zu erklären gewagt, einer hatte sie +sogar in den stärksten Ausdrücken als ungesetzlich bezeichnet. Die ganze +Stadt sprach davon, daß die Dispensationsgewalt den Todesstoß bekommen +habe. Finch, der den Tag vorher allgemein geschmäht worden war, wurde +jetzt allgemein gepriesen. Man sagte, er habe die Sache nicht in einer +Weise entschieden sehen wollen, wobei die große Verfassungsfrage auf +immer zweifelhaft geblieben wäre. Er habe eingesehen, daß die +Freisprechung seiner Klienten ohne Verdammung der Indulgenzerklärung nur +ein halber Sieg gewesen sein würde. Es ist gewiß, daß Finch weder die +Vorwürfe verdiente, mit denen er überhäuft wurde, so lange der Ausgang +noch zweifelhaft war, noch die Lobpreisungen, die ihm gespendet wurden, +nachdem derselbe so günstig ausgefallen. Es war thöricht, ihn zu tadeln, +weil die Kronanwälte während des von ihm veranlaßten kurzen Verzugs +unerwartet einen neuen Zeugen fanden. Eben so thöricht war die Annahme, +daß er seine Klienten absichtlich einer Gefahr ausgesetzt habe, um ein +allgemeines Prinzip festzustellen, und noch thörichter war es, ihn wegen +etwas zu loben, was eine grobe Verletzung seiner Berufspflichten gewesen +sein würde. +<span class = "pagenum">VIII.83</span> +<a name = "pageVIII_83" id = "pageVIII_83"> </a></p> + +<p>Dem freudigen Tage folgte eine nicht minder freudige Nacht. Die +Bischöfe und einige ihrer achtungswerthen Freunde bemühten sich +vergebens, tumultuarische Freudenbezeigungen zu verhindern. Die ältesten +Leute erinnerten sich nicht, jemals, selbst nicht an dem Abende, als es +in London bekannt wurde, daß die schottische Armee sich für ein freies +Parlament erklärt hatte, die Straßen von so zahlreichen Freudenfeuern +erhellt gesehen zu haben. Um jedes Feuer hatte sich ein Haufe gelagert, +der auf das Wohl der Bischöfe und auf den Untergang der Papisten trank. +Die Fenster waren ebenfalls glänzend erleuchtet, jedes gewöhnlich durch +sieben Lichter, von denen das mittelste und längste den Primas +vorstellte. Dazu hörte man fortwährend das Knallen von Schwärmern, +Raketen und Gewehrschüssen. Ein ungeheurer Holzstoß brannte gerade dem +Haupteingange von Whitehall gegenüber; andere wurden vor den Thüren +katholischer Peers angezündet. Lord Arundell von Wardour beschwichtigte +wohlweislich den Pöbel mit ein wenig Geld; im Palast Salisbury am Strand +aber wurde ein Widerstandsversuch gemacht. Die Dienerschaft Lord +Salisbury’s machte einen Ausfall und feuerte; aber nur der unglückliche +Büttel des Bezirks fiel, der gerade gekommen war, um das Feuer +auszulöschen, und die Schaar wurde bald in den Palast zurückgetrieben. +Kein Schauspiel jener Nacht amüsirte das gemeine Volk so sehr, als +eines, das ihnen vor mehreren Jahren wohl bekannt gewesen war, und das +ihnen jetzt nach einer langen Pause wieder gegeben wurde: die +Verbrennung des Papstes. Dieses vor Zeiten sehr beliebte Schauspiel +kennt unsere Generation nur aus Beschreibungen und Abbildungen. Eine +Figur, die aber keineswegs jenen plumpen Conterfeyen von Guy Fawx glich, +welche noch jetzt am 5. November zur Schau umhergetragen werden, sondern +die mit einiger Geschicklichkeit von Wachs verfertigt und mit nicht +geringen Kosten mit Gewändern und einer Tiara geschmückt war, wurde auf +einen Stuhl gesetzt, ähnlich dem, auf welchem noch heute an einigen +hohen Festtagen die römischen Bischöfe durch die Peterskirche zum +Hochaltare getragen werden. Seine Heiligkeit war gewöhnlich umgeben von +einem Gefolge von Cardinälen und Jesuiten, und ihm zur Seite stand ein +als Teufel mit Schweif und Hörnern verkleideter Hanswurst. Kein reicher +und eifriger Protestant sah bei dieser Gelegenheit eine Guinee an, und +wenn man der Sage glauben darf, betrugen die Kosten einer solchen +Prozession zuweilen nicht weniger als tausend Pfund. Nachdem der Papst +eine Zeit lang über den Köpfen der Menge zur Schau umhergetragen worden +war, wurde er unter lautem Jubel den Flammen überliefert. Zur Zeit der +Popularität Oates’ und Shaftesbury’s wurde das Schauspiel alljährlich am +Geburtstage der Königin Elisabeth in Fleet Street unter den Fenstern des +Whig-Clubs aufgeführt. Der groteske Gebrauch war so berühmt, daß +Barillon sich einmal in Lebensgefahr begab, um aus einem Versteck +zuzusehen.<a class = "tag" name = "tagVIII_134" id = "tagVIII_134" href += "#noteVIII_134">134</a> Seit der Entdeckung des Ryehousecomplots war +die Ceremonie bis zu dem Tage der Freisprechung der Bischöfe +unterblieben. An diesem Abende aber tauchten in verschiedenen +<span class = "pagenum">VIII.84</span> +<a name = "pageVIII_84" id = "pageVIII_84"> </a> +Stadttheilen Londons mehrere Päpste auf. Der Nuntius war höchlich +entrüstet und der König fühlte sich durch diese Verhöhnung seiner Kirche +schwerer gekränkt als durch irgend eine andre ihm zugefügte Beleidigung. +Die Behörden konnten jedoch nichts thun. Der Sonntagmorgen graute +bereits und die Glocken der Pfarrkirchen riefen zum Frühgebet, ehe die +Feuer zu erlöschen und die Volksmassen sich zu verlaufen begannen. Es +erschien nun alsbald eine Proklamation gegen die Ruhestörer. Viele von +ihnen, meist Lehrlinge, wurden verhaftet: aber die Anklagen gegen sie +wurden von den Gerichten von Middlesex nicht angenommen. Die +Magistratsbeamten, von denen viele Katholiken waren, geriethen mit der +großen Jury in Streit und schickten sie mehrere Male zurück, aber ohne +Erfolg.<a class = "tag" name = "tagVIII_135" id = "tagVIII_135" href = +"#noteVIII_135">135</a></p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVIII_129" id = "noteVIII_129" href = +"#tagVIII_129">129.</a> +<span class = "antiqua">Collection of State Trials</span>; <span class = +"antiqua">Oldmixon, 739</span>; <span class = "antiqua">Clarendon’s +Diary, June 25. 1688</span>; Johnstone, 2. Juli; Citters, 3.(13.) Juli; +Adda, 6.(10.) Juli; <span class = "antiqua">Luttrell’s Diary</span>; +Barillon, 2.(12.) Juli.</p> + +<p><a name = "noteVIII_130" id = "noteVIII_130" href = +"#tagVIII_130">130.</a> +Citters, 3.(13.) Juli. Der würdevolle Ernst, mit dem er die Geschichte +erzählt, macht einen komischen Eindruck: <span class = "antiqua">„Den +Bisschop van Chester, wie seer de partie van het hof houdt, om te +voldoen aan syne gewoone nieusgierigheyt, hem op dien tyt in Westminster +Hall mede hebbende laten vinden, in het uytgaan doorgaans was +uytgekreten voor een grypende wolf in schaaps kleederen; en hy synde een +heer van hooge stature en vollyvig, spotsgewyse allomme geroepen was dat +men voor hem plaats moeste maken, om te laten passen, gelyck ook +geschiede, om dat soo sy uytschreeuwden en hem in het aansigt seyden, hy +den Paus in syn buyck hadde.“</span></p> + +<p><a name = "noteVIII_131" id = "noteVIII_131" href = +"#tagVIII_131">131.</a> +Luttrell; Citters, 3.(13.) Juli 1688. <span class = "antiqua">„Soo syn +in tegendeel gedagte jurys met de uyterste acclamatie en alle teyckenen +van genegenheyt en danckbaarheyt in het door passeren van de gemeente +ontvangen. Honderden vielen haar om den hals met alle bedenckelycke +wewensch van segen en geluck over hare persoonen en familien, om dat sy +haar so heusch en eerlyck buyten verwagtinge als het ware in desen +gedragen hadden. Veele van de grooten en kleynen adel wierpen in het +wegryden handen vol gelt under de armen luyten, om op de gesontheyt van +den Coning, der Heeren Prelaten, on de Jurys te drincken.“</span></p> + +<p><a name = "noteVIII_132" id = "noteVIII_132" href = +"#tagVIII_132">132.</a> +<span class = "antiqua">„Mi trovava con Milord Sunderland la stessa +mattina, quando venne l’Avvocato Generale a rendergli conto del +successo, e disse, che mai piu a memoria d’huomini si era sentito un +applauso, mescolato di voce e lagrime di giubilo, egual a quello che +veniva egli di vedere in quest’ occasione.“</span> Adda, 6.(16.) Juli +1688.</p> + +<p><a name = "noteVIII_133" id = "noteVIII_133" href = +"#tagVIII_133">133.</a> +<span class = "antiqua">Burnet, I. 744</span>; Citters, 3.(13.) Juli +1688.</p> + +<p><a name = "noteVIII_134" id = "noteVIII_134" href = +"#tagVIII_134">134.</a> +Siehe eine interessante Erzählung, welche Danby, damals Herzog von +Leeds, zugleich mit anderen Papieren im Jahre 1710 veröffentlichte. Eine +anziehende Beschreibung der Ceremonie der Papstverbrennung findet sich +auch in North’s <span class = "antiqua">Examen, 570</span>. Ferner sehe +man die Note zum Epilog des Trauerspiels „Ödipus“ in Scott’s Ausgabe von +Dryden.</p> + +<p><a name = "noteVIII_135" id = "noteVIII_135" href = +"#tagVIII_135">135.</a> +<span class = "antiqua">Reresby’s Memoirs</span>; Citters, 3.(13.) Juli +1688; Adda, 6.(16.) Juli; Barillon 2.(12.) Juli; <span class = +"antiqua">Luttrell’s Diary</span>; Neuigkeitsbrief vom 4. Juli; <span +class = "antiqua">Oldmixon, 739</span>; Ellis’ Correspondenz.</p> +</div> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Eigenthümlicher Zustand der öffentlichen Meinung zu jener Zeit.</span> +<a name = "secVIII_65" id = "secVIII_65">Inzwischen</a> verbreitete sich +die frohe Nachricht durch das ganze Land und wurde allenthalben mit +Jubel aufgenommen. Gloucester, Bedford und Lichfield gehörten zu den +Städten, die sich durch besonderen Eifer auszeichneten; Bristol und +Norwich aber, welche nach Bevölkerung und Reichthum London am nächsten +standen, kamen bei diesem freudigen Anlasse auch in der Begeisterung der +Hauptstadt am nächsten.</p> + +<p>Die gerichtliche Verfolgung der sieben Bischöfe ist ein Ereigniß, das +in unsrer Geschichte einzig dasteht. Es war der erste und letzte Fall, +wo zwei mächtige in der Regel einander entgegengesetzte Gefühle, von +denen jedes für sich allein bei heftiger Erregung hinreichend war, um +den Staat zu erschüttern, in vollkommener Eintracht verbündet waren. +Diese Gefühle waren die Liebe zur Kirche und die Liebe zur Freiheit. +Während vieler Generationen war jeder heftige Ausbruch des kirchlichen +Gefühls, mit einer einzigen Ausnahme, der bürgerlichen Freiheit +nachtheilig gewesen; und ebenso war jeder heftige Ausbruch des +Freiheitsgefühls, mit einer einzigen Ausnahme, dem Ansehen und Einflusse +des Prälatenthums und der Priesterschaft verderblich. Im Jahre 1688 war +die Sache der Hierarchie einen Augenblick die Sache der Volkspartei. +Mehr als neuntausend Geistliche, mit dem Primas und seinen +ehrenwerthesten Suffraganen an der Spitze, erklärten sich bereit, Haft +und Eigenthumsberaubung für das große Grundprinzip unsrer freien +Verfassung zu erdulden. Die Folge war eine Coalition, welche die +eifrigsten Kavaliere, die eifrigsten Republikaner und alle zwischeninne +liegenden Parteien der Gesammtheit umfaßte. Der Geist, welcher Hampden +unter der vergangenen Generation aufrecht erhalten hatte, verband sich +mit dem Geiste, welcher Sacheverell unter der folgenden aufrecht +erhielt, um den Erzbischof, der ein Hampden und ein Sacheverell zugleich +war, aufrecht zu erhalten. Diejenigen Klassen der Gesellschaft, denen an +der Erhaltung der Ruhe am meisten gelegen ist, welche in stürmischen +Zeiten gewöhnlich am ersten bei der Hand sind, die Regierung zu +unterstützen, und welche einen natürlichen Widerwillen gegen Aufwiegler +hegen, folgten ohne Bedenken der Leitung eines ehrwürdigen Mannes, des +ersten Peers des Reiches, des ersten Dieners der Kirche, eines Tory’s in +der Politik, eines Heiligen in seinem Privatleben, den die Tyrannei +wider seinen Willen in einen Demagogen verwandelt hatte. +<span class = "pagenum">VIII.85</span> +<a name = "pageVIII_85" id = "pageVIII_85"> </a> +Auf der andren Seite flehten jetzt selbst Diejenigen, welche das +Episcopat als einen Überrest des Papismus und als ein Werkzeug der +Willkürherrschaft stets verabscheut hatten, auf den Knien um den Segen +eines Prälaten, der bereit war, eher Ketten zu tragen und seine +alterschwachen Glieder auf die nackten Steine eines Kerkers zu legen, +als daß er die Interessen des protestantischen Glaubens verrathen und +die Hoheitsrechte der Krone über das Gesetz gestellt hätte. Mit der +Liebe zur Kirche und der Liebe zur Freiheit verband sich in dieser +wichtigen Krisis noch ein drittes Gefühl, das zu den achtungswerthesten +Zügen unsres Nationalcharacters gehört. Ein durch Willkürgewalt +unterdrückter Mensch findet bei uns, hätte er sonst auch nicht den +mindesten Anspruch auf Achtung und Dankbarkeit, gewöhnlich eine rege +Theilnahme. So wurde zu den Zeiten unserer Großväter die Gesellschaft +durch <ins class = "correction" title = "Original hat »Wilke’s«">Wilkes’</ins> Verfolgung heftig aufgeregt. Wir selbst sahen +die Nation durch die gegen die Königin Karoline geübte Härte fast bis +zum Wahnsinn gereizt. Daher wurde England, selbst wenn von dem Ausgange +des Prozesses gegen die Bischöfe keine wichtigen politischen oder +religiösen Interessen abgehangen hätten, es wahrscheinlich nicht ohne +starke Regungen von Mitleid und Unwillen mit angesehen haben, wie einige +Greise von makelloser Tugend von der Rache eines jähzornigen und +unerbittlichen Fürsten verfolgt wurden, der ihrer Treue seine Krone +verdankte.</p> + +<p>Von diesen Gefühlen angetrieben, stellten sich unsere Vorfahren in +einer ungeheuren und compacten Masse der Regierung entgegen. Die +mächtige Phalanx war aus allen Ständen, allen Parteien, allen +protestantischen Seelen gebildet. Im Vordertreffen standen die +geistlichen und weltlichen Lords, dann kamen die begüterte Gentry und +der Klerus, beide Universitäten, alle Gerichtshöfe, Großhändler, Krämer +und Pächter, die Lastträger, die sich in den Straßen der großen Städte +plagten, und die Landleute, welche das Feld bebauten. Die Koalition +gegen den König umfaßte selbst die Matrosen, die seine Schiffe +bemannten, selbst die Schildwachen, die seinen Palast bewachten. Die +Namen Whig und Tory waren einen Augenblick vergessen. Der alte +Ausschließungsmann reichte dem alten Verabscheuer die Hand; Episcopalen, +Presbyterianer, Independenten und Baptisten vergaßen ihre langjährigen +Fehden, um nur an ihren gemeinsamen Protestantismus und an ihre +gemeinsame Gefahr zu denken; Theologen, die in der Schule Laud’s +gebildet waren, sprachen nicht nur von Duldung, sondern sogar von +Einigung. Der Erzbischof erließ bald nach seiner Freisprechung einen +Hirtenbrief, der eines der merkwürdigsten Schriftstücke jener Zeit ist. +Er hatte von Jugend auf mit den Nonconformisten in Streit gelegen und +sie mehrmals mit ungerechter und unchristlicher Heftigkeit angegriffen. +Sein Hauptwerk war eine häßliche Karrikatur auf die Calvinistische +Theologie.<a class = "tag" name = "tagVIII_136" id = "tagVIII_136" href += "#noteVIII_136">136</a> Er hatte für den 30. Januar, den Jahrestag der +Hinrichtung Karl’s I., und für den 29. Mai, den Jahrestag der +Rückkehr Karl’s II., Gebetsformulare abgefaßt, welche so heftige +Schmähungen gegen die Puritaner enthielten, daß die Regierung es für +nöthig erachtet hatte, dieselben zu mildern. Jetzt aber war sein Herz +erweicht und geöffnet. Er ermahnte die Bischöfe und die Geistlichen +feierlich und eindringlich, ihren Brüdern, den protestantischen +Dissenters, mit zarter Rücksicht zu begegnen, sie oft zu besuchen, sie +gastlich zu bewirthen, +<span class = "pagenum">VIII.86</span> +<a name = "pageVIII_86" id = "pageVIII_86"> </a> +sich freundlich mit ihnen zu unterhalten und sie womöglich zum Anschluß +an die Kirche zu bewegen, sich aber, wenn ihnen dies nicht gelänge, in +ihrem Wirken für die segensreiche Sache der Reformation herzlich und +liebreich zu verbinden.<a class = "tag" name = "tagVIII_137" id = +"tagVIII_137" href = "#noteVIII_137">137</a></p> + +<p>Viele fromme Leute dachten in späteren Jahren mit schmerzlicher +Sehnsucht an jene Zeit zurück. Sie schilderten dieselbe als den +flüchtigen Schimmer eines goldenen Zeitalters zwischen zwei eisernen +Zeitaltern. Waren solche Klagen auch natürlich, so waren sie doch nicht +begründet. Die Coalition von 1688 war und konnte nur das Erzeugniß einer +an Wahnsinn grenzenden Tyrannei und einer alle großen Institutionen des +Landes gleichzeitig bedrohenden Gefahr sein. Daß eine solche Coalition +seitdem nicht wieder vorgekommen, hat seinen Grund darin, weil noch nie +wieder so schlecht und verkehrt regiert worden ist. Man darf nicht +vergessen, daß, wenn auch Eintracht an sich besser ist als Zwietracht, +doch Zwietracht das Zeichen besserer Zustände sein kann als Eintracht +sie andeutet. Unglück und Gefahr zwingen die Menschen oft, sich zu +verbinden. Glück und Sicherheit bestimmen sie oft, sich zu trennen.</p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVIII_136" id = "noteVIII_136" href = +"#tagVIII_136">136.</a> +Der <span class = "antiqua">Fur Praedestinatus</span>.</p> + +<p><a name = "noteVIII_137" id = "noteVIII_137" href = +"#tagVIII_137">137.</a> +Dieser Hirtenbrief findet sich in der ersten der zwölf Sammlungen von +Urkunden über die englischen Angelegenheiten, die zu Ende des Jahres +1688 und zu Anfang des Jahres 1689 gedruckt wurden. Er wurde am 26. +Juli, nicht ganz einen Monat nach dem Prozesse erlassen. Um die nämliche +Zeit äußerte Lloyd von St. Asaph gegen Heinrich Wharton, daß die +Bischöfe ein ganz neues Verfahren gegen die protestantischen Dissenters +einzuschlagen gedächten: <span class = "antiqua">„Omni modo curaturos, +ut ecclesia sordibus et corruptelis penitus exueretur; ut sectariis +reformatis reditus in ecclesiae sinum exoptati occasio ac ratio +concederetur, si qui sobrii et pii essent; ut pertinacibus interim jugum +levaretur, extinctis penitus legibus mulctatoriis.“ — Excerpta ex +Vita H. Wharton.</span></p> +</div> + +<p> </p> + +<hr class = "small"> + +<p> </p> + +<h6>Druck von Philipp Reclam jun. in Leipzig.</h6> + +<div>*** END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK 30331 ***</div> +</body> +</html> diff --git a/30331-h/images/floral.png b/30331-h/images/floral.png Binary files differnew file mode 100644 index 0000000..43c6737 --- /dev/null +++ b/30331-h/images/floral.png diff --git a/LICENSE.txt b/LICENSE.txt new file mode 100644 index 0000000..6312041 --- /dev/null +++ b/LICENSE.txt @@ -0,0 +1,11 @@ +This eBook, including all associated images, markup, improvements, +metadata, and any other content or labor, has been confirmed to be +in the PUBLIC DOMAIN IN THE UNITED STATES. + +Procedures for determining public domain status are described in +the "Copyright How-To" at https://www.gutenberg.org. + +No investigation has been made concerning possible copyrights in +jurisdictions other than the United States. 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You may copy it, give it away or +re-use it under the terms of the Project Gutenberg License included +with this eBook or online at www.gutenberg.org + + +Title: Geschichte von England seit der Thronbesteigung Jakob's des Zweiten. + Vierter Band + +Author: Thomas Babington Macaulay + +Translator: Wilhelm Hartwig Beseler + +Release Date: October 25, 2009 [EBook #30331] + +Language: German + +Character set encoding: UTF-8 + +*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK GESCHICHTE VON ENGLAND--VIERTER BAND *** + + + + +Produced by Louise Hope, Delphine Lettau, richyfourtytwo +and the Online Distributed Proofreading Team at +https://www.pgdp.net + + + + + + +[Dieser Text benutzt die UTF-8-Kodierung (Unicode). Wenn die Apostrophe, +Anführungszeichen und die Umlaute in diesem Absatz als seltsame Zeichen +dargestellt werden, sollten Sie in Ihrem Text-Anzeigeprogramm +„Zeichensatz“ oder „Datei-Kodierung“ auf Unicode (UTF-8) einstellen. +Eventuell ist es auch nötig, die Standardschrift zu ändern. Wenn das +auch nichts hilft, nehmen Sie stattdessen die Latin-1 Version dieses +Textes. + +Zeichen _wie so_ bedeuten Gesperrt; +wie so+ bedeuten Antiqua +(nicht-Fraktur); =wie so= bedeuten Fettschrift.] + + + + + Thomas Babington Macaulay’s + + Geschichte von England + + + seit der + + Thronbesteigung Jakob’s des Zweiten. + + + Aus dem Englischen. + + + +Vollständige und wohlfeilste Stereotyp-Ausgabe.+ + + + Vierter Band. + + + Leipzig, 1854. + _G. H. Friedlein._ + + + * * * * * + * * * * + + + Siebentes Kapitel. + + Jakob II. + + + + + =Inhalt.= + + Seite + Wilhelm, Prinz von Oranien 5 + Sein Äußeres 5 + Sein früheres Leben und seine Erziehung 5 + Seine religiösen Ansichten 7 + Seine militairischen Talente 8 + Sein Vergnügen an Gefahren; seine schlechte Gesundheit 10 + Kälte seines Benehmens und Heftigkeit seiner Gemüthsregungen 10 + Seine Freundschaft für Bentinck 10 + Marie, Prinzessin von Oranien 12 + Gilbert Burnet 14 + Er vermittelt eine innigere Annäherung zwischen dem Prinzen + und der Prinzessin 17 + Beziehungen Wilhelm’s zu den englischen Parteien 18 + Seine Gesinnungen gegen England 18 + Seine Gesinnungen gegen Holland und Frankreich 19 + Seine Politik durchaus consequent 22 + Vertrag von Augsburg 24 + Wilhelm wird das Oberhaupt der englischen Opposition 25 + Mordaunt schlägt Wilhelm eine Landung in England vor 26 + Wilhelm verwirft den Rath 26 + Unzufriedenheit in England nach dem Sturze der Hyde 27 + Bekehrungen zum Papismus; Peterborough, Salisbury 27 + Wycherley, Tindal, Haines 28 + Dryden 29 + +„The Hind and Panther.“+ 30 + Änderung in dem Verfahren des Hofes gegen die Puritaner 32 + In Schottland theilweise Duldung gewährt 35 + Persönliche Bearbeitung Einzelner im königlichen Kabinet 36 + Erfolglosigkeit der persönlichen Bearbeitung 37 + Admiral Herbert 37 + Die Indulgenzerklärung 37 + Stimmung der protestantischen Dissenters 39 + Stimmung der anglikanischen Kirche 40 + Der Hof und die Kirche 40 + „Brief an einen Dissenter.“ 42 + Benehmen der Dissenters 43 + Einige von ihnen halten es mit dem Hofe. Care, Alsop, + Rosewell 45 + Lobb 46 + Penn 46 + Die Mehrzahl der Puritaner ist gegen den Hof. Baxter 46 + Howe 47 + Bunyan 47 + Kiffin 49 + Der Prinz und die Prinzessin von Oranien gegen die + Indulgenzerklärung 52 + Vertheidigung ihrer Ansichten bezüglich der englischen + Katholiken 53 + Jakob’s Feindschaft gegen Burnet 57 + Sendung Dykvelt’s nach England 59 + Unterhandlungen Dykvelt’s mit englischen Staatsmännern 59 + Danby 60 + Nottingham 60 + Halifax 61 + Devonshire 62 + Eduard Russel 64 + Compton. -- Herbert. -- Churchill 65 + Lady Churchill und die Prinzessin Anna 66 + Dykvelt kehrt mit Briefen von vielen angesehenen Engländern + nach dem Haag zurück 68 + Zulestein’s Sendung 69 + Zunehmende Feindschaft zwischen Jakob und Wilhelm 70 + Einfluß der holländischen Presse 71 + Stewart’s und Fagel’s Correspondenz 71 + Castelmaine’s Gesandtschaft in Rom 72 + + + + +[_Wilhelm, Prinz von Oranien._] Wilhelm Heinrich, Prinz von +Oranien-Nassau, nimmt in der Geschichte Englands und der gesammten +Menschheit eine so bedeutende Stelle ein, daß es wünschenswerth +erscheint, die markirten Züge seines Characters mit einiger +Ausführlichkeit zu zeichnen.[1] + + [Anmerkung 1: Die Hauptquellen, aus denen ich meine Schilderung + des Prinzen von Oranien geschöpft habe, sind Burnet’s Geschichte, + Temple’s und Gourville’s Memoiren, die Unterhandlungen der Grafen + Estrades und Avaux, Sir Georg Downing’s Briefe an den Lordkanzler + Clarendon, Wagenaar’s umfangreiches Geschichtswerk, Van Kampen’s + +Karakterkunde Vaderlandsche Geschiedenis+, und vor Allem + Wilhelm’s eigene vertrauliche Correspondenz, von welcher der + Herzog von Portland Sir Jakob Mackintosh eine Abschrift zu nehmen + erlaubte.] + + +[_Sein Äußeres._] Er stand jetzt in seinem siebenunddreißigsten +Lebensjahre, war aber körperlich und geistig älter als andere Leute in +diesen Jahren. Man könnte fast sagen, er sei niemals jung gewesen. Sein +Äußeres ist uns fast eben so gut bekannt, als seinen eigenen Heerführern +und Räthen. Bildhauer, Maler und Münzschneider haben ihre ganze +Geschicklichkeit aufgeboten, um seine Züge der Nachwelt zu überliefern, +und diese waren von der Art, daß kein Künstler sie verfehlen und daß, +wer sie einmal gesehen, sie nie vergessen konnte. Sein Name erinnert uns +sogleich an eine schmächtige und zarte Gestalt, an eine hohe und breite +Stirn, an eine wie der Schnabel eines Adlers gebogene Nase, an ein Paar +Augen, die an Glanz und Schärfe mit denen des Adler wetteiferten, an +eine gedankenvolle, etwas finstre Miene, einen festen und etwas +mürrischen Mund, an eine bleiche, eingefallene und durch Krankheit und +Sorgen tief gefurchte Wange. Dieses gedankenvolle, ernste und feierliche +Aussehen konnte kaum einem glücklichen und lebensfrohen Manne angehört +haben; aber es verräth in unverkennbarer Weise die Befähigung zu den +schwierigsten Unternehmungen und einen durch kein Mißgeschick und durch +keine Gefahren zu erschütternden Muth. + + +[_Sein früheres Leben und seine Erziehung._] Die Natur hatte Wilhelm mit +allen Eigenschaften eines großen Herrschers reich ausgestattet und die +Erziehung hatte diese Eigenschaften in nicht gewöhnlichem Grade +entwickelt. Mit einem scharfen natürlichen Verstande und einer seltenen +Willenskraft sah er sich, als sein Geist zu erwachen begann, als vater- +und mutterlose Waise, als das Oberhaupt einer großen, aber unterdrückten +und entmuthigten Partei und als den Erben ausgedehnter aber unbestimmter +Ansprüche, welche die Furcht und die Abneigung der damals in den +Niederlanden herrschenden Oligarchie erregten. Das gemeine Volk, das +seit einem Jahrhundert seinem Hause treu ergeben war, bewies so oft es +ihn sah, auf nicht zu verkennende Weise, daß es ihn als sein +rechtmäßiges Oberhaupt betrachtete. Die geschickten und erfahrenen +Minister der Republik, die seinen Namen tödtlich haßten, brachten ihm +täglich ihre erzwungene Huldigung dar und beobachteten dabei die +Fortschritte seines Geistes. Die ersten Regungen seines Ehrgeizes wurden +sorgfältig bewacht, jedes unüberlegte Wort, das ihm entschlüpfte, wurde +niedergeschrieben, und er besaß nicht einen einzigen Rathgeber, auf +dessen Ausspruch Vertrauen gesetzt werden konnte. Er war kaum funfzehn +Jahre alt, so wurden alle Diener, die seinem Interesse ergeben waren und +die sein Vertrauen genossen, von der mißtrauischen Regierung aus seinem +Hause entfernt. Er sträubte sich dagegen mit einer weit über seine Jahre +hinausgehenden Energie, aber vergebens. Aufmerksame Beobachter sahen +mehr als einmal Thränen in den Augen des jungen Staatsgefangenen. Seine +von Haus aus zarte Gesundheit war eine Zeit lang durch die +Gemüthsbewegungen, die seine traurige und vereinsamte Stellung erzeugte, +ernstlich erschüttert. Eine solche Lage macht den Schwachen muthlos und +bestürzt, dem Starken giebt sie eine verdoppelte Kraft. Von Schlingen +umgeben, in denen ein gewöhnlicher Jüngling umgekommen sein würde, +lernte Wilhelm vorsichtig und zu gleicher Zeit energisch auftreten. +Schon lange bevor er das Mannesalter erreicht, verstand er es, +Geheimnisse zu bewahren, die Neugierde durch trockene und wohlüberlegte +Antworten abzutrumpfen und alle Leidenschaften unter dem nämlichen +Scheine ernster Ruhe zu verbergen. In der feinen Weltbildung und in +literarischen Kenntnissen machte er dagegen nur geringe Fortschritte. +Dem Benehmen des holländischen Adels jener Zeit fehlte die +liebenswürdige Anmuth, welche bei den gebildeten Franzosen in höchster +Vollkommenheit zu finden war und in geringerem Grade auch den englischen +Hof zierte; seine Manieren waren durchaus holländisch. Selbst seine +eigenen Landsleute nannten ihn plump, und Ausländern erschien er oft +noch mehr als dies. In seinem Verkehr mit der Welt im Allgemeinen schien +er jene Fertigkeiten, welche den Werth einer Gunstbezeugung erhöhen und +einer Verweigerung die Spitze abbrechen, nicht zu kennen oder sie zu +verschmähen. Die Literatur und die Wissenschaften interessirten ihn +wenig; er wußte nichts von den Entdeckungen eines Newton und Leibnitz, +von den Poesien eines Dryden und Boileau; dramatische Darstellungen +langweilten ihn und er war froh, wenn er den Blick von der Bühne +abwenden und von öffentlichen Angelegenheiten sprechen konnte, während +Orestes raste oder Tartüffe der Elmira die Hand drückte. Er besaß zwar +einiges Talent zu Sarkasmen und entfaltete nicht selten ganz unbewußt +eine sonderbar klingende, aber kräftige und originelle natürliche +Redekunst, aber nach den Titel eines Schöngeistes oder eines Redners +strebte er nicht. Seine ganze Aufmerksamkeit war auf diejenigen Studien +gerichtet gewesen, welche einen tüchtigen und umsichtigen Geschäftsmann +bilden. Von Kindheit an hörte er mit Interesse zu, wenn wichtige Fragen +über Bündnisse, Finanzen und Krieg besprochen wurden. Von der Geometrie +lernte er soviel als zum Bau einer Schanze oder eines Hornwerks nöthig +war. Von fremden Sprachen lernte er mit Hülfe seines ausgezeichneten +Gedächtnisses soviel als er bedurfte, um Alles, was mit ihm gesprochen +wurde, und jeden Brief, den er empfing, verstehen und beantworten zu +können. Das Holländische war seine Umgangssprache. Er verstand +Lateinisch, Italienisch und Spanisch, sprach und schrieb Französisch, +Englisch und Deutsch, zwar nicht elegant und grammatisch richtig, aber +fließend und verständlich. Keine Fähigkeit konnte wichtiger sein für +einen Mann, der dazu bestimmt war, große Bündnisse zu organisiren und +Armeen zu commandiren, die aus verschiedenen Nationalitäten +zusammengesetzt waren. + + +[_Seine religiösen Ansichten._] Eine Klasse von philosophischen Fragen +war durch die Umstände seiner Aufmerksamkeit dringend empfohlen worden +und scheint ihn mehr interessirt zu haben, als man es von seinem +allgemeinen Character hätte erwarten sollen. Die Protestanten der +Vereinigten Provinzen bestanden wie die unsrer Insel aus zwei großen +religiösen Partein, welche zwei großen politischen Parteien fast genau +entsprachen. Die Oberhäupter der städtischen Oligarchie waren Arminianer +und wurden im Allgemeinen von der Menge als nicht viel besser denn +Papisten betrachtet. Die Prinzen von Oranien waren gewöhnlich die +Schutzpatrone der calvinistischen Theologie gewesen und verdankten +keinen geringen Theil ihrer Popularität ihrem Eifer für die Lehren von +der Gnadenwahl und dem endlichen Beharren, einem Eifer, der nicht immer +durch Kenntnisse erleuchtet oder durch Humanität gemäßigt war. Wilhelm +war von Kindheit auf in dem theologischen System, dem seine Familie +anhing, sorgfältig unterrichtet worden, und betrachtete dieses System +mit größerer Vorliebe, als man in der Regel für seinen ererbten Glauben +hegt. Er hatte über die großen Probleme, welche auf der Synode von +Dortrecht erörtert worden waren, nachgedacht und in der strengen, +unbeugsamen Logik der genfer Schule etwas gefunden, was seinem Verstande +und seinem Gemüth zusagte. Das Beispiel von Unduldsamkeit, das einige +seiner Vorgänger gegeben, ahmte er jedoch niemals nach; er empfand gegen +alle Verfolgung eine entschiedene Abneigung, die er nicht allein da +aussprach, wo ein solches Eingeständniß offenbar staatsklug war, sondern +auch in Fällen, wo es den Anschein hatte, daß sein Interesse durch +Verstellung oder Stillschweigen hätte gefördert werden können. +Gleichwohl waren seine theologischen Ansichten noch entschiedener als +die seiner Vorgänger. Die Lehre von der Prädestination war der +Grundstein seiner Religion. Er erklärte oft, daß wenn er diese Lehre +aufgeben müßte, er zugleich mit derselben allen Glauben an eine waltende +Vorsehung aufgeben und ein reiner Epikuräer werden müßte. Diesen +einzigen Punkt ausgenommen, wurde die ganze Fülle seines kräftigen +Geistes frühzeitig von dem Theoretischen ab und auf das Praktische +gelenkt. Die Fähigkeiten, deren es zur Leitung wichtiger Geschäfte +bedarf, gediehen bei ihm schon in einem Alter zur Reife, wo sie sich bei +gewöhnlichen Menschen kaum erst zu entfalten begonnen haben. Seit +Octavius hatte die Welt kein solches Beispiel frühzeitiger +staatsmännischer Befähigung gesehen. Erfahrene Diplomaten erstaunten +über die treffenden Bemerkungen, die der siebzehnjährige Prinz über +öffentliche Angelegenheiten machte, und mit noch weit größerem Erstaunen +sahen sie diesen Knaben in Lagen, wo man hätte erwarten sollen, daß er +starke Leidenschaften verrathen werde, eine eben so unerschütterliche +Ruhe bewahren, wie sie selbst. Mit achtzehn Jahren saß er bereits unter +den Vätern der Republik, ernst, besonnen und einsichtsvoll wie der +Älteste unter ihnen. Mit zweiundzwanzig Jahren ward er an einem Tage der +Trauer und des Schreckens an die Spitze der Verwaltung gestellt. Mit +dreiundzwanzig Jahren war er durch ganz Europa als Feldherr und +Staatsmann berühmt. Er hatte innere Factionen niedergeworfen, war die +Seele einer mächtigen Coalition und hatte im Felde gegen einige von den +größten Generälen seiner Zeit mit Ehren gefochten. + + +[_Seine militairischen Talente._] Seine persönlichen Neigungen waren +mehr die eines Kriegers als die eines Staatsmannes, aber wie sein +Urgroßvater, der schweigsame Prinz, der die batavische Republik +gründete, nimmt er unter den Staatsmännern einen viel höheren Rang ein +als unter den Feldherren. Der Verlauf der Schlachten ist allerdings kein +untrüglicher Prüfstein für die Talente eines Befehlshabers, und es würde +ganz besonders ungerecht sein, wollte man diesen Prüfstein bei Wilhelm +anwenden, denn das Schicksal wollte, daß er fast stets Feldherren, +welche vollendete Meister in ihrer Kunst, und Truppen gegenüberstand, +welche in der Disciplin den seinigen weit überlegen waren. Indessen läßt +sich mit gutem Grunde annehmen, daß er als General im offenen Felde +Manchem, der in geistiger Beziehung tief unter ihm stand, keineswegs +gleichkam. Mit Leuten, die sein Vertrauen besaßen, sprach er über diesen +Gegenstand mit der edlen Offenheit eines Mannes, der Großes vollbracht +hat und der recht wohl auch einige Mängel eingestehen kann. Er sagte, er +habe keine Lehrzeit für den militairischen Beruf bestanden; er sei schon +als Knabe an die Spitze einer Armee gestellt worden, unter seinen +Offizieren habe sich keiner befunden, der fähig gewesen wäre, ihn zu +unterweisen; nur aus seinen eigenen Fehlern und deren Folgen habe er +etwas lernen können. „Ich würde einen guten Theil meines Vermögens darum +geben,“ rief er einmal aus, „wenn ich einige Feldzüge unter dem Prinzen +von Condé mitgemacht hätte, ehe ich gegen ihn commandiren mußte.“ Es ist +nicht unwahrscheinlich, daß der Umstand, welcher Wilhelm verhinderte, +eine ausgezeichnete strategische Bildung zu erlangen, der allgemeinen +Entwickelung seiner Geisteskräfte zu Gute gekommen ist. Bewiesen seine +Schlachten auch nicht den großen Taktiker, so berechtigten sie ihn doch +zu dem Titel eines großen Mannes. Kein Mißgeschick konnte ihn nur einen +Augenblick seiner Festigkeit und des vollständigen Besitzes aller seiner +Fähigkeiten berauben. Seine Niederlagen wurden mit einer so wunderbaren +Schnelligkeit wieder gut gemacht, daß er, noch ehe seine Feinde das +Tedeum gesungen hatten, schon wieder zum Kampfe gerüstet war; auch +beeinträchtigten solche Schläge in keiner Weise die Achtung und das +Vertrauen, dessen er sich von Seiten seiner Soldaten erfreute. Diese +Achtung und dieses Vertrauen verdankte er in nicht geringem Maße seinem +persönlichen Muthe. Den Grad von Muth, dessen der Soldat bedarf, um +einen Feldzug ohne Schande zu bestehen, besitzen die meisten Menschen +oder wenigstens können sie denselben in einer guten Schule erlangen. Ein +Muth wie der des Prinzen Wilhelm aber ist in der That selten. Er wurde +auf jede nur mögliche Weise geprüft, durch Krieg, durch Wunden, durch +schmerzhafte und entnervende Krankheiten, durch Seestürme, durch die +beständig drohende Gefahr, ermordet zu werden, eine Gefahr, die schon +sehr starke Nerven erschüttert hat und durch welche selbst die eiserne +Tapferkeit Cromwell’s einen harten Stoß erhielt. Aber Niemand konnte je +etwas entdecken, was der Prinz von Oranien fürchtete. Seine Rathgeber +konnten ihn nur mit Mühe dazu bringen, daß er einige Vorsichtsmaßregeln +gegen die Pistolen und Dolche von Verschwörern ergriff.[2] Alte Seeleute +erstaunten über die kaltblütige Ruhe, die er inmitten tobender +Brandungen an einer gefahrvollen Küste bewahrte. In der Schlacht +zeichnete ihn seine Tapferkeit unter Zehntausenden tapferer Krieger aus, +erweckte die hochherzige Anerkennung selbst der feindlichen Heere und +wurde selbst von der Unbilligkeit feindlicher Factionen nie bestritten. +Während seiner ersten Feldzüge setzte er sich der Gefahr aus, als ob er +den Tod gesucht hätte, war beim Angriff stets der Erste, beim Rückzug +der Letzte, kämpfte mit dem Schwerte in der Hand im dichtesten Gewühl, +und mit einer Flintenkugel im Arm, den Harnisch von Blut überströmt, +hielt er noch immer Stand und schwenkte im furchtbarsten Feuer seinen +Hut. Seine Freunde beschworen ihn, er solle doch sein für das Vaterland +unschätzbares Leben mehr schonen. Sein berühmtester Gegner, der große +Condé, bemerkte nach der blutigen Schlacht von Seneff, der Prinz von +Oranien habe sich in jeder Beziehung wie ein alter General benommen, nur +in sofern nicht, als er sich wie ein junger Soldat ausgesetzt. Wilhelm +leugnete, daß er sich der Tollkühnheit schuldig gemacht habe. Er stelle +sich, meinte er, nur aus Pflichtgefühl und aus kalter Berechnung dessen, +was das öffentliche Interesse erheische, immer auf den Posten der +Gefahr. Die Truppen, die er befehlige, seien wenig an den Krieg gewöhnt +und fürchteten ein Handgemenge mit den französischen Veteranen; es sei +daher nöthig, daß ihr Anführer ihnen zeige, wie man Schlachten gewinnt. +Und in der That wurde auch mehr als eine Schlacht, welche rettungslos +verloren schien, noch durch die Kühnheit gewonnen, mit der er seine +zersprengten Bataillone sammelte und eigenhändig die Memmen niederhieb, +welche das Beispiel zur Flucht gaben. Zuweilen sah es jedoch ganz so +aus, als ob er ein eignes Vergnügen daran finde, sein Leben zu +gefährden. Es wurde bemerkt, daß er nie heiterer, freundlicher und +liebenswürdiger war, als im blutigen Getümmel der Schlacht. Selbst bei +seinen Zerstreuungen liebte er das Aufregende der Gefahr. Kartenspiele, +Schach und Billard machten ihm kein Vergnügen; seine Lieblingserholung +war die Jagd, und die gefährlichste war ihm die liebste. Er machte oft +Sätze, daß seine kühnsten Begleiter nicht Lust hatten, ihm zu folgen. +Selbst die verwegensten Sportvergnügungen Englands scheint er für +weibisch gehalten zu haben, und im großen Parke von Windsor sehnte er +sich nach dem Wilde, das er in den Forsten von Geldern zu jagen gewohnt +war, nach Wölfen, Ebern und riesigen Sechzehnendern.[3] + + [Anmerkung 2: Nach dem Frieden von Ryswick drangen die Freunde + Wilhelm’s in ihn, mit dem französischen Gesandten ganz ernstlich + über die Mordanschläge zu sprechen, welche die Jakobiten von St. + Germain beständig schmiedeten. Die kaltblütige Hochherzigkeit, + mit der er diese Warnungen vor Gefahr aufnahm, ist besonders + characteristisch. Dem Grafen Bentinck, der von Paris sehr + beunruhigende Nachrichten gemeldet hatte, antwortete er nur am + Schlusse eines langen Geschäftsbriefes: +„Pour les assasins je ne + luy en ay pas voulu parler, croiant que c’etoit au desous de + moy.+“ -- 2.(12.) Mai 1698. Ich habe die Orthographie des + Originals, wenn von einer solchen überhaupt die Rede sein kann, + beibehalten.] + + [Anmerkung 3: Von Windsor schrieb er an Bentinck, damals Gesandten + in Paris: +„J’ay pris avant hier un cerf dans la forest avec les + chains du Pr. de Denm. et ay fait un assez jolie chasse, autant, + que ce vilain paiis le permest.“+ -- 20. März (1. April) 1698. Die + Orthographie ist schlecht, aber nicht schlechter als die + Napoleon’s. In besserer Stimmung schrieb Wilhelm von Loo aus: + +„Nous avons pris deux cerfs, le premier dans Dorewaert, qui est + un des plus gros que je sache avoir jamais pris. Il porte seize.“+ + -- 25. Oct. (4. Nov.) 1697.] + + +[_Sein Vergnügen an Gefahren; seine schlechte Gesundheit._] Seine +Tollkühnheit war um so merkwürdiger, da er von ungemein zarter +Körperconstitution war. Er war von früher Jugend an schwächlich und +kränklich gewesen, und im ersten Mannesalter waren seine Leiden durch +einen heftigen Pockenanfall noch verschlimmert worden. Er war engbrüstig +und schwindsüchtig. Sein schwächlicher Körper wurde durch einen +beständigen heiseren Husten erschüttert. Er konnte nicht schlafen, wenn +sein Kopf nicht durch mehrere Kissen unterstützt wurde, und nur in der +reinsten Luft konnte er ohne Beschwerden athmen. Dabei quälten ihn oft +heftige Kopfschmerzen. Körperliche Anstrengungen ermüdeten ihn sehr +bald. Die Ärzte pflegten die Hoffnung seiner Feinde dadurch aufrecht zu +erhalten, daß sie einen Termin festsetzten, über den hinaus, wenn sich +überhaupt irgend etwas in der Wissenschaft mit Sicherheit bestimmen +lasse, sein zerrütteter Organismus unmöglich ausdauern könnte. Dennoch +verließ seinen Geist während seines ganzen Lebens, das nur eine lange +Krankheit war, bei keiner wichtigen Gelegenheit die nöthige Kraft, um +seinen leidenden und siechen Körper aufrecht zu erhalten. + + +[_Kälte seines Benehmens und Heftigkeit seiner Gemüthsregungen._] Er war +mit heftigen Leidenschaften und mit leichter Reizbarkeit geboren; aber +die Welt hatte keine Ahnung von der Stärke seiner Gemüthsaffecte. Vor +den Blicken der Menge verbarg er seine Freude und seinen Kummer, seine +Zuneigung und seinen Groll unter einer phlegmatischen Ruhe, die ihm den +Ruf des kaltblütigsten und gleichgültigsten Menschen verschaffte. Wer +ihm eine gute Nachricht brachte, konnte selten ein Zeichen von Freude +entdecken; wer ihn nach einer Niederlage sah, spähte umsonst nach einer +Spur von Unmuth. Er lobte und tadelte, belohnte und bestrafte mit der +kalten Gelassenheit eines Mohawkhäuptlings; aber wer ihn genauer kannte +und ihn näher betrachtete, der bemerkte wohl, daß unter dieser Eisrinde +beständig ein ungestümes Feuer brannte. Nur selten raubte der Zorn ihm +seine Selbstbeherrschung; wenn er aber einmal in Wuth gerieth, so war +der erste Ausbruch seiner Leidenschaft furchtbar. Es war dann in der +That nicht rathsam, ihm zu nahe zu kommen. In diesen seltenen Fällen +jedoch gab er, sobald er seine Selbstbeherrschung wieder erlangt hatte, +Denen, die er beleidigt, so vollständige Genugthuung, daß sie sich fast +zu dem Wunsche versucht fühlten, er möchte aufs neue in Wuth gerathen. +Seine Liebe war nicht minder stürmisch als sein Zorn. Wo er einmal +liebte, da liebte er mit der ganzen Kraft seiner starken Seele. Wenn der +Tod ihn von einem geliebten Wesen trennte, fürchteten die wenigen Zeugen +seiner Schmerzensausbrüche für seinen Verstand und für sein Leben. Einem +sehr kleinen Kreise intimer Freunde gegenüber, auf deren Treue und +Verschwiegenheit er sich unbedingt verlassen konnte, war er ein ganz +andrer Mensch als der verschlossene und stoische Wilhelm, dem die Menge +jedes menschliche Gefühl absprach. In ihrer Gesellschaft war er +freundlich, gemüthlich, offenherzig, selbst gesellig und witzig, konnte +Stunden lang bei Tische sitzen und vollen Antheil an einer heiteren +Unterhaltung nehmen. + + +[_Seine Freundschaft für Bentinck._] Am höchsten in seiner Gunst stand +ein Kavalier seines Hofstaates, Namens Bentinck, der aus einem edlen +batavischen Geschlecht stammte und der Gründer eines der großen +patrizischen Häuser Englands werden sollte. Bentinck’s Treue hatte sich +in nicht gewöhnlicher Weise erprobt. Zu der Zeit, als die Vereinigten +Provinzen gegen die Macht Frankreichs um ihre Existenz kämpften, wurde +der junge Prinz, auf dem alle ihr Hoffnungen ruhten, von den Pocken +befallen. Diese Krankheit hatte bei mehreren Mitgliedern seiner Familie +einen tödtlichen Ausgang genommen und zeigte auch bei ihm anfangs einen +sehr bösartigen Character. Die Bestürzung des Volks war groß. Von früh +bis Abends waren die Straßen im Haag mit Leuten angefüllt, die sich +ängstlich nach dem Befinden Seiner Hoheit erkundigten. Endlich nahm das +Übel eine günstige Wendung. Seine Genesung wurde zum Theil seinem eignen +Gleichmuth, zum Theil der unerschrockenen und unermüdlichen Freundschaft +Bentinck’s zugeschrieben. Nur aus seinen Händen nahm Wilhelm Speisen und +Arzneien an; er allein hob ihn aus dem Bette und legte ihn wieder +hinein. „Ich weiß nicht, ob Bentinck während meiner Krankheit geschlafen +hat oder nicht,“ sagte Wilhelm mit inniger Rührung zu Temple; „soviel +aber weiß ich, daß ich in den sechzehn Tagen und Nächten nicht ein +einziges Mal etwas verlangte, ohne daß Bentinck augenblicklich an meiner +Seite gewesen wäre.“ Bevor der treue Diener seine Aufgabe ganz vollendet +hatte, wurde er selbst angesteckt. Trotzdem überwand er noch immer +Müdigkeit und Fieberschauer, bis sein Gebieter als Reconvalescent +erklärt wurde. Jetzt endlich bat er um Erlaubniß, nach Hause gehen zu +dürfen. Es war die höchste Zeit, denn seine Füße wollten ihn nicht mehr +tragen. Er kam in die größte Gefahr, genas aber und eilte, sobald er das +Bett verlassen konnte, zur Armee, wo er in vielen heißen Feldzügen immer +dicht an Wilhelm’s Seite gefunden ward, wie er es in einer Gefahr andrer +Art gewesen. + +Dies war der Ursprung einer so innigen und reinen Freundschaft wie +irgend eine, von der uns die alte oder neue Geschichte erzählt. Die +Nachkommen Bentinck’s bewahren noch heute viele Briefe auf, die Wilhelm +an ihren Ahnherrn geschrieben, und es ist nicht zuviel gesagt, wenn man +behauptet, daß wer diese Briefe nicht gelesen hat, sich keinen richtigen +Begriff von dem Character des Prinzen bilden kann. Der Mann, den selbst +seine Verehrer in der Regel für den zurückhaltendsten und frostigsten +Menschen hielten, vergißt hier jeden Rangunterschied und schüttet alle +seine Gedanken mit der Offenherzigkeit eines Schulknaben aus. Ohne +Rückhalt theilt er Geheimnisse von der höchsten Wichtigkeit mit und legt +mit der größten Einfachheit umfassende Pläne vor, welche alle +Regierungen Europa’s berührten. Mit seinen Mittheilungen über solche +Dinge verbindet er Mittheilungen von ganz andrer, aber vielleicht nicht +weniger interessanter Art. Alle seine Abenteuer, alle seine persönlichen +Ansichten, seine langen Jagdritte nach gewaltigen Hirschen, seine Gelage +am St. Hubertustage, das Gedeihen seiner Anpflanzungen, das Mißrathen +seiner Melonen, der Zustand seines Gestüts, der Wunsch, einen frommen +Zelter für seine Gemahlin zu erlangen, sein Verdruß, als er erfährt, daß +einer seiner Kavaliere, nachdem er ein Mädchen aus guter Familie +unglücklich gemacht, sich weigert, sie zu heirathen, seine Anfälle von +Seekrankheit, sein Husten, seine Kopfschmerzen, seine andächtigen +Stimmungen, seine Dankbarkeit für den göttlichen Schutz nach Errettung +aus einer großen Gefahr, seine Anstrengungen, sich nach einem +Unglücksfalle dem göttlichen Willen zu unterwerfen, dies Alles ist darin +mit einer liebenswürdigen Redseligkeit geschildert, die man von dem +verschwiegensten und ernstesten Staatsmanne jener Zeit kaum erwarten +sollte. Noch auffallender sind die sorglosen Ergüsse seiner Zärtlichkeit +und die brüderliche Theilnahme, die er an seines Freundes häuslichem +Glücke nimmt. Als Bentinck ein Erbe geboren wurde, sagte Wilhelm: „Ich +hoffe, er wird ein so braver Mann werden als Sie einer sind, und sollte +ich einen Sohn bekommen, so werden unsere Kinder einander hoffentlich +ebenso lieben, wie wir uns geliebt haben.“[4] Während seines ganzen +Lebens blickte er mit väterlicher Liebe auf die kleinen Bentincks. Er +ruft sie bei den zärtlichsten Diminutiven, er sorgt für sie in ihres +Vaters Abwesenheit, und so schwer es ihm wird, ihnen ein Vergnügen zu +versagen, so will er sie doch nicht an einer Jagdpartie teilnehmen +lassen, wo ihnen die Gefahr droht, von einem Hirsche gestoßen zu werden, +noch ihnen erlauben, bei einem Abendschmause bis spät in die Nacht +hinein zu verweilen.[5] Als ihre Mutter während der Abwesenheit ihres +Gatten krank wird, findet Wilhelm inmitten der wichtigsten und +dringendsten Staatsgeschäfte noch soviel Zeit, um an einem Tage mehrere +expresse Boten mit kurzen Briefen abzuschicken, in denen er von ihrem +Zustande Nachricht giebt.[6] Einmal als sie nach einem heftigen Anfall +außer Gefahr erklärt wird, ergießt sich der Prinz in die wärmsten +Dankesbezeigungen gegen Gott. „Ich schreibe,“ sagt er, „mit Thränen der +Freude in den Augen.“[7] Es liegt ein eigner Reiz in diesen Briefen von +der Hand eines Mannes, dessen Alles überwältigende Energie und +unbeugsame Festigkeit selbst seinen Feinden Achtung abnöthigte, dessen +kaltes und unfreundliches Benehmen in den meisten seiner Anhänger keine +innigere Zuneigung aufkommen ließ und dessen Geist beständig mit +gigantischen Plänen beschäftigt war, welche die Gestalt der Welt +veränderten. + +Seine Güte ward keinem Unwürdigen zu Theil. Temple hatte frühzeitig +Bentinck für den besten und treuesten Diener erklärt, den je ein Fürst +zu besitzen das Glück hatte, und er verdiente diesen ehrenvollen Titel +sein ganzes Leben hindurch. Die beiden Freunde waren in der That wie für +einander geschaffen. Wilhelm bedurfte weder eines Führers noch eines +Schmeichlers. Da er ein festes und wohlbegründetes Vertrauen in sein +eignes Urtheil setzte, so war er kein Freund von Rathgebern, die ihn mit +Vorschlägen und Einwendungen überhäuften. Zu gleicher Zeit besaß er eine +zu scharfe Unterscheidungsgabe und einen zu edlen Sinn, als daß er an +Schmeicheleien hätte Vergnügen finden können. Der Vertraute eines +solchen Fürsten mußte ein Mann sein nicht von erfinderischem Genie oder +von gebieterischem Character, aber bieder und treu, im Stande, jeden +Befehl pünktlich zu vollziehen, Geheimnisse unverbrüchlich zu bewahren, +Ereignisse umsichtig zu beobachten und treulich zu berichten. Und ein +solcher Mann war Bentinck. + + [Anmerkung 4: 3. März 1679.] + + [Anmerkung 5: +„Voilà en peu de mot le détail de nostre St. + Hubert. Et j’ay en soin que M. Woodstoc+ (Bentinck’s ältester + Sohn) +n’a point esté à la chasse, bien moin au soupé, quoyqu’il + fut icy. Vous pouvez pourtant croire que de n’avoir pas chassé l’a + un peu mortifié, mais je ne l’ay pas ausé prendre sur moy, puisque + vous m’aviez dit que vous ne le souhaitiez pas.“+ -- Von Loo, 4. + Nov. 1697.] + + [Anmerkung 6: Am 15. Juni 1688.] + + [Anmerkung 7: 6. Sept. 1679.] + + +[_Marie, Prinzessin von Oranien._] Wilhelm war in der Ehe nicht weniger +glücklich als in der Freundschaft. Anfangs hatte jedoch seine Ehe kein +besonderes häusliches Glück versprochen. Seine Wahl war hauptsächlich +durch politische Rücksichten bestimmt worden, und es sah nicht +wahrscheinlich aus, daß zwischen einem hübschen sechzehnjährigen +Mädchen, die zwar ein sanftes Gemüth und natürlichen Verstand besaß, im +übrigen aber unwissend und einfach war, und einem Bräutigam, der, obwohl +noch nicht ganz achtundzwanzig Jahr alt, doch seinem körperlichen +Zustande nach älter war als ihr Vater, der ein kaltes, abstoßendes +Benehmen hatte und dessen Kopf beständig mit Staatsgeschäften und +Sportvergnügungen angefüllt war, eine innige Zuneigung würde entstehen +können. Eine Zeit lang vernachlässigte Wilhelm seine Gemahlin, indem er +durch andere Frauen von ihr abgezogen wurde, besonders durch eine ihrer +Hofdamen, Namens Elisabeth Villiers, welche Talente besaß, die sie wohl +geeignet machten, seine Sorgen zu theilen, obgleich sie aller +persönlichen Reize entbehrte und sogar durch ein häßliches Schielen +entstellt war.[8] Er schämte sich zwar seiner Fehler und bemühte sich +nach Kräften, sie zu verbergen, aber trotz aller Vorsicht wußte Marie +wohl, daß er ihr nicht ganz treu war. Spione und Ohrenbläser thaten auf +Anregen ihres Vaters ihr Möglichstes, um ihren Zorn zu entflammen. Ein +Mann von ganz andrem Character, der vortreffliche Ken, der mehrere +Monate lang im Haag ihr Kaplan war, wurde so aufgebracht durch die ihr +widerfahrenden Kränkungen, daß er mit mehr Eifer als Besonnenheit +drohte, ihren Gemahl ernstlich zur Rede zu setzen.[9] Sie selbst ertrug +jedoch alles Unrecht mit einer Sanftmuth und Geduld, welche ihr nach und +nach Wilhelm’s Achtung und Dankbarkeit erwarben. Indessen war auch noch +eine andre Ursache der Entfremdung vorhanden. Es kam ohne Zweifel eine +Zeit, wo die Prinzessin, welche nur zu Stickereiarbeiten, zum +Spinetspiel und zum Lesen der Bibel und der „Pflichten des Menschen“ +erzogen war, das Oberhaupt einer großen Monarchie wurde und das +Gleichgewicht Europa’s in ihrer Hand ruhte, während ihr ehrgeiziger, +geschäftskundiger und beständig auf große Unternehmungen sinnender +Gemahl bei der britischen Regierung keine vorausbestimmte Stelle für +sich fand und nur durch ihre Güte und so lange es ihr gefiel Macht +ausüben konnte. Es kann nicht befremden, daß ein Mann, der die Gewalt so +liebte wie Wilhelm, und der sich seines Herrschergenies so bewußt war, +in hohem Maße die Eifersucht empfand, die während eines Königthums von +wenigen Stunden zwischen Guildford Dudley und Lady Johanna Zwietracht +hervorrief und einen noch viel tragischeren Bruch zwischen Darnley und +der Königin von Schottland herbeiführte. Die Prinzessin von Oranien +hatte nicht die leiseste Ahnung von den Gefühlen ihres Gemahls. Ihr +Lehrer, der Bischof Compton, hatte sie in der Religion sorgfältig +unterrichtet und ihr Gemüth namentlich gegen die Künste der +römisch-katholischen Theologen gestählt, sie aber in völliger Unkenntniß +der englischen Verfassung und ihrer eignen Stellung gelassen. Sie wußte, +daß ihr eheliches Gelübde sie zum Gehorsam gegen ihren Gemahl +verpflichtete und es war ihr nie in den Sinn gekommen, daß dieses +gegenseitige Verhältniß einmal umgekehrt werden könnte. Sie war bereits +neun Jahre vermählt, ehe sie die Ursache von Wilhelm’s Verstimmung +entdeckte, und von ihm selbst würde sie dieselbe auch nie erfahren +haben. In Folge seiner ganzen Gemüthsart brütete er eher über die ihn +niederdrückenden Sorgen, als daß er denselben einen Ausdruck gab, und in +diesem speciellen Falle wurde sein Mund durch ein ganz natürliches +Zartgefühl versiegelt. Endlich aber kam durch die Vermittelung Gilbert +Burnet’s eine vollkommene Verständigung und Aussöhnung zu Stande. + + [Anmerkung 8: Siehe Swift’s Bericht über sie im +Journal to + Stella+.] + + [Anmerkung 9: Heinrich Sidney’s Tagebuch vom 31. März 1680 in Mr. + Blencowe’s interessanter Sammlung.] + + +[_Gilbert Burnet._] Burnet’s Ruf ist mit auffallender Böswilligkeit und +Hartnäckigkeit angegriffen worden. Der Angriff begann schon frühzeitig +in seinem Leben und wird noch jetzt mit unverminderter Heftigkeit +fortgesetzt, obgleich er bereits über ein und ein Viertel Jahrhundert im +Grabe liegt. Allerdings ist er auch für den Parteihaß und den +muthwilligen Spott eine Zielscheibe, wie sie sich keine bessere wünschen +können, denn die Mängel seines Verstandes und seines Characters liegen +klar am Tage und können Niemandem entgehen. Es waren jedoch nicht die +Fehler, welche man als seinen Landsleuten eigen zu betrachten pflegt. Er +allein unter den vielen Schotten, die sich in England zu Auszeichnung +und Wohlstand emporgeschwungen haben, hatte den Charakter, welchen +Satiriker, Romanschreiber und Schauspieldichter allgemein den irischen +Abenteurern zuschreiben. Seine physische Lebendigkeit, seine +Ruhmredigkeit, seine unverhohlene Eitelkeit, seine Faseleien, seine +herausfordernde Indiscretion und seine kecke Dreistigkeit boten den +Tories unerschöpflichen Stoff zu Spötteleien. Auch unterließen seine +Feinde nicht, ihm nebenbei über seine breiten Schultern, seine dicken +Waden und sein Glück in Heirathsspekulationen auf verliebte reiche +Wittwen mehr witzige als artige Complimente zu machen. Obwohl jedoch +Burnet in vieler Beziehung dem Spott und selbst dem Tadel Blößen darbot, +so verdiente er doch keineswegs eine solche Geringschätzung. Er besaß +einen regen Geist, einen unermüdlichen Fleiß und eine vielseitige, +ausgedehnte Belesenheit. Er war zu gleicher Zeit Geschichtsschreiber, +Alterthumsforscher, Theolog, Prediger, Tagesschriftsteller, Polemiker +und thätiger politischer Parteiführer, und in allen diesen +Eigenschaften zeichnete er sich unter vielen geschickten Mitbewerbern +vortheilhaft aus. Die vielen geistreichen Abhandlungen, die er über +Tagesbegebenheiten schrieb, sind jetzt nur noch Forschern bekannt; aber +seine +History of his own Times+, seine +History of the Reformation+, +seine +Exposition of the Articles+, sein +Discourse of Pastoral Care+, +sein +Life of Hale+ und sein +Life of Wilmot+ werden noch immer neu +aufgelegt und fehlen in keiner guten Privatbibliothek. Gegen eine solche +Thatsache vermögen alle Anstrengungen der Verleumder nichts. Ein +Schriftsteller, dessen umfangreiche Werke in verschiedenen Zweigen der +Literatur noch hundertdreißig Jahre nach seinem Tode zahlreiche Leser +finden, kann große Fehler gehabt haben, muß aber auch große Vorzüge +gehabt haben, und diese hatte Burnet: einen fruchtbaren und regen Geist +und einen Styl, der allerdings von tadelloser Reinheit weit entfernt, +doch stets klar, oft lebendig ist und sich zuweilen selbst zu +feierlicher und glühender Beredtsamkeit erhebt. Auf der Kanzel wurde die +Wirkung seiner ohne irgend welche schriftliche Notizen gehaltenen +Predigten noch erhöht durch eine edle Gestalt und einen imponirenden +Vortrag. Er wurde oft durch das Beifallsgemurmel seiner Zuhörer +unterbrochen, und wenn die Sanduhr, die sich damals auf jeder Kanzel +befand, abgelaufen war und er dieselbe emporhielt, forderte ihn die +Gemeinde durch lauten Zuruf auf fortzufahren, bis der Sand noch einmal +abgelaufen wäre.[10] Die großen Mängel seines sittlichen Characters und +seines Geistes wurden durch große Vorzüge mehr als ausgeglichen. +Obgleich durch Vorurtheil und Leidenschaft oft auf Irrwege geführt, war +er doch im strengsten Sinne des Worts ein Ehrenmann. Konnte er auch den +Versuchungen der Eitelkeit nicht immer widerstehen, so stand sein +Character doch hoch über den Einflüssen der Habsucht und der Furcht. Er +war von Gemüth leutselig, hochherzig, dankbar und nachsichtig.[11] Sein +Glaubenseifer, obwohl stetig und glühend, wurde im Allgemeinen durch +Humanität und durch Achtung der Gewissensfreiheit in Schranken gehalten. +Trotz seiner unerschütterlichen Anhänglichkeit an das was er als den +Geist des Christenthums betrachtete, war er doch gleichgültig gegen +Gebräuche, Namen und Formen der kirchlichen Verfassung und war selbst +gegen Ungläubige und Ketzer, deren Lebenswandel tadellos war und deren +Irrthümer mehr die Wirkung falscher Begriffe als eines verderbten +Characters zu sein schienen, durchaus nicht zur Strenge geneigt. Aber +gleich vielen anderen braven Männern jener Zeit betrachtete er die Sache +der römischen Kirche als eine Ausnahme von allen gewöhnlichen Regeln. + +Burnet genoß schon seit mehreren Jahren eines europäischen Rufes. Seine +Geschichte der Reformation war von allen Protestanten mit lautem Beifall +aufgenommen und von den römischen Katholiken als ein gewaltiger Schlag +gefühlt worden. Der größte Gelehrte, den die römische Kirche seit dem +Schisma des sechzehnten Jahrhunderts hervorgebracht, Bossuet, Bischof +von Meaux, war mit der Bearbeitung einer ausführlichen Erwiederung +beschäftigt. Burnet war von einem der glaubenseifrigen Parlamente, +welche während der durch das papistische Complot verursachten Aufregung +tagten, mit einem Dankvotum beehrt und im Namen der Gemeinen von England +ersucht worden, seine geschichtlichen Forschungen fortzusetzen. Er war +von Karl sowohl als von Jakob in deren engere Unterhaltungszirkel +gezogen worden, hatte mit mehreren ausgezeichneten Staatsmännern, +besonders mit Halifax auf sehr vertrautem Fuße gestanden und war der +Gewissensrath einiger sehr hochstehenden Personen gewesen. Er hatte +ferner einen der glänzendsten Wüstlinge jener Zeit, Johann Wilmot, Earl +von Rochester, von Atheismus und Ausschweifung zurückgebracht. Lord +Stafford, das Opfer des Oates, war, obgleich Katholik, in seinen letzten +Stunden durch Burnet’s geistlichen Zuspruch über diejenigen Punkte, in +denen alle Christen übereinstimmen, erbaut worden. Wenige Jahre später +begleitete Burnet einen noch erlauchteren Dulder, Lord Russell, vom +Tower auf das Schaffot in Lincoln’s Inn Fields. Der Hof hatte nichts +unversucht gelassen, um einen so thätigen und tüchtigen Theologen zu +gewinnen. Weder königliche Schmeicheleien, noch die Verheißung +einträglicher Stellen waren gespart worden. Aber Burnet war, obwohl in +früher Jugend von den servilen Lehren angesteckt, denen der damalige +Klerus durchgehends anhing, aus Überzeugung Whig geworden und er blieb +seinen Grundsätzen durch alle Wechselfälle des Lebens treu. Er hatte +jedoch keinen Antheil an der Verschwörung genommen, welche soviel +Schmach und Unheil über die Whigpartei brachte und verabscheuete nicht +nur die Mordpläne Goodenough’s und Ferguson’s, sondern war auch der +Meinung, daß selbst sein geliebter und verehrter Freund Russell gegen +die Regierung weiter gegangen sei, als es sich rechtfertigen ließ. +Endlich kam eine Zeit, wo die Unschuld kein hinreichender Schutz war. +Burnet wurde, obgleich er sich keiner Übertretung des Gesetzes schuldig +gemacht, von der Rache des Hofes verfolgt. Er begab sich auf den +Continent und nachdem er etwa ein Jahr auf jene Wanderungen durch die +Schweiz, durch Italien und Deutschland verwendet, von denen er uns eine +anziehende Beschreibung hinterlassen hat, ging er im Sommer 1686 nach +dem Haag, wo er mit Freundlichkeit und Achtung aufgenommen wurde. Er +unterhielt sich sehr freisinnig mit der Prinzessin über Politik und +Religion und wurde bald ihr geistlicher Beistand und vertrauter +Rathgeber. Wilhelm erwies sich als ein viel freundlicherer Wirth, als es +zu erwarten gewesen wäre. Denn von allen Fehlern waren ihm +Zudringlichkeit und Indiscretion am meisten verhaßt und Burnet war, wie +selbst seine Freunde und Verehrer zugestanden, der zudringlichste und +indiscreteste Mensch, den es geben konnte. Aber der scharfsichtige Prinz +bemerkte sehr wohl, daß dieser vorlaute und schwatzhafte Theolog, der +beständig Geheimnisse ausplauderte, naseweise Fragen stellte und +unerbetenen Rath aufdrängte, bei alledem ein freimüthiger, furchtloser +und kluger Mann war, der die Gesinnungen und Absichten der britischen +Secten und Factionen genau kannte. Auch war der Ruf von Burnet’s +Beredsamkeit und Gelehrsamkeit weit verbreitet. Wilhelm selbst war kein +Freund vom Lesen, aber er stand jetzt seit vielen Jahren an der Spitze +der holländischen Regierung zu einer Zeit, wo die holländische Presse +eines der gewaltigsten Werkzeuge war, durch welche die öffentliche +Meinung in Europa bearbeitet wurde, und obgleich er an literarischen +Genüssen kein Vergnügen fand, war er doch viel zu klug und +scharfsichtig, als daß er den Werth des literarischen Beistandes nicht +hätte erkennen sollen. Er wußte sehr wohl, daß eine populäre Flugschrift +zuweilen ebenso gute Dienste leistet als ein Sieg auf dem Schlachtfelde. +Auch sah er ein, wie wichtig es sei, daß er immer einen Mann um sich +hatte, der mit der bürgerlichen und kirchlichen Verfassung unsrer Insel +vertraut war, und Burnet eignete sich vortrefflich dazu, als lebende +Encyclopädie über britische Angelegenheiten benutzt zu werden, denn +seine Kenntnisse waren, wenn auch nicht immer ganz zuverlässig, doch von +erstaunlicher Vielseitigkeit und es gab in England wie in Schottland +wenige ausgezeichnete Männer irgend einer politischen oder religiösen +Partei, mit denen er nicht verkehrt hätte. Es wurde ihm daher die +nämliche Gunst und das nämliche Vertrauen gewährt wie nur irgend Einem +außer denen, welche den kleinen intimsten Kreis von Privatfreunden des +Prinzen bildeten. Nahm sich der Doctor Freiheiten heraus, was nicht +selten der Fall war, so wurde sein Gönner noch kälter und mürrischer als +gewöhnlich gegen ihn und äußerte zuweilen eine kurze, beißende +Bemerkung, die einem Menschen von gewöhnlicher Dreistigkeit für immer +den Mund geschlossen haben würde. Trotz solcher Vorfälle aber dauerte +die Freundschaft dieses sonderbaren Paares mit wenigen kurzen +Unterbrechungen so lange, bis sie durch den Tod aufgelöst wurde. Es war +in der That nicht leicht, Burnet zu kränken. Seine Selbstgefälligkeit, +seine heitere Sorglosigkeit und seine Taktlosigkeit waren so groß, daß +er wohl oft Anstoß gab, aber nie Anstoß nahm. + + [Anmerkung 10: Sprecher Onslow’s Note zu Burnet I. 596; +Johnson’s + Life of Sprat+.] + + [Anmerkung 11: Niemand hat Burnet häufiger und bitterer + widersprochen als Dartmouth. Und doch schrieb auch Dartmouth: „Ich + glaube nicht, daß er jemals vorsätzlich etwas veröffentlichte, was + er für falsch hielt.“ Zu einer späteren Zeit nahm er, durch einige + Bemerkungen über sich im zweiten Bande der Geschichte des Bischofs + gereizt, dieses Lob zurück; aber auf einen solchen Widerruf darf + man kein großes Gewicht legen. Selbst Swift war so gerecht zu + sagen: „Im Ganzen war er ein hochherziger und braver Mann.“ +Short + Remarks on Bishop Burnet’s History+. + + Burnet wird gewöhnlich als ein auffallend ungenauer + Geschichtsschreiber getadelt; aber ich halte diesen Vorwurf für + ungerecht. Er scheint nur deshalb ungenau zu sein, weil seine + Darstellung einer besonders strengen und unfreundlichen Kritik + unterzogen worden ist. Wenn ein Whig sich die Mühe nehmen wollte + +Reresby’s Memoirs, North’s Examen, Mulgrave’s Account of the + Revolution+ oder +Clarke’s Life of James the Second+ einer + ähnlichen Prüfung zu unterwerfen, so würde es sich bald zeigen, + daß Burnet keineswegs der ungenaueste Geschichtsschreiber seiner + Zeit war.] + + +[_Er vermittelt eine innigere Annäherung zwischen dem Prinzen und der +Prinzessin._] Alle Eigenthümlichkeiten seines Characters machten ihn +ganz dazu geeignet, der Friedensstifter zwischen Wilhelm und Marien zu +werden. Wenn Personen, die einander achten und lieben sollten, durch +eine Ursache von einander fern gehalten werden, welche drei freimüthig +gesprochene Worte beseitigen könnten, so ist es ein Glück für sie, wenn +sie einen indiscreten Freund haben, der mit der ganzen Wahrheit +herausplatzt. Burnet sagte der Prinzessin ganz offen, welches Gefühl an +dem Herzen ihres Gemahls nagte. Sie erfuhr jetzt zum ersten Male mit +nicht geringem Erstaunen, daß, wenn sie Königin von England würde, +Wilhelm ihren Thron nicht theilen sollte. Sie erklärte mit den innigsten +Worten, daß es keinen Beweis von ehelicher Unterwerfung und Liebe gebe, +zu dem sie nicht jeden Augenblick bereit wäre. Unter vielen +Entschuldigungen und feierlichen Versicherungen, daß kein andrer Mensch +ihm ein Wort in den Mund gelegt habe, sagte ihr Burnet nun, daß das +Heilmittel in ihrer Hand liege. Wenn die Krone ihr zugefallen sei, könne +sie leicht ihr Parlament dazu bewegen, daß es ihrem Gatten nicht nur den +Königstitel gewährte, sondern ihm sogar durch ein Gesetz die Zügel der +Regierung in die Hand gab. „Aber,“ setzte er hinzu, „Ihre königliche +Hoheit müssen wohl überlegen, ehe Sie einen solchen Entschluß +aussprechen, denn es ist ein Entschluß, dessen Zurücknahme weder rathsam +noch leicht sein würde, wenn er einmal angekündigt wäre.“ -- „Ich bedarf +keiner Zeit zur Überlegung,“ antwortete Marie. „Es ist genug, daß ich +eine Gelegenheit habe, um dem Prinzen meine Achtung zu beweisen. Theilen +Sie ihm mit was ich gesagt habe, und bringen Sie ihn zu mir, damit er es +aus meinem eigenen Munde höre.“ Burnet wollte den Prinzen sogleich +herbeiholen, aber er war viele Meilen weit entfernt auf einer +Hirschjagd. Erst am folgenden Tage konnte die entscheidende Unterredung +stattfinden. „Ich habe erst gestern erfahren,“ sagte Marie, „daß +zwischen den Gesetzen Englands und den Gesetzen Gottes ein solcher +Unterschied obwaltet. Aber ich verspreche Ihnen, daß Sie jederzeit der +Gebieter sein sollen, und ich verlange keinen andren Lohn dafür, als daß +Sie das Gebot, welches den Gatten vorschreibt, ihre Frauen zu lieben, +ebenso befolgen, wie ich das Gebot halte, welches den Frauen +vorschreibt, ihren Gatten zu gehorchen.“ Dieser Beweis von edelmüthiger +Zuneigung gewann ihr Wilhelm’s Herz vollständig. Von diesem Augenblicke +an bis zu dem traurigen Tage, an welchem er ohnmächtig von ihrem +Sterbebett hinweggetragen wurde, herrschte vollkommene Freundschaft und +unbegrenztes Vertrauen zwischen ihnen. Viele von ihren Briefen an ihn +sind noch vorhanden und sie enthalten zahlreiche Beweise, daß es diesem +Manne, der in den Augen der Menge für so unliebenswürdig galt, gelungen +war, einer schönen und tugendhaften Frau, welche in Hinsicht der Geburt +über ihm stand, eine bis zur abgöttischen Verehrung gehende Liebe +einzuflößen. + +Der Dienst, den Burnet seinem Vaterlande erzeigt, war von hoher +Bedeutung. Es war eine Zeit gekommen, wo es für das Wohl des Staates +sehr wichtig war, daß zwischen dem Prinzen und der Prinzessin +vollkommene Eintracht herrschte. + + +[_Beziehungen Wilhelm’s zu den englischen Parteien._] Bis nach der +Unterdrückung des Aufstandes im Westen hatten ernste Ursachen des +Zwiespaltes Wilhelm sowohl von den Tories als von den Whigs getrennt. Er +hatte mit großem Mißfallen die Versuche der Whigs beobachtet, der +ausübenden Gewalt einige Befugnisse zu entziehen, die er zur +Aufrechthaltung ihrer Wirksamkeit und ihrer Würde für nöthig hielt. Mit +noch größerem Mißfallen hatte er die Unterstützung gesehen, welche ein +großer Theil dieser Partei den Anmaßungen Monmouth’s angedeihen ließ. Es +schien als ob die Opposition zuerst die Krone Englands des Tragens nicht +mehr werth machen und sie dann einem Bastard und Betrüger aufs Haupt +setzen wollte. Zu gleicher Zeit war das religiöse System des Prinzen +weit verschieden von dem, welchem die Torypartei huldigte. Sie waren +Arminianer und Prälatisten. Sie sahen mit Verachtung auf die +protestantischen Kirchen des Continents herab und hielten jede Zeile +ihrer eignen Liturgie und Rubrica für kaum weniger geheiligt als die +Evangelien. Seine Ansichten über die metaphysischen Seiten der Theologie +waren calvinistisch. Seine Ansichten bezüglich der Kirchenverfassungen +und der gottesdienstlichen Formen waren latitudinarisch. Er gab zu, daß +das Episcopat eine gesetzliche und zweckmäßige Form des Kirchenregiments +sei; aber er sprach mit Bitterkeit und Hohn von der Bigotterie Derer, +welche die bischöfliche Ordination für ein wesentliches Erforderniß +einer christlichen Gesellschaft hielten. Gegen die durch die Liturgie +vorgeschriebenen Gewänder und Gesten hatte er keine Bedenken, aber er +gestand, daß ihm die Gebräuche der anglikanischen Kirche lieber sein +würden, wenn sie ihn weniger an die Gebräuche der römischen Kirche +erinnerten. Man hatte ihn ein ominöses Gemurmel von sich geben hören, +als er in der Privatkapelle seiner Gemahlin zum ersten Male einen Altar +nach anglikanischer Weise geschmückt sah, und es schien ihm nicht +sonderlich zu gefallen, als er Hooker’s +Ecclesiastical Policy+ in ihrer +Hand sah.[12] + + [Anmerkung 12: +Dr.+ Hooper’s handschriftliche Erzählung im + Anhange zu Lord Dungannon’s +Life of William+.] + + +[_Seine Gesinnungen gegen England._] Er verfolgte daher lange den Streit +zwischen den englischen Parteien mit Aufmerksamkeit, aber ohne eine +starke Vorliebe für die eine oder die andre Partei zu hegen. Er wurde +auch bis ans Ende seines Lebens in der That niemals weder ein Whig, noch +ein Tory. Es fehlte ihm das was die gemeinsame Grundlage beider +Charactere ist, denn er wurde nie ein Engländer. Er rettete zwar +England, liebte es aber nie und erlangte ebensowenig die Liebe der +Engländer. Für ihn war es nur ein Verbannungsort, den er mit Widerwillen +besuchte und mit Freuden verließ. Selbst als er dem Lande die Dienste +leistete, deren günstige Wirkungen wir bis auf den heutigen Tag fühlen, +war sein Hauptzweck nicht die Wohlfahrt desselben. + + +[_Seine Gesinnungen gegen Holland und Frankreich._] All’ sein +patriotisches Gefühl gehörte Holland. Hier befand sich das prächtige +Grabmal, in welchem der große Staatsmann ruhte, dessen Blut, dessen +Namen, dessen Character und dessen Genie er geerbt hatte. Hier war der +bloße Klang seines Namens schon ein Zauberspruch, welcher durch drei +Generationen die liebevolle Begeisterung der Landleute und Handwerker +erweckt hatte. Die holländische Sprache war die Sprache seiner +Kinderstube; unter dem holländischen Adel hatte er seine ersten Freunde +gewählt; die Vergnügungen, die Bauart und die Gegenden seines +Heimathlandes wurzelten tief in seinem Herzen. Zu ihm wendete er sich +immer wieder mit unveränderter Zärtlichkeit von einem stolzeren und +schöneren Nebenbuhler ab. In den Sälen von Whitehall sehnte er sich nach +dem traulichen Hause im Busche im Haag und er fühlte sich nie +glücklicher, als wenn er die Pracht von Windsor mit der bescheidenen +Einfachheit von Loo vertauschen konnte. Während seiner glänzenden +Verbannung fand er einigen Trost darin, daß er durch Bauen, Pflanzen und +Graben um sich her einen Schauplatz schaffen konnte, der ihn an die +regelmäßigen Gebäude von rothem Backstein, an die langen Kanäle und an +die symmetrischen Blumenbeete erinnerte, unter denen er seine Jugend +verlebt hatte. Doch selbst die Liebe zu seinem Vaterlande war einem +andren Gefühle untergeordnet, welches schon frühzeitig in seiner Seele +die Oberherrschaft gewann, das sich mit allen seinen Leidenschaften +vermischte, das ihn zu großartigen Unternehmungen anspornte, das ihn +aufrecht erhielt, wenn Kränkungen, Schmerzen, Krankheit und Sorgen ihn +zu Boden drücken wollten, das gegen das Ende seiner Laufbahn einmal +kurze Zeit erloschen zu sein schien, aber bald heftiger als je wieder +hervorbrach und ihn noch beseelte, als das Sterbegebet an seinem Lager +gesprochen wurde. Dieses Gefühl war der Haß gegen Frankreich und den +prachtliebenden König, der in mehr als einer Hinsicht Frankreich +repräsentirte und der mit seinen specifisch französischen Tugenden und +Vorzügen jenen unruhigen, gewissenlosen und dünkelhaften Ehrgeiz +verband, der zu wiederholten Malen den Zorn ganz Europa’s über +Frankreich gebracht hat. + +Es ist nicht schwer, die Fortschritte des Gefühls zu verfolgen, welches +nach und nach die Alleinherrschaft in Wilhelm’s Seele erlangte. Als er +kaum erst dem Knabenalter entwachsen, war sein Vaterland in +prahlerischem Trotze gegen Recht und Gerechtigkeit überfallen, verwüstet +und allen Excessen der Raubsucht, Ausschweifung und Grausamkeit +preisgegeben worden. Die Holländer hatten sich in ihrer Bedrängniß vor +dem Eroberer gedemüthigt und um Gnade gefleht. Darauf war ihnen der +Bescheid geworden, daß wenn sie Frieden wünschten, sie ihre +Selbstständigkeit aufgeben und alljährlich dem Hause Bourbon huldigen +müßten. Die schwer beleidigte Nation hatte, zur Verzweiflung getrieben, +ihre Deiche durchbrochen und das Meer als Bundesgenossen gegen die +französische Tyrannei zu Hülfe gerufen. Mitten in den Greueln dieses +Kampfes, während die Landleute entsetzt vor den Eroberern flohen, +während Hunderte von schönen Gärten und Lusthäusern in den Fluthen +begraben, während die Berathungen der Generalstaaten durch die +Ohnmachten und das laute Weinen alter Senatoren unterbrochen wurden, +welche den Gedanken nicht ertragen konnten, die Freiheit und den Ruhm +ihres Vaterlandes zu überleben, war Wilhelm an die Spitze der Geschäfte +berufen worden. Eine Zeit lang dünkte ihm jeder Widerstand hoffnungslos. +Er sah sich vergebens nach Hülfe um. Spanien war ausgesogen, Deutschland +zerrissen, England bestochen. Es schien dem jungen Statthalter, als ob +ihm nichts weiter übrig bliebe, als mit dem Schwerte in der Hand zu +fallen, oder der Aeneas einer großen Völkerwanderung zu werden und in +Gegenden, welche außer dem Bereiche der Tyrannei Frankreichs lagen, ein +neues Holland zu gründen. Dann wäre kein Hinderniß mehr vorhanden +gewesen, das die Fortschritte des Hauses Bourbon hätte hemmen können. +Noch wenige Jahre und dieses Haus würde seine Besitzungen durch +Lothringen und Flandern, Castilien und Arragonien, Neapel und Mailand, +Mexico und Peru vergrößert haben. Ludwig hätte sich dann die Kaiserkrone +aufsetzen, einen Prinzen seines Hauses auf den Thron Polens erheben und +der Alleinherrscher in Europa von den scythischen Wüsten bis zum +Atlantischen Ocean, sowie in Amerika von den Gegenden nördlich vom +Wendekreis des Krebses bis zu den Gegenden südlich vom Wendekreis des +Steinbocks werden können. Dies waren die Aussichten, die sich Wilhelm +darboten, als er in das öffentliche Leben eintrat und welche ihn bis zu +seinem letzten Tage unaufhörlich verfolgten. Die französische Monarchie +war für ihn das was die römische Republik für Hannibal, was das +ottomanische Reich für Scanderbeg, was die südliche Herrschaft für +Wallace war. Die Religion gab diesem glühenden und unverlöschlichen +Hasse ihre Weihe. Hunderte von calvinistischen Predigern verkündeten, +daß die nämliche Macht, welche Simson vom Mutterleibe an dazu bestimmt, +die Geißel der Philister zu werden, und welche Gideon von der +Dreschtenne abgerufen, um die Midianiter zu schlagen, Wilhelm von +Oranien zum Vorkämpfer aller freien Nationen und aller reinen Kirchen +erkoren habe, und diese Ansicht war nicht ohne Einfluß auf sein Gemüth +geblieben. Dem Vertrauen, welches dieser heldenmüthige Fatalist in seine +erhabene Bestimmung und in seine heilige Sache setzte, ist zum Theil +seine auffallende Gleichgültigkeit gegen jede Gefahr zuzuschreiben. Er +hatte ein großes Werk zu vollbringen und bis es vollbracht war, konnte +ihm nichts schaden. Daher kam es auch, daß er trotz der Prophezeiungen +der Ärzte von hoffnungslos scheinenden Krankheiten genas, daß Schaaren +von Mördern sich vergebens gegen sein Leben verschworen, daß der offene +Nachen, dem er sich in sternenloser Nacht auf einem tobenden Ocean an +einer verrätherischen Küste anvertraute, ihn wohlbehalten ans Land trug +und daß auf zwanzig Schlachtfeldern die Kanonenkugeln auf allen Seiten +an ihm vorübersausten. Die Begeisterung und Ausdauer, womit er sich +seiner Sendung widmete, haben kaum ein Beispiel in der Geschichte. +Seinem großen Ziele gegenüber achtete er das Leben Anderer ebenso gering +als sein eigenes. Selbst die menschlichsten und edelmüthigen Soldaten +jener Zeit waren zu sehr daran gewöhnt, das Blutvergießen und die +Verheerungen, welche von großen kriegerischen Unternehmungen +unzertrennlich sind, mit kalter Gleichgültigkeit zu betrachten, und +Wilhelm’s Herz war nicht allein durch berufsmäßige Unempfindlichkeit, +sondern auch durch die noch starrere Unempfindlichkeit gestählt, welche +die Wirkung des Pflichtgefühls ist. Drei große Coalitionen, drei lange +und blutige Kriege, in denen ganz Europa von der Weichsel bis zum +westlichen Ocean unter den Waffen stand, sind lediglich seiner +unbezwinglichen Energie zuzuschreiben. Als im Jahre 1678 die +Generalstaaten erschöpft und entmuthigt nach Ruhe verlangten, stimmte er +noch immer dagegen, das Schwert in die Scheide zu stecken, und der +Friede wurde nur geschlossen, weil er seinen wilden und entschlossenen +Geist nicht auch Anderen einhauchen konnte. Noch im letzten Augenblicke +schlug er in der Hoffnung, dadurch die Unterhandlungen abzubrechen, von +denen er wohl wußte, daß sie dem Abschlusse nahe waren, eine der +blutigsten und hartnäckigsten Schlachten jener Zeit. Von dem Tage an, wo +der Friede von Nymwegen unterzeichnet worden war, begann er auf eine +neue Coalition zu sinnen. Sein Streit mit Ludwig, der nun vom +Schlachtfelde in das Kabinet versetzt wurde, ward bald durch eine +Privatfehde noch erbitterter. Die beiden Rivalen waren einander in +Talenten, Character, Manieren und Ansichten gerade entgegengesetzt. +Ludwig, fein und würdevoll, verschwenderisch und ausschweifend, ein +Freund von Prunk und Feind von persönlicher Gefahr, ein freigebiger +Beschützer der Künste und Wissenschaften und ein grausamer Verfolger der +Calvinisten, bildete einen auffallenden Contrast mit Wilhelm, der +einfach in seinen Neigungen, unfreundlich in seinem Benehmen, +unermüdlich und unerschrocken im Kriege, gleichgültig gegen alle +Luxuszweige des Wissens und ein entschiedener Anhänger der genfer +Theologie war. Die beiden Feinde beobachteten nicht lange jene +Artigkeit, welche Männer ihres Ranges, selbst wenn sie einander an der +Spitze von Armeen gegenüberstehen, selten aus den Augen setzen. Wilhelm +gebrauchte zwar die Formalität, daß er Ludwig seine besten Dienste +anbot; aber diese Höflichkeit wurde nach ihrem wahren Werthe gewürdigt +und mit einer trocknen Zurückweisung vergolten. Der große König +verachtete den kleinen Prinzen, der der Diener eines Bundes von +Handelsstädten war und auf jedes Zeichen von Verachtung antwortete der +unerschrockene Statthalter mit einer neuen Herausforderung, Wilhelm +entlehnte seinen Namen, ein Name, den die Ereignisse des +vorhergegangenen Jahrhunderts zu einem der glänzendsten und berühmtesten +von ganz Europa gemacht hatten, von einer Stadt, welche nicht weit von +Avignon an den Ufern der Rhone liegt und die, wie Avignon, obgleich von +allen Seiten von französischem Gebiet umgeben, doch eigentlich nicht der +französischen, sondern der kaiserlichen Krone als Lehen gehörte. Ludwig +besetzte Orange mit der ihm eigenen übermüthigen Verachtung des +Völkerrechts, schleifte die Befestigungswerke und eignete sich die +Einkünfte der Stadt zu. Wilhelm erklärte laut bei Tische in Anwesenheit +vieler Personen, der allerchristlichste König solle diese Beleidigung +schwer bereuen, und als der Graf von Avaux ihn um eine nähere Erklärung +dieser Worte bat, weigerte er sich auf das Bestimmteste, sie zu +widerrufen oder wegzuerklären. Der Streit ging so weit, daß der +französische Gesandte es nicht wagen durfte, sich im Empfangzimmer der +Prinzessin blicken zu lassen, wenn er sich nicht der Gefahr aussetzen +wollte, öffentlich beleidigt zu werden.[13] + +Wilhelm’s Gesinnungen gegen Frankreich erklären zugleich seine ganze +Politik gegen England. Sein Gemeinsinn war ein europäischer. Der +Hauptgegenstand seiner Sorge war nicht unsre Insel, ja selbst sein +Geburtsland nicht, sondern die große Gemeinschaft der Nationen, der die +Unterjochung durch ein zu mächtiges Mitglied drohte. Wer in dem Irrthume +befangen ist, ihn als einen englischen Staatsmann zu betrachten, muß +nothwendig sein ganzes Leben in einem falschen Lichte erblicken und wird +nicht im Stande sein, irgend einen Grundsatz, sei es ein guter oder ein +schlechter, ein whiggistischer oder ein toryistischer, zu entdecken, auf +den sich seine wichtigsten Thaten zurückführen ließen. Betrachten wir +ihn aber als einen Mann, dessen besondere Aufgabe es war, eine Masse von +schwachen, zerrissenen und entmuthigten Staaten zu einem festen und +starken Bunde gegen den gemeinsamen Feind zu sammeln, betrachten wir ihn +als einen Mann, in dessen Augen England namentlich deshalb wichtig war, +weil ohne dasselbe die von ihm beabsichtigte große Coalition +unvollständig gewesen sein würde, so werden wir zugeben müssen, daß +keine langjährige Laufbahn, von der uns die Geschichte erzählt, von +Anfang bis zu Ende gleichmäßiger war als die dieses großen Fürsten.[14] + + [Anmerkung 13: +Avaux Negotiations+, Aug. 10.(20.), Sept. + 14.(24.), Sept. 28. (Oct. 8.), Dec. 7.(17.) 1682.] + + [Anmerkung 14: Ich kann mir das Vergnügen nicht versagen, + Massillon’s unfreundliche, aber scharfsinnige und edle + Characteristik Wilhelm’s hier anzuführen: +„Un prince profond dans + ses vues; habile à former des ligues et à reunir les esprits, plus + heureux à exciter les guerres qu’à combattre; plus encore à + craindre dans le secret du cabinet, qu’à la tête des armées; un + ennemi que la haine du nom Français avait rendu capable d’imaginer + de grandes choses et de les exécuter; un de ces génies qui + semblent être nés pour mouvoir à leur gré les peuples et les + souverains; un grand homme, s’il n’avoit jamais voulu être roi.“+ + Grabrede auf den Dauphin.] + + +[_Seine Politik durchaus consequent._] Der Leitfaden, den wir jetzt +besitzen, wird es uns möglich machen, ohne Schwierigkeit den wirklich +consequenten, obgleich anscheinend zuweilen gewundenen Gang zu +verfolgen, den er gegen unsere inneren Factionen beobachtete. Er +erkannte deutlich, was übrigens auch weit weniger scharfsichtigen Leuten +als er war, nicht entging, daß das Unternehmen, an dem er mit ganzer +Seele hing, wahrscheinlich gelingen würde, wenn England auf seiner Seite +wäre, daß der Ausgang ungewiß sein würde, wenn England neutral bliebe, +und daß es hoffnungslos sein würde, wenn England handelte, wie es in den +Tagen der Cabale gehandelt hätte. Nicht weniger deutlich sah er, daß +zwischen der äußeren und der inneren Politik Englands ein enger +Zusammenhang stattfand, daß der Regent dieses Landes, wenn er mit dem +gesetzgebenden Körper harmonirte, stets einen großen Einfluß auf die +Angelegenheiten der Christenheit ausüben und daß ihm offenbar daran +gelegen sein mußte, der ungebührlichen Machtvergrößerung irgend eines +festländischen Potentaten entgegenzuwirken; daß auf der andren Seite der +Souverain, wenn der gesetzgebende Körper ihm nicht traute und ihn in +seinen freien Bewegungen hemmte, in der europäischen Politik nur von +geringem Gewicht sein konnte und daß dieses ganze kleine Gewicht in die +falsche Wagschale fallen würde. Der erste Wunsch des Prinzen war daher: +Eintracht zwischen dem Throne und dem Parlamente. Wie diese Eintracht +herzustellen war und auf welcher Seite Zugeständnisse gemacht werden +mußten, dies waren seiner Ansicht nach Fragen von untergeordneter +Bedeutung. Allerdings würde es ihm am liebsten gewesen sein, wenn eine +vollständige Aussöhnung hätte bewirkt werden können, ohne einen +Buchstaben von der Prärogative zu opfern, denn er hatte an der +ungeschmälerten Aufrechthaltung derselben ein anwartschaftliches +Interesse, und war von Natur mindestens eben so herrschsüchtig und ein +eben so großer Feind von Beschränkung, als irgend ein Stuart. Aber es +gab kein Kleinod der Krone, das er nicht, selbst nachdem sie auf sein +eignes Haupt gesetzt worden, bereitwilligst zum Opfer gebracht hätte, +wenn er überzeugt sein konnte, daß ein solches Opfer zur Erreichung +seines großen Zieles unumgänglich nöthig war. Daher empfahl er auch der +Regierung in den Tagen des papistischen Complots Nachgiebigkeit, +obgleich er die Heftigkeit mißbilligte, mit der die Opposition die +königliche Autorität angriff. Das Verfahren der Gemeinen bezüglich der +inneren Angelegenheiten, sagte er, sei höchst unverständig, aber so +lange die Gemeinen unzufrieden seien, könnten die Freiheiten Europa’s +nicht sicher sein und dieser überwiegenden Rücksicht müsse jede andre +weichen. Nach diesen Grundsätzen handelte er, als die Ausschließungsbill +die ganze Nation erschütterte. Man hat keinen Grund zu der Annahme, daß +er die Opposition aufgemuntert habe, diese Bill einzubringen oder die +wiederholt gemachten Vergleichsvorschläge des Thrones zurückzuweisen. +Als es aber klar wurde, daß, wenn diese Bill nicht durchging, ein +ernster Bruch zwischen den Gemeinen und dem Hofe entstehen mußte, sprach +er deutlich, obwohl mit gebührender Mäßigung, seine Ansicht dahin aus, +daß man sich um jeden Preis mit den Vertretern des Volks versöhnen +müsse. Als ein heftiger und reißender Umschwung der öffentlichen Meinung +die Whigpartei eine Zeit lang völlig hilflos gelassen hatte, versuchte +er es sein großes Ziel auf einem andren Wege zu erreichen, der seiner +Natur vielleicht besser zusagte als der vorher betretene. Die veränderte +Stimmung der Nation bot wenig Aussicht dar, daß ein Parlament gewählt +werden würde, das geneigt war, die Wünsche des Souverains zu +durchkreuzen. Karl war eine Zeit lang Herr. Ihn zu gewinnen, war daher +des Prinzen erster Wunsch. Im Sommer 1683, fast in dem Augenblicke, als +die Entdeckung des Ryehousecomplots die Niederlage der Whigs und den +Sieg des Königs vollständig machte, traten anderwärts Ereignisse ein, +welche Wilhelm nicht ohne die größte Angst und Besorgniß mit ansehen +konnte. Die türkischen Heere rückten bis an die Vorstädte Wiens heran. +Die große österreichische Monarchie, auf deren Unterstützung der Prinz +gerechnet hatte, schien ihrem Untergange nahe zu sein. Bentinck wurde +daher schleunigst vom Haag nach London gesandt, mit dem Auftrage nichts +zu versäumen, was nöthig sein konnte, um den englischen Hof zu gewinnen, +und ganz besonders war er angewiesen, in den stärksten Ausdrücken den +Abscheu seines Gebieters gegen die Whigverschwörung zu versichern. + +Während der nächsten achtzehn Monate war einige Hoffnung, daß der Einfuß +Halifax’ überwiegen und daß der Hof von Whitehall zur Politik der +Tripleallianz zurückkehren werde. An diese Hoffnung klammerte sich +Wilhelm mit Vorliebe an und sparte keine Mühe, um Karl günstig zu +stimmen. Die gastliche Aufnahme, welche Monmouth im Haag fand, muß +hauptsächlich dem ernstlichen Bestreben des Prinzen, die wirklichen +Wünsche von Monmouth’s Vater zu erfüllen, zugeschrieben werden. Sobald +Karl gestorben war, schlug Wilhelm in unabänderlicher Verfolgung seines +Zieles wieder ein andres Verfahren ein. Er hatte Monmouth aufgenommen, +um dem verstorbenen Könige zu gefallen; damit nun der gegenwärtige König +keine Ursache zu Beschwerden haben sollte, wurde Monmouth fortgeschickt. +Wir haben gesehen, daß beim Ausbruche des Aufstandes im Westen die in +holländischen Diensten stehenden britischen Regimenter durch die +thätigen Bemühungen des Prinzen auf die erste Aufforderung in ihre +Heimath zurückgesandt wurden. Wilhelm erbot sich sogar, persönlich ein +Commando gegen die Rebellen zu übernehmen, und daß dieses Anerbieten +vollkommen aufrichtig gemeint war, kann von Niemandem, der seine +vertraulichen Briefe an Bentinck gelesen hat, bezweifelt werden.[15] + +Der Prinz gab sich zu dieser Zeit augenscheinlich der Hoffnung hin, daß +der große Plan, dem in seinem Geiste alles Andre untergeordnet war, den +Beifall und die Unterstützung seines Schwiegervaters erhalten werde. Der +hohe Ton, den Jakob damals gegen Frankreich annahm, die +Bereitwilligkeit, mit der er sich zu einem Defensivbündnisse mit den +Vereinigten Provinzen verstand, und seine Geneigtheit zu einer +Verbindung mit dem Hause Österreich bestärkten diese Erwartung. Aber +bald verfinsterte sich der Horizont. Die Entlassung Halifax’, der Bruch +zwischen Jakob und dem Parlamente, die Prorogation desselben und die +ausdrückliche Erklärung, welche der König den auswärtigen Gesandten gab, +daß die festländische Politik seine Aufmerksamkeit nicht länger von +inneren Maßregeln zur Befestigung seiner Hoheitsrechte und zur Förderung +der Interessen seiner Kirche ablenken sollte, machten der Täuschung ein +Ende. Es war klar, daß England, wenn Jakob sein Beherrscher war, im Fall +einer europäischen Krisis entweder unthätig bleiben oder im Einklange +mit Frankreich handeln würde. Und die europäische Krisis rückte immer +näher. Das Haus Österreich war durch eine Reihe von Siegen gegen fernere +Gefahr von Seiten der Türkei gesichert worden und hatte daher nicht mehr +nöthig, die Übergriffe und Beleidigungen Ludwig’s geduldig zu ertragen. + + [Anmerkung 15: Zum Beispiel: +„Je crois M. Feversham un très brave + et honeste homme. Mais je doute s’il a assez d’expérience à + diriger une si grande affaire qu’il a sur le bras. Dieu lui donne + un succès prompt et heureux. Mais je ne suis pas hors + d’inquiétude.“+ -- 7.(17.) Juli 1685. Als er die Nachricht von der + Schlacht von Sedgemoor erhalten hatte, schrieb er wieder: +„Dieu + soit loué du bon succès que les troupes du Roy ont eu contres les + rebelles. Je ne doute pas que cette affaire ne soit entièrement + assoupie, et que le règne du Roy sera heureux, ce que Dieu + veuille.“+ -- 10.(20.) Juli.] + + +[_Vertrag von Augsburg._] In Folge dessen wurde im Juli 1686 zu Augsburg +ein Vertrag unterzeichnet, durch den sich die Fürsten des Reichs zum +Zwecke gegenseitiger Vertheidigung eng verbanden. Die Könige von Spanien +und von Schweden waren diesem Bunde ebenfalls beigetreten, der König von +Spanien als Besitzer der im burgundischen Kreise liegenden Provinzen, +der König von Schweden als Herzog von Pommern. Die Verbündeten +erklärten, daß sie nicht die Absicht hätten irgend eine Macht +anzugreifen oder irgend eine zu beleidigen, daß sie aber entschlossen +seien, keine Verletzung der Rechte zu dulden, welche das deutsche Reich +unter Sanction des Völkerrechts und der öffentlichen Treue besitze. Sie +verpflichteten sich, einander im Falle der Noth beizustehen und +bestimmten das Truppencontingent, das jedes Mitglied des Bundes stellen +mußte, wenn es nöthig werden sollte, einen Angriff zurückzuweisen.[16] +Der Name Wilhelm’s war in dieser Urkunde nicht genannt aber Jedermann +wußte, daß sie sein Werk war und sah voraus, daß er in nicht langer Zeit +wieder an der Spitze einer Coalition gegen Frankreich stehen werde. +Zwischen ihm und dem Vasallen Frankreichs konnte unter solchen Umständen +kein herzliches Einvernehmen stattfinden. Es erfolgte zwar kein offener +Bruch und kein Austausch von Drohungen oder Vorwürfen; aber +Schwiegervater und Schwiegersohn waren vollständig und für immer +geschieden. + + [Anmerkung 16: Der Vertrag ist in dem +Recueil des Traités, IV. + No. 209+ zu finden.] + + +[_Wilhelm wird das Oberhaupt der englischen Opposition._] Gerade zu der +Zeit, als der Prinz so dem englischen Hofe entfremdet wurde, +verschwanden die Ursachen, welche bisher eine Kälte zwischen ihm und den +beiden großen Parteien des englischen Volks hervorgerufen hatten. Ein +großer Theil, der Zahl nach vielleicht die Mehrheit der Whigs, hatte die +Ansprüche Monmouth’s begünstigt, aber Monmouth existirte jetzt nicht +mehr. Die Tories auf der andren Seite hatten gefürchtet, die Interessen +der anglikanischen Kirche mochten unter der Leitung eines Mannes nicht +sicher sein, der unter holländischen Presbyterianern aufgewachsen und +dessen Ansichten über die Gewänder, die Ceremonien und die Bischöfe als +latitudinarisch wohl bekannt waren; seitdem aber jener geliebten Kirche +von einer ganz andren Seite weit furchtbarere Gefahren drohten, hatten +diese Befürchtungen fast ihre ganze Kraft verloren. So kam es, daß beide +große Parteien in dem nämlichen Augenblicke ihre Hoffnungen und ihre +Liebe auf den nämlichen Führer zu richten begannen. Alte Republikaner +konnten ihr Vertrauen einem Manne nicht versagen, der viele Jahre +hindurch das höchste Amt einer Republik würdig bekleidet hatte, und alte +Royalisten sahen ein, daß sie in Übereinstimmung mit ihren Grundsätzen +handelten, wenn sie einem dem Throne so nahe gehenden Prinzen die +tiefste Ehrerbietung bezeigten. Unter diesen Umständen war es von +höchster Wichtigkeit, daß zwischen Wilhelm und Marien die vollkommenste +Einigkeit herrschte. Eine Mißhelligkeit zwischen der präsumtiven +Thronerbin und ihrem Gemahl hätte in der großen Masse, die sich von +allen Seiten her um einen gemeinschaftlichen Mittelpunkt schaarte, eine +Spaltung hervorbringen müssen. Zum Glück wurde jede Gefahr einer solchen +Mißhelligkeit im entscheidenden Augenblicke durch Burnet’s +Dazwischenkunft beseitigt und der Prinz wurde das unbestrittene Haupt +der ganzen Partei, welche der Regierung feindlich gegenüberstand, einer +Partei, welche fast die ganze Nation in sich begriff. + +Es ist nicht der mindeste Grund zu der Annahme vorhanden, daß er schon +um diese Zeit das große Unternehmen im Sinne hatte, zu dem ihn später +die gebieterische Nothwendigkeit trieb. Er wußte sehr gut, daß die +öffentliche Stimmung in England, wenn auch durch Kränkungen gereizt, +doch zu einer Revolution keineswegs reif war. Gewiß würde er gern das +Ärgerniß vermieden haben, das ein blutiger Streit zwischen Personen, +welche durch die engsten Bande der Blutsverwandtschaft und der +Verschwägerung an einander gekettet waren, nothwendig erregen mußte. +Auch sein Ehrgeiz ließ es ihm nicht wünschenswerth erscheinen, die +Größe, die im gewöhnlichen Laufe der Natur und des Rechts ihm zufallen +konnte, einer Gewaltthätigkeit zu verdanken, denn er wußte jetzt, daß, +wenn die Krone auf regelmäßigem Wege auf seine Gemahlin überging, +zugleich mit derselben auch alle ihre Vorrechte ungeschmälert auf ihn +selbst übergehen würden, daß sie aber, wenn sie durch eine Wahl erlangt +wurde, unter den Bedingungen angenommen werden mußte, welche die Wähler +zu stellen für gut fanden. Er schien daher geduldig den Tag erwarten zu +wollen, wo er mit unbestrittenem Rechte die Regierung antreten konnte, +und sich bis dahin darauf zu beschränken, als erster Prinz von Geblüt +und als Oberhaupt der Partei, welche in der Nation entschieden das +Übergewicht hatte, und die auch darauf rechnen konnte, in beiden Häusern +eines zu versammelnden Parlaments entschieden zu überwiegen, einen +großen Einfluß auf die englischen Angelegenheiten auszuüben. + + +[_Mordaunt schlägt Wilhelm eine Landung in England vor._] Indessen war +er bereits durch einen Rathgeber, der weniger scharfsichtig, aber +ungestümer war als er selbst, gedrängt worden, einen kühneren Weg +einzuschlagen. Dieser Rathgeber war der junge Lord Mordaunt. Das +damalige Zeitalter hat kein erfinderischeres Genie und keinen +verwegeneren Geist hervorgebracht. Aber wenn ein Plan nur glänzend war, +so fragte Mordaunt selten danach, ob er auch ausführbar sein würde, sein +ganzes Leben war ein wilder Roman, zusammengesetzt aus geheimnißvollen +Intriguen der Politik und der Liebe, aus heftigen und schnellen Wechseln +des Schauplatzes und des Glücks, und aus Siegen, welche mehr denen eines +Amadis und eines Lancelot, als denen eines Luxemburg und eines Eugen +glichen. Die Episoden, welche mit dieser seltsamen Lebensgeschichte +verflochten waren, entsprachen ganz der Hauptintrigue. Es waren darunter +nächtliche Kämpfe mit edelmüthigen Räubern und Befreiungen vornehmer und +schöner Damen aus den Händen von Entführern. Nachdem sich Mordaunt durch +die Beredtsamkeit und Kühnheit ausgezeichnet, mit der er im Hause der +Lords gegen den Hof aufgetreten war, zog er sich bald nach der +Prorogation nach dem Haag zurück und empfahl dringend eine unverzügliche +Landung in England. Er bildete sich ein, es sei eben so leicht, drei +große Königreiche zu überrumpeln, als es ihm lange nachher wurde, +Barcellona zu nehmen. + + +[_Wilhelm verwirft den Rath._] Wilhelm hörte ihn an, überlegte sich die +Sache und erwiederte endlich in allgemeinen Ausdrücken, er interessire +sich sehr für die englischen Angelegenheiten und werde dieselben scharf +im Auge behalten.[17] Was aber auch seine Absicht sein mochte, es ist +nicht anzunehmen, daß er einen voreiligen und hitzköpfigen fahrenden +Ritter zu seinem Vertrauten erwählt haben würde. Die beiden Männer +hatten nichts mit einander gemein als persönlichen Muth, der bei ihnen +bis zum fabelhaften Heroismus ging, Mordaunt wollte lediglich die +Aufregung des Kampfes genießen und die Menschen in Erstaunen setzen, +Wilhelm hatte beständig ein erhabenes Ziel vor Augen. Nach diesem Ziele +trieb ihn eine gewaltige Leidenschaft, die ihn im Gewande einer heiligen +Pflicht erschien. Auf dieses Ziel steuerte er mit einer Geduld hin, die, +wie er einmal sagte, der Geduld eines Bootsführers glich, den er auf +einem Kanale gegen eine widrige Strömung hatte ankämpfen sehen, der +immer wieder zurückgeworfen wurde, aber nicht aufhörte zu rudern und +zufrieden war, wenn er nach stundenlanger Arbeit um einige Yards +vorwärts gekommen war.[18] Heldenthaten, die ihn seinem Ziele nicht +näher brachten, mochten sie in den Augen des großen Haufens noch so +ruhmvoll sein, waren seiner Ansicht nach kindische Eitelkeiten, aber +kein Theil der wahren Aufgabe des Lebens. + +Er beschloß, Mordaunt’s Rath zu verwerfen und es kann keinem Zweifel +unterliegen, daß dies ein weiser Entschluß war. Hätte Wilhelm im Jahre +1686 oder selbst 1687 das versucht, was er 1688 mit so glänzendem +Erfolge unternahm, so würden zwar vielleicht auf seinen Ruf viele Whigs +zu den Waffen gegriffen haben, aber er würde bald gesehen haben, daß die +Nation noch nicht hinreichend vorbereitet war, um einen bewaffneten +Befreier aus fremdem Lande willkommen zu heißen, und daß die Kirche noch +nicht genugsam gereizt und beleidigt worden war, damit sie den +Grundsatz, der seit so langer Zeit ihr Losungswort war, schon hätte +vergessen haben können. Die alten Kavaliere würden sich um das +königliche Banner geschaart haben und es würde wahrscheinlich in allen +drei Königreichen ein eben so langer und heftiger Bürgerkrieg als der +unter der vorigen Generation ausgebrochen sein. Während dieser Krieg auf +den britischen Inseln wüthete, was konnte Ludwig inzwischen nicht Alles +auf dem Continent versuchen? Und welche Aussichten hätte dann Holland +gehabt, das von seinen Truppen entblößt und von seinem Statthalter +verlassen gewesen wäre? + + [Anmerkung 17: +Burnet I. 762.+] + + [Anmerkung 18: +Temple’s Memoirs.+] + + +[_Unzufriedenheit in England nach dem Sturze der Hyde._] Wilhelm +begnügte sich daher für jetzt, Maßregeln zu ergreifen, um der mächtigen +Opposition, deren Oberhaupt er geworden war, Einigkeit und Lebenskraft +einzuhauchen. Dies war nicht schwer. Der Fall der Hyde hatte durch ganz +England eine heftige Aufregung und Entrüstung hervorgerufen. Man fühlte, +daß es sich jetzt nicht mehr darum handelte, ob der Protestantismus +herrschen, sondern ob er geduldet werden sollte. An die Stelle des +Schatzmeisters war eine Commission getreten, deren Oberhaupt ein Papist +war. Das Geheimsiegel war einem Papisten anvertraut worden und der +Nachfolger des Lordlieutenants von Irland war ein Mann, der durchaus +keinen andren Anspruch auf einen so hohen Posten hatte, als daß er +Papist war. Tyrconnel wäre der Letzte gewesen, den eine Regierung, +welcher das allgemeine Wohl des Landes am Herzen lag, nach Dublin als +Stellvertreter geschickt hätte. Seine brutalen Manieren machten ihn +geradezu unfähig, die Majestät der Krone zu repräsentiren. Sein +beschränkter Verstand und sein heftiges Temperament machten ihn +untauglich, wichtige Staatsgeschäfte zu leiten. Sein unversöhnlicher Haß +gegen die Besitzer des größeren Theiles des irischen Grund und Bodens +machte ihn ganz untauglich, gerade dieses Land zu verwalten. Aber die +Maßlosigkeit seiner Bigotterie wurde als ein genügender Ersatz für die +Maßlosigkeit seiner anderen Leidenschaften betrachtet und aus Rücksicht +auf seinen Haß gegen den reformirten Glauben gestattete man ihm, seinem +Hasse gegen den englischen Namen freien Lauf zu lassen. Dies war also +der wirkliche Sinn der Achtung Seiner Majestät vor den Rechten der +Überzeugung! Er wollte, daß sein Parlament alle den Papisten auferlegte +Ausschließungen beseitigte, nur damit _er_ gleich drückende +Ausschließungen über die Protestanten verhängen konnte. Es war klar, daß +unter einem solchen Fürsten Glaubensabfall der einzige Weg zur Größe +sein konnte. Dennoch wagten es nur Wenige, diesen Weg einzuschlagen, +denn der Geist der Nation war furchtbar aufgeregt, und jeder Renegat +hatte ein solches Maß von Hohn und Verachtung zu ertragen, daß auch die +verhärtetsten Naturen nicht ganz unempfindlich dagegen bleiben konnten. + + +[_Bekehrungen zum Papismus; Peterborough, Salisbury._] Allerdings hatten +erst kürzlich mehrere bemerkenswerthe Übertritte stattgefunden; aber sie +waren von der Art, daß sie der römischen Kirche wenig Ehre machten. Zwei +vornehme Männer hatten sich in ihren Schooß aufnehmen lassen: Heinrich +Mordaunt, Earl von Peterborough und Jakob Cecil, Earl von Salisbury. +Aber Peterborough, früher ein thätiger Soldat, Hofmann und Diplomat, war +jetzt durch Alter und Krankheit gebeugt und wer ihn, auf einen Stock +gestützt und in Flanell und Pflaster eingehüllt, durch die Gallerien von +Whitehall hinken sah, tröstete sich über seinen Abfall damit, daß er +seinen Glauben erst gewechselt, nachdem er seine Körper- und +Geisteskräfte überlebt hatte.[19] Salisbury war sprüchwörtlich albern. +Sein Körper war in Folge sinnlicher Genüsse dermaßen aufgeschwollen, daß +er sich fast nicht mehr bewegen konnte, und dieser träge Körper war der +Wohnsitz eines eben so trägen Geistes. In populären Spottliedern war er +als ein Mensch dargestellt, der dazu geschaffen war, betrogen zu werden, +als ein Mensch, der bisher die Beute von Spielern gewesen und der eben +so gut die Beute von Mönchen werden konnte. Ein Pasquill, das zur Zeit +von Rochester’s Rücktritt an die Thür von Salisbury House am Strand +angeheftet wurde, schildert in starken Ausdrücken das Entsetzen, mit dem +der weise Robert Cecil, wenn er aus seinem Grabe auferstehen könnte, +sehen würde, auf was für ein Geschöpf seine Würden und Ehren gekommen +waren.[20] + + [Anmerkung 19: Siehe die beiden Gedichte, betitelt: +The Converts+ + und +The Delusion+.] + + [Anmerkung 20: Die Verse befinden sich in der +Collection of State + Poems+.] + + +[_Wycherley, Tindal, Haines._] Dies waren im Range die höchststehenden +von Jakob’s Proselyten. Außerdem gab es noch Renegaten ganz andrer Art, +unbemittelte Leute von Talent, die aber keine Grundsätze und keine Spur +von Ehrgefühl besaßen. Man hat Grund zu glauben, daß Wilhelm Wycherley, +der zügelloseste und hartherzigste Schriftsteller einer ganz besonders +zügellosen und hartherzigen Schule, zu diesen gehörte.[21] Gewiß ist, +daß Matthäus Tindal, der sich später durch seine Schriften gegen das +Christenthum einen Namen machte, um diese Zeit in den Schooß der +alleinseligmachenden Kirche aufgenommen wurde, ein Schritt, den, wie man +leicht denken kann, die Theologen, mit denen er nachmals polemisirte, +nicht vergessen hatten.[22] Ein noch ehrloserer Apostat war Joseph +Haines, dessen Name jetzt so gut wie vergessen ist, der aber damals als +ein Abenteurer von vielseitiger Begabung, als Gauner, Falschmünzer, +falscher Zeuge, falscher Bürge, Tanzmeister, Possenreißer, Dichter +und Schauspieler wohl bekannt war. Einige von seinen Prologen und +Epilogen wurden von seinen Zeitgenossen viel bewundert und sein +Schauspielertalent war allgemein anerkannt. Dieser Mann wurde Katholik, +ging im Gefolge Castelmaine’s mit nach Italien, wurde aber bald wegen +schlechter Aufführung wieder entlassen. Wenn man einer Tradition glauben +darf, die sich lange im Garderobezimmer erhalten hat, so hatte Haines +die Frechheit zu behaupten, daß ihm die Jungfrau Maria erschienen sei +und ihn zur Buße aufgefordert habe. Nach der Revolution versuchte er es +sich mit der Stadt durch eine Buße auszusöhnen, die noch skandalöser war +als sein Vergehen. Eines Abends, ehe er in einer Posse auftrat, erschien +er in ein weißes Betttuch gehüllt und mit einer Kerze in der Hand auf +der Bühne und trug einige gottlose, unanständige Knittelverse vor, die +er seinen Widerruf nannte.[23] + + [Anmerkung 21: Die Nachrichten, die wir über Wycherley haben, sind + äußerst dürftig; zweierlei aber ist gewiß: daß er sich in seinen + späteren Jahren einen Papisten nannte und daß er von Jakob Geld + erhielt. Ich zweifle kaum daran, daß er ein bezahlter Convertit + war.] + + [Anmerkung 22: Siehe den Artikel über ihn in der +Biographia + Britannica+.] + + [Anmerkung 23: Siehe Jakob Quin’s Bericht über Haines in +Davies’s + Miscellanies+; +Tom Brown’s Works+; +Lives of Sharpers+; Dryden’s + Epilog zu der +Secular Masque+.] + + +[_Dryden._] Mit dem Namen Haines wurde in vielen Libellen der Name eines +berühmteren Renegaten, Johann Dryden’s verbunden. Dryden näherte sich +jetzt dem Abend seines Lebens. Nach vielen Erfolgen und vielen +Enttäuschungen hatte er endlich mit allgemeiner Zustimmung die erste +Stelle unter den lebenden Dichtern Englands erhalten. Er hatte größere +Ansprüche auf den Dank Jakob’s als irgend ein andrer Schriftsteller des +Königreichs. Doch Jakob war an Versen wenig, sehr viel aber am Gelde +gelegen. Vom Tage seiner Thronbesteigung an bemühte er sich kleine +Ersparnisse zu machen, welche einer Regierung den Vorwurf der Knauserei +zuziehen, ohne die Finanzlast merklich zu erleichten. Zu den Opfern +seiner unverständigen Sparsamkeit gehörte auch der +Poeta Laureatus+. Es +wurde Befehl gegeben, daß in dem neuen Diplom, welches durch die +Erledigung der Krone nöthig geworden war, das jährlich gespendete Faß +Sect, das ursprünglich Jonson bewilligt und auch dessen Nachfolgern +zugestanden worden war, weggelassen werden sollte.[24] Dies war die +einzige Notiz, welche der König im ersten Jahre seiner Regierung von dem +gewaltigen Satiriker zu nehmen geruhte, der im kritischesten Augenblicke +des großen Kampfes wegen der Ausschließungsbill in den Reihen der Whigs +Schrecken verbreitet hatte. Dryden war arm und seine Armuth drückte ihn +nieder. Von Religion wußte er wenig und kümmerte sich auch nicht darum. +Wenn irgend ein Gefühl tief in seiner Brust wurzelte, so war es der +Widerwille gegen die Priester jeden Glaubens, gegen Leviten, Auguren, +Muftis, römisch-katholische Geistliche, presbyterianische und +anglikanische Geistliche. Er war von Natur kein hochherziger Mann, und +seine Bestrebungen waren nicht von der Art, daß sie seinem Sinne höhere +Würde und größeres Zartgefühl verleihen konnten. Er hatte viele Jahre +lang sich seinen Unterhalt dadurch erworben, daß er dem verderbten +Geschmacke des Publikums diente und reichen, adeligen Gönnern auf die +plumpste Manier schmeichelte. Selbstachtung und ein feines +Schicklichkeitsgefühl konnte man von einem Manne, der das Leben eines +Bettlers und Speichelleckers geführt hatte, nicht erwarten. Da er die +Bemerkung machte, daß seine Dienste unbeachtet bleiben würden, wenn er +fortführe sich einen Protestanten zu nennen, so erklärte er sich zum +Papisten. Augenblicklich ließ die Knauserei des Königs nach. Dryden +wurde mit einem Jahrgelde von hundert Pfund belohnt und dazu verwendet, +seine neue Religion in Prosa und in Versen zu vertheidigen. + +Zwei ausgezeichnete Männer, Samuel Johnson und Walter Scott, haben ihr +Möglichstes gethan, um sich selbst und Andere zu überreden, daß dieser +denkwürdige Glaubenswechsel aufrichtig war. Es war natürlich, daß sie +einen Schandfleck von dem Gedächtnisse eines Mannes verwischen +wollten, dessen Genie sie mit Recht bewunderten und mit dessen +politischen Ansichten sie stark sympathisirten; der unparteiische +Geschichtsschreiber aber muß ein ganz andres Urtheil aussprechen. Es +wird jederzeit starker Zweifel gegen die Aufrichtigkeit einer Bekehrung +erhoben werden, durch welche der Bekehrte unmittelbar gewinnt. Und in +Dryden’s Falle ist nichts vorhanden, was diesen Zweifel entkräften +konnte. Seine theologischen Schriften beweisen zur Genüge, daß er sich +nie fleißig und ernstlich bemüht hat, die Wahrheit zu ergründen, und daß +seine Kenntniß der Kirche, die er verließ, wie auch der, zu der er +übertrat, höchst oberflächlich war. Eben so wenig benahm er sich in der +Folge wie ein Mann, den ein starkes Pflichtgefühl zu einem Schritte von +so hochwichtiger Bedeutung bewogen hatte. Wäre er ein solcher Mann +gewesen, so würde die nämliche Überzeugung, die ihn in den Schooß der +römischen Kirche geführt hatte, ihn abgehalten haben, allgemeine Regeln, +welche diese Kirche in Übereinstimmung mit jeder andren christlichen +Gemeinschaft als bindend anerkennt, gröblich und gewohnheitsmäßig zu +verletzen. Es würde ein merklicher Unterschied zwischen seinen früheren +und seinen späteren Werken zu erkennen gewesen sein; er würde mit Reue +auf seine fast dreißigjährige literarische Laufbahn zurückgeblickt +haben, während welcher er seine seltenen Talente für die Diction und den +Versbau systematisch zur Verbreitung der Sittenverderbniß angewendet +hatte. Nicht eine Zeile, welche darauf hinzielte, die Tugend verächtlich +zu machen und unreine Begierden zu entzünden, würde von diesem +Augenblicke an mehr aus seiner Feder geflossen sein. Leider aber ist es +nur zu wahr, daß die Dramen, welche er nach seiner angeblichen Bekehrung +schrieb, in keiner Hinsicht weniger unrein und profan sind, als die +seiner Jugend. Selbst in seinen Übersetzungen wich er beständig von den +Originalen ab, um Bilder aufzusuchen, die er hätte übergehen müssen, +wenn er sie in den Originalen gefunden hätte. Das Schlechte wurde durch +seine Übertragungen noch schlechter, und das Unschuldige wurde durch die +Berührung mit seinem Geiste befleckt. Er machte die derbsten Satiren +Juvenal’s noch derber, schob in die Erzählungen Boccacio’s schlüpfrige +Schilderungen ein und befleckte die liebliche und reine Poesie der +Georgica mit Schmutz, der Vergil’s Ekel erregt haben würde. + +Dryden’s Beistand war denjenigen römisch-katholischen Theologen +willkommen, welche gegen die ausgezeichnetsten Männer der Staatskirche +mit Mühe einen Kampf unterhielten. Sie konnten es sich nicht verhehlen, +daß ihr durch ausländische, in Rom oder Douay aufgelesene Ausdrücke +entstellter Styl der Beredtsamkeit eines Tillotson und Sherlock +gegenüber eben in keinem vortheilhaften Lichte erschien. Man glaubte es +nicht gering anschlagen zu dürfen, daß man die Mitwirkung des größten +lebenden Meisters der englischen Sprache gewonnen hatte. Der erste +Dienst, der von ihm zum Dank für die bewilligte Pension verlangt wurde, +war eine in Prosa geschriebene Vertheidigung seiner Kirche gegen +Stillingfleet. Aber einem Manne, der nichts zu sagen weiß, hilft das +Talent, Alles gut sagen zu können, nichts, und in diesem Falle befand +sich Dryden. Er sah bald ein, daß er einem Gegner, dessen ganzes Leben +ein langes Studium der Polemik gewesen, nicht gewachsen war. Der +langgediente Gladiator entwaffnete den Neuling, versetzte ihm mit +Verachtung einige Hiebe und wendete sich dann von ihm ab, um +achtunggebietenderen Kämpfern entgegenzutreten. + + [Anmerkung 24: Diese Thatsache, welche den genauen Forschungen + Malone’s entging, ergiebt sich aus dem Briefbuche des Schatzamts + von 1685.] + + +[_+„The Hind and Panther.“+_] Jetzt griff Dryden zu einer Waffe, in der +er schwerlich einen ebenbürtigen Gegner zu fürchten hatte. Er zog sich +auf einige Zeit von dem Geräusch der Kaffeehäuser und Theater in einen +ruhigen Winkel von Huntingdonshire zurück und schrieb dort mit +ungewohnter Sorgfalt und Anstrengung sein berühmtes Gedicht über die +zwischen der römischen und anglikanischen Kirche obschwebenden +Streitpunkte. Die römische Kirche ist darin bildlich als eine milchweiße +Hindin dargestellt, die beständig in Lebensgefahr schwebt, aber dazu +bestimmt ist, nicht zu sterben. Die Thiere des Feldes sannen auf ihr +Verderben. Der zitternde (+quaking+) Hase beobachtete eine furchtsame +Neutralität, aber der socinianische Fuchs, der presbyterianische Wolf, +der independente Bär und der anabaptistische Eber schossen hämische +Blicke auf das makellose Geschöpf. Unter dem Schutze ihres Freundes, des +königlichen Löwen, konnte sie es indessen wagen, mit ihnen aus der +nämlichen Quelle zu trinken. Die anglikanische Kirche war als Panther +dargestellt, der zwar Flecken hat, aber schön, für ein Raubthier nur zu +schön ist. Hindin und Panther, von der blutdürstigen Bevölkerung des +Waldes in gleichem Grade gehaßt, beriethen sich im Stillen über ihre +gemeinsame Gefahr. Dann gingen sie zur Discussion der Punkte über, in +denen sie verschiedener Ansicht waren, und hielten, mit dem Schwanze +wedelnd und sich den Bart leckend, ein langes Zwiegespräch über die +wirkliche Anwesenheit Christi beim Abendmahl, über die Autorität der +Päpste und Concilien, über die Strafgesetze, die Testacte, die Meineide +des Oates, Buttler’s schlecht belohnte Dienste für die Kavalierpartei, +Stillingfleet’s Pamphlets und Burnet’s breiten Rücken und glückliche +Heirathsspekulationen. + +Das Unpassende dieses Planes springt in die Augen. Die Allegorie konnte +in der That nicht zehn Zeilen hintereinander ununterbrochen beibehalten +werden. Keine noch so kunstvolle Ausführung konnte die Fehler eines +solchen Planes verdecken. Dessenungeachtet ist die Fabel von der Hindin +und dem Panther unbestreitbar der werthvollste Beitrag zu der englischen +Literatur aus der kurzen und unruhigen Regierungszeit Jakob’s II. In +keinem andren Werke Dryden’s finden sich ergreifendere und erhabenere +Stellen, eine größere Biegsamkeit und Kraft der Sprache und ein +lieblicherer und abwechselnderer Wohllaut. + +Das Gedicht erschien mit allen Vortheilen ausgestattet, welche +königliche Gunst gewähren konnte. Eine Prachtausgabe für Schottland +wurde in der in Holyrood House errichteten Officin gedruckt. Aber die +Leute waren nicht in der Stimmung, um sich von dem durchsichtigen Style +und den melodischen Reimen des Apostaten bezaubern zu lassen. Der durch +seine Feilheit erregte Unwille, die durch die Politik, deren Lobhudler +er war, hervorgerufene Besorgniß ließen sich nicht in Schlaf singen. Die +gerechte Entrüstung des Publikums wurde von Vielen, die den Stachel +seines Spotts gefühlt, und von Vielen, die seinen Ruhm beneideten, +angeschürt. Trotz aller Beschränkungen, denen die Presse unterlag, +erschienen täglich Angriffe auf sein Leben und seine Schriften. Bald +hieß er Bayes, bald der Dichter Squab. Man erinnerte ihn daran, daß er +in seiner Jugend dem Hause Cromwell in der nämlichen knechtischen Weise +den Hof gemacht, wie jetzt dem Hause Stuart. Ein Theil seiner Gegner +druckte boshafterweise die sarkastischen Verse wieder ab, die er zu +einer Zeit, wo es ihm nichts eingebracht haben würde, wenn er Papist +geworden wäre, gegen den Papismus geschrieben hatte. Von den vielen +satirischen Arbeiten, welche bei dieser Gelegenheit erschienen, war die +gelungenste das gemeinsame Werk zweier junger Männer, welche kürzlich +ihre Studien in Cambridge vollendet hatten und als vielversprechende +Anfänger in den literarischen Kaffeehäusern Londons begrüßt worden +waren: Karl Montague und Matthäus Prior. Montague war von adeliger +Abkunft, Prior’s Ursprung aber war so dunkel, daß kein Biograph im +Stande gewesen ist, demselben auf die Spur zu kommen. Beide Abenteurer +waren arm und strebsam. Beide hatten einen scharfen Verstand und einen +lebendigen Geist, Beide schwangen sich später hoch empor. Beide +verbanden in nicht gewöhnlichem Grade mit der Liebe zu den +Wissenschaften Geschicklichkeit in denjenigen Gebieten des praktischen +Lebens, gegen welche die Schöngeister in der Regel einen entschiedenen +Widerwillen haben. Von den funfzig Dichtern, deren Lebenslauf Johnson +geschildert hat, waren Montague und Prior die beiden einzigen, die sich +durch eine gründliche Kenntniß des Handels und des Finanzwesens +auszeichneten. Ihre Wege gingen bald weit auseinander, und ihre +Jugendfreundschaft löste sich auf. Einer von ihnen wurde das Haupt der +Whigpartei und wurde von den Tories angeklagt; der Andre wurde in alle +Geheimnisse der toryistischen Diplomatie eingeweiht und von den Whigs +lange in strenger Haft gehalten. Endlich wurden die so lange getrennt +gewesenen Freunde nach vielen ereignißvollen Jahren in der +Westminster-Abtei wieder mit einander vereinigt. + + +[_Änderung in dem Verfahren des Hofes gegen die Puritaner._] Wer die +Fabel von der Hindin und dem Panther aufmerksam gelesen hat, muß bemerkt +haben, daß während der Bearbeitung dieses Werks in den Ansichten Derer, +welche Dryden als Dolmetscher benutzten, eine große Veränderung vorging. +Anfangs wird von der anglikanischen Kirche mit Liebe und Achtung +gesprochen und sie wird ermahnt, sich mit der römisch-katholischen gegen +die puritanischen Secten zu verbinden; am Schlusse des Gedichts aber und +in der Vorrede, welche nach Vollendung des Ganzen geschrieben wurde, +werden die protestantischen Dissenters aufgefordert, mit den Katholiken +gemeinschaftliche Sache gegen die anglikanische Kirche zu machen. + +Dieser Umschlag in der Sprache des Hofpoeten deutete auf einen großen +Umschlag in der Politik des Hofes hin. Der ursprüngliche Zweck Jakob’s +war gewesen, nicht allein vollständige Befreiung von allen Strafen und +bürgerlichen Ausschließungen, sondern auch einen großen Antheil an den +kirchlichen und akademischen Stiftungen für seine Kirche zu erlangen und +zu gleicher Zeit die Gesetze gegen die puritanischen Secten mit Strenge +auszuüben. Alle von ihm gewährten besonderen Dispensationen waren +römischen Katholiken gewährt worden. Alle Gesetze, welche auf den +Presbyterianern, Independenten und Baptisten am schwersten lasteten, +hatte er eine Zeit lang mit aller Strenge durchgeführt. Während Hales +ein Regiment commandirte, während Powis im Geheimen Rathe saß, während +Massey eine Dechanei bekleidete, während in Oxford mit königlicher +Genehmigung Breviarien und Meßbücher gedruckt wurden, während in London +die Hostie unter dem Schutze der Piken und Musketen der Fußgarde +öffentlich ausgestellt wurde, während Ordensbrüder und Mönche in ihren +Kutten in den Straßen von London einhergingen, saß Baxter im Gefängniß, +war Howe in der Verbannung, standen die Fünfmeilenacte und die +Conventikelacte in voller Kraft, mußten die puritanischen Schriftsteller +zur ausländischen oder geheimen Pressen ihre Zuflucht nehmen, konnten +puritanische Gemeinden sich nur des Nachts oder in abgelegenen Einöden +versammeln, mußten puritanische Geistliche in Kohlengräber- oder +Matrosenverkleidung predigen. In Schottland hatte der König neue Gesetze +von beispielloser Härte gegen die Presbyterianer von den Ständen +verlangt und erhalten, während er keine Anstrengung sparte, ihnen jede +Erleichterung für die Katholiken abzupressen. Sein Verfahren gegen die +verbannten Hugenotten hatte seine Gesinnungen nicht minder deutlich +verrathen. Wir haben gesehen, wie er, als die öffentliche Mildthätigkeit +eine große Summe zur Unterstützung dieser Unglücklichen in seine Hände +gelegt, allen Gesetzen der Gastfreundschaft und der Rechtschaffenheit +zum Hohn von ihnen verlangte, daß sie dem calvinistischen Ritual, dem +sie mit großer Liebe anhingen, entsagen und sich der anglikanischen +Kirche anschließen müßten, ehe er ihnen das Geringste von den seiner +Verwaltung anvertrauten Gaben spenden könnte. + +Dies war seine Politik gewesen, so lange er noch einigermaßen hoffen +konnte, daß die anglikanische Kirche einwilligen werde, die Herrschaft +mit der römischen Kirche zu theilen. Einmal stieg diese Hoffnung zur +festen Überzeugung. Die Begeisterung, mit der die Tories seinen +Regierungsantritt begrüßt hatten, die Wahlen, die demüthige Sprache und +die reichen Geldbewilligungen seines Parlaments, die Unterdrückung des +Aufstandes im Westen, die völlige Vernichtung der Partei, die ihn vom +Throne hatte ausschließen wollen, dies Alles steigerte seine Zuversicht +bis über die Grenzen der Vernunft. Er glaubte fest, daß seiner Macht und +seiner Entschlossenheit jedes Hinderniß weichen werde. Sein Parlament +leistete ihm Widerstand. Er versuchte die Wirkung von ungnädigen Blicken +und Drohungen, und da er mit diesen nichts erreichte, versuchte er es +mit der Prorogation. Aber von dem Augenblicke der Prorogation an wurde +der Widerstand gegen seine Pläne immer stärker und stärker. Es schien +klar, daß, wenn er seinen Willen durchsetzen wollte, er ihn im +Widerspruch mit der großen Partei durchsetzen mußte, die seinem Throne, +seinem Hause und seiner Person so glänzende Beweise von Treue gegeben +hatte. Die ganze anglikanische Geistlichkeit, die ganze Kavaliergentry +war gegen ihn. Vergebens hatte er kraft seines kirchlichen Supremats dem +Klerus anbefohlen, sich jeder Erörterung von Streitpunkten zu enthalten. +Jede Gemeinde der Nation wurde allsonntäglich gegen die Irrthümer Roms +gewarnt, und diese Warnungen waren um so wirksamer, weil sie stets mit +Versicherungen der Ehrerbietung gegen den König und des Entschlusses, +Alles mit Geduld zu ertragen, was ihm zu verhängen belieben werde, +verbunden waren. Die royalistischen Ritter und Squires, welche durch +fünfundvierzig Jahre des Kriegs und der Parteiwuth dem Throne mannhaft +zur Seite gestanden hatten, sprachen jetzt in sehr nachdrücklichen +Worten den Entschluß aus, daß sie eben so mannhaft zur Kirche halten +würden. Trotz seines beschränkten Verstandes und seines despotischen +Characters sah Jakob nun doch ein, daß er sein Verfahren ändern müsse. +Er konnte es ohne Gefahr nicht wagen, alle seine protestantischen +Unterthanen zugleich zu beleidigen. Wenn er es über sich gewinnen +konnte, der Partei, welche in beiden Häusern das Übergewicht hatte, +Zugeständnisse zu machen, wenn er sich entschließen konnte, der +Staatskirche alle ihre Würden, Einkünfte und Privilegien zu lassen, so +mochte er auch fernerhin presbyterianische Versammlungen verbieten und +die Gefängnisse mit baptistischen Predigern füllen. Blieb er aber dabei, +die Hierarchie zu plündern, so mußte er sich entschließen, dem +Vergnügen, die Dissenters zu verfolgen, zu entsagen. Wollte er von nun +an mit seinen alten Freunden in Fehde leben, so mußte er mit seinen +alten Feinden einen Waffenstillstand schließen. Er konnte die +anglikanische Kirche nur dadurch bezwingen, daß er eine umfassende +Coalition gegen sie bildete, welche Secten in sich schloß, die zwar in +Lehre und Verfassung von einander selbst viel stärker abwichen als von +ihr, aber doch durch ihre gemeinsame Eifersucht auf ihre Größe und durch +die gemeinsame Furcht vor ihrer Unduldsamkeit bewogen werden konnten, +ihre Feindseligkeiten so lange ruhen zu lassen, bis jene Kirche die +Macht verloren hatte, sie zu tyrannisiren. + +Ein Grund schien besonders für diesen Plan zu sprechen. Wenn es ihm nur +gelang, die protestantischen Nonconformisten zu gewinnen, so durfte er +sich mit der Hoffnung schmeicheln, vor jeder Rebellion sicher zu sein. +Nach der Ansicht der anglikanischen Geistlichen konnte keine Kränkung +irgend welcher Art einen Unterthanen berechtigen, den Gesalbten des +Herrn gewaltsamen Widerstand zu leisten. Die Theorie der puritanischen +Sectirer lautete ganz anders. Diese Sectirer trugen kein Bedenken, +Tyrannen mit dem Schwerte Gideon’s zu Boden zu schlagen, und manche von +ihnen scheuten sich auch nicht, den Dolch Ehud’s zu gebrauchen. +Wahrscheinlich sannen sie eben jetzt wieder auf einen neuen westlichen +Aufstand oder auf ein neues Ryehousecomplot. Jakob glaubte daher, daß er +getrost die Staatskirche verfolgen könnte, wenn es ihm nur gelang, die +Dissenters zu gewinnen. Die Partei, deren Grundsätze ihm keine +Sicherheit gewährten, war dann durch das Interesse an ihn gefesselt, und +die Partei, deren Interessen er angriff, erregte aus Grundsatz keinen +Aufruhr. + +Unter dem Einflusse solcher Erwägungen begann Jakob von dem Augenblicke +an, als er sich zornig von seinem Parlament trennte, auf eine Coalition +aller katholischen wie protestantischen Nonconformisten gegen die +Landeskirche zu denken. Schon um Weihnachten 1685 meldeten die Gesandten +der Vereinigten Provinzen den Generalstaaten, daß der Plan einer +allgemeinen Duldung entworfen sei und bald ans Licht treten werde.[25] +Indessen erwiesen sich die Nachrichten, welche der holländischen +Gesandtschaft zugekommen waren, als verfrüht. Die Separatisten scheinen +jedoch im Jahre 1686 schon viel milder behandelt worden zu sein, als +während des Jahres 1685. Aber nur ganz allmälig und nach vielen inneren +Kämpfen vermochte es der König über sich, mit Allem, was er am meisten +verabscheute, ein Bündniß zu schließen. Er hatte einen nicht +oberflächlichen und launenhaften, nicht erst kürzlich entstandenen oder +rasch aufgeschossenen, sondern in seiner Familie erblichen Groll zu +überwinden, welcher durch große, während hundertzwanzig ereignißvoller +Jahre zugefügte und erlittene Unbilden verstärkt worden und mit allen +seinen religiösen und politischen, häuslichen und persönlichen Gefühlen +verwachsen war. Vier Generationen von Stuarts hatten mit vier +Generationen von Puritanern einen Krieg auf Leben und Tod geführt, und +während dieses ganzen langen Krieges hatte kein Stuart die Puritaner so +stark gehaßt, und war so stark von ihnen gehaßt worden, als er. Sie +hatten es versucht, seine Ehre zu untergraben und ihn seines +Geburtsrechts zu berauben; sie hatten ihn einen Brandstifter, einen +Kehlabschneider und einen Giftmischer genannt; sie hatten ihn aus der +Admiralität und aus dem Staatsrathe verdrängt; sie hatten ihn zu +wiederholten Malen in die Verbannung getrieben, sie hatten einen +Mordanschlag auf ihn gemacht, und sie hatten sich zu Tausenden mit +bewaffneter Hand gegen ihn erhoben. Dafür hatte er sich an ihnen durch +ein Gemetzel gerächt, wie es England noch nie gesehen. Ihre Köpfe und +Glieder verwesten noch auf Pfählen auf allen öffentlichen Plätzen von +Somersetshire und Dorsetshire. Bejahrte Frauen, die wegen ihrer +Frömmigkeit und Mildthätigkeit von den Sectirern in hohen Ehren gehalten +wurden, waren um geringfügiger Vergehen willen, die kein guter Fürst nur +eines strengen Verweises werth gehalten haben würde, enthauptet oder +lebendig verbrannt worden. In einem solchen Verhältnisse hatte selbst in +England der König zu den Puritanern gestanden, und in Schottland hatte +die Tyrannei des Königs und die Wuth der Puritaner einen Grad erreicht, +von dem sich die Engländer kaum einen Begriff machen konnten. Einen so +langjährigen und so tödtlichen Haß zu vergessen, war für einen ganz +besonders harten und unversöhnlichen Character keine leichte Aufgabe. + +Der Kampf, der im Innern des Königs stattfand, entging dem Blicke +Barillon’s nicht. Ende Januar 1687 schrieb er einen interessanten Brief +nach Versailles. Der König -- dies war der wesentliche Inhalt des +Schreibens -- habe sich so ziemlich überzeugt, daß er nicht völlige +Freiheit für die römischen Katholiken erlangen und dabei doch die +Gesetze gegen die protestantischen Dissenters aufrecht erhalten könne. +Er neige sich daher zu einem Plane allgemeiner Indulgenz hin, im Herzen +aber würde es ihm weit lieber sein, wenn er auch jetzt noch seinen +Schutz und seine Gunst zwischen der römischen und der anglikanischen +Kirche, mit Ausschluß aller anderen religiösen Überzeugungen, theilen +könnte.[26] + + [Anmerkung 25: Leeuwen, 25. Dec. (4. Jan.) 1685/6.] + + [Anmerkung 26: Barillon, 31. Jan. (10. Febr.) 1686/7. +„Je crois + que, dans le fond, si on ne pouvoit laisser que la religion + Anglicane et la Catholique établies par les loix, le Roy + d’Angleterre en seroit bien plus content.“+] + + +[_In Schottland theilweise Duldung gewährt._] Wenige Tage nach dem +Abgang dieser Depesche that Jakob zögernd und widerstrebend den ersten +Schritt zur Annäherung an die Puritaner. Er hatte sich entschlossen, mit +Schottland zu beginnen, wo seine Befugniß, von Parlamentsacten zu +dispensiren, von den willfährigen Ständen anerkannt war. Demgemäß wurde +am 12. Februar in Edinburg eine Proklamation erlassen, welche +ängstlichen Gewissen eine Erleichterung gewährte.[27] Diese Proklamation +beweist vollkommen die Richtigkeit von Barillon’s Urtheil. Selbst in der +Acte, durch die er den Presbyterianern Zugeständnisse machte, konnte +Jakob seinen Widerwillen gegen sie nicht verhehlen. Die den Katholiken +gewährte Duldung war vollkommen. Auch die Quäker hatten wenig Ursache +sich zu beklagen. Aber die den Presbyterianern, welche die Hauptmasse +des schottischen Volks bildeten, bewilligte Indulgenz war durch +Bedingungen beschränkt, die sie fast werthlos machten. An die Stelle des +bisherigen Religionseides, der sowohl Katholiken als Presbyterianer von +Staatsämtern ausschloß, war ein neuer Religionseid gesetzt, der die +Katholiken zuließ, aber die meisten Presbyterianer ausschloß. Den +Katholiken war es erlaubt, Kapellen zu erbauen und sogar die Hostie +überall, mit Ausnahme der Straßen in königlichen Burgflecken, in +Prozession umherzutragen; den Quäkern war es gestattet, sich in +öffentlichen Gebäuden zu versammeln; die Presbyterianer aber durften nur +in Privatwohnungen Gottesdienst halten; es war ihnen streng verboten, +Bethäuser zu bauen, sie durften nicht einmal eine Scheune oder ein +Nebenhaus zu Andachtsübungen benutzen, und es ward ihnen nachdrücklich +eingeschärft, daß, wenn sie es wagten, Conventikel unter freiem Himmel +zu hatten, das Gesetz, welches sowohl den Predigern als den Zuhörern mit +dem Tode drohte, mit schonungsloser Strenge angewendet werden sollte. +Jeder katholische Priester durfte Messe lesen, jeder Quäker durfte vor +seinen Glaubensbrüdern Reden halten; aber der Geheime Rath war +angewiesen, darüber zu wachen, daß kein presbyterianischer Geistlicher +sich unterfange, ohne specielle Erlaubniß der Regierung zu predigen. +Jede Zeile dieses Dokuments und der dasselbe begleitenden Briefe +beweist, wie schwer es dem Könige wurde, nur einigermaßen die Härte zu +mildern, mit der er die alten Feinde seines Hauses von jeher behandelt +hatte.[28] + +Man hat wirklich Grund zu glauben, daß er bei Veröffentlichung dieser +Proklamation noch keineswegs zu einer Coalition mit den Puritanern fest +entschlossen war und daß er ihnen zuvörderst nur eben so viele +Begünstigungen gewähren wollte, als durchaus nöthig waren, um die +Anhänger der Landeskirche durch Einschüchterung zum Gehorsam zu bringen. +Er wartete daher einen Monat, um zu sehen, welchen Eindruck das in +Edinburg erlassene Edict in England machen werde. Diesen Monat +verwendete er auf Petre’s Rath eifrig zu dem, was man +closeting+[29] +nannte. + + [Anmerkung 27: Sie ist zu finden im Anfange zu Wodrow II. 129.] + + [Anmerkung 28: +Wodrow, Appendix, vol. II. Nos. 128, 129, 132.+] + + [Anmerkung 29: Persönliche Bearbeitung Einzelner im Privatkabinet + des Königs. D. Übers.] + + +[_Persönliche Bearbeitung Einzelner im königlichen Kabinet._] London war +voll von geeigneten Persönlichkeiten. Man erwartete die baldige +Zusammenberufung des Parlaments zur Erledigung von Geschäften, und viele +Mitglieder waren bereits in der Stadt. Der König nahm sich vor, sie Mann +für Mann zu werben. Er hoffte, daß die eifrigen Tories -- und aus +solchen bestand das Unterhaus mit wenigen Ausnahmen -- seinen dringenden +Bitten schwer würden widerstehen können, wenn er dieselben nicht an die +Gesammtheit, sondern an jeden Einzelnen, und nicht vom Thronsessel +herab, sondern im vertraulichen Gespräch an sie richtete. Die +Mitglieder, welche nach Whitehall kamen, um ihre Aufwartung zu machen, +wurden demnach auf die Seite genommen und mit langen Privatunterredungen +beehrt. Der König drang in sie, daß sie, als loyale Gentlemen, ihm nur +in dem einem Punkte, der ihm mehr als alles Andre am Herzen liege, den +Willen thun möchten. Er meinte, die Sache berühre seine persönliche +Ehre. Die unter der vorigen Regierung von factiösen Parlamenten gegen +die Katholiken erlassenen Verordnungen seien lediglich gegen ihn selbst +gerichtet gewesen; diese Gesetze hätten ihm ein Brandmal aufgedrückt, +ihn aus der Admiralität und aus dem Staatsrathe vertrieben, und er sei +berechtigt, zu erwarten, daß Alle, die ihn liebten und ehrten, sich zur +Abschaffung jener Gesetze vereinigen würden. Sah er, daß seine Zuhörer +gegen diese Ermahnungen taub blieben, so nahm er seine Zuflucht zu +Drohungen und Bestechungen. Denjenigen, die sich weigerten, ihm in +dieser Angelegenheit zu Willen zu sein, wurde geradezu gesagt, daß sie +keine Gunstbezeigung zu erwarten hätten. Trotz seiner Knauserei öffnete +und vertheilte er seine Schätze. Mehrere von Denen, die zu einer +Conferenz mit ihm eingeladen worden waren, nahmen aus seinem +Schlafzimmer Geld mit fort, das sie aus königlicher Hand empfangen +hatten. Die Richter, die sich gerade auf ihrer Frühjahrsrundreise +befanden, erhielten Befehl vom Könige, die noch in der Provinz +zurückgebliebenen Mitglieder zu besuchen und die Gesinnungen jedes +Einzelnen zu erforschen. + + +[_Erfolglosigkeit der persönlichen Bearbeitung._] Das Resultat aller +dieser Nachforschungen war, daß die große Majorität des Hauses der +Gemeinen entschlossen zu sein schien, sich den Maßregeln des Hofes zu +widersetzen.[30] Einer von Denjenigen, deren Festigkeit allgemeine +Bewunderung erregten, war Arthur Herbert, der Bruder des Oberrichters, +Parlamentsmitglied für Dover, Kammerherr und Contreadmiral von England. + + [Anmerkung 30: Barillon, 28. Febr. (10. März) 1686/7; Citters, + 15.(25.) Febr.; +Reresby’s Memoirs+; Bonrepaux, 25. Mai (4. Juni) + 1687.] + + +[_Admiral Herbert._] Arthur Herbert war bei den Seeleuten sehr beliebt +und galt für einen der tüchtigsten adeligen Marineoffiziere. Man hatte +allgemein vermuthet, daß er sich den Wünschen des Königs bereitwillig +fügen werde, denn er fragte wenig nach der Religion, war +vergnügungslustig und verschwenderisch, hatte kein Privatvermögen, bezog +aus seinen Stellen ein jährliches Einkommen von viertausend Pfund und +wurde seit langer Zeit zu den ergebensten persönlichen Anhängern Jakob’s +gerechnet. Als aber der Contreadmiral im Privatkabinet vorgenommen und +das Versprechen von ihm verlangt wurde, daß er für die Aufhebung der +Testacte stimmen wolle, antwortete er, seine Ehre und sein Gewissen +erlaubten ihm nicht, ein solches Versprechen zu geben. „Niemand zweifelt +an Ihrer Ehre“, sagte der König, „aber ein Mann, der so lebt wie Sie, +sollte nicht von seinem Gewissen sprechen.“ Auf diesen Vorwurf, einen +Vorwurf, der dem Geliebten der Katharine Sedley übel anstand, erwiederte +Herbert mit männlicher Offenheit: „Ich habe meine Fehler, Sire, aber ich +könnte Leute nennen, welche viel häufiger von ihrem Gewissen sprechen +als ich und dabei ein eben so lockeres Leben führen.“ Er wurde aller +seiner Stellen entsetzt und die Rechnung über seine Ausgaben und +Einnahmen als Kammerherr wurden mit großer und, wie er klagte, +ungerechter Strenge geprüft.[31] + +Es war jetzt augenscheinlich, daß jede Hoffnung auf ein Bündnis zwischen +der anglikanischen und römischen Kirche zu dem Zwecke, die Ämter und +Einnahmen unter sich zu theilen und die puritanischen Secten zu +unterdrücken, aufgegeben werden mußte. Es blieb weiter nichts übrig, als +der Versuch, eine Koalition zwischen der römischen Kirche und den +puritanischen Secten gegen die anglikanische Kirche zu Stande zu +bringen. + + [Anmerkung 31: Barillon, 14.(24.) März 1687; Lord Russell an +Dr.+ + Fitzwilliam, 1. April; +Burnet I. 671, 672+. In +Clarke’s Life of + James the Second, II. 204+ ist die Unterredung etwas anders + erzählt. Diese Stelle aber ist kein Theil der eigenen Memoiren des + Königs.] + + +[_Die Indulgenzerklärung._] Am 18. März kündigte der König dem Geheimen +Rathe an, daß er beschlossen habe, das Parlament bis Ende November zu +prorogiren und allen seinen Unterthanen aus eigner Machtvollkommenheit +völlige Gewissensfreiheit zu gewähren.[32] Am 4. April erschien die +denkwürdige Indulgenzerklärung. + +In dieser Erklärung sagte der König, es sei sein innigster Wunsch, seine +Unterthanen als Mitglieder derjenigen Kirche zu sehen, der er selbst +angehöre. Da dies aber nicht sein könne, erkläre er, daß es seine +Absicht sei, sie in der freien Ausübung ihrer Religion zu schützen. Er +wiederholte alle die schönen Redensarten, welche acht Jahre früher, als +er selbst ein Unterdrückter war, so oft aus seinem Munde kamen, die er +aber nicht mehr gebrauchte, seitdem ein Wechsel des Glücks ihm die Macht +verliehen hatte, selbst ein Unterdrücker zu werden. Er sei schon längst +überzeugt, sagte er, daß man dem Gewissen keinen Zwang anthun dürfe, daß +Verfolgungen der Zunahme der Bevölkerung und dem Handel nachtheilig +seien und nie zu dem Zwecke führten, den die Verfolger erreichen +wollten. Er wiederholte das schon oft gegebene und eben so oft +gebrochene Versprechen, daß er die Staatskirche im Genusse ihrer +gesetzlichen Rechte schützen wolle. Hierauf erklärte er, ebenfalls aus +eigner Machtvollkommenheit, eine lange Reihe von Gesetzen für null und +nichtig, hob alle Strafbestimmungen gegen alle Klassen von +Nonconformisten auf, ermächtigte die römischen Katholiken wie auch die +protestantischen Dissenters, ihren Gottesdienst öffentlich zu halten, +verbot seinen Unterthanen bei Strafe seines allerhöchsten Mißfallens, +irgend eine religiöse Versammlung zu stören, und schaffte auch alle +diejenigen Gesetze ab, welche die Befähigung zu bürgerlichen und +militairischen Ämtern von einem Religionseide abhängig machten.[33] + +Daß die Indulgenzerklärung verfassungswidrig war, darüber sind beide +große Parteien Englands zu allen Zeiten einig gewesen. Jeder, der in +politischen Fragen ein Urtheil hat, muß einsehen, daß ein Fürst, der +eine solche Erklärung erlassen darf, nichts Geringeres ist als ein +absoluter Monarch. Auch kann man zur Vertheidigung dieser Handlung +Jakob’s nicht die Gründe geltend machen, mit denen viele willkürliche +Maßregeln der Stuarts vertheidigt oder entschuldigt worden sind. Man +kann nicht sagen, daß er den Umfang seiner Prärogative verkannt habe, +weil sie nicht genau bestimmt gewesen sei, denn er überschritt die +Grenze angesichts einer ganz kürzlich erst festgestellten Grenzmarke. +Funfzehn Jahre früher hatte sein Bruder auf Anrathen der Cabale auch +eine Indulgenzerklärung erlassen, welche im Vergleich zu der Erklärung +Jakob’s gemäßigt und vorsichtig genannt werden konnte. Die Erklärung +Karl’s dispensirte nur von Strafgesetzen, die Erklärung Jakob’s +dispensirte auch von allen Religionseiden. Die Erklärung Karl’s +gestattete den Katholiken, nur in Privatwohnungen ihren Gottesdienst zu +halten, nach der Erklärung Jakob’s konnten sie Tempel bauen und +ausschmücken und sogar mit Kreuzen, Bildern und Rauchfässern in +Prozession durch Fleet Street ziehen. Dennoch war die Erklärung Karl’s +in alter Form für gesetzwidrig erklärt worden. Die Gemeinen hatten sich +dahin ausgesprochen, daß der König nicht befugt sei, in kirchlichen +Angelegenheiten von Gesetzen zu dispensiren. Karl hatte hierauf das +mißliebige Schriftstück vor seinen Augen vernichten lassen, hatte mit +eigner Hand das Siegel davon abgerissen und sowohl durch eine von ihm +eigenhändig unterschriebene Botschaft als auch mündlich vom Throne herab +in vollem Parlament beiden Häusern fest versprochen, daß der Schritt, +der so großen Anstoß gegeben, als nie geschehen betrachtet werden solle. +Die beiden Häuser hatten dann ohne eine einzige opponirende Stimme eine +gemeinschaftliche Dankadresse für diese Erfüllung ihrer Wünsche an ihn +gerichtet. Nie war eine Verfassungsfrage mit reiflicherer Erwägung, mit +unzweideutigerer Klarheit und mit vollkommnerer Einhelligkeit +entschieden worden. + +Jakob’s Vertheidiger haben zu seiner Entschuldigung häufig das +Erkenntniß anführt, welches der Gerichtshof der Kings Bench in der +abgekarteten Klage gegen Sir Eduard Hales abgab; aber dieser +Entschuldigungsgrund hat gar kein Gewicht. Jakob hatte diesen Ausspruch +notorisch durch Bitten, durch Drohungen, durch Entlassung gewissenhafter +Beamten und durch Besetzung der Richterbank mit anderen höfischer +gesinnten Richtern erlangt. Und obgleich dieses Erkenntniß von der +Advokatur wie von der Nation allgemein für verfassungswidrig erklärt +wurde, erstreckte es sich doch nur so weit, daß der König aus besonderen +Staatsgründen einzelnen Individuen Dispensationen von ausschließenden +Gesetzen bewilligen dürfe. Daß er durch ein Alles über den Haufen +werfendes Edict alle seine Unterthanen ermächtigen konnte, ganze Bände +von Gesetzen nicht mehr zu befolgen, dies hatte kein Gerichtshof +angesichts der feierlichen Entscheidung des Parlaments von 1673 zu +behaupten gewagt. + + [Anmerkung 32: +London Gazette, March 21, 1686/7.+] + + [Anmerkung 33: +London Gazette, April 7+. 1087.] + + +[_Stimmung der protestantischen Dissenters._] Die Stellung der Parteien +war jedoch von der Art, daß Jakob’s Indulgenzerklärung, obgleich der +kühnste von allen Angriffen der Stuarts auf die öffentliche Freiheit, +wohl geeignet war, gerade demjenigen Theile der Gesellschaft zu +gefallen, der allen anderen Angriffen der Stuarts auf die öffentliche +Freiheit den beharrlichsten Widerstand entgegengesetzt hatte. Es stand +kaum zu erwarten, daß der durch ein hartes und streng gehandhabtes +Gesetzbuch von seinen Landsleuten getrennte protestantische +Nonconformist geneigt sein werde, die Gültigkeit eines Erlasses zu +bestreiten, der ihn von unerträglichen Bedrückungen erlöste. Ein kalter +und philosophischer Beobachter würde ohne Zweifel erklärt haben, daß +alles Übel, das aus allen intoleranten Gesetzen, welche je von +Parlamenten erlassen wurden, hervorgehen könne, nicht zu vergleichen sei +mit dem Unheil, welches durch eine Übertragung der gesetzgebenden Gewalt +vom Parlament auf den Souverain entstehen würde. Aber eine so ruhige und +philosophische Überlegung kann man nicht von Leuten erwarten, die unter +einem vorhandenen Drucke seufzen und denen die lockende Aussicht auf +sofortige Erleichterung dargeboten wird. Ein puritanischer Theolog +konnte allerdings nicht leugnen, daß die jetzt von der Krone +beanspruchte Dispensationsgewalt mit den Grundprinzipien der +Verfassung unvereinbar war. Aber es war vielleicht zu entschuldigen, +wenn er fragte, was die Verfassung eigentlich für ihn sei. Die +Gleichförmigkeitsacte hatte ihn trotz königlicher Versprechungen von +einer Pfründe vertrieben, die sein rechtmäßiges Eigenthum war, und hatte +ihn in Armuth und Abhängigkeit zurückgeworfen. Die Fünfmeilenacte hatte +ihn von seiner Heimath, von seinen Verwandten, von seinen Freunden, von +fast jedem öffentlichen Zufluchtsorte verbannt. Kraft der +Conventikelacte war er seines Vermögens beraubt und aus einem +schmutzigen Kerker in den andren mitten unter Straßenräuber und Diebe +geworfen worden. Außerhalb des Gefängnisses wurde er beständig von den +Gerichtsdienern verfolgt; er hatte Angeber durch Geldgeschenke zum +Schweigen bringen, hatte sich in schimpflicher Verkleidung durch Fenster +und Fallthüren heimlich zu seiner Gemeinde schleichen müssen, und +während er das geweihte Wasser auf den Täufling sprengte oder das Brod +des heiligen Abendmahls austheilte, hatte er in beständiger Angst auf +das Zeichen horchen müssen, welches ihm sagte, daß die Sbirren der +Justiz sich näherten. War es nicht bitterer Hohn, einen so +ausgeplünderten und bedrückten Mann aufzufordern, daß er für das +Eigenthum und die Freiheit seiner Plünderer und Bedrücker zum Märtyrer +werden solle? Mochte die Indulgenzerklärung seinen glücklichen Nachbarn +noch so despotisch erscheinen, ihm brachte sie Erlösung. Er wurde +aufgefordert, nicht zwischen der Freiheit und der Knechtschaft, sondern +zwischen zwei Jochen zu wählen, und es wäre nicht unnatürlich gewesen, +wenn er das Joch des Königs für erträglicher gehalten hätte als das der +Kirche. + + +[_Stimmung der anglikanischen Kirche._] Während solche Gedanken die +Gemüther vieler Dissenters beschäftigten, war die anglikanische Partei +in Angst und Bestürzung. Diese neue Wendung der Dinge war in der That +beunruhigend. Das Haus Stuart im Bunde mit republikanischen und +königsmörderischen Secten gegen die alten Kavaliere Englands; der +Papismus im Bunde mit dem Puritanismus gegen ein kirchliches System, an +welchem die Puritaner nichts weiter auszusetzen hatten, als daß es +zuviel Papistisches beibehalten: das waren Zeichen und Wunder, welche +alle Berechnungen der Staatsmänner über den Haufen warfen. Die Kirche +sollte also mit einem Male von allen Seiten angegriffen werden, und zwar +unter der Leitung Dessen, der ihrer Verfassung nach ihr Oberhaupt war. +Es war kein Wunder, wenn sie von Erstaunen und Entsetzen ergriffen +wurde. Und zu dem Erstaunen und dem Entsetzen gesellten sich noch andere +bittere Gefühle: Groll gegen den meineidigen Fürsten, dem sie nur zu +treu gedient, und Reue über die Grausamkeiten, die sie in Gemeinschaft +mit ihm verübt hatte und für die er sie jetzt, wie es schien, bestrafen +wollte. Ihre Strafe war gerecht, sie erntete was sie gesäet hatte. Als +nach der Restauration ihre Macht den Höhepunkt erreicht, hatte sie nur +Rache geschnaubt. Sie hatte die Stuarts aufgefordert, gedrängt, fast +gezwungen, die kürzlich geleisteten Dienste der Presbyterianer mit +schnödem Undanke zu vergelten. Hätte sie sich in jener Zeit ihrer +höchsten Blüthe, wie es ihr geziemte, ihrer Feinde angenommen, so würde +sie jetzt, in der Zeit der Noth, Freunde in ihnen gefunden haben. +Vielleicht war es noch nicht zu spät, vielleicht konnte sie noch die +Taktik ihres Bedrückers gegen ihn selbst kehren. Es gab unter den +Anglikanern eine gemäßigte Partei, welche den protestantischen +Dissenters immer freundlich gesinnt gewesen war. Allerdings war diese +Partei nicht zahlreich, aber die Talente, Kenntnisse und Tugenden ihrer +Mitglieder machten sie achtunggebietend. Sie war von den höchsten +Würdenträgern der Kirche nicht mit günstigem Auge betrachtet und von den +Frömmlern aus der Schule Laud’s schonungslos verunglimpft worden; aber +von dem Tage, an welchem die Indulgenzerklärung erschien, bis zu dem +Tage, wo Jakob’s Macht aufhörte Schrecken einzuflößen, schien die ganze +Kirche von dem Geiste der verleumdeten Latitudinarier beseelt zu sein +und von ihren Rathschlägen geleitet zu werden. + + +[_Der Hof und die Kirche._] Nun folgte eine Art von Versteigerung, die +sonderbarste, von der uns die Geschichte erzählt. Der König auf der +einen, die Kirche auf der andren Seite begannen einander zu überbieten, +um die Gunst Derer zu erlangen, zu deren Unterdrückung sie bis dahin +verbündet gewesen waren. Die protestantischen Dissenters, die noch vor +wenigen Monaten eine verachtete und geächtete Klasse gewesen waren, +hielten jetzt die Wage der Macht in ihrer Hand. Die Härte, mit der sie +behandelt worden waren, wurde allgemein verdammt. Der Hof suchte die +ganze Schuld auf die Hierarchie zu wälzen, und die Hierarchie warf sie +zurück auf den Hof. Der König erklärte, daß er die Separatisten wider +Willen nur deshalb verfolgt habe, weil seine Angelegenheiten in einem +Zustande gewesen wären, bei dem er es nicht hatte wagen dürfen, dem +Klerus der Staatskirche zu nahe zu treten. Dieser versicherte, daß er +nur aus Ehrerbietung vor der Autorität des Königs an einer Strenge Theil +genommen habe, die seinen Gefühlen durchaus fremd sei. Der König brachte +eine Sammlung von Anekdoten von Rectoren und Vikaren zusammen, welche +durch Androhung von Verfolgung von protestantischen Dissenters Geld +erpreßt hatten. Er sprach häufig und öffentlich über diesen Gegenstand, +drohte mit einer Untersuchung, welche die Pfarrer der ganzen Welt in +ihrem wahren Character zeigen werde und erließ in der That mehrere +Verordnungen, durch welche Agenten, auf die er sich verlassen zu können +glaubte, ermächtigt wurden, den Betrag der Summen zu ermitteln, welche +in verschiedenen Landestheilen von Bekennern der herrschenden Religion +Sectirern abgepreßt worden waren. Die Vertheidiger der Landeskirche +führten dagegen Beispiele von rechtschaffenen Pfarrern an, welche vom +Hofe Verweise und Drohungen erhalten, weil sie auf der Kanzel +Duldsamkeit empfohlen und sich geweigert hatten, kleine Gemeinden von +Nonconformisten auszuspüren und zu Tode zu hetzen. Der König behauptete, +daß einige Mitglieder der Staatskirche, die er privatim vorgenommen, +sich erboten hatten, den Katholiken ausgedehnte Zugeständnisse zu +machen, unter der Bedingung, daß die Verfolgung gegen die Puritaner +ihren Fortgang behalte. Die angeklagten Anhänger der Staatskirche +leugneten heftig die Wahrheit dieser Beschuldigung und behaupteten, daß, +wenn sie sich mit dem, was der König für seine eigene Kirche verlangte, +einverstanden erklärt hätten, er ihnen sehr gern gestattet haben würde, +sich durch Verfolgung und Ausplünderung protestantischer Dissenters zu +entschädigen.[34] + +Der Hof hatte seine Physiognomie verändert. Die Schärpe und der +Priesterrock der anglikanischen Geistlichen konnten sich daselbst kaum +noch sehen lassen ohne spöttisches Lächeln und boshaftes Geflüster +hervorzurufen. Die Hofdamen erlaubten sich nicht mehr zu kichern und die +Kammerherren verbeugten sich bis zur Erde, wenn sich das puritanische +Gesicht und die puritanische Tracht, welche in den vornehmen Zirkeln so +lange Zeit Lieblingsgegenstände des Spotts gewesen waren, in den +Gallerien des Palastes zeigten. Taunton, das zwei Generationen hindurch +die Veste der Rundkopfpartei im Westen gewesen war, das die Armeen +Karl’s I. zweimal tapfer zurückgeschlagen, sich zur Unterstützung +Monmouth’s wie ein Mann erhoben hatte und von Kirke und Jeffreys in eine +Schlachtbank verwandelt worden war, schien plötzlich die Stelle erobert +zu haben, welche Oxford einst in der königlichen Gunst eingenommen.[35] +Der König gewann es über sich, ausgezeichneten Dissenters sogar mit +kriechender Höflichkeit zu begegnen. Einigen bot er Geld an, Anderen +städtische Ehrenämter, noch Anderen Begnadigung von Verwandten und +Freunden, die wegen Theilnahme an dem Ryehousecomplot oder wegen +Anschluß an die Fahne Monmouth’s auf dem Kontinent umherirrten oder in +den Zuckerplantagen von Barbados schwitzten. Er stellte sich sogar, als +ob er mit den freundlichen Gesinnungen der englischen Puritaner gegen +ihre auswärtigen Glaubensbrüder sympathisirte. Eine zweite und dritte +Proklamation erschien in Edinburg, welche die den Presbyterianern durch +das Februaredict gewährte nichtssagende Duldung bedeutend +erweiterten.[36] Die verbannten Hugenotten, die der König seit vielen +Monaten mit ungnädigem Auge angesehen und denen er die von der Nation +aufgebrachten milden Gaben vorenthalten hatte, wurden jetzt unterstützt +und gehätschelt. Es wurde ein Ministerialbefehl erlassen, der die +öffentliche Mildthätigkeit nochmals zu ihren Gunsten aufrief. Die +Vorschrift, welche von ihnen den Anschluß an die anglikanische +Gottesverehrung als Bedingung des Empfangs einer Unterstützung +verlangte, scheint zu dieser Zeit stillschweigend aufgehoben gewesen zu +sein, und die Vertheidiger der Politik des Königs hatten die Frechheit +zu behaupten, diese Vorschrift sei auf Andringen der Prälaten der +Staatskirche erlassen worden, während wir aus den sichersten Quellen +wissen, daß sie von ihm selbst im Einverständniß mit Barillon ersonnen +worden war.[37] + +Während der König sich so die Gunst seiner alten Gegner zu erwerben +suchte, waren die Freunde der Landeskirche nicht weniger thätig. Von der +Bitterkeit und dem Hohne, mit dem die Prälaten und Priester seit der +Restauration die Sectirer zu behandeln pflegten, war kaum noch eine Spur +zu erkennen. Die, welche man ganz kürzlich noch Schismatiker und +Fanatiker genannt hatte, waren jetzt geliebte Mitprotestanten, +Glaubensbrüder, die vielleicht schwach sein mochten, aber deren +Gewissensskrupel immerhin zarte Rücksichtnahme verdienten. Wenn sie nur +in dieser Krisis der englischen Verfassung und dem reformirten Glauben +treu blieben, so sollte ihre Hochherzigkeit bald und reich belohnt +werden. Anstatt einer Indulgenz, welche keine gesetzliche Gültigkeit +hätte, sollten sie eine wirkliche, durch eine Parlamentsacte gesicherte +Indulgenz haben. Ja, viele Mitglieder der Staatskirche, die sich bisher +durch ihr starres Festhalten an jeder in der Liturgie vorgeschriebenen +Geberde und Formel ausgezeichnet hatten, erklärten sich jetzt nicht nur +zur Duldung, sondern sogar zur Gleichstellung geneigt. Der Streit um +Chorröcke und Stellungen, sagten sie, habe nur zu lange Christen von +einander getrennt, welche doch in den wesentlichen Glaubenspunkten +übereinstimmten. Wenn der Kampf auf Tod und Leben gegen den gemeinsamen +Feind vorüber wäre, dann würde man sehen, daß die anglikanische +Geistlichkeit zu jedem billigen Zugeständnisse bereit sei. Wenn die +Dissenters nur nicht unbescheiden wären, so würden ihnen nicht blos +bürgerliche, sondern auch geistliche Ämter offen stehen, und Baxter und +Howe würden ohne einen Flecken an ihrer Ehre oder ihrem Gewissen auf der +Bank der Bischöfe sitzen können. + + [Anmerkung 34: Verordnungen des Schatzamts. Siehe besonders die + Instructionen vom 8. März 1687/88; +Burnet, I. 715+; +Reflections + on His Majesty’s Proclamation for a Toleration in Scotland+; + +Letters containing some Reflections on His Majesty’s Declaration + for Liberty of Conscience+; +Apology for the Church of England + with relation to the spirit of Persecution for which she is + accused, 1687/88.+ Doch es ist mir unmöglich, alle Flugschriften + anzuführen, aus denen ich mein Urtheil über den damaligen Stand + der Parteien geschöpft habe.] + + [Anmerkung 35: +Letter to a Dissenter+.] + + [Anmerkung 36: +Wodrow, Appendix, vol. II. Nos. 132, 134.+] + + [Anmerkung 37: +London Gazette, April 21. 1687+; +Animadversions + on a late paper entituled a Letter to a Dissenter, by H. C. (Henry + Care), 1687.+] + + +[_„Brief an einen Dissenter.“_] Von den zahlreichen damaligen +Flugschriften, in denen die Sache des Hofes und die Sache der Kirche vor +dem Puritaner, der jetzt durch eine sonderbare Wendung des Geschicks das +Loos seiner Verfolger entscheiden sollte, eifrig und ängstlich +entwickelt wurde, ist jetzt nur noch eine in der Erinnerung, betitelt: ++Letter to a Dissenter+. In dieser meisterhaften kleinen Schrift waren +alle Argumente, die einen Nonconformisten überzeugen konnten, daß es +seine Pflicht und sein Interesse sei, ein Bündniß mit der Staatskirche +einem Bündnisse mit dem Hofe vorzuziehen, auf einem engen Raume in der +übersichtlichsten Ordnung zusammengestellt, mit geistreichem Witze +erörtert und mit einer zwar lebhaften, aber selbst in den Momenten der +leidenschaftlichsten Heftigkeit die Grenzen des Anstandes und der seinen +Bildung nie überschreitenden Beredtsamkeit zur Geltung gebracht. Die +Schrift machte einen ungeheuren Eindruck, denn da sie nur einen Bogen +stark war, wurden über zwanzigtausend Exemplare durch die Post versandt +und die Wirkung zeigte sich in jedem Winkel des Reichs. Es erschienen +vierundzwanzig Antworten darauf, aber die ganze Stadt erklärte sie für +schlecht und die von Lestrange für die schlechteste von allen +vierundzwanzig.[38] Die Regierung war sehr ärgerlich und sparte keine +Mühe, um den Verfasser des Briefs ausfindig zu machen; aber es war nicht +möglich, rechtskräftige Beweise gegen ihn aufzubringen. Einige meinten +die Denk- und Sprachweise Temple’s zu erkennen.[39] In Wirklichkeit aber +gehörte dieser umfassende und scharfe Verstand, diese lebhafte +Phantasie, dieser elegante und kräftige Styl, diese ruhige und edle, +halb hofmännische, halb philosophische Würde, welche die heftigste +Aufregung des Kampfes nicht einen Augenblick aus der Fassung bringen +konnte, keinem Andren als Halifax an. + + [Anmerkung 38: +Lestrange’s Answer to a Letter to a Dissenter+; + +Care’s Animadversions on a Letter to a Dissenter+; +Dialogue + between Harry and Roger+, nämlich Harry Care und Roger Lestrange.] + + [Anmerkung 39: Der Brief war mit T. W. unterzeichnet. Care sagt in + seinen +Animadversions+: „Dieser Herr Politiker T. W. oder W. T., + denn einige Kritiker halten dies für die richtigere Lesart.“] + + +[_Benehmen der Dissenters._] Die Dissenters schwankten und man darf +ihnen keinen Vorwurf daraus machen. Sie litten und der König hatte ihnen +Linderung verschafft. Einige ausgezeichnete Geistliche waren ihrer Haft +entlassen worden, andere hatten es gewagt, aus dem Exil zurückzukehren. +Gemeinden, die ihre Zusammenkünfte bisher nur heimlich und im Dunklen +hatten abhalten können, versammelten sich jetzt am hellen Tage und +sangen laut ihre Psalmen vor den Augen von Magistratsbeamten, +Kirchenvorstehern und Constablern. Bescheidene Gotteshäuser von +puritanischer Bauart begannen sich in allen Gegenden Englands zu +erheben. Der aufmerksame Reisende kann noch jetzt an einigen der +ältesten Bethäuser die Jahrzahl 1687 erkennen. Dessen ungeachtet waren +die Anerbietungen der Kirche für einen klugen Dissenter viel lockender +als die des Königs. Die Indulgenzerklärung war in den Augen des Gesetzes +null und nichtig. Sie suspendirte die Strafgesetze gegen Nonconformität +nur auf so lange, als die Grundprinzipien der Verfassung und die +rechtmäßige Autorität des gesetzgebenden Körpers aufgehoben blieben. +Welchen Werth hatten Privilegien, die auf einen so schmachvollen und +zugleich so unsicheren Besitztitel beruhten? Es konnte bald eine +Thronerledigung eintreten, ein der Landeskirche anhängender Souverain +konnte auf den Thron kommen und ein aus Mitgliedern der Landeskirche +bestehendes Parlament gebildet werden. Wie beklagenswerth mußte dann die +Lage der Dissenters werden, die sich mit Jesuiten gegen die Verfassung +verbündet hatten! Die Kirche bot eine Indulgenz ganz andrer Art als die +von Jakob gewährte dar, eine Indulgenz, die eben so rechtsgültig und +heilig war als die Magna Charta. Beide streitende Parteien versprachen +dem Separatisten Glaubensfreiheit; aber die eine Partei verlangte von +ihm, daß er sie durch Aufopferung der bürgerlichen Freiheit erkaufen +sollte, während die andre ihn zum Genuß der bürgerlichen und religiösen +zugleich einlud. + +Aus diesen Gründen konnte ein Dissenter sich wohl entschließen, sein +Loos mit dem der Staatskirche zu verknüpfen, selbst wenn er hätte +glauben können, daß der Hof es aufrichtig meinte. Aber wer garantirte +ihm für die Aufrichtigkeit des Hofes? Jedermann kannte das bisherige +Benehmen Jakob’s. Es war zwar nicht gerade unmöglich, daß ein Verfolger +durch Vernunftgründe und Erfahrungen von den Vortheilen der +Religionsduldung überzeugt werden konnte. Aber Jakob behauptete, nicht +erst neuerdings überzeugt worden zu sein; im Gegentheil, er versäumte +keine Gelegenheit, um zu versichern, daß er schon seit vielen Jahren aus +Grundsatz aller Unduldsamkeit feind gewesen sei. Dennoch hatte er noch +vor wenigen Monaten Männer, Frauen und junge Mädchen um ihrer Religion +willen bis zum Tode verfolgt. Hatte er damals gegen die bessere +Überzeugung seines Gewissens gehandelt? oder sagte er jetzt eine +wissentliche Unwahrheit? Aus diesem Dilemma gab es keinen Ausweg und +jede der beiden Annahmen war für den Ruf der Rechtschaffenheit des +Königs gleich verderblich. Außerdem war auch allbekannt, daß ihn die +Jesuiten ganz in ihrer Gewalt hatten. Erst wenige Tage vor der +Bekanntmachung der Indulgenz war dieser Orden dem wohlbekannten Willen +des heiligen Stuhles zum Trotz mit einem neuen Beweise seines Vertrauens +und seines Beifalls beehrt worden. Sein Beichtvater, Pater Mansuetus, +ein Franziskaner, dessen menschenfreundlicher Character und tadelloser +Lebenswandel die größte Achtung verdienten, den aber Tyrconnel und Petre +schon längst haßten, war entlassen worden. Den dadurch erledigten Posten +erhielt ein Engländer, Namens Warner, der von dem Glauben seines +Vaterlandes abgefallen und Jesuit geworden war. Den gemäßigten +Katholiken und dem Nuntius war dieser Wechsel nichts weniger als +angenehm, und jeder Protestant erblickte darin einen Beweis, daß die +Jesuiten eine unumschränkte Herrschaft über das Gemüth des Königs +ausübten.[40] So großes Lob auch diese Väter mit Recht beanspruchen +konnten, besondere Liberalität und Wahrheitsliebe konnte selbst die +Schmeichelei ihnen nicht beimessen. Daß sie, wenn es das Interesse ihres +Glaubens oder ihres Ordens galt, niemals Bedenken trugen, den Beistand +des weltlichen Schwerts anzurufen, oder die Gesetze der Wahrheit und +Treue zu verletzen, dies war der Welt nicht nur durch protestantische +Ankläger, sondern auch durch Männer verkündet worden, deren +Tugendhaftigkeit und Genie der Stolz der römischen Kirche war. Es war +unglaublich, daß ein ergebener Schüler der Jesuiten der +Gewissensfreiheit aus Grundsatz zugethan sein sollte; dagegen aber war +es weder unglaublich noch unwahrscheinlich, daß er es für gerechtfertigt +hielt, seine wahren Gesinnungen zu verbergen, um seiner Religion einen +Dienst zu erzeigen. Es war gewiß, daß dem Könige im Herzen die +Anglikaner lieber waren als die Puritaner; es war gewiß, daß, so lange +er noch Hoffnung hatte, die Anhänger der Staatskirche zu gewinnen, er +den Puritanern nie die geringste Freundlichkeit erwiesen hatte. Konnte +es also wohl einem Zweifel unterliegen, daß er selbst jetzt noch die +Puritaner willig aufopfern würde, wenn die Anglikaner sich seinen +Wünschen fügten? Sein wiederholt gegebenes Versprechen hatte ihn nicht +abgehalten, die gesetzlichen Rechte der Geistlichkeit anzutasten, welche +so viele sprechende Beweise von treuer Anhänglichkeit an sein Haus +gegeben hatte. Welche Sicherheit konnte sonach sein Wort Secten +gewähren, welche durch die Erinnerung an tausend geschlagene und +empfangene, nicht wieder gut zu machende Wunden von ihm geschieden +waren? + + [Anmerkung 40: Ellis’ Correspondenz, 15. März u. 27. Juli 1686; + Barillon, 28. Febr. (10. März), 3.(13.) März, 6.(16.) März 1687; + Ronquillo, 9.(19.) März 1687 in der Mackintosh-Sammlung.] + + +[_Einige von ihnen halten es mit dem Hofe. Care, Alsop, Rosewell._] Als +die durch Bekanntmachung der Indulgenz verursachte Aufregung sich ein +wenig gelegt hatte, zeigte es sich, daß in der puritanischen Partei eine +Spaltung eingetreten war. Die Minorität, mit einigen wenigen thätigen +Männern an der Spitze, deren Urtheil mangelhaft oder durch das Interesse +geleitet war, unterstützte den König. Heinrich Care, welcher lange Zeit +der heftigste und thätigste Pamphletist unter den Nonconformisten +gewesen war und der in den Tagen des papistischen Complots Jakob in +einer Schrift unter dem Titel +Packet of Advice from Rome+ +(Nachrichtenpacket von Rom) mit schrankenloser Wuth angegriffen hatte, +schmeichelte ihm jetzt eben so laut, als er ihn früher geschmäht und +verleumdet hatte.[41] Der Hauptagent, dessen sich die Regierung zur +Bearbeitung der Presbyterianer bedient hatte, war Vincenz Alsop, ein +Geistlicher, der als Prediger wie auch als Schriftsteller nicht +unbekannt war. Sein Sohn, der wegen Hochverraths bestraft worden war, +wurde begnadigt, und daher widmete der Vater seinen ganzen Einfluß dem +Hofe.[42] Mit Alsop verbunden war Thomas Rosewell. Rosewell war während +der durch die Entdeckung des Ryehousecomplots herbeigeführten Verfolgung +der Dissenters fälschlich angeklagt worden, daß er gegen die Regierung +gepredigt habe. Jeffreys hatte auf seine Verurtheilung zum Tode +angetragen und eine bestochene Jury hatte ihn den klarsten Beweisen von +seiner Unschuld zum Trotz für schuldig erklärt. Die Ungerechtigkeit des +Urtheils war so himmelschreiend, daß selbst die Höflinge sich darüber +empört zeigten. Ein angesehener Tory, der den Verhandlungen des +Prozesses beigewohnt hatte, ging augenblicklich zu Karl und erklärte, +daß der Hals des loyalsten Unterthanen in England nicht mehr sicher sein +würde, wenn man Rosewell hinrichtete. Die Geschwornen selbst wurden von +Reue ergriffen, als sie überlegten, was sie gethan hatten, und boten +Alles auf, um dem Gefangenen das Leben zu retten. Endlich wurde seine +Begnadigung bewilligt, aber Rosewell mußte drückende Bürgschaft für sein +ferneres Wohlverhalten stellen und zu bestimmten Zeiten persönlich vor +dem Gerichtshofe der Kings Bench erscheinen. Seine Bürgschaften wurden +jetzt auf königlichen Befehl erlassen und dadurch seine Dienste +gewonnen.[43] + + [Anmerkung 41: +Wood’s Athenae Oxonienses+; +Observator+; + +Heraclitus Ridens+ an mehreren Stellen. Doch Care’s eigene + Schriften sind das beste Material zur Würdigung seines + Characters.] + + [Anmerkung 42: +Calamy’s Account of the Ministers ejected or + silenced after the Restoration, Northamptonshire+; +Wood’s Athenae + Oxonienses+; +Biographia Britannica.+] + + [Anmerkung 43: +Collection of State Trials+; +Samuel Rosewell’s + Life of Thomas Rosewell, 1718+; +Calamy’s Account.+] + + +[_Lobb._] Das Geschäft, die Independenten zu gewinnen, war vornehmlich +einem ihrer Geistlichen, Namens Stephan Lobb, übertragen. Lobb war ein +schwacher, heftiger und ehrgeiziger Mann. Er hatte die Opposition gegen +die Regierung so weit getrieben, daß sein Name in mehreren +Proklamationen geächtet worden war, söhnte sich aber jetzt mit dem Hofe +aus und ging in der Servilität eben so weit als er je in der Opposition +gegangen war. Er schloß sich der jesuitischen Cabale an und rieth eifrig +zu Maßregeln, vor denen die verständigsten und ehrenwerthesten +Katholiken zurückschauderten. Man bemerkte, daß er fortwährend im +Palaste und häufig im Privatkabinet des Königs war, daß er in einem +Glanze lebte, an den die puritanischen Geistlichen nicht gewöhnt waren, +und daß er beständig von Bittstellern belagert war, denen er durch +seinen Einfluß Stellen und Begnadigungen verschaffen sollte.[44] + + [Anmerkung 44: +London Gazette, March 15. 1685/6+; +Nichols’s + Defence of the Church of England+; +Pierce’s Vindication of the + Dissenters.+] + + +[_Penn._] Mit Lobb eng befreundet war Wilhelm Penn. Penn war nie ein +characterfester Mann gewesen, das Leben, das er seit zwei Jahren führte, +hatte sein sittliches Zartgefühl nicht wenig verhärtet, und wenn sein +Gewissen ihm einmal Vorwürfe machte, so tröstete er sich immer wieder +mit dem Gedanken, daß er einen guten und edlen Zweck verfolge und daß +ihm seine Dienste nicht mit Geld bezahlt würden. + +Durch den Einfluß dieser und anderer weniger hervorragender Männer +wurden mehrere Dissentergemeinden bewogen, Dankadressen an den König zu +richten. Toryistische Schriftsteller haben mit Recht bemerkt, daß die +Sprache dieser Adressen so widerlich servil war wie nur in irgend einer +der überschwenglichsten Lobreden, welche den Stuarts von Bischöfen +gespendet worden sind. Bei genauer Untersuchung stellt es sich heraus, +daß die Schmach nur einem sehr kleinen Theile der puritanischen Partei +zur Last fällt. Es gab kaum einen Marktflecken in England, der nicht +wenigstens ein kleines Häuflein Separatisten gehabt hätte, und man +sparte keine Mühe, um sie zu einer Äußerung ihrer Dankbarkeit für die +Indulgenz zu bewegen. Rundschreiben, welche sie zur Unterzeichnung +aufforderten, wurden nach allen Gegenden des Landes in solchen Massen +geschickt, daß, wie man scherzweise sagte, die Postfelleisen den Pferden +zu schwer waren. Indessen belief sich die Gesammtzahl der Adressen, die +man von allen über ganz England zerstreuten Presbyterianern, +Independenten und Baptisten erlangen konnte, noch nicht auf sechzig; +auch ist kein Grund zu der Vermuthung vorhanden, daß diese Adressen +zahlreiche Unterschriften hatten.[45] + + [Anmerkung 45: Die Adressen sind in der London Gazette zu finden.] + + +[_Die Mehrzahl der Puritaner ist gegen den Hof. Baxter._] Die große +Masse der protestantischen Nonconformisten, welche fest an den +bürgerlichen Freiheiten hing und den Versprechungen des Königs und der +Jesuiten nicht traute, weigerte sich standhaft, für eine Begünstigung zu +danken, hinter der man mit gutem Grund eine Schlinge argwöhnen durfte. +Dies war die Stimmung aller angesehensten Oberhäupter der Partei. Zu +ihnen gehörte Baxter. Er war, wie wir gesehen haben, bald nach Jakob’s +Thronbesteigung in Untersuchung gezogen, von Jeffreys gröblich insultirt +und von einer Jury, wie die höfischen Sheriffs der damaligen Zeit sie zu +wählen pflegten, für schuldig erklärt worden. Baxter befand sich seit +ungefähr anderthalb Jahren im Gefängniß, als der Hof ernstlich darauf zu +denken begann, die Nonconformisten zu gewinnen. Er wurde nicht allein in +Freiheit gesetzt, sondern auch bedeutet, daß er, wenn er sonst wollte, +seinen Aufenthalt in London nehmen könnte, ohne die Anwendung der +Fünfmeilenacte gegen sich zu fürchten. Die Regierung hoffte +wahrscheinlich, daß die Erinnerung an vergangene Leiden und das Gefühl +der gegenwärtigen Erlösung auf ihn die nämliche Wirkung äußern werde, +wie auf Rosewell und Lobb. Diese Hoffnung erwies sich jedoch als irrig. +Baxter war weder zu bestechen, noch zu täuschen; er weigerte sich, +irgend eine Dankadresse für die Indulgenz zu unterzeichnen und +verwendete seinen ganzen Einfluß zur Herbeiführung eines guten +Vernehmens zwischen der Staatskirche und den Presbyterianern.[46] + + [Anmerkung 46: +Calamy’s Life of Baxter.+] + + +[_Howe._] Wenn es irgend einen Mann gab, der in der Achtung der +protestantischen Dissenters noch höher stand als Baxter, so war dies +Johann Howe. Howe hatte, wie Baxter, durch den neuerlichen Umschwung der +Politik persönlich gewonnen. Die nämliche Tyrannei, welche Baxter ins +Gefängniß warf, hatte ihn in die Verbannung getrieben und bald nach +Baxter’s Entlassung aus dem Gefängnisse der Kings Bench kehrte Howe von +Utrecht nach England zurück. Man erwartete in Whitehall, daß Howe den +ganzen Einfluß, den er auf seine Glaubensgenossen ausübte, zu Gunsten +des Hofes verwenden werde. Der König selbst ließ sich herab, den +Unterthan, den er unterdrückt hatte, um seinen Beistand zu bitten. Howe +scheint geschwankt zu haben; der Einfuß Hampden’s aber, mit dem er intim +befreundet war, vermochte ihn, der Sache der Verfassung treu zu bleiben. +Eine Versammlung presbyterianischer Geistlichen wurde in seinem Hause +gehalten, um über die Lage der Dinge zu berathen und über den +einzuschlagenden Weg einen Beschluß zu fassen. Im Palaste erwartete man +mit ängstlicher Spannung das Ergebniß. Zwei königliche Abgesandte +wohnten der Verhandlung bei, und sie kamen mit der unwillkommnen +Nachricht zurück, daß Howe sich entschieden gegen das Dispensationsrecht +erklärt und nach langer Debatte die Majorität der Versammlung für sich +gewonnen habe.[47] + + [Anmerkung 47: +Calamy’s Life of Howe+. Den Antheil, den die + Familie Hampden an dieser Angelegenheit gehabt, habe ich aus einem + Briefe von Johnstone an Waristoun vom 13. Juni 1688 erfahren.] + + +[_Bunyan._] Neben Baxter und Howe muß noch ein andrer Mann genannt +werden, der nach seiner Stellung und Gelehrsamkeit tief unter ihnen, an +Tugend aber ihnen gleich, und an Genie hoch über ihnen stand, Johann +Bunyan. Bunyan war ursprünglich Kesselflicker gewesen und hatte als +gemeiner Soldat in der Parlamentsarmee gedient. Schon in seinen früheren +Jahren hatten ihn furchtbare Gewissensbisse wegen seiner Jugendsünden +gequält, von denen jedoch die schlimmsten solche gewesen zu sein +scheinen, welche die Welt für verzeihlich hält. Seine große Reizbarkeit +und seine glühende Phantasie machten seine inneren Kämpfe ganz besonders +qualvoll. Er bildete sich ein, daß ein Verdammungsurtheil über ihn +verhängt sei, daß er den heiligen Geist gelästert, daß er Christum +verkauft habe und daß er thatsächlich von einem bösen Geiste besessen +sei. Bald vernahm er laute Warnungsstimmen vom Himmel, bald versuchte +ihn der Teufel durch gottlose Einflüsterungen. Er hatte Visionen von +entfernten Berggipfeln, welche die Sonne glänzend beleuchtete, von denen +er aber durch eine Schneewüste getrennt war. Er fühlte wie der Teufel +ihn an den Kleidern zupfte; er glaubte, das Kainszeichen sei ihm +aufgedrückt; er fürchtete daß er zerbersten werde, wie Judas. Diese +Seelenkämpfe zerrütteten seine Gesundheit. Den einen Tag zitterte er wie +ein vom Schlage Getroffener; ein andermal brannte es ihn wie Feuer in +der Brust. Es ist kaum zu begreifen, daß er so entsetzlichen und +andauernden Qualen nicht unterlag. Endlich zertheilten sich die Wolken. +Aus dem Abgrunde der Verzweiflung erhob sich der Büßende in einen +Zustand heiterer Glückseligkeit. Ein unwiderstehlicher Drang trieb ihn +an, auch Andere des Segens theilhaftig werden zu lassen, dessen er +selbst genoß.[48] Er schloß sich den Baptisten an und wurde Prediger und +Schriftsteller. Seine Erziehung war die eines Handwerkers gewesen und er +verstand keine andre Sprache als die englische, wie sie von dem niederen +Volke gesprochen wird. Er hatte kein großes Musterwerk studirt, mit der +einzigen, allerdings sehr bedeutenden Ausnahme unsrer herrlichen +Bibelübersetzung. Seine Orthographie war schlecht; er machte häufige +Verstöße gegen die Regeln der Grammatik. Doch sein angebornes Genie und +seine durch eigene Erfahrung erworbene Kenntniß aller religiösen +Gefühle, von der Verzweiflung bis zur Verzückung, ersetzten in ihm +reichlich den Mangel an Gelehrsamkeit. Seine natürliche Beredtsamkeit +erhob und rührte Zuhörer, welche bei den fleißig ausgearbeiteten +Vorträgen großer Dialektiker und Hebraisten kalt blieben. Seine Werke +waren unter den niederen Klassen weit verbreitet. Eines davon, des +Pilgers Reise, wurde schon zu seinen Lebzeiten in mehrere fremde +Sprachen übersetzt. Den Gelehrten und höher Gebildeten war es jedoch +kaum bekannt, und die frommen Hüttenbewohner und Handwerker hatten sich +bereits seit einem Jahrhundert daran erfreut, als es endlich von einem +in der Literatur sehr hochstehenden Manne öffentlich empfohlen wurde. +Die Kritik ließ sich nun herab, das Geheimniß einer so ausgedehnten und +dauernden Popularität zu erforschen. Sie mußte gestehen, daß die +unwissende Menge richtiger geurtheilt hatte als die Gelehrten und daß +das verachtete Büchlein wirklich ein Meisterwerk war. Bunyan ist in der +That ebenso gewiß der erste Allegoriker, wie Demosthenes der erste +Redner und Shakespeare der erste Dramatiker ist. Zwar haben andere +Allegoriker eine gleiche Erfindungsgabe gezeigt; aber kein andrer ist je +im Stande gewesen, das Herz zu rühren und abstracte Begriffe zu +Gegenständen des Entsetzens, des Mitleids und der Liebe zu machen.[49] + +Es dürfte zu bezweifeln sein, ob irgend ein englischer Dissenter die +Last der Strafgesetze schwerer empfunden hat als Johann Bunyan. Von den +siebenundzwanzig Jahren, welche seit der Restauration verstrichen waren, +hatte er zwölf im Gefängniß zugebracht. Dennoch fuhr er fort zu +predigen, aber um dies zu können, mußte er sich als Fuhrmann verkleiden. +Oft wurde er, im Fuhrmannskittel und mit der Peitsche in der Hand, durch +eine Hinterthür in die Versammlung eingeführt. Hätte er nur an seine +eigene Ruhe und Sicherheit gedacht, so würde er die Indulgenzerklärung +freudig begrüßt haben. Jetzt durfte er endlich am hellen Tage predigen +und ermahnen. Seine Gemeinde wuchs mit reißender Schnelligkeit. Tausende +hingen an seinen Lippen und in Bedford, wo er sich größtentheils +aufhielt, gingen reiche Beisteuern zum Bau eines Bethauses für ihn ein. +Er stand in so hohem Ansehen bei dem gemeinen Volke, daß die Regierung +ihm gern ein städtisches Amt übertragen hätte; aber sein scharfer +Verstand und sein treues englisches Herz widerstanden siegreich allen +Versuchungen und Täuschungen. Er war fest überzeugt, daß die angebotene +Duldung nur ein Köder sei, um die puritanische Partei damit ins +Verderben zu locken; auch wollte er nicht durch Annahme einer Stelle, zu +der er nicht gesetzlich qualificirt war, die Gültigkeit der +Dispensationsgewalt anerkennen. Eine der letzten edlen Handlungen seines +tugendreichen Lebens war die Ablehnung einer Unterredung, zu der er +durch einen Agenten der Regierung eingeladen wurde.[50] + + [Anmerkung 48: +Bunyan’s Grace Abounding.+] + + [Anmerkung 49: Young stellt Bunyan’s Prosa auf gleiche Stufe mit + Durfey’s Poesie. Die fashionablen Leute im +Spiritual Quixote+ + stellen den +Pilgrim’s Progress+ mit +Jack the Giantkiller+ + zusammen. Spät im achtzehnten Jahrhundert wagte Cowper nur eine + Anspielung auf den großen Allegoriker: + + Nicht nennen will ich dich, damit Dein Name + Statt wohlverdienten Ruhm nicht Hohn Dir bringe.] + + [Anmerkung 50: Fortsetzung von Bunyan’s Biographie im Anhang zu + seiner „Überströmenden Gnade.“] + + +[_Kiffin._] So groß Bunyan’s Ansehen bei den Baptisten war, Wilhelm +Kiffin’s Ansehen war noch größer. Kiffin war in Bezug auf Rang und +Reichthum der Erste unter ihnen. Er pflegte seine geistlichen Talente +bei ihren Versammlungen auszuüben, erwarb sich aber nicht durch Predigen +seinen Unterhalt. Er machte große Handelsgeschäfte, stand an der Börse +in hohem Ansehen und hatte sich ein bedeutendes Vermögen gesammelt. +Niemand hätte vielleicht unter den dermaligen Verhältnissen dem Hofe +werthvollere Dienste leisten können als er. Aber zwischen ihm und dem +Hofe stand die Erinnerung an ein entsetzliches Ereigniß. Er war der +Großvater der Gebrüder Hewling, der beiden muthigen Jünglinge, welche +von allen Opfern der blutigen Assisen vielleicht am allgemeinsten +bedauert worden waren. Für das traurige Loos des einen von ihnen war +Jakob ganz besonders verantwortlich. Jeffreys hatte dem jüngeren Bruder +einen Aufschub bewilligt. Churchill hatte der Schwester der beiden +jungen Männer eine Audienz beim Könige verschafft, und sie hatte um +Gnade gefleht; aber des Königs Herz war unerbittlich gewesen. Es war für +die ganze Familie ein harter Schlag; am meisten aber war Kiffin zu +bedauern. Er war siebzig Jahr alt, als er vereinsamt dastand. Diejenigen +überlebend, die ihn hatten überleben sollen. Die herzlosen und feilen +Schmarotzer von Whitehall glaubten, indem sie nach sich selbst +urtheilten, der alte Mann werde durch einen Aldermansmantel und durch +eine Geldentschädigung für das verwirkte Vermögen seiner Enkel leicht +wieder zu gewinnen sein. Penn wurde zu dem Verführungswerke ausersehen; +aber seine Bemühungen waren vergebens. Der König beschloß hierauf, die +Wirkung seiner persönlichen Artigkeit zu versuchen. Kiffin wurde in den +Palast beschieden. Er fand einen glänzenden Kreis von Kavalieren und +Gentlemen versammelt. Jakob kam ihm sogleich entgegen, redete ihn sehr +freundlich an und schloß mit den Worten: „Ich habe Sie zu einem der +Aldermen von London bestimmt, Herr Kiffin.“ Der alte Mann sah den König +fest an, brach in Thränen aus und antwortete: „Sire, ich bin abgenutzt, +ich bin nicht mehr fähig, Eurer Majestät oder der Hauptstadt zu dienen. +Und überdies, Sire, hat der Tod meiner armen Jungen mir das Herz +gebrochen. Diese Wunde ist noch heute so frisch wie jemals, und ich +werde sie mit ins Grab nehmen.“ Der König schwieg einige Augenblicke +sichtlich bewegt und sagte dann: „Ich werde einen Balsam für diese Wunde +finden, Herr Kiffin.“ Es war gewiß nicht Jakob’s Absicht, etwas +Kränkendes oder Übermüthiges zu sagen, im Gegentheil, er scheint sich in +einer ungewöhnlich weichen Stimmung befunden zu haben. Dennoch wirft +keine Äußerung die uns von ihm berichtet wird, ein so nachtheiliges +Licht auf seinen Character als diese wenigen Worte. Es sind die Worte +eines hartherzigen, niedrig denkenden Mannes, der sich keine Verwundung +des Gefühls denken kann, welche durch eine Stelle oder durch eine +Pension nicht vollkommen zu heilen wäre.[51] + +Der Theil der Dissenters, der sich der neuen Politik des Königs günstig +zeigte, war von Anfang an klein gewesen und begann bald noch mehr +zusammenzuschmelzen. Denn die Nonconformisten erkannten in nicht langer +Zeit, daß ihre geistlichen Privilegien durch die Indulgenz eher +geschmälert als erweitert worden waren. Der characteristische Zug des +Puritaners war Abscheu gegen die Eigenthümlichkeiten der römischen +Kirche. Er hatte sich nur deshalb von der anglikanischen Kirche +losgetrennt, weil er meinte, daß sie ihrer hochmüthigen und üppigen +Schwester, der Zauberin mit dem goldenen Becher und dem Purpurgewande, +zu ähnlich sähe. Jetzt fand er, daß eine von den stillschweigenden +Bedingungen des Bündnisses, welches einige seiner Seelenhirten mit dem +Hofe geschlossen hatten, die war, daß die Religion des Hofes mit Achtung +und Schonung behandelt werden sollte. Er begann bald sich nach den Tagen +der Verfolgung zurückzusehnen. So lange die Strafgesetze noch angewendet +wurden, hatte er die Worte des Lebens zwar im Geheimen und mit +persönlicher Gefahr angehört, aber er hatte sie doch gehört. Wenn die +Brüder in ihrer Stube versammelt waren, wenn die Schildwachen +ausgestellt und die Thüren verschlossen waren, wenn der Prediger in der +Kleidung eines Metzgers oder Fuhrmanns über das Dach hereingekommen war, +dann wurde wenigstens ein wirklicher Gottesdienst gehalten. Kein Theil +der göttlichen Wahrheit ward aus weltlichen Rücksichten unterdrückt oder +verstümmelt, alle unterscheidenden Lehren der puritanischen Theologie +wurden vollständig und sogar in ihrer ungeschminktesten Form +dargestellt. Der römischen Kirche ward kein Pardon gegeben. Das Thier, +der Antichrist, der Mensch der Sünde, die mystische Isabel, das +mystische Babylon waren die Ausdrücke, mit denen man jenen hehren und +bezaubernden Aberglauben zu bezeichnen pflegte. Dies war einst die +Sprache Alsop’s, Lobb’s, Rosewell’s und anderer Geistlichen gewesen, +welche kürzlich im Palast wohl aufgenommen worden waren; aber so +sprachen sie jetzt nicht mehr. Geistliche, die nach einer hohen Stufe in +der Gunst und dem Vertrauen des Königs strebten, durften es nicht wagen, +in harten Worten von der Religion des Königs zu sprechen. Die Gemeinden +beklagten sich daher laut, daß sie seit dem Erscheinen der +Indulgenzerklärung, welche ihnen dem Wortlaute nach doch völlige +Gewissensfreiheit gewähren wollte, das Evangelium nie mehr kühn und rein +hätten verkünden hören. Früher hatten sie ihre geistliche Nahrung +verstohlen erhaschen müssen, aber wenn sie sie erhascht hatten, so +fanden sie sie wenigstens ganz nach ihrem Geschmacke zubereitet. Jetzt +konnten sie sie öffentlich und in aller Bequemlichkeit zu sich nehmen, +aber sie hatte ihren ganzen Wohlgeschmack verloren. Sie versammelten +sich bei Tage und in geräumigen Lokalen; aber sie hörten Predigten, die +ihnen bei weitem nicht so gefielen, als die, welche der Rector ihnen +gehalten haben würde. In der Pfarrkirche wurde der selbstgeschaffene +Gottesdienst und die Abgötterei Roms jeden Sonntag energisch +angegriffen; im Versammlungshause aber hütete sich der Pastor, der noch +vor wenigen Monaten die Geistlichen der Landeskirche für nicht viel +besser als die Papisten erklärt hatte, jetzt sorgfältig, den Papismus zu +tadeln, oder kleidete seinen Tadel wenigstens in ein so mildes Gewand, +daß er selbst das Ohr eines Pater Petre nicht beleidigt haben würde. +Auch war es nicht möglich, für diesen Wechsel einen stichhaltigen Grund +aufzufinden. Die römisch-katholischen Lehren hatten sich nicht +verändert; seit Menschengedenken waren die katholischen Priester noch +nie so eifrig im Proselytenmachen gewesen; noch nie waren so viele +katholische Schriften aus der Presse hervorgegangen; noch nie hatten +Alle, die sich um die Religion kümmerten, den Streit zwischen Katholiken +und Protestanten mit so gespannter Aufmerksamkeit verfolgt. Was konnte +man also von der Aufrichtigkeit von Theologen halten, welche nicht müde +geworden waren, den Papismus zu schmähen, so lange derselbe +vergleichsweise harmlos und wehrlos war, und die jetzt, wo eine Zeit +wirklicher Gefahr für den reformirten Glauben gekommen, sorgfaltig jedes +Wort vermieden, das einem Jesuiten Anstoß geben konnte? Ihr Benehmen war +in der That nicht schwer zu erklären. Es war bekannt, daß einige von +ihnen Begnadigungen erlangt, es wurde vermuthet, daß andere Geld +bekommen hatten. Ihr Vorbild war der schwache Apostel, der aus Angst den +Herrn verleugnete, dem er prahlerisch die unverbrüchlichste Treue gelobt +hatte, oder der noch schlechtere Apostel, der seinen Herrn um eine +Handvoll Silberlinge verkaufte.[52] + +So verloren die vom Hofe gewonnenen Dissentergeistlichen rasch den +Einfluß, den sie einst auf ihre Glaubensbrüder besessen hatten. Auf der +andren Seite fühlten sich die Sektirer durch eine starke religiöse +Sympathie zu den anglikanischen Prälaten und Priestern hingezogen, +welche trotz königlicher Befehle, Drohungen und Versprechungen einen +heftigen Krieg gegen die römische Kirche unterhielten. Die so lange +durch tödtliche Feindschaft getrennt gewesenen Anglikaner und Puritaner, +näherten sich einander mit jedem Tage mehr und mehr und jeder Schritt +zur Einigung vermehrte den Einfluß des Mannes, der ihr gemeinsames +Oberhaupt war. Wilhelm eignete sich in jeder Beziehung zum Vermittler +zwischen diesen beiden großen Parteien der englischen Nation. Man konnte +nicht sagen, daß er einer von beiden angehöre; aber keine von beiden +konnte sich bei ruhiger Überlegung weigern, ihn als einen Freund zu +betrachten. Sein theologisches System stimmte mit dem der Puritaner +überein. Zu gleicher Zeit betrachtete er das Episcopat wenn auch nicht +als eine göttliche Einrichtung, doch als eine vollkommen rechtmäßige und +höchst nützliche Form des Kirchenregiments. Fragen über Stellungen, +Gewänder, Festtage und Liturgien waren in seinen Augen keine +Lebensfragen. Ein einfacher Gottesdienst wie der, an den er von jeher +gewöhnt war, würde seinem persönlichen Geschmacke am meisten zugesagt +haben, aber er war dabei gern bereit, sich jedem Ritual zu fügen, das +der Nation angenehm war, und bestand nur darauf, daß man ihm nicht +zumuthete, diejenigen seiner protestantischen Brüder zu verfolgen, denen +ihr Gewissen es nicht zuließ, seinem Beispiele zu folgen. Zwei Jahre +früher würde er von zahlreichen Bigotten auf beiden Seiten für einen +bloßen Laodicäer erklärt, worden sein, der weder kalt noch warm war und +zu nichts taugte als ausgestoßen zu werden. Aber der Eifer, der +Anglikaner gegen Dissenters und Dissenters gegen Anglikaner entflammt +hatte, war durch gemeinsame Widerwärtigkeiten und Gefahren so gedämpft +worden, daß die Lauheit, die man ihm früher als Verbrechen angerechnet, +jetzt als eine seiner Haupttugenden betrachtet wurde. + + [Anmerkung 51: +Kiffin’s Memoirs+; Luson’s Brief an Brooke vom 11. + Mai 1773 in der Hughes-Correspondenz.] + + [Anmerkung 52: Man sehe unter anderen zeitgenössischen + Flugschriften eine mit dem Titel: +A Representation of the + threatening Dangers impending over Protestants.+] + + +[_Der Prinz und die Prinzessin von Oranien gegen die +Indulgenzerklärung._] Jedermann war gespannt auf seine Ansicht über die +Indulgenzerklärung. Eine Zeit lang nährte man in Whitehall die Hoffnung, +daß seine bekannte Achtung vor den Rechten des Gewissens ihn wenigstens +abhalten werde, öffentlich seine Mißbilligung einer Politik +auszusprechen, die einen unleugbaren Anstrich von Freisinnigkeit hatte. +Penn schickte zahlreiche Auseinandersetzungen nach dem Haag und begab +sich sogar persönlich dahin, in der Hoffnung daß seine Beredtsamkeit, +von der er eine hohe Meinung hatte, sich als unwiderstehlich erweisen +werde. Aber obgleich er sein Lieblingsthema mit einer Redseligkeit +entwickelte, die seine Zuhörer ermüdete und obgleich er sie versicherte, +daß ein Mann, der mit den Engeln verkehre, ihm das Herannahen eines +goldenen Zeitalters der Religionsfreiheit geoffenbart habe, so machte er +doch keinen Eindruck auf den Prinzen.[53] „Ihr verlangt von mir,“ sagte +er zu einem der Agenten des Königs, „daß ich einen Angriff auf meine +eigne Religion unterstützen soll. Das kann ich mit gutem Gewissen nicht +thun, und ich werde es nicht thun, nein, nicht um die Krone Englands, +nicht um die Herrschaft der Welt!“ Diese Worte wurden dem Könige +mitgetheilt und sie beunruhigten ihn nicht wenig.[54] Er schrieb mit +eigner Hand eindringliche Briefe. Zuweilen nahm er den Ton des +Beleidigten an. Er sei das Oberhaupt der königlichen Familie, als +solches sei er berechtigt, von den jüngeren Mitgliedern Gehorsam zu +erwarten, und es sei sehr hart, daß er in einer Angelegenheit, die ihm +über Alles am Herzen liege, auf Widerstand stoße. Andere Male wurde ihm +ein Köder vorgehalten, den man für unwiderstehlich hielt. Wenn Wilhelm +nur in diesem einen Punkte nachgäbe, so würde die englische Regierung +ihm dafür kräftigen Beistand gegen Frankreich leisten. Er ließ sich aber +nicht bethören. Er wußte, daß Jakob selbst beim besten Willen ohne die +Unterstützung eines Parlaments nicht im Stande sein würde, der +gemeinschaftlichen Sache Europa’s einen wirksamen Dienst zu leisten, und +es konnte keinem Zweifel unterliegen, daß wenn ein Parlament +zusammenkam, die erste Forderung beider Häuser die Cassirung der +Indulgenzerklärung sein würde. + +Die Prinzessin stimmte allen Meinungsäußerungen ihres Gemahls bei, und +ihre gemeinschaftliche Ansicht wurde dem Könige in entschiedenen aber +gemäßigten Ausdrücken mitgetheilt. Sie erklärten, daß sie das von Seiner +Majestät eingeschlagene Verfahren lebhaft bedauerten. Sie seien +überzeugt, daß er sich ein Hoheitsrecht angemaßt habe, das ihm +gesetzlich nicht zustehe. Gegen diese Anmaßung protestirten sie, nicht +nur als Freunde der bürgerlichen Freiheit, sondern auch als Mitglieder +des königlichen Hauses, als welche sie ein hohes Interesse an der +Erhaltung der Rechte dieser Krone hätten, die sie einst tragen könnten. +Denn die Erfahrung habe gelehrt, daß Willkürherrschaft in England +unfehlbar eine Reaction nach sich ziehe, die noch verderblicher sei als +jene selbst, und man müsse mit Grund befürchten, daß die durch die +Aussicht auf Despotismus beunruhigte und entrüstete Nation selbst gegen +die constitutionelle Monarchie einen Widerwillen fassen würde. Sie gäben +daher dem Könige den Rath, daß er in allen Dingen streng nach dem +Gesetze regieren möge. Sie geständen sehr gern zu, daß das Gesetz mit +Nutzen durch die competente Autorität abgeändert werden könne und daß +ein Theil seiner Erklärung es wohl verdiene, einer Parlamentsacte +einverleibt zu werden. Sie seien keine Verfolger, sie würden mit +Vergnügen römische Katholiken so gut als protestantische Dissenters in +geeigneter Weise von allen Strafgesetzen befreit, und ebenso gern +protestantische Dissenters in zweckmäßiger Weise zu bürgerlichen Ämtern +zugelassen sehen. Weiter aber könnten Ihre Hoheiten nicht gehen. Sie +könnten sich der ernsten Besorgniß nicht enthalten, daß die Zulassung +römischer Katholiken zu Staatsämtern große Nachtheile hervorrufen +würden, und es war nicht undeutlich zu verstehen gegeben, daß der Grund +zu dieser Besorgniß namentlich in Jakob’s Handlungsweise liege.[55] + + [Anmerkung 53: +Burnet I. 693, 694.+] + + [Anmerkung 54: +„Le Prince d’Orange, qui avoit éludé jusqu’alors + de faire une réponse positive dit ... qu’il ne consentira jamaia à + la suppression de ces lois qui avoient été établies pour le + maintien et la sureté de la religion Protestante, et que sa + conscience ne lui permettoit point, non seulement pour la + succession du royaume d’Angleterre, mais même pour l’empire du + monde; en sorte que le roi d’Angleterre est plus aigri contre lui + qu’il n’a jamais été.“+ -- Bonrepaux, 11.(21.) Juni 1687.] + + [Anmerkung 55: +Burnet, I. 710+; Bonrepaux, 24. Mai (4. Juni) + 1687.] + + +[_Vertheidigung ihrer Ansichten bezüglich der englischen Katholiken._] +Die ausgesprochene Ansicht des Prinzen und der Prinzessin über die +Ausschließungen, denen die römischen Katholiken unterworfen waren, +theilten fast alle Staatsmänner und Philosophen, welche damals der +politischen und religiösen Freiheit eifrig das Wort redeten. In unsrer +Zeit dagegen haben erleuchtete Männer oft mit Bedauern sich dahin +geäußert, daß Wilhelm in diesem einen Punkte gegen seinen Schwiegervater +im Nachtheil stehe. Das Wahre ist, daß einige Erwägungen, welche +nothwendig sind, wenn man sich ein richtiges Urtheil bilden will, von +vielen Schriftstellern des neunzehnten Jahrhunderts nicht berücksichtigt +worden zu sein scheinen. + +Es sind zwei einander entgegengesetzte Irrthümer, in welche Diejenigen, +die sich mit dem Studium unsrer vaterländischen Geschichte beschäftigen, +in steter Gefahr sind zu verfallen: der Irrthum, daß sie die Gegenwart +nach der Vergangenheit, und der Irrthum, daß sie die Vergangenheit nach +der Gegenwart beurtheilen. Dem ersteren sind Diejenigen unterworfen, +welche geneigt sind alles Alte zu verehren, dem zweiten Diejenigen, +welche von allem Neuen angezogen werden. Auf den ersteren stößt man +beständig in den Raisonnements conservativer Politiker über die Fragen +ihrer Zeit, der zweite findet sich immer in den Betrachtungen von +Schriftstellern der liberalen Richtung, wenn sie die Ereignisse einer +früheren Zeit besprechen. Der erstere ist bei einem Staatsmanne, der +andre bei einem Geschichtsschreiber verderblicher. + +Es ist für Niemanden, der es in Unsrer Zeit unternimmt, über die +Revolution zu schreiben, welche die Stuarts stürzte, so leicht, die +rechte Mittelstraße zwischen diesen beiden Extremen stetig einzuhalten. +Die Frage, ob es gerathen sei, Mitglieder der katholischen Kirche zum +Parlament und zu Staatsämtern zuzulassen, erschütterte unser Vaterland +während der Regierung Jakob’s II., durch seinen Sturz wurde sie in den +Hintergrund zurückgedrängt, und nachdem sie über ein Jahrhundert lang +geruht hatte, kam sie in Folge der großen Aufregung der Gemüther, welche +dem Zusammentritt der französischen Nationalversammlung folgte, wieder +zur Sprache. Dreißig Jahre währte der Streit in beiden Häusern des +Parlaments, in jedem Wahlkörper, in jedem Kreise der Gesellschaft. Er +stürzte Ministerien, zerriß Parteien, machte in einem Theile des Landes +jede Regierung unmöglich und brachte uns zuletzt an den Rand des +Bürgerkrieges. Selbst nach Beendigung des Kampfes gohren die +Leidenschaften, die er aufgeregt hatte, noch immer fort. Ein Mann, +dessen Geist unter dem Einflusse dieser Leidenschaften stand, konnte +fast unmöglich die Ereignisse der Jahre 1687 und 1688 in einem +vollkommen richtigen Lichte erblicken. + +Eine Klasse von Politikern, welche von dem richtigen Vordersatze +ausging, daß die Revolution eine große Wohlthat für unser Land gewesen +sei, gelangte zu dem irrigen Schlusse, daß keine Bürgschaft, die von den +Staatsmännern der Revolution zum Schutze unsrer Religion und unsrer +Freiheit für nöthig erachtet worden war, ohne Gefahr abgeschafft werden +könnte. Eine andre Klasse, die von dem ebenfalls richtigen Vordersatze +ausging, daß die über die Katholiken verhängten Ausschließungen lange +Zeit nichts als Unheil verursacht hätten, kam zu dem falschen Schlusse, +daß diese Ausschließungen zu keiner Zeit nützlich und nothwendig gewesen +sein könnten. Der erste Trugschluß durchdrang die Reden des geistreichen +und gelehrten Eldon, der andre blieb selbst auf einen so ruhigen und +philosophischen Kopf wie Mackintosh nicht ganz ohne Einfluß. + +Bei näherer Prüfung wird es sich jedoch vielleicht zeigen, daß wir das +von allen großen englischen Staatsmännern des siebzehnten Jahrhunderts +einstimmig gebilligte Verfahren rechtfertigen können, ohne die Weisheit +des von allen großen englischen Staatsmännern unsrer Zeit eben so +einstimmig gebilligten Verfahrens in Zweifel zu ziehen. + +Es ist unbestreitbar ein Übel, wenn ein Bürger seiner religiösen Meinung +halber vom Staatsdienste ausgeschlossen sein soll; aber der menschlichen +Weisheit bleibt zuweilen nichts andres übrig als die Wahl zwischen zwei +Übeln. Eine Nation kann in eine Lage kommen, in der die Mehrheit +entweder Ausschließungen verhängen oder sich solche gefallen lassen +muß und wo das was unter gewöhnlichen Verhältnissen mit Recht als +Verfolgung verdammt werden würde, noch innerhalb der Grenzen der +Selbstvertheidigung liegt. In einer solchen Situation befand sich +England im Jahre 1687. + +Nach der Verfassung des Reichs hatte Jakob das Recht, fast alle +öffentlichen Beamten, bei der Regierung, bei den Gerichten, in der +Kirche, beim Militair und bei der Flotte zu ernennen. Bei der Ausübung +dieses Rechts war er nicht, wie unsere gegenwärtigen Souveraine, +genöthigt, in Übereinstimmung mit dem Rathe von Ministern, die das Haus +der Gemeinen billigte, zu handeln. Es lag also auf der Hand, daß es, +wenn er durch das Gesetz nicht streng verbunden war, nur Protestanten +anzustellen, ihm frei stand, lauter Katholiken anzustellen. Die Anzahl +der römischen Katholiken war unbedeutend, und es gab nicht einen +einzigen Mann unter ihnen, dessen Dienste der Staat ernstlich vermißt +haben würde. Das Verhältniß, in dem ihre Zahl zur Gesammtbevölkerung +stand, war noch viel geringer als es gegenwärtig ist, denn gegenwärtig +ergießt sich ein ununterbrochener Auswanderungsstrom von Irland in +unsere großen Städte, während es im siebzehnten Jahrhunderte noch nicht +einmal in London eine irische Colonie gab. Neunundvierzig Funfzigstel +der Bewohner des Königreichs, neunundvierzig Funfzigstel des Vermögens +des Königreichs, fast alle politischen, juristischen und militairischen +Talente und Kenntnisse, die das Land besaß, waren protestantisch. +Trotzdem hatte der König in thörichter Verblendung sich vorgenommen, +sein unbegrenztes Ernennungsrecht als Mittel zum Proselytenmachen zu +benutzen. Seiner Kirche angehören war in seinen Augen der erste +Befähigungstitel für ein Amt. Der Landeskirche angehören war entschieden +ein Grund der Nichtbefähigung. Er verwarf zwar in einer Sprache, welche +den Beifall einiger leichtgläubigen Freunde der Glaubensfreiheit fand, +die monströse Ungerechtigkeit des Religionseides, der eine kleine +Minderheit der Nation von öffentlichen Ämtern ausschloß; zu gleicher +Zeit aber führte er einen andren Religionseid ein, der die Mehrheit +ausschloß. Es schien ihm hart, daß ein guter Finanzmann und loyaler +Unterthan lediglich deshalb weil er ein Papist war, von dem Posten eines +Lordschatzmeisters ausgeschlossen sein sollte; aber er selbst hatte +einen Lordschatzmeister, den er als einen tüchtigen Finanzmann und +loyalen Unterthan anerkannt, bloß deshalb abgesetzt, weil er Protestant +war. Er hatte wiederholt und bestimmt erklärt, er sei fest entschlossen, +den weißen Stab niemals in die Hände eines Ketzers zu geben. Mit vielen +anderen hohen Staatsämtern war er ebenso verfahren. Bereits waren der +Lordpräsident, der Geheimsiegelbewahrer, der Oberkammerherr, der +Garderobeaufseher, der erste Lord des Schatzes, ein Staatssekretär, der +Lordobercommissar von Schottland, der Kanzler von Schottland und der +Sekretär von Schottland Katholiken oder gaben sich wenigstens dafür aus. +Die meisten von diesen Beamten waren von Haus aus Anglikaner und hatten +sich des offenen oder geheimen Abfalls schuldig gemacht, um ihre hohen +Stellen zu erlangen oder zu behalten. Jeder Protestant, der noch einen +wichtigen Staatsposten bekleidete, bekleidete ihn in beständiger +Ungewißheit und Angst. Wir würden nicht fertig werden, wollten wir +die untergeordneteren Stellen anführen, welche von Mitgliedern der +begünstigten Klasse besetzt waren. In jedem Zweige der Verwaltung +wimmelte es schon von Katholiken. Sie waren Lordlieutenants, +stellvertretende Lieutenants, Richter, Friedensrichter, Zollcommissare, +Gesandte an fremden Höfen, Regimentsobersten und Festungscommandanten. +Der Antheil, den sie binnen wenigen Monaten von den durch die Krone zu +besetzenden weltlichen Ämtern erlangt hatten, war weit über zehnmal so +groß, als er unter einem unparteiischen Systeme gewesen sein würde. +Dies war indessen noch nicht das Schlimmste. Man hatte sie auch zu +Beherrschern der anglikanischen Kirche gemacht. Männer, die den König +versichert hatten, daß sie seines Glaubens seien, saßen in der Hohen +Commission und übten die höchste geistliche Gerichtsbarkeit über alle +Prälaten und Priester der Landeskirche aus. Kirchliche Pfründen von +hohem Ansehen waren theils erklärten, theils verkappten Papisten +verliehen worden. Und dies Alles war geschehen, während die Gesetze +gegen den Papismus noch in Kraft waren und Jakob noch gegründete Ursache +hatte, Achtung vor den Rechten des Gewissens zu heucheln. Was war also +von ihm zu erwarten, wenn seine Unterthanen einwilligten, ihn durch ein +Gesetz von jedem Schatten der Beschränkung vollends zu befreien? Kann +man wohl daran zweifeln, daß Protestanten durch eine streng gesetzmäßige +Anwendung der königlichen Prärogative eben so wirksam von Anstellungen +ausgeschlossen worden wären, als jemals römische Katholiken durch eine +Parlamentsacte ausgeschlossen worden sind? + +Wie hartnäckig Jakob entschlossen war, den Mitgliedern seiner Kirche +einen Antheil an den öffentlichen Ämtern zu gewähren, der zu ihrer Zahl +und zu ihrer Bedeutung außer allem Verhältniß stand, geht aus den +Instructionen hervor, die er im Exil und im hohen Alter als Leitfaden +für seinen Sohn aufzeichnete. Es ist unmöglich, diese Ergüsse eines +Mannes, an dem alle Lehren der Erfahrung und des Unglücks spurlos +vorübergegangen waren, ohne ein Gemisch von Mitleid und Verachtung zu +lesen. Dem Prätendenten wird anempfohlen, wenn er einmal zur Regierung +in England gelangen sollte, die Ämter zu theilen und den Mitgliedern der +römischen Kirche einen Antheil zu reserviren, der groß genug für sie +gewesen sein würde, wenn sie die Hälfte, anstatt ein Funfzigstel der +Nation gebildet hätten. Ein Staatssekretär, ein Schatzcommissar, der +Kriegssekretär, die Mehrheit der Großwürdenträger des Hofstaates und die +Mehrzahl der Offiziere der Armee müßten immer Katholiken sein. Dies +waren Jakob’s Ansichten selbst dann noch, als seine thörichte Bigotterie +ihm eine Strafe zugezogen hatte, über welche die ganze Welt erschrocken +war. Kann man also wohl in Zweifel darüber sein, wie er gehandelt haben +würde, wenn sein Volk, durch den leeren Namen der religiösen Freiheit +geblendet, ihn ohne Zügel hätte fortregieren lassen? + +Selbst Penn scheint trotz seiner blinden und maßlosen Begeisterung für +die Indulgenzerklärung eingesehen zu haben, daß man sich nicht wundern +durfte, wenn die Parteilichkeit, mit der römische Katholiken mit +Ehrenstellen und Einkünften überschüttet wurden, die Eifersucht der +Nation erregte. Er gab zu, daß die Protestanten im Fall der Aufhebung +der Testacte Anspruch auf ein Äquivalent hätten, und ging sogar so weit, +daß er verschiedene Äquivalente vorschlug. Schon seit mehreren Wochen +war das Wort Äquivalent, damals erst kürzlich aus Frankreich eingeführt, +im Munde aller Kaffeehausredner; endlich aber machten einige Seiten +scharfsinniger Logik und feiner Sarkasmen aus Halifax’ Feder diesen +hohlen Projecten ein Ende. Einer von Penn’s Plänen bestand darin, daß +ein Gesetz erlassen werden sollte, welches die von der Krone zu +verleihenden Ämter in drei gleiche Theile theilte, von denen nur einer +den Mitgliedern der katholischen Kirche zufallen sollte. Selbst unter +einem solchen System würden die Katholiken noch immer zwanzigmal den +ihnen eigentlich zustehenden Antheil erhalten haben, und doch kann man +nicht annehmen, daß der König selbst in eine solche Anordnung gewilligt +haben würde. Hätte er aber auch darein gewilligt, welche Garantie konnte +er bieten, daß er auch wirklich an diesem Übereinkommen festhielt? Man +hatte keine Antwort auf das von Halifax aufgestellte Dilemma: wenn +Gesetze für Euch bindend sind, so beobachtet das jetzt bestehende +Gesetz; sind sie nicht bindend für Euch, so ist es auch nutzlos, uns ein +Gesetz als Bürgschaft zu bieten.[56] + +Es ist sonach klar, daß es sich gar nicht darum handelte, ob weltliche +Ämter allen Religionsparteien ohne Unterschied offen stehen sollten. So +lange Jakob König war, war Ausschließung unvermeidlich, und es fragte +sich nur, wer ausgeschlossen werden sollte, ob Papisten oder +Protestanten, die Wenigen oder die Vielen, hunderttausend Engländer oder +fünf Millionen. + +Dies sind die gewichtigen Gründe, durch welche das Verfahren des Prinzen +von Oranien gegen die englischen Katholiken mit den Grundsätzen der +Glaubensfreiheit in Einklang gebracht werden kann. Diese Gründe haben, +wie man bemerken wird, mit keinem Theile der katholischen Theologie +etwas zu thun. Ebenso wird man einsehen, daß sie ihr ganzes Gewicht +verlieren mußten, als die Krone an ein protestantisches Herrscherhaus +gekommen und die Macht des Unterhauses im Staate ein so entschiedenes +Übergewicht erlangt hatte, daß kein Souverain, mochten seine Ansichten +oder Neigungen sein, welche sie wollten, das Beispiel Jakob’s +nachahmen konnte. Die Nation befand sich indessen nach ihren Schrecken, +ihren Kämpfen und ihrer mit genauer Noth erlangten Rettung in +einer mißtrauischen und rachsüchtigen Stimmung. Daher wurden +Vertheidigungsmittel, welche die Nothwendigkeit gerechtfertigt hatte, +die aber auch nur die Nothwendigkeit rechtfertigen konnte, noch lange, +nachdem die Nothwendigkeit nicht mehr vorhanden war, hartnäckig +beibehalten, und erst aufgegeben, nachdem das herrschende Vorurtheil +einen langjährigen Kampf gegen die Vernunft bestanden hatte. Zu den +Zeiten Jakob’s aber standen Vernunft und herrschendes Vorurtheil auf der +nämlichen Seite. Der Fanatiker und Ignorant wollte den Katholiken vom +Staatsdienste ausschließen, weil er Klötze und Steine anbetete, weil er +das Zeichen des Thieres an sich trug, weil er London angezündet und Sir +Edmondsbury Godfrey erwürgt hatte, und der einsichtsvollste und +toleranteste Staatsmann wurde, während er über den Irrwahn lächelte, in +dem das gemeine Volk befangen war, auf einem ganz andren Wege zu dem +nämlichen Schlusse geführt. + +Wilhelm’s großer Plan war jetzt, die zahlreichen Theile des großen +Körpers, der ihn als sein gemeinschaftliches Oberhaupt betrachtete, zu +einem Ganzen zu vereinigen. Bei diesem Werke hatte er mehrere geschickte +und zuverlässige Mitarbeiter, von denen zwei, Burnet und Dykvelt, ihm +ganz besonders nützlich waren. + + [Anmerkung 56: Johnstone, 13. Jan. 1688; +Halifax’s Anatomy of an + Equivalent+.] + + +[_Jakob’s Feindschaft gegen Burnet._] Burnet’s Dienste mußten allerdings +mit einiger Vorsicht angewendet werden. Die freundliche Aufnahme, die er +im Haag gefunden, hatte Jakob heftig aufgebracht, und Marie erhielt von +ihrem Vater zwei Briefe voll Invectiven gegen den frechen und +wühlerischen Theologen, den sie beschützte. Diese Beschuldigungen aber +machten einen so geringen Eindruck auf sie, daß sie Antworten darauf +zurücksandte, welche Burnet selbst dictirt hatte. Im Januar 1687 endlich +schritt der König zu energischeren Maßregeln. Skelton, der die englische +Regierung bei den Vereinigten Provinzen vertreten hatte, wurde nach +Paris versetzt und erhielt Albeville, das schwächste und gemeinste +Mitglied der ganzen jesuitischen Cabale, zum Nachfolger. Geld war +Albeville’s einziger Lebenszweck, und er nahm es von Jedem, der es ihm +anbot. Er wurde zu gleicher Zeit von Frankreich und von Holland bezahlt. +Er verschmähte sogar den erbärmlichen Anstand, den auch die +Bestechlichkeit zu beobachten pflegt, und nahm so kleine Geschenke an, +wie sie eher einem Lastträger oder einem Bedienten zukommen als einem +Gesandten, der mit einer englischen Baronie und einem ausländischen +Marquisate beehrt worden war. Einmal steckte er mit der größten +Gemüthsruhe ein Trinkgeld von fünfzig Pistolen für einen Dienst ein, den +er den Generalstaaten geleistet hatte. Dieser Mann war beauftragt, zu +verlangen, daß Burnet im Haag nicht länger begünstigt werde. Wilhelm, +der keine Lust hatte, sich von einem so werthvollen Freunde zu trennen, +antwortete zuerst mit seiner gewohnten Kälte: „Ich wüßte nicht, Sir, daß +der Doctor seit seinem Hiersein etwas gethan oder gesagt hätte, worüber +Seine Majestät sich mit Grund beklagen könnte.“ Jakob aber bestand +entschieden auf seiner Forderung, und da die geeignete Zeit zu einem +offenen Bruche noch nicht gekommen war, so mußte Wilhelm nachgeben. Über +anderthalb Jahr lang kam Burnet weder mit dem Prinzen, noch mit der +Prinzessin in persönliche Berührung; aber er wohnte in ihrer Nähe, wurde +von Allem, was vorging, genau unterrichtet, sein Rath ward beständig in +Anspruch genommen, seine Feder bei jedem wichtigen Anlasse benutzt und +viele der schärfsten und wirksamsten Aufsätze und Flugschriften, welche +damals in London erschienen, wurden ihm mit Recht zugeschrieben. + +Jakob’s Wuth entbrannte. Er war von jeher für zornige Leidenschaften nur +zu empfänglich gewesen, aber noch keinen seiner Feinde, selbst die +nicht, welche sich gegen sein Leben verschworen oder es versucht hatten, +ihm durch Meineid die Schuld des Verraths und des Mordes aufzubürden, +hatte er mit einer solchen Erbitterung gehaßt, als er jetzt Burnet +haßte. Seine Majestät schimpfte täglich in höchst unköniglicher Sprache +auf den Doctor und sann auf ungesetzliche Rache. Selbst Blut genügte +diesem wüthenden Hasse nicht; der unverschämte Theolog mußte gefoltert +werden, ehe er sterben durfte. Zum Glück war er ein Schotte von Geburt, +und in Schottland konnten seine Beine erst in den spanischen Stiefeln +zerquetscht werden, bevor er auf dem Grasmarkte gehängt wurde. Zu dem +Ende wurde in Edinburg der Prozeß gegen ihn eingeleitet; aber er war in +Holland naturalisirt, hatte eine vermögende Frau aus dieser Provinz +geheirathet und es war gewiß, daß sein Adoptivvaterland ihn nicht +ausliefern würde. Man beschloß daher, ihn wegfangen zu lassen. Mit +großen Summen wurden einige Bösewichter für diesen gefährlichen und +schändlichen Dienst gedungen; im Staatssekretariat wurde zu diesem +Zwecke eine Anweisung auf dreitausend Pfund Sterling ausgestellt. Ludwig +wurde von dem Plane unterrichtet und interessirte sich außerordentlich +dafür; er sicherte seinen kräftigen Beistand zu, damit der Schurke nach +England gebracht werde, und versprach, daß die Werkzeuge der Rache +Jakob’s in Frankreich eine Freistätte finden sollten. Burnet kannte die +ihm drohende Gefahr wohl, aber Furcht gehörte nicht zu seinen Fehlern. +Er veröffentlichte eine beherzte Antwort auf die in Edinburg gegen ihn +erhobenen Anschuldigungen. Er wisse, sagte er, daß man ihn ohne Prozeß +hinzurichten gedenke, aber er vertraue auf den König aller Könige, zu +dem unschuldiges Blut selbst gegen die mächtigsten Fürsten der Erde +nicht vergebens schreien werde. Er gab einigen Freunden ein +Abschiedsmahl, und nach demselben nahm er als ein Mann, der dem Tode +verfallen sei und mit dem sie ohne Gefahr nicht mehr umgehen könnten, +feierlich Abschied von ihnen. Dessenungeachtet zeigte er sich nach wie +vor so furchtlos auf allen öffentlichen Plätzen im Haag, daß seine +Freunde ihm wegen seiner Tollkühnheit bittere Vorwürfe machten.[57] + + [Anmerkung 57: +Burnet I. 726--731+; +Answer to the Criminal + Letters issued out against Dr. Burnet+; +Avaux Neg., July 7.(17.), + 14.(24.) July 28. (Aug. 7.) 1687, Jan. 19.(29.) 1688+; Ludwig an + Barillon, 30. Dec. 1687 (9. Jan. 1688); Johnstone an Waristoun, + 21. Febr. 1688; Lady Russel an +Dr.+ Fitzwilliam, 5. Oct. 1687. + Da man vermuthet hat, daß Burnet, der seine persönliche + Wichtigkeit nicht zu unterschätzen pflegte, die ihm drohende + Gefahr übertrieben habe, so will ich hier die Worte Ludwig’s und + Johnstone’s anführen: +„Qui que ce soit“+, sagt Ludwig, +„qui + entreprenne de l’enlever en Hollande trouvera non seulement une + retraite assurée et une entière protection dans mes états, mais + aussi toute l’assistance qu’il pourra désirer pour faire conduire + surement ce scélérat en Angleterre.“+ -- „Mit Bamfield (Burnet) + ist es ganz bestimmt so“, sagt Johnstone. „Niemand zweifelt hier + daran, und Einige, die dabei betheiligt sind, leugnen es nicht. + Seine Freunde sagen, sie hätten gehört, daß er nicht vorsichtig + sei, sondern aus Eitelkeit, um seinen Muth zu zeigen, mit + thörichter Verwegenheit handle, so daß Jedermann ihn auslachen + werde, wenn ihm ein Unglück zustoßen sollte. Ich bitte ihm dies + von Seiten Jones’ (Johnstone) zu sagen. Wenn Einige abgefaßt + werden könnten, während sie ihren +coup d’essai+ auf ihn machen, + so wäre das sehr gut, weil sie dadurch abgeschreckt würden, etwas + gegen Ogle (den Prinzen) zu unternehmen.“] + + +[_Sendung Dykvelt’s nach England._] Während Burnet Wilhelm’s Sekretär +für die englischen Angelegenheiten in Holland war, wurde Dykvelt mit +nicht geringerem Nutzen in London verwendet. Dykvelt war einer von den +ausgezeichneten Staatsmännern, welche in der edlen Schule des Johann de +Witt ihre politische Bildung erhalten hatten und nach dem Falle dieses +großen Ministers ihre Pflichten gegen die Republik dadurch am besten zu +erfüllen glaubten, daß sie sich um den Prinzen von Oranien schaarten. +Keiner von den Diplomaten im Dienste der Vereinigten Provinzen stand in +Bezug auf Gewandtheit, Character und Manieren über Dykvelt, und ebenso +scheint keiner ihm in der Kenntniß der englischen Verhältnisse +gleichgekommen zu sein. Es fand sich ein Vorwand, um ihn zu Anfang des +Jahres 1687 mit Beglaubigungsschreiben von den Generalstaaten in einer +besonderen Mission nach England zu senden. Eigentlich aber galt seine +Sendung nicht der Regierung, sondern der Opposition, und er handelte +nach Privatinstructionen, welche von Burnet entworfen und von Wilhelm +genehmigt waren.[58] + + [Anmerkung 58: +Burnet, I. 708+; +Avaux Neg., Jan. 3.(13.), Feb. + 6.(16.) 1687+; +Van Kampen, Karakterkunde der Vaderlandsche + Geschiedenis.+] + + +[_Unterhandlungen Dykvelt’s mit englischen Staatsmännern._] Dykvelt +berichtete, daß Jakob sich durch das Benehmen des Prinzen und der +Prinzessin tief gekränkt fühle. „Die Pflicht meines Neffen ist, meine +Hand zu stärken“, sagte der König, „aber es hat ihm von jeher Vergnügen +gemacht, wenn er mir hat hinderlich sein können.