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authorRoger Frank <rfrank@pglaf.org>2025-10-14 19:53:36 -0700
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+*** START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK 30331 ***
+
+[Dieser Text benutzt die UTF-8-Kodierung (Unicode). Wenn die Apostrophe,
+Anführungszeichen und die Umlaute in diesem Absatz als seltsame Zeichen
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+Textes.
+
+Zeichen _wie so_ bedeuten Gesperrt; +wie so+ bedeuten Antiqua
+(nicht-Fraktur); =wie so= bedeuten Fettschrift.]
+
+
+
+
+ Thomas Babington Macaulay’s
+
+ Geschichte von England
+
+
+ seit der
+
+ Thronbesteigung Jakob’s des Zweiten.
+
+
+ Aus dem Englischen.
+
+
+ +Vollständige und wohlfeilste Stereotyp-Ausgabe.+
+
+
+ Vierter Band.
+
+
+ Leipzig, 1854.
+ _G. H. Friedlein._
+
+
+ * * * * *
+ * * * *
+
+
+ Siebentes Kapitel.
+
+ Jakob II.
+
+
+
+
+ =Inhalt.=
+
+ Seite
+ Wilhelm, Prinz von Oranien 5
+ Sein Äußeres 5
+ Sein früheres Leben und seine Erziehung 5
+ Seine religiösen Ansichten 7
+ Seine militairischen Talente 8
+ Sein Vergnügen an Gefahren; seine schlechte Gesundheit 10
+ Kälte seines Benehmens und Heftigkeit seiner Gemüthsregungen 10
+ Seine Freundschaft für Bentinck 10
+ Marie, Prinzessin von Oranien 12
+ Gilbert Burnet 14
+ Er vermittelt eine innigere Annäherung zwischen dem Prinzen
+ und der Prinzessin 17
+ Beziehungen Wilhelm’s zu den englischen Parteien 18
+ Seine Gesinnungen gegen England 18
+ Seine Gesinnungen gegen Holland und Frankreich 19
+ Seine Politik durchaus consequent 22
+ Vertrag von Augsburg 24
+ Wilhelm wird das Oberhaupt der englischen Opposition 25
+ Mordaunt schlägt Wilhelm eine Landung in England vor 26
+ Wilhelm verwirft den Rath 26
+ Unzufriedenheit in England nach dem Sturze der Hyde 27
+ Bekehrungen zum Papismus; Peterborough, Salisbury 27
+ Wycherley, Tindal, Haines 28
+ Dryden 29
+ +„The Hind and Panther.“+ 30
+ Änderung in dem Verfahren des Hofes gegen die Puritaner 32
+ In Schottland theilweise Duldung gewährt 35
+ Persönliche Bearbeitung Einzelner im königlichen Kabinet 36
+ Erfolglosigkeit der persönlichen Bearbeitung 37
+ Admiral Herbert 37
+ Die Indulgenzerklärung 37
+ Stimmung der protestantischen Dissenters 39
+ Stimmung der anglikanischen Kirche 40
+ Der Hof und die Kirche 40
+ „Brief an einen Dissenter.“ 42
+ Benehmen der Dissenters 43
+ Einige von ihnen halten es mit dem Hofe. Care, Alsop,
+ Rosewell 45
+ Lobb 46
+ Penn 46
+ Die Mehrzahl der Puritaner ist gegen den Hof. Baxter 46
+ Howe 47
+ Bunyan 47
+ Kiffin 49
+ Der Prinz und die Prinzessin von Oranien gegen die
+ Indulgenzerklärung 52
+ Vertheidigung ihrer Ansichten bezüglich der englischen
+ Katholiken 53
+ Jakob’s Feindschaft gegen Burnet 57
+ Sendung Dykvelt’s nach England 59
+ Unterhandlungen Dykvelt’s mit englischen Staatsmännern 59
+ Danby 60
+ Nottingham 60
+ Halifax 61
+ Devonshire 62
+ Eduard Russel 64
+ Compton. -- Herbert. -- Churchill 65
+ Lady Churchill und die Prinzessin Anna 66
+ Dykvelt kehrt mit Briefen von vielen angesehenen Engländern
+ nach dem Haag zurück 68
+ Zulestein’s Sendung 69
+ Zunehmende Feindschaft zwischen Jakob und Wilhelm 70
+ Einfluß der holländischen Presse 71
+ Stewart’s und Fagel’s Correspondenz 71
+ Castelmaine’s Gesandtschaft in Rom 72
+
+
+
+
+[_Wilhelm, Prinz von Oranien._] Wilhelm Heinrich, Prinz von
+Oranien-Nassau, nimmt in der Geschichte Englands und der gesammten
+Menschheit eine so bedeutende Stelle ein, daß es wünschenswerth
+erscheint, die markirten Züge seines Characters mit einiger
+Ausführlichkeit zu zeichnen.[1]
+
+ [Anmerkung 1: Die Hauptquellen, aus denen ich meine Schilderung
+ des Prinzen von Oranien geschöpft habe, sind Burnet’s Geschichte,
+ Temple’s und Gourville’s Memoiren, die Unterhandlungen der Grafen
+ Estrades und Avaux, Sir Georg Downing’s Briefe an den Lordkanzler
+ Clarendon, Wagenaar’s umfangreiches Geschichtswerk, Van Kampen’s
+ +Karakterkunde Vaderlandsche Geschiedenis+, und vor Allem
+ Wilhelm’s eigene vertrauliche Correspondenz, von welcher der
+ Herzog von Portland Sir Jakob Mackintosh eine Abschrift zu nehmen
+ erlaubte.]
+
+
+[_Sein Äußeres._] Er stand jetzt in seinem siebenunddreißigsten
+Lebensjahre, war aber körperlich und geistig älter als andere Leute in
+diesen Jahren. Man könnte fast sagen, er sei niemals jung gewesen. Sein
+Äußeres ist uns fast eben so gut bekannt, als seinen eigenen Heerführern
+und Räthen. Bildhauer, Maler und Münzschneider haben ihre ganze
+Geschicklichkeit aufgeboten, um seine Züge der Nachwelt zu überliefern,
+und diese waren von der Art, daß kein Künstler sie verfehlen und daß,
+wer sie einmal gesehen, sie nie vergessen konnte. Sein Name erinnert uns
+sogleich an eine schmächtige und zarte Gestalt, an eine hohe und breite
+Stirn, an eine wie der Schnabel eines Adlers gebogene Nase, an ein Paar
+Augen, die an Glanz und Schärfe mit denen des Adler wetteiferten, an
+eine gedankenvolle, etwas finstre Miene, einen festen und etwas
+mürrischen Mund, an eine bleiche, eingefallene und durch Krankheit und
+Sorgen tief gefurchte Wange. Dieses gedankenvolle, ernste und feierliche
+Aussehen konnte kaum einem glücklichen und lebensfrohen Manne angehört
+haben; aber es verräth in unverkennbarer Weise die Befähigung zu den
+schwierigsten Unternehmungen und einen durch kein Mißgeschick und durch
+keine Gefahren zu erschütternden Muth.
+
+
+[_Sein früheres Leben und seine Erziehung._] Die Natur hatte Wilhelm mit
+allen Eigenschaften eines großen Herrschers reich ausgestattet und die
+Erziehung hatte diese Eigenschaften in nicht gewöhnlichem Grade
+entwickelt. Mit einem scharfen natürlichen Verstande und einer seltenen
+Willenskraft sah er sich, als sein Geist zu erwachen begann, als vater-
+und mutterlose Waise, als das Oberhaupt einer großen, aber unterdrückten
+und entmuthigten Partei und als den Erben ausgedehnter aber unbestimmter
+Ansprüche, welche die Furcht und die Abneigung der damals in den
+Niederlanden herrschenden Oligarchie erregten. Das gemeine Volk, das
+seit einem Jahrhundert seinem Hause treu ergeben war, bewies so oft es
+ihn sah, auf nicht zu verkennende Weise, daß es ihn als sein
+rechtmäßiges Oberhaupt betrachtete. Die geschickten und erfahrenen
+Minister der Republik, die seinen Namen tödtlich haßten, brachten ihm
+täglich ihre erzwungene Huldigung dar und beobachteten dabei die
+Fortschritte seines Geistes. Die ersten Regungen seines Ehrgeizes wurden
+sorgfältig bewacht, jedes unüberlegte Wort, das ihm entschlüpfte, wurde
+niedergeschrieben, und er besaß nicht einen einzigen Rathgeber, auf
+dessen Ausspruch Vertrauen gesetzt werden konnte. Er war kaum funfzehn
+Jahre alt, so wurden alle Diener, die seinem Interesse ergeben waren und
+die sein Vertrauen genossen, von der mißtrauischen Regierung aus seinem
+Hause entfernt. Er sträubte sich dagegen mit einer weit über seine Jahre
+hinausgehenden Energie, aber vergebens. Aufmerksame Beobachter sahen
+mehr als einmal Thränen in den Augen des jungen Staatsgefangenen. Seine
+von Haus aus zarte Gesundheit war eine Zeit lang durch die
+Gemüthsbewegungen, die seine traurige und vereinsamte Stellung erzeugte,
+ernstlich erschüttert. Eine solche Lage macht den Schwachen muthlos und
+bestürzt, dem Starken giebt sie eine verdoppelte Kraft. Von Schlingen
+umgeben, in denen ein gewöhnlicher Jüngling umgekommen sein würde,
+lernte Wilhelm vorsichtig und zu gleicher Zeit energisch auftreten.
+Schon lange bevor er das Mannesalter erreicht, verstand er es,
+Geheimnisse zu bewahren, die Neugierde durch trockene und wohlüberlegte
+Antworten abzutrumpfen und alle Leidenschaften unter dem nämlichen
+Scheine ernster Ruhe zu verbergen. In der feinen Weltbildung und in
+literarischen Kenntnissen machte er dagegen nur geringe Fortschritte.
+Dem Benehmen des holländischen Adels jener Zeit fehlte die
+liebenswürdige Anmuth, welche bei den gebildeten Franzosen in höchster
+Vollkommenheit zu finden war und in geringerem Grade auch den englischen
+Hof zierte; seine Manieren waren durchaus holländisch. Selbst seine
+eigenen Landsleute nannten ihn plump, und Ausländern erschien er oft
+noch mehr als dies. In seinem Verkehr mit der Welt im Allgemeinen schien
+er jene Fertigkeiten, welche den Werth einer Gunstbezeugung erhöhen und
+einer Verweigerung die Spitze abbrechen, nicht zu kennen oder sie zu
+verschmähen. Die Literatur und die Wissenschaften interessirten ihn
+wenig; er wußte nichts von den Entdeckungen eines Newton und Leibnitz,
+von den Poesien eines Dryden und Boileau; dramatische Darstellungen
+langweilten ihn und er war froh, wenn er den Blick von der Bühne
+abwenden und von öffentlichen Angelegenheiten sprechen konnte, während
+Orestes raste oder Tartüffe der Elmira die Hand drückte. Er besaß zwar
+einiges Talent zu Sarkasmen und entfaltete nicht selten ganz unbewußt
+eine sonderbar klingende, aber kräftige und originelle natürliche
+Redekunst, aber nach den Titel eines Schöngeistes oder eines Redners
+strebte er nicht. Seine ganze Aufmerksamkeit war auf diejenigen Studien
+gerichtet gewesen, welche einen tüchtigen und umsichtigen Geschäftsmann
+bilden. Von Kindheit an hörte er mit Interesse zu, wenn wichtige Fragen
+über Bündnisse, Finanzen und Krieg besprochen wurden. Von der Geometrie
+lernte er soviel als zum Bau einer Schanze oder eines Hornwerks nöthig
+war. Von fremden Sprachen lernte er mit Hülfe seines ausgezeichneten
+Gedächtnisses soviel als er bedurfte, um Alles, was mit ihm gesprochen
+wurde, und jeden Brief, den er empfing, verstehen und beantworten zu
+können. Das Holländische war seine Umgangssprache. Er verstand
+Lateinisch, Italienisch und Spanisch, sprach und schrieb Französisch,
+Englisch und Deutsch, zwar nicht elegant und grammatisch richtig, aber
+fließend und verständlich. Keine Fähigkeit konnte wichtiger sein für
+einen Mann, der dazu bestimmt war, große Bündnisse zu organisiren und
+Armeen zu commandiren, die aus verschiedenen Nationalitäten
+zusammengesetzt waren.
+
+
+[_Seine religiösen Ansichten._] Eine Klasse von philosophischen Fragen
+war durch die Umstände seiner Aufmerksamkeit dringend empfohlen worden
+und scheint ihn mehr interessirt zu haben, als man es von seinem
+allgemeinen Character hätte erwarten sollen. Die Protestanten der
+Vereinigten Provinzen bestanden wie die unsrer Insel aus zwei großen
+religiösen Partein, welche zwei großen politischen Parteien fast genau
+entsprachen. Die Oberhäupter der städtischen Oligarchie waren Arminianer
+und wurden im Allgemeinen von der Menge als nicht viel besser denn
+Papisten betrachtet. Die Prinzen von Oranien waren gewöhnlich die
+Schutzpatrone der calvinistischen Theologie gewesen und verdankten
+keinen geringen Theil ihrer Popularität ihrem Eifer für die Lehren von
+der Gnadenwahl und dem endlichen Beharren, einem Eifer, der nicht immer
+durch Kenntnisse erleuchtet oder durch Humanität gemäßigt war. Wilhelm
+war von Kindheit auf in dem theologischen System, dem seine Familie
+anhing, sorgfältig unterrichtet worden, und betrachtete dieses System
+mit größerer Vorliebe, als man in der Regel für seinen ererbten Glauben
+hegt. Er hatte über die großen Probleme, welche auf der Synode von
+Dortrecht erörtert worden waren, nachgedacht und in der strengen,
+unbeugsamen Logik der genfer Schule etwas gefunden, was seinem Verstande
+und seinem Gemüth zusagte. Das Beispiel von Unduldsamkeit, das einige
+seiner Vorgänger gegeben, ahmte er jedoch niemals nach; er empfand gegen
+alle Verfolgung eine entschiedene Abneigung, die er nicht allein da
+aussprach, wo ein solches Eingeständniß offenbar staatsklug war, sondern
+auch in Fällen, wo es den Anschein hatte, daß sein Interesse durch
+Verstellung oder Stillschweigen hätte gefördert werden können.
+Gleichwohl waren seine theologischen Ansichten noch entschiedener als
+die seiner Vorgänger. Die Lehre von der Prädestination war der
+Grundstein seiner Religion. Er erklärte oft, daß wenn er diese Lehre
+aufgeben müßte, er zugleich mit derselben allen Glauben an eine waltende
+Vorsehung aufgeben und ein reiner Epikuräer werden müßte. Diesen
+einzigen Punkt ausgenommen, wurde die ganze Fülle seines kräftigen
+Geistes frühzeitig von dem Theoretischen ab und auf das Praktische
+gelenkt. Die Fähigkeiten, deren es zur Leitung wichtiger Geschäfte
+bedarf, gediehen bei ihm schon in einem Alter zur Reife, wo sie sich bei
+gewöhnlichen Menschen kaum erst zu entfalten begonnen haben. Seit
+Octavius hatte die Welt kein solches Beispiel frühzeitiger
+staatsmännischer Befähigung gesehen. Erfahrene Diplomaten erstaunten
+über die treffenden Bemerkungen, die der siebzehnjährige Prinz über
+öffentliche Angelegenheiten machte, und mit noch weit größerem Erstaunen
+sahen sie diesen Knaben in Lagen, wo man hätte erwarten sollen, daß er
+starke Leidenschaften verrathen werde, eine eben so unerschütterliche
+Ruhe bewahren, wie sie selbst. Mit achtzehn Jahren saß er bereits unter
+den Vätern der Republik, ernst, besonnen und einsichtsvoll wie der
+Älteste unter ihnen. Mit zweiundzwanzig Jahren ward er an einem Tage der
+Trauer und des Schreckens an die Spitze der Verwaltung gestellt. Mit
+dreiundzwanzig Jahren war er durch ganz Europa als Feldherr und
+Staatsmann berühmt. Er hatte innere Factionen niedergeworfen, war die
+Seele einer mächtigen Coalition und hatte im Felde gegen einige von den
+größten Generälen seiner Zeit mit Ehren gefochten.
+
+
+[_Seine militairischen Talente._] Seine persönlichen Neigungen waren
+mehr die eines Kriegers als die eines Staatsmannes, aber wie sein
+Urgroßvater, der schweigsame Prinz, der die batavische Republik
+gründete, nimmt er unter den Staatsmännern einen viel höheren Rang ein
+als unter den Feldherren. Der Verlauf der Schlachten ist allerdings kein
+untrüglicher Prüfstein für die Talente eines Befehlshabers, und es würde
+ganz besonders ungerecht sein, wollte man diesen Prüfstein bei Wilhelm
+anwenden, denn das Schicksal wollte, daß er fast stets Feldherren,
+welche vollendete Meister in ihrer Kunst, und Truppen gegenüberstand,
+welche in der Disciplin den seinigen weit überlegen waren. Indessen läßt
+sich mit gutem Grunde annehmen, daß er als General im offenen Felde
+Manchem, der in geistiger Beziehung tief unter ihm stand, keineswegs
+gleichkam. Mit Leuten, die sein Vertrauen besaßen, sprach er über diesen
+Gegenstand mit der edlen Offenheit eines Mannes, der Großes vollbracht
+hat und der recht wohl auch einige Mängel eingestehen kann. Er sagte, er
+habe keine Lehrzeit für den militairischen Beruf bestanden; er sei schon
+als Knabe an die Spitze einer Armee gestellt worden, unter seinen
+Offizieren habe sich keiner befunden, der fähig gewesen wäre, ihn zu
+unterweisen; nur aus seinen eigenen Fehlern und deren Folgen habe er
+etwas lernen können. „Ich würde einen guten Theil meines Vermögens darum
+geben,“ rief er einmal aus, „wenn ich einige Feldzüge unter dem Prinzen
+von Condé mitgemacht hätte, ehe ich gegen ihn commandiren mußte.“ Es ist
+nicht unwahrscheinlich, daß der Umstand, welcher Wilhelm verhinderte,
+eine ausgezeichnete strategische Bildung zu erlangen, der allgemeinen
+Entwickelung seiner Geisteskräfte zu Gute gekommen ist. Bewiesen seine
+Schlachten auch nicht den großen Taktiker, so berechtigten sie ihn doch
+zu dem Titel eines großen Mannes. Kein Mißgeschick konnte ihn nur einen
+Augenblick seiner Festigkeit und des vollständigen Besitzes aller seiner
+Fähigkeiten berauben. Seine Niederlagen wurden mit einer so wunderbaren
+Schnelligkeit wieder gut gemacht, daß er, noch ehe seine Feinde das
+Tedeum gesungen hatten, schon wieder zum Kampfe gerüstet war; auch
+beeinträchtigten solche Schläge in keiner Weise die Achtung und das
+Vertrauen, dessen er sich von Seiten seiner Soldaten erfreute. Diese
+Achtung und dieses Vertrauen verdankte er in nicht geringem Maße seinem
+persönlichen Muthe. Den Grad von Muth, dessen der Soldat bedarf, um
+einen Feldzug ohne Schande zu bestehen, besitzen die meisten Menschen
+oder wenigstens können sie denselben in einer guten Schule erlangen. Ein
+Muth wie der des Prinzen Wilhelm aber ist in der That selten. Er wurde
+auf jede nur mögliche Weise geprüft, durch Krieg, durch Wunden, durch
+schmerzhafte und entnervende Krankheiten, durch Seestürme, durch die
+beständig drohende Gefahr, ermordet zu werden, eine Gefahr, die schon
+sehr starke Nerven erschüttert hat und durch welche selbst die eiserne
+Tapferkeit Cromwell’s einen harten Stoß erhielt. Aber Niemand konnte je
+etwas entdecken, was der Prinz von Oranien fürchtete. Seine Rathgeber
+konnten ihn nur mit Mühe dazu bringen, daß er einige Vorsichtsmaßregeln
+gegen die Pistolen und Dolche von Verschwörern ergriff.[2] Alte Seeleute
+erstaunten über die kaltblütige Ruhe, die er inmitten tobender
+Brandungen an einer gefahrvollen Küste bewahrte. In der Schlacht
+zeichnete ihn seine Tapferkeit unter Zehntausenden tapferer Krieger aus,
+erweckte die hochherzige Anerkennung selbst der feindlichen Heere und
+wurde selbst von der Unbilligkeit feindlicher Factionen nie bestritten.
+Während seiner ersten Feldzüge setzte er sich der Gefahr aus, als ob er
+den Tod gesucht hätte, war beim Angriff stets der Erste, beim Rückzug
+der Letzte, kämpfte mit dem Schwerte in der Hand im dichtesten Gewühl,
+und mit einer Flintenkugel im Arm, den Harnisch von Blut überströmt,
+hielt er noch immer Stand und schwenkte im furchtbarsten Feuer seinen
+Hut. Seine Freunde beschworen ihn, er solle doch sein für das Vaterland
+unschätzbares Leben mehr schonen. Sein berühmtester Gegner, der große
+Condé, bemerkte nach der blutigen Schlacht von Seneff, der Prinz von
+Oranien habe sich in jeder Beziehung wie ein alter General benommen, nur
+in sofern nicht, als er sich wie ein junger Soldat ausgesetzt. Wilhelm
+leugnete, daß er sich der Tollkühnheit schuldig gemacht habe. Er stelle
+sich, meinte er, nur aus Pflichtgefühl und aus kalter Berechnung dessen,
+was das öffentliche Interesse erheische, immer auf den Posten der
+Gefahr. Die Truppen, die er befehlige, seien wenig an den Krieg gewöhnt
+und fürchteten ein Handgemenge mit den französischen Veteranen; es sei
+daher nöthig, daß ihr Anführer ihnen zeige, wie man Schlachten gewinnt.
+Und in der That wurde auch mehr als eine Schlacht, welche rettungslos
+verloren schien, noch durch die Kühnheit gewonnen, mit der er seine
+zersprengten Bataillone sammelte und eigenhändig die Memmen niederhieb,
+welche das Beispiel zur Flucht gaben. Zuweilen sah es jedoch ganz so
+aus, als ob er ein eignes Vergnügen daran finde, sein Leben zu
+gefährden. Es wurde bemerkt, daß er nie heiterer, freundlicher und
+liebenswürdiger war, als im blutigen Getümmel der Schlacht. Selbst bei
+seinen Zerstreuungen liebte er das Aufregende der Gefahr. Kartenspiele,
+Schach und Billard machten ihm kein Vergnügen; seine Lieblingserholung
+war die Jagd, und die gefährlichste war ihm die liebste. Er machte oft
+Sätze, daß seine kühnsten Begleiter nicht Lust hatten, ihm zu folgen.
+Selbst die verwegensten Sportvergnügungen Englands scheint er für
+weibisch gehalten zu haben, und im großen Parke von Windsor sehnte er
+sich nach dem Wilde, das er in den Forsten von Geldern zu jagen gewohnt
+war, nach Wölfen, Ebern und riesigen Sechzehnendern.[3]
+
+ [Anmerkung 2: Nach dem Frieden von Ryswick drangen die Freunde
+ Wilhelm’s in ihn, mit dem französischen Gesandten ganz ernstlich
+ über die Mordanschläge zu sprechen, welche die Jakobiten von St.
+ Germain beständig schmiedeten. Die kaltblütige Hochherzigkeit,
+ mit der er diese Warnungen vor Gefahr aufnahm, ist besonders
+ characteristisch. Dem Grafen Bentinck, der von Paris sehr
+ beunruhigende Nachrichten gemeldet hatte, antwortete er nur am
+ Schlusse eines langen Geschäftsbriefes: +„Pour les assasins je ne
+ luy en ay pas voulu parler, croiant que c’etoit au desous de
+ moy.+“ -- 2.(12.) Mai 1698. Ich habe die Orthographie des
+ Originals, wenn von einer solchen überhaupt die Rede sein kann,
+ beibehalten.]
+
+ [Anmerkung 3: Von Windsor schrieb er an Bentinck, damals Gesandten
+ in Paris: +„J’ay pris avant hier un cerf dans la forest avec les
+ chains du Pr. de Denm. et ay fait un assez jolie chasse, autant,
+ que ce vilain paiis le permest.“+ -- 20. März (1. April) 1698. Die
+ Orthographie ist schlecht, aber nicht schlechter als die
+ Napoleon’s. In besserer Stimmung schrieb Wilhelm von Loo aus:
+ +„Nous avons pris deux cerfs, le premier dans Dorewaert, qui est
+ un des plus gros que je sache avoir jamais pris. Il porte seize.“+
+ -- 25. Oct. (4. Nov.) 1697.]
+
+
+[_Sein Vergnügen an Gefahren; seine schlechte Gesundheit._] Seine
+Tollkühnheit war um so merkwürdiger, da er von ungemein zarter
+Körperconstitution war. Er war von früher Jugend an schwächlich und
+kränklich gewesen, und im ersten Mannesalter waren seine Leiden durch
+einen heftigen Pockenanfall noch verschlimmert worden. Er war engbrüstig
+und schwindsüchtig. Sein schwächlicher Körper wurde durch einen
+beständigen heiseren Husten erschüttert. Er konnte nicht schlafen, wenn
+sein Kopf nicht durch mehrere Kissen unterstützt wurde, und nur in der
+reinsten Luft konnte er ohne Beschwerden athmen. Dabei quälten ihn oft
+heftige Kopfschmerzen. Körperliche Anstrengungen ermüdeten ihn sehr
+bald. Die Ärzte pflegten die Hoffnung seiner Feinde dadurch aufrecht zu
+erhalten, daß sie einen Termin festsetzten, über den hinaus, wenn sich
+überhaupt irgend etwas in der Wissenschaft mit Sicherheit bestimmen
+lasse, sein zerrütteter Organismus unmöglich ausdauern könnte. Dennoch
+verließ seinen Geist während seines ganzen Lebens, das nur eine lange
+Krankheit war, bei keiner wichtigen Gelegenheit die nöthige Kraft, um
+seinen leidenden und siechen Körper aufrecht zu erhalten.
+
+
+[_Kälte seines Benehmens und Heftigkeit seiner Gemüthsregungen._] Er war
+mit heftigen Leidenschaften und mit leichter Reizbarkeit geboren; aber
+die Welt hatte keine Ahnung von der Stärke seiner Gemüthsaffecte. Vor
+den Blicken der Menge verbarg er seine Freude und seinen Kummer, seine
+Zuneigung und seinen Groll unter einer phlegmatischen Ruhe, die ihm den
+Ruf des kaltblütigsten und gleichgültigsten Menschen verschaffte. Wer
+ihm eine gute Nachricht brachte, konnte selten ein Zeichen von Freude
+entdecken; wer ihn nach einer Niederlage sah, spähte umsonst nach einer
+Spur von Unmuth. Er lobte und tadelte, belohnte und bestrafte mit der
+kalten Gelassenheit eines Mohawkhäuptlings; aber wer ihn genauer kannte
+und ihn näher betrachtete, der bemerkte wohl, daß unter dieser Eisrinde
+beständig ein ungestümes Feuer brannte. Nur selten raubte der Zorn ihm
+seine Selbstbeherrschung; wenn er aber einmal in Wuth gerieth, so war
+der erste Ausbruch seiner Leidenschaft furchtbar. Es war dann in der
+That nicht rathsam, ihm zu nahe zu kommen. In diesen seltenen Fällen
+jedoch gab er, sobald er seine Selbstbeherrschung wieder erlangt hatte,
+Denen, die er beleidigt, so vollständige Genugthuung, daß sie sich fast
+zu dem Wunsche versucht fühlten, er möchte aufs neue in Wuth gerathen.
+Seine Liebe war nicht minder stürmisch als sein Zorn. Wo er einmal
+liebte, da liebte er mit der ganzen Kraft seiner starken Seele. Wenn der
+Tod ihn von einem geliebten Wesen trennte, fürchteten die wenigen Zeugen
+seiner Schmerzensausbrüche für seinen Verstand und für sein Leben. Einem
+sehr kleinen Kreise intimer Freunde gegenüber, auf deren Treue und
+Verschwiegenheit er sich unbedingt verlassen konnte, war er ein ganz
+andrer Mensch als der verschlossene und stoische Wilhelm, dem die Menge
+jedes menschliche Gefühl absprach. In ihrer Gesellschaft war er
+freundlich, gemüthlich, offenherzig, selbst gesellig und witzig, konnte
+Stunden lang bei Tische sitzen und vollen Antheil an einer heiteren
+Unterhaltung nehmen.
+
+
+[_Seine Freundschaft für Bentinck._] Am höchsten in seiner Gunst stand
+ein Kavalier seines Hofstaates, Namens Bentinck, der aus einem edlen
+batavischen Geschlecht stammte und der Gründer eines der großen
+patrizischen Häuser Englands werden sollte. Bentinck’s Treue hatte sich
+in nicht gewöhnlicher Weise erprobt. Zu der Zeit, als die Vereinigten
+Provinzen gegen die Macht Frankreichs um ihre Existenz kämpften, wurde
+der junge Prinz, auf dem alle ihr Hoffnungen ruhten, von den Pocken
+befallen. Diese Krankheit hatte bei mehreren Mitgliedern seiner Familie
+einen tödtlichen Ausgang genommen und zeigte auch bei ihm anfangs einen
+sehr bösartigen Character. Die Bestürzung des Volks war groß. Von früh
+bis Abends waren die Straßen im Haag mit Leuten angefüllt, die sich
+ängstlich nach dem Befinden Seiner Hoheit erkundigten. Endlich nahm das
+Übel eine günstige Wendung. Seine Genesung wurde zum Theil seinem eignen
+Gleichmuth, zum Theil der unerschrockenen und unermüdlichen Freundschaft
+Bentinck’s zugeschrieben. Nur aus seinen Händen nahm Wilhelm Speisen und
+Arzneien an; er allein hob ihn aus dem Bette und legte ihn wieder
+hinein. „Ich weiß nicht, ob Bentinck während meiner Krankheit geschlafen
+hat oder nicht,“ sagte Wilhelm mit inniger Rührung zu Temple; „soviel
+aber weiß ich, daß ich in den sechzehn Tagen und Nächten nicht ein
+einziges Mal etwas verlangte, ohne daß Bentinck augenblicklich an meiner
+Seite gewesen wäre.“ Bevor der treue Diener seine Aufgabe ganz vollendet
+hatte, wurde er selbst angesteckt. Trotzdem überwand er noch immer
+Müdigkeit und Fieberschauer, bis sein Gebieter als Reconvalescent
+erklärt wurde. Jetzt endlich bat er um Erlaubniß, nach Hause gehen zu
+dürfen. Es war die höchste Zeit, denn seine Füße wollten ihn nicht mehr
+tragen. Er kam in die größte Gefahr, genas aber und eilte, sobald er das
+Bett verlassen konnte, zur Armee, wo er in vielen heißen Feldzügen immer
+dicht an Wilhelm’s Seite gefunden ward, wie er es in einer Gefahr andrer
+Art gewesen.
+
+Dies war der Ursprung einer so innigen und reinen Freundschaft wie
+irgend eine, von der uns die alte oder neue Geschichte erzählt. Die
+Nachkommen Bentinck’s bewahren noch heute viele Briefe auf, die Wilhelm
+an ihren Ahnherrn geschrieben, und es ist nicht zuviel gesagt, wenn man
+behauptet, daß wer diese Briefe nicht gelesen hat, sich keinen richtigen
+Begriff von dem Character des Prinzen bilden kann. Der Mann, den selbst
+seine Verehrer in der Regel für den zurückhaltendsten und frostigsten
+Menschen hielten, vergißt hier jeden Rangunterschied und schüttet alle
+seine Gedanken mit der Offenherzigkeit eines Schulknaben aus. Ohne
+Rückhalt theilt er Geheimnisse von der höchsten Wichtigkeit mit und legt
+mit der größten Einfachheit umfassende Pläne vor, welche alle
+Regierungen Europa’s berührten. Mit seinen Mittheilungen über solche
+Dinge verbindet er Mittheilungen von ganz andrer, aber vielleicht nicht
+weniger interessanter Art. Alle seine Abenteuer, alle seine persönlichen
+Ansichten, seine langen Jagdritte nach gewaltigen Hirschen, seine Gelage
+am St. Hubertustage, das Gedeihen seiner Anpflanzungen, das Mißrathen
+seiner Melonen, der Zustand seines Gestüts, der Wunsch, einen frommen
+Zelter für seine Gemahlin zu erlangen, sein Verdruß, als er erfährt, daß
+einer seiner Kavaliere, nachdem er ein Mädchen aus guter Familie
+unglücklich gemacht, sich weigert, sie zu heirathen, seine Anfälle von
+Seekrankheit, sein Husten, seine Kopfschmerzen, seine andächtigen
+Stimmungen, seine Dankbarkeit für den göttlichen Schutz nach Errettung
+aus einer großen Gefahr, seine Anstrengungen, sich nach einem
+Unglücksfalle dem göttlichen Willen zu unterwerfen, dies Alles ist darin
+mit einer liebenswürdigen Redseligkeit geschildert, die man von dem
+verschwiegensten und ernstesten Staatsmanne jener Zeit kaum erwarten
+sollte. Noch auffallender sind die sorglosen Ergüsse seiner Zärtlichkeit
+und die brüderliche Theilnahme, die er an seines Freundes häuslichem
+Glücke nimmt. Als Bentinck ein Erbe geboren wurde, sagte Wilhelm: „Ich
+hoffe, er wird ein so braver Mann werden als Sie einer sind, und sollte
+ich einen Sohn bekommen, so werden unsere Kinder einander hoffentlich
+ebenso lieben, wie wir uns geliebt haben.“[4] Während seines ganzen
+Lebens blickte er mit väterlicher Liebe auf die kleinen Bentincks. Er
+ruft sie bei den zärtlichsten Diminutiven, er sorgt für sie in ihres
+Vaters Abwesenheit, und so schwer es ihm wird, ihnen ein Vergnügen zu
+versagen, so will er sie doch nicht an einer Jagdpartie teilnehmen
+lassen, wo ihnen die Gefahr droht, von einem Hirsche gestoßen zu werden,
+noch ihnen erlauben, bei einem Abendschmause bis spät in die Nacht
+hinein zu verweilen.[5] Als ihre Mutter während der Abwesenheit ihres
+Gatten krank wird, findet Wilhelm inmitten der wichtigsten und
+dringendsten Staatsgeschäfte noch soviel Zeit, um an einem Tage mehrere
+expresse Boten mit kurzen Briefen abzuschicken, in denen er von ihrem
+Zustande Nachricht giebt.[6] Einmal als sie nach einem heftigen Anfall
+außer Gefahr erklärt wird, ergießt sich der Prinz in die wärmsten
+Dankesbezeigungen gegen Gott. „Ich schreibe,“ sagt er, „mit Thränen der
+Freude in den Augen.“[7] Es liegt ein eigner Reiz in diesen Briefen von
+der Hand eines Mannes, dessen Alles überwältigende Energie und
+unbeugsame Festigkeit selbst seinen Feinden Achtung abnöthigte, dessen
+kaltes und unfreundliches Benehmen in den meisten seiner Anhänger keine
+innigere Zuneigung aufkommen ließ und dessen Geist beständig mit
+gigantischen Plänen beschäftigt war, welche die Gestalt der Welt
+veränderten.
+
+Seine Güte ward keinem Unwürdigen zu Theil. Temple hatte frühzeitig
+Bentinck für den besten und treuesten Diener erklärt, den je ein Fürst
+zu besitzen das Glück hatte, und er verdiente diesen ehrenvollen Titel
+sein ganzes Leben hindurch. Die beiden Freunde waren in der That wie für
+einander geschaffen. Wilhelm bedurfte weder eines Führers noch eines
+Schmeichlers. Da er ein festes und wohlbegründetes Vertrauen in sein
+eignes Urtheil setzte, so war er kein Freund von Rathgebern, die ihn mit
+Vorschlägen und Einwendungen überhäuften. Zu gleicher Zeit besaß er eine
+zu scharfe Unterscheidungsgabe und einen zu edlen Sinn, als daß er an
+Schmeicheleien hätte Vergnügen finden können. Der Vertraute eines
+solchen Fürsten mußte ein Mann sein nicht von erfinderischem Genie oder
+von gebieterischem Character, aber bieder und treu, im Stande, jeden
+Befehl pünktlich zu vollziehen, Geheimnisse unverbrüchlich zu bewahren,
+Ereignisse umsichtig zu beobachten und treulich zu berichten. Und ein
+solcher Mann war Bentinck.
+
+ [Anmerkung 4: 3. März 1679.]
+
+ [Anmerkung 5: +„Voilà en peu de mot le détail de nostre St.
+ Hubert. Et j’ay en soin que M. Woodstoc+ (Bentinck’s ältester
+ Sohn) +n’a point esté à la chasse, bien moin au soupé, quoyqu’il
+ fut icy. Vous pouvez pourtant croire que de n’avoir pas chassé l’a
+ un peu mortifié, mais je ne l’ay pas ausé prendre sur moy, puisque
+ vous m’aviez dit que vous ne le souhaitiez pas.“+ -- Von Loo, 4.
+ Nov. 1697.]
+
+ [Anmerkung 6: Am 15. Juni 1688.]
+
+ [Anmerkung 7: 6. Sept. 1679.]
+
+
+[_Marie, Prinzessin von Oranien._] Wilhelm war in der Ehe nicht weniger
+glücklich als in der Freundschaft. Anfangs hatte jedoch seine Ehe kein
+besonderes häusliches Glück versprochen. Seine Wahl war hauptsächlich
+durch politische Rücksichten bestimmt worden, und es sah nicht
+wahrscheinlich aus, daß zwischen einem hübschen sechzehnjährigen
+Mädchen, die zwar ein sanftes Gemüth und natürlichen Verstand besaß, im
+übrigen aber unwissend und einfach war, und einem Bräutigam, der, obwohl
+noch nicht ganz achtundzwanzig Jahr alt, doch seinem körperlichen
+Zustande nach älter war als ihr Vater, der ein kaltes, abstoßendes
+Benehmen hatte und dessen Kopf beständig mit Staatsgeschäften und
+Sportvergnügungen angefüllt war, eine innige Zuneigung würde entstehen
+können. Eine Zeit lang vernachlässigte Wilhelm seine Gemahlin, indem er
+durch andere Frauen von ihr abgezogen wurde, besonders durch eine ihrer
+Hofdamen, Namens Elisabeth Villiers, welche Talente besaß, die sie wohl
+geeignet machten, seine Sorgen zu theilen, obgleich sie aller
+persönlichen Reize entbehrte und sogar durch ein häßliches Schielen
+entstellt war.[8] Er schämte sich zwar seiner Fehler und bemühte sich
+nach Kräften, sie zu verbergen, aber trotz aller Vorsicht wußte Marie
+wohl, daß er ihr nicht ganz treu war. Spione und Ohrenbläser thaten auf
+Anregen ihres Vaters ihr Möglichstes, um ihren Zorn zu entflammen. Ein
+Mann von ganz andrem Character, der vortreffliche Ken, der mehrere
+Monate lang im Haag ihr Kaplan war, wurde so aufgebracht durch die ihr
+widerfahrenden Kränkungen, daß er mit mehr Eifer als Besonnenheit
+drohte, ihren Gemahl ernstlich zur Rede zu setzen.[9] Sie selbst ertrug
+jedoch alles Unrecht mit einer Sanftmuth und Geduld, welche ihr nach und
+nach Wilhelm’s Achtung und Dankbarkeit erwarben. Indessen war auch noch
+eine andre Ursache der Entfremdung vorhanden. Es kam ohne Zweifel eine
+Zeit, wo die Prinzessin, welche nur zu Stickereiarbeiten, zum
+Spinetspiel und zum Lesen der Bibel und der „Pflichten des Menschen“
+erzogen war, das Oberhaupt einer großen Monarchie wurde und das
+Gleichgewicht Europa’s in ihrer Hand ruhte, während ihr ehrgeiziger,
+geschäftskundiger und beständig auf große Unternehmungen sinnender
+Gemahl bei der britischen Regierung keine vorausbestimmte Stelle für
+sich fand und nur durch ihre Güte und so lange es ihr gefiel Macht
+ausüben konnte. Es kann nicht befremden, daß ein Mann, der die Gewalt so
+liebte wie Wilhelm, und der sich seines Herrschergenies so bewußt war,
+in hohem Maße die Eifersucht empfand, die während eines Königthums von
+wenigen Stunden zwischen Guildford Dudley und Lady Johanna Zwietracht
+hervorrief und einen noch viel tragischeren Bruch zwischen Darnley und
+der Königin von Schottland herbeiführte. Die Prinzessin von Oranien
+hatte nicht die leiseste Ahnung von den Gefühlen ihres Gemahls. Ihr
+Lehrer, der Bischof Compton, hatte sie in der Religion sorgfältig
+unterrichtet und ihr Gemüth namentlich gegen die Künste der
+römisch-katholischen Theologen gestählt, sie aber in völliger Unkenntniß
+der englischen Verfassung und ihrer eignen Stellung gelassen. Sie wußte,
+daß ihr eheliches Gelübde sie zum Gehorsam gegen ihren Gemahl
+verpflichtete und es war ihr nie in den Sinn gekommen, daß dieses
+gegenseitige Verhältniß einmal umgekehrt werden könnte. Sie war bereits
+neun Jahre vermählt, ehe sie die Ursache von Wilhelm’s Verstimmung
+entdeckte, und von ihm selbst würde sie dieselbe auch nie erfahren
+haben. In Folge seiner ganzen Gemüthsart brütete er eher über die ihn
+niederdrückenden Sorgen, als daß er denselben einen Ausdruck gab, und in
+diesem speciellen Falle wurde sein Mund durch ein ganz natürliches
+Zartgefühl versiegelt. Endlich aber kam durch die Vermittelung Gilbert
+Burnet’s eine vollkommene Verständigung und Aussöhnung zu Stande.
+
+ [Anmerkung 8: Siehe Swift’s Bericht über sie im +Journal to
+ Stella+.]
+
+ [Anmerkung 9: Heinrich Sidney’s Tagebuch vom 31. März 1680 in Mr.
+ Blencowe’s interessanter Sammlung.]
+
+
+[_Gilbert Burnet._] Burnet’s Ruf ist mit auffallender Böswilligkeit und
+Hartnäckigkeit angegriffen worden. Der Angriff begann schon frühzeitig
+in seinem Leben und wird noch jetzt mit unverminderter Heftigkeit
+fortgesetzt, obgleich er bereits über ein und ein Viertel Jahrhundert im
+Grabe liegt. Allerdings ist er auch für den Parteihaß und den
+muthwilligen Spott eine Zielscheibe, wie sie sich keine bessere wünschen
+können, denn die Mängel seines Verstandes und seines Characters liegen
+klar am Tage und können Niemandem entgehen. Es waren jedoch nicht die
+Fehler, welche man als seinen Landsleuten eigen zu betrachten pflegt. Er
+allein unter den vielen Schotten, die sich in England zu Auszeichnung
+und Wohlstand emporgeschwungen haben, hatte den Charakter, welchen
+Satiriker, Romanschreiber und Schauspieldichter allgemein den irischen
+Abenteurern zuschreiben. Seine physische Lebendigkeit, seine
+Ruhmredigkeit, seine unverhohlene Eitelkeit, seine Faseleien, seine
+herausfordernde Indiscretion und seine kecke Dreistigkeit boten den
+Tories unerschöpflichen Stoff zu Spötteleien. Auch unterließen seine
+Feinde nicht, ihm nebenbei über seine breiten Schultern, seine dicken
+Waden und sein Glück in Heirathsspekulationen auf verliebte reiche
+Wittwen mehr witzige als artige Complimente zu machen. Obwohl jedoch
+Burnet in vieler Beziehung dem Spott und selbst dem Tadel Blößen darbot,
+so verdiente er doch keineswegs eine solche Geringschätzung. Er besaß
+einen regen Geist, einen unermüdlichen Fleiß und eine vielseitige,
+ausgedehnte Belesenheit. Er war zu gleicher Zeit Geschichtsschreiber,
+Alterthumsforscher, Theolog, Prediger, Tagesschriftsteller, Polemiker
+und thätiger politischer Parteiführer, und in allen diesen
+Eigenschaften zeichnete er sich unter vielen geschickten Mitbewerbern
+vortheilhaft aus. Die vielen geistreichen Abhandlungen, die er über
+Tagesbegebenheiten schrieb, sind jetzt nur noch Forschern bekannt; aber
+seine +History of his own Times+, seine +History of the Reformation+,
+seine +Exposition of the Articles+, sein +Discourse of Pastoral Care+,
+sein +Life of Hale+ und sein +Life of Wilmot+ werden noch immer neu
+aufgelegt und fehlen in keiner guten Privatbibliothek. Gegen eine solche
+Thatsache vermögen alle Anstrengungen der Verleumder nichts. Ein
+Schriftsteller, dessen umfangreiche Werke in verschiedenen Zweigen der
+Literatur noch hundertdreißig Jahre nach seinem Tode zahlreiche Leser
+finden, kann große Fehler gehabt haben, muß aber auch große Vorzüge
+gehabt haben, und diese hatte Burnet: einen fruchtbaren und regen Geist
+und einen Styl, der allerdings von tadelloser Reinheit weit entfernt,
+doch stets klar, oft lebendig ist und sich zuweilen selbst zu
+feierlicher und glühender Beredtsamkeit erhebt. Auf der Kanzel wurde die
+Wirkung seiner ohne irgend welche schriftliche Notizen gehaltenen
+Predigten noch erhöht durch eine edle Gestalt und einen imponirenden
+Vortrag. Er wurde oft durch das Beifallsgemurmel seiner Zuhörer
+unterbrochen, und wenn die Sanduhr, die sich damals auf jeder Kanzel
+befand, abgelaufen war und er dieselbe emporhielt, forderte ihn die
+Gemeinde durch lauten Zuruf auf fortzufahren, bis der Sand noch einmal
+abgelaufen wäre.[10] Die großen Mängel seines sittlichen Characters und
+seines Geistes wurden durch große Vorzüge mehr als ausgeglichen.
+Obgleich durch Vorurtheil und Leidenschaft oft auf Irrwege geführt, war
+er doch im strengsten Sinne des Worts ein Ehrenmann. Konnte er auch den
+Versuchungen der Eitelkeit nicht immer widerstehen, so stand sein
+Character doch hoch über den Einflüssen der Habsucht und der Furcht. Er
+war von Gemüth leutselig, hochherzig, dankbar und nachsichtig.[11] Sein
+Glaubenseifer, obwohl stetig und glühend, wurde im Allgemeinen durch
+Humanität und durch Achtung der Gewissensfreiheit in Schranken gehalten.
+Trotz seiner unerschütterlichen Anhänglichkeit an das was er als den
+Geist des Christenthums betrachtete, war er doch gleichgültig gegen
+Gebräuche, Namen und Formen der kirchlichen Verfassung und war selbst
+gegen Ungläubige und Ketzer, deren Lebenswandel tadellos war und deren
+Irrthümer mehr die Wirkung falscher Begriffe als eines verderbten
+Characters zu sein schienen, durchaus nicht zur Strenge geneigt. Aber
+gleich vielen anderen braven Männern jener Zeit betrachtete er die Sache
+der römischen Kirche als eine Ausnahme von allen gewöhnlichen Regeln.
+
+Burnet genoß schon seit mehreren Jahren eines europäischen Rufes. Seine
+Geschichte der Reformation war von allen Protestanten mit lautem Beifall
+aufgenommen und von den römischen Katholiken als ein gewaltiger Schlag
+gefühlt worden. Der größte Gelehrte, den die römische Kirche seit dem
+Schisma des sechzehnten Jahrhunderts hervorgebracht, Bossuet, Bischof
+von Meaux, war mit der Bearbeitung einer ausführlichen Erwiederung
+beschäftigt. Burnet war von einem der glaubenseifrigen Parlamente,
+welche während der durch das papistische Complot verursachten Aufregung
+tagten, mit einem Dankvotum beehrt und im Namen der Gemeinen von England
+ersucht worden, seine geschichtlichen Forschungen fortzusetzen. Er war
+von Karl sowohl als von Jakob in deren engere Unterhaltungszirkel
+gezogen worden, hatte mit mehreren ausgezeichneten Staatsmännern,
+besonders mit Halifax auf sehr vertrautem Fuße gestanden und war der
+Gewissensrath einiger sehr hochstehenden Personen gewesen. Er hatte
+ferner einen der glänzendsten Wüstlinge jener Zeit, Johann Wilmot, Earl
+von Rochester, von Atheismus und Ausschweifung zurückgebracht. Lord
+Stafford, das Opfer des Oates, war, obgleich Katholik, in seinen letzten
+Stunden durch Burnet’s geistlichen Zuspruch über diejenigen Punkte, in
+denen alle Christen übereinstimmen, erbaut worden. Wenige Jahre später
+begleitete Burnet einen noch erlauchteren Dulder, Lord Russell, vom
+Tower auf das Schaffot in Lincoln’s Inn Fields. Der Hof hatte nichts
+unversucht gelassen, um einen so thätigen und tüchtigen Theologen zu
+gewinnen. Weder königliche Schmeicheleien, noch die Verheißung
+einträglicher Stellen waren gespart worden. Aber Burnet war, obwohl in
+früher Jugend von den servilen Lehren angesteckt, denen der damalige
+Klerus durchgehends anhing, aus Überzeugung Whig geworden und er blieb
+seinen Grundsätzen durch alle Wechselfälle des Lebens treu. Er hatte
+jedoch keinen Antheil an der Verschwörung genommen, welche soviel
+Schmach und Unheil über die Whigpartei brachte und verabscheuete nicht
+nur die Mordpläne Goodenough’s und Ferguson’s, sondern war auch der
+Meinung, daß selbst sein geliebter und verehrter Freund Russell gegen
+die Regierung weiter gegangen sei, als es sich rechtfertigen ließ.
+Endlich kam eine Zeit, wo die Unschuld kein hinreichender Schutz war.
+Burnet wurde, obgleich er sich keiner Übertretung des Gesetzes schuldig
+gemacht, von der Rache des Hofes verfolgt. Er begab sich auf den
+Continent und nachdem er etwa ein Jahr auf jene Wanderungen durch die
+Schweiz, durch Italien und Deutschland verwendet, von denen er uns eine
+anziehende Beschreibung hinterlassen hat, ging er im Sommer 1686 nach
+dem Haag, wo er mit Freundlichkeit und Achtung aufgenommen wurde. Er
+unterhielt sich sehr freisinnig mit der Prinzessin über Politik und
+Religion und wurde bald ihr geistlicher Beistand und vertrauter
+Rathgeber. Wilhelm erwies sich als ein viel freundlicherer Wirth, als es
+zu erwarten gewesen wäre. Denn von allen Fehlern waren ihm
+Zudringlichkeit und Indiscretion am meisten verhaßt und Burnet war, wie
+selbst seine Freunde und Verehrer zugestanden, der zudringlichste und
+indiscreteste Mensch, den es geben konnte. Aber der scharfsichtige Prinz
+bemerkte sehr wohl, daß dieser vorlaute und schwatzhafte Theolog, der
+beständig Geheimnisse ausplauderte, naseweise Fragen stellte und
+unerbetenen Rath aufdrängte, bei alledem ein freimüthiger, furchtloser
+und kluger Mann war, der die Gesinnungen und Absichten der britischen
+Secten und Factionen genau kannte. Auch war der Ruf von Burnet’s
+Beredsamkeit und Gelehrsamkeit weit verbreitet. Wilhelm selbst war kein
+Freund vom Lesen, aber er stand jetzt seit vielen Jahren an der Spitze
+der holländischen Regierung zu einer Zeit, wo die holländische Presse
+eines der gewaltigsten Werkzeuge war, durch welche die öffentliche
+Meinung in Europa bearbeitet wurde, und obgleich er an literarischen
+Genüssen kein Vergnügen fand, war er doch viel zu klug und
+scharfsichtig, als daß er den Werth des literarischen Beistandes nicht
+hätte erkennen sollen. Er wußte sehr wohl, daß eine populäre Flugschrift
+zuweilen ebenso gute Dienste leistet als ein Sieg auf dem Schlachtfelde.
+Auch sah er ein, wie wichtig es sei, daß er immer einen Mann um sich
+hatte, der mit der bürgerlichen und kirchlichen Verfassung unsrer Insel
+vertraut war, und Burnet eignete sich vortrefflich dazu, als lebende
+Encyclopädie über britische Angelegenheiten benutzt zu werden, denn
+seine Kenntnisse waren, wenn auch nicht immer ganz zuverlässig, doch von
+erstaunlicher Vielseitigkeit und es gab in England wie in Schottland
+wenige ausgezeichnete Männer irgend einer politischen oder religiösen
+Partei, mit denen er nicht verkehrt hätte. Es wurde ihm daher die
+nämliche Gunst und das nämliche Vertrauen gewährt wie nur irgend Einem
+außer denen, welche den kleinen intimsten Kreis von Privatfreunden des
+Prinzen bildeten. Nahm sich der Doctor Freiheiten heraus, was nicht
+selten der Fall war, so wurde sein Gönner noch kälter und mürrischer als
+gewöhnlich gegen ihn und äußerte zuweilen eine kurze, beißende
+Bemerkung, die einem Menschen von gewöhnlicher Dreistigkeit für immer
+den Mund geschlossen haben würde. Trotz solcher Vorfälle aber dauerte
+die Freundschaft dieses sonderbaren Paares mit wenigen kurzen
+Unterbrechungen so lange, bis sie durch den Tod aufgelöst wurde. Es war
+in der That nicht leicht, Burnet zu kränken. Seine Selbstgefälligkeit,
+seine heitere Sorglosigkeit und seine Taktlosigkeit waren so groß, daß
+er wohl oft Anstoß gab, aber nie Anstoß nahm.
+
+ [Anmerkung 10: Sprecher Onslow’s Note zu Burnet I. 596; +Johnson’s
+ Life of Sprat+.]
+
+ [Anmerkung 11: Niemand hat Burnet häufiger und bitterer
+ widersprochen als Dartmouth. Und doch schrieb auch Dartmouth: „Ich
+ glaube nicht, daß er jemals vorsätzlich etwas veröffentlichte, was
+ er für falsch hielt.“ Zu einer späteren Zeit nahm er, durch einige
+ Bemerkungen über sich im zweiten Bande der Geschichte des Bischofs
+ gereizt, dieses Lob zurück; aber auf einen solchen Widerruf darf
+ man kein großes Gewicht legen. Selbst Swift war so gerecht zu
+ sagen: „Im Ganzen war er ein hochherziger und braver Mann.“ +Short
+ Remarks on Bishop Burnet’s History+.
+
+ Burnet wird gewöhnlich als ein auffallend ungenauer
+ Geschichtsschreiber getadelt; aber ich halte diesen Vorwurf für
+ ungerecht. Er scheint nur deshalb ungenau zu sein, weil seine
+ Darstellung einer besonders strengen und unfreundlichen Kritik
+ unterzogen worden ist. Wenn ein Whig sich die Mühe nehmen wollte
+ +Reresby’s Memoirs, North’s Examen, Mulgrave’s Account of the
+ Revolution+ oder +Clarke’s Life of James the Second+ einer
+ ähnlichen Prüfung zu unterwerfen, so würde es sich bald zeigen,
+ daß Burnet keineswegs der ungenaueste Geschichtsschreiber seiner
+ Zeit war.]
+
+
+[_Er vermittelt eine innigere Annäherung zwischen dem Prinzen und der
+Prinzessin._] Alle Eigenthümlichkeiten seines Characters machten ihn
+ganz dazu geeignet, der Friedensstifter zwischen Wilhelm und Marien zu
+werden. Wenn Personen, die einander achten und lieben sollten, durch
+eine Ursache von einander fern gehalten werden, welche drei freimüthig
+gesprochene Worte beseitigen könnten, so ist es ein Glück für sie, wenn
+sie einen indiscreten Freund haben, der mit der ganzen Wahrheit
+herausplatzt. Burnet sagte der Prinzessin ganz offen, welches Gefühl an
+dem Herzen ihres Gemahls nagte. Sie erfuhr jetzt zum ersten Male mit
+nicht geringem Erstaunen, daß, wenn sie Königin von England würde,
+Wilhelm ihren Thron nicht theilen sollte. Sie erklärte mit den innigsten
+Worten, daß es keinen Beweis von ehelicher Unterwerfung und Liebe gebe,
+zu dem sie nicht jeden Augenblick bereit wäre. Unter vielen
+Entschuldigungen und feierlichen Versicherungen, daß kein andrer Mensch
+ihm ein Wort in den Mund gelegt habe, sagte ihr Burnet nun, daß das
+Heilmittel in ihrer Hand liege. Wenn die Krone ihr zugefallen sei, könne
+sie leicht ihr Parlament dazu bewegen, daß es ihrem Gatten nicht nur den
+Königstitel gewährte, sondern ihm sogar durch ein Gesetz die Zügel der
+Regierung in die Hand gab. „Aber,“ setzte er hinzu, „Ihre königliche
+Hoheit müssen wohl überlegen, ehe Sie einen solchen Entschluß
+aussprechen, denn es ist ein Entschluß, dessen Zurücknahme weder rathsam
+noch leicht sein würde, wenn er einmal angekündigt wäre.“ -- „Ich bedarf
+keiner Zeit zur Überlegung,“ antwortete Marie. „Es ist genug, daß ich
+eine Gelegenheit habe, um dem Prinzen meine Achtung zu beweisen. Theilen
+Sie ihm mit was ich gesagt habe, und bringen Sie ihn zu mir, damit er es
+aus meinem eigenen Munde höre.“ Burnet wollte den Prinzen sogleich
+herbeiholen, aber er war viele Meilen weit entfernt auf einer
+Hirschjagd. Erst am folgenden Tage konnte die entscheidende Unterredung
+stattfinden. „Ich habe erst gestern erfahren,“ sagte Marie, „daß
+zwischen den Gesetzen Englands und den Gesetzen Gottes ein solcher
+Unterschied obwaltet. Aber ich verspreche Ihnen, daß Sie jederzeit der
+Gebieter sein sollen, und ich verlange keinen andren Lohn dafür, als daß
+Sie das Gebot, welches den Gatten vorschreibt, ihre Frauen zu lieben,
+ebenso befolgen, wie ich das Gebot halte, welches den Frauen
+vorschreibt, ihren Gatten zu gehorchen.“ Dieser Beweis von edelmüthiger
+Zuneigung gewann ihr Wilhelm’s Herz vollständig. Von diesem Augenblicke
+an bis zu dem traurigen Tage, an welchem er ohnmächtig von ihrem
+Sterbebett hinweggetragen wurde, herrschte vollkommene Freundschaft und
+unbegrenztes Vertrauen zwischen ihnen. Viele von ihren Briefen an ihn
+sind noch vorhanden und sie enthalten zahlreiche Beweise, daß es diesem
+Manne, der in den Augen der Menge für so unliebenswürdig galt, gelungen
+war, einer schönen und tugendhaften Frau, welche in Hinsicht der Geburt
+über ihm stand, eine bis zur abgöttischen Verehrung gehende Liebe
+einzuflößen.
+
+Der Dienst, den Burnet seinem Vaterlande erzeigt, war von hoher
+Bedeutung. Es war eine Zeit gekommen, wo es für das Wohl des Staates
+sehr wichtig war, daß zwischen dem Prinzen und der Prinzessin
+vollkommene Eintracht herrschte.
+
+
+[_Beziehungen Wilhelm’s zu den englischen Parteien._] Bis nach der
+Unterdrückung des Aufstandes im Westen hatten ernste Ursachen des
+Zwiespaltes Wilhelm sowohl von den Tories als von den Whigs getrennt. Er
+hatte mit großem Mißfallen die Versuche der Whigs beobachtet, der
+ausübenden Gewalt einige Befugnisse zu entziehen, die er zur
+Aufrechthaltung ihrer Wirksamkeit und ihrer Würde für nöthig hielt. Mit
+noch größerem Mißfallen hatte er die Unterstützung gesehen, welche ein
+großer Theil dieser Partei den Anmaßungen Monmouth’s angedeihen ließ. Es
+schien als ob die Opposition zuerst die Krone Englands des Tragens nicht
+mehr werth machen und sie dann einem Bastard und Betrüger aufs Haupt
+setzen wollte. Zu gleicher Zeit war das religiöse System des Prinzen
+weit verschieden von dem, welchem die Torypartei huldigte. Sie waren
+Arminianer und Prälatisten. Sie sahen mit Verachtung auf die
+protestantischen Kirchen des Continents herab und hielten jede Zeile
+ihrer eignen Liturgie und Rubrica für kaum weniger geheiligt als die
+Evangelien. Seine Ansichten über die metaphysischen Seiten der Theologie
+waren calvinistisch. Seine Ansichten bezüglich der Kirchenverfassungen
+und der gottesdienstlichen Formen waren latitudinarisch. Er gab zu, daß
+das Episcopat eine gesetzliche und zweckmäßige Form des Kirchenregiments
+sei; aber er sprach mit Bitterkeit und Hohn von der Bigotterie Derer,
+welche die bischöfliche Ordination für ein wesentliches Erforderniß
+einer christlichen Gesellschaft hielten. Gegen die durch die Liturgie
+vorgeschriebenen Gewänder und Gesten hatte er keine Bedenken, aber er
+gestand, daß ihm die Gebräuche der anglikanischen Kirche lieber sein
+würden, wenn sie ihn weniger an die Gebräuche der römischen Kirche
+erinnerten. Man hatte ihn ein ominöses Gemurmel von sich geben hören,
+als er in der Privatkapelle seiner Gemahlin zum ersten Male einen Altar
+nach anglikanischer Weise geschmückt sah, und es schien ihm nicht
+sonderlich zu gefallen, als er Hooker’s +Ecclesiastical Policy+ in ihrer
+Hand sah.[12]
+
+ [Anmerkung 12: +Dr.+ Hooper’s handschriftliche Erzählung im
+ Anhange zu Lord Dungannon’s +Life of William+.]
+
+
+[_Seine Gesinnungen gegen England._] Er verfolgte daher lange den Streit
+zwischen den englischen Parteien mit Aufmerksamkeit, aber ohne eine
+starke Vorliebe für die eine oder die andre Partei zu hegen. Er wurde
+auch bis ans Ende seines Lebens in der That niemals weder ein Whig, noch
+ein Tory. Es fehlte ihm das was die gemeinsame Grundlage beider
+Charactere ist, denn er wurde nie ein Engländer. Er rettete zwar
+England, liebte es aber nie und erlangte ebensowenig die Liebe der
+Engländer. Für ihn war es nur ein Verbannungsort, den er mit Widerwillen
+besuchte und mit Freuden verließ. Selbst als er dem Lande die Dienste
+leistete, deren günstige Wirkungen wir bis auf den heutigen Tag fühlen,
+war sein Hauptzweck nicht die Wohlfahrt desselben.
+
+
+[_Seine Gesinnungen gegen Holland und Frankreich._] All’ sein
+patriotisches Gefühl gehörte Holland. Hier befand sich das prächtige
+Grabmal, in welchem der große Staatsmann ruhte, dessen Blut, dessen
+Namen, dessen Character und dessen Genie er geerbt hatte. Hier war der
+bloße Klang seines Namens schon ein Zauberspruch, welcher durch drei
+Generationen die liebevolle Begeisterung der Landleute und Handwerker
+erweckt hatte. Die holländische Sprache war die Sprache seiner
+Kinderstube; unter dem holländischen Adel hatte er seine ersten Freunde
+gewählt; die Vergnügungen, die Bauart und die Gegenden seines
+Heimathlandes wurzelten tief in seinem Herzen. Zu ihm wendete er sich
+immer wieder mit unveränderter Zärtlichkeit von einem stolzeren und
+schöneren Nebenbuhler ab. In den Sälen von Whitehall sehnte er sich nach
+dem traulichen Hause im Busche im Haag und er fühlte sich nie
+glücklicher, als wenn er die Pracht von Windsor mit der bescheidenen
+Einfachheit von Loo vertauschen konnte. Während seiner glänzenden
+Verbannung fand er einigen Trost darin, daß er durch Bauen, Pflanzen und
+Graben um sich her einen Schauplatz schaffen konnte, der ihn an die
+regelmäßigen Gebäude von rothem Backstein, an die langen Kanäle und an
+die symmetrischen Blumenbeete erinnerte, unter denen er seine Jugend
+verlebt hatte. Doch selbst die Liebe zu seinem Vaterlande war einem
+andren Gefühle untergeordnet, welches schon frühzeitig in seiner Seele
+die Oberherrschaft gewann, das sich mit allen seinen Leidenschaften
+vermischte, das ihn zu großartigen Unternehmungen anspornte, das ihn
+aufrecht erhielt, wenn Kränkungen, Schmerzen, Krankheit und Sorgen ihn
+zu Boden drücken wollten, das gegen das Ende seiner Laufbahn einmal
+kurze Zeit erloschen zu sein schien, aber bald heftiger als je wieder
+hervorbrach und ihn noch beseelte, als das Sterbegebet an seinem Lager
+gesprochen wurde. Dieses Gefühl war der Haß gegen Frankreich und den
+prachtliebenden König, der in mehr als einer Hinsicht Frankreich
+repräsentirte und der mit seinen specifisch französischen Tugenden und
+Vorzügen jenen unruhigen, gewissenlosen und dünkelhaften Ehrgeiz
+verband, der zu wiederholten Malen den Zorn ganz Europa’s über
+Frankreich gebracht hat.
+
+Es ist nicht schwer, die Fortschritte des Gefühls zu verfolgen, welches
+nach und nach die Alleinherrschaft in Wilhelm’s Seele erlangte. Als er
+kaum erst dem Knabenalter entwachsen, war sein Vaterland in
+prahlerischem Trotze gegen Recht und Gerechtigkeit überfallen, verwüstet
+und allen Excessen der Raubsucht, Ausschweifung und Grausamkeit
+preisgegeben worden. Die Holländer hatten sich in ihrer Bedrängniß vor
+dem Eroberer gedemüthigt und um Gnade gefleht. Darauf war ihnen der
+Bescheid geworden, daß wenn sie Frieden wünschten, sie ihre
+Selbstständigkeit aufgeben und alljährlich dem Hause Bourbon huldigen
+müßten. Die schwer beleidigte Nation hatte, zur Verzweiflung getrieben,
+ihre Deiche durchbrochen und das Meer als Bundesgenossen gegen die
+französische Tyrannei zu Hülfe gerufen. Mitten in den Greueln dieses
+Kampfes, während die Landleute entsetzt vor den Eroberern flohen,
+während Hunderte von schönen Gärten und Lusthäusern in den Fluthen
+begraben, während die Berathungen der Generalstaaten durch die
+Ohnmachten und das laute Weinen alter Senatoren unterbrochen wurden,
+welche den Gedanken nicht ertragen konnten, die Freiheit und den Ruhm
+ihres Vaterlandes zu überleben, war Wilhelm an die Spitze der Geschäfte
+berufen worden. Eine Zeit lang dünkte ihm jeder Widerstand hoffnungslos.
+Er sah sich vergebens nach Hülfe um. Spanien war ausgesogen, Deutschland
+zerrissen, England bestochen. Es schien dem jungen Statthalter, als ob
+ihm nichts weiter übrig bliebe, als mit dem Schwerte in der Hand zu
+fallen, oder der Aeneas einer großen Völkerwanderung zu werden und in
+Gegenden, welche außer dem Bereiche der Tyrannei Frankreichs lagen, ein
+neues Holland zu gründen. Dann wäre kein Hinderniß mehr vorhanden
+gewesen, das die Fortschritte des Hauses Bourbon hätte hemmen können.
+Noch wenige Jahre und dieses Haus würde seine Besitzungen durch
+Lothringen und Flandern, Castilien und Arragonien, Neapel und Mailand,
+Mexico und Peru vergrößert haben. Ludwig hätte sich dann die Kaiserkrone
+aufsetzen, einen Prinzen seines Hauses auf den Thron Polens erheben und
+der Alleinherrscher in Europa von den scythischen Wüsten bis zum
+Atlantischen Ocean, sowie in Amerika von den Gegenden nördlich vom
+Wendekreis des Krebses bis zu den Gegenden südlich vom Wendekreis des
+Steinbocks werden können. Dies waren die Aussichten, die sich Wilhelm
+darboten, als er in das öffentliche Leben eintrat und welche ihn bis zu
+seinem letzten Tage unaufhörlich verfolgten. Die französische Monarchie
+war für ihn das was die römische Republik für Hannibal, was das
+ottomanische Reich für Scanderbeg, was die südliche Herrschaft für
+Wallace war. Die Religion gab diesem glühenden und unverlöschlichen
+Hasse ihre Weihe. Hunderte von calvinistischen Predigern verkündeten,
+daß die nämliche Macht, welche Simson vom Mutterleibe an dazu bestimmt,
+die Geißel der Philister zu werden, und welche Gideon von der
+Dreschtenne abgerufen, um die Midianiter zu schlagen, Wilhelm von
+Oranien zum Vorkämpfer aller freien Nationen und aller reinen Kirchen
+erkoren habe, und diese Ansicht war nicht ohne Einfluß auf sein Gemüth
+geblieben. Dem Vertrauen, welches dieser heldenmüthige Fatalist in seine
+erhabene Bestimmung und in seine heilige Sache setzte, ist zum Theil
+seine auffallende Gleichgültigkeit gegen jede Gefahr zuzuschreiben. Er
+hatte ein großes Werk zu vollbringen und bis es vollbracht war, konnte
+ihm nichts schaden. Daher kam es auch, daß er trotz der Prophezeiungen
+der Ärzte von hoffnungslos scheinenden Krankheiten genas, daß Schaaren
+von Mördern sich vergebens gegen sein Leben verschworen, daß der offene
+Nachen, dem er sich in sternenloser Nacht auf einem tobenden Ocean an
+einer verrätherischen Küste anvertraute, ihn wohlbehalten ans Land trug
+und daß auf zwanzig Schlachtfeldern die Kanonenkugeln auf allen Seiten
+an ihm vorübersausten. Die Begeisterung und Ausdauer, womit er sich
+seiner Sendung widmete, haben kaum ein Beispiel in der Geschichte.
+Seinem großen Ziele gegenüber achtete er das Leben Anderer ebenso gering
+als sein eigenes. Selbst die menschlichsten und edelmüthigen Soldaten
+jener Zeit waren zu sehr daran gewöhnt, das Blutvergießen und die
+Verheerungen, welche von großen kriegerischen Unternehmungen
+unzertrennlich sind, mit kalter Gleichgültigkeit zu betrachten, und
+Wilhelm’s Herz war nicht allein durch berufsmäßige Unempfindlichkeit,
+sondern auch durch die noch starrere Unempfindlichkeit gestählt, welche
+die Wirkung des Pflichtgefühls ist. Drei große Coalitionen, drei lange
+und blutige Kriege, in denen ganz Europa von der Weichsel bis zum
+westlichen Ocean unter den Waffen stand, sind lediglich seiner
+unbezwinglichen Energie zuzuschreiben. Als im Jahre 1678 die
+Generalstaaten erschöpft und entmuthigt nach Ruhe verlangten, stimmte er
+noch immer dagegen, das Schwert in die Scheide zu stecken, und der
+Friede wurde nur geschlossen, weil er seinen wilden und entschlossenen
+Geist nicht auch Anderen einhauchen konnte. Noch im letzten Augenblicke
+schlug er in der Hoffnung, dadurch die Unterhandlungen abzubrechen, von
+denen er wohl wußte, daß sie dem Abschlusse nahe waren, eine der
+blutigsten und hartnäckigsten Schlachten jener Zeit. Von dem Tage an, wo
+der Friede von Nymwegen unterzeichnet worden war, begann er auf eine
+neue Coalition zu sinnen. Sein Streit mit Ludwig, der nun vom
+Schlachtfelde in das Kabinet versetzt wurde, ward bald durch eine
+Privatfehde noch erbitterter. Die beiden Rivalen waren einander in
+Talenten, Character, Manieren und Ansichten gerade entgegengesetzt.
+Ludwig, fein und würdevoll, verschwenderisch und ausschweifend, ein
+Freund von Prunk und Feind von persönlicher Gefahr, ein freigebiger
+Beschützer der Künste und Wissenschaften und ein grausamer Verfolger der
+Calvinisten, bildete einen auffallenden Contrast mit Wilhelm, der
+einfach in seinen Neigungen, unfreundlich in seinem Benehmen,
+unermüdlich und unerschrocken im Kriege, gleichgültig gegen alle
+Luxuszweige des Wissens und ein entschiedener Anhänger der genfer
+Theologie war. Die beiden Feinde beobachteten nicht lange jene
+Artigkeit, welche Männer ihres Ranges, selbst wenn sie einander an der
+Spitze von Armeen gegenüberstehen, selten aus den Augen setzen. Wilhelm
+gebrauchte zwar die Formalität, daß er Ludwig seine besten Dienste
+anbot; aber diese Höflichkeit wurde nach ihrem wahren Werthe gewürdigt
+und mit einer trocknen Zurückweisung vergolten. Der große König
+verachtete den kleinen Prinzen, der der Diener eines Bundes von
+Handelsstädten war und auf jedes Zeichen von Verachtung antwortete der
+unerschrockene Statthalter mit einer neuen Herausforderung, Wilhelm
+entlehnte seinen Namen, ein Name, den die Ereignisse des
+vorhergegangenen Jahrhunderts zu einem der glänzendsten und berühmtesten
+von ganz Europa gemacht hatten, von einer Stadt, welche nicht weit von
+Avignon an den Ufern der Rhone liegt und die, wie Avignon, obgleich von
+allen Seiten von französischem Gebiet umgeben, doch eigentlich nicht der
+französischen, sondern der kaiserlichen Krone als Lehen gehörte. Ludwig
+besetzte Orange mit der ihm eigenen übermüthigen Verachtung des
+Völkerrechts, schleifte die Befestigungswerke und eignete sich die
+Einkünfte der Stadt zu. Wilhelm erklärte laut bei Tische in Anwesenheit
+vieler Personen, der allerchristlichste König solle diese Beleidigung
+schwer bereuen, und als der Graf von Avaux ihn um eine nähere Erklärung
+dieser Worte bat, weigerte er sich auf das Bestimmteste, sie zu
+widerrufen oder wegzuerklären. Der Streit ging so weit, daß der
+französische Gesandte es nicht wagen durfte, sich im Empfangzimmer der
+Prinzessin blicken zu lassen, wenn er sich nicht der Gefahr aussetzen
+wollte, öffentlich beleidigt zu werden.[13]
+
+Wilhelm’s Gesinnungen gegen Frankreich erklären zugleich seine ganze
+Politik gegen England. Sein Gemeinsinn war ein europäischer. Der
+Hauptgegenstand seiner Sorge war nicht unsre Insel, ja selbst sein
+Geburtsland nicht, sondern die große Gemeinschaft der Nationen, der die
+Unterjochung durch ein zu mächtiges Mitglied drohte. Wer in dem Irrthume
+befangen ist, ihn als einen englischen Staatsmann zu betrachten, muß
+nothwendig sein ganzes Leben in einem falschen Lichte erblicken und wird
+nicht im Stande sein, irgend einen Grundsatz, sei es ein guter oder ein
+schlechter, ein whiggistischer oder ein toryistischer, zu entdecken, auf
+den sich seine wichtigsten Thaten zurückführen ließen. Betrachten wir
+ihn aber als einen Mann, dessen besondere Aufgabe es war, eine Masse von
+schwachen, zerrissenen und entmuthigten Staaten zu einem festen und
+starken Bunde gegen den gemeinsamen Feind zu sammeln, betrachten wir ihn
+als einen Mann, in dessen Augen England namentlich deshalb wichtig war,
+weil ohne dasselbe die von ihm beabsichtigte große Coalition
+unvollständig gewesen sein würde, so werden wir zugeben müssen, daß
+keine langjährige Laufbahn, von der uns die Geschichte erzählt, von
+Anfang bis zu Ende gleichmäßiger war als die dieses großen Fürsten.[14]
+
+ [Anmerkung 13: +Avaux Negotiations+, Aug. 10.(20.), Sept.
+ 14.(24.), Sept. 28. (Oct. 8.), Dec. 7.(17.) 1682.]
+
+ [Anmerkung 14: Ich kann mir das Vergnügen nicht versagen,
+ Massillon’s unfreundliche, aber scharfsinnige und edle
+ Characteristik Wilhelm’s hier anzuführen: +„Un prince profond dans
+ ses vues; habile à former des ligues et à reunir les esprits, plus
+ heureux à exciter les guerres qu’à combattre; plus encore à
+ craindre dans le secret du cabinet, qu’à la tête des armées; un
+ ennemi que la haine du nom Français avait rendu capable d’imaginer
+ de grandes choses et de les exécuter; un de ces génies qui
+ semblent être nés pour mouvoir à leur gré les peuples et les
+ souverains; un grand homme, s’il n’avoit jamais voulu être roi.“+
+ Grabrede auf den Dauphin.]
+
+
+[_Seine Politik durchaus consequent._] Der Leitfaden, den wir jetzt
+besitzen, wird es uns möglich machen, ohne Schwierigkeit den wirklich
+consequenten, obgleich anscheinend zuweilen gewundenen Gang zu
+verfolgen, den er gegen unsere inneren Factionen beobachtete. Er
+erkannte deutlich, was übrigens auch weit weniger scharfsichtigen Leuten
+als er war, nicht entging, daß das Unternehmen, an dem er mit ganzer
+Seele hing, wahrscheinlich gelingen würde, wenn England auf seiner Seite
+wäre, daß der Ausgang ungewiß sein würde, wenn England neutral bliebe,
+und daß es hoffnungslos sein würde, wenn England handelte, wie es in den
+Tagen der Cabale gehandelt hätte. Nicht weniger deutlich sah er, daß
+zwischen der äußeren und der inneren Politik Englands ein enger
+Zusammenhang stattfand, daß der Regent dieses Landes, wenn er mit dem
+gesetzgebenden Körper harmonirte, stets einen großen Einfluß auf die
+Angelegenheiten der Christenheit ausüben und daß ihm offenbar daran
+gelegen sein mußte, der ungebührlichen Machtvergrößerung irgend eines
+festländischen Potentaten entgegenzuwirken; daß auf der andren Seite der
+Souverain, wenn der gesetzgebende Körper ihm nicht traute und ihn in
+seinen freien Bewegungen hemmte, in der europäischen Politik nur von
+geringem Gewicht sein konnte und daß dieses ganze kleine Gewicht in die
+falsche Wagschale fallen würde. Der erste Wunsch des Prinzen war daher:
+Eintracht zwischen dem Throne und dem Parlamente. Wie diese Eintracht
+herzustellen war und auf welcher Seite Zugeständnisse gemacht werden
+mußten, dies waren seiner Ansicht nach Fragen von untergeordneter
+Bedeutung. Allerdings würde es ihm am liebsten gewesen sein, wenn eine
+vollständige Aussöhnung hätte bewirkt werden können, ohne einen
+Buchstaben von der Prärogative zu opfern, denn er hatte an der
+ungeschmälerten Aufrechthaltung derselben ein anwartschaftliches
+Interesse, und war von Natur mindestens eben so herrschsüchtig und ein
+eben so großer Feind von Beschränkung, als irgend ein Stuart. Aber es
+gab kein Kleinod der Krone, das er nicht, selbst nachdem sie auf sein
+eignes Haupt gesetzt worden, bereitwilligst zum Opfer gebracht hätte,
+wenn er überzeugt sein konnte, daß ein solches Opfer zur Erreichung
+seines großen Zieles unumgänglich nöthig war. Daher empfahl er auch der
+Regierung in den Tagen des papistischen Complots Nachgiebigkeit,
+obgleich er die Heftigkeit mißbilligte, mit der die Opposition die
+königliche Autorität angriff. Das Verfahren der Gemeinen bezüglich der
+inneren Angelegenheiten, sagte er, sei höchst unverständig, aber so
+lange die Gemeinen unzufrieden seien, könnten die Freiheiten Europa’s
+nicht sicher sein und dieser überwiegenden Rücksicht müsse jede andre
+weichen. Nach diesen Grundsätzen handelte er, als die Ausschließungsbill
+die ganze Nation erschütterte. Man hat keinen Grund zu der Annahme, daß
+er die Opposition aufgemuntert habe, diese Bill einzubringen oder die
+wiederholt gemachten Vergleichsvorschläge des Thrones zurückzuweisen.
+Als es aber klar wurde, daß, wenn diese Bill nicht durchging, ein
+ernster Bruch zwischen den Gemeinen und dem Hofe entstehen mußte, sprach
+er deutlich, obwohl mit gebührender Mäßigung, seine Ansicht dahin aus,
+daß man sich um jeden Preis mit den Vertretern des Volks versöhnen
+müsse. Als ein heftiger und reißender Umschwung der öffentlichen Meinung
+die Whigpartei eine Zeit lang völlig hilflos gelassen hatte, versuchte
+er es sein großes Ziel auf einem andren Wege zu erreichen, der seiner
+Natur vielleicht besser zusagte als der vorher betretene. Die veränderte
+Stimmung der Nation bot wenig Aussicht dar, daß ein Parlament gewählt
+werden würde, das geneigt war, die Wünsche des Souverains zu
+durchkreuzen. Karl war eine Zeit lang Herr. Ihn zu gewinnen, war daher
+des Prinzen erster Wunsch. Im Sommer 1683, fast in dem Augenblicke, als
+die Entdeckung des Ryehousecomplots die Niederlage der Whigs und den
+Sieg des Königs vollständig machte, traten anderwärts Ereignisse ein,
+welche Wilhelm nicht ohne die größte Angst und Besorgniß mit ansehen
+konnte. Die türkischen Heere rückten bis an die Vorstädte Wiens heran.
+Die große österreichische Monarchie, auf deren Unterstützung der Prinz
+gerechnet hatte, schien ihrem Untergange nahe zu sein. Bentinck wurde
+daher schleunigst vom Haag nach London gesandt, mit dem Auftrage nichts
+zu versäumen, was nöthig sein konnte, um den englischen Hof zu gewinnen,
+und ganz besonders war er angewiesen, in den stärksten Ausdrücken den
+Abscheu seines Gebieters gegen die Whigverschwörung zu versichern.
+
+Während der nächsten achtzehn Monate war einige Hoffnung, daß der Einfuß
+Halifax’ überwiegen und daß der Hof von Whitehall zur Politik der
+Tripleallianz zurückkehren werde. An diese Hoffnung klammerte sich
+Wilhelm mit Vorliebe an und sparte keine Mühe, um Karl günstig zu
+stimmen. Die gastliche Aufnahme, welche Monmouth im Haag fand, muß
+hauptsächlich dem ernstlichen Bestreben des Prinzen, die wirklichen
+Wünsche von Monmouth’s Vater zu erfüllen, zugeschrieben werden. Sobald
+Karl gestorben war, schlug Wilhelm in unabänderlicher Verfolgung seines
+Zieles wieder ein andres Verfahren ein. Er hatte Monmouth aufgenommen,
+um dem verstorbenen Könige zu gefallen; damit nun der gegenwärtige König
+keine Ursache zu Beschwerden haben sollte, wurde Monmouth fortgeschickt.
+Wir haben gesehen, daß beim Ausbruche des Aufstandes im Westen die in
+holländischen Diensten stehenden britischen Regimenter durch die
+thätigen Bemühungen des Prinzen auf die erste Aufforderung in ihre
+Heimath zurückgesandt wurden. Wilhelm erbot sich sogar, persönlich ein
+Commando gegen die Rebellen zu übernehmen, und daß dieses Anerbieten
+vollkommen aufrichtig gemeint war, kann von Niemandem, der seine
+vertraulichen Briefe an Bentinck gelesen hat, bezweifelt werden.[15]
+
+Der Prinz gab sich zu dieser Zeit augenscheinlich der Hoffnung hin, daß
+der große Plan, dem in seinem Geiste alles Andre untergeordnet war, den
+Beifall und die Unterstützung seines Schwiegervaters erhalten werde. Der
+hohe Ton, den Jakob damals gegen Frankreich annahm, die
+Bereitwilligkeit, mit der er sich zu einem Defensivbündnisse mit den
+Vereinigten Provinzen verstand, und seine Geneigtheit zu einer
+Verbindung mit dem Hause Österreich bestärkten diese Erwartung. Aber
+bald verfinsterte sich der Horizont. Die Entlassung Halifax’, der Bruch
+zwischen Jakob und dem Parlamente, die Prorogation desselben und die
+ausdrückliche Erklärung, welche der König den auswärtigen Gesandten gab,
+daß die festländische Politik seine Aufmerksamkeit nicht länger von
+inneren Maßregeln zur Befestigung seiner Hoheitsrechte und zur Förderung
+der Interessen seiner Kirche ablenken sollte, machten der Täuschung ein
+Ende. Es war klar, daß England, wenn Jakob sein Beherrscher war, im Fall
+einer europäischen Krisis entweder unthätig bleiben oder im Einklange
+mit Frankreich handeln würde. Und die europäische Krisis rückte immer
+näher. Das Haus Österreich war durch eine Reihe von Siegen gegen fernere
+Gefahr von Seiten der Türkei gesichert worden und hatte daher nicht mehr
+nöthig, die Übergriffe und Beleidigungen Ludwig’s geduldig zu ertragen.
+
+ [Anmerkung 15: Zum Beispiel: +„Je crois M. Feversham un très brave
+ et honeste homme. Mais je doute s’il a assez d’expérience à
+ diriger une si grande affaire qu’il a sur le bras. Dieu lui donne
+ un succès prompt et heureux. Mais je ne suis pas hors
+ d’inquiétude.“+ -- 7.(17.) Juli 1685. Als er die Nachricht von der
+ Schlacht von Sedgemoor erhalten hatte, schrieb er wieder: +„Dieu
+ soit loué du bon succès que les troupes du Roy ont eu contres les
+ rebelles. Je ne doute pas que cette affaire ne soit entièrement
+ assoupie, et que le règne du Roy sera heureux, ce que Dieu
+ veuille.“+ -- 10.(20.) Juli.]
+
+
+[_Vertrag von Augsburg._] In Folge dessen wurde im Juli 1686 zu Augsburg
+ein Vertrag unterzeichnet, durch den sich die Fürsten des Reichs zum
+Zwecke gegenseitiger Vertheidigung eng verbanden. Die Könige von Spanien
+und von Schweden waren diesem Bunde ebenfalls beigetreten, der König von
+Spanien als Besitzer der im burgundischen Kreise liegenden Provinzen,
+der König von Schweden als Herzog von Pommern. Die Verbündeten
+erklärten, daß sie nicht die Absicht hätten irgend eine Macht
+anzugreifen oder irgend eine zu beleidigen, daß sie aber entschlossen
+seien, keine Verletzung der Rechte zu dulden, welche das deutsche Reich
+unter Sanction des Völkerrechts und der öffentlichen Treue besitze. Sie
+verpflichteten sich, einander im Falle der Noth beizustehen und
+bestimmten das Truppencontingent, das jedes Mitglied des Bundes stellen
+mußte, wenn es nöthig werden sollte, einen Angriff zurückzuweisen.[16]
+Der Name Wilhelm’s war in dieser Urkunde nicht genannt aber Jedermann
+wußte, daß sie sein Werk war und sah voraus, daß er in nicht langer Zeit
+wieder an der Spitze einer Coalition gegen Frankreich stehen werde.
+Zwischen ihm und dem Vasallen Frankreichs konnte unter solchen Umständen
+kein herzliches Einvernehmen stattfinden. Es erfolgte zwar kein offener
+Bruch und kein Austausch von Drohungen oder Vorwürfen; aber
+Schwiegervater und Schwiegersohn waren vollständig und für immer
+geschieden.
+
+ [Anmerkung 16: Der Vertrag ist in dem +Recueil des Traités, IV.
+ No. 209+ zu finden.]
+
+
+[_Wilhelm wird das Oberhaupt der englischen Opposition._] Gerade zu der
+Zeit, als der Prinz so dem englischen Hofe entfremdet wurde,
+verschwanden die Ursachen, welche bisher eine Kälte zwischen ihm und den
+beiden großen Parteien des englischen Volks hervorgerufen hatten. Ein
+großer Theil, der Zahl nach vielleicht die Mehrheit der Whigs, hatte die
+Ansprüche Monmouth’s begünstigt, aber Monmouth existirte jetzt nicht
+mehr. Die Tories auf der andren Seite hatten gefürchtet, die Interessen
+der anglikanischen Kirche mochten unter der Leitung eines Mannes nicht
+sicher sein, der unter holländischen Presbyterianern aufgewachsen und
+dessen Ansichten über die Gewänder, die Ceremonien und die Bischöfe als
+latitudinarisch wohl bekannt waren; seitdem aber jener geliebten Kirche
+von einer ganz andren Seite weit furchtbarere Gefahren drohten, hatten
+diese Befürchtungen fast ihre ganze Kraft verloren. So kam es, daß beide
+große Parteien in dem nämlichen Augenblicke ihre Hoffnungen und ihre
+Liebe auf den nämlichen Führer zu richten begannen. Alte Republikaner
+konnten ihr Vertrauen einem Manne nicht versagen, der viele Jahre
+hindurch das höchste Amt einer Republik würdig bekleidet hatte, und alte
+Royalisten sahen ein, daß sie in Übereinstimmung mit ihren Grundsätzen
+handelten, wenn sie einem dem Throne so nahe gehenden Prinzen die
+tiefste Ehrerbietung bezeigten. Unter diesen Umständen war es von
+höchster Wichtigkeit, daß zwischen Wilhelm und Marien die vollkommenste
+Einigkeit herrschte. Eine Mißhelligkeit zwischen der präsumtiven
+Thronerbin und ihrem Gemahl hätte in der großen Masse, die sich von
+allen Seiten her um einen gemeinschaftlichen Mittelpunkt schaarte, eine
+Spaltung hervorbringen müssen. Zum Glück wurde jede Gefahr einer solchen
+Mißhelligkeit im entscheidenden Augenblicke durch Burnet’s
+Dazwischenkunft beseitigt und der Prinz wurde das unbestrittene Haupt
+der ganzen Partei, welche der Regierung feindlich gegenüberstand, einer
+Partei, welche fast die ganze Nation in sich begriff.
+
+Es ist nicht der mindeste Grund zu der Annahme vorhanden, daß er schon
+um diese Zeit das große Unternehmen im Sinne hatte, zu dem ihn später
+die gebieterische Nothwendigkeit trieb. Er wußte sehr gut, daß die
+öffentliche Stimmung in England, wenn auch durch Kränkungen gereizt,
+doch zu einer Revolution keineswegs reif war. Gewiß würde er gern das
+Ärgerniß vermieden haben, das ein blutiger Streit zwischen Personen,
+welche durch die engsten Bande der Blutsverwandtschaft und der
+Verschwägerung an einander gekettet waren, nothwendig erregen mußte.
+Auch sein Ehrgeiz ließ es ihm nicht wünschenswerth erscheinen, die
+Größe, die im gewöhnlichen Laufe der Natur und des Rechts ihm zufallen
+konnte, einer Gewaltthätigkeit zu verdanken, denn er wußte jetzt, daß,
+wenn die Krone auf regelmäßigem Wege auf seine Gemahlin überging,
+zugleich mit derselben auch alle ihre Vorrechte ungeschmälert auf ihn
+selbst übergehen würden, daß sie aber, wenn sie durch eine Wahl erlangt
+wurde, unter den Bedingungen angenommen werden mußte, welche die Wähler
+zu stellen für gut fanden. Er schien daher geduldig den Tag erwarten zu
+wollen, wo er mit unbestrittenem Rechte die Regierung antreten konnte,
+und sich bis dahin darauf zu beschränken, als erster Prinz von Geblüt
+und als Oberhaupt der Partei, welche in der Nation entschieden das
+Übergewicht hatte, und die auch darauf rechnen konnte, in beiden Häusern
+eines zu versammelnden Parlaments entschieden zu überwiegen, einen
+großen Einfluß auf die englischen Angelegenheiten auszuüben.
+
+
+[_Mordaunt schlägt Wilhelm eine Landung in England vor._] Indessen war
+er bereits durch einen Rathgeber, der weniger scharfsichtig, aber
+ungestümer war als er selbst, gedrängt worden, einen kühneren Weg
+einzuschlagen. Dieser Rathgeber war der junge Lord Mordaunt. Das
+damalige Zeitalter hat kein erfinderischeres Genie und keinen
+verwegeneren Geist hervorgebracht. Aber wenn ein Plan nur glänzend war,
+so fragte Mordaunt selten danach, ob er auch ausführbar sein würde, sein
+ganzes Leben war ein wilder Roman, zusammengesetzt aus geheimnißvollen
+Intriguen der Politik und der Liebe, aus heftigen und schnellen Wechseln
+des Schauplatzes und des Glücks, und aus Siegen, welche mehr denen eines
+Amadis und eines Lancelot, als denen eines Luxemburg und eines Eugen
+glichen. Die Episoden, welche mit dieser seltsamen Lebensgeschichte
+verflochten waren, entsprachen ganz der Hauptintrigue. Es waren darunter
+nächtliche Kämpfe mit edelmüthigen Räubern und Befreiungen vornehmer und
+schöner Damen aus den Händen von Entführern. Nachdem sich Mordaunt durch
+die Beredtsamkeit und Kühnheit ausgezeichnet, mit der er im Hause der
+Lords gegen den Hof aufgetreten war, zog er sich bald nach der
+Prorogation nach dem Haag zurück und empfahl dringend eine unverzügliche
+Landung in England. Er bildete sich ein, es sei eben so leicht, drei
+große Königreiche zu überrumpeln, als es ihm lange nachher wurde,
+Barcellona zu nehmen.
+
+
+[_Wilhelm verwirft den Rath._] Wilhelm hörte ihn an, überlegte sich die
+Sache und erwiederte endlich in allgemeinen Ausdrücken, er interessire
+sich sehr für die englischen Angelegenheiten und werde dieselben scharf
+im Auge behalten.[17] Was aber auch seine Absicht sein mochte, es ist
+nicht anzunehmen, daß er einen voreiligen und hitzköpfigen fahrenden
+Ritter zu seinem Vertrauten erwählt haben würde. Die beiden Männer
+hatten nichts mit einander gemein als persönlichen Muth, der bei ihnen
+bis zum fabelhaften Heroismus ging, Mordaunt wollte lediglich die
+Aufregung des Kampfes genießen und die Menschen in Erstaunen setzen,
+Wilhelm hatte beständig ein erhabenes Ziel vor Augen. Nach diesem Ziele
+trieb ihn eine gewaltige Leidenschaft, die ihn im Gewande einer heiligen
+Pflicht erschien. Auf dieses Ziel steuerte er mit einer Geduld hin, die,
+wie er einmal sagte, der Geduld eines Bootsführers glich, den er auf
+einem Kanale gegen eine widrige Strömung hatte ankämpfen sehen, der
+immer wieder zurückgeworfen wurde, aber nicht aufhörte zu rudern und
+zufrieden war, wenn er nach stundenlanger Arbeit um einige Yards
+vorwärts gekommen war.[18] Heldenthaten, die ihn seinem Ziele nicht
+näher brachten, mochten sie in den Augen des großen Haufens noch so
+ruhmvoll sein, waren seiner Ansicht nach kindische Eitelkeiten, aber
+kein Theil der wahren Aufgabe des Lebens.
+
+Er beschloß, Mordaunt’s Rath zu verwerfen und es kann keinem Zweifel
+unterliegen, daß dies ein weiser Entschluß war. Hätte Wilhelm im Jahre
+1686 oder selbst 1687 das versucht, was er 1688 mit so glänzendem
+Erfolge unternahm, so würden zwar vielleicht auf seinen Ruf viele Whigs
+zu den Waffen gegriffen haben, aber er würde bald gesehen haben, daß die
+Nation noch nicht hinreichend vorbereitet war, um einen bewaffneten
+Befreier aus fremdem Lande willkommen zu heißen, und daß die Kirche noch
+nicht genugsam gereizt und beleidigt worden war, damit sie den
+Grundsatz, der seit so langer Zeit ihr Losungswort war, schon hätte
+vergessen haben können. Die alten Kavaliere würden sich um das
+königliche Banner geschaart haben und es würde wahrscheinlich in allen
+drei Königreichen ein eben so langer und heftiger Bürgerkrieg als der
+unter der vorigen Generation ausgebrochen sein. Während dieser Krieg auf
+den britischen Inseln wüthete, was konnte Ludwig inzwischen nicht Alles
+auf dem Continent versuchen? Und welche Aussichten hätte dann Holland
+gehabt, das von seinen Truppen entblößt und von seinem Statthalter
+verlassen gewesen wäre?
+
+ [Anmerkung 17: +Burnet I. 762.+]
+
+ [Anmerkung 18: +Temple’s Memoirs.+]
+
+
+[_Unzufriedenheit in England nach dem Sturze der Hyde._] Wilhelm
+begnügte sich daher für jetzt, Maßregeln zu ergreifen, um der mächtigen
+Opposition, deren Oberhaupt er geworden war, Einigkeit und Lebenskraft
+einzuhauchen. Dies war nicht schwer. Der Fall der Hyde hatte durch ganz
+England eine heftige Aufregung und Entrüstung hervorgerufen. Man fühlte,
+daß es sich jetzt nicht mehr darum handelte, ob der Protestantismus
+herrschen, sondern ob er geduldet werden sollte. An die Stelle des
+Schatzmeisters war eine Commission getreten, deren Oberhaupt ein Papist
+war. Das Geheimsiegel war einem Papisten anvertraut worden und der
+Nachfolger des Lordlieutenants von Irland war ein Mann, der durchaus
+keinen andren Anspruch auf einen so hohen Posten hatte, als daß er
+Papist war. Tyrconnel wäre der Letzte gewesen, den eine Regierung,
+welcher das allgemeine Wohl des Landes am Herzen lag, nach Dublin als
+Stellvertreter geschickt hätte. Seine brutalen Manieren machten ihn
+geradezu unfähig, die Majestät der Krone zu repräsentiren. Sein
+beschränkter Verstand und sein heftiges Temperament machten ihn
+untauglich, wichtige Staatsgeschäfte zu leiten. Sein unversöhnlicher Haß
+gegen die Besitzer des größeren Theiles des irischen Grund und Bodens
+machte ihn ganz untauglich, gerade dieses Land zu verwalten. Aber die
+Maßlosigkeit seiner Bigotterie wurde als ein genügender Ersatz für die
+Maßlosigkeit seiner anderen Leidenschaften betrachtet und aus Rücksicht
+auf seinen Haß gegen den reformirten Glauben gestattete man ihm, seinem
+Hasse gegen den englischen Namen freien Lauf zu lassen. Dies war also
+der wirkliche Sinn der Achtung Seiner Majestät vor den Rechten der
+Überzeugung! Er wollte, daß sein Parlament alle den Papisten auferlegte
+Ausschließungen beseitigte, nur damit _er_ gleich drückende
+Ausschließungen über die Protestanten verhängen konnte. Es war klar, daß
+unter einem solchen Fürsten Glaubensabfall der einzige Weg zur Größe
+sein konnte. Dennoch wagten es nur Wenige, diesen Weg einzuschlagen,
+denn der Geist der Nation war furchtbar aufgeregt, und jeder Renegat
+hatte ein solches Maß von Hohn und Verachtung zu ertragen, daß auch die
+verhärtetsten Naturen nicht ganz unempfindlich dagegen bleiben konnten.
+
+
+[_Bekehrungen zum Papismus; Peterborough, Salisbury._] Allerdings hatten
+erst kürzlich mehrere bemerkenswerthe Übertritte stattgefunden; aber sie
+waren von der Art, daß sie der römischen Kirche wenig Ehre machten. Zwei
+vornehme Männer hatten sich in ihren Schooß aufnehmen lassen: Heinrich
+Mordaunt, Earl von Peterborough und Jakob Cecil, Earl von Salisbury.
+Aber Peterborough, früher ein thätiger Soldat, Hofmann und Diplomat, war
+jetzt durch Alter und Krankheit gebeugt und wer ihn, auf einen Stock
+gestützt und in Flanell und Pflaster eingehüllt, durch die Gallerien von
+Whitehall hinken sah, tröstete sich über seinen Abfall damit, daß er
+seinen Glauben erst gewechselt, nachdem er seine Körper- und
+Geisteskräfte überlebt hatte.[19] Salisbury war sprüchwörtlich albern.
+Sein Körper war in Folge sinnlicher Genüsse dermaßen aufgeschwollen, daß
+er sich fast nicht mehr bewegen konnte, und dieser träge Körper war der
+Wohnsitz eines eben so trägen Geistes. In populären Spottliedern war er
+als ein Mensch dargestellt, der dazu geschaffen war, betrogen zu werden,
+als ein Mensch, der bisher die Beute von Spielern gewesen und der eben
+so gut die Beute von Mönchen werden konnte. Ein Pasquill, das zur Zeit
+von Rochester’s Rücktritt an die Thür von Salisbury House am Strand
+angeheftet wurde, schildert in starken Ausdrücken das Entsetzen, mit dem
+der weise Robert Cecil, wenn er aus seinem Grabe auferstehen könnte,
+sehen würde, auf was für ein Geschöpf seine Würden und Ehren gekommen
+waren.[20]
+
+ [Anmerkung 19: Siehe die beiden Gedichte, betitelt: +The Converts+
+ und +The Delusion+.]
+
+ [Anmerkung 20: Die Verse befinden sich in der +Collection of State
+ Poems+.]
+
+
+[_Wycherley, Tindal, Haines._] Dies waren im Range die höchststehenden
+von Jakob’s Proselyten. Außerdem gab es noch Renegaten ganz andrer Art,
+unbemittelte Leute von Talent, die aber keine Grundsätze und keine Spur
+von Ehrgefühl besaßen. Man hat Grund zu glauben, daß Wilhelm Wycherley,
+der zügelloseste und hartherzigste Schriftsteller einer ganz besonders
+zügellosen und hartherzigen Schule, zu diesen gehörte.[21] Gewiß ist,
+daß Matthäus Tindal, der sich später durch seine Schriften gegen das
+Christenthum einen Namen machte, um diese Zeit in den Schooß der
+alleinseligmachenden Kirche aufgenommen wurde, ein Schritt, den, wie man
+leicht denken kann, die Theologen, mit denen er nachmals polemisirte,
+nicht vergessen hatten.[22] Ein noch ehrloserer Apostat war Joseph
+Haines, dessen Name jetzt so gut wie vergessen ist, der aber damals als
+ein Abenteurer von vielseitiger Begabung, als Gauner, Falschmünzer,
+falscher Zeuge, falscher Bürge, Tanzmeister, Possenreißer, Dichter
+und Schauspieler wohl bekannt war. Einige von seinen Prologen und
+Epilogen wurden von seinen Zeitgenossen viel bewundert und sein
+Schauspielertalent war allgemein anerkannt. Dieser Mann wurde Katholik,
+ging im Gefolge Castelmaine’s mit nach Italien, wurde aber bald wegen
+schlechter Aufführung wieder entlassen. Wenn man einer Tradition glauben
+darf, die sich lange im Garderobezimmer erhalten hat, so hatte Haines
+die Frechheit zu behaupten, daß ihm die Jungfrau Maria erschienen sei
+und ihn zur Buße aufgefordert habe. Nach der Revolution versuchte er es
+sich mit der Stadt durch eine Buße auszusöhnen, die noch skandalöser war
+als sein Vergehen. Eines Abends, ehe er in einer Posse auftrat, erschien
+er in ein weißes Betttuch gehüllt und mit einer Kerze in der Hand auf
+der Bühne und trug einige gottlose, unanständige Knittelverse vor, die
+er seinen Widerruf nannte.[23]
+
+ [Anmerkung 21: Die Nachrichten, die wir über Wycherley haben, sind
+ äußerst dürftig; zweierlei aber ist gewiß: daß er sich in seinen
+ späteren Jahren einen Papisten nannte und daß er von Jakob Geld
+ erhielt. Ich zweifle kaum daran, daß er ein bezahlter Convertit
+ war.]
+
+ [Anmerkung 22: Siehe den Artikel über ihn in der +Biographia
+ Britannica+.]
+
+ [Anmerkung 23: Siehe Jakob Quin’s Bericht über Haines in +Davies’s
+ Miscellanies+; +Tom Brown’s Works+; +Lives of Sharpers+; Dryden’s
+ Epilog zu der +Secular Masque+.]
+
+
+[_Dryden._] Mit dem Namen Haines wurde in vielen Libellen der Name eines
+berühmteren Renegaten, Johann Dryden’s verbunden. Dryden näherte sich
+jetzt dem Abend seines Lebens. Nach vielen Erfolgen und vielen
+Enttäuschungen hatte er endlich mit allgemeiner Zustimmung die erste
+Stelle unter den lebenden Dichtern Englands erhalten. Er hatte größere
+Ansprüche auf den Dank Jakob’s als irgend ein andrer Schriftsteller des
+Königreichs. Doch Jakob war an Versen wenig, sehr viel aber am Gelde
+gelegen. Vom Tage seiner Thronbesteigung an bemühte er sich kleine
+Ersparnisse zu machen, welche einer Regierung den Vorwurf der Knauserei
+zuziehen, ohne die Finanzlast merklich zu erleichten. Zu den Opfern
+seiner unverständigen Sparsamkeit gehörte auch der +Poeta Laureatus+. Es
+wurde Befehl gegeben, daß in dem neuen Diplom, welches durch die
+Erledigung der Krone nöthig geworden war, das jährlich gespendete Faß
+Sect, das ursprünglich Jonson bewilligt und auch dessen Nachfolgern
+zugestanden worden war, weggelassen werden sollte.[24] Dies war die
+einzige Notiz, welche der König im ersten Jahre seiner Regierung von dem
+gewaltigen Satiriker zu nehmen geruhte, der im kritischesten Augenblicke
+des großen Kampfes wegen der Ausschließungsbill in den Reihen der Whigs
+Schrecken verbreitet hatte. Dryden war arm und seine Armuth drückte ihn
+nieder. Von Religion wußte er wenig und kümmerte sich auch nicht darum.
+Wenn irgend ein Gefühl tief in seiner Brust wurzelte, so war es der
+Widerwille gegen die Priester jeden Glaubens, gegen Leviten, Auguren,
+Muftis, römisch-katholische Geistliche, presbyterianische und
+anglikanische Geistliche. Er war von Natur kein hochherziger Mann, und
+seine Bestrebungen waren nicht von der Art, daß sie seinem Sinne höhere
+Würde und größeres Zartgefühl verleihen konnten. Er hatte viele Jahre
+lang sich seinen Unterhalt dadurch erworben, daß er dem verderbten
+Geschmacke des Publikums diente und reichen, adeligen Gönnern auf die
+plumpste Manier schmeichelte. Selbstachtung und ein feines
+Schicklichkeitsgefühl konnte man von einem Manne, der das Leben eines
+Bettlers und Speichelleckers geführt hatte, nicht erwarten. Da er die
+Bemerkung machte, daß seine Dienste unbeachtet bleiben würden, wenn er
+fortführe sich einen Protestanten zu nennen, so erklärte er sich zum
+Papisten. Augenblicklich ließ die Knauserei des Königs nach. Dryden
+wurde mit einem Jahrgelde von hundert Pfund belohnt und dazu verwendet,
+seine neue Religion in Prosa und in Versen zu vertheidigen.
+
+Zwei ausgezeichnete Männer, Samuel Johnson und Walter Scott, haben ihr
+Möglichstes gethan, um sich selbst und Andere zu überreden, daß dieser
+denkwürdige Glaubenswechsel aufrichtig war. Es war natürlich, daß sie
+einen Schandfleck von dem Gedächtnisse eines Mannes verwischen
+wollten, dessen Genie sie mit Recht bewunderten und mit dessen
+politischen Ansichten sie stark sympathisirten; der unparteiische
+Geschichtsschreiber aber muß ein ganz andres Urtheil aussprechen. Es
+wird jederzeit starker Zweifel gegen die Aufrichtigkeit einer Bekehrung
+erhoben werden, durch welche der Bekehrte unmittelbar gewinnt. Und in
+Dryden’s Falle ist nichts vorhanden, was diesen Zweifel entkräften
+konnte. Seine theologischen Schriften beweisen zur Genüge, daß er sich
+nie fleißig und ernstlich bemüht hat, die Wahrheit zu ergründen, und daß
+seine Kenntniß der Kirche, die er verließ, wie auch der, zu der er
+übertrat, höchst oberflächlich war. Eben so wenig benahm er sich in der
+Folge wie ein Mann, den ein starkes Pflichtgefühl zu einem Schritte von
+so hochwichtiger Bedeutung bewogen hatte. Wäre er ein solcher Mann
+gewesen, so würde die nämliche Überzeugung, die ihn in den Schooß der
+römischen Kirche geführt hatte, ihn abgehalten haben, allgemeine Regeln,
+welche diese Kirche in Übereinstimmung mit jeder andren christlichen
+Gemeinschaft als bindend anerkennt, gröblich und gewohnheitsmäßig zu
+verletzen. Es würde ein merklicher Unterschied zwischen seinen früheren
+und seinen späteren Werken zu erkennen gewesen sein; er würde mit Reue
+auf seine fast dreißigjährige literarische Laufbahn zurückgeblickt
+haben, während welcher er seine seltenen Talente für die Diction und den
+Versbau systematisch zur Verbreitung der Sittenverderbniß angewendet
+hatte. Nicht eine Zeile, welche darauf hinzielte, die Tugend verächtlich
+zu machen und unreine Begierden zu entzünden, würde von diesem
+Augenblicke an mehr aus seiner Feder geflossen sein. Leider aber ist es
+nur zu wahr, daß die Dramen, welche er nach seiner angeblichen Bekehrung
+schrieb, in keiner Hinsicht weniger unrein und profan sind, als die
+seiner Jugend. Selbst in seinen Übersetzungen wich er beständig von den
+Originalen ab, um Bilder aufzusuchen, die er hätte übergehen müssen,
+wenn er sie in den Originalen gefunden hätte. Das Schlechte wurde durch
+seine Übertragungen noch schlechter, und das Unschuldige wurde durch die
+Berührung mit seinem Geiste befleckt. Er machte die derbsten Satiren
+Juvenal’s noch derber, schob in die Erzählungen Boccacio’s schlüpfrige
+Schilderungen ein und befleckte die liebliche und reine Poesie der
+Georgica mit Schmutz, der Vergil’s Ekel erregt haben würde.
+
+Dryden’s Beistand war denjenigen römisch-katholischen Theologen
+willkommen, welche gegen die ausgezeichnetsten Männer der Staatskirche
+mit Mühe einen Kampf unterhielten. Sie konnten es sich nicht verhehlen,
+daß ihr durch ausländische, in Rom oder Douay aufgelesene Ausdrücke
+entstellter Styl der Beredtsamkeit eines Tillotson und Sherlock
+gegenüber eben in keinem vortheilhaften Lichte erschien. Man glaubte es
+nicht gering anschlagen zu dürfen, daß man die Mitwirkung des größten
+lebenden Meisters der englischen Sprache gewonnen hatte. Der erste
+Dienst, der von ihm zum Dank für die bewilligte Pension verlangt wurde,
+war eine in Prosa geschriebene Vertheidigung seiner Kirche gegen
+Stillingfleet. Aber einem Manne, der nichts zu sagen weiß, hilft das
+Talent, Alles gut sagen zu können, nichts, und in diesem Falle befand
+sich Dryden. Er sah bald ein, daß er einem Gegner, dessen ganzes Leben
+ein langes Studium der Polemik gewesen, nicht gewachsen war. Der
+langgediente Gladiator entwaffnete den Neuling, versetzte ihm mit
+Verachtung einige Hiebe und wendete sich dann von ihm ab, um
+achtunggebietenderen Kämpfern entgegenzutreten.
+
+ [Anmerkung 24: Diese Thatsache, welche den genauen Forschungen
+ Malone’s entging, ergiebt sich aus dem Briefbuche des Schatzamts
+ von 1685.]
+
+
+[_+„The Hind and Panther.“+_] Jetzt griff Dryden zu einer Waffe, in der
+er schwerlich einen ebenbürtigen Gegner zu fürchten hatte. Er zog sich
+auf einige Zeit von dem Geräusch der Kaffeehäuser und Theater in einen
+ruhigen Winkel von Huntingdonshire zurück und schrieb dort mit
+ungewohnter Sorgfalt und Anstrengung sein berühmtes Gedicht über die
+zwischen der römischen und anglikanischen Kirche obschwebenden
+Streitpunkte. Die römische Kirche ist darin bildlich als eine milchweiße
+Hindin dargestellt, die beständig in Lebensgefahr schwebt, aber dazu
+bestimmt ist, nicht zu sterben. Die Thiere des Feldes sannen auf ihr
+Verderben. Der zitternde (+quaking+) Hase beobachtete eine furchtsame
+Neutralität, aber der socinianische Fuchs, der presbyterianische Wolf,
+der independente Bär und der anabaptistische Eber schossen hämische
+Blicke auf das makellose Geschöpf. Unter dem Schutze ihres Freundes, des
+königlichen Löwen, konnte sie es indessen wagen, mit ihnen aus der
+nämlichen Quelle zu trinken. Die anglikanische Kirche war als Panther
+dargestellt, der zwar Flecken hat, aber schön, für ein Raubthier nur zu
+schön ist. Hindin und Panther, von der blutdürstigen Bevölkerung des
+Waldes in gleichem Grade gehaßt, beriethen sich im Stillen über ihre
+gemeinsame Gefahr. Dann gingen sie zur Discussion der Punkte über, in
+denen sie verschiedener Ansicht waren, und hielten, mit dem Schwanze
+wedelnd und sich den Bart leckend, ein langes Zwiegespräch über die
+wirkliche Anwesenheit Christi beim Abendmahl, über die Autorität der
+Päpste und Concilien, über die Strafgesetze, die Testacte, die Meineide
+des Oates, Buttler’s schlecht belohnte Dienste für die Kavalierpartei,
+Stillingfleet’s Pamphlets und Burnet’s breiten Rücken und glückliche
+Heirathsspekulationen.
+
+Das Unpassende dieses Planes springt in die Augen. Die Allegorie konnte
+in der That nicht zehn Zeilen hintereinander ununterbrochen beibehalten
+werden. Keine noch so kunstvolle Ausführung konnte die Fehler eines
+solchen Planes verdecken. Dessenungeachtet ist die Fabel von der Hindin
+und dem Panther unbestreitbar der werthvollste Beitrag zu der englischen
+Literatur aus der kurzen und unruhigen Regierungszeit Jakob’s II. In
+keinem andren Werke Dryden’s finden sich ergreifendere und erhabenere
+Stellen, eine größere Biegsamkeit und Kraft der Sprache und ein
+lieblicherer und abwechselnderer Wohllaut.
+
+Das Gedicht erschien mit allen Vortheilen ausgestattet, welche
+königliche Gunst gewähren konnte. Eine Prachtausgabe für Schottland
+wurde in der in Holyrood House errichteten Officin gedruckt. Aber die
+Leute waren nicht in der Stimmung, um sich von dem durchsichtigen Style
+und den melodischen Reimen des Apostaten bezaubern zu lassen. Der durch
+seine Feilheit erregte Unwille, die durch die Politik, deren Lobhudler
+er war, hervorgerufene Besorgniß ließen sich nicht in Schlaf singen. Die
+gerechte Entrüstung des Publikums wurde von Vielen, die den Stachel
+seines Spotts gefühlt, und von Vielen, die seinen Ruhm beneideten,
+angeschürt. Trotz aller Beschränkungen, denen die Presse unterlag,
+erschienen täglich Angriffe auf sein Leben und seine Schriften. Bald
+hieß er Bayes, bald der Dichter Squab. Man erinnerte ihn daran, daß er
+in seiner Jugend dem Hause Cromwell in der nämlichen knechtischen Weise
+den Hof gemacht, wie jetzt dem Hause Stuart. Ein Theil seiner Gegner
+druckte boshafterweise die sarkastischen Verse wieder ab, die er zu
+einer Zeit, wo es ihm nichts eingebracht haben würde, wenn er Papist
+geworden wäre, gegen den Papismus geschrieben hatte. Von den vielen
+satirischen Arbeiten, welche bei dieser Gelegenheit erschienen, war die
+gelungenste das gemeinsame Werk zweier junger Männer, welche kürzlich
+ihre Studien in Cambridge vollendet hatten und als vielversprechende
+Anfänger in den literarischen Kaffeehäusern Londons begrüßt worden
+waren: Karl Montague und Matthäus Prior. Montague war von adeliger
+Abkunft, Prior’s Ursprung aber war so dunkel, daß kein Biograph im
+Stande gewesen ist, demselben auf die Spur zu kommen. Beide Abenteurer
+waren arm und strebsam. Beide hatten einen scharfen Verstand und einen
+lebendigen Geist, Beide schwangen sich später hoch empor. Beide
+verbanden in nicht gewöhnlichem Grade mit der Liebe zu den
+Wissenschaften Geschicklichkeit in denjenigen Gebieten des praktischen
+Lebens, gegen welche die Schöngeister in der Regel einen entschiedenen
+Widerwillen haben. Von den funfzig Dichtern, deren Lebenslauf Johnson
+geschildert hat, waren Montague und Prior die beiden einzigen, die sich
+durch eine gründliche Kenntniß des Handels und des Finanzwesens
+auszeichneten. Ihre Wege gingen bald weit auseinander, und ihre
+Jugendfreundschaft löste sich auf. Einer von ihnen wurde das Haupt der
+Whigpartei und wurde von den Tories angeklagt; der Andre wurde in alle
+Geheimnisse der toryistischen Diplomatie eingeweiht und von den Whigs
+lange in strenger Haft gehalten. Endlich wurden die so lange getrennt
+gewesenen Freunde nach vielen ereignißvollen Jahren in der
+Westminster-Abtei wieder mit einander vereinigt.
+
+
+[_Änderung in dem Verfahren des Hofes gegen die Puritaner._] Wer die
+Fabel von der Hindin und dem Panther aufmerksam gelesen hat, muß bemerkt
+haben, daß während der Bearbeitung dieses Werks in den Ansichten Derer,
+welche Dryden als Dolmetscher benutzten, eine große Veränderung vorging.
+Anfangs wird von der anglikanischen Kirche mit Liebe und Achtung
+gesprochen und sie wird ermahnt, sich mit der römisch-katholischen gegen
+die puritanischen Secten zu verbinden; am Schlusse des Gedichts aber und
+in der Vorrede, welche nach Vollendung des Ganzen geschrieben wurde,
+werden die protestantischen Dissenters aufgefordert, mit den Katholiken
+gemeinschaftliche Sache gegen die anglikanische Kirche zu machen.
+
+Dieser Umschlag in der Sprache des Hofpoeten deutete auf einen großen
+Umschlag in der Politik des Hofes hin. Der ursprüngliche Zweck Jakob’s
+war gewesen, nicht allein vollständige Befreiung von allen Strafen und
+bürgerlichen Ausschließungen, sondern auch einen großen Antheil an den
+kirchlichen und akademischen Stiftungen für seine Kirche zu erlangen und
+zu gleicher Zeit die Gesetze gegen die puritanischen Secten mit Strenge
+auszuüben. Alle von ihm gewährten besonderen Dispensationen waren
+römischen Katholiken gewährt worden. Alle Gesetze, welche auf den
+Presbyterianern, Independenten und Baptisten am schwersten lasteten,
+hatte er eine Zeit lang mit aller Strenge durchgeführt. Während Hales
+ein Regiment commandirte, während Powis im Geheimen Rathe saß, während
+Massey eine Dechanei bekleidete, während in Oxford mit königlicher
+Genehmigung Breviarien und Meßbücher gedruckt wurden, während in London
+die Hostie unter dem Schutze der Piken und Musketen der Fußgarde
+öffentlich ausgestellt wurde, während Ordensbrüder und Mönche in ihren
+Kutten in den Straßen von London einhergingen, saß Baxter im Gefängniß,
+war Howe in der Verbannung, standen die Fünfmeilenacte und die
+Conventikelacte in voller Kraft, mußten die puritanischen Schriftsteller
+zur ausländischen oder geheimen Pressen ihre Zuflucht nehmen, konnten
+puritanische Gemeinden sich nur des Nachts oder in abgelegenen Einöden
+versammeln, mußten puritanische Geistliche in Kohlengräber- oder
+Matrosenverkleidung predigen. In Schottland hatte der König neue Gesetze
+von beispielloser Härte gegen die Presbyterianer von den Ständen
+verlangt und erhalten, während er keine Anstrengung sparte, ihnen jede
+Erleichterung für die Katholiken abzupressen. Sein Verfahren gegen die
+verbannten Hugenotten hatte seine Gesinnungen nicht minder deutlich
+verrathen. Wir haben gesehen, wie er, als die öffentliche Mildthätigkeit
+eine große Summe zur Unterstützung dieser Unglücklichen in seine Hände
+gelegt, allen Gesetzen der Gastfreundschaft und der Rechtschaffenheit
+zum Hohn von ihnen verlangte, daß sie dem calvinistischen Ritual, dem
+sie mit großer Liebe anhingen, entsagen und sich der anglikanischen
+Kirche anschließen müßten, ehe er ihnen das Geringste von den seiner
+Verwaltung anvertrauten Gaben spenden könnte.
+
+Dies war seine Politik gewesen, so lange er noch einigermaßen hoffen
+konnte, daß die anglikanische Kirche einwilligen werde, die Herrschaft
+mit der römischen Kirche zu theilen. Einmal stieg diese Hoffnung zur
+festen Überzeugung. Die Begeisterung, mit der die Tories seinen
+Regierungsantritt begrüßt hatten, die Wahlen, die demüthige Sprache und
+die reichen Geldbewilligungen seines Parlaments, die Unterdrückung des
+Aufstandes im Westen, die völlige Vernichtung der Partei, die ihn vom
+Throne hatte ausschließen wollen, dies Alles steigerte seine Zuversicht
+bis über die Grenzen der Vernunft. Er glaubte fest, daß seiner Macht und
+seiner Entschlossenheit jedes Hinderniß weichen werde. Sein Parlament
+leistete ihm Widerstand. Er versuchte die Wirkung von ungnädigen Blicken
+und Drohungen, und da er mit diesen nichts erreichte, versuchte er es
+mit der Prorogation. Aber von dem Augenblicke der Prorogation an wurde
+der Widerstand gegen seine Pläne immer stärker und stärker. Es schien
+klar, daß, wenn er seinen Willen durchsetzen wollte, er ihn im
+Widerspruch mit der großen Partei durchsetzen mußte, die seinem Throne,
+seinem Hause und seiner Person so glänzende Beweise von Treue gegeben
+hatte. Die ganze anglikanische Geistlichkeit, die ganze Kavaliergentry
+war gegen ihn. Vergebens hatte er kraft seines kirchlichen Supremats dem
+Klerus anbefohlen, sich jeder Erörterung von Streitpunkten zu enthalten.
+Jede Gemeinde der Nation wurde allsonntäglich gegen die Irrthümer Roms
+gewarnt, und diese Warnungen waren um so wirksamer, weil sie stets mit
+Versicherungen der Ehrerbietung gegen den König und des Entschlusses,
+Alles mit Geduld zu ertragen, was ihm zu verhängen belieben werde,
+verbunden waren. Die royalistischen Ritter und Squires, welche durch
+fünfundvierzig Jahre des Kriegs und der Parteiwuth dem Throne mannhaft
+zur Seite gestanden hatten, sprachen jetzt in sehr nachdrücklichen
+Worten den Entschluß aus, daß sie eben so mannhaft zur Kirche halten
+würden. Trotz seines beschränkten Verstandes und seines despotischen
+Characters sah Jakob nun doch ein, daß er sein Verfahren ändern müsse.
+Er konnte es ohne Gefahr nicht wagen, alle seine protestantischen
+Unterthanen zugleich zu beleidigen. Wenn er es über sich gewinnen
+konnte, der Partei, welche in beiden Häusern das Übergewicht hatte,
+Zugeständnisse zu machen, wenn er sich entschließen konnte, der
+Staatskirche alle ihre Würden, Einkünfte und Privilegien zu lassen, so
+mochte er auch fernerhin presbyterianische Versammlungen verbieten und
+die Gefängnisse mit baptistischen Predigern füllen. Blieb er aber dabei,
+die Hierarchie zu plündern, so mußte er sich entschließen, dem
+Vergnügen, die Dissenters zu verfolgen, zu entsagen. Wollte er von nun
+an mit seinen alten Freunden in Fehde leben, so mußte er mit seinen
+alten Feinden einen Waffenstillstand schließen. Er konnte die
+anglikanische Kirche nur dadurch bezwingen, daß er eine umfassende
+Coalition gegen sie bildete, welche Secten in sich schloß, die zwar in
+Lehre und Verfassung von einander selbst viel stärker abwichen als von
+ihr, aber doch durch ihre gemeinsame Eifersucht auf ihre Größe und durch
+die gemeinsame Furcht vor ihrer Unduldsamkeit bewogen werden konnten,
+ihre Feindseligkeiten so lange ruhen zu lassen, bis jene Kirche die
+Macht verloren hatte, sie zu tyrannisiren.
+
+Ein Grund schien besonders für diesen Plan zu sprechen. Wenn es ihm nur
+gelang, die protestantischen Nonconformisten zu gewinnen, so durfte er
+sich mit der Hoffnung schmeicheln, vor jeder Rebellion sicher zu sein.
+Nach der Ansicht der anglikanischen Geistlichen konnte keine Kränkung
+irgend welcher Art einen Unterthanen berechtigen, den Gesalbten des
+Herrn gewaltsamen Widerstand zu leisten. Die Theorie der puritanischen
+Sectirer lautete ganz anders. Diese Sectirer trugen kein Bedenken,
+Tyrannen mit dem Schwerte Gideon’s zu Boden zu schlagen, und manche von
+ihnen scheuten sich auch nicht, den Dolch Ehud’s zu gebrauchen.
+Wahrscheinlich sannen sie eben jetzt wieder auf einen neuen westlichen
+Aufstand oder auf ein neues Ryehousecomplot. Jakob glaubte daher, daß er
+getrost die Staatskirche verfolgen könnte, wenn es ihm nur gelang, die
+Dissenters zu gewinnen. Die Partei, deren Grundsätze ihm keine
+Sicherheit gewährten, war dann durch das Interesse an ihn gefesselt, und
+die Partei, deren Interessen er angriff, erregte aus Grundsatz keinen
+Aufruhr.
+
+Unter dem Einflusse solcher Erwägungen begann Jakob von dem Augenblicke
+an, als er sich zornig von seinem Parlament trennte, auf eine Coalition
+aller katholischen wie protestantischen Nonconformisten gegen die
+Landeskirche zu denken. Schon um Weihnachten 1685 meldeten die Gesandten
+der Vereinigten Provinzen den Generalstaaten, daß der Plan einer
+allgemeinen Duldung entworfen sei und bald ans Licht treten werde.[25]
+Indessen erwiesen sich die Nachrichten, welche der holländischen
+Gesandtschaft zugekommen waren, als verfrüht. Die Separatisten scheinen
+jedoch im Jahre 1686 schon viel milder behandelt worden zu sein, als
+während des Jahres 1685. Aber nur ganz allmälig und nach vielen inneren
+Kämpfen vermochte es der König über sich, mit Allem, was er am meisten
+verabscheute, ein Bündniß zu schließen. Er hatte einen nicht
+oberflächlichen und launenhaften, nicht erst kürzlich entstandenen oder
+rasch aufgeschossenen, sondern in seiner Familie erblichen Groll zu
+überwinden, welcher durch große, während hundertzwanzig ereignißvoller
+Jahre zugefügte und erlittene Unbilden verstärkt worden und mit allen
+seinen religiösen und politischen, häuslichen und persönlichen Gefühlen
+verwachsen war. Vier Generationen von Stuarts hatten mit vier
+Generationen von Puritanern einen Krieg auf Leben und Tod geführt, und
+während dieses ganzen langen Krieges hatte kein Stuart die Puritaner so
+stark gehaßt, und war so stark von ihnen gehaßt worden, als er. Sie
+hatten es versucht, seine Ehre zu untergraben und ihn seines
+Geburtsrechts zu berauben; sie hatten ihn einen Brandstifter, einen
+Kehlabschneider und einen Giftmischer genannt; sie hatten ihn aus der
+Admiralität und aus dem Staatsrathe verdrängt; sie hatten ihn zu
+wiederholten Malen in die Verbannung getrieben, sie hatten einen
+Mordanschlag auf ihn gemacht, und sie hatten sich zu Tausenden mit
+bewaffneter Hand gegen ihn erhoben. Dafür hatte er sich an ihnen durch
+ein Gemetzel gerächt, wie es England noch nie gesehen. Ihre Köpfe und
+Glieder verwesten noch auf Pfählen auf allen öffentlichen Plätzen von
+Somersetshire und Dorsetshire. Bejahrte Frauen, die wegen ihrer
+Frömmigkeit und Mildthätigkeit von den Sectirern in hohen Ehren gehalten
+wurden, waren um geringfügiger Vergehen willen, die kein guter Fürst nur
+eines strengen Verweises werth gehalten haben würde, enthauptet oder
+lebendig verbrannt worden. In einem solchen Verhältnisse hatte selbst in
+England der König zu den Puritanern gestanden, und in Schottland hatte
+die Tyrannei des Königs und die Wuth der Puritaner einen Grad erreicht,
+von dem sich die Engländer kaum einen Begriff machen konnten. Einen so
+langjährigen und so tödtlichen Haß zu vergessen, war für einen ganz
+besonders harten und unversöhnlichen Character keine leichte Aufgabe.
+
+Der Kampf, der im Innern des Königs stattfand, entging dem Blicke
+Barillon’s nicht. Ende Januar 1687 schrieb er einen interessanten Brief
+nach Versailles. Der König -- dies war der wesentliche Inhalt des
+Schreibens -- habe sich so ziemlich überzeugt, daß er nicht völlige
+Freiheit für die römischen Katholiken erlangen und dabei doch die
+Gesetze gegen die protestantischen Dissenters aufrecht erhalten könne.
+Er neige sich daher zu einem Plane allgemeiner Indulgenz hin, im Herzen
+aber würde es ihm weit lieber sein, wenn er auch jetzt noch seinen
+Schutz und seine Gunst zwischen der römischen und der anglikanischen
+Kirche, mit Ausschluß aller anderen religiösen Überzeugungen, theilen
+könnte.[26]
+
+ [Anmerkung 25: Leeuwen, 25. Dec. (4. Jan.) 1685/6.]
+
+ [Anmerkung 26: Barillon, 31. Jan. (10. Febr.) 1686/7. +„Je crois
+ que, dans le fond, si on ne pouvoit laisser que la religion
+ Anglicane et la Catholique établies par les loix, le Roy
+ d’Angleterre en seroit bien plus content.“+]
+
+
+[_In Schottland theilweise Duldung gewährt._] Wenige Tage nach dem
+Abgang dieser Depesche that Jakob zögernd und widerstrebend den ersten
+Schritt zur Annäherung an die Puritaner. Er hatte sich entschlossen, mit
+Schottland zu beginnen, wo seine Befugniß, von Parlamentsacten zu
+dispensiren, von den willfährigen Ständen anerkannt war. Demgemäß wurde
+am 12. Februar in Edinburg eine Proklamation erlassen, welche
+ängstlichen Gewissen eine Erleichterung gewährte.[27] Diese Proklamation
+beweist vollkommen die Richtigkeit von Barillon’s Urtheil. Selbst in der
+Acte, durch die er den Presbyterianern Zugeständnisse machte, konnte
+Jakob seinen Widerwillen gegen sie nicht verhehlen. Die den Katholiken
+gewährte Duldung war vollkommen. Auch die Quäker hatten wenig Ursache
+sich zu beklagen. Aber die den Presbyterianern, welche die Hauptmasse
+des schottischen Volks bildeten, bewilligte Indulgenz war durch
+Bedingungen beschränkt, die sie fast werthlos machten. An die Stelle des
+bisherigen Religionseides, der sowohl Katholiken als Presbyterianer von
+Staatsämtern ausschloß, war ein neuer Religionseid gesetzt, der die
+Katholiken zuließ, aber die meisten Presbyterianer ausschloß. Den
+Katholiken war es erlaubt, Kapellen zu erbauen und sogar die Hostie
+überall, mit Ausnahme der Straßen in königlichen Burgflecken, in
+Prozession umherzutragen; den Quäkern war es gestattet, sich in
+öffentlichen Gebäuden zu versammeln; die Presbyterianer aber durften nur
+in Privatwohnungen Gottesdienst halten; es war ihnen streng verboten,
+Bethäuser zu bauen, sie durften nicht einmal eine Scheune oder ein
+Nebenhaus zu Andachtsübungen benutzen, und es ward ihnen nachdrücklich
+eingeschärft, daß, wenn sie es wagten, Conventikel unter freiem Himmel
+zu hatten, das Gesetz, welches sowohl den Predigern als den Zuhörern mit
+dem Tode drohte, mit schonungsloser Strenge angewendet werden sollte.
+Jeder katholische Priester durfte Messe lesen, jeder Quäker durfte vor
+seinen Glaubensbrüdern Reden halten; aber der Geheime Rath war
+angewiesen, darüber zu wachen, daß kein presbyterianischer Geistlicher
+sich unterfange, ohne specielle Erlaubniß der Regierung zu predigen.
+Jede Zeile dieses Dokuments und der dasselbe begleitenden Briefe
+beweist, wie schwer es dem Könige wurde, nur einigermaßen die Härte zu
+mildern, mit der er die alten Feinde seines Hauses von jeher behandelt
+hatte.[28]
+
+Man hat wirklich Grund zu glauben, daß er bei Veröffentlichung dieser
+Proklamation noch keineswegs zu einer Coalition mit den Puritanern fest
+entschlossen war und daß er ihnen zuvörderst nur eben so viele
+Begünstigungen gewähren wollte, als durchaus nöthig waren, um die
+Anhänger der Landeskirche durch Einschüchterung zum Gehorsam zu bringen.
+Er wartete daher einen Monat, um zu sehen, welchen Eindruck das in
+Edinburg erlassene Edict in England machen werde. Diesen Monat
+verwendete er auf Petre’s Rath eifrig zu dem, was man +closeting+[29]
+nannte.
+
+ [Anmerkung 27: Sie ist zu finden im Anfange zu Wodrow II. 129.]
+
+ [Anmerkung 28: +Wodrow, Appendix, vol. II. Nos. 128, 129, 132.+]
+
+ [Anmerkung 29: Persönliche Bearbeitung Einzelner im Privatkabinet
+ des Königs. D. Übers.]
+
+
+[_Persönliche Bearbeitung Einzelner im königlichen Kabinet._] London war
+voll von geeigneten Persönlichkeiten. Man erwartete die baldige
+Zusammenberufung des Parlaments zur Erledigung von Geschäften, und viele
+Mitglieder waren bereits in der Stadt. Der König nahm sich vor, sie Mann
+für Mann zu werben. Er hoffte, daß die eifrigen Tories -- und aus
+solchen bestand das Unterhaus mit wenigen Ausnahmen -- seinen dringenden
+Bitten schwer würden widerstehen können, wenn er dieselben nicht an die
+Gesammtheit, sondern an jeden Einzelnen, und nicht vom Thronsessel
+herab, sondern im vertraulichen Gespräch an sie richtete. Die
+Mitglieder, welche nach Whitehall kamen, um ihre Aufwartung zu machen,
+wurden demnach auf die Seite genommen und mit langen Privatunterredungen
+beehrt. Der König drang in sie, daß sie, als loyale Gentlemen, ihm nur
+in dem einem Punkte, der ihm mehr als alles Andre am Herzen liege, den
+Willen thun möchten. Er meinte, die Sache berühre seine persönliche
+Ehre. Die unter der vorigen Regierung von factiösen Parlamenten gegen
+die Katholiken erlassenen Verordnungen seien lediglich gegen ihn selbst
+gerichtet gewesen; diese Gesetze hätten ihm ein Brandmal aufgedrückt,
+ihn aus der Admiralität und aus dem Staatsrathe vertrieben, und er sei
+berechtigt, zu erwarten, daß Alle, die ihn liebten und ehrten, sich zur
+Abschaffung jener Gesetze vereinigen würden. Sah er, daß seine Zuhörer
+gegen diese Ermahnungen taub blieben, so nahm er seine Zuflucht zu
+Drohungen und Bestechungen. Denjenigen, die sich weigerten, ihm in
+dieser Angelegenheit zu Willen zu sein, wurde geradezu gesagt, daß sie
+keine Gunstbezeigung zu erwarten hätten. Trotz seiner Knauserei öffnete
+und vertheilte er seine Schätze. Mehrere von Denen, die zu einer
+Conferenz mit ihm eingeladen worden waren, nahmen aus seinem
+Schlafzimmer Geld mit fort, das sie aus königlicher Hand empfangen
+hatten. Die Richter, die sich gerade auf ihrer Frühjahrsrundreise
+befanden, erhielten Befehl vom Könige, die noch in der Provinz
+zurückgebliebenen Mitglieder zu besuchen und die Gesinnungen jedes
+Einzelnen zu erforschen.
+
+
+[_Erfolglosigkeit der persönlichen Bearbeitung._] Das Resultat aller
+dieser Nachforschungen war, daß die große Majorität des Hauses der
+Gemeinen entschlossen zu sein schien, sich den Maßregeln des Hofes zu
+widersetzen.[30] Einer von Denjenigen, deren Festigkeit allgemeine
+Bewunderung erregten, war Arthur Herbert, der Bruder des Oberrichters,
+Parlamentsmitglied für Dover, Kammerherr und Contreadmiral von England.
+
+ [Anmerkung 30: Barillon, 28. Febr. (10. März) 1686/7; Citters,
+ 15.(25.) Febr.; +Reresby’s Memoirs+; Bonrepaux, 25. Mai (4. Juni)
+ 1687.]
+
+
+[_Admiral Herbert._] Arthur Herbert war bei den Seeleuten sehr beliebt
+und galt für einen der tüchtigsten adeligen Marineoffiziere. Man hatte
+allgemein vermuthet, daß er sich den Wünschen des Königs bereitwillig
+fügen werde, denn er fragte wenig nach der Religion, war
+vergnügungslustig und verschwenderisch, hatte kein Privatvermögen, bezog
+aus seinen Stellen ein jährliches Einkommen von viertausend Pfund und
+wurde seit langer Zeit zu den ergebensten persönlichen Anhängern Jakob’s
+gerechnet. Als aber der Contreadmiral im Privatkabinet vorgenommen und
+das Versprechen von ihm verlangt wurde, daß er für die Aufhebung der
+Testacte stimmen wolle, antwortete er, seine Ehre und sein Gewissen
+erlaubten ihm nicht, ein solches Versprechen zu geben. „Niemand zweifelt
+an Ihrer Ehre“, sagte der König, „aber ein Mann, der so lebt wie Sie,
+sollte nicht von seinem Gewissen sprechen.“ Auf diesen Vorwurf, einen
+Vorwurf, der dem Geliebten der Katharine Sedley übel anstand, erwiederte
+Herbert mit männlicher Offenheit: „Ich habe meine Fehler, Sire, aber ich
+könnte Leute nennen, welche viel häufiger von ihrem Gewissen sprechen
+als ich und dabei ein eben so lockeres Leben führen.“ Er wurde aller
+seiner Stellen entsetzt und die Rechnung über seine Ausgaben und
+Einnahmen als Kammerherr wurden mit großer und, wie er klagte,
+ungerechter Strenge geprüft.[31]
+
+Es war jetzt augenscheinlich, daß jede Hoffnung auf ein Bündnis zwischen
+der anglikanischen und römischen Kirche zu dem Zwecke, die Ämter und
+Einnahmen unter sich zu theilen und die puritanischen Secten zu
+unterdrücken, aufgegeben werden mußte. Es blieb weiter nichts übrig, als
+der Versuch, eine Koalition zwischen der römischen Kirche und den
+puritanischen Secten gegen die anglikanische Kirche zu Stande zu
+bringen.
+
+ [Anmerkung 31: Barillon, 14.(24.) März 1687; Lord Russell an +Dr.+
+ Fitzwilliam, 1. April; +Burnet I. 671, 672+. In +Clarke’s Life of
+ James the Second, II. 204+ ist die Unterredung etwas anders
+ erzählt. Diese Stelle aber ist kein Theil der eigenen Memoiren des
+ Königs.]
+
+
+[_Die Indulgenzerklärung._] Am 18. März kündigte der König dem Geheimen
+Rathe an, daß er beschlossen habe, das Parlament bis Ende November zu
+prorogiren und allen seinen Unterthanen aus eigner Machtvollkommenheit
+völlige Gewissensfreiheit zu gewähren.[32] Am 4. April erschien die
+denkwürdige Indulgenzerklärung.
+
+In dieser Erklärung sagte der König, es sei sein innigster Wunsch, seine
+Unterthanen als Mitglieder derjenigen Kirche zu sehen, der er selbst
+angehöre. Da dies aber nicht sein könne, erkläre er, daß es seine
+Absicht sei, sie in der freien Ausübung ihrer Religion zu schützen. Er
+wiederholte alle die schönen Redensarten, welche acht Jahre früher, als
+er selbst ein Unterdrückter war, so oft aus seinem Munde kamen, die er
+aber nicht mehr gebrauchte, seitdem ein Wechsel des Glücks ihm die Macht
+verliehen hatte, selbst ein Unterdrücker zu werden. Er sei schon längst
+überzeugt, sagte er, daß man dem Gewissen keinen Zwang anthun dürfe, daß
+Verfolgungen der Zunahme der Bevölkerung und dem Handel nachtheilig
+seien und nie zu dem Zwecke führten, den die Verfolger erreichen
+wollten. Er wiederholte das schon oft gegebene und eben so oft
+gebrochene Versprechen, daß er die Staatskirche im Genusse ihrer
+gesetzlichen Rechte schützen wolle. Hierauf erklärte er, ebenfalls aus
+eigner Machtvollkommenheit, eine lange Reihe von Gesetzen für null und
+nichtig, hob alle Strafbestimmungen gegen alle Klassen von
+Nonconformisten auf, ermächtigte die römischen Katholiken wie auch die
+protestantischen Dissenters, ihren Gottesdienst öffentlich zu halten,
+verbot seinen Unterthanen bei Strafe seines allerhöchsten Mißfallens,
+irgend eine religiöse Versammlung zu stören, und schaffte auch alle
+diejenigen Gesetze ab, welche die Befähigung zu bürgerlichen und
+militairischen Ämtern von einem Religionseide abhängig machten.[33]
+
+Daß die Indulgenzerklärung verfassungswidrig war, darüber sind beide
+große Parteien Englands zu allen Zeiten einig gewesen. Jeder, der in
+politischen Fragen ein Urtheil hat, muß einsehen, daß ein Fürst, der
+eine solche Erklärung erlassen darf, nichts Geringeres ist als ein
+absoluter Monarch. Auch kann man zur Vertheidigung dieser Handlung
+Jakob’s nicht die Gründe geltend machen, mit denen viele willkürliche
+Maßregeln der Stuarts vertheidigt oder entschuldigt worden sind. Man
+kann nicht sagen, daß er den Umfang seiner Prärogative verkannt habe,
+weil sie nicht genau bestimmt gewesen sei, denn er überschritt die
+Grenze angesichts einer ganz kürzlich erst festgestellten Grenzmarke.
+Funfzehn Jahre früher hatte sein Bruder auf Anrathen der Cabale auch
+eine Indulgenzerklärung erlassen, welche im Vergleich zu der Erklärung
+Jakob’s gemäßigt und vorsichtig genannt werden konnte. Die Erklärung
+Karl’s dispensirte nur von Strafgesetzen, die Erklärung Jakob’s
+dispensirte auch von allen Religionseiden. Die Erklärung Karl’s
+gestattete den Katholiken, nur in Privatwohnungen ihren Gottesdienst zu
+halten, nach der Erklärung Jakob’s konnten sie Tempel bauen und
+ausschmücken und sogar mit Kreuzen, Bildern und Rauchfässern in
+Prozession durch Fleet Street ziehen. Dennoch war die Erklärung Karl’s
+in alter Form für gesetzwidrig erklärt worden. Die Gemeinen hatten sich
+dahin ausgesprochen, daß der König nicht befugt sei, in kirchlichen
+Angelegenheiten von Gesetzen zu dispensiren. Karl hatte hierauf das
+mißliebige Schriftstück vor seinen Augen vernichten lassen, hatte mit
+eigner Hand das Siegel davon abgerissen und sowohl durch eine von ihm
+eigenhändig unterschriebene Botschaft als auch mündlich vom Throne herab
+in vollem Parlament beiden Häusern fest versprochen, daß der Schritt,
+der so großen Anstoß gegeben, als nie geschehen betrachtet werden solle.
+Die beiden Häuser hatten dann ohne eine einzige opponirende Stimme eine
+gemeinschaftliche Dankadresse für diese Erfüllung ihrer Wünsche an ihn
+gerichtet. Nie war eine Verfassungsfrage mit reiflicherer Erwägung, mit
+unzweideutigerer Klarheit und mit vollkommnerer Einhelligkeit
+entschieden worden.
+
+Jakob’s Vertheidiger haben zu seiner Entschuldigung häufig das
+Erkenntniß anführt, welches der Gerichtshof der Kings Bench in der
+abgekarteten Klage gegen Sir Eduard Hales abgab; aber dieser
+Entschuldigungsgrund hat gar kein Gewicht. Jakob hatte diesen Ausspruch
+notorisch durch Bitten, durch Drohungen, durch Entlassung gewissenhafter
+Beamten und durch Besetzung der Richterbank mit anderen höfischer
+gesinnten Richtern erlangt. Und obgleich dieses Erkenntniß von der
+Advokatur wie von der Nation allgemein für verfassungswidrig erklärt
+wurde, erstreckte es sich doch nur so weit, daß der König aus besonderen
+Staatsgründen einzelnen Individuen Dispensationen von ausschließenden
+Gesetzen bewilligen dürfe. Daß er durch ein Alles über den Haufen
+werfendes Edict alle seine Unterthanen ermächtigen konnte, ganze Bände
+von Gesetzen nicht mehr zu befolgen, dies hatte kein Gerichtshof
+angesichts der feierlichen Entscheidung des Parlaments von 1673 zu
+behaupten gewagt.
+
+ [Anmerkung 32: +London Gazette, March 21, 1686/7.+]
+
+ [Anmerkung 33: +London Gazette, April 7+. 1087.]
+
+
+[_Stimmung der protestantischen Dissenters._] Die Stellung der Parteien
+war jedoch von der Art, daß Jakob’s Indulgenzerklärung, obgleich der
+kühnste von allen Angriffen der Stuarts auf die öffentliche Freiheit,
+wohl geeignet war, gerade demjenigen Theile der Gesellschaft zu
+gefallen, der allen anderen Angriffen der Stuarts auf die öffentliche
+Freiheit den beharrlichsten Widerstand entgegengesetzt hatte. Es stand
+kaum zu erwarten, daß der durch ein hartes und streng gehandhabtes
+Gesetzbuch von seinen Landsleuten getrennte protestantische
+Nonconformist geneigt sein werde, die Gültigkeit eines Erlasses zu
+bestreiten, der ihn von unerträglichen Bedrückungen erlöste. Ein kalter
+und philosophischer Beobachter würde ohne Zweifel erklärt haben, daß
+alles Übel, das aus allen intoleranten Gesetzen, welche je von
+Parlamenten erlassen wurden, hervorgehen könne, nicht zu vergleichen sei
+mit dem Unheil, welches durch eine Übertragung der gesetzgebenden Gewalt
+vom Parlament auf den Souverain entstehen würde. Aber eine so ruhige und
+philosophische Überlegung kann man nicht von Leuten erwarten, die unter
+einem vorhandenen Drucke seufzen und denen die lockende Aussicht auf
+sofortige Erleichterung dargeboten wird. Ein puritanischer Theolog
+konnte allerdings nicht leugnen, daß die jetzt von der Krone
+beanspruchte Dispensationsgewalt mit den Grundprinzipien der
+Verfassung unvereinbar war. Aber es war vielleicht zu entschuldigen,
+wenn er fragte, was die Verfassung eigentlich für ihn sei. Die
+Gleichförmigkeitsacte hatte ihn trotz königlicher Versprechungen von
+einer Pfründe vertrieben, die sein rechtmäßiges Eigenthum war, und hatte
+ihn in Armuth und Abhängigkeit zurückgeworfen. Die Fünfmeilenacte hatte
+ihn von seiner Heimath, von seinen Verwandten, von seinen Freunden, von
+fast jedem öffentlichen Zufluchtsorte verbannt. Kraft der
+Conventikelacte war er seines Vermögens beraubt und aus einem
+schmutzigen Kerker in den andren mitten unter Straßenräuber und Diebe
+geworfen worden. Außerhalb des Gefängnisses wurde er beständig von den
+Gerichtsdienern verfolgt; er hatte Angeber durch Geldgeschenke zum
+Schweigen bringen, hatte sich in schimpflicher Verkleidung durch Fenster
+und Fallthüren heimlich zu seiner Gemeinde schleichen müssen, und
+während er das geweihte Wasser auf den Täufling sprengte oder das Brod
+des heiligen Abendmahls austheilte, hatte er in beständiger Angst auf
+das Zeichen horchen müssen, welches ihm sagte, daß die Sbirren der
+Justiz sich näherten. War es nicht bitterer Hohn, einen so
+ausgeplünderten und bedrückten Mann aufzufordern, daß er für das
+Eigenthum und die Freiheit seiner Plünderer und Bedrücker zum Märtyrer
+werden solle? Mochte die Indulgenzerklärung seinen glücklichen Nachbarn
+noch so despotisch erscheinen, ihm brachte sie Erlösung. Er wurde
+aufgefordert, nicht zwischen der Freiheit und der Knechtschaft, sondern
+zwischen zwei Jochen zu wählen, und es wäre nicht unnatürlich gewesen,
+wenn er das Joch des Königs für erträglicher gehalten hätte als das der
+Kirche.
+
+
+[_Stimmung der anglikanischen Kirche._] Während solche Gedanken die
+Gemüther vieler Dissenters beschäftigten, war die anglikanische Partei
+in Angst und Bestürzung. Diese neue Wendung der Dinge war in der That
+beunruhigend. Das Haus Stuart im Bunde mit republikanischen und
+königsmörderischen Secten gegen die alten Kavaliere Englands; der
+Papismus im Bunde mit dem Puritanismus gegen ein kirchliches System, an
+welchem die Puritaner nichts weiter auszusetzen hatten, als daß es
+zuviel Papistisches beibehalten: das waren Zeichen und Wunder, welche
+alle Berechnungen der Staatsmänner über den Haufen warfen. Die Kirche
+sollte also mit einem Male von allen Seiten angegriffen werden, und zwar
+unter der Leitung Dessen, der ihrer Verfassung nach ihr Oberhaupt war.
+Es war kein Wunder, wenn sie von Erstaunen und Entsetzen ergriffen
+wurde. Und zu dem Erstaunen und dem Entsetzen gesellten sich noch andere
+bittere Gefühle: Groll gegen den meineidigen Fürsten, dem sie nur zu
+treu gedient, und Reue über die Grausamkeiten, die sie in Gemeinschaft
+mit ihm verübt hatte und für die er sie jetzt, wie es schien, bestrafen
+wollte. Ihre Strafe war gerecht, sie erntete was sie gesäet hatte. Als
+nach der Restauration ihre Macht den Höhepunkt erreicht, hatte sie nur
+Rache geschnaubt. Sie hatte die Stuarts aufgefordert, gedrängt, fast
+gezwungen, die kürzlich geleisteten Dienste der Presbyterianer mit
+schnödem Undanke zu vergelten. Hätte sie sich in jener Zeit ihrer
+höchsten Blüthe, wie es ihr geziemte, ihrer Feinde angenommen, so würde
+sie jetzt, in der Zeit der Noth, Freunde in ihnen gefunden haben.
+Vielleicht war es noch nicht zu spät, vielleicht konnte sie noch die
+Taktik ihres Bedrückers gegen ihn selbst kehren. Es gab unter den
+Anglikanern eine gemäßigte Partei, welche den protestantischen
+Dissenters immer freundlich gesinnt gewesen war. Allerdings war diese
+Partei nicht zahlreich, aber die Talente, Kenntnisse und Tugenden ihrer
+Mitglieder machten sie achtunggebietend. Sie war von den höchsten
+Würdenträgern der Kirche nicht mit günstigem Auge betrachtet und von den
+Frömmlern aus der Schule Laud’s schonungslos verunglimpft worden; aber
+von dem Tage, an welchem die Indulgenzerklärung erschien, bis zu dem
+Tage, wo Jakob’s Macht aufhörte Schrecken einzuflößen, schien die ganze
+Kirche von dem Geiste der verleumdeten Latitudinarier beseelt zu sein
+und von ihren Rathschlägen geleitet zu werden.
+
+
+[_Der Hof und die Kirche._] Nun folgte eine Art von Versteigerung, die
+sonderbarste, von der uns die Geschichte erzählt. Der König auf der
+einen, die Kirche auf der andren Seite begannen einander zu überbieten,
+um die Gunst Derer zu erlangen, zu deren Unterdrückung sie bis dahin
+verbündet gewesen waren. Die protestantischen Dissenters, die noch vor
+wenigen Monaten eine verachtete und geächtete Klasse gewesen waren,
+hielten jetzt die Wage der Macht in ihrer Hand. Die Härte, mit der sie
+behandelt worden waren, wurde allgemein verdammt. Der Hof suchte die
+ganze Schuld auf die Hierarchie zu wälzen, und die Hierarchie warf sie
+zurück auf den Hof. Der König erklärte, daß er die Separatisten wider
+Willen nur deshalb verfolgt habe, weil seine Angelegenheiten in einem
+Zustande gewesen wären, bei dem er es nicht hatte wagen dürfen, dem
+Klerus der Staatskirche zu nahe zu treten. Dieser versicherte, daß er
+nur aus Ehrerbietung vor der Autorität des Königs an einer Strenge Theil
+genommen habe, die seinen Gefühlen durchaus fremd sei. Der König brachte
+eine Sammlung von Anekdoten von Rectoren und Vikaren zusammen, welche
+durch Androhung von Verfolgung von protestantischen Dissenters Geld
+erpreßt hatten. Er sprach häufig und öffentlich über diesen Gegenstand,
+drohte mit einer Untersuchung, welche die Pfarrer der ganzen Welt in
+ihrem wahren Character zeigen werde und erließ in der That mehrere
+Verordnungen, durch welche Agenten, auf die er sich verlassen zu können
+glaubte, ermächtigt wurden, den Betrag der Summen zu ermitteln, welche
+in verschiedenen Landestheilen von Bekennern der herrschenden Religion
+Sectirern abgepreßt worden waren. Die Vertheidiger der Landeskirche
+führten dagegen Beispiele von rechtschaffenen Pfarrern an, welche vom
+Hofe Verweise und Drohungen erhalten, weil sie auf der Kanzel
+Duldsamkeit empfohlen und sich geweigert hatten, kleine Gemeinden von
+Nonconformisten auszuspüren und zu Tode zu hetzen. Der König behauptete,
+daß einige Mitglieder der Staatskirche, die er privatim vorgenommen,
+sich erboten hatten, den Katholiken ausgedehnte Zugeständnisse zu
+machen, unter der Bedingung, daß die Verfolgung gegen die Puritaner
+ihren Fortgang behalte. Die angeklagten Anhänger der Staatskirche
+leugneten heftig die Wahrheit dieser Beschuldigung und behaupteten, daß,
+wenn sie sich mit dem, was der König für seine eigene Kirche verlangte,
+einverstanden erklärt hätten, er ihnen sehr gern gestattet haben würde,
+sich durch Verfolgung und Ausplünderung protestantischer Dissenters zu
+entschädigen.[34]
+
+Der Hof hatte seine Physiognomie verändert. Die Schärpe und der
+Priesterrock der anglikanischen Geistlichen konnten sich daselbst kaum
+noch sehen lassen ohne spöttisches Lächeln und boshaftes Geflüster
+hervorzurufen. Die Hofdamen erlaubten sich nicht mehr zu kichern und die
+Kammerherren verbeugten sich bis zur Erde, wenn sich das puritanische
+Gesicht und die puritanische Tracht, welche in den vornehmen Zirkeln so
+lange Zeit Lieblingsgegenstände des Spotts gewesen waren, in den
+Gallerien des Palastes zeigten. Taunton, das zwei Generationen hindurch
+die Veste der Rundkopfpartei im Westen gewesen war, das die Armeen
+Karl’s I. zweimal tapfer zurückgeschlagen, sich zur Unterstützung
+Monmouth’s wie ein Mann erhoben hatte und von Kirke und Jeffreys in eine
+Schlachtbank verwandelt worden war, schien plötzlich die Stelle erobert
+zu haben, welche Oxford einst in der königlichen Gunst eingenommen.[35]
+Der König gewann es über sich, ausgezeichneten Dissenters sogar mit
+kriechender Höflichkeit zu begegnen. Einigen bot er Geld an, Anderen
+städtische Ehrenämter, noch Anderen Begnadigung von Verwandten und
+Freunden, die wegen Theilnahme an dem Ryehousecomplot oder wegen
+Anschluß an die Fahne Monmouth’s auf dem Kontinent umherirrten oder in
+den Zuckerplantagen von Barbados schwitzten. Er stellte sich sogar, als
+ob er mit den freundlichen Gesinnungen der englischen Puritaner gegen
+ihre auswärtigen Glaubensbrüder sympathisirte. Eine zweite und dritte
+Proklamation erschien in Edinburg, welche die den Presbyterianern durch
+das Februaredict gewährte nichtssagende Duldung bedeutend
+erweiterten.[36] Die verbannten Hugenotten, die der König seit vielen
+Monaten mit ungnädigem Auge angesehen und denen er die von der Nation
+aufgebrachten milden Gaben vorenthalten hatte, wurden jetzt unterstützt
+und gehätschelt. Es wurde ein Ministerialbefehl erlassen, der die
+öffentliche Mildthätigkeit nochmals zu ihren Gunsten aufrief. Die
+Vorschrift, welche von ihnen den Anschluß an die anglikanische
+Gottesverehrung als Bedingung des Empfangs einer Unterstützung
+verlangte, scheint zu dieser Zeit stillschweigend aufgehoben gewesen zu
+sein, und die Vertheidiger der Politik des Königs hatten die Frechheit
+zu behaupten, diese Vorschrift sei auf Andringen der Prälaten der
+Staatskirche erlassen worden, während wir aus den sichersten Quellen
+wissen, daß sie von ihm selbst im Einverständniß mit Barillon ersonnen
+worden war.[37]
+
+Während der König sich so die Gunst seiner alten Gegner zu erwerben
+suchte, waren die Freunde der Landeskirche nicht weniger thätig. Von der
+Bitterkeit und dem Hohne, mit dem die Prälaten und Priester seit der
+Restauration die Sectirer zu behandeln pflegten, war kaum noch eine Spur
+zu erkennen. Die, welche man ganz kürzlich noch Schismatiker und
+Fanatiker genannt hatte, waren jetzt geliebte Mitprotestanten,
+Glaubensbrüder, die vielleicht schwach sein mochten, aber deren
+Gewissensskrupel immerhin zarte Rücksichtnahme verdienten. Wenn sie nur
+in dieser Krisis der englischen Verfassung und dem reformirten Glauben
+treu blieben, so sollte ihre Hochherzigkeit bald und reich belohnt
+werden. Anstatt einer Indulgenz, welche keine gesetzliche Gültigkeit
+hätte, sollten sie eine wirkliche, durch eine Parlamentsacte gesicherte
+Indulgenz haben. Ja, viele Mitglieder der Staatskirche, die sich bisher
+durch ihr starres Festhalten an jeder in der Liturgie vorgeschriebenen
+Geberde und Formel ausgezeichnet hatten, erklärten sich jetzt nicht nur
+zur Duldung, sondern sogar zur Gleichstellung geneigt. Der Streit um
+Chorröcke und Stellungen, sagten sie, habe nur zu lange Christen von
+einander getrennt, welche doch in den wesentlichen Glaubenspunkten
+übereinstimmten. Wenn der Kampf auf Tod und Leben gegen den gemeinsamen
+Feind vorüber wäre, dann würde man sehen, daß die anglikanische
+Geistlichkeit zu jedem billigen Zugeständnisse bereit sei. Wenn die
+Dissenters nur nicht unbescheiden wären, so würden ihnen nicht blos
+bürgerliche, sondern auch geistliche Ämter offen stehen, und Baxter und
+Howe würden ohne einen Flecken an ihrer Ehre oder ihrem Gewissen auf der
+Bank der Bischöfe sitzen können.
+
+ [Anmerkung 34: Verordnungen des Schatzamts. Siehe besonders die
+ Instructionen vom 8. März 1687/88; +Burnet, I. 715+; +Reflections
+ on His Majesty’s Proclamation for a Toleration in Scotland+;
+ +Letters containing some Reflections on His Majesty’s Declaration
+ for Liberty of Conscience+; +Apology for the Church of England
+ with relation to the spirit of Persecution for which she is
+ accused, 1687/88.+ Doch es ist mir unmöglich, alle Flugschriften
+ anzuführen, aus denen ich mein Urtheil über den damaligen Stand
+ der Parteien geschöpft habe.]
+
+ [Anmerkung 35: +Letter to a Dissenter+.]
+
+ [Anmerkung 36: +Wodrow, Appendix, vol. II. Nos. 132, 134.+]
+
+ [Anmerkung 37: +London Gazette, April 21. 1687+; +Animadversions
+ on a late paper entituled a Letter to a Dissenter, by H. C. (Henry
+ Care), 1687.+]
+
+
+[_„Brief an einen Dissenter.“_] Von den zahlreichen damaligen
+Flugschriften, in denen die Sache des Hofes und die Sache der Kirche vor
+dem Puritaner, der jetzt durch eine sonderbare Wendung des Geschicks das
+Loos seiner Verfolger entscheiden sollte, eifrig und ängstlich
+entwickelt wurde, ist jetzt nur noch eine in der Erinnerung, betitelt:
++Letter to a Dissenter+. In dieser meisterhaften kleinen Schrift waren
+alle Argumente, die einen Nonconformisten überzeugen konnten, daß es
+seine Pflicht und sein Interesse sei, ein Bündniß mit der Staatskirche
+einem Bündnisse mit dem Hofe vorzuziehen, auf einem engen Raume in der
+übersichtlichsten Ordnung zusammengestellt, mit geistreichem Witze
+erörtert und mit einer zwar lebhaften, aber selbst in den Momenten der
+leidenschaftlichsten Heftigkeit die Grenzen des Anstandes und der seinen
+Bildung nie überschreitenden Beredtsamkeit zur Geltung gebracht. Die
+Schrift machte einen ungeheuren Eindruck, denn da sie nur einen Bogen
+stark war, wurden über zwanzigtausend Exemplare durch die Post versandt
+und die Wirkung zeigte sich in jedem Winkel des Reichs. Es erschienen
+vierundzwanzig Antworten darauf, aber die ganze Stadt erklärte sie für
+schlecht und die von Lestrange für die schlechteste von allen
+vierundzwanzig.[38] Die Regierung war sehr ärgerlich und sparte keine
+Mühe, um den Verfasser des Briefs ausfindig zu machen; aber es war nicht
+möglich, rechtskräftige Beweise gegen ihn aufzubringen. Einige meinten
+die Denk- und Sprachweise Temple’s zu erkennen.[39] In Wirklichkeit aber
+gehörte dieser umfassende und scharfe Verstand, diese lebhafte
+Phantasie, dieser elegante und kräftige Styl, diese ruhige und edle,
+halb hofmännische, halb philosophische Würde, welche die heftigste
+Aufregung des Kampfes nicht einen Augenblick aus der Fassung bringen
+konnte, keinem Andren als Halifax an.
+
+ [Anmerkung 38: +Lestrange’s Answer to a Letter to a Dissenter+;
+ +Care’s Animadversions on a Letter to a Dissenter+; +Dialogue
+ between Harry and Roger+, nämlich Harry Care und Roger Lestrange.]
+
+ [Anmerkung 39: Der Brief war mit T. W. unterzeichnet. Care sagt in
+ seinen +Animadversions+: „Dieser Herr Politiker T. W. oder W. T.,
+ denn einige Kritiker halten dies für die richtigere Lesart.“]
+
+
+[_Benehmen der Dissenters._] Die Dissenters schwankten und man darf
+ihnen keinen Vorwurf daraus machen. Sie litten und der König hatte ihnen
+Linderung verschafft. Einige ausgezeichnete Geistliche waren ihrer Haft
+entlassen worden, andere hatten es gewagt, aus dem Exil zurückzukehren.
+Gemeinden, die ihre Zusammenkünfte bisher nur heimlich und im Dunklen
+hatten abhalten können, versammelten sich jetzt am hellen Tage und
+sangen laut ihre Psalmen vor den Augen von Magistratsbeamten,
+Kirchenvorstehern und Constablern. Bescheidene Gotteshäuser von
+puritanischer Bauart begannen sich in allen Gegenden Englands zu
+erheben. Der aufmerksame Reisende kann noch jetzt an einigen der
+ältesten Bethäuser die Jahrzahl 1687 erkennen. Dessen ungeachtet waren
+die Anerbietungen der Kirche für einen klugen Dissenter viel lockender
+als die des Königs. Die Indulgenzerklärung war in den Augen des Gesetzes
+null und nichtig. Sie suspendirte die Strafgesetze gegen Nonconformität
+nur auf so lange, als die Grundprinzipien der Verfassung und die
+rechtmäßige Autorität des gesetzgebenden Körpers aufgehoben blieben.
+Welchen Werth hatten Privilegien, die auf einen so schmachvollen und
+zugleich so unsicheren Besitztitel beruhten? Es konnte bald eine
+Thronerledigung eintreten, ein der Landeskirche anhängender Souverain
+konnte auf den Thron kommen und ein aus Mitgliedern der Landeskirche
+bestehendes Parlament gebildet werden. Wie beklagenswerth mußte dann die
+Lage der Dissenters werden, die sich mit Jesuiten gegen die Verfassung
+verbündet hatten! Die Kirche bot eine Indulgenz ganz andrer Art als die
+von Jakob gewährte dar, eine Indulgenz, die eben so rechtsgültig und
+heilig war als die Magna Charta. Beide streitende Parteien versprachen
+dem Separatisten Glaubensfreiheit; aber die eine Partei verlangte von
+ihm, daß er sie durch Aufopferung der bürgerlichen Freiheit erkaufen
+sollte, während die andre ihn zum Genuß der bürgerlichen und religiösen
+zugleich einlud.
+
+Aus diesen Gründen konnte ein Dissenter sich wohl entschließen, sein
+Loos mit dem der Staatskirche zu verknüpfen, selbst wenn er hätte
+glauben können, daß der Hof es aufrichtig meinte. Aber wer garantirte
+ihm für die Aufrichtigkeit des Hofes? Jedermann kannte das bisherige
+Benehmen Jakob’s. Es war zwar nicht gerade unmöglich, daß ein Verfolger
+durch Vernunftgründe und Erfahrungen von den Vortheilen der
+Religionsduldung überzeugt werden konnte. Aber Jakob behauptete, nicht
+erst neuerdings überzeugt worden zu sein; im Gegentheil, er versäumte
+keine Gelegenheit, um zu versichern, daß er schon seit vielen Jahren aus
+Grundsatz aller Unduldsamkeit feind gewesen sei. Dennoch hatte er noch
+vor wenigen Monaten Männer, Frauen und junge Mädchen um ihrer Religion
+willen bis zum Tode verfolgt. Hatte er damals gegen die bessere
+Überzeugung seines Gewissens gehandelt? oder sagte er jetzt eine
+wissentliche Unwahrheit? Aus diesem Dilemma gab es keinen Ausweg und
+jede der beiden Annahmen war für den Ruf der Rechtschaffenheit des
+Königs gleich verderblich. Außerdem war auch allbekannt, daß ihn die
+Jesuiten ganz in ihrer Gewalt hatten. Erst wenige Tage vor der
+Bekanntmachung der Indulgenz war dieser Orden dem wohlbekannten Willen
+des heiligen Stuhles zum Trotz mit einem neuen Beweise seines Vertrauens
+und seines Beifalls beehrt worden. Sein Beichtvater, Pater Mansuetus,
+ein Franziskaner, dessen menschenfreundlicher Character und tadelloser
+Lebenswandel die größte Achtung verdienten, den aber Tyrconnel und Petre
+schon längst haßten, war entlassen worden. Den dadurch erledigten Posten
+erhielt ein Engländer, Namens Warner, der von dem Glauben seines
+Vaterlandes abgefallen und Jesuit geworden war. Den gemäßigten
+Katholiken und dem Nuntius war dieser Wechsel nichts weniger als
+angenehm, und jeder Protestant erblickte darin einen Beweis, daß die
+Jesuiten eine unumschränkte Herrschaft über das Gemüth des Königs
+ausübten.[40] So großes Lob auch diese Väter mit Recht beanspruchen
+konnten, besondere Liberalität und Wahrheitsliebe konnte selbst die
+Schmeichelei ihnen nicht beimessen. Daß sie, wenn es das Interesse ihres
+Glaubens oder ihres Ordens galt, niemals Bedenken trugen, den Beistand
+des weltlichen Schwerts anzurufen, oder die Gesetze der Wahrheit und
+Treue zu verletzen, dies war der Welt nicht nur durch protestantische
+Ankläger, sondern auch durch Männer verkündet worden, deren
+Tugendhaftigkeit und Genie der Stolz der römischen Kirche war. Es war
+unglaublich, daß ein ergebener Schüler der Jesuiten der
+Gewissensfreiheit aus Grundsatz zugethan sein sollte; dagegen aber war
+es weder unglaublich noch unwahrscheinlich, daß er es für gerechtfertigt
+hielt, seine wahren Gesinnungen zu verbergen, um seiner Religion einen
+Dienst zu erzeigen. Es war gewiß, daß dem Könige im Herzen die
+Anglikaner lieber waren als die Puritaner; es war gewiß, daß, so lange
+er noch Hoffnung hatte, die Anhänger der Staatskirche zu gewinnen, er
+den Puritanern nie die geringste Freundlichkeit erwiesen hatte. Konnte
+es also wohl einem Zweifel unterliegen, daß er selbst jetzt noch die
+Puritaner willig aufopfern würde, wenn die Anglikaner sich seinen
+Wünschen fügten? Sein wiederholt gegebenes Versprechen hatte ihn nicht
+abgehalten, die gesetzlichen Rechte der Geistlichkeit anzutasten, welche
+so viele sprechende Beweise von treuer Anhänglichkeit an sein Haus
+gegeben hatte. Welche Sicherheit konnte sonach sein Wort Secten
+gewähren, welche durch die Erinnerung an tausend geschlagene und
+empfangene, nicht wieder gut zu machende Wunden von ihm geschieden
+waren?
+
+ [Anmerkung 40: Ellis’ Correspondenz, 15. März u. 27. Juli 1686;
+ Barillon, 28. Febr. (10. März), 3.(13.) März, 6.(16.) März 1687;
+ Ronquillo, 9.(19.) März 1687 in der Mackintosh-Sammlung.]
+
+
+[_Einige von ihnen halten es mit dem Hofe. Care, Alsop, Rosewell._] Als
+die durch Bekanntmachung der Indulgenz verursachte Aufregung sich ein
+wenig gelegt hatte, zeigte es sich, daß in der puritanischen Partei eine
+Spaltung eingetreten war. Die Minorität, mit einigen wenigen thätigen
+Männern an der Spitze, deren Urtheil mangelhaft oder durch das Interesse
+geleitet war, unterstützte den König. Heinrich Care, welcher lange Zeit
+der heftigste und thätigste Pamphletist unter den Nonconformisten
+gewesen war und der in den Tagen des papistischen Complots Jakob in
+einer Schrift unter dem Titel +Packet of Advice from Rome+
+(Nachrichtenpacket von Rom) mit schrankenloser Wuth angegriffen hatte,
+schmeichelte ihm jetzt eben so laut, als er ihn früher geschmäht und
+verleumdet hatte.[41] Der Hauptagent, dessen sich die Regierung zur
+Bearbeitung der Presbyterianer bedient hatte, war Vincenz Alsop, ein
+Geistlicher, der als Prediger wie auch als Schriftsteller nicht
+unbekannt war. Sein Sohn, der wegen Hochverraths bestraft worden war,
+wurde begnadigt, und daher widmete der Vater seinen ganzen Einfluß dem
+Hofe.[42] Mit Alsop verbunden war Thomas Rosewell. Rosewell war während
+der durch die Entdeckung des Ryehousecomplots herbeigeführten Verfolgung
+der Dissenters fälschlich angeklagt worden, daß er gegen die Regierung
+gepredigt habe. Jeffreys hatte auf seine Verurtheilung zum Tode
+angetragen und eine bestochene Jury hatte ihn den klarsten Beweisen von
+seiner Unschuld zum Trotz für schuldig erklärt. Die Ungerechtigkeit des
+Urtheils war so himmelschreiend, daß selbst die Höflinge sich darüber
+empört zeigten. Ein angesehener Tory, der den Verhandlungen des
+Prozesses beigewohnt hatte, ging augenblicklich zu Karl und erklärte,
+daß der Hals des loyalsten Unterthanen in England nicht mehr sicher sein
+würde, wenn man Rosewell hinrichtete. Die Geschwornen selbst wurden von
+Reue ergriffen, als sie überlegten, was sie gethan hatten, und boten
+Alles auf, um dem Gefangenen das Leben zu retten. Endlich wurde seine
+Begnadigung bewilligt, aber Rosewell mußte drückende Bürgschaft für sein
+ferneres Wohlverhalten stellen und zu bestimmten Zeiten persönlich vor
+dem Gerichtshofe der Kings Bench erscheinen. Seine Bürgschaften wurden
+jetzt auf königlichen Befehl erlassen und dadurch seine Dienste
+gewonnen.[43]
+
+ [Anmerkung 41: +Wood’s Athenae Oxonienses+; +Observator+;
+ +Heraclitus Ridens+ an mehreren Stellen. Doch Care’s eigene
+ Schriften sind das beste Material zur Würdigung seines
+ Characters.]
+
+ [Anmerkung 42: +Calamy’s Account of the Ministers ejected or
+ silenced after the Restoration, Northamptonshire+; +Wood’s Athenae
+ Oxonienses+; +Biographia Britannica.+]
+
+ [Anmerkung 43: +Collection of State Trials+; +Samuel Rosewell’s
+ Life of Thomas Rosewell, 1718+; +Calamy’s Account.+]
+
+
+[_Lobb._] Das Geschäft, die Independenten zu gewinnen, war vornehmlich
+einem ihrer Geistlichen, Namens Stephan Lobb, übertragen. Lobb war ein
+schwacher, heftiger und ehrgeiziger Mann. Er hatte die Opposition gegen
+die Regierung so weit getrieben, daß sein Name in mehreren
+Proklamationen geächtet worden war, söhnte sich aber jetzt mit dem Hofe
+aus und ging in der Servilität eben so weit als er je in der Opposition
+gegangen war. Er schloß sich der jesuitischen Cabale an und rieth eifrig
+zu Maßregeln, vor denen die verständigsten und ehrenwerthesten
+Katholiken zurückschauderten. Man bemerkte, daß er fortwährend im
+Palaste und häufig im Privatkabinet des Königs war, daß er in einem
+Glanze lebte, an den die puritanischen Geistlichen nicht gewöhnt waren,
+und daß er beständig von Bittstellern belagert war, denen er durch
+seinen Einfluß Stellen und Begnadigungen verschaffen sollte.[44]
+
+ [Anmerkung 44: +London Gazette, March 15. 1685/6+; +Nichols’s
+ Defence of the Church of England+; +Pierce’s Vindication of the
+ Dissenters.+]
+
+
+[_Penn._] Mit Lobb eng befreundet war Wilhelm Penn. Penn war nie ein
+characterfester Mann gewesen, das Leben, das er seit zwei Jahren führte,
+hatte sein sittliches Zartgefühl nicht wenig verhärtet, und wenn sein
+Gewissen ihm einmal Vorwürfe machte, so tröstete er sich immer wieder
+mit dem Gedanken, daß er einen guten und edlen Zweck verfolge und daß
+ihm seine Dienste nicht mit Geld bezahlt würden.
+
+Durch den Einfluß dieser und anderer weniger hervorragender Männer
+wurden mehrere Dissentergemeinden bewogen, Dankadressen an den König zu
+richten. Toryistische Schriftsteller haben mit Recht bemerkt, daß die
+Sprache dieser Adressen so widerlich servil war wie nur in irgend einer
+der überschwenglichsten Lobreden, welche den Stuarts von Bischöfen
+gespendet worden sind. Bei genauer Untersuchung stellt es sich heraus,
+daß die Schmach nur einem sehr kleinen Theile der puritanischen Partei
+zur Last fällt. Es gab kaum einen Marktflecken in England, der nicht
+wenigstens ein kleines Häuflein Separatisten gehabt hätte, und man
+sparte keine Mühe, um sie zu einer Äußerung ihrer Dankbarkeit für die
+Indulgenz zu bewegen. Rundschreiben, welche sie zur Unterzeichnung
+aufforderten, wurden nach allen Gegenden des Landes in solchen Massen
+geschickt, daß, wie man scherzweise sagte, die Postfelleisen den Pferden
+zu schwer waren. Indessen belief sich die Gesammtzahl der Adressen, die
+man von allen über ganz England zerstreuten Presbyterianern,
+Independenten und Baptisten erlangen konnte, noch nicht auf sechzig;
+auch ist kein Grund zu der Vermuthung vorhanden, daß diese Adressen
+zahlreiche Unterschriften hatten.[45]
+
+ [Anmerkung 45: Die Adressen sind in der London Gazette zu finden.]
+
+
+[_Die Mehrzahl der Puritaner ist gegen den Hof. Baxter._] Die große
+Masse der protestantischen Nonconformisten, welche fest an den
+bürgerlichen Freiheiten hing und den Versprechungen des Königs und der
+Jesuiten nicht traute, weigerte sich standhaft, für eine Begünstigung zu
+danken, hinter der man mit gutem Grund eine Schlinge argwöhnen durfte.
+Dies war die Stimmung aller angesehensten Oberhäupter der Partei. Zu
+ihnen gehörte Baxter. Er war, wie wir gesehen haben, bald nach Jakob’s
+Thronbesteigung in Untersuchung gezogen, von Jeffreys gröblich insultirt
+und von einer Jury, wie die höfischen Sheriffs der damaligen Zeit sie zu
+wählen pflegten, für schuldig erklärt worden. Baxter befand sich seit
+ungefähr anderthalb Jahren im Gefängniß, als der Hof ernstlich darauf zu
+denken begann, die Nonconformisten zu gewinnen. Er wurde nicht allein in
+Freiheit gesetzt, sondern auch bedeutet, daß er, wenn er sonst wollte,
+seinen Aufenthalt in London nehmen könnte, ohne die Anwendung der
+Fünfmeilenacte gegen sich zu fürchten. Die Regierung hoffte
+wahrscheinlich, daß die Erinnerung an vergangene Leiden und das Gefühl
+der gegenwärtigen Erlösung auf ihn die nämliche Wirkung äußern werde,
+wie auf Rosewell und Lobb. Diese Hoffnung erwies sich jedoch als irrig.
+Baxter war weder zu bestechen, noch zu täuschen; er weigerte sich,
+irgend eine Dankadresse für die Indulgenz zu unterzeichnen und
+verwendete seinen ganzen Einfluß zur Herbeiführung eines guten
+Vernehmens zwischen der Staatskirche und den Presbyterianern.[46]
+
+ [Anmerkung 46: +Calamy’s Life of Baxter.+]
+
+
+[_Howe._] Wenn es irgend einen Mann gab, der in der Achtung der
+protestantischen Dissenters noch höher stand als Baxter, so war dies
+Johann Howe. Howe hatte, wie Baxter, durch den neuerlichen Umschwung der
+Politik persönlich gewonnen. Die nämliche Tyrannei, welche Baxter ins
+Gefängniß warf, hatte ihn in die Verbannung getrieben und bald nach
+Baxter’s Entlassung aus dem Gefängnisse der Kings Bench kehrte Howe von
+Utrecht nach England zurück. Man erwartete in Whitehall, daß Howe den
+ganzen Einfluß, den er auf seine Glaubensgenossen ausübte, zu Gunsten
+des Hofes verwenden werde. Der König selbst ließ sich herab, den
+Unterthan, den er unterdrückt hatte, um seinen Beistand zu bitten. Howe
+scheint geschwankt zu haben; der Einfuß Hampden’s aber, mit dem er intim
+befreundet war, vermochte ihn, der Sache der Verfassung treu zu bleiben.
+Eine Versammlung presbyterianischer Geistlichen wurde in seinem Hause
+gehalten, um über die Lage der Dinge zu berathen und über den
+einzuschlagenden Weg einen Beschluß zu fassen. Im Palaste erwartete man
+mit ängstlicher Spannung das Ergebniß. Zwei königliche Abgesandte
+wohnten der Verhandlung bei, und sie kamen mit der unwillkommnen
+Nachricht zurück, daß Howe sich entschieden gegen das Dispensationsrecht
+erklärt und nach langer Debatte die Majorität der Versammlung für sich
+gewonnen habe.[47]
+
+ [Anmerkung 47: +Calamy’s Life of Howe+. Den Antheil, den die
+ Familie Hampden an dieser Angelegenheit gehabt, habe ich aus einem
+ Briefe von Johnstone an Waristoun vom 13. Juni 1688 erfahren.]
+
+
+[_Bunyan._] Neben Baxter und Howe muß noch ein andrer Mann genannt
+werden, der nach seiner Stellung und Gelehrsamkeit tief unter ihnen, an
+Tugend aber ihnen gleich, und an Genie hoch über ihnen stand, Johann
+Bunyan. Bunyan war ursprünglich Kesselflicker gewesen und hatte als
+gemeiner Soldat in der Parlamentsarmee gedient. Schon in seinen früheren
+Jahren hatten ihn furchtbare Gewissensbisse wegen seiner Jugendsünden
+gequält, von denen jedoch die schlimmsten solche gewesen zu sein
+scheinen, welche die Welt für verzeihlich hält. Seine große Reizbarkeit
+und seine glühende Phantasie machten seine inneren Kämpfe ganz besonders
+qualvoll. Er bildete sich ein, daß ein Verdammungsurtheil über ihn
+verhängt sei, daß er den heiligen Geist gelästert, daß er Christum
+verkauft habe und daß er thatsächlich von einem bösen Geiste besessen
+sei. Bald vernahm er laute Warnungsstimmen vom Himmel, bald versuchte
+ihn der Teufel durch gottlose Einflüsterungen. Er hatte Visionen von
+entfernten Berggipfeln, welche die Sonne glänzend beleuchtete, von denen
+er aber durch eine Schneewüste getrennt war. Er fühlte wie der Teufel
+ihn an den Kleidern zupfte; er glaubte, das Kainszeichen sei ihm
+aufgedrückt; er fürchtete daß er zerbersten werde, wie Judas. Diese
+Seelenkämpfe zerrütteten seine Gesundheit. Den einen Tag zitterte er wie
+ein vom Schlage Getroffener; ein andermal brannte es ihn wie Feuer in
+der Brust. Es ist kaum zu begreifen, daß er so entsetzlichen und
+andauernden Qualen nicht unterlag. Endlich zertheilten sich die Wolken.
+Aus dem Abgrunde der Verzweiflung erhob sich der Büßende in einen
+Zustand heiterer Glückseligkeit. Ein unwiderstehlicher Drang trieb ihn
+an, auch Andere des Segens theilhaftig werden zu lassen, dessen er
+selbst genoß.[48] Er schloß sich den Baptisten an und wurde Prediger und
+Schriftsteller. Seine Erziehung war die eines Handwerkers gewesen und er
+verstand keine andre Sprache als die englische, wie sie von dem niederen
+Volke gesprochen wird. Er hatte kein großes Musterwerk studirt, mit der
+einzigen, allerdings sehr bedeutenden Ausnahme unsrer herrlichen
+Bibelübersetzung. Seine Orthographie war schlecht; er machte häufige
+Verstöße gegen die Regeln der Grammatik. Doch sein angebornes Genie und
+seine durch eigene Erfahrung erworbene Kenntniß aller religiösen
+Gefühle, von der Verzweiflung bis zur Verzückung, ersetzten in ihm
+reichlich den Mangel an Gelehrsamkeit. Seine natürliche Beredtsamkeit
+erhob und rührte Zuhörer, welche bei den fleißig ausgearbeiteten
+Vorträgen großer Dialektiker und Hebraisten kalt blieben. Seine Werke
+waren unter den niederen Klassen weit verbreitet. Eines davon, des
+Pilgers Reise, wurde schon zu seinen Lebzeiten in mehrere fremde
+Sprachen übersetzt. Den Gelehrten und höher Gebildeten war es jedoch
+kaum bekannt, und die frommen Hüttenbewohner und Handwerker hatten sich
+bereits seit einem Jahrhundert daran erfreut, als es endlich von einem
+in der Literatur sehr hochstehenden Manne öffentlich empfohlen wurde.
+Die Kritik ließ sich nun herab, das Geheimniß einer so ausgedehnten und
+dauernden Popularität zu erforschen. Sie mußte gestehen, daß die
+unwissende Menge richtiger geurtheilt hatte als die Gelehrten und daß
+das verachtete Büchlein wirklich ein Meisterwerk war. Bunyan ist in der
+That ebenso gewiß der erste Allegoriker, wie Demosthenes der erste
+Redner und Shakespeare der erste Dramatiker ist. Zwar haben andere
+Allegoriker eine gleiche Erfindungsgabe gezeigt; aber kein andrer ist je
+im Stande gewesen, das Herz zu rühren und abstracte Begriffe zu
+Gegenständen des Entsetzens, des Mitleids und der Liebe zu machen.[49]
+
+Es dürfte zu bezweifeln sein, ob irgend ein englischer Dissenter die
+Last der Strafgesetze schwerer empfunden hat als Johann Bunyan. Von den
+siebenundzwanzig Jahren, welche seit der Restauration verstrichen waren,
+hatte er zwölf im Gefängniß zugebracht. Dennoch fuhr er fort zu
+predigen, aber um dies zu können, mußte er sich als Fuhrmann verkleiden.
+Oft wurde er, im Fuhrmannskittel und mit der Peitsche in der Hand, durch
+eine Hinterthür in die Versammlung eingeführt. Hätte er nur an seine
+eigene Ruhe und Sicherheit gedacht, so würde er die Indulgenzerklärung
+freudig begrüßt haben. Jetzt durfte er endlich am hellen Tage predigen
+und ermahnen. Seine Gemeinde wuchs mit reißender Schnelligkeit. Tausende
+hingen an seinen Lippen und in Bedford, wo er sich größtentheils
+aufhielt, gingen reiche Beisteuern zum Bau eines Bethauses für ihn ein.
+Er stand in so hohem Ansehen bei dem gemeinen Volke, daß die Regierung
+ihm gern ein städtisches Amt übertragen hätte; aber sein scharfer
+Verstand und sein treues englisches Herz widerstanden siegreich allen
+Versuchungen und Täuschungen. Er war fest überzeugt, daß die angebotene
+Duldung nur ein Köder sei, um die puritanische Partei damit ins
+Verderben zu locken; auch wollte er nicht durch Annahme einer Stelle, zu
+der er nicht gesetzlich qualificirt war, die Gültigkeit der
+Dispensationsgewalt anerkennen. Eine der letzten edlen Handlungen seines
+tugendreichen Lebens war die Ablehnung einer Unterredung, zu der er
+durch einen Agenten der Regierung eingeladen wurde.[50]
+
+ [Anmerkung 48: +Bunyan’s Grace Abounding.+]
+
+ [Anmerkung 49: Young stellt Bunyan’s Prosa auf gleiche Stufe mit
+ Durfey’s Poesie. Die fashionablen Leute im +Spiritual Quixote+
+ stellen den +Pilgrim’s Progress+ mit +Jack the Giantkiller+
+ zusammen. Spät im achtzehnten Jahrhundert wagte Cowper nur eine
+ Anspielung auf den großen Allegoriker:
+
+ Nicht nennen will ich dich, damit Dein Name
+ Statt wohlverdienten Ruhm nicht Hohn Dir bringe.]
+
+ [Anmerkung 50: Fortsetzung von Bunyan’s Biographie im Anhang zu
+ seiner „Überströmenden Gnade.“]
+
+
+[_Kiffin._] So groß Bunyan’s Ansehen bei den Baptisten war, Wilhelm
+Kiffin’s Ansehen war noch größer. Kiffin war in Bezug auf Rang und
+Reichthum der Erste unter ihnen. Er pflegte seine geistlichen Talente
+bei ihren Versammlungen auszuüben, erwarb sich aber nicht durch Predigen
+seinen Unterhalt. Er machte große Handelsgeschäfte, stand an der Börse
+in hohem Ansehen und hatte sich ein bedeutendes Vermögen gesammelt.
+Niemand hätte vielleicht unter den dermaligen Verhältnissen dem Hofe
+werthvollere Dienste leisten können als er. Aber zwischen ihm und dem
+Hofe stand die Erinnerung an ein entsetzliches Ereigniß. Er war der
+Großvater der Gebrüder Hewling, der beiden muthigen Jünglinge, welche
+von allen Opfern der blutigen Assisen vielleicht am allgemeinsten
+bedauert worden waren. Für das traurige Loos des einen von ihnen war
+Jakob ganz besonders verantwortlich. Jeffreys hatte dem jüngeren Bruder
+einen Aufschub bewilligt. Churchill hatte der Schwester der beiden
+jungen Männer eine Audienz beim Könige verschafft, und sie hatte um
+Gnade gefleht; aber des Königs Herz war unerbittlich gewesen. Es war für
+die ganze Familie ein harter Schlag; am meisten aber war Kiffin zu
+bedauern. Er war siebzig Jahr alt, als er vereinsamt dastand. Diejenigen
+überlebend, die ihn hatten überleben sollen. Die herzlosen und feilen
+Schmarotzer von Whitehall glaubten, indem sie nach sich selbst
+urtheilten, der alte Mann werde durch einen Aldermansmantel und durch
+eine Geldentschädigung für das verwirkte Vermögen seiner Enkel leicht
+wieder zu gewinnen sein. Penn wurde zu dem Verführungswerke ausersehen;
+aber seine Bemühungen waren vergebens. Der König beschloß hierauf, die
+Wirkung seiner persönlichen Artigkeit zu versuchen. Kiffin wurde in den
+Palast beschieden. Er fand einen glänzenden Kreis von Kavalieren und
+Gentlemen versammelt. Jakob kam ihm sogleich entgegen, redete ihn sehr
+freundlich an und schloß mit den Worten: „Ich habe Sie zu einem der
+Aldermen von London bestimmt, Herr Kiffin.“ Der alte Mann sah den König
+fest an, brach in Thränen aus und antwortete: „Sire, ich bin abgenutzt,
+ich bin nicht mehr fähig, Eurer Majestät oder der Hauptstadt zu dienen.
+Und überdies, Sire, hat der Tod meiner armen Jungen mir das Herz
+gebrochen. Diese Wunde ist noch heute so frisch wie jemals, und ich
+werde sie mit ins Grab nehmen.“ Der König schwieg einige Augenblicke
+sichtlich bewegt und sagte dann: „Ich werde einen Balsam für diese Wunde
+finden, Herr Kiffin.“ Es war gewiß nicht Jakob’s Absicht, etwas
+Kränkendes oder Übermüthiges zu sagen, im Gegentheil, er scheint sich in
+einer ungewöhnlich weichen Stimmung befunden zu haben. Dennoch wirft
+keine Äußerung die uns von ihm berichtet wird, ein so nachtheiliges
+Licht auf seinen Character als diese wenigen Worte. Es sind die Worte
+eines hartherzigen, niedrig denkenden Mannes, der sich keine Verwundung
+des Gefühls denken kann, welche durch eine Stelle oder durch eine
+Pension nicht vollkommen zu heilen wäre.[51]
+
+Der Theil der Dissenters, der sich der neuen Politik des Königs günstig
+zeigte, war von Anfang an klein gewesen und begann bald noch mehr
+zusammenzuschmelzen. Denn die Nonconformisten erkannten in nicht langer
+Zeit, daß ihre geistlichen Privilegien durch die Indulgenz eher
+geschmälert als erweitert worden waren. Der characteristische Zug des
+Puritaners war Abscheu gegen die Eigenthümlichkeiten der römischen
+Kirche. Er hatte sich nur deshalb von der anglikanischen Kirche
+losgetrennt, weil er meinte, daß sie ihrer hochmüthigen und üppigen
+Schwester, der Zauberin mit dem goldenen Becher und dem Purpurgewande,
+zu ähnlich sähe. Jetzt fand er, daß eine von den stillschweigenden
+Bedingungen des Bündnisses, welches einige seiner Seelenhirten mit dem
+Hofe geschlossen hatten, die war, daß die Religion des Hofes mit Achtung
+und Schonung behandelt werden sollte. Er begann bald sich nach den Tagen
+der Verfolgung zurückzusehnen. So lange die Strafgesetze noch angewendet
+wurden, hatte er die Worte des Lebens zwar im Geheimen und mit
+persönlicher Gefahr angehört, aber er hatte sie doch gehört. Wenn die
+Brüder in ihrer Stube versammelt waren, wenn die Schildwachen
+ausgestellt und die Thüren verschlossen waren, wenn der Prediger in der
+Kleidung eines Metzgers oder Fuhrmanns über das Dach hereingekommen war,
+dann wurde wenigstens ein wirklicher Gottesdienst gehalten. Kein Theil
+der göttlichen Wahrheit ward aus weltlichen Rücksichten unterdrückt oder
+verstümmelt, alle unterscheidenden Lehren der puritanischen Theologie
+wurden vollständig und sogar in ihrer ungeschminktesten Form
+dargestellt. Der römischen Kirche ward kein Pardon gegeben. Das Thier,
+der Antichrist, der Mensch der Sünde, die mystische Isabel, das
+mystische Babylon waren die Ausdrücke, mit denen man jenen hehren und
+bezaubernden Aberglauben zu bezeichnen pflegte. Dies war einst die
+Sprache Alsop’s, Lobb’s, Rosewell’s und anderer Geistlichen gewesen,
+welche kürzlich im Palast wohl aufgenommen worden waren; aber so
+sprachen sie jetzt nicht mehr. Geistliche, die nach einer hohen Stufe in
+der Gunst und dem Vertrauen des Königs strebten, durften es nicht wagen,
+in harten Worten von der Religion des Königs zu sprechen. Die Gemeinden
+beklagten sich daher laut, daß sie seit dem Erscheinen der
+Indulgenzerklärung, welche ihnen dem Wortlaute nach doch völlige
+Gewissensfreiheit gewähren wollte, das Evangelium nie mehr kühn und rein
+hätten verkünden hören. Früher hatten sie ihre geistliche Nahrung
+verstohlen erhaschen müssen, aber wenn sie sie erhascht hatten, so
+fanden sie sie wenigstens ganz nach ihrem Geschmacke zubereitet. Jetzt
+konnten sie sie öffentlich und in aller Bequemlichkeit zu sich nehmen,
+aber sie hatte ihren ganzen Wohlgeschmack verloren. Sie versammelten
+sich bei Tage und in geräumigen Lokalen; aber sie hörten Predigten, die
+ihnen bei weitem nicht so gefielen, als die, welche der Rector ihnen
+gehalten haben würde. In der Pfarrkirche wurde der selbstgeschaffene
+Gottesdienst und die Abgötterei Roms jeden Sonntag energisch
+angegriffen; im Versammlungshause aber hütete sich der Pastor, der noch
+vor wenigen Monaten die Geistlichen der Landeskirche für nicht viel
+besser als die Papisten erklärt hatte, jetzt sorgfältig, den Papismus zu
+tadeln, oder kleidete seinen Tadel wenigstens in ein so mildes Gewand,
+daß er selbst das Ohr eines Pater Petre nicht beleidigt haben würde.
+Auch war es nicht möglich, für diesen Wechsel einen stichhaltigen Grund
+aufzufinden. Die römisch-katholischen Lehren hatten sich nicht
+verändert; seit Menschengedenken waren die katholischen Priester noch
+nie so eifrig im Proselytenmachen gewesen; noch nie waren so viele
+katholische Schriften aus der Presse hervorgegangen; noch nie hatten
+Alle, die sich um die Religion kümmerten, den Streit zwischen Katholiken
+und Protestanten mit so gespannter Aufmerksamkeit verfolgt. Was konnte
+man also von der Aufrichtigkeit von Theologen halten, welche nicht müde
+geworden waren, den Papismus zu schmähen, so lange derselbe
+vergleichsweise harmlos und wehrlos war, und die jetzt, wo eine Zeit
+wirklicher Gefahr für den reformirten Glauben gekommen, sorgfaltig jedes
+Wort vermieden, das einem Jesuiten Anstoß geben konnte? Ihr Benehmen war
+in der That nicht schwer zu erklären. Es war bekannt, daß einige von
+ihnen Begnadigungen erlangt, es wurde vermuthet, daß andere Geld
+bekommen hatten. Ihr Vorbild war der schwache Apostel, der aus Angst den
+Herrn verleugnete, dem er prahlerisch die unverbrüchlichste Treue gelobt
+hatte, oder der noch schlechtere Apostel, der seinen Herrn um eine
+Handvoll Silberlinge verkaufte.[52]
+
+So verloren die vom Hofe gewonnenen Dissentergeistlichen rasch den
+Einfluß, den sie einst auf ihre Glaubensbrüder besessen hatten. Auf der
+andren Seite fühlten sich die Sektirer durch eine starke religiöse
+Sympathie zu den anglikanischen Prälaten und Priestern hingezogen,
+welche trotz königlicher Befehle, Drohungen und Versprechungen einen
+heftigen Krieg gegen die römische Kirche unterhielten. Die so lange
+durch tödtliche Feindschaft getrennt gewesenen Anglikaner und Puritaner,
+näherten sich einander mit jedem Tage mehr und mehr und jeder Schritt
+zur Einigung vermehrte den Einfluß des Mannes, der ihr gemeinsames
+Oberhaupt war. Wilhelm eignete sich in jeder Beziehung zum Vermittler
+zwischen diesen beiden großen Parteien der englischen Nation. Man konnte
+nicht sagen, daß er einer von beiden angehöre; aber keine von beiden
+konnte sich bei ruhiger Überlegung weigern, ihn als einen Freund zu
+betrachten. Sein theologisches System stimmte mit dem der Puritaner
+überein. Zu gleicher Zeit betrachtete er das Episcopat wenn auch nicht
+als eine göttliche Einrichtung, doch als eine vollkommen rechtmäßige und
+höchst nützliche Form des Kirchenregiments. Fragen über Stellungen,
+Gewänder, Festtage und Liturgien waren in seinen Augen keine
+Lebensfragen. Ein einfacher Gottesdienst wie der, an den er von jeher
+gewöhnt war, würde seinem persönlichen Geschmacke am meisten zugesagt
+haben, aber er war dabei gern bereit, sich jedem Ritual zu fügen, das
+der Nation angenehm war, und bestand nur darauf, daß man ihm nicht
+zumuthete, diejenigen seiner protestantischen Brüder zu verfolgen, denen
+ihr Gewissen es nicht zuließ, seinem Beispiele zu folgen. Zwei Jahre
+früher würde er von zahlreichen Bigotten auf beiden Seiten für einen
+bloßen Laodicäer erklärt, worden sein, der weder kalt noch warm war und
+zu nichts taugte als ausgestoßen zu werden. Aber der Eifer, der
+Anglikaner gegen Dissenters und Dissenters gegen Anglikaner entflammt
+hatte, war durch gemeinsame Widerwärtigkeiten und Gefahren so gedämpft
+worden, daß die Lauheit, die man ihm früher als Verbrechen angerechnet,
+jetzt als eine seiner Haupttugenden betrachtet wurde.
+
+ [Anmerkung 51: +Kiffin’s Memoirs+; Luson’s Brief an Brooke vom 11.
+ Mai 1773 in der Hughes-Correspondenz.]
+
+ [Anmerkung 52: Man sehe unter anderen zeitgenössischen
+ Flugschriften eine mit dem Titel: +A Representation of the
+ threatening Dangers impending over Protestants.+]
+
+
+[_Der Prinz und die Prinzessin von Oranien gegen die
+Indulgenzerklärung._] Jedermann war gespannt auf seine Ansicht über die
+Indulgenzerklärung. Eine Zeit lang nährte man in Whitehall die Hoffnung,
+daß seine bekannte Achtung vor den Rechten des Gewissens ihn wenigstens
+abhalten werde, öffentlich seine Mißbilligung einer Politik
+auszusprechen, die einen unleugbaren Anstrich von Freisinnigkeit hatte.
+Penn schickte zahlreiche Auseinandersetzungen nach dem Haag und begab
+sich sogar persönlich dahin, in der Hoffnung daß seine Beredtsamkeit,
+von der er eine hohe Meinung hatte, sich als unwiderstehlich erweisen
+werde. Aber obgleich er sein Lieblingsthema mit einer Redseligkeit
+entwickelte, die seine Zuhörer ermüdete und obgleich er sie versicherte,
+daß ein Mann, der mit den Engeln verkehre, ihm das Herannahen eines
+goldenen Zeitalters der Religionsfreiheit geoffenbart habe, so machte er
+doch keinen Eindruck auf den Prinzen.[53] „Ihr verlangt von mir,“ sagte
+er zu einem der Agenten des Königs, „daß ich einen Angriff auf meine
+eigne Religion unterstützen soll. Das kann ich mit gutem Gewissen nicht
+thun, und ich werde es nicht thun, nein, nicht um die Krone Englands,
+nicht um die Herrschaft der Welt!“ Diese Worte wurden dem Könige
+mitgetheilt und sie beunruhigten ihn nicht wenig.[54] Er schrieb mit
+eigner Hand eindringliche Briefe. Zuweilen nahm er den Ton des
+Beleidigten an. Er sei das Oberhaupt der königlichen Familie, als
+solches sei er berechtigt, von den jüngeren Mitgliedern Gehorsam zu
+erwarten, und es sei sehr hart, daß er in einer Angelegenheit, die ihm
+über Alles am Herzen liege, auf Widerstand stoße. Andere Male wurde ihm
+ein Köder vorgehalten, den man für unwiderstehlich hielt. Wenn Wilhelm
+nur in diesem einen Punkte nachgäbe, so würde die englische Regierung
+ihm dafür kräftigen Beistand gegen Frankreich leisten. Er ließ sich aber
+nicht bethören. Er wußte, daß Jakob selbst beim besten Willen ohne die
+Unterstützung eines Parlaments nicht im Stande sein würde, der
+gemeinschaftlichen Sache Europa’s einen wirksamen Dienst zu leisten, und
+es konnte keinem Zweifel unterliegen, daß wenn ein Parlament
+zusammenkam, die erste Forderung beider Häuser die Cassirung der
+Indulgenzerklärung sein würde.
+
+Die Prinzessin stimmte allen Meinungsäußerungen ihres Gemahls bei, und
+ihre gemeinschaftliche Ansicht wurde dem Könige in entschiedenen aber
+gemäßigten Ausdrücken mitgetheilt. Sie erklärten, daß sie das von Seiner
+Majestät eingeschlagene Verfahren lebhaft bedauerten. Sie seien
+überzeugt, daß er sich ein Hoheitsrecht angemaßt habe, das ihm
+gesetzlich nicht zustehe. Gegen diese Anmaßung protestirten sie, nicht
+nur als Freunde der bürgerlichen Freiheit, sondern auch als Mitglieder
+des königlichen Hauses, als welche sie ein hohes Interesse an der
+Erhaltung der Rechte dieser Krone hätten, die sie einst tragen könnten.
+Denn die Erfahrung habe gelehrt, daß Willkürherrschaft in England
+unfehlbar eine Reaction nach sich ziehe, die noch verderblicher sei als
+jene selbst, und man müsse mit Grund befürchten, daß die durch die
+Aussicht auf Despotismus beunruhigte und entrüstete Nation selbst gegen
+die constitutionelle Monarchie einen Widerwillen fassen würde. Sie gäben
+daher dem Könige den Rath, daß er in allen Dingen streng nach dem
+Gesetze regieren möge. Sie geständen sehr gern zu, daß das Gesetz mit
+Nutzen durch die competente Autorität abgeändert werden könne und daß
+ein Theil seiner Erklärung es wohl verdiene, einer Parlamentsacte
+einverleibt zu werden. Sie seien keine Verfolger, sie würden mit
+Vergnügen römische Katholiken so gut als protestantische Dissenters in
+geeigneter Weise von allen Strafgesetzen befreit, und ebenso gern
+protestantische Dissenters in zweckmäßiger Weise zu bürgerlichen Ämtern
+zugelassen sehen. Weiter aber könnten Ihre Hoheiten nicht gehen. Sie
+könnten sich der ernsten Besorgniß nicht enthalten, daß die Zulassung
+römischer Katholiken zu Staatsämtern große Nachtheile hervorrufen
+würden, und es war nicht undeutlich zu verstehen gegeben, daß der Grund
+zu dieser Besorgniß namentlich in Jakob’s Handlungsweise liege.[55]
+
+ [Anmerkung 53: +Burnet I. 693, 694.+]
+
+ [Anmerkung 54: +„Le Prince d’Orange, qui avoit éludé jusqu’alors
+ de faire une réponse positive dit ... qu’il ne consentira jamaia à
+ la suppression de ces lois qui avoient été établies pour le
+ maintien et la sureté de la religion Protestante, et que sa
+ conscience ne lui permettoit point, non seulement pour la
+ succession du royaume d’Angleterre, mais même pour l’empire du
+ monde; en sorte que le roi d’Angleterre est plus aigri contre lui
+ qu’il n’a jamais été.“+ -- Bonrepaux, 11.(21.) Juni 1687.]
+
+ [Anmerkung 55: +Burnet, I. 710+; Bonrepaux, 24. Mai (4. Juni)
+ 1687.]
+
+
+[_Vertheidigung ihrer Ansichten bezüglich der englischen Katholiken._]
+Die ausgesprochene Ansicht des Prinzen und der Prinzessin über die
+Ausschließungen, denen die römischen Katholiken unterworfen waren,
+theilten fast alle Staatsmänner und Philosophen, welche damals der
+politischen und religiösen Freiheit eifrig das Wort redeten. In unsrer
+Zeit dagegen haben erleuchtete Männer oft mit Bedauern sich dahin
+geäußert, daß Wilhelm in diesem einen Punkte gegen seinen Schwiegervater
+im Nachtheil stehe. Das Wahre ist, daß einige Erwägungen, welche
+nothwendig sind, wenn man sich ein richtiges Urtheil bilden will, von
+vielen Schriftstellern des neunzehnten Jahrhunderts nicht berücksichtigt
+worden zu sein scheinen.
+
+Es sind zwei einander entgegengesetzte Irrthümer, in welche Diejenigen,
+die sich mit dem Studium unsrer vaterländischen Geschichte beschäftigen,
+in steter Gefahr sind zu verfallen: der Irrthum, daß sie die Gegenwart
+nach der Vergangenheit, und der Irrthum, daß sie die Vergangenheit nach
+der Gegenwart beurtheilen. Dem ersteren sind Diejenigen unterworfen,
+welche geneigt sind alles Alte zu verehren, dem zweiten Diejenigen,
+welche von allem Neuen angezogen werden. Auf den ersteren stößt man
+beständig in den Raisonnements conservativer Politiker über die Fragen
+ihrer Zeit, der zweite findet sich immer in den Betrachtungen von
+Schriftstellern der liberalen Richtung, wenn sie die Ereignisse einer
+früheren Zeit besprechen. Der erstere ist bei einem Staatsmanne, der
+andre bei einem Geschichtsschreiber verderblicher.
+
+Es ist für Niemanden, der es in Unsrer Zeit unternimmt, über die
+Revolution zu schreiben, welche die Stuarts stürzte, so leicht, die
+rechte Mittelstraße zwischen diesen beiden Extremen stetig einzuhalten.
+Die Frage, ob es gerathen sei, Mitglieder der katholischen Kirche zum
+Parlament und zu Staatsämtern zuzulassen, erschütterte unser Vaterland
+während der Regierung Jakob’s II., durch seinen Sturz wurde sie in den
+Hintergrund zurückgedrängt, und nachdem sie über ein Jahrhundert lang
+geruht hatte, kam sie in Folge der großen Aufregung der Gemüther, welche
+dem Zusammentritt der französischen Nationalversammlung folgte, wieder
+zur Sprache. Dreißig Jahre währte der Streit in beiden Häusern des
+Parlaments, in jedem Wahlkörper, in jedem Kreise der Gesellschaft. Er
+stürzte Ministerien, zerriß Parteien, machte in einem Theile des Landes
+jede Regierung unmöglich und brachte uns zuletzt an den Rand des
+Bürgerkrieges. Selbst nach Beendigung des Kampfes gohren die
+Leidenschaften, die er aufgeregt hatte, noch immer fort. Ein Mann,
+dessen Geist unter dem Einflusse dieser Leidenschaften stand, konnte
+fast unmöglich die Ereignisse der Jahre 1687 und 1688 in einem
+vollkommen richtigen Lichte erblicken.
+
+Eine Klasse von Politikern, welche von dem richtigen Vordersatze
+ausging, daß die Revolution eine große Wohlthat für unser Land gewesen
+sei, gelangte zu dem irrigen Schlusse, daß keine Bürgschaft, die von den
+Staatsmännern der Revolution zum Schutze unsrer Religion und unsrer
+Freiheit für nöthig erachtet worden war, ohne Gefahr abgeschafft werden
+könnte. Eine andre Klasse, die von dem ebenfalls richtigen Vordersatze
+ausging, daß die über die Katholiken verhängten Ausschließungen lange
+Zeit nichts als Unheil verursacht hätten, kam zu dem falschen Schlusse,
+daß diese Ausschließungen zu keiner Zeit nützlich und nothwendig gewesen
+sein könnten. Der erste Trugschluß durchdrang die Reden des geistreichen
+und gelehrten Eldon, der andre blieb selbst auf einen so ruhigen und
+philosophischen Kopf wie Mackintosh nicht ganz ohne Einfluß.
+
+Bei näherer Prüfung wird es sich jedoch vielleicht zeigen, daß wir das
+von allen großen englischen Staatsmännern des siebzehnten Jahrhunderts
+einstimmig gebilligte Verfahren rechtfertigen können, ohne die Weisheit
+des von allen großen englischen Staatsmännern unsrer Zeit eben so
+einstimmig gebilligten Verfahrens in Zweifel zu ziehen.
+
+Es ist unbestreitbar ein Übel, wenn ein Bürger seiner religiösen Meinung
+halber vom Staatsdienste ausgeschlossen sein soll; aber der menschlichen
+Weisheit bleibt zuweilen nichts andres übrig als die Wahl zwischen zwei
+Übeln. Eine Nation kann in eine Lage kommen, in der die Mehrheit
+entweder Ausschließungen verhängen oder sich solche gefallen lassen
+muß und wo das was unter gewöhnlichen Verhältnissen mit Recht als
+Verfolgung verdammt werden würde, noch innerhalb der Grenzen der
+Selbstvertheidigung liegt. In einer solchen Situation befand sich
+England im Jahre 1687.
+
+Nach der Verfassung des Reichs hatte Jakob das Recht, fast alle
+öffentlichen Beamten, bei der Regierung, bei den Gerichten, in der
+Kirche, beim Militair und bei der Flotte zu ernennen. Bei der Ausübung
+dieses Rechts war er nicht, wie unsere gegenwärtigen Souveraine,
+genöthigt, in Übereinstimmung mit dem Rathe von Ministern, die das Haus
+der Gemeinen billigte, zu handeln. Es lag also auf der Hand, daß es,
+wenn er durch das Gesetz nicht streng verbunden war, nur Protestanten
+anzustellen, ihm frei stand, lauter Katholiken anzustellen. Die Anzahl
+der römischen Katholiken war unbedeutend, und es gab nicht einen
+einzigen Mann unter ihnen, dessen Dienste der Staat ernstlich vermißt
+haben würde. Das Verhältniß, in dem ihre Zahl zur Gesammtbevölkerung
+stand, war noch viel geringer als es gegenwärtig ist, denn gegenwärtig
+ergießt sich ein ununterbrochener Auswanderungsstrom von Irland in
+unsere großen Städte, während es im siebzehnten Jahrhunderte noch nicht
+einmal in London eine irische Colonie gab. Neunundvierzig Funfzigstel
+der Bewohner des Königreichs, neunundvierzig Funfzigstel des Vermögens
+des Königreichs, fast alle politischen, juristischen und militairischen
+Talente und Kenntnisse, die das Land besaß, waren protestantisch.
+Trotzdem hatte der König in thörichter Verblendung sich vorgenommen,
+sein unbegrenztes Ernennungsrecht als Mittel zum Proselytenmachen zu
+benutzen. Seiner Kirche angehören war in seinen Augen der erste
+Befähigungstitel für ein Amt. Der Landeskirche angehören war entschieden
+ein Grund der Nichtbefähigung. Er verwarf zwar in einer Sprache, welche
+den Beifall einiger leichtgläubigen Freunde der Glaubensfreiheit fand,
+die monströse Ungerechtigkeit des Religionseides, der eine kleine
+Minderheit der Nation von öffentlichen Ämtern ausschloß; zu gleicher
+Zeit aber führte er einen andren Religionseid ein, der die Mehrheit
+ausschloß. Es schien ihm hart, daß ein guter Finanzmann und loyaler
+Unterthan lediglich deshalb weil er ein Papist war, von dem Posten eines
+Lordschatzmeisters ausgeschlossen sein sollte; aber er selbst hatte
+einen Lordschatzmeister, den er als einen tüchtigen Finanzmann und
+loyalen Unterthan anerkannt, bloß deshalb abgesetzt, weil er Protestant
+war. Er hatte wiederholt und bestimmt erklärt, er sei fest entschlossen,
+den weißen Stab niemals in die Hände eines Ketzers zu geben. Mit vielen
+anderen hohen Staatsämtern war er ebenso verfahren. Bereits waren der
+Lordpräsident, der Geheimsiegelbewahrer, der Oberkammerherr, der
+Garderobeaufseher, der erste Lord des Schatzes, ein Staatssekretär, der
+Lordobercommissar von Schottland, der Kanzler von Schottland und der
+Sekretär von Schottland Katholiken oder gaben sich wenigstens dafür aus.
+Die meisten von diesen Beamten waren von Haus aus Anglikaner und hatten
+sich des offenen oder geheimen Abfalls schuldig gemacht, um ihre hohen
+Stellen zu erlangen oder zu behalten. Jeder Protestant, der noch einen
+wichtigen Staatsposten bekleidete, bekleidete ihn in beständiger
+Ungewißheit und Angst. Wir würden nicht fertig werden, wollten wir
+die untergeordneteren Stellen anführen, welche von Mitgliedern der
+begünstigten Klasse besetzt waren. In jedem Zweige der Verwaltung
+wimmelte es schon von Katholiken. Sie waren Lordlieutenants,
+stellvertretende Lieutenants, Richter, Friedensrichter, Zollcommissare,
+Gesandte an fremden Höfen, Regimentsobersten und Festungscommandanten.
+Der Antheil, den sie binnen wenigen Monaten von den durch die Krone zu
+besetzenden weltlichen Ämtern erlangt hatten, war weit über zehnmal so
+groß, als er unter einem unparteiischen Systeme gewesen sein würde.
+Dies war indessen noch nicht das Schlimmste. Man hatte sie auch zu
+Beherrschern der anglikanischen Kirche gemacht. Männer, die den König
+versichert hatten, daß sie seines Glaubens seien, saßen in der Hohen
+Commission und übten die höchste geistliche Gerichtsbarkeit über alle
+Prälaten und Priester der Landeskirche aus. Kirchliche Pfründen von
+hohem Ansehen waren theils erklärten, theils verkappten Papisten
+verliehen worden. Und dies Alles war geschehen, während die Gesetze
+gegen den Papismus noch in Kraft waren und Jakob noch gegründete Ursache
+hatte, Achtung vor den Rechten des Gewissens zu heucheln. Was war also
+von ihm zu erwarten, wenn seine Unterthanen einwilligten, ihn durch ein
+Gesetz von jedem Schatten der Beschränkung vollends zu befreien? Kann
+man wohl daran zweifeln, daß Protestanten durch eine streng gesetzmäßige
+Anwendung der königlichen Prärogative eben so wirksam von Anstellungen
+ausgeschlossen worden wären, als jemals römische Katholiken durch eine
+Parlamentsacte ausgeschlossen worden sind?
+
+Wie hartnäckig Jakob entschlossen war, den Mitgliedern seiner Kirche
+einen Antheil an den öffentlichen Ämtern zu gewähren, der zu ihrer Zahl
+und zu ihrer Bedeutung außer allem Verhältniß stand, geht aus den
+Instructionen hervor, die er im Exil und im hohen Alter als Leitfaden
+für seinen Sohn aufzeichnete. Es ist unmöglich, diese Ergüsse eines
+Mannes, an dem alle Lehren der Erfahrung und des Unglücks spurlos
+vorübergegangen waren, ohne ein Gemisch von Mitleid und Verachtung zu
+lesen. Dem Prätendenten wird anempfohlen, wenn er einmal zur Regierung
+in England gelangen sollte, die Ämter zu theilen und den Mitgliedern der
+römischen Kirche einen Antheil zu reserviren, der groß genug für sie
+gewesen sein würde, wenn sie die Hälfte, anstatt ein Funfzigstel der
+Nation gebildet hätten. Ein Staatssekretär, ein Schatzcommissar, der
+Kriegssekretär, die Mehrheit der Großwürdenträger des Hofstaates und die
+Mehrzahl der Offiziere der Armee müßten immer Katholiken sein. Dies
+waren Jakob’s Ansichten selbst dann noch, als seine thörichte Bigotterie
+ihm eine Strafe zugezogen hatte, über welche die ganze Welt erschrocken
+war. Kann man also wohl in Zweifel darüber sein, wie er gehandelt haben
+würde, wenn sein Volk, durch den leeren Namen der religiösen Freiheit
+geblendet, ihn ohne Zügel hätte fortregieren lassen?
+
+Selbst Penn scheint trotz seiner blinden und maßlosen Begeisterung für
+die Indulgenzerklärung eingesehen zu haben, daß man sich nicht wundern
+durfte, wenn die Parteilichkeit, mit der römische Katholiken mit
+Ehrenstellen und Einkünften überschüttet wurden, die Eifersucht der
+Nation erregte. Er gab zu, daß die Protestanten im Fall der Aufhebung
+der Testacte Anspruch auf ein Äquivalent hätten, und ging sogar so weit,
+daß er verschiedene Äquivalente vorschlug. Schon seit mehreren Wochen
+war das Wort Äquivalent, damals erst kürzlich aus Frankreich eingeführt,
+im Munde aller Kaffeehausredner; endlich aber machten einige Seiten
+scharfsinniger Logik und feiner Sarkasmen aus Halifax’ Feder diesen
+hohlen Projecten ein Ende. Einer von Penn’s Plänen bestand darin, daß
+ein Gesetz erlassen werden sollte, welches die von der Krone zu
+verleihenden Ämter in drei gleiche Theile theilte, von denen nur einer
+den Mitgliedern der katholischen Kirche zufallen sollte. Selbst unter
+einem solchen System würden die Katholiken noch immer zwanzigmal den
+ihnen eigentlich zustehenden Antheil erhalten haben, und doch kann man
+nicht annehmen, daß der König selbst in eine solche Anordnung gewilligt
+haben würde. Hätte er aber auch darein gewilligt, welche Garantie konnte
+er bieten, daß er auch wirklich an diesem Übereinkommen festhielt? Man
+hatte keine Antwort auf das von Halifax aufgestellte Dilemma: wenn
+Gesetze für Euch bindend sind, so beobachtet das jetzt bestehende
+Gesetz; sind sie nicht bindend für Euch, so ist es auch nutzlos, uns ein
+Gesetz als Bürgschaft zu bieten.[56]
+
+Es ist sonach klar, daß es sich gar nicht darum handelte, ob weltliche
+Ämter allen Religionsparteien ohne Unterschied offen stehen sollten. So
+lange Jakob König war, war Ausschließung unvermeidlich, und es fragte
+sich nur, wer ausgeschlossen werden sollte, ob Papisten oder
+Protestanten, die Wenigen oder die Vielen, hunderttausend Engländer oder
+fünf Millionen.
+
+Dies sind die gewichtigen Gründe, durch welche das Verfahren des Prinzen
+von Oranien gegen die englischen Katholiken mit den Grundsätzen der
+Glaubensfreiheit in Einklang gebracht werden kann. Diese Gründe haben,
+wie man bemerken wird, mit keinem Theile der katholischen Theologie
+etwas zu thun. Ebenso wird man einsehen, daß sie ihr ganzes Gewicht
+verlieren mußten, als die Krone an ein protestantisches Herrscherhaus
+gekommen und die Macht des Unterhauses im Staate ein so entschiedenes
+Übergewicht erlangt hatte, daß kein Souverain, mochten seine Ansichten
+oder Neigungen sein, welche sie wollten, das Beispiel Jakob’s
+nachahmen konnte. Die Nation befand sich indessen nach ihren Schrecken,
+ihren Kämpfen und ihrer mit genauer Noth erlangten Rettung in
+einer mißtrauischen und rachsüchtigen Stimmung. Daher wurden
+Vertheidigungsmittel, welche die Nothwendigkeit gerechtfertigt hatte,
+die aber auch nur die Nothwendigkeit rechtfertigen konnte, noch lange,
+nachdem die Nothwendigkeit nicht mehr vorhanden war, hartnäckig
+beibehalten, und erst aufgegeben, nachdem das herrschende Vorurtheil
+einen langjährigen Kampf gegen die Vernunft bestanden hatte. Zu den
+Zeiten Jakob’s aber standen Vernunft und herrschendes Vorurtheil auf der
+nämlichen Seite. Der Fanatiker und Ignorant wollte den Katholiken vom
+Staatsdienste ausschließen, weil er Klötze und Steine anbetete, weil er
+das Zeichen des Thieres an sich trug, weil er London angezündet und Sir
+Edmondsbury Godfrey erwürgt hatte, und der einsichtsvollste und
+toleranteste Staatsmann wurde, während er über den Irrwahn lächelte, in
+dem das gemeine Volk befangen war, auf einem ganz andren Wege zu dem
+nämlichen Schlusse geführt.
+
+Wilhelm’s großer Plan war jetzt, die zahlreichen Theile des großen
+Körpers, der ihn als sein gemeinschaftliches Oberhaupt betrachtete, zu
+einem Ganzen zu vereinigen. Bei diesem Werke hatte er mehrere geschickte
+und zuverlässige Mitarbeiter, von denen zwei, Burnet und Dykvelt, ihm
+ganz besonders nützlich waren.
+
+ [Anmerkung 56: Johnstone, 13. Jan. 1688; +Halifax’s Anatomy of an
+ Equivalent+.]
+
+
+[_Jakob’s Feindschaft gegen Burnet._] Burnet’s Dienste mußten allerdings
+mit einiger Vorsicht angewendet werden. Die freundliche Aufnahme, die er
+im Haag gefunden, hatte Jakob heftig aufgebracht, und Marie erhielt von
+ihrem Vater zwei Briefe voll Invectiven gegen den frechen und
+wühlerischen Theologen, den sie beschützte. Diese Beschuldigungen aber
+machten einen so geringen Eindruck auf sie, daß sie Antworten darauf
+zurücksandte, welche Burnet selbst dictirt hatte. Im Januar 1687 endlich
+schritt der König zu energischeren Maßregeln. Skelton, der die englische
+Regierung bei den Vereinigten Provinzen vertreten hatte, wurde nach
+Paris versetzt und erhielt Albeville, das schwächste und gemeinste
+Mitglied der ganzen jesuitischen Cabale, zum Nachfolger. Geld war
+Albeville’s einziger Lebenszweck, und er nahm es von Jedem, der es ihm
+anbot. Er wurde zu gleicher Zeit von Frankreich und von Holland bezahlt.
+Er verschmähte sogar den erbärmlichen Anstand, den auch die
+Bestechlichkeit zu beobachten pflegt, und nahm so kleine Geschenke an,
+wie sie eher einem Lastträger oder einem Bedienten zukommen als einem
+Gesandten, der mit einer englischen Baronie und einem ausländischen
+Marquisate beehrt worden war. Einmal steckte er mit der größten
+Gemüthsruhe ein Trinkgeld von fünfzig Pistolen für einen Dienst ein, den
+er den Generalstaaten geleistet hatte. Dieser Mann war beauftragt, zu
+verlangen, daß Burnet im Haag nicht länger begünstigt werde. Wilhelm,
+der keine Lust hatte, sich von einem so werthvollen Freunde zu trennen,
+antwortete zuerst mit seiner gewohnten Kälte: „Ich wüßte nicht, Sir, daß
+der Doctor seit seinem Hiersein etwas gethan oder gesagt hätte, worüber
+Seine Majestät sich mit Grund beklagen könnte.“ Jakob aber bestand
+entschieden auf seiner Forderung, und da die geeignete Zeit zu einem
+offenen Bruche noch nicht gekommen war, so mußte Wilhelm nachgeben. Über
+anderthalb Jahr lang kam Burnet weder mit dem Prinzen, noch mit der
+Prinzessin in persönliche Berührung; aber er wohnte in ihrer Nähe, wurde
+von Allem, was vorging, genau unterrichtet, sein Rath ward beständig in
+Anspruch genommen, seine Feder bei jedem wichtigen Anlasse benutzt und
+viele der schärfsten und wirksamsten Aufsätze und Flugschriften, welche
+damals in London erschienen, wurden ihm mit Recht zugeschrieben.
+
+Jakob’s Wuth entbrannte. Er war von jeher für zornige Leidenschaften nur
+zu empfänglich gewesen, aber noch keinen seiner Feinde, selbst die
+nicht, welche sich gegen sein Leben verschworen oder es versucht hatten,
+ihm durch Meineid die Schuld des Verraths und des Mordes aufzubürden,
+hatte er mit einer solchen Erbitterung gehaßt, als er jetzt Burnet
+haßte. Seine Majestät schimpfte täglich in höchst unköniglicher Sprache
+auf den Doctor und sann auf ungesetzliche Rache. Selbst Blut genügte
+diesem wüthenden Hasse nicht; der unverschämte Theolog mußte gefoltert
+werden, ehe er sterben durfte. Zum Glück war er ein Schotte von Geburt,
+und in Schottland konnten seine Beine erst in den spanischen Stiefeln
+zerquetscht werden, bevor er auf dem Grasmarkte gehängt wurde. Zu dem
+Ende wurde in Edinburg der Prozeß gegen ihn eingeleitet; aber er war in
+Holland naturalisirt, hatte eine vermögende Frau aus dieser Provinz
+geheirathet und es war gewiß, daß sein Adoptivvaterland ihn nicht
+ausliefern würde. Man beschloß daher, ihn wegfangen zu lassen. Mit
+großen Summen wurden einige Bösewichter für diesen gefährlichen und
+schändlichen Dienst gedungen; im Staatssekretariat wurde zu diesem
+Zwecke eine Anweisung auf dreitausend Pfund Sterling ausgestellt. Ludwig
+wurde von dem Plane unterrichtet und interessirte sich außerordentlich
+dafür; er sicherte seinen kräftigen Beistand zu, damit der Schurke nach
+England gebracht werde, und versprach, daß die Werkzeuge der Rache
+Jakob’s in Frankreich eine Freistätte finden sollten. Burnet kannte die
+ihm drohende Gefahr wohl, aber Furcht gehörte nicht zu seinen Fehlern.
+Er veröffentlichte eine beherzte Antwort auf die in Edinburg gegen ihn
+erhobenen Anschuldigungen. Er wisse, sagte er, daß man ihn ohne Prozeß
+hinzurichten gedenke, aber er vertraue auf den König aller Könige, zu
+dem unschuldiges Blut selbst gegen die mächtigsten Fürsten der Erde
+nicht vergebens schreien werde. Er gab einigen Freunden ein
+Abschiedsmahl, und nach demselben nahm er als ein Mann, der dem Tode
+verfallen sei und mit dem sie ohne Gefahr nicht mehr umgehen könnten,
+feierlich Abschied von ihnen. Dessenungeachtet zeigte er sich nach wie
+vor so furchtlos auf allen öffentlichen Plätzen im Haag, daß seine
+Freunde ihm wegen seiner Tollkühnheit bittere Vorwürfe machten.[57]
+
+ [Anmerkung 57: +Burnet I. 726--731+; +Answer to the Criminal
+ Letters issued out against Dr. Burnet+; +Avaux Neg., July 7.(17.),
+ 14.(24.) July 28. (Aug. 7.) 1687, Jan. 19.(29.) 1688+; Ludwig an
+ Barillon, 30. Dec. 1687 (9. Jan. 1688); Johnstone an Waristoun,
+ 21. Febr. 1688; Lady Russel an +Dr.+ Fitzwilliam, 5. Oct. 1687.
+ Da man vermuthet hat, daß Burnet, der seine persönliche
+ Wichtigkeit nicht zu unterschätzen pflegte, die ihm drohende
+ Gefahr übertrieben habe, so will ich hier die Worte Ludwig’s und
+ Johnstone’s anführen: +„Qui que ce soit“+, sagt Ludwig, +„qui
+ entreprenne de l’enlever en Hollande trouvera non seulement une
+ retraite assurée et une entière protection dans mes états, mais
+ aussi toute l’assistance qu’il pourra désirer pour faire conduire
+ surement ce scélérat en Angleterre.“+ -- „Mit Bamfield (Burnet)
+ ist es ganz bestimmt so“, sagt Johnstone. „Niemand zweifelt hier
+ daran, und Einige, die dabei betheiligt sind, leugnen es nicht.
+ Seine Freunde sagen, sie hätten gehört, daß er nicht vorsichtig
+ sei, sondern aus Eitelkeit, um seinen Muth zu zeigen, mit
+ thörichter Verwegenheit handle, so daß Jedermann ihn auslachen
+ werde, wenn ihm ein Unglück zustoßen sollte. Ich bitte ihm dies
+ von Seiten Jones’ (Johnstone) zu sagen. Wenn Einige abgefaßt
+ werden könnten, während sie ihren +coup d’essai+ auf ihn machen,
+ so wäre das sehr gut, weil sie dadurch abgeschreckt würden, etwas
+ gegen Ogle (den Prinzen) zu unternehmen.“]
+
+
+[_Sendung Dykvelt’s nach England._] Während Burnet Wilhelm’s Sekretär
+für die englischen Angelegenheiten in Holland war, wurde Dykvelt mit
+nicht geringerem Nutzen in London verwendet. Dykvelt war einer von den
+ausgezeichneten Staatsmännern, welche in der edlen Schule des Johann de
+Witt ihre politische Bildung erhalten hatten und nach dem Falle dieses
+großen Ministers ihre Pflichten gegen die Republik dadurch am besten zu
+erfüllen glaubten, daß sie sich um den Prinzen von Oranien schaarten.
+Keiner von den Diplomaten im Dienste der Vereinigten Provinzen stand in
+Bezug auf Gewandtheit, Character und Manieren über Dykvelt, und ebenso
+scheint keiner ihm in der Kenntniß der englischen Verhältnisse
+gleichgekommen zu sein. Es fand sich ein Vorwand, um ihn zu Anfang des
+Jahres 1687 mit Beglaubigungsschreiben von den Generalstaaten in einer
+besonderen Mission nach England zu senden. Eigentlich aber galt seine
+Sendung nicht der Regierung, sondern der Opposition, und er handelte
+nach Privatinstructionen, welche von Burnet entworfen und von Wilhelm
+genehmigt waren.[58]
+
+ [Anmerkung 58: +Burnet, I. 708+; +Avaux Neg., Jan. 3.(13.), Feb.
+ 6.(16.) 1687+; +Van Kampen, Karakterkunde der Vaderlandsche
+ Geschiedenis.+]
+
+
+[_Unterhandlungen Dykvelt’s mit englischen Staatsmännern._] Dykvelt
+berichtete, daß Jakob sich durch das Benehmen des Prinzen und der
+Prinzessin tief gekränkt fühle. „Die Pflicht meines Neffen ist, meine
+Hand zu stärken“, sagte der König, „aber es hat ihm von jeher Vergnügen
+gemacht, wenn er mir hat hinderlich sein können.“ Dykvelt antwortete, in
+Privatangelegenheiten habe Seine Hoheit stets die Wünsche des Königs
+berücksichtigt und werde dies auch in Zukunft jederzeit thun, aber es
+sei doch kaum recht und billig, die Unterstützung eines protestantischen
+Fürsten gegen die protestantische Kirche zu erwarten.[59] Der König war
+zum Schweigen gebracht, aber nicht besänftigt. Mit einem Verdrusse, den
+er nicht verhehlen konnte, sah er, daß Dykvelt alle die verschiedenen
+Abteilungen der Opposition mit einer Geschicklichkeit musterte und
+einschulte, welche dem gewandtesten englischen Staatsmanne zur Ehre
+gereicht haben würde und die bei einem Ausländer bewundernswürdig war.
+Der Geistlichkeit wurde gesagt, daß sie in dem Prinzen einen Freund des
+Episcopats und der Liturgie finden werde. Den Nonconformisten wurde
+Hoffnung gemacht, daß sie von ihm nicht nur Duldung, sondern sogar
+Gleichstellung zu erwarten hätten. Selbst die römischen Katholiken
+wurden versöhnt und einige der Angesehensten unter ihnen sagten dem
+Könige ins Gesicht, daß sie mit dem, was Dykvelt ihnen biete, zufrieden
+seien und daß sie eine durch das Gesetz verbürgte Duldung einem
+gesetzwidrigen und unsicheren Übergewichte vorzögen.[60]
+
+ [Anmerkung 59: +Burnet I. 711+. Dykvelt’s Depeschen an die
+ Generalstaaten enthalten, so weit ich es habe ersehen oder
+ erfahren können, kein Wort über den wirklichen Zweck seiner
+ Sendung. Seine Correspondenz mit dem Prinzen von Oranien war
+ streng privater Natur.]
+
+ [Anmerkung 60: Bonrepaux, 12.(22.) Sept. 1687.]
+
+
+[_Danby._] Die Oberhäupter aller wichtigen Parteien der Nation hielten
+häufige Besprechungen in Gegenwart des geschickten Gesandten. Die
+Ansicht der Torypartei war bei diesen Zusammenkünften hauptsächlich
+durch die Earls von Danby und von Nottingham vertreten. Obgleich seit
+Danby’s Sturze bereits über acht Jahre vergangen waren, so stand sein
+Name doch bei den alten Kavalieren Englands noch in hohem Ansehen, und
+selbst viele von denjenigen Whigs, die ihn früher verfolgt hatten, gaben
+jetzt bereitwillig zu, daß er für die Sünden Anderer habe büßen müssen
+und daß sein Eifer für die Hoheitsrechte ihn zwar oft irre geleitet
+habe, aber bei alledem durch zwei ehrenwerthe Gefühle gemildert worden
+sei: durch Eifer für die Staatsreligion und durch Eifer für die Würde
+und Unabhängigkeit seines Vaterlandes. Auch im Haag wurde er hoch
+geschätzt, denn man vergaß es ihm dort nie, daß er es gewesen war, der
+Karl trotz des Einflusses Frankreichs und der Papisten bewogen hatte,
+die Hand der Prinzessin Marie ihrem Vetter zu geben.
+
+
+[_Nottingham._] Daniel Finch, Earl von Nottingham, ein Edelmann, dessen
+Name in der Geschichte dreier ereignißvoller Regierungen häufig genannt
+werden wird, stammte aus einer Familie von unvergleichlicher
+juristischer Auszeichnung. Einer seiner Verwandten hatte das Siegel
+Karl’s I. geführt, hatte seine eminenten Talente und Kenntnisse zu
+schlechten Zwecken gemißbraucht und war von der Rache der Gemeinen
+Englands, mit Falkland an der Spitze, verfolgt worden. Einen
+ehrenvolleren Ruf erlangte unter der folgenden Generation Heneage
+Finche. Er war unmittelbar nach der Restauration zum Staatsprokurator
+ernannt worden und war nacheinander zum Lordsiegelbewahrer, zum
+Lordkanzler, zum Baron Finch und Earl von Nottingham emporgestiegen.
+Während dieser ganzen glänzenden Laufbahn hatte er die Hoheitsrechte
+stets so hoch gehalten, als er es mit Ehren und Anstand konnte; nie aber
+war er bei irgend einer Machination gegen die Grundgesetze des Reichs
+betheiligt gewesen. Inmitten eines verderbten Hofes hatte er seine
+persönliche Rechtschaffenheit unbefleckt zu erhalten gewußt. Auch als
+Redner genoß er eines hohen Rufes, obwohl seine nach Mustern aus der
+Zeit vor dem Bürgerkriege gebildete Diction gegen das Ende seines Lebens
+von den Schöngeistern der heranwachsenden Generation steif und
+pedantisch genannt wurde. In Westminsterhall wird er noch immer mit
+Achtung als der Mann erwähnt, welcher aus dem Chaos, dem man in alter
+Zeit den Namen der Billigkeit gab, zuerst ein neues juristisches System
+bildete, das ebenso geregelt und vollständig ist wie das nach welchem
+die Richter des gemeinen Rechts verfahren.[61] Ein wesentlicher Theil
+der sittlichen und geistigen Eigenschaften dieses großen Staatsmannes
+ging mit dem Titel Nottingham auf seinen ältesten Sohn über. Dieser
+Sohn, der Earl Daniel, war ein rechtschaffener und tugendhafter Mann.
+Obwohl er in einigen abgeschmackten Vorurtheilen befangen und
+sonderbaren Anfällen von Launenhaftigkeit unterworfen war, kann man ihn
+doch nicht beschuldigen, daß er um unredlichen Gewinns oder strafbaren
+Genusses willen vom Pfade des Rechts abgewichen wäre. Er war, wie sein
+Vater, ein ausgezeichneter Redner und sprach eindringlich, aber
+weitschweifig und mit zu monotoner Gemessenheit. Seine Persönlichkeit
+entsprach ganz seiner Rede. Seine Haltung war steif, seine Gesichtsfarbe
+so dunkel, daß man ihn für den Eingebornen eines wärmeren Himmelstrichs
+hätte halten können, und seine scharf markirten Gesichtszüge hatten
+einen Ausdruck, welcher dem des Hauptleidtragenden bei einem Begräbnisse
+glich. Man pflegte von ihm zu sagen, daß er eher wie ein spanischer
+Grande als wie ein englischer Gentleman aussähe. Spottvögel gaben ihm
+die Spitznamen Dismal (Trübselig), Don Dismallo und Don Diego, welche
+noch heute nicht vergessen sind. Er hatte auf das Studium der
+Wissenschaft, durch die seine Familie sich so hoch emporgeschwungen,
+großen Fleiß verwendet und war für einen vornehm und reich gebornen Mann
+in den Gesetzen seines Vaterlandes erstaunlich bewandert. Er war ein
+treuer Sohn der Hochkirche und bewies seine Achtung vor derselben auf
+zwei Wegen, welche bei den Lords, die sich zu seiner Zeit als ihre
+besonderen Freunde gerirten, nicht gewöhnlich war, nämlich dadurch, daß
+er Schriften zur Vertheidigung ihrer Glaubenssätze herausgab und daß er
+sich in seinem Privatleben nach ihren Gebeten richtete. Wie viele andre
+eifrige Anglikaner hatte er bis vor Kurzem die monarchische
+Regierungsform kräftig unterstützt. Die Politik aber, welche seit der
+Unterdrückung des Aufstandes im Westen befolgt wurde, empörte ihn auf
+das heftigste, und zwar deshalb nicht weniger, weil sein jüngerer Bruder
+Heneage in Folge seiner Weigerung, die Dispensationsgewalt des Königs zu
+vertheidigen, seines Amtes als Generalprokurator entsetzt worden
+war.[62]
+
+ [Anmerkung 61: Siehe seine Biographie von Lord Campbell.]
+
+ [Anmerkung 62: Johnstone’s Correspondenz; +Mackay’s Memoirs+;
+ +Arbuthnot’s John Bull+; Swift’s Schriften von 1710 bis 1714 an
+ mehreren Stellen; Whiston’s Brief an den Earl von Nottingham und
+ des Letzteren Antwort darauf.]
+
+
+[_Halifax._] Mit diesen beiden großen toryistischen Earls war jetzt
+Halifax, das ausgezeichnete Oberhaupt der Trimmers, verbunden. Auf
+Nottingham’s Gesinnungen scheint Halifax damals in der That einen
+entschiedenen Einfluß ausgeübt zu haben. Zwischen Halifax und Danby
+bestand eine Feindschaft, welche am Hofe Karl’s begonnen hatte und
+nachher auch den Hof Wilhelm’s beunruhigte, während der Tyrannei Jakob’s
+aber wie viele andere Feindschaften ruhte. Die beiden Gegner trafen
+häufig in den von Dykvelt veranstalteten Conferenzen zusammen und
+stimmten in dem Ausdrucke des Mißfallens an der Politik der Regierung
+und der Verehrung für den Prinzen von Oranien überein. In ihrem Verkehr
+mit den holländischen Gesandten trat die Characterverschiedenheit der
+beiden Staatsmänner stark hervor. Halifax zeigte ein bewundernswürdiges
+Talent für Auseinandersetzungen, scheute sich aber vor kühnen und
+unwiderruflichen Entschlüssen. Danby war minder fein und beredt, besaß
+aber mehr Energie, Entschlossenheit und praktischen Scharfblick.
+
+
+[_Devonshire._] Mehrere ausgezeichnete Whigs waren mit Dykvelt in
+fortwährender Verbindung; aber die Oberhäupter der großen Häuser
+Cavendish und Russel konnten keinen so thätigen und vorwiegenden
+Antheil an den Unterhandlungen nehmen, als man nach ihrer Stellung und
+ihren Ansichten hätte erwarten dürfen. Der Ruhm und das Glück
+Devonshire’s wurden im Augenblicke durch eine Wolke verdunkelt. Er hatte
+einen beklagenswerthen Streit mit dem Hofe, der nicht aus einer
+öffentlichen und ehrenvollen Angelegenheit, sondern aus einem
+Privatzwist entsprungen war, in welchem selbst seine wärmsten Freunde
+ihn nicht von aller Schuld freisprechen konnten. Als er einmal nach
+Whitehall kam, um seine Aufwartung zu machen, war er von einem gewissen
+Colepepper insultirt worden, einem jener Raufbolde, welche die
+Umgebungen des Hofes unsicher machten und die sich durch Beleidigung von
+Mitgliedern der Opposition bei der Regierung in Gunst zu setzen suchten.
+Der König selbst äußerte seine Entrüstung über die einem seiner
+ausgezeichneten Peers unter dem königlichen Dache widerfahrene
+Behandlung und Devonshire wurde durch die Versicherung besänftigt, daß
+der Beleidiger den Palast nie wieder betreten solle. Dieses Verbot wurde
+jedoch bald wieder aufgehoben und der Groll des Earls erwachte von
+neuem. Seine Diener nahmen sich der Sache an und die Straßen von
+Westminster wurden durch Händel beunruhigt, die in ein roheres Zeitalter
+gehörten. Die Zeit des Geheimen Raths ward durch Anklagen und
+Gegenanklagen der streitenden Parteien in Anspruch genommen.