“ Dykvelt antwortete, in +Privatangelegenheiten habe Seine Hoheit stets die Wünsche des Königs +berücksichtigt und werde dies auch in Zukunft jederzeit thun, aber es +sei doch kaum recht und billig, die Unterstützung eines protestantischen +Fürsten gegen die protestantische Kirche zu erwarten.[59] Der König war +zum Schweigen gebracht, aber nicht besänftigt. Mit einem Verdrusse, den +er nicht verhehlen konnte, sah er, daß Dykvelt alle die verschiedenen +Abteilungen der Opposition mit einer Geschicklichkeit musterte und +einschulte, welche dem gewandtesten englischen Staatsmanne zur Ehre +gereicht haben würde und die bei einem Ausländer bewundernswürdig war. +Der Geistlichkeit wurde gesagt, daß sie in dem Prinzen einen Freund des +Episcopats und der Liturgie finden werde. Den Nonconformisten wurde +Hoffnung gemacht, daß sie von ihm nicht nur Duldung, sondern sogar +Gleichstellung zu erwarten hätten. Selbst die römischen Katholiken +wurden versöhnt und einige der Angesehensten unter ihnen sagten dem +Könige ins Gesicht, daß sie mit dem, was Dykvelt ihnen biete, zufrieden +seien und daß sie eine durch das Gesetz verbürgte Duldung einem +gesetzwidrigen und unsicheren Übergewichte vorzögen.[60] + + [Anmerkung 59: +Burnet I. 711+. Dykvelt’s Depeschen an die + Generalstaaten enthalten, so weit ich es habe ersehen oder + erfahren können, kein Wort über den wirklichen Zweck seiner + Sendung. Seine Correspondenz mit dem Prinzen von Oranien war + streng privater Natur.] + + [Anmerkung 60: Bonrepaux, 12.(22.) Sept. 1687.] + + +[_Danby._] Die Oberhäupter aller wichtigen Parteien der Nation hielten +häufige Besprechungen in Gegenwart des geschickten Gesandten. Die +Ansicht der Torypartei war bei diesen Zusammenkünften hauptsächlich +durch die Earls von Danby und von Nottingham vertreten. Obgleich seit +Danby’s Sturze bereits über acht Jahre vergangen waren, so stand sein +Name doch bei den alten Kavalieren Englands noch in hohem Ansehen, und +selbst viele von denjenigen Whigs, die ihn früher verfolgt hatten, gaben +jetzt bereitwillig zu, daß er für die Sünden Anderer habe büßen müssen +und daß sein Eifer für die Hoheitsrechte ihn zwar oft irre geleitet +habe, aber bei alledem durch zwei ehrenwerthe Gefühle gemildert worden +sei: durch Eifer für die Staatsreligion und durch Eifer für die Würde +und Unabhängigkeit seines Vaterlandes. Auch im Haag wurde er hoch +geschätzt, denn man vergaß es ihm dort nie, daß er es gewesen war, der +Karl trotz des Einflusses Frankreichs und der Papisten bewogen hatte, +die Hand der Prinzessin Marie ihrem Vetter zu geben. + + +[_Nottingham._] Daniel Finch, Earl von Nottingham, ein Edelmann, dessen +Name in der Geschichte dreier ereignißvoller Regierungen häufig genannt +werden wird, stammte aus einer Familie von unvergleichlicher +juristischer Auszeichnung. Einer seiner Verwandten hatte das Siegel +Karl’s I. geführt, hatte seine eminenten Talente und Kenntnisse zu +schlechten Zwecken gemißbraucht und war von der Rache der Gemeinen +Englands, mit Falkland an der Spitze, verfolgt worden. Einen +ehrenvolleren Ruf erlangte unter der folgenden Generation Heneage +Finche. Er war unmittelbar nach der Restauration zum Staatsprokurator +ernannt worden und war nacheinander zum Lordsiegelbewahrer, zum +Lordkanzler, zum Baron Finch und Earl von Nottingham emporgestiegen. +Während dieser ganzen glänzenden Laufbahn hatte er die Hoheitsrechte +stets so hoch gehalten, als er es mit Ehren und Anstand konnte; nie aber +war er bei irgend einer Machination gegen die Grundgesetze des Reichs +betheiligt gewesen. Inmitten eines verderbten Hofes hatte er seine +persönliche Rechtschaffenheit unbefleckt zu erhalten gewußt. Auch als +Redner genoß er eines hohen Rufes, obwohl seine nach Mustern aus der +Zeit vor dem Bürgerkriege gebildete Diction gegen das Ende seines Lebens +von den Schöngeistern der heranwachsenden Generation steif und +pedantisch genannt wurde. In Westminsterhall wird er noch immer mit +Achtung als der Mann erwähnt, welcher aus dem Chaos, dem man in alter +Zeit den Namen der Billigkeit gab, zuerst ein neues juristisches System +bildete, das ebenso geregelt und vollständig ist wie das nach welchem +die Richter des gemeinen Rechts verfahren.[61] Ein wesentlicher Theil +der sittlichen und geistigen Eigenschaften dieses großen Staatsmannes +ging mit dem Titel Nottingham auf seinen ältesten Sohn über. Dieser +Sohn, der Earl Daniel, war ein rechtschaffener und tugendhafter Mann. +Obwohl er in einigen abgeschmackten Vorurtheilen befangen und +sonderbaren Anfällen von Launenhaftigkeit unterworfen war, kann man ihn +doch nicht beschuldigen, daß er um unredlichen Gewinns oder strafbaren +Genusses willen vom Pfade des Rechts abgewichen wäre. Er war, wie sein +Vater, ein ausgezeichneter Redner und sprach eindringlich, aber +weitschweifig und mit zu monotoner Gemessenheit. Seine Persönlichkeit +entsprach ganz seiner Rede. Seine Haltung war steif, seine Gesichtsfarbe +so dunkel, daß man ihn für den Eingebornen eines wärmeren Himmelstrichs +hätte halten können, und seine scharf markirten Gesichtszüge hatten +einen Ausdruck, welcher dem des Hauptleidtragenden bei einem Begräbnisse +glich. Man pflegte von ihm zu sagen, daß er eher wie ein spanischer +Grande als wie ein englischer Gentleman aussähe. Spottvögel gaben ihm +die Spitznamen Dismal (Trübselig), Don Dismallo und Don Diego, welche +noch heute nicht vergessen sind. Er hatte auf das Studium der +Wissenschaft, durch die seine Familie sich so hoch emporgeschwungen, +großen Fleiß verwendet und war für einen vornehm und reich gebornen Mann +in den Gesetzen seines Vaterlandes erstaunlich bewandert. Er war ein +treuer Sohn der Hochkirche und bewies seine Achtung vor derselben auf +zwei Wegen, welche bei den Lords, die sich zu seiner Zeit als ihre +besonderen Freunde gerirten, nicht gewöhnlich war, nämlich dadurch, daß +er Schriften zur Vertheidigung ihrer Glaubenssätze herausgab und daß er +sich in seinem Privatleben nach ihren Gebeten richtete. Wie viele andre +eifrige Anglikaner hatte er bis vor Kurzem die monarchische +Regierungsform kräftig unterstützt. Die Politik aber, welche seit der +Unterdrückung des Aufstandes im Westen befolgt wurde, empörte ihn auf +das heftigste, und zwar deshalb nicht weniger, weil sein jüngerer Bruder +Heneage in Folge seiner Weigerung, die Dispensationsgewalt des Königs zu +vertheidigen, seines Amtes als Generalprokurator entsetzt worden +war.[62] + + [Anmerkung 61: Siehe seine Biographie von Lord Campbell.] + + [Anmerkung 62: Johnstone’s Correspondenz; +Mackay’s Memoirs+; + +Arbuthnot’s John Bull+; Swift’s Schriften von 1710 bis 1714 an + mehreren Stellen; Whiston’s Brief an den Earl von Nottingham und + des Letzteren Antwort darauf.] + + +[_Halifax._] Mit diesen beiden großen toryistischen Earls war jetzt +Halifax, das ausgezeichnete Oberhaupt der Trimmers, verbunden. Auf +Nottingham’s Gesinnungen scheint Halifax damals in der That einen +entschiedenen Einfluß ausgeübt zu haben. Zwischen Halifax und Danby +bestand eine Feindschaft, welche am Hofe Karl’s begonnen hatte und +nachher auch den Hof Wilhelm’s beunruhigte, während der Tyrannei Jakob’s +aber wie viele andere Feindschaften ruhte. Die beiden Gegner trafen +häufig in den von Dykvelt veranstalteten Conferenzen zusammen und +stimmten in dem Ausdrucke des Mißfallens an der Politik der Regierung +und der Verehrung für den Prinzen von Oranien überein. In ihrem Verkehr +mit den holländischen Gesandten trat die Characterverschiedenheit der +beiden Staatsmänner stark hervor. Halifax zeigte ein bewundernswürdiges +Talent für Auseinandersetzungen, scheute sich aber vor kühnen und +unwiderruflichen Entschlüssen. Danby war minder fein und beredt, besaß +aber mehr Energie, Entschlossenheit und praktischen Scharfblick. + + +[_Devonshire._] Mehrere ausgezeichnete Whigs waren mit Dykvelt in +fortwährender Verbindung; aber die Oberhäupter der großen Häuser +Cavendish und Russel konnten keinen so thätigen und vorwiegenden +Antheil an den Unterhandlungen nehmen, als man nach ihrer Stellung und +ihren Ansichten hätte erwarten dürfen. Der Ruhm und das Glück +Devonshire’s wurden im Augenblicke durch eine Wolke verdunkelt. Er hatte +einen beklagenswerthen Streit mit dem Hofe, der nicht aus einer +öffentlichen und ehrenvollen Angelegenheit, sondern aus einem +Privatzwist entsprungen war, in welchem selbst seine wärmsten Freunde +ihn nicht von aller Schuld freisprechen konnten. Als er einmal nach +Whitehall kam, um seine Aufwartung zu machen, war er von einem gewissen +Colepepper insultirt worden, einem jener Raufbolde, welche die +Umgebungen des Hofes unsicher machten und die sich durch Beleidigung von +Mitgliedern der Opposition bei der Regierung in Gunst zu setzen suchten. +Der König selbst äußerte seine Entrüstung über die einem seiner +ausgezeichneten Peers unter dem königlichen Dache widerfahrene +Behandlung und Devonshire wurde durch die Versicherung besänftigt, daß +der Beleidiger den Palast nie wieder betreten solle. Dieses Verbot wurde +jedoch bald wieder aufgehoben und der Groll des Earls erwachte von +neuem. Seine Diener nahmen sich der Sache an und die Straßen von +Westminster wurden durch Händel beunruhigt, die in ein roheres Zeitalter +gehörten. Die Zeit des Geheimen Raths ward durch Anklagen und +Gegenanklagen der streitenden Parteien in Anspruch genommen. +Colepepper’s Frau erklärte: sie und ihr Gatte seien ihres Leben nicht +sicher und ihr Haus sei beständig von Banditen in der Livree der +Cavendish belagert; Devonshire erwiederte, es sei aus Colepepper’s +Fenstern auf ihn geschossen worden. Dies wurde heftig geleugnet. Es +wurde zwar eingeräumt, daß ein blind geladenes Pistol abgefeuert worden +sei, aber dies sei nur in einem Augenblicke des Schreckens geschehen, um +die Wache zu alarmiren. Wahrend diese Fehde ihren Höhepunkt erreicht +hatte, traf der Earl im Empfangzimmer zu Whitehall mit Colepepper +zusammen und er glaubte in den Mienen des Raufboldes triumphirenden +Übermuth zu erkennen. Vor den Augen des Königs geschah nichts +Unziemliches; sobald aber die beiden Gegner das Audienzzimmer verlassen +hatten, machte Devonshire den Vorschlag, den Streit auf der Stelle mit +dem Degen zu entscheiden. Die Herausforderung wurde zurückgewiesen. Da +vergaß der stolze Peer die Achtung, die er dem Orte an dem er sich +befand, und seiner eignen Würde schuldig war, und schlug Colepepper mit +einem Stocke ins Gesicht. Diese Handlung wurde allgemein als übereilt +und unschicklich getadelt und Devonshire selbst konnte, nachdem sein +Blut sich abgekühlt hatte, nicht ohne Verdruß und Beschämung daran +denken. Die Regierung aber verfuhr mit gewohntem Unverstande so streng +gegen ihn, daß das Publikum bald ganz auf seine Seite trat. Es wurde +eine Criminalanklage bei der Kings Bench anhängig gemacht. Der +Angeklagte berief sich auf seine Vorrechte als Peer des Königsreichs; +dieser Punkt aber wurde sogleich zu seinem Nachtheile entschieden, und +es läßt sich auch nicht leugnen, daß diese Entscheidung, mochte sie den +technischen Regeln der englischen Gesetzgebung entsprechen oder nicht, +in vollkommenem Einklange mit den großen Prinzipien stand, welche die +Grundlage jeder Gesetzgebung sein sollen. Es blieb ihm somit nichts +übrig, als sich dem Erkenntnisse zu unterwerfen. Der Gerichtshof war +durch eine Reihe von Entlassungen zu so vollständigem Gehorsam gebracht +worden, daß die Regierung, welche die Untersuchung eingeleitet hatte, +die Strafe selbst vorschreiben konnte. Die Richter machten Jeffreys +in +pleno+ ihre Aufwartung und dieser bestand auf der Zuerkennung einer +Geldbuße von dreißigtausend Pfund. Dreißigtausend Pfund waren im +Verhältniß zu den damaligen Einkünften der englischen Großen ungefähr +soviel als hundertfunfzigtausend im neunzehnten Jahrhundert. In +Anwesenheit des Kanzlers wurde kein Wort der Mißbilligung geäußert; als +aber die Richter sich entfernt hatten, bemerkte Sir Johann Powell, in +welchem sich das wenige Rechtsgefühl des ganzen Collegiums concentrirte, +daß die beantragte Strafsumme übermäßig hoch und ein Zehntel derselben +vollauf genug sei. Seine Collegen waren nicht dieser Meinung und er +zeigte in diesem Falle nicht den Muth, durch den er einige Monate später +an einem denkwürdigen Tage seinen Ruf glänzend wiederherstellte. Der +Earl wurde demnach in eine Geldbuße von dreißigtausend Pfund und bis zur +Bezahlung dieses Betrags zu persönlicher Haft verurtheilt. Eine solche +Summe konnte damals auch der reichste Edelmann nicht in einem Tage +aufbringen. Indessen war das Hafturtel leichter gesprochen, als +vollzogen. Devonshire hatte sich nach Chatsworth zurückgezogen, wo er +eben damit beschäftigt war, das alte gothische Stammschloß seiner +Familie in ein Gebäude umzuwandeln, das Palladio’s würdig war. Der Peak +war damals ein fast ebenso unwirthbarer Bezirk als gegenwärtig +Connemara, und der Sheriff erkannte oder behauptete wenigstens, daß es +schwer sein dürfte, den Lord in einer so wilden Gegend und inmitten treu +ergebener Diener und Pächter zu verhaften. Darüber vergingen einige +Tage, endlich aber wurde nicht nur der Earl, sondern auch der Sheriff +zur Haft gebracht. Inzwischen verwendeten sich eine Menge Fürsprecher +mit ihrem ganzen Einflusse. Es hieß die verwittwete Gräfin von +Devonshire habe eine Privataudienz beim Könige erlangt, sie habe ihn +daran erinnert, daß ihr Schwager, der tapfere Karl Cavendish, im Kampfe +für die Krone bei Gainsborough gefallen sei, und ihm schriftliche +Empfangsbescheinigungen von Karl I. und Karl II. über bedeutende Summen +vorgelegt, die ihr Gemahl während der bürgerlichen Unruhen beiden +Monarchen geliehen hatte. Diese Darlehen waren nie zurück gezahlt worden +und sollten angeblich mehr betragen als die ungeheure Geldstrafe, welche +die Kings Bench über den Earl verhängt hatte. Dazu kam noch ein andrer +Punkt, der beim Könige noch mehr Gewicht gehabt zu haben scheint als die +Erinnerung an früher geleistete Dienste. Es konnte nothwendig werden ein +Parlament einzuberufen, und man glaubte, daß Devonshire in diesem Falle +sofort eine Cassationsklage einreichen werde. Der Punkt, auf den er +seine Appellation gegen das Erkenntniß der Kings Bench zu stützen +gedachte, waren seine Privilegien als Peer, und das Tribunal, vor das +die Appellation kommen mußte, war das Haus der Peers. In einem solchen +Falle konnte der Hof nicht einmal auf die Unterstützung der ihm +ergebensten Adeligen mit Gewißheit rechnen. Es stand kaum zu bezweifeln, +daß das Urtel cassirt werde, und daß die Regierung dadurch, daß sie zu +viel haben wollte, Alles verlieren würde. Jakob war daher zu einem +Vergleiche geneigt. Es wurde dem Earl angekündigt, daß, wenn er eine +Schuldverschreibung über die ganze Summe geben und sich des möglichen +Vortheils einer Cassationsklage begeben wolle, er in Freiheit gesetzt +werden solle. Ob er zur Bezahlung der Summe angehalten werden würde oder +nicht, sollte von seinem ferneren Benehmen abhängen. Wenn er das +Dispensationsrecht unterstützte, solle er nicht dafür in Anspruch +genommen werden; trachte er aber nach Popularität, so müsse er die +dreißigtausend Pfund bezahlen. Er weigerte sich eine Zeit lang, auf +diese Bedingungen einzugehen; aber die Haft war ihm unerträglich. Er +stellte die Verschreibung aus und wurde aus den Gefängnis entlassen; +aber obgleich er sich dazu verstand seinem Vermögen diese drückende +Schuldlast aufzubürden, konnte ihn doch nichts zu dem Versprechen +bestimmen, daß er seinen Grundsätzen und seiner Partei untreu werden +wolle. Er wurde nach wie vor in alle Geheimnisse der Opposition +eingeweiht, aber einige Monate lang hielten seine politischen Freunde es +um seiner selbst wie um ihrer Sache willen für gerathen, daß er im +Hintergrunde blieb.[63] + + [Anmerkung 63: Kennet’s Grabrede auf den Herzog von Devonshire und + Memoiren der Familie Cavendish; +Collection of State Trials+; + +Privy Council Book, March 5. 1685/6+; Barillon, 30. Juni (10. + Juli) 1687.; Johnstone, 8.(18.) Dec. 1687.; +Lords’ Journals May + 6. 1689+. +„Ses amis et ses proches,“+ sagt Barillon, +„lui + conseillent de prendre le bon parti, mais il persiste jusqu’à + présent à ne se point soumettre. S’il vouloit se bien conduire et + renoncer à être populaire, il ne payeroit pas l’amende, mais s’il + opiniâtre, il lui en coutera trente mille pièces, et il demeurera + prisonnier jusqu’à l’actuel payement.“+] + + +[_Eduard Russell._] Der Earl von Bedford hatte sich von dem harten +Schlage, der ihm vor vier Jahren fast das Herz gebrochen, nie wieder +erholen können. Seine persönlichen wie auch seine öffentlichen Gefühle +machten ihn zum Gegner des Hofes; aber an der Verabredung von Maßregeln +gegen denselben nahm er keinen thätigen Antheil. Seine Stelle in den +Versammlungen der Mißvergnügten vertrat sein Neffe. Dies war der +berühmte Eduard Russell, ein Mann von unbezweifeltem Muth und Talent, +aber von lockeren Grundsätzen und ruhelosem Geiste. Er war Seemann, +hatte sich in seinem Berufe ausgezeichnet und hatte unter der vorigen +Regierung ein Hofamt bekleidet; aber durch den Tod seines Vetters +Wilhelm Russell waren alle Bande, die ihn an den Hof ketteten, zerrissen +worden. Der verwegene, unruhige und racheschnaubende Seemann saß jetzt +in den von dem holländischen Gesandten berufenen Versammlungen als +Vertreter des kühnsten und heftigsten Theiles der Opposition, der +Männer, welche unter den Namen Rundköpfe, Exclusionisten und Whigs einen +fünfundvierzigjährigen Kampf gegen drei aufeinanderfolgende Könige mit +wechselndem Glück unterhalten hatten. Diese Partei, welche vor Kurzem +niedergeworfen und fast vernichtet gewesen war, sich jetzt aber mit +voller Lebenskraft rasch zu Ansehen und Einfluß erhob, wurde durch keine +von den Bedenklichkeiten behindert, welche die Bewegungen der Tories und +der Trimmers noch immer hemmten, und war bereit, das Schwert gegen den +Tyrannen zu ziehen, sobald es mit gegründeter Aussicht auf den Sieg +gezogen werden konnte. + + +[_Compton. -- Herbert. -- Churchill._] Drei Männer sind noch zu +erwähnen, mit denen Dykvelt in vertrauter Verbindung stand und mit deren +Hülfe er sich die Mitwirkung von drei großen Ständen zu sichern hoffte. +Bischof Compton war der Agent, der die Geistlichkeit zu bearbeiten +hatte, Admiral Herbert übernahm es, seinen ganzen Einfluß bei der Flotte +zu verwenden und durch Churchill suchte man die Armee zu gewinnen. + +Das Benehmen Compton’s und Herbert’s bedarf keiner Erklärung. Nachdem +sie der Krone in allen weltlichen Dingen mit Treue und Eifer gedient, +hatten sie sich durch ihre Weigerung, als Werkzeuge der Zerstörung ihrer +eignen Religion zu dienen, das Mißfallen des Königs zugezogen. Beiden +hatte die Erfahrung gelehrt, wie bald Jakob eingegangene Verpflichtungen +vergaß und mit welchem bitteren Groll er sich dessen erinnerte, was er +als Beleidigung anzusehen für gut fand. Der Bischof war durch einen +ungesetzlichen Richterspruch seiner bischöflichen Functionen enthoben, +der Admiral in einer Stunde aus Reichthum in Armuth gestürzt worden. +Ganz anders war die Lage Churchill’s. Er war durch königliche Gunst aus +der Dunkelheit zu hohem Ansehen, aus der Dürftigkeit zum Reichthum +erhoben worden. Als armer Fähndrich hatte er seine Laufbahn begonnen und +jetzt war er, in seinem siebenunddreißigsten Jahre, Generalmajor, Peer +von Schottland und Peer von England, befehligte eine Abtheilung der +Leibgarde, bekleidete mehrere ehrenvolle und einträgliche Stellen und +bis jetzt verrieth noch nichts, daß er den geringsten Theil von der +Gunst verloren hatte, der er so viel verdankte. Er war nicht nur durch +die allgemeine Pflicht der Unterthanentreue, sondern auch durch +militairische Ehren, durch persönliche Dankbarkeit und, wie es +oberflächlichen Beobachtern schien, durch die stärksten Bande des +Interesses an Jakob gebunden. Aber Churchill selbst war kein +oberflächlicher Beobachter, er wußte genau, worin sein wirkliches +Interesse bestand. Er war überzeugt, daß, wenn sein Gebieter einmal +volle Freiheit erhielt Papisten anzustellen, er nicht einen einzigen +Protestanten mehr anstellen würde. Eine Zeit lang wurden vielleicht +einige hochbegünstigte Diener der Krone noch von der allgemeinen +Proscription ausgenommen, in der Hoffnung, daß sie sich dadurch +bestimmen ließen, ihren Glauben zu wechseln, aber selbst diese mußten +nach einer kurzen Frist Einer nach dem Andren fallen, wie Rochester +schon gefallen war. Churchill konnte sich allerdings durch Übertritt zur +katholischen Kirche gegen diese Gefahr sicher stellen und noch höher in +der königlichen Gunst steigen; auch hätte man glauben können, daß ein +Mann, der sich eben so sehr durch Habsucht und Characterlosigkeit, wie +durch Talent und Tapferkeit auszeichnete, schwerlich an dem Gedanken, +eine Messe anhören zu müssen, Anstoß nehmen würde. Aber die menschliche +Natur ist so reich an Widersprüchen, daß selbst abgestumpfte Gewissen +eine empfindliche Stelle haben. So hatte dieser Mann, der seine +Erhebung der Schande seiner Schwester verdankte, der von der +verschwenderischesten, herrschsüchtigsten und schamlosesten Buhlerin +unterhalten worden war und dessen öffentliches Leben Jedem, der mit +unbefangenem Blicke den schimmernden Glanz des Genies und des Ruhms zu +durchdringen vermag, als ein Abgrund von Schändlichkeit erscheinen muß, +einen blinden Glauben an die Religion, die ihm als Kind eingelernt +worden war, und schauderte bei dem Gedanken, sie förmlich abzuschwören. +Es stand ihm eine furchtbare Alternative bevor. Das irdische Übel, das +er am meisten fürchtete, war die Armuth, das einzige Verbrechen, vor dem +sein Herz zurückbebte, war der Glaubensabfall, und wenn die Pläne des +Hofes gelangen, konnte er nicht zweifeln, daß er bald zwischen Armuth +und Abfall wählen mußte. Daher entschloß er sich, diese Pläne zu +durchkreuzen, und es zeigte sich bald, daß er bereit war, jede Schuld +und jede Schmach auf sich zu laden, wenn er nur der Nothwendigkeit +entging, entweder seine Stellen oder seine Religion aufgeben zu +müssen.[64] + + [Anmerkung 64: Der Beweggrund, welcher das Verfahren der Churchill + bestimmte, ist kurz und bündig in +The Duchess of Marlborough’s + Vindication+ dargelegt. „Jedermann erkannte deutlich,“ sagt sie, + „daß bei dem Systeme, das König Jakob angenommen hatte, Jeder der + nicht Katholik werden wollte, früher oder später zu Grunde gehen + mußte. Diese Überzeugung ließ mich das Unternehmen des Prinzen von + Oranien, uns aus solcher Knechtschaft zu erlösen, mit Wohlgefallen + betrachten.“] + + +[_Lady Churchill und die Prinzessin Anna._] Nicht bloß als +militairischer Befehlshaber von hohem Range und ausgezeichnetem Geschick +und Muth konnte Churchill der Opposition Dienste leisten. Es war für das +Gelingen der Pläne Wilhelm’s wenn nicht absolut nothwendig, doch höchst +wichtig, daß seine Schwägerin, welche nach der englischen +Thronfolgeordnung zwischen ihm und seiner Gemahlin stand, in +vollkommener Übereinstimmung mit ihm handelte. Alle ihm +entgegenstehenden Schwierigkeiten würden bedeutend vergrößert worden +sein, wenn Anna sich günstig für die Indulgenz ausgesprochen hätte. Auf +welche Seite sie treten würde, hing von dem Willen Anderer ab, denn ihr +Verstand war träge, und obgleich in ihrem Character ein erblicher +Eigenwille und Starrsinn verborgen lag, welche viele Jahre später durch +große Macht und heftige Provocationen zum Vorschein gebracht wurden, so +war sie doch zur Zeit die willige Sklavin einer Frau von viel +lebhafterem und herrschsüchtigerem Character als der ihrige war. Diese +Frau, welche sie völlig beherrschte, war Churchill’s Gattin, ein Weib, +die nachmals auf die Geschicke England’s und Europa’s einen großen +Einfluß ausübte. + +Der Name dieser berühmten Günstlingin war Sara Jennings. Ihre ältere +Schwester Franziska hatte sich durch Schönheit und Leichtfertigkeit +selbst unter der Masse von schönen Gesichtern und leichtfertigen +Characteren ausgezeichnet, welche Whitehall während des wilden Carnevals +der Restauration zierten und schändeten. Einmal verkleidete sie sich +als Apfelsinenmädchen und rief in den Straßen ihre Früchte aus.[65] +Gesetzte Leute meinten, daß ein Mädchen von so wenig Takt- und +Schicklichkeitsgefühl nicht leicht einen Gatten finden werde. Sie war +indessen zweimal verheirathet und jetzt die Gattin Tyrconnel’s. Sara +war nicht so regelmäßig schön als ihre Schwester, aber vielleicht noch +anziehender. Ihr Gesicht war ausdrucksvoll, ihre Gestalt entbehrte +keines weiblichen Reizes, und die Fülle ihrer schönen Haare, welche noch +nicht nach der barbarischen Mode, deren Einführung sie noch erlebte, +durch Puder verunziert waren, erfüllten ihre zahlreichen Bewunderer mit +Entzücken. Von den Freiern, die sich um ihre Hand bewarben, erhielt der +junge, schöne, liebenswürdige, einschmeichelnde, beredte und tapfere +Oberst Churchill den Vorzug. Er mußte sie wirklich lieben, denn außer +der Leibrente, die er sich für den von der Herzogin von Cleveland +erhaltenen schmachvollen Lohn gekauft hatte, besaß er wenig Vermögen, +war unersättlich in seiner Gier nach Schätzen, Sara war arm, und es war +ihm ein einfaches Mädchen mit einem großen Vermögen angetragen worden. +Nach einem kurzen Kampfe trug die Liebe den Sieg über die Habsucht +davon, die Ehe verstärkte nur noch seine Leidenschaft, und Sara genoß +bis zum letzten Augenblicke seines Lebens das Vergnügen und die +Auszeichnung, das einzige menschliche Wesen zu sein, das im Stande war, +diesen weitsehenden und sicheren Blick auf sich zu fesseln, das von +diesem kalten Herzen heiß geliebt und von diesem unerschrockenen Geiste +knechtisch gefürchtet wurde. + +Im weltlichen Sinne ward Churchill’s treue Liebe reich belohnt. Bei +aller Dürftigkeit brachte seine Braut ihm doch ein Heirathsgut zu, das +klug verwendet ihn endlich zum englischen Herzog, zum deutschen +Reichsfürsten, zum Oberfeldherrn einer großen Coalition, zum +Schiedsrichter zwischen mächtigen Fürsten und was in seinen Augen noch +viel mehr werth war, zum reichsten Privatmann von ganz Europa machte. +Sie war von früher Kindheit an mit der Prinzessin Anna aufgewachsen und +es hatte sich eine innige Freundschaft zwischen den beiden Mädchen +gebildet. Im Character glichen sie einander nur wenig. Anna war +phlegmatisch und schweigsam. Gegen Diejenigen, die sie liebte, war sie +sanft; ihr Zorn äußerte sich nur durch ein mürrisches Schmollen. Sie +hatte einen starken religiösen Sinn und war den Gebräuchen und der +Verfassung der anglikanischen Kirche mit wahrer Bigotterie zugethan. +Sara war lebhaft und redselig, dominirte selbst Diejenigen, die sie am +meisten liebte, und wenn sie gekränkt wurde, äußerte sich ihre Wuth +durch Thränen und heftige Vorwürfe. Auf Frömmigkeit machte sie keinen +Anspruch, ja sie entging sogar kaum der Beschuldigung der +Irreligiosität. Sie war jetzt noch nicht das was sie später wurde, +nachdem das Glück _eine_ Klasse von Fehlern, das Unglück eine andre +vollkommen entwickelt, als Siege und Huldigungen ihr den Kopf verrückt +und Mißgeschick und Kränkungen ihren Character verbittert hatten. Sie +wurde in ihren späteren Lebensjahren das verächtlichste und +erbärmlichste Geschöpf: ein altes Weib, die in beständigem Hader lebte +mit ihrem ganzen Geschlecht, mit ihren eigenen Kindern und Enkeln, zwar +vornehm und reich, aber Vornehmheit und Reichthum hauptsächlich nur +deshalb schätzend, weil dieselben sie in den Stand setzten, der +öffentlichen Meinung Hohn zu sprechen und rückhaltlos ihrem Hasse gegen +Lebende und Todte zu fröhnen. Unter der Regierung Jakob’s II. galt sie +für nichts Schlimmeres als eine schöne, stolze junge Frau, die wohl +zuweilen launenhaft und eigensinnig sein konnte, der man aber in +Berücksichtigung ihrer Reize ihre Launen gern verzieh. + +Es ist eine sehr gewöhnliche Erscheinung, daß Verschiedenheit der +Neigungen und Geistesfähigkeiten keine Hindernisse der Freundschaft sind +und daß gerade zwei Herzen, die sich gegenseitig ergänzen, das Band der +innigsten Zuneigung umschlingt. Lady Churchill wurde von der Prinzessin +Anna geliebt, ja fast angebetet. Die Prinzessin konnte ohne den +Gegenstand ihrer romanhaften Zärtlichkeit nicht leben. Sie vermählte +sich und wurde eine treue, sogar liebevolle Gattin; aber Prinz Georg, +ein beschränkter Mann, dessen Hauptgenüsse die Freuden der Tafel und der +Flasche waren, erlangte keinen Einfluß auf sie, der sich mit dem ihrer +Freundin vergleichen ließ, und gab sich bald mit stupider Geduld der +Herrschaft des heftigen und gebieterischen Geistes hin, von dem seine +Gemahlin sich leiten ließ. Das königliche Paar bekam Kinder und Anna +entbehrte keineswegs der Gefühle einer Mutter; aber die Liebe zu ihren +Kindern war lau im Vergleich mit ihrer hingebenden Zärtlichkeit für ihre +Jugendfreundin. Endlich wurde die Prinzessin des Zwanges müde, den die +Etikette ihr auferlegte, es war ihr unerträglich, die Worte Madame und +Königliche Hoheit aus dem Munde einer Frau zu hören, die ihr mehr war +als eine Schwester. In der Gallerie und im Empfangzimmer waren diese +Worte nicht zu umgehen, aber im Boudoir wurden sie abgeschafft. Hier +hieß Anna Mrs. Morley, Lady Churchill Mrs. Freeman, und unter diesen +kindlichen Namen bestand zwanzig Jahre hindurch ein intimer Verkehr +zwischen den beiden Freundinnen, von dem schließlich das Schicksal von +Regierungen und Dynastien abhing. Bis jetzt hatte jedoch Anna noch keine +politische Macht und nur geringen persönlichen Einfluß. Ihre Freundin +bekleidete in ihrem Hausstaate das Amt der ersten Kammerdame mit nur +vierhundert Pfund Sterling Gehalt. Gleichwohl hat man Grund zu glauben, +daß es Churchill schon zu dieser Zeit möglich war, seine vorherrschende +Leidenschaft durch den Einfluß seiner Gattin zu befriedigen. Obgleich +die Prinzessin ein hohes Einkommen hatte und sehr einfach lebte, so +machte sie doch Schulden, die ihr Vater mit einigem Unwillen bezahlte, +und man sagte, daß der Grund ihrer finanziellen Verlegenheiten in ihrer +verschwenderischen Freigebigkeit gegen ihren Liebling zu suchen sei.[66] + +Endlich war die Zeit gekommen, wo diese sonderbare Freundschaft einen +großen Einfluß auf die öffentlichen Angelegenheiten ausüben sollte. Man +war äußerst gespannt darauf, welche Rolle Anna in dem Kampfe, der +England erschütterte, spielen werde. Auf der einen Seite stand die +Kindespflicht, auf der andren die Interessen der Religion, der sie +aufrichtig zugethan war. Ein minder phlegmatischer Character würde +zwischen so starken und wichtigen Beweggründen, die ihn nach +entgegengesetzten Richtungen hinzogen, gewiß lange geschwankt haben. Der +Einfluß der Churchill aber entschied die Frage und ihre Gönnerin wurde +ein wichtiges Mitglied des umfassenden Bundes, dessen Oberhaupt der +Prinz von Oranien war. + + [Anmerkung 65: +Mémoires de Grammont+; +Pepys’s Diary, Feb. 21. + 1684/5.+] + + [Anmerkung 66: Es würde mich zu weit führen, wollte ich alle die + Werke aufzählen, aus denen ich mein Urtheil über den Character der + Herzogin geschöpft habe. Meine Hauptquellen sind ihre eigenen + Briefe, ihre „Rechtfertigung“ und die Entgegnungen, welche diese + veranlaßte.] + + +[_Dykvelt kehrt mit Briefen von vielen angesehenen Engländern nach dem +Haag zurück._] Im Juni 1687 kehrte Dykvelt nach dem Haag zurück. Er +überreichte den Generalstaaten ein königliches Schreiben voll +Lobeserhebungen über sein Benehmen während seines Aufenthalts in London. +Diese Lobeserhebungen waren jedoch nur eine Formalität. In +Privatmittheilungen von seiner eigenen Hand beschwerte Jakob sich bitter +darüber, daß der Gesandte einen so vertrauten Umgang mit den heftigsten +Oppositionsmännern seines Reiches gepflogen und sie in allen ihren +Umsturzplänen bestärkt habe. Außerdem brachte Dykvelt auch eine Anzahl +Briefe von den ausgezeichnetsten derjenigen Männer mit, mit denen er +sich während seines Aufenthalts in London berathen hatte. Die Schreiber +dieser Briefe versicherten den Prinzen allgemein ihrer unbegrenzten +Verehrung und Hingebung und verwiesen ihn wegen der näheren Darlegung +ihrer Ansichten an den Überbringer. Halifax erörterte den Zustand und +die Aussichten des Landes mit gewohnter Schärfe und Lebendigkeit, hütete +sich aber sorgfältig, für irgend ein gefährliches Verfahren die +Verantwortung zu übernehmen. Danby schrieb in einem kühneren und +entschlosseneren Tone und konnte sich nicht enthalten, über die +Besorgnisse und Bedenklichkeiten seines genialen Nebenbuhlers zu +spötteln. Der interessanteste Brief aber war der von Churchill. Er war +mit der natürlichen Beredtsamkeit, an der es ihm trotz seines Mangels an +höherer Bildung bei wichtigen Anlässen nie fehlte, und mit einem +Anstrich von Hochherzigkeit geschrieben, den er sich, so perfid er auch +war, mit seltener Geschicklichkeit zu geben verstand. Die Prinzessin +Anna, sagte er, habe ihm befohlen, ihre erlauchten Verwandten im Haag zu +versichern, daß sie mit Gottes Hülfe fest entschlossen sei, eher ihr +Leben zu lassen, als sich eines Glaubensabfalls schuldig zu machen. Was +seine Person betreffe, so lege er auf seine Stellen und auf die +königliche Gunst einen weit geringeren Werth als auf seine Religion. Er +schloß mit der hochtrabenden Erklärung, daß man ihn, obgleich er keinen +Anspruch darauf mache, wie ein Heiliger gelebt zu haben, doch +vorkommenden Falls bereit finden werde, den Märtyrertod zu sterben.[67] + + [Anmerkung 67: Das Formalitätsschreiben, welches Dykvelt den + Generalstaaten überbrachte, befindet sich in den Archiven des + Haags. Die anderen in diesem Paragraphen erwähnten Briefe giebt + Dalrymple im Anhange zu Buch +V.+] + + +[_Zulestein’s Sendung._] Dykvelt’s Sendung hatte einen so glänzenden +Erfolg gehabt, daß bald ein neuer Vorwand gefunden war, um einen andren +Agenten abzusenden, der das so glücklich begonnene Werk fortsetzen +sollte. Der neue Gesandte, nachmals der Gründer eines jetzt erloschenen +englischen Adelshauses, war ein illegitimer leiblicher Vetter Wilhelm’s +und führte einen der Herrschaft Zulestein entlehnten Namen. Seine +Verwandtschaft mit dem Hause Oranien gab Zulestein in den Augen des +Publikums ein bedeutendes Ansehen. Sein Benehmen war das eines tapferen +Soldaten. In diplomatischen Talenten und Kenntnissen stand er Dykvelt +weit nach, aber gerade diese Inferiorität hatte ihre Vortheile. Ein +Militair, der sich anscheinend nie um die Politik gekümmert hatte, +konnte ohne Verdacht zu erregen mit der englischen Aristokratie einen +Verkehr unterhalten, der mit argwöhnischem Auge bewacht worden sein +würde, wenn er ein bekannter Meister in der Staatskunst gewesen wäre. +Nach kurzer Abwesenheit kehrte Zulestein mit nicht minder wichtigen +Briefen und mündlichen Botschaften, als die welche seinem Vorgänger +anvertraut worden waren, in sein Vaterland zurück. Von diesem +Augenblicke an trat der Prinz mit der Opposition in einen regelmäßigen +Briefwechsel. Geschäftsträger verschiedenen Ranges reisten beständig +zwischen der Themse und dem Haag hin und her. Der nützlichste von diesen +war ein Schotte von einigem Talent und großer Thätigkeit, Namens +Johnstone. Er war Burnet’s Vetter und der Sohn eines angesehenen +Covenanters, der bald nach der Restauration wegen Hochverraths +hingerichtet worden war und von seiner Partei als Märtyrer verehrt +wurde. + + +[_Zunehmende Feindschaft zwischen Jakob und Wilhelm._] Die Entfremdung +zwischen dem Könige von England und dem Prinzen von Oranien wurde mit +jedem Tage vollkommener. Es hatte sich ein ernsthafter Streit in Betreff +der sechs britischen Regimenter erhoben, welche im Solde der Vereinigten +Provinzen standen. Der König wollte diese Regimenter unter das Commando +römisch-katholischer Offiziere stellen, und der Prinz widersetzte sich +diesem Ansinnen entschieden. Der König nahm seine Zuflucht zu seinen +Lieblingsgemeinplätzen von der Duldung; der Prinz erwiederte daß er nur +das Beispiel Seiner Majestät nachahme. Es sei notorisch erwiesen, daß +loyale und tüchtige Männer in England lediglich deshalb, weil sie +Protestanten waren, aus dem Staatsdienste entlassen worden seien, und +dies berechtige den Statthalter und die Generalstaaten doch gewiß dazu, +die Papisten von hohen öffentlichen Ämtern auszuschließen. Diese Antwort +erbitterte Jakob dermaßen, daß er in seiner Wuth die Wahrhaftigkeit und +den gesunden Verstand völlig aus den Augen verlor. Es sei nicht wahr, +behauptete er mit Heftigkeit, daß er irgend Jemanden jemals aus +religiösen Gründen abgesetzt habe. Und wenn er es wirklich gethan hätte, +was ginge es dann dem Prinzen oder die Generalstaaten an? Wären sie etwa +seine Herren? wären sie befugt, sich zu Richtern über die Handlungen +fremder Fürsten aufzuwerfen? Von jetzt an wünschte er seine in +holländischen Diensten stehenden Unterthanen zurückzuberufen, denn er +glaubte durch diese Maßregel sich selbst zu verstärken und seine +schlimmsten Feinde zu schwächen. Es traten ihm jedoch finanzielle +Schwierigkeiten entgegen, die er unmöglich übersehen konnte. Die Zahl +der bereits von ihm unterhaltenen Truppen war schon so groß, als es +seine Einkünfte nur irgend zuließen, obgleich dieselben die aller seiner +Vorgänger weit überstiegen und mit großer Sparsamkeit verwaltet wurden. +Wenn aber die jetzt in Holland stehenden Bataillone noch zu dem +vorhandenen Etat kamen, so war die Staatskasse bankerott. Vielleicht +ließ Ludwig sich bewegen, sie in seinen Dienst zu nehmen. In diesem +Falle wurden sie aus einem Lande entfernt, wo sie dem verderblichen +Einflusse einer republikanischen Regierung und einer calvinistischen +Kirchenverfassung ausgesetzt waren, und kamen in ein Land, wo Niemand +die Autorität des Monarchen und die Lehren der wahren Kirche zu +bestreiten wagte. Die Soldaten würden dann bald alle politische und +religiöse Ketzerei wieder verlernen, ihr Landesfürst konnte zu jeder +Zeit binnen kurzer Frist über ihre Hülfe verfügen und sich unter allen +Umständen auf ihre Treue verlassen. + +Es wurden zwischen Whitehall und Versailles Unterhandlungen in dieser +Angelegenheit eröffnet. Ludwig hatte soviel Soldaten als er brauchte, +und wäre es auch anders gewesen, so würde er dennoch keine Lust gehabt +haben, englische Truppen in Dienst zu nehmen, da der englische Sold, so +niedrig er unsrer Generation erscheinen muß, doch viel höher war als der +französische. Auf der andren Seite aber hätte er Wilhelm sehr gern um +eine so schöne Brigade geschwächt. Nach einer mehrwöchentlichen +Correspondenz wurde Barillon zu der Erklärung ermächtigt, daß, wenn +Jakob die britischen Truppen aus Holland zurückriefe, Ludwig die +Unterhaltungskosten für zweitausend Mann in England übernehmen wolle. +Jakob nahm dieses Anerbieten mit dem wärmsten Danke an. In Folge des +getroffenen Arrangements ersuchte er die Generalstaaten um Rücksendung +der sechs Regimenter. Die Generalstaaten aber, welche Wilhelm ganz nach +seinem Willen leitete, antworteten, daß ein solches Verlangen unter den +obwaltenden Umständen durch die bestehenden Verträge nicht +gerechtfertigt werde, und weigerten sich entschieden, demselben zu +entsprechen. Es ist bemerkenswerth, daß Amsterdam, welches für +Zurückhaltung dieser Truppen in Holland gestimmt hatte, als Jakob ihrer +gegen die Insurgenten im Westen bedurfte, jetzt heftig für die Erfüllung +seines Verlangens stritt. In beiden Fällen beabsichtigten die Behörden +dieser großen Stadt nichts weiter, als dem Prinzen von Oranien zu +opponiren.[68] + + [Anmerkung 68: Sunderland an Wilhelm, 24. Aug. 1686; Wilhelm an + Sunderland, 2.(12.) Sept. 1686; Barillon, 6.(16.) Mai, 26. Mai (5. + Juni), 3.(13.) Oct., 28. Nov. (8. Dec.) 1687; Ludwig an Barillon, + 14.(24.) Oct. 1687; Memorial von Albeville, 15.(25.) Dec. 1687; + Jakob an Wilhelm, 17. Jan., 16. Feb., 2. u. 13. März 1688: Avaux, + 1.(11.), 6.(16.), 8.(18.) März, 22. März (1. April) 1688.] + + +[_Einfluß der holländischen Presse._] Die holländischen Waffen waren +jedoch für Jakob kaum so gefährlich als die holländische Presse. Fast +täglich erschienen im Haag englische Bücher und Flugschriften gegen die +Regierung, und keine Wachsamkeit konnte es verhindern, daß viele +Tausende von Exemplaren in die an der Nordsee gelegenen Grafschaften +eingeschmuggelt wurden. Unter diesen Schriften zeichnete sich besonders +eine durch ihre Wichtigkeit und durch den Eindruck, den sie machte, aus. +Jedermann, der mit den öffentlichen Angelegenheiten vertraut war, kannte +die Ansicht des Prinzen und der Prinzessin von Oranien in Betreff der +Indulgenz; da aber keine officielle Erklärung dieser Ansicht erschienen +war, so wurden Viele, denen gute Privatquellen nicht zugänglich waren, +durch die Zuversicht, mit der die Anhänger des Hofes behaupteten, daß +Ihre Hoheiten die letzten Maßregeln des Hofes billigten, getäuscht oder +verwirrt gemacht. Es würde ein sehr einfacher und naheliegender Weg +gewesen sein, diese Behauptungen öffentlich zu widerlegen, wenn Wilhelm +keinen andren Zweck gehabt hätte, als seinen Einfluß in England zu +befestigen. Allein er betrachtete England hauptsächlich als das zur +Ausführung seines großen europäischen Planes nöthige Werkzeug. Er hoffte +für diesen Plan die Mitwirkung der beiden Linien des Hauses Österreich, +der italienischen Fürsten und selbst des Papstes zu gewinnen, und er +hatte Grund zu der Befürchtung, daß jede die britischen Protestanten +befriedigende Erklärung in Madrid, Wien, Turin und Rom Besorgniß und +Unwillen erregen könnte. Deshalb enthielt sich der Prinz lange jeder +officiellen Äußerung seiner Gesinnungen. Endlich aber wurde er darauf +aufmerksam gemacht, daß sein beharrliches Stillschweigen unter den ihm +Wohlwollenden viel Besorgniß und Mißtrauen erweckt habe und daß es hohe +Zeit sei, sich offen auszusprechen. Er beschloß daher, sich zu erklären. + + +[_Stewart’s und Fagel’s Correspondenz._] Ein schottischer Whig, Namens +Jakob Stewart, war vor einigen Jahren nach Holland geflüchtet, um dem +spanischen Stiefel und dem Galgen zu entgehen, und er war mit dem +Großpensionär Fagel befreundet worden, der das Vertrauen und die Gunst +des Statthalters in hohem Grade besaß. Stewart war der Verfasser des +heftigen und gehässigen Manifestes von Argyle. Als die Indulgenz +erschien, erkannte Stewart, daß sich ihm die Gelegenheit darbot, nicht +nur Begnadigung, sondern noch obendrein eine Belohnung zu erlangen. Er +bot der Regierung, deren Feind er gewesen war, seine Dienste an, diese +wurden angenommen und er schrieb an Fagel einen Brief, zu dem er +angeblich von Jakob selbst beauftragt war. In diesem Briefe wurde der +Großpensionär dringend aufgefordert, seinen ganzen Einfluß bei dem +Prinzen und der Prinzessin aufzubieten, um sie zur Unterstützung der +Politik ihres Vaters zu bewegen. Nach einiger Zeit schickte Fagel eine +tief durchdachte und ausgezeichnet geschriebene Erwiederung ein. Wer +dieses interessante Dokument liest, muß bemerken, daß es zwar in einer +Weise abgefaßt ist, welche geeignet war, die englischen Protestanten zu +beruhigen und ihnen zu gefallen, dennoch aber kein Wort enthält, das +selbst dem Vatikan Anstoß hätte geben können. Es war darin gesagt, daß +Wilhelm und Marie mit Vergnügen zur Abschaffung jedes Gesetzes mitwirken +würden, welches über irgend einen Engländer seiner religiösen +Überzeugung wegen Strafe verhänge. Aber zwischen Strafen und +Ausschließungen war ein Unterschied gemacht. Katholiken zu Staatsämtern +zuzulassen, könne nach der Ansicht Ihrer Hoheiten weder im allgemeinen +Interesse Englands, noch im Interesse der Katholiken selbst liegen. +Dieses Manifest wurde in mehrere Sprachen übersetzt und war auf dem +Continent weit verbreitet. Von der durch Burnet besorgten englischen +Ausgabe wurden nahe an funfzigtausend Exemplare in die östlichen +Grafschaften eingeführt und rasch über das ganze Land verbreitet. +Nie hat eine Staatsschrift einen vollständigeren Erfolg gehabt. Die +Protestanten unsrer Insel priesen die männliche Entschiedenheit, mit der +Wilhelm erklärte, daß er es nicht gutheißen könne, die Papisten Antheil +an der Regierung nehmen zu lassen. Den katholischen Fürsten auf der +andren Seite gefiel der milde und gemäßigte Ton, in welchem diese +Erklärung gehalten war, sowie die ihnen eröffnete Aussicht, daß unter +seiner Regierung kein Mitglied ihrer Kirche um seines Glaubens willen +belästigt werden würde. + + +[_Castelmaine’s Gesandtschaft in Rom._] Es ist wahrscheinlich, daß der +Papst selbst einer von Denen war, die den berühmten Brief mit Vergnügen +lasen. Einige Monate zuvor hatte er Castelmaine auf eine Art entlassen, +welche wenig Rücksicht auf die Gesinnungen des Königs zeigte. Innocenz +war mit der ganzen inneren und äußeren Politik der englischen Regierung +durchaus nicht zufrieden. Er sah, daß die ungerechten und unklugen +Maßregeln der jesuitischen Cabale viel eher dazu beitrugen, das +Fortbestehen der Strafgesetze als die Abschaffung des Testes zu +bewirken. Sein Streit mit dem Hofe von Versailles wurde mit jedem Tage +ernsthafter, und er konnte weder als weltlicher Fürst, noch als +Oberhaupt der katholischen Kirche für einen Vasallen dieses Hofes eine +herzliche Freundschaft fühlen. Castelmaine war nicht geeignet, diesen +Widerwillen zu beseitigen. Er kannte zwar für einen Laien Rom ziemlich +gut und war auch in der theologischen Polemik gründlich bewandert,[69] +besaß aber durchaus nicht das Geschick, welches sein Posten erforderte, +und wenn er auch der talentvollste Diplomat gewesen wäre, so würde doch +ein Umstand ihn für die besondere Mission, mit der er betraut war, +untauglich gemacht haben. Er war in ganz Europa als der Gatte des +schamlosesten Weibes bekannt, und als weiter nichts. Man konnte +unmöglich mit ihm oder von ihm sprechen, ohne daran zu denken, wie er zu +dem Titel gekommen war, bei dem er genannt wurde. Dieser Umstand würde +wenig auf sich gehabt haben, wenn er an einem sittenlosen Hofe +accreditirt gewesen wäre, wie zum Beispiel bei dem, an welchem unlängst +die Herzogin von Montespan das Regiment geführt hatte. Aber es war +offenbar ein grober Mißgriff, ihn mit einem Auftrage mehr geistlichen +als weltlichen Characters an einen Papst von patriarchalischer +Sittenstrenge zu senden. Die Protestanten von ganz Europa spöttelten +darüber, und Innocenz, der ohnehin schon gegen die englische Regierung +eingenommen war, betrachtete die ihm mit so großer Gefahr und so großen +Kosten erzeigte Aufmerksamkeit als nicht viel besser denn eine +Beleidigung. Der Gehalt des Gesandten war auf hundert Pfund die Woche +festgesetzt. Castelmaine klagte, daß dies zu wenig sei und daß das +Dreifache dieses Betrags kaum ausreichen werde. Denn in Rom bemühten +sich die Gesandten aller großen Continentalmächte einander vor den Augen +eines Volks, das durch den beständigen Anblick prächtiger Gebäude, +Decorationen und Ceremonien verwöhnt war, im Glanz zu überbieten. Er +erklärte stets, daß er bei seiner Gesandtschaft Geld zusetzen müsse. Es +waren ihm mehrere junge Adelige aus den vornehmsten katholischen +Familien Englands, wie die Ratcliffe, die Arundell und Tichborne, +beigegeben, und er bewohnte in Rom den Palast der Familie Pamfili an dem +prächtigen Navonaplatze. Eine Privatunterredung mit Innocenz wurde ihm +bald bewilligt, die officielle Audienz aber wurde lange hinausgeschoben. +Castelmaine’s Vorbereitungen zu diesem wichtigen Acte waren so +prachtvoll, daß sie, obgleich schon zu Ostern 1686 begonnen, im +darauffolgenden November noch nicht beendigt waren, und im November +bekam der Papst einen wirklichen oder angeblichen Gichtanfall, der einen +weiteren Aufschub verursachte. Im Januar 1687 endlich fand die +feierliche Vorstellung und Aufwartung mit ungewöhnlichem Pompe statt. +Die Staatswagen, welche zu der Auffahrt in Rom gebaut wurden, waren so +prächtig, daß man sie für werth hielt, der Nachwelt in schönen +Abbildungen überliefert und von Dichtern in mehreren Sprachen besungen +zu werden.[70] Die Façade des Gesandtschaftspalastes wurde an diesem +hochwichtigen Tage mit geschmacklosen allegorischen Gemälden von +riesenhafter Größe decorirt. Man sah hier den heiligen Georg mit dem +Fuße auf dem Nacken des Titus Oates, und Herkules, wie er mit seiner +Keule den protestantischen Tischler College zu Boden schlägt, der sich +vergebens mit seinem Flegel zu vertheidigen sucht. Nach dieser +öffentlichen Schaustellung lud Castelmaine alle damals in Rom anwesenden +Notabilitäten zu einem Bankett in dem freundlichen und prächtigen Saale +ein, den Peter von Cortona mit Gemälden von Scenen aus der Aeneide +geschmückt hat. Die ganze Stadt drängte sich zu dem Schauspiele und nur +mit Mühe konnte eine Compagnie der Schweizergarde die Ordnung unter den +Zuschauern aufrechterhalten. Die Kavaliere des päpstlichen Hofstaates +gaben hierauf ihrerseits dem Gesandten glänzende Gastmähler, und Dichter +und Literaten überhäuften seinen Gebieter mit abgeschmackten und +hyperbolischen Schmeicheleien, wie sie da am meisten floriren, wo Genie +und Geschmack am tiefsten gesunken sind. An der Spitze der Schmeichler +stand ein gekröntes Haupt. Mehr als dreißig Jahre waren verflossen, seit +Christine, die Tochter des großen Gustav Adolph, freiwillig vom +schwedischen Throne herabgestieqen war. Nach langen Wanderungen, während +denen sie viele Thorheiten und Verbrechen begangen, hatte sie endlich in +Rom ihren bleibenden Aufenthalt genommen, wo sie sich mit astrologischen +Berechnungen und mit den Intriguen des Conclave beschäftigte und sich +nebenbei mit Gemälden, Gemmen, Handschriften und Münzen die Zeit +vertrieb. Jetzt dichtete sie einige italienische Stanzen zu Ehren des +englischen Fürsten, der, wie sie selbst, einem Geschlecht von Königen +entsprossen, welche zu ihrer Zeit als die Vorkämpfer der Reformation +betrachtet wurden, sich, gleich ihr, mit der alten Kirche wieder +ausgesöhnt hatte. Sie gab eine glänzende Gesellschaft in ihrem Palaste. +Ihre in Musik gesetzten Verse wurden unter allgemeinem Beifalle +vorgetragen und einer ihrer literarischen Günstlinge hielt über +denselben Gegenstand eine Rede in so blühendem Style, daß er den +Geschmack der englischen Zuhörer beleidigt zu haben scheint. Die dem +Papste feindlich gesinnten, den Interessen Frankreichs ergebenen +Jesuiten, denen jede Gelegenheit, Jakob Ehre zu erzeigen, willkommen +war, empfingen den englischen Gesandten mit möglichstem Gepränge in dem +fürstlichen Hause, wo die Überreste des Ignatius Loyola in einem Schrein +von Lasurstein und Gold aufbewahrt werden. Bildhauerkunst, Malerei, +Poesie und Beredtsamkeit wurden aufgeboten, um den Fremden zu +bewillkommnen; aber alle diese Künste lagen tief im Argen. Es wurde viel +schwülstige und unedle Latinität entfaltet, die eines so gelehrten +Ordens unwürdig war, und einige von den die Wände zierenden Inschriften +zeigten noch schlimmere Fehler als schlechten Styl. An einer Stelle war +gesagt, daß Jakob seinen Bruder als Boten zum Himmel gesandt habe, an +einer andren, daß Jakob die Schwingen geliefert, welche seinen Bruder in +eine höhere Region emporgetragen. Außerdem gab es ein noch viel +unglücklicheres Distichon, welches damals wenig beachtet wurde, dessen +man aber einige Monate später mit boshaften Auslegungen gedachte. +„O König,“ sagte der Dichter, „seufze nicht länger nach einem Sohne. Mag +auch die Natur Deinen Wunsch nicht erfüllen, die Sterne werden Mittel +finden, um ihn zu befriedigen.“ + +Inmitten dieser Festlichkeiten erfuhr Castelmaine schwere Kränkungen und +Demüthigungen. Der Papst behandelte ihn mit äußerster Kälte und +Zurückhaltung. So oft der Gesandte ihn um eine Antwort auf das zu +Gunsten Petre’s gestellte Anliegen bat, bekam Innocenz einen heftigen +Hustenanfall, der dem Gespräch ein Ende machte. Ganz Rom unterhielt sich +von diesen sonderbaren Audienzen. Pasquino schwieg nicht und die ganze +neugierige und geschwätzige Bevölkerung der müßigsten aller Städte, mit +alleiniger Ausnahme der Jesuiten und der Prälaten der französischen +Faction, lachte über Castelmaine’s verunglückte Mission. Sein von Natur +unfreundlicher Character wurde bald auf’s Heftigste erbittert und er +verbreitete eine Denkschrift mit Betrachtungen über den Papst. Dadurch +gerieth er in eine schiefe Stellung, der kluge Italiener hatte einen +Vortheil gewonnen und er ließ sich denselben nicht wieder entreißen. Er +erklärte gerade heraus, die Regel, welche die Jesuiten von kirchlichen +Würden ausschließe, dürfe zu Gunsten Petre’s nicht übertreten werden. +Der immer mehr gereizte Castelmaine drohte jetzt Rom zu verlassen. +Innocenz erwiederte ihm mit sanfter Impertinenz, die um so kränkender +war, weil sie sich kaum von treuherziger Einfalt unterscheiden ließ. +Seine Excellenz könne gehen, wenn es ihm beliebe. „Wenn wir ihn aber +verlieren müssen,“ setzte der ehrwürdige Pontifex hinzu, „so hoffe ich +wenigstens, daß er unterwegs seine Gesundheit schonen wird. Ein +Engländer weiß nicht, wie gefährlich es ist, hier zu Lande während der +Tageshitze zu reisen. Man thut am besten, wenn man vor Tagesanbruch +aufbricht und zu Mittag Rast macht.“ Mit diesem wohlmeinenden Rathe und +einem Rosenkranze wurde der unglückliche Gesandte entlassen. Wenige +Monate darauf erschien eine pomphafte Geschichte seiner Sendung in einer +prachtvollen Folioausgabe mit Kupferstichen in italienischer und +englischer Sprache. Das Titelkupfer zeigte zum großen Ärgerniß aller +Protestanten Castelmaine in der Peersrobe und mit der Adelskrone in der +Hand, wie er Innocenz den Fuß küßt.[71] + + [Anmerkung 69: Adda, 9.(19.) Nov. 1685.] + + [Anmerkung 70: Der Professor der griechischen Sprache am Kollegium + +De Propaganda Fide+ machte seiner Bewunderung in einigen + abscheulichen Hexametern und Pentametern Luft, von denen folgende + Probe genügen mag: + + Ρωγερίου δὴ σκεψόμενος λαμπροῖο θρίαμβον, + Ὦκα μάλ’ ἤϊσσεν καὶ θέεν ὄχλος ἅπας· + Θαυμάζουσα δὲ τὴν πομπὴν, παγχρύσεά τ’ αὐτοῦ + Ἅρματα, τοὺς θ’ ἵππους, τοίαδε Ῥώμη ἔψη. + + Die lateinischen Verse sind etwas besser. Nahum Tate stimmte auf + Englisch ein: + + Um etwas von dem Prachtzug zu erspähen, + Wie selbst in Rom noch Niemand ihn gesehen, + Drängt Alt und Jung sich nach der Thürme Zinnen + Und über jede Wange Freudenthränen rinnen.] + + [Anmerkung 71: Correspondenz Jakob’s und Innocenz’ im Britischen + Museum; +Burnet, I. 703--705+; +Welwood’s Memoirs+; +Commons’ + Journals, Oct. 28. 1689+; +An Account of his Excellency Roger Earl + of Castelmaine’s Embassy, by Michael Wright, chief steward of his + Excellency’s house at Rome, 1688.+] + + + * * * * * + * * * * + + + Achtes Kapitel. + + Jakob II. + + + + + =Inhalt.= + + Seite + Consecration des Nuntius im St. Jamespalaste 5 + Sein officieller Empfang. -- Der Herzog von Somerset 5 + Auflösung des Parlaments 6 + Gesetzwidrige Bestrafung militairischer Vergehen 7 + Verfahren der Hohen Commission 8 + Die Universitäten 9 + Verfahren gegen die Universität Cambridge 10 + Der Earl von Mulgrave 11 + Zustand Oxford’s 13 + Das Magdalenen-Collegium in Oxford 15 + Anton Farmer, vom Könige als Präsident empfohlen 17 + Wahl des Präsidenten 18 + Die Mitglieder des Magdalenen-Collegiums werden vor die + Hohe Commission geladen 18 + Parker zum Präsidenten empfohlen 19 + Die Karthause 19 + Rundreise des Königs 20 + Der König in Oxford 21 + Er giebt den Collegiaten des Magdalenenstifts einen Verweis 22 + Penn sucht zu vermitteln 22 + Eine kirchliche Specialcommission wird nach Oxford gesandt 24 + Hough’s Protest 24 + Einsetzung Parker’s 25 + Vertreibung der Collegiaten 26 + Das Magdalenen-Collegium in ein papistisches Seminar + verwandelt 27 + Groll der Geistlichkeit 28 + Pläne der jesuitischen Cabale in Bezug auf die Thronfolge 29 + Jakob’s und Tyrconnel’s Plan, die Prinzessin von Oranien + von der Erbfolge im Königreich Irland auszuschließen 30 + Schwangerschaft der Königin 31 + Allgemeiner Zweifel 31 + Stimmung der Wahlkörper und der Peers 33 + Jakob beschließt, ein bestochenes Parlament zusammenzusetzen 34 + Die Regulatoren 36 + Entlassung vieler Lordlieutenants 36 + Der Earl von Oxford 36 + Der Earl von Shrewsbury 37 + Der Earl von Dorset 38 + An die Obrigkeiten gerichtete Fragen, und Antworten darauf 41 + Scheitern der Pläne des Königs 42 + Liste der Sheriffs 45 + Character der katholischen Landgentlemen 45 + Stimmung der Dissenters 47 + Regulirung der Corporationen 47 + Untersuchung in allen öffentlichen Verwaltungszweigen 50 + Entlassung Sawyer’s 51 + Williams Generalprokurator 52 + Zweite Indulgenzerklärung 53 + Die Geistlichkeit erhält Befehl, sie von der Kanzel + zu verlesen 53 + Die Geistlichkeit ist unschlüssig 54 + Patriotismus der protestantischen Nonconformisten Londons 54 + Berathung der londoner Geistlichkeit 55 + Berathung im Palast zu Lambeth 57 + Die Petition der sieben Bischöfe dem Könige überreicht 57 + Die londoner Geistlichkeit gehorcht dem königlichen + Befehle nicht 60 + Unschlüssigkeit der Regierung 61 + Es wird eine gerichtliche Verfolgung der Bischöfe wegen + Libells beschlossen 63 + Sie werden im Geheimen Rathe verhört 63 + Geburt des Prätendenten 65 + Man hält ihn allgemein für untergeschoben 65 + Die Bischöfe werden vor die Kings Bench gestellt und + müssen Bürgschaft leisten 69 + Aufregung der Gemüther 70 + Sunderland’s Angst 71 + Er erklärt sich für einen Katholiken 72 + Prozeß der Bischöfe 72 + Das Verdict der Geschwornen; Freude des Volks 80 + Eigenthümlicher Zustand der öffentlichen Meinung + zu jener Zeit 84 + + + + +[_Consecration des Nuntius im St. Jamespalaste._] Die auffallende +Unhöflichkeit des Papstes hätte wohl den sanftmüthigsten Fürsten reizen +müssen. Auf Jakob aber machte sie keinen andren Eindruck, als daß er mit +Schmeicheleien und Komplimenten noch verschwenderischer wurde. Während +Castelmaine, das Herz von Zorn und Unwillen erfüllt, auf der Rückreise +nach England begriffen war, wurde der Nuntius mit Ehrenbezeigungen +überhäuft, die sein eigner Verstand verwerfen mußte. Er war in Folge +einer bei der römischen Kirche häufig in Anwendung kommenden Fiction +unlängst zur Bischofswürde ohne Bischofssitz erhoben worden. Jetzt wurde +er zum Erzbischof von Amasia, einer Stadt am Pontus, dem Geburtsorte +Strabo’s und Mithridates’, erhoben. Jakob bestand darauf, daß die +Ceremonie der Consecration in der Kapelle des St. Jamespalastes +stattfinden sollte. Der apostolische Vikar Leyburn und zwei irische +Prälaten versahen den Dienst. Die Thüren wurden dem Publikum geöffnet +und man bemerkte unter den Zuschauern einige von den Puritanern, die +sich neuerdings dem Hofe angeschlossen hatten. Am Abend erschien Adda in +seiner neuen Amtstracht im Gesellschaftszirkel der Königin. Jakob fiel +angesichts des ganzen Hofes auf die Knie und bat um seinen Segen. Trotz +aller Vorschriften der Etikette konnten die Umstehenden ihr Erstaunen +und ihren Widerwillen nicht unterdrücken.[1] Es hatte in der That seit +langer Zeit kein englischer Souverain vor einem Sterblichen gekniet und +wer das sonderbare Schauspiel mit ansah, erinnerte sich unwillkürlich +des schmachvollen Tages, an welchem Johann sich seine Krone von Pandolph +aufs Haupt setzen ließ. + + [Anmerkung 1: Barillon, 2.(12.) Mai 1687.] + + +[_Sein officieller Empfang. -- Der Herzog von Somerset._] Bald darauf +fand eine noch prächtigere Schaustellung zu Ehren des Heiligen Stuhles +statt. Es wurde beschlossen, daß der Nuntius sich in feierlicher +Prozession an den Hof begeben sollte. Bei dieser Gelegenheit zeigten +mehrere Personen, auf deren Gehorsam der König gerechnet hatte, zum +ersten Male eine Neigung zur Widersetzlichkeit. Der Hervorragendste +unter ihnen war der zweite Peer des Königreichs, Karl Seymour, +gewöhnlich der stolze Herzog von Somerset genannt. Er war in der That +ein Mann, bei dem Geburts- und Rangstolz fast zu einer krankhaften Manie +geworden war. Sein ererbtes Vermögen war der hohen Stelle, die er unter +dem englischen Adel einnahm, nicht angemessen; aber durch seine +Vermählung mit der Tochter und Erbin des letzten Percy, der die alte +Krone von Northumberland trug, war er in den Besitz des größten +Vermögens in England gelangt. Somerset war erst fünfundzwanzig Jahre alt +und im Publikum noch wenig bekannt. Er war Kammerherr des Königs und +Oberst eines der Regimenter, welche zur Zeit des Aufstandes im Westen +neu errichtet worden waren. Er hatte kein Bedenken dagegen erhoben, bei +feierlichen Gelegenheiten das Staatsschwert in die königliche Kapelle zu +tragen; diesmal aber weigerte er sich entschieden, an dem Festzuge zu +Ehren des Nuntius Theil zu nehmen. Einige Mitglieder seiner Familie +baten ihn dringend, sich das königliche Mißfallen nicht zuzuziehen; aber +ihr Bitten war fruchtlos. Der König setzte ihn nun selbst zur Rede. „Ich +hätte geglaubt, Mylord,“ sagte er, „daß ich Ihnen eine große Ehre +erzeigte, indem ich Sie dazu ausersah, den Gesandten des ersten aller +gekrönten Häupter zu begleiten.“ -- „Sire,“ entgegnete der Herzog, „ich +bin darauf aufmerksam gemacht worden, daß ich Eurer Majestät nicht +gehorchen kann, ohne das Gesetz zu verletzen.“ -- „Ich will Sie lehren, +mich ebenso zu achten wie das Gesetz,“ erwiederte der König in +hochfahrendem Tone. „Wissen Sie noch nicht, daß ich über dem Gesetz +stehe?“ -- „Eure Majestät mögen über dem Gesetz stehen, ich aber nicht, +und wenn ich dem Gesetz gehorche, fürchte ich nichts.“ Der König +entfernte sich höchlich erzürnt und Somerset wurde augenblicklich seiner +Stellen im Hofstaate und in der Armee entsetzt.[2] + +In einem Punkte zeigte jedoch der König einige Klugheit. Er wagte es +nicht, den päpstlichen Gesandten in feierlichem Aufzuge der ganzen +Bevölkerung der Hauptstadt vorzuführen. Die Ceremonie fand am 3. Juli +1687 in Windsor statt. Eine große Menschenmenge strömte nach dem +Städtchen. Der Schaulustigen waren so viele, daß sie weder Speise und +Trank noch ein Unterkommen fanden und eine Menge vornehmer Leute den +ganzen Tag in ihrem Wagen zubringen mußten, um das Schauspiel mit +anzusehen. Spät am Nachmittag endlich erschienen die Leute des +Hofmarschalls zu Pferde. Hierauf folgte ein langer Zug von Läufern und +dann in einem königlichen Staatswagen Adda im Purpurmantel und mit einem +Brillantenkreuze auf der Brust. Hinter ihm fuhren die Equipagen der +vornehmsten Hofkavaliere und der Staatsminister. Mit großem Mißfallen +bemerkte das Volk in dem Zuge die Wappen und Livreen Crewe’s, Bischofs +von Durham, und Cartwright’s, Bischofs von Chester.[3] + + [Anmerkung 2: +Memoirs of the Duke of Somerset+; Citters, 5.(15.) + Juli 1687; +Eachard’s History of the Revolution+; +Clarke’s Life + of James the Second, II. 116, 117, 118+; +Lord Lonsdale’s + Memoirs.+] + + [Anmerkung 3: +London Gazette, July 7. 1687+; Citters, 7.(17.) + Juli; Bericht über die Ceremonie in den Somers’schen Schriften.] + + +[_Auflösung des Parlaments._] Am folgenden Tage erschien in der Gazette +eine Proklamation, welche das Parlament auflöste, das von allen durch +die Stuarts einberufenen Parlamenten das fügsamste gewesen war.[4] + +Mittlerweile hatten sich neue Schwierigkeiten in Westminsterhall +gezeigt. Erst vor wenigen Monaten waren mehrere Richter entlassen und +andere an deren Stelle gesetzt worden, um in dem Prozesse gegen Sir +Eduard Hales ein Erkenntniß zu Gunsten der Krone zu erlangen, und schon +waren neue Änderungen nöthig. + + [Anmerkung 4: +London Gazette, July, 4. 1687.+] + + +[_Gesetzwidrige Bestrafung militairischer Vergehen._] Der König hatte +kaum die Armee gebildet, auf die er zur Ausführung seiner Pläne +namentlich rechnete, so erkannte er auch schon, daß er sie selbst nicht +regieren konnte. Wenn ein Krieg im Lande wüthete, so konnte ein Meuterer +oder Deserteur vor ein Kriegsgericht gestellt und das Urtel durch den +Generalprofoß vollzogen werden. Aber man war jetzt im tiefsten Frieden. +Das englische Landrecht, das aus einem Zeitalter herrührte, wo +erforderlichenfalls Jedermann, Niemand aber beständig die Waffen trug, +machte in Friedenszeiten keinen Unterschied zwischen einem Soldaten und +jedem andren Unterthan, und es gab kein Gesetz ähnlich dem, durch +welches heutzutage dem Souverain alljährlich die zum Oberbefehl über die +reguläre Truppenmacht nöthige Autorität verliehen wird. Zwar erklärten +einige alte Verordnungen die Desertion in gewissen angeführten Fällen +für Felonie; aber diese Verordnungen galten nur für die Soldaten, welche +dem Könige im wirklichen Kriege dienten und konnten nicht ohne die +arglistigste Willkür so weit ausgedehnt werden, daß sie auch auf einen +Mann Anwendung fanden, der in einer Zeit der vollständigsten inneren und +äußeren Ruhe des Lagers von Hounslow überdrüssig wurde und daher in sein +heimathliches Dorf zurückkehrte. Die Regierung hatte offenbar über einen +solchen Mann keine andre Macht, als die, welche ein Bäcker- oder +Schneidermeister über seine Gesellen hat. Er und seine Offiziere standen +vor dem Gesetz auf gleicher Stufe. Fluchte er gegen sie, so konnte er +wegen Schwörens mit einer Geldstrafe belegt werden; schlug er sie, so +konnte er wegen thätlicher Mißhandlung verklagt werden. Das stehende +Heer stand factisch unter einer milderen Disciplin als die Miliz, denn +die Miliz war durch eine Parlamentsacte errichtet worden, in welcher +zugleich bestimmt war, daß Disciplinarvergehen summarisch mit leichten +Strafen geahndet werden könnten. + +Es scheint nicht, daß die aus diesem Zustande des Gesetzes +entspringenden praktischen Nachtheile sich unter der Regierung Karl’s +II. sehr fühlbar gemacht hatten, was sich vielleicht dadurch erklären +läßt, weil bis zum letzten Jahre seiner Regierung die Streitmacht, die +er in England unterhielt, hauptsächlich aus Haustruppen bestand, welche +einen so hohen Sold bekamen, daß die Entlassung aus dem Dienste von den +Meisten sehr schmerzlich empfunden worden wäre. Eine Anstellung als +Gemeiner in der Leibgarde war für den jüngeren Sohn eines Gentleman eine +gute Versorgung; selbst die Fußgarden wurden so gut bezahlt als +Fabrikarbeiter unter besonders günstigen Verhältnissen, und sie befanden +sich daher in einer Lage, um die sie die große Masse der arbeitenden +Bevölkerung wohl beneiden konnte. Die Rückkehr der Garnison von Tanger +und die Errichtung der neuen Regimenter hatte eine große Veränderung +herbeigeführt. Es gab jetzt in England viele Tausend Soldaten, welche +nur acht Pence den Tag erhielten. Die Furcht vor der Verabschiedung war +nicht mehr hinreichend, um sie der Dienstpflicht treu zu erhalten, und +körperliche Strafen durften die Offiziere gesetzlich nicht zuerkennen. +Jakob hatte daher nur die Wahl, entweder die Armee ihrer Auflösung +entgegengehen zu lassen oder die Richter zu der Erklärung zu bewegen, +daß das Gesetz das sei, was es, wie jeder Student wußte, nicht war. + +Es war besonders wichtig, die Mitwirkung zweier Gerichtshöfe zu +gewinnen: der Kings Bench, welche der erste Criminalgerichtshof des +Landes war, und des Gerichtshofs für Leerung der Gefängnisse, der in der +Old Bailey saß und über die in der Hauptstadt begangenen Vergehen +abzuurtheilen hatte. In beiden Gerichtshöfen aber stieß man auf große +Schwierigkeiten. Herbert, der Oberrichter der Kings Bench, wollte trotz +aller bis dahin bewiesenen Servilität nicht weiter gehen. Ein noch +entschiedenerer Widerstand war von Sir Johann Holt zu erwarten, der als +Syndikus der City von London auf der Bank der Old Bailey saß. Holt war +ein ausgezeichnet gelehrter und aufgeklärter Jurist, dabei ein +rechtschaffener und muthiger Mann und seine politische Meinung hatte +eine whiggistische Färbung, obgleich er sich von allem Parteitreiben +stets fern hielt. Dem Willen des Königs mußten jedoch alle Hindernisse +weichen. Holt wurde seines Syndikats entsetzt. Herbert und ein andrer +Richter von der Kings Bench entfernt, und die erledigten Stellen mit +Männern besetzt, auf die sich die Regierung verlassen konnte. Allerdings +mußte man in ziemlich niedere juristische Regionen hinabsteigen, ehe man +Leute fand, welche zu Dienstleistungen, wie man sie jetzt brauchte, +bereit waren. Der neue Oberrichter, Sir Robert Wright, war +sprichwörtlich ein Ignorant, und die Unwissenheit war noch nicht sein +ärgster Fehler. Seine Laster hatten ihn zu Grunde gerichtet. Um sich +Geld zu verschaffen, hatte er zu unredlichen Mitteln seine Zuflucht +genommen und einmal einen falschen Eid abgelegt, um in den Besitz von +fünfhundert Pfund zu gelangen. Arm, ausschweifend und schamlos war er +einer von den Schmarotzern Jeffreys’ geworden, der ihn beförderte und +verächtlich behandelte. Dies war der Mann, den Jakob zum Lord +Oberrichter von England erkor. Ein gewisser Allibone, der in der +Rechtskunde noch unwissender war als Wright und als Katholik eigentlich +gar nicht fähig war, ein öffentliches Amt zu bekleiden, wurde zum +Unterrichter der Kings Bench ernannt. Sir Bartholomäus Shower, als +serviler Tory und langweiliger Redner gleich bekannt, wurde Syndikus von +London. Nachdem diese Veränderungen bewirkt waren, wurden mehrere +Deserteurs zur Untersuchung gezogen und dem Wortlaute und dem Geiste des +Gesetzes zum Hohn für schuldig befunden. Einige von ihnen vernahmen ihr +Todesurtheil vor den Schranken der Kings Bench, Andere vor den Schranken +der Old Bailey. Sie wurden vor den Augen der Regimenter, denen sie +angehört hatten, gehängt und dafür Sorge getragen, daß diese +Hinrichtungen durch die London Gazette, welche derartige Vorgänge nur +selten berichtete, zur Öffentlichkeit gelangten.[5] + + [Anmerkung 5: Siehe +Statutes 18 Henry 6. c. 19; 2 & 3 Ed. 6. c. + 2.+; +Eachard’s History of the Revolution+; +Kennet, III. 468+; + +North’s Life of Guildford, 247.+; + London Gazette, April 18. & + May 23. 1687+; +Vindication of the E. of R. (Earl of Rochester.)+] + + +[_Verfahren der Hohen Commission._] Man kann wohl denken, daß das +Gesetz, das so gröblich von denjenigen Gerichtshöfen verletzt wurde, +deren ganze Autorität sich auf dasselbe gründete und die es als +Richtschnur zu betrachten pflegten, von einem durch tyrannische Willkür +errichteten Tribunale eben so wenig geachtet wurde. Während der ersten +Monate ihres Bestehens hatte die neue Hohe Commission Geistlichen nur +die Ausübung ihrer Amtshandlungen verboten; die Eigenthumsrechte waren +noch unangetastet geblieben. Zu Anfang des Jahres 1687 aber beschloß man +auch gegen die Pfründeneinkünfte einen Schlag zu führen und jedem +anglikanischen Priester und Prälaten die Überzeugung beizubringen, daß, +wenn er seine Beihülfe zur Vernichtung der Kirche, deren Diener er war, +verweigerte, er in einer Stunde zum Bettler gemacht werden würde. + + +[_Die Universitäten._] Es würde der Klugheit angemessen gewesen sein, +das erste Exempel an einem unbekannten Individuum zu statuiren. Die +Regierung aber war in einer so unseligen Verblendung befangen, daß man +dieselbe in einem naiveren Zeitalter als eine göttliche Strafe +betrachtet haben würde. Es wurde daher ohne weiteres gleich von Anfang +an den beiden ehrwürdigsten Korporationen des Reichs, den Universitäten +Oxford und Cambridge, der Krieg erklärt. + +Die Macht dieser beiden Körperschaften war schon seit vielen +Jahrhunderten groß; in der zweiten Hälfte des siebzehnten Jahrhunderts +aber hatte sie ihren Höhepunkt erreicht. Kein Nachbarland konnte sich so +glänzender und reicher Sitze der Wissenschaft rühmen. Die Hochschulen +von Edinburg und Glasgow, von Leyden und Utrecht, von Löwen und Leipzig, +von Padua und Bologna kamen Gelehrten, welche in den prächtigen +Stiftungen Wykeham’s und Wolsey’s, Heinrich’s VI. und Heinrich’s VIII. +gebildet waren, ärmlich vor. Literatur und Wissenschaft waren in dem +akademischen Systeme Englands mit Gepränge umgeben, mit obrigkeitlicher +Gewalt bekleidet und mit den vornehmsten Institutionen des Landes eng +verbunden. Kanzler einer Universität zu werden, war eine Auszeichnung, +nach der die Magnaten des Reichs eifrig strebten; eine Universität im +Parlament zu vertreten, war das Lieblingsziel des Ehrgeizes von +Staatsmännern. Edelleute und selbst Fürsten waren stolz darauf, wenn +eine Universität ihnen das Recht verlieh, den Scharlach der Doctorwürde +zu tragen. Die Neugierigen wurden von den Universitäten angezogen durch +alte, mit mittelalterlichen Verzierungen reich ausgestattete Gebäude, +durch neuere Gebäude, welche glänzendes Zeugniß von dem künstlerischen +Genie eines Jones und Wren gaben, durch imposante Hallen und Kapellen, +durch Museen, durch botanische Gärten und durch die einzigen +öffentlichen Bibliotheken, welche das Königreich damals besaß. Der +Prunk, den namentlich Oxford bei feierlichen Gelegenheiten entfaltete, +wetteiferte mit dem souverainer Fürsten. Wenn der Kanzler, der +ehrwürdige Herzog von Ormond, in seinem geflickten Mantel auf seinem +Throne unter der gemalten Decke der Sheldon’schen Tribüne saß, umgeben +von vielen hundert Graduirten in der ihrem verschiedenen Range +entsprechenden Kleidung, während die vornehmsten Jünglinge Englands ihm +als Bewerber um akademische Ehren feierlich vorgeführt wurden, spielte +er eine kaum minder königliche Figur als sein Gebieter im Bankethause zu +Whitehall. Auf den Universitäten waren fast alle ausgezeichneten +Geistlichen, Rechtsgelehrten, Ärzte, Schriftsteller, Dichter und Redner +des Landes und zum großen Theil auch der hohe Adel und die reiche Gentry +gebildet. Auch ist zu bemerken, daß die Verbindung zwischen dem Schüler +und der Schule durch seinen Abgang nicht aufgelöst wurde. Er blieb oft +während seines ganzen Lebens Mitglied des akademischen Körpers und +behielt bei allen wichtigen Wahlen eine Stimme. Er hing daher an seinem +alten Lieblingsaufenthalte am Cam und Isis mit weit größerer Zuneigung, +als gebildete Leute sie in der Regel zu ihren Bildungsstätten empfinden. +Es gab in England keinen Winkel, wo nicht beide Universitäten dankbare +und treuergebene Söhne gehabt hätten. Jeder Angriff auf die Ehre oder +die Interessen von Cambridge oder Oxford mußte nothwendig den Unwillen +einer mächtigen, thätigen und intelligenten Klasse erregen, die über +alle Grafschaften, von Northumberland bis Cornwall, zerstreut war. + +Die seßhaften Graduirten waren vielleicht im Ganzen genommen den +seßhaften Graduirten unsrer Zeit nicht überlegen, aber im Vergleich zu +den anderen Gesellschaftskreisen standen sie damals auf einer viel +höheren Stufe; denn Cambridge und Oxford waren die beiden einzigen +Provinzialstädte im ganzen Königreiche, wo man eine bedeutende Anzahl +hochgebildeter Männer fand. Selbst die Hauptstadt hatte große Achtung +vor der Autorität der Universitäten, nicht nur in Fragen der Theologie, +der Naturwissenschaften und des klassischen Alterthums, sondern auch in +solchen Angelegenheiten, in denen die Hauptstädte in der Regel für die +höchsten Instanzen gelten wollen. Von Will’s Kaffeehaus und dem Parterre +des Drurylanetheaters appellirte man noch an die beiden großen +Nationalsitze des Geschmacks und der Gelehrsamkeit. Schauspiele, die in +London mit enthusiastischem Beifalle aufgenommen worden waren, galten +erst dann für außer Gefahr, wenn sie die strenge Prüfung eines mit +Sophokles und Terenz vertrauten Zuhörerkreises bestanden hatten.[6] + +Die englischen Universitäten hatten ihren großen moralischen und +intellectuellen Einfluß energisch zu Gunsten der Krone angewendet. Das +Hauptquartier Karl’s I. war in Oxford gewesen und die silbernen Krüge +und Teller sämmtlicher Collegien waren zur Unterstützung seiner +Kriegskasse eingeschmolzen worden. Cambridge war nicht weniger loyal +gesinnt. Es hatte ebenfalls einen großen Theil seines Silbergeräths in’s +königliche Lager gesandt, und der Rest würde auch nachgefolgt sein, wäre +die Stadt nicht von den Parlamentstruppen genommen worden. Beide +Universitäten waren von den siegreichen Puritanern mit der äußersten +Strenge behandelt worden, beide hatten die Restauration mit Freuden +begrüßt, beide hatten sich der Ausschließungsbill standhaft widersetzt +und ihren tiefsten Abscheu über das Ryehousecomplot ausgesprochen. +Cambridge hatte nicht nur seinen Kanzler Monmouth abgesetzt, sondern +seinen Unwillen über den Verrath des Herzogs sogar in einer eines Sitzes +der Gelehrsamkeit unwürdigen Weise zu erkennen gegeben, indem es die +Leinwand, auf der Kneller seine einnehmende Physiognomie und Gestalt mit +künstlerischer Vollendung dargestellt hatte, den Flammen übergab.[7] +Oxford, das dem Herde des westlichen Aufstandes näher lag, hatte noch +stärkere Beweise von Loyalität gegeben. Die Studenten hatten mit +Bewilligung ihrer Professoren zu Hunderten die Waffen zur Vertheidigung +der erblichen Thronrechte ergriffen. Und diese Körperschaften beschloß +Jakob jetzt in offenem Widerspruch mit den Gesetzen und mit seinem +verpfändeten Worte zu beschimpfen und zu berauben. + + [Anmerkung 6: Dryden’s Prologe und Cibber’s Memoiren enthalten + zahlreiche Beweise von dem Ansehen, welches der Geschmack der + Oxforder bei den gefeiertsten Dichtern und Schauspielern genoß.] + + [Anmerkung 7: Siehe das Gedicht: +Advice to the Painter upon the + Defeat of the Rebels in the West+, sowie noch ein andres ganz + abscheuliches Gedicht über den nämlichen Gegenstand von Stepney, + welcher damals am Trinity-Collegium studirte.] + + +[_Verfahren gegen die Universität Cambridge._] Mehrere Parlamentsacte, +die so klar waren als nur irgend eine Verordnung des Gesetzbuches, +hatten vorgeschrieben, daß auf beiden Universitäten Niemand zu irgend +einem Grade zugelassen werden sollte, ohne den Suprematseid und einen +andren ähnlichen Eid, der Gehorsamseid genannt, abgelegt zu haben. +Dessenungeachtet wurde im Februar 1687 ein königliches Schreiben nach +Cambridge gesandt, worin die Aufnahme eines Benedictinermönches, Namens +Alban Francis, als Magister der freien Künste anbefohlen wurde. + +Die akademischen Würdenträger, zwischen der Ehrerbietung gegen den König +und der Achtung vor dem Gesetz schwankend, waren in großer Verlegenheit. +Es wurden in aller Eile Boten an den Herzog von Albemarle gesandt, der +Monmouth’s Nachfolger als Kanzler der Universität war, und er wurde +dringend ersucht, dem Könige die Sache in geeigneter Weise vorzustellen. +Unterdessen begaben sich der Registrator und die Pedelle zu Francis und +erklärten ihm, daß er sogleich aufgenommen werden solle, wenn er die +gesetzlich vorgeschriebenen Eide leiste. Er weigerte sich dessen, machte +den Beamten Vorwürfe wegen ihrer Nichtachtung des königlichen Befehls, +und da sie nicht nachgaben, reiste er auf der Stelle wieder ab, um sich +in Whitehall zu beschweren. + +Die Vorsteher der Collegien versammelten sich zu einer Berathung. Die +Gutachten der ausgezeichnetsten Rechtsgelehrten wurden abgehört und sie +sprachen sich entschieden zu Gunsten des beobachteten Verfahrens aus. +Aber schon war ein zweites hochmüthiges und drohendes Schreiben von +Sunderland unterwegs. Albemarle antwortete der Universität unter vielen +Versicherungen seiner Theilnahme und seines Bedauerns, daß er alles +Mögliche gethan habe, aber vom Könige sehr kalt und unfreundlich +aufgenommen worden sei. Der akademische Körper, durch die königliche +Ungnade erschreckt und von dem aufrichtigen Willen beseelt, den Wünschen +Seiner Majestät nachzukommen, dabei aber auch fest entschlossen, das +klare Gesetz des Landes nicht zu verletzen, unterbreitete die +bescheidensten und ehrerbietigsten Auseinandersetzungen, aber ohne +Erfolg. Bald darauf kam eine Vorladung, welche den Vicekanzler und den +Senat auf den 24. April vor die Hohe Commission nach Westminster +beschied. Der Vicekanzler sollte in Person erscheinen, der Senat, der +aus allen Doctoren und Magistern der Universität besteht, eine +Deputation senden. + + +[_Der Earl von Mulgrave._] Als der festgesetzte Tag erschien, füllte +sich der Sitzungssaal mit einer großen Zuschauermenge. Jeffreys fungirte +als Präsident der Commission. Rochester war, seit ihm der weiße Stab +abgenommen worden, nicht mehr Mitglied, anstatt seiner erschien der +Lordkammerherr Johann Sheffield, Earl von Mulgrave. Das Schicksal dieses +Edelmanns glich in einer Beziehung dem seines Collegen Sprat. Mulgrave +schrieb Verse, die sich kaum über die absolute Mittelmäßigkeit erhoben, +da er aber ein in den politischen und vornehmen Kreisen hochangesehener +Mann war, so fanden seine Verse doch Bewunderer. Die Zeit zerstörte den +Zauber, zu seinem Unglücke aber erst nachdem seine Gedichte bereits ein +unveräußerliches Recht auf eine Stelle in allen Sammlungen englischer +Dichtungswerke erlangt hatten. Dennoch werden bis auf den heutigen Tag +seine, abgeschmackten Reimereien und seine jämmerlichen Lieder an +Amoretta und Gloriana in Gesellschaft des „Comus“ und des „Festes +Alexander’s“ immer wieder gedruckt. Die Folge davon ist, daß unsre +Generation Mulgrave hauptsächlich als einen Dichterling kennt und ihn +als solchen verachtet. Er war jedoch, wie selbst Diejenigen zugaben, die +ihn weder liebten noch achteten, ein durch schöne Talente +ausgezeichneter Mann und in der parlamentarischen Beredtsamkeit stand er +kaum einem Redner seiner Zeit nach. Dagegen verdiente sein moralischer +Character keine Achtung. Er war ein Wüstling, aber ohne jene Offenheit +des Herzens und der Hand, welche zuweilen auch die Ausschweifung +liebenswürdig, und ein stolzer Aristokrat ohne jene Hoheit der +Denkungsart, welche zuweilen den aristokratischen Hochmuth achtungswerth +macht. Die damaligen Satiriker gaben ihm den Spottnamen Lord Allpride +(Ganzstolz). Sein Stolz vertrug sich indessen mit allen schmachvollen +Lastern. Viele wunderten sich darüber, wie ein Mann, der ein so +übertriebenes Gefühl seiner Würde zur Schau trug, in Geldangelegenheiten +so zäh und knauserig sein konnte. Er hatte der königlichen Familie +großes Ägerniß dadurch gegeben, daß er den Gedanken zu hegen wagte, das +Herz und die Hand der Prinzessin Anna zu erobern. In dieser Hoffnung +getäuscht, hatte er sich bemüht, durch kriechende Gemeinheit die durch +Anmaßung verwirkte Gunst wieder zu gewinnen. Seine von ihm selbst +verfaßte Grabschrift sagt noch heute jedem Besucher der +Westminsterabtei, daß er in religiösen Dingen als Zweifler lebte und +starb, und aus seinen hinterlassenen Memoiren ersehen wir, daß der +römische Aberglaube ein Lieblingsthema seines Spottes war. Dennoch +begann er unmittelbar nach Jakob’s Regierungsantritt eine starke +Hinneigung zum Papismus zu zeigen und gerirte sich endlich privatim als +Convertit. Der Lohn für diese verworfene Heuchelei war seine Anstellung +bei der Hohen Commission.[8] + +Vor diesem gefürchteten Tribunal erschien jetzt der Vicekanzler der +Universität Cambridge, Doctor Johann Pechell. Er selbst war kein Mann +von ausgezeichneter Befähigung und Energie, aber es begleiteten ihn acht +vom Senat gewählte vorzügliche Akademiker. Einer davon war Isaak Newton, +Fellow des Trinity-Collegiums und Professor der Mathematik. Sein Genie +stand damals in seiner vollsten Kraft. Das große Werk, welches ihm die +erste Stelle unter den Geometern und Naturforschern aller Zeiten und +aller Nationen sichert, wurde seit einiger Zeit unter der Sanction der +Königlichen Societät gedruckt und war seiner Vollendung nahe. Er war der +entschiedenste Freund der bürgerlichen Freiheit und der protestantischen +Religion, aber seine Gewohnheiten machten ihn für die Kämpfe des +praktischen Lebens durchaus nicht geeignet. Er verharrte daher in +bescheidenem Stillschweigen unter den Delegirten und überließ anderen +Männern, welche im Geschäftsleben mehr bewandert waren, die Aufgabe, +seine geliebte Universität zu vertheidigen. + +Es konnte keinen klareren Rechtsfall geben. Das Gesetz ließ keinen +Zweifel zu und die Praxis hatte fast stets im Einklang mit dem Gesetz +gestanden. Es konnte vielleicht schon vorgekommen sein, daß an einem +besonders feierlichen Tage, wo viele Ehrengrade verliehen wurden, in der +Menge Einer durchgeschlüpft war, der die Eide nicht abgelegt hatte; aber +eine solche Unregelmäßigkeit, lediglich die Folge der Eil und +Unachtsamkeit, konnte nicht als Vorgang geltend gemacht werden. Fremde +Gesandte verschiedener Glaubensrichtungen, insbesondere ein Muselmann, +waren ohne die Eide aufgenommen worden. Aber es war eine große Frage, ob +solche Fälle im Bereiche der Ansicht und des Geistes der betreffenden +Parlamentsverordnungen lagen. Es war nicht einmal behauptet worden, daß +schon einmal Jemand, dem die Eide angesonnen wurden und der sie nicht +leisten wollte, einen akademischen Grad erlangt habe, und in dieser Lage +befand sich Francis. Die Delegirten erboten sich zu beweisen, daß unter +der vorigen Regierung mehrere königliche Befehle unberücksichtigt +geblieben waren, weil die empfohlenen Personen sich dem Gesetz nicht +hatten fügen wollen, und daß die Regierung sich in solchen Fällen stets +bei dem Verfahren der Universität beruhigt habe, da sie es als das +richtige anerkennen mußte. Jeffreys aber wollte von nichts hören. Er kam +bald dahinter, daß der Vicekanzler ein schwacher, unerfahrener und +schüchterner Mann war und ließ daher der ganzen Unverschämtheit, welche +so lange der Schrecken der Old Bailey gewesen war, freien Lauf. Der +unglückliche Doctor, der an ein solches Auditorium und an eine solche +Behandlung nicht gewöhnt war, wurde bald so eingeschüchtert, daß er +gänzlich die Fassung verlor. Sobald andere zur Verfechtung ihrer Sache +besser befähigte Akademiker das Wort ergreifen wollten, wurden sie auf +die unsanfteste Weise zum Schweigen gebracht. „Sie sind nicht +Vicekanzler; wenn Sie es einmal sein werden, dann mögen Sie sprechen, +bis dahin aber geziemt es Ihnen, den Mund zu halten.“ Die Angeklagten +wurden, ohne gehört worden zu sein aus dem Gerichtssaale gewiesen. Nach +einer Weile wurden sie wieder hereingerufen und ihnen kundgethan, daß +die Commission beschlossen habe, Pechell seiner Würde als Vicekanzler zu +entheben und ihm alle Einkünfte vorzuenthalten, die er als Vorsteher +eines Collegiums bezog und welche ganz den Character eines unantastbaren +Eigenthums hatten. „Sie, meine Herren,“ sagte Jeffreys zu den +Delegirten, „sind größtentheils Theologen, und ich will Sie daher mit +einer Stelle aus der Schrift heimschicken: „Gehet hin und sündigt fortan +nicht mehr, damit Euch nicht etwas Ärgeres widerfahre.“[9] + + [Anmerkung 8: +Mackay’s Character of Sheffield+ nebst Swift’s + Note; +Satire on the Deponents, 1688+; +Life of John, Duke of + Buckinghamshire, 1729+; Barillon, 30. Aug. 1687. Ich besitze ein + handschriftliches Spottgedicht aus Mulgrave von 1690, das nicht + ohne Witz ist. Die bemerkenswerthesten Zeilen sind diese: + + Heut’ schmeichelt er dem Peters (Petre), morgen dem Burnet. + Fragt nicht nach Glauben und Partei, denn alle sind ihm gleich.] + + [Anmerkung 9: Siehe den Prozeß gegen die Universität Cambridge in + der +Collection of State Trials+.] + + +[_Zustand Oxford’s._] Man sollte meinen, daß dieses Verfahren ungerecht +und willkürlich genug war. Aber der König hatte schon angefangen, Oxford +mit einer Strenge zu behandeln, im Vergleich zu welcher die gegen +Cambridge bewiesene Milde genannt werden konnte. Schon war das +University-Collegium durch Obadja Walker in ein römisch-katholisches +Seminar verwandelt, schon stand das Christchurch-Collegium unter der +Leitung eines römisch-katholischen Dechanten, schon wurde in diesen +beiden Collegien täglich Messe gelesen. Die ruhige, majestätische Stadt, +so lange das Bollwerk des monarchischen Prinzips, war von Leidenschaften +aufgeregt, die sie bisher nie gekannt hatte. Die Untergraduirten +verhöhnten mit stillschweigender Erlaubniß ihrer Vorgesetzten die +Mitglieder von Walker’s Gemeinde und sangen Spottlieder unter ihren +Fenstern. Einige Bruchstücke von den Serenaden, welche damals in High +Street die Ruhe störten, sind der Nachwelt erhalten worden; der Refrain +einer Ballade lautet: + + „Der alte Obadja + singt Ave Maria.“ + +Als die Schauspieler nach Oxford kamen, äußerte sich die öffentliche +Meinung noch stärker. Es wurde Howard’s „Comité“ gegeben. Dieses bald +nach der Restauration geschriebene Stück stellte die Puritaner in einem +gehässigen und verächtlichen Lichte dar und war deshalb seit einem +Vierteljahrhundert ein Lieblingsstück des oxforder Publikums. Jetzt war +es beliebter als je zuvor, denn ein glücklicher Zufall wollte, daß eine +der Hauptrollen ein alter Heuchler Namens Obadja war. Das Publikum brach +in einen Beifallsjubel aus, als Obadja in der letzten Scene mit einem +Strick um den Hals hereingeschleppt wurde, und der Applaus nahm zu, als +einer der Schauspieler, von dem vorgeschriebenen Texte abweichend, +ankündigte, daß Obadja wegen Glaubenabfalls gehängt werden solle. Der +König war höchlich entrüstet über diesen Hohn. Die Stimmung der +Universität war so rebellisch, daß eines der neu errichteten Regimenter, +das welches gegenwärtig das zweite Gardedragonerregiment heißt, nach +Oxford versetzt wurde, um einen Aufstand zu verhindern.[10] + +Diese Vorgänge hätten Jakob überzeugen können, daß er einen Weg +eingeschlagen hatte, der ihn ins Verderben führen mußte. An das Geschrei +der Londoner war er schon längst gewöhnt. Es war zuweilen +ungerechterweise, zuweilen vergebens gegen ihn erhoben worden; er hatte +demselben wiederholt getrotzt und konnte ihm auch fernerhin trotzen. Daß +aber Oxford, der Sitz der Loyalität, das Hauptquartier der +Kavalierarmee, der Ort, wohin sein Vater und sein Bruder ihren Hof +verlegten, wenn sie sich in ihrer stürmisch bewegten Hauptstadt nicht +mehr sicher glaubten, der Ort, wo die Schriften der großen +republikanischen Lehrer unlängst den Flammen überliefert worden waren, +daß diese Stadt sich jetzt in einer unzufriedenen Gährung befand und die +muthigen Jünglinge, die sich vor wenigen Monaten so eifrig als +Freiwillige gemeldet hatten, um gegen die Insurgenten im Westen zu +marschiren, jetzt nur mit Mühe durch Säbel und Karabiner im Schach +gehalten wurden: das waren Zeichen von schlimmer Vorbedeutung für das +Haus Stuart. Doch der abgestumpfte, starrsinnige und eigenwillige Tyrann +beachtete den Warnungsruf nicht. Er hatte sich einmal vorgenommen, +seiner Kirche die reichsten und glänzendsten Stiftungen Englands zu +verschaffen. Umsonst machten ihm die besseren und verständigeren seiner +römisch-katholischen Rathgeber Vorstellungen. Sie erklärten ihm, daß er +der Sache seiner Religion viel nützen könne, ohne die Eigenthumsrechte +zu verletzen. Eine Bewilligung von jährlich zweitausend Pfund aus seiner +Privatchatulle würde hinreichen, um ein Jesuitencollegium in Oxford zu +unterhalten, und diese Summe könne er leicht verschmerzen. Ein solches +Collegium, mit tüchtigen, gelehrten und eifrigen Lehrern ausgestattet, +würde ein gefährlicher Nebenbuhler für die alten akademischen Anstalten +werden, welche nur zu deutliche Symptome einer von Reichthum und +Sicherheit unzertrennlichen Erschlaffung zeigten. König Jakob’s +Collegium würde bald selbst von den Protestanten hinsichtlich der +Wissenschaften sowohl als auch der moralischen Zucht als die erste +Bildungsanstalt der Insel anerkannt werden. Dies würde der wirksamste +und zugleich glimpflichste Weg sein, um die anglikanische Kirche zu +demüthigen und die römische zu Ansehen zu bringen. Der Earl von +Ailesbury, einer der ergebensten Diener des königlichen Hauses, +erklärte, daß er, obgleich Protestant und nicht reich, lieber selbst +einen Beitrag von tausend Pfund zu diesem Zwecke hergeben wolle, als daß +sein Gebieter die Eigenthumsrechte verletze und sein der Staatskirche +gegebenes Wort breche.[11] Der Plan fand jedoch keinen Beifall in den +Augen des Königs. Allerdings entsprach er auch in mehr als einer +Beziehung seinem unfreundlichen Character nicht. Denn es machte ihm +Vergnügen, den Sinn der Menschen zu beugen und zu brechen, und von +seinem Gelde konnte er sich nur schwer trennen. Was er auf seine Kosten +zu unternehmen nicht hochherzig genug war, das beschloß er auf Kosten +Anderer durchzuführen. Wenn er einmal etwas begonnen hatte, so hielt +sein Stolz und sein Starrsinn ihn ab, wieder zurückzutreten, und er ließ +sich endlich Schritt für Schritt zu Handlungen türkischer Tyrannei +verleiten, zu Handlungen, welche die Nation zu der Überzeugung bringen +mußten, daß das Vermögen eines protestantischen Freisassen Englands +unter einem römisch-katholischen König ebenso unsicher war, wie das +eines Griechen unter der Herrschaft eines Moslem. + + [Anmerkung 10: +Wood’s Athenae Oxonienses+; +Apology for the Life + of Colley Cibber+; Citters, 2.(12.) März 1686.] + + [Anmerkung 11: +Burnet, I.+ 697; Brief von Lord Ailesbury, + abgedruckt im +European Magazine+, April 1795.] + + +[_Das Magdalenen-Collegium in Oxford._] Das Magdalenen-Collegium, +gegründet im funfzehnten Jahrhundert von Wilhelm von Waynflete, Bischof +von Winchester und Lordgroßkanzler, war eine der hervorragendsten +unserer akademischen Institute. Ein schlanker Thurm, auf dessen Zinnen +alljährlich am Morgen des ersten Mai von Choristen eine lateinische +Hymne gesungen wurde, fesselte schon von weitem die Aufmerksamkeit des +von London her kommenden Reisenden. Wenn er sich näherte, bemerkte er, +daß dieser Thurm sich von einem mit Zinnen versehenen, zwar niedrigen +und unregelmäßigen, aber doch sehr ehrwürdig aussehenden Gebäude erhob, +das von Bäumen beschattet und von den trägen Fluthen des Chervell +bespült wurde. Er trat durch einen Thorweg,[12] über dem eine stattliche +Gallerie hinlief, in einen geräumigen Kreuzgang, der mit Emblemen der +Tugenden und Laster, von den Bildhauern des funfzehnten Jahrhunderts roh +in grauen Stein gemeißelt, verziert war. Der Tisch der Gesellschaft +wurde in einem mit Gemälden und phantastischem Schnitzwerk reich +ausgestatteten Refectorium gedeckt. Der Gottesdienst wurde früh und +Abends in einer Kapelle gehalten, die von den Reformers und den +Puritanern viel zu leiden gehabt hatte, aber trotz alledem ein +wunderschönes Bauwerk war, das in unseren Tagen mit seltenem Geschmack +und Geschick restaurirt worden ist. Die großen Gartenanlagen am Ufer des +Flusses zeichneten sich durch hohe Bäume aus, unter denen ein Wunder der +Pflanzenwelt unsrer Insel emporragte, eine riesige Eiche, welche hundert +Jahre älter sein sollte, als das älteste Collegium der Universität. + +Die Statuten der Gesellschaften bestimmten, daß die Könige von England +und die Prinzen von Wales in dem Hause aufgenommen werden sollten, wie +in ihrem eignen Palaste. Eduard IV. hatte das Gebäude bewohnt, als es +noch nicht vollendet war. Richard III. hatte darin sein Hoflager +gehalten, im großen Saale Disputationen mit angehört, war königlich +bewirthet worden und hatte die Küche seiner Wirthe mit einem Geschenk +von fetten Rehböcken aus seinen Forsten beehrt. Zwei muthmaßliche +Thronerben, welche frühzeitig hinweggerafft wurden, Arthur, der ältere +Bruder Heinrich’s VIII., und Heinrich, der ältere Bruder Karl’s I., +hatten in dem Collegium studirt; ebenso auch ein andrer Prinz von +Geblüt, der letzte und beste der römisch-katholischen Erzbischöfe von +Canterbury, der menschenfreundliche Reginald Pole. Zur Zeit des +Bürgerkriegs war das Collegium der Sache der Krone treu geblieben. +Ruprecht hatte dort sein Hauptquartier aufgeschlagen, und ehe er zu +einigen seiner kühnsten Unternehmungen auszog, hatte man in den stillen +Kreuzgängen seine Trompeter zum Aufbruch blasen hören. Die Mehrzahl der +Fellows waren Theologen und konnten den König nur mit Gebeten und +Geldspenden unterstützen. Doch einer von den Mitgliedern der +Gesellschaft, ein Doctor des Civilrechts, warb eine Truppe +Untergraduirter und fiel an ihrer Spitze im tapferen Kampfe gegen die +Soldaten von Essex. Als die Feindseligkeiten beendigt und die Rundköpfe +Herren von England waren, verweigerten sechs Siebentel der Mitglieder +der usurpirten Gewalt ihre Unterwerfung. In Folge dessen wurden sie aus +ihren Wohnungen vertrieben und ihrer Einkünfte beraubt. Nach der +Restauration kehrten die noch Lebenden an ihren lieblichen Wohnsitz +zurück. Eine neue Generation war auf sie gefolgt, die ihre Ansichten und +ihren Muth geerbt hatte. Zur Zeit des Aufstandes im Westen hatten +diejenigen Collegiaten, welche nicht durch Alter oder Beruf zum +Gebrauche der Waffen unfähig waren, sich bereitwilligst erboten, für die +Krone zu kämpfen. Es dürfte schwerlich im ganzen Königreiche irgend eine +Korporation zu finden sein, welche gerechteren Anspruch auf die +Dankbarkeit des Hauses Stuart gehabt hätte.[13] + +Die Gesellschaft bestand aus einem Präsidenten, vierzig Fellow’s, +dreißig Studenten (+Demies+, Halbe genannt) und einer Anzahl von +Kaplanen, Schreibern und Chorsängern. Zur Zeit der Generalvisitation +unter Heinrich VIII. waren die Einkünfte viel bedeutender als die jeder +andren ähnlichen Stiftung des Landes, fast um die Hälfte größer als die +der reichen Stiftung Heinrich’s VI. in Cambridge und über noch einmal so +groß als die, welche Wilhelm von Wykeham seinem Collegium in Oxford +vermacht hatte. In den Tagen Jakob’s II. war der Reichthum des +Magdalenen-Collegiums enorm und wurde durch das Gerücht noch +übertrieben. Das Collegium wurde allgemein für reicher als die reichsten +Abteien des Continents gehalten. Wenn die Pachtgelder alle eingingen, +hieß es unter dem Volke, so beliefen sich die jährlichen Einkünfte auf +die ungeheure Summe von vierzigtausend Pfund Sterling.[14] + +Die Collegiaten waren durch die von dem Begründer festgesetzten Statuten +ermächtigt, sich ihren Präsidenten unter Personen, welche Mitglieder +ihrer Gesellschaft oder des Neuen Collegiums waren oder gewesen waren, +selbst zu wählen. Dieses Recht war in der Regel mit völliger Freiheit +ausgeübt worden. Nur in einzelnen Fällen waren königliche Zuschriften +gekommen, welche dem Collegium befähigte Personen anempfahlen, die bei +Hofe in Gunst standen, und es war in solchen Fällen Sitte gewesen, auf +die Wünsche des Souverains gebührende Rücksicht zu nehmen. + +Im März 1687 starb der Präsident des Collegiums. Einer der Fellows, +Doctor Thomas Smith, vom Volke spottweise Rabbi Smith genannt, ein +ausgezeichneter Reisender, Büchersammler, Alterthumsforscher und +Orientalist, der Kaplan bei der Gesandtschaft in Konstantinopel gewesen +und mit der Vergleichung der alexandrinischen Handschriften beauftragt +worden war, bewarb sich um den erledigten Posten. Er meinte als +Gelehrter und als eifriger Tory einigen Anspruch auf die Begünstigung +von Seiten der Regierung zu haben. Seine Loyalität war auch in der That +so glühend und so unwandelbar, wie man sie in der ganzer englischen +Kirche nur finden konnte. Er war lange mit dem Bischof Parker von Oxford +intim befreundet gewesen und hoffte durch die Verwendung dieses Prälaten +ein königliches Empfehlungsschreiben an das Collegium zu erhalten. +Parker versprach sein Möglichstes zu thun, berichtete aber bald, daß er +auf Schwierigkeiten gestoßen sei. „Der König,“ sagte er, „mag Niemanden +empfehlen, der nicht ein Freund seiner Religion ist. Was können Sie in +dieser Beziehung thun, um ihn zufrieden zu stellen?“ Smith antwortete, +daß, wenn er Präsident werden sollte, er sich bemühen würde, +Gelehrsamkeit, wahres Christenthum und Loyalität zu fördern. „Das wird +nicht genügen,“ sagte der Bischof. „Nun so mag Präsident werden wer da +will,“ versetzte Smith mannhaft; „ich kann nicht mehr versprechen.“ + + [Anmerkung 12: Dieser Thorweg ist jetzt verschlossen.] + + [Anmerkung 13: +Wood’s Athenae Oxonienses+; +Walker’s Sufferings + of the Clergy.+] + + [Anmerkung 14: +Burnet, I. 697+; +Tanner’s Notitia Monastica.+ Bei + der Visitation im sechsundzwanzigsten Regierungsjahre Heinrich’s + VIII. ergab es sich, daß die Einkünfte des Kings-Collegiums 751 + Pfd. St., die des Neuen Collegiums 487 Pfd. St. und die des + Magdalenen-Collegiums 1076 Pfd. St. betrugen.] + + +[_Anton Farmer vom Könige als Präsident empfohlen._] Die Wahl wurde auf +den dreizehnten April festgesetzt und die Fellows aufgefordert, +derselben beizuwohnen. Es ging die Rede, daß ein königliches Schreiben +einlaufen werde, das einen gewissen Anton Farmer für die erledigte +Stelle empfehle. Das Leben dieses Mannes war eine Reihenfolge ehrloser +Handlungen. Er war Mitglied der Universität Cambridge gewesen und der +Ausstoßung nur durch rechtzeitige freiwillige Entfernung entgangen. Dann +hatte er sich den Dissenters angeschlossen und hierauf war er nach +Oxford gegangen, um in das Magdalenen-Collegium einzutreten, wo er sich +bald durch alle möglichen Laster auszeichnete. In der Regel taumelte er +spät in der Nacht so betrunken, daß er nicht sprechen konnte, seinem +Collegium zu. Es war allbekannt, daß er an der Spitze eines +unehrenvollen Aufruhrs in Abingdon gestanden hatte, und er war ein +regelmäßiger Gast bekannter Lieblingsorte von Wüstlingen gewesen. +Endlich war er Kuppler geworden, hatte sogar die gewöhnliche Gemeinheit +seines abscheulichen Gewerbes noch übertroffen und hatte von +liederlichen jungen Leuten für Dienste, welche die Geschichte nicht gut +erzählen kann, Geld genommen. Dieser erbärmliche Mensch war jetzt zum +Papismus übergetreten. Sein Abfall sühnte alle seine Laster, und +obgleich noch sehr jung, wurde er zum Vorsteher einer ernsten religiösen +Gesellschaft empfohlen, in welcher das Ärgerniß, das er durch seine +Lasterhaftigkeit gegeben, noch im frischen Andenken war. + +Durch das allgemeine Landesgesetz war er als römischer Katholik von +allen akademischen Ämtern ausgeschlossen, und da er niemals Fellow des +Magdalenen-Collegiums noch des Neuen Collegiums gewesen, so hatte er der +besonderen Verordnung Wilhelm’s von Waynflete gemäß gar kein Recht, sich +um die erledigte Präsidentenstelle zu bewerben. Überdies hatte Waynflete +den Mitgliedern seiner Stiftung noch ausdrücklich eingeschärft, daß sie +bei der Wahl ihres Vorstehers namentlich auf seinen moralischen +Character Rücksicht nehmen sollten, und hätte er auch keine derartige +Weisung hinterlassen, so konnte eine meist aus Theologen bestehende +Gesellschaft einem Mann wie Farmer schicklicherweise nicht die Leitung +einer Bildungsanstalt übertragen. + +Die Collegiaten stellten dem Könige ehrerbietigst vor, in welche +Verlegenheit sie kommen würden, wenn das Gerücht, daß Farmer ihnen +empfohlen werden sollte, sich als begründet erwies, und baten darum, daß +Seine Majestät, wenn es ihm beliebe, sich in die Wahl einzumischen, +ihnen einen Mann vorschlagen möchte, für den sie gesetzlicherweise und +mit gutem Gewissen stimmen könnten. Von dieser ergebenen Bitte wurde +keine Notiz genommen. Das königliche Schreiben lief ein. Der Überbringer +desselben war ein Fellow des Collegiums, der unlängst Papist geworden +war, Namens Robert Charnock, ein Mann von Talent und Geist, aber von +heftigem und ruhelosem Temperament, das ihn einige Jahre später zu einem +abscheulichen Verbrechen und zu einem entsetzlichen Schicksale trieb. +Das Collegium versammelte sich am 13. April in der Kapelle. Man hatte +noch immer einige Hoffnung, daß der König sich durch die an ihn +gerichteten Vorstellungen werde bewegen lassen, und die Versammlung +vertagte sich deshalb bis auf den 15. April, als den letzten Termin, an +welchem die Wahl nach den Statuten des Collegiums stattfinden mußte. + + +[_Wahl des Präsidenten._] Der 15. April erschien und die Collegiaten +versammelten sich wieder in ihrer Kapelle. Von Whitehall war keine +Antwort gekommen. Einige der älteren Mitglieder, darunter Smith, waren +der Meinung, die Wahl lieber noch einmal zu verschieben, als einen +Schritt zu thun, der den König möglicherweise beleidigen konnte. Aber +die Sprache der Statuten war klar und die Mitglieder des Collegiums +hatten sich eidlich verpflichtet, dieselben zu befolgen. Die Ansicht der +Mehrheit war daher, daß kein weiterer Aufschub stattfinden dürfe. Es +erfolgte eine heftige Debatte. Die Wähler waren zu aufgeregt, als daß +sie hätten auf ihren Plätzen bleiben können; die ganze Kapelle war in +Aufruhr. Diejenigen, welche für die Vornahme der Wahl stimmten, beriefen +sich auf ihre Eide und auf die Verordnungen des Stifters, dessen Brot +sie aßen. Sie behaupteten ganz richtig, der König habe nicht das Recht, +ihnen selbst einen geeigneten Candidaten aufzudringen. In der Hitze des +Streits fielen einige für toryistische Ohren anstößige Äußerungen und +Smith ließ sich zu der Bemerkung verleiten, der Geist Ferguson’s habe +sich seiner Collegen bemächtigt. Mit großer Stimmenmehrheit wurde +endlich der Beschluß gefaßt, die Wahl unverzüglich vorzunehmen. Charnock +verließ die Kapelle. Die übrigen Fellows gaben, nachdem sie vorher das +Sakrament empfangen, ihre Stimmen ab. Die Wahl fiel auf Johann Hough, +einen Mann von seltener Tugend und Besonnenheit, der, nachdem er +Verfolgungen mit hohem Muthe und das Glück mit ernster Würde ertragen, +zu hohen Ehren emporgestiegen und noch höhere bescheiden abgelehnt +hatte, mehr als sechsundfünfzig Jahre nach diesem ereignißvollen Tage in +hohem Alter, aber noch in voller Kraft des Geistes starb. + +Die Gesellschaft beeilte sich, dem Könige die Umstände +auseinanderzusetzen, welche es nothwendig gemacht hatten, ohne weiteren +Verzug zur Wahl eines Präsidenten zu schreiten, und ersuchte den Herzog +von Ormond als Kanzler der ganzen Universität, und den Bischof von +Winchester als Visitator des Magdalenen-Collegiums, das Amt der +Vermittelung zu übernehmen. Der König aber war viel zu aufgebracht und +viel zu befangen, als daß er auf derartige Verstellungen hätte hören +können. + + +[_Die Mitglieder des Magdalenen-Collegiums werden vor die Hohe +Commission geladen._] Anfangs Juni wurden die Collegiaten vor die Hohe +Commission nach Whitehall beschieden. Fünf von ihnen kamen als Deputirte +der Korporation der Aufforderung nach. Jeffreys behandelte sie nach +seiner gewohnten Manier. Als einer von ihnen, ein ehrwürdiger Doctor, +Namens Fairfax, einigen Zweifel an der Rechtsgültigkeit der Commission +äußerte, begann er zu brüllen wie ein wildes Thier: „Wer ist der Mann? +Wer giebt ihm das Recht, hier unverschämt zu sein? Ergreift ihn und +steckt ihn in ein finstres Zimmer! Wie kann man ihn ohne Wächter lassen? +Er steht als Wahnsinniger unter meiner Aufsicht. Es wundert mich, daß +noch Niemand bei mir darauf angetragen hat, daß er in sicheres Gewahrsam +gebracht werde.“ Als aber der Sturm ausgetobt hatte und die Aussagen +über den sittlichen Charakter des vom Könige empfohlenen Kandidaten +verlesen waren, hatte keiner der Commissare die Frechheit zu behaupten, +daß ein solcher Mensch sich zum Präsidenten eines großen Collegiums +eigne. Obadja Walker und die übrigen oxforder Papisten, die sich +eingefunden hatten, um ihren Proselyten zu unterstützen, waren nicht +wenig bestürzt. Die Commission erklärte Hough’s Wahl für ungültig und +suspendirte Fairfax von seiner Collegiatur; von Farmer aber war keine +Rede mehr und im August kam ein königliches Schreiben an, welches dem +Collegium den Bischof von Oxford, Parker, empfahl. + + +[_Parker zum Präsidenten empfohlen._] Parker war kein erklärter Papist. +Es lag jedoch ein Umstand gegen ihn vor, der, selbst wenn die +Präsidentur erledigt gewesen wäre, hätte entscheidend sein müssen: er +hatte weder dem Neuen Collegium noch dem Magdalenen-Collegium jemals +angehört. Aber die Präsidentur war gar nicht erledigt, denn Hough war +rechtskräftig gewählt und sämmtliche Mitglieder des Collegiums waren +eidlich verpflichtet, ihn in seinem Amte zu erhalten. Sie entschuldigten +sich daher mit vielen Versicherungen ihrer Loyalität und ihres +Bedauerns, daß sie dem Befehle des Königs nicht Folge leisten könnten. + + +[_Die Karthause._] Während Oxford so der Tyrannei energisch entgegen +trat, leistete man an einem andren Orte nicht weniger tapferen +Widerstand. Jakob hatte vor einiger Zeit den Administratoren der +Karthause, Männern von hohem Rang und Ansehen im Königreiche, den Befehl +gegeben, einen römischen Katholiken, Namens Popham, in das unter ihrer +Verwaltung stehende Hospital aufzunehmen. Der Vorsteher der Anstalt, +Thomas Burnet, ein durch Genie, Gelehrsamkeit und Tugend ausgezeichneter +Geistlicher, hatte, obgleich der wilde Jeffreys im Collegium saß, den +Muth, sie darauf aufmerksam zu machen, daß jene Zumuthung dem Willen des +Stifters sowohl als einer Parlamentsacte zuwiderlaufe. „Was thut dies +zur Sache?“ fragte ein dem Vorstande angehörender Höfling. „Ich meine, +es thut sehr viel zur Sache,“ antwortete eine von Alter und Sorgen +geschwächte Stimme, die aber in keiner Versammlung ohne Achtung gehört +wurde, die Stimme des ehrwürdigen Ormond. „Eine Parlamentsacte,“ fuhr +der Patriarch der Kavalierpartei fort, „ist meiner Ansicht nach keine +Kleinigkeit.“ Es wurde die Frage gestellt, ob Popham zugelassen werden +solle, und der Beschluß lautete auf seine Zurückweisung. Da der Kanzler +seinem Grolle nicht wohl durch Fluchen und Verwünschungen gegen Ormond +Luft machen konnte, so lief er in voller Wuth fort und mehrere von der +Minorität folgten ihm. In Folge dessen blieb keine beschlußfähige Anzahl +übrig und es konnte daher auf den königlichen Befehl keine formelle +Antwort gegeben werden. + +Die nächste Sitzung fand nur zwei Tage, nachdem die Commission +Hough’s Wahl für ungültig erklärt und Fairfax suspendirt hatte, +statt. Die Administratoren erhielten einen zweiten Befehl mit dem +großen Staatssiegel; aber das tyrannische Verfahren gegen das +Magdalenen-Collegium hatte ihren Muth noch erhöht, anstatt ihn zu +schwächen. Sie setzten ein Schreiben an Sunderland auf, durch welches er +ersucht wurde, dem Könige mitzutheilen, daß sie im vorliegenden Falle +Seiner Majestät nicht gehorchen könnten, ohne das Gesetz und ihre +Amtspflicht zu verletzen. + +Es dürfte kaum zu bezweifeln sein, daß, wenn diese Zuschrift nur von +unbedeutenden Männern unterzeichnet gewesen wäre, der König irgend einen +Gewaltschritt gethan haben würde. Aber selbst er erschrak beim Anblick +der großen Namen Ormond, Halifax, Danby und Nottingham, der Oberhäupter +aller Farben der großen Partei, der er seine Krone verdankte. Er +begnügte sich deshalb, Jeffreys zu bedeuten, daß er das weiter +einzuschlagende Verfahren in Erwägung ziehen solle. Einmal hieß es, es +werde ein Prozeß bei der Kings Bench anhängig gemacht werden, ein +andermal, die Kirchliche Commission werde den Fall in die Hand nehmen, +aber diese Drohungen verstummten nach und nach wieder.[15] + + [Anmerkung 15: +A Relation of the Proceedings at the Charterhouse, + 1689.+] + + +[_Rundreise des Königs._] Der Sommer war jetzt weit vorgerückt und der +König trat eine Reise an, die längste und glänzendste, die man seit +vielen Jahren gesehen hatte. Am 16. August begab er sich von Windsor +nach Portsmouth, besichtigte die Festungswerke, berührte einige mit +Kröpfen Behaftete und fuhr dann in einer seiner Yachten nach +Southampton. Von hier reiste er nach Bath, wo er sich einige Tage +aufhielt und die Königin zurückließ. Als er wieder abreiste, begleiteten +ihn der Obersheriff von Somersetshire und eine große Anzahl Gentlemen +bis an die Grenze der Grafschaft, wo ihn der Obersheriff von +Gloucestershire mit einem nicht minder glänzenden Gefolge erwartete. Der +Herzog von Beaufort kam bald darauf den königlichen Equipagen entgegen +und geleitete dieselben nach Badminton, wo ein des Rufes, den sich der +Herzog durch seinen glänzenden Haushalt erworben hatte, würdiges Mahl +für ihn angerichtet war. Am Nachmittag ging der Zug weiter nach +Gloucester. Zwei Meilen vor der Stadt wurde er vom Bischofe und der +Geistlichkeit bewillkommnet. Am Südthore erwartete ihn der Mayor mit den +Schlüsseln. Die Glocken gingen und aus allen Röhrtrögen floß Wein, +während der König durch die Straßen nach dem Platze zog, der die +ehrwürdige Kathedrale umgiebt. Er übernachtete in der Dechanei und brach +am folgenden Morgen nach Worcester auf. Von Worcester ging er nach +Ludlow, Shrewsbury und Chester, und wurde überall mit äußeren Zeichen +der Freude und Ehrerbietung empfangen, die er schwach genug war, als +Beweise zu betrachten, daß die durch seine Maßregeln hervorgerufene +Unzufriedenheit gedämpft sei und ihm ein leichter Sieg bevorstehe. Der +scharfblickendere Barillon benachrichtigte Ludwig, daß der König in +einer Täuschung befangen sei, daß die Reise keinen wirklichen Nutzen +gebracht habe und daß die nämlichen Gentlemen von Worcestershire und +Shropshire, die es für ihre Pflicht gehalten, ihren Souverain und Gast +mit allen Ehrenbezeigungen zu empfangen, sich so widerspenstig als je +zeigen würden, wenn die Testangelegenheit zur Sprache käme.[16] + +Unterwegs schlossen sich dem königlichen Zuge zwei Höflinge an, die in +Character und Meinungen weit von einander verschieden waren. Penn war +auf einer geistlichen Hirtenreise in Chester. Seine Popularität und sein +Ansehen waren unter seinen Glaubensbrüdern tief gesunken, seitdem er ein +Werkzeug des Königs und der Jesuiten geworden war.[17] Jakob aber nahm +ihn sehr freundlich auf und er durfte am Sonntage im Ballhause einen +Vortrag halten, während Cartwright in der Kathedrale predigte und der +König an einem in der Grafschaftshalle errichteten Altare die Messe +hörte. Man sagt sogar, Seine Majestät habe geruht, einen Augenblick in +das Ballhaus einzutreten und der melodischen Beredtsamkeit seines +Freundes mit Anstand zuzuhören.[18] + +Der wüthende Tyrconnel war von Dublin über den Kanal gekommen, um von +seiner Verwaltung Bericht zu erstatten. Alle achtungswertheren +englischen Katholiken behandelten ihn als einen Feind ihres Stammes und +als eine Schande ihrer Religion mit Kälte. Sein Gebieter aber hieß ihn +herzlich willkommen und entließ ihn mit Versicherungen seines +ungeschwächten Vertrauens und seiner steten Unterstützung. Jakob vernahm +mit großer Freude, daß bald die ganze Verwaltung Irlands in +römisch-katholischen Händen sein werde. Die englischen Ansiedler waren +schon ihrer ganzen politischen Macht beraubt, es blieb nur noch übrig, +sie auch ihres Eigenthums zu berauben, und diese letzte Gewaltthat wurde +so lange aufgeschoben, bis man sich die Mitwirkung eines irischen +Parlaments gesichert haben würde.[19] + +Von Cheshire wendete sich der König nach dem Süden und in der festen +Überzeugung, daß die Fellows des Magdalenen-Collegiums es trotz ihres +widerspenstigen Geistes nicht wagen würden, einem ihnen mündlich +gegebenen Befehle den Gehorsam zu verweigern, reiste er nach Oxford. Auf +dem Wege dahin machte er einige kleine Abstecher nach Orten, die ihn als +König, als Bruder und als Sohn besonders interessirten. Er besuchte das +gastliche Dach von Boscobel und die Überreste der Eiche, die in der +Geschichte seines Hauses eine so wichtige Rolle spielt. Er fuhr über das +Schlachtfeld von Edgehill, wo die Kavaliere zuerst mit den Soldaten des +Parlaments die Schwerter kreuzten. Am 3. September speiste er mit großem +Gepränge im Palast von Woodstock, einem alten berühmten Schlosse, von +dem kein Stein mehr vorhanden ist, dessen Lage aber noch heute auf der +Wiese des Blenheimparks durch zwei unweit der stattlichen Brücke +stehende Platanen bezeichnet wird. + + [Anmerkung 16: London Gazette vom 18. Aug. bis 1. Sept. 1687; + Barillon, 19.(29.) Sept.] + + [Anmerkung 17: +„Penn, chef des Quakers, qu’on sait être dans les + intérêts du Roi d’Angleterre, est si fort décrié parmi ceux de son + parti qu’il n’ont plus aucune confiance en lui.“+ -- Bonrepaux an + Seignelay, 12.(22.) Sept. 1687. Gerhard Croese’s Zeugniß lautet + ganz ebenso: +„Etiam Quakeri Pennum non amplius, ut ante ita + amabant ac magnifaciebant, quidam aversabantur ac fugiebant.“ -- + Historia Quakeriana, lib. II. 1695.+] + + [Anmerkung 18: +Cartwright’s Diary, Aug. 30. 1687+; +Clarkson’s + Life of William Penn.+] + + [Anmerkung 19: +London Gazette, Sept. 5.+; +Sheridan MS.+; + Barillon 6.(16.) Sept. 1687. +„Le Roi son maître,“+ sagt Barillon, + +„a témoigné une grande satisfaction des mesures qu’il a prises, + et a autorisé ce qu’il a fait en faveur des Catholiques. Il les + établit dans les emplois et les charges, en sorte que l’autorité + se trouvera bientôt entre leurs mains. Il reste encore beaucoup de + choses à faire en ce pays là pour retirer les biens injustement + ôtés aux Catholiques. Mais cela ne peut s’exécuter qu’avec le + temps et dans l’assemblée d’un parlement en Irlande.“+] + + +[_Der König in Oxford._] Am Abend erreichte er Oxford, wo er mit den +gewohnten Ehrenbezeigungen empfangen wurde. Die Studenten hatten sich in +ihrer akademischen Tracht vom Stadtthore bis an den Haupteingang des +Christchurch-Collegiums in einer Doppelreihe aufgestellt. Er stieg in +der Dechanei ab, wo er unter anderen Bequemlichkeiten eine zum Meßdienst +eingerichtete Kapelle vorfand.[20] + + [Anmerkung 20: +London Gazette, Sept. 5, 8. 1687+.] + + +[_Er giebt den Collegiaten des Magdalenenstifts einen Verweis._] Den Tag +nach seiner Ankunft erhielten die Fellows des Magdalenen-Collegiums +Befehl, ihm ihre Aufwartung zu machen. Als sie vor ihm erschienen, +behandelte er sie mit einem Übermuth, wie ihn die puritanischen +Visitatoren gegen ihre Vorgänger nie bewiesen hatten. „Sie haben Sich +nicht wie Gentlemen gegen mich benommen,“ rief er aus; „Sie haben Sich +eben so unschicklich als ungehorsam gezeigt.“ Sie fielen auf die Knie +und überreichten ihm eine Petition. Er wollte sie nicht ansehen. „Ist +das die Loyalität Ihrer englischen Kirche? Ich hätte nicht gedacht, daß +so viele Geistliche der Kirche Englands sich bei einer solchen Sache +betheiligen könnten. Gehen Sie nach Hause, gehen Sie. Ich bin König und +ich verlange Gehorsam. Gehen Sie augenblicklich in Ihre Kapelle und +nehmen Sie den Bischof von Oxford auf. Und wehe Denen, die sich weigern, +sie sollen das ganze Gewicht meiner Hand fühlen, sie sollen erfahren, +was es heißt, sich die Ungnade seines Souverains zuziehen!“ Die noch +immer vor ihm knieenden Collegiaten reichten ihm wiederholt ihre +Petition dar. Er warf sie zornig zu Boden. „Gehen Sie, sage ich, ich +nehme nichts von Ihnen an, bis Sie den Bischof aufgenommen haben!“ + +Sie gingen und versammelten sich augenblicklich in ihrer Kapelle. Es +wurde die Frage gestellt, ob sie sich dem Befehle Seiner Majestät fügen +sollten. Smith war abwesend, nur Charnock antwortete mit Ja. Alle +übrigen Collegiaten erklärten, daß sie in allen gesetzlichen Dingen dem +Könige bereitwilligst gehorchen, ihre Statuten und ihre Eide aber nicht +verletzen würden. + +Voll Zorn und Ärger über seine Niederlage verließ der König Oxford und +kehrte nach Bath zur Königin zurück. Seine Hartnäckigkeit und Willkür +hatte ihn in eine sehr schwierige Lage versetzt. Er hatte zu fest auf +die Wirkung seiner finstren Miene und seiner gebieterischen Rede +gerechnet und unbesonnenerweise nicht nur das Ansehen seiner Regierung, +sondern auch seine persönliche Würde aufs Spiel gesetzt. Konnte er +Unterthanen nachgeben, denen er mit erhobener Stimme und zornigen +Geberden gedroht hatte? Konnte er es auf der andren Seite wagen, an +einem Tage eine Anzahl achtungswerther Geistlicher aus ihrer Heimath zu +vertreiben, weil sie eine in den Augen der ganzen Nation heilige Pflicht +gethan hatten? Vielleicht gab es noch einen Ausweg aus dieser +Verlegenheit, vielleicht konnte das Collegium doch noch durch Drohungen, +durch Zureden oder durch Bestechung zur Unterwerfung gebracht werden. + + +[_Penn sucht zu vermitteln._] Man bediente sich Penn’s als Vermittler. +Er hatte zuviel Rechtsgefühl, als daß er das gewaltsame und ungerechte +Verfahren der Regierung hätte billigen können und er wagte es sogar, +einem Theile seiner Gedanken Worte zu geben. Jakob beharrte wie +gewöhnlich auf seinem Vorsatze, und der höfische Quäker that daher sein +Möglichstes, um das Collegium vom Pfade des Rechts abzuziehen. Zuerst +versuchte er es mit Einschüchterungen. Er sagte, der Gesellschaft drohe +der Untergang, denn der König sei im höchsten Grade aufgebracht. Es sei +allerdings ein schwerer Schritt für sie, das sahen die meisten Leute +ein; aber jedes Kind wisse auch, daß Seine Majestät seinen Willen gern +durchsetze und daß er Widerspruch nicht vertragen könne. Penn ermahnte +daher die Collegiaten, nicht auf die Gerechtigkeit ihrer Sache zu +pochen, sondern sich zu fügen oder wenigstens zu temporisiren. Ein +solcher Rath klang sonderbar aus dem Munde eines Mannes, der selbst von +der Universität vertrieben worden war, weil er wegen des Chorhemds einen +Tumult hervorgerufen, der sich lieber der Gefahr der Enterbung +ausgesetzt hatte, als daß er sich entschloß, vor einem königlichen +Prinzen den Hut abzunehmen und der wegen seiner in Conventikeln +gehaltenen Reden mehr als einmal in’s Gefängniß geschickt worden war. Es +gelang ihm jedoch nicht, die Magdalenen-Collegiaten zu schrecken. In +Antwort auf seine drohenden Winke wurde er daran erinnert, daß unter der +vorigen Generation vierunddreißig von den vierzig Collegiaten lieber mit +Freuden ihre geliebten Kreuzgänge und Gärten, ihre Halle und ihre +Kapelle verlassen hätten und fortgegangen seien, ohne zu wissen wo sie +ein Mahl oder ein Nachtlager finden würden, als daß sie ihren +Unterthaneneid gebrochen hätten. Jetzt verlange der König die Verletzung +eines andren Eides von ihnen, aber er solle erfahren, daß der alte Geist +noch nicht erstorben sei. + +Penn zog nun gelindere Saiten auf. Er hatte eine Besprechung mit Hough +und einigen Collegiaten und begann endlich nach vielen Versicherungen +von Theilnahme und Freundschaft die Möglichkeit eines Vergleichs in +Aussicht zu stellen. Der König vertrage nun einmal keinen Widerspruch, +sagte er, das Collegium müsse nachgeben und Parker annehmen. Aber seine +Gesundheit sei schwankend und alle seine Ämter würden voraussichtlich +bald erledigt sein. „Doctor Hough,“ setzte er hinzu, „kann dann Bischof +von Oxford werden. Wie würde Ihnen das gefallen, meine Herren?“ Penn +hatte während seines ganzen Lebens gegen eine Miethlingsgeistlichkeit +gepredigt. Er hielt sich für verpflichtet, die Entrichtung von Zehnten +zu verweigern, und dies selbst als er mit Zehnten belastete Ländereien +gekauft hatte und ihm der Betrag der Zehnten von der Kaufsumme +nachgelassen worden war. Nach seinen eigenen Grundsätzen würde er eine +große Sünde begangen haben, wenn er sich dabei betheiligt hätte, dem +frömmsten Geistlichen selbst unter den ehrenvollsten Bedingungen eine +Pfründe zu verschaffen. Aber sein Character war durch schlechte +Gesellschaft so verdorben und sein Verstand durch übermäßigen Eifer für +einen einseitigen Zweck so verdunkelt, daß er keinen Anstand nahm, bei +einer Simonie von ganz besonders unehrenhafter Art den Unterhändler +abzugeben und ein Bisthum als Köder zu benutzen, um einen Geistlichen +zum Eidbruche zu verführen. Hough erwiederte mit höflicher +Geringschätzung, daß er von der Krone nichts weiter verlange als +einfache Gerechtigkeit. „Wir sind an unsere Statuten und unsere Eide +gebunden,“ sagte er; „aber auch ganz abgesehen von unseren Statuten und +unseren Eiden fühlen wir uns verpflichtet, unsren Glauben zu +vertheidigen. Die Papisten haben uns schon das University-Collegium und +das Christchurch-Collegium geraubt, jetzt greifen sie auch das +Magdalenen-Collegium an. Sie werden bald Alles haben.“ + +Penn war so unbesonnen, hierauf zu antworten, daß er ernstlich glaube, +die Papisten würden nun zufrieden sein. „Das University-Collegium,“ +sagte er, „ist ein schönes Collegium, Christchurch ein vortrefflicher +Platz und Magdalenen ein herrliches Gebäude. Die Lage ist angenehm, die +Gartenanlagen am Flusse reizend. Wenn die Katholiken vernünftig sind, +werden sie sich damit begnügen.“ Diese alberne Erklärung würde allein +schon Hough und seine Collegen in die Unmöglichkeit versetzt haben, +nachzugeben. Die Unterhandlung wurde abgebrochen, und der König beeilte +sich, seiner Drohung gemäß die Ungehorsamen fühlen zu lassen, was es +hieß, sich seine Ungnade zuziehen. + + +[_Eine kirchliche Specialcommission wird nach Oxford gesandt._] +Cartwright, Bischof von Chester, Wright, Oberrichter der Kings Bench, +und Sir Thomas Jenner, ein Baron des Schatzkammergerichts, erhielten +eine Specialvollmacht zur Visitation des Collegiums. Am 20. October +kamen sie in Oxford an, begleitet von drei Schwadronen Kavalerie mit +gezogenen Säbeln. Am folgenden Morgen nahmen die Commissare im Hörsaale +des Magdalenen-Collegiums ihre Sitze ein und Cartwright hielt eine +loyale Rede, welche noch vor wenigen Jahren von den Oxfordern mit lautem +Beifall aufgenommen worden wäre, die aber jetzt mit stummem Unwillen +angehört wurde. Es erfolgte hierauf eine lange Debatte. Der Präsident +vertheidigte seine Rechte mit Geschick, Mäßigung und Entschiedenheit. Er +versicherte seine hohe Achtung vor der königlichen Autorität, behauptete +aber fest, daß er nach den Gesetzen Englands ein Eigenthumsrecht an das +Haus und an die mit der Präsidentur verbundenen Einkünfte habe. Dieses +Rechts könne ihn ein Machtspruch des Landesherrn nicht berauben. „Wollen +Sie sich unsrer Visitation unterwerfen?“ fragte der Bischof. „Ich +unterwerfe mich derselben,“ antwortete Hough mit weiser Vorsicht, „in so +weit sie mit dem Gesetz im Einklange steht, weiter nicht.“ -- „Wollen +Sie den Schlüssel zu Ihrer Wohnung ausliefern?“ fragte Cartwright. Hough +schwieg. Die Frage wurde wiederholt, und Hough antwortete nun mild aber +entschieden, daß er dies nicht thun werde. Die Commissare nannten ihn +einen unberufenen Eindringling und forderten die Collegiaten auf, seine +Autorität nicht mehr anzuerkennen und für die Aufnahme des Bischofs von +Oxford zu stimmen. Charnock versprach bereitwilligst Gehorsam, Smith gab +eine ausweichende Antwort, die Hauptmasse der Collegiaten aber erklärte +auf das Bestimmteste, daß sie Hough noch immer als ihren rechtmäßigen +Präsidenten betrachteten. + + +[_Hough’s Protest._] Jetzt bat Hough um die Erlaubniß, selbst noch +einige Worte an die Commissare richten zu dürfen. Sie bewilligten ihm +dies sehr artig, vielleicht weil sie nach seinem ruhigen und gelassenen +Benehmen erwarteten, daß er ein Zugeständniß machen werde. „Mylords,“ +sprach er, „Sie haben mich heute meines freien Eigenthums beraubt; ich +protestire hiermit gegen Ihr ganzes Verfahren als gesetzwidrig, +ungerecht und nichtig und appellire an unsren erlauchten Gebieter, den +König, in seinen Gerichtshöfen.“ Ein lautes beifälliges Gemurmel erhob +sich unter den Studirenden, welche den Saal füllten. Die Commissare +waren wüthend. Man suchte die Verbrecher, welche applaudirt hatten, +herauszufinden, aber vergebens. Der ganze Zorn der Commission richtete +sich nun gegen Hough. „Glauben Sie nicht, daß Sie uns trotzen können,“ +rief Jenner mit einem Wortspiel auf den Namen des Präsidenten.[21] „Ich +werde die Autorität Seiner Majestät aufrecht erhalten, so lange ich +Athem in meiner Brust habe,“ setzte Wright hinzu. „Das Alles kommt von +Ihrem nach Popularität haschenden Protest. Sie haben den Landfrieden +gebrochen und sollen sich dafür vor der Kings Bench verantworten. Ich +verpflichte Sie bei Strafe von tausend Pfund, beim nächsten Termine zu +erscheinen. Wir wollen sehen, ob die Civilgewalt Sie nicht bändigen +wird. Reicht sie nicht aus, so sollen Sie auch die militairische haben.“ +Oxford befand sich in der That in einer Stimmung, welche die Commissare +nicht wenig beunruhigte. Die Soldaten erhielten Befehl, ihre Carabiner +zu laden, und man sagte, es sei ein expresser Bote nach London geschickt +worden, um schleunige Nachsendung von Verstärkungen zu verlangen. Es +fand jedoch keine Ruhestörung statt. + + [Anmerkung 21: Im Deutschen läßt sich das Wortspiel nicht + wiedergeben. +Hough+ und +huff+ (trotzen) wird im Englischen + ziemlich gleich ausgesprochen. D. Übers.] + + +[_Einsetzung Parker’s._] Der Bischof von Oxford wurde mittelst Vollmacht +ruhig eingesetzt, aber nur zwei Mitglieder des Magdalenen-Collegiums +wohnten der Feierlichkeit bei. Mancherlei Anzeichen bewiesen, daß der +Geist des Widerstandes sich auch des Volks bemächtigt hatte. Der +Thürsteher des Collegiums warf seinen Schlüssel weg. Der Kellermeister +weigerte sich, den Namen Hough’s aus dem Wirthschaftsbuche zu streichen. +In der ganzen Stadt war kein Schlosser aufzutreiben, der die Thür der +Präsidentenwohnung aufsprengen wollte. Die eigenen Diener der Commissare +mußten die Thür mit eisernen Stangen erbrechen. Die Predigten, welche am +nächstfolgenden Sonntage in der Universitätskirche gehalten wurden, +waren voll von Bemerkungen, welche Cartwright tief kränkten; aber sie +waren so gehalten, daß er nichts dagegen thun konnte. + +Wäre Jakob nicht ganz verblendet gewesen, so würde er hier innegehalten +haben. Die Collegiaten waren im Ganzen genommen nicht geneigt, den +Widerstand noch weiter zu treiben. Sie waren der Meinung, daß sie ihre +Achtung vor ihren Statuten und Eiden hinreichend bewiesen hätten, indem +sie ihre Mitwirkung bei der Einsetzung eines Unberufenen verweigerten, +und daß sie sich ihm jetzt, da er im factischen Besitze des Amtes war, +als ihrem Oberhaupte unterwerfen könnten, ohne einen Vorwurf auf sich zu +laden, bis er durch den Ausspruch eines competenten Gerichts entfernt +wurde. Nur ein Collegiat, Doctor Fairfax, weigerte sich, auch nur soweit +nachzugeben. Die Commissare würden zu einer solchen Verständigung gern +die Hand geboten haben und einige Stunden lang herrschte eine +Waffenruhe, von der Viele glaubten, daß sie zu einem gütlichen Vergleich +führen werde. Aber bald war Alles wieder in Aufregung. Die Collegiaten +sahen, daß die öffentliche Meinung sie offen der Kleinmüthigkeit +beschuldigte; in der Stadt sprach man schon ironisch von einem +Magdalenengewissen und sagte, der tapfere Hough und der brave Fairfax +seien verrathen und verlassen worden. Noch ärgerlicher waren die +Spötteleien Obadja Walker’s und seiner Renegatensippschaft. Das also, +sagten diese Apostaten, sei das Ende von all den hochtrabenden Worten, +in denen die Gesellschaft ihren Entschluß erklärt habe, treu zu ihrem +rechtmäßigen Präsidenten und zu ihrem protestantischen Glauben zu +stehen! Während die Collegiaten, tief gekränkt durch den öffentlichen +Tadel, ihre bedingte Unterwerfung bereueten, erfuhren sie, daß diese den +König noch keineswegs zufriedengestellt habe. Es sei nicht genug, sagte +er, daß sie sich erboten hätten, dem Bischof von Oxford als factischem +Präsidenten zu gehorchen; sie müßten auch die Commission und Alles was +dieselbe gethan habe, als gesetzlich anerkennen. Sie müßten eingestehen, +daß sie pflichtvergessen gehandelt hätten, müßten ihr Benehmen bereuen +und versprechen, daß sie sich in Zukunft besser betragen wollten, müßten +Seine Majestät um Verzeihung bitten und ihm zu Füßen fallen. Nur zwei +Collegiaten, Charnock und Smith, über welche der König nicht zu klagen +hatte, wurden von der Verpflichtung, diese erniedrigenden +Entschuldigungen zu machen, ausgenommen. + +Nie that Jakob einen thörichteren Fehlgriff. Die Collegiaten, schon mit +sich selbst unzufrieden, weil sie so weit nachgegeben hatten, und durch +den Tadel des Publikums gereizt, ergriffen eifrig die ihnen jetzt +gebotene Gelegenheit, die öffentliche Achtung wieder zu gewinnen. Sie +erklärten einstimmig, sie würden niemals deshalb, daß sie in ihrem +Rechte gewesen seien, um Verzeihung bitten, und eben so wenig +anerkennen, daß die Visitation ihres Collegiums und die Beraubung ihres +Präsidenten gesetzlich gewesen sei. + + +[_Vertreibung der Collegiaten._] Jetzt ließ sie der König das angedrohte +ganze Gewicht seiner Hand fühlen. Durch ein summarisches Edict wurden +sie zur Vertreibung verurtheilt. Diese Strafe wurde indessen noch nicht +für genügend erachtet. Man wußte, daß viele Edelleute und Gentlemen, +welche ein kirchliches Patronatrecht hatten, sich bemühen würden, für +Männer zu sorgen, welche für die Gesetze Englands und für den +protestantischen Glauben so viel gelitten. Deshalb erklärte die Hohe +Commission die Vertriebenen für unfähig, irgend ein geistliches Amt +wieder zu bekleiden, und Diejenigen, welche noch nicht ordinirt waren, +wurden für unfähig erklärt, die geistliche Ordination zu empfangen. So +hatte Jakob die Genugthuung, Viele von ihnen aus einer Lage, in der sie +alle möglichen Annehmlichkeiten des Lebens genossen und die schönsten +Aussichten auf zukünftige Anstellungen hatten, in hoffnungslose +Dürftigkeit zurückgeworfen zu haben. + +Aber all’ diese Strenge hatte gerade die entgegengesetzte Wirkung als er +erwartete. Der Geist der Engländer, dieser trotzige Geist, den kein +König aus dem Hause Stuart jemals durch Erfahrung erkennen lernte, +empörte sich heftig gegen die Ungerechtigkeit. Oxford, der friedliche +Sitz der Gelehrsamkeit und Loyalität, war in einem Zustande, ähnlich +dem, in welchem sich London am Morgen nach dem Versuche Karl’s I., die +fünf Parlamentsmitglieder festnehmen zu lassen, befunden hatte. Der +Vicekanzler war am Tage der Vertreibung von den Commissaren zu Tische +eingeladen worden. Er lehnte die Einladung ab. „Mein Geschmack,“ sagte +er, „ist verschieden von dem des Obersten Kirke; ich kann unter dem +Galgen nicht mit Appetit essen.“ Die Studenten weigerten sich, den neuen +Vorsteher des Magdalenen-Collegiums zu grüßen. Smith erhielt den +Spottnamen +Dr.+ Schuft und wurde in einem Kaffeehause öffentlich +insultirt. Als Charnock die Demies aufforderte, in seiner Gegenwart ihre +akademischen Übungen vorzunehmen, antworteten sie ihm, daß sie ihrer +rechtmäßigen Vorsteher beraubt seien und sich keiner widerrechtlichen +Autorität unterwerfen würden. Sie versammelten sich zum Studiren wie zum +Gottesdienst auf eigne Hand. Man versuchte es, sie durch das Anerbieten +der einträglichen Collegiaturen, welche eben für erledigt erklärt worden +waren, zu verführen, aber ein Untergraduirter nach dem andren antwortete +mit männlichem Freimuth, daß sein Gewissen ihm nicht gestatte, aus einem +Unrecht für sich Nutzen zu ziehen. Ein Student, der sich zur Annahme +einer Collegiatur überreden ließ, wurde von seinen Comiletonen aus dem +Saale gestoßen. Es wurden junge Leute aus anderen Collegien eingeladen, +aber mit geringem Erfolg; die reichste Stiftung des Landes schien selbst +für arme Studenten alle Anziehungskraft verloren zu haben. Inzwischen +wurde in London und im ganzen Lande Geld zur Unterstützung der +vertriebenen Collegiaten gesammelt. Die Prinzessin von Oranien zeichnete +zur großen Freude aller Protestanten zweihundert Pfund. Der König, +beharrte nichtsdestoweniger bei dem eingeschlagenen Verfahren. Auf die +Vertreibung der Collegiaten folgte bald die Ausstoßung einer Menge +Demies. Währenddem nahmen die körperlichen und geistigen Kräfte des +neuen Präsidenten mehr und mehr ab. Er hatte zu der Zeit, als sein +Kollegium sich in offener Empörung gegen seine Autorität befand, noch +einen schwachen Versuch gemacht, der Regierung einen Dienst zu leisten, +indem er eine Vertheidigung der Indulgenzerklärung oder vielmehr der +Lehre von der Transsubstantiation erscheinen ließ. Diese Schrift rief +viele Entgegnungen hervor, namentlich eine von Burnet, die mit +außerordentlicher Kraft und Schärfe geschrieben war. Wenige Wochen nach +der Vertreibung der Demies starb Parker in dem Hause, von dem er +gewaltsam Besitz ergriffen hatte. Man sagte damals, Reue und Scham +hätten sein Ende beschleunigt. Er ruht in der schönen Vorkapelle des +Collegiums, aber kein Denkstein bezeichnet sein Grab. + + +[_Das Magdalenen-Collegium in ein papistisches Seminar verwandelt._] Der +ganze Plan des Königs wurde nun vollends ausgeführt: das Collegium wurde +zu einem papistischen Seminar umgestaltet. Bonaventura Giffard, der +katholische Bischof von Madura, ward Präsident. In der Kapelle wurde +katholischer Gottesdienst gehalten und an einem Tage zwölf Katholiken +als Collegiaten aufgenommen. Einige servile Protestanten bewarben sich +um die Aufnahme, wurden aber abschläglich beschieden. Smith, der loyal +bis zur Begeisterung, aber noch immer ein aufrichtiges Mitglied der +anglikanischen Kirche war, konnte das veränderte Aussehen des Hauses +nicht ertragen. Er entfernte sich, kam der Aufforderung zur Rückkehr in +seine Wohnung nicht nach, und wurde daher abgesetzt. So war das +Beraubungswerk vollendet.[22] + +Das Universitätssystem Englands ist von der Art, daß jedes Ereigniß, das +die Interessen oder die Ehre irgend einer Universität berührt, im ganzen +Lande nothwendig einen starken Eindruck machen muß. Jeder neue Schlag +gegen das Magdalenen-Collegium wurde daher bis an die äußersten +Endpunkte des Königreichs gefühlt. In den londoner Kaffeehäusern, in den +juristischen Hochschulen, unter den Geistlichen aller Domkapitel, in +Pfarrwohnungen und Landschlössern selbst der entferntesten Grafschaften +war das Mitleid mit den Duldern und der Unwille gegen die Regierung +beständig im Zunehmen. Hough’s Protest fand überall Beifall, das +Aufsprengen seiner Thür wurde überall mit Abscheu erzählt und das über +die Collegiaten verhängte Beraubungs- und Vertreibungsurtheil zerriß +endlich die einst so engen und theuren Bande, welche die anglikanische +Kirche mit dem Hause Stuart verknüpften. + + [Anmerkung 22: Prozeßverfahren gegen das Magdalenen-Collegium zu + Oxford wegen Nichterwählung Anton Farmer’s zum Präsidenten, in der + +Collection of State Trials+, Ausgabe von Howell; +Luttrell’s + Diary, June 15., 17., Oct. 24., Dec. 10. 1687+; +Smith’s + Narrative+; Brief von Doctor Richard Rawlinson vom 31. Oct. 1687; + +Reresby’s Memoirs+; +Burnet, I. 699+; +Cartwright’s Diary+; + Citters, 25. Oct. (4. Nov.), 28. Oct. (7. Nov.), 8.(18.) u. + 18.(28.) Nov. 1687.] + + +[_Groll der Geistlichkeit._] Bitterer Groll und schlimme Befürchtungen +traten an die Stelle der Liebe und des Vertrauens. Es gab keinen +Pfründner, keinen Rector und keinen Vikar, der nicht von der Angst +gequält worden wäre, daß er, so friedlich sein Character und so +unbedeutend seine Stelle sein mochte, vielleicht in wenigen Monaten +durch einen willkürlichen Machtspruch aus seinem Hause vertrieben werden +könne, um im zerrissenen Priesterrocke mit Frau und Kindern zu betteln, +während sein durch uralte Gesetze und durch das königliche Wort +gesichertes Eigenthum von einem Apostaten in Besitz genommen wurde. Das +war also der Lohn für die heldenmüthige Loyalität, die sich in allen +Wechselfällen fünfzig stürmischer Jahre nicht ein einziges Mal +verleugnet hatte! Deshalb also hatte die Geistlichkeit für Karl I. +Plünderung und Verfolgung ertragen, deshalb hatte sie Karl II. in seinem +harten Kampfe mit der whiggistischen Opposition unterstützt, deshalb +hatte sie in der vordersten Reihe gegen Diejenigen gestanden, welche +Jakob seines Geburtsrechtes berauben wollten! Ihrer Treue allein +verdankte ihr Unterdrücker die Macht, die er jetzt zu ihrem Verderben +anwendete. Lange genug hatten sie mit bitterem Schmerze die Leiden +aufgezählt, die sie von den Puritanern in den Tagen ihrer Macht hatten +erdulden müssen. Der Puritaner war indessen einigermaßen zu +entschuldigen. Er war ein erklärter Feind, er hatte sich für erlittenes +Unrecht zu rächen und selbst er war nicht ganz ohne Mitleid gewesen, als +er die Kirchenverfassung des Landes umgestaltete und Alle, die seinen +Covenant nicht unterschreiben wollten, absetzte. Er hatte denen, die er +ihrer Pfründen beraubte, wenigstens so viel davon gelassen, als sie zu +ihrem Lebensunterhalte nothwendig brauchten. Aber des Königs Haß gegen +die Kirche, die ihn vor der Verbannung bewahrt und auf den Thron erhoben +hatte, war nicht so leicht zu sättigen. Nur der völlige Ruin seiner +Opfer konnte ihn zufrieden stellen. Nicht genug, daß sie aus ihren +Wohnungen vertrieben und ihres Einkommens beraubt wurden, auch jede +andre Laufbahn, auf der Männer ihrer Art ihren Unterhalt suchen konnten, +war ihnen mit raffinirter Böswilligkeit verschlossen und es blieb ihnen +nichts Andres übrig, als die unsichere und beschämende Hülfsquelle der +öffentlichen Mildthätigkeit. + +Die anglikanische Geistlichkeit und diejenigen Laien, welche dem +protestantischen Episcopat mit Liebe zugethan waren, betrachteten daher +jetzt den König mit Gefühlen, wie sie eine durch Undank noch +verschlimmerte Ungerechtigkeit nothwendig, erregen muß. Indessen hatte +der Anglikaner noch immer viele Bedenken des Gewissens und der Ehre zu +überwinden, ehe er sich zum gewaltsamen Widerstande gegen die Regierung +entschließen konnte. Man hatte ihn gelehrt, daß das göttliche Gesetz +passiven Gehorsam ohne Bedingung oder Ausnahme vorschreibe. Diese +Ansicht hatte er laut und offen ausgesprochen und die Insinuation, daß +extreme Fälle eintreten könnten, welche dem Volke das Recht gäben, gegen +königliche Tyrannei das Schwert zu ziehen, mit Verachtung +zurückgewiesen. Sowohl Grundsatz als Scham hielten ihn demnach ab, das +Beispiel der rebellischen Rundköpfe nachzuahmen, so lange noch einige +Hoffnung auf friedliche und gesetzmäßige Befreiung vorhanden war, und +eine solche Hoffnung konnte man vernünftigerweise wohl hegen, so lange +die Prinzessin von Oranien die nächste Thronerbin war. Wenn er diese +Glaubensprüfung geduldig überstand, so würden die Gesetze der Natur bald +das für ihn thun, was er ohne Sünde und Schande nicht selbst für sich +thun konnte. Die Bedrückungen der Kirche wurden dann abgestellt, ihr +Eigenthum und ihre Würde durch neue Bürgschaften gesichert und die +schändlichen Minister, die sie in Zeiten der Bedrängniß gekränkt und +verhöhnt hatten, wurden exemplarisch bestraft. + + +[_Pläne der jesuitischen Cabale in Bezug auf die Thronfolge._] An das +Ereigniß, von dem die anglikanische Kirche eine ehrenvolle und +friedliche Erlösung von ihren Leiden erwartete, konnten auch die +sorglosesten Mitglieder der jesuitischen Cabale nicht ohne quälende +Besorgnisse denken. Wenn ihr Gebieter starb, ohne ihnen eine größere +Sicherheit gegen die Strafgesetze zu hinterlassen als eine +Indulgenzerklärung, welche die ganze Nation einstimmig für null und +nichtig erklärt hatte, wenn ein von dem nämlichen Geiste, welcher in den +Parlamenten Karl’s II. vorgeherrscht, beseeltes Parlament sich um den +Thron eines protestantischen Landesoberhauptes versammelte, war dann +nicht vorauszusehen, daß eine furchtbare Vergeltung ausgeübt, daß die +alten Gesetze gegen den Papismus mit schonungsloser Strenge gehandhabt +und daß noch härtere neue Gesetze dem Gesetzbuche einverleibt werden +würden? Von diesen schlimmen Befürchtungen wurden die bösen Rathgeber +der Krone schon seit langer Zeit gequält, und einige von ihnen hatten +sonderbare und verzweifelte Schutzmittel ersonnen. Jakob hatte den Thron +kaum bestiegen, so begann man sich in Whitehall schon zuzuflüstern, daß, +wenn die Prinzessin Anna katholisch werden wollte, es mit Hülfe Ludwig’s +vielleicht nicht unmöglich sein würde, das Geburtsrecht ihrer älteren +Schwester auf sie zu übertragen. Bei der französischen Gesandtschaft +fand diese Idee großen Beifall und Bonrepaux war der Meinung, daß +Jakob’s Einwilligung nicht schwer zu erlangen sein werde.[23] Bald +jedoch zeigte es sich deutlich, daß Anna der Landeskirche +unerschütterlich treu war. Der Gedanke, sie zur Königin zu machen, wurde +daher wieder aufgegeben. Dessenungeachtet nährte ein kleines Häuflein +Fanatiker noch immer die kühne Hoffnung, daß es ihnen gelingen könne, +die Thronfolgeordnung zu ändern. Der Plan dieser Männer wurde in einem +Entwurfe dargelegt, von dem noch eine schlechte französische Übersetzung +vorhanden ist. Es sei zu hoffen, sagten sie, daß der König im Stande +sein werde, den wahren Glauben zu befestigen, ohne zu extremen Mitteln +zu greifen; im schlimmsten Fall aber könne er die Verfügung über seine +Krone Ludwig anheimstellen. Es sei für die Engländer immer noch besser, +wenn sie Vasallen Frankreichs wären, als Sklaven des Teufels.[24] Dieses +höchst merkwürdige Actenstück ging unter den Jesuiten und Höflingen von +Hand zu Hand, bis endlich einige ausgezeichnete Katholiken, in denen die +Bigotterie noch nicht allen Patriotismus erstickt hatte, dem +holländischen Gesandten eine Abschrift anfertigten. Dieser zeigte den +Aufsatz dem Könige, und Jakob erklärte denselben für eine erbärmliche +Fälschung, die von einem holländischen Pamphletschmierer ersonnen sein +müsse. Der holländische Gesandte antwortete mit Entschiedenheit, daß er +durch das Zeugniß mehrerer ausgezeichneter Mitglieder der eigenen Kirche +Seiner Majestät das Gegentheil beweisen könne, ja daß es sogar nicht +schwer sein werde, den Verfasser ausfindig zu machen, welcher im Grunde +nur das niedergeschrieben habe, wovon viele Priester und geschäftige +Politiker täglich in den Gallerien des Palastes sprächen. Der König +hielt es nicht für rathsam, nach dem Verfasser zu forschen, nahm den +Vorwurf der Fälschung zurück und versicherte mit großer Heftigkeit und +Feierlichkeit, daß es ihm nie in den Sinn gekommen sei, seine älteste +Tochter zu enterben. „Niemand,“ sagte er, „hat es je gewagt, eine solche +Idee gegen mich zu äußern, und ich würde auch nie darauf hören. Gott +befiehlt uns nicht, die wahre Religion durch Ungerechtigkeit zu +verbreiten, und dies würde die empörendste, widernatürlichste +Ungerechtigkeit sein“.[25] Trotz aller dieser Betheuerungen meldete +Barillon wenige Tage später seinem Hofe, daß Jakob angefangen habe, auf +Einflüsterungen in Betreff einer Änderung der Thronfolgeordnung zu +hören, daß die Sache zwar sehr kitzlich sei, daß man aber gegründete +Hoffnung habe, mit der Zeit und durch vorsichtiges Verfahren einen Weg +zu finden, um die Krone mit Ausschließung der beiden Prinzessinnen auf +ein römisch-katholisches Haupt zu bringen.[26] Dieser Plan wurde noch +viele Monate von den heftigsten und überspanntesten Papisten am Hofe +besprochen, und es wurden wirklich Candidaten für den Königsthron +genannt.[27] + + [Anmerkung 23: +„Quand on connoit le dedans de cette cour aussi + intimement que je la connois, on peut croire que Sa Majesté + Britannique donnera volontiers dans ces sortes de projets.“+ + Bonrepaux an Seignelay, 18.(28.) März 1686.] + + [Anmerkung 24: +„Que, quand pour établir la religion Catholique et + pour la confirmer icy, il+ (Jakob) +devroit se rendre en quelque + façon dépendant de la France, et mettre la décision de la + succession à la couronne entre les mains de ce monarque là, qu’il + seroit obligé de le faire, parcequ’il vaudroit mieux pour ses + sujets qu’ils devinssent vassaux du Roy de France, étant + Catholiques, que de demeurer comme esclaves du Diable.“+ -- Dieses + Schriftstück befindet sich sowohl im französischen als auch im + holländischen Archive.] + + [Anmerkung 25: Citters, 6.(16.) u. 17.(27.) Aug.; Barillon, + 19.(29.) Aug.] + + [Anmerkung 26: Barillon, 13.(23.) Sept. 1686. +„La succession est + une matière fort délicate à traiter. Je sais pourtant qu’on en + parle au Roy d’Angleterre et qu’on ne désespère pas avec le temps + de trouver des moyens pour faire passer la couronne sur la tête + d’un héritier Catholique.“+] + + [Anmerkung 27: Bonrepaux, 11.(21.) Juli 1687.] + + +[_Jakob’s und Tyrconnel’s Plan, die Prinzessin von Oranien von der +Erbfolge im Königreich Irland auszuschließen._] Es ist jedoch nicht +wahrscheinlich, daß Jakob jemals einen so unsinnigen Schritt zu thun +beabsichtigte. Er mußte wissen, daß England nicht einen einzigen Tag das +Joch eines Usurpators ertragen hätte, der noch obendrein Papist war, und +daß sowohl Diejenigen, welche die Ausschließungsbill unterstützt, als +auch Die, welche sich ihr widersetzt hatten, jeden Versuch, die +Prinzessin Marie bei Seite zu schieben, auf Leben und Tod bekämpft haben +würden. Dagegen unterliegt es keinem Zweifel, daß der König bei einem +minder unsinnigen, aber eben so unverantwortlichen Anschlage auf die +Rechte seiner Kinder die Hand im Spiele hatte. Tyrconnel hatte im +Einverständniß mit seinem Gebieter Anstalten getroffen, um Irland von +dem Königreiche zu trennen und es unter Ludwig’s Protection zu stellen, +sobald die Krone einem protestantischen Oberhaupte zufallen würde. +Bonrepaux war zu Rathe gezogen worden, hatte seinem Hofe den Plan +mitgetheilt und die Weisung erhalten, Tyrconnel zu versichern, daß +Frankreich zur Ausführung dieser großartigen Idee kräftigen Beistand +leisten werde.[28] Diese Unterhandlungen, welche im Haag vielleicht +nicht in ihrem ganzen Umfange genau bekannt waren, aber doch stark +vermuthet wurden, dürfen nicht außer Acht gelassen werden, wenn man sich +ein richtiges Urtheil über das Verfahren bilden will, das die Prinzessin +von Oranien wenige Monate später einschlug. Wer sie einer Verletzung der +Kindespflicht beschuldigt, muß zugeben, daß ihr Fehler durch das ihr +zugefügte Unrecht wenigstens sehr gemildert wird. Wenn sie im Interesse +ihres Glaubens die heiligsten Bande der Blutsverwandtschaft zerriß, so +folgte sie nur dem Beispiele ihres Vaters. Sie lieh erst dann die Hand +zu seiner Absetzung, als er einen Anschlag zu ihrer Enterbung +geschmiedet hatte. + + [Anmerkung 28: Bonrepaux an Seignelay, 25. Aug. (4. Sept.) 1687. + Ich will eine Stelle aus dieser wichtigen Depesche hier anführen. + +„Je sçay bien certainement que l’intention du Roy d’Angleterre + est de faire perdre ce royaume+ (Irland) +à son successeur, et de + le fortifier en sorte que tous ses sujets Catholiques y puissent + avoir un asile assuré. Son projet est de mettre les choses en cet + estat dans le cours de cinq années.“+ -- In den +Secret Consults + of the Romish Party in Ireland, 1690+, findet sich eine Stelle, + aus welcher hervorgeht, daß diese Unterhandlung nicht streng + geheim gehalten wurde. „Obgleich der König es selbst vor seinen + Räthen verschwieg, so ist es doch gewiß, daß er dem französischen + König die Verfügung über jene Regierung und jenes Königreich + versprochen hat, sobald die Dinge so weit gediehen sein würden, + daß es sich thun ließe.“] + + +[_Schwangerschaft der Königin._] Bonrepaux war kaum davon +benachrichtigt, daß Ludwig beschlossen habe, Tyrconnel’s Vorhaben zu +unterstützen, so wurde jeder Gedanke an diesen Plan wieder aufgegeben. +Jakob erblickte den ersten Schimmer einer Hoffnung, die ihn mit Stolz +und Entzücken erfüllte: die Königin war schwanger. + + +[_Allgemeiner Zweifel._] Gegen Ende October 1687 begann sich die große +Neuigkeit gerüchtweise zu verbreiten. Man hatte bemerkt, daß Ihre +Majestät sich unter dem Vorwande der Unpäßlichkeit von mehreren +öffentlichen Feierlichkeiten fern gehalten. Es hieß, daß ihr eine Menge +Reliquien, denen man eine außerordentliche Wirkung zuschrieb, umgehängt +worden seien. Die Geschichte fand bald ihren Weg aus dem Palaste in die +Kaffeehäuser und verbreitete sich rasch durch das ganze Land. Nur sehr +Wenige begrüßten das Gerücht mit Freuden, der bei weitem größte Theil +der Nation vernahm es mit einem Gemisch von Zweifel und Besorgniß. Die +Sache war jedoch keineswegs so unglaublich. Der König hatte eben erst +sein vierundfünfzigstes Jahr vollendet und die Königin stand im Sommer +ihres Lebens. Sie hatte vier Kinder geboren, welche jung starben, und +lange nachher wurde sie von einem fünften entbunden, das Niemand ein +Interesse hatte als untergeschoben zu betrachten und das daher auch nie +für ein solches erklärt wurde. Da indessen seit dieser letzten +Schwangerschaft fünf Jahre verstrichen waren, so hatte das Volk unter +dem Einflusse der Täuschung, welche die Menschen so leicht verleitet, +das zu glauben was sie wünschen, jede Besorgniß, daß sie noch einen +Thronerben zur Welt bringen werde, aufgegeben. Auf der andren Seite +schien nichts natürlicher und wahrscheinlicher, als daß die Jesuiten +einen frommen Betrug ersonnen haben könnten. Es unterlag keinem Zweifel, +daß sie die Thronbesteigung der Prinzessin von Oranien als einen der +härtesten Schläge betrachten mußten, der ihre Kirche treffen konnte. +Eben so gewiß war es, daß sie nicht sehr gewissenhaft in der Wahl der +Mittel sein würden, mit deren Hülfe sie ein so großes Unglück von ihrer +Kirche abwenden konnten. In Werken von ausgezeichneten Mitgliedern ihrer +Gesellschaft, welche von ihren Oberen sanctionirt waren, war es deutlich +ausgesprochen, daß selbst Mittel, welche allen Begriffen von +Gerechtigkeit und Humanität noch viel ärger Hohn sprachen, als die +Einschmuggelung eines unächten Erben in eine Familie, mit Fug und Recht +zu minder wichtigen Zwecken angewendet werden dürften, als die Bekehrung +eines ketzerischen Königreichs war. Es war ruchbar geworden, daß einige +Räthe des Königs und sogar der König selbst Pläne geschmiedet hätten, um +die Prinzessin Marie ganz oder theilweis um ihr rechtmäßiges Erbe zu +betrügen. Es bemächtigte sich der öffentlichen Meinung ein Verdacht, der +zwar nicht wohl begründet, aber keineswegs so abgeschmackt war, als man +gewöhnlich glaubt, und die Unbesonnenheit einiger Katholiken bestärkte +das allgemeine Vorurtheil. Sie sprachen von dem glücklichen Ereignisse +wie von etwas Außerordentlichem und Wunderbaren, wie von einem Zeichen +derselben göttlichen Allmacht, welche Sara durch Isaak stolz und +glücklich machte und die Gebete Hanna’s mit Samuel belohnte. Marien’s +Mütter, die Herzogin von Modena, war unlängst gestorben. Kurz vor ihrem +Tode sollte sie mit inbrünstigen Gebeten und reichen Opfergaben die +heilige Jungfrau von Loretto angefleht haben, daß sie Jakob einen Sohn +schenken möge. Der König selbst hatte im vergangenen August auf seiner +Reise einen Abstecher nach der sogenannten heiligen Quelle gemacht und +dort die heilige Winifreda gebeten, daß sie ihm das Geschenk verschaffen +möge, ohne welches seine großen Pläne zur Verbreitung des wahren +Glaubens nur unvollkommen ausgeführt werden könnten. Die unbesonnenen +Zeloten, die auf solche Geschichten ein großes Gewicht legten, +prophezeiten mit Zuversicht, daß das ungeborne Kind ein Knabe sein werde +und boten darauf eine Wette von zwanzig Guineen gegen eine an. Sie +meinten, der Himmel werde sich nicht in’s Mittel gelegt haben, wenn er +nicht einen großen Zweck dabei hätte. Ein Fanatiker verkündete sogar, +die Königin werde Zwillinge gebären, von denen der ältere König von +England, der jüngere Papst werden würde. Marie konnte das Vergnügen, mit +dem sie diese Prophezeiungen anhörte, nicht verbergen, und ihre Hofdamen +sahen, daß sie sich nicht besser bei ihr insinuiren könnten, als wenn +sie davon sprachen. Die Katholiken würden klüger gethan haben, wenn sie +von der Schwangerschaft als von einem ganz natürlichen Ereignisse +gesprochen und ihr unverhofftes Glück mit mehr Mäßigung getragen hätten. +Ihr übermüthiger Triumph erregte nur den Unwillen des Volks und ihre +Prophezeiungen bestärkten es in seinem Verdacht. Von dem Prinzen und der +Prinzessin von Dänemark herab bis zu den Lastträgern und Waschweibern +erwähnte Niemand die verheißene Geburt ohne ein höhnisches Lächeln. Die +londoner Spottvögel beschrieben das neue Wunder in Reimen, die, wie man +leicht denken kann, nicht eben die zartesten waren. Die ungeschliffenen +Landsquires brachen in ein schallendes Gelächter aus, wenn sie mit +Jemandem zusammentrafen, der so einfältig war zu glauben, daß die +Königin wirklich noch einmal Mutter werden würde. Es erschien eine +königliche Verordnung, welche der Geistlichkeit befahl, ein von Crewe +und Sprat für dieses freudige Ereigniß besonders verfaßtes Bitt- und +Dankgebet zu verlesen. Die Geistlichen gehorchten, aber man bemerkte, +daß die Gemeinden nicht respondirten und kein Zeichen von Ehrerbietung +äußerten. Bald circulirte in allen Kaffeehäusern ein rohes Spottgedicht +auf die höfischen Prälaten, deren Feder sich der König bedient hatte. +Mutter East (Ost) war darin ebenfalls reichlich mit Schmähungen bedacht. +Zu diesem einheimischen einsilbigen Wörtchen hatten unsere Vorfahren den +Namen des großen Hauses Este, welches in Modena regierte, +verstümmelt.[29] + +Die neue Hoffnung, welche den Muth des Königs so sehr hob, war indessen +mit mancherlei Besorgnissen vermischt. Es bedurfte noch etwas mehr als +die Geburt eines Prinzen von Wales zum Gelingen der von der +Jesuitenpartei entworfenen Pläne. Es war nicht anzunehmen, daß Jakob so +lange lebte, bis sein Sohn das zur Ausübung der königlichen Functionen +erforderliche Alter erreicht hatte. Das Gesetz hatte den Fall eines +minderjährigen Thronerben nicht vorgesehen, und der regierende +Landesherr war nicht berechtigt, für diesen Fall eine testamentarische +Verfügung zu treffen. Die gesetzgebende Versammlung allein konnte die +Lücke ausfüllen. Starb Jakob, bevor Letzteres geschehen war, und +hinterließ er einen Nachfolger von zarter Jugend, so mußte die höchste +Gewalt unfehlbar protestantischen Händen zufallen. Selbst diejenigen +Tories, welche am festesten an dem Grundsatze hingen, daß nichts sie zum +Widerstande gegen ihren Lehnsherrn berechtigen könne, würden gewiß kein +Bedenken getragen haben, das Schwert gegen ein papistisches Weib zu +ziehen, die es gewagt hätte, sich die Vormundschaft über das Reich und +über den jugendlichen Souverain anzumaßen. Der Ausgang eines Kampfes +konnte kaum zweifelhaft sein. Der Prinz von Oranien oder seine Gemahlin +wurde Regent und der junge König kam in die Hände ketzerischer Lehrer, +deren Kunstgriffe die Eindrücke, welche sein Gemüth in der Kinderstube +empfangen hatte, jedenfalls bald verwischten. Er konnte ein zweiter +Eduard VI. werden und der durch die Fürsprache der Mutter Gottes und der +heiligen Winifreda erlangte Segen konnte sich in Fluch verwandeln.[30] +Gegen eine solche Gefahr konnte nur eine Parlamentsacte schützen, und +eine solche Acte war nicht leicht zu erlangen. + + [Anmerkung 29: Citters, 28. Oct. (7. Nov.), 22. Nov. (2. Dec.) + 1687; die Prinzessin Anna an die Prinzessin von Oranien, 14. u. + 20. März 1687/8; Barillon, 1.(11.) Dec. 1687; +Revolution + Politics+; das Gedicht: +„Two Toms and a Nat“+; Johnstone, 4. + April 1688; +Secret Consults of the Romish Party in Ireland, + 1690+.] + + [Anmerkung 30: Die Besorgnisse des Königs über diesen Punkt werden + von Ronquillo in einer Depesche vom 12.(22.) Dec. 1688 mit starken + Farben geschildert: +„Un Principe de Vales y un Dogue de York y + otro di Lochaosterna+ (vermuthlich Lancaster), +no bastan, a + reducir la gente; porque el Rey tiene 54 años, y vendrá á morir, + dejando los hijos pequeños, y que entonces el reyno se apoderará + dellos, y los nombrará tutor, y los educará en la religion + protestante, contra la disposicion que dejare el Rey, y la + autoridad de la Reyna.“+] + + +[_Stimmung der Wahlkörper und der Peers._] Es schien Alles anzudeuten, +daß, wenn die Häuser einberufen werden sollten, sie von dem Geiste von +1640 beseelt nach Westminster kommen würden. Das Resultat der +Grafschaftswahlen konnte kaum zweifelhaft sein. Die ganze Masse der +Grundeigenthümer, hohe und niedere, geistlichen und weltlichen Standes, +waren gegen die Regierung heftig aufgebracht. In der großen Mehrzahl +derjenigen Städte, wo das Stimmrecht von der Entrichtung örtlicher +Steuern oder von dem Besitze eines Grundstücks abhängig war, hätte sich +kein höfisch gesinnter Kandidat blicken lassen dürfen. Ein sehr großer +Theil des Unterhauses wurde von Mitgliedern von Municipalcorporationen +gewählt. Diese Corporationen waren unlängst reorganisirt worden, um den +Einfluß der Whigs und der Dissenters zu zerstören, mehr als hundert +Wahlkörper waren durch der Krone ergebene Gerichtshöfe ihrer Freibriefe +beraubt oder doch veranlaßt worden, einer gewaltsamen Entziehung ihrer +Privilegien durch freiwilliges Aufgeben derselben zuvorzukommen. Jeder +Mayor, jeder Alderman, jeder Stadtschreiber von Berwick bis Helstone war +Tory und Anglikaner; aber Tories und Anglikaner waren jetzt dem +Souverain nicht mehr ergeben. Die neuen Municipalbehörden waren noch +unlenksamer als die früheren je gewesen waren, und sie wählten ohne +allen Zweifel solche Abgeordnete, deren erster parlamentarischer Act +eine Anklage gegen alle papistischen Geheimräthe und gegen alle +Mitglieder der Hohen Commission war. + +Bei den Lords waren die Aussichten fast eben so trübe als bei den +Gemeinen. Es unterlag keinem Zweifel, daß die große Mehrzahl der +weltlichen Peers gegen die Maßregeln des Königs sein würden, und auf der +Bischofsbank, welche ihn vor sieben Jahren einstimmig gegen Diejenigen +unterstützt hatte, die ihn seines Geburtsrechtes berauben wollten, +konnte er nur auf den Beistand von vier oder fünf servilen Schmeichlern +rechnen, die von ihren Berufsgenossen wie von der ganzen Nation +verachtet wurden.[31] + +Jedem, den die Leidenschaft nicht gänzlich verblendete, mußten diese +Hindernisse unübersteiglich erscheinen. Die gewissenlosesten Sklaven der +Gewalt ließen Zeichen von Besorgniß laut werden. Dryden äußerte, der +König werde durch seinen Versuch, die Sache besser zu machen, sie nur +verschlimmern, und er sehnte sich zurück nach den goldenen Tagen des +sorglosen und gutmüthigen Karl.[32] Selbst Jeffreys wurde schwankend. So +lange er arm war, war er stets bereit gewesen, um des Gewinns willen dem +bösen Leumunde und dem öffentlichen Hasse zu trotzen; aber er hatte sich +jetzt durch Bestechlichkeit und Erpressungen große Reichthümer erworben, +und es lag ihm mehr daran, sich den Besitz derselben zu sichern, als sie +noch zu vermehren. Seine Lauheit zog ihm einen strengen Verweis aus +königlichem Munde zu. Aus Furcht, das große Siegel zu verlieren, +versprach er Alles was von ihm verlangt wurde; Barillon aber bemerkte in +seinem hierauf bezüglichen Berichte an Ludwig, daß der König von England +sich selbst auf Diejenigen, die etwas zu verlieren hätten, nicht mehr +verlassen könne.[33] + + [Anmerkung 31: Drei damals entworfene Stimmlisten sind noch + vorhanden; eine befindet sich in den französischen Archiven, die + beiden anderen in den Archiven der Familie Portland. In diese + Listen sind die Peers unter drei Rubriken eingetragen: Für + Aufhebung des Testes, gegen die Aufhebung, und zweifelhaft. Nach + der einen Liste waren 31 für, 86 gegen und 20 zweifelhaft; nach + der zweiten 33 für, 87 gegen und 19 zweifelhaft; nach der dritten + 35 für, 92 gegen und 10 zweifelhaft. Abschriften der drei Listen + befinden sich unter den Mackintosh-Manuscripten.] + + [Anmerkung 32: Im Britischen Museum befindet sich ein Brief von + Dryden an Etherege vom Februar 1688. Ich entsinne mich nicht, ihn + gedruckt gesehen zu haben. „Ach,“ sagt Dryden, „möchte doch unser + König durch sein eignes Beispiel zu edler Muße aufmuntern, wie + sein Vorgänger hochseligen Andenkens es that. Mich dünkt er wird + mit all’ seinem Geschäftseifer die Angelegenheiten nicht + fördern.“] + + [Anmerkung 33: Barillon, 29. Aug. (8. Sept.) 1687.] + + +[_Jakob beschließt, ein bestochenes Parlament zusammenzusetzen._] Trotz +alledem beschloß Jakob, seinen Weg beharrlich zu verfolgen. Die +Zustimmung eines freien und gesetzlichen Parlaments zu erlangen, war +offenbar unmöglich; aber nicht ganz unmöglich war es, durch Bestechung, +Einschüchterung, gewaltthätige Anwendung der Prärogative und +betrügerische Rechtsverdrehungen eine Versammlung zu Stande zu bringen, +die sich ein Parlament nennen konnte und bereit war, jeden Befehl des +Souverains als Gesetz zu registriren. Es mußten Wahlbeamte ernannt +werden, die den geringsten Vorwand benutzten, um Freunde des Königs für +rechtsgültig gewählt zu erklären. Jedem Angestellten, von den höchsten +bis zu den niedrigsten, mußte zu verstehen gegeben werden, daß, wenn er +sein Amt behalten wolle, er diesmal den Thron durch seine Stimme und +seinen Einfluß unterstützen müsse. Zu gleicher Zeit mußte die Hohe +Commission ein scharfes Auge auf die Geistlichkeit haben. Die Wahlorte, +welche erst kürzlich reorganisirt worden waren, um dem einen Zwecke zu +dienen, konnten noch einmal umgestaltet werden, um einem andren zu +dienen. Auf diese Weise hoffte der König im Hause der Gemeinen eine +Majorität zu erlangen. Das Oberhaus war dann ganz in seiner Gewalt, denn +er hatte das unbestrittene gesetzliche Recht, Peers nach seinem +Gutdünken zu ernennen, und er war fest entschlossen, von diesem Rechte +Gebrauch zu machen. Er wünschte zwar nicht, was auch kein Souverain +wünschen kann, die höchste Ehrenbezeigung, welche die Krone zu verleihen +vermag, werthlos zu machen; aber er schmeichelte sich mit der Hoffnung, +daß es ihm durch Einberufung einiger nächster Erben in die Versammlung, +in der sie doch früher oder später einmal ihren Sitz einnehmen mußten, +und durch Verleihung englischer Adelstitel an schottische und irische +Lords gelingen werde, sich eine Majorität zu sichern; ohne so viele +Leute in den Adelsstand erheben zu müssen, daß dadurch die Adelskrone +und der Hermelin an Ansehen verloren. Indessen hatte er sich +vorgenommen, im Nothfall auch zu den äußersten Mitteln zu greifen. Als +in einer zahlreichen Gesellschaft einmal die Meinung ausgesprochen +wurde, daß sich die Peers unfügsam zeigen würden, sagte Sunderland zu +Churchill: „Wie einfältig! Ihre Garde wird vor dem Hause der Lords +stehen.“[34] + +Nachdem Jakob beschlossen hatte, ein corrumpirtes Parlament +zusammenzubringen, ging er energisch und planmäßig an die Ausführung. Es +erschien in der Gazette eine Proklamation, welche ankündigte, daß der +König sich entschlossen habe, die Bestallungen der Friedensrichter und +der Grafschaftsstatthalter einer Revision zu unterwerfen und daß nur +diejenigen Gentlemen im Staatsdienste bleiben sollten, welche geneigt +waren, seine Politik zu unterstützen[35]. Ein Ausschuß von sieben +Geheimräthen saß in Whitehall, um, wie man sich ausdrückte, die +Municipalkörperschaften zu reguliren. In diesem Ausschusse vertrat +Jeffreys allein das protestantische, Powis das gemäßigte katholische +Interesse. Alle anderen Mitglieder gehörten der jesuitischen Faction an. +Unter ihnen befand sich auch Petre, der in den Geheimen Rath vereidigt +worden war. Seine Ernennung war bis zum factischen Antritt dieser +Function vor Jedermann, mit alleiniger Ausnahme Sunderland’s, sorgfältig +geheim gehalten worden. Der öffentliche Unwille über diese abermalige +Verletzung des Gesetzes äußerte sich laut, und man bemerkte, daß die +Katholiken sie noch rücksichtsloser tadelten als die Protestanten. Der +eitle und ehrgeizige Jesuit war jetzt beauftragt, die Hälfte der +Wahlkörper des Reichs aufzulösen und neu zu organisiren. + + [Anmerkung 34: Lord Bradford, welcher anwesend war, erzählte dies + Dartmouth; Note zu Burnet I. 755.] + + [Anmerkung 35: +London Gazette, Dec. 12, 1687+.] + + +[_Die Regulatoren._] Unter der Oberleitung des Ausschusses der +Geheimräthe stand ein aus thätigen Agenten untergeordneten Ranges +gebildeter Unterausschuß, der die Einzelheiten des Geschäfts zu +besorgen hatte, und im ganzen Lande waren örtliche Ausschüsse von +Regulatoren errichtet, welche mit dem Centralcomité in Westminster +correspondirten.[36] + +Die Personen, auf deren Unterstützung Jakob bei diesem neuen +und schwierigen Unternehmen hauptsächlich rechnete, waren die +Lordlieutenants. Sie erhielten sämmtlich den schriftlichen Befehl, sich +unverweilt in ihre respectiven Grafschaften zu begeben. Dort sollten sie +alle ihre Stellvertreter und Friedensrichter vor sich laden und ihnen +eine Reihe Fragen vorlegen, um zu erfahren, wie sie sich bei einer +allgemeinen Wahl verhalten würden. Die Antworten sollten sie +niederschreiben und der Regierung einsenden. Ferner sollten sie ein +Verzeichniß derjenigen Katholiken und protestantischen Dissenters +anfertigen, welche für die Richterbank und für die Commandos in der +Miliz am geeignetsten erschienen. Auch sollten sie die Stimmung aller +Wahlorte der Grafschaft untersuchen und Berichte darüber einsenden, +welche den Regulatoren bei ihrer Arbeit als Leitfaden dienen konnten. +Schließlich war ihnen bedeutet, daß sie alle diese Pflichten in Person +zu vollziehen hätten und keine Stellvertreter mit der Ausführung +beauftragen dürften.[37] + + [Anmerkung 36: Bonrepaux an Seignelay, 14.(24.) Nov.; Citters, + 15.(25.) Nov.; +Lords’ Journals, Dec. 20. 1689+.] + + [Anmerkung 37: Citters, 28. Oct. (7. Nov.) 1687.] + + +[_Entlassung vieler Lordlieutenants._] Der erste Eindruck, den diese +Befehle machten, würde einen weniger verblendeten Fürsten als Jakob +sofort zur Besinnung gebracht haben. Die Hälfte der Lordlieutenants von +England verweigerten auf das Bestimmteste den gehässigen Dienst, den man +von ihnen verlangte. Sie wurden auf der Stelle entlassen. Alle, welche +diese ihnen zum Ruhme gereichende Ungnade traf, waren hochangesehene +Peers, welche bisher als feste Stützen der Monarchie gegolten hatten. +Einige Namen der Liste verdienen besondere Erwähnung. + + +[_Der Earl von Oxford._] Der vornehmste Unterthan von England und, wie +die Engländer gern sagten, von ganz Europa, war Aubray de Vere, der +zwanzigste und letzte der alten Earls von Oxford. Sein Adelstitel +schrieb sich durch eine ununterbrochene Reihenfolge männlicher Ahnen aus +einer Zeit her, wo die Familien Howard und Seymour noch unbekannt waren, +wo die Nevilles und die Percy erst eine provinzielle Berühmtheit hatten +und wo selbst der große Name Plantagenet in England noch nicht gehört +worden war. Ein Oberhaupt des Hauses de Vere hatte bei Hastings ein +hohes Commando bekleidet, ein Andrer war mit Gottfried und Tancred über +Haufen erschlagener Moslems nach dem Grabe Jesu Christi gezogen. Der +erste Earl von Oxford war Minister Heinrich Beauclerc’s gewesen; der +dritte hatte sich unter den Lords ausgezeichnet, welche von Johann die +Magna Charta erpreßten; der siebente hatte bei Cressy und Poitiers +tapfer gefochten; der dreizehnte war unter vielen Glückswechseln das +Oberhaupt der Partei der Rothen Rose gewesen und hatte in der +entscheidenden Schlacht von Bosworth die Vorhut angeführt; der +siebzehnte hatte am Hofe der Königin Elisabeth geglänzt und sich einen +ehrenvollen Platz unter den älteren Meistern der englischen Dichtkunst +erworben; der neunzehnte war im Kampfe für den protestantischen Glauben +und für die Freiheit Europa’s unter den Mauern von Mastricht gefallen. +Sein Sohn Aubray, mit welchem der älteste und erlauchteste Adelsstamm, +den England je gesehen, erlosch, ein Mann von lockeren Sitten, aber von +harmlosem Charakter und artigen Manieren, war Lordlieutenant von Essex +und Oberst der Blauen. Er war von Natur nicht widersetzlich und es lag +in seinem Interesse, einen Bruch mit dem Hofe zu vermeiden, denn seine +Güter waren mit Schulden belastet und sein Commando ein sehr +einträgliches. Er wurde in das königliche Kabinet beschieden und eine +bündige Erklärung über seine Gesinnungen von ihm verlangt. „Sire,“ +antwortete Oxford, „ich werde bis zum letzten Blutstropfen gegen alle +Feinde zu Eurer Majestät stehen; aber dies ist eine Gewissenssache, in +der ich Ihnen nicht willfahren kann.“ Er wurde augenblicklich seiner +Statthalterschaft und seines Commando’s entsetzt.[38] + + [Anmerkung 38: +Halstead’s Succinct Genealogy of the Family of + Vere, 1685+; +Collins’s Historical Collections+. Siehe auch in den + +Lords’ Journals+ und in +Jones’s Reports+ den Prozeß wegen des + Earlthums Oxford im März und April 1625/26. Die Einleitung der + Rede des Lordoberrichters Crew gehört zu den glänzendsten Proben + der altenglischen Beredtsamkeit. Citters, 7.(17.) Febr. 1688.] + + +[_Der Earl von Shrewsbury._] Dem Hause de Vere, aber auch nur diesem, +stand an Alter und Glanz das Haus Talbot nach. Seit der Regierung +Eduard’s III. hatten die Talbot stets unter den Peers des Reichs +gesessen. Das Earlthum Shrewsbury war im funfzehnten Jahrhundert Johann +Talbot, dem Gegner der Jungfrau von Orleans, verliehen worden. Seine +Landsleute hatten seiner noch lange in Liebe und Verehrung als eines der +berühmtesten Krieger gedacht, welche auf dem europäischen Festlande ein +großes englisches Reich zu gründen versuchten. Der unerschütterliche +Muth, den er im Unglück gezeigt, hatten ihn zum Gegenstande einer +größeren Theilnahme gemacht als glücklichere Feldherren sie erweckt +haben, und sein Tod lieferte unsrer älteren Bühne den Stoff zu einer +ungemein ergreifenden Scene. Seine Nachkommen waren zwei Jahrhunderte +lang ein blühendes und ehrenvolles Geschlecht. Zur Zeit der Restauration +war Franz, der elfte Earl, ein Katholik, das Oberhaupt der Familie. Sein +Tod war von Umständen begleitet gewesen, die selbst in jenen zügellosen +Zeiten, welche unmittelbar auf den Sturz der puritanischen Partei +folgten, Abscheu und Mitleid erweckt hatten. Der Herzog von Buckingham +war im Laufe seiner leichtfertigen Liebeshändel einen Augenblick von der +Gräfin von Shrewsbury angezogen worden. Sie wurde leicht erobert. Ihr +Gemahl forderte den Verführer zum Zweikampfe und fiel. Einige sagten, +das pflichtvergessene Weib habe den Zweikampf in männlicher Verkleidung +mit angesehen. Andere wollten sogar wissen, sie habe den siegreichen +Geliebten ans Herz gedrückt, während sein Hemd noch vom Blute ihres +Gatten geröthet war. Die Titel des Ermordeten gingen auf seinen +unmündigen Sohn Karl über. Als der verwaiste Jüngling zum Manne +heranwuchs, ward es allgemein anerkannt, daß kein andrer junger Adeliger +Englands von der Natur so reich begabt sei. Er besaß ein einnehmendes +Äußere, einen ungemein sanften Character und einen solchen Schatz von +Talenten, daß er, selbst wenn er in einem niederen Stande geboren +gewesen wäre, sich ohne Zweifel zu einer hohen Stellung im Staate +emporgeschwungen haben würde. Alle diese natürlichen Vorzüge hatte er so +gut angewendet, daß er schon vor seiner Volljährigkeit für einen der +feinsten und kenntnißreichsten Gentlemen seiner Zeit galt. Für seine +Gelehrsamkeit sprechen die noch vorhandenen eigenhändigen Anmerkungen +von ihm zu Werken aus fast allen Zweigen der Literatur. Er sprach +Französisch wie ein Kammerherr des Königs Ludwig und Italienisch wie ein +Florentiner. Es war wohl natürlich, daß ein Jüngling von solchen Gaben +nach den Gründen forschte, aus denen seine Familie sich der +Staatsreligion nicht angeschlossen hatte. Er studirte sorgfältig die +Streitpunkte, theilte seine Zweifel Priestern seines eignen Glaubens +mit, legte deren Antworten Tillotson vor, erwog lange und aufmerksam die +beiderseitigen Gründe und erklärte sich nach einer zweijährigen genauen +Untersuchung zum Protestanten. Die anglikanische Kirche nahm den +erlauchten Convertiten freudig in ihren Schooß auf. Er genoß einer +großen Popularität, und diese nahm zu, als man erfuhr, daß der König +umsonst Bitten und Versprechungen an ihn verschwendet hatte, um ihn zu +dem Irrglauben zurückzuführen, den er abgeschworen. Der Character des +jungen Mannes entwickelte sich jedoch nicht in einer Weise, welche +Diejenigen, die an seiner Bekehrung den hauptsächlichsten Antheil +hatten, vollkommen befriedigte. Seine Sittlichkeit entging der +allgemeinen Ansteckung der modischen Ausschweifungen nicht. Der Stoß, +der seine Jugendvorurtheile zerstört, hatte zu gleicher Zeit alle seine +Überzeugungen erschüttert und ihn der schwankenden Leitung seiner +Gefühle preisgegeben. Aber wenn auch seine Grundsätze ihren Halt +verloren hatten, so waren doch die Triebfedern seines Handelns so edel, +sein Gemüth so sanft, sein Benehmen so freundlich und gewinnend, daß es +unmöglich war, ihn nicht zu lieben. Er wurde schon frühzeitig der König +der Herzen genannt und verlor in seinem langen, ereignißvollen und +bewegten Leben nie das Recht auf diese Bezeichnung.[39] + +Shrewsbury war Lordlieutenant von Staffordshire und Oberst eines der +Kavallerieregimenter, die in Folge des Aufstandes im Westen errichtet +worden waren. Er weigerte sich jetzt, seine Thätigkeit durch die +Regulatoren bestimmen zu lassen und wurde deshalb seiner beiden Stellen +entsetzt. + + [Anmerkung 39: +Coxe’s Shrewsbury Correspondence+; +Mackay’s + Memoirs+; +Life of Charles Duke of Shrewsbury, 1718+; +Burnet, I. + 762+; +Birch’s Life of Tillotson.+ In letzterem Werke findet der + Leser einen Brief von Tillotson an Shrewsbury, der meiner Ansicht + nach ein Muster von ernstem, freundschaftlichem und + rücksichtvollem Tadel ist.] + + +[_Der Earl von Dorset._] Kein englischer Adeliger erfreute sich der +Volksgunst in einem reicheren Maße als Karl Sackville, Earl von Dorset. +Er war in der That ein merkwürdiger Mann. In seiner Jugend war er einer +der bekanntesten Wüstlinge der zügellosen Zeit gewesen, welche auf die +Restauration folgte. Er war der Schrecken der londoner Nachtwächter, +hatte manche Nacht auf der Wache zubringen müssen und zum mindesten +einmal eine Zelle in Newgate bewohnt. Seine Liebe zu Betty Morrice und +zu Lorchen Gwynn, die ihn ihren Karl I. zu nennen pflegte, hatte der +Stadt nicht wenig Stoff zur Unterhaltung und zum Ärgerniß gegeben.[40] +Doch bei all’ seinen Thorheiten und Lastern hatte er sich durch +hochherzigen Muth, durch scharfen Verstand und durch natürliche +Herzensgüte ausgezeichnet. Die Leute meinten, die Ausschweifungen, denen +er sich hingäbe, theile er mit dem ganzen Geschlechte der lebenslustigen +jungen Kavaliere, aber sein Mitgefühl für die Leiden der Menschheit und +die Großmuth, mit der er diejenigen, welche durch seine muthwilligen +Streiche verletzt wurden, zu entschädigen suchte, sei nur ihm allein +eigen. Seine Freunde wunderten sich darüber, daß das Publikum zwischen +ihm und ihnen einen Unterschied machte. „Der kann thun was er will,“ +sagte Wilmot; „ihm geschieht nie etwas.“ Das Urtheil der Welt über +Dorset gestaltete sich noch günstiger, als er mit den Jahren und in der +Ehe gesetzter wurde. Jedermann pries seine herablassenden Manieren, +seine geistreiche Unterhaltung, sein weiches Gemüth und seine +Freigebigkeit. Man sagte es vergehe kein Tag, ohne daß eine bedrängte +Familie Ursache habe, seinen Namen zu segnen. Und doch war bei aller +seiner Herzensgüte sein Witz so beißend, daß Spötter, deren Sarkasmus +die ganze Stadt fürchtete, vor dem Sarkasmus Dorset’s zitterten. Alle +politischen Parteien achteten und liebten ihn; ihm selbst aber behagte +die Politik überhaupt nicht sonderlich. Hätte ihn die Nothwendigkeit zu +Anstrengungen gespornt, so würde er wahrscheinlich zu den höchsten +Posten im Staate gestiegen sein; aber er nahm schon durch seine Geburt +einen so hohen Rang ein und war dabei so reich, daß ihm viele +Beweggründe fehlten, welche die Menschen antreiben, sich mit den +öffentlichen Angelegenheiten zu befassen. Er nahm gerade nur so viel +Theil an parlamentarischen und diplomatischen Geschäften, als +hinreichte, um zu beweisen, daß ihm nichts weiter fehlte als die Lust +dazu, um mit Danby und Sunderland zu rivalisiren, und richtete seine +Thätigkeit auf Bestrebungen, die ihm besser zusagten. Gleich vielen +anderen Männern, welche mit großen natürlichen Fähigkeiten eine +angeborne und gewohnheitsmäßige Indolenz verbinden, wurde er ein +geistiger Genußmensch und ein Meister in allen unterhaltenden Zweigen +des Wissens, die man sich ohne ernstes Studium aneignen kann. Er war +anerkanntermaßen der beste Richter in der Malerei, der Sculptur, der +Baukunst und der Schauspielerkunst, den der Hof aufzuweisen hatte. In +Angelegenheiten der schönen Künste und Wissenschaften galt sein Urtheil +in allen Kaffeehäusern für unwiderruflich maßgebend. Mehr als ein +hübsches Theaterstück, das bei der ersten Aufführung durchfiel, wurde +lediglich durch seine Autorität gegen das Geschrei des ganzen Parterres +siegreich vertheidigt und bestand mit glücklichem Erfolge die zweite +Probe. St. Evremond und Lafontaine rühmten die feine Eleganz seines +französischen Styls. Noch nie hatte England einen solchen Gönner der +Literatur gehabt. Er übte seine Freigebigkeit mit eben so richtiger +Einsicht als liberaler Unparteilichkeit, keine Secte oder Faction wurde +dabei von ihm bevorzugt. Geniale Männer, welche durch literarische +Eifersucht oder durch Verschiedenheit ihrer politischen Meinung einander +entfremdet waren, stimmten in der Anerkennung seiner unparteiischen Güte +überein. Dryden gestand, daß Dorset’s fürstliche Freigebigkeit ihn vom +Untergange gerettet habe. Und dennoch wurden Montague und Prior, welche +Dryden durch beißende Satiren getadelt hatten, von Dorset ins +öffentliche Leben eingeführt, und das beste Lustspiel von Dryden’s +Todfeind, Shadwell, war auf Dorset’s Landsitze geschrieben. Hätte der +freigebige Earl sonst gewollt, so hätte er sehr gut mit Denen +rivalisiren können, deren Wohlthäter er zu sein sich begnügte, denn die +Verse, die er gelegentlich dichtete, zeigen bei aller unkünstlerischen +Form Spuren eines angebornen Genies, das bei sorgfältiger Pflege Großes +hätte schaffen können. In dem kleinen Bande seiner Werke finden sich +Lieder, welche die ungezwungene Lebendigkeit Suckling’s besitzen, und +kleine Satiren, deren glänzender Humor dem eines Butler nicht +nachsteht.[41] + +Dorset war Lordlieutenant von Sussex und auf Sussex blickten die +Regulatoren mit besonders ängstlicher Spannung, denn in keiner andren +Grafschaft, Cornwall und Wiltshire ausgenommen, befanden sich so viele +kleine Wahlorte. Er erhielt Befehl, sich auf seinen Posten zu begeben. +Keiner von Denen, die ihn kannten, erwartete, daß er gehorchen werde. Er +gab eine Antwort, wie sie sich für ihn ziemte, und wurde bedeutet, daß +man seiner Dienste nicht mehr bedürfe. Das allgemeine Interesse, das er +seinen vielen edlen und liebenswürdigen Eigenschaften verdankte, wurde +nicht wenig erhöht, als man erfuhr, daß er durch die Post einen anonymen +Brief erhalten hatte, worin ihm angekündigt wurde, daß, wenn er sich +nicht sofort den Wünschen des Königs füge, ihn all’ sein Geist und seine +Popularität nicht vor der Ermordung schützen werde. Eine ähnliche +Warnung erhielt auch Shrewsbury. Drohbriefe waren damals viel seltener +als sie es späterhin geworden sind, und man kann sich daher nicht +darüber wundern, daß das ohnehin schon aufgeregte Volk zu dem Glauben +geneigt war, die besten und edelsten Engländer seien wirklich für +papistische Dolche ausersehen.[42] Gerade zu der Zeit, als diese Briefe +in ganz London das Tagesgespräch bildeten, wurde der verstümmelte +Leichnam eines angesehenen Puritaners auf der Straße gefunden. Es zeigte +sich indessen bald, daß der Mörder die That nicht aus religiösen oder +politischen Beweggründen verübt hatte. Aber der erste Verdacht des +gemeinen Volkes fiel auf die Papisten. Die verstümmelten Überreste des +Ermordeten wurden in feierlicher Prozession nach dem Jesuitencollegium +im Savoy getragen und einige Stunden lang war die Furcht und Wuth der +Menge kaum weniger heftig als an dem Tage, wo Godfrey zu Grabe getragen +ward.[43] + +Mit den übrigen Entlassungen muß ich mich kürzer fassen. Der Herzog von +Somerset, dem vor einigen Monaten schon sein Regiment wieder abgenommen +worden war, wurde nun auch seiner Stelle als Lordlieutenant des +Ostbezirks[44] von Yorkshire enthoben. Die Statthalterschaft des +Nordbezirks verlor der Viscount Fauconberg, die von Shropshire der +Viscount Newark und die von Lancashire der Earl von Derby, der Enkel des +tapferen Kavaliers, der auf dem Schlachtfelde sowohl als auf dem +Schaffot für das Haus Stuart dem Tode so muthig ins Auge geblickt hatte. +Der Earl von Pembroke, der unlängst der Krone gegen Monmouth treu und +tapfer gedient hatte, wurde in Wiltshire, der Earl von Rutland in +Leicestershire, der Earl von Bridgewater in Buckinghamshire, der Earl +von Thanet in Cumberland, der Earl von Northampton in Warwickshire, der +Earl von Abingdon in Oxfordshire, der Earl von Scarsdale in Derbyshire +abgesetzt. Scarsdale verlor außerdem auch sein Reiterregiment und seine +Stelle im Hofstaate der Prinzessin von Dänemark. Diese weigerte sich, +ihn aus ihren Diensten zu entlassen und gab nur einem peremptorischen +Befehle ihres Vaters nach. Der Earl von Gainsborough wurde nicht nur der +Statthalterschaft von Hampshire, sondern auch des Gouverneurpostens von +Portsmouth und des Wildmeisteramts im Neuen Forste entsetzt, zwei +Stellen, die er erst vor wenigen Monaten für fünftausend Pfund gekauft +hatte.[45] + +Der König konnte keine angesehenen Lords und namentlich gar keine +protestantischen auftreiben, welche die erledigten Stellen anzunehmen +bereit waren. Man mußte zwei Grafschaften Jeffreys, einem Manne von sehr +jungem Adel und von geringem Grundbesitz, und zwei andere Preston, der +nicht einmal Peer von England war, zuertheilen. Die übrigen ihrer +Statthalter beraubten Grafschaften wurden fast ohne Ausnahme bekannten +Katholiken oder solchen Höflingen überwiesen, welche dem Könige im +Geheimen versprochen hatten, zur römisch-katholischen Kirche +überzutreten, sobald die Klugheit es ihnen gestatten würde. + + [Anmerkung 40: Der König war nur Lorchen’s Karl III. Ob Dorset + oder Major Hart die Ehre hatte ihr Karl I. zu sein, ist eine + streitige Frage. Meines Bedünkens scheint Dorset gegründeteren + Anspruch auf diesen Vorzug zu haben. Siehe die gestrichene Stelle + in Burnet I. 263, und Pepys’ Tagebuch vom 26. Oct. 1667.] + + [Anmerkung 41: +Pepys’s Diary+; Prior’s Widmung seiner Gedichte an + den Herzog von Dorset; +Johnson’s Life of Dorset+; +Dryden’s Essay + on Satire+ und seine Widmung des +Essay on Dramatic Poesy+. + Dorset’s Liebe zu seiner Gattin und seine strenge eheliche Treue + wird von dem ausschweifenden Narren Sir Georg Etherege in seinen + Briefen aus Regensburg vom 9.(19.) Dec. 1687 und 16.(26.) Jan. + 1688 mit höhnender Geringschätzung erwähnt; Shadwell’s Widmung + zu seinem +Squire of Alsatia+; +Burnet I. 264+; +Mackay’s + Characters.+ Einige Seiten von Dorset’s Character werden in + seiner von Pope verfassten Grabschrift treffend angedeutet: + + Doch sanft war sein Herz, wenn auch streng sein Lied; + + und weiterhin: + + Ein glücklicher Hofmann, von Fürst und Land geliebt, + Und dennoch treu der Freundschaft und der Muße.] + + [Anmerkung 42: Barillon, 9.(19.) Jan. 1688; Citters, Jan. 31. + (Febr. 10.)] + + [Anmerkung 43: Adda, 3.(13.) u. 10.(20.) Febr. 1688.] + + [Anmerkung 44: Die Grafschaft York, die größte von England, wird + in drei Bezirke (+Ridings+) eingetheilt. D. Übers.] + + [Anmerkung 45: Barillon, 5.(15.), 8.(18.) u. 12.(22.) Dec. 1687; + Citters, 29. Nov. (9. Dec.) u. 2.(12.) Dec.] + + +[_An die Obrigkeiten gerichtete Fragen, und Antworten darauf._] Endlich +wurde die neue Maschinerie in Bewegung gesetzt und bald kam aus allen +Gegenden des Landes die Nachricht von der vollständigen und +hoffnungslosen Niederlage. Der Katechismus, nach welchem die +Lordlieutenants die Gesinnungen der Landgentry erforschen sollten, +bestand aus drei Fragen. Jeder Magistratsbeamte und jeder Stellvertreter +des Lordlieutenants mußte gefragt werden, erstens ob er, im Fall er +gewählt würde, um im Parlamente zu dienen, für eine im Sinne der +Indulgenzerklärung gefaßte Bill stimmen wolle; zweitens ob er als Wähler +seine Stimme solchen Candidaten geben wolle, die sich verpflichteten, +für eine derartige Bill zu stimmen; und drittens ob er als Privatmann +die wohlwollenden Zwecke des Königs fördern wolle, indem er mit Leuten +jeder religiösen Überzeugung in Frieden lebte.[46] + +Sobald diese Fragen bekannt geworden waren, wurde ein mit seltener +Geschicklichkeit entworfenes Antwortformular im ganzen Lande verbreitet +und allgemein angenommen. Es lautete folgendermaßen: „Im Fall mir die +Ehre zu Theil werden sollte, einen Sitz im Hause der Gemeinen +einzunehmen, werde ich als Mitglied dieses Hauses es für meine Pflicht +halten, die Gründe, welche für und gegen eine Indulgenzbill im Laufe der +Debatte geltend gemacht werden, sorgfältig zu erwägen, und dann nach +meiner gewissenhaften Überzeugung zu stimmen. Als Wähler werde ich meine +Stimme solchen Candidaten geben, deren Begriffe von den Pflichten eines +Volksvertreters mit meinen eigenen übereinstimmen. Als Privatmann hege +ich den Wunsch, mit Jedermann in Frieden und Eintracht zu leben.“ + + [Anmerkung 46: Citters, 28. Oct. (7. Nov.) 1687; +Lonsdale’s + Memoirs.+] + + +[_Scheitern der Pläne des Königs._] Diese Antwort, die noch viel +trotziger war als eine förmliche Weigerung, weil sie einen leichten +Anflug von milder und anständiger Ironie hatte, über die man sich nicht +wohl gereizt zeigen konnte, war Alles was die Emissäre des Hofes von den +meisten Landgentlemen erlangen konnten. Gegenvorstellungen, +Versprechungen und Drohungen wurden vergebens angewendet. Der Herzog von +Norfolk, obgleich Protestant und mit dem Verfahren der Regierung +unzufrieden, hatte sich zu ihrem Werkzeuge in zwei Grafschaften +hergegeben. Er begab sich zuerst nach Surrey, wo er aber bald sah, daß +er nichts ausrichten konnte.[47] Dann ging er nach Norfolk, von wo er +ebenfalls bald zurückkehrte, um dem Könige zu melden, daß ihm von +siebzig Gentlemen, welche in dieser großen Provinz öffentliche Ämter +bekleideten, nur sechs Hoffnung gemacht hätten, die Politik des Hofes zu +unterstützen.[48] Der Herzog von Beaufort, dessen Autorität sich über +vier englische Grafschaften und über das ganze Fürstenthum Wales +erstreckte, kam mit einem nicht minder niederschlagenden Berichte nach +Whitehall.[49] Rochester war Lordlieutenant von Hertfordshire. Sein +ganzer kleiner Schatz von Tugend war in dem Kampfe gegen die starke +Versuchung, seine Religion für Geld zu verkaufen, aufgezehrt worden; er +war noch durch einen Jahrgehalt von viertausend Pfund an den Hof +gebunden, und zum Dank dafür war er zu jedem wenn auch noch so +ungesetzlichen und erniedrigenden Dienste bereit, vorausgesetzt, daß man +nicht die Formalität einer Aussöhnung mit Rom von ihm verlangte. Er +hatte sich bereitwilligst der Aufgabe unterzogen, seine Grafschaft zu +bearbeiten, und er ging dabei, wie immer, mit übereilter Heftigkeit und +Gewaltthätigkeit zu Werke. Aber er verschwendete seinen Eifer vergebens +an die starrsinnigen Squires, mit denen er es zu thun hatte. Sie +erklärten ihm einstimmig, daß sie keinen Mann ins Parlament schicken +wollten, der für die Beseitigung der Schutzwehren des protestantischen +Glaubens stimmen würde.[50] Dieselbe Antwort erhielt der Kanzler auch in +Buckinghamshire.[51] Die Gentry von Shropshire weigerte sich in einer zu +Ludlow veranstalteten Zusammenkunft einhellig, sich durch das von dem +Könige verlangte Versprechen zu binden.[52] Der Earl von Yarmouth +berichtete aus Wiltshire, daß von sechzig Magistratsbeamten und +Statthaltersubstituten, mit denen er gesprochen, nur sieben eine +günstige Antwort gegeben hätten und daß man selbst diesen nicht trauen +könne.[53] Der Renegat Peterborough richtete eben so wenig in +Northamptonshire aus.[54] Nicht glücklicher war sein Genosse Dover in +Cambridgeshire.[55] Auch Preston brachte schlechte Nachrichten aus +Cumberland und Westmoreland; Dorsetshire und Huntingdonshire waren von +dem nämlichen Geiste beseelt. Der Earl von Bath kehrte nach langem +Stimmenwerben mit trostlosen Nachrichten aus dem Westen zurück. Er war +ermächtigt worden, den Bewohnern dieser Gegenden die verführerischesten +Anerbietungen zu machen. Insbesondere hatte er versprochen, daß, wenn +die Wünsche des Königs gebührend berücksichtigt würden, der Zinnhandel +von den auf ihm lastenden drückenden Beschränkungen befreit werden +solle. Aber dieser Köder, dem man zu einer andren Zeit nicht +widerstanden haben würde, wurde jetzt mit Verachtung zurückgewiesen. +Alle Friedensrichter und Statthaltersubstituten von Devonshire und +Cornwall erklärten ohne eine einzige Ausnahme, daß sie Gut und Blut für +den König opfern würden, daß aber die protestantische Religion ihnen +noch theurer sei als Gut und Blut. „Und,“ setzte Bath hinzu, „wenn Eure +Majestät alle diese Gentlemen absetzte, so würden ihre Nachfolger ganz +die nämliche Antwort geben“.[56] Wenn es irgend einen Bezirk gab, in +welchem die Regierung auf einen günstigen Erfolg hoffen durfte, so war +es Lancashire. Man hatte starke Zweifel gehegt, ob das Resultat in +dieser Provinz mit dem der meisten anderen Grafschaften übereinstimmen +werde. In keinem Theile des Landes gab es so viele reiche und angesehene +Familien, welche dem alten Glauben anhingen, und die Oberhäupter vieler +dieser Familien waren kraft der Dispensationsgewalt zu Friedensrichtern +und Commandanten der Miliz ernannt worden. Doch auch von dort meldete +der neue Lordstatthalter, selbst ein Katholik, daß zwei Drittel seiner +Substituten und der Magistratsbeamten dem Hofe feindlich gesinnt +seien.[57] Noch viel schmerzlicher verletzte das Ergebniß in Hampshire +den Stolz des Königs. Arabella Churchill hatte ihm vor mehr als zwanzig +Jahren einen Sohn geboren, der späterhin als einer der geschicktesten +Generäle Europa’s weit und breit berühmt wurde. Der junge Mann hieß +Jakob Fitzjames und bis dahin hatte noch nichts in ihm vermuthen lassen, +daß er sich einst zu hoher Auszeichnung emporschwingen würde; aber sein +Character und sein Benehmen waren so sanft und herzgewinnend, daß er +keinen Feind hatte, außer Marien von Modena, welche den Sohn der +Concubine schon seit langer Zeit mit dem bitteren Ingrimm einer +kinderlosen Gattin haßte. Ein kleiner Theil der jesuitischen Faction +hatte, bevor die Schwangerschaft der Königin angekündigt wurde, ganz +ernstlich daran gedacht, ihn als Kronprätendenten neben der Prinzessin +von Oranien aufzustellen.[58] Wenn man bedenkt, wie vollständig dem +Herzoge von Monmouth, obgleich das niedere Volk ihn für legitim hielt +und obgleich er der Vorkämpfer des nationalen Glaubens war, ein +ähnlicher Versuch mißlang, so muß es unbegreiflich erscheinen, wie ein +Mann durch den Fanatismus so ganz verblendet sein konnte, daß er nur auf +die Idee kam, einen jungen Menschen, der allgemein als ein papistischer +Bastard bekannt war, auf den Thron erheben zu wollen. Es läßt sich nicht +mit Gewißheit sagen, ob der König diesem albernen Plane seinen Beifall +zollte. Der junge Mann war übrigens als Prinz anerkannt und wurde mit +allen Auszeichnungen überschüttet, welche ein nicht aus königlichem +Blute entsprossener Unterthan nur irgend zu erlangen hoffen konnte. Er +war zum Herzog von Berwick erhoben worden und bekleidete jetzt mehrere +ehrenvolle und einträgliche Stellen, welche Edelleuten, die sich den +königlichen Befehlen nicht hatten fügen wollen, abgenommen worden waren. +Er war der Nachfolger des Earls von Oxford als Oberst der Blauen und des +Earls von Gainsborough als Lordlieutenant von Hampshire, Wildmeister des +Neuen Forstes und Gouverneur von Portsmouth. Berwick erwartete, daß ihn +an der Grenze von Hampshire, der Sitte gemäß, ein langer Zug von +Baronets, Rittern und Squires empfangen werde; aber nicht eine einzige +angesehene Person hatte sich zu seiner Begrüßung eingefunden. Er sendete +Schreiben aus, durch welche er die Gentry zu sich entbot, aber nur fünf +oder sechs beachteten diese Einladung. Die Übrigen warteten ihre +Entlassung gar nicht ab; sie erklärten im voraus, daß sie keinen Theil +an der Civil- oder Militairverwaltung ihrer Grafschaft haben möchten, so +lange der König daselbst durch einen Papisten vertreten sei, und legten +ihre Stellen freiwillig nieder.[59] + +Sunderland, der an die Stelle des Earls von Northampton zum +Lordlieutenant von Warwickshire ernannt worden war, fand eine Ausflucht, +um nicht in diese Grafschaft zu gehen und die Entrüstung und Verachtung +der dortigen Gentry auf sich zu laden, und seine Entschuldigung wurde um +so bereitwilliger angenommen, da der König endlich einzusehen begann, +daß sich der Sinn der Landgentry nicht beugen ließ.[60] + +Es muß bemerkt werden, daß Diejenigen, welche diesen trotzigen Sinn an +den Tag legten, nicht die alten Feinde des Hauses Stuart waren. Die +Listen der Friedensrichter und Statthaltersubstituten waren schon längst +von allen republikanischen Namen sorgfältig gesäubert. Die Männer, denen +die Regierung vergebens das Versprechen der Unterstützung abzuzwingen +versucht hatte, waren fast ohne Ausnahme Tories. Die älteren von ihnen +konnten noch Narben, welche von den Schwertern der Rundköpfe herrührten, +und Empfangsbescheinigungen über Silbergeschirr aufweisen, das sie +Karl I. in seiner Noth geschickt hatten. Die Jüngeren hatten gegen +Shaftesbury und Monmouth fest zu Jakob gehalten. Dies waren die Männer, +welche jetzt von dem nämlichen Fürsten, dem sie so glänzende Beweise von +treuer Anhänglichkeit gegeben hatten, in Masse ihrer Ämter entsetzt +wurden. Die Entlassung machte sie aber nur noch entschlossener; es war +bei ihnen zu einer heiligen Ehrensache geworden, in dieser Krisis fest +zusammenzuhalten. Es konnte keinem Zweifel unterliegen, daß, wenn bei +der Stimmenzählung ehrlich zu Werke gegangen wurde, nicht ein einziger +der Regierungspolitik günstiger Grafschaftsabgeordneter gewählt werden +würde. Die Leute fragten einander daher mit nicht geringer Besorgniß, ob +man wohl erwarten könne, daß bei der Stimmenzählung ehrlich zu Werke +gegangen werden würde. + + [Anmerkung 47: Citters, 22. Nov. (2. Dec.) 1687.] + + [Anmerkung 48: Citters, 27. Dez. (6. Jan.) 1687/88.] + + [Anmerkung 49: +Ibid.+] + + [Anmerkung 50: Johnstone erwähnt zweimal, unterm 25. Nov. und + unterm 8. Dec. 1687, den beleidigenden Eifer, den Rochester bei + dieser Gelegenheit zeigte. Das Mißlingen seiner Bemühungen erwähnt + Citters unterm 6.(16.) Dec.] + + [Anmerkung 51: Citters, 6.(16.) Dec. 1687.] + + [Anmerkung 52: +Ibid.+ 20.(30.) Dec. 1687.] + + [Anmerkung 53: Citters, 30. März (9. April) 1687.] + + [Anmerkung 54: +Ibid.+ 22. Nov. (2. Dec.) 1687.] + + [Anmerkung 55: +Ibid.+ 15.(25.) Nov. 1687.] + + [Anmerkung 56: +Ibid.+ 10.(20.) April 1688.] + + [Anmerkung 57: Die ängstliche Spannung wegen Lancashire erwähnt + Citters in einer Depesche vom 18.(28.) Nov. 1687, das Resultat in + einer vier Tage später datirten.] + + [Anmerkung 58: Bonrepaux, 11.(21.) Juli 1687.] + + [Anmerkung 59: Citters, 3.(13.) Febr. 1688.] + + [Anmerkung 60: Citters, 5.(15.) April 1688.] + + +[_Liste der Sheriffs._] Mit Ungeduld sah man der Liste der Sheriffs für +das neue Jahr entgegen. Sie erschien, während die Lordlieutenants noch +auf ihrer Werbungsreise begriffen waren, und wurde mit einem allgemeinen +Schrei des Zornes und Unwillens aufgenommen. Die Mehrzahl dieser +Beamten, welche bei den Grafschaftswahlen die Oberleitung hatten, waren +entweder Katholiken oder protestantische Dissenters, die ihre Zustimmung +zur Indulgenzerklärung ausgesprochen hatten.[61] Eine Zeit lang hegte +man die schlimmsten Befürchtungen, die aber bald wieder schwanden. Man +hatte guten Grund, anzunehmen, daß über einen gewissen Punkt hinaus der +König auch nicht auf die Unterstützung der seiner eigenen Kirche +angehörenden Sheriffs rechnen könne. + + [Anmerkung 61: +London Gazette, Dec. 5. 1687+; Citters, 6.(16.) + Dec.] + + +[_Character der katholischen Landgentlemen._] Zwischen dem katholischen +Höflinge und dem katholischen Landgentleman herrschte nur sehr geringe +Sympathie. Die in Whitehall dominirende Cabale bestand theils aus +Fanatikern, welche zum Zwecke der Verbreitung ihres Glaubens bereit +waren, alle Gesetze der Moral über den Haufen zu werfen und die ganze +Welt in eine heillose Verwirrung zu stürzen, theils aus Heuchlern, +welche um des Gewinnes willen von dem Glauben, in dem sie erzogen +worden, abgefallen waren und die jetzt den allen Neubekehrten eigenen +Eifer auf die Spitze trieben. Sowohl die Fanatiker als auch die Heuchler +am Hofe hatten zum größten Theil keine Spur von englischer +Anschauungsweise. In einigen von ihnen hatte die unbedingte Hingebung +für ihre Kirche alles Nationalgefühl erstickt; andere waren Irländer, +deren Patriotismus in einem tödtlichen Hasse gegen die sächsischen +Eroberer Irlands bestand; noch andere waren Verräther, die von einer +auswärtigen Macht einen regelmäßigen Sold bezogen, und wieder andere +hatten einen großen Theil ihres Lebens im Auslande zugebracht, und waren +entweder bloße Kosmopoliten oder hegten einen positiven Widerwillen +gegen die Sitten und Staatseinrichtungen des Landes, das sie jetzt zu +regieren hatten. Diese Leute hatten mit einem noch der alten Kirche +anhängenden Gutsbesitzer von Cheshire oder Staffordshire kaum irgend +etwas gemein. Er war weder Fanatiker noch Heuchler, er war Katholik, +weil sein Vater und Großvater Katholiken gewesen waren, und er hing an +seinem ererbten Glauben, wie die Menschen in der Regel an demselben +hängen, aufrichtig aber ohne sonderliche Begeisterung. In jeder andren +Beziehung war er nichts weiter als eben ein englischer Squire, der sich +von den benachbarten Squires höchstens dadurch unterschied, daß er noch +etwas ungebildeter und bäuerischer war als sie. Die auf ihm lastenden +Ausschließungen hatten ihn verhindert, sich bis zu der allerdings selbst +nur mäßig hohen Bildungsstufe zu erheben, auf der die meisten +protestantischen Landgentlemen standen. Als Knabe von Eton und +Westminster, als Jüngling von Oxford und Cambridge, als Mann vom +Parlament und von der Richterbank ausgeschlossen, vegetirte er still und +ruhig hin, wie die Ulmen der Allee, die zu dem ererbten Meierhofe seiner +Vorfahren führte. Seine Kornfelder, seine Milchwirthschaft, seine +Ciderpresse, seine Jagdhunde, seine Angelruthe und seine Flinte, sein +Bier und sein Tabak beschäftigten fast allein seine Gedanken. Mit seinen +Nachbarn stand er trotz der Glaubensverschiedenheit in der Regel auf +gutem Fuße. Sie kannten ihn als einen harmlosen Mann ohne Ehrgeiz, er +stammte fast durchgängig aus einer guten und alten Familie und war immer +ein Kavalier. Er drang Niemandem seine persönlichen Ansichten auf und +wurde Niemandem lästig damit, er quälte nicht, wie ein Puritaner, sich +selbst und Andere mit Gewissensskrupeln über alle Genüsse des Lebens; im +Gegentheil, er war ein eben so leidenschaftlicher Jagdliebhaber und ein +eben so heiterer Gesellschafter als irgend Einer, der den Suprematseid +und die Erklärung gegen die Transsubstantiation angenommen hatte. Er +ging mit seinen Nachbarsquires auf die Jagd, hielt bis zum Hallali bei +ihnen aus und nahm sie nach beendeter Jagd mit sich nach Hause zu einer +Wildpretpastete und zu einem Kruge Octoberbier, das seine vier Jahre auf +Flaschen lag. Die Bedrückungen, die er erduldet, waren nicht so arg, daß +sie ihn zu einem verzweifelten Entschlusse hätten treiben können; selbst +als seine Kirche schonungslos verfolgt wurde, waren sein Leben und sein +Eigenthum nicht in großer Gefahr. Der schamloseste falsche Zeuge würde +es schwerlich gewagt haben, der Wahrheit so frech ins Gesicht zu +schlagen, daß er ihn beschuldigt hätte, ein Verschwörer zu sein. Die +Papisten, welche Oates zu seinen Angriffen auswählte, waren Peers, +Prälaten, Jesuiten, Benedictiner, thätige politische Agenten, Juristen +mit ausgedehnter Praxis und Hofärzte. Der katholische Landgentlemen +konnte unter dem Schutze seiner Verborgenheit, seines leutseligen Wesens +und der Zuneigung seiner Umgebungen unbelästigt seine Ernte einbringen +und seine Waidtasche mit Wild füllen, während Coleman und Langhorne, +Whitbread und Pickering, Erzbischof Plunkett und Lord Stafford durch den +Strick oder durch das Beil starben. Eine Bande elender Schurken machte +zwar den Versuch, gegen Sir Thomas Gascoigne, einen bejahrten +katholischen Baronet in Yorkshire, eine Anklage auf Hochverrath zu +erheben, aber zwölf der besten Gentlemen des Westbezirks, die seinen +Lebenswandel kannten, hielten es nicht für möglich, daß ihr ehrenwerther +alter Bekannter Banditen zur Ermordung des Königs gedungen haben sollte, +und sprachen trotz mancherlei der Richterbank eben nicht zur Ehre +gereichender Versuche ein „Nichtschuldig“ aus. Wohl mochte es für das +Oberhaupt einer alten, angesehenen Familie in der Provinz ein +schmerzlicher Gedanke sein, daß er seines Glaubens wegen von ehrenvollen +Stellen und Ämtern ausgeschlossen war, zu deren Bekleidung Männer von +niedererer Herkunft und geringerem Vermögen für berechtigt gehalten +wurden; aber er hatte nicht Lust, Land und Leben im Kampfe gegen eine +erdrückende Übermacht auf’s Spiel zu setzen, und sein gerader, ächt +englischer Character würde, vor Mitteln, wie ein Petre und Tyrconnel sie +anwendeten, mit Abscheu zurückgebebt sein. Deshalb würde er jedoch eben +so bereitwillig, als irgend einer seiner protestantischen Nachbarn zur +Vertheidigung seines Vaterlandes gegen einen Einfall der Franzosen oder +irischen Papisten das Schwert um die Lenden gegürtet und die Pistolen in +die Halfter gesteckt haben. Dies war der allgemeine Character der +Männer, in denen Jakob jetzt die sichersten Werkzeuge zur Leitung der +Grafschaftswahlen zu erblicken glaubte. Er überzeugte sich jedoch bald, +daß sie nicht geneigt waren, sich durch einen ihm zu leistenden +schimpflichen und strafbaren Dienst die Achtung ihrer Nachbarn zu +verscherzen und Leben und Vermögen zu gefährden. Mehrere von ihnen +weigerten sich, Sheriffs zu werden, und von denen, welche die Ernennung +annahmen, erklärten viele, daß sie eben so gewissenhaft, als wenn sie +Mitglieder der Staatskirche wären, ihre Pflicht erfüllen, und keinen +Wahlcandidaten, der nicht eine wirkliche Stimmenmehrheit hätte, in’s +Parlament schicken würden.[62] + + [Anmerkung 62: Etwa zwanzig Jahre vor dieser Zeit sprach sich ein + Jesuit über die eingezogene Lebensweise der katholischen Gentry + Englands folgendermaßen aus: +„La nobilità Inglese, senon se + legata in serviglio di Corte ò in opera di maestrato, vive, e godo + il più dell’ anno a la campagna, ne’ suoi palagi e poderi, dove + son liberi e padroni; è ciò tanto più sollecitamente i Cattolici + quanto più utilmente, si come meno osservati colà.“ -- + L’Inghilterra descritta dal P. Daniello Bartoli. Roma, 1667.+ + + „Viele von den papistischen Sheriffs,“ schrieb Johnstone, „sind + begütert und erklären, daß man sich sehr irren würde, wenn man + gefälschte Wahlen von ihnen erwartete. Die papistische Gentry, + welche auf ihren Landgütern lebt, ist von der städtischen weit + verschieden. Mehrere von ihnen haben es abgelehnt, Sheriffs oder + Statthaltersubstituten zu werden.“ -- 8. Dec. 1687. + + Ronquillo sagt das Nämliche: +„Algunos Catolicos que fueron + nombrados por sherifes se han excusado.“+ -- 9.(19.) Jan. 1688. + Einige Monate später versichert er seinem Hof, daß die + katholischen Landgentlemen gern zu einer Verständigung die Hand + bieten würden, deren Grundbedingungen die Abschaffung der + Strafgesetze und die Beibehaltung des Religionseides wären. + +„Estoy informado,“+ sagt er, +„que los Catolicos de las + provincias no lo reprueban, pues no pretendiendo oficios, y siendo + solo algunos de la Corte los provechosos, les parece que mejoran + su estado, quedando seguros ellos y sus descendientes en la + religion, en la quietud, y en la seguridad de sus haciendas.“+ -- + 23. Juli (2. Aug.) 1688.] + + +[_Stimmung der Dissenters._] Konnte der König schon auf seine +katholischen Sheriffs wenig rechnen, so konnte er sich noch viel weniger +auf die puritanischen verlassen. Seit dem Erscheinen der +Indulgenzerklärung waren mehrere Monate verflossen, Monate voll +wichtiger Ereignisse und fortwährender Streitigkeiten. Die öffentliche +Besprechung der Angelegenheiten hatte vielen Dissenters die Augen +geöffnet, aber die Maßregeln der Regierung, und vorzugsweise das strenge +Verfahren gegen das Magdalenen-Collegium, hatte mehr als selbst die +Feder eines Halifax dazu beigetragen, alle Klassen der Protestanten +aufzurütteln und zu vereinigen. Die meisten von den Sectirern, die sich +hatten verleiten lassen, ihren Dank für die Indulgenz auszudrücken, +schämten sich jetzt ihres Irrthums und wünschten sehnlichst, ihn dadurch +wieder gut zu machen, daß sie sich der großen Masse ihrer Landsleute +anschlossen. + + +[_Regulirung der Corporationen._] In Folge dieses Umschwungs in den +Gesinnungen der Nonconformisten stieß die Regierung in den Städten auf +fast eben so große Schwierigkeiten, wie auf dem platten Lande. Als die +Regulatoren ihre Arbeit begannen, hatten sie fest darauf gerechnet, daß +jeder Dissenter, der sich zu Gunsten der Indulgenz ausgesprochen hatte, +auch die Politik des Königs unterstützen werde. Sie waren daher +überzeugt, daß sie im Stande sein würden, alle Municipalämter des +Königreichs mit zuverlässigen Freunden zu besetzen. In den neuen +Städteordnungen hatte sich die Krone das Recht vorbehalten, +Magistratsbeamte nach ihrem Belieben zu entlassen. Dieses Recht wurde +jetzt ohne alle Beschränkung ausgeübt. Durchaus nicht so klar war es +jedoch, daß Jakob auch das Recht hatte, neue Magistratsbeamte zu +ernennen; aber mochte es ihm nun zustehen oder nicht, er beschloß, es +sich zu nehmen. Allenthalben, vom Tweed bis Landsend, wurden +toryistische Beamte abgesetzt und Presbyterianer, Independenten und +Baptisten an ihrer Stelle ernannt. In dem neuen Freibriefe der +Hauptstadt hatte sich die Krone das Recht vorbehalten, alle Vorsteher, +Pfleger und Beisitzer der Innungen zu entlassen. In Folge dessen wurden +über achthundert angesehene Bürger, sämmtlich Mitglieder der Partei, die +sich der Ausschließungsbill widergesetzt hatte, durch einen einzigen +Erlaß ihrer Ämter enthoben. Bald darauf erschien ein Nachtrag zu dieser +langen Liste.[63] Aber die neuen Angestellten waren kaum vereidigt, so +zeigte es sich, daß sie eben so unfügsam waren, als ihre Vorgänger. In +Newcastle am Tyne ernannten die Regulatoren einen katholischen Mayor und +puritanische Aldermen. Man zweifelte keinen Augenblick, daß die so +umgestaltete Municipalbehörde eine Adresse beschließen werde, in der sie +die Maßregeln des Königs zu unterstützen versprach. Die Adresse wurde +jedoch verweigert. Der Mayor reiste wüthend nach London und sagte dem +Könige, die Dissenters seien alle Schurken und Rebellen und die +Regierung könne in der ganzen Corporation auf nicht mehr als vier +Stimmen rechnen.[64] In Reading wurden vierundzwanzig toryistische +Aldermen entlassen und vierundzwanzig neue ernannt. Von diesen erklärten +sich dreiundzwanzig sofort gegen die Indulgenz und wurden deshalb +ebenfalls wieder entlassen.[65] Im Laufe weniger Tage wurde der +Stadtbezirk von Yarmouth nacheinander durch drei verschiedene +Magistratskörper verwaltet, welche sämmtlich dem Hofe gleich feindlich +gesinnt waren.[66] Dies sind nur einzelne Beispiele von dem was im +ganzen Lande geschah. Der holländische Gesandte berichtete an die +Generalstaaten, daß in manchen Städten die Magistratsbeamten in einem +Monate zwei und selbst dreimal, aber dennoch vergebens gewechselt worden +seien.[67] Aus den Acten des Geheimen Raths geht hervor, daß die Zahl +der Regulationen, wie sie genannt wurden, zweihundert überstieg.[68] Die +Regulatoren fanden in der That, daß in nicht wenigen Städten die +Veränderung eine Verschlimmerung war. Die mißvergnügten Tories hatten, +wenn sie auch über die Politik des Königs murrten; doch wenigstens stets +Achtung für seine Person und seinen Thron an den Tag gelegt und jeden +Gedanken an Widerstand verworfen. Ganz anders war die Sprache einiger +neuen Mitglieder der Corporationen. Man sagte, daß alte Soldaten der +Republik, welche zu ihrem eignen wie zum Erstaunen des Publikums zu +Aldermen ernannt worden waren, den Agenten des Hofes deutlich zu +verstehen gäben, es müsse erst Blut fließen, bevor Papismus und +Willkürgewalt in England zur Herrschaft gelangten.[69] + +Die Regulatoren sahen, daß mit dem was sie bis jetzt gethan hatten, +wenig oder nichts gewonnen war. Es gab indessen noch ein Mittel, aber +auch nur dieses eine, durch das sie hoffen konnten ihren Zweck zu +erreichen. Die Gemeindeordnungen der Wahlflecken mußten zurückgezogen +und durch neue ersetzt werden, welche das Wahlrecht auf sehr kleine, vom +König zu ernennende Wahlkörper beschränkten.[70] + +Aber wie war dieser Plan auszuführen? In einigen der neuen Freibriefe +hatte sich die Krone zwar das Recht der Wiederentziehung vorbehalten, +aber die übrigen konnte Jakob nur durch freiwillige Zurückgabe von +Seiten der Corporationen oder durch einen Ausspruch der Kings Bench +wieder in die Hand bekommen. Aber nur wenige Corporationen waren jetzt +geneigt, ihre Gemeindeordnungen freiwillig aufzugeben, und ein +Richterspruch, wie er den Zwecken des Hofes diente, war selbst von einem +Sklaven wie Wright nicht zu erwarten. Die Quo-Warranto-Erlasse,[71] +welche vor einigen Jahren erschienen waren, um die Whigpartei zu +vernichten, waren von allen Unparteiischen einhellig verdammt worden. +Doch hatten diese Erlasse wenigstens einen Anschein von Recht für sich, +denn sie waren gegen alte Municipalkörper gerichtet, und unter diesen +gab es wenige, in denen im Laufe der Zeit nicht Mißbrauche eingerissen +waren, welche genügenden Anhalt zu einem Prozeßverfahren darboten. Die +Corporationen aber, welche jetzt angegriffen wurden, befanden sich noch +im Alter der kindlichen Unschuld, die ältesten von ihnen hatten kaum ihr +fünftes Lebensjahr erreicht, und es war unmöglich, daß viele von ihnen +schon so schwer gesündigt haben sollten, daß sie eine Zurücknahme ihrer +Privilegien verdienten. Den Richtern selbst war nicht wohl zu Muthe. Sie +gaben zu bedenken, daß das, was man von ihnen verlange, den einfachsten +und klarsten Grundsätzen des Rechts und der Gerechtigkeit schnurstracks +zuwiderlaufe; aber alle Vorstellungen waren umsonst. Die Wahlorte wurden +zur Rücksendung ihrer Freibriefe aufgefordert. Einige wenige kamen der +Aufforderung nach; aber das Verfahren, welches der König gegen diese +wenigen einschlug, war eben nicht geeignet, bei den anderen Vertrauen zu +erwecken. In mehreren Städten wurde der Gesammtbürgerschaft das +Wahlrecht entzogen und auf eine kleine Anzahl Personen beschränkt und +diese mußten sich eidlich verpflichten, die von der Regierung +empfohlenen Candidaten zu unterstützen. In Tewkesbury zum Beispiel wurde +das Wahlrecht dreizehn Personen übertragen. Doch selbst diese Anzahl war +noch zu groß. Haß und Furcht hatten sich so weit verbreitet, daß es kaum +möglich war, auch durch die unredlichsten Mittel nur dreizehn Männer zu +finden, auf die sich der Hof unbedingt verlassen konnte. Es hieß, daß +die Mehrheit des neuen Wahlkörpers von Tewkesbury von dem nämlichen +Sinne beseelt sei, welcher in der ganzen Nation überwiege, und daß +derselbe an dem entscheidenden Tage zuverlässige Protestanten in’s +Parlament schicken werde. Die Regulatoren drohten in heftigem Zorne, die +Zahl der Wähler auf drei zu reduciren.[72] Inzwischen weigerte sich die +große Mehrzahl der Wahlorte entschieden, ihre Privilegien aufzugeben. +Barnstaple, Winchester und Buckingham zeichneten sich durch die Kühnheit +ihres Widerstandes besonders aus. In Oxford wurde der Antrag, daß die +Stadt ihr Wahlrecht dem Könige zurückgeben solle, mit achtzig gegen zwei +Stimmen verworfen.[73] Der Tempel und Westminsterhall kamen durch die +plötzliche Häufung von Aufträgen aus allen Theilen des Landes in +ungewohnte Bewegung. Jeder Advokat von bedeutender Praxis erhielt +Vollmachten über Vollmachten von den städtischen Corporationen, und die +gewöhnlichen Clienten beklagten sich, daß ihre Angelegenheiten +vernachlässigt würden.[74] Es lag auf der Hand, daß eine geraume Zeit +darüber hingehen mußte, ehe eine so große Anzahl Prozesse entschieden +werden konnten. Diese Verzögerung war der Tyrannei unerträglich. Es +wurde nichts unterlassen, um die widerspenstigen Wahlkörper durch +Drohungen zur Unterwerfung zu bringen. In Buckingham hatten einige +Municipalbeamten sich in nicht eben lobender Weise ausgesprochen. Man +machte ihnen den Prozeß und kündigte ihnen an, daß mit schonungsloser +Strenge gegen sie verfahren werden würde, wenn sie sich nicht durch +Herausgabe ihres Freibriefs loskauften.[75] In Winchester griff man zu +noch strengeren Gewaltmaßregeln. Eine bedeutende Truppenabtheilung wurde +in die Stadt gelegt, einzig und allein zu dem Zwecke, die Einwohner zu +belästigen und zu quälen.[76] Die Stadt blieb fest und die öffentliche +Stimme beschuldigte den König laut, daß er die schlimmsten Verbrechen +seines Bruders von Frankreich nachahme; die Dragonaden hätten begonnen, +sagte man. Man hatte auch wirklich Grund zu ernsten Besorgnissen. Jakob +war auf den Einfall gekommen, daß er den Widerstandsgeist einer +hartnäckigen Stadt nicht wirksamer brechen könne, als indem er den +Einwohnern Soldaten in’s Quartier legte. Er mußte wissen, daß diese +Maßregel sechzig Jahre früher heftigen Unwillen erregt und durch die +Bitte um Recht, ein Gesetz, das von den Engländern kaum weniger verehrt +wurde, als die Magna Charta, feierlichst für gesetzwidrig erklärt worden +war. Aber er hoffte von den Gerichtshöfen eine Erklärung zu erlangen, +daß selbst die Bitte um Recht die Prärogative nicht beschränken könne. +Er fragte in der That den Oberrichter der Kings Bench über diesen +Gegenstand um Rath;[77] aber das Resultat der Besprechung wurde geheim +gehalten, und in einigen Wochen gestalteten sich die Dinge so, daß eine +Furcht, welche noch stärker war, als selbst die vor der königlichen +Ungnade, sogar einen so servilen Mann wie Wright bewog, ein wenig +einzuhalten. + + [Anmerkung 63: +Privy Council Book, Sept. 25. 1687, Febr. 21, + 1687/88+.] + + [Anmerkung 64: Acten der Corporation, angeführt in +Brand’s + History of Newcastle+; Johnstone, 21. Febr. 1687/88.] + + [Anmerkung 65: Johnstone, 21. Febr. 1687/88.] + + [Anmerkung 66: Citters, 14.(24.) Febr. 1688.] + + [Anmerkung 67: Citters, 1.(11.) Mai 1688.] + + [Anmerkung 68: Am Rande der Geheimrathsacten findet man die + Bemerkung „Zweite Regulation“ und „Dritte Regulation“, wenn ein + Wahlkörper mehr als einmal umgestaltet worden war.] + + [Anmerkung 69: Johnstone, 23. Mai 1688.] + + [Anmerkung 70: Johnstone, 21. Febr. 1688.] + + [Anmerkung 71: Diese Erlasse, so genannt nach den beiden + Anfangsworten +Quo warranto+, ordneten eine Untersuchung über die + Rechtsbefugnisse an, auf welche sich die Privilegien einer + Corporation gründeten, und wenn sich eine Unregelmäßigkeit fand, + wurde der Freibrief entzogen. D. Übers.] + + [Anmerkung 72: Johnstone, 21. Febr. 1688.] + + [Anmerkung 73: Citters, 20.(30.) März 1688.] + + [Anmerkung 74: +Ibid.+ 1.(11.) Mai 1688.] + + [Anmerkung 75: +Ibid.+ 22. Mai (1. Jun.) 1688.] + + [Anmerkung 76: +Ibid.+ 1.(11.) Mai 1688.] + + [Anmerkung 77: +Ibid.+ 18.(28.) Mai 1688.] + + +[_Untersuchung in allen öffentlichen Verwaltungszweigen._] Während die +Lordlieutenants die Friedensrichter ausforschten und die Regulatoren die +Wahlkörper umgestalteten, wurden alle Zweige des Staatsdienstes einer +strengen Untersuchung unterworfen. Zuerst wurde der Palast gesäubert. +Jeder mit Narben bedeckte alte Kavalier, der zum Ersatz für das der +Sache des Königs geopferte Blut und Grundeigenthum ein Ämtchen in der +königlichen Garderobe oder im Marstalle erhalten hatte, wurde +aufgefordert, zwischen dem Könige und der Kirche zu wählen. Die Zoll- +und Steuercommissare wurden zu Seiner Majestät ins Schatzamt beschieden, +hier das Versprechen von ihnen verlangt, daß sie seine Politik +unterstützen wollten, und ihnen bedeutet, daß sie allen ihren +Unterbeamten ein ähnliches Versprechen abzunehmen hätten.[78] Ein +Zollbeamter motivirte seine Unterwerfung unter den Willen des Königs in +einer Weise, welche Heiterkeit und zugleich Mitleid erregte. „Ich habe,“ +sagte er, „vierzehn Gründe, die mich bestimmen, Seiner Majestät Befehlen +zu gehorchen: eine Frau und dreizehn unerzogene Kinder“.[79] Gegen +solche Gründe ließ sich allerdings nichts einwenden; dennoch aber kamen +nicht wenig Fälle vor, wo die religiösen und patriotischen Gefühle +selbst solche Gründe überwogen. + +Man hat Grund zu der Vermuthung, daß die Regierung um diese Zeit +ernstlich mit dem Plane umging, einen Schlag zu führen, der viele +tausend Familien an den Bettelstab gebracht und auf die socialen +Zustände aller Landestheile störend eingewirkt haben würde. Niemand +durfte Wein, Bier oder Kaffee ohne Concession verkaufen. Es hieß nun, +daß jeder Inhaber einer solchen Concession demnächst aufgefordert werden +sollte, entweder dieselben Verpflichtungen einzugehen, welche den +öffentlichen Beamten auferlegt worden waren, oder sein Geschäft +aufzugeben.[80] Wäre ein solcher Schritt gethan worden, so würden ohne +allen Zweifel die Wirthshäuser und öffentlichen Vergnügungsorte im +ganzen Lande zu Hunderten geschlossen worden sein. Welche Wirkung ein +solcher Eingriff in die Lebensgenüsse aller Stände hervorgebracht haben +würde, läßt sich nur muthmaßen. Der durch Übel erzeugte Unwille steht +nicht immer im Verhältnisse mit der Wichtigkeit derselben, und es ist +durchaus nicht unwahrscheinlich, daß die Einziehung von +Schankconcessionen das bewirkt haben würde, was die Entziehung von +Freibriefen nicht bewirkt hatte. Die Vornehmeren würden ihr +Chokoladenhaus in St. James Street, die Geschäftsmänner ihre +Kaffeekanne, bei der sie in Change Alley zu rauchen und zu politisiren +pflegten, schmerzlich vermißt haben. Die Hälfte der Clubs hätte sich +neue Versammlungslokale suchen müssen. Der Reisende würde des Nachts den +Gasthof, in welchem er gewohnt war abzusteigen und seine Abendmahlzeit +einzunehmen, verödet gefunden haben. Der Landmann würde die Bierschenke +vermißt haben, wo er im Sommer auf der Bank vor der Thür, im Winter am +Kamin seinen Krug zu trinken gewohnt war. Es war leicht möglich, daß die +auf solche Art gereizte Nation sich zu einem allgemeinen Aufstande +erhob, ohne auf die Hülfe fremder Verbündeter zu warten. + + [Anmerkung 78: Citters, 6.(16.) April 1688; +Treasury Letter Book. + March 14. 1687/88+; Ronquillo, 16.(26.) April.] + + [Anmerkung 79: Citters, 18.(28.) Mai 1688.] + + [Anmerkung 80: +Ibid.+ 18.(28.) Mai 1688.] + + +[_Entlassung Sawyer’s._] Es war nicht zu erwarten, daß ein Fürst, der +von allen niederen Dienern der Regierung bei Strafe der Entlassung +Unterstützung seiner Politik verlangte, einen Generalfiskal behalten +würde, dessen Abneigung gegen diese Politik kein Geheimniß war. Sawyer +hatte noch über anderthalb Jahr in seiner Stellung bleiben dürfen, +nachdem er sich gegen die Dispensationsgewalt erklärt hatte. Diese +ungewöhnliche Nachsicht verdankte er nur der außerordentlichen +Schwierigkeit, die es der Regierung machte, einen Nachfolger für ihn zu +finden. Es war um der pekuniären Interessen der Krone willen nothwendig, +daß wenigstens einer der beiden ersten Staatsanwälte ein talentvoller +und kenntnißreicher Mann war, und es war keineswegs leicht, einen diesen +Anforderungen genügenden Juristen zu bewegen, daß er sich durch das +tägliche Begehen von Handlungen, welche das nächste Parlament +wahrscheinlich als schwere Übertretungen und Verbrechen betrachtete, +sehr ernster Gefahr aussetzte. Es war nicht möglich gewesen, einen +besseren Generalprokurator als Powis aufzutreiben, ein Mann, der sich +zwar aus nichts ein Gewissen machte, der aber auch nicht einmal den +gewöhnlichsten Pflichten seines Postens gewachsen war. Unter diesen +Umständen hielt man es für wünschenswerth, die Arbeit zu theilen. Ein +Fiskal, dessen Berufstüchtigkeit durch Gewissensskrupel bedeutend +beeinträchtigt wurde, hatte einen Prokurator zur Seite, dessen +Gewissenlosigkeit seinen Mangel an Befähigung einigermaßen ersetzte. +Wenn es der Regierung um energische Durchführung des Gesetzes zu thun +war, so wendete sie sich an Sawyer; wollte sie das Gesetz mit Füßen +treten, so hielt sie sich an Powis. Dieses Arrangement wurde so lange +beibehalten, bis der König die Dienste eines Anwalts erlangte, der zu +gleicher Zeit noch gewissenloser als Powis und geschickter als Sawyer +war. + + +[_Williams Generalprokurator._] Keiner der damals lebenden Advokaten +hatte der Regierung giftiger opponirt als Wilhelm Williams. Er hatte +sich unter der vorigen Regierung als Whig und Exclusionist hervorgethan. +Als die Parteiwuth den höchsten Grad erreicht hatte, war er zum Sprecher +des Unterhauses erwählt worden. Nach der Prorogation des oxforder +Parlaments war er der gewöhnliche Rechtsbeistand der heftigsten +Demagogen gewesen, die des Aufruhrs angeklagt wurden. Er besaß +anerkanntermaßen bedeutende juristische Gewandtheit und Kenntnisse. +Unbesonnene Überstürzung und Parteigeist hielt man für seine +Hauptfehler; daß er noch andere Fehler hatte, in Vergleich mit denen die +genannten als Tugenden gelten konnten, ahnete man damals noch nicht. Die +Regierung suchte eine Gelegenheit, um ihm etwas anzuhaben, und es wurde +ihr nicht schwer, eine solche zu finden. Er hatte auf Befehl des Hauses +der Gemeinen einen von Dangerfield verfaßten erzählenden Bericht +herausgegeben. Hätte ein Privatmann diese Schrift veröffentlicht, so +würde sie unbestreitbar als ein aufrührerisches Libell zu betrachten +gewesen sein. Es wurde bei der Kings Bench eine Criminaluntersuchung +gegen Williams eingeleitet; er berief sich umsonst auf die Privilegien +des Parlaments und wurde zu einer Geldbuße von zehntausend Pfund +verurtheilt. Einen großen Theil dieser Summe bezahlte er baar und über +den Rest gab er eine Schuldverschreibung. Der Earl von Peterborough, der +in Dangerfield’s Erzählung in beleidigender Weise erwähnt war, wurde +durch den Erfolg der Criminaluntersuchung ermuthigt, eine Civilklage auf +eine bedeutende Entschädigungssumme anhängig zu machen. Williams gerieth +dadurch in die größte Verlegenheit. Da bot sich ihm ein rettender Ausweg +dar. Allerdings war es ein Ausweg, der einem Manne von festen +Grundsätzen und edlem Character noch schrecklicher gewesen sein würde, +als Armuth, Gefängniß und selbst Tod. Er konnte sich der Regierung +verkaufen, deren Feind und Opfer er gewesen war; er konnte sich +erbieten, bei jedem Angriffe auf die Freiheiten und die Religion, für +welche er einen maßlosen Eifer gezeigt hatte, den gefährlichsten Posten +zu übernehmen; er konnte seinen Whiggismus durch Dienste wieder gut +machen, vor denen selbst die eingefleischtesten Tories, an deren Händen +das Blut Russell’s und Sidney’s klebte, mit Abscheu zurückbebten. Der +Handel wurde abgeschlossen. Der noch schuldige Rest der Strafsumme wurde +erlassen und Peterborough durch Vermittelung des Königs zu einem +Vergleich bewogen. Sawyer wurde abgesetzt, Powis wurde Generalfiskal, +Williams wurde zum Generalprokurator ernannt, in den Adelstand erhoben +und war bald ein Günstling des Königs. Obgleich im Range nur der zweite +Kronjurist, gelang es ihm doch sehr bald, durch seine Gewandtheit, +Gelehrsamkeit und Energie seinen Vorgesetzten völlig in den Schatten zu +stellen[81]. + +Williams war noch nicht lange im Amte, als er aufgefordert wurde, in dem +denkwürdigsten Staatsprozesse, von dem die Annalen der britischen Justiz +berichten, eine Hauptrolle zu übernehmen. + + [Anmerkung 81: +London Gazette, Dec. 15. 1687+. Siehe den Prozeß + gegen Williams in der +Collection of State Trials+. +„Ha hecho,“+ + sagt Ronquillo, +„grande susto el haber nombrado el abogado + Williams, que fue el orador y el mas arrabiade de toda la casa des + comunes en los ultimos terribles parlamentos del Rey difunto.“+ + 27. Nov. (7. Dec.) 1687.] + + +[_Zweite Indulgenzerklärung._] Am 27. April 1688 erließ der König eine +zweite Indulgenzerklärung. In diesem Schriftstücke führte er die +Erklärung vom vorjährigen April in ihrer ganzen Länge auf. Sein +bisheriges Leben, sagte er dann, habe sein Volk überzeugen können, daß +er nicht der Mann sei, der sich von einem einmal gefaßten Beschlusse so +leicht abbringen lasse. Da aber heimtückische Menschen es versucht +hätten, die Welt glauben zu machen, daß man ihn doch noch zum Nachgeben +in dieser Angelegenheit werde bestimmen können, halte er es für nöthig, +zu erklären, daß sein Vorsatz unwiderruflich fest stehe, daß er +entschlossen sei, nur solche Männer anzustellen, welche bereit wären, +ihn bei der Ausführung seiner Pläne zu unterstützen, und daß er in +Gemäßheit dieses Entschlusses viele seiner ungehorsamen Diener von +Civil- und Militairämtern habe entheben müssen. Schließlich zeigte er +an, daß er spätestens im November ein Parlament einzuberufen gedenke, +und ermahnte seine Unterthanen, solche Vertreter in dasselbe zu wählen, +die ihn bei dem begonnenen großen Werke zu unterstützen geneigt +wären[82]. + + [Anmerkung 82: +London Gazette, April 30. 1688+; Barillon, 26. + April (6. Mai).] + + +[_Die Geistlichkeit erhält Befehl, sie von der Kanzel zu verlesen._] +Diese Erklärung machte anfangs nur wenig Sensation. Sie enthielt nichts +Neues und die Leute wunderten sich, daß der König es für nöthig hielt, +ein feierliches Manifest zu erlassen, blos um ihnen zu sagen, daß er +seinen Sinn nicht geändert habe[83]. Die Gleichgültigkeit, mit der die +Ankündigung seines festen Entschlusses vom Publikum aufgenommen wurde, +verdroß ihn wahrscheinlich und er glaubte ohne Zweifel, daß seine Würde +und Autorität leiden könnten, wenn er nicht unverzüglich etwas Neues und +Auffallendes thue. In Folge dessen verfügte er unterm 4. Mai durch einen +Geheimrathsbefehl, daß seine Erklärung von vergangener Woche an zwei +aufeinanderfolgenden Sonntagen beim öffentlichen Gottesdienste von den +dienstthuenden Geistlichen aller Kirchen und Kapellen des Reiches +verlesen werden solle. In London und seinen Vorstädten sollte die +Verlesung am 20. und 27. Mai, in den anderen Landestheilen am 3. und 10. +Juni stattfinden. Die Bischöfe waren angewiesen, Exemplare der Erklärung +in ihren respectiven Diöcesen zu vertheilen[84]. + +Wenn man berücksichtigt, daß die Geistlichen der anglikanischen Kirche +fast ohne Ausnahme die Indulgenzerklärung als eine Verletzung der +Landesgesetze, als einen Wortbruch des Königs und als einen +verderblichen Gewaltstreich gegen die Interessen und die Würde ihres +Standes betrachteten, so wird man schwerlich daran zweifeln können, daß +der Geheimrathsbefehl darauf berechnet war, als eine tiefe Kränkung von +ihnen empfunden zu werden. Man glaubte im Volke, daß Petre diese Absicht +durch ein der orientalischen Redeweise entlehntes rohes Gleichniß +ausgesprochen habe. Er sollte gesagt haben, er wolle sie Koth essen +lassen und zwar den abscheulichsten und ekelhaftesten Koth. Aber konnte +man annehmen, daß die anglikanische Geistlichkeit diesem tyrannischen +und gehässigen Befehle den Gehorsam verweigern werde? Der Character des +Königs war willkürlich und streng und das Verfahren der kirchlichen +Commission eben so summarisch wie das eines Kriegsgerichts. Wer sich +aufzulehnen wagte, konnte in Zeit von acht Tagen seiner Stelle entsetzt, +seines ganzen Einkommens beraubt, der ferneren Bekleidung jedes +geistlichen Amts unfähig erklärt und in die Nothwendigkeit versetzt +werden, von Haus zu Haus sein Brot zu erbetteln. Wenn der ganze Stand +sich einmüthig dem königlichen Willen widersetzte, dann war es +allerdings wahrscheinlich, daß selbst Jakob nicht den Muth haben würde, +zehntausend Schuldige auf einmal zu bestrafen. Aber zu einer allgemeinen +Verständigung in dieser Angelegenheit war keine Zeit. Am 7. Mai erschien +der Befehl in der Gazette und schon am 20. sollte die Erklärung von +allen Kanzeln Londons und dessen Umgegend verlesen werden. Er wäre +damals mit der größten Anstrengung nicht möglich gewesen, binnen +vierzehn Tagen die Ansichten nur des zehnten Theiles der im ganzen Lande +zerstreuten Pfarrgeistlichen einzuholen, ja nur die Stimmen der Bischöfe +hätten nicht leicht in so kurzer Zeit gesammelt werden können. Auch +stand zu befürchten, daß, wenn die Geistlichkeit das Verlesen der +Erklärung verweigerte, die protestantischen Dissenters die Weigerung +falsch auslegen, die Hoffnung, von den Mitgliedern der anglikanischen +Kirche Duldung zu erlangen, aufgeben und ihr ganzes Gewicht in die +Wagschale des Hofes werfen würden. + + [Anmerkung 83: Citters, 1.(11.) Mai 1688.] + + [Anmerkung 84: +London Gazette, Mai 7. 1688.+] + + +[_Die Geistlichkeit ist unschlüssig._] Die Geistlichkeit war daher +unschlüssig und diese Unschlüssigkeit läßt sich wohl entschuldigen, denn +einige hochgestellte Laien, welche das öffentliche Vertrauen in hohem +Maße genossen, waren geneigt, zur Unterwerfung zu rathen. Sie waren der +Meinung, ein allgemeiner Widerstand stehe kaum zu erwarten und ein +theilweiser werde für die Einzelnen verderblich und für die Kirche und +die Nation im Allgemeinen nur von geringem Nutzen sein. Dies war die +ausgesprochene Ansicht von Halifax und Nottingham. Der Tag rückte heran +und noch war keine Verständigung und kein bestimmter Entschluß +erzielt.[85] + + [Anmerkung 85: Johnstone, 27. Mai 1688.] + + +[_Patriotismus der protestantischen Nonconformisten Londons._] In diesem +Augenblicke erwarben sich die protestantischen Dissenters der Hauptstadt +einen Anspruch auf die ewige Dankbarkeit ihres Vaterlandes. Die +Regierung hatte sie bisher als einen Theil ihrer Stärke betrachtet. +Einige von ihren thätigsten und lautesten Predigern hatten, durch die +Gnadenbezeigungen des Hofes bestochen, Adressen zu Gunsten der Politik +des Königs zu Stande gebracht. Andere, welche durch die Erinnerung an +viele schwere Unbilden sowohl der anglikanischen Kirche als dem Hause +Stuart entfremdet waren, hatten mit boshafter Schadenfreude gesehen, wie +der tyrannische Fürst und die tyrannische Hierarchie durch bittere +Feindschaft von einander getrennt waren und sich gegenseitig überboten, +um den Beistand von Secten zu erlangen, die sie noch unlängst verfolgt +und verachtet hatten. Aber so natürlich dieses Gefühl auch sein mochte, +man hatte sich demselben lange genug hingegeben. Die Zeit war gekommen, +wo man eine Wahl treffen mußte, und die Nonconformisten traten in einer +hochherzigen Regung auf die Seite der Anglikaner, um gemeinschaftlich +mit ihnen die Grundgesetze des Reichs zu vertheidigen. Baxter, Bates und +Howe zeichneten sich durch ihre Anstrengungen, dieses Bündniß zu Stande +zu bringen, besonders aus; aber die edle Begeisterung, welche die +Gesammtheit der Puritaner beseelte, erleichterte ihnen die Aufgabe. Der +Eifer der Pfarrer wurde von dem ihrer Gemeinden noch übertroffen. +Diejenigen Presbyterianer- und Independentenprediger, welche Lust +zeigten, mit dem Könige Partei gegen die Landeskirche zu nehmen, wurden +nachdrücklich bedeutet, daß, wenn sie ihr Verfahren nicht änderten, ihre +Gemeinden sie fernerhin weder hören noch bezahlen würden. Alsop, der +sich mit der Hoffnung geschmeichelt hatte, daß er im Stande sein werde, +einen großen Theil seiner Anhänger dem Könige zuzuführen, sah sich +plötzlich von Denen, die ihn kurz zuvor noch als ihren geistlichen +Führer verehrt hatten, verachtet und verabscheut, verfiel darüber in +eine tiefe Schwermuth und verbarg sich vor den Blicken der Welt. Bei +mehreren londoner Geistlichen erschienen Deputationen, um sie zu bitten, +daß sie die Masse der Dissenters nicht nach den kriechenden +Schmeicheleien beurtheilen möchten, welche kürzlich die Spalten der +Gazette gefüllt hätten, und forderten sie, als bei dem großen Kampfe in +vorderster Reihe stehend, auf, mit männlicher Tapferkeit für die +Freiheiten Englands und den den Heiligen überlieferten Glauben zu +streiten. Diese Versicherungen wurden freudig und dankend aufgenommen. +Unter Denen aber, die sich zu entscheiden hatten, ob sie am nächsten +Sonntage, den 20. Mai, dem Befehl des Königs nachkommen wollten +oder nicht, herrschte noch immer große Ängstlichkeit und +Meinungsverschiedenheit. + + +[_Berathung der londoner Geistlichkeit._] Die londoner Geistlichkeit, +welche damals allgemein als die Elite ihres Standes anerkannt war, +veranstaltete eine berathende Versammlung. Funfzehn Doctoren der +Theologie waren anwesend. Tillotson, Dechant von Canterbury, der +berühmteste Kanzelredner der damaligen Zeit, kam vom Krankenlager dahin. +Sherlock, Vorsteher des Tempels, Patrick, Dechant von Peterborough und +Oberpfarrer des wichtigen Kirchspiels St. Paul in Coventgarden, sowie +auch Stillingfleet, Archidiakonus von London und Dechant der St. +Pauls-Kathedrale, nahmen daran Theil. Die Versammlung im Allgemeinen +schien der Ansicht zu sein, daß es im Grunde doch gerathen sei, dem +Geheimrathsbefehl zu gehorchen. Der Streit begann hitzig zu werden und +hätte vielleicht schlimme Folgen haben können, wäre er nicht durch die +Festigkeit und Einsicht des Unterpfarrers von St. Giles, Cripplegate, +Doctor Eduard Fowler, beendigt worden. Dieser Mann gehörte zu der +kleinen aber ausgezeichneten Klasse von Theologen, welche die der Schule +Calvin’s eigene Liebe zur bürgerlichen Freiheit mit der Theologie der +Schule des Arminius verbanden[86]. Er erhob sich und sprach: „Ich will +offen meine Meinung sagen. Die Sache ist so klar und einfach, daß lange +Erörterungen kein neues Licht auf sie werfen können, sondern nur die +Leidenschaften aufregen müssen. Lassen Sie einem Jeden blos Ja oder Nein +sagen. Ich für meine Person kann mich durch das Votum der Majorität +nicht binden lassen. Es würde mir leid thun, wenn dadurch unsre +Einigkeit gestört werden sollte, aber mein Gewissen erlaubt mir nicht, +diese Erklärung zu verlesen.“ Tillotson, Patrick, Sherlock und +Stillingfleet erklärten, daß sie der nämlichen Meinung seien, und die +Majorität fügte sich einer so achtbaren Minorität. Es wurde ein Beschluß +schriftlich ausgefertigt, durch den sich alle Anwesenden gegen einander +verpflichteten, die Erklärung nicht zu verlesen. Patrick war der Erste, +der seinen Namen unterschrieb, Fowler der Zweite. Das Papier wurde dann +in der Stadt herumgeschickt und war bald von fünfundachtzig +Pfründeninhabern unterzeichnet[87]. + +Unterdessen beriethen sich mehrere Bischöfe in banger Sorge über das +einzuschlagende Verfahren. Am 12. Mai war ein ernster und gelehrter +Kreis um den Tisch des Primas zu Lambeth versammelt. Compton, Bischof +von London, Turner, Bischof von Ely, White, Bischof von Peterborough, +und Tenison, Oberpfarrer des Kirchspiels St. Martin, befanden +sich unter den Anwesenden. Der Earl von Clarendon, ein warmer und +unerschütterlicher Freund der Kirche, war ebenfalls eingeladen worden. +Cartwright, Bischof von Chester, drängte sich, wahrscheinlich als Spion, +in die Versammlung. So lange er anwesend war, konnten vertrauliche +Mittheilungen nicht stattfinden; nach seinem Weggange aber wurde die +große Frage, welche alle Gemüther erfüllte, zur Sprache gebracht und +erörtert. Die allgemeine Ansicht war, daß die Erklärung nicht verlesen +werden solle. An mehrere der achtbarsten Prälaten der Provinz Canterbury +wurden sogleich Briefe geschrieben, durch welche dieselben aufgefordert +wurden, unverzüglich nach London zu kommen, um ihren Metropoliten in +dieser Angelegenheit zu unterstützen[88]. Da man kaum zweifeln konnte, +daß diese Briefe geöffnet werden würden, wenn sie durch das Postamt in +Lombard Street gingen, so wurden sie bis zu den nächsten Poststationen +in den verschiedenen Richtungen durch reitende Boten befördert. Der +Bischof von Winchester, dessen Loyalität sich bei Sedgemoor so glänzend +erprobt hatte, beschloß trotz eines ernstlichen Unwohlseins der +Aufforderung nachzukommen und sofort abzureisen, sah aber, daß er die +Erschütterung des Fahrens nicht vertragen konnte. Der an Wilhelm Lloyd, +Bischof von Norwich, gerichtete Brief wurde ungeachtet aller +Vorsichtsmaßregeln von einem Postmeister zurückgehalten, und dieser +Prälat, welcher keinem seiner Amtsbrüder in Muth und Eifer für die +gemeinsame Sache seines Berufs nachstand, kam zu spät in London an[89]. +Sein Namensvetter, Wilhelm Lloyd, Bischof von St. Asaph, ein frommer, +rechtschaffener und gelehrter Mann, aber von schwacher Urtheilskraft und +halb aufgerieben durch seine beharrlichen Anstrengungen, aus Daniel und +der Offenbarung einige Aufschlüsse über den Papst und den König von +Frankreich zu gewinnen, eilte nach der Hauptstadt und traf am +Sechzehnten ein[90]. Am nächstfolgenden Tage kamen auch der treffliche +Ken, Bischof von Bath und Wells, Lake, Bischof von Chichester, und Sir +Johann Trelawney, Bischof von Bristol, ein Baronet aus einer alten und +angesehenen Familie in Cornwall. + + [Anmerkung 86: Der verstorbene Alexander Knox, dieser + ausgezeichnete Mann, dessen beredte Conversation und vortrefflich + ausgearbeitete Briefe einen großen Einfluß auf die Gemüther seiner + Landsleute ausübten, hat, wie ich vermuthe, vieles von seinem + theologischen System und Fowler’s Schriften gelernt. Fowler’s Werk + über den Zweck des Christenthums wurde von Johann Bunyan mit einer + durch nichts zu rechtfertigenden Heftigkeit angegriffen, die sich + nur durch die Herkunft und mangelhafte Erziehung des ehrlichen + Kesselflickers einigermaßen entschuldigen läßt.] + + [Anmerkung 87: Johnstone, 23. Mai 1688. Es existirt ein + satirisches Gedicht auf diese Versammlung betitelt: „Die + geistliche Cabale.“] + + [Anmerkung 88: +Clarendon’s Diary, May 22. 1688.+] + + [Anmerkung 89: Auszug aus Tanner’s Handschriften in +Howell’s + State Trials+; +Life of Prideaux+; +Clarendon’s Diary, May 16. + 1688+.] + + [Anmerkung 90: +Clarendon’s Diary, May 16 & 17. 1688+.] + + +[_Berathung im Palast zu Lambeth._] Am Achtzehnten wurde im Palast des +Primas zu Lambeth eine Versammlung von Prälaten und anderen +ausgezeichneten Theologen gehalten. Tillotson, Tenison, Stillingfleet, +Patrick und Sherlock waren dabei anwesend. Vor dem Beginn der Berathung +wurde eine feierliche Betstunde gehalten. Nach einer langen Besprechung +setzte der Erzbischof eigenhändig eine Petition auf, in der die +allgemeine Ansicht ausgesprochen war. Sie war nicht im elegantesten +Style abgefaßt. Sancroft zog sich durch den schwülstigen und unschönen +Periodenbau sogar spöttelnden Tadel zu, den er mit weniger Geduld +ertrug, als er bei viel härteren Prüfungen gezeigt hatte. Dem Inhalte +nach aber konnte nichts geschickter entworfen sein, als dieses +denkwürdige Actenstück. Man verwahrte sich entschieden gegen alle +Illoyalität und Intoleranz, versicherte dem König, daß die Kirche noch +immer, wie von jeher, dem Throne treu ergeben sei und daß die Bischöfe +seiner Zeit am geeigneten Orte als Lords des Parlaments und als +Mitglieder des Oberhauses der Convocation beweisen wurden, wie es ihnen +keineswegs an humaner Rücksicht auf die Gewissensbedenken der Dissenters +fehle. Aber das Parlament habe sowohl unter der vorigen wie unter der +gegenwärtigen Regierung ausgesprochen, daß der Souverain nach der +Verfassung nicht berechtigt sei, in kirchlichen Angelegenheiten von +Gesetzen zu dispensiren. Deshalb sei die Erklärung gesetzwidrig und +Klugheit, Ehre und Gewissen gestatte den Petenten nicht, sich bei der +feierlichen Veröffentlichung einer ungesetzlichen Erklärung im Hause +Gottes und während der Zeit des Gottesdienstes zu betheiligen. + +Diese Petition wurde von dem Erzbischof und sechs seiner Suffraganen, +Lloyd von St. Asaph, Turner von Ely, Lake von Chichester, Ken von Bath +und Wells, White von Peterborough und Trelawney von Bristol, +unterzeichnet. Der Bischof von London unterzeichnete nicht mit, weil er +suspendirt war. + + +[_Die Petition der sieben Bischöfe dem Könige überreicht._] Es war spät +am Freitag Abend, und am Sonntag Morgen sollte die Erklärung in den +Kirchen von London verlesen werden. Die Petition mußte daher dem Könige +unverweilt überreicht werden. Die sechs Bischöfe brachen sofort nach +Whitehall auf; der Erzbischof, dem schon seit geraumer Zeit der Zutritt +bei Hofe untersagt war, begleitete sie nicht. Lloyd ließ seine fünf +Collegen im Hause des Lord Dartmouth in der Nähe des Palastes zurück, +begab sich zu Sunderland und bat den Minister, die Petition zu lesen und +sich zu erkundigen, wann der König geneigt sein werde, sie in Empfang zu +nehmen. Sunderland wollte, aus Furcht sich zu compromittiren, die +Petition gar nicht ansehen, begab sich aber sogleich ins königliche +Kabinet. Jakob befahl, die Bischöfe vorzulassen. Er hatte von seinem +Spion Cartwright erfahren, daß sie wohl geneigt wären, dem königlichen +Befehle zu gehorchen, aber einige kleine Änderungen in der Form +wünschten und eine unterthänige Bitte in diesem Sinne vorlegen wollten. +Seine Majestät war daher sehr gut gelaunt. Als die Prälaten vor ihm +knieten, bat er sie freundlich, aufzustehen, nahm das Papier, aus +Lloyd’s Händen und sagte: „Das ist Mylord Canterbury’s Hand.“ -- „Ja, +Sire, seine eigene Hand,“ war die Antwort. Jakob las die Petition, brach +sie dann zusammen und sprach, während seine Stirn sich verfinsterte: +„Dies ist eine große Überraschung für mich. Ich hätte dies von Ihrer +Kirche, insbesondere von einigen unter Ihnen, nicht erwartet. Das heißt +die Fahne des Aufruhrs aufpflanzen.“ Die Bischöfe ergossen sich in die +wärmsten Versicherungen ihrer Loyalität; der König aber wiederholte +seiner Gewohnheit nach die gesprochenen Worte von Anfang bis zu Ende. +„Ich sage Ihnen, es ist eine Fahne des Aufruhrs!“ -- „Des Aufruhrs?“ +rief Trelawney auf die Knie fallend. „Um des Himmels willen, Sire, +sprechen Sie nicht so hart von uns. Ein Trelawney kann nie ein Rebell +werden. Erinnern Sie Sich, daß meine Familie für die Krone gekämpft hat, +erinnern Sie Sich, wie ich Eurer Majestät gedient habe, als Monmouth im +Westen war.“ -- „Wir haben den letzten Aufstand unterdrückt,“ sagte +Lake, „und wollen gewiß nicht einen neuen hervorrufen.“ -- „Wir, +Rebellen!“ rief Turner; „wir sind bereit, zu den Füßen Eurer Majestät zu +sterben.“ -- „Sire,“ hob jetzt Ken in einem männlicheren Tone an, „ich +hoffe, Sie werden uns die Gewissensfreiheit zugestehen, die Sie +Jedermann gewähren.“ Jakob aber wiederholte abermals: „Das ist Aufruhr! +das ist eine Fahne des Aufruhrs! Hat jemals ein guter Diener der +Staatskirche das Dispensationsrecht in Frage gestellt? Haben nicht +einige von Ihnen zu Gunsten desselben gepredigt und geschrieben? Ich +will durchaus, daß meine Erklärung verlesen werde!“ -- „Wir haben zwei +Pflichten zu erfüllen,“ erwiederte Ken, „unsre Pflicht gegen Gott und +unsre Pflicht gegen Eure Majestät. Wir ehren Sie, aber wir fürchten +Gott.“ -- „Habe ich das um Sie verdient?“ versetzte der König mit +wachsendem Zorne; „bin ich nicht stets ein Freund Ihrer Kirche gewesen? +Ich hätte dies nicht von Ihnen erwartet. Aber ich verlange Gehorsam. +Meine Erklärung muß verlesen werden. Sie sind die Trompeter des +Aufruhrs. Was wollen Sie hier? Gehen Sie in Ihre Diöcesen und sorgen Sie +dafür, daß meinen Befehlen gehorcht wird. Dieses Papier will ich +behalten. Sie bekommen es nicht zurück. Ich werde Sie, die +Unterzeichner, nicht vergessen.“ -- „Gottes Wille geschehe,“ sagte Ken. +-- „Gott hat mir die Dispensationsgewalt verliehen,“ fuhr der König +fort, „und ich werde sie zu behaupten wissen. Ich sage Ihnen, es sind +noch Siebentausend in Ihrer Kirche, die das Knie nicht vor dem Baal +gebeugt haben.“ Die Bischöfe entfernten sich ehrerbietig[91]. Noch den +nämlichen Abend erschien die Petition, die sie dem Könige überreicht +hatten, Wort für Wort, in Druck und wurde in allen Kaffeehäusern +ausgelegt und in den Straßen zum Verkauf ausgeboten. Allenthalben +standen die Leute aus den Betten wieder auf und gingen hinunter auf die +Straße, um zu sehen, was es gab. Man sagte, daß der Drucker binnen +wenigen Stunden durch dieses Pennyblatt tausend Pfund verdient habe. +Dies mag übertrieben sein, aber es beweist wenigstens, daß der Absatz +ungeheuer war. Wie die Petition in die Öffentlichkeit kam, ist noch +heute ein Geheimniß. Sancroft versicherte, daß er jede erdenkliche +Vorsicht beobachtet habe und von keinem andren Exemplare wisse, als von +dem, welches er selbst geschrieben und das der König aus Lloyd’s Händen +entgegengenommen hatte. Die Wahrhaftigkeit des Erzbischofs ist über alle +Zweifel erhaben. Nicht unwahrscheinlich aber ist es, daß einige von den +anwesenden Geistlichen das kurze Schriftstück ihrem Gedächtniß genau +eingeprägt und es zum Druck befördert hatten. Die vorherrschende Meinung +war jedoch, daß eine Person aus der nächsten Umgebung des Königs eine +Indiscretion oder einen Verrath begangen habe[92]. Kaum weniger Aufsehen +machte ein kurzer, mit großer logischer Schärfe und in kräftiger Sprache +geschriebener Brief, der im Geheimen gedruckt und an dem nämlichen Tage +durch die Post und durch die gewöhnlichen Botenfuhrleute verbreitet +wurde. Jedem Geistlichen im ganzen Lande wurde ein Exemplar zugesandt. +Der Verfasser versuchte es nicht, die Gefahr zu verhehlen, der sich +Diejenigen aussetzten, welche dem königlichen Befehle nicht gehorchten; +aber er schilderte mit lebhaften Farben die noch größere Gefahr der +Unterwerfung. „Wenn wir die Erklärung verlesen,“ sagte er, „so fallen +wir, um uns nicht wieder zu erheben. Und wir werden nicht bedauert, +sondern nur verachtet werden; wir fallen unter den Verwünschungen einer +Nation, die unsre Willfährigkeit ins Verderben gestürzt hat.“ Einige +waren der Meinung, die Schrift sei aus Holland herübergekommen, Andere +schrieben sie Sherlock zu. Aber Prideaux, Dechant von Norwich, der bei +der Verbreitung besonders thätig war, hielt sie für das Werk Halifax’. + +Das Verfahren der Prälaten fand allgemeinen und lebhaften Beifall; aber +hier und da ließ sich auch ein Murren vornehmen. Man sagte, daß so +ernste Männer, wenn ihr Gewissen ihnen geboten hätte, beim Könige zu +remonstriren, dies früher hätten thun sollen. Wäre es recht gegen ihn +gehandelt, daß sie ihn bis sechsunddreißig Stunden vor der zur Verlesung +der Erklärung festgesetzten Zeit im Dunkeln ließen? Selbst wenn er den +Geheimrathsbefehl hätte zurücknehmen wollen, wäre es dazu zu spät +gewesen. Aus dem Allen scheine hervorzugehen, daß die Petition nicht den +Zweck gehabt habe, den König andren Sinnes zu machen, sondern nur die +Unzufriedenheit des Volks zu erregen[93]. Diese Beschwerden waren jedoch +völlig grundlos. Der König hatte den Bischöfen einen neuen, unerwarteten +und in Verlegenheit setzenden Befehl gegeben. Es war ihre Pflicht, mit +einander in Vernehmen zu treten und so weit als möglich die Ansicht des +Standes, dessen Oberhäupter sie waren, einzuholen, ehe sie irgend einen +Schritt thaten. Die Mitglieder waren im ganzen Lande zerstreut, einige +waren eine volle Tagereise von einander entfernt. Jakob hatte ihnen nur +vierzehn Tage Zeit gelassen, um sich zu erkundigen, zu berathschlagen +und einen Entschluß zu fassen, und er konnte sich gewiß nicht darüber +beklagen, daß diese vierzehn Tage zu Ende gingen, bevor er ihren +Entschluß erfuhr. Ebenso ist es auch nicht wahr, daß sie ihm nicht Zeit +ließen, seinen Befehl zurückzunehmen, wenn er hätte so klug sein wollen, +dies zu thun. Er hätte am Samstag Morgen den Geheimen Rath +zusammenberufen können und vor dem Abend konnte es in ganz London und +dessen Vorstädten bekannt sein, daß er den Bitten der Väter der Kirche +nachgegeben. Der Samstag ging jedoch ohne ein Zeichen von Sinnesänderung +seitens der Regierung vorüber und der Sonntag kam heran, ein Tag, dessen +man sich noch lange erinnerte. + + [Anmerkung 91: Sancroft’s Bericht aus Tanner’s Handschriften + abgedruckt; Citters, 22. Mai (1. Juni) 1688.] + + [Anmerkung 92: +Burnet, I. 741+; +Revolution Politics+; +Higgins’s + Short View.+] + + [Anmerkung 93: +Clarke’s Life of James the Second, II. 155.+] + + +[_Die londoner Geistlichkeit gehorcht dem königlichen Befehle nicht._] +In der City und den Vorstädten Londons gab es ungefähr hundert +Pfarrkirchen. Nur in vier derselben wurde der Geheimrathsbefehl befolgt. +In der St. Gregorskirche wurde die Erklärung von einem Geistlichen, +Namens Martin, verlesen. Sobald er die ersten Worte sprach, stand die +ganze Gemeinde auf und entfernte sich. In der St. Matthäuskirche in +Friday Street wurde ein Elender, Namens Timotheus Hall, der seinen +Priesterrock geschändet, indem er der Herzogin von Portsmouth bei dem +Handel mit Begnadigungen als Zwischenträger gedient und der jetzt +Hoffnung auf das erledigte Bisthum Oxford hatte, ebenfalls von seiner +Gemeinde in der Kirche allein gelassen. In Serjeant’s Inn, in Chancery +Lane, gab der Geistliche vor, er habe vergessen, ein Exemplar der +Erklärung mitzubringen, und der Oberrichter der Kings Bench, welcher +anwesend war, um darauf zu sehen, daß dem königlichen Befehle gehorcht +werde, mußte sich mit dieser Entschuldigung begnügen. Samuel Wesley, der +Vater Johann’s und Karl’s Wesley, Pfarrer in London, wählte an diesem +Sonntage zum Text seiner Predigt die edle Antwort, welche die drei Juden +dem chaldäischen Tyrannen gaben: „So sollst Du nun wissen, o König, daß +wir Deine Götter nicht ehren, noch das güldene Bild, das Du hast setzen +lassen, anbeten wollen.“ Selbst in der Kapelle des St. Jamespalastes +hatte der dienstthuende Geistliche den Muth, dem Befehle nicht zu +gehorchen. Die Knaben von Westminster erinnerten sich noch lange dessen, +was an jenem Tage in der Abtei vorging. Sprat, Bischof von Rochester, +fungirte hier als Dechant. Sobald er die Erklärung zu verlesen begann, +übertäubte das Murren und das Geräusch des sich aus der Kirche +drängenden Volks seine Stimme. Er zitterte so heftig, daß man das Papier +in seiner Hand sich bewegen sah. Lange bevor er geendet hatte, war die +Kirche von Allen verlassen, bis auf Diejenigen, die ihre Stellung zum +Bleiben nöthigte.[94] + +Noch nie war die Kirche der Nation so theuer gewesen, als an jenem +Nachmittage. Der Geist der Zwietracht schien erloschen zu sein. Baxter +hielt auf der Kanzel eine Lobrede auf die Bischöfe und die Pfarrer. +Wenige Stunden später schrieb der holländische Gesandte an die +Generalstaaten, daß die anglikanische Geistlichkeit in der Achtung des +Publikums unglaublich gestiegen sei. Die Nonconformisten, sagte er, +sprächen sich allgemein dahin aus, daß sie lieber unter dem Drucke der +Strafgesetze bleiben, als ihre Sache von der der Prälaten trennen +wollten.[95] + +So verging noch eine Woche ängstlicher Aufregung, und der zweite Sonntag +kam heran. Abermals waren die Kirchen der Hauptstadt mit +Hunderttausenden gefüllt. Die Erklärung wurde nirgends anderwärts +verlesen, als an den wenigen Orten, wo sie vor acht Tagen verlesen +worden war. Der Geistliche, der in der Kapelle des St. Jamespalastes +gepredigt hatte, war seines Amtes entsetzt worden und es erschien ein +servilerer Geistlicher mit dem Papier in der Hand; aber er war so +befangen, daß er nicht vernehmlich sprechen konnte. Die Stimmung der +ganzen Nation hatte sich in der That so gestaltet, daß nur die besten +und hochherzigsten, oder die schlechtesten und characterlosesten +Menschen ihr ohne große Angst die Stirn bieten konnten.[96] + + [Anmerkung 94: Citters; 22. Mai (1. Juni) 1688; +Burnet+, I. 740 + und Lord Dartmouth’s Note; +Southey’s Life of Wesley+.] + + [Anmerkung 95: Citters, 22. Mai (1. Juni) 1688.] + + [Anmerkung 96: +Ibid.+ 29. Mai (8. Juni) 1688.] + + +[_Unschlüssigkeit der Regierung._] Selbst der König war einen Augenblick +bestürzt über die Heftigkeit des von ihm heraufbeschworenen Sturmes. Was +sollte er nun zunächst thun? Er mußte entweder vorwärts oder rückwärts +gehen, und ersteres konnte er nicht ohne Gefahr, letzteres nicht ohne +Demüthigung. Einmal nahm er sich vor, einen neuen Befehl zu erlassen, +durch den er der Geistlichkeit in hochmüthigem und zornigem Tone gebot, +seine Erklärung zu verlesen, und jedem Widerspenstigen mit +augenblicklicher Amtsentsetzung drohte. Dieser Befehl wurde zu Papier +gebracht und in die Druckerei geschickt, dann zurückgeholt, dann zum +zweitenmal in die Druckerei geschickt und noch einmal zurückgeholt.[97] +Zu einem andren Plane riethen einige von Denen, welche für strenge +Maßregeln waren. Sie meinten, die Prälaten, welche die Petition +unterzeichnet hatten, könnten ja vor die kirchliche Commission citirt +und ihrer Bischofssitze beraubt werden. Gegen dieses Verfahren aber +wurden im Staatsrathe energische Einwendungen erhoben. Man habe +angekündigt, daß die Kammern noch vor Ende des Jahres einberufen werden +sollten und die Lords würden das Absetzungsurtel unzweifelhaft für null +und nichtig erklären, auf der Einberufung Sancroft’s und seiner +Mitpetenten bestehen und sich weigern, einen neuen Erzbischof von +Canterbury oder einen neuen Bischof von Bath und Wells anzuerkennen. So +würde die Session, die aller Wahrscheinlichkeit nach im günstigen Falle +immer noch sehr stürmisch werden würde, sogleich mit einem erbitterten +Streite zwischen der Krone und den Peers beginnen. Wenn daher eine +Bestrafung der Bischöfe für nöthig gehalten würde, so müßte dieselbe +nach dem bekannten Gange des englischen Rechtsverfahrens über sie +verhängt werden. Sunderland hatte sich von Anfang an, soweit er es ohne +Gefahr wagen konnte, dem Geheimrathsbefehl widersetzt. Jetzt rieth er zu +einem Verfahren, das zwar nicht frei von Nachtheilen, aber doch das +klügste und würdigste war, welches der Regierung nach einer Reihe von +Fehlgriffen noch offen stand. Der König solle mit Huld und Majestät der +Welt ankündigen, daß das ungehorsame Benehmen der anglikanischen Kirche +ihn tief verletzt habe, daß er aber die vielen Dienste nicht vergessen +könne, die diese Kirche in schweren Prüfungszeiten seinem Vater, seinem +Bruder und ihm selbst geleistet; daß er als Freund der Gewissensfreiheit +nicht streng gegen Männer verfahren wolle, deren allerdings +irregeleitetes und über alle Maßen bedenkliches Gewissen ihnen nicht +erlaubt habe, seinen Befehlen zu gehorchen, und daß er daher die +Schuldigen der Strafe überlassen werde, die ihre eigne Überzeugung ihnen +zuerkennen müsse, wenn sie ihre neuesten Schritte mit den loyalen +Grundsätzen verglichen, deren sie sich so laut gerühmt hätten. Nicht +allein Powis und Bellasyse, welche stets für gemäßigte Beschlüsse waren, +sondern selbst Dover und Arundell neigten sich zu diesem Vorschlage hin. +Jeffreys dagegen behauptete, daß die Regierung entehrt sein würde, wenn +sie solche Verbrecher, wie die sieben Bischöfe, mit einem bloßen +Verweise davon kommen ließe. Er wünschte jedoch nicht, daß sie vor die +Hohe Commission, in welcher er als erster oder vielmehr einziger Richter +saß, geladen würden, denn die Last des öffentlichen Hasses, die er +bereits zu tragen hatte, war selbst für seine schamlose Stirn und sein +verknöchertes Herz zu groß, und er erschrak vor der Verantwortlichkeit, +die er durch eine gesetzwidrige Verurtheilung der Oberhäupter der +Staatskirche und der Lieblinge des Volkes auf sich geladen haben würde. + + [Anmerkung 97: +Ibid.+] + + +[_Es wird eine gerichtliche Verfolgung der Bischöfe wegen Libells +beschlossen._] Jeffreys empfahl deshalb einen Criminalprozeß gegen sie +anhängig zu machen. In Folge dessen wurde beschlossen, den Erzbischof +und die sechs anderen Bittsteller unter der Anklage auf Abfassung eines +aufrührerischen Libells vor den Gerichtshof der Kings Bench zu stellen. +Daß sie für schuldig befunden werden würden, daran war kaum zu zweifeln, +denn die Richter und ihre Unterbeamten waren Werkzeuge des Hofes. +Seitdem der Hauptstadt ihr alter Freibrief entzogen worden, war kaum ein +Gefangener, den die Regierung bestraft wissen wollte, von einer Jury +freigesprochen worden. Die widerspenstigen Prälaten wurden höchst +wahrscheinlich zu unerschwinglichen Geldbußen und langer Haft +verurtheilt und waren dann froh, wenn sie sich dadurch loskaufen +konnten, daß sie in und außer dem Parlament den Absichten des Königs +dienten.[98] + +Am 27. Mai wurde den Bischöfen angekündigt, daß sie am 8. Juni vor dem +Könige im Geheimen Rathe erscheinen sollten. Warum eine so lange Frist +gestattet wurde, ist uns nicht bekannt. Vielleicht hoffte Jakob, daß +einige der Schuldigen sich aus Furcht vor seiner Ungnade bis zu dem zum +Verlesen der Erklärung bestimmten Tage noch fügen und, um sich mit ihm +auszusöhnen, die Geistlichen ihrer Diöcesen zum Gehorsam überreden +würden. Wenn dies wirklich seine Hoffnung war, so wurde sie vollständig +getäuscht. Der 3. Juni kam und alle Theile Englands folgten dem +Beispiele der Hauptstadt. Die Bischöfe von Norwich, Gloucester, +Salisbury, Winchester und Exeter hatten bereits Abschriften der Petition +zum Beweis ihrer Zustimmung unterzeichnet; der Bischof von Worcester +hatte sich geweigert, die Erklärung unter seine Geistlichen zu +vertheilen; der Bischof von Hereford hatte sie vertheilt, wurde aber, +wie allgemein bekannt war, deshalb von Reue und Scham gequält. Von +fünfzig Pfarrern fügte sich noch nicht einer dem Geheimrathsbefehl. In +der großen Diöcese Chester, welche die Grafschaft Lancaster umfaßt, +konnte Cartwright nicht mehr als drei Geistliche zum Gehorsam gegen den +König bewegen. Die Diöcese Norwich enthält viele hundert Pfarreien, und +nur in vieren davon wurde die Erklärung verlesen. Dem höfischen Bischof +von Rochester gelang es nicht, die Gewissensscrupel des +Gefängnißpredigers von Chatham, der von der Regierung besoldet wurde, zu +heben. Es existirt noch ein rührender Brief, den dieser wackere +Geistliche an den Sekretär der Admiralität schrieb. „Ich kann wohl nicht +erwarten,“ schrieb er darin, „daß Euer Ehren sich für mich verwenden. +Der Wille Gottes geschehe. Ich will lieber leiden, als sündigen“[99]. + + [Anmerkung 98: Barillon, 24. Mai (3. Juni), 31. Mai (10. Juni) + 1688; Citters, 1.(11.) Juli; Adda 25. Mai (4. Juni), 30. Mai (9. + Juni), 1.(11.) Juni; +Clarke’s Life of James the Second, II. + 158+.] + + [Anmerkung 99: +Burnet, I. 740+; +Life of Prideaux+; Citters, + 12.(22.), 15.(25.) Juni 1688; +Tanner MS.+; +Life and + Correspondence of Pepys+.] + + +[_Sie werden im Geheimen Rathe verhört._] Am Abend des 8. Juni begaben +sich die sieben Prälaten, von den ausgezeichnetsten Rechtsgelehrten +Englands gehörig instruirt, in den Palast, wo sie alsbald in das +Geheimrathszimmer gerufen wurden. Ihre Petition lag auf dem Tische. Der +Kanzler nahm das Papier, zeigte es dem Erzbischofe und sagte: „Ist dies +die Schrift, die Euer Gnaden aufgesetzt und welche die hier anwesenden +Bischöfe Seiner Majestät überreicht haben?“ Sancroft warf einen Blick +auf das Papier und sagte dann zum Könige: „Sire, ich stehe hier als +Angeklagter. Ich war dies noch nie und hätte früher nicht geglaubt, daß +ich es je einmal werden könnte. Am allerwenigsten aber habe ich daran +gedacht, daß mir ein Vergehen gegen meinen König zur Last gelegt werden +könnte. Da ich aber das Unglück habe, in diese Lage gekommen zu sein, so +wird Eure Majestät es mir nicht übel nehmen, wenn ich von dem mir +gesetzlich zustehenden Rechte Gebrauch mache, nichts zu sagen, was mich +als schuldig erscheinen lassen könnte.“ -- „Dies ist bloße Chikane,“ +erwiederte der König. „Euer Gnaden werden hoffentlich nicht so +gewissenlos sein, daß Sie Ihre eigne Hand verleugnen?“ -- „Sire,“ sagte +Lloyd, der die Casuistik gründlich studirt hatte, „alle Theologen +stimmen darin überein, daß Jemand, der sich in unsrer Lage befindet, die +Antwort auf eine solche Frage verweigern darf.“ Der König, der eben so +beschränkten Verstandes, als heftigen Temperamentes war, wußte nicht +sogleich was der Prälat meinte. Er beharrte jedoch auf seinem Verlangen +und gerieth in sichtbaren Zorn. „Sire,“ hob der Erzbischof wieder an, +„ich bin nicht verpflichtet, mich selbst anzuklagen. Dessenungeachtet +will ich, wenn Eure Majestät es durchaus befiehlt, eine Antwort geben, +in dem Vertrauen, daß ein gerechter und edelsinniger Fürst das was ich +lediglich aus Gehorsam gegen Höchstdessen Befehl thue, nicht als +Rechtsbeweis gegen mich anwenden lassen wird.“ -- „Sie dürfen mit Ihrem +Souverain nicht kapituliren,“ sagte der Kanzler. „Nein,“ setzte der +König hinzu, „ich werde einen solchen Befehl nicht geben. Wenn Sie es +vorziehen, Ihre eigenen Handschriften abzuleugnen, so habe ich Ihnen +nichts mehr zu sagen.“ + +Die Bischöfe wurden zu wiederholten Malen ins Vorzimmer hinausgeschickt +und eben so oft wieder hereingerufen. Endlich gab ihnen Jakob den +bestimmten Befehl, auf die Frage zu antworten. Er verpflichtete sich +allerdings nicht ausdrücklich dazu, daß ihr Geständniß nicht gegen sie +angewendet werden sollte; aber nach dem was vorausgegangen war, mußten +sie natürlich annehmen, daß diese Zusage selbstverständlich mit in dem +Befehle enthalten sei. Sancroft erkannte seine Handschrift an, und seine +Collegen folgten seinem Beispiele. Hierauf wurden sie über den Sinn +einiger in der Petition vorkommenden Worte und über den Brief befragt, +der im ganzen Lande verbreitet worden war und so großes Aufsehen gemacht +hatte; aber ihre Antworten waren so vorsichtig, daß durch das Verhör +nichts gewonnen wurde. Der Kanzler sagte ihnen nun, daß eine +Criminaluntersuchung bei der Kings Bench gegen sie eingeleitet werden +würde und forderte sie auf, sich wegen ihres Erscheinens jeder für seine +eigne Person zu verpflichten. Dies lehnten sie aber ab. Sie seien Peers +des Reiches, sagten sie, die besten Rechtsgelehrten von Westminster Hall +hätten ihnen gesagt, daß keinem Peer in einer Untersuchung wegen Libells +persönliche Bürgschaft angesonnen werden könne, und sie hielten sich +nicht für berechtigt, auf eines ihrer Standesvorrechte zu verzichten. +Der König war einfältig genug, es als eine persönliche Beleidigung gegen +sich zu betrachten, daß die Bischöfe in einer Rechtsfrage sich durch +juristischen Rath leiten ließen. „Sie glauben ja auch jedem Andren eher +als mir,“ sagte er. Er fühlte sich ernstlich gedemüthigt und beunruhigt, +denn er war so weit gegangen, daß ihm, wenn sie auf ihrem Vorsatze +beharrten, nichts Andres übrig blieb, als sie in’s Gefängniß zu +schicken, und wenn er auch keineswegs _alle_ Folgen eines solchen +Schrittes voraussah, so sah er doch so viel davon voraus, daß ihm bange +wurde. Sie blieben fest. Es wurde daher wirklich ein Befehl +ausgefertigt, welcher den Gouverneur des Tower anwies, sie in sicherem +Gewahrsam zu halten und eine Barke brachte sie den Fluß hinunter nach +dem Staatsgefängnisse.[100] + +Ganz London wußte, daß die Bischöfe vor dem Geheimen Rathe standen. Das +Publikum war in gespannter Erwartung. Eine große Menschenmenge füllte +die Höfe von Whitehall und alle umliegenden Straßen. Viele Leute +pflegten sich damals an Sommerabenden an der kühlen Themseluft zu +erlaben; an diesem Abend aber war der ganze Fluß mit Böten bedeckt. Als +die sieben Bischöfe in Begleitung einer Wache erschienen, konnte das +Volk seine Gefühle nicht mehr beherrschen. Tausende fielen auf die Knie +und beteten laut für die Männer, welche mit dem christlichen Muthe eines +Ridley und Latimer einem von der ganzen Bigotterie der Maria erfüllten +Tyrannen Trotz geboten hatten. Viele sprangen in den Fluß und riefen, +bis über den Hüften in Schlamm und Wasser stehend, die heiligen Väter um +ihren Segen an. Auf der ganzen Strecke von Whitehall bis zur +London-Brücke fuhr die königliche Barke zwischen Reihen von Böten, aus +denen beständig der Ruf: „Gott segne Eure Lordschaften!“ ertönte. Der +König gab in seiner Angst Befehl, daß die Besatzung des Tower verstärkt, +die Garden zum Feuern bereit gehalten und zwei Compagnien von jedem +Regiment im ganzen Reiche unverzüglich nach London berufen werden +sollten. Die Militairmacht aber, die er als das zuverlässigste Werkzeug +zur Bändigung des Volkes ansah, theilte alle Gefühle desselben. Selbst +die Schildwachen, welche am Verrätherthore unter Waffen standen, baten +die Märtyrer, die sie bewachen sollten, um ihren Segen. Der Gouverneur +des Tower war Sir Eduard Hales. Er war nicht eben geneigt, seine +Gefangenen freundlich zu behandeln, denn er war von der Kirche, für die +sie litten, abgefallen und bekleidete kraft der Dispensationsgewalt, +gegen die sie protestirt hatten, mehrere einträgliche Stellen. Mit +Entrüstung vernahm er, daß seine Soldaten auf das Wohl der Bischöfe +tranken, und er befahl seinen Offizieren, dies ein für allemal zu +verbieten; aber diese brachten ihm die Meldung, daß es sich nicht mehr +verhindern lasse und daß in der ganzen Besatzung keine andre Gesundheit +mehr ausgebracht werde. Übrigens bewiesen die Truppen ihre Verehrung für +die Väter der Kirche nicht allein durch Toaste. Im ganzen Tower +herrschte eine so andächtige Stimmung, daß fromme Geistliche dem Himmel +dankten, daß er aus Bösem Gutes hervorgehen ließe und die Verfolgung +seiner treuen Diener zum Rettungsmittel für viele Seelen machte. Tag für +Tag sah man die Equipagen und Livreen der vornehmsten Kavaliere Englands +vor den Eingängen des Gefängnisses, und Tausende von Zuschauern aus den +bürgerlichen Klassen bedeckten fortwährend Towerhill.[101] Von den +verschiedenen Zeichen der öffentlichen Verehrung und Theilnahme für die +Prälaten erfüllte aber namentlich eines mehr als alle anderen den König +mit Zorn und Besorgniß. Er erfuhr, daß eine Deputation von zehn +nonconformistischen Geistlichen die Bischöfe im Tower besucht hatte. Er +ließ vier von ihnen zu sich entbieten und machte ihnen persönlich +heftige Vorwürfe; sie aber antworteten ihm muthig, daß sie es für ihre +Pflicht hielten, vergangene Streitigkeiten zu vergessen und zu den +Männern zu stehen, welche die Träger des protestantischen Glaubens +seien.[102] + + [Anmerkung 100: Sancroft’s Bericht, abgedruckt aus Tanner’s + Handschriften.] + + [Anmerkung 101: +Burnet, I. 741+; Citters, 8.(18.), 12.(22.) Juni + 1688; +Luttrell’s Diary, June 8+; +Evelyn’s Diary+, Brief von + +Dr.+ Ralson an seine Gattin vom 14. Juni abgedruckt aus Tanner’s + Handschriften; +Reresby’s Memoirs+.] + + [Anmerkung 102: +Reresby’s Memoirs+.] + + +[_Geburt des Prätendenten._] Kaum hatten sich die Thore des Tower hinter +den Gefangenen geschlossen, so trat ein Ereigniß ein, welches die +allgemeine Aufregung noch vermehrte. Es war angekündigt worden, daß die +Königin erst im Juli ihre Entbindung erwarte. Den Tag nach dem Verhöre +der Bischöfe aber bemerkte man, daß der König sich angelegentlich nach +ihrem Befinden erkundigte. Sie saß jedoch diesen Abend noch bis gegen +Mitternacht in Whitehall am Spieltisch. Dann aber wurde sie in einer +Sänfte in den St. Jamespalast gebracht, wo in aller Eil Zimmer für sie +eingerichtet worden waren. Bald darauf eilten Boten nach allen +Richtungen hin, um Ärzte und Priester, Staatsräthe und Kammerdamen +herbeizuholen. Binnen wenigen Stunden waren eine Menge Staatsbeamte und +vornehme Damen im Zimmer der Königin versammelt, und hier wurde am +Morgen des 10. Juni, einem Sonntage, der von den allzutreuen Freunden +einer schlechten Sache lange in Ehren gehalten wurde, der unglücklichste +aller Fürsten geboren, bestimmt zu siebenundsiebzig Jahren der +Verbannung und des Umherirrens, zu einem Leben voll eitler Pläne, voll +Ehrenbezeigungen, welche kränkender sind als offene Beleidigungen, und +voll Hoffnungen, die das Herz vor Gram vergehen lassen. + + +[_Man hält ihn allgemein für untergeschoben._] Die traurigen Schicksale +des armen Kindes begannen schon vor seiner Geburt. Die Nation über +welche er nach der gewöhnlichen Erbfolgeordnung einst regiert haben +würde, war fest überzeugt, daß seine Mutter gar nicht schwanger sei. +Wäre seine Geburt auch durch noch so viele Zeugen bewiesen worden, +ein großer Theil des Volks würde trotzdem wahrscheinlich bei der +Behauptung geblieben sein, daß die Jesuiten ein geschicktes +Taschenspielerkunststück ausgeführt hätten; der Beweis für die Thatsache +ließ aber, theils durch Zufall, theils durch grobe Versehen manchen +Einwürfen und Zweifeln Raum. Es waren zwar viele Personen beiderlei +Geschlechts im königlichen Schlafgemache anwesend, als das Kind das +Licht der Welt erblickte, aber keine von ihnen erfreute sich des +öffentlichen Vertrauens im besonderen Grade. Von den anwesenden +Geheimräthen waren die Hälfte Katholiken und die, welche sich +Protestanten nannten, galten allgemein für Verräther an Gott und +Vaterland. Unter den Kammerdamen befanden sich viele Französinnen, +Italienerinnen und Portugiesinnen, und von den englischen Damen waren +einige selbst Papistinnen, andere die Gattinnen von Papisten. Mehrere +Personen, welche vorzugsweise hätten anwesend sein sollen, und deren +Zeugniß allen Verständigen genügt haben würde, fehlten und man legte die +Schuld an ihrer Abwesenheit dem Könige zur Last. Die Prinzessin Anna war +von allen Bewohnern der ganzen Insel am meisten bei der Sache +interessirt. Ihr Geschlecht und ihre Erfahrung berechtigte sie, als +Wächterin des Geburtsrechts ihrer Schwester und ihres eigenen +aufzutreten. Sie hatte starken Verdacht geschöpft, in welchem sie +täglich durch geringfügige oder imaginäre Umstände bestärkt wurde. Es +schien ihr, als ob die Königin geflissentlich ihren Fragen auswiche und +sie schrieb diese Zurückhaltung, welche vielleicht im Zartgefühl ihren +Grund hatte, dem Schuldbewußtsein zu.[103] In Folge dessen hatte Anna +sich vorgenommen, an dem entscheidenden Tage anwesend zu sein und ein +scharfes Auge zu haben. Sie hatte es aber nicht für nöthig gehalten, +schon einen Monat vor diesem Tage auf ihrem Posten zu sein, sondern war +mit Bewilligung und angeblich auf Anrathen ihres Vaters nach Bath +gereist, um dort eine Brunnenkur zu gebrauchen. Sancroft, dessen hohe +Stellung ihm die Pflicht auferlegte, anwesend zu sein, und in dessen +Rechtschaffenheit die Nation volles Vertrauen setzte, war einige Stunden +vorher von Jakob in den Tower geschickt worden. Die Hyde waren die +geeigneten Beschützer der Rechte beider Prinzessinnen. Der holländische +Gesandte konnte als der Vertreter Wilhelm’s betrachtet werden, der als +der erste Prinz von Geblüt und als Gemahl der ältesten Tochter des +Königs das größte Interesse an dem Ereignisse hatte. Jakob aber dachte +nicht daran, ein männliches oder weibliches Mitglied der Familie Hyde +herbeizurufen und eben so wenig wurde der holländische Gesandte +zugezogen. + +Die Nachwelt hat den König von dem Betrug, dessen sein Volk ihn +beschuldigte, vollkommen freigesprochen. Unmöglich aber kann man ihn von +der Thorheit und Verkehrtheit freisprechen, welche den Irrthum seiner +Zeitgenossen erklären und entschuldigen. Er wußte recht gut, welche +argwöhnischen Vermuthungen man im Publikum hegte,[104] und er hätte eben +so gut wissen können, daß dieser Argwohn nicht durch das Zeugniß von +Mitgliedern der römischen Kirche oder solchen Personen zerstreut werden +konnte, die sich zwar Mitglieder der anglikanischen Kirche nannten, aber +sich ganz bereit gezeigt hatten, die Interessen dieser Kirche zu opfern, +um seine Gunst zu gewinnen. Daß der Eintritt des Ereignisses ihn vor der +erwarteten Zeit überraschte, ist wahr, aber er hatte immerhin zwölf +Stunden vor sich, um seine Anordnungen zu treffen. So gut als er den St. +Jamespalast mit Bigotten und Schmarotzern füllen konnte, deren Wort die +Nation nicht traute, eben so gut hätte er auch für die Anwesenheit +einiger angesehenen Personen sorgen können, deren treue Anhänglichkeit +an die Prinzessinnen und an die Landeskirche außer Zweifel stand. + +Zu einer späteren Zeit, als er für seine tollkühne Verachtung der +öffentlichen Meinung schwer gebüßt hatte, pflegte man in Saint-Germain +ihn dadurch zu entschuldigen, daß man die Schuld auf Andere wälzte. +Einige Jakobiten behaupteten, Anna habe sich absichtlich fern gehalten, +ja sie scheuten sich nicht zu sagen, Sancroft habe den König +herausgefordert, ihn in den Tower zu schicken, damit das Zeugniß, +welches die Verleumdungen der Unzufriedenen widerlegen konnte, +mangelhaft wäre.[105] Die Abgeschmacktheit dieser Beschuldigung ist +handgreiflich. Konnte Anna oder Sancroft vermuthen, daß die Königin sich +in ihrer Berechnung um einen ganzen Monat geirrt hatte? Wäre ihre +Berechnung richtig gewesen, so würde Anna gewiß, um der Entbindung +beiwohnen zu können, zur rechten Zeit von Bath zurückgekehrt und +Sancroft nicht im Tower gewesen sein. Jedenfalls aber waren die +mütterlichen Oheime der Tochter des Königs weder von London entfernt +noch im Gefängniß. Die nämlichen Boten, welche die ganze Schaar der +Renegaten, Dover, Peterborough, Murray, Sunderland und Mulgrave, +herbeiholten, hätten ganz eben so leicht auch Clarendon herbeirufen +können. Er war so gut Geheimer Rath als sie, und seine Wohnung befand +sich in Jermyn Street, keine zweihundert Schritt von den Gemächern der +Königin. Dennoch ließ man es ihn erst in der St. Jameskirche durch die +Bewegung und das Geflüster der Gemeinde erfahren, daß seine Nichte +aufgehört hatte, die präsumtive Thronerbin zu sein.[106] Gehörte er etwa +deshalb nicht in das Entbindungszimmer, weil er ein naher Verwandter der +Prinzessinnen von Oranien und von Dänemark war, oder weil er +unerschütterlich treu an der anglikanischen Kirche hing? + +Die ganze Nation sprach es laut und offen aus, daß ein Betrug gespielt +worden sei. Mehre Monate lang hätten die Papisten auf der Kanzel und +durch die Presse, in Prosa und in Versen, in englischer und in +lateinischer Sprache prophezeit, daß die Bitten der Kirche erhört und +ein Prinz von Wales geboren werden würde, und sie hätten jetzt selbst +ihre Prophezeiung erfüllt. Jeder nicht zu bestechende oder zu +hintergehende Zeuge sei sorgfältig ausgeschlossen worden. Anna habe man +arglistigerweise zu einer Reise nach Bath überredet. Der Primas sei +gerade am Tage vor dem zur Ausführung des Betrugs bestimmten den +Vorschriften des Gesetzes und der Privilegien der Peers zum Trotz ins +Gefängniß geworfen worden. Nicht eine einzige männliche oder weibliche +Person, die das geringste Interesse an der Enthüllung des Betrugs haben +konnte, sei zugezogen worden. Man habe die Königin plötzlich mitten in +der Nacht in den St. Jamespalast gebracht, weil dieses Gebäude, für +unehrliche Zwecke passender eingerichtet als Whitehall, einige für die +Absichten der Jesuiten vortrefflich geeignete Zimmer und Gänge enthalte. +Hier sei inmitten eines Kreises von Zeloten, denen nichts, was die +Interessen ihrer Kirche fördern konnte, ein Verbrechen dünkte, und von +Höflingen, welche nichts, was zu ihrer Bereicherung und Erhebung +beitragen konnte, für Sünde hielten, ein neugeborenes Kind ins Bett der +Königin practicirt und dann triumphirend als Erbe dreier Königreiche +herumgegeben worden. Durch diesen zwar unbegründeten, aber nicht ganz +unnatürlichen Verdacht aufgeregt, drängten sich die Leute nur um so +eifriger danach, den frommen Opfern des Tyrannen zu huldigen, der, +nachdem er lange seinem Volke das empörendste Unrecht zugefügt, das Maß +seiner Schändlichkeit voll machte, indem er sich noch empörender an +seinen eigenen Kindern verging[107]. + +Der Prinz von Oranien, der selbst keinen Betrug argwöhnte und den +Zustand der Volksstimmung in England nicht kannte, ordnete Dankgebete +für seinen kleinen Schwager unter seinem eigenen Dache an und schickte +Zulestein mit einem förmlichen Beglückwünschungsschreiben nach London. +Zulestein hörte zu seinem großen Erstaunen Jedermann ganz offen von dem +schändlichen Betruge sprechen, den die Jesuiten eben begangen haben +sollten, und erblickte jede Stunde ein neues Pasquill auf die +Schwangerschaft und die Entbindung der Königin. Er schrieb sehr bald +nach dem Haag, von zehn Personen glaube nicht eine, daß die Königin +dieses Kind geboren habe[108]. + +Das Benehmen der gefangenen Prälaten erhöhte inzwischen die allgemeine +Theilnahme, die ihre Lage erweckte. Am Abend des „schwarzen Freitags“, +wie man den Tag ihrer Einkerkerung nannte, kamen sie gerade zur Stunde +des Gottesdienstes in ihrem Gefängnisse an. Sie begaben sich sogleich in +die Kapelle. Der Zufall wollte, daß im zweiten Vorlesestück die Worte +vorkamen: „In allen Dingen lasset uns beweisen als die Diener Gottes in +großer Geduld und Trübsalen, in Nöthen und Ängsten, in Schlägen, in +Gefängnissen.“ Alle eifrigen Anhänger der Staatskirche freuten sich +dieses Zusammentreffens und erinnerten sich, wie ein ganz ähnliches vor +fast vierzig Jahren Karl I. in seiner Todesstunde getröstet und erhoben +hatte. + +Am Abend des folgenden Tages, Samstag den 9. Juni, kam ein Schreiben von +Sunderland, welcher dem Kaplan des Tower befahl, am nächsten Morgen beim +Gottesdienste die Erklärung zu verlesen. Da die in dem Geheimrathsbefehl +zur Verlesung in London bestimmte Zeit längst verstrichen war, so konnte +dieses Verfahren der Regierung nur als eine ganz gemeine und kindische +persönliche Insulte gegen die ehrwürdigen Gefangenen betrachtet werden. +Der Kaplan weigerte sich zu gehorchen; er wurde sofort entlassen und die +Kapelle geschlossen[109]. + + [Anmerkung 103: Correspondenz zwischen Anna und Marie in + Dalrymple; +Clarendon’s Diary Oct. 31. 1688+.] + + [Anmerkung 104: Dies geht aus Clarendon’s Tagebuche vom 31. Oct. + 1688 klar hervor.] + + [Anmerkung 105: +Clarke’s Life of James the Second, II. 159. + 160.+] + + [Anmerkung 106: +Clarendon’s Diary, June 10. 1688.+] + + [Anmerkung 107: Johnstone giebt in kurzen Worten eine treffliche + Übersicht der gegen den König erhobenen Beschuldigungen. „Die + große Masse des Volks ist der Meinung, daß Alles ein Betrug sei, + denn, sagen sie, die Berechnung treffe nicht zu, die Prinzessin + sei entfernt und weder Jemand von der Familie Clarendon noch der + holländische Gesandte herbeigerufen worden; dazu komme noch der + plötzliche Eintritt des Ereignisses, die Predigten, die Zuversicht + der Priester und die Eil.“ -- 13. Juni 1688.] + + [Anmerkung 108: Ronquillo, 26. Juli (5. Aug.). Ronquillo setzt + hinzu, daß Zulestein’s Bericht über den Zustand der öffentlichen + Meinung vollkommen wahr sei.] + + [Anmerkung 109: Citters, 12.(22.) Juni 1688; +Luttrell’s Diary, + June 18.+] + + +[_Die Bischöfe werden vor die Kings Bench gestellt und müssen Bürgschaft +leisten._] Die Bischöfe erbauten Alle, die sich ihnen näherten, durch +die Standhaftigkeit und Freudigkeit, mit der sie ihre Haft ertrugen, +durch die Bescheidenheit und Demuth, mit der sie die Beifallsbezeigungen +und Segenswünsche der ganzen Nation aufnahmen, und durch die loyale +Anhänglichkeit, die sie für den Tyrannen, der sie in’s Verderben stürzen +wollte, an den Tag legten. Am Freitag den 15. Juni, dem ersten +Sitzungstage der Kings Bench, wurden sie vor diesen Gerichtshof +gestellt. Eine ungeheure Menschenmenge erwartete ihre Ankunft. Vom +Landungsplatze bis zur Court of Requests gingen sie durch eine +Doppelreihe von Zuschauern, welche ihnen Segenswünsche und Beifall +zuriefen. „Lieben Freunde,“ sagten die Gefangenen im Vorübergehen, +„ehret den König und gedenket unserer in Euren Gebeten.“ Diese +demüthigen und frommen Worte rührten Viele bis zu Thränen. Als sich der +Zug endlich durch das Gedränge einen Weg gebahnt hatte und vor den +Richtern angekommen war, verlas der Generalfiskal die Anklage, welche er +auf hohen Befehl ausgearbeitet hatte und stellte den Antrag, daß die +Beklagten aufgefordert werden sollten, auf die Klage einzugehen. Der +Vertheidiger wendete dagegen ein, die Bischöfe seien gesetzwidrig +verhaftet worden, und ihr Erscheinen vor dem Gerichtshofe sei daher +nicht ordnungsgemäß. Die Frage, ob ein Peer unter einer Anklage wegen +Libells sein Erscheinen vor Gericht gehörig zu verbürgen habe, wurde +ausführlich erörtert und endlich von der Mehrheit der Richter zu Gunsten +der Krone entschieden. Die Gefangenen erklärten sich nun für +nichtschuldig. Der vierzehnte Tag darauf, der 29. Juni, wurde zur +Verhandlung ihres Prozesses anberaumt. Bis dahin wurden sie gegen das +persönliche Versprechen, sich zu stellen, in Freiheit gesetzt. Die +Kronanwälte thaten sehr weise daran, aß sie keine fremde Bürgschaft +verlangten, denn Halifax hatte dafür gesorgt, daß einundzwanzig +weltliche Peers vom höchsten Ansehen, je drei für einen Angeklagten, zur +Bürgschaftleistung bereit waren, und eine solche Gesinnungsäußerung des +hohen Adels würde für die Regierung ein harter Schlag gewesen sein. Eben +so wußte man, daß einer der reichsten, Dissenters der Hauptstadt um die +Ehre nachgesucht hatte, für Ken Bürgschaft leisten zu dürfen. + +Die Bischöfe durften nun in ihre Heimath zurückkehren. Das niedere Volk, +welches von dem bei der Kings Bench beobachteten Gerichtsverfahren +nichts wußte und nur sah, daß ihre Lieblinge, nachdem sie unter +Bedeckung nach Westminster Hall gebracht worden waren, jetzt sich in +voller Freiheit wieder entfernen durften, glaubte, die gute Sache habe +gesiegt, und brach in lauten Beifallsjubel aus, während zugleich +fröhliches Glockengeläute von allen Thürmen ertönte. Sprat erstaunte +nicht wenig, als er die Glocken seiner eigenen Abtei lustig erklingen +hörte. Er brachte sie sofort zum Schweigen, aber seine Einmischung +erregte viel unwilliges Murren. Die Bischöfe wußten gar nicht, wie sie +sich vor der zudringlichen Masse ihrer Freunde retten sollten. Lloyd +wurde im Palasthofe von Verehrern zurückgehalten, die sich um die Gunst +stritten, seine Hände zu berühren und den Saum seines Rockes zu küssen, +bis endlich Clarendon ihn nicht ohne Anstrengung befreite und ihn durch +eine Seitengasse nach Hause führte. Man sagte, Cartwright sei so +unvorsichtig gewesen, sich unter das Volk zu mischen. Jemand, der ihn an +seinem Bischofsgewand erkannte, erbat sich und erhielt seinen Segen. +„Wißt Ihr, von wem Ihr Euch eben habt segnen lassen?“ rief einer der +Umstehenden. „Nun, es war doch gewiß einer von den Sieben?“ versetzte +Der, welcher eben mit dem Segen beehrt worden war. „Nein,“ entgegnete +der Andere, „es war der papistische Bischof von Chester.“ -- +„Papistischer Hund!“ rief der Protestant wüthend, „nimm Deinen Segen +zurück!“ + +Der Zusammenlauf und die Aufregung waren so groß, daß der holländische +Gesandte sich wunderte, den Tag ohne einen Aufstand enden zu sehen. Dem +Könige war durchaus nicht wohl zu Muthe gewesen. Um jede Ruhestörung +sogleich unterdrücken zu können, hatte er am Morgen in Hydepark mehrere +Bataillone Infanterie gemustert. Es ist jedoch keineswegs ausgemacht, +daß diese Truppen zu ihm gehalten haben würden, wenn er ihrer Dienste +bedurft hätte. Als Sancroft am Nachmittag in Lambeth ankam, fand er die +in dieser Vorstadt liegenden Grenadiergarden vor dem Eingange seines +Palastes versammelt. Sie stellten sich in einer Doppelreihe auf und +während er zwischen ihnen hinschritt, baten sie ihn um seinen Segen. Nur +mit Mühe hielt er sie davon ab, daß sie zur Feier seiner Rückkehr in +seine Wohnung ein Freudenfeuer anzündeten. Es brannten übrigens an jenem +Abend mehrere Freudenfeuer in der Hauptstadt. Zwei Katholiken, welche so +unbesonnen waren, einige Knaben zu schlagen, weil sie an diesen +öffentlichen Freudenbezeigungen Theil nahmen, wurden vom Pöbel +ergriffen, nackt ausgezogen und schimpflich gebrandmarkt[110]. + +Jetzt forderte Sir Eduard Hales seine Gebühren von den Bischöfen, die +seine Gefangenen gewesen waren. Sie weigerten sich, einem Beamten, +dessen Bestallung sie nach ihren Grundsätzen für null und nichtig +ansahen, etwas für eine in ihren Augen gesetzwidrige Haft zu bezahlen. +Hierauf gab ihnen der Gouverneur sehr deutlich zu verstehen, daß, wenn +sie noch einmal in seine Hände kämen, er sie in schwere Eisen legen und +auf die nackten Steine betten werde. „Wir haben uns die Ungnade unsres +Königs zugezogen,“ war ihre Antwort, „und wir empfinden dies sehr +schmerzlich; ein Mitunterthan aber, der uns droht, strengt nutzlos seine +Lunge an.“ Man kann leicht denken, mit welchem Unwillen das ohnehin +schon gereizte Volk erfuhr, daß ein vom protestantischen Glauben +Abgefallener, der den Grundgesetzen Englands zum Hohn einen +Commandoposten bekleidete, es gewagt hatte, ehrwürdigen Geistlichen mit +allen Barbareien von Lollard’s Tower zu drohen[111]. + + [Anmerkung 110: Über die Ereignisse dieses Tages sehe man die + +Collection of State Trials+; +Clarendon’s Diary+; +Luttrell’s + Diary+; Citters, 15.(25.) Juni; Johnstone, 18. Juni und + +Revolution Politics.+] + + [Anmerkung 111: Johnstone, 18. Juni 1688; +Evelyn’s Diary, June + 29.+] + + +[_Aufregung der Gemüther._] Bis zu dem Tage des Prozesses hatte sich die +Aufregung nach den entferntesten Winkeln der Insel verbreitet. Aus +Schottland erhielten die Bischöfe Zuschriften, in denen sie der +Sympathie aller Presbyterianer dieses dem Prälatenthum so lange und so +bitter Feind gewesenen Landes versichert wurden[112]. Die Bevölkerung +von Cornwall, ein trotziges, kühnes und herkulisches Geschlecht, das ein +stärkeres Provinzialgefühl hatte, als man es in irgend einem andren +Theile des Landes fand, nahm großen Antheil an der Gefahr, in welcher +Trelawney schwebte, den sie weniger als einen Leiter der Kirche, denn +als das Oberhaupt eines angesehenen Hauses und als den Erben von zwanzig +Ahnen verehrten, welche schon in hohem Ansehen standen, ehe die +Normannen den Fuß auf englischen Boden gesetzt hatten. In der ganzen +Grafschaft sang das Landvolk eine Ballade, deren Refrain noch nicht +vergessen ist: + + „Und bringt man Trelawney um, bringt man Trelawney um, + Wollen dreißigtausend cornische Burschen wissen warum?“ + +Die Bergleute sangen das Lied mit einer kleinen Variation: + + „Wollen Zwanzigtausend unter der Erde wissen warum.“[113] + +In manchen Theilen des Landes sprachen die Bauern laut eine sonderbare +Hoffnung aus, welche nie aufgehört hat, in ihren Herzen fortzuleben. Sie +meinten, ihr protestantischer Herzog, ihr geliebter Monmouth, werde +plötzlich wieder erscheinen, sie zum Siege führen und den König wie die +Jesuiten unter seinen Füßen zertreten[114]. + +Die Minister waren in der größten Angst; selbst Jeffreys würde gern +seine Maßregeln zurückgenommen haben. Er beauftragte Clarendon mit +freundlichen Botschaften an die Bischöfe und wälzte die Schuld an der +Verfolgung, zu der er selbst gerathen hatte, auf Andere. Sunderland +wagte es noch einmal, Zugeständnisse anzuempfehlen. Die glückliche +Geburt eines Prinzen, sagte er, biete dem Könige eine vortreffliche +Gelegenheit, eine gefährliche und nachtheilige Stellung aufzugeben, ohne +sich den Vorwurf der Zaghaftigkeit oder der Launenhaftigkeit zuzuziehen. +Bei so erfreulichen Anlässen sei es stets Sitte gewesen, daß der Fürst +die Herzen seiner Unterthanen durch Gnadenacte erfreue, und nichts könne +dem Prinzen von Wales mehr zum Vortheile gereichen, als wenn er schon in +der Wiege der Friedensstifter zwischen seinem Vater und der +aufgebrachten Nation würde. Aber des Königs Entschluß stand fest. „Ich +werde fortfahren,“ sagte er, „ich bin nur zu nachsichtig gewesen. Die +Nachsicht war meines Vaters Verderben“[115]. + + [Anmerkung 112: +Tanner MS.+] + + [Anmerkung 113: Diese Thatsache wurde mir freundlichst von dem + Rev. R. S. Hawker von Morwenstow in Cornwall mitgetheilt.] + + [Anmerkung 114: Johnstone, 18. Juni 1688.] + + [Anmerkung 115: Adda, 29. Juni (9. Juli) 1688.] + + +[_Sunderland’s Angst._] Der schlaue Minister kam dahinter, daß sein Rath +früher nur deshalb angenommen worden war, weil er denselben jederzeit +nach dem Willen des Königs eingerichtet hatte, daß er aber von dem +Augenblicke an, wo er wirklich guten ertheilte, kein Gehör mehr finden +würde. Bei dem Verfahren gegen das Magdalenen-Collegium hatte er einige +Lauheit gezeigt. Er hatte ferner ganz neuerdings den König zu überzeugen +gesucht, daß Tyrconnel’s Plan zur Confiscirung des Eigenthums der +englischen Colonisten in Irland höchst gefährlich sei, und er hatte es +mit Hülfe Powis’ und Bellasyse’s wenigstens dahingebracht, daß die +Ausführung des Planes noch um ein Jahr aufgeschoben wurde. Aber diese +zaghafte Bedenklichkeit hatte den Keim des Widerwillens und Mißtrauens +ins Herz des Königs gelegt[116]. Der Tag der Vergeltung war jetzt +gekommen. Sunderland war in der nämlichen Lage, in der sich einige +Monate früher sein Nebenbuhler Rochester befunden hatte. Beide +Staatsmänner lernten die Angst eines Menschen kennen, der sich +krampfhaft an eine Stütze anklammert, die seinen Händen mehr und mehr +entschlüpft. Beide sahen ihre Rathschläge verächtlich zurückgewiesen. +Beide erlitten die Qual, in den Mienen und dem Benehmen ihres Gebieters +Unzufriedenheit und Mißtrauen zu lesen, und doch wurden Beide von ihrem +Vaterlande für die Verbrechen und Irrthümer, von denen sie ihn vergebens +zurückzubringen versucht hatten, verantwortlich gemacht. Während er sie +in dem Verdacht hatte, daß sie auf Kosten seiner Autorität und seiner +Würde sich populär machen wollten, beschuldigte die öffentliche Stimme +sie laut des Versuchs, auf Kosten ihrer eigenen Ehre und des Gemeinwohls +die königliche Gunst zu gewinnen. Doch trotz aller Kränkungen und +Demüthigungen hielten Beide ihren Ministerposten mit der verzweifelten +Kraft Ertrinkender umklammert. Beide versuchten es, den König wieder +günstig zu stimmen, indem sie sich stellten, als ob sie zum Anschluß an +seine Kirche geneigt wären. Es gab aber eine Grenze, welche Rochester +entschlossen war nicht zu überschreiten. Er ging bis an den Rand des +Glaubensabfalls; hier aber blieb er stehen und in Berücksichtigung der +Standhaftigkeit, mit der er sich weigerte, den letzten Schritt zu thun, +verzieh ihm die Welt großmüthig seine frühere Willfährigkeit. + + [Anmerkung 116: Sunderland’s eigner Erzählung darf man natürlich + nicht unbedingten Glauben beimessen. Aber er führte Godolphin zum + Zeugen für das an, was in Betreff der irischen Ansiedlungsacte + vorgegangen war.] + + +[_Er erklärt sich für einen Katholiken._] Der weniger gewissenhafte und +für das Schamgefühl weniger empfängliche Sunderland beschloß durch einen +Schritt, der jedem von der Wichtigkeit der religiösen Überzeugung +durchdrungenen Gemüth als eines der schändlichsten Verbrechen erscheinen +mußte und den selbst weltlich gesinnte Menschen als das Übermaß von +Verworfenheit betrachten, seine bisherige Mäßigung wieder gut zu machen +und das Vertrauen des Königs wieder zu gewinnen. Ungefähr eine Woche vor +dem zur Verhandlung des Prozesses anberaumten Tage erschien die +öffentliche Ankündigung, daß er Papist geworden sei. Der König sprach +mit Entzücken von diesem Siege der göttlichen Gnade. Die Höflinge und +auswärtigen Gesandten bemühten sich nach Kräften ernsthaft zu bleiben, +als der Renegat versicherte, daß er schon lange von der Unmöglichkeit +überzeugt sei, außerhalb des Schooßes der römischen Kirche selig werden +zu können, und daß sein Gewissen ihm keine Ruhe gelassen, bis er sich +von dem Ketzerglauben losgesagt habe, in dem er erzogen worden. Die +Neuigkeit verbreitete sich schnell. In allen Kaffeehäusern erzählte man +sich, wie der Premierminister von England barfuß und mit einer Kerze in +der Hand sich nach der königlichen Kapelle begeben und demüthig um +Einlaß gebeten, wie die Stimme eines Priesters drinnen gefragt habe, wer +da sei, wie Sunderland zur Antwort gegeben, ein armer Sünder, der lange +fern von der wahren Kirche umherirre, flehe um Aufnahme und Absolution, +wie hierauf die Thüren geöffnet worden seien und der Neubekehrte an den +heiligen Mysterien habe Theil nehmen dürfen[117]. + + [Anmerkung 117: Barillon, 21. Juni (1. Juli) 1688; Adda, 29. Juni + (9. Juli); Citters, 26. Juni (6. Juli); Johnstone, 2. Juli 1688; + +The Converts, a poem+.] + + +[_Prozeß der Bischöfe._] Dieser schmachvolle Abfall konnte das Interesse +nur erhöhen, mit dem die Nation dem Tage entgegensah, an welchem das +Schicksal der sieben muthigen Bekenner der anglikanischen Kirche +entschieden werden sollte. Eine willfährige Jury zusammenzubringen war +jetzt das Hauptziel des Königs. Die Kronanwälte erhielten Befehl, die +Gesinnung der Männer, welche in das Verzeichniß der Freisassen +eingetragen waren, genau zu erforschen. Sir Samuel Astry, Sekretär der +Krone, dem die Auswählung der Namen in solchen Fällen oblag, wurde in +den Palast beschieden und hatte eine Unterredung mit Jakob, an welcher +der Kanzler Theil nahm[118]. Sir Samuel scheint sein Möglichstes gethan +zu haben, denn es befanden sich, wie es hieß, unter den achtundvierzig +Personen, die er auswählte, mehrere Diener des Königs und mehrere +Katholiken[119]. Da aber der Vertheidiger der Bischöfe das Recht hatte, +zwölf davon zu streichen, so waren diese natürlich die gestrichenen. Die +Kronanwälte strichen ebenfalls zwölf und die Liste reducirte sich +dadurch auf vierundzwanzig. Die ersten zwölf, welche aufgerufen wurden, +hatten dann den Ausspruch zu thun. + +Am neunundzwanzigsten Juni waren Westminsterhall, der alte und der neue +Palasthof und alle benachbarten Straßen weithin mit einer dicht +gedrängten Volksmasse angefüllt. Ein so zahlreiches Auditorium war nie +zuvor und ist auch seitdem nie wieder im Gerichtssaale der Kings Bench +versammelt gewesen. Man zählte fünfunddreißig weltliche Peers unter der +Menge[120]. + +Sämmtliche vier Richter des Gerichtshofes waren anwesend. Wright, der +den Vorsitz führte, war einzig und allein wegen seiner gewissenlosen +Servilität vielen tüchtigeren und gelehrteren Männern bei Besetzung +seines hohen Postens vorgezogen worden. Allibone war Papist und +verdankte seine Stellung der Dispensationsgewalt, deren Gesetzlichkeit +eben in Frage stand. Holloway war seither ein willenloses Werkzeug der +Regierung gewesen. Selbst Powell, der sich des Rufes strenger +Rechtschaffenheit erfreute, hatte bei einigen Vorgängen eine Rolle +gespielt, die sich nicht vertheidigen läßt. Er hatte in dem wichtigen +Prozesse Sir Eduard Hales’, allerdings mit einigem Bedenken und nach +einigem Zögern, mit der Mehrheit der Richter gestimmt und dadurch auf +seinen Character einen Flecken geworfen, der aber durch sein +ehrenwerthes Benehmen an diesem Tage völlig verwischt wurde. + +Die beiderseitigen Rechtsanwälte waren einander durchaus nicht +ebenbürtig. Die Regierung hatte von ihren Kronjuristen so gehässige und +entehrende Dienste verlangt, daß die ausgezeichnetsten Rechtsgelehrten +und Advokaten der Torypartei nach einander ihre Mitwirkung verweigert +hatten und ihrer Ämter entsetzt worden waren. Sir Thomas Powis, +der Generalfiskal, war kaum ein Jurist dritten Ranges. Der +Generalprokurator, Sir Wilhelm Williams, besaß zwar einen scharfen +Verstand und einen unbeugsamen Muth, aber es fehlte ihm an der nöthigen +Ruhe und Bedächtigkeit; er war streitsüchtig, konnte sein Temperament +nicht beherrschen und wurde von allen politischen Parteien gehaßt und +verachtet. Die hervorragendsten Beistände des Fiskals und des +Prokurators waren Serjeant Trinder, ein Katholik, und Sir Bartholomäus +Shower, Syndikus von London, der einige juristische Kenntnisse besaß, +aber wegen seiner oft den Anstand verletzenden Vertheidigungen und +seiner endlosen Wiederholungen das Gespött von ganz Westminsterhall war. +Gern hätte die Regierung Maynard’s Dienste gewonnen; aber er hatte +geradezu erklärt, daß er sich auf das, was man von ihm verlangte, mit +gutem Gewissen nicht einlassen könne[121]. + +Auf der andren Seite hingegen standen fast alle ausgezeichneten +juristischen Talente der damaligen Zeit. Sawyer und Finch, welche beim +Regierungsantritt Jakob’s Fiskal und Prokurator gewesen waren, und die +während der Verfolgung der Whigs unter der vorigen Regierung der Krone +mit nur zu großem Eifer und zu glücklichem Erfolge gedient hatten, +befanden sich unter den Vertheidigern der Angeklagten. Ihnen zur Seite +standen zwei Männer, welche, seit Maynard’s Thätigkeit durch sein +vorgerücktes Alter vermindert worden war, für die beiden besten Juristen +galten: Pemberton, der zur Zeit Karl’s II. Oberrichter der Kings Bench +gewesen, wegen seiner Menschlichkeit und Mäßigung aber dieses hohen +Postens entsetzt worden und deshalb wieder zur advokatorischen Praxis +zurückgekehrt war, und Pollexfen, der lange die Assisen im Westen +geleitet und von dem man, obgleich er sich bei den blutigen Assisen +durch Annahme von Aufträgen für die Krone und besonders durch sein +Auftreten gegen Alice Lisle sehr unpopulär gemacht hatte, dennoch wußte, +daß er im Herzen ein Whig, wenn nicht gar ein Republikaner war. Ferner +war dabei Sir Creswell Levinz, ein Mann von gründlichen Kenntnissen und +reichen Erfahrungen, aber von auffallend ängstlichem Wesen. Er war +einige Jahre vorher von der Richterbank entfernt worden, weil er sich +nicht hatte entschließen können, den Zwecken der Regierung zu dienen. +Jetzt scheute er sich wieder, als Vertheidiger der Bischöfe aufzutreten +und hatte sich zuerst geweigert, ihnen seine Dienste zu widmen; aber die +ganze Corporation der Gerichtsadvokaten, die ihn beschäftigten, hatten +ihm erklärt, daß wenn er diesen Auftrag zurückwiese, er nie wieder einen +erhalten sollte[122]. + +Sir Georg Treby, ein reichbegabter und eifriger Whig, der unter der +alten städtischen Verfassung Syndikus von London gewesen war, stand auf +der nämlichen Seite. Sir Johann Holt, ein noch ausgezeichneterer +whiggistischer Advokat, wurde wahrscheinlich deshalb, weil Sancroft +gegen ihn eingenommen war, nicht mit zur Vertheidigung berufen, war aber +vom Bischof von London privatim um Rath gefragt worden[123]. Der jüngste +Rechtsbeistand der Bischöfe war ein junger Advokat, Namens Johann +Somers. Er war weder durch hohe Geburt noch durch Vermögen begünstigt +und hatte auch noch keine Gelegenheit gehabt, sich öffentlich +auszuzeichnen, aber sein Genie, sein Fleiß und sein vielseitiges großes +Talent waren einem kleinen Kreise von Freunden wohl bekannt, und sein +gründliches, klares System der Beweisführung, sowie sein jederzeit +taktvolles Benehmen hatten ihm trotz seiner whiggistischen Ansichten die +Aufmerksamkeit des Gerichtshofes der Kings Bench bereits gesichert. +Johnstone hatte den Bischöfen eindringlich vorgestellt, wie wichtig es +sei, seinen Beistand zu gewinnen, und Pollexfen sollte erklärt haben, +daß Niemand in Westminsterhall zur Behandlung einer geschichtlichen und +die Verfassung berührenden Frage so befähigt sei, als Somers. + +Die Jury wurde vereidigt; sie bestand aus Männern, welche sehr geachtete +Stellungen in der Gesellschaft einnahmen. Der Vormann war Sir Roger +Langley, ein Baronet von alter und angesehener Familie. Ihm zur Seite +stand ein Ritter und zehn Esquires, von denen mehrere sehr vermögend +waren. Es befanden sich einige Nonconformisten unter ihnen, denn die +Bischöfe hatten wohlweislich beschlossen, kein Mißtrauen gegen die +protestantischen Dissenters zu zeigen. Ein Name jedoch erregte große +Besorgniß, der Name Michael Arnold’s. Er war Hofbrauer und man +fürchtete, daß die Regierung auf seine Stimme rechnen könne. Es wird +erzählt, daß er sich bitter über die Stellung beklagt habe, in die er +versetzt war. „Was ich auch thun mag,“ soll er geäußert haben, „so habe +ich die Gewißheit, halb ruinirt zu werden. Sage ich Nichtschuldig, so +werde ich nicht mehr für den König brauen; sage ich Schuldig, so werde +ich für niemand Andren mehr brauen“.[124] + +So begann denn die gerichtliche Verhandlung, die, selbst wenn man sie +nach Verlauf von mehr als anderthalb Jahrhunderten mit kaltem Blute +liest, das ganze Interesse eines Drama’s hat. Die Advokaten stritten auf +beiden Seiten mit einer mehr als berufsmäßigen Schärfe und Heftigkeit, +das anwesende Publikum hörte mit so gespannter Aufmerksamkeit zu, als +hätte das Schicksal jedes Einzelnen von dem Ausspruche der Geschwornen +abgehangen, und die Aussichten auf den Sieg wechselten so plötzlich und +so ergreifend, daß die Menge zu wiederholten Malen in der nämlichen +Minute von der größten Angst zur lebhaftesten Freude und umgekehrt von +der lebhaftesten Freude zu noch größerer Angst übersprang. + +Die Anklage beschuldigte die Bischöfe, in der Grafschaft Middlesex ein +falsches, böswilliges und aufrührerisches Libell geschrieben oder +veröffentlicht zu haben. Der Generalfiskal und der Staatsprokurator +versuchten zuvörderst den Beweis zu führen, daß die Angeklagten das +Libell unterschrieben hatten. Zu dem Ende wurden mehrere Personen +aufgefordert, die Handschriften der Bischöfe zu recognosciren. Aber die +Zeugen thaten dies mit solcher Unlust, daß kaum einem von ihnen eine +klare und deutliche Antwort zu entlocken war. Pemberton, Pollexfen und +Levinz behaupteten, daß keine genügenden Beweise vorhanden seien, die +der Jury vorgelegt werden könnten; zwei von den Richtern, Holloway und +Powell, traten dieser Ansicht bei, und die Hoffnung der Zuschauer stieg +bedeutend. Da erklärten plötzlich die Kronanwälte, daß sie einen andren +Weg einzuschlagen gedächten. Powis führte mit unverkennbarer Beschämung +und Widerstreben einen Sekretär des Geheimen Raths, Namens Blathwayt, +der zugegen gewesen war, als der König die Bischöfe verhörte, in die +Zeugenloge ein. Blathwayt versicherte eidlich, daß er gehört habe, wie +sie ihre Unterschriften selbst anerkannt hätten. Dieses Zeugniß war +entscheidend. „Warum haben Sie,“ sagte der Richter Holloway zu dem +Fiskal, „da Sie einen solchen Zeugen hatten, ihn nicht sogleich +vorgeführt? es wäre dadurch viel unnöthiger Zeitverlust erspart worden.“ +Es ergab sich bald, warum der Kronanwalt sich nur höchst ungern durch +die dringendste Nothwendigkeit hatte bestimmen lassen, zu diesem +Beweismittel zu greifen. Pemberton hielt Blathwayt zurück, unterwarf ihn +einem umständlichen Verhör und verlangte eine genaue Erzählung alles +dessen, was zwischen dem Könige und den Angeklagten vorgegangen sei. +„Das wäre etwas ganz Neues!“ rief Williams. „Glauben Sie,“ sagte Powis, +„daß Sie ein Recht dazu haben, an unsere Zeugen jede impertinente Frage +zu richten, die Ihnen in den Sinn kommt?“ Die Advokaten der Bischöfe +waren jedoch nicht die Männer, die sich so leicht werfen ließen. „Er ist +darauf vereidigt,“ sagte Pollexfen, „die Wahrheit, die ganze Wahrheit zu +sagen; wir wollen und müssen eine Antwort haben.“ Der Zeuge wurde +verlegen, gab ausweichende Antworten, wollte die Fragen nicht richtig +verstanden haben und bat um den Schutz des Gerichtshofes; aber er war in +Händen, aus denen nicht leicht wieder loszukommen war. Endlich schlug +der Generalfiskal sich wieder ins Mittel. „Wenn Sie durchaus auf Ihrer +Forderung bestehen,“ hob er an, „so sagen Sie uns wenigstens, welchen +Gebrauch Sie von der Antwort zu machen gedenken.“ Pemberton, der während +der ganzen Verhandlung seine Pflicht muthig und geschickt erfüllte, +erwiederte ohne Besinnen: „Mylords, ich will dem Herrn Generalfiskal +antworten, ich will offen mit dem Gerichtshofe reden. Wenn die Bischöfe +sich unter dem Versprechen von Seiten Seiner Majestät, daß ihr +Geständniß nicht gegen sie angewendet werden solle, zu dieser Schrift +bekannten, so wird man sich hoffentlich nicht eines unredlichen +Vortheils gegen sie bedienen.“ -- „Sie erheben eine Beschuldigung gegen +Seine Majestät, die ich kaum auszusprechen wage,“ sagte Williams; „da +Sie es so genau nehmen, dann verlange ich auch für den König, daß die +Frage zu Protokoll genommen wird.“ -- „Was meinen Sie damit?“ fragte +jetzt Sawyer. „Ich weiß, was ich meine,“ antwortete der Apostat, „ich +verlange, daß die Frage vor Gericht zu Protokoll genommen wird.“ -- +„Nehmen Sie zu Protokoll, was Sie wollen, Herr Prokurator, ich fürchte +Sie nicht,“ sagte Pemberton. Es folgte nun ein lauter und heftiger +Wortwechsel, den der Oberrichter nur mit Mühe beschwichtigen konnte. In +jedem andren Falle hätte er die Frage ohne Zweifel zu Protokoll nehmen +und Pemberton verhaften lassen. Aber an diesem wichtigen Tage wagte er +dies nicht. Er warf oft einen Seitenblick auf die dichten Reihen der +Earls und Barone, die ihn scharf beobachteten und die ihn beim nächsten +Parlamente zur Rechenschaft ziehen konnten. Ein Anwesender meinte +nachher, es habe ausgesehen, als ob alle zuhörenden Peers Stricke in der +Tasche gehabt hätten.[125] Blathwayt wurde endlich gezwungen, über den +ganzen Vorgang einen ausführlichen Bericht zu erstatten. Es stellte sich +heraus, daß der König den Bischöfen gegenüber keine ausdrückliche +Verpflichtung eingegangen war; ebenso aber ergab es sich auch, daß die +Bischöfe wohl Grund hatten, eine stillschweigende Zusage anzunehmen. Aus +dem Widerstreben, mit dem die Kronanwälte den Sekretär des Geheimraths +in die Zeugenloge einführten und aus der Heftigkeit, mit der sie sich +Pemberton’s Kreuzfragen widersetzten, geht klar hervor, daß sie der +nämlichen Ansicht waren. + +Die Handschrift war jedoch bewiesen. Aber jetzt wurde ein neuer und +ernster Einwand erhoben. Der Beweis, daß die Bischöfe das gesetzwidrige +Libell geschrieben hatten, war nicht genügend; es mußte auch bewiesen +werden, daß sie es in der Grafschaft Middlesex geschrieben hatten. +Allein dies konnten der Fiskal und der Prokurator nicht nur nicht +beweisen, sondern die Angeklagten waren sogar im Stande, das Gegentheil +zu beweisen, denn Sancroft hatte von dem Augenblicke an, wo der +Geheimrathsbefehl erschien, bis zu dem Augenblicke, wo die Petition dem +Könige überreicht wurde, seinen Palast in Lambeth nicht verlassen. Die +ganze Anklage fiel daher in sich selbst zusammen und das Publikum +erwartete mit großer Freude eine vollständige Freisprechung. + +Die Kronjuristen änderten nun abermals ihre Taktik, ließen die Anklage +auf Abfassung eines Libells ganz fallen und unternahmen es, zu beweisen, +daß die Bischöfe in Middlesex ein Libell _veröffentlicht_ hätten. Das +war nicht leicht. Die Überreichung der Petition an den König war in den +Augen des Gesetzes unzweifelhaft eine Veröffentlichung. Aber wie war +diese Überreichung zu beweisen? Es war bei der Audienz im königlichen +Kabinet außer dem Könige und den Angeklagten Niemand zugegen gewesen. +Den König konnte man nicht wohl als Zeugen vereidigen. Das Factum der +Veröffentlichung konnte also nur durch das Eingeständniß der Angeklagten +constatirt werden. Blathwayt wurde noch einmal vernommen, aber +vergebens. Er sagte, er erinnere sich wohl, daß die Bischöfe ihre +Unterschriften anerkannt, nicht aber, daß sie das auf dem Tische des +Geheimen Raths liegende Papier als das nämliche anerkannt hätten, +welches sie dem Könige überreichten, noch daß sie überhaupt über diesen +Punkt befragt worden waren. Mehrere andere Beamte, die im +Geheimrathszimmer zugegen gewesen waren, wurden aufgerufen, unter ihnen +Samuel Pepys, Sekretär der Admiralität; aber keinem von ihnen war es +erinnerlich, daß von der Überreichung irgend die Rede gewesen sei. +Williams bemühte sich vergebens, sie durch verfängliche Fragen zu dem +gewünschten Zeugnisse zu verleiten, bis endlich die Rechtsanwälte der +Gegenpartei erklärten, daß ein solches Drehen und Wenden noch an keinem +Gerichtshofe vorgekommen sei, und Wright selbst zugestehen mußte, daß +die Vernehmungsweise des Generalprokurators allen Regeln zuwider sei. Da +ein Zeuge nach dem andren verneinend antwortete, wiederhallte der ganze +Saal von lautem Gelächter und triumphirendem Jubel, welche zum Schweigen +zu bringen die Richter gar nicht versuchten. + +Der harte Kampf schien endlich gewonnen zu sein; für die Krone war +nichts mehr vorzubringen. Hätten die Anwälte der Bischöfe nun +geschwiegen, so war die Freisprechung gewiß, denn es war nichts +ausgesagt worden, was auch der parteiischeste und gewissenloseste +Richter einen rechtskräftigen Beweis für die Veröffentlichung hätte +nennen kennen. Der Oberrichter schickte sich bereits an, den Geschwornen +das Resumé vorzulegen und er würde sie ohne Zweifel angewiesen haben, +die Angeklagten freizusprechen, als Finch, der zu aufgeregt war, um mit +gehöriger Besonnenheit handeln zu können, noch auftrat und gehört zu +werden verlangte. „Wenn Sie gehört sein wollen,“ sagte Wright, „so +können wir Sie nicht hindern zu sprechen; aber ich muß Ihnen bemerken, +daß Sie Ihren eigenen Vortheil nicht erkennen.“ Die anderen Vertheidiger +bewogen Finch, sich wieder niederzusetzen und baten den Oberrichter +fortzufahren. Eben wollte er dies auch thun, da kam ein Bote an den +Generalprokurator mit der Nachricht, daß Lord Sunderland die +Veröffentlichung beweisen könne und sogleich im Gerichtssaal erscheinen +werde. Wright bemerkte den Vertheidigern in ziemlich spitzigem Tone, daß +sie sich diese neue Wendung der Dinge lediglich selbst zuzuschreiben +hätten. Die Gesichtszüge der versammelten Zuschauer verfinsterten sich; +Finch war einige Stunden lang der unpopulärste Mann im ganzen Lande. +Warum konnte er nicht ruhig sitzen bleiben wie seine verständigeren +Collegen Sawyer, Pemberton und Pollexfen? Seine Sucht, auch etwas zu +sagen, der Wunsch eine schöne Rede zu halten, hatte Alles verdorben. + +Inzwischen wurde der Lordpräsident in einer Sänfte durch die Halle +getragen. Nicht ein einziger Hut wurde gelüftet und viele Stimmen +riefen: „Papistischer Hund!“ Bleich und zitternd, mit zu Boden gesenktem +Blicke trat er vor die Schranken und gab mit unsicherer Stimme seine +Zeugenaussage ab. Er versicherte eidlich, daß ihm die Bischöfe ihre +Absicht, dem Könige eine Petition zu überreichen, mitgetheilt hätten und +daß sie zu dem Ende in das königliche Kabinet eingelassen worden seien. +Dieser Umstand in Verbindung mit dem, daß sich, nachdem sie das Kabinet +verlassen, eine von ihnen unterzeichnete Petition in den Händen des +Königs befand, war für das Factum der Veröffentlichung ein Beweis, der +einer Jury wohl genügen konnte. + +Die Veröffentlichung in Middlesex war also ebenfalls bewiesen. Aber war +das veröffentlichte Schriftstück ein falsches, böswilliges und +aufrührerisches Libell? Bis jetzt hatte es sich nur darum gehandelt, ob +eine Thatsache, die Jedermann als wirklich geschehen kannte, nach den +technischen Regeln des Beweises constatirt werden konnte; jetzt aber +erhielt der Streit ein höheres Interesse. Man mußte die Grenzen der +königlichen Hoheitsrechte und der bürgerlichen Freiheit, das Recht des +Königs, von Gesetzen zu dispensiren, und das Recht der Unterthanen um +Abstellung von Mißständen zu petitioniren, untersuchen. Drei Stunden +lang vertheidigten die Anwälte der Petenten mit energischem Nachdrucke +die Grundprinzipien der Verfassung und bewiesen aus den Protokollen des +Hauses der Gemeinen, daß die Bischöfe nur etwas Wahres behauptet hätten, +indem sie dem Könige vorstellten, daß die von ihm beanspruchte +Dispensationsgewalt mehr als einmal vom Parlament für ungesetzlich +erklärt worden sei. Somers erhob sich zuletzt. Er sprach wenig über fünf +Minuten lang, aber jedes seiner Worte war gewichtigen Inhalts, und als +er seinen Platz wieder einnahm, war sein Ruf als Redner und als +constitutioneller Jurist fest begründet. Er untersuchte die Ausdrücke +der Anklage, in welcher das den Bischöfen zur Last gelegte Vergehen +dargestellt war, und bewies, daß jedes Wort, Adjectiv oder Substantiv, +durchaus unangemessen sei. Die Anklage laute auf ein falsches, +böswilliges und aufrührerisches Libell. Falsch sei das Schriftstück +nicht, denn jede darin behauptete Thatsache sei durch die +Parlamentsprotokolle als wahr bewiesen. Auch böswillig sei das +Schriftstück nicht, denn die Angeklagten hätten nicht Streit gesucht, +sondern die Regierung habe sie in eine Lage versetzt, in der sie sich +entweder dem königlichen Willen widersetzen oder die heiligsten +Pflichten des Gewissens und der Ehre verletzen mußten. Aufrührerisch sei +das Schriftstück eben so wenig, denn die Verfasser hätten es nicht unter +dem Volke vertheilt, sondern es privatim den Händen des Königs allein +übergeben; auch sei es kein Libell, sondern eine anständige Petition, +wie sie nach den Gesetzen Englands, ja nach den Gesetzen des römischen +Kaiserreichs und nach den Gesetzen aller civilisirten Staaten jeder +Unterthan, welcher glaubt, daß ihm Unrecht geschehen, mit Fug und Recht +dem Souverain überreichen dürfe. + +Der Fiskal replicirte kurz und schwach. Der Prokurator sprach sehr +ausführlich und mit großer Bitterkeit, so daß er oft durch Zurufe und +Zischen des Publikums unterbrochen wurde. Er ging so weit zu behaupten, +daß kein einzelner Unterthan und keine Gemeinschaft von Unterthanen, +außer die Parlamentshäuser, berechtigt sei, eine Petition an den König +zu richten. Die Zuschauer waren wüthend und selbst der Oberrichter war +ganz betroffen über die Frechheit dieses feilen Achselträgers. + +Wright schritt endlich zum Resumé. Seine Rede bewies, daß seine Furcht +vor der Regierung durch die Furcht vor dieser zahlreichen, glänzenden +und heftig aufgeregten Versammlung gemäßigt wurde. Er sagte, er wolle +nicht seine Ansicht über die Dispensationsfrage abgeben, er habe dies +nicht nöthig, er könne dem Staatsprokurator in vielen Punkten seiner +Rede nicht beistimmen, ein Unterthan habe allerdings das Recht, zu +petitioniren, aber die dem Gerichtshofe vorliegende specielle Petition, +sei ungebührlich abgefaßt und daher in den Augen des Gesetzes ein +Libell. Allibone sprach die nämliche Ansicht aus, bewies aber in seinem +Vortrag eine so gänzliche Unkenntniß des Rechts und der Geschichte, daß +er sich die Verachtung Aller zuzog, die ihn anhörten. Holloway umging +die Dispensationsfrage, sagte aber, ihm scheine die Petition so gefaßt, +wie sie Unterthanen, die sich in ihrem Rechte gekränkt glaubten, wohl zu +überreichen befugt seien, und sie sei daher kein Libell. Powell trat +noch kühner auf. Er erklärte geradezu, daß seiner Ansicht nach die +Indulgenzerklärung null und nichtig und die Dispensationsgewalt, wie sie +neuerdings ausgeübt worden, mit allen Gesetzen durchaus unvereinbar sei. +Wenn man solche Übergriffe der Prärogative dulden wolle, so seien die +Parlamente ganz überflüssig, die ganze gesetzgebende Gewalt liege dann +in den Händen des Königs. „Diese Entscheidung, meine Herren,“ sagte er, +„stelle ich Gott und Ihrem Gewissen anheim“.[126] + +Es war dunkel geworden, als die Jury sich zurückzog, um über ihren +Schiedsspruch zu berathen. Diese Nacht war eine Nacht voll ängstlicher +Spannung. Es existiren noch einige Briefe, welche während jener Stunden +der Ungewißheit abgesendet wurden und die daher ein ganz besonderes +Interesse haben. „Es ist sehr spät,“ schrieb der päpstliche Nuntius, +„und noch ist die Entscheidung nicht bekannt. Die Richter und die +Angeklagten haben sich nach Hause begeben, die Geschwornen aber bleiben +beisammen. Morgen werden wir den Ausgang dieses wichtigen Kampfes +erfahren.“ + +Der Prokurator der Bischöfe brachte mit einer Anzahl Bedienten die ganze +Nacht auf der Treppe zu, welche nach dem Berathungszimmer der +Geschwornen führte. Es war durchaus nothwendig, die an den Thüren Wache +haltenden Beamten scharf zu beobachten, denn man vermuthete, daß sie von +der Regierung gewonnen waren, und sie konnten daher, wenn sie nicht +sorgfältig bewacht wurden, einen höfisch gesinnten Geschwornen mit +Speise und Trank versehen, so daß er dann im Stande war, seine elf +Collegen auszuhungern. Es wurde daher strenge Wache gehalten und nicht +einmal ein Licht, um eine Pfeife anzuzünden, eingelassen. Gegen vier Uhr +Morgens ließ man einige Becken mit Wasser zum Waschen passiren. Die vor +Durst verschmachtenden Geschwornen tranken gierig die Gefäße aus. Die +umliegenden Straßen waren bis zum Morgen von einer großen Volksmenge +angefüllt. Von Stunde zu Stunde kam ein Bote von Whitehall um sich nach +dem Stande der Sache zu erkundigen. Verschiedene Male hörte man drinnen +im Zimmer einen heftigen Wortstreit; aber etwas Gewisses erfuhr man +nicht.[127] + +Zuerst waren neun für die Freisprechung und drei für die Verurtheilung. +Zwei von der Minorität gaben bald nach; Arnold aber beharrte auf seinem +Ausspruche. Thomas Austin, ein reichbegüterter Landgentleman, der die +Zeugenaussagen und Reden aufmerksam verfolgt und sich ausführliche +Notizen gemacht hatte, wollte die Sache mit ihm speciell erörtern. +Arnold aber lehnte dies ab, indem er ärgerlich sagte, er sei nicht +gewöhnt zu raisonniren und zu debattiren, sein Gewissen gestatte ihm +nicht, die Bischöfe freizusprechen. „Wenn Sie dabei beharren,“ sagte +Austin, „so sehen Sie mich an. Ich bin der Größte und Stärkste von uns +Zwölfen; ehe ich aber eine Petition wie diese als ein Libell anerkenne, +bleibe ich hier, bis ich nicht mehr dicker bin als ein Pfeifenrohr.“ Es +war sechs Uhr Morgens, als Arnold endlich nachgab. Es wurde bald +bekannt, daß die Geschwornen einig waren; wie aber ihr Ausspruch +lautete, war noch ein Geheimniß.[128] + +Um zehn Uhr versammelte sich der Gerichtshof wieder. Das Gedränge war +noch ärger als am vorigen Tage. Die Geschwornen erschienen in ihrer Loge +und es trat eine lautlose Stille ein. + + [Anmerkung 118: +Clarendon’s Diary, June+ 21. 1688.] + + [Anmerkung 119: Gitters, 26. Juni (6. Juli) 1688.] + + [Anmerkung 120: Johnstone, 2. Juli 1688.] + + [Anmerkung 121: Johnstone, 2. Juli 1688.] + + [Anmerkung 122: Johnstone, 2. Juli 1688. Der Herausgeber von + +Levinz’s Reports+ drückt seine große Verwunderung darüber aus, + daß Levinz nach der Revolution nicht wieder in sein Richteramt + eingesetzt wurde. Die von Johnstone erzählten Thatsachen können + dies anscheinende Ungerechtigkeit vielleicht erklären.] + + [Anmerkung 123: Ich schließe dies aus einem Briefe von Compton an + Sancroft vom 12. Juni.] + + [Anmerkung 124: +Revolution Politics.+] + + [Anmerkung 125: Der Ausdruck eines Augenzeugen. Er findet sich in + einem Neuigkeitsbriefe in der Mackintosh-Sammlung.] + + [Anmerkung 126: Siehe den Prozeß in der +Collection of State + Trials+. Einiges habe ich auch von Johnstone und Citters + entlehnt.] + + [Anmerkung 127: Johnstone, 2. Juli 1688; Brief von Mr. Ince an den + Erzbischof, datirt von sechs Uhr Morgens; +Tanner MS.+; + +Revolution Politics+.] + + [Anmerkung 128: Johnstone, 2. Juli 1688.] + + +[_Das Verdict der Geschwornen; Freude des Volks._] Sir Samuel Astry +sprach: „Finden Sie die Angeklagten oder einen von ihnen des Vergehens, +dessen sie angeklagt sind, schuldig oder nicht schuldig?“ Sir Roger +Langley antwortete: „Nicht schuldig.“ Sobald diese Worte über seine +Lippen waren, sprang Halifax auf und schwenkte seinen Hut. Auf dieses +Zeichen brachen alle Bänke und Gallerien in donnernden Beifallsjubel +aus. Im nächsten Augenblick stimmten die zehntausend Menschen, welche +die große Halle füllten, mit noch lauterem Jubel ein, von dem die alte +eichene Decke erdröhnte, und noch einen Augenblick, so ließ die draußen +versammelte Menge ein drittes Hurrah erschallen, das man in Templebar +hören konnte. Die Böte, welche den Fluß bedeckten, antworteten mit +gleicher Begeisterung, ein Kanonenschlag knallte auf dem Wasser, dann +wieder einer und wieder einer, und so flog die frohe Nachricht binnen +wenigen Augenblicken über den Savoy und über die Friars hinaus bis zur +Londonbrücke und zu dem Mastenwalde der jenseit derselben liegenden +Schiffe. Wohin die Botschaft kam, brachen Straßen und Squares, +Marktplätze und Kaffeehäuser in Freudenjubel aus. Der Jubel aber war +minder auffallend, als die Thränen. Denn die Gefühle der Leute waren so +angespannt worden, daß selbst die kalte, an Äußerungen von +Gemüthsbewegung wenig gewöhnte englische Natur überwältigt wurde und +Tausende vor lauter Freude schluchzten. Inzwischen sprengten von den +Endpunkten der Menge Reiter fort, um die Kunde von dem Siege der Kirche +und der Nation durch alle Hauptstraßen zu verbreiten. Aber selbst dieser +gewaltige Ausbruch der Freude vermochte den hämischen und furchtlosen +Sinn des Staatsprokurators nicht zu erschüttern. Er versuchte es, sich +in dem betäubenden Lärme Gehör zu verschaffen und forderte die Richter +auf, Diejenigen, welche durch ihr Geschrei die Würde des Gerichtshofes +verletzt hatten, verhaften zu lassen. Einer aus der jubelnden Menge +wurde wirklich festgenommen. Indessen sah das Tribunal doch ein, daß es +geradezu lächerlich gewesen wäre einen Einzelnen für eine Übertretung zu +bestrafen, welche Hunderttausende begangen hatten, und entließ ihn daher +wieder mit einem leichten Verweis.[129] + +Es war jetzt nicht daran zu denken, etwas Andres vorzunehmen, denn das +Getöse der Menge war so arg, daß man eine halbe Stunde lang im +Gerichtssaale kein Wort verstehen konnte. Williams stieg unter einem +Sturme von Zischen und Verwünschungen in seinen Wagen. Cartwright, der +eine unbezähmbare Neugierde besaß, hatte die Thorheit und +Unschicklichkeit begangen, nach Westminster zu kommen, um zu hören, wie +das Urtel ausfallen würde. Man erkannte ihn an seiner Priestertracht und +seiner Korpulenz und verfolgte ihn durch die ganze Halle mit Geschrei. +„Nehmt Euch vor dem Wolfe in Schafskleidern in Acht,“ sagte Einer. +„Platz für den Mann mit dem Papst im Bauche!“ rief ein Andrer.[130] + +Die freigesprochenen Prälaten flüchteten sich vor der Menge, die sie um +ihren Segen bat, in die nächste Kapelle, wo eben Gottesdienst gehalten +wurde. Viele Kirchen der Hauptstadt waren an diesem Morgen geöffnet und +wurden von vielen Andächtigen besucht. In allen Kirchspielen der City +und der Vorstädte gingen die Glocken. Unterdessen konnten sich die +Geschwornen kaum einen Weg aus der Halle bahnen. Von Hunderten mußten +sie sich die Hand drücken lassen. „Gott segne Euch,“ rief das Volk; +„Gott segne Eure Familien! Ihr habt wie brave Gentlemen gehandelt und +uns Alle heute gerettet.“ Während die Peers, welche zur Unterstützung +der guten Sache herbeigekommen waren, fortfuhren, warfen sie Hände voll +Geld unter die Menge und hießen sie auf das Wohl des Königs, der +Bischöfe und der Geschwornen trinken.[131] + +Der Generalfiskal überbrachte die Nachricht Sunderland, der sich gerade +mit dem Nuntius unterhielt. „Seit Menschengedenken,“ sagte Powis, „hat +man nicht einen solchen Jubel und so viel Freudenthränen gesehen wie +heute“.[132] Der König hatte am Morgen das Lager auf der Hounslowhaide +besucht. Sunderland schickte sofort einen Courier mit der Botschaft an +ihn ab. Jakob befand sich in Feversham’s Zelte, als der Expresse ankam. +Er war sehr ärgerlich über die Nachricht und rief auf Französisch aus: +„Sie sollen es bereuen!“ Er brach sogleich nach London auf. So lange er +anwesend war, hielt der Respekt die Soldaten ab, ihren Gefühlen freien +Lauf zu lassen; kaum aber hatte er das Lager verlassen, so hörte er +hinter sich ein lautes Jubelgeschrei. Er wunderte sich darüber und +fragte, was das bedeute. „Es ist nichts,“ erhielt er zur Antwort, „die +Soldaten freuen sich nur über die Freisprechung der Bischöfe.“ -- „Das +nennen Sie nichts?“ sagte der König und wiederholte dann noch einmal: +„Sie sollen es bereuen!“[133] + +Er hatte in der That Ursache, verstimmt zu sein, denn seine Niederlage +war vollständig und im höchsten Grade demüthigend. Wären die Prälaten +auf Grund mangelhaften Beweises freigesprochen worden, etwa weil sie die +Petition nicht in Middlesex geschrieben hatten, oder weil es ihnen +streng nach den Regeln des Gesetzes nicht bewiesen werden konnte, daß +sie dem Könige die Petition, um dessentwillen sie in Untersuchung waren, +überreicht hatten, so würde die Prärogative keinen Stoß erhalten haben. +Zum Glück für das Land aber war die Thatsache der Veröffentlichung +vollkommen festgestellt worden und die Vertheidiger der Angeklagten +hatten daher das Dispensationsrecht angreifen müssen. Dies hatten sie +mit großer Gelehrsamkeit, Beredtsamkeit und Kühnheit gethan. Die Anwälte +der Krone waren, wie allgemein anerkannt wurde, in dem Kampfe +unterlegen. Nicht ein einziger Richter hatte die Indulgenzerklärung für +gesetzlich zu erklären gewagt, einer hatte sie sogar in den stärksten +Ausdrücken als ungesetzlich bezeichnet. Die ganze Stadt sprach davon, +daß die Dispensationsgewalt den Todesstoß bekommen habe. Finch, der den +Tag vorher allgemein geschmäht worden war, wurde jetzt allgemein +gepriesen. Man sagte, er habe die Sache nicht in einer Weise entschieden +sehen wollen, wobei die große Verfassungsfrage auf immer zweifelhaft +geblieben wäre. Er habe eingesehen, daß die Freisprechung seiner +Klienten ohne Verdammung der Indulgenzerklärung nur ein halber Sieg +gewesen sein würde. Es ist gewiß, daß Finch weder die Vorwürfe +verdiente, mit denen er überhäuft wurde, so lange der Ausgang noch +zweifelhaft war, noch die Lobpreisungen, die ihm gespendet wurden, +nachdem derselbe so günstig ausgefallen. Es war thöricht, ihn zu tadeln, +weil die Kronanwälte während des von ihm veranlaßten kurzen Verzugs +unerwartet einen neuen Zeugen fanden. Eben so thöricht war die Annahme, +daß er seine Klienten absichtlich einer Gefahr ausgesetzt habe, um ein +allgemeines Prinzip festzustellen, und noch thörichter war es, ihn wegen +etwas zu loben, was eine grobe Verletzung seiner Berufspflichten gewesen +sein würde. + +Dem freudigen Tage folgte eine nicht minder freudige Nacht. Die Bischöfe +und einige ihrer achtungswerthen Freunde bemühten sich vergebens, +tumultuarische Freudenbezeigungen zu verhindern. Die ältesten Leute +erinnerten sich nicht, jemals, selbst nicht an dem Abende, als es in +London bekannt wurde, daß die schottische Armee sich für ein freies +Parlament erklärt hatte, die Straßen von so zahlreichen Freudenfeuern +erhellt gesehen zu haben. Um jedes Feuer hatte sich ein Haufe gelagert, +der auf das Wohl der Bischöfe und auf den Untergang der Papisten trank. +Die Fenster waren ebenfalls glänzend erleuchtet, jedes gewöhnlich durch +sieben Lichter, von denen das mittelste und längste den Primas +vorstellte. Dazu hörte man fortwährend das Knallen von Schwärmern, +Raketen und Gewehrschüssen. Ein ungeheurer Holzstoß brannte gerade dem +Haupteingange von Whitehall gegenüber; andere wurden vor den Thüren +katholischer Peers angezündet. Lord Arundell von Wardour beschwichtigte +wohlweislich den Pöbel mit ein wenig Geld; im Palast Salisbury am Strand +aber wurde ein Widerstandsversuch gemacht. Die Dienerschaft Lord +Salisbury’s machte einen Ausfall und feuerte; aber nur der unglückliche +Büttel des Bezirks fiel, der gerade gekommen war, um das Feuer +auszulöschen, und die Schaar wurde bald in den Palast zurückgetrieben. +Kein Schauspiel jener Nacht amüsirte das gemeine Volk so sehr, als +eines, das ihnen vor mehreren Jahren wohl bekannt gewesen war, und das +ihnen jetzt nach einer langen Pause wieder gegeben wurde: die +Verbrennung des Papstes. Dieses vor Zeiten sehr beliebte Schauspiel +kennt unsere Generation nur aus Beschreibungen und Abbildungen. Eine +Figur, die aber keineswegs jenen plumpen Conterfeyen von Guy Fawx glich, +welche noch jetzt am 5. November zur Schau umhergetragen werden, sondern +die mit einiger Geschicklichkeit von Wachs verfertigt und mit nicht +geringen Kosten mit Gewändern und einer Tiara geschmückt war, wurde auf +einen Stuhl gesetzt, ähnlich dem, auf welchem noch heute an einigen +hohen Festtagen die römischen Bischöfe durch die Peterskirche zum +Hochaltare getragen werden. Seine Heiligkeit war gewöhnlich umgeben von +einem Gefolge von Cardinälen und Jesuiten, und ihm zur Seite stand ein +als Teufel mit Schweif und Hörnern verkleideter Hanswurst. Kein reicher +und eifriger Protestant sah bei dieser Gelegenheit eine Guinee an, und +wenn man der Sage glauben darf, betrugen die Kosten einer solchen +Prozession zuweilen nicht weniger als tausend Pfund. Nachdem der Papst +eine Zeit lang über den Köpfen der Menge zur Schau umhergetragen worden +war, wurde er unter lautem Jubel den Flammen überliefert. Zur Zeit der +Popularität Oates’ und Shaftesbury’s wurde das Schauspiel alljährlich am +Geburtstage der Königin Elisabeth in Fleet Street unter den Fenstern des +Whig-Clubs aufgeführt. Der groteske Gebrauch war so berühmt, daß +Barillon sich einmal in Lebensgefahr begab, um aus einem Versteck +zuzusehen.[134] Seit der Entdeckung des Ryehousecomplots war die +Ceremonie bis zu dem Tage der Freisprechung der Bischöfe unterblieben. +An diesem Abende aber tauchten in verschiedenen Stadttheilen Londons +mehrere Päpste auf. Der Nuntius war höchlich entrüstet und der König +fühlte sich durch diese Verhöhnung seiner Kirche schwerer gekränkt als +durch irgend eine andre ihm zugefügte Beleidigung. Die Behörden konnten +jedoch nichts thun. Der Sonntagmorgen graute bereits und die Glocken der +Pfarrkirchen riefen zum Frühgebet, ehe die Feuer zu erlöschen und die +Volksmassen sich zu verlaufen begannen. Es erschien nun alsbald eine +Proklamation gegen die Ruhestörer. Viele von ihnen, meist Lehrlinge, +wurden verhaftet: aber die Anklagen gegen sie wurden von den Gerichten +von Middlesex nicht angenommen. Die Magistratsbeamten, von denen viele +Katholiken waren, geriethen mit der großen Jury in Streit und schickten +sie mehrere Male zurück, aber ohne Erfolg.[135] + + [Anmerkung 129: +Collection of State Trials+; +Oldmixon, 739+; + +Clarendon’s Diary, June 25. 1688+; Johnstone, 2. Juli; Citters, + 3.(13.) Juli; Adda, 6.(10.) Juli; +Luttrell’s Diary+; Barillon, + 2.(12.) Juli.] + + [Anmerkung 130: Citters, 3.(13.) Juli. Der würdevolle Ernst, mit + dem er die Geschichte erzählt, macht einen komischen Eindruck: + +„Den Bisschop van Chester, wie seer de partie van het hof houdt, + om te voldoen aan syne gewoone nieusgierigheyt, hem op dien tyt in + Westminster Hall mede hebbende laten vinden, in het uytgaan + doorgaans was uytgekreten voor een grypende wolf in schaaps + kleederen; en hy synde een heer van hooge stature en vollyvig, + spotsgewyse allomme geroepen was dat men voor hem plaats moeste + maken, om te laten passen, gelyck ook geschiede, om dat soo sy + uytschreeuwden en hem in het aansigt seyden, hy den Paus in syn + buyck hadde.“+] + + [Anmerkung 131: Luttrell; Citters, 3.(13.) Juli 1688. +„Soo syn in + tegendeel gedagte jurys met de uyterste acclamatie en alle + teyckenen van genegenheyt en danckbaarheyt in het door passeren + van de gemeente ontvangen. Honderden vielen haar om den hals met + alle bedenckelycke wewensch van segen en geluck over hare + persoonen en familien, om dat sy haar so heusch en eerlyck buyten + verwagtinge als het ware in desen gedragen hadden. Veele van de + grooten en kleynen adel wierpen in het wegryden handen vol gelt + under de armen luyten, om op de gesontheyt van den Coning, der + Heeren Prelaten, on de Jurys te drincken.“+] + + [Anmerkung 132: +„Mi trovava con Milord Sunderland la stessa + mattina, quando venne l’Avvocato Generale a rendergli conto del + successo, e disse, che mai piu a memoria d’huomini si era sentito + un applauso, mescolato di voce e lagrime di giubilo, egual a + quello che veniva egli di vedere in quest’ occasione.“+ Adda, + 6.(16.) Juli 1688.] + + [Anmerkung 133: +Burnet, I. 744+; Citters, 3.(13.) Juli 1688.] + + [Anmerkung 134: Siehe eine interessante Erzählung, welche Danby, + damals Herzog von Leeds, zugleich mit anderen Papieren im Jahre + 1710 veröffentlichte. Eine anziehende Beschreibung der Ceremonie + der Papstverbrennung findet sich auch in North’s +Examen, 570+. + Ferner sehe man die Note zum Epilog des Trauerspiels „Ödipus“ in + Scott’s Ausgabe von Dryden.] + + [Anmerkung 135: +Reresby’s Memoirs+; Citters, 3.(13.) Juli 1688; + Adda, 6.(16.) Juli; Barillon 2.(12.) Juli; +Luttrell’s Diary+; + Neuigkeitsbrief vom 4. Juli; +Oldmixon, 739+; Ellis’ + Correspondenz.] + + +[_Eigenthümlicher Zustand der öffentlichen Meinung zu jener Zeit._] +Inzwischen verbreitete sich die frohe Nachricht durch das ganze Land und +wurde allenthalben mit Jubel aufgenommen. Gloucester, Bedford und +Lichfield gehörten zu den Städten, die sich durch besonderen Eifer +auszeichneten; Bristol und Norwich aber, welche nach Bevölkerung und +Reichthum London am nächsten standen, kamen bei diesem freudigen Anlasse +auch in der Begeisterung der Hauptstadt am nächsten. + +Die gerichtliche Verfolgung der sieben Bischöfe ist ein Ereigniß, das in +unsrer Geschichte einzig dasteht. Es war der erste und letzte Fall, wo +zwei mächtige in der Regel einander entgegengesetzte Gefühle, von denen +jedes für sich allein bei heftiger Erregung hinreichend war, um den +Staat zu erschüttern, in vollkommener Eintracht verbündet waren. Diese +Gefühle waren die Liebe zur Kirche und die Liebe zur Freiheit. Während +vieler Generationen war jeder heftige Ausbruch des kirchlichen Gefühls, +mit einer einzigen Ausnahme, der bürgerlichen Freiheit nachtheilig +gewesen; und ebenso war jeder heftige Ausbruch des Freiheitsgefühls, mit +einer einzigen Ausnahme, dem Ansehen und Einflusse des Prälatenthums und +der Priesterschaft verderblich. Im Jahre 1688 war die Sache der +Hierarchie einen Augenblick die Sache der Volkspartei. Mehr als +neuntausend Geistliche, mit dem Primas und seinen ehrenwerthesten +Suffraganen an der Spitze, erklärten sich bereit, Haft und +Eigenthumsberaubung für das große Grundprinzip unsrer freien Verfassung +zu erdulden. Die Folge war eine Coalition, welche die eifrigsten +Kavaliere, die eifrigsten Republikaner und alle zwischeninne liegenden +Parteien der Gesammtheit umfaßte. Der Geist, welcher Hampden unter der +vergangenen Generation aufrecht erhalten hatte, verband sich mit dem +Geiste, welcher Sacheverell unter der folgenden aufrecht erhielt, um den +Erzbischof, der ein Hampden und ein Sacheverell zugleich war, aufrecht +zu erhalten. Diejenigen Klassen der Gesellschaft, denen an der Erhaltung +der Ruhe am meisten gelegen ist, welche in stürmischen Zeiten gewöhnlich +am ersten bei der Hand sind, die Regierung zu unterstützen, und welche +einen natürlichen Widerwillen gegen Aufwiegler hegen, folgten ohne +Bedenken der Leitung eines ehrwürdigen Mannes, des ersten Peers des +Reiches, des ersten Dieners der Kirche, eines Tory’s in der Politik, +eines Heiligen in seinem Privatleben, den die Tyrannei wider seinen +Willen in einen Demagogen verwandelt hatte. Auf der andren Seite flehten +jetzt selbst Diejenigen, welche das Episcopat als einen Überrest des +Papismus und als ein Werkzeug der Willkürherrschaft stets verabscheut +hatten, auf den Knien um den Segen eines Prälaten, der bereit war, eher +Ketten zu tragen und seine alterschwachen Glieder auf die nackten Steine +eines Kerkers zu legen, als daß er die Interessen des protestantischen +Glaubens verrathen und die Hoheitsrechte der Krone über das Gesetz +gestellt hätte. Mit der Liebe zur Kirche und der Liebe zur Freiheit +verband sich in dieser wichtigen Krisis noch ein drittes Gefühl, das zu +den achtungswerthesten Zügen unsres Nationalcharacters gehört. Ein durch +Willkürgewalt unterdrückter Mensch findet bei uns, hätte er sonst auch +nicht den mindesten Anspruch auf Achtung und Dankbarkeit, gewöhnlich +eine rege Theilnahme. So wurde zu den Zeiten unserer Großväter die +Gesellschaft durch Wilkes’ Verfolgung heftig aufgeregt. Wir selbst sahen +die Nation durch die gegen die Königin Karoline geübte Härte fast bis +zum Wahnsinn gereizt. Daher wurde England, selbst wenn von dem Ausgange +des Prozesses gegen die Bischöfe keine wichtigen politischen oder +religiösen Interessen abgehangen hätten, es wahrscheinlich nicht ohne +starke Regungen von Mitleid und Unwillen mit angesehen haben, wie einige +Greise von makelloser Tugend von der Rache eines jähzornigen und +unerbittlichen Fürsten verfolgt wurden, der ihrer Treue seine Krone +verdankte. + +Von diesen Gefühlen angetrieben, stellten sich unsere Vorfahren in einer +ungeheuren und compacten Masse der Regierung entgegen. Die mächtige +Phalanx war aus allen Ständen, allen Parteien, allen protestantischen +Seelen gebildet. Im Vordertreffen standen die geistlichen und weltlichen +Lords, dann kamen die begüterte Gentry und der Klerus, beide +Universitäten, alle Gerichtshöfe, Großhändler, Krämer und Pächter, die +Lastträger, die sich in den Straßen der großen Städte plagten, und die +Landleute, welche das Feld bebauten. Die Koalition gegen den König +umfaßte selbst die Matrosen, die seine Schiffe bemannten, selbst die +Schildwachen, die seinen Palast bewachten. Die Namen Whig und Tory waren +einen Augenblick vergessen. Der alte Ausschließungsmann reichte dem +alten Verabscheuer die Hand; Episcopalen, Presbyterianer, Independenten +und Baptisten vergaßen ihre langjährigen Fehden, um nur an ihren +gemeinsamen Protestantismus und an ihre gemeinsame Gefahr zu denken; +Theologen, die in der Schule Laud’s gebildet waren, sprachen nicht nur +von Duldung, sondern sogar von Einigung. Der Erzbischof erließ bald nach +seiner Freisprechung einen Hirtenbrief, der eines der merkwürdigsten +Schriftstücke jener Zeit ist. Er hatte von Jugend auf mit den +Nonconformisten in Streit gelegen und sie mehrmals mit ungerechter und +unchristlicher Heftigkeit angegriffen. Sein Hauptwerk war eine häßliche +Karrikatur auf die Calvinistische Theologie.[136] Er hatte für den 30. +Januar, den Jahrestag der Hinrichtung Karl’s I., und für den 29. Mai, +den Jahrestag der Rückkehr Karl’s II., Gebetsformulare abgefaßt, welche +so heftige Schmähungen gegen die Puritaner enthielten, daß die Regierung +es für nöthig erachtet hatte, dieselben zu mildern. Jetzt aber war sein +Herz erweicht und geöffnet. Er ermahnte die Bischöfe und die Geistlichen +feierlich und eindringlich, ihren Brüdern, den protestantischen +Dissenters, mit zarter Rücksicht zu begegnen, sie oft zu besuchen, sie +gastlich zu bewirthen, sich freundlich mit ihnen zu unterhalten und sie +womöglich zum Anschluß an die Kirche zu bewegen, sich aber, wenn ihnen +dies nicht gelänge, in ihrem Wirken für die segensreiche Sache der +Reformation herzlich und liebreich zu verbinden.[137] + +Viele fromme Leute dachten in späteren Jahren mit schmerzlicher +Sehnsucht an jene Zeit zurück. Sie schilderten dieselbe als den +flüchtigen Schimmer eines goldenen Zeitalters zwischen zwei eisernen +Zeitaltern. Waren solche Klagen auch natürlich, so waren sie doch nicht +begründet. Die Coalition von 1688 war und konnte nur das Erzeugniß einer +an Wahnsinn grenzenden Tyrannei und einer alle großen Institutionen des +Landes gleichzeitig bedrohenden Gefahr sein. Daß eine solche Coalition +seitdem nicht wieder vorgekommen, hat seinen Grund darin, weil noch nie +wieder so schlecht und verkehrt regiert worden ist. Man darf nicht +vergessen, daß, wenn auch Eintracht an sich besser ist als Zwietracht, +doch Zwietracht das Zeichen besserer Zustände sein kann als Eintracht +sie andeutet. Unglück und Gefahr zwingen die Menschen oft, sich zu +verbinden. Glück und Sicherheit bestimmen sie oft, sich zu trennen. + + [Anmerkung 136: Der +Fur Praedestinatus+.] + + [Anmerkung 137: Dieser Hirtenbrief findet sich in der ersten der + zwölf Sammlungen von Urkunden über die englischen Angelegenheiten, + die zu Ende des Jahres 1688 und zu Anfang des Jahres 1689 gedruckt + wurden. Er wurde am 26. Juli, nicht ganz einen Monat nach dem + Prozesse erlassen. Um die nämliche Zeit äußerte Lloyd von St. + Asaph gegen Heinrich Wharton, daß die Bischöfe ein ganz neues + Verfahren gegen die protestantischen Dissenters einzuschlagen + gedächten: +„Omni modo curaturos, ut ecclesia sordibus et + corruptelis penitus exueretur; ut sectariis reformatis reditus in + ecclesiae sinum exoptati occasio ac ratio concederetur, si qui + sobrii et pii essent; ut pertinacibus interim jugum levaretur, + extinctis penitus legibus mulctatoriis.“ -- Excerpta ex Vita H. + Wharton.+] + + + + + Druck von Philipp Reclam jun. in Leipzig. + + + * * * * * + * * * * + * * * * * + + +Druckfehler und Unregelmässigkeiten + +Rechtschreibungsformen wie »funfzig« : »fünfzig«, »Urtel« : »Urtheil« +und »Partein« : »Parteien« sind ungeändert. Die Namen »Russel« und +»Russell« sind ebenso ungeändert (auch wenn es um die selbe Person +handelt). Einige doppelte Punkte wie + + [_Sir Patrick Hume und Sir Johann Cochrane._]. + +sind leise korrigiert. + +VII. Kapitel + + [Inhalt] + Wycherley, Tindal, Haines [Tintal] + Compton. -- Herbert. -- Churchill [Compten] + [Anm. VII.1] ... Van Kampen’s ... Sir Jakob Mackintosh + [Van Kamper’s, Makintosh] + Zeugen seiner Schmerzensausbrüche [Schmerzensausbbrüche] + [Anm. VII.5] ... j’ay en soin que M. Woodstoc + [_ungeändert: Namen ist »Woodstock«_] + [Anm. VII.57] +Burnet I. 726--731+ [I.,] + [Anm. VII.63] ... jusqu’à l’actuel payement. [j’usqu’à] + Namens Johnstone [Johnestone] + die Überreste des Ignatius Loyola [Loyla] + +VIII. Kapitel + + Heinrich’s VI. und Heinrich’s VIII. gebildet waren [Heinrichs VIII.] + „Sie ... sind ... aus der Schrift heimschicken: „Gehet hin ... + widerfahre.“ + [_anführungsszeichen ungeändert_] + vierzig Fellow’s [_’ im Original_] + Von Whitehall war keine Antwort gekommen. [Withehall] + von Windsor nach Portsmouth [Portsmuth] + [Anm. VIII.34] ... Note zu Burnet I. 755 [I, 755] + [Anm. VIII.41] ... +Burnet I. 264+ [I, 264] + [Anm. VIII.45] ... 2.(12.) Dec. [2.(12. Dec.).] + [Anm. VIII.127] ... +Tanner MS.+ [Ms.] + durch Wilkes’ Verfolgung [Wilke’s] + + + + + + + +End of the Project Gutenberg EBook of Geschichte von England seit der +Thronbesteigung Jakob's des Zwe, by Thomas Babington Macaulay + +*** END OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK GESCHICHTE VON ENGLAND--VIERTER BAND *** + +***** This file should be named 30331-0.txt or 30331-0.zip ***** +This and all associated files of various formats will be found in: + https://www.gutenberg.org/3/0/3/3/30331/ + +Produced by Louise Hope, Delphine Lettau, richyfourtytwo +and the Online Distributed Proofreading Team at +https://www.pgdp.net + + +Updated editions will replace the previous one--the old editions +will be renamed. + +Creating the works from public domain print editions means that no +one owns a United States copyright in these works, so the Foundation +(and you!) can copy and distribute it in the United States without +permission and without paying copyright royalties. Special rules, +set forth in the General Terms of Use part of this license, apply to +copying and distributing Project Gutenberg-tm electronic works to +protect the PROJECT GUTENBERG-tm concept and trademark. Project +Gutenberg is a registered trademark, and may not be used if you +charge for the eBooks, unless you receive specific permission. If you +do not charge anything for copies of this eBook, complying with the +rules is very easy. You may use this eBook for nearly any purpose +such as creation of derivative works, reports, performances and +research. They may be modified and printed and given away--you may do +practically ANYTHING with public domain eBooks. Redistribution is +subject to the trademark license, especially commercial +redistribution. + + + +*** START: FULL LICENSE *** + +THE FULL PROJECT GUTENBERG LICENSE +PLEASE READ THIS BEFORE YOU DISTRIBUTE OR USE THIS WORK + +To protect the Project Gutenberg-tm mission of promoting the free +distribution of electronic works, by using or distributing this work +(or any other work associated in any way with the phrase "Project +Gutenberg"), you agree to comply with all the terms of the Full Project +Gutenberg-tm License (available with this file or online at +https://gutenberg.org/license). + + +Section 1. General Terms of Use and Redistributing Project Gutenberg-tm +electronic works + +1.A. By reading or using any part of this Project Gutenberg-tm +electronic work, you indicate that you have read, understand, agree to +and accept all the terms of this license and intellectual property +(trademark/copyright) agreement. 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It exists +because of the efforts of hundreds of volunteers and donations from +people in all walks of life. + +Volunteers and financial support to provide volunteers with the +assistance they need are critical to reaching Project Gutenberg-tm's +goals and ensuring that the Project Gutenberg-tm collection will +remain freely available for generations to come. In 2001, the Project +Gutenberg Literary Archive Foundation was created to provide a secure +and permanent future for Project Gutenberg-tm and future generations. +To learn more about the Project Gutenberg Literary Archive Foundation +and how your efforts and donations can help, see Sections 3 and 4 +and the Foundation web page at https://www.pglaf.org. + + +Section 3. Information about the Project Gutenberg Literary Archive +Foundation + +The Project Gutenberg Literary Archive Foundation is a non profit +501(c)(3) educational corporation organized under the laws of the +state of Mississippi and granted tax exempt status by the Internal +Revenue Service. The Foundation's EIN or federal tax identification +number is 64-6221541. Its 501(c)(3) letter is posted at +https://pglaf.org/fundraising. Contributions to the Project Gutenberg +Literary Archive Foundation are tax deductible to the full extent +permitted by U.S. federal laws and your state's laws. + +The Foundation's principal office is located at 4557 Melan Dr. S. +Fairbanks, AK, 99712., but its volunteers and employees are scattered +throughout numerous locations. Its business office is located at +809 North 1500 West, Salt Lake City, UT 84116, (801) 596-1887, email +business@pglaf.org. Email contact links and up to date contact +information can be found at the Foundation's web site and official +page at https://pglaf.org + +For additional contact information: + Dr. Gregory B. Newby + Chief Executive and Director + gbnewby@pglaf.org + + +Section 4. Information about Donations to the Project Gutenberg +Literary Archive Foundation + +Project Gutenberg-tm depends upon and cannot survive without wide +spread public support and donations to carry out its mission of +increasing the number of public domain and licensed works that can be +freely distributed in machine readable form accessible by the widest +array of equipment including outdated equipment. Many small donations +($1 to $5,000) are particularly important to maintaining tax exempt +status with the IRS. + +The Foundation is committed to complying with the laws regulating +charities and charitable donations in all 50 states of the United +States. 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Thus, we do not necessarily +keep eBooks in compliance with any particular paper edition. + + +Most people start at our Web site which has the main PG search facility: + + https://www.gutenberg.org + +This Web site includes information about Project Gutenberg-tm, +including how to make donations to the Project Gutenberg Literary +Archive Foundation, how to help produce our new eBooks, and how to +subscribe to our email newsletter to hear about new eBooks. diff --git a/old/30331-0.zip b/old/30331-0.zip Binary files differnew file mode 100644 index 0000000..d8c7669 --- /dev/null +++ b/old/30331-0.zip diff --git a/old/30331-8.txt b/old/30331-8.txt new file mode 100644 index 0000000..1c3e563 --- /dev/null +++ b/old/30331-8.txt @@ -0,0 +1,9092 @@ +The Project Gutenberg EBook of Geschichte von England seit der +Thronbesteigung Jakob's des Zweiten., by Thomas Babington Macaulay + +This eBook is for the use of anyone anywhere at no cost and with +almost no restrictions whatsoever. You may copy it, give it away or +re-use it under the terms of the Project Gutenberg License included +with this eBook or online at www.gutenberg.org + + +Title: Geschichte von England seit der Thronbesteigung Jakob's des Zweiten. + Vierter Band + +Author: Thomas Babington Macaulay + +Translator: Wilhelm Hartwig Beseler + +Release Date: October 25, 2009 [EBook #30331] + +Language: German + +Character set encoding: ISO-8859-1 + +*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK GESCHICHTE VON ENGLAND--VIERTER BAND *** + + + + +Produced by Louise Hope, Delphine Lettau, richyfourtytwo +and the Online Distributed Proofreading Team at +https://www.pgdp.net + + + + + + +[Dieser Text ist fr Benutzer gedacht, deren Text-Anzeigeprogramm +nicht die volle Unicode (UTF-8) Version anzeigen kann. An- und +Abfhrungsstriche aus dem Original wurden durch Guillemets ersetzt, +die einfachen Anfhrungsstriche oder Apostrophe haben die einfachere +'Schreibmaschinenform'. Das griechische Zitat ist #wie so# gezeichnet. + +Zeichen _wie so_ bedeuten Gesperrt; +wie so+ bedeuten Antiqua +(nicht-Fraktur); =wie so= bedeuten Fettschrift.] + + + + + Thomas Babington Macaulay's + + Geschichte von England + + + seit der + + Thronbesteigung Jakob's des Zweiten. + + + Aus dem Englischen. + + + +Vollstndige und wohlfeilste Stereotyp-Ausgabe.+ + + + Vierter Band. + + + Leipzig, 1854. + _G. H. Friedlein._ + + + * * * * * + * * * * + + + Siebentes Kapitel. + + Jakob II. + + + + + =Inhalt.= + + Seite + Wilhelm, Prinz von Oranien 5 + Sein ueres 5 + Sein frheres Leben und seine Erziehung 5 + Seine religisen Ansichten 7 + Seine militairischen Talente 8 + Sein Vergngen an Gefahren; seine schlechte Gesundheit 10 + Klte seines Benehmens und Heftigkeit seiner Gemthsregungen 10 + Seine Freundschaft fr Bentinck 10 + Marie, Prinzessin von Oranien 12 + Gilbert Burnet 14 + Er vermittelt eine innigere Annherung zwischen dem Prinzen + und der Prinzessin 17 + Beziehungen Wilhelm's zu den englischen Parteien 18 + Seine Gesinnungen gegen England 18 + Seine Gesinnungen gegen Holland und Frankreich 19 + Seine Politik durchaus consequent 22 + Vertrag von Augsburg 24 + Wilhelm wird das Oberhaupt der englischen Opposition 25 + Mordaunt schlgt Wilhelm eine Landung in England vor 26 + Wilhelm verwirft den Rath 26 + Unzufriedenheit in England nach dem Sturze der Hyde 27 + Bekehrungen zum Papismus; Peterborough, Salisbury 27 + Wycherley, Tindal, Haines 28 + Dryden 29 + +The Hind and Panther.+ 30 + nderung in dem Verfahren des Hofes gegen die Puritaner 32 + In Schottland theilweise Duldung gewhrt 35 + Persnliche Bearbeitung Einzelner im kniglichen Kabinet 36 + Erfolglosigkeit der persnlichen Bearbeitung 37 + Admiral Herbert 37 + Die Indulgenzerklrung 37 + Stimmung der protestantischen Dissenters 39 + Stimmung der anglikanischen Kirche 40 + Der Hof und die Kirche 40 + Brief an einen Dissenter. 42 + Benehmen der Dissenters 43 + Einige von ihnen halten es mit dem Hofe. Care, Alsop, + Rosewell 45 + Lobb 46 + Penn 46 + Die Mehrzahl der Puritaner ist gegen den Hof. Baxter 46 + Howe 47 + Bunyan 47 + Kiffin 49 + Der Prinz und die Prinzessin von Oranien gegen die + Indulgenzerklrung 52 + Vertheidigung ihrer Ansichten bezglich der englischen + Katholiken 53 + Jakob's Feindschaft gegen Burnet 57 + Sendung Dykvelt's nach England 59 + Unterhandlungen Dykvelt's mit englischen Staatsmnnern 59 + Danby 60 + Nottingham 60 + Halifax 61 + Devonshire 62 + Eduard Russel 64 + Compton. -- Herbert. -- Churchill 65 + Lady Churchill und die Prinzessin Anna 66 + Dykvelt kehrt mit Briefen von vielen angesehenen Englndern + nach dem Haag zurck 68 + Zulestein's Sendung 69 + Zunehmende Feindschaft zwischen Jakob und Wilhelm 70 + Einflu der hollndischen Presse 71 + Stewart's und Fagel's Correspondenz 71 + Castelmaine's Gesandtschaft in Rom 72 + + + + +[_Wilhelm, Prinz von Oranien._] Wilhelm Heinrich, Prinz von +Oranien-Nassau, nimmt in der Geschichte Englands und der gesammten +Menschheit eine so bedeutende Stelle ein, da es wnschenswerth +erscheint, die markirten Zge seines Characters mit einiger +Ausfhrlichkeit zu zeichnen.[1] + + [Anmerkung 1: Die Hauptquellen, aus denen ich meine Schilderung + des Prinzen von Oranien geschpft habe, sind Burnet's Geschichte, + Temple's und Gourville's Memoiren, die Unterhandlungen der Grafen + Estrades und Avaux, Sir Georg Downing's Briefe an den Lordkanzler + Clarendon, Wagenaar's umfangreiches Geschichtswerk, Van Kampen's + +Karakterkunde Vaderlandsche Geschiedenis+, und vor Allem + Wilhelm's eigene vertrauliche Correspondenz, von welcher der + Herzog von Portland Sir Jakob Mackintosh eine Abschrift zu nehmen + erlaubte.] + + +[_Sein ueres._] Er stand jetzt in seinem siebenunddreiigsten +Lebensjahre, war aber krperlich und geistig lter als andere Leute in +diesen Jahren. Man knnte fast sagen, er sei niemals jung gewesen. Sein +ueres ist uns fast eben so gut bekannt, als seinen eigenen Heerfhrern +und Rthen. Bildhauer, Maler und Mnzschneider haben ihre ganze +Geschicklichkeit aufgeboten, um seine Zge der Nachwelt zu berliefern, +und diese waren von der Art, da kein Knstler sie verfehlen und da, +wer sie einmal gesehen, sie nie vergessen konnte. Sein Name erinnert uns +sogleich an eine schmchtige und zarte Gestalt, an eine hohe und breite +Stirn, an eine wie der Schnabel eines Adlers gebogene Nase, an ein Paar +Augen, die an Glanz und Schrfe mit denen des Adler wetteiferten, an +eine gedankenvolle, etwas finstre Miene, einen festen und etwas +mrrischen Mund, an eine bleiche, eingefallene und durch Krankheit und +Sorgen tief gefurchte Wange. Dieses gedankenvolle, ernste und feierliche +Aussehen konnte kaum einem glcklichen und lebensfrohen Manne angehrt +haben; aber es verrth in unverkennbarer Weise die Befhigung zu den +schwierigsten Unternehmungen und einen durch kein Migeschick und durch +keine Gefahren zu erschtternden Muth. + + +[_Sein frheres Leben und seine Erziehung._] Die Natur hatte Wilhelm mit +allen Eigenschaften eines groen Herrschers reich ausgestattet und die +Erziehung hatte diese Eigenschaften in nicht gewhnlichem Grade +entwickelt. Mit einem scharfen natrlichen Verstande und einer seltenen +Willenskraft sah er sich, als sein Geist zu erwachen begann, als vater- +und mutterlose Waise, als das Oberhaupt einer groen, aber unterdrckten +und entmuthigten Partei und als den Erben ausgedehnter aber unbestimmter +Ansprche, welche die Furcht und die Abneigung der damals in den +Niederlanden herrschenden Oligarchie erregten. Das gemeine Volk, das +seit einem Jahrhundert seinem Hause treu ergeben war, bewies so oft es +ihn sah, auf nicht zu verkennende Weise, da es ihn als sein +rechtmiges Oberhaupt betrachtete. Die geschickten und erfahrenen +Minister der Republik, die seinen Namen tdtlich haten, brachten ihm +tglich ihre erzwungene Huldigung dar und beobachteten dabei die +Fortschritte seines Geistes. Die ersten Regungen seines Ehrgeizes wurden +sorgfltig bewacht, jedes unberlegte Wort, das ihm entschlpfte, wurde +niedergeschrieben, und er besa nicht einen einzigen Rathgeber, auf +dessen Ausspruch Vertrauen gesetzt werden konnte. Er war kaum funfzehn +Jahre alt, so wurden alle Diener, die seinem Interesse ergeben waren und +die sein Vertrauen genossen, von der mitrauischen Regierung aus seinem +Hause entfernt. Er strubte sich dagegen mit einer weit ber seine Jahre +hinausgehenden Energie, aber vergebens. Aufmerksame Beobachter sahen +mehr als einmal Thrnen in den Augen des jungen Staatsgefangenen. Seine +von Haus aus zarte Gesundheit war eine Zeit lang durch die +Gemthsbewegungen, die seine traurige und vereinsamte Stellung erzeugte, +ernstlich erschttert. Eine solche Lage macht den Schwachen muthlos und +bestrzt, dem Starken giebt sie eine verdoppelte Kraft. Von Schlingen +umgeben, in denen ein gewhnlicher Jngling umgekommen sein wrde, +lernte Wilhelm vorsichtig und zu gleicher Zeit energisch auftreten. +Schon lange bevor er das Mannesalter erreicht, verstand er es, +Geheimnisse zu bewahren, die Neugierde durch trockene und wohlberlegte +Antworten abzutrumpfen und alle Leidenschaften unter dem nmlichen +Scheine ernster Ruhe zu verbergen. In der feinen Weltbildung und in +literarischen Kenntnissen machte er dagegen nur geringe Fortschritte. +Dem Benehmen des hollndischen Adels jener Zeit fehlte die +liebenswrdige Anmuth, welche bei den gebildeten Franzosen in hchster +Vollkommenheit zu finden war und in geringerem Grade auch den englischen +Hof zierte; seine Manieren waren durchaus hollndisch. Selbst seine +eigenen Landsleute nannten ihn plump, und Auslndern erschien er oft +noch mehr als dies. In seinem Verkehr mit der Welt im Allgemeinen schien +er jene Fertigkeiten, welche den Werth einer Gunstbezeugung erhhen und +einer Verweigerung die Spitze abbrechen, nicht zu kennen oder sie zu +verschmhen. Die Literatur und die Wissenschaften interessirten ihn +wenig; er wute nichts von den Entdeckungen eines Newton und Leibnitz, +von den Poesien eines Dryden und Boileau; dramatische Darstellungen +langweilten ihn und er war froh, wenn er den Blick von der Bhne +abwenden und von ffentlichen Angelegenheiten sprechen konnte, whrend +Orestes raste oder Tartffe der Elmira die Hand drckte. Er besa zwar +einiges Talent zu Sarkasmen und entfaltete nicht selten ganz unbewut +eine sonderbar klingende, aber krftige und originelle natrliche +Redekunst, aber nach den Titel eines Schngeistes oder eines Redners +strebte er nicht. Seine ganze Aufmerksamkeit war auf diejenigen Studien +gerichtet gewesen, welche einen tchtigen und umsichtigen Geschftsmann +bilden. Von Kindheit an hrte er mit Interesse zu, wenn wichtige Fragen +ber Bndnisse, Finanzen und Krieg besprochen wurden. Von der Geometrie +lernte er soviel als zum Bau einer Schanze oder eines Hornwerks nthig +war. Von fremden Sprachen lernte er mit Hlfe seines ausgezeichneten +Gedchtnisses soviel als er bedurfte, um Alles, was mit ihm gesprochen +wurde, und jeden Brief, den er empfing, verstehen und beantworten zu +knnen. Das Hollndische war seine Umgangssprache. Er verstand +Lateinisch, Italienisch und Spanisch, sprach und schrieb Franzsisch, +Englisch und Deutsch, zwar nicht elegant und grammatisch richtig, aber +flieend und verstndlich. Keine Fhigkeit konnte wichtiger sein fr +einen Mann, der dazu bestimmt war, groe Bndnisse zu organisiren und +Armeen zu commandiren, die aus verschiedenen Nationalitten +zusammengesetzt waren. + + +[_Seine religisen Ansichten._] Eine Klasse von philosophischen Fragen +war durch die Umstnde seiner Aufmerksamkeit dringend empfohlen worden +und scheint ihn mehr interessirt zu haben, als man es von seinem +allgemeinen Character htte erwarten sollen. Die Protestanten der +Vereinigten Provinzen bestanden wie die unsrer Insel aus zwei groen +religisen Partein, welche zwei groen politischen Parteien fast genau +entsprachen. Die Oberhupter der stdtischen Oligarchie waren Arminianer +und wurden im Allgemeinen von der Menge als nicht viel besser denn +Papisten betrachtet. Die Prinzen von Oranien waren gewhnlich die +Schutzpatrone der calvinistischen Theologie gewesen und verdankten +keinen geringen Theil ihrer Popularitt ihrem Eifer fr die Lehren von +der Gnadenwahl und dem endlichen Beharren, einem Eifer, der nicht immer +durch Kenntnisse erleuchtet oder durch Humanitt gemigt war. Wilhelm +war von Kindheit auf in dem theologischen System, dem seine Familie +anhing, sorgfltig unterrichtet worden, und betrachtete dieses System +mit grerer Vorliebe, als man in der Regel fr seinen ererbten Glauben +hegt. Er hatte ber die groen Probleme, welche auf der Synode von +Dortrecht errtert worden waren, nachgedacht und in der strengen, +unbeugsamen Logik der genfer Schule etwas gefunden, was seinem Verstande +und seinem Gemth zusagte. Das Beispiel von Unduldsamkeit, das einige +seiner Vorgnger gegeben, ahmte er jedoch niemals nach; er empfand gegen +alle Verfolgung eine entschiedene Abneigung, die er nicht allein da +aussprach, wo ein solches Eingestndni offenbar staatsklug war, sondern +auch in Fllen, wo es den Anschein hatte, da sein Interesse durch +Verstellung oder Stillschweigen htte gefrdert werden knnen. +Gleichwohl waren seine theologischen Ansichten noch entschiedener als +die seiner Vorgnger. Die Lehre von der Prdestination war der +Grundstein seiner Religion. Er erklrte oft, da wenn er diese Lehre +aufgeben mte, er zugleich mit derselben allen Glauben an eine waltende +Vorsehung aufgeben und ein reiner Epikurer werden mte. Diesen +einzigen Punkt ausgenommen, wurde die ganze Flle seines krftigen +Geistes frhzeitig von dem Theoretischen ab und auf das Praktische +gelenkt. Die Fhigkeiten, deren es zur Leitung wichtiger Geschfte +bedarf, gediehen bei ihm schon in einem Alter zur Reife, wo sie sich bei +gewhnlichen Menschen kaum erst zu entfalten begonnen haben. Seit +Octavius hatte die Welt kein solches Beispiel frhzeitiger +staatsmnnischer Befhigung gesehen. Erfahrene Diplomaten erstaunten +ber die treffenden Bemerkungen, die der siebzehnjhrige Prinz ber +ffentliche Angelegenheiten machte, und mit noch weit grerem Erstaunen +sahen sie diesen Knaben in Lagen, wo man htte erwarten sollen, da er +starke Leidenschaften verrathen werde, eine eben so unerschtterliche +Ruhe bewahren, wie sie selbst. Mit achtzehn Jahren sa er bereits unter +den Vtern der Republik, ernst, besonnen und einsichtsvoll wie der +lteste unter ihnen. Mit zweiundzwanzig Jahren ward er an einem Tage der +Trauer und des Schreckens an die Spitze der Verwaltung gestellt. Mit +dreiundzwanzig Jahren war er durch ganz Europa als Feldherr und +Staatsmann berhmt. Er hatte innere Factionen niedergeworfen, war die +Seele einer mchtigen Coalition und hatte im Felde gegen einige von den +grten Generlen seiner Zeit mit Ehren gefochten. + + +[_Seine militairischen Talente._] Seine persnlichen Neigungen waren +mehr die eines Kriegers als die eines Staatsmannes, aber wie sein +Urgrovater, der schweigsame Prinz, der die batavische Republik +grndete, nimmt er unter den Staatsmnnern einen viel hheren Rang ein +als unter den Feldherren. Der Verlauf der Schlachten ist allerdings kein +untrglicher Prfstein fr die Talente eines Befehlshabers, und es wrde +ganz besonders ungerecht sein, wollte man diesen Prfstein bei Wilhelm +anwenden, denn das Schicksal wollte, da er fast stets Feldherren, +welche vollendete Meister in ihrer Kunst, und Truppen gegenberstand, +welche in der Disciplin den seinigen weit berlegen waren. Indessen lt +sich mit gutem Grunde annehmen, da er als General im offenen Felde +Manchem, der in geistiger Beziehung tief unter ihm stand, keineswegs +gleichkam. Mit Leuten, die sein Vertrauen besaen, sprach er ber diesen +Gegenstand mit der edlen Offenheit eines Mannes, der Groes vollbracht +hat und der recht wohl auch einige Mngel eingestehen kann. Er sagte, er +habe keine Lehrzeit fr den militairischen Beruf bestanden; er sei schon +als Knabe an die Spitze einer Armee gestellt worden, unter seinen +Offizieren habe sich keiner befunden, der fhig gewesen wre, ihn zu +unterweisen; nur aus seinen eigenen Fehlern und deren Folgen habe er +etwas lernen knnen. Ich wrde einen guten Theil meines Vermgens darum +geben, rief er einmal aus, wenn ich einige Feldzge unter dem Prinzen +von Cond mitgemacht htte, ehe ich gegen ihn commandiren mute. Es ist +nicht unwahrscheinlich, da der Umstand, welcher Wilhelm verhinderte, +eine ausgezeichnete strategische Bildung zu erlangen, der allgemeinen +Entwickelung seiner Geisteskrfte zu Gute gekommen ist. Bewiesen seine +Schlachten auch nicht den groen Taktiker, so berechtigten sie ihn doch +zu dem Titel eines groen Mannes. Kein Migeschick konnte ihn nur einen +Augenblick seiner Festigkeit und des vollstndigen Besitzes aller seiner +Fhigkeiten berauben. Seine Niederlagen wurden mit einer so wunderbaren +Schnelligkeit wieder gut gemacht, da er, noch ehe seine Feinde das +Tedeum gesungen hatten, schon wieder zum Kampfe gerstet war; auch +beeintrchtigten solche Schlge in keiner Weise die Achtung und das +Vertrauen, dessen er sich von Seiten seiner Soldaten erfreute. Diese +Achtung und dieses Vertrauen verdankte er in nicht geringem Mae seinem +persnlichen Muthe. Den Grad von Muth, dessen der Soldat bedarf, um +einen Feldzug ohne Schande zu bestehen, besitzen die meisten Menschen +oder wenigstens knnen sie denselben in einer guten Schule erlangen. Ein +Muth wie der des Prinzen Wilhelm aber ist in der That selten. Er wurde +auf jede nur mgliche Weise geprft, durch Krieg, durch Wunden, durch +schmerzhafte und entnervende Krankheiten, durch Seestrme, durch die +bestndig drohende Gefahr, ermordet zu werden, eine Gefahr, die schon +sehr starke Nerven erschttert hat und durch welche selbst die eiserne +Tapferkeit Cromwell's einen harten Sto erhielt. Aber Niemand konnte je +etwas entdecken, was der Prinz von Oranien frchtete. Seine Rathgeber +konnten ihn nur mit Mhe dazu bringen, da er einige Vorsichtsmaregeln +gegen die Pistolen und Dolche von Verschwrern ergriff.[2] Alte Seeleute +erstaunten ber die kaltbltige Ruhe, die er inmitten tobender +Brandungen an einer gefahrvollen Kste bewahrte. In der Schlacht +zeichnete ihn seine Tapferkeit unter Zehntausenden tapferer Krieger aus, +erweckte die hochherzige Anerkennung selbst der feindlichen Heere und +wurde selbst von der Unbilligkeit feindlicher Factionen nie bestritten. +Whrend seiner ersten Feldzge setzte er sich der Gefahr aus, als ob er +den Tod gesucht htte, war beim Angriff stets der Erste, beim Rckzug +der Letzte, kmpfte mit dem Schwerte in der Hand im dichtesten Gewhl, +und mit einer Flintenkugel im Arm, den Harnisch von Blut berstrmt, +hielt er noch immer Stand und schwenkte im furchtbarsten Feuer seinen +Hut. Seine Freunde beschworen ihn, er solle doch sein fr das Vaterland +unschtzbares Leben mehr schonen. Sein berhmtester Gegner, der groe +Cond, bemerkte nach der blutigen Schlacht von Seneff, der Prinz von +Oranien habe sich in jeder Beziehung wie ein alter General benommen, nur +in sofern nicht, als er sich wie ein junger Soldat ausgesetzt. Wilhelm +leugnete, da er sich der Tollkhnheit schuldig gemacht habe. Er stelle +sich, meinte er, nur aus Pflichtgefhl und aus kalter Berechnung dessen, +was das ffentliche Interesse erheische, immer auf den Posten der +Gefahr. Die Truppen, die er befehlige, seien wenig an den Krieg gewhnt +und frchteten ein Handgemenge mit den franzsischen Veteranen; es sei +daher nthig, da ihr Anfhrer ihnen zeige, wie man Schlachten gewinnt. +Und in der That wurde auch mehr als eine Schlacht, welche rettungslos +verloren schien, noch durch die Khnheit gewonnen, mit der er seine +zersprengten Bataillone sammelte und eigenhndig die Memmen niederhieb, +welche das Beispiel zur Flucht gaben. Zuweilen sah es jedoch ganz so +aus, als ob er ein eignes Vergngen daran finde, sein Leben zu +gefhrden. Es wurde bemerkt, da er nie heiterer, freundlicher und +liebenswrdiger war, als im blutigen Getmmel der Schlacht. Selbst bei +seinen Zerstreuungen liebte er das Aufregende der Gefahr. Kartenspiele, +Schach und Billard machten ihm kein Vergngen; seine Lieblingserholung +war die Jagd, und die gefhrlichste war ihm die liebste. Er machte oft +Stze, da seine khnsten Begleiter nicht Lust hatten, ihm zu folgen. +Selbst die verwegensten Sportvergngungen Englands scheint er fr +weibisch gehalten zu haben, und im groen Parke von Windsor sehnte er +sich nach dem Wilde, das er in den Forsten von Geldern zu jagen gewohnt +war, nach Wlfen, Ebern und riesigen Sechzehnendern.[3] + + [Anmerkung 2: Nach dem Frieden von Ryswick drangen die Freunde + Wilhelm's in ihn, mit dem franzsischen Gesandten ganz ernstlich + ber die Mordanschlge zu sprechen, welche die Jakobiten von St. + Germain bestndig schmiedeten. Die kaltbltige Hochherzigkeit, + mit der er diese Warnungen vor Gefahr aufnahm, ist besonders + characteristisch. Dem Grafen Bentinck, der von Paris sehr + beunruhigende Nachrichten gemeldet hatte, antwortete er nur am + Schlusse eines langen Geschftsbriefes: +Pour les assasins je ne + luy en ay pas voulu parler, croiant que c'etoit au desous de + moy.+ -- 2.(12.) Mai 1698. Ich habe die Orthographie des + Originals, wenn von einer solchen berhaupt die Rede sein kann, + beibehalten.] + + [Anmerkung 3: Von Windsor schrieb er an Bentinck, damals Gesandten + in Paris: +J'ay pris avant hier un cerf dans la forest avec les + chains du Pr. de Denm. et ay fait un assez jolie chasse, autant, + que ce vilain paiis le permest.+ -- 20. Mrz (1. April) 1698. Die + Orthographie ist schlecht, aber nicht schlechter als die + Napoleon's. In besserer Stimmung schrieb Wilhelm von Loo aus: + +Nous avons pris deux cerfs, le premier dans Dorewaert, qui est + un des plus gros que je sache avoir jamais pris. Il porte seize.+ + -- 25. Oct. (4. Nov.) 1697.] + + +[_Sein Vergngen an Gefahren; seine schlechte Gesundheit._] Seine +Tollkhnheit war um so merkwrdiger, da er von ungemein zarter +Krperconstitution war. Er war von frher Jugend an schwchlich und +krnklich gewesen, und im ersten Mannesalter waren seine Leiden durch +einen heftigen Pockenanfall noch verschlimmert worden. Er war engbrstig +und schwindschtig. Sein schwchlicher Krper wurde durch einen +bestndigen heiseren Husten erschttert. Er konnte nicht schlafen, wenn +sein Kopf nicht durch mehrere Kissen untersttzt wurde, und nur in der +reinsten Luft konnte er ohne Beschwerden athmen. Dabei qulten ihn oft +heftige Kopfschmerzen. Krperliche Anstrengungen ermdeten ihn sehr +bald. Die rzte pflegten die Hoffnung seiner Feinde dadurch aufrecht zu +erhalten, da sie einen Termin festsetzten, ber den hinaus, wenn sich +berhaupt irgend etwas in der Wissenschaft mit Sicherheit bestimmen +lasse, sein zerrtteter Organismus unmglich ausdauern knnte. Dennoch +verlie seinen Geist whrend seines ganzen Lebens, das nur eine lange +Krankheit war, bei keiner wichtigen Gelegenheit die nthige Kraft, um +seinen leidenden und siechen Krper aufrecht zu erhalten. + + +[_Klte seines Benehmens und Heftigkeit seiner Gemthsregungen._] Er war +mit heftigen Leidenschaften und mit leichter Reizbarkeit geboren; aber +die Welt hatte keine Ahnung von der Strke seiner Gemthsaffecte. Vor +den Blicken der Menge verbarg er seine Freude und seinen Kummer, seine +Zuneigung und seinen Groll unter einer phlegmatischen Ruhe, die ihm den +Ruf des kaltbltigsten und gleichgltigsten Menschen verschaffte. Wer +ihm eine gute Nachricht brachte, konnte selten ein Zeichen von Freude +entdecken; wer ihn nach einer Niederlage sah, sphte umsonst nach einer +Spur von Unmuth. Er lobte und tadelte, belohnte und bestrafte mit der +kalten Gelassenheit eines Mohawkhuptlings; aber wer ihn genauer kannte +und ihn nher betrachtete, der bemerkte wohl, da unter dieser Eisrinde +bestndig ein ungestmes Feuer brannte. Nur selten raubte der Zorn ihm +seine Selbstbeherrschung; wenn er aber einmal in Wuth gerieth, so war +der erste Ausbruch seiner Leidenschaft furchtbar. Es war dann in der +That nicht rathsam, ihm zu nahe zu kommen. In diesen seltenen Fllen +jedoch gab er, sobald er seine Selbstbeherrschung wieder erlangt hatte, +Denen, die er beleidigt, so vollstndige Genugthuung, da sie sich fast +zu dem Wunsche versucht fhlten, er mchte aufs neue in Wuth gerathen. +Seine Liebe war nicht minder strmisch als sein Zorn. Wo er einmal +liebte, da liebte er mit der ganzen Kraft seiner starken Seele. Wenn der +Tod ihn von einem geliebten Wesen trennte, frchteten die wenigen Zeugen +seiner Schmerzensausbrche fr seinen Verstand und fr sein Leben. Einem +sehr kleinen Kreise intimer Freunde gegenber, auf deren Treue und +Verschwiegenheit er sich unbedingt verlassen konnte, war er ein ganz +andrer Mensch als der verschlossene und stoische Wilhelm, dem die Menge +jedes menschliche Gefhl absprach. In ihrer Gesellschaft war er +freundlich, gemthlich, offenherzig, selbst gesellig und witzig, konnte +Stunden lang bei Tische sitzen und vollen Antheil an einer heiteren +Unterhaltung nehmen. + + +[_Seine Freundschaft fr Bentinck._] Am hchsten in seiner Gunst stand +ein Kavalier seines Hofstaates, Namens Bentinck, der aus einem edlen +batavischen Geschlecht stammte und der Grnder eines der groen +patrizischen Huser Englands werden sollte. Bentinck's Treue hatte sich +in nicht gewhnlicher Weise erprobt. Zu der Zeit, als die Vereinigten +Provinzen gegen die Macht Frankreichs um ihre Existenz kmpften, wurde +der junge Prinz, auf dem alle ihr Hoffnungen ruhten, von den Pocken +befallen. Diese Krankheit hatte bei mehreren Mitgliedern seiner Familie +einen tdtlichen Ausgang genommen und zeigte auch bei ihm anfangs einen +sehr bsartigen Character. Die Bestrzung des Volks war gro. Von frh +bis Abends waren die Straen im Haag mit Leuten angefllt, die sich +ngstlich nach dem Befinden Seiner Hoheit erkundigten. Endlich nahm das +bel eine gnstige Wendung. Seine Genesung wurde zum Theil seinem eignen +Gleichmuth, zum Theil der unerschrockenen und unermdlichen Freundschaft +Bentinck's zugeschrieben. Nur aus seinen Hnden nahm Wilhelm Speisen und +Arzneien an; er allein hob ihn aus dem Bette und legte ihn wieder +hinein. Ich wei nicht, ob Bentinck whrend meiner Krankheit geschlafen +hat oder nicht, sagte Wilhelm mit inniger Rhrung zu Temple; soviel +aber wei ich, da ich in den sechzehn Tagen und Nchten nicht ein +einziges Mal etwas verlangte, ohne da Bentinck augenblicklich an meiner +Seite gewesen wre. Bevor der treue Diener seine Aufgabe ganz vollendet +hatte, wurde er selbst angesteckt. Trotzdem berwand er noch immer +Mdigkeit und Fieberschauer, bis sein Gebieter als Reconvalescent +erklrt wurde. Jetzt endlich bat er um Erlaubni, nach Hause gehen zu +drfen. Es war die hchste Zeit, denn seine Fe wollten ihn nicht mehr +tragen. Er kam in die grte Gefahr, genas aber und eilte, sobald er das +Bett verlassen konnte, zur Armee, wo er in vielen heien Feldzgen immer +dicht an Wilhelm's Seite gefunden ward, wie er es in einer Gefahr andrer +Art gewesen. + +Dies war der Ursprung einer so innigen und reinen Freundschaft wie +irgend eine, von der uns die alte oder neue Geschichte erzhlt. Die +Nachkommen Bentinck's bewahren noch heute viele Briefe auf, die Wilhelm +an ihren Ahnherrn geschrieben, und es ist nicht zuviel gesagt, wenn man +behauptet, da wer diese Briefe nicht gelesen hat, sich keinen richtigen +Begriff von dem Character des Prinzen bilden kann. Der Mann, den selbst +seine Verehrer in der Regel fr den zurckhaltendsten und frostigsten +Menschen hielten, vergit hier jeden Rangunterschied und schttet alle +seine Gedanken mit der Offenherzigkeit eines Schulknaben aus. Ohne +Rckhalt theilt er Geheimnisse von der hchsten Wichtigkeit mit und legt +mit der grten Einfachheit umfassende Plne vor, welche alle +Regierungen Europa's berhrten. Mit seinen Mittheilungen ber solche +Dinge verbindet er Mittheilungen von ganz andrer, aber vielleicht nicht +weniger interessanter Art. Alle seine Abenteuer, alle seine persnlichen +Ansichten, seine langen Jagdritte nach gewaltigen Hirschen, seine Gelage +am St. Hubertustage, das Gedeihen seiner Anpflanzungen, das Mirathen +seiner Melonen, der Zustand seines Gestts, der Wunsch, einen frommen +Zelter fr seine Gemahlin zu erlangen, sein Verdru, als er erfhrt, da +einer seiner Kavaliere, nachdem er ein Mdchen aus guter Familie +unglcklich gemacht, sich weigert, sie zu heirathen, seine Anflle von +Seekrankheit, sein Husten, seine Kopfschmerzen, seine andchtigen +Stimmungen, seine Dankbarkeit fr den gttlichen Schutz nach Errettung +aus einer groen Gefahr, seine Anstrengungen, sich nach einem +Unglcksfalle dem gttlichen Willen zu unterwerfen, dies Alles ist darin +mit einer liebenswrdigen Redseligkeit geschildert, die man von dem +verschwiegensten und ernstesten Staatsmanne jener Zeit kaum erwarten +sollte. Noch auffallender sind die sorglosen Ergsse seiner Zrtlichkeit +und die brderliche Theilnahme, die er an seines Freundes huslichem +Glcke nimmt. Als Bentinck ein Erbe geboren wurde, sagte Wilhelm: Ich +hoffe, er wird ein so braver Mann werden als Sie einer sind, und sollte +ich einen Sohn bekommen, so werden unsere Kinder einander hoffentlich +ebenso lieben, wie wir uns geliebt haben.[4] Whrend seines ganzen +Lebens blickte er mit vterlicher Liebe auf die kleinen Bentincks. Er +ruft sie bei den zrtlichsten Diminutiven, er sorgt fr sie in ihres +Vaters Abwesenheit, und so schwer es ihm wird, ihnen ein Vergngen zu +versagen, so will er sie doch nicht an einer Jagdpartie teilnehmen +lassen, wo ihnen die Gefahr droht, von einem Hirsche gestoen zu werden, +noch ihnen erlauben, bei einem Abendschmause bis spt in die Nacht +hinein zu verweilen.[5] Als ihre Mutter whrend der Abwesenheit ihres +Gatten krank wird, findet Wilhelm inmitten der wichtigsten und +dringendsten Staatsgeschfte noch soviel Zeit, um an einem Tage mehrere +expresse Boten mit kurzen Briefen abzuschicken, in denen er von ihrem +Zustande Nachricht giebt.[6] Einmal als sie nach einem heftigen Anfall +auer Gefahr erklrt wird, ergiet sich der Prinz in die wrmsten +Dankesbezeigungen gegen Gott. Ich schreibe, sagt er, mit Thrnen der +Freude in den Augen.[7] Es liegt ein eigner Reiz in diesen Briefen von +der Hand eines Mannes, dessen Alles berwltigende Energie und +unbeugsame Festigkeit selbst seinen Feinden Achtung abnthigte, dessen +kaltes und unfreundliches Benehmen in den meisten seiner Anhnger keine +innigere Zuneigung aufkommen lie und dessen Geist bestndig mit +gigantischen Plnen beschftigt war, welche die Gestalt der Welt +vernderten. + +Seine Gte ward keinem Unwrdigen zu Theil. Temple hatte frhzeitig +Bentinck fr den besten und treuesten Diener erklrt, den je ein Frst +zu besitzen das Glck hatte, und er verdiente diesen ehrenvollen Titel +sein ganzes Leben hindurch. Die beiden Freunde waren in der That wie fr +einander geschaffen. Wilhelm bedurfte weder eines Fhrers noch eines +Schmeichlers. Da er ein festes und wohlbegrndetes Vertrauen in sein +eignes Urtheil setzte, so war er kein Freund von Rathgebern, die ihn mit +Vorschlgen und Einwendungen berhuften. Zu gleicher Zeit besa er eine +zu scharfe Unterscheidungsgabe und einen zu edlen Sinn, als da er an +Schmeicheleien htte Vergngen finden knnen. Der Vertraute eines +solchen Frsten mute ein Mann sein nicht von erfinderischem Genie oder +von gebieterischem Character, aber bieder und treu, im Stande, jeden +Befehl pnktlich zu vollziehen, Geheimnisse unverbrchlich zu bewahren, +Ereignisse umsichtig zu beobachten und treulich zu berichten. Und ein +solcher Mann war Bentinck. + + [Anmerkung 4: 3. Mrz 1679.] + + [Anmerkung 5: +Voil en peu de mot le dtail de nostre St. + Hubert. Et j'ay en soin que M. Woodstoc+ (Bentinck's ltester + Sohn) +n'a point est la chasse, bien moin au soup, quoyqu'il + fut icy. Vous pouvez pourtant croire que de n'avoir pas chass l'a + un peu mortifi, mais je ne l'ay pas aus prendre sur moy, puisque + vous m'aviez dit que vous ne le souhaitiez pas.+ -- Von Loo, 4. + Nov. 1697.] + + [Anmerkung 6: Am 15. Juni 1688.] + + [Anmerkung 7: 6. Sept. 1679.] + + +[_Marie, Prinzessin von Oranien._] Wilhelm war in der Ehe nicht weniger +glcklich als in der Freundschaft. Anfangs hatte jedoch seine Ehe kein +besonderes husliches Glck versprochen. Seine Wahl war hauptschlich +durch politische Rcksichten bestimmt worden, und es sah nicht +wahrscheinlich aus, da zwischen einem hbschen sechzehnjhrigen +Mdchen, die zwar ein sanftes Gemth und natrlichen Verstand besa, im +brigen aber unwissend und einfach war, und einem Brutigam, der, obwohl +noch nicht ganz achtundzwanzig Jahr alt, doch seinem krperlichen +Zustande nach lter war als ihr Vater, der ein kaltes, abstoendes +Benehmen hatte und dessen Kopf bestndig mit Staatsgeschften und +Sportvergngungen angefllt war, eine innige Zuneigung wrde entstehen +knnen. Eine Zeit lang vernachlssigte Wilhelm seine Gemahlin, indem er +durch andere Frauen von ihr abgezogen wurde, besonders durch eine ihrer +Hofdamen, Namens Elisabeth Villiers, welche Talente besa, die sie wohl +geeignet machten, seine Sorgen zu theilen, obgleich sie aller +persnlichen Reize entbehrte und sogar durch ein hliches Schielen +entstellt war.[8] Er schmte sich zwar seiner Fehler und bemhte sich +nach Krften, sie zu verbergen, aber trotz aller Vorsicht wute Marie +wohl, da er ihr nicht ganz treu war. Spione und Ohrenblser thaten auf +Anregen ihres Vaters ihr Mglichstes, um ihren Zorn zu entflammen. Ein +Mann von ganz andrem Character, der vortreffliche Ken, der mehrere +Monate lang im Haag ihr Kaplan war, wurde so aufgebracht durch die ihr +widerfahrenden Krnkungen, da er mit mehr Eifer als Besonnenheit +drohte, ihren Gemahl ernstlich zur Rede zu setzen.[9] Sie selbst ertrug +jedoch alles Unrecht mit einer Sanftmuth und Geduld, welche ihr nach und +nach Wilhelm's Achtung und Dankbarkeit erwarben. Indessen war auch noch +eine andre Ursache der Entfremdung vorhanden. Es kam ohne Zweifel eine +Zeit, wo die Prinzessin, welche nur zu Stickereiarbeiten, zum +Spinetspiel und zum Lesen der Bibel und der Pflichten des Menschen +erzogen war, das Oberhaupt einer groen Monarchie wurde und das +Gleichgewicht Europa's in ihrer Hand ruhte, whrend ihr ehrgeiziger, +geschftskundiger und bestndig auf groe Unternehmungen sinnender +Gemahl bei der britischen Regierung keine vorausbestimmte Stelle fr +sich fand und nur durch ihre Gte und so lange es ihr gefiel Macht +ausben konnte. Es kann nicht befremden, da ein Mann, der die Gewalt so +liebte wie Wilhelm, und der sich seines Herrschergenies so bewut war, +in hohem Mae die Eifersucht empfand, die whrend eines Knigthums von +wenigen Stunden zwischen Guildford Dudley und Lady Johanna Zwietracht +hervorrief und einen noch viel tragischeren Bruch zwischen Darnley und +der Knigin von Schottland herbeifhrte. Die Prinzessin von Oranien +hatte nicht die leiseste Ahnung von den Gefhlen ihres Gemahls. Ihr +Lehrer, der Bischof Compton, hatte sie in der Religion sorgfltig +unterrichtet und ihr Gemth namentlich gegen die Knste der +rmisch-katholischen Theologen gesthlt, sie aber in vlliger Unkenntni +der englischen Verfassung und ihrer eignen Stellung gelassen. Sie wute, +da ihr eheliches Gelbde sie zum Gehorsam gegen ihren Gemahl +verpflichtete und es war ihr nie in den Sinn gekommen, da dieses +gegenseitige Verhltni einmal umgekehrt werden knnte. Sie war bereits +neun Jahre vermhlt, ehe sie die Ursache von Wilhelm's Verstimmung +entdeckte, und von ihm selbst wrde sie dieselbe auch nie erfahren +haben. In Folge seiner ganzen Gemthsart brtete er eher ber die ihn +niederdrckenden Sorgen, als da er denselben einen Ausdruck gab, und in +diesem speciellen Falle wurde sein Mund durch ein ganz natrliches +Zartgefhl versiegelt. Endlich aber kam durch die Vermittelung Gilbert +Burnet's eine vollkommene Verstndigung und Ausshnung zu Stande. + + [Anmerkung 8: Siehe Swift's Bericht ber sie im +Journal to + Stella+.] + + [Anmerkung 9: Heinrich Sidney's Tagebuch vom 31. Mrz 1680 in Mr. + Blencowe's interessanter Sammlung.] + + +[_Gilbert Burnet._] Burnet's Ruf ist mit auffallender Bswilligkeit und +Hartnckigkeit angegriffen worden. Der Angriff begann schon frhzeitig +in seinem Leben und wird noch jetzt mit unverminderter Heftigkeit +fortgesetzt, obgleich er bereits ber ein und ein Viertel Jahrhundert im +Grabe liegt. Allerdings ist er auch fr den Parteiha und den +muthwilligen Spott eine Zielscheibe, wie sie sich keine bessere wnschen +knnen, denn die Mngel seines Verstandes und seines Characters liegen +klar am Tage und knnen Niemandem entgehen. Es waren jedoch nicht die +Fehler, welche man als seinen Landsleuten eigen zu betrachten pflegt. Er +allein unter den vielen Schotten, die sich in England zu Auszeichnung +und Wohlstand emporgeschwungen haben, hatte den Charakter, welchen +Satiriker, Romanschreiber und Schauspieldichter allgemein den irischen +Abenteurern zuschreiben. Seine physische Lebendigkeit, seine +Ruhmredigkeit, seine unverhohlene Eitelkeit, seine Faseleien, seine +herausfordernde Indiscretion und seine kecke Dreistigkeit boten den +Tories unerschpflichen Stoff zu Sptteleien. Auch unterlieen seine +Feinde nicht, ihm nebenbei ber seine breiten Schultern, seine dicken +Waden und sein Glck in Heirathsspekulationen auf verliebte reiche +Wittwen mehr witzige als artige Complimente zu machen. Obwohl jedoch +Burnet in vieler Beziehung dem Spott und selbst dem Tadel Blen darbot, +so verdiente er doch keineswegs eine solche Geringschtzung. Er besa +einen regen Geist, einen unermdlichen Flei und eine vielseitige, +ausgedehnte Belesenheit. Er war zu gleicher Zeit Geschichtsschreiber, +Alterthumsforscher, Theolog, Prediger, Tagesschriftsteller, Polemiker +und thtiger politischer Parteifhrer, und in allen diesen +Eigenschaften zeichnete er sich unter vielen geschickten Mitbewerbern +vortheilhaft aus. Die vielen geistreichen Abhandlungen, die er ber +Tagesbegebenheiten schrieb, sind jetzt nur noch Forschern bekannt; aber +seine +History of his own Times+, seine +History of the Reformation+, +seine +Exposition of the Articles+, sein +Discourse of Pastoral Care+, +sein +Life of Hale+ und sein +Life of Wilmot+ werden noch immer neu +aufgelegt und fehlen in keiner guten Privatbibliothek. Gegen eine solche +Thatsache vermgen alle Anstrengungen der Verleumder nichts. Ein +Schriftsteller, dessen umfangreiche Werke in verschiedenen Zweigen der +Literatur noch hundertdreiig Jahre nach seinem Tode zahlreiche Leser +finden, kann groe Fehler gehabt haben, mu aber auch groe Vorzge +gehabt haben, und diese hatte Burnet: einen fruchtbaren und regen Geist +und einen Styl, der allerdings von tadelloser Reinheit weit entfernt, +doch stets klar, oft lebendig ist und sich zuweilen selbst zu +feierlicher und glhender Beredtsamkeit erhebt. Auf der Kanzel wurde die +Wirkung seiner ohne irgend welche schriftliche Notizen gehaltenen +Predigten noch erhht durch eine edle Gestalt und einen imponirenden +Vortrag. Er wurde oft durch das Beifallsgemurmel seiner Zuhrer +unterbrochen, und wenn die Sanduhr, die sich damals auf jeder Kanzel +befand, abgelaufen war und er dieselbe emporhielt, forderte ihn die +Gemeinde durch lauten Zuruf auf fortzufahren, bis der Sand noch einmal +abgelaufen wre.[10] Die groen Mngel seines sittlichen Characters und +seines Geistes wurden durch groe Vorzge mehr als ausgeglichen. +Obgleich durch Vorurtheil und Leidenschaft oft auf Irrwege gefhrt, war +er doch im strengsten Sinne des Worts ein Ehrenmann. Konnte er auch den +Versuchungen der Eitelkeit nicht immer widerstehen, so stand sein +Character doch hoch ber den Einflssen der Habsucht und der Furcht. Er +war von Gemth leutselig, hochherzig, dankbar und nachsichtig.[11] Sein +Glaubenseifer, obwohl stetig und glhend, wurde im Allgemeinen durch +Humanitt und durch Achtung der Gewissensfreiheit in Schranken gehalten. +Trotz seiner unerschtterlichen Anhnglichkeit an das was er als den +Geist des Christenthums betrachtete, war er doch gleichgltig gegen +Gebruche, Namen und Formen der kirchlichen Verfassung und war selbst +gegen Unglubige und Ketzer, deren Lebenswandel tadellos war und deren +Irrthmer mehr die Wirkung falscher Begriffe als eines verderbten +Characters zu sein schienen, durchaus nicht zur Strenge geneigt. Aber +gleich vielen anderen braven Mnnern jener Zeit betrachtete er die Sache +der rmischen Kirche als eine Ausnahme von allen gewhnlichen Regeln. + +Burnet geno schon seit mehreren Jahren eines europischen Rufes. Seine +Geschichte der Reformation war von allen Protestanten mit lautem Beifall +aufgenommen und von den rmischen Katholiken als ein gewaltiger Schlag +gefhlt worden. Der grte Gelehrte, den die rmische Kirche seit dem +Schisma des sechzehnten Jahrhunderts hervorgebracht, Bossuet, Bischof +von Meaux, war mit der Bearbeitung einer ausfhrlichen Erwiederung +beschftigt. Burnet war von einem der glaubenseifrigen Parlamente, +welche whrend der durch das papistische Complot verursachten Aufregung +tagten, mit einem Dankvotum beehrt und im Namen der Gemeinen von England +ersucht worden, seine geschichtlichen Forschungen fortzusetzen. Er war +von Karl sowohl als von Jakob in deren engere Unterhaltungszirkel +gezogen worden, hatte mit mehreren ausgezeichneten Staatsmnnern, +besonders mit Halifax auf sehr vertrautem Fue gestanden und war der +Gewissensrath einiger sehr hochstehenden Personen gewesen. Er hatte +ferner einen der glnzendsten Wstlinge jener Zeit, Johann Wilmot, Earl +von Rochester, von Atheismus und Ausschweifung zurckgebracht. Lord +Stafford, das Opfer des Oates, war, obgleich Katholik, in seinen letzten +Stunden durch Burnet's geistlichen Zuspruch ber diejenigen Punkte, in +denen alle Christen bereinstimmen, erbaut worden. Wenige Jahre spter +begleitete Burnet einen noch erlauchteren Dulder, Lord Russell, vom +Tower auf das Schaffot in Lincoln's Inn Fields. Der Hof hatte nichts +unversucht gelassen, um einen so thtigen und tchtigen Theologen zu +gewinnen. Weder knigliche Schmeicheleien, noch die Verheiung +eintrglicher Stellen waren gespart worden. Aber Burnet war, obwohl in +frher Jugend von den servilen Lehren angesteckt, denen der damalige +Klerus durchgehends anhing, aus berzeugung Whig geworden und er blieb +seinen Grundstzen durch alle Wechselflle des Lebens treu. Er hatte +jedoch keinen Antheil an der Verschwrung genommen, welche soviel +Schmach und Unheil ber die Whigpartei brachte und verabscheuete nicht +nur die Mordplne Goodenough's und Ferguson's, sondern war auch der +Meinung, da selbst sein geliebter und verehrter Freund Russell gegen +die Regierung weiter gegangen sei, als es sich rechtfertigen lie. +Endlich kam eine Zeit, wo die Unschuld kein hinreichender Schutz war. +Burnet wurde, obgleich er sich keiner bertretung des Gesetzes schuldig +gemacht, von der Rache des Hofes verfolgt. Er begab sich auf den +Continent und nachdem er etwa ein Jahr auf jene Wanderungen durch die +Schweiz, durch Italien und Deutschland verwendet, von denen er uns eine +anziehende Beschreibung hinterlassen hat, ging er im Sommer 1686 nach +dem Haag, wo er mit Freundlichkeit und Achtung aufgenommen wurde. Er +unterhielt sich sehr freisinnig mit der Prinzessin ber Politik und +Religion und wurde bald ihr geistlicher Beistand und vertrauter +Rathgeber. Wilhelm erwies sich als ein viel freundlicherer Wirth, als es +zu erwarten gewesen wre. Denn von allen Fehlern waren ihm +Zudringlichkeit und Indiscretion am meisten verhat und Burnet war, wie +selbst seine Freunde und Verehrer zugestanden, der zudringlichste und +indiscreteste Mensch, den es geben konnte. Aber der scharfsichtige Prinz +bemerkte sehr wohl, da dieser vorlaute und schwatzhafte Theolog, der +bestndig Geheimnisse ausplauderte, naseweise Fragen stellte und +unerbetenen Rath aufdrngte, bei alledem ein freimthiger, furchtloser +und kluger Mann war, der die Gesinnungen und Absichten der britischen +Secten und Factionen genau kannte. Auch war der Ruf von Burnet's +Beredsamkeit und Gelehrsamkeit weit verbreitet. Wilhelm selbst war kein +Freund vom Lesen, aber er stand jetzt seit vielen Jahren an der Spitze +der hollndischen Regierung zu einer Zeit, wo die hollndische Presse +eines der gewaltigsten Werkzeuge war, durch welche die ffentliche +Meinung in Europa bearbeitet wurde, und obgleich er an literarischen +Genssen kein Vergngen fand, war er doch viel zu klug und +scharfsichtig, als da er den Werth des literarischen Beistandes nicht +htte erkennen sollen. Er wute sehr wohl, da eine populre Flugschrift +zuweilen ebenso gute Dienste leistet als ein Sieg auf dem Schlachtfelde. +Auch sah er ein, wie wichtig es sei, da er immer einen Mann um sich +hatte, der mit der brgerlichen und kirchlichen Verfassung unsrer Insel +vertraut war, und Burnet eignete sich vortrefflich dazu, als lebende +Encyclopdie ber britische Angelegenheiten benutzt zu werden, denn +seine Kenntnisse waren, wenn auch nicht immer ganz zuverlssig, doch von +erstaunlicher Vielseitigkeit und es gab in England wie in Schottland +wenige ausgezeichnete Mnner irgend einer politischen oder religisen +Partei, mit denen er nicht verkehrt htte. Es wurde ihm daher die +nmliche Gunst und das nmliche Vertrauen gewhrt wie nur irgend Einem +auer denen, welche den kleinen intimsten Kreis von Privatfreunden des +Prinzen bildeten. Nahm sich der Doctor Freiheiten heraus, was nicht +selten der Fall war, so wurde sein Gnner noch klter und mrrischer als +gewhnlich gegen ihn und uerte zuweilen eine kurze, beiende +Bemerkung, die einem Menschen von gewhnlicher Dreistigkeit fr immer +den Mund geschlossen haben wrde. Trotz solcher Vorflle aber dauerte +die Freundschaft dieses sonderbaren Paares mit wenigen kurzen +Unterbrechungen so lange, bis sie durch den Tod aufgelst wurde. Es war +in der That nicht leicht, Burnet zu krnken. Seine Selbstgeflligkeit, +seine heitere Sorglosigkeit und seine Taktlosigkeit waren so gro, da +er wohl oft Ansto gab, aber nie Ansto nahm. + + [Anmerkung 10: Sprecher Onslow's Note zu Burnet I. 596; +Johnson's + Life of Sprat+.] + + [Anmerkung 11: Niemand hat Burnet hufiger und bitterer + widersprochen als Dartmouth. Und doch schrieb auch Dartmouth: Ich + glaube nicht, da er jemals vorstzlich etwas verffentlichte, was + er fr falsch hielt. Zu einer spteren Zeit nahm er, durch einige + Bemerkungen ber sich im zweiten Bande der Geschichte des Bischofs + gereizt, dieses Lob zurck; aber auf einen solchen Widerruf darf + man kein groes Gewicht legen. Selbst Swift war so gerecht zu + sagen: Im Ganzen war er ein hochherziger und braver Mann. +Short + Remarks on Bishop Burnet's History+. + + Burnet wird gewhnlich als ein auffallend ungenauer + Geschichtsschreiber getadelt; aber ich halte diesen Vorwurf fr + ungerecht. Er scheint nur deshalb ungenau zu sein, weil seine + Darstellung einer besonders strengen und unfreundlichen Kritik + unterzogen worden ist. Wenn ein Whig sich die Mhe nehmen wollte + +Reresby's Memoirs, North's Examen, Mulgrave's Account of the + Revolution+ oder +Clarke's Life of James the Second+ einer + hnlichen Prfung zu unterwerfen, so wrde es sich bald zeigen, + da Burnet keineswegs der ungenaueste Geschichtsschreiber seiner + Zeit war.] + + +[_Er vermittelt eine innigere Annherung zwischen dem Prinzen und der +Prinzessin._] Alle Eigenthmlichkeiten seines Characters machten ihn +ganz dazu geeignet, der Friedensstifter zwischen Wilhelm und Marien zu +werden. Wenn Personen, die einander achten und lieben sollten, durch +eine Ursache von einander fern gehalten werden, welche drei freimthig +gesprochene Worte beseitigen knnten, so ist es ein Glck fr sie, wenn +sie einen indiscreten Freund haben, der mit der ganzen Wahrheit +herausplatzt. Burnet sagte der Prinzessin ganz offen, welches Gefhl an +dem Herzen ihres Gemahls nagte. Sie erfuhr jetzt zum ersten Male mit +nicht geringem Erstaunen, da, wenn sie Knigin von England wrde, +Wilhelm ihren Thron nicht theilen sollte. Sie erklrte mit den innigsten +Worten, da es keinen Beweis von ehelicher Unterwerfung und Liebe gebe, +zu dem sie nicht jeden Augenblick bereit wre. Unter vielen +Entschuldigungen und feierlichen Versicherungen, da kein andrer Mensch +ihm ein Wort in den Mund gelegt habe, sagte ihr Burnet nun, da das +Heilmittel in ihrer Hand liege. Wenn die Krone ihr zugefallen sei, knne +sie leicht ihr Parlament dazu bewegen, da es ihrem Gatten nicht nur den +Knigstitel gewhrte, sondern ihm sogar durch ein Gesetz die Zgel der +Regierung in die Hand gab. Aber, setzte er hinzu, Ihre knigliche +Hoheit mssen wohl berlegen, ehe Sie einen solchen Entschlu +aussprechen, denn es ist ein Entschlu, dessen Zurcknahme weder rathsam +noch leicht sein wrde, wenn er einmal angekndigt wre. -- Ich bedarf +keiner Zeit zur berlegung, antwortete Marie. Es ist genug, da ich +eine Gelegenheit habe, um dem Prinzen meine Achtung zu beweisen. Theilen +Sie ihm mit was ich gesagt habe, und bringen Sie ihn zu mir, damit er es +aus meinem eigenen Munde hre. Burnet wollte den Prinzen sogleich +herbeiholen, aber er war viele Meilen weit entfernt auf einer +Hirschjagd. Erst am folgenden Tage konnte die entscheidende Unterredung +stattfinden. Ich habe erst gestern erfahren, sagte Marie, da +zwischen den Gesetzen Englands und den Gesetzen Gottes ein solcher +Unterschied obwaltet. Aber ich verspreche Ihnen, da Sie jederzeit der +Gebieter sein sollen, und ich verlange keinen andren Lohn dafr, als da +Sie das Gebot, welches den Gatten vorschreibt, ihre Frauen zu lieben, +ebenso befolgen, wie ich das Gebot halte, welches den Frauen +vorschreibt, ihren Gatten zu gehorchen. Dieser Beweis von edelmthiger +Zuneigung gewann ihr Wilhelm's Herz vollstndig. Von diesem Augenblicke +an bis zu dem traurigen Tage, an welchem er ohnmchtig von ihrem +Sterbebett hinweggetragen wurde, herrschte vollkommene Freundschaft und +unbegrenztes Vertrauen zwischen ihnen. Viele von ihren Briefen an ihn +sind noch vorhanden und sie enthalten zahlreiche Beweise, da es diesem +Manne, der in den Augen der Menge fr so unliebenswrdig galt, gelungen +war, einer schnen und tugendhaften Frau, welche in Hinsicht der Geburt +ber ihm stand, eine bis zur abgttischen Verehrung gehende Liebe +einzuflen. + +Der Dienst, den Burnet seinem Vaterlande erzeigt, war von hoher +Bedeutung. Es war eine Zeit gekommen, wo es fr das Wohl des Staates +sehr wichtig war, da zwischen dem Prinzen und der Prinzessin +vollkommene Eintracht herrschte. + + +[_Beziehungen Wilhelm's zu den englischen Parteien._] Bis nach der +Unterdrckung des Aufstandes im Westen hatten ernste Ursachen des +Zwiespaltes Wilhelm sowohl von den Tories als von den Whigs getrennt. Er +hatte mit groem Mifallen die Versuche der Whigs beobachtet, der +ausbenden Gewalt einige Befugnisse zu entziehen, die er zur +Aufrechthaltung ihrer Wirksamkeit und ihrer Wrde fr nthig hielt. Mit +noch grerem Mifallen hatte er die Untersttzung gesehen, welche ein +groer Theil dieser Partei den Anmaungen Monmouth's angedeihen lie. Es +schien als ob die Opposition zuerst die Krone Englands des Tragens nicht +mehr werth machen und sie dann einem Bastard und Betrger aufs Haupt +setzen wollte. Zu gleicher Zeit war das religise System des Prinzen +weit verschieden von dem, welchem die Torypartei huldigte. Sie waren +Arminianer und Prlatisten. Sie sahen mit Verachtung auf die +protestantischen Kirchen des Continents herab und hielten jede Zeile +ihrer eignen Liturgie und Rubrica fr kaum weniger geheiligt als die +Evangelien. Seine Ansichten ber die metaphysischen Seiten der Theologie +waren calvinistisch. Seine Ansichten bezglich der Kirchenverfassungen +und der gottesdienstlichen Formen waren latitudinarisch. Er gab zu, da +das Episcopat eine gesetzliche und zweckmige Form des Kirchenregiments +sei; aber er sprach mit Bitterkeit und Hohn von der Bigotterie Derer, +welche die bischfliche Ordination fr ein wesentliches Erforderni +einer christlichen Gesellschaft hielten. Gegen die durch die Liturgie +vorgeschriebenen Gewnder und Gesten hatte er keine Bedenken, aber er +gestand, da ihm die Gebruche der anglikanischen Kirche lieber sein +wrden, wenn sie ihn weniger an die Gebruche der rmischen Kirche +erinnerten. Man hatte ihn ein ominses Gemurmel von sich geben hren, +als er in der Privatkapelle seiner Gemahlin zum ersten Male einen Altar +nach anglikanischer Weise geschmckt sah, und es schien ihm nicht +sonderlich zu gefallen, als er Hooker's +Ecclesiastical Policy+ in ihrer +Hand sah.[12] + + [Anmerkung 12: +Dr.+ Hooper's handschriftliche Erzhlung im + Anhange zu Lord Dungannon's +Life of William+.] + + +[_Seine Gesinnungen gegen England._] Er verfolgte daher lange den Streit +zwischen den englischen Parteien mit Aufmerksamkeit, aber ohne eine +starke Vorliebe fr die eine oder die andre Partei zu hegen. Er wurde +auch bis ans Ende seines Lebens in der That niemals weder ein Whig, noch +ein Tory. Es fehlte ihm das was die gemeinsame Grundlage beider +Charactere ist, denn er wurde nie ein Englnder. Er rettete zwar +England, liebte es aber nie und erlangte ebensowenig die Liebe der +Englnder. Fr ihn war es nur ein Verbannungsort, den er mit Widerwillen +besuchte und mit Freuden verlie. Selbst als er dem Lande die Dienste +leistete, deren gnstige Wirkungen wir bis auf den heutigen Tag fhlen, +war sein Hauptzweck nicht die Wohlfahrt desselben. + + +[_Seine Gesinnungen gegen Holland und Frankreich._] All' sein +patriotisches Gefhl gehrte Holland. Hier befand sich das prchtige +Grabmal, in welchem der groe Staatsmann ruhte, dessen Blut, dessen +Namen, dessen Character und dessen Genie er geerbt hatte. Hier war der +bloe Klang seines Namens schon ein Zauberspruch, welcher durch drei +Generationen die liebevolle Begeisterung der Landleute und Handwerker +erweckt hatte. Die hollndische Sprache war die Sprache seiner +Kinderstube; unter dem hollndischen Adel hatte er seine ersten Freunde +gewhlt; die Vergngungen, die Bauart und die Gegenden seines +Heimathlandes wurzelten tief in seinem Herzen. Zu ihm wendete er sich +immer wieder mit unvernderter Zrtlichkeit von einem stolzeren und +schneren Nebenbuhler ab. In den Slen von Whitehall sehnte er sich nach +dem traulichen Hause im Busche im Haag und er fhlte sich nie +glcklicher, als wenn er die Pracht von Windsor mit der bescheidenen +Einfachheit von Loo vertauschen konnte. Whrend seiner glnzenden +Verbannung fand er einigen Trost darin, da er durch Bauen, Pflanzen und +Graben um sich her einen Schauplatz schaffen konnte, der ihn an die +regelmigen Gebude von rothem Backstein, an die langen Kanle und an +die symmetrischen Blumenbeete erinnerte, unter denen er seine Jugend +verlebt hatte. Doch selbst die Liebe zu seinem Vaterlande war einem +andren Gefhle untergeordnet, welches schon frhzeitig in seiner Seele +die Oberherrschaft gewann, das sich mit allen seinen Leidenschaften +vermischte, das ihn zu groartigen Unternehmungen anspornte, das ihn +aufrecht erhielt, wenn Krnkungen, Schmerzen, Krankheit und Sorgen ihn +zu Boden drcken wollten, das gegen das Ende seiner Laufbahn einmal +kurze Zeit erloschen zu sein schien, aber bald heftiger als je wieder +hervorbrach und ihn noch beseelte, als das Sterbegebet an seinem Lager +gesprochen wurde. Dieses Gefhl war der Ha gegen Frankreich und den +prachtliebenden Knig, der in mehr als einer Hinsicht Frankreich +reprsentirte und der mit seinen specifisch franzsischen Tugenden und +Vorzgen jenen unruhigen, gewissenlosen und dnkelhaften Ehrgeiz +verband, der zu wiederholten Malen den Zorn ganz Europa's ber +Frankreich gebracht hat. + +Es ist nicht schwer, die Fortschritte des Gefhls zu verfolgen, welches +nach und nach die Alleinherrschaft in Wilhelm's Seele erlangte. Als er +kaum erst dem Knabenalter entwachsen, war sein Vaterland in +prahlerischem Trotze gegen Recht und Gerechtigkeit berfallen, verwstet +und allen Excessen der Raubsucht, Ausschweifung und Grausamkeit +preisgegeben worden. Die Hollnder hatten sich in ihrer Bedrngni vor +dem Eroberer gedemthigt und um Gnade gefleht. Darauf war ihnen der +Bescheid geworden, da wenn sie Frieden wnschten, sie ihre +Selbststndigkeit aufgeben und alljhrlich dem Hause Bourbon huldigen +mten. Die schwer beleidigte Nation hatte, zur Verzweiflung getrieben, +ihre Deiche durchbrochen und das Meer als Bundesgenossen gegen die +franzsische Tyrannei zu Hlfe gerufen. Mitten in den Greueln dieses +Kampfes, whrend die Landleute entsetzt vor den Eroberern flohen, +whrend Hunderte von schnen Grten und Lusthusern in den Fluthen +begraben, whrend die Berathungen der Generalstaaten durch die +Ohnmachten und das laute Weinen alter Senatoren unterbrochen wurden, +welche den Gedanken nicht ertragen konnten, die Freiheit und den Ruhm +ihres Vaterlandes zu berleben, war Wilhelm an die Spitze der Geschfte +berufen worden. Eine Zeit lang dnkte ihm jeder Widerstand hoffnungslos. +Er sah sich vergebens nach Hlfe um. Spanien war ausgesogen, Deutschland +zerrissen, England bestochen. Es schien dem jungen Statthalter, als ob +ihm nichts weiter brig bliebe, als mit dem Schwerte in der Hand zu +fallen, oder der Aeneas einer groen Vlkerwanderung zu werden und in +Gegenden, welche auer dem Bereiche der Tyrannei Frankreichs lagen, ein +neues Holland zu grnden. Dann wre kein Hinderni mehr vorhanden +gewesen, das die Fortschritte des Hauses Bourbon htte hemmen knnen. +Noch wenige Jahre und dieses Haus wrde seine Besitzungen durch +Lothringen und Flandern, Castilien und Arragonien, Neapel und Mailand, +Mexico und Peru vergrert haben. Ludwig htte sich dann die Kaiserkrone +aufsetzen, einen Prinzen seines Hauses auf den Thron Polens erheben und +der Alleinherrscher in Europa von den scythischen Wsten bis zum +Atlantischen Ocean, sowie in Amerika von den Gegenden nrdlich vom +Wendekreis des Krebses bis zu den Gegenden sdlich vom Wendekreis des +Steinbocks werden knnen. Dies waren die Aussichten, die sich Wilhelm +darboten, als er in das ffentliche Leben eintrat und welche ihn bis zu +seinem letzten Tage unaufhrlich verfolgten. Die franzsische Monarchie +war fr ihn das was die rmische Republik fr Hannibal, was das +ottomanische Reich fr Scanderbeg, was die sdliche Herrschaft fr +Wallace war. Die Religion gab diesem glhenden und unverlschlichen +Hasse ihre Weihe. Hunderte von calvinistischen Predigern verkndeten, +da die nmliche Macht, welche Simson vom Mutterleibe an dazu bestimmt, +die Geiel der Philister zu werden, und welche Gideon von der +Dreschtenne abgerufen, um die Midianiter zu schlagen, Wilhelm von +Oranien zum Vorkmpfer aller freien Nationen und aller reinen Kirchen +erkoren habe, und diese Ansicht war nicht ohne Einflu auf sein Gemth +geblieben. Dem Vertrauen, welches dieser heldenmthige Fatalist in seine +erhabene Bestimmung und in seine heilige Sache setzte, ist zum Theil +seine auffallende Gleichgltigkeit gegen jede Gefahr zuzuschreiben. Er +hatte ein groes Werk zu vollbringen und bis es vollbracht war, konnte +ihm nichts schaden. Daher kam es auch, da er trotz der Prophezeiungen +der rzte von hoffnungslos scheinenden Krankheiten genas, da Schaaren +von Mrdern sich vergebens gegen sein Leben verschworen, da der offene +Nachen, dem er sich in sternenloser Nacht auf einem tobenden Ocean an +einer verrtherischen Kste anvertraute, ihn wohlbehalten ans Land trug +und da auf zwanzig Schlachtfeldern die Kanonenkugeln auf allen Seiten +an ihm vorbersausten. Die Begeisterung und Ausdauer, womit er sich +seiner Sendung widmete, haben kaum ein Beispiel in der Geschichte. +Seinem groen Ziele gegenber achtete er das Leben Anderer ebenso gering +als sein eigenes. Selbst die menschlichsten und edelmthigen Soldaten +jener Zeit waren zu sehr daran gewhnt, das Blutvergieen und die +Verheerungen, welche von groen kriegerischen Unternehmungen +unzertrennlich sind, mit kalter Gleichgltigkeit zu betrachten, und +Wilhelm's Herz war nicht allein durch berufsmige Unempfindlichkeit, +sondern auch durch die noch starrere Unempfindlichkeit gesthlt, welche +die Wirkung des Pflichtgefhls ist. Drei groe Coalitionen, drei lange +und blutige Kriege, in denen ganz Europa von der Weichsel bis zum +westlichen Ocean unter den Waffen stand, sind lediglich seiner +unbezwinglichen Energie zuzuschreiben. Als im Jahre 1678 die +Generalstaaten erschpft und entmuthigt nach Ruhe verlangten, stimmte er +noch immer dagegen, das Schwert in die Scheide zu stecken, und der +Friede wurde nur geschlossen, weil er seinen wilden und entschlossenen +Geist nicht auch Anderen einhauchen konnte. Noch im letzten Augenblicke +schlug er in der Hoffnung, dadurch die Unterhandlungen abzubrechen, von +denen er wohl wute, da sie dem Abschlusse nahe waren, eine der +blutigsten und hartnckigsten Schlachten jener Zeit. Von dem Tage an, wo +der Friede von Nymwegen unterzeichnet worden war, begann er auf eine +neue Coalition zu sinnen. Sein Streit mit Ludwig, der nun vom +Schlachtfelde in das Kabinet versetzt wurde, ward bald durch eine +Privatfehde noch erbitterter. Die beiden Rivalen waren einander in +Talenten, Character, Manieren und Ansichten gerade entgegengesetzt. +Ludwig, fein und wrdevoll, verschwenderisch und ausschweifend, ein +Freund von Prunk und Feind von persnlicher Gefahr, ein freigebiger +Beschtzer der Knste und Wissenschaften und ein grausamer Verfolger der +Calvinisten, bildete einen auffallenden Contrast mit Wilhelm, der +einfach in seinen Neigungen, unfreundlich in seinem Benehmen, +unermdlich und unerschrocken im Kriege, gleichgltig gegen alle +Luxuszweige des Wissens und ein entschiedener Anhnger der genfer +Theologie war. Die beiden Feinde beobachteten nicht lange jene +Artigkeit, welche Mnner ihres Ranges, selbst wenn sie einander an der +Spitze von Armeen gegenberstehen, selten aus den Augen setzen. Wilhelm +gebrauchte zwar die Formalitt, da er Ludwig seine besten Dienste +anbot; aber diese Hflichkeit wurde nach ihrem wahren Werthe gewrdigt +und mit einer trocknen Zurckweisung vergolten. Der groe Knig +verachtete den kleinen Prinzen, der der Diener eines Bundes von +Handelsstdten war und auf jedes Zeichen von Verachtung antwortete der +unerschrockene Statthalter mit einer neuen Herausforderung, Wilhelm +entlehnte seinen Namen, ein Name, den die Ereignisse des +vorhergegangenen Jahrhunderts zu einem der glnzendsten und berhmtesten +von ganz Europa gemacht hatten, von einer Stadt, welche nicht weit von +Avignon an den Ufern der Rhone liegt und die, wie Avignon, obgleich von +allen Seiten von franzsischem Gebiet umgeben, doch eigentlich nicht der +franzsischen, sondern der kaiserlichen Krone als Lehen gehrte. Ludwig +besetzte Orange mit der ihm eigenen bermthigen Verachtung des +Vlkerrechts, schleifte die Befestigungswerke und eignete sich die +Einknfte der Stadt zu. Wilhelm erklrte laut bei Tische in Anwesenheit +vieler Personen, der allerchristlichste Knig solle diese Beleidigung +schwer bereuen, und als der Graf von Avaux ihn um eine nhere Erklrung +dieser Worte bat, weigerte er sich auf das Bestimmteste, sie zu +widerrufen oder wegzuerklren. Der Streit ging so weit, da der +franzsische Gesandte es nicht wagen durfte, sich im Empfangzimmer der +Prinzessin blicken zu lassen, wenn er sich nicht der Gefahr aussetzen +wollte, ffentlich beleidigt zu werden.[13] + +Wilhelm's Gesinnungen gegen Frankreich erklren zugleich seine ganze +Politik gegen England. Sein Gemeinsinn war ein europischer. Der +Hauptgegenstand seiner Sorge war nicht unsre Insel, ja selbst sein +Geburtsland nicht, sondern die groe Gemeinschaft der Nationen, der die +Unterjochung durch ein zu mchtiges Mitglied drohte. Wer in dem Irrthume +befangen ist, ihn als einen englischen Staatsmann zu betrachten, mu +nothwendig sein ganzes Leben in einem falschen Lichte erblicken und wird +nicht im Stande sein, irgend einen Grundsatz, sei es ein guter oder ein +schlechter, ein whiggistischer oder ein toryistischer, zu entdecken, auf +den sich seine wichtigsten Thaten zurckfhren lieen. Betrachten wir +ihn aber als einen Mann, dessen besondere Aufgabe es war, eine Masse von +schwachen, zerrissenen und entmuthigten Staaten zu einem festen und +starken Bunde gegen den gemeinsamen Feind zu sammeln, betrachten wir ihn +als einen Mann, in dessen Augen England namentlich deshalb wichtig war, +weil ohne dasselbe die von ihm beabsichtigte groe Coalition +unvollstndig gewesen sein wrde, so werden wir zugeben mssen, da +keine langjhrige Laufbahn, von der uns die Geschichte erzhlt, von +Anfang bis zu Ende gleichmiger war als die dieses groen Frsten.[14] + + [Anmerkung 13: +Avaux Negotiations+, Aug. 10.(20.), Sept. + 14.(24.), Sept. 28. (Oct. 8.), Dec. 7.(17.) 1682.] + + [Anmerkung 14: Ich kann mir das Vergngen nicht versagen, + Massillon's unfreundliche, aber scharfsinnige und edle + Characteristik Wilhelm's hier anzufhren: +Un prince profond dans + ses vues; habile former des ligues et reunir les esprits, plus + heureux exciter les guerres qu' combattre; plus encore + craindre dans le secret du cabinet, qu' la tte des armes; un + ennemi que la haine du nom Franais avait rendu capable d'imaginer + de grandes choses et de les excuter; un de ces gnies qui + semblent tre ns pour mouvoir leur gr les peuples et les + souverains; un grand homme, s'il n'avoit jamais voulu tre roi.+ + Grabrede auf den Dauphin.] + + +[_Seine Politik durchaus consequent._] Der Leitfaden, den wir jetzt +besitzen, wird es uns mglich machen, ohne Schwierigkeit den wirklich +consequenten, obgleich anscheinend zuweilen gewundenen Gang zu +verfolgen, den er gegen unsere inneren Factionen beobachtete. Er +erkannte deutlich, was brigens auch weit weniger scharfsichtigen Leuten +als er war, nicht entging, da das Unternehmen, an dem er mit ganzer +Seele hing, wahrscheinlich gelingen wrde, wenn England auf seiner Seite +wre, da der Ausgang ungewi sein wrde, wenn England neutral bliebe, +und da es hoffnungslos sein wrde, wenn England handelte, wie es in den +Tagen der Cabale gehandelt htte. Nicht weniger deutlich sah er, da +zwischen der ueren und der inneren Politik Englands ein enger +Zusammenhang stattfand, da der Regent dieses Landes, wenn er mit dem +gesetzgebenden Krper harmonirte, stets einen groen Einflu auf die +Angelegenheiten der Christenheit ausben und da ihm offenbar daran +gelegen sein mute, der ungebhrlichen Machtvergrerung irgend eines +festlndischen Potentaten entgegenzuwirken; da auf der andren Seite der +Souverain, wenn der gesetzgebende Krper ihm nicht traute und ihn in +seinen freien Bewegungen hemmte, in der europischen Politik nur von +geringem Gewicht sein konnte und da dieses ganze kleine Gewicht in die +falsche Wagschale fallen wrde. Der erste Wunsch des Prinzen war daher: +Eintracht zwischen dem Throne und dem Parlamente. Wie diese Eintracht +herzustellen war und auf welcher Seite Zugestndnisse gemacht werden +muten, dies waren seiner Ansicht nach Fragen von untergeordneter +Bedeutung. Allerdings wrde es ihm am liebsten gewesen sein, wenn eine +vollstndige Ausshnung htte bewirkt werden knnen, ohne einen +Buchstaben von der Prrogative zu opfern, denn er hatte an der +ungeschmlerten Aufrechthaltung derselben ein anwartschaftliches +Interesse, und war von Natur mindestens eben so herrschschtig und ein +eben so groer Feind von Beschrnkung, als irgend ein Stuart. Aber es +gab kein Kleinod der Krone, das er nicht, selbst nachdem sie auf sein +eignes Haupt gesetzt worden, bereitwilligst zum Opfer gebracht htte, +wenn er berzeugt sein konnte, da ein solches Opfer zur Erreichung +seines groen Zieles unumgnglich nthig war. Daher empfahl er auch der +Regierung in den Tagen des papistischen Complots Nachgiebigkeit, +obgleich er die Heftigkeit mibilligte, mit der die Opposition die +knigliche Autoritt angriff. Das Verfahren der Gemeinen bezglich der +inneren Angelegenheiten, sagte er, sei hchst unverstndig, aber so +lange die Gemeinen unzufrieden seien, knnten die Freiheiten Europa's +nicht sicher sein und dieser berwiegenden Rcksicht msse jede andre +weichen. Nach diesen Grundstzen handelte er, als die Ausschlieungsbill +die ganze Nation erschtterte. Man hat keinen Grund zu der Annahme, da +er die Opposition aufgemuntert habe, diese Bill einzubringen oder die +wiederholt gemachten Vergleichsvorschlge des Thrones zurckzuweisen. +Als es aber klar wurde, da, wenn diese Bill nicht durchging, ein +ernster Bruch zwischen den Gemeinen und dem Hofe entstehen mute, sprach +er deutlich, obwohl mit gebhrender Migung, seine Ansicht dahin aus, +da man sich um jeden Preis mit den Vertretern des Volks vershnen +msse. Als ein heftiger und reiender Umschwung der ffentlichen Meinung +die Whigpartei eine Zeit lang vllig hilflos gelassen hatte, versuchte +er es sein groes Ziel auf einem andren Wege zu erreichen, der seiner +Natur vielleicht besser zusagte als der vorher betretene. Die vernderte +Stimmung der Nation bot wenig Aussicht dar, da ein Parlament gewhlt +werden wrde, das geneigt war, die Wnsche des Souverains zu +durchkreuzen. Karl war eine Zeit lang Herr. Ihn zu gewinnen, war daher +des Prinzen erster Wunsch. Im Sommer 1683, fast in dem Augenblicke, als +die Entdeckung des Ryehousecomplots die Niederlage der Whigs und den +Sieg des Knigs vollstndig machte, traten anderwrts Ereignisse ein, +welche Wilhelm nicht ohne die grte Angst und Besorgni mit ansehen +konnte. Die trkischen Heere rckten bis an die Vorstdte Wiens heran. +Die groe sterreichische Monarchie, auf deren Untersttzung der Prinz +gerechnet hatte, schien ihrem Untergange nahe zu sein. Bentinck wurde +daher schleunigst vom Haag nach London gesandt, mit dem Auftrage nichts +zu versumen, was nthig sein konnte, um den englischen Hof zu gewinnen, +und ganz besonders war er angewiesen, in den strksten Ausdrcken den +Abscheu seines Gebieters gegen die Whigverschwrung zu versichern. + +Whrend der nchsten achtzehn Monate war einige Hoffnung, da der Einfu +Halifax' berwiegen und da der Hof von Whitehall zur Politik der +Tripleallianz zurckkehren werde. An diese Hoffnung klammerte sich +Wilhelm mit Vorliebe an und sparte keine Mhe, um Karl gnstig zu +stimmen. Die gastliche Aufnahme, welche Monmouth im Haag fand, mu +hauptschlich dem ernstlichen Bestreben des Prinzen, die wirklichen +Wnsche von Monmouth's Vater zu erfllen, zugeschrieben werden. Sobald +Karl gestorben war, schlug Wilhelm in unabnderlicher Verfolgung seines +Zieles wieder ein andres Verfahren ein. Er hatte Monmouth aufgenommen, +um dem verstorbenen Knige zu gefallen; damit nun der gegenwrtige Knig +keine Ursache zu Beschwerden haben sollte, wurde Monmouth fortgeschickt. +Wir haben gesehen, da beim Ausbruche des Aufstandes im Westen die in +hollndischen Diensten stehenden britischen Regimenter durch die +thtigen Bemhungen des Prinzen auf die erste Aufforderung in ihre +Heimath zurckgesandt wurden. Wilhelm erbot sich sogar, persnlich ein +Commando gegen die Rebellen zu bernehmen, und da dieses Anerbieten +vollkommen aufrichtig gemeint war, kann von Niemandem, der seine +vertraulichen Briefe an Bentinck gelesen hat, bezweifelt werden.[15] + +Der Prinz gab sich zu dieser Zeit augenscheinlich der Hoffnung hin, da +der groe Plan, dem in seinem Geiste alles Andre untergeordnet war, den +Beifall und die Untersttzung seines Schwiegervaters erhalten werde. Der +hohe Ton, den Jakob damals gegen Frankreich annahm, die +Bereitwilligkeit, mit der er sich zu einem Defensivbndnisse mit den +Vereinigten Provinzen verstand, und seine Geneigtheit zu einer +Verbindung mit dem Hause sterreich bestrkten diese Erwartung. Aber +bald verfinsterte sich der Horizont. Die Entlassung Halifax', der Bruch +zwischen Jakob und dem Parlamente, die Prorogation desselben und die +ausdrckliche Erklrung, welche der Knig den auswrtigen Gesandten gab, +da die festlndische Politik seine Aufmerksamkeit nicht lnger von +inneren Maregeln zur Befestigung seiner Hoheitsrechte und zur Frderung +der Interessen seiner Kirche ablenken sollte, machten der Tuschung ein +Ende. Es war klar, da England, wenn Jakob sein Beherrscher war, im Fall +einer europischen Krisis entweder unthtig bleiben oder im Einklange +mit Frankreich handeln wrde. Und die europische Krisis rckte immer +nher. Das Haus sterreich war durch eine Reihe von Siegen gegen fernere +Gefahr von Seiten der Trkei gesichert worden und hatte daher nicht mehr +nthig, die bergriffe und Beleidigungen Ludwig's geduldig zu ertragen. + + [Anmerkung 15: Zum Beispiel: +Je crois M. Feversham un trs brave + et honeste homme. Mais je doute s'il a assez d'exprience + diriger une si grande affaire qu'il a sur le bras. Dieu lui donne + un succs prompt et heureux. Mais je ne suis pas hors + d'inquitude.+ -- 7.(17.) Juli 1685. Als er die Nachricht von der + Schlacht von Sedgemoor erhalten hatte, schrieb er wieder: +Dieu + soit lou du bon succs que les troupes du Roy ont eu contres les + rebelles. Je ne doute pas que cette affaire ne soit entirement + assoupie, et que le rgne du Roy sera heureux, ce que Dieu + veuille.+ -- 10.(20.) Juli.] + + +[_Vertrag von Augsburg._] In Folge dessen wurde im Juli 1686 zu Augsburg +ein Vertrag unterzeichnet, durch den sich die Frsten des Reichs zum +Zwecke gegenseitiger Vertheidigung eng verbanden. Die Knige von Spanien +und von Schweden waren diesem Bunde ebenfalls beigetreten, der Knig von +Spanien als Besitzer der im burgundischen Kreise liegenden Provinzen, +der Knig von Schweden als Herzog von Pommern. Die Verbndeten +erklrten, da sie nicht die Absicht htten irgend eine Macht +anzugreifen oder irgend eine zu beleidigen, da sie aber entschlossen +seien, keine Verletzung der Rechte zu dulden, welche das deutsche Reich +unter Sanction des Vlkerrechts und der ffentlichen Treue besitze. Sie +verpflichteten sich, einander im Falle der Noth beizustehen und +bestimmten das Truppencontingent, das jedes Mitglied des Bundes stellen +mute, wenn es nthig werden sollte, einen Angriff zurckzuweisen.[16] +Der Name Wilhelm's war in dieser Urkunde nicht genannt aber Jedermann +wute, da sie sein Werk war und sah voraus, da er in nicht langer Zeit +wieder an der Spitze einer Coalition gegen Frankreich stehen werde. +Zwischen ihm und dem Vasallen Frankreichs konnte unter solchen Umstnden +kein herzliches Einvernehmen stattfinden. Es erfolgte zwar kein offener +Bruch und kein Austausch von Drohungen oder Vorwrfen; aber +Schwiegervater und Schwiegersohn waren vollstndig und fr immer +geschieden. + + [Anmerkung 16: Der Vertrag ist in dem +Recueil des Traits, IV. + No. 209+ zu finden.] + + +[_Wilhelm wird das Oberhaupt der englischen Opposition._] Gerade zu der +Zeit, als der Prinz so dem englischen Hofe entfremdet wurde, +verschwanden die Ursachen, welche bisher eine Klte zwischen ihm und den +beiden groen Parteien des englischen Volks hervorgerufen hatten. Ein +groer Theil, der Zahl nach vielleicht die Mehrheit der Whigs, hatte die +Ansprche Monmouth's begnstigt, aber Monmouth existirte jetzt nicht +mehr. Die Tories auf der andren Seite hatten gefrchtet, die Interessen +der anglikanischen Kirche mochten unter der Leitung eines Mannes nicht +sicher sein, der unter hollndischen Presbyterianern aufgewachsen und +dessen Ansichten ber die Gewnder, die Ceremonien und die Bischfe als +latitudinarisch wohl bekannt waren; seitdem aber jener geliebten Kirche +von einer ganz andren Seite weit furchtbarere Gefahren drohten, hatten +diese Befrchtungen fast ihre ganze Kraft verloren. So kam es, da beide +groe Parteien in dem nmlichen Augenblicke ihre Hoffnungen und ihre +Liebe auf den nmlichen Fhrer zu richten begannen. Alte Republikaner +konnten ihr Vertrauen einem Manne nicht versagen, der viele Jahre +hindurch das hchste Amt einer Republik wrdig bekleidet hatte, und alte +Royalisten sahen ein, da sie in bereinstimmung mit ihren Grundstzen +handelten, wenn sie einem dem Throne so nahe gehenden Prinzen die +tiefste Ehrerbietung bezeigten. Unter diesen Umstnden war es von +hchster Wichtigkeit, da zwischen Wilhelm und Marien die vollkommenste +Einigkeit herrschte. Eine Mihelligkeit zwischen der prsumtiven +Thronerbin und ihrem Gemahl htte in der groen Masse, die sich von +allen Seiten her um einen gemeinschaftlichen Mittelpunkt schaarte, eine +Spaltung hervorbringen mssen. Zum Glck wurde jede Gefahr einer solchen +Mihelligkeit im entscheidenden Augenblicke durch Burnet's +Dazwischenkunft beseitigt und der Prinz wurde das unbestrittene Haupt +der ganzen Partei, welche der Regierung feindlich gegenberstand, einer +Partei, welche fast die ganze Nation in sich begriff. + +Es ist nicht der mindeste Grund zu der Annahme vorhanden, da er schon +um diese Zeit das groe Unternehmen im Sinne hatte, zu dem ihn spter +die gebieterische Nothwendigkeit trieb. Er wute sehr gut, da die +ffentliche Stimmung in England, wenn auch durch Krnkungen gereizt, +doch zu einer Revolution keineswegs reif war. Gewi wrde er gern das +rgerni vermieden haben, das ein blutiger Streit zwischen Personen, +welche durch die engsten Bande der Blutsverwandtschaft und der +Verschwgerung an einander gekettet waren, nothwendig erregen mute. +Auch sein Ehrgeiz lie es ihm nicht wnschenswerth erscheinen, die +Gre, die im gewhnlichen Laufe der Natur und des Rechts ihm zufallen +konnte, einer Gewaltthtigkeit zu verdanken, denn er wute jetzt, da, +wenn die Krone auf regelmigem Wege auf seine Gemahlin berging, +zugleich mit derselben auch alle ihre Vorrechte ungeschmlert auf ihn +selbst bergehen wrden, da sie aber, wenn sie durch eine Wahl erlangt +wurde, unter den Bedingungen angenommen werden mute, welche die Whler +zu stellen fr gut fanden. Er schien daher geduldig den Tag erwarten zu +wollen, wo er mit unbestrittenem Rechte die Regierung antreten konnte, +und sich bis dahin darauf zu beschrnken, als erster Prinz von Geblt +und als Oberhaupt der Partei, welche in der Nation entschieden das +bergewicht hatte, und die auch darauf rechnen konnte, in beiden Husern +eines zu versammelnden Parlaments entschieden zu berwiegen, einen +groen Einflu auf die englischen Angelegenheiten auszuben. + + +[_Mordaunt schlgt Wilhelm eine Landung in England vor._] Indessen war +er bereits durch einen Rathgeber, der weniger scharfsichtig, aber +ungestmer war als er selbst, gedrngt worden, einen khneren Weg +einzuschlagen. Dieser Rathgeber war der junge Lord Mordaunt. Das +damalige Zeitalter hat kein erfinderischeres Genie und keinen +verwegeneren Geist hervorgebracht. Aber wenn ein Plan nur glnzend war, +so fragte Mordaunt selten danach, ob er auch ausfhrbar sein wrde, sein +ganzes Leben war ein wilder Roman, zusammengesetzt aus geheimnivollen +Intriguen der Politik und der Liebe, aus heftigen und schnellen Wechseln +des Schauplatzes und des Glcks, und aus Siegen, welche mehr denen eines +Amadis und eines Lancelot, als denen eines Luxemburg und eines Eugen +glichen. Die Episoden, welche mit dieser seltsamen Lebensgeschichte +verflochten waren, entsprachen ganz der Hauptintrigue. Es waren darunter +nchtliche Kmpfe mit edelmthigen Rubern und Befreiungen vornehmer und +schner Damen aus den Hnden von Entfhrern. Nachdem sich Mordaunt durch +die Beredtsamkeit und Khnheit ausgezeichnet, mit der er im Hause der +Lords gegen den Hof aufgetreten war, zog er sich bald nach der +Prorogation nach dem Haag zurck und empfahl dringend eine unverzgliche +Landung in England. Er bildete sich ein, es sei eben so leicht, drei +groe Knigreiche zu berrumpeln, als es ihm lange nachher wurde, +Barcellona zu nehmen. + + +[_Wilhelm verwirft den Rath._] Wilhelm hrte ihn an, berlegte sich die +Sache und erwiederte endlich in allgemeinen Ausdrcken, er interessire +sich sehr fr die englischen Angelegenheiten und werde dieselben scharf +im Auge behalten.[17] Was aber auch seine Absicht sein mochte, es ist +nicht anzunehmen, da er einen voreiligen und hitzkpfigen fahrenden +Ritter zu seinem Vertrauten erwhlt haben wrde. Die beiden Mnner +hatten nichts mit einander gemein als persnlichen Muth, der bei ihnen +bis zum fabelhaften Heroismus ging, Mordaunt wollte lediglich die +Aufregung des Kampfes genieen und die Menschen in Erstaunen setzen, +Wilhelm hatte bestndig ein erhabenes Ziel vor Augen. Nach diesem Ziele +trieb ihn eine gewaltige Leidenschaft, die ihn im Gewande einer heiligen +Pflicht erschien. Auf dieses Ziel steuerte er mit einer Geduld hin, die, +wie er einmal sagte, der Geduld eines Bootsfhrers glich, den er auf +einem Kanale gegen eine widrige Strmung hatte ankmpfen sehen, der +immer wieder zurckgeworfen wurde, aber nicht aufhrte zu rudern und +zufrieden war, wenn er nach stundenlanger Arbeit um einige Yards +vorwrts gekommen war.[18] Heldenthaten, die ihn seinem Ziele nicht +nher brachten, mochten sie in den Augen des groen Haufens noch so +ruhmvoll sein, waren seiner Ansicht nach kindische Eitelkeiten, aber +kein Theil der wahren Aufgabe des Lebens. + +Er beschlo, Mordaunt's Rath zu verwerfen und es kann keinem Zweifel +unterliegen, da dies ein weiser Entschlu war. Htte Wilhelm im Jahre +1686 oder selbst 1687 das versucht, was er 1688 mit so glnzendem +Erfolge unternahm, so wrden zwar vielleicht auf seinen Ruf viele Whigs +zu den Waffen gegriffen haben, aber er wrde bald gesehen haben, da die +Nation noch nicht hinreichend vorbereitet war, um einen bewaffneten +Befreier aus fremdem Lande willkommen zu heien, und da die Kirche noch +nicht genugsam gereizt und beleidigt worden war, damit sie den +Grundsatz, der seit so langer Zeit ihr Losungswort war, schon htte +vergessen haben knnen. Die alten Kavaliere wrden sich um das +knigliche Banner geschaart haben und es wrde wahrscheinlich in allen +drei Knigreichen ein eben so langer und heftiger Brgerkrieg als der +unter der vorigen Generation ausgebrochen sein. Whrend dieser Krieg auf +den britischen Inseln wthete, was konnte Ludwig inzwischen nicht Alles +auf dem Continent versuchen? Und welche Aussichten htte dann Holland +gehabt, das von seinen Truppen entblt und von seinem Statthalter +verlassen gewesen wre? + + [Anmerkung 17: +Burnet I. 762.+] + + [Anmerkung 18: +Temple's Memoirs.+] + + +[_Unzufriedenheit in England nach dem Sturze der Hyde._] Wilhelm +begngte sich daher fr jetzt, Maregeln zu ergreifen, um der mchtigen +Opposition, deren Oberhaupt er geworden war, Einigkeit und Lebenskraft +einzuhauchen. Dies war nicht schwer. Der Fall der Hyde hatte durch ganz +England eine heftige Aufregung und Entrstung hervorgerufen. Man fhlte, +da es sich jetzt nicht mehr darum handelte, ob der Protestantismus +herrschen, sondern ob er geduldet werden sollte. An die Stelle des +Schatzmeisters war eine Commission getreten, deren Oberhaupt ein Papist +war. Das Geheimsiegel war einem Papisten anvertraut worden und der +Nachfolger des Lordlieutenants von Irland war ein Mann, der durchaus +keinen andren Anspruch auf einen so hohen Posten hatte, als da er +Papist war. Tyrconnel wre der Letzte gewesen, den eine Regierung, +welcher das allgemeine Wohl des Landes am Herzen lag, nach Dublin als +Stellvertreter geschickt htte. Seine brutalen Manieren machten ihn +geradezu unfhig, die Majestt der Krone zu reprsentiren. Sein +beschrnkter Verstand und sein heftiges Temperament machten ihn +untauglich, wichtige Staatsgeschfte zu leiten. Sein unvershnlicher Ha +gegen die Besitzer des greren Theiles des irischen Grund und Bodens +machte ihn ganz untauglich, gerade dieses Land zu verwalten. Aber die +Malosigkeit seiner Bigotterie wurde als ein gengender Ersatz fr die +Malosigkeit seiner anderen Leidenschaften betrachtet und aus Rcksicht +auf seinen Ha gegen den reformirten Glauben gestattete man ihm, seinem +Hasse gegen den englischen Namen freien Lauf zu lassen. Dies war also +der wirkliche Sinn der Achtung Seiner Majestt vor den Rechten der +berzeugung! Er wollte, da sein Parlament alle den Papisten auferlegte +Ausschlieungen beseitigte, nur damit _er_ gleich drckende +Ausschlieungen ber die Protestanten verhngen konnte. Es war klar, da +unter einem solchen Frsten Glaubensabfall der einzige Weg zur Gre +sein konnte. Dennoch wagten es nur Wenige, diesen Weg einzuschlagen, +denn der Geist der Nation war furchtbar aufgeregt, und jeder Renegat +hatte ein solches Ma von Hohn und Verachtung zu ertragen, da auch die +verhrtetsten Naturen nicht ganz unempfindlich dagegen bleiben konnten. + + +[_Bekehrungen zum Papismus; Peterborough, Salisbury._] Allerdings hatten +erst krzlich mehrere bemerkenswerthe bertritte stattgefunden; aber sie +waren von der Art, da sie der rmischen Kirche wenig Ehre machten. Zwei +vornehme Mnner hatten sich in ihren Schoo aufnehmen lassen: Heinrich +Mordaunt, Earl von Peterborough und Jakob Cecil, Earl von Salisbury. +Aber Peterborough, frher ein thtiger Soldat, Hofmann und Diplomat, war +jetzt durch Alter und Krankheit gebeugt und wer ihn, auf einen Stock +gesttzt und in Flanell und Pflaster eingehllt, durch die Gallerien von +Whitehall hinken sah, trstete sich ber seinen Abfall damit, da er +seinen Glauben erst gewechselt, nachdem er seine Krper- und +Geisteskrfte berlebt hatte.