+Colepepper’s Frau erklärte: sie und ihr Gatte seien ihres Leben nicht
+sicher und ihr Haus sei beständig von Banditen in der Livree der
+Cavendish belagert; Devonshire erwiederte, es sei aus Colepepper’s
+Fenstern auf ihn geschossen worden. Dies wurde heftig geleugnet. Es
+wurde zwar eingeräumt, daß ein blind geladenes Pistol abgefeuert worden
+sei, aber dies sei nur in einem Augenblicke des Schreckens geschehen, um
+die Wache zu alarmiren. Wahrend diese Fehde ihren Höhepunkt erreicht
+hatte, traf der Earl im Empfangzimmer zu Whitehall mit Colepepper
+zusammen und er glaubte in den Mienen des Raufboldes triumphirenden
+Übermuth zu erkennen. Vor den Augen des Königs geschah nichts
+Unziemliches; sobald aber die beiden Gegner das Audienzzimmer verlassen
+hatten, machte Devonshire den Vorschlag, den Streit auf der Stelle mit
+dem Degen zu entscheiden. Die Herausforderung wurde zurückgewiesen. Da
+vergaß der stolze Peer die Achtung, die er dem Orte an dem er sich
+befand, und seiner eignen Würde schuldig war, und schlug Colepepper mit
+einem Stocke ins Gesicht. Diese Handlung wurde allgemein als übereilt
+und unschicklich getadelt und Devonshire selbst konnte, nachdem sein
+Blut sich abgekühlt hatte, nicht ohne Verdruß und Beschämung daran
+denken. Die Regierung aber verfuhr mit gewohntem Unverstande so streng
+gegen ihn, daß das Publikum bald ganz auf seine Seite trat. Es wurde
+eine Criminalanklage bei der Kings Bench anhängig gemacht. Der
+Angeklagte berief sich auf seine Vorrechte als Peer des Königsreichs;
+dieser Punkt aber wurde sogleich zu seinem Nachtheile entschieden, und
+es läßt sich auch nicht leugnen, daß diese Entscheidung, mochte sie den
+technischen Regeln der englischen Gesetzgebung entsprechen oder nicht,
+in vollkommenem Einklange mit den großen Prinzipien stand, welche die
+Grundlage jeder Gesetzgebung sein sollen. Es blieb ihm somit nichts
+übrig, als sich dem Erkenntnisse zu unterwerfen. Der Gerichtshof war
+durch eine Reihe von Entlassungen zu so vollständigem Gehorsam gebracht
+worden, daß die Regierung, welche die Untersuchung eingeleitet hatte,
+die Strafe selbst vorschreiben konnte. Die Richter machten Jeffreys +in
+pleno+ ihre Aufwartung und dieser bestand auf der Zuerkennung einer
+Geldbuße von dreißigtausend Pfund. Dreißigtausend Pfund waren im
+Verhältniß zu den damaligen Einkünften der englischen Großen ungefähr
+soviel als hundertfunfzigtausend im neunzehnten Jahrhundert. In
+Anwesenheit des Kanzlers wurde kein Wort der Mißbilligung geäußert; als
+aber die Richter sich entfernt hatten, bemerkte Sir Johann Powell, in
+welchem sich das wenige Rechtsgefühl des ganzen Collegiums concentrirte,
+daß die beantragte Strafsumme übermäßig hoch und ein Zehntel derselben
+vollauf genug sei. Seine Collegen waren nicht dieser Meinung und er
+zeigte in diesem Falle nicht den Muth, durch den er einige Monate später
+an einem denkwürdigen Tage seinen Ruf glänzend wiederherstellte. Der
+Earl wurde demnach in eine Geldbuße von dreißigtausend Pfund und bis zur
+Bezahlung dieses Betrags zu persönlicher Haft verurtheilt. Eine solche
+Summe konnte damals auch der reichste Edelmann nicht in einem Tage
+aufbringen. Indessen war das Hafturtel leichter gesprochen, als
+vollzogen. Devonshire hatte sich nach Chatsworth zurückgezogen, wo er
+eben damit beschäftigt war, das alte gothische Stammschloß seiner
+Familie in ein Gebäude umzuwandeln, das Palladio’s würdig war. Der Peak
+war damals ein fast ebenso unwirthbarer Bezirk als gegenwärtig
+Connemara, und der Sheriff erkannte oder behauptete wenigstens, daß es
+schwer sein dürfte, den Lord in einer so wilden Gegend und inmitten treu
+ergebener Diener und Pächter zu verhaften. Darüber vergingen einige
+Tage, endlich aber wurde nicht nur der Earl, sondern auch der Sheriff
+zur Haft gebracht. Inzwischen verwendeten sich eine Menge Fürsprecher
+mit ihrem ganzen Einflusse. Es hieß die verwittwete Gräfin von
+Devonshire habe eine Privataudienz beim Könige erlangt, sie habe ihn
+daran erinnert, daß ihr Schwager, der tapfere Karl Cavendish, im Kampfe
+für die Krone bei Gainsborough gefallen sei, und ihm schriftliche
+Empfangsbescheinigungen von Karl I. und Karl II. über bedeutende Summen
+vorgelegt, die ihr Gemahl während der bürgerlichen Unruhen beiden
+Monarchen geliehen hatte. Diese Darlehen waren nie zurück gezahlt worden
+und sollten angeblich mehr betragen als die ungeheure Geldstrafe, welche
+die Kings Bench über den Earl verhängt hatte. Dazu kam noch ein andrer
+Punkt, der beim Könige noch mehr Gewicht gehabt zu haben scheint als die
+Erinnerung an früher geleistete Dienste. Es konnte nothwendig werden ein
+Parlament einzuberufen, und man glaubte, daß Devonshire in diesem Falle
+sofort eine Cassationsklage einreichen werde. Der Punkt, auf den er
+seine Appellation gegen das Erkenntniß der Kings Bench zu stützen
+gedachte, waren seine Privilegien als Peer, und das Tribunal, vor das
+die Appellation kommen mußte, war das Haus der Peers. In einem solchen
+Falle konnte der Hof nicht einmal auf die Unterstützung der ihm
+ergebensten Adeligen mit Gewißheit rechnen. Es stand kaum zu bezweifeln,
+daß das Urtel cassirt werde, und daß die Regierung dadurch, daß sie zu
+viel haben wollte, Alles verlieren würde. Jakob war daher zu einem
+Vergleiche geneigt. Es wurde dem Earl angekündigt, daß, wenn er eine
+Schuldverschreibung über die ganze Summe geben und sich des möglichen
+Vortheils einer Cassationsklage begeben wolle, er in Freiheit gesetzt
+werden solle. Ob er zur Bezahlung der Summe angehalten werden würde oder
+nicht, sollte von seinem ferneren Benehmen abhängen. Wenn er das
+Dispensationsrecht unterstützte, solle er nicht dafür in Anspruch
+genommen werden; trachte er aber nach Popularität, so müsse er die
+dreißigtausend Pfund bezahlen. Er weigerte sich eine Zeit lang, auf
+diese Bedingungen einzugehen; aber die Haft war ihm unerträglich. Er
+stellte die Verschreibung aus und wurde aus den Gefängnis entlassen;
+aber obgleich er sich dazu verstand seinem Vermögen diese drückende
+Schuldlast aufzubürden, konnte ihn doch nichts zu dem Versprechen
+bestimmen, daß er seinen Grundsätzen und seiner Partei untreu werden
+wolle. Er wurde nach wie vor in alle Geheimnisse der Opposition
+eingeweiht, aber einige Monate lang hielten seine politischen Freunde es
+um seiner selbst wie um ihrer Sache willen für gerathen, daß er im
+Hintergrunde blieb.[63]
+
+ [Anmerkung 63: Kennet’s Grabrede auf den Herzog von Devonshire und
+ Memoiren der Familie Cavendish; +Collection of State Trials+;
+ +Privy Council Book, March 5. 1685/6+; Barillon, 30. Juni (10.
+ Juli) 1687.; Johnstone, 8.(18.) Dec. 1687.; +Lords’ Journals May
+ 6. 1689+. +„Ses amis et ses proches,“+ sagt Barillon, +„lui
+ conseillent de prendre le bon parti, mais il persiste jusqu’à
+ présent à ne se point soumettre. S’il vouloit se bien conduire et
+ renoncer à être populaire, il ne payeroit pas l’amende, mais s’il
+ opiniâtre, il lui en coutera trente mille pièces, et il demeurera
+ prisonnier jusqu’à l’actuel payement.“+]
+
+
+[_Eduard Russell._] Der Earl von Bedford hatte sich von dem harten
+Schlage, der ihm vor vier Jahren fast das Herz gebrochen, nie wieder
+erholen können. Seine persönlichen wie auch seine öffentlichen Gefühle
+machten ihn zum Gegner des Hofes; aber an der Verabredung von Maßregeln
+gegen denselben nahm er keinen thätigen Antheil. Seine Stelle in den
+Versammlungen der Mißvergnügten vertrat sein Neffe. Dies war der
+berühmte Eduard Russell, ein Mann von unbezweifeltem Muth und Talent,
+aber von lockeren Grundsätzen und ruhelosem Geiste. Er war Seemann,
+hatte sich in seinem Berufe ausgezeichnet und hatte unter der vorigen
+Regierung ein Hofamt bekleidet; aber durch den Tod seines Vetters
+Wilhelm Russell waren alle Bande, die ihn an den Hof ketteten, zerrissen
+worden. Der verwegene, unruhige und racheschnaubende Seemann saß jetzt
+in den von dem holländischen Gesandten berufenen Versammlungen als
+Vertreter des kühnsten und heftigsten Theiles der Opposition, der
+Männer, welche unter den Namen Rundköpfe, Exclusionisten und Whigs einen
+fünfundvierzigjährigen Kampf gegen drei aufeinanderfolgende Könige mit
+wechselndem Glück unterhalten hatten. Diese Partei, welche vor Kurzem
+niedergeworfen und fast vernichtet gewesen war, sich jetzt aber mit
+voller Lebenskraft rasch zu Ansehen und Einfluß erhob, wurde durch keine
+von den Bedenklichkeiten behindert, welche die Bewegungen der Tories und
+der Trimmers noch immer hemmten, und war bereit, das Schwert gegen den
+Tyrannen zu ziehen, sobald es mit gegründeter Aussicht auf den Sieg
+gezogen werden konnte.
+
+
+[_Compton. -- Herbert. -- Churchill._] Drei Männer sind noch zu
+erwähnen, mit denen Dykvelt in vertrauter Verbindung stand und mit deren
+Hülfe er sich die Mitwirkung von drei großen Ständen zu sichern hoffte.
+Bischof Compton war der Agent, der die Geistlichkeit zu bearbeiten
+hatte, Admiral Herbert übernahm es, seinen ganzen Einfluß bei der Flotte
+zu verwenden und durch Churchill suchte man die Armee zu gewinnen.
+
+Das Benehmen Compton’s und Herbert’s bedarf keiner Erklärung. Nachdem
+sie der Krone in allen weltlichen Dingen mit Treue und Eifer gedient,
+hatten sie sich durch ihre Weigerung, als Werkzeuge der Zerstörung ihrer
+eignen Religion zu dienen, das Mißfallen des Königs zugezogen. Beiden
+hatte die Erfahrung gelehrt, wie bald Jakob eingegangene Verpflichtungen
+vergaß und mit welchem bitteren Groll er sich dessen erinnerte, was er
+als Beleidigung anzusehen für gut fand. Der Bischof war durch einen
+ungesetzlichen Richterspruch seiner bischöflichen Functionen enthoben,
+der Admiral in einer Stunde aus Reichthum in Armuth gestürzt worden.
+Ganz anders war die Lage Churchill’s. Er war durch königliche Gunst aus
+der Dunkelheit zu hohem Ansehen, aus der Dürftigkeit zum Reichthum
+erhoben worden. Als armer Fähndrich hatte er seine Laufbahn begonnen und
+jetzt war er, in seinem siebenunddreißigsten Jahre, Generalmajor, Peer
+von Schottland und Peer von England, befehligte eine Abtheilung der
+Leibgarde, bekleidete mehrere ehrenvolle und einträgliche Stellen und
+bis jetzt verrieth noch nichts, daß er den geringsten Theil von der
+Gunst verloren hatte, der er so viel verdankte. Er war nicht nur durch
+die allgemeine Pflicht der Unterthanentreue, sondern auch durch
+militairische Ehren, durch persönliche Dankbarkeit und, wie es
+oberflächlichen Beobachtern schien, durch die stärksten Bande des
+Interesses an Jakob gebunden. Aber Churchill selbst war kein
+oberflächlicher Beobachter, er wußte genau, worin sein wirkliches
+Interesse bestand. Er war überzeugt, daß, wenn sein Gebieter einmal
+volle Freiheit erhielt Papisten anzustellen, er nicht einen einzigen
+Protestanten mehr anstellen würde. Eine Zeit lang wurden vielleicht
+einige hochbegünstigte Diener der Krone noch von der allgemeinen
+Proscription ausgenommen, in der Hoffnung, daß sie sich dadurch
+bestimmen ließen, ihren Glauben zu wechseln, aber selbst diese mußten
+nach einer kurzen Frist Einer nach dem Andren fallen, wie Rochester
+schon gefallen war. Churchill konnte sich allerdings durch Übertritt zur
+katholischen Kirche gegen diese Gefahr sicher stellen und noch höher in
+der königlichen Gunst steigen; auch hätte man glauben können, daß ein
+Mann, der sich eben so sehr durch Habsucht und Characterlosigkeit, wie
+durch Talent und Tapferkeit auszeichnete, schwerlich an dem Gedanken,
+eine Messe anhören zu müssen, Anstoß nehmen würde. Aber die menschliche
+Natur ist so reich an Widersprüchen, daß selbst abgestumpfte Gewissen
+eine empfindliche Stelle haben. So hatte dieser Mann, der seine
+Erhebung der Schande seiner Schwester verdankte, der von der
+verschwenderischesten, herrschsüchtigsten und schamlosesten Buhlerin
+unterhalten worden war und dessen öffentliches Leben Jedem, der mit
+unbefangenem Blicke den schimmernden Glanz des Genies und des Ruhms zu
+durchdringen vermag, als ein Abgrund von Schändlichkeit erscheinen muß,
+einen blinden Glauben an die Religion, die ihm als Kind eingelernt
+worden war, und schauderte bei dem Gedanken, sie förmlich abzuschwören.
+Es stand ihm eine furchtbare Alternative bevor. Das irdische Übel, das
+er am meisten fürchtete, war die Armuth, das einzige Verbrechen, vor dem
+sein Herz zurückbebte, war der Glaubensabfall, und wenn die Pläne des
+Hofes gelangen, konnte er nicht zweifeln, daß er bald zwischen Armuth
+und Abfall wählen mußte. Daher entschloß er sich, diese Pläne zu
+durchkreuzen, und es zeigte sich bald, daß er bereit war, jede Schuld
+und jede Schmach auf sich zu laden, wenn er nur der Nothwendigkeit
+entging, entweder seine Stellen oder seine Religion aufgeben zu
+müssen.[64]
+
+ [Anmerkung 64: Der Beweggrund, welcher das Verfahren der Churchill
+ bestimmte, ist kurz und bündig in +The Duchess of Marlborough’s
+ Vindication+ dargelegt. „Jedermann erkannte deutlich,“ sagt sie,
+ „daß bei dem Systeme, das König Jakob angenommen hatte, Jeder der
+ nicht Katholik werden wollte, früher oder später zu Grunde gehen
+ mußte. Diese Überzeugung ließ mich das Unternehmen des Prinzen von
+ Oranien, uns aus solcher Knechtschaft zu erlösen, mit Wohlgefallen
+ betrachten.“]
+
+
+[_Lady Churchill und die Prinzessin Anna._] Nicht bloß als
+militairischer Befehlshaber von hohem Range und ausgezeichnetem Geschick
+und Muth konnte Churchill der Opposition Dienste leisten. Es war für das
+Gelingen der Pläne Wilhelm’s wenn nicht absolut nothwendig, doch höchst
+wichtig, daß seine Schwägerin, welche nach der englischen
+Thronfolgeordnung zwischen ihm und seiner Gemahlin stand, in
+vollkommener Übereinstimmung mit ihm handelte. Alle ihm
+entgegenstehenden Schwierigkeiten würden bedeutend vergrößert worden
+sein, wenn Anna sich günstig für die Indulgenz ausgesprochen hätte. Auf
+welche Seite sie treten würde, hing von dem Willen Anderer ab, denn ihr
+Verstand war träge, und obgleich in ihrem Character ein erblicher
+Eigenwille und Starrsinn verborgen lag, welche viele Jahre später durch
+große Macht und heftige Provocationen zum Vorschein gebracht wurden, so
+war sie doch zur Zeit die willige Sklavin einer Frau von viel
+lebhafterem und herrschsüchtigerem Character als der ihrige war. Diese
+Frau, welche sie völlig beherrschte, war Churchill’s Gattin, ein Weib,
+die nachmals auf die Geschicke England’s und Europa’s einen großen
+Einfluß ausübte.
+
+Der Name dieser berühmten Günstlingin war Sara Jennings. Ihre ältere
+Schwester Franziska hatte sich durch Schönheit und Leichtfertigkeit
+selbst unter der Masse von schönen Gesichtern und leichtfertigen
+Characteren ausgezeichnet, welche Whitehall während des wilden Carnevals
+der Restauration zierten und schändeten. Einmal verkleidete sie sich
+als Apfelsinenmädchen und rief in den Straßen ihre Früchte aus.[65]
+Gesetzte Leute meinten, daß ein Mädchen von so wenig Takt- und
+Schicklichkeitsgefühl nicht leicht einen Gatten finden werde. Sie war
+indessen zweimal verheirathet und jetzt die Gattin Tyrconnel’s. Sara
+war nicht so regelmäßig schön als ihre Schwester, aber vielleicht noch
+anziehender. Ihr Gesicht war ausdrucksvoll, ihre Gestalt entbehrte
+keines weiblichen Reizes, und die Fülle ihrer schönen Haare, welche noch
+nicht nach der barbarischen Mode, deren Einführung sie noch erlebte,
+durch Puder verunziert waren, erfüllten ihre zahlreichen Bewunderer mit
+Entzücken. Von den Freiern, die sich um ihre Hand bewarben, erhielt der
+junge, schöne, liebenswürdige, einschmeichelnde, beredte und tapfere
+Oberst Churchill den Vorzug. Er mußte sie wirklich lieben, denn außer
+der Leibrente, die er sich für den von der Herzogin von Cleveland
+erhaltenen schmachvollen Lohn gekauft hatte, besaß er wenig Vermögen,
+war unersättlich in seiner Gier nach Schätzen, Sara war arm, und es war
+ihm ein einfaches Mädchen mit einem großen Vermögen angetragen worden.
+Nach einem kurzen Kampfe trug die Liebe den Sieg über die Habsucht
+davon, die Ehe verstärkte nur noch seine Leidenschaft, und Sara genoß
+bis zum letzten Augenblicke seines Lebens das Vergnügen und die
+Auszeichnung, das einzige menschliche Wesen zu sein, das im Stande war,
+diesen weitsehenden und sicheren Blick auf sich zu fesseln, das von
+diesem kalten Herzen heiß geliebt und von diesem unerschrockenen Geiste
+knechtisch gefürchtet wurde.
+
+Im weltlichen Sinne ward Churchill’s treue Liebe reich belohnt. Bei
+aller Dürftigkeit brachte seine Braut ihm doch ein Heirathsgut zu, das
+klug verwendet ihn endlich zum englischen Herzog, zum deutschen
+Reichsfürsten, zum Oberfeldherrn einer großen Coalition, zum
+Schiedsrichter zwischen mächtigen Fürsten und was in seinen Augen noch
+viel mehr werth war, zum reichsten Privatmann von ganz Europa machte.
+Sie war von früher Kindheit an mit der Prinzessin Anna aufgewachsen und
+es hatte sich eine innige Freundschaft zwischen den beiden Mädchen
+gebildet. Im Character glichen sie einander nur wenig. Anna war
+phlegmatisch und schweigsam. Gegen Diejenigen, die sie liebte, war sie
+sanft; ihr Zorn äußerte sich nur durch ein mürrisches Schmollen. Sie
+hatte einen starken religiösen Sinn und war den Gebräuchen und der
+Verfassung der anglikanischen Kirche mit wahrer Bigotterie zugethan.
+Sara war lebhaft und redselig, dominirte selbst Diejenigen, die sie am
+meisten liebte, und wenn sie gekränkt wurde, äußerte sich ihre Wuth
+durch Thränen und heftige Vorwürfe. Auf Frömmigkeit machte sie keinen
+Anspruch, ja sie entging sogar kaum der Beschuldigung der
+Irreligiosität. Sie war jetzt noch nicht das was sie später wurde,
+nachdem das Glück _eine_ Klasse von Fehlern, das Unglück eine andre
+vollkommen entwickelt, als Siege und Huldigungen ihr den Kopf verrückt
+und Mißgeschick und Kränkungen ihren Character verbittert hatten. Sie
+wurde in ihren späteren Lebensjahren das verächtlichste und
+erbärmlichste Geschöpf: ein altes Weib, die in beständigem Hader lebte
+mit ihrem ganzen Geschlecht, mit ihren eigenen Kindern und Enkeln, zwar
+vornehm und reich, aber Vornehmheit und Reichthum hauptsächlich nur
+deshalb schätzend, weil dieselben sie in den Stand setzten, der
+öffentlichen Meinung Hohn zu sprechen und rückhaltlos ihrem Hasse gegen
+Lebende und Todte zu fröhnen. Unter der Regierung Jakob’s II. galt sie
+für nichts Schlimmeres als eine schöne, stolze junge Frau, die wohl
+zuweilen launenhaft und eigensinnig sein konnte, der man aber in
+Berücksichtigung ihrer Reize ihre Launen gern verzieh.
+
+Es ist eine sehr gewöhnliche Erscheinung, daß Verschiedenheit der
+Neigungen und Geistesfähigkeiten keine Hindernisse der Freundschaft sind
+und daß gerade zwei Herzen, die sich gegenseitig ergänzen, das Band der
+innigsten Zuneigung umschlingt. Lady Churchill wurde von der Prinzessin
+Anna geliebt, ja fast angebetet. Die Prinzessin konnte ohne den
+Gegenstand ihrer romanhaften Zärtlichkeit nicht leben. Sie vermählte
+sich und wurde eine treue, sogar liebevolle Gattin; aber Prinz Georg,
+ein beschränkter Mann, dessen Hauptgenüsse die Freuden der Tafel und der
+Flasche waren, erlangte keinen Einfluß auf sie, der sich mit dem ihrer
+Freundin vergleichen ließ, und gab sich bald mit stupider Geduld der
+Herrschaft des heftigen und gebieterischen Geistes hin, von dem seine
+Gemahlin sich leiten ließ. Das königliche Paar bekam Kinder und Anna
+entbehrte keineswegs der Gefühle einer Mutter; aber die Liebe zu ihren
+Kindern war lau im Vergleich mit ihrer hingebenden Zärtlichkeit für ihre
+Jugendfreundin. Endlich wurde die Prinzessin des Zwanges müde, den die
+Etikette ihr auferlegte, es war ihr unerträglich, die Worte Madame und
+Königliche Hoheit aus dem Munde einer Frau zu hören, die ihr mehr war
+als eine Schwester. In der Gallerie und im Empfangzimmer waren diese
+Worte nicht zu umgehen, aber im Boudoir wurden sie abgeschafft. Hier
+hieß Anna Mrs. Morley, Lady Churchill Mrs. Freeman, und unter diesen
+kindlichen Namen bestand zwanzig Jahre hindurch ein intimer Verkehr
+zwischen den beiden Freundinnen, von dem schließlich das Schicksal von
+Regierungen und Dynastien abhing. Bis jetzt hatte jedoch Anna noch keine
+politische Macht und nur geringen persönlichen Einfluß. Ihre Freundin
+bekleidete in ihrem Hausstaate das Amt der ersten Kammerdame mit nur
+vierhundert Pfund Sterling Gehalt. Gleichwohl hat man Grund zu glauben,
+daß es Churchill schon zu dieser Zeit möglich war, seine vorherrschende
+Leidenschaft durch den Einfluß seiner Gattin zu befriedigen. Obgleich
+die Prinzessin ein hohes Einkommen hatte und sehr einfach lebte, so
+machte sie doch Schulden, die ihr Vater mit einigem Unwillen bezahlte,
+und man sagte, daß der Grund ihrer finanziellen Verlegenheiten in ihrer
+verschwenderischen Freigebigkeit gegen ihren Liebling zu suchen sei.[66]
+
+Endlich war die Zeit gekommen, wo diese sonderbare Freundschaft einen
+großen Einfluß auf die öffentlichen Angelegenheiten ausüben sollte. Man
+war äußerst gespannt darauf, welche Rolle Anna in dem Kampfe, der
+England erschütterte, spielen werde. Auf der einen Seite stand die
+Kindespflicht, auf der andren die Interessen der Religion, der sie
+aufrichtig zugethan war. Ein minder phlegmatischer Character würde
+zwischen so starken und wichtigen Beweggründen, die ihn nach
+entgegengesetzten Richtungen hinzogen, gewiß lange geschwankt haben. Der
+Einfluß der Churchill aber entschied die Frage und ihre Gönnerin wurde
+ein wichtiges Mitglied des umfassenden Bundes, dessen Oberhaupt der
+Prinz von Oranien war.
+
+ [Anmerkung 65: +Mémoires de Grammont+; +Pepys’s Diary, Feb. 21.
+ 1684/5.+]
+
+ [Anmerkung 66: Es würde mich zu weit führen, wollte ich alle die
+ Werke aufzählen, aus denen ich mein Urtheil über den Character der
+ Herzogin geschöpft habe. Meine Hauptquellen sind ihre eigenen
+ Briefe, ihre „Rechtfertigung“ und die Entgegnungen, welche diese
+ veranlaßte.]
+
+
+[_Dykvelt kehrt mit Briefen von vielen angesehenen Engländern nach dem
+Haag zurück._] Im Juni 1687 kehrte Dykvelt nach dem Haag zurück. Er
+überreichte den Generalstaaten ein königliches Schreiben voll
+Lobeserhebungen über sein Benehmen während seines Aufenthalts in London.
+Diese Lobeserhebungen waren jedoch nur eine Formalität. In
+Privatmittheilungen von seiner eigenen Hand beschwerte Jakob sich bitter
+darüber, daß der Gesandte einen so vertrauten Umgang mit den heftigsten
+Oppositionsmännern seines Reiches gepflogen und sie in allen ihren
+Umsturzplänen bestärkt habe. Außerdem brachte Dykvelt auch eine Anzahl
+Briefe von den ausgezeichnetsten derjenigen Männer mit, mit denen er
+sich während seines Aufenthalts in London berathen hatte. Die Schreiber
+dieser Briefe versicherten den Prinzen allgemein ihrer unbegrenzten
+Verehrung und Hingebung und verwiesen ihn wegen der näheren Darlegung
+ihrer Ansichten an den Überbringer. Halifax erörterte den Zustand und
+die Aussichten des Landes mit gewohnter Schärfe und Lebendigkeit, hütete
+sich aber sorgfältig, für irgend ein gefährliches Verfahren die
+Verantwortung zu übernehmen. Danby schrieb in einem kühneren und
+entschlosseneren Tone und konnte sich nicht enthalten, über die
+Besorgnisse und Bedenklichkeiten seines genialen Nebenbuhlers zu
+spötteln. Der interessanteste Brief aber war der von Churchill. Er war
+mit der natürlichen Beredtsamkeit, an der es ihm trotz seines Mangels an
+höherer Bildung bei wichtigen Anlässen nie fehlte, und mit einem
+Anstrich von Hochherzigkeit geschrieben, den er sich, so perfid er auch
+war, mit seltener Geschicklichkeit zu geben verstand. Die Prinzessin
+Anna, sagte er, habe ihm befohlen, ihre erlauchten Verwandten im Haag zu
+versichern, daß sie mit Gottes Hülfe fest entschlossen sei, eher ihr
+Leben zu lassen, als sich eines Glaubensabfalls schuldig zu machen. Was
+seine Person betreffe, so lege er auf seine Stellen und auf die
+königliche Gunst einen weit geringeren Werth als auf seine Religion. Er
+schloß mit der hochtrabenden Erklärung, daß man ihn, obgleich er keinen
+Anspruch darauf mache, wie ein Heiliger gelebt zu haben, doch
+vorkommenden Falls bereit finden werde, den Märtyrertod zu sterben.[67]
+
+ [Anmerkung 67: Das Formalitätsschreiben, welches Dykvelt den
+ Generalstaaten überbrachte, befindet sich in den Archiven des
+ Haags. Die anderen in diesem Paragraphen erwähnten Briefe giebt
+ Dalrymple im Anhange zu Buch +V.+]
+
+
+[_Zulestein’s Sendung._] Dykvelt’s Sendung hatte einen so glänzenden
+Erfolg gehabt, daß bald ein neuer Vorwand gefunden war, um einen andren
+Agenten abzusenden, der das so glücklich begonnene Werk fortsetzen
+sollte. Der neue Gesandte, nachmals der Gründer eines jetzt erloschenen
+englischen Adelshauses, war ein illegitimer leiblicher Vetter Wilhelm’s
+und führte einen der Herrschaft Zulestein entlehnten Namen. Seine
+Verwandtschaft mit dem Hause Oranien gab Zulestein in den Augen des
+Publikums ein bedeutendes Ansehen. Sein Benehmen war das eines tapferen
+Soldaten. In diplomatischen Talenten und Kenntnissen stand er Dykvelt
+weit nach, aber gerade diese Inferiorität hatte ihre Vortheile. Ein
+Militair, der sich anscheinend nie um die Politik gekümmert hatte,
+konnte ohne Verdacht zu erregen mit der englischen Aristokratie einen
+Verkehr unterhalten, der mit argwöhnischem Auge bewacht worden sein
+würde, wenn er ein bekannter Meister in der Staatskunst gewesen wäre.
+Nach kurzer Abwesenheit kehrte Zulestein mit nicht minder wichtigen
+Briefen und mündlichen Botschaften, als die welche seinem Vorgänger
+anvertraut worden waren, in sein Vaterland zurück. Von diesem
+Augenblicke an trat der Prinz mit der Opposition in einen regelmäßigen
+Briefwechsel. Geschäftsträger verschiedenen Ranges reisten beständig
+zwischen der Themse und dem Haag hin und her. Der nützlichste von diesen
+war ein Schotte von einigem Talent und großer Thätigkeit, Namens
+Johnstone. Er war Burnet’s Vetter und der Sohn eines angesehenen
+Covenanters, der bald nach der Restauration wegen Hochverraths
+hingerichtet worden war und von seiner Partei als Märtyrer verehrt
+wurde.
+
+
+[_Zunehmende Feindschaft zwischen Jakob und Wilhelm._] Die Entfremdung
+zwischen dem Könige von England und dem Prinzen von Oranien wurde mit
+jedem Tage vollkommener. Es hatte sich ein ernsthafter Streit in Betreff
+der sechs britischen Regimenter erhoben, welche im Solde der Vereinigten
+Provinzen standen. Der König wollte diese Regimenter unter das Commando
+römisch-katholischer Offiziere stellen, und der Prinz widersetzte sich
+diesem Ansinnen entschieden. Der König nahm seine Zuflucht zu seinen
+Lieblingsgemeinplätzen von der Duldung; der Prinz erwiederte daß er nur
+das Beispiel Seiner Majestät nachahme. Es sei notorisch erwiesen, daß
+loyale und tüchtige Männer in England lediglich deshalb, weil sie
+Protestanten waren, aus dem Staatsdienste entlassen worden seien, und
+dies berechtige den Statthalter und die Generalstaaten doch gewiß dazu,
+die Papisten von hohen öffentlichen Ämtern auszuschließen. Diese Antwort
+erbitterte Jakob dermaßen, daß er in seiner Wuth die Wahrhaftigkeit und
+den gesunden Verstand völlig aus den Augen verlor. Es sei nicht wahr,
+behauptete er mit Heftigkeit, daß er irgend Jemanden jemals aus
+religiösen Gründen abgesetzt habe. Und wenn er es wirklich gethan hätte,
+was ginge es dann dem Prinzen oder die Generalstaaten an? Wären sie etwa
+seine Herren? wären sie befugt, sich zu Richtern über die Handlungen
+fremder Fürsten aufzuwerfen? Von jetzt an wünschte er seine in
+holländischen Diensten stehenden Unterthanen zurückzuberufen, denn er
+glaubte durch diese Maßregel sich selbst zu verstärken und seine
+schlimmsten Feinde zu schwächen. Es traten ihm jedoch finanzielle
+Schwierigkeiten entgegen, die er unmöglich übersehen konnte. Die Zahl
+der bereits von ihm unterhaltenen Truppen war schon so groß, als es
+seine Einkünfte nur irgend zuließen, obgleich dieselben die aller seiner
+Vorgänger weit überstiegen und mit großer Sparsamkeit verwaltet wurden.
+Wenn aber die jetzt in Holland stehenden Bataillone noch zu dem
+vorhandenen Etat kamen, so war die Staatskasse bankerott. Vielleicht
+ließ Ludwig sich bewegen, sie in seinen Dienst zu nehmen. In diesem
+Falle wurden sie aus einem Lande entfernt, wo sie dem verderblichen
+Einflusse einer republikanischen Regierung und einer calvinistischen
+Kirchenverfassung ausgesetzt waren, und kamen in ein Land, wo Niemand
+die Autorität des Monarchen und die Lehren der wahren Kirche zu
+bestreiten wagte. Die Soldaten würden dann bald alle politische und
+religiöse Ketzerei wieder verlernen, ihr Landesfürst konnte zu jeder
+Zeit binnen kurzer Frist über ihre Hülfe verfügen und sich unter allen
+Umständen auf ihre Treue verlassen.
+
+Es wurden zwischen Whitehall und Versailles Unterhandlungen in dieser
+Angelegenheit eröffnet. Ludwig hatte soviel Soldaten als er brauchte,
+und wäre es auch anders gewesen, so würde er dennoch keine Lust gehabt
+haben, englische Truppen in Dienst zu nehmen, da der englische Sold, so
+niedrig er unsrer Generation erscheinen muß, doch viel höher war als der
+französische. Auf der andren Seite aber hätte er Wilhelm sehr gern um
+eine so schöne Brigade geschwächt. Nach einer mehrwöchentlichen
+Correspondenz wurde Barillon zu der Erklärung ermächtigt, daß, wenn
+Jakob die britischen Truppen aus Holland zurückriefe, Ludwig die
+Unterhaltungskosten für zweitausend Mann in England übernehmen wolle.
+Jakob nahm dieses Anerbieten mit dem wärmsten Danke an. In Folge des
+getroffenen Arrangements ersuchte er die Generalstaaten um Rücksendung
+der sechs Regimenter. Die Generalstaaten aber, welche Wilhelm ganz nach
+seinem Willen leitete, antworteten, daß ein solches Verlangen unter den
+obwaltenden Umständen durch die bestehenden Verträge nicht
+gerechtfertigt werde, und weigerten sich entschieden, demselben zu
+entsprechen. Es ist bemerkenswerth, daß Amsterdam, welches für
+Zurückhaltung dieser Truppen in Holland gestimmt hatte, als Jakob ihrer
+gegen die Insurgenten im Westen bedurfte, jetzt heftig für die Erfüllung
+seines Verlangens stritt. In beiden Fällen beabsichtigten die Behörden
+dieser großen Stadt nichts weiter, als dem Prinzen von Oranien zu
+opponiren.[68]
+
+ [Anmerkung 68: Sunderland an Wilhelm, 24. Aug. 1686; Wilhelm an
+ Sunderland, 2.(12.) Sept. 1686; Barillon, 6.(16.) Mai, 26. Mai (5.
+ Juni), 3.(13.) Oct., 28. Nov. (8. Dec.) 1687; Ludwig an Barillon,
+ 14.(24.) Oct. 1687; Memorial von Albeville, 15.(25.) Dec. 1687;
+ Jakob an Wilhelm, 17. Jan., 16. Feb., 2. u. 13. März 1688: Avaux,
+ 1.(11.), 6.(16.), 8.(18.) März, 22. März (1. April) 1688.]
+
+
+[_Einfluß der holländischen Presse._] Die holländischen Waffen waren
+jedoch für Jakob kaum so gefährlich als die holländische Presse. Fast
+täglich erschienen im Haag englische Bücher und Flugschriften gegen die
+Regierung, und keine Wachsamkeit konnte es verhindern, daß viele
+Tausende von Exemplaren in die an der Nordsee gelegenen Grafschaften
+eingeschmuggelt wurden. Unter diesen Schriften zeichnete sich besonders
+eine durch ihre Wichtigkeit und durch den Eindruck, den sie machte, aus.
+Jedermann, der mit den öffentlichen Angelegenheiten vertraut war, kannte
+die Ansicht des Prinzen und der Prinzessin von Oranien in Betreff der
+Indulgenz; da aber keine officielle Erklärung dieser Ansicht erschienen
+war, so wurden Viele, denen gute Privatquellen nicht zugänglich waren,
+durch die Zuversicht, mit der die Anhänger des Hofes behaupteten, daß
+Ihre Hoheiten die letzten Maßregeln des Hofes billigten, getäuscht oder
+verwirrt gemacht. Es würde ein sehr einfacher und naheliegender Weg
+gewesen sein, diese Behauptungen öffentlich zu widerlegen, wenn Wilhelm
+keinen andren Zweck gehabt hätte, als seinen Einfluß in England zu
+befestigen. Allein er betrachtete England hauptsächlich als das zur
+Ausführung seines großen europäischen Planes nöthige Werkzeug. Er hoffte
+für diesen Plan die Mitwirkung der beiden Linien des Hauses Österreich,
+der italienischen Fürsten und selbst des Papstes zu gewinnen, und er
+hatte Grund zu der Befürchtung, daß jede die britischen Protestanten
+befriedigende Erklärung in Madrid, Wien, Turin und Rom Besorgniß und
+Unwillen erregen könnte. Deshalb enthielt sich der Prinz lange jeder
+officiellen Äußerung seiner Gesinnungen. Endlich aber wurde er darauf
+aufmerksam gemacht, daß sein beharrliches Stillschweigen unter den ihm
+Wohlwollenden viel Besorgniß und Mißtrauen erweckt habe und daß es hohe
+Zeit sei, sich offen auszusprechen. Er beschloß daher, sich zu erklären.
+
+
+[_Stewart’s und Fagel’s Correspondenz._] Ein schottischer Whig, Namens
+Jakob Stewart, war vor einigen Jahren nach Holland geflüchtet, um dem
+spanischen Stiefel und dem Galgen zu entgehen, und er war mit dem
+Großpensionär Fagel befreundet worden, der das Vertrauen und die Gunst
+des Statthalters in hohem Grade besaß. Stewart war der Verfasser des
+heftigen und gehässigen Manifestes von Argyle. Als die Indulgenz
+erschien, erkannte Stewart, daß sich ihm die Gelegenheit darbot, nicht
+nur Begnadigung, sondern noch obendrein eine Belohnung zu erlangen. Er
+bot der Regierung, deren Feind er gewesen war, seine Dienste an, diese
+wurden angenommen und er schrieb an Fagel einen Brief, zu dem er
+angeblich von Jakob selbst beauftragt war. In diesem Briefe wurde der
+Großpensionär dringend aufgefordert, seinen ganzen Einfluß bei dem
+Prinzen und der Prinzessin aufzubieten, um sie zur Unterstützung der
+Politik ihres Vaters zu bewegen. Nach einiger Zeit schickte Fagel eine
+tief durchdachte und ausgezeichnet geschriebene Erwiederung ein. Wer
+dieses interessante Dokument liest, muß bemerken, daß es zwar in einer
+Weise abgefaßt ist, welche geeignet war, die englischen Protestanten zu
+beruhigen und ihnen zu gefallen, dennoch aber kein Wort enthält, das
+selbst dem Vatikan Anstoß hätte geben können. Es war darin gesagt, daß
+Wilhelm und Marie mit Vergnügen zur Abschaffung jedes Gesetzes mitwirken
+würden, welches über irgend einen Engländer seiner religiösen
+Überzeugung wegen Strafe verhänge. Aber zwischen Strafen und
+Ausschließungen war ein Unterschied gemacht. Katholiken zu Staatsämtern
+zuzulassen, könne nach der Ansicht Ihrer Hoheiten weder im allgemeinen
+Interesse Englands, noch im Interesse der Katholiken selbst liegen.
+Dieses Manifest wurde in mehrere Sprachen übersetzt und war auf dem
+Continent weit verbreitet. Von der durch Burnet besorgten englischen
+Ausgabe wurden nahe an funfzigtausend Exemplare in die östlichen
+Grafschaften eingeführt und rasch über das ganze Land verbreitet.
+Nie hat eine Staatsschrift einen vollständigeren Erfolg gehabt. Die
+Protestanten unsrer Insel priesen die männliche Entschiedenheit, mit der
+Wilhelm erklärte, daß er es nicht gutheißen könne, die Papisten Antheil
+an der Regierung nehmen zu lassen. Den katholischen Fürsten auf der
+andren Seite gefiel der milde und gemäßigte Ton, in welchem diese
+Erklärung gehalten war, sowie die ihnen eröffnete Aussicht, daß unter
+seiner Regierung kein Mitglied ihrer Kirche um seines Glaubens willen
+belästigt werden würde.
+
+
+[_Castelmaine’s Gesandtschaft in Rom._] Es ist wahrscheinlich, daß der
+Papst selbst einer von Denen war, die den berühmten Brief mit Vergnügen
+lasen. Einige Monate zuvor hatte er Castelmaine auf eine Art entlassen,
+welche wenig Rücksicht auf die Gesinnungen des Königs zeigte. Innocenz
+war mit der ganzen inneren und äußeren Politik der englischen Regierung
+durchaus nicht zufrieden. Er sah, daß die ungerechten und unklugen
+Maßregeln der jesuitischen Cabale viel eher dazu beitrugen, das
+Fortbestehen der Strafgesetze als die Abschaffung des Testes zu
+bewirken. Sein Streit mit dem Hofe von Versailles wurde mit jedem Tage
+ernsthafter, und er konnte weder als weltlicher Fürst, noch als
+Oberhaupt der katholischen Kirche für einen Vasallen dieses Hofes eine
+herzliche Freundschaft fühlen. Castelmaine war nicht geeignet, diesen
+Widerwillen zu beseitigen. Er kannte zwar für einen Laien Rom ziemlich
+gut und war auch in der theologischen Polemik gründlich bewandert,[69]
+besaß aber durchaus nicht das Geschick, welches sein Posten erforderte,
+und wenn er auch der talentvollste Diplomat gewesen wäre, so würde doch
+ein Umstand ihn für die besondere Mission, mit der er betraut war,
+untauglich gemacht haben. Er war in ganz Europa als der Gatte des
+schamlosesten Weibes bekannt, und als weiter nichts. Man konnte
+unmöglich mit ihm oder von ihm sprechen, ohne daran zu denken, wie er zu
+dem Titel gekommen war, bei dem er genannt wurde. Dieser Umstand würde
+wenig auf sich gehabt haben, wenn er an einem sittenlosen Hofe
+accreditirt gewesen wäre, wie zum Beispiel bei dem, an welchem unlängst
+die Herzogin von Montespan das Regiment geführt hatte. Aber es war
+offenbar ein grober Mißgriff, ihn mit einem Auftrage mehr geistlichen
+als weltlichen Characters an einen Papst von patriarchalischer
+Sittenstrenge zu senden. Die Protestanten von ganz Europa spöttelten
+darüber, und Innocenz, der ohnehin schon gegen die englische Regierung
+eingenommen war, betrachtete die ihm mit so großer Gefahr und so großen
+Kosten erzeigte Aufmerksamkeit als nicht viel besser denn eine
+Beleidigung. Der Gehalt des Gesandten war auf hundert Pfund die Woche
+festgesetzt. Castelmaine klagte, daß dies zu wenig sei und daß das
+Dreifache dieses Betrags kaum ausreichen werde. Denn in Rom bemühten
+sich die Gesandten aller großen Continentalmächte einander vor den Augen
+eines Volks, das durch den beständigen Anblick prächtiger Gebäude,
+Decorationen und Ceremonien verwöhnt war, im Glanz zu überbieten. Er
+erklärte stets, daß er bei seiner Gesandtschaft Geld zusetzen müsse. Es
+waren ihm mehrere junge Adelige aus den vornehmsten katholischen
+Familien Englands, wie die Ratcliffe, die Arundell und Tichborne,
+beigegeben, und er bewohnte in Rom den Palast der Familie Pamfili an dem
+prächtigen Navonaplatze. Eine Privatunterredung mit Innocenz wurde ihm
+bald bewilligt, die officielle Audienz aber wurde lange hinausgeschoben.
+Castelmaine’s Vorbereitungen zu diesem wichtigen Acte waren so
+prachtvoll, daß sie, obgleich schon zu Ostern 1686 begonnen, im
+darauffolgenden November noch nicht beendigt waren, und im November
+bekam der Papst einen wirklichen oder angeblichen Gichtanfall, der einen
+weiteren Aufschub verursachte. Im Januar 1687 endlich fand die
+feierliche Vorstellung und Aufwartung mit ungewöhnlichem Pompe statt.
+Die Staatswagen, welche zu der Auffahrt in Rom gebaut wurden, waren so
+prächtig, daß man sie für werth hielt, der Nachwelt in schönen
+Abbildungen überliefert und von Dichtern in mehreren Sprachen besungen
+zu werden.[70] Die Façade des Gesandtschaftspalastes wurde an diesem
+hochwichtigen Tage mit geschmacklosen allegorischen Gemälden von
+riesenhafter Größe decorirt. Man sah hier den heiligen Georg mit dem
+Fuße auf dem Nacken des Titus Oates, und Herkules, wie er mit seiner
+Keule den protestantischen Tischler College zu Boden schlägt, der sich
+vergebens mit seinem Flegel zu vertheidigen sucht. Nach dieser
+öffentlichen Schaustellung lud Castelmaine alle damals in Rom anwesenden
+Notabilitäten zu einem Bankett in dem freundlichen und prächtigen Saale
+ein, den Peter von Cortona mit Gemälden von Scenen aus der Aeneide
+geschmückt hat. Die ganze Stadt drängte sich zu dem Schauspiele und nur
+mit Mühe konnte eine Compagnie der Schweizergarde die Ordnung unter den
+Zuschauern aufrechterhalten. Die Kavaliere des päpstlichen Hofstaates
+gaben hierauf ihrerseits dem Gesandten glänzende Gastmähler, und Dichter
+und Literaten überhäuften seinen Gebieter mit abgeschmackten und
+hyperbolischen Schmeicheleien, wie sie da am meisten floriren, wo Genie
+und Geschmack am tiefsten gesunken sind. An der Spitze der Schmeichler
+stand ein gekröntes Haupt. Mehr als dreißig Jahre waren verflossen, seit
+Christine, die Tochter des großen Gustav Adolph, freiwillig vom
+schwedischen Throne herabgestieqen war. Nach langen Wanderungen, während
+denen sie viele Thorheiten und Verbrechen begangen, hatte sie endlich in
+Rom ihren bleibenden Aufenthalt genommen, wo sie sich mit astrologischen
+Berechnungen und mit den Intriguen des Conclave beschäftigte und sich
+nebenbei mit Gemälden, Gemmen, Handschriften und Münzen die Zeit
+vertrieb. Jetzt dichtete sie einige italienische Stanzen zu Ehren des
+englischen Fürsten, der, wie sie selbst, einem Geschlecht von Königen
+entsprossen, welche zu ihrer Zeit als die Vorkämpfer der Reformation
+betrachtet wurden, sich, gleich ihr, mit der alten Kirche wieder
+ausgesöhnt hatte. Sie gab eine glänzende Gesellschaft in ihrem Palaste.
+Ihre in Musik gesetzten Verse wurden unter allgemeinem Beifalle
+vorgetragen und einer ihrer literarischen Günstlinge hielt über
+denselben Gegenstand eine Rede in so blühendem Style, daß er den
+Geschmack der englischen Zuhörer beleidigt zu haben scheint. Die dem
+Papste feindlich gesinnten, den Interessen Frankreichs ergebenen
+Jesuiten, denen jede Gelegenheit, Jakob Ehre zu erzeigen, willkommen
+war, empfingen den englischen Gesandten mit möglichstem Gepränge in dem
+fürstlichen Hause, wo die Überreste des Ignatius Loyola in einem Schrein
+von Lasurstein und Gold aufbewahrt werden. Bildhauerkunst, Malerei,
+Poesie und Beredtsamkeit wurden aufgeboten, um den Fremden zu
+bewillkommnen; aber alle diese Künste lagen tief im Argen. Es wurde viel
+schwülstige und unedle Latinität entfaltet, die eines so gelehrten
+Ordens unwürdig war, und einige von den die Wände zierenden Inschriften
+zeigten noch schlimmere Fehler als schlechten Styl. An einer Stelle war
+gesagt, daß Jakob seinen Bruder als Boten zum Himmel gesandt habe, an
+einer andren, daß Jakob die Schwingen geliefert, welche seinen Bruder in
+eine höhere Region emporgetragen. Außerdem gab es ein noch viel
+unglücklicheres Distichon, welches damals wenig beachtet wurde, dessen
+man aber einige Monate später mit boshaften Auslegungen gedachte.
+„O König,“ sagte der Dichter, „seufze nicht länger nach einem Sohne. Mag
+auch die Natur Deinen Wunsch nicht erfüllen, die Sterne werden Mittel
+finden, um ihn zu befriedigen.“
+
+Inmitten dieser Festlichkeiten erfuhr Castelmaine schwere Kränkungen und
+Demüthigungen. Der Papst behandelte ihn mit äußerster Kälte und
+Zurückhaltung. So oft der Gesandte ihn um eine Antwort auf das zu
+Gunsten Petre’s gestellte Anliegen bat, bekam Innocenz einen heftigen
+Hustenanfall, der dem Gespräch ein Ende machte. Ganz Rom unterhielt sich
+von diesen sonderbaren Audienzen. Pasquino schwieg nicht und die ganze
+neugierige und geschwätzige Bevölkerung der müßigsten aller Städte, mit
+alleiniger Ausnahme der Jesuiten und der Prälaten der französischen
+Faction, lachte über Castelmaine’s verunglückte Mission. Sein von Natur
+unfreundlicher Character wurde bald auf’s Heftigste erbittert und er
+verbreitete eine Denkschrift mit Betrachtungen über den Papst. Dadurch
+gerieth er in eine schiefe Stellung, der kluge Italiener hatte einen
+Vortheil gewonnen und er ließ sich denselben nicht wieder entreißen. Er
+erklärte gerade heraus, die Regel, welche die Jesuiten von kirchlichen
+Würden ausschließe, dürfe zu Gunsten Petre’s nicht übertreten werden.
+Der immer mehr gereizte Castelmaine drohte jetzt Rom zu verlassen.
+Innocenz erwiederte ihm mit sanfter Impertinenz, die um so kränkender
+war, weil sie sich kaum von treuherziger Einfalt unterscheiden ließ.
+Seine Excellenz könne gehen, wenn es ihm beliebe. „Wenn wir ihn aber
+verlieren müssen,“ setzte der ehrwürdige Pontifex hinzu, „so hoffe ich
+wenigstens, daß er unterwegs seine Gesundheit schonen wird. Ein
+Engländer weiß nicht, wie gefährlich es ist, hier zu Lande während der
+Tageshitze zu reisen. Man thut am besten, wenn man vor Tagesanbruch
+aufbricht und zu Mittag Rast macht.“ Mit diesem wohlmeinenden Rathe und
+einem Rosenkranze wurde der unglückliche Gesandte entlassen. Wenige
+Monate darauf erschien eine pomphafte Geschichte seiner Sendung in einer
+prachtvollen Folioausgabe mit Kupferstichen in italienischer und
+englischer Sprache. Das Titelkupfer zeigte zum großen Ärgerniß aller
+Protestanten Castelmaine in der Peersrobe und mit der Adelskrone in der
+Hand, wie er Innocenz den Fuß küßt.[71]
+
+ [Anmerkung 69: Adda, 9.(19.) Nov. 1685.]
+
+ [Anmerkung 70: Der Professor der griechischen Sprache am Kollegium
+ +De Propaganda Fide+ machte seiner Bewunderung in einigen
+ abscheulichen Hexametern und Pentametern Luft, von denen folgende
+ Probe genügen mag:
+
+ Ρωγερίου δὴ σκεψόμενος λαμπροῖο θρίαμβον,
+ Ὦκα μάλ’ ἤϊσσεν καὶ θέεν ὄχλος ἅπας·
+ Θαυμάζουσα δὲ τὴν πομπὴν, παγχρύσεά τ’ αὐτοῦ
+ Ἅρματα, τοὺς θ’ ἵππους, τοίαδε Ῥώμη ἔψη.
+
+ Die lateinischen Verse sind etwas besser. Nahum Tate stimmte auf
+ Englisch ein:
+
+ Um etwas von dem Prachtzug zu erspähen,
+ Wie selbst in Rom noch Niemand ihn gesehen,
+ Drängt Alt und Jung sich nach der Thürme Zinnen
+ Und über jede Wange Freudenthränen rinnen.]
+
+ [Anmerkung 71: Correspondenz Jakob’s und Innocenz’ im Britischen
+ Museum; +Burnet, I. 703--705+; +Welwood’s Memoirs+; +Commons’
+ Journals, Oct. 28. 1689+; +An Account of his Excellency Roger Earl
+ of Castelmaine’s Embassy, by Michael Wright, chief steward of his
+ Excellency’s house at Rome, 1688.+]
+
+
+ * * * * *
+ * * * *
+
+
+ Achtes Kapitel.
+
+ Jakob II.
+
+
+
+
+ =Inhalt.=
+
+ Seite
+ Consecration des Nuntius im St. Jamespalaste 5
+ Sein officieller Empfang. -- Der Herzog von Somerset 5
+ Auflösung des Parlaments 6
+ Gesetzwidrige Bestrafung militairischer Vergehen 7
+ Verfahren der Hohen Commission 8
+ Die Universitäten 9
+ Verfahren gegen die Universität Cambridge 10
+ Der Earl von Mulgrave 11
+ Zustand Oxford’s 13
+ Das Magdalenen-Collegium in Oxford 15
+ Anton Farmer, vom Könige als Präsident empfohlen 17
+ Wahl des Präsidenten 18
+ Die Mitglieder des Magdalenen-Collegiums werden vor die
+ Hohe Commission geladen 18
+ Parker zum Präsidenten empfohlen 19
+ Die Karthause 19
+ Rundreise des Königs 20
+ Der König in Oxford 21
+ Er giebt den Collegiaten des Magdalenenstifts einen Verweis 22
+ Penn sucht zu vermitteln 22
+ Eine kirchliche Specialcommission wird nach Oxford gesandt 24
+ Hough’s Protest 24
+ Einsetzung Parker’s 25
+ Vertreibung der Collegiaten 26
+ Das Magdalenen-Collegium in ein papistisches Seminar
+ verwandelt 27
+ Groll der Geistlichkeit 28
+ Pläne der jesuitischen Cabale in Bezug auf die Thronfolge 29
+ Jakob’s und Tyrconnel’s Plan, die Prinzessin von Oranien
+ von der Erbfolge im Königreich Irland auszuschließen 30
+ Schwangerschaft der Königin 31
+ Allgemeiner Zweifel 31
+ Stimmung der Wahlkörper und der Peers 33
+ Jakob beschließt, ein bestochenes Parlament zusammenzusetzen 34
+ Die Regulatoren 36
+ Entlassung vieler Lordlieutenants 36
+ Der Earl von Oxford 36
+ Der Earl von Shrewsbury 37
+ Der Earl von Dorset 38
+ An die Obrigkeiten gerichtete Fragen, und Antworten darauf 41
+ Scheitern der Pläne des Königs 42
+ Liste der Sheriffs 45
+ Character der katholischen Landgentlemen 45
+ Stimmung der Dissenters 47
+ Regulirung der Corporationen 47
+ Untersuchung in allen öffentlichen Verwaltungszweigen 50
+ Entlassung Sawyer’s 51
+ Williams Generalprokurator 52
+ Zweite Indulgenzerklärung 53
+ Die Geistlichkeit erhält Befehl, sie von der Kanzel
+ zu verlesen 53
+ Die Geistlichkeit ist unschlüssig 54
+ Patriotismus der protestantischen Nonconformisten Londons 54
+ Berathung der londoner Geistlichkeit 55
+ Berathung im Palast zu Lambeth 57
+ Die Petition der sieben Bischöfe dem Könige überreicht 57
+ Die londoner Geistlichkeit gehorcht dem königlichen
+ Befehle nicht 60
+ Unschlüssigkeit der Regierung 61
+ Es wird eine gerichtliche Verfolgung der Bischöfe wegen
+ Libells beschlossen 63
+ Sie werden im Geheimen Rathe verhört 63
+ Geburt des Prätendenten 65
+ Man hält ihn allgemein für untergeschoben 65
+ Die Bischöfe werden vor die Kings Bench gestellt und
+ müssen Bürgschaft leisten 69
+ Aufregung der Gemüther 70
+ Sunderland’s Angst 71
+ Er erklärt sich für einen Katholiken 72
+ Prozeß der Bischöfe 72
+ Das Verdict der Geschwornen; Freude des Volks 80
+ Eigenthümlicher Zustand der öffentlichen Meinung
+ zu jener Zeit 84
+
+
+
+
+[_Consecration des Nuntius im St. Jamespalaste._] Die auffallende
+Unhöflichkeit des Papstes hätte wohl den sanftmüthigsten Fürsten reizen
+müssen. Auf Jakob aber machte sie keinen andren Eindruck, als daß er mit
+Schmeicheleien und Komplimenten noch verschwenderischer wurde. Während
+Castelmaine, das Herz von Zorn und Unwillen erfüllt, auf der Rückreise
+nach England begriffen war, wurde der Nuntius mit Ehrenbezeigungen
+überhäuft, die sein eigner Verstand verwerfen mußte. Er war in Folge
+einer bei der römischen Kirche häufig in Anwendung kommenden Fiction
+unlängst zur Bischofswürde ohne Bischofssitz erhoben worden. Jetzt wurde
+er zum Erzbischof von Amasia, einer Stadt am Pontus, dem Geburtsorte
+Strabo’s und Mithridates’, erhoben. Jakob bestand darauf, daß die
+Ceremonie der Consecration in der Kapelle des St. Jamespalastes
+stattfinden sollte. Der apostolische Vikar Leyburn und zwei irische
+Prälaten versahen den Dienst. Die Thüren wurden dem Publikum geöffnet
+und man bemerkte unter den Zuschauern einige von den Puritanern, die
+sich neuerdings dem Hofe angeschlossen hatten. Am Abend erschien Adda in
+seiner neuen Amtstracht im Gesellschaftszirkel der Königin. Jakob fiel
+angesichts des ganzen Hofes auf die Knie und bat um seinen Segen. Trotz
+aller Vorschriften der Etikette konnten die Umstehenden ihr Erstaunen
+und ihren Widerwillen nicht unterdrücken.[1] Es hatte in der That seit
+langer Zeit kein englischer Souverain vor einem Sterblichen gekniet und
+wer das sonderbare Schauspiel mit ansah, erinnerte sich unwillkürlich
+des schmachvollen Tages, an welchem Johann sich seine Krone von Pandolph
+aufs Haupt setzen ließ.
+
+ [Anmerkung 1: Barillon, 2.(12.) Mai 1687.]
+
+
+[_Sein officieller Empfang. -- Der Herzog von Somerset._] Bald darauf
+fand eine noch prächtigere Schaustellung zu Ehren des Heiligen Stuhles
+statt. Es wurde beschlossen, daß der Nuntius sich in feierlicher
+Prozession an den Hof begeben sollte. Bei dieser Gelegenheit zeigten
+mehrere Personen, auf deren Gehorsam der König gerechnet hatte, zum
+ersten Male eine Neigung zur Widersetzlichkeit. Der Hervorragendste
+unter ihnen war der zweite Peer des Königreichs, Karl Seymour,
+gewöhnlich der stolze Herzog von Somerset genannt. Er war in der That
+ein Mann, bei dem Geburts- und Rangstolz fast zu einer krankhaften Manie
+geworden war. Sein ererbtes Vermögen war der hohen Stelle, die er unter
+dem englischen Adel einnahm, nicht angemessen; aber durch seine
+Vermählung mit der Tochter und Erbin des letzten Percy, der die alte
+Krone von Northumberland trug, war er in den Besitz des größten
+Vermögens in England gelangt. Somerset war erst fünfundzwanzig Jahre alt
+und im Publikum noch wenig bekannt. Er war Kammerherr des Königs und
+Oberst eines der Regimenter, welche zur Zeit des Aufstandes im Westen
+neu errichtet worden waren. Er hatte kein Bedenken dagegen erhoben, bei
+feierlichen Gelegenheiten das Staatsschwert in die königliche Kapelle zu
+tragen; diesmal aber weigerte er sich entschieden, an dem Festzuge zu
+Ehren des Nuntius Theil zu nehmen. Einige Mitglieder seiner Familie
+baten ihn dringend, sich das königliche Mißfallen nicht zuzuziehen; aber
+ihr Bitten war fruchtlos. Der König setzte ihn nun selbst zur Rede. „Ich
+hätte geglaubt, Mylord,“ sagte er, „daß ich Ihnen eine große Ehre
+erzeigte, indem ich Sie dazu ausersah, den Gesandten des ersten aller
+gekrönten Häupter zu begleiten.“ -- „Sire,“ entgegnete der Herzog, „ich
+bin darauf aufmerksam gemacht worden, daß ich Eurer Majestät nicht
+gehorchen kann, ohne das Gesetz zu verletzen.“ -- „Ich will Sie lehren,
+mich ebenso zu achten wie das Gesetz,“ erwiederte der König in
+hochfahrendem Tone. „Wissen Sie noch nicht, daß ich über dem Gesetz
+stehe?“ -- „Eure Majestät mögen über dem Gesetz stehen, ich aber nicht,
+und wenn ich dem Gesetz gehorche, fürchte ich nichts.“ Der König
+entfernte sich höchlich erzürnt und Somerset wurde augenblicklich seiner
+Stellen im Hofstaate und in der Armee entsetzt.[2]
+
+In einem Punkte zeigte jedoch der König einige Klugheit. Er wagte es
+nicht, den päpstlichen Gesandten in feierlichem Aufzuge der ganzen
+Bevölkerung der Hauptstadt vorzuführen. Die Ceremonie fand am 3. Juli
+1687 in Windsor statt. Eine große Menschenmenge strömte nach dem
+Städtchen. Der Schaulustigen waren so viele, daß sie weder Speise und
+Trank noch ein Unterkommen fanden und eine Menge vornehmer Leute den
+ganzen Tag in ihrem Wagen zubringen mußten, um das Schauspiel mit
+anzusehen. Spät am Nachmittag endlich erschienen die Leute des
+Hofmarschalls zu Pferde. Hierauf folgte ein langer Zug von Läufern und
+dann in einem königlichen Staatswagen Adda im Purpurmantel und mit einem
+Brillantenkreuze auf der Brust. Hinter ihm fuhren die Equipagen der
+vornehmsten Hofkavaliere und der Staatsminister. Mit großem Mißfallen
+bemerkte das Volk in dem Zuge die Wappen und Livreen Crewe’s, Bischofs
+von Durham, und Cartwright’s, Bischofs von Chester.[3]
+
+ [Anmerkung 2: +Memoirs of the Duke of Somerset+; Citters, 5.(15.)
+ Juli 1687; +Eachard’s History of the Revolution+; +Clarke’s Life
+ of James the Second, II. 116, 117, 118+; +Lord Lonsdale’s
+ Memoirs.+]
+
+ [Anmerkung 3: +London Gazette, July 7. 1687+; Citters, 7.(17.)
+ Juli; Bericht über die Ceremonie in den Somers’schen Schriften.]
+
+
+[_Auflösung des Parlaments._] Am folgenden Tage erschien in der Gazette
+eine Proklamation, welche das Parlament auflöste, das von allen durch
+die Stuarts einberufenen Parlamenten das fügsamste gewesen war.[4]
+
+Mittlerweile hatten sich neue Schwierigkeiten in Westminsterhall
+gezeigt. Erst vor wenigen Monaten waren mehrere Richter entlassen und
+andere an deren Stelle gesetzt worden, um in dem Prozesse gegen Sir
+Eduard Hales ein Erkenntniß zu Gunsten der Krone zu erlangen, und schon
+waren neue Änderungen nöthig.
+
+ [Anmerkung 4: +London Gazette, July, 4. 1687.+]
+
+
+[_Gesetzwidrige Bestrafung militairischer Vergehen._] Der König hatte
+kaum die Armee gebildet, auf die er zur Ausführung seiner Pläne
+namentlich rechnete, so erkannte er auch schon, daß er sie selbst nicht
+regieren konnte. Wenn ein Krieg im Lande wüthete, so konnte ein Meuterer
+oder Deserteur vor ein Kriegsgericht gestellt und das Urtel durch den
+Generalprofoß vollzogen werden. Aber man war jetzt im tiefsten Frieden.
+Das englische Landrecht, das aus einem Zeitalter herrührte, wo
+erforderlichenfalls Jedermann, Niemand aber beständig die Waffen trug,
+machte in Friedenszeiten keinen Unterschied zwischen einem Soldaten und
+jedem andren Unterthan, und es gab kein Gesetz ähnlich dem, durch
+welches heutzutage dem Souverain alljährlich die zum Oberbefehl über die
+reguläre Truppenmacht nöthige Autorität verliehen wird. Zwar erklärten
+einige alte Verordnungen die Desertion in gewissen angeführten Fällen
+für Felonie; aber diese Verordnungen galten nur für die Soldaten, welche
+dem Könige im wirklichen Kriege dienten und konnten nicht ohne die
+arglistigste Willkür so weit ausgedehnt werden, daß sie auch auf einen
+Mann Anwendung fanden, der in einer Zeit der vollständigsten inneren und
+äußeren Ruhe des Lagers von Hounslow überdrüssig wurde und daher in sein
+heimathliches Dorf zurückkehrte. Die Regierung hatte offenbar über einen
+solchen Mann keine andre Macht, als die, welche ein Bäcker- oder
+Schneidermeister über seine Gesellen hat. Er und seine Offiziere standen
+vor dem Gesetz auf gleicher Stufe. Fluchte er gegen sie, so konnte er
+wegen Schwörens mit einer Geldstrafe belegt werden; schlug er sie, so
+konnte er wegen thätlicher Mißhandlung verklagt werden. Das stehende
+Heer stand factisch unter einer milderen Disciplin als die Miliz, denn
+die Miliz war durch eine Parlamentsacte errichtet worden, in welcher
+zugleich bestimmt war, daß Disciplinarvergehen summarisch mit leichten
+Strafen geahndet werden könnten.
+
+Es scheint nicht, daß die aus diesem Zustande des Gesetzes
+entspringenden praktischen Nachtheile sich unter der Regierung Karl’s
+II. sehr fühlbar gemacht hatten, was sich vielleicht dadurch erklären
+läßt, weil bis zum letzten Jahre seiner Regierung die Streitmacht, die
+er in England unterhielt, hauptsächlich aus Haustruppen bestand, welche
+einen so hohen Sold bekamen, daß die Entlassung aus dem Dienste von den
+Meisten sehr schmerzlich empfunden worden wäre. Eine Anstellung als
+Gemeiner in der Leibgarde war für den jüngeren Sohn eines Gentleman eine
+gute Versorgung; selbst die Fußgarden wurden so gut bezahlt als
+Fabrikarbeiter unter besonders günstigen Verhältnissen, und sie befanden
+sich daher in einer Lage, um die sie die große Masse der arbeitenden
+Bevölkerung wohl beneiden konnte. Die Rückkehr der Garnison von Tanger
+und die Errichtung der neuen Regimenter hatte eine große Veränderung
+herbeigeführt. Es gab jetzt in England viele Tausend Soldaten, welche
+nur acht Pence den Tag erhielten. Die Furcht vor der Verabschiedung war
+nicht mehr hinreichend, um sie der Dienstpflicht treu zu erhalten, und
+körperliche Strafen durften die Offiziere gesetzlich nicht zuerkennen.
+Jakob hatte daher nur die Wahl, entweder die Armee ihrer Auflösung
+entgegengehen zu lassen oder die Richter zu der Erklärung zu bewegen,
+daß das Gesetz das sei, was es, wie jeder Student wußte, nicht war.
+
+Es war besonders wichtig, die Mitwirkung zweier Gerichtshöfe zu
+gewinnen: der Kings Bench, welche der erste Criminalgerichtshof des
+Landes war, und des Gerichtshofs für Leerung der Gefängnisse, der in der
+Old Bailey saß und über die in der Hauptstadt begangenen Vergehen
+abzuurtheilen hatte. In beiden Gerichtshöfen aber stieß man auf große
+Schwierigkeiten. Herbert, der Oberrichter der Kings Bench, wollte trotz
+aller bis dahin bewiesenen Servilität nicht weiter gehen. Ein noch
+entschiedenerer Widerstand war von Sir Johann Holt zu erwarten, der als
+Syndikus der City von London auf der Bank der Old Bailey saß. Holt war
+ein ausgezeichnet gelehrter und aufgeklärter Jurist, dabei ein
+rechtschaffener und muthiger Mann und seine politische Meinung hatte
+eine whiggistische Färbung, obgleich er sich von allem Parteitreiben
+stets fern hielt. Dem Willen des Königs mußten jedoch alle Hindernisse
+weichen. Holt wurde seines Syndikats entsetzt. Herbert und ein andrer
+Richter von der Kings Bench entfernt, und die erledigten Stellen mit
+Männern besetzt, auf die sich die Regierung verlassen konnte. Allerdings
+mußte man in ziemlich niedere juristische Regionen hinabsteigen, ehe man
+Leute fand, welche zu Dienstleistungen, wie man sie jetzt brauchte,
+bereit waren. Der neue Oberrichter, Sir Robert Wright, war
+sprichwörtlich ein Ignorant, und die Unwissenheit war noch nicht sein
+ärgster Fehler. Seine Laster hatten ihn zu Grunde gerichtet. Um sich
+Geld zu verschaffen, hatte er zu unredlichen Mitteln seine Zuflucht
+genommen und einmal einen falschen Eid abgelegt, um in den Besitz von
+fünfhundert Pfund zu gelangen. Arm, ausschweifend und schamlos war er
+einer von den Schmarotzern Jeffreys’ geworden, der ihn beförderte und
+verächtlich behandelte. Dies war der Mann, den Jakob zum Lord
+Oberrichter von England erkor. Ein gewisser Allibone, der in der
+Rechtskunde noch unwissender war als Wright und als Katholik eigentlich
+gar nicht fähig war, ein öffentliches Amt zu bekleiden, wurde zum
+Unterrichter der Kings Bench ernannt. Sir Bartholomäus Shower, als
+serviler Tory und langweiliger Redner gleich bekannt, wurde Syndikus von
+London. Nachdem diese Veränderungen bewirkt waren, wurden mehrere
+Deserteurs zur Untersuchung gezogen und dem Wortlaute und dem Geiste des
+Gesetzes zum Hohn für schuldig befunden. Einige von ihnen vernahmen ihr
+Todesurtheil vor den Schranken der Kings Bench, Andere vor den Schranken
+der Old Bailey. Sie wurden vor den Augen der Regimenter, denen sie
+angehört hatten, gehängt und dafür Sorge getragen, daß diese
+Hinrichtungen durch die London Gazette, welche derartige Vorgänge nur
+selten berichtete, zur Öffentlichkeit gelangten.[5]
+
+ [Anmerkung 5: Siehe +Statutes 18 Henry 6. c. 19; 2 & 3 Ed. 6. c.
+ 2.+; +Eachard’s History of the Revolution+; +Kennet, III. 468+;
+ +North’s Life of Guildford, 247.+; + London Gazette, April 18. &
+ May 23. 1687+; +Vindication of the E. of R. (Earl of Rochester.)+]
+
+
+[_Verfahren der Hohen Commission._] Man kann wohl denken, daß das
+Gesetz, das so gröblich von denjenigen Gerichtshöfen verletzt wurde,
+deren ganze Autorität sich auf dasselbe gründete und die es als
+Richtschnur zu betrachten pflegten, von einem durch tyrannische Willkür
+errichteten Tribunale eben so wenig geachtet wurde. Während der ersten
+Monate ihres Bestehens hatte die neue Hohe Commission Geistlichen nur
+die Ausübung ihrer Amtshandlungen verboten; die Eigenthumsrechte waren
+noch unangetastet geblieben. Zu Anfang des Jahres 1687 aber beschloß man
+auch gegen die Pfründeneinkünfte einen Schlag zu führen und jedem
+anglikanischen Priester und Prälaten die Überzeugung beizubringen, daß,
+wenn er seine Beihülfe zur Vernichtung der Kirche, deren Diener er war,
+verweigerte, er in einer Stunde zum Bettler gemacht werden würde.
+
+
+[_Die Universitäten._] Es würde der Klugheit angemessen gewesen sein,
+das erste Exempel an einem unbekannten Individuum zu statuiren. Die
+Regierung aber war in einer so unseligen Verblendung befangen, daß man
+dieselbe in einem naiveren Zeitalter als eine göttliche Strafe
+betrachtet haben würde. Es wurde daher ohne weiteres gleich von Anfang
+an den beiden ehrwürdigsten Korporationen des Reichs, den Universitäten
+Oxford und Cambridge, der Krieg erklärt.
+
+Die Macht dieser beiden Körperschaften war schon seit vielen
+Jahrhunderten groß; in der zweiten Hälfte des siebzehnten Jahrhunderts
+aber hatte sie ihren Höhepunkt erreicht. Kein Nachbarland konnte sich so
+glänzender und reicher Sitze der Wissenschaft rühmen. Die Hochschulen
+von Edinburg und Glasgow, von Leyden und Utrecht, von Löwen und Leipzig,
+von Padua und Bologna kamen Gelehrten, welche in den prächtigen
+Stiftungen Wykeham’s und Wolsey’s, Heinrich’s VI. und Heinrich’s VIII.
+gebildet waren, ärmlich vor. Literatur und Wissenschaft waren in dem
+akademischen Systeme Englands mit Gepränge umgeben, mit obrigkeitlicher
+Gewalt bekleidet und mit den vornehmsten Institutionen des Landes eng
+verbunden. Kanzler einer Universität zu werden, war eine Auszeichnung,
+nach der die Magnaten des Reichs eifrig strebten; eine Universität im
+Parlament zu vertreten, war das Lieblingsziel des Ehrgeizes von
+Staatsmännern. Edelleute und selbst Fürsten waren stolz darauf, wenn
+eine Universität ihnen das Recht verlieh, den Scharlach der Doctorwürde
+zu tragen. Die Neugierigen wurden von den Universitäten angezogen durch
+alte, mit mittelalterlichen Verzierungen reich ausgestattete Gebäude,
+durch neuere Gebäude, welche glänzendes Zeugniß von dem künstlerischen
+Genie eines Jones und Wren gaben, durch imposante Hallen und Kapellen,
+durch Museen, durch botanische Gärten und durch die einzigen
+öffentlichen Bibliotheken, welche das Königreich damals besaß. Der
+Prunk, den namentlich Oxford bei feierlichen Gelegenheiten entfaltete,
+wetteiferte mit dem souverainer Fürsten. Wenn der Kanzler, der
+ehrwürdige Herzog von Ormond, in seinem geflickten Mantel auf seinem
+Throne unter der gemalten Decke der Sheldon’schen Tribüne saß, umgeben
+von vielen hundert Graduirten in der ihrem verschiedenen Range
+entsprechenden Kleidung, während die vornehmsten Jünglinge Englands ihm
+als Bewerber um akademische Ehren feierlich vorgeführt wurden, spielte
+er eine kaum minder königliche Figur als sein Gebieter im Bankethause zu
+Whitehall. Auf den Universitäten waren fast alle ausgezeichneten
+Geistlichen, Rechtsgelehrten, Ärzte, Schriftsteller, Dichter und Redner
+des Landes und zum großen Theil auch der hohe Adel und die reiche Gentry
+gebildet. Auch ist zu bemerken, daß die Verbindung zwischen dem Schüler
+und der Schule durch seinen Abgang nicht aufgelöst wurde. Er blieb oft
+während seines ganzen Lebens Mitglied des akademischen Körpers und
+behielt bei allen wichtigen Wahlen eine Stimme. Er hing daher an seinem
+alten Lieblingsaufenthalte am Cam und Isis mit weit größerer Zuneigung,
+als gebildete Leute sie in der Regel zu ihren Bildungsstätten empfinden.
+Es gab in England keinen Winkel, wo nicht beide Universitäten dankbare
+und treuergebene Söhne gehabt hätten. Jeder Angriff auf die Ehre oder
+die Interessen von Cambridge oder Oxford mußte nothwendig den Unwillen
+einer mächtigen, thätigen und intelligenten Klasse erregen, die über
+alle Grafschaften, von Northumberland bis Cornwall, zerstreut war.
+
+Die seßhaften Graduirten waren vielleicht im Ganzen genommen den
+seßhaften Graduirten unsrer Zeit nicht überlegen, aber im Vergleich zu
+den anderen Gesellschaftskreisen standen sie damals auf einer viel
+höheren Stufe; denn Cambridge und Oxford waren die beiden einzigen
+Provinzialstädte im ganzen Königreiche, wo man eine bedeutende Anzahl
+hochgebildeter Männer fand. Selbst die Hauptstadt hatte große Achtung
+vor der Autorität der Universitäten, nicht nur in Fragen der Theologie,
+der Naturwissenschaften und des klassischen Alterthums, sondern auch in
+solchen Angelegenheiten, in denen die Hauptstädte in der Regel für die
+höchsten Instanzen gelten wollen. Von Will’s Kaffeehaus und dem Parterre
+des Drurylanetheaters appellirte man noch an die beiden großen
+Nationalsitze des Geschmacks und der Gelehrsamkeit. Schauspiele, die in
+London mit enthusiastischem Beifalle aufgenommen worden waren, galten
+erst dann für außer Gefahr, wenn sie die strenge Prüfung eines mit
+Sophokles und Terenz vertrauten Zuhörerkreises bestanden hatten.[6]
+
+Die englischen Universitäten hatten ihren großen moralischen und
+intellectuellen Einfluß energisch zu Gunsten der Krone angewendet. Das
+Hauptquartier Karl’s I. war in Oxford gewesen und die silbernen Krüge
+und Teller sämmtlicher Collegien waren zur Unterstützung seiner
+Kriegskasse eingeschmolzen worden. Cambridge war nicht weniger loyal
+gesinnt. Es hatte ebenfalls einen großen Theil seines Silbergeräths in’s
+königliche Lager gesandt, und der Rest würde auch nachgefolgt sein, wäre
+die Stadt nicht von den Parlamentstruppen genommen worden. Beide
+Universitäten waren von den siegreichen Puritanern mit der äußersten
+Strenge behandelt worden, beide hatten die Restauration mit Freuden
+begrüßt, beide hatten sich der Ausschließungsbill standhaft widersetzt
+und ihren tiefsten Abscheu über das Ryehousecomplot ausgesprochen.
+Cambridge hatte nicht nur seinen Kanzler Monmouth abgesetzt, sondern
+seinen Unwillen über den Verrath des Herzogs sogar in einer eines Sitzes
+der Gelehrsamkeit unwürdigen Weise zu erkennen gegeben, indem es die
+Leinwand, auf der Kneller seine einnehmende Physiognomie und Gestalt mit
+künstlerischer Vollendung dargestellt hatte, den Flammen übergab.[7]
+Oxford, das dem Herde des westlichen Aufstandes näher lag, hatte noch
+stärkere Beweise von Loyalität gegeben. Die Studenten hatten mit
+Bewilligung ihrer Professoren zu Hunderten die Waffen zur Vertheidigung
+der erblichen Thronrechte ergriffen. Und diese Körperschaften beschloß
+Jakob jetzt in offenem Widerspruch mit den Gesetzen und mit seinem
+verpfändeten Worte zu beschimpfen und zu berauben.
+
+ [Anmerkung 6: Dryden’s Prologe und Cibber’s Memoiren enthalten
+ zahlreiche Beweise von dem Ansehen, welches der Geschmack der
+ Oxforder bei den gefeiertsten Dichtern und Schauspielern genoß.]
+
+ [Anmerkung 7: Siehe das Gedicht: +Advice to the Painter upon the
+ Defeat of the Rebels in the West+, sowie noch ein andres ganz
+ abscheuliches Gedicht über den nämlichen Gegenstand von Stepney,
+ welcher damals am Trinity-Collegium studirte.]
+
+
+[_Verfahren gegen die Universität Cambridge._] Mehrere Parlamentsacte,
+die so klar waren als nur irgend eine Verordnung des Gesetzbuches,
+hatten vorgeschrieben, daß auf beiden Universitäten Niemand zu irgend
+einem Grade zugelassen werden sollte, ohne den Suprematseid und einen
+andren ähnlichen Eid, der Gehorsamseid genannt, abgelegt zu haben.
+Dessenungeachtet wurde im Februar 1687 ein königliches Schreiben nach
+Cambridge gesandt, worin die Aufnahme eines Benedictinermönches, Namens
+Alban Francis, als Magister der freien Künste anbefohlen wurde.
+
+Die akademischen Würdenträger, zwischen der Ehrerbietung gegen den König
+und der Achtung vor dem Gesetz schwankend, waren in großer Verlegenheit.
+Es wurden in aller Eile Boten an den Herzog von Albemarle gesandt, der
+Monmouth’s Nachfolger als Kanzler der Universität war, und er wurde
+dringend ersucht, dem Könige die Sache in geeigneter Weise vorzustellen.
+Unterdessen begaben sich der Registrator und die Pedelle zu Francis und
+erklärten ihm, daß er sogleich aufgenommen werden solle, wenn er die
+gesetzlich vorgeschriebenen Eide leiste. Er weigerte sich dessen, machte
+den Beamten Vorwürfe wegen ihrer Nichtachtung des königlichen Befehls,
+und da sie nicht nachgaben, reiste er auf der Stelle wieder ab, um sich
+in Whitehall zu beschweren.
+
+Die Vorsteher der Collegien versammelten sich zu einer Berathung. Die
+Gutachten der ausgezeichnetsten Rechtsgelehrten wurden abgehört und sie
+sprachen sich entschieden zu Gunsten des beobachteten Verfahrens aus.
+Aber schon war ein zweites hochmüthiges und drohendes Schreiben von
+Sunderland unterwegs. Albemarle antwortete der Universität unter vielen
+Versicherungen seiner Theilnahme und seines Bedauerns, daß er alles
+Mögliche gethan habe, aber vom Könige sehr kalt und unfreundlich
+aufgenommen worden sei. Der akademische Körper, durch die königliche
+Ungnade erschreckt und von dem aufrichtigen Willen beseelt, den Wünschen
+Seiner Majestät nachzukommen, dabei aber auch fest entschlossen, das
+klare Gesetz des Landes nicht zu verletzen, unterbreitete die
+bescheidensten und ehrerbietigsten Auseinandersetzungen, aber ohne
+Erfolg. Bald darauf kam eine Vorladung, welche den Vicekanzler und den
+Senat auf den 24. April vor die Hohe Commission nach Westminster
+beschied. Der Vicekanzler sollte in Person erscheinen, der Senat, der
+aus allen Doctoren und Magistern der Universität besteht, eine
+Deputation senden.
+
+
+[_Der Earl von Mulgrave._] Als der festgesetzte Tag erschien, füllte
+sich der Sitzungssaal mit einer großen Zuschauermenge. Jeffreys fungirte
+als Präsident der Commission. Rochester war, seit ihm der weiße Stab
+abgenommen worden, nicht mehr Mitglied, anstatt seiner erschien der
+Lordkammerherr Johann Sheffield, Earl von Mulgrave. Das Schicksal dieses
+Edelmanns glich in einer Beziehung dem seines Collegen Sprat. Mulgrave
+schrieb Verse, die sich kaum über die absolute Mittelmäßigkeit erhoben,
+da er aber ein in den politischen und vornehmen Kreisen hochangesehener
+Mann war, so fanden seine Verse doch Bewunderer. Die Zeit zerstörte den
+Zauber, zu seinem Unglücke aber erst nachdem seine Gedichte bereits ein
+unveräußerliches Recht auf eine Stelle in allen Sammlungen englischer
+Dichtungswerke erlangt hatten. Dennoch werden bis auf den heutigen Tag
+seine, abgeschmackten Reimereien und seine jämmerlichen Lieder an
+Amoretta und Gloriana in Gesellschaft des „Comus“ und des „Festes
+Alexander’s“ immer wieder gedruckt. Die Folge davon ist, daß unsre
+Generation Mulgrave hauptsächlich als einen Dichterling kennt und ihn
+als solchen verachtet. Er war jedoch, wie selbst Diejenigen zugaben, die
+ihn weder liebten noch achteten, ein durch schöne Talente
+ausgezeichneter Mann und in der parlamentarischen Beredtsamkeit stand er
+kaum einem Redner seiner Zeit nach. Dagegen verdiente sein moralischer
+Character keine Achtung. Er war ein Wüstling, aber ohne jene Offenheit
+des Herzens und der Hand, welche zuweilen auch die Ausschweifung
+liebenswürdig, und ein stolzer Aristokrat ohne jene Hoheit der
+Denkungsart, welche zuweilen den aristokratischen Hochmuth achtungswerth
+macht. Die damaligen Satiriker gaben ihm den Spottnamen Lord Allpride
+(Ganzstolz). Sein Stolz vertrug sich indessen mit allen schmachvollen
+Lastern. Viele wunderten sich darüber, wie ein Mann, der ein so
+übertriebenes Gefühl seiner Würde zur Schau trug, in Geldangelegenheiten
+so zäh und knauserig sein konnte. Er hatte der königlichen Familie
+großes Ägerniß dadurch gegeben, daß er den Gedanken zu hegen wagte, das
+Herz und die Hand der Prinzessin Anna zu erobern. In dieser Hoffnung
+getäuscht, hatte er sich bemüht, durch kriechende Gemeinheit die durch
+Anmaßung verwirkte Gunst wieder zu gewinnen. Seine von ihm selbst
+verfaßte Grabschrift sagt noch heute jedem Besucher der
+Westminsterabtei, daß er in religiösen Dingen als Zweifler lebte und
+starb, und aus seinen hinterlassenen Memoiren ersehen wir, daß der
+römische Aberglaube ein Lieblingsthema seines Spottes war. Dennoch
+begann er unmittelbar nach Jakob’s Regierungsantritt eine starke
+Hinneigung zum Papismus zu zeigen und gerirte sich endlich privatim als
+Convertit. Der Lohn für diese verworfene Heuchelei war seine Anstellung
+bei der Hohen Commission.[8]
+
+Vor diesem gefürchteten Tribunal erschien jetzt der Vicekanzler der
+Universität Cambridge, Doctor Johann Pechell. Er selbst war kein Mann
+von ausgezeichneter Befähigung und Energie, aber es begleiteten ihn acht
+vom Senat gewählte vorzügliche Akademiker. Einer davon war Isaak Newton,
+Fellow des Trinity-Collegiums und Professor der Mathematik. Sein Genie
+stand damals in seiner vollsten Kraft. Das große Werk, welches ihm die
+erste Stelle unter den Geometern und Naturforschern aller Zeiten und
+aller Nationen sichert, wurde seit einiger Zeit unter der Sanction der
+Königlichen Societät gedruckt und war seiner Vollendung nahe. Er war der
+entschiedenste Freund der bürgerlichen Freiheit und der protestantischen
+Religion, aber seine Gewohnheiten machten ihn für die Kämpfe des
+praktischen Lebens durchaus nicht geeignet. Er verharrte daher in
+bescheidenem Stillschweigen unter den Delegirten und überließ anderen
+Männern, welche im Geschäftsleben mehr bewandert waren, die Aufgabe,
+seine geliebte Universität zu vertheidigen.
+
+Es konnte keinen klareren Rechtsfall geben. Das Gesetz ließ keinen
+Zweifel zu und die Praxis hatte fast stets im Einklang mit dem Gesetz
+gestanden. Es konnte vielleicht schon vorgekommen sein, daß an einem
+besonders feierlichen Tage, wo viele Ehrengrade verliehen wurden, in der
+Menge Einer durchgeschlüpft war, der die Eide nicht abgelegt hatte; aber
+eine solche Unregelmäßigkeit, lediglich die Folge der Eil und
+Unachtsamkeit, konnte nicht als Vorgang geltend gemacht werden. Fremde
+Gesandte verschiedener Glaubensrichtungen, insbesondere ein Muselmann,
+waren ohne die Eide aufgenommen worden. Aber es war eine große Frage, ob
+solche Fälle im Bereiche der Ansicht und des Geistes der betreffenden
+Parlamentsverordnungen lagen. Es war nicht einmal behauptet worden, daß
+schon einmal Jemand, dem die Eide angesonnen wurden und der sie nicht
+leisten wollte, einen akademischen Grad erlangt habe, und in dieser Lage
+befand sich Francis. Die Delegirten erboten sich zu beweisen, daß unter
+der vorigen Regierung mehrere königliche Befehle unberücksichtigt
+geblieben waren, weil die empfohlenen Personen sich dem Gesetz nicht
+hatten fügen wollen, und daß die Regierung sich in solchen Fällen stets
+bei dem Verfahren der Universität beruhigt habe, da sie es als das
+richtige anerkennen mußte. Jeffreys aber wollte von nichts hören. Er kam
+bald dahinter, daß der Vicekanzler ein schwacher, unerfahrener und
+schüchterner Mann war und ließ daher der ganzen Unverschämtheit, welche
+so lange der Schrecken der Old Bailey gewesen war, freien Lauf. Der
+unglückliche Doctor, der an ein solches Auditorium und an eine solche
+Behandlung nicht gewöhnt war, wurde bald so eingeschüchtert, daß er
+gänzlich die Fassung verlor. Sobald andere zur Verfechtung ihrer Sache
+besser befähigte Akademiker das Wort ergreifen wollten, wurden sie auf
+die unsanfteste Weise zum Schweigen gebracht. „Sie sind nicht
+Vicekanzler; wenn Sie es einmal sein werden, dann mögen Sie sprechen,
+bis dahin aber geziemt es Ihnen, den Mund zu halten.“ Die Angeklagten
+wurden, ohne gehört worden zu sein aus dem Gerichtssaale gewiesen. Nach
+einer Weile wurden sie wieder hereingerufen und ihnen kundgethan, daß
+die Commission beschlossen habe, Pechell seiner Würde als Vicekanzler zu
+entheben und ihm alle Einkünfte vorzuenthalten, die er als Vorsteher
+eines Collegiums bezog und welche ganz den Character eines unantastbaren
+Eigenthums hatten. „Sie, meine Herren,“ sagte Jeffreys zu den
+Delegirten, „sind größtentheils Theologen, und ich will Sie daher mit
+einer Stelle aus der Schrift heimschicken: „Gehet hin und sündigt fortan
+nicht mehr, damit Euch nicht etwas Ärgeres widerfahre.“[9]
+
+ [Anmerkung 8: +Mackay’s Character of Sheffield+ nebst Swift’s
+ Note; +Satire on the Deponents, 1688+; +Life of John, Duke of
+ Buckinghamshire, 1729+; Barillon, 30. Aug. 1687. Ich besitze ein
+ handschriftliches Spottgedicht aus Mulgrave von 1690, das nicht
+ ohne Witz ist. Die bemerkenswerthesten Zeilen sind diese:
+
+ Heut’ schmeichelt er dem Peters (Petre), morgen dem Burnet.
+ Fragt nicht nach Glauben und Partei, denn alle sind ihm gleich.]
+
+ [Anmerkung 9: Siehe den Prozeß gegen die Universität Cambridge in
+ der +Collection of State Trials+.]
+
+
+[_Zustand Oxford’s._] Man sollte meinen, daß dieses Verfahren ungerecht
+und willkürlich genug war. Aber der König hatte schon angefangen, Oxford
+mit einer Strenge zu behandeln, im Vergleich zu welcher die gegen
+Cambridge bewiesene Milde genannt werden konnte. Schon war das
+University-Collegium durch Obadja Walker in ein römisch-katholisches
+Seminar verwandelt, schon stand das Christchurch-Collegium unter der
+Leitung eines römisch-katholischen Dechanten, schon wurde in diesen
+beiden Collegien täglich Messe gelesen. Die ruhige, majestätische Stadt,
+so lange das Bollwerk des monarchischen Prinzips, war von Leidenschaften
+aufgeregt, die sie bisher nie gekannt hatte. Die Untergraduirten
+verhöhnten mit stillschweigender Erlaubniß ihrer Vorgesetzten die
+Mitglieder von Walker’s Gemeinde und sangen Spottlieder unter ihren
+Fenstern. Einige Bruchstücke von den Serenaden, welche damals in High
+Street die Ruhe störten, sind der Nachwelt erhalten worden; der Refrain
+einer Ballade lautet:
+
+ „Der alte Obadja
+ singt Ave Maria.“
+
+Als die Schauspieler nach Oxford kamen, äußerte sich die öffentliche
+Meinung noch stärker. Es wurde Howard’s „Comité“ gegeben. Dieses bald
+nach der Restauration geschriebene Stück stellte die Puritaner in einem
+gehässigen und verächtlichen Lichte dar und war deshalb seit einem
+Vierteljahrhundert ein Lieblingsstück des oxforder Publikums. Jetzt war
+es beliebter als je zuvor, denn ein glücklicher Zufall wollte, daß eine
+der Hauptrollen ein alter Heuchler Namens Obadja war. Das Publikum brach
+in einen Beifallsjubel aus, als Obadja in der letzten Scene mit einem
+Strick um den Hals hereingeschleppt wurde, und der Applaus nahm zu, als
+einer der Schauspieler, von dem vorgeschriebenen Texte abweichend,
+ankündigte, daß Obadja wegen Glaubenabfalls gehängt werden solle. Der
+König war höchlich entrüstet über diesen Hohn. Die Stimmung der
+Universität war so rebellisch, daß eines der neu errichteten Regimenter,
+das welches gegenwärtig das zweite Gardedragonerregiment heißt, nach
+Oxford versetzt wurde, um einen Aufstand zu verhindern.[10]
+
+Diese Vorgänge hätten Jakob überzeugen können, daß er einen Weg
+eingeschlagen hatte, der ihn ins Verderben führen mußte. An das Geschrei
+der Londoner war er schon längst gewöhnt. Es war zuweilen
+ungerechterweise, zuweilen vergebens gegen ihn erhoben worden; er hatte
+demselben wiederholt getrotzt und konnte ihm auch fernerhin trotzen. Daß
+aber Oxford, der Sitz der Loyalität, das Hauptquartier der
+Kavalierarmee, der Ort, wohin sein Vater und sein Bruder ihren Hof
+verlegten, wenn sie sich in ihrer stürmisch bewegten Hauptstadt nicht
+mehr sicher glaubten, der Ort, wo die Schriften der großen
+republikanischen Lehrer unlängst den Flammen überliefert worden waren,
+daß diese Stadt sich jetzt in einer unzufriedenen Gährung befand und die
+muthigen Jünglinge, die sich vor wenigen Monaten so eifrig als
+Freiwillige gemeldet hatten, um gegen die Insurgenten im Westen zu
+marschiren, jetzt nur mit Mühe durch Säbel und Karabiner im Schach
+gehalten wurden: das waren Zeichen von schlimmer Vorbedeutung für das
+Haus Stuart. Doch der abgestumpfte, starrsinnige und eigenwillige Tyrann
+beachtete den Warnungsruf nicht. Er hatte sich einmal vorgenommen,
+seiner Kirche die reichsten und glänzendsten Stiftungen Englands zu
+verschaffen. Umsonst machten ihm die besseren und verständigeren seiner
+römisch-katholischen Rathgeber Vorstellungen. Sie erklärten ihm, daß er
+der Sache seiner Religion viel nützen könne, ohne die Eigenthumsrechte
+zu verletzen. Eine Bewilligung von jährlich zweitausend Pfund aus seiner
+Privatchatulle würde hinreichen, um ein Jesuitencollegium in Oxford zu
+unterhalten, und diese Summe könne er leicht verschmerzen. Ein solches
+Collegium, mit tüchtigen, gelehrten und eifrigen Lehrern ausgestattet,
+würde ein gefährlicher Nebenbuhler für die alten akademischen Anstalten
+werden, welche nur zu deutliche Symptome einer von Reichthum und
+Sicherheit unzertrennlichen Erschlaffung zeigten. König Jakob’s
+Collegium würde bald selbst von den Protestanten hinsichtlich der
+Wissenschaften sowohl als auch der moralischen Zucht als die erste
+Bildungsanstalt der Insel anerkannt werden. Dies würde der wirksamste
+und zugleich glimpflichste Weg sein, um die anglikanische Kirche zu
+demüthigen und die römische zu Ansehen zu bringen. Der Earl von
+Ailesbury, einer der ergebensten Diener des königlichen Hauses,
+erklärte, daß er, obgleich Protestant und nicht reich, lieber selbst
+einen Beitrag von tausend Pfund zu diesem Zwecke hergeben wolle, als daß
+sein Gebieter die Eigenthumsrechte verletze und sein der Staatskirche
+gegebenes Wort breche.[11] Der Plan fand jedoch keinen Beifall in den
+Augen des Königs. Allerdings entsprach er auch in mehr als einer
+Beziehung seinem unfreundlichen Character nicht. Denn es machte ihm
+Vergnügen, den Sinn der Menschen zu beugen und zu brechen, und von
+seinem Gelde konnte er sich nur schwer trennen. Was er auf seine Kosten
+zu unternehmen nicht hochherzig genug war, das beschloß er auf Kosten
+Anderer durchzuführen. Wenn er einmal etwas begonnen hatte, so hielt
+sein Stolz und sein Starrsinn ihn ab, wieder zurückzutreten, und er ließ
+sich endlich Schritt für Schritt zu Handlungen türkischer Tyrannei
+verleiten, zu Handlungen, welche die Nation zu der Überzeugung bringen
+mußten, daß das Vermögen eines protestantischen Freisassen Englands
+unter einem römisch-katholischen König ebenso unsicher war, wie das
+eines Griechen unter der Herrschaft eines Moslem.
+
+ [Anmerkung 10: +Wood’s Athenae Oxonienses+; +Apology for the Life
+ of Colley Cibber+; Citters, 2.(12.) März 1686.]
+
+ [Anmerkung 11: +Burnet, I.+ 697; Brief von Lord Ailesbury,
+ abgedruckt im +European Magazine+, April 1795.]
+
+
+[_Das Magdalenen-Collegium in Oxford._] Das Magdalenen-Collegium,
+gegründet im funfzehnten Jahrhundert von Wilhelm von Waynflete, Bischof
+von Winchester und Lordgroßkanzler, war eine der hervorragendsten
+unserer akademischen Institute. Ein schlanker Thurm, auf dessen Zinnen
+alljährlich am Morgen des ersten Mai von Choristen eine lateinische
+Hymne gesungen wurde, fesselte schon von weitem die Aufmerksamkeit des
+von London her kommenden Reisenden. Wenn er sich näherte, bemerkte er,
+daß dieser Thurm sich von einem mit Zinnen versehenen, zwar niedrigen
+und unregelmäßigen, aber doch sehr ehrwürdig aussehenden Gebäude erhob,
+das von Bäumen beschattet und von den trägen Fluthen des Chervell
+bespült wurde. Er trat durch einen Thorweg,[12] über dem eine stattliche
+Gallerie hinlief, in einen geräumigen Kreuzgang, der mit Emblemen der
+Tugenden und Laster, von den Bildhauern des funfzehnten Jahrhunderts roh
+in grauen Stein gemeißelt, verziert war. Der Tisch der Gesellschaft
+wurde in einem mit Gemälden und phantastischem Schnitzwerk reich
+ausgestatteten Refectorium gedeckt. Der Gottesdienst wurde früh und
+Abends in einer Kapelle gehalten, die von den Reformers und den
+Puritanern viel zu leiden gehabt hatte, aber trotz alledem ein
+wunderschönes Bauwerk war, das in unseren Tagen mit seltenem Geschmack
+und Geschick restaurirt worden ist. Die großen Gartenanlagen am Ufer des
+Flusses zeichneten sich durch hohe Bäume aus, unter denen ein Wunder der
+Pflanzenwelt unsrer Insel emporragte, eine riesige Eiche, welche hundert
+Jahre älter sein sollte, als das älteste Collegium der Universität.
+
+Die Statuten der Gesellschaften bestimmten, daß die Könige von England
+und die Prinzen von Wales in dem Hause aufgenommen werden sollten, wie
+in ihrem eignen Palaste. Eduard IV. hatte das Gebäude bewohnt, als es
+noch nicht vollendet war. Richard III. hatte darin sein Hoflager
+gehalten, im großen Saale Disputationen mit angehört, war königlich
+bewirthet worden und hatte die Küche seiner Wirthe mit einem Geschenk
+von fetten Rehböcken aus seinen Forsten beehrt. Zwei muthmaßliche
+Thronerben, welche frühzeitig hinweggerafft wurden, Arthur, der ältere
+Bruder Heinrich’s VIII., und Heinrich, der ältere Bruder Karl’s I.,
+hatten in dem Collegium studirt; ebenso auch ein andrer Prinz von
+Geblüt, der letzte und beste der römisch-katholischen Erzbischöfe von
+Canterbury, der menschenfreundliche Reginald Pole. Zur Zeit des
+Bürgerkriegs war das Collegium der Sache der Krone treu geblieben.
+Ruprecht hatte dort sein Hauptquartier aufgeschlagen, und ehe er zu
+einigen seiner kühnsten Unternehmungen auszog, hatte man in den stillen
+Kreuzgängen seine Trompeter zum Aufbruch blasen hören. Die Mehrzahl der
+Fellows waren Theologen und konnten den König nur mit Gebeten und
+Geldspenden unterstützen. Doch einer von den Mitgliedern der
+Gesellschaft, ein Doctor des Civilrechts, warb eine Truppe
+Untergraduirter und fiel an ihrer Spitze im tapferen Kampfe gegen die
+Soldaten von Essex. Als die Feindseligkeiten beendigt und die Rundköpfe
+Herren von England waren, verweigerten sechs Siebentel der Mitglieder
+der usurpirten Gewalt ihre Unterwerfung. In Folge dessen wurden sie aus
+ihren Wohnungen vertrieben und ihrer Einkünfte beraubt. Nach der
+Restauration kehrten die noch Lebenden an ihren lieblichen Wohnsitz
+zurück. Eine neue Generation war auf sie gefolgt, die ihre Ansichten und
+ihren Muth geerbt hatte. Zur Zeit des Aufstandes im Westen hatten
+diejenigen Collegiaten, welche nicht durch Alter oder Beruf zum
+Gebrauche der Waffen unfähig waren, sich bereitwilligst erboten, für die
+Krone zu kämpfen. Es dürfte schwerlich im ganzen Königreiche irgend eine
+Korporation zu finden sein, welche gerechteren Anspruch auf die
+Dankbarkeit des Hauses Stuart gehabt hätte.[13]
+
+Die Gesellschaft bestand aus einem Präsidenten, vierzig Fellow’s,
+dreißig Studenten (+Demies+, Halbe genannt) und einer Anzahl von
+Kaplanen, Schreibern und Chorsängern. Zur Zeit der Generalvisitation
+unter Heinrich VIII. waren die Einkünfte viel bedeutender als die jeder
+andren ähnlichen Stiftung des Landes, fast um die Hälfte größer als die
+der reichen Stiftung Heinrich’s VI. in Cambridge und über noch einmal so
+groß als die, welche Wilhelm von Wykeham seinem Collegium in Oxford
+vermacht hatte. In den Tagen Jakob’s II. war der Reichthum des
+Magdalenen-Collegiums enorm und wurde durch das Gerücht noch
+übertrieben. Das Collegium wurde allgemein für reicher als die reichsten
+Abteien des Continents gehalten. Wenn die Pachtgelder alle eingingen,
+hieß es unter dem Volke, so beliefen sich die jährlichen Einkünfte auf
+die ungeheure Summe von vierzigtausend Pfund Sterling.[14]
+
+Die Collegiaten waren durch die von dem Begründer festgesetzten Statuten
+ermächtigt, sich ihren Präsidenten unter Personen, welche Mitglieder
+ihrer Gesellschaft oder des Neuen Collegiums waren oder gewesen waren,
+selbst zu wählen. Dieses Recht war in der Regel mit völliger Freiheit
+ausgeübt worden. Nur in einzelnen Fällen waren königliche Zuschriften
+gekommen, welche dem Collegium befähigte Personen anempfahlen, die bei
+Hofe in Gunst standen, und es war in solchen Fällen Sitte gewesen, auf
+die Wünsche des Souverains gebührende Rücksicht zu nehmen.
+
+Im März 1687 starb der Präsident des Collegiums. Einer der Fellows,
+Doctor Thomas Smith, vom Volke spottweise Rabbi Smith genannt, ein
+ausgezeichneter Reisender, Büchersammler, Alterthumsforscher und
+Orientalist, der Kaplan bei der Gesandtschaft in Konstantinopel gewesen
+und mit der Vergleichung der alexandrinischen Handschriften beauftragt
+worden war, bewarb sich um den erledigten Posten. Er meinte als
+Gelehrter und als eifriger Tory einigen Anspruch auf die Begünstigung
+von Seiten der Regierung zu haben. Seine Loyalität war auch in der That
+so glühend und so unwandelbar, wie man sie in der ganzer englischen
+Kirche nur finden konnte. Er war lange mit dem Bischof Parker von Oxford
+intim befreundet gewesen und hoffte durch die Verwendung dieses Prälaten
+ein königliches Empfehlungsschreiben an das Collegium zu erhalten.
+Parker versprach sein Möglichstes zu thun, berichtete aber bald, daß er
+auf Schwierigkeiten gestoßen sei. „Der König,“ sagte er, „mag Niemanden
+empfehlen, der nicht ein Freund seiner Religion ist. Was können Sie in
+dieser Beziehung thun, um ihn zufrieden zu stellen?“ Smith antwortete,
+daß, wenn er Präsident werden sollte, er sich bemühen würde,
+Gelehrsamkeit, wahres Christenthum und Loyalität zu fördern. „Das wird
+nicht genügen,“ sagte der Bischof. „Nun so mag Präsident werden wer da
+will,“ versetzte Smith mannhaft; „ich kann nicht mehr versprechen.“
+
+ [Anmerkung 12: Dieser Thorweg ist jetzt verschlossen.]
+
+ [Anmerkung 13: +Wood’s Athenae Oxonienses+; +Walker’s Sufferings
+ of the Clergy.+]
+
+ [Anmerkung 14: +Burnet, I. 697+; +Tanner’s Notitia Monastica.+ Bei
+ der Visitation im sechsundzwanzigsten Regierungsjahre Heinrich’s
+ VIII. ergab es sich, daß die Einkünfte des Kings-Collegiums 751
+ Pfd. St., die des Neuen Collegiums 487 Pfd. St. und die des
+ Magdalenen-Collegiums 1076 Pfd. St. betrugen.]
+
+
+[_Anton Farmer vom Könige als Präsident empfohlen._] Die Wahl wurde auf
+den dreizehnten April festgesetzt und die Fellows aufgefordert,
+derselben beizuwohnen. Es ging die Rede, daß ein königliches Schreiben
+einlaufen werde, das einen gewissen Anton Farmer für die erledigte
+Stelle empfehle. Das Leben dieses Mannes war eine Reihenfolge ehrloser
+Handlungen. Er war Mitglied der Universität Cambridge gewesen und der
+Ausstoßung nur durch rechtzeitige freiwillige Entfernung entgangen. Dann
+hatte er sich den Dissenters angeschlossen und hierauf war er nach
+Oxford gegangen, um in das Magdalenen-Collegium einzutreten, wo er sich
+bald durch alle möglichen Laster auszeichnete. In der Regel taumelte er
+spät in der Nacht so betrunken, daß er nicht sprechen konnte, seinem
+Collegium zu. Es war allbekannt, daß er an der Spitze eines
+unehrenvollen Aufruhrs in Abingdon gestanden hatte, und er war ein
+regelmäßiger Gast bekannter Lieblingsorte von Wüstlingen gewesen.
+Endlich war er Kuppler geworden, hatte sogar die gewöhnliche Gemeinheit
+seines abscheulichen Gewerbes noch übertroffen und hatte von
+liederlichen jungen Leuten für Dienste, welche die Geschichte nicht gut
+erzählen kann, Geld genommen. Dieser erbärmliche Mensch war jetzt zum
+Papismus übergetreten. Sein Abfall sühnte alle seine Laster, und
+obgleich noch sehr jung, wurde er zum Vorsteher einer ernsten religiösen
+Gesellschaft empfohlen, in welcher das Ärgerniß, das er durch seine
+Lasterhaftigkeit gegeben, noch im frischen Andenken war.
+
+Durch das allgemeine Landesgesetz war er als römischer Katholik von
+allen akademischen Ämtern ausgeschlossen, und da er niemals Fellow des
+Magdalenen-Collegiums noch des Neuen Collegiums gewesen, so hatte er der
+besonderen Verordnung Wilhelm’s von Waynflete gemäß gar kein Recht, sich
+um die erledigte Präsidentenstelle zu bewerben. Überdies hatte Waynflete
+den Mitgliedern seiner Stiftung noch ausdrücklich eingeschärft, daß sie
+bei der Wahl ihres Vorstehers namentlich auf seinen moralischen
+Character Rücksicht nehmen sollten, und hätte er auch keine derartige
+Weisung hinterlassen, so konnte eine meist aus Theologen bestehende
+Gesellschaft einem Mann wie Farmer schicklicherweise nicht die Leitung
+einer Bildungsanstalt übertragen.
+
+Die Collegiaten stellten dem Könige ehrerbietigst vor, in welche
+Verlegenheit sie kommen würden, wenn das Gerücht, daß Farmer ihnen
+empfohlen werden sollte, sich als begründet erwies, und baten darum, daß
+Seine Majestät, wenn es ihm beliebe, sich in die Wahl einzumischen,
+ihnen einen Mann vorschlagen möchte, für den sie gesetzlicherweise und
+mit gutem Gewissen stimmen könnten. Von dieser ergebenen Bitte wurde
+keine Notiz genommen. Das königliche Schreiben lief ein. Der Überbringer
+desselben war ein Fellow des Collegiums, der unlängst Papist geworden
+war, Namens Robert Charnock, ein Mann von Talent und Geist, aber von
+heftigem und ruhelosem Temperament, das ihn einige Jahre später zu einem
+abscheulichen Verbrechen und zu einem entsetzlichen Schicksale trieb.
+Das Collegium versammelte sich am 13. April in der Kapelle. Man hatte
+noch immer einige Hoffnung, daß der König sich durch die an ihn
+gerichteten Vorstellungen werde bewegen lassen, und die Versammlung
+vertagte sich deshalb bis auf den 15. April, als den letzten Termin, an
+welchem die Wahl nach den Statuten des Collegiums stattfinden mußte.
+
+
+[_Wahl des Präsidenten._] Der 15. April erschien und die Collegiaten
+versammelten sich wieder in ihrer Kapelle. Von Whitehall war keine
+Antwort gekommen. Einige der älteren Mitglieder, darunter Smith, waren
+der Meinung, die Wahl lieber noch einmal zu verschieben, als einen
+Schritt zu thun, der den König möglicherweise beleidigen konnte. Aber
+die Sprache der Statuten war klar und die Mitglieder des Collegiums
+hatten sich eidlich verpflichtet, dieselben zu befolgen. Die Ansicht der
+Mehrheit war daher, daß kein weiterer Aufschub stattfinden dürfe. Es
+erfolgte eine heftige Debatte. Die Wähler waren zu aufgeregt, als daß
+sie hätten auf ihren Plätzen bleiben können; die ganze Kapelle war in
+Aufruhr. Diejenigen, welche für die Vornahme der Wahl stimmten, beriefen
+sich auf ihre Eide und auf die Verordnungen des Stifters, dessen Brot
+sie aßen. Sie behaupteten ganz richtig, der König habe nicht das Recht,
+ihnen selbst einen geeigneten Candidaten aufzudringen. In der Hitze des
+Streits fielen einige für toryistische Ohren anstößige Äußerungen und
+Smith ließ sich zu der Bemerkung verleiten, der Geist Ferguson’s habe
+sich seiner Collegen bemächtigt. Mit großer Stimmenmehrheit wurde
+endlich der Beschluß gefaßt, die Wahl unverzüglich vorzunehmen. Charnock
+verließ die Kapelle. Die übrigen Fellows gaben, nachdem sie vorher das
+Sakrament empfangen, ihre Stimmen ab. Die Wahl fiel auf Johann Hough,
+einen Mann von seltener Tugend und Besonnenheit, der, nachdem er
+Verfolgungen mit hohem Muthe und das Glück mit ernster Würde ertragen,
+zu hohen Ehren emporgestiegen und noch höhere bescheiden abgelehnt
+hatte, mehr als sechsundfünfzig Jahre nach diesem ereignißvollen Tage in
+hohem Alter, aber noch in voller Kraft des Geistes starb.
+
+Die Gesellschaft beeilte sich, dem Könige die Umstände
+auseinanderzusetzen, welche es nothwendig gemacht hatten, ohne weiteren
+Verzug zur Wahl eines Präsidenten zu schreiten, und ersuchte den Herzog
+von Ormond als Kanzler der ganzen Universität, und den Bischof von
+Winchester als Visitator des Magdalenen-Collegiums, das Amt der
+Vermittelung zu übernehmen. Der König aber war viel zu aufgebracht und
+viel zu befangen, als daß er auf derartige Verstellungen hätte hören
+können.
+
+
+[_Die Mitglieder des Magdalenen-Collegiums werden vor die Hohe
+Commission geladen._] Anfangs Juni wurden die Collegiaten vor die Hohe
+Commission nach Whitehall beschieden. Fünf von ihnen kamen als Deputirte
+der Korporation der Aufforderung nach. Jeffreys behandelte sie nach
+seiner gewohnten Manier. Als einer von ihnen, ein ehrwürdiger Doctor,
+Namens Fairfax, einigen Zweifel an der Rechtsgültigkeit der Commission
+äußerte, begann er zu brüllen wie ein wildes Thier: „Wer ist der Mann?
+Wer giebt ihm das Recht, hier unverschämt zu sein? Ergreift ihn und
+steckt ihn in ein finstres Zimmer! Wie kann man ihn ohne Wächter lassen?
+Er steht als Wahnsinniger unter meiner Aufsicht. Es wundert mich, daß
+noch Niemand bei mir darauf angetragen hat, daß er in sicheres Gewahrsam
+gebracht werde.“ Als aber der Sturm ausgetobt hatte und die Aussagen
+über den sittlichen Charakter des vom Könige empfohlenen Kandidaten
+verlesen waren, hatte keiner der Commissare die Frechheit zu behaupten,
+daß ein solcher Mensch sich zum Präsidenten eines großen Collegiums
+eigne. Obadja Walker und die übrigen oxforder Papisten, die sich
+eingefunden hatten, um ihren Proselyten zu unterstützen, waren nicht
+wenig bestürzt. Die Commission erklärte Hough’s Wahl für ungültig und
+suspendirte Fairfax von seiner Collegiatur; von Farmer aber war keine
+Rede mehr und im August kam ein königliches Schreiben an, welches dem
+Collegium den Bischof von Oxford, Parker, empfahl.
+
+
+[_Parker zum Präsidenten empfohlen._] Parker war kein erklärter Papist.
+Es lag jedoch ein Umstand gegen ihn vor, der, selbst wenn die
+Präsidentur erledigt gewesen wäre, hätte entscheidend sein müssen: er
+hatte weder dem Neuen Collegium noch dem Magdalenen-Collegium jemals
+angehört. Aber die Präsidentur war gar nicht erledigt, denn Hough war
+rechtskräftig gewählt und sämmtliche Mitglieder des Collegiums waren
+eidlich verpflichtet, ihn in seinem Amte zu erhalten. Sie entschuldigten
+sich daher mit vielen Versicherungen ihrer Loyalität und ihres
+Bedauerns, daß sie dem Befehle des Königs nicht Folge leisten könnten.
+
+
+[_Die Karthause._] Während Oxford so der Tyrannei energisch entgegen
+trat, leistete man an einem andren Orte nicht weniger tapferen
+Widerstand. Jakob hatte vor einiger Zeit den Administratoren der
+Karthause, Männern von hohem Rang und Ansehen im Königreiche, den Befehl
+gegeben, einen römischen Katholiken, Namens Popham, in das unter ihrer
+Verwaltung stehende Hospital aufzunehmen. Der Vorsteher der Anstalt,
+Thomas Burnet, ein durch Genie, Gelehrsamkeit und Tugend ausgezeichneter
+Geistlicher, hatte, obgleich der wilde Jeffreys im Collegium saß, den
+Muth, sie darauf aufmerksam zu machen, daß jene Zumuthung dem Willen des
+Stifters sowohl als einer Parlamentsacte zuwiderlaufe. „Was thut dies
+zur Sache?“ fragte ein dem Vorstande angehörender Höfling. „Ich meine,
+es thut sehr viel zur Sache,“ antwortete eine von Alter und Sorgen
+geschwächte Stimme, die aber in keiner Versammlung ohne Achtung gehört
+wurde, die Stimme des ehrwürdigen Ormond. „Eine Parlamentsacte,“ fuhr
+der Patriarch der Kavalierpartei fort, „ist meiner Ansicht nach keine
+Kleinigkeit.“ Es wurde die Frage gestellt, ob Popham zugelassen werden
+solle, und der Beschluß lautete auf seine Zurückweisung. Da der Kanzler
+seinem Grolle nicht wohl durch Fluchen und Verwünschungen gegen Ormond
+Luft machen konnte, so lief er in voller Wuth fort und mehrere von der
+Minorität folgten ihm. In Folge dessen blieb keine beschlußfähige Anzahl
+übrig und es konnte daher auf den königlichen Befehl keine formelle
+Antwort gegeben werden.
+
+Die nächste Sitzung fand nur zwei Tage, nachdem die Commission
+Hough’s Wahl für ungültig erklärt und Fairfax suspendirt hatte,
+statt. Die Administratoren erhielten einen zweiten Befehl mit dem
+großen Staatssiegel; aber das tyrannische Verfahren gegen das
+Magdalenen-Collegium hatte ihren Muth noch erhöht, anstatt ihn zu
+schwächen. Sie setzten ein Schreiben an Sunderland auf, durch welches er
+ersucht wurde, dem Könige mitzutheilen, daß sie im vorliegenden Falle
+Seiner Majestät nicht gehorchen könnten, ohne das Gesetz und ihre
+Amtspflicht zu verletzen.
+
+Es dürfte kaum zu bezweifeln sein, daß, wenn diese Zuschrift nur von
+unbedeutenden Männern unterzeichnet gewesen wäre, der König irgend einen
+Gewaltschritt gethan haben würde. Aber selbst er erschrak beim Anblick
+der großen Namen Ormond, Halifax, Danby und Nottingham, der Oberhäupter
+aller Farben der großen Partei, der er seine Krone verdankte. Er
+begnügte sich deshalb, Jeffreys zu bedeuten, daß er das weiter
+einzuschlagende Verfahren in Erwägung ziehen solle. Einmal hieß es, es
+werde ein Prozeß bei der Kings Bench anhängig gemacht werden, ein
+andermal, die Kirchliche Commission werde den Fall in die Hand nehmen,
+aber diese Drohungen verstummten nach und nach wieder.[15]
+
+ [Anmerkung 15: +A Relation of the Proceedings at the Charterhouse,
+ 1689.+]
+
+
+[_Rundreise des Königs._] Der Sommer war jetzt weit vorgerückt und der
+König trat eine Reise an, die längste und glänzendste, die man seit
+vielen Jahren gesehen hatte. Am 16. August begab er sich von Windsor
+nach Portsmouth, besichtigte die Festungswerke, berührte einige mit
+Kröpfen Behaftete und fuhr dann in einer seiner Yachten nach
+Southampton. Von hier reiste er nach Bath, wo er sich einige Tage
+aufhielt und die Königin zurückließ. Als er wieder abreiste, begleiteten
+ihn der Obersheriff von Somersetshire und eine große Anzahl Gentlemen
+bis an die Grenze der Grafschaft, wo ihn der Obersheriff von
+Gloucestershire mit einem nicht minder glänzenden Gefolge erwartete. Der
+Herzog von Beaufort kam bald darauf den königlichen Equipagen entgegen
+und geleitete dieselben nach Badminton, wo ein des Rufes, den sich der
+Herzog durch seinen glänzenden Haushalt erworben hatte, würdiges Mahl
+für ihn angerichtet war. Am Nachmittag ging der Zug weiter nach
+Gloucester. Zwei Meilen vor der Stadt wurde er vom Bischofe und der
+Geistlichkeit bewillkommnet. Am Südthore erwartete ihn der Mayor mit den
+Schlüsseln. Die Glocken gingen und aus allen Röhrtrögen floß Wein,
+während der König durch die Straßen nach dem Platze zog, der die
+ehrwürdige Kathedrale umgiebt. Er übernachtete in der Dechanei und brach
+am folgenden Morgen nach Worcester auf. Von Worcester ging er nach
+Ludlow, Shrewsbury und Chester, und wurde überall mit äußeren Zeichen
+der Freude und Ehrerbietung empfangen, die er schwach genug war, als
+Beweise zu betrachten, daß die durch seine Maßregeln hervorgerufene
+Unzufriedenheit gedämpft sei und ihm ein leichter Sieg bevorstehe. Der
+scharfblickendere Barillon benachrichtigte Ludwig, daß der König in
+einer Täuschung befangen sei, daß die Reise keinen wirklichen Nutzen
+gebracht habe und daß die nämlichen Gentlemen von Worcestershire und
+Shropshire, die es für ihre Pflicht gehalten, ihren Souverain und Gast
+mit allen Ehrenbezeigungen zu empfangen, sich so widerspenstig als je
+zeigen würden, wenn die Testangelegenheit zur Sprache käme.[16]
+
+Unterwegs schlossen sich dem königlichen Zuge zwei Höflinge an, die in
+Character und Meinungen weit von einander verschieden waren. Penn war
+auf einer geistlichen Hirtenreise in Chester. Seine Popularität und sein
+Ansehen waren unter seinen Glaubensbrüdern tief gesunken, seitdem er ein
+Werkzeug des Königs und der Jesuiten geworden war.[17] Jakob aber nahm
+ihn sehr freundlich auf und er durfte am Sonntage im Ballhause einen
+Vortrag halten, während Cartwright in der Kathedrale predigte und der
+König an einem in der Grafschaftshalle errichteten Altare die Messe
+hörte. Man sagt sogar, Seine Majestät habe geruht, einen Augenblick in
+das Ballhaus einzutreten und der melodischen Beredtsamkeit seines
+Freundes mit Anstand zuzuhören.[18]
+
+Der wüthende Tyrconnel war von Dublin über den Kanal gekommen, um von
+seiner Verwaltung Bericht zu erstatten. Alle achtungswertheren
+englischen Katholiken behandelten ihn als einen Feind ihres Stammes und
+als eine Schande ihrer Religion mit Kälte. Sein Gebieter aber hieß ihn
+herzlich willkommen und entließ ihn mit Versicherungen seines
+ungeschwächten Vertrauens und seiner steten Unterstützung. Jakob vernahm
+mit großer Freude, daß bald die ganze Verwaltung Irlands in
+römisch-katholischen Händen sein werde. Die englischen Ansiedler waren
+schon ihrer ganzen politischen Macht beraubt, es blieb nur noch übrig,
+sie auch ihres Eigenthums zu berauben, und diese letzte Gewaltthat wurde
+so lange aufgeschoben, bis man sich die Mitwirkung eines irischen
+Parlaments gesichert haben würde.[19]
+
+Von Cheshire wendete sich der König nach dem Süden und in der festen
+Überzeugung, daß die Fellows des Magdalenen-Collegiums es trotz ihres
+widerspenstigen Geistes nicht wagen würden, einem ihnen mündlich
+gegebenen Befehle den Gehorsam zu verweigern, reiste er nach Oxford. Auf
+dem Wege dahin machte er einige kleine Abstecher nach Orten, die ihn als
+König, als Bruder und als Sohn besonders interessirten. Er besuchte das
+gastliche Dach von Boscobel und die Überreste der Eiche, die in der
+Geschichte seines Hauses eine so wichtige Rolle spielt. Er fuhr über das
+Schlachtfeld von Edgehill, wo die Kavaliere zuerst mit den Soldaten des
+Parlaments die Schwerter kreuzten. Am 3. September speiste er mit großem
+Gepränge im Palast von Woodstock, einem alten berühmten Schlosse, von
+dem kein Stein mehr vorhanden ist, dessen Lage aber noch heute auf der
+Wiese des Blenheimparks durch zwei unweit der stattlichen Brücke
+stehende Platanen bezeichnet wird.
+
+ [Anmerkung 16: London Gazette vom 18. Aug. bis 1. Sept. 1687;
+ Barillon, 19.(29.) Sept.]
+
+ [Anmerkung 17: +„Penn, chef des Quakers, qu’on sait être dans les
+ intérêts du Roi d’Angleterre, est si fort décrié parmi ceux de son
+ parti qu’il n’ont plus aucune confiance en lui.“+ -- Bonrepaux an
+ Seignelay, 12.(22.) Sept. 1687. Gerhard Croese’s Zeugniß lautet
+ ganz ebenso: +„Etiam Quakeri Pennum non amplius, ut ante ita
+ amabant ac magnifaciebant, quidam aversabantur ac fugiebant.“ --
+ Historia Quakeriana, lib. II. 1695.+]
+
+ [Anmerkung 18: +Cartwright’s Diary, Aug. 30. 1687+; +Clarkson’s
+ Life of William Penn.+]
+
+ [Anmerkung 19: +London Gazette, Sept. 5.+; +Sheridan MS.+;
+ Barillon 6.(16.) Sept. 1687. +„Le Roi son maître,“+ sagt Barillon,
+ +„a témoigné une grande satisfaction des mesures qu’il a prises,
+ et a autorisé ce qu’il a fait en faveur des Catholiques. Il les
+ établit dans les emplois et les charges, en sorte que l’autorité
+ se trouvera bientôt entre leurs mains. Il reste encore beaucoup de
+ choses à faire en ce pays là pour retirer les biens injustement
+ ôtés aux Catholiques. Mais cela ne peut s’exécuter qu’avec le
+ temps et dans l’assemblée d’un parlement en Irlande.“+]
+
+
+[_Der König in Oxford._] Am Abend erreichte er Oxford, wo er mit den
+gewohnten Ehrenbezeigungen empfangen wurde. Die Studenten hatten sich in
+ihrer akademischen Tracht vom Stadtthore bis an den Haupteingang des
+Christchurch-Collegiums in einer Doppelreihe aufgestellt. Er stieg in
+der Dechanei ab, wo er unter anderen Bequemlichkeiten eine zum Meßdienst
+eingerichtete Kapelle vorfand.[20]
+
+ [Anmerkung 20: +London Gazette, Sept. 5, 8. 1687+.]
+
+
+[_Er giebt den Collegiaten des Magdalenenstifts einen Verweis._] Den Tag
+nach seiner Ankunft erhielten die Fellows des Magdalenen-Collegiums
+Befehl, ihm ihre Aufwartung zu machen. Als sie vor ihm erschienen,
+behandelte er sie mit einem Übermuth, wie ihn die puritanischen
+Visitatoren gegen ihre Vorgänger nie bewiesen hatten. „Sie haben Sich
+nicht wie Gentlemen gegen mich benommen,“ rief er aus; „Sie haben Sich
+eben so unschicklich als ungehorsam gezeigt.“ Sie fielen auf die Knie
+und überreichten ihm eine Petition. Er wollte sie nicht ansehen. „Ist
+das die Loyalität Ihrer englischen Kirche? Ich hätte nicht gedacht, daß
+so viele Geistliche der Kirche Englands sich bei einer solchen Sache
+betheiligen könnten. Gehen Sie nach Hause, gehen Sie. Ich bin König und
+ich verlange Gehorsam. Gehen Sie augenblicklich in Ihre Kapelle und
+nehmen Sie den Bischof von Oxford auf. Und wehe Denen, die sich weigern,
+sie sollen das ganze Gewicht meiner Hand fühlen, sie sollen erfahren,
+was es heißt, sich die Ungnade seines Souverains zuziehen!“ Die noch
+immer vor ihm knieenden Collegiaten reichten ihm wiederholt ihre
+Petition dar. Er warf sie zornig zu Boden. „Gehen Sie, sage ich, ich
+nehme nichts von Ihnen an, bis Sie den Bischof aufgenommen haben!“
+
+Sie gingen und versammelten sich augenblicklich in ihrer Kapelle. Es
+wurde die Frage gestellt, ob sie sich dem Befehle Seiner Majestät fügen
+sollten. Smith war abwesend, nur Charnock antwortete mit Ja. Alle
+übrigen Collegiaten erklärten, daß sie in allen gesetzlichen Dingen dem
+Könige bereitwilligst gehorchen, ihre Statuten und ihre Eide aber nicht
+verletzen würden.
+
+Voll Zorn und Ärger über seine Niederlage verließ der König Oxford und
+kehrte nach Bath zur Königin zurück. Seine Hartnäckigkeit und Willkür
+hatte ihn in eine sehr schwierige Lage versetzt. Er hatte zu fest auf
+die Wirkung seiner finstren Miene und seiner gebieterischen Rede
+gerechnet und unbesonnenerweise nicht nur das Ansehen seiner Regierung,
+sondern auch seine persönliche Würde aufs Spiel gesetzt. Konnte er
+Unterthanen nachgeben, denen er mit erhobener Stimme und zornigen
+Geberden gedroht hatte? Konnte er es auf der andren Seite wagen, an
+einem Tage eine Anzahl achtungswerther Geistlicher aus ihrer Heimath zu
+vertreiben, weil sie eine in den Augen der ganzen Nation heilige Pflicht
+gethan hatten? Vielleicht gab es noch einen Ausweg aus dieser
+Verlegenheit, vielleicht konnte das Collegium doch noch durch Drohungen,
+durch Zureden oder durch Bestechung zur Unterwerfung gebracht werden.
+
+
+[_Penn sucht zu vermitteln._] Man bediente sich Penn’s als Vermittler.
+Er hatte zuviel Rechtsgefühl, als daß er das gewaltsame und ungerechte
+Verfahren der Regierung hätte billigen können und er wagte es sogar,
+einem Theile seiner Gedanken Worte zu geben. Jakob beharrte wie
+gewöhnlich auf seinem Vorsatze, und der höfische Quäker that daher sein
+Möglichstes, um das Collegium vom Pfade des Rechts abzuziehen. Zuerst
+versuchte er es mit Einschüchterungen. Er sagte, der Gesellschaft drohe
+der Untergang, denn der König sei im höchsten Grade aufgebracht. Es sei
+allerdings ein schwerer Schritt für sie, das sahen die meisten Leute
+ein; aber jedes Kind wisse auch, daß Seine Majestät seinen Willen gern
+durchsetze und daß er Widerspruch nicht vertragen könne. Penn ermahnte
+daher die Collegiaten, nicht auf die Gerechtigkeit ihrer Sache zu
+pochen, sondern sich zu fügen oder wenigstens zu temporisiren. Ein
+solcher Rath klang sonderbar aus dem Munde eines Mannes, der selbst von
+der Universität vertrieben worden war, weil er wegen des Chorhemds einen
+Tumult hervorgerufen, der sich lieber der Gefahr der Enterbung
+ausgesetzt hatte, als daß er sich entschloß, vor einem königlichen
+Prinzen den Hut abzunehmen und der wegen seiner in Conventikeln
+gehaltenen Reden mehr als einmal in’s Gefängniß geschickt worden war. Es
+gelang ihm jedoch nicht, die Magdalenen-Collegiaten zu schrecken. In
+Antwort auf seine drohenden Winke wurde er daran erinnert, daß unter der
+vorigen Generation vierunddreißig von den vierzig Collegiaten lieber mit
+Freuden ihre geliebten Kreuzgänge und Gärten, ihre Halle und ihre
+Kapelle verlassen hätten und fortgegangen seien, ohne zu wissen wo sie
+ein Mahl oder ein Nachtlager finden würden, als daß sie ihren
+Unterthaneneid gebrochen hätten. Jetzt verlange der König die Verletzung
+eines andren Eides von ihnen, aber er solle erfahren, daß der alte Geist
+noch nicht erstorben sei.
+
+Penn zog nun gelindere Saiten auf. Er hatte eine Besprechung mit Hough
+und einigen Collegiaten und begann endlich nach vielen Versicherungen
+von Theilnahme und Freundschaft die Möglichkeit eines Vergleichs in
+Aussicht zu stellen. Der König vertrage nun einmal keinen Widerspruch,
+sagte er, das Collegium müsse nachgeben und Parker annehmen. Aber seine
+Gesundheit sei schwankend und alle seine Ämter würden voraussichtlich
+bald erledigt sein. „Doctor Hough,“ setzte er hinzu, „kann dann Bischof
+von Oxford werden. Wie würde Ihnen das gefallen, meine Herren?“ Penn
+hatte während seines ganzen Lebens gegen eine Miethlingsgeistlichkeit
+gepredigt. Er hielt sich für verpflichtet, die Entrichtung von Zehnten
+zu verweigern, und dies selbst als er mit Zehnten belastete Ländereien
+gekauft hatte und ihm der Betrag der Zehnten von der Kaufsumme
+nachgelassen worden war. Nach seinen eigenen Grundsätzen würde er eine
+große Sünde begangen haben, wenn er sich dabei betheiligt hätte, dem
+frömmsten Geistlichen selbst unter den ehrenvollsten Bedingungen eine
+Pfründe zu verschaffen. Aber sein Character war durch schlechte
+Gesellschaft so verdorben und sein Verstand durch übermäßigen Eifer für
+einen einseitigen Zweck so verdunkelt, daß er keinen Anstand nahm, bei
+einer Simonie von ganz besonders unehrenhafter Art den Unterhändler
+abzugeben und ein Bisthum als Köder zu benutzen, um einen Geistlichen
+zum Eidbruche zu verführen. Hough erwiederte mit höflicher
+Geringschätzung, daß er von der Krone nichts weiter verlange als
+einfache Gerechtigkeit. „Wir sind an unsere Statuten und unsere Eide
+gebunden,“ sagte er; „aber auch ganz abgesehen von unseren Statuten und
+unseren Eiden fühlen wir uns verpflichtet, unsren Glauben zu
+vertheidigen. Die Papisten haben uns schon das University-Collegium und
+das Christchurch-Collegium geraubt, jetzt greifen sie auch das
+Magdalenen-Collegium an. Sie werden bald Alles haben.“
+
+Penn war so unbesonnen, hierauf zu antworten, daß er ernstlich glaube,
+die Papisten würden nun zufrieden sein. „Das University-Collegium,“
+sagte er, „ist ein schönes Collegium, Christchurch ein vortrefflicher
+Platz und Magdalenen ein herrliches Gebäude. Die Lage ist angenehm, die
+Gartenanlagen am Flusse reizend. Wenn die Katholiken vernünftig sind,
+werden sie sich damit begnügen.“ Diese alberne Erklärung würde allein
+schon Hough und seine Collegen in die Unmöglichkeit versetzt haben,
+nachzugeben. Die Unterhandlung wurde abgebrochen, und der König beeilte
+sich, seiner Drohung gemäß die Ungehorsamen fühlen zu lassen, was es
+hieß, sich seine Ungnade zuziehen.
+
+
+[_Eine kirchliche Specialcommission wird nach Oxford gesandt._]
+Cartwright, Bischof von Chester, Wright, Oberrichter der Kings Bench,
+und Sir Thomas Jenner, ein Baron des Schatzkammergerichts, erhielten
+eine Specialvollmacht zur Visitation des Collegiums. Am 20. October
+kamen sie in Oxford an, begleitet von drei Schwadronen Kavalerie mit
+gezogenen Säbeln. Am folgenden Morgen nahmen die Commissare im Hörsaale
+des Magdalenen-Collegiums ihre Sitze ein und Cartwright hielt eine
+loyale Rede, welche noch vor wenigen Jahren von den Oxfordern mit lautem
+Beifall aufgenommen worden wäre, die aber jetzt mit stummem Unwillen
+angehört wurde. Es erfolgte hierauf eine lange Debatte. Der Präsident
+vertheidigte seine Rechte mit Geschick, Mäßigung und Entschiedenheit. Er
+versicherte seine hohe Achtung vor der königlichen Autorität, behauptete
+aber fest, daß er nach den Gesetzen Englands ein Eigenthumsrecht an das
+Haus und an die mit der Präsidentur verbundenen Einkünfte habe. Dieses
+Rechts könne ihn ein Machtspruch des Landesherrn nicht berauben. „Wollen
+Sie sich unsrer Visitation unterwerfen?“ fragte der Bischof. „Ich
+unterwerfe mich derselben,“ antwortete Hough mit weiser Vorsicht, „in so
+weit sie mit dem Gesetz im Einklange steht, weiter nicht.“ -- „Wollen
+Sie den Schlüssel zu Ihrer Wohnung ausliefern?“ fragte Cartwright. Hough
+schwieg. Die Frage wurde wiederholt, und Hough antwortete nun mild aber
+entschieden, daß er dies nicht thun werde. Die Commissare nannten ihn
+einen unberufenen Eindringling und forderten die Collegiaten auf, seine
+Autorität nicht mehr anzuerkennen und für die Aufnahme des Bischofs von
+Oxford zu stimmen. Charnock versprach bereitwilligst Gehorsam, Smith gab
+eine ausweichende Antwort, die Hauptmasse der Collegiaten aber erklärte
+auf das Bestimmteste, daß sie Hough noch immer als ihren rechtmäßigen
+Präsidenten betrachteten.
+
+
+[_Hough’s Protest._] Jetzt bat Hough um die Erlaubniß, selbst noch
+einige Worte an die Commissare richten zu dürfen. Sie bewilligten ihm
+dies sehr artig, vielleicht weil sie nach seinem ruhigen und gelassenen
+Benehmen erwarteten, daß er ein Zugeständniß machen werde. „Mylords,“
+sprach er, „Sie haben mich heute meines freien Eigenthums beraubt; ich
+protestire hiermit gegen Ihr ganzes Verfahren als gesetzwidrig,
+ungerecht und nichtig und appellire an unsren erlauchten Gebieter, den
+König, in seinen Gerichtshöfen.“ Ein lautes beifälliges Gemurmel erhob
+sich unter den Studirenden, welche den Saal füllten. Die Commissare
+waren wüthend. Man suchte die Verbrecher, welche applaudirt hatten,
+herauszufinden, aber vergebens. Der ganze Zorn der Commission richtete
+sich nun gegen Hough. „Glauben Sie nicht, daß Sie uns trotzen können,“
+rief Jenner mit einem Wortspiel auf den Namen des Präsidenten.[21] „Ich
+werde die Autorität Seiner Majestät aufrecht erhalten, so lange ich
+Athem in meiner Brust habe,“ setzte Wright hinzu. „Das Alles kommt von
+Ihrem nach Popularität haschenden Protest. Sie haben den Landfrieden
+gebrochen und sollen sich dafür vor der Kings Bench verantworten. Ich
+verpflichte Sie bei Strafe von tausend Pfund, beim nächsten Termine zu
+erscheinen. Wir wollen sehen, ob die Civilgewalt Sie nicht bändigen
+wird. Reicht sie nicht aus, so sollen Sie auch die militairische haben.“
+Oxford befand sich in der That in einer Stimmung, welche die Commissare
+nicht wenig beunruhigte. Die Soldaten erhielten Befehl, ihre Carabiner
+zu laden, und man sagte, es sei ein expresser Bote nach London geschickt
+worden, um schleunige Nachsendung von Verstärkungen zu verlangen. Es
+fand jedoch keine Ruhestörung statt.
+
+ [Anmerkung 21: Im Deutschen läßt sich das Wortspiel nicht
+ wiedergeben. +Hough+ und +huff+ (trotzen) wird im Englischen
+ ziemlich gleich ausgesprochen. D. Übers.]
+
+
+[_Einsetzung Parker’s._] Der Bischof von Oxford wurde mittelst Vollmacht
+ruhig eingesetzt, aber nur zwei Mitglieder des Magdalenen-Collegiums
+wohnten der Feierlichkeit bei. Mancherlei Anzeichen bewiesen, daß der
+Geist des Widerstandes sich auch des Volks bemächtigt hatte. Der
+Thürsteher des Collegiums warf seinen Schlüssel weg. Der Kellermeister
+weigerte sich, den Namen Hough’s aus dem Wirthschaftsbuche zu streichen.
+In der ganzen Stadt war kein Schlosser aufzutreiben, der die Thür der
+Präsidentenwohnung aufsprengen wollte. Die eigenen Diener der Commissare
+mußten die Thür mit eisernen Stangen erbrechen. Die Predigten, welche am
+nächstfolgenden Sonntage in der Universitätskirche gehalten wurden,
+waren voll von Bemerkungen, welche Cartwright tief kränkten; aber sie
+waren so gehalten, daß er nichts dagegen thun konnte.
+
+Wäre Jakob nicht ganz verblendet gewesen, so würde er hier innegehalten
+haben. Die Collegiaten waren im Ganzen genommen nicht geneigt, den
+Widerstand noch weiter zu treiben. Sie waren der Meinung, daß sie ihre
+Achtung vor ihren Statuten und Eiden hinreichend bewiesen hätten, indem
+sie ihre Mitwirkung bei der Einsetzung eines Unberufenen verweigerten,
+und daß sie sich ihm jetzt, da er im factischen Besitze des Amtes war,
+als ihrem Oberhaupte unterwerfen könnten, ohne einen Vorwurf auf sich zu
+laden, bis er durch den Ausspruch eines competenten Gerichts entfernt
+wurde. Nur ein Collegiat, Doctor Fairfax, weigerte sich, auch nur soweit
+nachzugeben. Die Commissare würden zu einer solchen Verständigung gern
+die Hand geboten haben und einige Stunden lang herrschte eine
+Waffenruhe, von der Viele glaubten, daß sie zu einem gütlichen Vergleich
+führen werde. Aber bald war Alles wieder in Aufregung. Die Collegiaten
+sahen, daß die öffentliche Meinung sie offen der Kleinmüthigkeit
+beschuldigte; in der Stadt sprach man schon ironisch von einem
+Magdalenengewissen und sagte, der tapfere Hough und der brave Fairfax
+seien verrathen und verlassen worden. Noch ärgerlicher waren die
+Spötteleien Obadja Walker’s und seiner Renegatensippschaft. Das also,
+sagten diese Apostaten, sei das Ende von all den hochtrabenden Worten,
+in denen die Gesellschaft ihren Entschluß erklärt habe, treu zu ihrem
+rechtmäßigen Präsidenten und zu ihrem protestantischen Glauben zu
+stehen! Während die Collegiaten, tief gekränkt durch den öffentlichen
+Tadel, ihre bedingte Unterwerfung bereueten, erfuhren sie, daß diese den
+König noch keineswegs zufriedengestellt habe. Es sei nicht genug, sagte
+er, daß sie sich erboten hätten, dem Bischof von Oxford als factischem
+Präsidenten zu gehorchen; sie müßten auch die Commission und Alles was
+dieselbe gethan habe, als gesetzlich anerkennen. Sie müßten eingestehen,
+daß sie pflichtvergessen gehandelt hätten, müßten ihr Benehmen bereuen
+und versprechen, daß sie sich in Zukunft besser betragen wollten, müßten
+Seine Majestät um Verzeihung bitten und ihm zu Füßen fallen. Nur zwei
+Collegiaten, Charnock und Smith, über welche der König nicht zu klagen
+hatte, wurden von der Verpflichtung, diese erniedrigenden
+Entschuldigungen zu machen, ausgenommen.
+
+Nie that Jakob einen thörichteren Fehlgriff. Die Collegiaten, schon mit
+sich selbst unzufrieden, weil sie so weit nachgegeben hatten, und durch
+den Tadel des Publikums gereizt, ergriffen eifrig die ihnen jetzt
+gebotene Gelegenheit, die öffentliche Achtung wieder zu gewinnen. Sie
+erklärten einstimmig, sie würden niemals deshalb, daß sie in ihrem
+Rechte gewesen seien, um Verzeihung bitten, und eben so wenig
+anerkennen, daß die Visitation ihres Collegiums und die Beraubung ihres
+Präsidenten gesetzlich gewesen sei.
+
+
+[_Vertreibung der Collegiaten._] Jetzt ließ sie der König das angedrohte
+ganze Gewicht seiner Hand fühlen. Durch ein summarisches Edict wurden
+sie zur Vertreibung verurtheilt. Diese Strafe wurde indessen noch nicht
+für genügend erachtet. Man wußte, daß viele Edelleute und Gentlemen,
+welche ein kirchliches Patronatrecht hatten, sich bemühen würden, für
+Männer zu sorgen, welche für die Gesetze Englands und für den
+protestantischen Glauben so viel gelitten. Deshalb erklärte die Hohe
+Commission die Vertriebenen für unfähig, irgend ein geistliches Amt
+wieder zu bekleiden, und Diejenigen, welche noch nicht ordinirt waren,
+wurden für unfähig erklärt, die geistliche Ordination zu empfangen. So
+hatte Jakob die Genugthuung, Viele von ihnen aus einer Lage, in der sie
+alle möglichen Annehmlichkeiten des Lebens genossen und die schönsten
+Aussichten auf zukünftige Anstellungen hatten, in hoffnungslose
+Dürftigkeit zurückgeworfen zu haben.
+
+Aber all’ diese Strenge hatte gerade die entgegengesetzte Wirkung als er
+erwartete. Der Geist der Engländer, dieser trotzige Geist, den kein
+König aus dem Hause Stuart jemals durch Erfahrung erkennen lernte,
+empörte sich heftig gegen die Ungerechtigkeit. Oxford, der friedliche
+Sitz der Gelehrsamkeit und Loyalität, war in einem Zustande, ähnlich
+dem, in welchem sich London am Morgen nach dem Versuche Karl’s I., die
+fünf Parlamentsmitglieder festnehmen zu lassen, befunden hatte. Der
+Vicekanzler war am Tage der Vertreibung von den Commissaren zu Tische
+eingeladen worden. Er lehnte die Einladung ab. „Mein Geschmack,“ sagte
+er, „ist verschieden von dem des Obersten Kirke; ich kann unter dem
+Galgen nicht mit Appetit essen.“ Die Studenten weigerten sich, den neuen
+Vorsteher des Magdalenen-Collegiums zu grüßen. Smith erhielt den
+Spottnamen +Dr.+ Schuft und wurde in einem Kaffeehause öffentlich
+insultirt. Als Charnock die Demies aufforderte, in seiner Gegenwart ihre
+akademischen Übungen vorzunehmen, antworteten sie ihm, daß sie ihrer
+rechtmäßigen Vorsteher beraubt seien und sich keiner widerrechtlichen
+Autorität unterwerfen würden. Sie versammelten sich zum Studiren wie zum
+Gottesdienst auf eigne Hand. Man versuchte es, sie durch das Anerbieten
+der einträglichen Collegiaturen, welche eben für erledigt erklärt worden
+waren, zu verführen, aber ein Untergraduirter nach dem andren antwortete
+mit männlichem Freimuth, daß sein Gewissen ihm nicht gestatte, aus einem
+Unrecht für sich Nutzen zu ziehen. Ein Student, der sich zur Annahme
+einer Collegiatur überreden ließ, wurde von seinen Comiletonen aus dem
+Saale gestoßen. Es wurden junge Leute aus anderen Collegien eingeladen,
+aber mit geringem Erfolg; die reichste Stiftung des Landes schien selbst
+für arme Studenten alle Anziehungskraft verloren zu haben. Inzwischen
+wurde in London und im ganzen Lande Geld zur Unterstützung der
+vertriebenen Collegiaten gesammelt. Die Prinzessin von Oranien zeichnete
+zur großen Freude aller Protestanten zweihundert Pfund. Der König,
+beharrte nichtsdestoweniger bei dem eingeschlagenen Verfahren. Auf die
+Vertreibung der Collegiaten folgte bald die Ausstoßung einer Menge
+Demies. Währenddem nahmen die körperlichen und geistigen Kräfte des
+neuen Präsidenten mehr und mehr ab. Er hatte zu der Zeit, als sein
+Kollegium sich in offener Empörung gegen seine Autorität befand, noch
+einen schwachen Versuch gemacht, der Regierung einen Dienst zu leisten,
+indem er eine Vertheidigung der Indulgenzerklärung oder vielmehr der
+Lehre von der Transsubstantiation erscheinen ließ. Diese Schrift rief
+viele Entgegnungen hervor, namentlich eine von Burnet, die mit
+außerordentlicher Kraft und Schärfe geschrieben war. Wenige Wochen nach
+der Vertreibung der Demies starb Parker in dem Hause, von dem er
+gewaltsam Besitz ergriffen hatte. Man sagte damals, Reue und Scham
+hätten sein Ende beschleunigt. Er ruht in der schönen Vorkapelle des
+Collegiums, aber kein Denkstein bezeichnet sein Grab.
+
+
+[_Das Magdalenen-Collegium in ein papistisches Seminar verwandelt._] Der
+ganze Plan des Königs wurde nun vollends ausgeführt: das Collegium wurde
+zu einem papistischen Seminar umgestaltet. Bonaventura Giffard, der
+katholische Bischof von Madura, ward Präsident. In der Kapelle wurde
+katholischer Gottesdienst gehalten und an einem Tage zwölf Katholiken
+als Collegiaten aufgenommen. Einige servile Protestanten bewarben sich
+um die Aufnahme, wurden aber abschläglich beschieden. Smith, der loyal
+bis zur Begeisterung, aber noch immer ein aufrichtiges Mitglied der
+anglikanischen Kirche war, konnte das veränderte Aussehen des Hauses
+nicht ertragen. Er entfernte sich, kam der Aufforderung zur Rückkehr in
+seine Wohnung nicht nach, und wurde daher abgesetzt. So war das
+Beraubungswerk vollendet.[22]
+
+Das Universitätssystem Englands ist von der Art, daß jedes Ereigniß, das
+die Interessen oder die Ehre irgend einer Universität berührt, im ganzen
+Lande nothwendig einen starken Eindruck machen muß. Jeder neue Schlag
+gegen das Magdalenen-Collegium wurde daher bis an die äußersten
+Endpunkte des Königreichs gefühlt. In den londoner Kaffeehäusern, in den
+juristischen Hochschulen, unter den Geistlichen aller Domkapitel, in
+Pfarrwohnungen und Landschlössern selbst der entferntesten Grafschaften
+war das Mitleid mit den Duldern und der Unwille gegen die Regierung
+beständig im Zunehmen. Hough’s Protest fand überall Beifall, das
+Aufsprengen seiner Thür wurde überall mit Abscheu erzählt und das über
+die Collegiaten verhängte Beraubungs- und Vertreibungsurtheil zerriß
+endlich die einst so engen und theuren Bande, welche die anglikanische
+Kirche mit dem Hause Stuart verknüpften.
+
+ [Anmerkung 22: Prozeßverfahren gegen das Magdalenen-Collegium zu
+ Oxford wegen Nichterwählung Anton Farmer’s zum Präsidenten, in der
+ +Collection of State Trials+, Ausgabe von Howell; +Luttrell’s
+ Diary, June 15., 17., Oct. 24., Dec. 10. 1687+; +Smith’s
+ Narrative+; Brief von Doctor Richard Rawlinson vom 31. Oct. 1687;
+ +Reresby’s Memoirs+; +Burnet, I. 699+; +Cartwright’s Diary+;
+ Citters, 25. Oct. (4. Nov.), 28. Oct. (7. Nov.), 8.(18.) u.
+ 18.(28.) Nov. 1687.]
+
+
+[_Groll der Geistlichkeit._] Bitterer Groll und schlimme Befürchtungen
+traten an die Stelle der Liebe und des Vertrauens. Es gab keinen
+Pfründner, keinen Rector und keinen Vikar, der nicht von der Angst
+gequält worden wäre, daß er, so friedlich sein Character und so
+unbedeutend seine Stelle sein mochte, vielleicht in wenigen Monaten
+durch einen willkürlichen Machtspruch aus seinem Hause vertrieben werden
+könne, um im zerrissenen Priesterrocke mit Frau und Kindern zu betteln,
+während sein durch uralte Gesetze und durch das königliche Wort
+gesichertes Eigenthum von einem Apostaten in Besitz genommen wurde. Das
+war also der Lohn für die heldenmüthige Loyalität, die sich in allen
+Wechselfällen fünfzig stürmischer Jahre nicht ein einziges Mal
+verleugnet hatte! Deshalb also hatte die Geistlichkeit für Karl I.
+Plünderung und Verfolgung ertragen, deshalb hatte sie Karl II. in seinem
+harten Kampfe mit der whiggistischen Opposition unterstützt, deshalb
+hatte sie in der vordersten Reihe gegen Diejenigen gestanden, welche
+Jakob seines Geburtsrechtes berauben wollten! Ihrer Treue allein
+verdankte ihr Unterdrücker die Macht, die er jetzt zu ihrem Verderben
+anwendete. Lange genug hatten sie mit bitterem Schmerze die Leiden
+aufgezählt, die sie von den Puritanern in den Tagen ihrer Macht hatten
+erdulden müssen. Der Puritaner war indessen einigermaßen zu
+entschuldigen. Er war ein erklärter Feind, er hatte sich für erlittenes
+Unrecht zu rächen und selbst er war nicht ganz ohne Mitleid gewesen, als
+er die Kirchenverfassung des Landes umgestaltete und Alle, die seinen
+Covenant nicht unterschreiben wollten, absetzte. Er hatte denen, die er
+ihrer Pfründen beraubte, wenigstens so viel davon gelassen, als sie zu
+ihrem Lebensunterhalte nothwendig brauchten. Aber des Königs Haß gegen
+die Kirche, die ihn vor der Verbannung bewahrt und auf den Thron erhoben
+hatte, war nicht so leicht zu sättigen. Nur der völlige Ruin seiner
+Opfer konnte ihn zufrieden stellen. Nicht genug, daß sie aus ihren
+Wohnungen vertrieben und ihres Einkommens beraubt wurden, auch jede
+andre Laufbahn, auf der Männer ihrer Art ihren Unterhalt suchen konnten,
+war ihnen mit raffinirter Böswilligkeit verschlossen und es blieb ihnen
+nichts Andres übrig, als die unsichere und beschämende Hülfsquelle der
+öffentlichen Mildthätigkeit.
+
+Die anglikanische Geistlichkeit und diejenigen Laien, welche dem
+protestantischen Episcopat mit Liebe zugethan waren, betrachteten daher
+jetzt den König mit Gefühlen, wie sie eine durch Undank noch
+verschlimmerte Ungerechtigkeit nothwendig, erregen muß. Indessen hatte
+der Anglikaner noch immer viele Bedenken des Gewissens und der Ehre zu
+überwinden, ehe er sich zum gewaltsamen Widerstande gegen die Regierung
+entschließen konnte. Man hatte ihn gelehrt, daß das göttliche Gesetz
+passiven Gehorsam ohne Bedingung oder Ausnahme vorschreibe. Diese
+Ansicht hatte er laut und offen ausgesprochen und die Insinuation, daß
+extreme Fälle eintreten könnten, welche dem Volke das Recht gäben, gegen
+königliche Tyrannei das Schwert zu ziehen, mit Verachtung
+zurückgewiesen. Sowohl Grundsatz als Scham hielten ihn demnach ab, das
+Beispiel der rebellischen Rundköpfe nachzuahmen, so lange noch einige
+Hoffnung auf friedliche und gesetzmäßige Befreiung vorhanden war, und
+eine solche Hoffnung konnte man vernünftigerweise wohl hegen, so lange
+die Prinzessin von Oranien die nächste Thronerbin war. Wenn er diese
+Glaubensprüfung geduldig überstand, so würden die Gesetze der Natur bald
+das für ihn thun, was er ohne Sünde und Schande nicht selbst für sich
+thun konnte. Die Bedrückungen der Kirche wurden dann abgestellt, ihr
+Eigenthum und ihre Würde durch neue Bürgschaften gesichert und die
+schändlichen Minister, die sie in Zeiten der Bedrängniß gekränkt und
+verhöhnt hatten, wurden exemplarisch bestraft.
+
+
+[_Pläne der jesuitischen Cabale in Bezug auf die Thronfolge._] An das
+Ereigniß, von dem die anglikanische Kirche eine ehrenvolle und
+friedliche Erlösung von ihren Leiden erwartete, konnten auch die
+sorglosesten Mitglieder der jesuitischen Cabale nicht ohne quälende
+Besorgnisse denken. Wenn ihr Gebieter starb, ohne ihnen eine größere
+Sicherheit gegen die Strafgesetze zu hinterlassen als eine
+Indulgenzerklärung, welche die ganze Nation einstimmig für null und
+nichtig erklärt hatte, wenn ein von dem nämlichen Geiste, welcher in den
+Parlamenten Karl’s II. vorgeherrscht, beseeltes Parlament sich um den
+Thron eines protestantischen Landesoberhauptes versammelte, war dann
+nicht vorauszusehen, daß eine furchtbare Vergeltung ausgeübt, daß die
+alten Gesetze gegen den Papismus mit schonungsloser Strenge gehandhabt
+und daß noch härtere neue Gesetze dem Gesetzbuche einverleibt werden
+würden? Von diesen schlimmen Befürchtungen wurden die bösen Rathgeber
+der Krone schon seit langer Zeit gequält, und einige von ihnen hatten
+sonderbare und verzweifelte Schutzmittel ersonnen. Jakob hatte den Thron
+kaum bestiegen, so begann man sich in Whitehall schon zuzuflüstern, daß,
+wenn die Prinzessin Anna katholisch werden wollte, es mit Hülfe Ludwig’s
+vielleicht nicht unmöglich sein würde, das Geburtsrecht ihrer älteren
+Schwester auf sie zu übertragen. Bei der französischen Gesandtschaft
+fand diese Idee großen Beifall und Bonrepaux war der Meinung, daß
+Jakob’s Einwilligung nicht schwer zu erlangen sein werde.[23] Bald
+jedoch zeigte es sich deutlich, daß Anna der Landeskirche
+unerschütterlich treu war. Der Gedanke, sie zur Königin zu machen, wurde
+daher wieder aufgegeben. Dessenungeachtet nährte ein kleines Häuflein
+Fanatiker noch immer die kühne Hoffnung, daß es ihnen gelingen könne,
+die Thronfolgeordnung zu ändern. Der Plan dieser Männer wurde in einem
+Entwurfe dargelegt, von dem noch eine schlechte französische Übersetzung
+vorhanden ist. Es sei zu hoffen, sagten sie, daß der König im Stande
+sein werde, den wahren Glauben zu befestigen, ohne zu extremen Mitteln
+zu greifen; im schlimmsten Fall aber könne er die Verfügung über seine
+Krone Ludwig anheimstellen. Es sei für die Engländer immer noch besser,
+wenn sie Vasallen Frankreichs wären, als Sklaven des Teufels.[24] Dieses
+höchst merkwürdige Actenstück ging unter den Jesuiten und Höflingen von
+Hand zu Hand, bis endlich einige ausgezeichnete Katholiken, in denen die
+Bigotterie noch nicht allen Patriotismus erstickt hatte, dem
+holländischen Gesandten eine Abschrift anfertigten. Dieser zeigte den
+Aufsatz dem Könige, und Jakob erklärte denselben für eine erbärmliche
+Fälschung, die von einem holländischen Pamphletschmierer ersonnen sein
+müsse. Der holländische Gesandte antwortete mit Entschiedenheit, daß er
+durch das Zeugniß mehrerer ausgezeichneter Mitglieder der eigenen Kirche
+Seiner Majestät das Gegentheil beweisen könne, ja daß es sogar nicht
+schwer sein werde, den Verfasser ausfindig zu machen, welcher im Grunde
+nur das niedergeschrieben habe, wovon viele Priester und geschäftige
+Politiker täglich in den Gallerien des Palastes sprächen. Der König
+hielt es nicht für rathsam, nach dem Verfasser zu forschen, nahm den
+Vorwurf der Fälschung zurück und versicherte mit großer Heftigkeit und
+Feierlichkeit, daß es ihm nie in den Sinn gekommen sei, seine älteste
+Tochter zu enterben. „Niemand,“ sagte er, „hat es je gewagt, eine solche
+Idee gegen mich zu äußern, und ich würde auch nie darauf hören. Gott
+befiehlt uns nicht, die wahre Religion durch Ungerechtigkeit zu
+verbreiten, und dies würde die empörendste, widernatürlichste
+Ungerechtigkeit sein“.[25] Trotz aller dieser Betheuerungen meldete
+Barillon wenige Tage später seinem Hofe, daß Jakob angefangen habe, auf
+Einflüsterungen in Betreff einer Änderung der Thronfolgeordnung zu
+hören, daß die Sache zwar sehr kitzlich sei, daß man aber gegründete
+Hoffnung habe, mit der Zeit und durch vorsichtiges Verfahren einen Weg
+zu finden, um die Krone mit Ausschließung der beiden Prinzessinnen auf
+ein römisch-katholisches Haupt zu bringen.[26] Dieser Plan wurde noch
+viele Monate von den heftigsten und überspanntesten Papisten am Hofe
+besprochen, und es wurden wirklich Candidaten für den Königsthron
+genannt.[27]
+
+ [Anmerkung 23: +„Quand on connoit le dedans de cette cour aussi
+ intimement que je la connois, on peut croire que Sa Majesté
+ Britannique donnera volontiers dans ces sortes de projets.“+
+ Bonrepaux an Seignelay, 18.(28.) März 1686.]
+
+ [Anmerkung 24: +„Que, quand pour établir la religion Catholique et
+ pour la confirmer icy, il+ (Jakob) +devroit se rendre en quelque
+ façon dépendant de la France, et mettre la décision de la
+ succession à la couronne entre les mains de ce monarque là, qu’il
+ seroit obligé de le faire, parcequ’il vaudroit mieux pour ses
+ sujets qu’ils devinssent vassaux du Roy de France, étant
+ Catholiques, que de demeurer comme esclaves du Diable.“+ -- Dieses
+ Schriftstück befindet sich sowohl im französischen als auch im
+ holländischen Archive.]
+
+ [Anmerkung 25: Citters, 6.(16.) u. 17.(27.) Aug.; Barillon,
+ 19.(29.) Aug.]
+
+ [Anmerkung 26: Barillon, 13.(23.) Sept. 1686. +„La succession est
+ une matière fort délicate à traiter. Je sais pourtant qu’on en
+ parle au Roy d’Angleterre et qu’on ne désespère pas avec le temps
+ de trouver des moyens pour faire passer la couronne sur la tête
+ d’un héritier Catholique.“+]
+
+ [Anmerkung 27: Bonrepaux, 11.(21.) Juli 1687.]
+
+
+[_Jakob’s und Tyrconnel’s Plan, die Prinzessin von Oranien von der
+Erbfolge im Königreich Irland auszuschließen._] Es ist jedoch nicht
+wahrscheinlich, daß Jakob jemals einen so unsinnigen Schritt zu thun
+beabsichtigte. Er mußte wissen, daß England nicht einen einzigen Tag das
+Joch eines Usurpators ertragen hätte, der noch obendrein Papist war, und
+daß sowohl Diejenigen, welche die Ausschließungsbill unterstützt, als
+auch Die, welche sich ihr widersetzt hatten, jeden Versuch, die
+Prinzessin Marie bei Seite zu schieben, auf Leben und Tod bekämpft haben
+würden. Dagegen unterliegt es keinem Zweifel, daß der König bei einem
+minder unsinnigen, aber eben so unverantwortlichen Anschlage auf die
+Rechte seiner Kinder die Hand im Spiele hatte. Tyrconnel hatte im
+Einverständniß mit seinem Gebieter Anstalten getroffen, um Irland von
+dem Königreiche zu trennen und es unter Ludwig’s Protection zu stellen,
+sobald die Krone einem protestantischen Oberhaupte zufallen würde.
+Bonrepaux war zu Rathe gezogen worden, hatte seinem Hofe den Plan
+mitgetheilt und die Weisung erhalten, Tyrconnel zu versichern, daß
+Frankreich zur Ausführung dieser großartigen Idee kräftigen Beistand
+leisten werde.[28] Diese Unterhandlungen, welche im Haag vielleicht
+nicht in ihrem ganzen Umfange genau bekannt waren, aber doch stark
+vermuthet wurden, dürfen nicht außer Acht gelassen werden, wenn man sich
+ein richtiges Urtheil über das Verfahren bilden will, das die Prinzessin
+von Oranien wenige Monate später einschlug. Wer sie einer Verletzung der
+Kindespflicht beschuldigt, muß zugeben, daß ihr Fehler durch das ihr
+zugefügte Unrecht wenigstens sehr gemildert wird. Wenn sie im Interesse
+ihres Glaubens die heiligsten Bande der Blutsverwandtschaft zerriß, so
+folgte sie nur dem Beispiele ihres Vaters. Sie lieh erst dann die Hand
+zu seiner Absetzung, als er einen Anschlag zu ihrer Enterbung
+geschmiedet hatte.
+
+ [Anmerkung 28: Bonrepaux an Seignelay, 25. Aug. (4. Sept.) 1687.
+ Ich will eine Stelle aus dieser wichtigen Depesche hier anführen.
+ +„Je sçay bien certainement que l’intention du Roy d’Angleterre
+ est de faire perdre ce royaume+ (Irland) +à son successeur, et de
+ le fortifier en sorte que tous ses sujets Catholiques y puissent
+ avoir un asile assuré. Son projet est de mettre les choses en cet
+ estat dans le cours de cinq années.“+ -- In den +Secret Consults
+ of the Romish Party in Ireland, 1690+, findet sich eine Stelle,
+ aus welcher hervorgeht, daß diese Unterhandlung nicht streng
+ geheim gehalten wurde. „Obgleich der König es selbst vor seinen
+ Räthen verschwieg, so ist es doch gewiß, daß er dem französischen
+ König die Verfügung über jene Regierung und jenes Königreich
+ versprochen hat, sobald die Dinge so weit gediehen sein würden,
+ daß es sich thun ließe.“]
+
+
+[_Schwangerschaft der Königin._] Bonrepaux war kaum davon
+benachrichtigt, daß Ludwig beschlossen habe, Tyrconnel’s Vorhaben zu
+unterstützen, so wurde jeder Gedanke an diesen Plan wieder aufgegeben.
+Jakob erblickte den ersten Schimmer einer Hoffnung, die ihn mit Stolz
+und Entzücken erfüllte: die Königin war schwanger.
+
+
+[_Allgemeiner Zweifel._] Gegen Ende October 1687 begann sich die große
+Neuigkeit gerüchtweise zu verbreiten. Man hatte bemerkt, daß Ihre
+Majestät sich unter dem Vorwande der Unpäßlichkeit von mehreren
+öffentlichen Feierlichkeiten fern gehalten. Es hieß, daß ihr eine Menge
+Reliquien, denen man eine außerordentliche Wirkung zuschrieb, umgehängt
+worden seien. Die Geschichte fand bald ihren Weg aus dem Palaste in die
+Kaffeehäuser und verbreitete sich rasch durch das ganze Land. Nur sehr
+Wenige begrüßten das Gerücht mit Freuden, der bei weitem größte Theil
+der Nation vernahm es mit einem Gemisch von Zweifel und Besorgniß. Die
+Sache war jedoch keineswegs so unglaublich. Der König hatte eben erst
+sein vierundfünfzigstes Jahr vollendet und die Königin stand im Sommer
+ihres Lebens. Sie hatte vier Kinder geboren, welche jung starben, und
+lange nachher wurde sie von einem fünften entbunden, das Niemand ein
+Interesse hatte als untergeschoben zu betrachten und das daher auch nie
+für ein solches erklärt wurde. Da indessen seit dieser letzten
+Schwangerschaft fünf Jahre verstrichen waren, so hatte das Volk unter
+dem Einflusse der Täuschung, welche die Menschen so leicht verleitet,
+das zu glauben was sie wünschen, jede Besorgniß, daß sie noch einen
+Thronerben zur Welt bringen werde, aufgegeben. Auf der andren Seite
+schien nichts natürlicher und wahrscheinlicher, als daß die Jesuiten
+einen frommen Betrug ersonnen haben könnten. Es unterlag keinem Zweifel,
+daß sie die Thronbesteigung der Prinzessin von Oranien als einen der
+härtesten Schläge betrachten mußten, der ihre Kirche treffen konnte.
+Eben so gewiß war es, daß sie nicht sehr gewissenhaft in der Wahl der
+Mittel sein würden, mit deren Hülfe sie ein so großes Unglück von ihrer
+Kirche abwenden konnten. In Werken von ausgezeichneten Mitgliedern ihrer
+Gesellschaft, welche von ihren Oberen sanctionirt waren, war es deutlich
+ausgesprochen, daß selbst Mittel, welche allen Begriffen von
+Gerechtigkeit und Humanität noch viel ärger Hohn sprachen, als die
+Einschmuggelung eines unächten Erben in eine Familie, mit Fug und Recht
+zu minder wichtigen Zwecken angewendet werden dürften, als die Bekehrung
+eines ketzerischen Königreichs war. Es war ruchbar geworden, daß einige
+Räthe des Königs und sogar der König selbst Pläne geschmiedet hätten, um
+die Prinzessin Marie ganz oder theilweis um ihr rechtmäßiges Erbe zu
+betrügen. Es bemächtigte sich der öffentlichen Meinung ein Verdacht, der
+zwar nicht wohl begründet, aber keineswegs so abgeschmackt war, als man
+gewöhnlich glaubt, und die Unbesonnenheit einiger Katholiken bestärkte
+das allgemeine Vorurtheil. Sie sprachen von dem glücklichen Ereignisse
+wie von etwas Außerordentlichem und Wunderbaren, wie von einem Zeichen
+derselben göttlichen Allmacht, welche Sara durch Isaak stolz und
+glücklich machte und die Gebete Hanna’s mit Samuel belohnte. Marien’s
+Mütter, die Herzogin von Modena, war unlängst gestorben. Kurz vor ihrem
+Tode sollte sie mit inbrünstigen Gebeten und reichen Opfergaben die
+heilige Jungfrau von Loretto angefleht haben, daß sie Jakob einen Sohn
+schenken möge. Der König selbst hatte im vergangenen August auf seiner
+Reise einen Abstecher nach der sogenannten heiligen Quelle gemacht und
+dort die heilige Winifreda gebeten, daß sie ihm das Geschenk verschaffen
+möge, ohne welches seine großen Pläne zur Verbreitung des wahren
+Glaubens nur unvollkommen ausgeführt werden könnten. Die unbesonnenen
+Zeloten, die auf solche Geschichten ein großes Gewicht legten,
+prophezeiten mit Zuversicht, daß das ungeborne Kind ein Knabe sein werde
+und boten darauf eine Wette von zwanzig Guineen gegen eine an. Sie
+meinten, der Himmel werde sich nicht in’s Mittel gelegt haben, wenn er
+nicht einen großen Zweck dabei hätte. Ein Fanatiker verkündete sogar,
+die Königin werde Zwillinge gebären, von denen der ältere König von
+England, der jüngere Papst werden würde. Marie konnte das Vergnügen, mit
+dem sie diese Prophezeiungen anhörte, nicht verbergen, und ihre Hofdamen
+sahen, daß sie sich nicht besser bei ihr insinuiren könnten, als wenn
+sie davon sprachen. Die Katholiken würden klüger gethan haben, wenn sie
+von der Schwangerschaft als von einem ganz natürlichen Ereignisse
+gesprochen und ihr unverhofftes Glück mit mehr Mäßigung getragen hätten.
+Ihr übermüthiger Triumph erregte nur den Unwillen des Volks und ihre
+Prophezeiungen bestärkten es in seinem Verdacht. Von dem Prinzen und der
+Prinzessin von Dänemark herab bis zu den Lastträgern und Waschweibern
+erwähnte Niemand die verheißene Geburt ohne ein höhnisches Lächeln. Die
+londoner Spottvögel beschrieben das neue Wunder in Reimen, die, wie man
+leicht denken kann, nicht eben die zartesten waren. Die ungeschliffenen
+Landsquires brachen in ein schallendes Gelächter aus, wenn sie mit
+Jemandem zusammentrafen, der so einfältig war zu glauben, daß die
+Königin wirklich noch einmal Mutter werden würde. Es erschien eine
+königliche Verordnung, welche der Geistlichkeit befahl, ein von Crewe
+und Sprat für dieses freudige Ereigniß besonders verfaßtes Bitt- und
+Dankgebet zu verlesen. Die Geistlichen gehorchten, aber man bemerkte,
+daß die Gemeinden nicht respondirten und kein Zeichen von Ehrerbietung
+äußerten. Bald circulirte in allen Kaffeehäusern ein rohes Spottgedicht
+auf die höfischen Prälaten, deren Feder sich der König bedient hatte.
+Mutter East (Ost) war darin ebenfalls reichlich mit Schmähungen bedacht.
+Zu diesem einheimischen einsilbigen Wörtchen hatten unsere Vorfahren den
+Namen des großen Hauses Este, welches in Modena regierte,
+verstümmelt.[29]
+
+Die neue Hoffnung, welche den Muth des Königs so sehr hob, war indessen
+mit mancherlei Besorgnissen vermischt. Es bedurfte noch etwas mehr als
+die Geburt eines Prinzen von Wales zum Gelingen der von der
+Jesuitenpartei entworfenen Pläne. Es war nicht anzunehmen, daß Jakob so
+lange lebte, bis sein Sohn das zur Ausübung der königlichen Functionen
+erforderliche Alter erreicht hatte. Das Gesetz hatte den Fall eines
+minderjährigen Thronerben nicht vorgesehen, und der regierende
+Landesherr war nicht berechtigt, für diesen Fall eine testamentarische
+Verfügung zu treffen. Die gesetzgebende Versammlung allein konnte die
+Lücke ausfüllen. Starb Jakob, bevor Letzteres geschehen war, und
+hinterließ er einen Nachfolger von zarter Jugend, so mußte die höchste
+Gewalt unfehlbar protestantischen Händen zufallen. Selbst diejenigen
+Tories, welche am festesten an dem Grundsatze hingen, daß nichts sie zum
+Widerstande gegen ihren Lehnsherrn berechtigen könne, würden gewiß kein
+Bedenken getragen haben, das Schwert gegen ein papistisches Weib zu
+ziehen, die es gewagt hätte, sich die Vormundschaft über das Reich und
+über den jugendlichen Souverain anzumaßen. Der Ausgang eines Kampfes
+konnte kaum zweifelhaft sein. Der Prinz von Oranien oder seine Gemahlin
+wurde Regent und der junge König kam in die Hände ketzerischer Lehrer,
+deren Kunstgriffe die Eindrücke, welche sein Gemüth in der Kinderstube
+empfangen hatte, jedenfalls bald verwischten. Er konnte ein zweiter
+Eduard VI. werden und der durch die Fürsprache der Mutter Gottes und der
+heiligen Winifreda erlangte Segen konnte sich in Fluch verwandeln.[30]
+Gegen eine solche Gefahr konnte nur eine Parlamentsacte schützen, und
+eine solche Acte war nicht leicht zu erlangen.
+
+ [Anmerkung 29: Citters, 28. Oct. (7. Nov.), 22. Nov. (2. Dec.)
+ 1687; die Prinzessin Anna an die Prinzessin von Oranien, 14. u.
+ 20. März 1687/8; Barillon, 1.(11.) Dec. 1687; +Revolution
+ Politics+; das Gedicht: +„Two Toms and a Nat“+; Johnstone, 4.
+ April 1688; +Secret Consults of the Romish Party in Ireland,
+ 1690+.]
+
+ [Anmerkung 30: Die Besorgnisse des Königs über diesen Punkt werden
+ von Ronquillo in einer Depesche vom 12.(22.) Dec. 1688 mit starken
+ Farben geschildert: +„Un Principe de Vales y un Dogue de York y
+ otro di Lochaosterna+ (vermuthlich Lancaster), +no bastan, a
+ reducir la gente; porque el Rey tiene 54 años, y vendrá á morir,
+ dejando los hijos pequeños, y que entonces el reyno se apoderará
+ dellos, y los nombrará tutor, y los educará en la religion
+ protestante, contra la disposicion que dejare el Rey, y la
+ autoridad de la Reyna.“+]
+
+
+[_Stimmung der Wahlkörper und der Peers._] Es schien Alles anzudeuten,
+daß, wenn die Häuser einberufen werden sollten, sie von dem Geiste von
+1640 beseelt nach Westminster kommen würden. Das Resultat der
+Grafschaftswahlen konnte kaum zweifelhaft sein. Die ganze Masse der
+Grundeigenthümer, hohe und niedere, geistlichen und weltlichen Standes,
+waren gegen die Regierung heftig aufgebracht. In der großen Mehrzahl
+derjenigen Städte, wo das Stimmrecht von der Entrichtung örtlicher
+Steuern oder von dem Besitze eines Grundstücks abhängig war, hätte sich
+kein höfisch gesinnter Kandidat blicken lassen dürfen. Ein sehr großer
+Theil des Unterhauses wurde von Mitgliedern von Municipalcorporationen
+gewählt. Diese Corporationen waren unlängst reorganisirt worden, um den
+Einfluß der Whigs und der Dissenters zu zerstören, mehr als hundert
+Wahlkörper waren durch der Krone ergebene Gerichtshöfe ihrer Freibriefe
+beraubt oder doch veranlaßt worden, einer gewaltsamen Entziehung ihrer
+Privilegien durch freiwilliges Aufgeben derselben zuvorzukommen. Jeder
+Mayor, jeder Alderman, jeder Stadtschreiber von Berwick bis Helstone war
+Tory und Anglikaner; aber Tories und Anglikaner waren jetzt dem
+Souverain nicht mehr ergeben. Die neuen Municipalbehörden waren noch
+unlenksamer als die früheren je gewesen waren, und sie wählten ohne
+allen Zweifel solche Abgeordnete, deren erster parlamentarischer Act
+eine Anklage gegen alle papistischen Geheimräthe und gegen alle
+Mitglieder der Hohen Commission war.
+
+Bei den Lords waren die Aussichten fast eben so trübe als bei den
+Gemeinen. Es unterlag keinem Zweifel, daß die große Mehrzahl der
+weltlichen Peers gegen die Maßregeln des Königs sein würden, und auf der
+Bischofsbank, welche ihn vor sieben Jahren einstimmig gegen Diejenigen
+unterstützt hatte, die ihn seines Geburtsrechtes berauben wollten,
+konnte er nur auf den Beistand von vier oder fünf servilen Schmeichlern
+rechnen, die von ihren Berufsgenossen wie von der ganzen Nation
+verachtet wurden.[31]
+
+Jedem, den die Leidenschaft nicht gänzlich verblendete, mußten diese
+Hindernisse unübersteiglich erscheinen. Die gewissenlosesten Sklaven der
+Gewalt ließen Zeichen von Besorgniß laut werden. Dryden äußerte, der
+König werde durch seinen Versuch, die Sache besser zu machen, sie nur
+verschlimmern, und er sehnte sich zurück nach den goldenen Tagen des
+sorglosen und gutmüthigen Karl.[32] Selbst Jeffreys wurde schwankend. So
+lange er arm war, war er stets bereit gewesen, um des Gewinns willen dem
+bösen Leumunde und dem öffentlichen Hasse zu trotzen; aber er hatte sich
+jetzt durch Bestechlichkeit und Erpressungen große Reichthümer erworben,
+und es lag ihm mehr daran, sich den Besitz derselben zu sichern, als sie
+noch zu vermehren. Seine Lauheit zog ihm einen strengen Verweis aus
+königlichem Munde zu. Aus Furcht, das große Siegel zu verlieren,
+versprach er Alles was von ihm verlangt wurde; Barillon aber bemerkte in
+seinem hierauf bezüglichen Berichte an Ludwig, daß der König von England
+sich selbst auf Diejenigen, die etwas zu verlieren hätten, nicht mehr
+verlassen könne.[33]
+
+ [Anmerkung 31: Drei damals entworfene Stimmlisten sind noch
+ vorhanden; eine befindet sich in den französischen Archiven, die
+ beiden anderen in den Archiven der Familie Portland. In diese
+ Listen sind die Peers unter drei Rubriken eingetragen: Für
+ Aufhebung des Testes, gegen die Aufhebung, und zweifelhaft. Nach
+ der einen Liste waren 31 für, 86 gegen und 20 zweifelhaft; nach
+ der zweiten 33 für, 87 gegen und 19 zweifelhaft; nach der dritten
+ 35 für, 92 gegen und 10 zweifelhaft. Abschriften der drei Listen
+ befinden sich unter den Mackintosh-Manuscripten.]
+
+ [Anmerkung 32: Im Britischen Museum befindet sich ein Brief von
+ Dryden an Etherege vom Februar 1688. Ich entsinne mich nicht, ihn
+ gedruckt gesehen zu haben. „Ach,“ sagt Dryden, „möchte doch unser
+ König durch sein eignes Beispiel zu edler Muße aufmuntern, wie
+ sein Vorgänger hochseligen Andenkens es that. Mich dünkt er wird
+ mit all’ seinem Geschäftseifer die Angelegenheiten nicht
+ fördern.“]
+
+ [Anmerkung 33: Barillon, 29. Aug. (8. Sept.) 1687.]
+
+
+[_Jakob beschließt, ein bestochenes Parlament zusammenzusetzen._] Trotz
+alledem beschloß Jakob, seinen Weg beharrlich zu verfolgen. Die
+Zustimmung eines freien und gesetzlichen Parlaments zu erlangen, war
+offenbar unmöglich; aber nicht ganz unmöglich war es, durch Bestechung,
+Einschüchterung, gewaltthätige Anwendung der Prärogative und
+betrügerische Rechtsverdrehungen eine Versammlung zu Stande zu bringen,
+die sich ein Parlament nennen konnte und bereit war, jeden Befehl des
+Souverains als Gesetz zu registriren. Es mußten Wahlbeamte ernannt
+werden, die den geringsten Vorwand benutzten, um Freunde des Königs für
+rechtsgültig gewählt zu erklären. Jedem Angestellten, von den höchsten
+bis zu den niedrigsten, mußte zu verstehen gegeben werden, daß, wenn er
+sein Amt behalten wolle, er diesmal den Thron durch seine Stimme und
+seinen Einfluß unterstützen müsse. Zu gleicher Zeit mußte die Hohe
+Commission ein scharfes Auge auf die Geistlichkeit haben. Die Wahlorte,
+welche erst kürzlich reorganisirt worden waren, um dem einen Zwecke zu
+dienen, konnten noch einmal umgestaltet werden, um einem andren zu
+dienen. Auf diese Weise hoffte der König im Hause der Gemeinen eine
+Majorität zu erlangen. Das Oberhaus war dann ganz in seiner Gewalt, denn
+er hatte das unbestrittene gesetzliche Recht, Peers nach seinem
+Gutdünken zu ernennen, und er war fest entschlossen, von diesem Rechte
+Gebrauch zu machen. Er wünschte zwar nicht, was auch kein Souverain
+wünschen kann, die höchste Ehrenbezeigung, welche die Krone zu verleihen
+vermag, werthlos zu machen; aber er schmeichelte sich mit der Hoffnung,
+daß es ihm durch Einberufung einiger nächster Erben in die Versammlung,
+in der sie doch früher oder später einmal ihren Sitz einnehmen mußten,
+und durch Verleihung englischer Adelstitel an schottische und irische
+Lords gelingen werde, sich eine Majorität zu sichern; ohne so viele
+Leute in den Adelsstand erheben zu müssen, daß dadurch die Adelskrone
+und der Hermelin an Ansehen verloren. Indessen hatte er sich
+vorgenommen, im Nothfall auch zu den äußersten Mitteln zu greifen. Als
+in einer zahlreichen Gesellschaft einmal die Meinung ausgesprochen
+wurde, daß sich die Peers unfügsam zeigen würden, sagte Sunderland zu
+Churchill: „Wie einfältig! Ihre Garde wird vor dem Hause der Lords
+stehen.“[34]
+
+Nachdem Jakob beschlossen hatte, ein corrumpirtes Parlament
+zusammenzubringen, ging er energisch und planmäßig an die Ausführung. Es
+erschien in der Gazette eine Proklamation, welche ankündigte, daß der
+König sich entschlossen habe, die Bestallungen der Friedensrichter und
+der Grafschaftsstatthalter einer Revision zu unterwerfen und daß nur
+diejenigen Gentlemen im Staatsdienste bleiben sollten, welche geneigt
+waren, seine Politik zu unterstützen[35]. Ein Ausschuß von sieben
+Geheimräthen saß in Whitehall, um, wie man sich ausdrückte, die
+Municipalkörperschaften zu reguliren. In diesem Ausschusse vertrat
+Jeffreys allein das protestantische, Powis das gemäßigte katholische
+Interesse. Alle anderen Mitglieder gehörten der jesuitischen Faction an.
+Unter ihnen befand sich auch Petre, der in den Geheimen Rath vereidigt
+worden war. Seine Ernennung war bis zum factischen Antritt dieser
+Function vor Jedermann, mit alleiniger Ausnahme Sunderland’s, sorgfältig
+geheim gehalten worden. Der öffentliche Unwille über diese abermalige
+Verletzung des Gesetzes äußerte sich laut, und man bemerkte, daß die
+Katholiken sie noch rücksichtsloser tadelten als die Protestanten. Der
+eitle und ehrgeizige Jesuit war jetzt beauftragt, die Hälfte der
+Wahlkörper des Reichs aufzulösen und neu zu organisiren.
+
+ [Anmerkung 34: Lord Bradford, welcher anwesend war, erzählte dies
+ Dartmouth; Note zu Burnet I. 755.]
+
+ [Anmerkung 35: +London Gazette, Dec. 12, 1687+.]
+
+
+[_Die Regulatoren._] Unter der Oberleitung des Ausschusses der
+Geheimräthe stand ein aus thätigen Agenten untergeordneten Ranges
+gebildeter Unterausschuß, der die Einzelheiten des Geschäfts zu
+besorgen hatte, und im ganzen Lande waren örtliche Ausschüsse von
+Regulatoren errichtet, welche mit dem Centralcomité in Westminster
+correspondirten.[36]
+
+Die Personen, auf deren Unterstützung Jakob bei diesem neuen
+und schwierigen Unternehmen hauptsächlich rechnete, waren die
+Lordlieutenants. Sie erhielten sämmtlich den schriftlichen Befehl, sich
+unverweilt in ihre respectiven Grafschaften zu begeben. Dort sollten sie
+alle ihre Stellvertreter und Friedensrichter vor sich laden und ihnen
+eine Reihe Fragen vorlegen, um zu erfahren, wie sie sich bei einer
+allgemeinen Wahl verhalten würden. Die Antworten sollten sie
+niederschreiben und der Regierung einsenden. Ferner sollten sie ein
+Verzeichniß derjenigen Katholiken und protestantischen Dissenters
+anfertigen, welche für die Richterbank und für die Commandos in der
+Miliz am geeignetsten erschienen. Auch sollten sie die Stimmung aller
+Wahlorte der Grafschaft untersuchen und Berichte darüber einsenden,
+welche den Regulatoren bei ihrer Arbeit als Leitfaden dienen konnten.
+Schließlich war ihnen bedeutet, daß sie alle diese Pflichten in Person
+zu vollziehen hätten und keine Stellvertreter mit der Ausführung
+beauftragen dürften.[37]
+
+ [Anmerkung 36: Bonrepaux an Seignelay, 14.(24.) Nov.; Citters,
+ 15.(25.) Nov.; +Lords’ Journals, Dec. 20. 1689+.]
+
+ [Anmerkung 37: Citters, 28. Oct. (7. Nov.) 1687.]
+
+
+[_Entlassung vieler Lordlieutenants._] Der erste Eindruck, den diese
+Befehle machten, würde einen weniger verblendeten Fürsten als Jakob
+sofort zur Besinnung gebracht haben. Die Hälfte der Lordlieutenants von
+England verweigerten auf das Bestimmteste den gehässigen Dienst, den man
+von ihnen verlangte. Sie wurden auf der Stelle entlassen. Alle, welche
+diese ihnen zum Ruhme gereichende Ungnade traf, waren hochangesehene
+Peers, welche bisher als feste Stützen der Monarchie gegolten hatten.
+Einige Namen der Liste verdienen besondere Erwähnung.
+
+
+[_Der Earl von Oxford._] Der vornehmste Unterthan von England und, wie
+die Engländer gern sagten, von ganz Europa, war Aubray de Vere, der
+zwanzigste und letzte der alten Earls von Oxford. Sein Adelstitel
+schrieb sich durch eine ununterbrochene Reihenfolge männlicher Ahnen aus
+einer Zeit her, wo die Familien Howard und Seymour noch unbekannt waren,
+wo die Nevilles und die Percy erst eine provinzielle Berühmtheit hatten
+und wo selbst der große Name Plantagenet in England noch nicht gehört
+worden war. Ein Oberhaupt des Hauses de Vere hatte bei Hastings ein
+hohes Commando bekleidet, ein Andrer war mit Gottfried und Tancred über
+Haufen erschlagener Moslems nach dem Grabe Jesu Christi gezogen. Der
+erste Earl von Oxford war Minister Heinrich Beauclerc’s gewesen; der
+dritte hatte sich unter den Lords ausgezeichnet, welche von Johann die
+Magna Charta erpreßten; der siebente hatte bei Cressy und Poitiers
+tapfer gefochten; der dreizehnte war unter vielen Glückswechseln das
+Oberhaupt der Partei der Rothen Rose gewesen und hatte in der
+entscheidenden Schlacht von Bosworth die Vorhut angeführt; der
+siebzehnte hatte am Hofe der Königin Elisabeth geglänzt und sich einen
+ehrenvollen Platz unter den älteren Meistern der englischen Dichtkunst
+erworben; der neunzehnte war im Kampfe für den protestantischen Glauben
+und für die Freiheit Europa’s unter den Mauern von Mastricht gefallen.
+Sein Sohn Aubray, mit welchem der älteste und erlauchteste Adelsstamm,
+den England je gesehen, erlosch, ein Mann von lockeren Sitten, aber von
+harmlosem Charakter und artigen Manieren, war Lordlieutenant von Essex
+und Oberst der Blauen. Er war von Natur nicht widersetzlich und es lag
+in seinem Interesse, einen Bruch mit dem Hofe zu vermeiden, denn seine
+Güter waren mit Schulden belastet und sein Commando ein sehr
+einträgliches. Er wurde in das königliche Kabinet beschieden und eine
+bündige Erklärung über seine Gesinnungen von ihm verlangt. „Sire,“
+antwortete Oxford, „ich werde bis zum letzten Blutstropfen gegen alle
+Feinde zu Eurer Majestät stehen; aber dies ist eine Gewissenssache, in
+der ich Ihnen nicht willfahren kann.“ Er wurde augenblicklich seiner
+Statthalterschaft und seines Commando’s entsetzt.[38]
+
+ [Anmerkung 38: +Halstead’s Succinct Genealogy of the Family of
+ Vere, 1685+; +Collins’s Historical Collections+. Siehe auch in den
+ +Lords’ Journals+ und in +Jones’s Reports+ den Prozeß wegen des
+ Earlthums Oxford im März und April 1625/26. Die Einleitung der
+ Rede des Lordoberrichters Crew gehört zu den glänzendsten Proben
+ der altenglischen Beredtsamkeit. Citters, 7.(17.) Febr. 1688.]
+
+
+[_Der Earl von Shrewsbury._] Dem Hause de Vere, aber auch nur diesem,
+stand an Alter und Glanz das Haus Talbot nach. Seit der Regierung
+Eduard’s III. hatten die Talbot stets unter den Peers des Reichs
+gesessen. Das Earlthum Shrewsbury war im funfzehnten Jahrhundert Johann
+Talbot, dem Gegner der Jungfrau von Orleans, verliehen worden. Seine
+Landsleute hatten seiner noch lange in Liebe und Verehrung als eines der
+berühmtesten Krieger gedacht, welche auf dem europäischen Festlande ein
+großes englisches Reich zu gründen versuchten. Der unerschütterliche
+Muth, den er im Unglück gezeigt, hatten ihn zum Gegenstande einer
+größeren Theilnahme gemacht als glücklichere Feldherren sie erweckt
+haben, und sein Tod lieferte unsrer älteren Bühne den Stoff zu einer
+ungemein ergreifenden Scene. Seine Nachkommen waren zwei Jahrhunderte
+lang ein blühendes und ehrenvolles Geschlecht. Zur Zeit der Restauration
+war Franz, der elfte Earl, ein Katholik, das Oberhaupt der Familie. Sein
+Tod war von Umständen begleitet gewesen, die selbst in jenen zügellosen
+Zeiten, welche unmittelbar auf den Sturz der puritanischen Partei
+folgten, Abscheu und Mitleid erweckt hatten. Der Herzog von Buckingham
+war im Laufe seiner leichtfertigen Liebeshändel einen Augenblick von der
+Gräfin von Shrewsbury angezogen worden. Sie wurde leicht erobert. Ihr
+Gemahl forderte den Verführer zum Zweikampfe und fiel. Einige sagten,
+das pflichtvergessene Weib habe den Zweikampf in männlicher Verkleidung
+mit angesehen. Andere wollten sogar wissen, sie habe den siegreichen
+Geliebten ans Herz gedrückt, während sein Hemd noch vom Blute ihres
+Gatten geröthet war. Die Titel des Ermordeten gingen auf seinen
+unmündigen Sohn Karl über. Als der verwaiste Jüngling zum Manne
+heranwuchs, ward es allgemein anerkannt, daß kein andrer junger Adeliger
+Englands von der Natur so reich begabt sei. Er besaß ein einnehmendes
+Äußere, einen ungemein sanften Character und einen solchen Schatz von
+Talenten, daß er, selbst wenn er in einem niederen Stande geboren
+gewesen wäre, sich ohne Zweifel zu einer hohen Stellung im Staate
+emporgeschwungen haben würde. Alle diese natürlichen Vorzüge hatte er so
+gut angewendet, daß er schon vor seiner Volljährigkeit für einen der
+feinsten und kenntnißreichsten Gentlemen seiner Zeit galt. Für seine
+Gelehrsamkeit sprechen die noch vorhandenen eigenhändigen Anmerkungen
+von ihm zu Werken aus fast allen Zweigen der Literatur. Er sprach
+Französisch wie ein Kammerherr des Königs Ludwig und Italienisch wie ein
+Florentiner. Es war wohl natürlich, daß ein Jüngling von solchen Gaben
+nach den Gründen forschte, aus denen seine Familie sich der
+Staatsreligion nicht angeschlossen hatte. Er studirte sorgfältig die
+Streitpunkte, theilte seine Zweifel Priestern seines eignen Glaubens
+mit, legte deren Antworten Tillotson vor, erwog lange und aufmerksam die
+beiderseitigen Gründe und erklärte sich nach einer zweijährigen genauen
+Untersuchung zum Protestanten. Die anglikanische Kirche nahm den
+erlauchten Convertiten freudig in ihren Schooß auf. Er genoß einer
+großen Popularität, und diese nahm zu, als man erfuhr, daß der König
+umsonst Bitten und Versprechungen an ihn verschwendet hatte, um ihn zu
+dem Irrglauben zurückzuführen, den er abgeschworen. Der Character des
+jungen Mannes entwickelte sich jedoch nicht in einer Weise, welche
+Diejenigen, die an seiner Bekehrung den hauptsächlichsten Antheil
+hatten, vollkommen befriedigte. Seine Sittlichkeit entging der
+allgemeinen Ansteckung der modischen Ausschweifungen nicht. Der Stoß,
+der seine Jugendvorurtheile zerstört, hatte zu gleicher Zeit alle seine
+Überzeugungen erschüttert und ihn der schwankenden Leitung seiner
+Gefühle preisgegeben. Aber wenn auch seine Grundsätze ihren Halt
+verloren hatten, so waren doch die Triebfedern seines Handelns so edel,
+sein Gemüth so sanft, sein Benehmen so freundlich und gewinnend, daß es
+unmöglich war, ihn nicht zu lieben. Er wurde schon frühzeitig der König
+der Herzen genannt und verlor in seinem langen, ereignißvollen und
+bewegten Leben nie das Recht auf diese Bezeichnung.[39]
+
+Shrewsbury war Lordlieutenant von Staffordshire und Oberst eines der
+Kavallerieregimenter, die in Folge des Aufstandes im Westen errichtet
+worden waren. Er weigerte sich jetzt, seine Thätigkeit durch die
+Regulatoren bestimmen zu lassen und wurde deshalb seiner beiden Stellen
+entsetzt.
+
+ [Anmerkung 39: +Coxe’s Shrewsbury Correspondence+; +Mackay’s
+ Memoirs+; +Life of Charles Duke of Shrewsbury, 1718+; +Burnet, I.
+ 762+; +Birch’s Life of Tillotson.+ In letzterem Werke findet der
+ Leser einen Brief von Tillotson an Shrewsbury, der meiner Ansicht
+ nach ein Muster von ernstem, freundschaftlichem und
+ rücksichtvollem Tadel ist.]
+
+
+[_Der Earl von Dorset._] Kein englischer Adeliger erfreute sich der
+Volksgunst in einem reicheren Maße als Karl Sackville, Earl von Dorset.
+Er war in der That ein merkwürdiger Mann. In seiner Jugend war er einer
+der bekanntesten Wüstlinge der zügellosen Zeit gewesen, welche auf die
+Restauration folgte. Er war der Schrecken der londoner Nachtwächter,
+hatte manche Nacht auf der Wache zubringen müssen und zum mindesten
+einmal eine Zelle in Newgate bewohnt. Seine Liebe zu Betty Morrice und
+zu Lorchen Gwynn, die ihn ihren Karl I. zu nennen pflegte, hatte der
+Stadt nicht wenig Stoff zur Unterhaltung und zum Ärgerniß gegeben.[40]
+Doch bei all’ seinen Thorheiten und Lastern hatte er sich durch
+hochherzigen Muth, durch scharfen Verstand und durch natürliche
+Herzensgüte ausgezeichnet. Die Leute meinten, die Ausschweifungen, denen
+er sich hingäbe, theile er mit dem ganzen Geschlechte der lebenslustigen
+jungen Kavaliere, aber sein Mitgefühl für die Leiden der Menschheit und
+die Großmuth, mit der er diejenigen, welche durch seine muthwilligen
+Streiche verletzt wurden, zu entschädigen suchte, sei nur ihm allein
+eigen. Seine Freunde wunderten sich darüber, daß das Publikum zwischen
+ihm und ihnen einen Unterschied machte. „Der kann thun was er will,“
+sagte Wilmot; „ihm geschieht nie etwas.“ Das Urtheil der Welt über
+Dorset gestaltete sich noch günstiger, als er mit den Jahren und in der
+Ehe gesetzter wurde. Jedermann pries seine herablassenden Manieren,
+seine geistreiche Unterhaltung, sein weiches Gemüth und seine
+Freigebigkeit. Man sagte es vergehe kein Tag, ohne daß eine bedrängte
+Familie Ursache habe, seinen Namen zu segnen. Und doch war bei aller
+seiner Herzensgüte sein Witz so beißend, daß Spötter, deren Sarkasmus
+die ganze Stadt fürchtete, vor dem Sarkasmus Dorset’s zitterten. Alle
+politischen Parteien achteten und liebten ihn; ihm selbst aber behagte
+die Politik überhaupt nicht sonderlich. Hätte ihn die Nothwendigkeit zu
+Anstrengungen gespornt, so würde er wahrscheinlich zu den höchsten
+Posten im Staate gestiegen sein; aber er nahm schon durch seine Geburt
+einen so hohen Rang ein und war dabei so reich, daß ihm viele
+Beweggründe fehlten, welche die Menschen antreiben, sich mit den
+öffentlichen Angelegenheiten zu befassen. Er nahm gerade nur so viel
+Theil an parlamentarischen und diplomatischen Geschäften, als
+hinreichte, um zu beweisen, daß ihm nichts weiter fehlte als die Lust
+dazu, um mit Danby und Sunderland zu rivalisiren, und richtete seine
+Thätigkeit auf Bestrebungen, die ihm besser zusagten. Gleich vielen
+anderen Männern, welche mit großen natürlichen Fähigkeiten eine
+angeborne und gewohnheitsmäßige Indolenz verbinden, wurde er ein
+geistiger Genußmensch und ein Meister in allen unterhaltenden Zweigen
+des Wissens, die man sich ohne ernstes Studium aneignen kann. Er war
+anerkanntermaßen der beste Richter in der Malerei, der Sculptur, der
+Baukunst und der Schauspielerkunst, den der Hof aufzuweisen hatte. In
+Angelegenheiten der schönen Künste und Wissenschaften galt sein Urtheil
+in allen Kaffeehäusern für unwiderruflich maßgebend. Mehr als ein
+hübsches Theaterstück, das bei der ersten Aufführung durchfiel, wurde
+lediglich durch seine Autorität gegen das Geschrei des ganzen Parterres
+siegreich vertheidigt und bestand mit glücklichem Erfolge die zweite
+Probe. St. Evremond und Lafontaine rühmten die feine Eleganz seines
+französischen Styls. Noch nie hatte England einen solchen Gönner der
+Literatur gehabt. Er übte seine Freigebigkeit mit eben so richtiger
+Einsicht als liberaler Unparteilichkeit, keine Secte oder Faction wurde
+dabei von ihm bevorzugt. Geniale Männer, welche durch literarische
+Eifersucht oder durch Verschiedenheit ihrer politischen Meinung einander
+entfremdet waren, stimmten in der Anerkennung seiner unparteiischen Güte
+überein. Dryden gestand, daß Dorset’s fürstliche Freigebigkeit ihn vom
+Untergange gerettet habe. Und dennoch wurden Montague und Prior, welche
+Dryden durch beißende Satiren getadelt hatten, von Dorset ins
+öffentliche Leben eingeführt, und das beste Lustspiel von Dryden’s
+Todfeind, Shadwell, war auf Dorset’s Landsitze geschrieben. Hätte der
+freigebige Earl sonst gewollt, so hätte er sehr gut mit Denen
+rivalisiren können, deren Wohlthäter er zu sein sich begnügte, denn die
+Verse, die er gelegentlich dichtete, zeigen bei aller unkünstlerischen
+Form Spuren eines angebornen Genies, das bei sorgfältiger Pflege Großes
+hätte schaffen können. In dem kleinen Bande seiner Werke finden sich
+Lieder, welche die ungezwungene Lebendigkeit Suckling’s besitzen, und
+kleine Satiren, deren glänzender Humor dem eines Butler nicht
+nachsteht.[41]
+
+Dorset war Lordlieutenant von Sussex und auf Sussex blickten die
+Regulatoren mit besonders ängstlicher Spannung, denn in keiner andren
+Grafschaft, Cornwall und Wiltshire ausgenommen, befanden sich so viele
+kleine Wahlorte. Er erhielt Befehl, sich auf seinen Posten zu begeben.
+Keiner von Denen, die ihn kannten, erwartete, daß er gehorchen werde. Er
+gab eine Antwort, wie sie sich für ihn ziemte, und wurde bedeutet, daß
+man seiner Dienste nicht mehr bedürfe. Das allgemeine Interesse, das er
+seinen vielen edlen und liebenswürdigen Eigenschaften verdankte, wurde
+nicht wenig erhöht, als man erfuhr, daß er durch die Post einen anonymen
+Brief erhalten hatte, worin ihm angekündigt wurde, daß, wenn er sich
+nicht sofort den Wünschen des Königs füge, ihn all’ sein Geist und seine
+Popularität nicht vor der Ermordung schützen werde. Eine ähnliche
+Warnung erhielt auch Shrewsbury. Drohbriefe waren damals viel seltener
+als sie es späterhin geworden sind, und man kann sich daher nicht
+darüber wundern, daß das ohnehin schon aufgeregte Volk zu dem Glauben
+geneigt war, die besten und edelsten Engländer seien wirklich für
+papistische Dolche ausersehen.[42] Gerade zu der Zeit, als diese Briefe
+in ganz London das Tagesgespräch bildeten, wurde der verstümmelte
+Leichnam eines angesehenen Puritaners auf der Straße gefunden. Es zeigte
+sich indessen bald, daß der Mörder die That nicht aus religiösen oder
+politischen Beweggründen verübt hatte. Aber der erste Verdacht des
+gemeinen Volkes fiel auf die Papisten. Die verstümmelten Überreste des
+Ermordeten wurden in feierlicher Prozession nach dem Jesuitencollegium
+im Savoy getragen und einige Stunden lang war die Furcht und Wuth der
+Menge kaum weniger heftig als an dem Tage, wo Godfrey zu Grabe getragen
+ward.[43]
+
+Mit den übrigen Entlassungen muß ich mich kürzer fassen. Der Herzog von
+Somerset, dem vor einigen Monaten schon sein Regiment wieder abgenommen
+worden war, wurde nun auch seiner Stelle als Lordlieutenant des
+Ostbezirks[44] von Yorkshire enthoben. Die Statthalterschaft des
+Nordbezirks verlor der Viscount Fauconberg, die von Shropshire der
+Viscount Newark und die von Lancashire der Earl von Derby, der Enkel des
+tapferen Kavaliers, der auf dem Schlachtfelde sowohl als auf dem
+Schaffot für das Haus Stuart dem Tode so muthig ins Auge geblickt hatte.
+Der Earl von Pembroke, der unlängst der Krone gegen Monmouth treu und
+tapfer gedient hatte, wurde in Wiltshire, der Earl von Rutland in
+Leicestershire, der Earl von Bridgewater in Buckinghamshire, der Earl
+von Thanet in Cumberland, der Earl von Northampton in Warwickshire, der
+Earl von Abingdon in Oxfordshire, der Earl von Scarsdale in Derbyshire
+abgesetzt. Scarsdale verlor außerdem auch sein Reiterregiment und seine
+Stelle im Hofstaate der Prinzessin von Dänemark. Diese weigerte sich,
+ihn aus ihren Diensten zu entlassen und gab nur einem peremptorischen
+Befehle ihres Vaters nach. Der Earl von Gainsborough wurde nicht nur der
+Statthalterschaft von Hampshire, sondern auch des Gouverneurpostens von
+Portsmouth und des Wildmeisteramts im Neuen Forste entsetzt, zwei
+Stellen, die er erst vor wenigen Monaten für fünftausend Pfund gekauft
+hatte.[45]
+
+Der König konnte keine angesehenen Lords und namentlich gar keine
+protestantischen auftreiben, welche die erledigten Stellen anzunehmen
+bereit waren. Man mußte zwei Grafschaften Jeffreys, einem Manne von sehr
+jungem Adel und von geringem Grundbesitz, und zwei andere Preston, der
+nicht einmal Peer von England war, zuertheilen. Die übrigen ihrer
+Statthalter beraubten Grafschaften wurden fast ohne Ausnahme bekannten
+Katholiken oder solchen Höflingen überwiesen, welche dem Könige im
+Geheimen versprochen hatten, zur römisch-katholischen Kirche
+überzutreten, sobald die Klugheit es ihnen gestatten würde.
+
+ [Anmerkung 40: Der König war nur Lorchen’s Karl III. Ob Dorset
+ oder Major Hart die Ehre hatte ihr Karl I. zu sein, ist eine
+ streitige Frage. Meines Bedünkens scheint Dorset gegründeteren
+ Anspruch auf diesen Vorzug zu haben. Siehe die gestrichene Stelle
+ in Burnet I. 263, und Pepys’ Tagebuch vom 26. Oct. 1667.]
+
+ [Anmerkung 41: +Pepys’s Diary+; Prior’s Widmung seiner Gedichte an
+ den Herzog von Dorset; +Johnson’s Life of Dorset+; +Dryden’s Essay
+ on Satire+ und seine Widmung des +Essay on Dramatic Poesy+.
+ Dorset’s Liebe zu seiner Gattin und seine strenge eheliche Treue
+ wird von dem ausschweifenden Narren Sir Georg Etherege in seinen
+ Briefen aus Regensburg vom 9.(19.) Dec. 1687 und 16.(26.) Jan.
+ 1688 mit höhnender Geringschätzung erwähnt; Shadwell’s Widmung
+ zu seinem +Squire of Alsatia+; +Burnet I. 264+; +Mackay’s
+ Characters.+ Einige Seiten von Dorset’s Character werden in
+ seiner von Pope verfassten Grabschrift treffend angedeutet:
+
+ Doch sanft war sein Herz, wenn auch streng sein Lied;
+
+ und weiterhin:
+
+ Ein glücklicher Hofmann, von Fürst und Land geliebt,
+ Und dennoch treu der Freundschaft und der Muße.]
+
+ [Anmerkung 42: Barillon, 9.(19.) Jan. 1688; Citters, Jan. 31.
+ (Febr. 10.)]
+
+ [Anmerkung 43: Adda, 3.(13.) u. 10.(20.) Febr. 1688.]
+
+ [Anmerkung 44: Die Grafschaft York, die größte von England, wird
+ in drei Bezirke (+Ridings+) eingetheilt. D. Übers.]
+
+ [Anmerkung 45: Barillon, 5.(15.), 8.(18.) u. 12.(22.) Dec. 1687;
+ Citters, 29. Nov. (9. Dec.) u. 2.(12.) Dec.]
+
+
+[_An die Obrigkeiten gerichtete Fragen, und Antworten darauf._] Endlich
+wurde die neue Maschinerie in Bewegung gesetzt und bald kam aus allen
+Gegenden des Landes die Nachricht von der vollständigen und
+hoffnungslosen Niederlage. Der Katechismus, nach welchem die
+Lordlieutenants die Gesinnungen der Landgentry erforschen sollten,
+bestand aus drei Fragen. Jeder Magistratsbeamte und jeder Stellvertreter
+des Lordlieutenants mußte gefragt werden, erstens ob er, im Fall er
+gewählt würde, um im Parlamente zu dienen, für eine im Sinne der
+Indulgenzerklärung gefaßte Bill stimmen wolle; zweitens ob er als Wähler
+seine Stimme solchen Candidaten geben wolle, die sich verpflichteten,
+für eine derartige Bill zu stimmen; und drittens ob er als Privatmann
+die wohlwollenden Zwecke des Königs fördern wolle, indem er mit Leuten
+jeder religiösen Überzeugung in Frieden lebte.[46]
+
+Sobald diese Fragen bekannt geworden waren, wurde ein mit seltener
+Geschicklichkeit entworfenes Antwortformular im ganzen Lande verbreitet
+und allgemein angenommen. Es lautete folgendermaßen: „Im Fall mir die
+Ehre zu Theil werden sollte, einen Sitz im Hause der Gemeinen
+einzunehmen, werde ich als Mitglied dieses Hauses es für meine Pflicht
+halten, die Gründe, welche für und gegen eine Indulgenzbill im Laufe der
+Debatte geltend gemacht werden, sorgfältig zu erwägen, und dann nach
+meiner gewissenhaften Überzeugung zu stimmen. Als Wähler werde ich meine
+Stimme solchen Candidaten geben, deren Begriffe von den Pflichten eines
+Volksvertreters mit meinen eigenen übereinstimmen. Als Privatmann hege
+ich den Wunsch, mit Jedermann in Frieden und Eintracht zu leben.“
+
+ [Anmerkung 46: Citters, 28. Oct. (7. Nov.) 1687; +Lonsdale’s
+ Memoirs.+]
+
+
+[_Scheitern der Pläne des Königs._] Diese Antwort, die noch viel
+trotziger war als eine förmliche Weigerung, weil sie einen leichten
+Anflug von milder und anständiger Ironie hatte, über die man sich nicht
+wohl gereizt zeigen konnte, war Alles was die Emissäre des Hofes von den
+meisten Landgentlemen erlangen konnten. Gegenvorstellungen,
+Versprechungen und Drohungen wurden vergebens angewendet. Der Herzog von
+Norfolk, obgleich Protestant und mit dem Verfahren der Regierung
+unzufrieden, hatte sich zu ihrem Werkzeuge in zwei Grafschaften
+hergegeben. Er begab sich zuerst nach Surrey, wo er aber bald sah, daß
+er nichts ausrichten konnte.[47] Dann ging er nach Norfolk, von wo er
+ebenfalls bald zurückkehrte, um dem Könige zu melden, daß ihm von
+siebzig Gentlemen, welche in dieser großen Provinz öffentliche Ämter
+bekleideten, nur sechs Hoffnung gemacht hätten, die Politik des Hofes zu
+unterstützen.[48] Der Herzog von Beaufort, dessen Autorität sich über
+vier englische Grafschaften und über das ganze Fürstenthum Wales
+erstreckte, kam mit einem nicht minder niederschlagenden Berichte nach
+Whitehall.[49] Rochester war Lordlieutenant von Hertfordshire. Sein
+ganzer kleiner Schatz von Tugend war in dem Kampfe gegen die starke
+Versuchung, seine Religion für Geld zu verkaufen, aufgezehrt worden; er
+war noch durch einen Jahrgehalt von viertausend Pfund an den Hof
+gebunden, und zum Dank dafür war er zu jedem wenn auch noch so
+ungesetzlichen und erniedrigenden Dienste bereit, vorausgesetzt, daß man
+nicht die Formalität einer Aussöhnung mit Rom von ihm verlangte. Er
+hatte sich bereitwilligst der Aufgabe unterzogen, seine Grafschaft zu
+bearbeiten, und er ging dabei, wie immer, mit übereilter Heftigkeit und
+Gewaltthätigkeit zu Werke. Aber er verschwendete seinen Eifer vergebens
+an die starrsinnigen Squires, mit denen er es zu thun hatte. Sie
+erklärten ihm einstimmig, daß sie keinen Mann ins Parlament schicken
+wollten, der für die Beseitigung der Schutzwehren des protestantischen
+Glaubens stimmen würde.[50] Dieselbe Antwort erhielt der Kanzler auch in
+Buckinghamshire.[51] Die Gentry von Shropshire weigerte sich in einer zu
+Ludlow veranstalteten Zusammenkunft einhellig, sich durch das von dem
+Könige verlangte Versprechen zu binden.[52] Der Earl von Yarmouth
+berichtete aus Wiltshire, daß von sechzig Magistratsbeamten und
+Statthaltersubstituten, mit denen er gesprochen, nur sieben eine
+günstige Antwort gegeben hätten und daß man selbst diesen nicht trauen
+könne.[53] Der Renegat Peterborough richtete eben so wenig in
+Northamptonshire aus.[54] Nicht glücklicher war sein Genosse Dover in
+Cambridgeshire.[55] Auch Preston brachte schlechte Nachrichten aus
+Cumberland und Westmoreland; Dorsetshire und Huntingdonshire waren von
+dem nämlichen Geiste beseelt. Der Earl von Bath kehrte nach langem
+Stimmenwerben mit trostlosen Nachrichten aus dem Westen zurück. Er war
+ermächtigt worden, den Bewohnern dieser Gegenden die verführerischesten
+Anerbietungen zu machen. Insbesondere hatte er versprochen, daß, wenn
+die Wünsche des Königs gebührend berücksichtigt würden, der Zinnhandel
+von den auf ihm lastenden drückenden Beschränkungen befreit werden
+solle. Aber dieser Köder, dem man zu einer andren Zeit nicht
+widerstanden haben würde, wurde jetzt mit Verachtung zurückgewiesen.
+Alle Friedensrichter und Statthaltersubstituten von Devonshire und
+Cornwall erklärten ohne eine einzige Ausnahme, daß sie Gut und Blut für
+den König opfern würden, daß aber die protestantische Religion ihnen
+noch theurer sei als Gut und Blut. „Und,“ setzte Bath hinzu, „wenn Eure
+Majestät alle diese Gentlemen absetzte, so würden ihre Nachfolger ganz
+die nämliche Antwort geben“.[56] Wenn es irgend einen Bezirk gab, in
+welchem die Regierung auf einen günstigen Erfolg hoffen durfte, so war
+es Lancashire. Man hatte starke Zweifel gehegt, ob das Resultat in
+dieser Provinz mit dem der meisten anderen Grafschaften übereinstimmen
+werde. In keinem Theile des Landes gab es so viele reiche und angesehene
+Familien, welche dem alten Glauben anhingen, und die Oberhäupter vieler
+dieser Familien waren kraft der Dispensationsgewalt zu Friedensrichtern
+und Commandanten der Miliz ernannt worden. Doch auch von dort meldete
+der neue Lordstatthalter, selbst ein Katholik, daß zwei Drittel seiner
+Substituten und der Magistratsbeamten dem Hofe feindlich gesinnt
+seien.[57] Noch viel schmerzlicher verletzte das Ergebniß in Hampshire
+den Stolz des Königs. Arabella Churchill hatte ihm vor mehr als zwanzig
+Jahren einen Sohn geboren, der späterhin als einer der geschicktesten
+Generäle Europa’s weit und breit berühmt wurde. Der junge Mann hieß
+Jakob Fitzjames und bis dahin hatte noch nichts in ihm vermuthen lassen,
+daß er sich einst zu hoher Auszeichnung emporschwingen würde; aber sein
+Character und sein Benehmen waren so sanft und herzgewinnend, daß er
+keinen Feind hatte, außer Marien von Modena, welche den Sohn der
+Concubine schon seit langer Zeit mit dem bitteren Ingrimm einer
+kinderlosen Gattin haßte. Ein kleiner Theil der jesuitischen Faction
+hatte, bevor die Schwangerschaft der Königin angekündigt wurde, ganz
+ernstlich daran gedacht, ihn als Kronprätendenten neben der Prinzessin
+von Oranien aufzustellen.[58] Wenn man bedenkt, wie vollständig dem
+Herzoge von Monmouth, obgleich das niedere Volk ihn für legitim hielt
+und obgleich er der Vorkämpfer des nationalen Glaubens war, ein
+ähnlicher Versuch mißlang, so muß es unbegreiflich erscheinen, wie ein
+Mann durch den Fanatismus so ganz verblendet sein konnte, daß er nur auf
+die Idee kam, einen jungen Menschen, der allgemein als ein papistischer
+Bastard bekannt war, auf den Thron erheben zu wollen. Es läßt sich nicht
+mit Gewißheit sagen, ob der König diesem albernen Plane seinen Beifall
+zollte. Der junge Mann war übrigens als Prinz anerkannt und wurde mit
+allen Auszeichnungen überschüttet, welche ein nicht aus königlichem
+Blute entsprossener Unterthan nur irgend zu erlangen hoffen konnte. Er
+war zum Herzog von Berwick erhoben worden und bekleidete jetzt mehrere
+ehrenvolle und einträgliche Stellen, welche Edelleuten, die sich den
+königlichen Befehlen nicht hatten fügen wollen, abgenommen worden waren.
+Er war der Nachfolger des Earls von Oxford als Oberst der Blauen und des
+Earls von Gainsborough als Lordlieutenant von Hampshire, Wildmeister des
+Neuen Forstes und Gouverneur von Portsmouth. Berwick erwartete, daß ihn
+an der Grenze von Hampshire, der Sitte gemäß, ein langer Zug von
+Baronets, Rittern und Squires empfangen werde; aber nicht eine einzige
+angesehene Person hatte sich zu seiner Begrüßung eingefunden. Er sendete
+Schreiben aus, durch welche er die Gentry zu sich entbot, aber nur fünf
+oder sechs beachteten diese Einladung. Die Übrigen warteten ihre
+Entlassung gar nicht ab; sie erklärten im voraus, daß sie keinen Theil
+an der Civil- oder Militairverwaltung ihrer Grafschaft haben möchten, so
+lange der König daselbst durch einen Papisten vertreten sei, und legten
+ihre Stellen freiwillig nieder.[59]
+
+Sunderland, der an die Stelle des Earls von Northampton zum
+Lordlieutenant von Warwickshire ernannt worden war, fand eine Ausflucht,
+um nicht in diese Grafschaft zu gehen und die Entrüstung und Verachtung
+der dortigen Gentry auf sich zu laden, und seine Entschuldigung wurde um
+so bereitwilliger angenommen, da der König endlich einzusehen begann,
+daß sich der Sinn der Landgentry nicht beugen ließ.[60]
+
+Es muß bemerkt werden, daß Diejenigen, welche diesen trotzigen Sinn an
+den Tag legten, nicht die alten Feinde des Hauses Stuart waren. Die
+Listen der Friedensrichter und Statthaltersubstituten waren schon längst
+von allen republikanischen Namen sorgfältig gesäubert. Die Männer, denen
+die Regierung vergebens das Versprechen der Unterstützung abzuzwingen
+versucht hatte, waren fast ohne Ausnahme Tories. Die älteren von ihnen
+konnten noch Narben, welche von den Schwertern der Rundköpfe herrührten,
+und Empfangsbescheinigungen über Silbergeschirr aufweisen, das sie
+Karl I. in seiner Noth geschickt hatten. Die Jüngeren hatten gegen
+Shaftesbury und Monmouth fest zu Jakob gehalten. Dies waren die Männer,
+welche jetzt von dem nämlichen Fürsten, dem sie so glänzende Beweise von
+treuer Anhänglichkeit gegeben hatten, in Masse ihrer Ämter entsetzt
+wurden. Die Entlassung machte sie aber nur noch entschlossener; es war
+bei ihnen zu einer heiligen Ehrensache geworden, in dieser Krisis fest
+zusammenzuhalten. Es konnte keinem Zweifel unterliegen, daß, wenn bei
+der Stimmenzählung ehrlich zu Werke gegangen wurde, nicht ein einziger
+der Regierungspolitik günstiger Grafschaftsabgeordneter gewählt werden
+würde. Die Leute fragten einander daher mit nicht geringer Besorgniß, ob
+man wohl erwarten könne, daß bei der Stimmenzählung ehrlich zu Werke
+gegangen werden würde.
+
+ [Anmerkung 47: Citters, 22. Nov. (2. Dec.) 1687.]
+
+ [Anmerkung 48: Citters, 27. Dez. (6. Jan.) 1687/88.]
+
+ [Anmerkung 49: +Ibid.+]
+
+ [Anmerkung 50: Johnstone erwähnt zweimal, unterm 25. Nov. und
+ unterm 8. Dec. 1687, den beleidigenden Eifer, den Rochester bei
+ dieser Gelegenheit zeigte. Das Mißlingen seiner Bemühungen erwähnt
+ Citters unterm 6.(16.) Dec.]
+
+ [Anmerkung 51: Citters, 6.(16.) Dec. 1687.]
+
+ [Anmerkung 52: +Ibid.+ 20.(30.) Dec. 1687.]
+
+ [Anmerkung 53: Citters, 30. März (9. April) 1687.]
+
+ [Anmerkung 54: +Ibid.+ 22. Nov. (2. Dec.) 1687.]
+
+ [Anmerkung 55: +Ibid.+ 15.(25.) Nov. 1687.]
+
+ [Anmerkung 56: +Ibid.+ 10.(20.) April 1688.]
+
+ [Anmerkung 57: Die ängstliche Spannung wegen Lancashire erwähnt
+ Citters in einer Depesche vom 18.(28.) Nov. 1687, das Resultat in
+ einer vier Tage später datirten.]
+
+ [Anmerkung 58: Bonrepaux, 11.(21.) Juli 1687.]
+
+ [Anmerkung 59: Citters, 3.(13.) Febr. 1688.]
+
+ [Anmerkung 60: Citters, 5.(15.) April 1688.]
+
+
+[_Liste der Sheriffs._] Mit Ungeduld sah man der Liste der Sheriffs für
+das neue Jahr entgegen. Sie erschien, während die Lordlieutenants noch
+auf ihrer Werbungsreise begriffen waren, und wurde mit einem allgemeinen
+Schrei des Zornes und Unwillens aufgenommen. Die Mehrzahl dieser
+Beamten, welche bei den Grafschaftswahlen die Oberleitung hatten, waren
+entweder Katholiken oder protestantische Dissenters, die ihre Zustimmung
+zur Indulgenzerklärung ausgesprochen hatten.[61] Eine Zeit lang hegte
+man die schlimmsten Befürchtungen, die aber bald wieder schwanden. Man
+hatte guten Grund, anzunehmen, daß über einen gewissen Punkt hinaus der
+König auch nicht auf die Unterstützung der seiner eigenen Kirche
+angehörenden Sheriffs rechnen könne.
+
+ [Anmerkung 61: +London Gazette, Dec. 5. 1687+; Citters, 6.(16.)
+ Dec.]
+
+
+[_Character der katholischen Landgentlemen._] Zwischen dem katholischen
+Höflinge und dem katholischen Landgentleman herrschte nur sehr geringe
+Sympathie. Die in Whitehall dominirende Cabale bestand theils aus
+Fanatikern, welche zum Zwecke der Verbreitung ihres Glaubens bereit
+waren, alle Gesetze der Moral über den Haufen zu werfen und die ganze
+Welt in eine heillose Verwirrung zu stürzen, theils aus Heuchlern,
+welche um des Gewinnes willen von dem Glauben, in dem sie erzogen
+worden, abgefallen waren und die jetzt den allen Neubekehrten eigenen
+Eifer auf die Spitze trieben. Sowohl die Fanatiker als auch die Heuchler
+am Hofe hatten zum größten Theil keine Spur von englischer
+Anschauungsweise. In einigen von ihnen hatte die unbedingte Hingebung
+für ihre Kirche alles Nationalgefühl erstickt; andere waren Irländer,
+deren Patriotismus in einem tödtlichen Hasse gegen die sächsischen
+Eroberer Irlands bestand; noch andere waren Verräther, die von einer
+auswärtigen Macht einen regelmäßigen Sold bezogen, und wieder andere
+hatten einen großen Theil ihres Lebens im Auslande zugebracht, und waren
+entweder bloße Kosmopoliten oder hegten einen positiven Widerwillen
+gegen die Sitten und Staatseinrichtungen des Landes, das sie jetzt zu
+regieren hatten. Diese Leute hatten mit einem noch der alten Kirche
+anhängenden Gutsbesitzer von Cheshire oder Staffordshire kaum irgend
+etwas gemein. Er war weder Fanatiker noch Heuchler, er war Katholik,
+weil sein Vater und Großvater Katholiken gewesen waren, und er hing an
+seinem ererbten Glauben, wie die Menschen in der Regel an demselben
+hängen, aufrichtig aber ohne sonderliche Begeisterung. In jeder andren
+Beziehung war er nichts weiter als eben ein englischer Squire, der sich
+von den benachbarten Squires höchstens dadurch unterschied, daß er noch
+etwas ungebildeter und bäuerischer war als sie. Die auf ihm lastenden
+Ausschließungen hatten ihn verhindert, sich bis zu der allerdings selbst
+nur mäßig hohen Bildungsstufe zu erheben, auf der die meisten
+protestantischen Landgentlemen standen. Als Knabe von Eton und
+Westminster, als Jüngling von Oxford und Cambridge, als Mann vom
+Parlament und von der Richterbank ausgeschlossen, vegetirte er still und
+ruhig hin, wie die Ulmen der Allee, die zu dem ererbten Meierhofe seiner
+Vorfahren führte. Seine Kornfelder, seine Milchwirthschaft, seine
+Ciderpresse, seine Jagdhunde, seine Angelruthe und seine Flinte, sein
+Bier und sein Tabak beschäftigten fast allein seine Gedanken. Mit seinen
+Nachbarn stand er trotz der Glaubensverschiedenheit in der Regel auf
+gutem Fuße. Sie kannten ihn als einen harmlosen Mann ohne Ehrgeiz, er
+stammte fast durchgängig aus einer guten und alten Familie und war immer
+ein Kavalier. Er drang Niemandem seine persönlichen Ansichten auf und
+wurde Niemandem lästig damit, er quälte nicht, wie ein Puritaner, sich
+selbst und Andere mit Gewissensskrupeln über alle Genüsse des Lebens; im
+Gegentheil, er war ein eben so leidenschaftlicher Jagdliebhaber und ein
+eben so heiterer Gesellschafter als irgend Einer, der den Suprematseid
+und die Erklärung gegen die Transsubstantiation angenommen hatte. Er
+ging mit seinen Nachbarsquires auf die Jagd, hielt bis zum Hallali bei
+ihnen aus und nahm sie nach beendeter Jagd mit sich nach Hause zu einer
+Wildpretpastete und zu einem Kruge Octoberbier, das seine vier Jahre auf
+Flaschen lag. Die Bedrückungen, die er erduldet, waren nicht so arg, daß
+sie ihn zu einem verzweifelten Entschlusse hätten treiben können; selbst
+als seine Kirche schonungslos verfolgt wurde, waren sein Leben und sein
+Eigenthum nicht in großer Gefahr. Der schamloseste falsche Zeuge würde
+es schwerlich gewagt haben, der Wahrheit so frech ins Gesicht zu
+schlagen, daß er ihn beschuldigt hätte, ein Verschwörer zu sein. Die
+Papisten, welche Oates zu seinen Angriffen auswählte, waren Peers,
+Prälaten, Jesuiten, Benedictiner, thätige politische Agenten, Juristen
+mit ausgedehnter Praxis und Hofärzte. Der katholische Landgentlemen
+konnte unter dem Schutze seiner Verborgenheit, seines leutseligen Wesens
+und der Zuneigung seiner Umgebungen unbelästigt seine Ernte einbringen
+und seine Waidtasche mit Wild füllen, während Coleman und Langhorne,
+Whitbread und Pickering, Erzbischof Plunkett und Lord Stafford durch den
+Strick oder durch das Beil starben. Eine Bande elender Schurken machte
+zwar den Versuch, gegen Sir Thomas Gascoigne, einen bejahrten
+katholischen Baronet in Yorkshire, eine Anklage auf Hochverrath zu
+erheben, aber zwölf der besten Gentlemen des Westbezirks, die seinen
+Lebenswandel kannten, hielten es nicht für möglich, daß ihr ehrenwerther
+alter Bekannter Banditen zur Ermordung des Königs gedungen haben sollte,
+und sprachen trotz mancherlei der Richterbank eben nicht zur Ehre
+gereichender Versuche ein „Nichtschuldig“ aus. Wohl mochte es für das
+Oberhaupt einer alten, angesehenen Familie in der Provinz ein
+schmerzlicher Gedanke sein, daß er seines Glaubens wegen von ehrenvollen
+Stellen und Ämtern ausgeschlossen war, zu deren Bekleidung Männer von
+niedererer Herkunft und geringerem Vermögen für berechtigt gehalten
+wurden; aber er hatte nicht Lust, Land und Leben im Kampfe gegen eine
+erdrückende Übermacht auf’s Spiel zu setzen, und sein gerader, ächt
+englischer Character würde, vor Mitteln, wie ein Petre und Tyrconnel sie
+anwendeten, mit Abscheu zurückgebebt sein. Deshalb würde er jedoch eben
+so bereitwillig, als irgend einer seiner protestantischen Nachbarn zur
+Vertheidigung seines Vaterlandes gegen einen Einfall der Franzosen oder
+irischen Papisten das Schwert um die Lenden gegürtet und die Pistolen in
+die Halfter gesteckt haben. Dies war der allgemeine Character der
+Männer, in denen Jakob jetzt die sichersten Werkzeuge zur Leitung der
+Grafschaftswahlen zu erblicken glaubte. Er überzeugte sich jedoch bald,
+daß sie nicht geneigt waren, sich durch einen ihm zu leistenden
+schimpflichen und strafbaren Dienst die Achtung ihrer Nachbarn zu
+verscherzen und Leben und Vermögen zu gefährden. Mehrere von ihnen
+weigerten sich, Sheriffs zu werden, und von denen, welche die Ernennung
+annahmen, erklärten viele, daß sie eben so gewissenhaft, als wenn sie
+Mitglieder der Staatskirche wären, ihre Pflicht erfüllen, und keinen
+Wahlcandidaten, der nicht eine wirkliche Stimmenmehrheit hätte, in’s
+Parlament schicken würden.[62]
+
+ [Anmerkung 62: Etwa zwanzig Jahre vor dieser Zeit sprach sich ein
+ Jesuit über die eingezogene Lebensweise der katholischen Gentry
+ Englands folgendermaßen aus: +„La nobilità Inglese, senon se
+ legata in serviglio di Corte ò in opera di maestrato, vive, e godo
+ il più dell’ anno a la campagna, ne’ suoi palagi e poderi, dove
+ son liberi e padroni; è ciò tanto più sollecitamente i Cattolici
+ quanto più utilmente, si come meno osservati colà.“ --
+ L’Inghilterra descritta dal P. Daniello Bartoli. Roma, 1667.+
+
+ „Viele von den papistischen Sheriffs,“ schrieb Johnstone, „sind
+ begütert und erklären, daß man sich sehr irren würde, wenn man
+ gefälschte Wahlen von ihnen erwartete. Die papistische Gentry,
+ welche auf ihren Landgütern lebt, ist von der städtischen weit
+ verschieden. Mehrere von ihnen haben es abgelehnt, Sheriffs oder
+ Statthaltersubstituten zu werden.“ -- 8. Dec. 1687.
+
+ Ronquillo sagt das Nämliche: +„Algunos Catolicos que fueron
+ nombrados por sherifes se han excusado.“+ -- 9.(19.) Jan. 1688.
+ Einige Monate später versichert er seinem Hof, daß die
+ katholischen Landgentlemen gern zu einer Verständigung die Hand
+ bieten würden, deren Grundbedingungen die Abschaffung der
+ Strafgesetze und die Beibehaltung des Religionseides wären.
+ +„Estoy informado,“+ sagt er, +„que los Catolicos de las
+ provincias no lo reprueban, pues no pretendiendo oficios, y siendo
+ solo algunos de la Corte los provechosos, les parece que mejoran
+ su estado, quedando seguros ellos y sus descendientes en la
+ religion, en la quietud, y en la seguridad de sus haciendas.“+ --
+ 23. Juli (2. Aug.) 1688.]
+
+
+[_Stimmung der Dissenters._] Konnte der König schon auf seine
+katholischen Sheriffs wenig rechnen, so konnte er sich noch viel weniger
+auf die puritanischen verlassen. Seit dem Erscheinen der
+Indulgenzerklärung waren mehrere Monate verflossen, Monate voll
+wichtiger Ereignisse und fortwährender Streitigkeiten. Die öffentliche
+Besprechung der Angelegenheiten hatte vielen Dissenters die Augen
+geöffnet, aber die Maßregeln der Regierung, und vorzugsweise das strenge
+Verfahren gegen das Magdalenen-Collegium, hatte mehr als selbst die
+Feder eines Halifax dazu beigetragen, alle Klassen der Protestanten
+aufzurütteln und zu vereinigen. Die meisten von den Sectirern, die sich
+hatten verleiten lassen, ihren Dank für die Indulgenz auszudrücken,
+schämten sich jetzt ihres Irrthums und wünschten sehnlichst, ihn dadurch
+wieder gut zu machen, daß sie sich der großen Masse ihrer Landsleute
+anschlossen.
+
+
+[_Regulirung der Corporationen._] In Folge dieses Umschwungs in den
+Gesinnungen der Nonconformisten stieß die Regierung in den Städten auf
+fast eben so große Schwierigkeiten, wie auf dem platten Lande. Als die
+Regulatoren ihre Arbeit begannen, hatten sie fest darauf gerechnet, daß
+jeder Dissenter, der sich zu Gunsten der Indulgenz ausgesprochen hatte,
+auch die Politik des Königs unterstützen werde. Sie waren daher
+überzeugt, daß sie im Stande sein würden, alle Municipalämter des
+Königreichs mit zuverlässigen Freunden zu besetzen. In den neuen
+Städteordnungen hatte sich die Krone das Recht vorbehalten,
+Magistratsbeamte nach ihrem Belieben zu entlassen. Dieses Recht wurde
+jetzt ohne alle Beschränkung ausgeübt. Durchaus nicht so klar war es
+jedoch, daß Jakob auch das Recht hatte, neue Magistratsbeamte zu
+ernennen; aber mochte es ihm nun zustehen oder nicht, er beschloß, es
+sich zu nehmen. Allenthalben, vom Tweed bis Landsend, wurden
+toryistische Beamte abgesetzt und Presbyterianer, Independenten und
+Baptisten an ihrer Stelle ernannt. In dem neuen Freibriefe der
+Hauptstadt hatte sich die Krone das Recht vorbehalten, alle Vorsteher,
+Pfleger und Beisitzer der Innungen zu entlassen. In Folge dessen wurden
+über achthundert angesehene Bürger, sämmtlich Mitglieder der Partei, die
+sich der Ausschließungsbill widergesetzt hatte, durch einen einzigen
+Erlaß ihrer Ämter enthoben. Bald darauf erschien ein Nachtrag zu dieser
+langen Liste.[63] Aber die neuen Angestellten waren kaum vereidigt, so
+zeigte es sich, daß sie eben so unfügsam waren, als ihre Vorgänger. In
+Newcastle am Tyne ernannten die Regulatoren einen katholischen Mayor und
+puritanische Aldermen. Man zweifelte keinen Augenblick, daß die so
+umgestaltete Municipalbehörde eine Adresse beschließen werde, in der sie
+die Maßregeln des Königs zu unterstützen versprach. Die Adresse wurde
+jedoch verweigert. Der Mayor reiste wüthend nach London und sagte dem
+Könige, die Dissenters seien alle Schurken und Rebellen und die
+Regierung könne in der ganzen Corporation auf nicht mehr als vier
+Stimmen rechnen.[64] In Reading wurden vierundzwanzig toryistische
+Aldermen entlassen und vierundzwanzig neue ernannt. Von diesen erklärten
+sich dreiundzwanzig sofort gegen die Indulgenz und wurden deshalb
+ebenfalls wieder entlassen.[65] Im Laufe weniger Tage wurde der
+Stadtbezirk von Yarmouth nacheinander durch drei verschiedene
+Magistratskörper verwaltet, welche sämmtlich dem Hofe gleich feindlich
+gesinnt waren.[66] Dies sind nur einzelne Beispiele von dem was im
+ganzen Lande geschah. Der holländische Gesandte berichtete an die
+Generalstaaten, daß in manchen Städten die Magistratsbeamten in einem
+Monate zwei und selbst dreimal, aber dennoch vergebens gewechselt worden
+seien.[67] Aus den Acten des Geheimen Raths geht hervor, daß die Zahl
+der Regulationen, wie sie genannt wurden, zweihundert überstieg.[68] Die
+Regulatoren fanden in der That, daß in nicht wenigen Städten die
+Veränderung eine Verschlimmerung war. Die mißvergnügten Tories hatten,
+wenn sie auch über die Politik des Königs murrten; doch wenigstens stets
+Achtung für seine Person und seinen Thron an den Tag gelegt und jeden
+Gedanken an Widerstand verworfen. Ganz anders war die Sprache einiger
+neuen Mitglieder der Corporationen. Man sagte, daß alte Soldaten der
+Republik, welche zu ihrem eignen wie zum Erstaunen des Publikums zu
+Aldermen ernannt worden waren, den Agenten des Hofes deutlich zu
+verstehen gäben, es müsse erst Blut fließen, bevor Papismus und
+Willkürgewalt in England zur Herrschaft gelangten.[69]
+
+Die Regulatoren sahen, daß mit dem was sie bis jetzt gethan hatten,
+wenig oder nichts gewonnen war. Es gab indessen noch ein Mittel, aber
+auch nur dieses eine, durch das sie hoffen konnten ihren Zweck zu
+erreichen. Die Gemeindeordnungen der Wahlflecken mußten zurückgezogen
+und durch neue ersetzt werden, welche das Wahlrecht auf sehr kleine, vom
+König zu ernennende Wahlkörper beschränkten.[70]
+
+Aber wie war dieser Plan auszuführen? In einigen der neuen Freibriefe
+hatte sich die Krone zwar das Recht der Wiederentziehung vorbehalten,
+aber die übrigen konnte Jakob nur durch freiwillige Zurückgabe von
+Seiten der Corporationen oder durch einen Ausspruch der Kings Bench
+wieder in die Hand bekommen. Aber nur wenige Corporationen waren jetzt
+geneigt, ihre Gemeindeordnungen freiwillig aufzugeben, und ein
+Richterspruch, wie er den Zwecken des Hofes diente, war selbst von einem
+Sklaven wie Wright nicht zu erwarten. Die Quo-Warranto-Erlasse,[71]
+welche vor einigen Jahren erschienen waren, um die Whigpartei zu
+vernichten, waren von allen Unparteiischen einhellig verdammt worden.
+Doch hatten diese Erlasse wenigstens einen Anschein von Recht für sich,
+denn sie waren gegen alte Municipalkörper gerichtet, und unter diesen
+gab es wenige, in denen im Laufe der Zeit nicht Mißbrauche eingerissen
+waren, welche genügenden Anhalt zu einem Prozeßverfahren darboten. Die
+Corporationen aber, welche jetzt angegriffen wurden, befanden sich noch
+im Alter der kindlichen Unschuld, die ältesten von ihnen hatten kaum ihr
+fünftes Lebensjahr erreicht, und es war unmöglich, daß viele von ihnen
+schon so schwer gesündigt haben sollten, daß sie eine Zurücknahme ihrer
+Privilegien verdienten. Den Richtern selbst war nicht wohl zu Muthe. Sie
+gaben zu bedenken, daß das, was man von ihnen verlange, den einfachsten
+und klarsten Grundsätzen des Rechts und der Gerechtigkeit schnurstracks
+zuwiderlaufe; aber alle Vorstellungen waren umsonst. Die Wahlorte wurden
+zur Rücksendung ihrer Freibriefe aufgefordert. Einige wenige kamen der
+Aufforderung nach; aber das Verfahren, welches der König gegen diese
+wenigen einschlug, war eben nicht geeignet, bei den anderen Vertrauen zu
+erwecken. In mehreren Städten wurde der Gesammtbürgerschaft das
+Wahlrecht entzogen und auf eine kleine Anzahl Personen beschränkt und
+diese mußten sich eidlich verpflichten, die von der Regierung
+empfohlenen Candidaten zu unterstützen. In Tewkesbury zum Beispiel wurde
+das Wahlrecht dreizehn Personen übertragen. Doch selbst diese Anzahl war
+noch zu groß. Haß und Furcht hatten sich so weit verbreitet, daß es kaum
+möglich war, auch durch die unredlichsten Mittel nur dreizehn Männer zu
+finden, auf die sich der Hof unbedingt verlassen konnte. Es hieß, daß
+die Mehrheit des neuen Wahlkörpers von Tewkesbury von dem nämlichen
+Sinne beseelt sei, welcher in der ganzen Nation überwiege, und daß
+derselbe an dem entscheidenden Tage zuverlässige Protestanten in’s
+Parlament schicken werde. Die Regulatoren drohten in heftigem Zorne, die
+Zahl der Wähler auf drei zu reduciren.[72] Inzwischen weigerte sich die
+große Mehrzahl der Wahlorte entschieden, ihre Privilegien aufzugeben.
+Barnstaple, Winchester und Buckingham zeichneten sich durch die Kühnheit
+ihres Widerstandes besonders aus. In Oxford wurde der Antrag, daß die
+Stadt ihr Wahlrecht dem Könige zurückgeben solle, mit achtzig gegen zwei
+Stimmen verworfen.[73] Der Tempel und Westminsterhall kamen durch die
+plötzliche Häufung von Aufträgen aus allen Theilen des Landes in
+ungewohnte Bewegung. Jeder Advokat von bedeutender Praxis erhielt
+Vollmachten über Vollmachten von den städtischen Corporationen, und die
+gewöhnlichen Clienten beklagten sich, daß ihre Angelegenheiten
+vernachlässigt würden.[74] Es lag auf der Hand, daß eine geraume Zeit
+darüber hingehen mußte, ehe eine so große Anzahl Prozesse entschieden
+werden konnten. Diese Verzögerung war der Tyrannei unerträglich. Es
+wurde nichts unterlassen, um die widerspenstigen Wahlkörper durch
+Drohungen zur Unterwerfung zu bringen. In Buckingham hatten einige
+Municipalbeamten sich in nicht eben lobender Weise ausgesprochen. Man
+machte ihnen den Prozeß und kündigte ihnen an, daß mit schonungsloser
+Strenge gegen sie verfahren werden würde, wenn sie sich nicht durch
+Herausgabe ihres Freibriefs loskauften.[75] In Winchester griff man zu
+noch strengeren Gewaltmaßregeln. Eine bedeutende Truppenabtheilung wurde
+in die Stadt gelegt, einzig und allein zu dem Zwecke, die Einwohner zu
+belästigen und zu quälen.[76] Die Stadt blieb fest und die öffentliche
+Stimme beschuldigte den König laut, daß er die schlimmsten Verbrechen
+seines Bruders von Frankreich nachahme; die Dragonaden hätten begonnen,
+sagte man. Man hatte auch wirklich Grund zu ernsten Besorgnissen. Jakob
+war auf den Einfall gekommen, daß er den Widerstandsgeist einer
+hartnäckigen Stadt nicht wirksamer brechen könne, als indem er den
+Einwohnern Soldaten in’s Quartier legte. Er mußte wissen, daß diese
+Maßregel sechzig Jahre früher heftigen Unwillen erregt und durch die
+Bitte um Recht, ein Gesetz, das von den Engländern kaum weniger verehrt
+wurde, als die Magna Charta, feierlichst für gesetzwidrig erklärt worden
+war. Aber er hoffte von den Gerichtshöfen eine Erklärung zu erlangen,
+daß selbst die Bitte um Recht die Prärogative nicht beschränken könne.
+Er fragte in der That den Oberrichter der Kings Bench über diesen
+Gegenstand um Rath;[77] aber das Resultat der Besprechung wurde geheim
+gehalten, und in einigen Wochen gestalteten sich die Dinge so, daß eine
+Furcht, welche noch stärker war, als selbst die vor der königlichen
+Ungnade, sogar einen so servilen Mann wie Wright bewog, ein wenig
+einzuhalten.
+
+ [Anmerkung 63: +Privy Council Book, Sept. 25. 1687, Febr. 21,
+ 1687/88+.]
+
+ [Anmerkung 64: Acten der Corporation, angeführt in +Brand’s
+ History of Newcastle+; Johnstone, 21. Febr. 1687/88.]
+
+ [Anmerkung 65: Johnstone, 21. Febr. 1687/88.]
+
+ [Anmerkung 66: Citters, 14.(24.) Febr. 1688.]
+
+ [Anmerkung 67: Citters, 1.(11.) Mai 1688.]
+
+ [Anmerkung 68: Am Rande der Geheimrathsacten findet man die
+ Bemerkung „Zweite Regulation“ und „Dritte Regulation“, wenn ein
+ Wahlkörper mehr als einmal umgestaltet worden war.]
+
+ [Anmerkung 69: Johnstone, 23. Mai 1688.]
+
+ [Anmerkung 70: Johnstone, 21. Febr. 1688.]
+
+ [Anmerkung 71: Diese Erlasse, so genannt nach den beiden
+ Anfangsworten +Quo warranto+, ordneten eine Untersuchung über die
+ Rechtsbefugnisse an, auf welche sich die Privilegien einer
+ Corporation gründeten, und wenn sich eine Unregelmäßigkeit fand,
+ wurde der Freibrief entzogen. D. Übers.]
+
+ [Anmerkung 72: Johnstone, 21. Febr. 1688.]
+
+ [Anmerkung 73: Citters, 20.(30.) März 1688.]
+
+ [Anmerkung 74: +Ibid.+ 1.(11.) Mai 1688.]
+
+ [Anmerkung 75: +Ibid.+ 22. Mai (1. Jun.) 1688.]
+
+ [Anmerkung 76: +Ibid.+ 1.(11.) Mai 1688.]
+
+ [Anmerkung 77: +Ibid.+ 18.(28.) Mai 1688.]
+
+
+[_Untersuchung in allen öffentlichen Verwaltungszweigen._] Während die
+Lordlieutenants die Friedensrichter ausforschten und die Regulatoren die
+Wahlkörper umgestalteten, wurden alle Zweige des Staatsdienstes einer
+strengen Untersuchung unterworfen. Zuerst wurde der Palast gesäubert.
+Jeder mit Narben bedeckte alte Kavalier, der zum Ersatz für das der
+Sache des Königs geopferte Blut und Grundeigenthum ein Ämtchen in der
+königlichen Garderobe oder im Marstalle erhalten hatte, wurde
+aufgefordert, zwischen dem Könige und der Kirche zu wählen. Die Zoll-
+und Steuercommissare wurden zu Seiner Majestät ins Schatzamt beschieden,
+hier das Versprechen von ihnen verlangt, daß sie seine Politik
+unterstützen wollten, und ihnen bedeutet, daß sie allen ihren
+Unterbeamten ein ähnliches Versprechen abzunehmen hätten.[78] Ein
+Zollbeamter motivirte seine Unterwerfung unter den Willen des Königs in
+einer Weise, welche Heiterkeit und zugleich Mitleid erregte. „Ich habe,“
+sagte er, „vierzehn Gründe, die mich bestimmen, Seiner Majestät Befehlen
+zu gehorchen: eine Frau und dreizehn unerzogene Kinder“.[79] Gegen
+solche Gründe ließ sich allerdings nichts einwenden; dennoch aber kamen
+nicht wenig Fälle vor, wo die religiösen und patriotischen Gefühle
+selbst solche Gründe überwogen.
+
+Man hat Grund zu der Vermuthung, daß die Regierung um diese Zeit
+ernstlich mit dem Plane umging, einen Schlag zu führen, der viele
+tausend Familien an den Bettelstab gebracht und auf die socialen
+Zustände aller Landestheile störend eingewirkt haben würde. Niemand
+durfte Wein, Bier oder Kaffee ohne Concession verkaufen. Es hieß nun,
+daß jeder Inhaber einer solchen Concession demnächst aufgefordert werden
+sollte, entweder dieselben Verpflichtungen einzugehen, welche den
+öffentlichen Beamten auferlegt worden waren, oder sein Geschäft
+aufzugeben.[80] Wäre ein solcher Schritt gethan worden, so würden ohne
+allen Zweifel die Wirthshäuser und öffentlichen Vergnügungsorte im
+ganzen Lande zu Hunderten geschlossen worden sein. Welche Wirkung ein
+solcher Eingriff in die Lebensgenüsse aller Stände hervorgebracht haben
+würde, läßt sich nur muthmaßen. Der durch Übel erzeugte Unwille steht
+nicht immer im Verhältnisse mit der Wichtigkeit derselben, und es ist
+durchaus nicht unwahrscheinlich, daß die Einziehung von
+Schankconcessionen das bewirkt haben würde, was die Entziehung von
+Freibriefen nicht bewirkt hatte. Die Vornehmeren würden ihr
+Chokoladenhaus in St. James Street, die Geschäftsmänner ihre
+Kaffeekanne, bei der sie in Change Alley zu rauchen und zu politisiren
+pflegten, schmerzlich vermißt haben. Die Hälfte der Clubs hätte sich
+neue Versammlungslokale suchen müssen. Der Reisende würde des Nachts den
+Gasthof, in welchem er gewohnt war abzusteigen und seine Abendmahlzeit
+einzunehmen, verödet gefunden haben. Der Landmann würde die Bierschenke
+vermißt haben, wo er im Sommer auf der Bank vor der Thür, im Winter am
+Kamin seinen Krug zu trinken gewohnt war. Es war leicht möglich, daß die
+auf solche Art gereizte Nation sich zu einem allgemeinen Aufstande
+erhob, ohne auf die Hülfe fremder Verbündeter zu warten.
+
+ [Anmerkung 78: Citters, 6.(16.) April 1688; +Treasury Letter Book.
+ March 14. 1687/88+; Ronquillo, 16.(26.) April.]
+
+ [Anmerkung 79: Citters, 18.(28.) Mai 1688.]
+
+ [Anmerkung 80: +Ibid.+ 18.(28.) Mai 1688.]
+
+
+[_Entlassung Sawyer’s._] Es war nicht zu erwarten, daß ein Fürst, der
+von allen niederen Dienern der Regierung bei Strafe der Entlassung
+Unterstützung seiner Politik verlangte, einen Generalfiskal behalten
+würde, dessen Abneigung gegen diese Politik kein Geheimniß war. Sawyer
+hatte noch über anderthalb Jahr in seiner Stellung bleiben dürfen,
+nachdem er sich gegen die Dispensationsgewalt erklärt hatte. Diese
+ungewöhnliche Nachsicht verdankte er nur der außerordentlichen
+Schwierigkeit, die es der Regierung machte, einen Nachfolger für ihn zu
+finden. Es war um der pekuniären Interessen der Krone willen nothwendig,
+daß wenigstens einer der beiden ersten Staatsanwälte ein talentvoller
+und kenntnißreicher Mann war, und es war keineswegs leicht, einen diesen
+Anforderungen genügenden Juristen zu bewegen, daß er sich durch das
+tägliche Begehen von Handlungen, welche das nächste Parlament
+wahrscheinlich als schwere Übertretungen und Verbrechen betrachtete,
+sehr ernster Gefahr aussetzte. Es war nicht möglich gewesen, einen
+besseren Generalprokurator als Powis aufzutreiben, ein Mann, der sich
+zwar aus nichts ein Gewissen machte, der aber auch nicht einmal den
+gewöhnlichsten Pflichten seines Postens gewachsen war. Unter diesen
+Umständen hielt man es für wünschenswerth, die Arbeit zu theilen. Ein
+Fiskal, dessen Berufstüchtigkeit durch Gewissensskrupel bedeutend
+beeinträchtigt wurde, hatte einen Prokurator zur Seite, dessen
+Gewissenlosigkeit seinen Mangel an Befähigung einigermaßen ersetzte.
+Wenn es der Regierung um energische Durchführung des Gesetzes zu thun
+war, so wendete sie sich an Sawyer; wollte sie das Gesetz mit Füßen
+treten, so hielt sie sich an Powis. Dieses Arrangement wurde so lange
+beibehalten, bis der König die Dienste eines Anwalts erlangte, der zu
+gleicher Zeit noch gewissenloser als Powis und geschickter als Sawyer
+war.
+
+
+[_Williams Generalprokurator._] Keiner der damals lebenden Advokaten
+hatte der Regierung giftiger opponirt als Wilhelm Williams. Er hatte
+sich unter der vorigen Regierung als Whig und Exclusionist hervorgethan.
+Als die Parteiwuth den höchsten Grad erreicht hatte, war er zum Sprecher
+des Unterhauses erwählt worden. Nach der Prorogation des oxforder
+Parlaments war er der gewöhnliche Rechtsbeistand der heftigsten
+Demagogen gewesen, die des Aufruhrs angeklagt wurden. Er besaß
+anerkanntermaßen bedeutende juristische Gewandtheit und Kenntnisse.
+Unbesonnene Überstürzung und Parteigeist hielt man für seine
+Hauptfehler; daß er noch andere Fehler hatte, in Vergleich mit denen die
+genannten als Tugenden gelten konnten, ahnete man damals noch nicht. Die
+Regierung suchte eine Gelegenheit, um ihm etwas anzuhaben, und es wurde
+ihr nicht schwer, eine solche zu finden. Er hatte auf Befehl des Hauses
+der Gemeinen einen von Dangerfield verfaßten erzählenden Bericht
+herausgegeben. Hätte ein Privatmann diese Schrift veröffentlicht, so
+würde sie unbestreitbar als ein aufrührerisches Libell zu betrachten
+gewesen sein. Es wurde bei der Kings Bench eine Criminaluntersuchung
+gegen Williams eingeleitet; er berief sich umsonst auf die Privilegien
+des Parlaments und wurde zu einer Geldbuße von zehntausend Pfund
+verurtheilt. Einen großen Theil dieser Summe bezahlte er baar und über
+den Rest gab er eine Schuldverschreibung. Der Earl von Peterborough, der
+in Dangerfield’s Erzählung in beleidigender Weise erwähnt war, wurde
+durch den Erfolg der Criminaluntersuchung ermuthigt, eine Civilklage auf
+eine bedeutende Entschädigungssumme anhängig zu machen. Williams gerieth
+dadurch in die größte Verlegenheit. Da bot sich ihm ein rettender Ausweg
+dar. Allerdings war es ein Ausweg, der einem Manne von festen
+Grundsätzen und edlem Character noch schrecklicher gewesen sein würde,
+als Armuth, Gefängniß und selbst Tod. Er konnte sich der Regierung
+verkaufen, deren Feind und Opfer er gewesen war; er konnte sich
+erbieten, bei jedem Angriffe auf die Freiheiten und die Religion, für
+welche er einen maßlosen Eifer gezeigt hatte, den gefährlichsten Posten
+zu übernehmen; er konnte seinen Whiggismus durch Dienste wieder gut
+machen, vor denen selbst die eingefleischtesten Tories, an deren Händen
+das Blut Russell’s und Sidney’s klebte, mit Abscheu zurückbebten. Der
+Handel wurde abgeschlossen. Der noch schuldige Rest der Strafsumme wurde
+erlassen und Peterborough durch Vermittelung des Königs zu einem
+Vergleich bewogen. Sawyer wurde abgesetzt, Powis wurde Generalfiskal,
+Williams wurde zum Generalprokurator ernannt, in den Adelstand erhoben
+und war bald ein Günstling des Königs. Obgleich im Range nur der zweite
+Kronjurist, gelang es ihm doch sehr bald, durch seine Gewandtheit,
+Gelehrsamkeit und Energie seinen Vorgesetzten völlig in den Schatten zu
+stellen[81].
+
+Williams war noch nicht lange im Amte, als er aufgefordert wurde, in dem
+denkwürdigsten Staatsprozesse, von dem die Annalen der britischen Justiz
+berichten, eine Hauptrolle zu übernehmen.
+
+ [Anmerkung 81: +London Gazette, Dec. 15. 1687+. Siehe den Prozeß
+ gegen Williams in der +Collection of State Trials+. +„Ha hecho,“+
+ sagt Ronquillo, +„grande susto el haber nombrado el abogado
+ Williams, que fue el orador y el mas arrabiade de toda la casa des
+ comunes en los ultimos terribles parlamentos del Rey difunto.“+
+ 27. Nov. (7. Dec.) 1687.]
+
+
+[_Zweite Indulgenzerklärung._] Am 27. April 1688 erließ der König eine
+zweite Indulgenzerklärung. In diesem Schriftstücke führte er die
+Erklärung vom vorjährigen April in ihrer ganzen Länge auf. Sein
+bisheriges Leben, sagte er dann, habe sein Volk überzeugen können, daß
+er nicht der Mann sei, der sich von einem einmal gefaßten Beschlusse so
+leicht abbringen lasse. Da aber heimtückische Menschen es versucht
+hätten, die Welt glauben zu machen, daß man ihn doch noch zum Nachgeben
+in dieser Angelegenheit werde bestimmen können, halte er es für nöthig,
+zu erklären, daß sein Vorsatz unwiderruflich fest stehe, daß er
+entschlossen sei, nur solche Männer anzustellen, welche bereit wären,
+ihn bei der Ausführung seiner Pläne zu unterstützen, und daß er in
+Gemäßheit dieses Entschlusses viele seiner ungehorsamen Diener von
+Civil- und Militairämtern habe entheben müssen. Schließlich zeigte er
+an, daß er spätestens im November ein Parlament einzuberufen gedenke,
+und ermahnte seine Unterthanen, solche Vertreter in dasselbe zu wählen,
+die ihn bei dem begonnenen großen Werke zu unterstützen geneigt
+wären[82].
+
+ [Anmerkung 82: +London Gazette, April 30. 1688+; Barillon, 26.
+ April (6. Mai).]
+
+
+[_Die Geistlichkeit erhält Befehl, sie von der Kanzel zu verlesen._]
+Diese Erklärung machte anfangs nur wenig Sensation. Sie enthielt nichts
+Neues und die Leute wunderten sich, daß der König es für nöthig hielt,
+ein feierliches Manifest zu erlassen, blos um ihnen zu sagen, daß er
+seinen Sinn nicht geändert habe[83]. Die Gleichgültigkeit, mit der die
+Ankündigung seines festen Entschlusses vom Publikum aufgenommen wurde,
+verdroß ihn wahrscheinlich und er glaubte ohne Zweifel, daß seine Würde
+und Autorität leiden könnten, wenn er nicht unverzüglich etwas Neues und
+Auffallendes thue. In Folge dessen verfügte er unterm 4. Mai durch einen
+Geheimrathsbefehl, daß seine Erklärung von vergangener Woche an zwei
+aufeinanderfolgenden Sonntagen beim öffentlichen Gottesdienste von den
+dienstthuenden Geistlichen aller Kirchen und Kapellen des Reiches
+verlesen werden solle. In London und seinen Vorstädten sollte die
+Verlesung am 20. und 27. Mai, in den anderen Landestheilen am 3. und 10.
+Juni stattfinden. Die Bischöfe waren angewiesen, Exemplare der Erklärung
+in ihren respectiven Diöcesen zu vertheilen[84].
+
+Wenn man berücksichtigt, daß die Geistlichen der anglikanischen Kirche
+fast ohne Ausnahme die Indulgenzerklärung als eine Verletzung der
+Landesgesetze, als einen Wortbruch des Königs und als einen
+verderblichen Gewaltstreich gegen die Interessen und die Würde ihres
+Standes betrachteten, so wird man schwerlich daran zweifeln können, daß
+der Geheimrathsbefehl darauf berechnet war, als eine tiefe Kränkung von
+ihnen empfunden zu werden. Man glaubte im Volke, daß Petre diese Absicht
+durch ein der orientalischen Redeweise entlehntes rohes Gleichniß
+ausgesprochen habe. Er sollte gesagt haben, er wolle sie Koth essen
+lassen und zwar den abscheulichsten und ekelhaftesten Koth. Aber konnte
+man annehmen, daß die anglikanische Geistlichkeit diesem tyrannischen
+und gehässigen Befehle den Gehorsam verweigern werde? Der Character des
+Königs war willkürlich und streng und das Verfahren der kirchlichen
+Commission eben so summarisch wie das eines Kriegsgerichts. Wer sich
+aufzulehnen wagte, konnte in Zeit von acht Tagen seiner Stelle entsetzt,
+seines ganzen Einkommens beraubt, der ferneren Bekleidung jedes
+geistlichen Amts unfähig erklärt und in die Nothwendigkeit versetzt
+werden, von Haus zu Haus sein Brot zu erbetteln. Wenn der ganze Stand
+sich einmüthig dem königlichen Willen widersetzte, dann war es
+allerdings wahrscheinlich, daß selbst Jakob nicht den Muth haben würde,
+zehntausend Schuldige auf einmal zu bestrafen. Aber zu einer allgemeinen
+Verständigung in dieser Angelegenheit war keine Zeit. Am 7. Mai erschien
+der Befehl in der Gazette und schon am 20. sollte die Erklärung von
+allen Kanzeln Londons und dessen Umgegend verlesen werden. Er wäre
+damals mit der größten Anstrengung nicht möglich gewesen, binnen
+vierzehn Tagen die Ansichten nur des zehnten Theiles der im ganzen Lande
+zerstreuten Pfarrgeistlichen einzuholen, ja nur die Stimmen der Bischöfe
+hätten nicht leicht in so kurzer Zeit gesammelt werden können. Auch
+stand zu befürchten, daß, wenn die Geistlichkeit das Verlesen der
+Erklärung verweigerte, die protestantischen Dissenters die Weigerung
+falsch auslegen, die Hoffnung, von den Mitgliedern der anglikanischen
+Kirche Duldung zu erlangen, aufgeben und ihr ganzes Gewicht in die
+Wagschale des Hofes werfen würden.
+
+ [Anmerkung 83: Citters, 1.(11.) Mai 1688.]
+
+ [Anmerkung 84: +London Gazette, Mai 7. 1688.+]
+
+
+[_Die Geistlichkeit ist unschlüssig._] Die Geistlichkeit war daher
+unschlüssig und diese Unschlüssigkeit läßt sich wohl entschuldigen, denn
+einige hochgestellte Laien, welche das öffentliche Vertrauen in hohem
+Maße genossen, waren geneigt, zur Unterwerfung zu rathen. Sie waren der
+Meinung, ein allgemeiner Widerstand stehe kaum zu erwarten und ein
+theilweiser werde für die Einzelnen verderblich und für die Kirche und
+die Nation im Allgemeinen nur von geringem Nutzen sein. Dies war die
+ausgesprochene Ansicht von Halifax und Nottingham. Der Tag rückte heran
+und noch war keine Verständigung und kein bestimmter Entschluß
+erzielt.[85]
+
+ [Anmerkung 85: Johnstone, 27. Mai 1688.]
+
+
+[_Patriotismus der protestantischen Nonconformisten Londons._] In diesem
+Augenblicke erwarben sich die protestantischen Dissenters der Hauptstadt
+einen Anspruch auf die ewige Dankbarkeit ihres Vaterlandes. Die
+Regierung hatte sie bisher als einen Theil ihrer Stärke betrachtet.
+Einige von ihren thätigsten und lautesten Predigern hatten, durch die
+Gnadenbezeigungen des Hofes bestochen, Adressen zu Gunsten der Politik
+des Königs zu Stande gebracht. Andere, welche durch die Erinnerung an
+viele schwere Unbilden sowohl der anglikanischen Kirche als dem Hause
+Stuart entfremdet waren, hatten mit boshafter Schadenfreude gesehen, wie
+der tyrannische Fürst und die tyrannische Hierarchie durch bittere
+Feindschaft von einander getrennt waren und sich gegenseitig überboten,
+um den Beistand von Secten zu erlangen, die sie noch unlängst verfolgt
+und verachtet hatten. Aber so natürlich dieses Gefühl auch sein mochte,
+man hatte sich demselben lange genug hingegeben. Die Zeit war gekommen,
+wo man eine Wahl treffen mußte, und die Nonconformisten traten in einer
+hochherzigen Regung auf die Seite der Anglikaner, um gemeinschaftlich
+mit ihnen die Grundgesetze des Reichs zu vertheidigen. Baxter, Bates und
+Howe zeichneten sich durch ihre Anstrengungen, dieses Bündniß zu Stande
+zu bringen, besonders aus; aber die edle Begeisterung, welche die
+Gesammtheit der Puritaner beseelte, erleichterte ihnen die Aufgabe. Der
+Eifer der Pfarrer wurde von dem ihrer Gemeinden noch übertroffen.
+Diejenigen Presbyterianer- und Independentenprediger, welche Lust
+zeigten, mit dem Könige Partei gegen die Landeskirche zu nehmen, wurden
+nachdrücklich bedeutet, daß, wenn sie ihr Verfahren nicht änderten, ihre
+Gemeinden sie fernerhin weder hören noch bezahlen würden. Alsop, der
+sich mit der Hoffnung geschmeichelt hatte, daß er im Stande sein werde,
+einen großen Theil seiner Anhänger dem Könige zuzuführen, sah sich
+plötzlich von Denen, die ihn kurz zuvor noch als ihren geistlichen
+Führer verehrt hatten, verachtet und verabscheut, verfiel darüber in
+eine tiefe Schwermuth und verbarg sich vor den Blicken der Welt. Bei
+mehreren londoner Geistlichen erschienen Deputationen, um sie zu bitten,
+daß sie die Masse der Dissenters nicht nach den kriechenden
+Schmeicheleien beurtheilen möchten, welche kürzlich die Spalten der
+Gazette gefüllt hätten, und forderten sie, als bei dem großen Kampfe in
+vorderster Reihe stehend, auf, mit männlicher Tapferkeit für die
+Freiheiten Englands und den den Heiligen überlieferten Glauben zu
+streiten. Diese Versicherungen wurden freudig und dankend aufgenommen.
+Unter Denen aber, die sich zu entscheiden hatten, ob sie am nächsten
+Sonntage, den 20. Mai, dem Befehl des Königs nachkommen wollten
+oder nicht, herrschte noch immer große Ängstlichkeit und
+Meinungsverschiedenheit.
+
+
+[_Berathung der londoner Geistlichkeit._] Die londoner Geistlichkeit,
+welche damals allgemein als die Elite ihres Standes anerkannt war,
+veranstaltete eine berathende Versammlung. Funfzehn Doctoren der
+Theologie waren anwesend. Tillotson, Dechant von Canterbury, der
+berühmteste Kanzelredner der damaligen Zeit, kam vom Krankenlager dahin.
+Sherlock, Vorsteher des Tempels, Patrick, Dechant von Peterborough und
+Oberpfarrer des wichtigen Kirchspiels St. Paul in Coventgarden, sowie
+auch Stillingfleet, Archidiakonus von London und Dechant der St.
+Pauls-Kathedrale, nahmen daran Theil. Die Versammlung im Allgemeinen
+schien der Ansicht zu sein, daß es im Grunde doch gerathen sei, dem
+Geheimrathsbefehl zu gehorchen. Der Streit begann hitzig zu werden und
+hätte vielleicht schlimme Folgen haben können, wäre er nicht durch die
+Festigkeit und Einsicht des Unterpfarrers von St. Giles, Cripplegate,
+Doctor Eduard Fowler, beendigt worden. Dieser Mann gehörte zu der
+kleinen aber ausgezeichneten Klasse von Theologen, welche die der Schule
+Calvin’s eigene Liebe zur bürgerlichen Freiheit mit der Theologie der
+Schule des Arminius verbanden[86]. Er erhob sich und sprach: „Ich will
+offen meine Meinung sagen. Die Sache ist so klar und einfach, daß lange
+Erörterungen kein neues Licht auf sie werfen können, sondern nur die
+Leidenschaften aufregen müssen. Lassen Sie einem Jeden blos Ja oder Nein
+sagen. Ich für meine Person kann mich durch das Votum der Majorität
+nicht binden lassen. Es würde mir leid thun, wenn dadurch unsre
+Einigkeit gestört werden sollte, aber mein Gewissen erlaubt mir nicht,
+diese Erklärung zu verlesen.“ Tillotson, Patrick, Sherlock und
+Stillingfleet erklärten, daß sie der nämlichen Meinung seien, und die
+Majorität fügte sich einer so achtbaren Minorität. Es wurde ein Beschluß
+schriftlich ausgefertigt, durch den sich alle Anwesenden gegen einander
+verpflichteten, die Erklärung nicht zu verlesen. Patrick war der Erste,
+der seinen Namen unterschrieb, Fowler der Zweite. Das Papier wurde dann
+in der Stadt herumgeschickt und war bald von fünfundachtzig
+Pfründeninhabern unterzeichnet[87].
+
+Unterdessen beriethen sich mehrere Bischöfe in banger Sorge über das
+einzuschlagende Verfahren. Am 12. Mai war ein ernster und gelehrter
+Kreis um den Tisch des Primas zu Lambeth versammelt. Compton, Bischof
+von London, Turner, Bischof von Ely, White, Bischof von Peterborough,
+und Tenison, Oberpfarrer des Kirchspiels St. Martin, befanden
+sich unter den Anwesenden. Der Earl von Clarendon, ein warmer und
+unerschütterlicher Freund der Kirche, war ebenfalls eingeladen worden.
+Cartwright, Bischof von Chester, drängte sich, wahrscheinlich als Spion,
+in die Versammlung. So lange er anwesend war, konnten vertrauliche
+Mittheilungen nicht stattfinden; nach seinem Weggange aber wurde die
+große Frage, welche alle Gemüther erfüllte, zur Sprache gebracht und
+erörtert. Die allgemeine Ansicht war, daß die Erklärung nicht verlesen
+werden solle. An mehrere der achtbarsten Prälaten der Provinz Canterbury
+wurden sogleich Briefe geschrieben, durch welche dieselben aufgefordert
+wurden, unverzüglich nach London zu kommen, um ihren Metropoliten in
+dieser Angelegenheit zu unterstützen[88]. Da man kaum zweifeln konnte,
+daß diese Briefe geöffnet werden würden, wenn sie durch das Postamt in
+Lombard Street gingen, so wurden sie bis zu den nächsten Poststationen
+in den verschiedenen Richtungen durch reitende Boten befördert. Der
+Bischof von Winchester, dessen Loyalität sich bei Sedgemoor so glänzend
+erprobt hatte, beschloß trotz eines ernstlichen Unwohlseins der
+Aufforderung nachzukommen und sofort abzureisen, sah aber, daß er die
+Erschütterung des Fahrens nicht vertragen konnte. Der an Wilhelm Lloyd,
+Bischof von Norwich, gerichtete Brief wurde ungeachtet aller
+Vorsichtsmaßregeln von einem Postmeister zurückgehalten, und dieser
+Prälat, welcher keinem seiner Amtsbrüder in Muth und Eifer für die
+gemeinsame Sache seines Berufs nachstand, kam zu spät in London an[89].
+Sein Namensvetter, Wilhelm Lloyd, Bischof von St. Asaph, ein frommer,
+rechtschaffener und gelehrter Mann, aber von schwacher Urtheilskraft und
+halb aufgerieben durch seine beharrlichen Anstrengungen, aus Daniel und
+der Offenbarung einige Aufschlüsse über den Papst und den König von
+Frankreich zu gewinnen, eilte nach der Hauptstadt und traf am
+Sechzehnten ein[90]. Am nächstfolgenden Tage kamen auch der treffliche
+Ken, Bischof von Bath und Wells, Lake, Bischof von Chichester, und Sir
+Johann Trelawney, Bischof von Bristol, ein Baronet aus einer alten und
+angesehenen Familie in Cornwall.
+
+ [Anmerkung 86: Der verstorbene Alexander Knox, dieser
+ ausgezeichnete Mann, dessen beredte Conversation und vortrefflich
+ ausgearbeitete Briefe einen großen Einfluß auf die Gemüther seiner
+ Landsleute ausübten, hat, wie ich vermuthe, vieles von seinem
+ theologischen System und Fowler’s Schriften gelernt. Fowler’s Werk
+ über den Zweck des Christenthums wurde von Johann Bunyan mit einer
+ durch nichts zu rechtfertigenden Heftigkeit angegriffen, die sich
+ nur durch die Herkunft und mangelhafte Erziehung des ehrlichen
+ Kesselflickers einigermaßen entschuldigen läßt.]
+
+ [Anmerkung 87: Johnstone, 23. Mai 1688. Es existirt ein
+ satirisches Gedicht auf diese Versammlung betitelt: „Die
+ geistliche Cabale.“]
+
+ [Anmerkung 88: +Clarendon’s Diary, May 22. 1688.+]
+
+ [Anmerkung 89: Auszug aus Tanner’s Handschriften in +Howell’s
+ State Trials+; +Life of Prideaux+; +Clarendon’s Diary, May 16.
+ 1688+.]
+
+ [Anmerkung 90: +Clarendon’s Diary, May 16 & 17. 1688+.]
+
+
+[_Berathung im Palast zu Lambeth._] Am Achtzehnten wurde im Palast des
+Primas zu Lambeth eine Versammlung von Prälaten und anderen
+ausgezeichneten Theologen gehalten. Tillotson, Tenison, Stillingfleet,
+Patrick und Sherlock waren dabei anwesend. Vor dem Beginn der Berathung
+wurde eine feierliche Betstunde gehalten. Nach einer langen Besprechung
+setzte der Erzbischof eigenhändig eine Petition auf, in der die
+allgemeine Ansicht ausgesprochen war. Sie war nicht im elegantesten
+Style abgefaßt. Sancroft zog sich durch den schwülstigen und unschönen
+Periodenbau sogar spöttelnden Tadel zu, den er mit weniger Geduld
+ertrug, als er bei viel härteren Prüfungen gezeigt hatte. Dem Inhalte
+nach aber konnte nichts geschickter entworfen sein, als dieses
+denkwürdige Actenstück. Man verwahrte sich entschieden gegen alle
+Illoyalität und Intoleranz, versicherte dem König, daß die Kirche noch
+immer, wie von jeher, dem Throne treu ergeben sei und daß die Bischöfe
+seiner Zeit am geeigneten Orte als Lords des Parlaments und als
+Mitglieder des Oberhauses der Convocation beweisen wurden, wie es ihnen
+keineswegs an humaner Rücksicht auf die Gewissensbedenken der Dissenters
+fehle. Aber das Parlament habe sowohl unter der vorigen wie unter der
+gegenwärtigen Regierung ausgesprochen, daß der Souverain nach der
+Verfassung nicht berechtigt sei, in kirchlichen Angelegenheiten von
+Gesetzen zu dispensiren. Deshalb sei die Erklärung gesetzwidrig und
+Klugheit, Ehre und Gewissen gestatte den Petenten nicht, sich bei der
+feierlichen Veröffentlichung einer ungesetzlichen Erklärung im Hause
+Gottes und während der Zeit des Gottesdienstes zu betheiligen.
+
+Diese Petition wurde von dem Erzbischof und sechs seiner Suffraganen,
+Lloyd von St. Asaph, Turner von Ely, Lake von Chichester, Ken von Bath
+und Wells, White von Peterborough und Trelawney von Bristol,
+unterzeichnet. Der Bischof von London unterzeichnete nicht mit, weil er
+suspendirt war.
+
+
+[_Die Petition der sieben Bischöfe dem Könige überreicht._] Es war spät
+am Freitag Abend, und am Sonntag Morgen sollte die Erklärung in den
+Kirchen von London verlesen werden. Die Petition mußte daher dem Könige
+unverweilt überreicht werden. Die sechs Bischöfe brachen sofort nach
+Whitehall auf; der Erzbischof, dem schon seit geraumer Zeit der Zutritt
+bei Hofe untersagt war, begleitete sie nicht. Lloyd ließ seine fünf
+Collegen im Hause des Lord Dartmouth in der Nähe des Palastes zurück,
+begab sich zu Sunderland und bat den Minister, die Petition zu lesen und
+sich zu erkundigen, wann der König geneigt sein werde, sie in Empfang zu
+nehmen. Sunderland wollte, aus Furcht sich zu compromittiren, die
+Petition gar nicht ansehen, begab sich aber sogleich ins königliche
+Kabinet. Jakob befahl, die Bischöfe vorzulassen. Er hatte von seinem
+Spion Cartwright erfahren, daß sie wohl geneigt wären, dem königlichen
+Befehle zu gehorchen, aber einige kleine Änderungen in der Form
+wünschten und eine unterthänige Bitte in diesem Sinne vorlegen wollten.
+Seine Majestät war daher sehr gut gelaunt. Als die Prälaten vor ihm
+knieten, bat er sie freundlich, aufzustehen, nahm das Papier, aus
+Lloyd’s Händen und sagte: „Das ist Mylord Canterbury’s Hand.“ -- „Ja,
+Sire, seine eigene Hand,“ war die Antwort. Jakob las die Petition, brach
+sie dann zusammen und sprach, während seine Stirn sich verfinsterte:
+„Dies ist eine große Überraschung für mich. Ich hätte dies von Ihrer
+Kirche, insbesondere von einigen unter Ihnen, nicht erwartet. Das heißt
+die Fahne des Aufruhrs aufpflanzen.“ Die Bischöfe ergossen sich in die
+wärmsten Versicherungen ihrer Loyalität; der König aber wiederholte
+seiner Gewohnheit nach die gesprochenen Worte von Anfang bis zu Ende.
+„Ich sage Ihnen, es ist eine Fahne des Aufruhrs!“ -- „Des Aufruhrs?“
+rief Trelawney auf die Knie fallend. „Um des Himmels willen, Sire,
+sprechen Sie nicht so hart von uns. Ein Trelawney kann nie ein Rebell
+werden. Erinnern Sie Sich, daß meine Familie für die Krone gekämpft hat,
+erinnern Sie Sich, wie ich Eurer Majestät gedient habe, als Monmouth im
+Westen war.“ -- „Wir haben den letzten Aufstand unterdrückt,“ sagte
+Lake, „und wollen gewiß nicht einen neuen hervorrufen.“ -- „Wir,
+Rebellen!“ rief Turner; „wir sind bereit, zu den Füßen Eurer Majestät zu
+sterben.“ -- „Sire,“ hob jetzt Ken in einem männlicheren Tone an, „ich
+hoffe, Sie werden uns die Gewissensfreiheit zugestehen, die Sie
+Jedermann gewähren.“ Jakob aber wiederholte abermals: „Das ist Aufruhr!
+das ist eine Fahne des Aufruhrs! Hat jemals ein guter Diener der
+Staatskirche das Dispensationsrecht in Frage gestellt? Haben nicht
+einige von Ihnen zu Gunsten desselben gepredigt und geschrieben? Ich
+will durchaus, daß meine Erklärung verlesen werde!“ -- „Wir haben zwei
+Pflichten zu erfüllen,“ erwiederte Ken, „unsre Pflicht gegen Gott und
+unsre Pflicht gegen Eure Majestät. Wir ehren Sie, aber wir fürchten
+Gott.“ -- „Habe ich das um Sie verdient?“ versetzte der König mit
+wachsendem Zorne; „bin ich nicht stets ein Freund Ihrer Kirche gewesen?
+Ich hätte dies nicht von Ihnen erwartet. Aber ich verlange Gehorsam.
+Meine Erklärung muß verlesen werden. Sie sind die Trompeter des
+Aufruhrs. Was wollen Sie hier? Gehen Sie in Ihre Diöcesen und sorgen Sie
+dafür, daß meinen Befehlen gehorcht wird. Dieses Papier will ich
+behalten. Sie bekommen es nicht zurück. Ich werde Sie, die
+Unterzeichner, nicht vergessen.“ -- „Gottes Wille geschehe,“ sagte Ken.
+-- „Gott hat mir die Dispensationsgewalt verliehen,“ fuhr der König
+fort, „und ich werde sie zu behaupten wissen. Ich sage Ihnen, es sind
+noch Siebentausend in Ihrer Kirche, die das Knie nicht vor dem Baal
+gebeugt haben.“ Die Bischöfe entfernten sich ehrerbietig[91]. Noch den
+nämlichen Abend erschien die Petition, die sie dem Könige überreicht
+hatten, Wort für Wort, in Druck und wurde in allen Kaffeehäusern
+ausgelegt und in den Straßen zum Verkauf ausgeboten. Allenthalben
+standen die Leute aus den Betten wieder auf und gingen hinunter auf die
+Straße, um zu sehen, was es gab. Man sagte, daß der Drucker binnen
+wenigen Stunden durch dieses Pennyblatt tausend Pfund verdient habe.
+Dies mag übertrieben sein, aber es beweist wenigstens, daß der Absatz
+ungeheuer war. Wie die Petition in die Öffentlichkeit kam, ist noch
+heute ein Geheimniß. Sancroft versicherte, daß er jede erdenkliche
+Vorsicht beobachtet habe und von keinem andren Exemplare wisse, als von
+dem, welches er selbst geschrieben und das der König aus Lloyd’s Händen
+entgegengenommen hatte. Die Wahrhaftigkeit des Erzbischofs ist über alle
+Zweifel erhaben. Nicht unwahrscheinlich aber ist es, daß einige von den
+anwesenden Geistlichen das kurze Schriftstück ihrem Gedächtniß genau
+eingeprägt und es zum Druck befördert hatten. Die vorherrschende Meinung
+war jedoch, daß eine Person aus der nächsten Umgebung des Königs eine
+Indiscretion oder einen Verrath begangen habe[92]. Kaum weniger Aufsehen
+machte ein kurzer, mit großer logischer Schärfe und in kräftiger Sprache
+geschriebener Brief, der im Geheimen gedruckt und an dem nämlichen Tage
+durch die Post und durch die gewöhnlichen Botenfuhrleute verbreitet
+wurde. Jedem Geistlichen im ganzen Lande wurde ein Exemplar zugesandt.
+Der Verfasser versuchte es nicht, die Gefahr zu verhehlen, der sich
+Diejenigen aussetzten, welche dem königlichen Befehle nicht gehorchten;
+aber er schilderte mit lebhaften Farben die noch größere Gefahr der
+Unterwerfung. „Wenn wir die Erklärung verlesen,“ sagte er, „so fallen
+wir, um uns nicht wieder zu erheben. Und wir werden nicht bedauert,
+sondern nur verachtet werden; wir fallen unter den Verwünschungen einer
+Nation, die unsre Willfährigkeit ins Verderben gestürzt hat.“ Einige
+waren der Meinung, die Schrift sei aus Holland herübergekommen, Andere
+schrieben sie Sherlock zu. Aber Prideaux, Dechant von Norwich, der bei
+der Verbreitung besonders thätig war, hielt sie für das Werk Halifax’.
+
+Das Verfahren der Prälaten fand allgemeinen und lebhaften Beifall; aber
+hier und da ließ sich auch ein Murren vornehmen. Man sagte, daß so
+ernste Männer, wenn ihr Gewissen ihnen geboten hätte, beim Könige zu
+remonstriren, dies früher hätten thun sollen. Wäre es recht gegen ihn
+gehandelt, daß sie ihn bis sechsunddreißig Stunden vor der zur Verlesung
+der Erklärung festgesetzten Zeit im Dunkeln ließen? Selbst wenn er den
+Geheimrathsbefehl hätte zurücknehmen wollen, wäre es dazu zu spät
+gewesen. Aus dem Allen scheine hervorzugehen, daß die Petition nicht den
+Zweck gehabt habe, den König andren Sinnes zu machen, sondern nur die
+Unzufriedenheit des Volks zu erregen[93]. Diese Beschwerden waren jedoch
+völlig grundlos. Der König hatte den Bischöfen einen neuen, unerwarteten
+und in Verlegenheit setzenden Befehl gegeben. Es war ihre Pflicht, mit
+einander in Vernehmen zu treten und so weit als möglich die Ansicht des
+Standes, dessen Oberhäupter sie waren, einzuholen, ehe sie irgend einen
+Schritt thaten. Die Mitglieder waren im ganzen Lande zerstreut, einige
+waren eine volle Tagereise von einander entfernt. Jakob hatte ihnen nur
+vierzehn Tage Zeit gelassen, um sich zu erkundigen, zu berathschlagen
+und einen Entschluß zu fassen, und er konnte sich gewiß nicht darüber
+beklagen, daß diese vierzehn Tage zu Ende gingen, bevor er ihren
+Entschluß erfuhr. Ebenso ist es auch nicht wahr, daß sie ihm nicht Zeit
+ließen, seinen Befehl zurückzunehmen, wenn er hätte so klug sein wollen,
+dies zu thun. Er hätte am Samstag Morgen den Geheimen Rath
+zusammenberufen können und vor dem Abend konnte es in ganz London und
+dessen Vorstädten bekannt sein, daß er den Bitten der Väter der Kirche
+nachgegeben. Der Samstag ging jedoch ohne ein Zeichen von Sinnesänderung
+seitens der Regierung vorüber und der Sonntag kam heran, ein Tag, dessen
+man sich noch lange erinnerte.
+
+ [Anmerkung 91: Sancroft’s Bericht aus Tanner’s Handschriften
+ abgedruckt; Citters, 22. Mai (1. Juni) 1688.]
+
+ [Anmerkung 92: +Burnet, I. 741+; +Revolution Politics+; +Higgins’s
+ Short View.+]
+
+ [Anmerkung 93: +Clarke’s Life of James the Second, II. 155.+]
+
+
+[_Die londoner Geistlichkeit gehorcht dem königlichen Befehle nicht._]
+In der City und den Vorstädten Londons gab es ungefähr hundert
+Pfarrkirchen. Nur in vier derselben wurde der Geheimrathsbefehl befolgt.
+In der St. Gregorskirche wurde die Erklärung von einem Geistlichen,
+Namens Martin, verlesen. Sobald er die ersten Worte sprach, stand die
+ganze Gemeinde auf und entfernte sich. In der St. Matthäuskirche in
+Friday Street wurde ein Elender, Namens Timotheus Hall, der seinen
+Priesterrock geschändet, indem er der Herzogin von Portsmouth bei dem
+Handel mit Begnadigungen als Zwischenträger gedient und der jetzt
+Hoffnung auf das erledigte Bisthum Oxford hatte, ebenfalls von seiner
+Gemeinde in der Kirche allein gelassen. In Serjeant’s Inn, in Chancery
+Lane, gab der Geistliche vor, er habe vergessen, ein Exemplar der
+Erklärung mitzubringen, und der Oberrichter der Kings Bench, welcher
+anwesend war, um darauf zu sehen, daß dem königlichen Befehle gehorcht
+werde, mußte sich mit dieser Entschuldigung begnügen. Samuel Wesley, der
+Vater Johann’s und Karl’s Wesley, Pfarrer in London, wählte an diesem
+Sonntage zum Text seiner Predigt die edle Antwort, welche die drei Juden
+dem chaldäischen Tyrannen gaben: „So sollst Du nun wissen, o König, daß
+wir Deine Götter nicht ehren, noch das güldene Bild, das Du hast setzen
+lassen, anbeten wollen.“ Selbst in der Kapelle des St. Jamespalastes
+hatte der dienstthuende Geistliche den Muth, dem Befehle nicht zu
+gehorchen. Die Knaben von Westminster erinnerten sich noch lange dessen,
+was an jenem Tage in der Abtei vorging. Sprat, Bischof von Rochester,
+fungirte hier als Dechant. Sobald er die Erklärung zu verlesen begann,
+übertäubte das Murren und das Geräusch des sich aus der Kirche
+drängenden Volks seine Stimme. Er zitterte so heftig, daß man das Papier
+in seiner Hand sich bewegen sah. Lange bevor er geendet hatte, war die
+Kirche von Allen verlassen, bis auf Diejenigen, die ihre Stellung zum
+Bleiben nöthigte.[94]
+
+Noch nie war die Kirche der Nation so theuer gewesen, als an jenem
+Nachmittage. Der Geist der Zwietracht schien erloschen zu sein. Baxter
+hielt auf der Kanzel eine Lobrede auf die Bischöfe und die Pfarrer.
+Wenige Stunden später schrieb der holländische Gesandte an die
+Generalstaaten, daß die anglikanische Geistlichkeit in der Achtung des
+Publikums unglaublich gestiegen sei. Die Nonconformisten, sagte er,
+sprächen sich allgemein dahin aus, daß sie lieber unter dem Drucke der
+Strafgesetze bleiben, als ihre Sache von der der Prälaten trennen
+wollten.[95]
+
+So verging noch eine Woche ängstlicher Aufregung, und der zweite Sonntag
+kam heran. Abermals waren die Kirchen der Hauptstadt mit
+Hunderttausenden gefüllt. Die Erklärung wurde nirgends anderwärts
+verlesen, als an den wenigen Orten, wo sie vor acht Tagen verlesen
+worden war. Der Geistliche, der in der Kapelle des St. Jamespalastes
+gepredigt hatte, war seines Amtes entsetzt worden und es erschien ein
+servilerer Geistlicher mit dem Papier in der Hand; aber er war so
+befangen, daß er nicht vernehmlich sprechen konnte. Die Stimmung der
+ganzen Nation hatte sich in der That so gestaltet, daß nur die besten
+und hochherzigsten, oder die schlechtesten und characterlosesten
+Menschen ihr ohne große Angst die Stirn bieten konnten.[96]
+
+ [Anmerkung 94: Citters; 22. Mai (1. Juni) 1688; +Burnet+, I. 740
+ und Lord Dartmouth’s Note; +Southey’s Life of Wesley+.]
+
+ [Anmerkung 95: Citters, 22. Mai (1. Juni) 1688.]
+
+ [Anmerkung 96: +Ibid.+ 29. Mai (8. Juni) 1688.]
+
+
+[_Unschlüssigkeit der Regierung._] Selbst der König war einen Augenblick
+bestürzt über die Heftigkeit des von ihm heraufbeschworenen Sturmes. Was
+sollte er nun zunächst thun? Er mußte entweder vorwärts oder rückwärts
+gehen, und ersteres konnte er nicht ohne Gefahr, letzteres nicht ohne
+Demüthigung. Einmal nahm er sich vor, einen neuen Befehl zu erlassen,
+durch den er der Geistlichkeit in hochmüthigem und zornigem Tone gebot,
+seine Erklärung zu verlesen, und jedem Widerspenstigen mit
+augenblicklicher Amtsentsetzung drohte. Dieser Befehl wurde zu Papier
+gebracht und in die Druckerei geschickt, dann zurückgeholt, dann zum
+zweitenmal in die Druckerei geschickt und noch einmal zurückgeholt.[97]
+Zu einem andren Plane riethen einige von Denen, welche für strenge
+Maßregeln waren. Sie meinten, die Prälaten, welche die Petition
+unterzeichnet hatten, könnten ja vor die kirchliche Commission citirt
+und ihrer Bischofssitze beraubt werden. Gegen dieses Verfahren aber
+wurden im Staatsrathe energische Einwendungen erhoben. Man habe
+angekündigt, daß die Kammern noch vor Ende des Jahres einberufen werden
+sollten und die Lords würden das Absetzungsurtel unzweifelhaft für null
+und nichtig erklären, auf der Einberufung Sancroft’s und seiner
+Mitpetenten bestehen und sich weigern, einen neuen Erzbischof von
+Canterbury oder einen neuen Bischof von Bath und Wells anzuerkennen. So
+würde die Session, die aller Wahrscheinlichkeit nach im günstigen Falle
+immer noch sehr stürmisch werden würde, sogleich mit einem erbitterten
+Streite zwischen der Krone und den Peers beginnen. Wenn daher eine
+Bestrafung der Bischöfe für nöthig gehalten würde, so müßte dieselbe
+nach dem bekannten Gange des englischen Rechtsverfahrens über sie
+verhängt werden. Sunderland hatte sich von Anfang an, soweit er es ohne
+Gefahr wagen konnte, dem Geheimrathsbefehl widersetzt. Jetzt rieth er zu
+einem Verfahren, das zwar nicht frei von Nachtheilen, aber doch das
+klügste und würdigste war, welches der Regierung nach einer Reihe von
+Fehlgriffen noch offen stand. Der König solle mit Huld und Majestät der
+Welt ankündigen, daß das ungehorsame Benehmen der anglikanischen Kirche
+ihn tief verletzt habe, daß er aber die vielen Dienste nicht vergessen
+könne, die diese Kirche in schweren Prüfungszeiten seinem Vater, seinem
+Bruder und ihm selbst geleistet; daß er als Freund der Gewissensfreiheit
+nicht streng gegen Männer verfahren wolle, deren allerdings
+irregeleitetes und über alle Maßen bedenkliches Gewissen ihnen nicht
+erlaubt habe, seinen Befehlen zu gehorchen, und daß er daher die
+Schuldigen der Strafe überlassen werde, die ihre eigne Überzeugung ihnen
+zuerkennen müsse, wenn sie ihre neuesten Schritte mit den loyalen
+Grundsätzen verglichen, deren sie sich so laut gerühmt hätten. Nicht
+allein Powis und Bellasyse, welche stets für gemäßigte Beschlüsse waren,
+sondern selbst Dover und Arundell neigten sich zu diesem Vorschlage hin.
+Jeffreys dagegen behauptete, daß die Regierung entehrt sein würde, wenn
+sie solche Verbrecher, wie die sieben Bischöfe, mit einem bloßen
+Verweise davon kommen ließe. Er wünschte jedoch nicht, daß sie vor die
+Hohe Commission, in welcher er als erster oder vielmehr einziger Richter
+saß, geladen würden, denn die Last des öffentlichen Hasses, die er
+bereits zu tragen hatte, war selbst für seine schamlose Stirn und sein
+verknöchertes Herz zu groß, und er erschrak vor der Verantwortlichkeit,
+die er durch eine gesetzwidrige Verurtheilung der Oberhäupter der
+Staatskirche und der Lieblinge des Volkes auf sich geladen haben würde.
+
+ [Anmerkung 97: +Ibid.+]
+
+
+[_Es wird eine gerichtliche Verfolgung der Bischöfe wegen Libells
+beschlossen._] Jeffreys empfahl deshalb einen Criminalprozeß gegen sie
+anhängig zu machen. In Folge dessen wurde beschlossen, den Erzbischof
+und die sechs anderen Bittsteller unter der Anklage auf Abfassung eines
+aufrührerischen Libells vor den Gerichtshof der Kings Bench zu stellen.
+Daß sie für schuldig befunden werden würden, daran war kaum zu zweifeln,
+denn die Richter und ihre Unterbeamten waren Werkzeuge des Hofes.
+Seitdem der Hauptstadt ihr alter Freibrief entzogen worden, war kaum ein
+Gefangener, den die Regierung bestraft wissen wollte, von einer Jury
+freigesprochen worden. Die widerspenstigen Prälaten wurden höchst
+wahrscheinlich zu unerschwinglichen Geldbußen und langer Haft
+verurtheilt und waren dann froh, wenn sie sich dadurch loskaufen
+konnten, daß sie in und außer dem Parlament den Absichten des Königs
+dienten.[98]
+
+Am 27. Mai wurde den Bischöfen angekündigt, daß sie am 8. Juni vor dem
+Könige im Geheimen Rathe erscheinen sollten. Warum eine so lange Frist
+gestattet wurde, ist uns nicht bekannt. Vielleicht hoffte Jakob, daß
+einige der Schuldigen sich aus Furcht vor seiner Ungnade bis zu dem zum
+Verlesen der Erklärung bestimmten Tage noch fügen und, um sich mit ihm
+auszusöhnen, die Geistlichen ihrer Diöcesen zum Gehorsam überreden
+würden. Wenn dies wirklich seine Hoffnung war, so wurde sie vollständig
+getäuscht. Der 3. Juni kam und alle Theile Englands folgten dem
+Beispiele der Hauptstadt. Die Bischöfe von Norwich, Gloucester,
+Salisbury, Winchester und Exeter hatten bereits Abschriften der Petition
+zum Beweis ihrer Zustimmung unterzeichnet; der Bischof von Worcester
+hatte sich geweigert, die Erklärung unter seine Geistlichen zu
+vertheilen; der Bischof von Hereford hatte sie vertheilt, wurde aber,
+wie allgemein bekannt war, deshalb von Reue und Scham gequält. Von
+fünfzig Pfarrern fügte sich noch nicht einer dem Geheimrathsbefehl. In
+der großen Diöcese Chester, welche die Grafschaft Lancaster umfaßt,
+konnte Cartwright nicht mehr als drei Geistliche zum Gehorsam gegen den
+König bewegen. Die Diöcese Norwich enthält viele hundert Pfarreien, und
+nur in vieren davon wurde die Erklärung verlesen. Dem höfischen Bischof
+von Rochester gelang es nicht, die Gewissensscrupel des
+Gefängnißpredigers von Chatham, der von der Regierung besoldet wurde, zu
+heben. Es existirt noch ein rührender Brief, den dieser wackere
+Geistliche an den Sekretär der Admiralität schrieb. „Ich kann wohl nicht
+erwarten,“ schrieb er darin, „daß Euer Ehren sich für mich verwenden.
+Der Wille Gottes geschehe. Ich will lieber leiden, als sündigen“[99].
+
+ [Anmerkung 98: Barillon, 24. Mai (3. Juni), 31. Mai (10. Juni)
+ 1688; Citters, 1.(11.) Juli; Adda 25. Mai (4. Juni), 30. Mai (9.
+ Juni), 1.(11.) Juni; +Clarke’s Life of James the Second, II.
+ 158+.]
+
+ [Anmerkung 99: +Burnet, I. 740+; +Life of Prideaux+; Citters,
+ 12.(22.), 15.(25.) Juni 1688; +Tanner MS.+; +Life and
+ Correspondence of Pepys+.]
+
+
+[_Sie werden im Geheimen Rathe verhört._] Am Abend des 8. Juni begaben
+sich die sieben Prälaten, von den ausgezeichnetsten Rechtsgelehrten
+Englands gehörig instruirt, in den Palast, wo sie alsbald in das
+Geheimrathszimmer gerufen wurden. Ihre Petition lag auf dem Tische. Der
+Kanzler nahm das Papier, zeigte es dem Erzbischofe und sagte: „Ist dies
+die Schrift, die Euer Gnaden aufgesetzt und welche die hier anwesenden
+Bischöfe Seiner Majestät überreicht haben?“ Sancroft warf einen Blick
+auf das Papier und sagte dann zum Könige: „Sire, ich stehe hier als
+Angeklagter. Ich war dies noch nie und hätte früher nicht geglaubt, daß
+ich es je einmal werden könnte. Am allerwenigsten aber habe ich daran
+gedacht, daß mir ein Vergehen gegen meinen König zur Last gelegt werden
+könnte. Da ich aber das Unglück habe, in diese Lage gekommen zu sein, so
+wird Eure Majestät es mir nicht übel nehmen, wenn ich von dem mir
+gesetzlich zustehenden Rechte Gebrauch mache, nichts zu sagen, was mich
+als schuldig erscheinen lassen könnte.“ -- „Dies ist bloße Chikane,“
+erwiederte der König. „Euer Gnaden werden hoffentlich nicht so
+gewissenlos sein, daß Sie Ihre eigne Hand verleugnen?“ -- „Sire,“ sagte
+Lloyd, der die Casuistik gründlich studirt hatte, „alle Theologen
+stimmen darin überein, daß Jemand, der sich in unsrer Lage befindet, die
+Antwort auf eine solche Frage verweigern darf.“ Der König, der eben so
+beschränkten Verstandes, als heftigen Temperamentes war, wußte nicht
+sogleich was der Prälat meinte. Er beharrte jedoch auf seinem Verlangen
+und gerieth in sichtbaren Zorn. „Sire,“ hob der Erzbischof wieder an,
+„ich bin nicht verpflichtet, mich selbst anzuklagen. Dessenungeachtet
+will ich, wenn Eure Majestät es durchaus befiehlt, eine Antwort geben,
+in dem Vertrauen, daß ein gerechter und edelsinniger Fürst das was ich
+lediglich aus Gehorsam gegen Höchstdessen Befehl thue, nicht als
+Rechtsbeweis gegen mich anwenden lassen wird.“ -- „Sie dürfen mit Ihrem
+Souverain nicht kapituliren,“ sagte der Kanzler. „Nein,“ setzte der
+König hinzu, „ich werde einen solchen Befehl nicht geben. Wenn Sie es
+vorziehen, Ihre eigenen Handschriften abzuleugnen, so habe ich Ihnen
+nichts mehr zu sagen.“
+
+Die Bischöfe wurden zu wiederholten Malen ins Vorzimmer hinausgeschickt
+und eben so oft wieder hereingerufen. Endlich gab ihnen Jakob den
+bestimmten Befehl, auf die Frage zu antworten. Er verpflichtete sich
+allerdings nicht ausdrücklich dazu, daß ihr Geständniß nicht gegen sie
+angewendet werden sollte; aber nach dem was vorausgegangen war, mußten
+sie natürlich annehmen, daß diese Zusage selbstverständlich mit in dem
+Befehle enthalten sei. Sancroft erkannte seine Handschrift an, und seine
+Collegen folgten seinem Beispiele. Hierauf wurden sie über den Sinn
+einiger in der Petition vorkommenden Worte und über den Brief befragt,
+der im ganzen Lande verbreitet worden war und so großes Aufsehen gemacht
+hatte; aber ihre Antworten waren so vorsichtig, daß durch das Verhör
+nichts gewonnen wurde. Der Kanzler sagte ihnen nun, daß eine
+Criminaluntersuchung bei der Kings Bench gegen sie eingeleitet werden
+würde und forderte sie auf, sich wegen ihres Erscheinens jeder für seine
+eigne Person zu verpflichten. Dies lehnten sie aber ab. Sie seien Peers
+des Reiches, sagten sie, die besten Rechtsgelehrten von Westminster Hall
+hätten ihnen gesagt, daß keinem Peer in einer Untersuchung wegen Libells
+persönliche Bürgschaft angesonnen werden könne, und sie hielten sich
+nicht für berechtigt, auf eines ihrer Standesvorrechte zu verzichten.
+Der König war einfältig genug, es als eine persönliche Beleidigung gegen
+sich zu betrachten, daß die Bischöfe in einer Rechtsfrage sich durch
+juristischen Rath leiten ließen. „Sie glauben ja auch jedem Andren eher
+als mir,“ sagte er. Er fühlte sich ernstlich gedemüthigt und beunruhigt,
+denn er war so weit gegangen, daß ihm, wenn sie auf ihrem Vorsatze
+beharrten, nichts Andres übrig blieb, als sie in’s Gefängniß zu
+schicken, und wenn er auch keineswegs _alle_ Folgen eines solchen
+Schrittes voraussah, so sah er doch so viel davon voraus, daß ihm bange
+wurde. Sie blieben fest. Es wurde daher wirklich ein Befehl
+ausgefertigt, welcher den Gouverneur des Tower anwies, sie in sicherem
+Gewahrsam zu halten und eine Barke brachte sie den Fluß hinunter nach
+dem Staatsgefängnisse.[100]
+
+Ganz London wußte, daß die Bischöfe vor dem Geheimen Rathe standen. Das
+Publikum war in gespannter Erwartung. Eine große Menschenmenge füllte
+die Höfe von Whitehall und alle umliegenden Straßen. Viele Leute
+pflegten sich damals an Sommerabenden an der kühlen Themseluft zu
+erlaben; an diesem Abend aber war der ganze Fluß mit Böten bedeckt. Als
+die sieben Bischöfe in Begleitung einer Wache erschienen, konnte das
+Volk seine Gefühle nicht mehr beherrschen. Tausende fielen auf die Knie
+und beteten laut für die Männer, welche mit dem christlichen Muthe eines
+Ridley und Latimer einem von der ganzen Bigotterie der Maria erfüllten
+Tyrannen Trotz geboten hatten. Viele sprangen in den Fluß und riefen,
+bis über den Hüften in Schlamm und Wasser stehend, die heiligen Väter um
+ihren Segen an. Auf der ganzen Strecke von Whitehall bis zur
+London-Brücke fuhr die königliche Barke zwischen Reihen von Böten, aus
+denen beständig der Ruf: „Gott segne Eure Lordschaften!“ ertönte. Der
+König gab in seiner Angst Befehl, daß die Besatzung des Tower verstärkt,
+die Garden zum Feuern bereit gehalten und zwei Compagnien von jedem
+Regiment im ganzen Reiche unverzüglich nach London berufen werden
+sollten. Die Militairmacht aber, die er als das zuverlässigste Werkzeug
+zur Bändigung des Volkes ansah, theilte alle Gefühle desselben. Selbst
+die Schildwachen, welche am Verrätherthore unter Waffen standen, baten
+die Märtyrer, die sie bewachen sollten, um ihren Segen. Der Gouverneur
+des Tower war Sir Eduard Hales. Er war nicht eben geneigt, seine
+Gefangenen freundlich zu behandeln, denn er war von der Kirche, für die
+sie litten, abgefallen und bekleidete kraft der Dispensationsgewalt,
+gegen die sie protestirt hatten, mehrere einträgliche Stellen. Mit
+Entrüstung vernahm er, daß seine Soldaten auf das Wohl der Bischöfe
+tranken, und er befahl seinen Offizieren, dies ein für allemal zu
+verbieten; aber diese brachten ihm die Meldung, daß es sich nicht mehr
+verhindern lasse und daß in der ganzen Besatzung keine andre Gesundheit
+mehr ausgebracht werde. Übrigens bewiesen die Truppen ihre Verehrung für
+die Väter der Kirche nicht allein durch Toaste. Im ganzen Tower
+herrschte eine so andächtige Stimmung, daß fromme Geistliche dem Himmel
+dankten, daß er aus Bösem Gutes hervorgehen ließe und die Verfolgung
+seiner treuen Diener zum Rettungsmittel für viele Seelen machte. Tag für
+Tag sah man die Equipagen und Livreen der vornehmsten Kavaliere Englands
+vor den Eingängen des Gefängnisses, und Tausende von Zuschauern aus den
+bürgerlichen Klassen bedeckten fortwährend Towerhill.[101] Von den
+verschiedenen Zeichen der öffentlichen Verehrung und Theilnahme für die
+Prälaten erfüllte aber namentlich eines mehr als alle anderen den König
+mit Zorn und Besorgniß. Er erfuhr, daß eine Deputation von zehn
+nonconformistischen Geistlichen die Bischöfe im Tower besucht hatte. Er
+ließ vier von ihnen zu sich entbieten und machte ihnen persönlich
+heftige Vorwürfe; sie aber antworteten ihm muthig, daß sie es für ihre
+Pflicht hielten, vergangene Streitigkeiten zu vergessen und zu den
+Männern zu stehen, welche die Träger des protestantischen Glaubens
+seien.[102]
+
+ [Anmerkung 100: Sancroft’s Bericht, abgedruckt aus Tanner’s
+ Handschriften.]
+
+ [Anmerkung 101: +Burnet, I. 741+; Citters, 8.(18.), 12.(22.) Juni
+ 1688; +Luttrell’s Diary, June 8+; +Evelyn’s Diary+, Brief von
+ +Dr.+ Ralson an seine Gattin vom 14. Juni abgedruckt aus Tanner’s
+ Handschriften; +Reresby’s Memoirs+.]
+
+ [Anmerkung 102: +Reresby’s Memoirs+.]
+
+
+[_Geburt des Prätendenten._] Kaum hatten sich die Thore des Tower hinter
+den Gefangenen geschlossen, so trat ein Ereigniß ein, welches die
+allgemeine Aufregung noch vermehrte. Es war angekündigt worden, daß die
+Königin erst im Juli ihre Entbindung erwarte. Den Tag nach dem Verhöre
+der Bischöfe aber bemerkte man, daß der König sich angelegentlich nach
+ihrem Befinden erkundigte. Sie saß jedoch diesen Abend noch bis gegen
+Mitternacht in Whitehall am Spieltisch. Dann aber wurde sie in einer
+Sänfte in den St. Jamespalast gebracht, wo in aller Eil Zimmer für sie
+eingerichtet worden waren. Bald darauf eilten Boten nach allen
+Richtungen hin, um Ärzte und Priester, Staatsräthe und Kammerdamen
+herbeizuholen. Binnen wenigen Stunden waren eine Menge Staatsbeamte und
+vornehme Damen im Zimmer der Königin versammelt, und hier wurde am
+Morgen des 10. Juni, einem Sonntage, der von den allzutreuen Freunden
+einer schlechten Sache lange in Ehren gehalten wurde, der unglücklichste
+aller Fürsten geboren, bestimmt zu siebenundsiebzig Jahren der
+Verbannung und des Umherirrens, zu einem Leben voll eitler Pläne, voll
+Ehrenbezeigungen, welche kränkender sind als offene Beleidigungen, und
+voll Hoffnungen, die das Herz vor Gram vergehen lassen.
+
+
+[_Man hält ihn allgemein für untergeschoben._] Die traurigen Schicksale
+des armen Kindes begannen schon vor seiner Geburt. Die Nation über
+welche er nach der gewöhnlichen Erbfolgeordnung einst regiert haben
+würde, war fest überzeugt, daß seine Mutter gar nicht schwanger sei.
+Wäre seine Geburt auch durch noch so viele Zeugen bewiesen worden,
+ein großer Theil des Volks würde trotzdem wahrscheinlich bei der
+Behauptung geblieben sein, daß die Jesuiten ein geschicktes
+Taschenspielerkunststück ausgeführt hätten; der Beweis für die Thatsache
+ließ aber, theils durch Zufall, theils durch grobe Versehen manchen
+Einwürfen und Zweifeln Raum. Es waren zwar viele Personen beiderlei
+Geschlechts im königlichen Schlafgemache anwesend, als das Kind das
+Licht der Welt erblickte, aber keine von ihnen erfreute sich des
+öffentlichen Vertrauens im besonderen Grade. Von den anwesenden
+Geheimräthen waren die Hälfte Katholiken und die, welche sich
+Protestanten nannten, galten allgemein für Verräther an Gott und
+Vaterland. Unter den Kammerdamen befanden sich viele Französinnen,
+Italienerinnen und Portugiesinnen, und von den englischen Damen waren
+einige selbst Papistinnen, andere die Gattinnen von Papisten. Mehrere
+Personen, welche vorzugsweise hätten anwesend sein sollen, und deren
+Zeugniß allen Verständigen genügt haben würde, fehlten und man legte die
+Schuld an ihrer Abwesenheit dem Könige zur Last. Die Prinzessin Anna war
+von allen Bewohnern der ganzen Insel am meisten bei der Sache
+interessirt. Ihr Geschlecht und ihre Erfahrung berechtigte sie, als
+Wächterin des Geburtsrechts ihrer Schwester und ihres eigenen
+aufzutreten. Sie hatte starken Verdacht geschöpft, in welchem sie
+täglich durch geringfügige oder imaginäre Umstände bestärkt wurde. Es
+schien ihr, als ob die Königin geflissentlich ihren Fragen auswiche und
+sie schrieb diese Zurückhaltung, welche vielleicht im Zartgefühl ihren
+Grund hatte, dem Schuldbewußtsein zu.[103] In Folge dessen hatte Anna
+sich vorgenommen, an dem entscheidenden Tage anwesend zu sein und ein
+scharfes Auge zu haben. Sie hatte es aber nicht für nöthig gehalten,
+schon einen Monat vor diesem Tage auf ihrem Posten zu sein, sondern war
+mit Bewilligung und angeblich auf Anrathen ihres Vaters nach Bath
+gereist, um dort eine Brunnenkur zu gebrauchen. Sancroft, dessen hohe
+Stellung ihm die Pflicht auferlegte, anwesend zu sein, und in dessen
+Rechtschaffenheit die Nation volles Vertrauen setzte, war einige Stunden
+vorher von Jakob in den Tower geschickt worden. Die Hyde waren die
+geeigneten Beschützer der Rechte beider Prinzessinnen. Der holländische
+Gesandte konnte als der Vertreter Wilhelm’s betrachtet werden, der als
+der erste Prinz von Geblüt und als Gemahl der ältesten Tochter des
+Königs das größte Interesse an dem Ereignisse hatte. Jakob aber dachte
+nicht daran, ein männliches oder weibliches Mitglied der Familie Hyde
+herbeizurufen und eben so wenig wurde der holländische Gesandte
+zugezogen.
+
+Die Nachwelt hat den König von dem Betrug, dessen sein Volk ihn
+beschuldigte, vollkommen freigesprochen. Unmöglich aber kann man ihn von
+der Thorheit und Verkehrtheit freisprechen, welche den Irrthum seiner
+Zeitgenossen erklären und entschuldigen. Er wußte recht gut, welche
+argwöhnischen Vermuthungen man im Publikum hegte,[104] und er hätte eben
+so gut wissen können, daß dieser Argwohn nicht durch das Zeugniß von
+Mitgliedern der römischen Kirche oder solchen Personen zerstreut werden
+konnte, die sich zwar Mitglieder der anglikanischen Kirche nannten, aber
+sich ganz bereit gezeigt hatten, die Interessen dieser Kirche zu opfern,
+um seine Gunst zu gewinnen. Daß der Eintritt des Ereignisses ihn vor der
+erwarteten Zeit überraschte, ist wahr, aber er hatte immerhin zwölf
+Stunden vor sich, um seine Anordnungen zu treffen. So gut als er den St.
+Jamespalast mit Bigotten und Schmarotzern füllen konnte, deren Wort die
+Nation nicht traute, eben so gut hätte er auch für die Anwesenheit
+einiger angesehenen Personen sorgen können, deren treue Anhänglichkeit
+an die Prinzessinnen und an die Landeskirche außer Zweifel stand.
+
+Zu einer späteren Zeit, als er für seine tollkühne Verachtung der
+öffentlichen Meinung schwer gebüßt hatte, pflegte man in Saint-Germain
+ihn dadurch zu entschuldigen, daß man die Schuld auf Andere wälzte.
+Einige Jakobiten behaupteten, Anna habe sich absichtlich fern gehalten,
+ja sie scheuten sich nicht zu sagen, Sancroft habe den König
+herausgefordert, ihn in den Tower zu schicken, damit das Zeugniß,
+welches die Verleumdungen der Unzufriedenen widerlegen konnte,
+mangelhaft wäre.[105] Die Abgeschmacktheit dieser Beschuldigung ist
+handgreiflich. Konnte Anna oder Sancroft vermuthen, daß die Königin sich
+in ihrer Berechnung um einen ganzen Monat geirrt hatte? Wäre ihre
+Berechnung richtig gewesen, so würde Anna gewiß, um der Entbindung
+beiwohnen zu können, zur rechten Zeit von Bath zurückgekehrt und
+Sancroft nicht im Tower gewesen sein. Jedenfalls aber waren die
+mütterlichen Oheime der Tochter des Königs weder von London entfernt
+noch im Gefängniß. Die nämlichen Boten, welche die ganze Schaar der
+Renegaten, Dover, Peterborough, Murray, Sunderland und Mulgrave,
+herbeiholten, hätten ganz eben so leicht auch Clarendon herbeirufen
+können. Er war so gut Geheimer Rath als sie, und seine Wohnung befand
+sich in Jermyn Street, keine zweihundert Schritt von den Gemächern der
+Königin. Dennoch ließ man es ihn erst in der St. Jameskirche durch die
+Bewegung und das Geflüster der Gemeinde erfahren, daß seine Nichte
+aufgehört hatte, die präsumtive Thronerbin zu sein.[106] Gehörte er etwa
+deshalb nicht in das Entbindungszimmer, weil er ein naher Verwandter der
+Prinzessinnen von Oranien und von Dänemark war, oder weil er
+unerschütterlich treu an der anglikanischen Kirche hing?
+
+Die ganze Nation sprach es laut und offen aus, daß ein Betrug gespielt
+worden sei. Mehre Monate lang hätten die Papisten auf der Kanzel und
+durch die Presse, in Prosa und in Versen, in englischer und in
+lateinischer Sprache prophezeit, daß die Bitten der Kirche erhört und
+ein Prinz von Wales geboren werden würde, und sie hätten jetzt selbst
+ihre Prophezeiung erfüllt. Jeder nicht zu bestechende oder zu
+hintergehende Zeuge sei sorgfältig ausgeschlossen worden. Anna habe man
+arglistigerweise zu einer Reise nach Bath überredet. Der Primas sei
+gerade am Tage vor dem zur Ausführung des Betrugs bestimmten den
+Vorschriften des Gesetzes und der Privilegien der Peers zum Trotz ins
+Gefängniß geworfen worden. Nicht eine einzige männliche oder weibliche
+Person, die das geringste Interesse an der Enthüllung des Betrugs haben
+konnte, sei zugezogen worden. Man habe die Königin plötzlich mitten in
+der Nacht in den St. Jamespalast gebracht, weil dieses Gebäude, für
+unehrliche Zwecke passender eingerichtet als Whitehall, einige für die
+Absichten der Jesuiten vortrefflich geeignete Zimmer und Gänge enthalte.
+Hier sei inmitten eines Kreises von Zeloten, denen nichts, was die
+Interessen ihrer Kirche fördern konnte, ein Verbrechen dünkte, und von
+Höflingen, welche nichts, was zu ihrer Bereicherung und Erhebung
+beitragen konnte, für Sünde hielten, ein neugeborenes Kind ins Bett der
+Königin practicirt und dann triumphirend als Erbe dreier Königreiche
+herumgegeben worden. Durch diesen zwar unbegründeten, aber nicht ganz
+unnatürlichen Verdacht aufgeregt, drängten sich die Leute nur um so
+eifriger danach, den frommen Opfern des Tyrannen zu huldigen, der,
+nachdem er lange seinem Volke das empörendste Unrecht zugefügt, das Maß
+seiner Schändlichkeit voll machte, indem er sich noch empörender an
+seinen eigenen Kindern verging[107].
+
+Der Prinz von Oranien, der selbst keinen Betrug argwöhnte und den
+Zustand der Volksstimmung in England nicht kannte, ordnete Dankgebete
+für seinen kleinen Schwager unter seinem eigenen Dache an und schickte
+Zulestein mit einem förmlichen Beglückwünschungsschreiben nach London.
+Zulestein hörte zu seinem großen Erstaunen Jedermann ganz offen von dem
+schändlichen Betruge sprechen, den die Jesuiten eben begangen haben
+sollten, und erblickte jede Stunde ein neues Pasquill auf die
+Schwangerschaft und die Entbindung der Königin. Er schrieb sehr bald
+nach dem Haag, von zehn Personen glaube nicht eine, daß die Königin
+dieses Kind geboren habe[108].
+
+Das Benehmen der gefangenen Prälaten erhöhte inzwischen die allgemeine
+Theilnahme, die ihre Lage erweckte. Am Abend des „schwarzen Freitags“,
+wie man den Tag ihrer Einkerkerung nannte, kamen sie gerade zur Stunde
+des Gottesdienstes in ihrem Gefängnisse an. Sie begaben sich sogleich in
+die Kapelle. Der Zufall wollte, daß im zweiten Vorlesestück die Worte
+vorkamen: „In allen Dingen lasset uns beweisen als die Diener Gottes in
+großer Geduld und Trübsalen, in Nöthen und Ängsten, in Schlägen, in
+Gefängnissen.“ Alle eifrigen Anhänger der Staatskirche freuten sich
+dieses Zusammentreffens und erinnerten sich, wie ein ganz ähnliches vor
+fast vierzig Jahren Karl I. in seiner Todesstunde getröstet und erhoben
+hatte.
+
+Am Abend des folgenden Tages, Samstag den 9. Juni, kam ein Schreiben von
+Sunderland, welcher dem Kaplan des Tower befahl, am nächsten Morgen beim
+Gottesdienste die Erklärung zu verlesen. Da die in dem Geheimrathsbefehl
+zur Verlesung in London bestimmte Zeit längst verstrichen war, so konnte
+dieses Verfahren der Regierung nur als eine ganz gemeine und kindische
+persönliche Insulte gegen die ehrwürdigen Gefangenen betrachtet werden.
+Der Kaplan weigerte sich zu gehorchen; er wurde sofort entlassen und die
+Kapelle geschlossen[109].
+
+ [Anmerkung 103: Correspondenz zwischen Anna und Marie in
+ Dalrymple; +Clarendon’s Diary Oct. 31. 1688+.]
+
+ [Anmerkung 104: Dies geht aus Clarendon’s Tagebuche vom 31. Oct.
+ 1688 klar hervor.]
+
+ [Anmerkung 105: +Clarke’s Life of James the Second, II. 159.
+ 160.+]
+
+ [Anmerkung 106: +Clarendon’s Diary, June 10. 1688.+]
+
+ [Anmerkung 107: Johnstone giebt in kurzen Worten eine treffliche
+ Übersicht der gegen den König erhobenen Beschuldigungen. „Die
+ große Masse des Volks ist der Meinung, daß Alles ein Betrug sei,
+ denn, sagen sie, die Berechnung treffe nicht zu, die Prinzessin
+ sei entfernt und weder Jemand von der Familie Clarendon noch der
+ holländische Gesandte herbeigerufen worden; dazu komme noch der
+ plötzliche Eintritt des Ereignisses, die Predigten, die Zuversicht
+ der Priester und die Eil.“ -- 13. Juni 1688.]
+
+ [Anmerkung 108: Ronquillo, 26. Juli (5. Aug.). Ronquillo setzt
+ hinzu, daß Zulestein’s Bericht über den Zustand der öffentlichen
+ Meinung vollkommen wahr sei.]
+
+ [Anmerkung 109: Citters, 12.(22.) Juni 1688; +Luttrell’s Diary,
+ June 18.+]
+
+
+[_Die Bischöfe werden vor die Kings Bench gestellt und müssen Bürgschaft
+leisten._] Die Bischöfe erbauten Alle, die sich ihnen näherten, durch
+die Standhaftigkeit und Freudigkeit, mit der sie ihre Haft ertrugen,
+durch die Bescheidenheit und Demuth, mit der sie die Beifallsbezeigungen
+und Segenswünsche der ganzen Nation aufnahmen, und durch die loyale
+Anhänglichkeit, die sie für den Tyrannen, der sie in’s Verderben stürzen
+wollte, an den Tag legten. Am Freitag den 15. Juni, dem ersten
+Sitzungstage der Kings Bench, wurden sie vor diesen Gerichtshof
+gestellt. Eine ungeheure Menschenmenge erwartete ihre Ankunft. Vom
+Landungsplatze bis zur Court of Requests gingen sie durch eine
+Doppelreihe von Zuschauern, welche ihnen Segenswünsche und Beifall
+zuriefen. „Lieben Freunde,“ sagten die Gefangenen im Vorübergehen,
+„ehret den König und gedenket unserer in Euren Gebeten.“ Diese
+demüthigen und frommen Worte rührten Viele bis zu Thränen. Als sich der
+Zug endlich durch das Gedränge einen Weg gebahnt hatte und vor den
+Richtern angekommen war, verlas der Generalfiskal die Anklage, welche er
+auf hohen Befehl ausgearbeitet hatte und stellte den Antrag, daß die
+Beklagten aufgefordert werden sollten, auf die Klage einzugehen. Der
+Vertheidiger wendete dagegen ein, die Bischöfe seien gesetzwidrig
+verhaftet worden, und ihr Erscheinen vor dem Gerichtshofe sei daher
+nicht ordnungsgemäß. Die Frage, ob ein Peer unter einer Anklage wegen
+Libells sein Erscheinen vor Gericht gehörig zu verbürgen habe, wurde
+ausführlich erörtert und endlich von der Mehrheit der Richter zu Gunsten
+der Krone entschieden. Die Gefangenen erklärten sich nun für
+nichtschuldig. Der vierzehnte Tag darauf, der 29. Juni, wurde zur
+Verhandlung ihres Prozesses anberaumt. Bis dahin wurden sie gegen das
+persönliche Versprechen, sich zu stellen, in Freiheit gesetzt. Die
+Kronanwälte thaten sehr weise daran, aß sie keine fremde Bürgschaft
+verlangten, denn Halifax hatte dafür gesorgt, daß einundzwanzig
+weltliche Peers vom höchsten Ansehen, je drei für einen Angeklagten, zur
+Bürgschaftleistung bereit waren, und eine solche Gesinnungsäußerung des
+hohen Adels würde für die Regierung ein harter Schlag gewesen sein. Eben
+so wußte man, daß einer der reichsten, Dissenters der Hauptstadt um die
+Ehre nachgesucht hatte, für Ken Bürgschaft leisten zu dürfen.
+
+Die Bischöfe durften nun in ihre Heimath zurückkehren. Das niedere Volk,
+welches von dem bei der Kings Bench beobachteten Gerichtsverfahren
+nichts wußte und nur sah, daß ihre Lieblinge, nachdem sie unter
+Bedeckung nach Westminster Hall gebracht worden waren, jetzt sich in
+voller Freiheit wieder entfernen durften, glaubte, die gute Sache habe
+gesiegt, und brach in lauten Beifallsjubel aus, während zugleich
+fröhliches Glockengeläute von allen Thürmen ertönte. Sprat erstaunte
+nicht wenig, als er die Glocken seiner eigenen Abtei lustig erklingen
+hörte. Er brachte sie sofort zum Schweigen, aber seine Einmischung
+erregte viel unwilliges Murren. Die Bischöfe wußten gar nicht, wie sie
+sich vor der zudringlichen Masse ihrer Freunde retten sollten. Lloyd
+wurde im Palasthofe von Verehrern zurückgehalten, die sich um die Gunst
+stritten, seine Hände zu berühren und den Saum seines Rockes zu küssen,
+bis endlich Clarendon ihn nicht ohne Anstrengung befreite und ihn durch
+eine Seitengasse nach Hause führte. Man sagte, Cartwright sei so
+unvorsichtig gewesen, sich unter das Volk zu mischen. Jemand, der ihn an
+seinem Bischofsgewand erkannte, erbat sich und erhielt seinen Segen.
+„Wißt Ihr, von wem Ihr Euch eben habt segnen lassen?“ rief einer der
+Umstehenden. „Nun, es war doch gewiß einer von den Sieben?“ versetzte
+Der, welcher eben mit dem Segen beehrt worden war. „Nein,“ entgegnete
+der Andere, „es war der papistische Bischof von Chester.“ --
+„Papistischer Hund!“ rief der Protestant wüthend, „nimm Deinen Segen
+zurück!“
+
+Der Zusammenlauf und die Aufregung waren so groß, daß der holländische
+Gesandte sich wunderte, den Tag ohne einen Aufstand enden zu sehen. Dem
+Könige war durchaus nicht wohl zu Muthe gewesen. Um jede Ruhestörung
+sogleich unterdrücken zu können, hatte er am Morgen in Hydepark mehrere
+Bataillone Infanterie gemustert. Es ist jedoch keineswegs ausgemacht,
+daß diese Truppen zu ihm gehalten haben würden, wenn er ihrer Dienste
+bedurft hätte. Als Sancroft am Nachmittag in Lambeth ankam, fand er die
+in dieser Vorstadt liegenden Grenadiergarden vor dem Eingange seines
+Palastes versammelt. Sie stellten sich in einer Doppelreihe auf und
+während er zwischen ihnen hinschritt, baten sie ihn um seinen Segen. Nur
+mit Mühe hielt er sie davon ab, daß sie zur Feier seiner Rückkehr in
+seine Wohnung ein Freudenfeuer anzündeten. Es brannten übrigens an jenem
+Abend mehrere Freudenfeuer in der Hauptstadt. Zwei Katholiken, welche so
+unbesonnen waren, einige Knaben zu schlagen, weil sie an diesen
+öffentlichen Freudenbezeigungen Theil nahmen, wurden vom Pöbel
+ergriffen, nackt ausgezogen und schimpflich gebrandmarkt[110].
+
+Jetzt forderte Sir Eduard Hales seine Gebühren von den Bischöfen, die
+seine Gefangenen gewesen waren. Sie weigerten sich, einem Beamten,
+dessen Bestallung sie nach ihren Grundsätzen für null und nichtig
+ansahen, etwas für eine in ihren Augen gesetzwidrige Haft zu bezahlen.
+Hierauf gab ihnen der Gouverneur sehr deutlich zu verstehen, daß, wenn
+sie noch einmal in seine Hände kämen, er sie in schwere Eisen legen und
+auf die nackten Steine betten werde. „Wir haben uns die Ungnade unsres
+Königs zugezogen,“ war ihre Antwort, „und wir empfinden dies sehr
+schmerzlich; ein Mitunterthan aber, der uns droht, strengt nutzlos seine
+Lunge an.“ Man kann leicht denken, mit welchem Unwillen das ohnehin
+schon gereizte Volk erfuhr, daß ein vom protestantischen Glauben
+Abgefallener, der den Grundgesetzen Englands zum Hohn einen
+Commandoposten bekleidete, es gewagt hatte, ehrwürdigen Geistlichen mit
+allen Barbareien von Lollard’s Tower zu drohen[111].
+
+ [Anmerkung 110: Über die Ereignisse dieses Tages sehe man die
+ +Collection of State Trials+; +Clarendon’s Diary+; +Luttrell’s
+ Diary+; Citters, 15.(25.) Juni; Johnstone, 18. Juni und
+ +Revolution Politics.+]
+
+ [Anmerkung 111: Johnstone, 18. Juni 1688; +Evelyn’s Diary, June
+ 29.+]
+
+
+[_Aufregung der Gemüther._] Bis zu dem Tage des Prozesses hatte sich die
+Aufregung nach den entferntesten Winkeln der Insel verbreitet. Aus
+Schottland erhielten die Bischöfe Zuschriften, in denen sie der
+Sympathie aller Presbyterianer dieses dem Prälatenthum so lange und so
+bitter Feind gewesenen Landes versichert wurden[112]. Die Bevölkerung
+von Cornwall, ein trotziges, kühnes und herkulisches Geschlecht, das ein
+stärkeres Provinzialgefühl hatte, als man es in irgend einem andren
+Theile des Landes fand, nahm großen Antheil an der Gefahr, in welcher
+Trelawney schwebte, den sie weniger als einen Leiter der Kirche, denn
+als das Oberhaupt eines angesehenen Hauses und als den Erben von zwanzig
+Ahnen verehrten, welche schon in hohem Ansehen standen, ehe die
+Normannen den Fuß auf englischen Boden gesetzt hatten. In der ganzen
+Grafschaft sang das Landvolk eine Ballade, deren Refrain noch nicht
+vergessen ist:
+
+ „Und bringt man Trelawney um, bringt man Trelawney um,
+ Wollen dreißigtausend cornische Burschen wissen warum?“
+
+Die Bergleute sangen das Lied mit einer kleinen Variation:
+
+ „Wollen Zwanzigtausend unter der Erde wissen warum.“[113]
+
+In manchen Theilen des Landes sprachen die Bauern laut eine sonderbare
+Hoffnung aus, welche nie aufgehört hat, in ihren Herzen fortzuleben. Sie
+meinten, ihr protestantischer Herzog, ihr geliebter Monmouth, werde
+plötzlich wieder erscheinen, sie zum Siege führen und den König wie die
+Jesuiten unter seinen Füßen zertreten[114].
+
+Die Minister waren in der größten Angst; selbst Jeffreys würde gern
+seine Maßregeln zurückgenommen haben. Er beauftragte Clarendon mit
+freundlichen Botschaften an die Bischöfe und wälzte die Schuld an der
+Verfolgung, zu der er selbst gerathen hatte, auf Andere. Sunderland
+wagte es noch einmal, Zugeständnisse anzuempfehlen. Die glückliche
+Geburt eines Prinzen, sagte er, biete dem Könige eine vortreffliche
+Gelegenheit, eine gefährliche und nachtheilige Stellung aufzugeben, ohne
+sich den Vorwurf der Zaghaftigkeit oder der Launenhaftigkeit zuzuziehen.
+Bei so erfreulichen Anlässen sei es stets Sitte gewesen, daß der Fürst
+die Herzen seiner Unterthanen durch Gnadenacte erfreue, und nichts könne
+dem Prinzen von Wales mehr zum Vortheile gereichen, als wenn er schon in
+der Wiege der Friedensstifter zwischen seinem Vater und der
+aufgebrachten Nation würde. Aber des Königs Entschluß stand fest. „Ich
+werde fortfahren,“ sagte er, „ich bin nur zu nachsichtig gewesen. Die
+Nachsicht war meines Vaters Verderben“[115].
+
+ [Anmerkung 112: +Tanner MS.+]
+
+ [Anmerkung 113: Diese Thatsache wurde mir freundlichst von dem
+ Rev. R. S. Hawker von Morwenstow in Cornwall mitgetheilt.]
+
+ [Anmerkung 114: Johnstone, 18. Juni 1688.]
+
+ [Anmerkung 115: Adda, 29. Juni (9. Juli) 1688.]
+
+
+[_Sunderland’s Angst._] Der schlaue Minister kam dahinter, daß sein Rath
+früher nur deshalb angenommen worden war, weil er denselben jederzeit
+nach dem Willen des Königs eingerichtet hatte, daß er aber von dem
+Augenblicke an, wo er wirklich guten ertheilte, kein Gehör mehr finden
+würde. Bei dem Verfahren gegen das Magdalenen-Collegium hatte er einige
+Lauheit gezeigt. Er hatte ferner ganz neuerdings den König zu überzeugen
+gesucht, daß Tyrconnel’s Plan zur Confiscirung des Eigenthums der
+englischen Colonisten in Irland höchst gefährlich sei, und er hatte es
+mit Hülfe Powis’ und Bellasyse’s wenigstens dahingebracht, daß die
+Ausführung des Planes noch um ein Jahr aufgeschoben wurde. Aber diese
+zaghafte Bedenklichkeit hatte den Keim des Widerwillens und Mißtrauens
+ins Herz des Königs gelegt[116]. Der Tag der Vergeltung war jetzt
+gekommen. Sunderland war in der nämlichen Lage, in der sich einige
+Monate früher sein Nebenbuhler Rochester befunden hatte. Beide
+Staatsmänner lernten die Angst eines Menschen kennen, der sich
+krampfhaft an eine Stütze anklammert, die seinen Händen mehr und mehr
+entschlüpft. Beide sahen ihre Rathschläge verächtlich zurückgewiesen.
+Beide erlitten die Qual, in den Mienen und dem Benehmen ihres Gebieters
+Unzufriedenheit und Mißtrauen zu lesen, und doch wurden Beide von ihrem
+Vaterlande für die Verbrechen und Irrthümer, von denen sie ihn vergebens
+zurückzubringen versucht hatten, verantwortlich gemacht. Während er sie
+in dem Verdacht hatte, daß sie auf Kosten seiner Autorität und seiner
+Würde sich populär machen wollten, beschuldigte die öffentliche Stimme
+sie laut des Versuchs, auf Kosten ihrer eigenen Ehre und des Gemeinwohls
+die königliche Gunst zu gewinnen. Doch trotz aller Kränkungen und
+Demüthigungen hielten Beide ihren Ministerposten mit der verzweifelten
+Kraft Ertrinkender umklammert. Beide versuchten es, den König wieder
+günstig zu stimmen, indem sie sich stellten, als ob sie zum Anschluß an
+seine Kirche geneigt wären. Es gab aber eine Grenze, welche Rochester
+entschlossen war nicht zu überschreiten. Er ging bis an den Rand des
+Glaubensabfalls; hier aber blieb er stehen und in Berücksichtigung der
+Standhaftigkeit, mit der er sich weigerte, den letzten Schritt zu thun,
+verzieh ihm die Welt großmüthig seine frühere Willfährigkeit.
+
+ [Anmerkung 116: Sunderland’s eigner Erzählung darf man natürlich
+ nicht unbedingten Glauben beimessen. Aber er führte Godolphin zum
+ Zeugen für das an, was in Betreff der irischen Ansiedlungsacte
+ vorgegangen war.]
+
+
+[_Er erklärt sich für einen Katholiken._] Der weniger gewissenhafte und
+für das Schamgefühl weniger empfängliche Sunderland beschloß durch einen
+Schritt, der jedem von der Wichtigkeit der religiösen Überzeugung
+durchdrungenen Gemüth als eines der schändlichsten Verbrechen erscheinen
+mußte und den selbst weltlich gesinnte Menschen als das Übermaß von
+Verworfenheit betrachten, seine bisherige Mäßigung wieder gut zu machen
+und das Vertrauen des Königs wieder zu gewinnen. Ungefähr eine Woche vor
+dem zur Verhandlung des Prozesses anberaumten Tage erschien die
+öffentliche Ankündigung, daß er Papist geworden sei. Der König sprach
+mit Entzücken von diesem Siege der göttlichen Gnade. Die Höflinge und
+auswärtigen Gesandten bemühten sich nach Kräften ernsthaft zu bleiben,
+als der Renegat versicherte, daß er schon lange von der Unmöglichkeit
+überzeugt sei, außerhalb des Schooßes der römischen Kirche selig werden
+zu können, und daß sein Gewissen ihm keine Ruhe gelassen, bis er sich
+von dem Ketzerglauben losgesagt habe, in dem er erzogen worden. Die
+Neuigkeit verbreitete sich schnell. In allen Kaffeehäusern erzählte man
+sich, wie der Premierminister von England barfuß und mit einer Kerze in
+der Hand sich nach der königlichen Kapelle begeben und demüthig um
+Einlaß gebeten, wie die Stimme eines Priesters drinnen gefragt habe, wer
+da sei, wie Sunderland zur Antwort gegeben, ein armer Sünder, der lange
+fern von der wahren Kirche umherirre, flehe um Aufnahme und Absolution,
+wie hierauf die Thüren geöffnet worden seien und der Neubekehrte an den
+heiligen Mysterien habe Theil nehmen dürfen[117].
+
+ [Anmerkung 117: Barillon, 21. Juni (1. Juli) 1688; Adda, 29. Juni
+ (9. Juli); Citters, 26. Juni (6. Juli); Johnstone, 2. Juli 1688;
+ +The Converts, a poem+.]
+
+
+[_Prozeß der Bischöfe._] Dieser schmachvolle Abfall konnte das Interesse
+nur erhöhen, mit dem die Nation dem Tage entgegensah, an welchem das
+Schicksal der sieben muthigen Bekenner der anglikanischen Kirche
+entschieden werden sollte. Eine willfährige Jury zusammenzubringen war
+jetzt das Hauptziel des Königs. Die Kronanwälte erhielten Befehl, die
+Gesinnung der Männer, welche in das Verzeichniß der Freisassen
+eingetragen waren, genau zu erforschen. Sir Samuel Astry, Sekretär der
+Krone, dem die Auswählung der Namen in solchen Fällen oblag, wurde in
+den Palast beschieden und hatte eine Unterredung mit Jakob, an welcher
+der Kanzler Theil nahm[118]. Sir Samuel scheint sein Möglichstes gethan
+zu haben, denn es befanden sich, wie es hieß, unter den achtundvierzig
+Personen, die er auswählte, mehrere Diener des Königs und mehrere
+Katholiken[119]. Da aber der Vertheidiger der Bischöfe das Recht hatte,
+zwölf davon zu streichen, so waren diese natürlich die gestrichenen. Die
+Kronanwälte strichen ebenfalls zwölf und die Liste reducirte sich
+dadurch auf vierundzwanzig. Die ersten zwölf, welche aufgerufen wurden,
+hatten dann den Ausspruch zu thun.
+
+Am neunundzwanzigsten Juni waren Westminsterhall, der alte und der neue
+Palasthof und alle benachbarten Straßen weithin mit einer dicht
+gedrängten Volksmasse angefüllt. Ein so zahlreiches Auditorium war nie
+zuvor und ist auch seitdem nie wieder im Gerichtssaale der Kings Bench
+versammelt gewesen. Man zählte fünfunddreißig weltliche Peers unter der
+Menge[120].
+
+Sämmtliche vier Richter des Gerichtshofes waren anwesend. Wright, der
+den Vorsitz führte, war einzig und allein wegen seiner gewissenlosen
+Servilität vielen tüchtigeren und gelehrteren Männern bei Besetzung
+seines hohen Postens vorgezogen worden. Allibone war Papist und
+verdankte seine Stellung der Dispensationsgewalt, deren Gesetzlichkeit
+eben in Frage stand. Holloway war seither ein willenloses Werkzeug der
+Regierung gewesen. Selbst Powell, der sich des Rufes strenger
+Rechtschaffenheit erfreute, hatte bei einigen Vorgängen eine Rolle
+gespielt, die sich nicht vertheidigen läßt. Er hatte in dem wichtigen
+Prozesse Sir Eduard Hales’, allerdings mit einigem Bedenken und nach
+einigem Zögern, mit der Mehrheit der Richter gestimmt und dadurch auf
+seinen Character einen Flecken geworfen, der aber durch sein
+ehrenwerthes Benehmen an diesem Tage völlig verwischt wurde.
+
+Die beiderseitigen Rechtsanwälte waren einander durchaus nicht
+ebenbürtig. Die Regierung hatte von ihren Kronjuristen so gehässige und
+entehrende Dienste verlangt, daß die ausgezeichnetsten Rechtsgelehrten
+und Advokaten der Torypartei nach einander ihre Mitwirkung verweigert
+hatten und ihrer Ämter entsetzt worden waren. Sir Thomas Powis,
+der Generalfiskal, war kaum ein Jurist dritten Ranges. Der
+Generalprokurator, Sir Wilhelm Williams, besaß zwar einen scharfen
+Verstand und einen unbeugsamen Muth, aber es fehlte ihm an der nöthigen
+Ruhe und Bedächtigkeit; er war streitsüchtig, konnte sein Temperament
+nicht beherrschen und wurde von allen politischen Parteien gehaßt und
+verachtet. Die hervorragendsten Beistände des Fiskals und des
+Prokurators waren Serjeant Trinder, ein Katholik, und Sir Bartholomäus
+Shower, Syndikus von London, der einige juristische Kenntnisse besaß,
+aber wegen seiner oft den Anstand verletzenden Vertheidigungen und
+seiner endlosen Wiederholungen das Gespött von ganz Westminsterhall war.
+Gern hätte die Regierung Maynard’s Dienste gewonnen; aber er hatte
+geradezu erklärt, daß er sich auf das, was man von ihm verlangte, mit
+gutem Gewissen nicht einlassen könne[121].
+
+Auf der andren Seite hingegen standen fast alle ausgezeichneten
+juristischen Talente der damaligen Zeit. Sawyer und Finch, welche beim
+Regierungsantritt Jakob’s Fiskal und Prokurator gewesen waren, und die
+während der Verfolgung der Whigs unter der vorigen Regierung der Krone
+mit nur zu großem Eifer und zu glücklichem Erfolge gedient hatten,
+befanden sich unter den Vertheidigern der Angeklagten. Ihnen zur Seite
+standen zwei Männer, welche, seit Maynard’s Thätigkeit durch sein
+vorgerücktes Alter vermindert worden war, für die beiden besten Juristen
+galten: Pemberton, der zur Zeit Karl’s II. Oberrichter der Kings Bench
+gewesen, wegen seiner Menschlichkeit und Mäßigung aber dieses hohen
+Postens entsetzt worden und deshalb wieder zur advokatorischen Praxis
+zurückgekehrt war, und Pollexfen, der lange die Assisen im Westen
+geleitet und von dem man, obgleich er sich bei den blutigen Assisen
+durch Annahme von Aufträgen für die Krone und besonders durch sein
+Auftreten gegen Alice Lisle sehr unpopulär gemacht hatte, dennoch wußte,
+daß er im Herzen ein Whig, wenn nicht gar ein Republikaner war. Ferner
+war dabei Sir Creswell Levinz, ein Mann von gründlichen Kenntnissen und
+reichen Erfahrungen, aber von auffallend ängstlichem Wesen. Er war
+einige Jahre vorher von der Richterbank entfernt worden, weil er sich
+nicht hatte entschließen können, den Zwecken der Regierung zu dienen.
+Jetzt scheute er sich wieder, als Vertheidiger der Bischöfe aufzutreten
+und hatte sich zuerst geweigert, ihnen seine Dienste zu widmen; aber die
+ganze Corporation der Gerichtsadvokaten, die ihn beschäftigten, hatten
+ihm erklärt, daß wenn er diesen Auftrag zurückwiese, er nie wieder einen
+erhalten sollte[122].
+
+Sir Georg Treby, ein reichbegabter und eifriger Whig, der unter der
+alten städtischen Verfassung Syndikus von London gewesen war, stand auf
+der nämlichen Seite. Sir Johann Holt, ein noch ausgezeichneterer
+whiggistischer Advokat, wurde wahrscheinlich deshalb, weil Sancroft
+gegen ihn eingenommen war, nicht mit zur Vertheidigung berufen, war aber
+vom Bischof von London privatim um Rath gefragt worden[123]. Der jüngste
+Rechtsbeistand der Bischöfe war ein junger Advokat, Namens Johann
+Somers. Er war weder durch hohe Geburt noch durch Vermögen begünstigt
+und hatte auch noch keine Gelegenheit gehabt, sich öffentlich
+auszuzeichnen, aber sein Genie, sein Fleiß und sein vielseitiges großes
+Talent waren einem kleinen Kreise von Freunden wohl bekannt, und sein
+gründliches, klares System der Beweisführung, sowie sein jederzeit
+taktvolles Benehmen hatten ihm trotz seiner whiggistischen Ansichten die
+Aufmerksamkeit des Gerichtshofes der Kings Bench bereits gesichert.
+Johnstone hatte den Bischöfen eindringlich vorgestellt, wie wichtig es
+sei, seinen Beistand zu gewinnen, und Pollexfen sollte erklärt haben,
+daß Niemand in Westminsterhall zur Behandlung einer geschichtlichen und
+die Verfassung berührenden Frage so befähigt sei, als Somers.
+
+Die Jury wurde vereidigt; sie bestand aus Männern, welche sehr geachtete
+Stellungen in der Gesellschaft einnahmen. Der Vormann war Sir Roger
+Langley, ein Baronet von alter und angesehener Familie. Ihm zur Seite
+stand ein Ritter und zehn Esquires, von denen mehrere sehr vermögend
+waren. Es befanden sich einige Nonconformisten unter ihnen, denn die
+Bischöfe hatten wohlweislich beschlossen, kein Mißtrauen gegen die
+protestantischen Dissenters zu zeigen. Ein Name jedoch erregte große
+Besorgniß, der Name Michael Arnold’s. Er war Hofbrauer und man
+fürchtete, daß die Regierung auf seine Stimme rechnen könne. Es wird
+erzählt, daß er sich bitter über die Stellung beklagt habe, in die er
+versetzt war. „Was ich auch thun mag,“ soll er geäußert haben, „so habe
+ich die Gewißheit, halb ruinirt zu werden. Sage ich Nichtschuldig, so
+werde ich nicht mehr für den König brauen; sage ich Schuldig, so werde
+ich für niemand Andren mehr brauen“.[124]
+
+So begann denn die gerichtliche Verhandlung, die, selbst wenn man sie
+nach Verlauf von mehr als anderthalb Jahrhunderten mit kaltem Blute
+liest, das ganze Interesse eines Drama’s hat. Die Advokaten stritten auf
+beiden Seiten mit einer mehr als berufsmäßigen Schärfe und Heftigkeit,
+das anwesende Publikum hörte mit so gespannter Aufmerksamkeit zu, als
+hätte das Schicksal jedes Einzelnen von dem Ausspruche der Geschwornen
+abgehangen, und die Aussichten auf den Sieg wechselten so plötzlich und
+so ergreifend, daß die Menge zu wiederholten Malen in der nämlichen
+Minute von der größten Angst zur lebhaftesten Freude und umgekehrt von
+der lebhaftesten Freude zu noch größerer Angst übersprang.
+
+Die Anklage beschuldigte die Bischöfe, in der Grafschaft Middlesex ein
+falsches, böswilliges und aufrührerisches Libell geschrieben oder
+veröffentlicht zu haben. Der Generalfiskal und der Staatsprokurator
+versuchten zuvörderst den Beweis zu führen, daß die Angeklagten das
+Libell unterschrieben hatten. Zu dem Ende wurden mehrere Personen
+aufgefordert, die Handschriften der Bischöfe zu recognosciren. Aber die
+Zeugen thaten dies mit solcher Unlust, daß kaum einem von ihnen eine
+klare und deutliche Antwort zu entlocken war. Pemberton, Pollexfen und
+Levinz behaupteten, daß keine genügenden Beweise vorhanden seien, die
+der Jury vorgelegt werden könnten; zwei von den Richtern, Holloway und
+Powell, traten dieser Ansicht bei, und die Hoffnung der Zuschauer stieg
+bedeutend. Da erklärten plötzlich die Kronanwälte, daß sie einen andren
+Weg einzuschlagen gedächten. Powis führte mit unverkennbarer Beschämung
+und Widerstreben einen Sekretär des Geheimen Raths, Namens Blathwayt,
+der zugegen gewesen war, als der König die Bischöfe verhörte, in die
+Zeugenloge ein. Blathwayt versicherte eidlich, daß er gehört habe, wie
+sie ihre Unterschriften selbst anerkannt hätten. Dieses Zeugniß war
+entscheidend. „Warum haben Sie,“ sagte der Richter Holloway zu dem
+Fiskal, „da Sie einen solchen Zeugen hatten, ihn nicht sogleich
+vorgeführt? es wäre dadurch viel unnöthiger Zeitverlust erspart worden.“
+Es ergab sich bald, warum der Kronanwalt sich nur höchst ungern durch
+die dringendste Nothwendigkeit hatte bestimmen lassen, zu diesem
+Beweismittel zu greifen. Pemberton hielt Blathwayt zurück, unterwarf ihn
+einem umständlichen Verhör und verlangte eine genaue Erzählung alles
+dessen, was zwischen dem Könige und den Angeklagten vorgegangen sei.
+„Das wäre etwas ganz Neues!“ rief Williams. „Glauben Sie,“ sagte Powis,
+„daß Sie ein Recht dazu haben, an unsere Zeugen jede impertinente Frage
+zu richten, die Ihnen in den Sinn kommt?“ Die Advokaten der Bischöfe
+waren jedoch nicht die Männer, die sich so leicht werfen ließen. „Er ist
+darauf vereidigt,“ sagte Pollexfen, „die Wahrheit, die ganze Wahrheit zu
+sagen; wir wollen und müssen eine Antwort haben.“ Der Zeuge wurde
+verlegen, gab ausweichende Antworten, wollte die Fragen nicht richtig
+verstanden haben und bat um den Schutz des Gerichtshofes; aber er war in
+Händen, aus denen nicht leicht wieder loszukommen war. Endlich schlug
+der Generalfiskal sich wieder ins Mittel. „Wenn Sie durchaus auf Ihrer
+Forderung bestehen,“ hob er an, „so sagen Sie uns wenigstens, welchen
+Gebrauch Sie von der Antwort zu machen gedenken.“ Pemberton, der während
+der ganzen Verhandlung seine Pflicht muthig und geschickt erfüllte,
+erwiederte ohne Besinnen: „Mylords, ich will dem Herrn Generalfiskal
+antworten, ich will offen mit dem Gerichtshofe reden. Wenn die Bischöfe
+sich unter dem Versprechen von Seiten Seiner Majestät, daß ihr
+Geständniß nicht gegen sie angewendet werden solle, zu dieser Schrift
+bekannten, so wird man sich hoffentlich nicht eines unredlichen
+Vortheils gegen sie bedienen.“ -- „Sie erheben eine Beschuldigung gegen
+Seine Majestät, die ich kaum auszusprechen wage,“ sagte Williams; „da
+Sie es so genau nehmen, dann verlange ich auch für den König, daß die
+Frage zu Protokoll genommen wird.“ -- „Was meinen Sie damit?“ fragte
+jetzt Sawyer. „Ich weiß, was ich meine,“ antwortete der Apostat, „ich
+verlange, daß die Frage vor Gericht zu Protokoll genommen wird.“ --
+„Nehmen Sie zu Protokoll, was Sie wollen, Herr Prokurator, ich fürchte
+Sie nicht,“ sagte Pemberton. Es folgte nun ein lauter und heftiger
+Wortwechsel, den der Oberrichter nur mit Mühe beschwichtigen konnte. In
+jedem andren Falle hätte er die Frage ohne Zweifel zu Protokoll nehmen
+und Pemberton verhaften lassen. Aber an diesem wichtigen Tage wagte er
+dies nicht. Er warf oft einen Seitenblick auf die dichten Reihen der
+Earls und Barone, die ihn scharf beobachteten und die ihn beim nächsten
+Parlamente zur Rechenschaft ziehen konnten. Ein Anwesender meinte
+nachher, es habe ausgesehen, als ob alle zuhörenden Peers Stricke in der
+Tasche gehabt hätten.[125] Blathwayt wurde endlich gezwungen, über den
+ganzen Vorgang einen ausführlichen Bericht zu erstatten. Es stellte sich
+heraus, daß der König den Bischöfen gegenüber keine ausdrückliche
+Verpflichtung eingegangen war; ebenso aber ergab es sich auch, daß die
+Bischöfe wohl Grund hatten, eine stillschweigende Zusage anzunehmen. Aus
+dem Widerstreben, mit dem die Kronanwälte den Sekretär des Geheimraths
+in die Zeugenloge einführten und aus der Heftigkeit, mit der sie sich
+Pemberton’s Kreuzfragen widersetzten, geht klar hervor, daß sie der
+nämlichen Ansicht waren.
+
+Die Handschrift war jedoch bewiesen. Aber jetzt wurde ein neuer und
+ernster Einwand erhoben. Der Beweis, daß die Bischöfe das gesetzwidrige
+Libell geschrieben hatten, war nicht genügend; es mußte auch bewiesen
+werden, daß sie es in der Grafschaft Middlesex geschrieben hatten.
+Allein dies konnten der Fiskal und der Prokurator nicht nur nicht
+beweisen, sondern die Angeklagten waren sogar im Stande, das Gegentheil
+zu beweisen, denn Sancroft hatte von dem Augenblicke an, wo der
+Geheimrathsbefehl erschien, bis zu dem Augenblicke, wo die Petition dem
+Könige überreicht wurde, seinen Palast in Lambeth nicht verlassen. Die
+ganze Anklage fiel daher in sich selbst zusammen und das Publikum
+erwartete mit großer Freude eine vollständige Freisprechung.
+
+Die Kronjuristen änderten nun abermals ihre Taktik, ließen die Anklage
+auf Abfassung eines Libells ganz fallen und unternahmen es, zu beweisen,
+daß die Bischöfe in Middlesex ein Libell _veröffentlicht_ hätten. Das
+war nicht leicht. Die Überreichung der Petition an den König war in den
+Augen des Gesetzes unzweifelhaft eine Veröffentlichung. Aber wie war
+diese Überreichung zu beweisen? Es war bei der Audienz im königlichen
+Kabinet außer dem Könige und den Angeklagten Niemand zugegen gewesen.
+Den König konnte man nicht wohl als Zeugen vereidigen. Das Factum der
+Veröffentlichung konnte also nur durch das Eingeständniß der Angeklagten
+constatirt werden. Blathwayt wurde noch einmal vernommen, aber
+vergebens. Er sagte, er erinnere sich wohl, daß die Bischöfe ihre
+Unterschriften anerkannt, nicht aber, daß sie das auf dem Tische des
+Geheimen Raths liegende Papier als das nämliche anerkannt hätten,
+welches sie dem Könige überreichten, noch daß sie überhaupt über diesen
+Punkt befragt worden waren. Mehrere andere Beamte, die im
+Geheimrathszimmer zugegen gewesen waren, wurden aufgerufen, unter ihnen
+Samuel Pepys, Sekretär der Admiralität; aber keinem von ihnen war es
+erinnerlich, daß von der Überreichung irgend die Rede gewesen sei.
+Williams bemühte sich vergebens, sie durch verfängliche Fragen zu dem
+gewünschten Zeugnisse zu verleiten, bis endlich die Rechtsanwälte der
+Gegenpartei erklärten, daß ein solches Drehen und Wenden noch an keinem
+Gerichtshofe vorgekommen sei, und Wright selbst zugestehen mußte, daß
+die Vernehmungsweise des Generalprokurators allen Regeln zuwider sei. Da
+ein Zeuge nach dem andren verneinend antwortete, wiederhallte der ganze
+Saal von lautem Gelächter und triumphirendem Jubel, welche zum Schweigen
+zu bringen die Richter gar nicht versuchten.
+
+Der harte Kampf schien endlich gewonnen zu sein; für die Krone war
+nichts mehr vorzubringen. Hätten die Anwälte der Bischöfe nun
+geschwiegen, so war die Freisprechung gewiß, denn es war nichts
+ausgesagt worden, was auch der parteiischeste und gewissenloseste
+Richter einen rechtskräftigen Beweis für die Veröffentlichung hätte
+nennen kennen. Der Oberrichter schickte sich bereits an, den Geschwornen
+das Resumé vorzulegen und er würde sie ohne Zweifel angewiesen haben,
+die Angeklagten freizusprechen, als Finch, der zu aufgeregt war, um mit
+gehöriger Besonnenheit handeln zu können, noch auftrat und gehört zu
+werden verlangte. „Wenn Sie gehört sein wollen,“ sagte Wright, „so
+können wir Sie nicht hindern zu sprechen; aber ich muß Ihnen bemerken,
+daß Sie Ihren eigenen Vortheil nicht erkennen.“ Die anderen Vertheidiger
+bewogen Finch, sich wieder niederzusetzen und baten den Oberrichter
+fortzufahren. Eben wollte er dies auch thun, da kam ein Bote an den
+Generalprokurator mit der Nachricht, daß Lord Sunderland die
+Veröffentlichung beweisen könne und sogleich im Gerichtssaal erscheinen
+werde. Wright bemerkte den Vertheidigern in ziemlich spitzigem Tone, daß
+sie sich diese neue Wendung der Dinge lediglich selbst zuzuschreiben
+hätten. Die Gesichtszüge der versammelten Zuschauer verfinsterten sich;
+Finch war einige Stunden lang der unpopulärste Mann im ganzen Lande.
+Warum konnte er nicht ruhig sitzen bleiben wie seine verständigeren
+Collegen Sawyer, Pemberton und Pollexfen? Seine Sucht, auch etwas zu
+sagen, der Wunsch eine schöne Rede zu halten, hatte Alles verdorben.
+
+Inzwischen wurde der Lordpräsident in einer Sänfte durch die Halle
+getragen. Nicht ein einziger Hut wurde gelüftet und viele Stimmen
+riefen: „Papistischer Hund!“ Bleich und zitternd, mit zu Boden gesenktem
+Blicke trat er vor die Schranken und gab mit unsicherer Stimme seine
+Zeugenaussage ab. Er versicherte eidlich, daß ihm die Bischöfe ihre
+Absicht, dem Könige eine Petition zu überreichen, mitgetheilt hätten und
+daß sie zu dem Ende in das königliche Kabinet eingelassen worden seien.
+Dieser Umstand in Verbindung mit dem, daß sich, nachdem sie das Kabinet
+verlassen, eine von ihnen unterzeichnete Petition in den Händen des
+Königs befand, war für das Factum der Veröffentlichung ein Beweis, der
+einer Jury wohl genügen konnte.
+
+Die Veröffentlichung in Middlesex war also ebenfalls bewiesen. Aber war
+das veröffentlichte Schriftstück ein falsches, böswilliges und
+aufrührerisches Libell? Bis jetzt hatte es sich nur darum gehandelt, ob
+eine Thatsache, die Jedermann als wirklich geschehen kannte, nach den
+technischen Regeln des Beweises constatirt werden konnte; jetzt aber
+erhielt der Streit ein höheres Interesse. Man mußte die Grenzen der
+königlichen Hoheitsrechte und der bürgerlichen Freiheit, das Recht des
+Königs, von Gesetzen zu dispensiren, und das Recht der Unterthanen um
+Abstellung von Mißständen zu petitioniren, untersuchen. Drei Stunden
+lang vertheidigten die Anwälte der Petenten mit energischem Nachdrucke
+die Grundprinzipien der Verfassung und bewiesen aus den Protokollen des
+Hauses der Gemeinen, daß die Bischöfe nur etwas Wahres behauptet hätten,
+indem sie dem Könige vorstellten, daß die von ihm beanspruchte
+Dispensationsgewalt mehr als einmal vom Parlament für ungesetzlich
+erklärt worden sei. Somers erhob sich zuletzt. Er sprach wenig über fünf
+Minuten lang, aber jedes seiner Worte war gewichtigen Inhalts, und als
+er seinen Platz wieder einnahm, war sein Ruf als Redner und als
+constitutioneller Jurist fest begründet. Er untersuchte die Ausdrücke
+der Anklage, in welcher das den Bischöfen zur Last gelegte Vergehen
+dargestellt war, und bewies, daß jedes Wort, Adjectiv oder Substantiv,
+durchaus unangemessen sei. Die Anklage laute auf ein falsches,
+böswilliges und aufrührerisches Libell. Falsch sei das Schriftstück
+nicht, denn jede darin behauptete Thatsache sei durch die
+Parlamentsprotokolle als wahr bewiesen. Auch böswillig sei das
+Schriftstück nicht, denn die Angeklagten hätten nicht Streit gesucht,
+sondern die Regierung habe sie in eine Lage versetzt, in der sie sich
+entweder dem königlichen Willen widersetzen oder die heiligsten
+Pflichten des Gewissens und der Ehre verletzen mußten. Aufrührerisch sei
+das Schriftstück eben so wenig, denn die Verfasser hätten es nicht unter
+dem Volke vertheilt, sondern es privatim den Händen des Königs allein
+übergeben; auch sei es kein Libell, sondern eine anständige Petition,
+wie sie nach den Gesetzen Englands, ja nach den Gesetzen des römischen
+Kaiserreichs und nach den Gesetzen aller civilisirten Staaten jeder
+Unterthan, welcher glaubt, daß ihm Unrecht geschehen, mit Fug und Recht
+dem Souverain überreichen dürfe.
+
+Der Fiskal replicirte kurz und schwach. Der Prokurator sprach sehr
+ausführlich und mit großer Bitterkeit, so daß er oft durch Zurufe und
+Zischen des Publikums unterbrochen wurde. Er ging so weit zu behaupten,
+daß kein einzelner Unterthan und keine Gemeinschaft von Unterthanen,
+außer die Parlamentshäuser, berechtigt sei, eine Petition an den König
+zu richten. Die Zuschauer waren wüthend und selbst der Oberrichter war
+ganz betroffen über die Frechheit dieses feilen Achselträgers.
+
+Wright schritt endlich zum Resumé. Seine Rede bewies, daß seine Furcht
+vor der Regierung durch die Furcht vor dieser zahlreichen, glänzenden
+und heftig aufgeregten Versammlung gemäßigt wurde. Er sagte, er wolle
+nicht seine Ansicht über die Dispensationsfrage abgeben, er habe dies
+nicht nöthig, er könne dem Staatsprokurator in vielen Punkten seiner
+Rede nicht beistimmen, ein Unterthan habe allerdings das Recht, zu
+petitioniren, aber die dem Gerichtshofe vorliegende specielle Petition,
+sei ungebührlich abgefaßt und daher in den Augen des Gesetzes ein
+Libell. Allibone sprach die nämliche Ansicht aus, bewies aber in seinem
+Vortrag eine so gänzliche Unkenntniß des Rechts und der Geschichte, daß
+er sich die Verachtung Aller zuzog, die ihn anhörten. Holloway umging
+die Dispensationsfrage, sagte aber, ihm scheine die Petition so gefaßt,
+wie sie Unterthanen, die sich in ihrem Rechte gekränkt glaubten, wohl zu
+überreichen befugt seien, und sie sei daher kein Libell. Powell trat
+noch kühner auf. Er erklärte geradezu, daß seiner Ansicht nach die
+Indulgenzerklärung null und nichtig und die Dispensationsgewalt, wie sie
+neuerdings ausgeübt worden, mit allen Gesetzen durchaus unvereinbar sei.
+Wenn man solche Übergriffe der Prärogative dulden wolle, so seien die
+Parlamente ganz überflüssig, die ganze gesetzgebende Gewalt liege dann
+in den Händen des Königs. „Diese Entscheidung, meine Herren,“ sagte er,
+„stelle ich Gott und Ihrem Gewissen anheim“.[126]
+
+Es war dunkel geworden, als die Jury sich zurückzog, um über ihren
+Schiedsspruch zu berathen. Diese Nacht war eine Nacht voll ängstlicher
+Spannung. Es existiren noch einige Briefe, welche während jener Stunden
+der Ungewißheit abgesendet wurden und die daher ein ganz besonderes
+Interesse haben. „Es ist sehr spät,“ schrieb der päpstliche Nuntius,
+„und noch ist die Entscheidung nicht bekannt. Die Richter und die
+Angeklagten haben sich nach Hause begeben, die Geschwornen aber bleiben
+beisammen. Morgen werden wir den Ausgang dieses wichtigen Kampfes
+erfahren.“
+
+Der Prokurator der Bischöfe brachte mit einer Anzahl Bedienten die ganze
+Nacht auf der Treppe zu, welche nach dem Berathungszimmer der
+Geschwornen führte. Es war durchaus nothwendig, die an den Thüren Wache
+haltenden Beamten scharf zu beobachten, denn man vermuthete, daß sie von
+der Regierung gewonnen waren, und sie konnten daher, wenn sie nicht
+sorgfältig bewacht wurden, einen höfisch gesinnten Geschwornen mit
+Speise und Trank versehen, so daß er dann im Stande war, seine elf
+Collegen auszuhungern. Es wurde daher strenge Wache gehalten und nicht
+einmal ein Licht, um eine Pfeife anzuzünden, eingelassen. Gegen vier Uhr
+Morgens ließ man einige Becken mit Wasser zum Waschen passiren. Die vor
+Durst verschmachtenden Geschwornen tranken gierig die Gefäße aus. Die
+umliegenden Straßen waren bis zum Morgen von einer großen Volksmenge
+angefüllt. Von Stunde zu Stunde kam ein Bote von Whitehall um sich nach
+dem Stande der Sache zu erkundigen. Verschiedene Male hörte man drinnen
+im Zimmer einen heftigen Wortstreit; aber etwas Gewisses erfuhr man
+nicht.[127]
+
+Zuerst waren neun für die Freisprechung und drei für die Verurtheilung.
+Zwei von der Minorität gaben bald nach; Arnold aber beharrte auf seinem
+Ausspruche. Thomas Austin, ein reichbegüterter Landgentleman, der die
+Zeugenaussagen und Reden aufmerksam verfolgt und sich ausführliche
+Notizen gemacht hatte, wollte die Sache mit ihm speciell erörtern.
+Arnold aber lehnte dies ab, indem er ärgerlich sagte, er sei nicht
+gewöhnt zu raisonniren und zu debattiren, sein Gewissen gestatte ihm
+nicht, die Bischöfe freizusprechen. „Wenn Sie dabei beharren,“ sagte
+Austin, „so sehen Sie mich an. Ich bin der Größte und Stärkste von uns
+Zwölfen; ehe ich aber eine Petition wie diese als ein Libell anerkenne,
+bleibe ich hier, bis ich nicht mehr dicker bin als ein Pfeifenrohr.“ Es
+war sechs Uhr Morgens, als Arnold endlich nachgab. Es wurde bald
+bekannt, daß die Geschwornen einig waren; wie aber ihr Ausspruch
+lautete, war noch ein Geheimniß.[128]
+
+Um zehn Uhr versammelte sich der Gerichtshof wieder. Das Gedränge war
+noch ärger als am vorigen Tage. Die Geschwornen erschienen in ihrer Loge
+und es trat eine lautlose Stille ein.
+
+ [Anmerkung 118: +Clarendon’s Diary, June+ 21. 1688.]
+
+ [Anmerkung 119: Gitters, 26. Juni (6. Juli) 1688.]
+
+ [Anmerkung 120: Johnstone, 2. Juli 1688.]
+
+ [Anmerkung 121: Johnstone, 2. Juli 1688.]
+
+ [Anmerkung 122: Johnstone, 2. Juli 1688. Der Herausgeber von
+ +Levinz’s Reports+ drückt seine große Verwunderung darüber aus,
+ daß Levinz nach der Revolution nicht wieder in sein Richteramt
+ eingesetzt wurde. Die von Johnstone erzählten Thatsachen können
+ dies anscheinende Ungerechtigkeit vielleicht erklären.]
+
+ [Anmerkung 123: Ich schließe dies aus einem Briefe von Compton an
+ Sancroft vom 12. Juni.]
+
+ [Anmerkung 124: +Revolution Politics.+]
+
+ [Anmerkung 125: Der Ausdruck eines Augenzeugen. Er findet sich in
+ einem Neuigkeitsbriefe in der Mackintosh-Sammlung.]
+
+ [Anmerkung 126: Siehe den Prozeß in der +Collection of State
+ Trials+. Einiges habe ich auch von Johnstone und Citters
+ entlehnt.]
+
+ [Anmerkung 127: Johnstone, 2. Juli 1688; Brief von Mr. Ince an den
+ Erzbischof, datirt von sechs Uhr Morgens; +Tanner MS.+;
+ +Revolution Politics+.]
+
+ [Anmerkung 128: Johnstone, 2. Juli 1688.]
+
+
+[_Das Verdict der Geschwornen; Freude des Volks._] Sir Samuel Astry
+sprach: „Finden Sie die Angeklagten oder einen von ihnen des Vergehens,
+dessen sie angeklagt sind, schuldig oder nicht schuldig?“ Sir Roger
+Langley antwortete: „Nicht schuldig.“ Sobald diese Worte über seine
+Lippen waren, sprang Halifax auf und schwenkte seinen Hut. Auf dieses
+Zeichen brachen alle Bänke und Gallerien in donnernden Beifallsjubel
+aus. Im nächsten Augenblick stimmten die zehntausend Menschen, welche
+die große Halle füllten, mit noch lauterem Jubel ein, von dem die alte
+eichene Decke erdröhnte, und noch einen Augenblick, so ließ die draußen
+versammelte Menge ein drittes Hurrah erschallen, das man in Templebar
+hören konnte. Die Böte, welche den Fluß bedeckten, antworteten mit
+gleicher Begeisterung, ein Kanonenschlag knallte auf dem Wasser, dann
+wieder einer und wieder einer, und so flog die frohe Nachricht binnen
+wenigen Augenblicken über den Savoy und über die Friars hinaus bis zur
+Londonbrücke und zu dem Mastenwalde der jenseit derselben liegenden
+Schiffe. Wohin die Botschaft kam, brachen Straßen und Squares,
+Marktplätze und Kaffeehäuser in Freudenjubel aus. Der Jubel aber war
+minder auffallend, als die Thränen. Denn die Gefühle der Leute waren so
+angespannt worden, daß selbst die kalte, an Äußerungen von
+Gemüthsbewegung wenig gewöhnte englische Natur überwältigt wurde und
+Tausende vor lauter Freude schluchzten. Inzwischen sprengten von den
+Endpunkten der Menge Reiter fort, um die Kunde von dem Siege der Kirche
+und der Nation durch alle Hauptstraßen zu verbreiten. Aber selbst dieser
+gewaltige Ausbruch der Freude vermochte den hämischen und furchtlosen
+Sinn des Staatsprokurators nicht zu erschüttern. Er versuchte es, sich
+in dem betäubenden Lärme Gehör zu verschaffen und forderte die Richter
+auf, Diejenigen, welche durch ihr Geschrei die Würde des Gerichtshofes
+verletzt hatten, verhaften zu lassen. Einer aus der jubelnden Menge
+wurde wirklich festgenommen. Indessen sah das Tribunal doch ein, daß es
+geradezu lächerlich gewesen wäre einen Einzelnen für eine Übertretung zu
+bestrafen, welche Hunderttausende begangen hatten, und entließ ihn daher
+wieder mit einem leichten Verweis.[129]
+
+Es war jetzt nicht daran zu denken, etwas Andres vorzunehmen, denn das
+Getöse der Menge war so arg, daß man eine halbe Stunde lang im
+Gerichtssaale kein Wort verstehen konnte. Williams stieg unter einem
+Sturme von Zischen und Verwünschungen in seinen Wagen. Cartwright, der
+eine unbezähmbare Neugierde besaß, hatte die Thorheit und
+Unschicklichkeit begangen, nach Westminster zu kommen, um zu hören, wie
+das Urtel ausfallen würde. Man erkannte ihn an seiner Priestertracht und
+seiner Korpulenz und verfolgte ihn durch die ganze Halle mit Geschrei.
+„Nehmt Euch vor dem Wolfe in Schafskleidern in Acht,“ sagte Einer.
+„Platz für den Mann mit dem Papst im Bauche!“ rief ein Andrer.[130]
+
+Die freigesprochenen Prälaten flüchteten sich vor der Menge, die sie um
+ihren Segen bat, in die nächste Kapelle, wo eben Gottesdienst gehalten
+wurde. Viele Kirchen der Hauptstadt waren an diesem Morgen geöffnet und
+wurden von vielen Andächtigen besucht. In allen Kirchspielen der City
+und der Vorstädte gingen die Glocken. Unterdessen konnten sich die
+Geschwornen kaum einen Weg aus der Halle bahnen. Von Hunderten mußten
+sie sich die Hand drücken lassen. „Gott segne Euch,“ rief das Volk;
+„Gott segne Eure Familien! Ihr habt wie brave Gentlemen gehandelt und
+uns Alle heute gerettet.“ Während die Peers, welche zur Unterstützung
+der guten Sache herbeigekommen waren, fortfuhren, warfen sie Hände voll
+Geld unter die Menge und hießen sie auf das Wohl des Königs, der
+Bischöfe und der Geschwornen trinken.[131]
+
+Der Generalfiskal überbrachte die Nachricht Sunderland, der sich gerade
+mit dem Nuntius unterhielt. „Seit Menschengedenken,“ sagte Powis, „hat
+man nicht einen solchen Jubel und so viel Freudenthränen gesehen wie
+heute“.[132] Der König hatte am Morgen das Lager auf der Hounslowhaide
+besucht. Sunderland schickte sofort einen Courier mit der Botschaft an
+ihn ab. Jakob befand sich in Feversham’s Zelte, als der Expresse ankam.
+Er war sehr ärgerlich über die Nachricht und rief auf Französisch aus:
+„Sie sollen es bereuen!“ Er brach sogleich nach London auf. So lange er
+anwesend war, hielt der Respekt die Soldaten ab, ihren Gefühlen freien
+Lauf zu lassen; kaum aber hatte er das Lager verlassen, so hörte er
+hinter sich ein lautes Jubelgeschrei. Er wunderte sich darüber und
+fragte, was das bedeute. „Es ist nichts,“ erhielt er zur Antwort, „die
+Soldaten freuen sich nur über die Freisprechung der Bischöfe.“ -- „Das
+nennen Sie nichts?“ sagte der König und wiederholte dann noch einmal:
+„Sie sollen es bereuen!“[133]
+
+Er hatte in der That Ursache, verstimmt zu sein, denn seine Niederlage
+war vollständig und im höchsten Grade demüthigend. Wären die Prälaten
+auf Grund mangelhaften Beweises freigesprochen worden, etwa weil sie die
+Petition nicht in Middlesex geschrieben hatten, oder weil es ihnen
+streng nach den Regeln des Gesetzes nicht bewiesen werden konnte, daß
+sie dem Könige die Petition, um dessentwillen sie in Untersuchung waren,
+überreicht hatten, so würde die Prärogative keinen Stoß erhalten haben.
+Zum Glück für das Land aber war die Thatsache der Veröffentlichung
+vollkommen festgestellt worden und die Vertheidiger der Angeklagten
+hatten daher das Dispensationsrecht angreifen müssen. Dies hatten sie
+mit großer Gelehrsamkeit, Beredtsamkeit und Kühnheit gethan. Die Anwälte
+der Krone waren, wie allgemein anerkannt wurde, in dem Kampfe
+unterlegen. Nicht ein einziger Richter hatte die Indulgenzerklärung für
+gesetzlich zu erklären gewagt, einer hatte sie sogar in den stärksten
+Ausdrücken als ungesetzlich bezeichnet. Die ganze Stadt sprach davon,
+daß die Dispensationsgewalt den Todesstoß bekommen habe. Finch, der den
+Tag vorher allgemein geschmäht worden war, wurde jetzt allgemein
+gepriesen. Man sagte, er habe die Sache nicht in einer Weise entschieden
+sehen wollen, wobei die große Verfassungsfrage auf immer zweifelhaft
+geblieben wäre. Er habe eingesehen, daß die Freisprechung seiner
+Klienten ohne Verdammung der Indulgenzerklärung nur ein halber Sieg
+gewesen sein würde. Es ist gewiß, daß Finch weder die Vorwürfe
+verdiente, mit denen er überhäuft wurde, so lange der Ausgang noch
+zweifelhaft war, noch die Lobpreisungen, die ihm gespendet wurden,
+nachdem derselbe so günstig ausgefallen. Es war thöricht, ihn zu tadeln,
+weil die Kronanwälte während des von ihm veranlaßten kurzen Verzugs
+unerwartet einen neuen Zeugen fanden. Eben so thöricht war die Annahme,
+daß er seine Klienten absichtlich einer Gefahr ausgesetzt habe, um ein
+allgemeines Prinzip festzustellen, und noch thörichter war es, ihn wegen
+etwas zu loben, was eine grobe Verletzung seiner Berufspflichten gewesen
+sein würde.
+
+Dem freudigen Tage folgte eine nicht minder freudige Nacht. Die Bischöfe
+und einige ihrer achtungswerthen Freunde bemühten sich vergebens,
+tumultuarische Freudenbezeigungen zu verhindern. Die ältesten Leute
+erinnerten sich nicht, jemals, selbst nicht an dem Abende, als es in
+London bekannt wurde, daß die schottische Armee sich für ein freies
+Parlament erklärt hatte, die Straßen von so zahlreichen Freudenfeuern
+erhellt gesehen zu haben. Um jedes Feuer hatte sich ein Haufe gelagert,
+der auf das Wohl der Bischöfe und auf den Untergang der Papisten trank.
+Die Fenster waren ebenfalls glänzend erleuchtet, jedes gewöhnlich durch
+sieben Lichter, von denen das mittelste und längste den Primas
+vorstellte. Dazu hörte man fortwährend das Knallen von Schwärmern,
+Raketen und Gewehrschüssen. Ein ungeheurer Holzstoß brannte gerade dem
+Haupteingange von Whitehall gegenüber; andere wurden vor den Thüren
+katholischer Peers angezündet. Lord Arundell von Wardour beschwichtigte
+wohlweislich den Pöbel mit ein wenig Geld; im Palast Salisbury am Strand
+aber wurde ein Widerstandsversuch gemacht. Die Dienerschaft Lord
+Salisbury’s machte einen Ausfall und feuerte; aber nur der unglückliche
+Büttel des Bezirks fiel, der gerade gekommen war, um das Feuer
+auszulöschen, und die Schaar wurde bald in den Palast zurückgetrieben.
+Kein Schauspiel jener Nacht amüsirte das gemeine Volk so sehr, als
+eines, das ihnen vor mehreren Jahren wohl bekannt gewesen war, und das
+ihnen jetzt nach einer langen Pause wieder gegeben wurde: die
+Verbrennung des Papstes. Dieses vor Zeiten sehr beliebte Schauspiel
+kennt unsere Generation nur aus Beschreibungen und Abbildungen. Eine
+Figur, die aber keineswegs jenen plumpen Conterfeyen von Guy Fawx glich,
+welche noch jetzt am 5. November zur Schau umhergetragen werden, sondern
+die mit einiger Geschicklichkeit von Wachs verfertigt und mit nicht
+geringen Kosten mit Gewändern und einer Tiara geschmückt war, wurde auf
+einen Stuhl gesetzt, ähnlich dem, auf welchem noch heute an einigen
+hohen Festtagen die römischen Bischöfe durch die Peterskirche zum
+Hochaltare getragen werden. Seine Heiligkeit war gewöhnlich umgeben von
+einem Gefolge von Cardinälen und Jesuiten, und ihm zur Seite stand ein
+als Teufel mit Schweif und Hörnern verkleideter Hanswurst. Kein reicher
+und eifriger Protestant sah bei dieser Gelegenheit eine Guinee an, und
+wenn man der Sage glauben darf, betrugen die Kosten einer solchen
+Prozession zuweilen nicht weniger als tausend Pfund. Nachdem der Papst
+eine Zeit lang über den Köpfen der Menge zur Schau umhergetragen worden
+war, wurde er unter lautem Jubel den Flammen überliefert. Zur Zeit der
+Popularität Oates’ und Shaftesbury’s wurde das Schauspiel alljährlich am
+Geburtstage der Königin Elisabeth in Fleet Street unter den Fenstern des
+Whig-Clubs aufgeführt. Der groteske Gebrauch war so berühmt, daß
+Barillon sich einmal in Lebensgefahr begab, um aus einem Versteck
+zuzusehen.[134] Seit der Entdeckung des Ryehousecomplots war die
+Ceremonie bis zu dem Tage der Freisprechung der Bischöfe unterblieben.
+An diesem Abende aber tauchten in verschiedenen Stadttheilen Londons
+mehrere Päpste auf. Der Nuntius war höchlich entrüstet und der König
+fühlte sich durch diese Verhöhnung seiner Kirche schwerer gekränkt als
+durch irgend eine andre ihm zugefügte Beleidigung. Die Behörden konnten
+jedoch nichts thun. Der Sonntagmorgen graute bereits und die Glocken der
+Pfarrkirchen riefen zum Frühgebet, ehe die Feuer zu erlöschen und die
+Volksmassen sich zu verlaufen begannen. Es erschien nun alsbald eine
+Proklamation gegen die Ruhestörer. Viele von ihnen, meist Lehrlinge,
+wurden verhaftet: aber die Anklagen gegen sie wurden von den Gerichten
+von Middlesex nicht angenommen. Die Magistratsbeamten, von denen viele
+Katholiken waren, geriethen mit der großen Jury in Streit und schickten
+sie mehrere Male zurück, aber ohne Erfolg.[135]
+
+ [Anmerkung 129: +Collection of State Trials+; +Oldmixon, 739+;
+ +Clarendon’s Diary, June 25. 1688+; Johnstone, 2. Juli; Citters,
+ 3.(13.) Juli; Adda, 6.(10.) Juli; +Luttrell’s Diary+; Barillon,
+ 2.(12.) Juli.]
+
+ [Anmerkung 130: Citters, 3.(13.) Juli. Der würdevolle Ernst, mit
+ dem er die Geschichte erzählt, macht einen komischen Eindruck:
+ +„Den Bisschop van Chester, wie seer de partie van het hof houdt,
+ om te voldoen aan syne gewoone nieusgierigheyt, hem op dien tyt in
+ Westminster Hall mede hebbende laten vinden, in het uytgaan
+ doorgaans was uytgekreten voor een grypende wolf in schaaps
+ kleederen; en hy synde een heer van hooge stature en vollyvig,
+ spotsgewyse allomme geroepen was dat men voor hem plaats moeste
+ maken, om te laten passen, gelyck ook geschiede, om dat soo sy
+ uytschreeuwden en hem in het aansigt seyden, hy den Paus in syn
+ buyck hadde.“+]
+
+ [Anmerkung 131: Luttrell; Citters, 3.(13.) Juli 1688. +„Soo syn in
+ tegendeel gedagte jurys met de uyterste acclamatie en alle
+ teyckenen van genegenheyt en danckbaarheyt in het door passeren
+ van de gemeente ontvangen. Honderden vielen haar om den hals met
+ alle bedenckelycke wewensch van segen en geluck over hare
+ persoonen en familien, om dat sy haar so heusch en eerlyck buyten
+ verwagtinge als het ware in desen gedragen hadden. Veele van de
+ grooten en kleynen adel wierpen in het wegryden handen vol gelt
+ under de armen luyten, om op de gesontheyt van den Coning, der
+ Heeren Prelaten, on de Jurys te drincken.“+]
+
+ [Anmerkung 132: +„Mi trovava con Milord Sunderland la stessa
+ mattina, quando venne l’Avvocato Generale a rendergli conto del
+ successo, e disse, che mai piu a memoria d’huomini si era sentito
+ un applauso, mescolato di voce e lagrime di giubilo, egual a
+ quello che veniva egli di vedere in quest’ occasione.“+ Adda,
+ 6.(16.) Juli 1688.]
+
+ [Anmerkung 133: +Burnet, I. 744+; Citters, 3.(13.) Juli 1688.]
+
+ [Anmerkung 134: Siehe eine interessante Erzählung, welche Danby,
+ damals Herzog von Leeds, zugleich mit anderen Papieren im Jahre
+ 1710 veröffentlichte. Eine anziehende Beschreibung der Ceremonie
+ der Papstverbrennung findet sich auch in North’s +Examen, 570+.
+ Ferner sehe man die Note zum Epilog des Trauerspiels „Ödipus“ in
+ Scott’s Ausgabe von Dryden.]
+
+ [Anmerkung 135: +Reresby’s Memoirs+; Citters, 3.(13.) Juli 1688;
+ Adda, 6.(16.) Juli; Barillon 2.(12.) Juli; +Luttrell’s Diary+;
+ Neuigkeitsbrief vom 4. Juli; +Oldmixon, 739+; Ellis’
+ Correspondenz.]
+
+
+[_Eigenthümlicher Zustand der öffentlichen Meinung zu jener Zeit._]
+Inzwischen verbreitete sich die frohe Nachricht durch das ganze Land und
+wurde allenthalben mit Jubel aufgenommen. Gloucester, Bedford und
+Lichfield gehörten zu den Städten, die sich durch besonderen Eifer
+auszeichneten; Bristol und Norwich aber, welche nach Bevölkerung und
+Reichthum London am nächsten standen, kamen bei diesem freudigen Anlasse
+auch in der Begeisterung der Hauptstadt am nächsten.
+
+Die gerichtliche Verfolgung der sieben Bischöfe ist ein Ereigniß, das in
+unsrer Geschichte einzig dasteht. Es war der erste und letzte Fall, wo
+zwei mächtige in der Regel einander entgegengesetzte Gefühle, von denen
+jedes für sich allein bei heftiger Erregung hinreichend war, um den
+Staat zu erschüttern, in vollkommener Eintracht verbündet waren. Diese
+Gefühle waren die Liebe zur Kirche und die Liebe zur Freiheit. Während
+vieler Generationen war jeder heftige Ausbruch des kirchlichen Gefühls,
+mit einer einzigen Ausnahme, der bürgerlichen Freiheit nachtheilig
+gewesen; und ebenso war jeder heftige Ausbruch des Freiheitsgefühls, mit
+einer einzigen Ausnahme, dem Ansehen und Einflusse des Prälatenthums und
+der Priesterschaft verderblich. Im Jahre 1688 war die Sache der
+Hierarchie einen Augenblick die Sache der Volkspartei. Mehr als
+neuntausend Geistliche, mit dem Primas und seinen ehrenwerthesten
+Suffraganen an der Spitze, erklärten sich bereit, Haft und
+Eigenthumsberaubung für das große Grundprinzip unsrer freien Verfassung
+zu erdulden. Die Folge war eine Coalition, welche die eifrigsten
+Kavaliere, die eifrigsten Republikaner und alle zwischeninne liegenden
+Parteien der Gesammtheit umfaßte. Der Geist, welcher Hampden unter der
+vergangenen Generation aufrecht erhalten hatte, verband sich mit dem
+Geiste, welcher Sacheverell unter der folgenden aufrecht erhielt, um den
+Erzbischof, der ein Hampden und ein Sacheverell zugleich war, aufrecht
+zu erhalten. Diejenigen Klassen der Gesellschaft, denen an der Erhaltung
+der Ruhe am meisten gelegen ist, welche in stürmischen Zeiten gewöhnlich
+am ersten bei der Hand sind, die Regierung zu unterstützen, und welche
+einen natürlichen Widerwillen gegen Aufwiegler hegen, folgten ohne
+Bedenken der Leitung eines ehrwürdigen Mannes, des ersten Peers des
+Reiches, des ersten Dieners der Kirche, eines Tory’s in der Politik,
+eines Heiligen in seinem Privatleben, den die Tyrannei wider seinen
+Willen in einen Demagogen verwandelt hatte. Auf der andren Seite flehten
+jetzt selbst Diejenigen, welche das Episcopat als einen Überrest des
+Papismus und als ein Werkzeug der Willkürherrschaft stets verabscheut
+hatten, auf den Knien um den Segen eines Prälaten, der bereit war, eher
+Ketten zu tragen und seine alterschwachen Glieder auf die nackten Steine
+eines Kerkers zu legen, als daß er die Interessen des protestantischen
+Glaubens verrathen und die Hoheitsrechte der Krone über das Gesetz
+gestellt hätte. Mit der Liebe zur Kirche und der Liebe zur Freiheit
+verband sich in dieser wichtigen Krisis noch ein drittes Gefühl, das zu
+den achtungswerthesten Zügen unsres Nationalcharacters gehört. Ein durch
+Willkürgewalt unterdrückter Mensch findet bei uns, hätte er sonst auch
+nicht den mindesten Anspruch auf Achtung und Dankbarkeit, gewöhnlich
+eine rege Theilnahme. So wurde zu den Zeiten unserer Großväter die
+Gesellschaft durch Wilkes’ Verfolgung heftig aufgeregt. Wir selbst sahen
+die Nation durch die gegen die Königin Karoline geübte Härte fast bis
+zum Wahnsinn gereizt. Daher wurde England, selbst wenn von dem Ausgange
+des Prozesses gegen die Bischöfe keine wichtigen politischen oder
+religiösen Interessen abgehangen hätten, es wahrscheinlich nicht ohne
+starke Regungen von Mitleid und Unwillen mit angesehen haben, wie einige
+Greise von makelloser Tugend von der Rache eines jähzornigen und
+unerbittlichen Fürsten verfolgt wurden, der ihrer Treue seine Krone
+verdankte.
+
+Von diesen Gefühlen angetrieben, stellten sich unsere Vorfahren in einer
+ungeheuren und compacten Masse der Regierung entgegen. Die mächtige
+Phalanx war aus allen Ständen, allen Parteien, allen protestantischen
+Seelen gebildet. Im Vordertreffen standen die geistlichen und weltlichen
+Lords, dann kamen die begüterte Gentry und der Klerus, beide
+Universitäten, alle Gerichtshöfe, Großhändler, Krämer und Pächter, die
+Lastträger, die sich in den Straßen der großen Städte plagten, und die
+Landleute, welche das Feld bebauten. Die Koalition gegen den König
+umfaßte selbst die Matrosen, die seine Schiffe bemannten, selbst die
+Schildwachen, die seinen Palast bewachten. Die Namen Whig und Tory waren
+einen Augenblick vergessen. Der alte Ausschließungsmann reichte dem
+alten Verabscheuer die Hand; Episcopalen, Presbyterianer, Independenten
+und Baptisten vergaßen ihre langjährigen Fehden, um nur an ihren
+gemeinsamen Protestantismus und an ihre gemeinsame Gefahr zu denken;
+Theologen, die in der Schule Laud’s gebildet waren, sprachen nicht nur
+von Duldung, sondern sogar von Einigung. Der Erzbischof erließ bald nach
+seiner Freisprechung einen Hirtenbrief, der eines der merkwürdigsten
+Schriftstücke jener Zeit ist. Er hatte von Jugend auf mit den
+Nonconformisten in Streit gelegen und sie mehrmals mit ungerechter und
+unchristlicher Heftigkeit angegriffen. Sein Hauptwerk war eine häßliche
+Karrikatur auf die Calvinistische Theologie.[136] Er hatte für den 30.
+Januar, den Jahrestag der Hinrichtung Karl’s I., und für den 29. Mai,
+den Jahrestag der Rückkehr Karl’s II., Gebetsformulare abgefaßt, welche
+so heftige Schmähungen gegen die Puritaner enthielten, daß die Regierung
+es für nöthig erachtet hatte, dieselben zu mildern. Jetzt aber war sein
+Herz erweicht und geöffnet. Er ermahnte die Bischöfe und die Geistlichen
+feierlich und eindringlich, ihren Brüdern, den protestantischen
+Dissenters, mit zarter Rücksicht zu begegnen, sie oft zu besuchen, sie
+gastlich zu bewirthen, sich freundlich mit ihnen zu unterhalten und sie
+womöglich zum Anschluß an die Kirche zu bewegen, sich aber, wenn ihnen
+dies nicht gelänge, in ihrem Wirken für die segensreiche Sache der
+Reformation herzlich und liebreich zu verbinden.[137]
+
+Viele fromme Leute dachten in späteren Jahren mit schmerzlicher
+Sehnsucht an jene Zeit zurück. Sie schilderten dieselbe als den
+flüchtigen Schimmer eines goldenen Zeitalters zwischen zwei eisernen
+Zeitaltern. Waren solche Klagen auch natürlich, so waren sie doch nicht
+begründet. Die Coalition von 1688 war und konnte nur das Erzeugniß einer
+an Wahnsinn grenzenden Tyrannei und einer alle großen Institutionen des
+Landes gleichzeitig bedrohenden Gefahr sein. Daß eine solche Coalition
+seitdem nicht wieder vorgekommen, hat seinen Grund darin, weil noch nie
+wieder so schlecht und verkehrt regiert worden ist. Man darf nicht
+vergessen, daß, wenn auch Eintracht an sich besser ist als Zwietracht,
+doch Zwietracht das Zeichen besserer Zustände sein kann als Eintracht
+sie andeutet. Unglück und Gefahr zwingen die Menschen oft, sich zu
+verbinden. Glück und Sicherheit bestimmen sie oft, sich zu trennen.
+
+ [Anmerkung 136: Der +Fur Praedestinatus+.]
+
+ [Anmerkung 137: Dieser Hirtenbrief findet sich in der ersten der
+ zwölf Sammlungen von Urkunden über die englischen Angelegenheiten,
+ die zu Ende des Jahres 1688 und zu Anfang des Jahres 1689 gedruckt
+ wurden. Er wurde am 26. Juli, nicht ganz einen Monat nach dem
+ Prozesse erlassen. Um die nämliche Zeit äußerte Lloyd von St.
+ Asaph gegen Heinrich Wharton, daß die Bischöfe ein ganz neues
+ Verfahren gegen die protestantischen Dissenters einzuschlagen
+ gedächten: +„Omni modo curaturos, ut ecclesia sordibus et
+ corruptelis penitus exueretur; ut sectariis reformatis reditus in
+ ecclesiae sinum exoptati occasio ac ratio concederetur, si qui
+ sobrii et pii essent; ut pertinacibus interim jugum levaretur,
+ extinctis penitus legibus mulctatoriis.“ -- Excerpta ex Vita H.
+ Wharton.+]
+
+
+
+
+ Druck von Philipp Reclam jun. in Leipzig.
+
+
+ * * * * *
+ * * * *
+ * * * * *
+
+
+Druckfehler und Unregelmässigkeiten
+
+Rechtschreibungsformen wie »funfzig« : »fünfzig«, »Urtel« : »Urtheil«
+und »Partein« : »Parteien« sind ungeändert. Die Namen »Russel« und
+»Russell« sind ebenso ungeändert (auch wenn es um die selbe Person
+handelt). Einige doppelte Punkte wie
+
+ [_Sir Patrick Hume und Sir Johann Cochrane._].
+
+sind leise korrigiert.
+
+VII. Kapitel
+
+ [Inhalt]
+ Wycherley, Tindal, Haines [Tintal]
+ Compton. -- Herbert. -- Churchill [Compten]
+ [Anm. VII.1] ... Van Kampen’s ... Sir Jakob Mackintosh
+ [Van Kamper’s, Makintosh]
+ Zeugen seiner Schmerzensausbrüche [Schmerzensausbbrüche]
+ [Anm. VII.5] ... j’ay en soin que M. Woodstoc
+ [_ungeändert: Namen ist »Woodstock«_]
+ [Anm. VII.57] +Burnet I. 726--731+ [I.,]
+ [Anm. VII.63] ... jusqu’à l’actuel payement. [j’usqu’à]
+ Namens Johnstone [Johnestone]
+ die Überreste des Ignatius Loyola [Loyla]
+
+VIII. Kapitel
+
+ Heinrich’s VI. und Heinrich’s VIII. gebildet waren [Heinrichs VIII.]
+ „Sie ... sind ... aus der Schrift heimschicken: „Gehet hin ...
+ widerfahre.“
+ [_anführungsszeichen ungeändert_]
+ vierzig Fellow’s [_’ im Original_]
+ Von Whitehall war keine Antwort gekommen. [Withehall]
+ von Windsor nach Portsmouth [Portsmuth]
+ [Anm. VIII.34] ... Note zu Burnet I. 755 [I, 755]
+ [Anm. VIII.41] ... +Burnet I. 264+ [I, 264]
+ [Anm. VIII.45] ... 2.(12.) Dec. [2.(12. Dec.).]
+ [Anm. VIII.127] ... +Tanner MS.+ [Ms.]
+ durch Wilkes’ Verfolgung [Wilke’s]
+
+
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+
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+
+End of the Project Gutenberg EBook of Geschichte von England seit der
+Thronbesteigung Jakob's des Zwe, by Thomas Babington Macaulay
+
+*** END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK 30331 ***
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+The Project Gutenberg EBook of Geschichte von England seit der
+Thronbesteigung Jakob's des Zweiten., by Thomas Babington Macaulay
+
+This eBook is for the use of anyone anywhere at no cost and with
+almost no restrictions whatsoever. You may copy it, give it away or
+re-use it under the terms of the Project Gutenberg License included
+with this eBook or online at www.gutenberg.org
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+
+Title: Geschichte von England seit der Thronbesteigung Jakob's des Zweiten.
+ Vierter Band
+
+Author: Thomas Babington Macaulay
+
+Translator: Wilhelm Hartwig Beseler
+
+Release Date: October 25, 2009 [EBook #30331]
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+Language: German
+
+Character set encoding: ISO-8859-1
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+*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK GESCHICHTE VON ENGLAND--VIERTER BAND ***
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+
+Produced by Louise Hope, Delphine Lettau, richyfourtytwo
+and the Online Distributed Proofreading Team at
+https://www.pgdp.net
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+[Dieser Text ist fr Benutzer gedacht, deren Text-Anzeigeprogramm
+nicht die volle Unicode (UTF-8) Version anzeigen kann. An- und
+Abfhrungsstriche aus dem Original wurden durch Guillemets ersetzt,
+die einfachen Anfhrungsstriche oder Apostrophe haben die einfachere
+'Schreibmaschinenform'. Das griechische Zitat ist #wie so# gezeichnet.
+
+Zeichen _wie so_ bedeuten Gesperrt; +wie so+ bedeuten Antiqua
+(nicht-Fraktur); =wie so= bedeuten Fettschrift.]
+
+
+
+
+ Thomas Babington Macaulay's
+
+ Geschichte von England
+
+
+ seit der
+
+ Thronbesteigung Jakob's des Zweiten.
+
+
+ Aus dem Englischen.
+
+
+ +Vollstndige und wohlfeilste Stereotyp-Ausgabe.+
+
+
+ Vierter Band.
+
+
+ Leipzig, 1854.
+ _G. H. Friedlein._
+
+
+ * * * * *
+ * * * *
+
+
+ Siebentes Kapitel.
+
+ Jakob II.
+
+
+
+
+ =Inhalt.=
+
+ Seite
+ Wilhelm, Prinz von Oranien 5
+ Sein ueres 5
+ Sein frheres Leben und seine Erziehung 5
+ Seine religisen Ansichten 7
+ Seine militairischen Talente 8
+ Sein Vergngen an Gefahren; seine schlechte Gesundheit 10
+ Klte seines Benehmens und Heftigkeit seiner Gemthsregungen 10
+ Seine Freundschaft fr Bentinck 10
+ Marie, Prinzessin von Oranien 12
+ Gilbert Burnet 14
+ Er vermittelt eine innigere Annherung zwischen dem Prinzen
+ und der Prinzessin 17
+ Beziehungen Wilhelm's zu den englischen Parteien 18
+ Seine Gesinnungen gegen England 18
+ Seine Gesinnungen gegen Holland und Frankreich 19
+ Seine Politik durchaus consequent 22
+ Vertrag von Augsburg 24
+ Wilhelm wird das Oberhaupt der englischen Opposition 25
+ Mordaunt schlgt Wilhelm eine Landung in England vor 26
+ Wilhelm verwirft den Rath 26
+ Unzufriedenheit in England nach dem Sturze der Hyde 27
+ Bekehrungen zum Papismus; Peterborough, Salisbury 27
+ Wycherley, Tindal, Haines 28
+ Dryden 29
+ +The Hind and Panther.+ 30
+ nderung in dem Verfahren des Hofes gegen die Puritaner 32
+ In Schottland theilweise Duldung gewhrt 35
+ Persnliche Bearbeitung Einzelner im kniglichen Kabinet 36
+ Erfolglosigkeit der persnlichen Bearbeitung 37
+ Admiral Herbert 37
+ Die Indulgenzerklrung 37
+ Stimmung der protestantischen Dissenters 39
+ Stimmung der anglikanischen Kirche 40
+ Der Hof und die Kirche 40
+ Brief an einen Dissenter. 42
+ Benehmen der Dissenters 43
+ Einige von ihnen halten es mit dem Hofe. Care, Alsop,
+ Rosewell 45
+ Lobb 46
+ Penn 46
+ Die Mehrzahl der Puritaner ist gegen den Hof. Baxter 46
+ Howe 47
+ Bunyan 47
+ Kiffin 49
+ Der Prinz und die Prinzessin von Oranien gegen die
+ Indulgenzerklrung 52
+ Vertheidigung ihrer Ansichten bezglich der englischen
+ Katholiken 53
+ Jakob's Feindschaft gegen Burnet 57
+ Sendung Dykvelt's nach England 59
+ Unterhandlungen Dykvelt's mit englischen Staatsmnnern 59
+ Danby 60
+ Nottingham 60
+ Halifax 61
+ Devonshire 62
+ Eduard Russel 64
+ Compton. -- Herbert. -- Churchill 65
+ Lady Churchill und die Prinzessin Anna 66
+ Dykvelt kehrt mit Briefen von vielen angesehenen Englndern
+ nach dem Haag zurck 68
+ Zulestein's Sendung 69
+ Zunehmende Feindschaft zwischen Jakob und Wilhelm 70
+ Einflu der hollndischen Presse 71
+ Stewart's und Fagel's Correspondenz 71
+ Castelmaine's Gesandtschaft in Rom 72
+
+
+
+
+[_Wilhelm, Prinz von Oranien._] Wilhelm Heinrich, Prinz von
+Oranien-Nassau, nimmt in der Geschichte Englands und der gesammten
+Menschheit eine so bedeutende Stelle ein, da es wnschenswerth
+erscheint, die markirten Zge seines Characters mit einiger
+Ausfhrlichkeit zu zeichnen.[1]
+
+ [Anmerkung 1: Die Hauptquellen, aus denen ich meine Schilderung
+ des Prinzen von Oranien geschpft habe, sind Burnet's Geschichte,
+ Temple's und Gourville's Memoiren, die Unterhandlungen der Grafen
+ Estrades und Avaux, Sir Georg Downing's Briefe an den Lordkanzler
+ Clarendon, Wagenaar's umfangreiches Geschichtswerk, Van Kampen's
+ +Karakterkunde Vaderlandsche Geschiedenis+, und vor Allem
+ Wilhelm's eigene vertrauliche Correspondenz, von welcher der
+ Herzog von Portland Sir Jakob Mackintosh eine Abschrift zu nehmen
+ erlaubte.]
+
+
+[_Sein ueres._] Er stand jetzt in seinem siebenunddreiigsten
+Lebensjahre, war aber krperlich und geistig lter als andere Leute in
+diesen Jahren. Man knnte fast sagen, er sei niemals jung gewesen. Sein
+ueres ist uns fast eben so gut bekannt, als seinen eigenen Heerfhrern
+und Rthen. Bildhauer, Maler und Mnzschneider haben ihre ganze
+Geschicklichkeit aufgeboten, um seine Zge der Nachwelt zu berliefern,
+und diese waren von der Art, da kein Knstler sie verfehlen und da,
+wer sie einmal gesehen, sie nie vergessen konnte. Sein Name erinnert uns
+sogleich an eine schmchtige und zarte Gestalt, an eine hohe und breite
+Stirn, an eine wie der Schnabel eines Adlers gebogene Nase, an ein Paar
+Augen, die an Glanz und Schrfe mit denen des Adler wetteiferten, an
+eine gedankenvolle, etwas finstre Miene, einen festen und etwas
+mrrischen Mund, an eine bleiche, eingefallene und durch Krankheit und
+Sorgen tief gefurchte Wange. Dieses gedankenvolle, ernste und feierliche
+Aussehen konnte kaum einem glcklichen und lebensfrohen Manne angehrt
+haben; aber es verrth in unverkennbarer Weise die Befhigung zu den
+schwierigsten Unternehmungen und einen durch kein Migeschick und durch
+keine Gefahren zu erschtternden Muth.
+
+
+[_Sein frheres Leben und seine Erziehung._] Die Natur hatte Wilhelm mit
+allen Eigenschaften eines groen Herrschers reich ausgestattet und die
+Erziehung hatte diese Eigenschaften in nicht gewhnlichem Grade
+entwickelt. Mit einem scharfen natrlichen Verstande und einer seltenen
+Willenskraft sah er sich, als sein Geist zu erwachen begann, als vater-
+und mutterlose Waise, als das Oberhaupt einer groen, aber unterdrckten
+und entmuthigten Partei und als den Erben ausgedehnter aber unbestimmter
+Ansprche, welche die Furcht und die Abneigung der damals in den
+Niederlanden herrschenden Oligarchie erregten. Das gemeine Volk, das
+seit einem Jahrhundert seinem Hause treu ergeben war, bewies so oft es
+ihn sah, auf nicht zu verkennende Weise, da es ihn als sein
+rechtmiges Oberhaupt betrachtete. Die geschickten und erfahrenen
+Minister der Republik, die seinen Namen tdtlich haten, brachten ihm
+tglich ihre erzwungene Huldigung dar und beobachteten dabei die
+Fortschritte seines Geistes. Die ersten Regungen seines Ehrgeizes wurden
+sorgfltig bewacht, jedes unberlegte Wort, das ihm entschlpfte, wurde
+niedergeschrieben, und er besa nicht einen einzigen Rathgeber, auf
+dessen Ausspruch Vertrauen gesetzt werden konnte. Er war kaum funfzehn
+Jahre alt, so wurden alle Diener, die seinem Interesse ergeben waren und
+die sein Vertrauen genossen, von der mitrauischen Regierung aus seinem
+Hause entfernt. Er strubte sich dagegen mit einer weit ber seine Jahre
+hinausgehenden Energie, aber vergebens. Aufmerksame Beobachter sahen
+mehr als einmal Thrnen in den Augen des jungen Staatsgefangenen. Seine
+von Haus aus zarte Gesundheit war eine Zeit lang durch die
+Gemthsbewegungen, die seine traurige und vereinsamte Stellung erzeugte,
+ernstlich erschttert. Eine solche Lage macht den Schwachen muthlos und
+bestrzt, dem Starken giebt sie eine verdoppelte Kraft. Von Schlingen
+umgeben, in denen ein gewhnlicher Jngling umgekommen sein wrde,
+lernte Wilhelm vorsichtig und zu gleicher Zeit energisch auftreten.
+Schon lange bevor er das Mannesalter erreicht, verstand er es,
+Geheimnisse zu bewahren, die Neugierde durch trockene und wohlberlegte
+Antworten abzutrumpfen und alle Leidenschaften unter dem nmlichen
+Scheine ernster Ruhe zu verbergen. In der feinen Weltbildung und in
+literarischen Kenntnissen machte er dagegen nur geringe Fortschritte.
+Dem Benehmen des hollndischen Adels jener Zeit fehlte die
+liebenswrdige Anmuth, welche bei den gebildeten Franzosen in hchster
+Vollkommenheit zu finden war und in geringerem Grade auch den englischen
+Hof zierte; seine Manieren waren durchaus hollndisch. Selbst seine
+eigenen Landsleute nannten ihn plump, und Auslndern erschien er oft
+noch mehr als dies. In seinem Verkehr mit der Welt im Allgemeinen schien
+er jene Fertigkeiten, welche den Werth einer Gunstbezeugung erhhen und
+einer Verweigerung die Spitze abbrechen, nicht zu kennen oder sie zu
+verschmhen. Die Literatur und die Wissenschaften interessirten ihn
+wenig; er wute nichts von den Entdeckungen eines Newton und Leibnitz,
+von den Poesien eines Dryden und Boileau; dramatische Darstellungen
+langweilten ihn und er war froh, wenn er den Blick von der Bhne
+abwenden und von ffentlichen Angelegenheiten sprechen konnte, whrend
+Orestes raste oder Tartffe der Elmira die Hand drckte. Er besa zwar
+einiges Talent zu Sarkasmen und entfaltete nicht selten ganz unbewut
+eine sonderbar klingende, aber krftige und originelle natrliche
+Redekunst, aber nach den Titel eines Schngeistes oder eines Redners
+strebte er nicht. Seine ganze Aufmerksamkeit war auf diejenigen Studien
+gerichtet gewesen, welche einen tchtigen und umsichtigen Geschftsmann
+bilden. Von Kindheit an hrte er mit Interesse zu, wenn wichtige Fragen
+ber Bndnisse, Finanzen und Krieg besprochen wurden. Von der Geometrie
+lernte er soviel als zum Bau einer Schanze oder eines Hornwerks nthig
+war. Von fremden Sprachen lernte er mit Hlfe seines ausgezeichneten
+Gedchtnisses soviel als er bedurfte, um Alles, was mit ihm gesprochen
+wurde, und jeden Brief, den er empfing, verstehen und beantworten zu
+knnen. Das Hollndische war seine Umgangssprache. Er verstand
+Lateinisch, Italienisch und Spanisch, sprach und schrieb Franzsisch,
+Englisch und Deutsch, zwar nicht elegant und grammatisch richtig, aber
+flieend und verstndlich. Keine Fhigkeit konnte wichtiger sein fr
+einen Mann, der dazu bestimmt war, groe Bndnisse zu organisiren und
+Armeen zu commandiren, die aus verschiedenen Nationalitten
+zusammengesetzt waren.
+
+
+[_Seine religisen Ansichten._] Eine Klasse von philosophischen Fragen
+war durch die Umstnde seiner Aufmerksamkeit dringend empfohlen worden
+und scheint ihn mehr interessirt zu haben, als man es von seinem
+allgemeinen Character htte erwarten sollen. Die Protestanten der
+Vereinigten Provinzen bestanden wie die unsrer Insel aus zwei groen
+religisen Partein, welche zwei groen politischen Parteien fast genau
+entsprachen. Die Oberhupter der stdtischen Oligarchie waren Arminianer
+und wurden im Allgemeinen von der Menge als nicht viel besser denn
+Papisten betrachtet. Die Prinzen von Oranien waren gewhnlich die
+Schutzpatrone der calvinistischen Theologie gewesen und verdankten
+keinen geringen Theil ihrer Popularitt ihrem Eifer fr die Lehren von
+der Gnadenwahl und dem endlichen Beharren, einem Eifer, der nicht immer
+durch Kenntnisse erleuchtet oder durch Humanitt gemigt war. Wilhelm
+war von Kindheit auf in dem theologischen System, dem seine Familie
+anhing, sorgfltig unterrichtet worden, und betrachtete dieses System
+mit grerer Vorliebe, als man in der Regel fr seinen ererbten Glauben
+hegt. Er hatte ber die groen Probleme, welche auf der Synode von
+Dortrecht errtert worden waren, nachgedacht und in der strengen,
+unbeugsamen Logik der genfer Schule etwas gefunden, was seinem Verstande
+und seinem Gemth zusagte. Das Beispiel von Unduldsamkeit, das einige
+seiner Vorgnger gegeben, ahmte er jedoch niemals nach; er empfand gegen
+alle Verfolgung eine entschiedene Abneigung, die er nicht allein da
+aussprach, wo ein solches Eingestndni offenbar staatsklug war, sondern
+auch in Fllen, wo es den Anschein hatte, da sein Interesse durch
+Verstellung oder Stillschweigen htte gefrdert werden knnen.
+Gleichwohl waren seine theologischen Ansichten noch entschiedener als
+die seiner Vorgnger. Die Lehre von der Prdestination war der
+Grundstein seiner Religion. Er erklrte oft, da wenn er diese Lehre
+aufgeben mte, er zugleich mit derselben allen Glauben an eine waltende
+Vorsehung aufgeben und ein reiner Epikurer werden mte. Diesen
+einzigen Punkt ausgenommen, wurde die ganze Flle seines krftigen
+Geistes frhzeitig von dem Theoretischen ab und auf das Praktische
+gelenkt. Die Fhigkeiten, deren es zur Leitung wichtiger Geschfte
+bedarf, gediehen bei ihm schon in einem Alter zur Reife, wo sie sich bei
+gewhnlichen Menschen kaum erst zu entfalten begonnen haben. Seit
+Octavius hatte die Welt kein solches Beispiel frhzeitiger
+staatsmnnischer Befhigung gesehen. Erfahrene Diplomaten erstaunten
+ber die treffenden Bemerkungen, die der siebzehnjhrige Prinz ber
+ffentliche Angelegenheiten machte, und mit noch weit grerem Erstaunen
+sahen sie diesen Knaben in Lagen, wo man htte erwarten sollen, da er
+starke Leidenschaften verrathen werde, eine eben so unerschtterliche
+Ruhe bewahren, wie sie selbst. Mit achtzehn Jahren sa er bereits unter
+den Vtern der Republik, ernst, besonnen und einsichtsvoll wie der
+lteste unter ihnen. Mit zweiundzwanzig Jahren ward er an einem Tage der
+Trauer und des Schreckens an die Spitze der Verwaltung gestellt. Mit
+dreiundzwanzig Jahren war er durch ganz Europa als Feldherr und
+Staatsmann berhmt. Er hatte innere Factionen niedergeworfen, war die
+Seele einer mchtigen Coalition und hatte im Felde gegen einige von den
+grten Generlen seiner Zeit mit Ehren gefochten.
+
+
+[_Seine militairischen Talente._] Seine persnlichen Neigungen waren
+mehr die eines Kriegers als die eines Staatsmannes, aber wie sein
+Urgrovater, der schweigsame Prinz, der die batavische Republik
+grndete, nimmt er unter den Staatsmnnern einen viel hheren Rang ein
+als unter den Feldherren. Der Verlauf der Schlachten ist allerdings kein
+untrglicher Prfstein fr die Talente eines Befehlshabers, und es wrde
+ganz besonders ungerecht sein, wollte man diesen Prfstein bei Wilhelm
+anwenden, denn das Schicksal wollte, da er fast stets Feldherren,
+welche vollendete Meister in ihrer Kunst, und Truppen gegenberstand,
+welche in der Disciplin den seinigen weit berlegen waren. Indessen lt
+sich mit gutem Grunde annehmen, da er als General im offenen Felde
+Manchem, der in geistiger Beziehung tief unter ihm stand, keineswegs
+gleichkam. Mit Leuten, die sein Vertrauen besaen, sprach er ber diesen
+Gegenstand mit der edlen Offenheit eines Mannes, der Groes vollbracht
+hat und der recht wohl auch einige Mngel eingestehen kann. Er sagte, er
+habe keine Lehrzeit fr den militairischen Beruf bestanden; er sei schon
+als Knabe an die Spitze einer Armee gestellt worden, unter seinen
+Offizieren habe sich keiner befunden, der fhig gewesen wre, ihn zu
+unterweisen; nur aus seinen eigenen Fehlern und deren Folgen habe er
+etwas lernen knnen. Ich wrde einen guten Theil meines Vermgens darum
+geben, rief er einmal aus, wenn ich einige Feldzge unter dem Prinzen
+von Cond mitgemacht htte, ehe ich gegen ihn commandiren mute. Es ist
+nicht unwahrscheinlich, da der Umstand, welcher Wilhelm verhinderte,
+eine ausgezeichnete strategische Bildung zu erlangen, der allgemeinen
+Entwickelung seiner Geisteskrfte zu Gute gekommen ist. Bewiesen seine
+Schlachten auch nicht den groen Taktiker, so berechtigten sie ihn doch
+zu dem Titel eines groen Mannes. Kein Migeschick konnte ihn nur einen
+Augenblick seiner Festigkeit und des vollstndigen Besitzes aller seiner
+Fhigkeiten berauben. Seine Niederlagen wurden mit einer so wunderbaren
+Schnelligkeit wieder gut gemacht, da er, noch ehe seine Feinde das
+Tedeum gesungen hatten, schon wieder zum Kampfe gerstet war; auch
+beeintrchtigten solche Schlge in keiner Weise die Achtung und das
+Vertrauen, dessen er sich von Seiten seiner Soldaten erfreute. Diese
+Achtung und dieses Vertrauen verdankte er in nicht geringem Mae seinem
+persnlichen Muthe. Den Grad von Muth, dessen der Soldat bedarf, um
+einen Feldzug ohne Schande zu bestehen, besitzen die meisten Menschen
+oder wenigstens knnen sie denselben in einer guten Schule erlangen. Ein
+Muth wie der des Prinzen Wilhelm aber ist in der That selten. Er wurde
+auf jede nur mgliche Weise geprft, durch Krieg, durch Wunden, durch
+schmerzhafte und entnervende Krankheiten, durch Seestrme, durch die
+bestndig drohende Gefahr, ermordet zu werden, eine Gefahr, die schon
+sehr starke Nerven erschttert hat und durch welche selbst die eiserne
+Tapferkeit Cromwell's einen harten Sto erhielt. Aber Niemand konnte je
+etwas entdecken, was der Prinz von Oranien frchtete. Seine Rathgeber
+konnten ihn nur mit Mhe dazu bringen, da er einige Vorsichtsmaregeln
+gegen die Pistolen und Dolche von Verschwrern ergriff.[2] Alte Seeleute
+erstaunten ber die kaltbltige Ruhe, die er inmitten tobender
+Brandungen an einer gefahrvollen Kste bewahrte. In der Schlacht
+zeichnete ihn seine Tapferkeit unter Zehntausenden tapferer Krieger aus,
+erweckte die hochherzige Anerkennung selbst der feindlichen Heere und
+wurde selbst von der Unbilligkeit feindlicher Factionen nie bestritten.
+Whrend seiner ersten Feldzge setzte er sich der Gefahr aus, als ob er
+den Tod gesucht htte, war beim Angriff stets der Erste, beim Rckzug
+der Letzte, kmpfte mit dem Schwerte in der Hand im dichtesten Gewhl,
+und mit einer Flintenkugel im Arm, den Harnisch von Blut berstrmt,
+hielt er noch immer Stand und schwenkte im furchtbarsten Feuer seinen
+Hut. Seine Freunde beschworen ihn, er solle doch sein fr das Vaterland
+unschtzbares Leben mehr schonen. Sein berhmtester Gegner, der groe
+Cond, bemerkte nach der blutigen Schlacht von Seneff, der Prinz von
+Oranien habe sich in jeder Beziehung wie ein alter General benommen, nur
+in sofern nicht, als er sich wie ein junger Soldat ausgesetzt. Wilhelm
+leugnete, da er sich der Tollkhnheit schuldig gemacht habe. Er stelle
+sich, meinte er, nur aus Pflichtgefhl und aus kalter Berechnung dessen,
+was das ffentliche Interesse erheische, immer auf den Posten der
+Gefahr. Die Truppen, die er befehlige, seien wenig an den Krieg gewhnt
+und frchteten ein Handgemenge mit den franzsischen Veteranen; es sei
+daher nthig, da ihr Anfhrer ihnen zeige, wie man Schlachten gewinnt.
+Und in der That wurde auch mehr als eine Schlacht, welche rettungslos
+verloren schien, noch durch die Khnheit gewonnen, mit der er seine
+zersprengten Bataillone sammelte und eigenhndig die Memmen niederhieb,
+welche das Beispiel zur Flucht gaben. Zuweilen sah es jedoch ganz so
+aus, als ob er ein eignes Vergngen daran finde, sein Leben zu
+gefhrden. Es wurde bemerkt, da er nie heiterer, freundlicher und
+liebenswrdiger war, als im blutigen Getmmel der Schlacht. Selbst bei
+seinen Zerstreuungen liebte er das Aufregende der Gefahr. Kartenspiele,
+Schach und Billard machten ihm kein Vergngen; seine Lieblingserholung
+war die Jagd, und die gefhrlichste war ihm die liebste. Er machte oft
+Stze, da seine khnsten Begleiter nicht Lust hatten, ihm zu folgen.
+Selbst die verwegensten Sportvergngungen Englands scheint er fr
+weibisch gehalten zu haben, und im groen Parke von Windsor sehnte er
+sich nach dem Wilde, das er in den Forsten von Geldern zu jagen gewohnt
+war, nach Wlfen, Ebern und riesigen Sechzehnendern.[3]
+
+ [Anmerkung 2: Nach dem Frieden von Ryswick drangen die Freunde
+ Wilhelm's in ihn, mit dem franzsischen Gesandten ganz ernstlich
+ ber die Mordanschlge zu sprechen, welche die Jakobiten von St.
+ Germain bestndig schmiedeten. Die kaltbltige Hochherzigkeit,
+ mit der er diese Warnungen vor Gefahr aufnahm, ist besonders
+ characteristisch. Dem Grafen Bentinck, der von Paris sehr
+ beunruhigende Nachrichten gemeldet hatte, antwortete er nur am
+ Schlusse eines langen Geschftsbriefes: +Pour les assasins je ne
+ luy en ay pas voulu parler, croiant que c'etoit au desous de
+ moy.+ -- 2.(12.) Mai 1698. Ich habe die Orthographie des
+ Originals, wenn von einer solchen berhaupt die Rede sein kann,
+ beibehalten.]
+
+ [Anmerkung 3: Von Windsor schrieb er an Bentinck, damals Gesandten
+ in Paris: +J'ay pris avant hier un cerf dans la forest avec les
+ chains du Pr. de Denm. et ay fait un assez jolie chasse, autant,
+ que ce vilain paiis le permest.+ -- 20. Mrz (1. April) 1698. Die
+ Orthographie ist schlecht, aber nicht schlechter als die
+ Napoleon's. In besserer Stimmung schrieb Wilhelm von Loo aus:
+ +Nous avons pris deux cerfs, le premier dans Dorewaert, qui est
+ un des plus gros que je sache avoir jamais pris. Il porte seize.+
+ -- 25. Oct. (4. Nov.) 1697.]
+
+
+[_Sein Vergngen an Gefahren; seine schlechte Gesundheit._] Seine
+Tollkhnheit war um so merkwrdiger, da er von ungemein zarter
+Krperconstitution war. Er war von frher Jugend an schwchlich und
+krnklich gewesen, und im ersten Mannesalter waren seine Leiden durch
+einen heftigen Pockenanfall noch verschlimmert worden. Er war engbrstig
+und schwindschtig. Sein schwchlicher Krper wurde durch einen
+bestndigen heiseren Husten erschttert. Er konnte nicht schlafen, wenn
+sein Kopf nicht durch mehrere Kissen untersttzt wurde, und nur in der
+reinsten Luft konnte er ohne Beschwerden athmen. Dabei qulten ihn oft
+heftige Kopfschmerzen. Krperliche Anstrengungen ermdeten ihn sehr
+bald. Die rzte pflegten die Hoffnung seiner Feinde dadurch aufrecht zu
+erhalten, da sie einen Termin festsetzten, ber den hinaus, wenn sich
+berhaupt irgend etwas in der Wissenschaft mit Sicherheit bestimmen
+lasse, sein zerrtteter Organismus unmglich ausdauern knnte. Dennoch
+verlie seinen Geist whrend seines ganzen Lebens, das nur eine lange
+Krankheit war, bei keiner wichtigen Gelegenheit die nthige Kraft, um
+seinen leidenden und siechen Krper aufrecht zu erhalten.
+
+
+[_Klte seines Benehmens und Heftigkeit seiner Gemthsregungen._] Er war
+mit heftigen Leidenschaften und mit leichter Reizbarkeit geboren; aber
+die Welt hatte keine Ahnung von der Strke seiner Gemthsaffecte. Vor
+den Blicken der Menge verbarg er seine Freude und seinen Kummer, seine
+Zuneigung und seinen Groll unter einer phlegmatischen Ruhe, die ihm den
+Ruf des kaltbltigsten und gleichgltigsten Menschen verschaffte. Wer
+ihm eine gute Nachricht brachte, konnte selten ein Zeichen von Freude
+entdecken; wer ihn nach einer Niederlage sah, sphte umsonst nach einer
+Spur von Unmuth. Er lobte und tadelte, belohnte und bestrafte mit der
+kalten Gelassenheit eines Mohawkhuptlings; aber wer ihn genauer kannte
+und ihn nher betrachtete, der bemerkte wohl, da unter dieser Eisrinde
+bestndig ein ungestmes Feuer brannte. Nur selten raubte der Zorn ihm
+seine Selbstbeherrschung; wenn er aber einmal in Wuth gerieth, so war
+der erste Ausbruch seiner Leidenschaft furchtbar. Es war dann in der
+That nicht rathsam, ihm zu nahe zu kommen. In diesen seltenen Fllen
+jedoch gab er, sobald er seine Selbstbeherrschung wieder erlangt hatte,
+Denen, die er beleidigt, so vollstndige Genugthuung, da sie sich fast
+zu dem Wunsche versucht fhlten, er mchte aufs neue in Wuth gerathen.
+Seine Liebe war nicht minder strmisch als sein Zorn. Wo er einmal
+liebte, da liebte er mit der ganzen Kraft seiner starken Seele. Wenn der
+Tod ihn von einem geliebten Wesen trennte, frchteten die wenigen Zeugen
+seiner Schmerzensausbrche fr seinen Verstand und fr sein Leben. Einem
+sehr kleinen Kreise intimer Freunde gegenber, auf deren Treue und
+Verschwiegenheit er sich unbedingt verlassen konnte, war er ein ganz
+andrer Mensch als der verschlossene und stoische Wilhelm, dem die Menge
+jedes menschliche Gefhl absprach. In ihrer Gesellschaft war er
+freundlich, gemthlich, offenherzig, selbst gesellig und witzig, konnte
+Stunden lang bei Tische sitzen und vollen Antheil an einer heiteren
+Unterhaltung nehmen.
+
+
+[_Seine Freundschaft fr Bentinck._] Am hchsten in seiner Gunst stand
+ein Kavalier seines Hofstaates, Namens Bentinck, der aus einem edlen
+batavischen Geschlecht stammte und der Grnder eines der groen
+patrizischen Huser Englands werden sollte. Bentinck's Treue hatte sich
+in nicht gewhnlicher Weise erprobt. Zu der Zeit, als die Vereinigten
+Provinzen gegen die Macht Frankreichs um ihre Existenz kmpften, wurde
+der junge Prinz, auf dem alle ihr Hoffnungen ruhten, von den Pocken
+befallen. Diese Krankheit hatte bei mehreren Mitgliedern seiner Familie
+einen tdtlichen Ausgang genommen und zeigte auch bei ihm anfangs einen
+sehr bsartigen Character. Die Bestrzung des Volks war gro. Von frh
+bis Abends waren die Straen im Haag mit Leuten angefllt, die sich
+ngstlich nach dem Befinden Seiner Hoheit erkundigten. Endlich nahm das
+bel eine gnstige Wendung. Seine Genesung wurde zum Theil seinem eignen
+Gleichmuth, zum Theil der unerschrockenen und unermdlichen Freundschaft
+Bentinck's zugeschrieben. Nur aus seinen Hnden nahm Wilhelm Speisen und
+Arzneien an; er allein hob ihn aus dem Bette und legte ihn wieder
+hinein. Ich wei nicht, ob Bentinck whrend meiner Krankheit geschlafen
+hat oder nicht, sagte Wilhelm mit inniger Rhrung zu Temple; soviel
+aber wei ich, da ich in den sechzehn Tagen und Nchten nicht ein
+einziges Mal etwas verlangte, ohne da Bentinck augenblicklich an meiner
+Seite gewesen wre. Bevor der treue Diener seine Aufgabe ganz vollendet
+hatte, wurde er selbst angesteckt. Trotzdem berwand er noch immer
+Mdigkeit und Fieberschauer, bis sein Gebieter als Reconvalescent
+erklrt wurde. Jetzt endlich bat er um Erlaubni, nach Hause gehen zu
+drfen. Es war die hchste Zeit, denn seine Fe wollten ihn nicht mehr
+tragen. Er kam in die grte Gefahr, genas aber und eilte, sobald er das
+Bett verlassen konnte, zur Armee, wo er in vielen heien Feldzgen immer
+dicht an Wilhelm's Seite gefunden ward, wie er es in einer Gefahr andrer
+Art gewesen.
+
+Dies war der Ursprung einer so innigen und reinen Freundschaft wie
+irgend eine, von der uns die alte oder neue Geschichte erzhlt. Die
+Nachkommen Bentinck's bewahren noch heute viele Briefe auf, die Wilhelm
+an ihren Ahnherrn geschrieben, und es ist nicht zuviel gesagt, wenn man
+behauptet, da wer diese Briefe nicht gelesen hat, sich keinen richtigen
+Begriff von dem Character des Prinzen bilden kann. Der Mann, den selbst
+seine Verehrer in der Regel fr den zurckhaltendsten und frostigsten
+Menschen hielten, vergit hier jeden Rangunterschied und schttet alle
+seine Gedanken mit der Offenherzigkeit eines Schulknaben aus. Ohne
+Rckhalt theilt er Geheimnisse von der hchsten Wichtigkeit mit und legt
+mit der grten Einfachheit umfassende Plne vor, welche alle
+Regierungen Europa's berhrten. Mit seinen Mittheilungen ber solche
+Dinge verbindet er Mittheilungen von ganz andrer, aber vielleicht nicht
+weniger interessanter Art. Alle seine Abenteuer, alle seine persnlichen
+Ansichten, seine langen Jagdritte nach gewaltigen Hirschen, seine Gelage
+am St. Hubertustage, das Gedeihen seiner Anpflanzungen, das Mirathen
+seiner Melonen, der Zustand seines Gestts, der Wunsch, einen frommen
+Zelter fr seine Gemahlin zu erlangen, sein Verdru, als er erfhrt, da
+einer seiner Kavaliere, nachdem er ein Mdchen aus guter Familie
+unglcklich gemacht, sich weigert, sie zu heirathen, seine Anflle von
+Seekrankheit, sein Husten, seine Kopfschmerzen, seine andchtigen
+Stimmungen, seine Dankbarkeit fr den gttlichen Schutz nach Errettung
+aus einer groen Gefahr, seine Anstrengungen, sich nach einem
+Unglcksfalle dem gttlichen Willen zu unterwerfen, dies Alles ist darin
+mit einer liebenswrdigen Redseligkeit geschildert, die man von dem
+verschwiegensten und ernstesten Staatsmanne jener Zeit kaum erwarten
+sollte. Noch auffallender sind die sorglosen Ergsse seiner Zrtlichkeit
+und die brderliche Theilnahme, die er an seines Freundes huslichem
+Glcke nimmt. Als Bentinck ein Erbe geboren wurde, sagte Wilhelm: Ich
+hoffe, er wird ein so braver Mann werden als Sie einer sind, und sollte
+ich einen Sohn bekommen, so werden unsere Kinder einander hoffentlich
+ebenso lieben, wie wir uns geliebt haben.[4] Whrend seines ganzen
+Lebens blickte er mit vterlicher Liebe auf die kleinen Bentincks. Er
+ruft sie bei den zrtlichsten Diminutiven, er sorgt fr sie in ihres
+Vaters Abwesenheit, und so schwer es ihm wird, ihnen ein Vergngen zu
+versagen, so will er sie doch nicht an einer Jagdpartie teilnehmen
+lassen, wo ihnen die Gefahr droht, von einem Hirsche gestoen zu werden,
+noch ihnen erlauben, bei einem Abendschmause bis spt in die Nacht
+hinein zu verweilen.[5] Als ihre Mutter whrend der Abwesenheit ihres
+Gatten krank wird, findet Wilhelm inmitten der wichtigsten und
+dringendsten Staatsgeschfte noch soviel Zeit, um an einem Tage mehrere
+expresse Boten mit kurzen Briefen abzuschicken, in denen er von ihrem
+Zustande Nachricht giebt.[6] Einmal als sie nach einem heftigen Anfall
+auer Gefahr erklrt wird, ergiet sich der Prinz in die wrmsten
+Dankesbezeigungen gegen Gott. Ich schreibe, sagt er, mit Thrnen der
+Freude in den Augen.[7] Es liegt ein eigner Reiz in diesen Briefen von
+der Hand eines Mannes, dessen Alles berwltigende Energie und
+unbeugsame Festigkeit selbst seinen Feinden Achtung abnthigte, dessen
+kaltes und unfreundliches Benehmen in den meisten seiner Anhnger keine
+innigere Zuneigung aufkommen lie und dessen Geist bestndig mit
+gigantischen Plnen beschftigt war, welche die Gestalt der Welt
+vernderten.
+
+Seine Gte ward keinem Unwrdigen zu Theil. Temple hatte frhzeitig
+Bentinck fr den besten und treuesten Diener erklrt, den je ein Frst
+zu besitzen das Glck hatte, und er verdiente diesen ehrenvollen Titel
+sein ganzes Leben hindurch. Die beiden Freunde waren in der That wie fr
+einander geschaffen. Wilhelm bedurfte weder eines Fhrers noch eines
+Schmeichlers. Da er ein festes und wohlbegrndetes Vertrauen in sein
+eignes Urtheil setzte, so war er kein Freund von Rathgebern, die ihn mit
+Vorschlgen und Einwendungen berhuften. Zu gleicher Zeit besa er eine
+zu scharfe Unterscheidungsgabe und einen zu edlen Sinn, als da er an
+Schmeicheleien htte Vergngen finden knnen. Der Vertraute eines
+solchen Frsten mute ein Mann sein nicht von erfinderischem Genie oder
+von gebieterischem Character, aber bieder und treu, im Stande, jeden
+Befehl pnktlich zu vollziehen, Geheimnisse unverbrchlich zu bewahren,
+Ereignisse umsichtig zu beobachten und treulich zu berichten. Und ein
+solcher Mann war Bentinck.
+
+ [Anmerkung 4: 3. Mrz 1679.]
+
+ [Anmerkung 5: +Voil en peu de mot le dtail de nostre St.
+ Hubert. Et j'ay en soin que M. Woodstoc+ (Bentinck's ltester
+ Sohn) +n'a point est la chasse, bien moin au soup, quoyqu'il
+ fut icy. Vous pouvez pourtant croire que de n'avoir pas chass l'a
+ un peu mortifi, mais je ne l'ay pas aus prendre sur moy, puisque
+ vous m'aviez dit que vous ne le souhaitiez pas.+ -- Von Loo, 4.
+ Nov. 1697.]
+
+ [Anmerkung 6: Am 15. Juni 1688.]
+
+ [Anmerkung 7: 6. Sept. 1679.]
+
+
+[_Marie, Prinzessin von Oranien._] Wilhelm war in der Ehe nicht weniger
+glcklich als in der Freundschaft. Anfangs hatte jedoch seine Ehe kein
+besonderes husliches Glck versprochen. Seine Wahl war hauptschlich
+durch politische Rcksichten bestimmt worden, und es sah nicht
+wahrscheinlich aus, da zwischen einem hbschen sechzehnjhrigen
+Mdchen, die zwar ein sanftes Gemth und natrlichen Verstand besa, im
+brigen aber unwissend und einfach war, und einem Brutigam, der, obwohl
+noch nicht ganz achtundzwanzig Jahr alt, doch seinem krperlichen
+Zustande nach lter war als ihr Vater, der ein kaltes, abstoendes
+Benehmen hatte und dessen Kopf bestndig mit Staatsgeschften und
+Sportvergngungen angefllt war, eine innige Zuneigung wrde entstehen
+knnen. Eine Zeit lang vernachlssigte Wilhelm seine Gemahlin, indem er
+durch andere Frauen von ihr abgezogen wurde, besonders durch eine ihrer
+Hofdamen, Namens Elisabeth Villiers, welche Talente besa, die sie wohl
+geeignet machten, seine Sorgen zu theilen, obgleich sie aller
+persnlichen Reize entbehrte und sogar durch ein hliches Schielen
+entstellt war.[8] Er schmte sich zwar seiner Fehler und bemhte sich
+nach Krften, sie zu verbergen, aber trotz aller Vorsicht wute Marie
+wohl, da er ihr nicht ganz treu war. Spione und Ohrenblser thaten auf
+Anregen ihres Vaters ihr Mglichstes, um ihren Zorn zu entflammen. Ein
+Mann von ganz andrem Character, der vortreffliche Ken, der mehrere
+Monate lang im Haag ihr Kaplan war, wurde so aufgebracht durch die ihr
+widerfahrenden Krnkungen, da er mit mehr Eifer als Besonnenheit
+drohte, ihren Gemahl ernstlich zur Rede zu setzen.[9] Sie selbst ertrug
+jedoch alles Unrecht mit einer Sanftmuth und Geduld, welche ihr nach und
+nach Wilhelm's Achtung und Dankbarkeit erwarben. Indessen war auch noch
+eine andre Ursache der Entfremdung vorhanden. Es kam ohne Zweifel eine
+Zeit, wo die Prinzessin, welche nur zu Stickereiarbeiten, zum
+Spinetspiel und zum Lesen der Bibel und der Pflichten des Menschen
+erzogen war, das Oberhaupt einer groen Monarchie wurde und das
+Gleichgewicht Europa's in ihrer Hand ruhte, whrend ihr ehrgeiziger,
+geschftskundiger und bestndig auf groe Unternehmungen sinnender
+Gemahl bei der britischen Regierung keine vorausbestimmte Stelle fr
+sich fand und nur durch ihre Gte und so lange es ihr gefiel Macht
+ausben konnte. Es kann nicht befremden, da ein Mann, der die Gewalt so
+liebte wie Wilhelm, und der sich seines Herrschergenies so bewut war,
+in hohem Mae die Eifersucht empfand, die whrend eines Knigthums von
+wenigen Stunden zwischen Guildford Dudley und Lady Johanna Zwietracht
+hervorrief und einen noch viel tragischeren Bruch zwischen Darnley und
+der Knigin von Schottland herbeifhrte. Die Prinzessin von Oranien
+hatte nicht die leiseste Ahnung von den Gefhlen ihres Gemahls. Ihr
+Lehrer, der Bischof Compton, hatte sie in der Religion sorgfltig
+unterrichtet und ihr Gemth namentlich gegen die Knste der
+rmisch-katholischen Theologen gesthlt, sie aber in vlliger Unkenntni
+der englischen Verfassung und ihrer eignen Stellung gelassen. Sie wute,
+da ihr eheliches Gelbde sie zum Gehorsam gegen ihren Gemahl
+verpflichtete und es war ihr nie in den Sinn gekommen, da dieses
+gegenseitige Verhltni einmal umgekehrt werden knnte. Sie war bereits
+neun Jahre vermhlt, ehe sie die Ursache von Wilhelm's Verstimmung
+entdeckte, und von ihm selbst wrde sie dieselbe auch nie erfahren
+haben. In Folge seiner ganzen Gemthsart brtete er eher ber die ihn
+niederdrckenden Sorgen, als da er denselben einen Ausdruck gab, und in
+diesem speciellen Falle wurde sein Mund durch ein ganz natrliches
+Zartgefhl versiegelt. Endlich aber kam durch die Vermittelung Gilbert
+Burnet's eine vollkommene Verstndigung und Ausshnung zu Stande.
+
+ [Anmerkung 8: Siehe Swift's Bericht ber sie im +Journal to
+ Stella+.]
+
+ [Anmerkung 9: Heinrich Sidney's Tagebuch vom 31. Mrz 1680 in Mr.
+ Blencowe's interessanter Sammlung.]
+
+
+[_Gilbert Burnet._] Burnet's Ruf ist mit auffallender Bswilligkeit und
+Hartnckigkeit angegriffen worden. Der Angriff begann schon frhzeitig
+in seinem Leben und wird noch jetzt mit unverminderter Heftigkeit
+fortgesetzt, obgleich er bereits ber ein und ein Viertel Jahrhundert im
+Grabe liegt. Allerdings ist er auch fr den Parteiha und den
+muthwilligen Spott eine Zielscheibe, wie sie sich keine bessere wnschen
+knnen, denn die Mngel seines Verstandes und seines Characters liegen
+klar am Tage und knnen Niemandem entgehen. Es waren jedoch nicht die
+Fehler, welche man als seinen Landsleuten eigen zu betrachten pflegt. Er
+allein unter den vielen Schotten, die sich in England zu Auszeichnung
+und Wohlstand emporgeschwungen haben, hatte den Charakter, welchen
+Satiriker, Romanschreiber und Schauspieldichter allgemein den irischen
+Abenteurern zuschreiben. Seine physische Lebendigkeit, seine
+Ruhmredigkeit, seine unverhohlene Eitelkeit, seine Faseleien, seine
+herausfordernde Indiscretion und seine kecke Dreistigkeit boten den
+Tories unerschpflichen Stoff zu Sptteleien. Auch unterlieen seine
+Feinde nicht, ihm nebenbei ber seine breiten Schultern, seine dicken
+Waden und sein Glck in Heirathsspekulationen auf verliebte reiche
+Wittwen mehr witzige als artige Complimente zu machen. Obwohl jedoch
+Burnet in vieler Beziehung dem Spott und selbst dem Tadel Blen darbot,
+so verdiente er doch keineswegs eine solche Geringschtzung. Er besa
+einen regen Geist, einen unermdlichen Flei und eine vielseitige,
+ausgedehnte Belesenheit. Er war zu gleicher Zeit Geschichtsschreiber,
+Alterthumsforscher, Theolog, Prediger, Tagesschriftsteller, Polemiker
+und thtiger politischer Parteifhrer, und in allen diesen
+Eigenschaften zeichnete er sich unter vielen geschickten Mitbewerbern
+vortheilhaft aus. Die vielen geistreichen Abhandlungen, die er ber
+Tagesbegebenheiten schrieb, sind jetzt nur noch Forschern bekannt; aber
+seine +History of his own Times+, seine +History of the Reformation+,
+seine +Exposition of the Articles+, sein +Discourse of Pastoral Care+,
+sein +Life of Hale+ und sein +Life of Wilmot+ werden noch immer neu
+aufgelegt und fehlen in keiner guten Privatbibliothek. Gegen eine solche
+Thatsache vermgen alle Anstrengungen der Verleumder nichts. Ein
+Schriftsteller, dessen umfangreiche Werke in verschiedenen Zweigen der
+Literatur noch hundertdreiig Jahre nach seinem Tode zahlreiche Leser
+finden, kann groe Fehler gehabt haben, mu aber auch groe Vorzge
+gehabt haben, und diese hatte Burnet: einen fruchtbaren und regen Geist
+und einen Styl, der allerdings von tadelloser Reinheit weit entfernt,
+doch stets klar, oft lebendig ist und sich zuweilen selbst zu
+feierlicher und glhender Beredtsamkeit erhebt. Auf der Kanzel wurde die
+Wirkung seiner ohne irgend welche schriftliche Notizen gehaltenen
+Predigten noch erhht durch eine edle Gestalt und einen imponirenden
+Vortrag. Er wurde oft durch das Beifallsgemurmel seiner Zuhrer
+unterbrochen, und wenn die Sanduhr, die sich damals auf jeder Kanzel
+befand, abgelaufen war und er dieselbe emporhielt, forderte ihn die
+Gemeinde durch lauten Zuruf auf fortzufahren, bis der Sand noch einmal
+abgelaufen wre.[10] Die groen Mngel seines sittlichen Characters und
+seines Geistes wurden durch groe Vorzge mehr als ausgeglichen.
+Obgleich durch Vorurtheil und Leidenschaft oft auf Irrwege gefhrt, war
+er doch im strengsten Sinne des Worts ein Ehrenmann. Konnte er auch den
+Versuchungen der Eitelkeit nicht immer widerstehen, so stand sein
+Character doch hoch ber den Einflssen der Habsucht und der Furcht. Er
+war von Gemth leutselig, hochherzig, dankbar und nachsichtig.[11] Sein
+Glaubenseifer, obwohl stetig und glhend, wurde im Allgemeinen durch
+Humanitt und durch Achtung der Gewissensfreiheit in Schranken gehalten.
+Trotz seiner unerschtterlichen Anhnglichkeit an das was er als den
+Geist des Christenthums betrachtete, war er doch gleichgltig gegen
+Gebruche, Namen und Formen der kirchlichen Verfassung und war selbst
+gegen Unglubige und Ketzer, deren Lebenswandel tadellos war und deren
+Irrthmer mehr die Wirkung falscher Begriffe als eines verderbten
+Characters zu sein schienen, durchaus nicht zur Strenge geneigt. Aber
+gleich vielen anderen braven Mnnern jener Zeit betrachtete er die Sache
+der rmischen Kirche als eine Ausnahme von allen gewhnlichen Regeln.
+
+Burnet geno schon seit mehreren Jahren eines europischen Rufes. Seine
+Geschichte der Reformation war von allen Protestanten mit lautem Beifall
+aufgenommen und von den rmischen Katholiken als ein gewaltiger Schlag
+gefhlt worden. Der grte Gelehrte, den die rmische Kirche seit dem
+Schisma des sechzehnten Jahrhunderts hervorgebracht, Bossuet, Bischof
+von Meaux, war mit der Bearbeitung einer ausfhrlichen Erwiederung
+beschftigt. Burnet war von einem der glaubenseifrigen Parlamente,
+welche whrend der durch das papistische Complot verursachten Aufregung
+tagten, mit einem Dankvotum beehrt und im Namen der Gemeinen von England
+ersucht worden, seine geschichtlichen Forschungen fortzusetzen. Er war
+von Karl sowohl als von Jakob in deren engere Unterhaltungszirkel
+gezogen worden, hatte mit mehreren ausgezeichneten Staatsmnnern,
+besonders mit Halifax auf sehr vertrautem Fue gestanden und war der
+Gewissensrath einiger sehr hochstehenden Personen gewesen. Er hatte
+ferner einen der glnzendsten Wstlinge jener Zeit, Johann Wilmot, Earl
+von Rochester, von Atheismus und Ausschweifung zurckgebracht. Lord
+Stafford, das Opfer des Oates, war, obgleich Katholik, in seinen letzten
+Stunden durch Burnet's geistlichen Zuspruch ber diejenigen Punkte, in
+denen alle Christen bereinstimmen, erbaut worden. Wenige Jahre spter
+begleitete Burnet einen noch erlauchteren Dulder, Lord Russell, vom
+Tower auf das Schaffot in Lincoln's Inn Fields. Der Hof hatte nichts
+unversucht gelassen, um einen so thtigen und tchtigen Theologen zu
+gewinnen. Weder knigliche Schmeicheleien, noch die Verheiung
+eintrglicher Stellen waren gespart worden. Aber Burnet war, obwohl in
+frher Jugend von den servilen Lehren angesteckt, denen der damalige
+Klerus durchgehends anhing, aus berzeugung Whig geworden und er blieb
+seinen Grundstzen durch alle Wechselflle des Lebens treu. Er hatte
+jedoch keinen Antheil an der Verschwrung genommen, welche soviel
+Schmach und Unheil ber die Whigpartei brachte und verabscheuete nicht
+nur die Mordplne Goodenough's und Ferguson's, sondern war auch der
+Meinung, da selbst sein geliebter und verehrter Freund Russell gegen
+die Regierung weiter gegangen sei, als es sich rechtfertigen lie.
+Endlich kam eine Zeit, wo die Unschuld kein hinreichender Schutz war.
+Burnet wurde, obgleich er sich keiner bertretung des Gesetzes schuldig
+gemacht, von der Rache des Hofes verfolgt. Er begab sich auf den
+Continent und nachdem er etwa ein Jahr auf jene Wanderungen durch die
+Schweiz, durch Italien und Deutschland verwendet, von denen er uns eine
+anziehende Beschreibung hinterlassen hat, ging er im Sommer 1686 nach
+dem Haag, wo er mit Freundlichkeit und Achtung aufgenommen wurde. Er
+unterhielt sich sehr freisinnig mit der Prinzessin ber Politik und
+Religion und wurde bald ihr geistlicher Beistand und vertrauter
+Rathgeber. Wilhelm erwies sich als ein viel freundlicherer Wirth, als es
+zu erwarten gewesen wre. Denn von allen Fehlern waren ihm
+Zudringlichkeit und Indiscretion am meisten verhat und Burnet war, wie
+selbst seine Freunde und Verehrer zugestanden, der zudringlichste und
+indiscreteste Mensch, den es geben konnte. Aber der scharfsichtige Prinz
+bemerkte sehr wohl, da dieser vorlaute und schwatzhafte Theolog, der
+bestndig Geheimnisse ausplauderte, naseweise Fragen stellte und
+unerbetenen Rath aufdrngte, bei alledem ein freimthiger, furchtloser
+und kluger Mann war, der die Gesinnungen und Absichten der britischen
+Secten und Factionen genau kannte. Auch war der Ruf von Burnet's
+Beredsamkeit und Gelehrsamkeit weit verbreitet. Wilhelm selbst war kein
+Freund vom Lesen, aber er stand jetzt seit vielen Jahren an der Spitze
+der hollndischen Regierung zu einer Zeit, wo die hollndische Presse
+eines der gewaltigsten Werkzeuge war, durch welche die ffentliche
+Meinung in Europa bearbeitet wurde, und obgleich er an literarischen
+Genssen kein Vergngen fand, war er doch viel zu klug und
+scharfsichtig, als da er den Werth des literarischen Beistandes nicht
+htte erkennen sollen. Er wute sehr wohl, da eine populre Flugschrift
+zuweilen ebenso gute Dienste leistet als ein Sieg auf dem Schlachtfelde.
+Auch sah er ein, wie wichtig es sei, da er immer einen Mann um sich
+hatte, der mit der brgerlichen und kirchlichen Verfassung unsrer Insel
+vertraut war, und Burnet eignete sich vortrefflich dazu, als lebende
+Encyclopdie ber britische Angelegenheiten benutzt zu werden, denn
+seine Kenntnisse waren, wenn auch nicht immer ganz zuverlssig, doch von
+erstaunlicher Vielseitigkeit und es gab in England wie in Schottland
+wenige ausgezeichnete Mnner irgend einer politischen oder religisen
+Partei, mit denen er nicht verkehrt htte. Es wurde ihm daher die
+nmliche Gunst und das nmliche Vertrauen gewhrt wie nur irgend Einem
+auer denen, welche den kleinen intimsten Kreis von Privatfreunden des
+Prinzen bildeten. Nahm sich der Doctor Freiheiten heraus, was nicht
+selten der Fall war, so wurde sein Gnner noch klter und mrrischer als
+gewhnlich gegen ihn und uerte zuweilen eine kurze, beiende
+Bemerkung, die einem Menschen von gewhnlicher Dreistigkeit fr immer
+den Mund geschlossen haben wrde. Trotz solcher Vorflle aber dauerte
+die Freundschaft dieses sonderbaren Paares mit wenigen kurzen
+Unterbrechungen so lange, bis sie durch den Tod aufgelst wurde. Es war
+in der That nicht leicht, Burnet zu krnken. Seine Selbstgeflligkeit,
+seine heitere Sorglosigkeit und seine Taktlosigkeit waren so gro, da
+er wohl oft Ansto gab, aber nie Ansto nahm.
+
+ [Anmerkung 10: Sprecher Onslow's Note zu Burnet I. 596; +Johnson's
+ Life of Sprat+.]
+
+ [Anmerkung 11: Niemand hat Burnet hufiger und bitterer
+ widersprochen als Dartmouth. Und doch schrieb auch Dartmouth: Ich
+ glaube nicht, da er jemals vorstzlich etwas verffentlichte, was
+ er fr falsch hielt. Zu einer spteren Zeit nahm er, durch einige
+ Bemerkungen ber sich im zweiten Bande der Geschichte des Bischofs
+ gereizt, dieses Lob zurck; aber auf einen solchen Widerruf darf
+ man kein groes Gewicht legen. Selbst Swift war so gerecht zu
+ sagen: Im Ganzen war er ein hochherziger und braver Mann. +Short
+ Remarks on Bishop Burnet's History+.
+
+ Burnet wird gewhnlich als ein auffallend ungenauer
+ Geschichtsschreiber getadelt; aber ich halte diesen Vorwurf fr
+ ungerecht. Er scheint nur deshalb ungenau zu sein, weil seine
+ Darstellung einer besonders strengen und unfreundlichen Kritik
+ unterzogen worden ist. Wenn ein Whig sich die Mhe nehmen wollte
+ +Reresby's Memoirs, North's Examen, Mulgrave's Account of the
+ Revolution+ oder +Clarke's Life of James the Second+ einer
+ hnlichen Prfung zu unterwerfen, so wrde es sich bald zeigen,
+ da Burnet keineswegs der ungenaueste Geschichtsschreiber seiner
+ Zeit war.]
+
+
+[_Er vermittelt eine innigere Annherung zwischen dem Prinzen und der
+Prinzessin._] Alle Eigenthmlichkeiten seines Characters machten ihn
+ganz dazu geeignet, der Friedensstifter zwischen Wilhelm und Marien zu
+werden. Wenn Personen, die einander achten und lieben sollten, durch
+eine Ursache von einander fern gehalten werden, welche drei freimthig
+gesprochene Worte beseitigen knnten, so ist es ein Glck fr sie, wenn
+sie einen indiscreten Freund haben, der mit der ganzen Wahrheit
+herausplatzt. Burnet sagte der Prinzessin ganz offen, welches Gefhl an
+dem Herzen ihres Gemahls nagte. Sie erfuhr jetzt zum ersten Male mit
+nicht geringem Erstaunen, da, wenn sie Knigin von England wrde,
+Wilhelm ihren Thron nicht theilen sollte. Sie erklrte mit den innigsten
+Worten, da es keinen Beweis von ehelicher Unterwerfung und Liebe gebe,
+zu dem sie nicht jeden Augenblick bereit wre. Unter vielen
+Entschuldigungen und feierlichen Versicherungen, da kein andrer Mensch
+ihm ein Wort in den Mund gelegt habe, sagte ihr Burnet nun, da das
+Heilmittel in ihrer Hand liege. Wenn die Krone ihr zugefallen sei, knne
+sie leicht ihr Parlament dazu bewegen, da es ihrem Gatten nicht nur den
+Knigstitel gewhrte, sondern ihm sogar durch ein Gesetz die Zgel der
+Regierung in die Hand gab. Aber, setzte er hinzu, Ihre knigliche
+Hoheit mssen wohl berlegen, ehe Sie einen solchen Entschlu
+aussprechen, denn es ist ein Entschlu, dessen Zurcknahme weder rathsam
+noch leicht sein wrde, wenn er einmal angekndigt wre. -- Ich bedarf
+keiner Zeit zur berlegung, antwortete Marie. Es ist genug, da ich
+eine Gelegenheit habe, um dem Prinzen meine Achtung zu beweisen. Theilen
+Sie ihm mit was ich gesagt habe, und bringen Sie ihn zu mir, damit er es
+aus meinem eigenen Munde hre. Burnet wollte den Prinzen sogleich
+herbeiholen, aber er war viele Meilen weit entfernt auf einer
+Hirschjagd. Erst am folgenden Tage konnte die entscheidende Unterredung
+stattfinden. Ich habe erst gestern erfahren, sagte Marie, da
+zwischen den Gesetzen Englands und den Gesetzen Gottes ein solcher
+Unterschied obwaltet. Aber ich verspreche Ihnen, da Sie jederzeit der
+Gebieter sein sollen, und ich verlange keinen andren Lohn dafr, als da
+Sie das Gebot, welches den Gatten vorschreibt, ihre Frauen zu lieben,
+ebenso befolgen, wie ich das Gebot halte, welches den Frauen
+vorschreibt, ihren Gatten zu gehorchen. Dieser Beweis von edelmthiger
+Zuneigung gewann ihr Wilhelm's Herz vollstndig. Von diesem Augenblicke
+an bis zu dem traurigen Tage, an welchem er ohnmchtig von ihrem
+Sterbebett hinweggetragen wurde, herrschte vollkommene Freundschaft und
+unbegrenztes Vertrauen zwischen ihnen. Viele von ihren Briefen an ihn
+sind noch vorhanden und sie enthalten zahlreiche Beweise, da es diesem
+Manne, der in den Augen der Menge fr so unliebenswrdig galt, gelungen
+war, einer schnen und tugendhaften Frau, welche in Hinsicht der Geburt
+ber ihm stand, eine bis zur abgttischen Verehrung gehende Liebe
+einzuflen.
+
+Der Dienst, den Burnet seinem Vaterlande erzeigt, war von hoher
+Bedeutung. Es war eine Zeit gekommen, wo es fr das Wohl des Staates
+sehr wichtig war, da zwischen dem Prinzen und der Prinzessin
+vollkommene Eintracht herrschte.
+
+
+[_Beziehungen Wilhelm's zu den englischen Parteien._] Bis nach der
+Unterdrckung des Aufstandes im Westen hatten ernste Ursachen des
+Zwiespaltes Wilhelm sowohl von den Tories als von den Whigs getrennt. Er
+hatte mit groem Mifallen die Versuche der Whigs beobachtet, der
+ausbenden Gewalt einige Befugnisse zu entziehen, die er zur
+Aufrechthaltung ihrer Wirksamkeit und ihrer Wrde fr nthig hielt. Mit
+noch grerem Mifallen hatte er die Untersttzung gesehen, welche ein
+groer Theil dieser Partei den Anmaungen Monmouth's angedeihen lie. Es
+schien als ob die Opposition zuerst die Krone Englands des Tragens nicht
+mehr werth machen und sie dann einem Bastard und Betrger aufs Haupt
+setzen wollte. Zu gleicher Zeit war das religise System des Prinzen
+weit verschieden von dem, welchem die Torypartei huldigte. Sie waren
+Arminianer und Prlatisten. Sie sahen mit Verachtung auf die
+protestantischen Kirchen des Continents herab und hielten jede Zeile
+ihrer eignen Liturgie und Rubrica fr kaum weniger geheiligt als die
+Evangelien. Seine Ansichten ber die metaphysischen Seiten der Theologie
+waren calvinistisch. Seine Ansichten bezglich der Kirchenverfassungen
+und der gottesdienstlichen Formen waren latitudinarisch. Er gab zu, da
+das Episcopat eine gesetzliche und zweckmige Form des Kirchenregiments
+sei; aber er sprach mit Bitterkeit und Hohn von der Bigotterie Derer,
+welche die bischfliche Ordination fr ein wesentliches Erforderni
+einer christlichen Gesellschaft hielten. Gegen die durch die Liturgie
+vorgeschriebenen Gewnder und Gesten hatte er keine Bedenken, aber er
+gestand, da ihm die Gebruche der anglikanischen Kirche lieber sein
+wrden, wenn sie ihn weniger an die Gebruche der rmischen Kirche
+erinnerten. Man hatte ihn ein ominses Gemurmel von sich geben hren,
+als er in der Privatkapelle seiner Gemahlin zum ersten Male einen Altar
+nach anglikanischer Weise geschmckt sah, und es schien ihm nicht
+sonderlich zu gefallen, als er Hooker's +Ecclesiastical Policy+ in ihrer
+Hand sah.[12]
+
+ [Anmerkung 12: +Dr.+ Hooper's handschriftliche Erzhlung im
+ Anhange zu Lord Dungannon's +Life of William+.]
+
+
+[_Seine Gesinnungen gegen England._] Er verfolgte daher lange den Streit
+zwischen den englischen Parteien mit Aufmerksamkeit, aber ohne eine
+starke Vorliebe fr die eine oder die andre Partei zu hegen. Er wurde
+auch bis ans Ende seines Lebens in der That niemals weder ein Whig, noch
+ein Tory. Es fehlte ihm das was die gemeinsame Grundlage beider
+Charactere ist, denn er wurde nie ein Englnder. Er rettete zwar
+England, liebte es aber nie und erlangte ebensowenig die Liebe der
+Englnder. Fr ihn war es nur ein Verbannungsort, den er mit Widerwillen
+besuchte und mit Freuden verlie. Selbst als er dem Lande die Dienste
+leistete, deren gnstige Wirkungen wir bis auf den heutigen Tag fhlen,
+war sein Hauptzweck nicht die Wohlfahrt desselben.
+
+
+[_Seine Gesinnungen gegen Holland und Frankreich._] All' sein
+patriotisches Gefhl gehrte Holland. Hier befand sich das prchtige
+Grabmal, in welchem der groe Staatsmann ruhte, dessen Blut, dessen
+Namen, dessen Character und dessen Genie er geerbt hatte. Hier war der
+bloe Klang seines Namens schon ein Zauberspruch, welcher durch drei
+Generationen die liebevolle Begeisterung der Landleute und Handwerker
+erweckt hatte. Die hollndische Sprache war die Sprache seiner
+Kinderstube; unter dem hollndischen Adel hatte er seine ersten Freunde
+gewhlt; die Vergngungen, die Bauart und die Gegenden seines
+Heimathlandes wurzelten tief in seinem Herzen. Zu ihm wendete er sich
+immer wieder mit unvernderter Zrtlichkeit von einem stolzeren und
+schneren Nebenbuhler ab. In den Slen von Whitehall sehnte er sich nach
+dem traulichen Hause im Busche im Haag und er fhlte sich nie
+glcklicher, als wenn er die Pracht von Windsor mit der bescheidenen
+Einfachheit von Loo vertauschen konnte. Whrend seiner glnzenden
+Verbannung fand er einigen Trost darin, da er durch Bauen, Pflanzen und
+Graben um sich her einen Schauplatz schaffen konnte, der ihn an die
+regelmigen Gebude von rothem Backstein, an die langen Kanle und an
+die symmetrischen Blumenbeete erinnerte, unter denen er seine Jugend
+verlebt hatte. Doch selbst die Liebe zu seinem Vaterlande war einem
+andren Gefhle untergeordnet, welches schon frhzeitig in seiner Seele
+die Oberherrschaft gewann, das sich mit allen seinen Leidenschaften
+vermischte, das ihn zu groartigen Unternehmungen anspornte, das ihn
+aufrecht erhielt, wenn Krnkungen, Schmerzen, Krankheit und Sorgen ihn
+zu Boden drcken wollten, das gegen das Ende seiner Laufbahn einmal
+kurze Zeit erloschen zu sein schien, aber bald heftiger als je wieder
+hervorbrach und ihn noch beseelte, als das Sterbegebet an seinem Lager
+gesprochen wurde. Dieses Gefhl war der Ha gegen Frankreich und den
+prachtliebenden Knig, der in mehr als einer Hinsicht Frankreich
+reprsentirte und der mit seinen specifisch franzsischen Tugenden und
+Vorzgen jenen unruhigen, gewissenlosen und dnkelhaften Ehrgeiz
+verband, der zu wiederholten Malen den Zorn ganz Europa's ber
+Frankreich gebracht hat.
+
+Es ist nicht schwer, die Fortschritte des Gefhls zu verfolgen, welches
+nach und nach die Alleinherrschaft in Wilhelm's Seele erlangte. Als er
+kaum erst dem Knabenalter entwachsen, war sein Vaterland in
+prahlerischem Trotze gegen Recht und Gerechtigkeit berfallen, verwstet
+und allen Excessen der Raubsucht, Ausschweifung und Grausamkeit
+preisgegeben worden. Die Hollnder hatten sich in ihrer Bedrngni vor
+dem Eroberer gedemthigt und um Gnade gefleht. Darauf war ihnen der
+Bescheid geworden, da wenn sie Frieden wnschten, sie ihre
+Selbststndigkeit aufgeben und alljhrlich dem Hause Bourbon huldigen
+mten. Die schwer beleidigte Nation hatte, zur Verzweiflung getrieben,
+ihre Deiche durchbrochen und das Meer als Bundesgenossen gegen die
+franzsische Tyrannei zu Hlfe gerufen. Mitten in den Greueln dieses
+Kampfes, whrend die Landleute entsetzt vor den Eroberern flohen,
+whrend Hunderte von schnen Grten und Lusthusern in den Fluthen
+begraben, whrend die Berathungen der Generalstaaten durch die
+Ohnmachten und das laute Weinen alter Senatoren unterbrochen wurden,
+welche den Gedanken nicht ertragen konnten, die Freiheit und den Ruhm
+ihres Vaterlandes zu berleben, war Wilhelm an die Spitze der Geschfte
+berufen worden. Eine Zeit lang dnkte ihm jeder Widerstand hoffnungslos.
+Er sah sich vergebens nach Hlfe um. Spanien war ausgesogen, Deutschland
+zerrissen, England bestochen. Es schien dem jungen Statthalter, als ob
+ihm nichts weiter brig bliebe, als mit dem Schwerte in der Hand zu
+fallen, oder der Aeneas einer groen Vlkerwanderung zu werden und in
+Gegenden, welche auer dem Bereiche der Tyrannei Frankreichs lagen, ein
+neues Holland zu grnden. Dann wre kein Hinderni mehr vorhanden
+gewesen, das die Fortschritte des Hauses Bourbon htte hemmen knnen.
+Noch wenige Jahre und dieses Haus wrde seine Besitzungen durch
+Lothringen und Flandern, Castilien und Arragonien, Neapel und Mailand,
+Mexico und Peru vergrert haben. Ludwig htte sich dann die Kaiserkrone
+aufsetzen, einen Prinzen seines Hauses auf den Thron Polens erheben und
+der Alleinherrscher in Europa von den scythischen Wsten bis zum
+Atlantischen Ocean, sowie in Amerika von den Gegenden nrdlich vom
+Wendekreis des Krebses bis zu den Gegenden sdlich vom Wendekreis des
+Steinbocks werden knnen. Dies waren die Aussichten, die sich Wilhelm
+darboten, als er in das ffentliche Leben eintrat und welche ihn bis zu
+seinem letzten Tage unaufhrlich verfolgten. Die franzsische Monarchie
+war fr ihn das was die rmische Republik fr Hannibal, was das
+ottomanische Reich fr Scanderbeg, was die sdliche Herrschaft fr
+Wallace war. Die Religion gab diesem glhenden und unverlschlichen
+Hasse ihre Weihe. Hunderte von calvinistischen Predigern verkndeten,
+da die nmliche Macht, welche Simson vom Mutterleibe an dazu bestimmt,
+die Geiel der Philister zu werden, und welche Gideon von der
+Dreschtenne abgerufen, um die Midianiter zu schlagen, Wilhelm von
+Oranien zum Vorkmpfer aller freien Nationen und aller reinen Kirchen
+erkoren habe, und diese Ansicht war nicht ohne Einflu auf sein Gemth
+geblieben. Dem Vertrauen, welches dieser heldenmthige Fatalist in seine
+erhabene Bestimmung und in seine heilige Sache setzte, ist zum Theil
+seine auffallende Gleichgltigkeit gegen jede Gefahr zuzuschreiben. Er
+hatte ein groes Werk zu vollbringen und bis es vollbracht war, konnte
+ihm nichts schaden. Daher kam es auch, da er trotz der Prophezeiungen
+der rzte von hoffnungslos scheinenden Krankheiten genas, da Schaaren
+von Mrdern sich vergebens gegen sein Leben verschworen, da der offene
+Nachen, dem er sich in sternenloser Nacht auf einem tobenden Ocean an
+einer verrtherischen Kste anvertraute, ihn wohlbehalten ans Land trug
+und da auf zwanzig Schlachtfeldern die Kanonenkugeln auf allen Seiten
+an ihm vorbersausten. Die Begeisterung und Ausdauer, womit er sich
+seiner Sendung widmete, haben kaum ein Beispiel in der Geschichte.
+Seinem groen Ziele gegenber achtete er das Leben Anderer ebenso gering
+als sein eigenes. Selbst die menschlichsten und edelmthigen Soldaten
+jener Zeit waren zu sehr daran gewhnt, das Blutvergieen und die
+Verheerungen, welche von groen kriegerischen Unternehmungen
+unzertrennlich sind, mit kalter Gleichgltigkeit zu betrachten, und
+Wilhelm's Herz war nicht allein durch berufsmige Unempfindlichkeit,
+sondern auch durch die noch starrere Unempfindlichkeit gesthlt, welche
+die Wirkung des Pflichtgefhls ist. Drei groe Coalitionen, drei lange
+und blutige Kriege, in denen ganz Europa von der Weichsel bis zum
+westlichen Ocean unter den Waffen stand, sind lediglich seiner
+unbezwinglichen Energie zuzuschreiben. Als im Jahre 1678 die
+Generalstaaten erschpft und entmuthigt nach Ruhe verlangten, stimmte er
+noch immer dagegen, das Schwert in die Scheide zu stecken, und der
+Friede wurde nur geschlossen, weil er seinen wilden und entschlossenen
+Geist nicht auch Anderen einhauchen konnte. Noch im letzten Augenblicke
+schlug er in der Hoffnung, dadurch die Unterhandlungen abzubrechen, von
+denen er wohl wute, da sie dem Abschlusse nahe waren, eine der
+blutigsten und hartnckigsten Schlachten jener Zeit. Von dem Tage an, wo
+der Friede von Nymwegen unterzeichnet worden war, begann er auf eine
+neue Coalition zu sinnen. Sein Streit mit Ludwig, der nun vom
+Schlachtfelde in das Kabinet versetzt wurde, ward bald durch eine
+Privatfehde noch erbitterter. Die beiden Rivalen waren einander in
+Talenten, Character, Manieren und Ansichten gerade entgegengesetzt.
+Ludwig, fein und wrdevoll, verschwenderisch und ausschweifend, ein
+Freund von Prunk und Feind von persnlicher Gefahr, ein freigebiger
+Beschtzer der Knste und Wissenschaften und ein grausamer Verfolger der
+Calvinisten, bildete einen auffallenden Contrast mit Wilhelm, der
+einfach in seinen Neigungen, unfreundlich in seinem Benehmen,
+unermdlich und unerschrocken im Kriege, gleichgltig gegen alle
+Luxuszweige des Wissens und ein entschiedener Anhnger der genfer
+Theologie war. Die beiden Feinde beobachteten nicht lange jene
+Artigkeit, welche Mnner ihres Ranges, selbst wenn sie einander an der
+Spitze von Armeen gegenberstehen, selten aus den Augen setzen. Wilhelm
+gebrauchte zwar die Formalitt, da er Ludwig seine besten Dienste
+anbot; aber diese Hflichkeit wurde nach ihrem wahren Werthe gewrdigt
+und mit einer trocknen Zurckweisung vergolten. Der groe Knig
+verachtete den kleinen Prinzen, der der Diener eines Bundes von
+Handelsstdten war und auf jedes Zeichen von Verachtung antwortete der
+unerschrockene Statthalter mit einer neuen Herausforderung, Wilhelm
+entlehnte seinen Namen, ein Name, den die Ereignisse des
+vorhergegangenen Jahrhunderts zu einem der glnzendsten und berhmtesten
+von ganz Europa gemacht hatten, von einer Stadt, welche nicht weit von
+Avignon an den Ufern der Rhone liegt und die, wie Avignon, obgleich von
+allen Seiten von franzsischem Gebiet umgeben, doch eigentlich nicht der
+franzsischen, sondern der kaiserlichen Krone als Lehen gehrte. Ludwig
+besetzte Orange mit der ihm eigenen bermthigen Verachtung des
+Vlkerrechts, schleifte die Befestigungswerke und eignete sich die
+Einknfte der Stadt zu. Wilhelm erklrte laut bei Tische in Anwesenheit
+vieler Personen, der allerchristlichste Knig solle diese Beleidigung
+schwer bereuen, und als der Graf von Avaux ihn um eine nhere Erklrung
+dieser Worte bat, weigerte er sich auf das Bestimmteste, sie zu
+widerrufen oder wegzuerklren. Der Streit ging so weit, da der
+franzsische Gesandte es nicht wagen durfte, sich im Empfangzimmer der
+Prinzessin blicken zu lassen, wenn er sich nicht der Gefahr aussetzen
+wollte, ffentlich beleidigt zu werden.[13]
+
+Wilhelm's Gesinnungen gegen Frankreich erklren zugleich seine ganze
+Politik gegen England. Sein Gemeinsinn war ein europischer. Der
+Hauptgegenstand seiner Sorge war nicht unsre Insel, ja selbst sein
+Geburtsland nicht, sondern die groe Gemeinschaft der Nationen, der die
+Unterjochung durch ein zu mchtiges Mitglied drohte. Wer in dem Irrthume
+befangen ist, ihn als einen englischen Staatsmann zu betrachten, mu
+nothwendig sein ganzes Leben in einem falschen Lichte erblicken und wird
+nicht im Stande sein, irgend einen Grundsatz, sei es ein guter oder ein
+schlechter, ein whiggistischer oder ein toryistischer, zu entdecken, auf
+den sich seine wichtigsten Thaten zurckfhren lieen. Betrachten wir
+ihn aber als einen Mann, dessen besondere Aufgabe es war, eine Masse von
+schwachen, zerrissenen und entmuthigten Staaten zu einem festen und
+starken Bunde gegen den gemeinsamen Feind zu sammeln, betrachten wir ihn
+als einen Mann, in dessen Augen England namentlich deshalb wichtig war,
+weil ohne dasselbe die von ihm beabsichtigte groe Coalition
+unvollstndig gewesen sein wrde, so werden wir zugeben mssen, da
+keine langjhrige Laufbahn, von der uns die Geschichte erzhlt, von
+Anfang bis zu Ende gleichmiger war als die dieses groen Frsten.[14]
+
+ [Anmerkung 13: +Avaux Negotiations+, Aug. 10.(20.), Sept.
+ 14.(24.), Sept. 28. (Oct. 8.), Dec. 7.(17.) 1682.]
+
+ [Anmerkung 14: Ich kann mir das Vergngen nicht versagen,
+ Massillon's unfreundliche, aber scharfsinnige und edle
+ Characteristik Wilhelm's hier anzufhren: +Un prince profond dans
+ ses vues; habile former des ligues et reunir les esprits, plus
+ heureux exciter les guerres qu' combattre; plus encore
+ craindre dans le secret du cabinet, qu' la tte des armes; un
+ ennemi que la haine du nom Franais avait rendu capable d'imaginer
+ de grandes choses et de les excuter; un de ces gnies qui
+ semblent tre ns pour mouvoir leur gr les peuples et les
+ souverains; un grand homme, s'il n'avoit jamais voulu tre roi.+
+ Grabrede auf den Dauphin.]
+
+
+[_Seine Politik durchaus consequent._] Der Leitfaden, den wir jetzt
+besitzen, wird es uns mglich machen, ohne Schwierigkeit den wirklich
+consequenten, obgleich anscheinend zuweilen gewundenen Gang zu
+verfolgen, den er gegen unsere inneren Factionen beobachtete. Er
+erkannte deutlich, was brigens auch weit weniger scharfsichtigen Leuten
+als er war, nicht entging, da das Unternehmen, an dem er mit ganzer
+Seele hing, wahrscheinlich gelingen wrde, wenn England auf seiner Seite
+wre, da der Ausgang ungewi sein wrde, wenn England neutral bliebe,
+und da es hoffnungslos sein wrde, wenn England handelte, wie es in den
+Tagen der Cabale gehandelt htte. Nicht weniger deutlich sah er, da
+zwischen der ueren und der inneren Politik Englands ein enger
+Zusammenhang stattfand, da der Regent dieses Landes, wenn er mit dem
+gesetzgebenden Krper harmonirte, stets einen groen Einflu auf die
+Angelegenheiten der Christenheit ausben und da ihm offenbar daran
+gelegen sein mute, der ungebhrlichen Machtvergrerung irgend eines
+festlndischen Potentaten entgegenzuwirken; da auf der andren Seite der
+Souverain, wenn der gesetzgebende Krper ihm nicht traute und ihn in
+seinen freien Bewegungen hemmte, in der europischen Politik nur von
+geringem Gewicht sein konnte und da dieses ganze kleine Gewicht in die
+falsche Wagschale fallen wrde. Der erste Wunsch des Prinzen war daher:
+Eintracht zwischen dem Throne und dem Parlamente. Wie diese Eintracht
+herzustellen war und auf welcher Seite Zugestndnisse gemacht werden
+muten, dies waren seiner Ansicht nach Fragen von untergeordneter
+Bedeutung. Allerdings wrde es ihm am liebsten gewesen sein, wenn eine
+vollstndige Ausshnung htte bewirkt werden knnen, ohne einen
+Buchstaben von der Prrogative zu opfern, denn er hatte an der
+ungeschmlerten Aufrechthaltung derselben ein anwartschaftliches
+Interesse, und war von Natur mindestens eben so herrschschtig und ein
+eben so groer Feind von Beschrnkung, als irgend ein Stuart. Aber es
+gab kein Kleinod der Krone, das er nicht, selbst nachdem sie auf sein
+eignes Haupt gesetzt worden, bereitwilligst zum Opfer gebracht htte,
+wenn er berzeugt sein konnte, da ein solches Opfer zur Erreichung
+seines groen Zieles unumgnglich nthig war. Daher empfahl er auch der
+Regierung in den Tagen des papistischen Complots Nachgiebigkeit,
+obgleich er die Heftigkeit mibilligte, mit der die Opposition die
+knigliche Autoritt angriff. Das Verfahren der Gemeinen bezglich der
+inneren Angelegenheiten, sagte er, sei hchst unverstndig, aber so
+lange die Gemeinen unzufrieden seien, knnten die Freiheiten Europa's
+nicht sicher sein und dieser berwiegenden Rcksicht msse jede andre
+weichen. Nach diesen Grundstzen handelte er, als die Ausschlieungsbill
+die ganze Nation erschtterte. Man hat keinen Grund zu der Annahme, da
+er die Opposition aufgemuntert habe, diese Bill einzubringen oder die
+wiederholt gemachten Vergleichsvorschlge des Thrones zurckzuweisen.
+Als es aber klar wurde, da, wenn diese Bill nicht durchging, ein
+ernster Bruch zwischen den Gemeinen und dem Hofe entstehen mute, sprach
+er deutlich, obwohl mit gebhrender Migung, seine Ansicht dahin aus,
+da man sich um jeden Preis mit den Vertretern des Volks vershnen
+msse. Als ein heftiger und reiender Umschwung der ffentlichen Meinung
+die Whigpartei eine Zeit lang vllig hilflos gelassen hatte, versuchte
+er es sein groes Ziel auf einem andren Wege zu erreichen, der seiner
+Natur vielleicht besser zusagte als der vorher betretene. Die vernderte
+Stimmung der Nation bot wenig Aussicht dar, da ein Parlament gewhlt
+werden wrde, das geneigt war, die Wnsche des Souverains zu
+durchkreuzen. Karl war eine Zeit lang Herr. Ihn zu gewinnen, war daher
+des Prinzen erster Wunsch. Im Sommer 1683, fast in dem Augenblicke, als
+die Entdeckung des Ryehousecomplots die Niederlage der Whigs und den
+Sieg des Knigs vollstndig machte, traten anderwrts Ereignisse ein,
+welche Wilhelm nicht ohne die grte Angst und Besorgni mit ansehen
+konnte. Die trkischen Heere rckten bis an die Vorstdte Wiens heran.
+Die groe sterreichische Monarchie, auf deren Untersttzung der Prinz
+gerechnet hatte, schien ihrem Untergange nahe zu sein. Bentinck wurde
+daher schleunigst vom Haag nach London gesandt, mit dem Auftrage nichts
+zu versumen, was nthig sein konnte, um den englischen Hof zu gewinnen,
+und ganz besonders war er angewiesen, in den strksten Ausdrcken den
+Abscheu seines Gebieters gegen die Whigverschwrung zu versichern.
+
+Whrend der nchsten achtzehn Monate war einige Hoffnung, da der Einfu
+Halifax' berwiegen und da der Hof von Whitehall zur Politik der
+Tripleallianz zurckkehren werde. An diese Hoffnung klammerte sich
+Wilhelm mit Vorliebe an und sparte keine Mhe, um Karl gnstig zu
+stimmen. Die gastliche Aufnahme, welche Monmouth im Haag fand, mu
+hauptschlich dem ernstlichen Bestreben des Prinzen, die wirklichen
+Wnsche von Monmouth's Vater zu erfllen, zugeschrieben werden. Sobald
+Karl gestorben war, schlug Wilhelm in unabnderlicher Verfolgung seines
+Zieles wieder ein andres Verfahren ein. Er hatte Monmouth aufgenommen,
+um dem verstorbenen Knige zu gefallen; damit nun der gegenwrtige Knig
+keine Ursache zu Beschwerden haben sollte, wurde Monmouth fortgeschickt.
+Wir haben gesehen, da beim Ausbruche des Aufstandes im Westen die in
+hollndischen Diensten stehenden britischen Regimenter durch die
+thtigen Bemhungen des Prinzen auf die erste Aufforderung in ihre
+Heimath zurckgesandt wurden. Wilhelm erbot sich sogar, persnlich ein
+Commando gegen die Rebellen zu bernehmen, und da dieses Anerbieten
+vollkommen aufrichtig gemeint war, kann von Niemandem, der seine
+vertraulichen Briefe an Bentinck gelesen hat, bezweifelt werden.[15]
+
+Der Prinz gab sich zu dieser Zeit augenscheinlich der Hoffnung hin, da
+der groe Plan, dem in seinem Geiste alles Andre untergeordnet war, den
+Beifall und die Untersttzung seines Schwiegervaters erhalten werde. Der
+hohe Ton, den Jakob damals gegen Frankreich annahm, die
+Bereitwilligkeit, mit der er sich zu einem Defensivbndnisse mit den
+Vereinigten Provinzen verstand, und seine Geneigtheit zu einer
+Verbindung mit dem Hause sterreich bestrkten diese Erwartung. Aber
+bald verfinsterte sich der Horizont. Die Entlassung Halifax', der Bruch
+zwischen Jakob und dem Parlamente, die Prorogation desselben und die
+ausdrckliche Erklrung, welche der Knig den auswrtigen Gesandten gab,
+da die festlndische Politik seine Aufmerksamkeit nicht lnger von
+inneren Maregeln zur Befestigung seiner Hoheitsrechte und zur Frderung
+der Interessen seiner Kirche ablenken sollte, machten der Tuschung ein
+Ende. Es war klar, da England, wenn Jakob sein Beherrscher war, im Fall
+einer europischen Krisis entweder unthtig bleiben oder im Einklange
+mit Frankreich handeln wrde. Und die europische Krisis rckte immer
+nher. Das Haus sterreich war durch eine Reihe von Siegen gegen fernere
+Gefahr von Seiten der Trkei gesichert worden und hatte daher nicht mehr
+nthig, die bergriffe und Beleidigungen Ludwig's geduldig zu ertragen.
+
+ [Anmerkung 15: Zum Beispiel: +Je crois M. Feversham un trs brave
+ et honeste homme. Mais je doute s'il a assez d'exprience
+ diriger une si grande affaire qu'il a sur le bras. Dieu lui donne
+ un succs prompt et heureux. Mais je ne suis pas hors
+ d'inquitude.+ -- 7.(17.) Juli 1685. Als er die Nachricht von der
+ Schlacht von Sedgemoor erhalten hatte, schrieb er wieder: +Dieu
+ soit lou du bon succs que les troupes du Roy ont eu contres les
+ rebelles. Je ne doute pas que cette affaire ne soit entirement
+ assoupie, et que le rgne du Roy sera heureux, ce que Dieu
+ veuille.+ -- 10.(20.) Juli.]
+
+
+[_Vertrag von Augsburg._] In Folge dessen wurde im Juli 1686 zu Augsburg
+ein Vertrag unterzeichnet, durch den sich die Frsten des Reichs zum
+Zwecke gegenseitiger Vertheidigung eng verbanden. Die Knige von Spanien
+und von Schweden waren diesem Bunde ebenfalls beigetreten, der Knig von
+Spanien als Besitzer der im burgundischen Kreise liegenden Provinzen,
+der Knig von Schweden als Herzog von Pommern. Die Verbndeten
+erklrten, da sie nicht die Absicht htten irgend eine Macht
+anzugreifen oder irgend eine zu beleidigen, da sie aber entschlossen
+seien, keine Verletzung der Rechte zu dulden, welche das deutsche Reich
+unter Sanction des Vlkerrechts und der ffentlichen Treue besitze. Sie
+verpflichteten sich, einander im Falle der Noth beizustehen und
+bestimmten das Truppencontingent, das jedes Mitglied des Bundes stellen
+mute, wenn es nthig werden sollte, einen Angriff zurckzuweisen.[16]
+Der Name Wilhelm's war in dieser Urkunde nicht genannt aber Jedermann
+wute, da sie sein Werk war und sah voraus, da er in nicht langer Zeit
+wieder an der Spitze einer Coalition gegen Frankreich stehen werde.
+Zwischen ihm und dem Vasallen Frankreichs konnte unter solchen Umstnden
+kein herzliches Einvernehmen stattfinden. Es erfolgte zwar kein offener
+Bruch und kein Austausch von Drohungen oder Vorwrfen; aber
+Schwiegervater und Schwiegersohn waren vollstndig und fr immer
+geschieden.
+
+ [Anmerkung 16: Der Vertrag ist in dem +Recueil des Traits, IV.
+ No. 209+ zu finden.]
+
+
+[_Wilhelm wird das Oberhaupt der englischen Opposition._] Gerade zu der
+Zeit, als der Prinz so dem englischen Hofe entfremdet wurde,
+verschwanden die Ursachen, welche bisher eine Klte zwischen ihm und den
+beiden groen Parteien des englischen Volks hervorgerufen hatten. Ein
+groer Theil, der Zahl nach vielleicht die Mehrheit der Whigs, hatte die
+Ansprche Monmouth's begnstigt, aber Monmouth existirte jetzt nicht
+mehr. Die Tories auf der andren Seite hatten gefrchtet, die Interessen
+der anglikanischen Kirche mochten unter der Leitung eines Mannes nicht
+sicher sein, der unter hollndischen Presbyterianern aufgewachsen und
+dessen Ansichten ber die Gewnder, die Ceremonien und die Bischfe als
+latitudinarisch wohl bekannt waren; seitdem aber jener geliebten Kirche
+von einer ganz andren Seite weit furchtbarere Gefahren drohten, hatten
+diese Befrchtungen fast ihre ganze Kraft verloren. So kam es, da beide
+groe Parteien in dem nmlichen Augenblicke ihre Hoffnungen und ihre
+Liebe auf den nmlichen Fhrer zu richten begannen. Alte Republikaner
+konnten ihr Vertrauen einem Manne nicht versagen, der viele Jahre
+hindurch das hchste Amt einer Republik wrdig bekleidet hatte, und alte
+Royalisten sahen ein, da sie in bereinstimmung mit ihren Grundstzen
+handelten, wenn sie einem dem Throne so nahe gehenden Prinzen die
+tiefste Ehrerbietung bezeigten. Unter diesen Umstnden war es von
+hchster Wichtigkeit, da zwischen Wilhelm und Marien die vollkommenste
+Einigkeit herrschte. Eine Mihelligkeit zwischen der prsumtiven
+Thronerbin und ihrem Gemahl htte in der groen Masse, die sich von
+allen Seiten her um einen gemeinschaftlichen Mittelpunkt schaarte, eine
+Spaltung hervorbringen mssen. Zum Glck wurde jede Gefahr einer solchen
+Mihelligkeit im entscheidenden Augenblicke durch Burnet's
+Dazwischenkunft beseitigt und der Prinz wurde das unbestrittene Haupt
+der ganzen Partei, welche der Regierung feindlich gegenberstand, einer
+Partei, welche fast die ganze Nation in sich begriff.
+
+Es ist nicht der mindeste Grund zu der Annahme vorhanden, da er schon
+um diese Zeit das groe Unternehmen im Sinne hatte, zu dem ihn spter
+die gebieterische Nothwendigkeit trieb. Er wute sehr gut, da die
+ffentliche Stimmung in England, wenn auch durch Krnkungen gereizt,
+doch zu einer Revolution keineswegs reif war. Gewi wrde er gern das
+rgerni vermieden haben, das ein blutiger Streit zwischen Personen,
+welche durch die engsten Bande der Blutsverwandtschaft und der
+Verschwgerung an einander gekettet waren, nothwendig erregen mute.