[19] Salisbury war sprchwrtlich albern. +Sein Krper war in Folge sinnlicher Gensse dermaen aufgeschwollen, da +er sich fast nicht mehr bewegen konnte, und dieser trge Krper war der +Wohnsitz eines eben so trgen Geistes. In populren Spottliedern war er +als ein Mensch dargestellt, der dazu geschaffen war, betrogen zu werden, +als ein Mensch, der bisher die Beute von Spielern gewesen und der eben +so gut die Beute von Mnchen werden konnte. Ein Pasquill, das zur Zeit +von Rochester's Rcktritt an die Thr von Salisbury House am Strand +angeheftet wurde, schildert in starken Ausdrcken das Entsetzen, mit dem +der weise Robert Cecil, wenn er aus seinem Grabe auferstehen knnte, +sehen wrde, auf was fr ein Geschpf seine Wrden und Ehren gekommen +waren.[20] + + [Anmerkung 19: Siehe die beiden Gedichte, betitelt: +The Converts+ + und +The Delusion+.] + + [Anmerkung 20: Die Verse befinden sich in der +Collection of State + Poems+.] + + +[_Wycherley, Tindal, Haines._] Dies waren im Range die hchststehenden +von Jakob's Proselyten. Auerdem gab es noch Renegaten ganz andrer Art, +unbemittelte Leute von Talent, die aber keine Grundstze und keine Spur +von Ehrgefhl besaen. Man hat Grund zu glauben, da Wilhelm Wycherley, +der zgelloseste und hartherzigste Schriftsteller einer ganz besonders +zgellosen und hartherzigen Schule, zu diesen gehrte.[21] Gewi ist, +da Matthus Tindal, der sich spter durch seine Schriften gegen das +Christenthum einen Namen machte, um diese Zeit in den Schoo der +alleinseligmachenden Kirche aufgenommen wurde, ein Schritt, den, wie man +leicht denken kann, die Theologen, mit denen er nachmals polemisirte, +nicht vergessen hatten.[22] Ein noch ehrloserer Apostat war Joseph +Haines, dessen Name jetzt so gut wie vergessen ist, der aber damals als +ein Abenteurer von vielseitiger Begabung, als Gauner, Falschmnzer, +falscher Zeuge, falscher Brge, Tanzmeister, Possenreier, Dichter +und Schauspieler wohl bekannt war. Einige von seinen Prologen und +Epilogen wurden von seinen Zeitgenossen viel bewundert und sein +Schauspielertalent war allgemein anerkannt. Dieser Mann wurde Katholik, +ging im Gefolge Castelmaine's mit nach Italien, wurde aber bald wegen +schlechter Auffhrung wieder entlassen. Wenn man einer Tradition glauben +darf, die sich lange im Garderobezimmer erhalten hat, so hatte Haines +die Frechheit zu behaupten, da ihm die Jungfrau Maria erschienen sei +und ihn zur Bue aufgefordert habe. Nach der Revolution versuchte er es +sich mit der Stadt durch eine Bue auszushnen, die noch skandalser war +als sein Vergehen. Eines Abends, ehe er in einer Posse auftrat, erschien +er in ein weies Betttuch gehllt und mit einer Kerze in der Hand auf +der Bhne und trug einige gottlose, unanstndige Knittelverse vor, die +er seinen Widerruf nannte.[23] + + [Anmerkung 21: Die Nachrichten, die wir ber Wycherley haben, sind + uerst drftig; zweierlei aber ist gewi: da er sich in seinen + spteren Jahren einen Papisten nannte und da er von Jakob Geld + erhielt. Ich zweifle kaum daran, da er ein bezahlter Convertit + war.] + + [Anmerkung 22: Siehe den Artikel ber ihn in der +Biographia + Britannica+.] + + [Anmerkung 23: Siehe Jakob Quin's Bericht ber Haines in +Davies's + Miscellanies+; +Tom Brown's Works+; +Lives of Sharpers+; Dryden's + Epilog zu der +Secular Masque+.] + + +[_Dryden._] Mit dem Namen Haines wurde in vielen Libellen der Name eines +berhmteren Renegaten, Johann Dryden's verbunden. Dryden nherte sich +jetzt dem Abend seines Lebens. Nach vielen Erfolgen und vielen +Enttuschungen hatte er endlich mit allgemeiner Zustimmung die erste +Stelle unter den lebenden Dichtern Englands erhalten. Er hatte grere +Ansprche auf den Dank Jakob's als irgend ein andrer Schriftsteller des +Knigreichs. Doch Jakob war an Versen wenig, sehr viel aber am Gelde +gelegen. Vom Tage seiner Thronbesteigung an bemhte er sich kleine +Ersparnisse zu machen, welche einer Regierung den Vorwurf der Knauserei +zuziehen, ohne die Finanzlast merklich zu erleichten. Zu den Opfern +seiner unverstndigen Sparsamkeit gehrte auch der +Poeta Laureatus+. Es +wurde Befehl gegeben, da in dem neuen Diplom, welches durch die +Erledigung der Krone nthig geworden war, das jhrlich gespendete Fa +Sect, das ursprnglich Jonson bewilligt und auch dessen Nachfolgern +zugestanden worden war, weggelassen werden sollte.[24] Dies war die +einzige Notiz, welche der Knig im ersten Jahre seiner Regierung von dem +gewaltigen Satiriker zu nehmen geruhte, der im kritischesten Augenblicke +des groen Kampfes wegen der Ausschlieungsbill in den Reihen der Whigs +Schrecken verbreitet hatte. Dryden war arm und seine Armuth drckte ihn +nieder. Von Religion wute er wenig und kmmerte sich auch nicht darum. +Wenn irgend ein Gefhl tief in seiner Brust wurzelte, so war es der +Widerwille gegen die Priester jeden Glaubens, gegen Leviten, Auguren, +Muftis, rmisch-katholische Geistliche, presbyterianische und +anglikanische Geistliche. Er war von Natur kein hochherziger Mann, und +seine Bestrebungen waren nicht von der Art, da sie seinem Sinne hhere +Wrde und greres Zartgefhl verleihen konnten. Er hatte viele Jahre +lang sich seinen Unterhalt dadurch erworben, da er dem verderbten +Geschmacke des Publikums diente und reichen, adeligen Gnnern auf die +plumpste Manier schmeichelte. Selbstachtung und ein feines +Schicklichkeitsgefhl konnte man von einem Manne, der das Leben eines +Bettlers und Speichelleckers gefhrt hatte, nicht erwarten. Da er die +Bemerkung machte, da seine Dienste unbeachtet bleiben wrden, wenn er +fortfhre sich einen Protestanten zu nennen, so erklrte er sich zum +Papisten. Augenblicklich lie die Knauserei des Knigs nach. Dryden +wurde mit einem Jahrgelde von hundert Pfund belohnt und dazu verwendet, +seine neue Religion in Prosa und in Versen zu vertheidigen. + +Zwei ausgezeichnete Mnner, Samuel Johnson und Walter Scott, haben ihr +Mglichstes gethan, um sich selbst und Andere zu berreden, da dieser +denkwrdige Glaubenswechsel aufrichtig war. Es war natrlich, da sie +einen Schandfleck von dem Gedchtnisse eines Mannes verwischen +wollten, dessen Genie sie mit Recht bewunderten und mit dessen +politischen Ansichten sie stark sympathisirten; der unparteiische +Geschichtsschreiber aber mu ein ganz andres Urtheil aussprechen. Es +wird jederzeit starker Zweifel gegen die Aufrichtigkeit einer Bekehrung +erhoben werden, durch welche der Bekehrte unmittelbar gewinnt. Und in +Dryden's Falle ist nichts vorhanden, was diesen Zweifel entkrften +konnte. Seine theologischen Schriften beweisen zur Genge, da er sich +nie fleiig und ernstlich bemht hat, die Wahrheit zu ergrnden, und da +seine Kenntni der Kirche, die er verlie, wie auch der, zu der er +bertrat, hchst oberflchlich war. Eben so wenig benahm er sich in der +Folge wie ein Mann, den ein starkes Pflichtgefhl zu einem Schritte von +so hochwichtiger Bedeutung bewogen hatte. Wre er ein solcher Mann +gewesen, so wrde die nmliche berzeugung, die ihn in den Schoo der +rmischen Kirche gefhrt hatte, ihn abgehalten haben, allgemeine Regeln, +welche diese Kirche in bereinstimmung mit jeder andren christlichen +Gemeinschaft als bindend anerkennt, grblich und gewohnheitsmig zu +verletzen. Es wrde ein merklicher Unterschied zwischen seinen frheren +und seinen spteren Werken zu erkennen gewesen sein; er wrde mit Reue +auf seine fast dreiigjhrige literarische Laufbahn zurckgeblickt +haben, whrend welcher er seine seltenen Talente fr die Diction und den +Versbau systematisch zur Verbreitung der Sittenverderbni angewendet +hatte. Nicht eine Zeile, welche darauf hinzielte, die Tugend verchtlich +zu machen und unreine Begierden zu entznden, wrde von diesem +Augenblicke an mehr aus seiner Feder geflossen sein. Leider aber ist es +nur zu wahr, da die Dramen, welche er nach seiner angeblichen Bekehrung +schrieb, in keiner Hinsicht weniger unrein und profan sind, als die +seiner Jugend. Selbst in seinen bersetzungen wich er bestndig von den +Originalen ab, um Bilder aufzusuchen, die er htte bergehen mssen, +wenn er sie in den Originalen gefunden htte. Das Schlechte wurde durch +seine bertragungen noch schlechter, und das Unschuldige wurde durch die +Berhrung mit seinem Geiste befleckt. Er machte die derbsten Satiren +Juvenal's noch derber, schob in die Erzhlungen Boccacio's schlpfrige +Schilderungen ein und befleckte die liebliche und reine Poesie der +Georgica mit Schmutz, der Vergil's Ekel erregt haben wrde. + +Dryden's Beistand war denjenigen rmisch-katholischen Theologen +willkommen, welche gegen die ausgezeichnetsten Mnner der Staatskirche +mit Mhe einen Kampf unterhielten. Sie konnten es sich nicht verhehlen, +da ihr durch auslndische, in Rom oder Douay aufgelesene Ausdrcke +entstellter Styl der Beredtsamkeit eines Tillotson und Sherlock +gegenber eben in keinem vortheilhaften Lichte erschien. Man glaubte es +nicht gering anschlagen zu drfen, da man die Mitwirkung des grten +lebenden Meisters der englischen Sprache gewonnen hatte. Der erste +Dienst, der von ihm zum Dank fr die bewilligte Pension verlangt wurde, +war eine in Prosa geschriebene Vertheidigung seiner Kirche gegen +Stillingfleet. Aber einem Manne, der nichts zu sagen wei, hilft das +Talent, Alles gut sagen zu knnen, nichts, und in diesem Falle befand +sich Dryden. Er sah bald ein, da er einem Gegner, dessen ganzes Leben +ein langes Studium der Polemik gewesen, nicht gewachsen war. Der +langgediente Gladiator entwaffnete den Neuling, versetzte ihm mit +Verachtung einige Hiebe und wendete sich dann von ihm ab, um +achtunggebietenderen Kmpfern entgegenzutreten. + + [Anmerkung 24: Diese Thatsache, welche den genauen Forschungen + Malone's entging, ergiebt sich aus dem Briefbuche des Schatzamts + von 1685.] + + +[_+The Hind and Panther.+_] Jetzt griff Dryden zu einer Waffe, in der +er schwerlich einen ebenbrtigen Gegner zu frchten hatte. Er zog sich +auf einige Zeit von dem Gerusch der Kaffeehuser und Theater in einen +ruhigen Winkel von Huntingdonshire zurck und schrieb dort mit +ungewohnter Sorgfalt und Anstrengung sein berhmtes Gedicht ber die +zwischen der rmischen und anglikanischen Kirche obschwebenden +Streitpunkte. Die rmische Kirche ist darin bildlich als eine milchweie +Hindin dargestellt, die bestndig in Lebensgefahr schwebt, aber dazu +bestimmt ist, nicht zu sterben. Die Thiere des Feldes sannen auf ihr +Verderben. Der zitternde (+quaking+) Hase beobachtete eine furchtsame +Neutralitt, aber der socinianische Fuchs, der presbyterianische Wolf, +der independente Br und der anabaptistische Eber schossen hmische +Blicke auf das makellose Geschpf. Unter dem Schutze ihres Freundes, des +kniglichen Lwen, konnte sie es indessen wagen, mit ihnen aus der +nmlichen Quelle zu trinken. Die anglikanische Kirche war als Panther +dargestellt, der zwar Flecken hat, aber schn, fr ein Raubthier nur zu +schn ist. Hindin und Panther, von der blutdrstigen Bevlkerung des +Waldes in gleichem Grade gehat, beriethen sich im Stillen ber ihre +gemeinsame Gefahr. Dann gingen sie zur Discussion der Punkte ber, in +denen sie verschiedener Ansicht waren, und hielten, mit dem Schwanze +wedelnd und sich den Bart leckend, ein langes Zwiegesprch ber die +wirkliche Anwesenheit Christi beim Abendmahl, ber die Autoritt der +Ppste und Concilien, ber die Strafgesetze, die Testacte, die Meineide +des Oates, Buttler's schlecht belohnte Dienste fr die Kavalierpartei, +Stillingfleet's Pamphlets und Burnet's breiten Rcken und glckliche +Heirathsspekulationen. + +Das Unpassende dieses Planes springt in die Augen. Die Allegorie konnte +in der That nicht zehn Zeilen hintereinander ununterbrochen beibehalten +werden. Keine noch so kunstvolle Ausfhrung konnte die Fehler eines +solchen Planes verdecken. Dessenungeachtet ist die Fabel von der Hindin +und dem Panther unbestreitbar der werthvollste Beitrag zu der englischen +Literatur aus der kurzen und unruhigen Regierungszeit Jakob'sII. In +keinem andren Werke Dryden's finden sich ergreifendere und erhabenere +Stellen, eine grere Biegsamkeit und Kraft der Sprache und ein +lieblicherer und abwechselnderer Wohllaut. + +Das Gedicht erschien mit allen Vortheilen ausgestattet, welche +knigliche Gunst gewhren konnte. Eine Prachtausgabe fr Schottland +wurde in der in Holyrood House errichteten Officin gedruckt. Aber die +Leute waren nicht in der Stimmung, um sich von dem durchsichtigen Style +und den melodischen Reimen des Apostaten bezaubern zu lassen. Der durch +seine Feilheit erregte Unwille, die durch die Politik, deren Lobhudler +er war, hervorgerufene Besorgni lieen sich nicht in Schlaf singen. Die +gerechte Entrstung des Publikums wurde von Vielen, die den Stachel +seines Spotts gefhlt, und von Vielen, die seinen Ruhm beneideten, +angeschrt. Trotz aller Beschrnkungen, denen die Presse unterlag, +erschienen tglich Angriffe auf sein Leben und seine Schriften. Bald +hie er Bayes, bald der Dichter Squab. Man erinnerte ihn daran, da er +in seiner Jugend dem Hause Cromwell in der nmlichen knechtischen Weise +den Hof gemacht, wie jetzt dem Hause Stuart. Ein Theil seiner Gegner +druckte boshafterweise die sarkastischen Verse wieder ab, die er zu +einer Zeit, wo es ihm nichts eingebracht haben wrde, wenn er Papist +geworden wre, gegen den Papismus geschrieben hatte. Von den vielen +satirischen Arbeiten, welche bei dieser Gelegenheit erschienen, war die +gelungenste das gemeinsame Werk zweier junger Mnner, welche krzlich +ihre Studien in Cambridge vollendet hatten und als vielversprechende +Anfnger in den literarischen Kaffeehusern Londons begrt worden +waren: Karl Montague und Matthus Prior. Montague war von adeliger +Abkunft, Prior's Ursprung aber war so dunkel, da kein Biograph im +Stande gewesen ist, demselben auf die Spur zu kommen. Beide Abenteurer +waren arm und strebsam. Beide hatten einen scharfen Verstand und einen +lebendigen Geist, Beide schwangen sich spter hoch empor. Beide +verbanden in nicht gewhnlichem Grade mit der Liebe zu den +Wissenschaften Geschicklichkeit in denjenigen Gebieten des praktischen +Lebens, gegen welche die Schngeister in der Regel einen entschiedenen +Widerwillen haben. Von den funfzig Dichtern, deren Lebenslauf Johnson +geschildert hat, waren Montague und Prior die beiden einzigen, die sich +durch eine grndliche Kenntni des Handels und des Finanzwesens +auszeichneten. Ihre Wege gingen bald weit auseinander, und ihre +Jugendfreundschaft lste sich auf. Einer von ihnen wurde das Haupt der +Whigpartei und wurde von den Tories angeklagt; der Andre wurde in alle +Geheimnisse der toryistischen Diplomatie eingeweiht und von den Whigs +lange in strenger Haft gehalten. Endlich wurden die so lange getrennt +gewesenen Freunde nach vielen ereignivollen Jahren in der +Westminster-Abtei wieder mit einander vereinigt. + + +[_nderung in dem Verfahren des Hofes gegen die Puritaner._] Wer die +Fabel von der Hindin und dem Panther aufmerksam gelesen hat, mu bemerkt +haben, da whrend der Bearbeitung dieses Werks in den Ansichten Derer, +welche Dryden als Dolmetscher benutzten, eine groe Vernderung vorging. +Anfangs wird von der anglikanischen Kirche mit Liebe und Achtung +gesprochen und sie wird ermahnt, sich mit der rmisch-katholischen gegen +die puritanischen Secten zu verbinden; am Schlusse des Gedichts aber und +in der Vorrede, welche nach Vollendung des Ganzen geschrieben wurde, +werden die protestantischen Dissenters aufgefordert, mit den Katholiken +gemeinschaftliche Sache gegen die anglikanische Kirche zu machen. + +Dieser Umschlag in der Sprache des Hofpoeten deutete auf einen groen +Umschlag in der Politik des Hofes hin. Der ursprngliche Zweck Jakob's +war gewesen, nicht allein vollstndige Befreiung von allen Strafen und +brgerlichen Ausschlieungen, sondern auch einen groen Antheil an den +kirchlichen und akademischen Stiftungen fr seine Kirche zu erlangen und +zu gleicher Zeit die Gesetze gegen die puritanischen Secten mit Strenge +auszuben. Alle von ihm gewhrten besonderen Dispensationen waren +rmischen Katholiken gewhrt worden. Alle Gesetze, welche auf den +Presbyterianern, Independenten und Baptisten am schwersten lasteten, +hatte er eine Zeit lang mit aller Strenge durchgefhrt. Whrend Hales +ein Regiment commandirte, whrend Powis im Geheimen Rathe sa, whrend +Massey eine Dechanei bekleidete, whrend in Oxford mit kniglicher +Genehmigung Breviarien und Mebcher gedruckt wurden, whrend in London +die Hostie unter dem Schutze der Piken und Musketen der Fugarde +ffentlich ausgestellt wurde, whrend Ordensbrder und Mnche in ihren +Kutten in den Straen von London einhergingen, sa Baxter im Gefngni, +war Howe in der Verbannung, standen die Fnfmeilenacte und die +Conventikelacte in voller Kraft, muten die puritanischen Schriftsteller +zur auslndischen oder geheimen Pressen ihre Zuflucht nehmen, konnten +puritanische Gemeinden sich nur des Nachts oder in abgelegenen Einden +versammeln, muten puritanische Geistliche in Kohlengrber- oder +Matrosenverkleidung predigen. In Schottland hatte der Knig neue Gesetze +von beispielloser Hrte gegen die Presbyterianer von den Stnden +verlangt und erhalten, whrend er keine Anstrengung sparte, ihnen jede +Erleichterung fr die Katholiken abzupressen. Sein Verfahren gegen die +verbannten Hugenotten hatte seine Gesinnungen nicht minder deutlich +verrathen. Wir haben gesehen, wie er, als die ffentliche Mildthtigkeit +eine groe Summe zur Untersttzung dieser Unglcklichen in seine Hnde +gelegt, allen Gesetzen der Gastfreundschaft und der Rechtschaffenheit +zum Hohn von ihnen verlangte, da sie dem calvinistischen Ritual, dem +sie mit groer Liebe anhingen, entsagen und sich der anglikanischen +Kirche anschlieen mten, ehe er ihnen das Geringste von den seiner +Verwaltung anvertrauten Gaben spenden knnte. + +Dies war seine Politik gewesen, so lange er noch einigermaen hoffen +konnte, da die anglikanische Kirche einwilligen werde, die Herrschaft +mit der rmischen Kirche zu theilen. Einmal stieg diese Hoffnung zur +festen berzeugung. Die Begeisterung, mit der die Tories seinen +Regierungsantritt begrt hatten, die Wahlen, die demthige Sprache und +die reichen Geldbewilligungen seines Parlaments, die Unterdrckung des +Aufstandes im Westen, die vllige Vernichtung der Partei, die ihn vom +Throne hatte ausschlieen wollen, dies Alles steigerte seine Zuversicht +bis ber die Grenzen der Vernunft. Er glaubte fest, da seiner Macht und +seiner Entschlossenheit jedes Hinderni weichen werde. Sein Parlament +leistete ihm Widerstand. Er versuchte die Wirkung von ungndigen Blicken +und Drohungen, und da er mit diesen nichts erreichte, versuchte er es +mit der Prorogation. Aber von dem Augenblicke der Prorogation an wurde +der Widerstand gegen seine Plne immer strker und strker. Es schien +klar, da, wenn er seinen Willen durchsetzen wollte, er ihn im +Widerspruch mit der groen Partei durchsetzen mute, die seinem Throne, +seinem Hause und seiner Person so glnzende Beweise von Treue gegeben +hatte. Die ganze anglikanische Geistlichkeit, die ganze Kavaliergentry +war gegen ihn. Vergebens hatte er kraft seines kirchlichen Supremats dem +Klerus anbefohlen, sich jeder Errterung von Streitpunkten zu enthalten. +Jede Gemeinde der Nation wurde allsonntglich gegen die Irrthmer Roms +gewarnt, und diese Warnungen waren um so wirksamer, weil sie stets mit +Versicherungen der Ehrerbietung gegen den Knig und des Entschlusses, +Alles mit Geduld zu ertragen, was ihm zu verhngen belieben werde, +verbunden waren. Die royalistischen Ritter und Squires, welche durch +fnfundvierzig Jahre des Kriegs und der Parteiwuth dem Throne mannhaft +zur Seite gestanden hatten, sprachen jetzt in sehr nachdrcklichen +Worten den Entschlu aus, da sie eben so mannhaft zur Kirche halten +wrden. Trotz seines beschrnkten Verstandes und seines despotischen +Characters sah Jakob nun doch ein, da er sein Verfahren ndern msse. +Er konnte es ohne Gefahr nicht wagen, alle seine protestantischen +Unterthanen zugleich zu beleidigen. Wenn er es ber sich gewinnen +konnte, der Partei, welche in beiden Husern das bergewicht hatte, +Zugestndnisse zu machen, wenn er sich entschlieen konnte, der +Staatskirche alle ihre Wrden, Einknfte und Privilegien zu lassen, so +mochte er auch fernerhin presbyterianische Versammlungen verbieten und +die Gefngnisse mit baptistischen Predigern fllen. Blieb er aber dabei, +die Hierarchie zu plndern, so mute er sich entschlieen, dem +Vergngen, die Dissenters zu verfolgen, zu entsagen. Wollte er von nun +an mit seinen alten Freunden in Fehde leben, so mute er mit seinen +alten Feinden einen Waffenstillstand schlieen. Er konnte die +anglikanische Kirche nur dadurch bezwingen, da er eine umfassende +Coalition gegen sie bildete, welche Secten in sich schlo, die zwar in +Lehre und Verfassung von einander selbst viel strker abwichen als von +ihr, aber doch durch ihre gemeinsame Eifersucht auf ihre Gre und durch +die gemeinsame Furcht vor ihrer Unduldsamkeit bewogen werden konnten, +ihre Feindseligkeiten so lange ruhen zu lassen, bis jene Kirche die +Macht verloren hatte, sie zu tyrannisiren. + +Ein Grund schien besonders fr diesen Plan zu sprechen. Wenn es ihm nur +gelang, die protestantischen Nonconformisten zu gewinnen, so durfte er +sich mit der Hoffnung schmeicheln, vor jeder Rebellion sicher zu sein. +Nach der Ansicht der anglikanischen Geistlichen konnte keine Krnkung +irgend welcher Art einen Unterthanen berechtigen, den Gesalbten des +Herrn gewaltsamen Widerstand zu leisten. Die Theorie der puritanischen +Sectirer lautete ganz anders. Diese Sectirer trugen kein Bedenken, +Tyrannen mit dem Schwerte Gideon's zu Boden zu schlagen, und manche von +ihnen scheuten sich auch nicht, den Dolch Ehud's zu gebrauchen. +Wahrscheinlich sannen sie eben jetzt wieder auf einen neuen westlichen +Aufstand oder auf ein neues Ryehousecomplot. Jakob glaubte daher, da er +getrost die Staatskirche verfolgen knnte, wenn es ihm nur gelang, die +Dissenters zu gewinnen. Die Partei, deren Grundstze ihm keine +Sicherheit gewhrten, war dann durch das Interesse an ihn gefesselt, und +die Partei, deren Interessen er angriff, erregte aus Grundsatz keinen +Aufruhr. + +Unter dem Einflusse solcher Erwgungen begann Jakob von dem Augenblicke +an, als er sich zornig von seinem Parlament trennte, auf eine Coalition +aller katholischen wie protestantischen Nonconformisten gegen die +Landeskirche zu denken. Schon um Weihnachten 1685 meldeten die Gesandten +der Vereinigten Provinzen den Generalstaaten, da der Plan einer +allgemeinen Duldung entworfen sei und bald ans Licht treten werde.[25] +Indessen erwiesen sich die Nachrichten, welche der hollndischen +Gesandtschaft zugekommen waren, als verfrht. Die Separatisten scheinen +jedoch im Jahre 1686 schon viel milder behandelt worden zu sein, als +whrend des Jahres 1685. Aber nur ganz allmlig und nach vielen inneren +Kmpfen vermochte es der Knig ber sich, mit Allem, was er am meisten +verabscheute, ein Bndni zu schlieen. Er hatte einen nicht +oberflchlichen und launenhaften, nicht erst krzlich entstandenen oder +rasch aufgeschossenen, sondern in seiner Familie erblichen Groll zu +berwinden, welcher durch groe, whrend hundertzwanzig ereignivoller +Jahre zugefgte und erlittene Unbilden verstrkt worden und mit allen +seinen religisen und politischen, huslichen und persnlichen Gefhlen +verwachsen war. Vier Generationen von Stuarts hatten mit vier +Generationen von Puritanern einen Krieg auf Leben und Tod gefhrt, und +whrend dieses ganzen langen Krieges hatte kein Stuart die Puritaner so +stark gehat, und war so stark von ihnen gehat worden, als er. Sie +hatten es versucht, seine Ehre zu untergraben und ihn seines +Geburtsrechts zu berauben; sie hatten ihn einen Brandstifter, einen +Kehlabschneider und einen Giftmischer genannt; sie hatten ihn aus der +Admiralitt und aus dem Staatsrathe verdrngt; sie hatten ihn zu +wiederholten Malen in die Verbannung getrieben, sie hatten einen +Mordanschlag auf ihn gemacht, und sie hatten sich zu Tausenden mit +bewaffneter Hand gegen ihn erhoben. Dafr hatte er sich an ihnen durch +ein Gemetzel gercht, wie es England noch nie gesehen. Ihre Kpfe und +Glieder verwesten noch auf Pfhlen auf allen ffentlichen Pltzen von +Somersetshire und Dorsetshire. Bejahrte Frauen, die wegen ihrer +Frmmigkeit und Mildthtigkeit von den Sectirern in hohen Ehren gehalten +wurden, waren um geringfgiger Vergehen willen, die kein guter Frst nur +eines strengen Verweises werth gehalten haben wrde, enthauptet oder +lebendig verbrannt worden. In einem solchen Verhltnisse hatte selbst in +England der Knig zu den Puritanern gestanden, und in Schottland hatte +die Tyrannei des Knigs und die Wuth der Puritaner einen Grad erreicht, +von dem sich die Englnder kaum einen Begriff machen konnten. Einen so +langjhrigen und so tdtlichen Ha zu vergessen, war fr einen ganz +besonders harten und unvershnlichen Character keine leichte Aufgabe. + +Der Kampf, der im Innern des Knigs stattfand, entging dem Blicke +Barillon's nicht. Ende Januar 1687 schrieb er einen interessanten Brief +nach Versailles. Der Knig -- dies war der wesentliche Inhalt des +Schreibens -- habe sich so ziemlich berzeugt, da er nicht vllige +Freiheit fr die rmischen Katholiken erlangen und dabei doch die +Gesetze gegen die protestantischen Dissenters aufrecht erhalten knne. +Er neige sich daher zu einem Plane allgemeiner Indulgenz hin, im Herzen +aber wrde es ihm weit lieber sein, wenn er auch jetzt noch seinen +Schutz und seine Gunst zwischen der rmischen und der anglikanischen +Kirche, mit Ausschlu aller anderen religisen berzeugungen, theilen +knnte.[26] + + [Anmerkung 25: Leeuwen, 25. Dec. (4. Jan.) 1685/6.] + + [Anmerkung 26: Barillon, 31. Jan. (10. Febr.) 1686/7. +Je crois + que, dans le fond, si on ne pouvoit laisser que la religion + Anglicane et la Catholique tablies par les loix, le Roy + d'Angleterre en seroit bien plus content.+] + + +[_In Schottland theilweise Duldung gewhrt._] Wenige Tage nach dem +Abgang dieser Depesche that Jakob zgernd und widerstrebend den ersten +Schritt zur Annherung an die Puritaner. Er hatte sich entschlossen, mit +Schottland zu beginnen, wo seine Befugni, von Parlamentsacten zu +dispensiren, von den willfhrigen Stnden anerkannt war. Demgem wurde +am 12. Februar in Edinburg eine Proklamation erlassen, welche +ngstlichen Gewissen eine Erleichterung gewhrte.[27] Diese Proklamation +beweist vollkommen die Richtigkeit von Barillon's Urtheil. Selbst in der +Acte, durch die er den Presbyterianern Zugestndnisse machte, konnte +Jakob seinen Widerwillen gegen sie nicht verhehlen. Die den Katholiken +gewhrte Duldung war vollkommen. Auch die Quker hatten wenig Ursache +sich zu beklagen. Aber die den Presbyterianern, welche die Hauptmasse +des schottischen Volks bildeten, bewilligte Indulgenz war durch +Bedingungen beschrnkt, die sie fast werthlos machten. An die Stelle des +bisherigen Religionseides, der sowohl Katholiken als Presbyterianer von +Staatsmtern ausschlo, war ein neuer Religionseid gesetzt, der die +Katholiken zulie, aber die meisten Presbyterianer ausschlo. Den +Katholiken war es erlaubt, Kapellen zu erbauen und sogar die Hostie +berall, mit Ausnahme der Straen in kniglichen Burgflecken, in +Prozession umherzutragen; den Qukern war es gestattet, sich in +ffentlichen Gebuden zu versammeln; die Presbyterianer aber durften nur +in Privatwohnungen Gottesdienst halten; es war ihnen streng verboten, +Bethuser zu bauen, sie durften nicht einmal eine Scheune oder ein +Nebenhaus zu Andachtsbungen benutzen, und es ward ihnen nachdrcklich +eingeschrft, da, wenn sie es wagten, Conventikel unter freiem Himmel +zu hatten, das Gesetz, welches sowohl den Predigern als den Zuhrern mit +dem Tode drohte, mit schonungsloser Strenge angewendet werden sollte. +Jeder katholische Priester durfte Messe lesen, jeder Quker durfte vor +seinen Glaubensbrdern Reden halten; aber der Geheime Rath war +angewiesen, darber zu wachen, da kein presbyterianischer Geistlicher +sich unterfange, ohne specielle Erlaubni der Regierung zu predigen. +Jede Zeile dieses Dokuments und der dasselbe begleitenden Briefe +beweist, wie schwer es dem Knige wurde, nur einigermaen die Hrte zu +mildern, mit der er die alten Feinde seines Hauses von jeher behandelt +hatte.[28] + +Man hat wirklich Grund zu glauben, da er bei Verffentlichung dieser +Proklamation noch keineswegs zu einer Coalition mit den Puritanern fest +entschlossen war und da er ihnen zuvrderst nur eben so viele +Begnstigungen gewhren wollte, als durchaus nthig waren, um die +Anhnger der Landeskirche durch Einschchterung zum Gehorsam zu bringen. +Er wartete daher einen Monat, um zu sehen, welchen Eindruck das in +Edinburg erlassene Edict in England machen werde. Diesen Monat +verwendete er auf Petre's Rath eifrig zu dem, was man +closeting+[29] +nannte. + + [Anmerkung 27: Sie ist zu finden im Anfange zu Wodrow II. 129.] + + [Anmerkung 28: +Wodrow, Appendix, vol. II. Nos. 128, 129, 132.+] + + [Anmerkung 29: Persnliche Bearbeitung Einzelner im Privatkabinet + des Knigs. D. bers.] + + +[_Persnliche Bearbeitung Einzelner im kniglichen Kabinet._] London war +voll von geeigneten Persnlichkeiten. Man erwartete die baldige +Zusammenberufung des Parlaments zur Erledigung von Geschften, und viele +Mitglieder waren bereits in der Stadt. Der Knig nahm sich vor, sie Mann +fr Mann zu werben. Er hoffte, da die eifrigen Tories -- und aus +solchen bestand das Unterhaus mit wenigen Ausnahmen -- seinen dringenden +Bitten schwer wrden widerstehen knnen, wenn er dieselben nicht an die +Gesammtheit, sondern an jeden Einzelnen, und nicht vom Thronsessel +herab, sondern im vertraulichen Gesprch an sie richtete. Die +Mitglieder, welche nach Whitehall kamen, um ihre Aufwartung zu machen, +wurden demnach auf die Seite genommen und mit langen Privatunterredungen +beehrt. Der Knig drang in sie, da sie, als loyale Gentlemen, ihm nur +in dem einem Punkte, der ihm mehr als alles Andre am Herzen liege, den +Willen thun mchten. Er meinte, die Sache berhre seine persnliche +Ehre. Die unter der vorigen Regierung von factisen Parlamenten gegen +die Katholiken erlassenen Verordnungen seien lediglich gegen ihn selbst +gerichtet gewesen; diese Gesetze htten ihm ein Brandmal aufgedrckt, +ihn aus der Admiralitt und aus dem Staatsrathe vertrieben, und er sei +berechtigt, zu erwarten, da Alle, die ihn liebten und ehrten, sich zur +Abschaffung jener Gesetze vereinigen wrden. Sah er, da seine Zuhrer +gegen diese Ermahnungen taub blieben, so nahm er seine Zuflucht zu +Drohungen und Bestechungen. Denjenigen, die sich weigerten, ihm in +dieser Angelegenheit zu Willen zu sein, wurde geradezu gesagt, da sie +keine Gunstbezeigung zu erwarten htten. Trotz seiner Knauserei ffnete +und vertheilte er seine Schtze. Mehrere von Denen, die zu einer +Conferenz mit ihm eingeladen worden waren, nahmen aus seinem +Schlafzimmer Geld mit fort, das sie aus kniglicher Hand empfangen +hatten. Die Richter, die sich gerade auf ihrer Frhjahrsrundreise +befanden, erhielten Befehl vom Knige, die noch in der Provinz +zurckgebliebenen Mitglieder zu besuchen und die Gesinnungen jedes +Einzelnen zu erforschen. + + +[_Erfolglosigkeit der persnlichen Bearbeitung._] Das Resultat aller +dieser Nachforschungen war, da die groe Majoritt des Hauses der +Gemeinen entschlossen zu sein schien, sich den Maregeln des Hofes zu +widersetzen.[30] Einer von Denjenigen, deren Festigkeit allgemeine +Bewunderung erregten, war Arthur Herbert, der Bruder des Oberrichters, +Parlamentsmitglied fr Dover, Kammerherr und Contreadmiral von England. + + [Anmerkung 30: Barillon, 28. Febr. (10. Mrz) 1686/7; Citters, + 15.(25.) Febr.; +Reresby's Memoirs+; Bonrepaux, 25. Mai (4. Juni) + 1687.] + + +[_Admiral Herbert._] Arthur Herbert war bei den Seeleuten sehr beliebt +und galt fr einen der tchtigsten adeligen Marineoffiziere. Man hatte +allgemein vermuthet, da er sich den Wnschen des Knigs bereitwillig +fgen werde, denn er fragte wenig nach der Religion, war +vergngungslustig und verschwenderisch, hatte kein Privatvermgen, bezog +aus seinen Stellen ein jhrliches Einkommen von viertausend Pfund und +wurde seit langer Zeit zu den ergebensten persnlichen Anhngern Jakob's +gerechnet. Als aber der Contreadmiral im Privatkabinet vorgenommen und +das Versprechen von ihm verlangt wurde, da er fr die Aufhebung der +Testacte stimmen wolle, antwortete er, seine Ehre und sein Gewissen +erlaubten ihm nicht, ein solches Versprechen zu geben. Niemand zweifelt +an Ihrer Ehre, sagte der Knig, aber ein Mann, der so lebt wie Sie, +sollte nicht von seinem Gewissen sprechen. Auf diesen Vorwurf, einen +Vorwurf, der dem Geliebten der Katharine Sedley bel anstand, erwiederte +Herbert mit mnnlicher Offenheit: Ich habe meine Fehler, Sire, aber ich +knnte Leute nennen, welche viel hufiger von ihrem Gewissen sprechen +als ich und dabei ein eben so lockeres Leben fhren. Er wurde aller +seiner Stellen entsetzt und die Rechnung ber seine Ausgaben und +Einnahmen als Kammerherr wurden mit groer und, wie er klagte, +ungerechter Strenge geprft.[31] + +Es war jetzt augenscheinlich, da jede Hoffnung auf ein Bndnis zwischen +der anglikanischen und rmischen Kirche zu dem Zwecke, die mter und +Einnahmen unter sich zu theilen und die puritanischen Secten zu +unterdrcken, aufgegeben werden mute. Es blieb weiter nichts brig, als +der Versuch, eine Koalition zwischen der rmischen Kirche und den +puritanischen Secten gegen die anglikanische Kirche zu Stande zu +bringen. + + [Anmerkung 31: Barillon, 14.(24.) Mrz 1687; Lord Russell an +Dr.+ + Fitzwilliam, 1. April; +Burnet I. 671, 672+. In +Clarke's Life of + James the Second, II. 204+ ist die Unterredung etwas anders + erzhlt. Diese Stelle aber ist kein Theil der eigenen Memoiren des + Knigs.] + + +[_Die Indulgenzerklrung._] Am 18. Mrz kndigte der Knig dem Geheimen +Rathe an, da er beschlossen habe, das Parlament bis Ende November zu +prorogiren und allen seinen Unterthanen aus eigner Machtvollkommenheit +vllige Gewissensfreiheit zu gewhren.[32] Am 4. April erschien die +denkwrdige Indulgenzerklrung. + +In dieser Erklrung sagte der Knig, es sei sein innigster Wunsch, seine +Unterthanen als Mitglieder derjenigen Kirche zu sehen, der er selbst +angehre. Da dies aber nicht sein knne, erklre er, da es seine +Absicht sei, sie in der freien Ausbung ihrer Religion zu schtzen. Er +wiederholte alle die schnen Redensarten, welche acht Jahre frher, als +er selbst ein Unterdrckter war, so oft aus seinem Munde kamen, die er +aber nicht mehr gebrauchte, seitdem ein Wechsel des Glcks ihm die Macht +verliehen hatte, selbst ein Unterdrcker zu werden. Er sei schon lngst +berzeugt, sagte er, da man dem Gewissen keinen Zwang anthun drfe, da +Verfolgungen der Zunahme der Bevlkerung und dem Handel nachtheilig +seien und nie zu dem Zwecke fhrten, den die Verfolger erreichen +wollten. Er wiederholte das schon oft gegebene und eben so oft +gebrochene Versprechen, da er die Staatskirche im Genusse ihrer +gesetzlichen Rechte schtzen wolle. Hierauf erklrte er, ebenfalls aus +eigner Machtvollkommenheit, eine lange Reihe von Gesetzen fr null und +nichtig, hob alle Strafbestimmungen gegen alle Klassen von +Nonconformisten auf, ermchtigte die rmischen Katholiken wie auch die +protestantischen Dissenters, ihren Gottesdienst ffentlich zu halten, +verbot seinen Unterthanen bei Strafe seines allerhchsten Mifallens, +irgend eine religise Versammlung zu stren, und schaffte auch alle +diejenigen Gesetze ab, welche die Befhigung zu brgerlichen und +militairischen mtern von einem Religionseide abhngig machten.[33] + +Da die Indulgenzerklrung verfassungswidrig war, darber sind beide +groe Parteien Englands zu allen Zeiten einig gewesen. Jeder, der in +politischen Fragen ein Urtheil hat, mu einsehen, da ein Frst, der +eine solche Erklrung erlassen darf, nichts Geringeres ist als ein +absoluter Monarch. Auch kann man zur Vertheidigung dieser Handlung +Jakob's nicht die Grnde geltend machen, mit denen viele willkrliche +Maregeln der Stuarts vertheidigt oder entschuldigt worden sind. Man +kann nicht sagen, da er den Umfang seiner Prrogative verkannt habe, +weil sie nicht genau bestimmt gewesen sei, denn er berschritt die +Grenze angesichts einer ganz krzlich erst festgestellten Grenzmarke. +Funfzehn Jahre frher hatte sein Bruder auf Anrathen der Cabale auch +eine Indulgenzerklrung erlassen, welche im Vergleich zu der Erklrung +Jakob's gemigt und vorsichtig genannt werden konnte. Die Erklrung +Karl's dispensirte nur von Strafgesetzen, die Erklrung Jakob's +dispensirte auch von allen Religionseiden. Die Erklrung Karl's +gestattete den Katholiken, nur in Privatwohnungen ihren Gottesdienst zu +halten, nach der Erklrung Jakob's konnten sie Tempel bauen und +ausschmcken und sogar mit Kreuzen, Bildern und Rauchfssern in +Prozession durch Fleet Street ziehen. Dennoch war die Erklrung Karl's +in alter Form fr gesetzwidrig erklrt worden. Die Gemeinen hatten sich +dahin ausgesprochen, da der Knig nicht befugt sei, in kirchlichen +Angelegenheiten von Gesetzen zu dispensiren. Karl hatte hierauf das +miliebige Schriftstck vor seinen Augen vernichten lassen, hatte mit +eigner Hand das Siegel davon abgerissen und sowohl durch eine von ihm +eigenhndig unterschriebene Botschaft als auch mndlich vom Throne herab +in vollem Parlament beiden Husern fest versprochen, da der Schritt, +der so groen Ansto gegeben, als nie geschehen betrachtet werden solle. +Die beiden Huser hatten dann ohne eine einzige opponirende Stimme eine +gemeinschaftliche Dankadresse fr diese Erfllung ihrer Wnsche an ihn +gerichtet. Nie war eine Verfassungsfrage mit reiflicherer Erwgung, mit +unzweideutigerer Klarheit und mit vollkommnerer Einhelligkeit +entschieden worden. + +Jakob's Vertheidiger haben zu seiner Entschuldigung hufig das +Erkenntni anfhrt, welches der Gerichtshof der Kings Bench in der +abgekarteten Klage gegen Sir Eduard Hales abgab; aber dieser +Entschuldigungsgrund hat gar kein Gewicht. Jakob hatte diesen Ausspruch +notorisch durch Bitten, durch Drohungen, durch Entlassung gewissenhafter +Beamten und durch Besetzung der Richterbank mit anderen hfischer +gesinnten Richtern erlangt. Und obgleich dieses Erkenntni von der +Advokatur wie von der Nation allgemein fr verfassungswidrig erklrt +wurde, erstreckte es sich doch nur so weit, da der Knig aus besonderen +Staatsgrnden einzelnen Individuen Dispensationen von ausschlieenden +Gesetzen bewilligen drfe. Da er durch ein Alles ber den Haufen +werfendes Edict alle seine Unterthanen ermchtigen konnte, ganze Bnde +von Gesetzen nicht mehr zu befolgen, dies hatte kein Gerichtshof +angesichts der feierlichen Entscheidung des Parlaments von 1673 zu +behaupten gewagt. + + [Anmerkung 32: +London Gazette, March 21, 1686/7.+] + + [Anmerkung 33: +London Gazette, April 7+. 1087.] + + +[_Stimmung der protestantischen Dissenters._] Die Stellung der Parteien +war jedoch von der Art, da Jakob's Indulgenzerklrung, obgleich der +khnste von allen Angriffen der Stuarts auf die ffentliche Freiheit, +wohl geeignet war, gerade demjenigen Theile der Gesellschaft zu +gefallen, der allen anderen Angriffen der Stuarts auf die ffentliche +Freiheit den beharrlichsten Widerstand entgegengesetzt hatte. Es stand +kaum zu erwarten, da der durch ein hartes und streng gehandhabtes +Gesetzbuch von seinen Landsleuten getrennte protestantische +Nonconformist geneigt sein werde, die Gltigkeit eines Erlasses zu +bestreiten, der ihn von unertrglichen Bedrckungen erlste. Ein kalter +und philosophischer Beobachter wrde ohne Zweifel erklrt haben, da +alles bel, das aus allen intoleranten Gesetzen, welche je von +Parlamenten erlassen wurden, hervorgehen knne, nicht zu vergleichen sei +mit dem Unheil, welches durch eine bertragung der gesetzgebenden Gewalt +vom Parlament auf den Souverain entstehen wrde. Aber eine so ruhige und +philosophische berlegung kann man nicht von Leuten erwarten, die unter +einem vorhandenen Drucke seufzen und denen die lockende Aussicht auf +sofortige Erleichterung dargeboten wird. Ein puritanischer Theolog +konnte allerdings nicht leugnen, da die jetzt von der Krone +beanspruchte Dispensationsgewalt mit den Grundprinzipien der +Verfassung unvereinbar war. Aber es war vielleicht zu entschuldigen, +wenn er fragte, was die Verfassung eigentlich fr ihn sei. Die +Gleichfrmigkeitsacte hatte ihn trotz kniglicher Versprechungen von +einer Pfrnde vertrieben, die sein rechtmiges Eigenthum war, und hatte +ihn in Armuth und Abhngigkeit zurckgeworfen. Die Fnfmeilenacte hatte +ihn von seiner Heimath, von seinen Verwandten, von seinen Freunden, von +fast jedem ffentlichen Zufluchtsorte verbannt. Kraft der +Conventikelacte war er seines Vermgens beraubt und aus einem +schmutzigen Kerker in den andren mitten unter Straenruber und Diebe +geworfen worden. Auerhalb des Gefngnisses wurde er bestndig von den +Gerichtsdienern verfolgt; er hatte Angeber durch Geldgeschenke zum +Schweigen bringen, hatte sich in schimpflicher Verkleidung durch Fenster +und Fallthren heimlich zu seiner Gemeinde schleichen mssen, und +whrend er das geweihte Wasser auf den Tufling sprengte oder das Brod +des heiligen Abendmahls austheilte, hatte er in bestndiger Angst auf +das Zeichen horchen mssen, welches ihm sagte, da die Sbirren der +Justiz sich nherten. War es nicht bitterer Hohn, einen so +ausgeplnderten und bedrckten Mann aufzufordern, da er fr das +Eigenthum und die Freiheit seiner Plnderer und Bedrcker zum Mrtyrer +werden solle? Mochte die Indulgenzerklrung seinen glcklichen Nachbarn +noch so despotisch erscheinen, ihm brachte sie Erlsung. Er wurde +aufgefordert, nicht zwischen der Freiheit und der Knechtschaft, sondern +zwischen zwei Jochen zu whlen, und es wre nicht unnatrlich gewesen, +wenn er das Joch des Knigs fr ertrglicher gehalten htte als das der +Kirche. + + +[_Stimmung der anglikanischen Kirche._] Whrend solche Gedanken die +Gemther vieler Dissenters beschftigten, war die anglikanische Partei +in Angst und Bestrzung. Diese neue Wendung der Dinge war in der That +beunruhigend. Das Haus Stuart im Bunde mit republikanischen und +knigsmrderischen Secten gegen die alten Kavaliere Englands; der +Papismus im Bunde mit dem Puritanismus gegen ein kirchliches System, an +welchem die Puritaner nichts weiter auszusetzen hatten, als da es +zuviel Papistisches beibehalten: das waren Zeichen und Wunder, welche +alle Berechnungen der Staatsmnner ber den Haufen warfen. Die Kirche +sollte also mit einem Male von allen Seiten angegriffen werden, und zwar +unter der Leitung Dessen, der ihrer Verfassung nach ihr Oberhaupt war. +Es war kein Wunder, wenn sie von Erstaunen und Entsetzen ergriffen +wurde. Und zu dem Erstaunen und dem Entsetzen gesellten sich noch andere +bittere Gefhle: Groll gegen den meineidigen Frsten, dem sie nur zu +treu gedient, und Reue ber die Grausamkeiten, die sie in Gemeinschaft +mit ihm verbt hatte und fr die er sie jetzt, wie es schien, bestrafen +wollte. Ihre Strafe war gerecht, sie erntete was sie geset hatte. Als +nach der Restauration ihre Macht den Hhepunkt erreicht, hatte sie nur +Rache geschnaubt. Sie hatte die Stuarts aufgefordert, gedrngt, fast +gezwungen, die krzlich geleisteten Dienste der Presbyterianer mit +schndem Undanke zu vergelten. Htte sie sich in jener Zeit ihrer +hchsten Blthe, wie es ihr geziemte, ihrer Feinde angenommen, so wrde +sie jetzt, in der Zeit der Noth, Freunde in ihnen gefunden haben. +Vielleicht war es noch nicht zu spt, vielleicht konnte sie noch die +Taktik ihres Bedrckers gegen ihn selbst kehren. Es gab unter den +Anglikanern eine gemigte Partei, welche den protestantischen +Dissenters immer freundlich gesinnt gewesen war. Allerdings war diese +Partei nicht zahlreich, aber die Talente, Kenntnisse und Tugenden ihrer +Mitglieder machten sie achtunggebietend. Sie war von den hchsten +Wrdentrgern der Kirche nicht mit gnstigem Auge betrachtet und von den +Frmmlern aus der Schule Laud's schonungslos verunglimpft worden; aber +von dem Tage, an welchem die Indulgenzerklrung erschien, bis zu dem +Tage, wo Jakob's Macht aufhrte Schrecken einzuflen, schien die ganze +Kirche von dem Geiste der verleumdeten Latitudinarier beseelt zu sein +und von ihren Rathschlgen geleitet zu werden. + + +[_Der Hof und die Kirche._] Nun folgte eine Art von Versteigerung, die +sonderbarste, von der uns die Geschichte erzhlt. Der Knig auf der +einen, die Kirche auf der andren Seite begannen einander zu berbieten, +um die Gunst Derer zu erlangen, zu deren Unterdrckung sie bis dahin +verbndet gewesen waren. Die protestantischen Dissenters, die noch vor +wenigen Monaten eine verachtete und gechtete Klasse gewesen waren, +hielten jetzt die Wage der Macht in ihrer Hand. Die Hrte, mit der sie +behandelt worden waren, wurde allgemein verdammt. Der Hof suchte die +ganze Schuld auf die Hierarchie zu wlzen, und die Hierarchie warf sie +zurck auf den Hof. Der Knig erklrte, da er die Separatisten wider +Willen nur deshalb verfolgt habe, weil seine Angelegenheiten in einem +Zustande gewesen wren, bei dem er es nicht hatte wagen drfen, dem +Klerus der Staatskirche zu nahe zu treten. Dieser versicherte, da er +nur aus Ehrerbietung vor der Autoritt des Knigs an einer Strenge Theil +genommen habe, die seinen Gefhlen durchaus fremd sei. Der Knig brachte +eine Sammlung von Anekdoten von Rectoren und Vikaren zusammen, welche +durch Androhung von Verfolgung von protestantischen Dissenters Geld +erpret hatten. Er sprach hufig und ffentlich ber diesen Gegenstand, +drohte mit einer Untersuchung, welche die Pfarrer der ganzen Welt in +ihrem wahren Character zeigen werde und erlie in der That mehrere +Verordnungen, durch welche Agenten, auf die er sich verlassen zu knnen +glaubte, ermchtigt wurden, den Betrag der Summen zu ermitteln, welche +in verschiedenen Landestheilen von Bekennern der herrschenden Religion +Sectirern abgepret worden waren. Die Vertheidiger der Landeskirche +fhrten dagegen Beispiele von rechtschaffenen Pfarrern an, welche vom +Hofe Verweise und Drohungen erhalten, weil sie auf der Kanzel +Duldsamkeit empfohlen und sich geweigert hatten, kleine Gemeinden von +Nonconformisten auszuspren und zu Tode zu hetzen. Der Knig behauptete, +da einige Mitglieder der Staatskirche, die er privatim vorgenommen, +sich erboten hatten, den Katholiken ausgedehnte Zugestndnisse zu +machen, unter der Bedingung, da die Verfolgung gegen die Puritaner +ihren Fortgang behalte. Die angeklagten Anhnger der Staatskirche +leugneten heftig die Wahrheit dieser Beschuldigung und behaupteten, da, +wenn sie sich mit dem, was der Knig fr seine eigene Kirche verlangte, +einverstanden erklrt htten, er ihnen sehr gern gestattet haben wrde, +sich durch Verfolgung und Ausplnderung protestantischer Dissenters zu +entschdigen.[34] + +Der Hof hatte seine Physiognomie verndert. Die Schrpe und der +Priesterrock der anglikanischen Geistlichen konnten sich daselbst kaum +noch sehen lassen ohne spttisches Lcheln und boshaftes Geflster +hervorzurufen. Die Hofdamen erlaubten sich nicht mehr zu kichern und die +Kammerherren verbeugten sich bis zur Erde, wenn sich das puritanische +Gesicht und die puritanische Tracht, welche in den vornehmen Zirkeln so +lange Zeit Lieblingsgegenstnde des Spotts gewesen waren, in den +Gallerien des Palastes zeigten. Taunton, das zwei Generationen hindurch +die Veste der Rundkopfpartei im Westen gewesen war, das die Armeen +Karl'sI. zweimal tapfer zurckgeschlagen, sich zur Untersttzung +Monmouth's wie ein Mann erhoben hatte und von Kirke und Jeffreys in eine +Schlachtbank verwandelt worden war, schien pltzlich die Stelle erobert +zu haben, welche Oxford einst in der kniglichen Gunst eingenommen.[35] +Der Knig gewann es ber sich, ausgezeichneten Dissenters sogar mit +kriechender Hflichkeit zu begegnen. Einigen bot er Geld an, Anderen +stdtische Ehrenmter, noch Anderen Begnadigung von Verwandten und +Freunden, die wegen Theilnahme an dem Ryehousecomplot oder wegen +Anschlu an die Fahne Monmouth's auf dem Kontinent umherirrten oder in +den Zuckerplantagen von Barbados schwitzten. Er stellte sich sogar, als +ob er mit den freundlichen Gesinnungen der englischen Puritaner gegen +ihre auswrtigen Glaubensbrder sympathisirte. Eine zweite und dritte +Proklamation erschien in Edinburg, welche die den Presbyterianern durch +das Februaredict gewhrte nichtssagende Duldung bedeutend +erweiterten.[36] Die verbannten Hugenotten, die der Knig seit vielen +Monaten mit ungndigem Auge angesehen und denen er die von der Nation +aufgebrachten milden Gaben vorenthalten hatte, wurden jetzt untersttzt +und gehtschelt. Es wurde ein Ministerialbefehl erlassen, der die +ffentliche Mildthtigkeit nochmals zu ihren Gunsten aufrief. Die +Vorschrift, welche von ihnen den Anschlu an die anglikanische +Gottesverehrung als Bedingung des Empfangs einer Untersttzung +verlangte, scheint zu dieser Zeit stillschweigend aufgehoben gewesen zu +sein, und die Vertheidiger der Politik des Knigs hatten die Frechheit +zu behaupten, diese Vorschrift sei auf Andringen der Prlaten der +Staatskirche erlassen worden, whrend wir aus den sichersten Quellen +wissen, da sie von ihm selbst im Einverstndni mit Barillon ersonnen +worden war.[37] + +Whrend der Knig sich so die Gunst seiner alten Gegner zu erwerben +suchte, waren die Freunde der Landeskirche nicht weniger thtig. Von der +Bitterkeit und dem Hohne, mit dem die Prlaten und Priester seit der +Restauration die Sectirer zu behandeln pflegten, war kaum noch eine Spur +zu erkennen. Die, welche man ganz krzlich noch Schismatiker und +Fanatiker genannt hatte, waren jetzt geliebte Mitprotestanten, +Glaubensbrder, die vielleicht schwach sein mochten, aber deren +Gewissensskrupel immerhin zarte Rcksichtnahme verdienten. Wenn sie nur +in dieser Krisis der englischen Verfassung und dem reformirten Glauben +treu blieben, so sollte ihre Hochherzigkeit bald und reich belohnt +werden. Anstatt einer Indulgenz, welche keine gesetzliche Gltigkeit +htte, sollten sie eine wirkliche, durch eine Parlamentsacte gesicherte +Indulgenz haben. Ja, viele Mitglieder der Staatskirche, die sich bisher +durch ihr starres Festhalten an jeder in der Liturgie vorgeschriebenen +Geberde und Formel ausgezeichnet hatten, erklrten sich jetzt nicht nur +zur Duldung, sondern sogar zur Gleichstellung geneigt. Der Streit um +Chorrcke und Stellungen, sagten sie, habe nur zu lange Christen von +einander getrennt, welche doch in den wesentlichen Glaubenspunkten +bereinstimmten. Wenn der Kampf auf Tod und Leben gegen den gemeinsamen +Feind vorber wre, dann wrde man sehen, da die anglikanische +Geistlichkeit zu jedem billigen Zugestndnisse bereit sei. Wenn die +Dissenters nur nicht unbescheiden wren, so wrden ihnen nicht blos +brgerliche, sondern auch geistliche mter offen stehen, und Baxter und +Howe wrden ohne einen Flecken an ihrer Ehre oder ihrem Gewissen auf der +Bank der Bischfe sitzen knnen. + + [Anmerkung 34: Verordnungen des Schatzamts. Siehe besonders die + Instructionen vom 8. Mrz 1687/88; +Burnet, I. 715+; +Reflections + on His Majesty's Proclamation for a Toleration in Scotland+; + +Letters containing some Reflections on His Majesty's Declaration + for Liberty of Conscience+; +Apology for the Church of England + with relation to the spirit of Persecution for which she is + accused, 1687/88.+ Doch es ist mir unmglich, alle Flugschriften + anzufhren, aus denen ich mein Urtheil ber den damaligen Stand + der Parteien geschpft habe.] + + [Anmerkung 35: +Letter to a Dissenter+.] + + [Anmerkung 36: +Wodrow, Appendix, vol. II. Nos. 132, 134.+] + + [Anmerkung 37: +London Gazette, April 21. 1687+; +Animadversions + on a late paper entituled a Letter to a Dissenter, by H.C. (Henry + Care), 1687.+] + + +[_Brief an einen Dissenter._] Von den zahlreichen damaligen +Flugschriften, in denen die Sache des Hofes und die Sache der Kirche vor +dem Puritaner, der jetzt durch eine sonderbare Wendung des Geschicks das +Loos seiner Verfolger entscheiden sollte, eifrig und ngstlich +entwickelt wurde, ist jetzt nur noch eine in der Erinnerung, betitelt: ++Letter to a Dissenter+. In dieser meisterhaften kleinen Schrift waren +alle Argumente, die einen Nonconformisten berzeugen konnten, da es +seine Pflicht und sein Interesse sei, ein Bndni mit der Staatskirche +einem Bndnisse mit dem Hofe vorzuziehen, auf einem engen Raume in der +bersichtlichsten Ordnung zusammengestellt, mit geistreichem Witze +errtert und mit einer zwar lebhaften, aber selbst in den Momenten der +leidenschaftlichsten Heftigkeit die Grenzen des Anstandes und der seinen +Bildung nie berschreitenden Beredtsamkeit zur Geltung gebracht. Die +Schrift machte einen ungeheuren Eindruck, denn da sie nur einen Bogen +stark war, wurden ber zwanzigtausend Exemplare durch die Post versandt +und die Wirkung zeigte sich in jedem Winkel des Reichs. Es erschienen +vierundzwanzig Antworten darauf, aber die ganze Stadt erklrte sie fr +schlecht und die von Lestrange fr die schlechteste von allen +vierundzwanzig.[38] Die Regierung war sehr rgerlich und sparte keine +Mhe, um den Verfasser des Briefs ausfindig zu machen; aber es war nicht +mglich, rechtskrftige Beweise gegen ihn aufzubringen. Einige meinten +die Denk- und Sprachweise Temple's zu erkennen.[39] In Wirklichkeit aber +gehrte dieser umfassende und scharfe Verstand, diese lebhafte +Phantasie, dieser elegante und krftige Styl, diese ruhige und edle, +halb hofmnnische, halb philosophische Wrde, welche die heftigste +Aufregung des Kampfes nicht einen Augenblick aus der Fassung bringen +konnte, keinem Andren als Halifax an. + + [Anmerkung 38: +Lestrange's Answer to a Letter to a Dissenter+; + +Care's Animadversions on a Letter to a Dissenter+; +Dialogue + between Harry and Roger+, nmlich Harry Care und Roger Lestrange.] + + [Anmerkung 39: Der Brief war mit T. W. unterzeichnet. Care sagt in + seinen +Animadversions+: Dieser Herr Politiker T.W. oder W.T., + denn einige Kritiker halten dies fr die richtigere Lesart.] + + +[_Benehmen der Dissenters._] Die Dissenters schwankten und man darf +ihnen keinen Vorwurf daraus machen. Sie litten und der Knig hatte ihnen +Linderung verschafft. Einige ausgezeichnete Geistliche waren ihrer Haft +entlassen worden, andere hatten es gewagt, aus dem Exil zurckzukehren. +Gemeinden, die ihre Zusammenknfte bisher nur heimlich und im Dunklen +hatten abhalten knnen, versammelten sich jetzt am hellen Tage und +sangen laut ihre Psalmen vor den Augen von Magistratsbeamten, +Kirchenvorstehern und Constablern. Bescheidene Gotteshuser von +puritanischer Bauart begannen sich in allen Gegenden Englands zu +erheben. Der aufmerksame Reisende kann noch jetzt an einigen der +ltesten Bethuser die Jahrzahl 1687 erkennen. Dessen ungeachtet waren +die Anerbietungen der Kirche fr einen klugen Dissenter viel lockender +als die des Knigs. Die Indulgenzerklrung war in den Augen des Gesetzes +null und nichtig. Sie suspendirte die Strafgesetze gegen Nonconformitt +nur auf so lange, als die Grundprinzipien der Verfassung und die +rechtmige Autoritt des gesetzgebenden Krpers aufgehoben blieben. +Welchen Werth hatten Privilegien, die auf einen so schmachvollen und +zugleich so unsicheren Besitztitel beruhten? Es konnte bald eine +Thronerledigung eintreten, ein der Landeskirche anhngender Souverain +konnte auf den Thron kommen und ein aus Mitgliedern der Landeskirche +bestehendes Parlament gebildet werden. Wie beklagenswerth mute dann die +Lage der Dissenters werden, die sich mit Jesuiten gegen die Verfassung +verbndet hatten! Die Kirche bot eine Indulgenz ganz andrer Art als die +von Jakob gewhrte dar, eine Indulgenz, die eben so rechtsgltig und +heilig war als die Magna Charta. Beide streitende Parteien versprachen +dem Separatisten Glaubensfreiheit; aber die eine Partei verlangte von +ihm, da er sie durch Aufopferung der brgerlichen Freiheit erkaufen +sollte, whrend die andre ihn zum Genu der brgerlichen und religisen +zugleich einlud. + +Aus diesen Grnden konnte ein Dissenter sich wohl entschlieen, sein +Loos mit dem der Staatskirche zu verknpfen, selbst wenn er htte +glauben knnen, da der Hof es aufrichtig meinte. Aber wer garantirte +ihm fr die Aufrichtigkeit des Hofes? Jedermann kannte das bisherige +Benehmen Jakob's. Es war zwar nicht gerade unmglich, da ein Verfolger +durch Vernunftgrnde und Erfahrungen von den Vortheilen der +Religionsduldung berzeugt werden konnte. Aber Jakob behauptete, nicht +erst neuerdings berzeugt worden zu sein; im Gegentheil, er versumte +keine Gelegenheit, um zu versichern, da er schon seit vielen Jahren aus +Grundsatz aller Unduldsamkeit feind gewesen sei. Dennoch hatte er noch +vor wenigen Monaten Mnner, Frauen und junge Mdchen um ihrer Religion +willen bis zum Tode verfolgt. Hatte er damals gegen die bessere +berzeugung seines Gewissens gehandelt? oder sagte er jetzt eine +wissentliche Unwahrheit? Aus diesem Dilemma gab es keinen Ausweg und +jede der beiden Annahmen war fr den Ruf der Rechtschaffenheit des +Knigs gleich verderblich. Auerdem war auch allbekannt, da ihn die +Jesuiten ganz in ihrer Gewalt hatten. Erst wenige Tage vor der +Bekanntmachung der Indulgenz war dieser Orden dem wohlbekannten Willen +des heiligen Stuhles zum Trotz mit einem neuen Beweise seines Vertrauens +und seines Beifalls beehrt worden. Sein Beichtvater, Pater Mansuetus, +ein Franziskaner, dessen menschenfreundlicher Character und tadelloser +Lebenswandel die grte Achtung verdienten, den aber Tyrconnel und Petre +schon lngst haten, war entlassen worden. Den dadurch erledigten Posten +erhielt ein Englnder, Namens Warner, der von dem Glauben seines +Vaterlandes abgefallen und Jesuit geworden war. Den gemigten +Katholiken und dem Nuntius war dieser Wechsel nichts weniger als +angenehm, und jeder Protestant erblickte darin einen Beweis, da die +Jesuiten eine unumschrnkte Herrschaft ber das Gemth des Knigs +ausbten.[40] So groes Lob auch diese Vter mit Recht beanspruchen +konnten, besondere Liberalitt und Wahrheitsliebe konnte selbst die +Schmeichelei ihnen nicht beimessen. Da sie, wenn es das Interesse ihres +Glaubens oder ihres Ordens galt, niemals Bedenken trugen, den Beistand +des weltlichen Schwerts anzurufen, oder die Gesetze der Wahrheit und +Treue zu verletzen, dies war der Welt nicht nur durch protestantische +Anklger, sondern auch durch Mnner verkndet worden, deren +Tugendhaftigkeit und Genie der Stolz der rmischen Kirche war. Es war +unglaublich, da ein ergebener Schler der Jesuiten der +Gewissensfreiheit aus Grundsatz zugethan sein sollte; dagegen aber war +es weder unglaublich noch unwahrscheinlich, da er es fr gerechtfertigt +hielt, seine wahren Gesinnungen zu verbergen, um seiner Religion einen +Dienst zu erzeigen. Es war gewi, da dem Knige im Herzen die +Anglikaner lieber waren als die Puritaner; es war gewi, da, so lange +er noch Hoffnung hatte, die Anhnger der Staatskirche zu gewinnen, er +den Puritanern nie die geringste Freundlichkeit erwiesen hatte. Konnte +es also wohl einem Zweifel unterliegen, da er selbst jetzt noch die +Puritaner willig aufopfern wrde, wenn die Anglikaner sich seinen +Wnschen fgten? Sein wiederholt gegebenes Versprechen hatte ihn nicht +abgehalten, die gesetzlichen Rechte der Geistlichkeit anzutasten, welche +so viele sprechende Beweise von treuer Anhnglichkeit an sein Haus +gegeben hatte. Welche Sicherheit konnte sonach sein Wort Secten +gewhren, welche durch die Erinnerung an tausend geschlagene und +empfangene, nicht wieder gut zu machende Wunden von ihm geschieden +waren? + + [Anmerkung 40: Ellis' Correspondenz, 15. Mrz u. 27. Juli 1686; + Barillon, 28. Febr. (10. Mrz), 3.(13.) Mrz, 6.(16.) Mrz 1687; + Ronquillo, 9.(19.) Mrz 1687 in der Mackintosh-Sammlung.] + + +[_Einige von ihnen halten es mit dem Hofe. Care, Alsop, Rosewell._] Als +die durch Bekanntmachung der Indulgenz verursachte Aufregung sich ein +wenig gelegt hatte, zeigte es sich, da in der puritanischen Partei eine +Spaltung eingetreten war. Die Minoritt, mit einigen wenigen thtigen +Mnnern an der Spitze, deren Urtheil mangelhaft oder durch das Interesse +geleitet war, untersttzte den Knig. Heinrich Care, welcher lange Zeit +der heftigste und thtigste Pamphletist unter den Nonconformisten +gewesen war und der in den Tagen des papistischen Complots Jakob in +einer Schrift unter dem Titel +Packet of Advice from Rome+ +(Nachrichtenpacket von Rom) mit schrankenloser Wuth angegriffen hatte, +schmeichelte ihm jetzt eben so laut, als er ihn frher geschmht und +verleumdet hatte.[41] Der Hauptagent, dessen sich die Regierung zur +Bearbeitung der Presbyterianer bedient hatte, war Vincenz Alsop, ein +Geistlicher, der als Prediger wie auch als Schriftsteller nicht +unbekannt war. Sein Sohn, der wegen Hochverraths bestraft worden war, +wurde begnadigt, und daher widmete der Vater seinen ganzen Einflu dem +Hofe.[42] Mit Alsop verbunden war Thomas Rosewell. Rosewell war whrend +der durch die Entdeckung des Ryehousecomplots herbeigefhrten Verfolgung +der Dissenters flschlich angeklagt worden, da er gegen die Regierung +gepredigt habe. Jeffreys hatte auf seine Verurtheilung zum Tode +angetragen und eine bestochene Jury hatte ihn den klarsten Beweisen von +seiner Unschuld zum Trotz fr schuldig erklrt. Die Ungerechtigkeit des +Urtheils war so himmelschreiend, da selbst die Hflinge sich darber +emprt zeigten. Ein angesehener Tory, der den Verhandlungen des +Prozesses beigewohnt hatte, ging augenblicklich zu Karl und erklrte, +da der Hals des loyalsten Unterthanen in England nicht mehr sicher sein +wrde, wenn man Rosewell hinrichtete. Die Geschwornen selbst wurden von +Reue ergriffen, als sie berlegten, was sie gethan hatten, und boten +Alles auf, um dem Gefangenen das Leben zu retten. Endlich wurde seine +Begnadigung bewilligt, aber Rosewell mute drckende Brgschaft fr sein +ferneres Wohlverhalten stellen und zu bestimmten Zeiten persnlich vor +dem Gerichtshofe der Kings Bench erscheinen. Seine Brgschaften wurden +jetzt auf kniglichen Befehl erlassen und dadurch seine Dienste +gewonnen.[43] + + [Anmerkung 41: +Wood's Athenae Oxonienses+; +Observator+; + +Heraclitus Ridens+ an mehreren Stellen. Doch Care's eigene + Schriften sind das beste Material zur Wrdigung seines + Characters.] + + [Anmerkung 42: +Calamy's Account of the Ministers ejected or + silenced after the Restoration, Northamptonshire+; +Wood's Athenae + Oxonienses+; +Biographia Britannica.+] + + [Anmerkung 43: +Collection of State Trials+; +Samuel Rosewell's + Life of Thomas Rosewell, 1718+; +Calamy's Account.+] + + +[_Lobb._] Das Geschft, die Independenten zu gewinnen, war vornehmlich +einem ihrer Geistlichen, Namens Stephan Lobb, bertragen. Lobb war ein +schwacher, heftiger und ehrgeiziger Mann. Er hatte die Opposition gegen +die Regierung so weit getrieben, da sein Name in mehreren +Proklamationen gechtet worden war, shnte sich aber jetzt mit dem Hofe +aus und ging in der Servilitt eben so weit als er je in der Opposition +gegangen war. Er schlo sich der jesuitischen Cabale an und rieth eifrig +zu Maregeln, vor denen die verstndigsten und ehrenwerthesten +Katholiken zurckschauderten. Man bemerkte, da er fortwhrend im +Palaste und hufig im Privatkabinet des Knigs war, da er in einem +Glanze lebte, an den die puritanischen Geistlichen nicht gewhnt waren, +und da er bestndig von Bittstellern belagert war, denen er durch +seinen Einflu Stellen und Begnadigungen verschaffen sollte.[44] + + [Anmerkung 44: +London Gazette, March 15. 1685/6+; +Nichols's + Defence of the Church of England+; +Pierce's Vindication of the + Dissenters.+] + + +[_Penn._] Mit Lobb eng befreundet war Wilhelm Penn. Penn war nie ein +characterfester Mann gewesen, das Leben, das er seit zwei Jahren fhrte, +hatte sein sittliches Zartgefhl nicht wenig verhrtet, und wenn sein +Gewissen ihm einmal Vorwrfe machte, so trstete er sich immer wieder +mit dem Gedanken, da er einen guten und edlen Zweck verfolge und da +ihm seine Dienste nicht mit Geld bezahlt wrden. + +Durch den Einflu dieser und anderer weniger hervorragender Mnner +wurden mehrere Dissentergemeinden bewogen, Dankadressen an den Knig zu +richten. Toryistische Schriftsteller haben mit Recht bemerkt, da die +Sprache dieser Adressen so widerlich servil war wie nur in irgend einer +der berschwenglichsten Lobreden, welche den Stuarts von Bischfen +gespendet worden sind. Bei genauer Untersuchung stellt es sich heraus, +da die Schmach nur einem sehr kleinen Theile der puritanischen Partei +zur Last fllt. Es gab kaum einen Marktflecken in England, der nicht +wenigstens ein kleines Huflein Separatisten gehabt htte, und man +sparte keine Mhe, um sie zu einer uerung ihrer Dankbarkeit fr die +Indulgenz zu bewegen. Rundschreiben, welche sie zur Unterzeichnung +aufforderten, wurden nach allen Gegenden des Landes in solchen Massen +geschickt, da, wie man scherzweise sagte, die Postfelleisen den Pferden +zu schwer waren. Indessen belief sich die Gesammtzahl der Adressen, die +man von allen ber ganz England zerstreuten Presbyterianern, +Independenten und Baptisten erlangen konnte, noch nicht auf sechzig; +auch ist kein Grund zu der Vermuthung vorhanden, da diese Adressen +zahlreiche Unterschriften hatten.[45] + + [Anmerkung 45: Die Adressen sind in der London Gazette zu finden.] + + +[_Die Mehrzahl der Puritaner ist gegen den Hof. Baxter._] Die groe +Masse der protestantischen Nonconformisten, welche fest an den +brgerlichen Freiheiten hing und den Versprechungen des Knigs und der +Jesuiten nicht traute, weigerte sich standhaft, fr eine Begnstigung zu +danken, hinter der man mit gutem Grund eine Schlinge argwhnen durfte. +Dies war die Stimmung aller angesehensten Oberhupter der Partei. Zu +ihnen gehrte Baxter. Er war, wie wir gesehen haben, bald nach Jakob's +Thronbesteigung in Untersuchung gezogen, von Jeffreys grblich insultirt +und von einer Jury, wie die hfischen Sheriffs der damaligen Zeit sie zu +whlen pflegten, fr schuldig erklrt worden. Baxter befand sich seit +ungefhr anderthalb Jahren im Gefngni, als der Hof ernstlich darauf zu +denken begann, die Nonconformisten zu gewinnen. Er wurde nicht allein in +Freiheit gesetzt, sondern auch bedeutet, da er, wenn er sonst wollte, +seinen Aufenthalt in London nehmen knnte, ohne die Anwendung der +Fnfmeilenacte gegen sich zu frchten. Die Regierung hoffte +wahrscheinlich, da die Erinnerung an vergangene Leiden und das Gefhl +der gegenwrtigen Erlsung auf ihn die nmliche Wirkung uern werde, +wie auf Rosewell und Lobb. Diese Hoffnung erwies sich jedoch als irrig. +Baxter war weder zu bestechen, noch zu tuschen; er weigerte sich, +irgend eine Dankadresse fr die Indulgenz zu unterzeichnen und +verwendete seinen ganzen Einflu zur Herbeifhrung eines guten +Vernehmens zwischen der Staatskirche und den Presbyterianern.[46] + + [Anmerkung 46: +Calamy's Life of Baxter.+] + + +[_Howe._] Wenn es irgend einen Mann gab, der in der Achtung der +protestantischen Dissenters noch hher stand als Baxter, so war dies +Johann Howe. Howe hatte, wie Baxter, durch den neuerlichen Umschwung der +Politik persnlich gewonnen. Die nmliche Tyrannei, welche Baxter ins +Gefngni warf, hatte ihn in die Verbannung getrieben und bald nach +Baxter's Entlassung aus dem Gefngnisse der Kings Bench kehrte Howe von +Utrecht nach England zurck. Man erwartete in Whitehall, da Howe den +ganzen Einflu, den er auf seine Glaubensgenossen ausbte, zu Gunsten +des Hofes verwenden werde. Der Knig selbst lie sich herab, den +Unterthan, den er unterdrckt hatte, um seinen Beistand zu bitten. Howe +scheint geschwankt zu haben; der Einfu Hampden's aber, mit dem er intim +befreundet war, vermochte ihn, der Sache der Verfassung treu zu bleiben. +Eine Versammlung presbyterianischer Geistlichen wurde in seinem Hause +gehalten, um ber die Lage der Dinge zu berathen und ber den +einzuschlagenden Weg einen Beschlu zu fassen. Im Palaste erwartete man +mit ngstlicher Spannung das Ergebni. Zwei knigliche Abgesandte +wohnten der Verhandlung bei, und sie kamen mit der unwillkommnen +Nachricht zurck, da Howe sich entschieden gegen das Dispensationsrecht +erklrt und nach langer Debatte die Majoritt der Versammlung fr sich +gewonnen habe.[47] + + [Anmerkung 47: +Calamy's Life of Howe+. Den Antheil, den die + Familie Hampden an dieser Angelegenheit gehabt, habe ich aus einem + Briefe von Johnstone an Waristoun vom 13. Juni 1688 erfahren.] + + +[_Bunyan._] Neben Baxter und Howe mu noch ein andrer Mann genannt +werden, der nach seiner Stellung und Gelehrsamkeit tief unter ihnen, an +Tugend aber ihnen gleich, und an Genie hoch ber ihnen stand, Johann +Bunyan. Bunyan war ursprnglich Kesselflicker gewesen und hatte als +gemeiner Soldat in der Parlamentsarmee gedient. Schon in seinen frheren +Jahren hatten ihn furchtbare Gewissensbisse wegen seiner Jugendsnden +geqult, von denen jedoch die schlimmsten solche gewesen zu sein +scheinen, welche die Welt fr verzeihlich hlt. Seine groe Reizbarkeit +und seine glhende Phantasie machten seine inneren Kmpfe ganz besonders +qualvoll. Er bildete sich ein, da ein Verdammungsurtheil ber ihn +verhngt sei, da er den heiligen Geist gelstert, da er Christum +verkauft habe und da er thatschlich von einem bsen Geiste besessen +sei. Bald vernahm er laute Warnungsstimmen vom Himmel, bald versuchte +ihn der Teufel durch gottlose Einflsterungen. Er hatte Visionen von +entfernten Berggipfeln, welche die Sonne glnzend beleuchtete, von denen +er aber durch eine Schneewste getrennt war. Er fhlte wie der Teufel +ihn an den Kleidern zupfte; er glaubte, das Kainszeichen sei ihm +aufgedrckt; er frchtete da er zerbersten werde, wie Judas. Diese +Seelenkmpfe zerrtteten seine Gesundheit. Den einen Tag zitterte er wie +ein vom Schlage Getroffener; ein andermal brannte es ihn wie Feuer in +der Brust. Es ist kaum zu begreifen, da er so entsetzlichen und +andauernden Qualen nicht unterlag. Endlich zertheilten sich die Wolken. +Aus dem Abgrunde der Verzweiflung erhob sich der Bende in einen +Zustand heiterer Glckseligkeit. Ein unwiderstehlicher Drang trieb ihn +an, auch Andere des Segens theilhaftig werden zu lassen, dessen er +selbst geno.[48] Er schlo sich den Baptisten an und wurde Prediger und +Schriftsteller. Seine Erziehung war die eines Handwerkers gewesen und er +verstand keine andre Sprache als die englische, wie sie von dem niederen +Volke gesprochen wird. Er hatte kein groes Musterwerk studirt, mit der +einzigen, allerdings sehr bedeutenden Ausnahme unsrer herrlichen +Bibelbersetzung. Seine Orthographie war schlecht; er machte hufige +Verste gegen die Regeln der Grammatik. Doch sein angebornes Genie und +seine durch eigene Erfahrung erworbene Kenntni aller religisen +Gefhle, von der Verzweiflung bis zur Verzckung, ersetzten in ihm +reichlich den Mangel an Gelehrsamkeit. Seine natrliche Beredtsamkeit +erhob und rhrte Zuhrer, welche bei den fleiig ausgearbeiteten +Vortrgen groer Dialektiker und Hebraisten kalt blieben. Seine Werke +waren unter den niederen Klassen weit verbreitet. Eines davon, des +Pilgers Reise, wurde schon zu seinen Lebzeiten in mehrere fremde +Sprachen bersetzt. Den Gelehrten und hher Gebildeten war es jedoch +kaum bekannt, und die frommen Httenbewohner und Handwerker hatten sich +bereits seit einem Jahrhundert daran erfreut, als es endlich von einem +in der Literatur sehr hochstehenden Manne ffentlich empfohlen wurde. +Die Kritik lie sich nun herab, das Geheimni einer so ausgedehnten und +dauernden Popularitt zu erforschen. Sie mute gestehen, da die +unwissende Menge richtiger geurtheilt hatte als die Gelehrten und da +das verachtete Bchlein wirklich ein Meisterwerk war. Bunyan ist in der +That ebenso gewi der erste Allegoriker, wie Demosthenes der erste +Redner und Shakespeare der erste Dramatiker ist. Zwar haben andere +Allegoriker eine gleiche Erfindungsgabe gezeigt; aber kein andrer ist je +im Stande gewesen, das Herz zu rhren und abstracte Begriffe zu +Gegenstnden des Entsetzens, des Mitleids und der Liebe zu machen.[49] + +Es drfte zu bezweifeln sein, ob irgend ein englischer Dissenter die +Last der Strafgesetze schwerer empfunden hat als Johann Bunyan. Von den +siebenundzwanzig Jahren, welche seit der Restauration verstrichen waren, +hatte er zwlf im Gefngni zugebracht. Dennoch fuhr er fort zu +predigen, aber um dies zu knnen, mute er sich als Fuhrmann verkleiden. +Oft wurde er, im Fuhrmannskittel und mit der Peitsche in der Hand, durch +eine Hinterthr in die Versammlung eingefhrt. Htte er nur an seine +eigene Ruhe und Sicherheit gedacht, so wrde er die Indulgenzerklrung +freudig begrt haben. Jetzt durfte er endlich am hellen Tage predigen +und ermahnen. Seine Gemeinde wuchs mit reiender Schnelligkeit. Tausende +hingen an seinen Lippen und in Bedford, wo er sich grtentheils +aufhielt, gingen reiche Beisteuern zum Bau eines Bethauses fr ihn ein. +Er stand in so hohem Ansehen bei dem gemeinen Volke, da die Regierung +ihm gern ein stdtisches Amt bertragen htte; aber sein scharfer +Verstand und sein treues englisches Herz widerstanden siegreich allen +Versuchungen und Tuschungen. Er war fest berzeugt, da die angebotene +Duldung nur ein Kder sei, um die puritanische Partei damit ins +Verderben zu locken; auch wollte er nicht durch Annahme einer Stelle, zu +der er nicht gesetzlich qualificirt war, die Gltigkeit der +Dispensationsgewalt anerkennen. Eine der letzten edlen Handlungen seines +tugendreichen Lebens war die Ablehnung einer Unterredung, zu der er +durch einen Agenten der Regierung eingeladen wurde.[50] + + [Anmerkung 48: +Bunyan's Grace Abounding.+] + + [Anmerkung 49: Young stellt Bunyan's Prosa auf gleiche Stufe mit + Durfey's Poesie. Die fashionablen Leute im +Spiritual Quixote+ + stellen den +Pilgrim's Progress+ mit +Jack the Giantkiller+ + zusammen. Spt im achtzehnten Jahrhundert wagte Cowper nur eine + Anspielung auf den groen Allegoriker: + + Nicht nennen will ich dich, damit Dein Name + Statt wohlverdienten Ruhm nicht Hohn Dir bringe.] + + [Anmerkung 50: Fortsetzung von Bunyan's Biographie im Anhang zu + seiner berstrmenden Gnade.] + + +[_Kiffin._] So gro Bunyan's Ansehen bei den Baptisten war, Wilhelm +Kiffin's Ansehen war noch grer. Kiffin war in Bezug auf Rang und +Reichthum der Erste unter ihnen. Er pflegte seine geistlichen Talente +bei ihren Versammlungen auszuben, erwarb sich aber nicht durch Predigen +seinen Unterhalt. Er machte groe Handelsgeschfte, stand an der Brse +in hohem Ansehen und hatte sich ein bedeutendes Vermgen gesammelt. +Niemand htte vielleicht unter den dermaligen Verhltnissen dem Hofe +werthvollere Dienste leisten knnen als er. Aber zwischen ihm und dem +Hofe stand die Erinnerung an ein entsetzliches Ereigni. Er war der +Grovater der Gebrder Hewling, der beiden muthigen Jnglinge, welche +von allen Opfern der blutigen Assisen vielleicht am allgemeinsten +bedauert worden waren. Fr das traurige Loos des einen von ihnen war +Jakob ganz besonders verantwortlich. Jeffreys hatte dem jngeren Bruder +einen Aufschub bewilligt. Churchill hatte der Schwester der beiden +jungen Mnner eine Audienz beim Knige verschafft, und sie hatte um +Gnade gefleht; aber des Knigs Herz war unerbittlich gewesen. Es war fr +die ganze Familie ein harter Schlag; am meisten aber war Kiffin zu +bedauern. Er war siebzig Jahr alt, als er vereinsamt dastand. Diejenigen +berlebend, die ihn hatten berleben sollen. Die herzlosen und feilen +Schmarotzer von Whitehall glaubten, indem sie nach sich selbst +urtheilten, der alte Mann werde durch einen Aldermansmantel und durch +eine Geldentschdigung fr das verwirkte Vermgen seiner Enkel leicht +wieder zu gewinnen sein. Penn wurde zu dem Verfhrungswerke ausersehen; +aber seine Bemhungen waren vergebens. Der Knig beschlo hierauf, die +Wirkung seiner persnlichen Artigkeit zu versuchen. Kiffin wurde in den +Palast beschieden. Er fand einen glnzenden Kreis von Kavalieren und +Gentlemen versammelt. Jakob kam ihm sogleich entgegen, redete ihn sehr +freundlich an und schlo mit den Worten: Ich habe Sie zu einem der +Aldermen von London bestimmt, Herr Kiffin. Der alte Mann sah den Knig +fest an, brach in Thrnen aus und antwortete: Sire, ich bin abgenutzt, +ich bin nicht mehr fhig, Eurer Majestt oder der Hauptstadt zu dienen. +Und berdies, Sire, hat der Tod meiner armen Jungen mir das Herz +gebrochen. Diese Wunde ist noch heute so frisch wie jemals, und ich +werde sie mit ins Grab nehmen. Der Knig schwieg einige Augenblicke +sichtlich bewegt und sagte dann: Ich werde einen Balsam fr diese Wunde +finden, Herr Kiffin. Es war gewi nicht Jakob's Absicht, etwas +Krnkendes oder bermthiges zu sagen, im Gegentheil, er scheint sich in +einer ungewhnlich weichen Stimmung befunden zu haben. Dennoch wirft +keine uerung die uns von ihm berichtet wird, ein so nachtheiliges +Licht auf seinen Character als diese wenigen Worte. Es sind die Worte +eines hartherzigen, niedrig denkenden Mannes, der sich keine Verwundung +des Gefhls denken kann, welche durch eine Stelle oder durch eine +Pension nicht vollkommen zu heilen wre.[51] + +Der Theil der Dissenters, der sich der neuen Politik des Knigs gnstig +zeigte, war von Anfang an klein gewesen und begann bald noch mehr +zusammenzuschmelzen. Denn die Nonconformisten erkannten in nicht langer +Zeit, da ihre geistlichen Privilegien durch die Indulgenz eher +geschmlert als erweitert worden waren. Der characteristische Zug des +Puritaners war Abscheu gegen die Eigenthmlichkeiten der rmischen +Kirche. Er hatte sich nur deshalb von der anglikanischen Kirche +losgetrennt, weil er meinte, da sie ihrer hochmthigen und ppigen +Schwester, der Zauberin mit dem goldenen Becher und dem Purpurgewande, +zu hnlich she. Jetzt fand er, da eine von den stillschweigenden +Bedingungen des Bndnisses, welches einige seiner Seelenhirten mit dem +Hofe geschlossen hatten, die war, da die Religion des Hofes mit Achtung +und Schonung behandelt werden sollte. Er begann bald sich nach den Tagen +der Verfolgung zurckzusehnen. So lange die Strafgesetze noch angewendet +wurden, hatte er die Worte des Lebens zwar im Geheimen und mit +persnlicher Gefahr angehrt, aber er hatte sie doch gehrt. Wenn die +Brder in ihrer Stube versammelt waren, wenn die Schildwachen +ausgestellt und die Thren verschlossen waren, wenn der Prediger in der +Kleidung eines Metzgers oder Fuhrmanns ber das Dach hereingekommen war, +dann wurde wenigstens ein wirklicher Gottesdienst gehalten. Kein Theil +der gttlichen Wahrheit ward aus weltlichen Rcksichten unterdrckt oder +verstmmelt, alle unterscheidenden Lehren der puritanischen Theologie +wurden vollstndig und sogar in ihrer ungeschminktesten Form +dargestellt. Der rmischen Kirche ward kein Pardon gegeben. Das Thier, +der Antichrist, der Mensch der Snde, die mystische Isabel, das +mystische Babylon waren die Ausdrcke, mit denen man jenen hehren und +bezaubernden Aberglauben zu bezeichnen pflegte. Dies war einst die +Sprache Alsop's, Lobb's, Rosewell's und anderer Geistlichen gewesen, +welche krzlich im Palast wohl aufgenommen worden waren; aber so +sprachen sie jetzt nicht mehr. Geistliche, die nach einer hohen Stufe in +der Gunst und dem Vertrauen des Knigs strebten, durften es nicht wagen, +in harten Worten von der Religion des Knigs zu sprechen. Die Gemeinden +beklagten sich daher laut, da sie seit dem Erscheinen der +Indulgenzerklrung, welche ihnen dem Wortlaute nach doch vllige +Gewissensfreiheit gewhren wollte, das Evangelium nie mehr khn und rein +htten verknden hren. Frher hatten sie ihre geistliche Nahrung +verstohlen erhaschen mssen, aber wenn sie sie erhascht hatten, so +fanden sie sie wenigstens ganz nach ihrem Geschmacke zubereitet. Jetzt +konnten sie sie ffentlich und in aller Bequemlichkeit zu sich nehmen, +aber sie hatte ihren ganzen Wohlgeschmack verloren. Sie versammelten +sich bei Tage und in gerumigen Lokalen; aber sie hrten Predigten, die +ihnen bei weitem nicht so gefielen, als die, welche der Rector ihnen +gehalten haben wrde. In der Pfarrkirche wurde der selbstgeschaffene +Gottesdienst und die Abgtterei Roms jeden Sonntag energisch +angegriffen; im Versammlungshause aber htete sich der Pastor, der noch +vor wenigen Monaten die Geistlichen der Landeskirche fr nicht viel +besser als die Papisten erklrt hatte, jetzt sorgfltig, den Papismus zu +tadeln, oder kleidete seinen Tadel wenigstens in ein so mildes Gewand, +da er selbst das Ohr eines Pater Petre nicht beleidigt haben wrde. +Auch war es nicht mglich, fr diesen Wechsel einen stichhaltigen Grund +aufzufinden. Die rmisch-katholischen Lehren hatten sich nicht +verndert; seit Menschengedenken waren die katholischen Priester noch +nie so eifrig im Proselytenmachen gewesen; noch nie waren so viele +katholische Schriften aus der Presse hervorgegangen; noch nie hatten +Alle, die sich um die Religion kmmerten, den Streit zwischen Katholiken +und Protestanten mit so gespannter Aufmerksamkeit verfolgt. Was konnte +man also von der Aufrichtigkeit von Theologen halten, welche nicht mde +geworden waren, den Papismus zu schmhen, so lange derselbe +vergleichsweise harmlos und wehrlos war, und die jetzt, wo eine Zeit +wirklicher Gefahr fr den reformirten Glauben gekommen, sorgfaltig jedes +Wort vermieden, das einem Jesuiten Ansto geben konnte? Ihr Benehmen war +in der That nicht schwer zu erklren. Es war bekannt, da einige von +ihnen Begnadigungen erlangt, es wurde vermuthet, da andere Geld +bekommen hatten. Ihr Vorbild war der schwache Apostel, der aus Angst den +Herrn verleugnete, dem er prahlerisch die unverbrchlichste Treue gelobt +hatte, oder der noch schlechtere Apostel, der seinen Herrn um eine +Handvoll Silberlinge verkaufte.[52] + +So verloren die vom Hofe gewonnenen Dissentergeistlichen rasch den +Einflu, den sie einst auf ihre Glaubensbrder besessen hatten. Auf der +andren Seite fhlten sich die Sektirer durch eine starke religise +Sympathie zu den anglikanischen Prlaten und Priestern hingezogen, +welche trotz kniglicher Befehle, Drohungen und Versprechungen einen +heftigen Krieg gegen die rmische Kirche unterhielten. Die so lange +durch tdtliche Feindschaft getrennt gewesenen Anglikaner und Puritaner, +nherten sich einander mit jedem Tage mehr und mehr und jeder Schritt +zur Einigung vermehrte den Einflu des Mannes, der ihr gemeinsames +Oberhaupt war. Wilhelm eignete sich in jeder Beziehung zum Vermittler +zwischen diesen beiden groen Parteien der englischen Nation. Man konnte +nicht sagen, da er einer von beiden angehre; aber keine von beiden +konnte sich bei ruhiger berlegung weigern, ihn als einen Freund zu +betrachten. Sein theologisches System stimmte mit dem der Puritaner +berein. Zu gleicher Zeit betrachtete er das Episcopat wenn auch nicht +als eine gttliche Einrichtung, doch als eine vollkommen rechtmige und +hchst ntzliche Form des Kirchenregiments. Fragen ber Stellungen, +Gewnder, Festtage und Liturgien waren in seinen Augen keine +Lebensfragen. Ein einfacher Gottesdienst wie der, an den er von jeher +gewhnt war, wrde seinem persnlichen Geschmacke am meisten zugesagt +haben, aber er war dabei gern bereit, sich jedem Ritual zu fgen, das +der Nation angenehm war, und bestand nur darauf, da man ihm nicht +zumuthete, diejenigen seiner protestantischen Brder zu verfolgen, denen +ihr Gewissen es nicht zulie, seinem Beispiele zu folgen. Zwei Jahre +frher wrde er von zahlreichen Bigotten auf beiden Seiten fr einen +bloen Laodicer erklrt, worden sein, der weder kalt noch warm war und +zu nichts taugte als ausgestoen zu werden. Aber der Eifer, der +Anglikaner gegen Dissenters und Dissenters gegen Anglikaner entflammt +hatte, war durch gemeinsame Widerwrtigkeiten und Gefahren so gedmpft +worden, da die Lauheit, die man ihm frher als Verbrechen angerechnet, +jetzt als eine seiner Haupttugenden betrachtet wurde. + + [Anmerkung 51: +Kiffin's Memoirs+; Luson's Brief an Brooke vom 11. + Mai 1773 in der Hughes-Correspondenz.] + + [Anmerkung 52: Man sehe unter anderen zeitgenssischen + Flugschriften eine mit dem Titel: +A Representation of the + threatening Dangers impending over Protestants.+] + + +[_Der Prinz und die Prinzessin von Oranien gegen die +Indulgenzerklrung._] Jedermann war gespannt auf seine Ansicht ber die +Indulgenzerklrung. Eine Zeit lang nhrte man in Whitehall die Hoffnung, +da seine bekannte Achtung vor den Rechten des Gewissens ihn wenigstens +abhalten werde, ffentlich seine Mibilligung einer Politik +auszusprechen, die einen unleugbaren Anstrich von Freisinnigkeit hatte. +Penn schickte zahlreiche Auseinandersetzungen nach dem Haag und begab +sich sogar persnlich dahin, in der Hoffnung da seine Beredtsamkeit, +von der er eine hohe Meinung hatte, sich als unwiderstehlich erweisen +werde. Aber obgleich er sein Lieblingsthema mit einer Redseligkeit +entwickelte, die seine Zuhrer ermdete und obgleich er sie versicherte, +da ein Mann, der mit den Engeln verkehre, ihm das Herannahen eines +goldenen Zeitalters der Religionsfreiheit geoffenbart habe, so machte er +doch keinen Eindruck auf den Prinzen.[53] Ihr verlangt von mir, sagte +er zu einem der Agenten des Knigs, da ich einen Angriff auf meine +eigne Religion untersttzen soll. Das kann ich mit gutem Gewissen nicht +thun, und ich werde es nicht thun, nein, nicht um die Krone Englands, +nicht um die Herrschaft der Welt! Diese Worte wurden dem Knige +mitgetheilt und sie beunruhigten ihn nicht wenig.[54] Er schrieb mit +eigner Hand eindringliche Briefe. Zuweilen nahm er den Ton des +Beleidigten an. Er sei das Oberhaupt der kniglichen Familie, als +solches sei er berechtigt, von den jngeren Mitgliedern Gehorsam zu +erwarten, und es sei sehr hart, da er in einer Angelegenheit, die ihm +ber Alles am Herzen liege, auf Widerstand stoe. Andere Male wurde ihm +ein Kder vorgehalten, den man fr unwiderstehlich hielt. Wenn Wilhelm +nur in diesem einen Punkte nachgbe, so wrde die englische Regierung +ihm dafr krftigen Beistand gegen Frankreich leisten. Er lie sich aber +nicht bethren. Er wute, da Jakob selbst beim besten Willen ohne die +Untersttzung eines Parlaments nicht im Stande sein wrde, der +gemeinschaftlichen Sache Europa's einen wirksamen Dienst zu leisten, und +es konnte keinem Zweifel unterliegen, da wenn ein Parlament +zusammenkam, die erste Forderung beider Huser die Cassirung der +Indulgenzerklrung sein wrde. + +Die Prinzessin stimmte allen Meinungsuerungen ihres Gemahls bei, und +ihre gemeinschaftliche Ansicht wurde dem Knige in entschiedenen aber +gemigten Ausdrcken mitgetheilt. Sie erklrten, da sie das von Seiner +Majestt eingeschlagene Verfahren lebhaft bedauerten. Sie seien +berzeugt, da er sich ein Hoheitsrecht angemat habe, das ihm +gesetzlich nicht zustehe. Gegen diese Anmaung protestirten sie, nicht +nur als Freunde der brgerlichen Freiheit, sondern auch als Mitglieder +des kniglichen Hauses, als welche sie ein hohes Interesse an der +Erhaltung der Rechte dieser Krone htten, die sie einst tragen knnten. +Denn die Erfahrung habe gelehrt, da Willkrherrschaft in England +unfehlbar eine Reaction nach sich ziehe, die noch verderblicher sei als +jene selbst, und man msse mit Grund befrchten, da die durch die +Aussicht auf Despotismus beunruhigte und entrstete Nation selbst gegen +die constitutionelle Monarchie einen Widerwillen fassen wrde. Sie gben +daher dem Knige den Rath, da er in allen Dingen streng nach dem +Gesetze regieren mge. Sie gestnden sehr gern zu, da das Gesetz mit +Nutzen durch die competente Autoritt abgendert werden knne und da +ein Theil seiner Erklrung es wohl verdiene, einer Parlamentsacte +einverleibt zu werden. Sie seien keine Verfolger, sie wrden mit +Vergngen rmische Katholiken so gut als protestantische Dissenters in +geeigneter Weise von allen Strafgesetzen befreit, und ebenso gern +protestantische Dissenters in zweckmiger Weise zu brgerlichen mtern +zugelassen sehen. Weiter aber knnten Ihre Hoheiten nicht gehen. Sie +knnten sich der ernsten Besorgni nicht enthalten, da die Zulassung +rmischer Katholiken zu Staatsmtern groe Nachtheile hervorrufen +wrden, und es war nicht undeutlich zu verstehen gegeben, da der Grund +zu dieser Besorgni namentlich in Jakob's Handlungsweise liege.[55] + + [Anmerkung 53: +Burnet I. 693, 694.+] + + [Anmerkung 54: +Le Prince d'Orange, qui avoit lud jusqu'alors + de faire une rponse positive dit ... qu'il ne consentira jamaia + la suppression de ces lois qui avoient t tablies pour le + maintien et la suret de la religion Protestante, et que sa + conscience ne lui permettoit point, non seulement pour la + succession du royaume d'Angleterre, mais mme pour l'empire du + monde; en sorte que le roi d'Angleterre est plus aigri contre lui + qu'il n'a jamais t.+ -- Bonrepaux, 11.(21.) Juni 1687.] + + [Anmerkung 55: +Burnet, I. 710+; Bonrepaux, 24. Mai (4. Juni) + 1687.] + + +[_Vertheidigung ihrer Ansichten bezglich der englischen Katholiken._] +Die ausgesprochene Ansicht des Prinzen und der Prinzessin ber die +Ausschlieungen, denen die rmischen Katholiken unterworfen waren, +theilten fast alle Staatsmnner und Philosophen, welche damals der +politischen und religisen Freiheit eifrig das Wort redeten. In unsrer +Zeit dagegen haben erleuchtete Mnner oft mit Bedauern sich dahin +geuert, da Wilhelm in diesem einen Punkte gegen seinen Schwiegervater +im Nachtheil stehe. Das Wahre ist, da einige Erwgungen, welche +nothwendig sind, wenn man sich ein richtiges Urtheil bilden will, von +vielen Schriftstellern des neunzehnten Jahrhunderts nicht bercksichtigt +worden zu sein scheinen. + +Es sind zwei einander entgegengesetzte Irrthmer, in welche Diejenigen, +die sich mit dem Studium unsrer vaterlndischen Geschichte beschftigen, +in steter Gefahr sind zu verfallen: der Irrthum, da sie die Gegenwart +nach der Vergangenheit, und der Irrthum, da sie die Vergangenheit nach +der Gegenwart beurtheilen. Dem ersteren sind Diejenigen unterworfen, +welche geneigt sind alles Alte zu verehren, dem zweiten Diejenigen, +welche von allem Neuen angezogen werden. Auf den ersteren stt man +bestndig in den Raisonnements conservativer Politiker ber die Fragen +ihrer Zeit, der zweite findet sich immer in den Betrachtungen von +Schriftstellern der liberalen Richtung, wenn sie die Ereignisse einer +frheren Zeit besprechen. Der erstere ist bei einem Staatsmanne, der +andre bei einem Geschichtsschreiber verderblicher. + +Es ist fr Niemanden, der es in Unsrer Zeit unternimmt, ber die +Revolution zu schreiben, welche die Stuarts strzte, so leicht, die +rechte Mittelstrae zwischen diesen beiden Extremen stetig einzuhalten. +Die Frage, ob es gerathen sei, Mitglieder der katholischen Kirche zum +Parlament und zu Staatsmtern zuzulassen, erschtterte unser Vaterland +whrend der Regierung Jakob'sII., durch seinen Sturz wurde sie in den +Hintergrund zurckgedrngt, und nachdem sie ber ein Jahrhundert lang +geruht hatte, kam sie in Folge der groen Aufregung der Gemther, welche +dem Zusammentritt der franzsischen Nationalversammlung folgte, wieder +zur Sprache. Dreiig Jahre whrte der Streit in beiden Husern des +Parlaments, in jedem Wahlkrper, in jedem Kreise der Gesellschaft. Er +strzte Ministerien, zerri Parteien, machte in einem Theile des Landes +jede Regierung unmglich und brachte uns zuletzt an den Rand des +Brgerkrieges. Selbst nach Beendigung des Kampfes gohren die +Leidenschaften, die er aufgeregt hatte, noch immer fort. Ein Mann, +dessen Geist unter dem Einflusse dieser Leidenschaften stand, konnte +fast unmglich die Ereignisse der Jahre 1687 und 1688 in einem +vollkommen richtigen Lichte erblicken. + +Eine Klasse von Politikern, welche von dem richtigen Vordersatze +ausging, da die Revolution eine groe Wohlthat fr unser Land gewesen +sei, gelangte zu dem irrigen Schlusse, da keine Brgschaft, die von den +Staatsmnnern der Revolution zum Schutze unsrer Religion und unsrer +Freiheit fr nthig erachtet worden war, ohne Gefahr abgeschafft werden +knnte. Eine andre Klasse, die von dem ebenfalls richtigen Vordersatze +ausging, da die ber die Katholiken verhngten Ausschlieungen lange +Zeit nichts als Unheil verursacht htten, kam zu dem falschen Schlusse, +da diese Ausschlieungen zu keiner Zeit ntzlich und nothwendig gewesen +sein knnten. Der erste Trugschlu durchdrang die Reden des geistreichen +und gelehrten Eldon, der andre blieb selbst auf einen so ruhigen und +philosophischen Kopf wie Mackintosh nicht ganz ohne Einflu. + +Bei nherer Prfung wird es sich jedoch vielleicht zeigen, da wir das +von allen groen englischen Staatsmnnern des siebzehnten Jahrhunderts +einstimmig gebilligte Verfahren rechtfertigen knnen, ohne die Weisheit +des von allen groen englischen Staatsmnnern unsrer Zeit eben so +einstimmig gebilligten Verfahrens in Zweifel zu ziehen. + +Es ist unbestreitbar ein bel, wenn ein Brger seiner religisen Meinung +halber vom Staatsdienste ausgeschlossen sein soll; aber der menschlichen +Weisheit bleibt zuweilen nichts andres brig als die Wahl zwischen zwei +beln. Eine Nation kann in eine Lage kommen, in der die Mehrheit +entweder Ausschlieungen verhngen oder sich solche gefallen lassen +mu und wo das was unter gewhnlichen Verhltnissen mit Recht als +Verfolgung verdammt werden wrde, noch innerhalb der Grenzen der +Selbstvertheidigung liegt. In einer solchen Situation befand sich +England im Jahre 1687. + +Nach der Verfassung des Reichs hatte Jakob das Recht, fast alle +ffentlichen Beamten, bei der Regierung, bei den Gerichten, in der +Kirche, beim Militair und bei der Flotte zu ernennen. Bei der Ausbung +dieses Rechts war er nicht, wie unsere gegenwrtigen Souveraine, +genthigt, in bereinstimmung mit dem Rathe von Ministern, die das Haus +der Gemeinen billigte, zu handeln. Es lag also auf der Hand, da es, +wenn er durch das Gesetz nicht streng verbunden war, nur Protestanten +anzustellen, ihm frei stand, lauter Katholiken anzustellen. Die Anzahl +der rmischen Katholiken war unbedeutend, und es gab nicht einen +einzigen Mann unter ihnen, dessen Dienste der Staat ernstlich vermit +haben wrde. Das Verhltni, in dem ihre Zahl zur Gesammtbevlkerung +stand, war noch viel geringer als es gegenwrtig ist, denn gegenwrtig +ergiet sich ein ununterbrochener Auswanderungsstrom von Irland in +unsere groen Stdte, whrend es im siebzehnten Jahrhunderte noch nicht +einmal in London eine irische Colonie gab. Neunundvierzig Funfzigstel +der Bewohner des Knigreichs, neunundvierzig Funfzigstel des Vermgens +des Knigreichs, fast alle politischen, juristischen und militairischen +Talente und Kenntnisse, die das Land besa, waren protestantisch. +Trotzdem hatte der Knig in thrichter Verblendung sich vorgenommen, +sein unbegrenztes Ernennungsrecht als Mittel zum Proselytenmachen zu +benutzen. Seiner Kirche angehren war in seinen Augen der erste +Befhigungstitel fr ein Amt. Der Landeskirche angehren war entschieden +ein Grund der Nichtbefhigung. Er verwarf zwar in einer Sprache, welche +den Beifall einiger leichtglubigen Freunde der Glaubensfreiheit fand, +die monstrse Ungerechtigkeit des Religionseides, der eine kleine +Minderheit der Nation von ffentlichen mtern ausschlo; zu gleicher +Zeit aber fhrte er einen andren Religionseid ein, der die Mehrheit +ausschlo. Es schien ihm hart, da ein guter Finanzmann und loyaler +Unterthan lediglich deshalb weil er ein Papist war, von dem Posten eines +Lordschatzmeisters ausgeschlossen sein sollte; aber er selbst hatte +einen Lordschatzmeister, den er als einen tchtigen Finanzmann und +loyalen Unterthan anerkannt, blo deshalb abgesetzt, weil er Protestant +war. Er hatte wiederholt und bestimmt erklrt, er sei fest entschlossen, +den weien Stab niemals in die Hnde eines Ketzers zu geben. Mit vielen +anderen hohen Staatsmtern war er ebenso verfahren. Bereits waren der +Lordprsident, der Geheimsiegelbewahrer, der Oberkammerherr, der +Garderobeaufseher, der erste Lord des Schatzes, ein Staatssekretr, der +Lordobercommissar von Schottland, der Kanzler von Schottland und der +Sekretr von Schottland Katholiken oder gaben sich wenigstens dafr aus. +Die meisten von diesen Beamten waren von Haus aus Anglikaner und hatten +sich des offenen oder geheimen Abfalls schuldig gemacht, um ihre hohen +Stellen zu erlangen oder zu behalten. Jeder Protestant, der noch einen +wichtigen Staatsposten bekleidete, bekleidete ihn in bestndiger +Ungewiheit und Angst. Wir wrden nicht fertig werden, wollten wir +die untergeordneteren Stellen anfhren, welche von Mitgliedern der +begnstigten Klasse besetzt waren. In jedem Zweige der Verwaltung +wimmelte es schon von Katholiken. Sie waren Lordlieutenants, +stellvertretende Lieutenants, Richter, Friedensrichter, Zollcommissare, +Gesandte an fremden Hfen, Regimentsobersten und Festungscommandanten. +Der Antheil, den sie binnen wenigen Monaten von den durch die Krone zu +besetzenden weltlichen mtern erlangt hatten, war weit ber zehnmal so +gro, als er unter einem unparteiischen Systeme gewesen sein wrde. +Dies war indessen noch nicht das Schlimmste. Man hatte sie auch zu +Beherrschern der anglikanischen Kirche gemacht. Mnner, die den Knig +versichert hatten, da sie seines Glaubens seien, saen in der Hohen +Commission und bten die hchste geistliche Gerichtsbarkeit ber alle +Prlaten und Priester der Landeskirche aus. Kirchliche Pfrnden von +hohem Ansehen waren theils erklrten, theils verkappten Papisten +verliehen worden. Und dies Alles war geschehen, whrend die Gesetze +gegen den Papismus noch in Kraft waren und Jakob noch gegrndete Ursache +hatte, Achtung vor den Rechten des Gewissens zu heucheln. Was war also +von ihm zu erwarten, wenn seine Unterthanen einwilligten, ihn durch ein +Gesetz von jedem Schatten der Beschrnkung vollends zu befreien? Kann +man wohl daran zweifeln, da Protestanten durch eine streng gesetzmige +Anwendung der kniglichen Prrogative eben so wirksam von Anstellungen +ausgeschlossen worden wren, als jemals rmische Katholiken durch eine +Parlamentsacte ausgeschlossen worden sind? + +Wie hartnckig Jakob entschlossen war, den Mitgliedern seiner Kirche +einen Antheil an den ffentlichen mtern zu gewhren, der zu ihrer Zahl +und zu ihrer Bedeutung auer allem Verhltni stand, geht aus den +Instructionen hervor, die er im Exil und im hohen Alter als Leitfaden +fr seinen Sohn aufzeichnete. Es ist unmglich, diese Ergsse eines +Mannes, an dem alle Lehren der Erfahrung und des Unglcks spurlos +vorbergegangen waren, ohne ein Gemisch von Mitleid und Verachtung zu +lesen. Dem Prtendenten wird anempfohlen, wenn er einmal zur Regierung +in England gelangen sollte, die mter zu theilen und den Mitgliedern der +rmischen Kirche einen Antheil zu reserviren, der gro genug fr sie +gewesen sein wrde, wenn sie die Hlfte, anstatt ein Funfzigstel der +Nation gebildet htten. Ein Staatssekretr, ein Schatzcommissar, der +Kriegssekretr, die Mehrheit der Growrdentrger des Hofstaates und die +Mehrzahl der Offiziere der Armee mten immer Katholiken sein. Dies +waren Jakob's Ansichten selbst dann noch, als seine thrichte Bigotterie +ihm eine Strafe zugezogen hatte, ber welche die ganze Welt erschrocken +war. Kann man also wohl in Zweifel darber sein, wie er gehandelt haben +wrde, wenn sein Volk, durch den leeren Namen der religisen Freiheit +geblendet, ihn ohne Zgel htte fortregieren lassen? + +Selbst Penn scheint trotz seiner blinden und malosen Begeisterung fr +die Indulgenzerklrung eingesehen zu haben, da man sich nicht wundern +durfte, wenn die Parteilichkeit, mit der rmische Katholiken mit +Ehrenstellen und Einknften berschttet wurden, die Eifersucht der +Nation erregte. Er gab zu, da die Protestanten im Fall der Aufhebung +der Testacte Anspruch auf ein quivalent htten, und ging sogar so weit, +da er verschiedene quivalente vorschlug. Schon seit mehreren Wochen +war das Wort quivalent, damals erst krzlich aus Frankreich eingefhrt, +im Munde aller Kaffeehausredner; endlich aber machten einige Seiten +scharfsinniger Logik und feiner Sarkasmen aus Halifax' Feder diesen +hohlen Projecten ein Ende. Einer von Penn's Plnen bestand darin, da +ein Gesetz erlassen werden sollte, welches die von der Krone zu +verleihenden mter in drei gleiche Theile theilte, von denen nur einer +den Mitgliedern der katholischen Kirche zufallen sollte. Selbst unter +einem solchen System wrden die Katholiken noch immer zwanzigmal den +ihnen eigentlich zustehenden Antheil erhalten haben, und doch kann man +nicht annehmen, da der Knig selbst in eine solche Anordnung gewilligt +haben wrde. Htte er aber auch darein gewilligt, welche Garantie konnte +er bieten, da er auch wirklich an diesem bereinkommen festhielt? Man +hatte keine Antwort auf das von Halifax aufgestellte Dilemma: wenn +Gesetze fr Euch bindend sind, so beobachtet das jetzt bestehende +Gesetz; sind sie nicht bindend fr Euch, so ist es auch nutzlos, uns ein +Gesetz als Brgschaft zu bieten.[56] + +Es ist sonach klar, da es sich gar nicht darum handelte, ob weltliche +mter allen Religionsparteien ohne Unterschied offen stehen sollten. So +lange Jakob Knig war, war Ausschlieung unvermeidlich, und es fragte +sich nur, wer ausgeschlossen werden sollte, ob Papisten oder +Protestanten, die Wenigen oder die Vielen, hunderttausend Englnder oder +fnf Millionen. + +Dies sind die gewichtigen Grnde, durch welche das Verfahren des Prinzen +von Oranien gegen die englischen Katholiken mit den Grundstzen der +Glaubensfreiheit in Einklang gebracht werden kann. Diese Grnde haben, +wie man bemerken wird, mit keinem Theile der katholischen Theologie +etwas zu thun. Ebenso wird man einsehen, da sie ihr ganzes Gewicht +verlieren muten, als die Krone an ein protestantisches Herrscherhaus +gekommen und die Macht des Unterhauses im Staate ein so entschiedenes +bergewicht erlangt hatte, da kein Souverain, mochten seine Ansichten +oder Neigungen sein, welche sie wollten, das Beispiel Jakob's +nachahmen konnte. Die Nation befand sich indessen nach ihren Schrecken, +ihren Kmpfen und ihrer mit genauer Noth erlangten Rettung in +einer mitrauischen und rachschtigen Stimmung. Daher wurden +Vertheidigungsmittel, welche die Nothwendigkeit gerechtfertigt hatte, +die aber auch nur die Nothwendigkeit rechtfertigen konnte, noch lange, +nachdem die Nothwendigkeit nicht mehr vorhanden war, hartnckig +beibehalten, und erst aufgegeben, nachdem das herrschende Vorurtheil +einen langjhrigen Kampf gegen die Vernunft bestanden hatte. Zu den +Zeiten Jakob's aber standen Vernunft und herrschendes Vorurtheil auf der +nmlichen Seite. Der Fanatiker und Ignorant wollte den Katholiken vom +Staatsdienste ausschlieen, weil er Kltze und Steine anbetete, weil er +das Zeichen des Thieres an sich trug, weil er London angezndet und Sir +Edmondsbury Godfrey erwrgt hatte, und der einsichtsvollste und +toleranteste Staatsmann wurde, whrend er ber den Irrwahn lchelte, in +dem das gemeine Volk befangen war, auf einem ganz andren Wege zu dem +nmlichen Schlusse gefhrt. + +Wilhelm's groer Plan war jetzt, die zahlreichen Theile des groen +Krpers, der ihn als sein gemeinschaftliches Oberhaupt betrachtete, zu +einem Ganzen zu vereinigen. Bei diesem Werke hatte er mehrere geschickte +und zuverlssige Mitarbeiter, von denen zwei, Burnet und Dykvelt, ihm +ganz besonders ntzlich waren. + + [Anmerkung 56: Johnstone, 13. Jan. 1688; +Halifax's Anatomy of an + Equivalent+.] + + +[_Jakob's Feindschaft gegen Burnet._] Burnet's Dienste muten allerdings +mit einiger Vorsicht angewendet werden. Die freundliche Aufnahme, die er +im Haag gefunden, hatte Jakob heftig aufgebracht, und Marie erhielt von +ihrem Vater zwei Briefe voll Invectiven gegen den frechen und +whlerischen Theologen, den sie beschtzte. Diese Beschuldigungen aber +machten einen so geringen Eindruck auf sie, da sie Antworten darauf +zurcksandte, welche Burnet selbst dictirt hatte. Im Januar 1687 endlich +schritt der Knig zu energischeren Maregeln. Skelton, der die englische +Regierung bei den Vereinigten Provinzen vertreten hatte, wurde nach +Paris versetzt und erhielt Albeville, das schwchste und gemeinste +Mitglied der ganzen jesuitischen Cabale, zum Nachfolger. Geld war +Albeville's einziger Lebenszweck, und er nahm es von Jedem, der es ihm +anbot. Er wurde zu gleicher Zeit von Frankreich und von Holland bezahlt. +Er verschmhte sogar den erbrmlichen Anstand, den auch die +Bestechlichkeit zu beobachten pflegt, und nahm so kleine Geschenke an, +wie sie eher einem Lasttrger oder einem Bedienten zukommen als einem +Gesandten, der mit einer englischen Baronie und einem auslndischen +Marquisate beehrt worden war. Einmal steckte er mit der grten +Gemthsruhe ein Trinkgeld von fnfzig Pistolen fr einen Dienst ein, den +er den Generalstaaten geleistet hatte. Dieser Mann war beauftragt, zu +verlangen, da Burnet im Haag nicht lnger begnstigt werde. Wilhelm, +der keine Lust hatte, sich von einem so werthvollen Freunde zu trennen, +antwortete zuerst mit seiner gewohnten Klte: Ich wte nicht, Sir, da +der Doctor seit seinem Hiersein etwas gethan oder gesagt htte, worber +Seine Majestt sich mit Grund beklagen knnte. Jakob aber bestand +entschieden auf seiner Forderung, und da die geeignete Zeit zu einem +offenen Bruche noch nicht gekommen war, so mute Wilhelm nachgeben. ber +anderthalb Jahr lang kam Burnet weder mit dem Prinzen, noch mit der +Prinzessin in persnliche Berhrung; aber er wohnte in ihrer Nhe, wurde +von Allem, was vorging, genau unterrichtet, sein Rath ward bestndig in +Anspruch genommen, seine Feder bei jedem wichtigen Anlasse benutzt und +viele der schrfsten und wirksamsten Aufstze und Flugschriften, welche +damals in London erschienen, wurden ihm mit Recht zugeschrieben. + +Jakob's Wuth entbrannte. Er war von jeher fr zornige Leidenschaften nur +zu empfnglich gewesen, aber noch keinen seiner Feinde, selbst die +nicht, welche sich gegen sein Leben verschworen oder es versucht hatten, +ihm durch Meineid die Schuld des Verraths und des Mordes aufzubrden, +hatte er mit einer solchen Erbitterung gehat, als er jetzt Burnet +hate. Seine Majestt schimpfte tglich in hchst unkniglicher Sprache +auf den Doctor und sann auf ungesetzliche Rache. Selbst Blut gengte +diesem wthenden Hasse nicht; der unverschmte Theolog mute gefoltert +werden, ehe er sterben durfte. Zum Glck war er ein Schotte von Geburt, +und in Schottland konnten seine Beine erst in den spanischen Stiefeln +zerquetscht werden, bevor er auf dem Grasmarkte gehngt wurde. Zu dem +Ende wurde in Edinburg der Proze gegen ihn eingeleitet; aber er war in +Holland naturalisirt, hatte eine vermgende Frau aus dieser Provinz +geheirathet und es war gewi, da sein Adoptivvaterland ihn nicht +ausliefern wrde. Man beschlo daher, ihn wegfangen zu lassen. Mit +groen Summen wurden einige Bsewichter fr diesen gefhrlichen und +schndlichen Dienst gedungen; im Staatssekretariat wurde zu diesem +Zwecke eine Anweisung auf dreitausend Pfund Sterling ausgestellt. Ludwig +wurde von dem Plane unterrichtet und interessirte sich auerordentlich +dafr; er sicherte seinen krftigen Beistand zu, damit der Schurke nach +England gebracht werde, und versprach, da die Werkzeuge der Rache +Jakob's in Frankreich eine Freisttte finden sollten. Burnet kannte die +ihm drohende Gefahr wohl, aber Furcht gehrte nicht zu seinen Fehlern. +Er verffentlichte eine beherzte Antwort auf die in Edinburg gegen ihn +erhobenen Anschuldigungen. Er wisse, sagte er, da man ihn ohne Proze +hinzurichten gedenke, aber er vertraue auf den Knig aller Knige, zu +dem unschuldiges Blut selbst gegen die mchtigsten Frsten der Erde +nicht vergebens schreien werde. Er gab einigen Freunden ein +Abschiedsmahl, und nach demselben nahm er als ein Mann, der dem Tode +verfallen sei und mit dem sie ohne Gefahr nicht mehr umgehen knnten, +feierlich Abschied von ihnen. Dessenungeachtet zeigte er sich nach wie +vor so furchtlos auf allen ffentlichen Pltzen im Haag, da seine +Freunde ihm wegen seiner Tollkhnheit bittere Vorwrfe machten.[57] + + [Anmerkung 57: +Burnet I. 726--731+; +Answer to the Criminal + Letters issued out against Dr. Burnet+; +Avaux Neg., July 7.(17.), + 14.(24.) July 28. (Aug. 7.) 1687, Jan. 19.(29.) 1688+; Ludwig an + Barillon, 30. Dec. 1687 (9. Jan. 1688); Johnstone an Waristoun, + 21. Febr. 1688; Lady Russel an +Dr.+ Fitzwilliam, 5. Oct. 1687. + Da man vermuthet hat, da Burnet, der seine persnliche + Wichtigkeit nicht zu unterschtzen pflegte, die ihm drohende + Gefahr bertrieben habe, so will ich hier die Worte Ludwig's und + Johnstone's anfhren: +Qui que ce soit+, sagt Ludwig, +qui + entreprenne de l'enlever en Hollande trouvera non seulement une + retraite assure et une entire protection dans mes tats, mais + aussi toute l'assistance qu'il pourra dsirer pour faire conduire + surement ce sclrat en Angleterre.+ -- Mit Bamfield (Burnet) + ist es ganz bestimmt so, sagt Johnstone. Niemand zweifelt hier + daran, und Einige, die dabei betheiligt sind, leugnen es nicht. + Seine Freunde sagen, sie htten gehrt, da er nicht vorsichtig + sei, sondern aus Eitelkeit, um seinen Muth zu zeigen, mit + thrichter Verwegenheit handle, so da Jedermann ihn auslachen + werde, wenn ihm ein Unglck zustoen sollte. Ich bitte ihm dies + von Seiten Jones' (Johnstone) zu sagen. Wenn Einige abgefat + werden knnten, whrend sie ihren +coup d'essai+ auf ihn machen, + so wre das sehr gut, weil sie dadurch abgeschreckt wrden, etwas + gegen Ogle (den Prinzen) zu unternehmen.] + + +[_Sendung Dykvelt's nach England._] Whrend Burnet Wilhelm's Sekretr +fr die englischen Angelegenheiten in Holland war, wurde Dykvelt mit +nicht geringerem Nutzen in London verwendet. Dykvelt war einer von den +ausgezeichneten Staatsmnnern, welche in der edlen Schule des Johann de +Witt ihre politische Bildung erhalten hatten und nach dem Falle dieses +groen Ministers ihre Pflichten gegen die Republik dadurch am besten zu +erfllen glaubten, da sie sich um den Prinzen von Oranien schaarten. +Keiner von den Diplomaten im Dienste der Vereinigten Provinzen stand in +Bezug auf Gewandtheit, Character und Manieren ber Dykvelt, und ebenso +scheint keiner ihm in der Kenntni der englischen Verhltnisse +gleichgekommen zu sein. Es fand sich ein Vorwand, um ihn zu Anfang des +Jahres 1687 mit Beglaubigungsschreiben von den Generalstaaten in einer +besonderen Mission nach England zu senden. Eigentlich aber galt seine +Sendung nicht der Regierung, sondern der Opposition, und er handelte +nach Privatinstructionen, welche von Burnet entworfen und von Wilhelm +genehmigt waren.[58] + + [Anmerkung 58: +Burnet, I. 708+; +Avaux Neg., Jan. 3.(13.), Feb. + 6.(16.) 1687+; +Van Kampen, Karakterkunde der Vaderlandsche + Geschiedenis.+] + + +[_Unterhandlungen Dykvelt's mit englischen Staatsmnnern._] Dykvelt +berichtete, da Jakob sich durch das Benehmen des Prinzen und der +Prinzessin tief gekrnkt fhle. Die Pflicht meines Neffen ist, meine +Hand zu strken, sagte der Knig, aber es hat ihm von jeher Vergngen +gemacht, wenn er mir hat hinderlich sein knnen. Dykvelt antwortete, in +Privatangelegenheiten habe Seine Hoheit stets die Wnsche des Knigs +bercksichtigt und werde dies auch in Zukunft jederzeit thun, aber es +sei doch kaum recht und billig, die Untersttzung eines protestantischen +Frsten gegen die protestantische Kirche zu erwarten.[59] Der Knig war +zum Schweigen gebracht, aber nicht besnftigt. Mit einem Verdrusse, den +er nicht verhehlen konnte, sah er, da Dykvelt alle die verschiedenen +Abteilungen der Opposition mit einer Geschicklichkeit musterte und +einschulte, welche dem gewandtesten englischen Staatsmanne zur Ehre +gereicht haben wrde und die bei einem Auslnder bewundernswrdig war. +Der Geistlichkeit wurde gesagt, da sie in dem Prinzen einen Freund des +Episcopats und der Liturgie finden werde. Den Nonconformisten wurde +Hoffnung gemacht, da sie von ihm nicht nur Duldung, sondern sogar +Gleichstellung zu erwarten htten. Selbst die rmischen Katholiken +wurden vershnt und einige der Angesehensten unter ihnen sagten dem +Knige ins Gesicht, da sie mit dem, was Dykvelt ihnen biete, zufrieden +seien und da sie eine durch das Gesetz verbrgte Duldung einem +gesetzwidrigen und unsicheren bergewichte vorzgen.[60] + + [Anmerkung 59: +Burnet I. 711+. Dykvelt's Depeschen an die + Generalstaaten enthalten, so weit ich es habe ersehen oder + erfahren knnen, kein Wort ber den wirklichen Zweck seiner + Sendung. Seine Correspondenz mit dem Prinzen von Oranien war + streng privater Natur.] + + [Anmerkung 60: Bonrepaux, 12.(22.) Sept. 1687.] + + +[_Danby._] Die Oberhupter aller wichtigen Parteien der Nation hielten +hufige Besprechungen in Gegenwart des geschickten Gesandten. Die +Ansicht der Torypartei war bei diesen Zusammenknften hauptschlich +durch die Earls von Danby und von Nottingham vertreten. Obgleich seit +Danby's Sturze bereits ber acht Jahre vergangen waren, so stand sein +Name doch bei den alten Kavalieren Englands noch in hohem Ansehen, und +selbst viele von denjenigen Whigs, die ihn frher verfolgt hatten, gaben +jetzt bereitwillig zu, da er fr die Snden Anderer habe ben mssen +und da sein Eifer fr die Hoheitsrechte ihn zwar oft irre geleitet +habe, aber bei alledem durch zwei ehrenwerthe Gefhle gemildert worden +sei: durch Eifer fr die Staatsreligion und durch Eifer fr die Wrde +und Unabhngigkeit seines Vaterlandes. Auch im Haag wurde er hoch +geschtzt, denn man verga es ihm dort nie, da er es gewesen war, der +Karl trotz des Einflusses Frankreichs und der Papisten bewogen hatte, +die Hand der Prinzessin Marie ihrem Vetter zu geben. + + +[_Nottingham._] Daniel Finch, Earl von Nottingham, ein Edelmann, dessen +Name in der Geschichte dreier ereignivoller Regierungen hufig genannt +werden wird, stammte aus einer Familie von unvergleichlicher +juristischer Auszeichnung. Einer seiner Verwandten hatte das Siegel +Karl'sI. gefhrt, hatte seine eminenten Talente und Kenntnisse zu +schlechten Zwecken gemibraucht und war von der Rache der Gemeinen +Englands, mit Falkland an der Spitze, verfolgt worden. Einen +ehrenvolleren Ruf erlangte unter der folgenden Generation Heneage +Finche. Er war unmittelbar nach der Restauration zum Staatsprokurator +ernannt worden und war nacheinander zum Lordsiegelbewahrer, zum +Lordkanzler, zum Baron Finch und Earl von Nottingham emporgestiegen. +Whrend dieser ganzen glnzenden Laufbahn hatte er die Hoheitsrechte +stets so hoch gehalten, als er es mit Ehren und Anstand konnte; nie aber +war er bei irgend einer Machination gegen die Grundgesetze des Reichs +betheiligt gewesen. Inmitten eines verderbten Hofes hatte er seine +persnliche Rechtschaffenheit unbefleckt zu erhalten gewut. Auch als +Redner geno er eines hohen Rufes, obwohl seine nach Mustern aus der +Zeit vor dem Brgerkriege gebildete Diction gegen das Ende seines Lebens +von den Schngeistern der heranwachsenden Generation steif und +pedantisch genannt wurde. In Westminsterhall wird er noch immer mit +Achtung als der Mann erwhnt, welcher aus dem Chaos, dem man in alter +Zeit den Namen der Billigkeit gab, zuerst ein neues juristisches System +bildete, das ebenso geregelt und vollstndig ist wie das nach welchem +die Richter des gemeinen Rechts verfahren.[61] Ein wesentlicher Theil +der sittlichen und geistigen Eigenschaften dieses groen Staatsmannes +ging mit dem Titel Nottingham auf seinen ltesten Sohn ber. Dieser +Sohn, der Earl Daniel, war ein rechtschaffener und tugendhafter Mann. +Obwohl er in einigen abgeschmackten Vorurtheilen befangen und +sonderbaren Anfllen von Launenhaftigkeit unterworfen war, kann man ihn +doch nicht beschuldigen, da er um unredlichen Gewinns oder strafbaren +Genusses willen vom Pfade des Rechts abgewichen wre. Er war, wie sein +Vater, ein ausgezeichneter Redner und sprach eindringlich, aber +weitschweifig und mit zu monotoner Gemessenheit. Seine Persnlichkeit +entsprach ganz seiner Rede. Seine Haltung war steif, seine Gesichtsfarbe +so dunkel, da man ihn fr den Eingebornen eines wrmeren Himmelstrichs +htte halten knnen, und seine scharf markirten Gesichtszge hatten +einen Ausdruck, welcher dem des Hauptleidtragenden bei einem Begrbnisse +glich. Man pflegte von ihm zu sagen, da er eher wie ein spanischer +Grande als wie ein englischer Gentleman ausshe. Spottvgel gaben ihm +die Spitznamen Dismal (Trbselig), Don Dismallo und Don Diego, welche +noch heute nicht vergessen sind. Er hatte auf das Studium der +Wissenschaft, durch die seine Familie sich so hoch emporgeschwungen, +groen Flei verwendet und war fr einen vornehm und reich gebornen Mann +in den Gesetzen seines Vaterlandes erstaunlich bewandert. Er war ein +treuer Sohn der Hochkirche und bewies seine Achtung vor derselben auf +zwei Wegen, welche bei den Lords, die sich zu seiner Zeit als ihre +besonderen Freunde gerirten, nicht gewhnlich war, nmlich dadurch, da +er Schriften zur Vertheidigung ihrer Glaubensstze herausgab und da er +sich in seinem Privatleben nach ihren Gebeten richtete. Wie viele andre +eifrige Anglikaner hatte er bis vor Kurzem die monarchische +Regierungsform krftig untersttzt. Die Politik aber, welche seit der +Unterdrckung des Aufstandes im Westen befolgt wurde, emprte ihn auf +das heftigste, und zwar deshalb nicht weniger, weil sein jngerer Bruder +Heneage in Folge seiner Weigerung, die Dispensationsgewalt des Knigs zu +vertheidigen, seines Amtes als Generalprokurator entsetzt worden +war.[62] + + [Anmerkung 61: Siehe seine Biographie von Lord Campbell.] + + [Anmerkung 62: Johnstone's Correspondenz; +Mackay's Memoirs+; + +Arbuthnot's John Bull+; Swift's Schriften von 1710 bis 1714 an + mehreren Stellen; Whiston's Brief an den Earl von Nottingham und + des Letzteren Antwort darauf.] + + +[_Halifax._] Mit diesen beiden groen toryistischen Earls war jetzt +Halifax, das ausgezeichnete Oberhaupt der Trimmers, verbunden. Auf +Nottingham's Gesinnungen scheint Halifax damals in der That einen +entschiedenen Einflu ausgebt zu haben. Zwischen Halifax und Danby +bestand eine Feindschaft, welche am Hofe Karl's begonnen hatte und +nachher auch den Hof Wilhelm's beunruhigte, whrend der Tyrannei Jakob's +aber wie viele andere Feindschaften ruhte. Die beiden Gegner trafen +hufig in den von Dykvelt veranstalteten Conferenzen zusammen und +stimmten in dem Ausdrucke des Mifallens an der Politik der Regierung +und der Verehrung fr den Prinzen von Oranien berein. In ihrem Verkehr +mit den hollndischen Gesandten trat die Characterverschiedenheit der +beiden Staatsmnner stark hervor. Halifax zeigte ein bewundernswrdiges +Talent fr Auseinandersetzungen, scheute sich aber vor khnen und +unwiderruflichen Entschlssen. Danby war minder fein und beredt, besa +aber mehr Energie, Entschlossenheit und praktischen Scharfblick. + + +[_Devonshire._] Mehrere ausgezeichnete Whigs waren mit Dykvelt in +fortwhrender Verbindung; aber die Oberhupter der groen Huser +Cavendish und Russel konnten keinen so thtigen und vorwiegenden +Antheil an den Unterhandlungen nehmen, als man nach ihrer Stellung und +ihren Ansichten htte erwarten drfen. Der Ruhm und das Glck +Devonshire's wurden im Augenblicke durch eine Wolke verdunkelt. Er hatte +einen beklagenswerthen Streit mit dem Hofe, der nicht aus einer +ffentlichen und ehrenvollen Angelegenheit, sondern aus einem +Privatzwist entsprungen war, in welchem selbst seine wrmsten Freunde +ihn nicht von aller Schuld freisprechen konnten. Als er einmal nach +Whitehall kam, um seine Aufwartung zu machen, war er von einem gewissen +Colepepper insultirt worden, einem jener Raufbolde, welche die +Umgebungen des Hofes unsicher machten und die sich durch Beleidigung von +Mitgliedern der Opposition bei der Regierung in Gunst zu setzen suchten. +Der Knig selbst uerte seine Entrstung ber die einem seiner +ausgezeichneten Peers unter dem kniglichen Dache widerfahrene +Behandlung und Devonshire wurde durch die Versicherung besnftigt, da +der Beleidiger den Palast nie wieder betreten solle. Dieses Verbot wurde +jedoch bald wieder aufgehoben und der Groll des Earls erwachte von +neuem. Seine Diener nahmen sich der Sache an und die Straen von +Westminster wurden durch Hndel beunruhigt, die in ein roheres Zeitalter +gehrten. Die Zeit des Geheimen Raths ward durch Anklagen und +Gegenanklagen der streitenden Parteien in Anspruch genommen. +Colepepper's Frau erklrte: sie und ihr Gatte seien ihres Leben nicht +sicher und ihr Haus sei bestndig von Banditen in der Livree der +Cavendish belagert; Devonshire erwiederte, es sei aus Colepepper's +Fenstern auf ihn geschossen worden. Dies wurde heftig geleugnet. Es +wurde zwar eingerumt, da ein blind geladenes Pistol abgefeuert worden +sei, aber dies sei nur in einem Augenblicke des Schreckens geschehen, um +die Wache zu alarmiren. Wahrend diese Fehde ihren Hhepunkt erreicht +hatte, traf der Earl im Empfangzimmer zu Whitehall mit Colepepper +zusammen und er glaubte in den Mienen des Raufboldes triumphirenden +bermuth zu erkennen. Vor den Augen des Knigs geschah nichts +Unziemliches; sobald aber die beiden Gegner das Audienzzimmer verlassen +hatten, machte Devonshire den Vorschlag, den Streit auf der Stelle mit +dem Degen zu entscheiden. Die Herausforderung wurde zurckgewiesen. Da +verga der stolze Peer die Achtung, die er dem Orte an dem er sich +befand, und seiner eignen Wrde schuldig war, und schlug Colepepper mit +einem Stocke ins Gesicht. Diese Handlung wurde allgemein als bereilt +und unschicklich getadelt und Devonshire selbst konnte, nachdem sein +Blut sich abgekhlt hatte, nicht ohne Verdru und Beschmung daran +denken. Die Regierung aber verfuhr mit gewohntem Unverstande so streng +gegen ihn, da das Publikum bald ganz auf seine Seite trat. Es wurde +eine Criminalanklage bei der Kings Bench anhngig gemacht. Der +Angeklagte berief sich auf seine Vorrechte als Peer des Knigsreichs; +dieser Punkt aber wurde sogleich zu seinem Nachtheile entschieden, und +es lt sich auch nicht leugnen, da diese Entscheidung, mochte sie den +technischen Regeln der englischen Gesetzgebung entsprechen oder nicht, +in vollkommenem Einklange mit den groen Prinzipien stand, welche die +Grundlage jeder Gesetzgebung sein sollen. Es blieb ihm somit nichts +brig, als sich dem Erkenntnisse zu unterwerfen. Der Gerichtshof war +durch eine Reihe von Entlassungen zu so vollstndigem Gehorsam gebracht +worden, da die Regierung, welche die Untersuchung eingeleitet hatte, +die Strafe selbst vorschreiben konnte. Die Richter machten Jeffreys +in +pleno+ ihre Aufwartung und dieser bestand auf der Zuerkennung einer +Geldbue von dreiigtausend Pfund. Dreiigtausend Pfund waren im +Verhltni zu den damaligen Einknften der englischen Groen ungefhr +soviel als hundertfunfzigtausend im neunzehnten Jahrhundert. In +Anwesenheit des Kanzlers wurde kein Wort der Mibilligung geuert; als +aber die Richter sich entfernt hatten, bemerkte Sir Johann Powell, in +welchem sich das wenige Rechtsgefhl des ganzen Collegiums concentrirte, +da die beantragte Strafsumme bermig hoch und ein Zehntel derselben +vollauf genug sei. Seine Collegen waren nicht dieser Meinung und er +zeigte in diesem Falle nicht den Muth, durch den er einige Monate spter +an einem denkwrdigen Tage seinen Ruf glnzend wiederherstellte. Der +Earl wurde demnach in eine Geldbue von dreiigtausend Pfund und bis zur +Bezahlung dieses Betrags zu persnlicher Haft verurtheilt. Eine solche +Summe konnte damals auch der reichste Edelmann nicht in einem Tage +aufbringen. Indessen war das Hafturtel leichter gesprochen, als +vollzogen. Devonshire hatte sich nach Chatsworth zurckgezogen, wo er +eben damit beschftigt war, das alte gothische Stammschlo seiner +Familie in ein Gebude umzuwandeln, das Palladio's wrdig war. Der Peak +war damals ein fast ebenso unwirthbarer Bezirk als gegenwrtig +Connemara, und der Sheriff erkannte oder behauptete wenigstens, da es +schwer sein drfte, den Lord in einer so wilden Gegend und inmitten treu +ergebener Diener und Pchter zu verhaften. Darber vergingen einige +Tage, endlich aber wurde nicht nur der Earl, sondern auch der Sheriff +zur Haft gebracht. Inzwischen verwendeten sich eine Menge Frsprecher +mit ihrem ganzen Einflusse. Es hie die verwittwete Grfin von +Devonshire habe eine Privataudienz beim Knige erlangt, sie habe ihn +daran erinnert, da ihr Schwager, der tapfere Karl Cavendish, im Kampfe +fr die Krone bei Gainsborough gefallen sei, und ihm schriftliche +Empfangsbescheinigungen von KarlI. und KarlII. ber bedeutende Summen +vorgelegt, die ihr Gemahl whrend der brgerlichen Unruhen beiden +Monarchen geliehen hatte. Diese Darlehen waren nie zurck gezahlt worden +und sollten angeblich mehr betragen als die ungeheure Geldstrafe, welche +die Kings Bench ber den Earl verhngt hatte. Dazu kam noch ein andrer +Punkt, der beim Knige noch mehr Gewicht gehabt zu haben scheint als die +Erinnerung an frher geleistete Dienste. Es konnte nothwendig werden ein +Parlament einzuberufen, und man glaubte, da Devonshire in diesem Falle +sofort eine Cassationsklage einreichen werde. Der Punkt, auf den er +seine Appellation gegen das Erkenntni der Kings Bench zu sttzen +gedachte, waren seine Privilegien als Peer, und das Tribunal, vor das +die Appellation kommen mute, war das Haus der Peers. In einem solchen +Falle konnte der Hof nicht einmal auf die Untersttzung der ihm +ergebensten Adeligen mit Gewiheit rechnen. Es stand kaum zu bezweifeln, +da das Urtel cassirt werde, und da die Regierung dadurch, da sie zu +viel haben wollte, Alles verlieren wrde. Jakob war daher zu einem +Vergleiche geneigt. Es wurde dem Earl angekndigt, da, wenn er eine +Schuldverschreibung ber die ganze Summe geben und sich des mglichen +Vortheils einer Cassationsklage begeben wolle, er in Freiheit gesetzt +werden solle. Ob er zur Bezahlung der Summe angehalten werden wrde oder +nicht, sollte von seinem ferneren Benehmen abhngen. Wenn er das +Dispensationsrecht untersttzte, solle er nicht dafr in Anspruch +genommen werden; trachte er aber nach Popularitt, so msse er die +dreiigtausend Pfund bezahlen. Er weigerte sich eine Zeit lang, auf +diese Bedingungen einzugehen; aber die Haft war ihm unertrglich. Er +stellte die Verschreibung aus und wurde aus den Gefngnis entlassen; +aber obgleich er sich dazu verstand seinem Vermgen diese drckende +Schuldlast aufzubrden, konnte ihn doch nichts zu dem Versprechen +bestimmen, da er seinen Grundstzen und seiner Partei untreu werden +wolle. Er wurde nach wie vor in alle Geheimnisse der Opposition +eingeweiht, aber einige Monate lang hielten seine politischen Freunde es +um seiner selbst wie um ihrer Sache willen fr gerathen, da er im +Hintergrunde blieb.[63] + + [Anmerkung 63: Kennet's Grabrede auf den Herzog von Devonshire und + Memoiren der Familie Cavendish; +Collection of State Trials+; + +Privy Council Book, March 5. 1685/6+; Barillon, 30. Juni (10. + Juli) 1687.; Johnstone, 8.(18.) Dec. 1687.; +Lords' Journals May + 6. 1689+. +Ses amis et ses proches,+ sagt Barillon, +lui + conseillent de prendre le bon parti, mais il persiste jusqu' + prsent ne se point soumettre. S'il vouloit se bien conduire et + renoncer tre populaire, il ne payeroit pas l'amende, mais s'il + opinitre, il lui en coutera trente mille pices, et il demeurera + prisonnier jusqu' l'actuel payement.+] + + +[_Eduard Russell._] Der Earl von Bedford hatte sich von dem harten +Schlage, der ihm vor vier Jahren fast das Herz gebrochen, nie wieder +erholen knnen. Seine persnlichen wie auch seine ffentlichen Gefhle +machten ihn zum Gegner des Hofes; aber an der Verabredung von Maregeln +gegen denselben nahm er keinen thtigen Antheil. Seine Stelle in den +Versammlungen der Mivergngten vertrat sein Neffe. Dies war der +berhmte Eduard Russell, ein Mann von unbezweifeltem Muth und Talent, +aber von lockeren Grundstzen und ruhelosem Geiste. Er war Seemann, +hatte sich in seinem Berufe ausgezeichnet und hatte unter der vorigen +Regierung ein Hofamt bekleidet; aber durch den Tod seines Vetters +Wilhelm Russell waren alle Bande, die ihn an den Hof ketteten, zerrissen +worden. Der verwegene, unruhige und racheschnaubende Seemann sa jetzt +in den von dem hollndischen Gesandten berufenen Versammlungen als +Vertreter des khnsten und heftigsten Theiles der Opposition, der +Mnner, welche unter den Namen Rundkpfe, Exclusionisten und Whigs einen +fnfundvierzigjhrigen Kampf gegen drei aufeinanderfolgende Knige mit +wechselndem Glck unterhalten hatten. Diese Partei, welche vor Kurzem +niedergeworfen und fast vernichtet gewesen war, sich jetzt aber mit +voller Lebenskraft rasch zu Ansehen und Einflu erhob, wurde durch keine +von den Bedenklichkeiten behindert, welche die Bewegungen der Tories und +der Trimmers noch immer hemmten, und war bereit, das Schwert gegen den +Tyrannen zu ziehen, sobald es mit gegrndeter Aussicht auf den Sieg +gezogen werden konnte. + + +[_Compton. -- Herbert. -- Churchill._] Drei Mnner sind noch zu +erwhnen, mit denen Dykvelt in vertrauter Verbindung stand und mit deren +Hlfe er sich die Mitwirkung von drei groen Stnden zu sichern hoffte. +Bischof Compton war der Agent, der die Geistlichkeit zu bearbeiten +hatte, Admiral Herbert bernahm es, seinen ganzen Einflu bei der Flotte +zu verwenden und durch Churchill suchte man die Armee zu gewinnen. + +Das Benehmen Compton's und Herbert's bedarf keiner Erklrung. Nachdem +sie der Krone in allen weltlichen Dingen mit Treue und Eifer gedient, +hatten sie sich durch ihre Weigerung, als Werkzeuge der Zerstrung ihrer +eignen Religion zu dienen, das Mifallen des Knigs zugezogen. Beiden +hatte die Erfahrung gelehrt, wie bald Jakob eingegangene Verpflichtungen +verga und mit welchem bitteren Groll er sich dessen erinnerte, was er +als Beleidigung anzusehen fr gut fand. Der Bischof war durch einen +ungesetzlichen Richterspruch seiner bischflichen Functionen enthoben, +der Admiral in einer Stunde aus Reichthum in Armuth gestrzt worden. +Ganz anders war die Lage Churchill's. Er war durch knigliche Gunst aus +der Dunkelheit zu hohem Ansehen, aus der Drftigkeit zum Reichthum +erhoben worden. Als armer Fhndrich hatte er seine Laufbahn begonnen und +jetzt war er, in seinem siebenunddreiigsten Jahre, Generalmajor, Peer +von Schottland und Peer von England, befehligte eine Abtheilung der +Leibgarde, bekleidete mehrere ehrenvolle und eintrgliche Stellen und +bis jetzt verrieth noch nichts, da er den geringsten Theil von der +Gunst verloren hatte, der er so viel verdankte. Er war nicht nur durch +die allgemeine Pflicht der Unterthanentreue, sondern auch durch +militairische Ehren, durch persnliche Dankbarkeit und, wie es +oberflchlichen Beobachtern schien, durch die strksten Bande des +Interesses an Jakob gebunden. Aber Churchill selbst war kein +oberflchlicher Beobachter, er wute genau, worin sein wirkliches +Interesse bestand. Er war berzeugt, da, wenn sein Gebieter einmal +volle Freiheit erhielt Papisten anzustellen, er nicht einen einzigen +Protestanten mehr anstellen wrde. Eine Zeit lang wurden vielleicht +einige hochbegnstigte Diener der Krone noch von der allgemeinen +Proscription ausgenommen, in der Hoffnung, da sie sich dadurch +bestimmen lieen, ihren Glauben zu wechseln, aber selbst diese muten +nach einer kurzen Frist Einer nach dem Andren fallen, wie Rochester +schon gefallen war. Churchill konnte sich allerdings durch bertritt zur +katholischen Kirche gegen diese Gefahr sicher stellen und noch hher in +der kniglichen Gunst steigen; auch htte man glauben knnen, da ein +Mann, der sich eben so sehr durch Habsucht und Characterlosigkeit, wie +durch Talent und Tapferkeit auszeichnete, schwerlich an dem Gedanken, +eine Messe anhren zu mssen, Ansto nehmen wrde. Aber die menschliche +Natur ist so reich an Widersprchen, da selbst abgestumpfte Gewissen +eine empfindliche Stelle haben. So hatte dieser Mann, der seine +Erhebung der Schande seiner Schwester verdankte, der von der +verschwenderischesten, herrschschtigsten und schamlosesten Buhlerin +unterhalten worden war und dessen ffentliches Leben Jedem, der mit +unbefangenem Blicke den schimmernden Glanz des Genies und des Ruhms zu +durchdringen vermag, als ein Abgrund von Schndlichkeit erscheinen mu, +einen blinden Glauben an die Religion, die ihm als Kind eingelernt +worden war, und schauderte bei dem Gedanken, sie frmlich abzuschwren. +Es stand ihm eine furchtbare Alternative bevor. Das irdische bel, das +er am meisten frchtete, war die Armuth, das einzige Verbrechen, vor dem +sein Herz zurckbebte, war der Glaubensabfall, und wenn die Plne des +Hofes gelangen, konnte er nicht zweifeln, da er bald zwischen Armuth +und Abfall whlen mute. Daher entschlo er sich, diese Plne zu +durchkreuzen, und es zeigte sich bald, da er bereit war, jede Schuld +und jede Schmach auf sich zu laden, wenn er nur der Nothwendigkeit +entging, entweder seine Stellen oder seine Religion aufgeben zu +mssen.[64] + + [Anmerkung 64: Der Beweggrund, welcher das Verfahren der Churchill + bestimmte, ist kurz und bndig in +The Duchess of Marlborough's + Vindication+ dargelegt. Jedermann erkannte deutlich, sagt sie, + da bei dem Systeme, das Knig Jakob angenommen hatte, Jeder der + nicht Katholik werden wollte, frher oder spter zu Grunde gehen + mute. Diese berzeugung lie mich das Unternehmen des Prinzen von + Oranien, uns aus solcher Knechtschaft zu erlsen, mit Wohlgefallen + betrachten.] + + +[_Lady Churchill und die Prinzessin Anna._] Nicht blo als +militairischer Befehlshaber von hohem Range und ausgezeichnetem Geschick +und Muth konnte Churchill der Opposition Dienste leisten. Es war fr das +Gelingen der Plne Wilhelm's wenn nicht absolut nothwendig, doch hchst +wichtig, da seine Schwgerin, welche nach der englischen +Thronfolgeordnung zwischen ihm und seiner Gemahlin stand, in +vollkommener bereinstimmung mit ihm handelte. Alle ihm +entgegenstehenden Schwierigkeiten wrden bedeutend vergrert worden +sein, wenn Anna sich gnstig fr die Indulgenz ausgesprochen htte. Auf +welche Seite sie treten wrde, hing von dem Willen Anderer ab, denn ihr +Verstand war trge, und obgleich in ihrem Character ein erblicher +Eigenwille und Starrsinn verborgen lag, welche viele Jahre spter durch +groe Macht und heftige Provocationen zum Vorschein gebracht wurden, so +war sie doch zur Zeit die willige Sklavin einer Frau von viel +lebhafterem und herrschschtigerem Character als der ihrige war. Diese +Frau, welche sie vllig beherrschte, war Churchill's Gattin, ein Weib, +die nachmals auf die Geschicke England's und Europa's einen groen +Einflu ausbte. + +Der Name dieser berhmten Gnstlingin war Sara Jennings. Ihre ltere +Schwester Franziska hatte sich durch Schnheit und Leichtfertigkeit +selbst unter der Masse von schnen Gesichtern und leichtfertigen +Characteren ausgezeichnet, welche Whitehall whrend des wilden Carnevals +der Restauration zierten und schndeten. Einmal verkleidete sie sich +als Apfelsinenmdchen und rief in den Straen ihre Frchte aus.[65] +Gesetzte Leute meinten, da ein Mdchen von so wenig Takt- und +Schicklichkeitsgefhl nicht leicht einen Gatten finden werde. Sie war +indessen zweimal verheirathet und jetzt die Gattin Tyrconnel's. Sara +war nicht so regelmig schn als ihre Schwester, aber vielleicht noch +anziehender. Ihr Gesicht war ausdrucksvoll, ihre Gestalt entbehrte +keines weiblichen Reizes, und die Flle ihrer schnen Haare, welche noch +nicht nach der barbarischen Mode, deren Einfhrung sie noch erlebte, +durch Puder verunziert waren, erfllten ihre zahlreichen Bewunderer mit +Entzcken. Von den Freiern, die sich um ihre Hand bewarben, erhielt der +junge, schne, liebenswrdige, einschmeichelnde, beredte und tapfere +Oberst Churchill den Vorzug. Er mute sie wirklich lieben, denn auer +der Leibrente, die er sich fr den von der Herzogin von Cleveland +erhaltenen schmachvollen Lohn gekauft hatte, besa er wenig Vermgen, +war unersttlich in seiner Gier nach Schtzen, Sara war arm, und es war +ihm ein einfaches Mdchen mit einem groen Vermgen angetragen worden. +Nach einem kurzen Kampfe trug die Liebe den Sieg ber die Habsucht +davon, die Ehe verstrkte nur noch seine Leidenschaft, und Sara geno +bis zum letzten Augenblicke seines Lebens das Vergngen und die +Auszeichnung, das einzige menschliche Wesen zu sein, das im Stande war, +diesen weitsehenden und sicheren Blick auf sich zu fesseln, das von +diesem kalten Herzen hei geliebt und von diesem unerschrockenen Geiste +knechtisch gefrchtet wurde. + +Im weltlichen Sinne ward Churchill's treue Liebe reich belohnt. Bei +aller Drftigkeit brachte seine Braut ihm doch ein Heirathsgut zu, das +klug verwendet ihn endlich zum englischen Herzog, zum deutschen +Reichsfrsten, zum Oberfeldherrn einer groen Coalition, zum +Schiedsrichter zwischen mchtigen Frsten und was in seinen Augen noch +viel mehr werth war, zum reichsten Privatmann von ganz Europa machte. +Sie war von frher Kindheit an mit der Prinzessin Anna aufgewachsen und +es hatte sich eine innige Freundschaft zwischen den beiden Mdchen +gebildet. Im Character glichen sie einander nur wenig. Anna war +phlegmatisch und schweigsam. Gegen Diejenigen, die sie liebte, war sie +sanft; ihr Zorn uerte sich nur durch ein mrrisches Schmollen. Sie +hatte einen starken religisen Sinn und war den Gebruchen und der +Verfassung der anglikanischen Kirche mit wahrer Bigotterie zugethan. +Sara war lebhaft und redselig, dominirte selbst Diejenigen, die sie am +meisten liebte, und wenn sie gekrnkt wurde, uerte sich ihre Wuth +durch Thrnen und heftige Vorwrfe. Auf Frmmigkeit machte sie keinen +Anspruch, ja sie entging sogar kaum der Beschuldigung der +Irreligiositt. Sie war jetzt noch nicht das was sie spter wurde, +nachdem das Glck _eine_ Klasse von Fehlern, das Unglck eine andre +vollkommen entwickelt, als Siege und Huldigungen ihr den Kopf verrckt +und Migeschick und Krnkungen ihren Character verbittert hatten. Sie +wurde in ihren spteren Lebensjahren das verchtlichste und +erbrmlichste Geschpf: ein altes Weib, die in bestndigem Hader lebte +mit ihrem ganzen Geschlecht, mit ihren eigenen Kindern und Enkeln, zwar +vornehm und reich, aber Vornehmheit und Reichthum hauptschlich nur +deshalb schtzend, weil dieselben sie in den Stand setzten, der +ffentlichen Meinung Hohn zu sprechen und rckhaltlos ihrem Hasse gegen +Lebende und Todte zu frhnen. Unter der Regierung Jakob'sII. galt sie +fr nichts Schlimmeres als eine schne, stolze junge Frau, die wohl +zuweilen launenhaft und eigensinnig sein konnte, der man aber in +Bercksichtigung ihrer Reize ihre Launen gern verzieh. + +Es ist eine sehr gewhnliche Erscheinung, da Verschiedenheit der +Neigungen und Geistesfhigkeiten keine Hindernisse der Freundschaft sind +und da gerade zwei Herzen, die sich gegenseitig ergnzen, das Band der +innigsten Zuneigung umschlingt. Lady Churchill wurde von der Prinzessin +Anna geliebt, ja fast angebetet. Die Prinzessin konnte ohne den +Gegenstand ihrer romanhaften Zrtlichkeit nicht leben. Sie vermhlte +sich und wurde eine treue, sogar liebevolle Gattin; aber Prinz Georg, +ein beschrnkter Mann, dessen Hauptgensse die Freuden der Tafel und der +Flasche waren, erlangte keinen Einflu auf sie, der sich mit dem ihrer +Freundin vergleichen lie, und gab sich bald mit stupider Geduld der +Herrschaft des heftigen und gebieterischen Geistes hin, von dem seine +Gemahlin sich leiten lie. Das knigliche Paar bekam Kinder und Anna +entbehrte keineswegs der Gefhle einer Mutter; aber die Liebe zu ihren +Kindern war lau im Vergleich mit ihrer hingebenden Zrtlichkeit fr ihre +Jugendfreundin. Endlich wurde die Prinzessin des Zwanges mde, den die +Etikette ihr auferlegte, es war ihr unertrglich, die Worte Madame und +Knigliche Hoheit aus dem Munde einer Frau zu hren, die ihr mehr war +als eine Schwester. In der Gallerie und im Empfangzimmer waren diese +Worte nicht zu umgehen, aber im Boudoir wurden sie abgeschafft. Hier +hie Anna Mrs. Morley, Lady Churchill Mrs. Freeman, und unter diesen +kindlichen Namen bestand zwanzig Jahre hindurch ein intimer Verkehr +zwischen den beiden Freundinnen, von dem schlielich das Schicksal von +Regierungen und Dynastien abhing. Bis jetzt hatte jedoch Anna noch keine +politische Macht und nur geringen persnlichen Einflu. Ihre Freundin +bekleidete in ihrem Hausstaate das Amt der ersten Kammerdame mit nur +vierhundert Pfund Sterling Gehalt. Gleichwohl hat man Grund zu glauben, +da es Churchill schon zu dieser Zeit mglich war, seine vorherrschende +Leidenschaft durch den Einflu seiner Gattin zu befriedigen. Obgleich +die Prinzessin ein hohes Einkommen hatte und sehr einfach lebte, so +machte sie doch Schulden, die ihr Vater mit einigem Unwillen bezahlte, +und man sagte, da der Grund ihrer finanziellen Verlegenheiten in ihrer +verschwenderischen Freigebigkeit gegen ihren Liebling zu suchen sei.[66] + +Endlich war die Zeit gekommen, wo diese sonderbare Freundschaft einen +groen Einflu auf die ffentlichen Angelegenheiten ausben sollte. Man +war uerst gespannt darauf, welche Rolle Anna in dem Kampfe, der +England erschtterte, spielen werde. Auf der einen Seite stand die +Kindespflicht, auf der andren die Interessen der Religion, der sie +aufrichtig zugethan war. Ein minder phlegmatischer Character wrde +zwischen so starken und wichtigen Beweggrnden, die ihn nach +entgegengesetzten Richtungen hinzogen, gewi lange geschwankt haben. Der +Einflu der Churchill aber entschied die Frage und ihre Gnnerin wurde +ein wichtiges Mitglied des umfassenden Bundes, dessen Oberhaupt der +Prinz von Oranien war. + + [Anmerkung 65: +Mmoires de Grammont+; +Pepys's Diary, Feb. 21. + 1684/5.+] + + [Anmerkung 66: Es wrde mich zu weit fhren, wollte ich alle die + Werke aufzhlen, aus denen ich mein Urtheil ber den Character der + Herzogin geschpft habe. Meine Hauptquellen sind ihre eigenen + Briefe, ihre Rechtfertigung und die Entgegnungen, welche diese + veranlate.] + + +[_Dykvelt kehrt mit Briefen von vielen angesehenen Englndern nach dem +Haag zurck._] Im Juni 1687 kehrte Dykvelt nach dem Haag zurck. Er +berreichte den Generalstaaten ein knigliches Schreiben voll +Lobeserhebungen ber sein Benehmen whrend seines Aufenthalts in London. +Diese Lobeserhebungen waren jedoch nur eine Formalitt. In +Privatmittheilungen von seiner eigenen Hand beschwerte Jakob sich bitter +darber, da der Gesandte einen so vertrauten Umgang mit den heftigsten +Oppositionsmnnern seines Reiches gepflogen und sie in allen ihren +Umsturzplnen bestrkt habe. Auerdem brachte Dykvelt auch eine Anzahl +Briefe von den ausgezeichnetsten derjenigen Mnner mit, mit denen er +sich whrend seines Aufenthalts in London berathen hatte. Die Schreiber +dieser Briefe versicherten den Prinzen allgemein ihrer unbegrenzten +Verehrung und Hingebung und verwiesen ihn wegen der nheren Darlegung +ihrer Ansichten an den berbringer. Halifax errterte den Zustand und +die Aussichten des Landes mit gewohnter Schrfe und Lebendigkeit, htete +sich aber sorgfltig, fr irgend ein gefhrliches Verfahren die +Verantwortung zu bernehmen. Danby schrieb in einem khneren und +entschlosseneren Tone und konnte sich nicht enthalten, ber die +Besorgnisse und Bedenklichkeiten seines genialen Nebenbuhlers zu +sptteln. Der interessanteste Brief aber war der von Churchill. Er war +mit der natrlichen Beredtsamkeit, an der es ihm trotz seines Mangels an +hherer Bildung bei wichtigen Anlssen nie fehlte, und mit einem +Anstrich von Hochherzigkeit geschrieben, den er sich, so perfid er auch +war, mit seltener Geschicklichkeit zu geben verstand. Die Prinzessin +Anna, sagte er, habe ihm befohlen, ihre erlauchten Verwandten im Haag zu +versichern, da sie mit Gottes Hlfe fest entschlossen sei, eher ihr +Leben zu lassen, als sich eines Glaubensabfalls schuldig zu machen. Was +seine Person betreffe, so lege er auf seine Stellen und auf die +knigliche Gunst einen weit geringeren Werth als auf seine Religion. Er +schlo mit der hochtrabenden Erklrung, da man ihn, obgleich er keinen +Anspruch darauf mache, wie ein Heiliger gelebt zu haben, doch +vorkommenden Falls bereit finden werde, den Mrtyrertod zu sterben.[67] + + [Anmerkung 67: Das Formalittsschreiben, welches Dykvelt den + Generalstaaten berbrachte, befindet sich in den Archiven des + Haags. Die anderen in diesem Paragraphen erwhnten Briefe giebt + Dalrymple im Anhange zu Buch +V.+] + + +[_Zulestein's Sendung._] Dykvelt's Sendung hatte einen so glnzenden +Erfolg gehabt, da bald ein neuer Vorwand gefunden war, um einen andren +Agenten abzusenden, der das so glcklich begonnene Werk fortsetzen +sollte. Der neue Gesandte, nachmals der Grnder eines jetzt erloschenen +englischen Adelshauses, war ein illegitimer leiblicher Vetter Wilhelm's +und fhrte einen der Herrschaft Zulestein entlehnten Namen. Seine +Verwandtschaft mit dem Hause Oranien gab Zulestein in den Augen des +Publikums ein bedeutendes Ansehen. Sein Benehmen war das eines tapferen +Soldaten. In diplomatischen Talenten und Kenntnissen stand er Dykvelt +weit nach, aber gerade diese Inferioritt hatte ihre Vortheile. Ein +Militair, der sich anscheinend nie um die Politik gekmmert hatte, +konnte ohne Verdacht zu erregen mit der englischen Aristokratie einen +Verkehr unterhalten, der mit argwhnischem Auge bewacht worden sein +wrde, wenn er ein bekannter Meister in der Staatskunst gewesen wre. +Nach kurzer Abwesenheit kehrte Zulestein mit nicht minder wichtigen +Briefen und mndlichen Botschaften, als die welche seinem Vorgnger +anvertraut worden waren, in sein Vaterland zurck. Von diesem +Augenblicke an trat der Prinz mit der Opposition in einen regelmigen +Briefwechsel. Geschftstrger verschiedenen Ranges reisten bestndig +zwischen der Themse und dem Haag hin und her. Der ntzlichste von diesen +war ein Schotte von einigem Talent und groer Thtigkeit, Namens +Johnstone. Er war Burnet's Vetter und der Sohn eines angesehenen +Covenanters, der bald nach der Restauration wegen Hochverraths +hingerichtet worden war und von seiner Partei als Mrtyrer verehrt +wurde. + + +[_Zunehmende Feindschaft zwischen Jakob und Wilhelm._] Die Entfremdung +zwischen dem Knige von England und dem Prinzen von Oranien wurde mit +jedem Tage vollkommener. Es hatte sich ein ernsthafter Streit in Betreff +der sechs britischen Regimenter erhoben, welche im Solde der Vereinigten +Provinzen standen. Der Knig wollte diese Regimenter unter das Commando +rmisch-katholischer Offiziere stellen, und der Prinz widersetzte sich +diesem Ansinnen entschieden. Der Knig nahm seine Zuflucht zu seinen +Lieblingsgemeinpltzen von der Duldung; der Prinz erwiederte da er nur +das Beispiel Seiner Majestt nachahme. Es sei notorisch erwiesen, da +loyale und tchtige Mnner in England lediglich deshalb, weil sie +Protestanten waren, aus dem Staatsdienste entlassen worden seien, und +dies berechtige den Statthalter und die Generalstaaten doch gewi dazu, +die Papisten von hohen ffentlichen mtern auszuschlieen. Diese Antwort +erbitterte Jakob dermaen, da er in seiner Wuth die Wahrhaftigkeit und +den gesunden Verstand vllig aus den Augen verlor. Es sei nicht wahr, +behauptete er mit Heftigkeit, da er irgend Jemanden jemals aus +religisen Grnden abgesetzt habe. Und wenn er es wirklich gethan htte, +was ginge es dann dem Prinzen oder die Generalstaaten an? Wren sie etwa +seine Herren? wren sie befugt, sich zu Richtern ber die Handlungen +fremder Frsten aufzuwerfen? Von jetzt an wnschte er seine in +hollndischen Diensten stehenden Unterthanen zurckzuberufen, denn er +glaubte durch diese Maregel sich selbst zu verstrken und seine +schlimmsten Feinde zu schwchen. Es traten ihm jedoch finanzielle +Schwierigkeiten entgegen, die er unmglich bersehen konnte. Die Zahl +der bereits von ihm unterhaltenen Truppen war schon so gro, als es +seine Einknfte nur irgend zulieen, obgleich dieselben die aller seiner +Vorgnger weit berstiegen und mit groer Sparsamkeit verwaltet wurden. +Wenn aber die jetzt in Holland stehenden Bataillone noch zu dem +vorhandenen Etat kamen, so war die Staatskasse bankerott. Vielleicht +lie Ludwig sich bewegen, sie in seinen Dienst zu nehmen. In diesem +Falle wurden sie aus einem Lande entfernt, wo sie dem verderblichen +Einflusse einer republikanischen Regierung und einer calvinistischen +Kirchenverfassung ausgesetzt waren, und kamen in ein Land, wo Niemand +die Autoritt des Monarchen und die Lehren der wahren Kirche zu +bestreiten wagte. Die Soldaten wrden dann bald alle politische und +religise Ketzerei wieder verlernen, ihr Landesfrst konnte zu jeder +Zeit binnen kurzer Frist ber ihre Hlfe verfgen und sich unter allen +Umstnden auf ihre Treue verlassen. + +Es wurden zwischen Whitehall und Versailles Unterhandlungen in dieser +Angelegenheit erffnet. Ludwig hatte soviel Soldaten als er brauchte, +und wre es auch anders gewesen, so wrde er dennoch keine Lust gehabt +haben, englische Truppen in Dienst zu nehmen, da der englische Sold, so +niedrig er unsrer Generation erscheinen mu, doch viel hher war als der +franzsische. Auf der andren Seite aber htte er Wilhelm sehr gern um +eine so schne Brigade geschwcht. Nach einer mehrwchentlichen +Correspondenz wurde Barillon zu der Erklrung ermchtigt, da, wenn +Jakob die britischen Truppen aus Holland zurckriefe, Ludwig die +Unterhaltungskosten fr zweitausend Mann in England bernehmen wolle. +Jakob nahm dieses Anerbieten mit dem wrmsten Danke an. In Folge des +getroffenen Arrangements ersuchte er die Generalstaaten um Rcksendung +der sechs Regimenter. Die Generalstaaten aber, welche Wilhelm ganz nach +seinem Willen leitete, antworteten, da ein solches Verlangen unter den +obwaltenden Umstnden durch die bestehenden Vertrge nicht +gerechtfertigt werde, und weigerten sich entschieden, demselben zu +entsprechen. Es ist bemerkenswerth, da Amsterdam, welches fr +Zurckhaltung dieser Truppen in Holland gestimmt hatte, als Jakob ihrer +gegen die Insurgenten im Westen bedurfte, jetzt heftig fr die Erfllung +seines Verlangens stritt. In beiden Fllen beabsichtigten die Behrden +dieser groen Stadt nichts weiter, als dem Prinzen von Oranien zu +opponiren.[68] + + [Anmerkung 68: Sunderland an Wilhelm, 24. Aug. 1686; Wilhelm an + Sunderland, 2.(12.) Sept. 1686; Barillon, 6.(16.) Mai, 26. Mai (5. + Juni), 3.(13.) Oct., 28. Nov. (8. Dec.) 1687; Ludwig an Barillon, + 14.(24.) Oct. 1687; Memorial von Albeville, 15.(25.) Dec. 1687; + Jakob an Wilhelm, 17. Jan., 16. Feb., 2. u. 13. Mrz 1688: Avaux, + 1.(11.), 6.(16.), 8.(18.) Mrz, 22. Mrz (1. April) 1688.] + + +[_Einflu der hollndischen Presse._] Die hollndischen Waffen waren +jedoch fr Jakob kaum so gefhrlich als die hollndische Presse. Fast +tglich erschienen im Haag englische Bcher und Flugschriften gegen die +Regierung, und keine Wachsamkeit konnte es verhindern, da viele +Tausende von Exemplaren in die an der Nordsee gelegenen Grafschaften +eingeschmuggelt wurden. Unter diesen Schriften zeichnete sich besonders +eine durch ihre Wichtigkeit und durch den Eindruck, den sie machte, aus. +Jedermann, der mit den ffentlichen Angelegenheiten vertraut war, kannte +die Ansicht des Prinzen und der Prinzessin von Oranien in Betreff der +Indulgenz; da aber keine officielle Erklrung dieser Ansicht erschienen +war, so wurden Viele, denen gute Privatquellen nicht zugnglich waren, +durch die Zuversicht, mit der die Anhnger des Hofes behaupteten, da +Ihre Hoheiten die letzten Maregeln des Hofes billigten, getuscht oder +verwirrt gemacht. Es wrde ein sehr einfacher und naheliegender Weg +gewesen sein, diese Behauptungen ffentlich zu widerlegen, wenn Wilhelm +keinen andren Zweck gehabt htte, als seinen Einflu in England zu +befestigen. Allein er betrachtete England hauptschlich als das zur +Ausfhrung seines groen europischen Planes nthige Werkzeug. Er hoffte +fr diesen Plan die Mitwirkung der beiden Linien des Hauses sterreich, +der italienischen Frsten und selbst des Papstes zu gewinnen, und er +hatte Grund zu der Befrchtung, da jede die britischen Protestanten +befriedigende Erklrung in Madrid, Wien, Turin und Rom Besorgni und +Unwillen erregen knnte. Deshalb enthielt sich der Prinz lange jeder +officiellen uerung seiner Gesinnungen. Endlich aber wurde er darauf +aufmerksam gemacht, da sein beharrliches Stillschweigen unter den ihm +Wohlwollenden viel Besorgni und Mitrauen erweckt habe und da es hohe +Zeit sei, sich offen auszusprechen. Er beschlo daher, sich zu erklren. + + +[_Stewart's und Fagel's Correspondenz._] Ein schottischer Whig, Namens +Jakob Stewart, war vor einigen Jahren nach Holland geflchtet, um dem +spanischen Stiefel und dem Galgen zu entgehen, und er war mit dem +Gropensionr Fagel befreundet worden, der das Vertrauen und die Gunst +des Statthalters in hohem Grade besa. Stewart war der Verfasser des +heftigen und gehssigen Manifestes von Argyle. Als die Indulgenz +erschien, erkannte Stewart, da sich ihm die Gelegenheit darbot, nicht +nur Begnadigung, sondern noch obendrein eine Belohnung zu erlangen. Er +bot der Regierung, deren Feind er gewesen war, seine Dienste an, diese +wurden angenommen und er schrieb an Fagel einen Brief, zu dem er +angeblich von Jakob selbst beauftragt war. In diesem Briefe wurde der +Gropensionr dringend aufgefordert, seinen ganzen Einflu bei dem +Prinzen und der Prinzessin aufzubieten, um sie zur Untersttzung der +Politik ihres Vaters zu bewegen. Nach einiger Zeit schickte Fagel eine +tief durchdachte und ausgezeichnet geschriebene Erwiederung ein. Wer +dieses interessante Dokument liest, mu bemerken, da es zwar in einer +Weise abgefat ist, welche geeignet war, die englischen Protestanten zu +beruhigen und ihnen zu gefallen, dennoch aber kein Wort enthlt, das +selbst dem Vatikan Ansto htte geben knnen. Es war darin gesagt, da +Wilhelm und Marie mit Vergngen zur Abschaffung jedes Gesetzes mitwirken +wrden, welches ber irgend einen Englnder seiner religisen +berzeugung wegen Strafe verhnge. Aber zwischen Strafen und +Ausschlieungen war ein Unterschied gemacht. Katholiken zu Staatsmtern +zuzulassen, knne nach der Ansicht Ihrer Hoheiten weder im allgemeinen +Interesse Englands, noch im Interesse der Katholiken selbst liegen. +Dieses Manifest wurde in mehrere Sprachen bersetzt und war auf dem +Continent weit verbreitet. Von der durch Burnet besorgten englischen +Ausgabe wurden nahe an funfzigtausend Exemplare in die stlichen +Grafschaften eingefhrt und rasch ber das ganze Land verbreitet. +Nie hat eine Staatsschrift einen vollstndigeren Erfolg gehabt. Die +Protestanten unsrer Insel priesen die mnnliche Entschiedenheit, mit der +Wilhelm erklrte, da er es nicht gutheien knne, die Papisten Antheil +an der Regierung nehmen zu lassen. Den katholischen Frsten auf der +andren Seite gefiel der milde und gemigte Ton, in welchem diese +Erklrung gehalten war, sowie die ihnen erffnete Aussicht, da unter +seiner Regierung kein Mitglied ihrer Kirche um seines Glaubens willen +belstigt werden wrde. + + +[_Castelmaine's Gesandtschaft in Rom._] Es ist wahrscheinlich, da der +Papst selbst einer von Denen war, die den berhmten Brief mit Vergngen +lasen. Einige Monate zuvor hatte er Castelmaine auf eine Art entlassen, +welche wenig Rcksicht auf die Gesinnungen des Knigs zeigte. Innocenz +war mit der ganzen inneren und ueren Politik der englischen Regierung +durchaus nicht zufrieden. Er sah, da die ungerechten und unklugen +Maregeln der jesuitischen Cabale viel eher dazu beitrugen, das +Fortbestehen der Strafgesetze als die Abschaffung des Testes zu +bewirken. Sein Streit mit dem Hofe von Versailles wurde mit jedem Tage +ernsthafter, und er konnte weder als weltlicher Frst, noch als +Oberhaupt der katholischen Kirche fr einen Vasallen dieses Hofes eine +herzliche Freundschaft fhlen. Castelmaine war nicht geeignet, diesen +Widerwillen zu beseitigen. Er kannte zwar fr einen Laien Rom ziemlich +gut und war auch in der theologischen Polemik grndlich bewandert,[69] +besa aber durchaus nicht das Geschick, welches sein Posten erforderte, +und wenn er auch der talentvollste Diplomat gewesen wre, so wrde doch +ein Umstand ihn fr die besondere Mission, mit der er betraut war, +untauglich gemacht haben. Er war in ganz Europa als der Gatte des +schamlosesten Weibes bekannt, und als weiter nichts. Man konnte +unmglich mit ihm oder von ihm sprechen, ohne daran zu denken, wie er zu +dem Titel gekommen war, bei dem er genannt wurde. Dieser Umstand wrde +wenig auf sich gehabt haben, wenn er an einem sittenlosen Hofe +accreditirt gewesen wre, wie zum Beispiel bei dem, an welchem unlngst +die Herzogin von Montespan das Regiment gefhrt hatte. Aber es war +offenbar ein grober Migriff, ihn mit einem Auftrage mehr geistlichen +als weltlichen Characters an einen Papst von patriarchalischer +Sittenstrenge zu senden. Die Protestanten von ganz Europa spttelten +darber, und Innocenz, der ohnehin schon gegen die englische Regierung +eingenommen war, betrachtete die ihm mit so groer Gefahr und so groen +Kosten erzeigte Aufmerksamkeit als nicht viel besser denn eine +Beleidigung. Der Gehalt des Gesandten war auf hundert Pfund die Woche +festgesetzt. Castelmaine klagte, da dies zu wenig sei und da das +Dreifache dieses Betrags kaum ausreichen werde. Denn in Rom bemhten +sich die Gesandten aller groen Continentalmchte einander vor den Augen +eines Volks, das durch den bestndigen Anblick prchtiger Gebude, +Decorationen und Ceremonien verwhnt war, im Glanz zu berbieten. Er +erklrte stets, da er bei seiner Gesandtschaft Geld zusetzen msse. Es +waren ihm mehrere junge Adelige aus den vornehmsten katholischen +Familien Englands, wie die Ratcliffe, die Arundell und Tichborne, +beigegeben, und er bewohnte in Rom den Palast der Familie Pamfili an dem +prchtigen Navonaplatze. Eine Privatunterredung mit Innocenz wurde ihm +bald bewilligt, die officielle Audienz aber wurde lange hinausgeschoben. +Castelmaine's Vorbereitungen zu diesem wichtigen Acte waren so +prachtvoll, da sie, obgleich schon zu Ostern 1686 begonnen, im +darauffolgenden November noch nicht beendigt waren, und im November +bekam der Papst einen wirklichen oder angeblichen Gichtanfall, der einen +weiteren Aufschub verursachte. Im Januar 1687 endlich fand die +feierliche Vorstellung und Aufwartung mit ungewhnlichem Pompe statt. +Die Staatswagen, welche zu der Auffahrt in Rom gebaut wurden, waren so +prchtig, da man sie fr werth hielt, der Nachwelt in schnen +Abbildungen berliefert und von Dichtern in mehreren Sprachen besungen +zu werden.[70] Die Faade des Gesandtschaftspalastes wurde an diesem +hochwichtigen Tage mit geschmacklosen allegorischen Gemlden von +riesenhafter Gre decorirt. Man sah hier den heiligen Georg mit dem +Fue auf dem Nacken des Titus Oates, und Herkules, wie er mit seiner +Keule den protestantischen Tischler College zu Boden schlgt, der sich +vergebens mit seinem Flegel zu vertheidigen sucht. Nach dieser +ffentlichen Schaustellung lud Castelmaine alle damals in Rom anwesenden +Notabilitten zu einem Bankett in dem freundlichen und prchtigen Saale +ein, den Peter von Cortona mit Gemlden von Scenen aus der Aeneide +geschmckt hat. Die ganze Stadt drngte sich zu dem Schauspiele und nur +mit Mhe konnte eine Compagnie der Schweizergarde die Ordnung unter den +Zuschauern aufrechterhalten. Die Kavaliere des ppstlichen Hofstaates +gaben hierauf ihrerseits dem Gesandten glnzende Gastmhler, und Dichter +und Literaten berhuften seinen Gebieter mit abgeschmackten und +hyperbolischen Schmeicheleien, wie sie da am meisten floriren, wo Genie +und Geschmack am tiefsten gesunken sind. An der Spitze der Schmeichler +stand ein gekrntes Haupt. Mehr als dreiig Jahre waren verflossen, seit +Christine, die Tochter des groen Gustav Adolph, freiwillig vom +schwedischen Throne herabgestieqen war. Nach langen Wanderungen, whrend +denen sie viele Thorheiten und Verbrechen begangen, hatte sie endlich in +Rom ihren bleibenden Aufenthalt genommen, wo sie sich mit astrologischen +Berechnungen und mit den Intriguen des Conclave beschftigte und sich +nebenbei mit Gemlden, Gemmen, Handschriften und Mnzen die Zeit +vertrieb. Jetzt dichtete sie einige italienische Stanzen zu Ehren des +englischen Frsten, der, wie sie selbst, einem Geschlecht von Knigen +entsprossen, welche zu ihrer Zeit als die Vorkmpfer der Reformation +betrachtet wurden, sich, gleich ihr, mit der alten Kirche wieder +ausgeshnt hatte. Sie gab eine glnzende Gesellschaft in ihrem Palaste. +Ihre in Musik gesetzten Verse wurden unter allgemeinem Beifalle +vorgetragen und einer ihrer literarischen Gnstlinge hielt ber +denselben Gegenstand eine Rede in so blhendem Style, da er den +Geschmack der englischen Zuhrer beleidigt zu haben scheint. Die dem +Papste feindlich gesinnten, den Interessen Frankreichs ergebenen +Jesuiten, denen jede Gelegenheit, Jakob Ehre zu erzeigen, willkommen +war, empfingen den englischen Gesandten mit mglichstem Geprnge in dem +frstlichen Hause, wo die berreste des Ignatius Loyola in einem Schrein +von Lasurstein und Gold aufbewahrt werden. Bildhauerkunst, Malerei, +Poesie und Beredtsamkeit wurden aufgeboten, um den Fremden zu +bewillkommnen; aber alle diese Knste lagen tief im Argen. Es wurde viel +schwlstige und unedle Latinitt entfaltet, die eines so gelehrten +Ordens unwrdig war, und einige von den die Wnde zierenden Inschriften +zeigten noch schlimmere Fehler als schlechten Styl. An einer Stelle war +gesagt, da Jakob seinen Bruder als Boten zum Himmel gesandt habe, an +einer andren, da Jakob die Schwingen geliefert, welche seinen Bruder in +eine hhere Region emporgetragen. Auerdem gab es ein noch viel +unglcklicheres Distichon, welches damals wenig beachtet wurde, dessen +man aber einige Monate spter mit boshaften Auslegungen gedachte. +OKnig, sagte der Dichter, seufze nicht lnger nach einem Sohne. Mag +auch die Natur Deinen Wunsch nicht erfllen, die Sterne werden Mittel +finden, um ihn zu befriedigen. + +Inmitten dieser Festlichkeiten erfuhr Castelmaine schwere Krnkungen und +Demthigungen. Der Papst behandelte ihn mit uerster Klte und +Zurckhaltung. So oft der Gesandte ihn um eine Antwort auf das zu +Gunsten Petre's gestellte Anliegen bat, bekam Innocenz einen heftigen +Hustenanfall, der dem Gesprch ein Ende machte. Ganz Rom unterhielt sich +von diesen sonderbaren Audienzen. Pasquino schwieg nicht und die ganze +neugierige und geschwtzige Bevlkerung der migsten aller Stdte, mit +alleiniger Ausnahme der Jesuiten und der Prlaten der franzsischen +Faction, lachte ber Castelmaine's verunglckte Mission. Sein von Natur +unfreundlicher Character wurde bald auf's Heftigste erbittert und er +verbreitete eine Denkschrift mit Betrachtungen ber den Papst. Dadurch +gerieth er in eine schiefe Stellung, der kluge Italiener hatte einen +Vortheil gewonnen und er lie sich denselben nicht wieder entreien. Er +erklrte gerade heraus, die Regel, welche die Jesuiten von kirchlichen +Wrden ausschliee, drfe zu Gunsten Petre's nicht bertreten werden. +Der immer mehr gereizte Castelmaine drohte jetzt Rom zu verlassen. +Innocenz erwiederte ihm mit sanfter Impertinenz, die um so krnkender +war, weil sie sich kaum von treuherziger Einfalt unterscheiden lie. +Seine Excellenz knne gehen, wenn es ihm beliebe. Wenn wir ihn aber +verlieren mssen, setzte der ehrwrdige Pontifex hinzu, so hoffe ich +wenigstens, da er unterwegs seine Gesundheit schonen wird. Ein +Englnder wei nicht, wie gefhrlich es ist, hier zu Lande whrend der +Tageshitze zu reisen. Man thut am besten, wenn man vor Tagesanbruch +aufbricht und zu Mittag Rast macht. Mit diesem wohlmeinenden Rathe und +einem Rosenkranze wurde der unglckliche Gesandte entlassen. Wenige +Monate darauf erschien eine pomphafte Geschichte seiner Sendung in einer +prachtvollen Folioausgabe mit Kupferstichen in italienischer und +englischer Sprache. Das Titelkupfer zeigte zum groen rgerni aller +Protestanten Castelmaine in der Peersrobe und mit der Adelskrone in der +Hand, wie er Innocenz den Fu kt.[71] + + [Anmerkung 69: Adda, 9.(19.) Nov. 1685.] + + [Anmerkung 70: Der Professor der griechischen Sprache am Kollegium + +De Propaganda Fide+ machte seiner Bewunderung in einigen + abscheulichen Hexametern und Pentametern Luft, von denen folgende + Probe gengen mag: + + #Rgeriou d skepsomenos lamproio thriambon, + ka mal' ssen kai theen ochlos apas; + Thaumazousa de tn pompn, panchrusea t' autou + Harmata, tous th' hippous, toiade Rhm eps.# + + Die lateinischen Verse sind etwas besser. Nahum Tate stimmte auf + Englisch ein: + + Um etwas von dem Prachtzug zu ersphen, + Wie selbst in Rom noch Niemand ihn gesehen, + Drngt Alt und Jung sich nach der Thrme Zinnen + Und ber jede Wange Freudenthrnen rinnen.] + + [Anmerkung 71: Correspondenz Jakob's und Innocenz' im Britischen + Museum; +Burnet, I. 703--705+; +Welwood's Memoirs+; +Commons' + Journals, Oct. 28. 1689+; +An Account of his Excellency Roger Earl + of Castelmaine's Embassy, by Michael Wright, chief steward of his + Excellency's house at Rome, 1688.+] + + + * * * * * + * * * * + + + Achtes Kapitel. + + Jakob II. + + + + + =Inhalt.= + + Seite + Consecration des Nuntius im St. Jamespalaste 5 + Sein officieller Empfang. -- Der Herzog von Somerset 5 + Auflsung des Parlaments 6 + Gesetzwidrige Bestrafung militairischer Vergehen 7 + Verfahren der Hohen Commission 8 + Die Universitten 9 + Verfahren gegen die Universitt Cambridge 10 + Der Earl von Mulgrave 11 + Zustand Oxford's 13 + Das Magdalenen-Collegium in Oxford 15 + Anton Farmer, vom Knige als Prsident empfohlen 17 + Wahl des Prsidenten 18 + Die Mitglieder des Magdalenen-Collegiums werden vor die + Hohe Commission geladen 18 + Parker zum Prsidenten empfohlen 19 + Die Karthause 19 + Rundreise des Knigs 20 + Der Knig in Oxford 21 + Er giebt den Collegiaten des Magdalenenstifts einen Verweis 22 + Penn sucht zu vermitteln 22 + Eine kirchliche Specialcommission wird nach Oxford gesandt 24 + Hough's Protest 24 + Einsetzung Parker's 25 + Vertreibung der Collegiaten 26 + Das Magdalenen-Collegium in ein papistisches Seminar + verwandelt 27 + Groll der Geistlichkeit 28 + Plne der jesuitischen Cabale in Bezug auf die Thronfolge 29 + Jakob's und Tyrconnel's Plan, die Prinzessin von Oranien + von der Erbfolge im Knigreich Irland auszuschlieen 30 + Schwangerschaft der Knigin 31 + Allgemeiner Zweifel 31 + Stimmung der Wahlkrper und der Peers 33 + Jakob beschliet, ein bestochenes Parlament zusammenzusetzen 34 + Die Regulatoren 36 + Entlassung vieler Lordlieutenants 36 + Der Earl von Oxford 36 + Der Earl von Shrewsbury 37 + Der Earl von Dorset 38 + An die Obrigkeiten gerichtete Fragen, und Antworten darauf 41 + Scheitern der Plne des Knigs 42 + Liste der Sheriffs 45 + Character der katholischen Landgentlemen 45 + Stimmung der Dissenters 47 + Regulirung der Corporationen 47 + Untersuchung in allen ffentlichen Verwaltungszweigen 50 + Entlassung Sawyer's 51 + Williams Generalprokurator 52 + Zweite Indulgenzerklrung 53 + Die Geistlichkeit erhlt Befehl, sie von der Kanzel + zu verlesen 53 + Die Geistlichkeit ist unschlssig 54 + Patriotismus der protestantischen Nonconformisten Londons 54 + Berathung der londoner Geistlichkeit 55 + Berathung im Palast zu Lambeth 57 + Die Petition der sieben Bischfe dem Knige berreicht 57 + Die londoner Geistlichkeit gehorcht dem kniglichen + Befehle nicht 60 + Unschlssigkeit der Regierung 61 + Es wird eine gerichtliche Verfolgung der Bischfe wegen + Libells beschlossen 63 + Sie werden im Geheimen Rathe verhrt 63 + Geburt des Prtendenten 65 + Man hlt ihn allgemein fr untergeschoben 65 + Die Bischfe werden vor die Kings Bench gestellt und + mssen Brgschaft leisten 69 + Aufregung der Gemther 70 + Sunderland's Angst 71 + Er erklrt sich fr einen Katholiken 72 + Proze der Bischfe 72 + Das Verdict der Geschwornen; Freude des Volks 80 + Eigenthmlicher Zustand der ffentlichen Meinung + zu jener Zeit 84 + + + + +[_Consecration des Nuntius im St. Jamespalaste._] Die auffallende +Unhflichkeit des Papstes htte wohl den sanftmthigsten Frsten reizen +mssen. Auf Jakob aber machte sie keinen andren Eindruck, als da er mit +Schmeicheleien und Komplimenten noch verschwenderischer wurde. Whrend +Castelmaine, das Herz von Zorn und Unwillen erfllt, auf der Rckreise +nach England begriffen war, wurde der Nuntius mit Ehrenbezeigungen +berhuft, die sein eigner Verstand verwerfen mute. Er war in Folge +einer bei der rmischen Kirche hufig in Anwendung kommenden Fiction +unlngst zur Bischofswrde ohne Bischofssitz erhoben worden. Jetzt wurde +er zum Erzbischof von Amasia, einer Stadt am Pontus, dem Geburtsorte +Strabo's und Mithridates', erhoben. Jakob bestand darauf, da die +Ceremonie der Consecration in der Kapelle des St. Jamespalastes +stattfinden sollte. Der apostolische Vikar Leyburn und zwei irische +Prlaten versahen den Dienst. Die Thren wurden dem Publikum geffnet +und man bemerkte unter den Zuschauern einige von den Puritanern, die +sich neuerdings dem Hofe angeschlossen hatten. Am Abend erschien Adda in +seiner neuen Amtstracht im Gesellschaftszirkel der Knigin. Jakob fiel +angesichts des ganzen Hofes auf die Knie und bat um seinen Segen. Trotz +aller Vorschriften der Etikette konnten die Umstehenden ihr Erstaunen +und ihren Widerwillen nicht unterdrcken.[1] Es hatte in der That seit +langer Zeit kein englischer Souverain vor einem Sterblichen gekniet und +wer das sonderbare Schauspiel mit ansah, erinnerte sich unwillkrlich +des schmachvollen Tages, an welchem Johann sich seine Krone von Pandolph +aufs Haupt setzen lie. + + [Anmerkung 1: Barillon, 2.(12.) Mai 1687.] + + +[_Sein officieller Empfang. -- Der Herzog von Somerset._] Bald darauf +fand eine noch prchtigere Schaustellung zu Ehren des Heiligen Stuhles +statt. Es wurde beschlossen, da der Nuntius sich in feierlicher +Prozession an den Hof begeben sollte. Bei dieser Gelegenheit zeigten +mehrere Personen, auf deren Gehorsam der Knig gerechnet hatte, zum +ersten Male eine Neigung zur Widersetzlichkeit. Der Hervorragendste +unter ihnen war der zweite Peer des Knigreichs, Karl Seymour, +gewhnlich der stolze Herzog von Somerset genannt. Er war in der That +ein Mann, bei dem Geburts- und Rangstolz fast zu einer krankhaften Manie +geworden war. Sein ererbtes Vermgen war der hohen Stelle, die er unter +dem englischen Adel einnahm, nicht angemessen; aber durch seine +Vermhlung mit der Tochter und Erbin des letzten Percy, der die alte +Krone von Northumberland trug, war er in den Besitz des grten +Vermgens in England gelangt. Somerset war erst fnfundzwanzig Jahre alt +und im Publikum noch wenig bekannt. Er war Kammerherr des Knigs und +Oberst eines der Regimenter, welche zur Zeit des Aufstandes im Westen +neu errichtet worden waren. Er hatte kein Bedenken dagegen erhoben, bei +feierlichen Gelegenheiten das Staatsschwert in die knigliche Kapelle zu +tragen; diesmal aber weigerte er sich entschieden, an dem Festzuge zu +Ehren des Nuntius Theil zu nehmen. Einige Mitglieder seiner Familie +baten ihn dringend, sich das knigliche Mifallen nicht zuzuziehen; aber +ihr Bitten war fruchtlos. Der Knig setzte ihn nun selbst zur Rede. Ich +htte geglaubt, Mylord, sagte er, da ich Ihnen eine groe Ehre +erzeigte, indem ich Sie dazu ausersah, den Gesandten des ersten aller +gekrnten Hupter zu begleiten. -- Sire, entgegnete der Herzog, ich +bin darauf aufmerksam gemacht worden, da ich Eurer Majestt nicht +gehorchen kann, ohne das Gesetz zu verletzen. -- Ich will Sie lehren, +mich ebenso zu achten wie das Gesetz, erwiederte der Knig in +hochfahrendem Tone. Wissen Sie noch nicht, da ich ber dem Gesetz +stehe? -- Eure Majestt mgen ber dem Gesetz stehen, ich aber nicht, +und wenn ich dem Gesetz gehorche, frchte ich nichts. Der Knig +entfernte sich hchlich erzrnt und Somerset wurde augenblicklich seiner +Stellen im Hofstaate und in der Armee entsetzt.[2] + +In einem Punkte zeigte jedoch der Knig einige Klugheit. Er wagte es +nicht, den ppstlichen Gesandten in feierlichem Aufzuge der ganzen +Bevlkerung der Hauptstadt vorzufhren. Die Ceremonie fand am 3. Juli +1687 in Windsor statt. Eine groe Menschenmenge strmte nach dem +Stdtchen. Der Schaulustigen waren so viele, da sie weder Speise und +Trank noch ein Unterkommen fanden und eine Menge vornehmer Leute den +ganzen Tag in ihrem Wagen zubringen muten, um das Schauspiel mit +anzusehen. Spt am Nachmittag endlich erschienen die Leute des +Hofmarschalls zu Pferde. Hierauf folgte ein langer Zug von Lufern und +dann in einem kniglichen Staatswagen Adda im Purpurmantel und mit einem +Brillantenkreuze auf der Brust. Hinter ihm fuhren die Equipagen der +vornehmsten Hofkavaliere und der Staatsminister. Mit groem Mifallen +bemerkte das Volk in dem Zuge die Wappen und Livreen Crewe's, Bischofs +von Durham, und Cartwright's, Bischofs von Chester.[3] + + [Anmerkung 2: +Memoirs of the Duke of Somerset+; Citters, 5.(15.) + Juli 1687; +Eachard's History of the Revolution+; +Clarke's Life + of James the Second, II. 116, 117, 118+; +Lord Lonsdale's + Memoirs.+] + + [Anmerkung 3: +London Gazette, July 7. 1687+; Citters, 7.(17.) + Juli; Bericht ber die Ceremonie in den Somers'schen Schriften.] + + +[_Auflsung des Parlaments._] Am folgenden Tage erschien in der Gazette +eine Proklamation, welche das Parlament auflste, das von allen durch +die Stuarts einberufenen Parlamenten das fgsamste gewesen war.[4] + +Mittlerweile hatten sich neue Schwierigkeiten in Westminsterhall +gezeigt. Erst vor wenigen Monaten waren mehrere Richter entlassen und +andere an deren Stelle gesetzt worden, um in dem Prozesse gegen Sir +Eduard Hales ein Erkenntni zu Gunsten der Krone zu erlangen, und schon +waren neue nderungen nthig. + + [Anmerkung 4: +London Gazette, July, 4. 1687.+] + + +[_Gesetzwidrige Bestrafung militairischer Vergehen._] Der Knig hatte +kaum die Armee gebildet, auf die er zur Ausfhrung seiner Plne +namentlich rechnete, so erkannte er auch schon, da er sie selbst nicht +regieren konnte. Wenn ein Krieg im Lande wthete, so konnte ein Meuterer +oder Deserteur vor ein Kriegsgericht gestellt und das Urtel durch den +Generalprofo vollzogen werden. Aber man war jetzt im tiefsten Frieden. +Das englische Landrecht, das aus einem Zeitalter herrhrte, wo +erforderlichenfalls Jedermann, Niemand aber bestndig die Waffen trug, +machte in Friedenszeiten keinen Unterschied zwischen einem Soldaten und +jedem andren Unterthan, und es gab kein Gesetz hnlich dem, durch +welches heutzutage dem Souverain alljhrlich die zum Oberbefehl ber die +regulre Truppenmacht nthige Autoritt verliehen wird. Zwar erklrten +einige alte Verordnungen die Desertion in gewissen angefhrten Fllen +fr Felonie; aber diese Verordnungen galten nur fr die Soldaten, welche +dem Knige im wirklichen Kriege dienten und konnten nicht ohne die +arglistigste Willkr so weit ausgedehnt werden, da sie auch auf einen +Mann Anwendung fanden, der in einer Zeit der vollstndigsten inneren und +ueren Ruhe des Lagers von Hounslow berdrssig wurde und daher in sein +heimathliches Dorf zurckkehrte. Die Regierung hatte offenbar ber einen +solchen Mann keine andre Macht, als die, welche ein Bcker- oder +Schneidermeister ber seine Gesellen hat. Er und seine Offiziere standen +vor dem Gesetz auf gleicher Stufe. Fluchte er gegen sie, so konnte er +wegen Schwrens mit einer Geldstrafe belegt werden; schlug er sie, so +konnte er wegen thtlicher Mihandlung verklagt werden. Das stehende +Heer stand factisch unter einer milderen Disciplin als die Miliz, denn +die Miliz war durch eine Parlamentsacte errichtet worden, in welcher +zugleich bestimmt war, da Disciplinarvergehen summarisch mit leichten +Strafen geahndet werden knnten. + +Es scheint nicht, da die aus diesem Zustande des Gesetzes +entspringenden praktischen Nachtheile sich unter der Regierung Karl's +II. sehr fhlbar gemacht hatten, was sich vielleicht dadurch erklren +lt, weil bis zum letzten Jahre seiner Regierung die Streitmacht, die +er in England unterhielt, hauptschlich aus Haustruppen bestand, welche +einen so hohen Sold bekamen, da die Entlassung aus dem Dienste von den +Meisten sehr schmerzlich empfunden worden wre. Eine Anstellung als +Gemeiner in der Leibgarde war fr den jngeren Sohn eines Gentleman eine +gute Versorgung; selbst die Fugarden wurden so gut bezahlt als +Fabrikarbeiter unter besonders gnstigen Verhltnissen, und sie befanden +sich daher in einer Lage, um die sie die groe Masse der arbeitenden +Bevlkerung wohl beneiden konnte. Die Rckkehr der Garnison von Tanger +und die Errichtung der neuen Regimenter hatte eine groe Vernderung +herbeigefhrt. Es gab jetzt in England viele Tausend Soldaten, welche +nur acht Pence den Tag erhielten. Die Furcht vor der Verabschiedung war +nicht mehr hinreichend, um sie der Dienstpflicht treu zu erhalten, und +krperliche Strafen durften die Offiziere gesetzlich nicht zuerkennen. +Jakob hatte daher nur die Wahl, entweder die Armee ihrer Auflsung +entgegengehen zu lassen oder die Richter zu der Erklrung zu bewegen, +da das Gesetz das sei, was es, wie jeder Student wute, nicht war. + +Es war besonders wichtig, die Mitwirkung zweier Gerichtshfe zu +gewinnen: der Kings Bench, welche der erste Criminalgerichtshof des +Landes war, und des Gerichtshofs fr Leerung der Gefngnisse, der in der +Old Bailey sa und ber die in der Hauptstadt begangenen Vergehen +abzuurtheilen hatte. In beiden Gerichtshfen aber stie man auf groe +Schwierigkeiten. Herbert, der Oberrichter der Kings Bench, wollte trotz +aller bis dahin bewiesenen Servilitt nicht weiter gehen. Ein noch +entschiedenerer Widerstand war von Sir Johann Holt zu erwarten, der als +Syndikus der City von London auf der Bank der Old Bailey sa. Holt war +ein ausgezeichnet gelehrter und aufgeklrter Jurist, dabei ein +rechtschaffener und muthiger Mann und seine politische Meinung hatte +eine whiggistische Frbung, obgleich er sich von allem Parteitreiben +stets fern hielt. Dem Willen des Knigs muten jedoch alle Hindernisse +weichen. Holt wurde seines Syndikats entsetzt. Herbert und ein andrer +Richter von der Kings Bench entfernt, und die erledigten Stellen mit +Mnnern besetzt, auf die sich die Regierung verlassen konnte. Allerdings +mute man in ziemlich niedere juristische Regionen hinabsteigen, ehe man +Leute fand, welche zu Dienstleistungen, wie man sie jetzt brauchte, +bereit waren. Der neue Oberrichter, Sir Robert Wright, war +sprichwrtlich ein Ignorant, und die Unwissenheit war noch nicht sein +rgster Fehler. Seine Laster hatten ihn zu Grunde gerichtet. Um sich +Geld zu verschaffen, hatte er zu unredlichen Mitteln seine Zuflucht +genommen und einmal einen falschen Eid abgelegt, um in den Besitz von +fnfhundert Pfund zu gelangen. Arm, ausschweifend und schamlos war er +einer von den Schmarotzern Jeffreys' geworden, der ihn befrderte und +verchtlich behandelte. Dies war der Mann, den Jakob zum Lord +Oberrichter von England erkor. Ein gewisser Allibone, der in der +Rechtskunde noch unwissender war als Wright und als Katholik eigentlich +gar nicht fhig war, ein ffentliches Amt zu bekleiden, wurde zum +Unterrichter der Kings Bench ernannt. Sir Bartholomus Shower, als +serviler Tory und langweiliger Redner gleich bekannt, wurde Syndikus von +London. Nachdem diese Vernderungen bewirkt waren, wurden mehrere +Deserteurs zur Untersuchung gezogen und dem Wortlaute und dem Geiste des +Gesetzes zum Hohn fr schuldig befunden. Einige von ihnen vernahmen ihr +Todesurtheil vor den Schranken der Kings Bench, Andere vor den Schranken +der Old Bailey. Sie wurden vor den Augen der Regimenter, denen sie +angehrt hatten, gehngt und dafr Sorge getragen, da diese +Hinrichtungen durch die London Gazette, welche derartige Vorgnge nur +selten berichtete, zur ffentlichkeit gelangten.[5] + + [Anmerkung 5: Siehe +Statutes 18 Henry 6. c. 19; 2 & 3 Ed. 6. c. + 2.+; +Eachard's History of the Revolution+; +Kennet, III. 468+; + +North's Life of Guildford, 247.+; + London Gazette, April 18. & + May 23. 1687+; +Vindication of the E. of R. (Earl of Rochester.)+] + + +[_Verfahren der Hohen Commission._] Man kann wohl denken, da das +Gesetz, das so grblich von denjenigen Gerichtshfen verletzt wurde, +deren ganze Autoritt sich auf dasselbe grndete und die es als +Richtschnur zu betrachten pflegten, von einem durch tyrannische Willkr +errichteten Tribunale eben so wenig geachtet wurde. Whrend der ersten +Monate ihres Bestehens hatte die neue Hohe Commission Geistlichen nur +die Ausbung ihrer Amtshandlungen verboten; die Eigenthumsrechte waren +noch unangetastet geblieben. Zu Anfang des Jahres 1687 aber beschlo man +auch gegen die Pfrndeneinknfte einen Schlag zu fhren und jedem +anglikanischen Priester und Prlaten die berzeugung beizubringen, da, +wenn er seine Beihlfe zur Vernichtung der Kirche, deren Diener er war, +verweigerte, er in einer Stunde zum Bettler gemacht werden wrde. + + +[_Die Universitten._] Es wrde der Klugheit angemessen gewesen sein, +das erste Exempel an einem unbekannten Individuum zu statuiren. Die +Regierung aber war in einer so unseligen Verblendung befangen, da man +dieselbe in einem naiveren Zeitalter als eine gttliche Strafe +betrachtet haben wrde. Es wurde daher ohne weiteres gleich von Anfang +an den beiden ehrwrdigsten Korporationen des Reichs, den Universitten +Oxford und Cambridge, der Krieg erklrt. + +Die Macht dieser beiden Krperschaften war schon seit vielen +Jahrhunderten gro; in der zweiten Hlfte des siebzehnten Jahrhunderts +aber hatte sie ihren Hhepunkt erreicht. Kein Nachbarland konnte sich so +glnzender und reicher Sitze der Wissenschaft rhmen. Die Hochschulen +von Edinburg und Glasgow, von Leyden und Utrecht, von Lwen und Leipzig, +von Padua und Bologna kamen Gelehrten, welche in den prchtigen +Stiftungen Wykeham's und Wolsey's, Heinrich'sVI. und Heinrich's VIII. +gebildet waren, rmlich vor. Literatur und Wissenschaft waren in dem +akademischen Systeme Englands mit Geprnge umgeben, mit obrigkeitlicher +Gewalt bekleidet und mit den vornehmsten Institutionen des Landes eng +verbunden. Kanzler einer Universitt zu werden, war eine Auszeichnung, +nach der die Magnaten des Reichs eifrig strebten; eine Universitt im +Parlament zu vertreten, war das Lieblingsziel des Ehrgeizes von +Staatsmnnern. Edelleute und selbst Frsten waren stolz darauf, wenn +eine Universitt ihnen das Recht verlieh, den Scharlach der Doctorwrde +zu tragen. Die Neugierigen wurden von den Universitten angezogen durch +alte, mit mittelalterlichen Verzierungen reich ausgestattete Gebude, +durch neuere Gebude, welche glnzendes Zeugni von dem knstlerischen +Genie eines Jones und Wren gaben, durch imposante Hallen und Kapellen, +durch Museen, durch botanische Grten und durch die einzigen +ffentlichen Bibliotheken, welche das Knigreich damals besa. Der +Prunk, den namentlich Oxford bei feierlichen Gelegenheiten entfaltete, +wetteiferte mit dem souverainer Frsten. Wenn der Kanzler, der +ehrwrdige Herzog von Ormond, in seinem geflickten Mantel auf seinem +Throne unter der gemalten Decke der Sheldon'schen Tribne sa, umgeben +von vielen hundert Graduirten in der ihrem verschiedenen Range +entsprechenden Kleidung, whrend die vornehmsten Jnglinge Englands ihm +als Bewerber um akademische Ehren feierlich vorgefhrt wurden, spielte +er eine kaum minder knigliche Figur als sein Gebieter im Bankethause zu +Whitehall. Auf den Universitten waren fast alle ausgezeichneten +Geistlichen, Rechtsgelehrten, rzte, Schriftsteller, Dichter und Redner +des Landes und zum groen Theil auch der hohe Adel und die reiche Gentry +gebildet. Auch ist zu bemerken, da die Verbindung zwischen dem Schler +und der Schule durch seinen Abgang nicht aufgelst wurde. Er blieb oft +whrend seines ganzen Lebens Mitglied des akademischen Krpers und +behielt bei allen wichtigen Wahlen eine Stimme. Er hing daher an seinem +alten Lieblingsaufenthalte am Cam und Isis mit weit grerer Zuneigung, +als gebildete Leute sie in der Regel zu ihren Bildungssttten empfinden. +Es gab in England keinen Winkel, wo nicht beide Universitten dankbare +und treuergebene Shne gehabt htten. Jeder Angriff auf die Ehre oder +die Interessen von Cambridge oder Oxford mute nothwendig den Unwillen +einer mchtigen, thtigen und intelligenten Klasse erregen, die ber +alle Grafschaften, von Northumberland bis Cornwall, zerstreut war. + +Die sehaften Graduirten waren vielleicht im Ganzen genommen den +sehaften Graduirten unsrer Zeit nicht berlegen, aber im Vergleich zu +den anderen Gesellschaftskreisen standen sie damals auf einer viel +hheren Stufe; denn Cambridge und Oxford waren die beiden einzigen +Provinzialstdte im ganzen Knigreiche, wo man eine bedeutende Anzahl +hochgebildeter Mnner fand. Selbst die Hauptstadt hatte groe Achtung +vor der Autoritt der Universitten, nicht nur in Fragen der Theologie, +der Naturwissenschaften und des klassischen Alterthums, sondern auch in +solchen Angelegenheiten, in denen die Hauptstdte in der Regel fr die +hchsten Instanzen gelten wollen. Von Will's Kaffeehaus und dem Parterre +des Drurylanetheaters appellirte man noch an die beiden groen +Nationalsitze des Geschmacks und der Gelehrsamkeit. Schauspiele, die in +London mit enthusiastischem Beifalle aufgenommen worden waren, galten +erst dann fr auer Gefahr, wenn sie die strenge Prfung eines mit +Sophokles und Terenz vertrauten Zuhrerkreises bestanden hatten.[6] + +Die englischen Universitten hatten ihren groen moralischen und +intellectuellen Einflu energisch zu Gunsten der Krone angewendet. Das +Hauptquartier Karl'sI. war in Oxford gewesen und die silbernen Krge +und Teller smmtlicher Collegien waren zur Untersttzung seiner +Kriegskasse eingeschmolzen worden. Cambridge war nicht weniger loyal +gesinnt. Es hatte ebenfalls einen groen Theil seines Silbergerths in's +knigliche Lager gesandt, und der Rest wrde auch nachgefolgt sein, wre +die Stadt nicht von den Parlamentstruppen genommen worden. Beide +Universitten waren von den siegreichen Puritanern mit der uersten +Strenge behandelt worden, beide hatten die Restauration mit Freuden +begrt, beide hatten sich der Ausschlieungsbill standhaft widersetzt +und ihren tiefsten Abscheu ber das Ryehousecomplot ausgesprochen. +Cambridge hatte nicht nur seinen Kanzler Monmouth abgesetzt, sondern +seinen Unwillen ber den Verrath des Herzogs sogar in einer eines Sitzes +der Gelehrsamkeit unwrdigen Weise zu erkennen gegeben, indem es die +Leinwand, auf der Kneller seine einnehmende Physiognomie und Gestalt mit +knstlerischer Vollendung dargestellt hatte, den Flammen bergab.[7] +Oxford, das dem Herde des westlichen Aufstandes nher lag, hatte noch +strkere Beweise von Loyalitt gegeben. Die Studenten hatten mit +Bewilligung ihrer Professoren zu Hunderten die Waffen zur Vertheidigung +der erblichen Thronrechte ergriffen. Und diese Krperschaften beschlo +Jakob jetzt in offenem Widerspruch mit den Gesetzen und mit seinem +verpfndeten Worte zu beschimpfen und zu berauben. + + [Anmerkung 6: Dryden's Prologe und Cibber's Memoiren enthalten + zahlreiche Beweise von dem Ansehen, welches der Geschmack der + Oxforder bei den gefeiertsten Dichtern und Schauspielern geno.] + + [Anmerkung 7: Siehe das Gedicht: +Advice to the Painter upon the + Defeat of the Rebels in the West+, sowie noch ein andres ganz + abscheuliches Gedicht ber den nmlichen Gegenstand von Stepney, + welcher damals am Trinity-Collegium studirte.] + + +[_Verfahren gegen die Universitt Cambridge._] Mehrere Parlamentsacte, +die so klar waren als nur irgend eine Verordnung des Gesetzbuches, +hatten vorgeschrieben, da auf beiden Universitten Niemand zu irgend +einem Grade zugelassen werden sollte, ohne den Suprematseid und einen +andren hnlichen Eid, der Gehorsamseid genannt, abgelegt zu haben. +Dessenungeachtet wurde im Februar 1687 ein knigliches Schreiben nach +Cambridge gesandt, worin die Aufnahme eines Benedictinermnches, Namens +Alban Francis, als Magister der freien Knste anbefohlen wurde. + +Die akademischen Wrdentrger, zwischen der Ehrerbietung gegen den Knig +und der Achtung vor dem Gesetz schwankend, waren in groer Verlegenheit. +Es wurden in aller Eile Boten an den Herzog von Albemarle gesandt, der +Monmouth's Nachfolger als Kanzler der Universitt war, und er wurde +dringend ersucht, dem Knige die Sache in geeigneter Weise vorzustellen. +Unterdessen begaben sich der Registrator und die Pedelle zu Francis und +erklrten ihm, da er sogleich aufgenommen werden solle, wenn er die +gesetzlich vorgeschriebenen Eide leiste. Er weigerte sich dessen, machte +den Beamten Vorwrfe wegen ihrer Nichtachtung des kniglichen Befehls, +und da sie nicht nachgaben, reiste er auf der Stelle wieder ab, um sich +in Whitehall zu beschweren. + +Die Vorsteher der Collegien versammelten sich zu einer Berathung. Die +Gutachten der ausgezeichnetsten Rechtsgelehrten wurden abgehrt und sie +sprachen sich entschieden zu Gunsten des beobachteten Verfahrens aus. +Aber schon war ein zweites hochmthiges und drohendes Schreiben von +Sunderland unterwegs. Albemarle antwortete der Universitt unter vielen +Versicherungen seiner Theilnahme und seines Bedauerns, da er alles +Mgliche gethan habe, aber vom Knige sehr kalt und unfreundlich +aufgenommen worden sei. Der akademische Krper, durch die knigliche +Ungnade erschreckt und von dem aufrichtigen Willen beseelt, den Wnschen +Seiner Majestt nachzukommen, dabei aber auch fest entschlossen, das +klare Gesetz des Landes nicht zu verletzen, unterbreitete die +bescheidensten und ehrerbietigsten Auseinandersetzungen, aber ohne +Erfolg. Bald darauf kam eine Vorladung, welche den Vicekanzler und den +Senat auf den 24. April vor die Hohe Commission nach Westminster +beschied. Der Vicekanzler sollte in Person erscheinen, der Senat, der +aus allen Doctoren und Magistern der Universitt besteht, eine +Deputation senden. + + +[_Der Earl von Mulgrave._] Als der festgesetzte Tag erschien, fllte +sich der Sitzungssaal mit einer groen Zuschauermenge. Jeffreys fungirte +als Prsident der Commission. Rochester war, seit ihm der weie Stab +abgenommen worden, nicht mehr Mitglied, anstatt seiner erschien der +Lordkammerherr Johann Sheffield, Earl von Mulgrave. Das Schicksal dieses +Edelmanns glich in einer Beziehung dem seines Collegen Sprat. Mulgrave +schrieb Verse, die sich kaum ber die absolute Mittelmigkeit erhoben, +da er aber ein in den politischen und vornehmen Kreisen hochangesehener +Mann war, so fanden seine Verse doch Bewunderer. Die Zeit zerstrte den +Zauber, zu seinem Unglcke aber erst nachdem seine Gedichte bereits ein +unveruerliches Recht auf eine Stelle in allen Sammlungen englischer +Dichtungswerke erlangt hatten. Dennoch werden bis auf den heutigen Tag +seine, abgeschmackten Reimereien und seine jmmerlichen Lieder an +Amoretta und Gloriana in Gesellschaft des Comus und des Festes +Alexander's immer wieder gedruckt. Die Folge davon ist, da unsre +Generation Mulgrave hauptschlich als einen Dichterling kennt und ihn +als solchen verachtet. Er war jedoch, wie selbst Diejenigen zugaben, die +ihn weder liebten noch achteten, ein durch schne Talente +ausgezeichneter Mann und in der parlamentarischen Beredtsamkeit stand er +kaum einem Redner seiner Zeit nach. Dagegen verdiente sein moralischer +Character keine Achtung. Er war ein Wstling, aber ohne jene Offenheit +des Herzens und der Hand, welche zuweilen auch die Ausschweifung +liebenswrdig, und ein stolzer Aristokrat ohne jene Hoheit der +Denkungsart, welche zuweilen den aristokratischen Hochmuth achtungswerth +macht. Die damaligen Satiriker gaben ihm den Spottnamen Lord Allpride +(Ganzstolz). Sein Stolz vertrug sich indessen mit allen schmachvollen +Lastern. Viele wunderten sich darber, wie ein Mann, der ein so +bertriebenes Gefhl seiner Wrde zur Schau trug, in Geldangelegenheiten +so zh und knauserig sein konnte. Er hatte der kniglichen Familie +groes gerni dadurch gegeben, da er den Gedanken zu hegen wagte, das +Herz und die Hand der Prinzessin Anna zu erobern. In dieser Hoffnung +getuscht, hatte er sich bemht, durch kriechende Gemeinheit die durch +Anmaung verwirkte Gunst wieder zu gewinnen. Seine von ihm selbst +verfate Grabschrift sagt noch heute jedem Besucher der +Westminsterabtei, da er in religisen Dingen als Zweifler lebte und +starb, und aus seinen hinterlassenen Memoiren ersehen wir, da der +rmische Aberglaube ein Lieblingsthema seines Spottes war. Dennoch +begann er unmittelbar nach Jakob's Regierungsantritt eine starke +Hinneigung zum Papismus zu zeigen und gerirte sich endlich privatim als +Convertit. Der Lohn fr diese verworfene Heuchelei war seine Anstellung +bei der Hohen Commission.[8] + +Vor diesem gefrchteten Tribunal erschien jetzt der Vicekanzler der +Universitt Cambridge, Doctor Johann Pechell. Er selbst war kein Mann +von ausgezeichneter Befhigung und Energie, aber es begleiteten ihn acht +vom Senat gewhlte vorzgliche Akademiker. Einer davon war Isaak Newton, +Fellow des Trinity-Collegiums und Professor der Mathematik. Sein Genie +stand damals in seiner vollsten Kraft. Das groe Werk, welches ihm die +erste Stelle unter den Geometern und Naturforschern aller Zeiten und +aller Nationen sichert, wurde seit einiger Zeit unter der Sanction der +Kniglichen Societt gedruckt und war seiner Vollendung nahe. Er war der +entschiedenste Freund der brgerlichen Freiheit und der protestantischen +Religion, aber seine Gewohnheiten machten ihn fr die Kmpfe des +praktischen Lebens durchaus nicht geeignet. Er verharrte daher in +bescheidenem Stillschweigen unter den Delegirten und berlie anderen +Mnnern, welche im Geschftsleben mehr bewandert waren, die Aufgabe, +seine geliebte Universitt zu vertheidigen. + +Es konnte keinen klareren Rechtsfall geben. Das Gesetz lie keinen +Zweifel zu und die Praxis hatte fast stets im Einklang mit dem Gesetz +gestanden. Es konnte vielleicht schon vorgekommen sein, da an einem +besonders feierlichen Tage, wo viele Ehrengrade verliehen wurden, in der +Menge Einer durchgeschlpft war, der die Eide nicht abgelegt hatte; aber +eine solche Unregelmigkeit, lediglich die Folge der Eil und +Unachtsamkeit, konnte nicht als Vorgang geltend gemacht werden. Fremde +Gesandte verschiedener Glaubensrichtungen, insbesondere ein Muselmann, +waren ohne die Eide aufgenommen worden. Aber es war eine groe Frage, ob +solche Flle im Bereiche der Ansicht und des Geistes der betreffenden +Parlamentsverordnungen lagen. Es war nicht einmal behauptet worden, da +schon einmal Jemand, dem die Eide angesonnen wurden und der sie nicht +leisten wollte, einen akademischen Grad erlangt habe, und in dieser Lage +befand sich Francis. Die Delegirten erboten sich zu beweisen, da unter +der vorigen Regierung mehrere knigliche Befehle unbercksichtigt +geblieben waren, weil die empfohlenen Personen sich dem Gesetz nicht +hatten fgen wollen, und da die Regierung sich in solchen Fllen stets +bei dem Verfahren der Universitt beruhigt habe, da sie es als das +richtige anerkennen mute. Jeffreys aber wollte von nichts hren. Er kam +bald dahinter, da der Vicekanzler ein schwacher, unerfahrener und +schchterner Mann war und lie daher der ganzen Unverschmtheit, welche +so lange der Schrecken der Old Bailey gewesen war, freien Lauf. Der +unglckliche Doctor, der an ein solches Auditorium und an eine solche +Behandlung nicht gewhnt war, wurde bald so eingeschchtert, da er +gnzlich die Fassung verlor. Sobald andere zur Verfechtung ihrer Sache +besser befhigte Akademiker das Wort ergreifen wollten, wurden sie auf +die unsanfteste Weise zum Schweigen gebracht. Sie sind nicht +Vicekanzler; wenn Sie es einmal sein werden, dann mgen Sie sprechen, +bis dahin aber geziemt es Ihnen, den Mund zu halten. Die Angeklagten +wurden, ohne gehrt worden zu sein aus dem Gerichtssaale gewiesen. Nach +einer Weile wurden sie wieder hereingerufen und ihnen kundgethan, da +die Commission beschlossen habe, Pechell seiner Wrde als Vicekanzler zu +entheben und ihm alle Einknfte vorzuenthalten, die er als Vorsteher +eines Collegiums bezog und welche ganz den Character eines unantastbaren +Eigenthums hatten. Sie, meine Herren, sagte Jeffreys zu den +Delegirten, sind grtentheils Theologen, und ich will Sie daher mit +einer Stelle aus der Schrift heimschicken: Gehet hin und sndigt fortan +nicht mehr, damit Euch nicht etwas rgeres widerfahre.[9] + + [Anmerkung 8: +Mackay's Character of Sheffield+ nebst Swift's + Note; +Satire on the Deponents, 1688+; +Life of John, Duke of + Buckinghamshire, 1729+; Barillon, 30. Aug. 1687. Ich besitze ein + handschriftliches Spottgedicht aus Mulgrave von 1690, das nicht + ohne Witz ist. Die bemerkenswerthesten Zeilen sind diese: + + Heut' schmeichelt er dem Peters (Petre), morgen dem Burnet. + Fragt nicht nach Glauben und Partei, denn alle sind ihm gleich.] + + [Anmerkung 9: Siehe den Proze gegen die Universitt Cambridge in + der +Collection of State Trials+.] + + +[_Zustand Oxford's._] Man sollte meinen, da dieses Verfahren ungerecht +und willkrlich genug war. Aber der Knig hatte schon angefangen, Oxford +mit einer Strenge zu behandeln, im Vergleich zu welcher die gegen +Cambridge bewiesene Milde genannt werden konnte. Schon war das +University-Collegium durch Obadja Walker in ein rmisch-katholisches +Seminar verwandelt, schon stand das Christchurch-Collegium unter der +Leitung eines rmisch-katholischen Dechanten, schon wurde in diesen +beiden Collegien tglich Messe gelesen. Die ruhige, majesttische Stadt, +so lange das Bollwerk des monarchischen Prinzips, war von Leidenschaften +aufgeregt, die sie bisher nie gekannt hatte. Die Untergraduirten +verhhnten mit stillschweigender Erlaubni ihrer Vorgesetzten die +Mitglieder von Walker's Gemeinde und sangen Spottlieder unter ihren +Fenstern. Einige Bruchstcke von den Serenaden, welche damals in High +Street die Ruhe strten, sind der Nachwelt erhalten worden; der Refrain +einer Ballade lautet: + + Der alte Obadja + singt Ave Maria. + +Als die Schauspieler nach Oxford kamen, uerte sich die ffentliche +Meinung noch strker. Es wurde Howard's Comit gegeben. Dieses bald +nach der Restauration geschriebene Stck stellte die Puritaner in einem +gehssigen und verchtlichen Lichte dar und war deshalb seit einem +Vierteljahrhundert ein Lieblingsstck des oxforder Publikums. Jetzt war +es beliebter als je zuvor, denn ein glcklicher Zufall wollte, da eine +der Hauptrollen ein alter Heuchler Namens Obadja war. Das Publikum brach +in einen Beifallsjubel aus, als Obadja in der letzten Scene mit einem +Strick um den Hals hereingeschleppt wurde, und der Applaus nahm zu, als +einer der Schauspieler, von dem vorgeschriebenen Texte abweichend, +ankndigte, da Obadja wegen Glaubenabfalls gehngt werden solle. Der +Knig war hchlich entrstet ber diesen Hohn. Die Stimmung der +Universitt war so rebellisch, da eines der neu errichteten Regimenter, +das welches gegenwrtig das zweite Gardedragonerregiment heit, nach +Oxford versetzt wurde, um einen Aufstand zu verhindern.[10] + +Diese Vorgnge htten Jakob berzeugen knnen, da er einen Weg +eingeschlagen hatte, der ihn ins Verderben fhren mute. An das Geschrei +der Londoner war er schon lngst gewhnt. Es war zuweilen +ungerechterweise, zuweilen vergebens gegen ihn erhoben worden; er hatte +demselben wiederholt getrotzt und konnte ihm auch fernerhin trotzen. Da +aber Oxford, der Sitz der Loyalitt, das Hauptquartier der +Kavalierarmee, der Ort, wohin sein Vater und sein Bruder ihren Hof +verlegten, wenn sie sich in ihrer strmisch bewegten Hauptstadt nicht +mehr sicher glaubten, der Ort, wo die Schriften der groen +republikanischen Lehrer unlngst den Flammen berliefert worden waren, +da diese Stadt sich jetzt in einer unzufriedenen Ghrung befand und die +muthigen Jnglinge, die sich vor wenigen Monaten so eifrig als +Freiwillige gemeldet hatten, um gegen die Insurgenten im Westen zu +marschiren, jetzt nur mit Mhe durch Sbel und Karabiner im Schach +gehalten wurden: das waren Zeichen von schlimmer Vorbedeutung fr das +Haus Stuart. Doch der abgestumpfte, starrsinnige und eigenwillige Tyrann +beachtete den Warnungsruf nicht. Er hatte sich einmal vorgenommen, +seiner Kirche die reichsten und glnzendsten Stiftungen Englands zu +verschaffen. Umsonst machten ihm die besseren und verstndigeren seiner +rmisch-katholischen Rathgeber Vorstellungen. Sie erklrten ihm, da er +der Sache seiner Religion viel ntzen knne, ohne die Eigenthumsrechte +zu verletzen. Eine Bewilligung von jhrlich zweitausend Pfund aus seiner +Privatchatulle wrde hinreichen, um ein Jesuitencollegium in Oxford zu +unterhalten, und diese Summe knne er leicht verschmerzen. Ein solches +Collegium, mit tchtigen, gelehrten und eifrigen Lehrern ausgestattet, +wrde ein gefhrlicher Nebenbuhler fr die alten akademischen Anstalten +werden, welche nur zu deutliche Symptome einer von Reichthum und +Sicherheit unzertrennlichen Erschlaffung zeigten. Knig Jakob's +Collegium wrde bald selbst von den Protestanten hinsichtlich der +Wissenschaften sowohl als auch der moralischen Zucht als die erste +Bildungsanstalt der Insel anerkannt werden. Dies wrde der wirksamste +und zugleich glimpflichste Weg sein, um die anglikanische Kirche zu +demthigen und die rmische zu Ansehen zu bringen. Der Earl von +Ailesbury, einer der ergebensten Diener des kniglichen Hauses, +erklrte, da er, obgleich Protestant und nicht reich, lieber selbst +einen Beitrag von tausend Pfund zu diesem Zwecke hergeben wolle, als da +sein Gebieter die Eigenthumsrechte verletze und sein der Staatskirche +gegebenes Wort breche.[11] Der Plan fand jedoch keinen Beifall in den +Augen des Knigs. Allerdings entsprach er auch in mehr als einer +Beziehung seinem unfreundlichen Character nicht. Denn es machte ihm +Vergngen, den Sinn der Menschen zu beugen und zu brechen, und von +seinem Gelde konnte er sich nur schwer trennen. Was er auf seine Kosten +zu unternehmen nicht hochherzig genug war, das beschlo er auf Kosten +Anderer durchzufhren. Wenn er einmal etwas begonnen hatte, so hielt +sein Stolz und sein Starrsinn ihn ab, wieder zurckzutreten, und er lie +sich endlich Schritt fr Schritt zu Handlungen trkischer Tyrannei +verleiten, zu Handlungen, welche die Nation zu der berzeugung bringen +muten, da das Vermgen eines protestantischen Freisassen Englands +unter einem rmisch-katholischen Knig ebenso unsicher war, wie das +eines Griechen unter der Herrschaft eines Moslem. + + [Anmerkung 10: +Wood's Athenae Oxonienses+; +Apology for the Life + of Colley Cibber+; Citters, 2.(12.) Mrz 1686.] + + [Anmerkung 11: +Burnet, I.+ 697; Brief von Lord Ailesbury, + abgedruckt im +European Magazine+, April 1795.] + + +[_Das Magdalenen-Collegium in Oxford._] Das Magdalenen-Collegium, +gegrndet im funfzehnten Jahrhundert von Wilhelm von Waynflete, Bischof +von Winchester und Lordgrokanzler, war eine der hervorragendsten +unserer akademischen Institute. Ein schlanker Thurm, auf dessen Zinnen +alljhrlich am Morgen des ersten Mai von Choristen eine lateinische +Hymne gesungen wurde, fesselte schon von weitem die Aufmerksamkeit des +von London her kommenden Reisenden. Wenn er sich nherte, bemerkte er, +da dieser Thurm sich von einem mit Zinnen versehenen, zwar niedrigen +und unregelmigen, aber doch sehr ehrwrdig aussehenden Gebude erhob, +das von Bumen beschattet und von den trgen Fluthen des Chervell +besplt wurde. Er trat durch einen Thorweg,[12] ber dem eine stattliche +Gallerie hinlief, in einen gerumigen Kreuzgang, der mit Emblemen der +Tugenden und Laster, von den Bildhauern des funfzehnten Jahrhunderts roh +in grauen Stein gemeielt, verziert war. Der Tisch der Gesellschaft +wurde in einem mit Gemlden und phantastischem Schnitzwerk reich +ausgestatteten Refectorium gedeckt. Der Gottesdienst wurde frh und +Abends in einer Kapelle gehalten, die von den Reformers und den +Puritanern viel zu leiden gehabt hatte, aber trotz alledem ein +wunderschnes Bauwerk war, das in unseren Tagen mit seltenem Geschmack +und Geschick restaurirt worden ist. Die groen Gartenanlagen am Ufer des +Flusses zeichneten sich durch hohe Bume aus, unter denen ein Wunder der +Pflanzenwelt unsrer Insel emporragte, eine riesige Eiche, welche hundert +Jahre lter sein sollte, als das lteste Collegium der Universitt. + +Die Statuten der Gesellschaften bestimmten, da die Knige von England +und die Prinzen von Wales in dem Hause aufgenommen werden sollten, wie +in ihrem eignen Palaste. EduardIV. hatte das Gebude bewohnt, als es +noch nicht vollendet war. Richard III. hatte darin sein Hoflager +gehalten, im groen Saale Disputationen mit angehrt, war kniglich +bewirthet worden und hatte die Kche seiner Wirthe mit einem Geschenk +von fetten Rehbcken aus seinen Forsten beehrt. Zwei muthmaliche +Thronerben, welche frhzeitig hinweggerafft wurden, Arthur, der ltere +Bruder Heinrich's VIII., und Heinrich, der ltere Bruder Karl'sI., +hatten in dem Collegium studirt; ebenso auch ein andrer Prinz von +Geblt, der letzte und beste der rmisch-katholischen Erzbischfe von +Canterbury, der menschenfreundliche Reginald Pole. Zur Zeit des +Brgerkriegs war das Collegium der Sache der Krone treu geblieben. +Ruprecht hatte dort sein Hauptquartier aufgeschlagen, und ehe er zu +einigen seiner khnsten Unternehmungen auszog, hatte man in den stillen +Kreuzgngen seine Trompeter zum Aufbruch blasen hren. Die Mehrzahl der +Fellows waren Theologen und konnten den Knig nur mit Gebeten und +Geldspenden untersttzen. Doch einer von den Mitgliedern der +Gesellschaft, ein Doctor des Civilrechts, warb eine Truppe +Untergraduirter und fiel an ihrer Spitze im tapferen Kampfe gegen die +Soldaten von Essex. Als die Feindseligkeiten beendigt und die Rundkpfe +Herren von England waren, verweigerten sechs Siebentel der Mitglieder +der usurpirten Gewalt ihre Unterwerfung. In Folge dessen wurden sie aus +ihren Wohnungen vertrieben und ihrer Einknfte beraubt. Nach der +Restauration kehrten die noch Lebenden an ihren lieblichen Wohnsitz +zurck. Eine neue Generation war auf sie gefolgt, die ihre Ansichten und +ihren Muth geerbt hatte. Zur Zeit des Aufstandes im Westen hatten +diejenigen Collegiaten, welche nicht durch Alter oder Beruf zum +Gebrauche der Waffen unfhig waren, sich bereitwilligst erboten, fr die +Krone zu kmpfen. Es drfte schwerlich im ganzen Knigreiche irgend eine +Korporation zu finden sein, welche gerechteren Anspruch auf die +Dankbarkeit des Hauses Stuart gehabt htte.[13] + +Die Gesellschaft bestand aus einem Prsidenten, vierzig Fellow's, +dreiig Studenten (+Demies+, Halbe genannt) und einer Anzahl von +Kaplanen, Schreibern und Chorsngern. Zur Zeit der Generalvisitation +unter Heinrich VIII. waren die Einknfte viel bedeutender als die jeder +andren hnlichen Stiftung des Landes, fast um die Hlfte grer als die +der reichen Stiftung Heinrich'sVI. in Cambridge und ber noch einmal so +gro als die, welche Wilhelm von Wykeham seinem Collegium in Oxford +vermacht hatte. In den Tagen Jakob'sII. war der Reichthum des +Magdalenen-Collegiums enorm und wurde durch das Gercht noch +bertrieben. Das Collegium wurde allgemein fr reicher als die reichsten +Abteien des Continents gehalten. Wenn die Pachtgelder alle eingingen, +hie es unter dem Volke, so beliefen sich die jhrlichen Einknfte auf +die ungeheure Summe von vierzigtausend Pfund Sterling.[14] + +Die Collegiaten waren durch die von dem Begrnder festgesetzten Statuten +ermchtigt, sich ihren Prsidenten unter Personen, welche Mitglieder +ihrer Gesellschaft oder des Neuen Collegiums waren oder gewesen waren, +selbst zu whlen. Dieses Recht war in der Regel mit vlliger Freiheit +ausgebt worden. Nur in einzelnen Fllen waren knigliche Zuschriften +gekommen, welche dem Collegium befhigte Personen anempfahlen, die bei +Hofe in Gunst standen, und es war in solchen Fllen Sitte gewesen, auf +die Wnsche des Souverains gebhrende Rcksicht zu nehmen. + +Im Mrz 1687 starb der Prsident des Collegiums. Einer der Fellows, +Doctor Thomas Smith, vom Volke spottweise Rabbi Smith genannt, ein +ausgezeichneter Reisender, Bchersammler, Alterthumsforscher und +Orientalist, der Kaplan bei der Gesandtschaft in Konstantinopel gewesen +und mit der Vergleichung der alexandrinischen Handschriften beauftragt +worden war, bewarb sich um den erledigten Posten. Er meinte als +Gelehrter und als eifriger Tory einigen Anspruch auf die Begnstigung +von Seiten der Regierung zu haben. Seine Loyalitt war auch in der That +so glhend und so unwandelbar, wie man sie in der ganzer englischen +Kirche nur finden konnte. Er war lange mit dem Bischof Parker von Oxford +intim befreundet gewesen und hoffte durch die Verwendung dieses Prlaten +ein knigliches Empfehlungsschreiben an das Collegium zu erhalten. +Parker versprach sein Mglichstes zu thun, berichtete aber bald, da er +auf Schwierigkeiten gestoen sei. Der Knig, sagte er, mag Niemanden +empfehlen, der nicht ein Freund seiner Religion ist. Was knnen Sie in +dieser Beziehung thun, um ihn zufrieden zu stellen? Smith antwortete, +da, wenn er Prsident werden sollte, er sich bemhen wrde, +Gelehrsamkeit, wahres Christenthum und Loyalitt zu frdern. Das wird +nicht gengen, sagte der Bischof. Nun so mag Prsident werden wer da +will, versetzte Smith mannhaft; ich kann nicht mehr versprechen. + + [Anmerkung 12: Dieser Thorweg ist jetzt verschlossen.] + + [Anmerkung 13: +Wood's Athenae Oxonienses+; +Walker's Sufferings + of the Clergy.+] + + [Anmerkung 14: +Burnet, I. 697+; +Tanner's Notitia Monastica.+ Bei + der Visitation im sechsundzwanzigsten Regierungsjahre Heinrich's + VIII. ergab es sich, da die Einknfte des Kings-Collegiums 751 + Pfd. St., die des Neuen Collegiums 487 Pfd. St. und die des + Magdalenen-Collegiums 1076 Pfd. St. betrugen.] + + +[_Anton Farmer vom Knige als Prsident empfohlen._] Die Wahl wurde auf +den dreizehnten April festgesetzt und die Fellows aufgefordert, +derselben beizuwohnen. Es ging die Rede, da ein knigliches Schreiben +einlaufen werde, das einen gewissen Anton Farmer fr die erledigte +Stelle empfehle. Das Leben dieses Mannes war eine Reihenfolge ehrloser +Handlungen. Er war Mitglied der Universitt Cambridge gewesen und der +Ausstoung nur durch rechtzeitige freiwillige Entfernung entgangen. Dann +hatte er sich den Dissenters angeschlossen und hierauf war er nach +Oxford gegangen, um in das Magdalenen-Collegium einzutreten, wo er sich +bald durch alle mglichen Laster auszeichnete. In der Regel taumelte er +spt in der Nacht so betrunken, da er nicht sprechen konnte, seinem +Collegium zu. Es war allbekannt, da er an der Spitze eines +unehrenvollen Aufruhrs in Abingdon gestanden hatte, und er war ein +regelmiger Gast bekannter Lieblingsorte von Wstlingen gewesen. +Endlich war er Kuppler geworden, hatte sogar die gewhnliche Gemeinheit +seines abscheulichen Gewerbes noch bertroffen und hatte von +liederlichen jungen Leuten fr Dienste, welche die Geschichte nicht gut +erzhlen kann, Geld genommen. Dieser erbrmliche Mensch war jetzt zum +Papismus bergetreten. Sein Abfall shnte alle seine Laster, und +obgleich noch sehr jung, wurde er zum Vorsteher einer ernsten religisen +Gesellschaft empfohlen, in welcher das rgerni, das er durch seine +Lasterhaftigkeit gegeben, noch im frischen Andenken war. + +Durch das allgemeine Landesgesetz war er als rmischer Katholik von +allen akademischen mtern ausgeschlossen, und da er niemals Fellow des +Magdalenen-Collegiums noch des Neuen Collegiums gewesen, so hatte er der +besonderen Verordnung Wilhelm's von Waynflete gem gar kein Recht, sich +um die erledigte Prsidentenstelle zu bewerben. berdies hatte Waynflete +den Mitgliedern seiner Stiftung noch ausdrcklich eingeschrft, da sie +bei der Wahl ihres Vorstehers namentlich auf seinen moralischen +Character Rcksicht nehmen sollten, und htte er auch keine derartige +Weisung hinterlassen, so konnte eine meist aus Theologen bestehende +Gesellschaft einem Mann wie Farmer schicklicherweise nicht die Leitung +einer Bildungsanstalt bertragen. + +Die Collegiaten stellten dem Knige ehrerbietigst vor, in welche +Verlegenheit sie kommen wrden, wenn das Gercht, da Farmer ihnen +empfohlen werden sollte, sich als begrndet erwies, und baten darum, da +Seine Majestt, wenn es ihm beliebe, sich in die Wahl einzumischen, +ihnen einen Mann vorschlagen mchte, fr den sie gesetzlicherweise und +mit gutem Gewissen stimmen knnten. Von dieser ergebenen Bitte wurde +keine Notiz genommen. Das knigliche Schreiben lief ein. Der berbringer +desselben war ein Fellow des Collegiums, der unlngst Papist geworden +war, Namens Robert Charnock, ein Mann von Talent und Geist, aber von +heftigem und ruhelosem Temperament, das ihn einige Jahre spter zu einem +abscheulichen Verbrechen und zu einem entsetzlichen Schicksale trieb. +Das Collegium versammelte sich am 13. April in der Kapelle. Man hatte +noch immer einige Hoffnung, da der Knig sich durch die an ihn +gerichteten Vorstellungen werde bewegen lassen, und die Versammlung +vertagte sich deshalb bis auf den 15. April, als den letzten Termin, an +welchem die Wahl nach den Statuten des Collegiums stattfinden mute. + + +[_Wahl des Prsidenten._] Der 15. April erschien und die Collegiaten +versammelten sich wieder in ihrer Kapelle. Von Whitehall war keine +Antwort gekommen. Einige der lteren Mitglieder, darunter Smith, waren +der Meinung, die Wahl lieber noch einmal zu verschieben, als einen +Schritt zu thun, der den Knig mglicherweise beleidigen konnte. Aber +die Sprache der Statuten war klar und die Mitglieder des Collegiums +hatten sich eidlich verpflichtet, dieselben zu befolgen. Die Ansicht der +Mehrheit war daher, da kein weiterer Aufschub stattfinden drfe. Es +erfolgte eine heftige Debatte. Die Whler waren zu aufgeregt, als da +sie htten auf ihren Pltzen bleiben knnen; die ganze Kapelle war in +Aufruhr. Diejenigen, welche fr die Vornahme der Wahl stimmten, beriefen +sich auf ihre Eide und auf die Verordnungen des Stifters, dessen Brot +sie aen. Sie behaupteten ganz richtig, der Knig habe nicht das Recht, +ihnen selbst einen geeigneten Candidaten aufzudringen. In der Hitze des +Streits fielen einige fr toryistische Ohren anstige uerungen und +Smith lie sich zu der Bemerkung verleiten, der Geist Ferguson's habe +sich seiner Collegen bemchtigt. Mit groer Stimmenmehrheit wurde +endlich der Beschlu gefat, die Wahl unverzglich vorzunehmen. Charnock +verlie die Kapelle. Die brigen Fellows gaben, nachdem sie vorher das +Sakrament empfangen, ihre Stimmen ab. Die Wahl fiel auf Johann Hough, +einen Mann von seltener Tugend und Besonnenheit, der, nachdem er +Verfolgungen mit hohem Muthe und das Glck mit ernster Wrde ertragen, +zu hohen Ehren emporgestiegen und noch hhere bescheiden abgelehnt +hatte, mehr als sechsundfnfzig Jahre nach diesem ereignivollen Tage in +hohem Alter, aber noch in voller Kraft des Geistes starb. + +Die Gesellschaft beeilte sich, dem Knige die Umstnde +auseinanderzusetzen, welche es nothwendig gemacht hatten, ohne weiteren +Verzug zur Wahl eines Prsidenten zu schreiten, und ersuchte den Herzog +von Ormond als Kanzler der ganzen Universitt, und den Bischof von +Winchester als Visitator des Magdalenen-Collegiums, das Amt der +Vermittelung zu bernehmen. Der Knig aber war viel zu aufgebracht und +viel zu befangen, als da er auf derartige Verstellungen htte hren +knnen. + + +[_Die Mitglieder des Magdalenen-Collegiums werden vor die Hohe +Commission geladen._] Anfangs Juni wurden die Collegiaten vor die Hohe +Commission nach Whitehall beschieden. Fnf von ihnen kamen als Deputirte +der Korporation der Aufforderung nach. Jeffreys behandelte sie nach +seiner gewohnten Manier. Als einer von ihnen, ein ehrwrdiger Doctor, +Namens Fairfax, einigen Zweifel an der Rechtsgltigkeit der Commission +uerte, begann er zu brllen wie ein wildes Thier: Wer ist der Mann? +Wer giebt ihm das Recht, hier unverschmt zu sein? Ergreift ihn und +steckt ihn in ein finstres Zimmer! Wie kann man ihn ohne Wchter lassen? +Er steht als Wahnsinniger unter meiner Aufsicht. Es wundert mich, da +noch Niemand bei mir darauf angetragen hat, da er in sicheres Gewahrsam +gebracht werde. Als aber der Sturm ausgetobt hatte und die Aussagen +ber den sittlichen Charakter des vom Knige empfohlenen Kandidaten +verlesen waren, hatte keiner der Commissare die Frechheit zu behaupten, +da ein solcher Mensch sich zum Prsidenten eines groen Collegiums +eigne. Obadja Walker und die brigen oxforder Papisten, die sich +eingefunden hatten, um ihren Proselyten zu untersttzen, waren nicht +wenig bestrzt. Die Commission erklrte Hough's Wahl fr ungltig und +suspendirte Fairfax von seiner Collegiatur; von Farmer aber war keine +Rede mehr und im August kam ein knigliches Schreiben an, welches dem +Collegium den Bischof von Oxford, Parker, empfahl. + + +[_Parker zum Prsidenten empfohlen._] Parker war kein erklrter Papist. +Es lag jedoch ein Umstand gegen ihn vor, der, selbst wenn die +Prsidentur erledigt gewesen wre, htte entscheidend sein mssen: er +hatte weder dem Neuen Collegium noch dem Magdalenen-Collegium jemals +angehrt. Aber die Prsidentur war gar nicht erledigt, denn Hough war +rechtskrftig gewhlt und smmtliche Mitglieder des Collegiums waren +eidlich verpflichtet, ihn in seinem Amte zu erhalten. Sie entschuldigten +sich daher mit vielen Versicherungen ihrer Loyalitt und ihres +Bedauerns, da sie dem Befehle des Knigs nicht Folge leisten knnten. + + +[_Die Karthause._] Whrend Oxford so der Tyrannei energisch entgegen +trat, leistete man an einem andren Orte nicht weniger tapferen +Widerstand. Jakob hatte vor einiger Zeit den Administratoren der +Karthause, Mnnern von hohem Rang und Ansehen im Knigreiche, den Befehl +gegeben, einen rmischen Katholiken, Namens Popham, in das unter ihrer +Verwaltung stehende Hospital aufzunehmen. Der Vorsteher der Anstalt, +Thomas Burnet, ein durch Genie, Gelehrsamkeit und Tugend ausgezeichneter +Geistlicher, hatte, obgleich der wilde Jeffreys im Collegium sa, den +Muth, sie darauf aufmerksam zu machen, da jene Zumuthung dem Willen des +Stifters sowohl als einer Parlamentsacte zuwiderlaufe. Was thut dies +zur Sache? fragte ein dem Vorstande angehrender Hfling. Ich meine, +es thut sehr viel zur Sache, antwortete eine von Alter und Sorgen +geschwchte Stimme, die aber in keiner Versammlung ohne Achtung gehrt +wurde, die Stimme des ehrwrdigen Ormond. Eine Parlamentsacte, fuhr +der Patriarch der Kavalierpartei fort, ist meiner Ansicht nach keine +Kleinigkeit. Es wurde die Frage gestellt, ob Popham zugelassen werden +solle, und der Beschlu lautete auf seine Zurckweisung. Da der Kanzler +seinem Grolle nicht wohl durch Fluchen und Verwnschungen gegen Ormond +Luft machen konnte, so lief er in voller Wuth fort und mehrere von der +Minoritt folgten ihm. In Folge dessen blieb keine beschlufhige Anzahl +brig und es konnte daher auf den kniglichen Befehl keine formelle +Antwort gegeben werden. + +Die nchste Sitzung fand nur zwei Tage, nachdem die Commission +Hough's Wahl fr ungltig erklrt und Fairfax suspendirt hatte, +statt. Die Administratoren erhielten einen zweiten Befehl mit dem +groen Staatssiegel; aber das tyrannische Verfahren gegen das +Magdalenen-Collegium hatte ihren Muth noch erhht, anstatt ihn zu +schwchen. Sie setzten ein Schreiben an Sunderland auf, durch welches er +ersucht wurde, dem Knige mitzutheilen, da sie im vorliegenden Falle +Seiner Majestt nicht gehorchen knnten, ohne das Gesetz und ihre +Amtspflicht zu verletzen. + +Es drfte kaum zu bezweifeln sein, da, wenn diese Zuschrift nur von +unbedeutenden Mnnern unterzeichnet gewesen wre, der Knig irgend einen +Gewaltschritt gethan haben wrde. Aber selbst er erschrak beim Anblick +der groen Namen Ormond, Halifax, Danby und Nottingham, der Oberhupter +aller Farben der groen Partei, der er seine Krone verdankte. Er +begngte sich deshalb, Jeffreys zu bedeuten, da er das weiter +einzuschlagende Verfahren in Erwgung ziehen solle. Einmal hie es, es +werde ein Proze bei der Kings Bench anhngig gemacht werden, ein +andermal, die Kirchliche Commission werde den Fall in die Hand nehmen, +aber diese Drohungen verstummten nach und nach wieder.