+Auch sein Ehrgeiz lie es ihm nicht wnschenswerth erscheinen, die
+Gre, die im gewhnlichen Laufe der Natur und des Rechts ihm zufallen
+konnte, einer Gewaltthtigkeit zu verdanken, denn er wute jetzt, da,
+wenn die Krone auf regelmigem Wege auf seine Gemahlin berging,
+zugleich mit derselben auch alle ihre Vorrechte ungeschmlert auf ihn
+selbst bergehen wrden, da sie aber, wenn sie durch eine Wahl erlangt
+wurde, unter den Bedingungen angenommen werden mute, welche die Whler
+zu stellen fr gut fanden. Er schien daher geduldig den Tag erwarten zu
+wollen, wo er mit unbestrittenem Rechte die Regierung antreten konnte,
+und sich bis dahin darauf zu beschrnken, als erster Prinz von Geblt
+und als Oberhaupt der Partei, welche in der Nation entschieden das
+bergewicht hatte, und die auch darauf rechnen konnte, in beiden Husern
+eines zu versammelnden Parlaments entschieden zu berwiegen, einen
+groen Einflu auf die englischen Angelegenheiten auszuben.
+
+
+[_Mordaunt schlgt Wilhelm eine Landung in England vor._] Indessen war
+er bereits durch einen Rathgeber, der weniger scharfsichtig, aber
+ungestmer war als er selbst, gedrngt worden, einen khneren Weg
+einzuschlagen. Dieser Rathgeber war der junge Lord Mordaunt. Das
+damalige Zeitalter hat kein erfinderischeres Genie und keinen
+verwegeneren Geist hervorgebracht. Aber wenn ein Plan nur glnzend war,
+so fragte Mordaunt selten danach, ob er auch ausfhrbar sein wrde, sein
+ganzes Leben war ein wilder Roman, zusammengesetzt aus geheimnivollen
+Intriguen der Politik und der Liebe, aus heftigen und schnellen Wechseln
+des Schauplatzes und des Glcks, und aus Siegen, welche mehr denen eines
+Amadis und eines Lancelot, als denen eines Luxemburg und eines Eugen
+glichen. Die Episoden, welche mit dieser seltsamen Lebensgeschichte
+verflochten waren, entsprachen ganz der Hauptintrigue. Es waren darunter
+nchtliche Kmpfe mit edelmthigen Rubern und Befreiungen vornehmer und
+schner Damen aus den Hnden von Entfhrern. Nachdem sich Mordaunt durch
+die Beredtsamkeit und Khnheit ausgezeichnet, mit der er im Hause der
+Lords gegen den Hof aufgetreten war, zog er sich bald nach der
+Prorogation nach dem Haag zurck und empfahl dringend eine unverzgliche
+Landung in England. Er bildete sich ein, es sei eben so leicht, drei
+groe Knigreiche zu berrumpeln, als es ihm lange nachher wurde,
+Barcellona zu nehmen.
+
+
+[_Wilhelm verwirft den Rath._] Wilhelm hrte ihn an, berlegte sich die
+Sache und erwiederte endlich in allgemeinen Ausdrcken, er interessire
+sich sehr fr die englischen Angelegenheiten und werde dieselben scharf
+im Auge behalten.[17] Was aber auch seine Absicht sein mochte, es ist
+nicht anzunehmen, da er einen voreiligen und hitzkpfigen fahrenden
+Ritter zu seinem Vertrauten erwhlt haben wrde. Die beiden Mnner
+hatten nichts mit einander gemein als persnlichen Muth, der bei ihnen
+bis zum fabelhaften Heroismus ging, Mordaunt wollte lediglich die
+Aufregung des Kampfes genieen und die Menschen in Erstaunen setzen,
+Wilhelm hatte bestndig ein erhabenes Ziel vor Augen. Nach diesem Ziele
+trieb ihn eine gewaltige Leidenschaft, die ihn im Gewande einer heiligen
+Pflicht erschien. Auf dieses Ziel steuerte er mit einer Geduld hin, die,
+wie er einmal sagte, der Geduld eines Bootsfhrers glich, den er auf
+einem Kanale gegen eine widrige Strmung hatte ankmpfen sehen, der
+immer wieder zurckgeworfen wurde, aber nicht aufhrte zu rudern und
+zufrieden war, wenn er nach stundenlanger Arbeit um einige Yards
+vorwrts gekommen war.[18] Heldenthaten, die ihn seinem Ziele nicht
+nher brachten, mochten sie in den Augen des groen Haufens noch so
+ruhmvoll sein, waren seiner Ansicht nach kindische Eitelkeiten, aber
+kein Theil der wahren Aufgabe des Lebens.
+
+Er beschlo, Mordaunt's Rath zu verwerfen und es kann keinem Zweifel
+unterliegen, da dies ein weiser Entschlu war. Htte Wilhelm im Jahre
+1686 oder selbst 1687 das versucht, was er 1688 mit so glnzendem
+Erfolge unternahm, so wrden zwar vielleicht auf seinen Ruf viele Whigs
+zu den Waffen gegriffen haben, aber er wrde bald gesehen haben, da die
+Nation noch nicht hinreichend vorbereitet war, um einen bewaffneten
+Befreier aus fremdem Lande willkommen zu heien, und da die Kirche noch
+nicht genugsam gereizt und beleidigt worden war, damit sie den
+Grundsatz, der seit so langer Zeit ihr Losungswort war, schon htte
+vergessen haben knnen. Die alten Kavaliere wrden sich um das
+knigliche Banner geschaart haben und es wrde wahrscheinlich in allen
+drei Knigreichen ein eben so langer und heftiger Brgerkrieg als der
+unter der vorigen Generation ausgebrochen sein. Whrend dieser Krieg auf
+den britischen Inseln wthete, was konnte Ludwig inzwischen nicht Alles
+auf dem Continent versuchen? Und welche Aussichten htte dann Holland
+gehabt, das von seinen Truppen entblt und von seinem Statthalter
+verlassen gewesen wre?
+
+ [Anmerkung 17: +Burnet I. 762.+]
+
+ [Anmerkung 18: +Temple's Memoirs.+]
+
+
+[_Unzufriedenheit in England nach dem Sturze der Hyde._] Wilhelm
+begngte sich daher fr jetzt, Maregeln zu ergreifen, um der mchtigen
+Opposition, deren Oberhaupt er geworden war, Einigkeit und Lebenskraft
+einzuhauchen. Dies war nicht schwer. Der Fall der Hyde hatte durch ganz
+England eine heftige Aufregung und Entrstung hervorgerufen. Man fhlte,
+da es sich jetzt nicht mehr darum handelte, ob der Protestantismus
+herrschen, sondern ob er geduldet werden sollte. An die Stelle des
+Schatzmeisters war eine Commission getreten, deren Oberhaupt ein Papist
+war. Das Geheimsiegel war einem Papisten anvertraut worden und der
+Nachfolger des Lordlieutenants von Irland war ein Mann, der durchaus
+keinen andren Anspruch auf einen so hohen Posten hatte, als da er
+Papist war. Tyrconnel wre der Letzte gewesen, den eine Regierung,
+welcher das allgemeine Wohl des Landes am Herzen lag, nach Dublin als
+Stellvertreter geschickt htte. Seine brutalen Manieren machten ihn
+geradezu unfhig, die Majestt der Krone zu reprsentiren. Sein
+beschrnkter Verstand und sein heftiges Temperament machten ihn
+untauglich, wichtige Staatsgeschfte zu leiten. Sein unvershnlicher Ha
+gegen die Besitzer des greren Theiles des irischen Grund und Bodens
+machte ihn ganz untauglich, gerade dieses Land zu verwalten. Aber die
+Malosigkeit seiner Bigotterie wurde als ein gengender Ersatz fr die
+Malosigkeit seiner anderen Leidenschaften betrachtet und aus Rcksicht
+auf seinen Ha gegen den reformirten Glauben gestattete man ihm, seinem
+Hasse gegen den englischen Namen freien Lauf zu lassen. Dies war also
+der wirkliche Sinn der Achtung Seiner Majestt vor den Rechten der
+berzeugung! Er wollte, da sein Parlament alle den Papisten auferlegte
+Ausschlieungen beseitigte, nur damit _er_ gleich drckende
+Ausschlieungen ber die Protestanten verhngen konnte. Es war klar, da
+unter einem solchen Frsten Glaubensabfall der einzige Weg zur Gre
+sein konnte. Dennoch wagten es nur Wenige, diesen Weg einzuschlagen,
+denn der Geist der Nation war furchtbar aufgeregt, und jeder Renegat
+hatte ein solches Ma von Hohn und Verachtung zu ertragen, da auch die
+verhrtetsten Naturen nicht ganz unempfindlich dagegen bleiben konnten.
+
+
+[_Bekehrungen zum Papismus; Peterborough, Salisbury._] Allerdings hatten
+erst krzlich mehrere bemerkenswerthe bertritte stattgefunden; aber sie
+waren von der Art, da sie der rmischen Kirche wenig Ehre machten. Zwei
+vornehme Mnner hatten sich in ihren Schoo aufnehmen lassen: Heinrich
+Mordaunt, Earl von Peterborough und Jakob Cecil, Earl von Salisbury.
+Aber Peterborough, frher ein thtiger Soldat, Hofmann und Diplomat, war
+jetzt durch Alter und Krankheit gebeugt und wer ihn, auf einen Stock
+gesttzt und in Flanell und Pflaster eingehllt, durch die Gallerien von
+Whitehall hinken sah, trstete sich ber seinen Abfall damit, da er
+seinen Glauben erst gewechselt, nachdem er seine Krper- und
+Geisteskrfte berlebt hatte.[19] Salisbury war sprchwrtlich albern.
+Sein Krper war in Folge sinnlicher Gensse dermaen aufgeschwollen, da
+er sich fast nicht mehr bewegen konnte, und dieser trge Krper war der
+Wohnsitz eines eben so trgen Geistes. In populren Spottliedern war er
+als ein Mensch dargestellt, der dazu geschaffen war, betrogen zu werden,
+als ein Mensch, der bisher die Beute von Spielern gewesen und der eben
+so gut die Beute von Mnchen werden konnte. Ein Pasquill, das zur Zeit
+von Rochester's Rcktritt an die Thr von Salisbury House am Strand
+angeheftet wurde, schildert in starken Ausdrcken das Entsetzen, mit dem
+der weise Robert Cecil, wenn er aus seinem Grabe auferstehen knnte,
+sehen wrde, auf was fr ein Geschpf seine Wrden und Ehren gekommen
+waren.[20]
+
+ [Anmerkung 19: Siehe die beiden Gedichte, betitelt: +The Converts+
+ und +The Delusion+.]
+
+ [Anmerkung 20: Die Verse befinden sich in der +Collection of State
+ Poems+.]
+
+
+[_Wycherley, Tindal, Haines._] Dies waren im Range die hchststehenden
+von Jakob's Proselyten. Auerdem gab es noch Renegaten ganz andrer Art,
+unbemittelte Leute von Talent, die aber keine Grundstze und keine Spur
+von Ehrgefhl besaen. Man hat Grund zu glauben, da Wilhelm Wycherley,
+der zgelloseste und hartherzigste Schriftsteller einer ganz besonders
+zgellosen und hartherzigen Schule, zu diesen gehrte.[21] Gewi ist,
+da Matthus Tindal, der sich spter durch seine Schriften gegen das
+Christenthum einen Namen machte, um diese Zeit in den Schoo der
+alleinseligmachenden Kirche aufgenommen wurde, ein Schritt, den, wie man
+leicht denken kann, die Theologen, mit denen er nachmals polemisirte,
+nicht vergessen hatten.[22] Ein noch ehrloserer Apostat war Joseph
+Haines, dessen Name jetzt so gut wie vergessen ist, der aber damals als
+ein Abenteurer von vielseitiger Begabung, als Gauner, Falschmnzer,
+falscher Zeuge, falscher Brge, Tanzmeister, Possenreier, Dichter
+und Schauspieler wohl bekannt war. Einige von seinen Prologen und
+Epilogen wurden von seinen Zeitgenossen viel bewundert und sein
+Schauspielertalent war allgemein anerkannt. Dieser Mann wurde Katholik,
+ging im Gefolge Castelmaine's mit nach Italien, wurde aber bald wegen
+schlechter Auffhrung wieder entlassen. Wenn man einer Tradition glauben
+darf, die sich lange im Garderobezimmer erhalten hat, so hatte Haines
+die Frechheit zu behaupten, da ihm die Jungfrau Maria erschienen sei
+und ihn zur Bue aufgefordert habe. Nach der Revolution versuchte er es
+sich mit der Stadt durch eine Bue auszushnen, die noch skandalser war
+als sein Vergehen. Eines Abends, ehe er in einer Posse auftrat, erschien
+er in ein weies Betttuch gehllt und mit einer Kerze in der Hand auf
+der Bhne und trug einige gottlose, unanstndige Knittelverse vor, die
+er seinen Widerruf nannte.[23]
+
+ [Anmerkung 21: Die Nachrichten, die wir ber Wycherley haben, sind
+ uerst drftig; zweierlei aber ist gewi: da er sich in seinen
+ spteren Jahren einen Papisten nannte und da er von Jakob Geld
+ erhielt. Ich zweifle kaum daran, da er ein bezahlter Convertit
+ war.]
+
+ [Anmerkung 22: Siehe den Artikel ber ihn in der +Biographia
+ Britannica+.]
+
+ [Anmerkung 23: Siehe Jakob Quin's Bericht ber Haines in +Davies's
+ Miscellanies+; +Tom Brown's Works+; +Lives of Sharpers+; Dryden's
+ Epilog zu der +Secular Masque+.]
+
+
+[_Dryden._] Mit dem Namen Haines wurde in vielen Libellen der Name eines
+berhmteren Renegaten, Johann Dryden's verbunden. Dryden nherte sich
+jetzt dem Abend seines Lebens. Nach vielen Erfolgen und vielen
+Enttuschungen hatte er endlich mit allgemeiner Zustimmung die erste
+Stelle unter den lebenden Dichtern Englands erhalten. Er hatte grere
+Ansprche auf den Dank Jakob's als irgend ein andrer Schriftsteller des
+Knigreichs. Doch Jakob war an Versen wenig, sehr viel aber am Gelde
+gelegen. Vom Tage seiner Thronbesteigung an bemhte er sich kleine
+Ersparnisse zu machen, welche einer Regierung den Vorwurf der Knauserei
+zuziehen, ohne die Finanzlast merklich zu erleichten. Zu den Opfern
+seiner unverstndigen Sparsamkeit gehrte auch der +Poeta Laureatus+. Es
+wurde Befehl gegeben, da in dem neuen Diplom, welches durch die
+Erledigung der Krone nthig geworden war, das jhrlich gespendete Fa
+Sect, das ursprnglich Jonson bewilligt und auch dessen Nachfolgern
+zugestanden worden war, weggelassen werden sollte.[24] Dies war die
+einzige Notiz, welche der Knig im ersten Jahre seiner Regierung von dem
+gewaltigen Satiriker zu nehmen geruhte, der im kritischesten Augenblicke
+des groen Kampfes wegen der Ausschlieungsbill in den Reihen der Whigs
+Schrecken verbreitet hatte. Dryden war arm und seine Armuth drckte ihn
+nieder. Von Religion wute er wenig und kmmerte sich auch nicht darum.
+Wenn irgend ein Gefhl tief in seiner Brust wurzelte, so war es der
+Widerwille gegen die Priester jeden Glaubens, gegen Leviten, Auguren,
+Muftis, rmisch-katholische Geistliche, presbyterianische und
+anglikanische Geistliche. Er war von Natur kein hochherziger Mann, und
+seine Bestrebungen waren nicht von der Art, da sie seinem Sinne hhere
+Wrde und greres Zartgefhl verleihen konnten. Er hatte viele Jahre
+lang sich seinen Unterhalt dadurch erworben, da er dem verderbten
+Geschmacke des Publikums diente und reichen, adeligen Gnnern auf die
+plumpste Manier schmeichelte. Selbstachtung und ein feines
+Schicklichkeitsgefhl konnte man von einem Manne, der das Leben eines
+Bettlers und Speichelleckers gefhrt hatte, nicht erwarten. Da er die
+Bemerkung machte, da seine Dienste unbeachtet bleiben wrden, wenn er
+fortfhre sich einen Protestanten zu nennen, so erklrte er sich zum
+Papisten. Augenblicklich lie die Knauserei des Knigs nach. Dryden
+wurde mit einem Jahrgelde von hundert Pfund belohnt und dazu verwendet,
+seine neue Religion in Prosa und in Versen zu vertheidigen.
+
+Zwei ausgezeichnete Mnner, Samuel Johnson und Walter Scott, haben ihr
+Mglichstes gethan, um sich selbst und Andere zu berreden, da dieser
+denkwrdige Glaubenswechsel aufrichtig war. Es war natrlich, da sie
+einen Schandfleck von dem Gedchtnisse eines Mannes verwischen
+wollten, dessen Genie sie mit Recht bewunderten und mit dessen
+politischen Ansichten sie stark sympathisirten; der unparteiische
+Geschichtsschreiber aber mu ein ganz andres Urtheil aussprechen. Es
+wird jederzeit starker Zweifel gegen die Aufrichtigkeit einer Bekehrung
+erhoben werden, durch welche der Bekehrte unmittelbar gewinnt. Und in
+Dryden's Falle ist nichts vorhanden, was diesen Zweifel entkrften
+konnte. Seine theologischen Schriften beweisen zur Genge, da er sich
+nie fleiig und ernstlich bemht hat, die Wahrheit zu ergrnden, und da
+seine Kenntni der Kirche, die er verlie, wie auch der, zu der er
+bertrat, hchst oberflchlich war. Eben so wenig benahm er sich in der
+Folge wie ein Mann, den ein starkes Pflichtgefhl zu einem Schritte von
+so hochwichtiger Bedeutung bewogen hatte. Wre er ein solcher Mann
+gewesen, so wrde die nmliche berzeugung, die ihn in den Schoo der
+rmischen Kirche gefhrt hatte, ihn abgehalten haben, allgemeine Regeln,
+welche diese Kirche in bereinstimmung mit jeder andren christlichen
+Gemeinschaft als bindend anerkennt, grblich und gewohnheitsmig zu
+verletzen. Es wrde ein merklicher Unterschied zwischen seinen frheren
+und seinen spteren Werken zu erkennen gewesen sein; er wrde mit Reue
+auf seine fast dreiigjhrige literarische Laufbahn zurckgeblickt
+haben, whrend welcher er seine seltenen Talente fr die Diction und den
+Versbau systematisch zur Verbreitung der Sittenverderbni angewendet
+hatte. Nicht eine Zeile, welche darauf hinzielte, die Tugend verchtlich
+zu machen und unreine Begierden zu entznden, wrde von diesem
+Augenblicke an mehr aus seiner Feder geflossen sein. Leider aber ist es
+nur zu wahr, da die Dramen, welche er nach seiner angeblichen Bekehrung
+schrieb, in keiner Hinsicht weniger unrein und profan sind, als die
+seiner Jugend. Selbst in seinen bersetzungen wich er bestndig von den
+Originalen ab, um Bilder aufzusuchen, die er htte bergehen mssen,
+wenn er sie in den Originalen gefunden htte. Das Schlechte wurde durch
+seine bertragungen noch schlechter, und das Unschuldige wurde durch die
+Berhrung mit seinem Geiste befleckt. Er machte die derbsten Satiren
+Juvenal's noch derber, schob in die Erzhlungen Boccacio's schlpfrige
+Schilderungen ein und befleckte die liebliche und reine Poesie der
+Georgica mit Schmutz, der Vergil's Ekel erregt haben wrde.
+
+Dryden's Beistand war denjenigen rmisch-katholischen Theologen
+willkommen, welche gegen die ausgezeichnetsten Mnner der Staatskirche
+mit Mhe einen Kampf unterhielten. Sie konnten es sich nicht verhehlen,
+da ihr durch auslndische, in Rom oder Douay aufgelesene Ausdrcke
+entstellter Styl der Beredtsamkeit eines Tillotson und Sherlock
+gegenber eben in keinem vortheilhaften Lichte erschien. Man glaubte es
+nicht gering anschlagen zu drfen, da man die Mitwirkung des grten
+lebenden Meisters der englischen Sprache gewonnen hatte. Der erste
+Dienst, der von ihm zum Dank fr die bewilligte Pension verlangt wurde,
+war eine in Prosa geschriebene Vertheidigung seiner Kirche gegen
+Stillingfleet. Aber einem Manne, der nichts zu sagen wei, hilft das
+Talent, Alles gut sagen zu knnen, nichts, und in diesem Falle befand
+sich Dryden. Er sah bald ein, da er einem Gegner, dessen ganzes Leben
+ein langes Studium der Polemik gewesen, nicht gewachsen war. Der
+langgediente Gladiator entwaffnete den Neuling, versetzte ihm mit
+Verachtung einige Hiebe und wendete sich dann von ihm ab, um
+achtunggebietenderen Kmpfern entgegenzutreten.
+
+ [Anmerkung 24: Diese Thatsache, welche den genauen Forschungen
+ Malone's entging, ergiebt sich aus dem Briefbuche des Schatzamts
+ von 1685.]
+
+
+[_+The Hind and Panther.+_] Jetzt griff Dryden zu einer Waffe, in der
+er schwerlich einen ebenbrtigen Gegner zu frchten hatte. Er zog sich
+auf einige Zeit von dem Gerusch der Kaffeehuser und Theater in einen
+ruhigen Winkel von Huntingdonshire zurck und schrieb dort mit
+ungewohnter Sorgfalt und Anstrengung sein berhmtes Gedicht ber die
+zwischen der rmischen und anglikanischen Kirche obschwebenden
+Streitpunkte. Die rmische Kirche ist darin bildlich als eine milchweie
+Hindin dargestellt, die bestndig in Lebensgefahr schwebt, aber dazu
+bestimmt ist, nicht zu sterben. Die Thiere des Feldes sannen auf ihr
+Verderben. Der zitternde (+quaking+) Hase beobachtete eine furchtsame
+Neutralitt, aber der socinianische Fuchs, der presbyterianische Wolf,
+der independente Br und der anabaptistische Eber schossen hmische
+Blicke auf das makellose Geschpf. Unter dem Schutze ihres Freundes, des
+kniglichen Lwen, konnte sie es indessen wagen, mit ihnen aus der
+nmlichen Quelle zu trinken. Die anglikanische Kirche war als Panther
+dargestellt, der zwar Flecken hat, aber schn, fr ein Raubthier nur zu
+schn ist. Hindin und Panther, von der blutdrstigen Bevlkerung des
+Waldes in gleichem Grade gehat, beriethen sich im Stillen ber ihre
+gemeinsame Gefahr. Dann gingen sie zur Discussion der Punkte ber, in
+denen sie verschiedener Ansicht waren, und hielten, mit dem Schwanze
+wedelnd und sich den Bart leckend, ein langes Zwiegesprch ber die
+wirkliche Anwesenheit Christi beim Abendmahl, ber die Autoritt der
+Ppste und Concilien, ber die Strafgesetze, die Testacte, die Meineide
+des Oates, Buttler's schlecht belohnte Dienste fr die Kavalierpartei,
+Stillingfleet's Pamphlets und Burnet's breiten Rcken und glckliche
+Heirathsspekulationen.
+
+Das Unpassende dieses Planes springt in die Augen. Die Allegorie konnte
+in der That nicht zehn Zeilen hintereinander ununterbrochen beibehalten
+werden. Keine noch so kunstvolle Ausfhrung konnte die Fehler eines
+solchen Planes verdecken. Dessenungeachtet ist die Fabel von der Hindin
+und dem Panther unbestreitbar der werthvollste Beitrag zu der englischen
+Literatur aus der kurzen und unruhigen Regierungszeit Jakob'sII. In
+keinem andren Werke Dryden's finden sich ergreifendere und erhabenere
+Stellen, eine grere Biegsamkeit und Kraft der Sprache und ein
+lieblicherer und abwechselnderer Wohllaut.
+
+Das Gedicht erschien mit allen Vortheilen ausgestattet, welche
+knigliche Gunst gewhren konnte. Eine Prachtausgabe fr Schottland
+wurde in der in Holyrood House errichteten Officin gedruckt. Aber die
+Leute waren nicht in der Stimmung, um sich von dem durchsichtigen Style
+und den melodischen Reimen des Apostaten bezaubern zu lassen. Der durch
+seine Feilheit erregte Unwille, die durch die Politik, deren Lobhudler
+er war, hervorgerufene Besorgni lieen sich nicht in Schlaf singen. Die
+gerechte Entrstung des Publikums wurde von Vielen, die den Stachel
+seines Spotts gefhlt, und von Vielen, die seinen Ruhm beneideten,
+angeschrt. Trotz aller Beschrnkungen, denen die Presse unterlag,
+erschienen tglich Angriffe auf sein Leben und seine Schriften. Bald
+hie er Bayes, bald der Dichter Squab. Man erinnerte ihn daran, da er
+in seiner Jugend dem Hause Cromwell in der nmlichen knechtischen Weise
+den Hof gemacht, wie jetzt dem Hause Stuart. Ein Theil seiner Gegner
+druckte boshafterweise die sarkastischen Verse wieder ab, die er zu
+einer Zeit, wo es ihm nichts eingebracht haben wrde, wenn er Papist
+geworden wre, gegen den Papismus geschrieben hatte. Von den vielen
+satirischen Arbeiten, welche bei dieser Gelegenheit erschienen, war die
+gelungenste das gemeinsame Werk zweier junger Mnner, welche krzlich
+ihre Studien in Cambridge vollendet hatten und als vielversprechende
+Anfnger in den literarischen Kaffeehusern Londons begrt worden
+waren: Karl Montague und Matthus Prior. Montague war von adeliger
+Abkunft, Prior's Ursprung aber war so dunkel, da kein Biograph im
+Stande gewesen ist, demselben auf die Spur zu kommen. Beide Abenteurer
+waren arm und strebsam. Beide hatten einen scharfen Verstand und einen
+lebendigen Geist, Beide schwangen sich spter hoch empor. Beide
+verbanden in nicht gewhnlichem Grade mit der Liebe zu den
+Wissenschaften Geschicklichkeit in denjenigen Gebieten des praktischen
+Lebens, gegen welche die Schngeister in der Regel einen entschiedenen
+Widerwillen haben. Von den funfzig Dichtern, deren Lebenslauf Johnson
+geschildert hat, waren Montague und Prior die beiden einzigen, die sich
+durch eine grndliche Kenntni des Handels und des Finanzwesens
+auszeichneten. Ihre Wege gingen bald weit auseinander, und ihre
+Jugendfreundschaft lste sich auf. Einer von ihnen wurde das Haupt der
+Whigpartei und wurde von den Tories angeklagt; der Andre wurde in alle
+Geheimnisse der toryistischen Diplomatie eingeweiht und von den Whigs
+lange in strenger Haft gehalten. Endlich wurden die so lange getrennt
+gewesenen Freunde nach vielen ereignivollen Jahren in der
+Westminster-Abtei wieder mit einander vereinigt.
+
+
+[_nderung in dem Verfahren des Hofes gegen die Puritaner._] Wer die
+Fabel von der Hindin und dem Panther aufmerksam gelesen hat, mu bemerkt
+haben, da whrend der Bearbeitung dieses Werks in den Ansichten Derer,
+welche Dryden als Dolmetscher benutzten, eine groe Vernderung vorging.
+Anfangs wird von der anglikanischen Kirche mit Liebe und Achtung
+gesprochen und sie wird ermahnt, sich mit der rmisch-katholischen gegen
+die puritanischen Secten zu verbinden; am Schlusse des Gedichts aber und
+in der Vorrede, welche nach Vollendung des Ganzen geschrieben wurde,
+werden die protestantischen Dissenters aufgefordert, mit den Katholiken
+gemeinschaftliche Sache gegen die anglikanische Kirche zu machen.
+
+Dieser Umschlag in der Sprache des Hofpoeten deutete auf einen groen
+Umschlag in der Politik des Hofes hin. Der ursprngliche Zweck Jakob's
+war gewesen, nicht allein vollstndige Befreiung von allen Strafen und
+brgerlichen Ausschlieungen, sondern auch einen groen Antheil an den
+kirchlichen und akademischen Stiftungen fr seine Kirche zu erlangen und
+zu gleicher Zeit die Gesetze gegen die puritanischen Secten mit Strenge
+auszuben. Alle von ihm gewhrten besonderen Dispensationen waren
+rmischen Katholiken gewhrt worden. Alle Gesetze, welche auf den
+Presbyterianern, Independenten und Baptisten am schwersten lasteten,
+hatte er eine Zeit lang mit aller Strenge durchgefhrt. Whrend Hales
+ein Regiment commandirte, whrend Powis im Geheimen Rathe sa, whrend
+Massey eine Dechanei bekleidete, whrend in Oxford mit kniglicher
+Genehmigung Breviarien und Mebcher gedruckt wurden, whrend in London
+die Hostie unter dem Schutze der Piken und Musketen der Fugarde
+ffentlich ausgestellt wurde, whrend Ordensbrder und Mnche in ihren
+Kutten in den Straen von London einhergingen, sa Baxter im Gefngni,
+war Howe in der Verbannung, standen die Fnfmeilenacte und die
+Conventikelacte in voller Kraft, muten die puritanischen Schriftsteller
+zur auslndischen oder geheimen Pressen ihre Zuflucht nehmen, konnten
+puritanische Gemeinden sich nur des Nachts oder in abgelegenen Einden
+versammeln, muten puritanische Geistliche in Kohlengrber- oder
+Matrosenverkleidung predigen. In Schottland hatte der Knig neue Gesetze
+von beispielloser Hrte gegen die Presbyterianer von den Stnden
+verlangt und erhalten, whrend er keine Anstrengung sparte, ihnen jede
+Erleichterung fr die Katholiken abzupressen. Sein Verfahren gegen die
+verbannten Hugenotten hatte seine Gesinnungen nicht minder deutlich
+verrathen. Wir haben gesehen, wie er, als die ffentliche Mildthtigkeit
+eine groe Summe zur Untersttzung dieser Unglcklichen in seine Hnde
+gelegt, allen Gesetzen der Gastfreundschaft und der Rechtschaffenheit
+zum Hohn von ihnen verlangte, da sie dem calvinistischen Ritual, dem
+sie mit groer Liebe anhingen, entsagen und sich der anglikanischen
+Kirche anschlieen mten, ehe er ihnen das Geringste von den seiner
+Verwaltung anvertrauten Gaben spenden knnte.
+
+Dies war seine Politik gewesen, so lange er noch einigermaen hoffen
+konnte, da die anglikanische Kirche einwilligen werde, die Herrschaft
+mit der rmischen Kirche zu theilen. Einmal stieg diese Hoffnung zur
+festen berzeugung. Die Begeisterung, mit der die Tories seinen
+Regierungsantritt begrt hatten, die Wahlen, die demthige Sprache und
+die reichen Geldbewilligungen seines Parlaments, die Unterdrckung des
+Aufstandes im Westen, die vllige Vernichtung der Partei, die ihn vom
+Throne hatte ausschlieen wollen, dies Alles steigerte seine Zuversicht
+bis ber die Grenzen der Vernunft. Er glaubte fest, da seiner Macht und
+seiner Entschlossenheit jedes Hinderni weichen werde. Sein Parlament
+leistete ihm Widerstand. Er versuchte die Wirkung von ungndigen Blicken
+und Drohungen, und da er mit diesen nichts erreichte, versuchte er es
+mit der Prorogation. Aber von dem Augenblicke der Prorogation an wurde
+der Widerstand gegen seine Plne immer strker und strker. Es schien
+klar, da, wenn er seinen Willen durchsetzen wollte, er ihn im
+Widerspruch mit der groen Partei durchsetzen mute, die seinem Throne,
+seinem Hause und seiner Person so glnzende Beweise von Treue gegeben
+hatte. Die ganze anglikanische Geistlichkeit, die ganze Kavaliergentry
+war gegen ihn. Vergebens hatte er kraft seines kirchlichen Supremats dem
+Klerus anbefohlen, sich jeder Errterung von Streitpunkten zu enthalten.
+Jede Gemeinde der Nation wurde allsonntglich gegen die Irrthmer Roms
+gewarnt, und diese Warnungen waren um so wirksamer, weil sie stets mit
+Versicherungen der Ehrerbietung gegen den Knig und des Entschlusses,
+Alles mit Geduld zu ertragen, was ihm zu verhngen belieben werde,
+verbunden waren. Die royalistischen Ritter und Squires, welche durch
+fnfundvierzig Jahre des Kriegs und der Parteiwuth dem Throne mannhaft
+zur Seite gestanden hatten, sprachen jetzt in sehr nachdrcklichen
+Worten den Entschlu aus, da sie eben so mannhaft zur Kirche halten
+wrden. Trotz seines beschrnkten Verstandes und seines despotischen
+Characters sah Jakob nun doch ein, da er sein Verfahren ndern msse.
+Er konnte es ohne Gefahr nicht wagen, alle seine protestantischen
+Unterthanen zugleich zu beleidigen. Wenn er es ber sich gewinnen
+konnte, der Partei, welche in beiden Husern das bergewicht hatte,
+Zugestndnisse zu machen, wenn er sich entschlieen konnte, der
+Staatskirche alle ihre Wrden, Einknfte und Privilegien zu lassen, so
+mochte er auch fernerhin presbyterianische Versammlungen verbieten und
+die Gefngnisse mit baptistischen Predigern fllen. Blieb er aber dabei,
+die Hierarchie zu plndern, so mute er sich entschlieen, dem
+Vergngen, die Dissenters zu verfolgen, zu entsagen. Wollte er von nun
+an mit seinen alten Freunden in Fehde leben, so mute er mit seinen
+alten Feinden einen Waffenstillstand schlieen. Er konnte die
+anglikanische Kirche nur dadurch bezwingen, da er eine umfassende
+Coalition gegen sie bildete, welche Secten in sich schlo, die zwar in
+Lehre und Verfassung von einander selbst viel strker abwichen als von
+ihr, aber doch durch ihre gemeinsame Eifersucht auf ihre Gre und durch
+die gemeinsame Furcht vor ihrer Unduldsamkeit bewogen werden konnten,
+ihre Feindseligkeiten so lange ruhen zu lassen, bis jene Kirche die
+Macht verloren hatte, sie zu tyrannisiren.
+
+Ein Grund schien besonders fr diesen Plan zu sprechen. Wenn es ihm nur
+gelang, die protestantischen Nonconformisten zu gewinnen, so durfte er
+sich mit der Hoffnung schmeicheln, vor jeder Rebellion sicher zu sein.
+Nach der Ansicht der anglikanischen Geistlichen konnte keine Krnkung
+irgend welcher Art einen Unterthanen berechtigen, den Gesalbten des
+Herrn gewaltsamen Widerstand zu leisten. Die Theorie der puritanischen
+Sectirer lautete ganz anders. Diese Sectirer trugen kein Bedenken,
+Tyrannen mit dem Schwerte Gideon's zu Boden zu schlagen, und manche von
+ihnen scheuten sich auch nicht, den Dolch Ehud's zu gebrauchen.
+Wahrscheinlich sannen sie eben jetzt wieder auf einen neuen westlichen
+Aufstand oder auf ein neues Ryehousecomplot. Jakob glaubte daher, da er
+getrost die Staatskirche verfolgen knnte, wenn es ihm nur gelang, die
+Dissenters zu gewinnen. Die Partei, deren Grundstze ihm keine
+Sicherheit gewhrten, war dann durch das Interesse an ihn gefesselt, und
+die Partei, deren Interessen er angriff, erregte aus Grundsatz keinen
+Aufruhr.
+
+Unter dem Einflusse solcher Erwgungen begann Jakob von dem Augenblicke
+an, als er sich zornig von seinem Parlament trennte, auf eine Coalition
+aller katholischen wie protestantischen Nonconformisten gegen die
+Landeskirche zu denken. Schon um Weihnachten 1685 meldeten die Gesandten
+der Vereinigten Provinzen den Generalstaaten, da der Plan einer
+allgemeinen Duldung entworfen sei und bald ans Licht treten werde.[25]
+Indessen erwiesen sich die Nachrichten, welche der hollndischen
+Gesandtschaft zugekommen waren, als verfrht. Die Separatisten scheinen
+jedoch im Jahre 1686 schon viel milder behandelt worden zu sein, als
+whrend des Jahres 1685. Aber nur ganz allmlig und nach vielen inneren
+Kmpfen vermochte es der Knig ber sich, mit Allem, was er am meisten
+verabscheute, ein Bndni zu schlieen. Er hatte einen nicht
+oberflchlichen und launenhaften, nicht erst krzlich entstandenen oder
+rasch aufgeschossenen, sondern in seiner Familie erblichen Groll zu
+berwinden, welcher durch groe, whrend hundertzwanzig ereignivoller
+Jahre zugefgte und erlittene Unbilden verstrkt worden und mit allen
+seinen religisen und politischen, huslichen und persnlichen Gefhlen
+verwachsen war. Vier Generationen von Stuarts hatten mit vier
+Generationen von Puritanern einen Krieg auf Leben und Tod gefhrt, und
+whrend dieses ganzen langen Krieges hatte kein Stuart die Puritaner so
+stark gehat, und war so stark von ihnen gehat worden, als er. Sie
+hatten es versucht, seine Ehre zu untergraben und ihn seines
+Geburtsrechts zu berauben; sie hatten ihn einen Brandstifter, einen
+Kehlabschneider und einen Giftmischer genannt; sie hatten ihn aus der
+Admiralitt und aus dem Staatsrathe verdrngt; sie hatten ihn zu
+wiederholten Malen in die Verbannung getrieben, sie hatten einen
+Mordanschlag auf ihn gemacht, und sie hatten sich zu Tausenden mit
+bewaffneter Hand gegen ihn erhoben. Dafr hatte er sich an ihnen durch
+ein Gemetzel gercht, wie es England noch nie gesehen. Ihre Kpfe und
+Glieder verwesten noch auf Pfhlen auf allen ffentlichen Pltzen von
+Somersetshire und Dorsetshire. Bejahrte Frauen, die wegen ihrer
+Frmmigkeit und Mildthtigkeit von den Sectirern in hohen Ehren gehalten
+wurden, waren um geringfgiger Vergehen willen, die kein guter Frst nur
+eines strengen Verweises werth gehalten haben wrde, enthauptet oder
+lebendig verbrannt worden. In einem solchen Verhltnisse hatte selbst in
+England der Knig zu den Puritanern gestanden, und in Schottland hatte
+die Tyrannei des Knigs und die Wuth der Puritaner einen Grad erreicht,
+von dem sich die Englnder kaum einen Begriff machen konnten. Einen so
+langjhrigen und so tdtlichen Ha zu vergessen, war fr einen ganz
+besonders harten und unvershnlichen Character keine leichte Aufgabe.
+
+Der Kampf, der im Innern des Knigs stattfand, entging dem Blicke
+Barillon's nicht. Ende Januar 1687 schrieb er einen interessanten Brief
+nach Versailles. Der Knig -- dies war der wesentliche Inhalt des
+Schreibens -- habe sich so ziemlich berzeugt, da er nicht vllige
+Freiheit fr die rmischen Katholiken erlangen und dabei doch die
+Gesetze gegen die protestantischen Dissenters aufrecht erhalten knne.
+Er neige sich daher zu einem Plane allgemeiner Indulgenz hin, im Herzen
+aber wrde es ihm weit lieber sein, wenn er auch jetzt noch seinen
+Schutz und seine Gunst zwischen der rmischen und der anglikanischen
+Kirche, mit Ausschlu aller anderen religisen berzeugungen, theilen
+knnte.[26]
+
+ [Anmerkung 25: Leeuwen, 25. Dec. (4. Jan.) 1685/6.]
+
+ [Anmerkung 26: Barillon, 31. Jan. (10. Febr.) 1686/7. +Je crois
+ que, dans le fond, si on ne pouvoit laisser que la religion
+ Anglicane et la Catholique tablies par les loix, le Roy
+ d'Angleterre en seroit bien plus content.+]
+
+
+[_In Schottland theilweise Duldung gewhrt._] Wenige Tage nach dem
+Abgang dieser Depesche that Jakob zgernd und widerstrebend den ersten
+Schritt zur Annherung an die Puritaner. Er hatte sich entschlossen, mit
+Schottland zu beginnen, wo seine Befugni, von Parlamentsacten zu
+dispensiren, von den willfhrigen Stnden anerkannt war. Demgem wurde
+am 12. Februar in Edinburg eine Proklamation erlassen, welche
+ngstlichen Gewissen eine Erleichterung gewhrte.[27] Diese Proklamation
+beweist vollkommen die Richtigkeit von Barillon's Urtheil. Selbst in der
+Acte, durch die er den Presbyterianern Zugestndnisse machte, konnte
+Jakob seinen Widerwillen gegen sie nicht verhehlen. Die den Katholiken
+gewhrte Duldung war vollkommen. Auch die Quker hatten wenig Ursache
+sich zu beklagen. Aber die den Presbyterianern, welche die Hauptmasse
+des schottischen Volks bildeten, bewilligte Indulgenz war durch
+Bedingungen beschrnkt, die sie fast werthlos machten. An die Stelle des
+bisherigen Religionseides, der sowohl Katholiken als Presbyterianer von
+Staatsmtern ausschlo, war ein neuer Religionseid gesetzt, der die
+Katholiken zulie, aber die meisten Presbyterianer ausschlo. Den
+Katholiken war es erlaubt, Kapellen zu erbauen und sogar die Hostie
+berall, mit Ausnahme der Straen in kniglichen Burgflecken, in
+Prozession umherzutragen; den Qukern war es gestattet, sich in
+ffentlichen Gebuden zu versammeln; die Presbyterianer aber durften nur
+in Privatwohnungen Gottesdienst halten; es war ihnen streng verboten,
+Bethuser zu bauen, sie durften nicht einmal eine Scheune oder ein
+Nebenhaus zu Andachtsbungen benutzen, und es ward ihnen nachdrcklich
+eingeschrft, da, wenn sie es wagten, Conventikel unter freiem Himmel
+zu hatten, das Gesetz, welches sowohl den Predigern als den Zuhrern mit
+dem Tode drohte, mit schonungsloser Strenge angewendet werden sollte.
+Jeder katholische Priester durfte Messe lesen, jeder Quker durfte vor
+seinen Glaubensbrdern Reden halten; aber der Geheime Rath war
+angewiesen, darber zu wachen, da kein presbyterianischer Geistlicher
+sich unterfange, ohne specielle Erlaubni der Regierung zu predigen.
+Jede Zeile dieses Dokuments und der dasselbe begleitenden Briefe
+beweist, wie schwer es dem Knige wurde, nur einigermaen die Hrte zu
+mildern, mit der er die alten Feinde seines Hauses von jeher behandelt
+hatte.[28]
+
+Man hat wirklich Grund zu glauben, da er bei Verffentlichung dieser
+Proklamation noch keineswegs zu einer Coalition mit den Puritanern fest
+entschlossen war und da er ihnen zuvrderst nur eben so viele
+Begnstigungen gewhren wollte, als durchaus nthig waren, um die
+Anhnger der Landeskirche durch Einschchterung zum Gehorsam zu bringen.
+Er wartete daher einen Monat, um zu sehen, welchen Eindruck das in
+Edinburg erlassene Edict in England machen werde. Diesen Monat
+verwendete er auf Petre's Rath eifrig zu dem, was man +closeting+[29]
+nannte.
+
+ [Anmerkung 27: Sie ist zu finden im Anfange zu Wodrow II. 129.]
+
+ [Anmerkung 28: +Wodrow, Appendix, vol. II. Nos. 128, 129, 132.+]
+
+ [Anmerkung 29: Persnliche Bearbeitung Einzelner im Privatkabinet
+ des Knigs. D. bers.]
+
+
+[_Persnliche Bearbeitung Einzelner im kniglichen Kabinet._] London war
+voll von geeigneten Persnlichkeiten. Man erwartete die baldige
+Zusammenberufung des Parlaments zur Erledigung von Geschften, und viele
+Mitglieder waren bereits in der Stadt. Der Knig nahm sich vor, sie Mann
+fr Mann zu werben. Er hoffte, da die eifrigen Tories -- und aus
+solchen bestand das Unterhaus mit wenigen Ausnahmen -- seinen dringenden
+Bitten schwer wrden widerstehen knnen, wenn er dieselben nicht an die
+Gesammtheit, sondern an jeden Einzelnen, und nicht vom Thronsessel
+herab, sondern im vertraulichen Gesprch an sie richtete. Die
+Mitglieder, welche nach Whitehall kamen, um ihre Aufwartung zu machen,
+wurden demnach auf die Seite genommen und mit langen Privatunterredungen
+beehrt. Der Knig drang in sie, da sie, als loyale Gentlemen, ihm nur
+in dem einem Punkte, der ihm mehr als alles Andre am Herzen liege, den
+Willen thun mchten. Er meinte, die Sache berhre seine persnliche
+Ehre. Die unter der vorigen Regierung von factisen Parlamenten gegen
+die Katholiken erlassenen Verordnungen seien lediglich gegen ihn selbst
+gerichtet gewesen; diese Gesetze htten ihm ein Brandmal aufgedrckt,
+ihn aus der Admiralitt und aus dem Staatsrathe vertrieben, und er sei
+berechtigt, zu erwarten, da Alle, die ihn liebten und ehrten, sich zur
+Abschaffung jener Gesetze vereinigen wrden. Sah er, da seine Zuhrer
+gegen diese Ermahnungen taub blieben, so nahm er seine Zuflucht zu
+Drohungen und Bestechungen. Denjenigen, die sich weigerten, ihm in
+dieser Angelegenheit zu Willen zu sein, wurde geradezu gesagt, da sie
+keine Gunstbezeigung zu erwarten htten. Trotz seiner Knauserei ffnete
+und vertheilte er seine Schtze. Mehrere von Denen, die zu einer
+Conferenz mit ihm eingeladen worden waren, nahmen aus seinem
+Schlafzimmer Geld mit fort, das sie aus kniglicher Hand empfangen
+hatten. Die Richter, die sich gerade auf ihrer Frhjahrsrundreise
+befanden, erhielten Befehl vom Knige, die noch in der Provinz
+zurckgebliebenen Mitglieder zu besuchen und die Gesinnungen jedes
+Einzelnen zu erforschen.
+
+
+[_Erfolglosigkeit der persnlichen Bearbeitung._] Das Resultat aller
+dieser Nachforschungen war, da die groe Majoritt des Hauses der
+Gemeinen entschlossen zu sein schien, sich den Maregeln des Hofes zu
+widersetzen.[30] Einer von Denjenigen, deren Festigkeit allgemeine
+Bewunderung erregten, war Arthur Herbert, der Bruder des Oberrichters,
+Parlamentsmitglied fr Dover, Kammerherr und Contreadmiral von England.
+
+ [Anmerkung 30: Barillon, 28. Febr. (10. Mrz) 1686/7; Citters,
+ 15.(25.) Febr.; +Reresby's Memoirs+; Bonrepaux, 25. Mai (4. Juni)
+ 1687.]
+
+
+[_Admiral Herbert._] Arthur Herbert war bei den Seeleuten sehr beliebt
+und galt fr einen der tchtigsten adeligen Marineoffiziere. Man hatte
+allgemein vermuthet, da er sich den Wnschen des Knigs bereitwillig
+fgen werde, denn er fragte wenig nach der Religion, war
+vergngungslustig und verschwenderisch, hatte kein Privatvermgen, bezog
+aus seinen Stellen ein jhrliches Einkommen von viertausend Pfund und
+wurde seit langer Zeit zu den ergebensten persnlichen Anhngern Jakob's
+gerechnet. Als aber der Contreadmiral im Privatkabinet vorgenommen und
+das Versprechen von ihm verlangt wurde, da er fr die Aufhebung der
+Testacte stimmen wolle, antwortete er, seine Ehre und sein Gewissen
+erlaubten ihm nicht, ein solches Versprechen zu geben. Niemand zweifelt
+an Ihrer Ehre, sagte der Knig, aber ein Mann, der so lebt wie Sie,
+sollte nicht von seinem Gewissen sprechen. Auf diesen Vorwurf, einen
+Vorwurf, der dem Geliebten der Katharine Sedley bel anstand, erwiederte
+Herbert mit mnnlicher Offenheit: Ich habe meine Fehler, Sire, aber ich
+knnte Leute nennen, welche viel hufiger von ihrem Gewissen sprechen
+als ich und dabei ein eben so lockeres Leben fhren. Er wurde aller
+seiner Stellen entsetzt und die Rechnung ber seine Ausgaben und
+Einnahmen als Kammerherr wurden mit groer und, wie er klagte,
+ungerechter Strenge geprft.[31]
+
+Es war jetzt augenscheinlich, da jede Hoffnung auf ein Bndnis zwischen
+der anglikanischen und rmischen Kirche zu dem Zwecke, die mter und
+Einnahmen unter sich zu theilen und die puritanischen Secten zu
+unterdrcken, aufgegeben werden mute. Es blieb weiter nichts brig, als
+der Versuch, eine Koalition zwischen der rmischen Kirche und den
+puritanischen Secten gegen die anglikanische Kirche zu Stande zu
+bringen.
+
+ [Anmerkung 31: Barillon, 14.(24.) Mrz 1687; Lord Russell an +Dr.+
+ Fitzwilliam, 1. April; +Burnet I. 671, 672+. In +Clarke's Life of
+ James the Second, II. 204+ ist die Unterredung etwas anders
+ erzhlt. Diese Stelle aber ist kein Theil der eigenen Memoiren des
+ Knigs.]
+
+
+[_Die Indulgenzerklrung._] Am 18. Mrz kndigte der Knig dem Geheimen
+Rathe an, da er beschlossen habe, das Parlament bis Ende November zu
+prorogiren und allen seinen Unterthanen aus eigner Machtvollkommenheit
+vllige Gewissensfreiheit zu gewhren.[32] Am 4. April erschien die
+denkwrdige Indulgenzerklrung.
+
+In dieser Erklrung sagte der Knig, es sei sein innigster Wunsch, seine
+Unterthanen als Mitglieder derjenigen Kirche zu sehen, der er selbst
+angehre. Da dies aber nicht sein knne, erklre er, da es seine
+Absicht sei, sie in der freien Ausbung ihrer Religion zu schtzen. Er
+wiederholte alle die schnen Redensarten, welche acht Jahre frher, als
+er selbst ein Unterdrckter war, so oft aus seinem Munde kamen, die er
+aber nicht mehr gebrauchte, seitdem ein Wechsel des Glcks ihm die Macht
+verliehen hatte, selbst ein Unterdrcker zu werden. Er sei schon lngst
+berzeugt, sagte er, da man dem Gewissen keinen Zwang anthun drfe, da
+Verfolgungen der Zunahme der Bevlkerung und dem Handel nachtheilig
+seien und nie zu dem Zwecke fhrten, den die Verfolger erreichen
+wollten. Er wiederholte das schon oft gegebene und eben so oft
+gebrochene Versprechen, da er die Staatskirche im Genusse ihrer
+gesetzlichen Rechte schtzen wolle. Hierauf erklrte er, ebenfalls aus
+eigner Machtvollkommenheit, eine lange Reihe von Gesetzen fr null und
+nichtig, hob alle Strafbestimmungen gegen alle Klassen von
+Nonconformisten auf, ermchtigte die rmischen Katholiken wie auch die
+protestantischen Dissenters, ihren Gottesdienst ffentlich zu halten,
+verbot seinen Unterthanen bei Strafe seines allerhchsten Mifallens,
+irgend eine religise Versammlung zu stren, und schaffte auch alle
+diejenigen Gesetze ab, welche die Befhigung zu brgerlichen und
+militairischen mtern von einem Religionseide abhngig machten.[33]
+
+Da die Indulgenzerklrung verfassungswidrig war, darber sind beide
+groe Parteien Englands zu allen Zeiten einig gewesen. Jeder, der in
+politischen Fragen ein Urtheil hat, mu einsehen, da ein Frst, der
+eine solche Erklrung erlassen darf, nichts Geringeres ist als ein
+absoluter Monarch. Auch kann man zur Vertheidigung dieser Handlung
+Jakob's nicht die Grnde geltend machen, mit denen viele willkrliche
+Maregeln der Stuarts vertheidigt oder entschuldigt worden sind. Man
+kann nicht sagen, da er den Umfang seiner Prrogative verkannt habe,
+weil sie nicht genau bestimmt gewesen sei, denn er berschritt die
+Grenze angesichts einer ganz krzlich erst festgestellten Grenzmarke.
+Funfzehn Jahre frher hatte sein Bruder auf Anrathen der Cabale auch
+eine Indulgenzerklrung erlassen, welche im Vergleich zu der Erklrung
+Jakob's gemigt und vorsichtig genannt werden konnte. Die Erklrung
+Karl's dispensirte nur von Strafgesetzen, die Erklrung Jakob's
+dispensirte auch von allen Religionseiden. Die Erklrung Karl's
+gestattete den Katholiken, nur in Privatwohnungen ihren Gottesdienst zu
+halten, nach der Erklrung Jakob's konnten sie Tempel bauen und
+ausschmcken und sogar mit Kreuzen, Bildern und Rauchfssern in
+Prozession durch Fleet Street ziehen. Dennoch war die Erklrung Karl's
+in alter Form fr gesetzwidrig erklrt worden. Die Gemeinen hatten sich
+dahin ausgesprochen, da der Knig nicht befugt sei, in kirchlichen
+Angelegenheiten von Gesetzen zu dispensiren. Karl hatte hierauf das
+miliebige Schriftstck vor seinen Augen vernichten lassen, hatte mit
+eigner Hand das Siegel davon abgerissen und sowohl durch eine von ihm
+eigenhndig unterschriebene Botschaft als auch mndlich vom Throne herab
+in vollem Parlament beiden Husern fest versprochen, da der Schritt,
+der so groen Ansto gegeben, als nie geschehen betrachtet werden solle.
+Die beiden Huser hatten dann ohne eine einzige opponirende Stimme eine
+gemeinschaftliche Dankadresse fr diese Erfllung ihrer Wnsche an ihn
+gerichtet. Nie war eine Verfassungsfrage mit reiflicherer Erwgung, mit
+unzweideutigerer Klarheit und mit vollkommnerer Einhelligkeit
+entschieden worden.
+
+Jakob's Vertheidiger haben zu seiner Entschuldigung hufig das
+Erkenntni anfhrt, welches der Gerichtshof der Kings Bench in der
+abgekarteten Klage gegen Sir Eduard Hales abgab; aber dieser
+Entschuldigungsgrund hat gar kein Gewicht. Jakob hatte diesen Ausspruch
+notorisch durch Bitten, durch Drohungen, durch Entlassung gewissenhafter
+Beamten und durch Besetzung der Richterbank mit anderen hfischer
+gesinnten Richtern erlangt. Und obgleich dieses Erkenntni von der
+Advokatur wie von der Nation allgemein fr verfassungswidrig erklrt
+wurde, erstreckte es sich doch nur so weit, da der Knig aus besonderen
+Staatsgrnden einzelnen Individuen Dispensationen von ausschlieenden
+Gesetzen bewilligen drfe. Da er durch ein Alles ber den Haufen
+werfendes Edict alle seine Unterthanen ermchtigen konnte, ganze Bnde
+von Gesetzen nicht mehr zu befolgen, dies hatte kein Gerichtshof
+angesichts der feierlichen Entscheidung des Parlaments von 1673 zu
+behaupten gewagt.
+
+ [Anmerkung 32: +London Gazette, March 21, 1686/7.+]
+
+ [Anmerkung 33: +London Gazette, April 7+. 1087.]
+
+
+[_Stimmung der protestantischen Dissenters._] Die Stellung der Parteien
+war jedoch von der Art, da Jakob's Indulgenzerklrung, obgleich der
+khnste von allen Angriffen der Stuarts auf die ffentliche Freiheit,
+wohl geeignet war, gerade demjenigen Theile der Gesellschaft zu
+gefallen, der allen anderen Angriffen der Stuarts auf die ffentliche
+Freiheit den beharrlichsten Widerstand entgegengesetzt hatte. Es stand
+kaum zu erwarten, da der durch ein hartes und streng gehandhabtes
+Gesetzbuch von seinen Landsleuten getrennte protestantische
+Nonconformist geneigt sein werde, die Gltigkeit eines Erlasses zu
+bestreiten, der ihn von unertrglichen Bedrckungen erlste. Ein kalter
+und philosophischer Beobachter wrde ohne Zweifel erklrt haben, da
+alles bel, das aus allen intoleranten Gesetzen, welche je von
+Parlamenten erlassen wurden, hervorgehen knne, nicht zu vergleichen sei
+mit dem Unheil, welches durch eine bertragung der gesetzgebenden Gewalt
+vom Parlament auf den Souverain entstehen wrde. Aber eine so ruhige und
+philosophische berlegung kann man nicht von Leuten erwarten, die unter
+einem vorhandenen Drucke seufzen und denen die lockende Aussicht auf
+sofortige Erleichterung dargeboten wird. Ein puritanischer Theolog
+konnte allerdings nicht leugnen, da die jetzt von der Krone
+beanspruchte Dispensationsgewalt mit den Grundprinzipien der
+Verfassung unvereinbar war. Aber es war vielleicht zu entschuldigen,
+wenn er fragte, was die Verfassung eigentlich fr ihn sei. Die
+Gleichfrmigkeitsacte hatte ihn trotz kniglicher Versprechungen von
+einer Pfrnde vertrieben, die sein rechtmiges Eigenthum war, und hatte
+ihn in Armuth und Abhngigkeit zurckgeworfen. Die Fnfmeilenacte hatte
+ihn von seiner Heimath, von seinen Verwandten, von seinen Freunden, von
+fast jedem ffentlichen Zufluchtsorte verbannt. Kraft der
+Conventikelacte war er seines Vermgens beraubt und aus einem
+schmutzigen Kerker in den andren mitten unter Straenruber und Diebe
+geworfen worden. Auerhalb des Gefngnisses wurde er bestndig von den
+Gerichtsdienern verfolgt; er hatte Angeber durch Geldgeschenke zum
+Schweigen bringen, hatte sich in schimpflicher Verkleidung durch Fenster
+und Fallthren heimlich zu seiner Gemeinde schleichen mssen, und
+whrend er das geweihte Wasser auf den Tufling sprengte oder das Brod
+des heiligen Abendmahls austheilte, hatte er in bestndiger Angst auf
+das Zeichen horchen mssen, welches ihm sagte, da die Sbirren der
+Justiz sich nherten. War es nicht bitterer Hohn, einen so
+ausgeplnderten und bedrckten Mann aufzufordern, da er fr das
+Eigenthum und die Freiheit seiner Plnderer und Bedrcker zum Mrtyrer
+werden solle? Mochte die Indulgenzerklrung seinen glcklichen Nachbarn
+noch so despotisch erscheinen, ihm brachte sie Erlsung. Er wurde
+aufgefordert, nicht zwischen der Freiheit und der Knechtschaft, sondern
+zwischen zwei Jochen zu whlen, und es wre nicht unnatrlich gewesen,
+wenn er das Joch des Knigs fr ertrglicher gehalten htte als das der
+Kirche.
+
+
+[_Stimmung der anglikanischen Kirche._] Whrend solche Gedanken die
+Gemther vieler Dissenters beschftigten, war die anglikanische Partei
+in Angst und Bestrzung. Diese neue Wendung der Dinge war in der That
+beunruhigend. Das Haus Stuart im Bunde mit republikanischen und
+knigsmrderischen Secten gegen die alten Kavaliere Englands; der
+Papismus im Bunde mit dem Puritanismus gegen ein kirchliches System, an
+welchem die Puritaner nichts weiter auszusetzen hatten, als da es
+zuviel Papistisches beibehalten: das waren Zeichen und Wunder, welche
+alle Berechnungen der Staatsmnner ber den Haufen warfen. Die Kirche
+sollte also mit einem Male von allen Seiten angegriffen werden, und zwar
+unter der Leitung Dessen, der ihrer Verfassung nach ihr Oberhaupt war.
+Es war kein Wunder, wenn sie von Erstaunen und Entsetzen ergriffen
+wurde. Und zu dem Erstaunen und dem Entsetzen gesellten sich noch andere
+bittere Gefhle: Groll gegen den meineidigen Frsten, dem sie nur zu
+treu gedient, und Reue ber die Grausamkeiten, die sie in Gemeinschaft
+mit ihm verbt hatte und fr die er sie jetzt, wie es schien, bestrafen
+wollte. Ihre Strafe war gerecht, sie erntete was sie geset hatte. Als
+nach der Restauration ihre Macht den Hhepunkt erreicht, hatte sie nur
+Rache geschnaubt. Sie hatte die Stuarts aufgefordert, gedrngt, fast
+gezwungen, die krzlich geleisteten Dienste der Presbyterianer mit
+schndem Undanke zu vergelten. Htte sie sich in jener Zeit ihrer
+hchsten Blthe, wie es ihr geziemte, ihrer Feinde angenommen, so wrde
+sie jetzt, in der Zeit der Noth, Freunde in ihnen gefunden haben.
+Vielleicht war es noch nicht zu spt, vielleicht konnte sie noch die
+Taktik ihres Bedrckers gegen ihn selbst kehren. Es gab unter den
+Anglikanern eine gemigte Partei, welche den protestantischen
+Dissenters immer freundlich gesinnt gewesen war. Allerdings war diese
+Partei nicht zahlreich, aber die Talente, Kenntnisse und Tugenden ihrer
+Mitglieder machten sie achtunggebietend. Sie war von den hchsten
+Wrdentrgern der Kirche nicht mit gnstigem Auge betrachtet und von den
+Frmmlern aus der Schule Laud's schonungslos verunglimpft worden; aber
+von dem Tage, an welchem die Indulgenzerklrung erschien, bis zu dem
+Tage, wo Jakob's Macht aufhrte Schrecken einzuflen, schien die ganze
+Kirche von dem Geiste der verleumdeten Latitudinarier beseelt zu sein
+und von ihren Rathschlgen geleitet zu werden.
+
+
+[_Der Hof und die Kirche._] Nun folgte eine Art von Versteigerung, die
+sonderbarste, von der uns die Geschichte erzhlt. Der Knig auf der
+einen, die Kirche auf der andren Seite begannen einander zu berbieten,
+um die Gunst Derer zu erlangen, zu deren Unterdrckung sie bis dahin
+verbndet gewesen waren. Die protestantischen Dissenters, die noch vor
+wenigen Monaten eine verachtete und gechtete Klasse gewesen waren,
+hielten jetzt die Wage der Macht in ihrer Hand. Die Hrte, mit der sie
+behandelt worden waren, wurde allgemein verdammt. Der Hof suchte die
+ganze Schuld auf die Hierarchie zu wlzen, und die Hierarchie warf sie
+zurck auf den Hof. Der Knig erklrte, da er die Separatisten wider
+Willen nur deshalb verfolgt habe, weil seine Angelegenheiten in einem
+Zustande gewesen wren, bei dem er es nicht hatte wagen drfen, dem
+Klerus der Staatskirche zu nahe zu treten. Dieser versicherte, da er
+nur aus Ehrerbietung vor der Autoritt des Knigs an einer Strenge Theil
+genommen habe, die seinen Gefhlen durchaus fremd sei. Der Knig brachte
+eine Sammlung von Anekdoten von Rectoren und Vikaren zusammen, welche
+durch Androhung von Verfolgung von protestantischen Dissenters Geld
+erpret hatten. Er sprach hufig und ffentlich ber diesen Gegenstand,
+drohte mit einer Untersuchung, welche die Pfarrer der ganzen Welt in
+ihrem wahren Character zeigen werde und erlie in der That mehrere
+Verordnungen, durch welche Agenten, auf die er sich verlassen zu knnen
+glaubte, ermchtigt wurden, den Betrag der Summen zu ermitteln, welche
+in verschiedenen Landestheilen von Bekennern der herrschenden Religion
+Sectirern abgepret worden waren. Die Vertheidiger der Landeskirche
+fhrten dagegen Beispiele von rechtschaffenen Pfarrern an, welche vom
+Hofe Verweise und Drohungen erhalten, weil sie auf der Kanzel
+Duldsamkeit empfohlen und sich geweigert hatten, kleine Gemeinden von
+Nonconformisten auszuspren und zu Tode zu hetzen. Der Knig behauptete,
+da einige Mitglieder der Staatskirche, die er privatim vorgenommen,
+sich erboten hatten, den Katholiken ausgedehnte Zugestndnisse zu
+machen, unter der Bedingung, da die Verfolgung gegen die Puritaner
+ihren Fortgang behalte. Die angeklagten Anhnger der Staatskirche
+leugneten heftig die Wahrheit dieser Beschuldigung und behaupteten, da,
+wenn sie sich mit dem, was der Knig fr seine eigene Kirche verlangte,
+einverstanden erklrt htten, er ihnen sehr gern gestattet haben wrde,
+sich durch Verfolgung und Ausplnderung protestantischer Dissenters zu
+entschdigen.[34]
+
+Der Hof hatte seine Physiognomie verndert. Die Schrpe und der
+Priesterrock der anglikanischen Geistlichen konnten sich daselbst kaum
+noch sehen lassen ohne spttisches Lcheln und boshaftes Geflster
+hervorzurufen. Die Hofdamen erlaubten sich nicht mehr zu kichern und die
+Kammerherren verbeugten sich bis zur Erde, wenn sich das puritanische
+Gesicht und die puritanische Tracht, welche in den vornehmen Zirkeln so
+lange Zeit Lieblingsgegenstnde des Spotts gewesen waren, in den
+Gallerien des Palastes zeigten. Taunton, das zwei Generationen hindurch
+die Veste der Rundkopfpartei im Westen gewesen war, das die Armeen
+Karl'sI. zweimal tapfer zurckgeschlagen, sich zur Untersttzung
+Monmouth's wie ein Mann erhoben hatte und von Kirke und Jeffreys in eine
+Schlachtbank verwandelt worden war, schien pltzlich die Stelle erobert
+zu haben, welche Oxford einst in der kniglichen Gunst eingenommen.[35]
+Der Knig gewann es ber sich, ausgezeichneten Dissenters sogar mit
+kriechender Hflichkeit zu begegnen. Einigen bot er Geld an, Anderen
+stdtische Ehrenmter, noch Anderen Begnadigung von Verwandten und
+Freunden, die wegen Theilnahme an dem Ryehousecomplot oder wegen
+Anschlu an die Fahne Monmouth's auf dem Kontinent umherirrten oder in
+den Zuckerplantagen von Barbados schwitzten. Er stellte sich sogar, als
+ob er mit den freundlichen Gesinnungen der englischen Puritaner gegen
+ihre auswrtigen Glaubensbrder sympathisirte. Eine zweite und dritte
+Proklamation erschien in Edinburg, welche die den Presbyterianern durch
+das Februaredict gewhrte nichtssagende Duldung bedeutend
+erweiterten.[36] Die verbannten Hugenotten, die der Knig seit vielen
+Monaten mit ungndigem Auge angesehen und denen er die von der Nation
+aufgebrachten milden Gaben vorenthalten hatte, wurden jetzt untersttzt
+und gehtschelt. Es wurde ein Ministerialbefehl erlassen, der die
+ffentliche Mildthtigkeit nochmals zu ihren Gunsten aufrief. Die
+Vorschrift, welche von ihnen den Anschlu an die anglikanische
+Gottesverehrung als Bedingung des Empfangs einer Untersttzung
+verlangte, scheint zu dieser Zeit stillschweigend aufgehoben gewesen zu
+sein, und die Vertheidiger der Politik des Knigs hatten die Frechheit
+zu behaupten, diese Vorschrift sei auf Andringen der Prlaten der
+Staatskirche erlassen worden, whrend wir aus den sichersten Quellen
+wissen, da sie von ihm selbst im Einverstndni mit Barillon ersonnen
+worden war.[37]
+
+Whrend der Knig sich so die Gunst seiner alten Gegner zu erwerben
+suchte, waren die Freunde der Landeskirche nicht weniger thtig. Von der
+Bitterkeit und dem Hohne, mit dem die Prlaten und Priester seit der
+Restauration die Sectirer zu behandeln pflegten, war kaum noch eine Spur
+zu erkennen. Die, welche man ganz krzlich noch Schismatiker und
+Fanatiker genannt hatte, waren jetzt geliebte Mitprotestanten,
+Glaubensbrder, die vielleicht schwach sein mochten, aber deren
+Gewissensskrupel immerhin zarte Rcksichtnahme verdienten. Wenn sie nur
+in dieser Krisis der englischen Verfassung und dem reformirten Glauben
+treu blieben, so sollte ihre Hochherzigkeit bald und reich belohnt
+werden. Anstatt einer Indulgenz, welche keine gesetzliche Gltigkeit
+htte, sollten sie eine wirkliche, durch eine Parlamentsacte gesicherte
+Indulgenz haben. Ja, viele Mitglieder der Staatskirche, die sich bisher
+durch ihr starres Festhalten an jeder in der Liturgie vorgeschriebenen
+Geberde und Formel ausgezeichnet hatten, erklrten sich jetzt nicht nur
+zur Duldung, sondern sogar zur Gleichstellung geneigt. Der Streit um
+Chorrcke und Stellungen, sagten sie, habe nur zu lange Christen von
+einander getrennt, welche doch in den wesentlichen Glaubenspunkten
+bereinstimmten. Wenn der Kampf auf Tod und Leben gegen den gemeinsamen
+Feind vorber wre, dann wrde man sehen, da die anglikanische
+Geistlichkeit zu jedem billigen Zugestndnisse bereit sei. Wenn die
+Dissenters nur nicht unbescheiden wren, so wrden ihnen nicht blos
+brgerliche, sondern auch geistliche mter offen stehen, und Baxter und
+Howe wrden ohne einen Flecken an ihrer Ehre oder ihrem Gewissen auf der
+Bank der Bischfe sitzen knnen.
+
+ [Anmerkung 34: Verordnungen des Schatzamts. Siehe besonders die
+ Instructionen vom 8. Mrz 1687/88; +Burnet, I. 715+; +Reflections
+ on His Majesty's Proclamation for a Toleration in Scotland+;
+ +Letters containing some Reflections on His Majesty's Declaration
+ for Liberty of Conscience+; +Apology for the Church of England
+ with relation to the spirit of Persecution for which she is
+ accused, 1687/88.+ Doch es ist mir unmglich, alle Flugschriften
+ anzufhren, aus denen ich mein Urtheil ber den damaligen Stand
+ der Parteien geschpft habe.]
+
+ [Anmerkung 35: +Letter to a Dissenter+.]
+
+ [Anmerkung 36: +Wodrow, Appendix, vol. II. Nos. 132, 134.+]
+
+ [Anmerkung 37: +London Gazette, April 21. 1687+; +Animadversions
+ on a late paper entituled a Letter to a Dissenter, by H.C. (Henry
+ Care), 1687.+]
+
+
+[_Brief an einen Dissenter._] Von den zahlreichen damaligen
+Flugschriften, in denen die Sache des Hofes und die Sache der Kirche vor
+dem Puritaner, der jetzt durch eine sonderbare Wendung des Geschicks das
+Loos seiner Verfolger entscheiden sollte, eifrig und ngstlich
+entwickelt wurde, ist jetzt nur noch eine in der Erinnerung, betitelt:
++Letter to a Dissenter+. In dieser meisterhaften kleinen Schrift waren
+alle Argumente, die einen Nonconformisten berzeugen konnten, da es
+seine Pflicht und sein Interesse sei, ein Bndni mit der Staatskirche
+einem Bndnisse mit dem Hofe vorzuziehen, auf einem engen Raume in der
+bersichtlichsten Ordnung zusammengestellt, mit geistreichem Witze
+errtert und mit einer zwar lebhaften, aber selbst in den Momenten der
+leidenschaftlichsten Heftigkeit die Grenzen des Anstandes und der seinen
+Bildung nie berschreitenden Beredtsamkeit zur Geltung gebracht. Die
+Schrift machte einen ungeheuren Eindruck, denn da sie nur einen Bogen
+stark war, wurden ber zwanzigtausend Exemplare durch die Post versandt
+und die Wirkung zeigte sich in jedem Winkel des Reichs. Es erschienen
+vierundzwanzig Antworten darauf, aber die ganze Stadt erklrte sie fr
+schlecht und die von Lestrange fr die schlechteste von allen
+vierundzwanzig.[38] Die Regierung war sehr rgerlich und sparte keine
+Mhe, um den Verfasser des Briefs ausfindig zu machen; aber es war nicht
+mglich, rechtskrftige Beweise gegen ihn aufzubringen. Einige meinten
+die Denk- und Sprachweise Temple's zu erkennen.[39] In Wirklichkeit aber
+gehrte dieser umfassende und scharfe Verstand, diese lebhafte
+Phantasie, dieser elegante und krftige Styl, diese ruhige und edle,
+halb hofmnnische, halb philosophische Wrde, welche die heftigste
+Aufregung des Kampfes nicht einen Augenblick aus der Fassung bringen
+konnte, keinem Andren als Halifax an.
+
+ [Anmerkung 38: +Lestrange's Answer to a Letter to a Dissenter+;
+ +Care's Animadversions on a Letter to a Dissenter+; +Dialogue
+ between Harry and Roger+, nmlich Harry Care und Roger Lestrange.]
+
+ [Anmerkung 39: Der Brief war mit T. W. unterzeichnet. Care sagt in
+ seinen +Animadversions+: Dieser Herr Politiker T.W. oder W.T.,
+ denn einige Kritiker halten dies fr die richtigere Lesart.]
+
+
+[_Benehmen der Dissenters._] Die Dissenters schwankten und man darf
+ihnen keinen Vorwurf daraus machen. Sie litten und der Knig hatte ihnen
+Linderung verschafft. Einige ausgezeichnete Geistliche waren ihrer Haft
+entlassen worden, andere hatten es gewagt, aus dem Exil zurckzukehren.
+Gemeinden, die ihre Zusammenknfte bisher nur heimlich und im Dunklen
+hatten abhalten knnen, versammelten sich jetzt am hellen Tage und
+sangen laut ihre Psalmen vor den Augen von Magistratsbeamten,
+Kirchenvorstehern und Constablern. Bescheidene Gotteshuser von
+puritanischer Bauart begannen sich in allen Gegenden Englands zu
+erheben. Der aufmerksame Reisende kann noch jetzt an einigen der
+ltesten Bethuser die Jahrzahl 1687 erkennen. Dessen ungeachtet waren
+die Anerbietungen der Kirche fr einen klugen Dissenter viel lockender
+als die des Knigs. Die Indulgenzerklrung war in den Augen des Gesetzes
+null und nichtig. Sie suspendirte die Strafgesetze gegen Nonconformitt
+nur auf so lange, als die Grundprinzipien der Verfassung und die
+rechtmige Autoritt des gesetzgebenden Krpers aufgehoben blieben.
+Welchen Werth hatten Privilegien, die auf einen so schmachvollen und
+zugleich so unsicheren Besitztitel beruhten? Es konnte bald eine
+Thronerledigung eintreten, ein der Landeskirche anhngender Souverain
+konnte auf den Thron kommen und ein aus Mitgliedern der Landeskirche
+bestehendes Parlament gebildet werden. Wie beklagenswerth mute dann die
+Lage der Dissenters werden, die sich mit Jesuiten gegen die Verfassung
+verbndet hatten! Die Kirche bot eine Indulgenz ganz andrer Art als die
+von Jakob gewhrte dar, eine Indulgenz, die eben so rechtsgltig und
+heilig war als die Magna Charta. Beide streitende Parteien versprachen
+dem Separatisten Glaubensfreiheit; aber die eine Partei verlangte von
+ihm, da er sie durch Aufopferung der brgerlichen Freiheit erkaufen
+sollte, whrend die andre ihn zum Genu der brgerlichen und religisen
+zugleich einlud.
+
+Aus diesen Grnden konnte ein Dissenter sich wohl entschlieen, sein
+Loos mit dem der Staatskirche zu verknpfen, selbst wenn er htte
+glauben knnen, da der Hof es aufrichtig meinte. Aber wer garantirte
+ihm fr die Aufrichtigkeit des Hofes? Jedermann kannte das bisherige
+Benehmen Jakob's. Es war zwar nicht gerade unmglich, da ein Verfolger
+durch Vernunftgrnde und Erfahrungen von den Vortheilen der
+Religionsduldung berzeugt werden konnte. Aber Jakob behauptete, nicht
+erst neuerdings berzeugt worden zu sein; im Gegentheil, er versumte
+keine Gelegenheit, um zu versichern, da er schon seit vielen Jahren aus
+Grundsatz aller Unduldsamkeit feind gewesen sei. Dennoch hatte er noch
+vor wenigen Monaten Mnner, Frauen und junge Mdchen um ihrer Religion
+willen bis zum Tode verfolgt. Hatte er damals gegen die bessere
+berzeugung seines Gewissens gehandelt? oder sagte er jetzt eine
+wissentliche Unwahrheit? Aus diesem Dilemma gab es keinen Ausweg und
+jede der beiden Annahmen war fr den Ruf der Rechtschaffenheit des
+Knigs gleich verderblich. Auerdem war auch allbekannt, da ihn die
+Jesuiten ganz in ihrer Gewalt hatten. Erst wenige Tage vor der
+Bekanntmachung der Indulgenz war dieser Orden dem wohlbekannten Willen
+des heiligen Stuhles zum Trotz mit einem neuen Beweise seines Vertrauens
+und seines Beifalls beehrt worden. Sein Beichtvater, Pater Mansuetus,
+ein Franziskaner, dessen menschenfreundlicher Character und tadelloser
+Lebenswandel die grte Achtung verdienten, den aber Tyrconnel und Petre
+schon lngst haten, war entlassen worden. Den dadurch erledigten Posten
+erhielt ein Englnder, Namens Warner, der von dem Glauben seines
+Vaterlandes abgefallen und Jesuit geworden war. Den gemigten
+Katholiken und dem Nuntius war dieser Wechsel nichts weniger als
+angenehm, und jeder Protestant erblickte darin einen Beweis, da die
+Jesuiten eine unumschrnkte Herrschaft ber das Gemth des Knigs
+ausbten.[40] So groes Lob auch diese Vter mit Recht beanspruchen
+konnten, besondere Liberalitt und Wahrheitsliebe konnte selbst die
+Schmeichelei ihnen nicht beimessen. Da sie, wenn es das Interesse ihres
+Glaubens oder ihres Ordens galt, niemals Bedenken trugen, den Beistand
+des weltlichen Schwerts anzurufen, oder die Gesetze der Wahrheit und
+Treue zu verletzen, dies war der Welt nicht nur durch protestantische
+Anklger, sondern auch durch Mnner verkndet worden, deren
+Tugendhaftigkeit und Genie der Stolz der rmischen Kirche war. Es war
+unglaublich, da ein ergebener Schler der Jesuiten der
+Gewissensfreiheit aus Grundsatz zugethan sein sollte; dagegen aber war
+es weder unglaublich noch unwahrscheinlich, da er es fr gerechtfertigt
+hielt, seine wahren Gesinnungen zu verbergen, um seiner Religion einen
+Dienst zu erzeigen. Es war gewi, da dem Knige im Herzen die
+Anglikaner lieber waren als die Puritaner; es war gewi, da, so lange
+er noch Hoffnung hatte, die Anhnger der Staatskirche zu gewinnen, er
+den Puritanern nie die geringste Freundlichkeit erwiesen hatte. Konnte
+es also wohl einem Zweifel unterliegen, da er selbst jetzt noch die
+Puritaner willig aufopfern wrde, wenn die Anglikaner sich seinen
+Wnschen fgten? Sein wiederholt gegebenes Versprechen hatte ihn nicht
+abgehalten, die gesetzlichen Rechte der Geistlichkeit anzutasten, welche
+so viele sprechende Beweise von treuer Anhnglichkeit an sein Haus
+gegeben hatte. Welche Sicherheit konnte sonach sein Wort Secten
+gewhren, welche durch die Erinnerung an tausend geschlagene und
+empfangene, nicht wieder gut zu machende Wunden von ihm geschieden
+waren?
+
+ [Anmerkung 40: Ellis' Correspondenz, 15. Mrz u. 27. Juli 1686;
+ Barillon, 28. Febr. (10. Mrz), 3.(13.) Mrz, 6.(16.) Mrz 1687;
+ Ronquillo, 9.(19.) Mrz 1687 in der Mackintosh-Sammlung.]
+
+
+[_Einige von ihnen halten es mit dem Hofe. Care, Alsop, Rosewell._] Als
+die durch Bekanntmachung der Indulgenz verursachte Aufregung sich ein
+wenig gelegt hatte, zeigte es sich, da in der puritanischen Partei eine
+Spaltung eingetreten war. Die Minoritt, mit einigen wenigen thtigen
+Mnnern an der Spitze, deren Urtheil mangelhaft oder durch das Interesse
+geleitet war, untersttzte den Knig. Heinrich Care, welcher lange Zeit
+der heftigste und thtigste Pamphletist unter den Nonconformisten
+gewesen war und der in den Tagen des papistischen Complots Jakob in
+einer Schrift unter dem Titel +Packet of Advice from Rome+
+(Nachrichtenpacket von Rom) mit schrankenloser Wuth angegriffen hatte,
+schmeichelte ihm jetzt eben so laut, als er ihn frher geschmht und
+verleumdet hatte.[41] Der Hauptagent, dessen sich die Regierung zur
+Bearbeitung der Presbyterianer bedient hatte, war Vincenz Alsop, ein
+Geistlicher, der als Prediger wie auch als Schriftsteller nicht
+unbekannt war. Sein Sohn, der wegen Hochverraths bestraft worden war,
+wurde begnadigt, und daher widmete der Vater seinen ganzen Einflu dem
+Hofe.[42] Mit Alsop verbunden war Thomas Rosewell. Rosewell war whrend
+der durch die Entdeckung des Ryehousecomplots herbeigefhrten Verfolgung
+der Dissenters flschlich angeklagt worden, da er gegen die Regierung
+gepredigt habe. Jeffreys hatte auf seine Verurtheilung zum Tode
+angetragen und eine bestochene Jury hatte ihn den klarsten Beweisen von
+seiner Unschuld zum Trotz fr schuldig erklrt. Die Ungerechtigkeit des
+Urtheils war so himmelschreiend, da selbst die Hflinge sich darber
+emprt zeigten. Ein angesehener Tory, der den Verhandlungen des
+Prozesses beigewohnt hatte, ging augenblicklich zu Karl und erklrte,
+da der Hals des loyalsten Unterthanen in England nicht mehr sicher sein
+wrde, wenn man Rosewell hinrichtete. Die Geschwornen selbst wurden von
+Reue ergriffen, als sie berlegten, was sie gethan hatten, und boten
+Alles auf, um dem Gefangenen das Leben zu retten. Endlich wurde seine
+Begnadigung bewilligt, aber Rosewell mute drckende Brgschaft fr sein
+ferneres Wohlverhalten stellen und zu bestimmten Zeiten persnlich vor
+dem Gerichtshofe der Kings Bench erscheinen. Seine Brgschaften wurden
+jetzt auf kniglichen Befehl erlassen und dadurch seine Dienste
+gewonnen.[43]
+
+ [Anmerkung 41: +Wood's Athenae Oxonienses+; +Observator+;
+ +Heraclitus Ridens+ an mehreren Stellen. Doch Care's eigene
+ Schriften sind das beste Material zur Wrdigung seines
+ Characters.]
+
+ [Anmerkung 42: +Calamy's Account of the Ministers ejected or
+ silenced after the Restoration, Northamptonshire+; +Wood's Athenae
+ Oxonienses+; +Biographia Britannica.+]
+
+ [Anmerkung 43: +Collection of State Trials+; +Samuel Rosewell's
+ Life of Thomas Rosewell, 1718+; +Calamy's Account.+]
+
+
+[_Lobb._] Das Geschft, die Independenten zu gewinnen, war vornehmlich
+einem ihrer Geistlichen, Namens Stephan Lobb, bertragen. Lobb war ein
+schwacher, heftiger und ehrgeiziger Mann. Er hatte die Opposition gegen
+die Regierung so weit getrieben, da sein Name in mehreren
+Proklamationen gechtet worden war, shnte sich aber jetzt mit dem Hofe
+aus und ging in der Servilitt eben so weit als er je in der Opposition
+gegangen war. Er schlo sich der jesuitischen Cabale an und rieth eifrig
+zu Maregeln, vor denen die verstndigsten und ehrenwerthesten
+Katholiken zurckschauderten. Man bemerkte, da er fortwhrend im
+Palaste und hufig im Privatkabinet des Knigs war, da er in einem
+Glanze lebte, an den die puritanischen Geistlichen nicht gewhnt waren,
+und da er bestndig von Bittstellern belagert war, denen er durch
+seinen Einflu Stellen und Begnadigungen verschaffen sollte.[44]
+
+ [Anmerkung 44: +London Gazette, March 15. 1685/6+; +Nichols's
+ Defence of the Church of England+; +Pierce's Vindication of the
+ Dissenters.+]
+
+
+[_Penn._] Mit Lobb eng befreundet war Wilhelm Penn. Penn war nie ein
+characterfester Mann gewesen, das Leben, das er seit zwei Jahren fhrte,
+hatte sein sittliches Zartgefhl nicht wenig verhrtet, und wenn sein
+Gewissen ihm einmal Vorwrfe machte, so trstete er sich immer wieder
+mit dem Gedanken, da er einen guten und edlen Zweck verfolge und da
+ihm seine Dienste nicht mit Geld bezahlt wrden.
+
+Durch den Einflu dieser und anderer weniger hervorragender Mnner
+wurden mehrere Dissentergemeinden bewogen, Dankadressen an den Knig zu
+richten. Toryistische Schriftsteller haben mit Recht bemerkt, da die
+Sprache dieser Adressen so widerlich servil war wie nur in irgend einer
+der berschwenglichsten Lobreden, welche den Stuarts von Bischfen
+gespendet worden sind. Bei genauer Untersuchung stellt es sich heraus,
+da die Schmach nur einem sehr kleinen Theile der puritanischen Partei
+zur Last fllt. Es gab kaum einen Marktflecken in England, der nicht
+wenigstens ein kleines Huflein Separatisten gehabt htte, und man
+sparte keine Mhe, um sie zu einer uerung ihrer Dankbarkeit fr die
+Indulgenz zu bewegen. Rundschreiben, welche sie zur Unterzeichnung
+aufforderten, wurden nach allen Gegenden des Landes in solchen Massen
+geschickt, da, wie man scherzweise sagte, die Postfelleisen den Pferden
+zu schwer waren. Indessen belief sich die Gesammtzahl der Adressen, die
+man von allen ber ganz England zerstreuten Presbyterianern,
+Independenten und Baptisten erlangen konnte, noch nicht auf sechzig;
+auch ist kein Grund zu der Vermuthung vorhanden, da diese Adressen
+zahlreiche Unterschriften hatten.[45]
+
+ [Anmerkung 45: Die Adressen sind in der London Gazette zu finden.]
+
+
+[_Die Mehrzahl der Puritaner ist gegen den Hof. Baxter._] Die groe
+Masse der protestantischen Nonconformisten, welche fest an den
+brgerlichen Freiheiten hing und den Versprechungen des Knigs und der
+Jesuiten nicht traute, weigerte sich standhaft, fr eine Begnstigung zu
+danken, hinter der man mit gutem Grund eine Schlinge argwhnen durfte.
+Dies war die Stimmung aller angesehensten Oberhupter der Partei. Zu
+ihnen gehrte Baxter. Er war, wie wir gesehen haben, bald nach Jakob's
+Thronbesteigung in Untersuchung gezogen, von Jeffreys grblich insultirt
+und von einer Jury, wie die hfischen Sheriffs der damaligen Zeit sie zu
+whlen pflegten, fr schuldig erklrt worden. Baxter befand sich seit
+ungefhr anderthalb Jahren im Gefngni, als der Hof ernstlich darauf zu
+denken begann, die Nonconformisten zu gewinnen. Er wurde nicht allein in
+Freiheit gesetzt, sondern auch bedeutet, da er, wenn er sonst wollte,
+seinen Aufenthalt in London nehmen knnte, ohne die Anwendung der
+Fnfmeilenacte gegen sich zu frchten. Die Regierung hoffte
+wahrscheinlich, da die Erinnerung an vergangene Leiden und das Gefhl
+der gegenwrtigen Erlsung auf ihn die nmliche Wirkung uern werde,
+wie auf Rosewell und Lobb. Diese Hoffnung erwies sich jedoch als irrig.
+Baxter war weder zu bestechen, noch zu tuschen; er weigerte sich,
+irgend eine Dankadresse fr die Indulgenz zu unterzeichnen und
+verwendete seinen ganzen Einflu zur Herbeifhrung eines guten
+Vernehmens zwischen der Staatskirche und den Presbyterianern.[46]
+
+ [Anmerkung 46: +Calamy's Life of Baxter.+]
+
+
+[_Howe._] Wenn es irgend einen Mann gab, der in der Achtung der
+protestantischen Dissenters noch hher stand als Baxter, so war dies
+Johann Howe. Howe hatte, wie Baxter, durch den neuerlichen Umschwung der
+Politik persnlich gewonnen. Die nmliche Tyrannei, welche Baxter ins
+Gefngni warf, hatte ihn in die Verbannung getrieben und bald nach
+Baxter's Entlassung aus dem Gefngnisse der Kings Bench kehrte Howe von
+Utrecht nach England zurck. Man erwartete in Whitehall, da Howe den
+ganzen Einflu, den er auf seine Glaubensgenossen ausbte, zu Gunsten
+des Hofes verwenden werde. Der Knig selbst lie sich herab, den
+Unterthan, den er unterdrckt hatte, um seinen Beistand zu bitten. Howe
+scheint geschwankt zu haben; der Einfu Hampden's aber, mit dem er intim
+befreundet war, vermochte ihn, der Sache der Verfassung treu zu bleiben.
+Eine Versammlung presbyterianischer Geistlichen wurde in seinem Hause
+gehalten, um ber die Lage der Dinge zu berathen und ber den
+einzuschlagenden Weg einen Beschlu zu fassen. Im Palaste erwartete man
+mit ngstlicher Spannung das Ergebni. Zwei knigliche Abgesandte
+wohnten der Verhandlung bei, und sie kamen mit der unwillkommnen
+Nachricht zurck, da Howe sich entschieden gegen das Dispensationsrecht
+erklrt und nach langer Debatte die Majoritt der Versammlung fr sich
+gewonnen habe.[47]
+
+ [Anmerkung 47: +Calamy's Life of Howe+. Den Antheil, den die
+ Familie Hampden an dieser Angelegenheit gehabt, habe ich aus einem
+ Briefe von Johnstone an Waristoun vom 13. Juni 1688 erfahren.]
+
+
+[_Bunyan._] Neben Baxter und Howe mu noch ein andrer Mann genannt
+werden, der nach seiner Stellung und Gelehrsamkeit tief unter ihnen, an
+Tugend aber ihnen gleich, und an Genie hoch ber ihnen stand, Johann
+Bunyan. Bunyan war ursprnglich Kesselflicker gewesen und hatte als
+gemeiner Soldat in der Parlamentsarmee gedient. Schon in seinen frheren
+Jahren hatten ihn furchtbare Gewissensbisse wegen seiner Jugendsnden
+geqult, von denen jedoch die schlimmsten solche gewesen zu sein
+scheinen, welche die Welt fr verzeihlich hlt. Seine groe Reizbarkeit
+und seine glhende Phantasie machten seine inneren Kmpfe ganz besonders
+qualvoll. Er bildete sich ein, da ein Verdammungsurtheil ber ihn
+verhngt sei, da er den heiligen Geist gelstert, da er Christum
+verkauft habe und da er thatschlich von einem bsen Geiste besessen
+sei. Bald vernahm er laute Warnungsstimmen vom Himmel, bald versuchte
+ihn der Teufel durch gottlose Einflsterungen. Er hatte Visionen von
+entfernten Berggipfeln, welche die Sonne glnzend beleuchtete, von denen
+er aber durch eine Schneewste getrennt war. Er fhlte wie der Teufel
+ihn an den Kleidern zupfte; er glaubte, das Kainszeichen sei ihm
+aufgedrckt; er frchtete da er zerbersten werde, wie Judas. Diese
+Seelenkmpfe zerrtteten seine Gesundheit. Den einen Tag zitterte er wie
+ein vom Schlage Getroffener; ein andermal brannte es ihn wie Feuer in
+der Brust. Es ist kaum zu begreifen, da er so entsetzlichen und
+andauernden Qualen nicht unterlag. Endlich zertheilten sich die Wolken.
+Aus dem Abgrunde der Verzweiflung erhob sich der Bende in einen
+Zustand heiterer Glckseligkeit. Ein unwiderstehlicher Drang trieb ihn
+an, auch Andere des Segens theilhaftig werden zu lassen, dessen er
+selbst geno.[48] Er schlo sich den Baptisten an und wurde Prediger und
+Schriftsteller. Seine Erziehung war die eines Handwerkers gewesen und er
+verstand keine andre Sprache als die englische, wie sie von dem niederen
+Volke gesprochen wird. Er hatte kein groes Musterwerk studirt, mit der
+einzigen, allerdings sehr bedeutenden Ausnahme unsrer herrlichen
+Bibelbersetzung. Seine Orthographie war schlecht; er machte hufige
+Verste gegen die Regeln der Grammatik. Doch sein angebornes Genie und
+seine durch eigene Erfahrung erworbene Kenntni aller religisen
+Gefhle, von der Verzweiflung bis zur Verzckung, ersetzten in ihm
+reichlich den Mangel an Gelehrsamkeit. Seine natrliche Beredtsamkeit
+erhob und rhrte Zuhrer, welche bei den fleiig ausgearbeiteten
+Vortrgen groer Dialektiker und Hebraisten kalt blieben. Seine Werke
+waren unter den niederen Klassen weit verbreitet. Eines davon, des
+Pilgers Reise, wurde schon zu seinen Lebzeiten in mehrere fremde
+Sprachen bersetzt. Den Gelehrten und hher Gebildeten war es jedoch
+kaum bekannt, und die frommen Httenbewohner und Handwerker hatten sich
+bereits seit einem Jahrhundert daran erfreut, als es endlich von einem
+in der Literatur sehr hochstehenden Manne ffentlich empfohlen wurde.
+Die Kritik lie sich nun herab, das Geheimni einer so ausgedehnten und
+dauernden Popularitt zu erforschen. Sie mute gestehen, da die
+unwissende Menge richtiger geurtheilt hatte als die Gelehrten und da
+das verachtete Bchlein wirklich ein Meisterwerk war. Bunyan ist in der
+That ebenso gewi der erste Allegoriker, wie Demosthenes der erste
+Redner und Shakespeare der erste Dramatiker ist. Zwar haben andere
+Allegoriker eine gleiche Erfindungsgabe gezeigt; aber kein andrer ist je
+im Stande gewesen, das Herz zu rhren und abstracte Begriffe zu
+Gegenstnden des Entsetzens, des Mitleids und der Liebe zu machen.[49]
+
+Es drfte zu bezweifeln sein, ob irgend ein englischer Dissenter die
+Last der Strafgesetze schwerer empfunden hat als Johann Bunyan. Von den
+siebenundzwanzig Jahren, welche seit der Restauration verstrichen waren,
+hatte er zwlf im Gefngni zugebracht. Dennoch fuhr er fort zu
+predigen, aber um dies zu knnen, mute er sich als Fuhrmann verkleiden.
+Oft wurde er, im Fuhrmannskittel und mit der Peitsche in der Hand, durch
+eine Hinterthr in die Versammlung eingefhrt. Htte er nur an seine
+eigene Ruhe und Sicherheit gedacht, so wrde er die Indulgenzerklrung
+freudig begrt haben. Jetzt durfte er endlich am hellen Tage predigen
+und ermahnen. Seine Gemeinde wuchs mit reiender Schnelligkeit. Tausende
+hingen an seinen Lippen und in Bedford, wo er sich grtentheils
+aufhielt, gingen reiche Beisteuern zum Bau eines Bethauses fr ihn ein.
+Er stand in so hohem Ansehen bei dem gemeinen Volke, da die Regierung
+ihm gern ein stdtisches Amt bertragen htte; aber sein scharfer
+Verstand und sein treues englisches Herz widerstanden siegreich allen
+Versuchungen und Tuschungen. Er war fest berzeugt, da die angebotene
+Duldung nur ein Kder sei, um die puritanische Partei damit ins
+Verderben zu locken; auch wollte er nicht durch Annahme einer Stelle, zu
+der er nicht gesetzlich qualificirt war, die Gltigkeit der
+Dispensationsgewalt anerkennen. Eine der letzten edlen Handlungen seines
+tugendreichen Lebens war die Ablehnung einer Unterredung, zu der er
+durch einen Agenten der Regierung eingeladen wurde.[50]
+
+ [Anmerkung 48: +Bunyan's Grace Abounding.+]
+
+ [Anmerkung 49: Young stellt Bunyan's Prosa auf gleiche Stufe mit
+ Durfey's Poesie. Die fashionablen Leute im +Spiritual Quixote+
+ stellen den +Pilgrim's Progress+ mit +Jack the Giantkiller+
+ zusammen. Spt im achtzehnten Jahrhundert wagte Cowper nur eine
+ Anspielung auf den groen Allegoriker:
+
+ Nicht nennen will ich dich, damit Dein Name
+ Statt wohlverdienten Ruhm nicht Hohn Dir bringe.]
+
+ [Anmerkung 50: Fortsetzung von Bunyan's Biographie im Anhang zu
+ seiner berstrmenden Gnade.]
+
+
+[_Kiffin._] So gro Bunyan's Ansehen bei den Baptisten war, Wilhelm
+Kiffin's Ansehen war noch grer. Kiffin war in Bezug auf Rang und
+Reichthum der Erste unter ihnen. Er pflegte seine geistlichen Talente
+bei ihren Versammlungen auszuben, erwarb sich aber nicht durch Predigen
+seinen Unterhalt. Er machte groe Handelsgeschfte, stand an der Brse
+in hohem Ansehen und hatte sich ein bedeutendes Vermgen gesammelt.
+Niemand htte vielleicht unter den dermaligen Verhltnissen dem Hofe
+werthvollere Dienste leisten knnen als er. Aber zwischen ihm und dem
+Hofe stand die Erinnerung an ein entsetzliches Ereigni. Er war der
+Grovater der Gebrder Hewling, der beiden muthigen Jnglinge, welche
+von allen Opfern der blutigen Assisen vielleicht am allgemeinsten
+bedauert worden waren. Fr das traurige Loos des einen von ihnen war
+Jakob ganz besonders verantwortlich. Jeffreys hatte dem jngeren Bruder
+einen Aufschub bewilligt. Churchill hatte der Schwester der beiden
+jungen Mnner eine Audienz beim Knige verschafft, und sie hatte um
+Gnade gefleht; aber des Knigs Herz war unerbittlich gewesen. Es war fr
+die ganze Familie ein harter Schlag; am meisten aber war Kiffin zu
+bedauern. Er war siebzig Jahr alt, als er vereinsamt dastand. Diejenigen
+berlebend, die ihn hatten berleben sollen. Die herzlosen und feilen
+Schmarotzer von Whitehall glaubten, indem sie nach sich selbst
+urtheilten, der alte Mann werde durch einen Aldermansmantel und durch
+eine Geldentschdigung fr das verwirkte Vermgen seiner Enkel leicht
+wieder zu gewinnen sein. Penn wurde zu dem Verfhrungswerke ausersehen;
+aber seine Bemhungen waren vergebens. Der Knig beschlo hierauf, die
+Wirkung seiner persnlichen Artigkeit zu versuchen. Kiffin wurde in den
+Palast beschieden. Er fand einen glnzenden Kreis von Kavalieren und
+Gentlemen versammelt. Jakob kam ihm sogleich entgegen, redete ihn sehr
+freundlich an und schlo mit den Worten: Ich habe Sie zu einem der
+Aldermen von London bestimmt, Herr Kiffin. Der alte Mann sah den Knig
+fest an, brach in Thrnen aus und antwortete: Sire, ich bin abgenutzt,
+ich bin nicht mehr fhig, Eurer Majestt oder der Hauptstadt zu dienen.
+Und berdies, Sire, hat der Tod meiner armen Jungen mir das Herz
+gebrochen. Diese Wunde ist noch heute so frisch wie jemals, und ich
+werde sie mit ins Grab nehmen. Der Knig schwieg einige Augenblicke
+sichtlich bewegt und sagte dann: Ich werde einen Balsam fr diese Wunde
+finden, Herr Kiffin. Es war gewi nicht Jakob's Absicht, etwas
+Krnkendes oder bermthiges zu sagen, im Gegentheil, er scheint sich in
+einer ungewhnlich weichen Stimmung befunden zu haben. Dennoch wirft
+keine uerung die uns von ihm berichtet wird, ein so nachtheiliges
+Licht auf seinen Character als diese wenigen Worte. Es sind die Worte
+eines hartherzigen, niedrig denkenden Mannes, der sich keine Verwundung
+des Gefhls denken kann, welche durch eine Stelle oder durch eine
+Pension nicht vollkommen zu heilen wre.[51]
+
+Der Theil der Dissenters, der sich der neuen Politik des Knigs gnstig
+zeigte, war von Anfang an klein gewesen und begann bald noch mehr
+zusammenzuschmelzen. Denn die Nonconformisten erkannten in nicht langer
+Zeit, da ihre geistlichen Privilegien durch die Indulgenz eher
+geschmlert als erweitert worden waren. Der characteristische Zug des
+Puritaners war Abscheu gegen die Eigenthmlichkeiten der rmischen
+Kirche. Er hatte sich nur deshalb von der anglikanischen Kirche
+losgetrennt, weil er meinte, da sie ihrer hochmthigen und ppigen
+Schwester, der Zauberin mit dem goldenen Becher und dem Purpurgewande,
+zu hnlich she. Jetzt fand er, da eine von den stillschweigenden
+Bedingungen des Bndnisses, welches einige seiner Seelenhirten mit dem
+Hofe geschlossen hatten, die war, da die Religion des Hofes mit Achtung
+und Schonung behandelt werden sollte. Er begann bald sich nach den Tagen
+der Verfolgung zurckzusehnen. So lange die Strafgesetze noch angewendet
+wurden, hatte er die Worte des Lebens zwar im Geheimen und mit
+persnlicher Gefahr angehrt, aber er hatte sie doch gehrt. Wenn die
+Brder in ihrer Stube versammelt waren, wenn die Schildwachen
+ausgestellt und die Thren verschlossen waren, wenn der Prediger in der
+Kleidung eines Metzgers oder Fuhrmanns ber das Dach hereingekommen war,
+dann wurde wenigstens ein wirklicher Gottesdienst gehalten. Kein Theil
+der gttlichen Wahrheit ward aus weltlichen Rcksichten unterdrckt oder
+verstmmelt, alle unterscheidenden Lehren der puritanischen Theologie
+wurden vollstndig und sogar in ihrer ungeschminktesten Form
+dargestellt. Der rmischen Kirche ward kein Pardon gegeben. Das Thier,
+der Antichrist, der Mensch der Snde, die mystische Isabel, das
+mystische Babylon waren die Ausdrcke, mit denen man jenen hehren und
+bezaubernden Aberglauben zu bezeichnen pflegte. Dies war einst die
+Sprache Alsop's, Lobb's, Rosewell's und anderer Geistlichen gewesen,
+welche krzlich im Palast wohl aufgenommen worden waren; aber so
+sprachen sie jetzt nicht mehr. Geistliche, die nach einer hohen Stufe in
+der Gunst und dem Vertrauen des Knigs strebten, durften es nicht wagen,
+in harten Worten von der Religion des Knigs zu sprechen. Die Gemeinden
+beklagten sich daher laut, da sie seit dem Erscheinen der
+Indulgenzerklrung, welche ihnen dem Wortlaute nach doch vllige
+Gewissensfreiheit gewhren wollte, das Evangelium nie mehr khn und rein
+htten verknden hren. Frher hatten sie ihre geistliche Nahrung
+verstohlen erhaschen mssen, aber wenn sie sie erhascht hatten, so
+fanden sie sie wenigstens ganz nach ihrem Geschmacke zubereitet. Jetzt
+konnten sie sie ffentlich und in aller Bequemlichkeit zu sich nehmen,
+aber sie hatte ihren ganzen Wohlgeschmack verloren. Sie versammelten
+sich bei Tage und in gerumigen Lokalen; aber sie hrten Predigten, die
+ihnen bei weitem nicht so gefielen, als die, welche der Rector ihnen
+gehalten haben wrde. In der Pfarrkirche wurde der selbstgeschaffene
+Gottesdienst und die Abgtterei Roms jeden Sonntag energisch
+angegriffen; im Versammlungshause aber htete sich der Pastor, der noch
+vor wenigen Monaten die Geistlichen der Landeskirche fr nicht viel
+besser als die Papisten erklrt hatte, jetzt sorgfltig, den Papismus zu
+tadeln, oder kleidete seinen Tadel wenigstens in ein so mildes Gewand,
+da er selbst das Ohr eines Pater Petre nicht beleidigt haben wrde.
+Auch war es nicht mglich, fr diesen Wechsel einen stichhaltigen Grund
+aufzufinden. Die rmisch-katholischen Lehren hatten sich nicht
+verndert; seit Menschengedenken waren die katholischen Priester noch
+nie so eifrig im Proselytenmachen gewesen; noch nie waren so viele
+katholische Schriften aus der Presse hervorgegangen; noch nie hatten
+Alle, die sich um die Religion kmmerten, den Streit zwischen Katholiken
+und Protestanten mit so gespannter Aufmerksamkeit verfolgt. Was konnte
+man also von der Aufrichtigkeit von Theologen halten, welche nicht mde
+geworden waren, den Papismus zu schmhen, so lange derselbe
+vergleichsweise harmlos und wehrlos war, und die jetzt, wo eine Zeit
+wirklicher Gefahr fr den reformirten Glauben gekommen, sorgfaltig jedes
+Wort vermieden, das einem Jesuiten Ansto geben konnte? Ihr Benehmen war
+in der That nicht schwer zu erklren. Es war bekannt, da einige von
+ihnen Begnadigungen erlangt, es wurde vermuthet, da andere Geld
+bekommen hatten. Ihr Vorbild war der schwache Apostel, der aus Angst den
+Herrn verleugnete, dem er prahlerisch die unverbrchlichste Treue gelobt
+hatte, oder der noch schlechtere Apostel, der seinen Herrn um eine
+Handvoll Silberlinge verkaufte.[52]
+
+So verloren die vom Hofe gewonnenen Dissentergeistlichen rasch den
+Einflu, den sie einst auf ihre Glaubensbrder besessen hatten. Auf der
+andren Seite fhlten sich die Sektirer durch eine starke religise
+Sympathie zu den anglikanischen Prlaten und Priestern hingezogen,
+welche trotz kniglicher Befehle, Drohungen und Versprechungen einen
+heftigen Krieg gegen die rmische Kirche unterhielten. Die so lange
+durch tdtliche Feindschaft getrennt gewesenen Anglikaner und Puritaner,
+nherten sich einander mit jedem Tage mehr und mehr und jeder Schritt
+zur Einigung vermehrte den Einflu des Mannes, der ihr gemeinsames
+Oberhaupt war. Wilhelm eignete sich in jeder Beziehung zum Vermittler
+zwischen diesen beiden groen Parteien der englischen Nation. Man konnte
+nicht sagen, da er einer von beiden angehre; aber keine von beiden
+konnte sich bei ruhiger berlegung weigern, ihn als einen Freund zu
+betrachten. Sein theologisches System stimmte mit dem der Puritaner
+berein. Zu gleicher Zeit betrachtete er das Episcopat wenn auch nicht
+als eine gttliche Einrichtung, doch als eine vollkommen rechtmige und
+hchst ntzliche Form des Kirchenregiments. Fragen ber Stellungen,
+Gewnder, Festtage und Liturgien waren in seinen Augen keine
+Lebensfragen. Ein einfacher Gottesdienst wie der, an den er von jeher
+gewhnt war, wrde seinem persnlichen Geschmacke am meisten zugesagt
+haben, aber er war dabei gern bereit, sich jedem Ritual zu fgen, das
+der Nation angenehm war, und bestand nur darauf, da man ihm nicht
+zumuthete, diejenigen seiner protestantischen Brder zu verfolgen, denen
+ihr Gewissen es nicht zulie, seinem Beispiele zu folgen. Zwei Jahre
+frher wrde er von zahlreichen Bigotten auf beiden Seiten fr einen
+bloen Laodicer erklrt, worden sein, der weder kalt noch warm war und
+zu nichts taugte als ausgestoen zu werden. Aber der Eifer, der
+Anglikaner gegen Dissenters und Dissenters gegen Anglikaner entflammt
+hatte, war durch gemeinsame Widerwrtigkeiten und Gefahren so gedmpft
+worden, da die Lauheit, die man ihm frher als Verbrechen angerechnet,
+jetzt als eine seiner Haupttugenden betrachtet wurde.
+
+ [Anmerkung 51: +Kiffin's Memoirs+; Luson's Brief an Brooke vom 11.
+ Mai 1773 in der Hughes-Correspondenz.]
+
+ [Anmerkung 52: Man sehe unter anderen zeitgenssischen
+ Flugschriften eine mit dem Titel: +A Representation of the
+ threatening Dangers impending over Protestants.+]
+
+
+[_Der Prinz und die Prinzessin von Oranien gegen die
+Indulgenzerklrung._] Jedermann war gespannt auf seine Ansicht ber die
+Indulgenzerklrung. Eine Zeit lang nhrte man in Whitehall die Hoffnung,
+da seine bekannte Achtung vor den Rechten des Gewissens ihn wenigstens
+abhalten werde, ffentlich seine Mibilligung einer Politik
+auszusprechen, die einen unleugbaren Anstrich von Freisinnigkeit hatte.
+Penn schickte zahlreiche Auseinandersetzungen nach dem Haag und begab
+sich sogar persnlich dahin, in der Hoffnung da seine Beredtsamkeit,
+von der er eine hohe Meinung hatte, sich als unwiderstehlich erweisen
+werde. Aber obgleich er sein Lieblingsthema mit einer Redseligkeit
+entwickelte, die seine Zuhrer ermdete und obgleich er sie versicherte,
+da ein Mann, der mit den Engeln verkehre, ihm das Herannahen eines
+goldenen Zeitalters der Religionsfreiheit geoffenbart habe, so machte er
+doch keinen Eindruck auf den Prinzen.[53] Ihr verlangt von mir, sagte
+er zu einem der Agenten des Knigs, da ich einen Angriff auf meine
+eigne Religion untersttzen soll. Das kann ich mit gutem Gewissen nicht
+thun, und ich werde es nicht thun, nein, nicht um die Krone Englands,
+nicht um die Herrschaft der Welt! Diese Worte wurden dem Knige
+mitgetheilt und sie beunruhigten ihn nicht wenig.[54] Er schrieb mit
+eigner Hand eindringliche Briefe. Zuweilen nahm er den Ton des
+Beleidigten an. Er sei das Oberhaupt der kniglichen Familie, als
+solches sei er berechtigt, von den jngeren Mitgliedern Gehorsam zu
+erwarten, und es sei sehr hart, da er in einer Angelegenheit, die ihm
+ber Alles am Herzen liege, auf Widerstand stoe. Andere Male wurde ihm
+ein Kder vorgehalten, den man fr unwiderstehlich hielt. Wenn Wilhelm
+nur in diesem einen Punkte nachgbe, so wrde die englische Regierung
+ihm dafr krftigen Beistand gegen Frankreich leisten. Er lie sich aber
+nicht bethren. Er wute, da Jakob selbst beim besten Willen ohne die
+Untersttzung eines Parlaments nicht im Stande sein wrde, der
+gemeinschaftlichen Sache Europa's einen wirksamen Dienst zu leisten, und
+es konnte keinem Zweifel unterliegen, da wenn ein Parlament
+zusammenkam, die erste Forderung beider Huser die Cassirung der
+Indulgenzerklrung sein wrde.
+
+Die Prinzessin stimmte allen Meinungsuerungen ihres Gemahls bei, und
+ihre gemeinschaftliche Ansicht wurde dem Knige in entschiedenen aber
+gemigten Ausdrcken mitgetheilt. Sie erklrten, da sie das von Seiner
+Majestt eingeschlagene Verfahren lebhaft bedauerten. Sie seien
+berzeugt, da er sich ein Hoheitsrecht angemat habe, das ihm
+gesetzlich nicht zustehe. Gegen diese Anmaung protestirten sie, nicht
+nur als Freunde der brgerlichen Freiheit, sondern auch als Mitglieder
+des kniglichen Hauses, als welche sie ein hohes Interesse an der
+Erhaltung der Rechte dieser Krone htten, die sie einst tragen knnten.
+Denn die Erfahrung habe gelehrt, da Willkrherrschaft in England
+unfehlbar eine Reaction nach sich ziehe, die noch verderblicher sei als
+jene selbst, und man msse mit Grund befrchten, da die durch die
+Aussicht auf Despotismus beunruhigte und entrstete Nation selbst gegen
+die constitutionelle Monarchie einen Widerwillen fassen wrde. Sie gben
+daher dem Knige den Rath, da er in allen Dingen streng nach dem
+Gesetze regieren mge. Sie gestnden sehr gern zu, da das Gesetz mit
+Nutzen durch die competente Autoritt abgendert werden knne und da
+ein Theil seiner Erklrung es wohl verdiene, einer Parlamentsacte
+einverleibt zu werden. Sie seien keine Verfolger, sie wrden mit
+Vergngen rmische Katholiken so gut als protestantische Dissenters in
+geeigneter Weise von allen Strafgesetzen befreit, und ebenso gern
+protestantische Dissenters in zweckmiger Weise zu brgerlichen mtern
+zugelassen sehen. Weiter aber knnten Ihre Hoheiten nicht gehen. Sie
+knnten sich der ernsten Besorgni nicht enthalten, da die Zulassung
+rmischer Katholiken zu Staatsmtern groe Nachtheile hervorrufen
+wrden, und es war nicht undeutlich zu verstehen gegeben, da der Grund
+zu dieser Besorgni namentlich in Jakob's Handlungsweise liege.[55]
+
+ [Anmerkung 53: +Burnet I. 693, 694.+]
+
+ [Anmerkung 54: +Le Prince d'Orange, qui avoit lud jusqu'alors
+ de faire une rponse positive dit ... qu'il ne consentira jamaia
+ la suppression de ces lois qui avoient t tablies pour le
+ maintien et la suret de la religion Protestante, et que sa
+ conscience ne lui permettoit point, non seulement pour la
+ succession du royaume d'Angleterre, mais mme pour l'empire du
+ monde; en sorte que le roi d'Angleterre est plus aigri contre lui
+ qu'il n'a jamais t.+ -- Bonrepaux, 11.(21.) Juni 1687.]
+
+ [Anmerkung 55: +Burnet, I. 710+; Bonrepaux, 24. Mai (4. Juni)
+ 1687.]
+
+
+[_Vertheidigung ihrer Ansichten bezglich der englischen Katholiken._]
+Die ausgesprochene Ansicht des Prinzen und der Prinzessin ber die
+Ausschlieungen, denen die rmischen Katholiken unterworfen waren,
+theilten fast alle Staatsmnner und Philosophen, welche damals der
+politischen und religisen Freiheit eifrig das Wort redeten. In unsrer
+Zeit dagegen haben erleuchtete Mnner oft mit Bedauern sich dahin
+geuert, da Wilhelm in diesem einen Punkte gegen seinen Schwiegervater
+im Nachtheil stehe. Das Wahre ist, da einige Erwgungen, welche
+nothwendig sind, wenn man sich ein richtiges Urtheil bilden will, von
+vielen Schriftstellern des neunzehnten Jahrhunderts nicht bercksichtigt
+worden zu sein scheinen.
+
+Es sind zwei einander entgegengesetzte Irrthmer, in welche Diejenigen,
+die sich mit dem Studium unsrer vaterlndischen Geschichte beschftigen,
+in steter Gefahr sind zu verfallen: der Irrthum, da sie die Gegenwart
+nach der Vergangenheit, und der Irrthum, da sie die Vergangenheit nach
+der Gegenwart beurtheilen. Dem ersteren sind Diejenigen unterworfen,
+welche geneigt sind alles Alte zu verehren, dem zweiten Diejenigen,
+welche von allem Neuen angezogen werden. Auf den ersteren stt man
+bestndig in den Raisonnements conservativer Politiker ber die Fragen
+ihrer Zeit, der zweite findet sich immer in den Betrachtungen von
+Schriftstellern der liberalen Richtung, wenn sie die Ereignisse einer
+frheren Zeit besprechen. Der erstere ist bei einem Staatsmanne, der
+andre bei einem Geschichtsschreiber verderblicher.
+
+Es ist fr Niemanden, der es in Unsrer Zeit unternimmt, ber die
+Revolution zu schreiben, welche die Stuarts strzte, so leicht, die
+rechte Mittelstrae zwischen diesen beiden Extremen stetig einzuhalten.
+Die Frage, ob es gerathen sei, Mitglieder der katholischen Kirche zum
+Parlament und zu Staatsmtern zuzulassen, erschtterte unser Vaterland
+whrend der Regierung Jakob'sII., durch seinen Sturz wurde sie in den
+Hintergrund zurckgedrngt, und nachdem sie ber ein Jahrhundert lang
+geruht hatte, kam sie in Folge der groen Aufregung der Gemther, welche
+dem Zusammentritt der franzsischen Nationalversammlung folgte, wieder
+zur Sprache. Dreiig Jahre whrte der Streit in beiden Husern des
+Parlaments, in jedem Wahlkrper, in jedem Kreise der Gesellschaft. Er
+strzte Ministerien, zerri Parteien, machte in einem Theile des Landes
+jede Regierung unmglich und brachte uns zuletzt an den Rand des
+Brgerkrieges. Selbst nach Beendigung des Kampfes gohren die
+Leidenschaften, die er aufgeregt hatte, noch immer fort. Ein Mann,
+dessen Geist unter dem Einflusse dieser Leidenschaften stand, konnte
+fast unmglich die Ereignisse der Jahre 1687 und 1688 in einem
+vollkommen richtigen Lichte erblicken.
+
+Eine Klasse von Politikern, welche von dem richtigen Vordersatze
+ausging, da die Revolution eine groe Wohlthat fr unser Land gewesen
+sei, gelangte zu dem irrigen Schlusse, da keine Brgschaft, die von den
+Staatsmnnern der Revolution zum Schutze unsrer Religion und unsrer
+Freiheit fr nthig erachtet worden war, ohne Gefahr abgeschafft werden
+knnte. Eine andre Klasse, die von dem ebenfalls richtigen Vordersatze
+ausging, da die ber die Katholiken verhngten Ausschlieungen lange
+Zeit nichts als Unheil verursacht htten, kam zu dem falschen Schlusse,
+da diese Ausschlieungen zu keiner Zeit ntzlich und nothwendig gewesen
+sein knnten. Der erste Trugschlu durchdrang die Reden des geistreichen
+und gelehrten Eldon, der andre blieb selbst auf einen so ruhigen und
+philosophischen Kopf wie Mackintosh nicht ganz ohne Einflu.
+
+Bei nherer Prfung wird es sich jedoch vielleicht zeigen, da wir das
+von allen groen englischen Staatsmnnern des siebzehnten Jahrhunderts
+einstimmig gebilligte Verfahren rechtfertigen knnen, ohne die Weisheit
+des von allen groen englischen Staatsmnnern unsrer Zeit eben so
+einstimmig gebilligten Verfahrens in Zweifel zu ziehen.
+
+Es ist unbestreitbar ein bel, wenn ein Brger seiner religisen Meinung
+halber vom Staatsdienste ausgeschlossen sein soll; aber der menschlichen
+Weisheit bleibt zuweilen nichts andres brig als die Wahl zwischen zwei
+beln. Eine Nation kann in eine Lage kommen, in der die Mehrheit
+entweder Ausschlieungen verhngen oder sich solche gefallen lassen
+mu und wo das was unter gewhnlichen Verhltnissen mit Recht als
+Verfolgung verdammt werden wrde, noch innerhalb der Grenzen der
+Selbstvertheidigung liegt. In einer solchen Situation befand sich
+England im Jahre 1687.
+
+Nach der Verfassung des Reichs hatte Jakob das Recht, fast alle
+ffentlichen Beamten, bei der Regierung, bei den Gerichten, in der
+Kirche, beim Militair und bei der Flotte zu ernennen. Bei der Ausbung
+dieses Rechts war er nicht, wie unsere gegenwrtigen Souveraine,
+genthigt, in bereinstimmung mit dem Rathe von Ministern, die das Haus
+der Gemeinen billigte, zu handeln. Es lag also auf der Hand, da es,
+wenn er durch das Gesetz nicht streng verbunden war, nur Protestanten
+anzustellen, ihm frei stand, lauter Katholiken anzustellen. Die Anzahl
+der rmischen Katholiken war unbedeutend, und es gab nicht einen
+einzigen Mann unter ihnen, dessen Dienste der Staat ernstlich vermit
+haben wrde. Das Verhltni, in dem ihre Zahl zur Gesammtbevlkerung
+stand, war noch viel geringer als es gegenwrtig ist, denn gegenwrtig
+ergiet sich ein ununterbrochener Auswanderungsstrom von Irland in
+unsere groen Stdte, whrend es im siebzehnten Jahrhunderte noch nicht
+einmal in London eine irische Colonie gab. Neunundvierzig Funfzigstel
+der Bewohner des Knigreichs, neunundvierzig Funfzigstel des Vermgens
+des Knigreichs, fast alle politischen, juristischen und militairischen
+Talente und Kenntnisse, die das Land besa, waren protestantisch.
+Trotzdem hatte der Knig in thrichter Verblendung sich vorgenommen,
+sein unbegrenztes Ernennungsrecht als Mittel zum Proselytenmachen zu
+benutzen. Seiner Kirche angehren war in seinen Augen der erste
+Befhigungstitel fr ein Amt. Der Landeskirche angehren war entschieden
+ein Grund der Nichtbefhigung. Er verwarf zwar in einer Sprache, welche
+den Beifall einiger leichtglubigen Freunde der Glaubensfreiheit fand,
+die monstrse Ungerechtigkeit des Religionseides, der eine kleine
+Minderheit der Nation von ffentlichen mtern ausschlo; zu gleicher
+Zeit aber fhrte er einen andren Religionseid ein, der die Mehrheit
+ausschlo. Es schien ihm hart, da ein guter Finanzmann und loyaler
+Unterthan lediglich deshalb weil er ein Papist war, von dem Posten eines
+Lordschatzmeisters ausgeschlossen sein sollte; aber er selbst hatte
+einen Lordschatzmeister, den er als einen tchtigen Finanzmann und
+loyalen Unterthan anerkannt, blo deshalb abgesetzt, weil er Protestant
+war. Er hatte wiederholt und bestimmt erklrt, er sei fest entschlossen,
+den weien Stab niemals in die Hnde eines Ketzers zu geben. Mit vielen
+anderen hohen Staatsmtern war er ebenso verfahren. Bereits waren der
+Lordprsident, der Geheimsiegelbewahrer, der Oberkammerherr, der
+Garderobeaufseher, der erste Lord des Schatzes, ein Staatssekretr, der
+Lordobercommissar von Schottland, der Kanzler von Schottland und der
+Sekretr von Schottland Katholiken oder gaben sich wenigstens dafr aus.
+Die meisten von diesen Beamten waren von Haus aus Anglikaner und hatten
+sich des offenen oder geheimen Abfalls schuldig gemacht, um ihre hohen
+Stellen zu erlangen oder zu behalten. Jeder Protestant, der noch einen
+wichtigen Staatsposten bekleidete, bekleidete ihn in bestndiger
+Ungewiheit und Angst. Wir wrden nicht fertig werden, wollten wir
+die untergeordneteren Stellen anfhren, welche von Mitgliedern der
+begnstigten Klasse besetzt waren. In jedem Zweige der Verwaltung
+wimmelte es schon von Katholiken. Sie waren Lordlieutenants,
+stellvertretende Lieutenants, Richter, Friedensrichter, Zollcommissare,
+Gesandte an fremden Hfen, Regimentsobersten und Festungscommandanten.
+Der Antheil, den sie binnen wenigen Monaten von den durch die Krone zu
+besetzenden weltlichen mtern erlangt hatten, war weit ber zehnmal so
+gro, als er unter einem unparteiischen Systeme gewesen sein wrde.
+Dies war indessen noch nicht das Schlimmste. Man hatte sie auch zu
+Beherrschern der anglikanischen Kirche gemacht. Mnner, die den Knig
+versichert hatten, da sie seines Glaubens seien, saen in der Hohen
+Commission und bten die hchste geistliche Gerichtsbarkeit ber alle
+Prlaten und Priester der Landeskirche aus. Kirchliche Pfrnden von
+hohem Ansehen waren theils erklrten, theils verkappten Papisten
+verliehen worden. Und dies Alles war geschehen, whrend die Gesetze
+gegen den Papismus noch in Kraft waren und Jakob noch gegrndete Ursache
+hatte, Achtung vor den Rechten des Gewissens zu heucheln. Was war also
+von ihm zu erwarten, wenn seine Unterthanen einwilligten, ihn durch ein
+Gesetz von jedem Schatten der Beschrnkung vollends zu befreien? Kann
+man wohl daran zweifeln, da Protestanten durch eine streng gesetzmige
+Anwendung der kniglichen Prrogative eben so wirksam von Anstellungen
+ausgeschlossen worden wren, als jemals rmische Katholiken durch eine
+Parlamentsacte ausgeschlossen worden sind?
+
+Wie hartnckig Jakob entschlossen war, den Mitgliedern seiner Kirche
+einen Antheil an den ffentlichen mtern zu gewhren, der zu ihrer Zahl
+und zu ihrer Bedeutung auer allem Verhltni stand, geht aus den
+Instructionen hervor, die er im Exil und im hohen Alter als Leitfaden
+fr seinen Sohn aufzeichnete. Es ist unmglich, diese Ergsse eines
+Mannes, an dem alle Lehren der Erfahrung und des Unglcks spurlos
+vorbergegangen waren, ohne ein Gemisch von Mitleid und Verachtung zu
+lesen. Dem Prtendenten wird anempfohlen, wenn er einmal zur Regierung
+in England gelangen sollte, die mter zu theilen und den Mitgliedern der
+rmischen Kirche einen Antheil zu reserviren, der gro genug fr sie
+gewesen sein wrde, wenn sie die Hlfte, anstatt ein Funfzigstel der
+Nation gebildet htten. Ein Staatssekretr, ein Schatzcommissar, der
+Kriegssekretr, die Mehrheit der Growrdentrger des Hofstaates und die
+Mehrzahl der Offiziere der Armee mten immer Katholiken sein. Dies
+waren Jakob's Ansichten selbst dann noch, als seine thrichte Bigotterie
+ihm eine Strafe zugezogen hatte, ber welche die ganze Welt erschrocken
+war. Kann man also wohl in Zweifel darber sein, wie er gehandelt haben
+wrde, wenn sein Volk, durch den leeren Namen der religisen Freiheit
+geblendet, ihn ohne Zgel htte fortregieren lassen?
+
+Selbst Penn scheint trotz seiner blinden und malosen Begeisterung fr
+die Indulgenzerklrung eingesehen zu haben, da man sich nicht wundern
+durfte, wenn die Parteilichkeit, mit der rmische Katholiken mit
+Ehrenstellen und Einknften berschttet wurden, die Eifersucht der
+Nation erregte. Er gab zu, da die Protestanten im Fall der Aufhebung
+der Testacte Anspruch auf ein quivalent htten, und ging sogar so weit,
+da er verschiedene quivalente vorschlug. Schon seit mehreren Wochen
+war das Wort quivalent, damals erst krzlich aus Frankreich eingefhrt,
+im Munde aller Kaffeehausredner; endlich aber machten einige Seiten
+scharfsinniger Logik und feiner Sarkasmen aus Halifax' Feder diesen
+hohlen Projecten ein Ende. Einer von Penn's Plnen bestand darin, da
+ein Gesetz erlassen werden sollte, welches die von der Krone zu
+verleihenden mter in drei gleiche Theile theilte, von denen nur einer
+den Mitgliedern der katholischen Kirche zufallen sollte. Selbst unter
+einem solchen System wrden die Katholiken noch immer zwanzigmal den
+ihnen eigentlich zustehenden Antheil erhalten haben, und doch kann man
+nicht annehmen, da der Knig selbst in eine solche Anordnung gewilligt
+haben wrde. Htte er aber auch darein gewilligt, welche Garantie konnte
+er bieten, da er auch wirklich an diesem bereinkommen festhielt? Man
+hatte keine Antwort auf das von Halifax aufgestellte Dilemma: wenn
+Gesetze fr Euch bindend sind, so beobachtet das jetzt bestehende
+Gesetz; sind sie nicht bindend fr Euch, so ist es auch nutzlos, uns ein
+Gesetz als Brgschaft zu bieten.[56]
+
+Es ist sonach klar, da es sich gar nicht darum handelte, ob weltliche
+mter allen Religionsparteien ohne Unterschied offen stehen sollten. So
+lange Jakob Knig war, war Ausschlieung unvermeidlich, und es fragte
+sich nur, wer ausgeschlossen werden sollte, ob Papisten oder
+Protestanten, die Wenigen oder die Vielen, hunderttausend Englnder oder
+fnf Millionen.
+
+Dies sind die gewichtigen Grnde, durch welche das Verfahren des Prinzen
+von Oranien gegen die englischen Katholiken mit den Grundstzen der
+Glaubensfreiheit in Einklang gebracht werden kann. Diese Grnde haben,
+wie man bemerken wird, mit keinem Theile der katholischen Theologie
+etwas zu thun. Ebenso wird man einsehen, da sie ihr ganzes Gewicht
+verlieren muten, als die Krone an ein protestantisches Herrscherhaus
+gekommen und die Macht des Unterhauses im Staate ein so entschiedenes
+bergewicht erlangt hatte, da kein Souverain, mochten seine Ansichten
+oder Neigungen sein, welche sie wollten, das Beispiel Jakob's
+nachahmen konnte. Die Nation befand sich indessen nach ihren Schrecken,
+ihren Kmpfen und ihrer mit genauer Noth erlangten Rettung in
+einer mitrauischen und rachschtigen Stimmung. Daher wurden
+Vertheidigungsmittel, welche die Nothwendigkeit gerechtfertigt hatte,
+die aber auch nur die Nothwendigkeit rechtfertigen konnte, noch lange,
+nachdem die Nothwendigkeit nicht mehr vorhanden war, hartnckig
+beibehalten, und erst aufgegeben, nachdem das herrschende Vorurtheil
+einen langjhrigen Kampf gegen die Vernunft bestanden hatte. Zu den
+Zeiten Jakob's aber standen Vernunft und herrschendes Vorurtheil auf der
+nmlichen Seite. Der Fanatiker und Ignorant wollte den Katholiken vom
+Staatsdienste ausschlieen, weil er Kltze und Steine anbetete, weil er
+das Zeichen des Thieres an sich trug, weil er London angezndet und Sir
+Edmondsbury Godfrey erwrgt hatte, und der einsichtsvollste und
+toleranteste Staatsmann wurde, whrend er ber den Irrwahn lchelte, in
+dem das gemeine Volk befangen war, auf einem ganz andren Wege zu dem
+nmlichen Schlusse gefhrt.
+
+Wilhelm's groer Plan war jetzt, die zahlreichen Theile des groen
+Krpers, der ihn als sein gemeinschaftliches Oberhaupt betrachtete, zu
+einem Ganzen zu vereinigen. Bei diesem Werke hatte er mehrere geschickte
+und zuverlssige Mitarbeiter, von denen zwei, Burnet und Dykvelt, ihm
+ganz besonders ntzlich waren.
+
+ [Anmerkung 56: Johnstone, 13. Jan. 1688; +Halifax's Anatomy of an
+ Equivalent+.]
+
+
+[_Jakob's Feindschaft gegen Burnet._] Burnet's Dienste muten allerdings
+mit einiger Vorsicht angewendet werden. Die freundliche Aufnahme, die er
+im Haag gefunden, hatte Jakob heftig aufgebracht, und Marie erhielt von
+ihrem Vater zwei Briefe voll Invectiven gegen den frechen und
+whlerischen Theologen, den sie beschtzte. Diese Beschuldigungen aber
+machten einen so geringen Eindruck auf sie, da sie Antworten darauf
+zurcksandte, welche Burnet selbst dictirt hatte. Im Januar 1687 endlich
+schritt der Knig zu energischeren Maregeln. Skelton, der die englische
+Regierung bei den Vereinigten Provinzen vertreten hatte, wurde nach
+Paris versetzt und erhielt Albeville, das schwchste und gemeinste
+Mitglied der ganzen jesuitischen Cabale, zum Nachfolger. Geld war
+Albeville's einziger Lebenszweck, und er nahm es von Jedem, der es ihm
+anbot. Er wurde zu gleicher Zeit von Frankreich und von Holland bezahlt.
+Er verschmhte sogar den erbrmlichen Anstand, den auch die
+Bestechlichkeit zu beobachten pflegt, und nahm so kleine Geschenke an,
+wie sie eher einem Lasttrger oder einem Bedienten zukommen als einem
+Gesandten, der mit einer englischen Baronie und einem auslndischen
+Marquisate beehrt worden war. Einmal steckte er mit der grten
+Gemthsruhe ein Trinkgeld von fnfzig Pistolen fr einen Dienst ein, den
+er den Generalstaaten geleistet hatte. Dieser Mann war beauftragt, zu
+verlangen, da Burnet im Haag nicht lnger begnstigt werde. Wilhelm,
+der keine Lust hatte, sich von einem so werthvollen Freunde zu trennen,
+antwortete zuerst mit seiner gewohnten Klte: Ich wte nicht, Sir, da
+der Doctor seit seinem Hiersein etwas gethan oder gesagt htte, worber
+Seine Majestt sich mit Grund beklagen knnte. Jakob aber bestand
+entschieden auf seiner Forderung, und da die geeignete Zeit zu einem
+offenen Bruche noch nicht gekommen war, so mute Wilhelm nachgeben. ber
+anderthalb Jahr lang kam Burnet weder mit dem Prinzen, noch mit der
+Prinzessin in persnliche Berhrung; aber er wohnte in ihrer Nhe, wurde
+von Allem, was vorging, genau unterrichtet, sein Rath ward bestndig in
+Anspruch genommen, seine Feder bei jedem wichtigen Anlasse benutzt und
+viele der schrfsten und wirksamsten Aufstze und Flugschriften, welche
+damals in London erschienen, wurden ihm mit Recht zugeschrieben.
+
+Jakob's Wuth entbrannte. Er war von jeher fr zornige Leidenschaften nur
+zu empfnglich gewesen, aber noch keinen seiner Feinde, selbst die
+nicht, welche sich gegen sein Leben verschworen oder es versucht hatten,
+ihm durch Meineid die Schuld des Verraths und des Mordes aufzubrden,
+hatte er mit einer solchen Erbitterung gehat, als er jetzt Burnet
+hate. Seine Majestt schimpfte tglich in hchst unkniglicher Sprache
+auf den Doctor und sann auf ungesetzliche Rache. Selbst Blut gengte
+diesem wthenden Hasse nicht; der unverschmte Theolog mute gefoltert
+werden, ehe er sterben durfte. Zum Glck war er ein Schotte von Geburt,
+und in Schottland konnten seine Beine erst in den spanischen Stiefeln
+zerquetscht werden, bevor er auf dem Grasmarkte gehngt wurde. Zu dem
+Ende wurde in Edinburg der Proze gegen ihn eingeleitet; aber er war in
+Holland naturalisirt, hatte eine vermgende Frau aus dieser Provinz
+geheirathet und es war gewi, da sein Adoptivvaterland ihn nicht
+ausliefern wrde. Man beschlo daher, ihn wegfangen zu lassen. Mit
+groen Summen wurden einige Bsewichter fr diesen gefhrlichen und
+schndlichen Dienst gedungen; im Staatssekretariat wurde zu diesem
+Zwecke eine Anweisung auf dreitausend Pfund Sterling ausgestellt. Ludwig
+wurde von dem Plane unterrichtet und interessirte sich auerordentlich
+dafr; er sicherte seinen krftigen Beistand zu, damit der Schurke nach
+England gebracht werde, und versprach, da die Werkzeuge der Rache
+Jakob's in Frankreich eine Freisttte finden sollten. Burnet kannte die
+ihm drohende Gefahr wohl, aber Furcht gehrte nicht zu seinen Fehlern.
+Er verffentlichte eine beherzte Antwort auf die in Edinburg gegen ihn
+erhobenen Anschuldigungen. Er wisse, sagte er, da man ihn ohne Proze
+hinzurichten gedenke, aber er vertraue auf den Knig aller Knige, zu
+dem unschuldiges Blut selbst gegen die mchtigsten Frsten der Erde
+nicht vergebens schreien werde. Er gab einigen Freunden ein
+Abschiedsmahl, und nach demselben nahm er als ein Mann, der dem Tode
+verfallen sei und mit dem sie ohne Gefahr nicht mehr umgehen knnten,
+feierlich Abschied von ihnen. Dessenungeachtet zeigte er sich nach wie
+vor so furchtlos auf allen ffentlichen Pltzen im Haag, da seine
+Freunde ihm wegen seiner Tollkhnheit bittere Vorwrfe machten.[57]
+
+ [Anmerkung 57: +Burnet I. 726--731+; +Answer to the Criminal
+ Letters issued out against Dr. Burnet+; +Avaux Neg., July 7.(17.),
+ 14.(24.) July 28. (Aug. 7.) 1687, Jan. 19.(29.) 1688+; Ludwig an
+ Barillon, 30. Dec. 1687 (9. Jan. 1688); Johnstone an Waristoun,
+ 21. Febr. 1688; Lady Russel an +Dr.+ Fitzwilliam, 5. Oct. 1687.
+ Da man vermuthet hat, da Burnet, der seine persnliche
+ Wichtigkeit nicht zu unterschtzen pflegte, die ihm drohende
+ Gefahr bertrieben habe, so will ich hier die Worte Ludwig's und
+ Johnstone's anfhren: +Qui que ce soit+, sagt Ludwig, +qui
+ entreprenne de l'enlever en Hollande trouvera non seulement une
+ retraite assure et une entire protection dans mes tats, mais
+ aussi toute l'assistance qu'il pourra dsirer pour faire conduire
+ surement ce sclrat en Angleterre.+ -- Mit Bamfield (Burnet)
+ ist es ganz bestimmt so, sagt Johnstone. Niemand zweifelt hier
+ daran, und Einige, die dabei betheiligt sind, leugnen es nicht.
+ Seine Freunde sagen, sie htten gehrt, da er nicht vorsichtig
+ sei, sondern aus Eitelkeit, um seinen Muth zu zeigen, mit
+ thrichter Verwegenheit handle, so da Jedermann ihn auslachen
+ werde, wenn ihm ein Unglck zustoen sollte. Ich bitte ihm dies
+ von Seiten Jones' (Johnstone) zu sagen. Wenn Einige abgefat
+ werden knnten, whrend sie ihren +coup d'essai+ auf ihn machen,
+ so wre das sehr gut, weil sie dadurch abgeschreckt wrden, etwas
+ gegen Ogle (den Prinzen) zu unternehmen.]
+
+
+[_Sendung Dykvelt's nach England._] Whrend Burnet Wilhelm's Sekretr
+fr die englischen Angelegenheiten in Holland war, wurde Dykvelt mit
+nicht geringerem Nutzen in London verwendet. Dykvelt war einer von den
+ausgezeichneten Staatsmnnern, welche in der edlen Schule des Johann de
+Witt ihre politische Bildung erhalten hatten und nach dem Falle dieses
+groen Ministers ihre Pflichten gegen die Republik dadurch am besten zu
+erfllen glaubten, da sie sich um den Prinzen von Oranien schaarten.
+Keiner von den Diplomaten im Dienste der Vereinigten Provinzen stand in
+Bezug auf Gewandtheit, Character und Manieren ber Dykvelt, und ebenso
+scheint keiner ihm in der Kenntni der englischen Verhltnisse
+gleichgekommen zu sein. Es fand sich ein Vorwand, um ihn zu Anfang des
+Jahres 1687 mit Beglaubigungsschreiben von den Generalstaaten in einer
+besonderen Mission nach England zu senden. Eigentlich aber galt seine
+Sendung nicht der Regierung, sondern der Opposition, und er handelte
+nach Privatinstructionen, welche von Burnet entworfen und von Wilhelm
+genehmigt waren.[58]
+
+ [Anmerkung 58: +Burnet, I. 708+; +Avaux Neg., Jan. 3.(13.), Feb.
+ 6.(16.) 1687+; +Van Kampen, Karakterkunde der Vaderlandsche
+ Geschiedenis.+]
+
+
+[_Unterhandlungen Dykvelt's mit englischen Staatsmnnern._] Dykvelt
+berichtete, da Jakob sich durch das Benehmen des Prinzen und der
+Prinzessin tief gekrnkt fhle. Die Pflicht meines Neffen ist, meine
+Hand zu strken, sagte der Knig, aber es hat ihm von jeher Vergngen
+gemacht, wenn er mir hat hinderlich sein knnen. Dykvelt antwortete, in
+Privatangelegenheiten habe Seine Hoheit stets die Wnsche des Knigs
+bercksichtigt und werde dies auch in Zukunft jederzeit thun, aber es
+sei doch kaum recht und billig, die Untersttzung eines protestantischen
+Frsten gegen die protestantische Kirche zu erwarten.[59] Der Knig war
+zum Schweigen gebracht, aber nicht besnftigt. Mit einem Verdrusse, den
+er nicht verhehlen konnte, sah er, da Dykvelt alle die verschiedenen
+Abteilungen der Opposition mit einer Geschicklichkeit musterte und
+einschulte, welche dem gewandtesten englischen Staatsmanne zur Ehre
+gereicht haben wrde und die bei einem Auslnder bewundernswrdig war.
+Der Geistlichkeit wurde gesagt, da sie in dem Prinzen einen Freund des
+Episcopats und der Liturgie finden werde. Den Nonconformisten wurde
+Hoffnung gemacht, da sie von ihm nicht nur Duldung, sondern sogar
+Gleichstellung zu erwarten htten. Selbst die rmischen Katholiken
+wurden vershnt und einige der Angesehensten unter ihnen sagten dem
+Knige ins Gesicht, da sie mit dem, was Dykvelt ihnen biete, zufrieden
+seien und da sie eine durch das Gesetz verbrgte Duldung einem
+gesetzwidrigen und unsicheren bergewichte vorzgen.[60]
+
+ [Anmerkung 59: +Burnet I. 711+. Dykvelt's Depeschen an die
+ Generalstaaten enthalten, so weit ich es habe ersehen oder
+ erfahren knnen, kein Wort ber den wirklichen Zweck seiner
+ Sendung. Seine Correspondenz mit dem Prinzen von Oranien war
+ streng privater Natur.]
+
+ [Anmerkung 60: Bonrepaux, 12.(22.) Sept. 1687.]
+
+
+[_Danby._] Die Oberhupter aller wichtigen Parteien der Nation hielten
+hufige Besprechungen in Gegenwart des geschickten Gesandten. Die
+Ansicht der Torypartei war bei diesen Zusammenknften hauptschlich
+durch die Earls von Danby und von Nottingham vertreten. Obgleich seit
+Danby's Sturze bereits ber acht Jahre vergangen waren, so stand sein
+Name doch bei den alten Kavalieren Englands noch in hohem Ansehen, und
+selbst viele von denjenigen Whigs, die ihn frher verfolgt hatten, gaben
+jetzt bereitwillig zu, da er fr die Snden Anderer habe ben mssen
+und da sein Eifer fr die Hoheitsrechte ihn zwar oft irre geleitet
+habe, aber bei alledem durch zwei ehrenwerthe Gefhle gemildert worden
+sei: durch Eifer fr die Staatsreligion und durch Eifer fr die Wrde
+und Unabhngigkeit seines Vaterlandes. Auch im Haag wurde er hoch
+geschtzt, denn man verga es ihm dort nie, da er es gewesen war, der
+Karl trotz des Einflusses Frankreichs und der Papisten bewogen hatte,
+die Hand der Prinzessin Marie ihrem Vetter zu geben.
+
+
+[_Nottingham._] Daniel Finch, Earl von Nottingham, ein Edelmann, dessen
+Name in der Geschichte dreier ereignivoller Regierungen hufig genannt
+werden wird, stammte aus einer Familie von unvergleichlicher
+juristischer Auszeichnung. Einer seiner Verwandten hatte das Siegel
+Karl'sI. gefhrt, hatte seine eminenten Talente und Kenntnisse zu
+schlechten Zwecken gemibraucht und war von der Rache der Gemeinen
+Englands, mit Falkland an der Spitze, verfolgt worden. Einen
+ehrenvolleren Ruf erlangte unter der folgenden Generation Heneage
+Finche. Er war unmittelbar nach der Restauration zum Staatsprokurator
+ernannt worden und war nacheinander zum Lordsiegelbewahrer, zum
+Lordkanzler, zum Baron Finch und Earl von Nottingham emporgestiegen.
+Whrend dieser ganzen glnzenden Laufbahn hatte er die Hoheitsrechte
+stets so hoch gehalten, als er es mit Ehren und Anstand konnte; nie aber
+war er bei irgend einer Machination gegen die Grundgesetze des Reichs
+betheiligt gewesen. Inmitten eines verderbten Hofes hatte er seine
+persnliche Rechtschaffenheit unbefleckt zu erhalten gewut. Auch als
+Redner geno er eines hohen Rufes, obwohl seine nach Mustern aus der
+Zeit vor dem Brgerkriege gebildete Diction gegen das Ende seines Lebens
+von den Schngeistern der heranwachsenden Generation steif und
+pedantisch genannt wurde. In Westminsterhall wird er noch immer mit
+Achtung als der Mann erwhnt, welcher aus dem Chaos, dem man in alter
+Zeit den Namen der Billigkeit gab, zuerst ein neues juristisches System
+bildete, das ebenso geregelt und vollstndig ist wie das nach welchem
+die Richter des gemeinen Rechts verfahren.[61] Ein wesentlicher Theil
+der sittlichen und geistigen Eigenschaften dieses groen Staatsmannes
+ging mit dem Titel Nottingham auf seinen ltesten Sohn ber. Dieser
+Sohn, der Earl Daniel, war ein rechtschaffener und tugendhafter Mann.
+Obwohl er in einigen abgeschmackten Vorurtheilen befangen und
+sonderbaren Anfllen von Launenhaftigkeit unterworfen war, kann man ihn
+doch nicht beschuldigen, da er um unredlichen Gewinns oder strafbaren
+Genusses willen vom Pfade des Rechts abgewichen wre. Er war, wie sein
+Vater, ein ausgezeichneter Redner und sprach eindringlich, aber
+weitschweifig und mit zu monotoner Gemessenheit. Seine Persnlichkeit
+entsprach ganz seiner Rede. Seine Haltung war steif, seine Gesichtsfarbe
+so dunkel, da man ihn fr den Eingebornen eines wrmeren Himmelstrichs
+htte halten knnen, und seine scharf markirten Gesichtszge hatten
+einen Ausdruck, welcher dem des Hauptleidtragenden bei einem Begrbnisse
+glich. Man pflegte von ihm zu sagen, da er eher wie ein spanischer
+Grande als wie ein englischer Gentleman ausshe. Spottvgel gaben ihm
+die Spitznamen Dismal (Trbselig), Don Dismallo und Don Diego, welche
+noch heute nicht vergessen sind. Er hatte auf das Studium der
+Wissenschaft, durch die seine Familie sich so hoch emporgeschwungen,
+groen Flei verwendet und war fr einen vornehm und reich gebornen Mann
+in den Gesetzen seines Vaterlandes erstaunlich bewandert. Er war ein
+treuer Sohn der Hochkirche und bewies seine Achtung vor derselben auf
+zwei Wegen, welche bei den Lords, die sich zu seiner Zeit als ihre
+besonderen Freunde gerirten, nicht gewhnlich war, nmlich dadurch, da
+er Schriften zur Vertheidigung ihrer Glaubensstze herausgab und da er
+sich in seinem Privatleben nach ihren Gebeten richtete. Wie viele andre
+eifrige Anglikaner hatte er bis vor Kurzem die monarchische
+Regierungsform krftig untersttzt. Die Politik aber, welche seit der
+Unterdrckung des Aufstandes im Westen befolgt wurde, emprte ihn auf
+das heftigste, und zwar deshalb nicht weniger, weil sein jngerer Bruder
+Heneage in Folge seiner Weigerung, die Dispensationsgewalt des Knigs zu
+vertheidigen, seines Amtes als Generalprokurator entsetzt worden
+war.[62]
+
+ [Anmerkung 61: Siehe seine Biographie von Lord Campbell.]
+
+ [Anmerkung 62: Johnstone's Correspondenz; +Mackay's Memoirs+;
+ +Arbuthnot's John Bull+; Swift's Schriften von 1710 bis 1714 an
+ mehreren Stellen; Whiston's Brief an den Earl von Nottingham und
+ des Letzteren Antwort darauf.]
+
+
+[_Halifax._] Mit diesen beiden groen toryistischen Earls war jetzt
+Halifax, das ausgezeichnete Oberhaupt der Trimmers, verbunden. Auf
+Nottingham's Gesinnungen scheint Halifax damals in der That einen
+entschiedenen Einflu ausgebt zu haben. Zwischen Halifax und Danby
+bestand eine Feindschaft, welche am Hofe Karl's begonnen hatte und
+nachher auch den Hof Wilhelm's beunruhigte, whrend der Tyrannei Jakob's
+aber wie viele andere Feindschaften ruhte. Die beiden Gegner trafen
+hufig in den von Dykvelt veranstalteten Conferenzen zusammen und
+stimmten in dem Ausdrucke des Mifallens an der Politik der Regierung
+und der Verehrung fr den Prinzen von Oranien berein. In ihrem Verkehr
+mit den hollndischen Gesandten trat die Characterverschiedenheit der
+beiden Staatsmnner stark hervor. Halifax zeigte ein bewundernswrdiges
+Talent fr Auseinandersetzungen, scheute sich aber vor khnen und
+unwiderruflichen Entschlssen. Danby war minder fein und beredt, besa
+aber mehr Energie, Entschlossenheit und praktischen Scharfblick.
+
+
+[_Devonshire._] Mehrere ausgezeichnete Whigs waren mit Dykvelt in
+fortwhrender Verbindung; aber die Oberhupter der groen Huser
+Cavendish und Russel konnten keinen so thtigen und vorwiegenden
+Antheil an den Unterhandlungen nehmen, als man nach ihrer Stellung und
+ihren Ansichten htte erwarten drfen. Der Ruhm und das Glck
+Devonshire's wurden im Augenblicke durch eine Wolke verdunkelt. Er hatte
+einen beklagenswerthen Streit mit dem Hofe, der nicht aus einer
+ffentlichen und ehrenvollen Angelegenheit, sondern aus einem
+Privatzwist entsprungen war, in welchem selbst seine wrmsten Freunde
+ihn nicht von aller Schuld freisprechen konnten. Als er einmal nach
+Whitehall kam, um seine Aufwartung zu machen, war er von einem gewissen
+Colepepper insultirt worden, einem jener Raufbolde, welche die
+Umgebungen des Hofes unsicher machten und die sich durch Beleidigung von
+Mitgliedern der Opposition bei der Regierung in Gunst zu setzen suchten.
+Der Knig selbst uerte seine Entrstung ber die einem seiner
+ausgezeichneten Peers unter dem kniglichen Dache widerfahrene
+Behandlung und Devonshire wurde durch die Versicherung besnftigt, da
+der Beleidiger den Palast nie wieder betreten solle. Dieses Verbot wurde
+jedoch bald wieder aufgehoben und der Groll des Earls erwachte von
+neuem. Seine Diener nahmen sich der Sache an und die Straen von
+Westminster wurden durch Hndel beunruhigt, die in ein roheres Zeitalter
+gehrten. Die Zeit des Geheimen Raths ward durch Anklagen und
+Gegenanklagen der streitenden Parteien in Anspruch genommen.
+Colepepper's Frau erklrte: sie und ihr Gatte seien ihres Leben nicht
+sicher und ihr Haus sei bestndig von Banditen in der Livree der
+Cavendish belagert; Devonshire erwiederte, es sei aus Colepepper's
+Fenstern auf ihn geschossen worden. Dies wurde heftig geleugnet. Es
+wurde zwar eingerumt, da ein blind geladenes Pistol abgefeuert worden
+sei, aber dies sei nur in einem Augenblicke des Schreckens geschehen, um
+die Wache zu alarmiren. Wahrend diese Fehde ihren Hhepunkt erreicht
+hatte, traf der Earl im Empfangzimmer zu Whitehall mit Colepepper
+zusammen und er glaubte in den Mienen des Raufboldes triumphirenden
+bermuth zu erkennen. Vor den Augen des Knigs geschah nichts
+Unziemliches; sobald aber die beiden Gegner das Audienzzimmer verlassen
+hatten, machte Devonshire den Vorschlag, den Streit auf der Stelle mit
+dem Degen zu entscheiden. Die Herausforderung wurde zurckgewiesen. Da
+verga der stolze Peer die Achtung, die er dem Orte an dem er sich
+befand, und seiner eignen Wrde schuldig war, und schlug Colepepper mit
+einem Stocke ins Gesicht. Diese Handlung wurde allgemein als bereilt
+und unschicklich getadelt und Devonshire selbst konnte, nachdem sein
+Blut sich abgekhlt hatte, nicht ohne Verdru und Beschmung daran
+denken. Die Regierung aber verfuhr mit gewohntem Unverstande so streng
+gegen ihn, da das Publikum bald ganz auf seine Seite trat. Es wurde
+eine Criminalanklage bei der Kings Bench anhngig gemacht. Der
+Angeklagte berief sich auf seine Vorrechte als Peer des Knigsreichs;
+dieser Punkt aber wurde sogleich zu seinem Nachtheile entschieden, und
+es lt sich auch nicht leugnen, da diese Entscheidung, mochte sie den
+technischen Regeln der englischen Gesetzgebung entsprechen oder nicht,
+in vollkommenem Einklange mit den groen Prinzipien stand, welche die
+Grundlage jeder Gesetzgebung sein sollen. Es blieb ihm somit nichts
+brig, als sich dem Erkenntnisse zu unterwerfen. Der Gerichtshof war
+durch eine Reihe von Entlassungen zu so vollstndigem Gehorsam gebracht
+worden, da die Regierung, welche die Untersuchung eingeleitet hatte,
+die Strafe selbst vorschreiben konnte. Die Richter machten Jeffreys +in
+pleno+ ihre Aufwartung und dieser bestand auf der Zuerkennung einer
+Geldbue von dreiigtausend Pfund. Dreiigtausend Pfund waren im
+Verhltni zu den damaligen Einknften der englischen Groen ungefhr
+soviel als hundertfunfzigtausend im neunzehnten Jahrhundert. In
+Anwesenheit des Kanzlers wurde kein Wort der Mibilligung geuert; als
+aber die Richter sich entfernt hatten, bemerkte Sir Johann Powell, in
+welchem sich das wenige Rechtsgefhl des ganzen Collegiums concentrirte,
+da die beantragte Strafsumme bermig hoch und ein Zehntel derselben
+vollauf genug sei. Seine Collegen waren nicht dieser Meinung und er
+zeigte in diesem Falle nicht den Muth, durch den er einige Monate spter
+an einem denkwrdigen Tage seinen Ruf glnzend wiederherstellte. Der
+Earl wurde demnach in eine Geldbue von dreiigtausend Pfund und bis zur
+Bezahlung dieses Betrags zu persnlicher Haft verurtheilt. Eine solche
+Summe konnte damals auch der reichste Edelmann nicht in einem Tage
+aufbringen. Indessen war das Hafturtel leichter gesprochen, als
+vollzogen. Devonshire hatte sich nach Chatsworth zurckgezogen, wo er
+eben damit beschftigt war, das alte gothische Stammschlo seiner
+Familie in ein Gebude umzuwandeln, das Palladio's wrdig war. Der Peak
+war damals ein fast ebenso unwirthbarer Bezirk als gegenwrtig
+Connemara, und der Sheriff erkannte oder behauptete wenigstens, da es
+schwer sein drfte, den Lord in einer so wilden Gegend und inmitten treu
+ergebener Diener und Pchter zu verhaften. Darber vergingen einige
+Tage, endlich aber wurde nicht nur der Earl, sondern auch der Sheriff
+zur Haft gebracht. Inzwischen verwendeten sich eine Menge Frsprecher
+mit ihrem ganzen Einflusse. Es hie die verwittwete Grfin von
+Devonshire habe eine Privataudienz beim Knige erlangt, sie habe ihn
+daran erinnert, da ihr Schwager, der tapfere Karl Cavendish, im Kampfe
+fr die Krone bei Gainsborough gefallen sei, und ihm schriftliche
+Empfangsbescheinigungen von KarlI. und KarlII. ber bedeutende Summen
+vorgelegt, die ihr Gemahl whrend der brgerlichen Unruhen beiden
+Monarchen geliehen hatte. Diese Darlehen waren nie zurck gezahlt worden
+und sollten angeblich mehr betragen als die ungeheure Geldstrafe, welche
+die Kings Bench ber den Earl verhngt hatte. Dazu kam noch ein andrer
+Punkt, der beim Knige noch mehr Gewicht gehabt zu haben scheint als die
+Erinnerung an frher geleistete Dienste. Es konnte nothwendig werden ein
+Parlament einzuberufen, und man glaubte, da Devonshire in diesem Falle
+sofort eine Cassationsklage einreichen werde. Der Punkt, auf den er
+seine Appellation gegen das Erkenntni der Kings Bench zu sttzen
+gedachte, waren seine Privilegien als Peer, und das Tribunal, vor das
+die Appellation kommen mute, war das Haus der Peers. In einem solchen
+Falle konnte der Hof nicht einmal auf die Untersttzung der ihm
+ergebensten Adeligen mit Gewiheit rechnen. Es stand kaum zu bezweifeln,
+da das Urtel cassirt werde, und da die Regierung dadurch, da sie zu
+viel haben wollte, Alles verlieren wrde. Jakob war daher zu einem
+Vergleiche geneigt. Es wurde dem Earl angekndigt, da, wenn er eine
+Schuldverschreibung ber die ganze Summe geben und sich des mglichen
+Vortheils einer Cassationsklage begeben wolle, er in Freiheit gesetzt
+werden solle. Ob er zur Bezahlung der Summe angehalten werden wrde oder
+nicht, sollte von seinem ferneren Benehmen abhngen. Wenn er das
+Dispensationsrecht untersttzte, solle er nicht dafr in Anspruch
+genommen werden; trachte er aber nach Popularitt, so msse er die
+dreiigtausend Pfund bezahlen. Er weigerte sich eine Zeit lang, auf
+diese Bedingungen einzugehen; aber die Haft war ihm unertrglich. Er
+stellte die Verschreibung aus und wurde aus den Gefngnis entlassen;
+aber obgleich er sich dazu verstand seinem Vermgen diese drckende
+Schuldlast aufzubrden, konnte ihn doch nichts zu dem Versprechen
+bestimmen, da er seinen Grundstzen und seiner Partei untreu werden
+wolle. Er wurde nach wie vor in alle Geheimnisse der Opposition
+eingeweiht, aber einige Monate lang hielten seine politischen Freunde es
+um seiner selbst wie um ihrer Sache willen fr gerathen, da er im
+Hintergrunde blieb.[63]
+
+ [Anmerkung 63: Kennet's Grabrede auf den Herzog von Devonshire und
+ Memoiren der Familie Cavendish; +Collection of State Trials+;
+ +Privy Council Book, March 5. 1685/6+; Barillon, 30. Juni (10.
+ Juli) 1687.; Johnstone, 8.(18.) Dec. 1687.; +Lords' Journals May
+ 6. 1689+. +Ses amis et ses proches,+ sagt Barillon, +lui
+ conseillent de prendre le bon parti, mais il persiste jusqu'
+ prsent ne se point soumettre. S'il vouloit se bien conduire et
+ renoncer tre populaire, il ne payeroit pas l'amende, mais s'il
+ opinitre, il lui en coutera trente mille pices, et il demeurera
+ prisonnier jusqu' l'actuel payement.+]
+
+
+[_Eduard Russell._] Der Earl von Bedford hatte sich von dem harten
+Schlage, der ihm vor vier Jahren fast das Herz gebrochen, nie wieder
+erholen knnen. Seine persnlichen wie auch seine ffentlichen Gefhle
+machten ihn zum Gegner des Hofes; aber an der Verabredung von Maregeln
+gegen denselben nahm er keinen thtigen Antheil. Seine Stelle in den
+Versammlungen der Mivergngten vertrat sein Neffe. Dies war der
+berhmte Eduard Russell, ein Mann von unbezweifeltem Muth und Talent,
+aber von lockeren Grundstzen und ruhelosem Geiste. Er war Seemann,
+hatte sich in seinem Berufe ausgezeichnet und hatte unter der vorigen
+Regierung ein Hofamt bekleidet; aber durch den Tod seines Vetters
+Wilhelm Russell waren alle Bande, die ihn an den Hof ketteten, zerrissen
+worden. Der verwegene, unruhige und racheschnaubende Seemann sa jetzt
+in den von dem hollndischen Gesandten berufenen Versammlungen als
+Vertreter des khnsten und heftigsten Theiles der Opposition, der
+Mnner, welche unter den Namen Rundkpfe, Exclusionisten und Whigs einen
+fnfundvierzigjhrigen Kampf gegen drei aufeinanderfolgende Knige mit
+wechselndem Glck unterhalten hatten. Diese Partei, welche vor Kurzem
+niedergeworfen und fast vernichtet gewesen war, sich jetzt aber mit
+voller Lebenskraft rasch zu Ansehen und Einflu erhob, wurde durch keine
+von den Bedenklichkeiten behindert, welche die Bewegungen der Tories und
+der Trimmers noch immer hemmten, und war bereit, das Schwert gegen den
+Tyrannen zu ziehen, sobald es mit gegrndeter Aussicht auf den Sieg
+gezogen werden konnte.
+
+
+[_Compton. -- Herbert. -- Churchill._] Drei Mnner sind noch zu
+erwhnen, mit denen Dykvelt in vertrauter Verbindung stand und mit deren
+Hlfe er sich die Mitwirkung von drei groen Stnden zu sichern hoffte.
+Bischof Compton war der Agent, der die Geistlichkeit zu bearbeiten
+hatte, Admiral Herbert bernahm es, seinen ganzen Einflu bei der Flotte
+zu verwenden und durch Churchill suchte man die Armee zu gewinnen.
+
+Das Benehmen Compton's und Herbert's bedarf keiner Erklrung. Nachdem
+sie der Krone in allen weltlichen Dingen mit Treue und Eifer gedient,
+hatten sie sich durch ihre Weigerung, als Werkzeuge der Zerstrung ihrer
+eignen Religion zu dienen, das Mifallen des Knigs zugezogen. Beiden
+hatte die Erfahrung gelehrt, wie bald Jakob eingegangene Verpflichtungen
+verga und mit welchem bitteren Groll er sich dessen erinnerte, was er
+als Beleidigung anzusehen fr gut fand. Der Bischof war durch einen
+ungesetzlichen Richterspruch seiner bischflichen Functionen enthoben,
+der Admiral in einer Stunde aus Reichthum in Armuth gestrzt worden.
+Ganz anders war die Lage Churchill's. Er war durch knigliche Gunst aus
+der Dunkelheit zu hohem Ansehen, aus der Drftigkeit zum Reichthum
+erhoben worden. Als armer Fhndrich hatte er seine Laufbahn begonnen und
+jetzt war er, in seinem siebenunddreiigsten Jahre, Generalmajor, Peer
+von Schottland und Peer von England, befehligte eine Abtheilung der
+Leibgarde, bekleidete mehrere ehrenvolle und eintrgliche Stellen und
+bis jetzt verrieth noch nichts, da er den geringsten Theil von der
+Gunst verloren hatte, der er so viel verdankte. Er war nicht nur durch
+die allgemeine Pflicht der Unterthanentreue, sondern auch durch
+militairische Ehren, durch persnliche Dankbarkeit und, wie es
+oberflchlichen Beobachtern schien, durch die strksten Bande des
+Interesses an Jakob gebunden. Aber Churchill selbst war kein
+oberflchlicher Beobachter, er wute genau, worin sein wirkliches
+Interesse bestand. Er war berzeugt, da, wenn sein Gebieter einmal
+volle Freiheit erhielt Papisten anzustellen, er nicht einen einzigen
+Protestanten mehr anstellen wrde. Eine Zeit lang wurden vielleicht
+einige hochbegnstigte Diener der Krone noch von der allgemeinen
+Proscription ausgenommen, in der Hoffnung, da sie sich dadurch
+bestimmen lieen, ihren Glauben zu wechseln, aber selbst diese muten
+nach einer kurzen Frist Einer nach dem Andren fallen, wie Rochester
+schon gefallen war. Churchill konnte sich allerdings durch bertritt zur
+katholischen Kirche gegen diese Gefahr sicher stellen und noch hher in
+der kniglichen Gunst steigen; auch htte man glauben knnen, da ein
+Mann, der sich eben so sehr durch Habsucht und Characterlosigkeit, wie
+durch Talent und Tapferkeit auszeichnete, schwerlich an dem Gedanken,
+eine Messe anhren zu mssen, Ansto nehmen wrde. Aber die menschliche
+Natur ist so reich an Widersprchen, da selbst abgestumpfte Gewissen
+eine empfindliche Stelle haben. So hatte dieser Mann, der seine
+Erhebung der Schande seiner Schwester verdankte, der von der
+verschwenderischesten, herrschschtigsten und schamlosesten Buhlerin
+unterhalten worden war und dessen ffentliches Leben Jedem, der mit
+unbefangenem Blicke den schimmernden Glanz des Genies und des Ruhms zu
+durchdringen vermag, als ein Abgrund von Schndlichkeit erscheinen mu,
+einen blinden Glauben an die Religion, die ihm als Kind eingelernt
+worden war, und schauderte bei dem Gedanken, sie frmlich abzuschwren.
+Es stand ihm eine furchtbare Alternative bevor. Das irdische bel, das
+er am meisten frchtete, war die Armuth, das einzige Verbrechen, vor dem
+sein Herz zurckbebte, war der Glaubensabfall, und wenn die Plne des
+Hofes gelangen, konnte er nicht zweifeln, da er bald zwischen Armuth
+und Abfall whlen mute. Daher entschlo er sich, diese Plne zu
+durchkreuzen, und es zeigte sich bald, da er bereit war, jede Schuld
+und jede Schmach auf sich zu laden, wenn er nur der Nothwendigkeit
+entging, entweder seine Stellen oder seine Religion aufgeben zu
+mssen.[64]
+
+ [Anmerkung 64: Der Beweggrund, welcher das Verfahren der Churchill
+ bestimmte, ist kurz und bndig in +The Duchess of Marlborough's
+ Vindication+ dargelegt. Jedermann erkannte deutlich, sagt sie,
+ da bei dem Systeme, das Knig Jakob angenommen hatte, Jeder der
+ nicht Katholik werden wollte, frher oder spter zu Grunde gehen
+ mute. Diese berzeugung lie mich das Unternehmen des Prinzen von
+ Oranien, uns aus solcher Knechtschaft zu erlsen, mit Wohlgefallen
+ betrachten.]
+
+
+[_Lady Churchill und die Prinzessin Anna._] Nicht blo als
+militairischer Befehlshaber von hohem Range und ausgezeichnetem Geschick
+und Muth konnte Churchill der Opposition Dienste leisten. Es war fr das
+Gelingen der Plne Wilhelm's wenn nicht absolut nothwendig, doch hchst
+wichtig, da seine Schwgerin, welche nach der englischen
+Thronfolgeordnung zwischen ihm und seiner Gemahlin stand, in
+vollkommener bereinstimmung mit ihm handelte. Alle ihm
+entgegenstehenden Schwierigkeiten wrden bedeutend vergrert worden
+sein, wenn Anna sich gnstig fr die Indulgenz ausgesprochen htte. Auf
+welche Seite sie treten wrde, hing von dem Willen Anderer ab, denn ihr
+Verstand war trge, und obgleich in ihrem Character ein erblicher
+Eigenwille und Starrsinn verborgen lag, welche viele Jahre spter durch
+groe Macht und heftige Provocationen zum Vorschein gebracht wurden, so
+war sie doch zur Zeit die willige Sklavin einer Frau von viel
+lebhafterem und herrschschtigerem Character als der ihrige war. Diese
+Frau, welche sie vllig beherrschte, war Churchill's Gattin, ein Weib,
+die nachmals auf die Geschicke England's und Europa's einen groen
+Einflu ausbte.
+
+Der Name dieser berhmten Gnstlingin war Sara Jennings. Ihre ltere
+Schwester Franziska hatte sich durch Schnheit und Leichtfertigkeit
+selbst unter der Masse von schnen Gesichtern und leichtfertigen
+Characteren ausgezeichnet, welche Whitehall whrend des wilden Carnevals
+der Restauration zierten und schndeten. Einmal verkleidete sie sich
+als Apfelsinenmdchen und rief in den Straen ihre Frchte aus.[65]
+Gesetzte Leute meinten, da ein Mdchen von so wenig Takt- und
+Schicklichkeitsgefhl nicht leicht einen Gatten finden werde. Sie war
+indessen zweimal verheirathet und jetzt die Gattin Tyrconnel's. Sara
+war nicht so regelmig schn als ihre Schwester, aber vielleicht noch
+anziehender. Ihr Gesicht war ausdrucksvoll, ihre Gestalt entbehrte
+keines weiblichen Reizes, und die Flle ihrer schnen Haare, welche noch
+nicht nach der barbarischen Mode, deren Einfhrung sie noch erlebte,
+durch Puder verunziert waren, erfllten ihre zahlreichen Bewunderer mit
+Entzcken. Von den Freiern, die sich um ihre Hand bewarben, erhielt der
+junge, schne, liebenswrdige, einschmeichelnde, beredte und tapfere
+Oberst Churchill den Vorzug. Er mute sie wirklich lieben, denn auer
+der Leibrente, die er sich fr den von der Herzogin von Cleveland
+erhaltenen schmachvollen Lohn gekauft hatte, besa er wenig Vermgen,
+war unersttlich in seiner Gier nach Schtzen, Sara war arm, und es war
+ihm ein einfaches Mdchen mit einem groen Vermgen angetragen worden.
+Nach einem kurzen Kampfe trug die Liebe den Sieg ber die Habsucht
+davon, die Ehe verstrkte nur noch seine Leidenschaft, und Sara geno
+bis zum letzten Augenblicke seines Lebens das Vergngen und die
+Auszeichnung, das einzige menschliche Wesen zu sein, das im Stande war,
+diesen weitsehenden und sicheren Blick auf sich zu fesseln, das von
+diesem kalten Herzen hei geliebt und von diesem unerschrockenen Geiste
+knechtisch gefrchtet wurde.
+
+Im weltlichen Sinne ward Churchill's treue Liebe reich belohnt. Bei
+aller Drftigkeit brachte seine Braut ihm doch ein Heirathsgut zu, das
+klug verwendet ihn endlich zum englischen Herzog, zum deutschen
+Reichsfrsten, zum Oberfeldherrn einer groen Coalition, zum
+Schiedsrichter zwischen mchtigen Frsten und was in seinen Augen noch
+viel mehr werth war, zum reichsten Privatmann von ganz Europa machte.
+Sie war von frher Kindheit an mit der Prinzessin Anna aufgewachsen und
+es hatte sich eine innige Freundschaft zwischen den beiden Mdchen
+gebildet. Im Character glichen sie einander nur wenig. Anna war
+phlegmatisch und schweigsam. Gegen Diejenigen, die sie liebte, war sie
+sanft; ihr Zorn uerte sich nur durch ein mrrisches Schmollen. Sie
+hatte einen starken religisen Sinn und war den Gebruchen und der
+Verfassung der anglikanischen Kirche mit wahrer Bigotterie zugethan.
+Sara war lebhaft und redselig, dominirte selbst Diejenigen, die sie am
+meisten liebte, und wenn sie gekrnkt wurde, uerte sich ihre Wuth
+durch Thrnen und heftige Vorwrfe. Auf Frmmigkeit machte sie keinen
+Anspruch, ja sie entging sogar kaum der Beschuldigung der
+Irreligiositt. Sie war jetzt noch nicht das was sie spter wurde,
+nachdem das Glck _eine_ Klasse von Fehlern, das Unglck eine andre
+vollkommen entwickelt, als Siege und Huldigungen ihr den Kopf verrckt
+und Migeschick und Krnkungen ihren Character verbittert hatten. Sie
+wurde in ihren spteren Lebensjahren das verchtlichste und
+erbrmlichste Geschpf: ein altes Weib, die in bestndigem Hader lebte
+mit ihrem ganzen Geschlecht, mit ihren eigenen Kindern und Enkeln, zwar
+vornehm und reich, aber Vornehmheit und Reichthum hauptschlich nur
+deshalb schtzend, weil dieselben sie in den Stand setzten, der
+ffentlichen Meinung Hohn zu sprechen und rckhaltlos ihrem Hasse gegen
+Lebende und Todte zu frhnen. Unter der Regierung Jakob'sII. galt sie
+fr nichts Schlimmeres als eine schne, stolze junge Frau, die wohl
+zuweilen launenhaft und eigensinnig sein konnte, der man aber in
+Bercksichtigung ihrer Reize ihre Launen gern verzieh.
+
+Es ist eine sehr gewhnliche Erscheinung, da Verschiedenheit der
+Neigungen und Geistesfhigkeiten keine Hindernisse der Freundschaft sind
+und da gerade zwei Herzen, die sich gegenseitig ergnzen, das Band der
+innigsten Zuneigung umschlingt. Lady Churchill wurde von der Prinzessin
+Anna geliebt, ja fast angebetet. Die Prinzessin konnte ohne den
+Gegenstand ihrer romanhaften Zrtlichkeit nicht leben. Sie vermhlte
+sich und wurde eine treue, sogar liebevolle Gattin; aber Prinz Georg,
+ein beschrnkter Mann, dessen Hauptgensse die Freuden der Tafel und der
+Flasche waren, erlangte keinen Einflu auf sie, der sich mit dem ihrer
+Freundin vergleichen lie, und gab sich bald mit stupider Geduld der
+Herrschaft des heftigen und gebieterischen Geistes hin, von dem seine
+Gemahlin sich leiten lie. Das knigliche Paar bekam Kinder und Anna
+entbehrte keineswegs der Gefhle einer Mutter; aber die Liebe zu ihren
+Kindern war lau im Vergleich mit ihrer hingebenden Zrtlichkeit fr ihre
+Jugendfreundin. Endlich wurde die Prinzessin des Zwanges mde, den die
+Etikette ihr auferlegte, es war ihr unertrglich, die Worte Madame und
+Knigliche Hoheit aus dem Munde einer Frau zu hren, die ihr mehr war
+als eine Schwester. In der Gallerie und im Empfangzimmer waren diese
+Worte nicht zu umgehen, aber im Boudoir wurden sie abgeschafft. Hier
+hie Anna Mrs. Morley, Lady Churchill Mrs. Freeman, und unter diesen
+kindlichen Namen bestand zwanzig Jahre hindurch ein intimer Verkehr
+zwischen den beiden Freundinnen, von dem schlielich das Schicksal von
+Regierungen und Dynastien abhing. Bis jetzt hatte jedoch Anna noch keine
+politische Macht und nur geringen persnlichen Einflu. Ihre Freundin
+bekleidete in ihrem Hausstaate das Amt der ersten Kammerdame mit nur
+vierhundert Pfund Sterling Gehalt. Gleichwohl hat man Grund zu glauben,
+da es Churchill schon zu dieser Zeit mglich war, seine vorherrschende
+Leidenschaft durch den Einflu seiner Gattin zu befriedigen. Obgleich
+die Prinzessin ein hohes Einkommen hatte und sehr einfach lebte, so
+machte sie doch Schulden, die ihr Vater mit einigem Unwillen bezahlte,
+und man sagte, da der Grund ihrer finanziellen Verlegenheiten in ihrer
+verschwenderischen Freigebigkeit gegen ihren Liebling zu suchen sei.[66]
+
+Endlich war die Zeit gekommen, wo diese sonderbare Freundschaft einen
+groen Einflu auf die ffentlichen Angelegenheiten ausben sollte. Man
+war uerst gespannt darauf, welche Rolle Anna in dem Kampfe, der
+England erschtterte, spielen werde. Auf der einen Seite stand die
+Kindespflicht, auf der andren die Interessen der Religion, der sie
+aufrichtig zugethan war. Ein minder phlegmatischer Character wrde
+zwischen so starken und wichtigen Beweggrnden, die ihn nach
+entgegengesetzten Richtungen hinzogen, gewi lange geschwankt haben. Der
+Einflu der Churchill aber entschied die Frage und ihre Gnnerin wurde
+ein wichtiges Mitglied des umfassenden Bundes, dessen Oberhaupt der
+Prinz von Oranien war.
+
+ [Anmerkung 65: +Mmoires de Grammont+; +Pepys's Diary, Feb. 21.
+ 1684/5.+]
+
+ [Anmerkung 66: Es wrde mich zu weit fhren, wollte ich alle die
+ Werke aufzhlen, aus denen ich mein Urtheil ber den Character der
+ Herzogin geschpft habe. Meine Hauptquellen sind ihre eigenen
+ Briefe, ihre Rechtfertigung und die Entgegnungen, welche diese
+ veranlate.]
+
+
+[_Dykvelt kehrt mit Briefen von vielen angesehenen Englndern nach dem
+Haag zurck._] Im Juni 1687 kehrte Dykvelt nach dem Haag zurck. Er
+berreichte den Generalstaaten ein knigliches Schreiben voll
+Lobeserhebungen ber sein Benehmen whrend seines Aufenthalts in London.
+Diese Lobeserhebungen waren jedoch nur eine Formalitt. In
+Privatmittheilungen von seiner eigenen Hand beschwerte Jakob sich bitter
+darber, da der Gesandte einen so vertrauten Umgang mit den heftigsten
+Oppositionsmnnern seines Reiches gepflogen und sie in allen ihren
+Umsturzplnen bestrkt habe. Auerdem brachte Dykvelt auch eine Anzahl
+Briefe von den ausgezeichnetsten derjenigen Mnner mit, mit denen er
+sich whrend seines Aufenthalts in London berathen hatte. Die Schreiber
+dieser Briefe versicherten den Prinzen allgemein ihrer unbegrenzten
+Verehrung und Hingebung und verwiesen ihn wegen der nheren Darlegung
+ihrer Ansichten an den berbringer. Halifax errterte den Zustand und
+die Aussichten des Landes mit gewohnter Schrfe und Lebendigkeit, htete
+sich aber sorgfltig, fr irgend ein gefhrliches Verfahren die
+Verantwortung zu bernehmen. Danby schrieb in einem khneren und
+entschlosseneren Tone und konnte sich nicht enthalten, ber die
+Besorgnisse und Bedenklichkeiten seines genialen Nebenbuhlers zu
+sptteln. Der interessanteste Brief aber war der von Churchill. Er war
+mit der natrlichen Beredtsamkeit, an der es ihm trotz seines Mangels an
+hherer Bildung bei wichtigen Anlssen nie fehlte, und mit einem
+Anstrich von Hochherzigkeit geschrieben, den er sich, so perfid er auch
+war, mit seltener Geschicklichkeit zu geben verstand. Die Prinzessin
+Anna, sagte er, habe ihm befohlen, ihre erlauchten Verwandten im Haag zu
+versichern, da sie mit Gottes Hlfe fest entschlossen sei, eher ihr
+Leben zu lassen, als sich eines Glaubensabfalls schuldig zu machen. Was
+seine Person betreffe, so lege er auf seine Stellen und auf die
+knigliche Gunst einen weit geringeren Werth als auf seine Religion. Er
+schlo mit der hochtrabenden Erklrung, da man ihn, obgleich er keinen
+Anspruch darauf mache, wie ein Heiliger gelebt zu haben, doch
+vorkommenden Falls bereit finden werde, den Mrtyrertod zu sterben.[67]
+
+ [Anmerkung 67: Das Formalittsschreiben, welches Dykvelt den
+ Generalstaaten berbrachte, befindet sich in den Archiven des
+ Haags. Die anderen in diesem Paragraphen erwhnten Briefe giebt
+ Dalrymple im Anhange zu Buch +V.+]
+
+
+[_Zulestein's Sendung._] Dykvelt's Sendung hatte einen so glnzenden
+Erfolg gehabt, da bald ein neuer Vorwand gefunden war, um einen andren
+Agenten abzusenden, der das so glcklich begonnene Werk fortsetzen
+sollte. Der neue Gesandte, nachmals der Grnder eines jetzt erloschenen
+englischen Adelshauses, war ein illegitimer leiblicher Vetter Wilhelm's
+und fhrte einen der Herrschaft Zulestein entlehnten Namen. Seine
+Verwandtschaft mit dem Hause Oranien gab Zulestein in den Augen des
+Publikums ein bedeutendes Ansehen. Sein Benehmen war das eines tapferen
+Soldaten. In diplomatischen Talenten und Kenntnissen stand er Dykvelt
+weit nach, aber gerade diese Inferioritt hatte ihre Vortheile. Ein
+Militair, der sich anscheinend nie um die Politik gekmmert hatte,
+konnte ohne Verdacht zu erregen mit der englischen Aristokratie einen
+Verkehr unterhalten, der mit argwhnischem Auge bewacht worden sein
+wrde, wenn er ein bekannter Meister in der Staatskunst gewesen wre.
+Nach kurzer Abwesenheit kehrte Zulestein mit nicht minder wichtigen
+Briefen und mndlichen Botschaften, als die welche seinem Vorgnger
+anvertraut worden waren, in sein Vaterland zurck. Von diesem
+Augenblicke an trat der Prinz mit der Opposition in einen regelmigen
+Briefwechsel. Geschftstrger verschiedenen Ranges reisten bestndig
+zwischen der Themse und dem Haag hin und her. Der ntzlichste von diesen
+war ein Schotte von einigem Talent und groer Thtigkeit, Namens
+Johnstone. Er war Burnet's Vetter und der Sohn eines angesehenen
+Covenanters, der bald nach der Restauration wegen Hochverraths
+hingerichtet worden war und von seiner Partei als Mrtyrer verehrt
+wurde.
+
+
+[_Zunehmende Feindschaft zwischen Jakob und Wilhelm._] Die Entfremdung
+zwischen dem Knige von England und dem Prinzen von Oranien wurde mit
+jedem Tage vollkommener. Es hatte sich ein ernsthafter Streit in Betreff
+der sechs britischen Regimenter erhoben, welche im Solde der Vereinigten
+Provinzen standen. Der Knig wollte diese Regimenter unter das Commando
+rmisch-katholischer Offiziere stellen, und der Prinz widersetzte sich
+diesem Ansinnen entschieden. Der Knig nahm seine Zuflucht zu seinen
+Lieblingsgemeinpltzen von der Duldung; der Prinz erwiederte da er nur
+das Beispiel Seiner Majestt nachahme. Es sei notorisch erwiesen, da
+loyale und tchtige Mnner in England lediglich deshalb, weil sie
+Protestanten waren, aus dem Staatsdienste entlassen worden seien, und
+dies berechtige den Statthalter und die Generalstaaten doch gewi dazu,
+die Papisten von hohen ffentlichen mtern auszuschlieen. Diese Antwort
+erbitterte Jakob dermaen, da er in seiner Wuth die Wahrhaftigkeit und
+den gesunden Verstand vllig aus den Augen verlor. Es sei nicht wahr,
+behauptete er mit Heftigkeit, da er irgend Jemanden jemals aus
+religisen Grnden abgesetzt habe. Und wenn er es wirklich gethan htte,
+was ginge es dann dem Prinzen oder die Generalstaaten an? Wren sie etwa
+seine Herren? wren sie befugt, sich zu Richtern ber die Handlungen
+fremder Frsten aufzuwerfen? Von jetzt an wnschte er seine in
+hollndischen Diensten stehenden Unterthanen zurckzuberufen, denn er
+glaubte durch diese Maregel sich selbst zu verstrken und seine
+schlimmsten Feinde zu schwchen. Es traten ihm jedoch finanzielle
+Schwierigkeiten entgegen, die er unmglich bersehen konnte. Die Zahl
+der bereits von ihm unterhaltenen Truppen war schon so gro, als es
+seine Einknfte nur irgend zulieen, obgleich dieselben die aller seiner
+Vorgnger weit berstiegen und mit groer Sparsamkeit verwaltet wurden.
+Wenn aber die jetzt in Holland stehenden Bataillone noch zu dem
+vorhandenen Etat kamen, so war die Staatskasse bankerott. Vielleicht
+lie Ludwig sich bewegen, sie in seinen Dienst zu nehmen. In diesem
+Falle wurden sie aus einem Lande entfernt, wo sie dem verderblichen
+Einflusse einer republikanischen Regierung und einer calvinistischen
+Kirchenverfassung ausgesetzt waren, und kamen in ein Land, wo Niemand
+die Autoritt des Monarchen und die Lehren der wahren Kirche zu
+bestreiten wagte. Die Soldaten wrden dann bald alle politische und
+religise Ketzerei wieder verlernen, ihr Landesfrst konnte zu jeder
+Zeit binnen kurzer Frist ber ihre Hlfe verfgen und sich unter allen
+Umstnden auf ihre Treue verlassen.
+
+Es wurden zwischen Whitehall und Versailles Unterhandlungen in dieser
+Angelegenheit erffnet. Ludwig hatte soviel Soldaten als er brauchte,
+und wre es auch anders gewesen, so wrde er dennoch keine Lust gehabt
+haben, englische Truppen in Dienst zu nehmen, da der englische Sold, so
+niedrig er unsrer Generation erscheinen mu, doch viel hher war als der
+franzsische. Auf der andren Seite aber htte er Wilhelm sehr gern um
+eine so schne Brigade geschwcht. Nach einer mehrwchentlichen
+Correspondenz wurde Barillon zu der Erklrung ermchtigt, da, wenn
+Jakob die britischen Truppen aus Holland zurckriefe, Ludwig die
+Unterhaltungskosten fr zweitausend Mann in England bernehmen wolle.
+Jakob nahm dieses Anerbieten mit dem wrmsten Danke an. In Folge des
+getroffenen Arrangements ersuchte er die Generalstaaten um Rcksendung
+der sechs Regimenter. Die Generalstaaten aber, welche Wilhelm ganz nach
+seinem Willen leitete, antworteten, da ein solches Verlangen unter den
+obwaltenden Umstnden durch die bestehenden Vertrge nicht
+gerechtfertigt werde, und weigerten sich entschieden, demselben zu
+entsprechen. Es ist bemerkenswerth, da Amsterdam, welches fr
+Zurckhaltung dieser Truppen in Holland gestimmt hatte, als Jakob ihrer
+gegen die Insurgenten im Westen bedurfte, jetzt heftig fr die Erfllung
+seines Verlangens stritt. In beiden Fllen beabsichtigten die Behrden
+dieser groen Stadt nichts weiter, als dem Prinzen von Oranien zu
+opponiren.[68]
+
+ [Anmerkung 68: Sunderland an Wilhelm, 24. Aug. 1686; Wilhelm an
+ Sunderland, 2.(12.) Sept. 1686; Barillon, 6.(16.) Mai, 26. Mai (5.
+ Juni), 3.(13.) Oct., 28. Nov. (8. Dec.) 1687; Ludwig an Barillon,
+ 14.(24.) Oct. 1687; Memorial von Albeville, 15.(25.) Dec. 1687;
+ Jakob an Wilhelm, 17. Jan., 16. Feb., 2. u. 13. Mrz 1688: Avaux,
+ 1.(11.), 6.(16.), 8.(18.) Mrz, 22. Mrz (1. April) 1688.]
+
+
+[_Einflu der hollndischen Presse._] Die hollndischen Waffen waren
+jedoch fr Jakob kaum so gefhrlich als die hollndische Presse. Fast
+tglich erschienen im Haag englische Bcher und Flugschriften gegen die
+Regierung, und keine Wachsamkeit konnte es verhindern, da viele
+Tausende von Exemplaren in die an der Nordsee gelegenen Grafschaften
+eingeschmuggelt wurden. Unter diesen Schriften zeichnete sich besonders
+eine durch ihre Wichtigkeit und durch den Eindruck, den sie machte, aus.
+Jedermann, der mit den ffentlichen Angelegenheiten vertraut war, kannte
+die Ansicht des Prinzen und der Prinzessin von Oranien in Betreff der
+Indulgenz; da aber keine officielle Erklrung dieser Ansicht erschienen
+war, so wurden Viele, denen gute Privatquellen nicht zugnglich waren,
+durch die Zuversicht, mit der die Anhnger des Hofes behaupteten, da
+Ihre Hoheiten die letzten Maregeln des Hofes billigten, getuscht oder
+verwirrt gemacht. Es wrde ein sehr einfacher und naheliegender Weg
+gewesen sein, diese Behauptungen ffentlich zu widerlegen, wenn Wilhelm
+keinen andren Zweck gehabt htte, als seinen Einflu in England zu
+befestigen. Allein er betrachtete England hauptschlich als das zur
+Ausfhrung seines groen europischen Planes nthige Werkzeug. Er hoffte
+fr diesen Plan die Mitwirkung der beiden Linien des Hauses sterreich,
+der italienischen Frsten und selbst des Papstes zu gewinnen, und er
+hatte Grund zu der Befrchtung, da jede die britischen Protestanten
+befriedigende Erklrung in Madrid, Wien, Turin und Rom Besorgni und
+Unwillen erregen knnte. Deshalb enthielt sich der Prinz lange jeder
+officiellen uerung seiner Gesinnungen. Endlich aber wurde er darauf
+aufmerksam gemacht, da sein beharrliches Stillschweigen unter den ihm
+Wohlwollenden viel Besorgni und Mitrauen erweckt habe und da es hohe
+Zeit sei, sich offen auszusprechen. Er beschlo daher, sich zu erklren.
+
+
+[_Stewart's und Fagel's Correspondenz._] Ein schottischer Whig, Namens
+Jakob Stewart, war vor einigen Jahren nach Holland geflchtet, um dem
+spanischen Stiefel und dem Galgen zu entgehen, und er war mit dem
+Gropensionr Fagel befreundet worden, der das Vertrauen und die Gunst
+des Statthalters in hohem Grade besa. Stewart war der Verfasser des
+heftigen und gehssigen Manifestes von Argyle. Als die Indulgenz
+erschien, erkannte Stewart, da sich ihm die Gelegenheit darbot, nicht
+nur Begnadigung, sondern noch obendrein eine Belohnung zu erlangen. Er
+bot der Regierung, deren Feind er gewesen war, seine Dienste an, diese
+wurden angenommen und er schrieb an Fagel einen Brief, zu dem er
+angeblich von Jakob selbst beauftragt war. In diesem Briefe wurde der
+Gropensionr dringend aufgefordert, seinen ganzen Einflu bei dem
+Prinzen und der Prinzessin aufzubieten, um sie zur Untersttzung der
+Politik ihres Vaters zu bewegen. Nach einiger Zeit schickte Fagel eine
+tief durchdachte und ausgezeichnet geschriebene Erwiederung ein. Wer
+dieses interessante Dokument liest, mu bemerken, da es zwar in einer
+Weise abgefat ist, welche geeignet war, die englischen Protestanten zu
+beruhigen und ihnen zu gefallen, dennoch aber kein Wort enthlt, das
+selbst dem Vatikan Ansto htte geben knnen. Es war darin gesagt, da
+Wilhelm und Marie mit Vergngen zur Abschaffung jedes Gesetzes mitwirken
+wrden, welches ber irgend einen Englnder seiner religisen
+berzeugung wegen Strafe verhnge. Aber zwischen Strafen und
+Ausschlieungen war ein Unterschied gemacht. Katholiken zu Staatsmtern
+zuzulassen, knne nach der Ansicht Ihrer Hoheiten weder im allgemeinen
+Interesse Englands, noch im Interesse der Katholiken selbst liegen.
+Dieses Manifest wurde in mehrere Sprachen bersetzt und war auf dem
+Continent weit verbreitet. Von der durch Burnet besorgten englischen
+Ausgabe wurden nahe an funfzigtausend Exemplare in die stlichen
+Grafschaften eingefhrt und rasch ber das ganze Land verbreitet.
+Nie hat eine Staatsschrift einen vollstndigeren Erfolg gehabt. Die
+Protestanten unsrer Insel priesen die mnnliche Entschiedenheit, mit der
+Wilhelm erklrte, da er es nicht gutheien knne, die Papisten Antheil
+an der Regierung nehmen zu lassen. Den katholischen Frsten auf der
+andren Seite gefiel der milde und gemigte Ton, in welchem diese
+Erklrung gehalten war, sowie die ihnen erffnete Aussicht, da unter
+seiner Regierung kein Mitglied ihrer Kirche um seines Glaubens willen
+belstigt werden wrde.
+
+
+[_Castelmaine's Gesandtschaft in Rom._] Es ist wahrscheinlich, da der
+Papst selbst einer von Denen war, die den berhmten Brief mit Vergngen
+lasen. Einige Monate zuvor hatte er Castelmaine auf eine Art entlassen,
+welche wenig Rcksicht auf die Gesinnungen des Knigs zeigte. Innocenz
+war mit der ganzen inneren und ueren Politik der englischen Regierung
+durchaus nicht zufrieden. Er sah, da die ungerechten und unklugen
+Maregeln der jesuitischen Cabale viel eher dazu beitrugen, das
+Fortbestehen der Strafgesetze als die Abschaffung des Testes zu
+bewirken. Sein Streit mit dem Hofe von Versailles wurde mit jedem Tage
+ernsthafter, und er konnte weder als weltlicher Frst, noch als
+Oberhaupt der katholischen Kirche fr einen Vasallen dieses Hofes eine
+herzliche Freundschaft fhlen. Castelmaine war nicht geeignet, diesen
+Widerwillen zu beseitigen. Er kannte zwar fr einen Laien Rom ziemlich
+gut und war auch in der theologischen Polemik grndlich bewandert,[69]
+besa aber durchaus nicht das Geschick, welches sein Posten erforderte,
+und wenn er auch der talentvollste Diplomat gewesen wre, so wrde doch
+ein Umstand ihn fr die besondere Mission, mit der er betraut war,
+untauglich gemacht haben. Er war in ganz Europa als der Gatte des
+schamlosesten Weibes bekannt, und als weiter nichts. Man konnte
+unmglich mit ihm oder von ihm sprechen, ohne daran zu denken, wie er zu
+dem Titel gekommen war, bei dem er genannt wurde. Dieser Umstand wrde
+wenig auf sich gehabt haben, wenn er an einem sittenlosen Hofe
+accreditirt gewesen wre, wie zum Beispiel bei dem, an welchem unlngst
+die Herzogin von Montespan das Regiment gefhrt hatte. Aber es war
+offenbar ein grober Migriff, ihn mit einem Auftrage mehr geistlichen
+als weltlichen Characters an einen Papst von patriarchalischer
+Sittenstrenge zu senden. Die Protestanten von ganz Europa spttelten
+darber, und Innocenz, der ohnehin schon gegen die englische Regierung
+eingenommen war, betrachtete die ihm mit so groer Gefahr und so groen
+Kosten erzeigte Aufmerksamkeit als nicht viel besser denn eine
+Beleidigung. Der Gehalt des Gesandten war auf hundert Pfund die Woche
+festgesetzt. Castelmaine klagte, da dies zu wenig sei und da das
+Dreifache dieses Betrags kaum ausreichen werde. Denn in Rom bemhten
+sich die Gesandten aller groen Continentalmchte einander vor den Augen
+eines Volks, das durch den bestndigen Anblick prchtiger Gebude,
+Decorationen und Ceremonien verwhnt war, im Glanz zu berbieten. Er
+erklrte stets, da er bei seiner Gesandtschaft Geld zusetzen msse. Es
+waren ihm mehrere junge Adelige aus den vornehmsten katholischen
+Familien Englands, wie die Ratcliffe, die Arundell und Tichborne,
+beigegeben, und er bewohnte in Rom den Palast der Familie Pamfili an dem
+prchtigen Navonaplatze. Eine Privatunterredung mit Innocenz wurde ihm
+bald bewilligt, die officielle Audienz aber wurde lange hinausgeschoben.
+Castelmaine's Vorbereitungen zu diesem wichtigen Acte waren so
+prachtvoll, da sie, obgleich schon zu Ostern 1686 begonnen, im
+darauffolgenden November noch nicht beendigt waren, und im November
+bekam der Papst einen wirklichen oder angeblichen Gichtanfall, der einen
+weiteren Aufschub verursachte. Im Januar 1687 endlich fand die
+feierliche Vorstellung und Aufwartung mit ungewhnlichem Pompe statt.
+Die Staatswagen, welche zu der Auffahrt in Rom gebaut wurden, waren so
+prchtig, da man sie fr werth hielt, der Nachwelt in schnen
+Abbildungen berliefert und von Dichtern in mehreren Sprachen besungen
+zu werden.[70] Die Faade des Gesandtschaftspalastes wurde an diesem
+hochwichtigen Tage mit geschmacklosen allegorischen Gemlden von
+riesenhafter Gre decorirt. Man sah hier den heiligen Georg mit dem
+Fue auf dem Nacken des Titus Oates, und Herkules, wie er mit seiner
+Keule den protestantischen Tischler College zu Boden schlgt, der sich
+vergebens mit seinem Flegel zu vertheidigen sucht. Nach dieser
+ffentlichen Schaustellung lud Castelmaine alle damals in Rom anwesenden
+Notabilitten zu einem Bankett in dem freundlichen und prchtigen Saale
+ein, den Peter von Cortona mit Gemlden von Scenen aus der Aeneide
+geschmckt hat. Die ganze Stadt drngte sich zu dem Schauspiele und nur
+mit Mhe konnte eine Compagnie der Schweizergarde die Ordnung unter den
+Zuschauern aufrechterhalten. Die Kavaliere des ppstlichen Hofstaates
+gaben hierauf ihrerseits dem Gesandten glnzende Gastmhler, und Dichter
+und Literaten berhuften seinen Gebieter mit abgeschmackten und
+hyperbolischen Schmeicheleien, wie sie da am meisten floriren, wo Genie
+und Geschmack am tiefsten gesunken sind. An der Spitze der Schmeichler
+stand ein gekrntes Haupt. Mehr als dreiig Jahre waren verflossen, seit
+Christine, die Tochter des groen Gustav Adolph, freiwillig vom
+schwedischen Throne herabgestieqen war. Nach langen Wanderungen, whrend
+denen sie viele Thorheiten und Verbrechen begangen, hatte sie endlich in
+Rom ihren bleibenden Aufenthalt genommen, wo sie sich mit astrologischen
+Berechnungen und mit den Intriguen des Conclave beschftigte und sich
+nebenbei mit Gemlden, Gemmen, Handschriften und Mnzen die Zeit
+vertrieb. Jetzt dichtete sie einige italienische Stanzen zu Ehren des
+englischen Frsten, der, wie sie selbst, einem Geschlecht von Knigen
+entsprossen, welche zu ihrer Zeit als die Vorkmpfer der Reformation
+betrachtet wurden, sich, gleich ihr, mit der alten Kirche wieder
+ausgeshnt hatte. Sie gab eine glnzende Gesellschaft in ihrem Palaste.
+Ihre in Musik gesetzten Verse wurden unter allgemeinem Beifalle
+vorgetragen und einer ihrer literarischen Gnstlinge hielt ber
+denselben Gegenstand eine Rede in so blhendem Style, da er den
+Geschmack der englischen Zuhrer beleidigt zu haben scheint. Die dem
+Papste feindlich gesinnten, den Interessen Frankreichs ergebenen
+Jesuiten, denen jede Gelegenheit, Jakob Ehre zu erzeigen, willkommen
+war, empfingen den englischen Gesandten mit mglichstem Geprnge in dem
+frstlichen Hause, wo die berreste des Ignatius Loyola in einem Schrein
+von Lasurstein und Gold aufbewahrt werden. Bildhauerkunst, Malerei,
+Poesie und Beredtsamkeit wurden aufgeboten, um den Fremden zu
+bewillkommnen; aber alle diese Knste lagen tief im Argen. Es wurde viel
+schwlstige und unedle Latinitt entfaltet, die eines so gelehrten
+Ordens unwrdig war, und einige von den die Wnde zierenden Inschriften
+zeigten noch schlimmere Fehler als schlechten Styl. An einer Stelle war
+gesagt, da Jakob seinen Bruder als Boten zum Himmel gesandt habe, an
+einer andren, da Jakob die Schwingen geliefert, welche seinen Bruder in
+eine hhere Region emporgetragen. Auerdem gab es ein noch viel
+unglcklicheres Distichon, welches damals wenig beachtet wurde, dessen
+man aber einige Monate spter mit boshaften Auslegungen gedachte.
+OKnig, sagte der Dichter, seufze nicht lnger nach einem Sohne. Mag
+auch die Natur Deinen Wunsch nicht erfllen, die Sterne werden Mittel
+finden, um ihn zu befriedigen.
+
+Inmitten dieser Festlichkeiten erfuhr Castelmaine schwere Krnkungen und
+Demthigungen. Der Papst behandelte ihn mit uerster Klte und
+Zurckhaltung. So oft der Gesandte ihn um eine Antwort auf das zu
+Gunsten Petre's gestellte Anliegen bat, bekam Innocenz einen heftigen
+Hustenanfall, der dem Gesprch ein Ende machte. Ganz Rom unterhielt sich
+von diesen sonderbaren Audienzen. Pasquino schwieg nicht und die ganze
+neugierige und geschwtzige Bevlkerung der migsten aller Stdte, mit
+alleiniger Ausnahme der Jesuiten und der Prlaten der franzsischen
+Faction, lachte ber Castelmaine's verunglckte Mission. Sein von Natur
+unfreundlicher Character wurde bald auf's Heftigste erbittert und er
+verbreitete eine Denkschrift mit Betrachtungen ber den Papst. Dadurch
+gerieth er in eine schiefe Stellung, der kluge Italiener hatte einen
+Vortheil gewonnen und er lie sich denselben nicht wieder entreien. Er
+erklrte gerade heraus, die Regel, welche die Jesuiten von kirchlichen
+Wrden ausschliee, drfe zu Gunsten Petre's nicht bertreten werden.
+Der immer mehr gereizte Castelmaine drohte jetzt Rom zu verlassen.
+Innocenz erwiederte ihm mit sanfter Impertinenz, die um so krnkender
+war, weil sie sich kaum von treuherziger Einfalt unterscheiden lie.
+Seine Excellenz knne gehen, wenn es ihm beliebe. Wenn wir ihn aber
+verlieren mssen, setzte der ehrwrdige Pontifex hinzu, so hoffe ich
+wenigstens, da er unterwegs seine Gesundheit schonen wird. Ein
+Englnder wei nicht, wie gefhrlich es ist, hier zu Lande whrend der
+Tageshitze zu reisen. Man thut am besten, wenn man vor Tagesanbruch
+aufbricht und zu Mittag Rast macht. Mit diesem wohlmeinenden Rathe und
+einem Rosenkranze wurde der unglckliche Gesandte entlassen. Wenige
+Monate darauf erschien eine pomphafte Geschichte seiner Sendung in einer
+prachtvollen Folioausgabe mit Kupferstichen in italienischer und
+englischer Sprache. Das Titelkupfer zeigte zum groen rgerni aller
+Protestanten Castelmaine in der Peersrobe und mit der Adelskrone in der
+Hand, wie er Innocenz den Fu kt.[71]
+
+ [Anmerkung 69: Adda, 9.(19.) Nov. 1685.]
+
+ [Anmerkung 70: Der Professor der griechischen Sprache am Kollegium
+ +De Propaganda Fide+ machte seiner Bewunderung in einigen
+ abscheulichen Hexametern und Pentametern Luft, von denen folgende
+ Probe gengen mag:
+
+ #Rgeriou d skepsomenos lamproio thriambon,
+ ka mal' ssen kai theen ochlos apas;
+ Thaumazousa de tn pompn, panchrusea t' autou
+ Harmata, tous th' hippous, toiade Rhm eps.#
+
+ Die lateinischen Verse sind etwas besser. Nahum Tate stimmte auf
+ Englisch ein:
+
+ Um etwas von dem Prachtzug zu ersphen,
+ Wie selbst in Rom noch Niemand ihn gesehen,
+ Drngt Alt und Jung sich nach der Thrme Zinnen
+ Und ber jede Wange Freudenthrnen rinnen.]
+
+ [Anmerkung 71: Correspondenz Jakob's und Innocenz' im Britischen
+ Museum; +Burnet, I. 703--705+; +Welwood's Memoirs+; +Commons'
+ Journals, Oct. 28. 1689+; +An Account of his Excellency Roger Earl
+ of Castelmaine's Embassy, by Michael Wright, chief steward of his
+ Excellency's house at Rome, 1688.+]
+
+
+ * * * * *
+ * * * *
+
+
+ Achtes Kapitel.
+
+ Jakob II.
+
+
+
+
+ =Inhalt.=
+
+ Seite
+ Consecration des Nuntius im St. Jamespalaste 5
+ Sein officieller Empfang. -- Der Herzog von Somerset 5
+ Auflsung des Parlaments 6
+ Gesetzwidrige Bestrafung militairischer Vergehen 7
+ Verfahren der Hohen Commission 8
+ Die Universitten 9
+ Verfahren gegen die Universitt Cambridge 10
+ Der Earl von Mulgrave 11
+ Zustand Oxford's 13
+ Das Magdalenen-Collegium in Oxford 15
+ Anton Farmer, vom Knige als Prsident empfohlen 17
+ Wahl des Prsidenten 18
+ Die Mitglieder des Magdalenen-Collegiums werden vor die
+ Hohe Commission geladen 18
+ Parker zum Prsidenten empfohlen 19
+ Die Karthause 19
+ Rundreise des Knigs 20
+ Der Knig in Oxford 21
+ Er giebt den Collegiaten des Magdalenenstifts einen Verweis 22
+ Penn sucht zu vermitteln 22
+ Eine kirchliche Specialcommission wird nach Oxford gesandt 24
+ Hough's Protest 24
+ Einsetzung Parker's 25
+ Vertreibung der Collegiaten 26
+ Das Magdalenen-Collegium in ein papistisches Seminar
+ verwandelt 27
+ Groll der Geistlichkeit 28
+ Plne der jesuitischen Cabale in Bezug auf die Thronfolge 29
+ Jakob's und Tyrconnel's Plan, die Prinzessin von Oranien
+ von der Erbfolge im Knigreich Irland auszuschlieen 30
+ Schwangerschaft der Knigin 31
+ Allgemeiner Zweifel 31
+ Stimmung der Wahlkrper und der Peers 33
+ Jakob beschliet, ein bestochenes Parlament zusammenzusetzen 34
+ Die Regulatoren 36
+ Entlassung vieler Lordlieutenants 36
+ Der Earl von Oxford 36
+ Der Earl von Shrewsbury 37
+ Der Earl von Dorset 38
+ An die Obrigkeiten gerichtete Fragen, und Antworten darauf 41
+ Scheitern der Plne des Knigs 42
+ Liste der Sheriffs 45
+ Character der katholischen Landgentlemen 45
+ Stimmung der Dissenters 47
+ Regulirung der Corporationen 47
+ Untersuchung in allen ffentlichen Verwaltungszweigen 50
+ Entlassung Sawyer's 51
+ Williams Generalprokurator 52
+ Zweite Indulgenzerklrung 53
+ Die Geistlichkeit erhlt Befehl, sie von der Kanzel
+ zu verlesen 53
+ Die Geistlichkeit ist unschlssig 54
+ Patriotismus der protestantischen Nonconformisten Londons 54
+ Berathung der londoner Geistlichkeit 55
+ Berathung im Palast zu Lambeth 57
+ Die Petition der sieben Bischfe dem Knige berreicht 57
+ Die londoner Geistlichkeit gehorcht dem kniglichen
+ Befehle nicht 60
+ Unschlssigkeit der Regierung 61
+ Es wird eine gerichtliche Verfolgung der Bischfe wegen
+ Libells beschlossen 63
+ Sie werden im Geheimen Rathe verhrt 63
+ Geburt des Prtendenten 65
+ Man hlt ihn allgemein fr untergeschoben 65
+ Die Bischfe werden vor die Kings Bench gestellt und
+ mssen Brgschaft leisten 69
+ Aufregung der Gemther 70
+ Sunderland's Angst 71
+ Er erklrt sich fr einen Katholiken 72
+ Proze der Bischfe 72
+ Das Verdict der Geschwornen; Freude des Volks 80
+ Eigenthmlicher Zustand der ffentlichen Meinung
+ zu jener Zeit 84
+
+
+
+
+[_Consecration des Nuntius im St. Jamespalaste._] Die auffallende
+Unhflichkeit des Papstes htte wohl den sanftmthigsten Frsten reizen
+mssen. Auf Jakob aber machte sie keinen andren Eindruck, als da er mit
+Schmeicheleien und Komplimenten noch verschwenderischer wurde. Whrend
+Castelmaine, das Herz von Zorn und Unwillen erfllt, auf der Rckreise
+nach England begriffen war, wurde der Nuntius mit Ehrenbezeigungen
+berhuft, die sein eigner Verstand verwerfen mute. Er war in Folge
+einer bei der rmischen Kirche hufig in Anwendung kommenden Fiction
+unlngst zur Bischofswrde ohne Bischofssitz erhoben worden. Jetzt wurde
+er zum Erzbischof von Amasia, einer Stadt am Pontus, dem Geburtsorte
+Strabo's und Mithridates', erhoben. Jakob bestand darauf, da die
+Ceremonie der Consecration in der Kapelle des St. Jamespalastes
+stattfinden sollte. Der apostolische Vikar Leyburn und zwei irische
+Prlaten versahen den Dienst. Die Thren wurden dem Publikum geffnet
+und man bemerkte unter den Zuschauern einige von den Puritanern, die
+sich neuerdings dem Hofe angeschlossen hatten. Am Abend erschien Adda in
+seiner neuen Amtstracht im Gesellschaftszirkel der Knigin. Jakob fiel
+angesichts des ganzen Hofes auf die Knie und bat um seinen Segen. Trotz
+aller Vorschriften der Etikette konnten die Umstehenden ihr Erstaunen
+und ihren Widerwillen nicht unterdrcken.[1] Es hatte in der That seit
+langer Zeit kein englischer Souverain vor einem Sterblichen gekniet und
+wer das sonderbare Schauspiel mit ansah, erinnerte sich unwillkrlich
+des schmachvollen Tages, an welchem Johann sich seine Krone von Pandolph
+aufs Haupt setzen lie.
+
+ [Anmerkung 1: Barillon, 2.(12.) Mai 1687.]
+
+
+[_Sein officieller Empfang. -- Der Herzog von Somerset._] Bald darauf
+fand eine noch prchtigere Schaustellung zu Ehren des Heiligen Stuhles
+statt. Es wurde beschlossen, da der Nuntius sich in feierlicher
+Prozession an den Hof begeben sollte. Bei dieser Gelegenheit zeigten
+mehrere Personen, auf deren Gehorsam der Knig gerechnet hatte, zum
+ersten Male eine Neigung zur Widersetzlichkeit. Der Hervorragendste
+unter ihnen war der zweite Peer des Knigreichs, Karl Seymour,
+gewhnlich der stolze Herzog von Somerset genannt. Er war in der That
+ein Mann, bei dem Geburts- und Rangstolz fast zu einer krankhaften Manie
+geworden war. Sein ererbtes Vermgen war der hohen Stelle, die er unter
+dem englischen Adel einnahm, nicht angemessen; aber durch seine
+Vermhlung mit der Tochter und Erbin des letzten Percy, der die alte
+Krone von Northumberland trug, war er in den Besitz des grten
+Vermgens in England gelangt. Somerset war erst fnfundzwanzig Jahre alt
+und im Publikum noch wenig bekannt. Er war Kammerherr des Knigs und
+Oberst eines der Regimenter, welche zur Zeit des Aufstandes im Westen
+neu errichtet worden waren. Er hatte kein Bedenken dagegen erhoben, bei
+feierlichen Gelegenheiten das Staatsschwert in die knigliche Kapelle zu
+tragen; diesmal aber weigerte er sich entschieden, an dem Festzuge zu
+Ehren des Nuntius Theil zu nehmen. Einige Mitglieder seiner Familie
+baten ihn dringend, sich das knigliche Mifallen nicht zuzuziehen; aber
+ihr Bitten war fruchtlos. Der Knig setzte ihn nun selbst zur Rede. Ich
+htte geglaubt, Mylord, sagte er, da ich Ihnen eine groe Ehre
+erzeigte, indem ich Sie dazu ausersah, den Gesandten des ersten aller
+gekrnten Hupter zu begleiten. -- Sire, entgegnete der Herzog, ich
+bin darauf aufmerksam gemacht worden, da ich Eurer Majestt nicht
+gehorchen kann, ohne das Gesetz zu verletzen. -- Ich will Sie lehren,
+mich ebenso zu achten wie das Gesetz, erwiederte der Knig in
+hochfahrendem Tone. Wissen Sie noch nicht, da ich ber dem Gesetz
+stehe? -- Eure Majestt mgen ber dem Gesetz stehen, ich aber nicht,
+und wenn ich dem Gesetz gehorche, frchte ich nichts. Der Knig
+entfernte sich hchlich erzrnt und Somerset wurde augenblicklich seiner
+Stellen im Hofstaate und in der Armee entsetzt.[2]
+
+In einem Punkte zeigte jedoch der Knig einige Klugheit. Er wagte es
+nicht, den ppstlichen Gesandten in feierlichem Aufzuge der ganzen
+Bevlkerung der Hauptstadt vorzufhren. Die Ceremonie fand am 3. Juli
+1687 in Windsor statt. Eine groe Menschenmenge strmte nach dem
+Stdtchen. Der Schaulustigen waren so viele, da sie weder Speise und
+Trank noch ein Unterkommen fanden und eine Menge vornehmer Leute den
+ganzen Tag in ihrem Wagen zubringen muten, um das Schauspiel mit
+anzusehen. Spt am Nachmittag endlich erschienen die Leute des
+Hofmarschalls zu Pferde. Hierauf folgte ein langer Zug von Lufern und
+dann in einem kniglichen Staatswagen Adda im Purpurmantel und mit einem
+Brillantenkreuze auf der Brust. Hinter ihm fuhren die Equipagen der
+vornehmsten Hofkavaliere und der Staatsminister. Mit groem Mifallen
+bemerkte das Volk in dem Zuge die Wappen und Livreen Crewe's, Bischofs
+von Durham, und Cartwright's, Bischofs von Chester.[3]
+
+ [Anmerkung 2: +Memoirs of the Duke of Somerset+; Citters, 5.(15.)
+ Juli 1687; +Eachard's History of the Revolution+; +Clarke's Life
+ of James the Second, II. 116, 117, 118+; +Lord Lonsdale's
+ Memoirs.+]
+
+ [Anmerkung 3: +London Gazette, July 7. 1687+; Citters, 7.(17.)
+ Juli; Bericht ber die Ceremonie in den Somers'schen Schriften.]
+
+
+[_Auflsung des Parlaments._] Am folgenden Tage erschien in der Gazette
+eine Proklamation, welche das Parlament auflste, das von allen durch
+die Stuarts einberufenen Parlamenten das fgsamste gewesen war.[4]
+
+Mittlerweile hatten sich neue Schwierigkeiten in Westminsterhall
+gezeigt. Erst vor wenigen Monaten waren mehrere Richter entlassen und
+andere an deren Stelle gesetzt worden, um in dem Prozesse gegen Sir
+Eduard Hales ein Erkenntni zu Gunsten der Krone zu erlangen, und schon
+waren neue nderungen nthig.
+
+ [Anmerkung 4: +London Gazette, July, 4. 1687.+]
+
+
+[_Gesetzwidrige Bestrafung militairischer Vergehen._] Der Knig hatte
+kaum die Armee gebildet, auf die er zur Ausfhrung seiner Plne
+namentlich rechnete, so erkannte er auch schon, da er sie selbst nicht
+regieren konnte. Wenn ein Krieg im Lande wthete, so konnte ein Meuterer
+oder Deserteur vor ein Kriegsgericht gestellt und das Urtel durch den
+Generalprofo vollzogen werden. Aber man war jetzt im tiefsten Frieden.
+Das englische Landrecht, das aus einem Zeitalter herrhrte, wo
+erforderlichenfalls Jedermann, Niemand aber bestndig die Waffen trug,
+machte in Friedenszeiten keinen Unterschied zwischen einem Soldaten und
+jedem andren Unterthan, und es gab kein Gesetz hnlich dem, durch
+welches heutzutage dem Souverain alljhrlich die zum Oberbefehl ber die
+regulre Truppenmacht nthige Autoritt verliehen wird. Zwar erklrten
+einige alte Verordnungen die Desertion in gewissen angefhrten Fllen
+fr Felonie; aber diese Verordnungen galten nur fr die Soldaten, welche
+dem Knige im wirklichen Kriege dienten und konnten nicht ohne die
+arglistigste Willkr so weit ausgedehnt werden, da sie auch auf einen
+Mann Anwendung fanden, der in einer Zeit der vollstndigsten inneren und
+ueren Ruhe des Lagers von Hounslow berdrssig wurde und daher in sein
+heimathliches Dorf zurckkehrte. Die Regierung hatte offenbar ber einen
+solchen Mann keine andre Macht, als die, welche ein Bcker- oder
+Schneidermeister ber seine Gesellen hat. Er und seine Offiziere standen
+vor dem Gesetz auf gleicher Stufe. Fluchte er gegen sie, so konnte er
+wegen Schwrens mit einer Geldstrafe belegt werden; schlug er sie, so
+konnte er wegen thtlicher Mihandlung verklagt werden. Das stehende
+Heer stand factisch unter einer milderen Disciplin als die Miliz, denn
+die Miliz war durch eine Parlamentsacte errichtet worden, in welcher
+zugleich bestimmt war, da Disciplinarvergehen summarisch mit leichten
+Strafen geahndet werden knnten.
+
+Es scheint nicht, da die aus diesem Zustande des Gesetzes
+entspringenden praktischen Nachtheile sich unter der Regierung Karl's
+II. sehr fhlbar gemacht hatten, was sich vielleicht dadurch erklren
+lt, weil bis zum letzten Jahre seiner Regierung die Streitmacht, die
+er in England unterhielt, hauptschlich aus Haustruppen bestand, welche
+einen so hohen Sold bekamen, da die Entlassung aus dem Dienste von den
+Meisten sehr schmerzlich empfunden worden wre. Eine Anstellung als
+Gemeiner in der Leibgarde war fr den jngeren Sohn eines Gentleman eine
+gute Versorgung; selbst die Fugarden wurden so gut bezahlt als
+Fabrikarbeiter unter besonders gnstigen Verhltnissen, und sie befanden
+sich daher in einer Lage, um die sie die groe Masse der arbeitenden
+Bevlkerung wohl beneiden konnte. Die Rckkehr der Garnison von Tanger
+und die Errichtung der neuen Regimenter hatte eine groe Vernderung
+herbeigefhrt. Es gab jetzt in England viele Tausend Soldaten, welche
+nur acht Pence den Tag erhielten. Die Furcht vor der Verabschiedung war
+nicht mehr hinreichend, um sie der Dienstpflicht treu zu erhalten, und
+krperliche Strafen durften die Offiziere gesetzlich nicht zuerkennen.
+Jakob hatte daher nur die Wahl, entweder die Armee ihrer Auflsung
+entgegengehen zu lassen oder die Richter zu der Erklrung zu bewegen,
+da das Gesetz das sei, was es, wie jeder Student wute, nicht war.
+
+Es war besonders wichtig, die Mitwirkung zweier Gerichtshfe zu
+gewinnen: der Kings Bench, welche der erste Criminalgerichtshof des
+Landes war, und des Gerichtshofs fr Leerung der Gefngnisse, der in der
+Old Bailey sa und ber die in der Hauptstadt begangenen Vergehen
+abzuurtheilen hatte. In beiden Gerichtshfen aber stie man auf groe
+Schwierigkeiten. Herbert, der Oberrichter der Kings Bench, wollte trotz
+aller bis dahin bewiesenen Servilitt nicht weiter gehen. Ein noch
+entschiedenerer Widerstand war von Sir Johann Holt zu erwarten, der als
+Syndikus der City von London auf der Bank der Old Bailey sa. Holt war
+ein ausgezeichnet gelehrter und aufgeklrter Jurist, dabei ein
+rechtschaffener und muthiger Mann und seine politische Meinung hatte
+eine whiggistische Frbung, obgleich er sich von allem Parteitreiben
+stets fern hielt. Dem Willen des Knigs muten jedoch alle Hindernisse
+weichen. Holt wurde seines Syndikats entsetzt. Herbert und ein andrer
+Richter von der Kings Bench entfernt, und die erledigten Stellen mit
+Mnnern besetzt, auf die sich die Regierung verlassen konnte. Allerdings
+mute man in ziemlich niedere juristische Regionen hinabsteigen, ehe man
+Leute fand, welche zu Dienstleistungen, wie man sie jetzt brauchte,
+bereit waren. Der neue Oberrichter, Sir Robert Wright, war
+sprichwrtlich ein Ignorant, und die Unwissenheit war noch nicht sein
+rgster Fehler. Seine Laster hatten ihn zu Grunde gerichtet. Um sich
+Geld zu verschaffen, hatte er zu unredlichen Mitteln seine Zuflucht
+genommen und einmal einen falschen Eid abgelegt, um in den Besitz von
+fnfhundert Pfund zu gelangen. Arm, ausschweifend und schamlos war er
+einer von den Schmarotzern Jeffreys' geworden, der ihn befrderte und
+verchtlich behandelte. Dies war der Mann, den Jakob zum Lord
+Oberrichter von England erkor. Ein gewisser Allibone, der in der
+Rechtskunde noch unwissender war als Wright und als Katholik eigentlich
+gar nicht fhig war, ein ffentliches Amt zu bekleiden, wurde zum
+Unterrichter der Kings Bench ernannt. Sir Bartholomus Shower, als
+serviler Tory und langweiliger Redner gleich bekannt, wurde Syndikus von
+London. Nachdem diese Vernderungen bewirkt waren, wurden mehrere
+Deserteurs zur Untersuchung gezogen und dem Wortlaute und dem Geiste des
+Gesetzes zum Hohn fr schuldig befunden. Einige von ihnen vernahmen ihr
+Todesurtheil vor den Schranken der Kings Bench, Andere vor den Schranken
+der Old Bailey. Sie wurden vor den Augen der Regimenter, denen sie
+angehrt hatten, gehngt und dafr Sorge getragen, da diese
+Hinrichtungen durch die London Gazette, welche derartige Vorgnge nur
+selten berichtete, zur ffentlichkeit gelangten.[5]
+
+ [Anmerkung 5: Siehe +Statutes 18 Henry 6. c. 19; 2 & 3 Ed. 6. c.
+ 2.+; +Eachard's History of the Revolution+; +Kennet, III. 468+;
+ +North's Life of Guildford, 247.+; + London Gazette, April 18. &
+ May 23. 1687+; +Vindication of the E. of R. (Earl of Rochester.)+]
+
+
+[_Verfahren der Hohen Commission._] Man kann wohl denken, da das
+Gesetz, das so grblich von denjenigen Gerichtshfen verletzt wurde,
+deren ganze Autoritt sich auf dasselbe grndete und die es als
+Richtschnur zu betrachten pflegten, von einem durch tyrannische Willkr
+errichteten Tribunale eben so wenig geachtet wurde. Whrend der ersten
+Monate ihres Bestehens hatte die neue Hohe Commission Geistlichen nur
+die Ausbung ihrer Amtshandlungen verboten; die Eigenthumsrechte waren
+noch unangetastet geblieben. Zu Anfang des Jahres 1687 aber beschlo man
+auch gegen die Pfrndeneinknfte einen Schlag zu fhren und jedem
+anglikanischen Priester und Prlaten die berzeugung beizubringen, da,
+wenn er seine Beihlfe zur Vernichtung der Kirche, deren Diener er war,
+verweigerte, er in einer Stunde zum Bettler gemacht werden wrde.
+
+
+[_Die Universitten._] Es wrde der Klugheit angemessen gewesen sein,
+das erste Exempel an einem unbekannten Individuum zu statuiren. Die
+Regierung aber war in einer so unseligen Verblendung befangen, da man
+dieselbe in einem naiveren Zeitalter als eine gttliche Strafe
+betrachtet haben wrde. Es wurde daher ohne weiteres gleich von Anfang
+an den beiden ehrwrdigsten Korporationen des Reichs, den Universitten
+Oxford und Cambridge, der Krieg erklrt.
+
+Die Macht dieser beiden Krperschaften war schon seit vielen
+Jahrhunderten gro; in der zweiten Hlfte des siebzehnten Jahrhunderts
+aber hatte sie ihren Hhepunkt erreicht. Kein Nachbarland konnte sich so
+glnzender und reicher Sitze der Wissenschaft rhmen. Die Hochschulen
+von Edinburg und Glasgow, von Leyden und Utrecht, von Lwen und Leipzig,
+von Padua und Bologna kamen Gelehrten, welche in den prchtigen
+Stiftungen Wykeham's und Wolsey's, Heinrich'sVI. und Heinrich's VIII.
+gebildet waren, rmlich vor. Literatur und Wissenschaft waren in dem
+akademischen Systeme Englands mit Geprnge umgeben, mit obrigkeitlicher
+Gewalt bekleidet und mit den vornehmsten Institutionen des Landes eng
+verbunden. Kanzler einer Universitt zu werden, war eine Auszeichnung,
+nach der die Magnaten des Reichs eifrig strebten; eine Universitt im
+Parlament zu vertreten, war das Lieblingsziel des Ehrgeizes von
+Staatsmnnern. Edelleute und selbst Frsten waren stolz darauf, wenn
+eine Universitt ihnen das Recht verlieh, den Scharlach der Doctorwrde
+zu tragen. Die Neugierigen wurden von den Universitten angezogen durch
+alte, mit mittelalterlichen Verzierungen reich ausgestattete Gebude,
+durch neuere Gebude, welche glnzendes Zeugni von dem knstlerischen
+Genie eines Jones und Wren gaben, durch imposante Hallen und Kapellen,
+durch Museen, durch botanische Grten und durch die einzigen
+ffentlichen Bibliotheken, welche das Knigreich damals besa. Der
+Prunk, den namentlich Oxford bei feierlichen Gelegenheiten entfaltete,
+wetteiferte mit dem souverainer Frsten. Wenn der Kanzler, der
+ehrwrdige Herzog von Ormond, in seinem geflickten Mantel auf seinem
+Throne unter der gemalten Decke der Sheldon'schen Tribne sa, umgeben
+von vielen hundert Graduirten in der ihrem verschiedenen Range
+entsprechenden Kleidung, whrend die vornehmsten Jnglinge Englands ihm
+als Bewerber um akademische Ehren feierlich vorgefhrt wurden, spielte
+er eine kaum minder knigliche Figur als sein Gebieter im Bankethause zu
+Whitehall. Auf den Universitten waren fast alle ausgezeichneten
+Geistlichen, Rechtsgelehrten, rzte, Schriftsteller, Dichter und Redner
+des Landes und zum groen Theil auch der hohe Adel und die reiche Gentry
+gebildet. Auch ist zu bemerken, da die Verbindung zwischen dem Schler
+und der Schule durch seinen Abgang nicht aufgelst wurde. Er blieb oft
+whrend seines ganzen Lebens Mitglied des akademischen Krpers und
+behielt bei allen wichtigen Wahlen eine Stimme. Er hing daher an seinem
+alten Lieblingsaufenthalte am Cam und Isis mit weit grerer Zuneigung,
+als gebildete Leute sie in der Regel zu ihren Bildungssttten empfinden.
+Es gab in England keinen Winkel, wo nicht beide Universitten dankbare
+und treuergebene Shne gehabt htten. Jeder Angriff auf die Ehre oder
+die Interessen von Cambridge oder Oxford mute nothwendig den Unwillen
+einer mchtigen, thtigen und intelligenten Klasse erregen, die ber
+alle Grafschaften, von Northumberland bis Cornwall, zerstreut war.
+
+Die sehaften Graduirten waren vielleicht im Ganzen genommen den
+sehaften Graduirten unsrer Zeit nicht berlegen, aber im Vergleich zu
+den anderen Gesellschaftskreisen standen sie damals auf einer viel
+hheren Stufe; denn Cambridge und Oxford waren die beiden einzigen
+Provinzialstdte im ganzen Knigreiche, wo man eine bedeutende Anzahl
+hochgebildeter Mnner fand. Selbst die Hauptstadt hatte groe Achtung
+vor der Autoritt der Universitten, nicht nur in Fragen der Theologie,
+der Naturwissenschaften und des klassischen Alterthums, sondern auch in
+solchen Angelegenheiten, in denen die Hauptstdte in der Regel fr die
+hchsten Instanzen gelten wollen. Von Will's Kaffeehaus und dem Parterre
+des Drurylanetheaters appellirte man noch an die beiden groen
+Nationalsitze des Geschmacks und der Gelehrsamkeit. Schauspiele, die in
+London mit enthusiastischem Beifalle aufgenommen worden waren, galten
+erst dann fr auer Gefahr, wenn sie die strenge Prfung eines mit
+Sophokles und Terenz vertrauten Zuhrerkreises bestanden hatten.[6]
+
+Die englischen Universitten hatten ihren groen moralischen und
+intellectuellen Einflu energisch zu Gunsten der Krone angewendet. Das
+Hauptquartier Karl'sI. war in Oxford gewesen und die silbernen Krge
+und Teller smmtlicher Collegien waren zur Untersttzung seiner
+Kriegskasse eingeschmolzen worden. Cambridge war nicht weniger loyal
+gesinnt. Es hatte ebenfalls einen groen Theil seines Silbergerths in's
+knigliche Lager gesandt, und der Rest wrde auch nachgefolgt sein, wre
+die Stadt nicht von den Parlamentstruppen genommen worden. Beide
+Universitten waren von den siegreichen Puritanern mit der uersten
+Strenge behandelt worden, beide hatten die Restauration mit Freuden
+begrt, beide hatten sich der Ausschlieungsbill standhaft widersetzt
+und ihren tiefsten Abscheu ber das Ryehousecomplot ausgesprochen.
+Cambridge hatte nicht nur seinen Kanzler Monmouth abgesetzt, sondern
+seinen Unwillen ber den Verrath des Herzogs sogar in einer eines Sitzes
+der Gelehrsamkeit unwrdigen Weise zu erkennen gegeben, indem es die
+Leinwand, auf der Kneller seine einnehmende Physiognomie und Gestalt mit
+knstlerischer Vollendung dargestellt hatte, den Flammen bergab.[7]
+Oxford, das dem Herde des westlichen Aufstandes nher lag, hatte noch
+strkere Beweise von Loyalitt gegeben. Die Studenten hatten mit
+Bewilligung ihrer Professoren zu Hunderten die Waffen zur Vertheidigung
+der erblichen Thronrechte ergriffen. Und diese Krperschaften beschlo
+Jakob jetzt in offenem Widerspruch mit den Gesetzen und mit seinem
+verpfndeten Worte zu beschimpfen und zu berauben.
+
+ [Anmerkung 6: Dryden's Prologe und Cibber's Memoiren enthalten
+ zahlreiche Beweise von dem Ansehen, welches der Geschmack der
+ Oxforder bei den gefeiertsten Dichtern und Schauspielern geno.]
+
+ [Anmerkung 7: Siehe das Gedicht: +Advice to the Painter upon the
+ Defeat of the Rebels in the West+, sowie noch ein andres ganz
+ abscheuliches Gedicht ber den nmlichen Gegenstand von Stepney,
+ welcher damals am Trinity-Collegium studirte.]
+
+
+[_Verfahren gegen die Universitt Cambridge._] Mehrere Parlamentsacte,
+die so klar waren als nur irgend eine Verordnung des Gesetzbuches,
+hatten vorgeschrieben, da auf beiden Universitten Niemand zu irgend
+einem Grade zugelassen werden sollte, ohne den Suprematseid und einen
+andren hnlichen Eid, der Gehorsamseid genannt, abgelegt zu haben.
+Dessenungeachtet wurde im Februar 1687 ein knigliches Schreiben nach
+Cambridge gesandt, worin die Aufnahme eines Benedictinermnches, Namens
+Alban Francis, als Magister der freien Knste anbefohlen wurde.
+
+Die akademischen Wrdentrger, zwischen der Ehrerbietung gegen den Knig
+und der Achtung vor dem Gesetz schwankend, waren in groer Verlegenheit.
+Es wurden in aller Eile Boten an den Herzog von Albemarle gesandt, der
+Monmouth's Nachfolger als Kanzler der Universitt war, und er wurde
+dringend ersucht, dem Knige die Sache in geeigneter Weise vorzustellen.
+Unterdessen begaben sich der Registrator und die Pedelle zu Francis und
+erklrten ihm, da er sogleich aufgenommen werden solle, wenn er die
+gesetzlich vorgeschriebenen Eide leiste. Er weigerte sich dessen, machte
+den Beamten Vorwrfe wegen ihrer Nichtachtung des kniglichen Befehls,
+und da sie nicht nachgaben, reiste er auf der Stelle wieder ab, um sich
+in Whitehall zu beschweren.
+
+Die Vorsteher der Collegien versammelten sich zu einer Berathung. Die
+Gutachten der ausgezeichnetsten Rechtsgelehrten wurden abgehrt und sie
+sprachen sich entschieden zu Gunsten des beobachteten Verfahrens aus.
+Aber schon war ein zweites hochmthiges und drohendes Schreiben von
+Sunderland unterwegs. Albemarle antwortete der Universitt unter vielen
+Versicherungen seiner Theilnahme und seines Bedauerns, da er alles
+Mgliche gethan habe, aber vom Knige sehr kalt und unfreundlich
+aufgenommen worden sei. Der akademische Krper, durch die knigliche
+Ungnade erschreckt und von dem aufrichtigen Willen beseelt, den Wnschen
+Seiner Majestt nachzukommen, dabei aber auch fest entschlossen, das
+klare Gesetz des Landes nicht zu verletzen, unterbreitete die
+bescheidensten und ehrerbietigsten Auseinandersetzungen, aber ohne
+Erfolg. Bald darauf kam eine Vorladung, welche den Vicekanzler und den
+Senat auf den 24. April vor die Hohe Commission nach Westminster
+beschied. Der Vicekanzler sollte in Person erscheinen, der Senat, der
+aus allen Doctoren und Magistern der Universitt besteht, eine
+Deputation senden.
+
+
+[_Der Earl von Mulgrave._] Als der festgesetzte Tag erschien, fllte
+sich der Sitzungssaal mit einer groen Zuschauermenge. Jeffreys fungirte
+als Prsident der Commission. Rochester war, seit ihm der weie Stab
+abgenommen worden, nicht mehr Mitglied, anstatt seiner erschien der
+Lordkammerherr Johann Sheffield, Earl von Mulgrave. Das Schicksal dieses
+Edelmanns glich in einer Beziehung dem seines Collegen Sprat. Mulgrave
+schrieb Verse, die sich kaum ber die absolute Mittelmigkeit erhoben,
+da er aber ein in den politischen und vornehmen Kreisen hochangesehener
+Mann war, so fanden seine Verse doch Bewunderer. Die Zeit zerstrte den
+Zauber, zu seinem Unglcke aber erst nachdem seine Gedichte bereits ein
+unveruerliches Recht auf eine Stelle in allen Sammlungen englischer
+Dichtungswerke erlangt hatten. Dennoch werden bis auf den heutigen Tag
+seine, abgeschmackten Reimereien und seine jmmerlichen Lieder an
+Amoretta und Gloriana in Gesellschaft des Comus und des Festes
+Alexander's immer wieder gedruckt. Die Folge davon ist, da unsre
+Generation Mulgrave hauptschlich als einen Dichterling kennt und ihn
+als solchen verachtet. Er war jedoch, wie selbst Diejenigen zugaben, die
+ihn weder liebten noch achteten, ein durch schne Talente
+ausgezeichneter Mann und in der parlamentarischen Beredtsamkeit stand er
+kaum einem Redner seiner Zeit nach. Dagegen verdiente sein moralischer
+Character keine Achtung. Er war ein Wstling, aber ohne jene Offenheit
+des Herzens und der Hand, welche zuweilen auch die Ausschweifung
+liebenswrdig, und ein stolzer Aristokrat ohne jene Hoheit der
+Denkungsart, welche zuweilen den aristokratischen Hochmuth achtungswerth
+macht. Die damaligen Satiriker gaben ihm den Spottnamen Lord Allpride
+(Ganzstolz). Sein Stolz vertrug sich indessen mit allen schmachvollen
+Lastern. Viele wunderten sich darber, wie ein Mann, der ein so
+bertriebenes Gefhl seiner Wrde zur Schau trug, in Geldangelegenheiten
+so zh und knauserig sein konnte. Er hatte der kniglichen Familie
+groes gerni dadurch gegeben, da er den Gedanken zu hegen wagte, das
+Herz und die Hand der Prinzessin Anna zu erobern. In dieser Hoffnung
+getuscht, hatte er sich bemht, durch kriechende Gemeinheit die durch
+Anmaung verwirkte Gunst wieder zu gewinnen. Seine von ihm selbst
+verfate Grabschrift sagt noch heute jedem Besucher der
+Westminsterabtei, da er in religisen Dingen als Zweifler lebte und
+starb, und aus seinen hinterlassenen Memoiren ersehen wir, da der
+rmische Aberglaube ein Lieblingsthema seines Spottes war. Dennoch
+begann er unmittelbar nach Jakob's Regierungsantritt eine starke
+Hinneigung zum Papismus zu zeigen und gerirte sich endlich privatim als
+Convertit. Der Lohn fr diese verworfene Heuchelei war seine Anstellung
+bei der Hohen Commission.[8]
+
+Vor diesem gefrchteten Tribunal erschien jetzt der Vicekanzler der
+Universitt Cambridge, Doctor Johann Pechell. Er selbst war kein Mann
+von ausgezeichneter Befhigung und Energie, aber es begleiteten ihn acht
+vom Senat gewhlte vorzgliche Akademiker. Einer davon war Isaak Newton,
+Fellow des Trinity-Collegiums und Professor der Mathematik. Sein Genie
+stand damals in seiner vollsten Kraft. Das groe Werk, welches ihm die
+erste Stelle unter den Geometern und Naturforschern aller Zeiten und
+aller Nationen sichert, wurde seit einiger Zeit unter der Sanction der
+Kniglichen Societt gedruckt und war seiner Vollendung nahe. Er war der
+entschiedenste Freund der brgerlichen Freiheit und der protestantischen
+Religion, aber seine Gewohnheiten machten ihn fr die Kmpfe des
+praktischen Lebens durchaus nicht geeignet. Er verharrte daher in
+bescheidenem Stillschweigen unter den Delegirten und berlie anderen
+Mnnern, welche im Geschftsleben mehr bewandert waren, die Aufgabe,
+seine geliebte Universitt zu vertheidigen.
+
+Es konnte keinen klareren Rechtsfall geben. Das Gesetz lie keinen
+Zweifel zu und die Praxis hatte fast stets im Einklang mit dem Gesetz
+gestanden. Es konnte vielleicht schon vorgekommen sein, da an einem
+besonders feierlichen Tage, wo viele Ehrengrade verliehen wurden, in der
+Menge Einer durchgeschlpft war, der die Eide nicht abgelegt hatte; aber
+eine solche Unregelmigkeit, lediglich die Folge der Eil und
+Unachtsamkeit, konnte nicht als Vorgang geltend gemacht werden. Fremde
+Gesandte verschiedener Glaubensrichtungen, insbesondere ein Muselmann,
+waren ohne die Eide aufgenommen worden. Aber es war eine groe Frage, ob
+solche Flle im Bereiche der Ansicht und des Geistes der betreffenden
+Parlamentsverordnungen lagen. Es war nicht einmal behauptet worden, da
+schon einmal Jemand, dem die Eide angesonnen wurden und der sie nicht
+leisten wollte, einen akademischen Grad erlangt habe, und in dieser Lage
+befand sich Francis. Die Delegirten erboten sich zu beweisen, da unter
+der vorigen Regierung mehrere knigliche Befehle unbercksichtigt
+geblieben waren, weil die empfohlenen Personen sich dem Gesetz nicht
+hatten fgen wollen, und da die Regierung sich in solchen Fllen stets
+bei dem Verfahren der Universitt beruhigt habe, da sie es als das
+richtige anerkennen mute. Jeffreys aber wollte von nichts hren. Er kam
+bald dahinter, da der Vicekanzler ein schwacher, unerfahrener und
+schchterner Mann war und lie daher der ganzen Unverschmtheit, welche
+so lange der Schrecken der Old Bailey gewesen war, freien Lauf. Der
+unglckliche Doctor, der an ein solches Auditorium und an eine solche
+Behandlung nicht gewhnt war, wurde bald so eingeschchtert, da er
+gnzlich die Fassung verlor. Sobald andere zur Verfechtung ihrer Sache
+besser befhigte Akademiker das Wort ergreifen wollten, wurden sie auf
+die unsanfteste Weise zum Schweigen gebracht. Sie sind nicht
+Vicekanzler; wenn Sie es einmal sein werden, dann mgen Sie sprechen,
+bis dahin aber geziemt es Ihnen, den Mund zu halten. Die Angeklagten
+wurden, ohne gehrt worden zu sein aus dem Gerichtssaale gewiesen. Nach
+einer Weile wurden sie wieder hereingerufen und ihnen kundgethan, da
+die Commission beschlossen habe, Pechell seiner Wrde als Vicekanzler zu
+entheben und ihm alle Einknfte vorzuenthalten, die er als Vorsteher
+eines Collegiums bezog und welche ganz den Character eines unantastbaren
+Eigenthums hatten. Sie, meine Herren, sagte Jeffreys zu den
+Delegirten, sind grtentheils Theologen, und ich will Sie daher mit
+einer Stelle aus der Schrift heimschicken: Gehet hin und sndigt fortan
+nicht mehr, damit Euch nicht etwas rgeres widerfahre.[9]
+
+ [Anmerkung 8: +Mackay's Character of Sheffield+ nebst Swift's
+ Note; +Satire on the Deponents, 1688+; +Life of John, Duke of
+ Buckinghamshire, 1729+; Barillon, 30. Aug. 1687. Ich besitze ein
+ handschriftliches Spottgedicht aus Mulgrave von 1690, das nicht
+ ohne Witz ist. Die bemerkenswerthesten Zeilen sind diese:
+
+ Heut' schmeichelt er dem Peters (Petre), morgen dem Burnet.
+ Fragt nicht nach Glauben und Partei, denn alle sind ihm gleich.]
+
+ [Anmerkung 9: Siehe den Proze gegen die Universitt Cambridge in
+ der +Collection of State Trials+.]
+
+
+[_Zustand Oxford's._] Man sollte meinen, da dieses Verfahren ungerecht
+und willkrlich genug war. Aber der Knig hatte schon angefangen, Oxford
+mit einer Strenge zu behandeln, im Vergleich zu welcher die gegen
+Cambridge bewiesene Milde genannt werden konnte. Schon war das
+University-Collegium durch Obadja Walker in ein rmisch-katholisches
+Seminar verwandelt, schon stand das Christchurch-Collegium unter der
+Leitung eines rmisch-katholischen Dechanten, schon wurde in diesen
+beiden Collegien tglich Messe gelesen. Die ruhige, majesttische Stadt,
+so lange das Bollwerk des monarchischen Prinzips, war von Leidenschaften
+aufgeregt, die sie bisher nie gekannt hatte. Die Untergraduirten
+verhhnten mit stillschweigender Erlaubni ihrer Vorgesetzten die
+Mitglieder von Walker's Gemeinde und sangen Spottlieder unter ihren
+Fenstern. Einige Bruchstcke von den Serenaden, welche damals in High
+Street die Ruhe strten, sind der Nachwelt erhalten worden; der Refrain
+einer Ballade lautet:
+
+ Der alte Obadja
+ singt Ave Maria.
+
+Als die Schauspieler nach Oxford kamen, uerte sich die ffentliche
+Meinung noch strker. Es wurde Howard's Comit gegeben. Dieses bald
+nach der Restauration geschriebene Stck stellte die Puritaner in einem
+gehssigen und verchtlichen Lichte dar und war deshalb seit einem
+Vierteljahrhundert ein Lieblingsstck des oxforder Publikums. Jetzt war
+es beliebter als je zuvor, denn ein glcklicher Zufall wollte, da eine
+der Hauptrollen ein alter Heuchler Namens Obadja war. Das Publikum brach
+in einen Beifallsjubel aus, als Obadja in der letzten Scene mit einem
+Strick um den Hals hereingeschleppt wurde, und der Applaus nahm zu, als
+einer der Schauspieler, von dem vorgeschriebenen Texte abweichend,
+ankndigte, da Obadja wegen Glaubenabfalls gehngt werden solle. Der
+Knig war hchlich entrstet ber diesen Hohn. Die Stimmung der
+Universitt war so rebellisch, da eines der neu errichteten Regimenter,
+das welches gegenwrtig das zweite Gardedragonerregiment heit, nach
+Oxford versetzt wurde, um einen Aufstand zu verhindern.[10]
+
+Diese Vorgnge htten Jakob berzeugen knnen, da er einen Weg
+eingeschlagen hatte, der ihn ins Verderben fhren mute. An das Geschrei
+der Londoner war er schon lngst gewhnt. Es war zuweilen
+ungerechterweise, zuweilen vergebens gegen ihn erhoben worden; er hatte
+demselben wiederholt getrotzt und konnte ihm auch fernerhin trotzen. Da
+aber Oxford, der Sitz der Loyalitt, das Hauptquartier der
+Kavalierarmee, der Ort, wohin sein Vater und sein Bruder ihren Hof
+verlegten, wenn sie sich in ihrer strmisch bewegten Hauptstadt nicht
+mehr sicher glaubten, der Ort, wo die Schriften der groen
+republikanischen Lehrer unlngst den Flammen berliefert worden waren,
+da diese Stadt sich jetzt in einer unzufriedenen Ghrung befand und die
+muthigen Jnglinge, die sich vor wenigen Monaten so eifrig als
+Freiwillige gemeldet hatten, um gegen die Insurgenten im Westen zu
+marschiren, jetzt nur mit Mhe durch Sbel und Karabiner im Schach
+gehalten wurden: das waren Zeichen von schlimmer Vorbedeutung fr das
+Haus Stuart. Doch der abgestumpfte, starrsinnige und eigenwillige Tyrann
+beachtete den Warnungsruf nicht. Er hatte sich einmal vorgenommen,
+seiner Kirche die reichsten und glnzendsten Stiftungen Englands zu
+verschaffen. Umsonst machten ihm die besseren und verstndigeren seiner
+rmisch-katholischen Rathgeber Vorstellungen. Sie erklrten ihm, da er
+der Sache seiner Religion viel ntzen knne, ohne die Eigenthumsrechte
+zu verletzen. Eine Bewilligung von jhrlich zweitausend Pfund aus seiner
+Privatchatulle wrde hinreichen, um ein Jesuitencollegium in Oxford zu
+unterhalten, und diese Summe knne er leicht verschmerzen. Ein solches
+Collegium, mit tchtigen, gelehrten und eifrigen Lehrern ausgestattet,
+wrde ein gefhrlicher Nebenbuhler fr die alten akademischen Anstalten
+werden, welche nur zu deutliche Symptome einer von Reichthum und
+Sicherheit unzertrennlichen Erschlaffung zeigten. Knig Jakob's
+Collegium wrde bald selbst von den Protestanten hinsichtlich der
+Wissenschaften sowohl als auch der moralischen Zucht als die erste
+Bildungsanstalt der Insel anerkannt werden. Dies wrde der wirksamste
+und zugleich glimpflichste Weg sein, um die anglikanische Kirche zu
+demthigen und die rmische zu Ansehen zu bringen. Der Earl von
+Ailesbury, einer der ergebensten Diener des kniglichen Hauses,
+erklrte, da er, obgleich Protestant und nicht reich, lieber selbst
+einen Beitrag von tausend Pfund zu diesem Zwecke hergeben wolle, als da
+sein Gebieter die Eigenthumsrechte verletze und sein der Staatskirche
+gegebenes Wort breche.[11] Der Plan fand jedoch keinen Beifall in den
+Augen des Knigs. Allerdings entsprach er auch in mehr als einer
+Beziehung seinem unfreundlichen Character nicht. Denn es machte ihm
+Vergngen, den Sinn der Menschen zu beugen und zu brechen, und von
+seinem Gelde konnte er sich nur schwer trennen. Was er auf seine Kosten
+zu unternehmen nicht hochherzig genug war, das beschlo er auf Kosten
+Anderer durchzufhren. Wenn er einmal etwas begonnen hatte, so hielt
+sein Stolz und sein Starrsinn ihn ab, wieder zurckzutreten, und er lie
+sich endlich Schritt fr Schritt zu Handlungen trkischer Tyrannei
+verleiten, zu Handlungen, welche die Nation zu der berzeugung bringen
+muten, da das Vermgen eines protestantischen Freisassen Englands
+unter einem rmisch-katholischen Knig ebenso unsicher war, wie das
+eines Griechen unter der Herrschaft eines Moslem.
+
+ [Anmerkung 10: +Wood's Athenae Oxonienses+; +Apology for the Life
+ of Colley Cibber+; Citters, 2.(12.) Mrz 1686.]
+
+ [Anmerkung 11: +Burnet, I.+ 697; Brief von Lord Ailesbury,
+ abgedruckt im +European Magazine+, April 1795.]
+
+
+[_Das Magdalenen-Collegium in Oxford._] Das Magdalenen-Collegium,
+gegrndet im funfzehnten Jahrhundert von Wilhelm von Waynflete, Bischof
+von Winchester und Lordgrokanzler, war eine der hervorragendsten
+unserer akademischen Institute. Ein schlanker Thurm, auf dessen Zinnen
+alljhrlich am Morgen des ersten Mai von Choristen eine lateinische
+Hymne gesungen wurde, fesselte schon von weitem die Aufmerksamkeit des
+von London her kommenden Reisenden. Wenn er sich nherte, bemerkte er,
+da dieser Thurm sich von einem mit Zinnen versehenen, zwar niedrigen
+und unregelmigen, aber doch sehr ehrwrdig aussehenden Gebude erhob,
+das von Bumen beschattet und von den trgen Fluthen des Chervell
+besplt wurde. Er trat durch einen Thorweg,[12] ber dem eine stattliche
+Gallerie hinlief, in einen gerumigen Kreuzgang, der mit Emblemen der
+Tugenden und Laster, von den Bildhauern des funfzehnten Jahrhunderts roh
+in grauen Stein gemeielt, verziert war. Der Tisch der Gesellschaft
+wurde in einem mit Gemlden und phantastischem Schnitzwerk reich
+ausgestatteten Refectorium gedeckt. Der Gottesdienst wurde frh und
+Abends in einer Kapelle gehalten, die von den Reformers und den
+Puritanern viel zu leiden gehabt hatte, aber trotz alledem ein
+wunderschnes Bauwerk war, das in unseren Tagen mit seltenem Geschmack
+und Geschick restaurirt worden ist. Die groen Gartenanlagen am Ufer des
+Flusses zeichneten sich durch hohe Bume aus, unter denen ein Wunder der
+Pflanzenwelt unsrer Insel emporragte, eine riesige Eiche, welche hundert
+Jahre lter sein sollte, als das lteste Collegium der Universitt.
+
+Die Statuten der Gesellschaften bestimmten, da die Knige von England
+und die Prinzen von Wales in dem Hause aufgenommen werden sollten, wie
+in ihrem eignen Palaste. EduardIV. hatte das Gebude bewohnt, als es
+noch nicht vollendet war. Richard III. hatte darin sein Hoflager
+gehalten, im groen Saale Disputationen mit angehrt, war kniglich
+bewirthet worden und hatte die Kche seiner Wirthe mit einem Geschenk
+von fetten Rehbcken aus seinen Forsten beehrt. Zwei muthmaliche
+Thronerben, welche frhzeitig hinweggerafft wurden, Arthur, der ltere
+Bruder Heinrich's VIII., und Heinrich, der ltere Bruder Karl'sI.,
+hatten in dem Collegium studirt; ebenso auch ein andrer Prinz von
+Geblt, der letzte und beste der rmisch-katholischen Erzbischfe von
+Canterbury, der menschenfreundliche Reginald Pole. Zur Zeit des
+Brgerkriegs war das Collegium der Sache der Krone treu geblieben.
+Ruprecht hatte dort sein Hauptquartier aufgeschlagen, und ehe er zu
+einigen seiner khnsten Unternehmungen auszog, hatte man in den stillen
+Kreuzgngen seine Trompeter zum Aufbruch blasen hren. Die Mehrzahl der
+Fellows waren Theologen und konnten den Knig nur mit Gebeten und
+Geldspenden untersttzen. Doch einer von den Mitgliedern der
+Gesellschaft, ein Doctor des Civilrechts, warb eine Truppe
+Untergraduirter und fiel an ihrer Spitze im tapferen Kampfe gegen die
+Soldaten von Essex. Als die Feindseligkeiten beendigt und die Rundkpfe
+Herren von England waren, verweigerten sechs Siebentel der Mitglieder
+der usurpirten Gewalt ihre Unterwerfung. In Folge dessen wurden sie aus
+ihren Wohnungen vertrieben und ihrer Einknfte beraubt. Nach der
+Restauration kehrten die noch Lebenden an ihren lieblichen Wohnsitz
+zurck. Eine neue Generation war auf sie gefolgt, die ihre Ansichten und
+ihren Muth geerbt hatte. Zur Zeit des Aufstandes im Westen hatten
+diejenigen Collegiaten, welche nicht durch Alter oder Beruf zum
+Gebrauche der Waffen unfhig waren, sich bereitwilligst erboten, fr die
+Krone zu kmpfen. Es drfte schwerlich im ganzen Knigreiche irgend eine
+Korporation zu finden sein, welche gerechteren Anspruch auf die
+Dankbarkeit des Hauses Stuart gehabt htte.[13]
+
+Die Gesellschaft bestand aus einem Prsidenten, vierzig Fellow's,
+dreiig Studenten (+Demies+, Halbe genannt) und einer Anzahl von
+Kaplanen, Schreibern und Chorsngern. Zur Zeit der Generalvisitation
+unter Heinrich VIII. waren die Einknfte viel bedeutender als die jeder
+andren hnlichen Stiftung des Landes, fast um die Hlfte grer als die
+der reichen Stiftung Heinrich'sVI. in Cambridge und ber noch einmal so
+gro als die, welche Wilhelm von Wykeham seinem Collegium in Oxford
+vermacht hatte. In den Tagen Jakob'sII. war der Reichthum des
+Magdalenen-Collegiums enorm und wurde durch das Gercht noch
+bertrieben. Das Collegium wurde allgemein fr reicher als die reichsten
+Abteien des Continents gehalten. Wenn die Pachtgelder alle eingingen,
+hie es unter dem Volke, so beliefen sich die jhrlichen Einknfte auf
+die ungeheure Summe von vierzigtausend Pfund Sterling.[14]
+
+Die Collegiaten waren durch die von dem Begrnder festgesetzten Statuten
+ermchtigt, sich ihren Prsidenten unter Personen, welche Mitglieder
+ihrer Gesellschaft oder des Neuen Collegiums waren oder gewesen waren,
+selbst zu whlen. Dieses Recht war in der Regel mit vlliger Freiheit
+ausgebt worden. Nur in einzelnen Fllen waren knigliche Zuschriften
+gekommen, welche dem Collegium befhigte Personen anempfahlen, die bei
+Hofe in Gunst standen, und es war in solchen Fllen Sitte gewesen, auf
+die Wnsche des Souverains gebhrende Rcksicht zu nehmen.
+
+Im Mrz 1687 starb der Prsident des Collegiums. Einer der Fellows,
+Doctor Thomas Smith, vom Volke spottweise Rabbi Smith genannt, ein
+ausgezeichneter Reisender, Bchersammler, Alterthumsforscher und
+Orientalist, der Kaplan bei der Gesandtschaft in Konstantinopel gewesen
+und mit der Vergleichung der alexandrinischen Handschriften beauftragt
+worden war, bewarb sich um den erledigten Posten. Er meinte als
+Gelehrter und als eifriger Tory einigen Anspruch auf die Begnstigung
+von Seiten der Regierung zu haben. Seine Loyalitt war auch in der That
+so glhend und so unwandelbar, wie man sie in der ganzer englischen
+Kirche nur finden konnte. Er war lange mit dem Bischof Parker von Oxford
+intim befreundet gewesen und hoffte durch die Verwendung dieses Prlaten
+ein knigliches Empfehlungsschreiben an das Collegium zu erhalten.
+Parker versprach sein Mglichstes zu thun, berichtete aber bald, da er
+auf Schwierigkeiten gestoen sei. Der Knig, sagte er, mag Niemanden
+empfehlen, der nicht ein Freund seiner Religion ist. Was knnen Sie in
+dieser Beziehung thun, um ihn zufrieden zu stellen? Smith antwortete,
+da, wenn er Prsident werden sollte, er sich bemhen wrde,
+Gelehrsamkeit, wahres Christenthum und Loyalitt zu frdern. Das wird
+nicht gengen, sagte der Bischof. Nun so mag Prsident werden wer da
+will, versetzte Smith mannhaft; ich kann nicht mehr versprechen.
+
+ [Anmerkung 12: Dieser Thorweg ist jetzt verschlossen.]
+
+ [Anmerkung 13: +Wood's Athenae Oxonienses+; +Walker's Sufferings
+ of the Clergy.+]
+
+ [Anmerkung 14: +Burnet, I. 697+; +Tanner's Notitia Monastica.+ Bei
+ der Visitation im sechsundzwanzigsten Regierungsjahre Heinrich's
+ VIII. ergab es sich, da die Einknfte des Kings-Collegiums 751
+ Pfd. St., die des Neuen Collegiums 487 Pfd. St. und die des
+ Magdalenen-Collegiums 1076 Pfd. St. betrugen.]
+
+
+[_Anton Farmer vom Knige als Prsident empfohlen._] Die Wahl wurde auf
+den dreizehnten April festgesetzt und die Fellows aufgefordert,
+derselben beizuwohnen. Es ging die Rede, da ein knigliches Schreiben
+einlaufen werde, das einen gewissen Anton Farmer fr die erledigte
+Stelle empfehle. Das Leben dieses Mannes war eine Reihenfolge ehrloser
+Handlungen. Er war Mitglied der Universitt Cambridge gewesen und der
+Ausstoung nur durch rechtzeitige freiwillige Entfernung entgangen. Dann
+hatte er sich den Dissenters angeschlossen und hierauf war er nach
+Oxford gegangen, um in das Magdalenen-Collegium einzutreten, wo er sich
+bald durch alle mglichen Laster auszeichnete. In der Regel taumelte er
+spt in der Nacht so betrunken, da er nicht sprechen konnte, seinem
+Collegium zu. Es war allbekannt, da er an der Spitze eines
+unehrenvollen Aufruhrs in Abingdon gestanden hatte, und er war ein
+regelmiger Gast bekannter Lieblingsorte von Wstlingen gewesen.
+Endlich war er Kuppler geworden, hatte sogar die gewhnliche Gemeinheit
+seines abscheulichen Gewerbes noch bertroffen und hatte von
+liederlichen jungen Leuten fr Dienste, welche die Geschichte nicht gut
+erzhlen kann, Geld genommen. Dieser erbrmliche Mensch war jetzt zum
+Papismus bergetreten. Sein Abfall shnte alle seine Laster, und
+obgleich noch sehr jung, wurde er zum Vorsteher einer ernsten religisen
+Gesellschaft empfohlen, in welcher das rgerni, das er durch seine
+Lasterhaftigkeit gegeben, noch im frischen Andenken war.
+
+Durch das allgemeine Landesgesetz war er als rmischer Katholik von
+allen akademischen mtern ausgeschlossen, und da er niemals Fellow des
+Magdalenen-Collegiums noch des Neuen Collegiums gewesen, so hatte er der
+besonderen Verordnung Wilhelm's von Waynflete gem gar kein Recht, sich
+um die erledigte Prsidentenstelle zu bewerben. berdies hatte Waynflete
+den Mitgliedern seiner Stiftung noch ausdrcklich eingeschrft, da sie
+bei der Wahl ihres Vorstehers namentlich auf seinen moralischen
+Character Rcksicht nehmen sollten, und htte er auch keine derartige
+Weisung hinterlassen, so konnte eine meist aus Theologen bestehende
+Gesellschaft einem Mann wie Farmer schicklicherweise nicht die Leitung
+einer Bildungsanstalt bertragen.
+
+Die Collegiaten stellten dem Knige ehrerbietigst vor, in welche
+Verlegenheit sie kommen wrden, wenn das Gercht, da Farmer ihnen
+empfohlen werden sollte, sich als begrndet erwies, und baten darum, da
+Seine Majestt, wenn es ihm beliebe, sich in die Wahl einzumischen,
+ihnen einen Mann vorschlagen mchte, fr den sie gesetzlicherweise und
+mit gutem Gewissen stimmen knnten. Von dieser ergebenen Bitte wurde
+keine Notiz genommen. Das knigliche Schreiben lief ein. Der berbringer
+desselben war ein Fellow des Collegiums, der unlngst Papist geworden
+war, Namens Robert Charnock, ein Mann von Talent und Geist, aber von
+heftigem und ruhelosem Temperament, das ihn einige Jahre spter zu einem
+abscheulichen Verbrechen und zu einem entsetzlichen Schicksale trieb.
+Das Collegium versammelte sich am 13. April in der Kapelle. Man hatte
+noch immer einige Hoffnung, da der Knig sich durch die an ihn
+gerichteten Vorstellungen werde bewegen lassen, und die Versammlung
+vertagte sich deshalb bis auf den 15. April, als den letzten Termin, an
+welchem die Wahl nach den Statuten des Collegiums stattfinden mute.
+
+
+[_Wahl des Prsidenten._] Der 15. April erschien und die Collegiaten
+versammelten sich wieder in ihrer Kapelle. Von Whitehall war keine
+Antwort gekommen. Einige der lteren Mitglieder, darunter Smith, waren
+der Meinung, die Wahl lieber noch einmal zu verschieben, als einen
+Schritt zu thun, der den Knig mglicherweise beleidigen konnte. Aber
+die Sprache der Statuten war klar und die Mitglieder des Collegiums
+hatten sich eidlich verpflichtet, dieselben zu befolgen. Die Ansicht der
+Mehrheit war daher, da kein weiterer Aufschub stattfinden drfe. Es
+erfolgte eine heftige Debatte. Die Whler waren zu aufgeregt, als da
+sie htten auf ihren Pltzen bleiben knnen; die ganze Kapelle war in
+Aufruhr. Diejenigen, welche fr die Vornahme der Wahl stimmten, beriefen
+sich auf ihre Eide und auf die Verordnungen des Stifters, dessen Brot
+sie aen. Sie behaupteten ganz richtig, der Knig habe nicht das Recht,
+ihnen selbst einen geeigneten Candidaten aufzudringen. In der Hitze des
+Streits fielen einige fr toryistische Ohren anstige uerungen und
+Smith lie sich zu der Bemerkung verleiten, der Geist Ferguson's habe
+sich seiner Collegen bemchtigt. Mit groer Stimmenmehrheit wurde
+endlich der Beschlu gefat, die Wahl unverzglich vorzunehmen. Charnock
+verlie die Kapelle. Die brigen Fellows gaben, nachdem sie vorher das
+Sakrament empfangen, ihre Stimmen ab. Die Wahl fiel auf Johann Hough,
+einen Mann von seltener Tugend und Besonnenheit, der, nachdem er
+Verfolgungen mit hohem Muthe und das Glck mit ernster Wrde ertragen,
+zu hohen Ehren emporgestiegen und noch hhere bescheiden abgelehnt
+hatte, mehr als sechsundfnfzig Jahre nach diesem ereignivollen Tage in
+hohem Alter, aber noch in voller Kraft des Geistes starb.
+
+Die Gesellschaft beeilte sich, dem Knige die Umstnde
+auseinanderzusetzen, welche es nothwendig gemacht hatten, ohne weiteren
+Verzug zur Wahl eines Prsidenten zu schreiten, und ersuchte den Herzog
+von Ormond als Kanzler der ganzen Universitt, und den Bischof von
+Winchester als Visitator des Magdalenen-Collegiums, das Amt der
+Vermittelung zu bernehmen. Der Knig aber war viel zu aufgebracht und
+viel zu befangen, als da er auf derartige Verstellungen htte hren
+knnen.
+
+
+[_Die Mitglieder des Magdalenen-Collegiums werden vor die Hohe
+Commission geladen._] Anfangs Juni wurden die Collegiaten vor die Hohe
+Commission nach Whitehall beschieden. Fnf von ihnen kamen als Deputirte
+der Korporation der Aufforderung nach. Jeffreys behandelte sie nach
+seiner gewohnten Manier. Als einer von ihnen, ein ehrwrdiger Doctor,
+Namens Fairfax, einigen Zweifel an der Rechtsgltigkeit der Commission
+uerte, begann er zu brllen wie ein wildes Thier: Wer ist der Mann?
+Wer giebt ihm das Recht, hier unverschmt zu sein? Ergreift ihn und
+steckt ihn in ein finstres Zimmer! Wie kann man ihn ohne Wchter lassen?
+Er steht als Wahnsinniger unter meiner Aufsicht. Es wundert mich, da
+noch Niemand bei mir darauf angetragen hat, da er in sicheres Gewahrsam
+gebracht werde. Als aber der Sturm ausgetobt hatte und die Aussagen
+ber den sittlichen Charakter des vom Knige empfohlenen Kandidaten
+verlesen waren, hatte keiner der Commissare die Frechheit zu behaupten,
+da ein solcher Mensch sich zum Prsidenten eines groen Collegiums
+eigne. Obadja Walker und die brigen oxforder Papisten, die sich
+eingefunden hatten, um ihren Proselyten zu untersttzen, waren nicht
+wenig bestrzt. Die Commission erklrte Hough's Wahl fr ungltig und
+suspendirte Fairfax von seiner Collegiatur; von Farmer aber war keine
+Rede mehr und im August kam ein knigliches Schreiben an, welches dem
+Collegium den Bischof von Oxford, Parker, empfahl.
+
+
+[_Parker zum Prsidenten empfohlen._] Parker war kein erklrter Papist.
+Es lag jedoch ein Umstand gegen ihn vor, der, selbst wenn die
+Prsidentur erledigt gewesen wre, htte entscheidend sein mssen: er
+hatte weder dem Neuen Collegium noch dem Magdalenen-Collegium jemals
+angehrt. Aber die Prsidentur war gar nicht erledigt, denn Hough war
+rechtskrftig gewhlt und smmtliche Mitglieder des Collegiums waren
+eidlich verpflichtet, ihn in seinem Amte zu erhalten. Sie entschuldigten
+sich daher mit vielen Versicherungen ihrer Loyalitt und ihres
+Bedauerns, da sie dem Befehle des Knigs nicht Folge leisten knnten.
+
+
+[_Die Karthause._] Whrend Oxford so der Tyrannei energisch entgegen
+trat, leistete man an einem andren Orte nicht weniger tapferen
+Widerstand. Jakob hatte vor einiger Zeit den Administratoren der
+Karthause, Mnnern von hohem Rang und Ansehen im Knigreiche, den Befehl
+gegeben, einen rmischen Katholiken, Namens Popham, in das unter ihrer
+Verwaltung stehende Hospital aufzunehmen. Der Vorsteher der Anstalt,
+Thomas Burnet, ein durch Genie, Gelehrsamkeit und Tugend ausgezeichneter
+Geistlicher, hatte, obgleich der wilde Jeffreys im Collegium sa, den
+Muth, sie darauf aufmerksam zu machen, da jene Zumuthung dem Willen des
+Stifters sowohl als einer Parlamentsacte zuwiderlaufe. Was thut dies
+zur Sache? fragte ein dem Vorstande angehrender Hfling. Ich meine,
+es thut sehr viel zur Sache, antwortete eine von Alter und Sorgen
+geschwchte Stimme, die aber in keiner Versammlung ohne Achtung gehrt
+wurde, die Stimme des ehrwrdigen Ormond. Eine Parlamentsacte, fuhr
+der Patriarch der Kavalierpartei fort, ist meiner Ansicht nach keine
+Kleinigkeit. Es wurde die Frage gestellt, ob Popham zugelassen werden
+solle, und der Beschlu lautete auf seine Zurckweisung. Da der Kanzler
+seinem Grolle nicht wohl durch Fluchen und Verwnschungen gegen Ormond
+Luft machen konnte, so lief er in voller Wuth fort und mehrere von der
+Minoritt folgten ihm. In Folge dessen blieb keine beschlufhige Anzahl
+brig und es konnte daher auf den kniglichen Befehl keine formelle
+Antwort gegeben werden.
+
+Die nchste Sitzung fand nur zwei Tage, nachdem die Commission
+Hough's Wahl fr ungltig erklrt und Fairfax suspendirt hatte,
+statt. Die Administratoren erhielten einen zweiten Befehl mit dem
+groen Staatssiegel; aber das tyrannische Verfahren gegen das
+Magdalenen-Collegium hatte ihren Muth noch erhht, anstatt ihn zu
+schwchen. Sie setzten ein Schreiben an Sunderland auf, durch welches er
+ersucht wurde, dem Knige mitzutheilen, da sie im vorliegenden Falle
+Seiner Majestt nicht gehorchen knnten, ohne das Gesetz und ihre
+Amtspflicht zu verletzen.
+
+Es drfte kaum zu bezweifeln sein, da, wenn diese Zuschrift nur von
+unbedeutenden Mnnern unterzeichnet gewesen wre, der Knig irgend einen
+Gewaltschritt gethan haben wrde. Aber selbst er erschrak beim Anblick
+der groen Namen Ormond, Halifax, Danby und Nottingham, der Oberhupter
+aller Farben der groen Partei, der er seine Krone verdankte. Er
+begngte sich deshalb, Jeffreys zu bedeuten, da er das weiter
+einzuschlagende Verfahren in Erwgung ziehen solle. Einmal hie es, es
+werde ein Proze bei der Kings Bench anhngig gemacht werden, ein
+andermal, die Kirchliche Commission werde den Fall in die Hand nehmen,
+aber diese Drohungen verstummten nach und nach wieder.[15]
+
+ [Anmerkung 15: +A Relation of the Proceedings at the Charterhouse,
+ 1689.+]
+
+
+[_Rundreise des Knigs._] Der Sommer war jetzt weit vorgerckt und der
+Knig trat eine Reise an, die lngste und glnzendste, die man seit
+vielen Jahren gesehen hatte. Am 16. August begab er sich von Windsor
+nach Portsmouth, besichtigte die Festungswerke, berhrte einige mit
+Krpfen Behaftete und fuhr dann in einer seiner Yachten nach
+Southampton. Von hier reiste er nach Bath, wo er sich einige Tage
+aufhielt und die Knigin zurcklie. Als er wieder abreiste, begleiteten
+ihn der Obersheriff von Somersetshire und eine groe Anzahl Gentlemen
+bis an die Grenze der Grafschaft, wo ihn der Obersheriff von
+Gloucestershire mit einem nicht minder glnzenden Gefolge erwartete. Der
+Herzog von Beaufort kam bald darauf den kniglichen Equipagen entgegen
+und geleitete dieselben nach Badminton, wo ein des Rufes, den sich der
+Herzog durch seinen glnzenden Haushalt erworben hatte, wrdiges Mahl
+fr ihn angerichtet war. Am Nachmittag ging der Zug weiter nach
+Gloucester. Zwei Meilen vor der Stadt wurde er vom Bischofe und der
+Geistlichkeit bewillkommnet. Am Sdthore erwartete ihn der Mayor mit den
+Schlsseln. Die Glocken gingen und aus allen Rhrtrgen flo Wein,
+whrend der Knig durch die Straen nach dem Platze zog, der die
+ehrwrdige Kathedrale umgiebt. Er bernachtete in der Dechanei und brach
+am folgenden Morgen nach Worcester auf. Von Worcester ging er nach
+Ludlow, Shrewsbury und Chester, und wurde berall mit ueren Zeichen
+der Freude und Ehrerbietung empfangen, die er schwach genug war, als
+Beweise zu betrachten, da die durch seine Maregeln hervorgerufene
+Unzufriedenheit gedmpft sei und ihm ein leichter Sieg bevorstehe. Der
+scharfblickendere Barillon benachrichtigte Ludwig, da der Knig in
+einer Tuschung befangen sei, da die Reise keinen wirklichen Nutzen
+gebracht habe und da die nmlichen Gentlemen von Worcestershire und
+Shropshire, die es fr ihre Pflicht gehalten, ihren Souverain und Gast
+mit allen Ehrenbezeigungen zu empfangen, sich so widerspenstig als je
+zeigen wrden, wenn die Testangelegenheit zur Sprache kme.[16]
+
+Unterwegs schlossen sich dem kniglichen Zuge zwei Hflinge an, die in
+Character und Meinungen weit von einander verschieden waren. Penn war
+auf einer geistlichen Hirtenreise in Chester. Seine Popularitt und sein
+Ansehen waren unter seinen Glaubensbrdern tief gesunken, seitdem er ein
+Werkzeug des Knigs und der Jesuiten geworden war.[17] Jakob aber nahm
+ihn sehr freundlich auf und er durfte am Sonntage im Ballhause einen
+Vortrag halten, whrend Cartwright in der Kathedrale predigte und der
+Knig an einem in der Grafschaftshalle errichteten Altare die Messe
+hrte. Man sagt sogar, Seine Majestt habe geruht, einen Augenblick in
+das Ballhaus einzutreten und der melodischen Beredtsamkeit seines
+Freundes mit Anstand zuzuhren.[18]
+
+Der wthende Tyrconnel war von Dublin ber den Kanal gekommen, um von
+seiner Verwaltung Bericht zu erstatten. Alle achtungswertheren
+englischen Katholiken behandelten ihn als einen Feind ihres Stammes und
+als eine Schande ihrer Religion mit Klte. Sein Gebieter aber hie ihn
+herzlich willkommen und entlie ihn mit Versicherungen seines
+ungeschwchten Vertrauens und seiner steten Untersttzung. Jakob vernahm
+mit groer Freude, da bald die ganze Verwaltung Irlands in
+rmisch-katholischen Hnden sein werde. Die englischen Ansiedler waren
+schon ihrer ganzen politischen Macht beraubt, es blieb nur noch brig,
+sie auch ihres Eigenthums zu berauben, und diese letzte Gewaltthat wurde
+so lange aufgeschoben, bis man sich die Mitwirkung eines irischen
+Parlaments gesichert haben wrde.[19]
+
+Von Cheshire wendete sich der Knig nach dem Sden und in der festen
+berzeugung, da die Fellows des Magdalenen-Collegiums es trotz ihres
+widerspenstigen Geistes nicht wagen wrden, einem ihnen mndlich
+gegebenen Befehle den Gehorsam zu verweigern, reiste er nach Oxford. Auf
+dem Wege dahin machte er einige kleine Abstecher nach Orten, die ihn als
+Knig, als Bruder und als Sohn besonders interessirten. Er besuchte das
+gastliche Dach von Boscobel und die berreste der Eiche, die in der
+Geschichte seines Hauses eine so wichtige Rolle spielt. Er fuhr ber das
+Schlachtfeld von Edgehill, wo die Kavaliere zuerst mit den Soldaten des
+Parlaments die Schwerter kreuzten. Am 3. September speiste er mit groem
+Geprnge im Palast von Woodstock, einem alten berhmten Schlosse, von
+dem kein Stein mehr vorhanden ist, dessen Lage aber noch heute auf der
+Wiese des Blenheimparks durch zwei unweit der stattlichen Brcke
+stehende Platanen bezeichnet wird.
+
+ [Anmerkung 16: London Gazette vom 18. Aug. bis 1. Sept. 1687;
+ Barillon, 19.(29.) Sept.]
+
+ [Anmerkung 17: +Penn, chef des Quakers, qu'on sait tre dans les
+ intrts du Roi d'Angleterre, est si fort dcri parmi ceux de son
+ parti qu'il n'ont plus aucune confiance en lui.+ -- Bonrepaux an
+ Seignelay, 12.(22.) Sept. 1687. Gerhard Croese's Zeugni lautet
+ ganz ebenso: +Etiam Quakeri Pennum non amplius, ut ante ita
+ amabant ac magnifaciebant, quidam aversabantur ac fugiebant. --
+ Historia Quakeriana, lib. II. 1695.+]
+
+ [Anmerkung 18: +Cartwright's Diary, Aug. 30. 1687+; +Clarkson's
+ Life of William Penn.+]
+
+ [Anmerkung 19: +London Gazette, Sept. 5.+; +Sheridan MS.+;
+ Barillon 6.(16.) Sept. 1687. +Le Roi son matre,+ sagt Barillon,
+ +a tmoign une grande satisfaction des mesures qu'il a prises,
+ et a autoris ce qu'il a fait en faveur des Catholiques. Il les
+ tablit dans les emplois et les charges, en sorte que l'autorit
+ se trouvera bientt entre leurs mains. Il reste encore beaucoup de
+ choses faire en ce pays l pour retirer les biens injustement
+ ts aux Catholiques. Mais cela ne peut s'excuter qu'avec le
+ temps et dans l'assemble d'un parlement en Irlande.+]
+
+
+[_Der Knig in Oxford._] Am Abend erreichte er Oxford, wo er mit den
+gewohnten Ehrenbezeigungen empfangen wurde. Die Studenten hatten sich in
+ihrer akademischen Tracht vom Stadtthore bis an den Haupteingang des
+Christchurch-Collegiums in einer Doppelreihe aufgestellt. Er stieg in
+der Dechanei ab, wo er unter anderen Bequemlichkeiten eine zum Medienst
+eingerichtete Kapelle vorfand.[20]
+
+ [Anmerkung 20: +London Gazette, Sept. 5, 8. 1687+.]
+
+
+[_Er giebt den Collegiaten des Magdalenenstifts einen Verweis._] Den Tag
+nach seiner Ankunft erhielten die Fellows des Magdalenen-Collegiums
+Befehl, ihm ihre Aufwartung zu machen. Als sie vor ihm erschienen,
+behandelte er sie mit einem bermuth, wie ihn die puritanischen
+Visitatoren gegen ihre Vorgnger nie bewiesen hatten. Sie haben Sich
+nicht wie Gentlemen gegen mich benommen, rief er aus; Sie haben Sich
+eben so unschicklich als ungehorsam gezeigt. Sie fielen auf die Knie
+und berreichten ihm eine Petition. Er wollte sie nicht ansehen. Ist
+das die Loyalitt Ihrer englischen Kirche? Ich htte nicht gedacht, da
+so viele Geistliche der Kirche Englands sich bei einer solchen Sache
+betheiligen knnten. Gehen Sie nach Hause, gehen Sie. Ich bin Knig und
+ich verlange Gehorsam. Gehen Sie augenblicklich in Ihre Kapelle und
+nehmen Sie den Bischof von Oxford auf. Und wehe Denen, die sich weigern,
+sie sollen das ganze Gewicht meiner Hand fhlen, sie sollen erfahren,
+was es heit, sich die Ungnade seines Souverains zuziehen! Die noch
+immer vor ihm knieenden Collegiaten reichten ihm wiederholt ihre
+Petition dar. Er warf sie zornig zu Boden. Gehen Sie, sage ich, ich
+nehme nichts von Ihnen an, bis Sie den Bischof aufgenommen haben!
+
+Sie gingen und versammelten sich augenblicklich in ihrer Kapelle. Es
+wurde die Frage gestellt, ob sie sich dem Befehle Seiner Majestt fgen
+sollten. Smith war abwesend, nur Charnock antwortete mit Ja. Alle
+brigen Collegiaten erklrten, da sie in allen gesetzlichen Dingen dem
+Knige bereitwilligst gehorchen, ihre Statuten und ihre Eide aber nicht
+verletzen wrden.
+
+Voll Zorn und rger ber seine Niederlage verlie der Knig Oxford und
+kehrte nach Bath zur Knigin zurck. Seine Hartnckigkeit und Willkr
+hatte ihn in eine sehr schwierige Lage versetzt. Er hatte zu fest auf
+die Wirkung seiner finstren Miene und seiner gebieterischen Rede
+gerechnet und unbesonnenerweise nicht nur das Ansehen seiner Regierung,
+sondern auch seine persnliche Wrde aufs Spiel gesetzt. Konnte er
+Unterthanen nachgeben, denen er mit erhobener Stimme und zornigen
+Geberden gedroht hatte? Konnte er es auf der andren Seite wagen, an
+einem Tage eine Anzahl achtungswerther Geistlicher aus ihrer Heimath zu
+vertreiben, weil sie eine in den Augen der ganzen Nation heilige Pflicht
+gethan hatten? Vielleicht gab es noch einen Ausweg aus dieser
+Verlegenheit, vielleicht konnte das Collegium doch noch durch Drohungen,
+durch Zureden oder durch Bestechung zur Unterwerfung gebracht werden.
+
+
+[_Penn sucht zu vermitteln._] Man bediente sich Penn's als Vermittler.
+Er hatte zuviel Rechtsgefhl, als da er das gewaltsame und ungerechte
+Verfahren der Regierung htte billigen knnen und er wagte es sogar,
+einem Theile seiner Gedanken Worte zu geben. Jakob beharrte wie
+gewhnlich auf seinem Vorsatze, und der hfische Quker that daher sein
+Mglichstes, um das Collegium vom Pfade des Rechts abzuziehen. Zuerst
+versuchte er es mit Einschchterungen. Er sagte, der Gesellschaft drohe
+der Untergang, denn der Knig sei im hchsten Grade aufgebracht. Es sei
+allerdings ein schwerer Schritt fr sie, das sahen die meisten Leute
+ein; aber jedes Kind wisse auch, da Seine Majestt seinen Willen gern
+durchsetze und da er Widerspruch nicht vertragen knne. Penn ermahnte
+daher die Collegiaten, nicht auf die Gerechtigkeit ihrer Sache zu
+pochen, sondern sich zu fgen oder wenigstens zu temporisiren. Ein
+solcher Rath klang sonderbar aus dem Munde eines Mannes, der selbst von
+der Universitt vertrieben worden war, weil er wegen des Chorhemds einen
+Tumult hervorgerufen, der sich lieber der Gefahr der Enterbung
+ausgesetzt hatte, als da er sich entschlo, vor einem kniglichen
+Prinzen den Hut abzunehmen und der wegen seiner in Conventikeln
+gehaltenen Reden mehr als einmal in's Gefngni geschickt worden war. Es
+gelang ihm jedoch nicht, die Magdalenen-Collegiaten zu schrecken. In
+Antwort auf seine drohenden Winke wurde er daran erinnert, da unter der
+vorigen Generation vierunddreiig von den vierzig Collegiaten lieber mit
+Freuden ihre geliebten Kreuzgnge und Grten, ihre Halle und ihre
+Kapelle verlassen htten und fortgegangen seien, ohne zu wissen wo sie
+ein Mahl oder ein Nachtlager finden wrden, als da sie ihren
+Unterthaneneid gebrochen htten. Jetzt verlange der Knig die Verletzung
+eines andren Eides von ihnen, aber er solle erfahren, da der alte Geist
+noch nicht erstorben sei.
+
+Penn zog nun gelindere Saiten auf. Er hatte eine Besprechung mit Hough
+und einigen Collegiaten und begann endlich nach vielen Versicherungen
+von Theilnahme und Freundschaft die Mglichkeit eines Vergleichs in
+Aussicht zu stellen. Der Knig vertrage nun einmal keinen Widerspruch,
+sagte er, das Collegium msse nachgeben und Parker annehmen. Aber seine
+Gesundheit sei schwankend und alle seine mter wrden voraussichtlich
+bald erledigt sein. Doctor Hough, setzte er hinzu, kann dann Bischof
+von Oxford werden. Wie wrde Ihnen das gefallen, meine Herren? Penn
+hatte whrend seines ganzen Lebens gegen eine Miethlingsgeistlichkeit
+gepredigt. Er hielt sich fr verpflichtet, die Entrichtung von Zehnten
+zu verweigern, und dies selbst als er mit Zehnten belastete Lndereien
+gekauft hatte und ihm der Betrag der Zehnten von der Kaufsumme
+nachgelassen worden war. Nach seinen eigenen Grundstzen wrde er eine
+groe Snde begangen haben, wenn er sich dabei betheiligt htte, dem
+frmmsten Geistlichen selbst unter den ehrenvollsten Bedingungen eine
+Pfrnde zu verschaffen. Aber sein Character war durch schlechte
+Gesellschaft so verdorben und sein Verstand durch bermigen Eifer fr
+einen einseitigen Zweck so verdunkelt, da er keinen Anstand nahm, bei
+einer Simonie von ganz besonders unehrenhafter Art den Unterhndler
+abzugeben und ein Bisthum als Kder zu benutzen, um einen Geistlichen
+zum Eidbruche zu verfhren. Hough erwiederte mit hflicher
+Geringschtzung, da er von der Krone nichts weiter verlange als
+einfache Gerechtigkeit. Wir sind an unsere Statuten und unsere Eide
+gebunden, sagte er; aber auch ganz abgesehen von unseren Statuten und
+unseren Eiden fhlen wir uns verpflichtet, unsren Glauben zu
+vertheidigen. Die Papisten haben uns schon das University-Collegium und
+das Christchurch-Collegium geraubt, jetzt greifen sie auch das
+Magdalenen-Collegium an. Sie werden bald Alles haben.
+
+Penn war so unbesonnen, hierauf zu antworten, da er ernstlich glaube,
+die Papisten wrden nun zufrieden sein. Das University-Collegium,
+sagte er, ist ein schnes Collegium, Christchurch ein vortrefflicher
+Platz und Magdalenen ein herrliches Gebude. Die Lage ist angenehm, die
+Gartenanlagen am Flusse reizend. Wenn die Katholiken vernnftig sind,
+werden sie sich damit begngen. Diese alberne Erklrung wrde allein
+schon Hough und seine Collegen in die Unmglichkeit versetzt haben,
+nachzugeben. Die Unterhandlung wurde abgebrochen, und der Knig beeilte
+sich, seiner Drohung gem die Ungehorsamen fhlen zu lassen, was es
+hie, sich seine Ungnade zuziehen.
+
+
+[_Eine kirchliche Specialcommission wird nach Oxford gesandt._]
+Cartwright, Bischof von Chester, Wright, Oberrichter der Kings Bench,
+und Sir Thomas Jenner, ein Baron des Schatzkammergerichts, erhielten
+eine Specialvollmacht zur Visitation des Collegiums. Am 20. October
+kamen sie in Oxford an, begleitet von drei Schwadronen Kavalerie mit
+gezogenen Sbeln. Am folgenden Morgen nahmen die Commissare im Hrsaale
+des Magdalenen-Collegiums ihre Sitze ein und Cartwright hielt eine
+loyale Rede, welche noch vor wenigen Jahren von den Oxfordern mit lautem
+Beifall aufgenommen worden wre, die aber jetzt mit stummem Unwillen
+angehrt wurde. Es erfolgte hierauf eine lange Debatte. Der Prsident
+vertheidigte seine Rechte mit Geschick, Migung und Entschiedenheit. Er
+versicherte seine hohe Achtung vor der kniglichen Autoritt, behauptete
+aber fest, da er nach den Gesetzen Englands ein Eigenthumsrecht an das
+Haus und an die mit der Prsidentur verbundenen Einknfte habe. Dieses
+Rechts knne ihn ein Machtspruch des Landesherrn nicht berauben. Wollen
+Sie sich unsrer Visitation unterwerfen? fragte der Bischof. Ich
+unterwerfe mich derselben, antwortete Hough mit weiser Vorsicht, in so
+weit sie mit dem Gesetz im Einklange steht, weiter nicht. -- Wollen
+Sie den Schlssel zu Ihrer Wohnung ausliefern? fragte Cartwright. Hough
+schwieg. Die Frage wurde wiederholt, und Hough antwortete nun mild aber
+entschieden, da er dies nicht thun werde. Die Commissare nannten ihn
+einen unberufenen Eindringling und forderten die Collegiaten auf, seine
+Autoritt nicht mehr anzuerkennen und fr die Aufnahme des Bischofs von
+Oxford zu stimmen. Charnock versprach bereitwilligst Gehorsam, Smith gab
+eine ausweichende Antwort, die Hauptmasse der Collegiaten aber erklrte
+auf das Bestimmteste, da sie Hough noch immer als ihren rechtmigen
+Prsidenten betrachteten.
+
+
+[_Hough's Protest._] Jetzt bat Hough um die Erlaubni, selbst noch
+einige Worte an die Commissare richten zu drfen. Sie bewilligten ihm
+dies sehr artig, vielleicht weil sie nach seinem ruhigen und gelassenen
+Benehmen erwarteten, da er ein Zugestndni machen werde. Mylords,
+sprach er, Sie haben mich heute meines freien Eigenthums beraubt; ich
+protestire hiermit gegen Ihr ganzes Verfahren als gesetzwidrig,
+ungerecht und nichtig und appellire an unsren erlauchten Gebieter, den
+Knig, in seinen Gerichtshfen. Ein lautes beiflliges Gemurmel erhob
+sich unter den Studirenden, welche den Saal fllten. Die Commissare
+waren wthend. Man suchte die Verbrecher, welche applaudirt hatten,
+herauszufinden, aber vergebens. Der ganze Zorn der Commission richtete
+sich nun gegen Hough. Glauben Sie nicht, da Sie uns trotzen knnen,
+rief Jenner mit einem Wortspiel auf den Namen des Prsidenten.[21] Ich
+werde die Autoritt Seiner Majestt aufrecht erhalten, so lange ich
+Athem in meiner Brust habe, setzte Wright hinzu. Das Alles kommt von
+Ihrem nach Popularitt haschenden Protest. Sie haben den Landfrieden
+gebrochen und sollen sich dafr vor der Kings Bench verantworten. Ich
+verpflichte Sie bei Strafe von tausend Pfund, beim nchsten Termine zu
+erscheinen. Wir wollen sehen, ob die Civilgewalt Sie nicht bndigen
+wird. Reicht sie nicht aus, so sollen Sie auch die militairische haben.
+Oxford befand sich in der That in einer Stimmung, welche die Commissare
+nicht wenig beunruhigte. Die Soldaten erhielten Befehl, ihre Carabiner
+zu laden, und man sagte, es sei ein expresser Bote nach London geschickt
+worden, um schleunige Nachsendung von Verstrkungen zu verlangen. Es
+fand jedoch keine Ruhestrung statt.
+
+ [Anmerkung 21: Im Deutschen lt sich das Wortspiel nicht
+ wiedergeben. +Hough+ und +huff+ (trotzen) wird im Englischen
+ ziemlich gleich ausgesprochen. D. bers.]
+
+
+[_Einsetzung Parker's._] Der Bischof von Oxford wurde mittelst Vollmacht
+ruhig eingesetzt, aber nur zwei Mitglieder des Magdalenen-Collegiums
+wohnten der Feierlichkeit bei. Mancherlei Anzeichen bewiesen, da der
+Geist des Widerstandes sich auch des Volks bemchtigt hatte. Der
+Thrsteher des Collegiums warf seinen Schlssel weg. Der Kellermeister
+weigerte sich, den Namen Hough's aus dem Wirthschaftsbuche zu streichen.
+In der ganzen Stadt war kein Schlosser aufzutreiben, der die Thr der
+Prsidentenwohnung aufsprengen wollte. Die eigenen Diener der Commissare
+muten die Thr mit eisernen Stangen erbrechen. Die Predigten, welche am
+nchstfolgenden Sonntage in der Universittskirche gehalten wurden,
+waren voll von Bemerkungen, welche Cartwright tief krnkten; aber sie
+waren so gehalten, da er nichts dagegen thun konnte.
+
+Wre Jakob nicht ganz verblendet gewesen, so wrde er hier innegehalten
+haben. Die Collegiaten waren im Ganzen genommen nicht geneigt, den
+Widerstand noch weiter zu treiben. Sie waren der Meinung, da sie ihre
+Achtung vor ihren Statuten und Eiden hinreichend bewiesen htten, indem
+sie ihre Mitwirkung bei der Einsetzung eines Unberufenen verweigerten,
+und da sie sich ihm jetzt, da er im factischen Besitze des Amtes war,
+als ihrem Oberhaupte unterwerfen knnten, ohne einen Vorwurf auf sich zu
+laden, bis er durch den Ausspruch eines competenten Gerichts entfernt
+wurde. Nur ein Collegiat, Doctor Fairfax, weigerte sich, auch nur soweit
+nachzugeben. Die Commissare wrden zu einer solchen Verstndigung gern
+die Hand geboten haben und einige Stunden lang herrschte eine
+Waffenruhe, von der Viele glaubten, da sie zu einem gtlichen Vergleich
+fhren werde. Aber bald war Alles wieder in Aufregung. Die Collegiaten
+sahen, da die ffentliche Meinung sie offen der Kleinmthigkeit
+beschuldigte; in der Stadt sprach man schon ironisch von einem
+Magdalenengewissen und sagte, der tapfere Hough und der brave Fairfax
+seien verrathen und verlassen worden. Noch rgerlicher waren die
+Sptteleien Obadja Walker's und seiner Renegatensippschaft. Das also,
+sagten diese Apostaten, sei das Ende von all den hochtrabenden Worten,
+in denen die Gesellschaft ihren Entschlu erklrt habe, treu zu ihrem
+rechtmigen Prsidenten und zu ihrem protestantischen Glauben zu
+stehen! Whrend die Collegiaten, tief gekrnkt durch den ffentlichen
+Tadel, ihre bedingte Unterwerfung bereueten, erfuhren sie, da diese den
+Knig noch keineswegs zufriedengestellt habe. Es sei nicht genug, sagte
+er, da sie sich erboten htten, dem Bischof von Oxford als factischem
+Prsidenten zu gehorchen; sie mten auch die Commission und Alles was
+dieselbe gethan habe, als gesetzlich anerkennen. Sie mten eingestehen,
+da sie pflichtvergessen gehandelt htten, mten ihr Benehmen bereuen
+und versprechen, da sie sich in Zukunft besser betragen wollten, mten
+Seine Majestt um Verzeihung bitten und ihm zu Fen fallen. Nur zwei
+Collegiaten, Charnock und Smith, ber welche der Knig nicht zu klagen
+hatte, wurden von der Verpflichtung, diese erniedrigenden
+Entschuldigungen zu machen, ausgenommen.
+
+Nie that Jakob einen thrichteren Fehlgriff. Die Collegiaten, schon mit
+sich selbst unzufrieden, weil sie so weit nachgegeben hatten, und durch
+den Tadel des Publikums gereizt, ergriffen eifrig die ihnen jetzt
+gebotene Gelegenheit, die ffentliche Achtung wieder zu gewinnen. Sie
+erklrten einstimmig, sie wrden niemals deshalb, da sie in ihrem
+Rechte gewesen seien, um Verzeihung bitten, und eben so wenig
+anerkennen, da die Visitation ihres Collegiums und die Beraubung ihres
+Prsidenten gesetzlich gewesen sei.
+
+
+[_Vertreibung der Collegiaten._] Jetzt lie sie der Knig das angedrohte
+ganze Gewicht seiner Hand fhlen. Durch ein summarisches Edict wurden
+sie zur Vertreibung verurtheilt. Diese Strafe wurde indessen noch nicht
+fr gengend erachtet. Man wute, da viele Edelleute und Gentlemen,
+welche ein kirchliches Patronatrecht hatten, sich bemhen wrden, fr
+Mnner zu sorgen, welche fr die Gesetze Englands und fr den
+protestantischen Glauben so viel gelitten. Deshalb erklrte die Hohe
+Commission die Vertriebenen fr unfhig, irgend ein geistliches Amt
+wieder zu bekleiden, und Diejenigen, welche noch nicht ordinirt waren,
+wurden fr unfhig erklrt, die geistliche Ordination zu empfangen. So
+hatte Jakob die Genugthuung, Viele von ihnen aus einer Lage, in der sie
+alle mglichen Annehmlichkeiten des Lebens genossen und die schnsten
+Aussichten auf zuknftige Anstellungen hatten, in hoffnungslose
+Drftigkeit zurckgeworfen zu haben.
+
+Aber all' diese Strenge hatte gerade die entgegengesetzte Wirkung als er
+erwartete. Der Geist der Englnder, dieser trotzige Geist, den kein
+Knig aus dem Hause Stuart jemals durch Erfahrung erkennen lernte,
+emprte sich heftig gegen die Ungerechtigkeit. Oxford, der friedliche
+Sitz der Gelehrsamkeit und Loyalitt, war in einem Zustande, hnlich
+dem, in welchem sich London am Morgen nach dem Versuche Karl'sI., die
+fnf Parlamentsmitglieder festnehmen zu lassen, befunden hatte. Der
+Vicekanzler war am Tage der Vertreibung von den Commissaren zu Tische
+eingeladen worden. Er lehnte die Einladung ab. Mein Geschmack, sagte
+er, ist verschieden von dem des Obersten Kirke; ich kann unter dem
+Galgen nicht mit Appetit essen. Die Studenten weigerten sich, den neuen
+Vorsteher des Magdalenen-Collegiums zu gren. Smith erhielt den
+Spottnamen +Dr.+ Schuft und wurde in einem Kaffeehause ffentlich
+insultirt. Als Charnock die Demies aufforderte, in seiner Gegenwart ihre
+akademischen bungen vorzunehmen, antworteten sie ihm, da sie ihrer
+rechtmigen Vorsteher beraubt seien und sich keiner widerrechtlichen
+Autoritt unterwerfen wrden. Sie versammelten sich zum Studiren wie zum
+Gottesdienst auf eigne Hand. Man versuchte es, sie durch das Anerbieten
+der eintrglichen Collegiaturen, welche eben fr erledigt erklrt worden
+waren, zu verfhren, aber ein Untergraduirter nach dem andren antwortete
+mit mnnlichem Freimuth, da sein Gewissen ihm nicht gestatte, aus einem
+Unrecht fr sich Nutzen zu ziehen. Ein Student, der sich zur Annahme
+einer Collegiatur berreden lie, wurde von seinen Comiletonen aus dem
+Saale gestoen. Es wurden junge Leute aus anderen Collegien eingeladen,
+aber mit geringem Erfolg; die reichste Stiftung des Landes schien selbst
+fr arme Studenten alle Anziehungskraft verloren zu haben. Inzwischen
+wurde in London und im ganzen Lande Geld zur Untersttzung der
+vertriebenen Collegiaten gesammelt. Die Prinzessin von Oranien zeichnete
+zur groen Freude aller Protestanten zweihundert Pfund. Der Knig,
+beharrte nichtsdestoweniger bei dem eingeschlagenen Verfahren. Auf die
+Vertreibung der Collegiaten folgte bald die Ausstoung einer Menge
+Demies. Whrenddem nahmen die krperlichen und geistigen Krfte des
+neuen Prsidenten mehr und mehr ab. Er hatte zu der Zeit, als sein
+Kollegium sich in offener Emprung gegen seine Autoritt befand, noch
+einen schwachen Versuch gemacht, der Regierung einen Dienst zu leisten,
+indem er eine Vertheidigung der Indulgenzerklrung oder vielmehr der
+Lehre von der Transsubstantiation erscheinen lie. Diese Schrift rief
+viele Entgegnungen hervor, namentlich eine von Burnet, die mit
+auerordentlicher Kraft und Schrfe geschrieben war. Wenige Wochen nach
+der Vertreibung der Demies starb Parker in dem Hause, von dem er
+gewaltsam Besitz ergriffen hatte. Man sagte damals, Reue und Scham
+htten sein Ende beschleunigt. Er ruht in der schnen Vorkapelle des
+Collegiums, aber kein Denkstein bezeichnet sein Grab.
+
+
+[_Das Magdalenen-Collegium in ein papistisches Seminar verwandelt._] Der
+ganze Plan des Knigs wurde nun vollends ausgefhrt: das Collegium wurde
+zu einem papistischen Seminar umgestaltet. Bonaventura Giffard, der
+katholische Bischof von Madura, ward Prsident. In der Kapelle wurde
+katholischer Gottesdienst gehalten und an einem Tage zwlf Katholiken
+als Collegiaten aufgenommen. Einige servile Protestanten bewarben sich
+um die Aufnahme, wurden aber abschlglich beschieden. Smith, der loyal
+bis zur Begeisterung, aber noch immer ein aufrichtiges Mitglied der
+anglikanischen Kirche war, konnte das vernderte Aussehen des Hauses
+nicht ertragen. Er entfernte sich, kam der Aufforderung zur Rckkehr in
+seine Wohnung nicht nach, und wurde daher abgesetzt. So war das
+Beraubungswerk vollendet.[22]
+
+Das Universittssystem Englands ist von der Art, da jedes Ereigni, das
+die Interessen oder die Ehre irgend einer Universitt berhrt, im ganzen
+Lande nothwendig einen starken Eindruck machen mu. Jeder neue Schlag
+gegen das Magdalenen-Collegium wurde daher bis an die uersten
+Endpunkte des Knigreichs gefhlt. In den londoner Kaffeehusern, in den
+juristischen Hochschulen, unter den Geistlichen aller Domkapitel, in
+Pfarrwohnungen und Landschlssern selbst der entferntesten Grafschaften
+war das Mitleid mit den Duldern und der Unwille gegen die Regierung
+bestndig im Zunehmen. Hough's Protest fand berall Beifall, das
+Aufsprengen seiner Thr wurde berall mit Abscheu erzhlt und das ber
+die Collegiaten verhngte Beraubungs- und Vertreibungsurtheil zerri
+endlich die einst so engen und theuren Bande, welche die anglikanische
+Kirche mit dem Hause Stuart verknpften.
+
+ [Anmerkung 22: Prozeverfahren gegen das Magdalenen-Collegium zu
+ Oxford wegen Nichterwhlung Anton Farmer's zum Prsidenten, in der
+ +Collection of State Trials+, Ausgabe von Howell; +Luttrell's
+ Diary, June 15., 17., Oct. 24., Dec. 10. 1687+; +Smith's
+ Narrative+; Brief von Doctor Richard Rawlinson vom 31. Oct. 1687;
+ +Reresby's Memoirs+; +Burnet, I. 699+; +Cartwright's Diary+;
+ Citters, 25. Oct. (4. Nov.), 28. Oct. (7. Nov.), 8.(18.) u.
+ 18.(28.) Nov. 1687.]
+
+
+[_Groll der Geistlichkeit._] Bitterer Groll und schlimme Befrchtungen
+traten an die Stelle der Liebe und des Vertrauens. Es gab keinen
+Pfrndner, keinen Rector und keinen Vikar, der nicht von der Angst
+geqult worden wre, da er, so friedlich sein Character und so
+unbedeutend seine Stelle sein mochte, vielleicht in wenigen Monaten
+durch einen willkrlichen Machtspruch aus seinem Hause vertrieben werden
+knne, um im zerrissenen Priesterrocke mit Frau und Kindern zu betteln,
+whrend sein durch uralte Gesetze und durch das knigliche Wort
+gesichertes Eigenthum von einem Apostaten in Besitz genommen wurde. Das
+war also der Lohn fr die heldenmthige Loyalitt, die sich in allen
+Wechselfllen fnfzig strmischer Jahre nicht ein einziges Mal
+verleugnet hatte! Deshalb also hatte die Geistlichkeit fr KarlI.
+Plnderung und Verfolgung ertragen, deshalb hatte sie KarlII. in seinem
+harten Kampfe mit der whiggistischen Opposition untersttzt, deshalb
+hatte sie in der vordersten Reihe gegen Diejenigen gestanden, welche
+Jakob seines Geburtsrechtes berauben wollten! Ihrer Treue allein
+verdankte ihr Unterdrcker die Macht, die er jetzt zu ihrem Verderben
+anwendete. Lange genug hatten sie mit bitterem Schmerze die Leiden
+aufgezhlt, die sie von den Puritanern in den Tagen ihrer Macht hatten
+erdulden mssen. Der Puritaner war indessen einigermaen zu
+entschuldigen. Er war ein erklrter Feind, er hatte sich fr erlittenes
+Unrecht zu rchen und selbst er war nicht ganz ohne Mitleid gewesen, als
+er die Kirchenverfassung des Landes umgestaltete und Alle, die seinen
+Covenant nicht unterschreiben wollten, absetzte. Er hatte denen, die er
+ihrer Pfrnden beraubte, wenigstens so viel davon gelassen, als sie zu
+ihrem Lebensunterhalte nothwendig brauchten. Aber des Knigs Ha gegen
+die Kirche, die ihn vor der Verbannung bewahrt und auf den Thron erhoben
+hatte, war nicht so leicht zu sttigen. Nur der vllige Ruin seiner
+Opfer konnte ihn zufrieden stellen. Nicht genug, da sie aus ihren
+Wohnungen vertrieben und ihres Einkommens beraubt wurden, auch jede
+andre Laufbahn, auf der Mnner ihrer Art ihren Unterhalt suchen konnten,
+war ihnen mit raffinirter Bswilligkeit verschlossen und es blieb ihnen
+nichts Andres brig, als die unsichere und beschmende Hlfsquelle der
+ffentlichen Mildthtigkeit.
+
+Die anglikanische Geistlichkeit und diejenigen Laien, welche dem
+protestantischen Episcopat mit Liebe zugethan waren, betrachteten daher
+jetzt den Knig mit Gefhlen, wie sie eine durch Undank noch
+verschlimmerte Ungerechtigkeit nothwendig, erregen mu. Indessen hatte
+der Anglikaner noch immer viele Bedenken des Gewissens und der Ehre zu
+berwinden, ehe er sich zum gewaltsamen Widerstande gegen die Regierung
+entschlieen konnte. Man hatte ihn gelehrt, da das gttliche Gesetz
+passiven Gehorsam ohne Bedingung oder Ausnahme vorschreibe. Diese
+Ansicht hatte er laut und offen ausgesprochen und die Insinuation, da
+extreme Flle eintreten knnten, welche dem Volke das Recht gben, gegen
+knigliche Tyrannei das Schwert zu ziehen, mit Verachtung
+zurckgewiesen. Sowohl Grundsatz als Scham hielten ihn demnach ab, das
+Beispiel der rebellischen Rundkpfe nachzuahmen, so lange noch einige
+Hoffnung auf friedliche und gesetzmige Befreiung vorhanden war, und
+eine solche Hoffnung konnte man vernnftigerweise wohl hegen, so lange
+die Prinzessin von Oranien die nchste Thronerbin war. Wenn er diese
+Glaubensprfung geduldig berstand, so wrden die Gesetze der Natur bald
+das fr ihn thun, was er ohne Snde und Schande nicht selbst fr sich
+thun konnte. Die Bedrckungen der Kirche wurden dann abgestellt, ihr
+Eigenthum und ihre Wrde durch neue Brgschaften gesichert und die
+schndlichen Minister, die sie in Zeiten der Bedrngni gekrnkt und
+verhhnt hatten, wurden exemplarisch bestraft.
+
+
+[_Plne der jesuitischen Cabale in Bezug auf die Thronfolge._] An das
+Ereigni, von dem die anglikanische Kirche eine ehrenvolle und
+friedliche Erlsung von ihren Leiden erwartete, konnten auch die
+sorglosesten Mitglieder der jesuitischen Cabale nicht ohne qulende
+Besorgnisse denken. Wenn ihr Gebieter starb, ohne ihnen eine grere
+Sicherheit gegen die Strafgesetze zu hinterlassen als eine
+Indulgenzerklrung, welche die ganze Nation einstimmig fr null und
+nichtig erklrt hatte, wenn ein von dem nmlichen Geiste, welcher in den
+Parlamenten Karl'sII. vorgeherrscht, beseeltes Parlament sich um den
+Thron eines protestantischen Landesoberhauptes versammelte, war dann
+nicht vorauszusehen, da eine furchtbare Vergeltung ausgebt, da die
+alten Gesetze gegen den Papismus mit schonungsloser Strenge gehandhabt
+und da noch hrtere neue Gesetze dem Gesetzbuche einverleibt werden
+wrden? Von diesen schlimmen Befrchtungen wurden die bsen Rathgeber
+der Krone schon seit langer Zeit geqult, und einige von ihnen hatten
+sonderbare und verzweifelte Schutzmittel ersonnen. Jakob hatte den Thron
+kaum bestiegen, so begann man sich in Whitehall schon zuzuflstern, da,
+wenn die Prinzessin Anna katholisch werden wollte, es mit Hlfe Ludwig's
+vielleicht nicht unmglich sein wrde, das Geburtsrecht ihrer lteren
+Schwester auf sie zu bertragen. Bei der franzsischen Gesandtschaft
+fand diese Idee groen Beifall und Bonrepaux war der Meinung, da
+Jakob's Einwilligung nicht schwer zu erlangen sein werde.[23] Bald
+jedoch zeigte es sich deutlich, da Anna der Landeskirche
+unerschtterlich treu war. Der Gedanke, sie zur Knigin zu machen, wurde
+daher wieder aufgegeben. Dessenungeachtet nhrte ein kleines Huflein
+Fanatiker noch immer die khne Hoffnung, da es ihnen gelingen knne,
+die Thronfolgeordnung zu ndern. Der Plan dieser Mnner wurde in einem
+Entwurfe dargelegt, von dem noch eine schlechte franzsische bersetzung
+vorhanden ist. Es sei zu hoffen, sagten sie, da der Knig im Stande
+sein werde, den wahren Glauben zu befestigen, ohne zu extremen Mitteln
+zu greifen; im schlimmsten Fall aber knne er die Verfgung ber seine
+Krone Ludwig anheimstellen. Es sei fr die Englnder immer noch besser,
+wenn sie Vasallen Frankreichs wren, als Sklaven des Teufels.[24] Dieses
+hchst merkwrdige Actenstck ging unter den Jesuiten und Hflingen von
+Hand zu Hand, bis endlich einige ausgezeichnete Katholiken, in denen die
+Bigotterie noch nicht allen Patriotismus erstickt hatte, dem
+hollndischen Gesandten eine Abschrift anfertigten. Dieser zeigte den
+Aufsatz dem Knige, und Jakob erklrte denselben fr eine erbrmliche
+Flschung, die von einem hollndischen Pamphletschmierer ersonnen sein
+msse. Der hollndische Gesandte antwortete mit Entschiedenheit, da er
+durch das Zeugni mehrerer ausgezeichneter Mitglieder der eigenen Kirche
+Seiner Majestt das Gegentheil beweisen knne, ja da es sogar nicht
+schwer sein werde, den Verfasser ausfindig zu machen, welcher im Grunde
+nur das niedergeschrieben habe, wovon viele Priester und geschftige
+Politiker tglich in den Gallerien des Palastes sprchen. Der Knig
+hielt es nicht fr rathsam, nach dem Verfasser zu forschen, nahm den
+Vorwurf der Flschung zurck und versicherte mit groer Heftigkeit und
+Feierlichkeit, da es ihm nie in den Sinn gekommen sei, seine lteste
+Tochter zu enterben. Niemand, sagte er, hat es je gewagt, eine solche
+Idee gegen mich zu uern, und ich wrde auch nie darauf hren. Gott
+befiehlt uns nicht, die wahre Religion durch Ungerechtigkeit zu
+verbreiten, und dies wrde die emprendste, widernatrlichste
+Ungerechtigkeit sein.[25] Trotz aller dieser Betheuerungen meldete
+Barillon wenige Tage spter seinem Hofe, da Jakob angefangen habe, auf
+Einflsterungen in Betreff einer nderung der Thronfolgeordnung zu
+hren, da die Sache zwar sehr kitzlich sei, da man aber gegrndete
+Hoffnung habe, mit der Zeit und durch vorsichtiges Verfahren einen Weg
+zu finden, um die Krone mit Ausschlieung der beiden Prinzessinnen auf
+ein rmisch-katholisches Haupt zu bringen.[26] Dieser Plan wurde noch
+viele Monate von den heftigsten und berspanntesten Papisten am Hofe
+besprochen, und es wurden wirklich Candidaten fr den Knigsthron
+genannt.[27]
+
+ [Anmerkung 23: +Quand on connoit le dedans de cette cour aussi
+ intimement que je la connois, on peut croire que Sa Majest
+ Britannique donnera volontiers dans ces sortes de projets.+
+ Bonrepaux an Seignelay, 18.(28.) Mrz 1686.]
+
+ [Anmerkung 24: +Que, quand pour tablir la religion Catholique et
+ pour la confirmer icy, il+ (Jakob) +devroit se rendre en quelque
+ faon dpendant de la France, et mettre la dcision de la
+ succession la couronne entre les mains de ce monarque l, qu'il
+ seroit oblig de le faire, parcequ'il vaudroit mieux pour ses
+ sujets qu'ils devinssent vassaux du Roy de France, tant
+ Catholiques, que de demeurer comme esclaves du Diable.+ -- Dieses
+ Schriftstck befindet sich sowohl im franzsischen als auch im
+ hollndischen Archive.]
+
+ [Anmerkung 25: Citters, 6.(16.) u. 17.(27.) Aug.; Barillon,
+ 19.(29.) Aug.]
+
+ [Anmerkung 26: Barillon, 13.(23.) Sept. 1686. +La succession est
+ une matire fort dlicate traiter. Je sais pourtant qu'on en
+ parle au Roy d'Angleterre et qu'on ne dsespre pas avec le temps
+ de trouver des moyens pour faire passer la couronne sur la tte
+ d'un hritier Catholique.+]
+
+ [Anmerkung 27: Bonrepaux, 11.(21.) Juli 1687.]
+
+
+[_Jakob's und Tyrconnel's Plan, die Prinzessin von Oranien von der
+Erbfolge im Knigreich Irland auszuschlieen._] Es ist jedoch nicht
+wahrscheinlich, da Jakob jemals einen so unsinnigen Schritt zu thun
+beabsichtigte. Er mute wissen, da England nicht einen einzigen Tag das
+Joch eines Usurpators ertragen htte, der noch obendrein Papist war, und
+da sowohl Diejenigen, welche die Ausschlieungsbill untersttzt, als
+auch Die, welche sich ihr widersetzt hatten, jeden Versuch, die
+Prinzessin Marie bei Seite zu schieben, auf Leben und Tod bekmpft haben
+wrden. Dagegen unterliegt es keinem Zweifel, da der Knig bei einem
+minder unsinnigen, aber eben so unverantwortlichen Anschlage auf die
+Rechte seiner Kinder die Hand im Spiele hatte. Tyrconnel hatte im
+Einverstndni mit seinem Gebieter Anstalten getroffen, um Irland von
+dem Knigreiche zu trennen und es unter Ludwig's Protection zu stellen,
+sobald die Krone einem protestantischen Oberhaupte zufallen wrde.
+Bonrepaux war zu Rathe gezogen worden, hatte seinem Hofe den Plan
+mitgetheilt und die Weisung erhalten, Tyrconnel zu versichern, da
+Frankreich zur Ausfhrung dieser groartigen Idee krftigen Beistand
+leisten werde.[28] Diese Unterhandlungen, welche im Haag vielleicht
+nicht in ihrem ganzen Umfange genau bekannt waren, aber doch stark
+vermuthet wurden, drfen nicht auer Acht gelassen werden, wenn man sich
+ein richtiges Urtheil ber das Verfahren bilden will, das die Prinzessin
+von Oranien wenige Monate spter einschlug. Wer sie einer Verletzung der
+Kindespflicht beschuldigt, mu zugeben, da ihr Fehler durch das ihr
+zugefgte Unrecht wenigstens sehr gemildert wird. Wenn sie im Interesse
+ihres Glaubens die heiligsten Bande der Blutsverwandtschaft zerri, so
+folgte sie nur dem Beispiele ihres Vaters. Sie lieh erst dann die Hand
+zu seiner Absetzung, als er einen Anschlag zu ihrer Enterbung
+geschmiedet hatte.
+
+ [Anmerkung 28: Bonrepaux an Seignelay, 25. Aug. (4. Sept.) 1687.
+ Ich will eine Stelle aus dieser wichtigen Depesche hier anfhren.
+ +Je say bien certainement que l'intention du Roy d'Angleterre
+ est de faire perdre ce royaume+ (Irland) + son successeur, et de
+ le fortifier en sorte que tous ses sujets Catholiques y puissent
+ avoir un asile assur. Son projet est de mettre les choses en cet
+ estat dans le cours de cinq annes.+ -- In den +Secret Consults
+ of the Romish Party in Ireland, 1690+, findet sich eine Stelle,
+ aus welcher hervorgeht, da diese Unterhandlung nicht streng
+ geheim gehalten wurde. Obgleich der Knig es selbst vor seinen
+ Rthen verschwieg, so ist es doch gewi, da er dem franzsischen
+ Knig die Verfgung ber jene Regierung und jenes Knigreich
+ versprochen hat, sobald die Dinge so weit gediehen sein wrden,
+ da es sich thun liee.]
+
+
+[_Schwangerschaft der Knigin._] Bonrepaux war kaum davon
+benachrichtigt, da Ludwig beschlossen habe, Tyrconnel's Vorhaben zu
+untersttzen, so wurde jeder Gedanke an diesen Plan wieder aufgegeben.
+Jakob erblickte den ersten Schimmer einer Hoffnung, die ihn mit Stolz
+und Entzcken erfllte: die Knigin war schwanger.
+
+
+[_Allgemeiner Zweifel._] Gegen Ende October 1687 begann sich die groe
+Neuigkeit gerchtweise zu verbreiten. Man hatte bemerkt, da Ihre
+Majestt sich unter dem Vorwande der Unplichkeit von mehreren
+ffentlichen Feierlichkeiten fern gehalten. Es hie, da ihr eine Menge
+Reliquien, denen man eine auerordentliche Wirkung zuschrieb, umgehngt
+worden seien. Die Geschichte fand bald ihren Weg aus dem Palaste in die
+Kaffeehuser und verbreitete sich rasch durch das ganze Land. Nur sehr
+Wenige begrten das Gercht mit Freuden, der bei weitem grte Theil
+der Nation vernahm es mit einem Gemisch von Zweifel und Besorgni. Die
+Sache war jedoch keineswegs so unglaublich. Der Knig hatte eben erst
+sein vierundfnfzigstes Jahr vollendet und die Knigin stand im Sommer
+ihres Lebens. Sie hatte vier Kinder geboren, welche jung starben, und
+lange nachher wurde sie von einem fnften entbunden, das Niemand ein
+Interesse hatte als untergeschoben zu betrachten und das daher auch nie
+fr ein solches erklrt wurde. Da indessen seit dieser letzten
+Schwangerschaft fnf Jahre verstrichen waren, so hatte das Volk unter
+dem Einflusse der Tuschung, welche die Menschen so leicht verleitet,
+das zu glauben was sie wnschen, jede Besorgni, da sie noch einen
+Thronerben zur Welt bringen werde, aufgegeben. Auf der andren Seite
+schien nichts natrlicher und wahrscheinlicher, als da die Jesuiten
+einen frommen Betrug ersonnen haben knnten. Es unterlag keinem Zweifel,
+da sie die Thronbesteigung der Prinzessin von Oranien als einen der
+hrtesten Schlge betrachten muten, der ihre Kirche treffen konnte.
+Eben so gewi war es, da sie nicht sehr gewissenhaft in der Wahl der
+Mittel sein wrden, mit deren Hlfe sie ein so groes Unglck von ihrer
+Kirche abwenden konnten. In Werken von ausgezeichneten Mitgliedern ihrer
+Gesellschaft, welche von ihren Oberen sanctionirt waren, war es deutlich
+ausgesprochen, da selbst Mittel, welche allen Begriffen von
+Gerechtigkeit und Humanitt noch viel rger Hohn sprachen, als die
+Einschmuggelung eines unchten Erben in eine Familie, mit Fug und Recht
+zu minder wichtigen Zwecken angewendet werden drften, als die Bekehrung
+eines ketzerischen Knigreichs war. Es war ruchbar geworden, da einige
+Rthe des Knigs und sogar der Knig selbst Plne geschmiedet htten, um
+die Prinzessin Marie ganz oder theilweis um ihr rechtmiges Erbe zu
+betrgen. Es bemchtigte sich der ffentlichen Meinung ein Verdacht, der
+zwar nicht wohl begrndet, aber keineswegs so abgeschmackt war, als man
+gewhnlich glaubt, und die Unbesonnenheit einiger Katholiken bestrkte
+das allgemeine Vorurtheil. Sie sprachen von dem glcklichen Ereignisse
+wie von etwas Auerordentlichem und Wunderbaren, wie von einem Zeichen
+derselben gttlichen Allmacht, welche Sara durch Isaak stolz und
+glcklich machte und die Gebete Hanna's mit Samuel belohnte. Marien's
+Mtter, die Herzogin von Modena, war unlngst gestorben. Kurz vor ihrem
+Tode sollte sie mit inbrnstigen Gebeten und reichen Opfergaben die
+heilige Jungfrau von Loretto angefleht haben, da sie Jakob einen Sohn
+schenken mge. Der Knig selbst hatte im vergangenen August auf seiner
+Reise einen Abstecher nach der sogenannten heiligen Quelle gemacht und
+dort die heilige Winifreda gebeten, da sie ihm das Geschenk verschaffen
+mge, ohne welches seine groen Plne zur Verbreitung des wahren
+Glaubens nur unvollkommen ausgefhrt werden knnten. Die unbesonnenen
+Zeloten, die auf solche Geschichten ein groes Gewicht legten,
+prophezeiten mit Zuversicht, da das ungeborne Kind ein Knabe sein werde
+und boten darauf eine Wette von zwanzig Guineen gegen eine an. Sie
+meinten, der Himmel werde sich nicht in's Mittel gelegt haben, wenn er
+nicht einen groen Zweck dabei htte. Ein Fanatiker verkndete sogar,
+die Knigin werde Zwillinge gebren, von denen der ltere Knig von
+England, der jngere Papst werden wrde. Marie konnte das Vergngen, mit
+dem sie diese Prophezeiungen anhrte, nicht verbergen, und ihre Hofdamen
+sahen, da sie sich nicht besser bei ihr insinuiren knnten, als wenn
+sie davon sprachen. Die Katholiken wrden klger gethan haben, wenn sie
+von der Schwangerschaft als von einem ganz natrlichen Ereignisse
+gesprochen und ihr unverhofftes Glck mit mehr Migung getragen htten.
+Ihr bermthiger Triumph erregte nur den Unwillen des Volks und ihre
+Prophezeiungen bestrkten es in seinem Verdacht. Von dem Prinzen und der
+Prinzessin von Dnemark herab bis zu den Lasttrgern und Waschweibern
+erwhnte Niemand die verheiene Geburt ohne ein hhnisches Lcheln. Die
+londoner Spottvgel beschrieben das neue Wunder in Reimen, die, wie man
+leicht denken kann, nicht eben die zartesten waren. Die ungeschliffenen
+Landsquires brachen in ein schallendes Gelchter aus, wenn sie mit
+Jemandem zusammentrafen, der so einfltig war zu glauben, da die
+Knigin wirklich noch einmal Mutter werden wrde. Es erschien eine
+knigliche Verordnung, welche der Geistlichkeit befahl, ein von Crewe
+und Sprat fr dieses freudige Ereigni besonders verfates Bitt- und
+Dankgebet zu verlesen. Die Geistlichen gehorchten, aber man bemerkte,
+da die Gemeinden nicht respondirten und kein Zeichen von Ehrerbietung
+uerten. Bald circulirte in allen Kaffeehusern ein rohes Spottgedicht
+auf die hfischen Prlaten, deren Feder sich der Knig bedient hatte.
+Mutter East (Ost) war darin ebenfalls reichlich mit Schmhungen bedacht.
+Zu diesem einheimischen einsilbigen Wrtchen hatten unsere Vorfahren den
+Namen des groen Hauses Este, welches in Modena regierte,
+verstmmelt.[29]
+
+Die neue Hoffnung, welche den Muth des Knigs so sehr hob, war indessen
+mit mancherlei Besorgnissen vermischt. Es bedurfte noch etwas mehr als
+die Geburt eines Prinzen von Wales zum Gelingen der von der
+Jesuitenpartei entworfenen Plne. Es war nicht anzunehmen, da Jakob so
+lange lebte, bis sein Sohn das zur Ausbung der kniglichen Functionen
+erforderliche Alter erreicht hatte. Das Gesetz hatte den Fall eines
+minderjhrigen Thronerben nicht vorgesehen, und der regierende
+Landesherr war nicht berechtigt, fr diesen Fall eine testamentarische
+Verfgung zu treffen. Die gesetzgebende Versammlung allein konnte die
+Lcke ausfllen. Starb Jakob, bevor Letzteres geschehen war, und
+hinterlie er einen Nachfolger von zarter Jugend, so mute die hchste
+Gewalt unfehlbar protestantischen Hnden zufallen. Selbst diejenigen
+Tories, welche am festesten an dem Grundsatze hingen, da nichts sie zum
+Widerstande gegen ihren Lehnsherrn berechtigen knne, wrden gewi kein
+Bedenken getragen haben, das Schwert gegen ein papistisches Weib zu
+ziehen, die es gewagt htte, sich die Vormundschaft ber das Reich und
+ber den jugendlichen Souverain anzumaen. Der Ausgang eines Kampfes
+konnte kaum zweifelhaft sein. Der Prinz von Oranien oder seine Gemahlin
+wurde Regent und der junge Knig kam in die Hnde ketzerischer Lehrer,
+deren Kunstgriffe die Eindrcke, welche sein Gemth in der Kinderstube
+empfangen hatte, jedenfalls bald verwischten. Er konnte ein zweiter
+EduardVI. werden und der durch die Frsprache der Mutter Gottes und der
+heiligen Winifreda erlangte Segen konnte sich in Fluch verwandeln.[30]
+Gegen eine solche Gefahr konnte nur eine Parlamentsacte schtzen, und
+eine solche Acte war nicht leicht zu erlangen.
+
+ [Anmerkung 29: Citters, 28. Oct. (7. Nov.), 22. Nov. (2. Dec.)
+ 1687; die Prinzessin Anna an die Prinzessin von Oranien, 14. u.
+ 20. Mrz 1687/8; Barillon, 1.(11.) Dec. 1687; +Revolution
+ Politics+; das Gedicht: +Two Toms and a Nat+; Johnstone, 4.
+ April 1688; +Secret Consults of the Romish Party in Ireland,
+ 1690+.]
+
+ [Anmerkung 30: Die Besorgnisse des Knigs ber diesen Punkt werden
+ von Ronquillo in einer Depesche vom 12.(22.) Dec. 1688 mit starken
+ Farben geschildert: +Un Principe de Vales y un Dogue de York y
+ otro di Lochaosterna+ (vermuthlich Lancaster), +no bastan, a
+ reducir la gente; porque el Rey tiene 54 aos, y vendr morir,
+ dejando los hijos pequeos, y que entonces el reyno se apoderar
+ dellos, y los nombrar tutor, y los educar en la religion
+ protestante, contra la disposicion que dejare el Rey, y la
+ autoridad de la Reyna.+]
+
+
+[_Stimmung der Wahlkrper und der Peers._] Es schien Alles anzudeuten,
+da, wenn die Huser einberufen werden sollten, sie von dem Geiste von
+1640 beseelt nach Westminster kommen wrden. Das Resultat der
+Grafschaftswahlen konnte kaum zweifelhaft sein. Die ganze Masse der
+Grundeigenthmer, hohe und niedere, geistlichen und weltlichen Standes,
+waren gegen die Regierung heftig aufgebracht. In der groen Mehrzahl
+derjenigen Stdte, wo das Stimmrecht von der Entrichtung rtlicher
+Steuern oder von dem Besitze eines Grundstcks abhngig war, htte sich
+kein hfisch gesinnter Kandidat blicken lassen drfen. Ein sehr groer
+Theil des Unterhauses wurde von Mitgliedern von Municipalcorporationen
+gewhlt. Diese Corporationen waren unlngst reorganisirt worden, um den
+Einflu der Whigs und der Dissenters zu zerstren, mehr als hundert
+Wahlkrper waren durch der Krone ergebene Gerichtshfe ihrer Freibriefe
+beraubt oder doch veranlat worden, einer gewaltsamen Entziehung ihrer
+Privilegien durch freiwilliges Aufgeben derselben zuvorzukommen. Jeder
+Mayor, jeder Alderman, jeder Stadtschreiber von Berwick bis Helstone war
+Tory und Anglikaner; aber Tories und Anglikaner waren jetzt dem
+Souverain nicht mehr ergeben. Die neuen Municipalbehrden waren noch
+unlenksamer als die frheren je gewesen waren, und sie whlten ohne
+allen Zweifel solche Abgeordnete, deren erster parlamentarischer Act
+eine Anklage gegen alle papistischen Geheimrthe und gegen alle
+Mitglieder der Hohen Commission war.
+
+Bei den Lords waren die Aussichten fast eben so trbe als bei den
+Gemeinen. Es unterlag keinem Zweifel, da die groe Mehrzahl der
+weltlichen Peers gegen die Maregeln des Knigs sein wrden, und auf der
+Bischofsbank, welche ihn vor sieben Jahren einstimmig gegen Diejenigen
+untersttzt hatte, die ihn seines Geburtsrechtes berauben wollten,
+konnte er nur auf den Beistand von vier oder fnf servilen Schmeichlern
+rechnen, die von ihren Berufsgenossen wie von der ganzen Nation
+verachtet wurden.[31]
+
+Jedem, den die Leidenschaft nicht gnzlich verblendete, muten diese
+Hindernisse unbersteiglich erscheinen. Die gewissenlosesten Sklaven der
+Gewalt lieen Zeichen von Besorgni laut werden. Dryden uerte, der
+Knig werde durch seinen Versuch, die Sache besser zu machen, sie nur
+verschlimmern, und er sehnte sich zurck nach den goldenen Tagen des
+sorglosen und gutmthigen Karl.[32] Selbst Jeffreys wurde schwankend. So
+lange er arm war, war er stets bereit gewesen, um des Gewinns willen dem
+bsen Leumunde und dem ffentlichen Hasse zu trotzen; aber er hatte sich
+jetzt durch Bestechlichkeit und Erpressungen groe Reichthmer erworben,
+und es lag ihm mehr daran, sich den Besitz derselben zu sichern, als sie
+noch zu vermehren. Seine Lauheit zog ihm einen strengen Verweis aus
+kniglichem Munde zu. Aus Furcht, das groe Siegel zu verlieren,
+versprach er Alles was von ihm verlangt wurde; Barillon aber bemerkte in
+seinem hierauf bezglichen Berichte an Ludwig, da der Knig von England
+sich selbst auf Diejenigen, die etwas zu verlieren htten, nicht mehr
+verlassen knne.[33]
+
+ [Anmerkung 31: Drei damals entworfene Stimmlisten sind noch
+ vorhanden; eine befindet sich in den franzsischen Archiven, die
+ beiden anderen in den Archiven der Familie Portland. In diese
+ Listen sind die Peers unter drei Rubriken eingetragen: Fr
+ Aufhebung des Testes, gegen die Aufhebung, und zweifelhaft. Nach
+ der einen Liste waren 31 fr, 86 gegen und 20 zweifelhaft; nach
+ der zweiten 33 fr, 87 gegen und 19 zweifelhaft; nach der dritten
+ 35 fr, 92 gegen und 10 zweifelhaft. Abschriften der drei Listen
+ befinden sich unter den Mackintosh-Manuscripten.]
+
+ [Anmerkung 32: Im Britischen Museum befindet sich ein Brief von
+ Dryden an Etherege vom Februar 1688. Ich entsinne mich nicht, ihn
+ gedruckt gesehen zu haben. Ach, sagt Dryden, mchte doch unser
+ Knig durch sein eignes Beispiel zu edler Mue aufmuntern, wie
+ sein Vorgnger hochseligen Andenkens es that. Mich dnkt er wird
+ mit all' seinem Geschftseifer die Angelegenheiten nicht
+ frdern.]
+
+ [Anmerkung 33: Barillon, 29. Aug. (8. Sept.) 1687.]
+
+
+[_Jakob beschliet, ein bestochenes Parlament zusammenzusetzen._] Trotz
+alledem beschlo Jakob, seinen Weg beharrlich zu verfolgen. Die
+Zustimmung eines freien und gesetzlichen Parlaments zu erlangen, war
+offenbar unmglich; aber nicht ganz unmglich war es, durch Bestechung,
+Einschchterung, gewaltthtige Anwendung der Prrogative und
+betrgerische Rechtsverdrehungen eine Versammlung zu Stande zu bringen,
+die sich ein Parlament nennen konnte und bereit war, jeden Befehl des
+Souverains als Gesetz zu registriren. Es muten Wahlbeamte ernannt
+werden, die den geringsten Vorwand benutzten, um Freunde des Knigs fr
+rechtsgltig gewhlt zu erklren. Jedem Angestellten, von den hchsten
+bis zu den niedrigsten, mute zu verstehen gegeben werden, da, wenn er
+sein Amt behalten wolle, er diesmal den Thron durch seine Stimme und
+seinen Einflu untersttzen msse. Zu gleicher Zeit mute die Hohe
+Commission ein scharfes Auge auf die Geistlichkeit haben. Die Wahlorte,
+welche erst krzlich reorganisirt worden waren, um dem einen Zwecke zu
+dienen, konnten noch einmal umgestaltet werden, um einem andren zu
+dienen. Auf diese Weise hoffte der Knig im Hause der Gemeinen eine
+Majoritt zu erlangen. Das Oberhaus war dann ganz in seiner Gewalt, denn
+er hatte das unbestrittene gesetzliche Recht, Peers nach seinem
+Gutdnken zu ernennen, und er war fest entschlossen, von diesem Rechte
+Gebrauch zu machen. Er wnschte zwar nicht, was auch kein Souverain
+wnschen kann, die hchste Ehrenbezeigung, welche die Krone zu verleihen
+vermag, werthlos zu machen; aber er schmeichelte sich mit der Hoffnung,
+da es ihm durch Einberufung einiger nchster Erben in die Versammlung,
+in der sie doch frher oder spter einmal ihren Sitz einnehmen muten,
+und durch Verleihung englischer Adelstitel an schottische und irische
+Lords gelingen werde, sich eine Majoritt zu sichern; ohne so viele
+Leute in den Adelsstand erheben zu mssen, da dadurch die Adelskrone
+und der Hermelin an Ansehen verloren. Indessen hatte er sich
+vorgenommen, im Nothfall auch zu den uersten Mitteln zu greifen. Als
+in einer zahlreichen Gesellschaft einmal die Meinung ausgesprochen
+wurde, da sich die Peers unfgsam zeigen wrden, sagte Sunderland zu
+Churchill: Wie einfltig! Ihre Garde wird vor dem Hause der Lords
+stehen.[34]
+
+Nachdem Jakob beschlossen hatte, ein corrumpirtes Parlament
+zusammenzubringen, ging er energisch und planmig an die Ausfhrung. Es
+erschien in der Gazette eine Proklamation, welche ankndigte, da der
+Knig sich entschlossen habe, die Bestallungen der Friedensrichter und
+der Grafschaftsstatthalter einer Revision zu unterwerfen und da nur
+diejenigen Gentlemen im Staatsdienste bleiben sollten, welche geneigt
+waren, seine Politik zu untersttzen[35]. Ein Ausschu von sieben
+Geheimrthen sa in Whitehall, um, wie man sich ausdrckte, die
+Municipalkrperschaften zu reguliren. In diesem Ausschusse vertrat
+Jeffreys allein das protestantische, Powis das gemigte katholische
+Interesse. Alle anderen Mitglieder gehrten der jesuitischen Faction an.
+Unter ihnen befand sich auch Petre, der in den Geheimen Rath vereidigt
+worden war. Seine Ernennung war bis zum factischen Antritt dieser
+Function vor Jedermann, mit alleiniger Ausnahme Sunderland's, sorgfltig
+geheim gehalten worden. Der ffentliche Unwille ber diese abermalige
+Verletzung des Gesetzes uerte sich laut, und man bemerkte, da die
+Katholiken sie noch rcksichtsloser tadelten als die Protestanten. Der
+eitle und ehrgeizige Jesuit war jetzt beauftragt, die Hlfte der
+Wahlkrper des Reichs aufzulsen und neu zu organisiren.
+
+ [Anmerkung 34: Lord Bradford, welcher anwesend war, erzhlte dies
+ Dartmouth; Note zu Burnet I. 755.]
+
+ [Anmerkung 35: +London Gazette, Dec. 12, 1687+.]
+
+
+[_Die Regulatoren._] Unter der Oberleitung des Ausschusses der
+Geheimrthe stand ein aus thtigen Agenten untergeordneten Ranges
+gebildeter Unterausschu, der die Einzelheiten des Geschfts zu
+besorgen hatte, und im ganzen Lande waren rtliche Ausschsse von
+Regulatoren errichtet, welche mit dem Centralcomit in Westminster
+correspondirten.[36]
+
+Die Personen, auf deren Untersttzung Jakob bei diesem neuen
+und schwierigen Unternehmen hauptschlich rechnete, waren die
+Lordlieutenants. Sie erhielten smmtlich den schriftlichen Befehl, sich
+unverweilt in ihre respectiven Grafschaften zu begeben. Dort sollten sie
+alle ihre Stellvertreter und Friedensrichter vor sich laden und ihnen
+eine Reihe Fragen vorlegen, um zu erfahren, wie sie sich bei einer
+allgemeinen Wahl verhalten wrden. Die Antworten sollten sie
+niederschreiben und der Regierung einsenden. Ferner sollten sie ein
+Verzeichni derjenigen Katholiken und protestantischen Dissenters
+anfertigen, welche fr die Richterbank und fr die Commandos in der
+Miliz am geeignetsten erschienen. Auch sollten sie die Stimmung aller
+Wahlorte der Grafschaft untersuchen und Berichte darber einsenden,
+welche den Regulatoren bei ihrer Arbeit als Leitfaden dienen konnten.
+Schlielich war ihnen bedeutet, da sie alle diese Pflichten in Person
+zu vollziehen htten und keine Stellvertreter mit der Ausfhrung
+beauftragen drften.[37]
+
+ [Anmerkung 36: Bonrepaux an Seignelay, 14.(24.) Nov.; Citters,
+ 15.(25.) Nov.; +Lords' Journals, Dec. 20. 1689+.]
+
+ [Anmerkung 37: Citters, 28. Oct. (7. Nov.) 1687.]
+
+
+[_Entlassung vieler Lordlieutenants._] Der erste Eindruck, den diese
+Befehle machten, wrde einen weniger verblendeten Frsten als Jakob
+sofort zur Besinnung gebracht haben. Die Hlfte der Lordlieutenants von
+England verweigerten auf das Bestimmteste den gehssigen Dienst, den man
+von ihnen verlangte. Sie wurden auf der Stelle entlassen. Alle, welche
+diese ihnen zum Ruhme gereichende Ungnade traf, waren hochangesehene
+Peers, welche bisher als feste Sttzen der Monarchie gegolten hatten.
+Einige Namen der Liste verdienen besondere Erwhnung.
+
+
+[_Der Earl von Oxford._] Der vornehmste Unterthan von England und, wie
+die Englnder gern sagten, von ganz Europa, war Aubray de Vere, der
+zwanzigste und letzte der alten Earls von Oxford. Sein Adelstitel
+schrieb sich durch eine ununterbrochene Reihenfolge mnnlicher Ahnen aus
+einer Zeit her, wo die Familien Howard und Seymour noch unbekannt waren,
+wo die Nevilles und die Percy erst eine provinzielle Berhmtheit hatten
+und wo selbst der groe Name Plantagenet in England noch nicht gehrt
+worden war. Ein Oberhaupt des Hauses de Vere hatte bei Hastings ein
+hohes Commando bekleidet, ein Andrer war mit Gottfried und Tancred ber
+Haufen erschlagener Moslems nach dem Grabe Jesu Christi gezogen. Der
+erste Earl von Oxford war Minister Heinrich Beauclerc's gewesen; der
+dritte hatte sich unter den Lords ausgezeichnet, welche von Johann die
+Magna Charta erpreten; der siebente hatte bei Cressy und Poitiers
+tapfer gefochten; der dreizehnte war unter vielen Glckswechseln das
+Oberhaupt der Partei der Rothen Rose gewesen und hatte in der
+entscheidenden Schlacht von Bosworth die Vorhut angefhrt; der
+siebzehnte hatte am Hofe der Knigin Elisabeth geglnzt und sich einen
+ehrenvollen Platz unter den lteren Meistern der englischen Dichtkunst
+erworben; der neunzehnte war im Kampfe fr den protestantischen Glauben
+und fr die Freiheit Europa's unter den Mauern von Mastricht gefallen.
+Sein Sohn Aubray, mit welchem der lteste und erlauchteste Adelsstamm,
+den England je gesehen, erlosch, ein Mann von lockeren Sitten, aber von
+harmlosem Charakter und artigen Manieren, war Lordlieutenant von Essex
+und Oberst der Blauen. Er war von Natur nicht widersetzlich und es lag
+in seinem Interesse, einen Bruch mit dem Hofe zu vermeiden, denn seine
+Gter waren mit Schulden belastet und sein Commando ein sehr
+eintrgliches. Er wurde in das knigliche Kabinet beschieden und eine
+bndige Erklrung ber seine Gesinnungen von ihm verlangt. Sire,
+antwortete Oxford, ich werde bis zum letzten Blutstropfen gegen alle
+Feinde zu Eurer Majestt stehen; aber dies ist eine Gewissenssache, in
+der ich Ihnen nicht willfahren kann. Er wurde augenblicklich seiner
+Statthalterschaft und seines Commando's entsetzt.[38]
+
+ [Anmerkung 38: +Halstead's Succinct Genealogy of the Family of
+ Vere, 1685+; +Collins's Historical Collections+. Siehe auch in den
+ +Lords' Journals+ und in +Jones's Reports+ den Proze wegen des
+ Earlthums Oxford im Mrz und April 1625/26. Die Einleitung der
+ Rede des Lordoberrichters Crew gehrt zu den glnzendsten Proben
+ der altenglischen Beredtsamkeit. Citters, 7.(17.) Febr. 1688.]
+
+
+[_Der Earl von Shrewsbury._] Dem Hause de Vere, aber auch nur diesem,
+stand an Alter und Glanz das Haus Talbot nach. Seit der Regierung
+Eduard's III. hatten die Talbot stets unter den Peers des Reichs
+gesessen. Das Earlthum Shrewsbury war im funfzehnten Jahrhundert Johann
+Talbot, dem Gegner der Jungfrau von Orleans, verliehen worden. Seine
+Landsleute hatten seiner noch lange in Liebe und Verehrung als eines der
+berhmtesten Krieger gedacht, welche auf dem europischen Festlande ein
+groes englisches Reich zu grnden versuchten. Der unerschtterliche
+Muth, den er im Unglck gezeigt, hatten ihn zum Gegenstande einer
+greren Theilnahme gemacht als glcklichere Feldherren sie erweckt
+haben, und sein Tod lieferte unsrer lteren Bhne den Stoff zu einer
+ungemein ergreifenden Scene. Seine Nachkommen waren zwei Jahrhunderte
+lang ein blhendes und ehrenvolles Geschlecht. Zur Zeit der Restauration
+war Franz, der elfte Earl, ein Katholik, das Oberhaupt der Familie. Sein
+Tod war von Umstnden begleitet gewesen, die selbst in jenen zgellosen
+Zeiten, welche unmittelbar auf den Sturz der puritanischen Partei
+folgten, Abscheu und Mitleid erweckt hatten. Der Herzog von Buckingham
+war im Laufe seiner leichtfertigen Liebeshndel einen Augenblick von der
+Grfin von Shrewsbury angezogen worden. Sie wurde leicht erobert. Ihr
+Gemahl forderte den Verfhrer zum Zweikampfe und fiel. Einige sagten,
+das pflichtvergessene Weib habe den Zweikampf in mnnlicher Verkleidung
+mit angesehen. Andere wollten sogar wissen, sie habe den siegreichen
+Geliebten ans Herz gedrckt, whrend sein Hemd noch vom Blute ihres
+Gatten gerthet war. Die Titel des Ermordeten gingen auf seinen
+unmndigen Sohn Karl ber. Als der verwaiste Jngling zum Manne
+heranwuchs, ward es allgemein anerkannt, da kein andrer junger Adeliger
+Englands von der Natur so reich begabt sei. Er besa ein einnehmendes
+uere, einen ungemein sanften Character und einen solchen Schatz von
+Talenten, da er, selbst wenn er in einem niederen Stande geboren
+gewesen wre, sich ohne Zweifel zu einer hohen Stellung im Staate
+emporgeschwungen haben wrde. Alle diese natrlichen Vorzge hatte er so
+gut angewendet, da er schon vor seiner Volljhrigkeit fr einen der
+feinsten und kenntnireichsten Gentlemen seiner Zeit galt. Fr seine
+Gelehrsamkeit sprechen die noch vorhandenen eigenhndigen Anmerkungen
+von ihm zu Werken aus fast allen Zweigen der Literatur. Er sprach
+Franzsisch wie ein Kammerherr des Knigs Ludwig und Italienisch wie ein
+Florentiner. Es war wohl natrlich, da ein Jngling von solchen Gaben
+nach den Grnden forschte, aus denen seine Familie sich der
+Staatsreligion nicht angeschlossen hatte. Er studirte sorgfltig die
+Streitpunkte, theilte seine Zweifel Priestern seines eignen Glaubens
+mit, legte deren Antworten Tillotson vor, erwog lange und aufmerksam die
+beiderseitigen Grnde und erklrte sich nach einer zweijhrigen genauen
+Untersuchung zum Protestanten. Die anglikanische Kirche nahm den
+erlauchten Convertiten freudig in ihren Schoo auf. Er geno einer
+groen Popularitt, und diese nahm zu, als man erfuhr, da der Knig
+umsonst Bitten und Versprechungen an ihn verschwendet hatte, um ihn zu
+dem Irrglauben zurckzufhren, den er abgeschworen. Der Character des
+jungen Mannes entwickelte sich jedoch nicht in einer Weise, welche
+Diejenigen, die an seiner Bekehrung den hauptschlichsten Antheil
+hatten, vollkommen befriedigte. Seine Sittlichkeit entging der
+allgemeinen Ansteckung der modischen Ausschweifungen nicht. Der Sto,
+der seine Jugendvorurtheile zerstrt, hatte zu gleicher Zeit alle seine
+berzeugungen erschttert und ihn der schwankenden Leitung seiner
+Gefhle preisgegeben. Aber wenn auch seine Grundstze ihren Halt
+verloren hatten, so waren doch die Triebfedern seines Handelns so edel,
+sein Gemth so sanft, sein Benehmen so freundlich und gewinnend, da es
+unmglich war, ihn nicht zu lieben. Er wurde schon frhzeitig der Knig
+der Herzen genannt und verlor in seinem langen, ereignivollen und
+bewegten Leben nie das Recht auf diese Bezeichnung.[39]
+
+Shrewsbury war Lordlieutenant von Staffordshire und Oberst eines der
+Kavallerieregimenter, die in Folge des Aufstandes im Westen errichtet
+worden waren. Er weigerte sich jetzt, seine Thtigkeit durch die
+Regulatoren bestimmen zu lassen und wurde deshalb seiner beiden Stellen
+entsetzt.
+
+ [Anmerkung 39: +Coxe's Shrewsbury Correspondence+; +Mackay's
+ Memoirs+; +Life of Charles Duke of Shrewsbury, 1718+; +Burnet, I.
+ 762+; +Birch's Life of Tillotson.+ In letzterem Werke findet der
+ Leser einen Brief von Tillotson an Shrewsbury, der meiner Ansicht
+ nach ein Muster von ernstem, freundschaftlichem und
+ rcksichtvollem Tadel ist.]
+
+
+[_Der Earl von Dorset._] Kein englischer Adeliger erfreute sich der
+Volksgunst in einem reicheren Mae als Karl Sackville, Earl von Dorset.
+Er war in der That ein merkwrdiger Mann. In seiner Jugend war er einer
+der bekanntesten Wstlinge der zgellosen Zeit gewesen, welche auf die
+Restauration folgte. Er war der Schrecken der londoner Nachtwchter,
+hatte manche Nacht auf der Wache zubringen mssen und zum mindesten
+einmal eine Zelle in Newgate bewohnt. Seine Liebe zu Betty Morrice und
+zu Lorchen Gwynn, die ihn ihren KarlI. zu nennen pflegte, hatte der
+Stadt nicht wenig Stoff zur Unterhaltung und zum rgerni gegeben.[40]
+Doch bei all' seinen Thorheiten und Lastern hatte er sich durch
+hochherzigen Muth, durch scharfen Verstand und durch natrliche
+Herzensgte ausgezeichnet. Die Leute meinten, die Ausschweifungen, denen
+er sich hingbe, theile er mit dem ganzen Geschlechte der lebenslustigen
+jungen Kavaliere, aber sein Mitgefhl fr die Leiden der Menschheit und
+die Gromuth, mit der er diejenigen, welche durch seine muthwilligen
+Streiche verletzt wurden, zu entschdigen suchte, sei nur ihm allein
+eigen. Seine Freunde wunderten sich darber, da das Publikum zwischen
+ihm und ihnen einen Unterschied machte. Der kann thun was er will,
+sagte Wilmot; ihm geschieht nie etwas. Das Urtheil der Welt ber
+Dorset gestaltete sich noch gnstiger, als er mit den Jahren und in der
+Ehe gesetzter wurde. Jedermann pries seine herablassenden Manieren,
+seine geistreiche Unterhaltung, sein weiches Gemth und seine
+Freigebigkeit. Man sagte es vergehe kein Tag, ohne da eine bedrngte
+Familie Ursache habe, seinen Namen zu segnen. Und doch war bei aller
+seiner Herzensgte sein Witz so beiend, da Sptter, deren Sarkasmus
+die ganze Stadt frchtete, vor dem Sarkasmus Dorset's zitterten. Alle
+politischen Parteien achteten und liebten ihn; ihm selbst aber behagte
+die Politik berhaupt nicht sonderlich. Htte ihn die Nothwendigkeit zu
+Anstrengungen gespornt, so wrde er wahrscheinlich zu den hchsten
+Posten im Staate gestiegen sein; aber er nahm schon durch seine Geburt
+einen so hohen Rang ein und war dabei so reich, da ihm viele
+Beweggrnde fehlten, welche die Menschen antreiben, sich mit den
+ffentlichen Angelegenheiten zu befassen. Er nahm gerade nur so viel
+Theil an parlamentarischen und diplomatischen Geschften, als
+hinreichte, um zu beweisen, da ihm nichts weiter fehlte als die Lust
+dazu, um mit Danby und Sunderland zu rivalisiren, und richtete seine
+Thtigkeit auf Bestrebungen, die ihm besser zusagten. Gleich vielen
+anderen Mnnern, welche mit groen natrlichen Fhigkeiten eine
+angeborne und gewohnheitsmige Indolenz verbinden, wurde er ein
+geistiger Genumensch und ein Meister in allen unterhaltenden Zweigen
+des Wissens, die man sich ohne ernstes Studium aneignen kann. Er war
+anerkanntermaen der beste Richter in der Malerei, der Sculptur, der
+Baukunst und der Schauspielerkunst, den der Hof aufzuweisen hatte. In
+Angelegenheiten der schnen Knste und Wissenschaften galt sein Urtheil
+in allen Kaffeehusern fr unwiderruflich magebend. Mehr als ein
+hbsches Theaterstck, das bei der ersten Auffhrung durchfiel, wurde
+lediglich durch seine Autoritt gegen das Geschrei des ganzen Parterres
+siegreich vertheidigt und bestand mit glcklichem Erfolge die zweite
+Probe. St. Evremond und Lafontaine rhmten die feine Eleganz seines
+franzsischen Styls. Noch nie hatte England einen solchen Gnner der
+Literatur gehabt. Er bte seine Freigebigkeit mit eben so richtiger
+Einsicht als liberaler Unparteilichkeit, keine Secte oder Faction wurde
+dabei von ihm bevorzugt. Geniale Mnner, welche durch literarische
+Eifersucht oder durch Verschiedenheit ihrer politischen Meinung einander
+entfremdet waren, stimmten in der Anerkennung seiner unparteiischen Gte
+berein. Dryden gestand, da Dorset's frstliche Freigebigkeit ihn vom
+Untergange gerettet habe. Und dennoch wurden Montague und Prior, welche
+Dryden durch beiende Satiren getadelt hatten, von Dorset ins
+ffentliche Leben eingefhrt, und das beste Lustspiel von Dryden's
+Todfeind, Shadwell, war auf Dorset's Landsitze geschrieben. Htte der
+freigebige Earl sonst gewollt, so htte er sehr gut mit Denen
+rivalisiren knnen, deren Wohlthter er zu sein sich begngte, denn die
+Verse, die er gelegentlich dichtete, zeigen bei aller unknstlerischen
+Form Spuren eines angebornen Genies, das bei sorgfltiger Pflege Groes
+htte schaffen knnen. In dem kleinen Bande seiner Werke finden sich
+Lieder, welche die ungezwungene Lebendigkeit Suckling's besitzen, und
+kleine Satiren, deren glnzender Humor dem eines Butler nicht
+nachsteht.[41]
+
+Dorset war Lordlieutenant von Sussex und auf Sussex blickten die
+Regulatoren mit besonders ngstlicher Spannung, denn in keiner andren
+Grafschaft, Cornwall und Wiltshire ausgenommen, befanden sich so viele
+kleine Wahlorte. Er erhielt Befehl, sich auf seinen Posten zu begeben.
+Keiner von Denen, die ihn kannten, erwartete, da er gehorchen werde. Er
+gab eine Antwort, wie sie sich fr ihn ziemte, und wurde bedeutet, da
+man seiner Dienste nicht mehr bedrfe. Das allgemeine Interesse, das er
+seinen vielen edlen und liebenswrdigen Eigenschaften verdankte, wurde
+nicht wenig erhht, als man erfuhr, da er durch die Post einen anonymen
+Brief erhalten hatte, worin ihm angekndigt wurde, da, wenn er sich
+nicht sofort den Wnschen des Knigs fge, ihn all' sein Geist und seine
+Popularitt nicht vor der Ermordung schtzen werde. Eine hnliche
+Warnung erhielt auch Shrewsbury. Drohbriefe waren damals viel seltener
+als sie es spterhin geworden sind, und man kann sich daher nicht
+darber wundern, da das ohnehin schon aufgeregte Volk zu dem Glauben
+geneigt war, die besten und edelsten Englnder seien wirklich fr
+papistische Dolche ausersehen.[42] Gerade zu der Zeit, als diese Briefe
+in ganz London das Tagesgesprch bildeten, wurde der verstmmelte
+Leichnam eines angesehenen Puritaners auf der Strae gefunden. Es zeigte
+sich indessen bald, da der Mrder die That nicht aus religisen oder
+politischen Beweggrnden verbt hatte. Aber der erste Verdacht des
+gemeinen Volkes fiel auf die Papisten. Die verstmmelten berreste des
+Ermordeten wurden in feierlicher Prozession nach dem Jesuitencollegium
+im Savoy getragen und einige Stunden lang war die Furcht und Wuth der
+Menge kaum weniger heftig als an dem Tage, wo Godfrey zu Grabe getragen
+ward.[43]
+
+Mit den brigen Entlassungen mu ich mich krzer fassen. Der Herzog von
+Somerset, dem vor einigen Monaten schon sein Regiment wieder abgenommen
+worden war, wurde nun auch seiner Stelle als Lordlieutenant des
+Ostbezirks[44] von Yorkshire enthoben. Die Statthalterschaft des
+Nordbezirks verlor der Viscount Fauconberg, die von Shropshire der
+Viscount Newark und die von Lancashire der Earl von Derby, der Enkel des
+tapferen Kavaliers, der auf dem Schlachtfelde sowohl als auf dem
+Schaffot fr das Haus Stuart dem Tode so muthig ins Auge geblickt hatte.
+Der Earl von Pembroke, der unlngst der Krone gegen Monmouth treu und
+tapfer gedient hatte, wurde in Wiltshire, der Earl von Rutland in
+Leicestershire, der Earl von Bridgewater in Buckinghamshire, der Earl
+von Thanet in Cumberland, der Earl von Northampton in Warwickshire, der
+Earl von Abingdon in Oxfordshire, der Earl von Scarsdale in Derbyshire
+abgesetzt. Scarsdale verlor auerdem auch sein Reiterregiment und seine
+Stelle im Hofstaate der Prinzessin von Dnemark. Diese weigerte sich,
+ihn aus ihren Diensten zu entlassen und gab nur einem peremptorischen
+Befehle ihres Vaters nach. Der Earl von Gainsborough wurde nicht nur der
+Statthalterschaft von Hampshire, sondern auch des Gouverneurpostens von
+Portsmouth und des Wildmeisteramts im Neuen Forste entsetzt, zwei
+Stellen, die er erst vor wenigen Monaten fr fnftausend Pfund gekauft
+hatte.[45]
+
+Der Knig konnte keine angesehenen Lords und namentlich gar keine
+protestantischen auftreiben, welche die erledigten Stellen anzunehmen
+bereit waren. Man mute zwei Grafschaften Jeffreys, einem Manne von sehr
+jungem Adel und von geringem Grundbesitz, und zwei andere Preston, der
+nicht einmal Peer von England war, zuertheilen. Die brigen ihrer
+Statthalter beraubten Grafschaften wurden fast ohne Ausnahme bekannten
+Katholiken oder solchen Hflingen berwiesen, welche dem Knige im
+Geheimen versprochen hatten, zur rmisch-katholischen Kirche
+berzutreten, sobald die Klugheit es ihnen gestatten wrde.
+
+ [Anmerkung 40: Der Knig war nur Lorchen's Karl III. Ob Dorset
+ oder Major Hart die Ehre hatte ihr KarlI. zu sein, ist eine
+ streitige Frage. Meines Bednkens scheint Dorset gegrndeteren
+ Anspruch auf diesen Vorzug zu haben. Siehe die gestrichene Stelle
+ in Burnet I. 263, und Pepys' Tagebuch vom 26. Oct. 1667.]
+
+ [Anmerkung 41: +Pepys's Diary+; Prior's Widmung seiner Gedichte an
+ den Herzog von Dorset; +Johnson's Life of Dorset+; +Dryden's Essay
+ on Satire+ und seine Widmung des +Essay on Dramatic Poesy+.
+ Dorset's Liebe zu seiner Gattin und seine strenge eheliche Treue
+ wird von dem ausschweifenden Narren Sir Georg Etherege in seinen
+ Briefen aus Regensburg vom 9.(19.) Dec. 1687 und 16.(26.) Jan.
+ 1688 mit hhnender Geringschtzung erwhnt; Shadwell's Widmung
+ zu seinem +Squire of Alsatia+; +Burnet I. 264+; +Mackay's
+ Characters.+ Einige Seiten von Dorset's Character werden in
+ seiner von Pope verfassten Grabschrift treffend angedeutet:
+
+ Doch sanft war sein Herz, wenn auch streng sein Lied;
+
+ und weiterhin:
+
+ Ein glcklicher Hofmann, von Frst und Land geliebt,
+ Und dennoch treu der Freundschaft und der Mue.]
+
+ [Anmerkung 42: Barillon, 9.(19.) Jan. 1688; Citters, Jan. 31.
+ (Febr. 10.)]
+
+ [Anmerkung 43: Adda, 3.(13.) u. 10.(20.) Febr. 1688.]
+
+ [Anmerkung 44: Die Grafschaft York, die grte von England, wird
+ in drei Bezirke (+Ridings+) eingetheilt. D. bers.]
+
+ [Anmerkung 45: Barillon, 5.(15.), 8.(18.) u. 12.(22.) Dec. 1687;
+ Citters, 29. Nov. (9. Dec.) u. 2.(12.) Dec.]
+
+
+[_An die Obrigkeiten gerichtete Fragen, und Antworten darauf._] Endlich
+wurde die neue Maschinerie in Bewegung gesetzt und bald kam aus allen
+Gegenden des Landes die Nachricht von der vollstndigen und
+hoffnungslosen Niederlage. Der Katechismus, nach welchem die
+Lordlieutenants die Gesinnungen der Landgentry erforschen sollten,
+bestand aus drei Fragen. Jeder Magistratsbeamte und jeder Stellvertreter
+des Lordlieutenants mute gefragt werden, erstens ob er, im Fall er
+gewhlt wrde, um im Parlamente zu dienen, fr eine im Sinne der
+Indulgenzerklrung gefate Bill stimmen wolle; zweitens ob er als Whler
+seine Stimme solchen Candidaten geben wolle, die sich verpflichteten,
+fr eine derartige Bill zu stimmen; und drittens ob er als Privatmann
+die wohlwollenden Zwecke des Knigs frdern wolle, indem er mit Leuten
+jeder religisen berzeugung in Frieden lebte.[46]
+
+Sobald diese Fragen bekannt geworden waren, wurde ein mit seltener
+Geschicklichkeit entworfenes Antwortformular im ganzen Lande verbreitet
+und allgemein angenommen. Es lautete folgendermaen: Im Fall mir die
+Ehre zu Theil werden sollte, einen Sitz im Hause der Gemeinen
+einzunehmen, werde ich als Mitglied dieses Hauses es fr meine Pflicht
+halten, die Grnde, welche fr und gegen eine Indulgenzbill im Laufe der
+Debatte geltend gemacht werden, sorgfltig zu erwgen, und dann nach
+meiner gewissenhaften berzeugung zu stimmen. Als Whler werde ich meine
+Stimme solchen Candidaten geben, deren Begriffe von den Pflichten eines
+Volksvertreters mit meinen eigenen bereinstimmen. Als Privatmann hege
+ich den Wunsch, mit Jedermann in Frieden und Eintracht zu leben.
+
+ [Anmerkung 46: Citters, 28. Oct. (7. Nov.) 1687; +Lonsdale's
+ Memoirs.+]
+
+
+[_Scheitern der Plne des Knigs._] Diese Antwort, die noch viel
+trotziger war als eine frmliche Weigerung, weil sie einen leichten
+Anflug von milder und anstndiger Ironie hatte, ber die man sich nicht
+wohl gereizt zeigen konnte, war Alles was die Emissre des Hofes von den
+meisten Landgentlemen erlangen konnten. Gegenvorstellungen,
+Versprechungen und Drohungen wurden vergebens angewendet. Der Herzog von
+Norfolk, obgleich Protestant und mit dem Verfahren der Regierung
+unzufrieden, hatte sich zu ihrem Werkzeuge in zwei Grafschaften
+hergegeben. Er begab sich zuerst nach Surrey, wo er aber bald sah, da
+er nichts ausrichten konnte.[47] Dann ging er nach Norfolk, von wo er
+ebenfalls bald zurckkehrte, um dem Knige zu melden, da ihm von
+siebzig Gentlemen, welche in dieser groen Provinz ffentliche mter
+bekleideten, nur sechs Hoffnung gemacht htten, die Politik des Hofes zu
+untersttzen.[48] Der Herzog von Beaufort, dessen Autoritt sich ber
+vier englische Grafschaften und ber das ganze Frstenthum Wales
+erstreckte, kam mit einem nicht minder niederschlagenden Berichte nach
+Whitehall.[49] Rochester war Lordlieutenant von Hertfordshire. Sein
+ganzer kleiner Schatz von Tugend war in dem Kampfe gegen die starke
+Versuchung, seine Religion fr Geld zu verkaufen, aufgezehrt worden; er
+war noch durch einen Jahrgehalt von viertausend Pfund an den Hof
+gebunden, und zum Dank dafr war er zu jedem wenn auch noch so
+ungesetzlichen und erniedrigenden Dienste bereit, vorausgesetzt, da man
+nicht die Formalitt einer Ausshnung mit Rom von ihm verlangte. Er
+hatte sich bereitwilligst der Aufgabe unterzogen, seine Grafschaft zu
+bearbeiten, und er ging dabei, wie immer, mit bereilter Heftigkeit und
+Gewaltthtigkeit zu Werke. Aber er verschwendete seinen Eifer vergebens
+an die starrsinnigen Squires, mit denen er es zu thun hatte. Sie
+erklrten ihm einstimmig, da sie keinen Mann ins Parlament schicken
+wollten, der fr die Beseitigung der Schutzwehren des protestantischen
+Glaubens stimmen wrde.[50] Dieselbe Antwort erhielt der Kanzler auch in
+Buckinghamshire.[51] Die Gentry von Shropshire weigerte sich in einer zu
+Ludlow veranstalteten Zusammenkunft einhellig, sich durch das von dem
+Knige verlangte Versprechen zu binden.[52] Der Earl von Yarmouth
+berichtete aus Wiltshire, da von sechzig Magistratsbeamten und
+Statthaltersubstituten, mit denen er gesprochen, nur sieben eine
+gnstige Antwort gegeben htten und da man selbst diesen nicht trauen
+knne.[53] Der Renegat Peterborough richtete eben so wenig in
+Northamptonshire aus.[54] Nicht glcklicher war sein Genosse Dover in
+Cambridgeshire.[55] Auch Preston brachte schlechte Nachrichten aus
+Cumberland und Westmoreland; Dorsetshire und Huntingdonshire waren von
+dem nmlichen Geiste beseelt. Der Earl von Bath kehrte nach langem
+Stimmenwerben mit trostlosen Nachrichten aus dem Westen zurck. Er war
+ermchtigt worden, den Bewohnern dieser Gegenden die verfhrerischesten
+Anerbietungen zu machen. Insbesondere hatte er versprochen, da, wenn
+die Wnsche des Knigs gebhrend bercksichtigt wrden, der Zinnhandel
+von den auf ihm lastenden drckenden Beschrnkungen befreit werden
+solle. Aber dieser Kder, dem man zu einer andren Zeit nicht
+widerstanden haben wrde, wurde jetzt mit Verachtung zurckgewiesen.
+Alle Friedensrichter und Statthaltersubstituten von Devonshire und
+Cornwall erklrten ohne eine einzige Ausnahme, da sie Gut und Blut fr
+den Knig opfern wrden, da aber die protestantische Religion ihnen
+noch theurer sei als Gut und Blut. Und, setzte Bath hinzu, wenn Eure
+Majestt alle diese Gentlemen absetzte, so wrden ihre Nachfolger ganz
+die nmliche Antwort geben.[56] Wenn es irgend einen Bezirk gab, in
+welchem die Regierung auf einen gnstigen Erfolg hoffen durfte, so war
+es Lancashire. Man hatte starke Zweifel gehegt, ob das Resultat in
+dieser Provinz mit dem der meisten anderen Grafschaften bereinstimmen
+werde. In keinem Theile des Landes gab es so viele reiche und angesehene
+Familien, welche dem alten Glauben anhingen, und die Oberhupter vieler
+dieser Familien waren kraft der Dispensationsgewalt zu Friedensrichtern
+und Commandanten der Miliz ernannt worden. Doch auch von dort meldete
+der neue Lordstatthalter, selbst ein Katholik, da zwei Drittel seiner
+Substituten und der Magistratsbeamten dem Hofe feindlich gesinnt
+seien.[57] Noch viel schmerzlicher verletzte das Ergebni in Hampshire
+den Stolz des Knigs. Arabella Churchill hatte ihm vor mehr als zwanzig
+Jahren einen Sohn geboren, der spterhin als einer der geschicktesten
+Generle Europa's weit und breit berhmt wurde. Der junge Mann hie
+Jakob Fitzjames und bis dahin hatte noch nichts in ihm vermuthen lassen,
+da er sich einst zu hoher Auszeichnung emporschwingen wrde; aber sein
+Character und sein Benehmen waren so sanft und herzgewinnend, da er
+keinen Feind hatte, auer Marien von Modena, welche den Sohn der
+Concubine schon seit langer Zeit mit dem bitteren Ingrimm einer
+kinderlosen Gattin hate. Ein kleiner Theil der jesuitischen Faction
+hatte, bevor die Schwangerschaft der Knigin angekndigt wurde, ganz
+ernstlich daran gedacht, ihn als Kronprtendenten neben der Prinzessin
+von Oranien aufzustellen.[58] Wenn man bedenkt, wie vollstndig dem
+Herzoge von Monmouth, obgleich das niedere Volk ihn fr legitim hielt
+und obgleich er der Vorkmpfer des nationalen Glaubens war, ein
+hnlicher Versuch milang, so mu es unbegreiflich erscheinen, wie ein
+Mann durch den Fanatismus so ganz verblendet sein konnte, da er nur auf
+die Idee kam, einen jungen Menschen, der allgemein als ein papistischer
+Bastard bekannt war, auf den Thron erheben zu wollen. Es lt sich nicht
+mit Gewiheit sagen, ob der Knig diesem albernen Plane seinen Beifall
+zollte. Der junge Mann war brigens als Prinz anerkannt und wurde mit
+allen Auszeichnungen berschttet, welche ein nicht aus kniglichem
+Blute entsprossener Unterthan nur irgend zu erlangen hoffen konnte. Er
+war zum Herzog von Berwick erhoben worden und bekleidete jetzt mehrere
+ehrenvolle und eintrgliche Stellen, welche Edelleuten, die sich den
+kniglichen Befehlen nicht hatten fgen wollen, abgenommen worden waren.
+Er war der Nachfolger des Earls von Oxford als Oberst der Blauen und des
+Earls von Gainsborough als Lordlieutenant von Hampshire, Wildmeister des
+Neuen Forstes und Gouverneur von Portsmouth. Berwick erwartete, da ihn
+an der Grenze von Hampshire, der Sitte gem, ein langer Zug von
+Baronets, Rittern und Squires empfangen werde; aber nicht eine einzige
+angesehene Person hatte sich zu seiner Begrung eingefunden. Er sendete
+Schreiben aus, durch welche er die Gentry zu sich entbot, aber nur fnf
+oder sechs beachteten diese Einladung. Die brigen warteten ihre
+Entlassung gar nicht ab; sie erklrten im voraus, da sie keinen Theil
+an der Civil- oder Militairverwaltung ihrer Grafschaft haben mchten, so
+lange der Knig daselbst durch einen Papisten vertreten sei, und legten
+ihre Stellen freiwillig nieder.[59]
+
+Sunderland, der an die Stelle des Earls von Northampton zum
+Lordlieutenant von Warwickshire ernannt worden war, fand eine Ausflucht,
+um nicht in diese Grafschaft zu gehen und die Entrstung und Verachtung
+der dortigen Gentry auf sich zu laden, und seine Entschuldigung wurde um
+so bereitwilliger angenommen, da der Knig endlich einzusehen begann,
+da sich der Sinn der Landgentry nicht beugen lie.[60]
+
+Es mu bemerkt werden, da Diejenigen, welche diesen trotzigen Sinn an
+den Tag legten, nicht die alten Feinde des Hauses Stuart waren. Die
+Listen der Friedensrichter und Statthaltersubstituten waren schon lngst
+von allen republikanischen Namen sorgfltig gesubert. Die Mnner, denen
+die Regierung vergebens das Versprechen der Untersttzung abzuzwingen
+versucht hatte, waren fast ohne Ausnahme Tories. Die lteren von ihnen
+konnten noch Narben, welche von den Schwertern der Rundkpfe herrhrten,
+und Empfangsbescheinigungen ber Silbergeschirr aufweisen, das sie
+KarlI. in seiner Noth geschickt hatten. Die Jngeren hatten gegen
+Shaftesbury und Monmouth fest zu Jakob gehalten. Dies waren die Mnner,
+welche jetzt von dem nmlichen Frsten, dem sie so glnzende Beweise von
+treuer Anhnglichkeit gegeben hatten, in Masse ihrer mter entsetzt
+wurden. Die Entlassung machte sie aber nur noch entschlossener; es war
+bei ihnen zu einer heiligen Ehrensache geworden, in dieser Krisis fest
+zusammenzuhalten. Es konnte keinem Zweifel unterliegen, da, wenn bei
+der Stimmenzhlung ehrlich zu Werke gegangen wurde, nicht ein einziger
+der Regierungspolitik gnstiger Grafschaftsabgeordneter gewhlt werden
+wrde. Die Leute fragten einander daher mit nicht geringer Besorgni, ob
+man wohl erwarten knne, da bei der Stimmenzhlung ehrlich zu Werke
+gegangen werden wrde.
+
+ [Anmerkung 47: Citters, 22. Nov. (2. Dec.) 1687.]
+
+ [Anmerkung 48: Citters, 27. Dez. (6. Jan.) 1687/88.]
+
+ [Anmerkung 49: +Ibid.+]
+
+ [Anmerkung 50: Johnstone erwhnt zweimal, unterm 25. Nov. und
+ unterm 8. Dec. 1687, den beleidigenden Eifer, den Rochester bei
+ dieser Gelegenheit zeigte. Das Milingen seiner Bemhungen erwhnt
+ Citters unterm 6.(16.) Dec.]
+
+ [Anmerkung 51: Citters, 6.(16.) Dec. 1687.]
+
+ [Anmerkung 52: +Ibid.+ 20.(30.) Dec. 1687.]
+
+ [Anmerkung 53: Citters, 30. Mrz (9. April) 1687.]
+
+ [Anmerkung 54: +Ibid.+ 22. Nov. (2. Dec.) 1687.]
+
+ [Anmerkung 55: +Ibid.+ 15.(25.) Nov. 1687.]
+
+ [Anmerkung 56: +Ibid.+ 10.(20.) April 1688.]
+
+ [Anmerkung 57: Die ngstliche Spannung wegen Lancashire erwhnt
+ Citters in einer Depesche vom 18.(28.) Nov. 1687, das Resultat in
+ einer vier Tage spter datirten.]
+
+ [Anmerkung 58: Bonrepaux, 11.(21.) Juli 1687.]
+
+ [Anmerkung 59: Citters, 3.(13.) Febr. 1688.]
+
+ [Anmerkung 60: Citters, 5.(15.) April 1688.]
+
+
+[_Liste der Sheriffs._] Mit Ungeduld sah man der Liste der Sheriffs fr
+das neue Jahr entgegen. Sie erschien, whrend die Lordlieutenants noch
+auf ihrer Werbungsreise begriffen waren, und wurde mit einem allgemeinen
+Schrei des Zornes und Unwillens aufgenommen. Die Mehrzahl dieser
+Beamten, welche bei den Grafschaftswahlen die Oberleitung hatten, waren
+entweder Katholiken oder protestantische Dissenters, die ihre Zustimmung
+zur Indulgenzerklrung ausgesprochen hatten.[61] Eine Zeit lang hegte
+man die schlimmsten Befrchtungen, die aber bald wieder schwanden. Man
+hatte guten Grund, anzunehmen, da ber einen gewissen Punkt hinaus der
+Knig auch nicht auf die Untersttzung der seiner eigenen Kirche
+angehrenden Sheriffs rechnen knne.
+
+ [Anmerkung 61: +London Gazette, Dec. 5. 1687+; Citters, 6.(16.)
+ Dec.]
+
+
+[_Character der katholischen Landgentlemen._] Zwischen dem katholischen
+Hflinge und dem katholischen Landgentleman herrschte nur sehr geringe
+Sympathie. Die in Whitehall dominirende Cabale bestand theils aus
+Fanatikern, welche zum Zwecke der Verbreitung ihres Glaubens bereit
+waren, alle Gesetze der Moral ber den Haufen zu werfen und die ganze
+Welt in eine heillose Verwirrung zu strzen, theils aus Heuchlern,
+welche um des Gewinnes willen von dem Glauben, in dem sie erzogen
+worden, abgefallen waren und die jetzt den allen Neubekehrten eigenen
+Eifer auf die Spitze trieben. Sowohl die Fanatiker als auch die Heuchler
+am Hofe hatten zum grten Theil keine Spur von englischer
+Anschauungsweise. In einigen von ihnen hatte die unbedingte Hingebung
+fr ihre Kirche alles Nationalgefhl erstickt; andere waren Irlnder,
+deren Patriotismus in einem tdtlichen Hasse gegen die schsischen
+Eroberer Irlands bestand; noch andere waren Verrther, die von einer
+auswrtigen Macht einen regelmigen Sold bezogen, und wieder andere
+hatten einen groen Theil ihres Lebens im Auslande zugebracht, und waren
+entweder bloe Kosmopoliten oder hegten einen positiven Widerwillen
+gegen die Sitten und Staatseinrichtungen des Landes, das sie jetzt zu
+regieren hatten. Diese Leute hatten mit einem noch der alten Kirche
+anhngenden Gutsbesitzer von Cheshire oder Staffordshire kaum irgend
+etwas gemein. Er war weder Fanatiker noch Heuchler, er war Katholik,
+weil sein Vater und Grovater Katholiken gewesen waren, und er hing an
+seinem ererbten Glauben, wie die Menschen in der Regel an demselben
+hngen, aufrichtig aber ohne sonderliche Begeisterung. In jeder andren
+Beziehung war er nichts weiter als eben ein englischer Squire, der sich
+von den benachbarten Squires hchstens dadurch unterschied, da er noch
+etwas ungebildeter und buerischer war als sie. Die auf ihm lastenden
+Ausschlieungen hatten ihn verhindert, sich bis zu der allerdings selbst
+nur mig hohen Bildungsstufe zu erheben, auf der die meisten
+protestantischen Landgentlemen standen. Als Knabe von Eton und
+Westminster, als Jngling von Oxford und Cambridge, als Mann vom
+Parlament und von der Richterbank ausgeschlossen, vegetirte er still und
+ruhig hin, wie die Ulmen der Allee, die zu dem ererbten Meierhofe seiner
+Vorfahren fhrte. Seine Kornfelder, seine Milchwirthschaft, seine
+Ciderpresse, seine Jagdhunde, seine Angelruthe und seine Flinte, sein
+Bier und sein Tabak beschftigten fast allein seine Gedanken. Mit seinen
+Nachbarn stand er trotz der Glaubensverschiedenheit in der Regel auf
+gutem Fue. Sie kannten ihn als einen harmlosen Mann ohne Ehrgeiz, er
+stammte fast durchgngig aus einer guten und alten Familie und war immer
+ein Kavalier. Er drang Niemandem seine persnlichen Ansichten auf und
+wurde Niemandem lstig damit, er qulte nicht, wie ein Puritaner, sich
+selbst und Andere mit Gewissensskrupeln ber alle Gensse des Lebens; im
+Gegentheil, er war ein eben so leidenschaftlicher Jagdliebhaber und ein
+eben so heiterer Gesellschafter als irgend Einer, der den Suprematseid
+und die Erklrung gegen die Transsubstantiation angenommen hatte. Er
+ging mit seinen Nachbarsquires auf die Jagd, hielt bis zum Hallali bei
+ihnen aus und nahm sie nach beendeter Jagd mit sich nach Hause zu einer
+Wildpretpastete und zu einem Kruge Octoberbier, das seine vier Jahre auf
+Flaschen lag. Die Bedrckungen, die er erduldet, waren nicht so arg, da
+sie ihn zu einem verzweifelten Entschlusse htten treiben knnen; selbst
+als seine Kirche schonungslos verfolgt wurde, waren sein Leben und sein
+Eigenthum nicht in groer Gefahr. Der schamloseste falsche Zeuge wrde
+es schwerlich gewagt haben, der Wahrheit so frech ins Gesicht zu
+schlagen, da er ihn beschuldigt htte, ein Verschwrer zu sein. Die
+Papisten, welche Oates zu seinen Angriffen auswhlte, waren Peers,
+Prlaten, Jesuiten, Benedictiner, thtige politische Agenten, Juristen
+mit ausgedehnter Praxis und Hofrzte. Der katholische Landgentlemen
+konnte unter dem Schutze seiner Verborgenheit, seines leutseligen Wesens
+und der Zuneigung seiner Umgebungen unbelstigt seine Ernte einbringen
+und seine Waidtasche mit Wild fllen, whrend Coleman und Langhorne,
+Whitbread und Pickering, Erzbischof Plunkett und Lord Stafford durch den
+Strick oder durch das Beil starben. Eine Bande elender Schurken machte
+zwar den Versuch, gegen Sir Thomas Gascoigne, einen bejahrten
+katholischen Baronet in Yorkshire, eine Anklage auf Hochverrath zu
+erheben, aber zwlf der besten Gentlemen des Westbezirks, die seinen
+Lebenswandel kannten, hielten es nicht fr mglich, da ihr ehrenwerther
+alter Bekannter Banditen zur Ermordung des Knigs gedungen haben sollte,
+und sprachen trotz mancherlei der Richterbank eben nicht zur Ehre
+gereichender Versuche ein Nichtschuldig aus. Wohl mochte es fr das
+Oberhaupt einer alten, angesehenen Familie in der Provinz ein
+schmerzlicher Gedanke sein, da er seines Glaubens wegen von ehrenvollen
+Stellen und mtern ausgeschlossen war, zu deren Bekleidung Mnner von
+niedererer Herkunft und geringerem Vermgen fr berechtigt gehalten
+wurden; aber er hatte nicht Lust, Land und Leben im Kampfe gegen eine
+erdrckende bermacht auf's Spiel zu setzen, und sein gerader, cht
+englischer Character wrde, vor Mitteln, wie ein Petre und Tyrconnel sie
+anwendeten, mit Abscheu zurckgebebt sein. Deshalb wrde er jedoch eben
+so bereitwillig, als irgend einer seiner protestantischen Nachbarn zur
+Vertheidigung seines Vaterlandes gegen einen Einfall der Franzosen oder
+irischen Papisten das Schwert um die Lenden gegrtet und die Pistolen in
+die Halfter gesteckt haben. Dies war der allgemeine Character der
+Mnner, in denen Jakob jetzt die sichersten Werkzeuge zur Leitung der
+Grafschaftswahlen zu erblicken glaubte. Er berzeugte sich jedoch bald,
+da sie nicht geneigt waren, sich durch einen ihm zu leistenden
+schimpflichen und strafbaren Dienst die Achtung ihrer Nachbarn zu
+verscherzen und Leben und Vermgen zu gefhrden. Mehrere von ihnen
+weigerten sich, Sheriffs zu werden, und von denen, welche die Ernennung
+annahmen, erklrten viele, da sie eben so gewissenhaft, als wenn sie
+Mitglieder der Staatskirche wren, ihre Pflicht erfllen, und keinen
+Wahlcandidaten, der nicht eine wirkliche Stimmenmehrheit htte, in's
+Parlament schicken wrden.[62]
+
+ [Anmerkung 62: Etwa zwanzig Jahre vor dieser Zeit sprach sich ein
+ Jesuit ber die eingezogene Lebensweise der katholischen Gentry
+ Englands folgendermaen aus: +La nobilit Inglese, senon se
+ legata in serviglio di Corte in opera di maestrato, vive, e godo
+ il pi dell' anno a la campagna, ne' suoi palagi e poderi, dove
+ son liberi e padroni; ci tanto pi sollecitamente i Cattolici
+ quanto pi utilmente, si come meno osservati col. --
+ L'Inghilterra descritta dal P. Daniello Bartoli. Roma, 1667.+
+
+ Viele von den papistischen Sheriffs, schrieb Johnstone, sind
+ begtert und erklren, da man sich sehr irren wrde, wenn man
+ geflschte Wahlen von ihnen erwartete. Die papistische Gentry,
+ welche auf ihren Landgtern lebt, ist von der stdtischen weit
+ verschieden. Mehrere von ihnen haben es abgelehnt, Sheriffs oder
+ Statthaltersubstituten zu werden. -- 8. Dec. 1687.
+
+ Ronquillo sagt das Nmliche: +Algunos Catolicos que fueron
+ nombrados por sherifes se han excusado.+ -- 9.(19.) Jan. 1688.
+ Einige Monate spter versichert er seinem Hof, da die
+ katholischen Landgentlemen gern zu einer Verstndigung die Hand
+ bieten wrden, deren Grundbedingungen die Abschaffung der
+ Strafgesetze und die Beibehaltung des Religionseides wren.
+ +Estoy informado,+ sagt er, +que los Catolicos de las
+ provincias no lo reprueban, pues no pretendiendo oficios, y siendo
+ solo algunos de la Corte los provechosos, les parece que mejoran
+ su estado, quedando seguros ellos y sus descendientes en la
+ religion, en la quietud, y en la seguridad de sus haciendas.+ --
+ 23. Juli (2. Aug.) 1688.]
+
+
+[_Stimmung der Dissenters._] Konnte der Knig schon auf seine
+katholischen Sheriffs wenig rechnen, so konnte er sich noch viel weniger
+auf die puritanischen verlassen. Seit dem Erscheinen der
+Indulgenzerklrung waren mehrere Monate verflossen, Monate voll
+wichtiger Ereignisse und fortwhrender Streitigkeiten. Die ffentliche
+Besprechung der Angelegenheiten hatte vielen Dissenters die Augen
+geffnet, aber die Maregeln der Regierung, und vorzugsweise das strenge
+Verfahren gegen das Magdalenen-Collegium, hatte mehr als selbst die
+Feder eines Halifax dazu beigetragen, alle Klassen der Protestanten
+aufzurtteln und zu vereinigen. Die meisten von den Sectirern, die sich
+hatten verleiten lassen, ihren Dank fr die Indulgenz auszudrcken,
+schmten sich jetzt ihres Irrthums und wnschten sehnlichst, ihn dadurch
+wieder gut zu machen, da sie sich der groen Masse ihrer Landsleute
+anschlossen.
+
+
+[_Regulirung der Corporationen._] In Folge dieses Umschwungs in den
+Gesinnungen der Nonconformisten stie die Regierung in den Stdten auf
+fast eben so groe Schwierigkeiten, wie auf dem platten Lande. Als die
+Regulatoren ihre Arbeit begannen, hatten sie fest darauf gerechnet, da
+jeder Dissenter, der sich zu Gunsten der Indulgenz ausgesprochen hatte,
+auch die Politik des Knigs untersttzen werde. Sie waren daher
+berzeugt, da sie im Stande sein wrden, alle Municipalmter des
+Knigreichs mit zuverlssigen Freunden zu besetzen. In den neuen
+Stdteordnungen hatte sich die Krone das Recht vorbehalten,
+Magistratsbeamte nach ihrem Belieben zu entlassen. Dieses Recht wurde
+jetzt ohne alle Beschrnkung ausgebt. Durchaus nicht so klar war es
+jedoch, da Jakob auch das Recht hatte, neue Magistratsbeamte zu
+ernennen; aber mochte es ihm nun zustehen oder nicht, er beschlo, es
+sich zu nehmen. Allenthalben, vom Tweed bis Landsend, wurden
+toryistische Beamte abgesetzt und Presbyterianer, Independenten und
+Baptisten an ihrer Stelle ernannt. In dem neuen Freibriefe der
+Hauptstadt hatte sich die Krone das Recht vorbehalten, alle Vorsteher,
+Pfleger und Beisitzer der Innungen zu entlassen. In Folge dessen wurden
+ber achthundert angesehene Brger, smmtlich Mitglieder der Partei, die
+sich der Ausschlieungsbill widergesetzt hatte, durch einen einzigen
+Erla ihrer mter enthoben. Bald darauf erschien ein Nachtrag zu dieser
+langen Liste.[63] Aber die neuen Angestellten waren kaum vereidigt, so
+zeigte es sich, da sie eben so unfgsam waren, als ihre Vorgnger. In
+Newcastle am Tyne ernannten die Regulatoren einen katholischen Mayor und
+puritanische Aldermen. Man zweifelte keinen Augenblick, da die so
+umgestaltete Municipalbehrde eine Adresse beschlieen werde, in der sie
+die Maregeln des Knigs zu untersttzen versprach. Die Adresse wurde
+jedoch verweigert. Der Mayor reiste wthend nach London und sagte dem
+Knige, die Dissenters seien alle Schurken und Rebellen und die
+Regierung knne in der ganzen Corporation auf nicht mehr als vier
+Stimmen rechnen.[64] In Reading wurden vierundzwanzig toryistische
+Aldermen entlassen und vierundzwanzig neue ernannt. Von diesen erklrten
+sich dreiundzwanzig sofort gegen die Indulgenz und wurden deshalb
+ebenfalls wieder entlassen.[65] Im Laufe weniger Tage wurde der
+Stadtbezirk von Yarmouth nacheinander durch drei verschiedene
+Magistratskrper verwaltet, welche smmtlich dem Hofe gleich feindlich
+gesinnt waren.[66] Dies sind nur einzelne Beispiele von dem was im
+ganzen Lande geschah. Der hollndische Gesandte berichtete an die
+Generalstaaten, da in manchen Stdten die Magistratsbeamten in einem
+Monate zwei und selbst dreimal, aber dennoch vergebens gewechselt worden
+seien.[67] Aus den Acten des Geheimen Raths geht hervor, da die Zahl
+der Regulationen, wie sie genannt wurden, zweihundert berstieg.[68] Die
+Regulatoren fanden in der That, da in nicht wenigen Stdten die
+Vernderung eine Verschlimmerung war. Die mivergngten Tories hatten,
+wenn sie auch ber die Politik des Knigs murrten; doch wenigstens stets
+Achtung fr seine Person und seinen Thron an den Tag gelegt und jeden
+Gedanken an Widerstand verworfen. Ganz anders war die Sprache einiger
+neuen Mitglieder der Corporationen. Man sagte, da alte Soldaten der
+Republik, welche zu ihrem eignen wie zum Erstaunen des Publikums zu
+Aldermen ernannt worden waren, den Agenten des Hofes deutlich zu
+verstehen gben, es msse erst Blut flieen, bevor Papismus und
+Willkrgewalt in England zur Herrschaft gelangten.[69]
+
+Die Regulatoren sahen, da mit dem was sie bis jetzt gethan hatten,
+wenig oder nichts gewonnen war. Es gab indessen noch ein Mittel, aber
+auch nur dieses eine, durch das sie hoffen konnten ihren Zweck zu
+erreichen. Die Gemeindeordnungen der Wahlflecken muten zurckgezogen
+und durch neue ersetzt werden, welche das Wahlrecht auf sehr kleine, vom
+Knig zu ernennende Wahlkrper beschrnkten.[70]
+
+Aber wie war dieser Plan auszufhren? In einigen der neuen Freibriefe
+hatte sich die Krone zwar das Recht der Wiederentziehung vorbehalten,
+aber die brigen konnte Jakob nur durch freiwillige Zurckgabe von
+Seiten der Corporationen oder durch einen Ausspruch der Kings Bench
+wieder in die Hand bekommen. Aber nur wenige Corporationen waren jetzt
+geneigt, ihre Gemeindeordnungen freiwillig aufzugeben, und ein
+Richterspruch, wie er den Zwecken des Hofes diente, war selbst von einem
+Sklaven wie Wright nicht zu erwarten. Die Quo-Warranto-Erlasse,[71]
+welche vor einigen Jahren erschienen waren, um die Whigpartei zu
+vernichten, waren von allen Unparteiischen einhellig verdammt worden.
+Doch hatten diese Erlasse wenigstens einen Anschein von Recht fr sich,
+denn sie waren gegen alte Municipalkrper gerichtet, und unter diesen
+gab es wenige, in denen im Laufe der Zeit nicht Mibrauche eingerissen
+waren, welche gengenden Anhalt zu einem Prozeverfahren darboten. Die
+Corporationen aber, welche jetzt angegriffen wurden, befanden sich noch
+im Alter der kindlichen Unschuld, die ltesten von ihnen hatten kaum ihr
+fnftes Lebensjahr erreicht, und es war unmglich, da viele von ihnen
+schon so schwer gesndigt haben sollten, da sie eine Zurcknahme ihrer
+Privilegien verdienten. Den Richtern selbst war nicht wohl zu Muthe. Sie
+gaben zu bedenken, da das, was man von ihnen verlange, den einfachsten
+und klarsten Grundstzen des Rechts und der Gerechtigkeit schnurstracks
+zuwiderlaufe; aber alle Vorstellungen waren umsonst. Die Wahlorte wurden
+zur Rcksendung ihrer Freibriefe aufgefordert. Einige wenige kamen der
+Aufforderung nach; aber das Verfahren, welches der Knig gegen diese
+wenigen einschlug, war eben nicht geeignet, bei den anderen Vertrauen zu
+erwecken. In mehreren Stdten wurde der Gesammtbrgerschaft das
+Wahlrecht entzogen und auf eine kleine Anzahl Personen beschrnkt und
+diese muten sich eidlich verpflichten, die von der Regierung
+empfohlenen Candidaten zu untersttzen. In Tewkesbury zum Beispiel wurde
+das Wahlrecht dreizehn Personen bertragen. Doch selbst diese Anzahl war
+noch zu gro. Ha und Furcht hatten sich so weit verbreitet, da es kaum
+mglich war, auch durch die unredlichsten Mittel nur dreizehn Mnner zu
+finden, auf die sich der Hof unbedingt verlassen konnte. Es hie, da
+die Mehrheit des neuen Wahlkrpers von Tewkesbury von dem nmlichen
+Sinne beseelt sei, welcher in der ganzen Nation berwiege, und da
+derselbe an dem entscheidenden Tage zuverlssige Protestanten in's
+Parlament schicken werde. Die Regulatoren drohten in heftigem Zorne, die
+Zahl der Whler auf drei zu reduciren.[72] Inzwischen weigerte sich die
+groe Mehrzahl der Wahlorte entschieden, ihre Privilegien aufzugeben.
+Barnstaple, Winchester und Buckingham zeichneten sich durch die Khnheit
+ihres Widerstandes besonders aus. In Oxford wurde der Antrag, da die
+Stadt ihr Wahlrecht dem Knige zurckgeben solle, mit achtzig gegen zwei
+Stimmen verworfen.[73] Der Tempel und Westminsterhall kamen durch die
+pltzliche Hufung von Auftrgen aus allen Theilen des Landes in
+ungewohnte Bewegung. Jeder Advokat von bedeutender Praxis erhielt
+Vollmachten ber Vollmachten von den stdtischen Corporationen, und die
+gewhnlichen Clienten beklagten sich, da ihre Angelegenheiten
+vernachlssigt wrden.[74] Es lag auf der Hand, da eine geraume Zeit
+darber hingehen mute, ehe eine so groe Anzahl Prozesse entschieden
+werden konnten. Diese Verzgerung war der Tyrannei unertrglich. Es
+wurde nichts unterlassen, um die widerspenstigen Wahlkrper durch
+Drohungen zur Unterwerfung zu bringen. In Buckingham hatten einige
+Municipalbeamten sich in nicht eben lobender Weise ausgesprochen. Man
+machte ihnen den Proze und kndigte ihnen an, da mit schonungsloser
+Strenge gegen sie verfahren werden wrde, wenn sie sich nicht durch
+Herausgabe ihres Freibriefs loskauften.[75] In Winchester griff man zu
+noch strengeren Gewaltmaregeln. Eine bedeutende Truppenabtheilung wurde
+in die Stadt gelegt, einzig und allein zu dem Zwecke, die Einwohner zu
+belstigen und zu qulen.[76] Die Stadt blieb fest und die ffentliche
+Stimme beschuldigte den Knig laut, da er die schlimmsten Verbrechen
+seines Bruders von Frankreich nachahme; die Dragonaden htten begonnen,
+sagte man. Man hatte auch wirklich Grund zu ernsten Besorgnissen. Jakob
+war auf den Einfall gekommen, da er den Widerstandsgeist einer
+hartnckigen Stadt nicht wirksamer brechen knne, als indem er den
+Einwohnern Soldaten in's Quartier legte. Er mute wissen, da diese
+Maregel sechzig Jahre frher heftigen Unwillen erregt und durch die
+Bitte um Recht, ein Gesetz, das von den Englndern kaum weniger verehrt
+wurde, als die Magna Charta, feierlichst fr gesetzwidrig erklrt worden
+war. Aber er hoffte von den Gerichtshfen eine Erklrung zu erlangen,
+da selbst die Bitte um Recht die Prrogative nicht beschrnken knne.
+Er fragte in der That den Oberrichter der Kings Bench ber diesen
+Gegenstand um Rath;[77] aber das Resultat der Besprechung wurde geheim
+gehalten, und in einigen Wochen gestalteten sich die Dinge so, da eine
+Furcht, welche noch strker war, als selbst die vor der kniglichen
+Ungnade, sogar einen so servilen Mann wie Wright bewog, ein wenig
+einzuhalten.
+
+ [Anmerkung 63: +Privy Council Book, Sept. 25. 1687, Febr. 21,
+ 1687/88+.]
+
+ [Anmerkung 64: Acten der Corporation, angefhrt in +Brand's
+ History of Newcastle+; Johnstone, 21. Febr. 1687/88.]
+
+ [Anmerkung 65: Johnstone, 21. Febr. 1687/88.]
+
+ [Anmerkung 66: Citters, 14.(24.) Febr. 1688.]
+
+ [Anmerkung 67: Citters, 1.(11.) Mai 1688.]
+
+ [Anmerkung 68: Am Rande der Geheimrathsacten findet man die
+ Bemerkung Zweite Regulation und Dritte Regulation, wenn ein
+ Wahlkrper mehr als einmal umgestaltet worden war.]
+
+ [Anmerkung 69: Johnstone, 23. Mai 1688.]
+
+ [Anmerkung 70: Johnstone, 21. Febr. 1688.]
+
+ [Anmerkung 71: Diese Erlasse, so genannt nach den beiden
+ Anfangsworten +Quo warranto+, ordneten eine Untersuchung ber die
+ Rechtsbefugnisse an, auf welche sich die Privilegien einer
+ Corporation grndeten, und wenn sich eine Unregelmigkeit fand,
+ wurde der Freibrief entzogen. D. bers.]
+
+ [Anmerkung 72: Johnstone, 21. Febr. 1688.]
+
+ [Anmerkung 73: Citters, 20.(30.) Mrz 1688.]
+
+ [Anmerkung 74: +Ibid.+ 1.(11.) Mai 1688.]
+
+ [Anmerkung 75: +Ibid.+ 22. Mai (1. Jun.) 1688.]
+
+ [Anmerkung 76: +Ibid.+ 1.(11.) Mai 1688.]
+
+ [Anmerkung 77: +Ibid.+ 18.(28.) Mai 1688.]
+
+
+[_Untersuchung in allen ffentlichen Verwaltungszweigen._] Whrend die
+Lordlieutenants die Friedensrichter ausforschten und die Regulatoren die
+Wahlkrper umgestalteten, wurden alle Zweige des Staatsdienstes einer
+strengen Untersuchung unterworfen. Zuerst wurde der Palast gesubert.
+Jeder mit Narben bedeckte alte Kavalier, der zum Ersatz fr das der
+Sache des Knigs geopferte Blut und Grundeigenthum ein mtchen in der
+kniglichen Garderobe oder im Marstalle erhalten hatte, wurde
+aufgefordert, zwischen dem Knige und der Kirche zu whlen. Die Zoll-
+und Steuercommissare wurden zu Seiner Majestt ins Schatzamt beschieden,
+hier das Versprechen von ihnen verlangt, da sie seine Politik
+untersttzen wollten, und ihnen bedeutet, da sie allen ihren
+Unterbeamten ein hnliches Versprechen abzunehmen htten.[78] Ein
+Zollbeamter motivirte seine Unterwerfung unter den Willen des Knigs in
+einer Weise, welche Heiterkeit und zugleich Mitleid erregte. Ich habe,
+sagte er, vierzehn Grnde, die mich bestimmen, Seiner Majestt Befehlen
+zu gehorchen: eine Frau und dreizehn unerzogene Kinder.[79] Gegen
+solche Grnde lie sich allerdings nichts einwenden; dennoch aber kamen
+nicht wenig Flle vor, wo die religisen und patriotischen Gefhle
+selbst solche Grnde berwogen.
+
+Man hat Grund zu der Vermuthung, da die Regierung um diese Zeit
+ernstlich mit dem Plane umging, einen Schlag zu fhren, der viele
+tausend Familien an den Bettelstab gebracht und auf die socialen
+Zustnde aller Landestheile strend eingewirkt haben wrde. Niemand
+durfte Wein, Bier oder Kaffee ohne Concession verkaufen. Es hie nun,
+da jeder Inhaber einer solchen Concession demnchst aufgefordert werden
+sollte, entweder dieselben Verpflichtungen einzugehen, welche den
+ffentlichen Beamten auferlegt worden waren, oder sein Geschft
+aufzugeben.[80] Wre ein solcher Schritt gethan worden, so wrden ohne
+allen Zweifel die Wirthshuser und ffentlichen Vergngungsorte im
+ganzen Lande zu Hunderten geschlossen worden sein. Welche Wirkung ein
+solcher Eingriff in die Lebensgensse aller Stnde hervorgebracht haben
+wrde, lt sich nur muthmaen. Der durch bel erzeugte Unwille steht
+nicht immer im Verhltnisse mit der Wichtigkeit derselben, und es ist
+durchaus nicht unwahrscheinlich, da die Einziehung von
+Schankconcessionen das bewirkt haben wrde, was die Entziehung von
+Freibriefen nicht bewirkt hatte. Die Vornehmeren wrden ihr
+Chokoladenhaus in St. James Street, die Geschftsmnner ihre
+Kaffeekanne, bei der sie in Change Alley zu rauchen und zu politisiren
+pflegten, schmerzlich vermit haben. Die Hlfte der Clubs htte sich
+neue Versammlungslokale suchen mssen. Der Reisende wrde des Nachts den
+Gasthof, in welchem er gewohnt war abzusteigen und seine Abendmahlzeit
+einzunehmen, verdet gefunden haben. Der Landmann wrde die Bierschenke
+vermit haben, wo er im Sommer auf der Bank vor der Thr, im Winter am
+Kamin seinen Krug zu trinken gewohnt war. Es war leicht mglich, da die
+auf solche Art gereizte Nation sich zu einem allgemeinen Aufstande
+erhob, ohne auf die Hlfe fremder Verbndeter zu warten.
+
+ [Anmerkung 78: Citters, 6.(16.) April 1688; +Treasury Letter Book.
+ March 14. 1687/88+; Ronquillo, 16.(26.) April.]
+
+ [Anmerkung 79: Citters, 18.(28.) Mai 1688.]
+
+ [Anmerkung 80: +Ibid.+ 18.(28.) Mai 1688.]
+
+
+[_Entlassung Sawyer's._] Es war nicht zu erwarten, da ein Frst, der
+von allen niederen Dienern der Regierung bei Strafe der Entlassung
+Untersttzung seiner Politik verlangte, einen Generalfiskal behalten
+wrde, dessen Abneigung gegen diese Politik kein Geheimni war. Sawyer
+hatte noch ber anderthalb Jahr in seiner Stellung bleiben drfen,
+nachdem er sich gegen die Dispensationsgewalt erklrt hatte. Diese
+ungewhnliche Nachsicht verdankte er nur der auerordentlichen
+Schwierigkeit, die es der Regierung machte, einen Nachfolger fr ihn zu
+finden. Es war um der pekuniren Interessen der Krone willen nothwendig,
+da wenigstens einer der beiden ersten Staatsanwlte ein talentvoller
+und kenntnireicher Mann war, und es war keineswegs leicht, einen diesen
+Anforderungen gengenden Juristen zu bewegen, da er sich durch das
+tgliche Begehen von Handlungen, welche das nchste Parlament
+wahrscheinlich als schwere bertretungen und Verbrechen betrachtete,
+sehr ernster Gefahr aussetzte. Es war nicht mglich gewesen, einen
+besseren Generalprokurator als Powis aufzutreiben, ein Mann, der sich
+zwar aus nichts ein Gewissen machte, der aber auch nicht einmal den
+gewhnlichsten Pflichten seines Postens gewachsen war. Unter diesen
+Umstnden hielt man es fr wnschenswerth, die Arbeit zu theilen. Ein
+Fiskal, dessen Berufstchtigkeit durch Gewissensskrupel bedeutend
+beeintrchtigt wurde, hatte einen Prokurator zur Seite, dessen
+Gewissenlosigkeit seinen Mangel an Befhigung einigermaen ersetzte.
+Wenn es der Regierung um energische Durchfhrung des Gesetzes zu thun
+war, so wendete sie sich an Sawyer; wollte sie das Gesetz mit Fen
+treten, so hielt sie sich an Powis. Dieses Arrangement wurde so lange
+beibehalten, bis der Knig die Dienste eines Anwalts erlangte, der zu
+gleicher Zeit noch gewissenloser als Powis und geschickter als Sawyer
+war.
+
+
+[_Williams Generalprokurator._] Keiner der damals lebenden Advokaten
+hatte der Regierung giftiger opponirt als Wilhelm Williams. Er hatte
+sich unter der vorigen Regierung als Whig und Exclusionist hervorgethan.
+Als die Parteiwuth den hchsten Grad erreicht hatte, war er zum Sprecher
+des Unterhauses erwhlt worden. Nach der Prorogation des oxforder
+Parlaments war er der gewhnliche Rechtsbeistand der heftigsten
+Demagogen gewesen, die des Aufruhrs angeklagt wurden. Er besa
+anerkanntermaen bedeutende juristische Gewandtheit und Kenntnisse.
+Unbesonnene berstrzung und Parteigeist hielt man fr seine
+Hauptfehler; da er noch andere Fehler hatte, in Vergleich mit denen die
+genannten als Tugenden gelten konnten, ahnete man damals noch nicht. Die
+Regierung suchte eine Gelegenheit, um ihm etwas anzuhaben, und es wurde
+ihr nicht schwer, eine solche zu finden. Er hatte auf Befehl des Hauses
+der Gemeinen einen von Dangerfield verfaten erzhlenden Bericht
+herausgegeben. Htte ein Privatmann diese Schrift verffentlicht, so
+wrde sie unbestreitbar als ein aufrhrerisches Libell zu betrachten
+gewesen sein. Es wurde bei der Kings Bench eine Criminaluntersuchung
+gegen Williams eingeleitet; er berief sich umsonst auf die Privilegien
+des Parlaments und wurde zu einer Geldbue von zehntausend Pfund
+verurtheilt. Einen groen Theil dieser Summe bezahlte er baar und ber
+den Rest gab er eine Schuldverschreibung. Der Earl von Peterborough, der
+in Dangerfield's Erzhlung in beleidigender Weise erwhnt war, wurde
+durch den Erfolg der Criminaluntersuchung ermuthigt, eine Civilklage auf
+eine bedeutende Entschdigungssumme anhngig zu machen. Williams gerieth
+dadurch in die grte Verlegenheit. Da bot sich ihm ein rettender Ausweg
+dar. Allerdings war es ein Ausweg, der einem Manne von festen
+Grundstzen und edlem Character noch schrecklicher gewesen sein wrde,
+als Armuth, Gefngni und selbst Tod. Er konnte sich der Regierung
+verkaufen, deren Feind und Opfer er gewesen war; er konnte sich
+erbieten, bei jedem Angriffe auf die Freiheiten und die Religion, fr
+welche er einen malosen Eifer gezeigt hatte, den gefhrlichsten Posten
+zu bernehmen; er konnte seinen Whiggismus durch Dienste wieder gut
+machen, vor denen selbst die eingefleischtesten Tories, an deren Hnden
+das Blut Russell's und Sidney's klebte, mit Abscheu zurckbebten. Der
+Handel wurde abgeschlossen. Der noch schuldige Rest der Strafsumme wurde
+erlassen und Peterborough durch Vermittelung des Knigs zu einem
+Vergleich bewogen. Sawyer wurde abgesetzt, Powis wurde Generalfiskal,
+Williams wurde zum Generalprokurator ernannt, in den Adelstand erhoben
+und war bald ein Gnstling des Knigs. Obgleich im Range nur der zweite
+Kronjurist, gelang es ihm doch sehr bald, durch seine Gewandtheit,
+Gelehrsamkeit und Energie seinen Vorgesetzten vllig in den Schatten zu
+stellen[81].
+
+Williams war noch nicht lange im Amte, als er aufgefordert wurde, in dem
+denkwrdigsten Staatsprozesse, von dem die Annalen der britischen Justiz
+berichten, eine Hauptrolle zu bernehmen.
+
+ [Anmerkung 81: +London Gazette, Dec. 15. 1687+. Siehe den Proze
+ gegen Williams in der +Collection of State Trials+. +Ha hecho,+
+ sagt Ronquillo, +grande susto el haber nombrado el abogado
+ Williams, que fue el orador y el mas arrabiade de toda la casa des
+ comunes en los ultimos terribles parlamentos del Rey difunto.+
+ 27. Nov. (7. Dec.) 1687.]
+
+
+[_Zweite Indulgenzerklrung._] Am 27. April 1688 erlie der Knig eine
+zweite Indulgenzerklrung. In diesem Schriftstcke fhrte er die
+Erklrung vom vorjhrigen April in ihrer ganzen Lnge auf. Sein
+bisheriges Leben, sagte er dann, habe sein Volk berzeugen knnen, da
+er nicht der Mann sei, der sich von einem einmal gefaten Beschlusse so
+leicht abbringen lasse. Da aber heimtckische Menschen es versucht
+htten, die Welt glauben zu machen, da man ihn doch noch zum Nachgeben
+in dieser Angelegenheit werde bestimmen knnen, halte er es fr nthig,
+zu erklren, da sein Vorsatz unwiderruflich fest stehe, da er
+entschlossen sei, nur solche Mnner anzustellen, welche bereit wren,
+ihn bei der Ausfhrung seiner Plne zu untersttzen, und da er in
+Gemheit dieses Entschlusses viele seiner ungehorsamen Diener von
+Civil- und Militairmtern habe entheben mssen. Schlielich zeigte er
+an, da er sptestens im November ein Parlament einzuberufen gedenke,
+und ermahnte seine Unterthanen, solche Vertreter in dasselbe zu whlen,
+die ihn bei dem begonnenen groen Werke zu untersttzen geneigt
+wren[82].
+
+ [Anmerkung 82: +London Gazette, April 30. 1688+; Barillon, 26.
+ April (6. Mai).]
+
+
+[_Die Geistlichkeit erhlt Befehl, sie von der Kanzel zu verlesen._]
+Diese Erklrung machte anfangs nur wenig Sensation. Sie enthielt nichts
+Neues und die Leute wunderten sich, da der Knig es fr nthig hielt,
+ein feierliches Manifest zu erlassen, blos um ihnen zu sagen, da er
+seinen Sinn nicht gendert habe[83]. Die Gleichgltigkeit, mit der die
+Ankndigung seines festen Entschlusses vom Publikum aufgenommen wurde,
+verdro ihn wahrscheinlich und er glaubte ohne Zweifel, da seine Wrde
+und Autoritt leiden knnten, wenn er nicht unverzglich etwas Neues und
+Auffallendes thue. In Folge dessen verfgte er unterm 4. Mai durch einen
+Geheimrathsbefehl, da seine Erklrung von vergangener Woche an zwei
+aufeinanderfolgenden Sonntagen beim ffentlichen Gottesdienste von den
+dienstthuenden Geistlichen aller Kirchen und Kapellen des Reiches
+verlesen werden solle. In London und seinen Vorstdten sollte die
+Verlesung am 20. und 27. Mai, in den anderen Landestheilen am 3. und 10.
+Juni stattfinden. Die Bischfe waren angewiesen, Exemplare der Erklrung
+in ihren respectiven Dicesen zu vertheilen[84].
+
+Wenn man bercksichtigt, da die Geistlichen der anglikanischen Kirche
+fast ohne Ausnahme die Indulgenzerklrung als eine Verletzung der
+Landesgesetze, als einen Wortbruch des Knigs und als einen
+verderblichen Gewaltstreich gegen die Interessen und die Wrde ihres
+Standes betrachteten, so wird man schwerlich daran zweifeln knnen, da
+der Geheimrathsbefehl darauf berechnet war, als eine tiefe Krnkung von
+ihnen empfunden zu werden. Man glaubte im Volke, da Petre diese Absicht
+durch ein der orientalischen Redeweise entlehntes rohes Gleichni
+ausgesprochen habe. Er sollte gesagt haben, er wolle sie Koth essen
+lassen und zwar den abscheulichsten und ekelhaftesten Koth. Aber konnte
+man annehmen, da die anglikanische Geistlichkeit diesem tyrannischen
+und gehssigen Befehle den Gehorsam verweigern werde? Der Character des
+Knigs war willkrlich und streng und das Verfahren der kirchlichen
+Commission eben so summarisch wie das eines Kriegsgerichts. Wer sich
+aufzulehnen wagte, konnte in Zeit von acht Tagen seiner Stelle entsetzt,
+seines ganzen Einkommens beraubt, der ferneren Bekleidung jedes
+geistlichen Amts unfhig erklrt und in die Nothwendigkeit versetzt
+werden, von Haus zu Haus sein Brot zu erbetteln. Wenn der ganze Stand
+sich einmthig dem kniglichen Willen widersetzte, dann war es
+allerdings wahrscheinlich, da selbst Jakob nicht den Muth haben wrde,
+zehntausend Schuldige auf einmal zu bestrafen. Aber zu einer allgemeinen
+Verstndigung in dieser Angelegenheit war keine Zeit. Am 7. Mai erschien
+der Befehl in der Gazette und schon am 20. sollte die Erklrung von
+allen Kanzeln Londons und dessen Umgegend verlesen werden. Er wre
+damals mit der grten Anstrengung nicht mglich gewesen, binnen
+vierzehn Tagen die Ansichten nur des zehnten Theiles der im ganzen Lande
+zerstreuten Pfarrgeistlichen einzuholen, ja nur die Stimmen der Bischfe
+htten nicht leicht in so kurzer Zeit gesammelt werden knnen. Auch
+stand zu befrchten, da, wenn die Geistlichkeit das Verlesen der
+Erklrung verweigerte, die protestantischen Dissenters die Weigerung
+falsch auslegen, die Hoffnung, von den Mitgliedern der anglikanischen
+Kirche Duldung zu erlangen, aufgeben und ihr ganzes Gewicht in die
+Wagschale des Hofes werfen wrden.
+
+ [Anmerkung 83: Citters, 1.(11.) Mai 1688.]
+
+ [Anmerkung 84: +London Gazette, Mai 7. 1688.+]
+
+
+[_Die Geistlichkeit ist unschlssig._] Die Geistlichkeit war daher
+unschlssig und diese Unschlssigkeit lt sich wohl entschuldigen, denn
+einige hochgestellte Laien, welche das ffentliche Vertrauen in hohem
+Mae genossen, waren geneigt, zur Unterwerfung zu rathen. Sie waren der
+Meinung, ein allgemeiner Widerstand stehe kaum zu erwarten und ein
+theilweiser werde fr die Einzelnen verderblich und fr die Kirche und
+die Nation im Allgemeinen nur von geringem Nutzen sein. Dies war die
+ausgesprochene Ansicht von Halifax und Nottingham. Der Tag rckte heran
+und noch war keine Verstndigung und kein bestimmter Entschlu
+erzielt.[85]
+
+ [Anmerkung 85: Johnstone, 27. Mai 1688.]
+
+
+[_Patriotismus der protestantischen Nonconformisten Londons._] In diesem
+Augenblicke erwarben sich die protestantischen Dissenters der Hauptstadt
+einen Anspruch auf die ewige Dankbarkeit ihres Vaterlandes. Die
+Regierung hatte sie bisher als einen Theil ihrer Strke betrachtet.
+Einige von ihren thtigsten und lautesten Predigern hatten, durch die
+Gnadenbezeigungen des Hofes bestochen, Adressen zu Gunsten der Politik
+des Knigs zu Stande gebracht. Andere, welche durch die Erinnerung an
+viele schwere Unbilden sowohl der anglikanischen Kirche als dem Hause
+Stuart entfremdet waren, hatten mit boshafter Schadenfreude gesehen, wie
+der tyrannische Frst und die tyrannische Hierarchie durch bittere
+Feindschaft von einander getrennt waren und sich gegenseitig berboten,
+um den Beistand von Secten zu erlangen, die sie noch unlngst verfolgt
+und verachtet hatten. Aber so natrlich dieses Gefhl auch sein mochte,
+man hatte sich demselben lange genug hingegeben. Die Zeit war gekommen,
+wo man eine Wahl treffen mute, und die Nonconformisten traten in einer
+hochherzigen Regung auf die Seite der Anglikaner, um gemeinschaftlich
+mit ihnen die Grundgesetze des Reichs zu vertheidigen. Baxter, Bates und
+Howe zeichneten sich durch ihre Anstrengungen, dieses Bndni zu Stande
+zu bringen, besonders aus; aber die edle Begeisterung, welche die
+Gesammtheit der Puritaner beseelte, erleichterte ihnen die Aufgabe. Der
+Eifer der Pfarrer wurde von dem ihrer Gemeinden noch bertroffen.
+Diejenigen Presbyterianer- und Independentenprediger, welche Lust
+zeigten, mit dem Knige Partei gegen die Landeskirche zu nehmen, wurden
+nachdrcklich bedeutet, da, wenn sie ihr Verfahren nicht nderten, ihre
+Gemeinden sie fernerhin weder hren noch bezahlen wrden. Alsop, der
+sich mit der Hoffnung geschmeichelt hatte, da er im Stande sein werde,
+einen groen Theil seiner Anhnger dem Knige zuzufhren, sah sich
+pltzlich von Denen, die ihn kurz zuvor noch als ihren geistlichen
+Fhrer verehrt hatten, verachtet und verabscheut, verfiel darber in
+eine tiefe Schwermuth und verbarg sich vor den Blicken der Welt. Bei
+mehreren londoner Geistlichen erschienen Deputationen, um sie zu bitten,
+da sie die Masse der Dissenters nicht nach den kriechenden
+Schmeicheleien beurtheilen mchten, welche krzlich die Spalten der
+Gazette gefllt htten, und forderten sie, als bei dem groen Kampfe in
+vorderster Reihe stehend, auf, mit mnnlicher Tapferkeit fr die
+Freiheiten Englands und den den Heiligen berlieferten Glauben zu
+streiten. Diese Versicherungen wurden freudig und dankend aufgenommen.
+Unter Denen aber, die sich zu entscheiden hatten, ob sie am nchsten
+Sonntage, den 20. Mai, dem Befehl des Knigs nachkommen wollten
+oder nicht, herrschte noch immer groe ngstlichkeit und
+Meinungsverschiedenheit.
+
+
+[_Berathung der londoner Geistlichkeit._] Die londoner Geistlichkeit,
+welche damals allgemein als die Elite ihres Standes anerkannt war,
+veranstaltete eine berathende Versammlung. Funfzehn Doctoren der
+Theologie waren anwesend. Tillotson, Dechant von Canterbury, der
+berhmteste Kanzelredner der damaligen Zeit, kam vom Krankenlager dahin.
+Sherlock, Vorsteher des Tempels, Patrick, Dechant von Peterborough und
+Oberpfarrer des wichtigen Kirchspiels St. Paul in Coventgarden, sowie
+auch Stillingfleet, Archidiakonus von London und Dechant der St.
+Pauls-Kathedrale, nahmen daran Theil. Die Versammlung im Allgemeinen
+schien der Ansicht zu sein, da es im Grunde doch gerathen sei, dem
+Geheimrathsbefehl zu gehorchen. Der Streit begann hitzig zu werden und
+htte vielleicht schlimme Folgen haben knnen, wre er nicht durch die
+Festigkeit und Einsicht des Unterpfarrers von St. Giles, Cripplegate,
+Doctor Eduard Fowler, beendigt worden. Dieser Mann gehrte zu der
+kleinen aber ausgezeichneten Klasse von Theologen, welche die der Schule
+Calvin's eigene Liebe zur brgerlichen Freiheit mit der Theologie der
+Schule des Arminius verbanden[86]. Er erhob sich und sprach: Ich will
+offen meine Meinung sagen. Die Sache ist so klar und einfach, da lange
+Errterungen kein neues Licht auf sie werfen knnen, sondern nur die
+Leidenschaften aufregen mssen. Lassen Sie einem Jeden blos Ja oder Nein
+sagen. Ich fr meine Person kann mich durch das Votum der Majoritt
+nicht binden lassen. Es wrde mir leid thun, wenn dadurch unsre
+Einigkeit gestrt werden sollte, aber mein Gewissen erlaubt mir nicht,
+diese Erklrung zu verlesen. Tillotson, Patrick, Sherlock und
+Stillingfleet erklrten, da sie der nmlichen Meinung seien, und die
+Majoritt fgte sich einer so achtbaren Minoritt. Es wurde ein Beschlu
+schriftlich ausgefertigt, durch den sich alle Anwesenden gegen einander
+verpflichteten, die Erklrung nicht zu verlesen. Patrick war der Erste,
+der seinen Namen unterschrieb, Fowler der Zweite. Das Papier wurde dann
+in der Stadt herumgeschickt und war bald von fnfundachtzig
+Pfrndeninhabern unterzeichnet[87].
+
+Unterdessen beriethen sich mehrere Bischfe in banger Sorge ber das
+einzuschlagende Verfahren. Am 12. Mai war ein ernster und gelehrter
+Kreis um den Tisch des Primas zu Lambeth versammelt. Compton, Bischof
+von London, Turner, Bischof von Ely, White, Bischof von Peterborough,
+und Tenison, Oberpfarrer des Kirchspiels St. Martin, befanden
+sich unter den Anwesenden. Der Earl von Clarendon, ein warmer und
+unerschtterlicher Freund der Kirche, war ebenfalls eingeladen worden.
+Cartwright, Bischof von Chester, drngte sich, wahrscheinlich als Spion,
+in die Versammlung. So lange er anwesend war, konnten vertrauliche
+Mittheilungen nicht stattfinden; nach seinem Weggange aber wurde die
+groe Frage, welche alle Gemther erfllte, zur Sprache gebracht und
+errtert. Die allgemeine Ansicht war, da die Erklrung nicht verlesen
+werden solle. An mehrere der achtbarsten Prlaten der Provinz Canterbury
+wurden sogleich Briefe geschrieben, durch welche dieselben aufgefordert
+wurden, unverzglich nach London zu kommen, um ihren Metropoliten in
+dieser Angelegenheit zu untersttzen[88]. Da man kaum zweifeln konnte,
+da diese Briefe geffnet werden wrden, wenn sie durch das Postamt in
+Lombard Street gingen, so wurden sie bis zu den nchsten Poststationen
+in den verschiedenen Richtungen durch reitende Boten befrdert. Der
+Bischof von Winchester, dessen Loyalitt sich bei Sedgemoor so glnzend
+erprobt hatte, beschlo trotz eines ernstlichen Unwohlseins der
+Aufforderung nachzukommen und sofort abzureisen, sah aber, da er die
+Erschtterung des Fahrens nicht vertragen konnte. Der an Wilhelm Lloyd,
+Bischof von Norwich, gerichtete Brief wurde ungeachtet aller
+Vorsichtsmaregeln von einem Postmeister zurckgehalten, und dieser
+Prlat, welcher keinem seiner Amtsbrder in Muth und Eifer fr die
+gemeinsame Sache seines Berufs nachstand, kam zu spt in London an[89].
+Sein Namensvetter, Wilhelm Lloyd, Bischof von St. Asaph, ein frommer,
+rechtschaffener und gelehrter Mann, aber von schwacher Urtheilskraft und
+halb aufgerieben durch seine beharrlichen Anstrengungen, aus Daniel und
+der Offenbarung einige Aufschlsse ber den Papst und den Knig von
+Frankreich zu gewinnen, eilte nach der Hauptstadt und traf am
+Sechzehnten ein[90]. Am nchstfolgenden Tage kamen auch der treffliche
+Ken, Bischof von Bath und Wells, Lake, Bischof von Chichester, und Sir
+Johann Trelawney, Bischof von Bristol, ein Baronet aus einer alten und
+angesehenen Familie in Cornwall.
+
+ [Anmerkung 86: Der verstorbene Alexander Knox, dieser
+ ausgezeichnete Mann, dessen beredte Conversation und vortrefflich
+ ausgearbeitete Briefe einen groen Einflu auf die Gemther seiner
+ Landsleute ausbten, hat, wie ich vermuthe, vieles von seinem
+ theologischen System und Fowler's Schriften gelernt. Fowler's Werk
+ ber den Zweck des Christenthums wurde von Johann Bunyan mit einer
+ durch nichts zu rechtfertigenden Heftigkeit angegriffen, die sich
+ nur durch die Herkunft und mangelhafte Erziehung des ehrlichen
+ Kesselflickers einigermaen entschuldigen lt.]
+
+ [Anmerkung 87: Johnstone, 23. Mai 1688. Es existirt ein
+ satirisches Gedicht auf diese Versammlung betitelt: Die
+ geistliche Cabale.]
+
+ [Anmerkung 88: +Clarendon's Diary, May 22. 1688.+]
+
+ [Anmerkung 89: Auszug aus Tanner's Handschriften in +Howell's
+ State Trials+; +Life of Prideaux+; +Clarendon's Diary, May 16.
+ 1688+.]
+
+ [Anmerkung 90: +Clarendon's Diary, May 16 & 17. 1688+.]
+
+
+[_Berathung im Palast zu Lambeth._] Am Achtzehnten wurde im Palast des
+Primas zu Lambeth eine Versammlung von Prlaten und anderen
+ausgezeichneten Theologen gehalten. Tillotson, Tenison, Stillingfleet,
+Patrick und Sherlock waren dabei anwesend. Vor dem Beginn der Berathung
+wurde eine feierliche Betstunde gehalten. Nach einer langen Besprechung
+setzte der Erzbischof eigenhndig eine Petition auf, in der die
+allgemeine Ansicht ausgesprochen war. Sie war nicht im elegantesten
+Style abgefat. Sancroft zog sich durch den schwlstigen und unschnen
+Periodenbau sogar spttelnden Tadel zu, den er mit weniger Geduld
+ertrug, als er bei viel hrteren Prfungen gezeigt hatte. Dem Inhalte
+nach aber konnte nichts geschickter entworfen sein, als dieses
+denkwrdige Actenstck. Man verwahrte sich entschieden gegen alle
+Illoyalitt und Intoleranz, versicherte dem Knig, da die Kirche noch
+immer, wie von jeher, dem Throne treu ergeben sei und da die Bischfe
+seiner Zeit am geeigneten Orte als Lords des Parlaments und als
+Mitglieder des Oberhauses der Convocation beweisen wurden, wie es ihnen
+keineswegs an humaner Rcksicht auf die Gewissensbedenken der Dissenters
+fehle. Aber das Parlament habe sowohl unter der vorigen wie unter der
+gegenwrtigen Regierung ausgesprochen, da der Souverain nach der
+Verfassung nicht berechtigt sei, in kirchlichen Angelegenheiten von
+Gesetzen zu dispensiren. Deshalb sei die Erklrung gesetzwidrig und
+Klugheit, Ehre und Gewissen gestatte den Petenten nicht, sich bei der
+feierlichen Verffentlichung einer ungesetzlichen Erklrung im Hause
+Gottes und whrend der Zeit des Gottesdienstes zu betheiligen.
+
+Diese Petition wurde von dem Erzbischof und sechs seiner Suffraganen,
+Lloyd von St. Asaph, Turner von Ely, Lake von Chichester, Ken von Bath
+und Wells, White von Peterborough und Trelawney von Bristol,
+unterzeichnet. Der Bischof von London unterzeichnete nicht mit, weil er
+suspendirt war.
+
+
+[_Die Petition der sieben Bischfe dem Knige berreicht._] Es war spt
+am Freitag Abend, und am Sonntag Morgen sollte die Erklrung in den
+Kirchen von London verlesen werden. Die Petition mute daher dem Knige
+unverweilt berreicht werden. Die sechs Bischfe brachen sofort nach
+Whitehall auf; der Erzbischof, dem schon seit geraumer Zeit der Zutritt
+bei Hofe untersagt war, begleitete sie nicht. Lloyd lie seine fnf
+Collegen im Hause des Lord Dartmouth in der Nhe des Palastes zurck,
+begab sich zu Sunderland und bat den Minister, die Petition zu lesen und
+sich zu erkundigen, wann der Knig geneigt sein werde, sie in Empfang zu
+nehmen. Sunderland wollte, aus Furcht sich zu compromittiren, die
+Petition gar nicht ansehen, begab sich aber sogleich ins knigliche
+Kabinet. Jakob befahl, die Bischfe vorzulassen. Er hatte von seinem
+Spion Cartwright erfahren, da sie wohl geneigt wren, dem kniglichen
+Befehle zu gehorchen, aber einige kleine nderungen in der Form
+wnschten und eine unterthnige Bitte in diesem Sinne vorlegen wollten.
+Seine Majestt war daher sehr gut gelaunt. Als die Prlaten vor ihm
+knieten, bat er sie freundlich, aufzustehen, nahm das Papier, aus
+Lloyd's Hnden und sagte: Das ist Mylord Canterbury's Hand. -- Ja,
+Sire, seine eigene Hand, war die Antwort. Jakob las die Petition, brach
+sie dann zusammen und sprach, whrend seine Stirn sich verfinsterte:
+Dies ist eine groe berraschung fr mich. Ich htte dies von Ihrer
+Kirche, insbesondere von einigen unter Ihnen, nicht erwartet. Das heit
+die Fahne des Aufruhrs aufpflanzen. Die Bischfe ergossen sich in die
+wrmsten Versicherungen ihrer Loyalitt; der Knig aber wiederholte
+seiner Gewohnheit nach die gesprochenen Worte von Anfang bis zu Ende.
+Ich sage Ihnen, es ist eine Fahne des Aufruhrs! -- Des Aufruhrs?
+rief Trelawney auf die Knie fallend. Um des Himmels willen, Sire,
+sprechen Sie nicht so hart von uns. Ein Trelawney kann nie ein Rebell
+werden. Erinnern Sie Sich, da meine Familie fr die Krone gekmpft hat,
+erinnern Sie Sich, wie ich Eurer Majestt gedient habe, als Monmouth im
+Westen war. -- Wir haben den letzten Aufstand unterdrckt, sagte
+Lake, und wollen gewi nicht einen neuen hervorrufen. -- Wir,
+Rebellen! rief Turner; wir sind bereit, zu den Fen Eurer Majestt zu
+sterben. -- Sire, hob jetzt Ken in einem mnnlicheren Tone an, ich
+hoffe, Sie werden uns die Gewissensfreiheit zugestehen, die Sie
+Jedermann gewhren. Jakob aber wiederholte abermals: Das ist Aufruhr!
+das ist eine Fahne des Aufruhrs! Hat jemals ein guter Diener der
+Staatskirche das Dispensationsrecht in Frage gestellt? Haben nicht
+einige von Ihnen zu Gunsten desselben gepredigt und geschrieben? Ich
+will durchaus, da meine Erklrung verlesen werde! -- Wir haben zwei
+Pflichten zu erfllen, erwiederte Ken, unsre Pflicht gegen Gott und
+unsre Pflicht gegen Eure Majestt. Wir ehren Sie, aber wir frchten
+Gott. -- Habe ich das um Sie verdient? versetzte der Knig mit
+wachsendem Zorne; bin ich nicht stets ein Freund Ihrer Kirche gewesen?
+Ich htte dies nicht von Ihnen erwartet. Aber ich verlange Gehorsam.
+Meine Erklrung mu verlesen werden. Sie sind die Trompeter des
+Aufruhrs. Was wollen Sie hier? Gehen Sie in Ihre Dicesen und sorgen Sie
+dafr, da meinen Befehlen gehorcht wird. Dieses Papier will ich
+behalten. Sie bekommen es nicht zurck. Ich werde Sie, die
+Unterzeichner, nicht vergessen. -- Gottes Wille geschehe, sagte Ken.
+-- Gott hat mir die Dispensationsgewalt verliehen, fuhr der Knig
+fort, und ich werde sie zu behaupten wissen. Ich sage Ihnen, es sind
+noch Siebentausend in Ihrer Kirche, die das Knie nicht vor dem Baal
+gebeugt haben. Die Bischfe entfernten sich ehrerbietig[91]. Noch den
+nmlichen Abend erschien die Petition, die sie dem Knige berreicht
+hatten, Wort fr Wort, in Druck und wurde in allen Kaffeehusern
+ausgelegt und in den Straen zum Verkauf ausgeboten. Allenthalben
+standen die Leute aus den Betten wieder auf und gingen hinunter auf die
+Strae, um zu sehen, was es gab. Man sagte, da der Drucker binnen
+wenigen Stunden durch dieses Pennyblatt tausend Pfund verdient habe.
+Dies mag bertrieben sein, aber es beweist wenigstens, da der Absatz
+ungeheuer war. Wie die Petition in die ffentlichkeit kam, ist noch
+heute ein Geheimni. Sancroft versicherte, da er jede erdenkliche
+Vorsicht beobachtet habe und von keinem andren Exemplare wisse, als von
+dem, welches er selbst geschrieben und das der Knig aus Lloyd's Hnden
+entgegengenommen hatte. Die Wahrhaftigkeit des Erzbischofs ist ber alle
+Zweifel erhaben. Nicht unwahrscheinlich aber ist es, da einige von den
+anwesenden Geistlichen das kurze Schriftstck ihrem Gedchtni genau
+eingeprgt und es zum Druck befrdert hatten. Die vorherrschende Meinung
+war jedoch, da eine Person aus der nchsten Umgebung des Knigs eine
+Indiscretion oder einen Verrath begangen habe[92]. Kaum weniger Aufsehen
+machte ein kurzer, mit groer logischer Schrfe und in krftiger Sprache
+geschriebener Brief, der im Geheimen gedruckt und an dem nmlichen Tage
+durch die Post und durch die gewhnlichen Botenfuhrleute verbreitet
+wurde. Jedem Geistlichen im ganzen Lande wurde ein Exemplar zugesandt.
+Der Verfasser versuchte es nicht, die Gefahr zu verhehlen, der sich
+Diejenigen aussetzten, welche dem kniglichen Befehle nicht gehorchten;
+aber er schilderte mit lebhaften Farben die noch grere Gefahr der
+Unterwerfung. Wenn wir die Erklrung verlesen, sagte er, so fallen
+wir, um uns nicht wieder zu erheben. Und wir werden nicht bedauert,
+sondern nur verachtet werden; wir fallen unter den Verwnschungen einer
+Nation, die unsre Willfhrigkeit ins Verderben gestrzt hat. Einige
+waren der Meinung, die Schrift sei aus Holland herbergekommen, Andere
+schrieben sie Sherlock zu. Aber Prideaux, Dechant von Norwich, der bei
+der Verbreitung besonders thtig war, hielt sie fr das Werk Halifax'.
+
+Das Verfahren der Prlaten fand allgemeinen und lebhaften Beifall; aber
+hier und da lie sich auch ein Murren vornehmen. Man sagte, da so
+ernste Mnner, wenn ihr Gewissen ihnen geboten htte, beim Knige zu
+remonstriren, dies frher htten thun sollen. Wre es recht gegen ihn
+gehandelt, da sie ihn bis sechsunddreiig Stunden vor der zur Verlesung
+der Erklrung festgesetzten Zeit im Dunkeln lieen? Selbst wenn er den
+Geheimrathsbefehl htte zurcknehmen wollen, wre es dazu zu spt
+gewesen. Aus dem Allen scheine hervorzugehen, da die Petition nicht den
+Zweck gehabt habe, den Knig andren Sinnes zu machen, sondern nur die
+Unzufriedenheit des Volks zu erregen[93]. Diese Beschwerden waren jedoch
+vllig grundlos. Der Knig hatte den Bischfen einen neuen, unerwarteten
+und in Verlegenheit setzenden Befehl gegeben. Es war ihre Pflicht, mit
+einander in Vernehmen zu treten und so weit als mglich die Ansicht des
+Standes, dessen Oberhupter sie waren, einzuholen, ehe sie irgend einen
+Schritt thaten. Die Mitglieder waren im ganzen Lande zerstreut, einige
+waren eine volle Tagereise von einander entfernt. Jakob hatte ihnen nur
+vierzehn Tage Zeit gelassen, um sich zu erkundigen, zu berathschlagen
+und einen Entschlu zu fassen, und er konnte sich gewi nicht darber
+beklagen, da diese vierzehn Tage zu Ende gingen, bevor er ihren
+Entschlu erfuhr. Ebenso ist es auch nicht wahr, da sie ihm nicht Zeit
+lieen, seinen Befehl zurckzunehmen, wenn er htte so klug sein wollen,
+dies zu thun. Er htte am Samstag Morgen den Geheimen Rath
+zusammenberufen knnen und vor dem Abend konnte es in ganz London und
+dessen Vorstdten bekannt sein, da er den Bitten der Vter der Kirche
+nachgegeben. Der Samstag ging jedoch ohne ein Zeichen von Sinnesnderung
+seitens der Regierung vorber und der Sonntag kam heran, ein Tag, dessen
+man sich noch lange erinnerte.
+
+ [Anmerkung 91: Sancroft's Bericht aus Tanner's Handschriften
+ abgedruckt; Citters, 22. Mai (1. Juni) 1688.]
+
+ [Anmerkung 92: +Burnet, I. 741+; +Revolution Politics+; +Higgins's
+ Short View.+]
+
+ [Anmerkung 93: +Clarke's Life of James the Second, II. 155.+]
+
+
+[_Die londoner Geistlichkeit gehorcht dem kniglichen Befehle nicht._]
+In der City und den Vorstdten Londons gab es ungefhr hundert
+Pfarrkirchen. Nur in vier derselben wurde der Geheimrathsbefehl befolgt.
+In der St. Gregorskirche wurde die Erklrung von einem Geistlichen,
+Namens Martin, verlesen. Sobald er die ersten Worte sprach, stand die
+ganze Gemeinde auf und entfernte sich. In der St. Matthuskirche in
+Friday Street wurde ein Elender, Namens Timotheus Hall, der seinen
+Priesterrock geschndet, indem er der Herzogin von Portsmouth bei dem
+Handel mit Begnadigungen als Zwischentrger gedient und der jetzt
+Hoffnung auf das erledigte Bisthum Oxford hatte, ebenfalls von seiner
+Gemeinde in der Kirche allein gelassen. In Serjeant's Inn, in Chancery
+Lane, gab der Geistliche vor, er habe vergessen, ein Exemplar der
+Erklrung mitzubringen, und der Oberrichter der Kings Bench, welcher
+anwesend war, um darauf zu sehen, da dem kniglichen Befehle gehorcht
+werde, mute sich mit dieser Entschuldigung begngen. Samuel Wesley, der
+Vater Johann's und Karl's Wesley, Pfarrer in London, whlte an diesem
+Sonntage zum Text seiner Predigt die edle Antwort, welche die drei Juden
+dem chaldischen Tyrannen gaben: So sollst Du nun wissen, o Knig, da
+wir Deine Gtter nicht ehren, noch das gldene Bild, das Du hast setzen
+lassen, anbeten wollen. Selbst in der Kapelle des St. Jamespalastes
+hatte der dienstthuende Geistliche den Muth, dem Befehle nicht zu
+gehorchen. Die Knaben von Westminster erinnerten sich noch lange dessen,
+was an jenem Tage in der Abtei vorging. Sprat, Bischof von Rochester,
+fungirte hier als Dechant. Sobald er die Erklrung zu verlesen begann,
+bertubte das Murren und das Gerusch des sich aus der Kirche
+drngenden Volks seine Stimme. Er zitterte so heftig, da man das Papier
+in seiner Hand sich bewegen sah. Lange bevor er geendet hatte, war die
+Kirche von Allen verlassen, bis auf Diejenigen, die ihre Stellung zum
+Bleiben nthigte.[94]
+
+Noch nie war die Kirche der Nation so theuer gewesen, als an jenem
+Nachmittage. Der Geist der Zwietracht schien erloschen zu sein. Baxter
+hielt auf der Kanzel eine Lobrede auf die Bischfe und die Pfarrer.
+Wenige Stunden spter schrieb der hollndische Gesandte an die
+Generalstaaten, da die anglikanische Geistlichkeit in der Achtung des
+Publikums unglaublich gestiegen sei. Die Nonconformisten, sagte er,
+sprchen sich allgemein dahin aus, da sie lieber unter dem Drucke der
+Strafgesetze bleiben, als ihre Sache von der der Prlaten trennen
+wollten.[95]
+
+So verging noch eine Woche ngstlicher Aufregung, und der zweite Sonntag
+kam heran. Abermals waren die Kirchen der Hauptstadt mit
+Hunderttausenden gefllt. Die Erklrung wurde nirgends anderwrts
+verlesen, als an den wenigen Orten, wo sie vor acht Tagen verlesen
+worden war. Der Geistliche, der in der Kapelle des St. Jamespalastes
+gepredigt hatte, war seines Amtes entsetzt worden und es erschien ein
+servilerer Geistlicher mit dem Papier in der Hand; aber er war so
+befangen, da er nicht vernehmlich sprechen konnte. Die Stimmung der
+ganzen Nation hatte sich in der That so gestaltet, da nur die besten
+und hochherzigsten, oder die schlechtesten und characterlosesten
+Menschen ihr ohne groe Angst die Stirn bieten konnten.[96]
+
+ [Anmerkung 94: Citters; 22. Mai (1. Juni) 1688; +Burnet+, I. 740
+ und Lord Dartmouth's Note; +Southey's Life of Wesley+.]
+
+ [Anmerkung 95: Citters, 22. Mai (1. Juni) 1688.]
+
+ [Anmerkung 96: +Ibid.+ 29. Mai (8. Juni) 1688.]
+
+
+[_Unschlssigkeit der Regierung._] Selbst der Knig war einen Augenblick
+bestrzt ber die Heftigkeit des von ihm heraufbeschworenen Sturmes. Was
+sollte er nun zunchst thun? Er mute entweder vorwrts oder rckwrts
+gehen, und ersteres konnte er nicht ohne Gefahr, letzteres nicht ohne
+Demthigung. Einmal nahm er sich vor, einen neuen Befehl zu erlassen,
+durch den er der Geistlichkeit in hochmthigem und zornigem Tone gebot,
+seine Erklrung zu verlesen, und jedem Widerspenstigen mit
+augenblicklicher Amtsentsetzung drohte. Dieser Befehl wurde zu Papier
+gebracht und in die Druckerei geschickt, dann zurckgeholt, dann zum
+zweitenmal in die Druckerei geschickt und noch einmal zurckgeholt.[97]
+Zu einem andren Plane riethen einige von Denen, welche fr strenge
+Maregeln waren. Sie meinten, die Prlaten, welche die Petition
+unterzeichnet hatten, knnten ja vor die kirchliche Commission citirt
+und ihrer Bischofssitze beraubt werden. Gegen dieses Verfahren aber
+wurden im Staatsrathe energische Einwendungen erhoben. Man habe
+angekndigt, da die Kammern noch vor Ende des Jahres einberufen werden
+sollten und die Lords wrden das Absetzungsurtel unzweifelhaft fr null
+und nichtig erklren, auf der Einberufung Sancroft's und seiner
+Mitpetenten bestehen und sich weigern, einen neuen Erzbischof von
+Canterbury oder einen neuen Bischof von Bath und Wells anzuerkennen. So
+wrde die Session, die aller Wahrscheinlichkeit nach im gnstigen Falle
+immer noch sehr strmisch werden wrde, sogleich mit einem erbitterten
+Streite zwischen der Krone und den Peers beginnen. Wenn daher eine
+Bestrafung der Bischfe fr nthig gehalten wrde, so mte dieselbe
+nach dem bekannten Gange des englischen Rechtsverfahrens ber sie
+verhngt werden. Sunderland hatte sich von Anfang an, soweit er es ohne
+Gefahr wagen konnte, dem Geheimrathsbefehl widersetzt. Jetzt rieth er zu
+einem Verfahren, das zwar nicht frei von Nachtheilen, aber doch das
+klgste und wrdigste war, welches der Regierung nach einer Reihe von
+Fehlgriffen noch offen stand. Der Knig solle mit Huld und Majestt der
+Welt ankndigen, da das ungehorsame Benehmen der anglikanischen Kirche
+ihn tief verletzt habe, da er aber die vielen Dienste nicht vergessen
+knne, die diese Kirche in schweren Prfungszeiten seinem Vater, seinem
+Bruder und ihm selbst geleistet; da er als Freund der Gewissensfreiheit
+nicht streng gegen Mnner verfahren wolle, deren allerdings
+irregeleitetes und ber alle Maen bedenkliches Gewissen ihnen nicht
+erlaubt habe, seinen Befehlen zu gehorchen, und da er daher die
+Schuldigen der Strafe berlassen werde, die ihre eigne berzeugung ihnen
+zuerkennen msse, wenn sie ihre neuesten Schritte mit den loyalen
+Grundstzen verglichen, deren sie sich so laut gerhmt htten. Nicht
+allein Powis und Bellasyse, welche stets fr gemigte Beschlsse waren,
+sondern selbst Dover und Arundell neigten sich zu diesem Vorschlage hin.
+Jeffreys dagegen behauptete, da die Regierung entehrt sein wrde, wenn
+sie solche Verbrecher, wie die sieben Bischfe, mit einem bloen
+Verweise davon kommen liee. Er wnschte jedoch nicht, da sie vor die
+Hohe Commission, in welcher er als erster oder vielmehr einziger Richter
+sa, geladen wrden, denn die Last des ffentlichen Hasses, die er
+bereits zu tragen hatte, war selbst fr seine schamlose Stirn und sein
+verknchertes Herz zu gro, und er erschrak vor der Verantwortlichkeit,
+die er durch eine gesetzwidrige Verurtheilung der Oberhupter der
+Staatskirche und der Lieblinge des Volkes auf sich geladen haben wrde.
+
+ [Anmerkung 97: +Ibid.+]
+
+
+[_Es wird eine gerichtliche Verfolgung der Bischfe wegen Libells
+beschlossen._] Jeffreys empfahl deshalb einen Criminalproze gegen sie
+anhngig zu machen. In Folge dessen wurde beschlossen, den Erzbischof
+und die sechs anderen Bittsteller unter der Anklage auf Abfassung eines
+aufrhrerischen Libells vor den Gerichtshof der Kings Bench zu stellen.
+Da sie fr schuldig befunden werden wrden, daran war kaum zu zweifeln,
+denn die Richter und ihre Unterbeamten waren Werkzeuge des Hofes.
+Seitdem der Hauptstadt ihr alter Freibrief entzogen worden, war kaum ein
+Gefangener, den die Regierung bestraft wissen wollte, von einer Jury
+freigesprochen worden. Die widerspenstigen Prlaten wurden hchst
+wahrscheinlich zu unerschwinglichen Geldbuen und langer Haft
+verurtheilt und waren dann froh, wenn sie sich dadurch loskaufen
+konnten, da sie in und auer dem Parlament den Absichten des Knigs
+dienten.[98]
+
+Am 27. Mai wurde den Bischfen angekndigt, da sie am 8. Juni vor dem
+Knige im Geheimen Rathe erscheinen sollten. Warum eine so lange Frist
+gestattet wurde, ist uns nicht bekannt. Vielleicht hoffte Jakob, da
+einige der Schuldigen sich aus Furcht vor seiner Ungnade bis zu dem zum
+Verlesen der Erklrung bestimmten Tage noch fgen und, um sich mit ihm
+auszushnen, die Geistlichen ihrer Dicesen zum Gehorsam berreden
+wrden. Wenn dies wirklich seine Hoffnung war, so wurde sie vollstndig
+getuscht. Der 3. Juni kam und alle Theile Englands folgten dem
+Beispiele der Hauptstadt. Die Bischfe von Norwich, Gloucester,
+Salisbury, Winchester und Exeter hatten bereits Abschriften der Petition
+zum Beweis ihrer Zustimmung unterzeichnet; der Bischof von Worcester
+hatte sich geweigert, die Erklrung unter seine Geistlichen zu
+vertheilen; der Bischof von Hereford hatte sie vertheilt, wurde aber,
+wie allgemein bekannt war, deshalb von Reue und Scham geqult. Von
+fnfzig Pfarrern fgte sich noch nicht einer dem Geheimrathsbefehl. In
+der groen Dicese Chester, welche die Grafschaft Lancaster umfat,
+konnte Cartwright nicht mehr als drei Geistliche zum Gehorsam gegen den
+Knig bewegen. Die Dicese Norwich enthlt viele hundert Pfarreien, und
+nur in vieren davon wurde die Erklrung verlesen. Dem hfischen Bischof
+von Rochester gelang es nicht, die Gewissensscrupel des
+Gefngnipredigers von Chatham, der von der Regierung besoldet wurde, zu
+heben. Es existirt noch ein rhrender Brief, den dieser wackere
+Geistliche an den Sekretr der Admiralitt schrieb. Ich kann wohl nicht
+erwarten, schrieb er darin, da Euer Ehren sich fr mich verwenden.
+Der Wille Gottes geschehe. Ich will lieber leiden, als sndigen[99].
+
+ [Anmerkung 98: Barillon, 24. Mai (3. Juni), 31. Mai (10. Juni)
+ 1688; Citters, 1.(11.) Juli; Adda 25. Mai (4. Juni), 30. Mai (9.
+ Juni), 1.(11.) Juni; +Clarke's Life of James the Second, II.
+ 158+.]
+
+ [Anmerkung 99: +Burnet, I. 740+; +Life of Prideaux+; Citters,
+ 12.(22.), 15.(25.) Juni 1688; +Tanner MS.+; +Life and
+ Correspondence of Pepys+.]
+
+
+[_Sie werden im Geheimen Rathe verhrt._] Am Abend des 8. Juni begaben
+sich die sieben Prlaten, von den ausgezeichnetsten Rechtsgelehrten
+Englands gehrig instruirt, in den Palast, wo sie alsbald in das
+Geheimrathszimmer gerufen wurden. Ihre Petition lag auf dem Tische. Der
+Kanzler nahm das Papier, zeigte es dem Erzbischofe und sagte: Ist dies
+die Schrift, die Euer Gnaden aufgesetzt und welche die hier anwesenden
+Bischfe Seiner Majestt berreicht haben? Sancroft warf einen Blick
+auf das Papier und sagte dann zum Knige: Sire, ich stehe hier als
+Angeklagter. Ich war dies noch nie und htte frher nicht geglaubt, da
+ich es je einmal werden knnte. Am allerwenigsten aber habe ich daran
+gedacht, da mir ein Vergehen gegen meinen Knig zur Last gelegt werden
+knnte. Da ich aber das Unglck habe, in diese Lage gekommen zu sein, so
+wird Eure Majestt es mir nicht bel nehmen, wenn ich von dem mir
+gesetzlich zustehenden Rechte Gebrauch mache, nichts zu sagen, was mich
+als schuldig erscheinen lassen knnte. -- Dies ist bloe Chikane,
+erwiederte der Knig. Euer Gnaden werden hoffentlich nicht so
+gewissenlos sein, da Sie Ihre eigne Hand verleugnen? -- Sire, sagte
+Lloyd, der die Casuistik grndlich studirt hatte, alle Theologen
+stimmen darin berein, da Jemand, der sich in unsrer Lage befindet, die
+Antwort auf eine solche Frage verweigern darf. Der Knig, der eben so
+beschrnkten Verstandes, als heftigen Temperamentes war, wute nicht
+sogleich was der Prlat meinte. Er beharrte jedoch auf seinem Verlangen
+und gerieth in sichtbaren Zorn. Sire, hob der Erzbischof wieder an,
+ich bin nicht verpflichtet, mich selbst anzuklagen. Dessenungeachtet
+will ich, wenn Eure Majestt es durchaus befiehlt, eine Antwort geben,
+in dem Vertrauen, da ein gerechter und edelsinniger Frst das was ich
+lediglich aus Gehorsam gegen Hchstdessen Befehl thue, nicht als
+Rechtsbeweis gegen mich anwenden lassen wird. -- Sie drfen mit Ihrem
+Souverain nicht kapituliren, sagte der Kanzler. Nein, setzte der
+Knig hinzu, ich werde einen solchen Befehl nicht geben. Wenn Sie es
+vorziehen, Ihre eigenen Handschriften abzuleugnen, so habe ich Ihnen
+nichts mehr zu sagen.
+
+Die Bischfe wurden zu wiederholten Malen ins Vorzimmer hinausgeschickt
+und eben so oft wieder hereingerufen. Endlich gab ihnen Jakob den
+bestimmten Befehl, auf die Frage zu antworten. Er verpflichtete sich
+allerdings nicht ausdrcklich dazu, da ihr Gestndni nicht gegen sie
+angewendet werden sollte; aber nach dem was vorausgegangen war, muten
+sie natrlich annehmen, da diese Zusage selbstverstndlich mit in dem
+Befehle enthalten sei. Sancroft erkannte seine Handschrift an, und seine
+Collegen folgten seinem Beispiele. Hierauf wurden sie ber den Sinn
+einiger in der Petition vorkommenden Worte und ber den Brief befragt,
+der im ganzen Lande verbreitet worden war und so groes Aufsehen gemacht
+hatte; aber ihre Antworten waren so vorsichtig, da durch das Verhr
+nichts gewonnen wurde. Der Kanzler sagte ihnen nun, da eine
+Criminaluntersuchung bei der Kings Bench gegen sie eingeleitet werden
+wrde und forderte sie auf, sich wegen ihres Erscheinens jeder fr seine
+eigne Person zu verpflichten. Dies lehnten sie aber ab. Sie seien Peers
+des Reiches, sagten sie, die besten Rechtsgelehrten von Westminster Hall
+htten ihnen gesagt, da keinem Peer in einer Untersuchung wegen Libells
+persnliche Brgschaft angesonnen werden knne, und sie hielten sich
+nicht fr berechtigt, auf eines ihrer Standesvorrechte zu verzichten.
+Der Knig war einfltig genug, es als eine persnliche Beleidigung gegen
+sich zu betrachten, da die Bischfe in einer Rechtsfrage sich durch
+juristischen Rath leiten lieen. Sie glauben ja auch jedem Andren eher
+als mir, sagte er. Er fhlte sich ernstlich gedemthigt und beunruhigt,
+denn er war so weit gegangen, da ihm, wenn sie auf ihrem Vorsatze
+beharrten, nichts Andres brig blieb, als sie in's Gefngni zu
+schicken, und wenn er auch keineswegs _alle_ Folgen eines solchen
+Schrittes voraussah, so sah er doch so viel davon voraus, da ihm bange
+wurde. Sie blieben fest. Es wurde daher wirklich ein Befehl
+ausgefertigt, welcher den Gouverneur des Tower anwies, sie in sicherem
+Gewahrsam zu halten und eine Barke brachte sie den Flu hinunter nach
+dem Staatsgefngnisse.[100]
+
+Ganz London wute, da die Bischfe vor dem Geheimen Rathe standen. Das
+Publikum war in gespannter Erwartung. Eine groe Menschenmenge fllte
+die Hfe von Whitehall und alle umliegenden Straen. Viele Leute
+pflegten sich damals an Sommerabenden an der khlen Themseluft zu
+erlaben; an diesem Abend aber war der ganze Flu mit Bten bedeckt. Als
+die sieben Bischfe in Begleitung einer Wache erschienen, konnte das
+Volk seine Gefhle nicht mehr beherrschen. Tausende fielen auf die Knie
+und beteten laut fr die Mnner, welche mit dem christlichen Muthe eines
+Ridley und Latimer einem von der ganzen Bigotterie der Maria erfllten
+Tyrannen Trotz geboten hatten. Viele sprangen in den Flu und riefen,
+bis ber den Hften in Schlamm und Wasser stehend, die heiligen Vter um
+ihren Segen an. Auf der ganzen Strecke von Whitehall bis zur
+London-Brcke fuhr die knigliche Barke zwischen Reihen von Bten, aus
+denen bestndig der Ruf: Gott segne Eure Lordschaften! ertnte. Der
+Knig gab in seiner Angst Befehl, da die Besatzung des Tower verstrkt,
+die Garden zum Feuern bereit gehalten und zwei Compagnien von jedem
+Regiment im ganzen Reiche unverzglich nach London berufen werden
+sollten. Die Militairmacht aber, die er als das zuverlssigste Werkzeug
+zur Bndigung des Volkes ansah, theilte alle Gefhle desselben. Selbst
+die Schildwachen, welche am Verrtherthore unter Waffen standen, baten
+die Mrtyrer, die sie bewachen sollten, um ihren Segen. Der Gouverneur
+des Tower war Sir Eduard Hales. Er war nicht eben geneigt, seine
+Gefangenen freundlich zu behandeln, denn er war von der Kirche, fr die
+sie litten, abgefallen und bekleidete kraft der Dispensationsgewalt,
+gegen die sie protestirt hatten, mehrere eintrgliche Stellen. Mit
+Entrstung vernahm er, da seine Soldaten auf das Wohl der Bischfe
+tranken, und er befahl seinen Offizieren, dies ein fr allemal zu
+verbieten; aber diese brachten ihm die Meldung, da es sich nicht mehr
+verhindern lasse und da in der ganzen Besatzung keine andre Gesundheit
+mehr ausgebracht werde. brigens bewiesen die Truppen ihre Verehrung fr
+die Vter der Kirche nicht allein durch Toaste. Im ganzen Tower
+herrschte eine so andchtige Stimmung, da fromme Geistliche dem Himmel
+dankten, da er aus Bsem Gutes hervorgehen liee und die Verfolgung
+seiner treuen Diener zum Rettungsmittel fr viele Seelen machte. Tag fr
+Tag sah man die Equipagen und Livreen der vornehmsten Kavaliere Englands
+vor den Eingngen des Gefngnisses, und Tausende von Zuschauern aus den
+brgerlichen Klassen bedeckten fortwhrend Towerhill.[101] Von den
+verschiedenen Zeichen der ffentlichen Verehrung und Theilnahme fr die
+Prlaten erfllte aber namentlich eines mehr als alle anderen den Knig
+mit Zorn und Besorgni. Er erfuhr, da eine Deputation von zehn
+nonconformistischen Geistlichen die Bischfe im Tower besucht hatte. Er
+lie vier von ihnen zu sich entbieten und machte ihnen persnlich
+heftige Vorwrfe; sie aber antworteten ihm muthig, da sie es fr ihre
+Pflicht hielten, vergangene Streitigkeiten zu vergessen und zu den
+Mnnern zu stehen, welche die Trger des protestantischen Glaubens
+seien.[102]
+
+ [Anmerkung 100: Sancroft's Bericht, abgedruckt aus Tanner's
+ Handschriften.]
+
+ [Anmerkung 101: +Burnet, I. 741+; Citters, 8.(18.), 12.(22.) Juni
+ 1688; +Luttrell's Diary, June 8+; +Evelyn's Diary+, Brief von
+ +Dr.+ Ralson an seine Gattin vom 14. Juni abgedruckt aus Tanner's
+ Handschriften; +Reresby's Memoirs+.]
+
+ [Anmerkung 102: +Reresby's Memoirs+.]
+
+
+[_Geburt des Prtendenten._] Kaum hatten sich die Thore des Tower hinter
+den Gefangenen geschlossen, so trat ein Ereigni ein, welches die
+allgemeine Aufregung noch vermehrte. Es war angekndigt worden, da die
+Knigin erst im Juli ihre Entbindung erwarte. Den Tag nach dem Verhre
+der Bischfe aber bemerkte man, da der Knig sich angelegentlich nach
+ihrem Befinden erkundigte. Sie sa jedoch diesen Abend noch bis gegen
+Mitternacht in Whitehall am Spieltisch. Dann aber wurde sie in einer
+Snfte in den St. Jamespalast gebracht, wo in aller Eil Zimmer fr sie
+eingerichtet worden waren. Bald darauf eilten Boten nach allen
+Richtungen hin, um rzte und Priester, Staatsrthe und Kammerdamen
+herbeizuholen. Binnen wenigen Stunden waren eine Menge Staatsbeamte und
+vornehme Damen im Zimmer der Knigin versammelt, und hier wurde am
+Morgen des 10. Juni, einem Sonntage, der von den allzutreuen Freunden
+einer schlechten Sache lange in Ehren gehalten wurde, der unglcklichste
+aller Frsten geboren, bestimmt zu siebenundsiebzig Jahren der
+Verbannung und des Umherirrens, zu einem Leben voll eitler Plne, voll
+Ehrenbezeigungen, welche krnkender sind als offene Beleidigungen, und
+voll Hoffnungen, die das Herz vor Gram vergehen lassen.
+
+
+[_Man hlt ihn allgemein fr untergeschoben._] Die traurigen Schicksale
+des armen Kindes begannen schon vor seiner Geburt. Die Nation ber
+welche er nach der gewhnlichen Erbfolgeordnung einst regiert haben
+wrde, war fest berzeugt, da seine Mutter gar nicht schwanger sei.
+Wre seine Geburt auch durch noch so viele Zeugen bewiesen worden,
+ein groer Theil des Volks wrde trotzdem wahrscheinlich bei der
+Behauptung geblieben sein, da die Jesuiten ein geschicktes
+Taschenspielerkunststck ausgefhrt htten; der Beweis fr die Thatsache
+lie aber, theils durch Zufall, theils durch grobe Versehen manchen
+Einwrfen und Zweifeln Raum. Es waren zwar viele Personen beiderlei
+Geschlechts im kniglichen Schlafgemache anwesend, als das Kind das
+Licht der Welt erblickte, aber keine von ihnen erfreute sich des
+ffentlichen Vertrauens im besonderen Grade. Von den anwesenden
+Geheimrthen waren die Hlfte Katholiken und die, welche sich
+Protestanten nannten, galten allgemein fr Verrther an Gott und
+Vaterland. Unter den Kammerdamen befanden sich viele Franzsinnen,
+Italienerinnen und Portugiesinnen, und von den englischen Damen waren
+einige selbst Papistinnen, andere die Gattinnen von Papisten. Mehrere
+Personen, welche vorzugsweise htten anwesend sein sollen, und deren
+Zeugni allen Verstndigen gengt haben wrde, fehlten und man legte die
+Schuld an ihrer Abwesenheit dem Knige zur Last. Die Prinzessin Anna war
+von allen Bewohnern der ganzen Insel am meisten bei der Sache
+interessirt. Ihr Geschlecht und ihre Erfahrung berechtigte sie, als
+Wchterin des Geburtsrechts ihrer Schwester und ihres eigenen
+aufzutreten. Sie hatte starken Verdacht geschpft, in welchem sie
+tglich durch geringfgige oder imaginre Umstnde bestrkt wurde. Es
+schien ihr, als ob die Knigin geflissentlich ihren Fragen auswiche und
+sie schrieb diese Zurckhaltung, welche vielleicht im Zartgefhl ihren
+Grund hatte, dem Schuldbewutsein zu.[103] In Folge dessen hatte Anna
+sich vorgenommen, an dem entscheidenden Tage anwesend zu sein und ein
+scharfes Auge zu haben. Sie hatte es aber nicht fr nthig gehalten,
+schon einen Monat vor diesem Tage auf ihrem Posten zu sein, sondern war
+mit Bewilligung und angeblich auf Anrathen ihres Vaters nach Bath
+gereist, um dort eine Brunnenkur zu gebrauchen. Sancroft, dessen hohe
+Stellung ihm die Pflicht auferlegte, anwesend zu sein, und in dessen
+Rechtschaffenheit die Nation volles Vertrauen setzte, war einige Stunden
+vorher von Jakob in den Tower geschickt worden. Die Hyde waren die
+geeigneten Beschtzer der Rechte beider Prinzessinnen. Der hollndische
+Gesandte konnte als der Vertreter Wilhelm's betrachtet werden, der als
+der erste Prinz von Geblt und als Gemahl der ltesten Tochter des
+Knigs das grte Interesse an dem Ereignisse hatte. Jakob aber dachte
+nicht daran, ein mnnliches oder weibliches Mitglied der Familie Hyde
+herbeizurufen und eben so wenig wurde der hollndische Gesandte
+zugezogen.
+
+Die Nachwelt hat den Knig von dem Betrug, dessen sein Volk ihn
+beschuldigte, vollkommen freigesprochen. Unmglich aber kann man ihn von
+der Thorheit und Verkehrtheit freisprechen, welche den Irrthum seiner
+Zeitgenossen erklren und entschuldigen. Er wute recht gut, welche
+argwhnischen Vermuthungen man im Publikum hegte,[104] und er htte eben
+so gut wissen knnen, da dieser Argwohn nicht durch das Zeugni von
+Mitgliedern der rmischen Kirche oder solchen Personen zerstreut werden
+konnte, die sich zwar Mitglieder der anglikanischen Kirche nannten, aber
+sich ganz bereit gezeigt hatten, die Interessen dieser Kirche zu opfern,
+um seine Gunst zu gewinnen. Da der Eintritt des Ereignisses ihn vor der
+erwarteten Zeit berraschte, ist wahr, aber er hatte immerhin zwlf
+Stunden vor sich, um seine Anordnungen zu treffen. So gut als er den St.
+Jamespalast mit Bigotten und Schmarotzern fllen konnte, deren Wort die
+Nation nicht traute, eben so gut htte er auch fr die Anwesenheit
+einiger angesehenen Personen sorgen knnen, deren treue Anhnglichkeit
+an die Prinzessinnen und an die Landeskirche auer Zweifel stand.
+
+Zu einer spteren Zeit, als er fr seine tollkhne Verachtung der
+ffentlichen Meinung schwer gebt hatte, pflegte man in Saint-Germain
+ihn dadurch zu entschuldigen, da man die Schuld auf Andere wlzte.
+Einige Jakobiten behaupteten, Anna habe sich absichtlich fern gehalten,
+ja sie scheuten sich nicht zu sagen, Sancroft habe den Knig
+herausgefordert, ihn in den Tower zu schicken, damit das Zeugni,
+welches die Verleumdungen der Unzufriedenen widerlegen konnte,
+mangelhaft wre.[105] Die Abgeschmacktheit dieser Beschuldigung ist
+handgreiflich. Konnte Anna oder Sancroft vermuthen, da die Knigin sich
+in ihrer Berechnung um einen ganzen Monat geirrt hatte? Wre ihre
+Berechnung richtig gewesen, so wrde Anna gewi, um der Entbindung
+beiwohnen zu knnen, zur rechten Zeit von Bath zurckgekehrt und
+Sancroft nicht im Tower gewesen sein. Jedenfalls aber waren die
+mtterlichen Oheime der Tochter des Knigs weder von London entfernt
+noch im Gefngni. Die nmlichen Boten, welche die ganze Schaar der
+Renegaten, Dover, Peterborough, Murray, Sunderland und Mulgrave,
+herbeiholten, htten ganz eben so leicht auch Clarendon herbeirufen
+knnen. Er war so gut Geheimer Rath als sie, und seine Wohnung befand
+sich in Jermyn Street, keine zweihundert Schritt von den Gemchern der
+Knigin. Dennoch lie man es ihn erst in der St. Jameskirche durch die
+Bewegung und das Geflster der Gemeinde erfahren, da seine Nichte
+aufgehrt hatte, die prsumtive Thronerbin zu sein.[106] Gehrte er etwa
+deshalb nicht in das Entbindungszimmer, weil er ein naher Verwandter der
+Prinzessinnen von Oranien und von Dnemark war, oder weil er
+unerschtterlich treu an der anglikanischen Kirche hing?
+
+Die ganze Nation sprach es laut und offen aus, da ein Betrug gespielt
+worden sei. Mehre Monate lang htten die Papisten auf der Kanzel und
+durch die Presse, in Prosa und in Versen, in englischer und in
+lateinischer Sprache prophezeit, da die Bitten der Kirche erhrt und
+ein Prinz von Wales geboren werden wrde, und sie htten jetzt selbst
+ihre Prophezeiung erfllt. Jeder nicht zu bestechende oder zu
+hintergehende Zeuge sei sorgfltig ausgeschlossen worden. Anna habe man
+arglistigerweise zu einer Reise nach Bath berredet. Der Primas sei
+gerade am Tage vor dem zur Ausfhrung des Betrugs bestimmten den
+Vorschriften des Gesetzes und der Privilegien der Peers zum Trotz ins
+Gefngni geworfen worden. Nicht eine einzige mnnliche oder weibliche
+Person, die das geringste Interesse an der Enthllung des Betrugs haben
+konnte, sei zugezogen worden. Man habe die Knigin pltzlich mitten in
+der Nacht in den St. Jamespalast gebracht, weil dieses Gebude, fr
+unehrliche Zwecke passender eingerichtet als Whitehall, einige fr die
+Absichten der Jesuiten vortrefflich geeignete Zimmer und Gnge enthalte.
+Hier sei inmitten eines Kreises von Zeloten, denen nichts, was die
+Interessen ihrer Kirche frdern konnte, ein Verbrechen dnkte, und von
+Hflingen, welche nichts, was zu ihrer Bereicherung und Erhebung
+beitragen konnte, fr Snde hielten, ein neugeborenes Kind ins Bett der
+Knigin practicirt und dann triumphirend als Erbe dreier Knigreiche
+herumgegeben worden. Durch diesen zwar unbegrndeten, aber nicht ganz
+unnatrlichen Verdacht aufgeregt, drngten sich die Leute nur um so
+eifriger danach, den frommen Opfern des Tyrannen zu huldigen, der,
+nachdem er lange seinem Volke das emprendste Unrecht zugefgt, das Ma
+seiner Schndlichkeit voll machte, indem er sich noch emprender an
+seinen eigenen Kindern verging[107].
+
+Der Prinz von Oranien, der selbst keinen Betrug argwhnte und den
+Zustand der Volksstimmung in England nicht kannte, ordnete Dankgebete
+fr seinen kleinen Schwager unter seinem eigenen Dache an und schickte
+Zulestein mit einem frmlichen Beglckwnschungsschreiben nach London.
+Zulestein hrte zu seinem groen Erstaunen Jedermann ganz offen von dem
+schndlichen Betruge sprechen, den die Jesuiten eben begangen haben
+sollten, und erblickte jede Stunde ein neues Pasquill auf die
+Schwangerschaft und die Entbindung der Knigin. Er schrieb sehr bald
+nach dem Haag, von zehn Personen glaube nicht eine, da die Knigin
+dieses Kind geboren habe[108].
+
+Das Benehmen der gefangenen Prlaten erhhte inzwischen die allgemeine
+Theilnahme, die ihre Lage erweckte. Am Abend des schwarzen Freitags,
+wie man den Tag ihrer Einkerkerung nannte, kamen sie gerade zur Stunde
+des Gottesdienstes in ihrem Gefngnisse an. Sie begaben sich sogleich in
+die Kapelle. Der Zufall wollte, da im zweiten Vorlesestck die Worte
+vorkamen: In allen Dingen lasset uns beweisen als die Diener Gottes in
+groer Geduld und Trbsalen, in Nthen und ngsten, in Schlgen, in
+Gefngnissen. Alle eifrigen Anhnger der Staatskirche freuten sich
+dieses Zusammentreffens und erinnerten sich, wie ein ganz hnliches vor
+fast vierzig Jahren KarlI. in seiner Todesstunde getrstet und erhoben
+hatte.
+
+Am Abend des folgenden Tages, Samstag den 9. Juni, kam ein Schreiben von
+Sunderland, welcher dem Kaplan des Tower befahl, am nchsten Morgen beim
+Gottesdienste die Erklrung zu verlesen. Da die in dem Geheimrathsbefehl
+zur Verlesung in London bestimmte Zeit lngst verstrichen war, so konnte
+dieses Verfahren der Regierung nur als eine ganz gemeine und kindische
+persnliche Insulte gegen die ehrwrdigen Gefangenen betrachtet werden.
+Der Kaplan weigerte sich zu gehorchen; er wurde sofort entlassen und die
+Kapelle geschlossen[109].
+
+ [Anmerkung 103: Correspondenz zwischen Anna und Marie in
+ Dalrymple; +Clarendon's Diary Oct. 31. 1688+.]
+
+ [Anmerkung 104: Dies geht aus Clarendon's Tagebuche vom 31. Oct.
+ 1688 klar hervor.]
+
+ [Anmerkung 105: +Clarke's Life of James the Second, II. 159.
+ 160.+]
+
+ [Anmerkung 106: +Clarendon's Diary, June 10. 1688.+]
+
+ [Anmerkung 107: Johnstone giebt in kurzen Worten eine treffliche
+ bersicht der gegen den Knig erhobenen Beschuldigungen. Die
+ groe Masse des Volks ist der Meinung, da Alles ein Betrug sei,
+ denn, sagen sie, die Berechnung treffe nicht zu, die Prinzessin
+ sei entfernt und weder Jemand von der Familie Clarendon noch der
+ hollndische Gesandte herbeigerufen worden; dazu komme noch der
+ pltzliche Eintritt des Ereignisses, die Predigten, die Zuversicht
+ der Priester und die Eil. -- 13. Juni 1688.]
+
+ [Anmerkung 108: Ronquillo, 26. Juli (5. Aug.). Ronquillo setzt
+ hinzu, da Zulestein's Bericht ber den Zustand der ffentlichen
+ Meinung vollkommen wahr sei.]
+
+ [Anmerkung 109: Citters, 12.(22.) Juni 1688; +Luttrell's Diary,
+ June 18.+]
+
+
+[_Die Bischfe werden vor die Kings Bench gestellt und mssen Brgschaft
+leisten._] Die Bischfe erbauten Alle, die sich ihnen nherten, durch
+die Standhaftigkeit und Freudigkeit, mit der sie ihre Haft ertrugen,
+durch die Bescheidenheit und Demuth, mit der sie die Beifallsbezeigungen
+und Segenswnsche der ganzen Nation aufnahmen, und durch die loyale
+Anhnglichkeit, die sie fr den Tyrannen, der sie in's Verderben strzen
+wollte, an den Tag legten. Am Freitag den 15. Juni, dem ersten
+Sitzungstage der Kings Bench, wurden sie vor diesen Gerichtshof
+gestellt. Eine ungeheure Menschenmenge erwartete ihre Ankunft. Vom
+Landungsplatze bis zur Court of Requests gingen sie durch eine
+Doppelreihe von Zuschauern, welche ihnen Segenswnsche und Beifall
+zuriefen. Lieben Freunde, sagten die Gefangenen im Vorbergehen,
+ehret den Knig und gedenket unserer in Euren Gebeten. Diese
+demthigen und frommen Worte rhrten Viele bis zu Thrnen. Als sich der
+Zug endlich durch das Gedrnge einen Weg gebahnt hatte und vor den
+Richtern angekommen war, verlas der Generalfiskal die Anklage, welche er
+auf hohen Befehl ausgearbeitet hatte und stellte den Antrag, da die
+Beklagten aufgefordert werden sollten, auf die Klage einzugehen. Der
+Vertheidiger wendete dagegen ein, die Bischfe seien gesetzwidrig
+verhaftet worden, und ihr Erscheinen vor dem Gerichtshofe sei daher
+nicht ordnungsgem. Die Frage, ob ein Peer unter einer Anklage wegen
+Libells sein Erscheinen vor Gericht gehrig zu verbrgen habe, wurde
+ausfhrlich errtert und endlich von der Mehrheit der Richter zu Gunsten
+der Krone entschieden. Die Gefangenen erklrten sich nun fr
+nichtschuldig. Der vierzehnte Tag darauf, der 29. Juni, wurde zur
+Verhandlung ihres Prozesses anberaumt. Bis dahin wurden sie gegen das
+persnliche Versprechen, sich zu stellen, in Freiheit gesetzt. Die
+Kronanwlte thaten sehr weise daran, a sie keine fremde Brgschaft
+verlangten, denn Halifax hatte dafr gesorgt, da einundzwanzig
+weltliche Peers vom hchsten Ansehen, je drei fr einen Angeklagten, zur
+Brgschaftleistung bereit waren, und eine solche Gesinnungsuerung des
+hohen Adels wrde fr die Regierung ein harter Schlag gewesen sein. Eben
+so wute man, da einer der reichsten, Dissenters der Hauptstadt um die
+Ehre nachgesucht hatte, fr Ken Brgschaft leisten zu drfen.
+
+Die Bischfe durften nun in ihre Heimath zurckkehren. Das niedere Volk,
+welches von dem bei der Kings Bench beobachteten Gerichtsverfahren
+nichts wute und nur sah, da ihre Lieblinge, nachdem sie unter
+Bedeckung nach Westminster Hall gebracht worden waren, jetzt sich in
+voller Freiheit wieder entfernen durften, glaubte, die gute Sache habe
+gesiegt, und brach in lauten Beifallsjubel aus, whrend zugleich
+frhliches Glockengelute von allen Thrmen ertnte. Sprat erstaunte
+nicht wenig, als er die Glocken seiner eigenen Abtei lustig erklingen
+hrte. Er brachte sie sofort zum Schweigen, aber seine Einmischung
+erregte viel unwilliges Murren. Die Bischfe wuten gar nicht, wie sie
+sich vor der zudringlichen Masse ihrer Freunde retten sollten. Lloyd
+wurde im Palasthofe von Verehrern zurckgehalten, die sich um die Gunst
+stritten, seine Hnde zu berhren und den Saum seines Rockes zu kssen,
+bis endlich Clarendon ihn nicht ohne Anstrengung befreite und ihn durch
+eine Seitengasse nach Hause fhrte. Man sagte, Cartwright sei so
+unvorsichtig gewesen, sich unter das Volk zu mischen. Jemand, der ihn an
+seinem Bischofsgewand erkannte, erbat sich und erhielt seinen Segen.
+Wit Ihr, von wem Ihr Euch eben habt segnen lassen? rief einer der
+Umstehenden. Nun, es war doch gewi einer von den Sieben? versetzte
+Der, welcher eben mit dem Segen beehrt worden war. Nein, entgegnete
+der Andere, es war der papistische Bischof von Chester. --
+Papistischer Hund! rief der Protestant wthend, nimm Deinen Segen
+zurck!
+
+Der Zusammenlauf und die Aufregung waren so gro, da der hollndische
+Gesandte sich wunderte, den Tag ohne einen Aufstand enden zu sehen. Dem
+Knige war durchaus nicht wohl zu Muthe gewesen. Um jede Ruhestrung
+sogleich unterdrcken zu knnen, hatte er am Morgen in Hydepark mehrere
+Bataillone Infanterie gemustert. Es ist jedoch keineswegs ausgemacht,
+da diese Truppen zu ihm gehalten haben wrden, wenn er ihrer Dienste
+bedurft htte. Als Sancroft am Nachmittag in Lambeth ankam, fand er die
+in dieser Vorstadt liegenden Grenadiergarden vor dem Eingange seines
+Palastes versammelt. Sie stellten sich in einer Doppelreihe auf und
+whrend er zwischen ihnen hinschritt, baten sie ihn um seinen Segen. Nur
+mit Mhe hielt er sie davon ab, da sie zur Feier seiner Rckkehr in
+seine Wohnung ein Freudenfeuer anzndeten. Es brannten brigens an jenem
+Abend mehrere Freudenfeuer in der Hauptstadt. Zwei Katholiken, welche so
+unbesonnen waren, einige Knaben zu schlagen, weil sie an diesen
+ffentlichen Freudenbezeigungen Theil nahmen, wurden vom Pbel
+ergriffen, nackt ausgezogen und schimpflich gebrandmarkt[110].
+
+Jetzt forderte Sir Eduard Hales seine Gebhren von den Bischfen, die
+seine Gefangenen gewesen waren. Sie weigerten sich, einem Beamten,
+dessen Bestallung sie nach ihren Grundstzen fr null und nichtig
+ansahen, etwas fr eine in ihren Augen gesetzwidrige Haft zu bezahlen.
+Hierauf gab ihnen der Gouverneur sehr deutlich zu verstehen, da, wenn
+sie noch einmal in seine Hnde kmen, er sie in schwere Eisen legen und
+auf die nackten Steine betten werde. Wir haben uns die Ungnade unsres
+Knigs zugezogen, war ihre Antwort, und wir empfinden dies sehr
+schmerzlich; ein Mitunterthan aber, der uns droht, strengt nutzlos seine
+Lunge an. Man kann leicht denken, mit welchem Unwillen das ohnehin
+schon gereizte Volk erfuhr, da ein vom protestantischen Glauben
+Abgefallener, der den Grundgesetzen Englands zum Hohn einen
+Commandoposten bekleidete, es gewagt hatte, ehrwrdigen Geistlichen mit
+allen Barbareien von Lollard's Tower zu drohen[111].
+
+ [Anmerkung 110: ber die Ereignisse dieses Tages sehe man die
+ +Collection of State Trials+; +Clarendon's Diary+; +Luttrell's
+ Diary+; Citters, 15.(25.) Juni; Johnstone, 18. Juni und
+ +Revolution Politics.+]
+
+ [Anmerkung 111: Johnstone, 18. Juni 1688; +Evelyn's Diary, June
+ 29.+]
+
+
+[_Aufregung der Gemther._] Bis zu dem Tage des Prozesses hatte sich die
+Aufregung nach den entferntesten Winkeln der Insel verbreitet. Aus
+Schottland erhielten die Bischfe Zuschriften, in denen sie der
+Sympathie aller Presbyterianer dieses dem Prlatenthum so lange und so
+bitter Feind gewesenen Landes versichert wurden[112]. Die Bevlkerung
+von Cornwall, ein trotziges, khnes und herkulisches Geschlecht, das ein
+strkeres Provinzialgefhl hatte, als man es in irgend einem andren
+Theile des Landes fand, nahm groen Antheil an der Gefahr, in welcher
+Trelawney schwebte, den sie weniger als einen Leiter der Kirche, denn
+als das Oberhaupt eines angesehenen Hauses und als den Erben von zwanzig
+Ahnen verehrten, welche schon in hohem Ansehen standen, ehe die
+Normannen den Fu auf englischen Boden gesetzt hatten. In der ganzen
+Grafschaft sang das Landvolk eine Ballade, deren Refrain noch nicht
+vergessen ist:
+
+ Und bringt man Trelawney um, bringt man Trelawney um,
+ Wollen dreiigtausend cornische Burschen wissen warum?
+
+Die Bergleute sangen das Lied mit einer kleinen Variation:
+
+ Wollen Zwanzigtausend unter der Erde wissen warum.[113]
+
+In manchen Theilen des Landes sprachen die Bauern laut eine sonderbare
+Hoffnung aus, welche nie aufgehrt hat, in ihren Herzen fortzuleben. Sie
+meinten, ihr protestantischer Herzog, ihr geliebter Monmouth, werde
+pltzlich wieder erscheinen, sie zum Siege fhren und den Knig wie die
+Jesuiten unter seinen Fen zertreten[114].
+
+Die Minister waren in der grten Angst; selbst Jeffreys wrde gern
+seine Maregeln zurckgenommen haben. Er beauftragte Clarendon mit
+freundlichen Botschaften an die Bischfe und wlzte die Schuld an der
+Verfolgung, zu der er selbst gerathen hatte, auf Andere. Sunderland
+wagte es noch einmal, Zugestndnisse anzuempfehlen. Die glckliche
+Geburt eines Prinzen, sagte er, biete dem Knige eine vortreffliche
+Gelegenheit, eine gefhrliche und nachtheilige Stellung aufzugeben, ohne
+sich den Vorwurf der Zaghaftigkeit oder der Launenhaftigkeit zuzuziehen.
+Bei so erfreulichen Anlssen sei es stets Sitte gewesen, da der Frst
+die Herzen seiner Unterthanen durch Gnadenacte erfreue, und nichts knne
+dem Prinzen von Wales mehr zum Vortheile gereichen, als wenn er schon in
+der Wiege der Friedensstifter zwischen seinem Vater und der
+aufgebrachten Nation wrde. Aber des Knigs Entschlu stand fest. Ich
+werde fortfahren, sagte er, ich bin nur zu nachsichtig gewesen. Die
+Nachsicht war meines Vaters Verderben[115].
+
+ [Anmerkung 112: +Tanner MS.+]
+
+ [Anmerkung 113: Diese Thatsache wurde mir freundlichst von dem
+ Rev. R.S. Hawker von Morwenstow in Cornwall mitgetheilt.]
+
+ [Anmerkung 114: Johnstone, 18. Juni 1688.]
+
+ [Anmerkung 115: Adda, 29. Juni (9. Juli) 1688.]
+
+
+[_Sunderland's Angst._] Der schlaue Minister kam dahinter, da sein Rath
+frher nur deshalb angenommen worden war, weil er denselben jederzeit
+nach dem Willen des Knigs eingerichtet hatte, da er aber von dem
+Augenblicke an, wo er wirklich guten ertheilte, kein Gehr mehr finden
+wrde. Bei dem Verfahren gegen das Magdalenen-Collegium hatte er einige
+Lauheit gezeigt. Er hatte ferner ganz neuerdings den Knig zu berzeugen
+gesucht, da Tyrconnel's Plan zur Confiscirung des Eigenthums der
+englischen Colonisten in Irland hchst gefhrlich sei, und er hatte es
+mit Hlfe Powis' und Bellasyse's wenigstens dahingebracht, da die
+Ausfhrung des Planes noch um ein Jahr aufgeschoben wurde. Aber diese
+zaghafte Bedenklichkeit hatte den Keim des Widerwillens und Mitrauens
+ins Herz des Knigs gelegt[116]. Der Tag der Vergeltung war jetzt
+gekommen. Sunderland war in der nmlichen Lage, in der sich einige
+Monate frher sein Nebenbuhler Rochester befunden hatte. Beide
+Staatsmnner lernten die Angst eines Menschen kennen, der sich
+krampfhaft an eine Sttze anklammert, die seinen Hnden mehr und mehr
+entschlpft. Beide sahen ihre Rathschlge verchtlich zurckgewiesen.
+Beide erlitten die Qual, in den Mienen und dem Benehmen ihres Gebieters
+Unzufriedenheit und Mitrauen zu lesen, und doch wurden Beide von ihrem
+Vaterlande fr die Verbrechen und Irrthmer, von denen sie ihn vergebens
+zurckzubringen versucht hatten, verantwortlich gemacht. Whrend er sie
+in dem Verdacht hatte, da sie auf Kosten seiner Autoritt und seiner
+Wrde sich populr machen wollten, beschuldigte die ffentliche Stimme
+sie laut des Versuchs, auf Kosten ihrer eigenen Ehre und des Gemeinwohls
+die knigliche Gunst zu gewinnen. Doch trotz aller Krnkungen und
+Demthigungen hielten Beide ihren Ministerposten mit der verzweifelten
+Kraft Ertrinkender umklammert. Beide versuchten es, den Knig wieder
+gnstig zu stimmen, indem sie sich stellten, als ob sie zum Anschlu an
+seine Kirche geneigt wren. Es gab aber eine Grenze, welche Rochester
+entschlossen war nicht zu berschreiten. Er ging bis an den Rand des
+Glaubensabfalls; hier aber blieb er stehen und in Bercksichtigung der
+Standhaftigkeit, mit der er sich weigerte, den letzten Schritt zu thun,
+verzieh ihm die Welt gromthig seine frhere Willfhrigkeit.
+
+ [Anmerkung 116: Sunderland's eigner Erzhlung darf man natrlich
+ nicht unbedingten Glauben beimessen. Aber er fhrte Godolphin zum
+ Zeugen fr das an, was in Betreff der irischen Ansiedlungsacte
+ vorgegangen war.]
+
+
+[_Er erklrt sich fr einen Katholiken._] Der weniger gewissenhafte und
+fr das Schamgefhl weniger empfngliche Sunderland beschlo durch einen
+Schritt, der jedem von der Wichtigkeit der religisen berzeugung
+durchdrungenen Gemth als eines der schndlichsten Verbrechen erscheinen
+mute und den selbst weltlich gesinnte Menschen als das berma von
+Verworfenheit betrachten, seine bisherige Migung wieder gut zu machen
+und das Vertrauen des Knigs wieder zu gewinnen. Ungefhr eine Woche vor
+dem zur Verhandlung des Prozesses anberaumten Tage erschien die
+ffentliche Ankndigung, da er Papist geworden sei. Der Knig sprach
+mit Entzcken von diesem Siege der gttlichen Gnade. Die Hflinge und
+auswrtigen Gesandten bemhten sich nach Krften ernsthaft zu bleiben,
+als der Renegat versicherte, da er schon lange von der Unmglichkeit
+berzeugt sei, auerhalb des Schooes der rmischen Kirche selig werden
+zu knnen, und da sein Gewissen ihm keine Ruhe gelassen, bis er sich
+von dem Ketzerglauben losgesagt habe, in dem er erzogen worden. Die
+Neuigkeit verbreitete sich schnell. In allen Kaffeehusern erzhlte man
+sich, wie der Premierminister von England barfu und mit einer Kerze in
+der Hand sich nach der kniglichen Kapelle begeben und demthig um
+Einla gebeten, wie die Stimme eines Priesters drinnen gefragt habe, wer
+da sei, wie Sunderland zur Antwort gegeben, ein armer Snder, der lange
+fern von der wahren Kirche umherirre, flehe um Aufnahme und Absolution,
+wie hierauf die Thren geffnet worden seien und der Neubekehrte an den
+heiligen Mysterien habe Theil nehmen drfen[117].