[15] + + [Anmerkung 15: +A Relation of the Proceedings at the Charterhouse, + 1689.+] + + +[_Rundreise des Knigs._] Der Sommer war jetzt weit vorgerckt und der +Knig trat eine Reise an, die lngste und glnzendste, die man seit +vielen Jahren gesehen hatte. Am 16. August begab er sich von Windsor +nach Portsmouth, besichtigte die Festungswerke, berhrte einige mit +Krpfen Behaftete und fuhr dann in einer seiner Yachten nach +Southampton. Von hier reiste er nach Bath, wo er sich einige Tage +aufhielt und die Knigin zurcklie. Als er wieder abreiste, begleiteten +ihn der Obersheriff von Somersetshire und eine groe Anzahl Gentlemen +bis an die Grenze der Grafschaft, wo ihn der Obersheriff von +Gloucestershire mit einem nicht minder glnzenden Gefolge erwartete. Der +Herzog von Beaufort kam bald darauf den kniglichen Equipagen entgegen +und geleitete dieselben nach Badminton, wo ein des Rufes, den sich der +Herzog durch seinen glnzenden Haushalt erworben hatte, wrdiges Mahl +fr ihn angerichtet war. Am Nachmittag ging der Zug weiter nach +Gloucester. Zwei Meilen vor der Stadt wurde er vom Bischofe und der +Geistlichkeit bewillkommnet. Am Sdthore erwartete ihn der Mayor mit den +Schlsseln. Die Glocken gingen und aus allen Rhrtrgen flo Wein, +whrend der Knig durch die Straen nach dem Platze zog, der die +ehrwrdige Kathedrale umgiebt. Er bernachtete in der Dechanei und brach +am folgenden Morgen nach Worcester auf. Von Worcester ging er nach +Ludlow, Shrewsbury und Chester, und wurde berall mit ueren Zeichen +der Freude und Ehrerbietung empfangen, die er schwach genug war, als +Beweise zu betrachten, da die durch seine Maregeln hervorgerufene +Unzufriedenheit gedmpft sei und ihm ein leichter Sieg bevorstehe. Der +scharfblickendere Barillon benachrichtigte Ludwig, da der Knig in +einer Tuschung befangen sei, da die Reise keinen wirklichen Nutzen +gebracht habe und da die nmlichen Gentlemen von Worcestershire und +Shropshire, die es fr ihre Pflicht gehalten, ihren Souverain und Gast +mit allen Ehrenbezeigungen zu empfangen, sich so widerspenstig als je +zeigen wrden, wenn die Testangelegenheit zur Sprache kme.[16] + +Unterwegs schlossen sich dem kniglichen Zuge zwei Hflinge an, die in +Character und Meinungen weit von einander verschieden waren. Penn war +auf einer geistlichen Hirtenreise in Chester. Seine Popularitt und sein +Ansehen waren unter seinen Glaubensbrdern tief gesunken, seitdem er ein +Werkzeug des Knigs und der Jesuiten geworden war.[17] Jakob aber nahm +ihn sehr freundlich auf und er durfte am Sonntage im Ballhause einen +Vortrag halten, whrend Cartwright in der Kathedrale predigte und der +Knig an einem in der Grafschaftshalle errichteten Altare die Messe +hrte. Man sagt sogar, Seine Majestt habe geruht, einen Augenblick in +das Ballhaus einzutreten und der melodischen Beredtsamkeit seines +Freundes mit Anstand zuzuhren.[18] + +Der wthende Tyrconnel war von Dublin ber den Kanal gekommen, um von +seiner Verwaltung Bericht zu erstatten. Alle achtungswertheren +englischen Katholiken behandelten ihn als einen Feind ihres Stammes und +als eine Schande ihrer Religion mit Klte. Sein Gebieter aber hie ihn +herzlich willkommen und entlie ihn mit Versicherungen seines +ungeschwchten Vertrauens und seiner steten Untersttzung. Jakob vernahm +mit groer Freude, da bald die ganze Verwaltung Irlands in +rmisch-katholischen Hnden sein werde. Die englischen Ansiedler waren +schon ihrer ganzen politischen Macht beraubt, es blieb nur noch brig, +sie auch ihres Eigenthums zu berauben, und diese letzte Gewaltthat wurde +so lange aufgeschoben, bis man sich die Mitwirkung eines irischen +Parlaments gesichert haben wrde.[19] + +Von Cheshire wendete sich der Knig nach dem Sden und in der festen +berzeugung, da die Fellows des Magdalenen-Collegiums es trotz ihres +widerspenstigen Geistes nicht wagen wrden, einem ihnen mndlich +gegebenen Befehle den Gehorsam zu verweigern, reiste er nach Oxford. Auf +dem Wege dahin machte er einige kleine Abstecher nach Orten, die ihn als +Knig, als Bruder und als Sohn besonders interessirten. Er besuchte das +gastliche Dach von Boscobel und die berreste der Eiche, die in der +Geschichte seines Hauses eine so wichtige Rolle spielt. Er fuhr ber das +Schlachtfeld von Edgehill, wo die Kavaliere zuerst mit den Soldaten des +Parlaments die Schwerter kreuzten. Am 3. September speiste er mit groem +Geprnge im Palast von Woodstock, einem alten berhmten Schlosse, von +dem kein Stein mehr vorhanden ist, dessen Lage aber noch heute auf der +Wiese des Blenheimparks durch zwei unweit der stattlichen Brcke +stehende Platanen bezeichnet wird. + + [Anmerkung 16: London Gazette vom 18. Aug. bis 1. Sept. 1687; + Barillon, 19.(29.) Sept.] + + [Anmerkung 17: +Penn, chef des Quakers, qu'on sait tre dans les + intrts du Roi d'Angleterre, est si fort dcri parmi ceux de son + parti qu'il n'ont plus aucune confiance en lui.+ -- Bonrepaux an + Seignelay, 12.(22.) Sept. 1687. Gerhard Croese's Zeugni lautet + ganz ebenso: +Etiam Quakeri Pennum non amplius, ut ante ita + amabant ac magnifaciebant, quidam aversabantur ac fugiebant. -- + Historia Quakeriana, lib. II. 1695.+] + + [Anmerkung 18: +Cartwright's Diary, Aug. 30. 1687+; +Clarkson's + Life of William Penn.+] + + [Anmerkung 19: +London Gazette, Sept. 5.+; +Sheridan MS.+; + Barillon 6.(16.) Sept. 1687. +Le Roi son matre,+ sagt Barillon, + +a tmoign une grande satisfaction des mesures qu'il a prises, + et a autoris ce qu'il a fait en faveur des Catholiques. Il les + tablit dans les emplois et les charges, en sorte que l'autorit + se trouvera bientt entre leurs mains. Il reste encore beaucoup de + choses faire en ce pays l pour retirer les biens injustement + ts aux Catholiques. Mais cela ne peut s'excuter qu'avec le + temps et dans l'assemble d'un parlement en Irlande.+] + + +[_Der Knig in Oxford._] Am Abend erreichte er Oxford, wo er mit den +gewohnten Ehrenbezeigungen empfangen wurde. Die Studenten hatten sich in +ihrer akademischen Tracht vom Stadtthore bis an den Haupteingang des +Christchurch-Collegiums in einer Doppelreihe aufgestellt. Er stieg in +der Dechanei ab, wo er unter anderen Bequemlichkeiten eine zum Medienst +eingerichtete Kapelle vorfand.[20] + + [Anmerkung 20: +London Gazette, Sept. 5, 8. 1687+.] + + +[_Er giebt den Collegiaten des Magdalenenstifts einen Verweis._] Den Tag +nach seiner Ankunft erhielten die Fellows des Magdalenen-Collegiums +Befehl, ihm ihre Aufwartung zu machen. Als sie vor ihm erschienen, +behandelte er sie mit einem bermuth, wie ihn die puritanischen +Visitatoren gegen ihre Vorgnger nie bewiesen hatten. Sie haben Sich +nicht wie Gentlemen gegen mich benommen, rief er aus; Sie haben Sich +eben so unschicklich als ungehorsam gezeigt. Sie fielen auf die Knie +und berreichten ihm eine Petition. Er wollte sie nicht ansehen. Ist +das die Loyalitt Ihrer englischen Kirche? Ich htte nicht gedacht, da +so viele Geistliche der Kirche Englands sich bei einer solchen Sache +betheiligen knnten. Gehen Sie nach Hause, gehen Sie. Ich bin Knig und +ich verlange Gehorsam. Gehen Sie augenblicklich in Ihre Kapelle und +nehmen Sie den Bischof von Oxford auf. Und wehe Denen, die sich weigern, +sie sollen das ganze Gewicht meiner Hand fhlen, sie sollen erfahren, +was es heit, sich die Ungnade seines Souverains zuziehen! Die noch +immer vor ihm knieenden Collegiaten reichten ihm wiederholt ihre +Petition dar. Er warf sie zornig zu Boden. Gehen Sie, sage ich, ich +nehme nichts von Ihnen an, bis Sie den Bischof aufgenommen haben! + +Sie gingen und versammelten sich augenblicklich in ihrer Kapelle. Es +wurde die Frage gestellt, ob sie sich dem Befehle Seiner Majestt fgen +sollten. Smith war abwesend, nur Charnock antwortete mit Ja. Alle +brigen Collegiaten erklrten, da sie in allen gesetzlichen Dingen dem +Knige bereitwilligst gehorchen, ihre Statuten und ihre Eide aber nicht +verletzen wrden. + +Voll Zorn und rger ber seine Niederlage verlie der Knig Oxford und +kehrte nach Bath zur Knigin zurck. Seine Hartnckigkeit und Willkr +hatte ihn in eine sehr schwierige Lage versetzt. Er hatte zu fest auf +die Wirkung seiner finstren Miene und seiner gebieterischen Rede +gerechnet und unbesonnenerweise nicht nur das Ansehen seiner Regierung, +sondern auch seine persnliche Wrde aufs Spiel gesetzt. Konnte er +Unterthanen nachgeben, denen er mit erhobener Stimme und zornigen +Geberden gedroht hatte? Konnte er es auf der andren Seite wagen, an +einem Tage eine Anzahl achtungswerther Geistlicher aus ihrer Heimath zu +vertreiben, weil sie eine in den Augen der ganzen Nation heilige Pflicht +gethan hatten? Vielleicht gab es noch einen Ausweg aus dieser +Verlegenheit, vielleicht konnte das Collegium doch noch durch Drohungen, +durch Zureden oder durch Bestechung zur Unterwerfung gebracht werden. + + +[_Penn sucht zu vermitteln._] Man bediente sich Penn's als Vermittler. +Er hatte zuviel Rechtsgefhl, als da er das gewaltsame und ungerechte +Verfahren der Regierung htte billigen knnen und er wagte es sogar, +einem Theile seiner Gedanken Worte zu geben. Jakob beharrte wie +gewhnlich auf seinem Vorsatze, und der hfische Quker that daher sein +Mglichstes, um das Collegium vom Pfade des Rechts abzuziehen. Zuerst +versuchte er es mit Einschchterungen. Er sagte, der Gesellschaft drohe +der Untergang, denn der Knig sei im hchsten Grade aufgebracht. Es sei +allerdings ein schwerer Schritt fr sie, das sahen die meisten Leute +ein; aber jedes Kind wisse auch, da Seine Majestt seinen Willen gern +durchsetze und da er Widerspruch nicht vertragen knne. Penn ermahnte +daher die Collegiaten, nicht auf die Gerechtigkeit ihrer Sache zu +pochen, sondern sich zu fgen oder wenigstens zu temporisiren. Ein +solcher Rath klang sonderbar aus dem Munde eines Mannes, der selbst von +der Universitt vertrieben worden war, weil er wegen des Chorhemds einen +Tumult hervorgerufen, der sich lieber der Gefahr der Enterbung +ausgesetzt hatte, als da er sich entschlo, vor einem kniglichen +Prinzen den Hut abzunehmen und der wegen seiner in Conventikeln +gehaltenen Reden mehr als einmal in's Gefngni geschickt worden war. Es +gelang ihm jedoch nicht, die Magdalenen-Collegiaten zu schrecken. In +Antwort auf seine drohenden Winke wurde er daran erinnert, da unter der +vorigen Generation vierunddreiig von den vierzig Collegiaten lieber mit +Freuden ihre geliebten Kreuzgnge und Grten, ihre Halle und ihre +Kapelle verlassen htten und fortgegangen seien, ohne zu wissen wo sie +ein Mahl oder ein Nachtlager finden wrden, als da sie ihren +Unterthaneneid gebrochen htten. Jetzt verlange der Knig die Verletzung +eines andren Eides von ihnen, aber er solle erfahren, da der alte Geist +noch nicht erstorben sei. + +Penn zog nun gelindere Saiten auf. Er hatte eine Besprechung mit Hough +und einigen Collegiaten und begann endlich nach vielen Versicherungen +von Theilnahme und Freundschaft die Mglichkeit eines Vergleichs in +Aussicht zu stellen. Der Knig vertrage nun einmal keinen Widerspruch, +sagte er, das Collegium msse nachgeben und Parker annehmen. Aber seine +Gesundheit sei schwankend und alle seine mter wrden voraussichtlich +bald erledigt sein. Doctor Hough, setzte er hinzu, kann dann Bischof +von Oxford werden. Wie wrde Ihnen das gefallen, meine Herren? Penn +hatte whrend seines ganzen Lebens gegen eine Miethlingsgeistlichkeit +gepredigt. Er hielt sich fr verpflichtet, die Entrichtung von Zehnten +zu verweigern, und dies selbst als er mit Zehnten belastete Lndereien +gekauft hatte und ihm der Betrag der Zehnten von der Kaufsumme +nachgelassen worden war. Nach seinen eigenen Grundstzen wrde er eine +groe Snde begangen haben, wenn er sich dabei betheiligt htte, dem +frmmsten Geistlichen selbst unter den ehrenvollsten Bedingungen eine +Pfrnde zu verschaffen. Aber sein Character war durch schlechte +Gesellschaft so verdorben und sein Verstand durch bermigen Eifer fr +einen einseitigen Zweck so verdunkelt, da er keinen Anstand nahm, bei +einer Simonie von ganz besonders unehrenhafter Art den Unterhndler +abzugeben und ein Bisthum als Kder zu benutzen, um einen Geistlichen +zum Eidbruche zu verfhren. Hough erwiederte mit hflicher +Geringschtzung, da er von der Krone nichts weiter verlange als +einfache Gerechtigkeit. Wir sind an unsere Statuten und unsere Eide +gebunden, sagte er; aber auch ganz abgesehen von unseren Statuten und +unseren Eiden fhlen wir uns verpflichtet, unsren Glauben zu +vertheidigen. Die Papisten haben uns schon das University-Collegium und +das Christchurch-Collegium geraubt, jetzt greifen sie auch das +Magdalenen-Collegium an. Sie werden bald Alles haben. + +Penn war so unbesonnen, hierauf zu antworten, da er ernstlich glaube, +die Papisten wrden nun zufrieden sein. Das University-Collegium, +sagte er, ist ein schnes Collegium, Christchurch ein vortrefflicher +Platz und Magdalenen ein herrliches Gebude. Die Lage ist angenehm, die +Gartenanlagen am Flusse reizend. Wenn die Katholiken vernnftig sind, +werden sie sich damit begngen. Diese alberne Erklrung wrde allein +schon Hough und seine Collegen in die Unmglichkeit versetzt haben, +nachzugeben. Die Unterhandlung wurde abgebrochen, und der Knig beeilte +sich, seiner Drohung gem die Ungehorsamen fhlen zu lassen, was es +hie, sich seine Ungnade zuziehen. + + +[_Eine kirchliche Specialcommission wird nach Oxford gesandt._] +Cartwright, Bischof von Chester, Wright, Oberrichter der Kings Bench, +und Sir Thomas Jenner, ein Baron des Schatzkammergerichts, erhielten +eine Specialvollmacht zur Visitation des Collegiums. Am 20. October +kamen sie in Oxford an, begleitet von drei Schwadronen Kavalerie mit +gezogenen Sbeln. Am folgenden Morgen nahmen die Commissare im Hrsaale +des Magdalenen-Collegiums ihre Sitze ein und Cartwright hielt eine +loyale Rede, welche noch vor wenigen Jahren von den Oxfordern mit lautem +Beifall aufgenommen worden wre, die aber jetzt mit stummem Unwillen +angehrt wurde. Es erfolgte hierauf eine lange Debatte. Der Prsident +vertheidigte seine Rechte mit Geschick, Migung und Entschiedenheit. Er +versicherte seine hohe Achtung vor der kniglichen Autoritt, behauptete +aber fest, da er nach den Gesetzen Englands ein Eigenthumsrecht an das +Haus und an die mit der Prsidentur verbundenen Einknfte habe. Dieses +Rechts knne ihn ein Machtspruch des Landesherrn nicht berauben. Wollen +Sie sich unsrer Visitation unterwerfen? fragte der Bischof. Ich +unterwerfe mich derselben, antwortete Hough mit weiser Vorsicht, in so +weit sie mit dem Gesetz im Einklange steht, weiter nicht. -- Wollen +Sie den Schlssel zu Ihrer Wohnung ausliefern? fragte Cartwright. Hough +schwieg. Die Frage wurde wiederholt, und Hough antwortete nun mild aber +entschieden, da er dies nicht thun werde. Die Commissare nannten ihn +einen unberufenen Eindringling und forderten die Collegiaten auf, seine +Autoritt nicht mehr anzuerkennen und fr die Aufnahme des Bischofs von +Oxford zu stimmen. Charnock versprach bereitwilligst Gehorsam, Smith gab +eine ausweichende Antwort, die Hauptmasse der Collegiaten aber erklrte +auf das Bestimmteste, da sie Hough noch immer als ihren rechtmigen +Prsidenten betrachteten. + + +[_Hough's Protest._] Jetzt bat Hough um die Erlaubni, selbst noch +einige Worte an die Commissare richten zu drfen. Sie bewilligten ihm +dies sehr artig, vielleicht weil sie nach seinem ruhigen und gelassenen +Benehmen erwarteten, da er ein Zugestndni machen werde. Mylords, +sprach er, Sie haben mich heute meines freien Eigenthums beraubt; ich +protestire hiermit gegen Ihr ganzes Verfahren als gesetzwidrig, +ungerecht und nichtig und appellire an unsren erlauchten Gebieter, den +Knig, in seinen Gerichtshfen. Ein lautes beiflliges Gemurmel erhob +sich unter den Studirenden, welche den Saal fllten. Die Commissare +waren wthend. Man suchte die Verbrecher, welche applaudirt hatten, +herauszufinden, aber vergebens. Der ganze Zorn der Commission richtete +sich nun gegen Hough. Glauben Sie nicht, da Sie uns trotzen knnen, +rief Jenner mit einem Wortspiel auf den Namen des Prsidenten.[21] Ich +werde die Autoritt Seiner Majestt aufrecht erhalten, so lange ich +Athem in meiner Brust habe, setzte Wright hinzu. Das Alles kommt von +Ihrem nach Popularitt haschenden Protest. Sie haben den Landfrieden +gebrochen und sollen sich dafr vor der Kings Bench verantworten. Ich +verpflichte Sie bei Strafe von tausend Pfund, beim nchsten Termine zu +erscheinen. Wir wollen sehen, ob die Civilgewalt Sie nicht bndigen +wird. Reicht sie nicht aus, so sollen Sie auch die militairische haben. +Oxford befand sich in der That in einer Stimmung, welche die Commissare +nicht wenig beunruhigte. Die Soldaten erhielten Befehl, ihre Carabiner +zu laden, und man sagte, es sei ein expresser Bote nach London geschickt +worden, um schleunige Nachsendung von Verstrkungen zu verlangen. Es +fand jedoch keine Ruhestrung statt. + + [Anmerkung 21: Im Deutschen lt sich das Wortspiel nicht + wiedergeben. +Hough+ und +huff+ (trotzen) wird im Englischen + ziemlich gleich ausgesprochen. D. bers.] + + +[_Einsetzung Parker's._] Der Bischof von Oxford wurde mittelst Vollmacht +ruhig eingesetzt, aber nur zwei Mitglieder des Magdalenen-Collegiums +wohnten der Feierlichkeit bei. Mancherlei Anzeichen bewiesen, da der +Geist des Widerstandes sich auch des Volks bemchtigt hatte. Der +Thrsteher des Collegiums warf seinen Schlssel weg. Der Kellermeister +weigerte sich, den Namen Hough's aus dem Wirthschaftsbuche zu streichen. +In der ganzen Stadt war kein Schlosser aufzutreiben, der die Thr der +Prsidentenwohnung aufsprengen wollte. Die eigenen Diener der Commissare +muten die Thr mit eisernen Stangen erbrechen. Die Predigten, welche am +nchstfolgenden Sonntage in der Universittskirche gehalten wurden, +waren voll von Bemerkungen, welche Cartwright tief krnkten; aber sie +waren so gehalten, da er nichts dagegen thun konnte. + +Wre Jakob nicht ganz verblendet gewesen, so wrde er hier innegehalten +haben. Die Collegiaten waren im Ganzen genommen nicht geneigt, den +Widerstand noch weiter zu treiben. Sie waren der Meinung, da sie ihre +Achtung vor ihren Statuten und Eiden hinreichend bewiesen htten, indem +sie ihre Mitwirkung bei der Einsetzung eines Unberufenen verweigerten, +und da sie sich ihm jetzt, da er im factischen Besitze des Amtes war, +als ihrem Oberhaupte unterwerfen knnten, ohne einen Vorwurf auf sich zu +laden, bis er durch den Ausspruch eines competenten Gerichts entfernt +wurde. Nur ein Collegiat, Doctor Fairfax, weigerte sich, auch nur soweit +nachzugeben. Die Commissare wrden zu einer solchen Verstndigung gern +die Hand geboten haben und einige Stunden lang herrschte eine +Waffenruhe, von der Viele glaubten, da sie zu einem gtlichen Vergleich +fhren werde. Aber bald war Alles wieder in Aufregung. Die Collegiaten +sahen, da die ffentliche Meinung sie offen der Kleinmthigkeit +beschuldigte; in der Stadt sprach man schon ironisch von einem +Magdalenengewissen und sagte, der tapfere Hough und der brave Fairfax +seien verrathen und verlassen worden. Noch rgerlicher waren die +Sptteleien Obadja Walker's und seiner Renegatensippschaft. Das also, +sagten diese Apostaten, sei das Ende von all den hochtrabenden Worten, +in denen die Gesellschaft ihren Entschlu erklrt habe, treu zu ihrem +rechtmigen Prsidenten und zu ihrem protestantischen Glauben zu +stehen! Whrend die Collegiaten, tief gekrnkt durch den ffentlichen +Tadel, ihre bedingte Unterwerfung bereueten, erfuhren sie, da diese den +Knig noch keineswegs zufriedengestellt habe. Es sei nicht genug, sagte +er, da sie sich erboten htten, dem Bischof von Oxford als factischem +Prsidenten zu gehorchen; sie mten auch die Commission und Alles was +dieselbe gethan habe, als gesetzlich anerkennen. Sie mten eingestehen, +da sie pflichtvergessen gehandelt htten, mten ihr Benehmen bereuen +und versprechen, da sie sich in Zukunft besser betragen wollten, mten +Seine Majestt um Verzeihung bitten und ihm zu Fen fallen. Nur zwei +Collegiaten, Charnock und Smith, ber welche der Knig nicht zu klagen +hatte, wurden von der Verpflichtung, diese erniedrigenden +Entschuldigungen zu machen, ausgenommen. + +Nie that Jakob einen thrichteren Fehlgriff. Die Collegiaten, schon mit +sich selbst unzufrieden, weil sie so weit nachgegeben hatten, und durch +den Tadel des Publikums gereizt, ergriffen eifrig die ihnen jetzt +gebotene Gelegenheit, die ffentliche Achtung wieder zu gewinnen. Sie +erklrten einstimmig, sie wrden niemals deshalb, da sie in ihrem +Rechte gewesen seien, um Verzeihung bitten, und eben so wenig +anerkennen, da die Visitation ihres Collegiums und die Beraubung ihres +Prsidenten gesetzlich gewesen sei. + + +[_Vertreibung der Collegiaten._] Jetzt lie sie der Knig das angedrohte +ganze Gewicht seiner Hand fhlen. Durch ein summarisches Edict wurden +sie zur Vertreibung verurtheilt. Diese Strafe wurde indessen noch nicht +fr gengend erachtet. Man wute, da viele Edelleute und Gentlemen, +welche ein kirchliches Patronatrecht hatten, sich bemhen wrden, fr +Mnner zu sorgen, welche fr die Gesetze Englands und fr den +protestantischen Glauben so viel gelitten. Deshalb erklrte die Hohe +Commission die Vertriebenen fr unfhig, irgend ein geistliches Amt +wieder zu bekleiden, und Diejenigen, welche noch nicht ordinirt waren, +wurden fr unfhig erklrt, die geistliche Ordination zu empfangen. So +hatte Jakob die Genugthuung, Viele von ihnen aus einer Lage, in der sie +alle mglichen Annehmlichkeiten des Lebens genossen und die schnsten +Aussichten auf zuknftige Anstellungen hatten, in hoffnungslose +Drftigkeit zurckgeworfen zu haben. + +Aber all' diese Strenge hatte gerade die entgegengesetzte Wirkung als er +erwartete. Der Geist der Englnder, dieser trotzige Geist, den kein +Knig aus dem Hause Stuart jemals durch Erfahrung erkennen lernte, +emprte sich heftig gegen die Ungerechtigkeit. Oxford, der friedliche +Sitz der Gelehrsamkeit und Loyalitt, war in einem Zustande, hnlich +dem, in welchem sich London am Morgen nach dem Versuche Karl'sI., die +fnf Parlamentsmitglieder festnehmen zu lassen, befunden hatte. Der +Vicekanzler war am Tage der Vertreibung von den Commissaren zu Tische +eingeladen worden. Er lehnte die Einladung ab. Mein Geschmack, sagte +er, ist verschieden von dem des Obersten Kirke; ich kann unter dem +Galgen nicht mit Appetit essen. Die Studenten weigerten sich, den neuen +Vorsteher des Magdalenen-Collegiums zu gren. Smith erhielt den +Spottnamen +Dr.+ Schuft und wurde in einem Kaffeehause ffentlich +insultirt. Als Charnock die Demies aufforderte, in seiner Gegenwart ihre +akademischen bungen vorzunehmen, antworteten sie ihm, da sie ihrer +rechtmigen Vorsteher beraubt seien und sich keiner widerrechtlichen +Autoritt unterwerfen wrden. Sie versammelten sich zum Studiren wie zum +Gottesdienst auf eigne Hand. Man versuchte es, sie durch das Anerbieten +der eintrglichen Collegiaturen, welche eben fr erledigt erklrt worden +waren, zu verfhren, aber ein Untergraduirter nach dem andren antwortete +mit mnnlichem Freimuth, da sein Gewissen ihm nicht gestatte, aus einem +Unrecht fr sich Nutzen zu ziehen. Ein Student, der sich zur Annahme +einer Collegiatur berreden lie, wurde von seinen Comiletonen aus dem +Saale gestoen. Es wurden junge Leute aus anderen Collegien eingeladen, +aber mit geringem Erfolg; die reichste Stiftung des Landes schien selbst +fr arme Studenten alle Anziehungskraft verloren zu haben. Inzwischen +wurde in London und im ganzen Lande Geld zur Untersttzung der +vertriebenen Collegiaten gesammelt. Die Prinzessin von Oranien zeichnete +zur groen Freude aller Protestanten zweihundert Pfund. Der Knig, +beharrte nichtsdestoweniger bei dem eingeschlagenen Verfahren. Auf die +Vertreibung der Collegiaten folgte bald die Ausstoung einer Menge +Demies. Whrenddem nahmen die krperlichen und geistigen Krfte des +neuen Prsidenten mehr und mehr ab. Er hatte zu der Zeit, als sein +Kollegium sich in offener Emprung gegen seine Autoritt befand, noch +einen schwachen Versuch gemacht, der Regierung einen Dienst zu leisten, +indem er eine Vertheidigung der Indulgenzerklrung oder vielmehr der +Lehre von der Transsubstantiation erscheinen lie. Diese Schrift rief +viele Entgegnungen hervor, namentlich eine von Burnet, die mit +auerordentlicher Kraft und Schrfe geschrieben war. Wenige Wochen nach +der Vertreibung der Demies starb Parker in dem Hause, von dem er +gewaltsam Besitz ergriffen hatte. Man sagte damals, Reue und Scham +htten sein Ende beschleunigt. Er ruht in der schnen Vorkapelle des +Collegiums, aber kein Denkstein bezeichnet sein Grab. + + +[_Das Magdalenen-Collegium in ein papistisches Seminar verwandelt._] Der +ganze Plan des Knigs wurde nun vollends ausgefhrt: das Collegium wurde +zu einem papistischen Seminar umgestaltet. Bonaventura Giffard, der +katholische Bischof von Madura, ward Prsident. In der Kapelle wurde +katholischer Gottesdienst gehalten und an einem Tage zwlf Katholiken +als Collegiaten aufgenommen. Einige servile Protestanten bewarben sich +um die Aufnahme, wurden aber abschlglich beschieden. Smith, der loyal +bis zur Begeisterung, aber noch immer ein aufrichtiges Mitglied der +anglikanischen Kirche war, konnte das vernderte Aussehen des Hauses +nicht ertragen. Er entfernte sich, kam der Aufforderung zur Rckkehr in +seine Wohnung nicht nach, und wurde daher abgesetzt. So war das +Beraubungswerk vollendet.[22] + +Das Universittssystem Englands ist von der Art, da jedes Ereigni, das +die Interessen oder die Ehre irgend einer Universitt berhrt, im ganzen +Lande nothwendig einen starken Eindruck machen mu. Jeder neue Schlag +gegen das Magdalenen-Collegium wurde daher bis an die uersten +Endpunkte des Knigreichs gefhlt. In den londoner Kaffeehusern, in den +juristischen Hochschulen, unter den Geistlichen aller Domkapitel, in +Pfarrwohnungen und Landschlssern selbst der entferntesten Grafschaften +war das Mitleid mit den Duldern und der Unwille gegen die Regierung +bestndig im Zunehmen. Hough's Protest fand berall Beifall, das +Aufsprengen seiner Thr wurde berall mit Abscheu erzhlt und das ber +die Collegiaten verhngte Beraubungs- und Vertreibungsurtheil zerri +endlich die einst so engen und theuren Bande, welche die anglikanische +Kirche mit dem Hause Stuart verknpften. + + [Anmerkung 22: Prozeverfahren gegen das Magdalenen-Collegium zu + Oxford wegen Nichterwhlung Anton Farmer's zum Prsidenten, in der + +Collection of State Trials+, Ausgabe von Howell; +Luttrell's + Diary, June 15., 17., Oct. 24., Dec. 10. 1687+; +Smith's + Narrative+; Brief von Doctor Richard Rawlinson vom 31. Oct. 1687; + +Reresby's Memoirs+; +Burnet, I. 699+; +Cartwright's Diary+; + Citters, 25. Oct. (4. Nov.), 28. Oct. (7. Nov.), 8.(18.) u. + 18.(28.) Nov. 1687.] + + +[_Groll der Geistlichkeit._] Bitterer Groll und schlimme Befrchtungen +traten an die Stelle der Liebe und des Vertrauens. Es gab keinen +Pfrndner, keinen Rector und keinen Vikar, der nicht von der Angst +geqult worden wre, da er, so friedlich sein Character und so +unbedeutend seine Stelle sein mochte, vielleicht in wenigen Monaten +durch einen willkrlichen Machtspruch aus seinem Hause vertrieben werden +knne, um im zerrissenen Priesterrocke mit Frau und Kindern zu betteln, +whrend sein durch uralte Gesetze und durch das knigliche Wort +gesichertes Eigenthum von einem Apostaten in Besitz genommen wurde. Das +war also der Lohn fr die heldenmthige Loyalitt, die sich in allen +Wechselfllen fnfzig strmischer Jahre nicht ein einziges Mal +verleugnet hatte! Deshalb also hatte die Geistlichkeit fr KarlI. +Plnderung und Verfolgung ertragen, deshalb hatte sie KarlII. in seinem +harten Kampfe mit der whiggistischen Opposition untersttzt, deshalb +hatte sie in der vordersten Reihe gegen Diejenigen gestanden, welche +Jakob seines Geburtsrechtes berauben wollten! Ihrer Treue allein +verdankte ihr Unterdrcker die Macht, die er jetzt zu ihrem Verderben +anwendete. Lange genug hatten sie mit bitterem Schmerze die Leiden +aufgezhlt, die sie von den Puritanern in den Tagen ihrer Macht hatten +erdulden mssen. Der Puritaner war indessen einigermaen zu +entschuldigen. Er war ein erklrter Feind, er hatte sich fr erlittenes +Unrecht zu rchen und selbst er war nicht ganz ohne Mitleid gewesen, als +er die Kirchenverfassung des Landes umgestaltete und Alle, die seinen +Covenant nicht unterschreiben wollten, absetzte. Er hatte denen, die er +ihrer Pfrnden beraubte, wenigstens so viel davon gelassen, als sie zu +ihrem Lebensunterhalte nothwendig brauchten. Aber des Knigs Ha gegen +die Kirche, die ihn vor der Verbannung bewahrt und auf den Thron erhoben +hatte, war nicht so leicht zu sttigen. Nur der vllige Ruin seiner +Opfer konnte ihn zufrieden stellen. Nicht genug, da sie aus ihren +Wohnungen vertrieben und ihres Einkommens beraubt wurden, auch jede +andre Laufbahn, auf der Mnner ihrer Art ihren Unterhalt suchen konnten, +war ihnen mit raffinirter Bswilligkeit verschlossen und es blieb ihnen +nichts Andres brig, als die unsichere und beschmende Hlfsquelle der +ffentlichen Mildthtigkeit. + +Die anglikanische Geistlichkeit und diejenigen Laien, welche dem +protestantischen Episcopat mit Liebe zugethan waren, betrachteten daher +jetzt den Knig mit Gefhlen, wie sie eine durch Undank noch +verschlimmerte Ungerechtigkeit nothwendig, erregen mu. Indessen hatte +der Anglikaner noch immer viele Bedenken des Gewissens und der Ehre zu +berwinden, ehe er sich zum gewaltsamen Widerstande gegen die Regierung +entschlieen konnte. Man hatte ihn gelehrt, da das gttliche Gesetz +passiven Gehorsam ohne Bedingung oder Ausnahme vorschreibe. Diese +Ansicht hatte er laut und offen ausgesprochen und die Insinuation, da +extreme Flle eintreten knnten, welche dem Volke das Recht gben, gegen +knigliche Tyrannei das Schwert zu ziehen, mit Verachtung +zurckgewiesen. Sowohl Grundsatz als Scham hielten ihn demnach ab, das +Beispiel der rebellischen Rundkpfe nachzuahmen, so lange noch einige +Hoffnung auf friedliche und gesetzmige Befreiung vorhanden war, und +eine solche Hoffnung konnte man vernnftigerweise wohl hegen, so lange +die Prinzessin von Oranien die nchste Thronerbin war. Wenn er diese +Glaubensprfung geduldig berstand, so wrden die Gesetze der Natur bald +das fr ihn thun, was er ohne Snde und Schande nicht selbst fr sich +thun konnte. Die Bedrckungen der Kirche wurden dann abgestellt, ihr +Eigenthum und ihre Wrde durch neue Brgschaften gesichert und die +schndlichen Minister, die sie in Zeiten der Bedrngni gekrnkt und +verhhnt hatten, wurden exemplarisch bestraft. + + +[_Plne der jesuitischen Cabale in Bezug auf die Thronfolge._] An das +Ereigni, von dem die anglikanische Kirche eine ehrenvolle und +friedliche Erlsung von ihren Leiden erwartete, konnten auch die +sorglosesten Mitglieder der jesuitischen Cabale nicht ohne qulende +Besorgnisse denken. Wenn ihr Gebieter starb, ohne ihnen eine grere +Sicherheit gegen die Strafgesetze zu hinterlassen als eine +Indulgenzerklrung, welche die ganze Nation einstimmig fr null und +nichtig erklrt hatte, wenn ein von dem nmlichen Geiste, welcher in den +Parlamenten Karl'sII. vorgeherrscht, beseeltes Parlament sich um den +Thron eines protestantischen Landesoberhauptes versammelte, war dann +nicht vorauszusehen, da eine furchtbare Vergeltung ausgebt, da die +alten Gesetze gegen den Papismus mit schonungsloser Strenge gehandhabt +und da noch hrtere neue Gesetze dem Gesetzbuche einverleibt werden +wrden? Von diesen schlimmen Befrchtungen wurden die bsen Rathgeber +der Krone schon seit langer Zeit geqult, und einige von ihnen hatten +sonderbare und verzweifelte Schutzmittel ersonnen. Jakob hatte den Thron +kaum bestiegen, so begann man sich in Whitehall schon zuzuflstern, da, +wenn die Prinzessin Anna katholisch werden wollte, es mit Hlfe Ludwig's +vielleicht nicht unmglich sein wrde, das Geburtsrecht ihrer lteren +Schwester auf sie zu bertragen. Bei der franzsischen Gesandtschaft +fand diese Idee groen Beifall und Bonrepaux war der Meinung, da +Jakob's Einwilligung nicht schwer zu erlangen sein werde.[23] Bald +jedoch zeigte es sich deutlich, da Anna der Landeskirche +unerschtterlich treu war. Der Gedanke, sie zur Knigin zu machen, wurde +daher wieder aufgegeben. Dessenungeachtet nhrte ein kleines Huflein +Fanatiker noch immer die khne Hoffnung, da es ihnen gelingen knne, +die Thronfolgeordnung zu ndern. Der Plan dieser Mnner wurde in einem +Entwurfe dargelegt, von dem noch eine schlechte franzsische bersetzung +vorhanden ist. Es sei zu hoffen, sagten sie, da der Knig im Stande +sein werde, den wahren Glauben zu befestigen, ohne zu extremen Mitteln +zu greifen; im schlimmsten Fall aber knne er die Verfgung ber seine +Krone Ludwig anheimstellen. Es sei fr die Englnder immer noch besser, +wenn sie Vasallen Frankreichs wren, als Sklaven des Teufels.[24] Dieses +hchst merkwrdige Actenstck ging unter den Jesuiten und Hflingen von +Hand zu Hand, bis endlich einige ausgezeichnete Katholiken, in denen die +Bigotterie noch nicht allen Patriotismus erstickt hatte, dem +hollndischen Gesandten eine Abschrift anfertigten. Dieser zeigte den +Aufsatz dem Knige, und Jakob erklrte denselben fr eine erbrmliche +Flschung, die von einem hollndischen Pamphletschmierer ersonnen sein +msse. Der hollndische Gesandte antwortete mit Entschiedenheit, da er +durch das Zeugni mehrerer ausgezeichneter Mitglieder der eigenen Kirche +Seiner Majestt das Gegentheil beweisen knne, ja da es sogar nicht +schwer sein werde, den Verfasser ausfindig zu machen, welcher im Grunde +nur das niedergeschrieben habe, wovon viele Priester und geschftige +Politiker tglich in den Gallerien des Palastes sprchen. Der Knig +hielt es nicht fr rathsam, nach dem Verfasser zu forschen, nahm den +Vorwurf der Flschung zurck und versicherte mit groer Heftigkeit und +Feierlichkeit, da es ihm nie in den Sinn gekommen sei, seine lteste +Tochter zu enterben. Niemand, sagte er, hat es je gewagt, eine solche +Idee gegen mich zu uern, und ich wrde auch nie darauf hren. Gott +befiehlt uns nicht, die wahre Religion durch Ungerechtigkeit zu +verbreiten, und dies wrde die emprendste, widernatrlichste +Ungerechtigkeit sein.[25] Trotz aller dieser Betheuerungen meldete +Barillon wenige Tage spter seinem Hofe, da Jakob angefangen habe, auf +Einflsterungen in Betreff einer nderung der Thronfolgeordnung zu +hren, da die Sache zwar sehr kitzlich sei, da man aber gegrndete +Hoffnung habe, mit der Zeit und durch vorsichtiges Verfahren einen Weg +zu finden, um die Krone mit Ausschlieung der beiden Prinzessinnen auf +ein rmisch-katholisches Haupt zu bringen.[26] Dieser Plan wurde noch +viele Monate von den heftigsten und berspanntesten Papisten am Hofe +besprochen, und es wurden wirklich Candidaten fr den Knigsthron +genannt.[27] + + [Anmerkung 23: +Quand on connoit le dedans de cette cour aussi + intimement que je la connois, on peut croire que Sa Majest + Britannique donnera volontiers dans ces sortes de projets.+ + Bonrepaux an Seignelay, 18.(28.) Mrz 1686.] + + [Anmerkung 24: +Que, quand pour tablir la religion Catholique et + pour la confirmer icy, il+ (Jakob) +devroit se rendre en quelque + faon dpendant de la France, et mettre la dcision de la + succession la couronne entre les mains de ce monarque l, qu'il + seroit oblig de le faire, parcequ'il vaudroit mieux pour ses + sujets qu'ils devinssent vassaux du Roy de France, tant + Catholiques, que de demeurer comme esclaves du Diable.+ -- Dieses + Schriftstck befindet sich sowohl im franzsischen als auch im + hollndischen Archive.] + + [Anmerkung 25: Citters, 6.(16.) u. 17.(27.) Aug.; Barillon, + 19.(29.) Aug.] + + [Anmerkung 26: Barillon, 13.(23.) Sept. 1686. +La succession est + une matire fort dlicate traiter. Je sais pourtant qu'on en + parle au Roy d'Angleterre et qu'on ne dsespre pas avec le temps + de trouver des moyens pour faire passer la couronne sur la tte + d'un hritier Catholique.+] + + [Anmerkung 27: Bonrepaux, 11.(21.) Juli 1687.] + + +[_Jakob's und Tyrconnel's Plan, die Prinzessin von Oranien von der +Erbfolge im Knigreich Irland auszuschlieen._] Es ist jedoch nicht +wahrscheinlich, da Jakob jemals einen so unsinnigen Schritt zu thun +beabsichtigte. Er mute wissen, da England nicht einen einzigen Tag das +Joch eines Usurpators ertragen htte, der noch obendrein Papist war, und +da sowohl Diejenigen, welche die Ausschlieungsbill untersttzt, als +auch Die, welche sich ihr widersetzt hatten, jeden Versuch, die +Prinzessin Marie bei Seite zu schieben, auf Leben und Tod bekmpft haben +wrden. Dagegen unterliegt es keinem Zweifel, da der Knig bei einem +minder unsinnigen, aber eben so unverantwortlichen Anschlage auf die +Rechte seiner Kinder die Hand im Spiele hatte. Tyrconnel hatte im +Einverstndni mit seinem Gebieter Anstalten getroffen, um Irland von +dem Knigreiche zu trennen und es unter Ludwig's Protection zu stellen, +sobald die Krone einem protestantischen Oberhaupte zufallen wrde. +Bonrepaux war zu Rathe gezogen worden, hatte seinem Hofe den Plan +mitgetheilt und die Weisung erhalten, Tyrconnel zu versichern, da +Frankreich zur Ausfhrung dieser groartigen Idee krftigen Beistand +leisten werde.[28] Diese Unterhandlungen, welche im Haag vielleicht +nicht in ihrem ganzen Umfange genau bekannt waren, aber doch stark +vermuthet wurden, drfen nicht auer Acht gelassen werden, wenn man sich +ein richtiges Urtheil ber das Verfahren bilden will, das die Prinzessin +von Oranien wenige Monate spter einschlug. Wer sie einer Verletzung der +Kindespflicht beschuldigt, mu zugeben, da ihr Fehler durch das ihr +zugefgte Unrecht wenigstens sehr gemildert wird. Wenn sie im Interesse +ihres Glaubens die heiligsten Bande der Blutsverwandtschaft zerri, so +folgte sie nur dem Beispiele ihres Vaters. Sie lieh erst dann die Hand +zu seiner Absetzung, als er einen Anschlag zu ihrer Enterbung +geschmiedet hatte. + + [Anmerkung 28: Bonrepaux an Seignelay, 25. Aug. (4. Sept.) 1687. + Ich will eine Stelle aus dieser wichtigen Depesche hier anfhren. + +Je say bien certainement que l'intention du Roy d'Angleterre + est de faire perdre ce royaume+ (Irland) + son successeur, et de + le fortifier en sorte que tous ses sujets Catholiques y puissent + avoir un asile assur. Son projet est de mettre les choses en cet + estat dans le cours de cinq annes.+ -- In den +Secret Consults + of the Romish Party in Ireland, 1690+, findet sich eine Stelle, + aus welcher hervorgeht, da diese Unterhandlung nicht streng + geheim gehalten wurde. Obgleich der Knig es selbst vor seinen + Rthen verschwieg, so ist es doch gewi, da er dem franzsischen + Knig die Verfgung ber jene Regierung und jenes Knigreich + versprochen hat, sobald die Dinge so weit gediehen sein wrden, + da es sich thun liee.] + + +[_Schwangerschaft der Knigin._] Bonrepaux war kaum davon +benachrichtigt, da Ludwig beschlossen habe, Tyrconnel's Vorhaben zu +untersttzen, so wurde jeder Gedanke an diesen Plan wieder aufgegeben. +Jakob erblickte den ersten Schimmer einer Hoffnung, die ihn mit Stolz +und Entzcken erfllte: die Knigin war schwanger. + + +[_Allgemeiner Zweifel._] Gegen Ende October 1687 begann sich die groe +Neuigkeit gerchtweise zu verbreiten. Man hatte bemerkt, da Ihre +Majestt sich unter dem Vorwande der Unplichkeit von mehreren +ffentlichen Feierlichkeiten fern gehalten. Es hie, da ihr eine Menge +Reliquien, denen man eine auerordentliche Wirkung zuschrieb, umgehngt +worden seien. Die Geschichte fand bald ihren Weg aus dem Palaste in die +Kaffeehuser und verbreitete sich rasch durch das ganze Land. Nur sehr +Wenige begrten das Gercht mit Freuden, der bei weitem grte Theil +der Nation vernahm es mit einem Gemisch von Zweifel und Besorgni. Die +Sache war jedoch keineswegs so unglaublich. Der Knig hatte eben erst +sein vierundfnfzigstes Jahr vollendet und die Knigin stand im Sommer +ihres Lebens. Sie hatte vier Kinder geboren, welche jung starben, und +lange nachher wurde sie von einem fnften entbunden, das Niemand ein +Interesse hatte als untergeschoben zu betrachten und das daher auch nie +fr ein solches erklrt wurde. Da indessen seit dieser letzten +Schwangerschaft fnf Jahre verstrichen waren, so hatte das Volk unter +dem Einflusse der Tuschung, welche die Menschen so leicht verleitet, +das zu glauben was sie wnschen, jede Besorgni, da sie noch einen +Thronerben zur Welt bringen werde, aufgegeben. Auf der andren Seite +schien nichts natrlicher und wahrscheinlicher, als da die Jesuiten +einen frommen Betrug ersonnen haben knnten. Es unterlag keinem Zweifel, +da sie die Thronbesteigung der Prinzessin von Oranien als einen der +hrtesten Schlge betrachten muten, der ihre Kirche treffen konnte. +Eben so gewi war es, da sie nicht sehr gewissenhaft in der Wahl der +Mittel sein wrden, mit deren Hlfe sie ein so groes Unglck von ihrer +Kirche abwenden konnten. In Werken von ausgezeichneten Mitgliedern ihrer +Gesellschaft, welche von ihren Oberen sanctionirt waren, war es deutlich +ausgesprochen, da selbst Mittel, welche allen Begriffen von +Gerechtigkeit und Humanitt noch viel rger Hohn sprachen, als die +Einschmuggelung eines unchten Erben in eine Familie, mit Fug und Recht +zu minder wichtigen Zwecken angewendet werden drften, als die Bekehrung +eines ketzerischen Knigreichs war. Es war ruchbar geworden, da einige +Rthe des Knigs und sogar der Knig selbst Plne geschmiedet htten, um +die Prinzessin Marie ganz oder theilweis um ihr rechtmiges Erbe zu +betrgen. Es bemchtigte sich der ffentlichen Meinung ein Verdacht, der +zwar nicht wohl begrndet, aber keineswegs so abgeschmackt war, als man +gewhnlich glaubt, und die Unbesonnenheit einiger Katholiken bestrkte +das allgemeine Vorurtheil. Sie sprachen von dem glcklichen Ereignisse +wie von etwas Auerordentlichem und Wunderbaren, wie von einem Zeichen +derselben gttlichen Allmacht, welche Sara durch Isaak stolz und +glcklich machte und die Gebete Hanna's mit Samuel belohnte. Marien's +Mtter, die Herzogin von Modena, war unlngst gestorben. Kurz vor ihrem +Tode sollte sie mit inbrnstigen Gebeten und reichen Opfergaben die +heilige Jungfrau von Loretto angefleht haben, da sie Jakob einen Sohn +schenken mge. Der Knig selbst hatte im vergangenen August auf seiner +Reise einen Abstecher nach der sogenannten heiligen Quelle gemacht und +dort die heilige Winifreda gebeten, da sie ihm das Geschenk verschaffen +mge, ohne welches seine groen Plne zur Verbreitung des wahren +Glaubens nur unvollkommen ausgefhrt werden knnten. Die unbesonnenen +Zeloten, die auf solche Geschichten ein groes Gewicht legten, +prophezeiten mit Zuversicht, da das ungeborne Kind ein Knabe sein werde +und boten darauf eine Wette von zwanzig Guineen gegen eine an. Sie +meinten, der Himmel werde sich nicht in's Mittel gelegt haben, wenn er +nicht einen groen Zweck dabei htte. Ein Fanatiker verkndete sogar, +die Knigin werde Zwillinge gebren, von denen der ltere Knig von +England, der jngere Papst werden wrde. Marie konnte das Vergngen, mit +dem sie diese Prophezeiungen anhrte, nicht verbergen, und ihre Hofdamen +sahen, da sie sich nicht besser bei ihr insinuiren knnten, als wenn +sie davon sprachen. Die Katholiken wrden klger gethan haben, wenn sie +von der Schwangerschaft als von einem ganz natrlichen Ereignisse +gesprochen und ihr unverhofftes Glck mit mehr Migung getragen htten. +Ihr bermthiger Triumph erregte nur den Unwillen des Volks und ihre +Prophezeiungen bestrkten es in seinem Verdacht. Von dem Prinzen und der +Prinzessin von Dnemark herab bis zu den Lasttrgern und Waschweibern +erwhnte Niemand die verheiene Geburt ohne ein hhnisches Lcheln. Die +londoner Spottvgel beschrieben das neue Wunder in Reimen, die, wie man +leicht denken kann, nicht eben die zartesten waren. Die ungeschliffenen +Landsquires brachen in ein schallendes Gelchter aus, wenn sie mit +Jemandem zusammentrafen, der so einfltig war zu glauben, da die +Knigin wirklich noch einmal Mutter werden wrde. Es erschien eine +knigliche Verordnung, welche der Geistlichkeit befahl, ein von Crewe +und Sprat fr dieses freudige Ereigni besonders verfates Bitt- und +Dankgebet zu verlesen. Die Geistlichen gehorchten, aber man bemerkte, +da die Gemeinden nicht respondirten und kein Zeichen von Ehrerbietung +uerten. Bald circulirte in allen Kaffeehusern ein rohes Spottgedicht +auf die hfischen Prlaten, deren Feder sich der Knig bedient hatte. +Mutter East (Ost) war darin ebenfalls reichlich mit Schmhungen bedacht. +Zu diesem einheimischen einsilbigen Wrtchen hatten unsere Vorfahren den +Namen des groen Hauses Este, welches in Modena regierte, +verstmmelt.[29] + +Die neue Hoffnung, welche den Muth des Knigs so sehr hob, war indessen +mit mancherlei Besorgnissen vermischt. Es bedurfte noch etwas mehr als +die Geburt eines Prinzen von Wales zum Gelingen der von der +Jesuitenpartei entworfenen Plne. Es war nicht anzunehmen, da Jakob so +lange lebte, bis sein Sohn das zur Ausbung der kniglichen Functionen +erforderliche Alter erreicht hatte. Das Gesetz hatte den Fall eines +minderjhrigen Thronerben nicht vorgesehen, und der regierende +Landesherr war nicht berechtigt, fr diesen Fall eine testamentarische +Verfgung zu treffen. Die gesetzgebende Versammlung allein konnte die +Lcke ausfllen. Starb Jakob, bevor Letzteres geschehen war, und +hinterlie er einen Nachfolger von zarter Jugend, so mute die hchste +Gewalt unfehlbar protestantischen Hnden zufallen. Selbst diejenigen +Tories, welche am festesten an dem Grundsatze hingen, da nichts sie zum +Widerstande gegen ihren Lehnsherrn berechtigen knne, wrden gewi kein +Bedenken getragen haben, das Schwert gegen ein papistisches Weib zu +ziehen, die es gewagt htte, sich die Vormundschaft ber das Reich und +ber den jugendlichen Souverain anzumaen. Der Ausgang eines Kampfes +konnte kaum zweifelhaft sein. Der Prinz von Oranien oder seine Gemahlin +wurde Regent und der junge Knig kam in die Hnde ketzerischer Lehrer, +deren Kunstgriffe die Eindrcke, welche sein Gemth in der Kinderstube +empfangen hatte, jedenfalls bald verwischten. Er konnte ein zweiter +EduardVI. werden und der durch die Frsprache der Mutter Gottes und der +heiligen Winifreda erlangte Segen konnte sich in Fluch verwandeln.[30] +Gegen eine solche Gefahr konnte nur eine Parlamentsacte schtzen, und +eine solche Acte war nicht leicht zu erlangen. + + [Anmerkung 29: Citters, 28. Oct. (7. Nov.), 22. Nov. (2. Dec.) + 1687; die Prinzessin Anna an die Prinzessin von Oranien, 14. u. + 20. Mrz 1687/8; Barillon, 1.(11.) Dec. 1687; +Revolution + Politics+; das Gedicht: +Two Toms and a Nat+; Johnstone, 4. + April 1688; +Secret Consults of the Romish Party in Ireland, + 1690+.] + + [Anmerkung 30: Die Besorgnisse des Knigs ber diesen Punkt werden + von Ronquillo in einer Depesche vom 12.(22.) Dec. 1688 mit starken + Farben geschildert: +Un Principe de Vales y un Dogue de York y + otro di Lochaosterna+ (vermuthlich Lancaster), +no bastan, a + reducir la gente; porque el Rey tiene 54 aos, y vendr morir, + dejando los hijos pequeos, y que entonces el reyno se apoderar + dellos, y los nombrar tutor, y los educar en la religion + protestante, contra la disposicion que dejare el Rey, y la + autoridad de la Reyna.+] + + +[_Stimmung der Wahlkrper und der Peers._] Es schien Alles anzudeuten, +da, wenn die Huser einberufen werden sollten, sie von dem Geiste von +1640 beseelt nach Westminster kommen wrden. Das Resultat der +Grafschaftswahlen konnte kaum zweifelhaft sein. Die ganze Masse der +Grundeigenthmer, hohe und niedere, geistlichen und weltlichen Standes, +waren gegen die Regierung heftig aufgebracht. In der groen Mehrzahl +derjenigen Stdte, wo das Stimmrecht von der Entrichtung rtlicher +Steuern oder von dem Besitze eines Grundstcks abhngig war, htte sich +kein hfisch gesinnter Kandidat blicken lassen drfen. Ein sehr groer +Theil des Unterhauses wurde von Mitgliedern von Municipalcorporationen +gewhlt. Diese Corporationen waren unlngst reorganisirt worden, um den +Einflu der Whigs und der Dissenters zu zerstren, mehr als hundert +Wahlkrper waren durch der Krone ergebene Gerichtshfe ihrer Freibriefe +beraubt oder doch veranlat worden, einer gewaltsamen Entziehung ihrer +Privilegien durch freiwilliges Aufgeben derselben zuvorzukommen. Jeder +Mayor, jeder Alderman, jeder Stadtschreiber von Berwick bis Helstone war +Tory und Anglikaner; aber Tories und Anglikaner waren jetzt dem +Souverain nicht mehr ergeben. Die neuen Municipalbehrden waren noch +unlenksamer als die frheren je gewesen waren, und sie whlten ohne +allen Zweifel solche Abgeordnete, deren erster parlamentarischer Act +eine Anklage gegen alle papistischen Geheimrthe und gegen alle +Mitglieder der Hohen Commission war. + +Bei den Lords waren die Aussichten fast eben so trbe als bei den +Gemeinen. Es unterlag keinem Zweifel, da die groe Mehrzahl der +weltlichen Peers gegen die Maregeln des Knigs sein wrden, und auf der +Bischofsbank, welche ihn vor sieben Jahren einstimmig gegen Diejenigen +untersttzt hatte, die ihn seines Geburtsrechtes berauben wollten, +konnte er nur auf den Beistand von vier oder fnf servilen Schmeichlern +rechnen, die von ihren Berufsgenossen wie von der ganzen Nation +verachtet wurden.[31] + +Jedem, den die Leidenschaft nicht gnzlich verblendete, muten diese +Hindernisse unbersteiglich erscheinen. Die gewissenlosesten Sklaven der +Gewalt lieen Zeichen von Besorgni laut werden. Dryden uerte, der +Knig werde durch seinen Versuch, die Sache besser zu machen, sie nur +verschlimmern, und er sehnte sich zurck nach den goldenen Tagen des +sorglosen und gutmthigen Karl.[32] Selbst Jeffreys wurde schwankend. So +lange er arm war, war er stets bereit gewesen, um des Gewinns willen dem +bsen Leumunde und dem ffentlichen Hasse zu trotzen; aber er hatte sich +jetzt durch Bestechlichkeit und Erpressungen groe Reichthmer erworben, +und es lag ihm mehr daran, sich den Besitz derselben zu sichern, als sie +noch zu vermehren. Seine Lauheit zog ihm einen strengen Verweis aus +kniglichem Munde zu. Aus Furcht, das groe Siegel zu verlieren, +versprach er Alles was von ihm verlangt wurde; Barillon aber bemerkte in +seinem hierauf bezglichen Berichte an Ludwig, da der Knig von England +sich selbst auf Diejenigen, die etwas zu verlieren htten, nicht mehr +verlassen knne.[33] + + [Anmerkung 31: Drei damals entworfene Stimmlisten sind noch + vorhanden; eine befindet sich in den franzsischen Archiven, die + beiden anderen in den Archiven der Familie Portland. In diese + Listen sind die Peers unter drei Rubriken eingetragen: Fr + Aufhebung des Testes, gegen die Aufhebung, und zweifelhaft. Nach + der einen Liste waren 31 fr, 86 gegen und 20 zweifelhaft; nach + der zweiten 33 fr, 87 gegen und 19 zweifelhaft; nach der dritten + 35 fr, 92 gegen und 10 zweifelhaft. Abschriften der drei Listen + befinden sich unter den Mackintosh-Manuscripten.] + + [Anmerkung 32: Im Britischen Museum befindet sich ein Brief von + Dryden an Etherege vom Februar 1688. Ich entsinne mich nicht, ihn + gedruckt gesehen zu haben. Ach, sagt Dryden, mchte doch unser + Knig durch sein eignes Beispiel zu edler Mue aufmuntern, wie + sein Vorgnger hochseligen Andenkens es that. Mich dnkt er wird + mit all' seinem Geschftseifer die Angelegenheiten nicht + frdern.] + + [Anmerkung 33: Barillon, 29. Aug. (8. Sept.) 1687.] + + +[_Jakob beschliet, ein bestochenes Parlament zusammenzusetzen._] Trotz +alledem beschlo Jakob, seinen Weg beharrlich zu verfolgen. Die +Zustimmung eines freien und gesetzlichen Parlaments zu erlangen, war +offenbar unmglich; aber nicht ganz unmglich war es, durch Bestechung, +Einschchterung, gewaltthtige Anwendung der Prrogative und +betrgerische Rechtsverdrehungen eine Versammlung zu Stande zu bringen, +die sich ein Parlament nennen konnte und bereit war, jeden Befehl des +Souverains als Gesetz zu registriren. Es muten Wahlbeamte ernannt +werden, die den geringsten Vorwand benutzten, um Freunde des Knigs fr +rechtsgltig gewhlt zu erklren. Jedem Angestellten, von den hchsten +bis zu den niedrigsten, mute zu verstehen gegeben werden, da, wenn er +sein Amt behalten wolle, er diesmal den Thron durch seine Stimme und +seinen Einflu untersttzen msse. Zu gleicher Zeit mute die Hohe +Commission ein scharfes Auge auf die Geistlichkeit haben. Die Wahlorte, +welche erst krzlich reorganisirt worden waren, um dem einen Zwecke zu +dienen, konnten noch einmal umgestaltet werden, um einem andren zu +dienen. Auf diese Weise hoffte der Knig im Hause der Gemeinen eine +Majoritt zu erlangen. Das Oberhaus war dann ganz in seiner Gewalt, denn +er hatte das unbestrittene gesetzliche Recht, Peers nach seinem +Gutdnken zu ernennen, und er war fest entschlossen, von diesem Rechte +Gebrauch zu machen. Er wnschte zwar nicht, was auch kein Souverain +wnschen kann, die hchste Ehrenbezeigung, welche die Krone zu verleihen +vermag, werthlos zu machen; aber er schmeichelte sich mit der Hoffnung, +da es ihm durch Einberufung einiger nchster Erben in die Versammlung, +in der sie doch frher oder spter einmal ihren Sitz einnehmen muten, +und durch Verleihung englischer Adelstitel an schottische und irische +Lords gelingen werde, sich eine Majoritt zu sichern; ohne so viele +Leute in den Adelsstand erheben zu mssen, da dadurch die Adelskrone +und der Hermelin an Ansehen verloren. Indessen hatte er sich +vorgenommen, im Nothfall auch zu den uersten Mitteln zu greifen. Als +in einer zahlreichen Gesellschaft einmal die Meinung ausgesprochen +wurde, da sich die Peers unfgsam zeigen wrden, sagte Sunderland zu +Churchill: Wie einfltig! Ihre Garde wird vor dem Hause der Lords +stehen.[34] + +Nachdem Jakob beschlossen hatte, ein corrumpirtes Parlament +zusammenzubringen, ging er energisch und planmig an die Ausfhrung. Es +erschien in der Gazette eine Proklamation, welche ankndigte, da der +Knig sich entschlossen habe, die Bestallungen der Friedensrichter und +der Grafschaftsstatthalter einer Revision zu unterwerfen und da nur +diejenigen Gentlemen im Staatsdienste bleiben sollten, welche geneigt +waren, seine Politik zu untersttzen[35]. Ein Ausschu von sieben +Geheimrthen sa in Whitehall, um, wie man sich ausdrckte, die +Municipalkrperschaften zu reguliren. In diesem Ausschusse vertrat +Jeffreys allein das protestantische, Powis das gemigte katholische +Interesse. Alle anderen Mitglieder gehrten der jesuitischen Faction an. +Unter ihnen befand sich auch Petre, der in den Geheimen Rath vereidigt +worden war. Seine Ernennung war bis zum factischen Antritt dieser +Function vor Jedermann, mit alleiniger Ausnahme Sunderland's, sorgfltig +geheim gehalten worden. Der ffentliche Unwille ber diese abermalige +Verletzung des Gesetzes uerte sich laut, und man bemerkte, da die +Katholiken sie noch rcksichtsloser tadelten als die Protestanten. Der +eitle und ehrgeizige Jesuit war jetzt beauftragt, die Hlfte der +Wahlkrper des Reichs aufzulsen und neu zu organisiren. + + [Anmerkung 34: Lord Bradford, welcher anwesend war, erzhlte dies + Dartmouth; Note zu Burnet I. 755.] + + [Anmerkung 35: +London Gazette, Dec. 12, 1687+.] + + +[_Die Regulatoren._] Unter der Oberleitung des Ausschusses der +Geheimrthe stand ein aus thtigen Agenten untergeordneten Ranges +gebildeter Unterausschu, der die Einzelheiten des Geschfts zu +besorgen hatte, und im ganzen Lande waren rtliche Ausschsse von +Regulatoren errichtet, welche mit dem Centralcomit in Westminster +correspondirten.[36] + +Die Personen, auf deren Untersttzung Jakob bei diesem neuen +und schwierigen Unternehmen hauptschlich rechnete, waren die +Lordlieutenants. Sie erhielten smmtlich den schriftlichen Befehl, sich +unverweilt in ihre respectiven Grafschaften zu begeben. Dort sollten sie +alle ihre Stellvertreter und Friedensrichter vor sich laden und ihnen +eine Reihe Fragen vorlegen, um zu erfahren, wie sie sich bei einer +allgemeinen Wahl verhalten wrden. Die Antworten sollten sie +niederschreiben und der Regierung einsenden. Ferner sollten sie ein +Verzeichni derjenigen Katholiken und protestantischen Dissenters +anfertigen, welche fr die Richterbank und fr die Commandos in der +Miliz am geeignetsten erschienen. Auch sollten sie die Stimmung aller +Wahlorte der Grafschaft untersuchen und Berichte darber einsenden, +welche den Regulatoren bei ihrer Arbeit als Leitfaden dienen konnten. +Schlielich war ihnen bedeutet, da sie alle diese Pflichten in Person +zu vollziehen htten und keine Stellvertreter mit der Ausfhrung +beauftragen drften.[37] + + [Anmerkung 36: Bonrepaux an Seignelay, 14.(24.) Nov.; Citters, + 15.(25.) Nov.; +Lords' Journals, Dec. 20. 1689+.] + + [Anmerkung 37: Citters, 28. Oct. (7. Nov.) 1687.] + + +[_Entlassung vieler Lordlieutenants._] Der erste Eindruck, den diese +Befehle machten, wrde einen weniger verblendeten Frsten als Jakob +sofort zur Besinnung gebracht haben. Die Hlfte der Lordlieutenants von +England verweigerten auf das Bestimmteste den gehssigen Dienst, den man +von ihnen verlangte. Sie wurden auf der Stelle entlassen. Alle, welche +diese ihnen zum Ruhme gereichende Ungnade traf, waren hochangesehene +Peers, welche bisher als feste Sttzen der Monarchie gegolten hatten. +Einige Namen der Liste verdienen besondere Erwhnung. + + +[_Der Earl von Oxford._] Der vornehmste Unterthan von England und, wie +die Englnder gern sagten, von ganz Europa, war Aubray de Vere, der +zwanzigste und letzte der alten Earls von Oxford. Sein Adelstitel +schrieb sich durch eine ununterbrochene Reihenfolge mnnlicher Ahnen aus +einer Zeit her, wo die Familien Howard und Seymour noch unbekannt waren, +wo die Nevilles und die Percy erst eine provinzielle Berhmtheit hatten +und wo selbst der groe Name Plantagenet in England noch nicht gehrt +worden war. Ein Oberhaupt des Hauses de Vere hatte bei Hastings ein +hohes Commando bekleidet, ein Andrer war mit Gottfried und Tancred ber +Haufen erschlagener Moslems nach dem Grabe Jesu Christi gezogen. Der +erste Earl von Oxford war Minister Heinrich Beauclerc's gewesen; der +dritte hatte sich unter den Lords ausgezeichnet, welche von Johann die +Magna Charta erpreten; der siebente hatte bei Cressy und Poitiers +tapfer gefochten; der dreizehnte war unter vielen Glckswechseln das +Oberhaupt der Partei der Rothen Rose gewesen und hatte in der +entscheidenden Schlacht von Bosworth die Vorhut angefhrt; der +siebzehnte hatte am Hofe der Knigin Elisabeth geglnzt und sich einen +ehrenvollen Platz unter den lteren Meistern der englischen Dichtkunst +erworben; der neunzehnte war im Kampfe fr den protestantischen Glauben +und fr die Freiheit Europa's unter den Mauern von Mastricht gefallen. +Sein Sohn Aubray, mit welchem der lteste und erlauchteste Adelsstamm, +den England je gesehen, erlosch, ein Mann von lockeren Sitten, aber von +harmlosem Charakter und artigen Manieren, war Lordlieutenant von Essex +und Oberst der Blauen. Er war von Natur nicht widersetzlich und es lag +in seinem Interesse, einen Bruch mit dem Hofe zu vermeiden, denn seine +Gter waren mit Schulden belastet und sein Commando ein sehr +eintrgliches. Er wurde in das knigliche Kabinet beschieden und eine +bndige Erklrung ber seine Gesinnungen von ihm verlangt. Sire, +antwortete Oxford, ich werde bis zum letzten Blutstropfen gegen alle +Feinde zu Eurer Majestt stehen; aber dies ist eine Gewissenssache, in +der ich Ihnen nicht willfahren kann. Er wurde augenblicklich seiner +Statthalterschaft und seines Commando's entsetzt.[38] + + [Anmerkung 38: +Halstead's Succinct Genealogy of the Family of + Vere, 1685+; +Collins's Historical Collections+. Siehe auch in den + +Lords' Journals+ und in +Jones's Reports+ den Proze wegen des + Earlthums Oxford im Mrz und April 1625/26. Die Einleitung der + Rede des Lordoberrichters Crew gehrt zu den glnzendsten Proben + der altenglischen Beredtsamkeit. Citters, 7.(17.) Febr. 1688.] + + +[_Der Earl von Shrewsbury._] Dem Hause de Vere, aber auch nur diesem, +stand an Alter und Glanz das Haus Talbot nach. Seit der Regierung +Eduard's III. hatten die Talbot stets unter den Peers des Reichs +gesessen. Das Earlthum Shrewsbury war im funfzehnten Jahrhundert Johann +Talbot, dem Gegner der Jungfrau von Orleans, verliehen worden. Seine +Landsleute hatten seiner noch lange in Liebe und Verehrung als eines der +berhmtesten Krieger gedacht, welche auf dem europischen Festlande ein +groes englisches Reich zu grnden versuchten. Der unerschtterliche +Muth, den er im Unglck gezeigt, hatten ihn zum Gegenstande einer +greren Theilnahme gemacht als glcklichere Feldherren sie erweckt +haben, und sein Tod lieferte unsrer lteren Bhne den Stoff zu einer +ungemein ergreifenden Scene. Seine Nachkommen waren zwei Jahrhunderte +lang ein blhendes und ehrenvolles Geschlecht. Zur Zeit der Restauration +war Franz, der elfte Earl, ein Katholik, das Oberhaupt der Familie. Sein +Tod war von Umstnden begleitet gewesen, die selbst in jenen zgellosen +Zeiten, welche unmittelbar auf den Sturz der puritanischen Partei +folgten, Abscheu und Mitleid erweckt hatten. Der Herzog von Buckingham +war im Laufe seiner leichtfertigen Liebeshndel einen Augenblick von der +Grfin von Shrewsbury angezogen worden. Sie wurde leicht erobert. Ihr +Gemahl forderte den Verfhrer zum Zweikampfe und fiel. Einige sagten, +das pflichtvergessene Weib habe den Zweikampf in mnnlicher Verkleidung +mit angesehen. Andere wollten sogar wissen, sie habe den siegreichen +Geliebten ans Herz gedrckt, whrend sein Hemd noch vom Blute ihres +Gatten gerthet war. Die Titel des Ermordeten gingen auf seinen +unmndigen Sohn Karl ber. Als der verwaiste Jngling zum Manne +heranwuchs, ward es allgemein anerkannt, da kein andrer junger Adeliger +Englands von der Natur so reich begabt sei. Er besa ein einnehmendes +uere, einen ungemein sanften Character und einen solchen Schatz von +Talenten, da er, selbst wenn er in einem niederen Stande geboren +gewesen wre, sich ohne Zweifel zu einer hohen Stellung im Staate +emporgeschwungen haben wrde. Alle diese natrlichen Vorzge hatte er so +gut angewendet, da er schon vor seiner Volljhrigkeit fr einen der +feinsten und kenntnireichsten Gentlemen seiner Zeit galt. Fr seine +Gelehrsamkeit sprechen die noch vorhandenen eigenhndigen Anmerkungen +von ihm zu Werken aus fast allen Zweigen der Literatur. Er sprach +Franzsisch wie ein Kammerherr des Knigs Ludwig und Italienisch wie ein +Florentiner. Es war wohl natrlich, da ein Jngling von solchen Gaben +nach den Grnden forschte, aus denen seine Familie sich der +Staatsreligion nicht angeschlossen hatte. Er studirte sorgfltig die +Streitpunkte, theilte seine Zweifel Priestern seines eignen Glaubens +mit, legte deren Antworten Tillotson vor, erwog lange und aufmerksam die +beiderseitigen Grnde und erklrte sich nach einer zweijhrigen genauen +Untersuchung zum Protestanten. Die anglikanische Kirche nahm den +erlauchten Convertiten freudig in ihren Schoo auf. Er geno einer +groen Popularitt, und diese nahm zu, als man erfuhr, da der Knig +umsonst Bitten und Versprechungen an ihn verschwendet hatte, um ihn zu +dem Irrglauben zurckzufhren, den er abgeschworen. Der Character des +jungen Mannes entwickelte sich jedoch nicht in einer Weise, welche +Diejenigen, die an seiner Bekehrung den hauptschlichsten Antheil +hatten, vollkommen befriedigte. Seine Sittlichkeit entging der +allgemeinen Ansteckung der modischen Ausschweifungen nicht. Der Sto, +der seine Jugendvorurtheile zerstrt, hatte zu gleicher Zeit alle seine +berzeugungen erschttert und ihn der schwankenden Leitung seiner +Gefhle preisgegeben. Aber wenn auch seine Grundstze ihren Halt +verloren hatten, so waren doch die Triebfedern seines Handelns so edel, +sein Gemth so sanft, sein Benehmen so freundlich und gewinnend, da es +unmglich war, ihn nicht zu lieben. Er wurde schon frhzeitig der Knig +der Herzen genannt und verlor in seinem langen, ereignivollen und +bewegten Leben nie das Recht auf diese Bezeichnung.[39] + +Shrewsbury war Lordlieutenant von Staffordshire und Oberst eines der +Kavallerieregimenter, die in Folge des Aufstandes im Westen errichtet +worden waren. Er weigerte sich jetzt, seine Thtigkeit durch die +Regulatoren bestimmen zu lassen und wurde deshalb seiner beiden Stellen +entsetzt. + + [Anmerkung 39: +Coxe's Shrewsbury Correspondence+; +Mackay's + Memoirs+; +Life of Charles Duke of Shrewsbury, 1718+; +Burnet, I. + 762+; +Birch's Life of Tillotson.+ In letzterem Werke findet der + Leser einen Brief von Tillotson an Shrewsbury, der meiner Ansicht + nach ein Muster von ernstem, freundschaftlichem und + rcksichtvollem Tadel ist.] + + +[_Der Earl von Dorset._] Kein englischer Adeliger erfreute sich der +Volksgunst in einem reicheren Mae als Karl Sackville, Earl von Dorset. +Er war in der That ein merkwrdiger Mann. In seiner Jugend war er einer +der bekanntesten Wstlinge der zgellosen Zeit gewesen, welche auf die +Restauration folgte. Er war der Schrecken der londoner Nachtwchter, +hatte manche Nacht auf der Wache zubringen mssen und zum mindesten +einmal eine Zelle in Newgate bewohnt. Seine Liebe zu Betty Morrice und +zu Lorchen Gwynn, die ihn ihren KarlI. zu nennen pflegte, hatte der +Stadt nicht wenig Stoff zur Unterhaltung und zum rgerni gegeben.[40] +Doch bei all' seinen Thorheiten und Lastern hatte er sich durch +hochherzigen Muth, durch scharfen Verstand und durch natrliche +Herzensgte ausgezeichnet. Die Leute meinten, die Ausschweifungen, denen +er sich hingbe, theile er mit dem ganzen Geschlechte der lebenslustigen +jungen Kavaliere, aber sein Mitgefhl fr die Leiden der Menschheit und +die Gromuth, mit der er diejenigen, welche durch seine muthwilligen +Streiche verletzt wurden, zu entschdigen suchte, sei nur ihm allein +eigen. Seine Freunde wunderten sich darber, da das Publikum zwischen +ihm und ihnen einen Unterschied machte. Der kann thun was er will, +sagte Wilmot; ihm geschieht nie etwas. Das Urtheil der Welt ber +Dorset gestaltete sich noch gnstiger, als er mit den Jahren und in der +Ehe gesetzter wurde. Jedermann pries seine herablassenden Manieren, +seine geistreiche Unterhaltung, sein weiches Gemth und seine +Freigebigkeit. Man sagte es vergehe kein Tag, ohne da eine bedrngte +Familie Ursache habe, seinen Namen zu segnen. Und doch war bei aller +seiner Herzensgte sein Witz so beiend, da Sptter, deren Sarkasmus +die ganze Stadt frchtete, vor dem Sarkasmus Dorset's zitterten. Alle +politischen Parteien achteten und liebten ihn; ihm selbst aber behagte +die Politik berhaupt nicht sonderlich. Htte ihn die Nothwendigkeit zu +Anstrengungen gespornt, so wrde er wahrscheinlich zu den hchsten +Posten im Staate gestiegen sein; aber er nahm schon durch seine Geburt +einen so hohen Rang ein und war dabei so reich, da ihm viele +Beweggrnde fehlten, welche die Menschen antreiben, sich mit den +ffentlichen Angelegenheiten zu befassen. Er nahm gerade nur so viel +Theil an parlamentarischen und diplomatischen Geschften, als +hinreichte, um zu beweisen, da ihm nichts weiter fehlte als die Lust +dazu, um mit Danby und Sunderland zu rivalisiren, und richtete seine +Thtigkeit auf Bestrebungen, die ihm besser zusagten. Gleich vielen +anderen Mnnern, welche mit groen natrlichen Fhigkeiten eine +angeborne und gewohnheitsmige Indolenz verbinden, wurde er ein +geistiger Genumensch und ein Meister in allen unterhaltenden Zweigen +des Wissens, die man sich ohne ernstes Studium aneignen kann. Er war +anerkanntermaen der beste Richter in der Malerei, der Sculptur, der +Baukunst und der Schauspielerkunst, den der Hof aufzuweisen hatte. In +Angelegenheiten der schnen Knste und Wissenschaften galt sein Urtheil +in allen Kaffeehusern fr unwiderruflich magebend. Mehr als ein +hbsches Theaterstck, das bei der ersten Auffhrung durchfiel, wurde +lediglich durch seine Autoritt gegen das Geschrei des ganzen Parterres +siegreich vertheidigt und bestand mit glcklichem Erfolge die zweite +Probe. St. Evremond und Lafontaine rhmten die feine Eleganz seines +franzsischen Styls. Noch nie hatte England einen solchen Gnner der +Literatur gehabt. Er bte seine Freigebigkeit mit eben so richtiger +Einsicht als liberaler Unparteilichkeit, keine Secte oder Faction wurde +dabei von ihm bevorzugt. Geniale Mnner, welche durch literarische +Eifersucht oder durch Verschiedenheit ihrer politischen Meinung einander +entfremdet waren, stimmten in der Anerkennung seiner unparteiischen Gte +berein. Dryden gestand, da Dorset's frstliche Freigebigkeit ihn vom +Untergange gerettet habe. Und dennoch wurden Montague und Prior, welche +Dryden durch beiende Satiren getadelt hatten, von Dorset ins +ffentliche Leben eingefhrt, und das beste Lustspiel von Dryden's +Todfeind, Shadwell, war auf Dorset's Landsitze geschrieben. Htte der +freigebige Earl sonst gewollt, so htte er sehr gut mit Denen +rivalisiren knnen, deren Wohlthter er zu sein sich begngte, denn die +Verse, die er gelegentlich dichtete, zeigen bei aller unknstlerischen +Form Spuren eines angebornen Genies, das bei sorgfltiger Pflege Groes +htte schaffen knnen. In dem kleinen Bande seiner Werke finden sich +Lieder, welche die ungezwungene Lebendigkeit Suckling's besitzen, und +kleine Satiren, deren glnzender Humor dem eines Butler nicht +nachsteht.[41] + +Dorset war Lordlieutenant von Sussex und auf Sussex blickten die +Regulatoren mit besonders ngstlicher Spannung, denn in keiner andren +Grafschaft, Cornwall und Wiltshire ausgenommen, befanden sich so viele +kleine Wahlorte. Er erhielt Befehl, sich auf seinen Posten zu begeben. +Keiner von Denen, die ihn kannten, erwartete, da er gehorchen werde. Er +gab eine Antwort, wie sie sich fr ihn ziemte, und wurde bedeutet, da +man seiner Dienste nicht mehr bedrfe. Das allgemeine Interesse, das er +seinen vielen edlen und liebenswrdigen Eigenschaften verdankte, wurde +nicht wenig erhht, als man erfuhr, da er durch die Post einen anonymen +Brief erhalten hatte, worin ihm angekndigt wurde, da, wenn er sich +nicht sofort den Wnschen des Knigs fge, ihn all' sein Geist und seine +Popularitt nicht vor der Ermordung schtzen werde. Eine hnliche +Warnung erhielt auch Shrewsbury. Drohbriefe waren damals viel seltener +als sie es spterhin geworden sind, und man kann sich daher nicht +darber wundern, da das ohnehin schon aufgeregte Volk zu dem Glauben +geneigt war, die besten und edelsten Englnder seien wirklich fr +papistische Dolche ausersehen.[42] Gerade zu der Zeit, als diese Briefe +in ganz London das Tagesgesprch bildeten, wurde der verstmmelte +Leichnam eines angesehenen Puritaners auf der Strae gefunden. Es zeigte +sich indessen bald, da der Mrder die That nicht aus religisen oder +politischen Beweggrnden verbt hatte. Aber der erste Verdacht des +gemeinen Volkes fiel auf die Papisten. Die verstmmelten berreste des +Ermordeten wurden in feierlicher Prozession nach dem Jesuitencollegium +im Savoy getragen und einige Stunden lang war die Furcht und Wuth der +Menge kaum weniger heftig als an dem Tage, wo Godfrey zu Grabe getragen +ward.[43] + +Mit den brigen Entlassungen mu ich mich krzer fassen. Der Herzog von +Somerset, dem vor einigen Monaten schon sein Regiment wieder abgenommen +worden war, wurde nun auch seiner Stelle als Lordlieutenant des +Ostbezirks[44] von Yorkshire enthoben. Die Statthalterschaft des +Nordbezirks verlor der Viscount Fauconberg, die von Shropshire der +Viscount Newark und die von Lancashire der Earl von Derby, der Enkel des +tapferen Kavaliers, der auf dem Schlachtfelde sowohl als auf dem +Schaffot fr das Haus Stuart dem Tode so muthig ins Auge geblickt hatte. +Der Earl von Pembroke, der unlngst der Krone gegen Monmouth treu und +tapfer gedient hatte, wurde in Wiltshire, der Earl von Rutland in +Leicestershire, der Earl von Bridgewater in Buckinghamshire, der Earl +von Thanet in Cumberland, der Earl von Northampton in Warwickshire, der +Earl von Abingdon in Oxfordshire, der Earl von Scarsdale in Derbyshire +abgesetzt. Scarsdale verlor auerdem auch sein Reiterregiment und seine +Stelle im Hofstaate der Prinzessin von Dnemark. Diese weigerte sich, +ihn aus ihren Diensten zu entlassen und gab nur einem peremptorischen +Befehle ihres Vaters nach. Der Earl von Gainsborough wurde nicht nur der +Statthalterschaft von Hampshire, sondern auch des Gouverneurpostens von +Portsmouth und des Wildmeisteramts im Neuen Forste entsetzt, zwei +Stellen, die er erst vor wenigen Monaten fr fnftausend Pfund gekauft +hatte.[45] + +Der Knig konnte keine angesehenen Lords und namentlich gar keine +protestantischen auftreiben, welche die erledigten Stellen anzunehmen +bereit waren. Man mute zwei Grafschaften Jeffreys, einem Manne von sehr +jungem Adel und von geringem Grundbesitz, und zwei andere Preston, der +nicht einmal Peer von England war, zuertheilen. Die brigen ihrer +Statthalter beraubten Grafschaften wurden fast ohne Ausnahme bekannten +Katholiken oder solchen Hflingen berwiesen, welche dem Knige im +Geheimen versprochen hatten, zur rmisch-katholischen Kirche +berzutreten, sobald die Klugheit es ihnen gestatten wrde. + + [Anmerkung 40: Der Knig war nur Lorchen's Karl III. Ob Dorset + oder Major Hart die Ehre hatte ihr KarlI. zu sein, ist eine + streitige Frage. Meines Bednkens scheint Dorset gegrndeteren + Anspruch auf diesen Vorzug zu haben. Siehe die gestrichene Stelle + in Burnet I. 263, und Pepys' Tagebuch vom 26. Oct. 1667.] + + [Anmerkung 41: +Pepys's Diary+; Prior's Widmung seiner Gedichte an + den Herzog von Dorset; +Johnson's Life of Dorset+; +Dryden's Essay + on Satire+ und seine Widmung des +Essay on Dramatic Poesy+. + Dorset's Liebe zu seiner Gattin und seine strenge eheliche Treue + wird von dem ausschweifenden Narren Sir Georg Etherege in seinen + Briefen aus Regensburg vom 9.(19.) Dec. 1687 und 16.(26.) Jan. + 1688 mit hhnender Geringschtzung erwhnt; Shadwell's Widmung + zu seinem +Squire of Alsatia+; +Burnet I. 264+; +Mackay's + Characters.+ Einige Seiten von Dorset's Character werden in + seiner von Pope verfassten Grabschrift treffend angedeutet: + + Doch sanft war sein Herz, wenn auch streng sein Lied; + + und weiterhin: + + Ein glcklicher Hofmann, von Frst und Land geliebt, + Und dennoch treu der Freundschaft und der Mue.] + + [Anmerkung 42: Barillon, 9.(19.) Jan. 1688; Citters, Jan. 31. + (Febr. 10.)] + + [Anmerkung 43: Adda, 3.(13.) u. 10.(20.) Febr. 1688.] + + [Anmerkung 44: Die Grafschaft York, die grte von England, wird + in drei Bezirke (+Ridings+) eingetheilt. D. bers.] + + [Anmerkung 45: Barillon, 5.(15.), 8.(18.) u. 12.(22.) Dec. 1687; + Citters, 29. Nov. (9. Dec.) u. 2.(12.) Dec.] + + +[_An die Obrigkeiten gerichtete Fragen, und Antworten darauf._] Endlich +wurde die neue Maschinerie in Bewegung gesetzt und bald kam aus allen +Gegenden des Landes die Nachricht von der vollstndigen und +hoffnungslosen Niederlage. Der Katechismus, nach welchem die +Lordlieutenants die Gesinnungen der Landgentry erforschen sollten, +bestand aus drei Fragen. Jeder Magistratsbeamte und jeder Stellvertreter +des Lordlieutenants mute gefragt werden, erstens ob er, im Fall er +gewhlt wrde, um im Parlamente zu dienen, fr eine im Sinne der +Indulgenzerklrung gefate Bill stimmen wolle; zweitens ob er als Whler +seine Stimme solchen Candidaten geben wolle, die sich verpflichteten, +fr eine derartige Bill zu stimmen; und drittens ob er als Privatmann +die wohlwollenden Zwecke des Knigs frdern wolle, indem er mit Leuten +jeder religisen berzeugung in Frieden lebte.[46] + +Sobald diese Fragen bekannt geworden waren, wurde ein mit seltener +Geschicklichkeit entworfenes Antwortformular im ganzen Lande verbreitet +und allgemein angenommen. Es lautete folgendermaen: Im Fall mir die +Ehre zu Theil werden sollte, einen Sitz im Hause der Gemeinen +einzunehmen, werde ich als Mitglied dieses Hauses es fr meine Pflicht +halten, die Grnde, welche fr und gegen eine Indulgenzbill im Laufe der +Debatte geltend gemacht werden, sorgfltig zu erwgen, und dann nach +meiner gewissenhaften berzeugung zu stimmen. Als Whler werde ich meine +Stimme solchen Candidaten geben, deren Begriffe von den Pflichten eines +Volksvertreters mit meinen eigenen bereinstimmen. Als Privatmann hege +ich den Wunsch, mit Jedermann in Frieden und Eintracht zu leben. + + [Anmerkung 46: Citters, 28. Oct. (7. Nov.) 1687; +Lonsdale's + Memoirs.+] + + +[_Scheitern der Plne des Knigs._] Diese Antwort, die noch viel +trotziger war als eine frmliche Weigerung, weil sie einen leichten +Anflug von milder und anstndiger Ironie hatte, ber die man sich nicht +wohl gereizt zeigen konnte, war Alles was die Emissre des Hofes von den +meisten Landgentlemen erlangen konnten. Gegenvorstellungen, +Versprechungen und Drohungen wurden vergebens angewendet. Der Herzog von +Norfolk, obgleich Protestant und mit dem Verfahren der Regierung +unzufrieden, hatte sich zu ihrem Werkzeuge in zwei Grafschaften +hergegeben. Er begab sich zuerst nach Surrey, wo er aber bald sah, da +er nichts ausrichten konnte.[47] Dann ging er nach Norfolk, von wo er +ebenfalls bald zurckkehrte, um dem Knige zu melden, da ihm von +siebzig Gentlemen, welche in dieser groen Provinz ffentliche mter +bekleideten, nur sechs Hoffnung gemacht htten, die Politik des Hofes zu +untersttzen.[48] Der Herzog von Beaufort, dessen Autoritt sich ber +vier englische Grafschaften und ber das ganze Frstenthum Wales +erstreckte, kam mit einem nicht minder niederschlagenden Berichte nach +Whitehall.[49] Rochester war Lordlieutenant von Hertfordshire. Sein +ganzer kleiner Schatz von Tugend war in dem Kampfe gegen die starke +Versuchung, seine Religion fr Geld zu verkaufen, aufgezehrt worden; er +war noch durch einen Jahrgehalt von viertausend Pfund an den Hof +gebunden, und zum Dank dafr war er zu jedem wenn auch noch so +ungesetzlichen und erniedrigenden Dienste bereit, vorausgesetzt, da man +nicht die Formalitt einer Ausshnung mit Rom von ihm verlangte. Er +hatte sich bereitwilligst der Aufgabe unterzogen, seine Grafschaft zu +bearbeiten, und er ging dabei, wie immer, mit bereilter Heftigkeit und +Gewaltthtigkeit zu Werke. Aber er verschwendete seinen Eifer vergebens +an die starrsinnigen Squires, mit denen er es zu thun hatte. Sie +erklrten ihm einstimmig, da sie keinen Mann ins Parlament schicken +wollten, der fr die Beseitigung der Schutzwehren des protestantischen +Glaubens stimmen wrde.[50] Dieselbe Antwort erhielt der Kanzler auch in +Buckinghamshire.[51] Die Gentry von Shropshire weigerte sich in einer zu +Ludlow veranstalteten Zusammenkunft einhellig, sich durch das von dem +Knige verlangte Versprechen zu binden.[52] Der Earl von Yarmouth +berichtete aus Wiltshire, da von sechzig Magistratsbeamten und +Statthaltersubstituten, mit denen er gesprochen, nur sieben eine +gnstige Antwort gegeben htten und da man selbst diesen nicht trauen +knne.[53] Der Renegat Peterborough richtete eben so wenig in +Northamptonshire aus.[54] Nicht glcklicher war sein Genosse Dover in +Cambridgeshire.[55] Auch Preston brachte schlechte Nachrichten aus +Cumberland und Westmoreland; Dorsetshire und Huntingdonshire waren von +dem nmlichen Geiste beseelt. Der Earl von Bath kehrte nach langem +Stimmenwerben mit trostlosen Nachrichten aus dem Westen zurck. Er war +ermchtigt worden, den Bewohnern dieser Gegenden die verfhrerischesten +Anerbietungen zu machen. Insbesondere hatte er versprochen, da, wenn +die Wnsche des Knigs gebhrend bercksichtigt wrden, der Zinnhandel +von den auf ihm lastenden drckenden Beschrnkungen befreit werden +solle. Aber dieser Kder, dem man zu einer andren Zeit nicht +widerstanden haben wrde, wurde jetzt mit Verachtung zurckgewiesen. +Alle Friedensrichter und Statthaltersubstituten von Devonshire und +Cornwall erklrten ohne eine einzige Ausnahme, da sie Gut und Blut fr +den Knig opfern wrden, da aber die protestantische Religion ihnen +noch theurer sei als Gut und Blut. Und, setzte Bath hinzu, wenn Eure +Majestt alle diese Gentlemen absetzte, so wrden ihre Nachfolger ganz +die nmliche Antwort geben.[56] Wenn es irgend einen Bezirk gab, in +welchem die Regierung auf einen gnstigen Erfolg hoffen durfte, so war +es Lancashire. Man hatte starke Zweifel gehegt, ob das Resultat in +dieser Provinz mit dem der meisten anderen Grafschaften bereinstimmen +werde. In keinem Theile des Landes gab es so viele reiche und angesehene +Familien, welche dem alten Glauben anhingen, und die Oberhupter vieler +dieser Familien waren kraft der Dispensationsgewalt zu Friedensrichtern +und Commandanten der Miliz ernannt worden. Doch auch von dort meldete +der neue Lordstatthalter, selbst ein Katholik, da zwei Drittel seiner +Substituten und der Magistratsbeamten dem Hofe feindlich gesinnt +seien.[57] Noch viel schmerzlicher verletzte das Ergebni in Hampshire +den Stolz des Knigs. Arabella Churchill hatte ihm vor mehr als zwanzig +Jahren einen Sohn geboren, der spterhin als einer der geschicktesten +Generle Europa's weit und breit berhmt wurde. Der junge Mann hie +Jakob Fitzjames und bis dahin hatte noch nichts in ihm vermuthen lassen, +da er sich einst zu hoher Auszeichnung emporschwingen wrde; aber sein +Character und sein Benehmen waren so sanft und herzgewinnend, da er +keinen Feind hatte, auer Marien von Modena, welche den Sohn der +Concubine schon seit langer Zeit mit dem bitteren Ingrimm einer +kinderlosen Gattin hate. Ein kleiner Theil der jesuitischen Faction +hatte, bevor die Schwangerschaft der Knigin angekndigt wurde, ganz +ernstlich daran gedacht, ihn als Kronprtendenten neben der Prinzessin +von Oranien aufzustellen.[58] Wenn man bedenkt, wie vollstndig dem +Herzoge von Monmouth, obgleich das niedere Volk ihn fr legitim hielt +und obgleich er der Vorkmpfer des nationalen Glaubens war, ein +hnlicher Versuch milang, so mu es unbegreiflich erscheinen, wie ein +Mann durch den Fanatismus so ganz verblendet sein konnte, da er nur auf +die Idee kam, einen jungen Menschen, der allgemein als ein papistischer +Bastard bekannt war, auf den Thron erheben zu wollen. Es lt sich nicht +mit Gewiheit sagen, ob der Knig diesem albernen Plane seinen Beifall +zollte. Der junge Mann war brigens als Prinz anerkannt und wurde mit +allen Auszeichnungen berschttet, welche ein nicht aus kniglichem +Blute entsprossener Unterthan nur irgend zu erlangen hoffen konnte. Er +war zum Herzog von Berwick erhoben worden und bekleidete jetzt mehrere +ehrenvolle und eintrgliche Stellen, welche Edelleuten, die sich den +kniglichen Befehlen nicht hatten fgen wollen, abgenommen worden waren. +Er war der Nachfolger des Earls von Oxford als Oberst der Blauen und des +Earls von Gainsborough als Lordlieutenant von Hampshire, Wildmeister des +Neuen Forstes und Gouverneur von Portsmouth. Berwick erwartete, da ihn +an der Grenze von Hampshire, der Sitte gem, ein langer Zug von +Baronets, Rittern und Squires empfangen werde; aber nicht eine einzige +angesehene Person hatte sich zu seiner Begrung eingefunden. Er sendete +Schreiben aus, durch welche er die Gentry zu sich entbot, aber nur fnf +oder sechs beachteten diese Einladung. Die brigen warteten ihre +Entlassung gar nicht ab; sie erklrten im voraus, da sie keinen Theil +an der Civil- oder Militairverwaltung ihrer Grafschaft haben mchten, so +lange der Knig daselbst durch einen Papisten vertreten sei, und legten +ihre Stellen freiwillig nieder.[59] + +Sunderland, der an die Stelle des Earls von Northampton zum +Lordlieutenant von Warwickshire ernannt worden war, fand eine Ausflucht, +um nicht in diese Grafschaft zu gehen und die Entrstung und Verachtung +der dortigen Gentry auf sich zu laden, und seine Entschuldigung wurde um +so bereitwilliger angenommen, da der Knig endlich einzusehen begann, +da sich der Sinn der Landgentry nicht beugen lie.[60] + +Es mu bemerkt werden, da Diejenigen, welche diesen trotzigen Sinn an +den Tag legten, nicht die alten Feinde des Hauses Stuart waren. Die +Listen der Friedensrichter und Statthaltersubstituten waren schon lngst +von allen republikanischen Namen sorgfltig gesubert. Die Mnner, denen +die Regierung vergebens das Versprechen der Untersttzung abzuzwingen +versucht hatte, waren fast ohne Ausnahme Tories. Die lteren von ihnen +konnten noch Narben, welche von den Schwertern der Rundkpfe herrhrten, +und Empfangsbescheinigungen ber Silbergeschirr aufweisen, das sie +KarlI. in seiner Noth geschickt hatten. Die Jngeren hatten gegen +Shaftesbury und Monmouth fest zu Jakob gehalten. Dies waren die Mnner, +welche jetzt von dem nmlichen Frsten, dem sie so glnzende Beweise von +treuer Anhnglichkeit gegeben hatten, in Masse ihrer mter entsetzt +wurden. Die Entlassung machte sie aber nur noch entschlossener; es war +bei ihnen zu einer heiligen Ehrensache geworden, in dieser Krisis fest +zusammenzuhalten. Es konnte keinem Zweifel unterliegen, da, wenn bei +der Stimmenzhlung ehrlich zu Werke gegangen wurde, nicht ein einziger +der Regierungspolitik gnstiger Grafschaftsabgeordneter gewhlt werden +wrde. Die Leute fragten einander daher mit nicht geringer Besorgni, ob +man wohl erwarten knne, da bei der Stimmenzhlung ehrlich zu Werke +gegangen werden wrde. + + [Anmerkung 47: Citters, 22. Nov. (2. Dec.) 1687.] + + [Anmerkung 48: Citters, 27. Dez. (6. Jan.) 1687/88.] + + [Anmerkung 49: +Ibid.+] + + [Anmerkung 50: Johnstone erwhnt zweimal, unterm 25. Nov. und + unterm 8. Dec. 1687, den beleidigenden Eifer, den Rochester bei + dieser Gelegenheit zeigte. Das Milingen seiner Bemhungen erwhnt + Citters unterm 6.(16.) Dec.] + + [Anmerkung 51: Citters, 6.(16.) Dec. 1687.] + + [Anmerkung 52: +Ibid.+ 20.(30.) Dec. 1687.] + + [Anmerkung 53: Citters, 30. Mrz (9. April) 1687.] + + [Anmerkung 54: +Ibid.+ 22. Nov. (2. Dec.) 1687.] + + [Anmerkung 55: +Ibid.+ 15.(25.) Nov. 1687.] + + [Anmerkung 56: +Ibid.+ 10.(20.) April 1688.] + + [Anmerkung 57: Die ngstliche Spannung wegen Lancashire erwhnt + Citters in einer Depesche vom 18.(28.) Nov. 1687, das Resultat in + einer vier Tage spter datirten.] + + [Anmerkung 58: Bonrepaux, 11.(21.) Juli 1687.] + + [Anmerkung 59: Citters, 3.(13.) Febr. 1688.] + + [Anmerkung 60: Citters, 5.(15.) April 1688.] + + +[_Liste der Sheriffs._] Mit Ungeduld sah man der Liste der Sheriffs fr +das neue Jahr entgegen. Sie erschien, whrend die Lordlieutenants noch +auf ihrer Werbungsreise begriffen waren, und wurde mit einem allgemeinen +Schrei des Zornes und Unwillens aufgenommen. Die Mehrzahl dieser +Beamten, welche bei den Grafschaftswahlen die Oberleitung hatten, waren +entweder Katholiken oder protestantische Dissenters, die ihre Zustimmung +zur Indulgenzerklrung ausgesprochen hatten.[61] Eine Zeit lang hegte +man die schlimmsten Befrchtungen, die aber bald wieder schwanden. Man +hatte guten Grund, anzunehmen, da ber einen gewissen Punkt hinaus der +Knig auch nicht auf die Untersttzung der seiner eigenen Kirche +angehrenden Sheriffs rechnen knne. + + [Anmerkung 61: +London Gazette, Dec. 5. 1687+; Citters, 6.(16.) + Dec.] + + +[_Character der katholischen Landgentlemen._] Zwischen dem katholischen +Hflinge und dem katholischen Landgentleman herrschte nur sehr geringe +Sympathie. Die in Whitehall dominirende Cabale bestand theils aus +Fanatikern, welche zum Zwecke der Verbreitung ihres Glaubens bereit +waren, alle Gesetze der Moral ber den Haufen zu werfen und die ganze +Welt in eine heillose Verwirrung zu strzen, theils aus Heuchlern, +welche um des Gewinnes willen von dem Glauben, in dem sie erzogen +worden, abgefallen waren und die jetzt den allen Neubekehrten eigenen +Eifer auf die Spitze trieben. Sowohl die Fanatiker als auch die Heuchler +am Hofe hatten zum grten Theil keine Spur von englischer +Anschauungsweise. In einigen von ihnen hatte die unbedingte Hingebung +fr ihre Kirche alles Nationalgefhl erstickt; andere waren Irlnder, +deren Patriotismus in einem tdtlichen Hasse gegen die schsischen +Eroberer Irlands bestand; noch andere waren Verrther, die von einer +auswrtigen Macht einen regelmigen Sold bezogen, und wieder andere +hatten einen groen Theil ihres Lebens im Auslande zugebracht, und waren +entweder bloe Kosmopoliten oder hegten einen positiven Widerwillen +gegen die Sitten und Staatseinrichtungen des Landes, das sie jetzt zu +regieren hatten. Diese Leute hatten mit einem noch der alten Kirche +anhngenden Gutsbesitzer von Cheshire oder Staffordshire kaum irgend +etwas gemein. Er war weder Fanatiker noch Heuchler, er war Katholik, +weil sein Vater und Grovater Katholiken gewesen waren, und er hing an +seinem ererbten Glauben, wie die Menschen in der Regel an demselben +hngen, aufrichtig aber ohne sonderliche Begeisterung. In jeder andren +Beziehung war er nichts weiter als eben ein englischer Squire, der sich +von den benachbarten Squires hchstens dadurch unterschied, da er noch +etwas ungebildeter und buerischer war als sie. Die auf ihm lastenden +Ausschlieungen hatten ihn verhindert, sich bis zu der allerdings selbst +nur mig hohen Bildungsstufe zu erheben, auf der die meisten +protestantischen Landgentlemen standen. Als Knabe von Eton und +Westminster, als Jngling von Oxford und Cambridge, als Mann vom +Parlament und von der Richterbank ausgeschlossen, vegetirte er still und +ruhig hin, wie die Ulmen der Allee, die zu dem ererbten Meierhofe seiner +Vorfahren fhrte. Seine Kornfelder, seine Milchwirthschaft, seine +Ciderpresse, seine Jagdhunde, seine Angelruthe und seine Flinte, sein +Bier und sein Tabak beschftigten fast allein seine Gedanken. Mit seinen +Nachbarn stand er trotz der Glaubensverschiedenheit in der Regel auf +gutem Fue. Sie kannten ihn als einen harmlosen Mann ohne Ehrgeiz, er +stammte fast durchgngig aus einer guten und alten Familie und war immer +ein Kavalier. Er drang Niemandem seine persnlichen Ansichten auf und +wurde Niemandem lstig damit, er qulte nicht, wie ein Puritaner, sich +selbst und Andere mit Gewissensskrupeln ber alle Gensse des Lebens; im +Gegentheil, er war ein eben so leidenschaftlicher Jagdliebhaber und ein +eben so heiterer Gesellschafter als irgend Einer, der den Suprematseid +und die Erklrung gegen die Transsubstantiation angenommen hatte. Er +ging mit seinen Nachbarsquires auf die Jagd, hielt bis zum Hallali bei +ihnen aus und nahm sie nach beendeter Jagd mit sich nach Hause zu einer +Wildpretpastete und zu einem Kruge Octoberbier, das seine vier Jahre auf +Flaschen lag. Die Bedrckungen, die er erduldet, waren nicht so arg, da +sie ihn zu einem verzweifelten Entschlusse htten treiben knnen; selbst +als seine Kirche schonungslos verfolgt wurde, waren sein Leben und sein +Eigenthum nicht in groer Gefahr. Der schamloseste falsche Zeuge wrde +es schwerlich gewagt haben, der Wahrheit so frech ins Gesicht zu +schlagen, da er ihn beschuldigt htte, ein Verschwrer zu sein. Die +Papisten, welche Oates zu seinen Angriffen auswhlte, waren Peers, +Prlaten, Jesuiten, Benedictiner, thtige politische Agenten, Juristen +mit ausgedehnter Praxis und Hofrzte. Der katholische Landgentlemen +konnte unter dem Schutze seiner Verborgenheit, seines leutseligen Wesens +und der Zuneigung seiner Umgebungen unbelstigt seine Ernte einbringen +und seine Waidtasche mit Wild fllen, whrend Coleman und Langhorne, +Whitbread und Pickering, Erzbischof Plunkett und Lord Stafford durch den +Strick oder durch das Beil starben. Eine Bande elender Schurken machte +zwar den Versuch, gegen Sir Thomas Gascoigne, einen bejahrten +katholischen Baronet in Yorkshire, eine Anklage auf Hochverrath zu +erheben, aber zwlf der besten Gentlemen des Westbezirks, die seinen +Lebenswandel kannten, hielten es nicht fr mglich, da ihr ehrenwerther +alter Bekannter Banditen zur Ermordung des Knigs gedungen haben sollte, +und sprachen trotz mancherlei der Richterbank eben nicht zur Ehre +gereichender Versuche ein Nichtschuldig aus. Wohl mochte es fr das +Oberhaupt einer alten, angesehenen Familie in der Provinz ein +schmerzlicher Gedanke sein, da er seines Glaubens wegen von ehrenvollen +Stellen und mtern ausgeschlossen war, zu deren Bekleidung Mnner von +niedererer Herkunft und geringerem Vermgen fr berechtigt gehalten +wurden; aber er hatte nicht Lust, Land und Leben im Kampfe gegen eine +erdrckende bermacht auf's Spiel zu setzen, und sein gerader, cht +englischer Character wrde, vor Mitteln, wie ein Petre und Tyrconnel sie +anwendeten, mit Abscheu zurckgebebt sein. Deshalb wrde er jedoch eben +so bereitwillig, als irgend einer seiner protestantischen Nachbarn zur +Vertheidigung seines Vaterlandes gegen einen Einfall der Franzosen oder +irischen Papisten das Schwert um die Lenden gegrtet und die Pistolen in +die Halfter gesteckt haben. Dies war der allgemeine Character der +Mnner, in denen Jakob jetzt die sichersten Werkzeuge zur Leitung der +Grafschaftswahlen zu erblicken glaubte. Er berzeugte sich jedoch bald, +da sie nicht geneigt waren, sich durch einen ihm zu leistenden +schimpflichen und strafbaren Dienst die Achtung ihrer Nachbarn zu +verscherzen und Leben und Vermgen zu gefhrden. Mehrere von ihnen +weigerten sich, Sheriffs zu werden, und von denen, welche die Ernennung +annahmen, erklrten viele, da sie eben so gewissenhaft, als wenn sie +Mitglieder der Staatskirche wren, ihre Pflicht erfllen, und keinen +Wahlcandidaten, der nicht eine wirkliche Stimmenmehrheit htte, in's +Parlament schicken wrden.[62] + + [Anmerkung 62: Etwa zwanzig Jahre vor dieser Zeit sprach sich ein + Jesuit ber die eingezogene Lebensweise der katholischen Gentry + Englands folgendermaen aus: +La nobilit Inglese, senon se + legata in serviglio di Corte in opera di maestrato, vive, e godo + il pi dell' anno a la campagna, ne' suoi palagi e poderi, dove + son liberi e padroni; ci tanto pi sollecitamente i Cattolici + quanto pi utilmente, si come meno osservati col. -- + L'Inghilterra descritta dal P. Daniello Bartoli. Roma, 1667.+ + + Viele von den papistischen Sheriffs, schrieb Johnstone, sind + begtert und erklren, da man sich sehr irren wrde, wenn man + geflschte Wahlen von ihnen erwartete. Die papistische Gentry, + welche auf ihren Landgtern lebt, ist von der stdtischen weit + verschieden. Mehrere von ihnen haben es abgelehnt, Sheriffs oder + Statthaltersubstituten zu werden. -- 8. Dec. 1687. + + Ronquillo sagt das Nmliche: +Algunos Catolicos que fueron + nombrados por sherifes se han excusado.+ -- 9.(19.) Jan. 1688. + Einige Monate spter versichert er seinem Hof, da die + katholischen Landgentlemen gern zu einer Verstndigung die Hand + bieten wrden, deren Grundbedingungen die Abschaffung der + Strafgesetze und die Beibehaltung des Religionseides wren. + +Estoy informado,+ sagt er, +que los Catolicos de las + provincias no lo reprueban, pues no pretendiendo oficios, y siendo + solo algunos de la Corte los provechosos, les parece que mejoran + su estado, quedando seguros ellos y sus descendientes en la + religion, en la quietud, y en la seguridad de sus haciendas.+ -- + 23. Juli (2. Aug.) 1688.] + + +[_Stimmung der Dissenters._] Konnte der Knig schon auf seine +katholischen Sheriffs wenig rechnen, so konnte er sich noch viel weniger +auf die puritanischen verlassen. Seit dem Erscheinen der +Indulgenzerklrung waren mehrere Monate verflossen, Monate voll +wichtiger Ereignisse und fortwhrender Streitigkeiten. Die ffentliche +Besprechung der Angelegenheiten hatte vielen Dissenters die Augen +geffnet, aber die Maregeln der Regierung, und vorzugsweise das strenge +Verfahren gegen das Magdalenen-Collegium, hatte mehr als selbst die +Feder eines Halifax dazu beigetragen, alle Klassen der Protestanten +aufzurtteln und zu vereinigen. Die meisten von den Sectirern, die sich +hatten verleiten lassen, ihren Dank fr die Indulgenz auszudrcken, +schmten sich jetzt ihres Irrthums und wnschten sehnlichst, ihn dadurch +wieder gut zu machen, da sie sich der groen Masse ihrer Landsleute +anschlossen. + + +[_Regulirung der Corporationen._] In Folge dieses Umschwungs in den +Gesinnungen der Nonconformisten stie die Regierung in den Stdten auf +fast eben so groe Schwierigkeiten, wie auf dem platten Lande. Als die +Regulatoren ihre Arbeit begannen, hatten sie fest darauf gerechnet, da +jeder Dissenter, der sich zu Gunsten der Indulgenz ausgesprochen hatte, +auch die Politik des Knigs untersttzen werde. Sie waren daher +berzeugt, da sie im Stande sein wrden, alle Municipalmter des +Knigreichs mit zuverlssigen Freunden zu besetzen. In den neuen +Stdteordnungen hatte sich die Krone das Recht vorbehalten, +Magistratsbeamte nach ihrem Belieben zu entlassen. Dieses Recht wurde +jetzt ohne alle Beschrnkung ausgebt. Durchaus nicht so klar war es +jedoch, da Jakob auch das Recht hatte, neue Magistratsbeamte zu +ernennen; aber mochte es ihm nun zustehen oder nicht, er beschlo, es +sich zu nehmen. Allenthalben, vom Tweed bis Landsend, wurden +toryistische Beamte abgesetzt und Presbyterianer, Independenten und +Baptisten an ihrer Stelle ernannt. In dem neuen Freibriefe der +Hauptstadt hatte sich die Krone das Recht vorbehalten, alle Vorsteher, +Pfleger und Beisitzer der Innungen zu entlassen. In Folge dessen wurden +ber achthundert angesehene Brger, smmtlich Mitglieder der Partei, die +sich der Ausschlieungsbill widergesetzt hatte, durch einen einzigen +Erla ihrer mter enthoben. Bald darauf erschien ein Nachtrag zu dieser +langen Liste.[63] Aber die neuen Angestellten waren kaum vereidigt, so +zeigte es sich, da sie eben so unfgsam waren, als ihre Vorgnger. In +Newcastle am Tyne ernannten die Regulatoren einen katholischen Mayor und +puritanische Aldermen. Man zweifelte keinen Augenblick, da die so +umgestaltete Municipalbehrde eine Adresse beschlieen werde, in der sie +die Maregeln des Knigs zu untersttzen versprach. Die Adresse wurde +jedoch verweigert. Der Mayor reiste wthend nach London und sagte dem +Knige, die Dissenters seien alle Schurken und Rebellen und die +Regierung knne in der ganzen Corporation auf nicht mehr als vier +Stimmen rechnen.[64] In Reading wurden vierundzwanzig toryistische +Aldermen entlassen und vierundzwanzig neue ernannt. Von diesen erklrten +sich dreiundzwanzig sofort gegen die Indulgenz und wurden deshalb +ebenfalls wieder entlassen.[65] Im Laufe weniger Tage wurde der +Stadtbezirk von Yarmouth nacheinander durch drei verschiedene +Magistratskrper verwaltet, welche smmtlich dem Hofe gleich feindlich +gesinnt waren.[66] Dies sind nur einzelne Beispiele von dem was im +ganzen Lande geschah. Der hollndische Gesandte berichtete an die +Generalstaaten, da in manchen Stdten die Magistratsbeamten in einem +Monate zwei und selbst dreimal, aber dennoch vergebens gewechselt worden +seien.[67] Aus den Acten des Geheimen Raths geht hervor, da die Zahl +der Regulationen, wie sie genannt wurden, zweihundert berstieg.[68] Die +Regulatoren fanden in der That, da in nicht wenigen Stdten die +Vernderung eine Verschlimmerung war. Die mivergngten Tories hatten, +wenn sie auch ber die Politik des Knigs murrten; doch wenigstens stets +Achtung fr seine Person und seinen Thron an den Tag gelegt und jeden +Gedanken an Widerstand verworfen. Ganz anders war die Sprache einiger +neuen Mitglieder der Corporationen. Man sagte, da alte Soldaten der +Republik, welche zu ihrem eignen wie zum Erstaunen des Publikums zu +Aldermen ernannt worden waren, den Agenten des Hofes deutlich zu +verstehen gben, es msse erst Blut flieen, bevor Papismus und +Willkrgewalt in England zur Herrschaft gelangten.[69] + +Die Regulatoren sahen, da mit dem was sie bis jetzt gethan hatten, +wenig oder nichts gewonnen war. Es gab indessen noch ein Mittel, aber +auch nur dieses eine, durch das sie hoffen konnten ihren Zweck zu +erreichen. Die Gemeindeordnungen der Wahlflecken muten zurckgezogen +und durch neue ersetzt werden, welche das Wahlrecht auf sehr kleine, vom +Knig zu ernennende Wahlkrper beschrnkten.[70] + +Aber wie war dieser Plan auszufhren? In einigen der neuen Freibriefe +hatte sich die Krone zwar das Recht der Wiederentziehung vorbehalten, +aber die brigen konnte Jakob nur durch freiwillige Zurckgabe von +Seiten der Corporationen oder durch einen Ausspruch der Kings Bench +wieder in die Hand bekommen. Aber nur wenige Corporationen waren jetzt +geneigt, ihre Gemeindeordnungen freiwillig aufzugeben, und ein +Richterspruch, wie er den Zwecken des Hofes diente, war selbst von einem +Sklaven wie Wright nicht zu erwarten. Die Quo-Warranto-Erlasse,[71] +welche vor einigen Jahren erschienen waren, um die Whigpartei zu +vernichten, waren von allen Unparteiischen einhellig verdammt worden. +Doch hatten diese Erlasse wenigstens einen Anschein von Recht fr sich, +denn sie waren gegen alte Municipalkrper gerichtet, und unter diesen +gab es wenige, in denen im Laufe der Zeit nicht Mibrauche eingerissen +waren, welche gengenden Anhalt zu einem Prozeverfahren darboten. Die +Corporationen aber, welche jetzt angegriffen wurden, befanden sich noch +im Alter der kindlichen Unschuld, die ltesten von ihnen hatten kaum ihr +fnftes Lebensjahr erreicht, und es war unmglich, da viele von ihnen +schon so schwer gesndigt haben sollten, da sie eine Zurcknahme ihrer +Privilegien verdienten. Den Richtern selbst war nicht wohl zu Muthe. Sie +gaben zu bedenken, da das, was man von ihnen verlange, den einfachsten +und klarsten Grundstzen des Rechts und der Gerechtigkeit schnurstracks +zuwiderlaufe; aber alle Vorstellungen waren umsonst. Die Wahlorte wurden +zur Rcksendung ihrer Freibriefe aufgefordert. Einige wenige kamen der +Aufforderung nach; aber das Verfahren, welches der Knig gegen diese +wenigen einschlug, war eben nicht geeignet, bei den anderen Vertrauen zu +erwecken. In mehreren Stdten wurde der Gesammtbrgerschaft das +Wahlrecht entzogen und auf eine kleine Anzahl Personen beschrnkt und +diese muten sich eidlich verpflichten, die von der Regierung +empfohlenen Candidaten zu untersttzen. In Tewkesbury zum Beispiel wurde +das Wahlrecht dreizehn Personen bertragen. Doch selbst diese Anzahl war +noch zu gro. Ha und Furcht hatten sich so weit verbreitet, da es kaum +mglich war, auch durch die unredlichsten Mittel nur dreizehn Mnner zu +finden, auf die sich der Hof unbedingt verlassen konnte. Es hie, da +die Mehrheit des neuen Wahlkrpers von Tewkesbury von dem nmlichen +Sinne beseelt sei, welcher in der ganzen Nation berwiege, und da +derselbe an dem entscheidenden Tage zuverlssige Protestanten in's +Parlament schicken werde. Die Regulatoren drohten in heftigem Zorne, die +Zahl der Whler auf drei zu reduciren.[72] Inzwischen weigerte sich die +groe Mehrzahl der Wahlorte entschieden, ihre Privilegien aufzugeben. +Barnstaple, Winchester und Buckingham zeichneten sich durch die Khnheit +ihres Widerstandes besonders aus. In Oxford wurde der Antrag, da die +Stadt ihr Wahlrecht dem Knige zurckgeben solle, mit achtzig gegen zwei +Stimmen verworfen.[73] Der Tempel und Westminsterhall kamen durch die +pltzliche Hufung von Auftrgen aus allen Theilen des Landes in +ungewohnte Bewegung. Jeder Advokat von bedeutender Praxis erhielt +Vollmachten ber Vollmachten von den stdtischen Corporationen, und die +gewhnlichen Clienten beklagten sich, da ihre Angelegenheiten +vernachlssigt wrden.[74] Es lag auf der Hand, da eine geraume Zeit +darber hingehen mute, ehe eine so groe Anzahl Prozesse entschieden +werden konnten. Diese Verzgerung war der Tyrannei unertrglich. Es +wurde nichts unterlassen, um die widerspenstigen Wahlkrper durch +Drohungen zur Unterwerfung zu bringen. In Buckingham hatten einige +Municipalbeamten sich in nicht eben lobender Weise ausgesprochen. Man +machte ihnen den Proze und kndigte ihnen an, da mit schonungsloser +Strenge gegen sie verfahren werden wrde, wenn sie sich nicht durch +Herausgabe ihres Freibriefs loskauften.[75] In Winchester griff man zu +noch strengeren Gewaltmaregeln. Eine bedeutende Truppenabtheilung wurde +in die Stadt gelegt, einzig und allein zu dem Zwecke, die Einwohner zu +belstigen und zu qulen.[76] Die Stadt blieb fest und die ffentliche +Stimme beschuldigte den Knig laut, da er die schlimmsten Verbrechen +seines Bruders von Frankreich nachahme; die Dragonaden htten begonnen, +sagte man. Man hatte auch wirklich Grund zu ernsten Besorgnissen. Jakob +war auf den Einfall gekommen, da er den Widerstandsgeist einer +hartnckigen Stadt nicht wirksamer brechen knne, als indem er den +Einwohnern Soldaten in's Quartier legte. Er mute wissen, da diese +Maregel sechzig Jahre frher heftigen Unwillen erregt und durch die +Bitte um Recht, ein Gesetz, das von den Englndern kaum weniger verehrt +wurde, als die Magna Charta, feierlichst fr gesetzwidrig erklrt worden +war. Aber er hoffte von den Gerichtshfen eine Erklrung zu erlangen, +da selbst die Bitte um Recht die Prrogative nicht beschrnken knne. +Er fragte in der That den Oberrichter der Kings Bench ber diesen +Gegenstand um Rath;[77] aber das Resultat der Besprechung wurde geheim +gehalten, und in einigen Wochen gestalteten sich die Dinge so, da eine +Furcht, welche noch strker war, als selbst die vor der kniglichen +Ungnade, sogar einen so servilen Mann wie Wright bewog, ein wenig +einzuhalten. + + [Anmerkung 63: +Privy Council Book, Sept. 25. 1687, Febr. 21, + 1687/88+.] + + [Anmerkung 64: Acten der Corporation, angefhrt in +Brand's + History of Newcastle+; Johnstone, 21. Febr. 1687/88.] + + [Anmerkung 65: Johnstone, 21. Febr. 1687/88.] + + [Anmerkung 66: Citters, 14.(24.) Febr. 1688.] + + [Anmerkung 67: Citters, 1.(11.) Mai 1688.] + + [Anmerkung 68: Am Rande der Geheimrathsacten findet man die + Bemerkung Zweite Regulation und Dritte Regulation, wenn ein + Wahlkrper mehr als einmal umgestaltet worden war.] + + [Anmerkung 69: Johnstone, 23. Mai 1688.] + + [Anmerkung 70: Johnstone, 21. Febr. 1688.] + + [Anmerkung 71: Diese Erlasse, so genannt nach den beiden + Anfangsworten +Quo warranto+, ordneten eine Untersuchung ber die + Rechtsbefugnisse an, auf welche sich die Privilegien einer + Corporation grndeten, und wenn sich eine Unregelmigkeit fand, + wurde der Freibrief entzogen. D. bers.] + + [Anmerkung 72: Johnstone, 21. Febr. 1688.] + + [Anmerkung 73: Citters, 20.(30.) Mrz 1688.] + + [Anmerkung 74: +Ibid.+ 1.(11.) Mai 1688.] + + [Anmerkung 75: +Ibid.+ 22. Mai (1. Jun.) 1688.] + + [Anmerkung 76: +Ibid.+ 1.(11.) Mai 1688.] + + [Anmerkung 77: +Ibid.+ 18.(28.) Mai 1688.] + + +[_Untersuchung in allen ffentlichen Verwaltungszweigen._] Whrend die +Lordlieutenants die Friedensrichter ausforschten und die Regulatoren die +Wahlkrper umgestalteten, wurden alle Zweige des Staatsdienstes einer +strengen Untersuchung unterworfen. Zuerst wurde der Palast gesubert. +Jeder mit Narben bedeckte alte Kavalier, der zum Ersatz fr das der +Sache des Knigs geopferte Blut und Grundeigenthum ein mtchen in der +kniglichen Garderobe oder im Marstalle erhalten hatte, wurde +aufgefordert, zwischen dem Knige und der Kirche zu whlen. Die Zoll- +und Steuercommissare wurden zu Seiner Majestt ins Schatzamt beschieden, +hier das Versprechen von ihnen verlangt, da sie seine Politik +untersttzen wollten, und ihnen bedeutet, da sie allen ihren +Unterbeamten ein hnliches Versprechen abzunehmen htten.[78] Ein +Zollbeamter motivirte seine Unterwerfung unter den Willen des Knigs in +einer Weise, welche Heiterkeit und zugleich Mitleid erregte. Ich habe, +sagte er, vierzehn Grnde, die mich bestimmen, Seiner Majestt Befehlen +zu gehorchen: eine Frau und dreizehn unerzogene Kinder.[79] Gegen +solche Grnde lie sich allerdings nichts einwenden; dennoch aber kamen +nicht wenig Flle vor, wo die religisen und patriotischen Gefhle +selbst solche Grnde berwogen. + +Man hat Grund zu der Vermuthung, da die Regierung um diese Zeit +ernstlich mit dem Plane umging, einen Schlag zu fhren, der viele +tausend Familien an den Bettelstab gebracht und auf die socialen +Zustnde aller Landestheile strend eingewirkt haben wrde. Niemand +durfte Wein, Bier oder Kaffee ohne Concession verkaufen. Es hie nun, +da jeder Inhaber einer solchen Concession demnchst aufgefordert werden +sollte, entweder dieselben Verpflichtungen einzugehen, welche den +ffentlichen Beamten auferlegt worden waren, oder sein Geschft +aufzugeben.[80] Wre ein solcher Schritt gethan worden, so wrden ohne +allen Zweifel die Wirthshuser und ffentlichen Vergngungsorte im +ganzen Lande zu Hunderten geschlossen worden sein. Welche Wirkung ein +solcher Eingriff in die Lebensgensse aller Stnde hervorgebracht haben +wrde, lt sich nur muthmaen. Der durch bel erzeugte Unwille steht +nicht immer im Verhltnisse mit der Wichtigkeit derselben, und es ist +durchaus nicht unwahrscheinlich, da die Einziehung von +Schankconcessionen das bewirkt haben wrde, was die Entziehung von +Freibriefen nicht bewirkt hatte. Die Vornehmeren wrden ihr +Chokoladenhaus in St. James Street, die Geschftsmnner ihre +Kaffeekanne, bei der sie in Change Alley zu rauchen und zu politisiren +pflegten, schmerzlich vermit haben. Die Hlfte der Clubs htte sich +neue Versammlungslokale suchen mssen. Der Reisende wrde des Nachts den +Gasthof, in welchem er gewohnt war abzusteigen und seine Abendmahlzeit +einzunehmen, verdet gefunden haben. Der Landmann wrde die Bierschenke +vermit haben, wo er im Sommer auf der Bank vor der Thr, im Winter am +Kamin seinen Krug zu trinken gewohnt war. Es war leicht mglich, da die +auf solche Art gereizte Nation sich zu einem allgemeinen Aufstande +erhob, ohne auf die Hlfe fremder Verbndeter zu warten. + + [Anmerkung 78: Citters, 6.(16.) April 1688; +Treasury Letter Book. + March 14. 1687/88+; Ronquillo, 16.(26.) April.] + + [Anmerkung 79: Citters, 18.(28.) Mai 1688.] + + [Anmerkung 80: +Ibid.+ 18.(28.) Mai 1688.] + + +[_Entlassung Sawyer's._] Es war nicht zu erwarten, da ein Frst, der +von allen niederen Dienern der Regierung bei Strafe der Entlassung +Untersttzung seiner Politik verlangte, einen Generalfiskal behalten +wrde, dessen Abneigung gegen diese Politik kein Geheimni war. Sawyer +hatte noch ber anderthalb Jahr in seiner Stellung bleiben drfen, +nachdem er sich gegen die Dispensationsgewalt erklrt hatte. Diese +ungewhnliche Nachsicht verdankte er nur der auerordentlichen +Schwierigkeit, die es der Regierung machte, einen Nachfolger fr ihn zu +finden. Es war um der pekuniren Interessen der Krone willen nothwendig, +da wenigstens einer der beiden ersten Staatsanwlte ein talentvoller +und kenntnireicher Mann war, und es war keineswegs leicht, einen diesen +Anforderungen gengenden Juristen zu bewegen, da er sich durch das +tgliche Begehen von Handlungen, welche das nchste Parlament +wahrscheinlich als schwere bertretungen und Verbrechen betrachtete, +sehr ernster Gefahr aussetzte. Es war nicht mglich gewesen, einen +besseren Generalprokurator als Powis aufzutreiben, ein Mann, der sich +zwar aus nichts ein Gewissen machte, der aber auch nicht einmal den +gewhnlichsten Pflichten seines Postens gewachsen war. Unter diesen +Umstnden hielt man es fr wnschenswerth, die Arbeit zu theilen. Ein +Fiskal, dessen Berufstchtigkeit durch Gewissensskrupel bedeutend +beeintrchtigt wurde, hatte einen Prokurator zur Seite, dessen +Gewissenlosigkeit seinen Mangel an Befhigung einigermaen ersetzte. +Wenn es der Regierung um energische Durchfhrung des Gesetzes zu thun +war, so wendete sie sich an Sawyer; wollte sie das Gesetz mit Fen +treten, so hielt sie sich an Powis. Dieses Arrangement wurde so lange +beibehalten, bis der Knig die Dienste eines Anwalts erlangte, der zu +gleicher Zeit noch gewissenloser als Powis und geschickter als Sawyer +war. + + +[_Williams Generalprokurator._] Keiner der damals lebenden Advokaten +hatte der Regierung giftiger opponirt als Wilhelm Williams. Er hatte +sich unter der vorigen Regierung als Whig und Exclusionist hervorgethan. +Als die Parteiwuth den hchsten Grad erreicht hatte, war er zum Sprecher +des Unterhauses erwhlt worden. Nach der Prorogation des oxforder +Parlaments war er der gewhnliche Rechtsbeistand der heftigsten +Demagogen gewesen, die des Aufruhrs angeklagt wurden. Er besa +anerkanntermaen bedeutende juristische Gewandtheit und Kenntnisse. +Unbesonnene berstrzung und Parteigeist hielt man fr seine +Hauptfehler; da er noch andere Fehler hatte, in Vergleich mit denen die +genannten als Tugenden gelten konnten, ahnete man damals noch nicht. Die +Regierung suchte eine Gelegenheit, um ihm etwas anzuhaben, und es wurde +ihr nicht schwer, eine solche zu finden. Er hatte auf Befehl des Hauses +der Gemeinen einen von Dangerfield verfaten erzhlenden Bericht +herausgegeben. Htte ein Privatmann diese Schrift verffentlicht, so +wrde sie unbestreitbar als ein aufrhrerisches Libell zu betrachten +gewesen sein. Es wurde bei der Kings Bench eine Criminaluntersuchung +gegen Williams eingeleitet; er berief sich umsonst auf die Privilegien +des Parlaments und wurde zu einer Geldbue von zehntausend Pfund +verurtheilt. Einen groen Theil dieser Summe bezahlte er baar und ber +den Rest gab er eine Schuldverschreibung. Der Earl von Peterborough, der +in Dangerfield's Erzhlung in beleidigender Weise erwhnt war, wurde +durch den Erfolg der Criminaluntersuchung ermuthigt, eine Civilklage auf +eine bedeutende Entschdigungssumme anhngig zu machen. Williams gerieth +dadurch in die grte Verlegenheit. Da bot sich ihm ein rettender Ausweg +dar. Allerdings war es ein Ausweg, der einem Manne von festen +Grundstzen und edlem Character noch schrecklicher gewesen sein wrde, +als Armuth, Gefngni und selbst Tod. Er konnte sich der Regierung +verkaufen, deren Feind und Opfer er gewesen war; er konnte sich +erbieten, bei jedem Angriffe auf die Freiheiten und die Religion, fr +welche er einen malosen Eifer gezeigt hatte, den gefhrlichsten Posten +zu bernehmen; er konnte seinen Whiggismus durch Dienste wieder gut +machen, vor denen selbst die eingefleischtesten Tories, an deren Hnden +das Blut Russell's und Sidney's klebte, mit Abscheu zurckbebten. Der +Handel wurde abgeschlossen. Der noch schuldige Rest der Strafsumme wurde +erlassen und Peterborough durch Vermittelung des Knigs zu einem +Vergleich bewogen. Sawyer wurde abgesetzt, Powis wurde Generalfiskal, +Williams wurde zum Generalprokurator ernannt, in den Adelstand erhoben +und war bald ein Gnstling des Knigs. Obgleich im Range nur der zweite +Kronjurist, gelang es ihm doch sehr bald, durch seine Gewandtheit, +Gelehrsamkeit und Energie seinen Vorgesetzten vllig in den Schatten zu +stellen[81]. + +Williams war noch nicht lange im Amte, als er aufgefordert wurde, in dem +denkwrdigsten Staatsprozesse, von dem die Annalen der britischen Justiz +berichten, eine Hauptrolle zu bernehmen. + + [Anmerkung 81: +London Gazette, Dec. 15. 1687+. Siehe den Proze + gegen Williams in der +Collection of State Trials+. +Ha hecho,+ + sagt Ronquillo, +grande susto el haber nombrado el abogado + Williams, que fue el orador y el mas arrabiade de toda la casa des + comunes en los ultimos terribles parlamentos del Rey difunto.+ + 27. Nov. (7. Dec.) 1687.] + + +[_Zweite Indulgenzerklrung._] Am 27. April 1688 erlie der Knig eine +zweite Indulgenzerklrung. In diesem Schriftstcke fhrte er die +Erklrung vom vorjhrigen April in ihrer ganzen Lnge auf. Sein +bisheriges Leben, sagte er dann, habe sein Volk berzeugen knnen, da +er nicht der Mann sei, der sich von einem einmal gefaten Beschlusse so +leicht abbringen lasse. Da aber heimtckische Menschen es versucht +htten, die Welt glauben zu machen, da man ihn doch noch zum Nachgeben +in dieser Angelegenheit werde bestimmen knnen, halte er es fr nthig, +zu erklren, da sein Vorsatz unwiderruflich fest stehe, da er +entschlossen sei, nur solche Mnner anzustellen, welche bereit wren, +ihn bei der Ausfhrung seiner Plne zu untersttzen, und da er in +Gemheit dieses Entschlusses viele seiner ungehorsamen Diener von +Civil- und Militairmtern habe entheben mssen. Schlielich zeigte er +an, da er sptestens im November ein Parlament einzuberufen gedenke, +und ermahnte seine Unterthanen, solche Vertreter in dasselbe zu whlen, +die ihn bei dem begonnenen groen Werke zu untersttzen geneigt +wren[82]. + + [Anmerkung 82: +London Gazette, April 30. 1688+; Barillon, 26. + April (6. Mai).] + + +[_Die Geistlichkeit erhlt Befehl, sie von der Kanzel zu verlesen._] +Diese Erklrung machte anfangs nur wenig Sensation. Sie enthielt nichts +Neues und die Leute wunderten sich, da der Knig es fr nthig hielt, +ein feierliches Manifest zu erlassen, blos um ihnen zu sagen, da er +seinen Sinn nicht gendert habe[83]. Die Gleichgltigkeit, mit der die +Ankndigung seines festen Entschlusses vom Publikum aufgenommen wurde, +verdro ihn wahrscheinlich und er glaubte ohne Zweifel, da seine Wrde +und Autoritt leiden knnten, wenn er nicht unverzglich etwas Neues und +Auffallendes thue. In Folge dessen verfgte er unterm 4. Mai durch einen +Geheimrathsbefehl, da seine Erklrung von vergangener Woche an zwei +aufeinanderfolgenden Sonntagen beim ffentlichen Gottesdienste von den +dienstthuenden Geistlichen aller Kirchen und Kapellen des Reiches +verlesen werden solle. In London und seinen Vorstdten sollte die +Verlesung am 20. und 27. Mai, in den anderen Landestheilen am 3. und 10. +Juni stattfinden. Die Bischfe waren angewiesen, Exemplare der Erklrung +in ihren respectiven Dicesen zu vertheilen[84]. + +Wenn man bercksichtigt, da die Geistlichen der anglikanischen Kirche +fast ohne Ausnahme die Indulgenzerklrung als eine Verletzung der +Landesgesetze, als einen Wortbruch des Knigs und als einen +verderblichen Gewaltstreich gegen die Interessen und die Wrde ihres +Standes betrachteten, so wird man schwerlich daran zweifeln knnen, da +der Geheimrathsbefehl darauf berechnet war, als eine tiefe Krnkung von +ihnen empfunden zu werden. Man glaubte im Volke, da Petre diese Absicht +durch ein der orientalischen Redeweise entlehntes rohes Gleichni +ausgesprochen habe. Er sollte gesagt haben, er wolle sie Koth essen +lassen und zwar den abscheulichsten und ekelhaftesten Koth. Aber konnte +man annehmen, da die anglikanische Geistlichkeit diesem tyrannischen +und gehssigen Befehle den Gehorsam verweigern werde? Der Character des +Knigs war willkrlich und streng und das Verfahren der kirchlichen +Commission eben so summarisch wie das eines Kriegsgerichts. Wer sich +aufzulehnen wagte, konnte in Zeit von acht Tagen seiner Stelle entsetzt, +seines ganzen Einkommens beraubt, der ferneren Bekleidung jedes +geistlichen Amts unfhig erklrt und in die Nothwendigkeit versetzt +werden, von Haus zu Haus sein Brot zu erbetteln. Wenn der ganze Stand +sich einmthig dem kniglichen Willen widersetzte, dann war es +allerdings wahrscheinlich, da selbst Jakob nicht den Muth haben wrde, +zehntausend Schuldige auf einmal zu bestrafen. Aber zu einer allgemeinen +Verstndigung in dieser Angelegenheit war keine Zeit. Am 7. Mai erschien +der Befehl in der Gazette und schon am 20. sollte die Erklrung von +allen Kanzeln Londons und dessen Umgegend verlesen werden. Er wre +damals mit der grten Anstrengung nicht mglich gewesen, binnen +vierzehn Tagen die Ansichten nur des zehnten Theiles der im ganzen Lande +zerstreuten Pfarrgeistlichen einzuholen, ja nur die Stimmen der Bischfe +htten nicht leicht in so kurzer Zeit gesammelt werden knnen. Auch +stand zu befrchten, da, wenn die Geistlichkeit das Verlesen der +Erklrung verweigerte, die protestantischen Dissenters die Weigerung +falsch auslegen, die Hoffnung, von den Mitgliedern der anglikanischen +Kirche Duldung zu erlangen, aufgeben und ihr ganzes Gewicht in die +Wagschale des Hofes werfen wrden. + + [Anmerkung 83: Citters, 1.(11.) Mai 1688.] + + [Anmerkung 84: +London Gazette, Mai 7. 1688.+] + + +[_Die Geistlichkeit ist unschlssig._] Die Geistlichkeit war daher +unschlssig und diese Unschlssigkeit lt sich wohl entschuldigen, denn +einige hochgestellte Laien, welche das ffentliche Vertrauen in hohem +Mae genossen, waren geneigt, zur Unterwerfung zu rathen. Sie waren der +Meinung, ein allgemeiner Widerstand stehe kaum zu erwarten und ein +theilweiser werde fr die Einzelnen verderblich und fr die Kirche und +die Nation im Allgemeinen nur von geringem Nutzen sein. Dies war die +ausgesprochene Ansicht von Halifax und Nottingham. Der Tag rckte heran +und noch war keine Verstndigung und kein bestimmter Entschlu +erzielt.[85] + + [Anmerkung 85: Johnstone, 27. Mai 1688.] + + +[_Patriotismus der protestantischen Nonconformisten Londons._] In diesem +Augenblicke erwarben sich die protestantischen Dissenters der Hauptstadt +einen Anspruch auf die ewige Dankbarkeit ihres Vaterlandes. Die +Regierung hatte sie bisher als einen Theil ihrer Strke betrachtet. +Einige von ihren thtigsten und lautesten Predigern hatten, durch die +Gnadenbezeigungen des Hofes bestochen, Adressen zu Gunsten der Politik +des Knigs zu Stande gebracht. Andere, welche durch die Erinnerung an +viele schwere Unbilden sowohl der anglikanischen Kirche als dem Hause +Stuart entfremdet waren, hatten mit boshafter Schadenfreude gesehen, wie +der tyrannische Frst und die tyrannische Hierarchie durch bittere +Feindschaft von einander getrennt waren und sich gegenseitig berboten, +um den Beistand von Secten zu erlangen, die sie noch unlngst verfolgt +und verachtet hatten. Aber so natrlich dieses Gefhl auch sein mochte, +man hatte sich demselben lange genug hingegeben. Die Zeit war gekommen, +wo man eine Wahl treffen mute, und die Nonconformisten traten in einer +hochherzigen Regung auf die Seite der Anglikaner, um gemeinschaftlich +mit ihnen die Grundgesetze des Reichs zu vertheidigen. Baxter, Bates und +Howe zeichneten sich durch ihre Anstrengungen, dieses Bndni zu Stande +zu bringen, besonders aus; aber die edle Begeisterung, welche die +Gesammtheit der Puritaner beseelte, erleichterte ihnen die Aufgabe. Der +Eifer der Pfarrer wurde von dem ihrer Gemeinden noch bertroffen. +Diejenigen Presbyterianer- und Independentenprediger, welche Lust +zeigten, mit dem Knige Partei gegen die Landeskirche zu nehmen, wurden +nachdrcklich bedeutet, da, wenn sie ihr Verfahren nicht nderten, ihre +Gemeinden sie fernerhin weder hren noch bezahlen wrden. Alsop, der +sich mit der Hoffnung geschmeichelt hatte, da er im Stande sein werde, +einen groen Theil seiner Anhnger dem Knige zuzufhren, sah sich +pltzlich von Denen, die ihn kurz zuvor noch als ihren geistlichen +Fhrer verehrt hatten, verachtet und verabscheut, verfiel darber in +eine tiefe Schwermuth und verbarg sich vor den Blicken der Welt. Bei +mehreren londoner Geistlichen erschienen Deputationen, um sie zu bitten, +da sie die Masse der Dissenters nicht nach den kriechenden +Schmeicheleien beurtheilen mchten, welche krzlich die Spalten der +Gazette gefllt htten, und forderten sie, als bei dem groen Kampfe in +vorderster Reihe stehend, auf, mit mnnlicher Tapferkeit fr die +Freiheiten Englands und den den Heiligen berlieferten Glauben zu +streiten. Diese Versicherungen wurden freudig und dankend aufgenommen. +Unter Denen aber, die sich zu entscheiden hatten, ob sie am nchsten +Sonntage, den 20. Mai, dem Befehl des Knigs nachkommen wollten +oder nicht, herrschte noch immer groe ngstlichkeit und +Meinungsverschiedenheit. + + +[_Berathung der londoner Geistlichkeit._] Die londoner Geistlichkeit, +welche damals allgemein als die Elite ihres Standes anerkannt war, +veranstaltete eine berathende Versammlung. Funfzehn Doctoren der +Theologie waren anwesend. Tillotson, Dechant von Canterbury, der +berhmteste Kanzelredner der damaligen Zeit, kam vom Krankenlager dahin. +Sherlock, Vorsteher des Tempels, Patrick, Dechant von Peterborough und +Oberpfarrer des wichtigen Kirchspiels St. Paul in Coventgarden, sowie +auch Stillingfleet, Archidiakonus von London und Dechant der St. +Pauls-Kathedrale, nahmen daran Theil. Die Versammlung im Allgemeinen +schien der Ansicht zu sein, da es im Grunde doch gerathen sei, dem +Geheimrathsbefehl zu gehorchen. Der Streit begann hitzig zu werden und +htte vielleicht schlimme Folgen haben knnen, wre er nicht durch die +Festigkeit und Einsicht des Unterpfarrers von St. Giles, Cripplegate, +Doctor Eduard Fowler, beendigt worden. Dieser Mann gehrte zu der +kleinen aber ausgezeichneten Klasse von Theologen, welche die der Schule +Calvin's eigene Liebe zur brgerlichen Freiheit mit der Theologie der +Schule des Arminius verbanden[86]. Er erhob sich und sprach: Ich will +offen meine Meinung sagen. Die Sache ist so klar und einfach, da lange +Errterungen kein neues Licht auf sie werfen knnen, sondern nur die +Leidenschaften aufregen mssen. Lassen Sie einem Jeden blos Ja oder Nein +sagen. Ich fr meine Person kann mich durch das Votum der Majoritt +nicht binden lassen. Es wrde mir leid thun, wenn dadurch unsre +Einigkeit gestrt werden sollte, aber mein Gewissen erlaubt mir nicht, +diese Erklrung zu verlesen. Tillotson, Patrick, Sherlock und +Stillingfleet erklrten, da sie der nmlichen Meinung seien, und die +Majoritt fgte sich einer so achtbaren Minoritt. Es wurde ein Beschlu +schriftlich ausgefertigt, durch den sich alle Anwesenden gegen einander +verpflichteten, die Erklrung nicht zu verlesen. Patrick war der Erste, +der seinen Namen unterschrieb, Fowler der Zweite. Das Papier wurde dann +in der Stadt herumgeschickt und war bald von fnfundachtzig +Pfrndeninhabern unterzeichnet[87]. + +Unterdessen beriethen sich mehrere Bischfe in banger Sorge ber das +einzuschlagende Verfahren. Am 12. Mai war ein ernster und gelehrter +Kreis um den Tisch des Primas zu Lambeth versammelt. Compton, Bischof +von London, Turner, Bischof von Ely, White, Bischof von Peterborough, +und Tenison, Oberpfarrer des Kirchspiels St. Martin, befanden +sich unter den Anwesenden. Der Earl von Clarendon, ein warmer und +unerschtterlicher Freund der Kirche, war ebenfalls eingeladen worden. +Cartwright, Bischof von Chester, drngte sich, wahrscheinlich als Spion, +in die Versammlung. So lange er anwesend war, konnten vertrauliche +Mittheilungen nicht stattfinden; nach seinem Weggange aber wurde die +groe Frage, welche alle Gemther erfllte, zur Sprache gebracht und +errtert. Die allgemeine Ansicht war, da die Erklrung nicht verlesen +werden solle. An mehrere der achtbarsten Prlaten der Provinz Canterbury +wurden sogleich Briefe geschrieben, durch welche dieselben aufgefordert +wurden, unverzglich nach London zu kommen, um ihren Metropoliten in +dieser Angelegenheit zu untersttzen[88]. Da man kaum zweifeln konnte, +da diese Briefe geffnet werden wrden, wenn sie durch das Postamt in +Lombard Street gingen, so wurden sie bis zu den nchsten Poststationen +in den verschiedenen Richtungen durch reitende Boten befrdert. Der +Bischof von Winchester, dessen Loyalitt sich bei Sedgemoor so glnzend +erprobt hatte, beschlo trotz eines ernstlichen Unwohlseins der +Aufforderung nachzukommen und sofort abzureisen, sah aber, da er die +Erschtterung des Fahrens nicht vertragen konnte. Der an Wilhelm Lloyd, +Bischof von Norwich, gerichtete Brief wurde ungeachtet aller +Vorsichtsmaregeln von einem Postmeister zurckgehalten, und dieser +Prlat, welcher keinem seiner Amtsbrder in Muth und Eifer fr die +gemeinsame Sache seines Berufs nachstand, kam zu spt in London an[89]. +Sein Namensvetter, Wilhelm Lloyd, Bischof von St. Asaph, ein frommer, +rechtschaffener und gelehrter Mann, aber von schwacher Urtheilskraft und +halb aufgerieben durch seine beharrlichen Anstrengungen, aus Daniel und +der Offenbarung einige Aufschlsse ber den Papst und den Knig von +Frankreich zu gewinnen, eilte nach der Hauptstadt und traf am +Sechzehnten ein[90]. Am nchstfolgenden Tage kamen auch der treffliche +Ken, Bischof von Bath und Wells, Lake, Bischof von Chichester, und Sir +Johann Trelawney, Bischof von Bristol, ein Baronet aus einer alten und +angesehenen Familie in Cornwall. + + [Anmerkung 86: Der verstorbene Alexander Knox, dieser + ausgezeichnete Mann, dessen beredte Conversation und vortrefflich + ausgearbeitete Briefe einen groen Einflu auf die Gemther seiner + Landsleute ausbten, hat, wie ich vermuthe, vieles von seinem + theologischen System und Fowler's Schriften gelernt. Fowler's Werk + ber den Zweck des Christenthums wurde von Johann Bunyan mit einer + durch nichts zu rechtfertigenden Heftigkeit angegriffen, die sich + nur durch die Herkunft und mangelhafte Erziehung des ehrlichen + Kesselflickers einigermaen entschuldigen lt.] + + [Anmerkung 87: Johnstone, 23. Mai 1688. Es existirt ein + satirisches Gedicht auf diese Versammlung betitelt: Die + geistliche Cabale.] + + [Anmerkung 88: +Clarendon's Diary, May 22. 1688.+] + + [Anmerkung 89: Auszug aus Tanner's Handschriften in +Howell's + State Trials+; +Life of Prideaux+; +Clarendon's Diary, May 16. + 1688+.] + + [Anmerkung 90: +Clarendon's Diary, May 16 & 17. 1688+.] + + +[_Berathung im Palast zu Lambeth._] Am Achtzehnten wurde im Palast des +Primas zu Lambeth eine Versammlung von Prlaten und anderen +ausgezeichneten Theologen gehalten. Tillotson, Tenison, Stillingfleet, +Patrick und Sherlock waren dabei anwesend. Vor dem Beginn der Berathung +wurde eine feierliche Betstunde gehalten. Nach einer langen Besprechung +setzte der Erzbischof eigenhndig eine Petition auf, in der die +allgemeine Ansicht ausgesprochen war. Sie war nicht im elegantesten +Style abgefat. Sancroft zog sich durch den schwlstigen und unschnen +Periodenbau sogar spttelnden Tadel zu, den er mit weniger Geduld +ertrug, als er bei viel hrteren Prfungen gezeigt hatte. Dem Inhalte +nach aber konnte nichts geschickter entworfen sein, als dieses +denkwrdige Actenstck. Man verwahrte sich entschieden gegen alle +Illoyalitt und Intoleranz, versicherte dem Knig, da die Kirche noch +immer, wie von jeher, dem Throne treu ergeben sei und da die Bischfe +seiner Zeit am geeigneten Orte als Lords des Parlaments und als +Mitglieder des Oberhauses der Convocation beweisen wurden, wie es ihnen +keineswegs an humaner Rcksicht auf die Gewissensbedenken der Dissenters +fehle. Aber das Parlament habe sowohl unter der vorigen wie unter der +gegenwrtigen Regierung ausgesprochen, da der Souverain nach der +Verfassung nicht berechtigt sei, in kirchlichen Angelegenheiten von +Gesetzen zu dispensiren. Deshalb sei die Erklrung gesetzwidrig und +Klugheit, Ehre und Gewissen gestatte den Petenten nicht, sich bei der +feierlichen Verffentlichung einer ungesetzlichen Erklrung im Hause +Gottes und whrend der Zeit des Gottesdienstes zu betheiligen. + +Diese Petition wurde von dem Erzbischof und sechs seiner Suffraganen, +Lloyd von St. Asaph, Turner von Ely, Lake von Chichester, Ken von Bath +und Wells, White von Peterborough und Trelawney von Bristol, +unterzeichnet. Der Bischof von London unterzeichnete nicht mit, weil er +suspendirt war. + + +[_Die Petition der sieben Bischfe dem Knige berreicht._] Es war spt +am Freitag Abend, und am Sonntag Morgen sollte die Erklrung in den +Kirchen von London verlesen werden. Die Petition mute daher dem Knige +unverweilt berreicht werden. Die sechs Bischfe brachen sofort nach +Whitehall auf; der Erzbischof, dem schon seit geraumer Zeit der Zutritt +bei Hofe untersagt war, begleitete sie nicht. Lloyd lie seine fnf +Collegen im Hause des Lord Dartmouth in der Nhe des Palastes zurck, +begab sich zu Sunderland und bat den Minister, die Petition zu lesen und +sich zu erkundigen, wann der Knig geneigt sein werde, sie in Empfang zu +nehmen. Sunderland wollte, aus Furcht sich zu compromittiren, die +Petition gar nicht ansehen, begab sich aber sogleich ins knigliche +Kabinet. Jakob befahl, die Bischfe vorzulassen. Er hatte von seinem +Spion Cartwright erfahren, da sie wohl geneigt wren, dem kniglichen +Befehle zu gehorchen, aber einige kleine nderungen in der Form +wnschten und eine unterthnige Bitte in diesem Sinne vorlegen wollten. +Seine Majestt war daher sehr gut gelaunt. Als die Prlaten vor ihm +knieten, bat er sie freundlich, aufzustehen, nahm das Papier, aus +Lloyd's Hnden und sagte: Das ist Mylord Canterbury's Hand. -- Ja, +Sire, seine eigene Hand, war die Antwort. Jakob las die Petition, brach +sie dann zusammen und sprach, whrend seine Stirn sich verfinsterte: +Dies ist eine groe berraschung fr mich. Ich htte dies von Ihrer +Kirche, insbesondere von einigen unter Ihnen, nicht erwartet. Das heit +die Fahne des Aufruhrs aufpflanzen. Die Bischfe ergossen sich in die +wrmsten Versicherungen ihrer Loyalitt; der Knig aber wiederholte +seiner Gewohnheit nach die gesprochenen Worte von Anfang bis zu Ende. +Ich sage Ihnen, es ist eine Fahne des Aufruhrs! -- Des Aufruhrs? +rief Trelawney auf die Knie fallend. Um des Himmels willen, Sire, +sprechen Sie nicht so hart von uns. Ein Trelawney kann nie ein Rebell +werden. Erinnern Sie Sich, da meine Familie fr die Krone gekmpft hat, +erinnern Sie Sich, wie ich Eurer Majestt gedient habe, als Monmouth im +Westen war. -- Wir haben den letzten Aufstand unterdrckt, sagte +Lake, und wollen gewi nicht einen neuen hervorrufen. -- Wir, +Rebellen! rief Turner; wir sind bereit, zu den Fen Eurer Majestt zu +sterben. -- Sire, hob jetzt Ken in einem mnnlicheren Tone an, ich +hoffe, Sie werden uns die Gewissensfreiheit zugestehen, die Sie +Jedermann gewhren. Jakob aber wiederholte abermals: Das ist Aufruhr! +das ist eine Fahne des Aufruhrs! Hat jemals ein guter Diener der +Staatskirche das Dispensationsrecht in Frage gestellt? Haben nicht +einige von Ihnen zu Gunsten desselben gepredigt und geschrieben? Ich +will durchaus, da meine Erklrung verlesen werde! -- Wir haben zwei +Pflichten zu erfllen, erwiederte Ken, unsre Pflicht gegen Gott und +unsre Pflicht gegen Eure Majestt. Wir ehren Sie, aber wir frchten +Gott. -- Habe ich das um Sie verdient? versetzte der Knig mit +wachsendem Zorne; bin ich nicht stets ein Freund Ihrer Kirche gewesen? +Ich htte dies nicht von Ihnen erwartet. Aber ich verlange Gehorsam. +Meine Erklrung mu verlesen werden. Sie sind die Trompeter des +Aufruhrs. Was wollen Sie hier? Gehen Sie in Ihre Dicesen und sorgen Sie +dafr, da meinen Befehlen gehorcht wird. Dieses Papier will ich +behalten. Sie bekommen es nicht zurck. Ich werde Sie, die +Unterzeichner, nicht vergessen. -- Gottes Wille geschehe, sagte Ken. +-- Gott hat mir die Dispensationsgewalt verliehen, fuhr der Knig +fort, und ich werde sie zu behaupten wissen. Ich sage Ihnen, es sind +noch Siebentausend in Ihrer Kirche, die das Knie nicht vor dem Baal +gebeugt haben. Die Bischfe entfernten sich ehrerbietig[91]. Noch den +nmlichen Abend erschien die Petition, die sie dem Knige berreicht +hatten, Wort fr Wort, in Druck und wurde in allen Kaffeehusern +ausgelegt und in den Straen zum Verkauf ausgeboten. Allenthalben +standen die Leute aus den Betten wieder auf und gingen hinunter auf die +Strae, um zu sehen, was es gab. Man sagte, da der Drucker binnen +wenigen Stunden durch dieses Pennyblatt tausend Pfund verdient habe. +Dies mag bertrieben sein, aber es beweist wenigstens, da der Absatz +ungeheuer war. Wie die Petition in die ffentlichkeit kam, ist noch +heute ein Geheimni. Sancroft versicherte, da er jede erdenkliche +Vorsicht beobachtet habe und von keinem andren Exemplare wisse, als von +dem, welches er selbst geschrieben und das der Knig aus Lloyd's Hnden +entgegengenommen hatte. Die Wahrhaftigkeit des Erzbischofs ist ber alle +Zweifel erhaben. Nicht unwahrscheinlich aber ist es, da einige von den +anwesenden Geistlichen das kurze Schriftstck ihrem Gedchtni genau +eingeprgt und es zum Druck befrdert hatten. Die vorherrschende Meinung +war jedoch, da eine Person aus der nchsten Umgebung des Knigs eine +Indiscretion oder einen Verrath begangen habe[92]. Kaum weniger Aufsehen +machte ein kurzer, mit groer logischer Schrfe und in krftiger Sprache +geschriebener Brief, der im Geheimen gedruckt und an dem nmlichen Tage +durch die Post und durch die gewhnlichen Botenfuhrleute verbreitet +wurde. Jedem Geistlichen im ganzen Lande wurde ein Exemplar zugesandt. +Der Verfasser versuchte es nicht, die Gefahr zu verhehlen, der sich +Diejenigen aussetzten, welche dem kniglichen Befehle nicht gehorchten; +aber er schilderte mit lebhaften Farben die noch grere Gefahr der +Unterwerfung. Wenn wir die Erklrung verlesen, sagte er, so fallen +wir, um uns nicht wieder zu erheben. Und wir werden nicht bedauert, +sondern nur verachtet werden; wir fallen unter den Verwnschungen einer +Nation, die unsre Willfhrigkeit ins Verderben gestrzt hat. Einige +waren der Meinung, die Schrift sei aus Holland herbergekommen, Andere +schrieben sie Sherlock zu. Aber Prideaux, Dechant von Norwich, der bei +der Verbreitung besonders thtig war, hielt sie fr das Werk Halifax'. + +Das Verfahren der Prlaten fand allgemeinen und lebhaften Beifall; aber +hier und da lie sich auch ein Murren vornehmen. Man sagte, da so +ernste Mnner, wenn ihr Gewissen ihnen geboten htte, beim Knige zu +remonstriren, dies frher htten thun sollen. Wre es recht gegen ihn +gehandelt, da sie ihn bis sechsunddreiig Stunden vor der zur Verlesung +der Erklrung festgesetzten Zeit im Dunkeln lieen? Selbst wenn er den +Geheimrathsbefehl htte zurcknehmen wollen, wre es dazu zu spt +gewesen. Aus dem Allen scheine hervorzugehen, da die Petition nicht den +Zweck gehabt habe, den Knig andren Sinnes zu machen, sondern nur die +Unzufriedenheit des Volks zu erregen[93]. Diese Beschwerden waren jedoch +vllig grundlos. Der Knig hatte den Bischfen einen neuen, unerwarteten +und in Verlegenheit setzenden Befehl gegeben. Es war ihre Pflicht, mit +einander in Vernehmen zu treten und so weit als mglich die Ansicht des +Standes, dessen Oberhupter sie waren, einzuholen, ehe sie irgend einen +Schritt thaten. Die Mitglieder waren im ganzen Lande zerstreut, einige +waren eine volle Tagereise von einander entfernt. Jakob hatte ihnen nur +vierzehn Tage Zeit gelassen, um sich zu erkundigen, zu berathschlagen +und einen Entschlu zu fassen, und er konnte sich gewi nicht darber +beklagen, da diese vierzehn Tage zu Ende gingen, bevor er ihren +Entschlu erfuhr. Ebenso ist es auch nicht wahr, da sie ihm nicht Zeit +lieen, seinen Befehl zurckzunehmen, wenn er htte so klug sein wollen, +dies zu thun. Er htte am Samstag Morgen den Geheimen Rath +zusammenberufen knnen und vor dem Abend konnte es in ganz London und +dessen Vorstdten bekannt sein, da er den Bitten der Vter der Kirche +nachgegeben. Der Samstag ging jedoch ohne ein Zeichen von Sinnesnderung +seitens der Regierung vorber und der Sonntag kam heran, ein Tag, dessen +man sich noch lange erinnerte. + + [Anmerkung 91: Sancroft's Bericht aus Tanner's Handschriften + abgedruckt; Citters, 22. Mai (1. Juni) 1688.] + + [Anmerkung 92: +Burnet, I. 741+; +Revolution Politics+; +Higgins's + Short View.+] + + [Anmerkung 93: +Clarke's Life of James the Second, II. 155.+] + + +[_Die londoner Geistlichkeit gehorcht dem kniglichen Befehle nicht._] +In der City und den Vorstdten Londons gab es ungefhr hundert +Pfarrkirchen. Nur in vier derselben wurde der Geheimrathsbefehl befolgt. +In der St. Gregorskirche wurde die Erklrung von einem Geistlichen, +Namens Martin, verlesen. Sobald er die ersten Worte sprach, stand die +ganze Gemeinde auf und entfernte sich. In der St. Matthuskirche in +Friday Street wurde ein Elender, Namens Timotheus Hall, der seinen +Priesterrock geschndet, indem er der Herzogin von Portsmouth bei dem +Handel mit Begnadigungen als Zwischentrger gedient und der jetzt +Hoffnung auf das erledigte Bisthum Oxford hatte, ebenfalls von seiner +Gemeinde in der Kirche allein gelassen. In Serjeant's Inn, in Chancery +Lane, gab der Geistliche vor, er habe vergessen, ein Exemplar der +Erklrung mitzubringen, und der Oberrichter der Kings Bench, welcher +anwesend war, um darauf zu sehen, da dem kniglichen Befehle gehorcht +werde, mute sich mit dieser Entschuldigung begngen. Samuel Wesley, der +Vater Johann's und Karl's Wesley, Pfarrer in London, whlte an diesem +Sonntage zum Text seiner Predigt die edle Antwort, welche die drei Juden +dem chaldischen Tyrannen gaben: So sollst Du nun wissen, o Knig, da +wir Deine Gtter nicht ehren, noch das gldene Bild, das Du hast setzen +lassen, anbeten wollen. Selbst in der Kapelle des St. Jamespalastes +hatte der dienstthuende Geistliche den Muth, dem Befehle nicht zu +gehorchen. Die Knaben von Westminster erinnerten sich noch lange dessen, +was an jenem Tage in der Abtei vorging. Sprat, Bischof von Rochester, +fungirte hier als Dechant. Sobald er die Erklrung zu verlesen begann, +bertubte das Murren und das Gerusch des sich aus der Kirche +drngenden Volks seine Stimme. Er zitterte so heftig, da man das Papier +in seiner Hand sich bewegen sah. Lange bevor er geendet hatte, war die +Kirche von Allen verlassen, bis auf Diejenigen, die ihre Stellung zum +Bleiben nthigte.[94] + +Noch nie war die Kirche der Nation so theuer gewesen, als an jenem +Nachmittage. Der Geist der Zwietracht schien erloschen zu sein. Baxter +hielt auf der Kanzel eine Lobrede auf die Bischfe und die Pfarrer. +Wenige Stunden spter schrieb der hollndische Gesandte an die +Generalstaaten, da die anglikanische Geistlichkeit in der Achtung des +Publikums unglaublich gestiegen sei. Die Nonconformisten, sagte er, +sprchen sich allgemein dahin aus, da sie lieber unter dem Drucke der +Strafgesetze bleiben, als ihre Sache von der der Prlaten trennen +wollten.[95] + +So verging noch eine Woche ngstlicher Aufregung, und der zweite Sonntag +kam heran. Abermals waren die Kirchen der Hauptstadt mit +Hunderttausenden gefllt. Die Erklrung wurde nirgends anderwrts +verlesen, als an den wenigen Orten, wo sie vor acht Tagen verlesen +worden war. Der Geistliche, der in der Kapelle des St. Jamespalastes +gepredigt hatte, war seines Amtes entsetzt worden und es erschien ein +servilerer Geistlicher mit dem Papier in der Hand; aber er war so +befangen, da er nicht vernehmlich sprechen konnte. Die Stimmung der +ganzen Nation hatte sich in der That so gestaltet, da nur die besten +und hochherzigsten, oder die schlechtesten und characterlosesten +Menschen ihr ohne groe Angst die Stirn bieten konnten.[96] + + [Anmerkung 94: Citters; 22. Mai (1. Juni) 1688; +Burnet+, I. 740 + und Lord Dartmouth's Note; +Southey's Life of Wesley+.] + + [Anmerkung 95: Citters, 22. Mai (1. Juni) 1688.] + + [Anmerkung 96: +Ibid.+ 29. Mai (8. Juni) 1688.] + + +[_Unschlssigkeit der Regierung._] Selbst der Knig war einen Augenblick +bestrzt ber die Heftigkeit des von ihm heraufbeschworenen Sturmes. Was +sollte er nun zunchst thun? Er mute entweder vorwrts oder rckwrts +gehen, und ersteres konnte er nicht ohne Gefahr, letzteres nicht ohne +Demthigung. Einmal nahm er sich vor, einen neuen Befehl zu erlassen, +durch den er der Geistlichkeit in hochmthigem und zornigem Tone gebot, +seine Erklrung zu verlesen, und jedem Widerspenstigen mit +augenblicklicher Amtsentsetzung drohte. Dieser Befehl wurde zu Papier +gebracht und in die Druckerei geschickt, dann zurckgeholt, dann zum +zweitenmal in die Druckerei geschickt und noch einmal zurckgeholt.[97] +Zu einem andren Plane riethen einige von Denen, welche fr strenge +Maregeln waren. Sie meinten, die Prlaten, welche die Petition +unterzeichnet hatten, knnten ja vor die kirchliche Commission citirt +und ihrer Bischofssitze beraubt werden. Gegen dieses Verfahren aber +wurden im Staatsrathe energische Einwendungen erhoben. Man habe +angekndigt, da die Kammern noch vor Ende des Jahres einberufen werden +sollten und die Lords wrden das Absetzungsurtel unzweifelhaft fr null +und nichtig erklren, auf der Einberufung Sancroft's und seiner +Mitpetenten bestehen und sich weigern, einen neuen Erzbischof von +Canterbury oder einen neuen Bischof von Bath und Wells anzuerkennen. So +wrde die Session, die aller Wahrscheinlichkeit nach im gnstigen Falle +immer noch sehr strmisch werden wrde, sogleich mit einem erbitterten +Streite zwischen der Krone und den Peers beginnen. Wenn daher eine +Bestrafung der Bischfe fr nthig gehalten wrde, so mte dieselbe +nach dem bekannten Gange des englischen Rechtsverfahrens ber sie +verhngt werden. Sunderland hatte sich von Anfang an, soweit er es ohne +Gefahr wagen konnte, dem Geheimrathsbefehl widersetzt. Jetzt rieth er zu +einem Verfahren, das zwar nicht frei von Nachtheilen, aber doch das +klgste und wrdigste war, welches der Regierung nach einer Reihe von +Fehlgriffen noch offen stand. Der Knig solle mit Huld und Majestt der +Welt ankndigen, da das ungehorsame Benehmen der anglikanischen Kirche +ihn tief verletzt habe, da er aber die vielen Dienste nicht vergessen +knne, die diese Kirche in schweren Prfungszeiten seinem Vater, seinem +Bruder und ihm selbst geleistet; da er als Freund der Gewissensfreiheit +nicht streng gegen Mnner verfahren wolle, deren allerdings +irregeleitetes und ber alle Maen bedenkliches Gewissen ihnen nicht +erlaubt habe, seinen Befehlen zu gehorchen, und da er daher die +Schuldigen der Strafe berlassen werde, die ihre eigne berzeugung ihnen +zuerkennen msse, wenn sie ihre neuesten Schritte mit den loyalen +Grundstzen verglichen, deren sie sich so laut gerhmt htten. Nicht +allein Powis und Bellasyse, welche stets fr gemigte Beschlsse waren, +sondern selbst Dover und Arundell neigten sich zu diesem Vorschlage hin. +Jeffreys dagegen behauptete, da die Regierung entehrt sein wrde, wenn +sie solche Verbrecher, wie die sieben Bischfe, mit einem bloen +Verweise davon kommen liee. Er wnschte jedoch nicht, da sie vor die +Hohe Commission, in welcher er als erster oder vielmehr einziger Richter +sa, geladen wrden, denn die Last des ffentlichen Hasses, die er +bereits zu tragen hatte, war selbst fr seine schamlose Stirn und sein +verknchertes Herz zu gro, und er erschrak vor der Verantwortlichkeit, +die er durch eine gesetzwidrige Verurtheilung der Oberhupter der +Staatskirche und der Lieblinge des Volkes auf sich geladen haben wrde. + + [Anmerkung 97: +Ibid.+] + + +[_Es wird eine gerichtliche Verfolgung der Bischfe wegen Libells +beschlossen._] Jeffreys empfahl deshalb einen Criminalproze gegen sie +anhngig zu machen. In Folge dessen wurde beschlossen, den Erzbischof +und die sechs anderen Bittsteller unter der Anklage auf Abfassung eines +aufrhrerischen Libells vor den Gerichtshof der Kings Bench zu stellen. +Da sie fr schuldig befunden werden wrden, daran war kaum zu zweifeln, +denn die Richter und ihre Unterbeamten waren Werkzeuge des Hofes. +Seitdem der Hauptstadt ihr alter Freibrief entzogen worden, war kaum ein +Gefangener, den die Regierung bestraft wissen wollte, von einer Jury +freigesprochen worden. Die widerspenstigen Prlaten wurden hchst +wahrscheinlich zu unerschwinglichen Geldbuen und langer Haft +verurtheilt und waren dann froh, wenn sie sich dadurch loskaufen +konnten, da sie in und auer dem Parlament den Absichten des Knigs +dienten.[98] + +Am 27. Mai wurde den Bischfen angekndigt, da sie am 8. Juni vor dem +Knige im Geheimen Rathe erscheinen sollten. Warum eine so lange Frist +gestattet wurde, ist uns nicht bekannt. Vielleicht hoffte Jakob, da +einige der Schuldigen sich aus Furcht vor seiner Ungnade bis zu dem zum +Verlesen der Erklrung bestimmten Tage noch fgen und, um sich mit ihm +auszushnen, die Geistlichen ihrer Dicesen zum Gehorsam berreden +wrden. Wenn dies wirklich seine Hoffnung war, so wurde sie vollstndig +getuscht. Der 3. Juni kam und alle Theile Englands folgten dem +Beispiele der Hauptstadt. Die Bischfe von Norwich, Gloucester, +Salisbury, Winchester und Exeter hatten bereits Abschriften der Petition +zum Beweis ihrer Zustimmung unterzeichnet; der Bischof von Worcester +hatte sich geweigert, die Erklrung unter seine Geistlichen zu +vertheilen; der Bischof von Hereford hatte sie vertheilt, wurde aber, +wie allgemein bekannt war, deshalb von Reue und Scham geqult. Von +fnfzig Pfarrern fgte sich noch nicht einer dem Geheimrathsbefehl. In +der groen Dicese Chester, welche die Grafschaft Lancaster umfat, +konnte Cartwright nicht mehr als drei Geistliche zum Gehorsam gegen den +Knig bewegen. Die Dicese Norwich enthlt viele hundert Pfarreien, und +nur in vieren davon wurde die Erklrung verlesen. Dem hfischen Bischof +von Rochester gelang es nicht, die Gewissensscrupel des +Gefngnipredigers von Chatham, der von der Regierung besoldet wurde, zu +heben. Es existirt noch ein rhrender Brief, den dieser wackere +Geistliche an den Sekretr der Admiralitt schrieb. Ich kann wohl nicht +erwarten, schrieb er darin, da Euer Ehren sich fr mich verwenden. +Der Wille Gottes geschehe. Ich will lieber leiden, als sndigen[99]. + + [Anmerkung 98: Barillon, 24. Mai (3. Juni), 31. Mai (10. Juni) + 1688; Citters, 1.(11.) Juli; Adda 25. Mai (4. Juni), 30. Mai (9. + Juni), 1.(11.) Juni; +Clarke's Life of James the Second, II. + 158+.] + + [Anmerkung 99: +Burnet, I. 740+; +Life of Prideaux+; Citters, + 12.(22.), 15.(25.) Juni 1688; +Tanner MS.+; +Life and + Correspondence of Pepys+.] + + +[_Sie werden im Geheimen Rathe verhrt._] Am Abend des 8. Juni begaben +sich die sieben Prlaten, von den ausgezeichnetsten Rechtsgelehrten +Englands gehrig instruirt, in den Palast, wo sie alsbald in das +Geheimrathszimmer gerufen wurden. Ihre Petition lag auf dem Tische. Der +Kanzler nahm das Papier, zeigte es dem Erzbischofe und sagte: Ist dies +die Schrift, die Euer Gnaden aufgesetzt und welche die hier anwesenden +Bischfe Seiner Majestt berreicht haben? Sancroft warf einen Blick +auf das Papier und sagte dann zum Knige: Sire, ich stehe hier als +Angeklagter. Ich war dies noch nie und htte frher nicht geglaubt, da +ich es je einmal werden knnte. Am allerwenigsten aber habe ich daran +gedacht, da mir ein Vergehen gegen meinen Knig zur Last gelegt werden +knnte. Da ich aber das Unglck habe, in diese Lage gekommen zu sein, so +wird Eure Majestt es mir nicht bel nehmen, wenn ich von dem mir +gesetzlich zustehenden Rechte Gebrauch mache, nichts zu sagen, was mich +als schuldig erscheinen lassen knnte. -- Dies ist bloe Chikane, +erwiederte der Knig. Euer Gnaden werden hoffentlich nicht so +gewissenlos sein, da Sie Ihre eigne Hand verleugnen? -- Sire, sagte +Lloyd, der die Casuistik grndlich studirt hatte, alle Theologen +stimmen darin berein, da Jemand, der sich in unsrer Lage befindet, die +Antwort auf eine solche Frage verweigern darf. Der Knig, der eben so +beschrnkten Verstandes, als heftigen Temperamentes war, wute nicht +sogleich was der Prlat meinte. Er beharrte jedoch auf seinem Verlangen +und gerieth in sichtbaren Zorn. Sire, hob der Erzbischof wieder an, +ich bin nicht verpflichtet, mich selbst anzuklagen. Dessenungeachtet +will ich, wenn Eure Majestt es durchaus befiehlt, eine Antwort geben, +in dem Vertrauen, da ein gerechter und edelsinniger Frst das was ich +lediglich aus Gehorsam gegen Hchstdessen Befehl thue, nicht als +Rechtsbeweis gegen mich anwenden lassen wird. -- Sie drfen mit Ihrem +Souverain nicht kapituliren, sagte der Kanzler. Nein, setzte der +Knig hinzu, ich werde einen solchen Befehl nicht geben. Wenn Sie es +vorziehen, Ihre eigenen Handschriften abzuleugnen, so habe ich Ihnen +nichts mehr zu sagen. + +Die Bischfe wurden zu wiederholten Malen ins Vorzimmer hinausgeschickt +und eben so oft wieder hereingerufen. Endlich gab ihnen Jakob den +bestimmten Befehl, auf die Frage zu antworten. Er verpflichtete sich +allerdings nicht ausdrcklich dazu, da ihr Gestndni nicht gegen sie +angewendet werden sollte; aber nach dem was vorausgegangen war, muten +sie natrlich annehmen, da diese Zusage selbstverstndlich mit in dem +Befehle enthalten sei. Sancroft erkannte seine Handschrift an, und seine +Collegen folgten seinem Beispiele. Hierauf wurden sie ber den Sinn +einiger in der Petition vorkommenden Worte und ber den Brief befragt, +der im ganzen Lande verbreitet worden war und so groes Aufsehen gemacht +hatte; aber ihre Antworten waren so vorsichtig, da durch das Verhr +nichts gewonnen wurde. Der Kanzler sagte ihnen nun, da eine +Criminaluntersuchung bei der Kings Bench gegen sie eingeleitet werden +wrde und forderte sie auf, sich wegen ihres Erscheinens jeder fr seine +eigne Person zu verpflichten. Dies lehnten sie aber ab. Sie seien Peers +des Reiches, sagten sie, die besten Rechtsgelehrten von Westminster Hall +htten ihnen gesagt, da keinem Peer in einer Untersuchung wegen Libells +persnliche Brgschaft angesonnen werden knne, und sie hielten sich +nicht fr berechtigt, auf eines ihrer Standesvorrechte zu verzichten. +Der Knig war einfltig genug, es als eine persnliche Beleidigung gegen +sich zu betrachten, da die Bischfe in einer Rechtsfrage sich durch +juristischen Rath leiten lieen. Sie glauben ja auch jedem Andren eher +als mir, sagte er. Er fhlte sich ernstlich gedemthigt und beunruhigt, +denn er war so weit gegangen, da ihm, wenn sie auf ihrem Vorsatze +beharrten, nichts Andres brig blieb, als sie in's Gefngni zu +schicken, und wenn er auch keineswegs _alle_ Folgen eines solchen +Schrittes voraussah, so sah er doch so viel davon voraus, da ihm bange +wurde. Sie blieben fest. Es wurde daher wirklich ein Befehl +ausgefertigt, welcher den Gouverneur des Tower anwies, sie in sicherem +Gewahrsam zu halten und eine Barke brachte sie den Flu hinunter nach +dem Staatsgefngnisse.[100] + +Ganz London wute, da die Bischfe vor dem Geheimen Rathe standen. Das +Publikum war in gespannter Erwartung. Eine groe Menschenmenge fllte +die Hfe von Whitehall und alle umliegenden Straen. Viele Leute +pflegten sich damals an Sommerabenden an der khlen Themseluft zu +erlaben; an diesem Abend aber war der ganze Flu mit Bten bedeckt. Als +die sieben Bischfe in Begleitung einer Wache erschienen, konnte das +Volk seine Gefhle nicht mehr beherrschen. Tausende fielen auf die Knie +und beteten laut fr die Mnner, welche mit dem christlichen Muthe eines +Ridley und Latimer einem von der ganzen Bigotterie der Maria erfllten +Tyrannen Trotz geboten hatten. Viele sprangen in den Flu und riefen, +bis ber den Hften in Schlamm und Wasser stehend, die heiligen Vter um +ihren Segen an. Auf der ganzen Strecke von Whitehall bis zur +London-Brcke fuhr die knigliche Barke zwischen Reihen von Bten, aus +denen bestndig der Ruf: Gott segne Eure Lordschaften! ertnte. Der +Knig gab in seiner Angst Befehl, da die Besatzung des Tower verstrkt, +die Garden zum Feuern bereit gehalten und zwei Compagnien von jedem +Regiment im ganzen Reiche unverzglich nach London berufen werden +sollten. Die Militairmacht aber, die er als das zuverlssigste Werkzeug +zur Bndigung des Volkes ansah, theilte alle Gefhle desselben. Selbst +die Schildwachen, welche am Verrtherthore unter Waffen standen, baten +die Mrtyrer, die sie bewachen sollten, um ihren Segen. Der Gouverneur +des Tower war Sir Eduard Hales. Er war nicht eben geneigt, seine +Gefangenen freundlich zu behandeln, denn er war von der Kirche, fr die +sie litten, abgefallen und bekleidete kraft der Dispensationsgewalt, +gegen die sie protestirt hatten, mehrere eintrgliche Stellen. Mit +Entrstung vernahm er, da seine Soldaten auf das Wohl der Bischfe +tranken, und er befahl seinen Offizieren, dies ein fr allemal zu +verbieten; aber diese brachten ihm die Meldung, da es sich nicht mehr +verhindern lasse und da in der ganzen Besatzung keine andre Gesundheit +mehr ausgebracht werde. brigens bewiesen die Truppen ihre Verehrung fr +die Vter der Kirche nicht allein durch Toaste. Im ganzen Tower +herrschte eine so andchtige Stimmung, da fromme Geistliche dem Himmel +dankten, da er aus Bsem Gutes hervorgehen liee und die Verfolgung +seiner treuen Diener zum Rettungsmittel fr viele Seelen machte. Tag fr +Tag sah man die Equipagen und Livreen der vornehmsten Kavaliere Englands +vor den Eingngen des Gefngnisses, und Tausende von Zuschauern aus den +brgerlichen Klassen bedeckten fortwhrend Towerhill.[101] Von den +verschiedenen Zeichen der ffentlichen Verehrung und Theilnahme fr die +Prlaten erfllte aber namentlich eines mehr als alle anderen den Knig +mit Zorn und Besorgni. Er erfuhr, da eine Deputation von zehn +nonconformistischen Geistlichen die Bischfe im Tower besucht hatte. Er +lie vier von ihnen zu sich entbieten und machte ihnen persnlich +heftige Vorwrfe; sie aber antworteten ihm muthig, da sie es fr ihre +Pflicht hielten, vergangene Streitigkeiten zu vergessen und zu den +Mnnern zu stehen, welche die Trger des protestantischen Glaubens +seien.[102] + + [Anmerkung 100: Sancroft's Bericht, abgedruckt aus Tanner's + Handschriften.] + + [Anmerkung 101: +Burnet, I. 741+; Citters, 8.(18.), 12.(22.) Juni + 1688; +Luttrell's Diary, June 8+; +Evelyn's Diary+, Brief von + +Dr.+ Ralson an seine Gattin vom 14. Juni abgedruckt aus Tanner's + Handschriften; +Reresby's Memoirs+.] + + [Anmerkung 102: +Reresby's Memoirs+.] + + +[_Geburt des Prtendenten._] Kaum hatten sich die Thore des Tower hinter +den Gefangenen geschlossen, so trat ein Ereigni ein, welches die +allgemeine Aufregung noch vermehrte. Es war angekndigt worden, da die +Knigin erst im Juli ihre Entbindung erwarte. Den Tag nach dem Verhre +der Bischfe aber bemerkte man, da der Knig sich angelegentlich nach +ihrem Befinden erkundigte. Sie sa jedoch diesen Abend noch bis gegen +Mitternacht in Whitehall am Spieltisch. Dann aber wurde sie in einer +Snfte in den St. Jamespalast gebracht, wo in aller Eil Zimmer fr sie +eingerichtet worden waren. Bald darauf eilten Boten nach allen +Richtungen hin, um rzte und Priester, Staatsrthe und Kammerdamen +herbeizuholen. Binnen wenigen Stunden waren eine Menge Staatsbeamte und +vornehme Damen im Zimmer der Knigin versammelt, und hier wurde am +Morgen des 10. Juni, einem Sonntage, der von den allzutreuen Freunden +einer schlechten Sache lange in Ehren gehalten wurde, der unglcklichste +aller Frsten geboren, bestimmt zu siebenundsiebzig Jahren der +Verbannung und des Umherirrens, zu einem Leben voll eitler Plne, voll +Ehrenbezeigungen, welche krnkender sind als offene Beleidigungen, und +voll Hoffnungen, die das Herz vor Gram vergehen lassen. + + +[_Man hlt ihn allgemein fr untergeschoben._] Die traurigen Schicksale +des armen Kindes begannen schon vor seiner Geburt. Die Nation ber +welche er nach der gewhnlichen Erbfolgeordnung einst regiert haben +wrde, war fest berzeugt, da seine Mutter gar nicht schwanger sei. +Wre seine Geburt auch durch noch so viele Zeugen bewiesen worden, +ein groer Theil des Volks wrde trotzdem wahrscheinlich bei der +Behauptung geblieben sein, da die Jesuiten ein geschicktes +Taschenspielerkunststck ausgefhrt htten; der Beweis fr die Thatsache +lie aber, theils durch Zufall, theils durch grobe Versehen manchen +Einwrfen und Zweifeln Raum. Es waren zwar viele Personen beiderlei +Geschlechts im kniglichen Schlafgemache anwesend, als das Kind das +Licht der Welt erblickte, aber keine von ihnen erfreute sich des +ffentlichen Vertrauens im besonderen Grade. Von den anwesenden +Geheimrthen waren die Hlfte Katholiken und die, welche sich +Protestanten nannten, galten allgemein fr Verrther an Gott und +Vaterland. Unter den Kammerdamen befanden sich viele Franzsinnen, +Italienerinnen und Portugiesinnen, und von den englischen Damen waren +einige selbst Papistinnen, andere die Gattinnen von Papisten. Mehrere +Personen, welche vorzugsweise htten anwesend sein sollen, und deren +Zeugni allen Verstndigen gengt haben wrde, fehlten und man legte die +Schuld an ihrer Abwesenheit dem Knige zur Last. Die Prinzessin Anna war +von allen Bewohnern der ganzen Insel am meisten bei der Sache +interessirt. Ihr Geschlecht und ihre Erfahrung berechtigte sie, als +Wchterin des Geburtsrechts ihrer Schwester und ihres eigenen +aufzutreten. Sie hatte starken Verdacht geschpft, in welchem sie +tglich durch geringfgige oder imaginre Umstnde bestrkt wurde. Es +schien ihr, als ob die Knigin geflissentlich ihren Fragen auswiche und +sie schrieb diese Zurckhaltung, welche vielleicht im Zartgefhl ihren +Grund hatte, dem Schuldbewutsein zu.[103] In Folge dessen hatte Anna +sich vorgenommen, an dem entscheidenden Tage anwesend zu sein und ein +scharfes Auge zu haben. Sie hatte es aber nicht fr nthig gehalten, +schon einen Monat vor diesem Tage auf ihrem Posten zu sein, sondern war +mit Bewilligung und angeblich auf Anrathen ihres Vaters nach Bath +gereist, um dort eine Brunnenkur zu gebrauchen. Sancroft, dessen hohe +Stellung ihm die Pflicht auferlegte, anwesend zu sein, und in dessen +Rechtschaffenheit die Nation volles Vertrauen setzte, war einige Stunden +vorher von Jakob in den Tower geschickt worden. Die Hyde waren die +geeigneten Beschtzer der Rechte beider Prinzessinnen. Der hollndische +Gesandte konnte als der Vertreter Wilhelm's betrachtet werden, der als +der erste Prinz von Geblt und als Gemahl der ltesten Tochter des +Knigs das grte Interesse an dem Ereignisse hatte. Jakob aber dachte +nicht daran, ein mnnliches oder weibliches Mitglied der Familie Hyde +herbeizurufen und eben so wenig wurde der hollndische Gesandte +zugezogen. + +Die Nachwelt hat den Knig von dem Betrug, dessen sein Volk ihn +beschuldigte, vollkommen freigesprochen. Unmglich aber kann man ihn von +der Thorheit und Verkehrtheit freisprechen, welche den Irrthum seiner +Zeitgenossen erklren und entschuldigen. Er wute recht gut, welche +argwhnischen Vermuthungen man im Publikum hegte,[104] und er htte eben +so gut wissen knnen, da dieser Argwohn nicht durch das Zeugni von +Mitgliedern der rmischen Kirche oder solchen Personen zerstreut werden +konnte, die sich zwar Mitglieder der anglikanischen Kirche nannten, aber +sich ganz bereit gezeigt hatten, die Interessen dieser Kirche zu opfern, +um seine Gunst zu gewinnen. Da der Eintritt des Ereignisses ihn vor der +erwarteten Zeit berraschte, ist wahr, aber er hatte immerhin zwlf +Stunden vor sich, um seine Anordnungen zu treffen. So gut als er den St. +Jamespalast mit Bigotten und Schmarotzern fllen konnte, deren Wort die +Nation nicht traute, eben so gut htte er auch fr die Anwesenheit +einiger angesehenen Personen sorgen knnen, deren treue Anhnglichkeit +an die Prinzessinnen und an die Landeskirche auer Zweifel stand. + +Zu einer spteren Zeit, als er fr seine tollkhne Verachtung der +ffentlichen Meinung schwer gebt hatte, pflegte man in Saint-Germain +ihn dadurch zu entschuldigen, da man die Schuld auf Andere wlzte. +Einige Jakobiten behaupteten, Anna habe sich absichtlich fern gehalten, +ja sie scheuten sich nicht zu sagen, Sancroft habe den Knig +herausgefordert, ihn in den Tower zu schicken, damit das Zeugni, +welches die Verleumdungen der Unzufriedenen widerlegen konnte, +mangelhaft wre.[105] Die Abgeschmacktheit dieser Beschuldigung ist +handgreiflich. Konnte Anna oder Sancroft vermuthen, da die Knigin sich +in ihrer Berechnung um einen ganzen Monat geirrt hatte? Wre ihre +Berechnung richtig gewesen, so wrde Anna gewi, um der Entbindung +beiwohnen zu knnen, zur rechten Zeit von Bath zurckgekehrt und +Sancroft nicht im Tower gewesen sein. Jedenfalls aber waren die +mtterlichen Oheime der Tochter des Knigs weder von London entfernt +noch im Gefngni. Die nmlichen Boten, welche die ganze Schaar der +Renegaten, Dover, Peterborough, Murray, Sunderland und Mulgrave, +herbeiholten, htten ganz eben so leicht auch Clarendon herbeirufen +knnen. Er war so gut Geheimer Rath als sie, und seine Wohnung befand +sich in Jermyn Street, keine zweihundert Schritt von den Gemchern der +Knigin. Dennoch lie man es ihn erst in der St. Jameskirche durch die +Bewegung und das Geflster der Gemeinde erfahren, da seine Nichte +aufgehrt hatte, die prsumtive Thronerbin zu sein.[106] Gehrte er etwa +deshalb nicht in das Entbindungszimmer, weil er ein naher Verwandter der +Prinzessinnen von Oranien und von Dnemark war, oder weil er +unerschtterlich treu an der anglikanischen Kirche hing? + +Die ganze Nation sprach es laut und offen aus, da ein Betrug gespielt +worden sei. Mehre Monate lang htten die Papisten auf der Kanzel und +durch die Presse, in Prosa und in Versen, in englischer und in +lateinischer Sprache prophezeit, da die Bitten der Kirche erhrt und +ein Prinz von Wales geboren werden wrde, und sie htten jetzt selbst +ihre Prophezeiung erfllt. Jeder nicht zu bestechende oder zu +hintergehende Zeuge sei sorgfltig ausgeschlossen worden. Anna habe man +arglistigerweise zu einer Reise nach Bath berredet. Der Primas sei +gerade am Tage vor dem zur Ausfhrung des Betrugs bestimmten den +Vorschriften des Gesetzes und der Privilegien der Peers zum Trotz ins +Gefngni geworfen worden. Nicht eine einzige mnnliche oder weibliche +Person, die das geringste Interesse an der Enthllung des Betrugs haben +konnte, sei zugezogen worden. Man habe die Knigin pltzlich mitten in +der Nacht in den St. Jamespalast gebracht, weil dieses Gebude, fr +unehrliche Zwecke passender eingerichtet als Whitehall, einige fr die +Absichten der Jesuiten vortrefflich geeignete Zimmer und Gnge enthalte. +Hier sei inmitten eines Kreises von Zeloten, denen nichts, was die +Interessen ihrer Kirche frdern konnte, ein Verbrechen dnkte, und von +Hflingen, welche nichts, was zu ihrer Bereicherung und Erhebung +beitragen konnte, fr Snde hielten, ein neugeborenes Kind ins Bett der +Knigin practicirt und dann triumphirend als Erbe dreier Knigreiche +herumgegeben worden. Durch diesen zwar unbegrndeten, aber nicht ganz +unnatrlichen Verdacht aufgeregt, drngten sich die Leute nur um so +eifriger danach, den frommen Opfern des Tyrannen zu huldigen, der, +nachdem er lange seinem Volke das emprendste Unrecht zugefgt, das Ma +seiner Schndlichkeit voll machte, indem er sich noch emprender an +seinen eigenen Kindern verging[107]. + +Der Prinz von Oranien, der selbst keinen Betrug argwhnte und den +Zustand der Volksstimmung in England nicht kannte, ordnete Dankgebete +fr seinen kleinen Schwager unter seinem eigenen Dache an und schickte +Zulestein mit einem frmlichen Beglckwnschungsschreiben nach London. +Zulestein hrte zu seinem groen Erstaunen Jedermann ganz offen von dem +schndlichen Betruge sprechen, den die Jesuiten eben begangen haben +sollten, und erblickte jede Stunde ein neues Pasquill auf die +Schwangerschaft und die Entbindung der Knigin. Er schrieb sehr bald +nach dem Haag, von zehn Personen glaube nicht eine, da die Knigin +dieses Kind geboren habe[108]. + +Das Benehmen der gefangenen Prlaten erhhte inzwischen die allgemeine +Theilnahme, die ihre Lage erweckte. Am Abend des schwarzen Freitags, +wie man den Tag ihrer Einkerkerung nannte, kamen sie gerade zur Stunde +des Gottesdienstes in ihrem Gefngnisse an. Sie begaben sich sogleich in +die Kapelle. Der Zufall wollte, da im zweiten Vorlesestck die Worte +vorkamen: In allen Dingen lasset uns beweisen als die Diener Gottes in +groer Geduld und Trbsalen, in Nthen und ngsten, in Schlgen, in +Gefngnissen. Alle eifrigen Anhnger der Staatskirche freuten sich +dieses Zusammentreffens und erinnerten sich, wie ein ganz hnliches vor +fast vierzig Jahren KarlI. in seiner Todesstunde getrstet und erhoben +hatte. + +Am Abend des folgenden Tages, Samstag den 9. Juni, kam ein Schreiben von +Sunderland, welcher dem Kaplan des Tower befahl, am nchsten Morgen beim +Gottesdienste die Erklrung zu verlesen. Da die in dem Geheimrathsbefehl +zur Verlesung in London bestimmte Zeit lngst verstrichen war, so konnte +dieses Verfahren der Regierung nur als eine ganz gemeine und kindische +persnliche Insulte gegen die ehrwrdigen Gefangenen betrachtet werden. +Der Kaplan weigerte sich zu gehorchen; er wurde sofort entlassen und die +Kapelle geschlossen[109]. + + [Anmerkung 103: Correspondenz zwischen Anna und Marie in + Dalrymple; +Clarendon's Diary Oct. 31. 1688+.] + + [Anmerkung 104: Dies geht aus Clarendon's Tagebuche vom 31. Oct. + 1688 klar hervor.] + + [Anmerkung 105: +Clarke's Life of James the Second, II. 159. + 160.+] + + [Anmerkung 106: +Clarendon's Diary, June 10. 1688.+] + + [Anmerkung 107: Johnstone giebt in kurzen Worten eine treffliche + bersicht der gegen den Knig erhobenen Beschuldigungen. Die + groe Masse des Volks ist der Meinung, da Alles ein Betrug sei, + denn, sagen sie, die Berechnung treffe nicht zu, die Prinzessin + sei entfernt und weder Jemand von der Familie Clarendon noch der + hollndische Gesandte herbeigerufen worden; dazu komme noch der + pltzliche Eintritt des Ereignisses, die Predigten, die Zuversicht + der Priester und die Eil. -- 13. Juni 1688.] + + [Anmerkung 108: Ronquillo, 26. Juli (5. Aug.). Ronquillo setzt + hinzu, da Zulestein's Bericht ber den Zustand der ffentlichen + Meinung vollkommen wahr sei.] + + [Anmerkung 109: Citters, 12.(22.) Juni 1688; +Luttrell's Diary, + June 18.+] + + +[_Die Bischfe werden vor die Kings Bench gestellt und mssen Brgschaft +leisten._] Die Bischfe erbauten Alle, die sich ihnen nherten, durch +die Standhaftigkeit und Freudigkeit, mit der sie ihre Haft ertrugen, +durch die Bescheidenheit und Demuth, mit der sie die Beifallsbezeigungen +und Segenswnsche der ganzen Nation aufnahmen, und durch die loyale +Anhnglichkeit, die sie fr den Tyrannen, der sie in's Verderben strzen +wollte, an den Tag legten. Am Freitag den 15. Juni, dem ersten +Sitzungstage der Kings Bench, wurden sie vor diesen Gerichtshof +gestellt. Eine ungeheure Menschenmenge erwartete ihre Ankunft. Vom +Landungsplatze bis zur Court of Requests gingen sie durch eine +Doppelreihe von Zuschauern, welche ihnen Segenswnsche und Beifall +zuriefen. Lieben Freunde, sagten die Gefangenen im Vorbergehen, +ehret den Knig und gedenket unserer in Euren Gebeten. Diese +demthigen und frommen Worte rhrten Viele bis zu Thrnen. Als sich der +Zug endlich durch das Gedrnge einen Weg gebahnt hatte und vor den +Richtern angekommen war, verlas der Generalfiskal die Anklage, welche er +auf hohen Befehl ausgearbeitet hatte und stellte den Antrag, da die +Beklagten aufgefordert werden sollten, auf die Klage einzugehen. Der +Vertheidiger wendete dagegen ein, die Bischfe seien gesetzwidrig +verhaftet worden, und ihr Erscheinen vor dem Gerichtshofe sei daher +nicht ordnungsgem. Die Frage, ob ein Peer unter einer Anklage wegen +Libells sein Erscheinen vor Gericht gehrig zu verbrgen habe, wurde +ausfhrlich errtert und endlich von der Mehrheit der Richter zu Gunsten +der Krone entschieden. Die Gefangenen erklrten sich nun fr +nichtschuldig. Der vierzehnte Tag darauf, der 29. Juni, wurde zur +Verhandlung ihres Prozesses anberaumt. Bis dahin wurden sie gegen das +persnliche Versprechen, sich zu stellen, in Freiheit gesetzt. Die +Kronanwlte thaten sehr weise daran, a sie keine fremde Brgschaft +verlangten, denn Halifax hatte dafr gesorgt, da einundzwanzig +weltliche Peers vom hchsten Ansehen, je drei fr einen Angeklagten, zur +Brgschaftleistung bereit waren, und eine solche Gesinnungsuerung des +hohen Adels wrde fr die Regierung ein harter Schlag gewesen sein. Eben +so wute man, da einer der reichsten, Dissenters der Hauptstadt um die +Ehre nachgesucht hatte, fr Ken Brgschaft leisten zu drfen. + +Die Bischfe durften nun in ihre Heimath zurckkehren. Das niedere Volk, +welches von dem bei der Kings Bench beobachteten Gerichtsverfahren +nichts wute und nur sah, da ihre Lieblinge, nachdem sie unter +Bedeckung nach Westminster Hall gebracht worden waren, jetzt sich in +voller Freiheit wieder entfernen durften, glaubte, die gute Sache habe +gesiegt, und brach in lauten Beifallsjubel aus, whrend zugleich +frhliches Glockengelute von allen Thrmen ertnte. Sprat erstaunte +nicht wenig, als er die Glocken seiner eigenen Abtei lustig erklingen +hrte. Er brachte sie sofort zum Schweigen, aber seine Einmischung +erregte viel unwilliges Murren. Die Bischfe wuten gar nicht, wie sie +sich vor der zudringlichen Masse ihrer Freunde retten sollten. Lloyd +wurde im Palasthofe von Verehrern zurckgehalten, die sich um die Gunst +stritten, seine Hnde zu berhren und den Saum seines Rockes zu kssen, +bis endlich Clarendon ihn nicht ohne Anstrengung befreite und ihn durch +eine Seitengasse nach Hause fhrte. Man sagte, Cartwright sei so +unvorsichtig gewesen, sich unter das Volk zu mischen. Jemand, der ihn an +seinem Bischofsgewand erkannte, erbat sich und erhielt seinen Segen. +Wit Ihr, von wem Ihr Euch eben habt segnen lassen? rief einer der +Umstehenden. Nun, es war doch gewi einer von den Sieben? versetzte +Der, welcher eben mit dem Segen beehrt worden war. Nein, entgegnete +der Andere, es war der papistische Bischof von Chester. -- +Papistischer Hund! rief der Protestant wthend, nimm Deinen Segen +zurck! + +Der Zusammenlauf und die Aufregung waren so gro, da der hollndische +Gesandte sich wunderte, den Tag ohne einen Aufstand enden zu sehen. Dem +Knige war durchaus nicht wohl zu Muthe gewesen. Um jede Ruhestrung +sogleich unterdrcken zu knnen, hatte er am Morgen in Hydepark mehrere +Bataillone Infanterie gemustert. Es ist jedoch keineswegs ausgemacht, +da diese Truppen zu ihm gehalten haben wrden, wenn er ihrer Dienste +bedurft htte. Als Sancroft am Nachmittag in Lambeth ankam, fand er die +in dieser Vorstadt liegenden Grenadiergarden vor dem Eingange seines +Palastes versammelt. Sie stellten sich in einer Doppelreihe auf und +whrend er zwischen ihnen hinschritt, baten sie ihn um seinen Segen. Nur +mit Mhe hielt er sie davon ab, da sie zur Feier seiner Rckkehr in +seine Wohnung ein Freudenfeuer anzndeten. Es brannten brigens an jenem +Abend mehrere Freudenfeuer in der Hauptstadt. Zwei Katholiken, welche so +unbesonnen waren, einige Knaben zu schlagen, weil sie an diesen +ffentlichen Freudenbezeigungen Theil nahmen, wurden vom Pbel +ergriffen, nackt ausgezogen und schimpflich gebrandmarkt[110]. + +Jetzt forderte Sir Eduard Hales seine Gebhren von den Bischfen, die +seine Gefangenen gewesen waren. Sie weigerten sich, einem Beamten, +dessen Bestallung sie nach ihren Grundstzen fr null und nichtig +ansahen, etwas fr eine in ihren Augen gesetzwidrige Haft zu bezahlen. +Hierauf gab ihnen der Gouverneur sehr deutlich zu verstehen, da, wenn +sie noch einmal in seine Hnde kmen, er sie in schwere Eisen legen und +auf die nackten Steine betten werde. Wir haben uns die Ungnade unsres +Knigs zugezogen, war ihre Antwort, und wir empfinden dies sehr +schmerzlich; ein Mitunterthan aber, der uns droht, strengt nutzlos seine +Lunge an. Man kann leicht denken, mit welchem Unwillen das ohnehin +schon gereizte Volk erfuhr, da ein vom protestantischen Glauben +Abgefallener, der den Grundgesetzen Englands zum Hohn einen +Commandoposten bekleidete, es gewagt hatte, ehrwrdigen Geistlichen mit +allen Barbareien von Lollard's Tower zu drohen[111]. + + [Anmerkung 110: ber die Ereignisse dieses Tages sehe man die + +Collection of State Trials+; +Clarendon's Diary+; +Luttrell's + Diary+; Citters, 15.(25.) Juni; Johnstone, 18. Juni und + +Revolution Politics.+] + + [Anmerkung 111: Johnstone, 18. Juni 1688; +Evelyn's Diary, June + 29.+] + + +[_Aufregung der Gemther._] Bis zu dem Tage des Prozesses hatte sich die +Aufregung nach den entferntesten Winkeln der Insel verbreitet. Aus +Schottland erhielten die Bischfe Zuschriften, in denen sie der +Sympathie aller Presbyterianer dieses dem Prlatenthum so lange und so +bitter Feind gewesenen Landes versichert wurden[112]. Die Bevlkerung +von Cornwall, ein trotziges, khnes und herkulisches Geschlecht, das ein +strkeres Provinzialgefhl hatte, als man es in irgend einem andren +Theile des Landes fand, nahm groen Antheil an der Gefahr, in welcher +Trelawney schwebte, den sie weniger als einen Leiter der Kirche, denn +als das Oberhaupt eines angesehenen Hauses und als den Erben von zwanzig +Ahnen verehrten, welche schon in hohem Ansehen standen, ehe die +Normannen den Fu auf englischen Boden gesetzt hatten. In der ganzen +Grafschaft sang das Landvolk eine Ballade, deren Refrain noch nicht +vergessen ist: + + Und bringt man Trelawney um, bringt man Trelawney um, + Wollen dreiigtausend cornische Burschen wissen warum? + +Die Bergleute sangen das Lied mit einer kleinen Variation: + + Wollen Zwanzigtausend unter der Erde wissen warum.[113] + +In manchen Theilen des Landes sprachen die Bauern laut eine sonderbare +Hoffnung aus, welche nie aufgehrt hat, in ihren Herzen fortzuleben. Sie +meinten, ihr protestantischer Herzog, ihr geliebter Monmouth, werde +pltzlich wieder erscheinen, sie zum Siege fhren und den Knig wie die +Jesuiten unter seinen Fen zertreten[114]. + +Die Minister waren in der grten Angst; selbst Jeffreys wrde gern +seine Maregeln zurckgenommen haben. Er beauftragte Clarendon mit +freundlichen Botschaften an die Bischfe und wlzte die Schuld an der +Verfolgung, zu der er selbst gerathen hatte, auf Andere. Sunderland +wagte es noch einmal, Zugestndnisse anzuempfehlen. Die glckliche +Geburt eines Prinzen, sagte er, biete dem Knige eine vortreffliche +Gelegenheit, eine gefhrliche und nachtheilige Stellung aufzugeben, ohne +sich den Vorwurf der Zaghaftigkeit oder der Launenhaftigkeit zuzuziehen. +Bei so erfreulichen Anlssen sei es stets Sitte gewesen, da der Frst +die Herzen seiner Unterthanen durch Gnadenacte erfreue, und nichts knne +dem Prinzen von Wales mehr zum Vortheile gereichen, als wenn er schon in +der Wiege der Friedensstifter zwischen seinem Vater und der +aufgebrachten Nation wrde. Aber des Knigs Entschlu stand fest. Ich +werde fortfahren, sagte er, ich bin nur zu nachsichtig gewesen. Die +Nachsicht war meines Vaters Verderben[115]. + + [Anmerkung 112: +Tanner MS.+] + + [Anmerkung 113: Diese Thatsache wurde mir freundlichst von dem + Rev. R.S. Hawker von Morwenstow in Cornwall mitgetheilt.] + + [Anmerkung 114: Johnstone, 18. Juni 1688.] + + [Anmerkung 115: Adda, 29. Juni (9. Juli) 1688.] + + +[_Sunderland's Angst._] Der schlaue Minister kam dahinter, da sein Rath +frher nur deshalb angenommen worden war, weil er denselben jederzeit +nach dem Willen des Knigs eingerichtet hatte, da er aber von dem +Augenblicke an, wo er wirklich guten ertheilte, kein Gehr mehr finden +wrde. Bei dem Verfahren gegen das Magdalenen-Collegium hatte er einige +Lauheit gezeigt. Er hatte ferner ganz neuerdings den Knig zu berzeugen +gesucht, da Tyrconnel's Plan zur Confiscirung des Eigenthums der +englischen Colonisten in Irland hchst gefhrlich sei, und er hatte es +mit Hlfe Powis' und Bellasyse's wenigstens dahingebracht, da die +Ausfhrung des Planes noch um ein Jahr aufgeschoben wurde. Aber diese +zaghafte Bedenklichkeit hatte den Keim des Widerwillens und Mitrauens +ins Herz des Knigs gelegt[116]. Der Tag der Vergeltung war jetzt +gekommen. Sunderland war in der nmlichen Lage, in der sich einige +Monate frher sein Nebenbuhler Rochester befunden hatte. Beide +Staatsmnner lernten die Angst eines Menschen kennen, der sich +krampfhaft an eine Sttze anklammert, die seinen Hnden mehr und mehr +entschlpft. Beide sahen ihre Rathschlge verchtlich zurckgewiesen. +Beide erlitten die Qual, in den Mienen und dem Benehmen ihres Gebieters +Unzufriedenheit und Mitrauen zu lesen, und doch wurden Beide von ihrem +Vaterlande fr die Verbrechen und Irrthmer, von denen sie ihn vergebens +zurckzubringen versucht hatten, verantwortlich gemacht. Whrend er sie +in dem Verdacht hatte, da sie auf Kosten seiner Autoritt und seiner +Wrde sich populr machen wollten, beschuldigte die ffentliche Stimme +sie laut des Versuchs, auf Kosten ihrer eigenen Ehre und des Gemeinwohls +die knigliche Gunst zu gewinnen. Doch trotz aller Krnkungen und +Demthigungen hielten Beide ihren Ministerposten mit der verzweifelten +Kraft Ertrinkender umklammert. Beide versuchten es, den Knig wieder +gnstig zu stimmen, indem sie sich stellten, als ob sie zum Anschlu an +seine Kirche geneigt wren. Es gab aber eine Grenze, welche Rochester +entschlossen war nicht zu berschreiten. Er ging bis an den Rand des +Glaubensabfalls; hier aber blieb er stehen und in Bercksichtigung der +Standhaftigkeit, mit der er sich weigerte, den letzten Schritt zu thun, +verzieh ihm die Welt gromthig seine frhere Willfhrigkeit. + + [Anmerkung 116: Sunderland's eigner Erzhlung darf man natrlich + nicht unbedingten Glauben beimessen. Aber er fhrte Godolphin zum + Zeugen fr das an, was in Betreff der irischen Ansiedlungsacte + vorgegangen war.] + + +[_Er erklrt sich fr einen Katholiken._] Der weniger gewissenhafte und +fr das Schamgefhl weniger empfngliche Sunderland beschlo durch einen +Schritt, der jedem von der Wichtigkeit der religisen berzeugung +durchdrungenen Gemth als eines der schndlichsten Verbrechen erscheinen +mute und den selbst weltlich gesinnte Menschen als das berma von +Verworfenheit betrachten, seine bisherige Migung wieder gut zu machen +und das Vertrauen des Knigs wieder zu gewinnen. Ungefhr eine Woche vor +dem zur Verhandlung des Prozesses anberaumten Tage erschien die +ffentliche Ankndigung, da er Papist geworden sei. Der Knig sprach +mit Entzcken von diesem Siege der gttlichen Gnade. Die Hflinge und +auswrtigen Gesandten bemhten sich nach Krften ernsthaft zu bleiben, +als der Renegat versicherte, da er schon lange von der Unmglichkeit +berzeugt sei, auerhalb des Schooes der rmischen Kirche selig werden +zu knnen, und da sein Gewissen ihm keine Ruhe gelassen, bis er sich +von dem Ketzerglauben losgesagt habe, in dem er erzogen worden. Die +Neuigkeit verbreitete sich schnell. In allen Kaffeehusern erzhlte man +sich, wie der Premierminister von England barfu und mit einer Kerze in +der Hand sich nach der kniglichen Kapelle begeben und demthig um +Einla gebeten, wie die Stimme eines Priesters drinnen gefragt habe, wer +da sei, wie Sunderland zur Antwort gegeben, ein armer Snder, der lange +fern von der wahren Kirche umherirre, flehe um Aufnahme und Absolution, +wie hierauf die Thren geffnet worden seien und der Neubekehrte an den +heiligen Mysterien habe Theil nehmen drfen[117]. + + [Anmerkung 117: Barillon, 21. Juni (1. Juli) 1688; Adda, 29. Juni + (9. Juli); Citters, 26. Juni (6. Juli); Johnstone, 2. Juli 1688; + +The Converts, a poem+.] + + +[_Proze der Bischfe._] Dieser schmachvolle Abfall konnte das Interesse +nur erhhen, mit dem die Nation dem Tage entgegensah, an welchem das +Schicksal der sieben muthigen Bekenner der anglikanischen Kirche +entschieden werden sollte. Eine willfhrige Jury zusammenzubringen war +jetzt das Hauptziel des Knigs. Die Kronanwlte erhielten Befehl, die +Gesinnung der Mnner, welche in das Verzeichni der Freisassen +eingetragen waren, genau zu erforschen. Sir Samuel Astry, Sekretr der +Krone, dem die Auswhlung der Namen in solchen Fllen oblag, wurde in +den Palast beschieden und hatte eine Unterredung mit Jakob, an welcher +der Kanzler Theil nahm[118]. Sir Samuel scheint sein Mglichstes gethan +zu haben, denn es befanden sich, wie es hie, unter den achtundvierzig +Personen, die er auswhlte, mehrere Diener des Knigs und mehrere +Katholiken[119]. Da aber der Vertheidiger der Bischfe das Recht hatte, +zwlf davon zu streichen, so waren diese natrlich die gestrichenen. Die +Kronanwlte strichen ebenfalls zwlf und die Liste reducirte sich +dadurch auf vierundzwanzig. Die ersten zwlf, welche aufgerufen wurden, +hatten dann den Ausspruch zu thun. + +Am neunundzwanzigsten Juni waren Westminsterhall, der alte und der neue +Palasthof und alle benachbarten Straen weithin mit einer dicht +gedrngten Volksmasse angefllt. Ein so zahlreiches Auditorium war nie +zuvor und ist auch seitdem nie wieder im Gerichtssaale der Kings Bench +versammelt gewesen. Man zhlte fnfunddreiig weltliche Peers unter der +Menge[120]. + +Smmtliche vier Richter des Gerichtshofes waren anwesend. Wright, der +den Vorsitz fhrte, war einzig und allein wegen seiner gewissenlosen +Servilitt vielen tchtigeren und gelehrteren Mnnern bei Besetzung +seines hohen Postens vorgezogen worden. Allibone war Papist und +verdankte seine Stellung der Dispensationsgewalt, deren Gesetzlichkeit +eben in Frage stand. Holloway war seither ein willenloses Werkzeug der +Regierung gewesen. Selbst Powell, der sich des Rufes strenger +Rechtschaffenheit erfreute, hatte bei einigen Vorgngen eine Rolle +gespielt, die sich nicht vertheidigen lt. Er hatte in dem wichtigen +Prozesse Sir Eduard Hales', allerdings mit einigem Bedenken und nach +einigem Zgern, mit der Mehrheit der Richter gestimmt und dadurch auf +seinen Character einen Flecken geworfen, der aber durch sein +ehrenwerthes Benehmen an diesem Tage vllig verwischt wurde. + +Die beiderseitigen Rechtsanwlte waren einander durchaus nicht +ebenbrtig. Die Regierung hatte von ihren Kronjuristen so gehssige und +entehrende Dienste verlangt, da die ausgezeichnetsten Rechtsgelehrten +und Advokaten der Torypartei nach einander ihre Mitwirkung verweigert +hatten und ihrer mter entsetzt worden waren. Sir Thomas Powis, +der Generalfiskal, war kaum ein Jurist dritten Ranges. Der +Generalprokurator, Sir Wilhelm Williams, besa zwar einen scharfen +Verstand und einen unbeugsamen Muth, aber es fehlte ihm an der nthigen +Ruhe und Bedchtigkeit; er war streitschtig, konnte sein Temperament +nicht beherrschen und wurde von allen politischen Parteien gehat und +verachtet. Die hervorragendsten Beistnde des Fiskals und des +Prokurators waren Serjeant Trinder, ein Katholik, und Sir Bartholomus +Shower, Syndikus von London, der einige juristische Kenntnisse besa, +aber wegen seiner oft den Anstand verletzenden Vertheidigungen und +seiner endlosen Wiederholungen das Gesptt von ganz Westminsterhall war. +Gern htte die Regierung Maynard's Dienste gewonnen; aber er hatte +geradezu erklrt, da er sich auf das, was man von ihm verlangte, mit +gutem Gewissen nicht einlassen knne[121]. + +Auf der andren Seite hingegen standen fast alle ausgezeichneten +juristischen Talente der damaligen Zeit. Sawyer und Finch, welche beim +Regierungsantritt Jakob's Fiskal und Prokurator gewesen waren, und die +whrend der Verfolgung der Whigs unter der vorigen Regierung der Krone +mit nur zu groem Eifer und zu glcklichem Erfolge gedient hatten, +befanden sich unter den Vertheidigern der Angeklagten. Ihnen zur Seite +standen zwei Mnner, welche, seit Maynard's Thtigkeit durch sein +vorgercktes Alter vermindert worden war, fr die beiden besten Juristen +galten: Pemberton, der zur Zeit Karl'sII. Oberrichter der Kings Bench +gewesen, wegen seiner Menschlichkeit und Migung aber dieses hohen +Postens entsetzt worden und deshalb wieder zur advokatorischen Praxis +zurckgekehrt war, und Pollexfen, der lange die Assisen im Westen +geleitet und von dem man, obgleich er sich bei den blutigen Assisen +durch Annahme von Auftrgen fr die Krone und besonders durch sein +Auftreten gegen Alice Lisle sehr unpopulr gemacht hatte, dennoch wute, +da er im Herzen ein Whig, wenn nicht gar ein Republikaner war. Ferner +war dabei Sir Creswell Levinz, ein Mann von grndlichen Kenntnissen und +reichen Erfahrungen, aber von auffallend ngstlichem Wesen. Er war +einige Jahre vorher von der Richterbank entfernt worden, weil er sich +nicht hatte entschlieen knnen, den Zwecken der Regierung zu dienen. +Jetzt scheute er sich wieder, als Vertheidiger der Bischfe aufzutreten +und hatte sich zuerst geweigert, ihnen seine Dienste zu widmen; aber die +ganze Corporation der Gerichtsadvokaten, die ihn beschftigten, hatten +ihm erklrt, da wenn er diesen Auftrag zurckwiese, er nie wieder einen +erhalten sollte[122]. + +Sir Georg Treby, ein reichbegabter und eifriger Whig, der unter der +alten stdtischen Verfassung Syndikus von London gewesen war, stand auf +der nmlichen Seite. Sir Johann Holt, ein noch ausgezeichneterer +whiggistischer Advokat, wurde wahrscheinlich deshalb, weil Sancroft +gegen ihn eingenommen war, nicht mit zur Vertheidigung berufen, war aber +vom Bischof von London privatim um Rath gefragt worden[123]. Der jngste +Rechtsbeistand der Bischfe war ein junger Advokat, Namens Johann +Somers. Er war weder durch hohe Geburt noch durch Vermgen begnstigt +und hatte auch noch keine Gelegenheit gehabt, sich ffentlich +auszuzeichnen, aber sein Genie, sein Flei und sein vielseitiges groes +Talent waren einem kleinen Kreise von Freunden wohl bekannt, und sein +grndliches, klares System der Beweisfhrung, sowie sein jederzeit +taktvolles Benehmen hatten ihm trotz seiner whiggistischen Ansichten die +Aufmerksamkeit des Gerichtshofes der Kings Bench bereits gesichert. +Johnstone hatte den Bischfen eindringlich vorgestellt, wie wichtig es +sei, seinen Beistand zu gewinnen, und Pollexfen sollte erklrt haben, +da Niemand in Westminsterhall zur Behandlung einer geschichtlichen und +die Verfassung berhrenden Frage so befhigt sei, als Somers. + +Die Jury wurde vereidigt; sie bestand aus Mnnern, welche sehr geachtete +Stellungen in der Gesellschaft einnahmen. Der Vormann war Sir Roger +Langley, ein Baronet von alter und angesehener Familie. Ihm zur Seite +stand ein Ritter und zehn Esquires, von denen mehrere sehr vermgend +waren. Es befanden sich einige Nonconformisten unter ihnen, denn die +Bischfe hatten wohlweislich beschlossen, kein Mitrauen gegen die +protestantischen Dissenters zu zeigen. Ein Name jedoch erregte groe +Besorgni, der Name Michael Arnold's. Er war Hofbrauer und man +frchtete, da die Regierung auf seine Stimme rechnen knne. Es wird +erzhlt, da er sich bitter ber die Stellung beklagt habe, in die er +versetzt war. Was ich auch thun mag, soll er geuert haben, so habe +ich die Gewiheit, halb ruinirt zu werden. Sage ich Nichtschuldig, so +werde ich nicht mehr fr den Knig brauen; sage ich Schuldig, so werde +ich fr niemand Andren mehr brauen.[124] + +So begann denn die gerichtliche Verhandlung, die, selbst wenn man sie +nach Verlauf von mehr als anderthalb Jahrhunderten mit kaltem Blute +liest, das ganze Interesse eines Drama's hat. Die Advokaten stritten auf +beiden Seiten mit einer mehr als berufsmigen Schrfe und Heftigkeit, +das anwesende Publikum hrte mit so gespannter Aufmerksamkeit zu, als +htte das Schicksal jedes Einzelnen von dem Ausspruche der Geschwornen +abgehangen, und die Aussichten auf den Sieg wechselten so pltzlich und +so ergreifend, da die Menge zu wiederholten Malen in der nmlichen +Minute von der grten Angst zur lebhaftesten Freude und umgekehrt von +der lebhaftesten Freude zu noch grerer Angst bersprang. + +Die Anklage beschuldigte die Bischfe, in der Grafschaft Middlesex ein +falsches, bswilliges und aufrhrerisches Libell geschrieben oder +verffentlicht zu haben. Der Generalfiskal und der Staatsprokurator +versuchten zuvrderst den Beweis zu fhren, da die Angeklagten das +Libell unterschrieben hatten. Zu dem Ende wurden mehrere Personen +aufgefordert, die Handschriften der Bischfe zu recognosciren. Aber die +Zeugen thaten dies mit solcher Unlust, da kaum einem von ihnen eine +klare und deutliche Antwort zu entlocken war. Pemberton, Pollexfen und +Levinz behaupteten, da keine gengenden Beweise vorhanden seien, die +der Jury vorgelegt werden knnten; zwei von den Richtern, Holloway und +Powell, traten dieser Ansicht bei, und die Hoffnung der Zuschauer stieg +bedeutend. Da erklrten pltzlich die Kronanwlte, da sie einen andren +Weg einzuschlagen gedchten. Powis fhrte mit unverkennbarer Beschmung +und Widerstreben einen Sekretr des Geheimen Raths, Namens Blathwayt, +der zugegen gewesen war, als der Knig die Bischfe verhrte, in die +Zeugenloge ein. Blathwayt versicherte eidlich, da er gehrt habe, wie +sie ihre Unterschriften selbst anerkannt htten. Dieses Zeugni war +entscheidend. Warum haben Sie, sagte der Richter Holloway zu dem +Fiskal, da Sie einen solchen Zeugen hatten, ihn nicht sogleich +vorgefhrt? es wre dadurch viel unnthiger Zeitverlust erspart worden. +Es ergab sich bald, warum der Kronanwalt sich nur hchst ungern durch +die dringendste Nothwendigkeit hatte bestimmen lassen, zu diesem +Beweismittel zu greifen. Pemberton hielt Blathwayt zurck, unterwarf ihn +einem umstndlichen Verhr und verlangte eine genaue Erzhlung alles +dessen, was zwischen dem Knige und den Angeklagten vorgegangen sei. +Das wre etwas ganz Neues! rief Williams. Glauben Sie, sagte Powis, +da Sie ein Recht dazu haben, an unsere Zeugen jede impertinente Frage +zu richten, die Ihnen in den Sinn kommt? Die Advokaten der Bischfe +waren jedoch nicht die Mnner, die sich so leicht werfen lieen. Er ist +darauf vereidigt, sagte Pollexfen, die Wahrheit, die ganze Wahrheit zu +sagen; wir wollen und mssen eine Antwort haben. Der Zeuge wurde +verlegen, gab ausweichende Antworten, wollte die Fragen nicht richtig +verstanden haben und bat um den Schutz des Gerichtshofes; aber er war in +Hnden, aus denen nicht leicht wieder loszukommen war. Endlich schlug +der Generalfiskal sich wieder ins Mittel. Wenn Sie durchaus auf Ihrer +Forderung bestehen, hob er an, so sagen Sie uns wenigstens, welchen +Gebrauch Sie von der Antwort zu machen gedenken. Pemberton, der whrend +der ganzen Verhandlung seine Pflicht muthig und geschickt erfllte, +erwiederte ohne Besinnen: Mylords, ich will dem Herrn Generalfiskal +antworten, ich will offen mit dem Gerichtshofe reden. Wenn die Bischfe +sich unter dem Versprechen von Seiten Seiner Majestt, da ihr +Gestndni nicht gegen sie angewendet werden solle, zu dieser Schrift +bekannten, so wird man sich hoffentlich nicht eines unredlichen +Vortheils gegen sie bedienen. -- Sie erheben eine Beschuldigung gegen +Seine Majestt, die ich kaum auszusprechen wage, sagte Williams; da +Sie es so genau nehmen, dann verlange ich auch fr den Knig, da die +Frage zu Protokoll genommen wird. -- Was meinen Sie damit? fragte +jetzt Sawyer. Ich wei, was ich meine, antwortete der Apostat, ich +verlange, da die Frage vor Gericht zu Protokoll genommen wird. -- +Nehmen Sie zu Protokoll, was Sie wollen, Herr Prokurator, ich frchte +Sie nicht, sagte Pemberton. Es folgte nun ein lauter und heftiger +Wortwechsel, den der Oberrichter nur mit Mhe beschwichtigen konnte. In +jedem andren Falle htte er die Frage ohne Zweifel zu Protokoll nehmen +und Pemberton verhaften lassen. Aber an diesem wichtigen Tage wagte er +dies nicht. Er warf oft einen Seitenblick auf die dichten Reihen der +Earls und Barone, die ihn scharf beobachteten und die ihn beim nchsten +Parlamente zur Rechenschaft ziehen konnten. Ein Anwesender meinte +nachher, es habe ausgesehen, als ob alle zuhrenden Peers Stricke in der +Tasche gehabt htten.[125] Blathwayt wurde endlich gezwungen, ber den +ganzen Vorgang einen ausfhrlichen Bericht zu erstatten. Es stellte sich +heraus, da der Knig den Bischfen gegenber keine ausdrckliche +Verpflichtung eingegangen war; ebenso aber ergab es sich auch, da die +Bischfe wohl Grund hatten, eine stillschweigende Zusage anzunehmen. Aus +dem Widerstreben, mit dem die Kronanwlte den Sekretr des Geheimraths +in die Zeugenloge einfhrten und aus der Heftigkeit, mit der sie sich +Pemberton's Kreuzfragen widersetzten, geht klar hervor, da sie der +nmlichen Ansicht waren. + +Die Handschrift war jedoch bewiesen. Aber jetzt wurde ein neuer und +ernster Einwand erhoben. Der Beweis, da die Bischfe das gesetzwidrige +Libell geschrieben hatten, war nicht gengend; es mute auch bewiesen +werden, da sie es in der Grafschaft Middlesex geschrieben hatten. +Allein dies konnten der Fiskal und der Prokurator nicht nur nicht +beweisen, sondern die Angeklagten waren sogar im Stande, das Gegentheil +zu beweisen, denn Sancroft hatte von dem Augenblicke an, wo der +Geheimrathsbefehl erschien, bis zu dem Augenblicke, wo die Petition dem +Knige berreicht wurde, seinen Palast in Lambeth nicht verlassen. Die +ganze Anklage fiel daher in sich selbst zusammen und das Publikum +erwartete mit groer Freude eine vollstndige Freisprechung. + +Die Kronjuristen nderten nun abermals ihre Taktik, lieen die Anklage +auf Abfassung eines Libells ganz fallen und unternahmen es, zu beweisen, +da die Bischfe in Middlesex ein Libell _verffentlicht_ htten. Das +war nicht leicht. Die berreichung der Petition an den Knig war in den +Augen des Gesetzes unzweifelhaft eine Verffentlichung. Aber wie war +diese berreichung zu beweisen? Es war bei der Audienz im kniglichen +Kabinet auer dem Knige und den Angeklagten Niemand zugegen gewesen. +Den Knig konnte man nicht wohl als Zeugen vereidigen. Das Factum der +Verffentlichung konnte also nur durch das Eingestndni der Angeklagten +constatirt werden. Blathwayt wurde noch einmal vernommen, aber +vergebens. Er sagte, er erinnere sich wohl, da die Bischfe ihre +Unterschriften anerkannt, nicht aber, da sie das auf dem Tische des +Geheimen Raths liegende Papier als das nmliche anerkannt htten, +welches sie dem Knige berreichten, noch da sie berhaupt ber diesen +Punkt befragt worden waren. Mehrere andere Beamte, die im +Geheimrathszimmer zugegen gewesen waren, wurden aufgerufen, unter ihnen +Samuel Pepys, Sekretr der Admiralitt; aber keinem von ihnen war es +erinnerlich, da von der berreichung irgend die Rede gewesen sei. +Williams bemhte sich vergebens, sie durch verfngliche Fragen zu dem +gewnschten Zeugnisse zu verleiten, bis endlich die Rechtsanwlte der +Gegenpartei erklrten, da ein solches Drehen und Wenden noch an keinem +Gerichtshofe vorgekommen sei, und Wright selbst zugestehen mute, da +die Vernehmungsweise des Generalprokurators allen Regeln zuwider sei. Da +ein Zeuge nach dem andren verneinend antwortete, wiederhallte der ganze +Saal von lautem Gelchter und triumphirendem Jubel, welche zum Schweigen +zu bringen die Richter gar nicht versuchten. + +Der harte Kampf schien endlich gewonnen zu sein; fr die Krone war +nichts mehr vorzubringen. Htten die Anwlte der Bischfe nun +geschwiegen, so war die Freisprechung gewi, denn es war nichts +ausgesagt worden, was auch der parteiischeste und gewissenloseste +Richter einen rechtskrftigen Beweis fr die Verffentlichung htte +nennen kennen. Der Oberrichter schickte sich bereits an, den Geschwornen +das Resum vorzulegen und er wrde sie ohne Zweifel angewiesen haben, +die Angeklagten freizusprechen, als Finch, der zu aufgeregt war, um mit +gehriger Besonnenheit handeln zu knnen, noch auftrat und gehrt zu +werden verlangte. Wenn Sie gehrt sein wollen, sagte Wright, so +knnen wir Sie nicht hindern zu sprechen; aber ich mu Ihnen bemerken, +da Sie Ihren eigenen Vortheil nicht erkennen. Die anderen Vertheidiger +bewogen Finch, sich wieder niederzusetzen und baten den Oberrichter +fortzufahren. Eben wollte er dies auch thun, da kam ein Bote an den +Generalprokurator mit der Nachricht, da Lord Sunderland die +Verffentlichung beweisen knne und sogleich im Gerichtssaal erscheinen +werde. Wright bemerkte den Vertheidigern in ziemlich spitzigem Tone, da +sie sich diese neue Wendung der Dinge lediglich selbst zuzuschreiben +htten. Die Gesichtszge der versammelten Zuschauer verfinsterten sich; +Finch war einige Stunden lang der unpopulrste Mann im ganzen Lande. +Warum konnte er nicht ruhig sitzen bleiben wie seine verstndigeren +Collegen Sawyer, Pemberton und Pollexfen? Seine Sucht, auch etwas zu +sagen, der Wunsch eine schne Rede zu halten, hatte Alles verdorben. + +Inzwischen wurde der Lordprsident in einer Snfte durch die Halle +getragen. Nicht ein einziger Hut wurde gelftet und viele Stimmen +riefen: Papistischer Hund! Bleich und zitternd, mit zu Boden gesenktem +Blicke trat er vor die Schranken und gab mit unsicherer Stimme seine +Zeugenaussage ab. Er versicherte eidlich, da ihm die Bischfe ihre +Absicht, dem Knige eine Petition zu berreichen, mitgetheilt htten und +da sie zu dem Ende in das knigliche Kabinet eingelassen worden seien. +Dieser Umstand in Verbindung mit dem, da sich, nachdem sie das Kabinet +verlassen, eine von ihnen unterzeichnete Petition in den Hnden des +Knigs befand, war fr das Factum der Verffentlichung ein Beweis, der +einer Jury wohl gengen konnte. + +Die Verffentlichung in Middlesex war also ebenfalls bewiesen. Aber war +das verffentlichte Schriftstck ein falsches, bswilliges und +aufrhrerisches Libell? Bis jetzt hatte es sich nur darum gehandelt, ob +eine Thatsache, die Jedermann als wirklich geschehen kannte, nach den +technischen Regeln des Beweises constatirt werden konnte; jetzt aber +erhielt der Streit ein hheres Interesse. Man mute die Grenzen der +kniglichen Hoheitsrechte und der brgerlichen Freiheit, das Recht des +Knigs, von Gesetzen zu dispensiren, und das Recht der Unterthanen um +Abstellung von Mistnden zu petitioniren, untersuchen. Drei Stunden +lang vertheidigten die Anwlte der Petenten mit energischem Nachdrucke +die Grundprinzipien der Verfassung und bewiesen aus den Protokollen des +Hauses der Gemeinen, da die Bischfe nur etwas Wahres behauptet htten, +indem sie dem Knige vorstellten, da die von ihm beanspruchte +Dispensationsgewalt mehr als einmal vom Parlament fr ungesetzlich +erklrt worden sei. Somers erhob sich zuletzt. Er sprach wenig ber fnf +Minuten lang, aber jedes seiner Worte war gewichtigen Inhalts, und als +er seinen Platz wieder einnahm, war sein Ruf als Redner und als +constitutioneller Jurist fest begrndet. Er untersuchte die Ausdrcke +der Anklage, in welcher das den Bischfen zur Last gelegte Vergehen +dargestellt war, und bewies, da jedes Wort, Adjectiv oder Substantiv, +durchaus unangemessen sei. Die Anklage laute auf ein falsches, +bswilliges und aufrhrerisches Libell. Falsch sei das Schriftstck +nicht, denn jede darin behauptete Thatsache sei durch die +Parlamentsprotokolle als wahr bewiesen. Auch bswillig sei das +Schriftstck nicht, denn die Angeklagten htten nicht Streit gesucht, +sondern die Regierung habe sie in eine Lage versetzt, in der sie sich +entweder dem kniglichen Willen widersetzen oder die heiligsten +Pflichten des Gewissens und der Ehre verletzen muten. Aufrhrerisch sei +das Schriftstck eben so wenig, denn die Verfasser htten es nicht unter +dem Volke vertheilt, sondern es privatim den Hnden des Knigs allein +bergeben; auch sei es kein Libell, sondern eine anstndige Petition, +wie sie nach den Gesetzen Englands, ja nach den Gesetzen des rmischen +Kaiserreichs und nach den Gesetzen aller civilisirten Staaten jeder +Unterthan, welcher glaubt, da ihm Unrecht geschehen, mit Fug und Recht +dem Souverain berreichen drfe. + +Der Fiskal replicirte kurz und schwach. Der Prokurator sprach sehr +ausfhrlich und mit groer Bitterkeit, so da er oft durch Zurufe und +Zischen des Publikums unterbrochen wurde. Er ging so weit zu behaupten, +da kein einzelner Unterthan und keine Gemeinschaft von Unterthanen, +auer die Parlamentshuser, berechtigt sei, eine Petition an den Knig +zu richten. Die Zuschauer waren wthend und selbst der Oberrichter war +ganz betroffen ber die Frechheit dieses feilen Achseltrgers. + +Wright schritt endlich zum Resum. Seine Rede bewies, da seine Furcht +vor der Regierung durch die Furcht vor dieser zahlreichen, glnzenden +und heftig aufgeregten Versammlung gemigt wurde. Er sagte, er wolle +nicht seine Ansicht ber die Dispensationsfrage abgeben, er habe dies +nicht nthig, er knne dem Staatsprokurator in vielen Punkten seiner +Rede nicht beistimmen, ein Unterthan habe allerdings das Recht, zu +petitioniren, aber die dem Gerichtshofe vorliegende specielle Petition, +sei ungebhrlich abgefat und daher in den Augen des Gesetzes ein +Libell. Allibone sprach die nmliche Ansicht aus, bewies aber in seinem +Vortrag eine so gnzliche Unkenntni des Rechts und der Geschichte, da +er sich die Verachtung Aller zuzog, die ihn anhrten. Holloway umging +die Dispensationsfrage, sagte aber, ihm scheine die Petition so gefat, +wie sie Unterthanen, die sich in ihrem Rechte gekrnkt glaubten, wohl zu +berreichen befugt seien, und sie sei daher kein Libell. Powell trat +noch khner auf. Er erklrte geradezu, da seiner Ansicht nach die +Indulgenzerklrung null und nichtig und die Dispensationsgewalt, wie sie +neuerdings ausgebt worden, mit allen Gesetzen durchaus unvereinbar sei. +Wenn man solche bergriffe der Prrogative dulden wolle, so seien die +Parlamente ganz berflssig, die ganze gesetzgebende Gewalt liege dann +in den Hnden des Knigs. Diese Entscheidung, meine Herren, sagte er, +stelle ich Gott und Ihrem Gewissen anheim.[126] + +Es war dunkel geworden, als die Jury sich zurckzog, um ber ihren +Schiedsspruch zu berathen. Diese Nacht war eine Nacht voll ngstlicher +Spannung. Es existiren noch einige Briefe, welche whrend jener Stunden +der Ungewiheit abgesendet wurden und die daher ein ganz besonderes +Interesse haben. Es ist sehr spt, schrieb der ppstliche Nuntius, +und noch ist die Entscheidung nicht bekannt. Die Richter und die +Angeklagten haben sich nach Hause begeben, die Geschwornen aber bleiben +beisammen. Morgen werden wir den Ausgang dieses wichtigen Kampfes +erfahren. + +Der Prokurator der Bischfe brachte mit einer Anzahl Bedienten die ganze +Nacht auf der Treppe zu, welche nach dem Berathungszimmer der +Geschwornen fhrte. Es war durchaus nothwendig, die an den Thren Wache +haltenden Beamten scharf zu beobachten, denn man vermuthete, da sie von +der Regierung gewonnen waren, und sie konnten daher, wenn sie nicht +sorgfltig bewacht wurden, einen hfisch gesinnten Geschwornen mit +Speise und Trank versehen, so da er dann im Stande war, seine elf +Collegen auszuhungern. Es wurde daher strenge Wache gehalten und nicht +einmal ein Licht, um eine Pfeife anzuznden, eingelassen. Gegen vier Uhr +Morgens lie man einige Becken mit Wasser zum Waschen passiren. Die vor +Durst verschmachtenden Geschwornen tranken gierig die Gefe aus. Die +umliegenden Straen waren bis zum Morgen von einer groen Volksmenge +angefllt. Von Stunde zu Stunde kam ein Bote von Whitehall um sich nach +dem Stande der Sache zu erkundigen. Verschiedene Male hrte man drinnen +im Zimmer einen heftigen Wortstreit; aber etwas Gewisses erfuhr man +nicht.[127] + +Zuerst waren neun fr die Freisprechung und drei fr die Verurtheilung. +Zwei von der Minoritt gaben bald nach; Arnold aber beharrte auf seinem +Ausspruche. Thomas Austin, ein reichbegterter Landgentleman, der die +Zeugenaussagen und Reden aufmerksam verfolgt und sich ausfhrliche +Notizen gemacht hatte, wollte die Sache mit ihm speciell errtern. +Arnold aber lehnte dies ab, indem er rgerlich sagte, er sei nicht +gewhnt zu raisonniren und zu debattiren, sein Gewissen gestatte ihm +nicht, die Bischfe freizusprechen. Wenn Sie dabei beharren, sagte +Austin, so sehen Sie mich an. Ich bin der Grte und Strkste von uns +Zwlfen; ehe ich aber eine Petition wie diese als ein Libell anerkenne, +bleibe ich hier, bis ich nicht mehr dicker bin als ein Pfeifenrohr. Es +war sechs Uhr Morgens, als Arnold endlich nachgab. Es wurde bald +bekannt, da die Geschwornen einig waren; wie aber ihr Ausspruch +lautete, war noch ein Geheimni.[128] + +Um zehn Uhr versammelte sich der Gerichtshof wieder. Das Gedrnge war +noch rger als am vorigen Tage. Die Geschwornen erschienen in ihrer Loge +und es trat eine lautlose Stille ein. + + [Anmerkung 118: +Clarendon's Diary, June+ 21. 1688.] + + [Anmerkung 119: Gitters, 26. Juni (6. Juli) 1688.] + + [Anmerkung 120: Johnstone, 2. Juli 1688.] + + [Anmerkung 121: Johnstone, 2. Juli 1688.] + + [Anmerkung 122: Johnstone, 2. Juli 1688. Der Herausgeber von + +Levinz's Reports+ drckt seine groe Verwunderung darber aus, + da Levinz nach der Revolution nicht wieder in sein Richteramt + eingesetzt wurde. Die von Johnstone erzhlten Thatsachen knnen + dies anscheinende Ungerechtigkeit vielleicht erklren.] + + [Anmerkung 123: Ich schliee dies aus einem Briefe von Compton an + Sancroft vom 12. Juni.] + + [Anmerkung 124: +Revolution Politics.+] + + [Anmerkung 125: Der Ausdruck eines Augenzeugen. Er findet sich in + einem Neuigkeitsbriefe in der Mackintosh-Sammlung.] + + [Anmerkung 126: Siehe den Proze in der +Collection of State + Trials+. Einiges habe ich auch von Johnstone und Citters + entlehnt.] + + [Anmerkung 127: Johnstone, 2. Juli 1688; Brief von Mr. Ince an den + Erzbischof, datirt von sechs Uhr Morgens; +Tanner MS.+; + +Revolution Politics+.] + + [Anmerkung 128: Johnstone, 2. Juli 1688.] + + +[_Das Verdict der Geschwornen; Freude des Volks._] Sir Samuel Astry +sprach: Finden Sie die Angeklagten oder einen von ihnen des Vergehens, +dessen sie angeklagt sind, schuldig oder nicht schuldig? Sir Roger +Langley antwortete: Nicht schuldig. Sobald diese Worte ber seine +Lippen waren, sprang Halifax auf und schwenkte seinen Hut. Auf dieses +Zeichen brachen alle Bnke und Gallerien in donnernden Beifallsjubel +aus. Im nchsten Augenblick stimmten die zehntausend Menschen, welche +die groe Halle fllten, mit noch lauterem Jubel ein, von dem die alte +eichene Decke erdrhnte, und noch einen Augenblick, so lie die drauen +versammelte Menge ein drittes Hurrah erschallen, das man in Templebar +hren konnte. Die Bte, welche den Flu bedeckten, antworteten mit +gleicher Begeisterung, ein Kanonenschlag knallte auf dem Wasser, dann +wieder einer und wieder einer, und so flog die frohe Nachricht binnen +wenigen Augenblicken ber den Savoy und ber die Friars hinaus bis zur +Londonbrcke und zu dem Mastenwalde der jenseit derselben liegenden +Schiffe. Wohin die Botschaft kam, brachen Straen und Squares, +Marktpltze und Kaffeehuser in Freudenjubel aus. Der Jubel aber war +minder auffallend, als die Thrnen. Denn die Gefhle der Leute waren so +angespannt worden, da selbst die kalte, an uerungen von +Gemthsbewegung wenig gewhnte englische Natur berwltigt wurde und +Tausende vor lauter Freude schluchzten. Inzwischen sprengten von den +Endpunkten der Menge Reiter fort, um die Kunde von dem Siege der Kirche +und der Nation durch alle Hauptstraen zu verbreiten. Aber selbst dieser +gewaltige Ausbruch der Freude vermochte den hmischen und furchtlosen +Sinn des Staatsprokurators nicht zu erschttern. Er versuchte es, sich +in dem betubenden Lrme Gehr zu verschaffen und forderte die Richter +auf, Diejenigen, welche durch ihr Geschrei die Wrde des Gerichtshofes +verletzt hatten, verhaften zu lassen. Einer aus der jubelnden Menge +wurde wirklich festgenommen. Indessen sah das Tribunal doch ein, da es +geradezu lcherlich gewesen wre einen Einzelnen fr eine bertretung zu +bestrafen, welche Hunderttausende begangen hatten, und entlie ihn daher +wieder mit einem leichten Verweis.[129] + +Es war jetzt nicht daran zu denken, etwas Andres vorzunehmen, denn das +Getse der Menge war so arg, da man eine halbe Stunde lang im +Gerichtssaale kein Wort verstehen konnte. Williams stieg unter einem +Sturme von Zischen und Verwnschungen in seinen Wagen. Cartwright, der +eine unbezhmbare Neugierde besa, hatte die Thorheit und +Unschicklichkeit begangen, nach Westminster zu kommen, um zu hren, wie +das Urtel ausfallen wrde. Man erkannte ihn an seiner Priestertracht und +seiner Korpulenz und verfolgte ihn durch die ganze Halle mit Geschrei. +Nehmt Euch vor dem Wolfe in Schafskleidern in Acht, sagte Einer. +Platz fr den Mann mit dem Papst im Bauche! rief ein Andrer.[130] + +Die freigesprochenen Prlaten flchteten sich vor der Menge, die sie um +ihren Segen bat, in die nchste Kapelle, wo eben Gottesdienst gehalten +wurde. Viele Kirchen der Hauptstadt waren an diesem Morgen geffnet und +wurden von vielen Andchtigen besucht. In allen Kirchspielen der City +und der Vorstdte gingen die Glocken. Unterdessen konnten sich die +Geschwornen kaum einen Weg aus der Halle bahnen. Von Hunderten muten +sie sich die Hand drcken lassen. Gott segne Euch, rief das Volk; +Gott segne Eure Familien! Ihr habt wie brave Gentlemen gehandelt und +uns Alle heute gerettet. Whrend die Peers, welche zur Untersttzung +der guten Sache herbeigekommen waren, fortfuhren, warfen sie Hnde voll +Geld unter die Menge und hieen sie auf das Wohl des Knigs, der +Bischfe und der Geschwornen trinken.[131] + +Der Generalfiskal berbrachte die Nachricht Sunderland, der sich gerade +mit dem Nuntius unterhielt. Seit Menschengedenken, sagte Powis, hat +man nicht einen solchen Jubel und so viel Freudenthrnen gesehen wie +heute.