+
+ [Anmerkung 117: Barillon, 21. Juni (1. Juli) 1688; Adda, 29. Juni
+ (9. Juli); Citters, 26. Juni (6. Juli); Johnstone, 2. Juli 1688;
+ +The Converts, a poem+.]
+
+
+[_Proze der Bischfe._] Dieser schmachvolle Abfall konnte das Interesse
+nur erhhen, mit dem die Nation dem Tage entgegensah, an welchem das
+Schicksal der sieben muthigen Bekenner der anglikanischen Kirche
+entschieden werden sollte. Eine willfhrige Jury zusammenzubringen war
+jetzt das Hauptziel des Knigs. Die Kronanwlte erhielten Befehl, die
+Gesinnung der Mnner, welche in das Verzeichni der Freisassen
+eingetragen waren, genau zu erforschen. Sir Samuel Astry, Sekretr der
+Krone, dem die Auswhlung der Namen in solchen Fllen oblag, wurde in
+den Palast beschieden und hatte eine Unterredung mit Jakob, an welcher
+der Kanzler Theil nahm[118]. Sir Samuel scheint sein Mglichstes gethan
+zu haben, denn es befanden sich, wie es hie, unter den achtundvierzig
+Personen, die er auswhlte, mehrere Diener des Knigs und mehrere
+Katholiken[119]. Da aber der Vertheidiger der Bischfe das Recht hatte,
+zwlf davon zu streichen, so waren diese natrlich die gestrichenen. Die
+Kronanwlte strichen ebenfalls zwlf und die Liste reducirte sich
+dadurch auf vierundzwanzig. Die ersten zwlf, welche aufgerufen wurden,
+hatten dann den Ausspruch zu thun.
+
+Am neunundzwanzigsten Juni waren Westminsterhall, der alte und der neue
+Palasthof und alle benachbarten Straen weithin mit einer dicht
+gedrngten Volksmasse angefllt. Ein so zahlreiches Auditorium war nie
+zuvor und ist auch seitdem nie wieder im Gerichtssaale der Kings Bench
+versammelt gewesen. Man zhlte fnfunddreiig weltliche Peers unter der
+Menge[120].
+
+Smmtliche vier Richter des Gerichtshofes waren anwesend. Wright, der
+den Vorsitz fhrte, war einzig und allein wegen seiner gewissenlosen
+Servilitt vielen tchtigeren und gelehrteren Mnnern bei Besetzung
+seines hohen Postens vorgezogen worden. Allibone war Papist und
+verdankte seine Stellung der Dispensationsgewalt, deren Gesetzlichkeit
+eben in Frage stand. Holloway war seither ein willenloses Werkzeug der
+Regierung gewesen. Selbst Powell, der sich des Rufes strenger
+Rechtschaffenheit erfreute, hatte bei einigen Vorgngen eine Rolle
+gespielt, die sich nicht vertheidigen lt. Er hatte in dem wichtigen
+Prozesse Sir Eduard Hales', allerdings mit einigem Bedenken und nach
+einigem Zgern, mit der Mehrheit der Richter gestimmt und dadurch auf
+seinen Character einen Flecken geworfen, der aber durch sein
+ehrenwerthes Benehmen an diesem Tage vllig verwischt wurde.
+
+Die beiderseitigen Rechtsanwlte waren einander durchaus nicht
+ebenbrtig. Die Regierung hatte von ihren Kronjuristen so gehssige und
+entehrende Dienste verlangt, da die ausgezeichnetsten Rechtsgelehrten
+und Advokaten der Torypartei nach einander ihre Mitwirkung verweigert
+hatten und ihrer mter entsetzt worden waren. Sir Thomas Powis,
+der Generalfiskal, war kaum ein Jurist dritten Ranges. Der
+Generalprokurator, Sir Wilhelm Williams, besa zwar einen scharfen
+Verstand und einen unbeugsamen Muth, aber es fehlte ihm an der nthigen
+Ruhe und Bedchtigkeit; er war streitschtig, konnte sein Temperament
+nicht beherrschen und wurde von allen politischen Parteien gehat und
+verachtet. Die hervorragendsten Beistnde des Fiskals und des
+Prokurators waren Serjeant Trinder, ein Katholik, und Sir Bartholomus
+Shower, Syndikus von London, der einige juristische Kenntnisse besa,
+aber wegen seiner oft den Anstand verletzenden Vertheidigungen und
+seiner endlosen Wiederholungen das Gesptt von ganz Westminsterhall war.
+Gern htte die Regierung Maynard's Dienste gewonnen; aber er hatte
+geradezu erklrt, da er sich auf das, was man von ihm verlangte, mit
+gutem Gewissen nicht einlassen knne[121].
+
+Auf der andren Seite hingegen standen fast alle ausgezeichneten
+juristischen Talente der damaligen Zeit. Sawyer und Finch, welche beim
+Regierungsantritt Jakob's Fiskal und Prokurator gewesen waren, und die
+whrend der Verfolgung der Whigs unter der vorigen Regierung der Krone
+mit nur zu groem Eifer und zu glcklichem Erfolge gedient hatten,
+befanden sich unter den Vertheidigern der Angeklagten. Ihnen zur Seite
+standen zwei Mnner, welche, seit Maynard's Thtigkeit durch sein
+vorgercktes Alter vermindert worden war, fr die beiden besten Juristen
+galten: Pemberton, der zur Zeit Karl'sII. Oberrichter der Kings Bench
+gewesen, wegen seiner Menschlichkeit und Migung aber dieses hohen
+Postens entsetzt worden und deshalb wieder zur advokatorischen Praxis
+zurckgekehrt war, und Pollexfen, der lange die Assisen im Westen
+geleitet und von dem man, obgleich er sich bei den blutigen Assisen
+durch Annahme von Auftrgen fr die Krone und besonders durch sein
+Auftreten gegen Alice Lisle sehr unpopulr gemacht hatte, dennoch wute,
+da er im Herzen ein Whig, wenn nicht gar ein Republikaner war. Ferner
+war dabei Sir Creswell Levinz, ein Mann von grndlichen Kenntnissen und
+reichen Erfahrungen, aber von auffallend ngstlichem Wesen. Er war
+einige Jahre vorher von der Richterbank entfernt worden, weil er sich
+nicht hatte entschlieen knnen, den Zwecken der Regierung zu dienen.
+Jetzt scheute er sich wieder, als Vertheidiger der Bischfe aufzutreten
+und hatte sich zuerst geweigert, ihnen seine Dienste zu widmen; aber die
+ganze Corporation der Gerichtsadvokaten, die ihn beschftigten, hatten
+ihm erklrt, da wenn er diesen Auftrag zurckwiese, er nie wieder einen
+erhalten sollte[122].
+
+Sir Georg Treby, ein reichbegabter und eifriger Whig, der unter der
+alten stdtischen Verfassung Syndikus von London gewesen war, stand auf
+der nmlichen Seite. Sir Johann Holt, ein noch ausgezeichneterer
+whiggistischer Advokat, wurde wahrscheinlich deshalb, weil Sancroft
+gegen ihn eingenommen war, nicht mit zur Vertheidigung berufen, war aber
+vom Bischof von London privatim um Rath gefragt worden[123]. Der jngste
+Rechtsbeistand der Bischfe war ein junger Advokat, Namens Johann
+Somers. Er war weder durch hohe Geburt noch durch Vermgen begnstigt
+und hatte auch noch keine Gelegenheit gehabt, sich ffentlich
+auszuzeichnen, aber sein Genie, sein Flei und sein vielseitiges groes
+Talent waren einem kleinen Kreise von Freunden wohl bekannt, und sein
+grndliches, klares System der Beweisfhrung, sowie sein jederzeit
+taktvolles Benehmen hatten ihm trotz seiner whiggistischen Ansichten die
+Aufmerksamkeit des Gerichtshofes der Kings Bench bereits gesichert.
+Johnstone hatte den Bischfen eindringlich vorgestellt, wie wichtig es
+sei, seinen Beistand zu gewinnen, und Pollexfen sollte erklrt haben,
+da Niemand in Westminsterhall zur Behandlung einer geschichtlichen und
+die Verfassung berhrenden Frage so befhigt sei, als Somers.
+
+Die Jury wurde vereidigt; sie bestand aus Mnnern, welche sehr geachtete
+Stellungen in der Gesellschaft einnahmen. Der Vormann war Sir Roger
+Langley, ein Baronet von alter und angesehener Familie. Ihm zur Seite
+stand ein Ritter und zehn Esquires, von denen mehrere sehr vermgend
+waren. Es befanden sich einige Nonconformisten unter ihnen, denn die
+Bischfe hatten wohlweislich beschlossen, kein Mitrauen gegen die
+protestantischen Dissenters zu zeigen. Ein Name jedoch erregte groe
+Besorgni, der Name Michael Arnold's. Er war Hofbrauer und man
+frchtete, da die Regierung auf seine Stimme rechnen knne. Es wird
+erzhlt, da er sich bitter ber die Stellung beklagt habe, in die er
+versetzt war. Was ich auch thun mag, soll er geuert haben, so habe
+ich die Gewiheit, halb ruinirt zu werden. Sage ich Nichtschuldig, so
+werde ich nicht mehr fr den Knig brauen; sage ich Schuldig, so werde
+ich fr niemand Andren mehr brauen.[124]
+
+So begann denn die gerichtliche Verhandlung, die, selbst wenn man sie
+nach Verlauf von mehr als anderthalb Jahrhunderten mit kaltem Blute
+liest, das ganze Interesse eines Drama's hat. Die Advokaten stritten auf
+beiden Seiten mit einer mehr als berufsmigen Schrfe und Heftigkeit,
+das anwesende Publikum hrte mit so gespannter Aufmerksamkeit zu, als
+htte das Schicksal jedes Einzelnen von dem Ausspruche der Geschwornen
+abgehangen, und die Aussichten auf den Sieg wechselten so pltzlich und
+so ergreifend, da die Menge zu wiederholten Malen in der nmlichen
+Minute von der grten Angst zur lebhaftesten Freude und umgekehrt von
+der lebhaftesten Freude zu noch grerer Angst bersprang.
+
+Die Anklage beschuldigte die Bischfe, in der Grafschaft Middlesex ein
+falsches, bswilliges und aufrhrerisches Libell geschrieben oder
+verffentlicht zu haben. Der Generalfiskal und der Staatsprokurator
+versuchten zuvrderst den Beweis zu fhren, da die Angeklagten das
+Libell unterschrieben hatten. Zu dem Ende wurden mehrere Personen
+aufgefordert, die Handschriften der Bischfe zu recognosciren. Aber die
+Zeugen thaten dies mit solcher Unlust, da kaum einem von ihnen eine
+klare und deutliche Antwort zu entlocken war. Pemberton, Pollexfen und
+Levinz behaupteten, da keine gengenden Beweise vorhanden seien, die
+der Jury vorgelegt werden knnten; zwei von den Richtern, Holloway und
+Powell, traten dieser Ansicht bei, und die Hoffnung der Zuschauer stieg
+bedeutend. Da erklrten pltzlich die Kronanwlte, da sie einen andren
+Weg einzuschlagen gedchten. Powis fhrte mit unverkennbarer Beschmung
+und Widerstreben einen Sekretr des Geheimen Raths, Namens Blathwayt,
+der zugegen gewesen war, als der Knig die Bischfe verhrte, in die
+Zeugenloge ein. Blathwayt versicherte eidlich, da er gehrt habe, wie
+sie ihre Unterschriften selbst anerkannt htten. Dieses Zeugni war
+entscheidend. Warum haben Sie, sagte der Richter Holloway zu dem
+Fiskal, da Sie einen solchen Zeugen hatten, ihn nicht sogleich
+vorgefhrt? es wre dadurch viel unnthiger Zeitverlust erspart worden.
+Es ergab sich bald, warum der Kronanwalt sich nur hchst ungern durch
+die dringendste Nothwendigkeit hatte bestimmen lassen, zu diesem
+Beweismittel zu greifen. Pemberton hielt Blathwayt zurck, unterwarf ihn
+einem umstndlichen Verhr und verlangte eine genaue Erzhlung alles
+dessen, was zwischen dem Knige und den Angeklagten vorgegangen sei.
+Das wre etwas ganz Neues! rief Williams. Glauben Sie, sagte Powis,
+da Sie ein Recht dazu haben, an unsere Zeugen jede impertinente Frage
+zu richten, die Ihnen in den Sinn kommt? Die Advokaten der Bischfe
+waren jedoch nicht die Mnner, die sich so leicht werfen lieen. Er ist
+darauf vereidigt, sagte Pollexfen, die Wahrheit, die ganze Wahrheit zu
+sagen; wir wollen und mssen eine Antwort haben. Der Zeuge wurde
+verlegen, gab ausweichende Antworten, wollte die Fragen nicht richtig
+verstanden haben und bat um den Schutz des Gerichtshofes; aber er war in
+Hnden, aus denen nicht leicht wieder loszukommen war. Endlich schlug
+der Generalfiskal sich wieder ins Mittel. Wenn Sie durchaus auf Ihrer
+Forderung bestehen, hob er an, so sagen Sie uns wenigstens, welchen
+Gebrauch Sie von der Antwort zu machen gedenken. Pemberton, der whrend
+der ganzen Verhandlung seine Pflicht muthig und geschickt erfllte,
+erwiederte ohne Besinnen: Mylords, ich will dem Herrn Generalfiskal
+antworten, ich will offen mit dem Gerichtshofe reden. Wenn die Bischfe
+sich unter dem Versprechen von Seiten Seiner Majestt, da ihr
+Gestndni nicht gegen sie angewendet werden solle, zu dieser Schrift
+bekannten, so wird man sich hoffentlich nicht eines unredlichen
+Vortheils gegen sie bedienen. -- Sie erheben eine Beschuldigung gegen
+Seine Majestt, die ich kaum auszusprechen wage, sagte Williams; da
+Sie es so genau nehmen, dann verlange ich auch fr den Knig, da die
+Frage zu Protokoll genommen wird. -- Was meinen Sie damit? fragte
+jetzt Sawyer. Ich wei, was ich meine, antwortete der Apostat, ich
+verlange, da die Frage vor Gericht zu Protokoll genommen wird. --
+Nehmen Sie zu Protokoll, was Sie wollen, Herr Prokurator, ich frchte
+Sie nicht, sagte Pemberton. Es folgte nun ein lauter und heftiger
+Wortwechsel, den der Oberrichter nur mit Mhe beschwichtigen konnte. In
+jedem andren Falle htte er die Frage ohne Zweifel zu Protokoll nehmen
+und Pemberton verhaften lassen. Aber an diesem wichtigen Tage wagte er
+dies nicht. Er warf oft einen Seitenblick auf die dichten Reihen der
+Earls und Barone, die ihn scharf beobachteten und die ihn beim nchsten
+Parlamente zur Rechenschaft ziehen konnten. Ein Anwesender meinte
+nachher, es habe ausgesehen, als ob alle zuhrenden Peers Stricke in der
+Tasche gehabt htten.[125] Blathwayt wurde endlich gezwungen, ber den
+ganzen Vorgang einen ausfhrlichen Bericht zu erstatten. Es stellte sich
+heraus, da der Knig den Bischfen gegenber keine ausdrckliche
+Verpflichtung eingegangen war; ebenso aber ergab es sich auch, da die
+Bischfe wohl Grund hatten, eine stillschweigende Zusage anzunehmen. Aus
+dem Widerstreben, mit dem die Kronanwlte den Sekretr des Geheimraths
+in die Zeugenloge einfhrten und aus der Heftigkeit, mit der sie sich
+Pemberton's Kreuzfragen widersetzten, geht klar hervor, da sie der
+nmlichen Ansicht waren.
+
+Die Handschrift war jedoch bewiesen. Aber jetzt wurde ein neuer und
+ernster Einwand erhoben. Der Beweis, da die Bischfe das gesetzwidrige
+Libell geschrieben hatten, war nicht gengend; es mute auch bewiesen
+werden, da sie es in der Grafschaft Middlesex geschrieben hatten.
+Allein dies konnten der Fiskal und der Prokurator nicht nur nicht
+beweisen, sondern die Angeklagten waren sogar im Stande, das Gegentheil
+zu beweisen, denn Sancroft hatte von dem Augenblicke an, wo der
+Geheimrathsbefehl erschien, bis zu dem Augenblicke, wo die Petition dem
+Knige berreicht wurde, seinen Palast in Lambeth nicht verlassen. Die
+ganze Anklage fiel daher in sich selbst zusammen und das Publikum
+erwartete mit groer Freude eine vollstndige Freisprechung.
+
+Die Kronjuristen nderten nun abermals ihre Taktik, lieen die Anklage
+auf Abfassung eines Libells ganz fallen und unternahmen es, zu beweisen,
+da die Bischfe in Middlesex ein Libell _verffentlicht_ htten. Das
+war nicht leicht. Die berreichung der Petition an den Knig war in den
+Augen des Gesetzes unzweifelhaft eine Verffentlichung. Aber wie war
+diese berreichung zu beweisen? Es war bei der Audienz im kniglichen
+Kabinet auer dem Knige und den Angeklagten Niemand zugegen gewesen.
+Den Knig konnte man nicht wohl als Zeugen vereidigen. Das Factum der
+Verffentlichung konnte also nur durch das Eingestndni der Angeklagten
+constatirt werden. Blathwayt wurde noch einmal vernommen, aber
+vergebens. Er sagte, er erinnere sich wohl, da die Bischfe ihre
+Unterschriften anerkannt, nicht aber, da sie das auf dem Tische des
+Geheimen Raths liegende Papier als das nmliche anerkannt htten,
+welches sie dem Knige berreichten, noch da sie berhaupt ber diesen
+Punkt befragt worden waren. Mehrere andere Beamte, die im
+Geheimrathszimmer zugegen gewesen waren, wurden aufgerufen, unter ihnen
+Samuel Pepys, Sekretr der Admiralitt; aber keinem von ihnen war es
+erinnerlich, da von der berreichung irgend die Rede gewesen sei.
+Williams bemhte sich vergebens, sie durch verfngliche Fragen zu dem
+gewnschten Zeugnisse zu verleiten, bis endlich die Rechtsanwlte der
+Gegenpartei erklrten, da ein solches Drehen und Wenden noch an keinem
+Gerichtshofe vorgekommen sei, und Wright selbst zugestehen mute, da
+die Vernehmungsweise des Generalprokurators allen Regeln zuwider sei. Da
+ein Zeuge nach dem andren verneinend antwortete, wiederhallte der ganze
+Saal von lautem Gelchter und triumphirendem Jubel, welche zum Schweigen
+zu bringen die Richter gar nicht versuchten.
+
+Der harte Kampf schien endlich gewonnen zu sein; fr die Krone war
+nichts mehr vorzubringen. Htten die Anwlte der Bischfe nun
+geschwiegen, so war die Freisprechung gewi, denn es war nichts
+ausgesagt worden, was auch der parteiischeste und gewissenloseste
+Richter einen rechtskrftigen Beweis fr die Verffentlichung htte
+nennen kennen. Der Oberrichter schickte sich bereits an, den Geschwornen
+das Resum vorzulegen und er wrde sie ohne Zweifel angewiesen haben,
+die Angeklagten freizusprechen, als Finch, der zu aufgeregt war, um mit
+gehriger Besonnenheit handeln zu knnen, noch auftrat und gehrt zu
+werden verlangte. Wenn Sie gehrt sein wollen, sagte Wright, so
+knnen wir Sie nicht hindern zu sprechen; aber ich mu Ihnen bemerken,
+da Sie Ihren eigenen Vortheil nicht erkennen. Die anderen Vertheidiger
+bewogen Finch, sich wieder niederzusetzen und baten den Oberrichter
+fortzufahren. Eben wollte er dies auch thun, da kam ein Bote an den
+Generalprokurator mit der Nachricht, da Lord Sunderland die
+Verffentlichung beweisen knne und sogleich im Gerichtssaal erscheinen
+werde. Wright bemerkte den Vertheidigern in ziemlich spitzigem Tone, da
+sie sich diese neue Wendung der Dinge lediglich selbst zuzuschreiben
+htten. Die Gesichtszge der versammelten Zuschauer verfinsterten sich;
+Finch war einige Stunden lang der unpopulrste Mann im ganzen Lande.
+Warum konnte er nicht ruhig sitzen bleiben wie seine verstndigeren
+Collegen Sawyer, Pemberton und Pollexfen? Seine Sucht, auch etwas zu
+sagen, der Wunsch eine schne Rede zu halten, hatte Alles verdorben.
+
+Inzwischen wurde der Lordprsident in einer Snfte durch die Halle
+getragen. Nicht ein einziger Hut wurde gelftet und viele Stimmen
+riefen: Papistischer Hund! Bleich und zitternd, mit zu Boden gesenktem
+Blicke trat er vor die Schranken und gab mit unsicherer Stimme seine
+Zeugenaussage ab. Er versicherte eidlich, da ihm die Bischfe ihre
+Absicht, dem Knige eine Petition zu berreichen, mitgetheilt htten und
+da sie zu dem Ende in das knigliche Kabinet eingelassen worden seien.
+Dieser Umstand in Verbindung mit dem, da sich, nachdem sie das Kabinet
+verlassen, eine von ihnen unterzeichnete Petition in den Hnden des
+Knigs befand, war fr das Factum der Verffentlichung ein Beweis, der
+einer Jury wohl gengen konnte.
+
+Die Verffentlichung in Middlesex war also ebenfalls bewiesen. Aber war
+das verffentlichte Schriftstck ein falsches, bswilliges und
+aufrhrerisches Libell? Bis jetzt hatte es sich nur darum gehandelt, ob
+eine Thatsache, die Jedermann als wirklich geschehen kannte, nach den
+technischen Regeln des Beweises constatirt werden konnte; jetzt aber
+erhielt der Streit ein hheres Interesse. Man mute die Grenzen der
+kniglichen Hoheitsrechte und der brgerlichen Freiheit, das Recht des
+Knigs, von Gesetzen zu dispensiren, und das Recht der Unterthanen um
+Abstellung von Mistnden zu petitioniren, untersuchen. Drei Stunden
+lang vertheidigten die Anwlte der Petenten mit energischem Nachdrucke
+die Grundprinzipien der Verfassung und bewiesen aus den Protokollen des
+Hauses der Gemeinen, da die Bischfe nur etwas Wahres behauptet htten,
+indem sie dem Knige vorstellten, da die von ihm beanspruchte
+Dispensationsgewalt mehr als einmal vom Parlament fr ungesetzlich
+erklrt worden sei. Somers erhob sich zuletzt. Er sprach wenig ber fnf
+Minuten lang, aber jedes seiner Worte war gewichtigen Inhalts, und als
+er seinen Platz wieder einnahm, war sein Ruf als Redner und als
+constitutioneller Jurist fest begrndet. Er untersuchte die Ausdrcke
+der Anklage, in welcher das den Bischfen zur Last gelegte Vergehen
+dargestellt war, und bewies, da jedes Wort, Adjectiv oder Substantiv,
+durchaus unangemessen sei. Die Anklage laute auf ein falsches,
+bswilliges und aufrhrerisches Libell. Falsch sei das Schriftstck
+nicht, denn jede darin behauptete Thatsache sei durch die
+Parlamentsprotokolle als wahr bewiesen. Auch bswillig sei das
+Schriftstck nicht, denn die Angeklagten htten nicht Streit gesucht,
+sondern die Regierung habe sie in eine Lage versetzt, in der sie sich
+entweder dem kniglichen Willen widersetzen oder die heiligsten
+Pflichten des Gewissens und der Ehre verletzen muten. Aufrhrerisch sei
+das Schriftstck eben so wenig, denn die Verfasser htten es nicht unter
+dem Volke vertheilt, sondern es privatim den Hnden des Knigs allein
+bergeben; auch sei es kein Libell, sondern eine anstndige Petition,
+wie sie nach den Gesetzen Englands, ja nach den Gesetzen des rmischen
+Kaiserreichs und nach den Gesetzen aller civilisirten Staaten jeder
+Unterthan, welcher glaubt, da ihm Unrecht geschehen, mit Fug und Recht
+dem Souverain berreichen drfe.
+
+Der Fiskal replicirte kurz und schwach. Der Prokurator sprach sehr
+ausfhrlich und mit groer Bitterkeit, so da er oft durch Zurufe und
+Zischen des Publikums unterbrochen wurde. Er ging so weit zu behaupten,
+da kein einzelner Unterthan und keine Gemeinschaft von Unterthanen,
+auer die Parlamentshuser, berechtigt sei, eine Petition an den Knig
+zu richten. Die Zuschauer waren wthend und selbst der Oberrichter war
+ganz betroffen ber die Frechheit dieses feilen Achseltrgers.
+
+Wright schritt endlich zum Resum. Seine Rede bewies, da seine Furcht
+vor der Regierung durch die Furcht vor dieser zahlreichen, glnzenden
+und heftig aufgeregten Versammlung gemigt wurde. Er sagte, er wolle
+nicht seine Ansicht ber die Dispensationsfrage abgeben, er habe dies
+nicht nthig, er knne dem Staatsprokurator in vielen Punkten seiner
+Rede nicht beistimmen, ein Unterthan habe allerdings das Recht, zu
+petitioniren, aber die dem Gerichtshofe vorliegende specielle Petition,
+sei ungebhrlich abgefat und daher in den Augen des Gesetzes ein
+Libell. Allibone sprach die nmliche Ansicht aus, bewies aber in seinem
+Vortrag eine so gnzliche Unkenntni des Rechts und der Geschichte, da
+er sich die Verachtung Aller zuzog, die ihn anhrten. Holloway umging
+die Dispensationsfrage, sagte aber, ihm scheine die Petition so gefat,
+wie sie Unterthanen, die sich in ihrem Rechte gekrnkt glaubten, wohl zu
+berreichen befugt seien, und sie sei daher kein Libell. Powell trat
+noch khner auf. Er erklrte geradezu, da seiner Ansicht nach die
+Indulgenzerklrung null und nichtig und die Dispensationsgewalt, wie sie
+neuerdings ausgebt worden, mit allen Gesetzen durchaus unvereinbar sei.
+Wenn man solche bergriffe der Prrogative dulden wolle, so seien die
+Parlamente ganz berflssig, die ganze gesetzgebende Gewalt liege dann
+in den Hnden des Knigs. Diese Entscheidung, meine Herren, sagte er,
+stelle ich Gott und Ihrem Gewissen anheim.[126]
+
+Es war dunkel geworden, als die Jury sich zurckzog, um ber ihren
+Schiedsspruch zu berathen. Diese Nacht war eine Nacht voll ngstlicher
+Spannung. Es existiren noch einige Briefe, welche whrend jener Stunden
+der Ungewiheit abgesendet wurden und die daher ein ganz besonderes
+Interesse haben. Es ist sehr spt, schrieb der ppstliche Nuntius,
+und noch ist die Entscheidung nicht bekannt. Die Richter und die
+Angeklagten haben sich nach Hause begeben, die Geschwornen aber bleiben
+beisammen. Morgen werden wir den Ausgang dieses wichtigen Kampfes
+erfahren.
+
+Der Prokurator der Bischfe brachte mit einer Anzahl Bedienten die ganze
+Nacht auf der Treppe zu, welche nach dem Berathungszimmer der
+Geschwornen fhrte. Es war durchaus nothwendig, die an den Thren Wache
+haltenden Beamten scharf zu beobachten, denn man vermuthete, da sie von
+der Regierung gewonnen waren, und sie konnten daher, wenn sie nicht
+sorgfltig bewacht wurden, einen hfisch gesinnten Geschwornen mit
+Speise und Trank versehen, so da er dann im Stande war, seine elf
+Collegen auszuhungern. Es wurde daher strenge Wache gehalten und nicht
+einmal ein Licht, um eine Pfeife anzuznden, eingelassen. Gegen vier Uhr
+Morgens lie man einige Becken mit Wasser zum Waschen passiren. Die vor
+Durst verschmachtenden Geschwornen tranken gierig die Gefe aus. Die
+umliegenden Straen waren bis zum Morgen von einer groen Volksmenge
+angefllt. Von Stunde zu Stunde kam ein Bote von Whitehall um sich nach
+dem Stande der Sache zu erkundigen. Verschiedene Male hrte man drinnen
+im Zimmer einen heftigen Wortstreit; aber etwas Gewisses erfuhr man
+nicht.[127]
+
+Zuerst waren neun fr die Freisprechung und drei fr die Verurtheilung.
+Zwei von der Minoritt gaben bald nach; Arnold aber beharrte auf seinem
+Ausspruche. Thomas Austin, ein reichbegterter Landgentleman, der die
+Zeugenaussagen und Reden aufmerksam verfolgt und sich ausfhrliche
+Notizen gemacht hatte, wollte die Sache mit ihm speciell errtern.
+Arnold aber lehnte dies ab, indem er rgerlich sagte, er sei nicht
+gewhnt zu raisonniren und zu debattiren, sein Gewissen gestatte ihm
+nicht, die Bischfe freizusprechen. Wenn Sie dabei beharren, sagte
+Austin, so sehen Sie mich an. Ich bin der Grte und Strkste von uns
+Zwlfen; ehe ich aber eine Petition wie diese als ein Libell anerkenne,
+bleibe ich hier, bis ich nicht mehr dicker bin als ein Pfeifenrohr. Es
+war sechs Uhr Morgens, als Arnold endlich nachgab. Es wurde bald
+bekannt, da die Geschwornen einig waren; wie aber ihr Ausspruch
+lautete, war noch ein Geheimni.[128]
+
+Um zehn Uhr versammelte sich der Gerichtshof wieder. Das Gedrnge war
+noch rger als am vorigen Tage. Die Geschwornen erschienen in ihrer Loge
+und es trat eine lautlose Stille ein.
+
+ [Anmerkung 118: +Clarendon's Diary, June+ 21. 1688.]
+
+ [Anmerkung 119: Gitters, 26. Juni (6. Juli) 1688.]
+
+ [Anmerkung 120: Johnstone, 2. Juli 1688.]
+
+ [Anmerkung 121: Johnstone, 2. Juli 1688.]
+
+ [Anmerkung 122: Johnstone, 2. Juli 1688. Der Herausgeber von
+ +Levinz's Reports+ drckt seine groe Verwunderung darber aus,
+ da Levinz nach der Revolution nicht wieder in sein Richteramt
+ eingesetzt wurde. Die von Johnstone erzhlten Thatsachen knnen
+ dies anscheinende Ungerechtigkeit vielleicht erklren.]
+
+ [Anmerkung 123: Ich schliee dies aus einem Briefe von Compton an
+ Sancroft vom 12. Juni.]
+
+ [Anmerkung 124: +Revolution Politics.+]
+
+ [Anmerkung 125: Der Ausdruck eines Augenzeugen. Er findet sich in
+ einem Neuigkeitsbriefe in der Mackintosh-Sammlung.]
+
+ [Anmerkung 126: Siehe den Proze in der +Collection of State
+ Trials+. Einiges habe ich auch von Johnstone und Citters
+ entlehnt.]
+
+ [Anmerkung 127: Johnstone, 2. Juli 1688; Brief von Mr. Ince an den
+ Erzbischof, datirt von sechs Uhr Morgens; +Tanner MS.+;
+ +Revolution Politics+.]
+
+ [Anmerkung 128: Johnstone, 2. Juli 1688.]
+
+
+[_Das Verdict der Geschwornen; Freude des Volks._] Sir Samuel Astry
+sprach: Finden Sie die Angeklagten oder einen von ihnen des Vergehens,
+dessen sie angeklagt sind, schuldig oder nicht schuldig? Sir Roger
+Langley antwortete: Nicht schuldig. Sobald diese Worte ber seine
+Lippen waren, sprang Halifax auf und schwenkte seinen Hut. Auf dieses
+Zeichen brachen alle Bnke und Gallerien in donnernden Beifallsjubel
+aus. Im nchsten Augenblick stimmten die zehntausend Menschen, welche
+die groe Halle fllten, mit noch lauterem Jubel ein, von dem die alte
+eichene Decke erdrhnte, und noch einen Augenblick, so lie die drauen
+versammelte Menge ein drittes Hurrah erschallen, das man in Templebar
+hren konnte. Die Bte, welche den Flu bedeckten, antworteten mit
+gleicher Begeisterung, ein Kanonenschlag knallte auf dem Wasser, dann
+wieder einer und wieder einer, und so flog die frohe Nachricht binnen
+wenigen Augenblicken ber den Savoy und ber die Friars hinaus bis zur
+Londonbrcke und zu dem Mastenwalde der jenseit derselben liegenden
+Schiffe. Wohin die Botschaft kam, brachen Straen und Squares,
+Marktpltze und Kaffeehuser in Freudenjubel aus. Der Jubel aber war
+minder auffallend, als die Thrnen. Denn die Gefhle der Leute waren so
+angespannt worden, da selbst die kalte, an uerungen von
+Gemthsbewegung wenig gewhnte englische Natur berwltigt wurde und
+Tausende vor lauter Freude schluchzten. Inzwischen sprengten von den
+Endpunkten der Menge Reiter fort, um die Kunde von dem Siege der Kirche
+und der Nation durch alle Hauptstraen zu verbreiten. Aber selbst dieser
+gewaltige Ausbruch der Freude vermochte den hmischen und furchtlosen
+Sinn des Staatsprokurators nicht zu erschttern. Er versuchte es, sich
+in dem betubenden Lrme Gehr zu verschaffen und forderte die Richter
+auf, Diejenigen, welche durch ihr Geschrei die Wrde des Gerichtshofes
+verletzt hatten, verhaften zu lassen. Einer aus der jubelnden Menge
+wurde wirklich festgenommen. Indessen sah das Tribunal doch ein, da es
+geradezu lcherlich gewesen wre einen Einzelnen fr eine bertretung zu
+bestrafen, welche Hunderttausende begangen hatten, und entlie ihn daher
+wieder mit einem leichten Verweis.[129]
+
+Es war jetzt nicht daran zu denken, etwas Andres vorzunehmen, denn das
+Getse der Menge war so arg, da man eine halbe Stunde lang im
+Gerichtssaale kein Wort verstehen konnte. Williams stieg unter einem
+Sturme von Zischen und Verwnschungen in seinen Wagen. Cartwright, der
+eine unbezhmbare Neugierde besa, hatte die Thorheit und
+Unschicklichkeit begangen, nach Westminster zu kommen, um zu hren, wie
+das Urtel ausfallen wrde. Man erkannte ihn an seiner Priestertracht und
+seiner Korpulenz und verfolgte ihn durch die ganze Halle mit Geschrei.
+Nehmt Euch vor dem Wolfe in Schafskleidern in Acht, sagte Einer.
+Platz fr den Mann mit dem Papst im Bauche! rief ein Andrer.[130]
+
+Die freigesprochenen Prlaten flchteten sich vor der Menge, die sie um
+ihren Segen bat, in die nchste Kapelle, wo eben Gottesdienst gehalten
+wurde. Viele Kirchen der Hauptstadt waren an diesem Morgen geffnet und
+wurden von vielen Andchtigen besucht. In allen Kirchspielen der City
+und der Vorstdte gingen die Glocken. Unterdessen konnten sich die
+Geschwornen kaum einen Weg aus der Halle bahnen. Von Hunderten muten
+sie sich die Hand drcken lassen. Gott segne Euch, rief das Volk;
+Gott segne Eure Familien! Ihr habt wie brave Gentlemen gehandelt und
+uns Alle heute gerettet. Whrend die Peers, welche zur Untersttzung
+der guten Sache herbeigekommen waren, fortfuhren, warfen sie Hnde voll
+Geld unter die Menge und hieen sie auf das Wohl des Knigs, der
+Bischfe und der Geschwornen trinken.[131]
+
+Der Generalfiskal berbrachte die Nachricht Sunderland, der sich gerade
+mit dem Nuntius unterhielt. Seit Menschengedenken, sagte Powis, hat
+man nicht einen solchen Jubel und so viel Freudenthrnen gesehen wie
+heute.[132] Der Knig hatte am Morgen das Lager auf der Hounslowhaide
+besucht. Sunderland schickte sofort einen Courier mit der Botschaft an
+ihn ab. Jakob befand sich in Feversham's Zelte, als der Expresse ankam.
+Er war sehr rgerlich ber die Nachricht und rief auf Franzsisch aus:
+Sie sollen es bereuen! Er brach sogleich nach London auf. So lange er
+anwesend war, hielt der Respekt die Soldaten ab, ihren Gefhlen freien
+Lauf zu lassen; kaum aber hatte er das Lager verlassen, so hrte er
+hinter sich ein lautes Jubelgeschrei. Er wunderte sich darber und
+fragte, was das bedeute. Es ist nichts, erhielt er zur Antwort, die
+Soldaten freuen sich nur ber die Freisprechung der Bischfe. -- Das
+nennen Sie nichts? sagte der Knig und wiederholte dann noch einmal:
+Sie sollen es bereuen![133]
+
+Er hatte in der That Ursache, verstimmt zu sein, denn seine Niederlage
+war vollstndig und im hchsten Grade demthigend. Wren die Prlaten
+auf Grund mangelhaften Beweises freigesprochen worden, etwa weil sie die
+Petition nicht in Middlesex geschrieben hatten, oder weil es ihnen
+streng nach den Regeln des Gesetzes nicht bewiesen werden konnte, da
+sie dem Knige die Petition, um dessentwillen sie in Untersuchung waren,
+berreicht hatten, so wrde die Prrogative keinen Sto erhalten haben.
+Zum Glck fr das Land aber war die Thatsache der Verffentlichung
+vollkommen festgestellt worden und die Vertheidiger der Angeklagten
+hatten daher das Dispensationsrecht angreifen mssen. Dies hatten sie
+mit groer Gelehrsamkeit, Beredtsamkeit und Khnheit gethan. Die Anwlte
+der Krone waren, wie allgemein anerkannt wurde, in dem Kampfe
+unterlegen. Nicht ein einziger Richter hatte die Indulgenzerklrung fr
+gesetzlich zu erklren gewagt, einer hatte sie sogar in den strksten
+Ausdrcken als ungesetzlich bezeichnet. Die ganze Stadt sprach davon,
+da die Dispensationsgewalt den Todessto bekommen habe. Finch, der den
+Tag vorher allgemein geschmht worden war, wurde jetzt allgemein
+gepriesen. Man sagte, er habe die Sache nicht in einer Weise entschieden
+sehen wollen, wobei die groe Verfassungsfrage auf immer zweifelhaft
+geblieben wre. Er habe eingesehen, da die Freisprechung seiner
+Klienten ohne Verdammung der Indulgenzerklrung nur ein halber Sieg
+gewesen sein wrde. Es ist gewi, da Finch weder die Vorwrfe
+verdiente, mit denen er berhuft wurde, so lange der Ausgang noch
+zweifelhaft war, noch die Lobpreisungen, die ihm gespendet wurden,
+nachdem derselbe so gnstig ausgefallen. Es war thricht, ihn zu tadeln,
+weil die Kronanwlte whrend des von ihm veranlaten kurzen Verzugs
+unerwartet einen neuen Zeugen fanden. Eben so thricht war die Annahme,
+da er seine Klienten absichtlich einer Gefahr ausgesetzt habe, um ein
+allgemeines Prinzip festzustellen, und noch thrichter war es, ihn wegen
+etwas zu loben, was eine grobe Verletzung seiner Berufspflichten gewesen
+sein wrde.
+
+Dem freudigen Tage folgte eine nicht minder freudige Nacht. Die Bischfe
+und einige ihrer achtungswerthen Freunde bemhten sich vergebens,
+tumultuarische Freudenbezeigungen zu verhindern. Die ltesten Leute
+erinnerten sich nicht, jemals, selbst nicht an dem Abende, als es in
+London bekannt wurde, da die schottische Armee sich fr ein freies
+Parlament erklrt hatte, die Straen von so zahlreichen Freudenfeuern
+erhellt gesehen zu haben. Um jedes Feuer hatte sich ein Haufe gelagert,
+der auf das Wohl der Bischfe und auf den Untergang der Papisten trank.
+Die Fenster waren ebenfalls glnzend erleuchtet, jedes gewhnlich durch
+sieben Lichter, von denen das mittelste und lngste den Primas
+vorstellte. Dazu hrte man fortwhrend das Knallen von Schwrmern,
+Raketen und Gewehrschssen. Ein ungeheurer Holzsto brannte gerade dem
+Haupteingange von Whitehall gegenber; andere wurden vor den Thren
+katholischer Peers angezndet. Lord Arundell von Wardour beschwichtigte
+wohlweislich den Pbel mit ein wenig Geld; im Palast Salisbury am Strand
+aber wurde ein Widerstandsversuch gemacht. Die Dienerschaft Lord
+Salisbury's machte einen Ausfall und feuerte; aber nur der unglckliche
+Bttel des Bezirks fiel, der gerade gekommen war, um das Feuer
+auszulschen, und die Schaar wurde bald in den Palast zurckgetrieben.
+Kein Schauspiel jener Nacht amsirte das gemeine Volk so sehr, als
+eines, das ihnen vor mehreren Jahren wohl bekannt gewesen war, und das
+ihnen jetzt nach einer langen Pause wieder gegeben wurde: die
+Verbrennung des Papstes. Dieses vor Zeiten sehr beliebte Schauspiel
+kennt unsere Generation nur aus Beschreibungen und Abbildungen. Eine
+Figur, die aber keineswegs jenen plumpen Conterfeyen von Guy Fawx glich,
+welche noch jetzt am 5. November zur Schau umhergetragen werden, sondern
+die mit einiger Geschicklichkeit von Wachs verfertigt und mit nicht
+geringen Kosten mit Gewndern und einer Tiara geschmckt war, wurde auf
+einen Stuhl gesetzt, hnlich dem, auf welchem noch heute an einigen
+hohen Festtagen die rmischen Bischfe durch die Peterskirche zum
+Hochaltare getragen werden. Seine Heiligkeit war gewhnlich umgeben von
+einem Gefolge von Cardinlen und Jesuiten, und ihm zur Seite stand ein
+als Teufel mit Schweif und Hrnern verkleideter Hanswurst. Kein reicher
+und eifriger Protestant sah bei dieser Gelegenheit eine Guinee an, und
+wenn man der Sage glauben darf, betrugen die Kosten einer solchen
+Prozession zuweilen nicht weniger als tausend Pfund. Nachdem der Papst
+eine Zeit lang ber den Kpfen der Menge zur Schau umhergetragen worden
+war, wurde er unter lautem Jubel den Flammen berliefert. Zur Zeit der
+Popularitt Oates' und Shaftesbury's wurde das Schauspiel alljhrlich am
+Geburtstage der Knigin Elisabeth in Fleet Street unter den Fenstern des
+Whig-Clubs aufgefhrt. Der groteske Gebrauch war so berhmt, da
+Barillon sich einmal in Lebensgefahr begab, um aus einem Versteck
+zuzusehen.[134] Seit der Entdeckung des Ryehousecomplots war die
+Ceremonie bis zu dem Tage der Freisprechung der Bischfe unterblieben.
+An diesem Abende aber tauchten in verschiedenen Stadttheilen Londons
+mehrere Ppste auf. Der Nuntius war hchlich entrstet und der Knig
+fhlte sich durch diese Verhhnung seiner Kirche schwerer gekrnkt als
+durch irgend eine andre ihm zugefgte Beleidigung. Die Behrden konnten
+jedoch nichts thun. Der Sonntagmorgen graute bereits und die Glocken der
+Pfarrkirchen riefen zum Frhgebet, ehe die Feuer zu erlschen und die
+Volksmassen sich zu verlaufen begannen. Es erschien nun alsbald eine
+Proklamation gegen die Ruhestrer. Viele von ihnen, meist Lehrlinge,
+wurden verhaftet: aber die Anklagen gegen sie wurden von den Gerichten
+von Middlesex nicht angenommen. Die Magistratsbeamten, von denen viele
+Katholiken waren, geriethen mit der groen Jury in Streit und schickten
+sie mehrere Male zurck, aber ohne Erfolg.[135]
+
+ [Anmerkung 129: +Collection of State Trials+; +Oldmixon, 739+;
+ +Clarendon's Diary, June 25. 1688+; Johnstone, 2. Juli; Citters,
+ 3.(13.) Juli; Adda, 6.(10.) Juli; +Luttrell's Diary+; Barillon,
+ 2.(12.) Juli.]
+
+ [Anmerkung 130: Citters, 3.(13.) Juli. Der wrdevolle Ernst, mit
+ dem er die Geschichte erzhlt, macht einen komischen Eindruck:
+ +Den Bisschop van Chester, wie seer de partie van het hof houdt,
+ om te voldoen aan syne gewoone nieusgierigheyt, hem op dien tyt in
+ Westminster Hall mede hebbende laten vinden, in het uytgaan
+ doorgaans was uytgekreten voor een grypende wolf in schaaps
+ kleederen; en hy synde een heer van hooge stature en vollyvig,
+ spotsgewyse allomme geroepen was dat men voor hem plaats moeste
+ maken, om te laten passen, gelyck ook geschiede, om dat soo sy
+ uytschreeuwden en hem in het aansigt seyden, hy den Paus in syn
+ buyck hadde.+]
+
+ [Anmerkung 131: Luttrell; Citters, 3.(13.) Juli 1688. +Soo syn in
+ tegendeel gedagte jurys met de uyterste acclamatie en alle
+ teyckenen van genegenheyt en danckbaarheyt in het door passeren
+ van de gemeente ontvangen. Honderden vielen haar om den hals met
+ alle bedenckelycke wewensch van segen en geluck over hare
+ persoonen en familien, om dat sy haar so heusch en eerlyck buyten
+ verwagtinge als het ware in desen gedragen hadden. Veele van de
+ grooten en kleynen adel wierpen in het wegryden handen vol gelt
+ under de armen luyten, om op de gesontheyt van den Coning, der
+ Heeren Prelaten, on de Jurys te drincken.+]
+
+ [Anmerkung 132: +Mi trovava con Milord Sunderland la stessa
+ mattina, quando venne l'Avvocato Generale a rendergli conto del
+ successo, e disse, che mai piu a memoria d'huomini si era sentito
+ un applauso, mescolato di voce e lagrime di giubilo, egual a
+ quello che veniva egli di vedere in quest' occasione.+ Adda,
+ 6.(16.) Juli 1688.]
+
+ [Anmerkung 133: +Burnet, I. 744+; Citters, 3.(13.) Juli 1688.]
+
+ [Anmerkung 134: Siehe eine interessante Erzhlung, welche Danby,
+ damals Herzog von Leeds, zugleich mit anderen Papieren im Jahre
+ 1710 verffentlichte. Eine anziehende Beschreibung der Ceremonie
+ der Papstverbrennung findet sich auch in North's +Examen, 570+.
+ Ferner sehe man die Note zum Epilog des Trauerspiels dipus in
+ Scott's Ausgabe von Dryden.]
+
+ [Anmerkung 135: +Reresby's Memoirs+; Citters, 3.(13.) Juli 1688;
+ Adda, 6.(16.) Juli; Barillon 2.(12.) Juli; +Luttrell's Diary+;
+ Neuigkeitsbrief vom 4. Juli; +Oldmixon, 739+; Ellis'
+ Correspondenz.]
+
+
+[_Eigenthmlicher Zustand der ffentlichen Meinung zu jener Zeit._]
+Inzwischen verbreitete sich die frohe Nachricht durch das ganze Land und
+wurde allenthalben mit Jubel aufgenommen. Gloucester, Bedford und
+Lichfield gehrten zu den Stdten, die sich durch besonderen Eifer
+auszeichneten; Bristol und Norwich aber, welche nach Bevlkerung und
+Reichthum London am nchsten standen, kamen bei diesem freudigen Anlasse
+auch in der Begeisterung der Hauptstadt am nchsten.
+
+Die gerichtliche Verfolgung der sieben Bischfe ist ein Ereigni, das in
+unsrer Geschichte einzig dasteht. Es war der erste und letzte Fall, wo
+zwei mchtige in der Regel einander entgegengesetzte Gefhle, von denen
+jedes fr sich allein bei heftiger Erregung hinreichend war, um den
+Staat zu erschttern, in vollkommener Eintracht verbndet waren. Diese
+Gefhle waren die Liebe zur Kirche und die Liebe zur Freiheit. Whrend
+vieler Generationen war jeder heftige Ausbruch des kirchlichen Gefhls,
+mit einer einzigen Ausnahme, der brgerlichen Freiheit nachtheilig
+gewesen; und ebenso war jeder heftige Ausbruch des Freiheitsgefhls, mit
+einer einzigen Ausnahme, dem Ansehen und Einflusse des Prlatenthums und
+der Priesterschaft verderblich. Im Jahre 1688 war die Sache der
+Hierarchie einen Augenblick die Sache der Volkspartei. Mehr als
+neuntausend Geistliche, mit dem Primas und seinen ehrenwerthesten
+Suffraganen an der Spitze, erklrten sich bereit, Haft und
+Eigenthumsberaubung fr das groe Grundprinzip unsrer freien Verfassung
+zu erdulden. Die Folge war eine Coalition, welche die eifrigsten
+Kavaliere, die eifrigsten Republikaner und alle zwischeninne liegenden
+Parteien der Gesammtheit umfate. Der Geist, welcher Hampden unter der
+vergangenen Generation aufrecht erhalten hatte, verband sich mit dem
+Geiste, welcher Sacheverell unter der folgenden aufrecht erhielt, um den
+Erzbischof, der ein Hampden und ein Sacheverell zugleich war, aufrecht
+zu erhalten. Diejenigen Klassen der Gesellschaft, denen an der Erhaltung
+der Ruhe am meisten gelegen ist, welche in strmischen Zeiten gewhnlich
+am ersten bei der Hand sind, die Regierung zu untersttzen, und welche
+einen natrlichen Widerwillen gegen Aufwiegler hegen, folgten ohne
+Bedenken der Leitung eines ehrwrdigen Mannes, des ersten Peers des
+Reiches, des ersten Dieners der Kirche, eines Tory's in der Politik,
+eines Heiligen in seinem Privatleben, den die Tyrannei wider seinen
+Willen in einen Demagogen verwandelt hatte. Auf der andren Seite flehten
+jetzt selbst Diejenigen, welche das Episcopat als einen berrest des
+Papismus und als ein Werkzeug der Willkrherrschaft stets verabscheut
+hatten, auf den Knien um den Segen eines Prlaten, der bereit war, eher
+Ketten zu tragen und seine alterschwachen Glieder auf die nackten Steine
+eines Kerkers zu legen, als da er die Interessen des protestantischen
+Glaubens verrathen und die Hoheitsrechte der Krone ber das Gesetz
+gestellt htte. Mit der Liebe zur Kirche und der Liebe zur Freiheit
+verband sich in dieser wichtigen Krisis noch ein drittes Gefhl, das zu
+den achtungswerthesten Zgen unsres Nationalcharacters gehrt. Ein durch
+Willkrgewalt unterdrckter Mensch findet bei uns, htte er sonst auch
+nicht den mindesten Anspruch auf Achtung und Dankbarkeit, gewhnlich
+eine rege Theilnahme. So wurde zu den Zeiten unserer Grovter die
+Gesellschaft durch Wilkes' Verfolgung heftig aufgeregt. Wir selbst sahen
+die Nation durch die gegen die Knigin Karoline gebte Hrte fast bis
+zum Wahnsinn gereizt. Daher wurde England, selbst wenn von dem Ausgange
+des Prozesses gegen die Bischfe keine wichtigen politischen oder
+religisen Interessen abgehangen htten, es wahrscheinlich nicht ohne
+starke Regungen von Mitleid und Unwillen mit angesehen haben, wie einige
+Greise von makelloser Tugend von der Rache eines jhzornigen und
+unerbittlichen Frsten verfolgt wurden, der ihrer Treue seine Krone
+verdankte.
+
+Von diesen Gefhlen angetrieben, stellten sich unsere Vorfahren in einer
+ungeheuren und compacten Masse der Regierung entgegen. Die mchtige
+Phalanx war aus allen Stnden, allen Parteien, allen protestantischen
+Seelen gebildet. Im Vordertreffen standen die geistlichen und weltlichen
+Lords, dann kamen die begterte Gentry und der Klerus, beide
+Universitten, alle Gerichtshfe, Grohndler, Krmer und Pchter, die
+Lasttrger, die sich in den Straen der groen Stdte plagten, und die
+Landleute, welche das Feld bebauten. Die Koalition gegen den Knig
+umfate selbst die Matrosen, die seine Schiffe bemannten, selbst die
+Schildwachen, die seinen Palast bewachten. Die Namen Whig und Tory waren
+einen Augenblick vergessen. Der alte Ausschlieungsmann reichte dem
+alten Verabscheuer die Hand; Episcopalen, Presbyterianer, Independenten
+und Baptisten vergaen ihre langjhrigen Fehden, um nur an ihren
+gemeinsamen Protestantismus und an ihre gemeinsame Gefahr zu denken;
+Theologen, die in der Schule Laud's gebildet waren, sprachen nicht nur
+von Duldung, sondern sogar von Einigung. Der Erzbischof erlie bald nach
+seiner Freisprechung einen Hirtenbrief, der eines der merkwrdigsten
+Schriftstcke jener Zeit ist. Er hatte von Jugend auf mit den
+Nonconformisten in Streit gelegen und sie mehrmals mit ungerechter und
+unchristlicher Heftigkeit angegriffen. Sein Hauptwerk war eine hliche
+Karrikatur auf die Calvinistische Theologie.[136] Er hatte fr den 30.
+Januar, den Jahrestag der Hinrichtung Karl'sI., und fr den 29. Mai,
+den Jahrestag der Rckkehr Karl'sII., Gebetsformulare abgefat, welche
+so heftige Schmhungen gegen die Puritaner enthielten, da die Regierung
+es fr nthig erachtet hatte, dieselben zu mildern. Jetzt aber war sein
+Herz erweicht und geffnet. Er ermahnte die Bischfe und die Geistlichen
+feierlich und eindringlich, ihren Brdern, den protestantischen
+Dissenters, mit zarter Rcksicht zu begegnen, sie oft zu besuchen, sie
+gastlich zu bewirthen, sich freundlich mit ihnen zu unterhalten und sie
+womglich zum Anschlu an die Kirche zu bewegen, sich aber, wenn ihnen
+dies nicht gelnge, in ihrem Wirken fr die segensreiche Sache der
+Reformation herzlich und liebreich zu verbinden.[137]
+
+Viele fromme Leute dachten in spteren Jahren mit schmerzlicher
+Sehnsucht an jene Zeit zurck. Sie schilderten dieselbe als den
+flchtigen Schimmer eines goldenen Zeitalters zwischen zwei eisernen
+Zeitaltern. Waren solche Klagen auch natrlich, so waren sie doch nicht
+begrndet. Die Coalition von 1688 war und konnte nur das Erzeugni einer
+an Wahnsinn grenzenden Tyrannei und einer alle groen Institutionen des
+Landes gleichzeitig bedrohenden Gefahr sein. Da eine solche Coalition
+seitdem nicht wieder vorgekommen, hat seinen Grund darin, weil noch nie
+wieder so schlecht und verkehrt regiert worden ist. Man darf nicht
+vergessen, da, wenn auch Eintracht an sich besser ist als Zwietracht,
+doch Zwietracht das Zeichen besserer Zustnde sein kann als Eintracht
+sie andeutet. Unglck und Gefahr zwingen die Menschen oft, sich zu
+verbinden. Glck und Sicherheit bestimmen sie oft, sich zu trennen.
+
+ [Anmerkung 136: Der +Fur Praedestinatus+.]
+
+ [Anmerkung 137: Dieser Hirtenbrief findet sich in der ersten der
+ zwlf Sammlungen von Urkunden ber die englischen Angelegenheiten,
+ die zu Ende des Jahres 1688 und zu Anfang des Jahres 1689 gedruckt
+ wurden. Er wurde am 26. Juli, nicht ganz einen Monat nach dem
+ Prozesse erlassen. Um die nmliche Zeit uerte Lloyd von St.
+ Asaph gegen Heinrich Wharton, da die Bischfe ein ganz neues
+ Verfahren gegen die protestantischen Dissenters einzuschlagen
+ gedchten: +Omni modo curaturos, ut ecclesia sordibus et
+ corruptelis penitus exueretur; ut sectariis reformatis reditus in
+ ecclesiae sinum exoptati occasio ac ratio concederetur, si qui
+ sobrii et pii essent; ut pertinacibus interim jugum levaretur,
+ extinctis penitus legibus mulctatoriis. -- Excerpta ex Vita H.
+ Wharton.+]
+
+
+
+
+ Druck von Philipp Reclam jun. in Leipzig.
+
+
+ * * * * *
+ * * * *
+ * * * * *
+
+
+Druckfehler und Unregelmssigkeiten
+
+Rechtschreibungsformen wie funfzig : fnfzig, Urtel : Urtheil
+und Partein : Parteien sind ungendert. Die Namen Russel und
+Russell sind ebenso ungendert (auch wenn es um die selbe Person
+handelt). Einige doppelte Punkte wie
+
+ [_Sir Patrick Hume und Sir Johann Cochrane._].
+
+sind leise korrigiert.
+
+VII. Kapitel
+
+ [Inhalt]
+ Wycherley, Tindal, Haines [Tintal]
+ Compton. -- Herbert. -- Churchill [Compten]
+ [Anm. VII.1] ... Van Kampen's ... Sir Jakob Mackintosh
+ [Van Kamper's, Makintosh]
+ Zeugen seiner Schmerzensausbrche [Schmerzensausbbrche]
+ [Anm. VII.5] ... j'ay en soin que M. Woodstoc
+ [_ungendert: Namen ist Woodstock_]
+ [Anm. VII.57] +Burnet I. 726--731+ [I.,]
+ [Anm. VII.63] ... jusqu' l'actuel payement. [j'usqu']
+ Namens Johnstone [Johnestone]
+ die berreste des Ignatius Loyola [Loyla]
+
+VIII. Kapitel
+
+ Heinrich's VI. und Heinrich's VIII. gebildet waren [Heinrichs VIII.]
+ Sie ... sind ... aus der Schrift heimschicken: Gehet hin ...
+ widerfahre.
+ [_anfhrungsszeichen ungendert_]
+ vierzig Fellow's [_' im Original_]
+ Von Whitehall war keine Antwort gekommen. [Withehall]
+ von Windsor nach Portsmouth [Portsmuth]
+ [Anm. VIII.34] ... Note zu Burnet I. 755 [I, 755]
+ [Anm. VIII.41] ... +Burnet I. 264+ [I, 264]
+ [Anm. VIII.45] ... 2.(12.) Dec. [2.(12. Dec.).]
+ [Anm. VIII.127] ... +Tanner MS.+ [Ms.]
+ durch Wilkes' Verfolgung [Wilke's]
+
+
+
+
+
+
+
+End of the Project Gutenberg EBook of Geschichte von England seit der
+Thronbesteigung Jakob's des Zweiten., by Thomas Babington Macaulay
+
+*** END OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK GESCHICHTE VON ENGLAND--VIERTER BAND ***
+
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+Produced by Louise Hope, Delphine Lettau, richyfourtytwo
+and the Online Distributed Proofreading Team at
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+such as creation of derivative works, reports, performances and
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+works. See paragraph 1.E below.
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+is also defective, you may demand a refund in writing without further
+opportunities to fix the problem.
+
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+in paragraph 1.F.3, this work is provided to you 'AS-IS' WITH NO OTHER
+WARRANTIES OF ANY KIND, EXPRESS OR IMPLIED, INCLUDING BUT NOT LIMITED TO
+WARRANTIES OF MERCHANTIBILITY OR FITNESS FOR ANY PURPOSE.
+
+1.F.5. Some states do not allow disclaimers of certain implied
+warranties or the exclusion or limitation of certain types of damages.
+If any disclaimer or limitation set forth in this agreement violates the
+law of the state applicable to this agreement, the agreement shall be
+interpreted to make the maximum disclaimer or limitation permitted by
+the applicable state law. The invalidity or unenforceability of any
+provision of this agreement shall not void the remaining provisions.
+
+1.F.6. INDEMNITY - You agree to indemnify and hold the Foundation, the
+trademark owner, any agent or employee of the Foundation, anyone
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+with this agreement, and any volunteers associated with the production,
+promotion and distribution of Project Gutenberg-tm electronic works,
+harmless from all liability, costs and expenses, including legal fees,
+that arise directly or indirectly from any of the following which you do
+or cause to occur: (a) distribution of this or any Project Gutenberg-tm
+work, (b) alteration, modification, or additions or deletions to any
+Project Gutenberg-tm work, and (c) any Defect you cause.
+
+
+Section 2. Information about the Mission of Project Gutenberg-tm
+
+Project Gutenberg-tm is synonymous with the free distribution of
+electronic works in formats readable by the widest variety of computers
+including obsolete, old, middle-aged and new computers. It exists
+because of the efforts of hundreds of volunteers and donations from
+people in all walks of life.
+
+Volunteers and financial support to provide volunteers with the
+assistance they need are critical to reaching Project Gutenberg-tm's
+goals and ensuring that the Project Gutenberg-tm collection will
+remain freely available for generations to come. In 2001, the Project
+Gutenberg Literary Archive Foundation was created to provide a secure
+and permanent future for Project Gutenberg-tm and future generations.
+To learn more about the Project Gutenberg Literary Archive Foundation
+and how your efforts and donations can help, see Sections 3 and 4
+and the Foundation web page at https://www.pglaf.org.
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+
+Section 3. Information about the Project Gutenberg Literary Archive
+Foundation
+
+The Project Gutenberg Literary Archive Foundation is a non profit
+501(c)(3) educational corporation organized under the laws of the
+state of Mississippi and granted tax exempt status by the Internal
+Revenue Service. The Foundation's EIN or federal tax identification
+number is 64-6221541. Its 501(c)(3) letter is posted at
+https://pglaf.org/fundraising. Contributions to the Project Gutenberg
+Literary Archive Foundation are tax deductible to the full extent
+permitted by U.S. federal laws and your state's laws.
+
+The Foundation's principal office is located at 4557 Melan Dr. S.
+Fairbanks, AK, 99712., but its volunteers and employees are scattered
+throughout numerous locations. Its business office is located at
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+business@pglaf.org. Email contact links and up to date contact
+information can be found at the Foundation's web site and official
+page at https://pglaf.org
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+ Dr. Gregory B. Newby
+ Chief Executive and Director
+ gbnewby@pglaf.org
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+
+Section 4. Information about Donations to the Project Gutenberg
+Literary Archive Foundation
+
+Project Gutenberg-tm depends upon and cannot survive without wide
+spread public support and donations to carry out its mission of
+increasing the number of public domain and licensed works that can be
+freely distributed in machine readable form accessible by the widest
+array of equipment including outdated equipment. Many small donations
+($1 to $5,000) are particularly important to maintaining tax exempt
+status with the IRS.
+
+The Foundation is committed to complying with the laws regulating
+charities and charitable donations in all 50 states of the United
+States. Compliance requirements are not uniform and it takes a
+considerable effort, much paperwork and many fees to meet and keep up
+with these requirements. We do not solicit donations in locations
+where we have not received written confirmation of compliance. To
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+particular state visit https://pglaf.org
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+While we cannot and do not solicit contributions from states where we
+have not met the solicitation requirements, we know of no prohibition
+against accepting unsolicited donations from donors in such states who
+approach us with offers to donate.
+
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+any statements concerning tax treatment of donations received from
+outside the United States. U.S. laws alone swamp our small staff.
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+methods and addresses. Donations are accepted in a number of other
+ways including including checks, online payments and credit card
+donations. To donate, please visit: https://pglaf.org/donate
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+Section 5. General Information About Project Gutenberg-tm electronic
+works.
+
+Professor Michael S. Hart was the originator of the Project Gutenberg-tm
+concept of a library of electronic works that could be freely shared
+with anyone. For thirty years, he produced and distributed Project
+Gutenberg-tm eBooks with only a loose network of volunteer support.
+
+
+Project Gutenberg-tm eBooks are often created from several printed
+editions, all of which are confirmed as Public Domain in the U.S.
+unless a copyright notice is included. Thus, we do not necessarily
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+
+This Web site includes information about Project Gutenberg-tm,
+including how to make donations to the Project Gutenberg Literary
+Archive Foundation, how to help produce our new eBooks, and how to
+subscribe to our email newsletter to hear about new eBooks.
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+h1, h2, h3, h4, h5, h6 {text-align: center; font-style: normal;
+font-weight: normal; line-height: 1.5; margin-top: .5em;
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+</head>
+
+<body>
+<div>*** START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK 30331 ***</div>
+
+<div class = "mynote">
+
+<p><a name = "start" id = "start">Dieser Text</a> benutzt die
+UTF-8-Kodierung (Unicode). Wenn die Apostrophe, Anführungs&shy;zeichen
+und die Umlaute in diesem Absatz als seltsame Zeichen dargestellt
+werden, könnte es auch an Ihrem inkompa&shy;tiblen Browser oder an
+fehlenden Fonts (Zeichen&shy;sätzen) liegen. Stellen Sie zunächst
+sicher, dass der „Zeichensatz“ oder „Datei-Kodierung“ auf Unicode
+(UTF-8) eingestellt ist. Eventuell ist es auch nötig, die
+Standard&shy;schrift Ihres Browser zu ändern.</p>
+
+<p>Einige Druckfehler sind korrigiert und mit <ins class = "correction"
+title = "wie so">popups</ins> notiert. Recht&shy;schreibungs&shy;formen
+wie »funfzig« : »fünfzig«, »Urtel« : »Urtheil« und »Partein« :
+»Parteien« sind ungeändert. Die Namen »Russel« und »Russell« sind ebenso
+ungeändert (auch wenn es um die selbe Person handelt).</p>
+
+<p class = "hanging"><a href = "#kap_VII">7. Kapitel</a><br>
+<a href = "#inhalt_VII">Inhalt</a></p>
+
+<p class = "hanging"><a href = "#kap_VII">8. Kapitel</a><br>
+<a href = "#inhalt_VIII">Inhalt</a></p>
+
+
+</div>
+
+<div class = "titlepage">
+
+<h2>Thomas Babington Macaulay’s</h2>
+
+<h1>Geschichte von England</h1>
+
+
+<h6><em>seit der</em></h6>
+
+<p>&nbsp;</p>
+
+<h4>Thronbesteigung Jakob’s des Zweiten.</h4>
+
+<p>&nbsp;</p>
+
+<hr class = "tiny">
+
+<p>&nbsp;</p>
+
+<h6><em>Aus dem Englischen.</em></h6>
+
+<p>&nbsp;</p>
+
+<hr class = "border">
+
+<h5 class = "sans">Vollständige und wohlfeilste Stereotyp-Ausgabe.</h5>
+
+<hr class = "border">
+
+<p>&nbsp;</p>
+
+<h5>Vierter Band</h5>
+
+<p>&nbsp;</p>
+
+<p class = "illustration">
+<img src = "images/floral.png" width = "178" height = "9"
+alt = "----"></p>
+
+<h5>Leipzig, 1854.</h5>
+
+<h6 class = "extended">G. H. Friedlein.</h6>
+
+</div>
+
+
+<a name = "kap_VII" id = "kap_VII">&nbsp;</a>
+<div class = "chapterhead">
+
+<span class = "pagenum">VII.1</span>
+<a name = "pageVII_1" id = "pageVII_1"> </a>
+
+<h5><b>Siebentes Kapitel.</b></h5>
+
+<h4><span class = "extended">Jakob</span> <b>II.</b></h4>
+
+<hr class = "tiny">
+
+</div>
+
+<a name = "pageVII_2" id = "pageVII_2"> </a>
+
+<span class = "pagenum">VII.3</span>
+<a name = "pageVII_3" id = "pageVII_3"> </a>
+
+<h4><a name = "inhalt_VII" id = "inhalt_VII">
+<b><span class = "extended">Inhalt</span>.</b></a></h4>
+
+<hr class = "micro">
+
+<table class = "toc" summary = "inhaltsverzeichniss">
+<tr>
+<td></td>
+<td class = "seite">Seite</td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVII_1">Wilhelm, Prinz von Oranien</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_5">5</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVII_2">Sein Äußeres</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_5">5</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVII_3">Sein früheres Leben und seine
+Erziehung</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_5">5</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVII_4">Seine religiösen Ansichten</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_7">7</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVII_5">Seine militairischen Talente</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_8">8</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVII_6">Sein Vergnügen an Gefahren; seine schlechte
+Gesundheit</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_10">10</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVII_7">Kälte seines Benehmens und Heftigkeit
+seiner Gemüthsregungen</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_10">10</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVII_8">Seine Freundschaft für Bentinck</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_10">10</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVII_9">Marie, Prinzessin von Oranien</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_12">12</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVII_10">Gilbert Burnet</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_14">14</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVII_11">Er vermittelt eine innigere Annäherung
+zwischen dem Prinzen und der Prinzessin</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_17">17</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVII_12">Beziehungen Wilhelm’s zu den englischen
+Parteien</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_18">18</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVII_13">Seine Gesinnungen gegen England</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_18">18</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVII_14">Seine Gesinnungen gegen Holland und
+Frankreich</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_19">19</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVII_15">Seine Politik durchaus consequent</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_22">22</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVII_16">Vertrag von Augsburg</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_24">24</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVII_17">Wilhelm wird das Oberhaupt der englischen
+Opposition</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_25">25</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVII_18">Mordaunt schlägt Wilhelm eine Landung in
+England vor</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_26">26</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVII_19">Wilhelm verwirft den Rath</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_26">26</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVII_20">Unzufriedenheit in England nach dem Sturze
+der Hyde</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_27">27</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVII_21">Bekehrungen zum Papismus; Peterborough,
+Salisbury</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_27">27</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVII_22">Wycherley, <ins class = "correction" title
+= "Original hat »Tintal«">Tindal</ins>, Haines</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_28">28</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVII_23">Dryden</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_29">29</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVII_24"><span class = "antiqua">„The Hind and
+Panther.“</span></a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_30">30</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVII_25">Änderung in dem Verfahren des Hofes gegen
+die Puritaner</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_32">32</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVII_26">In Schottland theilweise Duldung
+gewährt</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_35">35</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVII_27">Persönliche Bearbeitung Einzelner im
+königlichen Kabinet</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_36">36</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVII_28">Erfolglosigkeit der persönlichen
+Bearbeitung</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_37">37</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVII_29">Admiral Herbert</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_37">37</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVII_30">Die Indulgenzerklärung</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_37">37</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVII_31">Stimmung der protestantischen
+Dissenters</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_39">39</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVII_32">Stimmung der anglikanischen Kirche</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_40">40</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVII_33">Der Hof und die Kirche</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_40">40</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVII_34">„Brief an einen Dissenter.“</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_42">42</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVII_35">Benehmen der Dissenters</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_43">43</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVII_36">Einige von ihnen halten es mit dem Hofe.
+Care, Alsop, Rosewell</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_45">45</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVII_37">Lobb</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_46">46</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td>
+<span class = "pagenum">VII.4</span>
+<a name = "pageVII_4" id = "pageVII_4"> </a>
+<a href = "#secVII_38">Penn</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_46">46</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVII_39">Die Mehrzahl der Puritaner ist gegen den
+Hof. Baxter</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_46">46</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVII_40">Howe</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_47">47</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVII_41">Bunyan</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_47">47</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVII_42">Kiffin</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_49">49</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVII_43">Der Prinz und die Prinzessin von Oranien
+gegen die Indulgenzerklärung</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_52">52</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVII_44">Vertheidigung ihrer Ansichten bezüglich
+der englischen Katholiken</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_53">53</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVII_45">Jakob’s Feindschaft gegen Burnet</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_57">57</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVII_46">Sendung Dykvelt’s nach England</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_59">59</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVII_47">Unterhandlungen Dykvelt’s mit englischen
+Staatsmännern</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_59">59</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVII_48">Danby</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_60">60</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVII_49">Nottingham</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_60">60</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVII_50">Halifax</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_61">61</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVII_51">Devonshire</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_62">62</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVII_52">Eduard Russel</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_64">64</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVII_53"><ins class = "correction" title =
+"Original hat »Compten«">Compton</ins>. -- Herbert. &mdash;
+Churchill</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_65">65</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVII_54">Lady Churchill und die Prinzessin
+Anna</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_66">66</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVII_55">Dykvelt kehrt mit Briefen von vielen
+angesehenen Engländern nach dem Haag zurück</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_68">68</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVII_56">Zulestein’s Sendung</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_69">69</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVII_57">Zunehmende Feindschaft zwischen Jakob und
+Wilhelm</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_70">70</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVII_58">Einfluß der holländischen Presse</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_71">71</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVII_59">Stewart’s und Fagel’s Correspondenz</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_71">71</a></td>
+</tr>
+<tr class = "bottomline">
+<td><a href = "#secVII_60">Castelmaine’s Gesandtschaft in Rom</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_72">72</a></td>
+</tr>
+<tr class = "toppad">
+<td><a href = "#kap_VIII">[<i>8. Kapitel</i>]</a></td>
+<td></td>
+</tr>
+</table>
+
+
+<span class = "pagenum">VII.5</span>
+<a name = "pageVII_5" id = "pageVII_5"> </a>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Wilhelm, Prinz von Oranien.</span>
+<a name = "secVII_1" id = "secVII_1">Wilhelm</a> Heinrich, Prinz von
+Oranien-Nassau, nimmt in der Geschichte Englands und der gesammten
+Menschheit eine so bedeutende Stelle ein, daß es wünschenswerth
+erscheint, die markirten Züge seines Characters mit einiger
+Ausführlichkeit zu zeichnen.<a class = "tag" name = "tagVII_1" id =
+"tagVII_1" href = "#noteVII_1">1</a></p>
+
+<p class = "footnote">
+<a name = "noteVII_1" id = "noteVII_1" href = "#tagVII_1">1.</a>
+Die Hauptquellen, aus denen ich meine Schilderung des Prinzen von
+Oranien geschöpft habe, sind Burnet’s Geschichte, Temple’s und
+Gourville’s Memoiren, die Unterhandlungen der Grafen Estrades und Avaux,
+Sir Georg Downing’s Briefe an den Lordkanzler Clarendon, Wagenaar’s
+umfangreiches Geschichtswerk, <ins class = "correction" title =
+"Original hat »Van Kamper’s«">Van Kampen’s</ins> <span class =
+"antiqua">Karakterkunde Vaderlandsche Geschiedenis</span>, und vor Allem
+Wilhelm’s eigene vertrauliche Correspondenz, von welcher der Herzog von
+Portland Sir Jakob <ins class = "correction" title = "Original hat »Makintosh«">Mackintosh</ins> eine Abschrift zu nehmen erlaubte.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Sein Äußeres.</span>
+<a name = "secVII_2" id = "secVII_2">Er</a> stand jetzt in seinem
+siebenunddreißigsten Lebensjahre, war aber körperlich und geistig älter
+als andere Leute in diesen Jahren. Man könnte fast sagen, er sei niemals
+jung gewesen. Sein Äußeres ist uns fast eben so gut bekannt, als seinen
+eigenen Heerführern und Räthen. Bildhauer, Maler und Münzschneider haben
+ihre ganze Geschicklichkeit aufgeboten, um seine Züge der Nachwelt zu
+überliefern, und diese waren von der Art, daß kein Künstler sie
+verfehlen und daß, wer sie einmal gesehen, sie nie vergessen konnte.
+Sein Name erinnert uns sogleich an eine schmächtige und zarte Gestalt,
+an eine hohe und breite Stirn, an eine wie der Schnabel eines Adlers
+gebogene Nase, an ein Paar Augen, die an Glanz und Schärfe mit denen des
+Adler wetteiferten, an eine gedankenvolle, etwas finstre Miene, einen
+festen und etwas mürrischen Mund, an eine bleiche, eingefallene und
+durch Krankheit und Sorgen tief gefurchte Wange. Dieses gedankenvolle,
+ernste und feierliche Aussehen konnte kaum einem glücklichen und
+lebensfrohen Manne angehört haben; aber es verräth in unverkennbarer
+Weise die Befähigung zu den schwierigsten Unternehmungen und einen durch
+kein Mißgeschick und durch keine Gefahren zu erschütternden Muth.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Sein früheres Leben und seine Erziehung.</span>
+<a name = "secVII_3" id = "secVII_3">Die</a> Natur hatte Wilhelm mit
+allen Eigenschaften eines großen Herrschers reich ausgestattet und die
+Erziehung hatte diese Eigenschaften in nicht gewöhnlichem Grade
+entwickelt. Mit einem scharfen natürlichen Verstande und einer seltenen
+Willenskraft sah er sich, als sein Geist zu erwachen begann, als vater-
+und mutterlose Waise, als das Oberhaupt einer großen, aber unterdrückten
+und entmuthigten Partei und als den Erben ausgedehnter aber unbestimmter
+Ansprüche, welche die Furcht und die Abneigung der damals in den
+Niederlanden herrschenden Oligarchie erregten. Das gemeine Volk,
+<span class = "pagenum">VII.6</span>
+<a name = "pageVII_6" id = "pageVII_6"> </a>
+das seit einem Jahrhundert seinem Hause treu ergeben war, bewies so oft
+es ihn sah, auf nicht zu verkennende Weise, daß es ihn als sein
+rechtmäßiges Oberhaupt betrachtete. Die geschickten und erfahrenen
+Minister der Republik, die seinen Namen tödtlich haßten, brachten ihm
+täglich ihre erzwungene Huldigung dar und beobachteten dabei die
+Fortschritte seines Geistes. Die ersten Regungen seines Ehrgeizes wurden
+sorgfältig bewacht, jedes unüberlegte Wort, das ihm entschlüpfte, wurde
+niedergeschrieben, und er besaß nicht einen einzigen Rathgeber, auf
+dessen Ausspruch Vertrauen gesetzt werden konnte. Er war kaum funfzehn
+Jahre alt, so wurden alle Diener, die seinem Interesse ergeben waren und
+die sein Vertrauen genossen, von der mißtrauischen Regierung aus seinem
+Hause entfernt. Er sträubte sich dagegen mit einer weit über seine Jahre
+hinausgehenden Energie, aber vergebens. Aufmerksame Beobachter sahen
+mehr als einmal Thränen in den Augen des jungen Staatsgefangenen. Seine
+von Haus aus zarte Gesundheit war eine Zeit lang durch die
+Gemüthsbewegungen, die seine traurige und vereinsamte Stellung erzeugte,
+ernstlich erschüttert. Eine solche Lage macht den Schwachen muthlos und
+bestürzt, dem Starken giebt sie eine verdoppelte Kraft. Von Schlingen
+umgeben, in denen ein gewöhnlicher Jüngling umgekommen sein würde,
+lernte Wilhelm vorsichtig und zu gleicher Zeit energisch auftreten.
+Schon lange bevor er das Mannesalter erreicht, verstand er es,
+Geheimnisse zu bewahren, die Neugierde durch trockene und wohlüberlegte
+Antworten abzutrumpfen und alle Leidenschaften unter dem nämlichen
+Scheine ernster Ruhe zu verbergen. In der feinen Weltbildung und in
+literarischen Kenntnissen machte er dagegen nur geringe Fortschritte.
+Dem Benehmen des holländischen Adels jener Zeit fehlte die
+liebenswürdige Anmuth, welche bei den gebildeten Franzosen in höchster
+Vollkommenheit zu finden war und in geringerem Grade auch den englischen
+Hof zierte; seine Manieren waren durchaus holländisch. Selbst seine
+eigenen Landsleute nannten ihn plump, und Ausländern erschien er oft
+noch mehr als dies. In seinem Verkehr mit der Welt im Allgemeinen schien
+er jene Fertigkeiten, welche den Werth einer Gunstbezeugung erhöhen und
+einer Verweigerung die Spitze abbrechen, nicht zu kennen oder sie zu
+verschmähen. Die Literatur und die Wissenschaften interessirten ihn
+wenig; er wußte nichts von den Entdeckungen eines Newton und Leibnitz,
+von den Poesien eines Dryden und Boileau; dramatische Darstellungen
+langweilten ihn und er war froh, wenn er den Blick von der Bühne
+abwenden und von öffentlichen Angelegenheiten sprechen konnte, während
+Orestes raste oder Tartüffe der Elmira die Hand drückte. Er besaß zwar
+einiges Talent zu Sarkasmen und entfaltete nicht selten ganz unbewußt
+eine sonderbar klingende, aber kräftige und originelle natürliche
+Redekunst, aber nach den Titel eines Schöngeistes oder eines Redners
+strebte er nicht. Seine ganze Aufmerksamkeit war auf diejenigen Studien
+gerichtet gewesen, welche einen tüchtigen und umsichtigen Geschäftsmann
+bilden. Von Kindheit an hörte er mit Interesse zu, wenn wichtige Fragen
+über Bündnisse, Finanzen und Krieg besprochen wurden. Von der Geometrie
+lernte er soviel als zum Bau einer Schanze oder eines Hornwerks nöthig
+war. Von fremden Sprachen lernte er mit Hülfe seines ausgezeichneten
+Gedächtnisses soviel als er bedurfte, um Alles, was mit ihm gesprochen
+wurde, und jeden Brief, den er empfing, verstehen und beantworten zu
+können. Das Holländische war seine Umgangssprache. Er verstand
+Lateinisch, Italienisch
+<span class = "pagenum">VII.7</span>
+<a name = "pageVII_7" id = "pageVII_7"> </a>
+und Spanisch, sprach und schrieb Französisch, Englisch und Deutsch, zwar
+nicht elegant und grammatisch richtig, aber fließend und verständlich.
+Keine Fähigkeit konnte wichtiger sein für einen Mann, der dazu bestimmt
+war, große Bündnisse zu organisiren und Armeen zu commandiren, die aus
+verschiedenen Nationalitäten zusammengesetzt waren.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Seine religiösen Ansichten.</span>
+<a name = "secVII_4" id = "secVII_4">Eine</a> Klasse von philosophischen
+Fragen war durch die Umstände seiner Aufmerksamkeit dringend empfohlen
+worden und scheint ihn mehr interessirt zu haben, als man es von seinem
+allgemeinen Character hätte erwarten sollen. Die Protestanten der
+Vereinigten Provinzen bestanden wie die unsrer Insel aus zwei großen
+religiösen Partein, welche zwei großen politischen Parteien fast genau
+entsprachen. Die Oberhäupter der städtischen Oligarchie waren Arminianer
+und wurden im Allgemeinen von der Menge als nicht viel besser denn
+Papisten betrachtet. Die Prinzen von Oranien waren gewöhnlich die
+Schutzpatrone der calvinistischen Theologie gewesen und verdankten
+keinen geringen Theil ihrer Popularität ihrem Eifer für die Lehren von
+der Gnadenwahl und dem endlichen Beharren, einem Eifer, der nicht immer
+durch Kenntnisse erleuchtet oder durch Humanität gemäßigt war. Wilhelm
+war von Kindheit auf in dem theologischen System, dem seine Familie
+anhing, sorgfältig unterrichtet worden, und betrachtete dieses System
+mit größerer Vorliebe, als man in der Regel für seinen ererbten Glauben
+hegt. Er hatte über die großen Probleme, welche auf der Synode von
+Dortrecht erörtert worden waren, nachgedacht und in der strengen,
+unbeugsamen Logik der genfer Schule etwas gefunden, was seinem Verstande
+und seinem Gemüth zusagte. Das Beispiel von Unduldsamkeit, das einige
+seiner Vorgänger gegeben, ahmte er jedoch niemals nach; er empfand gegen
+alle Verfolgung eine entschiedene Abneigung, die er nicht allein da
+aussprach, wo ein solches Eingeständniß offenbar staatsklug war, sondern
+auch in Fällen, wo es den Anschein hatte, daß sein Interesse durch
+Verstellung oder Stillschweigen hätte gefördert werden können.
+Gleichwohl waren seine theologischen Ansichten noch entschiedener als
+die seiner Vorgänger. Die Lehre von der Prädestination war der
+Grundstein seiner Religion. Er erklärte oft, daß wenn er diese Lehre
+aufgeben müßte, er zugleich mit derselben allen Glauben an eine waltende
+Vorsehung aufgeben und ein reiner Epikuräer werden müßte. Diesen
+einzigen Punkt ausgenommen, wurde die ganze Fülle seines kräftigen
+Geistes frühzeitig von dem Theoretischen ab und auf das Praktische
+gelenkt. Die Fähigkeiten, deren es zur Leitung wichtiger Geschäfte
+bedarf, gediehen bei ihm schon in einem Alter zur Reife, wo sie sich bei
+gewöhnlichen Menschen kaum erst zu entfalten begonnen haben. Seit
+Octavius hatte die Welt kein solches Beispiel frühzeitiger
+staatsmännischer Befähigung gesehen. Erfahrene Diplomaten erstaunten
+über die treffenden Bemerkungen, die der siebzehnjährige Prinz über
+öffentliche Angelegenheiten machte, und mit noch weit größerem Erstaunen
+sahen sie diesen Knaben in Lagen, wo man hätte erwarten sollen, daß er
+starke Leidenschaften verrathen werde, eine eben so unerschütterliche
+Ruhe bewahren, wie sie selbst. Mit achtzehn Jahren saß er bereits unter
+den Vätern der Republik, ernst, besonnen und einsichtsvoll wie der
+Älteste unter ihnen. Mit zweiundzwanzig Jahren ward er an einem Tage der
+Trauer und des Schreckens an die Spitze der Verwaltung gestellt. Mit
+dreiundzwanzig Jahren war er durch ganz Europa als Feldherr und
+Staatsmann berühmt. Er hatte innere Factionen niedergeworfen,
+<span class = "pagenum">VII.8</span>
+<a name = "pageVII_8" id = "pageVII_8"> </a>
+war die Seele einer mächtigen Coalition und hatte im Felde gegen einige
+von den größten Generälen seiner Zeit mit Ehren gefochten.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Seine militairischen Talente.</span>
+<a name = "secVII_5" id = "secVII_5">Seine</a> persönlichen Neigungen
+waren mehr die eines Kriegers als die eines Staatsmannes, aber wie sein
+Urgroßvater, der schweigsame Prinz, der die batavische Republik
+gründete, nimmt er unter den Staatsmännern einen viel höheren Rang ein
+als unter den Feldherren. Der Verlauf der Schlachten ist allerdings kein
+untrüglicher Prüfstein für die Talente eines Befehlshabers, und es würde
+ganz besonders ungerecht sein, wollte man diesen Prüfstein bei Wilhelm
+anwenden, denn das Schicksal wollte, daß er fast stets Feldherren,
+welche vollendete Meister in ihrer Kunst, und Truppen gegenüberstand,
+welche in der Disciplin den seinigen weit überlegen waren. Indessen läßt
+sich mit gutem Grunde annehmen, daß er als General im offenen Felde
+Manchem, der in geistiger Beziehung tief unter ihm stand, keineswegs
+gleichkam. Mit Leuten, die sein Vertrauen besaßen, sprach er über diesen
+Gegenstand mit der edlen Offenheit eines Mannes, der Großes vollbracht
+hat und der recht wohl auch einige Mängel eingestehen kann. Er sagte, er
+habe keine Lehrzeit für den militairischen Beruf bestanden; er sei schon
+als Knabe an die Spitze einer Armee gestellt worden, unter seinen
+Offizieren habe sich keiner befunden, der fähig gewesen wäre, ihn zu
+unterweisen; nur aus seinen eigenen Fehlern und deren Folgen habe er
+etwas lernen können. „Ich würde einen guten Theil meines Vermögens darum
+geben,“ rief er einmal aus, „wenn ich einige Feldzüge unter dem Prinzen
+von Condé mitgemacht hätte, ehe ich gegen ihn commandiren mußte.“ Es ist
+nicht unwahrscheinlich, daß der Umstand, welcher Wilhelm verhinderte,
+eine ausgezeichnete strategische Bildung zu erlangen, der allgemeinen
+Entwickelung seiner Geisteskräfte zu Gute gekommen ist. Bewiesen seine
+Schlachten auch nicht den großen Taktiker, so berechtigten sie ihn doch
+zu dem Titel eines großen Mannes. Kein Mißgeschick konnte ihn nur einen
+Augenblick seiner Festigkeit und des vollständigen Besitzes aller seiner
+Fähigkeiten berauben. Seine Niederlagen wurden mit einer so wunderbaren
+Schnelligkeit wieder gut gemacht, daß er, noch ehe seine Feinde das
+Tedeum gesungen hatten, schon wieder zum Kampfe gerüstet war; auch
+beeinträchtigten solche Schläge in keiner Weise die Achtung und das
+Vertrauen, dessen er sich von Seiten seiner Soldaten erfreute. Diese
+Achtung und dieses Vertrauen verdankte er in nicht geringem Maße seinem
+persönlichen Muthe. Den Grad von Muth, dessen der Soldat bedarf, um
+einen Feldzug ohne Schande zu bestehen, besitzen die meisten Menschen
+oder wenigstens können sie denselben in einer guten Schule erlangen. Ein
+Muth wie der des Prinzen Wilhelm aber ist in der That selten. Er wurde
+auf jede nur mögliche Weise geprüft, durch Krieg, durch Wunden, durch
+schmerzhafte und entnervende Krankheiten, durch Seestürme, durch die
+beständig drohende Gefahr, ermordet zu werden, eine Gefahr, die schon
+sehr starke Nerven erschüttert hat und durch welche selbst die eiserne
+Tapferkeit Cromwell’s einen harten Stoß erhielt. Aber Niemand konnte je
+etwas entdecken, was der Prinz von Oranien fürchtete. Seine Rathgeber
+konnten ihn nur mit Mühe dazu bringen, daß er einige Vorsichtsmaßregeln
+gegen die Pistolen und Dolche von Verschwörern ergriff.<a class = "tag"
+name = "tagVII_2" id = "tagVII_2" href = "#noteVII_2">2</a> Alte
+Seeleute erstaunten über die kaltblütige Ruhe, die er
+<span class = "pagenum">VII.9</span>
+<a name = "pageVII_9" id = "pageVII_9"> </a>
+inmitten tobender Brandungen an einer gefahrvollen Küste bewahrte. In
+der Schlacht zeichnete ihn seine Tapferkeit unter Zehntausenden tapferer
+Krieger aus, erweckte die hochherzige Anerkennung selbst der feindlichen
+Heere und wurde selbst von der Unbilligkeit feindlicher Factionen nie
+bestritten. Während seiner ersten Feldzüge setzte er sich der Gefahr
+aus, als ob er den Tod gesucht hätte, war beim Angriff stets der Erste,
+beim Rückzug der Letzte, kämpfte mit dem Schwerte in der Hand im
+dichtesten Gewühl, und mit einer Flintenkugel im Arm, den Harnisch von
+Blut überströmt, hielt er noch immer Stand und schwenkte im
+furchtbarsten Feuer seinen Hut. Seine Freunde beschworen ihn, er solle
+doch sein für das Vaterland unschätzbares Leben mehr schonen. Sein
+berühmtester Gegner, der große Condé, bemerkte nach der blutigen
+Schlacht von Seneff, der Prinz von Oranien habe sich in jeder Beziehung
+wie ein alter General benommen, nur in sofern nicht, als er sich wie ein
+junger Soldat ausgesetzt. Wilhelm leugnete, daß er sich der Tollkühnheit
+schuldig gemacht habe. Er stelle sich, meinte er, nur aus Pflichtgefühl
+und aus kalter Berechnung dessen, was das öffentliche Interesse
+erheische, immer auf den Posten der Gefahr. Die Truppen, die er
+befehlige, seien wenig an den Krieg gewöhnt und fürchteten ein
+Handgemenge mit den französischen Veteranen; es sei daher nöthig, daß
+ihr Anführer ihnen zeige, wie man Schlachten gewinnt. Und in der That
+wurde auch mehr als eine Schlacht, welche rettungslos verloren schien,
+noch durch die Kühnheit gewonnen, mit der er seine zersprengten
+Bataillone sammelte und eigenhändig die Memmen niederhieb, welche das
+Beispiel zur Flucht gaben. Zuweilen sah es jedoch ganz so aus, als ob er
+ein eignes Vergnügen daran finde, sein Leben zu gefährden. Es wurde
+bemerkt, daß er nie heiterer, freundlicher und liebenswürdiger war, als
+im blutigen Getümmel der Schlacht. Selbst bei seinen Zerstreuungen
+liebte er das Aufregende der Gefahr. Kartenspiele, Schach und Billard
+machten ihm kein Vergnügen; seine Lieblingserholung war die Jagd, und
+die gefährlichste war ihm die liebste. Er machte oft Sätze, daß seine
+kühnsten Begleiter nicht Lust hatten, ihm zu folgen. Selbst die
+verwegensten Sportvergnügungen Englands scheint er für weibisch gehalten
+zu haben, und im großen Parke von Windsor sehnte er sich nach dem Wilde,
+das er in den Forsten von Geldern zu jagen gewohnt war, nach Wölfen,
+Ebern und riesigen Sechzehnendern.<a class = "tag" name = "tagVII_3" id
+= "tagVII_3" href = "#noteVII_3">3</a></p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVII_2" id = "noteVII_2" href = "#tagVII_2">2.</a>
+Nach dem Frieden von Ryswick drangen die Freunde Wilhelm’s in ihn, mit
+dem französischen Gesandten ganz ernstlich über die Mordanschläge zu
+sprechen, welche die Jakobiten von St. Germain beständig schmiedeten.
+Die kaltblütige Hochherzigkeit, mit der er diese Warnungen vor Gefahr
+aufnahm, ist besonders characteristisch. Dem Grafen Bentinck, der von
+Paris sehr beunruhigende Nachrichten gemeldet hatte, antwortete er nur
+am Schlusse eines langen Geschäftsbriefes: <span class = "antiqua">„Pour
+les assasins je ne luy en ay pas voulu parler, croiant que c’etoit au
+desous de moy.</span>“ &mdash; 2.(12.) Mai 1698. Ich habe die
+Orthographie des Originals, wenn von einer solchen überhaupt die Rede
+sein kann, beibehalten.</p>
+
+<p><a name = "noteVII_3" id = "noteVII_3" href = "#tagVII_3">3.</a>
+Von Windsor schrieb er an Bentinck, damals Gesandten in Paris: <span
+class = "antiqua">„J’ay pris avant hier un cerf dans la forest avec les
+chains du Pr. de Denm. et ay fait un assez jolie chasse, autant, que ce
+vilain paiis le permest.“</span> &mdash; 20. März (1. April) 1698. Die
+Orthographie ist schlecht, aber nicht schlechter als die Napoleon’s. In
+besserer Stimmung schrieb Wilhelm von Loo aus: <span class =
+"antiqua">„Nous avons pris deux cerfs, le premier dans Dorewaert, qui
+est un des plus gros que je sache avoir jamais pris. Il porte
+seize.“</span> &mdash; 25. Oct. (4. Nov.) 1697.</p>
+</div>
+
+<span class = "pagenum">VII.10</span>
+<a name = "pageVII_10" id = "pageVII_10"> </a>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Sein Vergnügen an Gefahren; seine schlechte Gesundheit.</span>
+<a name = "secVII_6" id = "secVII_6">Seine</a> Tollkühnheit war um so
+merkwürdiger, da er von ungemein zarter Körperconstitution war. Er war
+von früher Jugend an schwächlich und kränklich gewesen, und im ersten
+Mannesalter waren seine Leiden durch einen heftigen Pockenanfall noch
+verschlimmert worden. Er war engbrüstig und schwindsüchtig. Sein
+schwächlicher Körper wurde durch einen beständigen heiseren Husten
+erschüttert. Er konnte nicht schlafen, wenn sein Kopf nicht durch
+mehrere Kissen unterstützt wurde, und nur in der reinsten Luft konnte er
+ohne Beschwerden athmen. Dabei quälten ihn oft heftige Kopfschmerzen.
+Körperliche Anstrengungen ermüdeten ihn sehr bald. Die Ärzte pflegten
+die Hoffnung seiner Feinde dadurch aufrecht zu erhalten, daß sie einen
+Termin festsetzten, über den hinaus, wenn sich überhaupt irgend etwas in
+der Wissenschaft mit Sicherheit bestimmen lasse, sein zerrütteter
+Organismus unmöglich ausdauern könnte. Dennoch verließ seinen Geist
+während seines ganzen Lebens, das nur eine lange Krankheit war, bei
+keiner wichtigen Gelegenheit die nöthige Kraft, um seinen leidenden und
+siechen Körper aufrecht zu erhalten.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Kälte seines Benehmens und Heftigkeit seiner Gemüthsregungen.</span>
+<a name = "secVII_7" id = "secVII_7">Er</a> war mit heftigen
+Leidenschaften und mit leichter Reizbarkeit geboren; aber die Welt hatte
+keine Ahnung von der Stärke seiner Gemüthsaffecte. Vor den Blicken der
+Menge verbarg er seine Freude und seinen Kummer, seine Zuneigung und
+seinen Groll unter einer phlegmatischen Ruhe, die ihm den Ruf des
+kaltblütigsten und gleichgültigsten Menschen verschaffte. Wer ihm eine
+gute Nachricht brachte, konnte selten ein Zeichen von Freude entdecken;
+wer ihn nach einer Niederlage sah, spähte umsonst nach einer Spur von
+Unmuth. Er lobte und tadelte, belohnte und bestrafte mit der kalten
+Gelassenheit eines Mohawkhäuptlings; aber wer ihn genauer kannte und ihn
+näher betrachtete, der bemerkte wohl, daß unter dieser Eisrinde
+beständig ein ungestümes Feuer brannte. Nur selten raubte der Zorn ihm
+seine Selbstbeherrschung; wenn er aber einmal in Wuth gerieth, so war
+der erste Ausbruch seiner Leidenschaft furchtbar. Es war dann in der
+That nicht rathsam, ihm zu nahe zu kommen. In diesen seltenen Fällen
+jedoch gab er, sobald er seine Selbstbeherrschung wieder erlangt hatte,
+Denen, die er beleidigt, so vollständige Genugthuung, daß sie sich fast
+zu dem Wunsche versucht fühlten, er möchte aufs neue in Wuth gerathen.
+Seine Liebe war nicht minder stürmisch als sein Zorn. Wo er einmal
+liebte, da liebte er mit der ganzen Kraft seiner starken Seele. Wenn der
+Tod ihn von einem geliebten Wesen trennte, fürchteten die wenigen Zeugen
+seiner <ins class = "correction" title = "Original hat »Schmerzensausbbrüche«">Schmerzensausbrüche</ins> für seinen Verstand
+und für sein Leben. Einem sehr kleinen Kreise intimer Freunde gegenüber,
+auf deren Treue und Verschwiegenheit er sich unbedingt verlassen konnte,
+war er ein ganz andrer Mensch als der verschlossene und stoische
+Wilhelm, dem die Menge jedes menschliche Gefühl absprach. In ihrer
+Gesellschaft war er freundlich, gemüthlich, offenherzig, selbst gesellig
+und witzig, konnte Stunden lang bei Tische sitzen und vollen Antheil an
+einer heiteren Unterhaltung nehmen.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Seine Freundschaft für Bentinck.</span>
+<a name = "secVII_8" id = "secVII_8">Am</a> höchsten in seiner Gunst
+stand ein Kavalier seines Hofstaates, Namens Bentinck, der aus einem
+edlen batavischen Geschlecht stammte und der Gründer eines der großen
+patrizischen Häuser Englands werden sollte. Bentinck’s Treue hatte sich
+in nicht gewöhnlicher Weise erprobt. Zu der Zeit, als die Vereinigten
+<span class = "pagenum">VII.11</span>
+<a name = "pageVII_11" id = "pageVII_11"> </a>
+Provinzen gegen die Macht Frankreichs um ihre Existenz kämpften, wurde
+der junge Prinz, auf dem alle ihr Hoffnungen ruhten, von den Pocken
+befallen. Diese Krankheit hatte bei mehreren Mitgliedern seiner Familie
+einen tödtlichen Ausgang genommen und zeigte auch bei ihm anfangs einen
+sehr bösartigen Character. Die Bestürzung des Volks war groß. Von früh
+bis Abends waren die Straßen im Haag mit Leuten angefüllt, die sich
+ängstlich nach dem Befinden Seiner Hoheit erkundigten. Endlich nahm das
+Übel eine günstige Wendung. Seine Genesung wurde zum Theil seinem eignen
+Gleichmuth, zum Theil der unerschrockenen und unermüdlichen Freundschaft
+Bentinck’s zugeschrieben. Nur aus seinen Händen nahm Wilhelm Speisen und
+Arzneien an; er allein hob ihn aus dem Bette und legte ihn wieder
+hinein. „Ich weiß nicht, ob Bentinck während meiner Krankheit geschlafen
+hat oder nicht,“ sagte Wilhelm mit inniger Rührung zu Temple; „soviel
+aber weiß ich, daß ich in den sechzehn Tagen und Nächten nicht ein
+einziges Mal etwas verlangte, ohne daß Bentinck augenblicklich an meiner
+Seite gewesen wäre.“ Bevor der treue Diener seine Aufgabe ganz vollendet
+hatte, wurde er selbst angesteckt. Trotzdem überwand er noch immer
+Müdigkeit und Fieberschauer, bis sein Gebieter als Reconvalescent
+erklärt wurde. Jetzt endlich bat er um Erlaubniß, nach Hause gehen zu
+dürfen. Es war die höchste Zeit, denn seine Füße wollten ihn nicht mehr
+tragen. Er kam in die größte Gefahr, genas aber und eilte, sobald er das
+Bett verlassen konnte, zur Armee, wo er in vielen heißen Feldzügen immer
+dicht an Wilhelm’s Seite gefunden ward, wie er es in einer Gefahr andrer
+Art gewesen.</p>
+
+<p>Dies war der Ursprung einer so innigen und reinen Freundschaft wie
+irgend eine, von der uns die alte oder neue Geschichte erzählt. Die
+Nachkommen Bentinck’s bewahren noch heute viele Briefe auf, die Wilhelm
+an ihren Ahnherrn geschrieben, und es ist nicht zuviel gesagt, wenn man
+behauptet, daß wer diese Briefe nicht gelesen hat, sich keinen richtigen
+Begriff von dem Character des Prinzen bilden kann. Der Mann, den selbst
+seine Verehrer in der Regel für den zurückhaltendsten und frostigsten
+Menschen hielten, vergißt hier jeden Rangunterschied und schüttet alle
+seine Gedanken mit der Offenherzigkeit eines Schulknaben aus. Ohne
+Rückhalt theilt er Geheimnisse von der höchsten Wichtigkeit mit und legt
+mit der größten Einfachheit umfassende Pläne vor, welche alle
+Regierungen Europa’s berührten. Mit seinen Mittheilungen über solche
+Dinge verbindet er Mittheilungen von ganz andrer, aber vielleicht nicht
+weniger interessanter Art. Alle seine Abenteuer, alle seine persönlichen
+Ansichten, seine langen Jagdritte nach gewaltigen Hirschen, seine Gelage
+am St. Hubertustage, das Gedeihen seiner Anpflanzungen, das Mißrathen
+seiner Melonen, der Zustand seines Gestüts, der Wunsch, einen frommen
+Zelter für seine Gemahlin zu erlangen, sein Verdruß, als er erfährt, daß
+einer seiner Kavaliere, nachdem er ein Mädchen aus guter Familie
+unglücklich gemacht, sich weigert, sie zu heirathen, seine Anfälle von
+Seekrankheit, sein Husten, seine Kopfschmerzen, seine andächtigen
+Stimmungen, seine Dankbarkeit für den göttlichen Schutz nach Errettung
+aus einer großen Gefahr, seine Anstrengungen, sich nach einem
+Unglücksfalle dem göttlichen Willen zu unterwerfen, dies Alles ist darin
+mit einer liebenswürdigen Redseligkeit geschildert, die man von dem
+verschwiegensten und ernstesten Staatsmanne jener Zeit kaum erwarten
+sollte. Noch auffallender sind die sorglosen Ergüsse seiner Zärtlichkeit
+und die brüderliche Theilnahme,
+<span class = "pagenum">VII.12</span>
+<a name = "pageVII_12" id = "pageVII_12"> </a>
+die er an seines Freundes häuslichem Glücke nimmt. Als Bentinck ein Erbe
+geboren wurde, sagte Wilhelm: „Ich hoffe, er wird ein so braver Mann
+werden als Sie einer sind, und sollte ich einen Sohn bekommen, so werden
+unsere Kinder einander hoffentlich ebenso lieben, wie wir uns geliebt
+haben.“<a class = "tag" name = "tagVII_4" id = "tagVII_4" href =
+"#noteVII_4">4</a> Während seines ganzen Lebens blickte er mit
+väterlicher Liebe auf die kleinen Bentincks. Er ruft sie bei den
+zärtlichsten Diminutiven, er sorgt für sie in ihres Vaters Abwesenheit,
+und so schwer es ihm wird, ihnen ein Vergnügen zu versagen, so will er
+sie doch nicht an einer Jagdpartie teilnehmen lassen, wo ihnen die
+Gefahr droht, von einem Hirsche gestoßen zu werden, noch ihnen erlauben,
+bei einem Abendschmause bis spät in die Nacht hinein zu verweilen.<a
+class = "tag" name = "tagVII_5" id = "tagVII_5" href =
+"#noteVII_5">5</a> Als ihre Mutter während der Abwesenheit ihres Gatten
+krank wird, findet Wilhelm inmitten der wichtigsten und dringendsten
+Staatsgeschäfte noch soviel Zeit, um an einem Tage mehrere expresse
+Boten mit kurzen Briefen abzuschicken, in denen er von ihrem Zustande
+Nachricht giebt.<a class = "tag" name = "tagVII_6" id = "tagVII_6" href
+= "#noteVII_6">6</a> Einmal als sie nach einem heftigen Anfall außer
+Gefahr erklärt wird, ergießt sich der Prinz in die wärmsten
+Dankesbezeigungen gegen Gott. „Ich schreibe,“ sagt er, „mit Thränen der
+Freude in den Augen.“<a class = "tag" name = "tagVII_7" id = "tagVII_7"
+href = "#noteVII_7">7</a> Es liegt ein eigner Reiz in diesen Briefen von
+der Hand eines Mannes, dessen Alles überwältigende Energie und
+unbeugsame Festigkeit selbst seinen Feinden Achtung abnöthigte, dessen
+kaltes und unfreundliches Benehmen in den meisten seiner Anhänger keine
+innigere Zuneigung aufkommen ließ und dessen Geist beständig mit
+gigantischen Plänen beschäftigt war, welche die Gestalt der Welt
+veränderten.</p>
+
+<p>Seine Güte ward keinem Unwürdigen zu Theil. Temple hatte frühzeitig
+Bentinck für den besten und treuesten Diener erklärt, den je ein Fürst
+zu besitzen das Glück hatte, und er verdiente diesen ehrenvollen Titel
+sein ganzes Leben hindurch. Die beiden Freunde waren in der That wie für
+einander geschaffen. Wilhelm bedurfte weder eines Führers noch eines
+Schmeichlers. Da er ein festes und wohlbegründetes Vertrauen in sein
+eignes Urtheil setzte, so war er kein Freund von Rathgebern, die ihn mit
+Vorschlägen und Einwendungen überhäuften. Zu gleicher Zeit besaß er eine
+zu scharfe Unterscheidungsgabe und einen zu edlen Sinn, als daß er an
+Schmeicheleien hätte Vergnügen finden können. Der Vertraute eines
+solchen Fürsten mußte ein Mann sein nicht von erfinderischem Genie oder
+von gebieterischem Character, aber bieder und treu, im Stande, jeden
+Befehl pünktlich zu vollziehen, Geheimnisse unverbrüchlich zu bewahren,
+Ereignisse umsichtig zu beobachten und treulich zu berichten. Und ein
+solcher Mann war Bentinck.</p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVII_4" id = "noteVII_4" href = "#tagVII_4">4.</a>
+3. März 1679.</p>
+
+<p><a name = "noteVII_5" id = "noteVII_5" href = "#tagVII_5">5.</a>
+<span class = "antiqua">„Voilà en peu de mot le détail de nostre St.
+Hubert. Et j’ay en soin que M.&nbsp;<ins class = "correction" title =
+"ungeändert">Woodstoc</ins></span> (Bentinck’s ältester Sohn) <span
+class = "antiqua">n’a point esté à la chasse, bien moin au soupé,
+quoyqu’il fut icy. Vous pouvez pourtant croire que de n’avoir pas chassé
+l’a un peu mortifié, mais je ne l’ay pas ausé prendre sur moy, puisque
+vous m’aviez dit que vous ne le souhaitiez pas.“</span> &mdash; Von Loo,
+4. Nov. 1697.</p>
+
+<p><a name = "noteVII_6" id = "noteVII_6" href = "#tagVII_6">6.</a>
+Am 15. Juni 1688.</p>
+
+<p><a name = "noteVII_7" id = "noteVII_7" href = "#tagVII_7">7.</a>
+6. Sept. 1679.</p>
+</div>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Marie, Prinzessin von Oranien.</span>
+<a name = "secVII_9" id = "secVII_9">Wilhelm</a> war in der Ehe nicht
+weniger glücklich als in der Freundschaft. Anfangs hatte jedoch
+<span class = "pagenum">VII.13</span>
+<a name = "pageVII_13" id = "pageVII_13"> </a>
+seine Ehe kein besonderes häusliches Glück versprochen. Seine Wahl war
+hauptsächlich durch politische Rücksichten bestimmt worden, und es sah
+nicht wahrscheinlich aus, daß zwischen einem hübschen sechzehnjährigen
+Mädchen, die zwar ein sanftes Gemüth und natürlichen Verstand besaß, im
+übrigen aber unwissend und einfach war, und einem Bräutigam, der, obwohl
+noch nicht ganz achtundzwanzig Jahr alt, doch seinem körperlichen
+Zustande nach älter war als ihr Vater, der ein kaltes, abstoßendes
+Benehmen hatte und dessen Kopf beständig mit Staatsgeschäften und
+Sportvergnügungen angefüllt war, eine innige Zuneigung würde entstehen
+können. Eine Zeit lang vernachlässigte Wilhelm seine Gemahlin, indem er
+durch andere Frauen von ihr abgezogen wurde, besonders durch eine ihrer
+Hofdamen, Namens Elisabeth Villiers, welche Talente besaß, die sie wohl
+geeignet machten, seine Sorgen zu theilen, obgleich sie aller
+persönlichen Reize entbehrte und sogar durch ein häßliches Schielen
+entstellt war.<a class = "tag" name = "tagVII_8" id = "tagVII_8" href =
+"#noteVII_8">8</a> Er schämte sich zwar seiner Fehler und bemühte sich
+nach Kräften, sie zu verbergen, aber trotz aller Vorsicht wußte Marie
+wohl, daß er ihr nicht ganz treu war. Spione und Ohrenbläser thaten auf
+Anregen ihres Vaters ihr Möglichstes, um ihren Zorn zu entflammen. Ein
+Mann von ganz andrem Character, der vortreffliche Ken, der mehrere
+Monate lang im Haag ihr Kaplan war, wurde so aufgebracht durch die ihr
+widerfahrenden Kränkungen, daß er mit mehr Eifer als Besonnenheit
+drohte, ihren Gemahl ernstlich zur Rede zu setzen.<a class = "tag" name
+= "tagVII_9" id = "tagVII_9" href = "#noteVII_9">9</a> Sie selbst ertrug
+jedoch alles Unrecht mit einer Sanftmuth und Geduld, welche ihr nach und
+nach Wilhelm’s Achtung und Dankbarkeit erwarben. Indessen war auch noch
+eine andre Ursache der Entfremdung vorhanden. Es kam ohne Zweifel eine
+Zeit, wo die Prinzessin, welche nur zu Stickereiarbeiten, zum
+Spinetspiel und zum Lesen der Bibel und der „Pflichten des Menschen“
+erzogen war, das Oberhaupt einer großen Monarchie wurde und das
+Gleichgewicht Europa’s in ihrer Hand ruhte, während ihr ehrgeiziger,
+geschäftskundiger und beständig auf große Unternehmungen sinnender
+Gemahl bei der britischen Regierung keine vorausbestimmte Stelle für
+sich fand und nur durch ihre Güte und so lange es ihr gefiel Macht
+ausüben konnte. Es kann nicht befremden, daß ein Mann, der die Gewalt so
+liebte wie Wilhelm, und der sich seines Herrschergenies so bewußt war,
+in hohem Maße die Eifersucht empfand, die während eines Königthums von
+wenigen Stunden zwischen Guildford Dudley und Lady Johanna Zwietracht
+hervorrief und einen noch viel tragischeren Bruch zwischen Darnley und
+der Königin von Schottland herbeiführte. Die Prinzessin von Oranien
+hatte nicht die leiseste Ahnung von den Gefühlen ihres Gemahls. Ihr
+Lehrer, der Bischof Compton, hatte sie in der Religion sorgfältig
+unterrichtet und ihr Gemüth namentlich gegen die Künste der
+römisch-katholischen Theologen gestählt, sie aber in völliger Unkenntniß
+der englischen Verfassung und ihrer eignen Stellung gelassen. Sie wußte,
+daß ihr eheliches Gelübde sie zum Gehorsam gegen ihren Gemahl
+verpflichtete und es war ihr nie in den Sinn gekommen, daß dieses
+gegenseitige Verhältniß einmal umgekehrt werden könnte. Sie war bereits
+neun Jahre vermählt, ehe sie die Ursache
+<span class = "pagenum">VII.14</span>
+<a name = "pageVII_14" id = "pageVII_14"> </a>
+von Wilhelm’s Verstimmung entdeckte, und von ihm selbst würde sie
+dieselbe auch nie erfahren haben. In Folge seiner ganzen Gemüthsart
+brütete er eher über die ihn niederdrückenden Sorgen, als daß er
+denselben einen Ausdruck gab, und in diesem speciellen Falle wurde sein
+Mund durch ein ganz natürliches Zartgefühl versiegelt. Endlich aber kam
+durch die Vermittelung Gilbert Burnet’s eine vollkommene Verständigung
+und Aussöhnung zu Stande.</p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVII_8" id = "noteVII_8" href = "#tagVII_8">8.</a>
+Siehe Swift’s Bericht über sie im <span class = "antiqua">Journal to
+Stella</span>.</p>
+
+<p><a name = "noteVII_9" id = "noteVII_9" href = "#tagVII_9">9.</a>
+Heinrich Sidney’s Tagebuch vom 31. März 1680 in Mr. Blencowe’s
+interessanter Sammlung.</p>
+</div>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Gilbert Burnet.</span>
+<a name = "secVII_10" id = "secVII_10">Burnet</a>’s Ruf ist mit
+auffallender Böswilligkeit und Hartnäckigkeit angegriffen worden. Der
+Angriff begann schon frühzeitig in seinem Leben und wird noch jetzt mit
+unverminderter Heftigkeit fortgesetzt, obgleich er bereits über ein und
+ein Viertel Jahrhundert im Grabe liegt. Allerdings ist er auch für den
+Parteihaß und den muthwilligen Spott eine Zielscheibe, wie sie sich
+keine bessere wünschen können, denn die Mängel seines Verstandes und
+seines Characters liegen klar am Tage und können Niemandem entgehen. Es
+waren jedoch nicht die Fehler, welche man als seinen Landsleuten eigen
+zu betrachten pflegt. Er allein unter den vielen Schotten, die sich in
+England zu Auszeichnung und Wohlstand emporgeschwungen haben, hatte den
+Charakter, welchen Satiriker, Romanschreiber und Schauspieldichter
+allgemein den irischen Abenteurern zuschreiben. Seine physische
+Lebendigkeit, seine Ruhmredigkeit, seine unverhohlene Eitelkeit, seine
+Faseleien, seine herausfordernde Indiscretion und seine kecke
+Dreistigkeit boten den Tories unerschöpflichen Stoff zu Spötteleien.
+Auch unterließen seine Feinde nicht, ihm nebenbei über seine breiten
+Schultern, seine dicken Waden und sein Glück in Heirathsspekulationen
+auf verliebte reiche Wittwen mehr witzige als artige Complimente zu
+machen. Obwohl jedoch Burnet in vieler Beziehung dem Spott und selbst
+dem Tadel Blößen darbot, so verdiente er doch keineswegs eine solche
+Geringschätzung. Er besaß einen regen Geist, einen unermüdlichen Fleiß
+und eine vielseitige, ausgedehnte Belesenheit. Er war zu gleicher Zeit
+Geschichtsschreiber, Alterthumsforscher, Theolog, Prediger,
+Tagesschriftsteller, Polemiker und thätiger politischer Parteiführer,
+und in allen diesen Eigenschaften zeichnete er sich unter vielen
+geschickten Mitbewerbern vortheilhaft aus. Die vielen geistreichen
+Abhandlungen, die er über Tagesbegebenheiten schrieb, sind jetzt nur
+noch Forschern bekannt; aber seine <span class = "antiqua">History of
+his own Times</span>, seine <span class = "antiqua">History of the
+Reformation</span>, seine <span class = "antiqua">Exposition of the
+Articles</span>, sein <span class = "antiqua">Discourse of Pastoral
+Care</span>, sein <span class = "antiqua">Life of Hale</span> und sein
+<span class = "antiqua">Life of Wilmot</span> werden noch immer neu
+aufgelegt und fehlen in keiner guten Privatbibliothek. Gegen eine solche
+Thatsache vermögen alle Anstrengungen der Verleumder nichts. Ein
+Schriftsteller, dessen umfangreiche Werke in verschiedenen Zweigen der
+Literatur noch hundertdreißig Jahre nach seinem Tode zahlreiche Leser
+finden, kann große Fehler gehabt haben, muß aber auch große Vorzüge
+gehabt haben, und diese hatte Burnet: einen fruchtbaren und regen Geist
+und einen Styl, der allerdings von tadelloser Reinheit weit entfernt,
+doch stets klar, oft lebendig ist und sich zuweilen selbst zu
+feierlicher und glühender Beredtsamkeit erhebt. Auf der Kanzel wurde die
+Wirkung seiner ohne irgend welche schriftliche Notizen gehaltenen
+Predigten noch erhöht durch eine edle Gestalt und einen imponirenden
+Vortrag. Er wurde oft durch das Beifallsgemurmel seiner Zuhörer
+unterbrochen, und wenn die Sanduhr, die sich damals auf jeder Kanzel
+befand, abgelaufen war und er dieselbe emporhielt, forderte ihn die
+Gemeinde durch lauten Zuruf auf fortzufahren, bis
+<span class = "pagenum">VII.15</span>
+<a name = "pageVII_15" id = "pageVII_15"> </a>
+der Sand noch einmal abgelaufen wäre.<a class = "tag" name = "tagVII_10"
+id = "tagVII_10" href = "#noteVII_10">10</a> Die großen Mängel seines
+sittlichen Characters und seines Geistes wurden durch große Vorzüge mehr
+als ausgeglichen. Obgleich durch Vorurtheil und Leidenschaft oft auf
+Irrwege geführt, war er doch im strengsten Sinne des Worts ein
+Ehrenmann. Konnte er auch den Versuchungen der Eitelkeit nicht immer
+widerstehen, so stand sein Character doch hoch über den Einflüssen der
+Habsucht und der Furcht. Er war von Gemüth leutselig, hochherzig,
+dankbar und nachsichtig.<a class = "tag" name = "tagVII_11" id =
+"tagVII_11" href = "#noteVII_11">11</a> Sein Glaubenseifer, obwohl
+stetig und glühend, wurde im Allgemeinen durch Humanität und durch
+Achtung der Gewissensfreiheit in Schranken gehalten. Trotz seiner
+unerschütterlichen Anhänglichkeit an das was er als den Geist des
+Christenthums betrachtete, war er doch gleichgültig gegen Gebräuche,
+Namen und Formen der kirchlichen Verfassung und war selbst gegen
+Ungläubige und Ketzer, deren Lebenswandel tadellos war und deren
+Irrthümer mehr die Wirkung falscher Begriffe als eines verderbten
+Characters zu sein schienen, durchaus nicht zur Strenge geneigt. Aber
+gleich vielen anderen braven Männern jener Zeit betrachtete er die Sache
+der römischen Kirche als eine Ausnahme von allen gewöhnlichen
+Regeln.</p>
+
+<p>Burnet genoß schon seit mehreren Jahren eines europäischen Rufes.
+Seine Geschichte der Reformation war von allen Protestanten mit lautem
+Beifall aufgenommen und von den römischen Katholiken als ein gewaltiger
+Schlag gefühlt worden. Der größte Gelehrte, den die römische Kirche seit
+dem Schisma des sechzehnten Jahrhunderts hervorgebracht, Bossuet,
+Bischof von Meaux, war mit der Bearbeitung einer ausführlichen
+Erwiederung beschäftigt. Burnet war von einem der glaubenseifrigen
+Parlamente, welche während der durch das papistische Complot
+verursachten Aufregung tagten, mit einem Dankvotum beehrt und im Namen
+der Gemeinen von England ersucht worden, seine geschichtlichen
+Forschungen fortzusetzen. Er war von Karl sowohl als von Jakob in deren
+engere Unterhaltungszirkel gezogen worden, hatte mit mehreren
+ausgezeichneten Staatsmännern, besonders mit Halifax auf sehr vertrautem
+Fuße gestanden und war der Gewissensrath einiger sehr hochstehenden
+Personen gewesen. Er hatte ferner einen der glänzendsten Wüstlinge jener
+Zeit, Johann Wilmot, Earl von Rochester, von Atheismus und Ausschweifung
+zurückgebracht. Lord Stafford, das Opfer des Oates, war, obgleich
+Katholik, in seinen letzten Stunden durch Burnet’s geistlichen Zuspruch
+über diejenigen Punkte, in denen alle Christen übereinstimmen, erbaut
+<span class = "pagenum">VII.16</span>
+<a name = "pageVII_16" id = "pageVII_16"> </a>
+worden. Wenige Jahre später begleitete Burnet einen noch erlauchteren
+Dulder, Lord Russell, vom Tower auf das Schaffot in Lincoln’s Inn
+Fields. Der Hof hatte nichts unversucht gelassen, um einen so thätigen
+und tüchtigen Theologen zu gewinnen. Weder königliche Schmeicheleien,
+noch die Verheißung einträglicher Stellen waren gespart worden. Aber
+Burnet war, obwohl in früher Jugend von den servilen Lehren angesteckt,
+denen der damalige Klerus durchgehends anhing, aus Überzeugung Whig
+geworden und er blieb seinen Grundsätzen durch alle Wechselfälle des
+Lebens treu. Er hatte jedoch keinen Antheil an der Verschwörung
+genommen, welche soviel Schmach und Unheil über die Whigpartei brachte
+und verabscheuete nicht nur die Mordpläne Goodenough’s und Ferguson’s,
+sondern war auch der Meinung, daß selbst sein geliebter und verehrter
+Freund Russell gegen die Regierung weiter gegangen sei, als es sich
+rechtfertigen ließ. Endlich kam eine Zeit, wo die Unschuld kein
+hinreichender Schutz war. Burnet wurde, obgleich er sich keiner
+Übertretung des Gesetzes schuldig gemacht, von der Rache des Hofes
+verfolgt. Er begab sich auf den Continent und nachdem er etwa ein Jahr
+auf jene Wanderungen durch die Schweiz, durch Italien und Deutschland
+verwendet, von denen er uns eine anziehende Beschreibung hinterlassen
+hat, ging er im Sommer 1686 nach dem Haag, wo er mit Freundlichkeit und
+Achtung aufgenommen wurde. Er unterhielt sich sehr freisinnig mit der
+Prinzessin über Politik und Religion und wurde bald ihr geistlicher
+Beistand und vertrauter Rathgeber. Wilhelm erwies sich als ein viel
+freundlicherer Wirth, als es zu erwarten gewesen wäre. Denn von allen
+Fehlern waren ihm Zudringlichkeit und Indiscretion am meisten verhaßt
+und Burnet war, wie selbst seine Freunde und Verehrer zugestanden, der
+zudringlichste und indiscreteste Mensch, den es geben konnte. Aber der
+scharfsichtige Prinz bemerkte sehr wohl, daß dieser vorlaute und
+schwatzhafte Theolog, der beständig Geheimnisse ausplauderte, naseweise
+Fragen stellte und unerbetenen Rath aufdrängte, bei alledem ein
+freimüthiger, furchtloser und kluger Mann war, der die Gesinnungen und
+Absichten der britischen Secten und Factionen genau kannte. Auch war der
+Ruf von Burnet’s Beredsamkeit und Gelehrsamkeit weit verbreitet. Wilhelm
+selbst war kein Freund vom Lesen, aber er stand jetzt seit vielen Jahren
+an der Spitze der holländischen Regierung zu einer Zeit, wo die
+holländische Presse eines der gewaltigsten Werkzeuge war, durch welche
+die öffentliche Meinung in Europa bearbeitet wurde, und obgleich er an
+literarischen Genüssen kein Vergnügen fand, war er doch viel zu klug und
+scharfsichtig, als daß er den Werth des literarischen Beistandes nicht
+hätte erkennen sollen. Er wußte sehr wohl, daß eine populäre Flugschrift
+zuweilen ebenso gute Dienste leistet als ein Sieg auf dem Schlachtfelde.
+Auch sah er ein, wie wichtig es sei, daß er immer einen Mann um sich
+hatte, der mit der bürgerlichen und kirchlichen Verfassung unsrer Insel
+vertraut war, und Burnet eignete sich vortrefflich dazu, als lebende
+Encyclopädie über britische Angelegenheiten benutzt zu werden, denn
+seine Kenntnisse waren, wenn auch nicht immer ganz zuverlässig, doch von
+erstaunlicher Vielseitigkeit und es gab in England wie in Schottland
+wenige ausgezeichnete Männer irgend einer politischen oder religiösen
+Partei, mit denen er nicht verkehrt hätte. Es wurde ihm daher die
+nämliche Gunst und das nämliche Vertrauen gewährt wie nur irgend Einem
+außer denen, welche den kleinen intimsten Kreis von Privatfreunden des
+Prinzen
+<span class = "pagenum">VII.17</span>
+<a name = "pageVII_17" id = "pageVII_17"> </a>
+bildeten. Nahm sich der Doctor Freiheiten heraus, was nicht selten der
+Fall war, so wurde sein Gönner noch kälter und mürrischer als gewöhnlich
+gegen ihn und äußerte zuweilen eine kurze, beißende Bemerkung, die einem
+Menschen von gewöhnlicher Dreistigkeit für immer den Mund geschlossen
+haben würde. Trotz solcher Vorfälle aber dauerte die Freundschaft dieses
+sonderbaren Paares mit wenigen kurzen Unterbrechungen so lange, bis sie
+durch den Tod aufgelöst wurde. Es war in der That nicht leicht, Burnet
+zu kränken. Seine Selbstgefälligkeit, seine heitere Sorglosigkeit und
+seine Taktlosigkeit waren so groß, daß er wohl oft Anstoß gab, aber nie
+Anstoß nahm.</p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVII_10" id = "noteVII_10" href = "#tagVII_10">10.</a>
+Sprecher Onslow’s Note zu Burnet I. 596; <span class =
+"antiqua">Johnson’s Life of Sprat</span>.</p>
+
+<p><a name = "noteVII_11" id = "noteVII_11" href = "#tagVII_11">11.</a>
+Niemand hat Burnet häufiger und bitterer widersprochen als Dartmouth.
+Und doch schrieb auch Dartmouth: „Ich glaube nicht, daß er jemals
+vorsätzlich etwas veröffentlichte, was er für falsch hielt.“ Zu einer
+späteren Zeit nahm er, durch einige Bemerkungen über sich im zweiten
+Bande der Geschichte des Bischofs gereizt, dieses Lob zurück; aber auf
+einen solchen Widerruf darf man kein großes Gewicht legen. Selbst Swift
+war so gerecht zu sagen: „Im Ganzen war er ein hochherziger und braver
+Mann.“ <span class = "antiqua">Short Remarks on Bishop Burnet’s
+History</span>.</p>
+</div>
+
+<p class = "continue">
+Burnet wird gewöhnlich als ein auffallend ungenauer Geschichtsschreiber
+getadelt; aber ich halte diesen Vorwurf für ungerecht. Er scheint nur
+deshalb ungenau zu sein, weil seine Darstellung einer besonders strengen
+und unfreundlichen Kritik unterzogen worden ist. Wenn ein Whig sich die
+Mühe nehmen wollte <span class = "antiqua">Reresby’s Memoirs, North’s
+Examen, Mulgrave’s Account of the Revolution</span> oder <span class =
+"antiqua">Clarke’s Life of James the Second</span> einer ähnlichen
+Prüfung zu unterwerfen, so würde es sich bald zeigen, daß Burnet
+keineswegs der ungenaueste Geschichtsschreiber seiner Zeit war.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Er vermittelt eine innigere Annäherung zwischen dem Prinzen und der
+Prinzessin.</span>
+<a name = "secVII_11" id = "secVII_11">Alle</a> Eigenthümlichkeiten
+seines Characters machten ihn ganz dazu geeignet, der Friedensstifter
+zwischen Wilhelm und Marien zu werden. Wenn Personen, die einander
+achten und lieben sollten, durch eine Ursache von einander fern gehalten
+werden, welche drei freimüthig gesprochene Worte beseitigen könnten, so
+ist es ein Glück für sie, wenn sie einen indiscreten Freund haben, der
+mit der ganzen Wahrheit herausplatzt. Burnet sagte der Prinzessin ganz
+offen, welches Gefühl an dem Herzen ihres Gemahls nagte. Sie erfuhr
+jetzt zum ersten Male mit nicht geringem Erstaunen, daß, wenn sie
+Königin von England würde, Wilhelm ihren Thron nicht theilen sollte. Sie
+erklärte mit den innigsten Worten, daß es keinen Beweis von ehelicher
+Unterwerfung und Liebe gebe, zu dem sie nicht jeden Augenblick bereit
+wäre. Unter vielen Entschuldigungen und feierlichen Versicherungen, daß
+kein andrer Mensch ihm ein Wort in den Mund gelegt habe, sagte ihr
+Burnet nun, daß das Heilmittel in ihrer Hand liege. Wenn die Krone ihr
+zugefallen sei, könne sie leicht ihr Parlament dazu bewegen, daß es
+ihrem Gatten nicht nur den Königstitel gewährte, sondern ihm sogar durch
+ein Gesetz die Zügel der Regierung in die Hand gab. „Aber,“ setzte er
+hinzu, „Ihre königliche Hoheit müssen wohl überlegen, ehe Sie einen
+solchen Entschluß aussprechen, denn es ist ein Entschluß, dessen
+Zurücknahme weder rathsam noch leicht sein würde, wenn er einmal
+angekündigt wäre.“ &mdash; „Ich bedarf keiner Zeit zur Überlegung,“
+antwortete Marie. „Es ist genug, daß ich eine Gelegenheit habe, um dem
+Prinzen meine Achtung zu beweisen. Theilen Sie ihm mit was ich gesagt
+habe, und bringen Sie ihn zu mir, damit er es aus meinem eigenen Munde
+höre.“ Burnet wollte den Prinzen sogleich herbeiholen, aber er war viele
+Meilen weit entfernt auf einer Hirschjagd. Erst am folgenden Tage konnte
+die entscheidende Unterredung stattfinden. „Ich habe erst gestern
+erfahren,“ sagte Marie, „daß zwischen den Gesetzen Englands und den
+Gesetzen Gottes ein solcher Unterschied obwaltet. Aber ich verspreche
+Ihnen, daß Sie jederzeit der Gebieter sein sollen, und ich verlange
+keinen andren Lohn dafür, als daß Sie das Gebot, welches den Gatten
+vorschreibt, ihre Frauen zu lieben, ebenso befolgen, wie ich das Gebot
+halte, welches den Frauen vorschreibt, ihren Gatten zu gehorchen.“
+Dieser Beweis von edelmüthiger Zuneigung gewann ihr Wilhelm’s Herz
+vollständig. Von diesem Augenblicke an bis zu dem traurigen Tage, an
+welchem er ohnmächtig von ihrem Sterbebett hinweggetragen wurde,
+herrschte vollkommene Freundschaft und unbegrenztes Vertrauen zwischen
+ihnen. Viele von ihren Briefen an ihn sind noch vorhanden und sie
+enthalten zahlreiche Beweise, daß es diesem Manne, der in den Augen
+<span class = "pagenum">VII.18</span>
+<a name = "pageVII_18" id = "pageVII_18"> </a>
+der Menge für so unliebenswürdig galt, gelungen war, einer schönen und
+tugendhaften Frau, welche in Hinsicht der Geburt über ihm stand, eine
+bis zur abgöttischen Verehrung gehende Liebe einzuflößen.</p>
+
+<p>Der Dienst, den Burnet seinem Vaterlande erzeigt, war von hoher
+Bedeutung. Es war eine Zeit gekommen, wo es für das Wohl des Staates
+sehr wichtig war, daß zwischen dem Prinzen und der Prinzessin
+vollkommene Eintracht herrschte.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Beziehungen Wilhelm’s zu den englischen Parteien.</span>
+<a name = "secVII_12" id = "secVII_12">Bis</a> nach der Unterdrückung
+des Aufstandes im Westen hatten ernste Ursachen des Zwiespaltes Wilhelm
+sowohl von den Tories als von den Whigs getrennt. Er hatte mit großem
+Mißfallen die Versuche der Whigs beobachtet, der ausübenden Gewalt
+einige Befugnisse zu entziehen, die er zur Aufrechthaltung ihrer
+Wirksamkeit und ihrer Würde für nöthig hielt. Mit noch größerem
+Mißfallen hatte er die Unterstützung gesehen, welche ein großer Theil
+dieser Partei den Anmaßungen Monmouth’s angedeihen ließ. Es schien als
+ob die Opposition zuerst die Krone Englands des Tragens nicht mehr werth
+machen und sie dann einem Bastard und Betrüger aufs Haupt setzen wollte.
+Zu gleicher Zeit war das religiöse System des Prinzen weit verschieden
+von dem, welchem die Torypartei huldigte. Sie waren Arminianer und
+Prälatisten. Sie sahen mit Verachtung auf die protestantischen Kirchen
+des Continents herab und hielten jede Zeile ihrer eignen Liturgie und
+Rubrica für kaum weniger geheiligt als die Evangelien. Seine Ansichten
+über die metaphysischen Seiten der Theologie waren calvinistisch. Seine
+Ansichten bezüglich der Kirchenverfassungen und der gottesdienstlichen
+Formen waren latitudinarisch. Er gab zu, daß das Episcopat eine
+gesetzliche und zweckmäßige Form des Kirchenregiments sei; aber er
+sprach mit Bitterkeit und Hohn von der Bigotterie Derer, welche die
+bischöfliche Ordination für ein wesentliches Erforderniß einer
+christlichen Gesellschaft hielten. Gegen die durch die Liturgie
+vorgeschriebenen Gewänder und Gesten hatte er keine Bedenken, aber er
+gestand, daß ihm die Gebräuche der anglikanischen Kirche lieber sein
+würden, wenn sie ihn weniger an die Gebräuche der römischen Kirche
+erinnerten. Man hatte ihn ein ominöses Gemurmel von sich geben hören,
+als er in der Privatkapelle seiner Gemahlin zum ersten Male einen Altar
+nach anglikanischer Weise geschmückt sah, und es schien ihm nicht
+sonderlich zu gefallen, als er Hooker’s <span class =
+"antiqua">Ecclesiastical Policy</span> in ihrer Hand sah.<a class =
+"tag" name = "tagVII_12" id = "tagVII_12" href =
+"#noteVII_12">12</a></p>
+
+<p class = "footnote">
+<a name = "noteVII_12" id = "noteVII_12" href = "#tagVII_12">12.</a>
+<span class = "antiqua">Dr.</span> Hooper’s handschriftliche Erzählung
+im Anhange zu Lord Dungannon’s <span class = "antiqua">Life of
+William</span>.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Seine Gesinnungen gegen England.</span>
+<a name = "secVII_13" id = "secVII_13">Er</a> verfolgte daher lange den
+Streit zwischen den englischen Parteien mit Aufmerksamkeit, aber ohne
+eine starke Vorliebe für die eine oder die andre Partei zu hegen. Er
+wurde auch bis ans Ende seines Lebens in der That niemals weder ein
+Whig, noch ein Tory. Es fehlte ihm das was die gemeinsame Grundlage
+beider Charactere ist, denn er wurde nie ein Engländer. Er rettete zwar
+England, liebte es aber nie und erlangte ebensowenig die Liebe der
+Engländer. Für ihn war es nur ein Verbannungsort, den er mit Widerwillen
+besuchte und mit Freuden verließ. Selbst als er dem Lande die Dienste
+leistete, deren günstige Wirkungen wir bis auf den heutigen Tag fühlen,
+war sein Hauptzweck nicht die Wohlfahrt desselben.</p>
+<span class = "pagenum">VII.19</span>
+<a name = "pageVII_19" id = "pageVII_19"> </a>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Seine Gesinnungen gegen Holland und Frankreich.</span>
+<a name = "secVII_14" id = "secVII_14">All</a>’ sein patriotisches
+Gefühl gehörte Holland. Hier befand sich das prächtige Grabmal, in
+welchem der große Staatsmann ruhte, dessen Blut, dessen Namen, dessen
+Character und dessen Genie er geerbt hatte. Hier war der bloße Klang
+seines Namens schon ein Zauberspruch, welcher durch drei Generationen
+die liebevolle Begeisterung der Landleute und Handwerker erweckt hatte.
+Die holländische Sprache war die Sprache seiner Kinderstube; unter dem
+holländischen Adel hatte er seine ersten Freunde gewählt; die
+Vergnügungen, die Bauart und die Gegenden seines Heimathlandes wurzelten
+tief in seinem Herzen. Zu ihm wendete er sich immer wieder mit
+unveränderter Zärtlichkeit von einem stolzeren und schöneren Nebenbuhler
+ab. In den Sälen von Whitehall sehnte er sich nach dem traulichen Hause
+im Busche im Haag und er fühlte sich nie glücklicher, als wenn er die
+Pracht von Windsor mit der bescheidenen Einfachheit von Loo vertauschen
+konnte. Während seiner glänzenden Verbannung fand er einigen Trost
+darin, daß er durch Bauen, Pflanzen und Graben um sich her einen
+Schauplatz schaffen konnte, der ihn an die regelmäßigen Gebäude von
+rothem Backstein, an die langen Kanäle und an die symmetrischen
+Blumenbeete erinnerte, unter denen er seine Jugend verlebt hatte. Doch
+selbst die Liebe zu seinem Vaterlande war einem andren Gefühle
+untergeordnet, welches schon frühzeitig in seiner Seele die
+Oberherrschaft gewann, das sich mit allen seinen Leidenschaften
+vermischte, das ihn zu großartigen Unternehmungen anspornte, das ihn
+aufrecht erhielt, wenn Kränkungen, Schmerzen, Krankheit und Sorgen ihn
+zu Boden drücken wollten, das gegen das Ende seiner Laufbahn einmal
+kurze Zeit erloschen zu sein schien, aber bald heftiger als je wieder
+hervorbrach und ihn noch beseelte, als das Sterbegebet an seinem Lager
+gesprochen wurde. Dieses Gefühl war der Haß gegen Frankreich und den
+prachtliebenden König, der in mehr als einer Hinsicht Frankreich
+repräsentirte und der mit seinen specifisch französischen Tugenden und
+Vorzügen jenen unruhigen, gewissenlosen und dünkelhaften Ehrgeiz
+verband, der zu wiederholten Malen den Zorn ganz Europa’s über
+Frankreich gebracht hat.</p>
+
+<p>Es ist nicht schwer, die Fortschritte des Gefühls zu verfolgen,
+welches nach und nach die Alleinherrschaft in Wilhelm’s Seele erlangte.
+Als er kaum erst dem Knabenalter entwachsen, war sein Vaterland in
+prahlerischem Trotze gegen Recht und Gerechtigkeit überfallen, verwüstet
+und allen Excessen der Raubsucht, Ausschweifung und Grausamkeit
+preisgegeben worden. Die Holländer hatten sich in ihrer Bedrängniß vor
+dem Eroberer gedemüthigt und um Gnade gefleht. Darauf war ihnen der
+Bescheid geworden, daß wenn sie Frieden wünschten, sie ihre
+Selbstständigkeit aufgeben und alljährlich dem Hause Bourbon huldigen
+müßten. Die schwer beleidigte Nation hatte, zur Verzweiflung getrieben,
+ihre Deiche durchbrochen und das Meer als Bundesgenossen gegen die
+französische Tyrannei zu Hülfe gerufen. Mitten in den Greueln dieses
+Kampfes, während die Landleute entsetzt vor den Eroberern flohen,
+während Hunderte von schönen Gärten und Lusthäusern in den Fluthen
+begraben, während die Berathungen der Generalstaaten durch die
+Ohnmachten und das laute Weinen alter Senatoren unterbrochen wurden,
+welche den Gedanken nicht ertragen konnten, die Freiheit und den Ruhm
+ihres Vaterlandes zu überleben, war Wilhelm an die Spitze der Geschäfte
+berufen worden. Eine Zeit lang dünkte ihm jeder Widerstand hoffnungslos.
+Er
+<span class = "pagenum">VII.20</span>
+<a name = "pageVII_20" id = "pageVII_20"> </a>
+sah sich vergebens nach Hülfe um. Spanien war ausgesogen, Deutschland
+zerrissen, England bestochen. Es schien dem jungen Statthalter, als ob
+ihm nichts weiter übrig bliebe, als mit dem Schwerte in der Hand zu
+fallen, oder der Aeneas einer großen Völkerwanderung zu werden und in
+Gegenden, welche außer dem Bereiche der Tyrannei Frankreichs lagen, ein
+neues Holland zu gründen. Dann wäre kein Hinderniß mehr vorhanden
+gewesen, das die Fortschritte des Hauses Bourbon hätte hemmen können.
+Noch wenige Jahre und dieses Haus würde seine Besitzungen durch
+Lothringen und Flandern, Castilien und Arragonien, Neapel und Mailand,
+Mexico und Peru vergrößert haben. Ludwig hätte sich dann die Kaiserkrone
+aufsetzen, einen Prinzen seines Hauses auf den Thron Polens erheben und
+der Alleinherrscher in Europa von den scythischen Wüsten bis zum
+Atlantischen Ocean, sowie in Amerika von den Gegenden nördlich vom
+Wendekreis des Krebses bis zu den Gegenden südlich vom Wendekreis des
+Steinbocks werden können. Dies waren die Aussichten, die sich Wilhelm
+darboten, als er in das öffentliche Leben eintrat und welche ihn bis zu
+seinem letzten Tage unaufhörlich verfolgten. Die französische Monarchie
+war für ihn das was die römische Republik für Hannibal, was das
+ottomanische Reich für Scanderbeg, was die südliche Herrschaft für
+Wallace war. Die Religion gab diesem glühenden und unverlöschlichen
+Hasse ihre Weihe. Hunderte von calvinistischen Predigern verkündeten,
+daß die nämliche Macht, welche Simson vom Mutterleibe an dazu bestimmt,
+die Geißel der Philister zu werden, und welche Gideon von der
+Dreschtenne abgerufen, um die Midianiter zu schlagen, Wilhelm von
+Oranien zum Vorkämpfer aller freien Nationen und aller reinen Kirchen
+erkoren habe, und diese Ansicht war nicht ohne Einfluß auf sein Gemüth
+geblieben. Dem Vertrauen, welches dieser heldenmüthige Fatalist in seine
+erhabene Bestimmung und in seine heilige Sache setzte, ist zum Theil
+seine auffallende Gleichgültigkeit gegen jede Gefahr zuzuschreiben. Er
+hatte ein großes Werk zu vollbringen und bis es vollbracht war, konnte
+ihm nichts schaden. Daher kam es auch, daß er trotz der Prophezeiungen
+der Ärzte von hoffnungslos scheinenden Krankheiten genas, daß Schaaren
+von Mördern sich vergebens gegen sein Leben verschworen, daß der offene
+Nachen, dem er sich in sternenloser Nacht auf einem tobenden Ocean an
+einer verrätherischen Küste anvertraute, ihn wohlbehalten ans Land trug
+und daß auf zwanzig Schlachtfeldern die Kanonenkugeln auf allen Seiten
+an ihm vorübersausten. Die Begeisterung und Ausdauer, womit er sich
+seiner Sendung widmete, haben kaum ein Beispiel in der Geschichte.
+Seinem großen Ziele gegenüber achtete er das Leben Anderer ebenso gering
+als sein eigenes. Selbst die menschlichsten und edelmüthigen Soldaten
+jener Zeit waren zu sehr daran gewöhnt, das Blutvergießen und die
+Verheerungen, welche von großen kriegerischen Unternehmungen
+unzertrennlich sind, mit kalter Gleichgültigkeit zu betrachten, und
+Wilhelm’s Herz war nicht allein durch berufsmäßige Unempfindlichkeit,
+sondern auch durch die noch starrere Unempfindlichkeit gestählt, welche
+die Wirkung des Pflichtgefühls ist. Drei große Coalitionen, drei lange
+und blutige Kriege, in denen ganz Europa von der Weichsel bis zum
+westlichen Ocean unter den Waffen stand, sind lediglich seiner
+unbezwinglichen Energie zuzuschreiben. Als im Jahre 1678 die
+Generalstaaten erschöpft und entmuthigt nach Ruhe verlangten, stimmte er
+noch immer dagegen, das Schwert in die Scheide zu stecken, und der
+<span class = "pagenum">VII.21</span>
+<a name = "pageVII_21" id = "pageVII_21"> </a>
+Friede wurde nur geschlossen, weil er seinen wilden und entschlossenen
+Geist nicht auch Anderen einhauchen konnte. Noch im letzten Augenblicke
+schlug er in der Hoffnung, dadurch die Unterhandlungen abzubrechen, von
+denen er wohl wußte, daß sie dem Abschlusse nahe waren, eine der
+blutigsten und hartnäckigsten Schlachten jener Zeit. Von dem Tage an, wo
+der Friede von Nymwegen unterzeichnet worden war, begann er auf eine
+neue Coalition zu sinnen. Sein Streit mit Ludwig, der nun vom
+Schlachtfelde in das Kabinet versetzt wurde, ward bald durch eine
+Privatfehde noch erbitterter. Die beiden Rivalen waren einander in
+Talenten, Character, Manieren und Ansichten gerade entgegengesetzt.
+Ludwig, fein und würdevoll, verschwenderisch und ausschweifend, ein
+Freund von Prunk und Feind von persönlicher Gefahr, ein freigebiger
+Beschützer der Künste und Wissenschaften und ein grausamer Verfolger der
+Calvinisten, bildete einen auffallenden Contrast mit Wilhelm, der
+einfach in seinen Neigungen, unfreundlich in seinem Benehmen,
+unermüdlich und unerschrocken im Kriege, gleichgültig gegen alle
+Luxuszweige des Wissens und ein entschiedener Anhänger der genfer
+Theologie war. Die beiden Feinde beobachteten nicht lange jene
+Artigkeit, welche Männer ihres Ranges, selbst wenn sie einander an der
+Spitze von Armeen gegenüberstehen, selten aus den Augen setzen. Wilhelm
+gebrauchte zwar die Formalität, daß er Ludwig seine besten Dienste
+anbot; aber diese Höflichkeit wurde nach ihrem wahren Werthe gewürdigt
+und mit einer trocknen Zurückweisung vergolten. Der große König
+verachtete den kleinen Prinzen, der der Diener eines Bundes von
+Handelsstädten war und auf jedes Zeichen von Verachtung antwortete der
+unerschrockene Statthalter mit einer neuen Herausforderung, Wilhelm
+entlehnte seinen Namen, ein Name, den die Ereignisse des
+vorhergegangenen Jahrhunderts zu einem der glänzendsten und berühmtesten
+von ganz Europa gemacht hatten, von einer Stadt, welche nicht weit von
+Avignon an den Ufern der Rhone liegt und die, wie Avignon, obgleich von
+allen Seiten von französischem Gebiet umgeben, doch eigentlich nicht der
+französischen, sondern der kaiserlichen Krone als Lehen gehörte. Ludwig
+besetzte Orange mit der ihm eigenen übermüthigen Verachtung des
+Völkerrechts, schleifte die Befestigungswerke und eignete sich die
+Einkünfte der Stadt zu. Wilhelm erklärte laut bei Tische in Anwesenheit
+vieler Personen, der allerchristlichste König solle diese Beleidigung
+schwer bereuen, und als der Graf von Avaux ihn um eine nähere Erklärung
+dieser Worte bat, weigerte er sich auf das Bestimmteste, sie zu
+widerrufen oder wegzuerklären. Der Streit ging so weit, daß der
+französische Gesandte es nicht wagen durfte, sich im Empfangzimmer der
+Prinzessin blicken zu lassen, wenn er sich nicht der Gefahr aussetzen
+wollte, öffentlich beleidigt zu werden.<a class = "tag" name =
+"tagVII_13" id = "tagVII_13" href = "#noteVII_13">13</a></p>
+
+<p>Wilhelm’s Gesinnungen gegen Frankreich erklären zugleich seine ganze
+Politik gegen England. Sein Gemeinsinn war ein europäischer. Der
+Hauptgegenstand seiner Sorge war nicht unsre Insel, ja selbst sein
+Geburtsland nicht, sondern die große Gemeinschaft der Nationen, der die
+Unterjochung durch ein zu mächtiges Mitglied drohte. Wer in dem Irrthume
+befangen ist, ihn als einen englischen Staatsmann zu betrachten, muß
+nothwendig sein ganzes Leben in einem falschen Lichte erblicken und
+<span class = "pagenum">VII.22</span>
+<a name = "pageVII_22" id = "pageVII_22"> </a>
+wird nicht im Stande sein, irgend einen Grundsatz, sei es ein guter oder
+ein schlechter, ein whiggistischer oder ein toryistischer, zu entdecken,
+auf den sich seine wichtigsten Thaten zurückführen ließen. Betrachten
+wir ihn aber als einen Mann, dessen besondere Aufgabe es war, eine Masse
+von schwachen, zerrissenen und entmuthigten Staaten zu einem festen und
+starken Bunde gegen den gemeinsamen Feind zu sammeln, betrachten wir ihn
+als einen Mann, in dessen Augen England namentlich deshalb wichtig war,
+weil ohne dasselbe die von ihm beabsichtigte große Coalition
+unvollständig gewesen sein würde, so werden wir zugeben müssen, daß
+keine langjährige Laufbahn, von der uns die Geschichte erzählt, von
+Anfang bis zu Ende gleichmäßiger war als die dieses großen Fürsten.<a
+class = "tag" name = "tagVII_14" id = "tagVII_14" href =
+"#noteVII_14">14</a></p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVII_13" id = "noteVII_13" href = "#tagVII_13">13.</a>
+<span class = "antiqua">Avaux Negotiations</span>, Aug. 10.(20.), Sept.
+14.(24.), Sept. 28. (Oct. 8.), Dec. 7.(17.) 1682.</p>
+
+<p><a name = "noteVII_14" id = "noteVII_14" href = "#tagVII_14">14.</a>
+Ich kann mir das Vergnügen nicht versagen, Massillon’s unfreundliche,
+aber scharfsinnige und edle Characteristik Wilhelm’s hier anzuführen:
+<span class = "antiqua">„Un prince profond dans ses vues; habile à
+former des ligues et à reunir les esprits, plus heureux à exciter les
+guerres qu’à combattre; plus encore à craindre dans le secret du
+cabinet, qu’à la tête des armées; un ennemi que la haine du nom Français
+avait rendu capable d’imaginer de grandes choses et de les exécuter; un
+de ces génies qui semblent être nés pour mouvoir à leur gré les peuples
+et les souverains; un grand homme, s’il n’avoit jamais voulu être
+roi.“</span> Grabrede auf den Dauphin.</p>
+</div>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Seine Politik durchaus consequent.</span>
+<a name = "secVII_15" id = "secVII_15">Der</a> Leitfaden, den wir jetzt
+besitzen, wird es uns möglich machen, ohne Schwierigkeit den wirklich
+consequenten, obgleich anscheinend zuweilen gewundenen Gang zu
+verfolgen, den er gegen unsere inneren Factionen beobachtete. Er
+erkannte deutlich, was übrigens auch weit weniger scharfsichtigen Leuten
+als er war, nicht entging, daß das Unternehmen, an dem er mit ganzer
+Seele hing, wahrscheinlich gelingen würde, wenn England auf seiner Seite
+wäre, daß der Ausgang ungewiß sein würde, wenn England neutral bliebe,
+und daß es hoffnungslos sein würde, wenn England handelte, wie es in den
+Tagen der Cabale gehandelt hätte. Nicht weniger deutlich sah er, daß
+zwischen der äußeren und der inneren Politik Englands ein enger
+Zusammenhang stattfand, daß der Regent dieses Landes, wenn er mit dem
+gesetzgebenden Körper harmonirte, stets einen großen Einfluß auf die
+Angelegenheiten der Christenheit ausüben und daß ihm offenbar daran
+gelegen sein mußte, der ungebührlichen Machtvergrößerung irgend eines
+festländischen Potentaten entgegenzuwirken; daß auf der andren Seite der
+Souverain, wenn der gesetzgebende Körper ihm nicht traute und ihn in
+seinen freien Bewegungen hemmte, in der europäischen Politik nur von
+geringem Gewicht sein konnte und daß dieses ganze kleine Gewicht in die
+falsche Wagschale fallen würde. Der erste Wunsch des Prinzen war daher:
+Eintracht zwischen dem Throne und dem Parlamente. Wie diese Eintracht
+herzustellen war und auf welcher Seite Zugeständnisse gemacht werden
+mußten, dies waren seiner Ansicht nach Fragen von untergeordneter
+Bedeutung. Allerdings würde es ihm am liebsten gewesen sein, wenn eine
+vollständige Aussöhnung hätte bewirkt werden können, ohne einen
+Buchstaben von der Prärogative zu opfern, denn er hatte an der
+ungeschmälerten Aufrechthaltung derselben ein anwartschaftliches
+Interesse, und war von Natur mindestens eben so herrschsüchtig und ein
+eben so großer Feind von Beschränkung, als irgend ein Stuart. Aber es
+gab kein Kleinod der Krone, das er nicht, selbst nachdem sie auf sein
+eignes Haupt gesetzt worden, bereitwilligst zum Opfer gebracht hätte,
+wenn er
+<span class = "pagenum">VII.23</span>
+<a name = "pageVII_23" id = "pageVII_23"> </a>
+überzeugt sein konnte, daß ein solches Opfer zur Erreichung seines
+großen Zieles unumgänglich nöthig war. Daher empfahl er auch der
+Regierung in den Tagen des papistischen Complots Nachgiebigkeit,
+obgleich er die Heftigkeit mißbilligte, mit der die Opposition die
+königliche Autorität angriff. Das Verfahren der Gemeinen bezüglich der
+inneren Angelegenheiten, sagte er, sei höchst unverständig, aber so
+lange die Gemeinen unzufrieden seien, könnten die Freiheiten Europa’s
+nicht sicher sein und dieser überwiegenden Rücksicht müsse jede andre
+weichen. Nach diesen Grundsätzen handelte er, als die Ausschließungsbill
+die ganze Nation erschütterte. Man hat keinen Grund zu der Annahme, daß
+er die Opposition aufgemuntert habe, diese Bill einzubringen oder die
+wiederholt gemachten Vergleichsvorschläge des Thrones zurückzuweisen.
+Als es aber klar wurde, daß, wenn diese Bill nicht durchging, ein
+ernster Bruch zwischen den Gemeinen und dem Hofe entstehen mußte, sprach
+er deutlich, obwohl mit gebührender Mäßigung, seine Ansicht dahin aus,
+daß man sich um jeden Preis mit den Vertretern des Volks versöhnen
+müsse. Als ein heftiger und reißender Umschwung der öffentlichen Meinung
+die Whigpartei eine Zeit lang völlig hilflos gelassen hatte, versuchte
+er es sein großes Ziel auf einem andren Wege zu erreichen, der seiner
+Natur vielleicht besser zusagte als der vorher betretene. Die veränderte
+Stimmung der Nation bot wenig Aussicht dar, daß ein Parlament gewählt
+werden würde, das geneigt war, die Wünsche des Souverains zu
+durchkreuzen. Karl war eine Zeit lang Herr. Ihn zu gewinnen, war daher
+des Prinzen erster Wunsch. Im Sommer 1683, fast in dem Augenblicke, als
+die Entdeckung des Ryehousecomplots die Niederlage der Whigs und den
+Sieg des Königs vollständig machte, traten anderwärts Ereignisse ein,
+welche Wilhelm nicht ohne die größte Angst und Besorgniß mit ansehen
+konnte. Die türkischen Heere rückten bis an die Vorstädte Wiens heran.
+Die große österreichische Monarchie, auf deren Unterstützung der Prinz
+gerechnet hatte, schien ihrem Untergange nahe zu sein. Bentinck wurde
+daher schleunigst vom Haag nach London gesandt, mit dem Auftrage nichts
+zu versäumen, was nöthig sein konnte, um den englischen Hof zu gewinnen,
+und ganz besonders war er angewiesen, in den stärksten Ausdrücken den
+Abscheu seines Gebieters gegen die Whigverschwörung zu versichern.</p>
+
+<p>Während der nächsten achtzehn Monate war einige Hoffnung, daß der
+Einfuß Halifax’ überwiegen und daß der Hof von Whitehall zur Politik der
+Tripleallianz zurückkehren werde. An diese Hoffnung klammerte sich
+Wilhelm mit Vorliebe an und sparte keine Mühe, um Karl günstig zu
+stimmen. Die gastliche Aufnahme, welche Monmouth im Haag fand, muß
+hauptsächlich dem ernstlichen Bestreben des Prinzen, die wirklichen
+Wünsche von Monmouth’s Vater zu erfüllen, zugeschrieben werden. Sobald
+Karl gestorben war, schlug Wilhelm in unabänderlicher Verfolgung seines
+Zieles wieder ein andres Verfahren ein. Er hatte Monmouth aufgenommen,
+um dem verstorbenen Könige zu gefallen; damit nun der gegenwärtige König
+keine Ursache zu Beschwerden haben sollte, wurde Monmouth fortgeschickt.
+Wir haben gesehen, daß beim Ausbruche des Aufstandes im Westen die in
+holländischen Diensten stehenden britischen Regimenter durch die
+thätigen Bemühungen des Prinzen auf die erste Aufforderung in ihre
+Heimath zurückgesandt wurden. Wilhelm erbot sich sogar, persönlich ein
+Commando gegen die Rebellen zu übernehmen, und
+<span class = "pagenum">VII.24</span>
+<a name = "pageVII_24" id = "pageVII_24"> </a>
+daß dieses Anerbieten vollkommen aufrichtig gemeint war, kann von
+Niemandem, der seine vertraulichen Briefe an Bentinck gelesen hat,
+bezweifelt werden.<a class = "tag" name = "tagVII_15" id = "tagVII_15"
+href = "#noteVII_15">15</a></p>
+
+<p>Der Prinz gab sich zu dieser Zeit augenscheinlich der Hoffnung hin,
+daß der große Plan, dem in seinem Geiste alles Andre untergeordnet war,
+den Beifall und die Unterstützung seines Schwiegervaters erhalten werde.
+Der hohe Ton, den Jakob damals gegen Frankreich annahm, die
+Bereitwilligkeit, mit der er sich zu einem Defensivbündnisse mit den
+Vereinigten Provinzen verstand, und seine Geneigtheit zu einer
+Verbindung mit dem Hause Österreich bestärkten diese Erwartung. Aber
+bald verfinsterte sich der Horizont. Die Entlassung Halifax’, der Bruch
+zwischen Jakob und dem Parlamente, die Prorogation desselben und die
+ausdrückliche Erklärung, welche der König den auswärtigen Gesandten gab,
+daß die festländische Politik seine Aufmerksamkeit nicht länger von
+inneren Maßregeln zur Befestigung seiner Hoheitsrechte und zur Förderung
+der Interessen seiner Kirche ablenken sollte, machten der Täuschung ein
+Ende. Es war klar, daß England, wenn Jakob sein Beherrscher war, im Fall
+einer europäischen Krisis entweder unthätig bleiben oder im Einklange
+mit Frankreich handeln würde. Und die europäische Krisis rückte immer
+näher. Das Haus Österreich war durch eine Reihe von Siegen gegen fernere
+Gefahr von Seiten der Türkei gesichert worden und hatte daher nicht mehr
+nöthig, die Übergriffe und Beleidigungen Ludwig’s geduldig zu
+ertragen.</p>
+
+<p class = "footnote">
+<a name = "noteVII_15" id = "noteVII_15" href = "#tagVII_15">15.</a>
+Zum Beispiel: <span class = "antiqua">„Je crois M. Feversham un très
+brave et honeste homme. Mais je doute s’il a assez d’expérience à
+diriger une si grande affaire qu’il a sur le bras. Dieu lui donne un
+succès prompt et heureux. Mais je ne suis pas hors d’inquiétude.“</span>
+&mdash; 7.(17.) Juli 1685. Als er die Nachricht von der Schlacht von
+Sedgemoor erhalten hatte, schrieb er wieder: <span class =
+"antiqua">„Dieu soit loué du bon succès que les troupes du Roy ont eu
+contres les rebelles. Je ne doute pas que cette affaire ne soit
+entièrement assoupie, et que le règne du Roy sera heureux, ce que Dieu
+veuille.“</span> &mdash; 10.(20.) Juli.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Vertrag von Augsburg.</span>
+<a name = "secVII_16" id = "secVII_16">In</a> Folge dessen wurde im Juli
+1686 zu Augsburg ein Vertrag unterzeichnet, durch den sich die Fürsten
+des Reichs zum Zwecke gegenseitiger Vertheidigung eng verbanden. Die
+Könige von Spanien und von Schweden waren diesem Bunde ebenfalls
+beigetreten, der König von Spanien als Besitzer der im burgundischen
+Kreise liegenden Provinzen, der König von Schweden als Herzog von
+Pommern. Die Verbündeten erklärten, daß sie nicht die Absicht hätten
+irgend eine Macht anzugreifen oder irgend eine zu beleidigen, daß sie
+aber entschlossen seien, keine Verletzung der Rechte zu dulden, welche
+das deutsche Reich unter Sanction des Völkerrechts und der öffentlichen
+Treue besitze. Sie verpflichteten sich, einander im Falle der Noth
+beizustehen und bestimmten das Truppencontingent, das jedes Mitglied des
+Bundes stellen mußte, wenn es nöthig werden sollte, einen Angriff
+zurückzuweisen.<a class = "tag" name = "tagVII_16" id = "tagVII_16" href
+= "#noteVII_16">16</a> Der Name Wilhelm’s war in dieser Urkunde nicht
+genannt aber Jedermann wußte, daß sie sein Werk war und sah voraus, daß
+er in nicht langer Zeit wieder an der Spitze einer Coalition gegen
+Frankreich stehen werde. Zwischen ihm und dem Vasallen Frankreichs
+konnte unter solchen Umständen kein herzliches Einvernehmen stattfinden.
+Es erfolgte zwar kein offener Bruch und kein Austausch von Drohungen
+oder
+<span class = "pagenum">VII.25</span>
+<a name = "pageVII_25" id = "pageVII_25"> </a>
+Vorwürfen; aber Schwiegervater und Schwiegersohn waren vollständig und
+für immer geschieden.</p>
+
+<p class = "footnote">
+<a name = "noteVII_16" id = "noteVII_16" href = "#tagVII_16">16.</a>
+Der Vertrag ist in dem <span class = "antiqua">Recueil des Traités, IV.
+No. 209</span> zu finden.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Wilhelm wird das Oberhaupt der englischen Opposition.</span>
+<a name = "secVII_17" id = "secVII_17">Gerade</a> zu der Zeit, als der
+Prinz so dem englischen Hofe entfremdet wurde, verschwanden die
+Ursachen, welche bisher eine Kälte zwischen ihm und den beiden großen
+Parteien des englischen Volks hervorgerufen hatten. Ein großer Theil,
+der Zahl nach vielleicht die Mehrheit der Whigs, hatte die Ansprüche
+Monmouth’s begünstigt, aber Monmouth existirte jetzt nicht mehr. Die
+Tories auf der andren Seite hatten gefürchtet, die Interessen der
+anglikanischen Kirche mochten unter der Leitung eines Mannes nicht
+sicher sein, der unter holländischen Presbyterianern aufgewachsen und
+dessen Ansichten über die Gewänder, die Ceremonien und die Bischöfe als
+latitudinarisch wohl bekannt waren; seitdem aber jener geliebten Kirche
+von einer ganz andren Seite weit furchtbarere Gefahren drohten, hatten
+diese Befürchtungen fast ihre ganze Kraft verloren. So kam es, daß beide
+große Parteien in dem nämlichen Augenblicke ihre Hoffnungen und ihre
+Liebe auf den nämlichen Führer zu richten begannen. Alte Republikaner
+konnten ihr Vertrauen einem Manne nicht versagen, der viele Jahre
+hindurch das höchste Amt einer Republik würdig bekleidet hatte, und alte
+Royalisten sahen ein, daß sie in Übereinstimmung mit ihren Grundsätzen
+handelten, wenn sie einem dem Throne so nahe gehenden Prinzen die
+tiefste Ehrerbietung bezeigten. Unter diesen Umständen war es von
+höchster Wichtigkeit, daß zwischen Wilhelm und Marien die vollkommenste
+Einigkeit herrschte. Eine Mißhelligkeit zwischen der präsumtiven
+Thronerbin und ihrem Gemahl hätte in der großen Masse, die sich von
+allen Seiten her um einen gemeinschaftlichen Mittelpunkt schaarte, eine
+Spaltung hervorbringen müssen. Zum Glück wurde jede Gefahr einer solchen
+Mißhelligkeit im entscheidenden Augenblicke durch Burnet’s
+Dazwischenkunft beseitigt und der Prinz wurde das unbestrittene Haupt
+der ganzen Partei, welche der Regierung feindlich gegenüberstand, einer
+Partei, welche fast die ganze Nation in sich begriff.</p>
+
+<p>Es ist nicht der mindeste Grund zu der Annahme vorhanden, daß er
+schon um diese Zeit das große Unternehmen im Sinne hatte, zu dem ihn
+später die gebieterische Nothwendigkeit trieb. Er wußte sehr gut, daß
+die öffentliche Stimmung in England, wenn auch durch Kränkungen gereizt,
+doch zu einer Revolution keineswegs reif war. Gewiß würde er gern das
+Ärgerniß vermieden haben, das ein blutiger Streit zwischen Personen,
+welche durch die engsten Bande der Blutsverwandtschaft und der
+Verschwägerung an einander gekettet waren, nothwendig erregen mußte.
+Auch sein Ehrgeiz ließ es ihm nicht wünschenswerth erscheinen, die
+Größe, die im gewöhnlichen Laufe der Natur und des Rechts ihm zufallen
+konnte, einer Gewaltthätigkeit zu verdanken, denn er wußte jetzt, daß,
+wenn die Krone auf regelmäßigem Wege auf seine Gemahlin überging,
+zugleich mit derselben auch alle ihre Vorrechte ungeschmälert auf ihn
+selbst übergehen würden, daß sie aber, wenn sie durch eine Wahl erlangt
+wurde, unter den Bedingungen angenommen werden mußte, welche die Wähler
+zu stellen für gut fanden. Er schien daher geduldig den Tag erwarten zu
+wollen, wo er mit unbestrittenem Rechte die Regierung antreten konnte,
+und sich bis dahin darauf zu beschränken, als erster Prinz von Geblüt
+und als Oberhaupt der Partei, welche in der Nation entschieden das
+Übergewicht
+<span class = "pagenum">VII.26</span>
+<a name = "pageVII_26" id = "pageVII_26"> </a>
+hatte, und die auch darauf rechnen konnte, in beiden Häusern eines zu
+versammelnden Parlaments entschieden zu überwiegen, einen großen Einfluß
+auf die englischen Angelegenheiten auszuüben.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Mordaunt schlägt Wilhelm eine Landung in England vor.</span>
+<a name = "secVII_18" id = "secVII_18">Indessen</a> war er bereits durch
+einen Rathgeber, der weniger scharfsichtig, aber ungestümer war als er
+selbst, gedrängt worden, einen kühneren Weg einzuschlagen. Dieser
+Rathgeber war der junge Lord Mordaunt. Das damalige Zeitalter hat kein
+erfinderischeres Genie und keinen verwegeneren Geist hervorgebracht.
+Aber wenn ein Plan nur glänzend war, so fragte Mordaunt selten danach,
+ob er auch ausführbar sein würde, sein ganzes Leben war ein wilder
+Roman, zusammengesetzt aus geheimnißvollen Intriguen der Politik und der
+Liebe, aus heftigen und schnellen Wechseln des Schauplatzes und des
+Glücks, und aus Siegen, welche mehr denen eines Amadis und eines
+Lancelot, als denen eines Luxemburg und eines Eugen glichen. Die
+Episoden, welche mit dieser seltsamen Lebensgeschichte verflochten
+waren, entsprachen ganz der Hauptintrigue. Es waren darunter nächtliche
+Kämpfe mit edelmüthigen Räubern und Befreiungen vornehmer und schöner
+Damen aus den Händen von Entführern. Nachdem sich Mordaunt durch die
+Beredtsamkeit und Kühnheit ausgezeichnet, mit der er im Hause der Lords
+gegen den Hof aufgetreten war, zog er sich bald nach der Prorogation
+nach dem Haag zurück und empfahl dringend eine unverzügliche Landung in
+England. Er bildete sich ein, es sei eben so leicht, drei große
+Königreiche zu überrumpeln, als es ihm lange nachher wurde, Barcellona
+zu nehmen.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Wilhelm verwirft den Rath.</span>
+<a name = "secVII_19" id = "secVII_19">Wilhelm</a> hörte ihn an,
+überlegte sich die Sache und erwiederte endlich in allgemeinen
+Ausdrücken, er interessire sich sehr für die englischen Angelegenheiten
+und werde dieselben scharf im Auge behalten.<a class = "tag" name =
+"tagVII_17" id = "tagVII_17" href = "#noteVII_17">17</a> Was aber auch
+seine Absicht sein mochte, es ist nicht anzunehmen, daß er einen
+voreiligen und hitzköpfigen fahrenden Ritter zu seinem Vertrauten
+erwählt haben würde. Die beiden Männer hatten nichts mit einander gemein
+als persönlichen Muth, der bei ihnen bis zum fabelhaften Heroismus ging,
+Mordaunt wollte lediglich die Aufregung des Kampfes genießen und die
+Menschen in Erstaunen setzen, Wilhelm hatte beständig ein erhabenes Ziel
+vor Augen. Nach diesem Ziele trieb ihn eine gewaltige Leidenschaft, die
+ihn im Gewande einer heiligen Pflicht erschien. Auf dieses Ziel steuerte
+er mit einer Geduld hin, die, wie er einmal sagte, der Geduld eines
+Bootsführers glich, den er auf einem Kanale gegen eine widrige Strömung
+hatte ankämpfen sehen, der immer wieder zurückgeworfen wurde, aber nicht
+aufhörte zu rudern und zufrieden war, wenn er nach stundenlanger Arbeit
+um einige Yards vorwärts gekommen war.<a class = "tag" name =
+"tagVII_18" id = "tagVII_18" href = "#noteVII_18">18</a> Heldenthaten,
+die ihn seinem Ziele nicht näher brachten, mochten sie in den Augen des
+großen Haufens noch so ruhmvoll sein, waren seiner Ansicht nach
+kindische Eitelkeiten, aber kein Theil der wahren Aufgabe des
+Lebens.</p>
+
+<p>Er beschloß, Mordaunt’s Rath zu verwerfen und es kann keinem Zweifel
+unterliegen, daß dies ein weiser Entschluß war. Hätte Wilhelm im Jahre
+1686 oder selbst 1687 das versucht, was er 1688 mit so
+<span class = "pagenum">VII.27</span>
+<a name = "pageVII_27" id = "pageVII_27"> </a>
+glänzendem Erfolge unternahm, so würden zwar vielleicht auf seinen Ruf
+viele Whigs zu den Waffen gegriffen haben, aber er würde bald gesehen
+haben, daß die Nation noch nicht hinreichend vorbereitet war, um einen
+bewaffneten Befreier aus fremdem Lande willkommen zu heißen, und daß die
+Kirche noch nicht genugsam gereizt und beleidigt worden war, damit sie
+den Grundsatz, der seit so langer Zeit ihr Losungswort war, schon hätte
+vergessen haben können. Die alten Kavaliere würden sich um das
+königliche Banner geschaart haben und es würde wahrscheinlich in allen
+drei Königreichen ein eben so langer und heftiger Bürgerkrieg als der
+unter der vorigen Generation ausgebrochen sein. Während dieser Krieg auf
+den britischen Inseln wüthete, was konnte Ludwig inzwischen nicht Alles
+auf dem Continent versuchen? Und welche Aussichten hätte dann Holland
+gehabt, das von seinen Truppen entblößt und von seinem Statthalter
+verlassen gewesen wäre?</p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVII_17" id = "noteVII_17" href = "#tagVII_17">17.</a>
+<span class = "antiqua">Burnet I. 762.</span></p>
+
+<p><a name = "noteVII_18" id = "noteVII_18" href = "#tagVII_18">18.</a>
+<span class = "antiqua">Temple’s Memoirs.</span></p>
+</div>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Unzufriedenheit in England nach dem Sturze der Hyde.</span>
+<a name = "secVII_20" id = "secVII_20">Wilhelm</a> begnügte sich daher
+für jetzt, Maßregeln zu ergreifen, um der mächtigen Opposition, deren
+Oberhaupt er geworden war, Einigkeit und Lebenskraft einzuhauchen. Dies
+war nicht schwer. Der Fall der Hyde hatte durch ganz England eine
+heftige Aufregung und Entrüstung hervorgerufen. Man fühlte, daß es sich
+jetzt nicht mehr darum handelte, ob der Protestantismus herrschen,
+sondern ob er geduldet werden sollte. An die Stelle des Schatzmeisters
+war eine Commission getreten, deren Oberhaupt ein Papist war. Das
+Geheimsiegel war einem Papisten anvertraut worden und der Nachfolger des
+Lordlieutenants von Irland war ein Mann, der durchaus keinen andren
+Anspruch auf einen so hohen Posten hatte, als daß er Papist war.
+Tyrconnel wäre der Letzte gewesen, den eine Regierung, welcher das
+allgemeine Wohl des Landes am Herzen lag, nach Dublin als Stellvertreter
+geschickt hätte. Seine brutalen Manieren machten ihn geradezu unfähig,
+die Majestät der Krone zu repräsentiren. Sein beschränkter Verstand und
+sein heftiges Temperament machten ihn untauglich, wichtige
+Staatsgeschäfte zu leiten. Sein unversöhnlicher Haß gegen die Besitzer
+des größeren Theiles des irischen Grund und Bodens machte ihn ganz
+untauglich, gerade dieses Land zu verwalten. Aber die Maßlosigkeit
+seiner Bigotterie wurde als ein genügender Ersatz für die Maßlosigkeit
+seiner anderen Leidenschaften betrachtet und aus Rücksicht auf seinen
+Haß gegen den reformirten Glauben gestattete man ihm, seinem Hasse gegen
+den englischen Namen freien Lauf zu lassen. Dies war also der wirkliche
+Sinn der Achtung Seiner Majestät vor den Rechten der Überzeugung! Er
+wollte, daß sein Parlament alle den Papisten auferlegte Ausschließungen
+beseitigte, nur damit <em>er</em> gleich drückende Ausschließungen über
+die Protestanten verhängen konnte. Es war klar, daß unter einem solchen
+Fürsten Glaubensabfall der einzige Weg zur Größe sein konnte. Dennoch
+wagten es nur Wenige, diesen Weg einzuschlagen, denn der Geist der
+Nation war furchtbar aufgeregt, und jeder Renegat hatte ein solches Maß
+von Hohn und Verachtung zu ertragen, daß auch die verhärtetsten Naturen
+nicht ganz unempfindlich dagegen bleiben konnten.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Bekehrungen zum Papismus; Peterborough, Salisbury.</span>
+<a name = "secVII_21" id = "secVII_21">Allerdings</a> hatten erst
+kürzlich mehrere bemerkenswerthe Übertritte stattgefunden; aber sie
+waren von der Art, daß sie der römischen Kirche wenig Ehre machten. Zwei
+vornehme Männer hatten sich in ihren Schooß aufnehmen lassen: Heinrich
+Mordaunt, Earl von Peterborough
+<span class = "pagenum">VII.28</span>
+<a name = "pageVII_28" id = "pageVII_28"> </a>
+und Jakob Cecil, Earl von Salisbury. Aber Peterborough, früher ein
+thätiger Soldat, Hofmann und Diplomat, war jetzt durch Alter und
+Krankheit gebeugt und wer ihn, auf einen Stock gestützt und in Flanell
+und Pflaster eingehüllt, durch die Gallerien von Whitehall hinken sah,
+tröstete sich über seinen Abfall damit, daß er seinen Glauben erst
+gewechselt, nachdem er seine Körper- und Geisteskräfte überlebt hatte.<a
+class = "tag" name = "tagVII_19" id = "tagVII_19" href =
+"#noteVII_19">19</a> Salisbury war sprüchwörtlich albern. Sein Körper
+war in Folge sinnlicher Genüsse dermaßen aufgeschwollen, daß er sich
+fast nicht mehr bewegen konnte, und dieser träge Körper war der Wohnsitz
+eines eben so trägen Geistes. In populären Spottliedern war er als ein
+Mensch dargestellt, der dazu geschaffen war, betrogen zu werden, als ein
+Mensch, der bisher die Beute von Spielern gewesen und der eben so gut
+die Beute von Mönchen werden konnte. Ein Pasquill, das zur Zeit von
+Rochester’s Rücktritt an die Thür von Salisbury House am Strand
+angeheftet wurde, schildert in starken Ausdrücken das Entsetzen, mit dem
+der weise Robert Cecil, wenn er aus seinem Grabe auferstehen könnte,
+sehen würde, auf was für ein Geschöpf seine Würden und Ehren gekommen
+waren.<a class = "tag" name = "tagVII_20" id = "tagVII_20" href =
+"#noteVII_20">20</a></p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVII_19" id = "noteVII_19" href = "#tagVII_19">19.</a>
+Siehe die beiden Gedichte, betitelt: <span class = "antiqua">The
+Converts</span> und <span class = "antiqua">The Delusion</span>.</p>
+
+<p><a name = "noteVII_20" id = "noteVII_20" href = "#tagVII_20">20.</a>
+Die Verse befinden sich in der <span class = "antiqua">Collection of
+State Poems</span>.</p>
+</div>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Wycherley, Tindal, Haines.</span>
+<a name = "secVII_22" id = "secVII_22">Dies</a> waren im Range die
+höchststehenden von Jakob’s Proselyten. Außerdem gab es noch Renegaten
+ganz andrer Art, unbemittelte Leute von Talent, die aber keine
+Grundsätze und keine Spur von Ehrgefühl besaßen. Man hat Grund zu
+glauben, daß Wilhelm Wycherley, der zügelloseste und hartherzigste
+Schriftsteller einer ganz besonders zügellosen und hartherzigen Schule,
+zu diesen gehörte.<a class = "tag" name = "tagVII_21" id = "tagVII_21"
+href = "#noteVII_21">21</a> Gewiß ist, daß Matthäus Tindal, der sich
+später durch seine Schriften gegen das Christenthum einen Namen machte,
+um diese Zeit in den Schooß der alleinseligmachenden Kirche aufgenommen
+wurde, ein Schritt, den, wie man leicht denken kann, die Theologen, mit
+denen er nachmals polemisirte, nicht vergessen hatten.<a class = "tag"
+name = "tagVII_22" id = "tagVII_22" href = "#noteVII_22">22</a> Ein noch
+ehrloserer Apostat war Joseph Haines, dessen Name jetzt so gut wie
+vergessen ist, der aber damals als ein Abenteurer von vielseitiger
+Begabung, als Gauner, Falschmünzer, falscher Zeuge, falscher Bürge,
+Tanzmeister, Possenreißer, Dichter und Schauspieler wohl bekannt war.
+Einige von seinen Prologen und Epilogen wurden von seinen Zeitgenossen
+viel bewundert und sein Schauspielertalent war allgemein anerkannt.
+Dieser Mann wurde Katholik, ging im Gefolge Castelmaine’s mit nach
+Italien, wurde aber bald wegen schlechter Aufführung wieder entlassen.
+Wenn man einer Tradition glauben darf, die sich lange im Garderobezimmer
+erhalten hat, so hatte Haines die Frechheit zu behaupten, daß ihm die
+Jungfrau Maria erschienen sei und ihn zur Buße aufgefordert habe. Nach
+der Revolution versuchte er es sich mit der Stadt durch eine Buße
+auszusöhnen, die noch skandalöser war als sein Vergehen. Eines Abends,
+ehe er in einer Posse auftrat, erschien er in ein weißes Betttuch
+gehüllt und mit einer Kerze
+<span class = "pagenum">VII.29</span>
+<a name = "pageVII_29" id = "pageVII_29"> </a>
+in der Hand auf der Bühne und trug einige gottlose, unanständige
+Knittelverse vor, die er seinen Widerruf nannte.<a class = "tag" name =
+"tagVII_23" id = "tagVII_23" href = "#noteVII_23">23</a></p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVII_21" id = "noteVII_21" href = "#tagVII_21">21.</a>
+Die Nachrichten, die wir über Wycherley haben, sind äußerst dürftig;
+zweierlei aber ist gewiß: daß er sich in seinen späteren Jahren einen
+Papisten nannte und daß er von Jakob Geld erhielt. Ich zweifle kaum
+daran, daß er ein bezahlter Convertit war.</p>
+
+<p><a name = "noteVII_22" id = "noteVII_22" href = "#tagVII_22">22.</a>
+Siehe den Artikel über ihn in der <span class = "antiqua">Biographia
+Britannica</span>.</p>
+
+<p><a name = "noteVII_23" id = "noteVII_23" href = "#tagVII_23">23.</a>
+Siehe Jakob Quin’s Bericht über Haines in <span class =
+"antiqua">Davies’s Miscellanies</span>; <span class = "antiqua">Tom
+Brown’s Works</span>; <span class = "antiqua">Lives of Sharpers</span>;
+Dryden’s Epilog zu der <span class = "antiqua">Secular
+Masque</span>.</p>
+</div>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Dryden.</span>
+<a name = "secVII_23" id = "secVII_23">Mit</a> dem Namen Haines wurde in
+vielen Libellen der Name eines berühmteren Renegaten, Johann Dryden’s
+verbunden. Dryden näherte sich jetzt dem Abend seines Lebens. Nach
+vielen Erfolgen und vielen Enttäuschungen hatte er endlich mit
+allgemeiner Zustimmung die erste Stelle unter den lebenden Dichtern
+Englands erhalten. Er hatte größere Ansprüche auf den Dank Jakob’s als
+irgend ein andrer Schriftsteller des Königreichs. Doch Jakob war an
+Versen wenig, sehr viel aber am Gelde gelegen. Vom Tage seiner
+Thronbesteigung an bemühte er sich kleine Ersparnisse zu machen, welche
+einer Regierung den Vorwurf der Knauserei zuziehen, ohne die Finanzlast
+merklich zu erleichten. Zu den Opfern seiner unverständigen Sparsamkeit
+gehörte auch der <span class = "antiqua">Poeta Laureatus</span>. Es
+wurde Befehl gegeben, daß in dem neuen Diplom, welches durch die
+Erledigung der Krone nöthig geworden war, das jährlich gespendete Faß
+Sect, das ursprünglich Jonson bewilligt und auch dessen Nachfolgern
+zugestanden worden war, weggelassen werden sollte.<a class = "tag" name
+= "tagVII_24" id = "tagVII_24" href = "#noteVII_24">24</a> Dies war die
+einzige Notiz, welche der König im ersten Jahre seiner Regierung von dem
+gewaltigen Satiriker zu nehmen geruhte, der im kritischesten Augenblicke
+des großen Kampfes wegen der Ausschließungsbill in den Reihen der Whigs
+Schrecken verbreitet hatte. Dryden war arm und seine Armuth drückte ihn
+nieder. Von Religion wußte er wenig und kümmerte sich auch nicht darum.
+Wenn irgend ein Gefühl tief in seiner Brust wurzelte, so war es der
+Widerwille gegen die Priester jeden Glaubens, gegen Leviten, Auguren,
+Muftis, römisch-katholische Geistliche, presbyterianische und
+anglikanische Geistliche. Er war von Natur kein hochherziger Mann, und
+seine Bestrebungen waren nicht von der Art, daß sie seinem Sinne höhere
+Würde und größeres Zartgefühl verleihen konnten. Er hatte viele Jahre
+lang sich seinen Unterhalt dadurch erworben, daß er dem verderbten
+Geschmacke des Publikums diente und reichen, adeligen Gönnern auf die
+plumpste Manier schmeichelte. Selbstachtung und ein feines
+Schicklichkeitsgefühl konnte man von einem Manne, der das Leben eines
+Bettlers und Speichelleckers geführt hatte, nicht erwarten. Da er die
+Bemerkung machte, daß seine Dienste unbeachtet bleiben würden, wenn er
+fortführe sich einen Protestanten zu nennen, so erklärte er sich zum
+Papisten. Augenblicklich ließ die Knauserei des Königs nach. Dryden
+wurde mit einem Jahrgelde von hundert Pfund belohnt und dazu verwendet,
+seine neue Religion in Prosa und in Versen zu vertheidigen.</p>
+
+<p>Zwei ausgezeichnete Männer, Samuel Johnson und Walter Scott, haben
+ihr Möglichstes gethan, um sich selbst und Andere zu überreden, daß
+dieser denkwürdige Glaubenswechsel aufrichtig war. Es war natürlich, daß
+sie einen Schandfleck von dem Gedächtnisse eines Mannes verwischen
+wollten, dessen Genie sie mit Recht bewunderten und mit dessen
+politischen Ansichten sie stark sympathisirten; der unparteiische
+Geschichtsschreiber aber muß ein ganz andres Urtheil aussprechen. Es
+wird jederzeit starker Zweifel gegen die Aufrichtigkeit einer Bekehrung
+erhoben werden, durch welche
+<span class = "pagenum">VII.30</span>
+<a name = "pageVII_30" id = "pageVII_30"> </a>
+der Bekehrte unmittelbar gewinnt. Und in Dryden’s Falle ist nichts
+vorhanden, was diesen Zweifel entkräften konnte. Seine theologischen
+Schriften beweisen zur Genüge, daß er sich nie fleißig und ernstlich
+bemüht hat, die Wahrheit zu ergründen, und daß seine Kenntniß der
+Kirche, die er verließ, wie auch der, zu der er übertrat, höchst
+oberflächlich war. Eben so wenig benahm er sich in der Folge wie ein
+Mann, den ein starkes Pflichtgefühl zu einem Schritte von so
+hochwichtiger Bedeutung bewogen hatte. Wäre er ein solcher Mann gewesen,
+so würde die nämliche Überzeugung, die ihn in den Schooß der römischen
+Kirche geführt hatte, ihn abgehalten haben, allgemeine Regeln, welche
+diese Kirche in Übereinstimmung mit jeder andren christlichen
+Gemeinschaft als bindend anerkennt, gröblich und gewohnheitsmäßig zu
+verletzen. Es würde ein merklicher Unterschied zwischen seinen früheren
+und seinen späteren Werken zu erkennen gewesen sein; er würde mit Reue
+auf seine fast dreißigjährige literarische Laufbahn zurückgeblickt
+haben, während welcher er seine seltenen Talente für die Diction und den
+Versbau systematisch zur Verbreitung der Sittenverderbniß angewendet
+hatte. Nicht eine Zeile, welche darauf hinzielte, die Tugend verächtlich
+zu machen und unreine Begierden zu entzünden, würde von diesem
+Augenblicke an mehr aus seiner Feder geflossen sein. Leider aber ist es
+nur zu wahr, daß die Dramen, welche er nach seiner angeblichen Bekehrung
+schrieb, in keiner Hinsicht weniger unrein und profan sind, als die
+seiner Jugend. Selbst in seinen Übersetzungen wich er beständig von den
+Originalen ab, um Bilder aufzusuchen, die er hätte übergehen müssen,
+wenn er sie in den Originalen gefunden hätte. Das Schlechte wurde durch
+seine Übertragungen noch schlechter, und das Unschuldige wurde durch die
+Berührung mit seinem Geiste befleckt. Er machte die derbsten Satiren
+Juvenal’s noch derber, schob in die Erzählungen Boccacio’s schlüpfrige
+Schilderungen ein und befleckte die liebliche und reine Poesie der
+Georgica mit Schmutz, der Vergil’s Ekel erregt haben würde.</p>
+
+<p>Dryden’s Beistand war denjenigen römisch-katholischen Theologen
+willkommen, welche gegen die ausgezeichnetsten Männer der Staatskirche
+mit Mühe einen Kampf unterhielten. Sie konnten es sich nicht verhehlen,
+daß ihr durch ausländische, in Rom oder Douay aufgelesene Ausdrücke
+entstellter Styl der Beredtsamkeit eines Tillotson und Sherlock
+gegenüber eben in keinem vortheilhaften Lichte erschien. Man glaubte es
+nicht gering anschlagen zu dürfen, daß man die Mitwirkung des größten
+lebenden Meisters der englischen Sprache gewonnen hatte. Der erste
+Dienst, der von ihm zum Dank für die bewilligte Pension verlangt wurde,
+war eine in Prosa geschriebene Vertheidigung seiner Kirche gegen
+Stillingfleet. Aber einem Manne, der nichts zu sagen weiß, hilft das
+Talent, Alles gut sagen zu können, nichts, und in diesem Falle befand
+sich Dryden. Er sah bald ein, daß er einem Gegner, dessen ganzes Leben
+ein langes Studium der Polemik gewesen, nicht gewachsen war. Der
+langgediente Gladiator entwaffnete den Neuling, versetzte ihm mit
+Verachtung einige Hiebe und wendete sich dann von ihm ab, um
+achtunggebietenderen Kämpfern entgegenzutreten.</p>
+
+<p class = "footnote">
+<a name = "noteVII_24" id = "noteVII_24" href = "#tagVII_24">24.</a>
+Diese Thatsache, welche den genauen Forschungen Malone’s entging,
+ergiebt sich aus dem Briefbuche des Schatzamts von 1685.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+<span class = "antiqua">„The Hind and Panther.“</span></span>
+<a name = "secVII_24" id = "secVII_24">Jetzt</a> griff Dryden zu einer
+Waffe, in der er schwerlich einen ebenbürtigen Gegner zu fürchten hatte.
+Er zog sich auf einige Zeit von dem Geräusch der Kaffeehäuser und
+Theater in einen ruhigen Winkel von Huntingdonshire zurück und schrieb
+dort mit
+<span class = "pagenum">VII.31</span>
+<a name = "pageVII_31" id = "pageVII_31"> </a>
+ungewohnter Sorgfalt und Anstrengung sein berühmtes Gedicht über die
+zwischen der römischen und anglikanischen Kirche obschwebenden
+Streitpunkte. Die römische Kirche ist darin bildlich als eine milchweiße
+Hindin dargestellt, die beständig in Lebensgefahr schwebt, aber dazu
+bestimmt ist, nicht zu sterben. Die Thiere des Feldes sannen auf ihr
+Verderben. Der zitternde (<span class = "antiqua">quaking</span>) Hase
+beobachtete eine furchtsame Neutralität, aber der socinianische Fuchs,
+der presbyterianische Wolf, der independente Bär und der anabaptistische
+Eber schossen hämische Blicke auf das makellose Geschöpf. Unter dem
+Schutze ihres Freundes, des königlichen Löwen, konnte sie es indessen
+wagen, mit ihnen aus der nämlichen Quelle zu trinken. Die anglikanische
+Kirche war als Panther dargestellt, der zwar Flecken hat, aber schön,
+für ein Raubthier nur zu schön ist. Hindin und Panther, von der
+blutdürstigen Bevölkerung des Waldes in gleichem Grade gehaßt, beriethen
+sich im Stillen über ihre gemeinsame Gefahr. Dann gingen sie zur
+Discussion der Punkte über, in denen sie verschiedener Ansicht waren,
+und hielten, mit dem Schwanze wedelnd und sich den Bart leckend, ein
+langes Zwiegespräch über die wirkliche Anwesenheit Christi beim
+Abendmahl, über die Autorität der Päpste und Concilien, über die
+Strafgesetze, die Testacte, die Meineide des Oates, Buttler’s schlecht
+belohnte Dienste für die Kavalierpartei, Stillingfleet’s Pamphlets und
+Burnet’s breiten Rücken und glückliche Heirathsspekulationen.</p>
+
+<p>Das Unpassende dieses Planes springt in die Augen. Die Allegorie
+konnte in der That nicht zehn Zeilen hintereinander ununterbrochen
+beibehalten werden. Keine noch so kunstvolle Ausführung konnte die
+Fehler eines solchen Planes verdecken. Dessenungeachtet ist die Fabel
+von der Hindin und dem Panther unbestreitbar der werthvollste Beitrag zu
+der englischen Literatur aus der kurzen und unruhigen Regierungszeit
+Jakob’s&nbsp;II. In keinem andren Werke Dryden’s finden sich
+ergreifendere und erhabenere Stellen, eine größere Biegsamkeit und Kraft
+der Sprache und ein lieblicherer und abwechselnderer Wohllaut.</p>
+
+<p>Das Gedicht erschien mit allen Vortheilen ausgestattet, welche
+königliche Gunst gewähren konnte. Eine Prachtausgabe für Schottland
+wurde in der in Holyrood House errichteten Officin gedruckt. Aber die
+Leute waren nicht in der Stimmung, um sich von dem durchsichtigen Style
+und den melodischen Reimen des Apostaten bezaubern zu lassen. Der durch
+seine Feilheit erregte Unwille, die durch die Politik, deren Lobhudler
+er war, hervorgerufene Besorgniß ließen sich nicht in Schlaf singen. Die
+gerechte Entrüstung des Publikums wurde von Vielen, die den Stachel
+seines Spotts gefühlt, und von Vielen, die seinen Ruhm beneideten,
+angeschürt. Trotz aller Beschränkungen, denen die Presse unterlag,
+erschienen täglich Angriffe auf sein Leben und seine Schriften. Bald
+hieß er Bayes, bald der Dichter Squab. Man erinnerte ihn daran, daß er
+in seiner Jugend dem Hause Cromwell in der nämlichen knechtischen Weise
+den Hof gemacht, wie jetzt dem Hause Stuart. Ein Theil seiner Gegner
+druckte boshafterweise die sarkastischen Verse wieder ab, die er zu
+einer Zeit, wo es ihm nichts eingebracht haben würde, wenn er Papist
+geworden wäre, gegen den Papismus geschrieben hatte. Von den vielen
+satirischen Arbeiten, welche bei dieser Gelegenheit erschienen, war die
+gelungenste das gemeinsame Werk zweier junger Männer, welche kürzlich
+ihre Studien in Cambridge vollendet hatten und als vielversprechende
+Anfänger in den literarischen Kaffeehäusern Londons begrüßt worden
+waren: Karl Montague
+<span class = "pagenum">VII.32</span>
+<a name = "pageVII_32" id = "pageVII_32"> </a>
+und Matthäus Prior. Montague war von adeliger Abkunft, Prior’s Ursprung
+aber war so dunkel, daß kein Biograph im Stande gewesen ist, demselben
+auf die Spur zu kommen. Beide Abenteurer waren arm und strebsam. Beide
+hatten einen scharfen Verstand und einen lebendigen Geist, Beide
+schwangen sich später hoch empor. Beide verbanden in nicht gewöhnlichem
+Grade mit der Liebe zu den Wissenschaften Geschicklichkeit in denjenigen
+Gebieten des praktischen Lebens, gegen welche die Schöngeister in der
+Regel einen entschiedenen Widerwillen haben. Von den funfzig Dichtern,
+deren Lebenslauf Johnson geschildert hat, waren Montague und Prior die
+beiden einzigen, die sich durch eine gründliche Kenntniß des Handels und
+des Finanzwesens auszeichneten. Ihre Wege gingen bald weit auseinander,
+und ihre Jugendfreundschaft löste sich auf. Einer von ihnen wurde das
+Haupt der Whigpartei und wurde von den Tories angeklagt; der Andre wurde
+in alle Geheimnisse der toryistischen Diplomatie eingeweiht und von den
+Whigs lange in strenger Haft gehalten. Endlich wurden die so lange
+getrennt gewesenen Freunde nach vielen ereignißvollen Jahren in der
+Westminster-Abtei wieder mit einander vereinigt.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Änderung in dem Verfahren des Hofes gegen die Puritaner.</span>
+<a name = "secVII_25" id = "secVII_25">Wer</a> die Fabel von der Hindin
+und dem Panther aufmerksam gelesen hat, muß bemerkt haben, daß während
+der Bearbeitung dieses Werks in den Ansichten Derer, welche Dryden als
+Dolmetscher benutzten, eine große Veränderung vorging. Anfangs wird von
+der anglikanischen Kirche mit Liebe und Achtung gesprochen und sie wird
+ermahnt, sich mit der römisch-katholischen gegen die puritanischen
+Secten zu verbinden; am Schlusse des Gedichts aber und in der Vorrede,
+welche nach Vollendung des Ganzen geschrieben wurde, werden die
+protestantischen Dissenters aufgefordert, mit den Katholiken
+gemeinschaftliche Sache gegen die anglikanische Kirche zu machen.</p>
+
+<p>Dieser Umschlag in der Sprache des Hofpoeten deutete auf einen großen
+Umschlag in der Politik des Hofes hin. Der ursprüngliche Zweck Jakob’s
+war gewesen, nicht allein vollständige Befreiung von allen Strafen und
+bürgerlichen Ausschließungen, sondern auch einen großen Antheil an den
+kirchlichen und akademischen Stiftungen für seine Kirche zu erlangen und
+zu gleicher Zeit die Gesetze gegen die puritanischen Secten mit Strenge
+auszuüben. Alle von ihm gewährten besonderen Dispensationen waren
+römischen Katholiken gewährt worden. Alle Gesetze, welche auf den
+Presbyterianern, Independenten und Baptisten am schwersten lasteten,
+hatte er eine Zeit lang mit aller Strenge durchgeführt. Während Hales
+ein Regiment commandirte, während Powis im Geheimen Rathe saß, während
+Massey eine Dechanei bekleidete, während in Oxford mit königlicher
+Genehmigung Breviarien und Meßbücher gedruckt wurden, während in London
+die Hostie unter dem Schutze der Piken und Musketen der Fußgarde
+öffentlich ausgestellt wurde, während Ordensbrüder und Mönche in ihren
+Kutten in den Straßen von London einhergingen, saß Baxter im Gefängniß,
+war Howe in der Verbannung, standen die Fünfmeilenacte und die
+Conventikelacte in voller Kraft, mußten die puritanischen Schriftsteller
+zur ausländischen oder geheimen Pressen ihre Zuflucht nehmen, konnten
+puritanische Gemeinden sich nur des Nachts oder in abgelegenen Einöden
+versammeln, mußten puritanische Geistliche in Kohlengräber- oder
+Matrosenverkleidung predigen. In Schottland hatte der König neue Gesetze
+von beispielloser Härte gegen die Presbyterianer von den Ständen
+verlangt
+<span class = "pagenum">VII.33</span>
+<a name = "pageVII_33" id = "pageVII_33"> </a>
+und erhalten, während er keine Anstrengung sparte, ihnen jede
+Erleichterung für die Katholiken abzupressen. Sein Verfahren gegen die
+verbannten Hugenotten hatte seine Gesinnungen nicht minder deutlich
+verrathen. Wir haben gesehen, wie er, als die öffentliche Mildthätigkeit
+eine große Summe zur Unterstützung dieser Unglücklichen in seine Hände
+gelegt, allen Gesetzen der Gastfreundschaft und der Rechtschaffenheit
+zum Hohn von ihnen verlangte, daß sie dem calvinistischen Ritual, dem
+sie mit großer Liebe anhingen, entsagen und sich der anglikanischen
+Kirche anschließen müßten, ehe er ihnen das Geringste von den seiner
+Verwaltung anvertrauten Gaben spenden könnte.</p>
+
+<p>Dies war seine Politik gewesen, so lange er noch einigermaßen hoffen
+konnte, daß die anglikanische Kirche einwilligen werde, die Herrschaft
+mit der römischen Kirche zu theilen. Einmal stieg diese Hoffnung zur
+festen Überzeugung. Die Begeisterung, mit der die Tories seinen
+Regierungsantritt begrüßt hatten, die Wahlen, die demüthige Sprache und
+die reichen Geldbewilligungen seines Parlaments, die Unterdrückung des
+Aufstandes im Westen, die völlige Vernichtung der Partei, die ihn vom
+Throne hatte ausschließen wollen, dies Alles steigerte seine Zuversicht
+bis über die Grenzen der Vernunft. Er glaubte fest, daß seiner Macht und
+seiner Entschlossenheit jedes Hinderniß weichen werde. Sein Parlament
+leistete ihm Widerstand. Er versuchte die Wirkung von ungnädigen Blicken
+und Drohungen, und da er mit diesen nichts erreichte, versuchte er es
+mit der Prorogation. Aber von dem Augenblicke der Prorogation an wurde
+der Widerstand gegen seine Pläne immer stärker und stärker. Es schien
+klar, daß, wenn er seinen Willen durchsetzen wollte, er ihn im
+Widerspruch mit der großen Partei durchsetzen mußte, die seinem Throne,
+seinem Hause und seiner Person so glänzende Beweise von Treue gegeben
+hatte. Die ganze anglikanische Geistlichkeit, die ganze Kavaliergentry
+war gegen ihn. Vergebens hatte er kraft seines kirchlichen Supremats dem
+Klerus anbefohlen, sich jeder Erörterung von Streitpunkten zu enthalten.
+Jede Gemeinde der Nation wurde allsonntäglich gegen die Irrthümer Roms
+gewarnt, und diese Warnungen waren um so wirksamer, weil sie stets mit
+Versicherungen der Ehrerbietung gegen den König und des Entschlusses,
+Alles mit Geduld zu ertragen, was ihm zu verhängen belieben werde,
+verbunden waren. Die royalistischen Ritter und Squires, welche durch
+fünfundvierzig Jahre des Kriegs und der Parteiwuth dem Throne mannhaft
+zur Seite gestanden hatten, sprachen jetzt in sehr nachdrücklichen
+Worten den Entschluß aus, daß sie eben so mannhaft zur Kirche halten
+würden. Trotz seines beschränkten Verstandes und seines despotischen
+Characters sah Jakob nun doch ein, daß er sein Verfahren ändern müsse.
+Er konnte es ohne Gefahr nicht wagen, alle seine protestantischen
+Unterthanen zugleich zu beleidigen. Wenn er es über sich gewinnen
+konnte, der Partei, welche in beiden Häusern das Übergewicht hatte,
+Zugeständnisse zu machen, wenn er sich entschließen konnte, der
+Staatskirche alle ihre Würden, Einkünfte und Privilegien zu lassen, so
+mochte er auch fernerhin presbyterianische Versammlungen verbieten und
+die Gefängnisse mit baptistischen Predigern füllen. Blieb er aber dabei,
+die Hierarchie zu plündern, so mußte er sich entschließen, dem
+Vergnügen, die Dissenters zu verfolgen, zu entsagen. Wollte er von nun
+an mit seinen alten Freunden in Fehde leben, so mußte er mit seinen
+alten Feinden einen Waffenstillstand schließen. Er konnte die
+anglikanische Kirche nur dadurch bezwingen, daß er eine
+<span class = "pagenum">VII.34</span>
+<a name = "pageVII_34" id = "pageVII_34"> </a>
+umfassende Coalition gegen sie bildete, welche Secten in sich schloß,
+die zwar in Lehre und Verfassung von einander selbst viel stärker
+abwichen als von ihr, aber doch durch ihre gemeinsame Eifersucht auf
+ihre Größe und durch die gemeinsame Furcht vor ihrer Unduldsamkeit
+bewogen werden konnten, ihre Feindseligkeiten so lange ruhen zu lassen,
+bis jene Kirche die Macht verloren hatte, sie zu tyrannisiren.</p>
+
+<p>Ein Grund schien besonders für diesen Plan zu sprechen. Wenn es ihm
+nur gelang, die protestantischen Nonconformisten zu gewinnen, so durfte
+er sich mit der Hoffnung schmeicheln, vor jeder Rebellion sicher zu
+sein. Nach der Ansicht der anglikanischen Geistlichen konnte keine
+Kränkung irgend welcher Art einen Unterthanen berechtigen, den Gesalbten
+des Herrn gewaltsamen Widerstand zu leisten. Die Theorie der
+puritanischen Sectirer lautete ganz anders. Diese Sectirer trugen kein
+Bedenken, Tyrannen mit dem Schwerte Gideon’s zu Boden zu schlagen, und
+manche von ihnen scheuten sich auch nicht, den Dolch Ehud’s zu
+gebrauchen. Wahrscheinlich sannen sie eben jetzt wieder auf einen neuen
+westlichen Aufstand oder auf ein neues Ryehousecomplot. Jakob glaubte
+daher, daß er getrost die Staatskirche verfolgen könnte, wenn es ihm nur
+gelang, die Dissenters zu gewinnen. Die Partei, deren Grundsätze ihm
+keine Sicherheit gewährten, war dann durch das Interesse an ihn
+gefesselt, und die Partei, deren Interessen er angriff, erregte aus
+Grundsatz keinen Aufruhr.</p>
+
+<p>Unter dem Einflusse solcher Erwägungen begann Jakob von dem
+Augenblicke an, als er sich zornig von seinem Parlament trennte, auf
+eine Coalition aller katholischen wie protestantischen Nonconformisten
+gegen die Landeskirche zu denken. Schon um Weihnachten 1685 meldeten die
+Gesandten der Vereinigten Provinzen den Generalstaaten, daß der Plan
+einer allgemeinen Duldung entworfen sei und bald ans Licht treten
+werde.<a class = "tag" name = "tagVII_25" id = "tagVII_25" href =
+"#noteVII_25">25</a> Indessen erwiesen sich die Nachrichten, welche der
+holländischen Gesandtschaft zugekommen waren, als verfrüht. Die
+Separatisten scheinen jedoch im Jahre 1686 schon viel milder behandelt
+worden zu sein, als während des Jahres 1685. Aber nur ganz allmälig und
+nach vielen inneren Kämpfen vermochte es der König über sich, mit Allem,
+was er am meisten verabscheute, ein Bündniß zu schließen. Er hatte einen
+nicht oberflächlichen und launenhaften, nicht erst kürzlich entstandenen
+oder rasch aufgeschossenen, sondern in seiner Familie erblichen Groll zu
+überwinden, welcher durch große, während hundertzwanzig ereignißvoller
+Jahre zugefügte und erlittene Unbilden verstärkt worden und mit allen
+seinen religiösen und politischen, häuslichen und persönlichen Gefühlen
+verwachsen war. Vier Generationen von Stuarts hatten mit vier
+Generationen von Puritanern einen Krieg auf Leben und Tod geführt, und
+während dieses ganzen langen Krieges hatte kein Stuart die Puritaner so
+stark gehaßt, und war so stark von ihnen gehaßt worden, als er. Sie
+hatten es versucht, seine Ehre zu untergraben und ihn seines
+Geburtsrechts zu berauben; sie hatten ihn einen Brandstifter, einen
+Kehlabschneider und einen Giftmischer genannt; sie hatten ihn aus der
+Admiralität und aus dem Staatsrathe verdrängt; sie hatten ihn zu
+wiederholten Malen in die Verbannung getrieben, sie hatten einen
+Mordanschlag auf ihn gemacht, und sie hatten sich zu Tausenden mit
+bewaffneter Hand gegen ihn erhoben. Dafür hatte er sich an ihnen durch
+ein Gemetzel gerächt, wie es England
+<span class = "pagenum">VII.35</span>
+<a name = "pageVII_35" id = "pageVII_35"> </a>
+noch nie gesehen. Ihre Köpfe und Glieder verwesten noch auf Pfählen auf
+allen öffentlichen Plätzen von Somersetshire und Dorsetshire. Bejahrte
+Frauen, die wegen ihrer Frömmigkeit und Mildthätigkeit von den Sectirern
+in hohen Ehren gehalten wurden, waren um geringfügiger Vergehen willen,
+die kein guter Fürst nur eines strengen Verweises werth gehalten haben
+würde, enthauptet oder lebendig verbrannt worden. In einem solchen
+Verhältnisse hatte selbst in England der König zu den Puritanern
+gestanden, und in Schottland hatte die Tyrannei des Königs und die Wuth
+der Puritaner einen Grad erreicht, von dem sich die Engländer kaum einen
+Begriff machen konnten. Einen so langjährigen und so tödtlichen Haß zu
+vergessen, war für einen ganz besonders harten und unversöhnlichen
+Character keine leichte Aufgabe.</p>
+
+<p>Der Kampf, der im Innern des Königs stattfand, entging dem Blicke
+Barillon’s nicht. Ende Januar 1687 schrieb er einen interessanten Brief
+nach Versailles. Der König &mdash; dies war der wesentliche Inhalt des
+Schreibens &mdash; habe sich so ziemlich überzeugt, daß er nicht völlige
+Freiheit für die römischen Katholiken erlangen und dabei doch die
+Gesetze gegen die protestantischen Dissenters aufrecht erhalten könne.
+Er neige sich daher zu einem Plane allgemeiner Indulgenz hin, im Herzen
+aber würde es ihm weit lieber sein, wenn er auch jetzt noch seinen
+Schutz und seine Gunst zwischen der römischen und der anglikanischen
+Kirche, mit Ausschluß aller anderen religiösen Überzeugungen, theilen
+könnte.<a class = "tag" name = "tagVII_26" id = "tagVII_26" href =
+"#noteVII_26">26</a></p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVII_25" id = "noteVII_25" href = "#tagVII_25">25.</a>
+Leeuwen, 25. Dec. (4. Jan.) 1685/6.</p>
+
+<p><a name = "noteVII_26" id = "noteVII_26" href = "#tagVII_26">26.</a>
+Barillon, 31. Jan. (10. Febr.) 1686/7. <span class = "antiqua">„Je crois
+que, dans le fond, si on ne pouvoit laisser que la religion Anglicane et
+la Catholique établies par les loix, le Roy d’Angleterre en seroit bien
+plus content.“</span></p>
+</div>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+In Schottland theilweise Duldung gewährt.</span>
+<a name = "secVII_26" id = "secVII_26">Wenige</a> Tage nach dem Abgang
+dieser Depesche that Jakob zögernd und widerstrebend den ersten Schritt
+zur Annäherung an die Puritaner. Er hatte sich entschlossen, mit
+Schottland zu beginnen, wo seine Befugniß, von Parlamentsacten zu
+dispensiren, von den willfährigen Ständen anerkannt war. Demgemäß wurde
+am 12. Februar in Edinburg eine Proklamation erlassen, welche
+ängstlichen Gewissen eine Erleichterung gewährte.<a class = "tag" name =
+"tagVII_27" id = "tagVII_27" href = "#noteVII_27">27</a> Diese
+Proklamation beweist vollkommen die Richtigkeit von Barillon’s Urtheil.
+Selbst in der Acte, durch die er den Presbyterianern Zugeständnisse
+machte, konnte Jakob seinen Widerwillen gegen sie nicht verhehlen. Die
+den Katholiken gewährte Duldung war vollkommen. Auch die Quäker hatten
+wenig Ursache sich zu beklagen. Aber die den Presbyterianern, welche die
+Hauptmasse des schottischen Volks bildeten, bewilligte Indulgenz war
+durch Bedingungen beschränkt, die sie fast werthlos machten. An die
+Stelle des bisherigen Religionseides, der sowohl Katholiken als
+Presbyterianer von Staatsämtern ausschloß, war ein neuer Religionseid
+gesetzt, der die Katholiken zuließ, aber die meisten Presbyterianer
+ausschloß. Den Katholiken war es erlaubt, Kapellen zu erbauen und sogar
+die Hostie überall, mit Ausnahme der Straßen in königlichen Burgflecken,
+in Prozession umherzutragen; den Quäkern war es gestattet, sich in
+öffentlichen Gebäuden zu versammeln; die Presbyterianer aber durften nur
+in Privatwohnungen Gottesdienst halten; es war ihnen streng verboten,
+Bethäuser zu bauen, sie durften nicht einmal eine Scheune oder ein
+Nebenhaus zu Andachtsübungen benutzen, und es ward ihnen nachdrücklich
+eingeschärft,
+<span class = "pagenum">VII.36</span>
+<a name = "pageVII_36" id = "pageVII_36"> </a>
+daß, wenn sie es wagten, Conventikel unter freiem Himmel zu hatten, das
+Gesetz, welches sowohl den Predigern als den Zuhörern mit dem Tode
+drohte, mit schonungsloser Strenge angewendet werden sollte. Jeder
+katholische Priester durfte Messe lesen, jeder Quäker durfte vor seinen
+Glaubensbrüdern Reden halten; aber der Geheime Rath war angewiesen,
+darüber zu wachen, daß kein presbyterianischer Geistlicher sich
+unterfange, ohne specielle Erlaubniß der Regierung zu predigen. Jede
+Zeile dieses Dokuments und der dasselbe begleitenden Briefe beweist, wie
+schwer es dem Könige wurde, nur einigermaßen die Härte zu mildern, mit
+der er die alten Feinde seines Hauses von jeher behandelt hatte.<a class
+= "tag" name = "tagVII_28" id = "tagVII_28" href =
+"#noteVII_28">28</a></p>
+
+<p>Man hat wirklich Grund zu glauben, daß er bei Veröffentlichung dieser
+Proklamation noch keineswegs zu einer Coalition mit den Puritanern fest
+entschlossen war und daß er ihnen zuvörderst nur eben so viele
+Begünstigungen gewähren wollte, als durchaus nöthig waren, um die
+Anhänger der Landeskirche durch Einschüchterung zum Gehorsam zu bringen.
+Er wartete daher einen Monat, um zu sehen, welchen Eindruck das in
+Edinburg erlassene Edict in England machen werde. Diesen Monat
+verwendete er auf Petre’s Rath eifrig zu dem, was man <span class =
+"antiqua">closeting</span><a class = "tag" name = "tagVII_29" id =
+"tagVII_29" href = "#noteVII_29">29</a> nannte.</p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVII_27" id = "noteVII_27" href = "#tagVII_27">27.</a>
+Sie ist zu finden im Anfange zu Wodrow II. 129.</p>
+
+<p><a name = "noteVII_28" id = "noteVII_28" href = "#tagVII_28">28.</a>
+<span class = "antiqua">Wodrow, Appendix, vol. II. Nos. 128, 129,
+132.</span></p>
+
+<p><a name = "noteVII_29" id = "noteVII_29" href = "#tagVII_29">29.</a>
+Persönliche Bearbeitung Einzelner im Privatkabinet des Königs.
+&emsp;&emsp;D.&nbsp;Übers.</p>
+</div>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Persönliche Bearbeitung Einzelner im königlichen Kabinet.</span>
+<a name = "secVII_27" id = "secVII_27">London</a> war voll von
+geeigneten Persönlichkeiten. Man erwartete die baldige Zusammenberufung
+des Parlaments zur Erledigung von Geschäften, und viele Mitglieder waren
+bereits in der Stadt. Der König nahm sich vor, sie Mann für Mann zu
+werben. Er hoffte, daß die eifrigen Tories &mdash; und aus solchen
+bestand das Unterhaus mit wenigen Ausnahmen &mdash; seinen dringenden
+Bitten schwer würden widerstehen können, wenn er dieselben nicht an die
+Gesammtheit, sondern an jeden Einzelnen, und nicht vom Thronsessel
+herab, sondern im vertraulichen Gespräch an sie richtete. Die
+Mitglieder, welche nach Whitehall kamen, um ihre Aufwartung zu machen,
+wurden demnach auf die Seite genommen und mit langen Privatunterredungen
+beehrt. Der König drang in sie, daß sie, als loyale Gentlemen, ihm nur
+in dem einem Punkte, der ihm mehr als alles Andre am Herzen liege, den
+Willen thun möchten. Er meinte, die Sache berühre seine persönliche
+Ehre. Die unter der vorigen Regierung von factiösen Parlamenten gegen
+die Katholiken erlassenen Verordnungen seien lediglich gegen ihn selbst
+gerichtet gewesen; diese Gesetze hätten ihm ein Brandmal aufgedrückt,
+ihn aus der Admiralität und aus dem Staatsrathe vertrieben, und er sei
+berechtigt, zu erwarten, daß Alle, die ihn liebten und ehrten, sich zur
+Abschaffung jener Gesetze vereinigen würden. Sah er, daß seine Zuhörer
+gegen diese Ermahnungen taub blieben, so nahm er seine Zuflucht zu
+Drohungen und Bestechungen. Denjenigen, die sich weigerten, ihm in
+dieser Angelegenheit zu Willen zu sein, wurde geradezu gesagt, daß sie
+keine Gunstbezeigung zu erwarten hätten. Trotz seiner Knauserei öffnete
+und vertheilte er seine Schätze. Mehrere von Denen, die zu einer
+Conferenz mit ihm eingeladen worden waren, nahmen aus seinem
+Schlafzimmer Geld mit fort, das sie aus königlicher Hand empfangen
+hatten. Die Richter, die sich gerade auf ihrer Frühjahrsrundreise
+befanden, erhielten Befehl vom Könige, die noch in der Provinz
+zurückgebliebenen
+<span class = "pagenum">VII.37</span>
+<a name = "pageVII_37" id = "pageVII_37"> </a>
+Mitglieder zu besuchen und die Gesinnungen jedes Einzelnen zu
+erforschen.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Erfolglosigkeit der persönlichen Bearbeitung.</span>
+<a name = "secVII_28" id = "secVII_28">Das</a> Resultat aller dieser
+Nachforschungen war, daß die große Majorität des Hauses der Gemeinen
+entschlossen zu sein schien, sich den Maßregeln des Hofes zu
+widersetzen.<a class = "tag" name = "tagVII_30" id = "tagVII_30" href =
+"#noteVII_30">30</a> Einer von Denjenigen, deren Festigkeit allgemeine
+Bewunderung erregten, war Arthur Herbert, der Bruder des Oberrichters,
+Parlamentsmitglied für Dover, Kammerherr und Contreadmiral von
+England.</p>
+
+<p class = "footnote">
+<a name = "noteVII_30" id = "noteVII_30" href = "#tagVII_30">30.</a>
+Barillon, 28. Febr. (10. März) 1686/7; Citters, 15.(25.) Febr.; <span
+class = "antiqua">Reresby’s Memoirs</span>; Bonrepaux, 25. Mai (4. Juni)
+1687.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Admiral Herbert.</span>
+<a name = "secVII_29" id = "secVII_29">Arthur</a> Herbert war bei den
+Seeleuten sehr beliebt und galt für einen der tüchtigsten adeligen
+Marineoffiziere. Man hatte allgemein vermuthet, daß er sich den Wünschen
+des Königs bereitwillig fügen werde, denn er fragte wenig nach der
+Religion, war vergnügungslustig und verschwenderisch, hatte kein
+Privatvermögen, bezog aus seinen Stellen ein jährliches Einkommen von
+viertausend Pfund und wurde seit langer Zeit zu den ergebensten
+persönlichen Anhängern Jakob’s gerechnet. Als aber der Contreadmiral im
+Privatkabinet vorgenommen und das Versprechen von ihm verlangt wurde,
+daß er für die Aufhebung der Testacte stimmen wolle, antwortete er,
+seine Ehre und sein Gewissen erlaubten ihm nicht, ein solches
+Versprechen zu geben. „Niemand zweifelt an Ihrer Ehre“, sagte der König,
+„aber ein Mann, der so lebt wie Sie, sollte nicht von seinem Gewissen
+sprechen.“ Auf diesen Vorwurf, einen Vorwurf, der dem Geliebten der
+Katharine Sedley übel anstand, erwiederte Herbert mit männlicher
+Offenheit: „Ich habe meine Fehler, Sire, aber ich könnte Leute nennen,
+welche viel häufiger von ihrem Gewissen sprechen als ich und dabei ein
+eben so lockeres Leben führen.“ Er wurde aller seiner Stellen entsetzt
+und die Rechnung über seine Ausgaben und Einnahmen als Kammerherr wurden
+mit großer und, wie er klagte, ungerechter Strenge geprüft.<a class =
+"tag" name = "tagVII_31" id = "tagVII_31" href =
+"#noteVII_31">31</a></p>
+
+<p>Es war jetzt augenscheinlich, daß jede Hoffnung auf ein Bündnis
+zwischen der anglikanischen und römischen Kirche zu dem Zwecke, die
+Ämter und Einnahmen unter sich zu theilen und die puritanischen Secten
+zu unterdrücken, aufgegeben werden mußte. Es blieb weiter nichts übrig,
+als der Versuch, eine Koalition zwischen der römischen Kirche und den
+puritanischen Secten gegen die anglikanische Kirche zu Stande zu
+bringen.</p>
+
+<p class = "footnote">
+<a name = "noteVII_31" id = "noteVII_31" href = "#tagVII_31">31.</a>
+Barillon, 14.(24.) März 1687; Lord Russell an <span class =
+"antiqua">Dr.</span> Fitzwilliam, 1. April; <span class =
+"antiqua">Burnet I. 671, 672</span>. In <span class = "antiqua">Clarke’s
+Life of James the Second, II. 204</span> ist die Unterredung etwas
+anders erzählt. Diese Stelle aber ist kein Theil der eigenen Memoiren
+des Königs.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Die Indulgenzerklärung.</span>
+<a name = "secVII_30" id = "secVII_30">Am</a> 18. März kündigte der
+König dem Geheimen Rathe an, daß er beschlossen habe, das Parlament bis
+Ende November zu prorogiren und allen seinen Unterthanen aus eigner
+Machtvollkommenheit völlige Gewissensfreiheit zu gewähren.<a class =
+"tag" name = "tagVII_32" id = "tagVII_32" href = "#noteVII_32">32</a> Am
+4. April erschien die denkwürdige Indulgenzerklärung.</p>
+
+<p>In dieser Erklärung sagte der König, es sei sein innigster Wunsch,
+seine Unterthanen als Mitglieder derjenigen Kirche zu sehen, der er
+selbst angehöre. Da dies aber nicht sein könne, erkläre er, daß es seine
+Absicht
+<span class = "pagenum">VII.38</span>
+<a name = "pageVII_38" id = "pageVII_38"> </a>
+sei, sie in der freien Ausübung ihrer Religion zu schützen. Er
+wiederholte alle die schönen Redensarten, welche acht Jahre früher, als
+er selbst ein Unterdrückter war, so oft aus seinem Munde kamen, die er
+aber nicht mehr gebrauchte, seitdem ein Wechsel des Glücks ihm die Macht
+verliehen hatte, selbst ein Unterdrücker zu werden. Er sei schon längst
+überzeugt, sagte er, daß man dem Gewissen keinen Zwang anthun dürfe, daß
+Verfolgungen der Zunahme der Bevölkerung und dem Handel nachtheilig
+seien und nie zu dem Zwecke führten, den die Verfolger erreichen
+wollten. Er wiederholte das schon oft gegebene und eben so oft
+gebrochene Versprechen, daß er die Staatskirche im Genusse ihrer
+gesetzlichen Rechte schützen wolle. Hierauf erklärte er, ebenfalls aus
+eigner Machtvollkommenheit, eine lange Reihe von Gesetzen für null und
+nichtig, hob alle Strafbestimmungen gegen alle Klassen von
+Nonconformisten auf, ermächtigte die römischen Katholiken wie auch die
+protestantischen Dissenters, ihren Gottesdienst öffentlich zu halten,
+verbot seinen Unterthanen bei Strafe seines allerhöchsten Mißfallens,
+irgend eine religiöse Versammlung zu stören, und schaffte auch alle
+diejenigen Gesetze ab, welche die Befähigung zu bürgerlichen und
+militairischen Ämtern von einem Religionseide abhängig machten.<a class
+= "tag" name = "tagVII_33" id = "tagVII_33" href =
+"#noteVII_33">33</a></p>
+
+<p>Daß die Indulgenzerklärung verfassungswidrig war, darüber sind beide
+große Parteien Englands zu allen Zeiten einig gewesen. Jeder, der in
+politischen Fragen ein Urtheil hat, muß einsehen, daß ein Fürst, der
+eine solche Erklärung erlassen darf, nichts Geringeres ist als ein
+absoluter Monarch. Auch kann man zur Vertheidigung dieser Handlung
+Jakob’s nicht die Gründe geltend machen, mit denen viele willkürliche
+Maßregeln der Stuarts vertheidigt oder entschuldigt worden sind. Man
+kann nicht sagen, daß er den Umfang seiner Prärogative verkannt habe,
+weil sie nicht genau bestimmt gewesen sei, denn er überschritt die
+Grenze angesichts einer ganz kürzlich erst festgestellten Grenzmarke.
+Funfzehn Jahre früher hatte sein Bruder auf Anrathen der Cabale auch
+eine Indulgenzerklärung erlassen, welche im Vergleich zu der Erklärung
+Jakob’s gemäßigt und vorsichtig genannt werden konnte. Die Erklärung
+Karl’s dispensirte nur von Strafgesetzen, die Erklärung Jakob’s
+dispensirte auch von allen Religionseiden. Die Erklärung Karl’s
+gestattete den Katholiken, nur in Privatwohnungen ihren Gottesdienst zu
+halten, nach der Erklärung Jakob’s konnten sie Tempel bauen und
+ausschmücken und sogar mit Kreuzen, Bildern und Rauchfässern in
+Prozession durch Fleet Street ziehen. Dennoch war die Erklärung Karl’s
+in alter Form für gesetzwidrig erklärt worden. Die Gemeinen hatten sich
+dahin ausgesprochen, daß der König nicht befugt sei, in kirchlichen
+Angelegenheiten von Gesetzen zu dispensiren. Karl hatte hierauf das
+mißliebige Schriftstück vor seinen Augen vernichten lassen, hatte mit
+eigner Hand das Siegel davon abgerissen und sowohl durch eine von ihm
+eigenhändig unterschriebene Botschaft als auch mündlich vom Throne herab
+in vollem Parlament beiden Häusern fest versprochen, daß der Schritt,
+der so großen Anstoß gegeben, als nie geschehen betrachtet werden solle.
+Die beiden Häuser hatten dann ohne eine einzige opponirende Stimme eine
+gemeinschaftliche Dankadresse für diese Erfüllung ihrer Wünsche an ihn
+gerichtet. Nie war eine Verfassungsfrage mit reiflicherer
+<span class = "pagenum">VII.39</span>
+<a name = "pageVII_39" id = "pageVII_39"> </a>
+Erwägung, mit unzweideutigerer Klarheit und mit vollkommnerer
+Einhelligkeit entschieden worden.</p>
+
+<p>Jakob’s Vertheidiger haben zu seiner Entschuldigung häufig das
+Erkenntniß anführt, welches der Gerichtshof der Kings Bench in der
+abgekarteten Klage gegen Sir Eduard Hales abgab; aber dieser
+Entschuldigungsgrund hat gar kein Gewicht. Jakob hatte diesen Ausspruch
+notorisch durch Bitten, durch Drohungen, durch Entlassung gewissenhafter
+Beamten und durch Besetzung der Richterbank mit anderen höfischer
+gesinnten Richtern erlangt. Und obgleich dieses Erkenntniß von der
+Advokatur wie von der Nation allgemein für verfassungswidrig erklärt
+wurde, erstreckte es sich doch nur so weit, daß der König aus besonderen
+Staatsgründen einzelnen Individuen Dispensationen von ausschließenden
+Gesetzen bewilligen dürfe. Daß er durch ein Alles über den Haufen
+werfendes Edict alle seine Unterthanen ermächtigen konnte, ganze Bände
+von Gesetzen nicht mehr zu befolgen, dies hatte kein Gerichtshof
+angesichts der feierlichen Entscheidung des Parlaments von 1673 zu
+behaupten gewagt.</p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVII_32" id = "noteVII_32" href = "#tagVII_32">32.</a>
+<span class = "antiqua">London Gazette, March 21, 1686/7.</span></p>
+
+<p><a name = "noteVII_33" id = "noteVII_33" href = "#tagVII_33">33.</a>
+<span class = "antiqua">London Gazette, April 7</span>. 1087.</p>
+</div>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Stimmung der protestantischen Dissenters.</span>
+<a name = "secVII_31" id = "secVII_31">Die</a> Stellung der Parteien war
+jedoch von der Art, daß Jakob’s Indulgenzerklärung, obgleich der kühnste
+von allen Angriffen der Stuarts auf die öffentliche Freiheit, wohl
+geeignet war, gerade demjenigen Theile der Gesellschaft zu gefallen, der
+allen anderen Angriffen der Stuarts auf die öffentliche Freiheit den
+beharrlichsten Widerstand entgegengesetzt hatte. Es stand kaum zu
+erwarten, daß der durch ein hartes und streng gehandhabtes Gesetzbuch
+von seinen Landsleuten getrennte protestantische Nonconformist geneigt
+sein werde, die Gültigkeit eines Erlasses zu bestreiten, der ihn von
+unerträglichen Bedrückungen erlöste. Ein kalter und philosophischer
+Beobachter würde ohne Zweifel erklärt haben, daß alles Übel, das aus
+allen intoleranten Gesetzen, welche je von Parlamenten erlassen wurden,
+hervorgehen könne, nicht zu vergleichen sei mit dem Unheil, welches
+durch eine Übertragung der gesetzgebenden Gewalt vom Parlament auf den
+Souverain entstehen würde. Aber eine so ruhige und philosophische
+Überlegung kann man nicht von Leuten erwarten, die unter einem
+vorhandenen Drucke seufzen und denen die lockende Aussicht auf sofortige
+Erleichterung dargeboten wird. Ein puritanischer Theolog konnte
+allerdings nicht leugnen, daß die jetzt von der Krone beanspruchte
+Dispensationsgewalt mit den Grundprinzipien der Verfassung unvereinbar
+war. Aber es war vielleicht zu entschuldigen, wenn er fragte, was die
+Verfassung eigentlich für ihn sei. Die Gleichförmigkeitsacte hatte ihn
+trotz königlicher Versprechungen von einer Pfründe vertrieben, die sein
+rechtmäßiges Eigenthum war, und hatte ihn in Armuth und Abhängigkeit
+zurückgeworfen. Die Fünfmeilenacte hatte ihn von seiner Heimath, von
+seinen Verwandten, von seinen Freunden, von fast jedem öffentlichen
+Zufluchtsorte verbannt. Kraft der Conventikelacte war er seines
+Vermögens beraubt und aus einem schmutzigen Kerker in den andren mitten
+unter Straßenräuber und Diebe geworfen worden. Außerhalb des
+Gefängnisses wurde er beständig von den Gerichtsdienern verfolgt; er
+hatte Angeber durch Geldgeschenke zum Schweigen bringen, hatte sich in
+schimpflicher Verkleidung durch Fenster und Fallthüren heimlich zu
+seiner Gemeinde schleichen müssen, und während er das geweihte Wasser
+auf den Täufling sprengte oder das Brod des heiligen Abendmahls
+austheilte, hatte er in beständiger Angst auf das Zeichen horchen
+müssen, welches ihm sagte, daß die Sbirren der
+<span class = "pagenum">VII.40</span>
+<a name = "pageVII_40" id = "pageVII_40"> </a>
+Justiz sich näherten. War es nicht bitterer Hohn, einen so
+ausgeplünderten und bedrückten Mann aufzufordern, daß er für das
+Eigenthum und die Freiheit seiner Plünderer und Bedrücker zum Märtyrer
+werden solle? Mochte die Indulgenzerklärung seinen glücklichen Nachbarn
+noch so despotisch erscheinen, ihm brachte sie Erlösung. Er wurde
+aufgefordert, nicht zwischen der Freiheit und der Knechtschaft, sondern
+zwischen zwei Jochen zu wählen, und es wäre nicht unnatürlich gewesen,
+wenn er das Joch des Königs für erträglicher gehalten hätte als das der
+Kirche.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Stimmung der anglikanischen Kirche.</span>
+<a name = "secVII_32" id = "secVII_32">Während</a> solche Gedanken die
+Gemüther vieler Dissenters beschäftigten, war die anglikanische Partei
+in Angst und Bestürzung. Diese neue Wendung der Dinge war in der That
+beunruhigend. Das Haus Stuart im Bunde mit republikanischen und
+königsmörderischen Secten gegen die alten Kavaliere Englands; der
+Papismus im Bunde mit dem Puritanismus gegen ein kirchliches System, an
+welchem die Puritaner nichts weiter auszusetzen hatten, als daß es
+zuviel Papistisches beibehalten: das waren Zeichen und Wunder, welche
+alle Berechnungen der Staatsmänner über den Haufen warfen. Die Kirche
+sollte also mit einem Male von allen Seiten angegriffen werden, und zwar
+unter der Leitung Dessen, der ihrer Verfassung nach ihr Oberhaupt war.
+Es war kein Wunder, wenn sie von Erstaunen und Entsetzen ergriffen
+wurde. Und zu dem Erstaunen und dem Entsetzen gesellten sich noch andere
+bittere Gefühle: Groll gegen den meineidigen Fürsten, dem sie nur zu
+treu gedient, und Reue über die Grausamkeiten, die sie in Gemeinschaft
+mit ihm verübt hatte und für die er sie jetzt, wie es schien, bestrafen
+wollte. Ihre Strafe war gerecht, sie erntete was sie gesäet hatte. Als
+nach der Restauration ihre Macht den Höhepunkt erreicht, hatte sie nur
+Rache geschnaubt. Sie hatte die Stuarts aufgefordert, gedrängt, fast
+gezwungen, die kürzlich geleisteten Dienste der Presbyterianer mit
+schnödem Undanke zu vergelten. Hätte sie sich in jener Zeit ihrer
+höchsten Blüthe, wie es ihr geziemte, ihrer Feinde angenommen, so würde
+sie jetzt, in der Zeit der Noth, Freunde in ihnen gefunden haben.
+Vielleicht war es noch nicht zu spät, vielleicht konnte sie noch die
+Taktik ihres Bedrückers gegen ihn selbst kehren. Es gab unter den
+Anglikanern eine gemäßigte Partei, welche den protestantischen
+Dissenters immer freundlich gesinnt gewesen war. Allerdings war diese
+Partei nicht zahlreich, aber die Talente, Kenntnisse und Tugenden ihrer
+Mitglieder machten sie achtunggebietend. Sie war von den höchsten
+Würdenträgern der Kirche nicht mit günstigem Auge betrachtet und von den
+Frömmlern aus der Schule Laud’s schonungslos verunglimpft worden; aber
+von dem Tage, an welchem die Indulgenzerklärung erschien, bis zu dem
+Tage, wo Jakob’s Macht aufhörte Schrecken einzuflößen, schien die ganze
+Kirche von dem Geiste der verleumdeten Latitudinarier beseelt zu sein
+und von ihren Rathschlägen geleitet zu werden.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Der Hof und die Kirche.</span>
+<a name = "secVII_33" id = "secVII_33">Nun</a> folgte eine Art von
+Versteigerung, die sonderbarste, von der uns die Geschichte erzählt. Der
+König auf der einen, die Kirche auf der andren Seite begannen einander
+zu überbieten, um die Gunst Derer zu erlangen, zu deren Unterdrückung
+sie bis dahin verbündet gewesen waren. Die protestantischen Dissenters,
+die noch vor wenigen Monaten eine verachtete und geächtete Klasse
+gewesen waren, hielten jetzt die Wage der Macht in ihrer Hand. Die
+Härte, mit der sie behandelt worden waren, wurde allgemein verdammt. Der
+Hof
+<span class = "pagenum">VII.41</span>
+<a name = "pageVII_41" id = "pageVII_41"> </a>
+suchte die ganze Schuld auf die Hierarchie zu wälzen, und die Hierarchie
+warf sie zurück auf den Hof. Der König erklärte, daß er die Separatisten
+wider Willen nur deshalb verfolgt habe, weil seine Angelegenheiten in
+einem Zustande gewesen wären, bei dem er es nicht hatte wagen dürfen,
+dem Klerus der Staatskirche zu nahe zu treten. Dieser versicherte, daß
+er nur aus Ehrerbietung vor der Autorität des Königs an einer Strenge
+Theil genommen habe, die seinen Gefühlen durchaus fremd sei. Der König
+brachte eine Sammlung von Anekdoten von Rectoren und Vikaren zusammen,
+welche durch Androhung von Verfolgung von protestantischen Dissenters
+Geld erpreßt hatten. Er sprach häufig und öffentlich über diesen
+Gegenstand, drohte mit einer Untersuchung, welche die Pfarrer der ganzen
+Welt in ihrem wahren Character zeigen werde und erließ in der That
+mehrere Verordnungen, durch welche Agenten, auf die er sich verlassen zu
+können glaubte, ermächtigt wurden, den Betrag der Summen zu ermitteln,
+welche in verschiedenen Landestheilen von Bekennern der herrschenden
+Religion Sectirern abgepreßt worden waren. Die Vertheidiger der
+Landeskirche führten dagegen Beispiele von rechtschaffenen Pfarrern an,
+welche vom Hofe Verweise und Drohungen erhalten, weil sie auf der Kanzel
+Duldsamkeit empfohlen und sich geweigert hatten, kleine Gemeinden von
+Nonconformisten auszuspüren und zu Tode zu hetzen. Der König behauptete,
+daß einige Mitglieder der Staatskirche, die er privatim vorgenommen,
+sich erboten hatten, den Katholiken ausgedehnte Zugeständnisse zu
+machen, unter der Bedingung, daß die Verfolgung gegen die Puritaner
+ihren Fortgang behalte. Die angeklagten Anhänger der Staatskirche
+leugneten heftig die Wahrheit dieser Beschuldigung und behaupteten, daß,
+wenn sie sich mit dem, was der König für seine eigene Kirche verlangte,
+einverstanden erklärt hätten, er ihnen sehr gern gestattet haben würde,
+sich durch Verfolgung und Ausplünderung protestantischer Dissenters zu
+entschädigen.<a class = "tag" name = "tagVII_34" id = "tagVII_34" href =
+"#noteVII_34">34</a></p>
+
+<p>Der Hof hatte seine Physiognomie verändert. Die Schärpe und der
+Priesterrock der anglikanischen Geistlichen konnten sich daselbst kaum
+noch sehen lassen ohne spöttisches Lächeln und boshaftes Geflüster
+hervorzurufen. Die Hofdamen erlaubten sich nicht mehr zu kichern und die
+Kammerherren verbeugten sich bis zur Erde, wenn sich das puritanische
+Gesicht und die puritanische Tracht, welche in den vornehmen Zirkeln so
+lange Zeit Lieblingsgegenstände des Spotts gewesen waren, in den
+Gallerien des Palastes zeigten. Taunton, das zwei Generationen hindurch
+die Veste der Rundkopfpartei im Westen gewesen war, das die Armeen
+Karl’s&nbsp;I. zweimal tapfer zurückgeschlagen, sich zur Unterstützung
+Monmouth’s wie ein Mann erhoben hatte und von Kirke und Jeffreys in eine
+Schlachtbank verwandelt worden war, schien plötzlich die Stelle erobert
+zu haben, welche Oxford einst in der königlichen Gunst eingenommen.<a
+class = "tag" name = "tagVII_35" id = "tagVII_35" href =
+"#noteVII_35">35</a> Der König gewann es über sich, ausgezeichneten
+Dissenters sogar mit kriechender
+<span class = "pagenum">VII.42</span>
+<a name = "pageVII_42" id = "pageVII_42"> </a>
+Höflichkeit zu begegnen. Einigen bot er Geld an, Anderen städtische
+Ehrenämter, noch Anderen Begnadigung von Verwandten und Freunden, die
+wegen Theilnahme an dem Ryehousecomplot oder wegen Anschluß an die Fahne
+Monmouth’s auf dem Kontinent umherirrten oder in den Zuckerplantagen von
+Barbados schwitzten. Er stellte sich sogar, als ob er mit den
+freundlichen Gesinnungen der englischen Puritaner gegen ihre auswärtigen
+Glaubensbrüder sympathisirte. Eine zweite und dritte Proklamation
+erschien in Edinburg, welche die den Presbyterianern durch das
+Februaredict gewährte nichtssagende Duldung bedeutend erweiterten.<a
+class = "tag" name = "tagVII_36" id = "tagVII_36" href =
+"#noteVII_36">36</a> Die verbannten Hugenotten, die der König seit
+vielen Monaten mit ungnädigem Auge angesehen und denen er die von der
+Nation aufgebrachten milden Gaben vorenthalten hatte, wurden jetzt
+unterstützt und gehätschelt. Es wurde ein Ministerialbefehl erlassen,
+der die öffentliche Mildthätigkeit nochmals zu ihren Gunsten aufrief.
+Die Vorschrift, welche von ihnen den Anschluß an die anglikanische
+Gottesverehrung als Bedingung des Empfangs einer Unterstützung
+verlangte, scheint zu dieser Zeit stillschweigend aufgehoben gewesen zu
+sein, und die Vertheidiger der Politik des Königs hatten die Frechheit
+zu behaupten, diese Vorschrift sei auf Andringen der Prälaten der
+Staatskirche erlassen worden, während wir aus den sichersten Quellen
+wissen, daß sie von ihm selbst im Einverständniß mit Barillon ersonnen
+worden war.<a class = "tag" name = "tagVII_37" id = "tagVII_37" href =
+"#noteVII_37">37</a></p>
+
+<p>Während der König sich so die Gunst seiner alten Gegner zu erwerben
+suchte, waren die Freunde der Landeskirche nicht weniger thätig. Von der
+Bitterkeit und dem Hohne, mit dem die Prälaten und Priester seit der
+Restauration die Sectirer zu behandeln pflegten, war kaum noch eine Spur
+zu erkennen. Die, welche man ganz kürzlich noch Schismatiker und
+Fanatiker genannt hatte, waren jetzt geliebte Mitprotestanten,
+Glaubensbrüder, die vielleicht schwach sein mochten, aber deren
+Gewissensskrupel immerhin zarte Rücksichtnahme verdienten. Wenn sie nur
+in dieser Krisis der englischen Verfassung und dem reformirten Glauben
+treu blieben, so sollte ihre Hochherzigkeit bald und reich belohnt
+werden. Anstatt einer Indulgenz, welche keine gesetzliche Gültigkeit
+hätte, sollten sie eine wirkliche, durch eine Parlamentsacte gesicherte
+Indulgenz haben. Ja, viele Mitglieder der Staatskirche, die sich bisher
+durch ihr starres Festhalten an jeder in der Liturgie vorgeschriebenen
+Geberde und Formel ausgezeichnet hatten, erklärten sich jetzt nicht nur
+zur Duldung, sondern sogar zur Gleichstellung geneigt. Der Streit um
+Chorröcke und Stellungen, sagten sie, habe nur zu lange Christen von
+einander getrennt, welche doch in den wesentlichen Glaubenspunkten
+übereinstimmten. Wenn der Kampf auf Tod und Leben gegen den gemeinsamen
+Feind vorüber wäre, dann würde man sehen, daß die anglikanische
+Geistlichkeit zu jedem billigen Zugeständnisse bereit sei. Wenn die
+Dissenters nur nicht unbescheiden wären, so würden ihnen nicht blos
+bürgerliche, sondern auch geistliche Ämter offen stehen, und Baxter und
+Howe würden ohne einen Flecken an ihrer Ehre oder ihrem Gewissen auf der
+Bank der Bischöfe sitzen können.</p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVII_34" id = "noteVII_34" href = "#tagVII_34">34.</a>
+Verordnungen des Schatzamts. Siehe besonders die Instructionen vom 8.
+März 1687/88; <span class = "antiqua">Burnet, I. 715</span>; <span class
+= "antiqua">Reflections on His Majesty’s Proclamation for a Toleration
+in Scotland</span>; <span class = "antiqua">Letters containing some
+Reflections on His Majesty’s Declaration for Liberty of
+Conscience</span>; <span class = "antiqua">Apology for the Church of
+England with relation to the spirit of Persecution for which she is
+accused, 1687/88.</span> Doch es ist mir unmöglich, alle Flugschriften
+anzuführen, aus denen ich mein Urtheil über den damaligen Stand der
+Parteien geschöpft habe.</p>
+
+<p><a name = "noteVII_35" id = "noteVII_35" href = "#tagVII_35">35.</a>
+<span class = "antiqua">Letter to a Dissenter</span>.</p>
+
+<p><a name = "noteVII_36" id = "noteVII_36" href = "#tagVII_36">36.</a>
+<span class = "antiqua">Wodrow, Appendix, vol. II. Nos. 132,
+134.</span></p>
+
+<p><a name = "noteVII_37" id = "noteVII_37" href = "#tagVII_37">37.</a>
+<span class = "antiqua">London Gazette, April 21. 1687</span>; <span
+class = "antiqua">Animadversions on a late paper entituled a Letter to a
+Dissenter, by H.&nbsp;C. (Henry Care), 1687.</span></p>
+</div>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+„Brief an einen Dissenter.“</span>
+<a name = "secVII_34" id = "secVII_34">Von</a> den zahlreichen damaligen
+Flugschriften, in denen die Sache des Hofes und die Sache der Kirche
+<span class = "pagenum">VII.43</span>
+<a name = "pageVII_43" id = "pageVII_43"> </a>
+vor dem Puritaner, der jetzt durch eine sonderbare Wendung des Geschicks
+das Loos seiner Verfolger entscheiden sollte, eifrig und ängstlich
+entwickelt wurde, ist jetzt nur noch eine in der Erinnerung, betitelt:
+<span class = "antiqua">Letter to a Dissenter</span>. In dieser
+meisterhaften kleinen Schrift waren alle Argumente, die einen
+Nonconformisten überzeugen konnten, daß es seine Pflicht und sein
+Interesse sei, ein Bündniß mit der Staatskirche einem Bündnisse mit dem
+Hofe vorzuziehen, auf einem engen Raume in der übersichtlichsten Ordnung
+zusammengestellt, mit geistreichem Witze erörtert und mit einer zwar
+lebhaften, aber selbst in den Momenten der leidenschaftlichsten
+Heftigkeit die Grenzen des Anstandes und der seinen Bildung nie
+überschreitenden Beredtsamkeit zur Geltung gebracht. Die Schrift machte
+einen ungeheuren Eindruck, denn da sie nur einen Bogen stark war, wurden
+über zwanzigtausend Exemplare durch die Post versandt und die Wirkung
+zeigte sich in jedem Winkel des Reichs. Es erschienen vierundzwanzig
+Antworten darauf, aber die ganze Stadt erklärte sie für schlecht und die
+von Lestrange für die schlechteste von allen vierundzwanzig.<a class =
+"tag" name = "tagVII_38" id = "tagVII_38" href = "#noteVII_38">38</a>
+Die Regierung war sehr ärgerlich und sparte keine Mühe, um den Verfasser
+des Briefs ausfindig zu machen; aber es war nicht möglich,
+rechtskräftige Beweise gegen ihn aufzubringen. Einige meinten die Denk-
+und Sprachweise Temple’s zu erkennen.<a class = "tag" name = "tagVII_39"
+id = "tagVII_39" href = "#noteVII_39">39</a> In Wirklichkeit aber
+gehörte dieser umfassende und scharfe Verstand, diese lebhafte
+Phantasie, dieser elegante und kräftige Styl, diese ruhige und edle,
+halb hofmännische, halb philosophische Würde, welche die heftigste
+Aufregung des Kampfes nicht einen Augenblick aus der Fassung bringen
+konnte, keinem Andren als Halifax an.</p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVII_38" id = "noteVII_38" href = "#tagVII_38">38.</a>
+<span class = "antiqua">Lestrange’s Answer to a Letter to a
+Dissenter</span>; <span class = "antiqua">Care’s Animadversions on a
+Letter to a Dissenter</span>; <span class = "antiqua">Dialogue between
+Harry and Roger</span>, nämlich Harry Care und Roger Lestrange.</p>
+
+<p><a name = "noteVII_39" id = "noteVII_39" href = "#tagVII_39">39.</a>
+Der Brief war mit T. W. unterzeichnet. Care sagt in seinen <span class =
+"antiqua">Animadversions</span>: „Dieser Herr Politiker T.&nbsp;W. oder
+W.&nbsp;T., denn einige Kritiker halten dies für die richtigere
+Lesart.“</p>
+</div>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Benehmen der Dissenters.</span>
+<a name = "secVII_35" id = "secVII_35">Die</a> Dissenters schwankten und
+man darf ihnen keinen Vorwurf daraus machen. Sie litten und der König
+hatte ihnen Linderung verschafft. Einige ausgezeichnete Geistliche waren
+ihrer Haft entlassen worden, andere hatten es gewagt, aus dem Exil
+zurückzukehren. Gemeinden, die ihre Zusammenkünfte bisher nur heimlich
+und im Dunklen hatten abhalten können, versammelten sich jetzt am hellen
+Tage und sangen laut ihre Psalmen vor den Augen von Magistratsbeamten,
+Kirchenvorstehern und Constablern. Bescheidene Gotteshäuser von
+puritanischer Bauart begannen sich in allen Gegenden Englands zu
+erheben. Der aufmerksame Reisende kann noch jetzt an einigen der
+ältesten Bethäuser die Jahrzahl 1687 erkennen. Dessen ungeachtet waren
+die Anerbietungen der Kirche für einen klugen Dissenter viel lockender
+als die des Königs. Die Indulgenzerklärung war in den Augen des Gesetzes
+null und nichtig. Sie suspendirte die Strafgesetze gegen Nonconformität
+nur auf so lange, als die Grundprinzipien der Verfassung und die
+rechtmäßige Autorität des gesetzgebenden Körpers aufgehoben blieben.
+Welchen Werth hatten Privilegien, die auf einen so schmachvollen und
+zugleich so unsicheren Besitztitel beruhten? Es konnte bald eine
+Thronerledigung eintreten, ein der Landeskirche anhängender Souverain
+konnte
+<span class = "pagenum">VII.44</span>
+<a name = "pageVII_44" id = "pageVII_44"> </a>
+auf den Thron kommen und ein aus Mitgliedern der Landeskirche
+bestehendes Parlament gebildet werden. Wie beklagenswerth mußte dann die
+Lage der Dissenters werden, die sich mit Jesuiten gegen die Verfassung
+verbündet hatten! Die Kirche bot eine Indulgenz ganz andrer Art als die
+von Jakob gewährte dar, eine Indulgenz, die eben so rechtsgültig und
+heilig war als die Magna Charta. Beide streitende Parteien versprachen
+dem Separatisten Glaubensfreiheit; aber die eine Partei verlangte von
+ihm, daß er sie durch Aufopferung der bürgerlichen Freiheit erkaufen
+sollte, während die andre ihn zum Genuß der bürgerlichen und religiösen
+zugleich einlud.</p>
+
+<p>Aus diesen Gründen konnte ein Dissenter sich wohl entschließen, sein
+Loos mit dem der Staatskirche zu verknüpfen, selbst wenn er hätte
+glauben können, daß der Hof es aufrichtig meinte. Aber wer garantirte
+ihm für die Aufrichtigkeit des Hofes? Jedermann kannte das bisherige
+Benehmen Jakob’s. Es war zwar nicht gerade unmöglich, daß ein Verfolger
+durch Vernunftgründe und Erfahrungen von den Vortheilen der
+Religionsduldung überzeugt werden konnte. Aber Jakob behauptete, nicht
+erst neuerdings überzeugt worden zu sein; im Gegentheil, er versäumte
+keine Gelegenheit, um zu versichern, daß er schon seit vielen Jahren aus
+Grundsatz aller Unduldsamkeit feind gewesen sei. Dennoch hatte er noch
+vor wenigen Monaten Männer, Frauen und junge Mädchen um ihrer Religion
+willen bis zum Tode verfolgt. Hatte er damals gegen die bessere
+Überzeugung seines Gewissens gehandelt? oder sagte er jetzt eine
+wissentliche Unwahrheit? Aus diesem Dilemma gab es keinen Ausweg und
+jede der beiden Annahmen war für den Ruf der Rechtschaffenheit des
+Königs gleich verderblich. Außerdem war auch allbekannt, daß ihn die
+Jesuiten ganz in ihrer Gewalt hatten. Erst wenige Tage vor der
+Bekanntmachung der Indulgenz war dieser Orden dem wohlbekannten Willen
+des heiligen Stuhles zum Trotz mit einem neuen Beweise seines Vertrauens
+und seines Beifalls beehrt worden. Sein Beichtvater, Pater Mansuetus,
+ein Franziskaner, dessen menschenfreundlicher Character und tadelloser
+Lebenswandel die größte Achtung verdienten, den aber Tyrconnel und Petre
+schon längst haßten, war entlassen worden. Den dadurch erledigten Posten
+erhielt ein Engländer, Namens Warner, der von dem Glauben seines
+Vaterlandes abgefallen und Jesuit geworden war. Den gemäßigten
+Katholiken und dem Nuntius war dieser Wechsel nichts weniger als
+angenehm, und jeder Protestant erblickte darin einen Beweis, daß die
+Jesuiten eine unumschränkte Herrschaft über das Gemüth des Königs
+ausübten.<a class = "tag" name = "tagVII_40" id = "tagVII_40" href =
+"#noteVII_40">40</a> So großes Lob auch diese Väter mit Recht
+beanspruchen konnten, besondere Liberalität und Wahrheitsliebe konnte
+selbst die Schmeichelei ihnen nicht beimessen. Daß sie, wenn es das
+Interesse ihres Glaubens oder ihres Ordens galt, niemals Bedenken
+trugen, den Beistand des weltlichen Schwerts anzurufen, oder die Gesetze
+der Wahrheit und Treue zu verletzen, dies war der Welt nicht nur durch
+protestantische Ankläger, sondern auch durch Männer verkündet worden,
+deren Tugendhaftigkeit und Genie der Stolz der römischen Kirche war. Es
+war unglaublich, daß ein ergebener Schüler der Jesuiten der
+Gewissensfreiheit aus Grundsatz zugethan
+<span class = "pagenum">VII.45</span>
+<a name = "pageVII_45" id = "pageVII_45"> </a>
+sein sollte; dagegen aber war es weder unglaublich noch
+unwahrscheinlich, daß er es für gerechtfertigt hielt, seine wahren
+Gesinnungen zu verbergen, um seiner Religion einen Dienst zu erzeigen.
+Es war gewiß, daß dem Könige im Herzen die Anglikaner lieber waren als
+die Puritaner; es war gewiß, daß, so lange er noch Hoffnung hatte, die
+Anhänger der Staatskirche zu gewinnen, er den Puritanern nie die
+geringste Freundlichkeit erwiesen hatte. Konnte es also wohl einem
+Zweifel unterliegen, daß er selbst jetzt noch die Puritaner willig
+aufopfern würde, wenn die Anglikaner sich seinen Wünschen fügten? Sein
+wiederholt gegebenes Versprechen hatte ihn nicht abgehalten, die
+gesetzlichen Rechte der Geistlichkeit anzutasten, welche so viele
+sprechende Beweise von treuer Anhänglichkeit an sein Haus gegeben hatte.
+Welche Sicherheit konnte sonach sein Wort Secten gewähren, welche durch
+die Erinnerung an tausend geschlagene und empfangene, nicht wieder gut
+zu machende Wunden von ihm geschieden waren?</p>
+
+<p class = "footnote">
+<a name = "noteVII_40" id = "noteVII_40" href = "#tagVII_40">40.</a>
+Ellis’ Correspondenz, 15. März u. 27. Juli 1686; Barillon, 28. Febr.
+(10. März), 3.(13.) März, 6.(16.) März 1687; Ronquillo, 9.(19.) März
+1687 in der Mackintosh-Sammlung.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Einige von ihnen halten es mit dem Hofe. Care, Alsop, Rosewell.</span>
+<a name = "secVII_36" id = "secVII_36">Als</a> die durch Bekanntmachung
+der Indulgenz verursachte Aufregung sich ein wenig gelegt hatte, zeigte
+es sich, daß in der puritanischen Partei eine Spaltung eingetreten war.
+Die Minorität, mit einigen wenigen thätigen Männern an der Spitze, deren
+Urtheil mangelhaft oder durch das Interesse geleitet war, unterstützte
+den König. Heinrich Care, welcher lange Zeit der heftigste und thätigste
+Pamphletist unter den Nonconformisten gewesen war und der in den Tagen
+des papistischen Complots Jakob in einer Schrift unter dem Titel <span
+class = "antiqua">Packet of Advice from Rome</span> (Nachrichtenpacket
+von Rom) mit schrankenloser Wuth angegriffen hatte, schmeichelte ihm
+jetzt eben so laut, als er ihn früher geschmäht und verleumdet hatte.<a
+class = "tag" name = "tagVII_41" id = "tagVII_41" href =
+"#noteVII_41">41</a> Der Hauptagent, dessen sich die Regierung zur
+Bearbeitung der Presbyterianer bedient hatte, war Vincenz Alsop, ein
+Geistlicher, der als Prediger wie auch als Schriftsteller nicht
+unbekannt war. Sein Sohn, der wegen Hochverraths bestraft worden war,
+wurde begnadigt, und daher widmete der Vater seinen ganzen Einfluß dem
+Hofe.<a class = "tag" name = "tagVII_42" id = "tagVII_42" href =
+"#noteVII_42">42</a> Mit Alsop verbunden war Thomas Rosewell. Rosewell
+war während der durch die Entdeckung des Ryehousecomplots
+herbeigeführten Verfolgung der Dissenters fälschlich angeklagt worden,
+daß er gegen die Regierung gepredigt habe. Jeffreys hatte auf seine
+Verurtheilung zum Tode angetragen und eine bestochene Jury hatte ihn den
+klarsten Beweisen von seiner Unschuld zum Trotz für schuldig erklärt.
+Die Ungerechtigkeit des Urtheils war so himmelschreiend, daß selbst die
+Höflinge sich darüber empört zeigten. Ein angesehener Tory, der den
+Verhandlungen des Prozesses beigewohnt hatte, ging augenblicklich zu
+Karl und erklärte, daß der Hals des loyalsten Unterthanen in England
+nicht mehr sicher sein würde, wenn man Rosewell hinrichtete. Die
+Geschwornen selbst wurden von Reue ergriffen, als sie überlegten, was
+sie gethan hatten, und boten Alles auf, um dem Gefangenen das Leben zu
+retten. Endlich wurde seine Begnadigung
+<span class = "pagenum">VII.46</span>
+<a name = "pageVII_46" id = "pageVII_46"> </a>
+bewilligt, aber Rosewell mußte drückende Bürgschaft für sein ferneres
+Wohlverhalten stellen und zu bestimmten Zeiten persönlich vor dem
+Gerichtshofe der Kings Bench erscheinen. Seine Bürgschaften wurden jetzt
+auf königlichen Befehl erlassen und dadurch seine Dienste gewonnen.<a
+class = "tag" name = "tagVII_43" id = "tagVII_43" href =
+"#noteVII_43">43</a></p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVII_41" id = "noteVII_41" href = "#tagVII_41">41.</a>
+<span class = "antiqua">Wood’s Athenae Oxonienses</span>; <span class =
+"antiqua">Observator</span>; <span class = "antiqua">Heraclitus
+Ridens</span> an mehreren Stellen. Doch Care’s eigene Schriften sind das
+beste Material zur Würdigung seines Characters.</p>
+
+<p><a name = "noteVII_42" id = "noteVII_42" href = "#tagVII_42">42.</a>
+<span class = "antiqua">Calamy’s Account of the Ministers ejected or
+silenced after the Restoration, Northamptonshire</span>; <span class =
+"antiqua">Wood’s Athenae Oxonienses</span>; <span class =
+"antiqua">Biographia Britannica.</span></p>
+
+<p><a name = "noteVII_43" id = "noteVII_43" href = "#tagVII_43">43.</a>
+<span class = "antiqua">Collection of State Trials</span>; <span class =
+"antiqua">Samuel Rosewell’s Life of Thomas Rosewell, 1718</span>; <span
+class = "antiqua">Calamy’s Account.</span></p>
+</div>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Lobb.</span>
+<a name = "secVII_37" id = "secVII_37">Das</a> Geschäft, die
+Independenten zu gewinnen, war vornehmlich einem ihrer Geistlichen,
+Namens Stephan Lobb, übertragen. Lobb war ein schwacher, heftiger und
+ehrgeiziger Mann. Er hatte die Opposition gegen die Regierung so weit
+getrieben, daß sein Name in mehreren Proklamationen geächtet worden war,
+söhnte sich aber jetzt mit dem Hofe aus und ging in der Servilität eben
+so weit als er je in der Opposition gegangen war. Er schloß sich der
+jesuitischen Cabale an und rieth eifrig zu Maßregeln, vor denen die
+verständigsten und ehrenwerthesten Katholiken zurückschauderten. Man
+bemerkte, daß er fortwährend im Palaste und häufig im Privatkabinet des
+Königs war, daß er in einem Glanze lebte, an den die puritanischen
+Geistlichen nicht gewöhnt waren, und daß er beständig von Bittstellern
+belagert war, denen er durch seinen Einfluß Stellen und Begnadigungen
+verschaffen sollte.<a class = "tag" name = "tagVII_44" id = "tagVII_44"
+href = "#noteVII_44">44</a></p>
+
+<p class = "footnote">
+<a name = "noteVII_44" id = "noteVII_44" href = "#tagVII_44">44.</a>
+<span class = "antiqua">London Gazette, March 15. 1685/6</span>; <span
+class = "antiqua">Nichols’s Defence of the Church of England</span>;
+<span class = "antiqua">Pierce’s Vindication of the
+Dissenters.</span></p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Penn.</span>
+<a name = "secVII_38" id = "secVII_38">Mit</a> Lobb eng befreundet war
+Wilhelm Penn. Penn war nie ein characterfester Mann gewesen, das Leben,
+das er seit zwei Jahren führte, hatte sein sittliches Zartgefühl nicht
+wenig verhärtet, und wenn sein Gewissen ihm einmal Vorwürfe machte, so
+tröstete er sich immer wieder mit dem Gedanken, daß er einen guten und
+edlen Zweck verfolge und daß ihm seine Dienste nicht mit Geld bezahlt
+würden.</p>
+
+<p>Durch den Einfluß dieser und anderer weniger hervorragender Männer
+wurden mehrere Dissentergemeinden bewogen, Dankadressen an den König zu
+richten. Toryistische Schriftsteller haben mit Recht bemerkt, daß die
+Sprache dieser Adressen so widerlich servil war wie nur in irgend einer
+der überschwenglichsten Lobreden, welche den Stuarts von Bischöfen
+gespendet worden sind. Bei genauer Untersuchung stellt es sich heraus,
+daß die Schmach nur einem sehr kleinen Theile der puritanischen Partei
+zur Last fällt. Es gab kaum einen Marktflecken in England, der nicht
+wenigstens ein kleines Häuflein Separatisten gehabt hätte, und man
+sparte keine Mühe, um sie zu einer Äußerung ihrer Dankbarkeit für die
+Indulgenz zu bewegen. Rundschreiben, welche sie zur Unterzeichnung
+aufforderten, wurden nach allen Gegenden des Landes in solchen Massen
+geschickt, daß, wie man scherzweise sagte, die Postfelleisen den Pferden
+zu schwer waren. Indessen belief sich die Gesammtzahl der Adressen, die
+man von allen über ganz England zerstreuten Presbyterianern,
+Independenten und Baptisten erlangen konnte, noch nicht auf sechzig;
+auch ist kein Grund zu der Vermuthung vorhanden, daß diese Adressen
+zahlreiche Unterschriften hatten.<a class = "tag" name = "tagVII_45" id
+= "tagVII_45" href = "#noteVII_45">45</a></p>
+
+<p class = "footnote">
+<a name = "noteVII_45" id = "noteVII_45" href = "#tagVII_45">45.</a>
+Die Adressen sind in der London Gazette zu finden.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Die Mehrzahl der Puritaner ist gegen den Hof. Baxter.</span>
+<a name = "secVII_39" id = "secVII_39">Die</a> große Masse der
+protestantischen Nonconformisten, welche fest an den bürgerlichen
+Freiheiten hing und den Versprechungen des Königs und der Jesuiten nicht
+traute, weigerte sich standhaft, für eine Begünstigung zu
+<span class = "pagenum">VII.47</span>
+<a name = "pageVII_47" id = "pageVII_47"> </a>
+danken, hinter der man mit gutem Grund eine Schlinge argwöhnen durfte.
+Dies war die Stimmung aller angesehensten Oberhäupter der Partei. Zu
+ihnen gehörte Baxter. Er war, wie wir gesehen haben, bald nach Jakob’s
+Thronbesteigung in Untersuchung gezogen, von Jeffreys gröblich insultirt
+und von einer Jury, wie die höfischen Sheriffs der damaligen Zeit sie zu
+wählen pflegten, für schuldig erklärt worden. Baxter befand sich seit
+ungefähr anderthalb Jahren im Gefängniß, als der Hof ernstlich darauf zu
+denken begann, die Nonconformisten zu gewinnen. Er wurde nicht allein in
+Freiheit gesetzt, sondern auch bedeutet, daß er, wenn er sonst wollte,
+seinen Aufenthalt in London nehmen könnte, ohne die Anwendung der
+Fünfmeilenacte gegen sich zu fürchten. Die Regierung hoffte
+wahrscheinlich, daß die Erinnerung an vergangene Leiden und das Gefühl
+der gegenwärtigen Erlösung auf ihn die nämliche Wirkung äußern werde,
+wie auf Rosewell und Lobb. Diese Hoffnung erwies sich jedoch als irrig.
+Baxter war weder zu bestechen, noch zu täuschen; er weigerte sich,
+irgend eine Dankadresse für die Indulgenz zu unterzeichnen und
+verwendete seinen ganzen Einfluß zur Herbeiführung eines guten
+Vernehmens zwischen der Staatskirche und den Presbyterianern.<a class =
+"tag" name = "tagVII_46" id = "tagVII_46" href =
+"#noteVII_46">46</a></p>
+
+<p class = "footnote">
+<a name = "noteVII_46" id = "noteVII_46" href = "#tagVII_46">46.</a>
+<span class = "antiqua">Calamy’s Life of Baxter.</span></p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Howe.</span>
+<a name = "secVII_40" id = "secVII_40">Wenn</a> es irgend einen Mann
+gab, der in der Achtung der protestantischen Dissenters noch höher stand
+als Baxter, so war dies Johann Howe. Howe hatte, wie Baxter, durch den
+neuerlichen Umschwung der Politik persönlich gewonnen. Die nämliche
+Tyrannei, welche Baxter ins Gefängniß warf, hatte ihn in die Verbannung
+getrieben und bald nach Baxter’s Entlassung aus dem Gefängnisse der
+Kings Bench kehrte Howe von Utrecht nach England zurück. Man erwartete
+in Whitehall, daß Howe den ganzen Einfluß, den er auf seine
+Glaubensgenossen ausübte, zu Gunsten des Hofes verwenden werde. Der
+König selbst ließ sich herab, den Unterthan, den er unterdrückt hatte,
+um seinen Beistand zu bitten. Howe scheint geschwankt zu haben; der
+Einfuß Hampden’s aber, mit dem er intim befreundet war, vermochte ihn,
+der Sache der Verfassung treu zu bleiben. Eine Versammlung
+presbyterianischer Geistlichen wurde in seinem Hause gehalten, um über
+die Lage der Dinge zu berathen und über den einzuschlagenden Weg einen
+Beschluß zu fassen. Im Palaste erwartete man mit ängstlicher Spannung
+das Ergebniß. Zwei königliche Abgesandte wohnten der Verhandlung bei,
+und sie kamen mit der unwillkommnen Nachricht zurück, daß Howe sich
+entschieden gegen das Dispensationsrecht erklärt und nach langer Debatte
+die Majorität der Versammlung für sich gewonnen habe.<a class = "tag"
+name = "tagVII_47" id = "tagVII_47" href = "#noteVII_47">47</a></p>
+
+<p class = "footnote">
+<a name = "noteVII_47" id = "noteVII_47" href = "#tagVII_47">47.</a>
+<span class = "antiqua">Calamy’s Life of Howe</span>. Den Antheil, den
+die Familie Hampden an dieser Angelegenheit gehabt, habe ich aus einem
+Briefe von Johnstone an Waristoun vom 13. Juni 1688 erfahren.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Bunyan.</span>
+<a name = "secVII_41" id = "secVII_41">Neben</a> Baxter und Howe muß
+noch ein andrer Mann genannt werden, der nach seiner Stellung und
+Gelehrsamkeit tief unter ihnen, an Tugend aber ihnen gleich, und an
+Genie hoch über ihnen stand, Johann Bunyan. Bunyan war ursprünglich
+Kesselflicker gewesen und hatte als gemeiner Soldat in der
+Parlamentsarmee gedient. Schon in seinen früheren Jahren hatten ihn
+furchtbare Gewissensbisse wegen seiner Jugendsünden gequält, von denen
+jedoch die schlimmsten solche gewesen zu sein scheinen, welche die Welt
+für verzeihlich hält. Seine große Reizbarkeit
+<span class = "pagenum">VII.48</span>
+<a name = "pageVII_48" id = "pageVII_48"> </a>
+und seine glühende Phantasie machten seine inneren Kämpfe ganz besonders
+qualvoll. Er bildete sich ein, daß ein Verdammungsurtheil über ihn
+verhängt sei, daß er den heiligen Geist gelästert, daß er Christum
+verkauft habe und daß er thatsächlich von einem bösen Geiste besessen
+sei. Bald vernahm er laute Warnungsstimmen vom Himmel, bald versuchte
+ihn der Teufel durch gottlose Einflüsterungen. Er hatte Visionen von
+entfernten Berggipfeln, welche die Sonne glänzend beleuchtete, von denen
+er aber durch eine Schneewüste getrennt war. Er fühlte wie der Teufel
+ihn an den Kleidern zupfte; er glaubte, das Kainszeichen sei ihm
+aufgedrückt; er fürchtete daß er zerbersten werde, wie Judas. Diese
+Seelenkämpfe zerrütteten seine Gesundheit. Den einen Tag zitterte er wie
+ein vom Schlage Getroffener; ein andermal brannte es ihn wie Feuer in
+der Brust. Es ist kaum zu begreifen, daß er so entsetzlichen und
+andauernden Qualen nicht unterlag. Endlich zertheilten sich die Wolken.
+Aus dem Abgrunde der Verzweiflung erhob sich der Büßende in einen
+Zustand heiterer Glückseligkeit. Ein unwiderstehlicher Drang trieb ihn
+an, auch Andere des Segens theilhaftig werden zu lassen, dessen er
+selbst genoß.<a class = "tag" name = "tagVII_48" id = "tagVII_48" href =
+"#noteVII_48">48</a> Er schloß sich den Baptisten an und wurde Prediger
+und Schriftsteller. Seine Erziehung war die eines Handwerkers gewesen
+und er verstand keine andre Sprache als die englische, wie sie von dem
+niederen Volke gesprochen wird. Er hatte kein großes Musterwerk studirt,
+mit der einzigen, allerdings sehr bedeutenden Ausnahme unsrer herrlichen
+Bibelübersetzung. Seine Orthographie war schlecht; er machte häufige
+Verstöße gegen die Regeln der Grammatik. Doch sein angebornes Genie und
+seine durch eigene Erfahrung erworbene Kenntniß aller religiösen
+Gefühle, von der Verzweiflung bis zur Verzückung, ersetzten in ihm
+reichlich den Mangel an Gelehrsamkeit. Seine natürliche Beredtsamkeit
+erhob und rührte Zuhörer, welche bei den fleißig ausgearbeiteten
+Vorträgen großer Dialektiker und Hebraisten kalt blieben. Seine Werke
+waren unter den niederen Klassen weit verbreitet. Eines davon, des
+Pilgers Reise, wurde schon zu seinen Lebzeiten in mehrere fremde
+Sprachen übersetzt. Den Gelehrten und höher Gebildeten war es jedoch
+kaum bekannt, und die frommen Hüttenbewohner und Handwerker hatten sich
+bereits seit einem Jahrhundert daran erfreut, als es endlich von einem
+in der Literatur sehr hochstehenden Manne öffentlich empfohlen wurde.
+Die Kritik ließ sich nun herab, das Geheimniß einer so ausgedehnten und
+dauernden Popularität zu erforschen. Sie mußte gestehen, daß die
+unwissende Menge richtiger geurtheilt hatte als die Gelehrten und daß
+das verachtete Büchlein wirklich ein Meisterwerk war. Bunyan ist in der
+That ebenso gewiß der erste Allegoriker, wie Demosthenes der erste
+Redner und Shakespeare der erste Dramatiker ist. Zwar haben andere
+Allegoriker eine gleiche Erfindungsgabe gezeigt; aber kein andrer ist je
+im Stande gewesen, das Herz zu rühren und abstracte Begriffe zu
+Gegenständen des Entsetzens, des Mitleids und der Liebe zu machen.<a
+class = "tag" name = "tagVII_49" id = "tagVII_49" href =
+"#noteVII_49">49</a></p>
+<span class = "pagenum">VII.49</span>
+<a name = "pageVII_49" id = "pageVII_49"> </a>
+
+<p>Es dürfte zu bezweifeln sein, ob irgend ein englischer Dissenter die
+Last der Strafgesetze schwerer empfunden hat als Johann Bunyan. Von den
+siebenundzwanzig Jahren, welche seit der Restauration verstrichen waren,
+hatte er zwölf im Gefängniß zugebracht. Dennoch fuhr er fort zu
+predigen, aber um dies zu können, mußte er sich als Fuhrmann verkleiden.
+Oft wurde er, im Fuhrmannskittel und mit der Peitsche in der Hand, durch
+eine Hinterthür in die Versammlung eingeführt. Hätte er nur an seine
+eigene Ruhe und Sicherheit gedacht, so würde er die Indulgenzerklärung
+freudig begrüßt haben. Jetzt durfte er endlich am hellen Tage predigen
+und ermahnen. Seine Gemeinde wuchs mit reißender Schnelligkeit. Tausende
+hingen an seinen Lippen und in Bedford, wo er sich größtentheils
+aufhielt, gingen reiche Beisteuern zum Bau eines Bethauses für ihn ein.
+Er stand in so hohem Ansehen bei dem gemeinen Volke, daß die Regierung
+ihm gern ein städtisches Amt übertragen hätte; aber sein scharfer
+Verstand und sein treues englisches Herz widerstanden siegreich allen
+Versuchungen und Täuschungen. Er war fest überzeugt, daß die angebotene
+Duldung nur ein Köder sei, um die puritanische Partei damit ins
+Verderben zu locken; auch wollte er nicht durch Annahme einer Stelle, zu
+der er nicht gesetzlich qualificirt war, die Gültigkeit der
+Dispensationsgewalt anerkennen. Eine der letzten edlen Handlungen seines
+tugendreichen Lebens war die Ablehnung einer Unterredung, zu der er
+durch einen Agenten der Regierung eingeladen wurde.<a class = "tag" name
+= "tagVII_50" id = "tagVII_50" href = "#noteVII_50">50</a></p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVII_48" id = "noteVII_48" href = "#tagVII_48">48.</a>
+<span class = "antiqua">Bunyan’s Grace Abounding.</span></p>
+
+<p><a name = "noteVII_49" id = "noteVII_49" href = "#tagVII_49">49.</a>
+Young stellt Bunyan’s Prosa auf gleiche Stufe mit Durfey’s Poesie. Die
+fashionablen Leute im <span class = "antiqua">Spiritual Quixote</span>
+stellen den <span class = "antiqua">Pilgrim’s Progress</span> mit <span
+class = "antiqua">Jack the Giantkiller</span> zusammen. Spät im
+achtzehnten Jahrhundert wagte Cowper nur eine Anspielung auf den großen
+Allegoriker:</p>
+
+<div class = "verse">
+<p>Nicht nennen will ich dich, damit Dein Name</p>
+<p>Statt wohlverdienten Ruhm nicht Hohn Dir bringe.</p>
+</div>
+
+<p><a name = "noteVII_50" id = "noteVII_50" href = "#tagVII_50">50.</a>
+Fortsetzung von Bunyan’s Biographie im Anhang zu seiner „Überströmenden
+Gnade.“</p>
+</div>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Kiffin.</span>
+<a name = "secVII_42" id = "secVII_42">So</a> groß Bunyan’s Ansehen bei
+den Baptisten war, Wilhelm Kiffin’s Ansehen war noch größer. Kiffin war
+in Bezug auf Rang und Reichthum der Erste unter ihnen. Er pflegte seine
+geistlichen Talente bei ihren Versammlungen auszuüben, erwarb sich aber
+nicht durch Predigen seinen Unterhalt. Er machte große Handelsgeschäfte,
+stand an der Börse in hohem Ansehen und hatte sich ein bedeutendes
+Vermögen gesammelt. Niemand hätte vielleicht unter den dermaligen
+Verhältnissen dem Hofe werthvollere Dienste leisten können als er. Aber
+zwischen ihm und dem Hofe stand die Erinnerung an ein entsetzliches
+Ereigniß. Er war der Großvater der Gebrüder Hewling, der beiden muthigen
+Jünglinge, welche von allen Opfern der blutigen Assisen vielleicht am
+allgemeinsten bedauert worden waren. Für das traurige Loos des einen von
+ihnen war Jakob ganz besonders verantwortlich. Jeffreys hatte dem
+jüngeren Bruder einen Aufschub bewilligt. Churchill hatte der Schwester
+der beiden jungen Männer eine Audienz beim Könige verschafft, und sie
+hatte um Gnade gefleht; aber des Königs Herz war unerbittlich gewesen.
+Es war für die ganze Familie ein harter Schlag; am meisten aber war
+Kiffin zu bedauern. Er war siebzig Jahr alt, als er vereinsamt dastand.
+Diejenigen überlebend, die ihn hatten überleben sollen. Die herzlosen
+und feilen Schmarotzer von Whitehall glaubten, indem sie nach sich
+selbst urtheilten, der alte Mann werde durch einen Aldermansmantel und
+durch eine Geldentschädigung für das verwirkte Vermögen seiner Enkel
+leicht wieder zu gewinnen sein. Penn wurde zu dem Verführungswerke
+ausersehen; aber seine Bemühungen waren vergebens. Der König beschloß
+hierauf, die Wirkung seiner persönlichen Artigkeit zu versuchen. Kiffin
+wurde in den Palast beschieden. Er fand einen glänzenden Kreis von
+Kavalieren und
+<span class = "pagenum">VII.50</span>
+<a name = "pageVII_50" id = "pageVII_50"> </a>
+Gentlemen versammelt. Jakob kam ihm sogleich entgegen, redete ihn sehr
+freundlich an und schloß mit den Worten: „Ich habe Sie zu einem der
+Aldermen von London bestimmt, Herr Kiffin.“ Der alte Mann sah den König
+fest an, brach in Thränen aus und antwortete: „Sire, ich bin abgenutzt,
+ich bin nicht mehr fähig, Eurer Majestät oder der Hauptstadt zu dienen.
+Und überdies, Sire, hat der Tod meiner armen Jungen mir das Herz
+gebrochen. Diese Wunde ist noch heute so frisch wie jemals, und ich
+werde sie mit ins Grab nehmen.“ Der König schwieg einige Augenblicke
+sichtlich bewegt und sagte dann: „Ich werde einen Balsam für diese Wunde
+finden, Herr Kiffin.“ Es war gewiß nicht Jakob’s Absicht, etwas
+Kränkendes oder Übermüthiges zu sagen, im Gegentheil, er scheint sich in
+einer ungewöhnlich weichen Stimmung befunden zu haben. Dennoch wirft
+keine Äußerung die uns von ihm berichtet wird, ein so nachtheiliges
+Licht auf seinen Character als diese wenigen Worte. Es sind die Worte
+eines hartherzigen, niedrig denkenden Mannes, der sich keine Verwundung
+des Gefühls denken kann, welche durch eine Stelle oder durch eine
+Pension nicht vollkommen zu heilen wäre.<a class = "tag" name =
+"tagVII_51" id = "tagVII_51" href = "#noteVII_51">51</a></p>
+
+<p>Der Theil der Dissenters, der sich der neuen Politik des Königs
+günstig zeigte, war von Anfang an klein gewesen und begann bald noch
+mehr zusammenzuschmelzen. Denn die Nonconformisten erkannten in nicht
+langer Zeit, daß ihre geistlichen Privilegien durch die Indulgenz eher
+geschmälert als erweitert worden waren. Der characteristische Zug des
+Puritaners war Abscheu gegen die Eigenthümlichkeiten der römischen
+Kirche. Er hatte sich nur deshalb von der anglikanischen Kirche
+losgetrennt, weil er meinte, daß sie ihrer hochmüthigen und üppigen
+Schwester, der Zauberin mit dem goldenen Becher und dem Purpurgewande,
+zu ähnlich sähe. Jetzt fand er, daß eine von den stillschweigenden
+Bedingungen des Bündnisses, welches einige seiner Seelenhirten mit dem
+Hofe geschlossen hatten, die war, daß die Religion des Hofes mit Achtung
+und Schonung behandelt werden sollte. Er begann bald sich nach den Tagen
+der Verfolgung zurückzusehnen. So lange die Strafgesetze noch angewendet
+wurden, hatte er die Worte des Lebens zwar im Geheimen und mit
+persönlicher Gefahr angehört, aber er hatte sie doch gehört. Wenn die
+Brüder in ihrer Stube versammelt waren, wenn die Schildwachen
+ausgestellt und die Thüren verschlossen waren, wenn der Prediger in der
+Kleidung eines Metzgers oder Fuhrmanns über das Dach hereingekommen war,
+dann wurde wenigstens ein wirklicher Gottesdienst gehalten. Kein Theil
+der göttlichen Wahrheit ward aus weltlichen Rücksichten unterdrückt oder
+verstümmelt, alle unterscheidenden Lehren der puritanischen Theologie
+wurden vollständig und sogar in ihrer ungeschminktesten Form
+dargestellt. Der römischen Kirche ward kein Pardon gegeben. Das Thier,
+der Antichrist, der Mensch der Sünde, die mystische Isabel, das
+mystische Babylon waren die Ausdrücke, mit denen man jenen hehren und
+bezaubernden Aberglauben zu bezeichnen pflegte. Dies war einst die
+Sprache Alsop’s, Lobb’s, Rosewell’s und anderer Geistlichen gewesen,
+welche kürzlich im Palast wohl aufgenommen worden waren; aber so
+sprachen sie jetzt nicht mehr. Geistliche, die nach einer hohen Stufe in
+der Gunst und dem Vertrauen des Königs strebten, durften es nicht wagen,
+in harten Worten
+<span class = "pagenum">VII.51</span>
+<a name = "pageVII_51" id = "pageVII_51"> </a>
+von der Religion des Königs zu sprechen. Die Gemeinden beklagten sich
+daher laut, daß sie seit dem Erscheinen der Indulgenzerklärung, welche
+ihnen dem Wortlaute nach doch völlige Gewissensfreiheit gewähren wollte,
+das Evangelium nie mehr kühn und rein hätten verkünden hören. Früher
+hatten sie ihre geistliche Nahrung verstohlen erhaschen müssen, aber
+wenn sie sie erhascht hatten, so fanden sie sie wenigstens ganz nach
+ihrem Geschmacke zubereitet. Jetzt konnten sie sie öffentlich und in
+aller Bequemlichkeit zu sich nehmen, aber sie hatte ihren ganzen
+Wohlgeschmack verloren. Sie versammelten sich bei Tage und in geräumigen
+Lokalen; aber sie hörten Predigten, die ihnen bei weitem nicht so
+gefielen, als die, welche der Rector ihnen gehalten haben würde. In der
+Pfarrkirche wurde der selbstgeschaffene Gottesdienst und die Abgötterei
+Roms jeden Sonntag energisch angegriffen; im Versammlungshause aber
+hütete sich der Pastor, der noch vor wenigen Monaten die Geistlichen der
+Landeskirche für nicht viel besser als die Papisten erklärt hatte, jetzt
+sorgfältig, den Papismus zu tadeln, oder kleidete seinen Tadel
+wenigstens in ein so mildes Gewand, daß er selbst das Ohr eines Pater
+Petre nicht beleidigt haben würde. Auch war es nicht möglich, für diesen
+Wechsel einen stichhaltigen Grund aufzufinden. Die römisch-katholischen
+Lehren hatten sich nicht verändert; seit Menschengedenken waren die
+katholischen Priester noch nie so eifrig im Proselytenmachen gewesen;
+noch nie waren so viele katholische Schriften aus der Presse
+hervorgegangen; noch nie hatten Alle, die sich um die Religion
+kümmerten, den Streit zwischen Katholiken und Protestanten mit so
+gespannter Aufmerksamkeit verfolgt. Was konnte man also von der
+Aufrichtigkeit von Theologen halten, welche nicht müde geworden waren,
+den Papismus zu schmähen, so lange derselbe vergleichsweise harmlos und
+wehrlos war, und die jetzt, wo eine Zeit wirklicher Gefahr für den
+reformirten Glauben gekommen, sorgfaltig jedes Wort vermieden, das einem
+Jesuiten Anstoß geben konnte? Ihr Benehmen war in der That nicht schwer
+zu erklären. Es war bekannt, daß einige von ihnen Begnadigungen erlangt,
+es wurde vermuthet, daß andere Geld bekommen hatten. Ihr Vorbild war der
+schwache Apostel, der aus Angst den Herrn verleugnete, dem er
+prahlerisch die unverbrüchlichste Treue gelobt hatte, oder der noch
+schlechtere Apostel, der seinen Herrn um eine Handvoll Silberlinge
+verkaufte.<a class = "tag" name = "tagVII_52" id = "tagVII_52" href =
+"#noteVII_52">52</a></p>
+
+<p>So verloren die vom Hofe gewonnenen Dissentergeistlichen rasch den
+Einfluß, den sie einst auf ihre Glaubensbrüder besessen hatten. Auf der
+andren Seite fühlten sich die Sektirer durch eine starke religiöse
+Sympathie zu den anglikanischen Prälaten und Priestern hingezogen,
+welche trotz königlicher Befehle, Drohungen und Versprechungen einen
+heftigen Krieg gegen die römische Kirche unterhielten. Die so lange
+durch tödtliche Feindschaft getrennt gewesenen Anglikaner und Puritaner,
+näherten sich einander mit jedem Tage mehr und mehr und jeder Schritt
+zur Einigung vermehrte den Einfluß des Mannes, der ihr gemeinsames
+Oberhaupt war. Wilhelm eignete sich in jeder Beziehung zum Vermittler
+zwischen diesen beiden großen Parteien der englischen Nation. Man konnte
+nicht sagen, daß er einer von beiden angehöre; aber keine von
+<span class = "pagenum">VII.52</span>
+<a name = "pageVII_52" id = "pageVII_52"> </a>
+beiden konnte sich bei ruhiger Überlegung weigern, ihn als einen Freund
+zu betrachten. Sein theologisches System stimmte mit dem der Puritaner
+überein. Zu gleicher Zeit betrachtete er das Episcopat wenn auch nicht
+als eine göttliche Einrichtung, doch als eine vollkommen rechtmäßige und
+höchst nützliche Form des Kirchenregiments. Fragen über Stellungen,
+Gewänder, Festtage und Liturgien waren in seinen Augen keine
+Lebensfragen. Ein einfacher Gottesdienst wie der, an den er von jeher
+gewöhnt war, würde seinem persönlichen Geschmacke am meisten zugesagt
+haben, aber er war dabei gern bereit, sich jedem Ritual zu fügen, das
+der Nation angenehm war, und bestand nur darauf, daß man ihm nicht
+zumuthete, diejenigen seiner protestantischen Brüder zu verfolgen, denen
+ihr Gewissen es nicht zuließ, seinem Beispiele zu folgen. Zwei Jahre
+früher würde er von zahlreichen Bigotten auf beiden Seiten für einen
+bloßen Laodicäer erklärt, worden sein, der weder kalt noch warm war und
+zu nichts taugte als ausgestoßen zu werden. Aber der Eifer, der
+Anglikaner gegen Dissenters und Dissenters gegen Anglikaner entflammt
+hatte, war durch gemeinsame Widerwärtigkeiten und Gefahren so gedämpft
+worden, daß die Lauheit, die man ihm früher als Verbrechen angerechnet,
+jetzt als eine seiner Haupttugenden betrachtet wurde.</p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVII_51" id = "noteVII_51" href = "#tagVII_51">51.</a>
+<span class = "antiqua">Kiffin’s Memoirs</span>; Luson’s Brief an Brooke
+vom 11. Mai 1773 in der Hughes-Correspondenz.</p>
+
+<p><a name = "noteVII_52" id = "noteVII_52" href = "#tagVII_52">52.</a>
+Man sehe unter anderen zeitgenössischen Flugschriften eine mit dem
+Titel: <span class = "antiqua">A Representation of the threatening
+Dangers impending over Protestants.</span></p>
+</div>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Der Prinz und die Prinzessin von Oranien gegen die
+Indulgenzerklärung.</span>
+<a name = "secVII_43" id = "secVII_43">Jedermann</a> war gespannt auf
+seine Ansicht über die Indulgenzerklärung. Eine Zeit lang nährte man in
+Whitehall die Hoffnung, daß seine bekannte Achtung vor den Rechten des
+Gewissens ihn wenigstens abhalten werde, öffentlich seine Mißbilligung
+einer Politik auszusprechen, die einen unleugbaren Anstrich von
+Freisinnigkeit hatte. Penn schickte zahlreiche Auseinandersetzungen nach
+dem Haag und begab sich sogar persönlich dahin, in der Hoffnung daß
+seine Beredtsamkeit, von der er eine hohe Meinung hatte, sich als
+unwiderstehlich erweisen werde. Aber obgleich er sein Lieblingsthema mit
+einer Redseligkeit entwickelte, die seine Zuhörer ermüdete und obgleich
+er sie versicherte, daß ein Mann, der mit den Engeln verkehre, ihm das
+Herannahen eines goldenen Zeitalters der Religionsfreiheit geoffenbart
+habe, so machte er doch keinen Eindruck auf den Prinzen.<a class = "tag"
+name = "tagVII_53" id = "tagVII_53" href = "#noteVII_53">53</a> „Ihr
+verlangt von mir,“ sagte er zu einem der Agenten des Königs, „daß ich
+einen Angriff auf meine eigne Religion unterstützen soll. Das kann ich
+mit gutem Gewissen nicht thun, und ich werde es nicht thun, nein, nicht
+um die Krone Englands, nicht um die Herrschaft der Welt!“ Diese Worte
+wurden dem Könige mitgetheilt und sie beunruhigten ihn nicht wenig.<a
+class = "tag" name = "tagVII_54" id = "tagVII_54" href =
+"#noteVII_54">54</a> Er schrieb mit eigner Hand eindringliche Briefe.
+Zuweilen nahm er den Ton des Beleidigten an. Er sei das Oberhaupt der
+königlichen Familie, als solches sei er berechtigt, von den jüngeren
+Mitgliedern Gehorsam zu erwarten, und es sei sehr hart, daß er in einer
+Angelegenheit, die ihm über Alles am
+<span class = "pagenum">VII.53</span>
+<a name = "pageVII_53" id = "pageVII_53"> </a>
+Herzen liege, auf Widerstand stoße. Andere Male wurde ihm ein Köder
+vorgehalten, den man für unwiderstehlich hielt. Wenn Wilhelm nur in
+diesem einen Punkte nachgäbe, so würde die englische Regierung ihm dafür
+kräftigen Beistand gegen Frankreich leisten. Er ließ sich aber nicht
+bethören. Er wußte, daß Jakob selbst beim besten Willen ohne die
+Unterstützung eines Parlaments nicht im Stande sein würde, der
+gemeinschaftlichen Sache Europa’s einen wirksamen Dienst zu leisten, und
+es konnte keinem Zweifel unterliegen, daß wenn ein Parlament
+zusammenkam, die erste Forderung beider Häuser die Cassirung der
+Indulgenzerklärung sein würde.</p>
+
+<p>Die Prinzessin stimmte allen Meinungsäußerungen ihres Gemahls bei,
+und ihre gemeinschaftliche Ansicht wurde dem Könige in entschiedenen
+aber gemäßigten Ausdrücken mitgetheilt. Sie erklärten, daß sie das von
+Seiner Majestät eingeschlagene Verfahren lebhaft bedauerten. Sie seien
+überzeugt, daß er sich ein Hoheitsrecht angemaßt habe, das ihm
+gesetzlich nicht zustehe. Gegen diese Anmaßung protestirten sie, nicht
+nur als Freunde der bürgerlichen Freiheit, sondern auch als Mitglieder
+des königlichen Hauses, als welche sie ein hohes Interesse an der
+Erhaltung der Rechte dieser Krone hätten, die sie einst tragen könnten.
+Denn die Erfahrung habe gelehrt, daß Willkürherrschaft in England
+unfehlbar eine Reaction nach sich ziehe, die noch verderblicher sei als
+jene selbst, und man müsse mit Grund befürchten, daß die durch die
+Aussicht auf Despotismus beunruhigte und entrüstete Nation selbst gegen
+die constitutionelle Monarchie einen Widerwillen fassen würde. Sie gäben
+daher dem Könige den Rath, daß er in allen Dingen streng nach dem
+Gesetze regieren möge. Sie geständen sehr gern zu, daß das Gesetz mit
+Nutzen durch die competente Autorität abgeändert werden könne und daß
+ein Theil seiner Erklärung es wohl verdiene, einer Parlamentsacte
+einverleibt zu werden. Sie seien keine Verfolger, sie würden mit
+Vergnügen römische Katholiken so gut als protestantische Dissenters in
+geeigneter Weise von allen Strafgesetzen befreit, und ebenso gern
+protestantische Dissenters in zweckmäßiger Weise zu bürgerlichen Ämtern
+zugelassen sehen. Weiter aber könnten Ihre Hoheiten nicht gehen. Sie
+könnten sich der ernsten Besorgniß nicht enthalten, daß die Zulassung
+römischer Katholiken zu Staatsämtern große Nachtheile hervorrufen
+würden, und es war nicht undeutlich zu verstehen gegeben, daß der Grund
+zu dieser Besorgniß namentlich in Jakob’s Handlungsweise liege.<a class
+= "tag" name = "tagVII_55" id = "tagVII_55" href =
+"#noteVII_55">55</a></p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVII_53" id = "noteVII_53" href = "#tagVII_53">53.</a>
+<span class = "antiqua">Burnet I. 693, 694.</span></p>
+
+<p><a name = "noteVII_54" id = "noteVII_54" href = "#tagVII_54">54.</a>
+<span class = "antiqua">„Le Prince d’Orange, qui avoit éludé jusqu’alors
+de faire une réponse positive dit ... qu’il ne consentira jamaia à la
+suppression de ces lois qui avoient été établies pour le maintien et la
+sureté de la religion Protestante, et que sa conscience ne lui
+permettoit point, non seulement pour la succession du royaume
+d’Angleterre, mais même pour l’empire du monde; en sorte que le roi
+d’Angleterre est plus aigri contre lui qu’il n’a jamais été.“</span>
+&mdash; Bonrepaux, 11.(21.) Juni 1687.</p>
+
+<p><a name = "noteVII_55" id = "noteVII_55" href = "#tagVII_55">55.</a>
+<span class = "antiqua">Burnet, I. 710</span>; Bonrepaux, 24. Mai (4.
+Juni) 1687.</p>
+</div>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Vertheidigung ihrer Ansichten bezüglich der englischen
+Katholiken.</span>
+<a name = "secVII_44" id = "secVII_44">Die</a> ausgesprochene Ansicht
+des Prinzen und der Prinzessin über die Ausschließungen, denen die
+römischen Katholiken unterworfen waren, theilten fast alle Staatsmänner
+und Philosophen, welche damals der politischen und religiösen Freiheit
+eifrig das Wort redeten. In unsrer Zeit dagegen haben erleuchtete Männer
+oft mit Bedauern sich dahin geäußert, daß Wilhelm in diesem einen Punkte
+gegen seinen Schwiegervater im Nachtheil stehe. Das Wahre ist, daß
+einige Erwägungen, welche nothwendig sind, wenn man sich ein richtiges
+Urtheil bilden will, von vielen Schriftstellern des neunzehnten
+Jahrhunderts nicht berücksichtigt worden zu sein scheinen.</p>
+<span class = "pagenum">VII.54</span>
+<a name = "pageVII_54" id = "pageVII_54"> </a>
+
+<p>Es sind zwei einander entgegengesetzte Irrthümer, in welche
+Diejenigen, die sich mit dem Studium unsrer vaterländischen Geschichte
+beschäftigen, in steter Gefahr sind zu verfallen: der Irrthum, daß sie
+die Gegenwart nach der Vergangenheit, und der Irrthum, daß sie die
+Vergangenheit nach der Gegenwart beurtheilen. Dem ersteren sind
+Diejenigen unterworfen, welche geneigt sind alles Alte zu verehren, dem
+zweiten Diejenigen, welche von allem Neuen angezogen werden. Auf den
+ersteren stößt man beständig in den Raisonnements conservativer
+Politiker über die Fragen ihrer Zeit, der zweite findet sich immer in
+den Betrachtungen von Schriftstellern der liberalen Richtung, wenn sie
+die Ereignisse einer früheren Zeit besprechen. Der erstere ist bei einem
+Staatsmanne, der andre bei einem Geschichtsschreiber verderblicher.</p>
+
+<p>Es ist für Niemanden, der es in Unsrer Zeit unternimmt, über die
+Revolution zu schreiben, welche die Stuarts stürzte, so leicht, die
+rechte Mittelstraße zwischen diesen beiden Extremen stetig einzuhalten.
+Die Frage, ob es gerathen sei, Mitglieder der katholischen Kirche zum
+Parlament und zu Staatsämtern zuzulassen, erschütterte unser Vaterland
+während der Regierung Jakob’s&nbsp;II., durch seinen Sturz wurde sie in
+den Hintergrund zurückgedrängt, und nachdem sie über ein Jahrhundert
+lang geruht hatte, kam sie in Folge der großen Aufregung der Gemüther,
+welche dem Zusammentritt der französischen Nationalversammlung folgte,
+wieder zur Sprache. Dreißig Jahre währte der Streit in beiden Häusern
+des Parlaments, in jedem Wahlkörper, in jedem Kreise der Gesellschaft.
+Er stürzte Ministerien, zerriß Parteien, machte in einem Theile des
+Landes jede Regierung unmöglich und brachte uns zuletzt an den Rand des
+Bürgerkrieges. Selbst nach Beendigung des Kampfes gohren die
+Leidenschaften, die er aufgeregt hatte, noch immer fort. Ein Mann,
+dessen Geist unter dem Einflusse dieser Leidenschaften stand, konnte
+fast unmöglich die Ereignisse der Jahre 1687 und 1688 in einem
+vollkommen richtigen Lichte erblicken.</p>
+
+<p>Eine Klasse von Politikern, welche von dem richtigen Vordersatze
+ausging, daß die Revolution eine große Wohlthat für unser Land gewesen
+sei, gelangte zu dem irrigen Schlusse, daß keine Bürgschaft, die von den
+Staatsmännern der Revolution zum Schutze unsrer Religion und unsrer
+Freiheit für nöthig erachtet worden war, ohne Gefahr abgeschafft werden
+könnte. Eine andre Klasse, die von dem ebenfalls richtigen Vordersatze
+ausging, daß die über die Katholiken verhängten Ausschließungen lange
+Zeit nichts als Unheil verursacht hätten, kam zu dem falschen Schlusse,
+daß diese Ausschließungen zu keiner Zeit nützlich und nothwendig gewesen
+sein könnten. Der erste Trugschluß durchdrang die Reden des geistreichen
+und gelehrten Eldon, der andre blieb selbst auf einen so ruhigen und
+philosophischen Kopf wie Mackintosh nicht ganz ohne Einfluß.</p>
+
+<p>Bei näherer Prüfung wird es sich jedoch vielleicht zeigen, daß wir
+das von allen großen englischen Staatsmännern des siebzehnten
+Jahrhunderts einstimmig gebilligte Verfahren rechtfertigen können, ohne
+die Weisheit des von allen großen englischen Staatsmännern unsrer Zeit
+eben so einstimmig gebilligten Verfahrens in Zweifel zu ziehen.</p>
+
+<p>Es ist unbestreitbar ein Übel, wenn ein Bürger seiner religiösen
+Meinung halber vom Staatsdienste ausgeschlossen sein soll; aber der
+menschlichen Weisheit bleibt zuweilen nichts andres übrig als die Wahl
+zwischen zwei Übeln. Eine Nation kann in eine Lage kommen, in der
+<span class = "pagenum">VII.55</span>
+<a name = "pageVII_55" id = "pageVII_55"> </a>
+die Mehrheit entweder Ausschließungen verhängen oder sich solche
+gefallen lassen muß und wo das was unter gewöhnlichen Verhältnissen mit
+Recht als Verfolgung verdammt werden würde, noch innerhalb der Grenzen
+der Selbstvertheidigung liegt. In einer solchen Situation befand sich
+England im Jahre 1687.</p>
+
+<p>Nach der Verfassung des Reichs hatte Jakob das Recht, fast alle
+öffentlichen Beamten, bei der Regierung, bei den Gerichten, in der
+Kirche, beim Militair und bei der Flotte zu ernennen. Bei der Ausübung
+dieses Rechts war er nicht, wie unsere gegenwärtigen Souveraine,
+genöthigt, in Übereinstimmung mit dem Rathe von Ministern, die das Haus
+der Gemeinen billigte, zu handeln. Es lag also auf der Hand, daß es,
+wenn er durch das Gesetz nicht streng verbunden war, nur Protestanten
+anzustellen, ihm frei stand, lauter Katholiken anzustellen. Die Anzahl
+der römischen Katholiken war unbedeutend, und es gab nicht einen
+einzigen Mann unter ihnen, dessen Dienste der Staat ernstlich vermißt
+haben würde. Das Verhältniß, in dem ihre Zahl zur Gesammtbevölkerung
+stand, war noch viel geringer als es gegenwärtig ist, denn gegenwärtig
+ergießt sich ein ununterbrochener Auswanderungsstrom von Irland in
+unsere großen Städte, während es im siebzehnten Jahrhunderte noch nicht
+einmal in London eine irische Colonie gab. Neunundvierzig Funfzigstel
+der Bewohner des Königreichs, neunundvierzig Funfzigstel des Vermögens
+des Königreichs, fast alle politischen, juristischen und militairischen
+Talente und Kenntnisse, die das Land besaß, waren protestantisch.
+Trotzdem hatte der König in thörichter Verblendung sich vorgenommen,
+sein unbegrenztes Ernennungsrecht als Mittel zum Proselytenmachen zu
+benutzen. Seiner Kirche angehören war in seinen Augen der erste
+Befähigungstitel für ein Amt. Der Landeskirche angehören war entschieden
+ein Grund der Nichtbefähigung. Er verwarf zwar in einer Sprache, welche
+den Beifall einiger leichtgläubigen Freunde der Glaubensfreiheit fand,
+die monströse Ungerechtigkeit des Religionseides, der eine kleine
+Minderheit der Nation von öffentlichen Ämtern ausschloß; zu gleicher
+Zeit aber führte er einen andren Religionseid ein, der die Mehrheit
+ausschloß. Es schien ihm hart, daß ein guter Finanzmann und loyaler
+Unterthan lediglich deshalb weil er ein Papist war, von dem Posten eines
+Lordschatzmeisters ausgeschlossen sein sollte; aber er selbst hatte
+einen Lordschatzmeister, den er als einen tüchtigen Finanzmann und
+loyalen Unterthan anerkannt, bloß deshalb abgesetzt, weil er Protestant
+war. Er hatte wiederholt und bestimmt erklärt, er sei fest entschlossen,
+den weißen Stab niemals in die Hände eines Ketzers zu geben. Mit vielen
+anderen hohen Staatsämtern war er ebenso verfahren. Bereits waren der
+Lordpräsident, der Geheimsiegelbewahrer, der Oberkammerherr, der
+Garderobeaufseher, der erste Lord des Schatzes, ein Staatssekretär, der
+Lordobercommissar von Schottland, der Kanzler von Schottland und der
+Sekretär von Schottland Katholiken oder gaben sich wenigstens dafür aus.
+Die meisten von diesen Beamten waren von Haus aus Anglikaner und hatten
+sich des offenen oder geheimen Abfalls schuldig gemacht, um ihre hohen
+Stellen zu erlangen oder zu behalten. Jeder Protestant, der noch einen
+wichtigen Staatsposten bekleidete, bekleidete ihn in beständiger
+Ungewißheit und Angst. Wir würden nicht fertig werden, wollten wir die
+untergeordneteren Stellen anführen, welche von Mitgliedern der
+begünstigten Klasse besetzt waren. In jedem Zweige der Verwaltung
+wimmelte es schon von Katholiken. Sie waren Lordlieutenants,
+<span class = "pagenum">VII.56</span>
+<a name = "pageVII_56" id = "pageVII_56"> </a>
+stellvertretende Lieutenants, Richter, Friedensrichter, Zollcommissare,
+Gesandte an fremden Höfen, Regimentsobersten und Festungscommandanten.
+Der Antheil, den sie binnen wenigen Monaten von den durch die Krone zu
+besetzenden weltlichen Ämtern erlangt hatten, war weit über zehnmal so
+groß, als er unter einem unparteiischen Systeme gewesen sein würde. Dies
+war indessen noch nicht das Schlimmste. Man hatte sie auch zu
+Beherrschern der anglikanischen Kirche gemacht. Männer, die den König
+versichert hatten, daß sie seines Glaubens seien, saßen in der Hohen
+Commission und übten die höchste geistliche Gerichtsbarkeit über alle
+Prälaten und Priester der Landeskirche aus. Kirchliche Pfründen von
+hohem Ansehen waren theils erklärten, theils verkappten Papisten
+verliehen worden. Und dies Alles war geschehen, während die Gesetze
+gegen den Papismus noch in Kraft waren und Jakob noch gegründete Ursache
+hatte, Achtung vor den Rechten des Gewissens zu heucheln. Was war also
+von ihm zu erwarten, wenn seine Unterthanen einwilligten, ihn durch ein
+Gesetz von jedem Schatten der Beschränkung vollends zu befreien? Kann
+man wohl daran zweifeln, daß Protestanten durch eine streng gesetzmäßige
+Anwendung der königlichen Prärogative eben so wirksam von Anstellungen
+ausgeschlossen worden wären, als jemals römische Katholiken durch eine
+Parlamentsacte ausgeschlossen worden sind?</p>
+
+<p>Wie hartnäckig Jakob entschlossen war, den Mitgliedern seiner Kirche
+einen Antheil an den öffentlichen Ämtern zu gewähren, der zu ihrer Zahl
+und zu ihrer Bedeutung außer allem Verhältniß stand, geht aus den
+Instructionen hervor, die er im Exil und im hohen Alter als Leitfaden
+für seinen Sohn aufzeichnete. Es ist unmöglich, diese Ergüsse eines
+Mannes, an dem alle Lehren der Erfahrung und des Unglücks spurlos
+vorübergegangen waren, ohne ein Gemisch von Mitleid und Verachtung zu
+lesen. Dem Prätendenten wird anempfohlen, wenn er einmal zur Regierung
+in England gelangen sollte, die Ämter zu theilen und den Mitgliedern der
+römischen Kirche einen Antheil zu reserviren, der groß genug für sie
+gewesen sein würde, wenn sie die Hälfte, anstatt ein Funfzigstel der
+Nation gebildet hätten. Ein Staatssekretär, ein Schatzcommissar, der
+Kriegssekretär, die Mehrheit der Großwürdenträger des Hofstaates und die
+Mehrzahl der Offiziere der Armee müßten immer Katholiken sein. Dies
+waren Jakob’s Ansichten selbst dann noch, als seine thörichte Bigotterie
+ihm eine Strafe zugezogen hatte, über welche die ganze Welt erschrocken
+war. Kann man also wohl in Zweifel darüber sein, wie er gehandelt haben
+würde, wenn sein Volk, durch den leeren Namen der religiösen Freiheit
+geblendet, ihn ohne Zügel hätte fortregieren lassen?</p>
+
+<p>Selbst Penn scheint trotz seiner blinden und maßlosen Begeisterung
+für die Indulgenzerklärung eingesehen zu haben, daß man sich nicht
+wundern durfte, wenn die Parteilichkeit, mit der römische Katholiken mit
+Ehrenstellen und Einkünften überschüttet wurden, die Eifersucht der
+Nation erregte. Er gab zu, daß die Protestanten im Fall der Aufhebung
+der Testacte Anspruch auf ein Äquivalent hätten, und ging sogar so weit,
+daß er verschiedene Äquivalente vorschlug. Schon seit mehreren Wochen
+war das Wort Äquivalent, damals erst kürzlich aus Frankreich eingeführt,
+im Munde aller Kaffeehausredner; endlich aber machten einige Seiten
+scharfsinniger Logik und feiner Sarkasmen aus Halifax’ Feder diesen
+hohlen Projecten ein Ende. Einer von Penn’s Plänen bestand darin, daß
+ein Gesetz erlassen werden sollte, welches die von der Krone zu
+verleihenden
+<span class = "pagenum">VII.57</span>
+<a name = "pageVII_57" id = "pageVII_57"> </a>
+Ämter in drei gleiche Theile theilte, von denen nur einer den
+Mitgliedern der katholischen Kirche zufallen sollte. Selbst unter einem
+solchen System würden die Katholiken noch immer zwanzigmal den ihnen
+eigentlich zustehenden Antheil erhalten haben, und doch kann man nicht
+annehmen, daß der König selbst in eine solche Anordnung gewilligt haben
+würde. Hätte er aber auch darein gewilligt, welche Garantie konnte er
+bieten, daß er auch wirklich an diesem Übereinkommen festhielt? Man
+hatte keine Antwort auf das von Halifax aufgestellte Dilemma: wenn
+Gesetze für Euch bindend sind, so beobachtet das jetzt bestehende
+Gesetz; sind sie nicht bindend für Euch, so ist es auch nutzlos, uns ein
+Gesetz als Bürgschaft zu bieten.<a class = "tag" name = "tagVII_56" id =
+"tagVII_56" href = "#noteVII_56">56</a></p>
+
+<p>Es ist sonach klar, daß es sich gar nicht darum handelte, ob
+weltliche Ämter allen Religionsparteien ohne Unterschied offen stehen
+sollten. So lange Jakob König war, war Ausschließung unvermeidlich, und
+es fragte sich nur, wer ausgeschlossen werden sollte, ob Papisten oder
+Protestanten, die Wenigen oder die Vielen, hunderttausend Engländer oder
+fünf Millionen.</p>
+
+<p>Dies sind die gewichtigen Gründe, durch welche das Verfahren des
+Prinzen von Oranien gegen die englischen Katholiken mit den Grundsätzen
+der Glaubensfreiheit in Einklang gebracht werden kann. Diese Gründe
+haben, wie man bemerken wird, mit keinem Theile der katholischen
+Theologie etwas zu thun. Ebenso wird man einsehen, daß sie ihr ganzes
+Gewicht verlieren mußten, als die Krone an ein protestantisches
+Herrscherhaus gekommen und die Macht des Unterhauses im Staate ein so
+entschiedenes Übergewicht erlangt hatte, daß kein Souverain, mochten
+seine Ansichten oder Neigungen sein, welche sie wollten, das Beispiel
+Jakob’s nachahmen konnte. Die Nation befand sich indessen nach ihren
+Schrecken, ihren Kämpfen und ihrer mit genauer Noth erlangten Rettung in
+einer mißtrauischen und rachsüchtigen Stimmung. Daher wurden
+Vertheidigungsmittel, welche die Nothwendigkeit gerechtfertigt hatte,
+die aber auch nur die Nothwendigkeit rechtfertigen konnte, noch lange,
+nachdem die Nothwendigkeit nicht mehr vorhanden war, hartnäckig
+beibehalten, und erst aufgegeben, nachdem das herrschende Vorurtheil
+einen langjährigen Kampf gegen die Vernunft bestanden hatte. Zu den
+Zeiten Jakob’s aber standen Vernunft und herrschendes Vorurtheil auf der
+nämlichen Seite. Der Fanatiker und Ignorant wollte den Katholiken vom
+Staatsdienste ausschließen, weil er Klötze und Steine anbetete, weil er
+das Zeichen des Thieres an sich trug, weil er London angezündet und Sir
+Edmondsbury Godfrey erwürgt hatte, und der einsichtsvollste und
+toleranteste Staatsmann wurde, während er über den Irrwahn lächelte, in
+dem das gemeine Volk befangen war, auf einem ganz andren Wege zu dem
+nämlichen Schlusse geführt.</p>
+
+<p>Wilhelm’s großer Plan war jetzt, die zahlreichen Theile des großen
+Körpers, der ihn als sein gemeinschaftliches Oberhaupt betrachtete, zu
+einem Ganzen zu vereinigen. Bei diesem Werke hatte er mehrere geschickte
+und zuverlässige Mitarbeiter, von denen zwei, Burnet und Dykvelt, ihm
+ganz besonders nützlich waren.</p>
+
+<p class = "footnote">
+<a name = "noteVII_56" id = "noteVII_56" href = "#tagVII_56">56.</a>
+Johnstone, 13. Jan. 1688; <span class = "antiqua">Halifax’s Anatomy of
+an Equivalent</span>.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Jakob’s Feindschaft gegen Burnet.</span>
+<a name = "secVII_45" id = "secVII_45">Burnet</a>’s Dienste mußten
+allerdings mit einiger Vorsicht angewendet werden. Die freundliche
+<span class = "pagenum">VII.58</span>
+<a name = "pageVII_58" id = "pageVII_58"> </a>
+Aufnahme, die er im Haag gefunden, hatte Jakob heftig aufgebracht, und
+Marie erhielt von ihrem Vater zwei Briefe voll Invectiven gegen den
+frechen und wühlerischen Theologen, den sie beschützte. Diese
+Beschuldigungen aber machten einen so geringen Eindruck auf sie, daß sie
+Antworten darauf zurücksandte, welche Burnet selbst dictirt hatte. Im
+Januar 1687 endlich schritt der König zu energischeren Maßregeln.
+Skelton, der die englische Regierung bei den Vereinigten Provinzen
+vertreten hatte, wurde nach Paris versetzt und erhielt Albeville, das
+schwächste und gemeinste Mitglied der ganzen jesuitischen Cabale, zum
+Nachfolger. Geld war Albeville’s einziger Lebenszweck, und er nahm es
+von Jedem, der es ihm anbot. Er wurde zu gleicher Zeit von Frankreich
+und von Holland bezahlt. Er verschmähte sogar den erbärmlichen Anstand,
+den auch die Bestechlichkeit zu beobachten pflegt, und nahm so kleine
+Geschenke an, wie sie eher einem Lastträger oder einem Bedienten
+zukommen als einem Gesandten, der mit einer englischen Baronie und einem
+ausländischen Marquisate beehrt worden war. Einmal steckte er mit der
+größten Gemüthsruhe ein Trinkgeld von fünfzig Pistolen für einen Dienst
+ein, den er den Generalstaaten geleistet hatte. Dieser Mann war
+beauftragt, zu verlangen, daß Burnet im Haag nicht länger begünstigt
+werde. Wilhelm, der keine Lust hatte, sich von einem so werthvollen
+Freunde zu trennen, antwortete zuerst mit seiner gewohnten Kälte: „Ich
+wüßte nicht, Sir, daß der Doctor seit seinem Hiersein etwas gethan oder
+gesagt hätte, worüber Seine Majestät sich mit Grund beklagen könnte.“
+Jakob aber bestand entschieden auf seiner Forderung, und da die
+geeignete Zeit zu einem offenen Bruche noch nicht gekommen war, so mußte
+Wilhelm nachgeben. Über anderthalb Jahr lang kam Burnet weder mit dem
+Prinzen, noch mit der Prinzessin in persönliche Berührung; aber er
+wohnte in ihrer Nähe, wurde von Allem, was vorging, genau unterrichtet,
+sein Rath ward beständig in Anspruch genommen, seine Feder bei jedem
+wichtigen Anlasse benutzt und viele der schärfsten und wirksamsten
+Aufsätze und Flugschriften, welche damals in London erschienen, wurden
+ihm mit Recht zugeschrieben.</p>
+
+<p>Jakob’s Wuth entbrannte. Er war von jeher für zornige Leidenschaften
+nur zu empfänglich gewesen, aber noch keinen seiner Feinde, selbst die
+nicht, welche sich gegen sein Leben verschworen oder es versucht hatten,
+ihm durch Meineid die Schuld des Verraths und des Mordes aufzubürden,
+hatte er mit einer solchen Erbitterung gehaßt, als er jetzt Burnet
+haßte. Seine Majestät schimpfte täglich in höchst unköniglicher Sprache
+auf den Doctor und sann auf ungesetzliche Rache. Selbst Blut genügte
+diesem wüthenden Hasse nicht; der unverschämte Theolog mußte gefoltert
+werden, ehe er sterben durfte. Zum Glück war er ein Schotte von Geburt,
+und in Schottland konnten seine Beine erst in den spanischen Stiefeln
+zerquetscht werden, bevor er auf dem Grasmarkte gehängt wurde. Zu dem
+Ende wurde in Edinburg der Prozeß gegen ihn eingeleitet; aber er war in
+Holland naturalisirt, hatte eine vermögende Frau aus dieser Provinz
+geheirathet und es war gewiß, daß sein Adoptivvaterland ihn nicht
+ausliefern würde. Man beschloß daher, ihn wegfangen zu lassen. Mit
+großen Summen wurden einige Bösewichter für diesen gefährlichen und
+schändlichen Dienst gedungen; im Staatssekretariat wurde zu diesem
+Zwecke eine Anweisung auf dreitausend Pfund Sterling ausgestellt. Ludwig
+wurde von dem Plane unterrichtet und interessirte sich außerordentlich
+dafür;
+<span class = "pagenum">VII.59</span>
+<a name = "pageVII_59" id = "pageVII_59"> </a>
+er sicherte seinen kräftigen Beistand zu, damit der Schurke nach England
+gebracht werde, und versprach, daß die Werkzeuge der Rache Jakob’s in
+Frankreich eine Freistätte finden sollten. Burnet kannte die ihm
+drohende Gefahr wohl, aber Furcht gehörte nicht zu seinen Fehlern. Er
+veröffentlichte eine beherzte Antwort auf die in Edinburg gegen ihn
+erhobenen Anschuldigungen. Er wisse, sagte er, daß man ihn ohne Prozeß
+hinzurichten gedenke, aber er vertraue auf den König aller Könige, zu
+dem unschuldiges Blut selbst gegen die mächtigsten Fürsten der Erde
+nicht vergebens schreien werde. Er gab einigen Freunden ein
+Abschiedsmahl, und nach demselben nahm er als ein Mann, der dem Tode
+verfallen sei und mit dem sie ohne Gefahr nicht mehr umgehen könnten,
+feierlich Abschied von ihnen. Dessenungeachtet zeigte er sich nach wie
+vor so furchtlos auf allen öffentlichen Plätzen im Haag, daß seine
+Freunde ihm wegen seiner Tollkühnheit bittere Vorwürfe machten.<a class
+= "tag" name = "tagVII_57" id = "tagVII_57" href =
+"#noteVII_57">57</a></p>
+
+<p class = "footnote">
+<a name = "noteVII_57" id = "noteVII_57" href = "#tagVII_57">57.</a>
+<span class = "antiqua">Burnet <ins class = "correction" title =
+"Original hat »I.,«">I.</ins> 726&mdash;731</span>; <span class =
+"antiqua">Answer to the Criminal Letters issued out against Dr.
+Burnet</span>; <span class = "antiqua">Avaux Neg., July 7.(17.),
+14.(24.) July 28. (Aug. 7.) 1687, Jan. 19.(29.) 1688</span>; Ludwig an
+Barillon, 30. Dec. 1687 (9. Jan. 1688); Johnstone an Waristoun, 21.
+Febr. 1688; Lady Russel an <span class = "antiqua">Dr.</span>
+Fitzwilliam, 5. Oct. 1687. Da man vermuthet hat, daß Burnet, der seine
+persönliche Wichtigkeit nicht zu unterschätzen pflegte, die ihm drohende
+Gefahr übertrieben habe, so will ich hier die Worte Ludwig’s und
+Johnstone’s anführen: <span class = "antiqua">„Qui que ce soit“</span>,
+sagt Ludwig, <span class = "antiqua">„qui entreprenne de l’enlever en
+Hollande trouvera non seulement une retraite assurée et une entière
+protection dans mes états, mais aussi toute l’assistance qu’il pourra
+désirer pour faire conduire surement ce scélérat en Angleterre.“</span>
+&mdash; „Mit Bamfield (Burnet) ist es ganz bestimmt so“, sagt Johnstone.
+„Niemand zweifelt hier daran, und Einige, die dabei betheiligt sind,
+leugnen es nicht. Seine Freunde sagen, sie hätten gehört, daß er nicht
+vorsichtig sei, sondern aus Eitelkeit, um seinen Muth zu zeigen, mit
+thörichter Verwegenheit handle, so daß Jedermann ihn auslachen werde,
+wenn ihm ein Unglück zustoßen sollte. Ich bitte ihm dies von Seiten
+Jones’ (Johnstone) zu sagen. Wenn Einige abgefaßt werden könnten,
+während sie ihren <span class = "antiqua">coup d’essai</span> auf ihn
+machen, so wäre das sehr gut, weil sie dadurch abgeschreckt würden,
+etwas gegen Ogle (den Prinzen) zu unternehmen.“</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Sendung Dykvelt’s nach England.</span>
+<a name = "secVII_46" id = "secVII_46">Während</a> Burnet Wilhelm’s
+Sekretär für die englischen Angelegenheiten in Holland war, wurde
+Dykvelt mit nicht geringerem Nutzen in London verwendet. Dykvelt war
+einer von den ausgezeichneten Staatsmännern, welche in der edlen Schule
+des Johann de Witt ihre politische Bildung erhalten hatten und nach dem
+Falle dieses großen Ministers ihre Pflichten gegen die Republik dadurch
+am besten zu erfüllen glaubten, daß sie sich um den Prinzen von Oranien
+schaarten. Keiner von den Diplomaten im Dienste der Vereinigten
+Provinzen stand in Bezug auf Gewandtheit, Character und Manieren über
+Dykvelt, und ebenso scheint keiner ihm in der Kenntniß der englischen
+Verhältnisse gleichgekommen zu sein. Es fand sich ein Vorwand, um ihn zu
+Anfang des Jahres 1687 mit Beglaubigungsschreiben von den Generalstaaten
+in einer besonderen Mission nach England zu senden. Eigentlich aber galt
+seine Sendung nicht der Regierung, sondern der Opposition, und er
+handelte nach Privatinstructionen, welche von Burnet entworfen und von
+Wilhelm genehmigt waren.<a class = "tag" name = "tagVII_58" id =
+"tagVII_58" href = "#noteVII_58">58</a></p>
+
+<p class = "footnote">
+<a name = "noteVII_58" id = "noteVII_58" href = "#tagVII_58">58.</a>
+<span class = "antiqua">Burnet, I. 708</span>; <span class =
+"antiqua">Avaux Neg., Jan. 3.(13.), Feb. 6.(16.) 1687</span>; <span
+class = "antiqua">Van Kampen, Karakterkunde der Vaderlandsche
+Geschiedenis.</span></p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Unterhandlungen Dykvelt’s mit englischen Staatsmännern.</span>
+<a name = "secVII_47" id = "secVII_47">Dykvelt</a> berichtete, daß Jakob
+sich durch das Benehmen des Prinzen und der Prinzessin tief gekränkt
+fühle. „Die Pflicht meines Neffen
+<span class = "pagenum">VII.60</span>
+<a name = "pageVII_60" id = "pageVII_60"> </a>
+ist, meine Hand zu stärken“, sagte der König, „aber es hat ihm von jeher
+Vergnügen gemacht, wenn er mir hat hinderlich sein können.“ Dykvelt
+antwortete, in Privatangelegenheiten habe Seine Hoheit stets die Wünsche
+des Königs berücksichtigt und werde dies auch in Zukunft jederzeit thun,
+aber es sei doch kaum recht und billig, die Unterstützung eines
+protestantischen Fürsten gegen die protestantische Kirche zu erwarten.<a
+class = "tag" name = "tagVII_59" id = "tagVII_59" href =
+"#noteVII_59">59</a> Der König war zum Schweigen gebracht, aber nicht
+besänftigt. Mit einem Verdrusse, den er nicht verhehlen konnte, sah er,
+daß Dykvelt alle die verschiedenen Abteilungen der Opposition mit einer
+Geschicklichkeit musterte und einschulte, welche dem gewandtesten
+englischen Staatsmanne zur Ehre gereicht haben würde und die bei einem
+Ausländer bewundernswürdig war. Der Geistlichkeit wurde gesagt, daß sie
+in dem Prinzen einen Freund des Episcopats und der Liturgie finden
+werde. Den Nonconformisten wurde Hoffnung gemacht, daß sie von ihm nicht
+nur Duldung, sondern sogar Gleichstellung zu erwarten hätten. Selbst die
+römischen Katholiken wurden versöhnt und einige der Angesehensten unter
+ihnen sagten dem Könige ins Gesicht, daß sie mit dem, was Dykvelt ihnen
+biete, zufrieden seien und daß sie eine durch das Gesetz verbürgte
+Duldung einem gesetzwidrigen und unsicheren Übergewichte vorzögen.<a
+class = "tag" name = "tagVII_60" id = "tagVII_60" href =
+"#noteVII_60">60</a></p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVII_59" id = "noteVII_59" href = "#tagVII_59">59.</a>
+<span class = "antiqua">Burnet I. 711</span>. Dykvelt’s Depeschen an die
+Generalstaaten enthalten, so weit ich es habe ersehen oder erfahren
+können, kein Wort über den wirklichen Zweck seiner Sendung. Seine
+Correspondenz mit dem Prinzen von Oranien war streng privater Natur.</p>
+
+<p><a name = "noteVII_60" id = "noteVII_60" href = "#tagVII_60">60.</a>
+Bonrepaux, 12.(22.) Sept. 1687.</p>
+</div>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Danby.</span>
+<a name = "secVII_48" id = "secVII_48">Die</a> Oberhäupter aller
+wichtigen Parteien der Nation hielten häufige Besprechungen in Gegenwart
+des geschickten Gesandten. Die Ansicht der Torypartei war bei diesen
+Zusammenkünften hauptsächlich durch die Earls von Danby und von
+Nottingham vertreten. Obgleich seit Danby’s Sturze bereits über acht
+Jahre vergangen waren, so stand sein Name doch bei den alten Kavalieren
+Englands noch in hohem Ansehen, und selbst viele von denjenigen Whigs,
+die ihn früher verfolgt hatten, gaben jetzt bereitwillig zu, daß er für
+die Sünden Anderer habe büßen müssen und daß sein Eifer für die
+Hoheitsrechte ihn zwar oft irre geleitet habe, aber bei alledem durch
+zwei ehrenwerthe Gefühle gemildert worden sei: durch Eifer für die
+Staatsreligion und durch Eifer für die Würde und Unabhängigkeit seines
+Vaterlandes. Auch im Haag wurde er hoch geschätzt, denn man vergaß es
+ihm dort nie, daß er es gewesen war, der Karl trotz des Einflusses
+Frankreichs und der Papisten bewogen hatte, die Hand der Prinzessin
+Marie ihrem Vetter zu geben.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Nottingham.</span>
+<a name = "secVII_49" id = "secVII_49">Daniel</a> Finch, Earl von
+Nottingham, ein Edelmann, dessen Name in der Geschichte dreier
+ereignißvoller Regierungen häufig genannt werden wird, stammte aus einer
+Familie von unvergleichlicher juristischer Auszeichnung. Einer seiner
+Verwandten hatte das Siegel Karl’s&nbsp;I. geführt, hatte seine
+eminenten Talente und Kenntnisse zu schlechten Zwecken gemißbraucht und
+war von der Rache der Gemeinen Englands, mit Falkland an der Spitze,
+verfolgt worden. Einen ehrenvolleren Ruf erlangte unter der folgenden
+Generation Heneage Finche. Er war unmittelbar nach der Restauration zum
+Staatsprokurator ernannt worden und war nacheinander zum
+Lordsiegelbewahrer, zum Lordkanzler, zum Baron Finch und Earl von
+Nottingham emporgestiegen. Während
+<span class = "pagenum">VII.61</span>
+<a name = "pageVII_61" id = "pageVII_61"> </a>
+dieser ganzen glänzenden Laufbahn hatte er die Hoheitsrechte stets so
+hoch gehalten, als er es mit Ehren und Anstand konnte; nie aber war er
+bei irgend einer Machination gegen die Grundgesetze des Reichs
+betheiligt gewesen. Inmitten eines verderbten Hofes hatte er seine
+persönliche Rechtschaffenheit unbefleckt zu erhalten gewußt. Auch als
+Redner genoß er eines hohen Rufes, obwohl seine nach Mustern aus der
+Zeit vor dem Bürgerkriege gebildete Diction gegen das Ende seines Lebens
+von den Schöngeistern der heranwachsenden Generation steif und
+pedantisch genannt wurde. In Westminsterhall wird er noch immer mit
+Achtung als der Mann erwähnt, welcher aus dem Chaos, dem man in alter
+Zeit den Namen der Billigkeit gab, zuerst ein neues juristisches System
+bildete, das ebenso geregelt und vollständig ist wie das nach welchem
+die Richter des gemeinen Rechts verfahren.<a class = "tag" name =
+"tagVII_61" id = "tagVII_61" href = "#noteVII_61">61</a> Ein
+wesentlicher Theil der sittlichen und geistigen Eigenschaften dieses
+großen Staatsmannes ging mit dem Titel Nottingham auf seinen ältesten
+Sohn über. Dieser Sohn, der Earl Daniel, war ein rechtschaffener und
+tugendhafter Mann. Obwohl er in einigen abgeschmackten Vorurtheilen
+befangen und sonderbaren Anfällen von Launenhaftigkeit unterworfen war,
+kann man ihn doch nicht beschuldigen, daß er um unredlichen Gewinns oder
+strafbaren Genusses willen vom Pfade des Rechts abgewichen wäre. Er war,
+wie sein Vater, ein ausgezeichneter Redner und sprach eindringlich, aber
+weitschweifig und mit zu monotoner Gemessenheit. Seine Persönlichkeit
+entsprach ganz seiner Rede. Seine Haltung war steif, seine Gesichtsfarbe
+so dunkel, daß man ihn für den Eingebornen eines wärmeren Himmelstrichs
+hätte halten können, und seine scharf markirten Gesichtszüge hatten
+einen Ausdruck, welcher dem des Hauptleidtragenden bei einem Begräbnisse
+glich. Man pflegte von ihm zu sagen, daß er eher wie ein spanischer
+Grande als wie ein englischer Gentleman aussähe. Spottvögel gaben ihm
+die Spitznamen Dismal (Trübselig), Don Dismallo und Don Diego, welche
+noch heute nicht vergessen sind. Er hatte auf das Studium der
+Wissenschaft, durch die seine Familie sich so hoch emporgeschwungen,
+großen Fleiß verwendet und war für einen vornehm und reich gebornen Mann
+in den Gesetzen seines Vaterlandes erstaunlich bewandert. Er war ein
+treuer Sohn der Hochkirche und bewies seine Achtung vor derselben auf
+zwei Wegen, welche bei den Lords, die sich zu seiner Zeit als ihre
+besonderen Freunde gerirten, nicht gewöhnlich war, nämlich dadurch, daß
+er Schriften zur Vertheidigung ihrer Glaubenssätze herausgab und daß er
+sich in seinem Privatleben nach ihren Gebeten richtete. Wie viele andre
+eifrige Anglikaner hatte er bis vor Kurzem die monarchische
+Regierungsform kräftig unterstützt. Die Politik aber, welche seit der
+Unterdrückung des Aufstandes im Westen befolgt wurde, empörte ihn auf
+das heftigste, und zwar deshalb nicht weniger, weil sein jüngerer Bruder
+Heneage in Folge seiner Weigerung, die Dispensationsgewalt des Königs zu
+vertheidigen, seines Amtes als Generalprokurator entsetzt worden war.<a
+class = "tag" name = "tagVII_62" id = "tagVII_62" href =
+"#noteVII_62">62</a></p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVII_61" id = "noteVII_61" href = "#tagVII_61">61.</a>
+Siehe seine Biographie von Lord Campbell.</p>
+
+<p><a name = "noteVII_62" id = "noteVII_62" href = "#tagVII_62">62.</a>
+Johnstone’s Correspondenz; <span class = "antiqua">Mackay’s
+Memoirs</span>; <span class = "antiqua">Arbuthnot’s John Bull</span>;
+Swift’s Schriften von 1710 bis 1714 an mehreren Stellen; Whiston’s Brief
+an den Earl von Nottingham und des Letzteren Antwort darauf.</p>
+</div>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Halifax.</span>
+<a name = "secVII_50" id = "secVII_50">Mit</a> diesen beiden großen
+toryistischen Earls war jetzt
+<span class = "pagenum">VII.62</span>
+<a name = "pageVII_62" id = "pageVII_62"> </a>
+Halifax, das ausgezeichnete Oberhaupt der Trimmers, verbunden. Auf
+Nottingham’s Gesinnungen scheint Halifax damals in der That einen
+entschiedenen Einfluß ausgeübt zu haben. Zwischen Halifax und Danby
+bestand eine Feindschaft, welche am Hofe Karl’s begonnen hatte und
+nachher auch den Hof Wilhelm’s beunruhigte, während der Tyrannei Jakob’s
+aber wie viele andere Feindschaften ruhte. Die beiden Gegner trafen
+häufig in den von Dykvelt veranstalteten Conferenzen zusammen und
+stimmten in dem Ausdrucke des Mißfallens an der Politik der Regierung
+und der Verehrung für den Prinzen von Oranien überein. In ihrem Verkehr
+mit den holländischen Gesandten trat die Characterverschiedenheit der
+beiden Staatsmänner stark hervor. Halifax zeigte ein bewundernswürdiges
+Talent für Auseinandersetzungen, scheute sich aber vor kühnen und
+unwiderruflichen Entschlüssen. Danby war minder fein und beredt, besaß
+aber mehr Energie, Entschlossenheit und praktischen Scharfblick.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Devonshire.</span>
+<a name = "secVII_51" id = "secVII_51">Mehrere</a> ausgezeichnete Whigs
+waren mit Dykvelt in fortwährender Verbindung; aber die Oberhäupter der
+großen Häuser Cavendish und Russel konnten keinen so thätigen und
+vorwiegenden Antheil an den Unterhandlungen nehmen, als man nach ihrer
+Stellung und ihren Ansichten hätte erwarten dürfen. Der Ruhm und das
+Glück Devonshire’s wurden im Augenblicke durch eine Wolke verdunkelt. Er
+hatte einen beklagenswerthen Streit mit dem Hofe, der nicht aus einer
+öffentlichen und ehrenvollen Angelegenheit, sondern aus einem
+Privatzwist entsprungen war, in welchem selbst seine wärmsten Freunde
+ihn nicht von aller Schuld freisprechen konnten. Als er einmal nach
+Whitehall kam, um seine Aufwartung zu machen, war er von einem gewissen
+Colepepper insultirt worden, einem jener Raufbolde, welche die
+Umgebungen des Hofes unsicher machten und die sich durch Beleidigung von
+Mitgliedern der Opposition bei der Regierung in Gunst zu setzen suchten.
+Der König selbst äußerte seine Entrüstung über die einem seiner
+ausgezeichneten Peers unter dem königlichen Dache widerfahrene
+Behandlung und Devonshire wurde durch die Versicherung besänftigt, daß
+der Beleidiger den Palast nie wieder betreten solle. Dieses Verbot wurde
+jedoch bald wieder aufgehoben und der Groll des Earls erwachte von
+neuem. Seine Diener nahmen sich der Sache an und die Straßen von
+Westminster wurden durch Händel beunruhigt, die in ein roheres Zeitalter
+gehörten. Die Zeit des Geheimen Raths ward durch Anklagen und
+Gegenanklagen der streitenden Parteien in Anspruch genommen.
+Colepepper’s Frau erklärte: sie und ihr Gatte seien ihres Leben nicht
+sicher und ihr Haus sei beständig von Banditen in der Livree der
+Cavendish belagert; Devonshire erwiederte, es sei aus Colepepper’s
+Fenstern auf ihn geschossen worden. Dies wurde heftig geleugnet. Es
+wurde zwar eingeräumt, daß ein blind geladenes Pistol abgefeuert worden
+sei, aber dies sei nur in einem Augenblicke des Schreckens geschehen, um
+die Wache zu alarmiren. Wahrend diese Fehde ihren Höhepunkt erreicht
+hatte, traf der Earl im Empfangzimmer zu Whitehall mit Colepepper
+zusammen und er glaubte in den Mienen des Raufboldes triumphirenden
+Übermuth zu erkennen. Vor den Augen des Königs geschah nichts
+Unziemliches; sobald aber die beiden Gegner das Audienzzimmer verlassen
+hatten, machte Devonshire den Vorschlag, den Streit auf der Stelle mit
+dem Degen zu entscheiden. Die Herausforderung wurde zurückgewiesen. Da
+vergaß der stolze Peer die Achtung, die er dem Orte an dem er sich
+befand, und seiner eignen Würde schuldig
+<span class = "pagenum">VII.63</span>
+<a name = "pageVII_63" id = "pageVII_63"> </a>
+war, und schlug Colepepper mit einem Stocke ins Gesicht. Diese Handlung
+wurde allgemein als übereilt und unschicklich getadelt und Devonshire
+selbst konnte, nachdem sein Blut sich abgekühlt hatte, nicht ohne
+Verdruß und Beschämung daran denken. Die Regierung aber verfuhr mit
+gewohntem Unverstande so streng gegen ihn, daß das Publikum bald ganz
+auf seine Seite trat. Es wurde eine Criminalanklage bei der Kings Bench
+anhängig gemacht. Der Angeklagte berief sich auf seine Vorrechte als
+Peer des Königsreichs; dieser Punkt aber wurde sogleich zu seinem
+Nachtheile entschieden, und es läßt sich auch nicht leugnen, daß diese
+Entscheidung, mochte sie den technischen Regeln der englischen
+Gesetzgebung entsprechen oder nicht, in vollkommenem Einklange mit den
+großen Prinzipien stand, welche die Grundlage jeder Gesetzgebung sein
+sollen. Es blieb ihm somit nichts übrig, als sich dem Erkenntnisse zu
+unterwerfen. Der Gerichtshof war durch eine Reihe von Entlassungen zu so
+vollständigem Gehorsam gebracht worden, daß die Regierung, welche die
+Untersuchung eingeleitet hatte, die Strafe selbst vorschreiben konnte.
+Die Richter machten Jeffreys <span class = "antiqua">in pleno</span>
+ihre Aufwartung und dieser bestand auf der Zuerkennung einer Geldbuße
+von dreißigtausend Pfund. Dreißigtausend Pfund waren im Verhältniß zu
+den damaligen Einkünften der englischen Großen ungefähr soviel als
+hundertfunfzigtausend im neunzehnten Jahrhundert. In Anwesenheit des
+Kanzlers wurde kein Wort der Mißbilligung geäußert; als aber die Richter
+sich entfernt hatten, bemerkte Sir Johann Powell, in welchem sich das
+wenige Rechtsgefühl des ganzen Collegiums concentrirte, daß die
+beantragte Strafsumme übermäßig hoch und ein Zehntel derselben vollauf
+genug sei. Seine Collegen waren nicht dieser Meinung und er zeigte in
+diesem Falle nicht den Muth, durch den er einige Monate später an einem
+denkwürdigen Tage seinen Ruf glänzend wiederherstellte. Der Earl wurde
+demnach in eine Geldbuße von dreißigtausend Pfund und bis zur Bezahlung
+dieses Betrags zu persönlicher Haft verurtheilt. Eine solche Summe
+konnte damals auch der reichste Edelmann nicht in einem Tage aufbringen.
+Indessen war das Hafturtel leichter gesprochen, als vollzogen.
+Devonshire hatte sich nach Chatsworth zurückgezogen, wo er eben damit
+beschäftigt war, das alte gothische Stammschloß seiner Familie in ein
+Gebäude umzuwandeln, das Palladio’s würdig war. Der Peak war damals ein
+fast ebenso unwirthbarer Bezirk als gegenwärtig Connemara, und der
+Sheriff erkannte oder behauptete wenigstens, daß es schwer sein dürfte,
+den Lord in einer so wilden Gegend und inmitten treu ergebener Diener
+und Pächter zu verhaften. Darüber vergingen einige Tage, endlich aber
+wurde nicht nur der Earl, sondern auch der Sheriff zur Haft gebracht.
+Inzwischen verwendeten sich eine Menge Fürsprecher mit ihrem ganzen
+Einflusse. Es hieß die verwittwete Gräfin von Devonshire habe eine
+Privataudienz beim Könige erlangt, sie habe ihn daran erinnert, daß ihr
+Schwager, der tapfere Karl Cavendish, im Kampfe für die Krone bei
+Gainsborough gefallen sei, und ihm schriftliche Empfangsbescheinigungen
+von Karl&nbsp;I. und Karl&nbsp;II. über bedeutende Summen vorgelegt, die
+ihr Gemahl während der bürgerlichen Unruhen beiden Monarchen geliehen
+hatte. Diese Darlehen waren nie zurück gezahlt worden und sollten
+angeblich mehr betragen als die ungeheure Geldstrafe, welche die Kings
+Bench über den Earl verhängt hatte. Dazu kam noch ein andrer Punkt, der
+beim Könige noch mehr Gewicht gehabt zu haben scheint als die Erinnerung
+an früher geleistete Dienste. Es konnte nothwendig werden ein
+<span class = "pagenum">VII.64</span>
+<a name = "pageVII_64" id = "pageVII_64"> </a>
+Parlament einzuberufen, und man glaubte, daß Devonshire in diesem Falle
+sofort eine Cassationsklage einreichen werde. Der Punkt, auf den er
+seine Appellation gegen das Erkenntniß der Kings Bench zu stützen
+gedachte, waren seine Privilegien als Peer, und das Tribunal, vor das
+die Appellation kommen mußte, war das Haus der Peers. In einem solchen
+Falle konnte der Hof nicht einmal auf die Unterstützung der ihm
+ergebensten Adeligen mit Gewißheit rechnen. Es stand kaum zu bezweifeln,
+daß das Urtel cassirt werde, und daß die Regierung dadurch, daß sie zu
+viel haben wollte, Alles verlieren würde. Jakob war daher zu einem
+Vergleiche geneigt. Es wurde dem Earl angekündigt, daß, wenn er eine
+Schuldverschreibung über die ganze Summe geben und sich des möglichen
+Vortheils einer Cassationsklage begeben wolle, er in Freiheit gesetzt
+werden solle. Ob er zur Bezahlung der Summe angehalten werden würde oder
+nicht, sollte von seinem ferneren Benehmen abhängen. Wenn er das
+Dispensationsrecht unterstützte, solle er nicht dafür in Anspruch
+genommen werden; trachte er aber nach Popularität, so müsse er die
+dreißigtausend Pfund bezahlen. Er weigerte sich eine Zeit lang, auf
+diese Bedingungen einzugehen; aber die Haft war ihm unerträglich. Er
+stellte die Verschreibung aus und wurde aus den Gefängnis entlassen;
+aber obgleich er sich dazu verstand seinem Vermögen diese drückende
+Schuldlast aufzubürden, konnte ihn doch nichts zu dem Versprechen
+bestimmen, daß er seinen Grundsätzen und seiner Partei untreu werden
+wolle. Er wurde nach wie vor in alle Geheimnisse der Opposition
+eingeweiht, aber einige Monate lang hielten seine politischen Freunde es
+um seiner selbst wie um ihrer Sache willen für gerathen, daß er im
+Hintergrunde blieb.<a class = "tag" name = "tagVII_63" id = "tagVII_63"
+href = "#noteVII_63">63</a></p>
+
+<p class = "footnote">
+<a name = "noteVII_63" id = "noteVII_63" href = "#tagVII_63">63.</a>
+Kennet’s Grabrede auf den Herzog von Devonshire und Memoiren der Familie
+Cavendish; <span class = "antiqua">Collection of State Trials</span>;
+<span class = "antiqua">Privy Council Book, March 5. 1685/6</span>;
+Barillon, 30. Juni (10. Juli) 1687.; Johnstone, 8.(18.) Dec. 1687.;
+<span class = "antiqua">Lords’ Journals May 6. 1689</span>. <span class
+= "antiqua">„Ses amis et ses proches,“</span> sagt Barillon, <span class
+= "antiqua">„lui conseillent de prendre le bon parti, mais il persiste
+jusqu’à présent à ne se point soumettre. S’il vouloit se bien conduire
+et renoncer à être populaire, il ne payeroit pas l’amende, mais s’il
+opiniâtre, il lui en coutera trente mille pièces, et il demeurera
+prisonnier <ins class = "correction" title = "Original hat »j’usqu’à«">jusq’à</ins> l’actuel payement.“</span></p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Eduard Russell.</span>
+<a name = "secVII_52" id = "secVII_52">Der</a> Earl von Bedford hatte
+sich von dem harten Schlage, der ihm vor vier Jahren fast das Herz
+gebrochen, nie wieder erholen können. Seine persönlichen wie auch seine
+öffentlichen Gefühle machten ihn zum Gegner des Hofes; aber an der
+Verabredung von Maßregeln gegen denselben nahm er keinen thätigen
+Antheil. Seine Stelle in den Versammlungen der Mißvergnügten vertrat
+sein Neffe. Dies war der berühmte Eduard Russell, ein Mann von
+unbezweifeltem Muth und Talent, aber von lockeren Grundsätzen und
+ruhelosem Geiste. Er war Seemann, hatte sich in seinem Berufe
+ausgezeichnet und hatte unter der vorigen Regierung ein Hofamt
+bekleidet; aber durch den Tod seines Vetters Wilhelm Russell waren alle
+Bande, die ihn an den Hof ketteten, zerrissen worden. Der verwegene,
+unruhige und racheschnaubende Seemann saß jetzt in den von dem
+holländischen Gesandten berufenen Versammlungen als Vertreter des
+kühnsten und heftigsten Theiles der Opposition, der Männer, welche unter
+den Namen Rundköpfe, Exclusionisten und Whigs einen
+fünfundvierzigjährigen Kampf gegen drei aufeinanderfolgende Könige mit
+wechselndem Glück unterhalten hatten. Diese Partei, welche vor Kurzem
+niedergeworfen und fast vernichtet gewesen war,
+<span class = "pagenum">VII.65</span>
+<a name = "pageVII_65" id = "pageVII_65"> </a>
+sich jetzt aber mit voller Lebenskraft rasch zu Ansehen und Einfluß
+erhob, wurde durch keine von den Bedenklichkeiten behindert, welche die
+Bewegungen der Tories und der Trimmers noch immer hemmten, und war
+bereit, das Schwert gegen den Tyrannen zu ziehen, sobald es mit
+gegründeter Aussicht auf den Sieg gezogen werden konnte.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Compton. &mdash; Herbert. &mdash; Churchill.</span>
+<a name = "secVII_53" id = "secVII_53">Drei</a> Männer sind noch zu
+erwähnen, mit denen Dykvelt in vertrauter Verbindung stand und mit deren
+Hülfe er sich die Mitwirkung von drei großen Ständen zu sichern hoffte.
+Bischof Compton war der Agent, der die Geistlichkeit zu bearbeiten
+hatte, Admiral Herbert übernahm es, seinen ganzen Einfluß bei der Flotte
+zu verwenden und durch Churchill suchte man die Armee zu gewinnen.</p>
+
+<p>Das Benehmen Compton’s und Herbert’s bedarf keiner Erklärung. Nachdem
+sie der Krone in allen weltlichen Dingen mit Treue und Eifer gedient,
+hatten sie sich durch ihre Weigerung, als Werkzeuge der Zerstörung ihrer
+eignen Religion zu dienen, das Mißfallen des Königs zugezogen. Beiden
+hatte die Erfahrung gelehrt, wie bald Jakob eingegangene Verpflichtungen
+vergaß und mit welchem bitteren Groll er sich dessen erinnerte, was er
+als Beleidigung anzusehen für gut fand. Der Bischof war durch einen
+ungesetzlichen Richterspruch seiner bischöflichen Functionen enthoben,
+der Admiral in einer Stunde aus Reichthum in Armuth gestürzt worden.
+Ganz anders war die Lage Churchill’s. Er war durch königliche Gunst aus
+der Dunkelheit zu hohem Ansehen, aus der Dürftigkeit zum Reichthum
+erhoben worden. Als armer Fähndrich hatte er seine Laufbahn begonnen und
+jetzt war er, in seinem siebenunddreißigsten Jahre, Generalmajor, Peer
+von Schottland und Peer von England, befehligte eine Abtheilung der
+Leibgarde, bekleidete mehrere ehrenvolle und einträgliche Stellen und
+bis jetzt verrieth noch nichts, daß er den geringsten Theil von der
+Gunst verloren hatte, der er so viel verdankte. Er war nicht nur durch
+die allgemeine Pflicht der Unterthanentreue, sondern auch durch
+militairische Ehren, durch persönliche Dankbarkeit und, wie es
+oberflächlichen Beobachtern schien, durch die stärksten Bande des
+Interesses an Jakob gebunden. Aber Churchill selbst war kein
+oberflächlicher Beobachter, er wußte genau, worin sein wirkliches
+Interesse bestand. Er war überzeugt, daß, wenn sein Gebieter einmal
+volle Freiheit erhielt Papisten anzustellen, er nicht einen einzigen
+Protestanten mehr anstellen würde. Eine Zeit lang wurden vielleicht
+einige hochbegünstigte Diener der Krone noch von der allgemeinen
+Proscription ausgenommen, in der Hoffnung, daß sie sich dadurch
+bestimmen ließen, ihren Glauben zu wechseln, aber selbst diese mußten
+nach einer kurzen Frist Einer nach dem Andren fallen, wie Rochester
+schon gefallen war. Churchill konnte sich allerdings durch Übertritt zur
+katholischen Kirche gegen diese Gefahr sicher stellen und noch höher in
+der königlichen Gunst steigen; auch hätte man glauben können, daß ein
+Mann, der sich eben so sehr durch Habsucht und Characterlosigkeit, wie
+durch Talent und Tapferkeit auszeichnete, schwerlich an dem Gedanken,
+eine Messe anhören zu müssen, Anstoß nehmen würde. Aber die menschliche
+Natur ist so reich an Widersprüchen, daß selbst abgestumpfte Gewissen
+eine empfindliche Stelle haben. So hatte dieser Mann, der seine Erhebung
+der Schande seiner Schwester verdankte, der von der
+verschwenderischesten, herrschsüchtigsten und schamlosesten Buhlerin
+unterhalten worden war und dessen öffentliches Leben
+<span class = "pagenum">VII.66</span>
+<a name = "pageVII_66" id = "pageVII_66"> </a>
+Jedem, der mit unbefangenem Blicke den schimmernden Glanz des Genies und
+des Ruhms zu durchdringen vermag, als ein Abgrund von Schändlichkeit
+erscheinen muß, einen blinden Glauben an die Religion, die ihm als Kind
+eingelernt worden war, und schauderte bei dem Gedanken, sie förmlich
+abzuschwören. Es stand ihm eine furchtbare Alternative bevor. Das
+irdische Übel, das er am meisten fürchtete, war die Armuth, das einzige
+Verbrechen, vor dem sein Herz zurückbebte, war der Glaubensabfall, und
+wenn die Pläne des Hofes gelangen, konnte er nicht zweifeln, daß er bald
+zwischen Armuth und Abfall wählen mußte. Daher entschloß er sich, diese
+Pläne zu durchkreuzen, und es zeigte sich bald, daß er bereit war, jede
+Schuld und jede Schmach auf sich zu laden, wenn er nur der
+Nothwendigkeit entging, entweder seine Stellen oder seine Religion
+aufgeben zu müssen.<a class = "tag" name = "tagVII_64" id = "tagVII_64"
+href = "#noteVII_64">64</a></p>
+
+<p class = "footnote">
+<a name = "noteVII_64" id = "noteVII_64" href = "#tagVII_64">64.</a>
+Der Beweggrund, welcher das Verfahren der Churchill bestimmte, ist kurz
+und bündig in <span class = "antiqua">The Duchess of Marlborough’s
+Vindication</span> dargelegt. „Jedermann erkannte deutlich,“ sagt sie,
+„daß bei dem Systeme, das König Jakob angenommen hatte, Jeder der nicht
+Katholik werden wollte, früher oder später zu Grunde gehen mußte. Diese
+Überzeugung ließ mich das Unternehmen des Prinzen von Oranien, uns aus
+solcher Knechtschaft zu erlösen, mit Wohlgefallen betrachten.“</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Lady Churchill und die Prinzessin Anna.</span>
+<a name = "secVII_54" id = "secVII_54">Nicht</a> bloß als militairischer
+Befehlshaber von hohem Range und ausgezeichnetem Geschick und Muth
+konnte Churchill der Opposition Dienste leisten. Es war für das Gelingen
+der Pläne Wilhelm’s wenn nicht absolut nothwendig, doch höchst wichtig,
+daß seine Schwägerin, welche nach der englischen Thronfolgeordnung
+zwischen ihm und seiner Gemahlin stand, in vollkommener Übereinstimmung
+mit ihm handelte. Alle ihm entgegenstehenden Schwierigkeiten würden
+bedeutend vergrößert worden sein, wenn Anna sich günstig für die
+Indulgenz ausgesprochen hätte. Auf welche Seite sie treten würde, hing
+von dem Willen Anderer ab, denn ihr Verstand war träge, und obgleich in
+ihrem Character ein erblicher Eigenwille und Starrsinn verborgen lag,
+welche viele Jahre später durch große Macht und heftige Provocationen
+zum Vorschein gebracht wurden, so war sie doch zur Zeit die willige
+Sklavin einer Frau von viel lebhafterem und herrschsüchtigerem Character
+als der ihrige war. Diese Frau, welche sie völlig beherrschte, war
+Churchill’s Gattin, ein Weib, die nachmals auf die Geschicke England’s
+und Europa’s einen großen Einfluß ausübte.</p>
+
+<p>Der Name dieser berühmten Günstlingin war Sara Jennings. Ihre ältere
+Schwester Franziska hatte sich durch Schönheit und Leichtfertigkeit
+selbst unter der Masse von schönen Gesichtern und leichtfertigen
+Characteren ausgezeichnet, welche Whitehall während des wilden Carnevals
+der Restauration zierten und schändeten. Einmal verkleidete sie sich als
+Apfelsinenmädchen und rief in den Straßen ihre Früchte aus.<a class =
+"tag" name = "tagVII_65" id = "tagVII_65" href = "#noteVII_65">65</a>
+Gesetzte Leute meinten, daß ein Mädchen von so wenig Takt- und
+Schicklichkeitsgefühl nicht leicht einen Gatten finden werde. Sie war
+indessen zweimal verheirathet und jetzt die Gattin Tyrconnel’s. Sara war
+nicht so regelmäßig schön als ihre Schwester, aber vielleicht noch
+anziehender. Ihr Gesicht war ausdrucksvoll, ihre Gestalt entbehrte
+keines weiblichen Reizes, und die Fülle ihrer schönen Haare, welche noch
+nicht nach der barbarischen Mode, deren Einführung sie noch erlebte,
+durch Puder verunziert waren, erfüllten ihre zahlreichen Bewunderer mit
+Entzücken. Von den Freiern,
+<span class = "pagenum">VII.67</span>
+<a name = "pageVII_67" id = "pageVII_67"> </a>
+die sich um ihre Hand bewarben, erhielt der junge, schöne,
+liebenswürdige, einschmeichelnde, beredte und tapfere Oberst Churchill
+den Vorzug. Er mußte sie wirklich lieben, denn außer der Leibrente, die
+er sich für den von der Herzogin von Cleveland erhaltenen schmachvollen
+Lohn gekauft hatte, besaß er wenig Vermögen, war unersättlich in seiner
+Gier nach Schätzen, Sara war arm, und es war ihm ein einfaches Mädchen
+mit einem großen Vermögen angetragen worden. Nach einem kurzen Kampfe
+trug die Liebe den Sieg über die Habsucht davon, die Ehe verstärkte nur
+noch seine Leidenschaft, und Sara genoß bis zum letzten Augenblicke
+seines Lebens das Vergnügen und die Auszeichnung, das einzige
+menschliche Wesen zu sein, das im Stande war, diesen weitsehenden und
+sicheren Blick auf sich zu fesseln, das von diesem kalten Herzen heiß
+geliebt und von diesem unerschrockenen Geiste knechtisch gefürchtet
+wurde.</p>
+
+<p>Im weltlichen Sinne ward Churchill’s treue Liebe reich belohnt. Bei
+aller Dürftigkeit brachte seine Braut ihm doch ein Heirathsgut zu, das
+klug verwendet ihn endlich zum englischen Herzog, zum deutschen
+Reichsfürsten, zum Oberfeldherrn einer großen Coalition, zum
+Schiedsrichter zwischen mächtigen Fürsten und was in seinen Augen noch
+viel mehr werth war, zum reichsten Privatmann von ganz Europa machte.
+Sie war von früher Kindheit an mit der Prinzessin Anna aufgewachsen und
+es hatte sich eine innige Freundschaft zwischen den beiden Mädchen
+gebildet. Im Character glichen sie einander nur wenig. Anna war
+phlegmatisch und schweigsam. Gegen Diejenigen, die sie liebte, war sie
+sanft; ihr Zorn äußerte sich nur durch ein mürrisches Schmollen. Sie
+hatte einen starken religiösen Sinn und war den Gebräuchen und der
+Verfassung der anglikanischen Kirche mit wahrer Bigotterie zugethan.
+Sara war lebhaft und redselig, dominirte selbst Diejenigen, die sie am
+meisten liebte, und wenn sie gekränkt wurde, äußerte sich ihre Wuth
+durch Thränen und heftige Vorwürfe. Auf Frömmigkeit machte sie keinen
+Anspruch, ja sie entging sogar kaum der Beschuldigung der
+Irreligiosität. Sie war jetzt noch nicht das was sie später wurde,
+nachdem das Glück <em>eine</em> Klasse von Fehlern, das Unglück eine
+andre vollkommen entwickelt, als Siege und Huldigungen ihr den Kopf
+verrückt und Mißgeschick und Kränkungen ihren Character verbittert
+hatten. Sie wurde in ihren späteren Lebensjahren das verächtlichste und
+erbärmlichste Geschöpf: ein altes Weib, die in beständigem Hader lebte
+mit ihrem ganzen Geschlecht, mit ihren eigenen Kindern und Enkeln, zwar
+vornehm und reich, aber Vornehmheit und Reichthum hauptsächlich nur
+deshalb schätzend, weil dieselben sie in den Stand setzten, der
+öffentlichen Meinung Hohn zu sprechen und rückhaltlos ihrem Hasse gegen
+Lebende und Todte zu fröhnen. Unter der Regierung Jakob’s&nbsp;II. galt
+sie für nichts Schlimmeres als eine schöne, stolze junge Frau, die wohl
+zuweilen launenhaft und eigensinnig sein konnte, der man aber in
+Berücksichtigung ihrer Reize ihre Launen gern verzieh.</p>
+
+<p>Es ist eine sehr gewöhnliche Erscheinung, daß Verschiedenheit der
+Neigungen und Geistesfähigkeiten keine Hindernisse der Freundschaft sind
+und daß gerade zwei Herzen, die sich gegenseitig ergänzen, das Band der
+innigsten Zuneigung umschlingt. Lady Churchill wurde von der Prinzessin
+Anna geliebt, ja fast angebetet. Die Prinzessin konnte ohne den
+Gegenstand ihrer romanhaften Zärtlichkeit nicht leben. Sie vermählte
+sich und wurde eine treue, sogar liebevolle Gattin; aber Prinz Georg,
+ein beschränkter Mann, dessen Hauptgenüsse die Freuden der Tafel und der
+<span class = "pagenum">VII.68</span>
+<a name = "pageVII_68" id = "pageVII_68"> </a>
+Flasche waren, erlangte keinen Einfluß auf sie, der sich mit dem ihrer
+Freundin vergleichen ließ, und gab sich bald mit stupider Geduld der
+Herrschaft des heftigen und gebieterischen Geistes hin, von dem seine
+Gemahlin sich leiten ließ. Das königliche Paar bekam Kinder und Anna
+entbehrte keineswegs der Gefühle einer Mutter; aber die Liebe zu ihren
+Kindern war lau im Vergleich mit ihrer hingebenden Zärtlichkeit für ihre
+Jugendfreundin. Endlich wurde die Prinzessin des Zwanges müde, den die
+Etikette ihr auferlegte, es war ihr unerträglich, die Worte Madame und
+Königliche Hoheit aus dem Munde einer Frau zu hören, die ihr mehr war
+als eine Schwester. In der Gallerie und im Empfangzimmer waren diese
+Worte nicht zu umgehen, aber im Boudoir wurden sie abgeschafft. Hier
+hieß Anna Mrs. Morley, Lady Churchill Mrs. Freeman, und unter diesen
+kindlichen Namen bestand zwanzig Jahre hindurch ein intimer Verkehr
+zwischen den beiden Freundinnen, von dem schließlich das Schicksal von
+Regierungen und Dynastien abhing. Bis jetzt hatte jedoch Anna noch keine
+politische Macht und nur geringen persönlichen Einfluß. Ihre Freundin
+bekleidete in ihrem Hausstaate das Amt der ersten Kammerdame mit nur
+vierhundert Pfund Sterling Gehalt. Gleichwohl hat man Grund zu glauben,
+daß es Churchill schon zu dieser Zeit möglich war, seine vorherrschende
+Leidenschaft durch den Einfluß seiner Gattin zu befriedigen. Obgleich
+die Prinzessin ein hohes Einkommen hatte und sehr einfach lebte, so
+machte sie doch Schulden, die ihr Vater mit einigem Unwillen bezahlte,
+und man sagte, daß der Grund ihrer finanziellen Verlegenheiten in ihrer
+verschwenderischen Freigebigkeit gegen ihren Liebling zu suchen sei.<a
+class = "tag" name = "tagVII_66" id = "tagVII_66" href =
+"#noteVII_66">66</a></p>
+
+<p>Endlich war die Zeit gekommen, wo diese sonderbare Freundschaft einen
+großen Einfluß auf die öffentlichen Angelegenheiten ausüben sollte. Man
+war äußerst gespannt darauf, welche Rolle Anna in dem Kampfe, der
+England erschütterte, spielen werde. Auf der einen Seite stand die
+Kindespflicht, auf der andren die Interessen der Religion, der sie
+aufrichtig zugethan war. Ein minder phlegmatischer Character würde
+zwischen so starken und wichtigen Beweggründen, die ihn nach
+entgegengesetzten Richtungen hinzogen, gewiß lange geschwankt haben. Der
+Einfluß der Churchill aber entschied die Frage und ihre Gönnerin wurde
+ein wichtiges Mitglied des umfassenden Bundes, dessen Oberhaupt der
+Prinz von Oranien war.</p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVII_65" id = "noteVII_65" href = "#tagVII_65">65.</a>
+<span class = "antiqua">Mémoires de Grammont</span>; <span class =
+"antiqua">Pepys’s Diary, Feb. 21. 1684/5.</span></p>
+
+<p><a name = "noteVII_66" id = "noteVII_66" href = "#tagVII_66">66.</a>
+Es würde mich zu weit führen, wollte ich alle die Werke aufzählen, aus
+denen ich mein Urtheil über den Character der Herzogin geschöpft habe.
+Meine Hauptquellen sind ihre eigenen Briefe, ihre „Rechtfertigung“ und
+die Entgegnungen, welche diese veranlaßte.</p>
+</div>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Dykvelt kehrt mit Briefen von vielen angesehenen Engländern nach dem
+Haag zurück.</span>
+<a name = "secVII_55" id = "secVII_55">Im</a> Juni 1687 kehrte Dykvelt
+nach dem Haag zurück. Er überreichte den Generalstaaten ein königliches
+Schreiben voll Lobeserhebungen über sein Benehmen während seines
+Aufenthalts in London. Diese Lobeserhebungen waren jedoch nur eine
+Formalität. In Privatmittheilungen von seiner eigenen Hand beschwerte
+Jakob sich bitter darüber, daß der Gesandte einen so vertrauten Umgang
+mit den heftigsten Oppositionsmännern seines Reiches gepflogen und sie
+in allen ihren Umsturzplänen bestärkt habe. Außerdem brachte Dykvelt
+auch eine Anzahl Briefe von den ausgezeichnetsten derjenigen
+<span class = "pagenum">VII.69</span>
+<a name = "pageVII_69" id = "pageVII_69"> </a>
+Männer mit, mit denen er sich während seines Aufenthalts in London
+berathen hatte. Die Schreiber dieser Briefe versicherten den Prinzen
+allgemein ihrer unbegrenzten Verehrung und Hingebung und verwiesen ihn
+wegen der näheren Darlegung ihrer Ansichten an den Überbringer. Halifax
+erörterte den Zustand und die Aussichten des Landes mit gewohnter
+Schärfe und Lebendigkeit, hütete sich aber sorgfältig, für irgend ein
+gefährliches Verfahren die Verantwortung zu übernehmen. Danby schrieb in
+einem kühneren und entschlosseneren Tone und konnte sich nicht
+enthalten, über die Besorgnisse und Bedenklichkeiten seines genialen
+Nebenbuhlers zu spötteln. Der interessanteste Brief aber war der von
+Churchill. Er war mit der natürlichen Beredtsamkeit, an der es ihm trotz
+seines Mangels an höherer Bildung bei wichtigen Anlässen nie fehlte, und
+mit einem Anstrich von Hochherzigkeit geschrieben, den er sich, so
+perfid er auch war, mit seltener Geschicklichkeit zu geben verstand. Die
+Prinzessin Anna, sagte er, habe ihm befohlen, ihre erlauchten Verwandten
+im Haag zu versichern, daß sie mit Gottes Hülfe fest entschlossen sei,
+eher ihr Leben zu lassen, als sich eines Glaubensabfalls schuldig zu
+machen. Was seine Person betreffe, so lege er auf seine Stellen und auf
+die königliche Gunst einen weit geringeren Werth als auf seine Religion.
+Er schloß mit der hochtrabenden Erklärung, daß man ihn, obgleich er
+keinen Anspruch darauf mache, wie ein Heiliger gelebt zu haben, doch
+vorkommenden Falls bereit finden werde, den Märtyrertod zu sterben.<a
+class = "tag" name = "tagVII_67" id = "tagVII_67" href =
+"#noteVII_67">67</a></p>
+
+<p class = "footnote">
+<a name = "noteVII_67" id = "noteVII_67" href = "#tagVII_67">67.</a>
+Das Formalitätsschreiben, welches Dykvelt den Generalstaaten
+überbrachte, befindet sich in den Archiven des Haags. Die anderen in
+diesem Paragraphen erwähnten Briefe giebt Dalrymple im Anhange zu Buch
+<span class = "antiqua">V.</span></p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Zulestein’s Sendung.</span>
+<a name = "secVII_56" id = "secVII_56">Dykvelt</a>’s Sendung hatte einen
+so glänzenden Erfolg gehabt, daß bald ein neuer Vorwand gefunden war, um
+einen andren Agenten abzusenden, der das so glücklich begonnene Werk
+fortsetzen sollte. Der neue Gesandte, nachmals der Gründer eines jetzt
+erloschenen englischen Adelshauses, war ein illegitimer leiblicher
+Vetter Wilhelm’s und führte einen der Herrschaft Zulestein entlehnten
+Namen. Seine Verwandtschaft mit dem Hause Oranien gab Zulestein in den
+Augen des Publikums ein bedeutendes Ansehen. Sein Benehmen war das eines
+tapferen Soldaten. In diplomatischen Talenten und Kenntnissen stand er
+Dykvelt weit nach, aber gerade diese Inferiorität hatte ihre Vortheile.
+Ein Militair, der sich anscheinend nie um die Politik gekümmert hatte,
+konnte ohne Verdacht zu erregen mit der englischen Aristokratie einen
+Verkehr unterhalten, der mit argwöhnischem Auge bewacht worden sein
+würde, wenn er ein bekannter Meister in der Staatskunst gewesen wäre.
+Nach kurzer Abwesenheit kehrte Zulestein mit nicht minder wichtigen
+Briefen und mündlichen Botschaften, als die welche seinem Vorgänger
+anvertraut worden waren, in sein Vaterland zurück. Von diesem
+Augenblicke an trat der Prinz mit der Opposition in einen regelmäßigen
+Briefwechsel. Geschäftsträger verschiedenen Ranges reisten beständig
+zwischen der Themse und dem Haag hin und her. Der nützlichste von diesen
+war ein Schotte von einigem Talent und großer Thätigkeit, Namens <ins
+class = "correction" title = "Original hat »Johnestone«">Johnstone</ins>. Er war Burnet’s Vetter und der Sohn eines
+angesehenen Covenanters, der bald nach der Restauration wegen
+Hochverraths hingerichtet worden war und von seiner Partei als Märtyrer
+verehrt wurde.</p>
+<span class = "pagenum">VII.70</span>
+<a name = "pageVII_70" id = "pageVII_70"> </a>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Zunehmende Feindschaft zwischen Jakob und Wilhelm.</span>
+<a name = "secVII_57" id = "secVII_57">Die</a> Entfremdung zwischen dem
+Könige von England und dem Prinzen von Oranien wurde mit jedem Tage
+vollkommener. Es hatte sich ein ernsthafter Streit in Betreff der sechs
+britischen Regimenter erhoben, welche im Solde der Vereinigten Provinzen
+standen. Der König wollte diese Regimenter unter das Commando
+römisch-katholischer Offiziere stellen, und der Prinz widersetzte sich
+diesem Ansinnen entschieden. Der König nahm seine Zuflucht zu seinen
+Lieblingsgemeinplätzen von der Duldung; der Prinz erwiederte daß er nur
+das Beispiel Seiner Majestät nachahme. Es sei notorisch erwiesen, daß
+loyale und tüchtige Männer in England lediglich deshalb, weil sie
+Protestanten waren, aus dem Staatsdienste entlassen worden seien, und
+dies berechtige den Statthalter und die Generalstaaten doch gewiß dazu,
+die Papisten von hohen öffentlichen Ämtern auszuschließen. Diese Antwort
+erbitterte Jakob dermaßen, daß er in seiner Wuth die Wahrhaftigkeit und
+den gesunden Verstand völlig aus den Augen verlor. Es sei nicht wahr,
+behauptete er mit Heftigkeit, daß er irgend Jemanden jemals aus
+religiösen Gründen abgesetzt habe. Und wenn er es wirklich gethan hätte,
+was ginge es dann dem Prinzen oder die Generalstaaten an? Wären sie etwa
+seine Herren? wären sie befugt, sich zu Richtern über die Handlungen
+fremder Fürsten aufzuwerfen? Von jetzt an wünschte er seine in
+holländischen Diensten stehenden Unterthanen zurückzuberufen, denn er
+glaubte durch diese Maßregel sich selbst zu verstärken und seine
+schlimmsten Feinde zu schwächen. Es traten ihm jedoch finanzielle
+Schwierigkeiten entgegen, die er unmöglich übersehen konnte. Die Zahl
+der bereits von ihm unterhaltenen Truppen war schon so groß, als es
+seine Einkünfte nur irgend zuließen, obgleich dieselben die aller seiner
+Vorgänger weit überstiegen und mit großer Sparsamkeit verwaltet wurden.
+Wenn aber die jetzt in Holland stehenden Bataillone noch zu dem
+vorhandenen Etat kamen, so war die Staatskasse bankerott. Vielleicht
+ließ Ludwig sich bewegen, sie in seinen Dienst zu nehmen. In diesem
+Falle wurden sie aus einem Lande entfernt, wo sie dem verderblichen
+Einflusse einer republikanischen Regierung und einer calvinistischen
+Kirchenverfassung ausgesetzt waren, und kamen in ein Land, wo Niemand
+die Autorität des Monarchen und die Lehren der wahren Kirche zu
+bestreiten wagte. Die Soldaten würden dann bald alle politische und
+religiöse Ketzerei wieder verlernen, ihr Landesfürst konnte zu jeder
+Zeit binnen kurzer Frist über ihre Hülfe verfügen und sich unter allen
+Umständen auf ihre Treue verlassen.</p>
+
+<p>Es wurden zwischen Whitehall und Versailles Unterhandlungen in dieser
+Angelegenheit eröffnet. Ludwig hatte soviel Soldaten als er brauchte,
+und wäre es auch anders gewesen, so würde er dennoch keine Lust gehabt
+haben, englische Truppen in Dienst zu nehmen, da der englische Sold, so
+niedrig er unsrer Generation erscheinen muß, doch viel höher war als der
+französische. Auf der andren Seite aber hätte er Wilhelm sehr gern um
+eine so schöne Brigade geschwächt. Nach einer mehrwöchentlichen
+Correspondenz wurde Barillon zu der Erklärung ermächtigt, daß, wenn
+Jakob die britischen Truppen aus Holland zurückriefe, Ludwig die
+Unterhaltungskosten für zweitausend Mann in England übernehmen wolle.
+Jakob nahm dieses Anerbieten mit dem wärmsten Danke an. In Folge des
+getroffenen Arrangements ersuchte er die Generalstaaten um Rücksendung
+der sechs Regimenter. Die Generalstaaten aber, welche Wilhelm ganz nach
+seinem Willen leitete, antworteten, daß ein solches Verlangen unter den
+obwaltenden
+<span class = "pagenum">VII.71</span>
+<a name = "pageVII_71" id = "pageVII_71"> </a>
+Umständen durch die bestehenden Verträge nicht gerechtfertigt werde, und
+weigerten sich entschieden, demselben zu entsprechen. Es ist
+bemerkenswerth, daß Amsterdam, welches für Zurückhaltung dieser Truppen
+in Holland gestimmt hatte, als Jakob ihrer gegen die Insurgenten im
+Westen bedurfte, jetzt heftig für die Erfüllung seines Verlangens
+stritt. In beiden Fällen beabsichtigten die Behörden dieser großen Stadt
+nichts weiter, als dem Prinzen von Oranien zu opponiren.<a class = "tag"
+name = "tagVII_68" id = "tagVII_68" href = "#noteVII_68">68</a></p>
+
+<p class = "footnote">
+<a name = "noteVII_68" id = "noteVII_68" href = "#tagVII_68">68.</a>
+Sunderland an Wilhelm, 24. Aug. 1686; Wilhelm an Sunderland, 2.(12.)
+Sept. 1686; Barillon, 6.(16.) Mai, 26. Mai (5. Juni), 3.(13.) Oct., 28.
+Nov. (8. Dec.) 1687; Ludwig an Barillon, 14.(24.) Oct. 1687; Memorial
+von Albeville, 15.(25.) Dec. 1687; Jakob an Wilhelm, 17. Jan., 16. Feb.,
+2. u. 13. März 1688: Avaux, 1.(11.), 6.(16.), 8.(18.) März, 22. März (1.
+April) 1688.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Einfluß der holländischen Presse.</span>
+<a name = "secVII_58" id = "secVII_58">Die</a> holländischen Waffen
+waren jedoch für Jakob kaum so gefährlich als die holländische Presse.
+Fast täglich erschienen im Haag englische Bücher und Flugschriften gegen
+die Regierung, und keine Wachsamkeit konnte es verhindern, daß viele
+Tausende von Exemplaren in die an der Nordsee gelegenen Grafschaften
+eingeschmuggelt wurden. Unter diesen Schriften zeichnete sich besonders
+eine durch ihre Wichtigkeit und durch den Eindruck, den sie machte, aus.
+Jedermann, der mit den öffentlichen Angelegenheiten vertraut war, kannte
+die Ansicht des Prinzen und der Prinzessin von Oranien in Betreff der
+Indulgenz; da aber keine officielle Erklärung dieser Ansicht erschienen
+war, so wurden Viele, denen gute Privatquellen nicht zugänglich waren,
+durch die Zuversicht, mit der die Anhänger des Hofes behaupteten, daß
+Ihre Hoheiten die letzten Maßregeln des Hofes billigten, getäuscht oder
+verwirrt gemacht. Es würde ein sehr einfacher und naheliegender Weg
+gewesen sein, diese Behauptungen öffentlich zu widerlegen, wenn Wilhelm
+keinen andren Zweck gehabt hätte, als seinen Einfluß in England zu
+befestigen. Allein er betrachtete England hauptsächlich als das zur
+Ausführung seines großen europäischen Planes nöthige Werkzeug. Er hoffte
+für diesen Plan die Mitwirkung der beiden Linien des Hauses Österreich,
+der italienischen Fürsten und selbst des Papstes zu gewinnen, und er
+hatte Grund zu der Befürchtung, daß jede die britischen Protestanten
+befriedigende Erklärung in Madrid, Wien, Turin und Rom Besorgniß und
+Unwillen erregen könnte. Deshalb enthielt sich der Prinz lange jeder
+officiellen Äußerung seiner Gesinnungen. Endlich aber wurde er darauf
+aufmerksam gemacht, daß sein beharrliches Stillschweigen unter den ihm
+Wohlwollenden viel Besorgniß und Mißtrauen erweckt habe und daß es hohe
+Zeit sei, sich offen auszusprechen. Er beschloß daher, sich zu
+erklären.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Stewart’s und Fagel’s Correspondenz.</span>
+<a name = "secVII_59" id = "secVII_59">Ein</a> schottischer Whig, Namens
+Jakob Stewart, war vor einigen Jahren nach Holland geflüchtet, um dem
+spanischen Stiefel und dem Galgen zu entgehen, und er war mit dem
+Großpensionär Fagel befreundet worden, der das Vertrauen und die Gunst
+des Statthalters in hohem Grade besaß. Stewart war der Verfasser des
+heftigen und gehässigen Manifestes von Argyle. Als die Indulgenz
+erschien, erkannte Stewart, daß sich ihm die Gelegenheit darbot, nicht
+nur Begnadigung, sondern noch obendrein eine Belohnung zu erlangen. Er
+bot der Regierung, deren Feind er gewesen war, seine Dienste an, diese
+wurden angenommen und er schrieb an Fagel einen Brief, zu dem er
+angeblich von Jakob selbst beauftragt war. In diesem
+<span class = "pagenum">VII.72</span>
+<a name = "pageVII_72" id = "pageVII_72"> </a>
+Briefe wurde der Großpensionär dringend aufgefordert, seinen ganzen
+Einfluß bei dem Prinzen und der Prinzessin aufzubieten, um sie zur
+Unterstützung der Politik ihres Vaters zu bewegen. Nach einiger Zeit
+schickte Fagel eine tief durchdachte und ausgezeichnet geschriebene
+Erwiederung ein. Wer dieses interessante Dokument liest, muß bemerken,
+daß es zwar in einer Weise abgefaßt ist, welche geeignet war, die
+englischen Protestanten zu beruhigen und ihnen zu gefallen, dennoch aber
+kein Wort enthält, das selbst dem Vatikan Anstoß hätte geben können. Es
+war darin gesagt, daß Wilhelm und Marie mit Vergnügen zur Abschaffung
+jedes Gesetzes mitwirken würden, welches über irgend einen Engländer
+seiner religiösen Überzeugung wegen Strafe verhänge. Aber zwischen
+Strafen und Ausschließungen war ein Unterschied gemacht. Katholiken zu
+Staatsämtern zuzulassen, könne nach der Ansicht Ihrer Hoheiten weder im
+allgemeinen Interesse Englands, noch im Interesse der Katholiken selbst
+liegen. Dieses Manifest wurde in mehrere Sprachen übersetzt und war auf
+dem Continent weit verbreitet. Von der durch Burnet besorgten englischen
+Ausgabe wurden nahe an funfzigtausend Exemplare in die östlichen
+Grafschaften eingeführt und rasch über das ganze Land verbreitet. Nie
+hat eine Staatsschrift einen vollständigeren Erfolg gehabt. Die
+Protestanten unsrer Insel priesen die männliche Entschiedenheit, mit der
+Wilhelm erklärte, daß er es nicht gutheißen könne, die Papisten Antheil
+an der Regierung nehmen zu lassen. Den katholischen Fürsten auf der
+andren Seite gefiel der milde und gemäßigte Ton, in welchem diese
+Erklärung gehalten war, sowie die ihnen eröffnete Aussicht, daß unter
+seiner Regierung kein Mitglied ihrer Kirche um seines Glaubens willen
+belästigt werden würde.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Castelmaine’s Gesandtschaft in Rom.</span>
+<a name = "secVII_60" id = "secVII_60">Es</a> ist wahrscheinlich, daß
+der Papst selbst einer von Denen war, die den berühmten Brief mit
+Vergnügen lasen. Einige Monate zuvor hatte er Castelmaine auf eine Art
+entlassen, welche wenig Rücksicht auf die Gesinnungen des Königs zeigte.
+Innocenz war mit der ganzen inneren und äußeren Politik der englischen
+Regierung durchaus nicht zufrieden. Er sah, daß die ungerechten und
+unklugen Maßregeln der jesuitischen Cabale viel eher dazu beitrugen, das
+Fortbestehen der Strafgesetze als die Abschaffung des Testes zu
+bewirken. Sein Streit mit dem Hofe von Versailles wurde mit jedem Tage
+ernsthafter, und er konnte weder als weltlicher Fürst, noch als
+Oberhaupt der katholischen Kirche für einen Vasallen dieses Hofes eine
+herzliche Freundschaft fühlen. Castelmaine war nicht geeignet, diesen
+Widerwillen zu beseitigen. Er kannte zwar für einen Laien Rom ziemlich
+gut und war auch in der theologischen Polemik gründlich bewandert,<a
+class = "tag" name = "tagVII_69" id = "tagVII_69" href =
+"#noteVII_69">69</a> besaß aber durchaus nicht das Geschick, welches
+sein Posten erforderte, und wenn er auch der talentvollste Diplomat
+gewesen wäre, so würde doch ein Umstand ihn für die besondere Mission,
+mit der er betraut war, untauglich gemacht haben. Er war in ganz Europa
+als der Gatte des schamlosesten Weibes bekannt, und als weiter nichts.
+Man konnte unmöglich mit ihm oder von ihm sprechen, ohne daran zu
+denken, wie er zu dem Titel gekommen war, bei dem er genannt wurde.
+Dieser Umstand würde wenig auf sich gehabt haben, wenn er an einem
+sittenlosen Hofe accreditirt gewesen wäre, wie zum Beispiel bei dem, an
+welchem unlängst die Herzogin
+<span class = "pagenum">VII.73</span>
+<a name = "pageVII_73" id = "pageVII_73"> </a>
+von Montespan das Regiment geführt hatte. Aber es war offenbar ein
+grober Mißgriff, ihn mit einem Auftrage mehr geistlichen als weltlichen
+Characters an einen Papst von patriarchalischer Sittenstrenge zu senden.
+Die Protestanten von ganz Europa spöttelten darüber, und Innocenz, der
+ohnehin schon gegen die englische Regierung eingenommen war, betrachtete
+die ihm mit so großer Gefahr und so großen Kosten erzeigte
+Aufmerksamkeit als nicht viel besser denn eine Beleidigung. Der Gehalt
+des Gesandten war auf hundert Pfund die Woche festgesetzt. Castelmaine
+klagte, daß dies zu wenig sei und daß das Dreifache dieses Betrags kaum
+ausreichen werde. Denn in Rom bemühten sich die Gesandten aller großen
+Continentalmächte einander vor den Augen eines Volks, das durch den
+beständigen Anblick prächtiger Gebäude, Decorationen und Ceremonien
+verwöhnt war, im Glanz zu überbieten. Er erklärte stets, daß er bei
+seiner Gesandtschaft Geld zusetzen müsse. Es waren ihm mehrere junge
+Adelige aus den vornehmsten katholischen Familien Englands, wie die
+Ratcliffe, die Arundell und Tichborne, beigegeben, und er bewohnte in
+Rom den Palast der Familie Pamfili an dem prächtigen Navonaplatze. Eine
+Privatunterredung mit Innocenz wurde ihm bald bewilligt, die officielle
+Audienz aber wurde lange hinausgeschoben. Castelmaine’s Vorbereitungen
+zu diesem wichtigen Acte waren so prachtvoll, daß sie, obgleich schon zu
+Ostern 1686 begonnen, im darauffolgenden November noch nicht beendigt
+waren, und im November bekam der Papst einen wirklichen oder angeblichen
+Gichtanfall, der einen weiteren Aufschub verursachte. Im Januar 1687
+endlich fand die feierliche Vorstellung und Aufwartung mit
+ungewöhnlichem Pompe statt. Die Staatswagen, welche zu der Auffahrt in
+Rom gebaut wurden, waren so prächtig, daß man sie für werth hielt, der
+Nachwelt in schönen Abbildungen überliefert und von Dichtern in mehreren
+Sprachen besungen zu werden.<a class = "tag" name = "tagVII_70" id =
+"tagVII_70" href = "#noteVII_70">70</a> Die Façade des
+Gesandtschaftspalastes wurde an diesem hochwichtigen Tage mit
+geschmacklosen allegorischen Gemälden von riesenhafter Größe decorirt.
+Man sah hier den heiligen Georg mit dem Fuße auf dem Nacken des Titus
+Oates, und Herkules, wie er mit seiner Keule den protestantischen
+Tischler College zu Boden schlägt, der sich vergebens mit seinem Flegel
+zu vertheidigen sucht. Nach dieser öffentlichen Schaustellung lud
+Castelmaine alle damals in Rom anwesenden Notabilitäten zu einem Bankett
+in dem freundlichen und prächtigen Saale ein, den Peter von Cortona mit
+Gemälden von Scenen aus der Aeneide geschmückt hat. Die ganze Stadt
+drängte sich zu dem Schauspiele und nur mit Mühe konnte eine Compagnie
+der Schweizergarde die Ordnung unter den Zuschauern aufrechterhalten.
+Die Kavaliere des päpstlichen Hofstaates
+<span class = "pagenum">VII.74</span>
+<a name = "pageVII_74" id = "pageVII_74"> </a>
+gaben hierauf ihrerseits dem Gesandten glänzende Gastmähler, und Dichter
+und Literaten überhäuften seinen Gebieter mit abgeschmackten und
+hyperbolischen Schmeicheleien, wie sie da am meisten floriren, wo Genie
+und Geschmack am tiefsten gesunken sind. An der Spitze der Schmeichler
+stand ein gekröntes Haupt. Mehr als dreißig Jahre waren verflossen, seit
+Christine, die Tochter des großen Gustav Adolph, freiwillig vom
+schwedischen Throne herabgestieqen war. Nach langen Wanderungen, während
+denen sie viele Thorheiten und Verbrechen begangen, hatte sie endlich in
+Rom ihren bleibenden Aufenthalt genommen, wo sie sich mit astrologischen
+Berechnungen und mit den Intriguen des Conclave beschäftigte und sich
+nebenbei mit Gemälden, Gemmen, Handschriften und Münzen die Zeit
+vertrieb. Jetzt dichtete sie einige italienische Stanzen zu Ehren des
+englischen Fürsten, der, wie sie selbst, einem Geschlecht von Königen
+entsprossen, welche zu ihrer Zeit als die Vorkämpfer der Reformation
+betrachtet wurden, sich, gleich ihr, mit der alten Kirche wieder
+ausgesöhnt hatte. Sie gab eine glänzende Gesellschaft in ihrem Palaste.
+Ihre in Musik gesetzten Verse wurden unter allgemeinem Beifalle
+vorgetragen und einer ihrer literarischen Günstlinge hielt über
+denselben Gegenstand eine Rede in so blühendem Style, daß er den
+Geschmack der englischen Zuhörer beleidigt zu haben scheint. Die dem
+Papste feindlich gesinnten, den Interessen Frankreichs ergebenen
+Jesuiten, denen jede Gelegenheit, Jakob Ehre zu erzeigen, willkommen
+war, empfingen den englischen Gesandten mit möglichstem Gepränge in dem
+fürstlichen Hause, wo die Überreste des Ignatius <ins class =
+"correction" title = "Original hat »Loyla«">Loyola</ins> in einem
+Schrein von Lasurstein und Gold aufbewahrt werden. Bildhauerkunst,
+Malerei, Poesie und Beredtsamkeit wurden aufgeboten, um den Fremden zu
+bewillkommnen; aber alle diese Künste lagen tief im Argen. Es wurde viel
+schwülstige und unedle Latinität entfaltet, die eines so gelehrten
+Ordens unwürdig war, und einige von den die Wände zierenden Inschriften
+zeigten noch schlimmere Fehler als schlechten Styl. An einer Stelle war
+gesagt, daß Jakob seinen Bruder als Boten zum Himmel gesandt habe, an
+einer andren, daß Jakob die Schwingen geliefert, welche seinen Bruder in
+eine höhere Region emporgetragen. Außerdem gab es ein noch viel
+unglücklicheres Distichon, welches damals wenig beachtet wurde, dessen
+man aber einige Monate später mit boshaften Auslegungen gedachte.
+„O&nbsp;König,“ sagte der Dichter, „seufze nicht länger nach einem
+Sohne. Mag auch die Natur Deinen Wunsch nicht erfüllen, die Sterne
+werden Mittel finden, um ihn zu befriedigen.“</p>
+
+<p>Inmitten dieser Festlichkeiten erfuhr Castelmaine schwere Kränkungen
+und Demüthigungen. Der Papst behandelte ihn mit äußerster Kälte und
+Zurückhaltung. So oft der Gesandte ihn um eine Antwort auf das zu
+Gunsten Petre’s gestellte Anliegen bat, bekam Innocenz einen heftigen
+Hustenanfall, der dem Gespräch ein Ende machte. Ganz Rom unterhielt sich
+von diesen sonderbaren Audienzen. Pasquino schwieg nicht und die ganze
+neugierige und geschwätzige Bevölkerung der müßigsten aller Städte, mit
+alleiniger Ausnahme der Jesuiten und der Prälaten der französischen
+Faction, lachte über Castelmaine’s verunglückte Mission. Sein von Natur
+unfreundlicher Character wurde bald auf’s Heftigste erbittert und er
+verbreitete eine Denkschrift mit Betrachtungen über den Papst. Dadurch
+gerieth er in eine schiefe Stellung, der kluge Italiener hatte einen
+Vortheil gewonnen und er ließ sich denselben nicht wieder entreißen. Er
+erklärte gerade heraus, die Regel, welche die Jesuiten von kirchlichen
+Würden ausschließe,
+<span class = "pagenum">VII.75</span>
+<a name = "pageVII_75" id = "pageVII_75"> </a>
+dürfe zu Gunsten Petre’s nicht übertreten werden. Der immer mehr
+gereizte Castelmaine drohte jetzt Rom zu verlassen. Innocenz erwiederte
+ihm mit sanfter Impertinenz, die um so kränkender war, weil sie sich
+kaum von treuherziger Einfalt unterscheiden ließ. Seine Excellenz könne
+gehen, wenn es ihm beliebe. „Wenn wir ihn aber verlieren müssen,“ setzte
+der ehrwürdige Pontifex hinzu, „so hoffe ich wenigstens, daß er
+unterwegs seine Gesundheit schonen wird. Ein Engländer weiß nicht, wie
+gefährlich es ist, hier zu Lande während der Tageshitze zu reisen. Man
+thut am besten, wenn man vor Tagesanbruch aufbricht und zu Mittag Rast
+macht.“ Mit diesem wohlmeinenden Rathe und einem Rosenkranze wurde der
+unglückliche Gesandte entlassen. Wenige Monate darauf erschien eine
+pomphafte Geschichte seiner Sendung in einer prachtvollen Folioausgabe
+mit Kupferstichen in italienischer und englischer Sprache. Das
+Titelkupfer zeigte zum großen Ärgerniß aller Protestanten Castelmaine in
+der Peersrobe und mit der Adelskrone in der Hand, wie er Innocenz den
+Fuß küßt.<a class = "tag" name = "tagVII_71" id = "tagVII_71" href =
+"#noteVII_71">71</a></p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVII_69" id = "noteVII_69" href = "#tagVII_69">69.</a>
+Adda, 9.(19.) Nov. 1685.</p>
+
+<p><a name = "noteVII_70" id = "noteVII_70" href = "#tagVII_70">70.</a>
+Der Professor der griechischen Sprache am Kollegium <span class =
+"antiqua">De Propaganda Fide</span> machte seiner Bewunderung in einigen
+abscheulichen Hexametern und Pentametern Luft, von denen folgende Probe
+genügen mag:</p>
+
+<div class = "verse">
+<p title = "Rôgeriou dê skepsomenos lamproio thriambon,">Ρωγερίου δὴ
+σκεψόμενος λαμπροῖο θρίαμβον,</p>
+<p class = "indent" title = "Ôka mal’ êïssen kai theen ochlos apas;">Ὦκα
+μάλ’ ἤϊσσεν καὶ θέεν ὄχλος ἅπας·</p>
+<p title = "Thaumazousa de tên pompên, panchrusea t’ autou">Θαυμάζουσα
+δὲ τὴν πομπὴν, παγχρύσεά τ’ αὐτοῦ</p>
+<p class = "indent" title = "Harmata, tous th’ hippous, toiade Rhômê epsê.">Ἅρματα, τοὺς θ’ ἵππους, τοίαδε Ῥώμη ἔψη.</p>
+</div>
+
+<p class = "continue">
+Die lateinischen Verse sind etwas besser. Nahum Tate stimmte auf
+Englisch ein:</p>
+
+<div class = "verse">
+<p>Um etwas von dem Prachtzug zu erspähen,</p>
+<p>Wie selbst in Rom noch Niemand ihn gesehen,</p>
+<p>Drängt Alt und Jung sich nach der Thürme Zinnen</p>
+<p>Und über jede Wange Freudenthränen rinnen.</p>
+</div>
+
+<p><a name = "noteVII_71" id = "noteVII_71" href = "#tagVII_71">71.</a>
+Correspondenz Jakob’s und Innocenz’ im Britischen Museum; <span class =
+"antiqua">Burnet, I. 703&mdash;705</span>; <span class =
+"antiqua">Welwood’s Memoirs</span>; <span class = "antiqua">Commons’
+Journals, Oct. 28. 1689</span>; <span class = "antiqua">An Account of
+his Excellency Roger Earl of Castelmaine’s Embassy, by Michael Wright,
+chief steward of his Excellency’s house at Rome, 1688.</span></p>
+</div>
+
+
+<a name = "kap_VIII" id = "kap_VIII">&nbsp;</a>
+<div class = "chapterhead">
+
+<span class = "pagenum">VIII.1</span>
+<a name = "pageVIII_1" id = "pageVIII_1"> </a>
+
+<h5><b>Achtes Kapitel. </b></h5>
+
+<h4><span class = "extended">Jakob</span> <b>II.</b></h4>
+
+<hr class = "tiny">
+
+</div>
+
+<a name = "pageVIII_2" id = "pageVIII_2"> </a>
+
+
+<span class = "pagenum">VIII.3</span>
+<a name = "pageVIII_3" id = "pageVIII_3"> </a>
+
+<h4><a name = "inhalt_VIII" id = "inhalt_VIII">
+<b><span class = "extended">Inhalt</span>.</b></a></h4>
+
+<hr class = "micro">
+
+<table class = "toc" summary = "inhaltsverzeichniss">
+<tr>
+<td></td>
+<td class = "seite">Seite</td>
+</tr>
+<tr class = "bottomline">
+<td><a href = "#kap_VII">[<i>7. Kapitel</i>]</a></td>
+<td></td>
+</tr>
+<tr class = "toppad">
+<td><p><a href = "#secVIII_1">Consecration des Nuntius im St.
+Jamespalaste</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_5">5</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVIII_2">Sein officieller Empfang. &mdash; Der
+Herzog von Somerset</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_5">5</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVIII_3">Auflösung des Parlaments</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_6">6</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVIII_4">Gesetzwidrige Bestrafung militairischer
+Vergehen</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_7">7</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVIII_5">Verfahren der Hohen Commission</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_8">8</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVIII_6">Die Universitäten</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_9">9</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVIII_7">Verfahren gegen die Universität
+Cambridge</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_10">10</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVIII_8">Der Earl von Mulgrave</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_11">11</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVIII_9">Zustand Oxford’s</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_13">13</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVIII_10">Das Magdalenen-Collegium in Oxford</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_15">15</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVIII_11">Anton Farmer, vom Könige als Präsident
+empfohlen</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_17">17</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVIII_12">Wahl des Präsidenten</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_18">18</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVIII_13">Die Mitglieder des Magdalenen-Collegiums
+werden vor die Hohe Commission geladen</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_18">18</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVIII_14">Parker zum Präsidenten empfohlen</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_19">19</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVIII_15">Die Karthause</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_19">19</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVIII_16">Rundreise des Königs</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_20">20</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVIII_17">Der König in Oxford</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_21">21</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVIII_18">Er giebt den Collegiaten des
+Magdalenenstifts einen Verweis</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_22">22</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVIII_19">Penn sucht zu vermitteln</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_22">22</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVIII_20">Eine kirchliche Specialcommission wird
+nach Oxford gesandt</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_24">24</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVIII_21">Hough’s Protest</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_24">24</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVIII_22">Einsetzung Parker’s</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_25">25</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVIII_23">Vertreibung der Collegiaten</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_26">26</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVIII_24">Das Magdalenen-Collegium in ein
+papistisches Seminar verwandelt</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_27">27</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVIII_25">Groll der Geistlichkeit</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_28">28</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVIII_26">Pläne der jesuitischen Cabale in Bezug
+auf die Thronfolge</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_29">29</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVIII_27">Jakob’s und Tyrconnel’s Plan, die
+Prinzessin von Oranien von der Erbfolge im Königreich Irland
+auszuschließen</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_30">30</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVIII_28">Schwangerschaft der Königin</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_31">31</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVIII_29">Allgemeiner Zweifel</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_31">31</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVIII_30">Stimmung der Wahlkörper und der
+Peers</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_33">33</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVIII_31">Jakob beschließt, ein bestochenes
+Parlament zusammenzusetzen</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_34">34</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVIII_32">Die Regulatoren</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_36">36</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVIII_33">Entlassung vieler Lordlieutenants</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_36">36</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVIII_34">Der Earl von Oxford</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_36">36</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVIII_35">Der Earl von Shrewsbury</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_37">37</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVIII_36">Der Earl von Dorset</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_38">38</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td>
+<span class = "pagenum">VIII.4</span>
+<a name = "pageVIII_4" id = "pageVIII_4"> </a>
+<p><a href = "#secVIII_37">An die Obrigkeiten gerichtete Fragen, und
+Antworten darauf</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_41">41</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVIII_38">Scheitern der Pläne des Königs</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_42">42</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVIII_39">Liste der Sheriffs</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_45">45</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVIII_40">Character der katholischen
+Landgentlemen</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_45">45</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVIII_41">Stimmung der Dissenters</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_47">47</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVIII_42">Regulirung der Corporationen</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_47">47</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVIII_43">Untersuchung in allen öffentlichen
+Verwaltungszweigen</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_50">50</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVIII_44">Entlassung Sawyer’s</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_51">51</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVIII_45">Williams Generalprokurator</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_52">52</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVIII_46">Zweite Indulgenzerklärung</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_53">53</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVIII_47">Die Geistlichkeit erhält Befehl, sie von
+der Kanzel zu verlesen</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_53">53</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVIII_48">Die Geistlichkeit ist unschlüssig</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_54">54</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVIII_49">Patriotismus der protestantischen
+Nonconformisten Londons</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_54">54</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVIII_50">Berathung der londoner
+Geistlichkeit</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_55">55</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVIII_51">Berathung im Palast zu Lambeth</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_57">57</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVIII_52">Die Petition der sieben Bischöfe dem
+Könige überreicht</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_57">57</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVIII_53">Die londoner Geistlichkeit gehorcht dem
+königlichen Befehle nicht</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_60">60</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVIII_54">Unschlüssigkeit der Regierung</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_61">61</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVIII_55">Es wird eine gerichtliche Verfolgung der
+Bischöfe wegen Libells beschlossen</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_63">63</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVIII_56">Sie werden im Geheimen Rathe
+verhört</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_63">63</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVIII_57">Geburt des Prätendenten</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_65">65</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVIII_58">Man hält ihn allgemein für
+untergeschoben</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_65">65</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVIII_59">Die Bischöfe werden vor die Kings Bench
+gestellt und müssen Bürgschaft leisten</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_69">69</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVIII_60">Aufregung der Gemüther</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_70">70</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVIII_61">Sunderland’s Angst</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_71">71</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVIII_62">Er erklärt sich für einen
+Katholiken</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_72">72</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVIII_63">Prozeß der Bischöfe</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_72">72</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVIII_64">Das Verdict der Geschwornen; Freude des
+Volks</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_80">80</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVIII_65">Eigenthümlicher Zustand der öffentlichen
+Meinung zu jener Zeit</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_84">84</a></td>
+</tr>
+</table>
+
+<span class = "pagenum">VIII.5</span>
+<a name = "pageVIII_5" id = "pageVIII_5"> </a>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Consecration des Nuntius im St. Jamespalaste.</span>
+<a name = "secVIII_1" id = "secVIII_1">Die</a> auffallende Unhöflichkeit
+des Papstes hätte wohl den sanftmüthigsten Fürsten reizen müssen. Auf
+Jakob aber machte sie keinen andren Eindruck, als daß er mit
+Schmeicheleien und Komplimenten noch verschwenderischer wurde. Während
+Castelmaine, das Herz von Zorn und Unwillen erfüllt, auf der Rückreise
+nach England begriffen war, wurde der Nuntius mit Ehrenbezeigungen
+überhäuft, die sein eigner Verstand verwerfen mußte. Er war in Folge
+einer bei der römischen Kirche häufig in Anwendung kommenden Fiction
+unlängst zur Bischofswürde ohne Bischofssitz erhoben worden. Jetzt wurde
+er zum Erzbischof von Amasia, einer Stadt am Pontus, dem Geburtsorte
+Strabo’s und Mithridates’, erhoben. Jakob bestand darauf, daß die
+Ceremonie der Consecration in der Kapelle des St. Jamespalastes
+stattfinden sollte. Der apostolische Vikar Leyburn und zwei irische
+Prälaten versahen den Dienst. Die Thüren wurden dem Publikum geöffnet
+und man bemerkte unter den Zuschauern einige von den Puritanern, die
+sich neuerdings dem Hofe angeschlossen hatten. Am Abend erschien Adda in
+seiner neuen Amtstracht im Gesellschaftszirkel der Königin. Jakob fiel
+angesichts des ganzen Hofes auf die Knie und bat um seinen Segen. Trotz
+aller Vorschriften der Etikette konnten die Umstehenden ihr Erstaunen
+und ihren Widerwillen nicht unterdrücken.<a class = "tag" name =
+"tagVIII_1" id = "tagVIII_1" href = "#noteVIII_1">1</a> Es hatte in der
+That seit langer Zeit kein englischer Souverain vor einem Sterblichen
+gekniet und wer das sonderbare Schauspiel mit ansah, erinnerte sich
+unwillkürlich des schmachvollen Tages, an welchem Johann sich seine
+Krone von Pandolph aufs Haupt setzen ließ.</p>
+
+<p class = "footnote">
+<a name = "noteVIII_1" id = "noteVIII_1" href = "#tagVIII_1">1.</a>
+Barillon, 2.(12.) Mai 1687.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Sein officieller Empfang. &mdash; Der Herzog von Somerset.</span>
+<a name = "secVIII_2" id = "secVIII_2">Bald</a> darauf fand eine noch
+prächtigere Schaustellung zu Ehren des Heiligen Stuhles statt. Es wurde
+beschlossen, daß der Nuntius sich in feierlicher Prozession an den Hof
+begeben sollte. Bei dieser Gelegenheit zeigten mehrere Personen, auf
+deren Gehorsam der König gerechnet hatte, zum ersten Male eine Neigung
+zur Widersetzlichkeit. Der Hervorragendste unter ihnen war der zweite
+Peer des Königreichs, Karl Seymour, gewöhnlich der stolze Herzog von
+Somerset genannt. Er war in der That ein Mann, bei dem Geburts- und
+Rangstolz fast zu einer krankhaften Manie geworden war. Sein ererbtes
+Vermögen war der hohen Stelle, die er unter dem englischen Adel einnahm,
+nicht angemessen; aber durch seine Vermählung mit der Tochter und Erbin
+des letzten Percy, der
+<span class = "pagenum">VIII.6</span>
+<a name = "pageVIII_6" id = "pageVIII_6"> </a>
+die alte Krone von Northumberland trug, war er in den Besitz des größten
+Vermögens in England gelangt. Somerset war erst fünfundzwanzig Jahre alt
+und im Publikum noch wenig bekannt. Er war Kammerherr des Königs und
+Oberst eines der Regimenter, welche zur Zeit des Aufstandes im Westen
+neu errichtet worden waren. Er hatte kein Bedenken dagegen erhoben, bei
+feierlichen Gelegenheiten das Staatsschwert in die königliche Kapelle zu
+tragen; diesmal aber weigerte er sich entschieden, an dem Festzuge zu
+Ehren des Nuntius Theil zu nehmen. Einige Mitglieder seiner Familie
+baten ihn dringend, sich das königliche Mißfallen nicht zuzuziehen; aber
+ihr Bitten war fruchtlos. Der König setzte ihn nun selbst zur Rede. „Ich
+hätte geglaubt, Mylord,“ sagte er, „daß ich Ihnen eine große Ehre
+erzeigte, indem ich Sie dazu ausersah, den Gesandten des ersten aller
+gekrönten Häupter zu begleiten.“ &mdash; „Sire,“ entgegnete der Herzog,
+„ich bin darauf aufmerksam gemacht worden, daß ich Eurer Majestät nicht
+gehorchen kann, ohne das Gesetz zu verletzen.“ &mdash; „Ich will Sie
+lehren, mich ebenso zu achten wie das Gesetz,“ erwiederte der König in
+hochfahrendem Tone. „Wissen Sie noch nicht, daß ich über dem Gesetz
+stehe?“ &mdash; „Eure Majestät mögen über dem Gesetz stehen, ich aber
+nicht, und wenn ich dem Gesetz gehorche, fürchte ich nichts.“ Der König
+entfernte sich höchlich erzürnt und Somerset wurde augenblicklich seiner
+Stellen im Hofstaate und in der Armee entsetzt.<a class = "tag" name =
+"tagVIII_2" id = "tagVIII_2" href = "#noteVIII_2">2</a></p>
+
+<p>In einem Punkte zeigte jedoch der König einige Klugheit. Er wagte es
+nicht, den päpstlichen Gesandten in feierlichem Aufzuge der ganzen
+Bevölkerung der Hauptstadt vorzuführen. Die Ceremonie fand am 3. Juli
+1687 in Windsor statt. Eine große Menschenmenge strömte nach dem
+Städtchen. Der Schaulustigen waren so viele, daß sie weder Speise und
+Trank noch ein Unterkommen fanden und eine Menge vornehmer Leute den
+ganzen Tag in ihrem Wagen zubringen mußten, um das Schauspiel mit
+anzusehen. Spät am Nachmittag endlich erschienen die Leute des
+Hofmarschalls zu Pferde. Hierauf folgte ein langer Zug von Läufern und
+dann in einem königlichen Staatswagen Adda im Purpurmantel und mit einem
+Brillantenkreuze auf der Brust. Hinter ihm fuhren die Equipagen der
+vornehmsten Hofkavaliere und der Staatsminister. Mit großem Mißfallen
+bemerkte das Volk in dem Zuge die Wappen und Livreen Crewe’s, Bischofs
+von Durham, und Cartwright’s, Bischofs von Chester.<a class = "tag" name
+= "tagVIII_3" id = "tagVIII_3" href = "#noteVIII_3">3</a></p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVIII_2" id = "noteVIII_2" href = "#tagVIII_2">2.</a>
+<span class = "antiqua">Memoirs of the Duke of Somerset</span>; Citters,
+5.(15.) Juli 1687; <span class = "antiqua">Eachard’s History of the
+Revolution</span>; <span class = "antiqua">Clarke’s Life of James the
+Second, II. 116, 117, 118</span>; <span class = "antiqua">Lord
+Lonsdale’s Memoirs.</span></p>
+
+<p><a name = "noteVIII_3" id = "noteVIII_3" href = "#tagVIII_3">3.</a>
+<span class = "antiqua">London Gazette, July 7. 1687</span>; Citters,
+7.(17.) Juli; Bericht über die Ceremonie in den Somers’schen
+Schriften.</p>
+</div>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Auflösung des Parlaments.</span>
+<a name = "secVIII_3" id = "secVIII_3">Am</a> folgenden Tage erschien in
+der Gazette eine Proklamation, welche das Parlament auflöste, das von
+allen durch die Stuarts einberufenen Parlamenten das fügsamste gewesen
+war.<a class = "tag" name = "tagVIII_4" id = "tagVIII_4" href =
+"#noteVIII_4">4</a></p>
+
+<p>Mittlerweile hatten sich neue Schwierigkeiten in Westminsterhall
+gezeigt. Erst vor wenigen Monaten waren mehrere Richter entlassen und
+andere an deren Stelle gesetzt worden, um in dem Prozesse gegen Sir
+Eduard Hales ein Erkenntniß zu Gunsten der Krone zu erlangen, und schon
+waren neue Änderungen nöthig.</p>
+
+<p class = "footnote">
+<a name = "noteVIII_4" id = "noteVIII_4" href = "#tagVIII_4">4.</a>
+<span class = "antiqua">London Gazette, July, 4. 1687.</span></p>
+<span class = "pagenum">VIII.7</span>
+<a name = "pageVIII_7" id = "pageVIII_7"> </a>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Gesetzwidrige Bestrafung militairischer Vergehen.</span>
+<a name = "secVIII_4" id = "secVIII_4">Der</a> König hatte kaum die
+Armee gebildet, auf die er zur Ausführung seiner Pläne namentlich
+rechnete, so erkannte er auch schon, daß er sie selbst nicht regieren
+konnte. Wenn ein Krieg im Lande wüthete, so konnte ein Meuterer oder
+Deserteur vor ein Kriegsgericht gestellt und das Urtel durch den
+Generalprofoß vollzogen werden. Aber man war jetzt im tiefsten Frieden.
+Das englische Landrecht, das aus einem Zeitalter herrührte, wo
+erforderlichenfalls Jedermann, Niemand aber beständig die Waffen trug,
+machte in Friedenszeiten keinen Unterschied zwischen einem Soldaten und
+jedem andren Unterthan, und es gab kein Gesetz ähnlich dem, durch
+welches heutzutage dem Souverain alljährlich die zum Oberbefehl über die
+reguläre Truppenmacht nöthige Autorität verliehen wird. Zwar erklärten
+einige alte Verordnungen die Desertion in gewissen angeführten Fällen
+für Felonie; aber diese Verordnungen galten nur für die Soldaten, welche
+dem Könige im wirklichen Kriege dienten und konnten nicht ohne die
+arglistigste Willkür so weit ausgedehnt werden, daß sie auch auf einen
+Mann Anwendung fanden, der in einer Zeit der vollständigsten inneren und
+äußeren Ruhe des Lagers von Hounslow überdrüssig wurde und daher in sein
+heimathliches Dorf zurückkehrte. Die Regierung hatte offenbar über einen
+solchen Mann keine andre Macht, als die, welche ein Bäcker- oder
+Schneidermeister über seine Gesellen hat. Er und seine Offiziere standen
+vor dem Gesetz auf gleicher Stufe. Fluchte er gegen sie, so konnte er
+wegen Schwörens mit einer Geldstrafe belegt werden; schlug er sie, so
+konnte er wegen thätlicher Mißhandlung verklagt werden. Das stehende
+Heer stand factisch unter einer milderen Disciplin als die Miliz, denn
+die Miliz war durch eine Parlamentsacte errichtet worden, in welcher
+zugleich bestimmt war, daß Disciplinarvergehen summarisch mit leichten
+Strafen geahndet werden könnten.</p>
+
+<p>Es scheint nicht, daß die aus diesem Zustande des Gesetzes
+entspringenden praktischen Nachtheile sich unter der Regierung
+Karl’s&nbsp;II. sehr fühlbar gemacht hatten, was sich vielleicht dadurch
+erklären läßt, weil bis zum letzten Jahre seiner Regierung die
+Streitmacht, die er in England unterhielt, hauptsächlich aus Haustruppen
+bestand, welche einen so hohen Sold bekamen, daß die Entlassung aus dem
+Dienste von den Meisten sehr schmerzlich empfunden worden wäre. Eine
+Anstellung als Gemeiner in der Leibgarde war für den jüngeren Sohn eines
+Gentleman eine gute Versorgung; selbst die Fußgarden wurden so gut
+bezahlt als Fabrikarbeiter unter besonders günstigen Verhältnissen, und
+sie befanden sich daher in einer Lage, um die sie die große Masse der
+arbeitenden Bevölkerung wohl beneiden konnte. Die Rückkehr der Garnison
+von Tanger und die Errichtung der neuen Regimenter hatte eine große
+Veränderung herbeigeführt. Es gab jetzt in England viele Tausend
+Soldaten, welche nur acht Pence den Tag erhielten. Die Furcht vor der
+Verabschiedung war nicht mehr hinreichend, um sie der Dienstpflicht treu
+zu erhalten, und körperliche Strafen durften die Offiziere gesetzlich
+nicht zuerkennen. Jakob hatte daher nur die Wahl, entweder die Armee
+ihrer Auflösung entgegengehen zu lassen oder die Richter zu der
+Erklärung zu bewegen, daß das Gesetz das sei, was es, wie jeder Student
+wußte, nicht war.</p>
+
+<p>Es war besonders wichtig, die Mitwirkung zweier Gerichtshöfe zu
+gewinnen: der Kings Bench, welche der erste Criminalgerichtshof des
+Landes war, und des Gerichtshofs für Leerung der Gefängnisse, der in
+<span class = "pagenum">VIII.8</span>
+<a name = "pageVIII_8" id = "pageVIII_8"> </a>
+der Old Bailey saß und über die in der Hauptstadt begangenen Vergehen
+abzuurtheilen hatte. In beiden Gerichtshöfen aber stieß man auf große
+Schwierigkeiten. Herbert, der Oberrichter der Kings Bench, wollte trotz
+aller bis dahin bewiesenen Servilität nicht weiter gehen. Ein noch
+entschiedenerer Widerstand war von Sir Johann Holt zu erwarten, der als
+Syndikus der City von London auf der Bank der Old Bailey saß. Holt war
+ein ausgezeichnet gelehrter und aufgeklärter Jurist, dabei ein
+rechtschaffener und muthiger Mann und seine politische Meinung hatte
+eine whiggistische Färbung, obgleich er sich von allem Parteitreiben
+stets fern hielt. Dem Willen des Königs mußten jedoch alle Hindernisse
+weichen. Holt wurde seines Syndikats entsetzt. Herbert und ein andrer
+Richter von der Kings Bench entfernt, und die erledigten Stellen mit
+Männern besetzt, auf die sich die Regierung verlassen konnte. Allerdings
+mußte man in ziemlich niedere juristische Regionen hinabsteigen, ehe man
+Leute fand, welche zu Dienstleistungen, wie man sie jetzt brauchte,
+bereit waren. Der neue Oberrichter, Sir Robert Wright, war
+sprichwörtlich ein Ignorant, und die Unwissenheit war noch nicht sein
+ärgster Fehler. Seine Laster hatten ihn zu Grunde gerichtet. Um sich
+Geld zu verschaffen, hatte er zu unredlichen Mitteln seine Zuflucht
+genommen und einmal einen falschen Eid abgelegt, um in den Besitz von
+fünfhundert Pfund zu gelangen. Arm, ausschweifend und schamlos war er
+einer von den Schmarotzern Jeffreys’ geworden, der ihn beförderte und
+verächtlich behandelte. Dies war der Mann, den Jakob zum Lord
+Oberrichter von England erkor. Ein gewisser Allibone, der in der
+Rechtskunde noch unwissender war als Wright und als Katholik eigentlich
+gar nicht fähig war, ein öffentliches Amt zu bekleiden, wurde zum
+Unterrichter der Kings Bench ernannt. Sir Bartholomäus Shower, als
+serviler Tory und langweiliger Redner gleich bekannt, wurde Syndikus von
+London. Nachdem diese Veränderungen bewirkt waren, wurden mehrere
+Deserteurs zur Untersuchung gezogen und dem Wortlaute und dem Geiste des
+Gesetzes zum Hohn für schuldig befunden. Einige von ihnen vernahmen ihr
+Todesurtheil vor den Schranken der Kings Bench, Andere vor den Schranken
+der Old Bailey. Sie wurden vor den Augen der Regimenter, denen sie
+angehört hatten, gehängt und dafür Sorge getragen, daß diese
+Hinrichtungen durch die London Gazette, welche derartige Vorgänge nur
+selten berichtete, zur Öffentlichkeit gelangten.<a class = "tag" name =
+"tagVIII_5" id = "tagVIII_5" href = "#noteVIII_5">5</a></p>
+
+<p class = "footnote">
+<a name = "noteVIII_5" id = "noteVIII_5" href = "#tagVIII_5">5.</a>
+Siehe <span class = "antiqua">Statutes 18 Henry 6. c. 19; 2 &amp; 3 Ed.
+6. c. 2.</span>; <span class = "antiqua">Eachard’s History of the
+Revolution</span>; <span class = "antiqua">Kennet, III. 468</span>;
+<span class = "antiqua">North’s Life of Guildford, 247.</span>; <span
+class = "antiqua"> London Gazette, April 18. &amp; May 23. 1687</span>;
+<span class = "antiqua">Vindication of the E. of R. (Earl of
+Rochester.)</span></p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Verfahren der Hohen Commission.</span>
+<a name = "secVIII_5" id = "secVIII_5">Man</a> kann wohl denken, daß das
+Gesetz, das so gröblich von denjenigen Gerichtshöfen verletzt wurde,
+deren ganze Autorität sich auf dasselbe gründete und die es als
+Richtschnur zu betrachten pflegten, von einem durch tyrannische Willkür
+errichteten Tribunale eben so wenig geachtet wurde. Während der ersten
+Monate ihres Bestehens hatte die neue Hohe Commission Geistlichen nur
+die Ausübung ihrer Amtshandlungen verboten; die Eigenthumsrechte waren
+noch unangetastet geblieben. Zu Anfang des Jahres 1687 aber beschloß man
+auch gegen die Pfründeneinkünfte einen Schlag zu führen und jedem
+anglikanischen Priester und Prälaten die Überzeugung beizubringen,
+<span class = "pagenum">VIII.9</span>
+<a name = "pageVIII_9" id = "pageVIII_9"> </a>
+daß, wenn er seine Beihülfe zur Vernichtung der Kirche, deren Diener er
+war, verweigerte, er in einer Stunde zum Bettler gemacht werden
+würde.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Die Universitäten.</span>
+<a name = "secVIII_6" id = "secVIII_6">Es</a> würde der Klugheit
+angemessen gewesen sein, das erste Exempel an einem unbekannten
+Individuum zu statuiren. Die Regierung aber war in einer so unseligen
+Verblendung befangen, daß man dieselbe in einem naiveren Zeitalter als
+eine göttliche Strafe betrachtet haben würde. Es wurde daher ohne
+weiteres gleich von Anfang an den beiden ehrwürdigsten Korporationen des
+Reichs, den Universitäten Oxford und Cambridge, der Krieg erklärt.</p>
+
+<p>Die Macht dieser beiden Körperschaften war schon seit vielen
+Jahrhunderten groß; in der zweiten Hälfte des siebzehnten Jahrhunderts
+aber hatte sie ihren Höhepunkt erreicht. Kein Nachbarland konnte sich so
+glänzender und reicher Sitze der Wissenschaft rühmen. Die Hochschulen
+von Edinburg und Glasgow, von Leyden und Utrecht, von Löwen und Leipzig,
+von Padua und Bologna kamen Gelehrten, welche in den prächtigen
+Stiftungen Wykeham’s und Wolsey’s, Heinrich’s&nbsp;VI. und <ins class =
+"correction" title = "Original hat »Heinrichs«">Heinrich’s</ins> VIII.
+gebildet waren, ärmlich vor. Literatur und Wissenschaft waren in dem
+akademischen Systeme Englands mit Gepränge umgeben, mit obrigkeitlicher
+Gewalt bekleidet und mit den vornehmsten Institutionen des Landes eng
+verbunden. Kanzler einer Universität zu werden, war eine Auszeichnung,
+nach der die Magnaten des Reichs eifrig strebten; eine Universität im
+Parlament zu vertreten, war das Lieblingsziel des Ehrgeizes von
+Staatsmännern. Edelleute und selbst Fürsten waren stolz darauf, wenn
+eine Universität ihnen das Recht verlieh, den Scharlach der Doctorwürde
+zu tragen. Die Neugierigen wurden von den Universitäten angezogen durch
+alte, mit mittelalterlichen Verzierungen reich ausgestattete Gebäude,
+durch neuere Gebäude, welche glänzendes Zeugniß von dem künstlerischen
+Genie eines Jones und Wren gaben, durch imposante Hallen und Kapellen,
+durch Museen, durch botanische Gärten und durch die einzigen
+öffentlichen Bibliotheken, welche das Königreich damals besaß. Der
+Prunk, den namentlich Oxford bei feierlichen Gelegenheiten entfaltete,
+wetteiferte mit dem souverainer Fürsten. Wenn der Kanzler, der
+ehrwürdige Herzog von Ormond, in seinem geflickten Mantel auf seinem
+Throne unter der gemalten Decke der Sheldon’schen Tribüne saß, umgeben
+von vielen hundert Graduirten in der ihrem verschiedenen Range
+entsprechenden Kleidung, während die vornehmsten Jünglinge Englands ihm
+als Bewerber um akademische Ehren feierlich vorgeführt wurden, spielte
+er eine kaum minder königliche Figur als sein Gebieter im Bankethause zu
+Whitehall. Auf den Universitäten waren fast alle ausgezeichneten
+Geistlichen, Rechtsgelehrten, Ärzte, Schriftsteller, Dichter und Redner
+des Landes und zum großen Theil auch der hohe Adel und die reiche Gentry
+gebildet. Auch ist zu bemerken, daß die Verbindung zwischen dem Schüler
+und der Schule durch seinen Abgang nicht aufgelöst wurde. Er blieb oft
+während seines ganzen Lebens Mitglied des akademischen Körpers und
+behielt bei allen wichtigen Wahlen eine Stimme. Er hing daher an seinem
+alten Lieblingsaufenthalte am Cam und Isis mit weit größerer Zuneigung,
+als gebildete Leute sie in der Regel zu ihren Bildungsstätten empfinden.
+Es gab in England keinen Winkel, wo nicht beide Universitäten dankbare
+und treuergebene Söhne gehabt hätten. Jeder Angriff auf die Ehre oder
+die Interessen von Cambridge oder Oxford mußte nothwendig den Unwillen
+einer
+<span class = "pagenum">VIII.10</span>
+<a name = "pageVIII_10" id = "pageVIII_10"> </a>
+mächtigen, thätigen und intelligenten Klasse erregen, die über alle
+Grafschaften, von Northumberland bis Cornwall, zerstreut war.</p>
+
+<p>Die seßhaften Graduirten waren vielleicht im Ganzen genommen den
+seßhaften Graduirten unsrer Zeit nicht überlegen, aber im Vergleich zu
+den anderen Gesellschaftskreisen standen sie damals auf einer viel
+höheren Stufe; denn Cambridge und Oxford waren die beiden einzigen
+Provinzialstädte im ganzen Königreiche, wo man eine bedeutende Anzahl
+hochgebildeter Männer fand. Selbst die Hauptstadt hatte große Achtung
+vor der Autorität der Universitäten, nicht nur in Fragen der Theologie,
+der Naturwissenschaften und des klassischen Alterthums, sondern auch in
+solchen Angelegenheiten, in denen die Hauptstädte in der Regel für die
+höchsten Instanzen gelten wollen. Von Will’s Kaffeehaus und dem Parterre
+des Drurylanetheaters appellirte man noch an die beiden großen
+Nationalsitze des Geschmacks und der Gelehrsamkeit. Schauspiele, die in
+London mit enthusiastischem Beifalle aufgenommen worden waren, galten
+erst dann für außer Gefahr, wenn sie die strenge Prüfung eines mit
+Sophokles und Terenz vertrauten Zuhörerkreises bestanden hatten.<a class
+= "tag" name = "tagVIII_6" id = "tagVIII_6" href =
+"#noteVIII_6">6</a></p>
+
+<p>Die englischen Universitäten hatten ihren großen moralischen und
+intellectuellen Einfluß energisch zu Gunsten der Krone angewendet. Das
+Hauptquartier Karl’s&nbsp;I. war in Oxford gewesen und die silbernen
+Krüge und Teller sämmtlicher Collegien waren zur Unterstützung seiner
+Kriegskasse eingeschmolzen worden. Cambridge war nicht weniger loyal
+gesinnt. Es hatte ebenfalls einen großen Theil seines Silbergeräths in’s
+königliche Lager gesandt, und der Rest würde auch nachgefolgt sein, wäre
+die Stadt nicht von den Parlamentstruppen genommen worden. Beide
+Universitäten waren von den siegreichen Puritanern mit der äußersten
+Strenge behandelt worden, beide hatten die Restauration mit Freuden
+begrüßt, beide hatten sich der Ausschließungsbill standhaft widersetzt
+und ihren tiefsten Abscheu über das Ryehousecomplot ausgesprochen.
+Cambridge hatte nicht nur seinen Kanzler Monmouth abgesetzt, sondern
+seinen Unwillen über den Verrath des Herzogs sogar in einer eines Sitzes
+der Gelehrsamkeit unwürdigen Weise zu erkennen gegeben, indem es die
+Leinwand, auf der Kneller seine einnehmende Physiognomie und Gestalt mit
+künstlerischer Vollendung dargestellt hatte, den Flammen übergab.<a
+class = "tag" name = "tagVIII_7" id = "tagVIII_7" href =
+"#noteVIII_7">7</a> Oxford, das dem Herde des westlichen Aufstandes
+näher lag, hatte noch stärkere Beweise von Loyalität gegeben. Die
+Studenten hatten mit Bewilligung ihrer Professoren zu Hunderten die
+Waffen zur Vertheidigung der erblichen Thronrechte ergriffen. Und diese
+Körperschaften beschloß Jakob jetzt in offenem Widerspruch mit den
+Gesetzen und mit seinem verpfändeten Worte zu beschimpfen und zu
+berauben.</p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVIII_6" id = "noteVIII_6" href = "#tagVIII_6">6.</a>
+Dryden’s Prologe und Cibber’s Memoiren enthalten zahlreiche Beweise von
+dem Ansehen, welches der Geschmack der Oxforder bei den gefeiertsten
+Dichtern und Schauspielern genoß.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_7" id = "noteVIII_7" href = "#tagVIII_7">7.</a>
+Siehe das Gedicht: <span class = "antiqua">Advice to the Painter upon
+the Defeat of the Rebels in the West</span>, sowie noch ein andres ganz
+abscheuliches Gedicht über den nämlichen Gegenstand von Stepney, welcher
+damals am Trinity-Collegium studirte.</p>
+</div>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Verfahren gegen die Universität Cambridge.</span>
+<a name = "secVIII_7" id = "secVIII_7">Mehrere</a> Parlamentsacte, die
+so klar waren als nur irgend eine Verordnung des Gesetzbuches, hatten
+vorgeschrieben, daß auf beiden Universitäten Niemand zu irgend einem
+Grade zugelassen werden sollte, ohne den Suprematseid und einen andren
+ähnlichen Eid, der Gehorsamseid genannt, abgelegt zu
+<span class = "pagenum">VIII.11</span>
+<a name = "pageVIII_11" id = "pageVIII_11"> </a>
+haben. Dessenungeachtet wurde im Februar 1687 ein königliches Schreiben
+nach Cambridge gesandt, worin die Aufnahme eines Benedictinermönches,
+Namens Alban Francis, als Magister der freien Künste anbefohlen
+wurde.</p>
+
+<p>Die akademischen Würdenträger, zwischen der Ehrerbietung gegen den
+König und der Achtung vor dem Gesetz schwankend, waren in großer
+Verlegenheit. Es wurden in aller Eile Boten an den Herzog von Albemarle
+gesandt, der Monmouth’s Nachfolger als Kanzler der Universität war, und
+er wurde dringend ersucht, dem Könige die Sache in geeigneter Weise
+vorzustellen. Unterdessen begaben sich der Registrator und die Pedelle
+zu Francis und erklärten ihm, daß er sogleich aufgenommen werden solle,
+wenn er die gesetzlich vorgeschriebenen Eide leiste. Er weigerte sich
+dessen, machte den Beamten Vorwürfe wegen ihrer Nichtachtung des
+königlichen Befehls, und da sie nicht nachgaben, reiste er auf der
+Stelle wieder ab, um sich in Whitehall zu beschweren.</p>
+
+<p>Die Vorsteher der Collegien versammelten sich zu einer Berathung. Die
+Gutachten der ausgezeichnetsten Rechtsgelehrten wurden abgehört und sie
+sprachen sich entschieden zu Gunsten des beobachteten Verfahrens aus.
+Aber schon war ein zweites hochmüthiges und drohendes Schreiben von
+Sunderland unterwegs. Albemarle antwortete der Universität unter vielen
+Versicherungen seiner Theilnahme und seines Bedauerns, daß er alles
+Mögliche gethan habe, aber vom Könige sehr kalt und unfreundlich
+aufgenommen worden sei. Der akademische Körper, durch die königliche
+Ungnade erschreckt und von dem aufrichtigen Willen beseelt, den Wünschen
+Seiner Majestät nachzukommen, dabei aber auch fest entschlossen, das
+klare Gesetz des Landes nicht zu verletzen, unterbreitete die
+bescheidensten und ehrerbietigsten Auseinandersetzungen, aber ohne
+Erfolg. Bald darauf kam eine Vorladung, welche den Vicekanzler und den
+Senat auf den 24. April vor die Hohe Commission nach Westminster
+beschied. Der Vicekanzler sollte in Person erscheinen, der Senat, der
+aus allen Doctoren und Magistern der Universität besteht, eine
+Deputation senden.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Der Earl von Mulgrave.</span>
+<a name = "secVIII_8" id = "secVIII_8">Als</a> der festgesetzte Tag
+erschien, füllte sich der Sitzungssaal mit einer großen Zuschauermenge.
+Jeffreys fungirte als Präsident der Commission. Rochester war, seit ihm
+der weiße Stab abgenommen worden, nicht mehr Mitglied, anstatt seiner
+erschien der Lordkammerherr Johann Sheffield, Earl von Mulgrave. Das
+Schicksal dieses Edelmanns glich in einer Beziehung dem seines Collegen
+Sprat. Mulgrave schrieb Verse, die sich kaum über die absolute
+Mittelmäßigkeit erhoben, da er aber ein in den politischen und vornehmen
+Kreisen hochangesehener Mann war, so fanden seine Verse doch Bewunderer.
+Die Zeit zerstörte den Zauber, zu seinem Unglücke aber erst nachdem
+seine Gedichte bereits ein unveräußerliches Recht auf eine Stelle in
+allen Sammlungen englischer Dichtungswerke erlangt hatten. Dennoch
+werden bis auf den heutigen Tag seine, abgeschmackten Reimereien und
+seine jämmerlichen Lieder an Amoretta und Gloriana in Gesellschaft des
+„Comus“ und des „Festes Alexander’s“ immer wieder gedruckt. Die Folge
+davon ist, daß unsre Generation Mulgrave hauptsächlich als einen
+Dichterling kennt und ihn als solchen verachtet. Er war jedoch, wie
+selbst Diejenigen zugaben, die ihn weder liebten noch achteten, ein
+durch schöne Talente ausgezeichneter Mann und in der parlamentarischen
+Beredtsamkeit stand er kaum einem Redner seiner Zeit nach. Dagegen
+verdiente sein moralischer Character keine Achtung. Er war ein Wüstling,
+aber ohne jene Offenheit
+<span class = "pagenum">VIII.12</span>
+<a name = "pageVIII_12" id = "pageVIII_12"> </a>
+des Herzens und der Hand, welche zuweilen auch die Ausschweifung
+liebenswürdig, und ein stolzer Aristokrat ohne jene Hoheit der
+Denkungsart, welche zuweilen den aristokratischen Hochmuth achtungswerth
+macht. Die damaligen Satiriker gaben ihm den Spottnamen Lord Allpride
+(Ganzstolz). Sein Stolz vertrug sich indessen mit allen schmachvollen
+Lastern. Viele wunderten sich darüber, wie ein Mann, der ein so
+übertriebenes Gefühl seiner Würde zur Schau trug, in Geldangelegenheiten
+so zäh und knauserig sein konnte. Er hatte der königlichen Familie
+großes Ägerniß dadurch gegeben, daß er den Gedanken zu hegen wagte, das
+Herz und die Hand der Prinzessin Anna zu erobern. In dieser Hoffnung
+getäuscht, hatte er sich bemüht, durch kriechende Gemeinheit die durch
+Anmaßung verwirkte Gunst wieder zu gewinnen. Seine von ihm selbst
+verfaßte Grabschrift sagt noch heute jedem Besucher der
+Westminsterabtei, daß er in religiösen Dingen als Zweifler lebte und
+starb, und aus seinen hinterlassenen Memoiren ersehen wir, daß der
+römische Aberglaube ein Lieblingsthema seines Spottes war. Dennoch
+begann er unmittelbar nach Jakob’s Regierungsantritt eine starke
+Hinneigung zum Papismus zu zeigen und gerirte sich endlich privatim als
+Convertit. Der Lohn für diese verworfene Heuchelei war seine Anstellung
+bei der Hohen Commission.<a class = "tag" name = "tagVIII_8" id =
+"tagVIII_8" href = "#noteVIII_8">8</a></p>
+
+<p>Vor diesem gefürchteten Tribunal erschien jetzt der Vicekanzler der
+Universität Cambridge, Doctor Johann Pechell. Er selbst war kein Mann
+von ausgezeichneter Befähigung und Energie, aber es begleiteten ihn acht
+vom Senat gewählte vorzügliche Akademiker. Einer davon war Isaak Newton,
+Fellow des Trinity-Collegiums und Professor der Mathematik. Sein Genie
+stand damals in seiner vollsten Kraft. Das große Werk, welches ihm die
+erste Stelle unter den Geometern und Naturforschern aller Zeiten und
+aller Nationen sichert, wurde seit einiger Zeit unter der Sanction der
+Königlichen Societät gedruckt und war seiner Vollendung nahe. Er war der
+entschiedenste Freund der bürgerlichen Freiheit und der protestantischen
+Religion, aber seine Gewohnheiten machten ihn für die Kämpfe des
+praktischen Lebens durchaus nicht geeignet. Er verharrte daher in
+bescheidenem Stillschweigen unter den Delegirten und überließ anderen
+Männern, welche im Geschäftsleben mehr bewandert waren, die Aufgabe,
+seine geliebte Universität zu vertheidigen.</p>
+
+<p>Es konnte keinen klareren Rechtsfall geben. Das Gesetz ließ keinen
+Zweifel zu und die Praxis hatte fast stets im Einklang mit dem Gesetz
+gestanden. Es konnte vielleicht schon vorgekommen sein, daß an einem
+besonders feierlichen Tage, wo viele Ehrengrade verliehen wurden, in der
+Menge Einer durchgeschlüpft war, der die Eide nicht abgelegt hatte; aber
+eine solche Unregelmäßigkeit, lediglich die Folge der Eil und
+Unachtsamkeit, konnte nicht als Vorgang geltend gemacht werden. Fremde
+Gesandte verschiedener Glaubensrichtungen, insbesondere ein Muselmann,
+waren ohne die Eide aufgenommen worden. Aber es war eine große Frage, ob
+solche Fälle im Bereiche der Ansicht und des Geistes der betreffenden
+Parlamentsverordnungen
+<span class = "pagenum">VIII.13</span>
+<a name = "pageVIII_13" id = "pageVIII_13"> </a>
+lagen. Es war nicht einmal behauptet worden, daß schon einmal Jemand,
+dem die Eide angesonnen wurden und der sie nicht leisten wollte, einen
+akademischen Grad erlangt habe, und in dieser Lage befand sich Francis.
+Die Delegirten erboten sich zu beweisen, daß unter der vorigen Regierung
+mehrere königliche Befehle unberücksichtigt geblieben waren, weil die
+empfohlenen Personen sich dem Gesetz nicht hatten fügen wollen, und daß
+die Regierung sich in solchen Fällen stets bei dem Verfahren der
+Universität beruhigt habe, da sie es als das richtige anerkennen mußte.
+Jeffreys aber wollte von nichts hören. Er kam bald dahinter, daß der
+Vicekanzler ein schwacher, unerfahrener und schüchterner Mann war und
+ließ daher der ganzen Unverschämtheit, welche so lange der Schrecken der
+Old Bailey gewesen war, freien Lauf. Der unglückliche Doctor, der an ein
+solches Auditorium und an eine solche Behandlung nicht gewöhnt war,
+wurde bald so eingeschüchtert, daß er gänzlich die Fassung verlor.
+Sobald andere zur Verfechtung ihrer Sache besser befähigte Akademiker
+das Wort ergreifen wollten, wurden sie auf die unsanfteste Weise zum
+Schweigen gebracht. „Sie sind nicht Vicekanzler; wenn Sie es einmal sein
+werden, dann mögen Sie sprechen, bis dahin aber geziemt es Ihnen, den
+Mund zu halten.“ Die Angeklagten wurden, ohne gehört worden zu sein aus
+dem Gerichtssaale gewiesen. Nach einer Weile wurden sie wieder
+hereingerufen und ihnen kundgethan, daß die Commission beschlossen habe,
+Pechell seiner Würde als Vicekanzler zu entheben und ihm alle Einkünfte
+vorzuenthalten, die er als Vorsteher eines Collegiums bezog und welche
+ganz den Character eines unantastbaren Eigenthums hatten. „Sie, meine
+Herren,“ sagte Jeffreys zu den Delegirten, „sind größtentheils
+Theologen, und ich will Sie daher mit einer Stelle aus der Schrift
+heimschicken: <ins class = "correction" title = "alle anführungszeichen ungeändert">„Gehet</ins> hin und sündigt fortan nicht mehr, damit Euch
+nicht etwas Ärgeres widerfahre.“<a class = "tag" name = "tagVIII_9" id =
+"tagVIII_9" href = "#noteVIII_9">9</a></p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVIII_8" id = "noteVIII_8" href = "#tagVIII_8">8.</a>
+<span class = "antiqua">Mackay’s Character of Sheffield</span> nebst
+Swift’s Note; <span class = "antiqua">Satire on the Deponents,
+1688</span>; <span class = "antiqua">Life of John, Duke of
+Buckinghamshire, 1729</span>; Barillon, 30. Aug. 1687. Ich besitze ein
+handschriftliches Spottgedicht aus Mulgrave von 1690, das nicht ohne
+Witz ist. Die bemerkenswerthesten Zeilen sind diese:</p>
+
+<div class = "verse">
+<p>Heut’ schmeichelt er dem Peters (Petre), morgen dem Burnet.</p>
+<p>Fragt nicht nach Glauben und Partei, denn alle sind ihm gleich.</p>
+</div>
+
+<p><a name = "noteVIII_9" id = "noteVIII_9" href = "#tagVIII_9">9.</a>
+Siehe den Prozeß gegen die Universität Cambridge in der <span class =
+"antiqua">Collection of State Trials</span>.</p>
+</div>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Zustand Oxford’s.</span>
+<a name = "secVIII_9" id = "secVIII_9">Man</a> sollte meinen, daß dieses
+Verfahren ungerecht und willkürlich genug war. Aber der König hatte
+schon angefangen, Oxford mit einer Strenge zu behandeln, im Vergleich zu
+welcher die gegen Cambridge bewiesene Milde genannt werden konnte. Schon
+war das University-Collegium durch Obadja Walker in ein
+römisch-katholisches Seminar verwandelt, schon stand das
+Christchurch-Collegium unter der Leitung eines römisch-katholischen
+Dechanten, schon wurde in diesen beiden Collegien täglich Messe gelesen.
+Die ruhige, majestätische Stadt, so lange das Bollwerk des monarchischen
+Prinzips, war von Leidenschaften aufgeregt, die sie bisher nie gekannt
+hatte. Die Untergraduirten verhöhnten mit stillschweigender Erlaubniß
+ihrer Vorgesetzten die Mitglieder von Walker’s Gemeinde und sangen
+Spottlieder unter ihren Fenstern. Einige Bruchstücke von den Serenaden,
+welche damals in High Street die Ruhe störten, sind der Nachwelt
+erhalten worden; der Refrain einer Ballade lautet:</p>
+
+<div class = "verse">
+<p>„Der alte Obadja</p>
+<p>singt Ave Maria.“</p>
+</div>
+
+<p>Als die Schauspieler nach Oxford kamen, äußerte sich die öffentliche
+Meinung noch stärker. Es wurde Howard’s „Comité“ gegeben. Dieses bald
+nach der Restauration geschriebene Stück stellte die Puritaner in einem
+<span class = "pagenum">VIII.14</span>
+<a name = "pageVIII_14" id = "pageVIII_14"> </a>
+gehässigen und verächtlichen Lichte dar und war deshalb seit einem
+Vierteljahrhundert ein Lieblingsstück des oxforder Publikums. Jetzt war
+es beliebter als je zuvor, denn ein glücklicher Zufall wollte, daß eine
+der Hauptrollen ein alter Heuchler Namens Obadja war. Das Publikum brach
+in einen Beifallsjubel aus, als Obadja in der letzten Scene mit einem
+Strick um den Hals hereingeschleppt wurde, und der Applaus nahm zu, als
+einer der Schauspieler, von dem vorgeschriebenen Texte abweichend,
+ankündigte, daß Obadja wegen Glaubenabfalls gehängt werden solle. Der
+König war höchlich entrüstet über diesen Hohn. Die Stimmung der
+Universität war so rebellisch, daß eines der neu errichteten Regimenter,
+das welches gegenwärtig das zweite Gardedragonerregiment heißt, nach
+Oxford versetzt wurde, um einen Aufstand zu verhindern.<a class = "tag"
+name = "tagVIII_10" id = "tagVIII_10" href = "#noteVIII_10">10</a></p>
+
+<p>Diese Vorgänge hätten Jakob überzeugen können, daß er einen Weg
+eingeschlagen hatte, der ihn ins Verderben führen mußte. An das Geschrei
+der Londoner war er schon längst gewöhnt. Es war zuweilen
+ungerechterweise, zuweilen vergebens gegen ihn erhoben worden; er hatte
+demselben wiederholt getrotzt und konnte ihm auch fernerhin trotzen. Daß
+aber Oxford, der Sitz der Loyalität, das Hauptquartier der
+Kavalierarmee, der Ort, wohin sein Vater und sein Bruder ihren Hof
+verlegten, wenn sie sich in ihrer stürmisch bewegten Hauptstadt nicht
+mehr sicher glaubten, der Ort, wo die Schriften der großen
+republikanischen Lehrer unlängst den Flammen überliefert worden waren,
+daß diese Stadt sich jetzt in einer unzufriedenen Gährung befand und die
+muthigen Jünglinge, die sich vor wenigen Monaten so eifrig als
+Freiwillige gemeldet hatten, um gegen die Insurgenten im Westen zu
+marschiren, jetzt nur mit Mühe durch Säbel und Karabiner im Schach
+gehalten wurden: das waren Zeichen von schlimmer Vorbedeutung für das
+Haus Stuart. Doch der abgestumpfte, starrsinnige und eigenwillige Tyrann
+beachtete den Warnungsruf nicht. Er hatte sich einmal vorgenommen,
+seiner Kirche die reichsten und glänzendsten Stiftungen Englands zu
+verschaffen. Umsonst machten ihm die besseren und verständigeren seiner
+römisch-katholischen Rathgeber Vorstellungen. Sie erklärten ihm, daß er
+der Sache seiner Religion viel nützen könne, ohne die Eigenthumsrechte
+zu verletzen. Eine Bewilligung von jährlich zweitausend Pfund aus seiner
+Privatchatulle würde hinreichen, um ein Jesuitencollegium in Oxford zu
+unterhalten, und diese Summe könne er leicht verschmerzen. Ein solches
+Collegium, mit tüchtigen, gelehrten und eifrigen Lehrern ausgestattet,
+würde ein gefährlicher Nebenbuhler für die alten akademischen Anstalten
+werden, welche nur zu deutliche Symptome einer von Reichthum und
+Sicherheit unzertrennlichen Erschlaffung zeigten. König Jakob’s
+Collegium würde bald selbst von den Protestanten hinsichtlich der
+Wissenschaften sowohl als auch der moralischen Zucht als die erste
+Bildungsanstalt der Insel anerkannt werden. Dies würde der wirksamste
+und zugleich glimpflichste Weg sein, um die anglikanische Kirche zu
+demüthigen und die römische zu Ansehen zu bringen. Der Earl von
+Ailesbury, einer der ergebensten Diener des königlichen Hauses,
+erklärte, daß er, obgleich Protestant und nicht reich, lieber selbst
+einen Beitrag von tausend Pfund zu diesem Zwecke hergeben wolle, als daß
+sein Gebieter
+<span class = "pagenum">VIII.15</span>
+<a name = "pageVIII_15" id = "pageVIII_15"> </a>
+die Eigenthumsrechte verletze und sein der Staatskirche gegebenes Wort
+breche.<a class = "tag" name = "tagVIII_11" id = "tagVIII_11" href =
+"#noteVIII_11">11</a> Der Plan fand jedoch keinen Beifall in den Augen
+des Königs. Allerdings entsprach er auch in mehr als einer Beziehung
+seinem unfreundlichen Character nicht. Denn es machte ihm Vergnügen, den
+Sinn der Menschen zu beugen und zu brechen, und von seinem Gelde konnte
+er sich nur schwer trennen. Was er auf seine Kosten zu unternehmen nicht
+hochherzig genug war, das beschloß er auf Kosten Anderer durchzuführen.
+Wenn er einmal etwas begonnen hatte, so hielt sein Stolz und sein
+Starrsinn ihn ab, wieder zurückzutreten, und er ließ sich endlich
+Schritt für Schritt zu Handlungen türkischer Tyrannei verleiten, zu
+Handlungen, welche die Nation zu der Überzeugung bringen mußten, daß das
+Vermögen eines protestantischen Freisassen Englands unter einem
+römisch-katholischen König ebenso unsicher war, wie das eines Griechen
+unter der Herrschaft eines Moslem.</p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVIII_10" id = "noteVIII_10" href =
+"#tagVIII_10">10.</a>
+<span class = "antiqua">Wood’s Athenae Oxonienses</span>; <span class =
+"antiqua">Apology for the Life of Colley Cibber</span>; Citters, 2.(12.)
+März 1686.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_11" id = "noteVIII_11" href =
+"#tagVIII_11">11.</a>
+<span class = "antiqua">Burnet, I.</span> 697; Brief von Lord Ailesbury,
+abgedruckt im <span class = "antiqua">European Magazine</span>, April
+1795.</p>
+</div>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Das Magdalenen-Collegium in Oxford.</span>
+<a name = "secVIII_10" id = "secVIII_10">Das</a> Magdalenen-Collegium,
+gegründet im funfzehnten Jahrhundert von Wilhelm von Waynflete, Bischof
+von Winchester und Lordgroßkanzler, war eine der hervorragendsten
+unserer akademischen Institute. Ein schlanker Thurm, auf dessen Zinnen
+alljährlich am Morgen des ersten Mai von Choristen eine lateinische
+Hymne gesungen wurde, fesselte schon von weitem die Aufmerksamkeit des
+von London her kommenden Reisenden. Wenn er sich näherte, bemerkte er,
+daß dieser Thurm sich von einem mit Zinnen versehenen, zwar niedrigen
+und unregelmäßigen, aber doch sehr ehrwürdig aussehenden Gebäude erhob,
+das von Bäumen beschattet und von den trägen Fluthen des Chervell
+bespült wurde. Er trat durch einen Thorweg,<a class = "tag" name =
+"tagVIII_12" id = "tagVIII_12" href = "#noteVIII_12">12</a> über dem
+eine stattliche Gallerie hinlief, in einen geräumigen Kreuzgang, der mit
+Emblemen der Tugenden und Laster, von den Bildhauern des funfzehnten
+Jahrhunderts roh in grauen Stein gemeißelt, verziert war. Der Tisch der
+Gesellschaft wurde in einem mit Gemälden und phantastischem Schnitzwerk
+reich ausgestatteten Refectorium gedeckt. Der Gottesdienst wurde früh
+und Abends in einer Kapelle gehalten, die von den Reformers und den
+Puritanern viel zu leiden gehabt hatte, aber trotz alledem ein
+wunderschönes Bauwerk war, das in unseren Tagen mit seltenem Geschmack
+und Geschick restaurirt worden ist. Die großen Gartenanlagen am Ufer des
+Flusses zeichneten sich durch hohe Bäume aus, unter denen ein Wunder der
+Pflanzenwelt unsrer Insel emporragte, eine riesige Eiche, welche hundert
+Jahre älter sein sollte, als das älteste Collegium der Universität.</p>
+
+<p>Die Statuten der Gesellschaften bestimmten, daß die Könige von
+England und die Prinzen von Wales in dem Hause aufgenommen werden
+sollten, wie in ihrem eignen Palaste. Eduard&nbsp;IV. hatte das Gebäude
+bewohnt, als es noch nicht vollendet war. Richard III. hatte darin sein
+Hoflager gehalten, im großen Saale Disputationen mit angehört, war
+königlich bewirthet worden und hatte die Küche seiner Wirthe mit einem
+Geschenk von fetten Rehböcken aus seinen Forsten beehrt. Zwei
+muthmaßliche Thronerben, welche frühzeitig hinweggerafft wurden, Arthur,
+der ältere Bruder Heinrich’s VIII., und Heinrich, der ältere Bruder
+Karl’s&nbsp;I., hatten in dem Collegium studirt; ebenso auch ein andrer
+Prinz
+<span class = "pagenum">VIII.16</span>
+<a name = "pageVIII_16" id = "pageVIII_16"> </a>
+von Geblüt, der letzte und beste der römisch-katholischen Erzbischöfe
+von Canterbury, der menschenfreundliche Reginald Pole. Zur Zeit des
+Bürgerkriegs war das Collegium der Sache der Krone treu geblieben.
+Ruprecht hatte dort sein Hauptquartier aufgeschlagen, und ehe er zu
+einigen seiner kühnsten Unternehmungen auszog, hatte man in den stillen
+Kreuzgängen seine Trompeter zum Aufbruch blasen hören. Die Mehrzahl der
+Fellows waren Theologen und konnten den König nur mit Gebeten und
+Geldspenden unterstützen. Doch einer von den Mitgliedern der
+Gesellschaft, ein Doctor des Civilrechts, warb eine Truppe
+Untergraduirter und fiel an ihrer Spitze im tapferen Kampfe gegen die
+Soldaten von Essex. Als die Feindseligkeiten beendigt und die Rundköpfe
+Herren von England waren, verweigerten sechs Siebentel der Mitglieder
+der usurpirten Gewalt ihre Unterwerfung. In Folge dessen wurden sie aus
+ihren Wohnungen vertrieben und ihrer Einkünfte beraubt. Nach der
+Restauration kehrten die noch Lebenden an ihren lieblichen Wohnsitz
+zurück. Eine neue Generation war auf sie gefolgt, die ihre Ansichten und
+ihren Muth geerbt hatte. Zur Zeit des Aufstandes im Westen hatten
+diejenigen Collegiaten, welche nicht durch Alter oder Beruf zum
+Gebrauche der Waffen unfähig waren, sich bereitwilligst erboten, für die
+Krone zu kämpfen. Es dürfte schwerlich im ganzen Königreiche irgend eine
+Korporation zu finden sein, welche gerechteren Anspruch auf die
+Dankbarkeit des Hauses Stuart gehabt hätte.<a class = "tag" name =
+"tagVIII_13" id = "tagVIII_13" href = "#noteVIII_13">13</a></p>
+
+<p>Die Gesellschaft bestand aus einem Präsidenten, vierzig <ins class =
+"correction" title = "’ im Original">Fellow’s</ins>, dreißig Studenten
+(<span class = "antiqua">Demies</span>, Halbe genannt) und einer Anzahl
+von Kaplanen, Schreibern und Chorsängern. Zur Zeit der Generalvisitation
+unter Heinrich VIII. waren die Einkünfte viel bedeutender als die jeder
+andren ähnlichen Stiftung des Landes, fast um die Hälfte größer als die
+der reichen Stiftung Heinrich’s&nbsp;VI. in Cambridge und über noch
+einmal so groß als die, welche Wilhelm von Wykeham seinem Collegium in
+Oxford vermacht hatte. In den Tagen Jakob’s&nbsp;II. war der Reichthum
+des Magdalenen-Collegiums enorm und wurde durch das Gerücht noch
+übertrieben. Das Collegium wurde allgemein für reicher als die reichsten
+Abteien des Continents gehalten. Wenn die Pachtgelder alle eingingen,
+hieß es unter dem Volke, so beliefen sich die jährlichen Einkünfte auf
+die ungeheure Summe von vierzigtausend Pfund Sterling.<a class = "tag"
+name = "tagVIII_14" id = "tagVIII_14" href = "#noteVIII_14">14</a></p>
+
+<p>Die Collegiaten waren durch die von dem Begründer festgesetzten
+Statuten ermächtigt, sich ihren Präsidenten unter Personen, welche
+Mitglieder ihrer Gesellschaft oder des Neuen Collegiums waren oder
+gewesen waren, selbst zu wählen. Dieses Recht war in der Regel mit
+völliger Freiheit ausgeübt worden. Nur in einzelnen Fällen waren
+königliche Zuschriften gekommen, welche dem Collegium befähigte Personen
+anempfahlen, die bei Hofe in Gunst standen, und es war in solchen Fällen
+Sitte gewesen, auf die Wünsche des Souverains gebührende Rücksicht zu
+nehmen.</p>
+
+<p>Im März 1687 starb der Präsident des Collegiums. Einer der Fellows,
+Doctor Thomas Smith, vom Volke spottweise Rabbi Smith
+<span class = "pagenum">VIII.17</span>
+<a name = "pageVIII_17" id = "pageVIII_17"> </a>
+genannt, ein ausgezeichneter Reisender, Büchersammler,
+Alterthumsforscher und Orientalist, der Kaplan bei der Gesandtschaft in
+Konstantinopel gewesen und mit der Vergleichung der alexandrinischen
+Handschriften beauftragt worden war, bewarb sich um den erledigten
+Posten. Er meinte als Gelehrter und als eifriger Tory einigen Anspruch
+auf die Begünstigung von Seiten der Regierung zu haben. Seine Loyalität
+war auch in der That so glühend und so unwandelbar, wie man sie in der
+ganzer englischen Kirche nur finden konnte. Er war lange mit dem Bischof
+Parker von Oxford intim befreundet gewesen und hoffte durch die
+Verwendung dieses Prälaten ein königliches Empfehlungsschreiben an das
+Collegium zu erhalten. Parker versprach sein Möglichstes zu thun,
+berichtete aber bald, daß er auf Schwierigkeiten gestoßen sei. „Der
+König,“ sagte er, „mag Niemanden empfehlen, der nicht ein Freund seiner
+Religion ist. Was können Sie in dieser Beziehung thun, um ihn zufrieden
+zu stellen?“ Smith antwortete, daß, wenn er Präsident werden sollte, er
+sich bemühen würde, Gelehrsamkeit, wahres Christenthum und Loyalität zu
+fördern. „Das wird nicht genügen,“ sagte der Bischof. „Nun so mag
+Präsident werden wer da will,“ versetzte Smith mannhaft; „ich kann nicht
+mehr versprechen.“</p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVIII_12" id = "noteVIII_12" href =
+"#tagVIII_12">12.</a>
+Dieser Thorweg ist jetzt verschlossen.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_13" id = "noteVIII_13" href =
+"#tagVIII_13">13.</a>
+<span class = "antiqua">Wood’s Athenae Oxonienses</span>; <span class =
+"antiqua">Walker’s Sufferings of the Clergy.</span></p>
+
+<p><a name = "noteVIII_14" id = "noteVIII_14" href =
+"#tagVIII_14">14.</a>
+<span class = "antiqua">Burnet, I. 697</span>; <span class =
+"antiqua">Tanner’s Notitia Monastica.</span> Bei der Visitation im
+sechsundzwanzigsten Regierungsjahre Heinrich’s VIII. ergab es sich, daß
+die Einkünfte des Kings-Collegiums 751 Pfd. St., die des Neuen
+Collegiums 487 Pfd. St. und die des Magdalenen-Collegiums 1076 Pfd. St.
+betrugen.</p>
+</div>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Anton Farmer vom Könige als Präsident empfohlen.</span>
+<a name = "secVIII_11" id = "secVIII_11">Die</a> Wahl wurde auf den
+dreizehnten April festgesetzt und die Fellows aufgefordert, derselben
+beizuwohnen. Es ging die Rede, daß ein königliches Schreiben einlaufen
+werde, das einen gewissen Anton Farmer für die erledigte Stelle
+empfehle. Das Leben dieses Mannes war eine Reihenfolge ehrloser
+Handlungen. Er war Mitglied der Universität Cambridge gewesen und der
+Ausstoßung nur durch rechtzeitige freiwillige Entfernung entgangen. Dann
+hatte er sich den Dissenters angeschlossen und hierauf war er nach
+Oxford gegangen, um in das Magdalenen-Collegium einzutreten, wo er sich
+bald durch alle möglichen Laster auszeichnete. In der Regel taumelte er
+spät in der Nacht so betrunken, daß er nicht sprechen konnte, seinem
+Collegium zu. Es war allbekannt, daß er an der Spitze eines
+unehrenvollen Aufruhrs in Abingdon gestanden hatte, und er war ein
+regelmäßiger Gast bekannter Lieblingsorte von Wüstlingen gewesen.
+Endlich war er Kuppler geworden, hatte sogar die gewöhnliche Gemeinheit
+seines abscheulichen Gewerbes noch übertroffen und hatte von
+liederlichen jungen Leuten für Dienste, welche die Geschichte nicht gut
+erzählen kann, Geld genommen. Dieser erbärmliche Mensch war jetzt zum
+Papismus übergetreten. Sein Abfall sühnte alle seine Laster, und
+obgleich noch sehr jung, wurde er zum Vorsteher einer ernsten religiösen
+Gesellschaft empfohlen, in welcher das Ärgerniß, das er durch seine
+Lasterhaftigkeit gegeben, noch im frischen Andenken war.</p>
+
+<p>Durch das allgemeine Landesgesetz war er als römischer Katholik von
+allen akademischen Ämtern ausgeschlossen, und da er niemals Fellow des
+Magdalenen-Collegiums noch des Neuen Collegiums gewesen, so hatte er der
+besonderen Verordnung Wilhelm’s von Waynflete gemäß gar kein Recht, sich
+um die erledigte Präsidentenstelle zu bewerben. Überdies hatte Waynflete
+den Mitgliedern seiner Stiftung noch ausdrücklich eingeschärft, daß sie
+bei der Wahl ihres Vorstehers namentlich auf seinen moralischen
+Character Rücksicht nehmen sollten, und hätte er auch keine derartige
+Weisung hinterlassen, so konnte eine meist aus Theologen bestehende
+Gesellschaft einem Mann wie Farmer schicklicherweise nicht die Leitung
+einer Bildungsanstalt übertragen.
+<span class = "pagenum">VIII.18</span>
+<a name = "pageVIII_18" id = "pageVIII_18"> </a></p>
+
+<p>Die Collegiaten stellten dem Könige ehrerbietigst vor, in welche
+Verlegenheit sie kommen würden, wenn das Gerücht, daß Farmer ihnen
+empfohlen werden sollte, sich als begründet erwies, und baten darum, daß
+Seine Majestät, wenn es ihm beliebe, sich in die Wahl einzumischen,
+ihnen einen Mann vorschlagen möchte, für den sie gesetzlicherweise und
+mit gutem Gewissen stimmen könnten. Von dieser ergebenen Bitte wurde
+keine Notiz genommen. Das königliche Schreiben lief ein. Der Überbringer
+desselben war ein Fellow des Collegiums, der unlängst Papist geworden
+war, Namens Robert Charnock, ein Mann von Talent und Geist, aber von
+heftigem und ruhelosem Temperament, das ihn einige Jahre später zu einem
+abscheulichen Verbrechen und zu einem entsetzlichen Schicksale trieb.
+Das Collegium versammelte sich am 13. April in der Kapelle. Man hatte
+noch immer einige Hoffnung, daß der König sich durch die an ihn
+gerichteten Vorstellungen werde bewegen lassen, und die Versammlung
+vertagte sich deshalb bis auf den 15. April, als den letzten Termin, an
+welchem die Wahl nach den Statuten des Collegiums stattfinden mußte.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Wahl des Präsidenten.</span>
+<a name = "secVIII_12" id = "secVIII_12">Der</a> 15. April erschien und
+die Collegiaten versammelten sich wieder in ihrer Kapelle. Von <ins
+class = "correction" title = "Original hat »Withehall«">Whitehall</ins>
+war keine Antwort gekommen. Einige der älteren Mitglieder, darunter
+Smith, waren der Meinung, die Wahl lieber noch einmal zu verschieben,
+als einen Schritt zu thun, der den König möglicherweise beleidigen
+konnte. Aber die Sprache der Statuten war klar und die Mitglieder des
+Collegiums hatten sich eidlich verpflichtet, dieselben zu befolgen. Die
+Ansicht der Mehrheit war daher, daß kein weiterer Aufschub stattfinden
+dürfe. Es erfolgte eine heftige Debatte. Die Wähler waren zu aufgeregt,
+als daß sie hätten auf ihren Plätzen bleiben können; die ganze Kapelle
+war in Aufruhr. Diejenigen, welche für die Vornahme der Wahl stimmten,
+beriefen sich auf ihre Eide und auf die Verordnungen des Stifters,
+dessen Brot sie aßen. Sie behaupteten ganz richtig, der König habe nicht
+das Recht, ihnen selbst einen geeigneten Candidaten aufzudringen. In der
+Hitze des Streits fielen einige für toryistische Ohren anstößige
+Äußerungen und Smith ließ sich zu der Bemerkung verleiten, der Geist
+Ferguson’s habe sich seiner Collegen bemächtigt. Mit großer
+Stimmenmehrheit wurde endlich der Beschluß gefaßt, die Wahl unverzüglich
+vorzunehmen. Charnock verließ die Kapelle. Die übrigen Fellows gaben,
+nachdem sie vorher das Sakrament empfangen, ihre Stimmen ab. Die Wahl
+fiel auf Johann Hough, einen Mann von seltener Tugend und Besonnenheit,
+der, nachdem er Verfolgungen mit hohem Muthe und das Glück mit ernster
+Würde ertragen, zu hohen Ehren emporgestiegen und noch höhere bescheiden
+abgelehnt hatte, mehr als sechsundfünfzig Jahre nach diesem
+ereignißvollen Tage in hohem Alter, aber noch in voller Kraft des
+Geistes starb.</p>
+
+<p>Die Gesellschaft beeilte sich, dem Könige die Umstände
+auseinanderzusetzen, welche es nothwendig gemacht hatten, ohne weiteren
+Verzug zur Wahl eines Präsidenten zu schreiten, und ersuchte den Herzog
+von Ormond als Kanzler der ganzen Universität, und den Bischof von
+Winchester als Visitator des Magdalenen-Collegiums, das Amt der
+Vermittelung zu übernehmen. Der König aber war viel zu aufgebracht und
+viel zu befangen, als daß er auf derartige Verstellungen hätte hören
+können.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Die Mitglieder des Magdalenen-Collegiums werden vor die Hohe Commission
+geladen.</span>
+<a name = "secVIII_13" id = "secVIII_13">Anfangs</a> Juni wurden die
+Collegiaten vor die Hohe Commission nach Whitehall beschieden. Fünf von
+<span class = "pagenum">VIII.19</span>
+<a name = "pageVIII_19" id = "pageVIII_19"> </a>
+ihnen kamen als Deputirte der Korporation der Aufforderung nach.
+Jeffreys behandelte sie nach seiner gewohnten Manier. Als einer von
+ihnen, ein ehrwürdiger Doctor, Namens Fairfax, einigen Zweifel an der
+Rechtsgültigkeit der Commission äußerte, begann er zu brüllen wie ein
+wildes Thier: „Wer ist der Mann? Wer giebt ihm das Recht, hier
+unverschämt zu sein? Ergreift ihn und steckt ihn in ein finstres Zimmer!
+Wie kann man ihn ohne Wächter lassen? Er steht als Wahnsinniger unter
+meiner Aufsicht. Es wundert mich, daß noch Niemand bei mir darauf
+angetragen hat, daß er in sicheres Gewahrsam gebracht werde.“ Als aber
+der Sturm ausgetobt hatte und die Aussagen über den sittlichen Charakter
+des vom Könige empfohlenen Kandidaten verlesen waren, hatte keiner der
+Commissare die Frechheit zu behaupten, daß ein solcher Mensch sich zum
+Präsidenten eines großen Collegiums eigne. Obadja Walker und die übrigen
+oxforder Papisten, die sich eingefunden hatten, um ihren Proselyten zu
+unterstützen, waren nicht wenig bestürzt. Die Commission erklärte
+Hough’s Wahl für ungültig und suspendirte Fairfax von seiner
+Collegiatur; von Farmer aber war keine Rede mehr und im August kam ein
+königliches Schreiben an, welches dem Collegium den Bischof von Oxford,
+Parker, empfahl.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Parker zum Präsidenten empfohlen.</span>
+<a name = "secVIII_14" id = "secVIII_14">Parker</a> war kein erklärter
+Papist. Es lag jedoch ein Umstand gegen ihn vor, der, selbst wenn die
+Präsidentur erledigt gewesen wäre, hätte entscheidend sein müssen: er
+hatte weder dem Neuen Collegium noch dem Magdalenen-Collegium jemals
+angehört. Aber die Präsidentur war gar nicht erledigt, denn Hough war
+rechtskräftig gewählt und sämmtliche Mitglieder des Collegiums waren
+eidlich verpflichtet, ihn in seinem Amte zu erhalten. Sie entschuldigten
+sich daher mit vielen Versicherungen ihrer Loyalität und ihres
+Bedauerns, daß sie dem Befehle des Königs nicht Folge leisten
+könnten.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Die Karthause.</span>
+<a name = "secVIII_15" id = "secVIII_15">Während</a> Oxford so der
+Tyrannei energisch entgegen trat, leistete man an einem andren Orte
+nicht weniger tapferen Widerstand. Jakob hatte vor einiger Zeit den
+Administratoren der Karthause, Männern von hohem Rang und Ansehen im
+Königreiche, den Befehl gegeben, einen römischen Katholiken, Namens
+Popham, in das unter ihrer Verwaltung stehende Hospital aufzunehmen. Der
+Vorsteher der Anstalt, Thomas Burnet, ein durch Genie, Gelehrsamkeit und
+Tugend ausgezeichneter Geistlicher, hatte, obgleich der wilde Jeffreys
+im Collegium saß, den Muth, sie darauf aufmerksam zu machen, daß jene
+Zumuthung dem Willen des Stifters sowohl als einer Parlamentsacte
+zuwiderlaufe. „Was thut dies zur Sache?“ fragte ein dem Vorstande
+angehörender Höfling. „Ich meine, es thut sehr viel zur Sache,“
+antwortete eine von Alter und Sorgen geschwächte Stimme, die aber in
+keiner Versammlung ohne Achtung gehört wurde, die Stimme des ehrwürdigen
+Ormond. „Eine Parlamentsacte,“ fuhr der Patriarch der Kavalierpartei
+fort, „ist meiner Ansicht nach keine Kleinigkeit.“ Es wurde die Frage
+gestellt, ob Popham zugelassen werden solle, und der Beschluß lautete
+auf seine Zurückweisung. Da der Kanzler seinem Grolle nicht wohl durch
+Fluchen und Verwünschungen gegen Ormond Luft machen konnte, so lief er
+in voller Wuth fort und mehrere von der Minorität folgten ihm. In Folge
+dessen blieb keine beschlußfähige Anzahl übrig und es konnte daher auf
+den königlichen Befehl keine formelle Antwort gegeben werden.</p>
+
+<p>Die nächste Sitzung fand nur zwei Tage, nachdem die Commission
+<span class = "pagenum">VIII.20</span>
+<a name = "pageVIII_20" id = "pageVIII_20"> </a>
+Hough’s Wahl für ungültig erklärt und Fairfax suspendirt hatte, statt.
+Die Administratoren erhielten einen zweiten Befehl mit dem großen
+Staatssiegel; aber das tyrannische Verfahren gegen das
+Magdalenen-Collegium hatte ihren Muth noch erhöht, anstatt ihn zu
+schwächen. Sie setzten ein Schreiben an Sunderland auf, durch welches er
+ersucht wurde, dem Könige mitzutheilen, daß sie im vorliegenden Falle
+Seiner Majestät nicht gehorchen könnten, ohne das Gesetz und ihre
+Amtspflicht zu verletzen.</p>
+
+<p>Es dürfte kaum zu bezweifeln sein, daß, wenn diese Zuschrift nur von
+unbedeutenden Männern unterzeichnet gewesen wäre, der König irgend einen
+Gewaltschritt gethan haben würde. Aber selbst er erschrak beim Anblick
+der großen Namen Ormond, Halifax, Danby und Nottingham, der Oberhäupter
+aller Farben der großen Partei, der er seine Krone verdankte. Er
+begnügte sich deshalb, Jeffreys zu bedeuten, daß er das weiter
+einzuschlagende Verfahren in Erwägung ziehen solle. Einmal hieß es, es
+werde ein Prozeß bei der Kings Bench anhängig gemacht werden, ein
+andermal, die Kirchliche Commission werde den Fall in die Hand nehmen,
+aber diese Drohungen verstummten nach und nach wieder.<a class = "tag"
+name = "tagVIII_15" id = "tagVIII_15" href = "#noteVIII_15">15</a></p>
+
+<p class = "footnote">
+<a name = "noteVIII_15" id = "noteVIII_15" href = "#tagVIII_15">15.</a>
+<span class = "antiqua">A Relation of the Proceedings at the
+Charterhouse, 1689.</span></p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Rundreise des Königs.</span>
+<a name = "secVIII_16" id = "secVIII_16">Der</a> Sommer war jetzt weit
+vorgerückt und der König trat eine Reise an, die längste und
+glänzendste, die man seit vielen Jahren gesehen hatte. Am 16. August
+begab er sich von Windsor nach <ins class = "correction" title =
+"Original hat »Portsmuth«">Portsmouth</ins>, besichtigte die
+Festungswerke, berührte einige mit Kröpfen Behaftete und fuhr dann in
+einer seiner Yachten nach Southampton. Von hier reiste er nach Bath, wo
+er sich einige Tage aufhielt und die Königin zurückließ. Als er wieder
+abreiste, begleiteten ihn der Obersheriff von Somersetshire und eine
+große Anzahl Gentlemen bis an die Grenze der Grafschaft, wo ihn der
+Obersheriff von Gloucestershire mit einem nicht minder glänzenden
+Gefolge erwartete. Der Herzog von Beaufort kam bald darauf den
+königlichen Equipagen entgegen und geleitete dieselben nach Badminton,
+wo ein des Rufes, den sich der Herzog durch seinen glänzenden Haushalt
+erworben hatte, würdiges Mahl für ihn angerichtet war. Am Nachmittag
+ging der Zug weiter nach Gloucester. Zwei Meilen vor der Stadt wurde er
+vom Bischofe und der Geistlichkeit bewillkommnet. Am Südthore erwartete
+ihn der Mayor mit den Schlüsseln. Die Glocken gingen und aus allen
+Röhrtrögen floß Wein, während der König durch die Straßen nach dem
+Platze zog, der die ehrwürdige Kathedrale umgiebt. Er übernachtete in
+der Dechanei und brach am folgenden Morgen nach Worcester auf. Von
+Worcester ging er nach Ludlow, Shrewsbury und Chester, und wurde überall
+mit äußeren Zeichen der Freude und Ehrerbietung empfangen, die er
+schwach genug war, als Beweise zu betrachten, daß die durch seine
+Maßregeln hervorgerufene Unzufriedenheit gedämpft sei und ihm ein
+leichter Sieg bevorstehe. Der scharfblickendere Barillon benachrichtigte
+Ludwig, daß der König in einer Täuschung befangen sei, daß die Reise
+keinen wirklichen Nutzen gebracht habe und daß die nämlichen Gentlemen
+von Worcestershire und Shropshire, die es für ihre Pflicht gehalten,
+ihren Souverain und Gast mit allen Ehrenbezeigungen zu empfangen, sich
+so widerspenstig als je zeigen würden, wenn die Testangelegenheit zur
+Sprache käme.<a class = "tag" name = "tagVIII_16" id = "tagVIII_16" href
+= "#noteVIII_16">16</a></p>
+
+<p>Unterwegs schlossen sich dem königlichen Zuge zwei Höflinge an, die
+<span class = "pagenum">VIII.21</span>
+<a name = "pageVIII_21" id = "pageVIII_21"> </a>
+in Character und Meinungen weit von einander verschieden waren. Penn war
+auf einer geistlichen Hirtenreise in Chester. Seine Popularität und sein
+Ansehen waren unter seinen Glaubensbrüdern tief gesunken, seitdem er ein
+Werkzeug des Königs und der Jesuiten geworden war.<a class = "tag" name
+= "tagVIII_17" id = "tagVIII_17" href = "#noteVIII_17">17</a> Jakob aber
+nahm ihn sehr freundlich auf und er durfte am Sonntage im Ballhause
+einen Vortrag halten, während Cartwright in der Kathedrale predigte und
+der König an einem in der Grafschaftshalle errichteten Altare die Messe
+hörte. Man sagt sogar, Seine Majestät habe geruht, einen Augenblick in
+das Ballhaus einzutreten und der melodischen Beredtsamkeit seines
+Freundes mit Anstand zuzuhören.<a class = "tag" name = "tagVIII_18" id =
+"tagVIII_18" href = "#noteVIII_18">18</a></p>
+
+<p>Der wüthende Tyrconnel war von Dublin über den Kanal gekommen, um von
+seiner Verwaltung Bericht zu erstatten. Alle achtungswertheren
+englischen Katholiken behandelten ihn als einen Feind ihres Stammes und
+als eine Schande ihrer Religion mit Kälte. Sein Gebieter aber hieß ihn
+herzlich willkommen und entließ ihn mit Versicherungen seines
+ungeschwächten Vertrauens und seiner steten Unterstützung. Jakob vernahm
+mit großer Freude, daß bald die ganze Verwaltung Irlands in
+römisch-katholischen Händen sein werde. Die englischen Ansiedler waren
+schon ihrer ganzen politischen Macht beraubt, es blieb nur noch übrig,
+sie auch ihres Eigenthums zu berauben, und diese letzte Gewaltthat wurde
+so lange aufgeschoben, bis man sich die Mitwirkung eines irischen
+Parlaments gesichert haben würde.<a class = "tag" name = "tagVIII_19" id
+= "tagVIII_19" href = "#noteVIII_19">19</a></p>
+
+<p>Von Cheshire wendete sich der König nach dem Süden und in der festen
+Überzeugung, daß die Fellows des Magdalenen-Collegiums es trotz ihres
+widerspenstigen Geistes nicht wagen würden, einem ihnen mündlich
+gegebenen Befehle den Gehorsam zu verweigern, reiste er nach Oxford. Auf
+dem Wege dahin machte er einige kleine Abstecher nach Orten, die ihn als
+König, als Bruder und als Sohn besonders interessirten. Er besuchte das
+gastliche Dach von Boscobel und die Überreste der Eiche, die in der
+Geschichte seines Hauses eine so wichtige Rolle spielt. Er fuhr über das
+Schlachtfeld von Edgehill, wo die Kavaliere zuerst mit den Soldaten des
+Parlaments die Schwerter kreuzten. Am 3. September speiste er mit großem
+Gepränge im Palast von Woodstock, einem alten berühmten Schlosse, von
+dem kein Stein mehr vorhanden ist, dessen Lage aber noch heute auf der
+Wiese des Blenheimparks durch zwei unweit der stattlichen Brücke
+stehende Platanen bezeichnet wird.</p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVIII_16" id = "noteVIII_16" href =
+"#tagVIII_16">16.</a>
+London Gazette vom 18. Aug. bis 1. Sept. 1687; Barillon, 19.(29.)
+Sept.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_17" id = "noteVIII_17" href =
+"#tagVIII_17">17.</a>
+<span class = "antiqua">„Penn, chef des Quakers, qu’on sait être dans
+les intérêts du Roi d’Angleterre, est si fort décrié parmi ceux de son
+parti qu’il n’ont plus aucune confiance en lui.“</span> &mdash;
+Bonrepaux an Seignelay, 12.(22.) Sept. 1687. Gerhard Croese’s Zeugniß
+lautet ganz ebenso: <span class = "antiqua">„Etiam Quakeri Pennum non
+amplius, ut ante ita amabant ac magnifaciebant, quidam aversabantur ac
+fugiebant.“ &mdash; Historia Quakeriana, lib. II. 1695.</span></p>
+
+<p><a name = "noteVIII_18" id = "noteVIII_18" href =
+"#tagVIII_18">18.</a>
+<span class = "antiqua">Cartwright’s Diary, Aug. 30. 1687</span>; <span
+class = "antiqua">Clarkson’s Life of William Penn.</span></p>
+
+<p><a name = "noteVIII_19" id = "noteVIII_19" href =
+"#tagVIII_19">19.</a>
+<span class = "antiqua">London Gazette, Sept. 5.</span>; <span class =
+"antiqua">Sheridan MS.</span>; Barillon 6.(16.) Sept. 1687. <span class
+= "antiqua">„Le Roi son maître,“</span> sagt Barillon, <span class =
+"antiqua">„a témoigné une grande satisfaction des mesures qu’il a
+prises, et a autorisé ce qu’il a fait en faveur des Catholiques. Il les
+établit dans les emplois et les charges, en sorte que l’autorité se
+trouvera bientôt entre leurs mains. Il reste encore beaucoup de choses à
+faire en ce pays là pour retirer les biens injustement ôtés aux
+Catholiques. Mais cela ne peut s’exécuter qu’avec le temps et dans
+l’assemblée d’un parlement en Irlande.“</span></p>
+</div>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Der König in Oxford.</span>
+<a name = "secVIII_17" id = "secVIII_17">Am</a> Abend erreichte er
+Oxford, wo
+<span class = "pagenum">VIII.22</span>
+<a name = "pageVIII_22" id = "pageVIII_22"> </a>
+er mit den gewohnten Ehrenbezeigungen empfangen wurde. Die Studenten
+hatten sich in ihrer akademischen Tracht vom Stadtthore bis an den
+Haupteingang des Christchurch-Collegiums in einer Doppelreihe
+aufgestellt. Er stieg in der Dechanei ab, wo er unter anderen
+Bequemlichkeiten eine zum Meßdienst eingerichtete Kapelle vorfand.<a
+class = "tag" name = "tagVIII_20" id = "tagVIII_20" href =
+"#noteVIII_20">20</a></p>
+
+<p class = "footnote">
+<a name = "noteVIII_20" id = "noteVIII_20" href = "#tagVIII_20">20.</a>
+<span class = "antiqua">London Gazette, Sept. 5, 8. 1687</span>.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Er giebt den Collegiaten des Magdalenenstifts einen Verweis.</span>
+<a name = "secVIII_18" id = "secVIII_18">Den</a> Tag nach seiner Ankunft
+erhielten die Fellows des Magdalenen-Collegiums Befehl, ihm ihre
+Aufwartung zu machen. Als sie vor ihm erschienen, behandelte er sie mit
+einem Übermuth, wie ihn die puritanischen Visitatoren gegen ihre
+Vorgänger nie bewiesen hatten. „Sie haben Sich nicht wie Gentlemen gegen
+mich benommen,“ rief er aus; „Sie haben Sich eben so unschicklich als
+ungehorsam gezeigt.“ Sie fielen auf die Knie und überreichten ihm eine
+Petition. Er wollte sie nicht ansehen. „Ist das die Loyalität Ihrer
+englischen Kirche? Ich hätte nicht gedacht, daß so viele Geistliche der
+Kirche Englands sich bei einer solchen Sache betheiligen könnten. Gehen
+Sie nach Hause, gehen Sie. Ich bin König und ich verlange Gehorsam.
+Gehen Sie augenblicklich in Ihre Kapelle und nehmen Sie den Bischof von
+Oxford auf. Und wehe Denen, die sich weigern, sie sollen das ganze
+Gewicht meiner Hand fühlen, sie sollen erfahren, was es heißt, sich die
+Ungnade seines Souverains zuziehen!“ Die noch immer vor ihm knieenden
+Collegiaten reichten ihm wiederholt ihre Petition dar. Er warf sie
+zornig zu Boden. „Gehen Sie, sage ich, ich nehme nichts von Ihnen an,
+bis Sie den Bischof aufgenommen haben!“</p>
+
+<p>Sie gingen und versammelten sich augenblicklich in ihrer Kapelle. Es
+wurde die Frage gestellt, ob sie sich dem Befehle Seiner Majestät fügen
+sollten. Smith war abwesend, nur Charnock antwortete mit Ja. Alle
+übrigen Collegiaten erklärten, daß sie in allen gesetzlichen Dingen dem
+Könige bereitwilligst gehorchen, ihre Statuten und ihre Eide aber nicht
+verletzen würden.</p>
+
+<p>Voll Zorn und Ärger über seine Niederlage verließ der König Oxford
+und kehrte nach Bath zur Königin zurück. Seine Hartnäckigkeit und
+Willkür hatte ihn in eine sehr schwierige Lage versetzt. Er hatte zu
+fest auf die Wirkung seiner finstren Miene und seiner gebieterischen
+Rede gerechnet und unbesonnenerweise nicht nur das Ansehen seiner
+Regierung, sondern auch seine persönliche Würde aufs Spiel gesetzt.
+Konnte er Unterthanen nachgeben, denen er mit erhobener Stimme und
+zornigen Geberden gedroht hatte? Konnte er es auf der andren Seite
+wagen, an einem Tage eine Anzahl achtungswerther Geistlicher aus ihrer
+Heimath zu vertreiben, weil sie eine in den Augen der ganzen Nation
+heilige Pflicht gethan hatten? Vielleicht gab es noch einen Ausweg aus
+dieser Verlegenheit, vielleicht konnte das Collegium doch noch durch
+Drohungen, durch Zureden oder durch Bestechung zur Unterwerfung gebracht
+werden.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Penn sucht zu vermitteln.</span>
+<a name = "secVIII_19" id = "secVIII_19">Man</a> bediente sich Penn’s
+als Vermittler. Er hatte zuviel Rechtsgefühl, als daß er das gewaltsame
+und ungerechte Verfahren der Regierung hätte billigen können und er
+wagte es sogar, einem Theile seiner Gedanken Worte zu geben. Jakob
+beharrte wie gewöhnlich auf seinem Vorsatze, und der höfische Quäker
+<span class = "pagenum">VIII.23</span>
+<a name = "pageVIII_23" id = "pageVIII_23"> </a>
+that daher sein Möglichstes, um das Collegium vom Pfade des Rechts
+abzuziehen. Zuerst versuchte er es mit Einschüchterungen. Er sagte, der
+Gesellschaft drohe der Untergang, denn der König sei im höchsten Grade
+aufgebracht. Es sei allerdings ein schwerer Schritt für sie, das sahen
+die meisten Leute ein; aber jedes Kind wisse auch, daß Seine Majestät
+seinen Willen gern durchsetze und daß er Widerspruch nicht vertragen
+könne. Penn ermahnte daher die Collegiaten, nicht auf die Gerechtigkeit
+ihrer Sache zu pochen, sondern sich zu fügen oder wenigstens zu
+temporisiren. Ein solcher Rath klang sonderbar aus dem Munde eines
+Mannes, der selbst von der Universität vertrieben worden war, weil er
+wegen des Chorhemds einen Tumult hervorgerufen, der sich lieber der
+Gefahr der Enterbung ausgesetzt hatte, als daß er sich entschloß, vor
+einem königlichen Prinzen den Hut abzunehmen und der wegen seiner in
+Conventikeln gehaltenen Reden mehr als einmal in’s Gefängniß geschickt
+worden war. Es gelang ihm jedoch nicht, die Magdalenen-Collegiaten zu
+schrecken. In Antwort auf seine drohenden Winke wurde er daran erinnert,
+daß unter der vorigen Generation vierunddreißig von den vierzig
+Collegiaten lieber mit Freuden ihre geliebten Kreuzgänge und Gärten,
+ihre Halle und ihre Kapelle verlassen hätten und fortgegangen seien,
+ohne zu wissen wo sie ein Mahl oder ein Nachtlager finden würden, als
+daß sie ihren Unterthaneneid gebrochen hätten. Jetzt verlange der König
+die Verletzung eines andren Eides von ihnen, aber er solle erfahren, daß
+der alte Geist noch nicht erstorben sei.</p>
+
+<p>Penn zog nun gelindere Saiten auf. Er hatte eine Besprechung mit
+Hough und einigen Collegiaten und begann endlich nach vielen
+Versicherungen von Theilnahme und Freundschaft die Möglichkeit eines
+Vergleichs in Aussicht zu stellen. Der König vertrage nun einmal keinen
+Widerspruch, sagte er, das Collegium müsse nachgeben und Parker
+annehmen. Aber seine Gesundheit sei schwankend und alle seine Ämter
+würden voraussichtlich bald erledigt sein. „Doctor Hough,“ setzte er
+hinzu, „kann dann Bischof von Oxford werden. Wie würde Ihnen das
+gefallen, meine Herren?“ Penn hatte während seines ganzen Lebens gegen
+eine Miethlingsgeistlichkeit gepredigt. Er hielt sich für verpflichtet,
+die Entrichtung von Zehnten zu verweigern, und dies selbst als er mit
+Zehnten belastete Ländereien gekauft hatte und ihm der Betrag der
+Zehnten von der Kaufsumme nachgelassen worden war. Nach seinen eigenen
+Grundsätzen würde er eine große Sünde begangen haben, wenn er sich dabei
+betheiligt hätte, dem frömmsten Geistlichen selbst unter den
+ehrenvollsten Bedingungen eine Pfründe zu verschaffen. Aber sein
+Character war durch schlechte Gesellschaft so verdorben und sein
+Verstand durch übermäßigen Eifer für einen einseitigen Zweck so
+verdunkelt, daß er keinen Anstand nahm, bei einer Simonie von ganz
+besonders unehrenhafter Art den Unterhändler abzugeben und ein Bisthum
+als Köder zu benutzen, um einen Geistlichen zum Eidbruche zu verführen.
+Hough erwiederte mit höflicher Geringschätzung, daß er von der Krone
+nichts weiter verlange als einfache Gerechtigkeit. „Wir sind an unsere
+Statuten und unsere Eide gebunden,“ sagte er; „aber auch ganz abgesehen
+von unseren Statuten und unseren Eiden fühlen wir uns verpflichtet,
+unsren Glauben zu vertheidigen. Die Papisten haben uns schon das
+University-Collegium und das Christchurch-Collegium geraubt, jetzt
+greifen sie auch das Magdalenen-Collegium an. Sie werden bald Alles
+haben.“
+<span class = "pagenum">VIII.24</span>
+<a name = "pageVIII_24" id = "pageVIII_24"> </a></p>
+
+<p>Penn war so unbesonnen, hierauf zu antworten, daß er ernstlich
+glaube, die Papisten würden nun zufrieden sein. „Das
+University-Collegium,“ sagte er, „ist ein schönes Collegium,
+Christchurch ein vortrefflicher Platz und Magdalenen ein herrliches
+Gebäude. Die Lage ist angenehm, die Gartenanlagen am Flusse reizend.