[132] Der Knig hatte am Morgen das Lager auf der Hounslowhaide +besucht. Sunderland schickte sofort einen Courier mit der Botschaft an +ihn ab. Jakob befand sich in Feversham's Zelte, als der Expresse ankam. +Er war sehr rgerlich ber die Nachricht und rief auf Franzsisch aus: +Sie sollen es bereuen! Er brach sogleich nach London auf. So lange er +anwesend war, hielt der Respekt die Soldaten ab, ihren Gefhlen freien +Lauf zu lassen; kaum aber hatte er das Lager verlassen, so hrte er +hinter sich ein lautes Jubelgeschrei. Er wunderte sich darber und +fragte, was das bedeute. Es ist nichts, erhielt er zur Antwort, die +Soldaten freuen sich nur ber die Freisprechung der Bischfe. -- Das +nennen Sie nichts? sagte der Knig und wiederholte dann noch einmal: +Sie sollen es bereuen![133] + +Er hatte in der That Ursache, verstimmt zu sein, denn seine Niederlage +war vollstndig und im hchsten Grade demthigend. Wren die Prlaten +auf Grund mangelhaften Beweises freigesprochen worden, etwa weil sie die +Petition nicht in Middlesex geschrieben hatten, oder weil es ihnen +streng nach den Regeln des Gesetzes nicht bewiesen werden konnte, da +sie dem Knige die Petition, um dessentwillen sie in Untersuchung waren, +berreicht hatten, so wrde die Prrogative keinen Sto erhalten haben. +Zum Glck fr das Land aber war die Thatsache der Verffentlichung +vollkommen festgestellt worden und die Vertheidiger der Angeklagten +hatten daher das Dispensationsrecht angreifen mssen. Dies hatten sie +mit groer Gelehrsamkeit, Beredtsamkeit und Khnheit gethan. Die Anwlte +der Krone waren, wie allgemein anerkannt wurde, in dem Kampfe +unterlegen. Nicht ein einziger Richter hatte die Indulgenzerklrung fr +gesetzlich zu erklren gewagt, einer hatte sie sogar in den strksten +Ausdrcken als ungesetzlich bezeichnet. Die ganze Stadt sprach davon, +da die Dispensationsgewalt den Todessto bekommen habe. Finch, der den +Tag vorher allgemein geschmht worden war, wurde jetzt allgemein +gepriesen. Man sagte, er habe die Sache nicht in einer Weise entschieden +sehen wollen, wobei die groe Verfassungsfrage auf immer zweifelhaft +geblieben wre. Er habe eingesehen, da die Freisprechung seiner +Klienten ohne Verdammung der Indulgenzerklrung nur ein halber Sieg +gewesen sein wrde. Es ist gewi, da Finch weder die Vorwrfe +verdiente, mit denen er berhuft wurde, so lange der Ausgang noch +zweifelhaft war, noch die Lobpreisungen, die ihm gespendet wurden, +nachdem derselbe so gnstig ausgefallen. Es war thricht, ihn zu tadeln, +weil die Kronanwlte whrend des von ihm veranlaten kurzen Verzugs +unerwartet einen neuen Zeugen fanden. Eben so thricht war die Annahme, +da er seine Klienten absichtlich einer Gefahr ausgesetzt habe, um ein +allgemeines Prinzip festzustellen, und noch thrichter war es, ihn wegen +etwas zu loben, was eine grobe Verletzung seiner Berufspflichten gewesen +sein wrde. + +Dem freudigen Tage folgte eine nicht minder freudige Nacht. Die Bischfe +und einige ihrer achtungswerthen Freunde bemhten sich vergebens, +tumultuarische Freudenbezeigungen zu verhindern. Die ltesten Leute +erinnerten sich nicht, jemals, selbst nicht an dem Abende, als es in +London bekannt wurde, da die schottische Armee sich fr ein freies +Parlament erklrt hatte, die Straen von so zahlreichen Freudenfeuern +erhellt gesehen zu haben. Um jedes Feuer hatte sich ein Haufe gelagert, +der auf das Wohl der Bischfe und auf den Untergang der Papisten trank. +Die Fenster waren ebenfalls glnzend erleuchtet, jedes gewhnlich durch +sieben Lichter, von denen das mittelste und lngste den Primas +vorstellte. Dazu hrte man fortwhrend das Knallen von Schwrmern, +Raketen und Gewehrschssen. Ein ungeheurer Holzsto brannte gerade dem +Haupteingange von Whitehall gegenber; andere wurden vor den Thren +katholischer Peers angezndet. Lord Arundell von Wardour beschwichtigte +wohlweislich den Pbel mit ein wenig Geld; im Palast Salisbury am Strand +aber wurde ein Widerstandsversuch gemacht. Die Dienerschaft Lord +Salisbury's machte einen Ausfall und feuerte; aber nur der unglckliche +Bttel des Bezirks fiel, der gerade gekommen war, um das Feuer +auszulschen, und die Schaar wurde bald in den Palast zurckgetrieben. +Kein Schauspiel jener Nacht amsirte das gemeine Volk so sehr, als +eines, das ihnen vor mehreren Jahren wohl bekannt gewesen war, und das +ihnen jetzt nach einer langen Pause wieder gegeben wurde: die +Verbrennung des Papstes. Dieses vor Zeiten sehr beliebte Schauspiel +kennt unsere Generation nur aus Beschreibungen und Abbildungen. Eine +Figur, die aber keineswegs jenen plumpen Conterfeyen von Guy Fawx glich, +welche noch jetzt am 5. November zur Schau umhergetragen werden, sondern +die mit einiger Geschicklichkeit von Wachs verfertigt und mit nicht +geringen Kosten mit Gewndern und einer Tiara geschmckt war, wurde auf +einen Stuhl gesetzt, hnlich dem, auf welchem noch heute an einigen +hohen Festtagen die rmischen Bischfe durch die Peterskirche zum +Hochaltare getragen werden. Seine Heiligkeit war gewhnlich umgeben von +einem Gefolge von Cardinlen und Jesuiten, und ihm zur Seite stand ein +als Teufel mit Schweif und Hrnern verkleideter Hanswurst. Kein reicher +und eifriger Protestant sah bei dieser Gelegenheit eine Guinee an, und +wenn man der Sage glauben darf, betrugen die Kosten einer solchen +Prozession zuweilen nicht weniger als tausend Pfund. Nachdem der Papst +eine Zeit lang ber den Kpfen der Menge zur Schau umhergetragen worden +war, wurde er unter lautem Jubel den Flammen berliefert. Zur Zeit der +Popularitt Oates' und Shaftesbury's wurde das Schauspiel alljhrlich am +Geburtstage der Knigin Elisabeth in Fleet Street unter den Fenstern des +Whig-Clubs aufgefhrt. Der groteske Gebrauch war so berhmt, da +Barillon sich einmal in Lebensgefahr begab, um aus einem Versteck +zuzusehen.[134] Seit der Entdeckung des Ryehousecomplots war die +Ceremonie bis zu dem Tage der Freisprechung der Bischfe unterblieben. +An diesem Abende aber tauchten in verschiedenen Stadttheilen Londons +mehrere Ppste auf. Der Nuntius war hchlich entrstet und der Knig +fhlte sich durch diese Verhhnung seiner Kirche schwerer gekrnkt als +durch irgend eine andre ihm zugefgte Beleidigung. Die Behrden konnten +jedoch nichts thun. Der Sonntagmorgen graute bereits und die Glocken der +Pfarrkirchen riefen zum Frhgebet, ehe die Feuer zu erlschen und die +Volksmassen sich zu verlaufen begannen. Es erschien nun alsbald eine +Proklamation gegen die Ruhestrer. Viele von ihnen, meist Lehrlinge, +wurden verhaftet: aber die Anklagen gegen sie wurden von den Gerichten +von Middlesex nicht angenommen. Die Magistratsbeamten, von denen viele +Katholiken waren, geriethen mit der groen Jury in Streit und schickten +sie mehrere Male zurck, aber ohne Erfolg.[135] + + [Anmerkung 129: +Collection of State Trials+; +Oldmixon, 739+; + +Clarendon's Diary, June 25. 1688+; Johnstone, 2. Juli; Citters, + 3.(13.) Juli; Adda, 6.(10.) Juli; +Luttrell's Diary+; Barillon, + 2.(12.) Juli.] + + [Anmerkung 130: Citters, 3.(13.) Juli. Der wrdevolle Ernst, mit + dem er die Geschichte erzhlt, macht einen komischen Eindruck: + +Den Bisschop van Chester, wie seer de partie van het hof houdt, + om te voldoen aan syne gewoone nieusgierigheyt, hem op dien tyt in + Westminster Hall mede hebbende laten vinden, in het uytgaan + doorgaans was uytgekreten voor een grypende wolf in schaaps + kleederen; en hy synde een heer van hooge stature en vollyvig, + spotsgewyse allomme geroepen was dat men voor hem plaats moeste + maken, om te laten passen, gelyck ook geschiede, om dat soo sy + uytschreeuwden en hem in het aansigt seyden, hy den Paus in syn + buyck hadde.+] + + [Anmerkung 131: Luttrell; Citters, 3.(13.) Juli 1688. +Soo syn in + tegendeel gedagte jurys met de uyterste acclamatie en alle + teyckenen van genegenheyt en danckbaarheyt in het door passeren + van de gemeente ontvangen. Honderden vielen haar om den hals met + alle bedenckelycke wewensch van segen en geluck over hare + persoonen en familien, om dat sy haar so heusch en eerlyck buyten + verwagtinge als het ware in desen gedragen hadden. Veele van de + grooten en kleynen adel wierpen in het wegryden handen vol gelt + under de armen luyten, om op de gesontheyt van den Coning, der + Heeren Prelaten, on de Jurys te drincken.+] + + [Anmerkung 132: +Mi trovava con Milord Sunderland la stessa + mattina, quando venne l'Avvocato Generale a rendergli conto del + successo, e disse, che mai piu a memoria d'huomini si era sentito + un applauso, mescolato di voce e lagrime di giubilo, egual a + quello che veniva egli di vedere in quest' occasione.+ Adda, + 6.(16.) Juli 1688.] + + [Anmerkung 133: +Burnet, I. 744+; Citters, 3.(13.) Juli 1688.] + + [Anmerkung 134: Siehe eine interessante Erzhlung, welche Danby, + damals Herzog von Leeds, zugleich mit anderen Papieren im Jahre + 1710 verffentlichte. Eine anziehende Beschreibung der Ceremonie + der Papstverbrennung findet sich auch in North's +Examen, 570+. + Ferner sehe man die Note zum Epilog des Trauerspiels dipus in + Scott's Ausgabe von Dryden.] + + [Anmerkung 135: +Reresby's Memoirs+; Citters, 3.(13.) Juli 1688; + Adda, 6.(16.) Juli; Barillon 2.(12.) Juli; +Luttrell's Diary+; + Neuigkeitsbrief vom 4. Juli; +Oldmixon, 739+; Ellis' + Correspondenz.] + + +[_Eigenthmlicher Zustand der ffentlichen Meinung zu jener Zeit._] +Inzwischen verbreitete sich die frohe Nachricht durch das ganze Land und +wurde allenthalben mit Jubel aufgenommen. Gloucester, Bedford und +Lichfield gehrten zu den Stdten, die sich durch besonderen Eifer +auszeichneten; Bristol und Norwich aber, welche nach Bevlkerung und +Reichthum London am nchsten standen, kamen bei diesem freudigen Anlasse +auch in der Begeisterung der Hauptstadt am nchsten. + +Die gerichtliche Verfolgung der sieben Bischfe ist ein Ereigni, das in +unsrer Geschichte einzig dasteht. Es war der erste und letzte Fall, wo +zwei mchtige in der Regel einander entgegengesetzte Gefhle, von denen +jedes fr sich allein bei heftiger Erregung hinreichend war, um den +Staat zu erschttern, in vollkommener Eintracht verbndet waren. Diese +Gefhle waren die Liebe zur Kirche und die Liebe zur Freiheit. Whrend +vieler Generationen war jeder heftige Ausbruch des kirchlichen Gefhls, +mit einer einzigen Ausnahme, der brgerlichen Freiheit nachtheilig +gewesen; und ebenso war jeder heftige Ausbruch des Freiheitsgefhls, mit +einer einzigen Ausnahme, dem Ansehen und Einflusse des Prlatenthums und +der Priesterschaft verderblich. Im Jahre 1688 war die Sache der +Hierarchie einen Augenblick die Sache der Volkspartei. Mehr als +neuntausend Geistliche, mit dem Primas und seinen ehrenwerthesten +Suffraganen an der Spitze, erklrten sich bereit, Haft und +Eigenthumsberaubung fr das groe Grundprinzip unsrer freien Verfassung +zu erdulden. Die Folge war eine Coalition, welche die eifrigsten +Kavaliere, die eifrigsten Republikaner und alle zwischeninne liegenden +Parteien der Gesammtheit umfate. Der Geist, welcher Hampden unter der +vergangenen Generation aufrecht erhalten hatte, verband sich mit dem +Geiste, welcher Sacheverell unter der folgenden aufrecht erhielt, um den +Erzbischof, der ein Hampden und ein Sacheverell zugleich war, aufrecht +zu erhalten. Diejenigen Klassen der Gesellschaft, denen an der Erhaltung +der Ruhe am meisten gelegen ist, welche in strmischen Zeiten gewhnlich +am ersten bei der Hand sind, die Regierung zu untersttzen, und welche +einen natrlichen Widerwillen gegen Aufwiegler hegen, folgten ohne +Bedenken der Leitung eines ehrwrdigen Mannes, des ersten Peers des +Reiches, des ersten Dieners der Kirche, eines Tory's in der Politik, +eines Heiligen in seinem Privatleben, den die Tyrannei wider seinen +Willen in einen Demagogen verwandelt hatte. Auf der andren Seite flehten +jetzt selbst Diejenigen, welche das Episcopat als einen berrest des +Papismus und als ein Werkzeug der Willkrherrschaft stets verabscheut +hatten, auf den Knien um den Segen eines Prlaten, der bereit war, eher +Ketten zu tragen und seine alterschwachen Glieder auf die nackten Steine +eines Kerkers zu legen, als da er die Interessen des protestantischen +Glaubens verrathen und die Hoheitsrechte der Krone ber das Gesetz +gestellt htte. Mit der Liebe zur Kirche und der Liebe zur Freiheit +verband sich in dieser wichtigen Krisis noch ein drittes Gefhl, das zu +den achtungswerthesten Zgen unsres Nationalcharacters gehrt. Ein durch +Willkrgewalt unterdrckter Mensch findet bei uns, htte er sonst auch +nicht den mindesten Anspruch auf Achtung und Dankbarkeit, gewhnlich +eine rege Theilnahme. So wurde zu den Zeiten unserer Grovter die +Gesellschaft durch Wilkes' Verfolgung heftig aufgeregt. Wir selbst sahen +die Nation durch die gegen die Knigin Karoline gebte Hrte fast bis +zum Wahnsinn gereizt. Daher wurde England, selbst wenn von dem Ausgange +des Prozesses gegen die Bischfe keine wichtigen politischen oder +religisen Interessen abgehangen htten, es wahrscheinlich nicht ohne +starke Regungen von Mitleid und Unwillen mit angesehen haben, wie einige +Greise von makelloser Tugend von der Rache eines jhzornigen und +unerbittlichen Frsten verfolgt wurden, der ihrer Treue seine Krone +verdankte. + +Von diesen Gefhlen angetrieben, stellten sich unsere Vorfahren in einer +ungeheuren und compacten Masse der Regierung entgegen. Die mchtige +Phalanx war aus allen Stnden, allen Parteien, allen protestantischen +Seelen gebildet. Im Vordertreffen standen die geistlichen und weltlichen +Lords, dann kamen die begterte Gentry und der Klerus, beide +Universitten, alle Gerichtshfe, Grohndler, Krmer und Pchter, die +Lasttrger, die sich in den Straen der groen Stdte plagten, und die +Landleute, welche das Feld bebauten. Die Koalition gegen den Knig +umfate selbst die Matrosen, die seine Schiffe bemannten, selbst die +Schildwachen, die seinen Palast bewachten. Die Namen Whig und Tory waren +einen Augenblick vergessen. Der alte Ausschlieungsmann reichte dem +alten Verabscheuer die Hand; Episcopalen, Presbyterianer, Independenten +und Baptisten vergaen ihre langjhrigen Fehden, um nur an ihren +gemeinsamen Protestantismus und an ihre gemeinsame Gefahr zu denken; +Theologen, die in der Schule Laud's gebildet waren, sprachen nicht nur +von Duldung, sondern sogar von Einigung. Der Erzbischof erlie bald nach +seiner Freisprechung einen Hirtenbrief, der eines der merkwrdigsten +Schriftstcke jener Zeit ist. Er hatte von Jugend auf mit den +Nonconformisten in Streit gelegen und sie mehrmals mit ungerechter und +unchristlicher Heftigkeit angegriffen. Sein Hauptwerk war eine hliche +Karrikatur auf die Calvinistische Theologie.[136] Er hatte fr den 30. +Januar, den Jahrestag der Hinrichtung Karl'sI., und fr den 29. Mai, +den Jahrestag der Rckkehr Karl'sII., Gebetsformulare abgefat, welche +so heftige Schmhungen gegen die Puritaner enthielten, da die Regierung +es fr nthig erachtet hatte, dieselben zu mildern. Jetzt aber war sein +Herz erweicht und geffnet. Er ermahnte die Bischfe und die Geistlichen +feierlich und eindringlich, ihren Brdern, den protestantischen +Dissenters, mit zarter Rcksicht zu begegnen, sie oft zu besuchen, sie +gastlich zu bewirthen, sich freundlich mit ihnen zu unterhalten und sie +womglich zum Anschlu an die Kirche zu bewegen, sich aber, wenn ihnen +dies nicht gelnge, in ihrem Wirken fr die segensreiche Sache der +Reformation herzlich und liebreich zu verbinden.[137] + +Viele fromme Leute dachten in spteren Jahren mit schmerzlicher +Sehnsucht an jene Zeit zurck. Sie schilderten dieselbe als den +flchtigen Schimmer eines goldenen Zeitalters zwischen zwei eisernen +Zeitaltern. Waren solche Klagen auch natrlich, so waren sie doch nicht +begrndet. Die Coalition von 1688 war und konnte nur das Erzeugni einer +an Wahnsinn grenzenden Tyrannei und einer alle groen Institutionen des +Landes gleichzeitig bedrohenden Gefahr sein. Da eine solche Coalition +seitdem nicht wieder vorgekommen, hat seinen Grund darin, weil noch nie +wieder so schlecht und verkehrt regiert worden ist. Man darf nicht +vergessen, da, wenn auch Eintracht an sich besser ist als Zwietracht, +doch Zwietracht das Zeichen besserer Zustnde sein kann als Eintracht +sie andeutet. Unglck und Gefahr zwingen die Menschen oft, sich zu +verbinden. Glck und Sicherheit bestimmen sie oft, sich zu trennen. + + [Anmerkung 136: Der +Fur Praedestinatus+.] + + [Anmerkung 137: Dieser Hirtenbrief findet sich in der ersten der + zwlf Sammlungen von Urkunden ber die englischen Angelegenheiten, + die zu Ende des Jahres 1688 und zu Anfang des Jahres 1689 gedruckt + wurden. Er wurde am 26. Juli, nicht ganz einen Monat nach dem + Prozesse erlassen. Um die nmliche Zeit uerte Lloyd von St. + Asaph gegen Heinrich Wharton, da die Bischfe ein ganz neues + Verfahren gegen die protestantischen Dissenters einzuschlagen + gedchten: +Omni modo curaturos, ut ecclesia sordibus et + corruptelis penitus exueretur; ut sectariis reformatis reditus in + ecclesiae sinum exoptati occasio ac ratio concederetur, si qui + sobrii et pii essent; ut pertinacibus interim jugum levaretur, + extinctis penitus legibus mulctatoriis. -- Excerpta ex Vita H. + Wharton.+] + + + + + Druck von Philipp Reclam jun. in Leipzig. + + + * * * * * + * * * * + * * * * * + + +Druckfehler und Unregelmssigkeiten + +Rechtschreibungsformen wie funfzig : fnfzig, Urtel : Urtheil +und Partein : Parteien sind ungendert. Die Namen Russel und +Russell sind ebenso ungendert (auch wenn es um die selbe Person +handelt). Einige doppelte Punkte wie + + [_Sir Patrick Hume und Sir Johann Cochrane._]. + +sind leise korrigiert. + +VII. Kapitel + + [Inhalt] + Wycherley, Tindal, Haines [Tintal] + Compton. -- Herbert. -- Churchill [Compten] + [Anm. VII.1] ... Van Kampen's ... Sir Jakob Mackintosh + [Van Kamper's, Makintosh] + Zeugen seiner Schmerzensausbrche [Schmerzensausbbrche] + [Anm. VII.5] ... j'ay en soin que M. Woodstoc + [_ungendert: Namen ist Woodstock_] + [Anm. VII.57] +Burnet I. 726--731+ [I.,] + [Anm. VII.63] ... jusqu' l'actuel payement. [j'usqu'] + Namens Johnstone [Johnestone] + die berreste des Ignatius Loyola [Loyla] + +VIII. Kapitel + + Heinrich's VI. und Heinrich's VIII. gebildet waren [Heinrichs VIII.] + Sie ... sind ... aus der Schrift heimschicken: Gehet hin ... + widerfahre. + [_anfhrungsszeichen ungendert_] + vierzig Fellow's [_' im Original_] + Von Whitehall war keine Antwort gekommen. [Withehall] + von Windsor nach Portsmouth [Portsmuth] + [Anm. VIII.34] ... Note zu Burnet I. 755 [I, 755] + [Anm. VIII.41] ... +Burnet I. 264+ [I, 264] + [Anm. VIII.45] ... 2.(12.) Dec. [2.(12. Dec.).] + [Anm. VIII.127] ... +Tanner MS.+ [Ms.] + durch Wilkes' Verfolgung [Wilke's] + + + + + + + +End of the Project Gutenberg EBook of Geschichte von England seit der +Thronbesteigung Jakob's des Zweiten., by Thomas Babington Macaulay + +*** END OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK GESCHICHTE VON ENGLAND--VIERTER BAND *** + +***** This file should be named 30331-8.txt or 30331-8.zip ***** +This and all associated files of various formats will be found in: + https://www.gutenberg.org/3/0/3/3/30331/ + +Produced by Louise Hope, Delphine Lettau, richyfourtytwo +and the Online Distributed Proofreading Team at +https://www.pgdp.net + + +Updated editions will replace the previous one--the old editions +will be renamed. + +Creating the works from public domain print editions means that no +one owns a United States copyright in these works, so the Foundation +(and you!) can copy and distribute it in the United States without +permission and without paying copyright royalties. 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You may copy it, give it away or +re-use it under the terms of the Project Gutenberg License included +with this eBook or online at www.gutenberg.org + + +Title: Geschichte von England seit der Thronbesteigung Jakob's des Zweiten. + Vierter Band + +Author: Thomas Babington Macaulay + +Translator: Wilhelm Hartwig Beseler + +Release Date: October 25, 2009 [EBook #30331] + +Language: German + +Character set encoding: UTF-8 + +*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK GESCHICHTE VON ENGLAND--VIERTER BAND *** + + + + +Produced by Louise Hope, Delphine Lettau, richyfourtytwo +and the Online Distributed Proofreading Team at +https://www.pgdp.net + + + + + + +</pre> + + +<div class = "mynote"> + +<p><a name = "start" id = "start">Dieser Text</a> benutzt die +UTF-8-Kodierung (Unicode). Wenn die Apostrophe, Anführungs­zeichen +und die Umlaute in diesem Absatz als seltsame Zeichen dargestellt +werden, könnte es auch an Ihrem inkompa­tiblen Browser oder an +fehlenden Fonts (Zeichen­sätzen) liegen. Stellen Sie zunächst +sicher, dass der „Zeichensatz“ oder „Datei-Kodierung“ auf Unicode +(UTF-8) eingestellt ist. Eventuell ist es auch nötig, die +Standard­schrift Ihres Browser zu ändern.</p> + +<p>Einige Druckfehler sind korrigiert und mit <ins class = "correction" +title = "wie so">popups</ins> notiert. Recht­schreibungs­formen +wie »funfzig« : »fünfzig«, »Urtel« : »Urtheil« und »Partein« : +»Parteien« sind ungeändert. Die Namen »Russel« und »Russell« sind ebenso +ungeändert (auch wenn es um die selbe Person handelt).</p> + +<p class = "hanging"><a href = "#kap_VII">7. Kapitel</a><br> +<a href = "#inhalt_VII">Inhalt</a></p> + +<p class = "hanging"><a href = "#kap_VII">8. Kapitel</a><br> +<a href = "#inhalt_VIII">Inhalt</a></p> + + +</div> + +<div class = "titlepage"> + +<h2>Thomas Babington Macaulay’s</h2> + +<h1>Geschichte von England</h1> + + +<h6><em>seit der</em></h6> + +<p> </p> + +<h4>Thronbesteigung Jakob’s des Zweiten.</h4> + +<p> </p> + +<hr class = "tiny"> + +<p> </p> + +<h6><em>Aus dem Englischen.</em></h6> + +<p> </p> + +<hr class = "border"> + +<h5 class = "sans">Vollständige und wohlfeilste Stereotyp-Ausgabe.</h5> + +<hr class = "border"> + +<p> </p> + +<h5>Vierter Band</h5> + +<p> </p> + +<p class = "illustration"> +<img src = "images/floral.png" width = "178" height = "9" +alt = "----"></p> + +<h5>Leipzig, 1854.</h5> + +<h6 class = "extended">G. H. Friedlein.</h6> + +</div> + + +<a name = "kap_VII" id = "kap_VII"> </a> +<div class = "chapterhead"> + +<span class = "pagenum">VII.1</span> +<a name = "pageVII_1" id = "pageVII_1"> </a> + +<h5><b>Siebentes Kapitel.</b></h5> + +<h4><span class = "extended">Jakob</span> <b>II.</b></h4> + +<hr class = "tiny"> + +</div> + +<a name = "pageVII_2" id = "pageVII_2"> </a> + +<span class = "pagenum">VII.3</span> +<a name = "pageVII_3" id = "pageVII_3"> </a> + +<h4><a name = "inhalt_VII" id = "inhalt_VII"> +<b><span class = "extended">Inhalt</span>.</b></a></h4> + +<hr class = "micro"> + +<table class = "toc" summary = "inhaltsverzeichniss"> +<tr> +<td></td> +<td class = "seite">Seite</td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVII_1">Wilhelm, Prinz von Oranien</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_5">5</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVII_2">Sein Äußeres</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_5">5</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVII_3">Sein früheres Leben und seine +Erziehung</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_5">5</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVII_4">Seine religiösen Ansichten</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_7">7</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVII_5">Seine militairischen Talente</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_8">8</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVII_6">Sein Vergnügen an Gefahren; seine schlechte +Gesundheit</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_10">10</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVII_7">Kälte seines Benehmens und Heftigkeit +seiner Gemüthsregungen</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_10">10</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVII_8">Seine Freundschaft für Bentinck</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_10">10</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVII_9">Marie, Prinzessin von Oranien</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_12">12</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVII_10">Gilbert Burnet</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_14">14</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVII_11">Er vermittelt eine innigere Annäherung +zwischen dem Prinzen und der Prinzessin</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_17">17</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVII_12">Beziehungen Wilhelm’s zu den englischen +Parteien</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_18">18</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVII_13">Seine Gesinnungen gegen England</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_18">18</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVII_14">Seine Gesinnungen gegen Holland und +Frankreich</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_19">19</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVII_15">Seine Politik durchaus consequent</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_22">22</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVII_16">Vertrag von Augsburg</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_24">24</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVII_17">Wilhelm wird das Oberhaupt der englischen +Opposition</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_25">25</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVII_18">Mordaunt schlägt Wilhelm eine Landung in +England vor</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_26">26</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVII_19">Wilhelm verwirft den Rath</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_26">26</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVII_20">Unzufriedenheit in England nach dem Sturze +der Hyde</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_27">27</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVII_21">Bekehrungen zum Papismus; Peterborough, +Salisbury</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_27">27</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVII_22">Wycherley, <ins class = "correction" title += "Original hat »Tintal«">Tindal</ins>, Haines</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_28">28</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVII_23">Dryden</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_29">29</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVII_24"><span class = "antiqua">„The Hind and +Panther.“</span></a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_30">30</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVII_25">Änderung in dem Verfahren des Hofes gegen +die Puritaner</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_32">32</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVII_26">In Schottland theilweise Duldung +gewährt</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_35">35</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVII_27">Persönliche Bearbeitung Einzelner im +königlichen Kabinet</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_36">36</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVII_28">Erfolglosigkeit der persönlichen +Bearbeitung</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_37">37</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVII_29">Admiral Herbert</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_37">37</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVII_30">Die Indulgenzerklärung</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_37">37</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVII_31">Stimmung der protestantischen +Dissenters</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_39">39</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVII_32">Stimmung der anglikanischen Kirche</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_40">40</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVII_33">Der Hof und die Kirche</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_40">40</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVII_34">„Brief an einen Dissenter.“</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_42">42</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVII_35">Benehmen der Dissenters</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_43">43</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVII_36">Einige von ihnen halten es mit dem Hofe. +Care, Alsop, Rosewell</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_45">45</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVII_37">Lobb</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_46">46</a></td> +</tr> +<tr> +<td> +<span class = "pagenum">VII.4</span> +<a name = "pageVII_4" id = "pageVII_4"> </a> +<a href = "#secVII_38">Penn</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_46">46</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVII_39">Die Mehrzahl der Puritaner ist gegen den +Hof. Baxter</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_46">46</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVII_40">Howe</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_47">47</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVII_41">Bunyan</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_47">47</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVII_42">Kiffin</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_49">49</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVII_43">Der Prinz und die Prinzessin von Oranien +gegen die Indulgenzerklärung</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_52">52</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVII_44">Vertheidigung ihrer Ansichten bezüglich +der englischen Katholiken</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_53">53</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVII_45">Jakob’s Feindschaft gegen Burnet</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_57">57</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVII_46">Sendung Dykvelt’s nach England</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_59">59</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVII_47">Unterhandlungen Dykvelt’s mit englischen +Staatsmännern</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_59">59</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVII_48">Danby</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_60">60</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVII_49">Nottingham</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_60">60</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVII_50">Halifax</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_61">61</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVII_51">Devonshire</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_62">62</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVII_52">Eduard Russel</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_64">64</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVII_53"><ins class = "correction" title = +"Original hat »Compten«">Compton</ins>. -- Herbert. — +Churchill</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_65">65</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVII_54">Lady Churchill und die Prinzessin +Anna</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_66">66</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVII_55">Dykvelt kehrt mit Briefen von vielen +angesehenen Engländern nach dem Haag zurück</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_68">68</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVII_56">Zulestein’s Sendung</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_69">69</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVII_57">Zunehmende Feindschaft zwischen Jakob und +Wilhelm</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_70">70</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVII_58">Einfluß der holländischen Presse</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_71">71</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVII_59">Stewart’s und Fagel’s Correspondenz</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_71">71</a></td> +</tr> +<tr class = "bottomline"> +<td><a href = "#secVII_60">Castelmaine’s Gesandtschaft in Rom</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVII_72">72</a></td> +</tr> +<tr class = "toppad"> +<td><a href = "#kap_VIII">[<i>8. Kapitel</i>]</a></td> +<td></td> +</tr> +</table> + + +<span class = "pagenum">VII.5</span> +<a name = "pageVII_5" id = "pageVII_5"> </a> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Wilhelm, Prinz von Oranien.</span> +<a name = "secVII_1" id = "secVII_1">Wilhelm</a> Heinrich, Prinz von +Oranien-Nassau, nimmt in der Geschichte Englands und der gesammten +Menschheit eine so bedeutende Stelle ein, daß es wünschenswerth +erscheint, die markirten Züge seines Characters mit einiger +Ausführlichkeit zu zeichnen.<a class = "tag" name = "tagVII_1" id = +"tagVII_1" href = "#noteVII_1">1</a></p> + +<p class = "footnote"> +<a name = "noteVII_1" id = "noteVII_1" href = "#tagVII_1">1.</a> +Die Hauptquellen, aus denen ich meine Schilderung des Prinzen von +Oranien geschöpft habe, sind Burnet’s Geschichte, Temple’s und +Gourville’s Memoiren, die Unterhandlungen der Grafen Estrades und Avaux, +Sir Georg Downing’s Briefe an den Lordkanzler Clarendon, Wagenaar’s +umfangreiches Geschichtswerk, <ins class = "correction" title = +"Original hat »Van Kamper’s«">Van Kampen’s</ins> <span class = +"antiqua">Karakterkunde Vaderlandsche Geschiedenis</span>, und vor Allem +Wilhelm’s eigene vertrauliche Correspondenz, von welcher der Herzog von +Portland Sir Jakob <ins class = "correction" title = "Original hat »Makintosh«">Mackintosh</ins> eine Abschrift zu nehmen erlaubte.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Sein Äußeres.</span> +<a name = "secVII_2" id = "secVII_2">Er</a> stand jetzt in seinem +siebenunddreißigsten Lebensjahre, war aber körperlich und geistig älter +als andere Leute in diesen Jahren. Man könnte fast sagen, er sei niemals +jung gewesen. Sein Äußeres ist uns fast eben so gut bekannt, als seinen +eigenen Heerführern und Räthen. Bildhauer, Maler und Münzschneider haben +ihre ganze Geschicklichkeit aufgeboten, um seine Züge der Nachwelt zu +überliefern, und diese waren von der Art, daß kein Künstler sie +verfehlen und daß, wer sie einmal gesehen, sie nie vergessen konnte. +Sein Name erinnert uns sogleich an eine schmächtige und zarte Gestalt, +an eine hohe und breite Stirn, an eine wie der Schnabel eines Adlers +gebogene Nase, an ein Paar Augen, die an Glanz und Schärfe mit denen des +Adler wetteiferten, an eine gedankenvolle, etwas finstre Miene, einen +festen und etwas mürrischen Mund, an eine bleiche, eingefallene und +durch Krankheit und Sorgen tief gefurchte Wange. Dieses gedankenvolle, +ernste und feierliche Aussehen konnte kaum einem glücklichen und +lebensfrohen Manne angehört haben; aber es verräth in unverkennbarer +Weise die Befähigung zu den schwierigsten Unternehmungen und einen durch +kein Mißgeschick und durch keine Gefahren zu erschütternden Muth.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Sein früheres Leben und seine Erziehung.</span> +<a name = "secVII_3" id = "secVII_3">Die</a> Natur hatte Wilhelm mit +allen Eigenschaften eines großen Herrschers reich ausgestattet und die +Erziehung hatte diese Eigenschaften in nicht gewöhnlichem Grade +entwickelt. Mit einem scharfen natürlichen Verstande und einer seltenen +Willenskraft sah er sich, als sein Geist zu erwachen begann, als vater- +und mutterlose Waise, als das Oberhaupt einer großen, aber unterdrückten +und entmuthigten Partei und als den Erben ausgedehnter aber unbestimmter +Ansprüche, welche die Furcht und die Abneigung der damals in den +Niederlanden herrschenden Oligarchie erregten. Das gemeine Volk, +<span class = "pagenum">VII.6</span> +<a name = "pageVII_6" id = "pageVII_6"> </a> +das seit einem Jahrhundert seinem Hause treu ergeben war, bewies so oft +es ihn sah, auf nicht zu verkennende Weise, daß es ihn als sein +rechtmäßiges Oberhaupt betrachtete. Die geschickten und erfahrenen +Minister der Republik, die seinen Namen tödtlich haßten, brachten ihm +täglich ihre erzwungene Huldigung dar und beobachteten dabei die +Fortschritte seines Geistes. Die ersten Regungen seines Ehrgeizes wurden +sorgfältig bewacht, jedes unüberlegte Wort, das ihm entschlüpfte, wurde +niedergeschrieben, und er besaß nicht einen einzigen Rathgeber, auf +dessen Ausspruch Vertrauen gesetzt werden konnte. Er war kaum funfzehn +Jahre alt, so wurden alle Diener, die seinem Interesse ergeben waren und +die sein Vertrauen genossen, von der mißtrauischen Regierung aus seinem +Hause entfernt. Er sträubte sich dagegen mit einer weit über seine Jahre +hinausgehenden Energie, aber vergebens. Aufmerksame Beobachter sahen +mehr als einmal Thränen in den Augen des jungen Staatsgefangenen. Seine +von Haus aus zarte Gesundheit war eine Zeit lang durch die +Gemüthsbewegungen, die seine traurige und vereinsamte Stellung erzeugte, +ernstlich erschüttert. Eine solche Lage macht den Schwachen muthlos und +bestürzt, dem Starken giebt sie eine verdoppelte Kraft. Von Schlingen +umgeben, in denen ein gewöhnlicher Jüngling umgekommen sein würde, +lernte Wilhelm vorsichtig und zu gleicher Zeit energisch auftreten. +Schon lange bevor er das Mannesalter erreicht, verstand er es, +Geheimnisse zu bewahren, die Neugierde durch trockene und wohlüberlegte +Antworten abzutrumpfen und alle Leidenschaften unter dem nämlichen +Scheine ernster Ruhe zu verbergen. In der feinen Weltbildung und in +literarischen Kenntnissen machte er dagegen nur geringe Fortschritte. +Dem Benehmen des holländischen Adels jener Zeit fehlte die +liebenswürdige Anmuth, welche bei den gebildeten Franzosen in höchster +Vollkommenheit zu finden war und in geringerem Grade auch den englischen +Hof zierte; seine Manieren waren durchaus holländisch. Selbst seine +eigenen Landsleute nannten ihn plump, und Ausländern erschien er oft +noch mehr als dies. In seinem Verkehr mit der Welt im Allgemeinen schien +er jene Fertigkeiten, welche den Werth einer Gunstbezeugung erhöhen und +einer Verweigerung die Spitze abbrechen, nicht zu kennen oder sie zu +verschmähen. Die Literatur und die Wissenschaften interessirten ihn +wenig; er wußte nichts von den Entdeckungen eines Newton und Leibnitz, +von den Poesien eines Dryden und Boileau; dramatische Darstellungen +langweilten ihn und er war froh, wenn er den Blick von der Bühne +abwenden und von öffentlichen Angelegenheiten sprechen konnte, während +Orestes raste oder Tartüffe der Elmira die Hand drückte. Er besaß zwar +einiges Talent zu Sarkasmen und entfaltete nicht selten ganz unbewußt +eine sonderbar klingende, aber kräftige und originelle natürliche +Redekunst, aber nach den Titel eines Schöngeistes oder eines Redners +strebte er nicht. Seine ganze Aufmerksamkeit war auf diejenigen Studien +gerichtet gewesen, welche einen tüchtigen und umsichtigen Geschäftsmann +bilden. Von Kindheit an hörte er mit Interesse zu, wenn wichtige Fragen +über Bündnisse, Finanzen und Krieg besprochen wurden. Von der Geometrie +lernte er soviel als zum Bau einer Schanze oder eines Hornwerks nöthig +war. Von fremden Sprachen lernte er mit Hülfe seines ausgezeichneten +Gedächtnisses soviel als er bedurfte, um Alles, was mit ihm gesprochen +wurde, und jeden Brief, den er empfing, verstehen und beantworten zu +können. Das Holländische war seine Umgangssprache. Er verstand +Lateinisch, Italienisch +<span class = "pagenum">VII.7</span> +<a name = "pageVII_7" id = "pageVII_7"> </a> +und Spanisch, sprach und schrieb Französisch, Englisch und Deutsch, zwar +nicht elegant und grammatisch richtig, aber fließend und verständlich. +Keine Fähigkeit konnte wichtiger sein für einen Mann, der dazu bestimmt +war, große Bündnisse zu organisiren und Armeen zu commandiren, die aus +verschiedenen Nationalitäten zusammengesetzt waren.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Seine religiösen Ansichten.</span> +<a name = "secVII_4" id = "secVII_4">Eine</a> Klasse von philosophischen +Fragen war durch die Umstände seiner Aufmerksamkeit dringend empfohlen +worden und scheint ihn mehr interessirt zu haben, als man es von seinem +allgemeinen Character hätte erwarten sollen. Die Protestanten der +Vereinigten Provinzen bestanden wie die unsrer Insel aus zwei großen +religiösen Partein, welche zwei großen politischen Parteien fast genau +entsprachen. Die Oberhäupter der städtischen Oligarchie waren Arminianer +und wurden im Allgemeinen von der Menge als nicht viel besser denn +Papisten betrachtet. Die Prinzen von Oranien waren gewöhnlich die +Schutzpatrone der calvinistischen Theologie gewesen und verdankten +keinen geringen Theil ihrer Popularität ihrem Eifer für die Lehren von +der Gnadenwahl und dem endlichen Beharren, einem Eifer, der nicht immer +durch Kenntnisse erleuchtet oder durch Humanität gemäßigt war. Wilhelm +war von Kindheit auf in dem theologischen System, dem seine Familie +anhing, sorgfältig unterrichtet worden, und betrachtete dieses System +mit größerer Vorliebe, als man in der Regel für seinen ererbten Glauben +hegt. Er hatte über die großen Probleme, welche auf der Synode von +Dortrecht erörtert worden waren, nachgedacht und in der strengen, +unbeugsamen Logik der genfer Schule etwas gefunden, was seinem Verstande +und seinem Gemüth zusagte. Das Beispiel von Unduldsamkeit, das einige +seiner Vorgänger gegeben, ahmte er jedoch niemals nach; er empfand gegen +alle Verfolgung eine entschiedene Abneigung, die er nicht allein da +aussprach, wo ein solches Eingeständniß offenbar staatsklug war, sondern +auch in Fällen, wo es den Anschein hatte, daß sein Interesse durch +Verstellung oder Stillschweigen hätte gefördert werden können. +Gleichwohl waren seine theologischen Ansichten noch entschiedener als +die seiner Vorgänger. Die Lehre von der Prädestination war der +Grundstein seiner Religion. Er erklärte oft, daß wenn er diese Lehre +aufgeben müßte, er zugleich mit derselben allen Glauben an eine waltende +Vorsehung aufgeben und ein reiner Epikuräer werden müßte. Diesen +einzigen Punkt ausgenommen, wurde die ganze Fülle seines kräftigen +Geistes frühzeitig von dem Theoretischen ab und auf das Praktische +gelenkt. Die Fähigkeiten, deren es zur Leitung wichtiger Geschäfte +bedarf, gediehen bei ihm schon in einem Alter zur Reife, wo sie sich bei +gewöhnlichen Menschen kaum erst zu entfalten begonnen haben. Seit +Octavius hatte die Welt kein solches Beispiel frühzeitiger +staatsmännischer Befähigung gesehen. Erfahrene Diplomaten erstaunten +über die treffenden Bemerkungen, die der siebzehnjährige Prinz über +öffentliche Angelegenheiten machte, und mit noch weit größerem Erstaunen +sahen sie diesen Knaben in Lagen, wo man hätte erwarten sollen, daß er +starke Leidenschaften verrathen werde, eine eben so unerschütterliche +Ruhe bewahren, wie sie selbst. Mit achtzehn Jahren saß er bereits unter +den Vätern der Republik, ernst, besonnen und einsichtsvoll wie der +Älteste unter ihnen. Mit zweiundzwanzig Jahren ward er an einem Tage der +Trauer und des Schreckens an die Spitze der Verwaltung gestellt. Mit +dreiundzwanzig Jahren war er durch ganz Europa als Feldherr und +Staatsmann berühmt. Er hatte innere Factionen niedergeworfen, +<span class = "pagenum">VII.8</span> +<a name = "pageVII_8" id = "pageVII_8"> </a> +war die Seele einer mächtigen Coalition und hatte im Felde gegen einige +von den größten Generälen seiner Zeit mit Ehren gefochten.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Seine militairischen Talente.</span> +<a name = "secVII_5" id = "secVII_5">Seine</a> persönlichen Neigungen +waren mehr die eines Kriegers als die eines Staatsmannes, aber wie sein +Urgroßvater, der schweigsame Prinz, der die batavische Republik +gründete, nimmt er unter den Staatsmännern einen viel höheren Rang ein +als unter den Feldherren. Der Verlauf der Schlachten ist allerdings kein +untrüglicher Prüfstein für die Talente eines Befehlshabers, und es würde +ganz besonders ungerecht sein, wollte man diesen Prüfstein bei Wilhelm +anwenden, denn das Schicksal wollte, daß er fast stets Feldherren, +welche vollendete Meister in ihrer Kunst, und Truppen gegenüberstand, +welche in der Disciplin den seinigen weit überlegen waren. Indessen läßt +sich mit gutem Grunde annehmen, daß er als General im offenen Felde +Manchem, der in geistiger Beziehung tief unter ihm stand, keineswegs +gleichkam. Mit Leuten, die sein Vertrauen besaßen, sprach er über diesen +Gegenstand mit der edlen Offenheit eines Mannes, der Großes vollbracht +hat und der recht wohl auch einige Mängel eingestehen kann. Er sagte, er +habe keine Lehrzeit für den militairischen Beruf bestanden; er sei schon +als Knabe an die Spitze einer Armee gestellt worden, unter seinen +Offizieren habe sich keiner befunden, der fähig gewesen wäre, ihn zu +unterweisen; nur aus seinen eigenen Fehlern und deren Folgen habe er +etwas lernen können. „Ich würde einen guten Theil meines Vermögens darum +geben,“ rief er einmal aus, „wenn ich einige Feldzüge unter dem Prinzen +von Condé mitgemacht hätte, ehe ich gegen ihn commandiren mußte.“ Es ist +nicht unwahrscheinlich, daß der Umstand, welcher Wilhelm verhinderte, +eine ausgezeichnete strategische Bildung zu erlangen, der allgemeinen +Entwickelung seiner Geisteskräfte zu Gute gekommen ist. Bewiesen seine +Schlachten auch nicht den großen Taktiker, so berechtigten sie ihn doch +zu dem Titel eines großen Mannes. Kein Mißgeschick konnte ihn nur einen +Augenblick seiner Festigkeit und des vollständigen Besitzes aller seiner +Fähigkeiten berauben. Seine Niederlagen wurden mit einer so wunderbaren +Schnelligkeit wieder gut gemacht, daß er, noch ehe seine Feinde das +Tedeum gesungen hatten, schon wieder zum Kampfe gerüstet war; auch +beeinträchtigten solche Schläge in keiner Weise die Achtung und das +Vertrauen, dessen er sich von Seiten seiner Soldaten erfreute. Diese +Achtung und dieses Vertrauen verdankte er in nicht geringem Maße seinem +persönlichen Muthe. Den Grad von Muth, dessen der Soldat bedarf, um +einen Feldzug ohne Schande zu bestehen, besitzen die meisten Menschen +oder wenigstens können sie denselben in einer guten Schule erlangen. Ein +Muth wie der des Prinzen Wilhelm aber ist in der That selten. Er wurde +auf jede nur mögliche Weise geprüft, durch Krieg, durch Wunden, durch +schmerzhafte und entnervende Krankheiten, durch Seestürme, durch die +beständig drohende Gefahr, ermordet zu werden, eine Gefahr, die schon +sehr starke Nerven erschüttert hat und durch welche selbst die eiserne +Tapferkeit Cromwell’s einen harten Stoß erhielt. Aber Niemand konnte je +etwas entdecken, was der Prinz von Oranien fürchtete. Seine Rathgeber +konnten ihn nur mit Mühe dazu bringen, daß er einige Vorsichtsmaßregeln +gegen die Pistolen und Dolche von Verschwörern ergriff.<a class = "tag" +name = "tagVII_2" id = "tagVII_2" href = "#noteVII_2">2</a> Alte +Seeleute erstaunten über die kaltblütige Ruhe, die er +<span class = "pagenum">VII.9</span> +<a name = "pageVII_9" id = "pageVII_9"> </a> +inmitten tobender Brandungen an einer gefahrvollen Küste bewahrte. In +der Schlacht zeichnete ihn seine Tapferkeit unter Zehntausenden tapferer +Krieger aus, erweckte die hochherzige Anerkennung selbst der feindlichen +Heere und wurde selbst von der Unbilligkeit feindlicher Factionen nie +bestritten. Während seiner ersten Feldzüge setzte er sich der Gefahr +aus, als ob er den Tod gesucht hätte, war beim Angriff stets der Erste, +beim Rückzug der Letzte, kämpfte mit dem Schwerte in der Hand im +dichtesten Gewühl, und mit einer Flintenkugel im Arm, den Harnisch von +Blut überströmt, hielt er noch immer Stand und schwenkte im +furchtbarsten Feuer seinen Hut. Seine Freunde beschworen ihn, er solle +doch sein für das Vaterland unschätzbares Leben mehr schonen. Sein +berühmtester Gegner, der große Condé, bemerkte nach der blutigen +Schlacht von Seneff, der Prinz von Oranien habe sich in jeder Beziehung +wie ein alter General benommen, nur in sofern nicht, als er sich wie ein +junger Soldat ausgesetzt. Wilhelm leugnete, daß er sich der Tollkühnheit +schuldig gemacht habe. Er stelle sich, meinte er, nur aus Pflichtgefühl +und aus kalter Berechnung dessen, was das öffentliche Interesse +erheische, immer auf den Posten der Gefahr. Die Truppen, die er +befehlige, seien wenig an den Krieg gewöhnt und fürchteten ein +Handgemenge mit den französischen Veteranen; es sei daher nöthig, daß +ihr Anführer ihnen zeige, wie man Schlachten gewinnt. Und in der That +wurde auch mehr als eine Schlacht, welche rettungslos verloren schien, +noch durch die Kühnheit gewonnen, mit der er seine zersprengten +Bataillone sammelte und eigenhändig die Memmen niederhieb, welche das +Beispiel zur Flucht gaben. Zuweilen sah es jedoch ganz so aus, als ob er +ein eignes Vergnügen daran finde, sein Leben zu gefährden. Es wurde +bemerkt, daß er nie heiterer, freundlicher und liebenswürdiger war, als +im blutigen Getümmel der Schlacht. Selbst bei seinen Zerstreuungen +liebte er das Aufregende der Gefahr. Kartenspiele, Schach und Billard +machten ihm kein Vergnügen; seine Lieblingserholung war die Jagd, und +die gefährlichste war ihm die liebste. Er machte oft Sätze, daß seine +kühnsten Begleiter nicht Lust hatten, ihm zu folgen. Selbst die +verwegensten Sportvergnügungen Englands scheint er für weibisch gehalten +zu haben, und im großen Parke von Windsor sehnte er sich nach dem Wilde, +das er in den Forsten von Geldern zu jagen gewohnt war, nach Wölfen, +Ebern und riesigen Sechzehnendern.<a class = "tag" name = "tagVII_3" id += "tagVII_3" href = "#noteVII_3">3</a></p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVII_2" id = "noteVII_2" href = "#tagVII_2">2.</a> +Nach dem Frieden von Ryswick drangen die Freunde Wilhelm’s in ihn, mit +dem französischen Gesandten ganz ernstlich über die Mordanschläge zu +sprechen, welche die Jakobiten von St. Germain beständig schmiedeten. +Die kaltblütige Hochherzigkeit, mit der er diese Warnungen vor Gefahr +aufnahm, ist besonders characteristisch. Dem Grafen Bentinck, der von +Paris sehr beunruhigende Nachrichten gemeldet hatte, antwortete er nur +am Schlusse eines langen Geschäftsbriefes: <span class = "antiqua">„Pour +les assasins je ne luy en ay pas voulu parler, croiant que c’etoit au +desous de moy.</span>“ — 2.(12.) Mai 1698. Ich habe die +Orthographie des Originals, wenn von einer solchen überhaupt die Rede +sein kann, beibehalten.</p> + +<p><a name = "noteVII_3" id = "noteVII_3" href = "#tagVII_3">3.</a> +Von Windsor schrieb er an Bentinck, damals Gesandten in Paris: <span +class = "antiqua">„J’ay pris avant hier un cerf dans la forest avec les +chains du Pr. de Denm. et ay fait un assez jolie chasse, autant, que ce +vilain paiis le permest.“</span> — 20. März (1. April) 1698. Die +Orthographie ist schlecht, aber nicht schlechter als die Napoleon’s. In +besserer Stimmung schrieb Wilhelm von Loo aus: <span class = +"antiqua">„Nous avons pris deux cerfs, le premier dans Dorewaert, qui +est un des plus gros que je sache avoir jamais pris. Il porte +seize.“</span> — 25. Oct. (4. Nov.) 1697.</p> +</div> + +<span class = "pagenum">VII.10</span> +<a name = "pageVII_10" id = "pageVII_10"> </a> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Sein Vergnügen an Gefahren; seine schlechte Gesundheit.</span> +<a name = "secVII_6" id = "secVII_6">Seine</a> Tollkühnheit war um so +merkwürdiger, da er von ungemein zarter Körperconstitution war. Er war +von früher Jugend an schwächlich und kränklich gewesen, und im ersten +Mannesalter waren seine Leiden durch einen heftigen Pockenanfall noch +verschlimmert worden. Er war engbrüstig und schwindsüchtig. Sein +schwächlicher Körper wurde durch einen beständigen heiseren Husten +erschüttert. Er konnte nicht schlafen, wenn sein Kopf nicht durch +mehrere Kissen unterstützt wurde, und nur in der reinsten Luft konnte er +ohne Beschwerden athmen. Dabei quälten ihn oft heftige Kopfschmerzen. +Körperliche Anstrengungen ermüdeten ihn sehr bald. Die Ärzte pflegten +die Hoffnung seiner Feinde dadurch aufrecht zu erhalten, daß sie einen +Termin festsetzten, über den hinaus, wenn sich überhaupt irgend etwas in +der Wissenschaft mit Sicherheit bestimmen lasse, sein zerrütteter +Organismus unmöglich ausdauern könnte. Dennoch verließ seinen Geist +während seines ganzen Lebens, das nur eine lange Krankheit war, bei +keiner wichtigen Gelegenheit die nöthige Kraft, um seinen leidenden und +siechen Körper aufrecht zu erhalten.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Kälte seines Benehmens und Heftigkeit seiner Gemüthsregungen.</span> +<a name = "secVII_7" id = "secVII_7">Er</a> war mit heftigen +Leidenschaften und mit leichter Reizbarkeit geboren; aber die Welt hatte +keine Ahnung von der Stärke seiner Gemüthsaffecte. Vor den Blicken der +Menge verbarg er seine Freude und seinen Kummer, seine Zuneigung und +seinen Groll unter einer phlegmatischen Ruhe, die ihm den Ruf des +kaltblütigsten und gleichgültigsten Menschen verschaffte. Wer ihm eine +gute Nachricht brachte, konnte selten ein Zeichen von Freude entdecken; +wer ihn nach einer Niederlage sah, spähte umsonst nach einer Spur von +Unmuth. Er lobte und tadelte, belohnte und bestrafte mit der kalten +Gelassenheit eines Mohawkhäuptlings; aber wer ihn genauer kannte und ihn +näher betrachtete, der bemerkte wohl, daß unter dieser Eisrinde +beständig ein ungestümes Feuer brannte. Nur selten raubte der Zorn ihm +seine Selbstbeherrschung; wenn er aber einmal in Wuth gerieth, so war +der erste Ausbruch seiner Leidenschaft furchtbar. Es war dann in der +That nicht rathsam, ihm zu nahe zu kommen. In diesen seltenen Fällen +jedoch gab er, sobald er seine Selbstbeherrschung wieder erlangt hatte, +Denen, die er beleidigt, so vollständige Genugthuung, daß sie sich fast +zu dem Wunsche versucht fühlten, er möchte aufs neue in Wuth gerathen. +Seine Liebe war nicht minder stürmisch als sein Zorn. Wo er einmal +liebte, da liebte er mit der ganzen Kraft seiner starken Seele. Wenn der +Tod ihn von einem geliebten Wesen trennte, fürchteten die wenigen Zeugen +seiner <ins class = "correction" title = "Original hat »Schmerzensausbbrüche«">Schmerzensausbrüche</ins> für seinen Verstand +und für sein Leben. Einem sehr kleinen Kreise intimer Freunde gegenüber, +auf deren Treue und Verschwiegenheit er sich unbedingt verlassen konnte, +war er ein ganz andrer Mensch als der verschlossene und stoische +Wilhelm, dem die Menge jedes menschliche Gefühl absprach. In ihrer +Gesellschaft war er freundlich, gemüthlich, offenherzig, selbst gesellig +und witzig, konnte Stunden lang bei Tische sitzen und vollen Antheil an +einer heiteren Unterhaltung nehmen.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Seine Freundschaft für Bentinck.</span> +<a name = "secVII_8" id = "secVII_8">Am</a> höchsten in seiner Gunst +stand ein Kavalier seines Hofstaates, Namens Bentinck, der aus einem +edlen batavischen Geschlecht stammte und der Gründer eines der großen +patrizischen Häuser Englands werden sollte. Bentinck’s Treue hatte sich +in nicht gewöhnlicher Weise erprobt. Zu der Zeit, als die Vereinigten +<span class = "pagenum">VII.11</span> +<a name = "pageVII_11" id = "pageVII_11"> </a> +Provinzen gegen die Macht Frankreichs um ihre Existenz kämpften, wurde +der junge Prinz, auf dem alle ihr Hoffnungen ruhten, von den Pocken +befallen. Diese Krankheit hatte bei mehreren Mitgliedern seiner Familie +einen tödtlichen Ausgang genommen und zeigte auch bei ihm anfangs einen +sehr bösartigen Character. Die Bestürzung des Volks war groß. Von früh +bis Abends waren die Straßen im Haag mit Leuten angefüllt, die sich +ängstlich nach dem Befinden Seiner Hoheit erkundigten. Endlich nahm das +Übel eine günstige Wendung. Seine Genesung wurde zum Theil seinem eignen +Gleichmuth, zum Theil der unerschrockenen und unermüdlichen Freundschaft +Bentinck’s zugeschrieben. Nur aus seinen Händen nahm Wilhelm Speisen und +Arzneien an; er allein hob ihn aus dem Bette und legte ihn wieder +hinein. „Ich weiß nicht, ob Bentinck während meiner Krankheit geschlafen +hat oder nicht,“ sagte Wilhelm mit inniger Rührung zu Temple; „soviel +aber weiß ich, daß ich in den sechzehn Tagen und Nächten nicht ein +einziges Mal etwas verlangte, ohne daß Bentinck augenblicklich an meiner +Seite gewesen wäre.“ Bevor der treue Diener seine Aufgabe ganz vollendet +hatte, wurde er selbst angesteckt. Trotzdem überwand er noch immer +Müdigkeit und Fieberschauer, bis sein Gebieter als Reconvalescent +erklärt wurde. Jetzt endlich bat er um Erlaubniß, nach Hause gehen zu +dürfen. Es war die höchste Zeit, denn seine Füße wollten ihn nicht mehr +tragen. Er kam in die größte Gefahr, genas aber und eilte, sobald er das +Bett verlassen konnte, zur Armee, wo er in vielen heißen Feldzügen immer +dicht an Wilhelm’s Seite gefunden ward, wie er es in einer Gefahr andrer +Art gewesen.</p> + +<p>Dies war der Ursprung einer so innigen und reinen Freundschaft wie +irgend eine, von der uns die alte oder neue Geschichte erzählt. Die +Nachkommen Bentinck’s bewahren noch heute viele Briefe auf, die Wilhelm +an ihren Ahnherrn geschrieben, und es ist nicht zuviel gesagt, wenn man +behauptet, daß wer diese Briefe nicht gelesen hat, sich keinen richtigen +Begriff von dem Character des Prinzen bilden kann. Der Mann, den selbst +seine Verehrer in der Regel für den zurückhaltendsten und frostigsten +Menschen hielten, vergißt hier jeden Rangunterschied und schüttet alle +seine Gedanken mit der Offenherzigkeit eines Schulknaben aus. Ohne +Rückhalt theilt er Geheimnisse von der höchsten Wichtigkeit mit und legt +mit der größten Einfachheit umfassende Pläne vor, welche alle +Regierungen Europa’s berührten. Mit seinen Mittheilungen über solche +Dinge verbindet er Mittheilungen von ganz andrer, aber vielleicht nicht +weniger interessanter Art. Alle seine Abenteuer, alle seine persönlichen +Ansichten, seine langen Jagdritte nach gewaltigen Hirschen, seine Gelage +am St. Hubertustage, das Gedeihen seiner Anpflanzungen, das Mißrathen +seiner Melonen, der Zustand seines Gestüts, der Wunsch, einen frommen +Zelter für seine Gemahlin zu erlangen, sein Verdruß, als er erfährt, daß +einer seiner Kavaliere, nachdem er ein Mädchen aus guter Familie +unglücklich gemacht, sich weigert, sie zu heirathen, seine Anfälle von +Seekrankheit, sein Husten, seine Kopfschmerzen, seine andächtigen +Stimmungen, seine Dankbarkeit für den göttlichen Schutz nach Errettung +aus einer großen Gefahr, seine Anstrengungen, sich nach einem +Unglücksfalle dem göttlichen Willen zu unterwerfen, dies Alles ist darin +mit einer liebenswürdigen Redseligkeit geschildert, die man von dem +verschwiegensten und ernstesten Staatsmanne jener Zeit kaum erwarten +sollte. Noch auffallender sind die sorglosen Ergüsse seiner Zärtlichkeit +und die brüderliche Theilnahme, +<span class = "pagenum">VII.12</span> +<a name = "pageVII_12" id = "pageVII_12"> </a> +die er an seines Freundes häuslichem Glücke nimmt. Als Bentinck ein Erbe +geboren wurde, sagte Wilhelm: „Ich hoffe, er wird ein so braver Mann +werden als Sie einer sind, und sollte ich einen Sohn bekommen, so werden +unsere Kinder einander hoffentlich ebenso lieben, wie wir uns geliebt +haben.“<a class = "tag" name = "tagVII_4" id = "tagVII_4" href = +"#noteVII_4">4</a> Während seines ganzen Lebens blickte er mit +väterlicher Liebe auf die kleinen Bentincks. Er ruft sie bei den +zärtlichsten Diminutiven, er sorgt für sie in ihres Vaters Abwesenheit, +und so schwer es ihm wird, ihnen ein Vergnügen zu versagen, so will er +sie doch nicht an einer Jagdpartie teilnehmen lassen, wo ihnen die +Gefahr droht, von einem Hirsche gestoßen zu werden, noch ihnen erlauben, +bei einem Abendschmause bis spät in die Nacht hinein zu verweilen.<a +class = "tag" name = "tagVII_5" id = "tagVII_5" href = +"#noteVII_5">5</a> Als ihre Mutter während der Abwesenheit ihres Gatten +krank wird, findet Wilhelm inmitten der wichtigsten und dringendsten +Staatsgeschäfte noch soviel Zeit, um an einem Tage mehrere expresse +Boten mit kurzen Briefen abzuschicken, in denen er von ihrem Zustande +Nachricht giebt.<a class = "tag" name = "tagVII_6" id = "tagVII_6" href += "#noteVII_6">6</a> Einmal als sie nach einem heftigen Anfall außer +Gefahr erklärt wird, ergießt sich der Prinz in die wärmsten +Dankesbezeigungen gegen Gott. „Ich schreibe,“ sagt er, „mit Thränen der +Freude in den Augen.“<a class = "tag" name = "tagVII_7" id = "tagVII_7" +href = "#noteVII_7">7</a> Es liegt ein eigner Reiz in diesen Briefen von +der Hand eines Mannes, dessen Alles überwältigende Energie und +unbeugsame Festigkeit selbst seinen Feinden Achtung abnöthigte, dessen +kaltes und unfreundliches Benehmen in den meisten seiner Anhänger keine +innigere Zuneigung aufkommen ließ und dessen Geist beständig mit +gigantischen Plänen beschäftigt war, welche die Gestalt der Welt +veränderten.</p> + +<p>Seine Güte ward keinem Unwürdigen zu Theil. Temple hatte frühzeitig +Bentinck für den besten und treuesten Diener erklärt, den je ein Fürst +zu besitzen das Glück hatte, und er verdiente diesen ehrenvollen Titel +sein ganzes Leben hindurch. Die beiden Freunde waren in der That wie für +einander geschaffen. Wilhelm bedurfte weder eines Führers noch eines +Schmeichlers. Da er ein festes und wohlbegründetes Vertrauen in sein +eignes Urtheil setzte, so war er kein Freund von Rathgebern, die ihn mit +Vorschlägen und Einwendungen überhäuften. Zu gleicher Zeit besaß er eine +zu scharfe Unterscheidungsgabe und einen zu edlen Sinn, als daß er an +Schmeicheleien hätte Vergnügen finden können. Der Vertraute eines +solchen Fürsten mußte ein Mann sein nicht von erfinderischem Genie oder +von gebieterischem Character, aber bieder und treu, im Stande, jeden +Befehl pünktlich zu vollziehen, Geheimnisse unverbrüchlich zu bewahren, +Ereignisse umsichtig zu beobachten und treulich zu berichten. Und ein +solcher Mann war Bentinck.</p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVII_4" id = "noteVII_4" href = "#tagVII_4">4.</a> +3. März 1679.</p> + +<p><a name = "noteVII_5" id = "noteVII_5" href = "#tagVII_5">5.</a> +<span class = "antiqua">„Voilà en peu de mot le détail de nostre St. +Hubert. Et j’ay en soin que M. <ins class = "correction" title = +"ungeändert">Woodstoc</ins></span> (Bentinck’s ältester Sohn) <span +class = "antiqua">n’a point esté à la chasse, bien moin au soupé, +quoyqu’il fut icy. Vous pouvez pourtant croire que de n’avoir pas chassé +l’a un peu mortifié, mais je ne l’ay pas ausé prendre sur moy, puisque +vous m’aviez dit que vous ne le souhaitiez pas.“</span> — Von Loo, +4. Nov. 1697.</p> + +<p><a name = "noteVII_6" id = "noteVII_6" href = "#tagVII_6">6.</a> +Am 15. Juni 1688.</p> + +<p><a name = "noteVII_7" id = "noteVII_7" href = "#tagVII_7">7.</a> +6. Sept. 1679.</p> +</div> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Marie, Prinzessin von Oranien.</span> +<a name = "secVII_9" id = "secVII_9">Wilhelm</a> war in der Ehe nicht +weniger glücklich als in der Freundschaft. Anfangs hatte jedoch +<span class = "pagenum">VII.13</span> +<a name = "pageVII_13" id = "pageVII_13"> </a> +seine Ehe kein besonderes häusliches Glück versprochen. Seine Wahl war +hauptsächlich durch politische Rücksichten bestimmt worden, und es sah +nicht wahrscheinlich aus, daß zwischen einem hübschen sechzehnjährigen +Mädchen, die zwar ein sanftes Gemüth und natürlichen Verstand besaß, im +übrigen aber unwissend und einfach war, und einem Bräutigam, der, obwohl +noch nicht ganz achtundzwanzig Jahr alt, doch seinem körperlichen +Zustande nach älter war als ihr Vater, der ein kaltes, abstoßendes +Benehmen hatte und dessen Kopf beständig mit Staatsgeschäften und +Sportvergnügungen angefüllt war, eine innige Zuneigung würde entstehen +können. Eine Zeit lang vernachlässigte Wilhelm seine Gemahlin, indem er +durch andere Frauen von ihr abgezogen wurde, besonders durch eine ihrer +Hofdamen, Namens Elisabeth Villiers, welche Talente besaß, die sie wohl +geeignet machten, seine Sorgen zu theilen, obgleich sie aller +persönlichen Reize entbehrte und sogar durch ein häßliches Schielen +entstellt war.<a class = "tag" name = "tagVII_8" id = "tagVII_8" href = +"#noteVII_8">8</a> Er schämte sich zwar seiner Fehler und bemühte sich +nach Kräften, sie zu verbergen, aber trotz aller Vorsicht wußte Marie +wohl, daß er ihr nicht ganz treu war. Spione und Ohrenbläser thaten auf +Anregen ihres Vaters ihr Möglichstes, um ihren Zorn zu entflammen. Ein +Mann von ganz andrem Character, der vortreffliche Ken, der mehrere +Monate lang im Haag ihr Kaplan war, wurde so aufgebracht durch die ihr +widerfahrenden Kränkungen, daß er mit mehr Eifer als Besonnenheit +drohte, ihren Gemahl ernstlich zur Rede zu setzen.<a class = "tag" name += "tagVII_9" id = "tagVII_9" href = "#noteVII_9">9</a> Sie selbst ertrug +jedoch alles Unrecht mit einer Sanftmuth und Geduld, welche ihr nach und +nach Wilhelm’s Achtung und Dankbarkeit erwarben. Indessen war auch noch +eine andre Ursache der Entfremdung vorhanden. Es kam ohne Zweifel eine +Zeit, wo die Prinzessin, welche nur zu Stickereiarbeiten, zum +Spinetspiel und zum Lesen der Bibel und der „Pflichten des Menschen“ +erzogen war, das Oberhaupt einer großen Monarchie wurde und das +Gleichgewicht Europa’s in ihrer Hand ruhte, während ihr ehrgeiziger, +geschäftskundiger und beständig auf große Unternehmungen sinnender +Gemahl bei der britischen Regierung keine vorausbestimmte Stelle für +sich fand und nur durch ihre Güte und so lange es ihr gefiel Macht +ausüben konnte. Es kann nicht befremden, daß ein Mann, der die Gewalt so +liebte wie Wilhelm, und der sich seines Herrschergenies so bewußt war, +in hohem Maße die Eifersucht empfand, die während eines Königthums von +wenigen Stunden zwischen Guildford Dudley und Lady Johanna Zwietracht +hervorrief und einen noch viel tragischeren Bruch zwischen Darnley und +der Königin von Schottland herbeiführte. Die Prinzessin von Oranien +hatte nicht die leiseste Ahnung von den Gefühlen ihres Gemahls. Ihr +Lehrer, der Bischof Compton, hatte sie in der Religion sorgfältig +unterrichtet und ihr Gemüth namentlich gegen die Künste der +römisch-katholischen Theologen gestählt, sie aber in völliger Unkenntniß +der englischen Verfassung und ihrer eignen Stellung gelassen. Sie wußte, +daß ihr eheliches Gelübde sie zum Gehorsam gegen ihren Gemahl +verpflichtete und es war ihr nie in den Sinn gekommen, daß dieses +gegenseitige Verhältniß einmal umgekehrt werden könnte. Sie war bereits +neun Jahre vermählt, ehe sie die Ursache +<span class = "pagenum">VII.14</span> +<a name = "pageVII_14" id = "pageVII_14"> </a> +von Wilhelm’s Verstimmung entdeckte, und von ihm selbst würde sie +dieselbe auch nie erfahren haben. In Folge seiner ganzen Gemüthsart +brütete er eher über die ihn niederdrückenden Sorgen, als daß er +denselben einen Ausdruck gab, und in diesem speciellen Falle wurde sein +Mund durch ein ganz natürliches Zartgefühl versiegelt. Endlich aber kam +durch die Vermittelung Gilbert Burnet’s eine vollkommene Verständigung +und Aussöhnung zu Stande.</p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVII_8" id = "noteVII_8" href = "#tagVII_8">8.</a> +Siehe Swift’s Bericht über sie im <span class = "antiqua">Journal to +Stella</span>.</p> + +<p><a name = "noteVII_9" id = "noteVII_9" href = "#tagVII_9">9.</a> +Heinrich Sidney’s Tagebuch vom 31. März 1680 in Mr. Blencowe’s +interessanter Sammlung.</p> +</div> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Gilbert Burnet.</span> +<a name = "secVII_10" id = "secVII_10">Burnet</a>’s Ruf ist mit +auffallender Böswilligkeit und Hartnäckigkeit angegriffen worden. Der +Angriff begann schon frühzeitig in seinem Leben und wird noch jetzt mit +unverminderter Heftigkeit fortgesetzt, obgleich er bereits über ein und +ein Viertel Jahrhundert im Grabe liegt. Allerdings ist er auch für den +Parteihaß und den muthwilligen Spott eine Zielscheibe, wie sie sich +keine bessere wünschen können, denn die Mängel seines Verstandes und +seines Characters liegen klar am Tage und können Niemandem entgehen. Es +waren jedoch nicht die Fehler, welche man als seinen Landsleuten eigen +zu betrachten pflegt. Er allein unter den vielen Schotten, die sich in +England zu Auszeichnung und Wohlstand emporgeschwungen haben, hatte den +Charakter, welchen Satiriker, Romanschreiber und Schauspieldichter +allgemein den irischen Abenteurern zuschreiben. Seine physische +Lebendigkeit, seine Ruhmredigkeit, seine unverhohlene Eitelkeit, seine +Faseleien, seine herausfordernde Indiscretion und seine kecke +Dreistigkeit boten den Tories unerschöpflichen Stoff zu Spötteleien. +Auch unterließen seine Feinde nicht, ihm nebenbei über seine breiten +Schultern, seine dicken Waden und sein Glück in Heirathsspekulationen +auf verliebte reiche Wittwen mehr witzige als artige Complimente zu +machen. Obwohl jedoch Burnet in vieler Beziehung dem Spott und selbst +dem Tadel Blößen darbot, so verdiente er doch keineswegs eine solche +Geringschätzung. Er besaß einen regen Geist, einen unermüdlichen Fleiß +und eine vielseitige, ausgedehnte Belesenheit. Er war zu gleicher Zeit +Geschichtsschreiber, Alterthumsforscher, Theolog, Prediger, +Tagesschriftsteller, Polemiker und thätiger politischer Parteiführer, +und in allen diesen Eigenschaften zeichnete er sich unter vielen +geschickten Mitbewerbern vortheilhaft aus. Die vielen geistreichen +Abhandlungen, die er über Tagesbegebenheiten schrieb, sind jetzt nur +noch Forschern bekannt; aber seine <span class = "antiqua">History of +his own Times</span>, seine <span class = "antiqua">History of the +Reformation</span>, seine <span class = "antiqua">Exposition of the +Articles</span>, sein <span class = "antiqua">Discourse of Pastoral +Care</span>, sein <span class = "antiqua">Life of Hale</span> und sein +<span class = "antiqua">Life of Wilmot</span> werden noch immer neu +aufgelegt und fehlen in keiner guten Privatbibliothek. Gegen eine solche +Thatsache vermögen alle Anstrengungen der Verleumder nichts. Ein +Schriftsteller, dessen umfangreiche Werke in verschiedenen Zweigen der +Literatur noch hundertdreißig Jahre nach seinem Tode zahlreiche Leser +finden, kann große Fehler gehabt haben, muß aber auch große Vorzüge +gehabt haben, und diese hatte Burnet: einen fruchtbaren und regen Geist +und einen Styl, der allerdings von tadelloser Reinheit weit entfernt, +doch stets klar, oft lebendig ist und sich zuweilen selbst zu +feierlicher und glühender Beredtsamkeit erhebt. Auf der Kanzel wurde die +Wirkung seiner ohne irgend welche schriftliche Notizen gehaltenen +Predigten noch erhöht durch eine edle Gestalt und einen imponirenden +Vortrag. Er wurde oft durch das Beifallsgemurmel seiner Zuhörer +unterbrochen, und wenn die Sanduhr, die sich damals auf jeder Kanzel +befand, abgelaufen war und er dieselbe emporhielt, forderte ihn die +Gemeinde durch lauten Zuruf auf fortzufahren, bis +<span class = "pagenum">VII.15</span> +<a name = "pageVII_15" id = "pageVII_15"> </a> +der Sand noch einmal abgelaufen wäre.<a class = "tag" name = "tagVII_10" +id = "tagVII_10" href = "#noteVII_10">10</a> Die großen Mängel seines +sittlichen Characters und seines Geistes wurden durch große Vorzüge mehr +als ausgeglichen. Obgleich durch Vorurtheil und Leidenschaft oft auf +Irrwege geführt, war er doch im strengsten Sinne des Worts ein +Ehrenmann. Konnte er auch den Versuchungen der Eitelkeit nicht immer +widerstehen, so stand sein Character doch hoch über den Einflüssen der +Habsucht und der Furcht. Er war von Gemüth leutselig, hochherzig, +dankbar und nachsichtig.<a class = "tag" name = "tagVII_11" id = +"tagVII_11" href = "#noteVII_11">11</a> Sein Glaubenseifer, obwohl +stetig und glühend, wurde im Allgemeinen durch Humanität und durch +Achtung der Gewissensfreiheit in Schranken gehalten. Trotz seiner +unerschütterlichen Anhänglichkeit an das was er als den Geist des +Christenthums betrachtete, war er doch gleichgültig gegen Gebräuche, +Namen und Formen der kirchlichen Verfassung und war selbst gegen +Ungläubige und Ketzer, deren Lebenswandel tadellos war und deren +Irrthümer mehr die Wirkung falscher Begriffe als eines verderbten +Characters zu sein schienen, durchaus nicht zur Strenge geneigt. Aber +gleich vielen anderen braven Männern jener Zeit betrachtete er die Sache +der römischen Kirche als eine Ausnahme von allen gewöhnlichen +Regeln.</p> + +<p>Burnet genoß schon seit mehreren Jahren eines europäischen Rufes. +Seine Geschichte der Reformation war von allen Protestanten mit lautem +Beifall aufgenommen und von den römischen Katholiken als ein gewaltiger +Schlag gefühlt worden. Der größte Gelehrte, den die römische Kirche seit +dem Schisma des sechzehnten Jahrhunderts hervorgebracht, Bossuet, +Bischof von Meaux, war mit der Bearbeitung einer ausführlichen +Erwiederung beschäftigt. Burnet war von einem der glaubenseifrigen +Parlamente, welche während der durch das papistische Complot +verursachten Aufregung tagten, mit einem Dankvotum beehrt und im Namen +der Gemeinen von England ersucht worden, seine geschichtlichen +Forschungen fortzusetzen. Er war von Karl sowohl als von Jakob in deren +engere Unterhaltungszirkel gezogen worden, hatte mit mehreren +ausgezeichneten Staatsmännern, besonders mit Halifax auf sehr vertrautem +Fuße gestanden und war der Gewissensrath einiger sehr hochstehenden +Personen gewesen. Er hatte ferner einen der glänzendsten Wüstlinge jener +Zeit, Johann Wilmot, Earl von Rochester, von Atheismus und Ausschweifung +zurückgebracht. Lord Stafford, das Opfer des Oates, war, obgleich +Katholik, in seinen letzten Stunden durch Burnet’s geistlichen Zuspruch +über diejenigen Punkte, in denen alle Christen übereinstimmen, erbaut +<span class = "pagenum">VII.16</span> +<a name = "pageVII_16" id = "pageVII_16"> </a> +worden. Wenige Jahre später begleitete Burnet einen noch erlauchteren +Dulder, Lord Russell, vom Tower auf das Schaffot in Lincoln’s Inn +Fields. Der Hof hatte nichts unversucht gelassen, um einen so thätigen +und tüchtigen Theologen zu gewinnen. Weder königliche Schmeicheleien, +noch die Verheißung einträglicher Stellen waren gespart worden. Aber +Burnet war, obwohl in früher Jugend von den servilen Lehren angesteckt, +denen der damalige Klerus durchgehends anhing, aus Überzeugung Whig +geworden und er blieb seinen Grundsätzen durch alle Wechselfälle des +Lebens treu. Er hatte jedoch keinen Antheil an der Verschwörung +genommen, welche soviel Schmach und Unheil über die Whigpartei brachte +und verabscheuete nicht nur die Mordpläne Goodenough’s und Ferguson’s, +sondern war auch der Meinung, daß selbst sein geliebter und verehrter +Freund Russell gegen die Regierung weiter gegangen sei, als es sich +rechtfertigen ließ. Endlich kam eine Zeit, wo die Unschuld kein +hinreichender Schutz war. Burnet wurde, obgleich er sich keiner +Übertretung des Gesetzes schuldig gemacht, von der Rache des Hofes +verfolgt. Er begab sich auf den Continent und nachdem er etwa ein Jahr +auf jene Wanderungen durch die Schweiz, durch Italien und Deutschland +verwendet, von denen er uns eine anziehende Beschreibung hinterlassen +hat, ging er im Sommer 1686 nach dem Haag, wo er mit Freundlichkeit und +Achtung aufgenommen wurde. Er unterhielt sich sehr freisinnig mit der +Prinzessin über Politik und Religion und wurde bald ihr geistlicher +Beistand und vertrauter Rathgeber. Wilhelm erwies sich als ein viel +freundlicherer Wirth, als es zu erwarten gewesen wäre. Denn von allen +Fehlern waren ihm Zudringlichkeit und Indiscretion am meisten verhaßt +und Burnet war, wie selbst seine Freunde und Verehrer zugestanden, der +zudringlichste und indiscreteste Mensch, den es geben konnte. Aber der +scharfsichtige Prinz bemerkte sehr wohl, daß dieser vorlaute und +schwatzhafte Theolog, der beständig Geheimnisse ausplauderte, naseweise +Fragen stellte und unerbetenen Rath aufdrängte, bei alledem ein +freimüthiger, furchtloser und kluger Mann war, der die Gesinnungen und +Absichten der britischen Secten und Factionen genau kannte. Auch war der +Ruf von Burnet’s Beredsamkeit und Gelehrsamkeit weit verbreitet. Wilhelm +selbst war kein Freund vom Lesen, aber er stand jetzt seit vielen Jahren +an der Spitze der holländischen Regierung zu einer Zeit, wo die +holländische Presse eines der gewaltigsten Werkzeuge war, durch welche +die öffentliche Meinung in Europa bearbeitet wurde, und obgleich er an +literarischen Genüssen kein Vergnügen fand, war er doch viel zu klug und +scharfsichtig, als daß er den Werth des literarischen Beistandes nicht +hätte erkennen sollen. Er wußte sehr wohl, daß eine populäre Flugschrift +zuweilen ebenso gute Dienste leistet als ein Sieg auf dem Schlachtfelde. +Auch sah er ein, wie wichtig es sei, daß er immer einen Mann um sich +hatte, der mit der bürgerlichen und kirchlichen Verfassung unsrer Insel +vertraut war, und Burnet eignete sich vortrefflich dazu, als lebende +Encyclopädie über britische Angelegenheiten benutzt zu werden, denn +seine Kenntnisse waren, wenn auch nicht immer ganz zuverlässig, doch von +erstaunlicher Vielseitigkeit und es gab in England wie in Schottland +wenige ausgezeichnete Männer irgend einer politischen oder religiösen +Partei, mit denen er nicht verkehrt hätte. Es wurde ihm daher die +nämliche Gunst und das nämliche Vertrauen gewährt wie nur irgend Einem +außer denen, welche den kleinen intimsten Kreis von Privatfreunden des +Prinzen +<span class = "pagenum">VII.17</span> +<a name = "pageVII_17" id = "pageVII_17"> </a> +bildeten. Nahm sich der Doctor Freiheiten heraus, was nicht selten der +Fall war, so wurde sein Gönner noch kälter und mürrischer als gewöhnlich +gegen ihn und äußerte zuweilen eine kurze, beißende Bemerkung, die einem +Menschen von gewöhnlicher Dreistigkeit für immer den Mund geschlossen +haben würde. Trotz solcher Vorfälle aber dauerte die Freundschaft dieses +sonderbaren Paares mit wenigen kurzen Unterbrechungen so lange, bis sie +durch den Tod aufgelöst wurde. Es war in der That nicht leicht, Burnet +zu kränken. Seine Selbstgefälligkeit, seine heitere Sorglosigkeit und +seine Taktlosigkeit waren so groß, daß er wohl oft Anstoß gab, aber nie +Anstoß nahm.</p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVII_10" id = "noteVII_10" href = "#tagVII_10">10.</a> +Sprecher Onslow’s Note zu Burnet I. 596; <span class = +"antiqua">Johnson’s Life of Sprat</span>.</p> + +<p><a name = "noteVII_11" id = "noteVII_11" href = "#tagVII_11">11.</a> +Niemand hat Burnet häufiger und bitterer widersprochen als Dartmouth. +Und doch schrieb auch Dartmouth: „Ich glaube nicht, daß er jemals +vorsätzlich etwas veröffentlichte, was er für falsch hielt.“ Zu einer +späteren Zeit nahm er, durch einige Bemerkungen über sich im zweiten +Bande der Geschichte des Bischofs gereizt, dieses Lob zurück; aber auf +einen solchen Widerruf darf man kein großes Gewicht legen. Selbst Swift +war so gerecht zu sagen: „Im Ganzen war er ein hochherziger und braver +Mann.“ <span class = "antiqua">Short Remarks on Bishop Burnet’s +History</span>.</p> +</div> + +<p class = "continue"> +Burnet wird gewöhnlich als ein auffallend ungenauer Geschichtsschreiber +getadelt; aber ich halte diesen Vorwurf für ungerecht. Er scheint nur +deshalb ungenau zu sein, weil seine Darstellung einer besonders strengen +und unfreundlichen Kritik unterzogen worden ist. Wenn ein Whig sich die +Mühe nehmen wollte <span class = "antiqua">Reresby’s Memoirs, North’s +Examen, Mulgrave’s Account of the Revolution</span> oder <span class = +"antiqua">Clarke’s Life of James the Second</span> einer ähnlichen +Prüfung zu unterwerfen, so würde es sich bald zeigen, daß Burnet +keineswegs der ungenaueste Geschichtsschreiber seiner Zeit war.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Er vermittelt eine innigere Annäherung zwischen dem Prinzen und der +Prinzessin.</span> +<a name = "secVII_11" id = "secVII_11">Alle</a> Eigenthümlichkeiten +seines Characters machten ihn ganz dazu geeignet, der Friedensstifter +zwischen Wilhelm und Marien zu werden. Wenn Personen, die einander +achten und lieben sollten, durch eine Ursache von einander fern gehalten +werden, welche drei freimüthig gesprochene Worte beseitigen könnten, so +ist es ein Glück für sie, wenn sie einen indiscreten Freund haben, der +mit der ganzen Wahrheit herausplatzt. Burnet sagte der Prinzessin ganz +offen, welches Gefühl an dem Herzen ihres Gemahls nagte. Sie erfuhr +jetzt zum ersten Male mit nicht geringem Erstaunen, daß, wenn sie +Königin von England würde, Wilhelm ihren Thron nicht theilen sollte. Sie +erklärte mit den innigsten Worten, daß es keinen Beweis von ehelicher +Unterwerfung und Liebe gebe, zu dem sie nicht jeden Augenblick bereit +wäre. Unter vielen Entschuldigungen und feierlichen Versicherungen, daß +kein andrer Mensch ihm ein Wort in den Mund gelegt habe, sagte ihr +Burnet nun, daß das Heilmittel in ihrer Hand liege. Wenn die Krone ihr +zugefallen sei, könne sie leicht ihr Parlament dazu bewegen, daß es +ihrem Gatten nicht nur den Königstitel gewährte, sondern ihm sogar durch +ein Gesetz die Zügel der Regierung in die Hand gab. „Aber,“ setzte er +hinzu, „Ihre königliche Hoheit müssen wohl überlegen, ehe Sie einen +solchen Entschluß aussprechen, denn es ist ein Entschluß, dessen +Zurücknahme weder rathsam noch leicht sein würde, wenn er einmal +angekündigt wäre.“ — „Ich bedarf keiner Zeit zur Überlegung,“ +antwortete Marie. „Es ist genug, daß ich eine Gelegenheit habe, um dem +Prinzen meine Achtung zu beweisen. Theilen Sie ihm mit was ich gesagt +habe, und bringen Sie ihn zu mir, damit er es aus meinem eigenen Munde +höre.“ Burnet wollte den Prinzen sogleich herbeiholen, aber er war viele +Meilen weit entfernt auf einer Hirschjagd. Erst am folgenden Tage konnte +die entscheidende Unterredung stattfinden. „Ich habe erst gestern +erfahren,“ sagte Marie, „daß zwischen den Gesetzen Englands und den +Gesetzen Gottes ein solcher Unterschied obwaltet. Aber ich verspreche +Ihnen, daß Sie jederzeit der Gebieter sein sollen, und ich verlange +keinen andren Lohn dafür, als daß Sie das Gebot, welches den Gatten +vorschreibt, ihre Frauen zu lieben, ebenso befolgen, wie ich das Gebot +halte, welches den Frauen vorschreibt, ihren Gatten zu gehorchen.“ +Dieser Beweis von edelmüthiger Zuneigung gewann ihr Wilhelm’s Herz +vollständig. Von diesem Augenblicke an bis zu dem traurigen Tage, an +welchem er ohnmächtig von ihrem Sterbebett hinweggetragen wurde, +herrschte vollkommene Freundschaft und unbegrenztes Vertrauen zwischen +ihnen. Viele von ihren Briefen an ihn sind noch vorhanden und sie +enthalten zahlreiche Beweise, daß es diesem Manne, der in den Augen +<span class = "pagenum">VII.18</span> +<a name = "pageVII_18" id = "pageVII_18"> </a> +der Menge für so unliebenswürdig galt, gelungen war, einer schönen und +tugendhaften Frau, welche in Hinsicht der Geburt über ihm stand, eine +bis zur abgöttischen Verehrung gehende Liebe einzuflößen.</p> + +<p>Der Dienst, den Burnet seinem Vaterlande erzeigt, war von hoher +Bedeutung. Es war eine Zeit gekommen, wo es für das Wohl des Staates +sehr wichtig war, daß zwischen dem Prinzen und der Prinzessin +vollkommene Eintracht herrschte.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Beziehungen Wilhelm’s zu den englischen Parteien.</span> +<a name = "secVII_12" id = "secVII_12">Bis</a> nach der Unterdrückung +des Aufstandes im Westen hatten ernste Ursachen des Zwiespaltes Wilhelm +sowohl von den Tories als von den Whigs getrennt. Er hatte mit großem +Mißfallen die Versuche der Whigs beobachtet, der ausübenden Gewalt +einige Befugnisse zu entziehen, die er zur Aufrechthaltung ihrer +Wirksamkeit und ihrer Würde für nöthig hielt. Mit noch größerem +Mißfallen hatte er die Unterstützung gesehen, welche ein großer Theil +dieser Partei den Anmaßungen Monmouth’s angedeihen ließ. Es schien als +ob die Opposition zuerst die Krone Englands des Tragens nicht mehr werth +machen und sie dann einem Bastard und Betrüger aufs Haupt setzen wollte. +Zu gleicher Zeit war das religiöse System des Prinzen weit verschieden +von dem, welchem die Torypartei huldigte. Sie waren Arminianer und +Prälatisten. Sie sahen mit Verachtung auf die protestantischen Kirchen +des Continents herab und hielten jede Zeile ihrer eignen Liturgie und +Rubrica für kaum weniger geheiligt als die Evangelien. Seine Ansichten +über die metaphysischen Seiten der Theologie waren calvinistisch. Seine +Ansichten bezüglich der Kirchenverfassungen und der gottesdienstlichen +Formen waren latitudinarisch. Er gab zu, daß das Episcopat eine +gesetzliche und zweckmäßige Form des Kirchenregiments sei; aber er +sprach mit Bitterkeit und Hohn von der Bigotterie Derer, welche die +bischöfliche Ordination für ein wesentliches Erforderniß einer +christlichen Gesellschaft hielten. Gegen die durch die Liturgie +vorgeschriebenen Gewänder und Gesten hatte er keine Bedenken, aber er +gestand, daß ihm die Gebräuche der anglikanischen Kirche lieber sein +würden, wenn sie ihn weniger an die Gebräuche der römischen Kirche +erinnerten. Man hatte ihn ein ominöses Gemurmel von sich geben hören, +als er in der Privatkapelle seiner Gemahlin zum ersten Male einen Altar +nach anglikanischer Weise geschmückt sah, und es schien ihm nicht +sonderlich zu gefallen, als er Hooker’s <span class = +"antiqua">Ecclesiastical Policy</span> in ihrer Hand sah.<a class = +"tag" name = "tagVII_12" id = "tagVII_12" href = +"#noteVII_12">12</a></p> + +<p class = "footnote"> +<a name = "noteVII_12" id = "noteVII_12" href = "#tagVII_12">12.</a> +<span class = "antiqua">Dr.</span> Hooper’s handschriftliche Erzählung +im Anhange zu Lord Dungannon’s <span class = "antiqua">Life of +William</span>.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Seine Gesinnungen gegen England.</span> +<a name = "secVII_13" id = "secVII_13">Er</a> verfolgte daher lange den +Streit zwischen den englischen Parteien mit Aufmerksamkeit, aber ohne +eine starke Vorliebe für die eine oder die andre Partei zu hegen. Er +wurde auch bis ans Ende seines Lebens in der That niemals weder ein +Whig, noch ein Tory. Es fehlte ihm das was die gemeinsame Grundlage +beider Charactere ist, denn er wurde nie ein Engländer. Er rettete zwar +England, liebte es aber nie und erlangte ebensowenig die Liebe der +Engländer. Für ihn war es nur ein Verbannungsort, den er mit Widerwillen +besuchte und mit Freuden verließ. Selbst als er dem Lande die Dienste +leistete, deren günstige Wirkungen wir bis auf den heutigen Tag fühlen, +war sein Hauptzweck nicht die Wohlfahrt desselben.</p> +<span class = "pagenum">VII.19</span> +<a name = "pageVII_19" id = "pageVII_19"> </a> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Seine Gesinnungen gegen Holland und Frankreich.</span> +<a name = "secVII_14" id = "secVII_14">All</a>’ sein patriotisches +Gefühl gehörte Holland. Hier befand sich das prächtige Grabmal, in +welchem der große Staatsmann ruhte, dessen Blut, dessen Namen, dessen +Character und dessen Genie er geerbt hatte. Hier war der bloße Klang +seines Namens schon ein Zauberspruch, welcher durch drei Generationen +die liebevolle Begeisterung der Landleute und Handwerker erweckt hatte. +Die holländische Sprache war die Sprache seiner Kinderstube; unter dem +holländischen Adel hatte er seine ersten Freunde gewählt; die +Vergnügungen, die Bauart und die Gegenden seines Heimathlandes wurzelten +tief in seinem Herzen. Zu ihm wendete er sich immer wieder mit +unveränderter Zärtlichkeit von einem stolzeren und schöneren Nebenbuhler +ab. In den Sälen von Whitehall sehnte er sich nach dem traulichen Hause +im Busche im Haag und er fühlte sich nie glücklicher, als wenn er die +Pracht von Windsor mit der bescheidenen Einfachheit von Loo vertauschen +konnte. Während seiner glänzenden Verbannung fand er einigen Trost +darin, daß er durch Bauen, Pflanzen und Graben um sich her einen +Schauplatz schaffen konnte, der ihn an die regelmäßigen Gebäude von +rothem Backstein, an die langen Kanäle und an die symmetrischen +Blumenbeete erinnerte, unter denen er seine Jugend verlebt hatte. Doch +selbst die Liebe zu seinem Vaterlande war einem andren Gefühle +untergeordnet, welches schon frühzeitig in seiner Seele die +Oberherrschaft gewann, das sich mit allen seinen Leidenschaften +vermischte, das ihn zu großartigen Unternehmungen anspornte, das ihn +aufrecht erhielt, wenn Kränkungen, Schmerzen, Krankheit und Sorgen ihn +zu Boden drücken wollten, das gegen das Ende seiner Laufbahn einmal +kurze Zeit erloschen zu sein schien, aber bald heftiger als je wieder +hervorbrach und ihn noch beseelte, als das Sterbegebet an seinem Lager +gesprochen wurde. Dieses Gefühl war der Haß gegen Frankreich und den +prachtliebenden König, der in mehr als einer Hinsicht Frankreich +repräsentirte und der mit seinen specifisch französischen Tugenden und +Vorzügen jenen unruhigen, gewissenlosen und dünkelhaften Ehrgeiz +verband, der zu wiederholten Malen den Zorn ganz Europa’s über +Frankreich gebracht hat.</p> + +<p>Es ist nicht schwer, die Fortschritte des Gefühls zu verfolgen, +welches nach und nach die Alleinherrschaft in Wilhelm’s Seele erlangte. +Als er kaum erst dem Knabenalter entwachsen, war sein Vaterland in +prahlerischem Trotze gegen Recht und Gerechtigkeit überfallen, verwüstet +und allen Excessen der Raubsucht, Ausschweifung und Grausamkeit +preisgegeben worden. Die Holländer hatten sich in ihrer Bedrängniß vor +dem Eroberer gedemüthigt und um Gnade gefleht. Darauf war ihnen der +Bescheid geworden, daß wenn sie Frieden wünschten, sie ihre +Selbstständigkeit aufgeben und alljährlich dem Hause Bourbon huldigen +müßten. Die schwer beleidigte Nation hatte, zur Verzweiflung getrieben, +ihre Deiche durchbrochen und das Meer als Bundesgenossen gegen die +französische Tyrannei zu Hülfe gerufen. Mitten in den Greueln dieses +Kampfes, während die Landleute entsetzt vor den Eroberern flohen, +während Hunderte von schönen Gärten und Lusthäusern in den Fluthen +begraben, während die Berathungen der Generalstaaten durch die +Ohnmachten und das laute Weinen alter Senatoren unterbrochen wurden, +welche den Gedanken nicht ertragen konnten, die Freiheit und den Ruhm +ihres Vaterlandes zu überleben, war Wilhelm an die Spitze der Geschäfte +berufen worden. Eine Zeit lang dünkte ihm jeder Widerstand hoffnungslos. +Er +<span class = "pagenum">VII.20</span> +<a name = "pageVII_20" id = "pageVII_20"> </a> +sah sich vergebens nach Hülfe um. Spanien war ausgesogen, Deutschland +zerrissen, England bestochen. Es schien dem jungen Statthalter, als ob +ihm nichts weiter übrig bliebe, als mit dem Schwerte in der Hand zu +fallen, oder der Aeneas einer großen Völkerwanderung zu werden und in +Gegenden, welche außer dem Bereiche der Tyrannei Frankreichs lagen, ein +neues Holland zu gründen. Dann wäre kein Hinderniß mehr vorhanden +gewesen, das die Fortschritte des Hauses Bourbon hätte hemmen können. +Noch wenige Jahre und dieses Haus würde seine Besitzungen durch +Lothringen und Flandern, Castilien und Arragonien, Neapel und Mailand, +Mexico und Peru vergrößert haben. Ludwig hätte sich dann die Kaiserkrone +aufsetzen, einen Prinzen seines Hauses auf den Thron Polens erheben und +der Alleinherrscher in Europa von den scythischen Wüsten bis zum +Atlantischen Ocean, sowie in Amerika von den Gegenden nördlich vom +Wendekreis des Krebses bis zu den Gegenden südlich vom Wendekreis des +Steinbocks werden können. Dies waren die Aussichten, die sich Wilhelm +darboten, als er in das öffentliche Leben eintrat und welche ihn bis zu +seinem letzten Tage unaufhörlich verfolgten. Die französische Monarchie +war für ihn das was die römische Republik für Hannibal, was das +ottomanische Reich für Scanderbeg, was die südliche Herrschaft für +Wallace war. Die Religion gab diesem glühenden und unverlöschlichen +Hasse ihre Weihe. Hunderte von calvinistischen Predigern verkündeten, +daß die nämliche Macht, welche Simson vom Mutterleibe an dazu bestimmt, +die Geißel der Philister zu werden, und welche Gideon von der +Dreschtenne abgerufen, um die Midianiter zu schlagen, Wilhelm von +Oranien zum Vorkämpfer aller freien Nationen und aller reinen Kirchen +erkoren habe, und diese Ansicht war nicht ohne Einfluß auf sein Gemüth +geblieben. Dem Vertrauen, welches dieser heldenmüthige Fatalist in seine +erhabene Bestimmung und in seine heilige Sache setzte, ist zum Theil +seine auffallende Gleichgültigkeit gegen jede Gefahr zuzuschreiben. Er +hatte ein großes Werk zu vollbringen und bis es vollbracht war, konnte +ihm nichts schaden. Daher kam es auch, daß er trotz der Prophezeiungen +der Ärzte von hoffnungslos scheinenden Krankheiten genas, daß Schaaren +von Mördern sich vergebens gegen sein Leben verschworen, daß der offene +Nachen, dem er sich in sternenloser Nacht auf einem tobenden Ocean an +einer verrätherischen Küste anvertraute, ihn wohlbehalten ans Land trug +und daß auf zwanzig Schlachtfeldern die Kanonenkugeln auf allen Seiten +an ihm vorübersausten. Die Begeisterung und Ausdauer, womit er sich +seiner Sendung widmete, haben kaum ein Beispiel in der Geschichte. +Seinem großen Ziele gegenüber achtete er das Leben Anderer ebenso gering +als sein eigenes. Selbst die menschlichsten und edelmüthigen Soldaten +jener Zeit waren zu sehr daran gewöhnt, das Blutvergießen und die +Verheerungen, welche von großen kriegerischen Unternehmungen +unzertrennlich sind, mit kalter Gleichgültigkeit zu betrachten, und +Wilhelm’s Herz war nicht allein durch berufsmäßige Unempfindlichkeit, +sondern auch durch die noch starrere Unempfindlichkeit gestählt, welche +die Wirkung des Pflichtgefühls ist. Drei große Coalitionen, drei lange +und blutige Kriege, in denen ganz Europa von der Weichsel bis zum +westlichen Ocean unter den Waffen stand, sind lediglich seiner +unbezwinglichen Energie zuzuschreiben. Als im Jahre 1678 die +Generalstaaten erschöpft und entmuthigt nach Ruhe verlangten, stimmte er +noch immer dagegen, das Schwert in die Scheide zu stecken, und der +<span class = "pagenum">VII.21</span> +<a name = "pageVII_21" id = "pageVII_21"> </a> +Friede wurde nur geschlossen, weil er seinen wilden und entschlossenen +Geist nicht auch Anderen einhauchen konnte. Noch im letzten Augenblicke +schlug er in der Hoffnung, dadurch die Unterhandlungen abzubrechen, von +denen er wohl wußte, daß sie dem Abschlusse nahe waren, eine der +blutigsten und hartnäckigsten Schlachten jener Zeit. Von dem Tage an, wo +der Friede von Nymwegen unterzeichnet worden war, begann er auf eine +neue Coalition zu sinnen. Sein Streit mit Ludwig, der nun vom +Schlachtfelde in das Kabinet versetzt wurde, ward bald durch eine +Privatfehde noch erbitterter. Die beiden Rivalen waren einander in +Talenten, Character, Manieren und Ansichten gerade entgegengesetzt. +Ludwig, fein und würdevoll, verschwenderisch und ausschweifend, ein +Freund von Prunk und Feind von persönlicher Gefahr, ein freigebiger +Beschützer der Künste und Wissenschaften und ein grausamer Verfolger der +Calvinisten, bildete einen auffallenden Contrast mit Wilhelm, der +einfach in seinen Neigungen, unfreundlich in seinem Benehmen, +unermüdlich und unerschrocken im Kriege, gleichgültig gegen alle +Luxuszweige des Wissens und ein entschiedener Anhänger der genfer +Theologie war. Die beiden Feinde beobachteten nicht lange jene +Artigkeit, welche Männer ihres Ranges, selbst wenn sie einander an der +Spitze von Armeen gegenüberstehen, selten aus den Augen setzen. Wilhelm +gebrauchte zwar die Formalität, daß er Ludwig seine besten Dienste +anbot; aber diese Höflichkeit wurde nach ihrem wahren Werthe gewürdigt +und mit einer trocknen Zurückweisung vergolten. Der große König +verachtete den kleinen Prinzen, der der Diener eines Bundes von +Handelsstädten war und auf jedes Zeichen von Verachtung antwortete der +unerschrockene Statthalter mit einer neuen Herausforderung, Wilhelm +entlehnte seinen Namen, ein Name, den die Ereignisse des +vorhergegangenen Jahrhunderts zu einem der glänzendsten und berühmtesten +von ganz Europa gemacht hatten, von einer Stadt, welche nicht weit von +Avignon an den Ufern der Rhone liegt und die, wie Avignon, obgleich von +allen Seiten von französischem Gebiet umgeben, doch eigentlich nicht der +französischen, sondern der kaiserlichen Krone als Lehen gehörte. Ludwig +besetzte Orange mit der ihm eigenen übermüthigen Verachtung des +Völkerrechts, schleifte die Befestigungswerke und eignete sich die +Einkünfte der Stadt zu. Wilhelm erklärte laut bei Tische in Anwesenheit +vieler Personen, der allerchristlichste König solle diese Beleidigung +schwer bereuen, und als der Graf von Avaux ihn um eine nähere Erklärung +dieser Worte bat, weigerte er sich auf das Bestimmteste, sie zu +widerrufen oder wegzuerklären. Der Streit ging so weit, daß der +französische Gesandte es nicht wagen durfte, sich im Empfangzimmer der +Prinzessin blicken zu lassen, wenn er sich nicht der Gefahr aussetzen +wollte, öffentlich beleidigt zu werden.<a class = "tag" name = +"tagVII_13" id = "tagVII_13" href = "#noteVII_13">13</a></p> + +<p>Wilhelm’s Gesinnungen gegen Frankreich erklären zugleich seine ganze +Politik gegen England. Sein Gemeinsinn war ein europäischer. Der +Hauptgegenstand seiner Sorge war nicht unsre Insel, ja selbst sein +Geburtsland nicht, sondern die große Gemeinschaft der Nationen, der die +Unterjochung durch ein zu mächtiges Mitglied drohte. Wer in dem Irrthume +befangen ist, ihn als einen englischen Staatsmann zu betrachten, muß +nothwendig sein ganzes Leben in einem falschen Lichte erblicken und +<span class = "pagenum">VII.22</span> +<a name = "pageVII_22" id = "pageVII_22"> </a> +wird nicht im Stande sein, irgend einen Grundsatz, sei es ein guter oder +ein schlechter, ein whiggistischer oder ein toryistischer, zu entdecken, +auf den sich seine wichtigsten Thaten zurückführen ließen. Betrachten +wir ihn aber als einen Mann, dessen besondere Aufgabe es war, eine Masse +von schwachen, zerrissenen und entmuthigten Staaten zu einem festen und +starken Bunde gegen den gemeinsamen Feind zu sammeln, betrachten wir ihn +als einen Mann, in dessen Augen England namentlich deshalb wichtig war, +weil ohne dasselbe die von ihm beabsichtigte große Coalition +unvollständig gewesen sein würde, so werden wir zugeben müssen, daß +keine langjährige Laufbahn, von der uns die Geschichte erzählt, von +Anfang bis zu Ende gleichmäßiger war als die dieses großen Fürsten.<a +class = "tag" name = "tagVII_14" id = "tagVII_14" href = +"#noteVII_14">14</a></p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVII_13" id = "noteVII_13" href = "#tagVII_13">13.</a> +<span class = "antiqua">Avaux Negotiations</span>, Aug. 10.(20.), Sept. +14.(24.), Sept. 28. (Oct. 8.), Dec. 7.(17.) 1682.</p> + +<p><a name = "noteVII_14" id = "noteVII_14" href = "#tagVII_14">14.</a> +Ich kann mir das Vergnügen nicht versagen, Massillon’s unfreundliche, +aber scharfsinnige und edle Characteristik Wilhelm’s hier anzuführen: +<span class = "antiqua">„Un prince profond dans ses vues; habile à +former des ligues et à reunir les esprits, plus heureux à exciter les +guerres qu’à combattre; plus encore à craindre dans le secret du +cabinet, qu’à la tête des armées; un ennemi que la haine du nom Français +avait rendu capable d’imaginer de grandes choses et de les exécuter; un +de ces génies qui semblent être nés pour mouvoir à leur gré les peuples +et les souverains; un grand homme, s’il n’avoit jamais voulu être +roi.“</span> Grabrede auf den Dauphin.</p> +</div> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Seine Politik durchaus consequent.</span> +<a name = "secVII_15" id = "secVII_15">Der</a> Leitfaden, den wir jetzt +besitzen, wird es uns möglich machen, ohne Schwierigkeit den wirklich +consequenten, obgleich anscheinend zuweilen gewundenen Gang zu +verfolgen, den er gegen unsere inneren Factionen beobachtete. Er +erkannte deutlich, was übrigens auch weit weniger scharfsichtigen Leuten +als er war, nicht entging, daß das Unternehmen, an dem er mit ganzer +Seele hing, wahrscheinlich gelingen würde, wenn England auf seiner Seite +wäre, daß der Ausgang ungewiß sein würde, wenn England neutral bliebe, +und daß es hoffnungslos sein würde, wenn England handelte, wie es in den +Tagen der Cabale gehandelt hätte. Nicht weniger deutlich sah er, daß +zwischen der äußeren und der inneren Politik Englands ein enger +Zusammenhang stattfand, daß der Regent dieses Landes, wenn er mit dem +gesetzgebenden Körper harmonirte, stets einen großen Einfluß auf die +Angelegenheiten der Christenheit ausüben und daß ihm offenbar daran +gelegen sein mußte, der ungebührlichen Machtvergrößerung irgend eines +festländischen Potentaten entgegenzuwirken; daß auf der andren Seite der +Souverain, wenn der gesetzgebende Körper ihm nicht traute und ihn in +seinen freien Bewegungen hemmte, in der europäischen Politik nur von +geringem Gewicht sein konnte und daß dieses ganze kleine Gewicht in die +falsche Wagschale fallen würde. Der erste Wunsch des Prinzen war daher: +Eintracht zwischen dem Throne und dem Parlamente. Wie diese Eintracht +herzustellen war und auf welcher Seite Zugeständnisse gemacht werden +mußten, dies waren seiner Ansicht nach Fragen von untergeordneter +Bedeutung. Allerdings würde es ihm am liebsten gewesen sein, wenn eine +vollständige Aussöhnung hätte bewirkt werden können, ohne einen +Buchstaben von der Prärogative zu opfern, denn er hatte an der +ungeschmälerten Aufrechthaltung derselben ein anwartschaftliches +Interesse, und war von Natur mindestens eben so herrschsüchtig und ein +eben so großer Feind von Beschränkung, als irgend ein Stuart. Aber es +gab kein Kleinod der Krone, das er nicht, selbst nachdem sie auf sein +eignes Haupt gesetzt worden, bereitwilligst zum Opfer gebracht hätte, +wenn er +<span class = "pagenum">VII.23</span> +<a name = "pageVII_23" id = "pageVII_23"> </a> +überzeugt sein konnte, daß ein solches Opfer zur Erreichung seines +großen Zieles unumgänglich nöthig war. Daher empfahl er auch der +Regierung in den Tagen des papistischen Complots Nachgiebigkeit, +obgleich er die Heftigkeit mißbilligte, mit der die Opposition die +königliche Autorität angriff. Das Verfahren der Gemeinen bezüglich der +inneren Angelegenheiten, sagte er, sei höchst unverständig, aber so +lange die Gemeinen unzufrieden seien, könnten die Freiheiten Europa’s +nicht sicher sein und dieser überwiegenden Rücksicht müsse jede andre +weichen. Nach diesen Grundsätzen handelte er, als die Ausschließungsbill +die ganze Nation erschütterte. Man hat keinen Grund zu der Annahme, daß +er die Opposition aufgemuntert habe, diese Bill einzubringen oder die +wiederholt gemachten Vergleichsvorschläge des Thrones zurückzuweisen. +Als es aber klar wurde, daß, wenn diese Bill nicht durchging, ein +ernster Bruch zwischen den Gemeinen und dem Hofe entstehen mußte, sprach +er deutlich, obwohl mit gebührender Mäßigung, seine Ansicht dahin aus, +daß man sich um jeden Preis mit den Vertretern des Volks versöhnen +müsse. Als ein heftiger und reißender Umschwung der öffentlichen Meinung +die Whigpartei eine Zeit lang völlig hilflos gelassen hatte, versuchte +er es sein großes Ziel auf einem andren Wege zu erreichen, der seiner +Natur vielleicht besser zusagte als der vorher betretene. Die veränderte +Stimmung der Nation bot wenig Aussicht dar, daß ein Parlament gewählt +werden würde, das geneigt war, die Wünsche des Souverains zu +durchkreuzen. Karl war eine Zeit lang Herr. Ihn zu gewinnen, war daher +des Prinzen erster Wunsch. Im Sommer 1683, fast in dem Augenblicke, als +die Entdeckung des Ryehousecomplots die Niederlage der Whigs und den +Sieg des Königs vollständig machte, traten anderwärts Ereignisse ein, +welche Wilhelm nicht ohne die größte Angst und Besorgniß mit ansehen +konnte. Die türkischen Heere rückten bis an die Vorstädte Wiens heran. +Die große österreichische Monarchie, auf deren Unterstützung der Prinz +gerechnet hatte, schien ihrem Untergange nahe zu sein. Bentinck wurde +daher schleunigst vom Haag nach London gesandt, mit dem Auftrage nichts +zu versäumen, was nöthig sein konnte, um den englischen Hof zu gewinnen, +und ganz besonders war er angewiesen, in den stärksten Ausdrücken den +Abscheu seines Gebieters gegen die Whigverschwörung zu versichern.</p> + +<p>Während der nächsten achtzehn Monate war einige Hoffnung, daß der +Einfuß Halifax’ überwiegen und daß der Hof von Whitehall zur Politik der +Tripleallianz zurückkehren werde. An diese Hoffnung klammerte sich +Wilhelm mit Vorliebe an und sparte keine Mühe, um Karl günstig zu +stimmen. Die gastliche Aufnahme, welche Monmouth im Haag fand, muß +hauptsächlich dem ernstlichen Bestreben des Prinzen, die wirklichen +Wünsche von Monmouth’s Vater zu erfüllen, zugeschrieben werden. Sobald +Karl gestorben war, schlug Wilhelm in unabänderlicher Verfolgung seines +Zieles wieder ein andres Verfahren ein. Er hatte Monmouth aufgenommen, +um dem verstorbenen Könige zu gefallen; damit nun der gegenwärtige König +keine Ursache zu Beschwerden haben sollte, wurde Monmouth fortgeschickt. +Wir haben gesehen, daß beim Ausbruche des Aufstandes im Westen die in +holländischen Diensten stehenden britischen Regimenter durch die +thätigen Bemühungen des Prinzen auf die erste Aufforderung in ihre +Heimath zurückgesandt wurden. Wilhelm erbot sich sogar, persönlich ein +Commando gegen die Rebellen zu übernehmen, und +<span class = "pagenum">VII.24</span> +<a name = "pageVII_24" id = "pageVII_24"> </a> +daß dieses Anerbieten vollkommen aufrichtig gemeint war, kann von +Niemandem, der seine vertraulichen Briefe an Bentinck gelesen hat, +bezweifelt werden.<a class = "tag" name = "tagVII_15" id = "tagVII_15" +href = "#noteVII_15">15</a></p> + +<p>Der Prinz gab sich zu dieser Zeit augenscheinlich der Hoffnung hin, +daß der große Plan, dem in seinem Geiste alles Andre untergeordnet war, +den Beifall und die Unterstützung seines Schwiegervaters erhalten werde. +Der hohe Ton, den Jakob damals gegen Frankreich annahm, die +Bereitwilligkeit, mit der er sich zu einem Defensivbündnisse mit den +Vereinigten Provinzen verstand, und seine Geneigtheit zu einer +Verbindung mit dem Hause Österreich bestärkten diese Erwartung. Aber +bald verfinsterte sich der Horizont. Die Entlassung Halifax’, der Bruch +zwischen Jakob und dem Parlamente, die Prorogation desselben und die +ausdrückliche Erklärung, welche der König den auswärtigen Gesandten gab, +daß die festländische Politik seine Aufmerksamkeit nicht länger von +inneren Maßregeln zur Befestigung seiner Hoheitsrechte und zur Förderung +der Interessen seiner Kirche ablenken sollte, machten der Täuschung ein +Ende. Es war klar, daß England, wenn Jakob sein Beherrscher war, im Fall +einer europäischen Krisis entweder unthätig bleiben oder im Einklange +mit Frankreich handeln würde. Und die europäische Krisis rückte immer +näher. Das Haus Österreich war durch eine Reihe von Siegen gegen fernere +Gefahr von Seiten der Türkei gesichert worden und hatte daher nicht mehr +nöthig, die Übergriffe und Beleidigungen Ludwig’s geduldig zu +ertragen.</p> + +<p class = "footnote"> +<a name = "noteVII_15" id = "noteVII_15" href = "#tagVII_15">15.</a> +Zum Beispiel: <span class = "antiqua">„Je crois M. Feversham un très +brave et honeste homme. Mais je doute s’il a assez d’expérience à +diriger une si grande affaire qu’il a sur le bras. Dieu lui donne un +succès prompt et heureux. Mais je ne suis pas hors d’inquiétude.“</span> +— 7.(17.) Juli 1685. Als er die Nachricht von der Schlacht von +Sedgemoor erhalten hatte, schrieb er wieder: <span class = +"antiqua">„Dieu soit loué du bon succès que les troupes du Roy ont eu +contres les rebelles. Je ne doute pas que cette affaire ne soit +entièrement assoupie, et que le règne du Roy sera heureux, ce que Dieu +veuille.“</span> — 10.(20.) Juli.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Vertrag von Augsburg.</span> +<a name = "secVII_16" id = "secVII_16">In</a> Folge dessen wurde im Juli +1686 zu Augsburg ein Vertrag unterzeichnet, durch den sich die Fürsten +des Reichs zum Zwecke gegenseitiger Vertheidigung eng verbanden. Die +Könige von Spanien und von Schweden waren diesem Bunde ebenfalls +beigetreten, der König von Spanien als Besitzer der im burgundischen +Kreise liegenden Provinzen, der König von Schweden als Herzog von +Pommern. Die Verbündeten erklärten, daß sie nicht die Absicht hätten +irgend eine Macht anzugreifen oder irgend eine zu beleidigen, daß sie +aber entschlossen seien, keine Verletzung der Rechte zu dulden, welche +das deutsche Reich unter Sanction des Völkerrechts und der öffentlichen +Treue besitze. Sie verpflichteten sich, einander im Falle der Noth +beizustehen und bestimmten das Truppencontingent, das jedes Mitglied des +Bundes stellen mußte, wenn es nöthig werden sollte, einen Angriff +zurückzuweisen.<a class = "tag" name = "tagVII_16" id = "tagVII_16" href += "#noteVII_16">16</a> Der Name Wilhelm’s war in dieser Urkunde nicht +genannt aber Jedermann wußte, daß sie sein Werk war und sah voraus, daß +er in nicht langer Zeit wieder an der Spitze einer Coalition gegen +Frankreich stehen werde. Zwischen ihm und dem Vasallen Frankreichs +konnte unter solchen Umständen kein herzliches Einvernehmen stattfinden. +Es erfolgte zwar kein offener Bruch und kein Austausch von Drohungen +oder +<span class = "pagenum">VII.25</span> +<a name = "pageVII_25" id = "pageVII_25"> </a> +Vorwürfen; aber Schwiegervater und Schwiegersohn waren vollständig und +für immer geschieden.</p> + +<p class = "footnote"> +<a name = "noteVII_16" id = "noteVII_16" href = "#tagVII_16">16.</a> +Der Vertrag ist in dem <span class = "antiqua">Recueil des Traités, IV. +No. 209</span> zu finden.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Wilhelm wird das Oberhaupt der englischen Opposition.</span> +<a name = "secVII_17" id = "secVII_17">Gerade</a> zu der Zeit, als der +Prinz so dem englischen Hofe entfremdet wurde, verschwanden die +Ursachen, welche bisher eine Kälte zwischen ihm und den beiden großen +Parteien des englischen Volks hervorgerufen hatten. Ein großer Theil, +der Zahl nach vielleicht die Mehrheit der Whigs, hatte die Ansprüche +Monmouth’s begünstigt, aber Monmouth existirte jetzt nicht mehr. Die +Tories auf der andren Seite hatten gefürchtet, die Interessen der +anglikanischen Kirche mochten unter der Leitung eines Mannes nicht +sicher sein, der unter holländischen Presbyterianern aufgewachsen und +dessen Ansichten über die Gewänder, die Ceremonien und die Bischöfe als +latitudinarisch wohl bekannt waren; seitdem aber jener geliebten Kirche +von einer ganz andren Seite weit furchtbarere Gefahren drohten, hatten +diese Befürchtungen fast ihre ganze Kraft verloren. So kam es, daß beide +große Parteien in dem nämlichen Augenblicke ihre Hoffnungen und ihre +Liebe auf den nämlichen Führer zu richten begannen. Alte Republikaner +konnten ihr Vertrauen einem Manne nicht versagen, der viele Jahre +hindurch das höchste Amt einer Republik würdig bekleidet hatte, und alte +Royalisten sahen ein, daß sie in Übereinstimmung mit ihren Grundsätzen +handelten, wenn sie einem dem Throne so nahe gehenden Prinzen die +tiefste Ehrerbietung bezeigten. Unter diesen Umständen war es von +höchster Wichtigkeit, daß zwischen Wilhelm und Marien die vollkommenste +Einigkeit herrschte. Eine Mißhelligkeit zwischen der präsumtiven +Thronerbin und ihrem Gemahl hätte in der großen Masse, die sich von +allen Seiten her um einen gemeinschaftlichen Mittelpunkt schaarte, eine +Spaltung hervorbringen müssen. Zum Glück wurde jede Gefahr einer solchen +Mißhelligkeit im entscheidenden Augenblicke durch Burnet’s +Dazwischenkunft beseitigt und der Prinz wurde das unbestrittene Haupt +der ganzen Partei, welche der Regierung feindlich gegenüberstand, einer +Partei, welche fast die ganze Nation in sich begriff.</p> + +<p>Es ist nicht der mindeste Grund zu der Annahme vorhanden, daß er +schon um diese Zeit das große Unternehmen im Sinne hatte, zu dem ihn +später die gebieterische Nothwendigkeit trieb. Er wußte sehr gut, daß +die öffentliche Stimmung in England, wenn auch durch Kränkungen gereizt, +doch zu einer Revolution keineswegs reif war. Gewiß würde er gern das +Ärgerniß vermieden haben, das ein blutiger Streit zwischen Personen, +welche durch die engsten Bande der Blutsverwandtschaft und der +Verschwägerung an einander gekettet waren, nothwendig erregen mußte. +Auch sein Ehrgeiz ließ es ihm nicht wünschenswerth erscheinen, die +Größe, die im gewöhnlichen Laufe der Natur und des Rechts ihm zufallen +konnte, einer Gewaltthätigkeit zu verdanken, denn er wußte jetzt, daß, +wenn die Krone auf regelmäßigem Wege auf seine Gemahlin überging, +zugleich mit derselben auch alle ihre Vorrechte ungeschmälert auf ihn +selbst übergehen würden, daß sie aber, wenn sie durch eine Wahl erlangt +wurde, unter den Bedingungen angenommen werden mußte, welche die Wähler +zu stellen für gut fanden. Er schien daher geduldig den Tag erwarten zu +wollen, wo er mit unbestrittenem Rechte die Regierung antreten konnte, +und sich bis dahin darauf zu beschränken, als erster Prinz von Geblüt +und als Oberhaupt der Partei, welche in der Nation entschieden das +Übergewicht +<span class = "pagenum">VII.26</span> +<a name = "pageVII_26" id = "pageVII_26"> </a> +hatte, und die auch darauf rechnen konnte, in beiden Häusern eines zu +versammelnden Parlaments entschieden zu überwiegen, einen großen Einfluß +auf die englischen Angelegenheiten auszuüben.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Mordaunt schlägt Wilhelm eine Landung in England vor.</span> +<a name = "secVII_18" id = "secVII_18">Indessen</a> war er bereits durch +einen Rathgeber, der weniger scharfsichtig, aber ungestümer war als er +selbst, gedrängt worden, einen kühneren Weg einzuschlagen. Dieser +Rathgeber war der junge Lord Mordaunt. Das damalige Zeitalter hat kein +erfinderischeres Genie und keinen verwegeneren Geist hervorgebracht. +Aber wenn ein Plan nur glänzend war, so fragte Mordaunt selten danach, +ob er auch ausführbar sein würde, sein ganzes Leben war ein wilder +Roman, zusammengesetzt aus geheimnißvollen Intriguen der Politik und der +Liebe, aus heftigen und schnellen Wechseln des Schauplatzes und des +Glücks, und aus Siegen, welche mehr denen eines Amadis und eines +Lancelot, als denen eines Luxemburg und eines Eugen glichen. Die +Episoden, welche mit dieser seltsamen Lebensgeschichte verflochten +waren, entsprachen ganz der Hauptintrigue. Es waren darunter nächtliche +Kämpfe mit edelmüthigen Räubern und Befreiungen vornehmer und schöner +Damen aus den Händen von Entführern. Nachdem sich Mordaunt durch die +Beredtsamkeit und Kühnheit ausgezeichnet, mit der er im Hause der Lords +gegen den Hof aufgetreten war, zog er sich bald nach der Prorogation +nach dem Haag zurück und empfahl dringend eine unverzügliche Landung in +England. Er bildete sich ein, es sei eben so leicht, drei große +Königreiche zu überrumpeln, als es ihm lange nachher wurde, Barcellona +zu nehmen.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Wilhelm verwirft den Rath.</span> +<a name = "secVII_19" id = "secVII_19">Wilhelm</a> hörte ihn an, +überlegte sich die Sache und erwiederte endlich in allgemeinen +Ausdrücken, er interessire sich sehr für die englischen Angelegenheiten +und werde dieselben scharf im Auge behalten.<a class = "tag" name = +"tagVII_17" id = "tagVII_17" href = "#noteVII_17">17</a> Was aber auch +seine Absicht sein mochte, es ist nicht anzunehmen, daß er einen +voreiligen und hitzköpfigen fahrenden Ritter zu seinem Vertrauten +erwählt haben würde. Die beiden Männer hatten nichts mit einander gemein +als persönlichen Muth, der bei ihnen bis zum fabelhaften Heroismus ging, +Mordaunt wollte lediglich die Aufregung des Kampfes genießen und die +Menschen in Erstaunen setzen, Wilhelm hatte beständig ein erhabenes Ziel +vor Augen. Nach diesem Ziele trieb ihn eine gewaltige Leidenschaft, die +ihn im Gewande einer heiligen Pflicht erschien. Auf dieses Ziel steuerte +er mit einer Geduld hin, die, wie er einmal sagte, der Geduld eines +Bootsführers glich, den er auf einem Kanale gegen eine widrige Strömung +hatte ankämpfen sehen, der immer wieder zurückgeworfen wurde, aber nicht +aufhörte zu rudern und zufrieden war, wenn er nach stundenlanger Arbeit +um einige Yards vorwärts gekommen war.<a class = "tag" name = +"tagVII_18" id = "tagVII_18" href = "#noteVII_18">18</a> Heldenthaten, +die ihn seinem Ziele nicht näher brachten, mochten sie in den Augen des +großen Haufens noch so ruhmvoll sein, waren seiner Ansicht nach +kindische Eitelkeiten, aber kein Theil der wahren Aufgabe des +Lebens.</p> + +<p>Er beschloß, Mordaunt’s Rath zu verwerfen und es kann keinem Zweifel +unterliegen, daß dies ein weiser Entschluß war. Hätte Wilhelm im Jahre +1686 oder selbst 1687 das versucht, was er 1688 mit so +<span class = "pagenum">VII.27</span> +<a name = "pageVII_27" id = "pageVII_27"> </a> +glänzendem Erfolge unternahm, so würden zwar vielleicht auf seinen Ruf +viele Whigs zu den Waffen gegriffen haben, aber er würde bald gesehen +haben, daß die Nation noch nicht hinreichend vorbereitet war, um einen +bewaffneten Befreier aus fremdem Lande willkommen zu heißen, und daß die +Kirche noch nicht genugsam gereizt und beleidigt worden war, damit sie +den Grundsatz, der seit so langer Zeit ihr Losungswort war, schon hätte +vergessen haben können. Die alten Kavaliere würden sich um das +königliche Banner geschaart haben und es würde wahrscheinlich in allen +drei Königreichen ein eben so langer und heftiger Bürgerkrieg als der +unter der vorigen Generation ausgebrochen sein. Während dieser Krieg auf +den britischen Inseln wüthete, was konnte Ludwig inzwischen nicht Alles +auf dem Continent versuchen? Und welche Aussichten hätte dann Holland +gehabt, das von seinen Truppen entblößt und von seinem Statthalter +verlassen gewesen wäre?</p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVII_17" id = "noteVII_17" href = "#tagVII_17">17.</a> +<span class = "antiqua">Burnet I. 762.</span></p> + +<p><a name = "noteVII_18" id = "noteVII_18" href = "#tagVII_18">18.</a> +<span class = "antiqua">Temple’s Memoirs.</span></p> +</div> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Unzufriedenheit in England nach dem Sturze der Hyde.</span> +<a name = "secVII_20" id = "secVII_20">Wilhelm</a> begnügte sich daher +für jetzt, Maßregeln zu ergreifen, um der mächtigen Opposition, deren +Oberhaupt er geworden war, Einigkeit und Lebenskraft einzuhauchen. Dies +war nicht schwer. Der Fall der Hyde hatte durch ganz England eine +heftige Aufregung und Entrüstung hervorgerufen. Man fühlte, daß es sich +jetzt nicht mehr darum handelte, ob der Protestantismus herrschen, +sondern ob er geduldet werden sollte. An die Stelle des Schatzmeisters +war eine Commission getreten, deren Oberhaupt ein Papist war. Das +Geheimsiegel war einem Papisten anvertraut worden und der Nachfolger des +Lordlieutenants von Irland war ein Mann, der durchaus keinen andren +Anspruch auf einen so hohen Posten hatte, als daß er Papist war. +Tyrconnel wäre der Letzte gewesen, den eine Regierung, welcher das +allgemeine Wohl des Landes am Herzen lag, nach Dublin als Stellvertreter +geschickt hätte. Seine brutalen Manieren machten ihn geradezu unfähig, +die Majestät der Krone zu repräsentiren. Sein beschränkter Verstand und +sein heftiges Temperament machten ihn untauglich, wichtige +Staatsgeschäfte zu leiten. Sein unversöhnlicher Haß gegen die Besitzer +des größeren Theiles des irischen Grund und Bodens machte ihn ganz +untauglich, gerade dieses Land zu verwalten. Aber die Maßlosigkeit +seiner Bigotterie wurde als ein genügender Ersatz für die Maßlosigkeit +seiner anderen Leidenschaften betrachtet und aus Rücksicht auf seinen +Haß gegen den reformirten Glauben gestattete man ihm, seinem Hasse gegen +den englischen Namen freien Lauf zu lassen. Dies war also der wirkliche +Sinn der Achtung Seiner Majestät vor den Rechten der Überzeugung! Er +wollte, daß sein Parlament alle den Papisten auferlegte Ausschließungen +beseitigte, nur damit <em>er</em> gleich drückende Ausschließungen über +die Protestanten verhängen konnte. Es war klar, daß unter einem solchen +Fürsten Glaubensabfall der einzige Weg zur Größe sein konnte. Dennoch +wagten es nur Wenige, diesen Weg einzuschlagen, denn der Geist der +Nation war furchtbar aufgeregt, und jeder Renegat hatte ein solches Maß +von Hohn und Verachtung zu ertragen, daß auch die verhärtetsten Naturen +nicht ganz unempfindlich dagegen bleiben konnten.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Bekehrungen zum Papismus; Peterborough, Salisbury.</span> +<a name = "secVII_21" id = "secVII_21">Allerdings</a> hatten erst +kürzlich mehrere bemerkenswerthe Übertritte stattgefunden; aber sie +waren von der Art, daß sie der römischen Kirche wenig Ehre machten. Zwei +vornehme Männer hatten sich in ihren Schooß aufnehmen lassen: Heinrich +Mordaunt, Earl von Peterborough +<span class = "pagenum">VII.28</span> +<a name = "pageVII_28" id = "pageVII_28"> </a> +und Jakob Cecil, Earl von Salisbury. Aber Peterborough, früher ein +thätiger Soldat, Hofmann und Diplomat, war jetzt durch Alter und +Krankheit gebeugt und wer ihn, auf einen Stock gestützt und in Flanell +und Pflaster eingehüllt, durch die Gallerien von Whitehall hinken sah, +tröstete sich über seinen Abfall damit, daß er seinen Glauben erst +gewechselt, nachdem er seine Körper- und Geisteskräfte überlebt hatte.<a +class = "tag" name = "tagVII_19" id = "tagVII_19" href = +"#noteVII_19">19</a> Salisbury war sprüchwörtlich albern. Sein Körper +war in Folge sinnlicher Genüsse dermaßen aufgeschwollen, daß er sich +fast nicht mehr bewegen konnte, und dieser träge Körper war der Wohnsitz +eines eben so trägen Geistes. In populären Spottliedern war er als ein +Mensch dargestellt, der dazu geschaffen war, betrogen zu werden, als ein +Mensch, der bisher die Beute von Spielern gewesen und der eben so gut +die Beute von Mönchen werden konnte. Ein Pasquill, das zur Zeit von +Rochester’s Rücktritt an die Thür von Salisbury House am Strand +angeheftet wurde, schildert in starken Ausdrücken das Entsetzen, mit dem +der weise Robert Cecil, wenn er aus seinem Grabe auferstehen könnte, +sehen würde, auf was für ein Geschöpf seine Würden und Ehren gekommen +waren.<a class = "tag" name = "tagVII_20" id = "tagVII_20" href = +"#noteVII_20">20</a></p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVII_19" id = "noteVII_19" href = "#tagVII_19">19.</a> +Siehe die beiden Gedichte, betitelt: <span class = "antiqua">The +Converts</span> und <span class = "antiqua">The Delusion</span>.</p> + +<p><a name = "noteVII_20" id = "noteVII_20" href = "#tagVII_20">20.</a> +Die Verse befinden sich in der <span class = "antiqua">Collection of +State Poems</span>.</p> +</div> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Wycherley, Tindal, Haines.</span> +<a name = "secVII_22" id = "secVII_22">Dies</a> waren im Range die +höchststehenden von Jakob’s Proselyten. Außerdem gab es noch Renegaten +ganz andrer Art, unbemittelte Leute von Talent, die aber keine +Grundsätze und keine Spur von Ehrgefühl besaßen. Man hat Grund zu +glauben, daß Wilhelm Wycherley, der zügelloseste und hartherzigste +Schriftsteller einer ganz besonders zügellosen und hartherzigen Schule, +zu diesen gehörte.<a class = "tag" name = "tagVII_21" id = "tagVII_21" +href = "#noteVII_21">21</a> Gewiß ist, daß Matthäus Tindal, der sich +später durch seine Schriften gegen das Christenthum einen Namen machte, +um diese Zeit in den Schooß der alleinseligmachenden Kirche aufgenommen +wurde, ein Schritt, den, wie man leicht denken kann, die Theologen, mit +denen er nachmals polemisirte, nicht vergessen hatten.<a class = "tag" +name = "tagVII_22" id = "tagVII_22" href = "#noteVII_22">22</a> Ein noch +ehrloserer Apostat war Joseph Haines, dessen Name jetzt so gut wie +vergessen ist, der aber damals als ein Abenteurer von vielseitiger +Begabung, als Gauner, Falschmünzer, falscher Zeuge, falscher Bürge, +Tanzmeister, Possenreißer, Dichter und Schauspieler wohl bekannt war. +Einige von seinen Prologen und Epilogen wurden von seinen Zeitgenossen +viel bewundert und sein Schauspielertalent war allgemein anerkannt. +Dieser Mann wurde Katholik, ging im Gefolge Castelmaine’s mit nach +Italien, wurde aber bald wegen schlechter Aufführung wieder entlassen. +Wenn man einer Tradition glauben darf, die sich lange im Garderobezimmer +erhalten hat, so hatte Haines die Frechheit zu behaupten, daß ihm die +Jungfrau Maria erschienen sei und ihn zur Buße aufgefordert habe. Nach +der Revolution versuchte er es sich mit der Stadt durch eine Buße +auszusöhnen, die noch skandalöser war als sein Vergehen. Eines Abends, +ehe er in einer Posse auftrat, erschien er in ein weißes Betttuch +gehüllt und mit einer Kerze +<span class = "pagenum">VII.29</span> +<a name = "pageVII_29" id = "pageVII_29"> </a> +in der Hand auf der Bühne und trug einige gottlose, unanständige +Knittelverse vor, die er seinen Widerruf nannte.<a class = "tag" name = +"tagVII_23" id = "tagVII_23" href = "#noteVII_23">23</a></p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVII_21" id = "noteVII_21" href = "#tagVII_21">21.</a> +Die Nachrichten, die wir über Wycherley haben, sind äußerst dürftig; +zweierlei aber ist gewiß: daß er sich in seinen späteren Jahren einen +Papisten nannte und daß er von Jakob Geld erhielt. Ich zweifle kaum +daran, daß er ein bezahlter Convertit war.</p> + +<p><a name = "noteVII_22" id = "noteVII_22" href = "#tagVII_22">22.</a> +Siehe den Artikel über ihn in der <span class = "antiqua">Biographia +Britannica</span>.</p> + +<p><a name = "noteVII_23" id = "noteVII_23" href = "#tagVII_23">23.</a> +Siehe Jakob Quin’s Bericht über Haines in <span class = +"antiqua">Davies’s Miscellanies</span>; <span class = "antiqua">Tom +Brown’s Works</span>; <span class = "antiqua">Lives of Sharpers</span>; +Dryden’s Epilog zu der <span class = "antiqua">Secular +Masque</span>.</p> +</div> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Dryden.</span> +<a name = "secVII_23" id = "secVII_23">Mit</a> dem Namen Haines wurde in +vielen Libellen der Name eines berühmteren Renegaten, Johann Dryden’s +verbunden. Dryden näherte sich jetzt dem Abend seines Lebens. Nach +vielen Erfolgen und vielen Enttäuschungen hatte er endlich mit +allgemeiner Zustimmung die erste Stelle unter den lebenden Dichtern +Englands erhalten. Er hatte größere Ansprüche auf den Dank Jakob’s als +irgend ein andrer Schriftsteller des Königreichs. Doch Jakob war an +Versen wenig, sehr viel aber am Gelde gelegen. Vom Tage seiner +Thronbesteigung an bemühte er sich kleine Ersparnisse zu machen, welche +einer Regierung den Vorwurf der Knauserei zuziehen, ohne die Finanzlast +merklich zu erleichten. Zu den Opfern seiner unverständigen Sparsamkeit +gehörte auch der <span class = "antiqua">Poeta Laureatus</span>. Es +wurde Befehl gegeben, daß in dem neuen Diplom, welches durch die +Erledigung der Krone nöthig geworden war, das jährlich gespendete Faß +Sect, das ursprünglich Jonson bewilligt und auch dessen Nachfolgern +zugestanden worden war, weggelassen werden sollte.<a class = "tag" name += "tagVII_24" id = "tagVII_24" href = "#noteVII_24">24</a> Dies war die +einzige Notiz, welche der König im ersten Jahre seiner Regierung von dem +gewaltigen Satiriker zu nehmen geruhte, der im kritischesten Augenblicke +des großen Kampfes wegen der Ausschließungsbill in den Reihen der Whigs +Schrecken verbreitet hatte. Dryden war arm und seine Armuth drückte ihn +nieder. Von Religion wußte er wenig und kümmerte sich auch nicht darum. +Wenn irgend ein Gefühl tief in seiner Brust wurzelte, so war es der +Widerwille gegen die Priester jeden Glaubens, gegen Leviten, Auguren, +Muftis, römisch-katholische Geistliche, presbyterianische und +anglikanische Geistliche. Er war von Natur kein hochherziger Mann, und +seine Bestrebungen waren nicht von der Art, daß sie seinem Sinne höhere +Würde und größeres Zartgefühl verleihen konnten. Er hatte viele Jahre +lang sich seinen Unterhalt dadurch erworben, daß er dem verderbten +Geschmacke des Publikums diente und reichen, adeligen Gönnern auf die +plumpste Manier schmeichelte. Selbstachtung und ein feines +Schicklichkeitsgefühl konnte man von einem Manne, der das Leben eines +Bettlers und Speichelleckers geführt hatte, nicht erwarten. Da er die +Bemerkung machte, daß seine Dienste unbeachtet bleiben würden, wenn er +fortführe sich einen Protestanten zu nennen, so erklärte er sich zum +Papisten. Augenblicklich ließ die Knauserei des Königs nach. Dryden +wurde mit einem Jahrgelde von hundert Pfund belohnt und dazu verwendet, +seine neue Religion in Prosa und in Versen zu vertheidigen.</p> + +<p>Zwei ausgezeichnete Männer, Samuel Johnson und Walter Scott, haben +ihr Möglichstes gethan, um sich selbst und Andere zu überreden, daß +dieser denkwürdige Glaubenswechsel aufrichtig war. Es war natürlich, daß +sie einen Schandfleck von dem Gedächtnisse eines Mannes verwischen +wollten, dessen Genie sie mit Recht bewunderten und mit dessen +politischen Ansichten sie stark sympathisirten; der unparteiische +Geschichtsschreiber aber muß ein ganz andres Urtheil aussprechen. Es +wird jederzeit starker Zweifel gegen die Aufrichtigkeit einer Bekehrung +erhoben werden, durch welche +<span class = "pagenum">VII.30</span> +<a name = "pageVII_30" id = "pageVII_30"> </a> +der Bekehrte unmittelbar gewinnt. Und in Dryden’s Falle ist nichts +vorhanden, was diesen Zweifel entkräften konnte. Seine theologischen +Schriften beweisen zur Genüge, daß er sich nie fleißig und ernstlich +bemüht hat, die Wahrheit zu ergründen, und daß seine Kenntniß der +Kirche, die er verließ, wie auch der, zu der er übertrat, höchst +oberflächlich war. Eben so wenig benahm er sich in der Folge wie ein +Mann, den ein starkes Pflichtgefühl zu einem Schritte von so +hochwichtiger Bedeutung bewogen hatte. Wäre er ein solcher Mann gewesen, +so würde die nämliche Überzeugung, die ihn in den Schooß der römischen +Kirche geführt hatte, ihn abgehalten haben, allgemeine Regeln, welche +diese Kirche in Übereinstimmung mit jeder andren christlichen +Gemeinschaft als bindend anerkennt, gröblich und gewohnheitsmäßig zu +verletzen. Es würde ein merklicher Unterschied zwischen seinen früheren +und seinen späteren Werken zu erkennen gewesen sein; er würde mit Reue +auf seine fast dreißigjährige literarische Laufbahn zurückgeblickt +haben, während welcher er seine seltenen Talente für die Diction und den +Versbau systematisch zur Verbreitung der Sittenverderbniß angewendet +hatte. Nicht eine Zeile, welche darauf hinzielte, die Tugend verächtlich +zu machen und unreine Begierden zu entzünden, würde von diesem +Augenblicke an mehr aus seiner Feder geflossen sein. Leider aber ist es +nur zu wahr, daß die Dramen, welche er nach seiner angeblichen Bekehrung +schrieb, in keiner Hinsicht weniger unrein und profan sind, als die +seiner Jugend. Selbst in seinen Übersetzungen wich er beständig von den +Originalen ab, um Bilder aufzusuchen, die er hätte übergehen müssen, +wenn er sie in den Originalen gefunden hätte. Das Schlechte wurde durch +seine Übertragungen noch schlechter, und das Unschuldige wurde durch die +Berührung mit seinem Geiste befleckt. Er machte die derbsten Satiren +Juvenal’s noch derber, schob in die Erzählungen Boccacio’s schlüpfrige +Schilderungen ein und befleckte die liebliche und reine Poesie der +Georgica mit Schmutz, der Vergil’s Ekel erregt haben würde.</p> + +<p>Dryden’s Beistand war denjenigen römisch-katholischen Theologen +willkommen, welche gegen die ausgezeichnetsten Männer der Staatskirche +mit Mühe einen Kampf unterhielten. Sie konnten es sich nicht verhehlen, +daß ihr durch ausländische, in Rom oder Douay aufgelesene Ausdrücke +entstellter Styl der Beredtsamkeit eines Tillotson und Sherlock +gegenüber eben in keinem vortheilhaften Lichte erschien. Man glaubte es +nicht gering anschlagen zu dürfen, daß man die Mitwirkung des größten +lebenden Meisters der englischen Sprache gewonnen hatte. Der erste +Dienst, der von ihm zum Dank für die bewilligte Pension verlangt wurde, +war eine in Prosa geschriebene Vertheidigung seiner Kirche gegen +Stillingfleet. Aber einem Manne, der nichts zu sagen weiß, hilft das +Talent, Alles gut sagen zu können, nichts, und in diesem Falle befand +sich Dryden. Er sah bald ein, daß er einem Gegner, dessen ganzes Leben +ein langes Studium der Polemik gewesen, nicht gewachsen war. Der +langgediente Gladiator entwaffnete den Neuling, versetzte ihm mit +Verachtung einige Hiebe und wendete sich dann von ihm ab, um +achtunggebietenderen Kämpfern entgegenzutreten.</p> + +<p class = "footnote"> +<a name = "noteVII_24" id = "noteVII_24" href = "#tagVII_24">24.</a> +Diese Thatsache, welche den genauen Forschungen Malone’s entging, +ergiebt sich aus dem Briefbuche des Schatzamts von 1685.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +<span class = "antiqua">„The Hind and Panther.“</span></span> +<a name = "secVII_24" id = "secVII_24">Jetzt</a> griff Dryden zu einer +Waffe, in der er schwerlich einen ebenbürtigen Gegner zu fürchten hatte. +Er zog sich auf einige Zeit von dem Geräusch der Kaffeehäuser und +Theater in einen ruhigen Winkel von Huntingdonshire zurück und schrieb +dort mit +<span class = "pagenum">VII.31</span> +<a name = "pageVII_31" id = "pageVII_31"> </a> +ungewohnter Sorgfalt und Anstrengung sein berühmtes Gedicht über die +zwischen der römischen und anglikanischen Kirche obschwebenden +Streitpunkte. Die römische Kirche ist darin bildlich als eine milchweiße +Hindin dargestellt, die beständig in Lebensgefahr schwebt, aber dazu +bestimmt ist, nicht zu sterben. Die Thiere des Feldes sannen auf ihr +Verderben. Der zitternde (<span class = "antiqua">quaking</span>) Hase +beobachtete eine furchtsame Neutralität, aber der socinianische Fuchs, +der presbyterianische Wolf, der independente Bär und der anabaptistische +Eber schossen hämische Blicke auf das makellose Geschöpf. Unter dem +Schutze ihres Freundes, des königlichen Löwen, konnte sie es indessen +wagen, mit ihnen aus der nämlichen Quelle zu trinken. Die anglikanische +Kirche war als Panther dargestellt, der zwar Flecken hat, aber schön, +für ein Raubthier nur zu schön ist. Hindin und Panther, von der +blutdürstigen Bevölkerung des Waldes in gleichem Grade gehaßt, beriethen +sich im Stillen über ihre gemeinsame Gefahr. Dann gingen sie zur +Discussion der Punkte über, in denen sie verschiedener Ansicht waren, +und hielten, mit dem Schwanze wedelnd und sich den Bart leckend, ein +langes Zwiegespräch über die wirkliche Anwesenheit Christi beim +Abendmahl, über die Autorität der Päpste und Concilien, über die +Strafgesetze, die Testacte, die Meineide des Oates, Buttler’s schlecht +belohnte Dienste für die Kavalierpartei, Stillingfleet’s Pamphlets und +Burnet’s breiten Rücken und glückliche Heirathsspekulationen.</p> + +<p>Das Unpassende dieses Planes springt in die Augen. Die Allegorie +konnte in der That nicht zehn Zeilen hintereinander ununterbrochen +beibehalten werden. Keine noch so kunstvolle Ausführung konnte die +Fehler eines solchen Planes verdecken. Dessenungeachtet ist die Fabel +von der Hindin und dem Panther unbestreitbar der werthvollste Beitrag zu +der englischen Literatur aus der kurzen und unruhigen Regierungszeit +Jakob’s II. In keinem andren Werke Dryden’s finden sich +ergreifendere und erhabenere Stellen, eine größere Biegsamkeit und Kraft +der Sprache und ein lieblicherer und abwechselnderer Wohllaut.</p> + +<p>Das Gedicht erschien mit allen Vortheilen ausgestattet, welche +königliche Gunst gewähren konnte. Eine Prachtausgabe für Schottland +wurde in der in Holyrood House errichteten Officin gedruckt. Aber die +Leute waren nicht in der Stimmung, um sich von dem durchsichtigen Style +und den melodischen Reimen des Apostaten bezaubern zu lassen. Der durch +seine Feilheit erregte Unwille, die durch die Politik, deren Lobhudler +er war, hervorgerufene Besorgniß ließen sich nicht in Schlaf singen. Die +gerechte Entrüstung des Publikums wurde von Vielen, die den Stachel +seines Spotts gefühlt, und von Vielen, die seinen Ruhm beneideten, +angeschürt. Trotz aller Beschränkungen, denen die Presse unterlag, +erschienen täglich Angriffe auf sein Leben und seine Schriften. Bald +hieß er Bayes, bald der Dichter Squab. Man erinnerte ihn daran, daß er +in seiner Jugend dem Hause Cromwell in der nämlichen knechtischen Weise +den Hof gemacht, wie jetzt dem Hause Stuart. Ein Theil seiner Gegner +druckte boshafterweise die sarkastischen Verse wieder ab, die er zu +einer Zeit, wo es ihm nichts eingebracht haben würde, wenn er Papist +geworden wäre, gegen den Papismus geschrieben hatte. Von den vielen +satirischen Arbeiten, welche bei dieser Gelegenheit erschienen, war die +gelungenste das gemeinsame Werk zweier junger Männer, welche kürzlich +ihre Studien in Cambridge vollendet hatten und als vielversprechende +Anfänger in den literarischen Kaffeehäusern Londons begrüßt worden +waren: Karl Montague +<span class = "pagenum">VII.32</span> +<a name = "pageVII_32" id = "pageVII_32"> </a> +und Matthäus Prior. Montague war von adeliger Abkunft, Prior’s Ursprung +aber war so dunkel, daß kein Biograph im Stande gewesen ist, demselben +auf die Spur zu kommen. Beide Abenteurer waren arm und strebsam. Beide +hatten einen scharfen Verstand und einen lebendigen Geist, Beide +schwangen sich später hoch empor. Beide verbanden in nicht gewöhnlichem +Grade mit der Liebe zu den Wissenschaften Geschicklichkeit in denjenigen +Gebieten des praktischen Lebens, gegen welche die Schöngeister in der +Regel einen entschiedenen Widerwillen haben. Von den funfzig Dichtern, +deren Lebenslauf Johnson geschildert hat, waren Montague und Prior die +beiden einzigen, die sich durch eine gründliche Kenntniß des Handels und +des Finanzwesens auszeichneten. Ihre Wege gingen bald weit auseinander, +und ihre Jugendfreundschaft löste sich auf. Einer von ihnen wurde das +Haupt der Whigpartei und wurde von den Tories angeklagt; der Andre wurde +in alle Geheimnisse der toryistischen Diplomatie eingeweiht und von den +Whigs lange in strenger Haft gehalten. Endlich wurden die so lange +getrennt gewesenen Freunde nach vielen ereignißvollen Jahren in der +Westminster-Abtei wieder mit einander vereinigt.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Änderung in dem Verfahren des Hofes gegen die Puritaner.</span> +<a name = "secVII_25" id = "secVII_25">Wer</a> die Fabel von der Hindin +und dem Panther aufmerksam gelesen hat, muß bemerkt haben, daß während +der Bearbeitung dieses Werks in den Ansichten Derer, welche Dryden als +Dolmetscher benutzten, eine große Veränderung vorging. Anfangs wird von +der anglikanischen Kirche mit Liebe und Achtung gesprochen und sie wird +ermahnt, sich mit der römisch-katholischen gegen die puritanischen +Secten zu verbinden; am Schlusse des Gedichts aber und in der Vorrede, +welche nach Vollendung des Ganzen geschrieben wurde, werden die +protestantischen Dissenters aufgefordert, mit den Katholiken +gemeinschaftliche Sache gegen die anglikanische Kirche zu machen.</p> + +<p>Dieser Umschlag in der Sprache des Hofpoeten deutete auf einen großen +Umschlag in der Politik des Hofes hin. Der ursprüngliche Zweck Jakob’s +war gewesen, nicht allein vollständige Befreiung von allen Strafen und +bürgerlichen Ausschließungen, sondern auch einen großen Antheil an den +kirchlichen und akademischen Stiftungen für seine Kirche zu erlangen und +zu gleicher Zeit die Gesetze gegen die puritanischen Secten mit Strenge +auszuüben. Alle von ihm gewährten besonderen Dispensationen waren +römischen Katholiken gewährt worden. Alle Gesetze, welche auf den +Presbyterianern, Independenten und Baptisten am schwersten lasteten, +hatte er eine Zeit lang mit aller Strenge durchgeführt. Während Hales +ein Regiment commandirte, während Powis im Geheimen Rathe saß, während +Massey eine Dechanei bekleidete, während in Oxford mit königlicher +Genehmigung Breviarien und Meßbücher gedruckt wurden, während in London +die Hostie unter dem Schutze der Piken und Musketen der Fußgarde +öffentlich ausgestellt wurde, während Ordensbrüder und Mönche in ihren +Kutten in den Straßen von London einhergingen, saß Baxter im Gefängniß, +war Howe in der Verbannung, standen die Fünfmeilenacte und die +Conventikelacte in voller Kraft, mußten die puritanischen Schriftsteller +zur ausländischen oder geheimen Pressen ihre Zuflucht nehmen, konnten +puritanische Gemeinden sich nur des Nachts oder in abgelegenen Einöden +versammeln, mußten puritanische Geistliche in Kohlengräber- oder +Matrosenverkleidung predigen. In Schottland hatte der König neue Gesetze +von beispielloser Härte gegen die Presbyterianer von den Ständen +verlangt +<span class = "pagenum">VII.33</span> +<a name = "pageVII_33" id = "pageVII_33"> </a> +und erhalten, während er keine Anstrengung sparte, ihnen jede +Erleichterung für die Katholiken abzupressen. Sein Verfahren gegen die +verbannten Hugenotten hatte seine Gesinnungen nicht minder deutlich +verrathen. Wir haben gesehen, wie er, als die öffentliche Mildthätigkeit +eine große Summe zur Unterstützung dieser Unglücklichen in seine Hände +gelegt, allen Gesetzen der Gastfreundschaft und der Rechtschaffenheit +zum Hohn von ihnen verlangte, daß sie dem calvinistischen Ritual, dem +sie mit großer Liebe anhingen, entsagen und sich der anglikanischen +Kirche anschließen müßten, ehe er ihnen das Geringste von den seiner +Verwaltung anvertrauten Gaben spenden könnte.</p> + +<p>Dies war seine Politik gewesen, so lange er noch einigermaßen hoffen +konnte, daß die anglikanische Kirche einwilligen werde, die Herrschaft +mit der römischen Kirche zu theilen. Einmal stieg diese Hoffnung zur +festen Überzeugung. Die Begeisterung, mit der die Tories seinen +Regierungsantritt begrüßt hatten, die Wahlen, die demüthige Sprache und +die reichen Geldbewilligungen seines Parlaments, die Unterdrückung des +Aufstandes im Westen, die völlige Vernichtung der Partei, die ihn vom +Throne hatte ausschließen wollen, dies Alles steigerte seine Zuversicht +bis über die Grenzen der Vernunft. Er glaubte fest, daß seiner Macht und +seiner Entschlossenheit jedes Hinderniß weichen werde. Sein Parlament +leistete ihm Widerstand. Er versuchte die Wirkung von ungnädigen Blicken +und Drohungen, und da er mit diesen nichts erreichte, versuchte er es +mit der Prorogation. Aber von dem Augenblicke der Prorogation an wurde +der Widerstand gegen seine Pläne immer stärker und stärker. Es schien +klar, daß, wenn er seinen Willen durchsetzen wollte, er ihn im +Widerspruch mit der großen Partei durchsetzen mußte, die seinem Throne, +seinem Hause und seiner Person so glänzende Beweise von Treue gegeben +hatte. Die ganze anglikanische Geistlichkeit, die ganze Kavaliergentry +war gegen ihn. Vergebens hatte er kraft seines kirchlichen Supremats dem +Klerus anbefohlen, sich jeder Erörterung von Streitpunkten zu enthalten. +Jede Gemeinde der Nation wurde allsonntäglich gegen die Irrthümer Roms +gewarnt, und diese Warnungen waren um so wirksamer, weil sie stets mit +Versicherungen der Ehrerbietung gegen den König und des Entschlusses, +Alles mit Geduld zu ertragen, was ihm zu verhängen belieben werde, +verbunden waren. Die royalistischen Ritter und Squires, welche durch +fünfundvierzig Jahre des Kriegs und der Parteiwuth dem Throne mannhaft +zur Seite gestanden hatten, sprachen jetzt in sehr nachdrücklichen +Worten den Entschluß aus, daß sie eben so mannhaft zur Kirche halten +würden. Trotz seines beschränkten Verstandes und seines despotischen +Characters sah Jakob nun doch ein, daß er sein Verfahren ändern müsse. +Er konnte es ohne Gefahr nicht wagen, alle seine protestantischen +Unterthanen zugleich zu beleidigen. Wenn er es über sich gewinnen +konnte, der Partei, welche in beiden Häusern das Übergewicht hatte, +Zugeständnisse zu machen, wenn er sich entschließen konnte, der +Staatskirche alle ihre Würden, Einkünfte und Privilegien zu lassen, so +mochte er auch fernerhin presbyterianische Versammlungen verbieten und +die Gefängnisse mit baptistischen Predigern füllen. Blieb er aber dabei, +die Hierarchie zu plündern, so mußte er sich entschließen, dem +Vergnügen, die Dissenters zu verfolgen, zu entsagen. Wollte er von nun +an mit seinen alten Freunden in Fehde leben, so mußte er mit seinen +alten Feinden einen Waffenstillstand schließen. Er konnte die +anglikanische Kirche nur dadurch bezwingen, daß er eine +<span class = "pagenum">VII.34</span> +<a name = "pageVII_34" id = "pageVII_34"> </a> +umfassende Coalition gegen sie bildete, welche Secten in sich schloß, +die zwar in Lehre und Verfassung von einander selbst viel stärker +abwichen als von ihr, aber doch durch ihre gemeinsame Eifersucht auf +ihre Größe und durch die gemeinsame Furcht vor ihrer Unduldsamkeit +bewogen werden konnten, ihre Feindseligkeiten so lange ruhen zu lassen, +bis jene Kirche die Macht verloren hatte, sie zu tyrannisiren.</p> + +<p>Ein Grund schien besonders für diesen Plan zu sprechen. Wenn es ihm +nur gelang, die protestantischen Nonconformisten zu gewinnen, so durfte +er sich mit der Hoffnung schmeicheln, vor jeder Rebellion sicher zu +sein. Nach der Ansicht der anglikanischen Geistlichen konnte keine +Kränkung irgend welcher Art einen Unterthanen berechtigen, den Gesalbten +des Herrn gewaltsamen Widerstand zu leisten. Die Theorie der +puritanischen Sectirer lautete ganz anders. Diese Sectirer trugen kein +Bedenken, Tyrannen mit dem Schwerte Gideon’s zu Boden zu schlagen, und +manche von ihnen scheuten sich auch nicht, den Dolch Ehud’s zu +gebrauchen. Wahrscheinlich sannen sie eben jetzt wieder auf einen neuen +westlichen Aufstand oder auf ein neues Ryehousecomplot. Jakob glaubte +daher, daß er getrost die Staatskirche verfolgen könnte, wenn es ihm nur +gelang, die Dissenters zu gewinnen. Die Partei, deren Grundsätze ihm +keine Sicherheit gewährten, war dann durch das Interesse an ihn +gefesselt, und die Partei, deren Interessen er angriff, erregte aus +Grundsatz keinen Aufruhr.</p> + +<p>Unter dem Einflusse solcher Erwägungen begann Jakob von dem +Augenblicke an, als er sich zornig von seinem Parlament trennte, auf +eine Coalition aller katholischen wie protestantischen Nonconformisten +gegen die Landeskirche zu denken. Schon um Weihnachten 1685 meldeten die +Gesandten der Vereinigten Provinzen den Generalstaaten, daß der Plan +einer allgemeinen Duldung entworfen sei und bald ans Licht treten +werde.<a class = "tag" name = "tagVII_25" id = "tagVII_25" href = +"#noteVII_25">25</a> Indessen erwiesen sich die Nachrichten, welche der +holländischen Gesandtschaft zugekommen waren, als verfrüht. Die +Separatisten scheinen jedoch im Jahre 1686 schon viel milder behandelt +worden zu sein, als während des Jahres 1685. Aber nur ganz allmälig und +nach vielen inneren Kämpfen vermochte es der König über sich, mit Allem, +was er am meisten verabscheute, ein Bündniß zu schließen. Er hatte einen +nicht oberflächlichen und launenhaften, nicht erst kürzlich entstandenen +oder rasch aufgeschossenen, sondern in seiner Familie erblichen Groll zu +überwinden, welcher durch große, während hundertzwanzig ereignißvoller +Jahre zugefügte und erlittene Unbilden verstärkt worden und mit allen +seinen religiösen und politischen, häuslichen und persönlichen Gefühlen +verwachsen war. Vier Generationen von Stuarts hatten mit vier +Generationen von Puritanern einen Krieg auf Leben und Tod geführt, und +während dieses ganzen langen Krieges hatte kein Stuart die Puritaner so +stark gehaßt, und war so stark von ihnen gehaßt worden, als er. Sie +hatten es versucht, seine Ehre zu untergraben und ihn seines +Geburtsrechts zu berauben; sie hatten ihn einen Brandstifter, einen +Kehlabschneider und einen Giftmischer genannt; sie hatten ihn aus der +Admiralität und aus dem Staatsrathe verdrängt; sie hatten ihn zu +wiederholten Malen in die Verbannung getrieben, sie hatten einen +Mordanschlag auf ihn gemacht, und sie hatten sich zu Tausenden mit +bewaffneter Hand gegen ihn erhoben. Dafür hatte er sich an ihnen durch +ein Gemetzel gerächt, wie es England +<span class = "pagenum">VII.35</span> +<a name = "pageVII_35" id = "pageVII_35"> </a> +noch nie gesehen. Ihre Köpfe und Glieder verwesten noch auf Pfählen auf +allen öffentlichen Plätzen von Somersetshire und Dorsetshire. Bejahrte +Frauen, die wegen ihrer Frömmigkeit und Mildthätigkeit von den Sectirern +in hohen Ehren gehalten wurden, waren um geringfügiger Vergehen willen, +die kein guter Fürst nur eines strengen Verweises werth gehalten haben +würde, enthauptet oder lebendig verbrannt worden. In einem solchen +Verhältnisse hatte selbst in England der König zu den Puritanern +gestanden, und in Schottland hatte die Tyrannei des Königs und die Wuth +der Puritaner einen Grad erreicht, von dem sich die Engländer kaum einen +Begriff machen konnten. Einen so langjährigen und so tödtlichen Haß zu +vergessen, war für einen ganz besonders harten und unversöhnlichen +Character keine leichte Aufgabe.</p> + +<p>Der Kampf, der im Innern des Königs stattfand, entging dem Blicke +Barillon’s nicht. Ende Januar 1687 schrieb er einen interessanten Brief +nach Versailles. Der König — dies war der wesentliche Inhalt des +Schreibens — habe sich so ziemlich überzeugt, daß er nicht völlige +Freiheit für die römischen Katholiken erlangen und dabei doch die +Gesetze gegen die protestantischen Dissenters aufrecht erhalten könne. +Er neige sich daher zu einem Plane allgemeiner Indulgenz hin, im Herzen +aber würde es ihm weit lieber sein, wenn er auch jetzt noch seinen +Schutz und seine Gunst zwischen der römischen und der anglikanischen +Kirche, mit Ausschluß aller anderen religiösen Überzeugungen, theilen +könnte.<a class = "tag" name = "tagVII_26" id = "tagVII_26" href = +"#noteVII_26">26</a></p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVII_25" id = "noteVII_25" href = "#tagVII_25">25.</a> +Leeuwen, 25. Dec. (4. Jan.) 1685/6.</p> + +<p><a name = "noteVII_26" id = "noteVII_26" href = "#tagVII_26">26.</a> +Barillon, 31. Jan. (10. Febr.) 1686/7. <span class = "antiqua">„Je crois +que, dans le fond, si on ne pouvoit laisser que la religion Anglicane et +la Catholique établies par les loix, le Roy d’Angleterre en seroit bien +plus content.“</span></p> +</div> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +In Schottland theilweise Duldung gewährt.</span> +<a name = "secVII_26" id = "secVII_26">Wenige</a> Tage nach dem Abgang +dieser Depesche that Jakob zögernd und widerstrebend den ersten Schritt +zur Annäherung an die Puritaner. Er hatte sich entschlossen, mit +Schottland zu beginnen, wo seine Befugniß, von Parlamentsacten zu +dispensiren, von den willfährigen Ständen anerkannt war. Demgemäß wurde +am 12. Februar in Edinburg eine Proklamation erlassen, welche +ängstlichen Gewissen eine Erleichterung gewährte.<a class = "tag" name = +"tagVII_27" id = "tagVII_27" href = "#noteVII_27">27</a> Diese +Proklamation beweist vollkommen die Richtigkeit von Barillon’s Urtheil. +Selbst in der Acte, durch die er den Presbyterianern Zugeständnisse +machte, konnte Jakob seinen Widerwillen gegen sie nicht verhehlen. Die +den Katholiken gewährte Duldung war vollkommen. Auch die Quäker hatten +wenig Ursache sich zu beklagen. Aber die den Presbyterianern, welche die +Hauptmasse des schottischen Volks bildeten, bewilligte Indulgenz war +durch Bedingungen beschränkt, die sie fast werthlos machten. An die +Stelle des bisherigen Religionseides, der sowohl Katholiken als +Presbyterianer von Staatsämtern ausschloß, war ein neuer Religionseid +gesetzt, der die Katholiken zuließ, aber die meisten Presbyterianer +ausschloß. Den Katholiken war es erlaubt, Kapellen zu erbauen und sogar +die Hostie überall, mit Ausnahme der Straßen in königlichen Burgflecken, +in Prozession umherzutragen; den Quäkern war es gestattet, sich in +öffentlichen Gebäuden zu versammeln; die Presbyterianer aber durften nur +in Privatwohnungen Gottesdienst halten; es war ihnen streng verboten, +Bethäuser zu bauen, sie durften nicht einmal eine Scheune oder ein +Nebenhaus zu Andachtsübungen benutzen, und es ward ihnen nachdrücklich +eingeschärft, +<span class = "pagenum">VII.36</span> +<a name = "pageVII_36" id = "pageVII_36"> </a> +daß, wenn sie es wagten, Conventikel unter freiem Himmel zu hatten, das +Gesetz, welches sowohl den Predigern als den Zuhörern mit dem Tode +drohte, mit schonungsloser Strenge angewendet werden sollte. Jeder +katholische Priester durfte Messe lesen, jeder Quäker durfte vor seinen +Glaubensbrüdern Reden halten; aber der Geheime Rath war angewiesen, +darüber zu wachen, daß kein presbyterianischer Geistlicher sich +unterfange, ohne specielle Erlaubniß der Regierung zu predigen. Jede +Zeile dieses Dokuments und der dasselbe begleitenden Briefe beweist, wie +schwer es dem Könige wurde, nur einigermaßen die Härte zu mildern, mit +der er die alten Feinde seines Hauses von jeher behandelt hatte.<a class += "tag" name = "tagVII_28" id = "tagVII_28" href = +"#noteVII_28">28</a></p> + +<p>Man hat wirklich Grund zu glauben, daß er bei Veröffentlichung dieser +Proklamation noch keineswegs zu einer Coalition mit den Puritanern fest +entschlossen war und daß er ihnen zuvörderst nur eben so viele +Begünstigungen gewähren wollte, als durchaus nöthig waren, um die +Anhänger der Landeskirche durch Einschüchterung zum Gehorsam zu bringen. +Er wartete daher einen Monat, um zu sehen, welchen Eindruck das in +Edinburg erlassene Edict in England machen werde. Diesen Monat +verwendete er auf Petre’s Rath eifrig zu dem, was man <span class = +"antiqua">closeting</span><a class = "tag" name = "tagVII_29" id = +"tagVII_29" href = "#noteVII_29">29</a> nannte.</p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVII_27" id = "noteVII_27" href = "#tagVII_27">27.</a> +Sie ist zu finden im Anfange zu Wodrow II. 129.</p> + +<p><a name = "noteVII_28" id = "noteVII_28" href = "#tagVII_28">28.</a> +<span class = "antiqua">Wodrow, Appendix, vol. II. Nos. 128, 129, +132.</span></p> + +<p><a name = "noteVII_29" id = "noteVII_29" href = "#tagVII_29">29.</a> +Persönliche Bearbeitung Einzelner im Privatkabinet des Königs. +  D. Übers.</p> +</div> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Persönliche Bearbeitung Einzelner im königlichen Kabinet.</span> +<a name = "secVII_27" id = "secVII_27">London</a> war voll von +geeigneten Persönlichkeiten. Man erwartete die baldige Zusammenberufung +des Parlaments zur Erledigung von Geschäften, und viele Mitglieder waren +bereits in der Stadt. Der König nahm sich vor, sie Mann für Mann zu +werben. Er hoffte, daß die eifrigen Tories — und aus solchen +bestand das Unterhaus mit wenigen Ausnahmen — seinen dringenden +Bitten schwer würden widerstehen können, wenn er dieselben nicht an die +Gesammtheit, sondern an jeden Einzelnen, und nicht vom Thronsessel +herab, sondern im vertraulichen Gespräch an sie richtete. Die +Mitglieder, welche nach Whitehall kamen, um ihre Aufwartung zu machen, +wurden demnach auf die Seite genommen und mit langen Privatunterredungen +beehrt. Der König drang in sie, daß sie, als loyale Gentlemen, ihm nur +in dem einem Punkte, der ihm mehr als alles Andre am Herzen liege, den +Willen thun möchten. Er meinte, die Sache berühre seine persönliche +Ehre. Die unter der vorigen Regierung von factiösen Parlamenten gegen +die Katholiken erlassenen Verordnungen seien lediglich gegen ihn selbst +gerichtet gewesen; diese Gesetze hätten ihm ein Brandmal aufgedrückt, +ihn aus der Admiralität und aus dem Staatsrathe vertrieben, und er sei +berechtigt, zu erwarten, daß Alle, die ihn liebten und ehrten, sich zur +Abschaffung jener Gesetze vereinigen würden. Sah er, daß seine Zuhörer +gegen diese Ermahnungen taub blieben, so nahm er seine Zuflucht zu +Drohungen und Bestechungen. Denjenigen, die sich weigerten, ihm in +dieser Angelegenheit zu Willen zu sein, wurde geradezu gesagt, daß sie +keine Gunstbezeigung zu erwarten hätten. Trotz seiner Knauserei öffnete +und vertheilte er seine Schätze. Mehrere von Denen, die zu einer +Conferenz mit ihm eingeladen worden waren, nahmen aus seinem +Schlafzimmer Geld mit fort, das sie aus königlicher Hand empfangen +hatten. Die Richter, die sich gerade auf ihrer Frühjahrsrundreise +befanden, erhielten Befehl vom Könige, die noch in der Provinz +zurückgebliebenen +<span class = "pagenum">VII.37</span> +<a name = "pageVII_37" id = "pageVII_37"> </a> +Mitglieder zu besuchen und die Gesinnungen jedes Einzelnen zu +erforschen.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Erfolglosigkeit der persönlichen Bearbeitung.</span> +<a name = "secVII_28" id = "secVII_28">Das</a> Resultat aller dieser +Nachforschungen war, daß die große Majorität des Hauses der Gemeinen +entschlossen zu sein schien, sich den Maßregeln des Hofes zu +widersetzen.<a class = "tag" name = "tagVII_30" id = "tagVII_30" href = +"#noteVII_30">30</a> Einer von Denjenigen, deren Festigkeit allgemeine +Bewunderung erregten, war Arthur Herbert, der Bruder des Oberrichters, +Parlamentsmitglied für Dover, Kammerherr und Contreadmiral von +England.</p> + +<p class = "footnote"> +<a name = "noteVII_30" id = "noteVII_30" href = "#tagVII_30">30.</a> +Barillon, 28. Febr. (10. März) 1686/7; Citters, 15.(25.) Febr.; <span +class = "antiqua">Reresby’s Memoirs</span>; Bonrepaux, 25. Mai (4. Juni) +1687.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Admiral Herbert.</span> +<a name = "secVII_29" id = "secVII_29">Arthur</a> Herbert war bei den +Seeleuten sehr beliebt und galt für einen der tüchtigsten adeligen +Marineoffiziere. Man hatte allgemein vermuthet, daß er sich den Wünschen +des Königs bereitwillig fügen werde, denn er fragte wenig nach der +Religion, war vergnügungslustig und verschwenderisch, hatte kein +Privatvermögen, bezog aus seinen Stellen ein jährliches Einkommen von +viertausend Pfund und wurde seit langer Zeit zu den ergebensten +persönlichen Anhängern Jakob’s gerechnet. Als aber der Contreadmiral im +Privatkabinet vorgenommen und das Versprechen von ihm verlangt wurde, +daß er für die Aufhebung der Testacte stimmen wolle, antwortete er, +seine Ehre und sein Gewissen erlaubten ihm nicht, ein solches +Versprechen zu geben. „Niemand zweifelt an Ihrer Ehre“, sagte der König, +„aber ein Mann, der so lebt wie Sie, sollte nicht von seinem Gewissen +sprechen.“ Auf diesen Vorwurf, einen Vorwurf, der dem Geliebten der +Katharine Sedley übel anstand, erwiederte Herbert mit männlicher +Offenheit: „Ich habe meine Fehler, Sire, aber ich könnte Leute nennen, +welche viel häufiger von ihrem Gewissen sprechen als ich und dabei ein +eben so lockeres Leben führen.“ Er wurde aller seiner Stellen entsetzt +und die Rechnung über seine Ausgaben und Einnahmen als Kammerherr wurden +mit großer und, wie er klagte, ungerechter Strenge geprüft.<a class = +"tag" name = "tagVII_31" id = "tagVII_31" href = +"#noteVII_31">31</a></p> + +<p>Es war jetzt augenscheinlich, daß jede Hoffnung auf ein Bündnis +zwischen der anglikanischen und römischen Kirche zu dem Zwecke, die +Ämter und Einnahmen unter sich zu theilen und die puritanischen Secten +zu unterdrücken, aufgegeben werden mußte. Es blieb weiter nichts übrig, +als der Versuch, eine Koalition zwischen der römischen Kirche und den +puritanischen Secten gegen die anglikanische Kirche zu Stande zu +bringen.</p> + +<p class = "footnote"> +<a name = "noteVII_31" id = "noteVII_31" href = "#tagVII_31">31.</a> +Barillon, 14.(24.) März 1687; Lord Russell an <span class = +"antiqua">Dr.</span> Fitzwilliam, 1. April; <span class = +"antiqua">Burnet I. 671, 672</span>. In <span class = "antiqua">Clarke’s +Life of James the Second, II. 204</span> ist die Unterredung etwas +anders erzählt. Diese Stelle aber ist kein Theil der eigenen Memoiren +des Königs.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Die Indulgenzerklärung.</span> +<a name = "secVII_30" id = "secVII_30">Am</a> 18. März kündigte der +König dem Geheimen Rathe an, daß er beschlossen habe, das Parlament bis +Ende November zu prorogiren und allen seinen Unterthanen aus eigner +Machtvollkommenheit völlige Gewissensfreiheit zu gewähren.<a class = +"tag" name = "tagVII_32" id = "tagVII_32" href = "#noteVII_32">32</a> Am +4. April erschien die denkwürdige Indulgenzerklärung.</p> + +<p>In dieser Erklärung sagte der König, es sei sein innigster Wunsch, +seine Unterthanen als Mitglieder derjenigen Kirche zu sehen, der er +selbst angehöre. Da dies aber nicht sein könne, erkläre er, daß es seine +Absicht +<span class = "pagenum">VII.38</span> +<a name = "pageVII_38" id = "pageVII_38"> </a> +sei, sie in der freien Ausübung ihrer Religion zu schützen. Er +wiederholte alle die schönen Redensarten, welche acht Jahre früher, als +er selbst ein Unterdrückter war, so oft aus seinem Munde kamen, die er +aber nicht mehr gebrauchte, seitdem ein Wechsel des Glücks ihm die Macht +verliehen hatte, selbst ein Unterdrücker zu werden. Er sei schon längst +überzeugt, sagte er, daß man dem Gewissen keinen Zwang anthun dürfe, daß +Verfolgungen der Zunahme der Bevölkerung und dem Handel nachtheilig +seien und nie zu dem Zwecke führten, den die Verfolger erreichen +wollten. Er wiederholte das schon oft gegebene und eben so oft +gebrochene Versprechen, daß er die Staatskirche im Genusse ihrer +gesetzlichen Rechte schützen wolle. Hierauf erklärte er, ebenfalls aus +eigner Machtvollkommenheit, eine lange Reihe von Gesetzen für null und +nichtig, hob alle Strafbestimmungen gegen alle Klassen von +Nonconformisten auf, ermächtigte die römischen Katholiken wie auch die +protestantischen Dissenters, ihren Gottesdienst öffentlich zu halten, +verbot seinen Unterthanen bei Strafe seines allerhöchsten Mißfallens, +irgend eine religiöse Versammlung zu stören, und schaffte auch alle +diejenigen Gesetze ab, welche die Befähigung zu bürgerlichen und +militairischen Ämtern von einem Religionseide abhängig machten.<a class += "tag" name = "tagVII_33" id = "tagVII_33" href = +"#noteVII_33">33</a></p> + +<p>Daß die Indulgenzerklärung verfassungswidrig war, darüber sind beide +große Parteien Englands zu allen Zeiten einig gewesen. Jeder, der in +politischen Fragen ein Urtheil hat, muß einsehen, daß ein Fürst, der +eine solche Erklärung erlassen darf, nichts Geringeres ist als ein +absoluter Monarch. Auch kann man zur Vertheidigung dieser Handlung +Jakob’s nicht die Gründe geltend machen, mit denen viele willkürliche +Maßregeln der Stuarts vertheidigt oder entschuldigt worden sind. Man +kann nicht sagen, daß er den Umfang seiner Prärogative verkannt habe, +weil sie nicht genau bestimmt gewesen sei, denn er überschritt die +Grenze angesichts einer ganz kürzlich erst festgestellten Grenzmarke. +Funfzehn Jahre früher hatte sein Bruder auf Anrathen der Cabale auch +eine Indulgenzerklärung erlassen, welche im Vergleich zu der Erklärung +Jakob’s gemäßigt und vorsichtig genannt werden konnte. Die Erklärung +Karl’s dispensirte nur von Strafgesetzen, die Erklärung Jakob’s +dispensirte auch von allen Religionseiden. Die Erklärung Karl’s +gestattete den Katholiken, nur in Privatwohnungen ihren Gottesdienst zu +halten, nach der Erklärung Jakob’s konnten sie Tempel bauen und +ausschmücken und sogar mit Kreuzen, Bildern und Rauchfässern in +Prozession durch Fleet Street ziehen. Dennoch war die Erklärung Karl’s +in alter Form für gesetzwidrig erklärt worden. Die Gemeinen hatten sich +dahin ausgesprochen, daß der König nicht befugt sei, in kirchlichen +Angelegenheiten von Gesetzen zu dispensiren. Karl hatte hierauf das +mißliebige Schriftstück vor seinen Augen vernichten lassen, hatte mit +eigner Hand das Siegel davon abgerissen und sowohl durch eine von ihm +eigenhändig unterschriebene Botschaft als auch mündlich vom Throne herab +in vollem Parlament beiden Häusern fest versprochen, daß der Schritt, +der so großen Anstoß gegeben, als nie geschehen betrachtet werden solle. +Die beiden Häuser hatten dann ohne eine einzige opponirende Stimme eine +gemeinschaftliche Dankadresse für diese Erfüllung ihrer Wünsche an ihn +gerichtet. Nie war eine Verfassungsfrage mit reiflicherer +<span class = "pagenum">VII.39</span> +<a name = "pageVII_39" id = "pageVII_39"> </a> +Erwägung, mit unzweideutigerer Klarheit und mit vollkommnerer +Einhelligkeit entschieden worden.</p> + +<p>Jakob’s Vertheidiger haben zu seiner Entschuldigung häufig das +Erkenntniß anführt, welches der Gerichtshof der Kings Bench in der +abgekarteten Klage gegen Sir Eduard Hales abgab; aber dieser +Entschuldigungsgrund hat gar kein Gewicht. Jakob hatte diesen Ausspruch +notorisch durch Bitten, durch Drohungen, durch Entlassung gewissenhafter +Beamten und durch Besetzung der Richterbank mit anderen höfischer +gesinnten Richtern erlangt. Und obgleich dieses Erkenntniß von der +Advokatur wie von der Nation allgemein für verfassungswidrig erklärt +wurde, erstreckte es sich doch nur so weit, daß der König aus besonderen +Staatsgründen einzelnen Individuen Dispensationen von ausschließenden +Gesetzen bewilligen dürfe. Daß er durch ein Alles über den Haufen +werfendes Edict alle seine Unterthanen ermächtigen konnte, ganze Bände +von Gesetzen nicht mehr zu befolgen, dies hatte kein Gerichtshof +angesichts der feierlichen Entscheidung des Parlaments von 1673 zu +behaupten gewagt.</p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVII_32" id = "noteVII_32" href = "#tagVII_32">32.</a> +<span class = "antiqua">London Gazette, March 21, 1686/7.</span></p> + +<p><a name = "noteVII_33" id = "noteVII_33" href = "#tagVII_33">33.</a> +<span class = "antiqua">London Gazette, April 7</span>. 1087.</p> +</div> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Stimmung der protestantischen Dissenters.</span> +<a name = "secVII_31" id = "secVII_31">Die</a> Stellung der Parteien war +jedoch von der Art, daß Jakob’s Indulgenzerklärung, obgleich der kühnste +von allen Angriffen der Stuarts auf die öffentliche Freiheit, wohl +geeignet war, gerade demjenigen Theile der Gesellschaft zu gefallen, der +allen anderen Angriffen der Stuarts auf die öffentliche Freiheit den +beharrlichsten Widerstand entgegengesetzt hatte. Es stand kaum zu +erwarten, daß der durch ein hartes und streng gehandhabtes Gesetzbuch +von seinen Landsleuten getrennte protestantische Nonconformist geneigt +sein werde, die Gültigkeit eines Erlasses zu bestreiten, der ihn von +unerträglichen Bedrückungen erlöste. Ein kalter und philosophischer +Beobachter würde ohne Zweifel erklärt haben, daß alles Übel, das aus +allen intoleranten Gesetzen, welche je von Parlamenten erlassen wurden, +hervorgehen könne, nicht zu vergleichen sei mit dem Unheil, welches +durch eine Übertragung der gesetzgebenden Gewalt vom Parlament auf den +Souverain entstehen würde. Aber eine so ruhige und philosophische +Überlegung kann man nicht von Leuten erwarten, die unter einem +vorhandenen Drucke seufzen und denen die lockende Aussicht auf sofortige +Erleichterung dargeboten wird. Ein puritanischer Theolog konnte +allerdings nicht leugnen, daß die jetzt von der Krone beanspruchte +Dispensationsgewalt mit den Grundprinzipien der Verfassung unvereinbar +war. Aber es war vielleicht zu entschuldigen, wenn er fragte, was die +Verfassung eigentlich für ihn sei. Die Gleichförmigkeitsacte hatte ihn +trotz königlicher Versprechungen von einer Pfründe vertrieben, die sein +rechtmäßiges Eigenthum war, und hatte ihn in Armuth und Abhängigkeit +zurückgeworfen. Die Fünfmeilenacte hatte ihn von seiner Heimath, von +seinen Verwandten, von seinen Freunden, von fast jedem öffentlichen +Zufluchtsorte verbannt. Kraft der Conventikelacte war er seines +Vermögens beraubt und aus einem schmutzigen Kerker in den andren mitten +unter Straßenräuber und Diebe geworfen worden. Außerhalb des +Gefängnisses wurde er beständig von den Gerichtsdienern verfolgt; er +hatte Angeber durch Geldgeschenke zum Schweigen bringen, hatte sich in +schimpflicher Verkleidung durch Fenster und Fallthüren heimlich zu +seiner Gemeinde schleichen müssen, und während er das geweihte Wasser +auf den Täufling sprengte oder das Brod des heiligen Abendmahls +austheilte, hatte er in beständiger Angst auf das Zeichen horchen +müssen, welches ihm sagte, daß die Sbirren der +<span class = "pagenum">VII.40</span> +<a name = "pageVII_40" id = "pageVII_40"> </a> +Justiz sich näherten. War es nicht bitterer Hohn, einen so +ausgeplünderten und bedrückten Mann aufzufordern, daß er für das +Eigenthum und die Freiheit seiner Plünderer und Bedrücker zum Märtyrer +werden solle? Mochte die Indulgenzerklärung seinen glücklichen Nachbarn +noch so despotisch erscheinen, ihm brachte sie Erlösung. Er wurde +aufgefordert, nicht zwischen der Freiheit und der Knechtschaft, sondern +zwischen zwei Jochen zu wählen, und es wäre nicht unnatürlich gewesen, +wenn er das Joch des Königs für erträglicher gehalten hätte als das der +Kirche.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Stimmung der anglikanischen Kirche.</span> +<a name = "secVII_32" id = "secVII_32">Während</a> solche Gedanken die +Gemüther vieler Dissenters beschäftigten, war die anglikanische Partei +in Angst und Bestürzung. Diese neue Wendung der Dinge war in der That +beunruhigend. Das Haus Stuart im Bunde mit republikanischen und +königsmörderischen Secten gegen die alten Kavaliere Englands; der +Papismus im Bunde mit dem Puritanismus gegen ein kirchliches System, an +welchem die Puritaner nichts weiter auszusetzen hatten, als daß es +zuviel Papistisches beibehalten: das waren Zeichen und Wunder, welche +alle Berechnungen der Staatsmänner über den Haufen warfen. Die Kirche +sollte also mit einem Male von allen Seiten angegriffen werden, und zwar +unter der Leitung Dessen, der ihrer Verfassung nach ihr Oberhaupt war. +Es war kein Wunder, wenn sie von Erstaunen und Entsetzen ergriffen +wurde. Und zu dem Erstaunen und dem Entsetzen gesellten sich noch andere +bittere Gefühle: Groll gegen den meineidigen Fürsten, dem sie nur zu +treu gedient, und Reue über die Grausamkeiten, die sie in Gemeinschaft +mit ihm verübt hatte und für die er sie jetzt, wie es schien, bestrafen +wollte. Ihre Strafe war gerecht, sie erntete was sie gesäet hatte. Als +nach der Restauration ihre Macht den Höhepunkt erreicht, hatte sie nur +Rache geschnaubt. Sie hatte die Stuarts aufgefordert, gedrängt, fast +gezwungen, die kürzlich geleisteten Dienste der Presbyterianer mit +schnödem Undanke zu vergelten. Hätte sie sich in jener Zeit ihrer +höchsten Blüthe, wie es ihr geziemte, ihrer Feinde angenommen, so würde +sie jetzt, in der Zeit der Noth, Freunde in ihnen gefunden haben. +Vielleicht war es noch nicht zu spät, vielleicht konnte sie noch die +Taktik ihres Bedrückers gegen ihn selbst kehren. Es gab unter den +Anglikanern eine gemäßigte Partei, welche den protestantischen +Dissenters immer freundlich gesinnt gewesen war. Allerdings war diese +Partei nicht zahlreich, aber die Talente, Kenntnisse und Tugenden ihrer +Mitglieder machten sie achtunggebietend. Sie war von den höchsten +Würdenträgern der Kirche nicht mit günstigem Auge betrachtet und von den +Frömmlern aus der Schule Laud’s schonungslos verunglimpft worden; aber +von dem Tage, an welchem die Indulgenzerklärung erschien, bis zu dem +Tage, wo Jakob’s Macht aufhörte Schrecken einzuflößen, schien die ganze +Kirche von dem Geiste der verleumdeten Latitudinarier beseelt zu sein +und von ihren Rathschlägen geleitet zu werden.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Der Hof und die Kirche.</span> +<a name = "secVII_33" id = "secVII_33">Nun</a> folgte eine Art von +Versteigerung, die sonderbarste, von der uns die Geschichte erzählt. Der +König auf der einen, die Kirche auf der andren Seite begannen einander +zu überbieten, um die Gunst Derer zu erlangen, zu deren Unterdrückung +sie bis dahin verbündet gewesen waren. Die protestantischen Dissenters, +die noch vor wenigen Monaten eine verachtete und geächtete Klasse +gewesen waren, hielten jetzt die Wage der Macht in ihrer Hand. Die +Härte, mit der sie behandelt worden waren, wurde allgemein verdammt. Der +Hof +<span class = "pagenum">VII.41</span> +<a name = "pageVII_41" id = "pageVII_41"> </a> +suchte die ganze Schuld auf die Hierarchie zu wälzen, und die Hierarchie +warf sie zurück auf den Hof. Der König erklärte, daß er die Separatisten +wider Willen nur deshalb verfolgt habe, weil seine Angelegenheiten in +einem Zustande gewesen wären, bei dem er es nicht hatte wagen dürfen, +dem Klerus der Staatskirche zu nahe zu treten. Dieser versicherte, daß +er nur aus Ehrerbietung vor der Autorität des Königs an einer Strenge +Theil genommen habe, die seinen Gefühlen durchaus fremd sei. Der König +brachte eine Sammlung von Anekdoten von Rectoren und Vikaren zusammen, +welche durch Androhung von Verfolgung von protestantischen Dissenters +Geld erpreßt hatten. Er sprach häufig und öffentlich über diesen +Gegenstand, drohte mit einer Untersuchung, welche die Pfarrer der ganzen +Welt in ihrem wahren Character zeigen werde und erließ in der That +mehrere Verordnungen, durch welche Agenten, auf die er sich verlassen zu +können glaubte, ermächtigt wurden, den Betrag der Summen zu ermitteln, +welche in verschiedenen Landestheilen von Bekennern der herrschenden +Religion Sectirern abgepreßt worden waren. Die Vertheidiger der +Landeskirche führten dagegen Beispiele von rechtschaffenen Pfarrern an, +welche vom Hofe Verweise und Drohungen erhalten, weil sie auf der Kanzel +Duldsamkeit empfohlen und sich geweigert hatten, kleine Gemeinden von +Nonconformisten auszuspüren und zu Tode zu hetzen. Der König behauptete, +daß einige Mitglieder der Staatskirche, die er privatim vorgenommen, +sich erboten hatten, den Katholiken ausgedehnte Zugeständnisse zu +machen, unter der Bedingung, daß die Verfolgung gegen die Puritaner +ihren Fortgang behalte. Die angeklagten Anhänger der Staatskirche +leugneten heftig die Wahrheit dieser Beschuldigung und behaupteten, daß, +wenn sie sich mit dem, was der König für seine eigene Kirche verlangte, +einverstanden erklärt hätten, er ihnen sehr gern gestattet haben würde, +sich durch Verfolgung und Ausplünderung protestantischer Dissenters zu +entschädigen.<a class = "tag" name = "tagVII_34" id = "tagVII_34" href = +"#noteVII_34">34</a></p> + +<p>Der Hof hatte seine Physiognomie verändert. Die Schärpe und der +Priesterrock der anglikanischen Geistlichen konnten sich daselbst kaum +noch sehen lassen ohne spöttisches Lächeln und boshaftes Geflüster +hervorzurufen. Die Hofdamen erlaubten sich nicht mehr zu kichern und die +Kammerherren verbeugten sich bis zur Erde, wenn sich das puritanische +Gesicht und die puritanische Tracht, welche in den vornehmen Zirkeln so +lange Zeit Lieblingsgegenstände des Spotts gewesen waren, in den +Gallerien des Palastes zeigten. Taunton, das zwei Generationen hindurch +die Veste der Rundkopfpartei im Westen gewesen war, das die Armeen +Karl’s I. zweimal tapfer zurückgeschlagen, sich zur Unterstützung +Monmouth’s wie ein Mann erhoben hatte und von Kirke und Jeffreys in eine +Schlachtbank verwandelt worden war, schien plötzlich die Stelle erobert +zu haben, welche Oxford einst in der königlichen Gunst eingenommen.<a +class = "tag" name = "tagVII_35" id = "tagVII_35" href = +"#noteVII_35">35</a> Der König gewann es über sich, ausgezeichneten +Dissenters sogar mit kriechender +<span class = "pagenum">VII.42</span> +<a name = "pageVII_42" id = "pageVII_42"> </a> +Höflichkeit zu begegnen. Einigen bot er Geld an, Anderen städtische +Ehrenämter, noch Anderen Begnadigung von Verwandten und Freunden, die +wegen Theilnahme an dem Ryehousecomplot oder wegen Anschluß an die Fahne +Monmouth’s auf dem Kontinent umherirrten oder in den Zuckerplantagen von +Barbados schwitzten. Er stellte sich sogar, als ob er mit den +freundlichen Gesinnungen der englischen Puritaner gegen ihre auswärtigen +Glaubensbrüder sympathisirte. Eine zweite und dritte Proklamation +erschien in Edinburg, welche die den Presbyterianern durch das +Februaredict gewährte nichtssagende Duldung bedeutend erweiterten.<a +class = "tag" name = "tagVII_36" id = "tagVII_36" href = +"#noteVII_36">36</a> Die verbannten Hugenotten, die der König seit +vielen Monaten mit ungnädigem Auge angesehen und denen er die von der +Nation aufgebrachten milden Gaben vorenthalten hatte, wurden jetzt +unterstützt und gehätschelt. Es wurde ein Ministerialbefehl erlassen, +der die öffentliche Mildthätigkeit nochmals zu ihren Gunsten aufrief. +Die Vorschrift, welche von ihnen den Anschluß an die anglikanische +Gottesverehrung als Bedingung des Empfangs einer Unterstützung +verlangte, scheint zu dieser Zeit stillschweigend aufgehoben gewesen zu +sein, und die Vertheidiger der Politik des Königs hatten die Frechheit +zu behaupten, diese Vorschrift sei auf Andringen der Prälaten der +Staatskirche erlassen worden, während wir aus den sichersten Quellen +wissen, daß sie von ihm selbst im Einverständniß mit Barillon ersonnen +worden war.<a class = "tag" name = "tagVII_37" id = "tagVII_37" href = +"#noteVII_37">37</a></p> + +<p>Während der König sich so die Gunst seiner alten Gegner zu erwerben +suchte, waren die Freunde der Landeskirche nicht weniger thätig. Von der +Bitterkeit und dem Hohne, mit dem die Prälaten und Priester seit der +Restauration die Sectirer zu behandeln pflegten, war kaum noch eine Spur +zu erkennen. Die, welche man ganz kürzlich noch Schismatiker und +Fanatiker genannt hatte, waren jetzt geliebte Mitprotestanten, +Glaubensbrüder, die vielleicht schwach sein mochten, aber deren +Gewissensskrupel immerhin zarte Rücksichtnahme verdienten. Wenn sie nur +in dieser Krisis der englischen Verfassung und dem reformirten Glauben +treu blieben, so sollte ihre Hochherzigkeit bald und reich belohnt +werden. Anstatt einer Indulgenz, welche keine gesetzliche Gültigkeit +hätte, sollten sie eine wirkliche, durch eine Parlamentsacte gesicherte +Indulgenz haben. Ja, viele Mitglieder der Staatskirche, die sich bisher +durch ihr starres Festhalten an jeder in der Liturgie vorgeschriebenen +Geberde und Formel ausgezeichnet hatten, erklärten sich jetzt nicht nur +zur Duldung, sondern sogar zur Gleichstellung geneigt. Der Streit um +Chorröcke und Stellungen, sagten sie, habe nur zu lange Christen von +einander getrennt, welche doch in den wesentlichen Glaubenspunkten +übereinstimmten. Wenn der Kampf auf Tod und Leben gegen den gemeinsamen +Feind vorüber wäre, dann würde man sehen, daß die anglikanische +Geistlichkeit zu jedem billigen Zugeständnisse bereit sei. Wenn die +Dissenters nur nicht unbescheiden wären, so würden ihnen nicht blos +bürgerliche, sondern auch geistliche Ämter offen stehen, und Baxter und +Howe würden ohne einen Flecken an ihrer Ehre oder ihrem Gewissen auf der +Bank der Bischöfe sitzen können.</p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVII_34" id = "noteVII_34" href = "#tagVII_34">34.</a> +Verordnungen des Schatzamts. Siehe besonders die Instructionen vom 8. +März 1687/88; <span class = "antiqua">Burnet, I. 715</span>; <span class += "antiqua">Reflections on His Majesty’s Proclamation for a Toleration +in Scotland</span>; <span class = "antiqua">Letters containing some +Reflections on His Majesty’s Declaration for Liberty of +Conscience</span>; <span class = "antiqua">Apology for the Church of +England with relation to the spirit of Persecution for which she is +accused, 1687/88.</span> Doch es ist mir unmöglich, alle Flugschriften +anzuführen, aus denen ich mein Urtheil über den damaligen Stand der +Parteien geschöpft habe.</p> + +<p><a name = "noteVII_35" id = "noteVII_35" href = "#tagVII_35">35.</a> +<span class = "antiqua">Letter to a Dissenter</span>.</p> + +<p><a name = "noteVII_36" id = "noteVII_36" href = "#tagVII_36">36.</a> +<span class = "antiqua">Wodrow, Appendix, vol. II. Nos. 132, +134.</span></p> + +<p><a name = "noteVII_37" id = "noteVII_37" href = "#tagVII_37">37.</a> +<span class = "antiqua">London Gazette, April 21. 1687</span>; <span +class = "antiqua">Animadversions on a late paper entituled a Letter to a +Dissenter, by H. C. (Henry Care), 1687.</span></p> +</div> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +„Brief an einen Dissenter.“</span> +<a name = "secVII_34" id = "secVII_34">Von</a> den zahlreichen damaligen +Flugschriften, in denen die Sache des Hofes und die Sache der Kirche +<span class = "pagenum">VII.43</span> +<a name = "pageVII_43" id = "pageVII_43"> </a> +vor dem Puritaner, der jetzt durch eine sonderbare Wendung des Geschicks +das Loos seiner Verfolger entscheiden sollte, eifrig und ängstlich +entwickelt wurde, ist jetzt nur noch eine in der Erinnerung, betitelt: +<span class = "antiqua">Letter to a Dissenter</span>. In dieser +meisterhaften kleinen Schrift waren alle Argumente, die einen +Nonconformisten überzeugen konnten, daß es seine Pflicht und sein +Interesse sei, ein Bündniß mit der Staatskirche einem Bündnisse mit dem +Hofe vorzuziehen, auf einem engen Raume in der übersichtlichsten Ordnung +zusammengestellt, mit geistreichem Witze erörtert und mit einer zwar +lebhaften, aber selbst in den Momenten der leidenschaftlichsten +Heftigkeit die Grenzen des Anstandes und der seinen Bildung nie +überschreitenden Beredtsamkeit zur Geltung gebracht. Die Schrift machte +einen ungeheuren Eindruck, denn da sie nur einen Bogen stark war, wurden +über zwanzigtausend Exemplare durch die Post versandt und die Wirkung +zeigte sich in jedem Winkel des Reichs. Es erschienen vierundzwanzig +Antworten darauf, aber die ganze Stadt erklärte sie für schlecht und die +von Lestrange für die schlechteste von allen vierundzwanzig.<a class = +"tag" name = "tagVII_38" id = "tagVII_38" href = "#noteVII_38">38</a> +Die Regierung war sehr ärgerlich und sparte keine Mühe, um den Verfasser +des Briefs ausfindig zu machen; aber es war nicht möglich, +rechtskräftige Beweise gegen ihn aufzubringen. Einige meinten die Denk- +und Sprachweise Temple’s zu erkennen.<a class = "tag" name = "tagVII_39" +id = "tagVII_39" href = "#noteVII_39">39</a> In Wirklichkeit aber +gehörte dieser umfassende und scharfe Verstand, diese lebhafte +Phantasie, dieser elegante und kräftige Styl, diese ruhige und edle, +halb hofmännische, halb philosophische Würde, welche die heftigste +Aufregung des Kampfes nicht einen Augenblick aus der Fassung bringen +konnte, keinem Andren als Halifax an.</p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVII_38" id = "noteVII_38" href = "#tagVII_38">38.</a> +<span class = "antiqua">Lestrange’s Answer to a Letter to a +Dissenter</span>; <span class = "antiqua">Care’s Animadversions on a +Letter to a Dissenter</span>; <span class = "antiqua">Dialogue between +Harry and Roger</span>, nämlich Harry Care und Roger Lestrange.</p> + +<p><a name = "noteVII_39" id = "noteVII_39" href = "#tagVII_39">39.</a> +Der Brief war mit T. W. unterzeichnet. Care sagt in seinen <span class = +"antiqua">Animadversions</span>: „Dieser Herr Politiker T. W. oder +W. T., denn einige Kritiker halten dies für die richtigere +Lesart.“</p> +</div> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Benehmen der Dissenters.</span> +<a name = "secVII_35" id = "secVII_35">Die</a> Dissenters schwankten und +man darf ihnen keinen Vorwurf daraus machen. Sie litten und der König +hatte ihnen Linderung verschafft. Einige ausgezeichnete Geistliche waren +ihrer Haft entlassen worden, andere hatten es gewagt, aus dem Exil +zurückzukehren. Gemeinden, die ihre Zusammenkünfte bisher nur heimlich +und im Dunklen hatten abhalten können, versammelten sich jetzt am hellen +Tage und sangen laut ihre Psalmen vor den Augen von Magistratsbeamten, +Kirchenvorstehern und Constablern. Bescheidene Gotteshäuser von +puritanischer Bauart begannen sich in allen Gegenden Englands zu +erheben. Der aufmerksame Reisende kann noch jetzt an einigen der +ältesten Bethäuser die Jahrzahl 1687 erkennen. Dessen ungeachtet waren +die Anerbietungen der Kirche für einen klugen Dissenter viel lockender +als die des Königs. Die Indulgenzerklärung war in den Augen des Gesetzes +null und nichtig. Sie suspendirte die Strafgesetze gegen Nonconformität +nur auf so lange, als die Grundprinzipien der Verfassung und die +rechtmäßige Autorität des gesetzgebenden Körpers aufgehoben blieben. +Welchen Werth hatten Privilegien, die auf einen so schmachvollen und +zugleich so unsicheren Besitztitel beruhten? Es konnte bald eine +Thronerledigung eintreten, ein der Landeskirche anhängender Souverain +konnte +<span class = "pagenum">VII.44</span> +<a name = "pageVII_44" id = "pageVII_44"> </a> +auf den Thron kommen und ein aus Mitgliedern der Landeskirche +bestehendes Parlament gebildet werden. Wie beklagenswerth mußte dann die +Lage der Dissenters werden, die sich mit Jesuiten gegen die Verfassung +verbündet hatten! Die Kirche bot eine Indulgenz ganz andrer Art als die +von Jakob gewährte dar, eine Indulgenz, die eben so rechtsgültig und +heilig war als die Magna Charta. Beide streitende Parteien versprachen +dem Separatisten Glaubensfreiheit; aber die eine Partei verlangte von +ihm, daß er sie durch Aufopferung der bürgerlichen Freiheit erkaufen +sollte, während die andre ihn zum Genuß der bürgerlichen und religiösen +zugleich einlud.</p> + +<p>Aus diesen Gründen konnte ein Dissenter sich wohl entschließen, sein +Loos mit dem der Staatskirche zu verknüpfen, selbst wenn er hätte +glauben können, daß der Hof es aufrichtig meinte. Aber wer garantirte +ihm für die Aufrichtigkeit des Hofes? Jedermann kannte das bisherige +Benehmen Jakob’s. Es war zwar nicht gerade unmöglich, daß ein Verfolger +durch Vernunftgründe und Erfahrungen von den Vortheilen der +Religionsduldung überzeugt werden konnte. Aber Jakob behauptete, nicht +erst neuerdings überzeugt worden zu sein; im Gegentheil, er versäumte +keine Gelegenheit, um zu versichern, daß er schon seit vielen Jahren aus +Grundsatz aller Unduldsamkeit feind gewesen sei. Dennoch hatte er noch +vor wenigen Monaten Männer, Frauen und junge Mädchen um ihrer Religion +willen bis zum Tode verfolgt. Hatte er damals gegen die bessere +Überzeugung seines Gewissens gehandelt? oder sagte er jetzt eine +wissentliche Unwahrheit? Aus diesem Dilemma gab es keinen Ausweg und +jede der beiden Annahmen war für den Ruf der Rechtschaffenheit des +Königs gleich verderblich. Außerdem war auch allbekannt, daß ihn die +Jesuiten ganz in ihrer Gewalt hatten. Erst wenige Tage vor der +Bekanntmachung der Indulgenz war dieser Orden dem wohlbekannten Willen +des heiligen Stuhles zum Trotz mit einem neuen Beweise seines Vertrauens +und seines Beifalls beehrt worden. Sein Beichtvater, Pater Mansuetus, +ein Franziskaner, dessen menschenfreundlicher Character und tadelloser +Lebenswandel die größte Achtung verdienten, den aber Tyrconnel und Petre +schon längst haßten, war entlassen worden. Den dadurch erledigten Posten +erhielt ein Engländer, Namens Warner, der von dem Glauben seines +Vaterlandes abgefallen und Jesuit geworden war. Den gemäßigten +Katholiken und dem Nuntius war dieser Wechsel nichts weniger als +angenehm, und jeder Protestant erblickte darin einen Beweis, daß die +Jesuiten eine unumschränkte Herrschaft über das Gemüth des Königs +ausübten.<a class = "tag" name = "tagVII_40" id = "tagVII_40" href = +"#noteVII_40">40</a> So großes Lob auch diese Väter mit Recht +beanspruchen konnten, besondere Liberalität und Wahrheitsliebe konnte +selbst die Schmeichelei ihnen nicht beimessen. Daß sie, wenn es das +Interesse ihres Glaubens oder ihres Ordens galt, niemals Bedenken +trugen, den Beistand des weltlichen Schwerts anzurufen, oder die Gesetze +der Wahrheit und Treue zu verletzen, dies war der Welt nicht nur durch +protestantische Ankläger, sondern auch durch Männer verkündet worden, +deren Tugendhaftigkeit und Genie der Stolz der römischen Kirche war. Es +war unglaublich, daß ein ergebener Schüler der Jesuiten der +Gewissensfreiheit aus Grundsatz zugethan +<span class = "pagenum">VII.45</span> +<a name = "pageVII_45" id = "pageVII_45"> </a> +sein sollte; dagegen aber war es weder unglaublich noch +unwahrscheinlich, daß er es für gerechtfertigt hielt, seine wahren +Gesinnungen zu verbergen, um seiner Religion einen Dienst zu erzeigen. +Es war gewiß, daß dem Könige im Herzen die Anglikaner lieber waren als +die Puritaner; es war gewiß, daß, so lange er noch Hoffnung hatte, die +Anhänger der Staatskirche zu gewinnen, er den Puritanern nie die +geringste Freundlichkeit erwiesen hatte. Konnte es also wohl einem +Zweifel unterliegen, daß er selbst jetzt noch die Puritaner willig +aufopfern würde, wenn die Anglikaner sich seinen Wünschen fügten? Sein +wiederholt gegebenes Versprechen hatte ihn nicht abgehalten, die +gesetzlichen Rechte der Geistlichkeit anzutasten, welche so viele +sprechende Beweise von treuer Anhänglichkeit an sein Haus gegeben hatte. +Welche Sicherheit konnte sonach sein Wort Secten gewähren, welche durch +die Erinnerung an tausend geschlagene und empfangene, nicht wieder gut +zu machende Wunden von ihm geschieden waren?</p> + +<p class = "footnote"> +<a name = "noteVII_40" id = "noteVII_40" href = "#tagVII_40">40.</a> +Ellis’ Correspondenz, 15. März u. 27. Juli 1686; Barillon, 28. Febr. +(10. März), 3.(13.) März, 6.(16.) März 1687; Ronquillo, 9.(19.) März +1687 in der Mackintosh-Sammlung.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Einige von ihnen halten es mit dem Hofe. Care, Alsop, Rosewell.</span> +<a name = "secVII_36" id = "secVII_36">Als</a> die durch Bekanntmachung +der Indulgenz verursachte Aufregung sich ein wenig gelegt hatte, zeigte +es sich, daß in der puritanischen Partei eine Spaltung eingetreten war. +Die Minorität, mit einigen wenigen thätigen Männern an der Spitze, deren +Urtheil mangelhaft oder durch das Interesse geleitet war, unterstützte +den König. Heinrich Care, welcher lange Zeit der heftigste und thätigste +Pamphletist unter den Nonconformisten gewesen war und der in den Tagen +des papistischen Complots Jakob in einer Schrift unter dem Titel <span +class = "antiqua">Packet of Advice from Rome</span> (Nachrichtenpacket +von Rom) mit schrankenloser Wuth angegriffen hatte, schmeichelte ihm +jetzt eben so laut, als er ihn früher geschmäht und verleumdet hatte.<a +class = "tag" name = "tagVII_41" id = "tagVII_41" href = +"#noteVII_41">41</a> Der Hauptagent, dessen sich die Regierung zur +Bearbeitung der Presbyterianer bedient hatte, war Vincenz Alsop, ein +Geistlicher, der als Prediger wie auch als Schriftsteller nicht +unbekannt war. Sein Sohn, der wegen Hochverraths bestraft worden war, +wurde begnadigt, und daher widmete der Vater seinen ganzen Einfluß dem +Hofe.<a class = "tag" name = "tagVII_42" id = "tagVII_42" href = +"#noteVII_42">42</a> Mit Alsop verbunden war Thomas Rosewell. Rosewell +war während der durch die Entdeckung des Ryehousecomplots +herbeigeführten Verfolgung der Dissenters fälschlich angeklagt worden, +daß er gegen die Regierung gepredigt habe. Jeffreys hatte auf seine +Verurtheilung zum Tode angetragen und eine bestochene Jury hatte ihn den +klarsten Beweisen von seiner Unschuld zum Trotz für schuldig erklärt. +Die Ungerechtigkeit des Urtheils war so himmelschreiend, daß selbst die +Höflinge sich darüber empört zeigten. Ein angesehener Tory, der den +Verhandlungen des Prozesses beigewohnt hatte, ging augenblicklich zu +Karl und erklärte, daß der Hals des loyalsten Unterthanen in England +nicht mehr sicher sein würde, wenn man Rosewell hinrichtete. Die +Geschwornen selbst wurden von Reue ergriffen, als sie überlegten, was +sie gethan hatten, und boten Alles auf, um dem Gefangenen das Leben zu +retten. Endlich wurde seine Begnadigung +<span class = "pagenum">VII.46</span> +<a name = "pageVII_46" id = "pageVII_46"> </a> +bewilligt, aber Rosewell mußte drückende Bürgschaft für sein ferneres +Wohlverhalten stellen und zu bestimmten Zeiten persönlich vor dem +Gerichtshofe der Kings Bench erscheinen. Seine Bürgschaften wurden jetzt +auf königlichen Befehl erlassen und dadurch seine Dienste gewonnen.<a +class = "tag" name = "tagVII_43" id = "tagVII_43" href = +"#noteVII_43">43</a></p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVII_41" id = "noteVII_41" href = "#tagVII_41">41.</a> +<span class = "antiqua">Wood’s Athenae Oxonienses</span>; <span class = +"antiqua">Observator</span>; <span class = "antiqua">Heraclitus +Ridens</span> an mehreren Stellen. Doch Care’s eigene Schriften sind das +beste Material zur Würdigung seines Characters.</p> + +<p><a name = "noteVII_42" id = "noteVII_42" href = "#tagVII_42">42.</a> +<span class = "antiqua">Calamy’s Account of the Ministers ejected or +silenced after the Restoration, Northamptonshire</span>; <span class = +"antiqua">Wood’s Athenae Oxonienses</span>; <span class = +"antiqua">Biographia Britannica.</span></p> + +<p><a name = "noteVII_43" id = "noteVII_43" href = "#tagVII_43">43.</a> +<span class = "antiqua">Collection of State Trials</span>; <span class = +"antiqua">Samuel Rosewell’s Life of Thomas Rosewell, 1718</span>; <span +class = "antiqua">Calamy’s Account.</span></p> +</div> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Lobb.</span> +<a name = "secVII_37" id = "secVII_37">Das</a> Geschäft, die +Independenten zu gewinnen, war vornehmlich einem ihrer Geistlichen, +Namens Stephan Lobb, übertragen. Lobb war ein schwacher, heftiger und +ehrgeiziger Mann. Er hatte die Opposition gegen die Regierung so weit +getrieben, daß sein Name in mehreren Proklamationen geächtet worden war, +söhnte sich aber jetzt mit dem Hofe aus und ging in der Servilität eben +so weit als er je in der Opposition gegangen war. Er schloß sich der +jesuitischen Cabale an und rieth eifrig zu Maßregeln, vor denen die +verständigsten und ehrenwerthesten Katholiken zurückschauderten. Man +bemerkte, daß er fortwährend im Palaste und häufig im Privatkabinet des +Königs war, daß er in einem Glanze lebte, an den die puritanischen +Geistlichen nicht gewöhnt waren, und daß er beständig von Bittstellern +belagert war, denen er durch seinen Einfluß Stellen und Begnadigungen +verschaffen sollte.<a class = "tag" name = "tagVII_44" id = "tagVII_44" +href = "#noteVII_44">44</a></p> + +<p class = "footnote"> +<a name = "noteVII_44" id = "noteVII_44" href = "#tagVII_44">44.</a> +<span class = "antiqua">London Gazette, March 15. 1685/6</span>; <span +class = "antiqua">Nichols’s Defence of the Church of England</span>; +<span class = "antiqua">Pierce’s Vindication of the +Dissenters.</span></p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Penn.</span> +<a name = "secVII_38" id = "secVII_38">Mit</a> Lobb eng befreundet war +Wilhelm Penn. Penn war nie ein characterfester Mann gewesen, das Leben, +das er seit zwei Jahren führte, hatte sein sittliches Zartgefühl nicht +wenig verhärtet, und wenn sein Gewissen ihm einmal Vorwürfe machte, so +tröstete er sich immer wieder mit dem Gedanken, daß er einen guten und +edlen Zweck verfolge und daß ihm seine Dienste nicht mit Geld bezahlt +würden.</p> + +<p>Durch den Einfluß dieser und anderer weniger hervorragender Männer +wurden mehrere Dissentergemeinden bewogen, Dankadressen an den König zu +richten. Toryistische Schriftsteller haben mit Recht bemerkt, daß die +Sprache dieser Adressen so widerlich servil war wie nur in irgend einer +der überschwenglichsten Lobreden, welche den Stuarts von Bischöfen +gespendet worden sind. Bei genauer Untersuchung stellt es sich heraus, +daß die Schmach nur einem sehr kleinen Theile der puritanischen Partei +zur Last fällt. Es gab kaum einen Marktflecken in England, der nicht +wenigstens ein kleines Häuflein Separatisten gehabt hätte, und man +sparte keine Mühe, um sie zu einer Äußerung ihrer Dankbarkeit für die +Indulgenz zu bewegen. Rundschreiben, welche sie zur Unterzeichnung +aufforderten, wurden nach allen Gegenden des Landes in solchen Massen +geschickt, daß, wie man scherzweise sagte, die Postfelleisen den Pferden +zu schwer waren. Indessen belief sich die Gesammtzahl der Adressen, die +man von allen über ganz England zerstreuten Presbyterianern, +Independenten und Baptisten erlangen konnte, noch nicht auf sechzig; +auch ist kein Grund zu der Vermuthung vorhanden, daß diese Adressen +zahlreiche Unterschriften hatten.<a class = "tag" name = "tagVII_45" id += "tagVII_45" href = "#noteVII_45">45</a></p> + +<p class = "footnote"> +<a name = "noteVII_45" id = "noteVII_45" href = "#tagVII_45">45.</a> +Die Adressen sind in der London Gazette zu finden.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Die Mehrzahl der Puritaner ist gegen den Hof. Baxter.</span> +<a name = "secVII_39" id = "secVII_39">Die</a> große Masse der +protestantischen Nonconformisten, welche fest an den bürgerlichen +Freiheiten hing und den Versprechungen des Königs und der Jesuiten nicht +traute, weigerte sich standhaft, für eine Begünstigung zu +<span class = "pagenum">VII.47</span> +<a name = "pageVII_47" id = "pageVII_47"> </a> +danken, hinter der man mit gutem Grund eine Schlinge argwöhnen durfte. +Dies war die Stimmung aller angesehensten Oberhäupter der Partei. Zu +ihnen gehörte Baxter. Er war, wie wir gesehen haben, bald nach Jakob’s +Thronbesteigung in Untersuchung gezogen, von Jeffreys gröblich insultirt +und von einer Jury, wie die höfischen Sheriffs der damaligen Zeit sie zu +wählen pflegten, für schuldig erklärt worden. Baxter befand sich seit +ungefähr anderthalb Jahren im Gefängniß, als der Hof ernstlich darauf zu +denken begann, die Nonconformisten zu gewinnen. Er wurde nicht allein in +Freiheit gesetzt, sondern auch bedeutet, daß er, wenn er sonst wollte, +seinen Aufenthalt in London nehmen könnte, ohne die Anwendung der +Fünfmeilenacte gegen sich zu fürchten. Die Regierung hoffte +wahrscheinlich, daß die Erinnerung an vergangene Leiden und das Gefühl +der gegenwärtigen Erlösung auf ihn die nämliche Wirkung äußern werde, +wie auf Rosewell und Lobb. Diese Hoffnung erwies sich jedoch als irrig. +Baxter war weder zu bestechen, noch zu täuschen; er weigerte sich, +irgend eine Dankadresse für die Indulgenz zu unterzeichnen und +verwendete seinen ganzen Einfluß zur Herbeiführung eines guten +Vernehmens zwischen der Staatskirche und den Presbyterianern.<a class = +"tag" name = "tagVII_46" id = "tagVII_46" href = +"#noteVII_46">46</a></p> + +<p class = "footnote"> +<a name = "noteVII_46" id = "noteVII_46" href = "#tagVII_46">46.</a> +<span class = "antiqua">Calamy’s Life of Baxter.</span></p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Howe.</span> +<a name = "secVII_40" id = "secVII_40">Wenn</a> es irgend einen Mann +gab, der in der Achtung der protestantischen Dissenters noch höher stand +als Baxter, so war dies Johann Howe. Howe hatte, wie Baxter, durch den +neuerlichen Umschwung der Politik persönlich gewonnen. Die nämliche +Tyrannei, welche Baxter ins Gefängniß warf, hatte ihn in die Verbannung +getrieben und bald nach Baxter’s Entlassung aus dem Gefängnisse der +Kings Bench kehrte Howe von Utrecht nach England zurück. Man erwartete +in Whitehall, daß Howe den ganzen Einfluß, den er auf seine +Glaubensgenossen ausübte, zu Gunsten des Hofes verwenden werde. Der +König selbst ließ sich herab, den Unterthan, den er unterdrückt hatte, +um seinen Beistand zu bitten. Howe scheint geschwankt zu haben; der +Einfuß Hampden’s aber, mit dem er intim befreundet war, vermochte ihn, +der Sache der Verfassung treu zu bleiben. Eine Versammlung +presbyterianischer Geistlichen wurde in seinem Hause gehalten, um über +die Lage der Dinge zu berathen und über den einzuschlagenden Weg einen +Beschluß zu fassen. Im Palaste erwartete man mit ängstlicher Spannung +das Ergebniß. Zwei königliche Abgesandte wohnten der Verhandlung bei, +und sie kamen mit der unwillkommnen Nachricht zurück, daß Howe sich +entschieden gegen das Dispensationsrecht erklärt und nach langer Debatte +die Majorität der Versammlung für sich gewonnen habe.<a class = "tag" +name = "tagVII_47" id = "tagVII_47" href = "#noteVII_47">47</a></p> + +<p class = "footnote"> +<a name = "noteVII_47" id = "noteVII_47" href = "#tagVII_47">47.</a> +<span class = "antiqua">Calamy’s Life of Howe</span>. Den Antheil, den +die Familie Hampden an dieser Angelegenheit gehabt, habe ich aus einem +Briefe von Johnstone an Waristoun vom 13. Juni 1688 erfahren.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Bunyan.</span> +<a name = "secVII_41" id = "secVII_41">Neben</a> Baxter und Howe muß +noch ein andrer Mann genannt werden, der nach seiner Stellung und +Gelehrsamkeit tief unter ihnen, an Tugend aber ihnen gleich, und an +Genie hoch über ihnen stand, Johann Bunyan. Bunyan war ursprünglich +Kesselflicker gewesen und hatte als gemeiner Soldat in der +Parlamentsarmee gedient. Schon in seinen früheren Jahren hatten ihn +furchtbare Gewissensbisse wegen seiner Jugendsünden gequält, von denen +jedoch die schlimmsten solche gewesen zu sein scheinen, welche die Welt +für verzeihlich hält. Seine große Reizbarkeit +<span class = "pagenum">VII.48</span> +<a name = "pageVII_48" id = "pageVII_48"> </a> +und seine glühende Phantasie machten seine inneren Kämpfe ganz besonders +qualvoll. Er bildete sich ein, daß ein Verdammungsurtheil über ihn +verhängt sei, daß er den heiligen Geist gelästert, daß er Christum +verkauft habe und daß er thatsächlich von einem bösen Geiste besessen +sei. Bald vernahm er laute Warnungsstimmen vom Himmel, bald versuchte +ihn der Teufel durch gottlose Einflüsterungen. Er hatte Visionen von +entfernten Berggipfeln, welche die Sonne glänzend beleuchtete, von denen +er aber durch eine Schneewüste getrennt war. Er fühlte wie der Teufel +ihn an den Kleidern zupfte; er glaubte, das Kainszeichen sei ihm +aufgedrückt; er fürchtete daß er zerbersten werde, wie Judas. Diese +Seelenkämpfe zerrütteten seine Gesundheit. Den einen Tag zitterte er wie +ein vom Schlage Getroffener; ein andermal brannte es ihn wie Feuer in +der Brust. Es ist kaum zu begreifen, daß er so entsetzlichen und +andauernden Qualen nicht unterlag. Endlich zertheilten sich die Wolken. +Aus dem Abgrunde der Verzweiflung erhob sich der Büßende in einen +Zustand heiterer Glückseligkeit. Ein unwiderstehlicher Drang trieb ihn +an, auch Andere des Segens theilhaftig werden zu lassen, dessen er +selbst genoß.<a class = "tag" name = "tagVII_48" id = "tagVII_48" href = +"#noteVII_48">48</a> Er schloß sich den Baptisten an und wurde Prediger +und Schriftsteller. Seine Erziehung war die eines Handwerkers gewesen +und er verstand keine andre Sprache als die englische, wie sie von dem +niederen Volke gesprochen wird. Er hatte kein großes Musterwerk studirt, +mit der einzigen, allerdings sehr bedeutenden Ausnahme unsrer herrlichen +Bibelübersetzung. Seine Orthographie war schlecht; er machte häufige +Verstöße gegen die Regeln der Grammatik. Doch sein angebornes Genie und +seine durch eigene Erfahrung erworbene Kenntniß aller religiösen +Gefühle, von der Verzweiflung bis zur Verzückung, ersetzten in ihm +reichlich den Mangel an Gelehrsamkeit. Seine natürliche Beredtsamkeit +erhob und rührte Zuhörer, welche bei den fleißig ausgearbeiteten +Vorträgen großer Dialektiker und Hebraisten kalt blieben. Seine Werke +waren unter den niederen Klassen weit verbreitet. Eines davon, des +Pilgers Reise, wurde schon zu seinen Lebzeiten in mehrere fremde +Sprachen übersetzt. Den Gelehrten und höher Gebildeten war es jedoch +kaum bekannt, und die frommen Hüttenbewohner und Handwerker hatten sich +bereits seit einem Jahrhundert daran erfreut, als es endlich von einem +in der Literatur sehr hochstehenden Manne öffentlich empfohlen wurde. +Die Kritik ließ sich nun herab, das Geheimniß einer so ausgedehnten und +dauernden Popularität zu erforschen. Sie mußte gestehen, daß die +unwissende Menge richtiger geurtheilt hatte als die Gelehrten und daß +das verachtete Büchlein wirklich ein Meisterwerk war. Bunyan ist in der +That ebenso gewiß der erste Allegoriker, wie Demosthenes der erste +Redner und Shakespeare der erste Dramatiker ist. Zwar haben andere +Allegoriker eine gleiche Erfindungsgabe gezeigt; aber kein andrer ist je +im Stande gewesen, das Herz zu rühren und abstracte Begriffe zu +Gegenständen des Entsetzens, des Mitleids und der Liebe zu machen.<a +class = "tag" name = "tagVII_49" id = "tagVII_49" href = +"#noteVII_49">49</a></p> +<span class = "pagenum">VII.49</span> +<a name = "pageVII_49" id = "pageVII_49"> </a> + +<p>Es dürfte zu bezweifeln sein, ob irgend ein englischer Dissenter die +Last der Strafgesetze schwerer empfunden hat als Johann Bunyan. Von den +siebenundzwanzig Jahren, welche seit der Restauration verstrichen waren, +hatte er zwölf im Gefängniß zugebracht. Dennoch fuhr er fort zu +predigen, aber um dies zu können, mußte er sich als Fuhrmann verkleiden. +Oft wurde er, im Fuhrmannskittel und mit der Peitsche in der Hand, durch +eine Hinterthür in die Versammlung eingeführt. Hätte er nur an seine +eigene Ruhe und Sicherheit gedacht, so würde er die Indulgenzerklärung +freudig begrüßt haben. Jetzt durfte er endlich am hellen Tage predigen +und ermahnen. Seine Gemeinde wuchs mit reißender Schnelligkeit. Tausende +hingen an seinen Lippen und in Bedford, wo er sich größtentheils +aufhielt, gingen reiche Beisteuern zum Bau eines Bethauses für ihn ein. +Er stand in so hohem Ansehen bei dem gemeinen Volke, daß die Regierung +ihm gern ein städtisches Amt übertragen hätte; aber sein scharfer +Verstand und sein treues englisches Herz widerstanden siegreich allen +Versuchungen und Täuschungen. Er war fest überzeugt, daß die angebotene +Duldung nur ein Köder sei, um die puritanische Partei damit ins +Verderben zu locken; auch wollte er nicht durch Annahme einer Stelle, zu +der er nicht gesetzlich qualificirt war, die Gültigkeit der +Dispensationsgewalt anerkennen. Eine der letzten edlen Handlungen seines +tugendreichen Lebens war die Ablehnung einer Unterredung, zu der er +durch einen Agenten der Regierung eingeladen wurde.<a class = "tag" name += "tagVII_50" id = "tagVII_50" href = "#noteVII_50">50</a></p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVII_48" id = "noteVII_48" href = "#tagVII_48">48.</a> +<span class = "antiqua">Bunyan’s Grace Abounding.</span></p> + +<p><a name = "noteVII_49" id = "noteVII_49" href = "#tagVII_49">49.</a> +Young stellt Bunyan’s Prosa auf gleiche Stufe mit Durfey’s Poesie. Die +fashionablen Leute im <span class = "antiqua">Spiritual Quixote</span> +stellen den <span class = "antiqua">Pilgrim’s Progress</span> mit <span +class = "antiqua">Jack the Giantkiller</span> zusammen. Spät im +achtzehnten Jahrhundert wagte Cowper nur eine Anspielung auf den großen +Allegoriker:</p> + +<div class = "verse"> +<p>Nicht nennen will ich dich, damit Dein Name</p> +<p>Statt wohlverdienten Ruhm nicht Hohn Dir bringe.</p> +</div> + +<p><a name = "noteVII_50" id = "noteVII_50" href = "#tagVII_50">50.</a> +Fortsetzung von Bunyan’s Biographie im Anhang zu seiner „Überströmenden +Gnade.“</p> +</div> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Kiffin.</span> +<a name = "secVII_42" id = "secVII_42">So</a> groß Bunyan’s Ansehen bei +den Baptisten war, Wilhelm Kiffin’s Ansehen war noch größer. Kiffin war +in Bezug auf Rang und Reichthum der Erste unter ihnen. Er pflegte seine +geistlichen Talente bei ihren Versammlungen auszuüben, erwarb sich aber +nicht durch Predigen seinen Unterhalt. Er machte große Handelsgeschäfte, +stand an der Börse in hohem Ansehen und hatte sich ein bedeutendes +Vermögen gesammelt. Niemand hätte vielleicht unter den dermaligen +Verhältnissen dem Hofe werthvollere Dienste leisten können als er. Aber +zwischen ihm und dem Hofe stand die Erinnerung an ein entsetzliches +Ereigniß. Er war der Großvater der Gebrüder Hewling, der beiden muthigen +Jünglinge, welche von allen Opfern der blutigen Assisen vielleicht am +allgemeinsten bedauert worden waren. Für das traurige Loos des einen von +ihnen war Jakob ganz besonders verantwortlich. Jeffreys hatte dem +jüngeren Bruder einen Aufschub bewilligt. Churchill hatte der Schwester +der beiden jungen Männer eine Audienz beim Könige verschafft, und sie +hatte um Gnade gefleht; aber des Königs Herz war unerbittlich gewesen. +Es war für die ganze Familie ein harter Schlag; am meisten aber war +Kiffin zu bedauern. Er war siebzig Jahr alt, als er vereinsamt dastand. +Diejenigen überlebend, die ihn hatten überleben sollen. Die herzlosen +und feilen Schmarotzer von Whitehall glaubten, indem sie nach sich +selbst urtheilten, der alte Mann werde durch einen Aldermansmantel und +durch eine Geldentschädigung für das verwirkte Vermögen seiner Enkel +leicht wieder zu gewinnen sein. Penn wurde zu dem Verführungswerke +ausersehen; aber seine Bemühungen waren vergebens. Der König beschloß +hierauf, die Wirkung seiner persönlichen Artigkeit zu versuchen. Kiffin +wurde in den Palast beschieden. Er fand einen glänzenden Kreis von +Kavalieren und +<span class = "pagenum">VII.50</span> +<a name = "pageVII_50" id = "pageVII_50"> </a> +Gentlemen versammelt. Jakob kam ihm sogleich entgegen, redete ihn sehr +freundlich an und schloß mit den Worten: „Ich habe Sie zu einem der +Aldermen von London bestimmt, Herr Kiffin.“ Der alte Mann sah den König +fest an, brach in Thränen aus und antwortete: „Sire, ich bin abgenutzt, +ich bin nicht mehr fähig, Eurer Majestät oder der Hauptstadt zu dienen. +Und überdies, Sire, hat der Tod meiner armen Jungen mir das Herz +gebrochen. Diese Wunde ist noch heute so frisch wie jemals, und ich +werde sie mit ins Grab nehmen.“ Der König schwieg einige Augenblicke +sichtlich bewegt und sagte dann: „Ich werde einen Balsam für diese Wunde +finden, Herr Kiffin.“ Es war gewiß nicht Jakob’s Absicht, etwas +Kränkendes oder Übermüthiges zu sagen, im Gegentheil, er scheint sich in +einer ungewöhnlich weichen Stimmung befunden zu haben. Dennoch wirft +keine Äußerung die uns von ihm berichtet wird, ein so nachtheiliges +Licht auf seinen Character als diese wenigen Worte. Es sind die Worte +eines hartherzigen, niedrig denkenden Mannes, der sich keine Verwundung +des Gefühls denken kann, welche durch eine Stelle oder durch eine +Pension nicht vollkommen zu heilen wäre.<a class = "tag" name = +"tagVII_51" id = "tagVII_51" href = "#noteVII_51">51</a></p> + +<p>Der Theil der Dissenters, der sich der neuen Politik des Königs +günstig zeigte, war von Anfang an klein gewesen und begann bald noch +mehr zusammenzuschmelzen. Denn die Nonconformisten erkannten in nicht +langer Zeit, daß ihre geistlichen Privilegien durch die Indulgenz eher +geschmälert als erweitert worden waren. Der characteristische Zug des +Puritaners war Abscheu gegen die Eigenthümlichkeiten der römischen +Kirche. Er hatte sich nur deshalb von der anglikanischen Kirche +losgetrennt, weil er meinte, daß sie ihrer hochmüthigen und üppigen +Schwester, der Zauberin mit dem goldenen Becher und dem Purpurgewande, +zu ähnlich sähe. Jetzt fand er, daß eine von den stillschweigenden +Bedingungen des Bündnisses, welches einige seiner Seelenhirten mit dem +Hofe geschlossen hatten, die war, daß die Religion des Hofes mit Achtung +und Schonung behandelt werden sollte. Er begann bald sich nach den Tagen +der Verfolgung zurückzusehnen. So lange die Strafgesetze noch angewendet +wurden, hatte er die Worte des Lebens zwar im Geheimen und mit +persönlicher Gefahr angehört, aber er hatte sie doch gehört. Wenn die +Brüder in ihrer Stube versammelt waren, wenn die Schildwachen +ausgestellt und die Thüren verschlossen waren, wenn der Prediger in der +Kleidung eines Metzgers oder Fuhrmanns über das Dach hereingekommen war, +dann wurde wenigstens ein wirklicher Gottesdienst gehalten. Kein Theil +der göttlichen Wahrheit ward aus weltlichen Rücksichten unterdrückt oder +verstümmelt, alle unterscheidenden Lehren der puritanischen Theologie +wurden vollständig und sogar in ihrer ungeschminktesten Form +dargestellt. Der römischen Kirche ward kein Pardon gegeben. Das Thier, +der Antichrist, der Mensch der Sünde, die mystische Isabel, das +mystische Babylon waren die Ausdrücke, mit denen man jenen hehren und +bezaubernden Aberglauben zu bezeichnen pflegte. Dies war einst die +Sprache Alsop’s, Lobb’s, Rosewell’s und anderer Geistlichen gewesen, +welche kürzlich im Palast wohl aufgenommen worden waren; aber so +sprachen sie jetzt nicht mehr. Geistliche, die nach einer hohen Stufe in +der Gunst und dem Vertrauen des Königs strebten, durften es nicht wagen, +in harten Worten +<span class = "pagenum">VII.51</span> +<a name = "pageVII_51" id = "pageVII_51"> </a> +von der Religion des Königs zu sprechen. Die Gemeinden beklagten sich +daher laut, daß sie seit dem Erscheinen der Indulgenzerklärung, welche +ihnen dem Wortlaute nach doch völlige Gewissensfreiheit gewähren wollte, +das Evangelium nie mehr kühn und rein hätten verkünden hören. Früher +hatten sie ihre geistliche Nahrung verstohlen erhaschen müssen, aber +wenn sie sie erhascht hatten, so fanden sie sie wenigstens ganz nach +ihrem Geschmacke zubereitet. Jetzt konnten sie sie öffentlich und in +aller Bequemlichkeit zu sich nehmen, aber sie hatte ihren ganzen +Wohlgeschmack verloren. Sie versammelten sich bei Tage und in geräumigen +Lokalen; aber sie hörten Predigten, die ihnen bei weitem nicht so +gefielen, als die, welche der Rector ihnen gehalten haben würde. In der +Pfarrkirche wurde der selbstgeschaffene Gottesdienst und die Abgötterei +Roms jeden Sonntag energisch angegriffen; im Versammlungshause aber +hütete sich der Pastor, der noch vor wenigen Monaten die Geistlichen der +Landeskirche für nicht viel besser als die Papisten erklärt hatte, jetzt +sorgfältig, den Papismus zu tadeln, oder kleidete seinen Tadel +wenigstens in ein so mildes Gewand, daß er selbst das Ohr eines Pater +Petre nicht beleidigt haben würde. Auch war es nicht möglich, für diesen +Wechsel einen stichhaltigen Grund aufzufinden. Die römisch-katholischen +Lehren hatten sich nicht verändert; seit Menschengedenken waren die +katholischen Priester noch nie so eifrig im Proselytenmachen gewesen; +noch nie waren so viele katholische Schriften aus der Presse +hervorgegangen; noch nie hatten Alle, die sich um die Religion +kümmerten, den Streit zwischen Katholiken und Protestanten mit so +gespannter Aufmerksamkeit verfolgt. Was konnte man also von der +Aufrichtigkeit von Theologen halten, welche nicht müde geworden waren, +den Papismus zu schmähen, so lange derselbe vergleichsweise harmlos und +wehrlos war, und die jetzt, wo eine Zeit wirklicher Gefahr für den +reformirten Glauben gekommen, sorgfaltig jedes Wort vermieden, das einem +Jesuiten Anstoß geben konnte? Ihr Benehmen war in der That nicht schwer +zu erklären. Es war bekannt, daß einige von ihnen Begnadigungen erlangt, +es wurde vermuthet, daß andere Geld bekommen hatten. Ihr Vorbild war der +schwache Apostel, der aus Angst den Herrn verleugnete, dem er +prahlerisch die unverbrüchlichste Treue gelobt hatte, oder der noch +schlechtere Apostel, der seinen Herrn um eine Handvoll Silberlinge +verkaufte.<a class = "tag" name = "tagVII_52" id = "tagVII_52" href = +"#noteVII_52">52</a></p> + +<p>So verloren die vom Hofe gewonnenen Dissentergeistlichen rasch den +Einfluß, den sie einst auf ihre Glaubensbrüder besessen hatten. Auf der +andren Seite fühlten sich die Sektirer durch eine starke religiöse +Sympathie zu den anglikanischen Prälaten und Priestern hingezogen, +welche trotz königlicher Befehle, Drohungen und Versprechungen einen +heftigen Krieg gegen die römische Kirche unterhielten. Die so lange +durch tödtliche Feindschaft getrennt gewesenen Anglikaner und Puritaner, +näherten sich einander mit jedem Tage mehr und mehr und jeder Schritt +zur Einigung vermehrte den Einfluß des Mannes, der ihr gemeinsames +Oberhaupt war. Wilhelm eignete sich in jeder Beziehung zum Vermittler +zwischen diesen beiden großen Parteien der englischen Nation. Man konnte +nicht sagen, daß er einer von beiden angehöre; aber keine von +<span class = "pagenum">VII.52</span> +<a name = "pageVII_52" id = "pageVII_52"> </a> +beiden konnte sich bei ruhiger Überlegung weigern, ihn als einen Freund +zu betrachten. Sein theologisches System stimmte mit dem der Puritaner +überein. Zu gleicher Zeit betrachtete er das Episcopat wenn auch nicht +als eine göttliche Einrichtung, doch als eine vollkommen rechtmäßige und +höchst nützliche Form des Kirchenregiments. Fragen über Stellungen, +Gewänder, Festtage und Liturgien waren in seinen Augen keine +Lebensfragen. Ein einfacher Gottesdienst wie der, an den er von jeher +gewöhnt war, würde seinem persönlichen Geschmacke am meisten zugesagt +haben, aber er war dabei gern bereit, sich jedem Ritual zu fügen, das +der Nation angenehm war, und bestand nur darauf, daß man ihm nicht +zumuthete, diejenigen seiner protestantischen Brüder zu verfolgen, denen +ihr Gewissen es nicht zuließ, seinem Beispiele zu folgen. Zwei Jahre +früher würde er von zahlreichen Bigotten auf beiden Seiten für einen +bloßen Laodicäer erklärt, worden sein, der weder kalt noch warm war und +zu nichts taugte als ausgestoßen zu werden. Aber der Eifer, der +Anglikaner gegen Dissenters und Dissenters gegen Anglikaner entflammt +hatte, war durch gemeinsame Widerwärtigkeiten und Gefahren so gedämpft +worden, daß die Lauheit, die man ihm früher als Verbrechen angerechnet, +jetzt als eine seiner Haupttugenden betrachtet wurde.</p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVII_51" id = "noteVII_51" href = "#tagVII_51">51.</a> +<span class = "antiqua">Kiffin’s Memoirs</span>; Luson’s Brief an Brooke +vom 11. Mai 1773 in der Hughes-Correspondenz.</p> + +<p><a name = "noteVII_52" id = "noteVII_52" href = "#tagVII_52">52.</a> +Man sehe unter anderen zeitgenössischen Flugschriften eine mit dem +Titel: <span class = "antiqua">A Representation of the threatening +Dangers impending over Protestants.</span></p> +</div> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Der Prinz und die Prinzessin von Oranien gegen die +Indulgenzerklärung.</span> +<a name = "secVII_43" id = "secVII_43">Jedermann</a> war gespannt auf +seine Ansicht über die Indulgenzerklärung. Eine Zeit lang nährte man in +Whitehall die Hoffnung, daß seine bekannte Achtung vor den Rechten des +Gewissens ihn wenigstens abhalten werde, öffentlich seine Mißbilligung +einer Politik auszusprechen, die einen unleugbaren Anstrich von +Freisinnigkeit hatte. Penn schickte zahlreiche Auseinandersetzungen nach +dem Haag und begab sich sogar persönlich dahin, in der Hoffnung daß +seine Beredtsamkeit, von der er eine hohe Meinung hatte, sich als +unwiderstehlich erweisen werde. Aber obgleich er sein Lieblingsthema mit +einer Redseligkeit entwickelte, die seine Zuhörer ermüdete und obgleich +er sie versicherte, daß ein Mann, der mit den Engeln verkehre, ihm das +Herannahen eines goldenen Zeitalters der Religionsfreiheit geoffenbart +habe, so machte er doch keinen Eindruck auf den Prinzen.<a class = "tag" +name = "tagVII_53" id = "tagVII_53" href = "#noteVII_53">53</a> „Ihr +verlangt von mir,“ sagte er zu einem der Agenten des Königs, „daß ich +einen Angriff auf meine eigne Religion unterstützen soll. Das kann ich +mit gutem Gewissen nicht thun, und ich werde es nicht thun, nein, nicht +um die Krone Englands, nicht um die Herrschaft der Welt!“ Diese Worte +wurden dem Könige mitgetheilt und sie beunruhigten ihn nicht wenig.<a +class = "tag" name = "tagVII_54" id = "tagVII_54" href = +"#noteVII_54">54</a> Er schrieb mit eigner Hand eindringliche Briefe. +Zuweilen nahm er den Ton des Beleidigten an. Er sei das Oberhaupt der +königlichen Familie, als solches sei er berechtigt, von den jüngeren +Mitgliedern Gehorsam zu erwarten, und es sei sehr hart, daß er in einer +Angelegenheit, die ihm über Alles am +<span class = "pagenum">VII.53</span> +<a name = "pageVII_53" id = "pageVII_53"> </a> +Herzen liege, auf Widerstand stoße. Andere Male wurde ihm ein Köder +vorgehalten, den man für unwiderstehlich hielt. Wenn Wilhelm nur in +diesem einen Punkte nachgäbe, so würde die englische Regierung ihm dafür +kräftigen Beistand gegen Frankreich leisten. Er ließ sich aber nicht +bethören. Er wußte, daß Jakob selbst beim besten Willen ohne die +Unterstützung eines Parlaments nicht im Stande sein würde, der +gemeinschaftlichen Sache Europa’s einen wirksamen Dienst zu leisten, und +es konnte keinem Zweifel unterliegen, daß wenn ein Parlament +zusammenkam, die erste Forderung beider Häuser die Cassirung der +Indulgenzerklärung sein würde.</p> + +<p>Die Prinzessin stimmte allen Meinungsäußerungen ihres Gemahls bei, +und ihre gemeinschaftliche Ansicht wurde dem Könige in entschiedenen +aber gemäßigten Ausdrücken mitgetheilt. Sie erklärten, daß sie das von +Seiner Majestät eingeschlagene Verfahren lebhaft bedauerten. Sie seien +überzeugt, daß er sich ein Hoheitsrecht angemaßt habe, das ihm +gesetzlich nicht zustehe. Gegen diese Anmaßung protestirten sie, nicht +nur als Freunde der bürgerlichen Freiheit, sondern auch als Mitglieder +des königlichen Hauses, als welche sie ein hohes Interesse an der +Erhaltung der Rechte dieser Krone hätten, die sie einst tragen könnten. +Denn die Erfahrung habe gelehrt, daß Willkürherrschaft in England +unfehlbar eine Reaction nach sich ziehe, die noch verderblicher sei als +jene selbst, und man müsse mit Grund befürchten, daß die durch die +Aussicht auf Despotismus beunruhigte und entrüstete Nation selbst gegen +die constitutionelle Monarchie einen Widerwillen fassen würde. Sie gäben +daher dem Könige den Rath, daß er in allen Dingen streng nach dem +Gesetze regieren möge. Sie geständen sehr gern zu, daß das Gesetz mit +Nutzen durch die competente Autorität abgeändert werden könne und daß +ein Theil seiner Erklärung es wohl verdiene, einer Parlamentsacte +einverleibt zu werden. Sie seien keine Verfolger, sie würden mit +Vergnügen römische Katholiken so gut als protestantische Dissenters in +geeigneter Weise von allen Strafgesetzen befreit, und ebenso gern +protestantische Dissenters in zweckmäßiger Weise zu bürgerlichen Ämtern +zugelassen sehen. Weiter aber könnten Ihre Hoheiten nicht gehen. Sie +könnten sich der ernsten Besorgniß nicht enthalten, daß die Zulassung +römischer Katholiken zu Staatsämtern große Nachtheile hervorrufen +würden, und es war nicht undeutlich zu verstehen gegeben, daß der Grund +zu dieser Besorgniß namentlich in Jakob’s Handlungsweise liege.<a class += "tag" name = "tagVII_55" id = "tagVII_55" href = +"#noteVII_55">55</a></p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVII_53" id = "noteVII_53" href = "#tagVII_53">53.</a> +<span class = "antiqua">Burnet I. 693, 694.</span></p> + +<p><a name = "noteVII_54" id = "noteVII_54" href = "#tagVII_54">54.</a> +<span class = "antiqua">„Le Prince d’Orange, qui avoit éludé jusqu’alors +de faire une réponse positive dit ... qu’il ne consentira jamaia à la +suppression de ces lois qui avoient été établies pour le maintien et la +sureté de la religion Protestante, et que sa conscience ne lui +permettoit point, non seulement pour la succession du royaume +d’Angleterre, mais même pour l’empire du monde; en sorte que le roi +d’Angleterre est plus aigri contre lui qu’il n’a jamais été.“</span> +— Bonrepaux, 11.(21.) Juni 1687.</p> + +<p><a name = "noteVII_55" id = "noteVII_55" href = "#tagVII_55">55.</a> +<span class = "antiqua">Burnet, I. 710</span>; Bonrepaux, 24. Mai (4. +Juni) 1687.</p> +</div> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Vertheidigung ihrer Ansichten bezüglich der englischen +Katholiken.</span> +<a name = "secVII_44" id = "secVII_44">Die</a> ausgesprochene Ansicht +des Prinzen und der Prinzessin über die Ausschließungen, denen die +römischen Katholiken unterworfen waren, theilten fast alle Staatsmänner +und Philosophen, welche damals der politischen und religiösen Freiheit +eifrig das Wort redeten. In unsrer Zeit dagegen haben erleuchtete Männer +oft mit Bedauern sich dahin geäußert, daß Wilhelm in diesem einen Punkte +gegen seinen Schwiegervater im Nachtheil stehe. Das Wahre ist, daß +einige Erwägungen, welche nothwendig sind, wenn man sich ein richtiges +Urtheil bilden will, von vielen Schriftstellern des neunzehnten +Jahrhunderts nicht berücksichtigt worden zu sein scheinen.</p> +<span class = "pagenum">VII.54</span> +<a name = "pageVII_54" id = "pageVII_54"> </a> + +<p>Es sind zwei einander entgegengesetzte Irrthümer, in welche +Diejenigen, die sich mit dem Studium unsrer vaterländischen Geschichte +beschäftigen, in steter Gefahr sind zu verfallen: der Irrthum, daß sie +die Gegenwart nach der Vergangenheit, und der Irrthum, daß sie die +Vergangenheit nach der Gegenwart beurtheilen. Dem ersteren sind +Diejenigen unterworfen, welche geneigt sind alles Alte zu verehren, dem +zweiten Diejenigen, welche von allem Neuen angezogen werden. Auf den +ersteren stößt man beständig in den Raisonnements conservativer +Politiker über die Fragen ihrer Zeit, der zweite findet sich immer in +den Betrachtungen von Schriftstellern der liberalen Richtung, wenn sie +die Ereignisse einer früheren Zeit besprechen. Der erstere ist bei einem +Staatsmanne, der andre bei einem Geschichtsschreiber verderblicher.</p> + +<p>Es ist für Niemanden, der es in Unsrer Zeit unternimmt, über die +Revolution zu schreiben, welche die Stuarts stürzte, so leicht, die +rechte Mittelstraße zwischen diesen beiden Extremen stetig einzuhalten. +Die Frage, ob es gerathen sei, Mitglieder der katholischen Kirche zum +Parlament und zu Staatsämtern zuzulassen, erschütterte unser Vaterland +während der Regierung Jakob’s II., durch seinen Sturz wurde sie in +den Hintergrund zurückgedrängt, und nachdem sie über ein Jahrhundert +lang geruht hatte, kam sie in Folge der großen Aufregung der Gemüther, +welche dem Zusammentritt der französischen Nationalversammlung folgte, +wieder zur Sprache. Dreißig Jahre währte der Streit in beiden Häusern +des Parlaments, in jedem Wahlkörper, in jedem Kreise der Gesellschaft. +Er stürzte Ministerien, zerriß Parteien, machte in einem Theile des +Landes jede Regierung unmöglich und brachte uns zuletzt an den Rand des +Bürgerkrieges. Selbst nach Beendigung des Kampfes gohren die +Leidenschaften, die er aufgeregt hatte, noch immer fort. Ein Mann, +dessen Geist unter dem Einflusse dieser Leidenschaften stand, konnte +fast unmöglich die Ereignisse der Jahre 1687 und 1688 in einem +vollkommen richtigen Lichte erblicken.</p> + +<p>Eine Klasse von Politikern, welche von dem richtigen Vordersatze +ausging, daß die Revolution eine große Wohlthat für unser Land gewesen +sei, gelangte zu dem irrigen Schlusse, daß keine Bürgschaft, die von den +Staatsmännern der Revolution zum Schutze unsrer Religion und unsrer +Freiheit für nöthig erachtet worden war, ohne Gefahr abgeschafft werden +könnte. Eine andre Klasse, die von dem ebenfalls richtigen Vordersatze +ausging, daß die über die Katholiken verhängten Ausschließungen lange +Zeit nichts als Unheil verursacht hätten, kam zu dem falschen Schlusse, +daß diese Ausschließungen zu keiner Zeit nützlich und nothwendig gewesen +sein könnten. Der erste Trugschluß durchdrang die Reden des geistreichen +und gelehrten Eldon, der andre blieb selbst auf einen so ruhigen und +philosophischen Kopf wie Mackintosh nicht ganz ohne Einfluß.</p> + +<p>Bei näherer Prüfung wird es sich jedoch vielleicht zeigen, daß wir +das von allen großen englischen Staatsmännern des siebzehnten +Jahrhunderts einstimmig gebilligte Verfahren rechtfertigen können, ohne +die Weisheit des von allen großen englischen Staatsmännern unsrer Zeit +eben so einstimmig gebilligten Verfahrens in Zweifel zu ziehen.</p> + +<p>Es ist unbestreitbar ein Übel, wenn ein Bürger seiner religiösen +Meinung halber vom Staatsdienste ausgeschlossen sein soll; aber der +menschlichen Weisheit bleibt zuweilen nichts andres übrig als die Wahl +zwischen zwei Übeln. Eine Nation kann in eine Lage kommen, in der +<span class = "pagenum">VII.55</span> +<a name = "pageVII_55" id = "pageVII_55"> </a> +die Mehrheit entweder Ausschließungen verhängen oder sich solche +gefallen lassen muß und wo das was unter gewöhnlichen Verhältnissen mit +Recht als Verfolgung verdammt werden würde, noch innerhalb der Grenzen +der Selbstvertheidigung liegt. In einer solchen Situation befand sich +England im Jahre 1687.</p> + +<p>Nach der Verfassung des Reichs hatte Jakob das Recht, fast alle +öffentlichen Beamten, bei der Regierung, bei den Gerichten, in der +Kirche, beim Militair und bei der Flotte zu ernennen. Bei der Ausübung +dieses Rechts war er nicht, wie unsere gegenwärtigen Souveraine, +genöthigt, in Übereinstimmung mit dem Rathe von Ministern, die das Haus +der Gemeinen billigte, zu handeln. Es lag also auf der Hand, daß es, +wenn er durch das Gesetz nicht streng verbunden war, nur Protestanten +anzustellen, ihm frei stand, lauter Katholiken anzustellen. Die Anzahl +der römischen Katholiken war unbedeutend, und es gab nicht einen +einzigen Mann unter ihnen, dessen Dienste der Staat ernstlich vermißt +haben würde. Das Verhältniß, in dem ihre Zahl zur Gesammtbevölkerung +stand, war noch viel geringer als es gegenwärtig ist, denn gegenwärtig +ergießt sich ein ununterbrochener Auswanderungsstrom von Irland in +unsere großen Städte, während es im siebzehnten Jahrhunderte noch nicht +einmal in London eine irische Colonie gab. Neunundvierzig Funfzigstel +der Bewohner des Königreichs, neunundvierzig Funfzigstel des Vermögens +des Königreichs, fast alle politischen, juristischen und militairischen +Talente und Kenntnisse, die das Land besaß, waren protestantisch. +Trotzdem hatte der König in thörichter Verblendung sich vorgenommen, +sein unbegrenztes Ernennungsrecht als Mittel zum Proselytenmachen zu +benutzen. Seiner Kirche angehören war in seinen Augen der erste +Befähigungstitel für ein Amt. Der Landeskirche angehören war entschieden +ein Grund der Nichtbefähigung. Er verwarf zwar in einer Sprache, welche +den Beifall einiger leichtgläubigen Freunde der Glaubensfreiheit fand, +die monströse Ungerechtigkeit des Religionseides, der eine kleine +Minderheit der Nation von öffentlichen Ämtern ausschloß; zu gleicher +Zeit aber führte er einen andren Religionseid ein, der die Mehrheit +ausschloß. Es schien ihm hart, daß ein guter Finanzmann und loyaler +Unterthan lediglich deshalb weil er ein Papist war, von dem Posten eines +Lordschatzmeisters ausgeschlossen sein sollte; aber er selbst hatte +einen Lordschatzmeister, den er als einen tüchtigen Finanzmann und +loyalen Unterthan anerkannt, bloß deshalb abgesetzt, weil er Protestant +war. Er hatte wiederholt und bestimmt erklärt, er sei fest entschlossen, +den weißen Stab niemals in die Hände eines Ketzers zu geben. Mit vielen +anderen hohen Staatsämtern war er ebenso verfahren. Bereits waren der +Lordpräsident, der Geheimsiegelbewahrer, der Oberkammerherr, der +Garderobeaufseher, der erste Lord des Schatzes, ein Staatssekretär, der +Lordobercommissar von Schottland, der Kanzler von Schottland und der +Sekretär von Schottland Katholiken oder gaben sich wenigstens dafür aus. +Die meisten von diesen Beamten waren von Haus aus Anglikaner und hatten +sich des offenen oder geheimen Abfalls schuldig gemacht, um ihre hohen +Stellen zu erlangen oder zu behalten. Jeder Protestant, der noch einen +wichtigen Staatsposten bekleidete, bekleidete ihn in beständiger +Ungewißheit und Angst. Wir würden nicht fertig werden, wollten wir die +untergeordneteren Stellen anführen, welche von Mitgliedern der +begünstigten Klasse besetzt waren. In jedem Zweige der Verwaltung +wimmelte es schon von Katholiken. Sie waren Lordlieutenants, +<span class = "pagenum">VII.56</span> +<a name = "pageVII_56" id = "pageVII_56"> </a> +stellvertretende Lieutenants, Richter, Friedensrichter, Zollcommissare, +Gesandte an fremden Höfen, Regimentsobersten und Festungscommandanten. +Der Antheil, den sie binnen wenigen Monaten von den durch die Krone zu +besetzenden weltlichen Ämtern erlangt hatten, war weit über zehnmal so +groß, als er unter einem unparteiischen Systeme gewesen sein würde. Dies +war indessen noch nicht das Schlimmste. Man hatte sie auch zu +Beherrschern der anglikanischen Kirche gemacht. Männer, die den König +versichert hatten, daß sie seines Glaubens seien, saßen in der Hohen +Commission und übten die höchste geistliche Gerichtsbarkeit über alle +Prälaten und Priester der Landeskirche aus. Kirchliche Pfründen von +hohem Ansehen waren theils erklärten, theils verkappten Papisten +verliehen worden. Und dies Alles war geschehen, während die Gesetze +gegen den Papismus noch in Kraft waren und Jakob noch gegründete Ursache +hatte, Achtung vor den Rechten des Gewissens zu heucheln. Was war also +von ihm zu erwarten, wenn seine Unterthanen einwilligten, ihn durch ein +Gesetz von jedem Schatten der Beschränkung vollends zu befreien? Kann +man wohl daran zweifeln, daß Protestanten durch eine streng gesetzmäßige +Anwendung der königlichen Prärogative eben so wirksam von Anstellungen +ausgeschlossen worden wären, als jemals römische Katholiken durch eine +Parlamentsacte ausgeschlossen worden sind?</p> + +<p>Wie hartnäckig Jakob entschlossen war, den Mitgliedern seiner Kirche +einen Antheil an den öffentlichen Ämtern zu gewähren, der zu ihrer Zahl +und zu ihrer Bedeutung außer allem Verhältniß stand, geht aus den +Instructionen hervor, die er im Exil und im hohen Alter als Leitfaden +für seinen Sohn aufzeichnete. Es ist unmöglich, diese Ergüsse eines +Mannes, an dem alle Lehren der Erfahrung und des Unglücks spurlos +vorübergegangen waren, ohne ein Gemisch von Mitleid und Verachtung zu +lesen. Dem Prätendenten wird anempfohlen, wenn er einmal zur Regierung +in England gelangen sollte, die Ämter zu theilen und den Mitgliedern der +römischen Kirche einen Antheil zu reserviren, der groß genug für sie +gewesen sein würde, wenn sie die Hälfte, anstatt ein Funfzigstel der +Nation gebildet hätten. Ein Staatssekretär, ein Schatzcommissar, der +Kriegssekretär, die Mehrheit der Großwürdenträger des Hofstaates und die +Mehrzahl der Offiziere der Armee müßten immer Katholiken sein. Dies +waren Jakob’s Ansichten selbst dann noch, als seine thörichte Bigotterie +ihm eine Strafe zugezogen hatte, über welche die ganze Welt erschrocken +war. Kann man also wohl in Zweifel darüber sein, wie er gehandelt haben +würde, wenn sein Volk, durch den leeren Namen der religiösen Freiheit +geblendet, ihn ohne Zügel hätte fortregieren lassen?</p> + +<p>Selbst Penn scheint trotz seiner blinden und maßlosen Begeisterung +für die Indulgenzerklärung eingesehen zu haben, daß man sich nicht +wundern durfte, wenn die Parteilichkeit, mit der römische Katholiken mit +Ehrenstellen und Einkünften überschüttet wurden, die Eifersucht der +Nation erregte. Er gab zu, daß die Protestanten im Fall der Aufhebung +der Testacte Anspruch auf ein Äquivalent hätten, und ging sogar so weit, +daß er verschiedene Äquivalente vorschlug. Schon seit mehreren Wochen +war das Wort Äquivalent, damals erst kürzlich aus Frankreich eingeführt, +im Munde aller Kaffeehausredner; endlich aber machten einige Seiten +scharfsinniger Logik und feiner Sarkasmen aus Halifax’ Feder diesen +hohlen Projecten ein Ende. Einer von Penn’s Plänen bestand darin, daß +ein Gesetz erlassen werden sollte, welches die von der Krone zu +verleihenden +<span class = "pagenum">VII.57</span> +<a name = "pageVII_57" id = "pageVII_57"> </a> +Ämter in drei gleiche Theile theilte, von denen nur einer den +Mitgliedern der katholischen Kirche zufallen sollte. Selbst unter einem +solchen System würden die Katholiken noch immer zwanzigmal den ihnen +eigentlich zustehenden Antheil erhalten haben, und doch kann man nicht +annehmen, daß der König selbst in eine solche Anordnung gewilligt haben +würde. Hätte er aber auch darein gewilligt, welche Garantie konnte er +bieten, daß er auch wirklich an diesem Übereinkommen festhielt? Man +hatte keine Antwort auf das von Halifax aufgestellte Dilemma: wenn +Gesetze für Euch bindend sind, so beobachtet das jetzt bestehende +Gesetz; sind sie nicht bindend für Euch, so ist es auch nutzlos, uns ein +Gesetz als Bürgschaft zu bieten.<a class = "tag" name = "tagVII_56" id = +"tagVII_56" href = "#noteVII_56">56</a></p> + +<p>Es ist sonach klar, daß es sich gar nicht darum handelte, ob +weltliche Ämter allen Religionsparteien ohne Unterschied offen stehen +sollten. So lange Jakob König war, war Ausschließung unvermeidlich, und +es fragte sich nur, wer ausgeschlossen werden sollte, ob Papisten oder +Protestanten, die Wenigen oder die Vielen, hunderttausend Engländer oder +fünf Millionen.</p> + +<p>Dies sind die gewichtigen Gründe, durch welche das Verfahren des +Prinzen von Oranien gegen die englischen Katholiken mit den Grundsätzen +der Glaubensfreiheit in Einklang gebracht werden kann. Diese Gründe +haben, wie man bemerken wird, mit keinem Theile der katholischen +Theologie etwas zu thun. Ebenso wird man einsehen, daß sie ihr ganzes +Gewicht verlieren mußten, als die Krone an ein protestantisches +Herrscherhaus gekommen und die Macht des Unterhauses im Staate ein so +entschiedenes Übergewicht erlangt hatte, daß kein Souverain, mochten +seine Ansichten oder Neigungen sein, welche sie wollten, das Beispiel +Jakob’s nachahmen konnte. Die Nation befand sich indessen nach ihren +Schrecken, ihren Kämpfen und ihrer mit genauer Noth erlangten Rettung in +einer mißtrauischen und rachsüchtigen Stimmung. Daher wurden +Vertheidigungsmittel, welche die Nothwendigkeit gerechtfertigt hatte, +die aber auch nur die Nothwendigkeit rechtfertigen konnte, noch lange, +nachdem die Nothwendigkeit nicht mehr vorhanden war, hartnäckig +beibehalten, und erst aufgegeben, nachdem das herrschende Vorurtheil +einen langjährigen Kampf gegen die Vernunft bestanden hatte. Zu den +Zeiten Jakob’s aber standen Vernunft und herrschendes Vorurtheil auf der +nämlichen Seite. Der Fanatiker und Ignorant wollte den Katholiken vom +Staatsdienste ausschließen, weil er Klötze und Steine anbetete, weil er +das Zeichen des Thieres an sich trug, weil er London angezündet und Sir +Edmondsbury Godfrey erwürgt hatte, und der einsichtsvollste und +toleranteste Staatsmann wurde, während er über den Irrwahn lächelte, in +dem das gemeine Volk befangen war, auf einem ganz andren Wege zu dem +nämlichen Schlusse geführt.</p> + +<p>Wilhelm’s großer Plan war jetzt, die zahlreichen Theile des großen +Körpers, der ihn als sein gemeinschaftliches Oberhaupt betrachtete, zu +einem Ganzen zu vereinigen. Bei diesem Werke hatte er mehrere geschickte +und zuverlässige Mitarbeiter, von denen zwei, Burnet und Dykvelt, ihm +ganz besonders nützlich waren.</p> + +<p class = "footnote"> +<a name = "noteVII_56" id = "noteVII_56" href = "#tagVII_56">56.</a> +Johnstone, 13. Jan. 1688; <span class = "antiqua">Halifax’s Anatomy of +an Equivalent</span>.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Jakob’s Feindschaft gegen Burnet.</span> +<a name = "secVII_45" id = "secVII_45">Burnet</a>’s Dienste mußten +allerdings mit einiger Vorsicht angewendet werden. Die freundliche +<span class = "pagenum">VII.58</span> +<a name = "pageVII_58" id = "pageVII_58"> </a> +Aufnahme, die er im Haag gefunden, hatte Jakob heftig aufgebracht, und +Marie erhielt von ihrem Vater zwei Briefe voll Invectiven gegen den +frechen und wühlerischen Theologen, den sie beschützte. Diese +Beschuldigungen aber machten einen so geringen Eindruck auf sie, daß sie +Antworten darauf zurücksandte, welche Burnet selbst dictirt hatte. Im +Januar 1687 endlich schritt der König zu energischeren Maßregeln. +Skelton, der die englische Regierung bei den Vereinigten Provinzen +vertreten hatte, wurde nach Paris versetzt und erhielt Albeville, das +schwächste und gemeinste Mitglied der ganzen jesuitischen Cabale, zum +Nachfolger. Geld war Albeville’s einziger Lebenszweck, und er nahm es +von Jedem, der es ihm anbot. Er wurde zu gleicher Zeit von Frankreich +und von Holland bezahlt. Er verschmähte sogar den erbärmlichen Anstand, +den auch die Bestechlichkeit zu beobachten pflegt, und nahm so kleine +Geschenke an, wie sie eher einem Lastträger oder einem Bedienten +zukommen als einem Gesandten, der mit einer englischen Baronie und einem +ausländischen Marquisate beehrt worden war. Einmal steckte er mit der +größten Gemüthsruhe ein Trinkgeld von fünfzig Pistolen für einen Dienst +ein, den er den Generalstaaten geleistet hatte. Dieser Mann war +beauftragt, zu verlangen, daß Burnet im Haag nicht länger begünstigt +werde. Wilhelm, der keine Lust hatte, sich von einem so werthvollen +Freunde zu trennen, antwortete zuerst mit seiner gewohnten Kälte: „Ich +wüßte nicht, Sir, daß der Doctor seit seinem Hiersein etwas gethan oder +gesagt hätte, worüber Seine Majestät sich mit Grund beklagen könnte.“ +Jakob aber bestand entschieden auf seiner Forderung, und da die +geeignete Zeit zu einem offenen Bruche noch nicht gekommen war, so mußte +Wilhelm nachgeben. Über anderthalb Jahr lang kam Burnet weder mit dem +Prinzen, noch mit der Prinzessin in persönliche Berührung; aber er +wohnte in ihrer Nähe, wurde von Allem, was vorging, genau unterrichtet, +sein Rath ward beständig in Anspruch genommen, seine Feder bei jedem +wichtigen Anlasse benutzt und viele der schärfsten und wirksamsten +Aufsätze und Flugschriften, welche damals in London erschienen, wurden +ihm mit Recht zugeschrieben.</p> + +<p>Jakob’s Wuth entbrannte. Er war von jeher für zornige Leidenschaften +nur zu empfänglich gewesen, aber noch keinen seiner Feinde, selbst die +nicht, welche sich gegen sein Leben verschworen oder es versucht hatten, +ihm durch Meineid die Schuld des Verraths und des Mordes aufzubürden, +hatte er mit einer solchen Erbitterung gehaßt, als er jetzt Burnet +haßte. Seine Majestät schimpfte täglich in höchst unköniglicher Sprache +auf den Doctor und sann auf ungesetzliche Rache. Selbst Blut genügte +diesem wüthenden Hasse nicht; der unverschämte Theolog mußte gefoltert +werden, ehe er sterben durfte. Zum Glück war er ein Schotte von Geburt, +und in Schottland konnten seine Beine erst in den spanischen Stiefeln +zerquetscht werden, bevor er auf dem Grasmarkte gehängt wurde. Zu dem +Ende wurde in Edinburg der Prozeß gegen ihn eingeleitet; aber er war in +Holland naturalisirt, hatte eine vermögende Frau aus dieser Provinz +geheirathet und es war gewiß, daß sein Adoptivvaterland ihn nicht +ausliefern würde. Man beschloß daher, ihn wegfangen zu lassen. Mit +großen Summen wurden einige Bösewichter für diesen gefährlichen und +schändlichen Dienst gedungen; im Staatssekretariat wurde zu diesem +Zwecke eine Anweisung auf dreitausend Pfund Sterling ausgestellt. Ludwig +wurde von dem Plane unterrichtet und interessirte sich außerordentlich +dafür; +<span class = "pagenum">VII.59</span> +<a name = "pageVII_59" id = "pageVII_59"> </a> +er sicherte seinen kräftigen Beistand zu, damit der Schurke nach England +gebracht werde, und versprach, daß die Werkzeuge der Rache Jakob’s in +Frankreich eine Freistätte finden sollten. Burnet kannte die ihm +drohende Gefahr wohl, aber Furcht gehörte nicht zu seinen Fehlern. Er +veröffentlichte eine beherzte Antwort auf die in Edinburg gegen ihn +erhobenen Anschuldigungen. Er wisse, sagte er, daß man ihn ohne Prozeß +hinzurichten gedenke, aber er vertraue auf den König aller Könige, zu +dem unschuldiges Blut selbst gegen die mächtigsten Fürsten der Erde +nicht vergebens schreien werde. Er gab einigen Freunden ein +Abschiedsmahl, und nach demselben nahm er als ein Mann, der dem Tode +verfallen sei und mit dem sie ohne Gefahr nicht mehr umgehen könnten, +feierlich Abschied von ihnen. Dessenungeachtet zeigte er sich nach wie +vor so furchtlos auf allen öffentlichen Plätzen im Haag, daß seine +Freunde ihm wegen seiner Tollkühnheit bittere Vorwürfe machten.<a class += "tag" name = "tagVII_57" id = "tagVII_57" href = +"#noteVII_57">57</a></p> + +<p class = "footnote"> +<a name = "noteVII_57" id = "noteVII_57" href = "#tagVII_57">57.</a> +<span class = "antiqua">Burnet <ins class = "correction" title = +"Original hat »I.,«">I.</ins> 726—731</span>; <span class = +"antiqua">Answer to the Criminal Letters issued out against Dr. +Burnet</span>; <span class = "antiqua">Avaux Neg., July 7.(17.), +14.(24.) July 28. (Aug. 7.) 1687, Jan. 19.(29.) 1688</span>; Ludwig an +Barillon, 30. Dec. 1687 (9. Jan. 1688); Johnstone an Waristoun, 21. +Febr. 1688; Lady Russel an <span class = "antiqua">Dr.</span> +Fitzwilliam, 5. Oct. 1687. Da man vermuthet hat, daß Burnet, der seine +persönliche Wichtigkeit nicht zu unterschätzen pflegte, die ihm drohende +Gefahr übertrieben habe, so will ich hier die Worte Ludwig’s und +Johnstone’s anführen: <span class = "antiqua">„Qui que ce soit“</span>, +sagt Ludwig, <span class = "antiqua">„qui entreprenne de l’enlever en +Hollande trouvera non seulement une retraite assurée et une entière +protection dans mes états, mais aussi toute l’assistance qu’il pourra +désirer pour faire conduire surement ce scélérat en Angleterre.“</span> +— „Mit Bamfield (Burnet) ist es ganz bestimmt so“, sagt Johnstone. +„Niemand zweifelt hier daran, und Einige, die dabei betheiligt sind, +leugnen es nicht. Seine Freunde sagen, sie hätten gehört, daß er nicht +vorsichtig sei, sondern aus Eitelkeit, um seinen Muth zu zeigen, mit +thörichter Verwegenheit handle, so daß Jedermann ihn auslachen werde, +wenn ihm ein Unglück zustoßen sollte. Ich bitte ihm dies von Seiten +Jones’ (Johnstone) zu sagen. Wenn Einige abgefaßt werden könnten, +während sie ihren <span class = "antiqua">coup d’essai</span> auf ihn +machen, so wäre das sehr gut, weil sie dadurch abgeschreckt würden, +etwas gegen Ogle (den Prinzen) zu unternehmen.“</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Sendung Dykvelt’s nach England.</span> +<a name = "secVII_46" id = "secVII_46">Während</a> Burnet Wilhelm’s +Sekretär für die englischen Angelegenheiten in Holland war, wurde +Dykvelt mit nicht geringerem Nutzen in London verwendet. Dykvelt war +einer von den ausgezeichneten Staatsmännern, welche in der edlen Schule +des Johann de Witt ihre politische Bildung erhalten hatten und nach dem +Falle dieses großen Ministers ihre Pflichten gegen die Republik dadurch +am besten zu erfüllen glaubten, daß sie sich um den Prinzen von Oranien +schaarten. Keiner von den Diplomaten im Dienste der Vereinigten +Provinzen stand in Bezug auf Gewandtheit, Character und Manieren über +Dykvelt, und ebenso scheint keiner ihm in der Kenntniß der englischen +Verhältnisse gleichgekommen zu sein. Es fand sich ein Vorwand, um ihn zu +Anfang des Jahres 1687 mit Beglaubigungsschreiben von den Generalstaaten +in einer besonderen Mission nach England zu senden. Eigentlich aber galt +seine Sendung nicht der Regierung, sondern der Opposition, und er +handelte nach Privatinstructionen, welche von Burnet entworfen und von +Wilhelm genehmigt waren.<a class = "tag" name = "tagVII_58" id = +"tagVII_58" href = "#noteVII_58">58</a></p> + +<p class = "footnote"> +<a name = "noteVII_58" id = "noteVII_58" href = "#tagVII_58">58.</a> +<span class = "antiqua">Burnet, I. 708</span>; <span class = +"antiqua">Avaux Neg., Jan. 3.(13.), Feb. 6.(16.) 1687</span>; <span +class = "antiqua">Van Kampen, Karakterkunde der Vaderlandsche +Geschiedenis.</span></p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Unterhandlungen Dykvelt’s mit englischen Staatsmännern.</span> +<a name = "secVII_47" id = "secVII_47">Dykvelt</a> berichtete, daß Jakob +sich durch das Benehmen des Prinzen und der Prinzessin tief gekränkt +fühle. „Die Pflicht meines Neffen +<span class = "pagenum">VII.60</span> +<a name = "pageVII_60" id = "pageVII_60"> </a> +ist, meine Hand zu stärken“, sagte der König, „aber es hat ihm von jeher +Vergnügen gemacht, wenn er mir hat hinderlich sein können.“ Dykvelt +antwortete, in Privatangelegenheiten habe Seine Hoheit stets die Wünsche +des Königs berücksichtigt und werde dies auch in Zukunft jederzeit thun, +aber es sei doch kaum recht und billig, die Unterstützung eines +protestantischen Fürsten gegen die protestantische Kirche zu erwarten.<a +class = "tag" name = "tagVII_59" id = "tagVII_59" href = +"#noteVII_59">59</a> Der König war zum Schweigen gebracht, aber nicht +besänftigt. Mit einem Verdrusse, den er nicht verhehlen konnte, sah er, +daß Dykvelt alle die verschiedenen Abteilungen der Opposition mit einer +Geschicklichkeit musterte und einschulte, welche dem gewandtesten +englischen Staatsmanne zur Ehre gereicht haben würde und die bei einem +Ausländer bewundernswürdig war. Der Geistlichkeit wurde gesagt, daß sie +in dem Prinzen einen Freund des Episcopats und der Liturgie finden +werde. Den Nonconformisten wurde Hoffnung gemacht, daß sie von ihm nicht +nur Duldung, sondern sogar Gleichstellung zu erwarten hätten. Selbst die +römischen Katholiken wurden versöhnt und einige der Angesehensten unter +ihnen sagten dem Könige ins Gesicht, daß sie mit dem, was Dykvelt ihnen +biete, zufrieden seien und daß sie eine durch das Gesetz verbürgte +Duldung einem gesetzwidrigen und unsicheren Übergewichte vorzögen.<a +class = "tag" name = "tagVII_60" id = "tagVII_60" href = +"#noteVII_60">60</a></p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVII_59" id = "noteVII_59" href = "#tagVII_59">59.</a> +<span class = "antiqua">Burnet I. 711</span>. Dykvelt’s Depeschen an die +Generalstaaten enthalten, so weit ich es habe ersehen oder erfahren +können, kein Wort über den wirklichen Zweck seiner Sendung. Seine +Correspondenz mit dem Prinzen von Oranien war streng privater Natur.</p> + +<p><a name = "noteVII_60" id = "noteVII_60" href = "#tagVII_60">60.</a> +Bonrepaux, 12.(22.) Sept. 1687.</p> +</div> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Danby.</span> +<a name = "secVII_48" id = "secVII_48">Die</a> Oberhäupter aller +wichtigen Parteien der Nation hielten häufige Besprechungen in Gegenwart +des geschickten Gesandten. Die Ansicht der Torypartei war bei diesen +Zusammenkünften hauptsächlich durch die Earls von Danby und von +Nottingham vertreten. Obgleich seit Danby’s Sturze bereits über acht +Jahre vergangen waren, so stand sein Name doch bei den alten Kavalieren +Englands noch in hohem Ansehen, und selbst viele von denjenigen Whigs, +die ihn früher verfolgt hatten, gaben jetzt bereitwillig zu, daß er für +die Sünden Anderer habe büßen müssen und daß sein Eifer für die +Hoheitsrechte ihn zwar oft irre geleitet habe, aber bei alledem durch +zwei ehrenwerthe Gefühle gemildert worden sei: durch Eifer für die +Staatsreligion und durch Eifer für die Würde und Unabhängigkeit seines +Vaterlandes. Auch im Haag wurde er hoch geschätzt, denn man vergaß es +ihm dort nie, daß er es gewesen war, der Karl trotz des Einflusses +Frankreichs und der Papisten bewogen hatte, die Hand der Prinzessin +Marie ihrem Vetter zu geben.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Nottingham.</span> +<a name = "secVII_49" id = "secVII_49">Daniel</a> Finch, Earl von +Nottingham, ein Edelmann, dessen Name in der Geschichte dreier +ereignißvoller Regierungen häufig genannt werden wird, stammte aus einer +Familie von unvergleichlicher juristischer Auszeichnung. Einer seiner +Verwandten hatte das Siegel Karl’s I. geführt, hatte seine +eminenten Talente und Kenntnisse zu schlechten Zwecken gemißbraucht und +war von der Rache der Gemeinen Englands, mit Falkland an der Spitze, +verfolgt worden. Einen ehrenvolleren Ruf erlangte unter der folgenden +Generation Heneage Finche. Er war unmittelbar nach der Restauration zum +Staatsprokurator ernannt worden und war nacheinander zum +Lordsiegelbewahrer, zum Lordkanzler, zum Baron Finch und Earl von +Nottingham emporgestiegen. Während +<span class = "pagenum">VII.61</span> +<a name = "pageVII_61" id = "pageVII_61"> </a> +dieser ganzen glänzenden Laufbahn hatte er die Hoheitsrechte stets so +hoch gehalten, als er es mit Ehren und Anstand konnte; nie aber war er +bei irgend einer Machination gegen die Grundgesetze des Reichs +betheiligt gewesen. Inmitten eines verderbten Hofes hatte er seine +persönliche Rechtschaffenheit unbefleckt zu erhalten gewußt. Auch als +Redner genoß er eines hohen Rufes, obwohl seine nach Mustern aus der +Zeit vor dem Bürgerkriege gebildete Diction gegen das Ende seines Lebens +von den Schöngeistern der heranwachsenden Generation steif und +pedantisch genannt wurde. In Westminsterhall wird er noch immer mit +Achtung als der Mann erwähnt, welcher aus dem Chaos, dem man in alter +Zeit den Namen der Billigkeit gab, zuerst ein neues juristisches System +bildete, das ebenso geregelt und vollständig ist wie das nach welchem +die Richter des gemeinen Rechts verfahren.<a class = "tag" name = +"tagVII_61" id = "tagVII_61" href = "#noteVII_61">61</a> Ein +wesentlicher Theil der sittlichen und geistigen Eigenschaften dieses +großen Staatsmannes ging mit dem Titel Nottingham auf seinen ältesten +Sohn über. Dieser Sohn, der Earl Daniel, war ein rechtschaffener und +tugendhafter Mann. Obwohl er in einigen abgeschmackten Vorurtheilen +befangen und sonderbaren Anfällen von Launenhaftigkeit unterworfen war, +kann man ihn doch nicht beschuldigen, daß er um unredlichen Gewinns oder +strafbaren Genusses willen vom Pfade des Rechts abgewichen wäre. Er war, +wie sein Vater, ein ausgezeichneter Redner und sprach eindringlich, aber +weitschweifig und mit zu monotoner Gemessenheit. Seine Persönlichkeit +entsprach ganz seiner Rede. Seine Haltung war steif, seine Gesichtsfarbe +so dunkel, daß man ihn für den Eingebornen eines wärmeren Himmelstrichs +hätte halten können, und seine scharf markirten Gesichtszüge hatten +einen Ausdruck, welcher dem des Hauptleidtragenden bei einem Begräbnisse +glich. Man pflegte von ihm zu sagen, daß er eher wie ein spanischer +Grande als wie ein englischer Gentleman aussähe. Spottvögel gaben ihm +die Spitznamen Dismal (Trübselig), Don Dismallo und Don Diego, welche +noch heute nicht vergessen sind. Er hatte auf das Studium der +Wissenschaft, durch die seine Familie sich so hoch emporgeschwungen, +großen Fleiß verwendet und war für einen vornehm und reich gebornen Mann +in den Gesetzen seines Vaterlandes erstaunlich bewandert. Er war ein +treuer Sohn der Hochkirche und bewies seine Achtung vor derselben auf +zwei Wegen, welche bei den Lords, die sich zu seiner Zeit als ihre +besonderen Freunde gerirten, nicht gewöhnlich war, nämlich dadurch, daß +er Schriften zur Vertheidigung ihrer Glaubenssätze herausgab und daß er +sich in seinem Privatleben nach ihren Gebeten richtete. Wie viele andre +eifrige Anglikaner hatte er bis vor Kurzem die monarchische +Regierungsform kräftig unterstützt. Die Politik aber, welche seit der +Unterdrückung des Aufstandes im Westen befolgt wurde, empörte ihn auf +das heftigste, und zwar deshalb nicht weniger, weil sein jüngerer Bruder +Heneage in Folge seiner Weigerung, die Dispensationsgewalt des Königs zu +vertheidigen, seines Amtes als Generalprokurator entsetzt worden war.<a +class = "tag" name = "tagVII_62" id = "tagVII_62" href = +"#noteVII_62">62</a></p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVII_61" id = "noteVII_61" href = "#tagVII_61">61.</a> +Siehe seine Biographie von Lord Campbell.</p> + +<p><a name = "noteVII_62" id = "noteVII_62" href = "#tagVII_62">62.</a> +Johnstone’s Correspondenz; <span class = "antiqua">Mackay’s +Memoirs</span>; <span class = "antiqua">Arbuthnot’s John Bull</span>; +Swift’s Schriften von 1710 bis 1714 an mehreren Stellen; Whiston’s Brief +an den Earl von Nottingham und des Letzteren Antwort darauf.</p> +</div> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Halifax.</span> +<a name = "secVII_50" id = "secVII_50">Mit</a> diesen beiden großen +toryistischen Earls war jetzt +<span class = "pagenum">VII.62</span> +<a name = "pageVII_62" id = "pageVII_62"> </a> +Halifax, das ausgezeichnete Oberhaupt der Trimmers, verbunden. Auf +Nottingham’s Gesinnungen scheint Halifax damals in der That einen +entschiedenen Einfluß ausgeübt zu haben. Zwischen Halifax und Danby +bestand eine Feindschaft, welche am Hofe Karl’s begonnen hatte und +nachher auch den Hof Wilhelm’s beunruhigte, während der Tyrannei Jakob’s +aber wie viele andere Feindschaften ruhte. Die beiden Gegner trafen +häufig in den von Dykvelt veranstalteten Conferenzen zusammen und +stimmten in dem Ausdrucke des Mißfallens an der Politik der Regierung +und der Verehrung für den Prinzen von Oranien überein. In ihrem Verkehr +mit den holländischen Gesandten trat die Characterverschiedenheit der +beiden Staatsmänner stark hervor. Halifax zeigte ein bewundernswürdiges +Talent für Auseinandersetzungen, scheute sich aber vor kühnen und +unwiderruflichen Entschlüssen. Danby war minder fein und beredt, besaß +aber mehr Energie, Entschlossenheit und praktischen Scharfblick.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Devonshire.</span> +<a name = "secVII_51" id = "secVII_51">Mehrere</a> ausgezeichnete Whigs +waren mit Dykvelt in fortwährender Verbindung; aber die Oberhäupter der +großen Häuser Cavendish und Russel konnten keinen so thätigen und +vorwiegenden Antheil an den Unterhandlungen nehmen, als man nach ihrer +Stellung und ihren Ansichten hätte erwarten dürfen. Der Ruhm und das +Glück Devonshire’s wurden im Augenblicke durch eine Wolke verdunkelt. Er +hatte einen beklagenswerthen Streit mit dem Hofe, der nicht aus einer +öffentlichen und ehrenvollen Angelegenheit, sondern aus einem +Privatzwist entsprungen war, in welchem selbst seine wärmsten Freunde +ihn nicht von aller Schuld freisprechen konnten. Als er einmal nach +Whitehall kam, um seine Aufwartung zu machen, war er von einem gewissen +Colepepper insultirt worden, einem jener Raufbolde, welche die +Umgebungen des Hofes unsicher machten und die sich durch Beleidigung von +Mitgliedern der Opposition bei der Regierung in Gunst zu setzen suchten. +Der König selbst äußerte seine Entrüstung über die einem seiner +ausgezeichneten Peers unter dem königlichen Dache widerfahrene +Behandlung und Devonshire wurde durch die Versicherung besänftigt, daß +der Beleidiger den Palast nie wieder betreten solle. Dieses Verbot wurde +jedoch bald wieder aufgehoben und der Groll des Earls erwachte von +neuem. Seine Diener nahmen sich der Sache an und die Straßen von +Westminster wurden durch Händel beunruhigt, die in ein roheres Zeitalter +gehörten. Die Zeit des Geheimen Raths ward durch Anklagen und +Gegenanklagen der streitenden Parteien in Anspruch genommen. +Colepepper’s Frau erklärte: sie und ihr Gatte seien ihres Leben nicht +sicher und ihr Haus sei beständig von Banditen in der Livree der +Cavendish belagert; Devonshire erwiederte, es sei aus Colepepper’s +Fenstern auf ihn geschossen worden. Dies wurde heftig geleugnet. Es +wurde zwar eingeräumt, daß ein blind geladenes Pistol abgefeuert worden +sei, aber dies sei nur in einem Augenblicke des Schreckens geschehen, um +die Wache zu alarmiren. Wahrend diese Fehde ihren Höhepunkt erreicht +hatte, traf der Earl im Empfangzimmer zu Whitehall mit Colepepper +zusammen und er glaubte in den Mienen des Raufboldes triumphirenden +Übermuth zu erkennen. Vor den Augen des Königs geschah nichts +Unziemliches; sobald aber die beiden Gegner das Audienzzimmer verlassen +hatten, machte Devonshire den Vorschlag, den Streit auf der Stelle mit +dem Degen zu entscheiden. Die Herausforderung wurde zurückgewiesen. Da +vergaß der stolze Peer die Achtung, die er dem Orte an dem er sich +befand, und seiner eignen Würde schuldig +<span class = "pagenum">VII.63</span> +<a name = "pageVII_63" id = "pageVII_63"> </a> +war, und schlug Colepepper mit einem Stocke ins Gesicht. Diese Handlung +wurde allgemein als übereilt und unschicklich getadelt und Devonshire +selbst konnte, nachdem sein Blut sich abgekühlt hatte, nicht ohne +Verdruß und Beschämung daran denken. Die Regierung aber verfuhr mit +gewohntem Unverstande so streng gegen ihn, daß das Publikum bald ganz +auf seine Seite trat. Es wurde eine Criminalanklage bei der Kings Bench +anhängig gemacht. Der Angeklagte berief sich auf seine Vorrechte als +Peer des Königsreichs; dieser Punkt aber wurde sogleich zu seinem +Nachtheile entschieden, und es läßt sich auch nicht leugnen, daß diese +Entscheidung, mochte sie den technischen Regeln der englischen +Gesetzgebung entsprechen oder nicht, in vollkommenem Einklange mit den +großen Prinzipien stand, welche die Grundlage jeder Gesetzgebung sein +sollen. Es blieb ihm somit nichts übrig, als sich dem Erkenntnisse zu +unterwerfen. Der Gerichtshof war durch eine Reihe von Entlassungen zu so +vollständigem Gehorsam gebracht worden, daß die Regierung, welche die +Untersuchung eingeleitet hatte, die Strafe selbst vorschreiben konnte. +Die Richter machten Jeffreys <span class = "antiqua">in pleno</span> +ihre Aufwartung und dieser bestand auf der Zuerkennung einer Geldbuße +von dreißigtausend Pfund. Dreißigtausend Pfund waren im Verhältniß zu +den damaligen Einkünften der englischen Großen ungefähr soviel als +hundertfunfzigtausend im neunzehnten Jahrhundert. In Anwesenheit des +Kanzlers wurde kein Wort der Mißbilligung geäußert; als aber die Richter +sich entfernt hatten, bemerkte Sir Johann Powell, in welchem sich das +wenige Rechtsgefühl des ganzen Collegiums concentrirte, daß die +beantragte Strafsumme übermäßig hoch und ein Zehntel derselben vollauf +genug sei. Seine Collegen waren nicht dieser Meinung und er zeigte in +diesem Falle nicht den Muth, durch den er einige Monate später an einem +denkwürdigen Tage seinen Ruf glänzend wiederherstellte. Der Earl wurde +demnach in eine Geldbuße von dreißigtausend Pfund und bis zur Bezahlung +dieses Betrags zu persönlicher Haft verurtheilt. Eine solche Summe +konnte damals auch der reichste Edelmann nicht in einem Tage aufbringen. +Indessen war das Hafturtel leichter gesprochen, als vollzogen. +Devonshire hatte sich nach Chatsworth zurückgezogen, wo er eben damit +beschäftigt war, das alte gothische Stammschloß seiner Familie in ein +Gebäude umzuwandeln, das Palladio’s würdig war. Der Peak war damals ein +fast ebenso unwirthbarer Bezirk als gegenwärtig Connemara, und der +Sheriff erkannte oder behauptete wenigstens, daß es schwer sein dürfte, +den Lord in einer so wilden Gegend und inmitten treu ergebener Diener +und Pächter zu verhaften. Darüber vergingen einige Tage, endlich aber +wurde nicht nur der Earl, sondern auch der Sheriff zur Haft gebracht. +Inzwischen verwendeten sich eine Menge Fürsprecher mit ihrem ganzen +Einflusse. Es hieß die verwittwete Gräfin von Devonshire habe eine +Privataudienz beim Könige erlangt, sie habe ihn daran erinnert, daß ihr +Schwager, der tapfere Karl Cavendish, im Kampfe für die Krone bei +Gainsborough gefallen sei, und ihm schriftliche Empfangsbescheinigungen +von Karl I. und Karl II. über bedeutende Summen vorgelegt, die +ihr Gemahl während der bürgerlichen Unruhen beiden Monarchen geliehen +hatte. Diese Darlehen waren nie zurück gezahlt worden und sollten +angeblich mehr betragen als die ungeheure Geldstrafe, welche die Kings +Bench über den Earl verhängt hatte. Dazu kam noch ein andrer Punkt, der +beim Könige noch mehr Gewicht gehabt zu haben scheint als die Erinnerung +an früher geleistete Dienste. Es konnte nothwendig werden ein +<span class = "pagenum">VII.64</span> +<a name = "pageVII_64" id = "pageVII_64"> </a> +Parlament einzuberufen, und man glaubte, daß Devonshire in diesem Falle +sofort eine Cassationsklage einreichen werde. Der Punkt, auf den er +seine Appellation gegen das Erkenntniß der Kings Bench zu stützen +gedachte, waren seine Privilegien als Peer, und das Tribunal, vor das +die Appellation kommen mußte, war das Haus der Peers. In einem solchen +Falle konnte der Hof nicht einmal auf die Unterstützung der ihm +ergebensten Adeligen mit Gewißheit rechnen. Es stand kaum zu bezweifeln, +daß das Urtel cassirt werde, und daß die Regierung dadurch, daß sie zu +viel haben wollte, Alles verlieren würde. Jakob war daher zu einem +Vergleiche geneigt. Es wurde dem Earl angekündigt, daß, wenn er eine +Schuldverschreibung über die ganze Summe geben und sich des möglichen +Vortheils einer Cassationsklage begeben wolle, er in Freiheit gesetzt +werden solle. Ob er zur Bezahlung der Summe angehalten werden würde oder +nicht, sollte von seinem ferneren Benehmen abhängen. Wenn er das +Dispensationsrecht unterstützte, solle er nicht dafür in Anspruch +genommen werden; trachte er aber nach Popularität, so müsse er die +dreißigtausend Pfund bezahlen. Er weigerte sich eine Zeit lang, auf +diese Bedingungen einzugehen; aber die Haft war ihm unerträglich. Er +stellte die Verschreibung aus und wurde aus den Gefängnis entlassen; +aber obgleich er sich dazu verstand seinem Vermögen diese drückende +Schuldlast aufzubürden, konnte ihn doch nichts zu dem Versprechen +bestimmen, daß er seinen Grundsätzen und seiner Partei untreu werden +wolle. Er wurde nach wie vor in alle Geheimnisse der Opposition +eingeweiht, aber einige Monate lang hielten seine politischen Freunde es +um seiner selbst wie um ihrer Sache willen für gerathen, daß er im +Hintergrunde blieb.<a class = "tag" name = "tagVII_63" id = "tagVII_63" +href = "#noteVII_63">63</a></p> + +<p class = "footnote"> +<a name = "noteVII_63" id = "noteVII_63" href = "#tagVII_63">63.</a> +Kennet’s Grabrede auf den Herzog von Devonshire und Memoiren der Familie +Cavendish; <span class = "antiqua">Collection of State Trials</span>; +<span class = "antiqua">Privy Council Book, March 5. 1685/6</span>; +Barillon, 30. Juni (10. Juli) 1687.; Johnstone, 8.(18.) Dec. 1687.; +<span class = "antiqua">Lords’ Journals May 6. 1689</span>. <span class += "antiqua">„Ses amis et ses proches,“</span> sagt Barillon, <span class += "antiqua">„lui conseillent de prendre le bon parti, mais il persiste +jusqu’à présent à ne se point soumettre. S’il vouloit se bien conduire +et renoncer à être populaire, il ne payeroit pas l’amende, mais s’il +opiniâtre, il lui en coutera trente mille pièces, et il demeurera +prisonnier <ins class = "correction" title = "Original hat »j’usqu’à«">jusq’à</ins> l’actuel payement.“</span></p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Eduard Russell.</span> +<a name = "secVII_52" id = "secVII_52">Der</a> Earl von Bedford hatte +sich von dem harten Schlage, der ihm vor vier Jahren fast das Herz +gebrochen, nie wieder erholen können. Seine persönlichen wie auch seine +öffentlichen Gefühle machten ihn zum Gegner des Hofes; aber an der +Verabredung von Maßregeln gegen denselben nahm er keinen thätigen +Antheil. Seine Stelle in den Versammlungen der Mißvergnügten vertrat +sein Neffe. Dies war der berühmte Eduard Russell, ein Mann von +unbezweifeltem Muth und Talent, aber von lockeren Grundsätzen und +ruhelosem Geiste. Er war Seemann, hatte sich in seinem Berufe +ausgezeichnet und hatte unter der vorigen Regierung ein Hofamt +bekleidet; aber durch den Tod seines Vetters Wilhelm Russell waren alle +Bande, die ihn an den Hof ketteten, zerrissen worden. Der verwegene, +unruhige und racheschnaubende Seemann saß jetzt in den von dem +holländischen Gesandten berufenen Versammlungen als Vertreter des +kühnsten und heftigsten Theiles der Opposition, der Männer, welche unter +den Namen Rundköpfe, Exclusionisten und Whigs einen +fünfundvierzigjährigen Kampf gegen drei aufeinanderfolgende Könige mit +wechselndem Glück unterhalten hatten. Diese Partei, welche vor Kurzem +niedergeworfen und fast vernichtet gewesen war, +<span class = "pagenum">VII.65</span> +<a name = "pageVII_65" id = "pageVII_65"> </a> +sich jetzt aber mit voller Lebenskraft rasch zu Ansehen und Einfluß +erhob, wurde durch keine von den Bedenklichkeiten behindert, welche die +Bewegungen der Tories und der Trimmers noch immer hemmten, und war +bereit, das Schwert gegen den Tyrannen zu ziehen, sobald es mit +gegründeter Aussicht auf den Sieg gezogen werden konnte.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Compton. — Herbert. — Churchill.</span> +<a name = "secVII_53" id = "secVII_53">Drei</a> Männer sind noch zu +erwähnen, mit denen Dykvelt in vertrauter Verbindung stand und mit deren +Hülfe er sich die Mitwirkung von drei großen Ständen zu sichern hoffte. +Bischof Compton war der Agent, der die Geistlichkeit zu bearbeiten +hatte, Admiral Herbert übernahm es, seinen ganzen Einfluß bei der Flotte +zu verwenden und durch Churchill suchte man die Armee zu gewinnen.</p> + +<p>Das Benehmen Compton’s und Herbert’s bedarf keiner Erklärung. Nachdem +sie der Krone in allen weltlichen Dingen mit Treue und Eifer gedient, +hatten sie sich durch ihre Weigerung, als Werkzeuge der Zerstörung ihrer +eignen Religion zu dienen, das Mißfallen des Königs zugezogen. Beiden +hatte die Erfahrung gelehrt, wie bald Jakob eingegangene Verpflichtungen +vergaß und mit welchem bitteren Groll er sich dessen erinnerte, was er +als Beleidigung anzusehen für gut fand. Der Bischof war durch einen +ungesetzlichen Richterspruch seiner bischöflichen Functionen enthoben, +der Admiral in einer Stunde aus Reichthum in Armuth gestürzt worden. +Ganz anders war die Lage Churchill’s. Er war durch königliche Gunst aus +der Dunkelheit zu hohem Ansehen, aus der Dürftigkeit zum Reichthum +erhoben worden. Als armer Fähndrich hatte er seine Laufbahn begonnen und +jetzt war er, in seinem siebenunddreißigsten Jahre, Generalmajor, Peer +von Schottland und Peer von England, befehligte eine Abtheilung der +Leibgarde, bekleidete mehrere ehrenvolle und einträgliche Stellen und +bis jetzt verrieth noch nichts, daß er den geringsten Theil von der +Gunst verloren hatte, der er so viel verdankte. Er war nicht nur durch +die allgemeine Pflicht der Unterthanentreue, sondern auch durch +militairische Ehren, durch persönliche Dankbarkeit und, wie es +oberflächlichen Beobachtern schien, durch die stärksten Bande des +Interesses an Jakob gebunden. Aber Churchill selbst war kein +oberflächlicher Beobachter, er wußte genau, worin sein wirkliches +Interesse bestand. Er war überzeugt, daß, wenn sein Gebieter einmal +volle Freiheit erhielt Papisten anzustellen, er nicht einen einzigen +Protestanten mehr anstellen würde. Eine Zeit lang wurden vielleicht +einige hochbegünstigte Diener der Krone noch von der allgemeinen +Proscription ausgenommen, in der Hoffnung, daß sie sich dadurch +bestimmen ließen, ihren Glauben zu wechseln, aber selbst diese mußten +nach einer kurzen Frist Einer nach dem Andren fallen, wie Rochester +schon gefallen war. Churchill konnte sich allerdings durch Übertritt zur +katholischen Kirche gegen diese Gefahr sicher stellen und noch höher in +der königlichen Gunst steigen; auch hätte man glauben können, daß ein +Mann, der sich eben so sehr durch Habsucht und Characterlosigkeit, wie +durch Talent und Tapferkeit auszeichnete, schwerlich an dem Gedanken, +eine Messe anhören zu müssen, Anstoß nehmen würde. Aber die menschliche +Natur ist so reich an Widersprüchen, daß selbst abgestumpfte Gewissen +eine empfindliche Stelle haben. So hatte dieser Mann, der seine Erhebung +der Schande seiner Schwester verdankte, der von der +verschwenderischesten, herrschsüchtigsten und schamlosesten Buhlerin +unterhalten worden war und dessen öffentliches Leben +<span class = "pagenum">VII.66</span> +<a name = "pageVII_66" id = "pageVII_66"> </a> +Jedem, der mit unbefangenem Blicke den schimmernden Glanz des Genies und +des Ruhms zu durchdringen vermag, als ein Abgrund von Schändlichkeit +erscheinen muß, einen blinden Glauben an die Religion, die ihm als Kind +eingelernt worden war, und schauderte bei dem Gedanken, sie förmlich +abzuschwören. Es stand ihm eine furchtbare Alternative bevor. Das +irdische Übel, das er am meisten fürchtete, war die Armuth, das einzige +Verbrechen, vor dem sein Herz zurückbebte, war der Glaubensabfall, und +wenn die Pläne des Hofes gelangen, konnte er nicht zweifeln, daß er bald +zwischen Armuth und Abfall wählen mußte. Daher entschloß er sich, diese +Pläne zu durchkreuzen, und es zeigte sich bald, daß er bereit war, jede +Schuld und jede Schmach auf sich zu laden, wenn er nur der +Nothwendigkeit entging, entweder seine Stellen oder seine Religion +aufgeben zu müssen.<a class = "tag" name = "tagVII_64" id = "tagVII_64" +href = "#noteVII_64">64</a></p> + +<p class = "footnote"> +<a name = "noteVII_64" id = "noteVII_64" href = "#tagVII_64">64.</a> +Der Beweggrund, welcher das Verfahren der Churchill bestimmte, ist kurz +und bündig in <span class = "antiqua">The Duchess of Marlborough’s +Vindication</span> dargelegt. „Jedermann erkannte deutlich,“ sagt sie, +„daß bei dem Systeme, das König Jakob angenommen hatte, Jeder der nicht +Katholik werden wollte, früher oder später zu Grunde gehen mußte. Diese +Überzeugung ließ mich das Unternehmen des Prinzen von Oranien, uns aus +solcher Knechtschaft zu erlösen, mit Wohlgefallen betrachten.“</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Lady Churchill und die Prinzessin Anna.</span> +<a name = "secVII_54" id = "secVII_54">Nicht</a> bloß als militairischer +Befehlshaber von hohem Range und ausgezeichnetem Geschick und Muth +konnte Churchill der Opposition Dienste leisten. Es war für das Gelingen +der Pläne Wilhelm’s wenn nicht absolut nothwendig, doch höchst wichtig, +daß seine Schwägerin, welche nach der englischen Thronfolgeordnung +zwischen ihm und seiner Gemahlin stand, in vollkommener Übereinstimmung +mit ihm handelte. Alle ihm entgegenstehenden Schwierigkeiten würden +bedeutend vergrößert worden sein, wenn Anna sich günstig für die +Indulgenz ausgesprochen hätte. Auf welche Seite sie treten würde, hing +von dem Willen Anderer ab, denn ihr Verstand war träge, und obgleich in +ihrem Character ein erblicher Eigenwille und Starrsinn verborgen lag, +welche viele Jahre später durch große Macht und heftige Provocationen +zum Vorschein gebracht wurden, so war sie doch zur Zeit die willige +Sklavin einer Frau von viel lebhafterem und herrschsüchtigerem Character +als der ihrige war. Diese Frau, welche sie völlig beherrschte, war +Churchill’s Gattin, ein Weib, die nachmals auf die Geschicke England’s +und Europa’s einen großen Einfluß ausübte.</p> + +<p>Der Name dieser berühmten Günstlingin war Sara Jennings. Ihre ältere +Schwester Franziska hatte sich durch Schönheit und Leichtfertigkeit +selbst unter der Masse von schönen Gesichtern und leichtfertigen +Characteren ausgezeichnet, welche Whitehall während des wilden Carnevals +der Restauration zierten und schändeten. Einmal verkleidete sie sich als +Apfelsinenmädchen und rief in den Straßen ihre Früchte aus.<a class = +"tag" name = "tagVII_65" id = "tagVII_65" href = "#noteVII_65">65</a> +Gesetzte Leute meinten, daß ein Mädchen von so wenig Takt- und +Schicklichkeitsgefühl nicht leicht einen Gatten finden werde. Sie war +indessen zweimal verheirathet und jetzt die Gattin Tyrconnel’s. Sara war +nicht so regelmäßig schön als ihre Schwester, aber vielleicht noch +anziehender. Ihr Gesicht war ausdrucksvoll, ihre Gestalt entbehrte +keines weiblichen Reizes, und die Fülle ihrer schönen Haare, welche noch +nicht nach der barbarischen Mode, deren Einführung sie noch erlebte, +durch Puder verunziert waren, erfüllten ihre zahlreichen Bewunderer mit +Entzücken. Von den Freiern, +<span class = "pagenum">VII.67</span> +<a name = "pageVII_67" id = "pageVII_67"> </a> +die sich um ihre Hand bewarben, erhielt der junge, schöne, +liebenswürdige, einschmeichelnde, beredte und tapfere Oberst Churchill +den Vorzug. Er mußte sie wirklich lieben, denn außer der Leibrente, die +er sich für den von der Herzogin von Cleveland erhaltenen schmachvollen +Lohn gekauft hatte, besaß er wenig Vermögen, war unersättlich in seiner +Gier nach Schätzen, Sara war arm, und es war ihm ein einfaches Mädchen +mit einem großen Vermögen angetragen worden. Nach einem kurzen Kampfe +trug die Liebe den Sieg über die Habsucht davon, die Ehe verstärkte nur +noch seine Leidenschaft, und Sara genoß bis zum letzten Augenblicke +seines Lebens das Vergnügen und die Auszeichnung, das einzige +menschliche Wesen zu sein, das im Stande war, diesen weitsehenden und +sicheren Blick auf sich zu fesseln, das von diesem kalten Herzen heiß +geliebt und von diesem unerschrockenen Geiste knechtisch gefürchtet +wurde.</p> + +<p>Im weltlichen Sinne ward Churchill’s treue Liebe reich belohnt. Bei +aller Dürftigkeit brachte seine Braut ihm doch ein Heirathsgut zu, das +klug verwendet ihn endlich zum englischen Herzog, zum deutschen +Reichsfürsten, zum Oberfeldherrn einer großen Coalition, zum +Schiedsrichter zwischen mächtigen Fürsten und was in seinen Augen noch +viel mehr werth war, zum reichsten Privatmann von ganz Europa machte. +Sie war von früher Kindheit an mit der Prinzessin Anna aufgewachsen und +es hatte sich eine innige Freundschaft zwischen den beiden Mädchen +gebildet. Im Character glichen sie einander nur wenig. Anna war +phlegmatisch und schweigsam. Gegen Diejenigen, die sie liebte, war sie +sanft; ihr Zorn äußerte sich nur durch ein mürrisches Schmollen. Sie +hatte einen starken religiösen Sinn und war den Gebräuchen und der +Verfassung der anglikanischen Kirche mit wahrer Bigotterie zugethan. +Sara war lebhaft und redselig, dominirte selbst Diejenigen, die sie am +meisten liebte, und wenn sie gekränkt wurde, äußerte sich ihre Wuth +durch Thränen und heftige Vorwürfe. Auf Frömmigkeit machte sie keinen +Anspruch, ja sie entging sogar kaum der Beschuldigung der +Irreligiosität. Sie war jetzt noch nicht das was sie später wurde, +nachdem das Glück <em>eine</em> Klasse von Fehlern, das Unglück eine +andre vollkommen entwickelt, als Siege und Huldigungen ihr den Kopf +verrückt und Mißgeschick und Kränkungen ihren Character verbittert +hatten. Sie wurde in ihren späteren Lebensjahren das verächtlichste und +erbärmlichste Geschöpf: ein altes Weib, die in beständigem Hader lebte +mit ihrem ganzen Geschlecht, mit ihren eigenen Kindern und Enkeln, zwar +vornehm und reich, aber Vornehmheit und Reichthum hauptsächlich nur +deshalb schätzend, weil dieselben sie in den Stand setzten, der +öffentlichen Meinung Hohn zu sprechen und rückhaltlos ihrem Hasse gegen +Lebende und Todte zu fröhnen. Unter der Regierung Jakob’s II. galt +sie für nichts Schlimmeres als eine schöne, stolze junge Frau, die wohl +zuweilen launenhaft und eigensinnig sein konnte, der man aber in +Berücksichtigung ihrer Reize ihre Launen gern verzieh.</p> + +<p>Es ist eine sehr gewöhnliche Erscheinung, daß Verschiedenheit der +Neigungen und Geistesfähigkeiten keine Hindernisse der Freundschaft sind +und daß gerade zwei Herzen, die sich gegenseitig ergänzen, das Band der +innigsten Zuneigung umschlingt. Lady Churchill wurde von der Prinzessin +Anna geliebt, ja fast angebetet. Die Prinzessin konnte ohne den +Gegenstand ihrer romanhaften Zärtlichkeit nicht leben. Sie vermählte +sich und wurde eine treue, sogar liebevolle Gattin; aber Prinz Georg, +ein beschränkter Mann, dessen Hauptgenüsse die Freuden der Tafel und der +<span class = "pagenum">VII.68</span> +<a name = "pageVII_68" id = "pageVII_68"> </a> +Flasche waren, erlangte keinen Einfluß auf sie, der sich mit dem ihrer +Freundin vergleichen ließ, und gab sich bald mit stupider Geduld der +Herrschaft des heftigen und gebieterischen Geistes hin, von dem seine +Gemahlin sich leiten ließ. Das königliche Paar bekam Kinder und Anna +entbehrte keineswegs der Gefühle einer Mutter; aber die Liebe zu ihren +Kindern war lau im Vergleich mit ihrer hingebenden Zärtlichkeit für ihre +Jugendfreundin. Endlich wurde die Prinzessin des Zwanges müde, den die +Etikette ihr auferlegte, es war ihr unerträglich, die Worte Madame und +Königliche Hoheit aus dem Munde einer Frau zu hören, die ihr mehr war +als eine Schwester. In der Gallerie und im Empfangzimmer waren diese +Worte nicht zu umgehen, aber im Boudoir wurden sie abgeschafft. Hier +hieß Anna Mrs. Morley, Lady Churchill Mrs. Freeman, und unter diesen +kindlichen Namen bestand zwanzig Jahre hindurch ein intimer Verkehr +zwischen den beiden Freundinnen, von dem schließlich das Schicksal von +Regierungen und Dynastien abhing. Bis jetzt hatte jedoch Anna noch keine +politische Macht und nur geringen persönlichen Einfluß. Ihre Freundin +bekleidete in ihrem Hausstaate das Amt der ersten Kammerdame mit nur +vierhundert Pfund Sterling Gehalt. Gleichwohl hat man Grund zu glauben, +daß es Churchill schon zu dieser Zeit möglich war, seine vorherrschende +Leidenschaft durch den Einfluß seiner Gattin zu befriedigen. Obgleich +die Prinzessin ein hohes Einkommen hatte und sehr einfach lebte, so +machte sie doch Schulden, die ihr Vater mit einigem Unwillen bezahlte, +und man sagte, daß der Grund ihrer finanziellen Verlegenheiten in ihrer +verschwenderischen Freigebigkeit gegen ihren Liebling zu suchen sei.<a +class = "tag" name = "tagVII_66" id = "tagVII_66" href = +"#noteVII_66">66</a></p> + +<p>Endlich war die Zeit gekommen, wo diese sonderbare Freundschaft einen +großen Einfluß auf die öffentlichen Angelegenheiten ausüben sollte. Man +war äußerst gespannt darauf, welche Rolle Anna in dem Kampfe, der +England erschütterte, spielen werde. Auf der einen Seite stand die +Kindespflicht, auf der andren die Interessen der Religion, der sie +aufrichtig zugethan war. Ein minder phlegmatischer Character würde +zwischen so starken und wichtigen Beweggründen, die ihn nach +entgegengesetzten Richtungen hinzogen, gewiß lange geschwankt haben. Der +Einfluß der Churchill aber entschied die Frage und ihre Gönnerin wurde +ein wichtiges Mitglied des umfassenden Bundes, dessen Oberhaupt der +Prinz von Oranien war.</p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVII_65" id = "noteVII_65" href = "#tagVII_65">65.</a> +<span class = "antiqua">Mémoires de Grammont</span>; <span class = +"antiqua">Pepys’s Diary, Feb. 21. 1684/5.</span></p> + +<p><a name = "noteVII_66" id = "noteVII_66" href = "#tagVII_66">66.</a> +Es würde mich zu weit führen, wollte ich alle die Werke aufzählen, aus +denen ich mein Urtheil über den Character der Herzogin geschöpft habe. +Meine Hauptquellen sind ihre eigenen Briefe, ihre „Rechtfertigung“ und +die Entgegnungen, welche diese veranlaßte.</p> +</div> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Dykvelt kehrt mit Briefen von vielen angesehenen Engländern nach dem +Haag zurück.</span> +<a name = "secVII_55" id = "secVII_55">Im</a> Juni 1687 kehrte Dykvelt +nach dem Haag zurück. Er überreichte den Generalstaaten ein königliches +Schreiben voll Lobeserhebungen über sein Benehmen während seines +Aufenthalts in London. Diese Lobeserhebungen waren jedoch nur eine +Formalität. In Privatmittheilungen von seiner eigenen Hand beschwerte +Jakob sich bitter darüber, daß der Gesandte einen so vertrauten Umgang +mit den heftigsten Oppositionsmännern seines Reiches gepflogen und sie +in allen ihren Umsturzplänen bestärkt habe. Außerdem brachte Dykvelt +auch eine Anzahl Briefe von den ausgezeichnetsten derjenigen +<span class = "pagenum">VII.69</span> +<a name = "pageVII_69" id = "pageVII_69"> </a> +Männer mit, mit denen er sich während seines Aufenthalts in London +berathen hatte. Die Schreiber dieser Briefe versicherten den Prinzen +allgemein ihrer unbegrenzten Verehrung und Hingebung und verwiesen ihn +wegen der näheren Darlegung ihrer Ansichten an den Überbringer. Halifax +erörterte den Zustand und die Aussichten des Landes mit gewohnter +Schärfe und Lebendigkeit, hütete sich aber sorgfältig, für irgend ein +gefährliches Verfahren die Verantwortung zu übernehmen. Danby schrieb in +einem kühneren und entschlosseneren Tone und konnte sich nicht +enthalten, über die Besorgnisse und Bedenklichkeiten seines genialen +Nebenbuhlers zu spötteln. Der interessanteste Brief aber war der von +Churchill. Er war mit der natürlichen Beredtsamkeit, an der es ihm trotz +seines Mangels an höherer Bildung bei wichtigen Anlässen nie fehlte, und +mit einem Anstrich von Hochherzigkeit geschrieben, den er sich, so +perfid er auch war, mit seltener Geschicklichkeit zu geben verstand. Die +Prinzessin Anna, sagte er, habe ihm befohlen, ihre erlauchten Verwandten +im Haag zu versichern, daß sie mit Gottes Hülfe fest entschlossen sei, +eher ihr Leben zu lassen, als sich eines Glaubensabfalls schuldig zu +machen. Was seine Person betreffe, so lege er auf seine Stellen und auf +die königliche Gunst einen weit geringeren Werth als auf seine Religion. +Er schloß mit der hochtrabenden Erklärung, daß man ihn, obgleich er +keinen Anspruch darauf mache, wie ein Heiliger gelebt zu haben, doch +vorkommenden Falls bereit finden werde, den Märtyrertod zu sterben.<a +class = "tag" name = "tagVII_67" id = "tagVII_67" href = +"#noteVII_67">67</a></p> + +<p class = "footnote"> +<a name = "noteVII_67" id = "noteVII_67" href = "#tagVII_67">67.</a> +Das Formalitätsschreiben, welches Dykvelt den Generalstaaten +überbrachte, befindet sich in den Archiven des Haags. Die anderen in +diesem Paragraphen erwähnten Briefe giebt Dalrymple im Anhange zu Buch +<span class = "antiqua">V.</span></p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Zulestein’s Sendung.</span> +<a name = "secVII_56" id = "secVII_56">Dykvelt</a>’s Sendung hatte einen +so glänzenden Erfolg gehabt, daß bald ein neuer Vorwand gefunden war, um +einen andren Agenten abzusenden, der das so glücklich begonnene Werk +fortsetzen sollte. Der neue Gesandte, nachmals der Gründer eines jetzt +erloschenen englischen Adelshauses, war ein illegitimer leiblicher +Vetter Wilhelm’s und führte einen der Herrschaft Zulestein entlehnten +Namen. Seine Verwandtschaft mit dem Hause Oranien gab Zulestein in den +Augen des Publikums ein bedeutendes Ansehen. Sein Benehmen war das eines +tapferen Soldaten. In diplomatischen Talenten und Kenntnissen stand er +Dykvelt weit nach, aber gerade diese Inferiorität hatte ihre Vortheile. +Ein Militair, der sich anscheinend nie um die Politik gekümmert hatte, +konnte ohne Verdacht zu erregen mit der englischen Aristokratie einen +Verkehr unterhalten, der mit argwöhnischem Auge bewacht worden sein +würde, wenn er ein bekannter Meister in der Staatskunst gewesen wäre. +Nach kurzer Abwesenheit kehrte Zulestein mit nicht minder wichtigen +Briefen und mündlichen Botschaften, als die welche seinem Vorgänger +anvertraut worden waren, in sein Vaterland zurück. Von diesem +Augenblicke an trat der Prinz mit der Opposition in einen regelmäßigen +Briefwechsel. Geschäftsträger verschiedenen Ranges reisten beständig +zwischen der Themse und dem Haag hin und her. Der nützlichste von diesen +war ein Schotte von einigem Talent und großer Thätigkeit, Namens <ins +class = "correction" title = "Original hat »Johnestone«">Johnstone</ins>. Er war Burnet’s Vetter und der Sohn eines +angesehenen Covenanters, der bald nach der Restauration wegen +Hochverraths hingerichtet worden war und von seiner Partei als Märtyrer +verehrt wurde.</p> +<span class = "pagenum">VII.70</span> +<a name = "pageVII_70" id = "pageVII_70"> </a> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Zunehmende Feindschaft zwischen Jakob und Wilhelm.</span> +<a name = "secVII_57" id = "secVII_57">Die</a> Entfremdung zwischen dem +Könige von England und dem Prinzen von Oranien wurde mit jedem Tage +vollkommener. Es hatte sich ein ernsthafter Streit in Betreff der sechs +britischen Regimenter erhoben, welche im Solde der Vereinigten Provinzen +standen. Der König wollte diese Regimenter unter das Commando +römisch-katholischer Offiziere stellen, und der Prinz widersetzte sich +diesem Ansinnen entschieden. Der König nahm seine Zuflucht zu seinen +Lieblingsgemeinplätzen von der Duldung; der Prinz erwiederte daß er nur +das Beispiel Seiner Majestät nachahme. Es sei notorisch erwiesen, daß +loyale und tüchtige Männer in England lediglich deshalb, weil sie +Protestanten waren, aus dem Staatsdienste entlassen worden seien, und +dies berechtige den Statthalter und die Generalstaaten doch gewiß dazu, +die Papisten von hohen öffentlichen Ämtern auszuschließen. Diese Antwort +erbitterte Jakob dermaßen, daß er in seiner Wuth die Wahrhaftigkeit und +den gesunden Verstand völlig aus den Augen verlor. Es sei nicht wahr, +behauptete er mit Heftigkeit, daß er irgend Jemanden jemals aus +religiösen Gründen abgesetzt habe. Und wenn er es wirklich gethan hätte, +was ginge es dann dem Prinzen oder die Generalstaaten an? Wären sie etwa +seine Herren? wären sie befugt, sich zu Richtern über die Handlungen +fremder Fürsten aufzuwerfen? Von jetzt an wünschte er seine in +holländischen Diensten stehenden Unterthanen zurückzuberufen, denn er +glaubte durch diese Maßregel sich selbst zu verstärken und seine +schlimmsten Feinde zu schwächen. Es traten ihm jedoch finanzielle +Schwierigkeiten entgegen, die er unmöglich übersehen konnte. Die Zahl +der bereits von ihm unterhaltenen Truppen war schon so groß, als es +seine Einkünfte nur irgend zuließen, obgleich dieselben die aller seiner +Vorgänger weit überstiegen und mit großer Sparsamkeit verwaltet wurden. +Wenn aber die jetzt in Holland stehenden Bataillone noch zu dem +vorhandenen Etat kamen, so war die Staatskasse bankerott. Vielleicht +ließ Ludwig sich bewegen, sie in seinen Dienst zu nehmen. In diesem +Falle wurden sie aus einem Lande entfernt, wo sie dem verderblichen +Einflusse einer republikanischen Regierung und einer calvinistischen +Kirchenverfassung ausgesetzt waren, und kamen in ein Land, wo Niemand +die Autorität des Monarchen und die Lehren der wahren Kirche zu +bestreiten wagte. Die Soldaten würden dann bald alle politische und +religiöse Ketzerei wieder verlernen, ihr Landesfürst konnte zu jeder +Zeit binnen kurzer Frist über ihre Hülfe verfügen und sich unter allen +Umständen auf ihre Treue verlassen.</p> + +<p>Es wurden zwischen Whitehall und Versailles Unterhandlungen in dieser +Angelegenheit eröffnet. Ludwig hatte soviel Soldaten als er brauchte, +und wäre es auch anders gewesen, so würde er dennoch keine Lust gehabt +haben, englische Truppen in Dienst zu nehmen, da der englische Sold, so +niedrig er unsrer Generation erscheinen muß, doch viel höher war als der +französische. Auf der andren Seite aber hätte er Wilhelm sehr gern um +eine so schöne Brigade geschwächt. Nach einer mehrwöchentlichen +Correspondenz wurde Barillon zu der Erklärung ermächtigt, daß, wenn +Jakob die britischen Truppen aus Holland zurückriefe, Ludwig die +Unterhaltungskosten für zweitausend Mann in England übernehmen wolle. +Jakob nahm dieses Anerbieten mit dem wärmsten Danke an. In Folge des +getroffenen Arrangements ersuchte er die Generalstaaten um Rücksendung +der sechs Regimenter. Die Generalstaaten aber, welche Wilhelm ganz nach +seinem Willen leitete, antworteten, daß ein solches Verlangen unter den +obwaltenden +<span class = "pagenum">VII.71</span> +<a name = "pageVII_71" id = "pageVII_71"> </a> +Umständen durch die bestehenden Verträge nicht gerechtfertigt werde, und +weigerten sich entschieden, demselben zu entsprechen. Es ist +bemerkenswerth, daß Amsterdam, welches für Zurückhaltung dieser Truppen +in Holland gestimmt hatte, als Jakob ihrer gegen die Insurgenten im +Westen bedurfte, jetzt heftig für die Erfüllung seines Verlangens +stritt. In beiden Fällen beabsichtigten die Behörden dieser großen Stadt +nichts weiter, als dem Prinzen von Oranien zu opponiren.<a class = "tag" +name = "tagVII_68" id = "tagVII_68" href = "#noteVII_68">68</a></p> + +<p class = "footnote"> +<a name = "noteVII_68" id = "noteVII_68" href = "#tagVII_68">68.</a> +Sunderland an Wilhelm, 24. Aug. 1686; Wilhelm an Sunderland, 2.(12.) +Sept. 1686; Barillon, 6.(16.) Mai, 26. Mai (5. Juni), 3.(13.) Oct., 28. +Nov. (8. Dec.) 1687; Ludwig an Barillon, 14.(24.) Oct. 1687; Memorial +von Albeville, 15.(25.) Dec. 1687; Jakob an Wilhelm, 17. Jan., 16. Feb., +2. u. 13. März 1688: Avaux, 1.(11.), 6.(16.), 8.(18.) März, 22. März (1. +April) 1688.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Einfluß der holländischen Presse.</span> +<a name = "secVII_58" id = "secVII_58">Die</a> holländischen Waffen +waren jedoch für Jakob kaum so gefährlich als die holländische Presse. +Fast täglich erschienen im Haag englische Bücher und Flugschriften gegen +die Regierung, und keine Wachsamkeit konnte es verhindern, daß viele +Tausende von Exemplaren in die an der Nordsee gelegenen Grafschaften +eingeschmuggelt wurden. Unter diesen Schriften zeichnete sich besonders +eine durch ihre Wichtigkeit und durch den Eindruck, den sie machte, aus. +Jedermann, der mit den öffentlichen Angelegenheiten vertraut war, kannte +die Ansicht des Prinzen und der Prinzessin von Oranien in Betreff der +Indulgenz; da aber keine officielle Erklärung dieser Ansicht erschienen +war, so wurden Viele, denen gute Privatquellen nicht zugänglich waren, +durch die Zuversicht, mit der die Anhänger des Hofes behaupteten, daß +Ihre Hoheiten die letzten Maßregeln des Hofes billigten, getäuscht oder +verwirrt gemacht. Es würde ein sehr einfacher und naheliegender Weg +gewesen sein, diese Behauptungen öffentlich zu widerlegen, wenn Wilhelm +keinen andren Zweck gehabt hätte, als seinen Einfluß in England zu +befestigen. Allein er betrachtete England hauptsächlich als das zur +Ausführung seines großen europäischen Planes nöthige Werkzeug. Er hoffte +für diesen Plan die Mitwirkung der beiden Linien des Hauses Österreich, +der italienischen Fürsten und selbst des Papstes zu gewinnen, und er +hatte Grund zu der Befürchtung, daß jede die britischen Protestanten +befriedigende Erklärung in Madrid, Wien, Turin und Rom Besorgniß und +Unwillen erregen könnte. Deshalb enthielt sich der Prinz lange jeder +officiellen Äußerung seiner Gesinnungen. Endlich aber wurde er darauf +aufmerksam gemacht, daß sein beharrliches Stillschweigen unter den ihm +Wohlwollenden viel Besorgniß und Mißtrauen erweckt habe und daß es hohe +Zeit sei, sich offen auszusprechen. Er beschloß daher, sich zu +erklären.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Stewart’s und Fagel’s Correspondenz.</span> +<a name = "secVII_59" id = "secVII_59">Ein</a> schottischer Whig, Namens +Jakob Stewart, war vor einigen Jahren nach Holland geflüchtet, um dem +spanischen Stiefel und dem Galgen zu entgehen, und er war mit dem +Großpensionär Fagel befreundet worden, der das Vertrauen und die Gunst +des Statthalters in hohem Grade besaß. Stewart war der Verfasser des +heftigen und gehässigen Manifestes von Argyle. Als die Indulgenz +erschien, erkannte Stewart, daß sich ihm die Gelegenheit darbot, nicht +nur Begnadigung, sondern noch obendrein eine Belohnung zu erlangen. Er +bot der Regierung, deren Feind er gewesen war, seine Dienste an, diese +wurden angenommen und er schrieb an Fagel einen Brief, zu dem er +angeblich von Jakob selbst beauftragt war. In diesem +<span class = "pagenum">VII.72</span> +<a name = "pageVII_72" id = "pageVII_72"> </a> +Briefe wurde der Großpensionär dringend aufgefordert, seinen ganzen +Einfluß bei dem Prinzen und der Prinzessin aufzubieten, um sie zur +Unterstützung der Politik ihres Vaters zu bewegen. Nach einiger Zeit +schickte Fagel eine tief durchdachte und ausgezeichnet geschriebene +Erwiederung ein. Wer dieses interessante Dokument liest, muß bemerken, +daß es zwar in einer Weise abgefaßt ist, welche geeignet war, die +englischen Protestanten zu beruhigen und ihnen zu gefallen, dennoch aber +kein Wort enthält, das selbst dem Vatikan Anstoß hätte geben können. Es +war darin gesagt, daß Wilhelm und Marie mit Vergnügen zur Abschaffung +jedes Gesetzes mitwirken würden, welches über irgend einen Engländer +seiner religiösen Überzeugung wegen Strafe verhänge. Aber zwischen +Strafen und Ausschließungen war ein Unterschied gemacht. Katholiken zu +Staatsämtern zuzulassen, könne nach der Ansicht Ihrer Hoheiten weder im +allgemeinen Interesse Englands, noch im Interesse der Katholiken selbst +liegen. Dieses Manifest wurde in mehrere Sprachen übersetzt und war auf +dem Continent weit verbreitet. Von der durch Burnet besorgten englischen +Ausgabe wurden nahe an funfzigtausend Exemplare in die östlichen +Grafschaften eingeführt und rasch über das ganze Land verbreitet. Nie +hat eine Staatsschrift einen vollständigeren Erfolg gehabt. Die +Protestanten unsrer Insel priesen die männliche Entschiedenheit, mit der +Wilhelm erklärte, daß er es nicht gutheißen könne, die Papisten Antheil +an der Regierung nehmen zu lassen. Den katholischen Fürsten auf der +andren Seite gefiel der milde und gemäßigte Ton, in welchem diese +Erklärung gehalten war, sowie die ihnen eröffnete Aussicht, daß unter +seiner Regierung kein Mitglied ihrer Kirche um seines Glaubens willen +belästigt werden würde.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Castelmaine’s Gesandtschaft in Rom.</span> +<a name = "secVII_60" id = "secVII_60">Es</a> ist wahrscheinlich, daß +der Papst selbst einer von Denen war, die den berühmten Brief mit +Vergnügen lasen. Einige Monate zuvor hatte er Castelmaine auf eine Art +entlassen, welche wenig Rücksicht auf die Gesinnungen des Königs zeigte. +Innocenz war mit der ganzen inneren und äußeren Politik der englischen +Regierung durchaus nicht zufrieden. Er sah, daß die ungerechten und +unklugen Maßregeln der jesuitischen Cabale viel eher dazu beitrugen, das +Fortbestehen der Strafgesetze als die Abschaffung des Testes zu +bewirken. Sein Streit mit dem Hofe von Versailles wurde mit jedem Tage +ernsthafter, und er konnte weder als weltlicher Fürst, noch als +Oberhaupt der katholischen Kirche für einen Vasallen dieses Hofes eine +herzliche Freundschaft fühlen. Castelmaine war nicht geeignet, diesen +Widerwillen zu beseitigen. Er kannte zwar für einen Laien Rom ziemlich +gut und war auch in der theologischen Polemik gründlich bewandert,<a +class = "tag" name = "tagVII_69" id = "tagVII_69" href = +"#noteVII_69">69</a> besaß aber durchaus nicht das Geschick, welches +sein Posten erforderte, und wenn er auch der talentvollste Diplomat +gewesen wäre, so würde doch ein Umstand ihn für die besondere Mission, +mit der er betraut war, untauglich gemacht haben. Er war in ganz Europa +als der Gatte des schamlosesten Weibes bekannt, und als weiter nichts. +Man konnte unmöglich mit ihm oder von ihm sprechen, ohne daran zu +denken, wie er zu dem Titel gekommen war, bei dem er genannt wurde. +Dieser Umstand würde wenig auf sich gehabt haben, wenn er an einem +sittenlosen Hofe accreditirt gewesen wäre, wie zum Beispiel bei dem, an +welchem unlängst die Herzogin +<span class = "pagenum">VII.73</span> +<a name = "pageVII_73" id = "pageVII_73"> </a> +von Montespan das Regiment geführt hatte. Aber es war offenbar ein +grober Mißgriff, ihn mit einem Auftrage mehr geistlichen als weltlichen +Characters an einen Papst von patriarchalischer Sittenstrenge zu senden. +Die Protestanten von ganz Europa spöttelten darüber, und Innocenz, der +ohnehin schon gegen die englische Regierung eingenommen war, betrachtete +die ihm mit so großer Gefahr und so großen Kosten erzeigte +Aufmerksamkeit als nicht viel besser denn eine Beleidigung. Der Gehalt +des Gesandten war auf hundert Pfund die Woche festgesetzt. Castelmaine +klagte, daß dies zu wenig sei und daß das Dreifache dieses Betrags kaum +ausreichen werde. Denn in Rom bemühten sich die Gesandten aller großen +Continentalmächte einander vor den Augen eines Volks, das durch den +beständigen Anblick prächtiger Gebäude, Decorationen und Ceremonien +verwöhnt war, im Glanz zu überbieten. Er erklärte stets, daß er bei +seiner Gesandtschaft Geld zusetzen müsse. Es waren ihm mehrere junge +Adelige aus den vornehmsten katholischen Familien Englands, wie die +Ratcliffe, die Arundell und Tichborne, beigegeben, und er bewohnte in +Rom den Palast der Familie Pamfili an dem prächtigen Navonaplatze. Eine +Privatunterredung mit Innocenz wurde ihm bald bewilligt, die officielle +Audienz aber wurde lange hinausgeschoben. Castelmaine’s Vorbereitungen +zu diesem wichtigen Acte waren so prachtvoll, daß sie, obgleich schon zu +Ostern 1686 begonnen, im darauffolgenden November noch nicht beendigt +waren, und im November bekam der Papst einen wirklichen oder angeblichen +Gichtanfall, der einen weiteren Aufschub verursachte. Im Januar 1687 +endlich fand die feierliche Vorstellung und Aufwartung mit +ungewöhnlichem Pompe statt. Die Staatswagen, welche zu der Auffahrt in +Rom gebaut wurden, waren so prächtig, daß man sie für werth hielt, der +Nachwelt in schönen Abbildungen überliefert und von Dichtern in mehreren +Sprachen besungen zu werden.<a class = "tag" name = "tagVII_70" id = +"tagVII_70" href = "#noteVII_70">70</a> Die Façade des +Gesandtschaftspalastes wurde an diesem hochwichtigen Tage mit +geschmacklosen allegorischen Gemälden von riesenhafter Größe decorirt. +Man sah hier den heiligen Georg mit dem Fuße auf dem Nacken des Titus +Oates, und Herkules, wie er mit seiner Keule den protestantischen +Tischler College zu Boden schlägt, der sich vergebens mit seinem Flegel +zu vertheidigen sucht. Nach dieser öffentlichen Schaustellung lud +Castelmaine alle damals in Rom anwesenden Notabilitäten zu einem Bankett +in dem freundlichen und prächtigen Saale ein, den Peter von Cortona mit +Gemälden von Scenen aus der Aeneide geschmückt hat. Die ganze Stadt +drängte sich zu dem Schauspiele und nur mit Mühe konnte eine Compagnie +der Schweizergarde die Ordnung unter den Zuschauern aufrechterhalten. +Die Kavaliere des päpstlichen Hofstaates +<span class = "pagenum">VII.74</span> +<a name = "pageVII_74" id = "pageVII_74"> </a> +gaben hierauf ihrerseits dem Gesandten glänzende Gastmähler, und Dichter +und Literaten überhäuften seinen Gebieter mit abgeschmackten und +hyperbolischen Schmeicheleien, wie sie da am meisten floriren, wo Genie +und Geschmack am tiefsten gesunken sind. An der Spitze der Schmeichler +stand ein gekröntes Haupt. Mehr als dreißig Jahre waren verflossen, seit +Christine, die Tochter des großen Gustav Adolph, freiwillig vom +schwedischen Throne herabgestieqen war. Nach langen Wanderungen, während +denen sie viele Thorheiten und Verbrechen begangen, hatte sie endlich in +Rom ihren bleibenden Aufenthalt genommen, wo sie sich mit astrologischen +Berechnungen und mit den Intriguen des Conclave beschäftigte und sich +nebenbei mit Gemälden, Gemmen, Handschriften und Münzen die Zeit +vertrieb. Jetzt dichtete sie einige italienische Stanzen zu Ehren des +englischen Fürsten, der, wie sie selbst, einem Geschlecht von Königen +entsprossen, welche zu ihrer Zeit als die Vorkämpfer der Reformation +betrachtet wurden, sich, gleich ihr, mit der alten Kirche wieder +ausgesöhnt hatte. Sie gab eine glänzende Gesellschaft in ihrem Palaste. +Ihre in Musik gesetzten Verse wurden unter allgemeinem Beifalle +vorgetragen und einer ihrer literarischen Günstlinge hielt über +denselben Gegenstand eine Rede in so blühendem Style, daß er den +Geschmack der englischen Zuhörer beleidigt zu haben scheint. Die dem +Papste feindlich gesinnten, den Interessen Frankreichs ergebenen +Jesuiten, denen jede Gelegenheit, Jakob Ehre zu erzeigen, willkommen +war, empfingen den englischen Gesandten mit möglichstem Gepränge in dem +fürstlichen Hause, wo die Überreste des Ignatius <ins class = +"correction" title = "Original hat »Loyla«">Loyola</ins> in einem +Schrein von Lasurstein und Gold aufbewahrt werden. Bildhauerkunst, +Malerei, Poesie und Beredtsamkeit wurden aufgeboten, um den Fremden zu +bewillkommnen; aber alle diese Künste lagen tief im Argen. Es wurde viel +schwülstige und unedle Latinität entfaltet, die eines so gelehrten +Ordens unwürdig war, und einige von den die Wände zierenden Inschriften +zeigten noch schlimmere Fehler als schlechten Styl. An einer Stelle war +gesagt, daß Jakob seinen Bruder als Boten zum Himmel gesandt habe, an +einer andren, daß Jakob die Schwingen geliefert, welche seinen Bruder in +eine höhere Region emporgetragen. Außerdem gab es ein noch viel +unglücklicheres Distichon, welches damals wenig beachtet wurde, dessen +man aber einige Monate später mit boshaften Auslegungen gedachte. +„O König,“ sagte der Dichter, „seufze nicht länger nach einem +Sohne. Mag auch die Natur Deinen Wunsch nicht erfüllen, die Sterne +werden Mittel finden, um ihn zu befriedigen.“</p> + +<p>Inmitten dieser Festlichkeiten erfuhr Castelmaine schwere Kränkungen +und Demüthigungen. Der Papst behandelte ihn mit äußerster Kälte und +Zurückhaltung. So oft der Gesandte ihn um eine Antwort auf das zu +Gunsten Petre’s gestellte Anliegen bat, bekam Innocenz einen heftigen +Hustenanfall, der dem Gespräch ein Ende machte. Ganz Rom unterhielt sich +von diesen sonderbaren Audienzen. Pasquino schwieg nicht und die ganze +neugierige und geschwätzige Bevölkerung der müßigsten aller Städte, mit +alleiniger Ausnahme der Jesuiten und der Prälaten der französischen +Faction, lachte über Castelmaine’s verunglückte Mission. Sein von Natur +unfreundlicher Character wurde bald auf’s Heftigste erbittert und er +verbreitete eine Denkschrift mit Betrachtungen über den Papst. Dadurch +gerieth er in eine schiefe Stellung, der kluge Italiener hatte einen +Vortheil gewonnen und er ließ sich denselben nicht wieder entreißen. Er +erklärte gerade heraus, die Regel, welche die Jesuiten von kirchlichen +Würden ausschließe, +<span class = "pagenum">VII.75</span> +<a name = "pageVII_75" id = "pageVII_75"> </a> +dürfe zu Gunsten Petre’s nicht übertreten werden. Der immer mehr +gereizte Castelmaine drohte jetzt Rom zu verlassen. Innocenz erwiederte +ihm mit sanfter Impertinenz, die um so kränkender war, weil sie sich +kaum von treuherziger Einfalt unterscheiden ließ. Seine Excellenz könne +gehen, wenn es ihm beliebe. „Wenn wir ihn aber verlieren müssen,“ setzte +der ehrwürdige Pontifex hinzu, „so hoffe ich wenigstens, daß er +unterwegs seine Gesundheit schonen wird. Ein Engländer weiß nicht, wie +gefährlich es ist, hier zu Lande während der Tageshitze zu reisen. Man +thut am besten, wenn man vor Tagesanbruch aufbricht und zu Mittag Rast +macht.“ Mit diesem wohlmeinenden Rathe und einem Rosenkranze wurde der +unglückliche Gesandte entlassen. Wenige Monate darauf erschien eine +pomphafte Geschichte seiner Sendung in einer prachtvollen Folioausgabe +mit Kupferstichen in italienischer und englischer Sprache. Das +Titelkupfer zeigte zum großen Ärgerniß aller Protestanten Castelmaine in +der Peersrobe und mit der Adelskrone in der Hand, wie er Innocenz den +Fuß küßt.<a class = "tag" name = "tagVII_71" id = "tagVII_71" href = +"#noteVII_71">71</a></p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVII_69" id = "noteVII_69" href = "#tagVII_69">69.</a> +Adda, 9.(19.) Nov. 1685.</p> + +<p><a name = "noteVII_70" id = "noteVII_70" href = "#tagVII_70">70.</a> +Der Professor der griechischen Sprache am Kollegium <span class = +"antiqua">De Propaganda Fide</span> machte seiner Bewunderung in einigen +abscheulichen Hexametern und Pentametern Luft, von denen folgende Probe +genügen mag:</p> + +<div class = "verse"> +<p title = "Rôgeriou dê skepsomenos lamproio thriambon,">Ρωγερίου δὴ +σκεψόμενος λαμπροῖο θρίαμβον,</p> +<p class = "indent" title = "Ôka mal’ êïssen kai theen ochlos apas;">Ὦκα +μάλ’ ἤϊσσεν καὶ θέεν ὄχλος ἅπας·</p> +<p title = "Thaumazousa de tên pompên, panchrusea t’ autou">Θαυμάζουσα +δὲ τὴν πομπὴν, παγχρύσεά τ’ αὐτοῦ</p> +<p class = "indent" title = "Harmata, tous th’ hippous, toiade Rhômê epsê.">Ἅρματα, τοὺς θ’ ἵππους, τοίαδε Ῥώμη ἔψη.</p> +</div> + +<p class = "continue"> +Die lateinischen Verse sind etwas besser. Nahum Tate stimmte auf +Englisch ein:</p> + +<div class = "verse"> +<p>Um etwas von dem Prachtzug zu erspähen,</p> +<p>Wie selbst in Rom noch Niemand ihn gesehen,</p> +<p>Drängt Alt und Jung sich nach der Thürme Zinnen</p> +<p>Und über jede Wange Freudenthränen rinnen.</p> +</div> + +<p><a name = "noteVII_71" id = "noteVII_71" href = "#tagVII_71">71.</a> +Correspondenz Jakob’s und Innocenz’ im Britischen Museum; <span class = +"antiqua">Burnet, I. 703—705</span>; <span class = +"antiqua">Welwood’s Memoirs</span>; <span class = "antiqua">Commons’ +Journals, Oct. 28. 1689</span>; <span class = "antiqua">An Account of +his Excellency Roger Earl of Castelmaine’s Embassy, by Michael Wright, +chief steward of his Excellency’s house at Rome, 1688.</span></p> +</div> + + +<a name = "kap_VIII" id = "kap_VIII"> </a> +<div class = "chapterhead"> + +<span class = "pagenum">VIII.1</span> +<a name = "pageVIII_1" id = "pageVIII_1"> </a> + +<h5><b>Achtes Kapitel. </b></h5> + +<h4><span class = "extended">Jakob</span> <b>II.</b></h4> + +<hr class = "tiny"> + +</div> + +<a name = "pageVIII_2" id = "pageVIII_2"> </a> + + +<span class = "pagenum">VIII.3</span> +<a name = "pageVIII_3" id = "pageVIII_3"> </a> + +<h4><a name = "inhalt_VIII" id = "inhalt_VIII"> +<b><span class = "extended">Inhalt</span>.</b></a></h4> + +<hr class = "micro"> + +<table class = "toc" summary = "inhaltsverzeichniss"> +<tr> +<td></td> +<td class = "seite">Seite</td> +</tr> +<tr class = "bottomline"> +<td><a href = "#kap_VII">[<i>7. Kapitel</i>]</a></td> +<td></td> +</tr> +<tr class = "toppad"> +<td><p><a href = "#secVIII_1">Consecration des Nuntius im St. +Jamespalaste</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_5">5</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVIII_2">Sein officieller Empfang. — Der +Herzog von Somerset</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_5">5</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVIII_3">Auflösung des Parlaments</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_6">6</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVIII_4">Gesetzwidrige Bestrafung militairischer +Vergehen</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_7">7</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVIII_5">Verfahren der Hohen Commission</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_8">8</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVIII_6">Die Universitäten</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_9">9</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVIII_7">Verfahren gegen die Universität +Cambridge</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_10">10</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVIII_8">Der Earl von Mulgrave</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_11">11</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVIII_9">Zustand Oxford’s</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_13">13</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVIII_10">Das Magdalenen-Collegium in Oxford</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_15">15</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVIII_11">Anton Farmer, vom Könige als Präsident +empfohlen</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_17">17</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVIII_12">Wahl des Präsidenten</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_18">18</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVIII_13">Die Mitglieder des Magdalenen-Collegiums +werden vor die Hohe Commission geladen</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_18">18</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVIII_14">Parker zum Präsidenten empfohlen</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_19">19</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVIII_15">Die Karthause</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_19">19</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVIII_16">Rundreise des Königs</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_20">20</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVIII_17">Der König in Oxford</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_21">21</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVIII_18">Er giebt den Collegiaten des +Magdalenenstifts einen Verweis</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_22">22</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVIII_19">Penn sucht zu vermitteln</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_22">22</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVIII_20">Eine kirchliche Specialcommission wird +nach Oxford gesandt</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_24">24</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVIII_21">Hough’s Protest</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_24">24</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVIII_22">Einsetzung Parker’s</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_25">25</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVIII_23">Vertreibung der Collegiaten</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_26">26</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVIII_24">Das Magdalenen-Collegium in ein +papistisches Seminar verwandelt</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_27">27</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVIII_25">Groll der Geistlichkeit</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_28">28</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVIII_26">Pläne der jesuitischen Cabale in Bezug +auf die Thronfolge</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_29">29</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVIII_27">Jakob’s und Tyrconnel’s Plan, die +Prinzessin von Oranien von der Erbfolge im Königreich Irland +auszuschließen</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_30">30</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVIII_28">Schwangerschaft der Königin</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_31">31</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVIII_29">Allgemeiner Zweifel</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_31">31</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVIII_30">Stimmung der Wahlkörper und der +Peers</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_33">33</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVIII_31">Jakob beschließt, ein bestochenes +Parlament zusammenzusetzen</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_34">34</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVIII_32">Die Regulatoren</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_36">36</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVIII_33">Entlassung vieler Lordlieutenants</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_36">36</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVIII_34">Der Earl von Oxford</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_36">36</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVIII_35">Der Earl von Shrewsbury</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_37">37</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVIII_36">Der Earl von Dorset</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_38">38</a></td> +</tr> +<tr> +<td> +<span class = "pagenum">VIII.4</span> +<a name = "pageVIII_4" id = "pageVIII_4"> </a> +<p><a href = "#secVIII_37">An die Obrigkeiten gerichtete Fragen, und +Antworten darauf</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_41">41</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVIII_38">Scheitern der Pläne des Königs</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_42">42</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVIII_39">Liste der Sheriffs</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_45">45</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVIII_40">Character der katholischen +Landgentlemen</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_45">45</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVIII_41">Stimmung der Dissenters</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_47">47</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVIII_42">Regulirung der Corporationen</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_47">47</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVIII_43">Untersuchung in allen öffentlichen +Verwaltungszweigen</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_50">50</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVIII_44">Entlassung Sawyer’s</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_51">51</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVIII_45">Williams Generalprokurator</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_52">52</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVIII_46">Zweite Indulgenzerklärung</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_53">53</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVIII_47">Die Geistlichkeit erhält Befehl, sie von +der Kanzel zu verlesen</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_53">53</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVIII_48">Die Geistlichkeit ist unschlüssig</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_54">54</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVIII_49">Patriotismus der protestantischen +Nonconformisten Londons</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_54">54</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVIII_50">Berathung der londoner +Geistlichkeit</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_55">55</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVIII_51">Berathung im Palast zu Lambeth</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_57">57</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVIII_52">Die Petition der sieben Bischöfe dem +Könige überreicht</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_57">57</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVIII_53">Die londoner Geistlichkeit gehorcht dem +königlichen Befehle nicht</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_60">60</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVIII_54">Unschlüssigkeit der Regierung</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_61">61</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVIII_55">Es wird eine gerichtliche Verfolgung der +Bischöfe wegen Libells beschlossen</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_63">63</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVIII_56">Sie werden im Geheimen Rathe +verhört</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_63">63</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVIII_57">Geburt des Prätendenten</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_65">65</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVIII_58">Man hält ihn allgemein für +untergeschoben</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_65">65</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVIII_59">Die Bischöfe werden vor die Kings Bench +gestellt und müssen Bürgschaft leisten</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_69">69</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVIII_60">Aufregung der Gemüther</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_70">70</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVIII_61">Sunderland’s Angst</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_71">71</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVIII_62">Er erklärt sich für einen +Katholiken</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_72">72</a></td> +</tr> +<tr> +<td><a href = "#secVIII_63">Prozeß der Bischöfe</a></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_72">72</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVIII_64">Das Verdict der Geschwornen; Freude des +Volks</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_80">80</a></td> +</tr> +<tr> +<td><p><a href = "#secVIII_65">Eigenthümlicher Zustand der öffentlichen +Meinung zu jener Zeit</a></p></td> +<td class = "number"><a href = "#pageVIII_84">84</a></td> +</tr> +</table> + +<span class = "pagenum">VIII.5</span> +<a name = "pageVIII_5" id = "pageVIII_5"> </a> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Consecration des Nuntius im St. Jamespalaste.</span> +<a name = "secVIII_1" id = "secVIII_1">Die</a> auffallende Unhöflichkeit +des Papstes hätte wohl den sanftmüthigsten Fürsten reizen müssen. Auf +Jakob aber machte sie keinen andren Eindruck, als daß er mit +Schmeicheleien und Komplimenten noch verschwenderischer wurde. Während +Castelmaine, das Herz von Zorn und Unwillen erfüllt, auf der Rückreise +nach England begriffen war, wurde der Nuntius mit Ehrenbezeigungen +überhäuft, die sein eigner Verstand verwerfen mußte. Er war in Folge +einer bei der römischen Kirche häufig in Anwendung kommenden Fiction +unlängst zur Bischofswürde ohne Bischofssitz erhoben worden. Jetzt wurde +er zum Erzbischof von Amasia, einer Stadt am Pontus, dem Geburtsorte +Strabo’s und Mithridates’, erhoben. Jakob bestand darauf, daß die +Ceremonie der Consecration in der Kapelle des St. Jamespalastes +stattfinden sollte. Der apostolische Vikar Leyburn und zwei irische +Prälaten versahen den Dienst. Die Thüren wurden dem Publikum geöffnet +und man bemerkte unter den Zuschauern einige von den Puritanern, die +sich neuerdings dem Hofe angeschlossen hatten. Am Abend erschien Adda in +seiner neuen Amtstracht im Gesellschaftszirkel der Königin. Jakob fiel +angesichts des ganzen Hofes auf die Knie und bat um seinen Segen. Trotz +aller Vorschriften der Etikette konnten die Umstehenden ihr Erstaunen +und ihren Widerwillen nicht unterdrücken.<a class = "tag" name = +"tagVIII_1" id = "tagVIII_1" href = "#noteVIII_1">1</a> Es hatte in der +That seit langer Zeit kein englischer Souverain vor einem Sterblichen +gekniet und wer das sonderbare Schauspiel mit ansah, erinnerte sich +unwillkürlich des schmachvollen Tages, an welchem Johann sich seine +Krone von Pandolph aufs Haupt setzen ließ.</p> + +<p class = "footnote"> +<a name = "noteVIII_1" id = "noteVIII_1" href = "#tagVIII_1">1.</a> +Barillon, 2.(12.) Mai 1687.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Sein officieller Empfang. — Der Herzog von Somerset.</span> +<a name = "secVIII_2" id = "secVIII_2">Bald</a> darauf fand eine noch +prächtigere Schaustellung zu Ehren des Heiligen Stuhles statt. Es wurde +beschlossen, daß der Nuntius sich in feierlicher Prozession an den Hof +begeben sollte. Bei dieser Gelegenheit zeigten mehrere Personen, auf +deren Gehorsam der König gerechnet hatte, zum ersten Male eine Neigung +zur Widersetzlichkeit. Der Hervorragendste unter ihnen war der zweite +Peer des Königreichs, Karl Seymour, gewöhnlich der stolze Herzog von +Somerset genannt. Er war in der That ein Mann, bei dem Geburts- und +Rangstolz fast zu einer krankhaften Manie geworden war. Sein ererbtes +Vermögen war der hohen Stelle, die er unter dem englischen Adel einnahm, +nicht angemessen; aber durch seine Vermählung mit der Tochter und Erbin +des letzten Percy, der +<span class = "pagenum">VIII.6</span> +<a name = "pageVIII_6" id = "pageVIII_6"> </a> +die alte Krone von Northumberland trug, war er in den Besitz des größten +Vermögens in England gelangt. Somerset war erst fünfundzwanzig Jahre alt +und im Publikum noch wenig bekannt. Er war Kammerherr des Königs und +Oberst eines der Regimenter, welche zur Zeit des Aufstandes im Westen +neu errichtet worden waren. Er hatte kein Bedenken dagegen erhoben, bei +feierlichen Gelegenheiten das Staatsschwert in die königliche Kapelle zu +tragen; diesmal aber weigerte er sich entschieden, an dem Festzuge zu +Ehren des Nuntius Theil zu nehmen. Einige Mitglieder seiner Familie +baten ihn dringend, sich das königliche Mißfallen nicht zuzuziehen; aber +ihr Bitten war fruchtlos. Der König setzte ihn nun selbst zur Rede. „Ich +hätte geglaubt, Mylord,“ sagte er, „daß ich Ihnen eine große Ehre +erzeigte, indem ich Sie dazu ausersah, den Gesandten des ersten aller +gekrönten Häupter zu begleiten.“ — „Sire,“ entgegnete der Herzog, +„ich bin darauf aufmerksam gemacht worden, daß ich Eurer Majestät nicht +gehorchen kann, ohne das Gesetz zu verletzen.“ — „Ich will Sie +lehren, mich ebenso zu achten wie das Gesetz,“ erwiederte der König in +hochfahrendem Tone. „Wissen Sie noch nicht, daß ich über dem Gesetz +stehe?“ — „Eure Majestät mögen über dem Gesetz stehen, ich aber +nicht, und wenn ich dem Gesetz gehorche, fürchte ich nichts.“ Der König +entfernte sich höchlich erzürnt und Somerset wurde augenblicklich seiner +Stellen im Hofstaate und in der Armee entsetzt.<a class = "tag" name = +"tagVIII_2" id = "tagVIII_2" href = "#noteVIII_2">2</a></p> + +<p>In einem Punkte zeigte jedoch der König einige Klugheit. Er wagte es +nicht, den päpstlichen Gesandten in feierlichem Aufzuge der ganzen +Bevölkerung der Hauptstadt vorzuführen. Die Ceremonie fand am 3. Juli +1687 in Windsor statt. Eine große Menschenmenge strömte nach dem +Städtchen. Der Schaulustigen waren so viele, daß sie weder Speise und +Trank noch ein Unterkommen fanden und eine Menge vornehmer Leute den +ganzen Tag in ihrem Wagen zubringen mußten, um das Schauspiel mit +anzusehen. Spät am Nachmittag endlich erschienen die Leute des +Hofmarschalls zu Pferde. Hierauf folgte ein langer Zug von Läufern und +dann in einem königlichen Staatswagen Adda im Purpurmantel und mit einem +Brillantenkreuze auf der Brust. Hinter ihm fuhren die Equipagen der +vornehmsten Hofkavaliere und der Staatsminister. Mit großem Mißfallen +bemerkte das Volk in dem Zuge die Wappen und Livreen Crewe’s, Bischofs +von Durham, und Cartwright’s, Bischofs von Chester.<a class = "tag" name += "tagVIII_3" id = "tagVIII_3" href = "#noteVIII_3">3</a></p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVIII_2" id = "noteVIII_2" href = "#tagVIII_2">2.</a> +<span class = "antiqua">Memoirs of the Duke of Somerset</span>; Citters, +5.(15.) Juli 1687; <span class = "antiqua">Eachard’s History of the +Revolution</span>; <span class = "antiqua">Clarke’s Life of James the +Second, II. 116, 117, 118</span>; <span class = "antiqua">Lord +Lonsdale’s Memoirs.</span></p> + +<p><a name = "noteVIII_3" id = "noteVIII_3" href = "#tagVIII_3">3.</a> +<span class = "antiqua">London Gazette, July 7. 1687</span>; Citters, +7.(17.) Juli; Bericht über die Ceremonie in den Somers’schen +Schriften.</p> +</div> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Auflösung des Parlaments.</span> +<a name = "secVIII_3" id = "secVIII_3">Am</a> folgenden Tage erschien in +der Gazette eine Proklamation, welche das Parlament auflöste, das von +allen durch die Stuarts einberufenen Parlamenten das fügsamste gewesen +war.<a class = "tag" name = "tagVIII_4" id = "tagVIII_4" href = +"#noteVIII_4">4</a></p> + +<p>Mittlerweile hatten sich neue Schwierigkeiten in Westminsterhall +gezeigt. Erst vor wenigen Monaten waren mehrere Richter entlassen und +andere an deren Stelle gesetzt worden, um in dem Prozesse gegen Sir +Eduard Hales ein Erkenntniß zu Gunsten der Krone zu erlangen, und schon +waren neue Änderungen nöthig.</p> + +<p class = "footnote"> +<a name = "noteVIII_4" id = "noteVIII_4" href = "#tagVIII_4">4.</a> +<span class = "antiqua">London Gazette, July, 4. 1687.</span></p> +<span class = "pagenum">VIII.7</span> +<a name = "pageVIII_7" id = "pageVIII_7"> </a> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Gesetzwidrige Bestrafung militairischer Vergehen.</span> +<a name = "secVIII_4" id = "secVIII_4">Der</a> König hatte kaum die +Armee gebildet, auf die er zur Ausführung seiner Pläne namentlich +rechnete, so erkannte er auch schon, daß er sie selbst nicht regieren +konnte. Wenn ein Krieg im Lande wüthete, so konnte ein Meuterer oder +Deserteur vor ein Kriegsgericht gestellt und das Urtel durch den +Generalprofoß vollzogen werden. Aber man war jetzt im tiefsten Frieden. +Das englische Landrecht, das aus einem Zeitalter herrührte, wo +erforderlichenfalls Jedermann, Niemand aber beständig die Waffen trug, +machte in Friedenszeiten keinen Unterschied zwischen einem Soldaten und +jedem andren Unterthan, und es gab kein Gesetz ähnlich dem, durch +welches heutzutage dem Souverain alljährlich die zum Oberbefehl über die +reguläre Truppenmacht nöthige Autorität verliehen wird. Zwar erklärten +einige alte Verordnungen die Desertion in gewissen angeführten Fällen +für Felonie; aber diese Verordnungen galten nur für die Soldaten, welche +dem Könige im wirklichen Kriege dienten und konnten nicht ohne die +arglistigste Willkür so weit ausgedehnt werden, daß sie auch auf einen +Mann Anwendung fanden, der in einer Zeit der vollständigsten inneren und +äußeren Ruhe des Lagers von Hounslow überdrüssig wurde und daher in sein +heimathliches Dorf zurückkehrte. Die Regierung hatte offenbar über einen +solchen Mann keine andre Macht, als die, welche ein Bäcker- oder +Schneidermeister über seine Gesellen hat. Er und seine Offiziere standen +vor dem Gesetz auf gleicher Stufe. Fluchte er gegen sie, so konnte er +wegen Schwörens mit einer Geldstrafe belegt werden; schlug er sie, so +konnte er wegen thätlicher Mißhandlung verklagt werden. Das stehende +Heer stand factisch unter einer milderen Disciplin als die Miliz, denn +die Miliz war durch eine Parlamentsacte errichtet worden, in welcher +zugleich bestimmt war, daß Disciplinarvergehen summarisch mit leichten +Strafen geahndet werden könnten.</p> + +<p>Es scheint nicht, daß die aus diesem Zustande des Gesetzes +entspringenden praktischen Nachtheile sich unter der Regierung +Karl’s II. sehr fühlbar gemacht hatten, was sich vielleicht dadurch +erklären läßt, weil bis zum letzten Jahre seiner Regierung die +Streitmacht, die er in England unterhielt, hauptsächlich aus Haustruppen +bestand, welche einen so hohen Sold bekamen, daß die Entlassung aus dem +Dienste von den Meisten sehr schmerzlich empfunden worden wäre. Eine +Anstellung als Gemeiner in der Leibgarde war für den jüngeren Sohn eines +Gentleman eine gute Versorgung; selbst die Fußgarden wurden so gut +bezahlt als Fabrikarbeiter unter besonders günstigen Verhältnissen, und +sie befanden sich daher in einer Lage, um die sie die große Masse der +arbeitenden Bevölkerung wohl beneiden konnte. Die Rückkehr der Garnison +von Tanger und die Errichtung der neuen Regimenter hatte eine große +Veränderung herbeigeführt. Es gab jetzt in England viele Tausend +Soldaten, welche nur acht Pence den Tag erhielten. Die Furcht vor der +Verabschiedung war nicht mehr hinreichend, um sie der Dienstpflicht treu +zu erhalten, und körperliche Strafen durften die Offiziere gesetzlich +nicht zuerkennen. Jakob hatte daher nur die Wahl, entweder die Armee +ihrer Auflösung entgegengehen zu lassen oder die Richter zu der +Erklärung zu bewegen, daß das Gesetz das sei, was es, wie jeder Student +wußte, nicht war.</p> + +<p>Es war besonders wichtig, die Mitwirkung zweier Gerichtshöfe zu +gewinnen: der Kings Bench, welche der erste Criminalgerichtshof des +Landes war, und des Gerichtshofs für Leerung der Gefängnisse, der in +<span class = "pagenum">VIII.8</span> +<a name = "pageVIII_8" id = "pageVIII_8"> </a> +der Old Bailey saß und über die in der Hauptstadt begangenen Vergehen +abzuurtheilen hatte. In beiden Gerichtshöfen aber stieß man auf große +Schwierigkeiten. Herbert, der Oberrichter der Kings Bench, wollte trotz +aller bis dahin bewiesenen Servilität nicht weiter gehen. Ein noch +entschiedenerer Widerstand war von Sir Johann Holt zu erwarten, der als +Syndikus der City von London auf der Bank der Old Bailey saß. Holt war +ein ausgezeichnet gelehrter und aufgeklärter Jurist, dabei ein +rechtschaffener und muthiger Mann und seine politische Meinung hatte +eine whiggistische Färbung, obgleich er sich von allem Parteitreiben +stets fern hielt. Dem Willen des Königs mußten jedoch alle Hindernisse +weichen. Holt wurde seines Syndikats entsetzt. Herbert und ein andrer +Richter von der Kings Bench entfernt, und die erledigten Stellen mit +Männern besetzt, auf die sich die Regierung verlassen konnte. Allerdings +mußte man in ziemlich niedere juristische Regionen hinabsteigen, ehe man +Leute fand, welche zu Dienstleistungen, wie man sie jetzt brauchte, +bereit waren. Der neue Oberrichter, Sir Robert Wright, war +sprichwörtlich ein Ignorant, und die Unwissenheit war noch nicht sein +ärgster Fehler. Seine Laster hatten ihn zu Grunde gerichtet. Um sich +Geld zu verschaffen, hatte er zu unredlichen Mitteln seine Zuflucht +genommen und einmal einen falschen Eid abgelegt, um in den Besitz von +fünfhundert Pfund zu gelangen. Arm, ausschweifend und schamlos war er +einer von den Schmarotzern Jeffreys’ geworden, der ihn beförderte und +verächtlich behandelte. Dies war der Mann, den Jakob zum Lord +Oberrichter von England erkor. Ein gewisser Allibone, der in der +Rechtskunde noch unwissender war als Wright und als Katholik eigentlich +gar nicht fähig war, ein öffentliches Amt zu bekleiden, wurde zum +Unterrichter der Kings Bench ernannt. Sir Bartholomäus Shower, als +serviler Tory und langweiliger Redner gleich bekannt, wurde Syndikus von +London. Nachdem diese Veränderungen bewirkt waren, wurden mehrere +Deserteurs zur Untersuchung gezogen und dem Wortlaute und dem Geiste des +Gesetzes zum Hohn für schuldig befunden. Einige von ihnen vernahmen ihr +Todesurtheil vor den Schranken der Kings Bench, Andere vor den Schranken +der Old Bailey. Sie wurden vor den Augen der Regimenter, denen sie +angehört hatten, gehängt und dafür Sorge getragen, daß diese +Hinrichtungen durch die London Gazette, welche derartige Vorgänge nur +selten berichtete, zur Öffentlichkeit gelangten.<a class = "tag" name = +"tagVIII_5" id = "tagVIII_5" href = "#noteVIII_5">5</a></p> + +<p class = "footnote"> +<a name = "noteVIII_5" id = "noteVIII_5" href = "#tagVIII_5">5.</a> +Siehe <span class = "antiqua">Statutes 18 Henry 6. c. 19; 2 & 3 Ed. +6. c. 2.</span>; <span class = "antiqua">Eachard’s History of the +Revolution</span>; <span class = "antiqua">Kennet, III. 468</span>; +<span class = "antiqua">North’s Life of Guildford, 247.</span>; <span +class = "antiqua"> London Gazette, April 18. & May 23. 1687</span>; +<span class = "antiqua">Vindication of the E. of R. (Earl of +Rochester.)</span></p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Verfahren der Hohen Commission.</span> +<a name = "secVIII_5" id = "secVIII_5">Man</a> kann wohl denken, daß das +Gesetz, das so gröblich von denjenigen Gerichtshöfen verletzt wurde, +deren ganze Autorität sich auf dasselbe gründete und die es als +Richtschnur zu betrachten pflegten, von einem durch tyrannische Willkür +errichteten Tribunale eben so wenig geachtet wurde. Während der ersten +Monate ihres Bestehens hatte die neue Hohe Commission Geistlichen nur +die Ausübung ihrer Amtshandlungen verboten; die Eigenthumsrechte waren +noch unangetastet geblieben. Zu Anfang des Jahres 1687 aber beschloß man +auch gegen die Pfründeneinkünfte einen Schlag zu führen und jedem +anglikanischen Priester und Prälaten die Überzeugung beizubringen, +<span class = "pagenum">VIII.9</span> +<a name = "pageVIII_9" id = "pageVIII_9"> </a> +daß, wenn er seine Beihülfe zur Vernichtung der Kirche, deren Diener er +war, verweigerte, er in einer Stunde zum Bettler gemacht werden +würde.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Die Universitäten.</span> +<a name = "secVIII_6" id = "secVIII_6">Es</a> würde der Klugheit +angemessen gewesen sein, das erste Exempel an einem unbekannten +Individuum zu statuiren. Die Regierung aber war in einer so unseligen +Verblendung befangen, daß man dieselbe in einem naiveren Zeitalter als +eine göttliche Strafe betrachtet haben würde. Es wurde daher ohne +weiteres gleich von Anfang an den beiden ehrwürdigsten Korporationen des +Reichs, den Universitäten Oxford und Cambridge, der Krieg erklärt.</p> + +<p>Die Macht dieser beiden Körperschaften war schon seit vielen +Jahrhunderten groß; in der zweiten Hälfte des siebzehnten Jahrhunderts +aber hatte sie ihren Höhepunkt erreicht. Kein Nachbarland konnte sich so +glänzender und reicher Sitze der Wissenschaft rühmen. Die Hochschulen +von Edinburg und Glasgow, von Leyden und Utrecht, von Löwen und Leipzig, +von Padua und Bologna kamen Gelehrten, welche in den prächtigen +Stiftungen Wykeham’s und Wolsey’s, Heinrich’s VI. und <ins class = +"correction" title = "Original hat »Heinrichs«">Heinrich’s</ins> VIII. +gebildet waren, ärmlich vor. Literatur und Wissenschaft waren in dem +akademischen Systeme Englands mit Gepränge umgeben, mit obrigkeitlicher +Gewalt bekleidet und mit den vornehmsten Institutionen des Landes eng +verbunden. Kanzler einer Universität zu werden, war eine Auszeichnung, +nach der die Magnaten des Reichs eifrig strebten; eine Universität im +Parlament zu vertreten, war das Lieblingsziel des Ehrgeizes von +Staatsmännern. Edelleute und selbst Fürsten waren stolz darauf, wenn +eine Universität ihnen das Recht verlieh, den Scharlach der Doctorwürde +zu tragen. Die Neugierigen wurden von den Universitäten angezogen durch +alte, mit mittelalterlichen Verzierungen reich ausgestattete Gebäude, +durch neuere Gebäude, welche glänzendes Zeugniß von dem künstlerischen +Genie eines Jones und Wren gaben, durch imposante Hallen und Kapellen, +durch Museen, durch botanische Gärten und durch die einzigen +öffentlichen Bibliotheken, welche das Königreich damals besaß. Der +Prunk, den namentlich Oxford bei feierlichen Gelegenheiten entfaltete, +wetteiferte mit dem souverainer Fürsten. Wenn der Kanzler, der +ehrwürdige Herzog von Ormond, in seinem geflickten Mantel auf seinem +Throne unter der gemalten Decke der Sheldon’schen Tribüne saß, umgeben +von vielen hundert Graduirten in der ihrem verschiedenen Range +entsprechenden Kleidung, während die vornehmsten Jünglinge Englands ihm +als Bewerber um akademische Ehren feierlich vorgeführt wurden, spielte +er eine kaum minder königliche Figur als sein Gebieter im Bankethause zu +Whitehall. Auf den Universitäten waren fast alle ausgezeichneten +Geistlichen, Rechtsgelehrten, Ärzte, Schriftsteller, Dichter und Redner +des Landes und zum großen Theil auch der hohe Adel und die reiche Gentry +gebildet. Auch ist zu bemerken, daß die Verbindung zwischen dem Schüler +und der Schule durch seinen Abgang nicht aufgelöst wurde. Er blieb oft +während seines ganzen Lebens Mitglied des akademischen Körpers und +behielt bei allen wichtigen Wahlen eine Stimme. Er hing daher an seinem +alten Lieblingsaufenthalte am Cam und Isis mit weit größerer Zuneigung, +als gebildete Leute sie in der Regel zu ihren Bildungsstätten empfinden. +Es gab in England keinen Winkel, wo nicht beide Universitäten dankbare +und treuergebene Söhne gehabt hätten. Jeder Angriff auf die Ehre oder +die Interessen von Cambridge oder Oxford mußte nothwendig den Unwillen +einer +<span class = "pagenum">VIII.10</span> +<a name = "pageVIII_10" id = "pageVIII_10"> </a> +mächtigen, thätigen und intelligenten Klasse erregen, die über alle +Grafschaften, von Northumberland bis Cornwall, zerstreut war.</p> + +<p>Die seßhaften Graduirten waren vielleicht im Ganzen genommen den +seßhaften Graduirten unsrer Zeit nicht überlegen, aber im Vergleich zu +den anderen Gesellschaftskreisen standen sie damals auf einer viel +höheren Stufe; denn Cambridge und Oxford waren die beiden einzigen +Provinzialstädte im ganzen Königreiche, wo man eine bedeutende Anzahl +hochgebildeter Männer fand. Selbst die Hauptstadt hatte große Achtung +vor der Autorität der Universitäten, nicht nur in Fragen der Theologie, +der Naturwissenschaften und des klassischen Alterthums, sondern auch in +solchen Angelegenheiten, in denen die Hauptstädte in der Regel für die +höchsten Instanzen gelten wollen. Von Will’s Kaffeehaus und dem Parterre +des Drurylanetheaters appellirte man noch an die beiden großen +Nationalsitze des Geschmacks und der Gelehrsamkeit. Schauspiele, die in +London mit enthusiastischem Beifalle aufgenommen worden waren, galten +erst dann für außer Gefahr, wenn sie die strenge Prüfung eines mit +Sophokles und Terenz vertrauten Zuhörerkreises bestanden hatten.<a class += "tag" name = "tagVIII_6" id = "tagVIII_6" href = +"#noteVIII_6">6</a></p> + +<p>Die englischen Universitäten hatten ihren großen moralischen und +intellectuellen Einfluß energisch zu Gunsten der Krone angewendet. Das +Hauptquartier Karl’s I. war in Oxford gewesen und die silbernen +Krüge und Teller sämmtlicher Collegien waren zur Unterstützung seiner +Kriegskasse eingeschmolzen worden. Cambridge war nicht weniger loyal +gesinnt. Es hatte ebenfalls einen großen Theil seines Silbergeräths in’s +königliche Lager gesandt, und der Rest würde auch nachgefolgt sein, wäre +die Stadt nicht von den Parlamentstruppen genommen worden. Beide +Universitäten waren von den siegreichen Puritanern mit der äußersten +Strenge behandelt worden, beide hatten die Restauration mit Freuden +begrüßt, beide hatten sich der Ausschließungsbill standhaft widersetzt +und ihren tiefsten Abscheu über das Ryehousecomplot ausgesprochen. +Cambridge hatte nicht nur seinen Kanzler Monmouth abgesetzt, sondern +seinen Unwillen über den Verrath des Herzogs sogar in einer eines Sitzes +der Gelehrsamkeit unwürdigen Weise zu erkennen gegeben, indem es die +Leinwand, auf der Kneller seine einnehmende Physiognomie und Gestalt mit +künstlerischer Vollendung dargestellt hatte, den Flammen übergab.<a +class = "tag" name = "tagVIII_7" id = "tagVIII_7" href = +"#noteVIII_7">7</a> Oxford, das dem Herde des westlichen Aufstandes +näher lag, hatte noch stärkere Beweise von Loyalität gegeben. Die +Studenten hatten mit Bewilligung ihrer Professoren zu Hunderten die +Waffen zur Vertheidigung der erblichen Thronrechte ergriffen. Und diese +Körperschaften beschloß Jakob jetzt in offenem Widerspruch mit den +Gesetzen und mit seinem verpfändeten Worte zu beschimpfen und zu +berauben.</p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVIII_6" id = "noteVIII_6" href = "#tagVIII_6">6.</a> +Dryden’s Prologe und Cibber’s Memoiren enthalten zahlreiche Beweise von +dem Ansehen, welches der Geschmack der Oxforder bei den gefeiertsten +Dichtern und Schauspielern genoß.</p> + +<p><a name = "noteVIII_7" id = "noteVIII_7" href = "#tagVIII_7">7.</a> +Siehe das Gedicht: <span class = "antiqua">Advice to the Painter upon +the Defeat of the Rebels in the West</span>, sowie noch ein andres ganz +abscheuliches Gedicht über den nämlichen Gegenstand von Stepney, welcher +damals am Trinity-Collegium studirte.</p> +</div> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Verfahren gegen die Universität Cambridge.</span> +<a name = "secVIII_7" id = "secVIII_7">Mehrere</a> Parlamentsacte, die +so klar waren als nur irgend eine Verordnung des Gesetzbuches, hatten +vorgeschrieben, daß auf beiden Universitäten Niemand zu irgend einem +Grade zugelassen werden sollte, ohne den Suprematseid und einen andren +ähnlichen Eid, der Gehorsamseid genannt, abgelegt zu +<span class = "pagenum">VIII.11</span> +<a name = "pageVIII_11" id = "pageVIII_11"> </a> +haben. Dessenungeachtet wurde im Februar 1687 ein königliches Schreiben +nach Cambridge gesandt, worin die Aufnahme eines Benedictinermönches, +Namens Alban Francis, als Magister der freien Künste anbefohlen +wurde.</p> + +<p>Die akademischen Würdenträger, zwischen der Ehrerbietung gegen den +König und der Achtung vor dem Gesetz schwankend, waren in großer +Verlegenheit. Es wurden in aller Eile Boten an den Herzog von Albemarle +gesandt, der Monmouth’s Nachfolger als Kanzler der Universität war, und +er wurde dringend ersucht, dem Könige die Sache in geeigneter Weise +vorzustellen. Unterdessen begaben sich der Registrator und die Pedelle +zu Francis und erklärten ihm, daß er sogleich aufgenommen werden solle, +wenn er die gesetzlich vorgeschriebenen Eide leiste. Er weigerte sich +dessen, machte den Beamten Vorwürfe wegen ihrer Nichtachtung des +königlichen Befehls, und da sie nicht nachgaben, reiste er auf der +Stelle wieder ab, um sich in Whitehall zu beschweren.</p> + +<p>Die Vorsteher der Collegien versammelten sich zu einer Berathung. Die +Gutachten der ausgezeichnetsten Rechtsgelehrten wurden abgehört und sie +sprachen sich entschieden zu Gunsten des beobachteten Verfahrens aus. +Aber schon war ein zweites hochmüthiges und drohendes Schreiben von +Sunderland unterwegs. Albemarle antwortete der Universität unter vielen +Versicherungen seiner Theilnahme und seines Bedauerns, daß er alles +Mögliche gethan habe, aber vom Könige sehr kalt und unfreundlich +aufgenommen worden sei. Der akademische Körper, durch die königliche +Ungnade erschreckt und von dem aufrichtigen Willen beseelt, den Wünschen +Seiner Majestät nachzukommen, dabei aber auch fest entschlossen, das +klare Gesetz des Landes nicht zu verletzen, unterbreitete die +bescheidensten und ehrerbietigsten Auseinandersetzungen, aber ohne +Erfolg. Bald darauf kam eine Vorladung, welche den Vicekanzler und den +Senat auf den 24. April vor die Hohe Commission nach Westminster +beschied. Der Vicekanzler sollte in Person erscheinen, der Senat, der +aus allen Doctoren und Magistern der Universität besteht, eine +Deputation senden.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Der Earl von Mulgrave.</span> +<a name = "secVIII_8" id = "secVIII_8">Als</a> der festgesetzte Tag +erschien, füllte sich der Sitzungssaal mit einer großen Zuschauermenge. +Jeffreys fungirte als Präsident der Commission. Rochester war, seit ihm +der weiße Stab abgenommen worden, nicht mehr Mitglied, anstatt seiner +erschien der Lordkammerherr Johann Sheffield, Earl von Mulgrave. Das +Schicksal dieses Edelmanns glich in einer Beziehung dem seines Collegen +Sprat. Mulgrave schrieb Verse, die sich kaum über die absolute +Mittelmäßigkeit erhoben, da er aber ein in den politischen und vornehmen +Kreisen hochangesehener Mann war, so fanden seine Verse doch Bewunderer. +Die Zeit zerstörte den Zauber, zu seinem Unglücke aber erst nachdem +seine Gedichte bereits ein unveräußerliches Recht auf eine Stelle in +allen Sammlungen englischer Dichtungswerke erlangt hatten. Dennoch +werden bis auf den heutigen Tag seine, abgeschmackten Reimereien und +seine jämmerlichen Lieder an Amoretta und Gloriana in Gesellschaft des +„Comus“ und des „Festes Alexander’s“ immer wieder gedruckt. Die Folge +davon ist, daß unsre Generation Mulgrave hauptsächlich als einen +Dichterling kennt und ihn als solchen verachtet. Er war jedoch, wie +selbst Diejenigen zugaben, die ihn weder liebten noch achteten, ein +durch schöne Talente ausgezeichneter Mann und in der parlamentarischen +Beredtsamkeit stand er kaum einem Redner seiner Zeit nach. Dagegen +verdiente sein moralischer Character keine Achtung. Er war ein Wüstling, +aber ohne jene Offenheit +<span class = "pagenum">VIII.12</span> +<a name = "pageVIII_12" id = "pageVIII_12"> </a> +des Herzens und der Hand, welche zuweilen auch die Ausschweifung +liebenswürdig, und ein stolzer Aristokrat ohne jene Hoheit der +Denkungsart, welche zuweilen den aristokratischen Hochmuth achtungswerth +macht. Die damaligen Satiriker gaben ihm den Spottnamen Lord Allpride +(Ganzstolz). Sein Stolz vertrug sich indessen mit allen schmachvollen +Lastern. Viele wunderten sich darüber, wie ein Mann, der ein so +übertriebenes Gefühl seiner Würde zur Schau trug, in Geldangelegenheiten +so zäh und knauserig sein konnte. Er hatte der königlichen Familie +großes Ägerniß dadurch gegeben, daß er den Gedanken zu hegen wagte, das +Herz und die Hand der Prinzessin Anna zu erobern. In dieser Hoffnung +getäuscht, hatte er sich bemüht, durch kriechende Gemeinheit die durch +Anmaßung verwirkte Gunst wieder zu gewinnen. Seine von ihm selbst +verfaßte Grabschrift sagt noch heute jedem Besucher der +Westminsterabtei, daß er in religiösen Dingen als Zweifler lebte und +starb, und aus seinen hinterlassenen Memoiren ersehen wir, daß der +römische Aberglaube ein Lieblingsthema seines Spottes war. Dennoch +begann er unmittelbar nach Jakob’s Regierungsantritt eine starke +Hinneigung zum Papismus zu zeigen und gerirte sich endlich privatim als +Convertit. Der Lohn für diese verworfene Heuchelei war seine Anstellung +bei der Hohen Commission.<a class = "tag" name = "tagVIII_8" id = +"tagVIII_8" href = "#noteVIII_8">8</a></p> + +<p>Vor diesem gefürchteten Tribunal erschien jetzt der Vicekanzler der +Universität Cambridge, Doctor Johann Pechell. Er selbst war kein Mann +von ausgezeichneter Befähigung und Energie, aber es begleiteten ihn acht +vom Senat gewählte vorzügliche Akademiker. Einer davon war Isaak Newton, +Fellow des Trinity-Collegiums und Professor der Mathematik. Sein Genie +stand damals in seiner vollsten Kraft. Das große Werk, welches ihm die +erste Stelle unter den Geometern und Naturforschern aller Zeiten und +aller Nationen sichert, wurde seit einiger Zeit unter der Sanction der +Königlichen Societät gedruckt und war seiner Vollendung nahe. Er war der +entschiedenste Freund der bürgerlichen Freiheit und der protestantischen +Religion, aber seine Gewohnheiten machten ihn für die Kämpfe des +praktischen Lebens durchaus nicht geeignet. Er verharrte daher in +bescheidenem Stillschweigen unter den Delegirten und überließ anderen +Männern, welche im Geschäftsleben mehr bewandert waren, die Aufgabe, +seine geliebte Universität zu vertheidigen.</p> + +<p>Es konnte keinen klareren Rechtsfall geben. Das Gesetz ließ keinen +Zweifel zu und die Praxis hatte fast stets im Einklang mit dem Gesetz +gestanden. Es konnte vielleicht schon vorgekommen sein, daß an einem +besonders feierlichen Tage, wo viele Ehrengrade verliehen wurden, in der +Menge Einer durchgeschlüpft war, der die Eide nicht abgelegt hatte; aber +eine solche Unregelmäßigkeit, lediglich die Folge der Eil und +Unachtsamkeit, konnte nicht als Vorgang geltend gemacht werden. Fremde +Gesandte verschiedener Glaubensrichtungen, insbesondere ein Muselmann, +waren ohne die Eide aufgenommen worden. Aber es war eine große Frage, ob +solche Fälle im Bereiche der Ansicht und des Geistes der betreffenden +Parlamentsverordnungen +<span class = "pagenum">VIII.13</span> +<a name = "pageVIII_13" id = "pageVIII_13"> </a> +lagen. Es war nicht einmal behauptet worden, daß schon einmal Jemand, +dem die Eide angesonnen wurden und der sie nicht leisten wollte, einen +akademischen Grad erlangt habe, und in dieser Lage befand sich Francis. +Die Delegirten erboten sich zu beweisen, daß unter der vorigen Regierung +mehrere königliche Befehle unberücksichtigt geblieben waren, weil die +empfohlenen Personen sich dem Gesetz nicht hatten fügen wollen, und daß +die Regierung sich in solchen Fällen stets bei dem Verfahren der +Universität beruhigt habe, da sie es als das richtige anerkennen mußte. +Jeffreys aber wollte von nichts hören. Er kam bald dahinter, daß der +Vicekanzler ein schwacher, unerfahrener und schüchterner Mann war und +ließ daher der ganzen Unverschämtheit, welche so lange der Schrecken der +Old Bailey gewesen war, freien Lauf. Der unglückliche Doctor, der an ein +solches Auditorium und an eine solche Behandlung nicht gewöhnt war, +wurde bald so eingeschüchtert, daß er gänzlich die Fassung verlor. +Sobald andere zur Verfechtung ihrer Sache besser befähigte Akademiker +das Wort ergreifen wollten, wurden sie auf die unsanfteste Weise zum +Schweigen gebracht. „Sie sind nicht Vicekanzler; wenn Sie es einmal sein +werden, dann mögen Sie sprechen, bis dahin aber geziemt es Ihnen, den +Mund zu halten.“ Die Angeklagten wurden, ohne gehört worden zu sein aus +dem Gerichtssaale gewiesen. Nach einer Weile wurden sie wieder +hereingerufen und ihnen kundgethan, daß die Commission beschlossen habe, +Pechell seiner Würde als Vicekanzler zu entheben und ihm alle Einkünfte +vorzuenthalten, die er als Vorsteher eines Collegiums bezog und welche +ganz den Character eines unantastbaren Eigenthums hatten. „Sie, meine +Herren,“ sagte Jeffreys zu den Delegirten, „sind größtentheils +Theologen, und ich will Sie daher mit einer Stelle aus der Schrift +heimschicken: <ins class = "correction" title = "alle anführungszeichen ungeändert">„Gehet</ins> hin und sündigt fortan nicht mehr, damit Euch +nicht etwas Ärgeres widerfahre.“<a class = "tag" name = "tagVIII_9" id = +"tagVIII_9" href = "#noteVIII_9">9</a></p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVIII_8" id = "noteVIII_8" href = "#tagVIII_8">8.</a> +<span class = "antiqua">Mackay’s Character of Sheffield</span> nebst +Swift’s Note; <span class = "antiqua">Satire on the Deponents, +1688</span>; <span class = "antiqua">Life of John, Duke of +Buckinghamshire, 1729</span>; Barillon, 30. Aug. 1687. Ich besitze ein +handschriftliches Spottgedicht aus Mulgrave von 1690, das nicht ohne +Witz ist. Die bemerkenswerthesten Zeilen sind diese:</p> + +<div class = "verse"> +<p>Heut’ schmeichelt er dem Peters (Petre), morgen dem Burnet.</p> +<p>Fragt nicht nach Glauben und Partei, denn alle sind ihm gleich.</p> +</div> + +<p><a name = "noteVIII_9" id = "noteVIII_9" href = "#tagVIII_9">9.</a> +Siehe den Prozeß gegen die Universität Cambridge in der <span class = +"antiqua">Collection of State Trials</span>.</p> +</div> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Zustand Oxford’s.</span> +<a name = "secVIII_9" id = "secVIII_9">Man</a> sollte meinen, daß dieses +Verfahren ungerecht und willkürlich genug war. Aber der König hatte +schon angefangen, Oxford mit einer Strenge zu behandeln, im Vergleich zu +welcher die gegen Cambridge bewiesene Milde genannt werden konnte. Schon +war das University-Collegium durch Obadja Walker in ein +römisch-katholisches Seminar verwandelt, schon stand das +Christchurch-Collegium unter der Leitung eines römisch-katholischen +Dechanten, schon wurde in diesen beiden Collegien täglich Messe gelesen. +Die ruhige, majestätische Stadt, so lange das Bollwerk des monarchischen +Prinzips, war von Leidenschaften aufgeregt, die sie bisher nie gekannt +hatte. Die Untergraduirten verhöhnten mit stillschweigender Erlaubniß +ihrer Vorgesetzten die Mitglieder von Walker’s Gemeinde und sangen +Spottlieder unter ihren Fenstern. Einige Bruchstücke von den Serenaden, +welche damals in High Street die Ruhe störten, sind der Nachwelt +erhalten worden; der Refrain einer Ballade lautet:</p> + +<div class = "verse"> +<p>„Der alte Obadja</p> +<p>singt Ave Maria.“</p> +</div> + +<p>Als die Schauspieler nach Oxford kamen, äußerte sich die öffentliche +Meinung noch stärker. Es wurde Howard’s „Comité“ gegeben. Dieses bald +nach der Restauration geschriebene Stück stellte die Puritaner in einem +<span class = "pagenum">VIII.14</span> +<a name = "pageVIII_14" id = "pageVIII_14"> </a> +gehässigen und verächtlichen Lichte dar und war deshalb seit einem +Vierteljahrhundert ein Lieblingsstück des oxforder Publikums. Jetzt war +es beliebter als je zuvor, denn ein glücklicher Zufall wollte, daß eine +der Hauptrollen ein alter Heuchler Namens Obadja war. Das Publikum brach +in einen Beifallsjubel aus, als Obadja in der letzten Scene mit einem +Strick um den Hals hereingeschleppt wurde, und der Applaus nahm zu, als +einer der Schauspieler, von dem vorgeschriebenen Texte abweichend, +ankündigte, daß Obadja wegen Glaubenabfalls gehängt werden solle. Der +König war höchlich entrüstet über diesen Hohn. Die Stimmung der +Universität war so rebellisch, daß eines der neu errichteten Regimenter, +das welches gegenwärtig das zweite Gardedragonerregiment heißt, nach +Oxford versetzt wurde, um einen Aufstand zu verhindern.<a class = "tag" +name = "tagVIII_10" id = "tagVIII_10" href = "#noteVIII_10">10</a></p> + +<p>Diese Vorgänge hätten Jakob überzeugen können, daß er einen Weg +eingeschlagen hatte, der ihn ins Verderben führen mußte. An das Geschrei +der Londoner war er schon längst gewöhnt. Es war zuweilen +ungerechterweise, zuweilen vergebens gegen ihn erhoben worden; er hatte +demselben wiederholt getrotzt und konnte ihm auch fernerhin trotzen. Daß +aber Oxford, der Sitz der Loyalität, das Hauptquartier der +Kavalierarmee, der Ort, wohin sein Vater und sein Bruder ihren Hof +verlegten, wenn sie sich in ihrer stürmisch bewegten Hauptstadt nicht +mehr sicher glaubten, der Ort, wo die Schriften der großen +republikanischen Lehrer unlängst den Flammen überliefert worden waren, +daß diese Stadt sich jetzt in einer unzufriedenen Gährung befand und die +muthigen Jünglinge, die sich vor wenigen Monaten so eifrig als +Freiwillige gemeldet hatten, um gegen die Insurgenten im Westen zu +marschiren, jetzt nur mit Mühe durch Säbel und Karabiner im Schach +gehalten wurden: das waren Zeichen von schlimmer Vorbedeutung für das +Haus Stuart. Doch der abgestumpfte, starrsinnige und eigenwillige Tyrann +beachtete den Warnungsruf nicht. Er hatte sich einmal vorgenommen, +seiner Kirche die reichsten und glänzendsten Stiftungen Englands zu +verschaffen. Umsonst machten ihm die besseren und verständigeren seiner +römisch-katholischen Rathgeber Vorstellungen. Sie erklärten ihm, daß er +der Sache seiner Religion viel nützen könne, ohne die Eigenthumsrechte +zu verletzen. Eine Bewilligung von jährlich zweitausend Pfund aus seiner +Privatchatulle würde hinreichen, um ein Jesuitencollegium in Oxford zu +unterhalten, und diese Summe könne er leicht verschmerzen. Ein solches +Collegium, mit tüchtigen, gelehrten und eifrigen Lehrern ausgestattet, +würde ein gefährlicher Nebenbuhler für die alten akademischen Anstalten +werden, welche nur zu deutliche Symptome einer von Reichthum und +Sicherheit unzertrennlichen Erschlaffung zeigten. König Jakob’s +Collegium würde bald selbst von den Protestanten hinsichtlich der +Wissenschaften sowohl als auch der moralischen Zucht als die erste +Bildungsanstalt der Insel anerkannt werden. Dies würde der wirksamste +und zugleich glimpflichste Weg sein, um die anglikanische Kirche zu +demüthigen und die römische zu Ansehen zu bringen. Der Earl von +Ailesbury, einer der ergebensten Diener des königlichen Hauses, +erklärte, daß er, obgleich Protestant und nicht reich, lieber selbst +einen Beitrag von tausend Pfund zu diesem Zwecke hergeben wolle, als daß +sein Gebieter +<span class = "pagenum">VIII.15</span> +<a name = "pageVIII_15" id = "pageVIII_15"> </a> +die Eigenthumsrechte verletze und sein der Staatskirche gegebenes Wort +breche.<a class = "tag" name = "tagVIII_11" id = "tagVIII_11" href = +"#noteVIII_11">11</a> Der Plan fand jedoch keinen Beifall in den Augen +des Königs. Allerdings entsprach er auch in mehr als einer Beziehung +seinem unfreundlichen Character nicht. Denn es machte ihm Vergnügen, den +Sinn der Menschen zu beugen und zu brechen, und von seinem Gelde konnte +er sich nur schwer trennen. Was er auf seine Kosten zu unternehmen nicht +hochherzig genug war, das beschloß er auf Kosten Anderer durchzuführen. +Wenn er einmal etwas begonnen hatte, so hielt sein Stolz und sein +Starrsinn ihn ab, wieder zurückzutreten, und er ließ sich endlich +Schritt für Schritt zu Handlungen türkischer Tyrannei verleiten, zu +Handlungen, welche die Nation zu der Überzeugung bringen mußten, daß das +Vermögen eines protestantischen Freisassen Englands unter einem +römisch-katholischen König ebenso unsicher war, wie das eines Griechen +unter der Herrschaft eines Moslem.</p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVIII_10" id = "noteVIII_10" href = +"#tagVIII_10">10.</a> +<span class = "antiqua">Wood’s Athenae Oxonienses</span>; <span class = +"antiqua">Apology for the Life of Colley Cibber</span>; Citters, 2.(12.) +März 1686.</p> + +<p><a name = "noteVIII_11" id = "noteVIII_11" href = +"#tagVIII_11">11.</a> +<span class = "antiqua">Burnet, I.</span> 697; Brief von Lord Ailesbury, +abgedruckt im <span class = "antiqua">European Magazine</span>, April +1795.</p> +</div> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Das Magdalenen-Collegium in Oxford.</span> +<a name = "secVIII_10" id = "secVIII_10">Das</a> Magdalenen-Collegium, +gegründet im funfzehnten Jahrhundert von Wilhelm von Waynflete, Bischof +von Winchester und Lordgroßkanzler, war eine der hervorragendsten +unserer akademischen Institute. Ein schlanker Thurm, auf dessen Zinnen +alljährlich am Morgen des ersten Mai von Choristen eine lateinische +Hymne gesungen wurde, fesselte schon von weitem die Aufmerksamkeit des +von London her kommenden Reisenden. Wenn er sich näherte, bemerkte er, +daß dieser Thurm sich von einem mit Zinnen versehenen, zwar niedrigen +und unregelmäßigen, aber doch sehr ehrwürdig aussehenden Gebäude erhob, +das von Bäumen beschattet und von den trägen Fluthen des Chervell +bespült wurde. Er trat durch einen Thorweg,<a class = "tag" name = +"tagVIII_12" id = "tagVIII_12" href = "#noteVIII_12">12</a> über dem +eine stattliche Gallerie hinlief, in einen geräumigen Kreuzgang, der mit +Emblemen der Tugenden und Laster, von den Bildhauern des funfzehnten +Jahrhunderts roh in grauen Stein gemeißelt, verziert war. Der Tisch der +Gesellschaft wurde in einem mit Gemälden und phantastischem Schnitzwerk +reich ausgestatteten Refectorium gedeckt. Der Gottesdienst wurde früh +und Abends in einer Kapelle gehalten, die von den Reformers und den +Puritanern viel zu leiden gehabt hatte, aber trotz alledem ein +wunderschönes Bauwerk war, das in unseren Tagen mit seltenem Geschmack +und Geschick restaurirt worden ist. Die großen Gartenanlagen am Ufer des +Flusses zeichneten sich durch hohe Bäume aus, unter denen ein Wunder der +Pflanzenwelt unsrer Insel emporragte, eine riesige Eiche, welche hundert +Jahre älter sein sollte, als das älteste Collegium der Universität.</p> + +<p>Die Statuten der Gesellschaften bestimmten, daß die Könige von +England und die Prinzen von Wales in dem Hause aufgenommen werden +sollten, wie in ihrem eignen Palaste. Eduard IV. hatte das Gebäude +bewohnt, als es noch nicht vollendet war. Richard III. hatte darin sein +Hoflager gehalten, im großen Saale Disputationen mit angehört, war +königlich bewirthet worden und hatte die Küche seiner Wirthe mit einem +Geschenk von fetten Rehböcken aus seinen Forsten beehrt. Zwei +muthmaßliche Thronerben, welche frühzeitig hinweggerafft wurden, Arthur, +der ältere Bruder Heinrich’s VIII., und Heinrich, der ältere Bruder +Karl’s I., hatten in dem Collegium studirt; ebenso auch ein andrer +Prinz +<span class = "pagenum">VIII.16</span> +<a name = "pageVIII_16" id = "pageVIII_16"> </a> +von Geblüt, der letzte und beste der römisch-katholischen Erzbischöfe +von Canterbury, der menschenfreundliche Reginald Pole. Zur Zeit des +Bürgerkriegs war das Collegium der Sache der Krone treu geblieben. +Ruprecht hatte dort sein Hauptquartier aufgeschlagen, und ehe er zu +einigen seiner kühnsten Unternehmungen auszog, hatte man in den stillen +Kreuzgängen seine Trompeter zum Aufbruch blasen hören. Die Mehrzahl der +Fellows waren Theologen und konnten den König nur mit Gebeten und +Geldspenden unterstützen. Doch einer von den Mitgliedern der +Gesellschaft, ein Doctor des Civilrechts, warb eine Truppe +Untergraduirter und fiel an ihrer Spitze im tapferen Kampfe gegen die +Soldaten von Essex. Als die Feindseligkeiten beendigt und die Rundköpfe +Herren von England waren, verweigerten sechs Siebentel der Mitglieder +der usurpirten Gewalt ihre Unterwerfung. In Folge dessen wurden sie aus +ihren Wohnungen vertrieben und ihrer Einkünfte beraubt. Nach der +Restauration kehrten die noch Lebenden an ihren lieblichen Wohnsitz +zurück. Eine neue Generation war auf sie gefolgt, die ihre Ansichten und +ihren Muth geerbt hatte. Zur Zeit des Aufstandes im Westen hatten +diejenigen Collegiaten, welche nicht durch Alter oder Beruf zum +Gebrauche der Waffen unfähig waren, sich bereitwilligst erboten, für die +Krone zu kämpfen. Es dürfte schwerlich im ganzen Königreiche irgend eine +Korporation zu finden sein, welche gerechteren Anspruch auf die +Dankbarkeit des Hauses Stuart gehabt hätte.<a class = "tag" name = +"tagVIII_13" id = "tagVIII_13" href = "#noteVIII_13">13</a></p> + +<p>Die Gesellschaft bestand aus einem Präsidenten, vierzig <ins class = +"correction" title = "’ im Original">Fellow’s</ins>, dreißig Studenten +(<span class = "antiqua">Demies</span>, Halbe genannt) und einer Anzahl +von Kaplanen, Schreibern und Chorsängern. Zur Zeit der Generalvisitation +unter Heinrich VIII. waren die Einkünfte viel bedeutender als die jeder +andren ähnlichen Stiftung des Landes, fast um die Hälfte größer als die +der reichen Stiftung Heinrich’s VI. in Cambridge und über noch +einmal so groß als die, welche Wilhelm von Wykeham seinem Collegium in +Oxford vermacht hatte. In den Tagen Jakob’s II. war der Reichthum +des Magdalenen-Collegiums enorm und wurde durch das Gerücht noch +übertrieben. Das Collegium wurde allgemein für reicher als die reichsten +Abteien des Continents gehalten. Wenn die Pachtgelder alle eingingen, +hieß es unter dem Volke, so beliefen sich die jährlichen Einkünfte auf +die ungeheure Summe von vierzigtausend Pfund Sterling.<a class = "tag" +name = "tagVIII_14" id = "tagVIII_14" href = "#noteVIII_14">14</a></p> + +<p>Die Collegiaten waren durch die von dem Begründer festgesetzten +Statuten ermächtigt, sich ihren Präsidenten unter Personen, welche +Mitglieder ihrer Gesellschaft oder des Neuen Collegiums waren oder +gewesen waren, selbst zu wählen. Dieses Recht war in der Regel mit +völliger Freiheit ausgeübt worden. Nur in einzelnen Fällen waren +königliche Zuschriften gekommen, welche dem Collegium befähigte Personen +anempfahlen, die bei Hofe in Gunst standen, und es war in solchen Fällen +Sitte gewesen, auf die Wünsche des Souverains gebührende Rücksicht zu +nehmen.</p> + +<p>Im März 1687 starb der Präsident des Collegiums. Einer der Fellows, +Doctor Thomas Smith, vom Volke spottweise Rabbi Smith +<span class = "pagenum">VIII.17</span> +<a name = "pageVIII_17" id = "pageVIII_17"> </a> +genannt, ein ausgezeichneter Reisender, Büchersammler, +Alterthumsforscher und Orientalist, der Kaplan bei der Gesandtschaft in +Konstantinopel gewesen und mit der Vergleichung der alexandrinischen +Handschriften beauftragt worden war, bewarb sich um den erledigten +Posten. Er meinte als Gelehrter und als eifriger Tory einigen Anspruch +auf die Begünstigung von Seiten der Regierung zu haben. Seine Loyalität +war auch in der That so glühend und so unwandelbar, wie man sie in der +ganzer englischen Kirche nur finden konnte. Er war lange mit dem Bischof +Parker von Oxford intim befreundet gewesen und hoffte durch die +Verwendung dieses Prälaten ein königliches Empfehlungsschreiben an das +Collegium zu erhalten. Parker versprach sein Möglichstes zu thun, +berichtete aber bald, daß er auf Schwierigkeiten gestoßen sei. „Der +König,“ sagte er, „mag Niemanden empfehlen, der nicht ein Freund seiner +Religion ist. Was können Sie in dieser Beziehung thun, um ihn zufrieden +zu stellen?“ Smith antwortete, daß, wenn er Präsident werden sollte, er +sich bemühen würde, Gelehrsamkeit, wahres Christenthum und Loyalität zu +fördern. „Das wird nicht genügen,“ sagte der Bischof. „Nun so mag +Präsident werden wer da will,“ versetzte Smith mannhaft; „ich kann nicht +mehr versprechen.“</p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVIII_12" id = "noteVIII_12" href = +"#tagVIII_12">12.</a> +Dieser Thorweg ist jetzt verschlossen.</p> + +<p><a name = "noteVIII_13" id = "noteVIII_13" href = +"#tagVIII_13">13.</a> +<span class = "antiqua">Wood’s Athenae Oxonienses</span>; <span class = +"antiqua">Walker’s Sufferings of the Clergy.</span></p> + +<p><a name = "noteVIII_14" id = "noteVIII_14" href = +"#tagVIII_14">14.</a> +<span class = "antiqua">Burnet, I. 697</span>; <span class = +"antiqua">Tanner’s Notitia Monastica.</span> Bei der Visitation im +sechsundzwanzigsten Regierungsjahre Heinrich’s VIII. ergab es sich, daß +die Einkünfte des Kings-Collegiums 751 Pfd. St., die des Neuen +Collegiums 487 Pfd. St. und die des Magdalenen-Collegiums 1076 Pfd. St. +betrugen.</p> +</div> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Anton Farmer vom Könige als Präsident empfohlen.</span> +<a name = "secVIII_11" id = "secVIII_11">Die</a> Wahl wurde auf den +dreizehnten April festgesetzt und die Fellows aufgefordert, derselben +beizuwohnen. Es ging die Rede, daß ein königliches Schreiben einlaufen +werde, das einen gewissen Anton Farmer für die erledigte Stelle +empfehle. Das Leben dieses Mannes war eine Reihenfolge ehrloser +Handlungen. Er war Mitglied der Universität Cambridge gewesen und der +Ausstoßung nur durch rechtzeitige freiwillige Entfernung entgangen. Dann +hatte er sich den Dissenters angeschlossen und hierauf war er nach +Oxford gegangen, um in das Magdalenen-Collegium einzutreten, wo er sich +bald durch alle möglichen Laster auszeichnete. In der Regel taumelte er +spät in der Nacht so betrunken, daß er nicht sprechen konnte, seinem +Collegium zu. Es war allbekannt, daß er an der Spitze eines +unehrenvollen Aufruhrs in Abingdon gestanden hatte, und er war ein +regelmäßiger Gast bekannter Lieblingsorte von Wüstlingen gewesen. +Endlich war er Kuppler geworden, hatte sogar die gewöhnliche Gemeinheit +seines abscheulichen Gewerbes noch übertroffen und hatte von +liederlichen jungen Leuten für Dienste, welche die Geschichte nicht gut +erzählen kann, Geld genommen. Dieser erbärmliche Mensch war jetzt zum +Papismus übergetreten. Sein Abfall sühnte alle seine Laster, und +obgleich noch sehr jung, wurde er zum Vorsteher einer ernsten religiösen +Gesellschaft empfohlen, in welcher das Ärgerniß, das er durch seine +Lasterhaftigkeit gegeben, noch im frischen Andenken war.</p> + +<p>Durch das allgemeine Landesgesetz war er als römischer Katholik von +allen akademischen Ämtern ausgeschlossen, und da er niemals Fellow des +Magdalenen-Collegiums noch des Neuen Collegiums gewesen, so hatte er der +besonderen Verordnung Wilhelm’s von Waynflete gemäß gar kein Recht, sich +um die erledigte Präsidentenstelle zu bewerben. Überdies hatte Waynflete +den Mitgliedern seiner Stiftung noch ausdrücklich eingeschärft, daß sie +bei der Wahl ihres Vorstehers namentlich auf seinen moralischen +Character Rücksicht nehmen sollten, und hätte er auch keine derartige +Weisung hinterlassen, so konnte eine meist aus Theologen bestehende +Gesellschaft einem Mann wie Farmer schicklicherweise nicht die Leitung +einer Bildungsanstalt übertragen. +<span class = "pagenum">VIII.18</span> +<a name = "pageVIII_18" id = "pageVIII_18"> </a></p> + +<p>Die Collegiaten stellten dem Könige ehrerbietigst vor, in welche +Verlegenheit sie kommen würden, wenn das Gerücht, daß Farmer ihnen +empfohlen werden sollte, sich als begründet erwies, und baten darum, daß +Seine Majestät, wenn es ihm beliebe, sich in die Wahl einzumischen, +ihnen einen Mann vorschlagen möchte, für den sie gesetzlicherweise und +mit gutem Gewissen stimmen könnten. Von dieser ergebenen Bitte wurde +keine Notiz genommen. Das königliche Schreiben lief ein. Der Überbringer +desselben war ein Fellow des Collegiums, der unlängst Papist geworden +war, Namens Robert Charnock, ein Mann von Talent und Geist, aber von +heftigem und ruhelosem Temperament, das ihn einige Jahre später zu einem +abscheulichen Verbrechen und zu einem entsetzlichen Schicksale trieb. +Das Collegium versammelte sich am 13. April in der Kapelle. Man hatte +noch immer einige Hoffnung, daß der König sich durch die an ihn +gerichteten Vorstellungen werde bewegen lassen, und die Versammlung +vertagte sich deshalb bis auf den 15. April, als den letzten Termin, an +welchem die Wahl nach den Statuten des Collegiums stattfinden mußte.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Wahl des Präsidenten.</span> +<a name = "secVIII_12" id = "secVIII_12">Der</a> 15. April erschien und +die Collegiaten versammelten sich wieder in ihrer Kapelle. Von <ins +class = "correction" title = "Original hat »Withehall«">Whitehall</ins> +war keine Antwort gekommen. Einige der älteren Mitglieder, darunter +Smith, waren der Meinung, die Wahl lieber noch einmal zu verschieben, +als einen Schritt zu thun, der den König möglicherweise beleidigen +konnte. Aber die Sprache der Statuten war klar und die Mitglieder des +Collegiums hatten sich eidlich verpflichtet, dieselben zu befolgen. Die +Ansicht der Mehrheit war daher, daß kein weiterer Aufschub stattfinden +dürfe. Es erfolgte eine heftige Debatte. Die Wähler waren zu aufgeregt, +als daß sie hätten auf ihren Plätzen bleiben können; die ganze Kapelle +war in Aufruhr. Diejenigen, welche für die Vornahme der Wahl stimmten, +beriefen sich auf ihre Eide und auf die Verordnungen des Stifters, +dessen Brot sie aßen. Sie behaupteten ganz richtig, der König habe nicht +das Recht, ihnen selbst einen geeigneten Candidaten aufzudringen. In der +Hitze des Streits fielen einige für toryistische Ohren anstößige +Äußerungen und Smith ließ sich zu der Bemerkung verleiten, der Geist +Ferguson’s habe sich seiner Collegen bemächtigt. Mit großer +Stimmenmehrheit wurde endlich der Beschluß gefaßt, die Wahl unverzüglich +vorzunehmen. Charnock verließ die Kapelle. Die übrigen Fellows gaben, +nachdem sie vorher das Sakrament empfangen, ihre Stimmen ab. Die Wahl +fiel auf Johann Hough, einen Mann von seltener Tugend und Besonnenheit, +der, nachdem er Verfolgungen mit hohem Muthe und das Glück mit ernster +Würde ertragen, zu hohen Ehren emporgestiegen und noch höhere bescheiden +abgelehnt hatte, mehr als sechsundfünfzig Jahre nach diesem +ereignißvollen Tage in hohem Alter, aber noch in voller Kraft des +Geistes starb.</p> + +<p>Die Gesellschaft beeilte sich, dem Könige die Umstände +auseinanderzusetzen, welche es nothwendig gemacht hatten, ohne weiteren +Verzug zur Wahl eines Präsidenten zu schreiten, und ersuchte den Herzog +von Ormond als Kanzler der ganzen Universität, und den Bischof von +Winchester als Visitator des Magdalenen-Collegiums, das Amt der +Vermittelung zu übernehmen. Der König aber war viel zu aufgebracht und +viel zu befangen, als daß er auf derartige Verstellungen hätte hören +können.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Die Mitglieder des Magdalenen-Collegiums werden vor die Hohe Commission +geladen.</span> +<a name = "secVIII_13" id = "secVIII_13">Anfangs</a> Juni wurden die +Collegiaten vor die Hohe Commission nach Whitehall beschieden. Fünf von +<span class = "pagenum">VIII.19</span> +<a name = "pageVIII_19" id = "pageVIII_19"> </a> +ihnen kamen als Deputirte der Korporation der Aufforderung nach. +Jeffreys behandelte sie nach seiner gewohnten Manier. Als einer von +ihnen, ein ehrwürdiger Doctor, Namens Fairfax, einigen Zweifel an der +Rechtsgültigkeit der Commission äußerte, begann er zu brüllen wie ein +wildes Thier: „Wer ist der Mann? Wer giebt ihm das Recht, hier +unverschämt zu sein? Ergreift ihn und steckt ihn in ein finstres Zimmer! +Wie kann man ihn ohne Wächter lassen? Er steht als Wahnsinniger unter +meiner Aufsicht. Es wundert mich, daß noch Niemand bei mir darauf +angetragen hat, daß er in sicheres Gewahrsam gebracht werde.“ Als aber +der Sturm ausgetobt hatte und die Aussagen über den sittlichen Charakter +des vom Könige empfohlenen Kandidaten verlesen waren, hatte keiner der +Commissare die Frechheit zu behaupten, daß ein solcher Mensch sich zum +Präsidenten eines großen Collegiums eigne. Obadja Walker und die übrigen +oxforder Papisten, die sich eingefunden hatten, um ihren Proselyten zu +unterstützen, waren nicht wenig bestürzt. Die Commission erklärte +Hough’s Wahl für ungültig und suspendirte Fairfax von seiner +Collegiatur; von Farmer aber war keine Rede mehr und im August kam ein +königliches Schreiben an, welches dem Collegium den Bischof von Oxford, +Parker, empfahl.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Parker zum Präsidenten empfohlen.</span> +<a name = "secVIII_14" id = "secVIII_14">Parker</a> war kein erklärter +Papist. Es lag jedoch ein Umstand gegen ihn vor, der, selbst wenn die +Präsidentur erledigt gewesen wäre, hätte entscheidend sein müssen: er +hatte weder dem Neuen Collegium noch dem Magdalenen-Collegium jemals +angehört. Aber die Präsidentur war gar nicht erledigt, denn Hough war +rechtskräftig gewählt und sämmtliche Mitglieder des Collegiums waren +eidlich verpflichtet, ihn in seinem Amte zu erhalten. Sie entschuldigten +sich daher mit vielen Versicherungen ihrer Loyalität und ihres +Bedauerns, daß sie dem Befehle des Königs nicht Folge leisten +könnten.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Die Karthause.</span> +<a name = "secVIII_15" id = "secVIII_15">Während</a> Oxford so der +Tyrannei energisch entgegen trat, leistete man an einem andren Orte +nicht weniger tapferen Widerstand. Jakob hatte vor einiger Zeit den +Administratoren der Karthause, Männern von hohem Rang und Ansehen im +Königreiche, den Befehl gegeben, einen römischen Katholiken, Namens +Popham, in das unter ihrer Verwaltung stehende Hospital aufzunehmen. Der +Vorsteher der Anstalt, Thomas Burnet, ein durch Genie, Gelehrsamkeit und +Tugend ausgezeichneter Geistlicher, hatte, obgleich der wilde Jeffreys +im Collegium saß, den Muth, sie darauf aufmerksam zu machen, daß jene +Zumuthung dem Willen des Stifters sowohl als einer Parlamentsacte +zuwiderlaufe. „Was thut dies zur Sache?“ fragte ein dem Vorstande +angehörender Höfling. „Ich meine, es thut sehr viel zur Sache,“ +antwortete eine von Alter und Sorgen geschwächte Stimme, die aber in +keiner Versammlung ohne Achtung gehört wurde, die Stimme des ehrwürdigen +Ormond. „Eine Parlamentsacte,“ fuhr der Patriarch der Kavalierpartei +fort, „ist meiner Ansicht nach keine Kleinigkeit.“ Es wurde die Frage +gestellt, ob Popham zugelassen werden solle, und der Beschluß lautete +auf seine Zurückweisung. Da der Kanzler seinem Grolle nicht wohl durch +Fluchen und Verwünschungen gegen Ormond Luft machen konnte, so lief er +in voller Wuth fort und mehrere von der Minorität folgten ihm. In Folge +dessen blieb keine beschlußfähige Anzahl übrig und es konnte daher auf +den königlichen Befehl keine formelle Antwort gegeben werden.</p> + +<p>Die nächste Sitzung fand nur zwei Tage, nachdem die Commission +<span class = "pagenum">VIII.20</span> +<a name = "pageVIII_20" id = "pageVIII_20"> </a> +Hough’s Wahl für ungültig erklärt und Fairfax suspendirt hatte, statt. +Die Administratoren erhielten einen zweiten Befehl mit dem großen +Staatssiegel; aber das tyrannische Verfahren gegen das +Magdalenen-Collegium hatte ihren Muth noch erhöht, anstatt ihn zu +schwächen. Sie setzten ein Schreiben an Sunderland auf, durch welches er +ersucht wurde, dem Könige mitzutheilen, daß sie im vorliegenden Falle +Seiner Majestät nicht gehorchen könnten, ohne das Gesetz und ihre +Amtspflicht zu verletzen.</p> + +<p>Es dürfte kaum zu bezweifeln sein, daß, wenn diese Zuschrift nur von +unbedeutenden Männern unterzeichnet gewesen wäre, der König irgend einen +Gewaltschritt gethan haben würde. Aber selbst er erschrak beim Anblick +der großen Namen Ormond, Halifax, Danby und Nottingham, der Oberhäupter +aller Farben der großen Partei, der er seine Krone verdankte. Er +begnügte sich deshalb, Jeffreys zu bedeuten, daß er das weiter +einzuschlagende Verfahren in Erwägung ziehen solle. Einmal hieß es, es +werde ein Prozeß bei der Kings Bench anhängig gemacht werden, ein +andermal, die Kirchliche Commission werde den Fall in die Hand nehmen, +aber diese Drohungen verstummten nach und nach wieder.<a class = "tag" +name = "tagVIII_15" id = "tagVIII_15" href = "#noteVIII_15">15</a></p> + +<p class = "footnote"> +<a name = "noteVIII_15" id = "noteVIII_15" href = "#tagVIII_15">15.</a> +<span class = "antiqua">A Relation of the Proceedings at the +Charterhouse, 1689.</span></p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Rundreise des Königs.</span> +<a name = "secVIII_16" id = "secVIII_16">Der</a> Sommer war jetzt weit +vorgerückt und der König trat eine Reise an, die längste und +glänzendste, die man seit vielen Jahren gesehen hatte. Am 16. August +begab er sich von Windsor nach <ins class = "correction" title = +"Original hat »Portsmuth«">Portsmouth</ins>, besichtigte die +Festungswerke, berührte einige mit Kröpfen Behaftete und fuhr dann in +einer seiner Yachten nach Southampton. Von hier reiste er nach Bath, wo +er sich einige Tage aufhielt und die Königin zurückließ. Als er wieder +abreiste, begleiteten ihn der Obersheriff von Somersetshire und eine +große Anzahl Gentlemen bis an die Grenze der Grafschaft, wo ihn der +Obersheriff von Gloucestershire mit einem nicht minder glänzenden +Gefolge erwartete. Der Herzog von Beaufort kam bald darauf den +königlichen Equipagen entgegen und geleitete dieselben nach Badminton, +wo ein des Rufes, den sich der Herzog durch seinen glänzenden Haushalt +erworben hatte, würdiges Mahl für ihn angerichtet war. Am Nachmittag +ging der Zug weiter nach Gloucester. Zwei Meilen vor der Stadt wurde er +vom Bischofe und der Geistlichkeit bewillkommnet. Am Südthore erwartete +ihn der Mayor mit den Schlüsseln. Die Glocken gingen und aus allen +Röhrtrögen floß Wein, während der König durch die Straßen nach dem +Platze zog, der die ehrwürdige Kathedrale umgiebt. Er übernachtete in +der Dechanei und brach am folgenden Morgen nach Worcester auf. Von +Worcester ging er nach Ludlow, Shrewsbury und Chester, und wurde überall +mit äußeren Zeichen der Freude und Ehrerbietung empfangen, die er +schwach genug war, als Beweise zu betrachten, daß die durch seine +Maßregeln hervorgerufene Unzufriedenheit gedämpft sei und ihm ein +leichter Sieg bevorstehe. Der scharfblickendere Barillon benachrichtigte +Ludwig, daß der König in einer Täuschung befangen sei, daß die Reise +keinen wirklichen Nutzen gebracht habe und daß die nämlichen Gentlemen +von Worcestershire und Shropshire, die es für ihre Pflicht gehalten, +ihren Souverain und Gast mit allen Ehrenbezeigungen zu empfangen, sich +so widerspenstig als je zeigen würden, wenn die Testangelegenheit zur +Sprache käme.<a class = "tag" name = "tagVIII_16" id = "tagVIII_16" href += "#noteVIII_16">16</a></p> + +<p>Unterwegs schlossen sich dem königlichen Zuge zwei Höflinge an, die +<span class = "pagenum">VIII.21</span> +<a name = "pageVIII_21" id = "pageVIII_21"> </a> +in Character und Meinungen weit von einander verschieden waren. Penn war +auf einer geistlichen Hirtenreise in Chester. Seine Popularität und sein +Ansehen waren unter seinen Glaubensbrüdern tief gesunken, seitdem er ein +Werkzeug des Königs und der Jesuiten geworden war.<a class = "tag" name += "tagVIII_17" id = "tagVIII_17" href = "#noteVIII_17">17</a> Jakob aber +nahm ihn sehr freundlich auf und er durfte am Sonntage im Ballhause +einen Vortrag halten, während Cartwright in der Kathedrale predigte und +der König an einem in der Grafschaftshalle errichteten Altare die Messe +hörte. Man sagt sogar, Seine Majestät habe geruht, einen Augenblick in +das Ballhaus einzutreten und der melodischen Beredtsamkeit seines +Freundes mit Anstand zuzuhören.<a class = "tag" name = "tagVIII_18" id = +"tagVIII_18" href = "#noteVIII_18">18</a></p> + +<p>Der wüthende Tyrconnel war von Dublin über den Kanal gekommen, um von +seiner Verwaltung Bericht zu erstatten. Alle achtungswertheren +englischen Katholiken behandelten ihn als einen Feind ihres Stammes und +als eine Schande ihrer Religion mit Kälte. Sein Gebieter aber hieß ihn +herzlich willkommen und entließ ihn mit Versicherungen seines +ungeschwächten Vertrauens und seiner steten Unterstützung. Jakob vernahm +mit großer Freude, daß bald die ganze Verwaltung Irlands in +römisch-katholischen Händen sein werde. Die englischen Ansiedler waren +schon ihrer ganzen politischen Macht beraubt, es blieb nur noch übrig, +sie auch ihres Eigenthums zu berauben, und diese letzte Gewaltthat wurde +so lange aufgeschoben, bis man sich die Mitwirkung eines irischen +Parlaments gesichert haben würde.<a class = "tag" name = "tagVIII_19" id += "tagVIII_19" href = "#noteVIII_19">19</a></p> + +<p>Von Cheshire wendete sich der König nach dem Süden und in der festen +Überzeugung, daß die Fellows des Magdalenen-Collegiums es trotz ihres +widerspenstigen Geistes nicht wagen würden, einem ihnen mündlich +gegebenen Befehle den Gehorsam zu verweigern, reiste er nach Oxford. Auf +dem Wege dahin machte er einige kleine Abstecher nach Orten, die ihn als +König, als Bruder und als Sohn besonders interessirten. Er besuchte das +gastliche Dach von Boscobel und die Überreste der Eiche, die in der +Geschichte seines Hauses eine so wichtige Rolle spielt. Er fuhr über das +Schlachtfeld von Edgehill, wo die Kavaliere zuerst mit den Soldaten des +Parlaments die Schwerter kreuzten. Am 3. September speiste er mit großem +Gepränge im Palast von Woodstock, einem alten berühmten Schlosse, von +dem kein Stein mehr vorhanden ist, dessen Lage aber noch heute auf der +Wiese des Blenheimparks durch zwei unweit der stattlichen Brücke +stehende Platanen bezeichnet wird.</p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVIII_16" id = "noteVIII_16" href = +"#tagVIII_16">16.</a> +London Gazette vom 18. Aug. bis 1. Sept. 1687; Barillon, 19.(29.) +Sept.</p> + +<p><a name = "noteVIII_17" id = "noteVIII_17" href = +"#tagVIII_17">17.</a> +<span class = "antiqua">„Penn, chef des Quakers, qu’on sait être dans +les intérêts du Roi d’Angleterre, est si fort décrié parmi ceux de son +parti qu’il n’ont plus aucune confiance en lui.“</span> — +Bonrepaux an Seignelay, 12.(22.) Sept. 1687. Gerhard Croese’s Zeugniß +lautet ganz ebenso: <span class = "antiqua">„Etiam Quakeri Pennum non +amplius, ut ante ita amabant ac magnifaciebant, quidam aversabantur ac +fugiebant.“ — Historia Quakeriana, lib. II. 1695.</span></p> + +<p><a name = "noteVIII_18" id = "noteVIII_18" href = +"#tagVIII_18">18.</a> +<span class = "antiqua">Cartwright’s Diary, Aug. 30. 1687</span>; <span +class = "antiqua">Clarkson’s Life of William Penn.</span></p> + +<p><a name = "noteVIII_19" id = "noteVIII_19" href = +"#tagVIII_19">19.</a> +<span class = "antiqua">London Gazette, Sept. 5.</span>; <span class = +"antiqua">Sheridan MS.</span>; Barillon 6.(16.) Sept. 1687. <span class += "antiqua">„Le Roi son maître,“</span> sagt Barillon, <span class = +"antiqua">„a témoigné une grande satisfaction des mesures qu’il a +prises, et a autorisé ce qu’il a fait en faveur des Catholiques. Il les +établit dans les emplois et les charges, en sorte que l’autorité se +trouvera bientôt entre leurs mains. Il reste encore beaucoup de choses à +faire en ce pays là pour retirer les biens injustement ôtés aux +Catholiques. Mais cela ne peut s’exécuter qu’avec le temps et dans +l’assemblée d’un parlement en Irlande.“</span></p> +</div> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Der König in Oxford.</span> +<a name = "secVIII_17" id = "secVIII_17">Am</a> Abend erreichte er +Oxford, wo +<span class = "pagenum">VIII.22</span> +<a name = "pageVIII_22" id = "pageVIII_22"> </a> +er mit den gewohnten Ehrenbezeigungen empfangen wurde. Die Studenten +hatten sich in ihrer akademischen Tracht vom Stadtthore bis an den +Haupteingang des Christchurch-Collegiums in einer Doppelreihe +aufgestellt. Er stieg in der Dechanei ab, wo er unter anderen +Bequemlichkeiten eine zum Meßdienst eingerichtete Kapelle vorfand.<a +class = "tag" name = "tagVIII_20" id = "tagVIII_20" href = +"#noteVIII_20">20</a></p> + +<p class = "footnote"> +<a name = "noteVIII_20" id = "noteVIII_20" href = "#tagVIII_20">20.</a> +<span class = "antiqua">London Gazette, Sept. 5, 8. 1687</span>.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Er giebt den Collegiaten des Magdalenenstifts einen Verweis.</span> +<a name = "secVIII_18" id = "secVIII_18">Den</a> Tag nach seiner Ankunft +erhielten die Fellows des Magdalenen-Collegiums Befehl, ihm ihre +Aufwartung zu machen. Als sie vor ihm erschienen, behandelte er sie mit +einem Übermuth, wie ihn die puritanischen Visitatoren gegen ihre +Vorgänger nie bewiesen hatten. „Sie haben Sich nicht wie Gentlemen gegen +mich benommen,“ rief er aus; „Sie haben Sich eben so unschicklich als +ungehorsam gezeigt.“ Sie fielen auf die Knie und überreichten ihm eine +Petition. Er wollte sie nicht ansehen. „Ist das die Loyalität Ihrer +englischen Kirche? Ich hätte nicht gedacht, daß so viele Geistliche der +Kirche Englands sich bei einer solchen Sache betheiligen könnten. Gehen +Sie nach Hause, gehen Sie. Ich bin König und ich verlange Gehorsam. +Gehen Sie augenblicklich in Ihre Kapelle und nehmen Sie den Bischof von +Oxford auf. Und wehe Denen, die sich weigern, sie sollen das ganze +Gewicht meiner Hand fühlen, sie sollen erfahren, was es heißt, sich die +Ungnade seines Souverains zuziehen!“ Die noch immer vor ihm knieenden +Collegiaten reichten ihm wiederholt ihre Petition dar. Er warf sie +zornig zu Boden. „Gehen Sie, sage ich, ich nehme nichts von Ihnen an, +bis Sie den Bischof aufgenommen haben!“</p> + +<p>Sie gingen und versammelten sich augenblicklich in ihrer Kapelle. Es +wurde die Frage gestellt, ob sie sich dem Befehle Seiner Majestät fügen +sollten. Smith war abwesend, nur Charnock antwortete mit Ja. Alle +übrigen Collegiaten erklärten, daß sie in allen gesetzlichen Dingen dem +Könige bereitwilligst gehorchen, ihre Statuten und ihre Eide aber nicht +verletzen würden.</p> + +<p>Voll Zorn und Ärger über seine Niederlage verließ der König Oxford +und kehrte nach Bath zur Königin zurück. Seine Hartnäckigkeit und +Willkür hatte ihn in eine sehr schwierige Lage versetzt. Er hatte zu +fest auf die Wirkung seiner finstren Miene und seiner gebieterischen +Rede gerechnet und unbesonnenerweise nicht nur das Ansehen seiner +Regierung, sondern auch seine persönliche Würde aufs Spiel gesetzt. +Konnte er Unterthanen nachgeben, denen er mit erhobener Stimme und +zornigen Geberden gedroht hatte? Konnte er es auf der andren Seite +wagen, an einem Tage eine Anzahl achtungswerther Geistlicher aus ihrer +Heimath zu vertreiben, weil sie eine in den Augen der ganzen Nation +heilige Pflicht gethan hatten? Vielleicht gab es noch einen Ausweg aus +dieser Verlegenheit, vielleicht konnte das Collegium doch noch durch +Drohungen, durch Zureden oder durch Bestechung zur Unterwerfung gebracht +werden.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Penn sucht zu vermitteln.</span> +<a name = "secVIII_19" id = "secVIII_19">Man</a> bediente sich Penn’s +als Vermittler. Er hatte zuviel Rechtsgefühl, als daß er das gewaltsame +und ungerechte Verfahren der Regierung hätte billigen können und er +wagte es sogar, einem Theile seiner Gedanken Worte zu geben. Jakob +beharrte wie gewöhnlich auf seinem Vorsatze, und der höfische Quäker +<span class = "pagenum">VIII.23</span> +<a name = "pageVIII_23" id = "pageVIII_23"> </a> +that daher sein Möglichstes, um das Collegium vom Pfade des Rechts +abzuziehen. Zuerst versuchte er es mit Einschüchterungen. Er sagte, der +Gesellschaft drohe der Untergang, denn der König sei im höchsten Grade +aufgebracht. Es sei allerdings ein schwerer Schritt für sie, das sahen +die meisten Leute ein; aber jedes Kind wisse auch, daß Seine Majestät +seinen Willen gern durchsetze und daß er Widerspruch nicht vertragen +könne. Penn ermahnte daher die Collegiaten, nicht auf die Gerechtigkeit +ihrer Sache zu pochen, sondern sich zu fügen oder wenigstens zu +temporisiren. Ein solcher Rath klang sonderbar aus dem Munde eines +Mannes, der selbst von der Universität vertrieben worden war, weil er +wegen des Chorhemds einen Tumult hervorgerufen, der sich lieber der +Gefahr der Enterbung ausgesetzt hatte, als daß er sich entschloß, vor +einem königlichen Prinzen den Hut abzunehmen und der wegen seiner in +Conventikeln gehaltenen Reden mehr als einmal in’s Gefängniß geschickt +worden war. Es gelang ihm jedoch nicht, die Magdalenen-Collegiaten zu +schrecken. In Antwort auf seine drohenden Winke wurde er daran erinnert, +daß unter der vorigen Generation vierunddreißig von den vierzig +Collegiaten lieber mit Freuden ihre geliebten Kreuzgänge und Gärten, +ihre Halle und ihre Kapelle verlassen hätten und fortgegangen seien, +ohne zu wissen wo sie ein Mahl oder ein Nachtlager finden würden, als +daß sie ihren Unterthaneneid gebrochen hätten. Jetzt verlange der König +die Verletzung eines andren Eides von ihnen, aber er solle erfahren, daß +der alte Geist noch nicht erstorben sei.</p> + +<p>Penn zog nun gelindere Saiten auf. Er hatte eine Besprechung mit +Hough und einigen Collegiaten und begann endlich nach vielen +Versicherungen von Theilnahme und Freundschaft die Möglichkeit eines +Vergleichs in Aussicht zu stellen. Der König vertrage nun einmal keinen +Widerspruch, sagte er, das Collegium müsse nachgeben und Parker +annehmen. Aber seine Gesundheit sei schwankend und alle seine Ämter +würden voraussichtlich bald erledigt sein. „Doctor Hough,“ setzte er +hinzu, „kann dann Bischof von Oxford werden. Wie würde Ihnen das +gefallen, meine Herren?“ Penn hatte während seines ganzen Lebens gegen +eine Miethlingsgeistlichkeit gepredigt. Er hielt sich für verpflichtet, +die Entrichtung von Zehnten zu verweigern, und dies selbst als er mit +Zehnten belastete Ländereien gekauft hatte und ihm der Betrag der +Zehnten von der Kaufsumme nachgelassen worden war. Nach seinen eigenen +Grundsätzen würde er eine große Sünde begangen haben, wenn er sich dabei +betheiligt hätte, dem frömmsten Geistlichen selbst unter den +ehrenvollsten Bedingungen eine Pfründe zu verschaffen. Aber sein +Character war durch schlechte Gesellschaft so verdorben und sein +Verstand durch übermäßigen Eifer für einen einseitigen Zweck so +verdunkelt, daß er keinen Anstand nahm, bei einer Simonie von ganz +besonders unehrenhafter Art den Unterhändler abzugeben und ein Bisthum +als Köder zu benutzen, um einen Geistlichen zum Eidbruche zu verführen. +Hough erwiederte mit höflicher Geringschätzung, daß er von der Krone +nichts weiter verlange als einfache Gerechtigkeit. „Wir sind an unsere +Statuten und unsere Eide gebunden,“ sagte er; „aber auch ganz abgesehen +von unseren Statuten und unseren Eiden fühlen wir uns verpflichtet, +unsren Glauben zu vertheidigen. Die Papisten haben uns schon das +University-Collegium und das Christchurch-Collegium geraubt, jetzt +greifen sie auch das Magdalenen-Collegium an. Sie werden bald Alles +haben.“ +<span class = "pagenum">VIII.24</span> +<a name = "pageVIII_24" id = "pageVIII_24"> </a></p> + +<p>Penn war so unbesonnen, hierauf zu antworten, daß er ernstlich +glaube, die Papisten würden nun zufrieden sein. „Das +University-Collegium,“ sagte er, „ist ein schönes Collegium, +Christchurch ein vortrefflicher Platz und Magdalenen ein herrliches +Gebäude. Die Lage ist angenehm, die Gartenanlagen am Flusse reizend. +Wenn die Katholiken vernünftig sind, werden sie sich damit begnügen.“ +Diese alberne Erklärung würde allein schon Hough und seine Collegen in +die Unmöglichkeit versetzt haben, nachzugeben. Die Unterhandlung wurde +abgebrochen, und der König beeilte sich, seiner Drohung gemäß die +Ungehorsamen fühlen zu lassen, was es hieß, sich seine Ungnade +zuziehen.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Eine kirchliche Specialcommission wird nach Oxford gesandt.</span> +<a name = "secVIII_20" id = "secVIII_20">Cartwright</a>, Bischof von +Chester, Wright, Oberrichter der Kings Bench, und Sir Thomas Jenner, ein +Baron des Schatzkammergerichts, erhielten eine Specialvollmacht zur +Visitation des Collegiums. Am 20. October kamen sie in Oxford an, +begleitet von drei Schwadronen Kavalerie mit gezogenen Säbeln. Am +folgenden Morgen nahmen die Commissare im Hörsaale des +Magdalenen-Collegiums ihre Sitze ein und Cartwright hielt eine loyale +Rede, welche noch vor wenigen Jahren von den Oxfordern mit lautem +Beifall aufgenommen worden wäre, die aber jetzt mit stummem Unwillen +angehört wurde. Es erfolgte hierauf eine lange Debatte. Der Präsident +vertheidigte seine Rechte mit Geschick, Mäßigung und Entschiedenheit. Er +versicherte seine hohe Achtung vor der königlichen Autorität, behauptete +aber fest, daß er nach den Gesetzen Englands ein Eigenthumsrecht an das +Haus und an die mit der Präsidentur verbundenen Einkünfte habe. Dieses +Rechts könne ihn ein Machtspruch des Landesherrn nicht berauben. „Wollen +Sie sich unsrer Visitation unterwerfen?“ fragte der Bischof. „Ich +unterwerfe mich derselben,“ antwortete Hough mit weiser Vorsicht, „in so +weit sie mit dem Gesetz im Einklange steht, weiter nicht.“ — +„Wollen Sie den Schlüssel zu Ihrer Wohnung ausliefern?“ fragte +Cartwright. Hough schwieg. Die Frage wurde wiederholt, und Hough +antwortete nun mild aber entschieden, daß er dies nicht thun werde. Die +Commissare nannten ihn einen unberufenen Eindringling und forderten die +Collegiaten auf, seine Autorität nicht mehr anzuerkennen und für die +Aufnahme des Bischofs von Oxford zu stimmen. Charnock versprach +bereitwilligst Gehorsam, Smith gab eine ausweichende Antwort, die +Hauptmasse der Collegiaten aber erklärte auf das Bestimmteste, daß sie +Hough noch immer als ihren rechtmäßigen Präsidenten betrachteten.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Hough’s Protest.</span> +<a name = "secVIII_21" id = "secVIII_21">Jetzt</a> bat Hough um die +Erlaubniß, selbst noch einige Worte an die Commissare richten zu dürfen. +Sie bewilligten ihm dies sehr artig, vielleicht weil sie nach seinem +ruhigen und gelassenen Benehmen erwarteten, daß er ein Zugeständniß +machen werde. „Mylords,“ sprach er, „Sie haben mich heute meines freien +Eigenthums beraubt; ich protestire hiermit gegen Ihr ganzes Verfahren +als gesetzwidrig, ungerecht und nichtig und appellire an unsren +erlauchten Gebieter, den König, in seinen Gerichtshöfen.“ Ein lautes +beifälliges Gemurmel erhob sich unter den Studirenden, welche den Saal +füllten. Die Commissare waren wüthend. Man suchte die Verbrecher, welche +applaudirt hatten, herauszufinden, aber vergebens. Der ganze Zorn der +Commission richtete sich nun gegen Hough. „Glauben Sie nicht, daß Sie +uns trotzen können,“ +<span class = "pagenum">VIII.25</span> +<a name = "pageVIII_25" id = "pageVIII_25"> </a> +rief Jenner mit einem Wortspiel auf den Namen des Präsidenten.<a class = +"tag" name = "tagVIII_21" id = "tagVIII_21" href = "#noteVIII_21">21</a> +„Ich werde die Autorität Seiner Majestät aufrecht erhalten, so lange ich +Athem in meiner Brust habe,“ setzte Wright hinzu. „Das Alles kommt von +Ihrem nach Popularität haschenden Protest. Sie haben den Landfrieden +gebrochen und sollen sich dafür vor der Kings Bench verantworten. Ich +verpflichte Sie bei Strafe von tausend Pfund, beim nächsten Termine zu +erscheinen. Wir wollen sehen, ob die Civilgewalt Sie nicht bändigen +wird. Reicht sie nicht aus, so sollen Sie auch die militairische haben.“ +Oxford befand sich in der That in einer Stimmung, welche die Commissare +nicht wenig beunruhigte. Die Soldaten erhielten Befehl, ihre Carabiner +zu laden, und man sagte, es sei ein expresser Bote nach London geschickt +worden, um schleunige Nachsendung von Verstärkungen zu verlangen. Es +fand jedoch keine Ruhestörung statt.</p> + +<p class = "footnote"> +<a name = "noteVIII_21" id = "noteVIII_21" href = "#tagVIII_21">21.</a> +Im Deutschen läßt sich das Wortspiel nicht wiedergeben. <span class = +"antiqua">Hough</span> und <span class = "antiqua">huff</span> (trotzen) +wird im Englischen ziemlich gleich +ausgesprochen.  D. Übers.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Einsetzung Parker’s.</span> +<a name = "secVIII_22" id = "secVIII_22">Der</a> Bischof von Oxford +wurde mittelst Vollmacht ruhig eingesetzt, aber nur zwei Mitglieder des +Magdalenen-Collegiums wohnten der Feierlichkeit bei. Mancherlei +Anzeichen bewiesen, daß der Geist des Widerstandes sich auch des Volks +bemächtigt hatte. Der Thürsteher des Collegiums warf seinen Schlüssel +weg. Der Kellermeister weigerte sich, den Namen Hough’s aus dem +Wirthschaftsbuche zu streichen. In der ganzen Stadt war kein Schlosser +aufzutreiben, der die Thür der Präsidentenwohnung aufsprengen wollte. +Die eigenen Diener der Commissare mußten die Thür mit eisernen Stangen +erbrechen. Die Predigten, welche am nächstfolgenden Sonntage in der +Universitätskirche gehalten wurden, waren voll von Bemerkungen, welche +Cartwright tief kränkten; aber sie waren so gehalten, daß er nichts +dagegen thun konnte.</p> + +<p>Wäre Jakob nicht ganz verblendet gewesen, so würde er hier +innegehalten haben. Die Collegiaten waren im Ganzen genommen nicht +geneigt, den Widerstand noch weiter zu treiben. Sie waren der Meinung, +daß sie ihre Achtung vor ihren Statuten und Eiden hinreichend bewiesen +hätten, indem sie ihre Mitwirkung bei der Einsetzung eines Unberufenen +verweigerten, und daß sie sich ihm jetzt, da er im factischen Besitze +des Amtes war, als ihrem Oberhaupte unterwerfen könnten, ohne einen +Vorwurf auf sich zu laden, bis er durch den Ausspruch eines competenten +Gerichts entfernt wurde. Nur ein Collegiat, Doctor Fairfax, weigerte +sich, auch nur soweit nachzugeben. Die Commissare würden zu einer +solchen Verständigung gern die Hand geboten haben und einige Stunden +lang herrschte eine Waffenruhe, von der Viele glaubten, daß sie zu einem +gütlichen Vergleich führen werde. Aber bald war Alles wieder in +Aufregung. Die Collegiaten sahen, daß die öffentliche Meinung sie offen +der Kleinmüthigkeit beschuldigte; in der Stadt sprach man schon ironisch +von einem Magdalenengewissen und sagte, der tapfere Hough und der brave +Fairfax seien verrathen und verlassen worden. Noch ärgerlicher waren die +Spötteleien Obadja Walker’s und seiner Renegatensippschaft. Das also, +sagten diese Apostaten, sei das Ende von all den hochtrabenden Worten, +in denen die Gesellschaft ihren Entschluß erklärt habe, treu zu ihrem +rechtmäßigen Präsidenten und zu ihrem protestantischen Glauben zu +stehen! Während die Collegiaten, tief gekränkt durch den öffentlichen +Tadel, ihre bedingte Unterwerfung bereueten, erfuhren sie, daß diese den +König noch keineswegs +<span class = "pagenum">VIII.26</span> +<a name = "pageVIII_26" id = "pageVIII_26"> </a> +zufriedengestellt habe. Es sei nicht genug, sagte er, daß sie sich +erboten hätten, dem Bischof von Oxford als factischem Präsidenten zu +gehorchen; sie müßten auch die Commission und Alles was dieselbe gethan +habe, als gesetzlich anerkennen. Sie müßten eingestehen, daß sie +pflichtvergessen gehandelt hätten, müßten ihr Benehmen bereuen und +versprechen, daß sie sich in Zukunft besser betragen wollten, müßten +Seine Majestät um Verzeihung bitten und ihm zu Füßen fallen. Nur zwei +Collegiaten, Charnock und Smith, über welche der König nicht zu klagen +hatte, wurden von der Verpflichtung, diese erniedrigenden +Entschuldigungen zu machen, ausgenommen.</p> + +<p>Nie that Jakob einen thörichteren Fehlgriff. Die Collegiaten, schon +mit sich selbst unzufrieden, weil sie so weit nachgegeben hatten, und +durch den Tadel des Publikums gereizt, ergriffen eifrig die ihnen jetzt +gebotene Gelegenheit, die öffentliche Achtung wieder zu gewinnen. Sie +erklärten einstimmig, sie würden niemals deshalb, daß sie in ihrem +Rechte gewesen seien, um Verzeihung bitten, und eben so wenig +anerkennen, daß die Visitation ihres Collegiums und die Beraubung ihres +Präsidenten gesetzlich gewesen sei.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Vertreibung der Collegiaten.</span> +<a name = "secVIII_23" id = "secVIII_23">Jetzt</a> ließ sie der König +das angedrohte ganze Gewicht seiner Hand fühlen. Durch ein summarisches +Edict wurden sie zur Vertreibung verurtheilt. Diese Strafe wurde +indessen noch nicht für genügend erachtet. Man wußte, daß viele +Edelleute und Gentlemen, welche ein kirchliches Patronatrecht hatten, +sich bemühen würden, für Männer zu sorgen, welche für die Gesetze +Englands und für den protestantischen Glauben so viel gelitten. Deshalb +erklärte die Hohe Commission die Vertriebenen für unfähig, irgend ein +geistliches Amt wieder zu bekleiden, und Diejenigen, welche noch nicht +ordinirt waren, wurden für unfähig erklärt, die geistliche Ordination zu +empfangen. So hatte Jakob die Genugthuung, Viele von ihnen aus einer +Lage, in der sie alle möglichen Annehmlichkeiten des Lebens genossen und +die schönsten Aussichten auf zukünftige Anstellungen hatten, in +hoffnungslose Dürftigkeit zurückgeworfen zu haben.</p> + +<p>Aber all’ diese Strenge hatte gerade die entgegengesetzte Wirkung als +er erwartete. Der Geist der Engländer, dieser trotzige Geist, den kein +König aus dem Hause Stuart jemals durch Erfahrung erkennen lernte, +empörte sich heftig gegen die Ungerechtigkeit. Oxford, der friedliche +Sitz der Gelehrsamkeit und Loyalität, war in einem Zustande, ähnlich +dem, in welchem sich London am Morgen nach dem Versuche Karl’s I., +die fünf Parlamentsmitglieder festnehmen zu lassen, befunden hatte. Der +Vicekanzler war am Tage der Vertreibung von den Commissaren zu Tische +eingeladen worden. Er lehnte die Einladung ab. „Mein Geschmack,“ sagte +er, „ist verschieden von dem des Obersten Kirke; ich kann unter dem +Galgen nicht mit Appetit essen.“ Die Studenten weigerten sich, den neuen +Vorsteher des Magdalenen-Collegiums zu grüßen. Smith erhielt den +Spottnamen <span class = "antiqua">Dr.</span> Schuft und wurde in einem +Kaffeehause öffentlich insultirt. Als Charnock die Demies aufforderte, +in seiner Gegenwart ihre akademischen Übungen vorzunehmen, antworteten +sie ihm, daß sie ihrer rechtmäßigen Vorsteher beraubt seien und sich +keiner widerrechtlichen Autorität unterwerfen würden. Sie versammelten +sich zum Studiren wie zum Gottesdienst auf eigne Hand. Man versuchte es, +sie durch das Anerbieten der einträglichen Collegiaturen, welche eben +für erledigt erklärt +<span class = "pagenum">VIII.27</span> +<a name = "pageVIII_27" id = "pageVIII_27"> </a> +worden waren, zu verführen, aber ein Untergraduirter nach dem andren +antwortete mit männlichem Freimuth, daß sein Gewissen ihm nicht +gestatte, aus einem Unrecht für sich Nutzen zu ziehen. Ein Student, der +sich zur Annahme einer Collegiatur überreden ließ, wurde von seinen +Comiletonen aus dem Saale gestoßen. Es wurden junge Leute aus anderen +Collegien eingeladen, aber mit geringem Erfolg; die reichste Stiftung +des Landes schien selbst für arme Studenten alle Anziehungskraft +verloren zu haben. Inzwischen wurde in London und im ganzen Lande Geld +zur Unterstützung der vertriebenen Collegiaten gesammelt. Die Prinzessin +von Oranien zeichnete zur großen Freude aller Protestanten zweihundert +Pfund. Der König, beharrte nichtsdestoweniger bei dem eingeschlagenen +Verfahren. Auf die Vertreibung der Collegiaten folgte bald die +Ausstoßung einer Menge Demies. Währenddem nahmen die körperlichen und +geistigen Kräfte des neuen Präsidenten mehr und mehr ab. Er hatte zu der +Zeit, als sein Kollegium sich in offener Empörung gegen seine Autorität +befand, noch einen schwachen Versuch gemacht, der Regierung einen Dienst +zu leisten, indem er eine Vertheidigung der Indulgenzerklärung oder +vielmehr der Lehre von der Transsubstantiation erscheinen ließ. Diese +Schrift rief viele Entgegnungen hervor, namentlich eine von Burnet, die +mit außerordentlicher Kraft und Schärfe geschrieben war. Wenige Wochen +nach der Vertreibung der Demies starb Parker in dem Hause, von dem er +gewaltsam Besitz ergriffen hatte. Man sagte damals, Reue und Scham +hätten sein Ende beschleunigt. Er ruht in der schönen Vorkapelle des +Collegiums, aber kein Denkstein bezeichnet sein Grab.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Das Magdalenen-Collegium in ein papistisches Seminar verwandelt.</span> +<a name = "secVIII_24" id = "secVIII_24">Der</a> ganze Plan des Königs +wurde nun vollends ausgeführt: das Collegium wurde zu einem papistischen +Seminar umgestaltet. Bonaventura Giffard, der katholische Bischof von +Madura, ward Präsident. In der Kapelle wurde katholischer Gottesdienst +gehalten und an einem Tage zwölf Katholiken als Collegiaten aufgenommen. +Einige servile Protestanten bewarben sich um die Aufnahme, wurden aber +abschläglich beschieden. Smith, der loyal bis zur Begeisterung, aber +noch immer ein aufrichtiges Mitglied der anglikanischen Kirche war, +konnte das veränderte Aussehen des Hauses nicht ertragen. Er entfernte +sich, kam der Aufforderung zur Rückkehr in seine Wohnung nicht nach, und +wurde daher abgesetzt. So war das Beraubungswerk vollendet.<a class = +"tag" name = "tagVIII_22" id = "tagVIII_22" href = +"#noteVIII_22">22</a></p> + +<p>Das Universitätssystem Englands ist von der Art, daß jedes Ereigniß, +das die Interessen oder die Ehre irgend einer Universität berührt, im +ganzen Lande nothwendig einen starken Eindruck machen muß. Jeder neue +Schlag gegen das Magdalenen-Collegium wurde daher bis an die äußersten +Endpunkte des Königreichs gefühlt. In den londoner Kaffeehäusern, in den +juristischen Hochschulen, unter den Geistlichen aller Domkapitel, in +Pfarrwohnungen und Landschlössern selbst der entferntesten Grafschaften +war das Mitleid mit den Duldern und der Unwille gegen die Regierung +<span class = "pagenum">VIII.28</span> +<a name = "pageVIII_28" id = "pageVIII_28"> </a> +beständig im Zunehmen. Hough’s Protest fand überall Beifall, das +Aufsprengen seiner Thür wurde überall mit Abscheu erzählt und das über +die Collegiaten verhängte Beraubungs- und Vertreibungsurtheil zerriß +endlich die einst so engen und theuren Bande, welche die anglikanische +Kirche mit dem Hause Stuart verknüpften.</p> + +<p class = "footnote"> +<a name = "noteVIII_22" id = "noteVIII_22" href = "#tagVIII_22">22.</a> +Prozeßverfahren gegen das Magdalenen-Collegium zu Oxford wegen +Nichterwählung Anton Farmer’s zum Präsidenten, in der <span class = +"antiqua">Collection of State Trials</span>, Ausgabe von Howell; <span +class = "antiqua">Luttrell’s Diary, June 15., 17., Oct. 24., Dec. 10. +1687</span>; <span class = "antiqua">Smith’s Narrative</span>; Brief von +Doctor Richard Rawlinson vom 31. Oct. 1687; <span class = +"antiqua">Reresby’s Memoirs</span>; <span class = "antiqua">Burnet, I. +699</span>; <span class = "antiqua">Cartwright’s Diary</span>; Citters, +25. Oct. (4. Nov.), 28. Oct. (7. Nov.), 8.(18.) u. 18.(28.) Nov. +1687.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Groll der Geistlichkeit.</span> +<a name = "secVIII_25" id = "secVIII_25">Bitterer</a> Groll und schlimme +Befürchtungen traten an die Stelle der Liebe und des Vertrauens. Es gab +keinen Pfründner, keinen Rector und keinen Vikar, der nicht von der +Angst gequält worden wäre, daß er, so friedlich sein Character und so +unbedeutend seine Stelle sein mochte, vielleicht in wenigen Monaten +durch einen willkürlichen Machtspruch aus seinem Hause vertrieben werden +könne, um im zerrissenen Priesterrocke mit Frau und Kindern zu betteln, +während sein durch uralte Gesetze und durch das königliche Wort +gesichertes Eigenthum von einem Apostaten in Besitz genommen wurde. Das +war also der Lohn für die heldenmüthige Loyalität, die sich in allen +Wechselfällen fünfzig stürmischer Jahre nicht ein einziges Mal +verleugnet hatte! Deshalb also hatte die Geistlichkeit für Karl I. +Plünderung und Verfolgung ertragen, deshalb hatte sie Karl II. in +seinem harten Kampfe mit der whiggistischen Opposition unterstützt, +deshalb hatte sie in der vordersten Reihe gegen Diejenigen gestanden, +welche Jakob seines Geburtsrechtes berauben wollten! Ihrer Treue allein +verdankte ihr Unterdrücker die Macht, die er jetzt zu ihrem Verderben +anwendete. Lange genug hatten sie mit bitterem Schmerze die Leiden +aufgezählt, die sie von den Puritanern in den Tagen ihrer Macht hatten +erdulden müssen. Der Puritaner war indessen einigermaßen zu +entschuldigen. Er war ein erklärter Feind, er hatte sich für erlittenes +Unrecht zu rächen und selbst er war nicht ganz ohne Mitleid gewesen, als +er die Kirchenverfassung des Landes umgestaltete und Alle, die seinen +Covenant nicht unterschreiben wollten, absetzte. Er hatte denen, die er +ihrer Pfründen beraubte, wenigstens so viel davon gelassen, als sie zu +ihrem Lebensunterhalte nothwendig brauchten. Aber des Königs Haß gegen +die Kirche, die ihn vor der Verbannung bewahrt und auf den Thron erhoben +hatte, war nicht so leicht zu sättigen. Nur der völlige Ruin seiner +Opfer konnte ihn zufrieden stellen. Nicht genug, daß sie aus ihren +Wohnungen vertrieben und ihres Einkommens beraubt wurden, auch jede +andre Laufbahn, auf der Männer ihrer Art ihren Unterhalt suchen konnten, +war ihnen mit raffinirter Böswilligkeit verschlossen und es blieb ihnen +nichts Andres übrig, als die unsichere und beschämende Hülfsquelle der +öffentlichen Mildthätigkeit.</p> + +<p>Die anglikanische Geistlichkeit und diejenigen Laien, welche dem +protestantischen Episcopat mit Liebe zugethan waren, betrachteten daher +jetzt den König mit Gefühlen, wie sie eine durch Undank noch +verschlimmerte Ungerechtigkeit nothwendig, erregen muß. Indessen hatte +der Anglikaner noch immer viele Bedenken des Gewissens und der Ehre zu +überwinden, ehe er sich zum gewaltsamen Widerstande gegen die Regierung +entschließen konnte. Man hatte ihn gelehrt, daß das göttliche Gesetz +passiven Gehorsam ohne Bedingung oder Ausnahme vorschreibe. Diese +Ansicht hatte er laut und offen ausgesprochen und die Insinuation, daß +extreme Fälle eintreten könnten, welche dem Volke das Recht gäben, gegen +königliche Tyrannei das Schwert zu ziehen, mit Verachtung +zurückgewiesen. Sowohl Grundsatz als Scham hielten ihn demnach ab, das +Beispiel der rebellischen Rundköpfe nachzuahmen, so lange noch einige +Hoffnung auf friedliche und +<span class = "pagenum">VIII.29</span> +<a name = "pageVIII_29" id = "pageVIII_29"> </a> +gesetzmäßige Befreiung vorhanden war, und eine solche Hoffnung konnte +man vernünftigerweise wohl hegen, so lange die Prinzessin von Oranien +die nächste Thronerbin war. Wenn er diese Glaubensprüfung geduldig +überstand, so würden die Gesetze der Natur bald das für ihn thun, was er +ohne Sünde und Schande nicht selbst für sich thun konnte. Die +Bedrückungen der Kirche wurden dann abgestellt, ihr Eigenthum und ihre +Würde durch neue Bürgschaften gesichert und die schändlichen Minister, +die sie in Zeiten der Bedrängniß gekränkt und verhöhnt hatten, wurden +exemplarisch bestraft.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Pläne der jesuitischen Cabale in Bezug auf die Thronfolge.</span> +<a name = "secVIII_26" id = "secVIII_26">An</a> das Ereigniß, von dem +die anglikanische Kirche eine ehrenvolle und friedliche Erlösung von +ihren Leiden erwartete, konnten auch die sorglosesten Mitglieder der +jesuitischen Cabale nicht ohne quälende Besorgnisse denken. Wenn ihr +Gebieter starb, ohne ihnen eine größere Sicherheit gegen die +Strafgesetze zu hinterlassen als eine Indulgenzerklärung, welche die +ganze Nation einstimmig für null und nichtig erklärt hatte, wenn ein von +dem nämlichen Geiste, welcher in den Parlamenten Karl’s II. +vorgeherrscht, beseeltes Parlament sich um den Thron eines +protestantischen Landesoberhauptes versammelte, war dann nicht +vorauszusehen, daß eine furchtbare Vergeltung ausgeübt, daß die alten +Gesetze gegen den Papismus mit schonungsloser Strenge gehandhabt und daß +noch härtere neue Gesetze dem Gesetzbuche einverleibt werden würden? Von +diesen schlimmen Befürchtungen wurden die bösen Rathgeber der Krone +schon seit langer Zeit gequält, und einige von ihnen hatten sonderbare +und verzweifelte Schutzmittel ersonnen. Jakob hatte den Thron kaum +bestiegen, so begann man sich in Whitehall schon zuzuflüstern, daß, wenn +die Prinzessin Anna katholisch werden wollte, es mit Hülfe Ludwig’s +vielleicht nicht unmöglich sein würde, das Geburtsrecht ihrer älteren +Schwester auf sie zu übertragen. Bei der französischen Gesandtschaft +fand diese Idee großen Beifall und Bonrepaux war der Meinung, daß +Jakob’s Einwilligung nicht schwer zu erlangen sein werde.<a class = +"tag" name = "tagVIII_23" id = "tagVIII_23" href = "#noteVIII_23">23</a> +Bald jedoch zeigte es sich deutlich, daß Anna der Landeskirche +unerschütterlich treu war. Der Gedanke, sie zur Königin zu machen, wurde +daher wieder aufgegeben. Dessenungeachtet nährte ein kleines Häuflein +Fanatiker noch immer die kühne Hoffnung, daß es ihnen gelingen könne, +die Thronfolgeordnung zu ändern. Der Plan dieser Männer wurde in einem +Entwurfe dargelegt, von dem noch eine schlechte französische Übersetzung +vorhanden ist. Es sei zu hoffen, sagten sie, daß der König im Stande +sein werde, den wahren Glauben zu befestigen, ohne zu extremen Mitteln +zu greifen; im schlimmsten Fall aber könne er die Verfügung über seine +Krone Ludwig anheimstellen. Es sei für die Engländer immer noch besser, +wenn sie Vasallen Frankreichs wären, als Sklaven des Teufels.<a class = +"tag" name = "tagVIII_24" id = "tagVIII_24" href = "#noteVIII_24">24</a> +Dieses höchst merkwürdige +<span class = "pagenum">VIII.30</span> +<a name = "pageVIII_30" id = "pageVIII_30"> </a> +Actenstück ging unter den Jesuiten und Höflingen von Hand zu Hand, bis +endlich einige ausgezeichnete Katholiken, in denen die Bigotterie noch +nicht allen Patriotismus erstickt hatte, dem holländischen Gesandten +eine Abschrift anfertigten. Dieser zeigte den Aufsatz dem Könige, und +Jakob erklärte denselben für eine erbärmliche Fälschung, die von einem +holländischen Pamphletschmierer ersonnen sein müsse. Der holländische +Gesandte antwortete mit Entschiedenheit, daß er durch das Zeugniß +mehrerer ausgezeichneter Mitglieder der eigenen Kirche Seiner Majestät +das Gegentheil beweisen könne, ja daß es sogar nicht schwer sein werde, +den Verfasser ausfindig zu machen, welcher im Grunde nur das +niedergeschrieben habe, wovon viele Priester und geschäftige Politiker +täglich in den Gallerien des Palastes sprächen. Der König hielt es nicht +für rathsam, nach dem Verfasser zu forschen, nahm den Vorwurf der +Fälschung zurück und versicherte mit großer Heftigkeit und +Feierlichkeit, daß es ihm nie in den Sinn gekommen sei, seine älteste +Tochter zu enterben. „Niemand,“ sagte er, „hat es je gewagt, eine solche +Idee gegen mich zu äußern, und ich würde auch nie darauf hören. Gott +befiehlt uns nicht, die wahre Religion durch Ungerechtigkeit zu +verbreiten, und dies würde die empörendste, widernatürlichste +Ungerechtigkeit sein“.<a class = "tag" name = "tagVIII_25" id = +"tagVIII_25" href = "#noteVIII_25">25</a> Trotz aller dieser +Betheuerungen meldete Barillon wenige Tage später seinem Hofe, daß Jakob +angefangen habe, auf Einflüsterungen in Betreff einer Änderung der +Thronfolgeordnung zu hören, daß die Sache zwar sehr kitzlich sei, daß +man aber gegründete Hoffnung habe, mit der Zeit und durch vorsichtiges +Verfahren einen Weg zu finden, um die Krone mit Ausschließung der beiden +Prinzessinnen auf ein römisch-katholisches Haupt zu bringen.<a class = +"tag" name = "tagVIII_26" id = "tagVIII_26" href = "#noteVIII_26">26</a> +Dieser Plan wurde noch viele Monate von den heftigsten und +überspanntesten Papisten am Hofe besprochen, und es wurden wirklich +Candidaten für den Königsthron genannt.<a class = "tag" name = +"tagVIII_27" id = "tagVIII_27" href = "#noteVIII_27">27</a></p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVIII_23" id = "noteVIII_23" href = +"#tagVIII_23">23.</a> +<span class = "antiqua">„Quand on connoit le dedans de cette cour aussi +intimement que je la connois, on peut croire que Sa Majesté Britannique +donnera volontiers dans ces sortes de projets.“</span> Bonrepaux an +Seignelay, 18.(28.) März 1686.</p> + +<p><a name = "noteVIII_24" id = "noteVIII_24" href = +"#tagVIII_24">24.</a> +<span class = "antiqua">„Que, quand pour établir la religion Catholique +et pour la confirmer icy, il</span> (Jakob) <span class = +"antiqua">devroit se rendre en quelque façon dépendant de la France, et +mettre la décision de la succession à la couronne entre les mains de ce +monarque là, qu’il seroit obligé de le faire, parcequ’il vaudroit mieux +pour ses sujets qu’ils devinssent vassaux du Roy de France, étant +Catholiques, que de demeurer comme esclaves du Diable.“</span> — +Dieses Schriftstück befindet sich sowohl im französischen als auch im +holländischen Archive.</p> + +<p><a name = "noteVIII_25" id = "noteVIII_25" href = +"#tagVIII_25">25.</a> +Citters, 6.(16.) u. 17.(27.) Aug.; Barillon, 19.(29.) Aug.</p> + +<p><a name = "noteVIII_26" id = "noteVIII_26" href = +"#tagVIII_26">26.</a> +Barillon, 13.(23.) Sept. 1686. <span class = "antiqua">„La succession +est une matière fort délicate à traiter. Je sais pourtant qu’on en parle +au Roy d’Angleterre et qu’on ne désespère pas avec le temps de trouver +des moyens pour faire passer la couronne sur la tête d’un héritier +Catholique.“</span></p> + +<p><a name = "noteVIII_27" id = "noteVIII_27" href = +"#tagVIII_27">27.</a> +Bonrepaux, 11.(21.) Juli 1687.</p> +</div> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Jakob’s und Tyrconnel’s Plan, die Prinzessin von Oranien von der +Erbfolge im Königreich Irland auszuschließen.</span> +<a name = "secVIII_27" id = "secVIII_27">Es</a> ist jedoch nicht +wahrscheinlich, daß Jakob jemals einen so unsinnigen Schritt zu thun +beabsichtigte. Er mußte wissen, daß England nicht einen einzigen Tag das +Joch eines Usurpators ertragen hätte, der noch obendrein Papist war, und +daß sowohl Diejenigen, welche die Ausschließungsbill unterstützt, als +auch Die, welche sich ihr widersetzt hatten, jeden Versuch, die +Prinzessin Marie bei Seite zu schieben, auf Leben und Tod bekämpft haben +würden. Dagegen unterliegt es keinem Zweifel, daß der König bei einem +minder unsinnigen, aber eben so unverantwortlichen Anschlage auf die +Rechte seiner Kinder die Hand im Spiele hatte. Tyrconnel hatte im +Einverständniß mit seinem Gebieter Anstalten getroffen, um Irland von +dem Königreiche zu trennen und es unter Ludwig’s Protection zu stellen, +sobald die Krone einem protestantischen Oberhaupte zufallen würde. +Bonrepaux war zu Rathe gezogen worden, hatte seinem Hofe den Plan +mitgetheilt und die Weisung erhalten, Tyrconnel +<span class = "pagenum">VIII.31</span> +<a name = "pageVIII_31" id = "pageVIII_31"> </a> +zu versichern, daß Frankreich zur Ausführung dieser großartigen Idee +kräftigen Beistand leisten werde.<a class = "tag" name = "tagVIII_28" id += "tagVIII_28" href = "#noteVIII_28">28</a> Diese Unterhandlungen, +welche im Haag vielleicht nicht in ihrem ganzen Umfange genau bekannt +waren, aber doch stark vermuthet wurden, dürfen nicht außer Acht +gelassen werden, wenn man sich ein richtiges Urtheil über das Verfahren +bilden will, das die Prinzessin von Oranien wenige Monate später +einschlug. Wer sie einer Verletzung der Kindespflicht beschuldigt, muß +zugeben, daß ihr Fehler durch das ihr zugefügte Unrecht wenigstens sehr +gemildert wird. Wenn sie im Interesse ihres Glaubens die heiligsten +Bande der Blutsverwandtschaft zerriß, so folgte sie nur dem Beispiele +ihres Vaters. Sie lieh erst dann die Hand zu seiner Absetzung, als er +einen Anschlag zu ihrer Enterbung geschmiedet hatte.</p> + +<p class = "footnote"> +<a name = "noteVIII_28" id = "noteVIII_28" href = "#tagVIII_28">28.</a> +Bonrepaux an Seignelay, 25. Aug. (4. Sept.) 1687. Ich will eine Stelle +aus dieser wichtigen Depesche hier anführen. <span class = "antiqua">„Je +sçay bien certainement que l’intention du Roy d’Angleterre est de faire +perdre ce royaume</span> (Irland) <span class = "antiqua">à son +successeur, et de le fortifier en sorte que tous ses sujets Catholiques +y puissent avoir un asile assuré. Son projet est de mettre les choses en +cet estat dans le cours de cinq années.“</span> — In den <span +class = "antiqua">Secret Consults of the Romish Party in Ireland, +1690</span>, findet sich eine Stelle, aus welcher hervorgeht, daß diese +Unterhandlung nicht streng geheim gehalten wurde. „Obgleich der König es +selbst vor seinen Räthen verschwieg, so ist es doch gewiß, daß er dem +französischen König die Verfügung über jene Regierung und jenes +Königreich versprochen hat, sobald die Dinge so weit gediehen sein +würden, daß es sich thun ließe.“</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Schwangerschaft der Königin.</span> +<a name = "secVIII_28" id = "secVIII_28">Bonrepaux</a> war kaum davon +benachrichtigt, daß Ludwig beschlossen habe, Tyrconnel’s Vorhaben zu +unterstützen, so wurde jeder Gedanke an diesen Plan wieder aufgegeben. +Jakob erblickte den ersten Schimmer einer Hoffnung, die ihn mit Stolz +und Entzücken erfüllte: die Königin war schwanger.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Allgemeiner Zweifel.</span> +<a name = "secVIII_29" id = "secVIII_29">Gegen</a> Ende October 1687 +begann sich die große Neuigkeit gerüchtweise zu verbreiten. Man hatte +bemerkt, daß Ihre Majestät sich unter dem Vorwande der Unpäßlichkeit von +mehreren öffentlichen Feierlichkeiten fern gehalten. Es hieß, daß ihr +eine Menge Reliquien, denen man eine außerordentliche Wirkung zuschrieb, +umgehängt worden seien. Die Geschichte fand bald ihren Weg aus dem +Palaste in die Kaffeehäuser und verbreitete sich rasch durch das ganze +Land. Nur sehr Wenige begrüßten das Gerücht mit Freuden, der bei weitem +größte Theil der Nation vernahm es mit einem Gemisch von Zweifel und +Besorgniß. Die Sache war jedoch keineswegs so unglaublich. Der König +hatte eben erst sein vierundfünfzigstes Jahr vollendet und die Königin +stand im Sommer ihres Lebens. Sie hatte vier Kinder geboren, welche jung +starben, und lange nachher wurde sie von einem fünften entbunden, das +Niemand ein Interesse hatte als untergeschoben zu betrachten und das +daher auch nie für ein solches erklärt wurde. Da indessen seit dieser +letzten Schwangerschaft fünf Jahre verstrichen waren, so hatte das Volk +unter dem Einflusse der Täuschung, welche die Menschen so leicht +verleitet, das zu glauben was sie wünschen, jede Besorgniß, daß sie noch +einen Thronerben zur Welt bringen werde, aufgegeben. Auf der andren +Seite schien nichts natürlicher und wahrscheinlicher, als daß die +Jesuiten einen frommen Betrug ersonnen haben könnten. Es unterlag keinem +Zweifel, daß sie die Thronbesteigung der Prinzessin von Oranien als +einen der härtesten Schläge betrachten mußten, der ihre Kirche treffen +konnte. Eben +<span class = "pagenum">VIII.32</span> +<a name = "pageVIII_32" id = "pageVIII_32"> </a> +so gewiß war es, daß sie nicht sehr gewissenhaft in der Wahl der Mittel +sein würden, mit deren Hülfe sie ein so großes Unglück von ihrer Kirche +abwenden konnten. In Werken von ausgezeichneten Mitgliedern ihrer +Gesellschaft, welche von ihren Oberen sanctionirt waren, war es deutlich +ausgesprochen, daß selbst Mittel, welche allen Begriffen von +Gerechtigkeit und Humanität noch viel ärger Hohn sprachen, als die +Einschmuggelung eines unächten Erben in eine Familie, mit Fug und Recht +zu minder wichtigen Zwecken angewendet werden dürften, als die Bekehrung +eines ketzerischen Königreichs war. Es war ruchbar geworden, daß einige +Räthe des Königs und sogar der König selbst Pläne geschmiedet hätten, um +die Prinzessin Marie ganz oder theilweis um ihr rechtmäßiges Erbe zu +betrügen. Es bemächtigte sich der öffentlichen Meinung ein Verdacht, der +zwar nicht wohl begründet, aber keineswegs so abgeschmackt war, als man +gewöhnlich glaubt, und die Unbesonnenheit einiger Katholiken bestärkte +das allgemeine Vorurtheil. Sie sprachen von dem glücklichen Ereignisse +wie von etwas Außerordentlichem und Wunderbaren, wie von einem Zeichen +derselben göttlichen Allmacht, welche Sara durch Isaak stolz und +glücklich machte und die Gebete Hanna’s mit Samuel belohnte. Marien’s +Mütter, die Herzogin von Modena, war unlängst gestorben. Kurz vor ihrem +Tode sollte sie mit inbrünstigen Gebeten und reichen Opfergaben die +heilige Jungfrau von Loretto angefleht haben, daß sie Jakob einen Sohn +schenken möge. Der König selbst hatte im vergangenen August auf seiner +Reise einen Abstecher nach der sogenannten heiligen Quelle gemacht und +dort die heilige Winifreda gebeten, daß sie ihm das Geschenk verschaffen +möge, ohne welches seine großen Pläne zur Verbreitung des wahren +Glaubens nur unvollkommen ausgeführt werden könnten. Die unbesonnenen +Zeloten, die auf solche Geschichten ein großes Gewicht legten, +prophezeiten mit Zuversicht, daß das ungeborne Kind ein Knabe sein werde +und boten darauf eine Wette von zwanzig Guineen gegen eine an. Sie +meinten, der Himmel werde sich nicht in’s Mittel gelegt haben, wenn er +nicht einen großen Zweck dabei hätte. Ein Fanatiker verkündete sogar, +die Königin werde Zwillinge gebären, von denen der ältere König von +England, der jüngere Papst werden würde. Marie konnte das Vergnügen, mit +dem sie diese Prophezeiungen anhörte, nicht verbergen, und ihre Hofdamen +sahen, daß sie sich nicht besser bei ihr insinuiren könnten, als wenn +sie davon sprachen. Die Katholiken würden klüger gethan haben, wenn sie +von der Schwangerschaft als von einem ganz natürlichen Ereignisse +gesprochen und ihr unverhofftes Glück mit mehr Mäßigung getragen hätten. +Ihr übermüthiger Triumph erregte nur den Unwillen des Volks und ihre +Prophezeiungen bestärkten es in seinem Verdacht. Von dem Prinzen und der +Prinzessin von Dänemark herab bis zu den Lastträgern und Waschweibern +erwähnte Niemand die verheißene Geburt ohne ein höhnisches Lächeln. Die +londoner Spottvögel beschrieben das neue Wunder in Reimen, die, wie man +leicht denken kann, nicht eben die zartesten waren. Die ungeschliffenen +Landsquires brachen in ein schallendes Gelächter aus, wenn sie mit +Jemandem zusammentrafen, der so einfältig war zu glauben, daß die +Königin wirklich noch einmal Mutter werden würde. Es erschien eine +königliche Verordnung, welche der Geistlichkeit befahl, ein von Crewe +und Sprat für dieses freudige Ereigniß besonders verfaßtes Bitt- und +Dankgebet zu verlesen. Die Geistlichen gehorchten, aber man bemerkte, +daß die Gemeinden nicht respondirten und kein Zeichen von +<span class = "pagenum">VIII.33</span> +<a name = "pageVIII_33" id = "pageVIII_33"> </a> +Ehrerbietung äußerten. Bald circulirte in allen Kaffeehäusern ein rohes +Spottgedicht auf die höfischen Prälaten, deren Feder sich der König +bedient hatte. Mutter East (Ost) war darin ebenfalls reichlich mit +Schmähungen bedacht. Zu diesem einheimischen einsilbigen Wörtchen hatten +unsere Vorfahren den Namen des großen Hauses Este, welches in Modena +regierte, verstümmelt.<a class = "tag" name = "tagVIII_29" id = +"tagVIII_29" href = "#noteVIII_29">29</a></p> + +<p>Die neue Hoffnung, welche den Muth des Königs so sehr hob, war +indessen mit mancherlei Besorgnissen vermischt. Es bedurfte noch etwas +mehr als die Geburt eines Prinzen von Wales zum Gelingen der von der +Jesuitenpartei entworfenen Pläne. Es war nicht anzunehmen, daß Jakob so +lange lebte, bis sein Sohn das zur Ausübung der königlichen Functionen +erforderliche Alter erreicht hatte. Das Gesetz hatte den Fall eines +minderjährigen Thronerben nicht vorgesehen, und der regierende +Landesherr war nicht berechtigt, für diesen Fall eine testamentarische +Verfügung zu treffen. Die gesetzgebende Versammlung allein konnte die +Lücke ausfüllen. Starb Jakob, bevor Letzteres geschehen war, und +hinterließ er einen Nachfolger von zarter Jugend, so mußte die höchste +Gewalt unfehlbar protestantischen Händen zufallen. Selbst diejenigen +Tories, welche am festesten an dem Grundsatze hingen, daß nichts sie zum +Widerstande gegen ihren Lehnsherrn berechtigen könne, würden gewiß kein +Bedenken getragen haben, das Schwert gegen ein papistisches Weib zu +ziehen, die es gewagt hätte, sich die Vormundschaft über das Reich und +über den jugendlichen Souverain anzumaßen. Der Ausgang eines Kampfes +konnte kaum zweifelhaft sein. Der Prinz von Oranien oder seine Gemahlin +wurde Regent und der junge König kam in die Hände ketzerischer Lehrer, +deren Kunstgriffe die Eindrücke, welche sein Gemüth in der Kinderstube +empfangen hatte, jedenfalls bald verwischten. Er konnte ein zweiter +Eduard VI. werden und der durch die Fürsprache der Mutter Gottes +und der heiligen Winifreda erlangte Segen konnte sich in Fluch +verwandeln.<a class = "tag" name = "tagVIII_30" id = "tagVIII_30" href = +"#noteVIII_30">30</a> Gegen eine solche Gefahr konnte nur eine +Parlamentsacte schützen, und eine solche Acte war nicht leicht zu +erlangen.</p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVIII_29" id = "noteVIII_29" href = +"#tagVIII_29">29.</a> +Citters, 28. Oct. (7. Nov.), 22. Nov. (2. Dec.) 1687; die Prinzessin +Anna an die Prinzessin von Oranien, 14. u. 20. März 1687/8; Barillon, +1.(11.) Dec. 1687; <span class = "antiqua">Revolution Politics</span>; +das Gedicht: <span class = "antiqua">„Two Toms and a Nat“</span>; +Johnstone, 4. April 1688; <span class = "antiqua">Secret Consults of the +Romish Party in Ireland, 1690</span>.</p> + +<p><a name = "noteVIII_30" id = "noteVIII_30" href = +"#tagVIII_30">30.</a> +Die Besorgnisse des Königs über diesen Punkt werden von Ronquillo in +einer Depesche vom 12.(22.) Dec. 1688 mit starken Farben geschildert: +<span class = "antiqua">„Un Principe de Vales y un Dogue de York y otro +di Lochaosterna</span> (vermuthlich Lancaster), <span class = +"antiqua">no bastan, a reducir la gente; porque el Rey tiene 54 años, y +vendrá á morir, dejando los hijos pequeños, y que entonces el reyno se +apoderará dellos, y los nombrará tutor, y los educará en la religion +protestante, contra la disposicion que dejare el Rey, y la autoridad de +la Reyna.“</span></p> +</div> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Stimmung der Wahlkörper und der Peers.</span> +<a name = "secVIII_30" id = "secVIII_30">Es</a> schien Alles anzudeuten, +daß, wenn die Häuser einberufen werden sollten, sie von dem Geiste von +1640 beseelt nach Westminster kommen würden. Das Resultat der +Grafschaftswahlen konnte kaum zweifelhaft sein. Die ganze Masse der +Grundeigenthümer, hohe und niedere, geistlichen und weltlichen Standes, +waren gegen die Regierung heftig aufgebracht. In der großen Mehrzahl +derjenigen Städte, wo das Stimmrecht von der Entrichtung örtlicher +Steuern oder von dem Besitze eines Grundstücks abhängig war, hätte sich +kein höfisch gesinnter Kandidat blicken lassen dürfen. Ein sehr +<span class = "pagenum">VIII.34</span> +<a name = "pageVIII_34" id = "pageVIII_34"> </a> +großer Theil des Unterhauses wurde von Mitgliedern von +Municipalcorporationen gewählt. Diese Corporationen waren unlängst +reorganisirt worden, um den Einfluß der Whigs und der Dissenters zu +zerstören, mehr als hundert Wahlkörper waren durch der Krone ergebene +Gerichtshöfe ihrer Freibriefe beraubt oder doch veranlaßt worden, einer +gewaltsamen Entziehung ihrer Privilegien durch freiwilliges Aufgeben +derselben zuvorzukommen. Jeder Mayor, jeder Alderman, jeder +Stadtschreiber von Berwick bis Helstone war Tory und Anglikaner; aber +Tories und Anglikaner waren jetzt dem Souverain nicht mehr ergeben. Die +neuen Municipalbehörden waren noch unlenksamer als die früheren je +gewesen waren, und sie wählten ohne allen Zweifel solche Abgeordnete, +deren erster parlamentarischer Act eine Anklage gegen alle papistischen +Geheimräthe und gegen alle Mitglieder der Hohen Commission war.</p> + +<p>Bei den Lords waren die Aussichten fast eben so trübe als bei den +Gemeinen. Es unterlag keinem Zweifel, daß die große Mehrzahl der +weltlichen Peers gegen die Maßregeln des Königs sein würden, und auf der +Bischofsbank, welche ihn vor sieben Jahren einstimmig gegen Diejenigen +unterstützt hatte, die ihn seines Geburtsrechtes berauben wollten, +konnte er nur auf den Beistand von vier oder fünf servilen Schmeichlern +rechnen, die von ihren Berufsgenossen wie von der ganzen Nation +verachtet wurden.<a class = "tag" name = "tagVIII_31" id = "tagVIII_31" +href = "#noteVIII_31">31</a></p> + +<p>Jedem, den die Leidenschaft nicht gänzlich verblendete, mußten diese +Hindernisse unübersteiglich erscheinen. Die gewissenlosesten Sklaven der +Gewalt ließen Zeichen von Besorgniß laut werden. Dryden äußerte, der +König werde durch seinen Versuch, die Sache besser zu machen, sie nur +verschlimmern, und er sehnte sich zurück nach den goldenen Tagen des +sorglosen und gutmüthigen Karl.<a class = "tag" name = "tagVIII_32" id = +"tagVIII_32" href = "#noteVIII_32">32</a> Selbst Jeffreys wurde +schwankend. So lange er arm war, war er stets bereit gewesen, um des +Gewinns willen dem bösen Leumunde und dem öffentlichen Hasse zu trotzen; +aber er hatte sich jetzt durch Bestechlichkeit und Erpressungen große +Reichthümer erworben, und es lag ihm mehr daran, sich den Besitz +derselben zu sichern, als sie noch zu vermehren. Seine Lauheit zog ihm +einen strengen Verweis aus königlichem Munde zu. Aus Furcht, das große +Siegel zu verlieren, versprach er Alles was von ihm verlangt wurde; +Barillon aber bemerkte in seinem hierauf bezüglichen Berichte an Ludwig, +daß der König von England sich selbst auf Diejenigen, die etwas zu +verlieren hätten, nicht mehr verlassen könne.<a class = "tag" name = +"tagVIII_33" id = "tagVIII_33" href = "#noteVIII_33">33</a></p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVIII_31" id = "noteVIII_31" href = +"#tagVIII_31">31.</a> +Drei damals entworfene Stimmlisten sind noch vorhanden; eine befindet +sich in den französischen Archiven, die beiden anderen in den Archiven +der Familie Portland. In diese Listen sind die Peers unter drei Rubriken +eingetragen: Für Aufhebung des Testes, gegen die Aufhebung, und +zweifelhaft. Nach der einen Liste waren 31 für, 86 gegen und 20 +zweifelhaft; nach der zweiten 33 für, 87 gegen und 19 zweifelhaft; nach +der dritten 35 für, 92 gegen und 10 zweifelhaft. Abschriften der drei +Listen befinden sich unter den Mackintosh-Manuscripten.</p> + +<p><a name = "noteVIII_32" id = "noteVIII_32" href = +"#tagVIII_32">32.</a> +Im Britischen Museum befindet sich ein Brief von Dryden an Etherege vom +Februar 1688. Ich entsinne mich nicht, ihn gedruckt gesehen zu haben. +„Ach,“ sagt Dryden, „möchte doch unser König durch sein eignes Beispiel +zu edler Muße aufmuntern, wie sein Vorgänger hochseligen Andenkens es +that. Mich dünkt er wird mit all’ seinem Geschäftseifer die +Angelegenheiten nicht fördern.“</p> + +<p class = "footnote"> +<a name = "noteVIII_33" id = "noteVIII_33" href = "#tagVIII_33">33.</a> +Barillon, 29. Aug. (8. Sept.) 1687.</p> +</div> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Jakob beschließt, ein bestochenes Parlament zusammenzusetzen.</span> +<a name = "secVIII_31" id = "secVIII_31">Trotz</a> alledem beschloß +Jakob, seinen Weg beharrlich zu verfolgen. +<span class = "pagenum">VIII.35</span> +<a name = "pageVIII_35" id = "pageVIII_35"> </a> +Die Zustimmung eines freien und gesetzlichen Parlaments zu erlangen, war +offenbar unmöglich; aber nicht ganz unmöglich war es, durch Bestechung, +Einschüchterung, gewaltthätige Anwendung der Prärogative und +betrügerische Rechtsverdrehungen eine Versammlung zu Stande zu bringen, +die sich ein Parlament nennen konnte und bereit war, jeden Befehl des +Souverains als Gesetz zu registriren. Es mußten Wahlbeamte ernannt +werden, die den geringsten Vorwand benutzten, um Freunde des Königs für +rechtsgültig gewählt zu erklären. Jedem Angestellten, von den höchsten +bis zu den niedrigsten, mußte zu verstehen gegeben werden, daß, wenn er +sein Amt behalten wolle, er diesmal den Thron durch seine Stimme und +seinen Einfluß unterstützen müsse. Zu gleicher Zeit mußte die Hohe +Commission ein scharfes Auge auf die Geistlichkeit haben. Die Wahlorte, +welche erst kürzlich reorganisirt worden waren, um dem einen Zwecke zu +dienen, konnten noch einmal umgestaltet werden, um einem andren zu +dienen. Auf diese Weise hoffte der König im Hause der Gemeinen eine +Majorität zu erlangen. Das Oberhaus war dann ganz in seiner Gewalt, denn +er hatte das unbestrittene gesetzliche Recht, Peers nach seinem +Gutdünken zu ernennen, und er war fest entschlossen, von diesem Rechte +Gebrauch zu machen. Er wünschte zwar nicht, was auch kein Souverain +wünschen kann, die höchste Ehrenbezeigung, welche die Krone zu verleihen +vermag, werthlos zu machen; aber er schmeichelte sich mit der Hoffnung, +daß es ihm durch Einberufung einiger nächster Erben in die Versammlung, +in der sie doch früher oder später einmal ihren Sitz einnehmen mußten, +und durch Verleihung englischer Adelstitel an schottische und irische +Lords gelingen werde, sich eine Majorität zu sichern; ohne so viele +Leute in den Adelsstand erheben zu müssen, daß dadurch die Adelskrone +und der Hermelin an Ansehen verloren. Indessen hatte er sich +vorgenommen, im Nothfall auch zu den äußersten Mitteln zu greifen. Als +in einer zahlreichen Gesellschaft einmal die Meinung ausgesprochen +wurde, daß sich die Peers unfügsam zeigen würden, sagte Sunderland zu +Churchill: „Wie einfältig! Ihre Garde wird vor dem Hause der Lords +stehen.“<a class = "tag" name = "tagVIII_34" id = "tagVIII_34" href = +"#noteVIII_34">34</a></p> + +<p>Nachdem Jakob beschlossen hatte, ein corrumpirtes Parlament +zusammenzubringen, ging er energisch und planmäßig an die Ausführung. Es +erschien in der Gazette eine Proklamation, welche ankündigte, daß der +König sich entschlossen habe, die Bestallungen der Friedensrichter und +der Grafschaftsstatthalter einer Revision zu unterwerfen und daß nur +diejenigen Gentlemen im Staatsdienste bleiben sollten, welche geneigt +waren, seine Politik zu unterstützen<a class = "tag" name = "tagVIII_35" +id = "tagVIII_35" href = "#noteVIII_35">35</a>. Ein Ausschuß von sieben +Geheimräthen saß in Whitehall, um, wie man sich ausdrückte, die +Municipalkörperschaften zu reguliren. In diesem Ausschusse vertrat +Jeffreys allein das protestantische, Powis das gemäßigte katholische +Interesse. Alle anderen Mitglieder gehörten der jesuitischen Faction an. +Unter ihnen befand sich auch Petre, der in den Geheimen Rath vereidigt +worden war. Seine Ernennung war bis zum factischen Antritt dieser +Function vor Jedermann, mit alleiniger Ausnahme Sunderland’s, sorgfältig +geheim gehalten worden. Der öffentliche Unwille über diese abermalige +Verletzung des Gesetzes +<span class = "pagenum">VIII.36</span> +<a name = "pageVIII_36" id = "pageVIII_36"> </a> +äußerte sich laut, und man bemerkte, daß die Katholiken sie noch +rücksichtsloser tadelten als die Protestanten. Der eitle und ehrgeizige +Jesuit war jetzt beauftragt, die Hälfte der Wahlkörper des Reichs +aufzulösen und neu zu organisiren.</p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVIII_34" id = "noteVIII_34" href = +"#tagVIII_34">34.</a> +Lord Bradford, welcher anwesend war, erzählte dies Dartmouth; Note zu +Burnet <ins class = "correction" title = "Original hat ,">I.</ins> +755.</p> + +<p><a name = "noteVIII_35" id = "noteVIII_35" href = +"#tagVIII_35">35.</a> +<span class = "antiqua">London Gazette, Dec. 12, 1687</span>.</p> +</div> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Die Regulatoren.</span> +<a name = "secVIII_32" id = "secVIII_32">Unter</a> der Oberleitung des +Ausschusses der Geheimräthe stand ein aus thätigen Agenten +untergeordneten Ranges gebildeter Unterausschuß, der die Einzelheiten +des Geschäfts zu besorgen hatte, und im ganzen Lande waren örtliche +Ausschüsse von Regulatoren errichtet, welche mit dem Centralcomité in +Westminster correspondirten.<a class = "tag" name = "tagVIII_36" id = +"tagVIII_36" href = "#noteVIII_36">36</a></p> + +<p>Die Personen, auf deren Unterstützung Jakob bei diesem neuen und +schwierigen Unternehmen hauptsächlich rechnete, waren die +Lordlieutenants. Sie erhielten sämmtlich den schriftlichen Befehl, sich +unverweilt in ihre respectiven Grafschaften zu begeben. Dort sollten sie +alle ihre Stellvertreter und Friedensrichter vor sich laden und ihnen +eine Reihe Fragen vorlegen, um zu erfahren, wie sie sich bei einer +allgemeinen Wahl verhalten würden. Die Antworten sollten sie +niederschreiben und der Regierung einsenden. Ferner sollten sie ein +Verzeichniß derjenigen Katholiken und protestantischen Dissenters +anfertigen, welche für die Richterbank und für die Commandos in der +Miliz am geeignetsten erschienen. Auch sollten sie die Stimmung aller +Wahlorte der Grafschaft untersuchen und Berichte darüber einsenden, +welche den Regulatoren bei ihrer Arbeit als Leitfaden dienen konnten. +Schließlich war ihnen bedeutet, daß sie alle diese Pflichten in Person +zu vollziehen hätten und keine Stellvertreter mit der Ausführung +beauftragen dürften.<a class = "tag" name = "tagVIII_37" id = +"tagVIII_37" href = "#noteVIII_37">37</a></p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVIII_36" id = "noteVIII_36" href = +"#tagVIII_36">36.</a> +Bonrepaux an Seignelay, 14.(24.) Nov.; Citters, 15.(25.) Nov.; <span +class = "antiqua">Lords’ Journals, Dec. 20. 1689</span>.</p> + +<p><a name = "noteVIII_37" id = "noteVIII_37" href = +"#tagVIII_37">37.</a> +Citters, 28. Oct. (7. Nov.) 1687.</p> +</div> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Entlassung vieler Lordlieutenants.</span> +<a name = "secVIII_33" id = "secVIII_33">Der</a> erste Eindruck, den +diese Befehle machten, würde einen weniger verblendeten Fürsten als +Jakob sofort zur Besinnung gebracht haben. Die Hälfte der +Lordlieutenants von England verweigerten auf das Bestimmteste den +gehässigen Dienst, den man von ihnen verlangte. Sie wurden auf der +Stelle entlassen. Alle, welche diese ihnen zum Ruhme gereichende Ungnade +traf, waren hochangesehene Peers, welche bisher als feste Stützen der +Monarchie gegolten hatten. Einige Namen der Liste verdienen besondere +Erwähnung.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Der Earl von Oxford.</span> +<a name = "secVIII_34" id = "secVIII_34">Der</a> vornehmste Unterthan +von England und, wie die Engländer gern sagten, von ganz Europa, war +Aubray de Vere, der zwanzigste und letzte der alten Earls von Oxford. +Sein Adelstitel schrieb sich durch eine ununterbrochene Reihenfolge +männlicher Ahnen aus einer Zeit her, wo die Familien Howard und Seymour +noch unbekannt waren, wo die Nevilles und die Percy erst eine +provinzielle Berühmtheit hatten und wo selbst der große Name Plantagenet +in England noch nicht gehört worden war. Ein Oberhaupt des Hauses de +Vere hatte bei Hastings ein hohes Commando bekleidet, ein Andrer war mit +Gottfried und Tancred über Haufen erschlagener Moslems nach dem Grabe +Jesu Christi gezogen. Der erste Earl von Oxford war Minister Heinrich +Beauclerc’s gewesen; der dritte hatte sich unter den Lords +ausgezeichnet, welche von Johann die Magna Charta erpreßten; der +siebente hatte bei Cressy und Poitiers tapfer gefochten; der dreizehnte +war unter +<span class = "pagenum">VIII.37</span> +<a name = "pageVIII_37" id = "pageVIII_37"> </a> +vielen Glückswechseln das Oberhaupt der Partei der Rothen Rose gewesen +und hatte in der entscheidenden Schlacht von Bosworth die Vorhut +angeführt; der siebzehnte hatte am Hofe der Königin Elisabeth geglänzt +und sich einen ehrenvollen Platz unter den älteren Meistern der +englischen Dichtkunst erworben; der neunzehnte war im Kampfe für den +protestantischen Glauben und für die Freiheit Europa’s unter den Mauern +von Mastricht gefallen. Sein Sohn Aubray, mit welchem der älteste und +erlauchteste Adelsstamm, den England je gesehen, erlosch, ein Mann von +lockeren Sitten, aber von harmlosem Charakter und artigen Manieren, war +Lordlieutenant von Essex und Oberst der Blauen. Er war von Natur nicht +widersetzlich und es lag in seinem Interesse, einen Bruch mit dem Hofe +zu vermeiden, denn seine Güter waren mit Schulden belastet und sein +Commando ein sehr einträgliches. Er wurde in das königliche Kabinet +beschieden und eine bündige Erklärung über seine Gesinnungen von ihm +verlangt. „Sire,“ antwortete Oxford, „ich werde bis zum letzten +Blutstropfen gegen alle Feinde zu Eurer Majestät stehen; aber dies ist +eine Gewissenssache, in der ich Ihnen nicht willfahren kann.“ Er wurde +augenblicklich seiner Statthalterschaft und seines Commando’s +entsetzt.<a class = "tag" name = "tagVIII_38" id = "tagVIII_38" href = +"#noteVIII_38">38</a></p> + +<p class = "footnote"> +<a name = "noteVIII_38" id = "noteVIII_38" href = "#tagVIII_38">38.</a> +<span class = "antiqua">Halstead’s Succinct Genealogy of the Family of +Vere, 1685</span>; <span class = "antiqua">Collins’s Historical +Collections</span>. Siehe auch in den <span class = "antiqua">Lords’ +Journals</span> und in <span class = "antiqua">Jones’s Reports</span> +den Prozeß wegen des Earlthums Oxford im März und April 1625/26. Die +Einleitung der Rede des Lordoberrichters Crew gehört zu den glänzendsten +Proben der altenglischen Beredtsamkeit. Citters, 7.(17.) Febr. 1688.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Der Earl von Shrewsbury.</span> +<a name = "secVIII_35" id = "secVIII_35">Dem</a> Hause de Vere, aber +auch nur diesem, stand an Alter und Glanz das Haus Talbot nach. Seit der +Regierung Eduard’s III. hatten die Talbot stets unter den Peers des +Reichs gesessen. Das Earlthum Shrewsbury war im funfzehnten Jahrhundert +Johann Talbot, dem Gegner der Jungfrau von Orleans, verliehen worden. +Seine Landsleute hatten seiner noch lange in Liebe und Verehrung als +eines der berühmtesten Krieger gedacht, welche auf dem europäischen +Festlande ein großes englisches Reich zu gründen versuchten. Der +unerschütterliche Muth, den er im Unglück gezeigt, hatten ihn zum +Gegenstande einer größeren Theilnahme gemacht als glücklichere +Feldherren sie erweckt haben, und sein Tod lieferte unsrer älteren Bühne +den Stoff zu einer ungemein ergreifenden Scene. Seine Nachkommen waren +zwei Jahrhunderte lang ein blühendes und ehrenvolles Geschlecht. Zur +Zeit der Restauration war Franz, der elfte Earl, ein Katholik, das +Oberhaupt der Familie. Sein Tod war von Umständen begleitet gewesen, die +selbst in jenen zügellosen Zeiten, welche unmittelbar auf den Sturz der +puritanischen Partei folgten, Abscheu und Mitleid erweckt hatten. Der +Herzog von Buckingham war im Laufe seiner leichtfertigen Liebeshändel +einen Augenblick von der Gräfin von Shrewsbury angezogen worden. Sie +wurde leicht erobert. Ihr Gemahl forderte den Verführer zum Zweikampfe +und fiel. Einige sagten, das pflichtvergessene Weib habe den Zweikampf +in männlicher Verkleidung mit angesehen. Andere wollten sogar wissen, +sie habe den siegreichen Geliebten ans Herz gedrückt, während sein Hemd +noch vom Blute ihres Gatten geröthet war. Die Titel des Ermordeten +gingen auf seinen unmündigen Sohn Karl über. Als der verwaiste Jüngling +zum Manne heranwuchs, ward es allgemein anerkannt, daß kein andrer +junger Adeliger Englands von der Natur so reich begabt +<span class = "pagenum">VIII.38</span> +<a name = "pageVIII_38" id = "pageVIII_38"> </a> +sei. Er besaß ein einnehmendes Äußere, einen ungemein sanften Character +und einen solchen Schatz von Talenten, daß er, selbst wenn er in einem +niederen Stande geboren gewesen wäre, sich ohne Zweifel zu einer hohen +Stellung im Staate emporgeschwungen haben würde. Alle diese natürlichen +Vorzüge hatte er so gut angewendet, daß er schon vor seiner +Volljährigkeit für einen der feinsten und kenntnißreichsten Gentlemen +seiner Zeit galt. Für seine Gelehrsamkeit sprechen die noch vorhandenen +eigenhändigen Anmerkungen von ihm zu Werken aus fast allen Zweigen der +Literatur. Er sprach Französisch wie ein Kammerherr des Königs Ludwig +und Italienisch wie ein Florentiner. Es war wohl natürlich, daß ein +Jüngling von solchen Gaben nach den Gründen forschte, aus denen seine +Familie sich der Staatsreligion nicht angeschlossen hatte. Er studirte +sorgfältig die Streitpunkte, theilte seine Zweifel Priestern seines +eignen Glaubens mit, legte deren Antworten Tillotson vor, erwog lange +und aufmerksam die beiderseitigen Gründe und erklärte sich nach einer +zweijährigen genauen Untersuchung zum Protestanten. Die anglikanische +Kirche nahm den erlauchten Convertiten freudig in ihren Schooß auf. Er +genoß einer großen Popularität, und diese nahm zu, als man erfuhr, daß +der König umsonst Bitten und Versprechungen an ihn verschwendet hatte, +um ihn zu dem Irrglauben zurückzuführen, den er abgeschworen. Der +Character des jungen Mannes entwickelte sich jedoch nicht in einer +Weise, welche Diejenigen, die an seiner Bekehrung den hauptsächlichsten +Antheil hatten, vollkommen befriedigte. Seine Sittlichkeit entging der +allgemeinen Ansteckung der modischen Ausschweifungen nicht. Der Stoß, +der seine Jugendvorurtheile zerstört, hatte zu gleicher Zeit alle seine +Überzeugungen erschüttert und ihn der schwankenden Leitung seiner +Gefühle preisgegeben. Aber wenn auch seine Grundsätze ihren Halt +verloren hatten, so waren doch die Triebfedern seines Handelns so edel, +sein Gemüth so sanft, sein Benehmen so freundlich und gewinnend, daß es +unmöglich war, ihn nicht zu lieben. Er wurde schon frühzeitig der König +der Herzen genannt und verlor in seinem langen, ereignißvollen und +bewegten Leben nie das Recht auf diese Bezeichnung.<a class = "tag" name += "tagVIII_39" id = "tagVIII_39" href = "#noteVIII_39">39</a></p> + +<p>Shrewsbury war Lordlieutenant von Staffordshire und Oberst eines der +Kavallerieregimenter, die in Folge des Aufstandes im Westen errichtet +worden waren. Er weigerte sich jetzt, seine Thätigkeit durch die +Regulatoren bestimmen zu lassen und wurde deshalb seiner beiden Stellen +entsetzt.</p> + +<p class = "footnote"> +<a name = "noteVIII_39" id = "noteVIII_39" href = "#tagVIII_39">39.</a> +<span class = "antiqua">Coxe’s Shrewsbury Correspondence</span>; <span +class = "antiqua">Mackay’s Memoirs</span>; <span class = "antiqua">Life +of Charles Duke of Shrewsbury, 1718</span>; <span class = +"antiqua">Burnet, I. 762</span>; <span class = "antiqua">Birch’s Life of +Tillotson.</span> In letzterem Werke findet der Leser einen Brief von +Tillotson an Shrewsbury, der meiner Ansicht nach ein Muster von ernstem, +freundschaftlichem und rücksichtvollem Tadel ist.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Der Earl von Dorset.</span> +<a name = "secVIII_36" id = "secVIII_36">Kein</a> englischer Adeliger +erfreute sich der Volksgunst in einem reicheren Maße als Karl Sackville, +Earl von Dorset. Er war in der That ein merkwürdiger Mann. In seiner +Jugend war er einer der bekanntesten Wüstlinge der zügellosen Zeit +gewesen, welche auf die Restauration folgte. Er war der Schrecken der +londoner Nachtwächter, hatte manche Nacht auf der Wache zubringen müssen +und zum mindesten einmal eine Zelle in Newgate bewohnt. Seine Liebe zu +Betty Morrice und zu Lorchen Gwynn, die ihn ihren Karl I. zu nennen +pflegte, hatte der Stadt nicht wenig Stoff zur Unterhaltung und zum +<span class = "pagenum">VIII.39</span> +<a name = "pageVIII_39" id = "pageVIII_39"> </a> +Ärgerniß gegeben.<a class = "tag" name = "tagVIII_40" id = "tagVIII_40" +href = "#noteVIII_40">40</a> Doch bei all’ seinen Thorheiten und Lastern +hatte er sich durch hochherzigen Muth, durch scharfen Verstand und durch +natürliche Herzensgüte ausgezeichnet. Die Leute meinten, die +Ausschweifungen, denen er sich hingäbe, theile er mit dem ganzen +Geschlechte der lebenslustigen jungen Kavaliere, aber sein Mitgefühl für +die Leiden der Menschheit und die Großmuth, mit der er diejenigen, +welche durch seine muthwilligen Streiche verletzt wurden, zu +entschädigen suchte, sei nur ihm allein eigen. Seine Freunde wunderten +sich darüber, daß das Publikum zwischen ihm und ihnen einen Unterschied +machte. „Der kann thun was er will,“ sagte Wilmot; „ihm geschieht nie +etwas.“ Das Urtheil der Welt über Dorset gestaltete sich noch günstiger, +als er mit den Jahren und in der Ehe gesetzter wurde. Jedermann pries +seine herablassenden Manieren, seine geistreiche Unterhaltung, sein +weiches Gemüth und seine Freigebigkeit. Man sagte es vergehe kein Tag, +ohne daß eine bedrängte Familie Ursache habe, seinen Namen zu segnen. +Und doch war bei aller seiner Herzensgüte sein Witz so beißend, daß +Spötter, deren Sarkasmus die ganze Stadt fürchtete, vor dem Sarkasmus +Dorset’s zitterten. Alle politischen Parteien achteten und liebten ihn; +ihm selbst aber behagte die Politik überhaupt nicht sonderlich. Hätte +ihn die Nothwendigkeit zu Anstrengungen gespornt, so würde er +wahrscheinlich zu den höchsten Posten im Staate gestiegen sein; aber er +nahm schon durch seine Geburt einen so hohen Rang ein und war dabei so +reich, daß ihm viele Beweggründe fehlten, welche die Menschen antreiben, +sich mit den öffentlichen Angelegenheiten zu befassen. Er nahm gerade +nur so viel Theil an parlamentarischen und diplomatischen Geschäften, +als hinreichte, um zu beweisen, daß ihm nichts weiter fehlte als die +Lust dazu, um mit Danby und Sunderland zu rivalisiren, und richtete +seine Thätigkeit auf Bestrebungen, die ihm besser zusagten. Gleich +vielen anderen Männern, welche mit großen natürlichen Fähigkeiten eine +angeborne und gewohnheitsmäßige Indolenz verbinden, wurde er ein +geistiger Genußmensch und ein Meister in allen unterhaltenden Zweigen +des Wissens, die man sich ohne ernstes Studium aneignen kann. Er war +anerkanntermaßen der beste Richter in der Malerei, der Sculptur, der +Baukunst und der Schauspielerkunst, den der Hof aufzuweisen hatte. In +Angelegenheiten der schönen Künste und Wissenschaften galt sein Urtheil +in allen Kaffeehäusern für unwiderruflich maßgebend. Mehr als ein +hübsches Theaterstück, das bei der ersten Aufführung durchfiel, wurde +lediglich durch seine Autorität gegen das Geschrei des ganzen Parterres +siegreich vertheidigt und bestand mit glücklichem Erfolge die zweite +Probe. St. Evremond und Lafontaine rühmten die feine Eleganz seines +französischen Styls. Noch nie hatte England einen solchen Gönner der +Literatur gehabt. Er übte seine Freigebigkeit mit eben so richtiger +Einsicht als liberaler Unparteilichkeit, keine Secte oder Faction wurde +dabei von ihm bevorzugt. Geniale Männer, welche durch literarische +Eifersucht oder durch Verschiedenheit ihrer politischen Meinung einander +entfremdet waren, stimmten in der Anerkennung seiner unparteiischen Güte +überein. Dryden gestand, daß Dorset’s fürstliche Freigebigkeit ihn vom +<span class = "pagenum">VIII.40</span> +<a name = "pageVIII_40" id = "pageVIII_40"> </a> +Untergange gerettet habe. Und dennoch wurden Montague und Prior, welche +Dryden durch beißende Satiren getadelt hatten, von Dorset ins +öffentliche Leben eingeführt, und das beste Lustspiel von Dryden’s +Todfeind, Shadwell, war auf Dorset’s Landsitze geschrieben. Hätte der +freigebige Earl sonst gewollt, so hätte er sehr gut mit Denen +rivalisiren können, deren Wohlthäter er zu sein sich begnügte, denn die +Verse, die er gelegentlich dichtete, zeigen bei aller unkünstlerischen +Form Spuren eines angebornen Genies, das bei sorgfältiger Pflege Großes +hätte schaffen können. In dem kleinen Bande seiner Werke finden sich +Lieder, welche die ungezwungene Lebendigkeit Suckling’s besitzen, und +kleine Satiren, deren glänzender Humor dem eines Butler nicht +nachsteht.<a class = "tag" name = "tagVIII_41" id = "tagVIII_41" href = +"#noteVIII_41">41</a></p> + +<p>Dorset war Lordlieutenant von Sussex und auf Sussex blickten die +Regulatoren mit besonders ängstlicher Spannung, denn in keiner andren +Grafschaft, Cornwall und Wiltshire ausgenommen, befanden sich so viele +kleine Wahlorte. Er erhielt Befehl, sich auf seinen Posten zu begeben. +Keiner von Denen, die ihn kannten, erwartete, daß er gehorchen werde. Er +gab eine Antwort, wie sie sich für ihn ziemte, und wurde bedeutet, daß +man seiner Dienste nicht mehr bedürfe. Das allgemeine Interesse, das er +seinen vielen edlen und liebenswürdigen Eigenschaften verdankte, wurde +nicht wenig erhöht, als man erfuhr, daß er durch die Post einen anonymen +Brief erhalten hatte, worin ihm angekündigt wurde, daß, wenn er sich +nicht sofort den Wünschen des Königs füge, ihn all’ sein Geist und seine +Popularität nicht vor der Ermordung schützen werde. Eine ähnliche +Warnung erhielt auch Shrewsbury. Drohbriefe waren damals viel seltener +als sie es späterhin geworden sind, und man kann sich daher nicht +darüber wundern, daß das ohnehin schon aufgeregte Volk zu dem Glauben +geneigt war, die besten und edelsten Engländer seien wirklich für +papistische Dolche ausersehen.<a class = "tag" name = "tagVIII_42" id = +"tagVIII_42" href = "#noteVIII_42">42</a> Gerade zu der Zeit, als diese +Briefe in ganz London das Tagesgespräch bildeten, wurde der verstümmelte +Leichnam eines angesehenen Puritaners auf der Straße gefunden. Es zeigte +sich indessen bald, daß der Mörder die That nicht aus religiösen oder +politischen Beweggründen verübt hatte. Aber der erste Verdacht des +gemeinen Volkes fiel auf die Papisten. Die verstümmelten Überreste des +Ermordeten wurden in feierlicher Prozession nach dem Jesuitencollegium +im Savoy getragen und einige Stunden lang war die Furcht und Wuth der +Menge kaum weniger heftig als an dem Tage, wo Godfrey zu Grabe getragen +ward.<a class = "tag" name = "tagVIII_43" id = "tagVIII_43" href = +"#noteVIII_43">43</a></p> + +<p>Mit den übrigen Entlassungen muß ich mich kürzer fassen. Der Herzog +<span class = "pagenum">VIII.41</span> +<a name = "pageVIII_41" id = "pageVIII_41"> </a> +von Somerset, dem vor einigen Monaten schon sein Regiment wieder +abgenommen worden war, wurde nun auch seiner Stelle als Lordlieutenant +des Ostbezirks<a class = "tag" name = "tagVIII_44" id = "tagVIII_44" +href = "#noteVIII_44">44</a> von Yorkshire enthoben. Die +Statthalterschaft des Nordbezirks verlor der Viscount Fauconberg, die +von Shropshire der Viscount Newark und die von Lancashire der Earl von +Derby, der Enkel des tapferen Kavaliers, der auf dem Schlachtfelde +sowohl als auf dem Schaffot für das Haus Stuart dem Tode so muthig ins +Auge geblickt hatte. Der Earl von Pembroke, der unlängst der Krone gegen +Monmouth treu und tapfer gedient hatte, wurde in Wiltshire, der Earl von +Rutland in Leicestershire, der Earl von Bridgewater in Buckinghamshire, +der Earl von Thanet in Cumberland, der Earl von Northampton in +Warwickshire, der Earl von Abingdon in Oxfordshire, der Earl von +Scarsdale in Derbyshire abgesetzt. Scarsdale verlor außerdem auch sein +Reiterregiment und seine Stelle im Hofstaate der Prinzessin von +Dänemark. Diese weigerte sich, ihn aus ihren Diensten zu entlassen und +gab nur einem peremptorischen Befehle ihres Vaters nach. Der Earl von +Gainsborough wurde nicht nur der Statthalterschaft von Hampshire, +sondern auch des Gouverneurpostens von Portsmouth und des +Wildmeisteramts im Neuen Forste entsetzt, zwei Stellen, die er erst vor +wenigen Monaten für fünftausend Pfund gekauft hatte.<a class = "tag" +name = "tagVIII_45" id = "tagVIII_45" href = "#noteVIII_45">45</a></p> + +<p>Der König konnte keine angesehenen Lords und namentlich gar keine +protestantischen auftreiben, welche die erledigten Stellen anzunehmen +bereit waren. Man mußte zwei Grafschaften Jeffreys, einem Manne von sehr +jungem Adel und von geringem Grundbesitz, und zwei andere Preston, der +nicht einmal Peer von England war, zuertheilen. Die übrigen ihrer +Statthalter beraubten Grafschaften wurden fast ohne Ausnahme bekannten +Katholiken oder solchen Höflingen überwiesen, welche dem Könige im +Geheimen versprochen hatten, zur römisch-katholischen Kirche +überzutreten, sobald die Klugheit es ihnen gestatten würde.</p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVIII_40" id = "noteVIII_40" href = +"#tagVIII_40">40.</a> +Der König war nur Lorchen’s Karl III. Ob Dorset oder Major Hart die Ehre +hatte ihr Karl I. zu sein, ist eine streitige Frage. Meines +Bedünkens scheint Dorset gegründeteren Anspruch auf diesen Vorzug zu +haben. Siehe die gestrichene Stelle in Burnet I. 263, und Pepys’ +Tagebuch vom 26. Oct. 1667.</p> + +<p><a name = "noteVIII_41" id = "noteVIII_41" href = +"#tagVIII_41">41.</a> +<span class = "antiqua">Pepys’s Diary</span>; Prior’s Widmung seiner +Gedichte an den Herzog von Dorset; <span class = "antiqua">Johnson’s +Life of Dorset</span>; <span class = "antiqua">Dryden’s Essay on +Satire</span> und seine Widmung des <span class = "antiqua">Essay on +Dramatic Poesy</span>. Dorset’s Liebe zu seiner Gattin und seine strenge +eheliche Treue wird von dem ausschweifenden Narren Sir Georg Etherege in +seinen Briefen aus Regensburg vom 9.(19.) Dec. 1687 und 16.(26.) Jan. +1688 mit höhnender Geringschätzung erwähnt; Shadwell’s Widmung zu seinem +<span class = "antiqua">Squire of Alsatia</span>; <span class = +"antiqua">Burnet <ins class = "correction" title = "Original hat ,">I.</ins> 264</span>; <span class = "antiqua">Mackay’s +Characters.</span> Einige Seiten von Dorset’s Character werden in seiner +von Pope verfassten Grabschrift treffend angedeutet:</p> + +<div class = "verse"> +<p>Doch sanft war sein Herz, wenn auch streng sein Lied;</p> +</div> + +<p class = "continue"> +und weiterhin:</p> + +<div class = "verse"> +<p>Ein glücklicher Hofmann, von Fürst und Land geliebt,</p> +<p>Und dennoch treu der Freundschaft und der Muße.</p> +</div> + +<p><a name = "noteVIII_42" id = "noteVIII_42" href = +"#tagVIII_42">42.</a> +Barillon, 9.(19.) Jan. 1688; Citters, Jan. 31. (Febr. 10.)</p> + +<p><a name = "noteVIII_43" id = "noteVIII_43" href = +"#tagVIII_43">43.</a> +Adda, 3.(13.) u. 10.(20.) Febr. 1688.</p> + +<p><a name = "noteVIII_44" id = "noteVIII_44" href = +"#tagVIII_44">44.</a> +Die Grafschaft York, die größte von England, wird in drei Bezirke (<span +class = "antiqua">Ridings</span>) +eingetheilt.  D. Übers.</p> + +<p><a name = "noteVIII_45" id = "noteVIII_45" href = +"#tagVIII_45">45.</a> +Barillon, 5.(15.), 8.(18.) u. 12.(22.) Dec. 1687; Citters, 29. Nov. (9. +Dec.) u. <ins class = "correction" title = "Original hat »2.(12. Dec.).«">2.(12.) Dec.</ins></p> +</div> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +An die Obrigkeiten gerichtete Fragen, und Antworten darauf.</span> +<a name = "secVIII_37" id = "secVIII_37">Endlich</a> wurde die neue +Maschinerie in Bewegung gesetzt und bald kam aus allen Gegenden des +Landes die Nachricht von der vollständigen und hoffnungslosen +Niederlage. Der Katechismus, nach welchem die Lordlieutenants die +Gesinnungen der Landgentry erforschen sollten, bestand aus drei Fragen. +Jeder Magistratsbeamte und jeder Stellvertreter des Lordlieutenants +mußte gefragt werden, erstens ob er, im Fall er gewählt würde, um im +Parlamente zu dienen, für eine im Sinne der Indulgenzerklärung gefaßte +Bill stimmen wolle; zweitens ob er als Wähler seine Stimme solchen +Candidaten geben wolle, die sich verpflichteten, für eine derartige Bill +zu stimmen; und drittens ob er als Privatmann die wohlwollenden Zwecke +des Königs fördern wolle, indem er mit Leuten jeder religiösen +Überzeugung in Frieden lebte.<a class = "tag" name = "tagVIII_46" id = +"tagVIII_46" href = "#noteVIII_46">46</a></p> + +<p>Sobald diese Fragen bekannt geworden waren, wurde ein mit seltener +Geschicklichkeit entworfenes Antwortformular im ganzen Lande verbreitet +und allgemein angenommen. Es lautete folgendermaßen: „Im Fall mir +<span class = "pagenum">VIII.42</span> +<a name = "pageVIII_42" id = "pageVIII_42"> </a> +die Ehre zu Theil werden sollte, einen Sitz im Hause der Gemeinen +einzunehmen, werde ich als Mitglied dieses Hauses es für meine Pflicht +halten, die Gründe, welche für und gegen eine Indulgenzbill im Laufe der +Debatte geltend gemacht werden, sorgfältig zu erwägen, und dann nach +meiner gewissenhaften Überzeugung zu stimmen. Als Wähler werde ich meine +Stimme solchen Candidaten geben, deren Begriffe von den Pflichten eines +Volksvertreters mit meinen eigenen übereinstimmen. Als Privatmann hege +ich den Wunsch, mit Jedermann in Frieden und Eintracht zu leben.“</p> + +<p class = "footnote"> +<a name = "noteVIII_46" id = "noteVIII_46" href = "#tagVIII_46">46.</a> +Citters, 28. Oct. (7. Nov.) 1687; <span class = "antiqua">Lonsdale’s +Memoirs.</span></p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Scheitern der Pläne des Königs.</span> +<a name = "secVIII_38" id = "secVIII_38">Diese</a> Antwort, die noch +viel trotziger war als eine förmliche Weigerung, weil sie einen leichten +Anflug von milder und anständiger Ironie hatte, über die man sich nicht +wohl gereizt zeigen konnte, war Alles was die Emissäre des Hofes von den +meisten Landgentlemen erlangen konnten. Gegenvorstellungen, +Versprechungen und Drohungen wurden vergebens angewendet. Der Herzog von +Norfolk, obgleich Protestant und mit dem Verfahren der Regierung +unzufrieden, hatte sich zu ihrem Werkzeuge in zwei Grafschaften +hergegeben. Er begab sich zuerst nach Surrey, wo er aber bald sah, daß +er nichts ausrichten konnte.<a class = "tag" name = "tagVIII_47" id = +"tagVIII_47" href = "#noteVIII_47">47</a> Dann ging er nach Norfolk, von +wo er ebenfalls bald zurückkehrte, um dem Könige zu melden, daß ihm von +siebzig Gentlemen, welche in dieser großen Provinz öffentliche Ämter +bekleideten, nur sechs Hoffnung gemacht hätten, die Politik des Hofes zu +unterstützen.<a class = "tag" name = "tagVIII_48" id = "tagVIII_48" href += "#noteVIII_48">48</a> Der Herzog von Beaufort, dessen Autorität sich +über vier englische Grafschaften und über das ganze Fürstenthum Wales +erstreckte, kam mit einem nicht minder niederschlagenden Berichte nach +Whitehall.<a class = "tag" name = "tagVIII_49" id = "tagVIII_49" href = +"#noteVIII_49">49</a> Rochester war Lordlieutenant von Hertfordshire. +Sein ganzer kleiner Schatz von Tugend war in dem Kampfe gegen die starke +Versuchung, seine Religion für Geld zu verkaufen, aufgezehrt worden; er +war noch durch einen Jahrgehalt von viertausend Pfund an den Hof +gebunden, und zum Dank dafür war er zu jedem wenn auch noch so +ungesetzlichen und erniedrigenden Dienste bereit, vorausgesetzt, daß man +nicht die Formalität einer Aussöhnung mit Rom von ihm verlangte. Er +hatte sich bereitwilligst der Aufgabe unterzogen, seine Grafschaft zu +bearbeiten, und er ging dabei, wie immer, mit übereilter Heftigkeit und +Gewaltthätigkeit zu Werke. Aber er verschwendete seinen Eifer vergebens +an die starrsinnigen Squires, mit denen er es zu thun hatte. Sie +erklärten ihm einstimmig, daß sie keinen Mann ins Parlament schicken +wollten, der für die Beseitigung der Schutzwehren des protestantischen +Glaubens stimmen würde.<a class = "tag" name = "tagVIII_50" id = +"tagVIII_50" href = "#noteVIII_50">50</a> Dieselbe Antwort erhielt der +Kanzler auch in Buckinghamshire.<a class = "tag" name = "tagVIII_51" id += "tagVIII_51" href = "#noteVIII_51">51</a> Die Gentry von Shropshire +weigerte sich in einer zu Ludlow veranstalteten Zusammenkunft einhellig, +sich durch das von dem Könige verlangte Versprechen zu binden.<a class = +"tag" name = "tagVIII_52" id = "tagVIII_52" href = "#noteVIII_52">52</a> +Der Earl von Yarmouth berichtete +<span class = "pagenum">VIII.43</span> +<a name = "pageVIII_43" id = "pageVIII_43"> </a> +aus Wiltshire, daß von sechzig Magistratsbeamten und +Statthaltersubstituten, mit denen er gesprochen, nur sieben eine +günstige Antwort gegeben hätten und daß man selbst diesen nicht trauen +könne.<a class = "tag" name = "tagVIII_53" id = "tagVIII_53" href = +"#noteVIII_53">53</a> Der Renegat Peterborough richtete eben so wenig in +Northamptonshire aus.<a class = "tag" name = "tagVIII_54" id = +"tagVIII_54" href = "#noteVIII_54">54</a> Nicht glücklicher war sein +Genosse Dover in Cambridgeshire.<a class = "tag" name = "tagVIII_55" id += "tagVIII_55" href = "#noteVIII_55">55</a> Auch Preston brachte +schlechte Nachrichten aus Cumberland und Westmoreland; Dorsetshire und +Huntingdonshire waren von dem nämlichen Geiste beseelt. Der Earl von +Bath kehrte nach langem Stimmenwerben mit trostlosen Nachrichten aus dem +Westen zurück. Er war ermächtigt worden, den Bewohnern dieser Gegenden +die verführerischesten Anerbietungen zu machen. Insbesondere hatte er +versprochen, daß, wenn die Wünsche des Königs gebührend berücksichtigt +würden, der Zinnhandel von den auf ihm lastenden drückenden +Beschränkungen befreit werden solle. Aber dieser Köder, dem man zu einer +andren Zeit nicht widerstanden haben würde, wurde jetzt mit Verachtung +zurückgewiesen. Alle Friedensrichter und Statthaltersubstituten von +Devonshire und Cornwall erklärten ohne eine einzige Ausnahme, daß sie +Gut und Blut für den König opfern würden, daß aber die protestantische +Religion ihnen noch theurer sei als Gut und Blut. „Und,“ setzte Bath +hinzu, „wenn Eure Majestät alle diese Gentlemen absetzte, so würden ihre +Nachfolger ganz die nämliche Antwort geben“.<a class = "tag" name = +"tagVIII_56" id = "tagVIII_56" href = "#noteVIII_56">56</a> Wenn es +irgend einen Bezirk gab, in welchem die Regierung auf einen günstigen +Erfolg hoffen durfte, so war es Lancashire. Man hatte starke Zweifel +gehegt, ob das Resultat in dieser Provinz mit dem der meisten anderen +Grafschaften übereinstimmen werde. In keinem Theile des Landes gab es so +viele reiche und angesehene Familien, welche dem alten Glauben anhingen, +und die Oberhäupter vieler dieser Familien waren kraft der +Dispensationsgewalt zu Friedensrichtern und Commandanten der Miliz +ernannt worden. Doch auch von dort meldete der neue Lordstatthalter, +selbst ein Katholik, daß zwei Drittel seiner Substituten und der +Magistratsbeamten dem Hofe feindlich gesinnt seien.<a class = "tag" name += "tagVIII_57" id = "tagVIII_57" href = "#noteVIII_57">57</a> Noch viel +schmerzlicher verletzte das Ergebniß in Hampshire den Stolz des Königs. +Arabella Churchill hatte ihm vor mehr als zwanzig Jahren einen Sohn +geboren, der späterhin als einer der geschicktesten Generäle Europa’s +weit und breit berühmt wurde. Der junge Mann hieß Jakob Fitzjames und +bis dahin hatte noch nichts in ihm vermuthen lassen, daß er sich einst +zu hoher Auszeichnung emporschwingen würde; aber sein Character und sein +Benehmen waren so sanft und herzgewinnend, daß er keinen Feind hatte, +außer Marien von Modena, welche den Sohn der Concubine schon seit langer +Zeit mit dem bitteren Ingrimm einer kinderlosen Gattin haßte. Ein +kleiner Theil der jesuitischen Faction hatte, bevor die Schwangerschaft +der Königin angekündigt wurde, ganz ernstlich daran gedacht, ihn als +Kronprätendenten neben der Prinzessin von Oranien aufzustellen.<a class += "tag" name = "tagVIII_58" id = "tagVIII_58" href = +"#noteVIII_58">58</a> Wenn man bedenkt, wie vollständig dem Herzoge von +Monmouth, obgleich das +<span class = "pagenum">VIII.44</span> +<a name = "pageVIII_44" id = "pageVIII_44"> </a> +niedere Volk ihn für legitim hielt und obgleich er der Vorkämpfer des +nationalen Glaubens war, ein ähnlicher Versuch mißlang, so muß es +unbegreiflich erscheinen, wie ein Mann durch den Fanatismus so ganz +verblendet sein konnte, daß er nur auf die Idee kam, einen jungen +Menschen, der allgemein als ein papistischer Bastard bekannt war, auf +den Thron erheben zu wollen. Es läßt sich nicht mit Gewißheit sagen, ob +der König diesem albernen Plane seinen Beifall zollte. Der junge Mann +war übrigens als Prinz anerkannt und wurde mit allen Auszeichnungen +überschüttet, welche ein nicht aus königlichem Blute entsprossener +Unterthan nur irgend zu erlangen hoffen konnte. Er war zum Herzog von +Berwick erhoben worden und bekleidete jetzt mehrere ehrenvolle und +einträgliche Stellen, welche Edelleuten, die sich den königlichen +Befehlen nicht hatten fügen wollen, abgenommen worden waren. Er war der +Nachfolger des Earls von Oxford als Oberst der Blauen und des Earls von +Gainsborough als Lordlieutenant von Hampshire, Wildmeister des Neuen +Forstes und Gouverneur von Portsmouth. Berwick erwartete, daß ihn an der +Grenze von Hampshire, der Sitte gemäß, ein langer Zug von Baronets, +Rittern und Squires empfangen werde; aber nicht eine einzige angesehene +Person hatte sich zu seiner Begrüßung eingefunden. Er sendete Schreiben +aus, durch welche er die Gentry zu sich entbot, aber nur fünf oder sechs +beachteten diese Einladung. Die Übrigen warteten ihre Entlassung gar +nicht ab; sie erklärten im voraus, daß sie keinen Theil an der Civil- +oder Militairverwaltung ihrer Grafschaft haben möchten, so lange der +König daselbst durch einen Papisten vertreten sei, und legten ihre +Stellen freiwillig nieder.<a class = "tag" name = "tagVIII_59" id = +"tagVIII_59" href = "#noteVIII_59">59</a></p> + +<p>Sunderland, der an die Stelle des Earls von Northampton zum +Lordlieutenant von Warwickshire ernannt worden war, fand eine Ausflucht, +um nicht in diese Grafschaft zu gehen und die Entrüstung und Verachtung +der dortigen Gentry auf sich zu laden, und seine Entschuldigung wurde um +so bereitwilliger angenommen, da der König endlich einzusehen begann, +daß sich der Sinn der Landgentry nicht beugen ließ.<a class = "tag" name += "tagVIII_60" id = "tagVIII_60" href = "#noteVIII_60">60</a></p> + +<p>Es muß bemerkt werden, daß Diejenigen, welche diesen trotzigen Sinn +an den Tag legten, nicht die alten Feinde des Hauses Stuart waren. Die +Listen der Friedensrichter und Statthaltersubstituten waren schon längst +von allen republikanischen Namen sorgfältig gesäubert. Die Männer, denen +die Regierung vergebens das Versprechen der Unterstützung abzuzwingen +versucht hatte, waren fast ohne Ausnahme Tories. Die älteren von ihnen +konnten noch Narben, welche von den Schwertern der Rundköpfe herrührten, +und Empfangsbescheinigungen über Silbergeschirr aufweisen, das sie +Karl I. in seiner Noth geschickt hatten. Die Jüngeren hatten gegen +Shaftesbury und Monmouth fest zu Jakob gehalten. Dies waren die Männer, +welche jetzt von dem nämlichen Fürsten, dem sie so glänzende Beweise von +treuer Anhänglichkeit gegeben hatten, in Masse ihrer Ämter entsetzt +wurden. Die Entlassung machte sie aber nur noch entschlossener; es war +bei ihnen zu einer heiligen Ehrensache geworden, in dieser Krisis fest +zusammenzuhalten. Es konnte keinem Zweifel unterliegen, daß, wenn bei +der Stimmenzählung ehrlich zu Werke gegangen +<span class = "pagenum">VIII.45</span> +<a name = "pageVIII_45" id = "pageVIII_45"> </a> +wurde, nicht ein einziger der Regierungspolitik günstiger +Grafschaftsabgeordneter gewählt werden würde. Die Leute fragten einander +daher mit nicht geringer Besorgniß, ob man wohl erwarten könne, daß bei +der Stimmenzählung ehrlich zu Werke gegangen werden würde.</p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVIII_47" id = "noteVIII_47" href = +"#tagVIII_47">47.</a> +Citters, 22. Nov. (2. Dec.) 1687.</p> + +<p><a name = "noteVIII_48" id = "noteVIII_48" href = +"#tagVIII_48">48.</a> +Citters, 27. Dez. (6. Jan.) 1687/88.</p> + +<p><a name = "noteVIII_49" id = "noteVIII_49" href = +"#tagVIII_49">49.</a> +<span class = "antiqua">Ibid.</span></p> + +<p><a name = "noteVIII_50" id = "noteVIII_50" href = +"#tagVIII_50">50.</a> +Johnstone erwähnt zweimal, unterm 25. Nov. und unterm 8. Dec. 1687, den +beleidigenden Eifer, den Rochester bei dieser Gelegenheit zeigte. Das +Mißlingen seiner Bemühungen erwähnt Citters unterm 6.(16.) Dec.</p> + +<p><a name = "noteVIII_51" id = "noteVIII_51" href = +"#tagVIII_51">51.</a> +Citters, 6.(16.) Dec. 1687.</p> + +<p><a name = "noteVIII_52" id = "noteVIII_52" href = +"#tagVIII_52">52.</a> +<span class = "antiqua">Ibid.</span> 20.(30.) Dec. 1687.</p> + +<p><a name = "noteVIII_53" id = "noteVIII_53" href = +"#tagVIII_53">53.</a> +Citters, 30. März (9. April) 1687.</p> + +<p><a name = "noteVIII_54" id = "noteVIII_54" href = +"#tagVIII_54">54.</a> +<span class = "antiqua">Ibid.</span> 22. Nov. (2. Dec.) 1687.</p> + +<p><a name = "noteVIII_55" id = "noteVIII_55" href = +"#tagVIII_55">55.</a> +<span class = "antiqua">Ibid.</span> 15.(25.) Nov. 1687.</p> + +<p><a name = "noteVIII_56" id = "noteVIII_56" href = +"#tagVIII_56">56.</a> +<span class = "antiqua">Ibid.</span> 10.(20.) April 1688.</p> + +<p><a name = "noteVIII_57" id = "noteVIII_57" href = +"#tagVIII_57">57.</a> +Die ängstliche Spannung wegen Lancashire erwähnt Citters in einer +Depesche vom 18.(28.) Nov. 1687, das Resultat in einer vier Tage später +datirten.</p> + +<p><a name = "noteVIII_58" id = "noteVIII_58" href = +"#tagVIII_58">58.</a> +Bonrepaux, 11.(21.) Juli 1687.</p> + +<p><a name = "noteVIII_59" id = "noteVIII_59" href = +"#tagVIII_59">59.</a> +Citters, 3.(13.) Febr. 1688.</p> + +<p><a name = "noteVIII_60" id = "noteVIII_60" href = +"#tagVIII_60">60.</a> +Citters, 5.(15.) April 1688.</p> +</div> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Liste der Sheriffs.</span> +<a name = "secVIII_39" id = "secVIII_39">Mit</a> Ungeduld sah man der +Liste der Sheriffs für das neue Jahr entgegen. Sie erschien, während die +Lordlieutenants noch auf ihrer Werbungsreise begriffen waren, und wurde +mit einem allgemeinen Schrei des Zornes und Unwillens aufgenommen. Die +Mehrzahl dieser Beamten, welche bei den Grafschaftswahlen die +Oberleitung hatten, waren entweder Katholiken oder protestantische +Dissenters, die ihre Zustimmung zur Indulgenzerklärung ausgesprochen +hatten.<a class = "tag" name = "tagVIII_61" id = "tagVIII_61" href = +"#noteVIII_61">61</a> Eine Zeit lang hegte man die schlimmsten +Befürchtungen, die aber bald wieder schwanden. Man hatte guten Grund, +anzunehmen, daß über einen gewissen Punkt hinaus der König auch nicht +auf die Unterstützung der seiner eigenen Kirche angehörenden Sheriffs +rechnen könne.</p> + +<p class = "footnote"> +<a name = "noteVIII_61" id = "noteVIII_61" href = "#tagVIII_61">61.</a> +<span class = "antiqua">London Gazette, Dec. 5. 1687</span>; Citters, +6.(16.) Dec.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Character der katholischen Landgentlemen.</span> +<a name = "secVIII_40" id = "secVIII_40">Zwischen</a> dem katholischen +Höflinge und dem katholischen Landgentleman herrschte nur sehr geringe +Sympathie. Die in Whitehall dominirende Cabale bestand theils aus +Fanatikern, welche zum Zwecke der Verbreitung ihres Glaubens bereit +waren, alle Gesetze der Moral über den Haufen zu werfen und die ganze +Welt in eine heillose Verwirrung zu stürzen, theils aus Heuchlern, +welche um des Gewinnes willen von dem Glauben, in dem sie erzogen +worden, abgefallen waren und die jetzt den allen Neubekehrten eigenen +Eifer auf die Spitze trieben. Sowohl die Fanatiker als auch die Heuchler +am Hofe hatten zum größten Theil keine Spur von englischer +Anschauungsweise. In einigen von ihnen hatte die unbedingte Hingebung +für ihre Kirche alles Nationalgefühl erstickt; andere waren Irländer, +deren Patriotismus in einem tödtlichen Hasse gegen die sächsischen +Eroberer Irlands bestand; noch andere waren Verräther, die von einer +auswärtigen Macht einen regelmäßigen Sold bezogen, und wieder andere +hatten einen großen Theil ihres Lebens im Auslande zugebracht, und waren +entweder bloße Kosmopoliten oder hegten einen positiven Widerwillen +gegen die Sitten und Staatseinrichtungen des Landes, das sie jetzt zu +regieren hatten. Diese Leute hatten mit einem noch der alten Kirche +anhängenden Gutsbesitzer von Cheshire oder Staffordshire kaum irgend +etwas gemein. Er war weder Fanatiker noch Heuchler, er war Katholik, +weil sein Vater und Großvater Katholiken gewesen waren, und er hing an +seinem ererbten Glauben, wie die Menschen in der Regel an demselben +hängen, aufrichtig aber ohne sonderliche Begeisterung. In jeder andren +Beziehung war er nichts weiter als eben ein englischer Squire, der sich +von den benachbarten Squires höchstens dadurch unterschied, daß er noch +etwas ungebildeter und bäuerischer war als sie. Die auf ihm lastenden +Ausschließungen hatten ihn verhindert, sich bis zu der allerdings selbst +nur mäßig hohen Bildungsstufe zu erheben, auf der die meisten +protestantischen Landgentlemen standen. Als Knabe von Eton und +Westminster, als Jüngling von Oxford und Cambridge, als Mann vom +Parlament und von der Richterbank ausgeschlossen, vegetirte er still und +ruhig hin, wie die Ulmen der Allee, die zu dem ererbten Meierhofe seiner +<span class = "pagenum">VIII.46</span> +<a name = "pageVIII_46" id = "pageVIII_46"> </a> +Vorfahren führte. Seine Kornfelder, seine Milchwirthschaft, seine +Ciderpresse, seine Jagdhunde, seine Angelruthe und seine Flinte, sein +Bier und sein Tabak beschäftigten fast allein seine Gedanken. Mit seinen +Nachbarn stand er trotz der Glaubensverschiedenheit in der Regel auf +gutem Fuße. Sie kannten ihn als einen harmlosen Mann ohne Ehrgeiz, er +stammte fast durchgängig aus einer guten und alten Familie und war immer +ein Kavalier. Er drang Niemandem seine persönlichen Ansichten auf und +wurde Niemandem lästig damit, er quälte nicht, wie ein Puritaner, sich +selbst und Andere mit Gewissensskrupeln über alle Genüsse des Lebens; im +Gegentheil, er war ein eben so leidenschaftlicher Jagdliebhaber und ein +eben so heiterer Gesellschafter als irgend Einer, der den Suprematseid +und die Erklärung gegen die Transsubstantiation angenommen hatte. Er +ging mit seinen Nachbarsquires auf die Jagd, hielt bis zum Hallali bei +ihnen aus und nahm sie nach beendeter Jagd mit sich nach Hause zu einer +Wildpretpastete und zu einem Kruge Octoberbier, das seine vier Jahre auf +Flaschen lag. Die Bedrückungen, die er erduldet, waren nicht so arg, daß +sie ihn zu einem verzweifelten Entschlusse hätten treiben können; selbst +als seine Kirche schonungslos verfolgt wurde, waren sein Leben und sein +Eigenthum nicht in großer Gefahr. Der schamloseste falsche Zeuge würde +es schwerlich gewagt haben, der Wahrheit so frech ins Gesicht zu +schlagen, daß er ihn beschuldigt hätte, ein Verschwörer zu sein. Die +Papisten, welche Oates zu seinen Angriffen auswählte, waren Peers, +Prälaten, Jesuiten, Benedictiner, thätige politische Agenten, Juristen +mit ausgedehnter Praxis und Hofärzte. Der katholische Landgentlemen +konnte unter dem Schutze seiner Verborgenheit, seines leutseligen Wesens +und der Zuneigung seiner Umgebungen unbelästigt seine Ernte einbringen +und seine Waidtasche mit Wild füllen, während Coleman und Langhorne, +Whitbread und Pickering, Erzbischof Plunkett und Lord Stafford durch den +Strick oder durch das Beil starben. Eine Bande elender Schurken machte +zwar den Versuch, gegen Sir Thomas Gascoigne, einen bejahrten +katholischen Baronet in Yorkshire, eine Anklage auf Hochverrath zu +erheben, aber zwölf der besten Gentlemen des Westbezirks, die seinen +Lebenswandel kannten, hielten es nicht für möglich, daß ihr ehrenwerther +alter Bekannter Banditen zur Ermordung des Königs gedungen haben sollte, +und sprachen trotz mancherlei der Richterbank eben nicht zur Ehre +gereichender Versuche ein „Nichtschuldig“ aus. Wohl mochte es für das +Oberhaupt einer alten, angesehenen Familie in der Provinz ein +schmerzlicher Gedanke sein, daß er seines Glaubens wegen von ehrenvollen +Stellen und Ämtern ausgeschlossen war, zu deren Bekleidung Männer von +niedererer Herkunft und geringerem Vermögen für berechtigt gehalten +wurden; aber er hatte nicht Lust, Land und Leben im Kampfe gegen eine +erdrückende Übermacht auf’s Spiel zu setzen, und sein gerader, ächt +englischer Character würde, vor Mitteln, wie ein Petre und Tyrconnel sie +anwendeten, mit Abscheu zurückgebebt sein. Deshalb würde er jedoch eben +so bereitwillig, als irgend einer seiner protestantischen Nachbarn zur +Vertheidigung seines Vaterlandes gegen einen Einfall der Franzosen oder +irischen Papisten das Schwert um die Lenden gegürtet und die Pistolen in +die Halfter gesteckt haben. Dies war der allgemeine Character der +Männer, in denen Jakob jetzt die sichersten Werkzeuge zur Leitung der +Grafschaftswahlen zu erblicken glaubte. Er überzeugte sich jedoch bald, +daß sie nicht geneigt +<span class = "pagenum">VIII.47</span> +<a name = "pageVIII_47" id = "pageVIII_47"> </a> +waren, sich durch einen ihm zu leistenden schimpflichen und strafbaren +Dienst die Achtung ihrer Nachbarn zu verscherzen und Leben und Vermögen +zu gefährden. Mehrere von ihnen weigerten sich, Sheriffs zu werden, und +von denen, welche die Ernennung annahmen, erklärten viele, daß sie eben +so gewissenhaft, als wenn sie Mitglieder der Staatskirche wären, ihre +Pflicht erfüllen, und keinen Wahlcandidaten, der nicht eine wirkliche +Stimmenmehrheit hätte, in’s Parlament schicken würden.<a class = "tag" +name = "tagVIII_62" id = "tagVIII_62" href = "#noteVIII_62">62</a></p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVIII_62" id = "noteVIII_62" href = +"#tagVIII_62">62.</a> +Etwa zwanzig Jahre vor dieser Zeit sprach sich ein Jesuit über die +eingezogene Lebensweise der katholischen Gentry Englands folgendermaßen +aus: <span class = "antiqua">„La nobilità Inglese, senon se legata in +serviglio di Corte ò in opera di maestrato, vive, e godo il più dell’ +anno a la campagna, ne’ suoi palagi e poderi, dove son liberi e padroni; +è ciò tanto più sollecitamente i Cattolici quanto più utilmente, si come +meno osservati colà.“ — L’Inghilterra descritta dal P. Daniello +Bartoli. Roma, 1667.</span></p> + +<p class = "continue"> +„Viele von den papistischen Sheriffs,“ schrieb Johnstone, „sind begütert +und erklären, daß man sich sehr irren würde, wenn man gefälschte Wahlen +von ihnen erwartete. Die papistische Gentry, welche auf ihren Landgütern +lebt, ist von der städtischen weit verschieden. Mehrere von ihnen haben +es abgelehnt, Sheriffs oder Statthaltersubstituten zu werden.“ — +8. Dec. 1687.</p> + +<p class = "continue"> +Ronquillo sagt das Nämliche: <span class = "antiqua">„Algunos Catolicos +que fueron nombrados por sherifes se han excusado.“</span> — +9.(19.) Jan. 1688. Einige Monate später versichert er seinem Hof, daß +die katholischen Landgentlemen gern zu einer Verständigung die Hand +bieten würden, deren Grundbedingungen die Abschaffung der Strafgesetze +und die Beibehaltung des Religionseides wären. <span class = +"antiqua">„Estoy informado,“</span> sagt er, <span class = +"antiqua">„que los Catolicos de las provincias no lo reprueban, pues no +pretendiendo oficios, y siendo solo algunos de la Corte los provechosos, +les parece que mejoran su estado, quedando seguros ellos y sus +descendientes en la religion, en la quietud, y en la seguridad de sus +haciendas.“</span> — 23. Juli (2. Aug.) 1688.</p> +</div> + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Stimmung der Dissenters.</span> +<a name = "secVIII_41" id = "secVIII_41">Konnte</a> der König schon auf +seine katholischen Sheriffs wenig rechnen, so konnte er sich noch viel +weniger auf die puritanischen verlassen. Seit dem Erscheinen der +Indulgenzerklärung waren mehrere Monate verflossen, Monate voll +wichtiger Ereignisse und fortwährender Streitigkeiten. Die öffentliche +Besprechung der Angelegenheiten hatte vielen Dissenters die Augen +geöffnet, aber die Maßregeln der Regierung, und vorzugsweise das strenge +Verfahren gegen das Magdalenen-Collegium, hatte mehr als selbst die +Feder eines Halifax dazu beigetragen, alle Klassen der Protestanten +aufzurütteln und zu vereinigen. Die meisten von den Sectirern, die sich +hatten verleiten lassen, ihren Dank für die Indulgenz auszudrücken, +schämten sich jetzt ihres Irrthums und wünschten sehnlichst, ihn dadurch +wieder gut zu machen, daß sie sich der großen Masse ihrer Landsleute +anschlossen.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Regulirung der Corporationen.</span> +<a name = "secVIII_42" id = "secVIII_42">In</a> Folge dieses Umschwungs +in den Gesinnungen der Nonconformisten stieß die Regierung in den +Städten auf fast eben so große Schwierigkeiten, wie auf dem platten +Lande. Als die Regulatoren ihre Arbeit begannen, hatten sie fest darauf +gerechnet, daß jeder Dissenter, der sich zu Gunsten der Indulgenz +ausgesprochen hatte, auch die Politik des Königs unterstützen werde. Sie +waren daher überzeugt, daß sie im Stande sein würden, alle +Municipalämter des Königreichs mit zuverlässigen Freunden zu besetzen. +In den neuen Städteordnungen hatte sich die Krone das Recht vorbehalten, +Magistratsbeamte nach ihrem Belieben zu entlassen. Dieses Recht wurde +jetzt ohne alle Beschränkung ausgeübt. Durchaus nicht so klar war es +<span class = "pagenum">VIII.48</span> +<a name = "pageVIII_48" id = "pageVIII_48"> </a> +jedoch, daß Jakob auch das Recht hatte, neue Magistratsbeamte zu +ernennen; aber mochte es ihm nun zustehen oder nicht, er beschloß, es +sich zu nehmen. Allenthalben, vom Tweed bis Landsend, wurden +toryistische Beamte abgesetzt und Presbyterianer, Independenten und +Baptisten an ihrer Stelle ernannt. In dem neuen Freibriefe der +Hauptstadt hatte sich die Krone das Recht vorbehalten, alle Vorsteher, +Pfleger und Beisitzer der Innungen zu entlassen. In Folge dessen wurden +über achthundert angesehene Bürger, sämmtlich Mitglieder der Partei, die +sich der Ausschließungsbill widergesetzt hatte, durch einen einzigen +Erlaß ihrer Ämter enthoben. Bald darauf erschien ein Nachtrag zu dieser +langen Liste.<a class = "tag" name = "tagVIII_63" id = "tagVIII_63" href += "#noteVIII_63">63</a> Aber die neuen Angestellten waren kaum +vereidigt, so zeigte es sich, daß sie eben so unfügsam waren, als ihre +Vorgänger. In Newcastle am Tyne ernannten die Regulatoren einen +katholischen Mayor und puritanische Aldermen. Man zweifelte keinen +Augenblick, daß die so umgestaltete Municipalbehörde eine Adresse +beschließen werde, in der sie die Maßregeln des Königs zu unterstützen +versprach. Die Adresse wurde jedoch verweigert. Der Mayor reiste wüthend +nach London und sagte dem Könige, die Dissenters seien alle Schurken und +Rebellen und die Regierung könne in der ganzen Corporation auf nicht +mehr als vier Stimmen rechnen.<a class = "tag" name = "tagVIII_64" id = +"tagVIII_64" href = "#noteVIII_64">64</a> In Reading wurden +vierundzwanzig toryistische Aldermen entlassen und vierundzwanzig neue +ernannt. Von diesen erklärten sich dreiundzwanzig sofort gegen die +Indulgenz und wurden deshalb ebenfalls wieder entlassen.<a class = "tag" +name = "tagVIII_65" id = "tagVIII_65" href = "#noteVIII_65">65</a> Im +Laufe weniger Tage wurde der Stadtbezirk von Yarmouth nacheinander durch +drei verschiedene Magistratskörper verwaltet, welche sämmtlich dem Hofe +gleich feindlich gesinnt waren.<a class = "tag" name = "tagVIII_66" id = +"tagVIII_66" href = "#noteVIII_66">66</a> Dies sind nur einzelne +Beispiele von dem was im ganzen Lande geschah. Der holländische Gesandte +berichtete an die Generalstaaten, daß in manchen Städten die +Magistratsbeamten in einem Monate zwei und selbst dreimal, aber dennoch +vergebens gewechselt worden seien.<a class = "tag" name = "tagVIII_67" +id = "tagVIII_67" href = "#noteVIII_67">67</a> Aus den Acten des +Geheimen Raths geht hervor, daß die Zahl der Regulationen, wie sie +genannt wurden, zweihundert überstieg.<a class = "tag" name = +"tagVIII_68" id = "tagVIII_68" href = "#noteVIII_68">68</a> Die +Regulatoren fanden in der That, daß in nicht wenigen Städten die +Veränderung eine Verschlimmerung war. Die mißvergnügten Tories hatten, +wenn sie auch über die Politik des Königs murrten; doch wenigstens stets +Achtung für seine Person und seinen Thron an den Tag gelegt und jeden +Gedanken an Widerstand verworfen. Ganz anders war die Sprache einiger +neuen Mitglieder der Corporationen. Man sagte, daß alte Soldaten der +Republik, welche zu ihrem eignen wie zum Erstaunen des Publikums zu +Aldermen ernannt worden waren, den Agenten des Hofes deutlich zu +verstehen gäben, es müsse erst Blut fließen, bevor Papismus und +Willkürgewalt in England zur Herrschaft gelangten.<a class = "tag" name += "tagVIII_69" id = "tagVIII_69" href = "#noteVIII_69">69</a></p> +<span class = "pagenum">VIII.49</span> +<a name = "pageVIII_49" id = "pageVIII_49"> </a> + +<p>Die Regulatoren sahen, daß mit dem was sie bis jetzt gethan hatten, +wenig oder nichts gewonnen war. Es gab indessen noch ein Mittel, aber +auch nur dieses eine, durch das sie hoffen konnten ihren Zweck zu +erreichen. Die Gemeindeordnungen der Wahlflecken mußten zurückgezogen +und durch neue ersetzt werden, welche das Wahlrecht auf sehr kleine, vom +König zu ernennende Wahlkörper beschränkten.<a class = "tag" name = +"tagVIII_70" id = "tagVIII_70" href = "#noteVIII_70">70</a></p> + +<p>Aber wie war dieser Plan auszuführen? In einigen der neuen Freibriefe +hatte sich die Krone zwar das Recht der Wiederentziehung vorbehalten, +aber die übrigen konnte Jakob nur durch freiwillige Zurückgabe von +Seiten der Corporationen oder durch einen Ausspruch der Kings Bench +wieder in die Hand bekommen. Aber nur wenige Corporationen waren jetzt +geneigt, ihre Gemeindeordnungen freiwillig aufzugeben, und ein +Richterspruch, wie er den Zwecken des Hofes diente, war selbst von einem +Sklaven wie Wright nicht zu erwarten. Die Quo-Warranto-Erlasse,<a class += "tag" name = "tagVIII_71" id = "tagVIII_71" href = +"#noteVIII_71">71</a> welche vor einigen Jahren erschienen waren, um die +Whigpartei zu vernichten, waren von allen Unparteiischen einhellig +verdammt worden. Doch hatten diese Erlasse wenigstens einen Anschein von +Recht für sich, denn sie waren gegen alte Municipalkörper gerichtet, und +unter diesen gab es wenige, in denen im Laufe der Zeit nicht Mißbrauche +eingerissen waren, welche genügenden Anhalt zu einem Prozeßverfahren +darboten. Die Corporationen aber, welche jetzt angegriffen wurden, +befanden sich noch im Alter der kindlichen Unschuld, die ältesten von +ihnen hatten kaum ihr fünftes Lebensjahr erreicht, und es war unmöglich, +daß viele von ihnen schon so schwer gesündigt haben sollten, daß sie +eine Zurücknahme ihrer Privilegien verdienten. Den Richtern selbst war +nicht wohl zu Muthe. Sie gaben zu bedenken, daß das, was man von ihnen +verlange, den einfachsten und klarsten Grundsätzen des Rechts und der +Gerechtigkeit schnurstracks zuwiderlaufe; aber alle Vorstellungen waren +umsonst. Die Wahlorte wurden zur Rücksendung ihrer Freibriefe +aufgefordert. Einige wenige kamen der Aufforderung nach; aber das +Verfahren, welches der König gegen diese wenigen einschlug, war eben +nicht geeignet, bei den anderen Vertrauen zu erwecken. In mehreren +Städten wurde der Gesammtbürgerschaft das Wahlrecht entzogen und auf +eine kleine Anzahl Personen beschränkt und diese mußten sich eidlich +verpflichten, die von der Regierung empfohlenen Candidaten zu +unterstützen. In Tewkesbury zum Beispiel wurde das Wahlrecht dreizehn +Personen übertragen. Doch selbst diese Anzahl war noch zu groß. Haß und +Furcht hatten sich so weit verbreitet, daß es kaum möglich war, auch +durch die unredlichsten Mittel nur dreizehn Männer zu finden, auf die +sich der Hof unbedingt verlassen konnte. Es hieß, daß die Mehrheit des +neuen Wahlkörpers von Tewkesbury von dem nämlichen Sinne beseelt sei, +welcher in der ganzen Nation überwiege, und daß derselbe an dem +entscheidenden Tage zuverlässige Protestanten in’s Parlament schicken +werde. Die Regulatoren drohten in heftigem Zorne, die Zahl der Wähler +auf drei zu reduciren.<a class = "tag" name = "tagVIII_72" id = +"tagVIII_72" href = "#noteVIII_72">72</a> Inzwischen +<span class = "pagenum">VIII.50</span> +<a name = "pageVIII_50" id = "pageVIII_50"> </a> +weigerte sich die große Mehrzahl der Wahlorte entschieden, ihre +Privilegien aufzugeben. Barnstaple, Winchester und Buckingham zeichneten +sich durch die Kühnheit ihres Widerstandes besonders aus. In Oxford +wurde der Antrag, daß die Stadt ihr Wahlrecht dem Könige zurückgeben +solle, mit achtzig gegen zwei Stimmen verworfen.<a class = "tag" name = +"tagVIII_73" id = "tagVIII_73" href = "#noteVIII_73">73</a> Der Tempel +und Westminsterhall kamen durch die plötzliche Häufung von Aufträgen aus +allen Theilen des Landes in ungewohnte Bewegung. Jeder Advokat von +bedeutender Praxis erhielt Vollmachten über Vollmachten von den +städtischen Corporationen, und die gewöhnlichen Clienten beklagten sich, +daß ihre Angelegenheiten vernachlässigt würden.<a class = "tag" name = +"tagVIII_74" id = "tagVIII_74" href = "#noteVIII_74">74</a> Es lag auf +der Hand, daß eine geraume Zeit darüber hingehen mußte, ehe eine so +große Anzahl Prozesse entschieden werden konnten. Diese Verzögerung war +der Tyrannei unerträglich. Es wurde nichts unterlassen, um die +widerspenstigen Wahlkörper durch Drohungen zur Unterwerfung zu bringen. +In Buckingham hatten einige Municipalbeamten sich in nicht eben lobender +Weise ausgesprochen. Man machte ihnen den Prozeß und kündigte ihnen an, +daß mit schonungsloser Strenge gegen sie verfahren werden würde, wenn +sie sich nicht durch Herausgabe ihres Freibriefs loskauften.<a class = +"tag" name = "tagVIII_75" id = "tagVIII_75" href = "#noteVIII_75">75</a> +In Winchester griff man zu noch strengeren Gewaltmaßregeln. Eine +bedeutende Truppenabtheilung wurde in die Stadt gelegt, einzig und +allein zu dem Zwecke, die Einwohner zu belästigen und zu quälen.<a class += "tag" name = "tagVIII_76" id = "tagVIII_76" href = +"#noteVIII_76">76</a> Die Stadt blieb fest und die öffentliche Stimme +beschuldigte den König laut, daß er die schlimmsten Verbrechen seines +Bruders von Frankreich nachahme; die Dragonaden hätten begonnen, sagte +man. Man hatte auch wirklich Grund zu ernsten Besorgnissen. Jakob war +auf den Einfall gekommen, daß er den Widerstandsgeist einer hartnäckigen +Stadt nicht wirksamer brechen könne, als indem er den Einwohnern +Soldaten in’s Quartier legte. Er mußte wissen, daß diese Maßregel +sechzig Jahre früher heftigen Unwillen erregt und durch die Bitte um +Recht, ein Gesetz, das von den Engländern kaum weniger verehrt wurde, +als die Magna Charta, feierlichst für gesetzwidrig erklärt worden war. +Aber er hoffte von den Gerichtshöfen eine Erklärung zu erlangen, daß +selbst die Bitte um Recht die Prärogative nicht beschränken könne. Er +fragte in der That den Oberrichter der Kings Bench über diesen +Gegenstand um Rath;<a class = "tag" name = "tagVIII_77" id = +"tagVIII_77" href = "#noteVIII_77">77</a> aber das Resultat der +Besprechung wurde geheim gehalten, und in einigen Wochen gestalteten +sich die Dinge so, daß eine Furcht, welche noch stärker war, als selbst +die vor der königlichen Ungnade, sogar einen so servilen Mann wie Wright +bewog, ein wenig einzuhalten.</p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVIII_63" id = "noteVIII_63" href = +"#tagVIII_63">63.</a> +<span class = "antiqua">Privy Council Book, Sept. 25. 1687, Febr. 21, +1687/88</span>.</p> + +<p><a name = "noteVIII_64" id = "noteVIII_64" href = +"#tagVIII_64">64.</a> +Acten der Corporation, angeführt in <span class = "antiqua">Brand’s +History of Newcastle</span>; Johnstone, 21. Febr. 1687/88.</p> + +<p><a name = "noteVIII_65" id = "noteVIII_65" href = +"#tagVIII_65">65.</a> +Johnstone, 21. Febr. 1687/88.</p> + +<p><a name = "noteVIII_66" id = "noteVIII_66" href = +"#tagVIII_66">66.</a> +Citters, 14.(24.) Febr. 1688.</p> + +<p><a name = "noteVIII_67" id = "noteVIII_67" href = +"#tagVIII_67">67.</a> +Citters, 1.(11.) Mai 1688.</p> + +<p><a name = "noteVIII_68" id = "noteVIII_68" href = +"#tagVIII_68">68.</a> +Am Rande der Geheimrathsacten findet man die Bemerkung „Zweite +Regulation“ und „Dritte Regulation“, wenn ein Wahlkörper mehr als einmal +umgestaltet worden war.</p> + +<p><a name = "noteVIII_69" id = "noteVIII_69" href = +"#tagVIII_69">69.</a> +Johnstone, 23. Mai 1688.</p> + +<p><a name = "noteVIII_70" id = "noteVIII_70" href = +"#tagVIII_70">70.</a> +Johnstone, 21. Febr. 1688.</p> + +<p><a name = "noteVIII_71" id = "noteVIII_71" href = +"#tagVIII_71">71.</a> +Diese Erlasse, so genannt nach den beiden Anfangsworten <span class = +"antiqua">Quo warranto</span>, ordneten eine Untersuchung über die +Rechtsbefugnisse an, auf welche sich die Privilegien einer Corporation +gründeten, und wenn sich eine Unregelmäßigkeit fand, wurde der Freibrief +entzogen. +  D. Übers.</p> + +<p><a name = "noteVIII_72" id = "noteVIII_72" href = +"#tagVIII_72">72.</a> +Johnstone, 21. Febr. 1688.</p> + +<p><a name = "noteVIII_73" id = "noteVIII_73" href = +"#tagVIII_73">73.</a> +Citters, 20.(30.) März 1688.</p> + +<p><a name = "noteVIII_74" id = "noteVIII_74" href = +"#tagVIII_74">74.</a> +<span class = "antiqua">Ibid.</span> 1.(11.) Mai 1688.</p> + +<p><a name = "noteVIII_75" id = "noteVIII_75" href = +"#tagVIII_75">75.</a> +<span class = "antiqua">Ibid.</span> 22. Mai (1. Jun.) 1688.</p> + +<p><a name = "noteVIII_76" id = "noteVIII_76" href = +"#tagVIII_76">76.</a> +<span class = "antiqua">Ibid.</span> 1.(11.) Mai 1688.</p> + +<p><a name = "noteVIII_77" id = "noteVIII_77" href = +"#tagVIII_77">77.</a> +<span class = "antiqua">Ibid.</span> 18.(28.) Mai 1688.</p> +</div> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Untersuchung in allen öffentlichen Verwaltungszweigen.</span> +<a name = "secVIII_43" id = "secVIII_43">Während</a> die Lordlieutenants +die Friedensrichter ausforschten und die Regulatoren die Wahlkörper +umgestalteten, wurden alle Zweige des Staatsdienstes einer strengen +Untersuchung unterworfen. Zuerst wurde der Palast gesäubert. Jeder mit +Narben bedeckte alte Kavalier, der zum Ersatz für das der Sache des +Königs geopferte Blut und Grundeigenthum ein Ämtchen in der königlichen +Garderobe oder im Marstalle erhalten +<span class = "pagenum">VIII.51</span> +<a name = "pageVIII_51" id = "pageVIII_51"> </a> +hatte, wurde aufgefordert, zwischen dem Könige und der Kirche zu wählen. +Die Zoll- und Steuercommissare wurden zu Seiner Majestät ins Schatzamt +beschieden, hier das Versprechen von ihnen verlangt, daß sie seine +Politik unterstützen wollten, und ihnen bedeutet, daß sie allen ihren +Unterbeamten ein ähnliches Versprechen abzunehmen hätten.<a class = +"tag" name = "tagVIII_78" id = "tagVIII_78" href = "#noteVIII_78">78</a> +Ein Zollbeamter motivirte seine Unterwerfung unter den Willen des Königs +in einer Weise, welche Heiterkeit und zugleich Mitleid erregte. „Ich +habe,“ sagte er, „vierzehn Gründe, die mich bestimmen, Seiner Majestät +Befehlen zu gehorchen: eine Frau und dreizehn unerzogene Kinder“.<a +class = "tag" name = "tagVIII_79" id = "tagVIII_79" href = +"#noteVIII_79">79</a> Gegen solche Gründe ließ sich allerdings nichts +einwenden; dennoch aber kamen nicht wenig Fälle vor, wo die religiösen +und patriotischen Gefühle selbst solche Gründe überwogen.</p> + +<p>Man hat Grund zu der Vermuthung, daß die Regierung um diese Zeit +ernstlich mit dem Plane umging, einen Schlag zu führen, der viele +tausend Familien an den Bettelstab gebracht und auf die socialen +Zustände aller Landestheile störend eingewirkt haben würde. Niemand +durfte Wein, Bier oder Kaffee ohne Concession verkaufen. Es hieß nun, +daß jeder Inhaber einer solchen Concession demnächst aufgefordert werden +sollte, entweder dieselben Verpflichtungen einzugehen, welche den +öffentlichen Beamten auferlegt worden waren, oder sein Geschäft +aufzugeben.<a class = "tag" name = "tagVIII_80" id = "tagVIII_80" href = +"#noteVIII_80">80</a> Wäre ein solcher Schritt gethan worden, so würden +ohne allen Zweifel die Wirthshäuser und öffentlichen Vergnügungsorte im +ganzen Lande zu Hunderten geschlossen worden sein. Welche Wirkung ein +solcher Eingriff in die Lebensgenüsse aller Stände hervorgebracht haben +würde, läßt sich nur muthmaßen. Der durch Übel erzeugte Unwille steht +nicht immer im Verhältnisse mit der Wichtigkeit derselben, und es ist +durchaus nicht unwahrscheinlich, daß die Einziehung von +Schankconcessionen das bewirkt haben würde, was die Entziehung von +Freibriefen nicht bewirkt hatte. Die Vornehmeren würden ihr +Chokoladenhaus in St. James Street, die Geschäftsmänner ihre +Kaffeekanne, bei der sie in Change Alley zu rauchen und zu politisiren +pflegten, schmerzlich vermißt haben. Die Hälfte der Clubs hätte sich +neue Versammlungslokale suchen müssen. Der Reisende würde des Nachts den +Gasthof, in welchem er gewohnt war abzusteigen und seine Abendmahlzeit +einzunehmen, verödet gefunden haben. Der Landmann würde die Bierschenke +vermißt haben, wo er im Sommer auf der Bank vor der Thür, im Winter am +Kamin seinen Krug zu trinken gewohnt war. Es war leicht möglich, daß die +auf solche Art gereizte Nation sich zu einem allgemeinen Aufstande +erhob, ohne auf die Hülfe fremder Verbündeter zu warten.</p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVIII_78" id = "noteVIII_78" href = +"#tagVIII_78">78.</a> +Citters, 6.(16.) April 1688; <span class = "antiqua">Treasury Letter +Book. March 14. 1687/88</span>; Ronquillo, 16.(26.) April.</p> + +<p><a name = "noteVIII_79" id = "noteVIII_79" href = +"#tagVIII_79">79.</a> +Citters, 18.(28.) Mai 1688.</p> + +<p><a name = "noteVIII_80" id = "noteVIII_80" href = +"#tagVIII_80">80.</a> +<span class = "antiqua">Ibid.</span> 18.(28.) Mai 1688.</p> +</div> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Entlassung Sawyer’s.</span> +<a name = "secVIII_44" id = "secVIII_44">Es</a> war nicht zu erwarten, +daß ein Fürst, der von allen niederen Dienern der Regierung bei Strafe +der Entlassung Unterstützung seiner Politik verlangte, einen +Generalfiskal behalten würde, dessen Abneigung gegen diese Politik kein +Geheimniß war. Sawyer hatte noch über anderthalb Jahr in seiner Stellung +bleiben dürfen, nachdem er sich gegen die Dispensationsgewalt erklärt +hatte. Diese ungewöhnliche Nachsicht verdankte er nur der +außerordentlichen Schwierigkeit, die es der Regierung machte, einen +Nachfolger für ihn zu finden. Es war um +<span class = "pagenum">VIII.52</span> +<a name = "pageVIII_52" id = "pageVIII_52"> </a> +der pekuniären Interessen der Krone willen nothwendig, daß wenigstens +einer der beiden ersten Staatsanwälte ein talentvoller und +kenntnißreicher Mann war, und es war keineswegs leicht, einen diesen +Anforderungen genügenden Juristen zu bewegen, daß er sich durch das +tägliche Begehen von Handlungen, welche das nächste Parlament +wahrscheinlich als schwere Übertretungen und Verbrechen betrachtete, +sehr ernster Gefahr aussetzte. Es war nicht möglich gewesen, einen +besseren Generalprokurator als Powis aufzutreiben, ein Mann, der sich +zwar aus nichts ein Gewissen machte, der aber auch nicht einmal den +gewöhnlichsten Pflichten seines Postens gewachsen war. Unter diesen +Umständen hielt man es für wünschenswerth, die Arbeit zu theilen. Ein +Fiskal, dessen Berufstüchtigkeit durch Gewissensskrupel bedeutend +beeinträchtigt wurde, hatte einen Prokurator zur Seite, dessen +Gewissenlosigkeit seinen Mangel an Befähigung einigermaßen ersetzte. +Wenn es der Regierung um energische Durchführung des Gesetzes zu thun +war, so wendete sie sich an Sawyer; wollte sie das Gesetz mit Füßen +treten, so hielt sie sich an Powis. Dieses Arrangement wurde so lange +beibehalten, bis der König die Dienste eines Anwalts erlangte, der zu +gleicher Zeit noch gewissenloser als Powis und geschickter als Sawyer +war.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Williams Generalprokurator.</span> +<a name = "secVIII_45" id = "secVIII_45">Keiner</a> der damals lebenden +Advokaten hatte der Regierung giftiger opponirt als Wilhelm Williams. Er +hatte sich unter der vorigen Regierung als Whig und Exclusionist +hervorgethan. Als die Parteiwuth den höchsten Grad erreicht hatte, war +er zum Sprecher des Unterhauses erwählt worden. Nach der Prorogation des +oxforder Parlaments war er der gewöhnliche Rechtsbeistand der heftigsten +Demagogen gewesen, die des Aufruhrs angeklagt wurden. Er besaß +anerkanntermaßen bedeutende juristische Gewandtheit und Kenntnisse. +Unbesonnene Überstürzung und Parteigeist hielt man für seine +Hauptfehler; daß er noch andere Fehler hatte, in Vergleich mit denen die +genannten als Tugenden gelten konnten, ahnete man damals noch nicht. Die +Regierung suchte eine Gelegenheit, um ihm etwas anzuhaben, und es wurde +ihr nicht schwer, eine solche zu finden. Er hatte auf Befehl des Hauses +der Gemeinen einen von Dangerfield verfaßten erzählenden Bericht +herausgegeben. Hätte ein Privatmann diese Schrift veröffentlicht, so +würde sie unbestreitbar als ein aufrührerisches Libell zu betrachten +gewesen sein. Es wurde bei der Kings Bench eine Criminaluntersuchung +gegen Williams eingeleitet; er berief sich umsonst auf die Privilegien +des Parlaments und wurde zu einer Geldbuße von zehntausend Pfund +verurtheilt. Einen großen Theil dieser Summe bezahlte er baar und über +den Rest gab er eine Schuldverschreibung. Der Earl von Peterborough, der +in Dangerfield’s Erzählung in beleidigender Weise erwähnt war, wurde +durch den Erfolg der Criminaluntersuchung ermuthigt, eine Civilklage auf +eine bedeutende Entschädigungssumme anhängig zu machen. Williams gerieth +dadurch in die größte Verlegenheit. Da bot sich ihm ein rettender Ausweg +dar. Allerdings war es ein Ausweg, der einem Manne von festen +Grundsätzen und edlem Character noch schrecklicher gewesen sein würde, +als Armuth, Gefängniß und selbst Tod. Er konnte sich der Regierung +verkaufen, deren Feind und Opfer er gewesen war; er konnte sich +erbieten, bei jedem Angriffe auf die Freiheiten und die Religion, für +welche er einen maßlosen Eifer gezeigt hatte, den gefährlichsten Posten +zu übernehmen; er konnte seinen Whiggismus durch Dienste wieder gut +machen, vor denen selbst die eingefleischtesten Tories, an deren Händen +das Blut +<span class = "pagenum">VIII.53</span> +<a name = "pageVIII_53" id = "pageVIII_53"> </a> +Russell’s und Sidney’s klebte, mit Abscheu zurückbebten. Der Handel +wurde abgeschlossen. Der noch schuldige Rest der Strafsumme wurde +erlassen und Peterborough durch Vermittelung des Königs zu einem +Vergleich bewogen. Sawyer wurde abgesetzt, Powis wurde Generalfiskal, +Williams wurde zum Generalprokurator ernannt, in den Adelstand erhoben +und war bald ein Günstling des Königs. Obgleich im Range nur der zweite +Kronjurist, gelang es ihm doch sehr bald, durch seine Gewandtheit, +Gelehrsamkeit und Energie seinen Vorgesetzten völlig in den Schatten zu +stellen<a class = "tag" name = "tagVIII_81" id = "tagVIII_81" href = +"#noteVIII_81">81</a>.</p> + +<p>Williams war noch nicht lange im Amte, als er aufgefordert wurde, in +dem denkwürdigsten Staatsprozesse, von dem die Annalen der britischen +Justiz berichten, eine Hauptrolle zu übernehmen.</p> + +<p class = "footnote"> +<a name = "noteVIII_81" id = "noteVIII_81" href = "#tagVIII_81">81.</a> +<span class = "antiqua">London Gazette, Dec. 15. 1687</span>. Siehe den +Prozeß gegen Williams in der <span class = "antiqua">Collection of State +Trials</span>. <span class = "antiqua">„Ha hecho,“</span> sagt +Ronquillo, <span class = "antiqua">„grande susto el haber nombrado el +abogado Williams, que fue el orador y el mas arrabiade de toda la casa +des comunes en los ultimos terribles parlamentos del Rey +difunto.“</span> 27. Nov. (7. Dec.) 1687.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Zweite Indulgenzerklärung.</span> +<a name = "secVIII_46" id = "secVIII_46">Am</a> 27. April 1688 erließ +der König eine zweite Indulgenzerklärung. In diesem Schriftstücke führte +er die Erklärung vom vorjährigen April in ihrer ganzen Länge auf. Sein +bisheriges Leben, sagte er dann, habe sein Volk überzeugen können, daß +er nicht der Mann sei, der sich von einem einmal gefaßten Beschlusse so +leicht abbringen lasse. Da aber heimtückische Menschen es versucht +hätten, die Welt glauben zu machen, daß man ihn doch noch zum Nachgeben +in dieser Angelegenheit werde bestimmen können, halte er es für nöthig, +zu erklären, daß sein Vorsatz unwiderruflich fest stehe, daß er +entschlossen sei, nur solche Männer anzustellen, welche bereit wären, +ihn bei der Ausführung seiner Pläne zu unterstützen, und daß er in +Gemäßheit dieses Entschlusses viele seiner ungehorsamen Diener von +Civil- und Militairämtern habe entheben müssen. Schließlich zeigte er +an, daß er spätestens im November ein Parlament einzuberufen gedenke, +und ermahnte seine Unterthanen, solche Vertreter in dasselbe zu wählen, +die ihn bei dem begonnenen großen Werke zu unterstützen geneigt wären<a +class = "tag" name = "tagVIII_82" id = "tagVIII_82" href = +"#noteVIII_82">82</a>.</p> + +<p class = "footnote"> +<a name = "noteVIII_82" id = "noteVIII_82" href = "#tagVIII_82">82.</a> +<span class = "antiqua">London Gazette, April 30. 1688</span>; Barillon, +26. April (6. Mai).</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Die Geistlichkeit erhält Befehl, sie von der Kanzel zu verlesen.</span> +<a name = "secVIII_47" id = "secVIII_47">Diese</a> Erklärung machte +anfangs nur wenig Sensation. Sie enthielt nichts Neues und die Leute +wunderten sich, daß der König es für nöthig hielt, ein feierliches +Manifest zu erlassen, blos um ihnen zu sagen, daß er seinen Sinn nicht +geändert habe<a class = "tag" name = "tagVIII_83" id = "tagVIII_83" href += "#noteVIII_83">83</a>. Die Gleichgültigkeit, mit der die Ankündigung +seines festen Entschlusses vom Publikum aufgenommen wurde, verdroß ihn +wahrscheinlich und er glaubte ohne Zweifel, daß seine Würde und +Autorität leiden könnten, wenn er nicht unverzüglich etwas Neues und +Auffallendes thue. In Folge dessen verfügte er unterm 4. Mai durch einen +Geheimrathsbefehl, daß seine Erklärung von vergangener Woche an zwei +aufeinanderfolgenden Sonntagen beim öffentlichen Gottesdienste von den +dienstthuenden Geistlichen aller Kirchen und Kapellen des Reiches +verlesen werden solle. In London und seinen Vorstädten sollte die +Verlesung am 20. und 27. Mai, in den anderen Landestheilen am 3. und 10. +Juni stattfinden. Die Bischöfe waren angewiesen, Exemplare der Erklärung +in ihren respectiven Diöcesen zu vertheilen<a class = "tag" name = +"tagVIII_84" id = "tagVIII_84" href = "#noteVIII_84">84</a>.</p> + +<span class = "pagenum">VIII.54</span> +<a name = "pageVIII_54" id = "pageVIII_54"> </a> +<p>Wenn man berücksichtigt, daß die Geistlichen der anglikanischen +Kirche fast ohne Ausnahme die Indulgenzerklärung als eine Verletzung der +Landesgesetze, als einen Wortbruch des Königs und als einen +verderblichen Gewaltstreich gegen die Interessen und die Würde ihres +Standes betrachteten, so wird man schwerlich daran zweifeln können, daß +der Geheimrathsbefehl darauf berechnet war, als eine tiefe Kränkung von +ihnen empfunden zu werden. Man glaubte im Volke, daß Petre diese Absicht +durch ein der orientalischen Redeweise entlehntes rohes Gleichniß +ausgesprochen habe. Er sollte gesagt haben, er wolle sie Koth essen +lassen und zwar den abscheulichsten und ekelhaftesten Koth. Aber konnte +man annehmen, daß die anglikanische Geistlichkeit diesem tyrannischen +und gehässigen Befehle den Gehorsam verweigern werde? Der Character des +Königs war willkürlich und streng und das Verfahren der kirchlichen +Commission eben so summarisch wie das eines Kriegsgerichts. Wer sich +aufzulehnen wagte, konnte in Zeit von acht Tagen seiner Stelle entsetzt, +seines ganzen Einkommens beraubt, der ferneren Bekleidung jedes +geistlichen Amts unfähig erklärt und in die Nothwendigkeit versetzt +werden, von Haus zu Haus sein Brot zu erbetteln. Wenn der ganze Stand +sich einmüthig dem königlichen Willen widersetzte, dann war es +allerdings wahrscheinlich, daß selbst Jakob nicht den Muth haben würde, +zehntausend Schuldige auf einmal zu bestrafen. Aber zu einer allgemeinen +Verständigung in dieser Angelegenheit war keine Zeit. Am 7. Mai erschien +der Befehl in der Gazette und schon am 20. sollte die Erklärung von +allen Kanzeln Londons und dessen Umgegend verlesen werden. Er wäre +damals mit der größten Anstrengung nicht möglich gewesen, binnen +vierzehn Tagen die Ansichten nur des zehnten Theiles der im ganzen Lande +zerstreuten Pfarrgeistlichen einzuholen, ja nur die Stimmen der Bischöfe +hätten nicht leicht in so kurzer Zeit gesammelt werden können. Auch +stand zu befürchten, daß, wenn die Geistlichkeit das Verlesen der +Erklärung verweigerte, die protestantischen Dissenters die Weigerung +falsch auslegen, die Hoffnung, von den Mitgliedern der anglikanischen +Kirche Duldung zu erlangen, aufgeben und ihr ganzes Gewicht in die +Wagschale des Hofes werfen würden.</p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVIII_83" id = "noteVIII_83" href = +"#tagVIII_83">83.</a> +Citters, 1.(11.) Mai 1688.</p> + +<p><a name = "noteVIII_84" id = "noteVIII_84" href = +"#tagVIII_84">84.</a> +<span class = "antiqua">London Gazette, Mai 7. 1688.</span></p> +</div> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Die Geistlichkeit ist unschlüssig.</span> +<a name = "secVIII_48" id = "secVIII_48">Die</a> Geistlichkeit war daher +unschlüssig und diese Unschlüssigkeit läßt sich wohl entschuldigen, denn +einige hochgestellte Laien, welche das öffentliche Vertrauen in hohem +Maße genossen, waren geneigt, zur Unterwerfung zu rathen. Sie waren der +Meinung, ein allgemeiner Widerstand stehe kaum zu erwarten und ein +theilweiser werde für die Einzelnen verderblich und für die Kirche und +die Nation im Allgemeinen nur von geringem Nutzen sein. Dies war die +ausgesprochene Ansicht von Halifax und Nottingham. Der Tag rückte heran +und noch war keine Verständigung und kein bestimmter Entschluß +erzielt.<a class = "tag" name = "tagVIII_85" id = "tagVIII_85" href = +"#noteVIII_85">85</a></p> + +<p class = "footnote"> +<a name = "noteVIII_85" id = "noteVIII_85" href = "#tagVIII_85">85.</a> +Johnstone, 27. Mai 1688.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Patriotismus der protestantischen Nonconformisten Londons.</span> +<a name = "secVIII_49" id = "secVIII_49">In</a> diesem Augenblicke +erwarben sich die protestantischen Dissenters der Hauptstadt einen +Anspruch auf die ewige Dankbarkeit ihres Vaterlandes. Die Regierung +hatte sie bisher als einen Theil ihrer Stärke betrachtet. Einige von +ihren thätigsten und lautesten Predigern hatten, durch die +Gnadenbezeigungen des Hofes bestochen, Adressen zu Gunsten +<span class = "pagenum">VIII.55</span> +<a name = "pageVIII_55" id = "pageVIII_55"> </a> +der Politik des Königs zu Stande gebracht. Andere, welche durch die +Erinnerung an viele schwere Unbilden sowohl der anglikanischen Kirche +als dem Hause Stuart entfremdet waren, hatten mit boshafter +Schadenfreude gesehen, wie der tyrannische Fürst und die tyrannische +Hierarchie durch bittere Feindschaft von einander getrennt waren und +sich gegenseitig überboten, um den Beistand von Secten zu erlangen, die +sie noch unlängst verfolgt und verachtet hatten. Aber so natürlich +dieses Gefühl auch sein mochte, man hatte sich demselben lange genug +hingegeben. Die Zeit war gekommen, wo man eine Wahl treffen mußte, und +die Nonconformisten traten in einer hochherzigen Regung auf die Seite +der Anglikaner, um gemeinschaftlich mit ihnen die Grundgesetze des +Reichs zu vertheidigen. Baxter, Bates und Howe zeichneten sich durch +ihre Anstrengungen, dieses Bündniß zu Stande zu bringen, besonders aus; +aber die edle Begeisterung, welche die Gesammtheit der Puritaner +beseelte, erleichterte ihnen die Aufgabe. Der Eifer der Pfarrer wurde +von dem ihrer Gemeinden noch übertroffen. Diejenigen Presbyterianer- und +Independentenprediger, welche Lust zeigten, mit dem Könige Partei gegen +die Landeskirche zu nehmen, wurden nachdrücklich bedeutet, daß, wenn sie +ihr Verfahren nicht änderten, ihre Gemeinden sie fernerhin weder hören +noch bezahlen würden. Alsop, der sich mit der Hoffnung geschmeichelt +hatte, daß er im Stande sein werde, einen großen Theil seiner Anhänger +dem Könige zuzuführen, sah sich plötzlich von Denen, die ihn kurz zuvor +noch als ihren geistlichen Führer verehrt hatten, verachtet und +verabscheut, verfiel darüber in eine tiefe Schwermuth und verbarg sich +vor den Blicken der Welt. Bei mehreren londoner Geistlichen erschienen +Deputationen, um sie zu bitten, daß sie die Masse der Dissenters nicht +nach den kriechenden Schmeicheleien beurtheilen möchten, welche kürzlich +die Spalten der Gazette gefüllt hätten, und forderten sie, als bei dem +großen Kampfe in vorderster Reihe stehend, auf, mit männlicher +Tapferkeit für die Freiheiten Englands und den den Heiligen +überlieferten Glauben zu streiten. Diese Versicherungen wurden freudig +und dankend aufgenommen. Unter Denen aber, die sich zu entscheiden +hatten, ob sie am nächsten Sonntage, den 20. Mai, dem Befehl des Königs +nachkommen wollten oder nicht, herrschte noch immer große Ängstlichkeit +und Meinungsverschiedenheit.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Berathung der londoner Geistlichkeit.</span> +<a name = "secVIII_50" id = "secVIII_50">Die</a> londoner Geistlichkeit, +welche damals allgemein als die Elite ihres Standes anerkannt war, +veranstaltete eine berathende Versammlung. Funfzehn Doctoren der +Theologie waren anwesend. Tillotson, Dechant von Canterbury, der +berühmteste Kanzelredner der damaligen Zeit, kam vom Krankenlager dahin. +Sherlock, Vorsteher des Tempels, Patrick, Dechant von Peterborough und +Oberpfarrer des wichtigen Kirchspiels St. Paul in Coventgarden, sowie +auch Stillingfleet, Archidiakonus von London und Dechant der St. +Pauls-Kathedrale, nahmen daran Theil. Die Versammlung im Allgemeinen +schien der Ansicht zu sein, daß es im Grunde doch gerathen sei, dem +Geheimrathsbefehl zu gehorchen. Der Streit begann hitzig zu werden und +hätte vielleicht schlimme Folgen haben können, wäre er nicht durch die +Festigkeit und Einsicht des Unterpfarrers von St. Giles, Cripplegate, +Doctor Eduard Fowler, beendigt worden. Dieser Mann gehörte zu der +kleinen aber ausgezeichneten Klasse von Theologen, welche die der Schule +Calvin’s eigene Liebe zur bürgerlichen Freiheit mit der Theologie der +Schule des Arminius verbanden<a class = "tag" name = "tagVIII_86" id = +"tagVIII_86" href = "#noteVIII_86">86</a>. Er erhob sich und sprach: +„Ich will +<span class = "pagenum">VIII.56</span> +<a name = "pageVIII_56" id = "pageVIII_56"> </a> +offen meine Meinung sagen. Die Sache ist so klar und einfach, daß lange +Erörterungen kein neues Licht auf sie werfen können, sondern nur die +Leidenschaften aufregen müssen. Lassen Sie einem Jeden blos Ja oder Nein +sagen. Ich für meine Person kann mich durch das Votum der Majorität +nicht binden lassen. Es würde mir leid thun, wenn dadurch unsre +Einigkeit gestört werden sollte, aber mein Gewissen erlaubt mir nicht, +diese Erklärung zu verlesen.“ Tillotson, Patrick, Sherlock und +Stillingfleet erklärten, daß sie der nämlichen Meinung seien, und die +Majorität fügte sich einer so achtbaren Minorität. Es wurde ein Beschluß +schriftlich ausgefertigt, durch den sich alle Anwesenden gegen einander +verpflichteten, die Erklärung nicht zu verlesen. Patrick war der Erste, +der seinen Namen unterschrieb, Fowler der Zweite. Das Papier wurde dann +in der Stadt herumgeschickt und war bald von fünfundachtzig +Pfründeninhabern unterzeichnet<a class = "tag" name = "tagVIII_87" id = +"tagVIII_87" href = "#noteVIII_87">87</a>.</p> + +<p>Unterdessen beriethen sich mehrere Bischöfe in banger Sorge über das +einzuschlagende Verfahren. Am 12. Mai war ein ernster und gelehrter +Kreis um den Tisch des Primas zu Lambeth versammelt. Compton, Bischof +von London, Turner, Bischof von Ely, White, Bischof von Peterborough, +und Tenison, Oberpfarrer des Kirchspiels St. Martin, befanden sich unter +den Anwesenden. Der Earl von Clarendon, ein warmer und +unerschütterlicher Freund der Kirche, war ebenfalls eingeladen worden. +Cartwright, Bischof von Chester, drängte sich, wahrscheinlich als Spion, +in die Versammlung. So lange er anwesend war, konnten vertrauliche +Mittheilungen nicht stattfinden; nach seinem Weggange aber wurde die +große Frage, welche alle Gemüther erfüllte, zur Sprache gebracht und +erörtert. Die allgemeine Ansicht war, daß die Erklärung nicht verlesen +werden solle. An mehrere der achtbarsten Prälaten der Provinz Canterbury +wurden sogleich Briefe geschrieben, durch welche dieselben aufgefordert +wurden, unverzüglich nach London zu kommen, um ihren Metropoliten in +dieser Angelegenheit zu unterstützen<a class = "tag" name = "tagVIII_88" +id = "tagVIII_88" href = "#noteVIII_88">88</a>. Da man kaum zweifeln +konnte, daß diese Briefe geöffnet werden würden, wenn sie durch das +Postamt in Lombard Street gingen, so wurden sie bis zu den nächsten +Poststationen in den verschiedenen Richtungen durch reitende Boten +befördert. Der Bischof von Winchester, dessen Loyalität sich bei +Sedgemoor so glänzend erprobt hatte, beschloß trotz eines ernstlichen +Unwohlseins der Aufforderung nachzukommen und sofort abzureisen, sah +aber, daß er die Erschütterung des Fahrens nicht vertragen konnte. Der +an Wilhelm Lloyd, Bischof von Norwich, gerichtete Brief wurde ungeachtet +aller Vorsichtsmaßregeln von einem Postmeister zurückgehalten, und +dieser Prälat, welcher keinem seiner Amtsbrüder in Muth und Eifer für +die gemeinsame Sache seines +<span class = "pagenum">VIII.57</span> +<a name = "pageVIII_57" id = "pageVIII_57"> </a> +Berufs nachstand, kam zu spät in London an<a class = "tag" name = +"tagVIII_89" id = "tagVIII_89" href = "#noteVIII_89">89</a>. Sein +Namensvetter, Wilhelm Lloyd, Bischof von St. Asaph, ein frommer, +rechtschaffener und gelehrter Mann, aber von schwacher Urtheilskraft und +halb aufgerieben durch seine beharrlichen Anstrengungen, aus Daniel und +der Offenbarung einige Aufschlüsse über den Papst und den König von +Frankreich zu gewinnen, eilte nach der Hauptstadt und traf am +Sechzehnten ein<a class = "tag" name = "tagVIII_90" id = "tagVIII_90" +href = "#noteVIII_90">90</a>. Am nächstfolgenden Tage kamen auch der +treffliche Ken, Bischof von Bath und Wells, Lake, Bischof von +Chichester, und Sir Johann Trelawney, Bischof von Bristol, ein Baronet +aus einer alten und angesehenen Familie in Cornwall.</p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVIII_86" id = "noteVIII_86" href = +"#tagVIII_86">86.</a> +Der verstorbene Alexander Knox, dieser ausgezeichnete Mann, dessen +beredte Conversation und vortrefflich ausgearbeitete Briefe einen großen +Einfluß auf die Gemüther seiner Landsleute ausübten, hat, wie ich +vermuthe, vieles von seinem theologischen System und Fowler’s Schriften +gelernt. Fowler’s Werk über den Zweck des Christenthums wurde von Johann +Bunyan mit einer durch nichts zu rechtfertigenden Heftigkeit +angegriffen, die sich nur durch die Herkunft und mangelhafte Erziehung +des ehrlichen Kesselflickers einigermaßen entschuldigen läßt.</p> + +<p><a name = "noteVIII_87" id = "noteVIII_87" href = +"#tagVIII_87">87.</a> +Johnstone, 23. Mai 1688. Es existirt ein satirisches Gedicht auf diese +Versammlung betitelt: „Die geistliche Cabale.“</p> + +<p><a name = "noteVIII_88" id = "noteVIII_88" href = +"#tagVIII_88">88.</a> +<span class = "antiqua">Clarendon’s Diary, May 22. 1688.</span></p> + +<p><a name = "noteVIII_89" id = "noteVIII_89" href = +"#tagVIII_89">89.</a> +Auszug aus Tanner’s Handschriften in <span class = "antiqua">Howell’s +State Trials</span>; <span class = "antiqua">Life of Prideaux</span>; +<span class = "antiqua">Clarendon’s Diary, May 16. 1688</span>.</p> + +<p><a name = "noteVIII_90" id = "noteVIII_90" href = +"#tagVIII_90">90.</a> +<span class = "antiqua">Clarendon’s Diary, May 16 & 17. +1688</span>.</p> +</div> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Berathung im Palast zu Lambeth.</span> +<a name = "secVIII_51" id = "secVIII_51">Am</a> Achtzehnten wurde im +Palast des Primas zu Lambeth eine Versammlung von Prälaten und anderen +ausgezeichneten Theologen gehalten. Tillotson, Tenison, Stillingfleet, +Patrick und Sherlock waren dabei anwesend. Vor dem Beginn der Berathung +wurde eine feierliche Betstunde gehalten. Nach einer langen Besprechung +setzte der Erzbischof eigenhändig eine Petition auf, in der die +allgemeine Ansicht ausgesprochen war. Sie war nicht im elegantesten +Style abgefaßt. Sancroft zog sich durch den schwülstigen und unschönen +Periodenbau sogar spöttelnden Tadel zu, den er mit weniger Geduld +ertrug, als er bei viel härteren Prüfungen gezeigt hatte. Dem Inhalte +nach aber konnte nichts geschickter entworfen sein, als dieses +denkwürdige Actenstück. Man verwahrte sich entschieden gegen alle +Illoyalität und Intoleranz, versicherte dem König, daß die Kirche noch +immer, wie von jeher, dem Throne treu ergeben sei und daß die Bischöfe +seiner Zeit am geeigneten Orte als Lords des Parlaments und als +Mitglieder des Oberhauses der Convocation beweisen wurden, wie es ihnen +keineswegs an humaner Rücksicht auf die Gewissensbedenken der Dissenters +fehle. Aber das Parlament habe sowohl unter der vorigen wie unter der +gegenwärtigen Regierung ausgesprochen, daß der Souverain nach der +Verfassung nicht berechtigt sei, in kirchlichen Angelegenheiten von +Gesetzen zu dispensiren. Deshalb sei die Erklärung gesetzwidrig und +Klugheit, Ehre und Gewissen gestatte den Petenten nicht, sich bei der +feierlichen Veröffentlichung einer ungesetzlichen Erklärung im Hause +Gottes und während der Zeit des Gottesdienstes zu betheiligen.</p> + +<p>Diese Petition wurde von dem Erzbischof und sechs seiner Suffraganen, +Lloyd von St. Asaph, Turner von Ely, Lake von Chichester, Ken von Bath +und Wells, White von Peterborough und Trelawney von Bristol, +unterzeichnet. Der Bischof von London unterzeichnete nicht mit, weil er +suspendirt war.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Die Petition der sieben Bischöfe dem Könige überreicht.</span> +<a name = "secVIII_52" id = "secVIII_52">Es</a> war spät am Freitag +Abend, und am Sonntag Morgen sollte die Erklärung in den Kirchen von +London verlesen werden. Die Petition mußte daher dem Könige unverweilt +überreicht werden. Die sechs Bischöfe brachen sofort nach Whitehall auf; +der Erzbischof, dem schon seit geraumer Zeit der Zutritt bei Hofe +untersagt war, begleitete sie nicht. Lloyd ließ seine fünf Collegen im +Hause des Lord Dartmouth in der +<span class = "pagenum">VIII.58</span> +<a name = "pageVIII_58" id = "pageVIII_58"> </a> +Nähe des Palastes zurück, begab sich zu Sunderland und bat den Minister, +die Petition zu lesen und sich zu erkundigen, wann der König geneigt +sein werde, sie in Empfang zu nehmen. Sunderland wollte, aus Furcht sich +zu compromittiren, die Petition gar nicht ansehen, begab sich aber +sogleich ins königliche Kabinet. Jakob befahl, die Bischöfe vorzulassen. +Er hatte von seinem Spion Cartwright erfahren, daß sie wohl geneigt +wären, dem königlichen Befehle zu gehorchen, aber einige kleine +Änderungen in der Form wünschten und eine unterthänige Bitte in diesem +Sinne vorlegen wollten. Seine Majestät war daher sehr gut gelaunt. Als +die Prälaten vor ihm knieten, bat er sie freundlich, aufzustehen, nahm +das Papier, aus Lloyd’s Händen und sagte: „Das ist Mylord Canterbury’s +Hand.“ — „Ja, Sire, seine eigene Hand,“ war die Antwort. Jakob las +die Petition, brach sie dann zusammen und sprach, während seine Stirn +sich verfinsterte: „Dies ist eine große Überraschung für mich. Ich hätte +dies von Ihrer Kirche, insbesondere von einigen unter Ihnen, nicht +erwartet. Das heißt die Fahne des Aufruhrs aufpflanzen.“ Die Bischöfe +ergossen sich in die wärmsten Versicherungen ihrer Loyalität; der König +aber wiederholte seiner Gewohnheit nach die gesprochenen Worte von +Anfang bis zu Ende. „Ich sage Ihnen, es ist eine Fahne des Aufruhrs!“ +— „Des Aufruhrs?“ rief Trelawney auf die Knie fallend. „Um des +Himmels willen, Sire, sprechen Sie nicht so hart von uns. Ein Trelawney +kann nie ein Rebell werden. Erinnern Sie Sich, daß meine Familie für die +Krone gekämpft hat, erinnern Sie Sich, wie ich Eurer Majestät gedient +habe, als Monmouth im Westen war.“ — „Wir haben den letzten +Aufstand unterdrückt,“ sagte Lake, „und wollen gewiß nicht einen neuen +hervorrufen.“ — „Wir, Rebellen!“ rief Turner; „wir sind bereit, zu +den Füßen Eurer Majestät zu sterben.“ — „Sire,“ hob jetzt Ken in +einem männlicheren Tone an, „ich hoffe, Sie werden uns die +Gewissensfreiheit zugestehen, die Sie Jedermann gewähren.“ Jakob aber +wiederholte abermals: „Das ist Aufruhr! das ist eine Fahne des Aufruhrs! +Hat jemals ein guter Diener der Staatskirche das Dispensationsrecht in +Frage gestellt? Haben nicht einige von Ihnen zu Gunsten desselben +gepredigt und geschrieben? Ich will durchaus, daß meine Erklärung +verlesen werde!“ — „Wir haben zwei Pflichten zu erfüllen,“ +erwiederte Ken, „unsre Pflicht gegen Gott und unsre Pflicht gegen Eure +Majestät. Wir ehren Sie, aber wir fürchten Gott.“ — „Habe ich das +um Sie verdient?“ versetzte der König mit wachsendem Zorne; „bin ich +nicht stets ein Freund Ihrer Kirche gewesen? Ich hätte dies nicht von +Ihnen erwartet. Aber ich verlange Gehorsam. Meine Erklärung muß verlesen +werden. Sie sind die Trompeter des Aufruhrs. Was wollen Sie hier? Gehen +Sie in Ihre Diöcesen und sorgen Sie dafür, daß meinen Befehlen gehorcht +wird. Dieses Papier will ich behalten. Sie bekommen es nicht zurück. Ich +werde Sie, die Unterzeichner, nicht vergessen.“ — „Gottes Wille +geschehe,“ sagte Ken. — „Gott hat mir die Dispensationsgewalt +verliehen,“ fuhr der König fort, „und ich werde sie zu behaupten wissen. +Ich sage Ihnen, es sind noch Siebentausend in Ihrer Kirche, die das Knie +nicht vor dem Baal gebeugt haben.“ Die Bischöfe entfernten sich +ehrerbietig<a class = "tag" name = "tagVIII_91" id = "tagVIII_91" href = +"#noteVIII_91">91</a>. +<span class = "pagenum">VIII.59</span> +<a name = "pageVIII_59" id = "pageVIII_59"> </a> +Noch den nämlichen Abend erschien die Petition, die sie dem Könige +überreicht hatten, Wort für Wort, in Druck und wurde in allen +Kaffeehäusern ausgelegt und in den Straßen zum Verkauf ausgeboten. +Allenthalben standen die Leute aus den Betten wieder auf und gingen +hinunter auf die Straße, um zu sehen, was es gab. Man sagte, daß der +Drucker binnen wenigen Stunden durch dieses Pennyblatt tausend Pfund +verdient habe. Dies mag übertrieben sein, aber es beweist wenigstens, +daß der Absatz ungeheuer war. Wie die Petition in die Öffentlichkeit +kam, ist noch heute ein Geheimniß. Sancroft versicherte, daß er jede +erdenkliche Vorsicht beobachtet habe und von keinem andren Exemplare +wisse, als von dem, welches er selbst geschrieben und das der König aus +Lloyd’s Händen entgegengenommen hatte. Die Wahrhaftigkeit des +Erzbischofs ist über alle Zweifel erhaben. Nicht unwahrscheinlich aber +ist es, daß einige von den anwesenden Geistlichen das kurze Schriftstück +ihrem Gedächtniß genau eingeprägt und es zum Druck befördert hatten. Die +vorherrschende Meinung war jedoch, daß eine Person aus der nächsten +Umgebung des Königs eine Indiscretion oder einen Verrath begangen habe<a +class = "tag" name = "tagVIII_92" id = "tagVIII_92" href = +"#noteVIII_92">92</a>. Kaum weniger Aufsehen machte ein kurzer, mit +großer logischer Schärfe und in kräftiger Sprache geschriebener Brief, +der im Geheimen gedruckt und an dem nämlichen Tage durch die Post und +durch die gewöhnlichen Botenfuhrleute verbreitet wurde. Jedem +Geistlichen im ganzen Lande wurde ein Exemplar zugesandt. Der Verfasser +versuchte es nicht, die Gefahr zu verhehlen, der sich Diejenigen +aussetzten, welche dem königlichen Befehle nicht gehorchten; aber er +schilderte mit lebhaften Farben die noch größere Gefahr der +Unterwerfung. „Wenn wir die Erklärung verlesen,“ sagte er, „so fallen +wir, um uns nicht wieder zu erheben. Und wir werden nicht bedauert, +sondern nur verachtet werden; wir fallen unter den Verwünschungen einer +Nation, die unsre Willfährigkeit ins Verderben gestürzt hat.“ Einige +waren der Meinung, die Schrift sei aus Holland herübergekommen, Andere +schrieben sie Sherlock zu. Aber Prideaux, Dechant von Norwich, der bei +der Verbreitung besonders thätig war, hielt sie für das Werk +Halifax’.</p> + +<p>Das Verfahren der Prälaten fand allgemeinen und lebhaften Beifall; +aber hier und da ließ sich auch ein Murren vornehmen. Man sagte, daß so +ernste Männer, wenn ihr Gewissen ihnen geboten hätte, beim Könige zu +remonstriren, dies früher hätten thun sollen. Wäre es recht gegen ihn +gehandelt, daß sie ihn bis sechsunddreißig Stunden vor der zur Verlesung +der Erklärung festgesetzten Zeit im Dunkeln ließen? Selbst wenn er den +Geheimrathsbefehl hätte zurücknehmen wollen, wäre es dazu zu spät +gewesen. Aus dem Allen scheine hervorzugehen, daß die Petition nicht den +Zweck gehabt habe, den König andren Sinnes zu machen, sondern nur die +Unzufriedenheit des Volks zu erregen<a class = "tag" name = "tagVIII_93" +id = "tagVIII_93" href = "#noteVIII_93">93</a>. Diese Beschwerden waren +jedoch völlig grundlos. Der König hatte den Bischöfen einen neuen, +unerwarteten und in Verlegenheit setzenden Befehl gegeben. Es war ihre +Pflicht, mit einander in Vernehmen zu treten und so weit als möglich die +Ansicht des Standes, dessen Oberhäupter sie waren, einzuholen, ehe sie +irgend einen Schritt thaten. Die Mitglieder waren im ganzen Lande +zerstreut, +<span class = "pagenum">VIII.60</span> +<a name = "pageVIII_60" id = "pageVIII_60"> </a> +einige waren eine volle Tagereise von einander entfernt. Jakob hatte +ihnen nur vierzehn Tage Zeit gelassen, um sich zu erkundigen, zu +berathschlagen und einen Entschluß zu fassen, und er konnte sich gewiß +nicht darüber beklagen, daß diese vierzehn Tage zu Ende gingen, bevor er +ihren Entschluß erfuhr. Ebenso ist es auch nicht wahr, daß sie ihm nicht +Zeit ließen, seinen Befehl zurückzunehmen, wenn er hätte so klug sein +wollen, dies zu thun. Er hätte am Samstag Morgen den Geheimen Rath +zusammenberufen können und vor dem Abend konnte es in ganz London und +dessen Vorstädten bekannt sein, daß er den Bitten der Väter der Kirche +nachgegeben. Der Samstag ging jedoch ohne ein Zeichen von Sinnesänderung +seitens der Regierung vorüber und der Sonntag kam heran, ein Tag, dessen +man sich noch lange erinnerte.</p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVIII_91" id = "noteVIII_91" href = +"#tagVIII_91">91.</a> +Sancroft’s Bericht aus Tanner’s Handschriften abgedruckt; Citters, 22. +Mai (1. Juni) 1688.</p> + +<p><a name = "noteVIII_92" id = "noteVIII_92" href = +"#tagVIII_92">92.</a> +<span class = "antiqua">Burnet, I. 741</span>; <span class = +"antiqua">Revolution Politics</span>; <span class = "antiqua">Higgins’s +Short View.</span></p> + +<p><a name = "noteVIII_93" id = "noteVIII_93" href = +"#tagVIII_93">93.</a> +<span class = "antiqua">Clarke’s Life of James the Second, II. +155.</span></p> +</div> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Die londoner Geistlichkeit gehorcht dem königlichen Befehle +nicht.</span> +<a name = "secVIII_53" id = "secVIII_53">In</a> der City und den +Vorstädten Londons gab es ungefähr hundert Pfarrkirchen. Nur in vier +derselben wurde der Geheimrathsbefehl befolgt. In der St. Gregorskirche +wurde die Erklärung von einem Geistlichen, Namens Martin, verlesen. +Sobald er die ersten Worte sprach, stand die ganze Gemeinde auf und +entfernte sich. In der St. Matthäuskirche in Friday Street wurde ein +Elender, Namens Timotheus Hall, der seinen Priesterrock geschändet, +indem er der Herzogin von Portsmouth bei dem Handel mit Begnadigungen +als Zwischenträger gedient und der jetzt Hoffnung auf das erledigte +Bisthum Oxford hatte, ebenfalls von seiner Gemeinde in der Kirche allein +gelassen. In Serjeant’s Inn, in Chancery Lane, gab der Geistliche vor, +er habe vergessen, ein Exemplar der Erklärung mitzubringen, und der +Oberrichter der Kings Bench, welcher anwesend war, um darauf zu sehen, +daß dem königlichen Befehle gehorcht werde, mußte sich mit dieser +Entschuldigung begnügen. Samuel Wesley, der Vater Johann’s und Karl’s +Wesley, Pfarrer in London, wählte an diesem Sonntage zum Text seiner +Predigt die edle Antwort, welche die drei Juden dem chaldäischen +Tyrannen gaben: „So sollst Du nun wissen, o König, daß wir Deine Götter +nicht ehren, noch das güldene Bild, das Du hast setzen lassen, anbeten +wollen.“ Selbst in der Kapelle des St. Jamespalastes hatte der +dienstthuende Geistliche den Muth, dem Befehle nicht zu gehorchen. Die +Knaben von Westminster erinnerten sich noch lange dessen, was an jenem +Tage in der Abtei vorging. Sprat, Bischof von Rochester, fungirte hier +als Dechant. Sobald er die Erklärung zu verlesen begann, übertäubte das +Murren und das Geräusch des sich aus der Kirche drängenden Volks seine +Stimme. Er zitterte so heftig, daß man das Papier in seiner Hand sich +bewegen sah. Lange bevor er geendet hatte, war die Kirche von Allen +verlassen, bis auf Diejenigen, die ihre Stellung zum Bleiben nöthigte.<a +class = "tag" name = "tagVIII_94" id = "tagVIII_94" href = +"#noteVIII_94">94</a></p> + +<p>Noch nie war die Kirche der Nation so theuer gewesen, als an jenem +Nachmittage. Der Geist der Zwietracht schien erloschen zu sein. Baxter +hielt auf der Kanzel eine Lobrede auf die Bischöfe und die Pfarrer. +Wenige Stunden später schrieb der holländische Gesandte an die +Generalstaaten, daß die anglikanische Geistlichkeit in der Achtung des +Publikums unglaublich gestiegen sei. Die Nonconformisten, sagte er, +sprächen sich +<span class = "pagenum">VIII.61</span> +<a name = "pageVIII_61" id = "pageVIII_61"> </a> +allgemein dahin aus, daß sie lieber unter dem Drucke der Strafgesetze +bleiben, als ihre Sache von der der Prälaten trennen wollten.<a class = +"tag" name = "tagVIII_95" id = "tagVIII_95" href = +"#noteVIII_95">95</a></p> + +<p>So verging noch eine Woche ängstlicher Aufregung, und der zweite +Sonntag kam heran. Abermals waren die Kirchen der Hauptstadt mit +Hunderttausenden gefüllt. Die Erklärung wurde nirgends anderwärts +verlesen, als an den wenigen Orten, wo sie vor acht Tagen verlesen +worden war. Der Geistliche, der in der Kapelle des St. Jamespalastes +gepredigt hatte, war seines Amtes entsetzt worden und es erschien ein +servilerer Geistlicher mit dem Papier in der Hand; aber er war so +befangen, daß er nicht vernehmlich sprechen konnte. Die Stimmung der +ganzen Nation hatte sich in der That so gestaltet, daß nur die besten +und hochherzigsten, oder die schlechtesten und characterlosesten +Menschen ihr ohne große Angst die Stirn bieten konnten.<a class = "tag" +name = "tagVIII_96" id = "tagVIII_96" href = "#noteVIII_96">96</a></p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVIII_94" id = "noteVIII_94" href = +"#tagVIII_94">94.</a> +Citters; 22. Mai (1. Juni) 1688; <span class = "antiqua">Burnet</span>, +I. 740 und Lord Dartmouth’s Note; <span class = "antiqua">Southey’s Life +of Wesley</span>.</p> + +<p><a name = "noteVIII_95" id = "noteVIII_95" href = +"#tagVIII_95">95.</a> +Citters, 22. Mai (1. Juni) 1688.</p> + +<p><a name = "noteVIII_96" id = "noteVIII_96" href = +"#tagVIII_96">96.</a> +<span class = "antiqua">Ibid.</span> 29. Mai (8. Juni) 1688.</p> +</div> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Unschlüssigkeit der Regierung.</span> +<a name = "secVIII_54" id = "secVIII_54">Selbst</a> der König war einen +Augenblick bestürzt über die Heftigkeit des von ihm heraufbeschworenen +Sturmes. Was sollte er nun zunächst thun? Er mußte entweder vorwärts +oder rückwärts gehen, und ersteres konnte er nicht ohne Gefahr, +letzteres nicht ohne Demüthigung. Einmal nahm er sich vor, einen neuen +Befehl zu erlassen, durch den er der Geistlichkeit in hochmüthigem und +zornigem Tone gebot, seine Erklärung zu verlesen, und jedem +Widerspenstigen mit augenblicklicher Amtsentsetzung drohte. Dieser +Befehl wurde zu Papier gebracht und in die Druckerei geschickt, dann +zurückgeholt, dann zum zweitenmal in die Druckerei geschickt und noch +einmal zurückgeholt.<a class = "tag" name = "tagVIII_97" id = +"tagVIII_97" href = "#noteVIII_97">97</a> Zu einem andren Plane riethen +einige von Denen, welche für strenge Maßregeln waren. Sie meinten, die +Prälaten, welche die Petition unterzeichnet hatten, könnten ja vor die +kirchliche Commission citirt und ihrer Bischofssitze beraubt werden. +Gegen dieses Verfahren aber wurden im Staatsrathe energische +Einwendungen erhoben. Man habe angekündigt, daß die Kammern noch vor +Ende des Jahres einberufen werden sollten und die Lords würden das +Absetzungsurtel unzweifelhaft für null und nichtig erklären, auf der +Einberufung Sancroft’s und seiner Mitpetenten bestehen und sich weigern, +einen neuen Erzbischof von Canterbury oder einen neuen Bischof von Bath +und Wells anzuerkennen. So würde die Session, die aller +Wahrscheinlichkeit nach im günstigen Falle immer noch sehr stürmisch +werden würde, sogleich mit einem erbitterten Streite zwischen der Krone +und den Peers beginnen. Wenn daher eine Bestrafung der Bischöfe für +nöthig gehalten würde, so müßte dieselbe nach dem bekannten Gange des +englischen Rechtsverfahrens über sie verhängt werden. Sunderland hatte +sich von Anfang an, soweit er es ohne Gefahr wagen konnte, dem +Geheimrathsbefehl widersetzt. Jetzt rieth er zu einem Verfahren, das +zwar nicht frei von Nachtheilen, aber doch das klügste und würdigste +war, welches der Regierung nach einer Reihe von Fehlgriffen noch offen +stand. Der König solle mit Huld und Majestät der Welt ankündigen, daß +das ungehorsame Benehmen der anglikanischen Kirche ihn tief verletzt +habe, daß er aber die vielen Dienste nicht vergessen könne, die diese +Kirche in schweren Prüfungszeiten seinem Vater, +<span class = "pagenum">VIII.62</span> +<a name = "pageVIII_62" id = "pageVIII_62"> </a> +seinem Bruder und ihm selbst geleistet; daß er als Freund der +Gewissensfreiheit nicht streng gegen Männer verfahren wolle, deren +allerdings irregeleitetes und über alle Maßen bedenkliches Gewissen +ihnen nicht erlaubt habe, seinen Befehlen zu gehorchen, und daß er daher +die Schuldigen der Strafe überlassen werde, die ihre eigne Überzeugung +ihnen zuerkennen müsse, wenn sie ihre neuesten Schritte mit den loyalen +Grundsätzen verglichen, deren sie sich so laut gerühmt hätten. Nicht +allein Powis und Bellasyse, welche stets für gemäßigte Beschlüsse waren, +sondern selbst Dover und Arundell neigten sich zu diesem Vorschlage hin. +Jeffreys dagegen behauptete, daß die Regierung entehrt sein würde, wenn +sie solche Verbrecher, wie die sieben Bischöfe, mit einem bloßen +Verweise davon kommen ließe. Er wünschte jedoch nicht, daß sie vor die +Hohe Commission, in welcher er als erster oder vielmehr einziger Richter +saß, geladen würden, denn die Last des öffentlichen Hasses, die er +bereits zu tragen hatte, war selbst für seine schamlose Stirn und sein +verknöchertes Herz zu groß, und er erschrak vor der Verantwortlichkeit, +die er durch eine gesetzwidrige Verurtheilung der Oberhäupter der +Staatskirche und der Lieblinge des Volkes auf sich geladen haben +würde.</p> + +<p class = "footnote"> +<a name = "noteVIII_97" id = "noteVIII_97" href = "#tagVIII_97">97.</a> +<span class = "antiqua">Ibid.</span></p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Es wird eine gerichtliche Verfolgung der Bischöfe wegen Libells +beschlossen.</span> +<a name = "secVIII_55" id = "secVIII_55">Jeffreys</a> empfahl deshalb +einen Criminalprozeß gegen sie anhängig zu machen. In Folge dessen wurde +beschlossen, den Erzbischof und die sechs anderen Bittsteller unter der +Anklage auf Abfassung eines aufrührerischen Libells vor den Gerichtshof +der Kings Bench zu stellen. Daß sie für schuldig befunden werden würden, +daran war kaum zu zweifeln, denn die Richter und ihre Unterbeamten waren +Werkzeuge des Hofes. Seitdem der Hauptstadt ihr alter Freibrief entzogen +worden, war kaum ein Gefangener, den die Regierung bestraft wissen +wollte, von einer Jury freigesprochen worden. Die widerspenstigen +Prälaten wurden höchst wahrscheinlich zu unerschwinglichen Geldbußen und +langer Haft verurtheilt und waren dann froh, wenn sie sich dadurch +loskaufen konnten, daß sie in und außer dem Parlament den Absichten des +Königs dienten.<a class = "tag" name = "tagVIII_98" id = "tagVIII_98" +href = "#noteVIII_98">98</a></p> + +<p>Am 27. Mai wurde den Bischöfen angekündigt, daß sie am 8. Juni vor +dem Könige im Geheimen Rathe erscheinen sollten. Warum eine so lange +Frist gestattet wurde, ist uns nicht bekannt. Vielleicht hoffte Jakob, +daß einige der Schuldigen sich aus Furcht vor seiner Ungnade bis zu dem +zum Verlesen der Erklärung bestimmten Tage noch fügen und, um sich mit +ihm auszusöhnen, die Geistlichen ihrer Diöcesen zum Gehorsam überreden +würden. Wenn dies wirklich seine Hoffnung war, so wurde sie vollständig +getäuscht. Der 3. Juni kam und alle Theile Englands folgten dem +Beispiele der Hauptstadt. Die Bischöfe von Norwich, Gloucester, +Salisbury, Winchester und Exeter hatten bereits Abschriften der Petition +zum Beweis ihrer Zustimmung unterzeichnet; der Bischof von Worcester +hatte sich geweigert, die Erklärung unter seine Geistlichen zu +vertheilen; der Bischof von Hereford hatte sie vertheilt, wurde aber, +wie allgemein bekannt war, deshalb von Reue und Scham gequält. Von +<span class = "pagenum">VIII.63</span> +<a name = "pageVIII_63" id = "pageVIII_63"> </a> +fünfzig Pfarrern fügte sich noch nicht einer dem Geheimrathsbefehl. In +der großen Diöcese Chester, welche die Grafschaft Lancaster umfaßt, +konnte Cartwright nicht mehr als drei Geistliche zum Gehorsam gegen den +König bewegen. Die Diöcese Norwich enthält viele hundert Pfarreien, und +nur in vieren davon wurde die Erklärung verlesen. Dem höfischen Bischof +von Rochester gelang es nicht, die Gewissensscrupel des +Gefängnißpredigers von Chatham, der von der Regierung besoldet wurde, zu +heben. Es existirt noch ein rührender Brief, den dieser wackere +Geistliche an den Sekretär der Admiralität schrieb. „Ich kann wohl nicht +erwarten,“ schrieb er darin, „daß Euer Ehren sich für mich verwenden. +Der Wille Gottes geschehe. Ich will lieber leiden, als sündigen“<a class += "tag" name = "tagVIII_99" id = "tagVIII_99" href = +"#noteVIII_99">99</a>.</p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVIII_98" id = "noteVIII_98" href = +"#tagVIII_98">98.</a> +Barillon, 24. Mai (3. Juni), 31. Mai (10. Juni) 1688; Citters, 1.(11.) +Juli; Adda 25. Mai (4. Juni), 30. Mai (9. Juni), 1.(11.) Juni; <span +class = "antiqua">Clarke’s Life of James the Second, II. 158</span>.</p> + +<p><a name = "noteVIII_99" id = "noteVIII_99" href = +"#tagVIII_99">99.</a> +<span class = "antiqua">Burnet, I. 740</span>; <span class = +"antiqua">Life of Prideaux</span>; Citters, 12.(22.), 15.(25.) Juni +1688; <span class = "antiqua">Tanner MS.</span>; <span class = +"antiqua">Life and Correspondence of Pepys</span>.</p> +</div> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Sie werden im Geheimen Rathe verhört.</span> +<a name = "secVIII_56" id = "secVIII_56">Am</a> Abend des 8. Juni +begaben sich die sieben Prälaten, von den ausgezeichnetsten +Rechtsgelehrten Englands gehörig instruirt, in den Palast, wo sie +alsbald in das Geheimrathszimmer gerufen wurden. Ihre Petition lag auf +dem Tische. Der Kanzler nahm das Papier, zeigte es dem Erzbischofe und +sagte: „Ist dies die Schrift, die Euer Gnaden aufgesetzt und welche die +hier anwesenden Bischöfe Seiner Majestät überreicht haben?“ Sancroft +warf einen Blick auf das Papier und sagte dann zum Könige: „Sire, ich +stehe hier als Angeklagter. Ich war dies noch nie und hätte früher nicht +geglaubt, daß ich es je einmal werden könnte. Am allerwenigsten aber +habe ich daran gedacht, daß mir ein Vergehen gegen meinen König zur Last +gelegt werden könnte. Da ich aber das Unglück habe, in diese Lage +gekommen zu sein, so wird Eure Majestät es mir nicht übel nehmen, wenn +ich von dem mir gesetzlich zustehenden Rechte Gebrauch mache, nichts zu +sagen, was mich als schuldig erscheinen lassen könnte.“ — „Dies +ist bloße Chikane,“ erwiederte der König. „Euer Gnaden werden +hoffentlich nicht so gewissenlos sein, daß Sie Ihre eigne Hand +verleugnen?“ — „Sire,“ sagte Lloyd, der die Casuistik gründlich +studirt hatte, „alle Theologen stimmen darin überein, daß Jemand, der +sich in unsrer Lage befindet, die Antwort auf eine solche Frage +verweigern darf.“ Der König, der eben so beschränkten Verstandes, als +heftigen Temperamentes war, wußte nicht sogleich was der Prälat meinte. +Er beharrte jedoch auf seinem Verlangen und gerieth in sichtbaren Zorn. +„Sire,“ hob der Erzbischof wieder an, „ich bin nicht verpflichtet, mich +selbst anzuklagen. Dessenungeachtet will ich, wenn Eure Majestät es +durchaus befiehlt, eine Antwort geben, in dem Vertrauen, daß ein +gerechter und edelsinniger Fürst das was ich lediglich aus Gehorsam +gegen Höchstdessen Befehl thue, nicht als Rechtsbeweis gegen mich +anwenden lassen wird.“ — „Sie dürfen mit Ihrem Souverain nicht +kapituliren,“ sagte der Kanzler. „Nein,“ setzte der König hinzu, „ich +werde einen solchen Befehl nicht geben. Wenn Sie es vorziehen, Ihre +eigenen Handschriften abzuleugnen, so habe ich Ihnen nichts mehr zu +sagen.“</p> + +<p>Die Bischöfe wurden zu wiederholten Malen ins Vorzimmer +hinausgeschickt und eben so oft wieder hereingerufen. Endlich gab ihnen +Jakob den bestimmten Befehl, auf die Frage zu antworten. Er +verpflichtete sich allerdings nicht ausdrücklich dazu, daß ihr +Geständniß nicht gegen sie angewendet +<span class = "pagenum">VIII.64</span> +<a name = "pageVIII_64" id = "pageVIII_64"> </a> +werden sollte; aber nach dem was vorausgegangen war, mußten sie +natürlich annehmen, daß diese Zusage selbstverständlich mit in dem +Befehle enthalten sei. Sancroft erkannte seine Handschrift an, und seine +Collegen folgten seinem Beispiele. Hierauf wurden sie über den Sinn +einiger in der Petition vorkommenden Worte und über den Brief befragt, +der im ganzen Lande verbreitet worden war und so großes Aufsehen gemacht +hatte; aber ihre Antworten waren so vorsichtig, daß durch das Verhör +nichts gewonnen wurde. Der Kanzler sagte ihnen nun, daß eine +Criminaluntersuchung bei der Kings Bench gegen sie eingeleitet werden +würde und forderte sie auf, sich wegen ihres Erscheinens jeder für seine +eigne Person zu verpflichten. Dies lehnten sie aber ab. Sie seien Peers +des Reiches, sagten sie, die besten Rechtsgelehrten von Westminster Hall +hätten ihnen gesagt, daß keinem Peer in einer Untersuchung wegen Libells +persönliche Bürgschaft angesonnen werden könne, und sie hielten sich +nicht für berechtigt, auf eines ihrer Standesvorrechte zu verzichten. +Der König war einfältig genug, es als eine persönliche Beleidigung gegen +sich zu betrachten, daß die Bischöfe in einer Rechtsfrage sich durch +juristischen Rath leiten ließen. „Sie glauben ja auch jedem Andren eher +als mir,“ sagte er. Er fühlte sich ernstlich gedemüthigt und beunruhigt, +denn er war so weit gegangen, daß ihm, wenn sie auf ihrem Vorsatze +beharrten, nichts Andres übrig blieb, als sie in’s Gefängniß zu +schicken, und wenn er auch keineswegs <em>alle</em> Folgen eines solchen +Schrittes voraussah, so sah er doch so viel davon voraus, daß ihm bange +wurde. Sie blieben fest. Es wurde daher wirklich ein Befehl +ausgefertigt, welcher den Gouverneur des Tower anwies, sie in sicherem +Gewahrsam zu halten und eine Barke brachte sie den Fluß hinunter nach +dem Staatsgefängnisse.<a class = "tag" name = "tagVIII_100" id = +"tagVIII_100" href = "#noteVIII_100">100</a></p> + +<p>Ganz London wußte, daß die Bischöfe vor dem Geheimen Rathe standen. +Das Publikum war in gespannter Erwartung. Eine große Menschenmenge +füllte die Höfe von Whitehall und alle umliegenden Straßen. Viele Leute +pflegten sich damals an Sommerabenden an der kühlen Themseluft zu +erlaben; an diesem Abend aber war der ganze Fluß mit Böten bedeckt. Als +die sieben Bischöfe in Begleitung einer Wache erschienen, konnte das +Volk seine Gefühle nicht mehr beherrschen. Tausende fielen auf die Knie +und beteten laut für die Männer, welche mit dem christlichen Muthe eines +Ridley und Latimer einem von der ganzen Bigotterie der Maria erfüllten +Tyrannen Trotz geboten hatten. Viele sprangen in den Fluß und riefen, +bis über den Hüften in Schlamm und Wasser stehend, die heiligen Väter um +ihren Segen an. Auf der ganzen Strecke von Whitehall bis zur +London-Brücke fuhr die königliche Barke zwischen Reihen von Böten, aus +denen beständig der Ruf: „Gott segne Eure Lordschaften!“ ertönte. Der +König gab in seiner Angst Befehl, daß die Besatzung des Tower verstärkt, +die Garden zum Feuern bereit gehalten und zwei Compagnien von jedem +Regiment im ganzen Reiche unverzüglich nach London berufen werden +sollten. Die Militairmacht aber, die er als das zuverlässigste Werkzeug +zur Bändigung des Volkes ansah, theilte alle Gefühle desselben. Selbst +die Schildwachen, welche am Verrätherthore unter Waffen standen, baten +die Märtyrer, die sie bewachen sollten, um ihren Segen. Der Gouverneur +des Tower war Sir Eduard +<span class = "pagenum">VIII.65</span> +<a name = "pageVIII_65" id = "pageVIII_65"> </a> +Hales. Er war nicht eben geneigt, seine Gefangenen freundlich zu +behandeln, denn er war von der Kirche, für die sie litten, abgefallen +und bekleidete kraft der Dispensationsgewalt, gegen die sie protestirt +hatten, mehrere einträgliche Stellen. Mit Entrüstung vernahm er, daß +seine Soldaten auf das Wohl der Bischöfe tranken, und er befahl seinen +Offizieren, dies ein für allemal zu verbieten; aber diese brachten ihm +die Meldung, daß es sich nicht mehr verhindern lasse und daß in der +ganzen Besatzung keine andre Gesundheit mehr ausgebracht werde. Übrigens +bewiesen die Truppen ihre Verehrung für die Väter der Kirche nicht +allein durch Toaste. Im ganzen Tower herrschte eine so andächtige +Stimmung, daß fromme Geistliche dem Himmel dankten, daß er aus Bösem +Gutes hervorgehen ließe und die Verfolgung seiner treuen Diener zum +Rettungsmittel für viele Seelen machte. Tag für Tag sah man die +Equipagen und Livreen der vornehmsten Kavaliere Englands vor den +Eingängen des Gefängnisses, und Tausende von Zuschauern aus den +bürgerlichen Klassen bedeckten fortwährend Towerhill.<a class = "tag" +name = "tagVIII_101" id = "tagVIII_101" href = "#noteVIII_101">101</a> +Von den verschiedenen Zeichen der öffentlichen Verehrung und Theilnahme +für die Prälaten erfüllte aber namentlich eines mehr als alle anderen +den König mit Zorn und Besorgniß. Er erfuhr, daß eine Deputation von +zehn nonconformistischen Geistlichen die Bischöfe im Tower besucht +hatte. Er ließ vier von ihnen zu sich entbieten und machte ihnen +persönlich heftige Vorwürfe; sie aber antworteten ihm muthig, daß sie es +für ihre Pflicht hielten, vergangene Streitigkeiten zu vergessen und zu +den Männern zu stehen, welche die Träger des protestantischen Glaubens +seien.<a class = "tag" name = "tagVIII_102" id = "tagVIII_102" href = +"#noteVIII_102">102</a></p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVIII_100" id = "noteVIII_100" href = +"#tagVIII_100">100.</a> +Sancroft’s Bericht, abgedruckt aus Tanner’s Handschriften.</p> + +<p><a name = "noteVIII_101" id = "noteVIII_101" href = +"#tagVIII_101">101.</a> +<span class = "antiqua">Burnet, I. 741</span>; Citters, 8.(18.), +12.(22.) Juni 1688; <span class = "antiqua">Luttrell’s Diary, June +8</span>; <span class = "antiqua">Evelyn’s Diary</span>, Brief von <span +class = "antiqua">Dr.</span> Ralson an seine Gattin vom 14. Juni +abgedruckt aus Tanner’s Handschriften; <span class = "antiqua">Reresby’s +Memoirs</span>.</p> + +<p><a name = "noteVIII_102" id = "noteVIII_102" href = +"#tagVIII_102">102.</a> +<span class = "antiqua">Reresby’s Memoirs</span>.</p> +</div> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Geburt des Prätendenten.</span> +<a name = "secVIII_57" id = "secVIII_57">Kaum</a> hatten sich die Thore +des Tower hinter den Gefangenen geschlossen, so trat ein Ereigniß ein, +welches die allgemeine Aufregung noch vermehrte. Es war angekündigt +worden, daß die Königin erst im Juli ihre Entbindung erwarte. Den Tag +nach dem Verhöre der Bischöfe aber bemerkte man, daß der König sich +angelegentlich nach ihrem Befinden erkundigte. Sie saß jedoch diesen +Abend noch bis gegen Mitternacht in Whitehall am Spieltisch. Dann aber +wurde sie in einer Sänfte in den St. Jamespalast gebracht, wo in aller +Eil Zimmer für sie eingerichtet worden waren. Bald darauf eilten Boten +nach allen Richtungen hin, um Ärzte und Priester, Staatsräthe und +Kammerdamen herbeizuholen. Binnen wenigen Stunden waren eine Menge +Staatsbeamte und vornehme Damen im Zimmer der Königin versammelt, und +hier wurde am Morgen des 10. Juni, einem Sonntage, der von den +allzutreuen Freunden einer schlechten Sache lange in Ehren gehalten +wurde, der unglücklichste aller Fürsten geboren, bestimmt zu +siebenundsiebzig Jahren der Verbannung und des Umherirrens, zu einem +Leben voll eitler Pläne, voll Ehrenbezeigungen, welche kränkender sind +als offene Beleidigungen, und voll Hoffnungen, die das Herz vor Gram +vergehen lassen.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Man hält ihn allgemein für untergeschoben.</span> +<a name = "secVIII_58" id = "secVIII_58">Die</a> traurigen Schicksale +des armen Kindes begannen schon vor seiner Geburt. +<span class = "pagenum">VIII.66</span> +<a name = "pageVIII_66" id = "pageVIII_66"> </a> +Die Nation über welche er nach der gewöhnlichen Erbfolgeordnung einst +regiert haben würde, war fest überzeugt, daß seine Mutter gar nicht +schwanger sei. Wäre seine Geburt auch durch noch so viele Zeugen +bewiesen worden, ein großer Theil des Volks würde trotzdem +wahrscheinlich bei der Behauptung geblieben sein, daß die Jesuiten ein +geschicktes Taschenspielerkunststück ausgeführt hätten; der Beweis für +die Thatsache ließ aber, theils durch Zufall, theils durch grobe +Versehen manchen Einwürfen und Zweifeln Raum. Es waren zwar viele +Personen beiderlei Geschlechts im königlichen Schlafgemache anwesend, +als das Kind das Licht der Welt erblickte, aber keine von ihnen erfreute +sich des öffentlichen Vertrauens im besonderen Grade. Von den anwesenden +Geheimräthen waren die Hälfte Katholiken und die, welche sich +Protestanten nannten, galten allgemein für Verräther an Gott und +Vaterland. Unter den Kammerdamen befanden sich viele Französinnen, +Italienerinnen und Portugiesinnen, und von den englischen Damen waren +einige selbst Papistinnen, andere die Gattinnen von Papisten. Mehrere +Personen, welche vorzugsweise hätten anwesend sein sollen, und deren +Zeugniß allen Verständigen genügt haben würde, fehlten und man legte die +Schuld an ihrer Abwesenheit dem Könige zur Last. Die Prinzessin Anna war +von allen Bewohnern der ganzen Insel am meisten bei der Sache +interessirt. Ihr Geschlecht und ihre Erfahrung berechtigte sie, als +Wächterin des Geburtsrechts ihrer Schwester und ihres eigenen +aufzutreten. Sie hatte starken Verdacht geschöpft, in welchem sie +täglich durch geringfügige oder imaginäre Umstände bestärkt wurde. Es +schien ihr, als ob die Königin geflissentlich ihren Fragen auswiche und +sie schrieb diese Zurückhaltung, welche vielleicht im Zartgefühl ihren +Grund hatte, dem Schuldbewußtsein zu.<a class = "tag" name = +"tagVIII_103" id = "tagVIII_103" href = "#noteVIII_103">103</a> In Folge +dessen hatte Anna sich vorgenommen, an dem entscheidenden Tage anwesend +zu sein und ein scharfes Auge zu haben. Sie hatte es aber nicht für +nöthig gehalten, schon einen Monat vor diesem Tage auf ihrem Posten zu +sein, sondern war mit Bewilligung und angeblich auf Anrathen ihres +Vaters nach Bath gereist, um dort eine Brunnenkur zu gebrauchen. +Sancroft, dessen hohe Stellung ihm die Pflicht auferlegte, anwesend zu +sein, und in dessen Rechtschaffenheit die Nation volles Vertrauen +setzte, war einige Stunden vorher von Jakob in den Tower geschickt +worden. Die Hyde waren die geeigneten Beschützer der Rechte beider +Prinzessinnen. Der holländische Gesandte konnte als der Vertreter +Wilhelm’s betrachtet werden, der als der erste Prinz von Geblüt und als +Gemahl der ältesten Tochter des Königs das größte Interesse an dem +Ereignisse hatte. Jakob aber dachte nicht daran, ein männliches oder +weibliches Mitglied der Familie Hyde herbeizurufen und eben so wenig +wurde der holländische Gesandte zugezogen.</p> + +<p>Die Nachwelt hat den König von dem Betrug, dessen sein Volk ihn +beschuldigte, vollkommen freigesprochen. Unmöglich aber kann man ihn von +der Thorheit und Verkehrtheit freisprechen, welche den Irrthum seiner +Zeitgenossen erklären und entschuldigen. Er wußte recht gut, welche +argwöhnischen Vermuthungen man im Publikum hegte,<a class = "tag" name = +"tagVIII_104" id = "tagVIII_104" href = "#noteVIII_104">104</a> und er +hätte eben +<span class = "pagenum">VIII.67</span> +<a name = "pageVIII_67" id = "pageVIII_67"> </a> +so gut wissen können, daß dieser Argwohn nicht durch das Zeugniß von +Mitgliedern der römischen Kirche oder solchen Personen zerstreut werden +konnte, die sich zwar Mitglieder der anglikanischen Kirche nannten, aber +sich ganz bereit gezeigt hatten, die Interessen dieser Kirche zu opfern, +um seine Gunst zu gewinnen. Daß der Eintritt des Ereignisses ihn vor der +erwarteten Zeit überraschte, ist wahr, aber er hatte immerhin zwölf +Stunden vor sich, um seine Anordnungen zu treffen. So gut als er den St. +Jamespalast mit Bigotten und Schmarotzern füllen konnte, deren Wort die +Nation nicht traute, eben so gut hätte er auch für die Anwesenheit +einiger angesehenen Personen sorgen können, deren treue Anhänglichkeit +an die Prinzessinnen und an die Landeskirche außer Zweifel stand.</p> + +<p>Zu einer späteren Zeit, als er für seine tollkühne Verachtung der +öffentlichen Meinung schwer gebüßt hatte, pflegte man in Saint-Germain +ihn dadurch zu entschuldigen, daß man die Schuld auf Andere wälzte. +Einige Jakobiten behaupteten, Anna habe sich absichtlich fern gehalten, +ja sie scheuten sich nicht zu sagen, Sancroft habe den König +herausgefordert, ihn in den Tower zu schicken, damit das Zeugniß, +welches die Verleumdungen der Unzufriedenen widerlegen konnte, +mangelhaft wäre.<a class = "tag" name = "tagVIII_105" id = "tagVIII_105" +href = "#noteVIII_105">105</a> Die Abgeschmacktheit dieser Beschuldigung +ist handgreiflich. Konnte Anna oder Sancroft vermuthen, daß die Königin +sich in ihrer Berechnung um einen ganzen Monat geirrt hatte? Wäre ihre +Berechnung richtig gewesen, so würde Anna gewiß, um der Entbindung +beiwohnen zu können, zur rechten Zeit von Bath zurückgekehrt und +Sancroft nicht im Tower gewesen sein. Jedenfalls aber waren die +mütterlichen Oheime der Tochter des Königs weder von London entfernt +noch im Gefängniß. Die nämlichen Boten, welche die ganze Schaar der +Renegaten, Dover, Peterborough, Murray, Sunderland und Mulgrave, +herbeiholten, hätten ganz eben so leicht auch Clarendon herbeirufen +können. Er war so gut Geheimer Rath als sie, und seine Wohnung befand +sich in Jermyn Street, keine zweihundert Schritt von den Gemächern der +Königin. Dennoch ließ man es ihn erst in der St. Jameskirche durch die +Bewegung und das Geflüster der Gemeinde erfahren, daß seine Nichte +aufgehört hatte, die präsumtive Thronerbin zu sein.<a class = "tag" name += "tagVIII_106" id = "tagVIII_106" href = "#noteVIII_106">106</a> +Gehörte er etwa deshalb nicht in das Entbindungszimmer, weil er ein +naher Verwandter der Prinzessinnen von Oranien und von Dänemark war, +oder weil er unerschütterlich treu an der anglikanischen Kirche +hing?</p> + +<p>Die ganze Nation sprach es laut und offen aus, daß ein Betrug +gespielt worden sei. Mehre Monate lang hätten die Papisten auf der +Kanzel und durch die Presse, in Prosa und in Versen, in englischer und +in lateinischer Sprache prophezeit, daß die Bitten der Kirche erhört und +ein Prinz von Wales geboren werden würde, und sie hätten jetzt selbst +ihre Prophezeiung erfüllt. Jeder nicht zu bestechende oder zu +hintergehende Zeuge sei sorgfältig ausgeschlossen worden. Anna habe man +arglistigerweise zu einer Reise nach Bath überredet. Der Primas sei +gerade am Tage vor dem zur Ausführung des Betrugs bestimmten den +Vorschriften des Gesetzes und der Privilegien der Peers zum Trotz ins +Gefängniß geworfen worden. Nicht eine einzige männliche oder weibliche +Person, die das geringste Interesse an der Enthüllung des Betrugs haben +<span class = "pagenum">VIII.68</span> +<a name = "pageVIII_68" id = "pageVIII_68"> </a> +konnte, sei zugezogen worden. Man habe die Königin plötzlich mitten in +der Nacht in den St. Jamespalast gebracht, weil dieses Gebäude, für +unehrliche Zwecke passender eingerichtet als Whitehall, einige für die +Absichten der Jesuiten vortrefflich geeignete Zimmer und Gänge enthalte. +Hier sei inmitten eines Kreises von Zeloten, denen nichts, was die +Interessen ihrer Kirche fördern konnte, ein Verbrechen dünkte, und von +Höflingen, welche nichts, was zu ihrer Bereicherung und Erhebung +beitragen konnte, für Sünde hielten, ein neugeborenes Kind ins Bett der +Königin practicirt und dann triumphirend als Erbe dreier Königreiche +herumgegeben worden. Durch diesen zwar unbegründeten, aber nicht ganz +unnatürlichen Verdacht aufgeregt, drängten sich die Leute nur um so +eifriger danach, den frommen Opfern des Tyrannen zu huldigen, der, +nachdem er lange seinem Volke das empörendste Unrecht zugefügt, das Maß +seiner Schändlichkeit voll machte, indem er sich noch empörender an +seinen eigenen Kindern verging<a class = "tag" name = "tagVIII_107" id = +"tagVIII_107" href = "#noteVIII_107">107</a>.</p> + +<p>Der Prinz von Oranien, der selbst keinen Betrug argwöhnte und den +Zustand der Volksstimmung in England nicht kannte, ordnete Dankgebete +für seinen kleinen Schwager unter seinem eigenen Dache an und schickte +Zulestein mit einem förmlichen Beglückwünschungsschreiben nach London. +Zulestein hörte zu seinem großen Erstaunen Jedermann ganz offen von dem +schändlichen Betruge sprechen, den die Jesuiten eben begangen haben +sollten, und erblickte jede Stunde ein neues Pasquill auf die +Schwangerschaft und die Entbindung der Königin. Er schrieb sehr bald +nach dem Haag, von zehn Personen glaube nicht eine, daß die Königin +dieses Kind geboren habe<a class = "tag" name = "tagVIII_108" id = +"tagVIII_108" href = "#noteVIII_108">108</a>.</p> + +<p>Das Benehmen der gefangenen Prälaten erhöhte inzwischen die +allgemeine Theilnahme, die ihre Lage erweckte. Am Abend des „schwarzen +Freitags“, wie man den Tag ihrer Einkerkerung nannte, kamen sie gerade +zur Stunde des Gottesdienstes in ihrem Gefängnisse an. Sie begaben sich +sogleich in die Kapelle. Der Zufall wollte, daß im zweiten Vorlesestück +die Worte vorkamen: „In allen Dingen lasset uns beweisen als die Diener +Gottes in großer Geduld und Trübsalen, in Nöthen und Ängsten, in +Schlägen, in Gefängnissen.“ Alle eifrigen Anhänger der Staatskirche +freuten sich dieses Zusammentreffens und erinnerten sich, wie ein ganz +ähnliches vor fast vierzig Jahren Karl I. in seiner Todesstunde +getröstet und erhoben hatte.</p> + +<p>Am Abend des folgenden Tages, Samstag den 9. Juni, kam ein Schreiben +von Sunderland, welcher dem Kaplan des Tower befahl, am nächsten Morgen +beim Gottesdienste die Erklärung zu verlesen. Da die in dem +Geheimrathsbefehl zur Verlesung in London bestimmte Zeit längst +verstrichen war, so konnte dieses Verfahren der Regierung nur als eine +ganz gemeine und kindische persönliche Insulte gegen die ehrwürdigen +Gefangenen +<span class = "pagenum">VIII.69</span> +<a name = "pageVIII_69" id = "pageVIII_69"> </a> +betrachtet werden. Der Kaplan weigerte sich zu gehorchen; er wurde +sofort entlassen und die Kapelle geschlossen<a class = "tag" name = +"tagVIII_109" id = "tagVIII_109" href = "#noteVIII_109">109</a>.</p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVIII_103" id = "noteVIII_103" href = +"#tagVIII_103">103.</a> +Correspondenz zwischen Anna und Marie in Dalrymple; <span class = +"antiqua">Clarendon’s Diary Oct. 31. 1688</span>.</p> + +<p><a name = "noteVIII_104" id = "noteVIII_104" href = +"#tagVIII_104">104.</a> +Dies geht aus Clarendon’s Tagebuche vom 31. Oct. 1688 klar hervor.</p> + +<p><a name = "noteVIII_105" id = "noteVIII_105" href = +"#tagVIII_105">105.</a> +<span class = "antiqua">Clarke’s Life of James the Second, II. 159. +160.</span></p> + +<p><a name = "noteVIII_106" id = "noteVIII_106" href = +"#tagVIII_106">106.</a> +<span class = "antiqua">Clarendon’s Diary, June 10. 1688.</span></p> + +<p><a name = "noteVIII_107" id = "noteVIII_107" href = +"#tagVIII_107">107.</a> +Johnstone giebt in kurzen Worten eine treffliche Übersicht der gegen den +König erhobenen Beschuldigungen. „Die große Masse des Volks ist der +Meinung, daß Alles ein Betrug sei, denn, sagen sie, die Berechnung +treffe nicht zu, die Prinzessin sei entfernt und weder Jemand von der +Familie Clarendon noch der holländische Gesandte herbeigerufen worden; +dazu komme noch der plötzliche Eintritt des Ereignisses, die Predigten, +die Zuversicht der Priester und die Eil.“ — 13. Juni 1688.</p> + +<p><a name = "noteVIII_108" id = "noteVIII_108" href = +"#tagVIII_108">108.</a> +Ronquillo, 26. Juli (5. Aug.). Ronquillo setzt hinzu, daß Zulestein’s +Bericht über den Zustand der öffentlichen Meinung vollkommen wahr +sei.</p> + +<p><a name = "noteVIII_109" id = "noteVIII_109" href = +"#tagVIII_109">109.</a> +Citters, 12.(22.) Juni 1688; <span class = "antiqua">Luttrell’s Diary, +June 18.</span></p> +</div> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Die Bischöfe werden vor die Kings Bench gestellt und müssen Bürgschaft +leisten.</span> +<a name = "secVIII_59" id = "secVIII_59">Die</a> Bischöfe erbauten Alle, +die sich ihnen näherten, durch die Standhaftigkeit und Freudigkeit, mit +der sie ihre Haft ertrugen, durch die Bescheidenheit und Demuth, mit der +sie die Beifallsbezeigungen und Segenswünsche der ganzen Nation +aufnahmen, und durch die loyale Anhänglichkeit, die sie für den +Tyrannen, der sie in’s Verderben stürzen wollte, an den Tag legten. Am +Freitag den 15. Juni, dem ersten Sitzungstage der Kings Bench, wurden +sie vor diesen Gerichtshof gestellt. Eine ungeheure Menschenmenge +erwartete ihre Ankunft. Vom Landungsplatze bis zur Court of Requests +gingen sie durch eine Doppelreihe von Zuschauern, welche ihnen +Segenswünsche und Beifall zuriefen. „Lieben Freunde,“ sagten die +Gefangenen im Vorübergehen, „ehret den König und gedenket unserer in +Euren Gebeten.“ Diese demüthigen und frommen Worte rührten Viele bis zu +Thränen. Als sich der Zug endlich durch das Gedränge einen Weg gebahnt +hatte und vor den Richtern angekommen war, verlas der Generalfiskal die +Anklage, welche er auf hohen Befehl ausgearbeitet hatte und stellte den +Antrag, daß die Beklagten aufgefordert werden sollten, auf die Klage +einzugehen. Der Vertheidiger wendete dagegen ein, die Bischöfe seien +gesetzwidrig verhaftet worden, und ihr Erscheinen vor dem Gerichtshofe +sei daher nicht ordnungsgemäß. Die Frage, ob ein Peer unter einer +Anklage wegen Libells sein Erscheinen vor Gericht gehörig zu verbürgen +habe, wurde ausführlich erörtert und endlich von der Mehrheit der +Richter zu Gunsten der Krone entschieden. Die Gefangenen erklärten sich +nun für nichtschuldig. Der vierzehnte Tag darauf, der 29. Juni, wurde +zur Verhandlung ihres Prozesses anberaumt. Bis dahin wurden sie gegen +das persönliche Versprechen, sich zu stellen, in Freiheit gesetzt. Die +Kronanwälte thaten sehr weise daran, aß sie keine fremde Bürgschaft +verlangten, denn Halifax hatte dafür gesorgt, daß einundzwanzig +weltliche Peers vom höchsten Ansehen, je drei für einen Angeklagten, zur +Bürgschaftleistung bereit waren, und eine solche Gesinnungsäußerung des +hohen Adels würde für die Regierung ein harter Schlag gewesen sein. Eben +so wußte man, daß einer der reichsten, Dissenters der Hauptstadt um die +Ehre nachgesucht hatte, für Ken Bürgschaft leisten zu dürfen.</p> + +<p>Die Bischöfe durften nun in ihre Heimath zurückkehren. Das niedere +Volk, welches von dem bei der Kings Bench beobachteten Gerichtsverfahren +nichts wußte und nur sah, daß ihre Lieblinge, nachdem sie unter +Bedeckung nach Westminster Hall gebracht worden waren, jetzt sich in +voller Freiheit wieder entfernen durften, glaubte, die gute Sache habe +gesiegt, und brach in lauten Beifallsjubel aus, während zugleich +fröhliches Glockengeläute von allen Thürmen ertönte. Sprat erstaunte +nicht wenig, als er die Glocken seiner eigenen Abtei lustig erklingen +hörte. Er brachte sie sofort zum Schweigen, aber seine Einmischung +erregte viel unwilliges Murren. Die Bischöfe wußten gar nicht, wie sie +sich vor der zudringlichen Masse ihrer Freunde retten sollten. Lloyd +wurde im Palasthofe von Verehrern zurückgehalten, die sich um die Gunst +stritten, seine Hände zu berühren und den Saum seines Rockes zu küssen, +bis endlich Clarendon +<span class = "pagenum">VIII.70</span> +<a name = "pageVIII_70" id = "pageVIII_70"> </a> +ihn nicht ohne Anstrengung befreite und ihn durch eine Seitengasse nach +Hause führte. Man sagte, Cartwright sei so unvorsichtig gewesen, sich +unter das Volk zu mischen. Jemand, der ihn an seinem Bischofsgewand +erkannte, erbat sich und erhielt seinen Segen. „Wißt Ihr, von wem Ihr +Euch eben habt segnen lassen?“ rief einer der Umstehenden. „Nun, es war +doch gewiß einer von den Sieben?“ versetzte Der, welcher eben mit dem +Segen beehrt worden war. „Nein,“ entgegnete der Andere, „es war der +papistische Bischof von Chester.“ — „Papistischer Hund!“ rief der +Protestant wüthend, „nimm Deinen Segen zurück!“</p> + +<p>Der Zusammenlauf und die Aufregung waren so groß, daß der +holländische Gesandte sich wunderte, den Tag ohne einen Aufstand enden +zu sehen. Dem Könige war durchaus nicht wohl zu Muthe gewesen. Um jede +Ruhestörung sogleich unterdrücken zu können, hatte er am Morgen in +Hydepark mehrere Bataillone Infanterie gemustert. Es ist jedoch +keineswegs ausgemacht, daß diese Truppen zu ihm gehalten haben würden, +wenn er ihrer Dienste bedurft hätte. Als Sancroft am Nachmittag in +Lambeth ankam, fand er die in dieser Vorstadt liegenden Grenadiergarden +vor dem Eingange seines Palastes versammelt. Sie stellten sich in einer +Doppelreihe auf und während er zwischen ihnen hinschritt, baten sie ihn +um seinen Segen. Nur mit Mühe hielt er sie davon ab, daß sie zur Feier +seiner Rückkehr in seine Wohnung ein Freudenfeuer anzündeten. Es +brannten übrigens an jenem Abend mehrere Freudenfeuer in der Hauptstadt. +Zwei Katholiken, welche so unbesonnen waren, einige Knaben zu schlagen, +weil sie an diesen öffentlichen Freudenbezeigungen Theil nahmen, wurden +vom Pöbel ergriffen, nackt ausgezogen und schimpflich gebrandmarkt<a +class = "tag" name = "tagVIII_110" id = "tagVIII_110" href = +"#noteVIII_110">110</a>.</p> + +<p>Jetzt forderte Sir Eduard Hales seine Gebühren von den Bischöfen, die +seine Gefangenen gewesen waren. Sie weigerten sich, einem Beamten, +dessen Bestallung sie nach ihren Grundsätzen für null und nichtig +ansahen, etwas für eine in ihren Augen gesetzwidrige Haft zu bezahlen. +Hierauf gab ihnen der Gouverneur sehr deutlich zu verstehen, daß, wenn +sie noch einmal in seine Hände kämen, er sie in schwere Eisen legen und +auf die nackten Steine betten werde. „Wir haben uns die Ungnade unsres +Königs zugezogen,“ war ihre Antwort, „und wir empfinden dies sehr +schmerzlich; ein Mitunterthan aber, der uns droht, strengt nutzlos seine +Lunge an.“ Man kann leicht denken, mit welchem Unwillen das ohnehin +schon gereizte Volk erfuhr, daß ein vom protestantischen Glauben +Abgefallener, der den Grundgesetzen Englands zum Hohn einen +Commandoposten bekleidete, es gewagt hatte, ehrwürdigen Geistlichen mit +allen Barbareien von Lollard’s Tower zu drohen<a class = "tag" name = +"tagVIII_111" id = "tagVIII_111" href = "#noteVIII_111">111</a>.</p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVIII_110" id = "noteVIII_110" href = +"#tagVIII_110">110.</a> +Über die Ereignisse dieses Tages sehe man die <span class = +"antiqua">Collection of State Trials</span>; <span class = +"antiqua">Clarendon’s Diary</span>; <span class = "antiqua">Luttrell’s +Diary</span>; Citters, 15.(25.) Juni; Johnstone, 18. Juni und <span +class = "antiqua">Revolution Politics.</span></p> + +<p><a name = "noteVIII_111" id = "noteVIII_111" href = +"#tagVIII_111">111.</a> +Johnstone, 18. Juni 1688; <span class = "antiqua">Evelyn’s Diary, June +29.</span></p> +</div> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Aufregung der Gemüther.</span> +<a name = "secVIII_60" id = "secVIII_60">Bis</a> zu dem Tage des +Prozesses hatte sich die Aufregung nach den entferntesten Winkeln der +Insel verbreitet. Aus Schottland erhielten die Bischöfe Zuschriften, in +denen sie der Sympathie aller Presbyterianer dieses dem Prälatenthum so +lange und so bitter Feind gewesenen Landes versichert wurden<a class = +"tag" name = "tagVIII_112" id = "tagVIII_112" href = +"#noteVIII_112">112</a>. Die Bevölkerung von Cornwall, ein trotziges, +kühnes und herkulisches Geschlecht, +<span class = "pagenum">VIII.71</span> +<a name = "pageVIII_71" id = "pageVIII_71"> </a> +das ein stärkeres Provinzialgefühl hatte, als man es in irgend einem +andren Theile des Landes fand, nahm großen Antheil an der Gefahr, in +welcher Trelawney schwebte, den sie weniger als einen Leiter der Kirche, +denn als das Oberhaupt eines angesehenen Hauses und als den Erben von +zwanzig Ahnen verehrten, welche schon in hohem Ansehen standen, ehe die +Normannen den Fuß auf englischen Boden gesetzt hatten. In der ganzen +Grafschaft sang das Landvolk eine Ballade, deren Refrain noch nicht +vergessen ist:</p> + +<div class = "verse"> +<p>„Und bringt man Trelawney um, bringt man Trelawney um,</p> +<p>Wollen dreißigtausend cornische Burschen wissen warum?“</p> +</div> + +<p>Die Bergleute sangen das Lied mit einer kleinen Variation:</p> + +<div class = "verse"> +<p>„Wollen Zwanzigtausend unter der Erde wissen warum.“<a class = "tag" +name = "tagVIII_113" id = "tagVIII_113" href = +"#noteVIII_113">113</a></p> +</div> + +<p>In manchen Theilen des Landes sprachen die Bauern laut eine +sonderbare Hoffnung aus, welche nie aufgehört hat, in ihren Herzen +fortzuleben. Sie meinten, ihr protestantischer Herzog, ihr geliebter +Monmouth, werde plötzlich wieder erscheinen, sie zum Siege führen und +den König wie die Jesuiten unter seinen Füßen zertreten<a class = "tag" +name = "tagVIII_114" id = "tagVIII_114" href = +"#noteVIII_114">114</a>.</p> + +<p>Die Minister waren in der größten Angst; selbst Jeffreys würde gern +seine Maßregeln zurückgenommen haben. Er beauftragte Clarendon mit +freundlichen Botschaften an die Bischöfe und wälzte die Schuld an der +Verfolgung, zu der er selbst gerathen hatte, auf Andere. Sunderland +wagte es noch einmal, Zugeständnisse anzuempfehlen. Die glückliche +Geburt eines Prinzen, sagte er, biete dem Könige eine vortreffliche +Gelegenheit, eine gefährliche und nachtheilige Stellung aufzugeben, ohne +sich den Vorwurf der Zaghaftigkeit oder der Launenhaftigkeit zuzuziehen. +Bei so erfreulichen Anlässen sei es stets Sitte gewesen, daß der Fürst +die Herzen seiner Unterthanen durch Gnadenacte erfreue, und nichts könne +dem Prinzen von Wales mehr zum Vortheile gereichen, als wenn er schon in +der Wiege der Friedensstifter zwischen seinem Vater und der +aufgebrachten Nation würde. Aber des Königs Entschluß stand fest. „Ich +werde fortfahren,“ sagte er, „ich bin nur zu nachsichtig gewesen. Die +Nachsicht war meines Vaters Verderben“<a class = "tag" name = +"tagVIII_115" id = "tagVIII_115" href = "#noteVIII_115">115</a>.</p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVIII_112" id = "noteVIII_112" href = +"#tagVIII_112">112.</a> +<span class = "antiqua">Tanner MS.</span></p> + +<p><a name = "noteVIII_113" id = "noteVIII_113" href = +"#tagVIII_113">113.</a> +Diese Thatsache wurde mir freundlichst von dem Rev. R. S. Hawker +von Morwenstow in Cornwall mitgetheilt.</p> + +<p><a name = "noteVIII_114" id = "noteVIII_114" href = +"#tagVIII_114">114.</a> +Johnstone, 18. Juni 1688.</p> + +<p><a name = "noteVIII_115" id = "noteVIII_115" href = +"#tagVIII_115">115.</a> +Adda, 29. Juni (9. Juli) 1688.</p> +</div> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Sunderland’s Angst.</span> +<a name = "secVIII_61" id = "secVIII_61">Der</a> schlaue Minister kam +dahinter, daß sein Rath früher nur deshalb angenommen worden war, weil +er denselben jederzeit nach dem Willen des Königs eingerichtet hatte, +daß er aber von dem Augenblicke an, wo er wirklich guten ertheilte, kein +Gehör mehr finden würde. Bei dem Verfahren gegen das +Magdalenen-Collegium hatte er einige Lauheit gezeigt. Er hatte ferner +ganz neuerdings den König zu überzeugen gesucht, daß Tyrconnel’s Plan +zur Confiscirung des Eigenthums der englischen Colonisten in Irland +höchst gefährlich sei, und er hatte es mit Hülfe Powis’ und Bellasyse’s +wenigstens dahingebracht, daß die Ausführung des Planes noch um ein Jahr +aufgeschoben wurde. Aber diese zaghafte Bedenklichkeit hatte den Keim +des Widerwillens und Mißtrauens ins Herz des Königs gelegt<a class = +"tag" name = "tagVIII_116" id = "tagVIII_116" href = +"#noteVIII_116">116</a>. Der Tag der +<span class = "pagenum">VIII.72</span> +<a name = "pageVIII_72" id = "pageVIII_72"> </a> +Vergeltung war jetzt gekommen. Sunderland war in der nämlichen Lage, in +der sich einige Monate früher sein Nebenbuhler Rochester befunden hatte. +Beide Staatsmänner lernten die Angst eines Menschen kennen, der sich +krampfhaft an eine Stütze anklammert, die seinen Händen mehr und mehr +entschlüpft. Beide sahen ihre Rathschläge verächtlich zurückgewiesen. +Beide erlitten die Qual, in den Mienen und dem Benehmen ihres Gebieters +Unzufriedenheit und Mißtrauen zu lesen, und doch wurden Beide von ihrem +Vaterlande für die Verbrechen und Irrthümer, von denen sie ihn vergebens +zurückzubringen versucht hatten, verantwortlich gemacht. Während er sie +in dem Verdacht hatte, daß sie auf Kosten seiner Autorität und seiner +Würde sich populär machen wollten, beschuldigte die öffentliche Stimme +sie laut des Versuchs, auf Kosten ihrer eigenen Ehre und des Gemeinwohls +die königliche Gunst zu gewinnen. Doch trotz aller Kränkungen und +Demüthigungen hielten Beide ihren Ministerposten mit der verzweifelten +Kraft Ertrinkender umklammert. Beide versuchten es, den König wieder +günstig zu stimmen, indem sie sich stellten, als ob sie zum Anschluß an +seine Kirche geneigt wären. Es gab aber eine Grenze, welche Rochester +entschlossen war nicht zu überschreiten. Er ging bis an den Rand des +Glaubensabfalls; hier aber blieb er stehen und in Berücksichtigung der +Standhaftigkeit, mit der er sich weigerte, den letzten Schritt zu thun, +verzieh ihm die Welt großmüthig seine frühere Willfährigkeit.</p> + +<p class = "footnote"> +<a name = "noteVIII_116" id = "noteVIII_116" href = +"#tagVIII_116">116.</a> +Sunderland’s eigner Erzählung darf man natürlich nicht unbedingten +Glauben beimessen. Aber er führte Godolphin zum Zeugen für das an, was +in Betreff der irischen Ansiedlungsacte vorgegangen war.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Er erklärt sich für einen Katholiken.</span> +<a name = "secVIII_62" id = "secVIII_62">Der</a> weniger gewissenhafte +und für das Schamgefühl weniger empfängliche Sunderland beschloß durch +einen Schritt, der jedem von der Wichtigkeit der religiösen Überzeugung +durchdrungenen Gemüth als eines der schändlichsten Verbrechen erscheinen +mußte und den selbst weltlich gesinnte Menschen als das Übermaß von +Verworfenheit betrachten, seine bisherige Mäßigung wieder gut zu machen +und das Vertrauen des Königs wieder zu gewinnen. Ungefähr eine Woche vor +dem zur Verhandlung des Prozesses anberaumten Tage erschien die +öffentliche Ankündigung, daß er Papist geworden sei. Der König sprach +mit Entzücken von diesem Siege der göttlichen Gnade. Die Höflinge und +auswärtigen Gesandten bemühten sich nach Kräften ernsthaft zu bleiben, +als der Renegat versicherte, daß er schon lange von der Unmöglichkeit +überzeugt sei, außerhalb des Schooßes der römischen Kirche selig werden +zu können, und daß sein Gewissen ihm keine Ruhe gelassen, bis er sich +von dem Ketzerglauben losgesagt habe, in dem er erzogen worden. Die +Neuigkeit verbreitete sich schnell. In allen Kaffeehäusern erzählte man +sich, wie der Premierminister von England barfuß und mit einer Kerze in +der Hand sich nach der königlichen Kapelle begeben und demüthig um +Einlaß gebeten, wie die Stimme eines Priesters drinnen gefragt habe, wer +da sei, wie Sunderland zur Antwort gegeben, ein armer Sünder, der lange +fern von der wahren Kirche umherirre, flehe um Aufnahme und Absolution, +wie hierauf die Thüren geöffnet worden seien und der Neubekehrte an den +heiligen Mysterien habe Theil nehmen dürfen<a class = "tag" name = +"tagVIII_117" id = "tagVIII_117" href = "#noteVIII_117">117</a>.</p> + +<p class = "footnote"> +<a name = "noteVIII_117" id = "noteVIII_117" href = +"#tagVIII_117">117.</a> +Barillon, 21. Juni (1. Juli) 1688; Adda, 29. Juni (9. Juli); Citters, +26. Juni (6. Juli); Johnstone, 2. Juli 1688; <span class = "antiqua">The +Converts, a poem</span>.</p> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Prozeß der Bischöfe.</span> +<a name = "secVIII_63" id = "secVIII_63">Dieser</a> schmachvolle Abfall +konnte das Interesse nur erhöhen, mit dem die Nation dem Tage +entgegensah, an +<span class = "pagenum">VIII.73</span> +<a name = "pageVIII_73" id = "pageVIII_73"> </a> +welchem das Schicksal der sieben muthigen Bekenner der anglikanischen +Kirche entschieden werden sollte. Eine willfährige Jury +zusammenzubringen war jetzt das Hauptziel des Königs. Die Kronanwälte +erhielten Befehl, die Gesinnung der Männer, welche in das Verzeichniß +der Freisassen eingetragen waren, genau zu erforschen. Sir Samuel Astry, +Sekretär der Krone, dem die Auswählung der Namen in solchen Fällen +oblag, wurde in den Palast beschieden und hatte eine Unterredung mit +Jakob, an welcher der Kanzler Theil nahm<a class = "tag" name = +"tagVIII_118" id = "tagVIII_118" href = "#noteVIII_118">118</a>. Sir +Samuel scheint sein Möglichstes gethan zu haben, denn es befanden sich, +wie es hieß, unter den achtundvierzig Personen, die er auswählte, +mehrere Diener des Königs und mehrere Katholiken<a class = "tag" name = +"tagVIII_119" id = "tagVIII_119" href = "#noteVIII_119">119</a>. Da aber +der Vertheidiger der Bischöfe das Recht hatte, zwölf davon zu streichen, +so waren diese natürlich die gestrichenen. Die Kronanwälte strichen +ebenfalls zwölf und die Liste reducirte sich dadurch auf vierundzwanzig. +Die ersten zwölf, welche aufgerufen wurden, hatten dann den Ausspruch zu +thun.</p> + +<p>Am neunundzwanzigsten Juni waren Westminsterhall, der alte und der +neue Palasthof und alle benachbarten Straßen weithin mit einer dicht +gedrängten Volksmasse angefüllt. Ein so zahlreiches Auditorium war nie +zuvor und ist auch seitdem nie wieder im Gerichtssaale der Kings Bench +versammelt gewesen. Man zählte fünfunddreißig weltliche Peers unter der +Menge<a class = "tag" name = "tagVIII_120" id = "tagVIII_120" href = +"#noteVIII_120">120</a>.</p> + +<p>Sämmtliche vier Richter des Gerichtshofes waren anwesend. Wright, der +den Vorsitz führte, war einzig und allein wegen seiner gewissenlosen +Servilität vielen tüchtigeren und gelehrteren Männern bei Besetzung +seines hohen Postens vorgezogen worden. Allibone war Papist und +verdankte seine Stellung der Dispensationsgewalt, deren Gesetzlichkeit +eben in Frage stand. Holloway war seither ein willenloses Werkzeug der +Regierung gewesen. Selbst Powell, der sich des Rufes strenger +Rechtschaffenheit erfreute, hatte bei einigen Vorgängen eine Rolle +gespielt, die sich nicht vertheidigen läßt. Er hatte in dem wichtigen +Prozesse Sir Eduard Hales’, allerdings mit einigem Bedenken und nach +einigem Zögern, mit der Mehrheit der Richter gestimmt und dadurch auf +seinen Character einen Flecken geworfen, der aber durch sein +ehrenwerthes Benehmen an diesem Tage völlig verwischt wurde.</p> + +<p>Die beiderseitigen Rechtsanwälte waren einander durchaus nicht +ebenbürtig. Die Regierung hatte von ihren Kronjuristen so gehässige und +entehrende Dienste verlangt, daß die ausgezeichnetsten Rechtsgelehrten +und Advokaten der Torypartei nach einander ihre Mitwirkung verweigert +hatten und ihrer Ämter entsetzt worden waren. Sir Thomas Powis, der +Generalfiskal, war kaum ein Jurist dritten Ranges. Der +Generalprokurator, Sir Wilhelm Williams, besaß zwar einen scharfen +Verstand und einen unbeugsamen Muth, aber es fehlte ihm an der nöthigen +Ruhe und Bedächtigkeit; er war streitsüchtig, konnte sein Temperament +nicht beherrschen und wurde von allen politischen Parteien gehaßt und +verachtet. Die hervorragendsten Beistände des Fiskals und des +Prokurators waren Serjeant Trinder, ein Katholik, und Sir Bartholomäus +Shower, Syndikus von London, der einige juristische Kenntnisse besaß, +aber wegen seiner oft den +<span class = "pagenum">VIII.74</span> +<a name = "pageVIII_74" id = "pageVIII_74"> </a> +Anstand verletzenden Vertheidigungen und seiner endlosen Wiederholungen +das Gespött von ganz Westminsterhall war. Gern hätte die Regierung +Maynard’s Dienste gewonnen; aber er hatte geradezu erklärt, daß er sich +auf das, was man von ihm verlangte, mit gutem Gewissen nicht einlassen +könne<a class = "tag" name = "tagVIII_121" id = "tagVIII_121" href = +"#noteVIII_121">121</a>.</p> + +<p>Auf der andren Seite hingegen standen fast alle ausgezeichneten +juristischen Talente der damaligen Zeit. Sawyer und Finch, welche beim +Regierungsantritt Jakob’s Fiskal und Prokurator gewesen waren, und die +während der Verfolgung der Whigs unter der vorigen Regierung der Krone +mit nur zu großem Eifer und zu glücklichem Erfolge gedient hatten, +befanden sich unter den Vertheidigern der Angeklagten. Ihnen zur Seite +standen zwei Männer, welche, seit Maynard’s Thätigkeit durch sein +vorgerücktes Alter vermindert worden war, für die beiden besten Juristen +galten: Pemberton, der zur Zeit Karl’s II. Oberrichter der Kings +Bench gewesen, wegen seiner Menschlichkeit und Mäßigung aber dieses +hohen Postens entsetzt worden und deshalb wieder zur advokatorischen +Praxis zurückgekehrt war, und Pollexfen, der lange die Assisen im Westen +geleitet und von dem man, obgleich er sich bei den blutigen Assisen +durch Annahme von Aufträgen für die Krone und besonders durch sein +Auftreten gegen Alice Lisle sehr unpopulär gemacht hatte, dennoch wußte, +daß er im Herzen ein Whig, wenn nicht gar ein Republikaner war. Ferner +war dabei Sir Creswell Levinz, ein Mann von gründlichen Kenntnissen und +reichen Erfahrungen, aber von auffallend ängstlichem Wesen. Er war +einige Jahre vorher von der Richterbank entfernt worden, weil er sich +nicht hatte entschließen können, den Zwecken der Regierung zu dienen. +Jetzt scheute er sich wieder, als Vertheidiger der Bischöfe aufzutreten +und hatte sich zuerst geweigert, ihnen seine Dienste zu widmen; aber die +ganze Corporation der Gerichtsadvokaten, die ihn beschäftigten, hatten +ihm erklärt, daß wenn er diesen Auftrag zurückwiese, er nie wieder einen +erhalten sollte<a class = "tag" name = "tagVIII_122" id = "tagVIII_122" +href = "#noteVIII_122">122</a>.</p> + +<p>Sir Georg Treby, ein reichbegabter und eifriger Whig, der unter der +alten städtischen Verfassung Syndikus von London gewesen war, stand auf +der nämlichen Seite. Sir Johann Holt, ein noch ausgezeichneterer +whiggistischer Advokat, wurde wahrscheinlich deshalb, weil Sancroft +gegen ihn eingenommen war, nicht mit zur Vertheidigung berufen, war aber +vom Bischof von London privatim um Rath gefragt worden<a class = "tag" +name = "tagVIII_123" id = "tagVIII_123" href = "#noteVIII_123">123</a>. +Der jüngste Rechtsbeistand der Bischöfe war ein junger Advokat, Namens +Johann Somers. Er war weder durch hohe Geburt noch durch Vermögen +begünstigt und hatte auch noch keine Gelegenheit gehabt, sich öffentlich +auszuzeichnen, aber sein Genie, sein Fleiß und sein vielseitiges großes +Talent waren einem kleinen Kreise von Freunden wohl bekannt, und sein +gründliches, klares System der Beweisführung, sowie sein jederzeit +taktvolles Benehmen hatten ihm trotz seiner whiggistischen Ansichten die +Aufmerksamkeit des Gerichtshofes der Kings Bench bereits gesichert. +Johnstone hatte den Bischöfen eindringlich vorgestellt, wie wichtig es +sei, seinen +<span class = "pagenum">VIII.75</span> +<a name = "pageVIII_75" id = "pageVIII_75"> </a> +Beistand zu gewinnen, und Pollexfen sollte erklärt haben, daß Niemand in +Westminsterhall zur Behandlung einer geschichtlichen und die Verfassung +berührenden Frage so befähigt sei, als Somers.</p> + +<p>Die Jury wurde vereidigt; sie bestand aus Männern, welche sehr +geachtete Stellungen in der Gesellschaft einnahmen. Der Vormann war Sir +Roger Langley, ein Baronet von alter und angesehener Familie. Ihm zur +Seite stand ein Ritter und zehn Esquires, von denen mehrere sehr +vermögend waren. Es befanden sich einige Nonconformisten unter ihnen, +denn die Bischöfe hatten wohlweislich beschlossen, kein Mißtrauen gegen +die protestantischen Dissenters zu zeigen. Ein Name jedoch erregte große +Besorgniß, der Name Michael Arnold’s. Er war Hofbrauer und man +fürchtete, daß die Regierung auf seine Stimme rechnen könne. Es wird +erzählt, daß er sich bitter über die Stellung beklagt habe, in die er +versetzt war. „Was ich auch thun mag,“ soll er geäußert haben, „so habe +ich die Gewißheit, halb ruinirt zu werden. Sage ich Nichtschuldig, so +werde ich nicht mehr für den König brauen; sage ich Schuldig, so werde +ich für niemand Andren mehr brauen“.<a class = "tag" name = +"tagVIII_124" id = "tagVIII_124" href = "#noteVIII_124">124</a></p> + +<p>So begann denn die gerichtliche Verhandlung, die, selbst wenn man sie +nach Verlauf von mehr als anderthalb Jahrhunderten mit kaltem Blute +liest, das ganze Interesse eines Drama’s hat. Die Advokaten stritten auf +beiden Seiten mit einer mehr als berufsmäßigen Schärfe und Heftigkeit, +das anwesende Publikum hörte mit so gespannter Aufmerksamkeit zu, als +hätte das Schicksal jedes Einzelnen von dem Ausspruche der Geschwornen +abgehangen, und die Aussichten auf den Sieg wechselten so plötzlich und +so ergreifend, daß die Menge zu wiederholten Malen in der nämlichen +Minute von der größten Angst zur lebhaftesten Freude und umgekehrt von +der lebhaftesten Freude zu noch größerer Angst übersprang.</p> + +<p>Die Anklage beschuldigte die Bischöfe, in der Grafschaft Middlesex +ein falsches, böswilliges und aufrührerisches Libell geschrieben oder +veröffentlicht zu haben. Der Generalfiskal und der Staatsprokurator +versuchten zuvörderst den Beweis zu führen, daß die Angeklagten das +Libell unterschrieben hatten. Zu dem Ende wurden mehrere Personen +aufgefordert, die Handschriften der Bischöfe zu recognosciren. Aber die +Zeugen thaten dies mit solcher Unlust, daß kaum einem von ihnen eine +klare und deutliche Antwort zu entlocken war. Pemberton, Pollexfen und +Levinz behaupteten, daß keine genügenden Beweise vorhanden seien, die +der Jury vorgelegt werden könnten; zwei von den Richtern, Holloway und +Powell, traten dieser Ansicht bei, und die Hoffnung der Zuschauer stieg +bedeutend. Da erklärten plötzlich die Kronanwälte, daß sie einen andren +Weg einzuschlagen gedächten. Powis führte mit unverkennbarer Beschämung +und Widerstreben einen Sekretär des Geheimen Raths, Namens Blathwayt, +der zugegen gewesen war, als der König die Bischöfe verhörte, in die +Zeugenloge ein. Blathwayt versicherte eidlich, daß er gehört habe, wie +sie ihre Unterschriften selbst anerkannt hätten. Dieses Zeugniß war +entscheidend. „Warum haben Sie,“ sagte der Richter Holloway zu dem +Fiskal, „da Sie einen solchen Zeugen hatten, ihn nicht sogleich +vorgeführt? es wäre dadurch viel unnöthiger Zeitverlust erspart worden.“ +Es ergab sich bald, warum der Kronanwalt sich nur höchst ungern durch +die dringendste +<span class = "pagenum">VIII.76</span> +<a name = "pageVIII_76" id = "pageVIII_76"> </a> +Nothwendigkeit hatte bestimmen lassen, zu diesem Beweismittel zu +greifen. Pemberton hielt Blathwayt zurück, unterwarf ihn einem +umständlichen Verhör und verlangte eine genaue Erzählung alles dessen, +was zwischen dem Könige und den Angeklagten vorgegangen sei. „Das wäre +etwas ganz Neues!“ rief Williams. „Glauben Sie,“ sagte Powis, „daß Sie +ein Recht dazu haben, an unsere Zeugen jede impertinente Frage zu +richten, die Ihnen in den Sinn kommt?“ Die Advokaten der Bischöfe waren +jedoch nicht die Männer, die sich so leicht werfen ließen. „Er ist +darauf vereidigt,“ sagte Pollexfen, „die Wahrheit, die ganze Wahrheit zu +sagen; wir wollen und müssen eine Antwort haben.“ Der Zeuge wurde +verlegen, gab ausweichende Antworten, wollte die Fragen nicht richtig +verstanden haben und bat um den Schutz des Gerichtshofes; aber er war in +Händen, aus denen nicht leicht wieder loszukommen war. Endlich schlug +der Generalfiskal sich wieder ins Mittel. „Wenn Sie durchaus auf Ihrer +Forderung bestehen,“ hob er an, „so sagen Sie uns wenigstens, welchen +Gebrauch Sie von der Antwort zu machen gedenken.“ Pemberton, der während +der ganzen Verhandlung seine Pflicht muthig und geschickt erfüllte, +erwiederte ohne Besinnen: „Mylords, ich will dem Herrn Generalfiskal +antworten, ich will offen mit dem Gerichtshofe reden. Wenn die Bischöfe +sich unter dem Versprechen von Seiten Seiner Majestät, daß ihr +Geständniß nicht gegen sie angewendet werden solle, zu dieser Schrift +bekannten, so wird man sich hoffentlich nicht eines unredlichen +Vortheils gegen sie bedienen.“ — „Sie erheben eine Beschuldigung +gegen Seine Majestät, die ich kaum auszusprechen wage,“ sagte Williams; +„da Sie es so genau nehmen, dann verlange ich auch für den König, daß +die Frage zu Protokoll genommen wird.“ — „Was meinen Sie damit?“ +fragte jetzt Sawyer. „Ich weiß, was ich meine,“ antwortete der Apostat, +„ich verlange, daß die Frage vor Gericht zu Protokoll genommen wird.“ +— „Nehmen Sie zu Protokoll, was Sie wollen, Herr Prokurator, ich +fürchte Sie nicht,“ sagte Pemberton. Es folgte nun ein lauter und +heftiger Wortwechsel, den der Oberrichter nur mit Mühe beschwichtigen +konnte. In jedem andren Falle hätte er die Frage ohne Zweifel zu +Protokoll nehmen und Pemberton verhaften lassen. Aber an diesem +wichtigen Tage wagte er dies nicht. Er warf oft einen Seitenblick auf +die dichten Reihen der Earls und Barone, die ihn scharf beobachteten und +die ihn beim nächsten Parlamente zur Rechenschaft ziehen konnten. Ein +Anwesender meinte nachher, es habe ausgesehen, als ob alle zuhörenden +Peers Stricke in der Tasche gehabt hätten.<a class = "tag" name = +"tagVIII_125" id = "tagVIII_125" href = "#noteVIII_125">125</a> +Blathwayt wurde endlich gezwungen, über den ganzen Vorgang einen +ausführlichen Bericht zu erstatten. Es stellte sich heraus, daß der +König den Bischöfen gegenüber keine ausdrückliche Verpflichtung +eingegangen war; ebenso aber ergab es sich auch, daß die Bischöfe wohl +Grund hatten, eine stillschweigende Zusage anzunehmen. Aus dem +Widerstreben, mit dem die Kronanwälte den Sekretär des Geheimraths in +die Zeugenloge einführten und aus der Heftigkeit, mit der sie sich +Pemberton’s Kreuzfragen widersetzten, geht klar hervor, daß sie der +nämlichen Ansicht waren.</p> + +<p>Die Handschrift war jedoch bewiesen. Aber jetzt wurde ein neuer und +ernster Einwand erhoben. Der Beweis, daß die Bischöfe das gesetzwidrige +<span class = "pagenum">VIII.77</span> +<a name = "pageVIII_77" id = "pageVIII_77"> </a> +Libell geschrieben hatten, war nicht genügend; es mußte auch bewiesen +werden, daß sie es in der Grafschaft Middlesex geschrieben hatten. +Allein dies konnten der Fiskal und der Prokurator nicht nur nicht +beweisen, sondern die Angeklagten waren sogar im Stande, das Gegentheil +zu beweisen, denn Sancroft hatte von dem Augenblicke an, wo der +Geheimrathsbefehl erschien, bis zu dem Augenblicke, wo die Petition dem +Könige überreicht wurde, seinen Palast in Lambeth nicht verlassen. Die +ganze Anklage fiel daher in sich selbst zusammen und das Publikum +erwartete mit großer Freude eine vollständige Freisprechung.</p> + +<p>Die Kronjuristen änderten nun abermals ihre Taktik, ließen die +Anklage auf Abfassung eines Libells ganz fallen und unternahmen es, zu +beweisen, daß die Bischöfe in Middlesex ein Libell +<em>veröffentlicht</em> hätten. Das war nicht leicht. Die Überreichung +der Petition an den König war in den Augen des Gesetzes unzweifelhaft +eine Veröffentlichung. Aber wie war diese Überreichung zu beweisen? Es +war bei der Audienz im königlichen Kabinet außer dem Könige und den +Angeklagten Niemand zugegen gewesen. Den König konnte man nicht wohl als +Zeugen vereidigen. Das Factum der Veröffentlichung konnte also nur durch +das Eingeständniß der Angeklagten constatirt werden. Blathwayt wurde +noch einmal vernommen, aber vergebens. Er sagte, er erinnere sich wohl, +daß die Bischöfe ihre Unterschriften anerkannt, nicht aber, daß sie das +auf dem Tische des Geheimen Raths liegende Papier als das nämliche +anerkannt hätten, welches sie dem Könige überreichten, noch daß sie +überhaupt über diesen Punkt befragt worden waren. Mehrere andere Beamte, +die im Geheimrathszimmer zugegen gewesen waren, wurden aufgerufen, unter +ihnen Samuel Pepys, Sekretär der Admiralität; aber keinem von ihnen war +es erinnerlich, daß von der Überreichung irgend die Rede gewesen sei. +Williams bemühte sich vergebens, sie durch verfängliche Fragen zu dem +gewünschten Zeugnisse zu verleiten, bis endlich die Rechtsanwälte der +Gegenpartei erklärten, daß ein solches Drehen und Wenden noch an keinem +Gerichtshofe vorgekommen sei, und Wright selbst zugestehen mußte, daß +die Vernehmungsweise des Generalprokurators allen Regeln zuwider sei. Da +ein Zeuge nach dem andren verneinend antwortete, wiederhallte der ganze +Saal von lautem Gelächter und triumphirendem Jubel, welche zum Schweigen +zu bringen die Richter gar nicht versuchten.</p> + +<p>Der harte Kampf schien endlich gewonnen zu sein; für die Krone war +nichts mehr vorzubringen. Hätten die Anwälte der Bischöfe nun +geschwiegen, so war die Freisprechung gewiß, denn es war nichts +ausgesagt worden, was auch der parteiischeste und gewissenloseste +Richter einen rechtskräftigen Beweis für die Veröffentlichung hätte +nennen kennen. Der Oberrichter schickte sich bereits an, den Geschwornen +das Resumé vorzulegen und er würde sie ohne Zweifel angewiesen haben, +die Angeklagten freizusprechen, als Finch, der zu aufgeregt war, um mit +gehöriger Besonnenheit handeln zu können, noch auftrat und gehört zu +werden verlangte. „Wenn Sie gehört sein wollen,“ sagte Wright, „so +können wir Sie nicht hindern zu sprechen; aber ich muß Ihnen bemerken, +daß Sie Ihren eigenen Vortheil nicht erkennen.“ Die anderen Vertheidiger +bewogen Finch, sich wieder niederzusetzen und baten den Oberrichter +fortzufahren. Eben wollte er dies auch thun, da kam ein Bote an den +Generalprokurator mit der Nachricht, daß Lord Sunderland die +Veröffentlichung beweisen könne und sogleich im Gerichtssaal erscheinen +werde. +<span class = "pagenum">VIII.78</span> +<a name = "pageVIII_78" id = "pageVIII_78"> </a> +Wright bemerkte den Vertheidigern in ziemlich spitzigem Tone, daß sie +sich diese neue Wendung der Dinge lediglich selbst zuzuschreiben hätten. +Die Gesichtszüge der versammelten Zuschauer verfinsterten sich; Finch +war einige Stunden lang der unpopulärste Mann im ganzen Lande. Warum +konnte er nicht ruhig sitzen bleiben wie seine verständigeren Collegen +Sawyer, Pemberton und Pollexfen? Seine Sucht, auch etwas zu sagen, der +Wunsch eine schöne Rede zu halten, hatte Alles verdorben.</p> + +<p>Inzwischen wurde der Lordpräsident in einer Sänfte durch die Halle +getragen. Nicht ein einziger Hut wurde gelüftet und viele Stimmen +riefen: „Papistischer Hund!“ Bleich und zitternd, mit zu Boden gesenktem +Blicke trat er vor die Schranken und gab mit unsicherer Stimme seine +Zeugenaussage ab. Er versicherte eidlich, daß ihm die Bischöfe ihre +Absicht, dem Könige eine Petition zu überreichen, mitgetheilt hätten und +daß sie zu dem Ende in das königliche Kabinet eingelassen worden seien. +Dieser Umstand in Verbindung mit dem, daß sich, nachdem sie das Kabinet +verlassen, eine von ihnen unterzeichnete Petition in den Händen des +Königs befand, war für das Factum der Veröffentlichung ein Beweis, der +einer Jury wohl genügen konnte.</p> + +<p>Die Veröffentlichung in Middlesex war also ebenfalls bewiesen. Aber +war das veröffentlichte Schriftstück ein falsches, böswilliges und +aufrührerisches Libell? Bis jetzt hatte es sich nur darum gehandelt, ob +eine Thatsache, die Jedermann als wirklich geschehen kannte, nach den +technischen Regeln des Beweises constatirt werden konnte; jetzt aber +erhielt der Streit ein höheres Interesse. Man mußte die Grenzen der +königlichen Hoheitsrechte und der bürgerlichen Freiheit, das Recht des +Königs, von Gesetzen zu dispensiren, und das Recht der Unterthanen um +Abstellung von Mißständen zu petitioniren, untersuchen. Drei Stunden +lang vertheidigten die Anwälte der Petenten mit energischem Nachdrucke +die Grundprinzipien der Verfassung und bewiesen aus den Protokollen des +Hauses der Gemeinen, daß die Bischöfe nur etwas Wahres behauptet hätten, +indem sie dem Könige vorstellten, daß die von ihm beanspruchte +Dispensationsgewalt mehr als einmal vom Parlament für ungesetzlich +erklärt worden sei. Somers erhob sich zuletzt. Er sprach wenig über fünf +Minuten lang, aber jedes seiner Worte war gewichtigen Inhalts, und als +er seinen Platz wieder einnahm, war sein Ruf als Redner und als +constitutioneller Jurist fest begründet. Er untersuchte die Ausdrücke +der Anklage, in welcher das den Bischöfen zur Last gelegte Vergehen +dargestellt war, und bewies, daß jedes Wort, Adjectiv oder Substantiv, +durchaus unangemessen sei. Die Anklage laute auf ein falsches, +böswilliges und aufrührerisches Libell. Falsch sei das Schriftstück +nicht, denn jede darin behauptete Thatsache sei durch die +Parlamentsprotokolle als wahr bewiesen. Auch böswillig sei das +Schriftstück nicht, denn die Angeklagten hätten nicht Streit gesucht, +sondern die Regierung habe sie in eine Lage versetzt, in der sie sich +entweder dem königlichen Willen widersetzen oder die heiligsten +Pflichten des Gewissens und der Ehre verletzen mußten. Aufrührerisch sei +das Schriftstück eben so wenig, denn die Verfasser hätten es nicht unter +dem Volke vertheilt, sondern es privatim den Händen des Königs allein +übergeben; auch sei es kein Libell, sondern eine anständige Petition, +wie sie nach den Gesetzen Englands, ja nach den Gesetzen des römischen +Kaiserreichs und nach den Gesetzen aller civilisirten Staaten +<span class = "pagenum">VIII.79</span> +<a name = "pageVIII_79" id = "pageVIII_79"> </a> +jeder Unterthan, welcher glaubt, daß ihm Unrecht geschehen, mit Fug und +Recht dem Souverain überreichen dürfe.</p> + +<p>Der Fiskal replicirte kurz und schwach. Der Prokurator sprach sehr +ausführlich und mit großer Bitterkeit, so daß er oft durch Zurufe und +Zischen des Publikums unterbrochen wurde. Er ging so weit zu behaupten, +daß kein einzelner Unterthan und keine Gemeinschaft von Unterthanen, +außer die Parlamentshäuser, berechtigt sei, eine Petition an den König +zu richten. Die Zuschauer waren wüthend und selbst der Oberrichter war +ganz betroffen über die Frechheit dieses feilen Achselträgers.</p> + +<p>Wright schritt endlich zum Resumé. Seine Rede bewies, daß seine +Furcht vor der Regierung durch die Furcht vor dieser zahlreichen, +glänzenden und heftig aufgeregten Versammlung gemäßigt wurde. Er sagte, +er wolle nicht seine Ansicht über die Dispensationsfrage abgeben, er +habe dies nicht nöthig, er könne dem Staatsprokurator in vielen Punkten +seiner Rede nicht beistimmen, ein Unterthan habe allerdings das Recht, +zu petitioniren, aber die dem Gerichtshofe vorliegende specielle +Petition, sei ungebührlich abgefaßt und daher in den Augen des Gesetzes +ein Libell. Allibone sprach die nämliche Ansicht aus, bewies aber in +seinem Vortrag eine so gänzliche Unkenntniß des Rechts und der +Geschichte, daß er sich die Verachtung Aller zuzog, die ihn anhörten. +Holloway umging die Dispensationsfrage, sagte aber, ihm scheine die +Petition so gefaßt, wie sie Unterthanen, die sich in ihrem Rechte +gekränkt glaubten, wohl zu überreichen befugt seien, und sie sei daher +kein Libell. Powell trat noch kühner auf. Er erklärte geradezu, daß +seiner Ansicht nach die Indulgenzerklärung null und nichtig und die +Dispensationsgewalt, wie sie neuerdings ausgeübt worden, mit allen +Gesetzen durchaus unvereinbar sei. Wenn man solche Übergriffe der +Prärogative dulden wolle, so seien die Parlamente ganz überflüssig, die +ganze gesetzgebende Gewalt liege dann in den Händen des Königs. „Diese +Entscheidung, meine Herren,“ sagte er, „stelle ich Gott und Ihrem +Gewissen anheim“.<a class = "tag" name = "tagVIII_126" id = +"tagVIII_126" href = "#noteVIII_126">126</a></p> + +<p>Es war dunkel geworden, als die Jury sich zurückzog, um über ihren +Schiedsspruch zu berathen. Diese Nacht war eine Nacht voll ängstlicher +Spannung. Es existiren noch einige Briefe, welche während jener Stunden +der Ungewißheit abgesendet wurden und die daher ein ganz besonderes +Interesse haben. „Es ist sehr spät,“ schrieb der päpstliche Nuntius, +„und noch ist die Entscheidung nicht bekannt. Die Richter und die +Angeklagten haben sich nach Hause begeben, die Geschwornen aber bleiben +beisammen. Morgen werden wir den Ausgang dieses wichtigen Kampfes +erfahren.“</p> + +<p>Der Prokurator der Bischöfe brachte mit einer Anzahl Bedienten die +ganze Nacht auf der Treppe zu, welche nach dem Berathungszimmer der +Geschwornen führte. Es war durchaus nothwendig, die an den Thüren Wache +haltenden Beamten scharf zu beobachten, denn man vermuthete, daß sie von +der Regierung gewonnen waren, und sie konnten daher, wenn sie nicht +sorgfältig bewacht wurden, einen höfisch gesinnten Geschwornen mit +Speise und Trank versehen, so daß er dann im Stande war, seine elf +Collegen auszuhungern. Es wurde daher strenge Wache gehalten und nicht +einmal ein Licht, um eine Pfeife anzuzünden, eingelassen. Gegen +<span class = "pagenum">VIII.80</span> +<a name = "pageVIII_80" id = "pageVIII_80"> </a> +vier Uhr Morgens ließ man einige Becken mit Wasser zum Waschen passiren. +Die vor Durst verschmachtenden Geschwornen tranken gierig die Gefäße +aus. Die umliegenden Straßen waren bis zum Morgen von einer großen +Volksmenge angefüllt. Von Stunde zu Stunde kam ein Bote von Whitehall um +sich nach dem Stande der Sache zu erkundigen. Verschiedene Male hörte +man drinnen im Zimmer einen heftigen Wortstreit; aber etwas Gewisses +erfuhr man nicht.<a class = "tag" name = "tagVIII_127" id = +"tagVIII_127" href = "#noteVIII_127">127</a></p> + +<p>Zuerst waren neun für die Freisprechung und drei für die +Verurtheilung. Zwei von der Minorität gaben bald nach; Arnold aber +beharrte auf seinem Ausspruche. Thomas Austin, ein reichbegüterter +Landgentleman, der die Zeugenaussagen und Reden aufmerksam verfolgt und +sich ausführliche Notizen gemacht hatte, wollte die Sache mit ihm +speciell erörtern. Arnold aber lehnte dies ab, indem er ärgerlich sagte, +er sei nicht gewöhnt zu raisonniren und zu debattiren, sein Gewissen +gestatte ihm nicht, die Bischöfe freizusprechen. „Wenn Sie dabei +beharren,“ sagte Austin, „so sehen Sie mich an. Ich bin der Größte und +Stärkste von uns Zwölfen; ehe ich aber eine Petition wie diese als ein +Libell anerkenne, bleibe ich hier, bis ich nicht mehr dicker bin als ein +Pfeifenrohr.“ Es war sechs Uhr Morgens, als Arnold endlich nachgab. Es +wurde bald bekannt, daß die Geschwornen einig waren; wie aber ihr +Ausspruch lautete, war noch ein Geheimniß.<a class = "tag" name = +"tagVIII_128" id = "tagVIII_128" href = "#noteVIII_128">128</a></p> + +<p>Um zehn Uhr versammelte sich der Gerichtshof wieder. Das Gedränge war +noch ärger als am vorigen Tage. Die Geschwornen erschienen in ihrer Loge +und es trat eine lautlose Stille ein.</p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVIII_118" id = "noteVIII_118" href = +"#tagVIII_118">118.</a> +<span class = "antiqua">Clarendon’s Diary, June</span> 21. 1688.</p> + +<p><a name = "noteVIII_119" id = "noteVIII_119" href = +"#tagVIII_119">119.</a> +Gitters, 26. Juni (6. Juli) 1688.</p> + +<p><a name = "noteVIII_120" id = "noteVIII_120" href = +"#tagVIII_120">120.</a> +Johnstone, 2. Juli 1688.</p> + +<p><a name = "noteVIII_121" id = "noteVIII_121" href = +"#tagVIII_121">121.</a> +Johnstone, 2. Juli 1688.</p> + +<p><a name = "noteVIII_122" id = "noteVIII_122" href = +"#tagVIII_122">122.</a> +Johnstone, 2. Juli 1688. Der Herausgeber von <span class = +"antiqua">Levinz’s Reports</span> drückt seine große Verwunderung +darüber aus, daß Levinz nach der Revolution nicht wieder in sein +Richteramt eingesetzt wurde. Die von Johnstone erzählten Thatsachen +können dies anscheinende Ungerechtigkeit vielleicht erklären.</p> + +<p><a name = "noteVIII_123" id = "noteVIII_123" href = +"#tagVIII_123">123.</a> +Ich schließe dies aus einem Briefe von Compton an Sancroft vom 12. +Juni.</p> + +<p><a name = "noteVIII_124" id = "noteVIII_124" href = +"#tagVIII_124">124.</a> +<span class = "antiqua">Revolution Politics.</span></p> + +<p><a name = "noteVIII_125" id = "noteVIII_125" href = +"#tagVIII_125">125.</a> +Der Ausdruck eines Augenzeugen. Er findet sich in einem Neuigkeitsbriefe +in der Mackintosh-Sammlung.</p> + +<p><a name = "noteVIII_126" id = "noteVIII_126" href = +"#tagVIII_126">126.</a> +Siehe den Prozeß in der <span class = "antiqua">Collection of State +Trials</span>. Einiges habe ich auch von Johnstone und Citters +entlehnt.</p> + +<p><a name = "noteVIII_127" id = "noteVIII_127" href = +"#tagVIII_127">127.</a> +Johnstone, 2. Juli 1688; Brief von Mr. Ince an den Erzbischof, datirt +von sechs Uhr Morgens; <span class = "antiqua">Tanner <ins class = +"correction" title = "Original hat »Ms.«">MS.</ins></span>; <span class += "antiqua">Revolution Politics</span>.</p> + +<p><a name = "noteVIII_128" id = "noteVIII_128" href = +"#tagVIII_128">128.</a> +Johnstone, 2. Juli 1688.</p> +</div> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Das Verdict der Geschwornen; Freude des Volks.</span> +<a name = "secVIII_64" id = "secVIII_64">Sir</a> Samuel Astry sprach: +„Finden Sie die Angeklagten oder einen von ihnen des Vergehens, dessen +sie angeklagt sind, schuldig oder nicht schuldig?“ Sir Roger Langley +antwortete: „Nicht schuldig.“ Sobald diese Worte über seine Lippen +waren, sprang Halifax auf und schwenkte seinen Hut. Auf dieses Zeichen +brachen alle Bänke und Gallerien in donnernden Beifallsjubel aus. Im +nächsten Augenblick stimmten die zehntausend Menschen, welche die große +Halle füllten, mit noch lauterem Jubel ein, von dem die alte eichene +Decke erdröhnte, und noch einen Augenblick, so ließ die draußen +versammelte Menge ein drittes Hurrah erschallen, das man in Templebar +hören konnte. Die Böte, welche den Fluß bedeckten, antworteten mit +gleicher Begeisterung, ein Kanonenschlag knallte auf dem Wasser, dann +wieder einer und wieder einer, und so flog die frohe Nachricht binnen +wenigen Augenblicken über den Savoy und über die Friars hinaus bis zur +Londonbrücke und zu dem Mastenwalde der jenseit derselben liegenden +Schiffe. Wohin die Botschaft kam, brachen Straßen und Squares, +Marktplätze und Kaffeehäuser in Freudenjubel aus. Der Jubel aber war +minder auffallend, als die Thränen. Denn die Gefühle der Leute waren so +angespannt worden, daß selbst die kalte, an Äußerungen von +Gemüthsbewegung wenig gewöhnte englische Natur überwältigt wurde und +Tausende vor lauter Freude schluchzten. Inzwischen sprengten von den +Endpunkten der Menge Reiter fort, um die Kunde von dem Siege +<span class = "pagenum">VIII.81</span> +<a name = "pageVIII_81" id = "pageVIII_81"> </a> +der Kirche und der Nation durch alle Hauptstraßen zu verbreiten. Aber +selbst dieser gewaltige Ausbruch der Freude vermochte den hämischen und +furchtlosen Sinn des Staatsprokurators nicht zu erschüttern. Er +versuchte es, sich in dem betäubenden Lärme Gehör zu verschaffen und +forderte die Richter auf, Diejenigen, welche durch ihr Geschrei die +Würde des Gerichtshofes verletzt hatten, verhaften zu lassen. Einer aus +der jubelnden Menge wurde wirklich festgenommen. Indessen sah das +Tribunal doch ein, daß es geradezu lächerlich gewesen wäre einen +Einzelnen für eine Übertretung zu bestrafen, welche Hunderttausende +begangen hatten, und entließ ihn daher wieder mit einem leichten +Verweis.<a class = "tag" name = "tagVIII_129" id = "tagVIII_129" href = +"#noteVIII_129">129</a></p> + +<p>Es war jetzt nicht daran zu denken, etwas Andres vorzunehmen, denn +das Getöse der Menge war so arg, daß man eine halbe Stunde lang im +Gerichtssaale kein Wort verstehen konnte. Williams stieg unter einem +Sturme von Zischen und Verwünschungen in seinen Wagen. Cartwright, der +eine unbezähmbare Neugierde besaß, hatte die Thorheit und +Unschicklichkeit begangen, nach Westminster zu kommen, um zu hören, wie +das Urtel ausfallen würde. Man erkannte ihn an seiner Priestertracht und +seiner Korpulenz und verfolgte ihn durch die ganze Halle mit Geschrei. +„Nehmt Euch vor dem Wolfe in Schafskleidern in Acht,“ sagte Einer. +„Platz für den Mann mit dem Papst im Bauche!“ rief ein Andrer.<a class = +"tag" name = "tagVIII_130" id = "tagVIII_130" href = +"#noteVIII_130">130</a></p> + +<p>Die freigesprochenen Prälaten flüchteten sich vor der Menge, die sie +um ihren Segen bat, in die nächste Kapelle, wo eben Gottesdienst +gehalten wurde. Viele Kirchen der Hauptstadt waren an diesem Morgen +geöffnet und wurden von vielen Andächtigen besucht. In allen +Kirchspielen der City und der Vorstädte gingen die Glocken. Unterdessen +konnten sich die Geschwornen kaum einen Weg aus der Halle bahnen. Von +Hunderten mußten sie sich die Hand drücken lassen. „Gott segne Euch,“ +rief das Volk; „Gott segne Eure Familien! Ihr habt wie brave Gentlemen +gehandelt und uns Alle heute gerettet.“ Während die Peers, welche zur +Unterstützung der guten Sache herbeigekommen waren, fortfuhren, warfen +sie Hände voll Geld unter die Menge und hießen sie auf das Wohl des +Königs, der Bischöfe und der Geschwornen trinken.<a class = "tag" name = +"tagVIII_131" id = "tagVIII_131" href = "#noteVIII_131">131</a> +<span class = "pagenum">VIII.82</span> +<a name = "pageVIII_82" id = "pageVIII_82"> </a></p> + +<p>Der Generalfiskal überbrachte die Nachricht Sunderland, der sich +gerade mit dem Nuntius unterhielt. „Seit Menschengedenken,“ sagte Powis, +„hat man nicht einen solchen Jubel und so viel Freudenthränen gesehen +wie heute“.<a class = "tag" name = "tagVIII_132" id = "tagVIII_132" href += "#noteVIII_132">132</a> Der König hatte am Morgen das Lager auf der +Hounslowhaide besucht. Sunderland schickte sofort einen Courier mit der +Botschaft an ihn ab. Jakob befand sich in Feversham’s Zelte, als der +Expresse ankam. Er war sehr ärgerlich über die Nachricht und rief auf +Französisch aus: „Sie sollen es bereuen!“ Er brach sogleich nach London +auf. So lange er anwesend war, hielt der Respekt die Soldaten ab, ihren +Gefühlen freien Lauf zu lassen; kaum aber hatte er das Lager verlassen, +so hörte er hinter sich ein lautes Jubelgeschrei. Er wunderte sich +darüber und fragte, was das bedeute. „Es ist nichts,“ erhielt er zur +Antwort, „die Soldaten freuen sich nur über die Freisprechung der +Bischöfe.“ — „Das nennen Sie nichts?“ sagte der König und +wiederholte dann noch einmal: „Sie sollen es bereuen!“<a class = "tag" +name = "tagVIII_133" id = "tagVIII_133" href = +"#noteVIII_133">133</a></p> + +<p>Er hatte in der That Ursache, verstimmt zu sein, denn seine +Niederlage war vollständig und im höchsten Grade demüthigend. Wären die +Prälaten auf Grund mangelhaften Beweises freigesprochen worden, etwa +weil sie die Petition nicht in Middlesex geschrieben hatten, oder weil +es ihnen streng nach den Regeln des Gesetzes nicht bewiesen werden +konnte, daß sie dem Könige die Petition, um dessentwillen sie in +Untersuchung waren, überreicht hatten, so würde die Prärogative keinen +Stoß erhalten haben. Zum Glück für das Land aber war die Thatsache der +Veröffentlichung vollkommen festgestellt worden und die Vertheidiger der +Angeklagten hatten daher das Dispensationsrecht angreifen müssen. Dies +hatten sie mit großer Gelehrsamkeit, Beredtsamkeit und Kühnheit gethan. +Die Anwälte der Krone waren, wie allgemein anerkannt wurde, in dem +Kampfe unterlegen. Nicht ein einziger Richter hatte die +Indulgenzerklärung für gesetzlich zu erklären gewagt, einer hatte sie +sogar in den stärksten Ausdrücken als ungesetzlich bezeichnet. Die ganze +Stadt sprach davon, daß die Dispensationsgewalt den Todesstoß bekommen +habe. Finch, der den Tag vorher allgemein geschmäht worden war, wurde +jetzt allgemein gepriesen. Man sagte, er habe die Sache nicht in einer +Weise entschieden sehen wollen, wobei die große Verfassungsfrage auf +immer zweifelhaft geblieben wäre. Er habe eingesehen, daß die +Freisprechung seiner Klienten ohne Verdammung der Indulgenzerklärung nur +ein halber Sieg gewesen sein würde. Es ist gewiß, daß Finch weder die +Vorwürfe verdiente, mit denen er überhäuft wurde, so lange der Ausgang +noch zweifelhaft war, noch die Lobpreisungen, die ihm gespendet wurden, +nachdem derselbe so günstig ausgefallen. Es war thöricht, ihn zu tadeln, +weil die Kronanwälte während des von ihm veranlaßten kurzen Verzugs +unerwartet einen neuen Zeugen fanden. Eben so thöricht war die Annahme, +daß er seine Klienten absichtlich einer Gefahr ausgesetzt habe, um ein +allgemeines Prinzip festzustellen, und noch thörichter war es, ihn wegen +etwas zu loben, was eine grobe Verletzung seiner Berufspflichten gewesen +sein würde. +<span class = "pagenum">VIII.83</span> +<a name = "pageVIII_83" id = "pageVIII_83"> </a></p> + +<p>Dem freudigen Tage folgte eine nicht minder freudige Nacht. Die +Bischöfe und einige ihrer achtungswerthen Freunde bemühten sich +vergebens, tumultuarische Freudenbezeigungen zu verhindern. Die ältesten +Leute erinnerten sich nicht, jemals, selbst nicht an dem Abende, als es +in London bekannt wurde, daß die schottische Armee sich für ein freies +Parlament erklärt hatte, die Straßen von so zahlreichen Freudenfeuern +erhellt gesehen zu haben. Um jedes Feuer hatte sich ein Haufe gelagert, +der auf das Wohl der Bischöfe und auf den Untergang der Papisten trank. +Die Fenster waren ebenfalls glänzend erleuchtet, jedes gewöhnlich durch +sieben Lichter, von denen das mittelste und längste den Primas +vorstellte. Dazu hörte man fortwährend das Knallen von Schwärmern, +Raketen und Gewehrschüssen. Ein ungeheurer Holzstoß brannte gerade dem +Haupteingange von Whitehall gegenüber; andere wurden vor den Thüren +katholischer Peers angezündet. Lord Arundell von Wardour beschwichtigte +wohlweislich den Pöbel mit ein wenig Geld; im Palast Salisbury am Strand +aber wurde ein Widerstandsversuch gemacht. Die Dienerschaft Lord +Salisbury’s machte einen Ausfall und feuerte; aber nur der unglückliche +Büttel des Bezirks fiel, der gerade gekommen war, um das Feuer +auszulöschen, und die Schaar wurde bald in den Palast zurückgetrieben. +Kein Schauspiel jener Nacht amüsirte das gemeine Volk so sehr, als +eines, das ihnen vor mehreren Jahren wohl bekannt gewesen war, und das +ihnen jetzt nach einer langen Pause wieder gegeben wurde: die +Verbrennung des Papstes. Dieses vor Zeiten sehr beliebte Schauspiel +kennt unsere Generation nur aus Beschreibungen und Abbildungen. Eine +Figur, die aber keineswegs jenen plumpen Conterfeyen von Guy Fawx glich, +welche noch jetzt am 5. November zur Schau umhergetragen werden, sondern +die mit einiger Geschicklichkeit von Wachs verfertigt und mit nicht +geringen Kosten mit Gewändern und einer Tiara geschmückt war, wurde auf +einen Stuhl gesetzt, ähnlich dem, auf welchem noch heute an einigen +hohen Festtagen die römischen Bischöfe durch die Peterskirche zum +Hochaltare getragen werden. Seine Heiligkeit war gewöhnlich umgeben von +einem Gefolge von Cardinälen und Jesuiten, und ihm zur Seite stand ein +als Teufel mit Schweif und Hörnern verkleideter Hanswurst. Kein reicher +und eifriger Protestant sah bei dieser Gelegenheit eine Guinee an, und +wenn man der Sage glauben darf, betrugen die Kosten einer solchen +Prozession zuweilen nicht weniger als tausend Pfund. Nachdem der Papst +eine Zeit lang über den Köpfen der Menge zur Schau umhergetragen worden +war, wurde er unter lautem Jubel den Flammen überliefert. Zur Zeit der +Popularität Oates’ und Shaftesbury’s wurde das Schauspiel alljährlich am +Geburtstage der Königin Elisabeth in Fleet Street unter den Fenstern des +Whig-Clubs aufgeführt. Der groteske Gebrauch war so berühmt, daß +Barillon sich einmal in Lebensgefahr begab, um aus einem Versteck +zuzusehen.<a class = "tag" name = "tagVIII_134" id = "tagVIII_134" href += "#noteVIII_134">134</a> Seit der Entdeckung des Ryehousecomplots war +die Ceremonie bis zu dem Tage der Freisprechung der Bischöfe +unterblieben. An diesem Abende aber tauchten in verschiedenen +<span class = "pagenum">VIII.84</span> +<a name = "pageVIII_84" id = "pageVIII_84"> </a> +Stadttheilen Londons mehrere Päpste auf. Der Nuntius war höchlich +entrüstet und der König fühlte sich durch diese Verhöhnung seiner Kirche +schwerer gekränkt als durch irgend eine andre ihm zugefügte Beleidigung. +Die Behörden konnten jedoch nichts thun. Der Sonntagmorgen graute +bereits und die Glocken der Pfarrkirchen riefen zum Frühgebet, ehe die +Feuer zu erlöschen und die Volksmassen sich zu verlaufen begannen. Es +erschien nun alsbald eine Proklamation gegen die Ruhestörer. Viele von +ihnen, meist Lehrlinge, wurden verhaftet: aber die Anklagen gegen sie +wurden von den Gerichten von Middlesex nicht angenommen. Die +Magistratsbeamten, von denen viele Katholiken waren, geriethen mit der +großen Jury in Streit und schickten sie mehrere Male zurück, aber ohne +Erfolg.<a class = "tag" name = "tagVIII_135" id = "tagVIII_135" href = +"#noteVIII_135">135</a></p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVIII_129" id = "noteVIII_129" href = +"#tagVIII_129">129.</a> +<span class = "antiqua">Collection of State Trials</span>; <span class = +"antiqua">Oldmixon, 739</span>; <span class = "antiqua">Clarendon’s +Diary, June 25. 1688</span>; Johnstone, 2. Juli; Citters, 3.(13.) Juli; +Adda, 6.(10.) Juli; <span class = "antiqua">Luttrell’s Diary</span>; +Barillon, 2.(12.) Juli.</p> + +<p><a name = "noteVIII_130" id = "noteVIII_130" href = +"#tagVIII_130">130.</a> +Citters, 3.(13.) Juli. Der würdevolle Ernst, mit dem er die Geschichte +erzählt, macht einen komischen Eindruck: <span class = "antiqua">„Den +Bisschop van Chester, wie seer de partie van het hof houdt, om te +voldoen aan syne gewoone nieusgierigheyt, hem op dien tyt in Westminster +Hall mede hebbende laten vinden, in het uytgaan doorgaans was +uytgekreten voor een grypende wolf in schaaps kleederen; en hy synde een +heer van hooge stature en vollyvig, spotsgewyse allomme geroepen was dat +men voor hem plaats moeste maken, om te laten passen, gelyck ook +geschiede, om dat soo sy uytschreeuwden en hem in het aansigt seyden, hy +den Paus in syn buyck hadde.“</span></p> + +<p><a name = "noteVIII_131" id = "noteVIII_131" href = +"#tagVIII_131">131.</a> +Luttrell; Citters, 3.(13.) Juli 1688. <span class = "antiqua">„Soo syn +in tegendeel gedagte jurys met de uyterste acclamatie en alle teyckenen +van genegenheyt en danckbaarheyt in het door passeren van de gemeente +ontvangen. Honderden vielen haar om den hals met alle bedenckelycke +wewensch van segen en geluck over hare persoonen en familien, om dat sy +haar so heusch en eerlyck buyten verwagtinge als het ware in desen +gedragen hadden. Veele van de grooten en kleynen adel wierpen in het +wegryden handen vol gelt under de armen luyten, om op de gesontheyt van +den Coning, der Heeren Prelaten, on de Jurys te drincken.“</span></p> + +<p><a name = "noteVIII_132" id = "noteVIII_132" href = +"#tagVIII_132">132.</a> +<span class = "antiqua">„Mi trovava con Milord Sunderland la stessa +mattina, quando venne l’Avvocato Generale a rendergli conto del +successo, e disse, che mai piu a memoria d’huomini si era sentito un +applauso, mescolato di voce e lagrime di giubilo, egual a quello che +veniva egli di vedere in quest’ occasione.“</span> Adda, 6.(16.) Juli +1688.</p> + +<p><a name = "noteVIII_133" id = "noteVIII_133" href = +"#tagVIII_133">133.</a> +<span class = "antiqua">Burnet, I. 744</span>; Citters, 3.(13.) Juli +1688.</p> + +<p><a name = "noteVIII_134" id = "noteVIII_134" href = +"#tagVIII_134">134.</a> +Siehe eine interessante Erzählung, welche Danby, damals Herzog von +Leeds, zugleich mit anderen Papieren im Jahre 1710 veröffentlichte. Eine +anziehende Beschreibung der Ceremonie der Papstverbrennung findet sich +auch in North’s <span class = "antiqua">Examen, 570</span>. Ferner sehe +man die Note zum Epilog des Trauerspiels „Ödipus“ in Scott’s Ausgabe von +Dryden.</p> + +<p><a name = "noteVIII_135" id = "noteVIII_135" href = +"#tagVIII_135">135.</a> +<span class = "antiqua">Reresby’s Memoirs</span>; Citters, 3.(13.) Juli +1688; Adda, 6.(16.) Juli; Barillon 2.(12.) Juli; <span class = +"antiqua">Luttrell’s Diary</span>; Neuigkeitsbrief vom 4. Juli; <span +class = "antiqua">Oldmixon, 739</span>; Ellis’ Correspondenz.</p> +</div> + + +<p class = "section"> +<span class = "heading"> +Eigenthümlicher Zustand der öffentlichen Meinung zu jener Zeit.</span> +<a name = "secVIII_65" id = "secVIII_65">Inzwischen</a> verbreitete sich +die frohe Nachricht durch das ganze Land und wurde allenthalben mit +Jubel aufgenommen. Gloucester, Bedford und Lichfield gehörten zu den +Städten, die sich durch besonderen Eifer auszeichneten; Bristol und +Norwich aber, welche nach Bevölkerung und Reichthum London am nächsten +standen, kamen bei diesem freudigen Anlasse auch in der Begeisterung der +Hauptstadt am nächsten.</p> + +<p>Die gerichtliche Verfolgung der sieben Bischöfe ist ein Ereigniß, das +in unsrer Geschichte einzig dasteht. Es war der erste und letzte Fall, +wo zwei mächtige in der Regel einander entgegengesetzte Gefühle, von +denen jedes für sich allein bei heftiger Erregung hinreichend war, um +den Staat zu erschüttern, in vollkommener Eintracht verbündet waren. +Diese Gefühle waren die Liebe zur Kirche und die Liebe zur Freiheit. +Während vieler Generationen war jeder heftige Ausbruch des kirchlichen +Gefühls, mit einer einzigen Ausnahme, der bürgerlichen Freiheit +nachtheilig gewesen; und ebenso war jeder heftige Ausbruch des +Freiheitsgefühls, mit einer einzigen Ausnahme, dem Ansehen und Einflusse +des Prälatenthums und der Priesterschaft verderblich. Im Jahre 1688 war +die Sache der Hierarchie einen Augenblick die Sache der Volkspartei. +Mehr als neuntausend Geistliche, mit dem Primas und seinen +ehrenwerthesten Suffraganen an der Spitze, erklärten sich bereit, Haft +und Eigenthumsberaubung für das große Grundprinzip unsrer freien +Verfassung zu erdulden. Die Folge war eine Coalition, welche die +eifrigsten Kavaliere, die eifrigsten Republikaner und alle zwischeninne +liegenden Parteien der Gesammtheit umfaßte. Der Geist, welcher Hampden +unter der vergangenen Generation aufrecht erhalten hatte, verband sich +mit dem Geiste, welcher Sacheverell unter der folgenden aufrecht +erhielt, um den Erzbischof, der ein Hampden und ein Sacheverell zugleich +war, aufrecht zu erhalten. Diejenigen Klassen der Gesellschaft, denen an +der Erhaltung der Ruhe am meisten gelegen ist, welche in stürmischen +Zeiten gewöhnlich am ersten bei der Hand sind, die Regierung zu +unterstützen, und welche einen natürlichen Widerwillen gegen Aufwiegler +hegen, folgten ohne Bedenken der Leitung eines ehrwürdigen Mannes, des +ersten Peers des Reiches, des ersten Dieners der Kirche, eines Tory’s in +der Politik, eines Heiligen in seinem Privatleben, den die Tyrannei +wider seinen Willen in einen Demagogen verwandelt hatte. +<span class = "pagenum">VIII.85</span> +<a name = "pageVIII_85" id = "pageVIII_85"> </a> +Auf der andren Seite flehten jetzt selbst Diejenigen, welche das +Episcopat als einen Überrest des Papismus und als ein Werkzeug der +Willkürherrschaft stets verabscheut hatten, auf den Knien um den Segen +eines Prälaten, der bereit war, eher Ketten zu tragen und seine +alterschwachen Glieder auf die nackten Steine eines Kerkers zu legen, +als daß er die Interessen des protestantischen Glaubens verrathen und +die Hoheitsrechte der Krone über das Gesetz gestellt hätte. Mit der +Liebe zur Kirche und der Liebe zur Freiheit verband sich in dieser +wichtigen Krisis noch ein drittes Gefühl, das zu den achtungswerthesten +Zügen unsres Nationalcharacters gehört. Ein durch Willkürgewalt +unterdrückter Mensch findet bei uns, hätte er sonst auch nicht den +mindesten Anspruch auf Achtung und Dankbarkeit, gewöhnlich eine rege +Theilnahme. So wurde zu den Zeiten unserer Großväter die Gesellschaft +durch <ins class = "correction" title = "Original hat »Wilke’s«">Wilkes’</ins> Verfolgung heftig aufgeregt. Wir selbst sahen +die Nation durch die gegen die Königin Karoline geübte Härte fast bis +zum Wahnsinn gereizt. Daher wurde England, selbst wenn von dem Ausgange +des Prozesses gegen die Bischöfe keine wichtigen politischen oder +religiösen Interessen abgehangen hätten, es wahrscheinlich nicht ohne +starke Regungen von Mitleid und Unwillen mit angesehen haben, wie einige +Greise von makelloser Tugend von der Rache eines jähzornigen und +unerbittlichen Fürsten verfolgt wurden, der ihrer Treue seine Krone +verdankte.</p> + +<p>Von diesen Gefühlen angetrieben, stellten sich unsere Vorfahren in +einer ungeheuren und compacten Masse der Regierung entgegen. Die +mächtige Phalanx war aus allen Ständen, allen Parteien, allen +protestantischen Seelen gebildet. Im Vordertreffen standen die +geistlichen und weltlichen Lords, dann kamen die begüterte Gentry und +der Klerus, beide Universitäten, alle Gerichtshöfe, Großhändler, Krämer +und Pächter, die Lastträger, die sich in den Straßen der großen Städte +plagten, und die Landleute, welche das Feld bebauten. Die Koalition +gegen den König umfaßte selbst die Matrosen, die seine Schiffe +bemannten, selbst die Schildwachen, die seinen Palast bewachten. Die +Namen Whig und Tory waren einen Augenblick vergessen. Der alte +Ausschließungsmann reichte dem alten Verabscheuer die Hand; Episcopalen, +Presbyterianer, Independenten und Baptisten vergaßen ihre langjährigen +Fehden, um nur an ihren gemeinsamen Protestantismus und an ihre +gemeinsame Gefahr zu denken; Theologen, die in der Schule Laud’s +gebildet waren, sprachen nicht nur von Duldung, sondern sogar von +Einigung. Der Erzbischof erließ bald nach seiner Freisprechung einen +Hirtenbrief, der eines der merkwürdigsten Schriftstücke jener Zeit ist. +Er hatte von Jugend auf mit den Nonconformisten in Streit gelegen und +sie mehrmals mit ungerechter und unchristlicher Heftigkeit angegriffen. +Sein Hauptwerk war eine häßliche Karrikatur auf die Calvinistische +Theologie.<a class = "tag" name = "tagVIII_136" id = "tagVIII_136" href += "#noteVIII_136">136</a> Er hatte für den 30. Januar, den Jahrestag der +Hinrichtung Karl’s I., und für den 29. Mai, den Jahrestag der +Rückkehr Karl’s II., Gebetsformulare abgefaßt, welche so heftige +Schmähungen gegen die Puritaner enthielten, daß die Regierung es für +nöthig erachtet hatte, dieselben zu mildern. Jetzt aber war sein Herz +erweicht und geöffnet. Er ermahnte die Bischöfe und die Geistlichen +feierlich und eindringlich, ihren Brüdern, den protestantischen +Dissenters, mit zarter Rücksicht zu begegnen, sie oft zu besuchen, sie +gastlich zu bewirthen, +<span class = "pagenum">VIII.86</span> +<a name = "pageVIII_86" id = "pageVIII_86"> </a> +sich freundlich mit ihnen zu unterhalten und sie womöglich zum Anschluß +an die Kirche zu bewegen, sich aber, wenn ihnen dies nicht gelänge, in +ihrem Wirken für die segensreiche Sache der Reformation herzlich und +liebreich zu verbinden.<a class = "tag" name = "tagVIII_137" id = +"tagVIII_137" href = "#noteVIII_137">137</a></p> + +<p>Viele fromme Leute dachten in späteren Jahren mit schmerzlicher +Sehnsucht an jene Zeit zurück. Sie schilderten dieselbe als den +flüchtigen Schimmer eines goldenen Zeitalters zwischen zwei eisernen +Zeitaltern. Waren solche Klagen auch natürlich, so waren sie doch nicht +begründet. Die Coalition von 1688 war und konnte nur das Erzeugniß einer +an Wahnsinn grenzenden Tyrannei und einer alle großen Institutionen des +Landes gleichzeitig bedrohenden Gefahr sein. Daß eine solche Coalition +seitdem nicht wieder vorgekommen, hat seinen Grund darin, weil noch nie +wieder so schlecht und verkehrt regiert worden ist. Man darf nicht +vergessen, daß, wenn auch Eintracht an sich besser ist als Zwietracht, +doch Zwietracht das Zeichen besserer Zustände sein kann als Eintracht +sie andeutet. Unglück und Gefahr zwingen die Menschen oft, sich zu +verbinden. Glück und Sicherheit bestimmen sie oft, sich zu trennen.</p> + +<div class = "footnote"> +<p><a name = "noteVIII_136" id = "noteVIII_136" href = +"#tagVIII_136">136.</a> +Der <span class = "antiqua">Fur Praedestinatus</span>.</p> + +<p><a name = "noteVIII_137" id = "noteVIII_137" href = +"#tagVIII_137">137.</a> +Dieser Hirtenbrief findet sich in der ersten der zwölf Sammlungen von +Urkunden über die englischen Angelegenheiten, die zu Ende des Jahres +1688 und zu Anfang des Jahres 1689 gedruckt wurden. Er wurde am 26. +Juli, nicht ganz einen Monat nach dem Prozesse erlassen. Um die nämliche +Zeit äußerte Lloyd von St. Asaph gegen Heinrich Wharton, daß die +Bischöfe ein ganz neues Verfahren gegen die protestantischen Dissenters +einzuschlagen gedächten: <span class = "antiqua">„Omni modo curaturos, +ut ecclesia sordibus et corruptelis penitus exueretur; ut sectariis +reformatis reditus in ecclesiae sinum exoptati occasio ac ratio +concederetur, si qui sobrii et pii essent; ut pertinacibus interim jugum +levaretur, extinctis penitus legibus mulctatoriis.“ — Excerpta ex +Vita H. Wharton.</span></p> +</div> + +<p> </p> + +<hr class = "small"> + +<p> </p> + +<h6>Druck von Philipp Reclam jun. in Leipzig.</h6> + + + + + + + + +<pre> + + + + + +End of the Project Gutenberg EBook of Geschichte von England seit der +Thronbesteigung Jakob's des Zwe, by Thomas Babington Macaulay + +*** END OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK GESCHICHTE VON ENGLAND--VIERTER BAND *** + +***** This file should be named 30331-h.htm or 30331-h.zip ***** +This and all associated files of various formats will be found in: + https://www.gutenberg.org/3/0/3/3/30331/ + +Produced by Louise Hope, Delphine Lettau, richyfourtytwo +and the Online Distributed Proofreading Team at +https://www.pgdp.net + + +Updated editions will replace the previous one--the old editions +will be renamed. + +Creating the works from public domain print editions means that no +one owns a United States copyright in these works, so the Foundation +(and you!) can copy and distribute it in the United States without +permission and without paying copyright royalties. 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Redistribution is +subject to the trademark license, especially commercial +redistribution. + + + +*** START: FULL LICENSE *** + +THE FULL PROJECT GUTENBERG LICENSE +PLEASE READ THIS BEFORE YOU DISTRIBUTE OR USE THIS WORK + +To protect the Project Gutenberg-tm mission of promoting the free +distribution of electronic works, by using or distributing this work +(or any other work associated in any way with the phrase "Project +Gutenberg"), you agree to comply with all the terms of the Full Project +Gutenberg-tm License (available with this file or online at +https://gutenberg.org/license). + + +Section 1. General Terms of Use and Redistributing Project Gutenberg-tm +electronic works + +1.A. By reading or using any part of this Project Gutenberg-tm +electronic work, you indicate that you have read, understand, agree to +and accept all the terms of this license and intellectual property +(trademark/copyright) agreement. 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INDEMNITY - You agree to indemnify and hold the Foundation, the +trademark owner, any agent or employee of the Foundation, anyone +providing copies of Project Gutenberg-tm electronic works in accordance +with this agreement, and any volunteers associated with the production, +promotion and distribution of Project Gutenberg-tm electronic works, +harmless from all liability, costs and expenses, including legal fees, +that arise directly or indirectly from any of the following which you do +or cause to occur: (a) distribution of this or any Project Gutenberg-tm +work, (b) alteration, modification, or additions or deletions to any +Project Gutenberg-tm work, and (c) any Defect you cause. + + +Section 2. Information about the Mission of Project Gutenberg-tm + +Project Gutenberg-tm is synonymous with the free distribution of +electronic works in formats readable by the widest variety of computers +including obsolete, old, middle-aged and new computers. It exists +because of the efforts of hundreds of volunteers and donations from +people in all walks of life. + +Volunteers and financial support to provide volunteers with the +assistance they need are critical to reaching Project Gutenberg-tm's +goals and ensuring that the Project Gutenberg-tm collection will +remain freely available for generations to come. In 2001, the Project +Gutenberg Literary Archive Foundation was created to provide a secure +and permanent future for Project Gutenberg-tm and future generations. +To learn more about the Project Gutenberg Literary Archive Foundation +and how your efforts and donations can help, see Sections 3 and 4 +and the Foundation web page at https://www.pglaf.org. + + +Section 3. Information about the Project Gutenberg Literary Archive +Foundation + +The Project Gutenberg Literary Archive Foundation is a non profit +501(c)(3) educational corporation organized under the laws of the +state of Mississippi and granted tax exempt status by the Internal +Revenue Service. The Foundation's EIN or federal tax identification +number is 64-6221541. Its 501(c)(3) letter is posted at +https://pglaf.org/fundraising. Contributions to the Project Gutenberg +Literary Archive Foundation are tax deductible to the full extent +permitted by U.S. federal laws and your state's laws. + +The Foundation's principal office is located at 4557 Melan Dr. S. +Fairbanks, AK, 99712., but its volunteers and employees are scattered +throughout numerous locations. Its business office is located at +809 North 1500 West, Salt Lake City, UT 84116, (801) 596-1887, email +business@pglaf.org. 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