+Wenn die Katholiken vernünftig sind, werden sie sich damit begnügen.“
+Diese alberne Erklärung würde allein schon Hough und seine Collegen in
+die Unmöglichkeit versetzt haben, nachzugeben. Die Unterhandlung wurde
+abgebrochen, und der König beeilte sich, seiner Drohung gemäß die
+Ungehorsamen fühlen zu lassen, was es hieß, sich seine Ungnade
+zuziehen.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Eine kirchliche Specialcommission wird nach Oxford gesandt.</span>
+<a name = "secVIII_20" id = "secVIII_20">Cartwright</a>, Bischof von
+Chester, Wright, Oberrichter der Kings Bench, und Sir Thomas Jenner, ein
+Baron des Schatzkammergerichts, erhielten eine Specialvollmacht zur
+Visitation des Collegiums. Am 20. October kamen sie in Oxford an,
+begleitet von drei Schwadronen Kavalerie mit gezogenen Säbeln. Am
+folgenden Morgen nahmen die Commissare im Hörsaale des
+Magdalenen-Collegiums ihre Sitze ein und Cartwright hielt eine loyale
+Rede, welche noch vor wenigen Jahren von den Oxfordern mit lautem
+Beifall aufgenommen worden wäre, die aber jetzt mit stummem Unwillen
+angehört wurde. Es erfolgte hierauf eine lange Debatte. Der Präsident
+vertheidigte seine Rechte mit Geschick, Mäßigung und Entschiedenheit. Er
+versicherte seine hohe Achtung vor der königlichen Autorität, behauptete
+aber fest, daß er nach den Gesetzen Englands ein Eigenthumsrecht an das
+Haus und an die mit der Präsidentur verbundenen Einkünfte habe. Dieses
+Rechts könne ihn ein Machtspruch des Landesherrn nicht berauben. „Wollen
+Sie sich unsrer Visitation unterwerfen?“ fragte der Bischof. „Ich
+unterwerfe mich derselben,“ antwortete Hough mit weiser Vorsicht, „in so
+weit sie mit dem Gesetz im Einklange steht, weiter nicht.“ &mdash;
+„Wollen Sie den Schlüssel zu Ihrer Wohnung ausliefern?“ fragte
+Cartwright. Hough schwieg. Die Frage wurde wiederholt, und Hough
+antwortete nun mild aber entschieden, daß er dies nicht thun werde. Die
+Commissare nannten ihn einen unberufenen Eindringling und forderten die
+Collegiaten auf, seine Autorität nicht mehr anzuerkennen und für die
+Aufnahme des Bischofs von Oxford zu stimmen. Charnock versprach
+bereitwilligst Gehorsam, Smith gab eine ausweichende Antwort, die
+Hauptmasse der Collegiaten aber erklärte auf das Bestimmteste, daß sie
+Hough noch immer als ihren rechtmäßigen Präsidenten betrachteten.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Hough’s Protest.</span>
+<a name = "secVIII_21" id = "secVIII_21">Jetzt</a> bat Hough um die
+Erlaubniß, selbst noch einige Worte an die Commissare richten zu dürfen.
+Sie bewilligten ihm dies sehr artig, vielleicht weil sie nach seinem
+ruhigen und gelassenen Benehmen erwarteten, daß er ein Zugeständniß
+machen werde. „Mylords,“ sprach er, „Sie haben mich heute meines freien
+Eigenthums beraubt; ich protestire hiermit gegen Ihr ganzes Verfahren
+als gesetzwidrig, ungerecht und nichtig und appellire an unsren
+erlauchten Gebieter, den König, in seinen Gerichtshöfen.“ Ein lautes
+beifälliges Gemurmel erhob sich unter den Studirenden, welche den Saal
+füllten. Die Commissare waren wüthend. Man suchte die Verbrecher, welche
+applaudirt hatten, herauszufinden, aber vergebens. Der ganze Zorn der
+Commission richtete sich nun gegen Hough. „Glauben Sie nicht, daß Sie
+uns trotzen können,“
+<span class = "pagenum">VIII.25</span>
+<a name = "pageVIII_25" id = "pageVIII_25"> </a>
+rief Jenner mit einem Wortspiel auf den Namen des Präsidenten.<a class =
+"tag" name = "tagVIII_21" id = "tagVIII_21" href = "#noteVIII_21">21</a>
+„Ich werde die Autorität Seiner Majestät aufrecht erhalten, so lange ich
+Athem in meiner Brust habe,“ setzte Wright hinzu. „Das Alles kommt von
+Ihrem nach Popularität haschenden Protest. Sie haben den Landfrieden
+gebrochen und sollen sich dafür vor der Kings Bench verantworten. Ich
+verpflichte Sie bei Strafe von tausend Pfund, beim nächsten Termine zu
+erscheinen. Wir wollen sehen, ob die Civilgewalt Sie nicht bändigen
+wird. Reicht sie nicht aus, so sollen Sie auch die militairische haben.“
+Oxford befand sich in der That in einer Stimmung, welche die Commissare
+nicht wenig beunruhigte. Die Soldaten erhielten Befehl, ihre Carabiner
+zu laden, und man sagte, es sei ein expresser Bote nach London geschickt
+worden, um schleunige Nachsendung von Verstärkungen zu verlangen. Es
+fand jedoch keine Ruhestörung statt.</p>
+
+<p class = "footnote">
+<a name = "noteVIII_21" id = "noteVIII_21" href = "#tagVIII_21">21.</a>
+Im Deutschen läßt sich das Wortspiel nicht wiedergeben. <span class =
+"antiqua">Hough</span> und <span class = "antiqua">huff</span> (trotzen)
+wird im Englischen ziemlich gleich
+ausgesprochen.&emsp;&emsp;D.&nbsp;Übers.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Einsetzung Parker’s.</span>
+<a name = "secVIII_22" id = "secVIII_22">Der</a> Bischof von Oxford
+wurde mittelst Vollmacht ruhig eingesetzt, aber nur zwei Mitglieder des
+Magdalenen-Collegiums wohnten der Feierlichkeit bei. Mancherlei
+Anzeichen bewiesen, daß der Geist des Widerstandes sich auch des Volks
+bemächtigt hatte. Der Thürsteher des Collegiums warf seinen Schlüssel
+weg. Der Kellermeister weigerte sich, den Namen Hough’s aus dem
+Wirthschaftsbuche zu streichen. In der ganzen Stadt war kein Schlosser
+aufzutreiben, der die Thür der Präsidentenwohnung aufsprengen wollte.
+Die eigenen Diener der Commissare mußten die Thür mit eisernen Stangen
+erbrechen. Die Predigten, welche am nächstfolgenden Sonntage in der
+Universitätskirche gehalten wurden, waren voll von Bemerkungen, welche
+Cartwright tief kränkten; aber sie waren so gehalten, daß er nichts
+dagegen thun konnte.</p>
+
+<p>Wäre Jakob nicht ganz verblendet gewesen, so würde er hier
+innegehalten haben. Die Collegiaten waren im Ganzen genommen nicht
+geneigt, den Widerstand noch weiter zu treiben. Sie waren der Meinung,
+daß sie ihre Achtung vor ihren Statuten und Eiden hinreichend bewiesen
+hätten, indem sie ihre Mitwirkung bei der Einsetzung eines Unberufenen
+verweigerten, und daß sie sich ihm jetzt, da er im factischen Besitze
+des Amtes war, als ihrem Oberhaupte unterwerfen könnten, ohne einen
+Vorwurf auf sich zu laden, bis er durch den Ausspruch eines competenten
+Gerichts entfernt wurde. Nur ein Collegiat, Doctor Fairfax, weigerte
+sich, auch nur soweit nachzugeben. Die Commissare würden zu einer
+solchen Verständigung gern die Hand geboten haben und einige Stunden
+lang herrschte eine Waffenruhe, von der Viele glaubten, daß sie zu einem
+gütlichen Vergleich führen werde. Aber bald war Alles wieder in
+Aufregung. Die Collegiaten sahen, daß die öffentliche Meinung sie offen
+der Kleinmüthigkeit beschuldigte; in der Stadt sprach man schon ironisch
+von einem Magdalenengewissen und sagte, der tapfere Hough und der brave
+Fairfax seien verrathen und verlassen worden. Noch ärgerlicher waren die
+Spötteleien Obadja Walker’s und seiner Renegatensippschaft. Das also,
+sagten diese Apostaten, sei das Ende von all den hochtrabenden Worten,
+in denen die Gesellschaft ihren Entschluß erklärt habe, treu zu ihrem
+rechtmäßigen Präsidenten und zu ihrem protestantischen Glauben zu
+stehen! Während die Collegiaten, tief gekränkt durch den öffentlichen
+Tadel, ihre bedingte Unterwerfung bereueten, erfuhren sie, daß diese den
+König noch keineswegs
+<span class = "pagenum">VIII.26</span>
+<a name = "pageVIII_26" id = "pageVIII_26"> </a>
+zufriedengestellt habe. Es sei nicht genug, sagte er, daß sie sich
+erboten hätten, dem Bischof von Oxford als factischem Präsidenten zu
+gehorchen; sie müßten auch die Commission und Alles was dieselbe gethan
+habe, als gesetzlich anerkennen. Sie müßten eingestehen, daß sie
+pflichtvergessen gehandelt hätten, müßten ihr Benehmen bereuen und
+versprechen, daß sie sich in Zukunft besser betragen wollten, müßten
+Seine Majestät um Verzeihung bitten und ihm zu Füßen fallen. Nur zwei
+Collegiaten, Charnock und Smith, über welche der König nicht zu klagen
+hatte, wurden von der Verpflichtung, diese erniedrigenden
+Entschuldigungen zu machen, ausgenommen.</p>
+
+<p>Nie that Jakob einen thörichteren Fehlgriff. Die Collegiaten, schon
+mit sich selbst unzufrieden, weil sie so weit nachgegeben hatten, und
+durch den Tadel des Publikums gereizt, ergriffen eifrig die ihnen jetzt
+gebotene Gelegenheit, die öffentliche Achtung wieder zu gewinnen. Sie
+erklärten einstimmig, sie würden niemals deshalb, daß sie in ihrem
+Rechte gewesen seien, um Verzeihung bitten, und eben so wenig
+anerkennen, daß die Visitation ihres Collegiums und die Beraubung ihres
+Präsidenten gesetzlich gewesen sei.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Vertreibung der Collegiaten.</span>
+<a name = "secVIII_23" id = "secVIII_23">Jetzt</a> ließ sie der König
+das angedrohte ganze Gewicht seiner Hand fühlen. Durch ein summarisches
+Edict wurden sie zur Vertreibung verurtheilt. Diese Strafe wurde
+indessen noch nicht für genügend erachtet. Man wußte, daß viele
+Edelleute und Gentlemen, welche ein kirchliches Patronatrecht hatten,
+sich bemühen würden, für Männer zu sorgen, welche für die Gesetze
+Englands und für den protestantischen Glauben so viel gelitten. Deshalb
+erklärte die Hohe Commission die Vertriebenen für unfähig, irgend ein
+geistliches Amt wieder zu bekleiden, und Diejenigen, welche noch nicht
+ordinirt waren, wurden für unfähig erklärt, die geistliche Ordination zu
+empfangen. So hatte Jakob die Genugthuung, Viele von ihnen aus einer
+Lage, in der sie alle möglichen Annehmlichkeiten des Lebens genossen und
+die schönsten Aussichten auf zukünftige Anstellungen hatten, in
+hoffnungslose Dürftigkeit zurückgeworfen zu haben.</p>
+
+<p>Aber all’ diese Strenge hatte gerade die entgegengesetzte Wirkung als
+er erwartete. Der Geist der Engländer, dieser trotzige Geist, den kein
+König aus dem Hause Stuart jemals durch Erfahrung erkennen lernte,
+empörte sich heftig gegen die Ungerechtigkeit. Oxford, der friedliche
+Sitz der Gelehrsamkeit und Loyalität, war in einem Zustande, ähnlich
+dem, in welchem sich London am Morgen nach dem Versuche Karl’s&nbsp;I.,
+die fünf Parlamentsmitglieder festnehmen zu lassen, befunden hatte. Der
+Vicekanzler war am Tage der Vertreibung von den Commissaren zu Tische
+eingeladen worden. Er lehnte die Einladung ab. „Mein Geschmack,“ sagte
+er, „ist verschieden von dem des Obersten Kirke; ich kann unter dem
+Galgen nicht mit Appetit essen.“ Die Studenten weigerten sich, den neuen
+Vorsteher des Magdalenen-Collegiums zu grüßen. Smith erhielt den
+Spottnamen <span class = "antiqua">Dr.</span> Schuft und wurde in einem
+Kaffeehause öffentlich insultirt. Als Charnock die Demies aufforderte,
+in seiner Gegenwart ihre akademischen Übungen vorzunehmen, antworteten
+sie ihm, daß sie ihrer rechtmäßigen Vorsteher beraubt seien und sich
+keiner widerrechtlichen Autorität unterwerfen würden. Sie versammelten
+sich zum Studiren wie zum Gottesdienst auf eigne Hand. Man versuchte es,
+sie durch das Anerbieten der einträglichen Collegiaturen, welche eben
+für erledigt erklärt
+<span class = "pagenum">VIII.27</span>
+<a name = "pageVIII_27" id = "pageVIII_27"> </a>
+worden waren, zu verführen, aber ein Untergraduirter nach dem andren
+antwortete mit männlichem Freimuth, daß sein Gewissen ihm nicht
+gestatte, aus einem Unrecht für sich Nutzen zu ziehen. Ein Student, der
+sich zur Annahme einer Collegiatur überreden ließ, wurde von seinen
+Comiletonen aus dem Saale gestoßen. Es wurden junge Leute aus anderen
+Collegien eingeladen, aber mit geringem Erfolg; die reichste Stiftung
+des Landes schien selbst für arme Studenten alle Anziehungskraft
+verloren zu haben. Inzwischen wurde in London und im ganzen Lande Geld
+zur Unterstützung der vertriebenen Collegiaten gesammelt. Die Prinzessin
+von Oranien zeichnete zur großen Freude aller Protestanten zweihundert
+Pfund. Der König, beharrte nichtsdestoweniger bei dem eingeschlagenen
+Verfahren. Auf die Vertreibung der Collegiaten folgte bald die
+Ausstoßung einer Menge Demies. Währenddem nahmen die körperlichen und
+geistigen Kräfte des neuen Präsidenten mehr und mehr ab. Er hatte zu der
+Zeit, als sein Kollegium sich in offener Empörung gegen seine Autorität
+befand, noch einen schwachen Versuch gemacht, der Regierung einen Dienst
+zu leisten, indem er eine Vertheidigung der Indulgenzerklärung oder
+vielmehr der Lehre von der Transsubstantiation erscheinen ließ. Diese
+Schrift rief viele Entgegnungen hervor, namentlich eine von Burnet, die
+mit außerordentlicher Kraft und Schärfe geschrieben war. Wenige Wochen
+nach der Vertreibung der Demies starb Parker in dem Hause, von dem er
+gewaltsam Besitz ergriffen hatte. Man sagte damals, Reue und Scham
+hätten sein Ende beschleunigt. Er ruht in der schönen Vorkapelle des
+Collegiums, aber kein Denkstein bezeichnet sein Grab.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Das Magdalenen-Collegium in ein papistisches Seminar verwandelt.</span>
+<a name = "secVIII_24" id = "secVIII_24">Der</a> ganze Plan des Königs
+wurde nun vollends ausgeführt: das Collegium wurde zu einem papistischen
+Seminar umgestaltet. Bonaventura Giffard, der katholische Bischof von
+Madura, ward Präsident. In der Kapelle wurde katholischer Gottesdienst
+gehalten und an einem Tage zwölf Katholiken als Collegiaten aufgenommen.
+Einige servile Protestanten bewarben sich um die Aufnahme, wurden aber
+abschläglich beschieden. Smith, der loyal bis zur Begeisterung, aber
+noch immer ein aufrichtiges Mitglied der anglikanischen Kirche war,
+konnte das veränderte Aussehen des Hauses nicht ertragen. Er entfernte
+sich, kam der Aufforderung zur Rückkehr in seine Wohnung nicht nach, und
+wurde daher abgesetzt. So war das Beraubungswerk vollendet.<a class =
+"tag" name = "tagVIII_22" id = "tagVIII_22" href =
+"#noteVIII_22">22</a></p>
+
+<p>Das Universitätssystem Englands ist von der Art, daß jedes Ereigniß,
+das die Interessen oder die Ehre irgend einer Universität berührt, im
+ganzen Lande nothwendig einen starken Eindruck machen muß. Jeder neue
+Schlag gegen das Magdalenen-Collegium wurde daher bis an die äußersten
+Endpunkte des Königreichs gefühlt. In den londoner Kaffeehäusern, in den
+juristischen Hochschulen, unter den Geistlichen aller Domkapitel, in
+Pfarrwohnungen und Landschlössern selbst der entferntesten Grafschaften
+war das Mitleid mit den Duldern und der Unwille gegen die Regierung
+<span class = "pagenum">VIII.28</span>
+<a name = "pageVIII_28" id = "pageVIII_28"> </a>
+beständig im Zunehmen. Hough’s Protest fand überall Beifall, das
+Aufsprengen seiner Thür wurde überall mit Abscheu erzählt und das über
+die Collegiaten verhängte Beraubungs- und Vertreibungsurtheil zerriß
+endlich die einst so engen und theuren Bande, welche die anglikanische
+Kirche mit dem Hause Stuart verknüpften.</p>
+
+<p class = "footnote">
+<a name = "noteVIII_22" id = "noteVIII_22" href = "#tagVIII_22">22.</a>
+Prozeßverfahren gegen das Magdalenen-Collegium zu Oxford wegen
+Nichterwählung Anton Farmer’s zum Präsidenten, in der <span class =
+"antiqua">Collection of State Trials</span>, Ausgabe von Howell; <span
+class = "antiqua">Luttrell’s Diary, June 15., 17., Oct. 24., Dec. 10.
+1687</span>; <span class = "antiqua">Smith’s Narrative</span>; Brief von
+Doctor Richard Rawlinson vom 31. Oct. 1687; <span class =
+"antiqua">Reresby’s Memoirs</span>; <span class = "antiqua">Burnet, I.
+699</span>; <span class = "antiqua">Cartwright’s Diary</span>; Citters,
+25. Oct. (4. Nov.), 28. Oct. (7. Nov.), 8.(18.) u. 18.(28.) Nov.
+1687.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Groll der Geistlichkeit.</span>
+<a name = "secVIII_25" id = "secVIII_25">Bitterer</a> Groll und schlimme
+Befürchtungen traten an die Stelle der Liebe und des Vertrauens. Es gab
+keinen Pfründner, keinen Rector und keinen Vikar, der nicht von der
+Angst gequält worden wäre, daß er, so friedlich sein Character und so
+unbedeutend seine Stelle sein mochte, vielleicht in wenigen Monaten
+durch einen willkürlichen Machtspruch aus seinem Hause vertrieben werden
+könne, um im zerrissenen Priesterrocke mit Frau und Kindern zu betteln,
+während sein durch uralte Gesetze und durch das königliche Wort
+gesichertes Eigenthum von einem Apostaten in Besitz genommen wurde. Das
+war also der Lohn für die heldenmüthige Loyalität, die sich in allen
+Wechselfällen fünfzig stürmischer Jahre nicht ein einziges Mal
+verleugnet hatte! Deshalb also hatte die Geistlichkeit für Karl&nbsp;I.
+Plünderung und Verfolgung ertragen, deshalb hatte sie Karl&nbsp;II. in
+seinem harten Kampfe mit der whiggistischen Opposition unterstützt,
+deshalb hatte sie in der vordersten Reihe gegen Diejenigen gestanden,
+welche Jakob seines Geburtsrechtes berauben wollten! Ihrer Treue allein
+verdankte ihr Unterdrücker die Macht, die er jetzt zu ihrem Verderben
+anwendete. Lange genug hatten sie mit bitterem Schmerze die Leiden
+aufgezählt, die sie von den Puritanern in den Tagen ihrer Macht hatten
+erdulden müssen. Der Puritaner war indessen einigermaßen zu
+entschuldigen. Er war ein erklärter Feind, er hatte sich für erlittenes
+Unrecht zu rächen und selbst er war nicht ganz ohne Mitleid gewesen, als
+er die Kirchenverfassung des Landes umgestaltete und Alle, die seinen
+Covenant nicht unterschreiben wollten, absetzte. Er hatte denen, die er
+ihrer Pfründen beraubte, wenigstens so viel davon gelassen, als sie zu
+ihrem Lebensunterhalte nothwendig brauchten. Aber des Königs Haß gegen
+die Kirche, die ihn vor der Verbannung bewahrt und auf den Thron erhoben
+hatte, war nicht so leicht zu sättigen. Nur der völlige Ruin seiner
+Opfer konnte ihn zufrieden stellen. Nicht genug, daß sie aus ihren
+Wohnungen vertrieben und ihres Einkommens beraubt wurden, auch jede
+andre Laufbahn, auf der Männer ihrer Art ihren Unterhalt suchen konnten,
+war ihnen mit raffinirter Böswilligkeit verschlossen und es blieb ihnen
+nichts Andres übrig, als die unsichere und beschämende Hülfsquelle der
+öffentlichen Mildthätigkeit.</p>
+
+<p>Die anglikanische Geistlichkeit und diejenigen Laien, welche dem
+protestantischen Episcopat mit Liebe zugethan waren, betrachteten daher
+jetzt den König mit Gefühlen, wie sie eine durch Undank noch
+verschlimmerte Ungerechtigkeit nothwendig, erregen muß. Indessen hatte
+der Anglikaner noch immer viele Bedenken des Gewissens und der Ehre zu
+überwinden, ehe er sich zum gewaltsamen Widerstande gegen die Regierung
+entschließen konnte. Man hatte ihn gelehrt, daß das göttliche Gesetz
+passiven Gehorsam ohne Bedingung oder Ausnahme vorschreibe. Diese
+Ansicht hatte er laut und offen ausgesprochen und die Insinuation, daß
+extreme Fälle eintreten könnten, welche dem Volke das Recht gäben, gegen
+königliche Tyrannei das Schwert zu ziehen, mit Verachtung
+zurückgewiesen. Sowohl Grundsatz als Scham hielten ihn demnach ab, das
+Beispiel der rebellischen Rundköpfe nachzuahmen, so lange noch einige
+Hoffnung auf friedliche und
+<span class = "pagenum">VIII.29</span>
+<a name = "pageVIII_29" id = "pageVIII_29"> </a>
+gesetzmäßige Befreiung vorhanden war, und eine solche Hoffnung konnte
+man vernünftigerweise wohl hegen, so lange die Prinzessin von Oranien
+die nächste Thronerbin war. Wenn er diese Glaubensprüfung geduldig
+überstand, so würden die Gesetze der Natur bald das für ihn thun, was er
+ohne Sünde und Schande nicht selbst für sich thun konnte. Die
+Bedrückungen der Kirche wurden dann abgestellt, ihr Eigenthum und ihre
+Würde durch neue Bürgschaften gesichert und die schändlichen Minister,
+die sie in Zeiten der Bedrängniß gekränkt und verhöhnt hatten, wurden
+exemplarisch bestraft.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Pläne der jesuitischen Cabale in Bezug auf die Thronfolge.</span>
+<a name = "secVIII_26" id = "secVIII_26">An</a> das Ereigniß, von dem
+die anglikanische Kirche eine ehrenvolle und friedliche Erlösung von
+ihren Leiden erwartete, konnten auch die sorglosesten Mitglieder der
+jesuitischen Cabale nicht ohne quälende Besorgnisse denken. Wenn ihr
+Gebieter starb, ohne ihnen eine größere Sicherheit gegen die
+Strafgesetze zu hinterlassen als eine Indulgenzerklärung, welche die
+ganze Nation einstimmig für null und nichtig erklärt hatte, wenn ein von
+dem nämlichen Geiste, welcher in den Parlamenten Karl’s&nbsp;II.
+vorgeherrscht, beseeltes Parlament sich um den Thron eines
+protestantischen Landesoberhauptes versammelte, war dann nicht
+vorauszusehen, daß eine furchtbare Vergeltung ausgeübt, daß die alten
+Gesetze gegen den Papismus mit schonungsloser Strenge gehandhabt und daß
+noch härtere neue Gesetze dem Gesetzbuche einverleibt werden würden? Von
+diesen schlimmen Befürchtungen wurden die bösen Rathgeber der Krone
+schon seit langer Zeit gequält, und einige von ihnen hatten sonderbare
+und verzweifelte Schutzmittel ersonnen. Jakob hatte den Thron kaum
+bestiegen, so begann man sich in Whitehall schon zuzuflüstern, daß, wenn
+die Prinzessin Anna katholisch werden wollte, es mit Hülfe Ludwig’s
+vielleicht nicht unmöglich sein würde, das Geburtsrecht ihrer älteren
+Schwester auf sie zu übertragen. Bei der französischen Gesandtschaft
+fand diese Idee großen Beifall und Bonrepaux war der Meinung, daß
+Jakob’s Einwilligung nicht schwer zu erlangen sein werde.<a class =
+"tag" name = "tagVIII_23" id = "tagVIII_23" href = "#noteVIII_23">23</a>
+Bald jedoch zeigte es sich deutlich, daß Anna der Landeskirche
+unerschütterlich treu war. Der Gedanke, sie zur Königin zu machen, wurde
+daher wieder aufgegeben. Dessenungeachtet nährte ein kleines Häuflein
+Fanatiker noch immer die kühne Hoffnung, daß es ihnen gelingen könne,
+die Thronfolgeordnung zu ändern. Der Plan dieser Männer wurde in einem
+Entwurfe dargelegt, von dem noch eine schlechte französische Übersetzung
+vorhanden ist. Es sei zu hoffen, sagten sie, daß der König im Stande
+sein werde, den wahren Glauben zu befestigen, ohne zu extremen Mitteln
+zu greifen; im schlimmsten Fall aber könne er die Verfügung über seine
+Krone Ludwig anheimstellen. Es sei für die Engländer immer noch besser,
+wenn sie Vasallen Frankreichs wären, als Sklaven des Teufels.<a class =
+"tag" name = "tagVIII_24" id = "tagVIII_24" href = "#noteVIII_24">24</a>
+Dieses höchst merkwürdige
+<span class = "pagenum">VIII.30</span>
+<a name = "pageVIII_30" id = "pageVIII_30"> </a>
+Actenstück ging unter den Jesuiten und Höflingen von Hand zu Hand, bis
+endlich einige ausgezeichnete Katholiken, in denen die Bigotterie noch
+nicht allen Patriotismus erstickt hatte, dem holländischen Gesandten
+eine Abschrift anfertigten. Dieser zeigte den Aufsatz dem Könige, und
+Jakob erklärte denselben für eine erbärmliche Fälschung, die von einem
+holländischen Pamphletschmierer ersonnen sein müsse. Der holländische
+Gesandte antwortete mit Entschiedenheit, daß er durch das Zeugniß
+mehrerer ausgezeichneter Mitglieder der eigenen Kirche Seiner Majestät
+das Gegentheil beweisen könne, ja daß es sogar nicht schwer sein werde,
+den Verfasser ausfindig zu machen, welcher im Grunde nur das
+niedergeschrieben habe, wovon viele Priester und geschäftige Politiker
+täglich in den Gallerien des Palastes sprächen. Der König hielt es nicht
+für rathsam, nach dem Verfasser zu forschen, nahm den Vorwurf der
+Fälschung zurück und versicherte mit großer Heftigkeit und
+Feierlichkeit, daß es ihm nie in den Sinn gekommen sei, seine älteste
+Tochter zu enterben. „Niemand,“ sagte er, „hat es je gewagt, eine solche
+Idee gegen mich zu äußern, und ich würde auch nie darauf hören. Gott
+befiehlt uns nicht, die wahre Religion durch Ungerechtigkeit zu
+verbreiten, und dies würde die empörendste, widernatürlichste
+Ungerechtigkeit sein“.<a class = "tag" name = "tagVIII_25" id =
+"tagVIII_25" href = "#noteVIII_25">25</a> Trotz aller dieser
+Betheuerungen meldete Barillon wenige Tage später seinem Hofe, daß Jakob
+angefangen habe, auf Einflüsterungen in Betreff einer Änderung der
+Thronfolgeordnung zu hören, daß die Sache zwar sehr kitzlich sei, daß
+man aber gegründete Hoffnung habe, mit der Zeit und durch vorsichtiges
+Verfahren einen Weg zu finden, um die Krone mit Ausschließung der beiden
+Prinzessinnen auf ein römisch-katholisches Haupt zu bringen.<a class =
+"tag" name = "tagVIII_26" id = "tagVIII_26" href = "#noteVIII_26">26</a>
+Dieser Plan wurde noch viele Monate von den heftigsten und
+überspanntesten Papisten am Hofe besprochen, und es wurden wirklich
+Candidaten für den Königsthron genannt.<a class = "tag" name =
+"tagVIII_27" id = "tagVIII_27" href = "#noteVIII_27">27</a></p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVIII_23" id = "noteVIII_23" href =
+"#tagVIII_23">23.</a>
+<span class = "antiqua">„Quand on connoit le dedans de cette cour aussi
+intimement que je la connois, on peut croire que Sa Majesté Britannique
+donnera volontiers dans ces sortes de projets.“</span> Bonrepaux an
+Seignelay, 18.(28.) März 1686.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_24" id = "noteVIII_24" href =
+"#tagVIII_24">24.</a>
+<span class = "antiqua">„Que, quand pour établir la religion Catholique
+et pour la confirmer icy, il</span> (Jakob) <span class =
+"antiqua">devroit se rendre en quelque façon dépendant de la France, et
+mettre la décision de la succession à la couronne entre les mains de ce
+monarque là, qu’il seroit obligé de le faire, parcequ’il vaudroit mieux
+pour ses sujets qu’ils devinssent vassaux du Roy de France, étant
+Catholiques, que de demeurer comme esclaves du Diable.“</span> &mdash;
+Dieses Schriftstück befindet sich sowohl im französischen als auch im
+holländischen Archive.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_25" id = "noteVIII_25" href =
+"#tagVIII_25">25.</a>
+Citters, 6.(16.) u. 17.(27.) Aug.; Barillon, 19.(29.) Aug.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_26" id = "noteVIII_26" href =
+"#tagVIII_26">26.</a>
+Barillon, 13.(23.) Sept. 1686. <span class = "antiqua">„La succession
+est une matière fort délicate à traiter. Je sais pourtant qu’on en parle
+au Roy d’Angleterre et qu’on ne désespère pas avec le temps de trouver
+des moyens pour faire passer la couronne sur la tête d’un héritier
+Catholique.“</span></p>
+
+<p><a name = "noteVIII_27" id = "noteVIII_27" href =
+"#tagVIII_27">27.</a>
+Bonrepaux, 11.(21.) Juli 1687.</p>
+</div>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Jakob’s und Tyrconnel’s Plan, die Prinzessin von Oranien von der
+Erbfolge im Königreich Irland auszuschließen.</span>
+<a name = "secVIII_27" id = "secVIII_27">Es</a> ist jedoch nicht
+wahrscheinlich, daß Jakob jemals einen so unsinnigen Schritt zu thun
+beabsichtigte. Er mußte wissen, daß England nicht einen einzigen Tag das
+Joch eines Usurpators ertragen hätte, der noch obendrein Papist war, und
+daß sowohl Diejenigen, welche die Ausschließungsbill unterstützt, als
+auch Die, welche sich ihr widersetzt hatten, jeden Versuch, die
+Prinzessin Marie bei Seite zu schieben, auf Leben und Tod bekämpft haben
+würden. Dagegen unterliegt es keinem Zweifel, daß der König bei einem
+minder unsinnigen, aber eben so unverantwortlichen Anschlage auf die
+Rechte seiner Kinder die Hand im Spiele hatte. Tyrconnel hatte im
+Einverständniß mit seinem Gebieter Anstalten getroffen, um Irland von
+dem Königreiche zu trennen und es unter Ludwig’s Protection zu stellen,
+sobald die Krone einem protestantischen Oberhaupte zufallen würde.
+Bonrepaux war zu Rathe gezogen worden, hatte seinem Hofe den Plan
+mitgetheilt und die Weisung erhalten, Tyrconnel
+<span class = "pagenum">VIII.31</span>
+<a name = "pageVIII_31" id = "pageVIII_31"> </a>
+zu versichern, daß Frankreich zur Ausführung dieser großartigen Idee
+kräftigen Beistand leisten werde.<a class = "tag" name = "tagVIII_28" id
+= "tagVIII_28" href = "#noteVIII_28">28</a> Diese Unterhandlungen,
+welche im Haag vielleicht nicht in ihrem ganzen Umfange genau bekannt
+waren, aber doch stark vermuthet wurden, dürfen nicht außer Acht
+gelassen werden, wenn man sich ein richtiges Urtheil über das Verfahren
+bilden will, das die Prinzessin von Oranien wenige Monate später
+einschlug. Wer sie einer Verletzung der Kindespflicht beschuldigt, muß
+zugeben, daß ihr Fehler durch das ihr zugefügte Unrecht wenigstens sehr
+gemildert wird. Wenn sie im Interesse ihres Glaubens die heiligsten
+Bande der Blutsverwandtschaft zerriß, so folgte sie nur dem Beispiele
+ihres Vaters. Sie lieh erst dann die Hand zu seiner Absetzung, als er
+einen Anschlag zu ihrer Enterbung geschmiedet hatte.</p>
+
+<p class = "footnote">
+<a name = "noteVIII_28" id = "noteVIII_28" href = "#tagVIII_28">28.</a>
+Bonrepaux an Seignelay, 25. Aug. (4. Sept.) 1687. Ich will eine Stelle
+aus dieser wichtigen Depesche hier anführen. <span class = "antiqua">„Je
+sçay bien certainement que l’intention du Roy d’Angleterre est de faire
+perdre ce royaume</span> (Irland) <span class = "antiqua">à son
+successeur, et de le fortifier en sorte que tous ses sujets Catholiques
+y puissent avoir un asile assuré. Son projet est de mettre les choses en
+cet estat dans le cours de cinq années.“</span> &mdash; In den <span
+class = "antiqua">Secret Consults of the Romish Party in Ireland,
+1690</span>, findet sich eine Stelle, aus welcher hervorgeht, daß diese
+Unterhandlung nicht streng geheim gehalten wurde. „Obgleich der König es
+selbst vor seinen Räthen verschwieg, so ist es doch gewiß, daß er dem
+französischen König die Verfügung über jene Regierung und jenes
+Königreich versprochen hat, sobald die Dinge so weit gediehen sein
+würden, daß es sich thun ließe.“</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Schwangerschaft der Königin.</span>
+<a name = "secVIII_28" id = "secVIII_28">Bonrepaux</a> war kaum davon
+benachrichtigt, daß Ludwig beschlossen habe, Tyrconnel’s Vorhaben zu
+unterstützen, so wurde jeder Gedanke an diesen Plan wieder aufgegeben.
+Jakob erblickte den ersten Schimmer einer Hoffnung, die ihn mit Stolz
+und Entzücken erfüllte: die Königin war schwanger.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Allgemeiner Zweifel.</span>
+<a name = "secVIII_29" id = "secVIII_29">Gegen</a> Ende October 1687
+begann sich die große Neuigkeit gerüchtweise zu verbreiten. Man hatte
+bemerkt, daß Ihre Majestät sich unter dem Vorwande der Unpäßlichkeit von
+mehreren öffentlichen Feierlichkeiten fern gehalten. Es hieß, daß ihr
+eine Menge Reliquien, denen man eine außerordentliche Wirkung zuschrieb,
+umgehängt worden seien. Die Geschichte fand bald ihren Weg aus dem
+Palaste in die Kaffeehäuser und verbreitete sich rasch durch das ganze
+Land. Nur sehr Wenige begrüßten das Gerücht mit Freuden, der bei weitem
+größte Theil der Nation vernahm es mit einem Gemisch von Zweifel und
+Besorgniß. Die Sache war jedoch keineswegs so unglaublich. Der König
+hatte eben erst sein vierundfünfzigstes Jahr vollendet und die Königin
+stand im Sommer ihres Lebens. Sie hatte vier Kinder geboren, welche jung
+starben, und lange nachher wurde sie von einem fünften entbunden, das
+Niemand ein Interesse hatte als untergeschoben zu betrachten und das
+daher auch nie für ein solches erklärt wurde. Da indessen seit dieser
+letzten Schwangerschaft fünf Jahre verstrichen waren, so hatte das Volk
+unter dem Einflusse der Täuschung, welche die Menschen so leicht
+verleitet, das zu glauben was sie wünschen, jede Besorgniß, daß sie noch
+einen Thronerben zur Welt bringen werde, aufgegeben. Auf der andren
+Seite schien nichts natürlicher und wahrscheinlicher, als daß die
+Jesuiten einen frommen Betrug ersonnen haben könnten. Es unterlag keinem
+Zweifel, daß sie die Thronbesteigung der Prinzessin von Oranien als
+einen der härtesten Schläge betrachten mußten, der ihre Kirche treffen
+konnte. Eben
+<span class = "pagenum">VIII.32</span>
+<a name = "pageVIII_32" id = "pageVIII_32"> </a>
+so gewiß war es, daß sie nicht sehr gewissenhaft in der Wahl der Mittel
+sein würden, mit deren Hülfe sie ein so großes Unglück von ihrer Kirche
+abwenden konnten. In Werken von ausgezeichneten Mitgliedern ihrer
+Gesellschaft, welche von ihren Oberen sanctionirt waren, war es deutlich
+ausgesprochen, daß selbst Mittel, welche allen Begriffen von
+Gerechtigkeit und Humanität noch viel ärger Hohn sprachen, als die
+Einschmuggelung eines unächten Erben in eine Familie, mit Fug und Recht
+zu minder wichtigen Zwecken angewendet werden dürften, als die Bekehrung
+eines ketzerischen Königreichs war. Es war ruchbar geworden, daß einige
+Räthe des Königs und sogar der König selbst Pläne geschmiedet hätten, um
+die Prinzessin Marie ganz oder theilweis um ihr rechtmäßiges Erbe zu
+betrügen. Es bemächtigte sich der öffentlichen Meinung ein Verdacht, der
+zwar nicht wohl begründet, aber keineswegs so abgeschmackt war, als man
+gewöhnlich glaubt, und die Unbesonnenheit einiger Katholiken bestärkte
+das allgemeine Vorurtheil. Sie sprachen von dem glücklichen Ereignisse
+wie von etwas Außerordentlichem und Wunderbaren, wie von einem Zeichen
+derselben göttlichen Allmacht, welche Sara durch Isaak stolz und
+glücklich machte und die Gebete Hanna’s mit Samuel belohnte. Marien’s
+Mütter, die Herzogin von Modena, war unlängst gestorben. Kurz vor ihrem
+Tode sollte sie mit inbrünstigen Gebeten und reichen Opfergaben die
+heilige Jungfrau von Loretto angefleht haben, daß sie Jakob einen Sohn
+schenken möge. Der König selbst hatte im vergangenen August auf seiner
+Reise einen Abstecher nach der sogenannten heiligen Quelle gemacht und
+dort die heilige Winifreda gebeten, daß sie ihm das Geschenk verschaffen
+möge, ohne welches seine großen Pläne zur Verbreitung des wahren
+Glaubens nur unvollkommen ausgeführt werden könnten. Die unbesonnenen
+Zeloten, die auf solche Geschichten ein großes Gewicht legten,
+prophezeiten mit Zuversicht, daß das ungeborne Kind ein Knabe sein werde
+und boten darauf eine Wette von zwanzig Guineen gegen eine an. Sie
+meinten, der Himmel werde sich nicht in’s Mittel gelegt haben, wenn er
+nicht einen großen Zweck dabei hätte. Ein Fanatiker verkündete sogar,
+die Königin werde Zwillinge gebären, von denen der ältere König von
+England, der jüngere Papst werden würde. Marie konnte das Vergnügen, mit
+dem sie diese Prophezeiungen anhörte, nicht verbergen, und ihre Hofdamen
+sahen, daß sie sich nicht besser bei ihr insinuiren könnten, als wenn
+sie davon sprachen. Die Katholiken würden klüger gethan haben, wenn sie
+von der Schwangerschaft als von einem ganz natürlichen Ereignisse
+gesprochen und ihr unverhofftes Glück mit mehr Mäßigung getragen hätten.
+Ihr übermüthiger Triumph erregte nur den Unwillen des Volks und ihre
+Prophezeiungen bestärkten es in seinem Verdacht. Von dem Prinzen und der
+Prinzessin von Dänemark herab bis zu den Lastträgern und Waschweibern
+erwähnte Niemand die verheißene Geburt ohne ein höhnisches Lächeln. Die
+londoner Spottvögel beschrieben das neue Wunder in Reimen, die, wie man
+leicht denken kann, nicht eben die zartesten waren. Die ungeschliffenen
+Landsquires brachen in ein schallendes Gelächter aus, wenn sie mit
+Jemandem zusammentrafen, der so einfältig war zu glauben, daß die
+Königin wirklich noch einmal Mutter werden würde. Es erschien eine
+königliche Verordnung, welche der Geistlichkeit befahl, ein von Crewe
+und Sprat für dieses freudige Ereigniß besonders verfaßtes Bitt- und
+Dankgebet zu verlesen. Die Geistlichen gehorchten, aber man bemerkte,
+daß die Gemeinden nicht respondirten und kein Zeichen von
+<span class = "pagenum">VIII.33</span>
+<a name = "pageVIII_33" id = "pageVIII_33"> </a>
+Ehrerbietung äußerten. Bald circulirte in allen Kaffeehäusern ein rohes
+Spottgedicht auf die höfischen Prälaten, deren Feder sich der König
+bedient hatte. Mutter East (Ost) war darin ebenfalls reichlich mit
+Schmähungen bedacht. Zu diesem einheimischen einsilbigen Wörtchen hatten
+unsere Vorfahren den Namen des großen Hauses Este, welches in Modena
+regierte, verstümmelt.<a class = "tag" name = "tagVIII_29" id =
+"tagVIII_29" href = "#noteVIII_29">29</a></p>
+
+<p>Die neue Hoffnung, welche den Muth des Königs so sehr hob, war
+indessen mit mancherlei Besorgnissen vermischt. Es bedurfte noch etwas
+mehr als die Geburt eines Prinzen von Wales zum Gelingen der von der
+Jesuitenpartei entworfenen Pläne. Es war nicht anzunehmen, daß Jakob so
+lange lebte, bis sein Sohn das zur Ausübung der königlichen Functionen
+erforderliche Alter erreicht hatte. Das Gesetz hatte den Fall eines
+minderjährigen Thronerben nicht vorgesehen, und der regierende
+Landesherr war nicht berechtigt, für diesen Fall eine testamentarische
+Verfügung zu treffen. Die gesetzgebende Versammlung allein konnte die
+Lücke ausfüllen. Starb Jakob, bevor Letzteres geschehen war, und
+hinterließ er einen Nachfolger von zarter Jugend, so mußte die höchste
+Gewalt unfehlbar protestantischen Händen zufallen. Selbst diejenigen
+Tories, welche am festesten an dem Grundsatze hingen, daß nichts sie zum
+Widerstande gegen ihren Lehnsherrn berechtigen könne, würden gewiß kein
+Bedenken getragen haben, das Schwert gegen ein papistisches Weib zu
+ziehen, die es gewagt hätte, sich die Vormundschaft über das Reich und
+über den jugendlichen Souverain anzumaßen. Der Ausgang eines Kampfes
+konnte kaum zweifelhaft sein. Der Prinz von Oranien oder seine Gemahlin
+wurde Regent und der junge König kam in die Hände ketzerischer Lehrer,
+deren Kunstgriffe die Eindrücke, welche sein Gemüth in der Kinderstube
+empfangen hatte, jedenfalls bald verwischten. Er konnte ein zweiter
+Eduard&nbsp;VI. werden und der durch die Fürsprache der Mutter Gottes
+und der heiligen Winifreda erlangte Segen konnte sich in Fluch
+verwandeln.<a class = "tag" name = "tagVIII_30" id = "tagVIII_30" href =
+"#noteVIII_30">30</a> Gegen eine solche Gefahr konnte nur eine
+Parlamentsacte schützen, und eine solche Acte war nicht leicht zu
+erlangen.</p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVIII_29" id = "noteVIII_29" href =
+"#tagVIII_29">29.</a>
+Citters, 28. Oct. (7. Nov.), 22. Nov. (2. Dec.) 1687; die Prinzessin
+Anna an die Prinzessin von Oranien, 14. u. 20. März 1687/8; Barillon,
+1.(11.) Dec. 1687; <span class = "antiqua">Revolution Politics</span>;
+das Gedicht: <span class = "antiqua">„Two Toms and a Nat“</span>;
+Johnstone, 4. April 1688; <span class = "antiqua">Secret Consults of the
+Romish Party in Ireland, 1690</span>.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_30" id = "noteVIII_30" href =
+"#tagVIII_30">30.</a>
+Die Besorgnisse des Königs über diesen Punkt werden von Ronquillo in
+einer Depesche vom 12.(22.) Dec. 1688 mit starken Farben geschildert:
+<span class = "antiqua">„Un Principe de Vales y un Dogue de York y otro
+di Lochaosterna</span> (vermuthlich Lancaster), <span class =
+"antiqua">no bastan, a reducir la gente; porque el Rey tiene 54 años, y
+vendrá á morir, dejando los hijos pequeños, y que entonces el reyno se
+apoderará dellos, y los nombrará tutor, y los educará en la religion
+protestante, contra la disposicion que dejare el Rey, y la autoridad de
+la Reyna.“</span></p>
+</div>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Stimmung der Wahlkörper und der Peers.</span>
+<a name = "secVIII_30" id = "secVIII_30">Es</a> schien Alles anzudeuten,
+daß, wenn die Häuser einberufen werden sollten, sie von dem Geiste von
+1640 beseelt nach Westminster kommen würden. Das Resultat der
+Grafschaftswahlen konnte kaum zweifelhaft sein. Die ganze Masse der
+Grundeigenthümer, hohe und niedere, geistlichen und weltlichen Standes,
+waren gegen die Regierung heftig aufgebracht. In der großen Mehrzahl
+derjenigen Städte, wo das Stimmrecht von der Entrichtung örtlicher
+Steuern oder von dem Besitze eines Grundstücks abhängig war, hätte sich
+kein höfisch gesinnter Kandidat blicken lassen dürfen. Ein sehr
+<span class = "pagenum">VIII.34</span>
+<a name = "pageVIII_34" id = "pageVIII_34"> </a>
+großer Theil des Unterhauses wurde von Mitgliedern von
+Municipalcorporationen gewählt. Diese Corporationen waren unlängst
+reorganisirt worden, um den Einfluß der Whigs und der Dissenters zu
+zerstören, mehr als hundert Wahlkörper waren durch der Krone ergebene
+Gerichtshöfe ihrer Freibriefe beraubt oder doch veranlaßt worden, einer
+gewaltsamen Entziehung ihrer Privilegien durch freiwilliges Aufgeben
+derselben zuvorzukommen. Jeder Mayor, jeder Alderman, jeder
+Stadtschreiber von Berwick bis Helstone war Tory und Anglikaner; aber
+Tories und Anglikaner waren jetzt dem Souverain nicht mehr ergeben. Die
+neuen Municipalbehörden waren noch unlenksamer als die früheren je
+gewesen waren, und sie wählten ohne allen Zweifel solche Abgeordnete,
+deren erster parlamentarischer Act eine Anklage gegen alle papistischen
+Geheimräthe und gegen alle Mitglieder der Hohen Commission war.</p>
+
+<p>Bei den Lords waren die Aussichten fast eben so trübe als bei den
+Gemeinen. Es unterlag keinem Zweifel, daß die große Mehrzahl der
+weltlichen Peers gegen die Maßregeln des Königs sein würden, und auf der
+Bischofsbank, welche ihn vor sieben Jahren einstimmig gegen Diejenigen
+unterstützt hatte, die ihn seines Geburtsrechtes berauben wollten,
+konnte er nur auf den Beistand von vier oder fünf servilen Schmeichlern
+rechnen, die von ihren Berufsgenossen wie von der ganzen Nation
+verachtet wurden.<a class = "tag" name = "tagVIII_31" id = "tagVIII_31"
+href = "#noteVIII_31">31</a></p>
+
+<p>Jedem, den die Leidenschaft nicht gänzlich verblendete, mußten diese
+Hindernisse unübersteiglich erscheinen. Die gewissenlosesten Sklaven der
+Gewalt ließen Zeichen von Besorgniß laut werden. Dryden äußerte, der
+König werde durch seinen Versuch, die Sache besser zu machen, sie nur
+verschlimmern, und er sehnte sich zurück nach den goldenen Tagen des
+sorglosen und gutmüthigen Karl.<a class = "tag" name = "tagVIII_32" id =
+"tagVIII_32" href = "#noteVIII_32">32</a> Selbst Jeffreys wurde
+schwankend. So lange er arm war, war er stets bereit gewesen, um des
+Gewinns willen dem bösen Leumunde und dem öffentlichen Hasse zu trotzen;
+aber er hatte sich jetzt durch Bestechlichkeit und Erpressungen große
+Reichthümer erworben, und es lag ihm mehr daran, sich den Besitz
+derselben zu sichern, als sie noch zu vermehren. Seine Lauheit zog ihm
+einen strengen Verweis aus königlichem Munde zu. Aus Furcht, das große
+Siegel zu verlieren, versprach er Alles was von ihm verlangt wurde;
+Barillon aber bemerkte in seinem hierauf bezüglichen Berichte an Ludwig,
+daß der König von England sich selbst auf Diejenigen, die etwas zu
+verlieren hätten, nicht mehr verlassen könne.<a class = "tag" name =
+"tagVIII_33" id = "tagVIII_33" href = "#noteVIII_33">33</a></p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVIII_31" id = "noteVIII_31" href =
+"#tagVIII_31">31.</a>
+Drei damals entworfene Stimmlisten sind noch vorhanden; eine befindet
+sich in den französischen Archiven, die beiden anderen in den Archiven
+der Familie Portland. In diese Listen sind die Peers unter drei Rubriken
+eingetragen: Für Aufhebung des Testes, gegen die Aufhebung, und
+zweifelhaft. Nach der einen Liste waren 31 für, 86 gegen und 20
+zweifelhaft; nach der zweiten 33 für, 87 gegen und 19 zweifelhaft; nach
+der dritten 35 für, 92 gegen und 10 zweifelhaft. Abschriften der drei
+Listen befinden sich unter den Mackintosh-Manuscripten.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_32" id = "noteVIII_32" href =
+"#tagVIII_32">32.</a>
+Im Britischen Museum befindet sich ein Brief von Dryden an Etherege vom
+Februar 1688. Ich entsinne mich nicht, ihn gedruckt gesehen zu haben.
+„Ach,“ sagt Dryden, „möchte doch unser König durch sein eignes Beispiel
+zu edler Muße aufmuntern, wie sein Vorgänger hochseligen Andenkens es
+that. Mich dünkt er wird mit all’ seinem Geschäftseifer die
+Angelegenheiten nicht fördern.“</p>
+
+<p class = "footnote">
+<a name = "noteVIII_33" id = "noteVIII_33" href = "#tagVIII_33">33.</a>
+Barillon, 29. Aug. (8. Sept.) 1687.</p>
+</div>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Jakob beschließt, ein bestochenes Parlament zusammenzusetzen.</span>
+<a name = "secVIII_31" id = "secVIII_31">Trotz</a> alledem beschloß
+Jakob, seinen Weg beharrlich zu verfolgen.
+<span class = "pagenum">VIII.35</span>
+<a name = "pageVIII_35" id = "pageVIII_35"> </a>
+Die Zustimmung eines freien und gesetzlichen Parlaments zu erlangen, war
+offenbar unmöglich; aber nicht ganz unmöglich war es, durch Bestechung,
+Einschüchterung, gewaltthätige Anwendung der Prärogative und
+betrügerische Rechtsverdrehungen eine Versammlung zu Stande zu bringen,
+die sich ein Parlament nennen konnte und bereit war, jeden Befehl des
+Souverains als Gesetz zu registriren. Es mußten Wahlbeamte ernannt
+werden, die den geringsten Vorwand benutzten, um Freunde des Königs für
+rechtsgültig gewählt zu erklären. Jedem Angestellten, von den höchsten
+bis zu den niedrigsten, mußte zu verstehen gegeben werden, daß, wenn er
+sein Amt behalten wolle, er diesmal den Thron durch seine Stimme und
+seinen Einfluß unterstützen müsse. Zu gleicher Zeit mußte die Hohe
+Commission ein scharfes Auge auf die Geistlichkeit haben. Die Wahlorte,
+welche erst kürzlich reorganisirt worden waren, um dem einen Zwecke zu
+dienen, konnten noch einmal umgestaltet werden, um einem andren zu
+dienen. Auf diese Weise hoffte der König im Hause der Gemeinen eine
+Majorität zu erlangen. Das Oberhaus war dann ganz in seiner Gewalt, denn
+er hatte das unbestrittene gesetzliche Recht, Peers nach seinem
+Gutdünken zu ernennen, und er war fest entschlossen, von diesem Rechte
+Gebrauch zu machen. Er wünschte zwar nicht, was auch kein Souverain
+wünschen kann, die höchste Ehrenbezeigung, welche die Krone zu verleihen
+vermag, werthlos zu machen; aber er schmeichelte sich mit der Hoffnung,
+daß es ihm durch Einberufung einiger nächster Erben in die Versammlung,
+in der sie doch früher oder später einmal ihren Sitz einnehmen mußten,
+und durch Verleihung englischer Adelstitel an schottische und irische
+Lords gelingen werde, sich eine Majorität zu sichern; ohne so viele
+Leute in den Adelsstand erheben zu müssen, daß dadurch die Adelskrone
+und der Hermelin an Ansehen verloren. Indessen hatte er sich
+vorgenommen, im Nothfall auch zu den äußersten Mitteln zu greifen. Als
+in einer zahlreichen Gesellschaft einmal die Meinung ausgesprochen
+wurde, daß sich die Peers unfügsam zeigen würden, sagte Sunderland zu
+Churchill: „Wie einfältig! Ihre Garde wird vor dem Hause der Lords
+stehen.“<a class = "tag" name = "tagVIII_34" id = "tagVIII_34" href =
+"#noteVIII_34">34</a></p>
+
+<p>Nachdem Jakob beschlossen hatte, ein corrumpirtes Parlament
+zusammenzubringen, ging er energisch und planmäßig an die Ausführung. Es
+erschien in der Gazette eine Proklamation, welche ankündigte, daß der
+König sich entschlossen habe, die Bestallungen der Friedensrichter und
+der Grafschaftsstatthalter einer Revision zu unterwerfen und daß nur
+diejenigen Gentlemen im Staatsdienste bleiben sollten, welche geneigt
+waren, seine Politik zu unterstützen<a class = "tag" name = "tagVIII_35"
+id = "tagVIII_35" href = "#noteVIII_35">35</a>. Ein Ausschuß von sieben
+Geheimräthen saß in Whitehall, um, wie man sich ausdrückte, die
+Municipalkörperschaften zu reguliren. In diesem Ausschusse vertrat
+Jeffreys allein das protestantische, Powis das gemäßigte katholische
+Interesse. Alle anderen Mitglieder gehörten der jesuitischen Faction an.
+Unter ihnen befand sich auch Petre, der in den Geheimen Rath vereidigt
+worden war. Seine Ernennung war bis zum factischen Antritt dieser
+Function vor Jedermann, mit alleiniger Ausnahme Sunderland’s, sorgfältig
+geheim gehalten worden. Der öffentliche Unwille über diese abermalige
+Verletzung des Gesetzes
+<span class = "pagenum">VIII.36</span>
+<a name = "pageVIII_36" id = "pageVIII_36"> </a>
+äußerte sich laut, und man bemerkte, daß die Katholiken sie noch
+rücksichtsloser tadelten als die Protestanten. Der eitle und ehrgeizige
+Jesuit war jetzt beauftragt, die Hälfte der Wahlkörper des Reichs
+aufzulösen und neu zu organisiren.</p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVIII_34" id = "noteVIII_34" href =
+"#tagVIII_34">34.</a>
+Lord Bradford, welcher anwesend war, erzählte dies Dartmouth; Note zu
+Burnet <ins class = "correction" title = "Original hat ,">I.</ins>
+755.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_35" id = "noteVIII_35" href =
+"#tagVIII_35">35.</a>
+<span class = "antiqua">London Gazette, Dec. 12, 1687</span>.</p>
+</div>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Die Regulatoren.</span>
+<a name = "secVIII_32" id = "secVIII_32">Unter</a> der Oberleitung des
+Ausschusses der Geheimräthe stand ein aus thätigen Agenten
+untergeordneten Ranges gebildeter Unterausschuß, der die Einzelheiten
+des Geschäfts zu besorgen hatte, und im ganzen Lande waren örtliche
+Ausschüsse von Regulatoren errichtet, welche mit dem Centralcomité in
+Westminster correspondirten.<a class = "tag" name = "tagVIII_36" id =
+"tagVIII_36" href = "#noteVIII_36">36</a></p>
+
+<p>Die Personen, auf deren Unterstützung Jakob bei diesem neuen und
+schwierigen Unternehmen hauptsächlich rechnete, waren die
+Lordlieutenants. Sie erhielten sämmtlich den schriftlichen Befehl, sich
+unverweilt in ihre respectiven Grafschaften zu begeben. Dort sollten sie
+alle ihre Stellvertreter und Friedensrichter vor sich laden und ihnen
+eine Reihe Fragen vorlegen, um zu erfahren, wie sie sich bei einer
+allgemeinen Wahl verhalten würden. Die Antworten sollten sie
+niederschreiben und der Regierung einsenden. Ferner sollten sie ein
+Verzeichniß derjenigen Katholiken und protestantischen Dissenters
+anfertigen, welche für die Richterbank und für die Commandos in der
+Miliz am geeignetsten erschienen. Auch sollten sie die Stimmung aller
+Wahlorte der Grafschaft untersuchen und Berichte darüber einsenden,
+welche den Regulatoren bei ihrer Arbeit als Leitfaden dienen konnten.
+Schließlich war ihnen bedeutet, daß sie alle diese Pflichten in Person
+zu vollziehen hätten und keine Stellvertreter mit der Ausführung
+beauftragen dürften.<a class = "tag" name = "tagVIII_37" id =
+"tagVIII_37" href = "#noteVIII_37">37</a></p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVIII_36" id = "noteVIII_36" href =
+"#tagVIII_36">36.</a>
+Bonrepaux an Seignelay, 14.(24.) Nov.; Citters, 15.(25.) Nov.; <span
+class = "antiqua">Lords’ Journals, Dec. 20. 1689</span>.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_37" id = "noteVIII_37" href =
+"#tagVIII_37">37.</a>
+Citters, 28. Oct. (7. Nov.) 1687.</p>
+</div>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Entlassung vieler Lordlieutenants.</span>
+<a name = "secVIII_33" id = "secVIII_33">Der</a> erste Eindruck, den
+diese Befehle machten, würde einen weniger verblendeten Fürsten als
+Jakob sofort zur Besinnung gebracht haben. Die Hälfte der
+Lordlieutenants von England verweigerten auf das Bestimmteste den
+gehässigen Dienst, den man von ihnen verlangte. Sie wurden auf der
+Stelle entlassen. Alle, welche diese ihnen zum Ruhme gereichende Ungnade
+traf, waren hochangesehene Peers, welche bisher als feste Stützen der
+Monarchie gegolten hatten. Einige Namen der Liste verdienen besondere
+Erwähnung.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Der Earl von Oxford.</span>
+<a name = "secVIII_34" id = "secVIII_34">Der</a> vornehmste Unterthan
+von England und, wie die Engländer gern sagten, von ganz Europa, war
+Aubray de Vere, der zwanzigste und letzte der alten Earls von Oxford.
+Sein Adelstitel schrieb sich durch eine ununterbrochene Reihenfolge
+männlicher Ahnen aus einer Zeit her, wo die Familien Howard und Seymour
+noch unbekannt waren, wo die Nevilles und die Percy erst eine
+provinzielle Berühmtheit hatten und wo selbst der große Name Plantagenet
+in England noch nicht gehört worden war. Ein Oberhaupt des Hauses de
+Vere hatte bei Hastings ein hohes Commando bekleidet, ein Andrer war mit
+Gottfried und Tancred über Haufen erschlagener Moslems nach dem Grabe
+Jesu Christi gezogen. Der erste Earl von Oxford war Minister Heinrich
+Beauclerc’s gewesen; der dritte hatte sich unter den Lords
+ausgezeichnet, welche von Johann die Magna Charta erpreßten; der
+siebente hatte bei Cressy und Poitiers tapfer gefochten; der dreizehnte
+war unter
+<span class = "pagenum">VIII.37</span>
+<a name = "pageVIII_37" id = "pageVIII_37"> </a>
+vielen Glückswechseln das Oberhaupt der Partei der Rothen Rose gewesen
+und hatte in der entscheidenden Schlacht von Bosworth die Vorhut
+angeführt; der siebzehnte hatte am Hofe der Königin Elisabeth geglänzt
+und sich einen ehrenvollen Platz unter den älteren Meistern der
+englischen Dichtkunst erworben; der neunzehnte war im Kampfe für den
+protestantischen Glauben und für die Freiheit Europa’s unter den Mauern
+von Mastricht gefallen. Sein Sohn Aubray, mit welchem der älteste und
+erlauchteste Adelsstamm, den England je gesehen, erlosch, ein Mann von
+lockeren Sitten, aber von harmlosem Charakter und artigen Manieren, war
+Lordlieutenant von Essex und Oberst der Blauen. Er war von Natur nicht
+widersetzlich und es lag in seinem Interesse, einen Bruch mit dem Hofe
+zu vermeiden, denn seine Güter waren mit Schulden belastet und sein
+Commando ein sehr einträgliches. Er wurde in das königliche Kabinet
+beschieden und eine bündige Erklärung über seine Gesinnungen von ihm
+verlangt. „Sire,“ antwortete Oxford, „ich werde bis zum letzten
+Blutstropfen gegen alle Feinde zu Eurer Majestät stehen; aber dies ist
+eine Gewissenssache, in der ich Ihnen nicht willfahren kann.“ Er wurde
+augenblicklich seiner Statthalterschaft und seines Commando’s
+entsetzt.<a class = "tag" name = "tagVIII_38" id = "tagVIII_38" href =
+"#noteVIII_38">38</a></p>
+
+<p class = "footnote">
+<a name = "noteVIII_38" id = "noteVIII_38" href = "#tagVIII_38">38.</a>
+<span class = "antiqua">Halstead’s Succinct Genealogy of the Family of
+Vere, 1685</span>; <span class = "antiqua">Collins’s Historical
+Collections</span>. Siehe auch in den <span class = "antiqua">Lords’
+Journals</span> und in <span class = "antiqua">Jones’s Reports</span>
+den Prozeß wegen des Earlthums Oxford im März und April 1625/26. Die
+Einleitung der Rede des Lordoberrichters Crew gehört zu den glänzendsten
+Proben der altenglischen Beredtsamkeit. Citters, 7.(17.) Febr. 1688.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Der Earl von Shrewsbury.</span>
+<a name = "secVIII_35" id = "secVIII_35">Dem</a> Hause de Vere, aber
+auch nur diesem, stand an Alter und Glanz das Haus Talbot nach. Seit der
+Regierung Eduard’s III. hatten die Talbot stets unter den Peers des
+Reichs gesessen. Das Earlthum Shrewsbury war im funfzehnten Jahrhundert
+Johann Talbot, dem Gegner der Jungfrau von Orleans, verliehen worden.
+Seine Landsleute hatten seiner noch lange in Liebe und Verehrung als
+eines der berühmtesten Krieger gedacht, welche auf dem europäischen
+Festlande ein großes englisches Reich zu gründen versuchten. Der
+unerschütterliche Muth, den er im Unglück gezeigt, hatten ihn zum
+Gegenstande einer größeren Theilnahme gemacht als glücklichere
+Feldherren sie erweckt haben, und sein Tod lieferte unsrer älteren Bühne
+den Stoff zu einer ungemein ergreifenden Scene. Seine Nachkommen waren
+zwei Jahrhunderte lang ein blühendes und ehrenvolles Geschlecht. Zur
+Zeit der Restauration war Franz, der elfte Earl, ein Katholik, das
+Oberhaupt der Familie. Sein Tod war von Umständen begleitet gewesen, die
+selbst in jenen zügellosen Zeiten, welche unmittelbar auf den Sturz der
+puritanischen Partei folgten, Abscheu und Mitleid erweckt hatten. Der
+Herzog von Buckingham war im Laufe seiner leichtfertigen Liebeshändel
+einen Augenblick von der Gräfin von Shrewsbury angezogen worden. Sie
+wurde leicht erobert. Ihr Gemahl forderte den Verführer zum Zweikampfe
+und fiel. Einige sagten, das pflichtvergessene Weib habe den Zweikampf
+in männlicher Verkleidung mit angesehen. Andere wollten sogar wissen,
+sie habe den siegreichen Geliebten ans Herz gedrückt, während sein Hemd
+noch vom Blute ihres Gatten geröthet war. Die Titel des Ermordeten
+gingen auf seinen unmündigen Sohn Karl über. Als der verwaiste Jüngling
+zum Manne heranwuchs, ward es allgemein anerkannt, daß kein andrer
+junger Adeliger Englands von der Natur so reich begabt
+<span class = "pagenum">VIII.38</span>
+<a name = "pageVIII_38" id = "pageVIII_38"> </a>
+sei. Er besaß ein einnehmendes Äußere, einen ungemein sanften Character
+und einen solchen Schatz von Talenten, daß er, selbst wenn er in einem
+niederen Stande geboren gewesen wäre, sich ohne Zweifel zu einer hohen
+Stellung im Staate emporgeschwungen haben würde. Alle diese natürlichen
+Vorzüge hatte er so gut angewendet, daß er schon vor seiner
+Volljährigkeit für einen der feinsten und kenntnißreichsten Gentlemen
+seiner Zeit galt. Für seine Gelehrsamkeit sprechen die noch vorhandenen
+eigenhändigen Anmerkungen von ihm zu Werken aus fast allen Zweigen der
+Literatur. Er sprach Französisch wie ein Kammerherr des Königs Ludwig
+und Italienisch wie ein Florentiner. Es war wohl natürlich, daß ein
+Jüngling von solchen Gaben nach den Gründen forschte, aus denen seine
+Familie sich der Staatsreligion nicht angeschlossen hatte. Er studirte
+sorgfältig die Streitpunkte, theilte seine Zweifel Priestern seines
+eignen Glaubens mit, legte deren Antworten Tillotson vor, erwog lange
+und aufmerksam die beiderseitigen Gründe und erklärte sich nach einer
+zweijährigen genauen Untersuchung zum Protestanten. Die anglikanische
+Kirche nahm den erlauchten Convertiten freudig in ihren Schooß auf. Er
+genoß einer großen Popularität, und diese nahm zu, als man erfuhr, daß
+der König umsonst Bitten und Versprechungen an ihn verschwendet hatte,
+um ihn zu dem Irrglauben zurückzuführen, den er abgeschworen. Der
+Character des jungen Mannes entwickelte sich jedoch nicht in einer
+Weise, welche Diejenigen, die an seiner Bekehrung den hauptsächlichsten
+Antheil hatten, vollkommen befriedigte. Seine Sittlichkeit entging der
+allgemeinen Ansteckung der modischen Ausschweifungen nicht. Der Stoß,
+der seine Jugendvorurtheile zerstört, hatte zu gleicher Zeit alle seine
+Überzeugungen erschüttert und ihn der schwankenden Leitung seiner
+Gefühle preisgegeben. Aber wenn auch seine Grundsätze ihren Halt
+verloren hatten, so waren doch die Triebfedern seines Handelns so edel,
+sein Gemüth so sanft, sein Benehmen so freundlich und gewinnend, daß es
+unmöglich war, ihn nicht zu lieben. Er wurde schon frühzeitig der König
+der Herzen genannt und verlor in seinem langen, ereignißvollen und
+bewegten Leben nie das Recht auf diese Bezeichnung.<a class = "tag" name
+= "tagVIII_39" id = "tagVIII_39" href = "#noteVIII_39">39</a></p>
+
+<p>Shrewsbury war Lordlieutenant von Staffordshire und Oberst eines der
+Kavallerieregimenter, die in Folge des Aufstandes im Westen errichtet
+worden waren. Er weigerte sich jetzt, seine Thätigkeit durch die
+Regulatoren bestimmen zu lassen und wurde deshalb seiner beiden Stellen
+entsetzt.</p>
+
+<p class = "footnote">
+<a name = "noteVIII_39" id = "noteVIII_39" href = "#tagVIII_39">39.</a>
+<span class = "antiqua">Coxe’s Shrewsbury Correspondence</span>; <span
+class = "antiqua">Mackay’s Memoirs</span>; <span class = "antiqua">Life
+of Charles Duke of Shrewsbury, 1718</span>; <span class =
+"antiqua">Burnet, I. 762</span>; <span class = "antiqua">Birch’s Life of
+Tillotson.</span> In letzterem Werke findet der Leser einen Brief von
+Tillotson an Shrewsbury, der meiner Ansicht nach ein Muster von ernstem,
+freundschaftlichem und rücksichtvollem Tadel ist.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Der Earl von Dorset.</span>
+<a name = "secVIII_36" id = "secVIII_36">Kein</a> englischer Adeliger
+erfreute sich der Volksgunst in einem reicheren Maße als Karl Sackville,
+Earl von Dorset. Er war in der That ein merkwürdiger Mann. In seiner
+Jugend war er einer der bekanntesten Wüstlinge der zügellosen Zeit
+gewesen, welche auf die Restauration folgte. Er war der Schrecken der
+londoner Nachtwächter, hatte manche Nacht auf der Wache zubringen müssen
+und zum mindesten einmal eine Zelle in Newgate bewohnt. Seine Liebe zu
+Betty Morrice und zu Lorchen Gwynn, die ihn ihren Karl&nbsp;I. zu nennen
+pflegte, hatte der Stadt nicht wenig Stoff zur Unterhaltung und zum
+<span class = "pagenum">VIII.39</span>
+<a name = "pageVIII_39" id = "pageVIII_39"> </a>
+Ärgerniß gegeben.<a class = "tag" name = "tagVIII_40" id = "tagVIII_40"
+href = "#noteVIII_40">40</a> Doch bei all’ seinen Thorheiten und Lastern
+hatte er sich durch hochherzigen Muth, durch scharfen Verstand und durch
+natürliche Herzensgüte ausgezeichnet. Die Leute meinten, die
+Ausschweifungen, denen er sich hingäbe, theile er mit dem ganzen
+Geschlechte der lebenslustigen jungen Kavaliere, aber sein Mitgefühl für
+die Leiden der Menschheit und die Großmuth, mit der er diejenigen,
+welche durch seine muthwilligen Streiche verletzt wurden, zu
+entschädigen suchte, sei nur ihm allein eigen. Seine Freunde wunderten
+sich darüber, daß das Publikum zwischen ihm und ihnen einen Unterschied
+machte. „Der kann thun was er will,“ sagte Wilmot; „ihm geschieht nie
+etwas.“ Das Urtheil der Welt über Dorset gestaltete sich noch günstiger,
+als er mit den Jahren und in der Ehe gesetzter wurde. Jedermann pries
+seine herablassenden Manieren, seine geistreiche Unterhaltung, sein
+weiches Gemüth und seine Freigebigkeit. Man sagte es vergehe kein Tag,
+ohne daß eine bedrängte Familie Ursache habe, seinen Namen zu segnen.
+Und doch war bei aller seiner Herzensgüte sein Witz so beißend, daß
+Spötter, deren Sarkasmus die ganze Stadt fürchtete, vor dem Sarkasmus
+Dorset’s zitterten. Alle politischen Parteien achteten und liebten ihn;
+ihm selbst aber behagte die Politik überhaupt nicht sonderlich. Hätte
+ihn die Nothwendigkeit zu Anstrengungen gespornt, so würde er
+wahrscheinlich zu den höchsten Posten im Staate gestiegen sein; aber er
+nahm schon durch seine Geburt einen so hohen Rang ein und war dabei so
+reich, daß ihm viele Beweggründe fehlten, welche die Menschen antreiben,
+sich mit den öffentlichen Angelegenheiten zu befassen. Er nahm gerade
+nur so viel Theil an parlamentarischen und diplomatischen Geschäften,
+als hinreichte, um zu beweisen, daß ihm nichts weiter fehlte als die
+Lust dazu, um mit Danby und Sunderland zu rivalisiren, und richtete
+seine Thätigkeit auf Bestrebungen, die ihm besser zusagten. Gleich
+vielen anderen Männern, welche mit großen natürlichen Fähigkeiten eine
+angeborne und gewohnheitsmäßige Indolenz verbinden, wurde er ein
+geistiger Genußmensch und ein Meister in allen unterhaltenden Zweigen
+des Wissens, die man sich ohne ernstes Studium aneignen kann. Er war
+anerkanntermaßen der beste Richter in der Malerei, der Sculptur, der
+Baukunst und der Schauspielerkunst, den der Hof aufzuweisen hatte. In
+Angelegenheiten der schönen Künste und Wissenschaften galt sein Urtheil
+in allen Kaffeehäusern für unwiderruflich maßgebend. Mehr als ein
+hübsches Theaterstück, das bei der ersten Aufführung durchfiel, wurde
+lediglich durch seine Autorität gegen das Geschrei des ganzen Parterres
+siegreich vertheidigt und bestand mit glücklichem Erfolge die zweite
+Probe. St. Evremond und Lafontaine rühmten die feine Eleganz seines
+französischen Styls. Noch nie hatte England einen solchen Gönner der
+Literatur gehabt. Er übte seine Freigebigkeit mit eben so richtiger
+Einsicht als liberaler Unparteilichkeit, keine Secte oder Faction wurde
+dabei von ihm bevorzugt. Geniale Männer, welche durch literarische
+Eifersucht oder durch Verschiedenheit ihrer politischen Meinung einander
+entfremdet waren, stimmten in der Anerkennung seiner unparteiischen Güte
+überein. Dryden gestand, daß Dorset’s fürstliche Freigebigkeit ihn vom
+<span class = "pagenum">VIII.40</span>
+<a name = "pageVIII_40" id = "pageVIII_40"> </a>
+Untergange gerettet habe. Und dennoch wurden Montague und Prior, welche
+Dryden durch beißende Satiren getadelt hatten, von Dorset ins
+öffentliche Leben eingeführt, und das beste Lustspiel von Dryden’s
+Todfeind, Shadwell, war auf Dorset’s Landsitze geschrieben. Hätte der
+freigebige Earl sonst gewollt, so hätte er sehr gut mit Denen
+rivalisiren können, deren Wohlthäter er zu sein sich begnügte, denn die
+Verse, die er gelegentlich dichtete, zeigen bei aller unkünstlerischen
+Form Spuren eines angebornen Genies, das bei sorgfältiger Pflege Großes
+hätte schaffen können. In dem kleinen Bande seiner Werke finden sich
+Lieder, welche die ungezwungene Lebendigkeit Suckling’s besitzen, und
+kleine Satiren, deren glänzender Humor dem eines Butler nicht
+nachsteht.<a class = "tag" name = "tagVIII_41" id = "tagVIII_41" href =
+"#noteVIII_41">41</a></p>
+
+<p>Dorset war Lordlieutenant von Sussex und auf Sussex blickten die
+Regulatoren mit besonders ängstlicher Spannung, denn in keiner andren
+Grafschaft, Cornwall und Wiltshire ausgenommen, befanden sich so viele
+kleine Wahlorte. Er erhielt Befehl, sich auf seinen Posten zu begeben.
+Keiner von Denen, die ihn kannten, erwartete, daß er gehorchen werde. Er
+gab eine Antwort, wie sie sich für ihn ziemte, und wurde bedeutet, daß
+man seiner Dienste nicht mehr bedürfe. Das allgemeine Interesse, das er
+seinen vielen edlen und liebenswürdigen Eigenschaften verdankte, wurde
+nicht wenig erhöht, als man erfuhr, daß er durch die Post einen anonymen
+Brief erhalten hatte, worin ihm angekündigt wurde, daß, wenn er sich
+nicht sofort den Wünschen des Königs füge, ihn all’ sein Geist und seine
+Popularität nicht vor der Ermordung schützen werde. Eine ähnliche
+Warnung erhielt auch Shrewsbury. Drohbriefe waren damals viel seltener
+als sie es späterhin geworden sind, und man kann sich daher nicht
+darüber wundern, daß das ohnehin schon aufgeregte Volk zu dem Glauben
+geneigt war, die besten und edelsten Engländer seien wirklich für
+papistische Dolche ausersehen.<a class = "tag" name = "tagVIII_42" id =
+"tagVIII_42" href = "#noteVIII_42">42</a> Gerade zu der Zeit, als diese
+Briefe in ganz London das Tagesgespräch bildeten, wurde der verstümmelte
+Leichnam eines angesehenen Puritaners auf der Straße gefunden. Es zeigte
+sich indessen bald, daß der Mörder die That nicht aus religiösen oder
+politischen Beweggründen verübt hatte. Aber der erste Verdacht des
+gemeinen Volkes fiel auf die Papisten. Die verstümmelten Überreste des
+Ermordeten wurden in feierlicher Prozession nach dem Jesuitencollegium
+im Savoy getragen und einige Stunden lang war die Furcht und Wuth der
+Menge kaum weniger heftig als an dem Tage, wo Godfrey zu Grabe getragen
+ward.<a class = "tag" name = "tagVIII_43" id = "tagVIII_43" href =
+"#noteVIII_43">43</a></p>
+
+<p>Mit den übrigen Entlassungen muß ich mich kürzer fassen. Der Herzog
+<span class = "pagenum">VIII.41</span>
+<a name = "pageVIII_41" id = "pageVIII_41"> </a>
+von Somerset, dem vor einigen Monaten schon sein Regiment wieder
+abgenommen worden war, wurde nun auch seiner Stelle als Lordlieutenant
+des Ostbezirks<a class = "tag" name = "tagVIII_44" id = "tagVIII_44"
+href = "#noteVIII_44">44</a> von Yorkshire enthoben. Die
+Statthalterschaft des Nordbezirks verlor der Viscount Fauconberg, die
+von Shropshire der Viscount Newark und die von Lancashire der Earl von
+Derby, der Enkel des tapferen Kavaliers, der auf dem Schlachtfelde
+sowohl als auf dem Schaffot für das Haus Stuart dem Tode so muthig ins
+Auge geblickt hatte. Der Earl von Pembroke, der unlängst der Krone gegen
+Monmouth treu und tapfer gedient hatte, wurde in Wiltshire, der Earl von
+Rutland in Leicestershire, der Earl von Bridgewater in Buckinghamshire,
+der Earl von Thanet in Cumberland, der Earl von Northampton in
+Warwickshire, der Earl von Abingdon in Oxfordshire, der Earl von
+Scarsdale in Derbyshire abgesetzt. Scarsdale verlor außerdem auch sein
+Reiterregiment und seine Stelle im Hofstaate der Prinzessin von
+Dänemark. Diese weigerte sich, ihn aus ihren Diensten zu entlassen und
+gab nur einem peremptorischen Befehle ihres Vaters nach. Der Earl von
+Gainsborough wurde nicht nur der Statthalterschaft von Hampshire,
+sondern auch des Gouverneurpostens von Portsmouth und des
+Wildmeisteramts im Neuen Forste entsetzt, zwei Stellen, die er erst vor
+wenigen Monaten für fünftausend Pfund gekauft hatte.<a class = "tag"
+name = "tagVIII_45" id = "tagVIII_45" href = "#noteVIII_45">45</a></p>
+
+<p>Der König konnte keine angesehenen Lords und namentlich gar keine
+protestantischen auftreiben, welche die erledigten Stellen anzunehmen
+bereit waren. Man mußte zwei Grafschaften Jeffreys, einem Manne von sehr
+jungem Adel und von geringem Grundbesitz, und zwei andere Preston, der
+nicht einmal Peer von England war, zuertheilen. Die übrigen ihrer
+Statthalter beraubten Grafschaften wurden fast ohne Ausnahme bekannten
+Katholiken oder solchen Höflingen überwiesen, welche dem Könige im
+Geheimen versprochen hatten, zur römisch-katholischen Kirche
+überzutreten, sobald die Klugheit es ihnen gestatten würde.</p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVIII_40" id = "noteVIII_40" href =
+"#tagVIII_40">40.</a>
+Der König war nur Lorchen’s Karl III. Ob Dorset oder Major Hart die Ehre
+hatte ihr Karl&nbsp;I. zu sein, ist eine streitige Frage. Meines
+Bedünkens scheint Dorset gegründeteren Anspruch auf diesen Vorzug zu
+haben. Siehe die gestrichene Stelle in Burnet I. 263, und Pepys’
+Tagebuch vom 26. Oct. 1667.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_41" id = "noteVIII_41" href =
+"#tagVIII_41">41.</a>
+<span class = "antiqua">Pepys’s Diary</span>; Prior’s Widmung seiner
+Gedichte an den Herzog von Dorset; <span class = "antiqua">Johnson’s
+Life of Dorset</span>; <span class = "antiqua">Dryden’s Essay on
+Satire</span> und seine Widmung des <span class = "antiqua">Essay on
+Dramatic Poesy</span>. Dorset’s Liebe zu seiner Gattin und seine strenge
+eheliche Treue wird von dem ausschweifenden Narren Sir Georg Etherege in
+seinen Briefen aus Regensburg vom 9.(19.) Dec. 1687 und 16.(26.) Jan.
+1688 mit höhnender Geringschätzung erwähnt; Shadwell’s Widmung zu seinem
+<span class = "antiqua">Squire of Alsatia</span>; <span class =
+"antiqua">Burnet <ins class = "correction" title = "Original hat ,">I.</ins> 264</span>; <span class = "antiqua">Mackay’s
+Characters.</span> Einige Seiten von Dorset’s Character werden in seiner
+von Pope verfassten Grabschrift treffend angedeutet:</p>
+
+<div class = "verse">
+<p>Doch sanft war sein Herz, wenn auch streng sein Lied;</p>
+</div>
+
+<p class = "continue">
+und weiterhin:</p>
+
+<div class = "verse">
+<p>Ein glücklicher Hofmann, von Fürst und Land geliebt,</p>
+<p>Und dennoch treu der Freundschaft und der Muße.</p>
+</div>
+
+<p><a name = "noteVIII_42" id = "noteVIII_42" href =
+"#tagVIII_42">42.</a>
+Barillon, 9.(19.) Jan. 1688; Citters, Jan. 31. (Febr. 10.)</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_43" id = "noteVIII_43" href =
+"#tagVIII_43">43.</a>
+Adda, 3.(13.) u. 10.(20.) Febr. 1688.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_44" id = "noteVIII_44" href =
+"#tagVIII_44">44.</a>
+Die Grafschaft York, die größte von England, wird in drei Bezirke (<span
+class = "antiqua">Ridings</span>)
+eingetheilt.&emsp;&emsp;D.&nbsp;Übers.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_45" id = "noteVIII_45" href =
+"#tagVIII_45">45.</a>
+Barillon, 5.(15.), 8.(18.) u. 12.(22.) Dec. 1687; Citters, 29. Nov. (9.
+Dec.) u. <ins class = "correction" title = "Original hat »2.(12. Dec.).«">2.(12.) Dec.</ins></p>
+</div>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+An die Obrigkeiten gerichtete Fragen, und Antworten darauf.</span>
+<a name = "secVIII_37" id = "secVIII_37">Endlich</a> wurde die neue
+Maschinerie in Bewegung gesetzt und bald kam aus allen Gegenden des
+Landes die Nachricht von der vollständigen und hoffnungslosen
+Niederlage. Der Katechismus, nach welchem die Lordlieutenants die
+Gesinnungen der Landgentry erforschen sollten, bestand aus drei Fragen.
+Jeder Magistratsbeamte und jeder Stellvertreter des Lordlieutenants
+mußte gefragt werden, erstens ob er, im Fall er gewählt würde, um im
+Parlamente zu dienen, für eine im Sinne der Indulgenzerklärung gefaßte
+Bill stimmen wolle; zweitens ob er als Wähler seine Stimme solchen
+Candidaten geben wolle, die sich verpflichteten, für eine derartige Bill
+zu stimmen; und drittens ob er als Privatmann die wohlwollenden Zwecke
+des Königs fördern wolle, indem er mit Leuten jeder religiösen
+Überzeugung in Frieden lebte.<a class = "tag" name = "tagVIII_46" id =
+"tagVIII_46" href = "#noteVIII_46">46</a></p>
+
+<p>Sobald diese Fragen bekannt geworden waren, wurde ein mit seltener
+Geschicklichkeit entworfenes Antwortformular im ganzen Lande verbreitet
+und allgemein angenommen. Es lautete folgendermaßen: „Im Fall mir
+<span class = "pagenum">VIII.42</span>
+<a name = "pageVIII_42" id = "pageVIII_42"> </a>
+die Ehre zu Theil werden sollte, einen Sitz im Hause der Gemeinen
+einzunehmen, werde ich als Mitglied dieses Hauses es für meine Pflicht
+halten, die Gründe, welche für und gegen eine Indulgenzbill im Laufe der
+Debatte geltend gemacht werden, sorgfältig zu erwägen, und dann nach
+meiner gewissenhaften Überzeugung zu stimmen. Als Wähler werde ich meine
+Stimme solchen Candidaten geben, deren Begriffe von den Pflichten eines
+Volksvertreters mit meinen eigenen übereinstimmen. Als Privatmann hege
+ich den Wunsch, mit Jedermann in Frieden und Eintracht zu leben.“</p>
+
+<p class = "footnote">
+<a name = "noteVIII_46" id = "noteVIII_46" href = "#tagVIII_46">46.</a>
+Citters, 28. Oct. (7. Nov.) 1687; <span class = "antiqua">Lonsdale’s
+Memoirs.</span></p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Scheitern der Pläne des Königs.</span>
+<a name = "secVIII_38" id = "secVIII_38">Diese</a> Antwort, die noch
+viel trotziger war als eine förmliche Weigerung, weil sie einen leichten
+Anflug von milder und anständiger Ironie hatte, über die man sich nicht
+wohl gereizt zeigen konnte, war Alles was die Emissäre des Hofes von den
+meisten Landgentlemen erlangen konnten. Gegenvorstellungen,
+Versprechungen und Drohungen wurden vergebens angewendet. Der Herzog von
+Norfolk, obgleich Protestant und mit dem Verfahren der Regierung
+unzufrieden, hatte sich zu ihrem Werkzeuge in zwei Grafschaften
+hergegeben. Er begab sich zuerst nach Surrey, wo er aber bald sah, daß
+er nichts ausrichten konnte.<a class = "tag" name = "tagVIII_47" id =
+"tagVIII_47" href = "#noteVIII_47">47</a> Dann ging er nach Norfolk, von
+wo er ebenfalls bald zurückkehrte, um dem Könige zu melden, daß ihm von
+siebzig Gentlemen, welche in dieser großen Provinz öffentliche Ämter
+bekleideten, nur sechs Hoffnung gemacht hätten, die Politik des Hofes zu
+unterstützen.<a class = "tag" name = "tagVIII_48" id = "tagVIII_48" href
+= "#noteVIII_48">48</a> Der Herzog von Beaufort, dessen Autorität sich
+über vier englische Grafschaften und über das ganze Fürstenthum Wales
+erstreckte, kam mit einem nicht minder niederschlagenden Berichte nach
+Whitehall.<a class = "tag" name = "tagVIII_49" id = "tagVIII_49" href =
+"#noteVIII_49">49</a> Rochester war Lordlieutenant von Hertfordshire.
+Sein ganzer kleiner Schatz von Tugend war in dem Kampfe gegen die starke
+Versuchung, seine Religion für Geld zu verkaufen, aufgezehrt worden; er
+war noch durch einen Jahrgehalt von viertausend Pfund an den Hof
+gebunden, und zum Dank dafür war er zu jedem wenn auch noch so
+ungesetzlichen und erniedrigenden Dienste bereit, vorausgesetzt, daß man
+nicht die Formalität einer Aussöhnung mit Rom von ihm verlangte. Er
+hatte sich bereitwilligst der Aufgabe unterzogen, seine Grafschaft zu
+bearbeiten, und er ging dabei, wie immer, mit übereilter Heftigkeit und
+Gewaltthätigkeit zu Werke. Aber er verschwendete seinen Eifer vergebens
+an die starrsinnigen Squires, mit denen er es zu thun hatte. Sie
+erklärten ihm einstimmig, daß sie keinen Mann ins Parlament schicken
+wollten, der für die Beseitigung der Schutzwehren des protestantischen
+Glaubens stimmen würde.<a class = "tag" name = "tagVIII_50" id =
+"tagVIII_50" href = "#noteVIII_50">50</a> Dieselbe Antwort erhielt der
+Kanzler auch in Buckinghamshire.<a class = "tag" name = "tagVIII_51" id
+= "tagVIII_51" href = "#noteVIII_51">51</a> Die Gentry von Shropshire
+weigerte sich in einer zu Ludlow veranstalteten Zusammenkunft einhellig,
+sich durch das von dem Könige verlangte Versprechen zu binden.<a class =
+"tag" name = "tagVIII_52" id = "tagVIII_52" href = "#noteVIII_52">52</a>
+Der Earl von Yarmouth berichtete
+<span class = "pagenum">VIII.43</span>
+<a name = "pageVIII_43" id = "pageVIII_43"> </a>
+aus Wiltshire, daß von sechzig Magistratsbeamten und
+Statthaltersubstituten, mit denen er gesprochen, nur sieben eine
+günstige Antwort gegeben hätten und daß man selbst diesen nicht trauen
+könne.<a class = "tag" name = "tagVIII_53" id = "tagVIII_53" href =
+"#noteVIII_53">53</a> Der Renegat Peterborough richtete eben so wenig in
+Northamptonshire aus.<a class = "tag" name = "tagVIII_54" id =
+"tagVIII_54" href = "#noteVIII_54">54</a> Nicht glücklicher war sein
+Genosse Dover in Cambridgeshire.<a class = "tag" name = "tagVIII_55" id
+= "tagVIII_55" href = "#noteVIII_55">55</a> Auch Preston brachte
+schlechte Nachrichten aus Cumberland und Westmoreland; Dorsetshire und
+Huntingdonshire waren von dem nämlichen Geiste beseelt. Der Earl von
+Bath kehrte nach langem Stimmenwerben mit trostlosen Nachrichten aus dem
+Westen zurück. Er war ermächtigt worden, den Bewohnern dieser Gegenden
+die verführerischesten Anerbietungen zu machen. Insbesondere hatte er
+versprochen, daß, wenn die Wünsche des Königs gebührend berücksichtigt
+würden, der Zinnhandel von den auf ihm lastenden drückenden
+Beschränkungen befreit werden solle. Aber dieser Köder, dem man zu einer
+andren Zeit nicht widerstanden haben würde, wurde jetzt mit Verachtung
+zurückgewiesen. Alle Friedensrichter und Statthaltersubstituten von
+Devonshire und Cornwall erklärten ohne eine einzige Ausnahme, daß sie
+Gut und Blut für den König opfern würden, daß aber die protestantische
+Religion ihnen noch theurer sei als Gut und Blut. „Und,“ setzte Bath
+hinzu, „wenn Eure Majestät alle diese Gentlemen absetzte, so würden ihre
+Nachfolger ganz die nämliche Antwort geben“.<a class = "tag" name =
+"tagVIII_56" id = "tagVIII_56" href = "#noteVIII_56">56</a> Wenn es
+irgend einen Bezirk gab, in welchem die Regierung auf einen günstigen
+Erfolg hoffen durfte, so war es Lancashire. Man hatte starke Zweifel
+gehegt, ob das Resultat in dieser Provinz mit dem der meisten anderen
+Grafschaften übereinstimmen werde. In keinem Theile des Landes gab es so
+viele reiche und angesehene Familien, welche dem alten Glauben anhingen,
+und die Oberhäupter vieler dieser Familien waren kraft der
+Dispensationsgewalt zu Friedensrichtern und Commandanten der Miliz
+ernannt worden. Doch auch von dort meldete der neue Lordstatthalter,
+selbst ein Katholik, daß zwei Drittel seiner Substituten und der
+Magistratsbeamten dem Hofe feindlich gesinnt seien.<a class = "tag" name
+= "tagVIII_57" id = "tagVIII_57" href = "#noteVIII_57">57</a> Noch viel
+schmerzlicher verletzte das Ergebniß in Hampshire den Stolz des Königs.
+Arabella Churchill hatte ihm vor mehr als zwanzig Jahren einen Sohn
+geboren, der späterhin als einer der geschicktesten Generäle Europa’s
+weit und breit berühmt wurde. Der junge Mann hieß Jakob Fitzjames und
+bis dahin hatte noch nichts in ihm vermuthen lassen, daß er sich einst
+zu hoher Auszeichnung emporschwingen würde; aber sein Character und sein
+Benehmen waren so sanft und herzgewinnend, daß er keinen Feind hatte,
+außer Marien von Modena, welche den Sohn der Concubine schon seit langer
+Zeit mit dem bitteren Ingrimm einer kinderlosen Gattin haßte. Ein
+kleiner Theil der jesuitischen Faction hatte, bevor die Schwangerschaft
+der Königin angekündigt wurde, ganz ernstlich daran gedacht, ihn als
+Kronprätendenten neben der Prinzessin von Oranien aufzustellen.<a class
+= "tag" name = "tagVIII_58" id = "tagVIII_58" href =
+"#noteVIII_58">58</a> Wenn man bedenkt, wie vollständig dem Herzoge von
+Monmouth, obgleich das
+<span class = "pagenum">VIII.44</span>
+<a name = "pageVIII_44" id = "pageVIII_44"> </a>
+niedere Volk ihn für legitim hielt und obgleich er der Vorkämpfer des
+nationalen Glaubens war, ein ähnlicher Versuch mißlang, so muß es
+unbegreiflich erscheinen, wie ein Mann durch den Fanatismus so ganz
+verblendet sein konnte, daß er nur auf die Idee kam, einen jungen
+Menschen, der allgemein als ein papistischer Bastard bekannt war, auf
+den Thron erheben zu wollen. Es läßt sich nicht mit Gewißheit sagen, ob
+der König diesem albernen Plane seinen Beifall zollte. Der junge Mann
+war übrigens als Prinz anerkannt und wurde mit allen Auszeichnungen
+überschüttet, welche ein nicht aus königlichem Blute entsprossener
+Unterthan nur irgend zu erlangen hoffen konnte. Er war zum Herzog von
+Berwick erhoben worden und bekleidete jetzt mehrere ehrenvolle und
+einträgliche Stellen, welche Edelleuten, die sich den königlichen
+Befehlen nicht hatten fügen wollen, abgenommen worden waren. Er war der
+Nachfolger des Earls von Oxford als Oberst der Blauen und des Earls von
+Gainsborough als Lordlieutenant von Hampshire, Wildmeister des Neuen
+Forstes und Gouverneur von Portsmouth. Berwick erwartete, daß ihn an der
+Grenze von Hampshire, der Sitte gemäß, ein langer Zug von Baronets,
+Rittern und Squires empfangen werde; aber nicht eine einzige angesehene
+Person hatte sich zu seiner Begrüßung eingefunden. Er sendete Schreiben
+aus, durch welche er die Gentry zu sich entbot, aber nur fünf oder sechs
+beachteten diese Einladung. Die Übrigen warteten ihre Entlassung gar
+nicht ab; sie erklärten im voraus, daß sie keinen Theil an der Civil-
+oder Militairverwaltung ihrer Grafschaft haben möchten, so lange der
+König daselbst durch einen Papisten vertreten sei, und legten ihre
+Stellen freiwillig nieder.<a class = "tag" name = "tagVIII_59" id =
+"tagVIII_59" href = "#noteVIII_59">59</a></p>
+
+<p>Sunderland, der an die Stelle des Earls von Northampton zum
+Lordlieutenant von Warwickshire ernannt worden war, fand eine Ausflucht,
+um nicht in diese Grafschaft zu gehen und die Entrüstung und Verachtung
+der dortigen Gentry auf sich zu laden, und seine Entschuldigung wurde um
+so bereitwilliger angenommen, da der König endlich einzusehen begann,
+daß sich der Sinn der Landgentry nicht beugen ließ.<a class = "tag" name
+= "tagVIII_60" id = "tagVIII_60" href = "#noteVIII_60">60</a></p>
+
+<p>Es muß bemerkt werden, daß Diejenigen, welche diesen trotzigen Sinn
+an den Tag legten, nicht die alten Feinde des Hauses Stuart waren. Die
+Listen der Friedensrichter und Statthaltersubstituten waren schon längst
+von allen republikanischen Namen sorgfältig gesäubert. Die Männer, denen
+die Regierung vergebens das Versprechen der Unterstützung abzuzwingen
+versucht hatte, waren fast ohne Ausnahme Tories. Die älteren von ihnen
+konnten noch Narben, welche von den Schwertern der Rundköpfe herrührten,
+und Empfangsbescheinigungen über Silbergeschirr aufweisen, das sie
+Karl&nbsp;I. in seiner Noth geschickt hatten. Die Jüngeren hatten gegen
+Shaftesbury und Monmouth fest zu Jakob gehalten. Dies waren die Männer,
+welche jetzt von dem nämlichen Fürsten, dem sie so glänzende Beweise von
+treuer Anhänglichkeit gegeben hatten, in Masse ihrer Ämter entsetzt
+wurden. Die Entlassung machte sie aber nur noch entschlossener; es war
+bei ihnen zu einer heiligen Ehrensache geworden, in dieser Krisis fest
+zusammenzuhalten. Es konnte keinem Zweifel unterliegen, daß, wenn bei
+der Stimmenzählung ehrlich zu Werke gegangen
+<span class = "pagenum">VIII.45</span>
+<a name = "pageVIII_45" id = "pageVIII_45"> </a>
+wurde, nicht ein einziger der Regierungspolitik günstiger
+Grafschaftsabgeordneter gewählt werden würde. Die Leute fragten einander
+daher mit nicht geringer Besorgniß, ob man wohl erwarten könne, daß bei
+der Stimmenzählung ehrlich zu Werke gegangen werden würde.</p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVIII_47" id = "noteVIII_47" href =
+"#tagVIII_47">47.</a>
+Citters, 22. Nov. (2. Dec.) 1687.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_48" id = "noteVIII_48" href =
+"#tagVIII_48">48.</a>
+Citters, 27. Dez. (6. Jan.) 1687/88.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_49" id = "noteVIII_49" href =
+"#tagVIII_49">49.</a>
+<span class = "antiqua">Ibid.</span></p>
+
+<p><a name = "noteVIII_50" id = "noteVIII_50" href =
+"#tagVIII_50">50.</a>
+Johnstone erwähnt zweimal, unterm 25. Nov. und unterm 8. Dec. 1687, den
+beleidigenden Eifer, den Rochester bei dieser Gelegenheit zeigte. Das
+Mißlingen seiner Bemühungen erwähnt Citters unterm 6.(16.) Dec.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_51" id = "noteVIII_51" href =
+"#tagVIII_51">51.</a>
+Citters, 6.(16.) Dec. 1687.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_52" id = "noteVIII_52" href =
+"#tagVIII_52">52.</a>
+<span class = "antiqua">Ibid.</span> 20.(30.) Dec. 1687.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_53" id = "noteVIII_53" href =
+"#tagVIII_53">53.</a>
+Citters, 30. März (9. April) 1687.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_54" id = "noteVIII_54" href =
+"#tagVIII_54">54.</a>
+<span class = "antiqua">Ibid.</span> 22. Nov. (2. Dec.) 1687.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_55" id = "noteVIII_55" href =
+"#tagVIII_55">55.</a>
+<span class = "antiqua">Ibid.</span> 15.(25.) Nov. 1687.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_56" id = "noteVIII_56" href =
+"#tagVIII_56">56.</a>
+<span class = "antiqua">Ibid.</span> 10.(20.) April 1688.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_57" id = "noteVIII_57" href =
+"#tagVIII_57">57.</a>
+Die ängstliche Spannung wegen Lancashire erwähnt Citters in einer
+Depesche vom 18.(28.) Nov. 1687, das Resultat in einer vier Tage später
+datirten.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_58" id = "noteVIII_58" href =
+"#tagVIII_58">58.</a>
+Bonrepaux, 11.(21.) Juli 1687.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_59" id = "noteVIII_59" href =
+"#tagVIII_59">59.</a>
+Citters, 3.(13.) Febr. 1688.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_60" id = "noteVIII_60" href =
+"#tagVIII_60">60.</a>
+Citters, 5.(15.) April 1688.</p>
+</div>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Liste der Sheriffs.</span>
+<a name = "secVIII_39" id = "secVIII_39">Mit</a> Ungeduld sah man der
+Liste der Sheriffs für das neue Jahr entgegen. Sie erschien, während die
+Lordlieutenants noch auf ihrer Werbungsreise begriffen waren, und wurde
+mit einem allgemeinen Schrei des Zornes und Unwillens aufgenommen. Die
+Mehrzahl dieser Beamten, welche bei den Grafschaftswahlen die
+Oberleitung hatten, waren entweder Katholiken oder protestantische
+Dissenters, die ihre Zustimmung zur Indulgenzerklärung ausgesprochen
+hatten.<a class = "tag" name = "tagVIII_61" id = "tagVIII_61" href =
+"#noteVIII_61">61</a> Eine Zeit lang hegte man die schlimmsten
+Befürchtungen, die aber bald wieder schwanden. Man hatte guten Grund,
+anzunehmen, daß über einen gewissen Punkt hinaus der König auch nicht
+auf die Unterstützung der seiner eigenen Kirche angehörenden Sheriffs
+rechnen könne.</p>
+
+<p class = "footnote">
+<a name = "noteVIII_61" id = "noteVIII_61" href = "#tagVIII_61">61.</a>
+<span class = "antiqua">London Gazette, Dec. 5. 1687</span>; Citters,
+6.(16.) Dec.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Character der katholischen Landgentlemen.</span>
+<a name = "secVIII_40" id = "secVIII_40">Zwischen</a> dem katholischen
+Höflinge und dem katholischen Landgentleman herrschte nur sehr geringe
+Sympathie. Die in Whitehall dominirende Cabale bestand theils aus
+Fanatikern, welche zum Zwecke der Verbreitung ihres Glaubens bereit
+waren, alle Gesetze der Moral über den Haufen zu werfen und die ganze
+Welt in eine heillose Verwirrung zu stürzen, theils aus Heuchlern,
+welche um des Gewinnes willen von dem Glauben, in dem sie erzogen
+worden, abgefallen waren und die jetzt den allen Neubekehrten eigenen
+Eifer auf die Spitze trieben. Sowohl die Fanatiker als auch die Heuchler
+am Hofe hatten zum größten Theil keine Spur von englischer
+Anschauungsweise. In einigen von ihnen hatte die unbedingte Hingebung
+für ihre Kirche alles Nationalgefühl erstickt; andere waren Irländer,
+deren Patriotismus in einem tödtlichen Hasse gegen die sächsischen
+Eroberer Irlands bestand; noch andere waren Verräther, die von einer
+auswärtigen Macht einen regelmäßigen Sold bezogen, und wieder andere
+hatten einen großen Theil ihres Lebens im Auslande zugebracht, und waren
+entweder bloße Kosmopoliten oder hegten einen positiven Widerwillen
+gegen die Sitten und Staatseinrichtungen des Landes, das sie jetzt zu
+regieren hatten. Diese Leute hatten mit einem noch der alten Kirche
+anhängenden Gutsbesitzer von Cheshire oder Staffordshire kaum irgend
+etwas gemein. Er war weder Fanatiker noch Heuchler, er war Katholik,
+weil sein Vater und Großvater Katholiken gewesen waren, und er hing an
+seinem ererbten Glauben, wie die Menschen in der Regel an demselben
+hängen, aufrichtig aber ohne sonderliche Begeisterung. In jeder andren
+Beziehung war er nichts weiter als eben ein englischer Squire, der sich
+von den benachbarten Squires höchstens dadurch unterschied, daß er noch
+etwas ungebildeter und bäuerischer war als sie. Die auf ihm lastenden
+Ausschließungen hatten ihn verhindert, sich bis zu der allerdings selbst
+nur mäßig hohen Bildungsstufe zu erheben, auf der die meisten
+protestantischen Landgentlemen standen. Als Knabe von Eton und
+Westminster, als Jüngling von Oxford und Cambridge, als Mann vom
+Parlament und von der Richterbank ausgeschlossen, vegetirte er still und
+ruhig hin, wie die Ulmen der Allee, die zu dem ererbten Meierhofe seiner
+<span class = "pagenum">VIII.46</span>
+<a name = "pageVIII_46" id = "pageVIII_46"> </a>
+Vorfahren führte. Seine Kornfelder, seine Milchwirthschaft, seine
+Ciderpresse, seine Jagdhunde, seine Angelruthe und seine Flinte, sein
+Bier und sein Tabak beschäftigten fast allein seine Gedanken. Mit seinen
+Nachbarn stand er trotz der Glaubensverschiedenheit in der Regel auf
+gutem Fuße. Sie kannten ihn als einen harmlosen Mann ohne Ehrgeiz, er
+stammte fast durchgängig aus einer guten und alten Familie und war immer
+ein Kavalier. Er drang Niemandem seine persönlichen Ansichten auf und
+wurde Niemandem lästig damit, er quälte nicht, wie ein Puritaner, sich
+selbst und Andere mit Gewissensskrupeln über alle Genüsse des Lebens; im
+Gegentheil, er war ein eben so leidenschaftlicher Jagdliebhaber und ein
+eben so heiterer Gesellschafter als irgend Einer, der den Suprematseid
+und die Erklärung gegen die Transsubstantiation angenommen hatte. Er
+ging mit seinen Nachbarsquires auf die Jagd, hielt bis zum Hallali bei
+ihnen aus und nahm sie nach beendeter Jagd mit sich nach Hause zu einer
+Wildpretpastete und zu einem Kruge Octoberbier, das seine vier Jahre auf
+Flaschen lag. Die Bedrückungen, die er erduldet, waren nicht so arg, daß
+sie ihn zu einem verzweifelten Entschlusse hätten treiben können; selbst
+als seine Kirche schonungslos verfolgt wurde, waren sein Leben und sein
+Eigenthum nicht in großer Gefahr. Der schamloseste falsche Zeuge würde
+es schwerlich gewagt haben, der Wahrheit so frech ins Gesicht zu
+schlagen, daß er ihn beschuldigt hätte, ein Verschwörer zu sein. Die
+Papisten, welche Oates zu seinen Angriffen auswählte, waren Peers,
+Prälaten, Jesuiten, Benedictiner, thätige politische Agenten, Juristen
+mit ausgedehnter Praxis und Hofärzte. Der katholische Landgentlemen
+konnte unter dem Schutze seiner Verborgenheit, seines leutseligen Wesens
+und der Zuneigung seiner Umgebungen unbelästigt seine Ernte einbringen
+und seine Waidtasche mit Wild füllen, während Coleman und Langhorne,
+Whitbread und Pickering, Erzbischof Plunkett und Lord Stafford durch den
+Strick oder durch das Beil starben. Eine Bande elender Schurken machte
+zwar den Versuch, gegen Sir Thomas Gascoigne, einen bejahrten
+katholischen Baronet in Yorkshire, eine Anklage auf Hochverrath zu
+erheben, aber zwölf der besten Gentlemen des Westbezirks, die seinen
+Lebenswandel kannten, hielten es nicht für möglich, daß ihr ehrenwerther
+alter Bekannter Banditen zur Ermordung des Königs gedungen haben sollte,
+und sprachen trotz mancherlei der Richterbank eben nicht zur Ehre
+gereichender Versuche ein „Nichtschuldig“ aus. Wohl mochte es für das
+Oberhaupt einer alten, angesehenen Familie in der Provinz ein
+schmerzlicher Gedanke sein, daß er seines Glaubens wegen von ehrenvollen
+Stellen und Ämtern ausgeschlossen war, zu deren Bekleidung Männer von
+niedererer Herkunft und geringerem Vermögen für berechtigt gehalten
+wurden; aber er hatte nicht Lust, Land und Leben im Kampfe gegen eine
+erdrückende Übermacht auf’s Spiel zu setzen, und sein gerader, ächt
+englischer Character würde, vor Mitteln, wie ein Petre und Tyrconnel sie
+anwendeten, mit Abscheu zurückgebebt sein. Deshalb würde er jedoch eben
+so bereitwillig, als irgend einer seiner protestantischen Nachbarn zur
+Vertheidigung seines Vaterlandes gegen einen Einfall der Franzosen oder
+irischen Papisten das Schwert um die Lenden gegürtet und die Pistolen in
+die Halfter gesteckt haben. Dies war der allgemeine Character der
+Männer, in denen Jakob jetzt die sichersten Werkzeuge zur Leitung der
+Grafschaftswahlen zu erblicken glaubte. Er überzeugte sich jedoch bald,
+daß sie nicht geneigt
+<span class = "pagenum">VIII.47</span>
+<a name = "pageVIII_47" id = "pageVIII_47"> </a>
+waren, sich durch einen ihm zu leistenden schimpflichen und strafbaren
+Dienst die Achtung ihrer Nachbarn zu verscherzen und Leben und Vermögen
+zu gefährden. Mehrere von ihnen weigerten sich, Sheriffs zu werden, und
+von denen, welche die Ernennung annahmen, erklärten viele, daß sie eben
+so gewissenhaft, als wenn sie Mitglieder der Staatskirche wären, ihre
+Pflicht erfüllen, und keinen Wahlcandidaten, der nicht eine wirkliche
+Stimmenmehrheit hätte, in’s Parlament schicken würden.<a class = "tag"
+name = "tagVIII_62" id = "tagVIII_62" href = "#noteVIII_62">62</a></p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVIII_62" id = "noteVIII_62" href =
+"#tagVIII_62">62.</a>
+Etwa zwanzig Jahre vor dieser Zeit sprach sich ein Jesuit über die
+eingezogene Lebensweise der katholischen Gentry Englands folgendermaßen
+aus: <span class = "antiqua">„La nobilità Inglese, senon se legata in
+serviglio di Corte ò in opera di maestrato, vive, e godo il più dell’
+anno a la campagna, ne’ suoi palagi e poderi, dove son liberi e padroni;
+è ciò tanto più sollecitamente i Cattolici quanto più utilmente, si come
+meno osservati colà.“ &mdash; L’Inghilterra descritta dal P. Daniello
+Bartoli. Roma, 1667.</span></p>
+
+<p class = "continue">
+„Viele von den papistischen Sheriffs,“ schrieb Johnstone, „sind begütert
+und erklären, daß man sich sehr irren würde, wenn man gefälschte Wahlen
+von ihnen erwartete. Die papistische Gentry, welche auf ihren Landgütern
+lebt, ist von der städtischen weit verschieden. Mehrere von ihnen haben
+es abgelehnt, Sheriffs oder Statthaltersubstituten zu werden.“ &mdash;
+8. Dec. 1687.</p>
+
+<p class = "continue">
+Ronquillo sagt das Nämliche: <span class = "antiqua">„Algunos Catolicos
+que fueron nombrados por sherifes se han excusado.“</span> &mdash;
+9.(19.) Jan. 1688. Einige Monate später versichert er seinem Hof, daß
+die katholischen Landgentlemen gern zu einer Verständigung die Hand
+bieten würden, deren Grundbedingungen die Abschaffung der Strafgesetze
+und die Beibehaltung des Religionseides wären. <span class =
+"antiqua">„Estoy informado,“</span> sagt er, <span class =
+"antiqua">„que los Catolicos de las provincias no lo reprueban, pues no
+pretendiendo oficios, y siendo solo algunos de la Corte los provechosos,
+les parece que mejoran su estado, quedando seguros ellos y sus
+descendientes en la religion, en la quietud, y en la seguridad de sus
+haciendas.“</span> &mdash; 23. Juli (2. Aug.) 1688.</p>
+</div>
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Stimmung der Dissenters.</span>
+<a name = "secVIII_41" id = "secVIII_41">Konnte</a> der König schon auf
+seine katholischen Sheriffs wenig rechnen, so konnte er sich noch viel
+weniger auf die puritanischen verlassen. Seit dem Erscheinen der
+Indulgenzerklärung waren mehrere Monate verflossen, Monate voll
+wichtiger Ereignisse und fortwährender Streitigkeiten. Die öffentliche
+Besprechung der Angelegenheiten hatte vielen Dissenters die Augen
+geöffnet, aber die Maßregeln der Regierung, und vorzugsweise das strenge
+Verfahren gegen das Magdalenen-Collegium, hatte mehr als selbst die
+Feder eines Halifax dazu beigetragen, alle Klassen der Protestanten
+aufzurütteln und zu vereinigen. Die meisten von den Sectirern, die sich
+hatten verleiten lassen, ihren Dank für die Indulgenz auszudrücken,
+schämten sich jetzt ihres Irrthums und wünschten sehnlichst, ihn dadurch
+wieder gut zu machen, daß sie sich der großen Masse ihrer Landsleute
+anschlossen.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Regulirung der Corporationen.</span>
+<a name = "secVIII_42" id = "secVIII_42">In</a> Folge dieses Umschwungs
+in den Gesinnungen der Nonconformisten stieß die Regierung in den
+Städten auf fast eben so große Schwierigkeiten, wie auf dem platten
+Lande. Als die Regulatoren ihre Arbeit begannen, hatten sie fest darauf
+gerechnet, daß jeder Dissenter, der sich zu Gunsten der Indulgenz
+ausgesprochen hatte, auch die Politik des Königs unterstützen werde. Sie
+waren daher überzeugt, daß sie im Stande sein würden, alle
+Municipalämter des Königreichs mit zuverlässigen Freunden zu besetzen.
+In den neuen Städteordnungen hatte sich die Krone das Recht vorbehalten,
+Magistratsbeamte nach ihrem Belieben zu entlassen. Dieses Recht wurde
+jetzt ohne alle Beschränkung ausgeübt. Durchaus nicht so klar war es
+<span class = "pagenum">VIII.48</span>
+<a name = "pageVIII_48" id = "pageVIII_48"> </a>
+jedoch, daß Jakob auch das Recht hatte, neue Magistratsbeamte zu
+ernennen; aber mochte es ihm nun zustehen oder nicht, er beschloß, es
+sich zu nehmen. Allenthalben, vom Tweed bis Landsend, wurden
+toryistische Beamte abgesetzt und Presbyterianer, Independenten und
+Baptisten an ihrer Stelle ernannt. In dem neuen Freibriefe der
+Hauptstadt hatte sich die Krone das Recht vorbehalten, alle Vorsteher,
+Pfleger und Beisitzer der Innungen zu entlassen. In Folge dessen wurden
+über achthundert angesehene Bürger, sämmtlich Mitglieder der Partei, die
+sich der Ausschließungsbill widergesetzt hatte, durch einen einzigen
+Erlaß ihrer Ämter enthoben. Bald darauf erschien ein Nachtrag zu dieser
+langen Liste.<a class = "tag" name = "tagVIII_63" id = "tagVIII_63" href
+= "#noteVIII_63">63</a> Aber die neuen Angestellten waren kaum
+vereidigt, so zeigte es sich, daß sie eben so unfügsam waren, als ihre
+Vorgänger. In Newcastle am Tyne ernannten die Regulatoren einen
+katholischen Mayor und puritanische Aldermen. Man zweifelte keinen
+Augenblick, daß die so umgestaltete Municipalbehörde eine Adresse
+beschließen werde, in der sie die Maßregeln des Königs zu unterstützen
+versprach. Die Adresse wurde jedoch verweigert. Der Mayor reiste wüthend
+nach London und sagte dem Könige, die Dissenters seien alle Schurken und
+Rebellen und die Regierung könne in der ganzen Corporation auf nicht
+mehr als vier Stimmen rechnen.<a class = "tag" name = "tagVIII_64" id =
+"tagVIII_64" href = "#noteVIII_64">64</a> In Reading wurden
+vierundzwanzig toryistische Aldermen entlassen und vierundzwanzig neue
+ernannt. Von diesen erklärten sich dreiundzwanzig sofort gegen die
+Indulgenz und wurden deshalb ebenfalls wieder entlassen.<a class = "tag"
+name = "tagVIII_65" id = "tagVIII_65" href = "#noteVIII_65">65</a> Im
+Laufe weniger Tage wurde der Stadtbezirk von Yarmouth nacheinander durch
+drei verschiedene Magistratskörper verwaltet, welche sämmtlich dem Hofe
+gleich feindlich gesinnt waren.<a class = "tag" name = "tagVIII_66" id =
+"tagVIII_66" href = "#noteVIII_66">66</a> Dies sind nur einzelne
+Beispiele von dem was im ganzen Lande geschah. Der holländische Gesandte
+berichtete an die Generalstaaten, daß in manchen Städten die
+Magistratsbeamten in einem Monate zwei und selbst dreimal, aber dennoch
+vergebens gewechselt worden seien.<a class = "tag" name = "tagVIII_67"
+id = "tagVIII_67" href = "#noteVIII_67">67</a> Aus den Acten des
+Geheimen Raths geht hervor, daß die Zahl der Regulationen, wie sie
+genannt wurden, zweihundert überstieg.<a class = "tag" name =
+"tagVIII_68" id = "tagVIII_68" href = "#noteVIII_68">68</a> Die
+Regulatoren fanden in der That, daß in nicht wenigen Städten die
+Veränderung eine Verschlimmerung war. Die mißvergnügten Tories hatten,
+wenn sie auch über die Politik des Königs murrten; doch wenigstens stets
+Achtung für seine Person und seinen Thron an den Tag gelegt und jeden
+Gedanken an Widerstand verworfen. Ganz anders war die Sprache einiger
+neuen Mitglieder der Corporationen. Man sagte, daß alte Soldaten der
+Republik, welche zu ihrem eignen wie zum Erstaunen des Publikums zu
+Aldermen ernannt worden waren, den Agenten des Hofes deutlich zu
+verstehen gäben, es müsse erst Blut fließen, bevor Papismus und
+Willkürgewalt in England zur Herrschaft gelangten.<a class = "tag" name
+= "tagVIII_69" id = "tagVIII_69" href = "#noteVIII_69">69</a></p>
+<span class = "pagenum">VIII.49</span>
+<a name = "pageVIII_49" id = "pageVIII_49"> </a>
+
+<p>Die Regulatoren sahen, daß mit dem was sie bis jetzt gethan hatten,
+wenig oder nichts gewonnen war. Es gab indessen noch ein Mittel, aber
+auch nur dieses eine, durch das sie hoffen konnten ihren Zweck zu
+erreichen. Die Gemeindeordnungen der Wahlflecken mußten zurückgezogen
+und durch neue ersetzt werden, welche das Wahlrecht auf sehr kleine, vom
+König zu ernennende Wahlkörper beschränkten.<a class = "tag" name =
+"tagVIII_70" id = "tagVIII_70" href = "#noteVIII_70">70</a></p>
+
+<p>Aber wie war dieser Plan auszuführen? In einigen der neuen Freibriefe
+hatte sich die Krone zwar das Recht der Wiederentziehung vorbehalten,
+aber die übrigen konnte Jakob nur durch freiwillige Zurückgabe von
+Seiten der Corporationen oder durch einen Ausspruch der Kings Bench
+wieder in die Hand bekommen. Aber nur wenige Corporationen waren jetzt
+geneigt, ihre Gemeindeordnungen freiwillig aufzugeben, und ein
+Richterspruch, wie er den Zwecken des Hofes diente, war selbst von einem
+Sklaven wie Wright nicht zu erwarten. Die Quo-Warranto-Erlasse,<a class
+= "tag" name = "tagVIII_71" id = "tagVIII_71" href =
+"#noteVIII_71">71</a> welche vor einigen Jahren erschienen waren, um die
+Whigpartei zu vernichten, waren von allen Unparteiischen einhellig
+verdammt worden. Doch hatten diese Erlasse wenigstens einen Anschein von
+Recht für sich, denn sie waren gegen alte Municipalkörper gerichtet, und
+unter diesen gab es wenige, in denen im Laufe der Zeit nicht Mißbrauche
+eingerissen waren, welche genügenden Anhalt zu einem Prozeßverfahren
+darboten. Die Corporationen aber, welche jetzt angegriffen wurden,
+befanden sich noch im Alter der kindlichen Unschuld, die ältesten von
+ihnen hatten kaum ihr fünftes Lebensjahr erreicht, und es war unmöglich,
+daß viele von ihnen schon so schwer gesündigt haben sollten, daß sie
+eine Zurücknahme ihrer Privilegien verdienten. Den Richtern selbst war
+nicht wohl zu Muthe. Sie gaben zu bedenken, daß das, was man von ihnen
+verlange, den einfachsten und klarsten Grundsätzen des Rechts und der
+Gerechtigkeit schnurstracks zuwiderlaufe; aber alle Vorstellungen waren
+umsonst. Die Wahlorte wurden zur Rücksendung ihrer Freibriefe
+aufgefordert. Einige wenige kamen der Aufforderung nach; aber das
+Verfahren, welches der König gegen diese wenigen einschlug, war eben
+nicht geeignet, bei den anderen Vertrauen zu erwecken. In mehreren
+Städten wurde der Gesammtbürgerschaft das Wahlrecht entzogen und auf
+eine kleine Anzahl Personen beschränkt und diese mußten sich eidlich
+verpflichten, die von der Regierung empfohlenen Candidaten zu
+unterstützen. In Tewkesbury zum Beispiel wurde das Wahlrecht dreizehn
+Personen übertragen. Doch selbst diese Anzahl war noch zu groß. Haß und
+Furcht hatten sich so weit verbreitet, daß es kaum möglich war, auch
+durch die unredlichsten Mittel nur dreizehn Männer zu finden, auf die
+sich der Hof unbedingt verlassen konnte. Es hieß, daß die Mehrheit des
+neuen Wahlkörpers von Tewkesbury von dem nämlichen Sinne beseelt sei,
+welcher in der ganzen Nation überwiege, und daß derselbe an dem
+entscheidenden Tage zuverlässige Protestanten in’s Parlament schicken
+werde. Die Regulatoren drohten in heftigem Zorne, die Zahl der Wähler
+auf drei zu reduciren.<a class = "tag" name = "tagVIII_72" id =
+"tagVIII_72" href = "#noteVIII_72">72</a> Inzwischen
+<span class = "pagenum">VIII.50</span>
+<a name = "pageVIII_50" id = "pageVIII_50"> </a>
+weigerte sich die große Mehrzahl der Wahlorte entschieden, ihre
+Privilegien aufzugeben. Barnstaple, Winchester und Buckingham zeichneten
+sich durch die Kühnheit ihres Widerstandes besonders aus. In Oxford
+wurde der Antrag, daß die Stadt ihr Wahlrecht dem Könige zurückgeben
+solle, mit achtzig gegen zwei Stimmen verworfen.<a class = "tag" name =
+"tagVIII_73" id = "tagVIII_73" href = "#noteVIII_73">73</a> Der Tempel
+und Westminsterhall kamen durch die plötzliche Häufung von Aufträgen aus
+allen Theilen des Landes in ungewohnte Bewegung. Jeder Advokat von
+bedeutender Praxis erhielt Vollmachten über Vollmachten von den
+städtischen Corporationen, und die gewöhnlichen Clienten beklagten sich,
+daß ihre Angelegenheiten vernachlässigt würden.<a class = "tag" name =
+"tagVIII_74" id = "tagVIII_74" href = "#noteVIII_74">74</a> Es lag auf
+der Hand, daß eine geraume Zeit darüber hingehen mußte, ehe eine so
+große Anzahl Prozesse entschieden werden konnten. Diese Verzögerung war
+der Tyrannei unerträglich. Es wurde nichts unterlassen, um die
+widerspenstigen Wahlkörper durch Drohungen zur Unterwerfung zu bringen.
+In Buckingham hatten einige Municipalbeamten sich in nicht eben lobender
+Weise ausgesprochen. Man machte ihnen den Prozeß und kündigte ihnen an,
+daß mit schonungsloser Strenge gegen sie verfahren werden würde, wenn
+sie sich nicht durch Herausgabe ihres Freibriefs loskauften.<a class =
+"tag" name = "tagVIII_75" id = "tagVIII_75" href = "#noteVIII_75">75</a>
+In Winchester griff man zu noch strengeren Gewaltmaßregeln. Eine
+bedeutende Truppenabtheilung wurde in die Stadt gelegt, einzig und
+allein zu dem Zwecke, die Einwohner zu belästigen und zu quälen.<a class
+= "tag" name = "tagVIII_76" id = "tagVIII_76" href =
+"#noteVIII_76">76</a> Die Stadt blieb fest und die öffentliche Stimme
+beschuldigte den König laut, daß er die schlimmsten Verbrechen seines
+Bruders von Frankreich nachahme; die Dragonaden hätten begonnen, sagte
+man. Man hatte auch wirklich Grund zu ernsten Besorgnissen. Jakob war
+auf den Einfall gekommen, daß er den Widerstandsgeist einer hartnäckigen
+Stadt nicht wirksamer brechen könne, als indem er den Einwohnern
+Soldaten in’s Quartier legte. Er mußte wissen, daß diese Maßregel
+sechzig Jahre früher heftigen Unwillen erregt und durch die Bitte um
+Recht, ein Gesetz, das von den Engländern kaum weniger verehrt wurde,
+als die Magna Charta, feierlichst für gesetzwidrig erklärt worden war.
+Aber er hoffte von den Gerichtshöfen eine Erklärung zu erlangen, daß
+selbst die Bitte um Recht die Prärogative nicht beschränken könne. Er
+fragte in der That den Oberrichter der Kings Bench über diesen
+Gegenstand um Rath;<a class = "tag" name = "tagVIII_77" id =
+"tagVIII_77" href = "#noteVIII_77">77</a> aber das Resultat der
+Besprechung wurde geheim gehalten, und in einigen Wochen gestalteten
+sich die Dinge so, daß eine Furcht, welche noch stärker war, als selbst
+die vor der königlichen Ungnade, sogar einen so servilen Mann wie Wright
+bewog, ein wenig einzuhalten.</p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVIII_63" id = "noteVIII_63" href =
+"#tagVIII_63">63.</a>
+<span class = "antiqua">Privy Council Book, Sept. 25. 1687, Febr. 21,
+1687/88</span>.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_64" id = "noteVIII_64" href =
+"#tagVIII_64">64.</a>
+Acten der Corporation, angeführt in <span class = "antiqua">Brand’s
+History of Newcastle</span>; Johnstone, 21. Febr. 1687/88.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_65" id = "noteVIII_65" href =
+"#tagVIII_65">65.</a>
+Johnstone, 21. Febr. 1687/88.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_66" id = "noteVIII_66" href =
+"#tagVIII_66">66.</a>
+Citters, 14.(24.) Febr. 1688.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_67" id = "noteVIII_67" href =
+"#tagVIII_67">67.</a>
+Citters, 1.(11.) Mai 1688.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_68" id = "noteVIII_68" href =
+"#tagVIII_68">68.</a>
+Am Rande der Geheimrathsacten findet man die Bemerkung „Zweite
+Regulation“ und „Dritte Regulation“, wenn ein Wahlkörper mehr als einmal
+umgestaltet worden war.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_69" id = "noteVIII_69" href =
+"#tagVIII_69">69.</a>
+Johnstone, 23. Mai 1688.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_70" id = "noteVIII_70" href =
+"#tagVIII_70">70.</a>
+Johnstone, 21. Febr. 1688.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_71" id = "noteVIII_71" href =
+"#tagVIII_71">71.</a>
+Diese Erlasse, so genannt nach den beiden Anfangsworten <span class =
+"antiqua">Quo warranto</span>, ordneten eine Untersuchung über die
+Rechtsbefugnisse an, auf welche sich die Privilegien einer Corporation
+gründeten, und wenn sich eine Unregelmäßigkeit fand, wurde der Freibrief
+entzogen.
+&emsp;&emsp;D.&nbsp;Übers.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_72" id = "noteVIII_72" href =
+"#tagVIII_72">72.</a>
+Johnstone, 21. Febr. 1688.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_73" id = "noteVIII_73" href =
+"#tagVIII_73">73.</a>
+Citters, 20.(30.) März 1688.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_74" id = "noteVIII_74" href =
+"#tagVIII_74">74.</a>
+<span class = "antiqua">Ibid.</span> 1.(11.) Mai 1688.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_75" id = "noteVIII_75" href =
+"#tagVIII_75">75.</a>
+<span class = "antiqua">Ibid.</span> 22. Mai (1. Jun.) 1688.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_76" id = "noteVIII_76" href =
+"#tagVIII_76">76.</a>
+<span class = "antiqua">Ibid.</span> 1.(11.) Mai 1688.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_77" id = "noteVIII_77" href =
+"#tagVIII_77">77.</a>
+<span class = "antiqua">Ibid.</span> 18.(28.) Mai 1688.</p>
+</div>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Untersuchung in allen öffentlichen Verwaltungszweigen.</span>
+<a name = "secVIII_43" id = "secVIII_43">Während</a> die Lordlieutenants
+die Friedensrichter ausforschten und die Regulatoren die Wahlkörper
+umgestalteten, wurden alle Zweige des Staatsdienstes einer strengen
+Untersuchung unterworfen. Zuerst wurde der Palast gesäubert. Jeder mit
+Narben bedeckte alte Kavalier, der zum Ersatz für das der Sache des
+Königs geopferte Blut und Grundeigenthum ein Ämtchen in der königlichen
+Garderobe oder im Marstalle erhalten
+<span class = "pagenum">VIII.51</span>
+<a name = "pageVIII_51" id = "pageVIII_51"> </a>
+hatte, wurde aufgefordert, zwischen dem Könige und der Kirche zu wählen.
+Die Zoll- und Steuercommissare wurden zu Seiner Majestät ins Schatzamt
+beschieden, hier das Versprechen von ihnen verlangt, daß sie seine
+Politik unterstützen wollten, und ihnen bedeutet, daß sie allen ihren
+Unterbeamten ein ähnliches Versprechen abzunehmen hätten.<a class =
+"tag" name = "tagVIII_78" id = "tagVIII_78" href = "#noteVIII_78">78</a>
+Ein Zollbeamter motivirte seine Unterwerfung unter den Willen des Königs
+in einer Weise, welche Heiterkeit und zugleich Mitleid erregte. „Ich
+habe,“ sagte er, „vierzehn Gründe, die mich bestimmen, Seiner Majestät
+Befehlen zu gehorchen: eine Frau und dreizehn unerzogene Kinder“.<a
+class = "tag" name = "tagVIII_79" id = "tagVIII_79" href =
+"#noteVIII_79">79</a> Gegen solche Gründe ließ sich allerdings nichts
+einwenden; dennoch aber kamen nicht wenig Fälle vor, wo die religiösen
+und patriotischen Gefühle selbst solche Gründe überwogen.</p>
+
+<p>Man hat Grund zu der Vermuthung, daß die Regierung um diese Zeit
+ernstlich mit dem Plane umging, einen Schlag zu führen, der viele
+tausend Familien an den Bettelstab gebracht und auf die socialen
+Zustände aller Landestheile störend eingewirkt haben würde. Niemand
+durfte Wein, Bier oder Kaffee ohne Concession verkaufen. Es hieß nun,
+daß jeder Inhaber einer solchen Concession demnächst aufgefordert werden
+sollte, entweder dieselben Verpflichtungen einzugehen, welche den
+öffentlichen Beamten auferlegt worden waren, oder sein Geschäft
+aufzugeben.<a class = "tag" name = "tagVIII_80" id = "tagVIII_80" href =
+"#noteVIII_80">80</a> Wäre ein solcher Schritt gethan worden, so würden
+ohne allen Zweifel die Wirthshäuser und öffentlichen Vergnügungsorte im
+ganzen Lande zu Hunderten geschlossen worden sein. Welche Wirkung ein
+solcher Eingriff in die Lebensgenüsse aller Stände hervorgebracht haben
+würde, läßt sich nur muthmaßen. Der durch Übel erzeugte Unwille steht
+nicht immer im Verhältnisse mit der Wichtigkeit derselben, und es ist
+durchaus nicht unwahrscheinlich, daß die Einziehung von
+Schankconcessionen das bewirkt haben würde, was die Entziehung von
+Freibriefen nicht bewirkt hatte. Die Vornehmeren würden ihr
+Chokoladenhaus in St. James Street, die Geschäftsmänner ihre
+Kaffeekanne, bei der sie in Change Alley zu rauchen und zu politisiren
+pflegten, schmerzlich vermißt haben. Die Hälfte der Clubs hätte sich
+neue Versammlungslokale suchen müssen. Der Reisende würde des Nachts den
+Gasthof, in welchem er gewohnt war abzusteigen und seine Abendmahlzeit
+einzunehmen, verödet gefunden haben. Der Landmann würde die Bierschenke
+vermißt haben, wo er im Sommer auf der Bank vor der Thür, im Winter am
+Kamin seinen Krug zu trinken gewohnt war. Es war leicht möglich, daß die
+auf solche Art gereizte Nation sich zu einem allgemeinen Aufstande
+erhob, ohne auf die Hülfe fremder Verbündeter zu warten.</p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVIII_78" id = "noteVIII_78" href =
+"#tagVIII_78">78.</a>
+Citters, 6.(16.) April 1688; <span class = "antiqua">Treasury Letter
+Book. March 14. 1687/88</span>; Ronquillo, 16.(26.) April.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_79" id = "noteVIII_79" href =
+"#tagVIII_79">79.</a>
+Citters, 18.(28.) Mai 1688.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_80" id = "noteVIII_80" href =
+"#tagVIII_80">80.</a>
+<span class = "antiqua">Ibid.</span> 18.(28.) Mai 1688.</p>
+</div>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Entlassung Sawyer’s.</span>
+<a name = "secVIII_44" id = "secVIII_44">Es</a> war nicht zu erwarten,
+daß ein Fürst, der von allen niederen Dienern der Regierung bei Strafe
+der Entlassung Unterstützung seiner Politik verlangte, einen
+Generalfiskal behalten würde, dessen Abneigung gegen diese Politik kein
+Geheimniß war. Sawyer hatte noch über anderthalb Jahr in seiner Stellung
+bleiben dürfen, nachdem er sich gegen die Dispensationsgewalt erklärt
+hatte. Diese ungewöhnliche Nachsicht verdankte er nur der
+außerordentlichen Schwierigkeit, die es der Regierung machte, einen
+Nachfolger für ihn zu finden. Es war um
+<span class = "pagenum">VIII.52</span>
+<a name = "pageVIII_52" id = "pageVIII_52"> </a>
+der pekuniären Interessen der Krone willen nothwendig, daß wenigstens
+einer der beiden ersten Staatsanwälte ein talentvoller und
+kenntnißreicher Mann war, und es war keineswegs leicht, einen diesen
+Anforderungen genügenden Juristen zu bewegen, daß er sich durch das
+tägliche Begehen von Handlungen, welche das nächste Parlament
+wahrscheinlich als schwere Übertretungen und Verbrechen betrachtete,
+sehr ernster Gefahr aussetzte. Es war nicht möglich gewesen, einen
+besseren Generalprokurator als Powis aufzutreiben, ein Mann, der sich
+zwar aus nichts ein Gewissen machte, der aber auch nicht einmal den
+gewöhnlichsten Pflichten seines Postens gewachsen war. Unter diesen
+Umständen hielt man es für wünschenswerth, die Arbeit zu theilen. Ein
+Fiskal, dessen Berufstüchtigkeit durch Gewissensskrupel bedeutend
+beeinträchtigt wurde, hatte einen Prokurator zur Seite, dessen
+Gewissenlosigkeit seinen Mangel an Befähigung einigermaßen ersetzte.
+Wenn es der Regierung um energische Durchführung des Gesetzes zu thun
+war, so wendete sie sich an Sawyer; wollte sie das Gesetz mit Füßen
+treten, so hielt sie sich an Powis. Dieses Arrangement wurde so lange
+beibehalten, bis der König die Dienste eines Anwalts erlangte, der zu
+gleicher Zeit noch gewissenloser als Powis und geschickter als Sawyer
+war.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Williams Generalprokurator.</span>
+<a name = "secVIII_45" id = "secVIII_45">Keiner</a> der damals lebenden
+Advokaten hatte der Regierung giftiger opponirt als Wilhelm Williams. Er
+hatte sich unter der vorigen Regierung als Whig und Exclusionist
+hervorgethan. Als die Parteiwuth den höchsten Grad erreicht hatte, war
+er zum Sprecher des Unterhauses erwählt worden. Nach der Prorogation des
+oxforder Parlaments war er der gewöhnliche Rechtsbeistand der heftigsten
+Demagogen gewesen, die des Aufruhrs angeklagt wurden. Er besaß
+anerkanntermaßen bedeutende juristische Gewandtheit und Kenntnisse.
+Unbesonnene Überstürzung und Parteigeist hielt man für seine
+Hauptfehler; daß er noch andere Fehler hatte, in Vergleich mit denen die
+genannten als Tugenden gelten konnten, ahnete man damals noch nicht. Die
+Regierung suchte eine Gelegenheit, um ihm etwas anzuhaben, und es wurde
+ihr nicht schwer, eine solche zu finden. Er hatte auf Befehl des Hauses
+der Gemeinen einen von Dangerfield verfaßten erzählenden Bericht
+herausgegeben. Hätte ein Privatmann diese Schrift veröffentlicht, so
+würde sie unbestreitbar als ein aufrührerisches Libell zu betrachten
+gewesen sein. Es wurde bei der Kings Bench eine Criminaluntersuchung
+gegen Williams eingeleitet; er berief sich umsonst auf die Privilegien
+des Parlaments und wurde zu einer Geldbuße von zehntausend Pfund
+verurtheilt. Einen großen Theil dieser Summe bezahlte er baar und über
+den Rest gab er eine Schuldverschreibung. Der Earl von Peterborough, der
+in Dangerfield’s Erzählung in beleidigender Weise erwähnt war, wurde
+durch den Erfolg der Criminaluntersuchung ermuthigt, eine Civilklage auf
+eine bedeutende Entschädigungssumme anhängig zu machen. Williams gerieth
+dadurch in die größte Verlegenheit. Da bot sich ihm ein rettender Ausweg
+dar. Allerdings war es ein Ausweg, der einem Manne von festen
+Grundsätzen und edlem Character noch schrecklicher gewesen sein würde,
+als Armuth, Gefängniß und selbst Tod. Er konnte sich der Regierung
+verkaufen, deren Feind und Opfer er gewesen war; er konnte sich
+erbieten, bei jedem Angriffe auf die Freiheiten und die Religion, für
+welche er einen maßlosen Eifer gezeigt hatte, den gefährlichsten Posten
+zu übernehmen; er konnte seinen Whiggismus durch Dienste wieder gut
+machen, vor denen selbst die eingefleischtesten Tories, an deren Händen
+das Blut
+<span class = "pagenum">VIII.53</span>
+<a name = "pageVIII_53" id = "pageVIII_53"> </a>
+Russell’s und Sidney’s klebte, mit Abscheu zurückbebten. Der Handel
+wurde abgeschlossen. Der noch schuldige Rest der Strafsumme wurde
+erlassen und Peterborough durch Vermittelung des Königs zu einem
+Vergleich bewogen. Sawyer wurde abgesetzt, Powis wurde Generalfiskal,
+Williams wurde zum Generalprokurator ernannt, in den Adelstand erhoben
+und war bald ein Günstling des Königs. Obgleich im Range nur der zweite
+Kronjurist, gelang es ihm doch sehr bald, durch seine Gewandtheit,
+Gelehrsamkeit und Energie seinen Vorgesetzten völlig in den Schatten zu
+stellen<a class = "tag" name = "tagVIII_81" id = "tagVIII_81" href =
+"#noteVIII_81">81</a>.</p>
+
+<p>Williams war noch nicht lange im Amte, als er aufgefordert wurde, in
+dem denkwürdigsten Staatsprozesse, von dem die Annalen der britischen
+Justiz berichten, eine Hauptrolle zu übernehmen.</p>
+
+<p class = "footnote">
+<a name = "noteVIII_81" id = "noteVIII_81" href = "#tagVIII_81">81.</a>
+<span class = "antiqua">London Gazette, Dec. 15. 1687</span>. Siehe den
+Prozeß gegen Williams in der <span class = "antiqua">Collection of State
+Trials</span>. <span class = "antiqua">„Ha hecho,“</span> sagt
+Ronquillo, <span class = "antiqua">„grande susto el haber nombrado el
+abogado Williams, que fue el orador y el mas arrabiade de toda la casa
+des comunes en los ultimos terribles parlamentos del Rey
+difunto.“</span> 27. Nov. (7. Dec.) 1687.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Zweite Indulgenzerklärung.</span>
+<a name = "secVIII_46" id = "secVIII_46">Am</a> 27. April 1688 erließ
+der König eine zweite Indulgenzerklärung. In diesem Schriftstücke führte
+er die Erklärung vom vorjährigen April in ihrer ganzen Länge auf. Sein
+bisheriges Leben, sagte er dann, habe sein Volk überzeugen können, daß
+er nicht der Mann sei, der sich von einem einmal gefaßten Beschlusse so
+leicht abbringen lasse. Da aber heimtückische Menschen es versucht
+hätten, die Welt glauben zu machen, daß man ihn doch noch zum Nachgeben
+in dieser Angelegenheit werde bestimmen können, halte er es für nöthig,
+zu erklären, daß sein Vorsatz unwiderruflich fest stehe, daß er
+entschlossen sei, nur solche Männer anzustellen, welche bereit wären,
+ihn bei der Ausführung seiner Pläne zu unterstützen, und daß er in
+Gemäßheit dieses Entschlusses viele seiner ungehorsamen Diener von
+Civil- und Militairämtern habe entheben müssen. Schließlich zeigte er
+an, daß er spätestens im November ein Parlament einzuberufen gedenke,
+und ermahnte seine Unterthanen, solche Vertreter in dasselbe zu wählen,
+die ihn bei dem begonnenen großen Werke zu unterstützen geneigt wären<a
+class = "tag" name = "tagVIII_82" id = "tagVIII_82" href =
+"#noteVIII_82">82</a>.</p>
+
+<p class = "footnote">
+<a name = "noteVIII_82" id = "noteVIII_82" href = "#tagVIII_82">82.</a>
+<span class = "antiqua">London Gazette, April 30. 1688</span>; Barillon,
+26. April (6. Mai).</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Die Geistlichkeit erhält Befehl, sie von der Kanzel zu verlesen.</span>
+<a name = "secVIII_47" id = "secVIII_47">Diese</a> Erklärung machte
+anfangs nur wenig Sensation. Sie enthielt nichts Neues und die Leute
+wunderten sich, daß der König es für nöthig hielt, ein feierliches
+Manifest zu erlassen, blos um ihnen zu sagen, daß er seinen Sinn nicht
+geändert habe<a class = "tag" name = "tagVIII_83" id = "tagVIII_83" href
+= "#noteVIII_83">83</a>. Die Gleichgültigkeit, mit der die Ankündigung
+seines festen Entschlusses vom Publikum aufgenommen wurde, verdroß ihn
+wahrscheinlich und er glaubte ohne Zweifel, daß seine Würde und
+Autorität leiden könnten, wenn er nicht unverzüglich etwas Neues und
+Auffallendes thue. In Folge dessen verfügte er unterm 4. Mai durch einen
+Geheimrathsbefehl, daß seine Erklärung von vergangener Woche an zwei
+aufeinanderfolgenden Sonntagen beim öffentlichen Gottesdienste von den
+dienstthuenden Geistlichen aller Kirchen und Kapellen des Reiches
+verlesen werden solle. In London und seinen Vorstädten sollte die
+Verlesung am 20. und 27. Mai, in den anderen Landestheilen am 3. und 10.
+Juni stattfinden. Die Bischöfe waren angewiesen, Exemplare der Erklärung
+in ihren respectiven Diöcesen zu vertheilen<a class = "tag" name =
+"tagVIII_84" id = "tagVIII_84" href = "#noteVIII_84">84</a>.</p>
+
+<span class = "pagenum">VIII.54</span>
+<a name = "pageVIII_54" id = "pageVIII_54"> </a>
+<p>Wenn man berücksichtigt, daß die Geistlichen der anglikanischen
+Kirche fast ohne Ausnahme die Indulgenzerklärung als eine Verletzung der
+Landesgesetze, als einen Wortbruch des Königs und als einen
+verderblichen Gewaltstreich gegen die Interessen und die Würde ihres
+Standes betrachteten, so wird man schwerlich daran zweifeln können, daß
+der Geheimrathsbefehl darauf berechnet war, als eine tiefe Kränkung von
+ihnen empfunden zu werden. Man glaubte im Volke, daß Petre diese Absicht
+durch ein der orientalischen Redeweise entlehntes rohes Gleichniß
+ausgesprochen habe. Er sollte gesagt haben, er wolle sie Koth essen
+lassen und zwar den abscheulichsten und ekelhaftesten Koth. Aber konnte
+man annehmen, daß die anglikanische Geistlichkeit diesem tyrannischen
+und gehässigen Befehle den Gehorsam verweigern werde? Der Character des
+Königs war willkürlich und streng und das Verfahren der kirchlichen
+Commission eben so summarisch wie das eines Kriegsgerichts. Wer sich
+aufzulehnen wagte, konnte in Zeit von acht Tagen seiner Stelle entsetzt,
+seines ganzen Einkommens beraubt, der ferneren Bekleidung jedes
+geistlichen Amts unfähig erklärt und in die Nothwendigkeit versetzt
+werden, von Haus zu Haus sein Brot zu erbetteln. Wenn der ganze Stand
+sich einmüthig dem königlichen Willen widersetzte, dann war es
+allerdings wahrscheinlich, daß selbst Jakob nicht den Muth haben würde,
+zehntausend Schuldige auf einmal zu bestrafen. Aber zu einer allgemeinen
+Verständigung in dieser Angelegenheit war keine Zeit. Am 7. Mai erschien
+der Befehl in der Gazette und schon am 20. sollte die Erklärung von
+allen Kanzeln Londons und dessen Umgegend verlesen werden. Er wäre
+damals mit der größten Anstrengung nicht möglich gewesen, binnen
+vierzehn Tagen die Ansichten nur des zehnten Theiles der im ganzen Lande
+zerstreuten Pfarrgeistlichen einzuholen, ja nur die Stimmen der Bischöfe
+hätten nicht leicht in so kurzer Zeit gesammelt werden können. Auch
+stand zu befürchten, daß, wenn die Geistlichkeit das Verlesen der
+Erklärung verweigerte, die protestantischen Dissenters die Weigerung
+falsch auslegen, die Hoffnung, von den Mitgliedern der anglikanischen
+Kirche Duldung zu erlangen, aufgeben und ihr ganzes Gewicht in die
+Wagschale des Hofes werfen würden.</p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVIII_83" id = "noteVIII_83" href =
+"#tagVIII_83">83.</a>
+Citters, 1.(11.) Mai 1688.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_84" id = "noteVIII_84" href =
+"#tagVIII_84">84.</a>
+<span class = "antiqua">London Gazette, Mai 7. 1688.</span></p>
+</div>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Die Geistlichkeit ist unschlüssig.</span>
+<a name = "secVIII_48" id = "secVIII_48">Die</a> Geistlichkeit war daher
+unschlüssig und diese Unschlüssigkeit läßt sich wohl entschuldigen, denn
+einige hochgestellte Laien, welche das öffentliche Vertrauen in hohem
+Maße genossen, waren geneigt, zur Unterwerfung zu rathen. Sie waren der
+Meinung, ein allgemeiner Widerstand stehe kaum zu erwarten und ein
+theilweiser werde für die Einzelnen verderblich und für die Kirche und
+die Nation im Allgemeinen nur von geringem Nutzen sein. Dies war die
+ausgesprochene Ansicht von Halifax und Nottingham. Der Tag rückte heran
+und noch war keine Verständigung und kein bestimmter Entschluß
+erzielt.<a class = "tag" name = "tagVIII_85" id = "tagVIII_85" href =
+"#noteVIII_85">85</a></p>
+
+<p class = "footnote">
+<a name = "noteVIII_85" id = "noteVIII_85" href = "#tagVIII_85">85.</a>
+Johnstone, 27. Mai 1688.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Patriotismus der protestantischen Nonconformisten Londons.</span>
+<a name = "secVIII_49" id = "secVIII_49">In</a> diesem Augenblicke
+erwarben sich die protestantischen Dissenters der Hauptstadt einen
+Anspruch auf die ewige Dankbarkeit ihres Vaterlandes. Die Regierung
+hatte sie bisher als einen Theil ihrer Stärke betrachtet. Einige von
+ihren thätigsten und lautesten Predigern hatten, durch die
+Gnadenbezeigungen des Hofes bestochen, Adressen zu Gunsten
+<span class = "pagenum">VIII.55</span>
+<a name = "pageVIII_55" id = "pageVIII_55"> </a>
+der Politik des Königs zu Stande gebracht. Andere, welche durch die
+Erinnerung an viele schwere Unbilden sowohl der anglikanischen Kirche
+als dem Hause Stuart entfremdet waren, hatten mit boshafter
+Schadenfreude gesehen, wie der tyrannische Fürst und die tyrannische
+Hierarchie durch bittere Feindschaft von einander getrennt waren und
+sich gegenseitig überboten, um den Beistand von Secten zu erlangen, die
+sie noch unlängst verfolgt und verachtet hatten. Aber so natürlich
+dieses Gefühl auch sein mochte, man hatte sich demselben lange genug
+hingegeben. Die Zeit war gekommen, wo man eine Wahl treffen mußte, und
+die Nonconformisten traten in einer hochherzigen Regung auf die Seite
+der Anglikaner, um gemeinschaftlich mit ihnen die Grundgesetze des
+Reichs zu vertheidigen. Baxter, Bates und Howe zeichneten sich durch
+ihre Anstrengungen, dieses Bündniß zu Stande zu bringen, besonders aus;
+aber die edle Begeisterung, welche die Gesammtheit der Puritaner
+beseelte, erleichterte ihnen die Aufgabe. Der Eifer der Pfarrer wurde
+von dem ihrer Gemeinden noch übertroffen. Diejenigen Presbyterianer- und
+Independentenprediger, welche Lust zeigten, mit dem Könige Partei gegen
+die Landeskirche zu nehmen, wurden nachdrücklich bedeutet, daß, wenn sie
+ihr Verfahren nicht änderten, ihre Gemeinden sie fernerhin weder hören
+noch bezahlen würden. Alsop, der sich mit der Hoffnung geschmeichelt
+hatte, daß er im Stande sein werde, einen großen Theil seiner Anhänger
+dem Könige zuzuführen, sah sich plötzlich von Denen, die ihn kurz zuvor
+noch als ihren geistlichen Führer verehrt hatten, verachtet und
+verabscheut, verfiel darüber in eine tiefe Schwermuth und verbarg sich
+vor den Blicken der Welt. Bei mehreren londoner Geistlichen erschienen
+Deputationen, um sie zu bitten, daß sie die Masse der Dissenters nicht
+nach den kriechenden Schmeicheleien beurtheilen möchten, welche kürzlich
+die Spalten der Gazette gefüllt hätten, und forderten sie, als bei dem
+großen Kampfe in vorderster Reihe stehend, auf, mit männlicher
+Tapferkeit für die Freiheiten Englands und den den Heiligen
+überlieferten Glauben zu streiten. Diese Versicherungen wurden freudig
+und dankend aufgenommen. Unter Denen aber, die sich zu entscheiden
+hatten, ob sie am nächsten Sonntage, den 20. Mai, dem Befehl des Königs
+nachkommen wollten oder nicht, herrschte noch immer große Ängstlichkeit
+und Meinungsverschiedenheit.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Berathung der londoner Geistlichkeit.</span>
+<a name = "secVIII_50" id = "secVIII_50">Die</a> londoner Geistlichkeit,
+welche damals allgemein als die Elite ihres Standes anerkannt war,
+veranstaltete eine berathende Versammlung. Funfzehn Doctoren der
+Theologie waren anwesend. Tillotson, Dechant von Canterbury, der
+berühmteste Kanzelredner der damaligen Zeit, kam vom Krankenlager dahin.
+Sherlock, Vorsteher des Tempels, Patrick, Dechant von Peterborough und
+Oberpfarrer des wichtigen Kirchspiels St. Paul in Coventgarden, sowie
+auch Stillingfleet, Archidiakonus von London und Dechant der St.
+Pauls-Kathedrale, nahmen daran Theil. Die Versammlung im Allgemeinen
+schien der Ansicht zu sein, daß es im Grunde doch gerathen sei, dem
+Geheimrathsbefehl zu gehorchen. Der Streit begann hitzig zu werden und
+hätte vielleicht schlimme Folgen haben können, wäre er nicht durch die
+Festigkeit und Einsicht des Unterpfarrers von St. Giles, Cripplegate,
+Doctor Eduard Fowler, beendigt worden. Dieser Mann gehörte zu der
+kleinen aber ausgezeichneten Klasse von Theologen, welche die der Schule
+Calvin’s eigene Liebe zur bürgerlichen Freiheit mit der Theologie der
+Schule des Arminius verbanden<a class = "tag" name = "tagVIII_86" id =
+"tagVIII_86" href = "#noteVIII_86">86</a>. Er erhob sich und sprach:
+„Ich will
+<span class = "pagenum">VIII.56</span>
+<a name = "pageVIII_56" id = "pageVIII_56"> </a>
+offen meine Meinung sagen. Die Sache ist so klar und einfach, daß lange
+Erörterungen kein neues Licht auf sie werfen können, sondern nur die
+Leidenschaften aufregen müssen. Lassen Sie einem Jeden blos Ja oder Nein
+sagen. Ich für meine Person kann mich durch das Votum der Majorität
+nicht binden lassen. Es würde mir leid thun, wenn dadurch unsre
+Einigkeit gestört werden sollte, aber mein Gewissen erlaubt mir nicht,
+diese Erklärung zu verlesen.“ Tillotson, Patrick, Sherlock und
+Stillingfleet erklärten, daß sie der nämlichen Meinung seien, und die
+Majorität fügte sich einer so achtbaren Minorität. Es wurde ein Beschluß
+schriftlich ausgefertigt, durch den sich alle Anwesenden gegen einander
+verpflichteten, die Erklärung nicht zu verlesen. Patrick war der Erste,
+der seinen Namen unterschrieb, Fowler der Zweite. Das Papier wurde dann
+in der Stadt herumgeschickt und war bald von fünfundachtzig
+Pfründeninhabern unterzeichnet<a class = "tag" name = "tagVIII_87" id =
+"tagVIII_87" href = "#noteVIII_87">87</a>.</p>
+
+<p>Unterdessen beriethen sich mehrere Bischöfe in banger Sorge über das
+einzuschlagende Verfahren. Am 12. Mai war ein ernster und gelehrter
+Kreis um den Tisch des Primas zu Lambeth versammelt. Compton, Bischof
+von London, Turner, Bischof von Ely, White, Bischof von Peterborough,
+und Tenison, Oberpfarrer des Kirchspiels St. Martin, befanden sich unter
+den Anwesenden. Der Earl von Clarendon, ein warmer und
+unerschütterlicher Freund der Kirche, war ebenfalls eingeladen worden.
+Cartwright, Bischof von Chester, drängte sich, wahrscheinlich als Spion,
+in die Versammlung. So lange er anwesend war, konnten vertrauliche
+Mittheilungen nicht stattfinden; nach seinem Weggange aber wurde die
+große Frage, welche alle Gemüther erfüllte, zur Sprache gebracht und
+erörtert. Die allgemeine Ansicht war, daß die Erklärung nicht verlesen
+werden solle. An mehrere der achtbarsten Prälaten der Provinz Canterbury
+wurden sogleich Briefe geschrieben, durch welche dieselben aufgefordert
+wurden, unverzüglich nach London zu kommen, um ihren Metropoliten in
+dieser Angelegenheit zu unterstützen<a class = "tag" name = "tagVIII_88"
+id = "tagVIII_88" href = "#noteVIII_88">88</a>. Da man kaum zweifeln
+konnte, daß diese Briefe geöffnet werden würden, wenn sie durch das
+Postamt in Lombard Street gingen, so wurden sie bis zu den nächsten
+Poststationen in den verschiedenen Richtungen durch reitende Boten
+befördert. Der Bischof von Winchester, dessen Loyalität sich bei
+Sedgemoor so glänzend erprobt hatte, beschloß trotz eines ernstlichen
+Unwohlseins der Aufforderung nachzukommen und sofort abzureisen, sah
+aber, daß er die Erschütterung des Fahrens nicht vertragen konnte. Der
+an Wilhelm Lloyd, Bischof von Norwich, gerichtete Brief wurde ungeachtet
+aller Vorsichtsmaßregeln von einem Postmeister zurückgehalten, und
+dieser Prälat, welcher keinem seiner Amtsbrüder in Muth und Eifer für
+die gemeinsame Sache seines
+<span class = "pagenum">VIII.57</span>
+<a name = "pageVIII_57" id = "pageVIII_57"> </a>
+Berufs nachstand, kam zu spät in London an<a class = "tag" name =
+"tagVIII_89" id = "tagVIII_89" href = "#noteVIII_89">89</a>. Sein
+Namensvetter, Wilhelm Lloyd, Bischof von St. Asaph, ein frommer,
+rechtschaffener und gelehrter Mann, aber von schwacher Urtheilskraft und
+halb aufgerieben durch seine beharrlichen Anstrengungen, aus Daniel und
+der Offenbarung einige Aufschlüsse über den Papst und den König von
+Frankreich zu gewinnen, eilte nach der Hauptstadt und traf am
+Sechzehnten ein<a class = "tag" name = "tagVIII_90" id = "tagVIII_90"
+href = "#noteVIII_90">90</a>. Am nächstfolgenden Tage kamen auch der
+treffliche Ken, Bischof von Bath und Wells, Lake, Bischof von
+Chichester, und Sir Johann Trelawney, Bischof von Bristol, ein Baronet
+aus einer alten und angesehenen Familie in Cornwall.</p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVIII_86" id = "noteVIII_86" href =
+"#tagVIII_86">86.</a>
+Der verstorbene Alexander Knox, dieser ausgezeichnete Mann, dessen
+beredte Conversation und vortrefflich ausgearbeitete Briefe einen großen
+Einfluß auf die Gemüther seiner Landsleute ausübten, hat, wie ich
+vermuthe, vieles von seinem theologischen System und Fowler’s Schriften
+gelernt. Fowler’s Werk über den Zweck des Christenthums wurde von Johann
+Bunyan mit einer durch nichts zu rechtfertigenden Heftigkeit
+angegriffen, die sich nur durch die Herkunft und mangelhafte Erziehung
+des ehrlichen Kesselflickers einigermaßen entschuldigen läßt.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_87" id = "noteVIII_87" href =
+"#tagVIII_87">87.</a>
+Johnstone, 23. Mai 1688. Es existirt ein satirisches Gedicht auf diese
+Versammlung betitelt: „Die geistliche Cabale.“</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_88" id = "noteVIII_88" href =
+"#tagVIII_88">88.</a>
+<span class = "antiqua">Clarendon’s Diary, May 22. 1688.</span></p>
+
+<p><a name = "noteVIII_89" id = "noteVIII_89" href =
+"#tagVIII_89">89.</a>
+Auszug aus Tanner’s Handschriften in <span class = "antiqua">Howell’s
+State Trials</span>; <span class = "antiqua">Life of Prideaux</span>;
+<span class = "antiqua">Clarendon’s Diary, May 16. 1688</span>.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_90" id = "noteVIII_90" href =
+"#tagVIII_90">90.</a>
+<span class = "antiqua">Clarendon’s Diary, May 16 &amp; 17.
+1688</span>.</p>
+</div>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Berathung im Palast zu Lambeth.</span>
+<a name = "secVIII_51" id = "secVIII_51">Am</a> Achtzehnten wurde im
+Palast des Primas zu Lambeth eine Versammlung von Prälaten und anderen
+ausgezeichneten Theologen gehalten. Tillotson, Tenison, Stillingfleet,
+Patrick und Sherlock waren dabei anwesend. Vor dem Beginn der Berathung
+wurde eine feierliche Betstunde gehalten. Nach einer langen Besprechung
+setzte der Erzbischof eigenhändig eine Petition auf, in der die
+allgemeine Ansicht ausgesprochen war. Sie war nicht im elegantesten
+Style abgefaßt. Sancroft zog sich durch den schwülstigen und unschönen
+Periodenbau sogar spöttelnden Tadel zu, den er mit weniger Geduld
+ertrug, als er bei viel härteren Prüfungen gezeigt hatte. Dem Inhalte
+nach aber konnte nichts geschickter entworfen sein, als dieses
+denkwürdige Actenstück. Man verwahrte sich entschieden gegen alle
+Illoyalität und Intoleranz, versicherte dem König, daß die Kirche noch
+immer, wie von jeher, dem Throne treu ergeben sei und daß die Bischöfe
+seiner Zeit am geeigneten Orte als Lords des Parlaments und als
+Mitglieder des Oberhauses der Convocation beweisen wurden, wie es ihnen
+keineswegs an humaner Rücksicht auf die Gewissensbedenken der Dissenters
+fehle. Aber das Parlament habe sowohl unter der vorigen wie unter der
+gegenwärtigen Regierung ausgesprochen, daß der Souverain nach der
+Verfassung nicht berechtigt sei, in kirchlichen Angelegenheiten von
+Gesetzen zu dispensiren. Deshalb sei die Erklärung gesetzwidrig und
+Klugheit, Ehre und Gewissen gestatte den Petenten nicht, sich bei der
+feierlichen Veröffentlichung einer ungesetzlichen Erklärung im Hause
+Gottes und während der Zeit des Gottesdienstes zu betheiligen.</p>
+
+<p>Diese Petition wurde von dem Erzbischof und sechs seiner Suffraganen,
+Lloyd von St. Asaph, Turner von Ely, Lake von Chichester, Ken von Bath
+und Wells, White von Peterborough und Trelawney von Bristol,
+unterzeichnet. Der Bischof von London unterzeichnete nicht mit, weil er
+suspendirt war.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Die Petition der sieben Bischöfe dem Könige überreicht.</span>
+<a name = "secVIII_52" id = "secVIII_52">Es</a> war spät am Freitag
+Abend, und am Sonntag Morgen sollte die Erklärung in den Kirchen von
+London verlesen werden. Die Petition mußte daher dem Könige unverweilt
+überreicht werden. Die sechs Bischöfe brachen sofort nach Whitehall auf;
+der Erzbischof, dem schon seit geraumer Zeit der Zutritt bei Hofe
+untersagt war, begleitete sie nicht. Lloyd ließ seine fünf Collegen im
+Hause des Lord Dartmouth in der
+<span class = "pagenum">VIII.58</span>
+<a name = "pageVIII_58" id = "pageVIII_58"> </a>
+Nähe des Palastes zurück, begab sich zu Sunderland und bat den Minister,
+die Petition zu lesen und sich zu erkundigen, wann der König geneigt
+sein werde, sie in Empfang zu nehmen. Sunderland wollte, aus Furcht sich
+zu compromittiren, die Petition gar nicht ansehen, begab sich aber
+sogleich ins königliche Kabinet. Jakob befahl, die Bischöfe vorzulassen.
+Er hatte von seinem Spion Cartwright erfahren, daß sie wohl geneigt
+wären, dem königlichen Befehle zu gehorchen, aber einige kleine
+Änderungen in der Form wünschten und eine unterthänige Bitte in diesem
+Sinne vorlegen wollten. Seine Majestät war daher sehr gut gelaunt. Als
+die Prälaten vor ihm knieten, bat er sie freundlich, aufzustehen, nahm
+das Papier, aus Lloyd’s Händen und sagte: „Das ist Mylord Canterbury’s
+Hand.“ &mdash; „Ja, Sire, seine eigene Hand,“ war die Antwort. Jakob las
+die Petition, brach sie dann zusammen und sprach, während seine Stirn
+sich verfinsterte: „Dies ist eine große Überraschung für mich. Ich hätte
+dies von Ihrer Kirche, insbesondere von einigen unter Ihnen, nicht
+erwartet. Das heißt die Fahne des Aufruhrs aufpflanzen.“ Die Bischöfe
+ergossen sich in die wärmsten Versicherungen ihrer Loyalität; der König
+aber wiederholte seiner Gewohnheit nach die gesprochenen Worte von
+Anfang bis zu Ende. „Ich sage Ihnen, es ist eine Fahne des Aufruhrs!“
+&mdash; „Des Aufruhrs?“ rief Trelawney auf die Knie fallend. „Um des
+Himmels willen, Sire, sprechen Sie nicht so hart von uns. Ein Trelawney
+kann nie ein Rebell werden. Erinnern Sie Sich, daß meine Familie für die
+Krone gekämpft hat, erinnern Sie Sich, wie ich Eurer Majestät gedient
+habe, als Monmouth im Westen war.“ &mdash; „Wir haben den letzten
+Aufstand unterdrückt,“ sagte Lake, „und wollen gewiß nicht einen neuen
+hervorrufen.“ &mdash; „Wir, Rebellen!“ rief Turner; „wir sind bereit, zu
+den Füßen Eurer Majestät zu sterben.“ &mdash; „Sire,“ hob jetzt Ken in
+einem männlicheren Tone an, „ich hoffe, Sie werden uns die
+Gewissensfreiheit zugestehen, die Sie Jedermann gewähren.“ Jakob aber
+wiederholte abermals: „Das ist Aufruhr! das ist eine Fahne des Aufruhrs!
+Hat jemals ein guter Diener der Staatskirche das Dispensationsrecht in
+Frage gestellt? Haben nicht einige von Ihnen zu Gunsten desselben
+gepredigt und geschrieben? Ich will durchaus, daß meine Erklärung
+verlesen werde!“ &mdash; „Wir haben zwei Pflichten zu erfüllen,“
+erwiederte Ken, „unsre Pflicht gegen Gott und unsre Pflicht gegen Eure
+Majestät. Wir ehren Sie, aber wir fürchten Gott.“ &mdash; „Habe ich das
+um Sie verdient?“ versetzte der König mit wachsendem Zorne; „bin ich
+nicht stets ein Freund Ihrer Kirche gewesen? Ich hätte dies nicht von
+Ihnen erwartet. Aber ich verlange Gehorsam. Meine Erklärung muß verlesen
+werden. Sie sind die Trompeter des Aufruhrs. Was wollen Sie hier? Gehen
+Sie in Ihre Diöcesen und sorgen Sie dafür, daß meinen Befehlen gehorcht
+wird. Dieses Papier will ich behalten. Sie bekommen es nicht zurück. Ich
+werde Sie, die Unterzeichner, nicht vergessen.“ &mdash; „Gottes Wille
+geschehe,“ sagte Ken. &mdash; „Gott hat mir die Dispensationsgewalt
+verliehen,“ fuhr der König fort, „und ich werde sie zu behaupten wissen.
+Ich sage Ihnen, es sind noch Siebentausend in Ihrer Kirche, die das Knie
+nicht vor dem Baal gebeugt haben.“ Die Bischöfe entfernten sich
+ehrerbietig<a class = "tag" name = "tagVIII_91" id = "tagVIII_91" href =
+"#noteVIII_91">91</a>.
+<span class = "pagenum">VIII.59</span>
+<a name = "pageVIII_59" id = "pageVIII_59"> </a>
+Noch den nämlichen Abend erschien die Petition, die sie dem Könige
+überreicht hatten, Wort für Wort, in Druck und wurde in allen
+Kaffeehäusern ausgelegt und in den Straßen zum Verkauf ausgeboten.
+Allenthalben standen die Leute aus den Betten wieder auf und gingen
+hinunter auf die Straße, um zu sehen, was es gab. Man sagte, daß der
+Drucker binnen wenigen Stunden durch dieses Pennyblatt tausend Pfund
+verdient habe. Dies mag übertrieben sein, aber es beweist wenigstens,
+daß der Absatz ungeheuer war. Wie die Petition in die Öffentlichkeit
+kam, ist noch heute ein Geheimniß. Sancroft versicherte, daß er jede
+erdenkliche Vorsicht beobachtet habe und von keinem andren Exemplare
+wisse, als von dem, welches er selbst geschrieben und das der König aus
+Lloyd’s Händen entgegengenommen hatte. Die Wahrhaftigkeit des
+Erzbischofs ist über alle Zweifel erhaben. Nicht unwahrscheinlich aber
+ist es, daß einige von den anwesenden Geistlichen das kurze Schriftstück
+ihrem Gedächtniß genau eingeprägt und es zum Druck befördert hatten. Die
+vorherrschende Meinung war jedoch, daß eine Person aus der nächsten
+Umgebung des Königs eine Indiscretion oder einen Verrath begangen habe<a
+class = "tag" name = "tagVIII_92" id = "tagVIII_92" href =
+"#noteVIII_92">92</a>. Kaum weniger Aufsehen machte ein kurzer, mit
+großer logischer Schärfe und in kräftiger Sprache geschriebener Brief,
+der im Geheimen gedruckt und an dem nämlichen Tage durch die Post und
+durch die gewöhnlichen Botenfuhrleute verbreitet wurde. Jedem
+Geistlichen im ganzen Lande wurde ein Exemplar zugesandt. Der Verfasser
+versuchte es nicht, die Gefahr zu verhehlen, der sich Diejenigen
+aussetzten, welche dem königlichen Befehle nicht gehorchten; aber er
+schilderte mit lebhaften Farben die noch größere Gefahr der
+Unterwerfung. „Wenn wir die Erklärung verlesen,“ sagte er, „so fallen
+wir, um uns nicht wieder zu erheben. Und wir werden nicht bedauert,
+sondern nur verachtet werden; wir fallen unter den Verwünschungen einer
+Nation, die unsre Willfährigkeit ins Verderben gestürzt hat.“ Einige
+waren der Meinung, die Schrift sei aus Holland herübergekommen, Andere
+schrieben sie Sherlock zu. Aber Prideaux, Dechant von Norwich, der bei
+der Verbreitung besonders thätig war, hielt sie für das Werk
+Halifax’.</p>
+
+<p>Das Verfahren der Prälaten fand allgemeinen und lebhaften Beifall;
+aber hier und da ließ sich auch ein Murren vornehmen. Man sagte, daß so
+ernste Männer, wenn ihr Gewissen ihnen geboten hätte, beim Könige zu
+remonstriren, dies früher hätten thun sollen. Wäre es recht gegen ihn
+gehandelt, daß sie ihn bis sechsunddreißig Stunden vor der zur Verlesung
+der Erklärung festgesetzten Zeit im Dunkeln ließen? Selbst wenn er den
+Geheimrathsbefehl hätte zurücknehmen wollen, wäre es dazu zu spät
+gewesen. Aus dem Allen scheine hervorzugehen, daß die Petition nicht den
+Zweck gehabt habe, den König andren Sinnes zu machen, sondern nur die
+Unzufriedenheit des Volks zu erregen<a class = "tag" name = "tagVIII_93"
+id = "tagVIII_93" href = "#noteVIII_93">93</a>. Diese Beschwerden waren
+jedoch völlig grundlos. Der König hatte den Bischöfen einen neuen,
+unerwarteten und in Verlegenheit setzenden Befehl gegeben. Es war ihre
+Pflicht, mit einander in Vernehmen zu treten und so weit als möglich die
+Ansicht des Standes, dessen Oberhäupter sie waren, einzuholen, ehe sie
+irgend einen Schritt thaten. Die Mitglieder waren im ganzen Lande
+zerstreut,
+<span class = "pagenum">VIII.60</span>
+<a name = "pageVIII_60" id = "pageVIII_60"> </a>
+einige waren eine volle Tagereise von einander entfernt. Jakob hatte
+ihnen nur vierzehn Tage Zeit gelassen, um sich zu erkundigen, zu
+berathschlagen und einen Entschluß zu fassen, und er konnte sich gewiß
+nicht darüber beklagen, daß diese vierzehn Tage zu Ende gingen, bevor er
+ihren Entschluß erfuhr. Ebenso ist es auch nicht wahr, daß sie ihm nicht
+Zeit ließen, seinen Befehl zurückzunehmen, wenn er hätte so klug sein
+wollen, dies zu thun. Er hätte am Samstag Morgen den Geheimen Rath
+zusammenberufen können und vor dem Abend konnte es in ganz London und
+dessen Vorstädten bekannt sein, daß er den Bitten der Väter der Kirche
+nachgegeben. Der Samstag ging jedoch ohne ein Zeichen von Sinnesänderung
+seitens der Regierung vorüber und der Sonntag kam heran, ein Tag, dessen
+man sich noch lange erinnerte.</p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVIII_91" id = "noteVIII_91" href =
+"#tagVIII_91">91.</a>
+Sancroft’s Bericht aus Tanner’s Handschriften abgedruckt; Citters, 22.
+Mai (1. Juni) 1688.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_92" id = "noteVIII_92" href =
+"#tagVIII_92">92.</a>
+<span class = "antiqua">Burnet, I. 741</span>; <span class =
+"antiqua">Revolution Politics</span>; <span class = "antiqua">Higgins’s
+Short View.</span></p>
+
+<p><a name = "noteVIII_93" id = "noteVIII_93" href =
+"#tagVIII_93">93.</a>
+<span class = "antiqua">Clarke’s Life of James the Second, II.
+155.</span></p>
+</div>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Die londoner Geistlichkeit gehorcht dem königlichen Befehle
+nicht.</span>
+<a name = "secVIII_53" id = "secVIII_53">In</a> der City und den
+Vorstädten Londons gab es ungefähr hundert Pfarrkirchen. Nur in vier
+derselben wurde der Geheimrathsbefehl befolgt. In der St. Gregorskirche
+wurde die Erklärung von einem Geistlichen, Namens Martin, verlesen.
+Sobald er die ersten Worte sprach, stand die ganze Gemeinde auf und
+entfernte sich. In der St. Matthäuskirche in Friday Street wurde ein
+Elender, Namens Timotheus Hall, der seinen Priesterrock geschändet,
+indem er der Herzogin von Portsmouth bei dem Handel mit Begnadigungen
+als Zwischenträger gedient und der jetzt Hoffnung auf das erledigte
+Bisthum Oxford hatte, ebenfalls von seiner Gemeinde in der Kirche allein
+gelassen. In Serjeant’s Inn, in Chancery Lane, gab der Geistliche vor,
+er habe vergessen, ein Exemplar der Erklärung mitzubringen, und der
+Oberrichter der Kings Bench, welcher anwesend war, um darauf zu sehen,
+daß dem königlichen Befehle gehorcht werde, mußte sich mit dieser
+Entschuldigung begnügen. Samuel Wesley, der Vater Johann’s und Karl’s
+Wesley, Pfarrer in London, wählte an diesem Sonntage zum Text seiner
+Predigt die edle Antwort, welche die drei Juden dem chaldäischen
+Tyrannen gaben: „So sollst Du nun wissen, o König, daß wir Deine Götter
+nicht ehren, noch das güldene Bild, das Du hast setzen lassen, anbeten
+wollen.“ Selbst in der Kapelle des St. Jamespalastes hatte der
+dienstthuende Geistliche den Muth, dem Befehle nicht zu gehorchen. Die
+Knaben von Westminster erinnerten sich noch lange dessen, was an jenem
+Tage in der Abtei vorging. Sprat, Bischof von Rochester, fungirte hier
+als Dechant. Sobald er die Erklärung zu verlesen begann, übertäubte das
+Murren und das Geräusch des sich aus der Kirche drängenden Volks seine
+Stimme. Er zitterte so heftig, daß man das Papier in seiner Hand sich
+bewegen sah. Lange bevor er geendet hatte, war die Kirche von Allen
+verlassen, bis auf Diejenigen, die ihre Stellung zum Bleiben nöthigte.<a
+class = "tag" name = "tagVIII_94" id = "tagVIII_94" href =
+"#noteVIII_94">94</a></p>
+
+<p>Noch nie war die Kirche der Nation so theuer gewesen, als an jenem
+Nachmittage. Der Geist der Zwietracht schien erloschen zu sein. Baxter
+hielt auf der Kanzel eine Lobrede auf die Bischöfe und die Pfarrer.
+Wenige Stunden später schrieb der holländische Gesandte an die
+Generalstaaten, daß die anglikanische Geistlichkeit in der Achtung des
+Publikums unglaublich gestiegen sei. Die Nonconformisten, sagte er,
+sprächen sich
+<span class = "pagenum">VIII.61</span>
+<a name = "pageVIII_61" id = "pageVIII_61"> </a>
+allgemein dahin aus, daß sie lieber unter dem Drucke der Strafgesetze
+bleiben, als ihre Sache von der der Prälaten trennen wollten.<a class =
+"tag" name = "tagVIII_95" id = "tagVIII_95" href =
+"#noteVIII_95">95</a></p>
+
+<p>So verging noch eine Woche ängstlicher Aufregung, und der zweite
+Sonntag kam heran. Abermals waren die Kirchen der Hauptstadt mit
+Hunderttausenden gefüllt. Die Erklärung wurde nirgends anderwärts
+verlesen, als an den wenigen Orten, wo sie vor acht Tagen verlesen
+worden war. Der Geistliche, der in der Kapelle des St. Jamespalastes
+gepredigt hatte, war seines Amtes entsetzt worden und es erschien ein
+servilerer Geistlicher mit dem Papier in der Hand; aber er war so
+befangen, daß er nicht vernehmlich sprechen konnte. Die Stimmung der
+ganzen Nation hatte sich in der That so gestaltet, daß nur die besten
+und hochherzigsten, oder die schlechtesten und characterlosesten
+Menschen ihr ohne große Angst die Stirn bieten konnten.<a class = "tag"
+name = "tagVIII_96" id = "tagVIII_96" href = "#noteVIII_96">96</a></p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVIII_94" id = "noteVIII_94" href =
+"#tagVIII_94">94.</a>
+Citters; 22. Mai (1. Juni) 1688; <span class = "antiqua">Burnet</span>,
+I. 740 und Lord Dartmouth’s Note; <span class = "antiqua">Southey’s Life
+of Wesley</span>.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_95" id = "noteVIII_95" href =
+"#tagVIII_95">95.</a>
+Citters, 22. Mai (1. Juni) 1688.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_96" id = "noteVIII_96" href =
+"#tagVIII_96">96.</a>
+<span class = "antiqua">Ibid.</span> 29. Mai (8. Juni) 1688.</p>
+</div>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Unschlüssigkeit der Regierung.</span>
+<a name = "secVIII_54" id = "secVIII_54">Selbst</a> der König war einen
+Augenblick bestürzt über die Heftigkeit des von ihm heraufbeschworenen
+Sturmes. Was sollte er nun zunächst thun? Er mußte entweder vorwärts
+oder rückwärts gehen, und ersteres konnte er nicht ohne Gefahr,
+letzteres nicht ohne Demüthigung. Einmal nahm er sich vor, einen neuen
+Befehl zu erlassen, durch den er der Geistlichkeit in hochmüthigem und
+zornigem Tone gebot, seine Erklärung zu verlesen, und jedem
+Widerspenstigen mit augenblicklicher Amtsentsetzung drohte. Dieser
+Befehl wurde zu Papier gebracht und in die Druckerei geschickt, dann
+zurückgeholt, dann zum zweitenmal in die Druckerei geschickt und noch
+einmal zurückgeholt.<a class = "tag" name = "tagVIII_97" id =
+"tagVIII_97" href = "#noteVIII_97">97</a> Zu einem andren Plane riethen
+einige von Denen, welche für strenge Maßregeln waren. Sie meinten, die
+Prälaten, welche die Petition unterzeichnet hatten, könnten ja vor die
+kirchliche Commission citirt und ihrer Bischofssitze beraubt werden.
+Gegen dieses Verfahren aber wurden im Staatsrathe energische
+Einwendungen erhoben. Man habe angekündigt, daß die Kammern noch vor
+Ende des Jahres einberufen werden sollten und die Lords würden das
+Absetzungsurtel unzweifelhaft für null und nichtig erklären, auf der
+Einberufung Sancroft’s und seiner Mitpetenten bestehen und sich weigern,
+einen neuen Erzbischof von Canterbury oder einen neuen Bischof von Bath
+und Wells anzuerkennen. So würde die Session, die aller
+Wahrscheinlichkeit nach im günstigen Falle immer noch sehr stürmisch
+werden würde, sogleich mit einem erbitterten Streite zwischen der Krone
+und den Peers beginnen. Wenn daher eine Bestrafung der Bischöfe für
+nöthig gehalten würde, so müßte dieselbe nach dem bekannten Gange des
+englischen Rechtsverfahrens über sie verhängt werden. Sunderland hatte
+sich von Anfang an, soweit er es ohne Gefahr wagen konnte, dem
+Geheimrathsbefehl widersetzt. Jetzt rieth er zu einem Verfahren, das
+zwar nicht frei von Nachtheilen, aber doch das klügste und würdigste
+war, welches der Regierung nach einer Reihe von Fehlgriffen noch offen
+stand. Der König solle mit Huld und Majestät der Welt ankündigen, daß
+das ungehorsame Benehmen der anglikanischen Kirche ihn tief verletzt
+habe, daß er aber die vielen Dienste nicht vergessen könne, die diese
+Kirche in schweren Prüfungszeiten seinem Vater,
+<span class = "pagenum">VIII.62</span>
+<a name = "pageVIII_62" id = "pageVIII_62"> </a>
+seinem Bruder und ihm selbst geleistet; daß er als Freund der
+Gewissensfreiheit nicht streng gegen Männer verfahren wolle, deren
+allerdings irregeleitetes und über alle Maßen bedenkliches Gewissen
+ihnen nicht erlaubt habe, seinen Befehlen zu gehorchen, und daß er daher
+die Schuldigen der Strafe überlassen werde, die ihre eigne Überzeugung
+ihnen zuerkennen müsse, wenn sie ihre neuesten Schritte mit den loyalen
+Grundsätzen verglichen, deren sie sich so laut gerühmt hätten. Nicht
+allein Powis und Bellasyse, welche stets für gemäßigte Beschlüsse waren,
+sondern selbst Dover und Arundell neigten sich zu diesem Vorschlage hin.
+Jeffreys dagegen behauptete, daß die Regierung entehrt sein würde, wenn
+sie solche Verbrecher, wie die sieben Bischöfe, mit einem bloßen
+Verweise davon kommen ließe. Er wünschte jedoch nicht, daß sie vor die
+Hohe Commission, in welcher er als erster oder vielmehr einziger Richter
+saß, geladen würden, denn die Last des öffentlichen Hasses, die er
+bereits zu tragen hatte, war selbst für seine schamlose Stirn und sein
+verknöchertes Herz zu groß, und er erschrak vor der Verantwortlichkeit,
+die er durch eine gesetzwidrige Verurtheilung der Oberhäupter der
+Staatskirche und der Lieblinge des Volkes auf sich geladen haben
+würde.</p>
+
+<p class = "footnote">
+<a name = "noteVIII_97" id = "noteVIII_97" href = "#tagVIII_97">97.</a>
+<span class = "antiqua">Ibid.</span></p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Es wird eine gerichtliche Verfolgung der Bischöfe wegen Libells
+beschlossen.</span>
+<a name = "secVIII_55" id = "secVIII_55">Jeffreys</a> empfahl deshalb
+einen Criminalprozeß gegen sie anhängig zu machen. In Folge dessen wurde
+beschlossen, den Erzbischof und die sechs anderen Bittsteller unter der
+Anklage auf Abfassung eines aufrührerischen Libells vor den Gerichtshof
+der Kings Bench zu stellen. Daß sie für schuldig befunden werden würden,
+daran war kaum zu zweifeln, denn die Richter und ihre Unterbeamten waren
+Werkzeuge des Hofes. Seitdem der Hauptstadt ihr alter Freibrief entzogen
+worden, war kaum ein Gefangener, den die Regierung bestraft wissen
+wollte, von einer Jury freigesprochen worden. Die widerspenstigen
+Prälaten wurden höchst wahrscheinlich zu unerschwinglichen Geldbußen und
+langer Haft verurtheilt und waren dann froh, wenn sie sich dadurch
+loskaufen konnten, daß sie in und außer dem Parlament den Absichten des
+Königs dienten.<a class = "tag" name = "tagVIII_98" id = "tagVIII_98"
+href = "#noteVIII_98">98</a></p>
+
+<p>Am 27. Mai wurde den Bischöfen angekündigt, daß sie am 8. Juni vor
+dem Könige im Geheimen Rathe erscheinen sollten. Warum eine so lange
+Frist gestattet wurde, ist uns nicht bekannt. Vielleicht hoffte Jakob,
+daß einige der Schuldigen sich aus Furcht vor seiner Ungnade bis zu dem
+zum Verlesen der Erklärung bestimmten Tage noch fügen und, um sich mit
+ihm auszusöhnen, die Geistlichen ihrer Diöcesen zum Gehorsam überreden
+würden. Wenn dies wirklich seine Hoffnung war, so wurde sie vollständig
+getäuscht. Der 3. Juni kam und alle Theile Englands folgten dem
+Beispiele der Hauptstadt. Die Bischöfe von Norwich, Gloucester,
+Salisbury, Winchester und Exeter hatten bereits Abschriften der Petition
+zum Beweis ihrer Zustimmung unterzeichnet; der Bischof von Worcester
+hatte sich geweigert, die Erklärung unter seine Geistlichen zu
+vertheilen; der Bischof von Hereford hatte sie vertheilt, wurde aber,
+wie allgemein bekannt war, deshalb von Reue und Scham gequält. Von
+<span class = "pagenum">VIII.63</span>
+<a name = "pageVIII_63" id = "pageVIII_63"> </a>
+fünfzig Pfarrern fügte sich noch nicht einer dem Geheimrathsbefehl. In
+der großen Diöcese Chester, welche die Grafschaft Lancaster umfaßt,
+konnte Cartwright nicht mehr als drei Geistliche zum Gehorsam gegen den
+König bewegen. Die Diöcese Norwich enthält viele hundert Pfarreien, und
+nur in vieren davon wurde die Erklärung verlesen. Dem höfischen Bischof
+von Rochester gelang es nicht, die Gewissensscrupel des
+Gefängnißpredigers von Chatham, der von der Regierung besoldet wurde, zu
+heben. Es existirt noch ein rührender Brief, den dieser wackere
+Geistliche an den Sekretär der Admiralität schrieb. „Ich kann wohl nicht
+erwarten,“ schrieb er darin, „daß Euer Ehren sich für mich verwenden.
+Der Wille Gottes geschehe. Ich will lieber leiden, als sündigen“<a class
+= "tag" name = "tagVIII_99" id = "tagVIII_99" href =
+"#noteVIII_99">99</a>.</p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVIII_98" id = "noteVIII_98" href =
+"#tagVIII_98">98.</a>
+Barillon, 24. Mai (3. Juni), 31. Mai (10. Juni) 1688; Citters, 1.(11.)
+Juli; Adda 25. Mai (4. Juni), 30. Mai (9. Juni), 1.(11.) Juni; <span
+class = "antiqua">Clarke’s Life of James the Second, II. 158</span>.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_99" id = "noteVIII_99" href =
+"#tagVIII_99">99.</a>
+<span class = "antiqua">Burnet, I. 740</span>; <span class =
+"antiqua">Life of Prideaux</span>; Citters, 12.(22.), 15.(25.) Juni
+1688; <span class = "antiqua">Tanner MS.</span>; <span class =
+"antiqua">Life and Correspondence of Pepys</span>.</p>
+</div>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Sie werden im Geheimen Rathe verhört.</span>
+<a name = "secVIII_56" id = "secVIII_56">Am</a> Abend des 8. Juni
+begaben sich die sieben Prälaten, von den ausgezeichnetsten
+Rechtsgelehrten Englands gehörig instruirt, in den Palast, wo sie
+alsbald in das Geheimrathszimmer gerufen wurden. Ihre Petition lag auf
+dem Tische. Der Kanzler nahm das Papier, zeigte es dem Erzbischofe und
+sagte: „Ist dies die Schrift, die Euer Gnaden aufgesetzt und welche die
+hier anwesenden Bischöfe Seiner Majestät überreicht haben?“ Sancroft
+warf einen Blick auf das Papier und sagte dann zum Könige: „Sire, ich
+stehe hier als Angeklagter. Ich war dies noch nie und hätte früher nicht
+geglaubt, daß ich es je einmal werden könnte. Am allerwenigsten aber
+habe ich daran gedacht, daß mir ein Vergehen gegen meinen König zur Last
+gelegt werden könnte. Da ich aber das Unglück habe, in diese Lage
+gekommen zu sein, so wird Eure Majestät es mir nicht übel nehmen, wenn
+ich von dem mir gesetzlich zustehenden Rechte Gebrauch mache, nichts zu
+sagen, was mich als schuldig erscheinen lassen könnte.“ &mdash; „Dies
+ist bloße Chikane,“ erwiederte der König. „Euer Gnaden werden
+hoffentlich nicht so gewissenlos sein, daß Sie Ihre eigne Hand
+verleugnen?“ &mdash; „Sire,“ sagte Lloyd, der die Casuistik gründlich
+studirt hatte, „alle Theologen stimmen darin überein, daß Jemand, der
+sich in unsrer Lage befindet, die Antwort auf eine solche Frage
+verweigern darf.“ Der König, der eben so beschränkten Verstandes, als
+heftigen Temperamentes war, wußte nicht sogleich was der Prälat meinte.
+Er beharrte jedoch auf seinem Verlangen und gerieth in sichtbaren Zorn.
+„Sire,“ hob der Erzbischof wieder an, „ich bin nicht verpflichtet, mich
+selbst anzuklagen. Dessenungeachtet will ich, wenn Eure Majestät es
+durchaus befiehlt, eine Antwort geben, in dem Vertrauen, daß ein
+gerechter und edelsinniger Fürst das was ich lediglich aus Gehorsam
+gegen Höchstdessen Befehl thue, nicht als Rechtsbeweis gegen mich
+anwenden lassen wird.“ &mdash; „Sie dürfen mit Ihrem Souverain nicht
+kapituliren,“ sagte der Kanzler. „Nein,“ setzte der König hinzu, „ich
+werde einen solchen Befehl nicht geben. Wenn Sie es vorziehen, Ihre
+eigenen Handschriften abzuleugnen, so habe ich Ihnen nichts mehr zu
+sagen.“</p>
+
+<p>Die Bischöfe wurden zu wiederholten Malen ins Vorzimmer
+hinausgeschickt und eben so oft wieder hereingerufen. Endlich gab ihnen
+Jakob den bestimmten Befehl, auf die Frage zu antworten. Er
+verpflichtete sich allerdings nicht ausdrücklich dazu, daß ihr
+Geständniß nicht gegen sie angewendet
+<span class = "pagenum">VIII.64</span>
+<a name = "pageVIII_64" id = "pageVIII_64"> </a>
+werden sollte; aber nach dem was vorausgegangen war, mußten sie
+natürlich annehmen, daß diese Zusage selbstverständlich mit in dem
+Befehle enthalten sei. Sancroft erkannte seine Handschrift an, und seine
+Collegen folgten seinem Beispiele. Hierauf wurden sie über den Sinn
+einiger in der Petition vorkommenden Worte und über den Brief befragt,
+der im ganzen Lande verbreitet worden war und so großes Aufsehen gemacht
+hatte; aber ihre Antworten waren so vorsichtig, daß durch das Verhör
+nichts gewonnen wurde. Der Kanzler sagte ihnen nun, daß eine
+Criminaluntersuchung bei der Kings Bench gegen sie eingeleitet werden
+würde und forderte sie auf, sich wegen ihres Erscheinens jeder für seine
+eigne Person zu verpflichten. Dies lehnten sie aber ab. Sie seien Peers
+des Reiches, sagten sie, die besten Rechtsgelehrten von Westminster Hall
+hätten ihnen gesagt, daß keinem Peer in einer Untersuchung wegen Libells
+persönliche Bürgschaft angesonnen werden könne, und sie hielten sich
+nicht für berechtigt, auf eines ihrer Standesvorrechte zu verzichten.
+Der König war einfältig genug, es als eine persönliche Beleidigung gegen
+sich zu betrachten, daß die Bischöfe in einer Rechtsfrage sich durch
+juristischen Rath leiten ließen. „Sie glauben ja auch jedem Andren eher
+als mir,“ sagte er. Er fühlte sich ernstlich gedemüthigt und beunruhigt,
+denn er war so weit gegangen, daß ihm, wenn sie auf ihrem Vorsatze
+beharrten, nichts Andres übrig blieb, als sie in’s Gefängniß zu
+schicken, und wenn er auch keineswegs <em>alle</em> Folgen eines solchen
+Schrittes voraussah, so sah er doch so viel davon voraus, daß ihm bange
+wurde. Sie blieben fest. Es wurde daher wirklich ein Befehl
+ausgefertigt, welcher den Gouverneur des Tower anwies, sie in sicherem
+Gewahrsam zu halten und eine Barke brachte sie den Fluß hinunter nach
+dem Staatsgefängnisse.<a class = "tag" name = "tagVIII_100" id =
+"tagVIII_100" href = "#noteVIII_100">100</a></p>
+
+<p>Ganz London wußte, daß die Bischöfe vor dem Geheimen Rathe standen.
+Das Publikum war in gespannter Erwartung. Eine große Menschenmenge
+füllte die Höfe von Whitehall und alle umliegenden Straßen. Viele Leute
+pflegten sich damals an Sommerabenden an der kühlen Themseluft zu
+erlaben; an diesem Abend aber war der ganze Fluß mit Böten bedeckt. Als
+die sieben Bischöfe in Begleitung einer Wache erschienen, konnte das
+Volk seine Gefühle nicht mehr beherrschen. Tausende fielen auf die Knie
+und beteten laut für die Männer, welche mit dem christlichen Muthe eines
+Ridley und Latimer einem von der ganzen Bigotterie der Maria erfüllten
+Tyrannen Trotz geboten hatten. Viele sprangen in den Fluß und riefen,
+bis über den Hüften in Schlamm und Wasser stehend, die heiligen Väter um
+ihren Segen an. Auf der ganzen Strecke von Whitehall bis zur
+London-Brücke fuhr die königliche Barke zwischen Reihen von Böten, aus
+denen beständig der Ruf: „Gott segne Eure Lordschaften!“ ertönte. Der
+König gab in seiner Angst Befehl, daß die Besatzung des Tower verstärkt,
+die Garden zum Feuern bereit gehalten und zwei Compagnien von jedem
+Regiment im ganzen Reiche unverzüglich nach London berufen werden
+sollten. Die Militairmacht aber, die er als das zuverlässigste Werkzeug
+zur Bändigung des Volkes ansah, theilte alle Gefühle desselben. Selbst
+die Schildwachen, welche am Verrätherthore unter Waffen standen, baten
+die Märtyrer, die sie bewachen sollten, um ihren Segen. Der Gouverneur
+des Tower war Sir Eduard
+<span class = "pagenum">VIII.65</span>
+<a name = "pageVIII_65" id = "pageVIII_65"> </a>
+Hales. Er war nicht eben geneigt, seine Gefangenen freundlich zu
+behandeln, denn er war von der Kirche, für die sie litten, abgefallen
+und bekleidete kraft der Dispensationsgewalt, gegen die sie protestirt
+hatten, mehrere einträgliche Stellen. Mit Entrüstung vernahm er, daß
+seine Soldaten auf das Wohl der Bischöfe tranken, und er befahl seinen
+Offizieren, dies ein für allemal zu verbieten; aber diese brachten ihm
+die Meldung, daß es sich nicht mehr verhindern lasse und daß in der
+ganzen Besatzung keine andre Gesundheit mehr ausgebracht werde. Übrigens
+bewiesen die Truppen ihre Verehrung für die Väter der Kirche nicht
+allein durch Toaste. Im ganzen Tower herrschte eine so andächtige
+Stimmung, daß fromme Geistliche dem Himmel dankten, daß er aus Bösem
+Gutes hervorgehen ließe und die Verfolgung seiner treuen Diener zum
+Rettungsmittel für viele Seelen machte. Tag für Tag sah man die
+Equipagen und Livreen der vornehmsten Kavaliere Englands vor den
+Eingängen des Gefängnisses, und Tausende von Zuschauern aus den
+bürgerlichen Klassen bedeckten fortwährend Towerhill.<a class = "tag"
+name = "tagVIII_101" id = "tagVIII_101" href = "#noteVIII_101">101</a>
+Von den verschiedenen Zeichen der öffentlichen Verehrung und Theilnahme
+für die Prälaten erfüllte aber namentlich eines mehr als alle anderen
+den König mit Zorn und Besorgniß. Er erfuhr, daß eine Deputation von
+zehn nonconformistischen Geistlichen die Bischöfe im Tower besucht
+hatte. Er ließ vier von ihnen zu sich entbieten und machte ihnen
+persönlich heftige Vorwürfe; sie aber antworteten ihm muthig, daß sie es
+für ihre Pflicht hielten, vergangene Streitigkeiten zu vergessen und zu
+den Männern zu stehen, welche die Träger des protestantischen Glaubens
+seien.<a class = "tag" name = "tagVIII_102" id = "tagVIII_102" href =
+"#noteVIII_102">102</a></p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVIII_100" id = "noteVIII_100" href =
+"#tagVIII_100">100.</a>
+Sancroft’s Bericht, abgedruckt aus Tanner’s Handschriften.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_101" id = "noteVIII_101" href =
+"#tagVIII_101">101.</a>
+<span class = "antiqua">Burnet, I. 741</span>; Citters, 8.(18.),
+12.(22.) Juni 1688; <span class = "antiqua">Luttrell’s Diary, June
+8</span>; <span class = "antiqua">Evelyn’s Diary</span>, Brief von <span
+class = "antiqua">Dr.</span> Ralson an seine Gattin vom 14. Juni
+abgedruckt aus Tanner’s Handschriften; <span class = "antiqua">Reresby’s
+Memoirs</span>.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_102" id = "noteVIII_102" href =
+"#tagVIII_102">102.</a>
+<span class = "antiqua">Reresby’s Memoirs</span>.</p>
+</div>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Geburt des Prätendenten.</span>
+<a name = "secVIII_57" id = "secVIII_57">Kaum</a> hatten sich die Thore
+des Tower hinter den Gefangenen geschlossen, so trat ein Ereigniß ein,
+welches die allgemeine Aufregung noch vermehrte. Es war angekündigt
+worden, daß die Königin erst im Juli ihre Entbindung erwarte. Den Tag
+nach dem Verhöre der Bischöfe aber bemerkte man, daß der König sich
+angelegentlich nach ihrem Befinden erkundigte. Sie saß jedoch diesen
+Abend noch bis gegen Mitternacht in Whitehall am Spieltisch. Dann aber
+wurde sie in einer Sänfte in den St. Jamespalast gebracht, wo in aller
+Eil Zimmer für sie eingerichtet worden waren. Bald darauf eilten Boten
+nach allen Richtungen hin, um Ärzte und Priester, Staatsräthe und
+Kammerdamen herbeizuholen. Binnen wenigen Stunden waren eine Menge
+Staatsbeamte und vornehme Damen im Zimmer der Königin versammelt, und
+hier wurde am Morgen des 10. Juni, einem Sonntage, der von den
+allzutreuen Freunden einer schlechten Sache lange in Ehren gehalten
+wurde, der unglücklichste aller Fürsten geboren, bestimmt zu
+siebenundsiebzig Jahren der Verbannung und des Umherirrens, zu einem
+Leben voll eitler Pläne, voll Ehrenbezeigungen, welche kränkender sind
+als offene Beleidigungen, und voll Hoffnungen, die das Herz vor Gram
+vergehen lassen.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Man hält ihn allgemein für untergeschoben.</span>
+<a name = "secVIII_58" id = "secVIII_58">Die</a> traurigen Schicksale
+des armen Kindes begannen schon vor seiner Geburt.
+<span class = "pagenum">VIII.66</span>
+<a name = "pageVIII_66" id = "pageVIII_66"> </a>
+Die Nation über welche er nach der gewöhnlichen Erbfolgeordnung einst
+regiert haben würde, war fest überzeugt, daß seine Mutter gar nicht
+schwanger sei. Wäre seine Geburt auch durch noch so viele Zeugen
+bewiesen worden, ein großer Theil des Volks würde trotzdem
+wahrscheinlich bei der Behauptung geblieben sein, daß die Jesuiten ein
+geschicktes Taschenspielerkunststück ausgeführt hätten; der Beweis für
+die Thatsache ließ aber, theils durch Zufall, theils durch grobe
+Versehen manchen Einwürfen und Zweifeln Raum. Es waren zwar viele
+Personen beiderlei Geschlechts im königlichen Schlafgemache anwesend,
+als das Kind das Licht der Welt erblickte, aber keine von ihnen erfreute
+sich des öffentlichen Vertrauens im besonderen Grade. Von den anwesenden
+Geheimräthen waren die Hälfte Katholiken und die, welche sich
+Protestanten nannten, galten allgemein für Verräther an Gott und
+Vaterland. Unter den Kammerdamen befanden sich viele Französinnen,
+Italienerinnen und Portugiesinnen, und von den englischen Damen waren
+einige selbst Papistinnen, andere die Gattinnen von Papisten. Mehrere
+Personen, welche vorzugsweise hätten anwesend sein sollen, und deren
+Zeugniß allen Verständigen genügt haben würde, fehlten und man legte die
+Schuld an ihrer Abwesenheit dem Könige zur Last. Die Prinzessin Anna war
+von allen Bewohnern der ganzen Insel am meisten bei der Sache
+interessirt. Ihr Geschlecht und ihre Erfahrung berechtigte sie, als
+Wächterin des Geburtsrechts ihrer Schwester und ihres eigenen
+aufzutreten. Sie hatte starken Verdacht geschöpft, in welchem sie
+täglich durch geringfügige oder imaginäre Umstände bestärkt wurde. Es
+schien ihr, als ob die Königin geflissentlich ihren Fragen auswiche und
+sie schrieb diese Zurückhaltung, welche vielleicht im Zartgefühl ihren
+Grund hatte, dem Schuldbewußtsein zu.<a class = "tag" name =
+"tagVIII_103" id = "tagVIII_103" href = "#noteVIII_103">103</a> In Folge
+dessen hatte Anna sich vorgenommen, an dem entscheidenden Tage anwesend
+zu sein und ein scharfes Auge zu haben. Sie hatte es aber nicht für
+nöthig gehalten, schon einen Monat vor diesem Tage auf ihrem Posten zu
+sein, sondern war mit Bewilligung und angeblich auf Anrathen ihres
+Vaters nach Bath gereist, um dort eine Brunnenkur zu gebrauchen.
+Sancroft, dessen hohe Stellung ihm die Pflicht auferlegte, anwesend zu
+sein, und in dessen Rechtschaffenheit die Nation volles Vertrauen
+setzte, war einige Stunden vorher von Jakob in den Tower geschickt
+worden. Die Hyde waren die geeigneten Beschützer der Rechte beider
+Prinzessinnen. Der holländische Gesandte konnte als der Vertreter
+Wilhelm’s betrachtet werden, der als der erste Prinz von Geblüt und als
+Gemahl der ältesten Tochter des Königs das größte Interesse an dem
+Ereignisse hatte. Jakob aber dachte nicht daran, ein männliches oder
+weibliches Mitglied der Familie Hyde herbeizurufen und eben so wenig
+wurde der holländische Gesandte zugezogen.</p>
+
+<p>Die Nachwelt hat den König von dem Betrug, dessen sein Volk ihn
+beschuldigte, vollkommen freigesprochen. Unmöglich aber kann man ihn von
+der Thorheit und Verkehrtheit freisprechen, welche den Irrthum seiner
+Zeitgenossen erklären und entschuldigen. Er wußte recht gut, welche
+argwöhnischen Vermuthungen man im Publikum hegte,<a class = "tag" name =
+"tagVIII_104" id = "tagVIII_104" href = "#noteVIII_104">104</a> und er
+hätte eben
+<span class = "pagenum">VIII.67</span>
+<a name = "pageVIII_67" id = "pageVIII_67"> </a>
+so gut wissen können, daß dieser Argwohn nicht durch das Zeugniß von
+Mitgliedern der römischen Kirche oder solchen Personen zerstreut werden
+konnte, die sich zwar Mitglieder der anglikanischen Kirche nannten, aber
+sich ganz bereit gezeigt hatten, die Interessen dieser Kirche zu opfern,
+um seine Gunst zu gewinnen. Daß der Eintritt des Ereignisses ihn vor der
+erwarteten Zeit überraschte, ist wahr, aber er hatte immerhin zwölf
+Stunden vor sich, um seine Anordnungen zu treffen. So gut als er den St.
+Jamespalast mit Bigotten und Schmarotzern füllen konnte, deren Wort die
+Nation nicht traute, eben so gut hätte er auch für die Anwesenheit
+einiger angesehenen Personen sorgen können, deren treue Anhänglichkeit
+an die Prinzessinnen und an die Landeskirche außer Zweifel stand.</p>
+
+<p>Zu einer späteren Zeit, als er für seine tollkühne Verachtung der
+öffentlichen Meinung schwer gebüßt hatte, pflegte man in Saint-Germain
+ihn dadurch zu entschuldigen, daß man die Schuld auf Andere wälzte.
+Einige Jakobiten behaupteten, Anna habe sich absichtlich fern gehalten,
+ja sie scheuten sich nicht zu sagen, Sancroft habe den König
+herausgefordert, ihn in den Tower zu schicken, damit das Zeugniß,
+welches die Verleumdungen der Unzufriedenen widerlegen konnte,
+mangelhaft wäre.<a class = "tag" name = "tagVIII_105" id = "tagVIII_105"
+href = "#noteVIII_105">105</a> Die Abgeschmacktheit dieser Beschuldigung
+ist handgreiflich. Konnte Anna oder Sancroft vermuthen, daß die Königin
+sich in ihrer Berechnung um einen ganzen Monat geirrt hatte? Wäre ihre
+Berechnung richtig gewesen, so würde Anna gewiß, um der Entbindung
+beiwohnen zu können, zur rechten Zeit von Bath zurückgekehrt und
+Sancroft nicht im Tower gewesen sein. Jedenfalls aber waren die
+mütterlichen Oheime der Tochter des Königs weder von London entfernt
+noch im Gefängniß. Die nämlichen Boten, welche die ganze Schaar der
+Renegaten, Dover, Peterborough, Murray, Sunderland und Mulgrave,
+herbeiholten, hätten ganz eben so leicht auch Clarendon herbeirufen
+können. Er war so gut Geheimer Rath als sie, und seine Wohnung befand
+sich in Jermyn Street, keine zweihundert Schritt von den Gemächern der
+Königin. Dennoch ließ man es ihn erst in der St. Jameskirche durch die
+Bewegung und das Geflüster der Gemeinde erfahren, daß seine Nichte
+aufgehört hatte, die präsumtive Thronerbin zu sein.<a class = "tag" name
+= "tagVIII_106" id = "tagVIII_106" href = "#noteVIII_106">106</a>
+Gehörte er etwa deshalb nicht in das Entbindungszimmer, weil er ein
+naher Verwandter der Prinzessinnen von Oranien und von Dänemark war,
+oder weil er unerschütterlich treu an der anglikanischen Kirche
+hing?</p>
+
+<p>Die ganze Nation sprach es laut und offen aus, daß ein Betrug
+gespielt worden sei. Mehre Monate lang hätten die Papisten auf der
+Kanzel und durch die Presse, in Prosa und in Versen, in englischer und
+in lateinischer Sprache prophezeit, daß die Bitten der Kirche erhört und
+ein Prinz von Wales geboren werden würde, und sie hätten jetzt selbst
+ihre Prophezeiung erfüllt. Jeder nicht zu bestechende oder zu
+hintergehende Zeuge sei sorgfältig ausgeschlossen worden. Anna habe man
+arglistigerweise zu einer Reise nach Bath überredet. Der Primas sei
+gerade am Tage vor dem zur Ausführung des Betrugs bestimmten den
+Vorschriften des Gesetzes und der Privilegien der Peers zum Trotz ins
+Gefängniß geworfen worden. Nicht eine einzige männliche oder weibliche
+Person, die das geringste Interesse an der Enthüllung des Betrugs haben
+<span class = "pagenum">VIII.68</span>
+<a name = "pageVIII_68" id = "pageVIII_68"> </a>
+konnte, sei zugezogen worden. Man habe die Königin plötzlich mitten in
+der Nacht in den St. Jamespalast gebracht, weil dieses Gebäude, für
+unehrliche Zwecke passender eingerichtet als Whitehall, einige für die
+Absichten der Jesuiten vortrefflich geeignete Zimmer und Gänge enthalte.
+Hier sei inmitten eines Kreises von Zeloten, denen nichts, was die
+Interessen ihrer Kirche fördern konnte, ein Verbrechen dünkte, und von
+Höflingen, welche nichts, was zu ihrer Bereicherung und Erhebung
+beitragen konnte, für Sünde hielten, ein neugeborenes Kind ins Bett der
+Königin practicirt und dann triumphirend als Erbe dreier Königreiche
+herumgegeben worden. Durch diesen zwar unbegründeten, aber nicht ganz
+unnatürlichen Verdacht aufgeregt, drängten sich die Leute nur um so
+eifriger danach, den frommen Opfern des Tyrannen zu huldigen, der,
+nachdem er lange seinem Volke das empörendste Unrecht zugefügt, das Maß
+seiner Schändlichkeit voll machte, indem er sich noch empörender an
+seinen eigenen Kindern verging<a class = "tag" name = "tagVIII_107" id =
+"tagVIII_107" href = "#noteVIII_107">107</a>.</p>
+
+<p>Der Prinz von Oranien, der selbst keinen Betrug argwöhnte und den
+Zustand der Volksstimmung in England nicht kannte, ordnete Dankgebete
+für seinen kleinen Schwager unter seinem eigenen Dache an und schickte
+Zulestein mit einem förmlichen Beglückwünschungsschreiben nach London.
+Zulestein hörte zu seinem großen Erstaunen Jedermann ganz offen von dem
+schändlichen Betruge sprechen, den die Jesuiten eben begangen haben
+sollten, und erblickte jede Stunde ein neues Pasquill auf die
+Schwangerschaft und die Entbindung der Königin. Er schrieb sehr bald
+nach dem Haag, von zehn Personen glaube nicht eine, daß die Königin
+dieses Kind geboren habe<a class = "tag" name = "tagVIII_108" id =
+"tagVIII_108" href = "#noteVIII_108">108</a>.</p>
+
+<p>Das Benehmen der gefangenen Prälaten erhöhte inzwischen die
+allgemeine Theilnahme, die ihre Lage erweckte. Am Abend des „schwarzen
+Freitags“, wie man den Tag ihrer Einkerkerung nannte, kamen sie gerade
+zur Stunde des Gottesdienstes in ihrem Gefängnisse an. Sie begaben sich
+sogleich in die Kapelle. Der Zufall wollte, daß im zweiten Vorlesestück
+die Worte vorkamen: „In allen Dingen lasset uns beweisen als die Diener
+Gottes in großer Geduld und Trübsalen, in Nöthen und Ängsten, in
+Schlägen, in Gefängnissen.“ Alle eifrigen Anhänger der Staatskirche
+freuten sich dieses Zusammentreffens und erinnerten sich, wie ein ganz
+ähnliches vor fast vierzig Jahren Karl&nbsp;I. in seiner Todesstunde
+getröstet und erhoben hatte.</p>
+
+<p>Am Abend des folgenden Tages, Samstag den 9. Juni, kam ein Schreiben
+von Sunderland, welcher dem Kaplan des Tower befahl, am nächsten Morgen
+beim Gottesdienste die Erklärung zu verlesen. Da die in dem
+Geheimrathsbefehl zur Verlesung in London bestimmte Zeit längst
+verstrichen war, so konnte dieses Verfahren der Regierung nur als eine
+ganz gemeine und kindische persönliche Insulte gegen die ehrwürdigen
+Gefangenen
+<span class = "pagenum">VIII.69</span>
+<a name = "pageVIII_69" id = "pageVIII_69"> </a>
+betrachtet werden. Der Kaplan weigerte sich zu gehorchen; er wurde
+sofort entlassen und die Kapelle geschlossen<a class = "tag" name =
+"tagVIII_109" id = "tagVIII_109" href = "#noteVIII_109">109</a>.</p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVIII_103" id = "noteVIII_103" href =
+"#tagVIII_103">103.</a>
+Correspondenz zwischen Anna und Marie in Dalrymple; <span class =
+"antiqua">Clarendon’s Diary Oct. 31. 1688</span>.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_104" id = "noteVIII_104" href =
+"#tagVIII_104">104.</a>
+Dies geht aus Clarendon’s Tagebuche vom 31. Oct. 1688 klar hervor.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_105" id = "noteVIII_105" href =
+"#tagVIII_105">105.</a>
+<span class = "antiqua">Clarke’s Life of James the Second, II. 159.
+160.</span></p>
+
+<p><a name = "noteVIII_106" id = "noteVIII_106" href =
+"#tagVIII_106">106.</a>
+<span class = "antiqua">Clarendon’s Diary, June 10. 1688.</span></p>
+
+<p><a name = "noteVIII_107" id = "noteVIII_107" href =
+"#tagVIII_107">107.</a>
+Johnstone giebt in kurzen Worten eine treffliche Übersicht der gegen den
+König erhobenen Beschuldigungen. „Die große Masse des Volks ist der
+Meinung, daß Alles ein Betrug sei, denn, sagen sie, die Berechnung
+treffe nicht zu, die Prinzessin sei entfernt und weder Jemand von der
+Familie Clarendon noch der holländische Gesandte herbeigerufen worden;
+dazu komme noch der plötzliche Eintritt des Ereignisses, die Predigten,
+die Zuversicht der Priester und die Eil.“ &mdash; 13. Juni 1688.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_108" id = "noteVIII_108" href =
+"#tagVIII_108">108.</a>
+Ronquillo, 26. Juli (5. Aug.). Ronquillo setzt hinzu, daß Zulestein’s
+Bericht über den Zustand der öffentlichen Meinung vollkommen wahr
+sei.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_109" id = "noteVIII_109" href =
+"#tagVIII_109">109.</a>
+Citters, 12.(22.) Juni 1688; <span class = "antiqua">Luttrell’s Diary,
+June 18.</span></p>
+</div>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Die Bischöfe werden vor die Kings Bench gestellt und müssen Bürgschaft
+leisten.</span>
+<a name = "secVIII_59" id = "secVIII_59">Die</a> Bischöfe erbauten Alle,
+die sich ihnen näherten, durch die Standhaftigkeit und Freudigkeit, mit
+der sie ihre Haft ertrugen, durch die Bescheidenheit und Demuth, mit der
+sie die Beifallsbezeigungen und Segenswünsche der ganzen Nation
+aufnahmen, und durch die loyale Anhänglichkeit, die sie für den
+Tyrannen, der sie in’s Verderben stürzen wollte, an den Tag legten. Am
+Freitag den 15. Juni, dem ersten Sitzungstage der Kings Bench, wurden
+sie vor diesen Gerichtshof gestellt. Eine ungeheure Menschenmenge
+erwartete ihre Ankunft. Vom Landungsplatze bis zur Court of Requests
+gingen sie durch eine Doppelreihe von Zuschauern, welche ihnen
+Segenswünsche und Beifall zuriefen. „Lieben Freunde,“ sagten die
+Gefangenen im Vorübergehen, „ehret den König und gedenket unserer in
+Euren Gebeten.“ Diese demüthigen und frommen Worte rührten Viele bis zu
+Thränen. Als sich der Zug endlich durch das Gedränge einen Weg gebahnt
+hatte und vor den Richtern angekommen war, verlas der Generalfiskal die
+Anklage, welche er auf hohen Befehl ausgearbeitet hatte und stellte den
+Antrag, daß die Beklagten aufgefordert werden sollten, auf die Klage
+einzugehen. Der Vertheidiger wendete dagegen ein, die Bischöfe seien
+gesetzwidrig verhaftet worden, und ihr Erscheinen vor dem Gerichtshofe
+sei daher nicht ordnungsgemäß. Die Frage, ob ein Peer unter einer
+Anklage wegen Libells sein Erscheinen vor Gericht gehörig zu verbürgen
+habe, wurde ausführlich erörtert und endlich von der Mehrheit der
+Richter zu Gunsten der Krone entschieden. Die Gefangenen erklärten sich
+nun für nichtschuldig. Der vierzehnte Tag darauf, der 29. Juni, wurde
+zur Verhandlung ihres Prozesses anberaumt. Bis dahin wurden sie gegen
+das persönliche Versprechen, sich zu stellen, in Freiheit gesetzt. Die
+Kronanwälte thaten sehr weise daran, aß sie keine fremde Bürgschaft
+verlangten, denn Halifax hatte dafür gesorgt, daß einundzwanzig
+weltliche Peers vom höchsten Ansehen, je drei für einen Angeklagten, zur
+Bürgschaftleistung bereit waren, und eine solche Gesinnungsäußerung des
+hohen Adels würde für die Regierung ein harter Schlag gewesen sein. Eben
+so wußte man, daß einer der reichsten, Dissenters der Hauptstadt um die
+Ehre nachgesucht hatte, für Ken Bürgschaft leisten zu dürfen.</p>
+
+<p>Die Bischöfe durften nun in ihre Heimath zurückkehren. Das niedere
+Volk, welches von dem bei der Kings Bench beobachteten Gerichtsverfahren
+nichts wußte und nur sah, daß ihre Lieblinge, nachdem sie unter
+Bedeckung nach Westminster Hall gebracht worden waren, jetzt sich in
+voller Freiheit wieder entfernen durften, glaubte, die gute Sache habe
+gesiegt, und brach in lauten Beifallsjubel aus, während zugleich
+fröhliches Glockengeläute von allen Thürmen ertönte. Sprat erstaunte
+nicht wenig, als er die Glocken seiner eigenen Abtei lustig erklingen
+hörte. Er brachte sie sofort zum Schweigen, aber seine Einmischung
+erregte viel unwilliges Murren. Die Bischöfe wußten gar nicht, wie sie
+sich vor der zudringlichen Masse ihrer Freunde retten sollten. Lloyd
+wurde im Palasthofe von Verehrern zurückgehalten, die sich um die Gunst
+stritten, seine Hände zu berühren und den Saum seines Rockes zu küssen,
+bis endlich Clarendon
+<span class = "pagenum">VIII.70</span>
+<a name = "pageVIII_70" id = "pageVIII_70"> </a>
+ihn nicht ohne Anstrengung befreite und ihn durch eine Seitengasse nach
+Hause führte. Man sagte, Cartwright sei so unvorsichtig gewesen, sich
+unter das Volk zu mischen. Jemand, der ihn an seinem Bischofsgewand
+erkannte, erbat sich und erhielt seinen Segen. „Wißt Ihr, von wem Ihr
+Euch eben habt segnen lassen?“ rief einer der Umstehenden. „Nun, es war
+doch gewiß einer von den Sieben?“ versetzte Der, welcher eben mit dem
+Segen beehrt worden war. „Nein,“ entgegnete der Andere, „es war der
+papistische Bischof von Chester.“ &mdash; „Papistischer Hund!“ rief der
+Protestant wüthend, „nimm Deinen Segen zurück!“</p>
+
+<p>Der Zusammenlauf und die Aufregung waren so groß, daß der
+holländische Gesandte sich wunderte, den Tag ohne einen Aufstand enden
+zu sehen. Dem Könige war durchaus nicht wohl zu Muthe gewesen. Um jede
+Ruhestörung sogleich unterdrücken zu können, hatte er am Morgen in
+Hydepark mehrere Bataillone Infanterie gemustert. Es ist jedoch
+keineswegs ausgemacht, daß diese Truppen zu ihm gehalten haben würden,
+wenn er ihrer Dienste bedurft hätte. Als Sancroft am Nachmittag in
+Lambeth ankam, fand er die in dieser Vorstadt liegenden Grenadiergarden
+vor dem Eingange seines Palastes versammelt. Sie stellten sich in einer
+Doppelreihe auf und während er zwischen ihnen hinschritt, baten sie ihn
+um seinen Segen. Nur mit Mühe hielt er sie davon ab, daß sie zur Feier
+seiner Rückkehr in seine Wohnung ein Freudenfeuer anzündeten. Es
+brannten übrigens an jenem Abend mehrere Freudenfeuer in der Hauptstadt.
+Zwei Katholiken, welche so unbesonnen waren, einige Knaben zu schlagen,
+weil sie an diesen öffentlichen Freudenbezeigungen Theil nahmen, wurden
+vom Pöbel ergriffen, nackt ausgezogen und schimpflich gebrandmarkt<a
+class = "tag" name = "tagVIII_110" id = "tagVIII_110" href =
+"#noteVIII_110">110</a>.</p>
+
+<p>Jetzt forderte Sir Eduard Hales seine Gebühren von den Bischöfen, die
+seine Gefangenen gewesen waren. Sie weigerten sich, einem Beamten,
+dessen Bestallung sie nach ihren Grundsätzen für null und nichtig
+ansahen, etwas für eine in ihren Augen gesetzwidrige Haft zu bezahlen.
+Hierauf gab ihnen der Gouverneur sehr deutlich zu verstehen, daß, wenn
+sie noch einmal in seine Hände kämen, er sie in schwere Eisen legen und
+auf die nackten Steine betten werde. „Wir haben uns die Ungnade unsres
+Königs zugezogen,“ war ihre Antwort, „und wir empfinden dies sehr
+schmerzlich; ein Mitunterthan aber, der uns droht, strengt nutzlos seine
+Lunge an.“ Man kann leicht denken, mit welchem Unwillen das ohnehin
+schon gereizte Volk erfuhr, daß ein vom protestantischen Glauben
+Abgefallener, der den Grundgesetzen Englands zum Hohn einen
+Commandoposten bekleidete, es gewagt hatte, ehrwürdigen Geistlichen mit
+allen Barbareien von Lollard’s Tower zu drohen<a class = "tag" name =
+"tagVIII_111" id = "tagVIII_111" href = "#noteVIII_111">111</a>.</p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVIII_110" id = "noteVIII_110" href =
+"#tagVIII_110">110.</a>
+Über die Ereignisse dieses Tages sehe man die <span class =
+"antiqua">Collection of State Trials</span>; <span class =
+"antiqua">Clarendon’s Diary</span>; <span class = "antiqua">Luttrell’s
+Diary</span>; Citters, 15.(25.) Juni; Johnstone, 18. Juni und <span
+class = "antiqua">Revolution Politics.</span></p>
+
+<p><a name = "noteVIII_111" id = "noteVIII_111" href =
+"#tagVIII_111">111.</a>
+Johnstone, 18. Juni 1688; <span class = "antiqua">Evelyn’s Diary, June
+29.</span></p>
+</div>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Aufregung der Gemüther.</span>
+<a name = "secVIII_60" id = "secVIII_60">Bis</a> zu dem Tage des
+Prozesses hatte sich die Aufregung nach den entferntesten Winkeln der
+Insel verbreitet. Aus Schottland erhielten die Bischöfe Zuschriften, in
+denen sie der Sympathie aller Presbyterianer dieses dem Prälatenthum so
+lange und so bitter Feind gewesenen Landes versichert wurden<a class =
+"tag" name = "tagVIII_112" id = "tagVIII_112" href =
+"#noteVIII_112">112</a>. Die Bevölkerung von Cornwall, ein trotziges,
+kühnes und herkulisches Geschlecht,
+<span class = "pagenum">VIII.71</span>
+<a name = "pageVIII_71" id = "pageVIII_71"> </a>
+das ein stärkeres Provinzialgefühl hatte, als man es in irgend einem
+andren Theile des Landes fand, nahm großen Antheil an der Gefahr, in
+welcher Trelawney schwebte, den sie weniger als einen Leiter der Kirche,
+denn als das Oberhaupt eines angesehenen Hauses und als den Erben von
+zwanzig Ahnen verehrten, welche schon in hohem Ansehen standen, ehe die
+Normannen den Fuß auf englischen Boden gesetzt hatten. In der ganzen
+Grafschaft sang das Landvolk eine Ballade, deren Refrain noch nicht
+vergessen ist:</p>
+
+<div class = "verse">
+<p>„Und bringt man Trelawney um, bringt man Trelawney um,</p>
+<p>Wollen dreißigtausend cornische Burschen wissen warum?“</p>
+</div>
+
+<p>Die Bergleute sangen das Lied mit einer kleinen Variation:</p>
+
+<div class = "verse">
+<p>„Wollen Zwanzigtausend unter der Erde wissen warum.“<a class = "tag"
+name = "tagVIII_113" id = "tagVIII_113" href =
+"#noteVIII_113">113</a></p>
+</div>
+
+<p>In manchen Theilen des Landes sprachen die Bauern laut eine
+sonderbare Hoffnung aus, welche nie aufgehört hat, in ihren Herzen
+fortzuleben. Sie meinten, ihr protestantischer Herzog, ihr geliebter
+Monmouth, werde plötzlich wieder erscheinen, sie zum Siege führen und
+den König wie die Jesuiten unter seinen Füßen zertreten<a class = "tag"
+name = "tagVIII_114" id = "tagVIII_114" href =
+"#noteVIII_114">114</a>.</p>
+
+<p>Die Minister waren in der größten Angst; selbst Jeffreys würde gern
+seine Maßregeln zurückgenommen haben. Er beauftragte Clarendon mit
+freundlichen Botschaften an die Bischöfe und wälzte die Schuld an der
+Verfolgung, zu der er selbst gerathen hatte, auf Andere. Sunderland
+wagte es noch einmal, Zugeständnisse anzuempfehlen. Die glückliche
+Geburt eines Prinzen, sagte er, biete dem Könige eine vortreffliche
+Gelegenheit, eine gefährliche und nachtheilige Stellung aufzugeben, ohne
+sich den Vorwurf der Zaghaftigkeit oder der Launenhaftigkeit zuzuziehen.
+Bei so erfreulichen Anlässen sei es stets Sitte gewesen, daß der Fürst
+die Herzen seiner Unterthanen durch Gnadenacte erfreue, und nichts könne
+dem Prinzen von Wales mehr zum Vortheile gereichen, als wenn er schon in
+der Wiege der Friedensstifter zwischen seinem Vater und der
+aufgebrachten Nation würde. Aber des Königs Entschluß stand fest. „Ich
+werde fortfahren,“ sagte er, „ich bin nur zu nachsichtig gewesen. Die
+Nachsicht war meines Vaters Verderben“<a class = "tag" name =
+"tagVIII_115" id = "tagVIII_115" href = "#noteVIII_115">115</a>.</p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVIII_112" id = "noteVIII_112" href =
+"#tagVIII_112">112.</a>
+<span class = "antiqua">Tanner MS.</span></p>
+
+<p><a name = "noteVIII_113" id = "noteVIII_113" href =
+"#tagVIII_113">113.</a>
+Diese Thatsache wurde mir freundlichst von dem Rev. R.&nbsp;S. Hawker
+von Morwenstow in Cornwall mitgetheilt.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_114" id = "noteVIII_114" href =
+"#tagVIII_114">114.</a>
+Johnstone, 18. Juni 1688.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_115" id = "noteVIII_115" href =
+"#tagVIII_115">115.</a>
+Adda, 29. Juni (9. Juli) 1688.</p>
+</div>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Sunderland’s Angst.</span>
+<a name = "secVIII_61" id = "secVIII_61">Der</a> schlaue Minister kam
+dahinter, daß sein Rath früher nur deshalb angenommen worden war, weil
+er denselben jederzeit nach dem Willen des Königs eingerichtet hatte,
+daß er aber von dem Augenblicke an, wo er wirklich guten ertheilte, kein
+Gehör mehr finden würde. Bei dem Verfahren gegen das
+Magdalenen-Collegium hatte er einige Lauheit gezeigt. Er hatte ferner
+ganz neuerdings den König zu überzeugen gesucht, daß Tyrconnel’s Plan
+zur Confiscirung des Eigenthums der englischen Colonisten in Irland
+höchst gefährlich sei, und er hatte es mit Hülfe Powis’ und Bellasyse’s
+wenigstens dahingebracht, daß die Ausführung des Planes noch um ein Jahr
+aufgeschoben wurde. Aber diese zaghafte Bedenklichkeit hatte den Keim
+des Widerwillens und Mißtrauens ins Herz des Königs gelegt<a class =
+"tag" name = "tagVIII_116" id = "tagVIII_116" href =
+"#noteVIII_116">116</a>. Der Tag der
+<span class = "pagenum">VIII.72</span>
+<a name = "pageVIII_72" id = "pageVIII_72"> </a>
+Vergeltung war jetzt gekommen. Sunderland war in der nämlichen Lage, in
+der sich einige Monate früher sein Nebenbuhler Rochester befunden hatte.
+Beide Staatsmänner lernten die Angst eines Menschen kennen, der sich
+krampfhaft an eine Stütze anklammert, die seinen Händen mehr und mehr
+entschlüpft. Beide sahen ihre Rathschläge verächtlich zurückgewiesen.
+Beide erlitten die Qual, in den Mienen und dem Benehmen ihres Gebieters
+Unzufriedenheit und Mißtrauen zu lesen, und doch wurden Beide von ihrem
+Vaterlande für die Verbrechen und Irrthümer, von denen sie ihn vergebens
+zurückzubringen versucht hatten, verantwortlich gemacht. Während er sie
+in dem Verdacht hatte, daß sie auf Kosten seiner Autorität und seiner
+Würde sich populär machen wollten, beschuldigte die öffentliche Stimme
+sie laut des Versuchs, auf Kosten ihrer eigenen Ehre und des Gemeinwohls
+die königliche Gunst zu gewinnen. Doch trotz aller Kränkungen und
+Demüthigungen hielten Beide ihren Ministerposten mit der verzweifelten
+Kraft Ertrinkender umklammert. Beide versuchten es, den König wieder
+günstig zu stimmen, indem sie sich stellten, als ob sie zum Anschluß an
+seine Kirche geneigt wären. Es gab aber eine Grenze, welche Rochester
+entschlossen war nicht zu überschreiten. Er ging bis an den Rand des
+Glaubensabfalls; hier aber blieb er stehen und in Berücksichtigung der
+Standhaftigkeit, mit der er sich weigerte, den letzten Schritt zu thun,
+verzieh ihm die Welt großmüthig seine frühere Willfährigkeit.</p>
+
+<p class = "footnote">
+<a name = "noteVIII_116" id = "noteVIII_116" href =
+"#tagVIII_116">116.</a>
+Sunderland’s eigner Erzählung darf man natürlich nicht unbedingten
+Glauben beimessen. Aber er führte Godolphin zum Zeugen für das an, was
+in Betreff der irischen Ansiedlungsacte vorgegangen war.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Er erklärt sich für einen Katholiken.</span>
+<a name = "secVIII_62" id = "secVIII_62">Der</a> weniger gewissenhafte
+und für das Schamgefühl weniger empfängliche Sunderland beschloß durch
+einen Schritt, der jedem von der Wichtigkeit der religiösen Überzeugung
+durchdrungenen Gemüth als eines der schändlichsten Verbrechen erscheinen
+mußte und den selbst weltlich gesinnte Menschen als das Übermaß von
+Verworfenheit betrachten, seine bisherige Mäßigung wieder gut zu machen
+und das Vertrauen des Königs wieder zu gewinnen. Ungefähr eine Woche vor
+dem zur Verhandlung des Prozesses anberaumten Tage erschien die
+öffentliche Ankündigung, daß er Papist geworden sei. Der König sprach
+mit Entzücken von diesem Siege der göttlichen Gnade. Die Höflinge und
+auswärtigen Gesandten bemühten sich nach Kräften ernsthaft zu bleiben,
+als der Renegat versicherte, daß er schon lange von der Unmöglichkeit
+überzeugt sei, außerhalb des Schooßes der römischen Kirche selig werden
+zu können, und daß sein Gewissen ihm keine Ruhe gelassen, bis er sich
+von dem Ketzerglauben losgesagt habe, in dem er erzogen worden. Die
+Neuigkeit verbreitete sich schnell. In allen Kaffeehäusern erzählte man
+sich, wie der Premierminister von England barfuß und mit einer Kerze in
+der Hand sich nach der königlichen Kapelle begeben und demüthig um
+Einlaß gebeten, wie die Stimme eines Priesters drinnen gefragt habe, wer
+da sei, wie Sunderland zur Antwort gegeben, ein armer Sünder, der lange
+fern von der wahren Kirche umherirre, flehe um Aufnahme und Absolution,
+wie hierauf die Thüren geöffnet worden seien und der Neubekehrte an den
+heiligen Mysterien habe Theil nehmen dürfen<a class = "tag" name =
+"tagVIII_117" id = "tagVIII_117" href = "#noteVIII_117">117</a>.</p>
+
+<p class = "footnote">
+<a name = "noteVIII_117" id = "noteVIII_117" href =
+"#tagVIII_117">117.</a>
+Barillon, 21. Juni (1. Juli) 1688; Adda, 29. Juni (9. Juli); Citters,
+26. Juni (6. Juli); Johnstone, 2. Juli 1688; <span class = "antiqua">The
+Converts, a poem</span>.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Prozeß der Bischöfe.</span>
+<a name = "secVIII_63" id = "secVIII_63">Dieser</a> schmachvolle Abfall
+konnte das Interesse nur erhöhen, mit dem die Nation dem Tage
+entgegensah, an
+<span class = "pagenum">VIII.73</span>
+<a name = "pageVIII_73" id = "pageVIII_73"> </a>
+welchem das Schicksal der sieben muthigen Bekenner der anglikanischen
+Kirche entschieden werden sollte. Eine willfährige Jury
+zusammenzubringen war jetzt das Hauptziel des Königs. Die Kronanwälte
+erhielten Befehl, die Gesinnung der Männer, welche in das Verzeichniß
+der Freisassen eingetragen waren, genau zu erforschen. Sir Samuel Astry,
+Sekretär der Krone, dem die Auswählung der Namen in solchen Fällen
+oblag, wurde in den Palast beschieden und hatte eine Unterredung mit
+Jakob, an welcher der Kanzler Theil nahm<a class = "tag" name =
+"tagVIII_118" id = "tagVIII_118" href = "#noteVIII_118">118</a>. Sir
+Samuel scheint sein Möglichstes gethan zu haben, denn es befanden sich,
+wie es hieß, unter den achtundvierzig Personen, die er auswählte,
+mehrere Diener des Königs und mehrere Katholiken<a class = "tag" name =
+"tagVIII_119" id = "tagVIII_119" href = "#noteVIII_119">119</a>. Da aber
+der Vertheidiger der Bischöfe das Recht hatte, zwölf davon zu streichen,
+so waren diese natürlich die gestrichenen. Die Kronanwälte strichen
+ebenfalls zwölf und die Liste reducirte sich dadurch auf vierundzwanzig.
+Die ersten zwölf, welche aufgerufen wurden, hatten dann den Ausspruch zu
+thun.</p>
+
+<p>Am neunundzwanzigsten Juni waren Westminsterhall, der alte und der
+neue Palasthof und alle benachbarten Straßen weithin mit einer dicht
+gedrängten Volksmasse angefüllt. Ein so zahlreiches Auditorium war nie
+zuvor und ist auch seitdem nie wieder im Gerichtssaale der Kings Bench
+versammelt gewesen. Man zählte fünfunddreißig weltliche Peers unter der
+Menge<a class = "tag" name = "tagVIII_120" id = "tagVIII_120" href =
+"#noteVIII_120">120</a>.</p>
+
+<p>Sämmtliche vier Richter des Gerichtshofes waren anwesend. Wright, der
+den Vorsitz führte, war einzig und allein wegen seiner gewissenlosen
+Servilität vielen tüchtigeren und gelehrteren Männern bei Besetzung
+seines hohen Postens vorgezogen worden. Allibone war Papist und
+verdankte seine Stellung der Dispensationsgewalt, deren Gesetzlichkeit
+eben in Frage stand. Holloway war seither ein willenloses Werkzeug der
+Regierung gewesen. Selbst Powell, der sich des Rufes strenger
+Rechtschaffenheit erfreute, hatte bei einigen Vorgängen eine Rolle
+gespielt, die sich nicht vertheidigen läßt. Er hatte in dem wichtigen
+Prozesse Sir Eduard Hales’, allerdings mit einigem Bedenken und nach
+einigem Zögern, mit der Mehrheit der Richter gestimmt und dadurch auf
+seinen Character einen Flecken geworfen, der aber durch sein
+ehrenwerthes Benehmen an diesem Tage völlig verwischt wurde.</p>
+
+<p>Die beiderseitigen Rechtsanwälte waren einander durchaus nicht
+ebenbürtig. Die Regierung hatte von ihren Kronjuristen so gehässige und
+entehrende Dienste verlangt, daß die ausgezeichnetsten Rechtsgelehrten
+und Advokaten der Torypartei nach einander ihre Mitwirkung verweigert
+hatten und ihrer Ämter entsetzt worden waren. Sir Thomas Powis, der
+Generalfiskal, war kaum ein Jurist dritten Ranges. Der
+Generalprokurator, Sir Wilhelm Williams, besaß zwar einen scharfen
+Verstand und einen unbeugsamen Muth, aber es fehlte ihm an der nöthigen
+Ruhe und Bedächtigkeit; er war streitsüchtig, konnte sein Temperament
+nicht beherrschen und wurde von allen politischen Parteien gehaßt und
+verachtet. Die hervorragendsten Beistände des Fiskals und des
+Prokurators waren Serjeant Trinder, ein Katholik, und Sir Bartholomäus
+Shower, Syndikus von London, der einige juristische Kenntnisse besaß,
+aber wegen seiner oft den
+<span class = "pagenum">VIII.74</span>
+<a name = "pageVIII_74" id = "pageVIII_74"> </a>
+Anstand verletzenden Vertheidigungen und seiner endlosen Wiederholungen
+das Gespött von ganz Westminsterhall war. Gern hätte die Regierung
+Maynard’s Dienste gewonnen; aber er hatte geradezu erklärt, daß er sich
+auf das, was man von ihm verlangte, mit gutem Gewissen nicht einlassen
+könne<a class = "tag" name = "tagVIII_121" id = "tagVIII_121" href =
+"#noteVIII_121">121</a>.</p>
+
+<p>Auf der andren Seite hingegen standen fast alle ausgezeichneten
+juristischen Talente der damaligen Zeit. Sawyer und Finch, welche beim
+Regierungsantritt Jakob’s Fiskal und Prokurator gewesen waren, und die
+während der Verfolgung der Whigs unter der vorigen Regierung der Krone
+mit nur zu großem Eifer und zu glücklichem Erfolge gedient hatten,
+befanden sich unter den Vertheidigern der Angeklagten. Ihnen zur Seite
+standen zwei Männer, welche, seit Maynard’s Thätigkeit durch sein
+vorgerücktes Alter vermindert worden war, für die beiden besten Juristen
+galten: Pemberton, der zur Zeit Karl’s&nbsp;II. Oberrichter der Kings
+Bench gewesen, wegen seiner Menschlichkeit und Mäßigung aber dieses
+hohen Postens entsetzt worden und deshalb wieder zur advokatorischen
+Praxis zurückgekehrt war, und Pollexfen, der lange die Assisen im Westen
+geleitet und von dem man, obgleich er sich bei den blutigen Assisen
+durch Annahme von Aufträgen für die Krone und besonders durch sein
+Auftreten gegen Alice Lisle sehr unpopulär gemacht hatte, dennoch wußte,
+daß er im Herzen ein Whig, wenn nicht gar ein Republikaner war. Ferner
+war dabei Sir Creswell Levinz, ein Mann von gründlichen Kenntnissen und
+reichen Erfahrungen, aber von auffallend ängstlichem Wesen. Er war
+einige Jahre vorher von der Richterbank entfernt worden, weil er sich
+nicht hatte entschließen können, den Zwecken der Regierung zu dienen.
+Jetzt scheute er sich wieder, als Vertheidiger der Bischöfe aufzutreten
+und hatte sich zuerst geweigert, ihnen seine Dienste zu widmen; aber die
+ganze Corporation der Gerichtsadvokaten, die ihn beschäftigten, hatten
+ihm erklärt, daß wenn er diesen Auftrag zurückwiese, er nie wieder einen
+erhalten sollte<a class = "tag" name = "tagVIII_122" id = "tagVIII_122"
+href = "#noteVIII_122">122</a>.</p>
+
+<p>Sir Georg Treby, ein reichbegabter und eifriger Whig, der unter der
+alten städtischen Verfassung Syndikus von London gewesen war, stand auf
+der nämlichen Seite. Sir Johann Holt, ein noch ausgezeichneterer
+whiggistischer Advokat, wurde wahrscheinlich deshalb, weil Sancroft
+gegen ihn eingenommen war, nicht mit zur Vertheidigung berufen, war aber
+vom Bischof von London privatim um Rath gefragt worden<a class = "tag"
+name = "tagVIII_123" id = "tagVIII_123" href = "#noteVIII_123">123</a>.
+Der jüngste Rechtsbeistand der Bischöfe war ein junger Advokat, Namens
+Johann Somers. Er war weder durch hohe Geburt noch durch Vermögen
+begünstigt und hatte auch noch keine Gelegenheit gehabt, sich öffentlich
+auszuzeichnen, aber sein Genie, sein Fleiß und sein vielseitiges großes
+Talent waren einem kleinen Kreise von Freunden wohl bekannt, und sein
+gründliches, klares System der Beweisführung, sowie sein jederzeit
+taktvolles Benehmen hatten ihm trotz seiner whiggistischen Ansichten die
+Aufmerksamkeit des Gerichtshofes der Kings Bench bereits gesichert.
+Johnstone hatte den Bischöfen eindringlich vorgestellt, wie wichtig es
+sei, seinen
+<span class = "pagenum">VIII.75</span>
+<a name = "pageVIII_75" id = "pageVIII_75"> </a>
+Beistand zu gewinnen, und Pollexfen sollte erklärt haben, daß Niemand in
+Westminsterhall zur Behandlung einer geschichtlichen und die Verfassung
+berührenden Frage so befähigt sei, als Somers.</p>
+
+<p>Die Jury wurde vereidigt; sie bestand aus Männern, welche sehr
+geachtete Stellungen in der Gesellschaft einnahmen. Der Vormann war Sir
+Roger Langley, ein Baronet von alter und angesehener Familie. Ihm zur
+Seite stand ein Ritter und zehn Esquires, von denen mehrere sehr
+vermögend waren. Es befanden sich einige Nonconformisten unter ihnen,
+denn die Bischöfe hatten wohlweislich beschlossen, kein Mißtrauen gegen
+die protestantischen Dissenters zu zeigen. Ein Name jedoch erregte große
+Besorgniß, der Name Michael Arnold’s. Er war Hofbrauer und man
+fürchtete, daß die Regierung auf seine Stimme rechnen könne. Es wird
+erzählt, daß er sich bitter über die Stellung beklagt habe, in die er
+versetzt war. „Was ich auch thun mag,“ soll er geäußert haben, „so habe
+ich die Gewißheit, halb ruinirt zu werden. Sage ich Nichtschuldig, so
+werde ich nicht mehr für den König brauen; sage ich Schuldig, so werde
+ich für niemand Andren mehr brauen“.<a class = "tag" name =
+"tagVIII_124" id = "tagVIII_124" href = "#noteVIII_124">124</a></p>
+
+<p>So begann denn die gerichtliche Verhandlung, die, selbst wenn man sie
+nach Verlauf von mehr als anderthalb Jahrhunderten mit kaltem Blute
+liest, das ganze Interesse eines Drama’s hat. Die Advokaten stritten auf
+beiden Seiten mit einer mehr als berufsmäßigen Schärfe und Heftigkeit,
+das anwesende Publikum hörte mit so gespannter Aufmerksamkeit zu, als
+hätte das Schicksal jedes Einzelnen von dem Ausspruche der Geschwornen
+abgehangen, und die Aussichten auf den Sieg wechselten so plötzlich und
+so ergreifend, daß die Menge zu wiederholten Malen in der nämlichen
+Minute von der größten Angst zur lebhaftesten Freude und umgekehrt von
+der lebhaftesten Freude zu noch größerer Angst übersprang.</p>
+
+<p>Die Anklage beschuldigte die Bischöfe, in der Grafschaft Middlesex
+ein falsches, böswilliges und aufrührerisches Libell geschrieben oder
+veröffentlicht zu haben. Der Generalfiskal und der Staatsprokurator
+versuchten zuvörderst den Beweis zu führen, daß die Angeklagten das
+Libell unterschrieben hatten. Zu dem Ende wurden mehrere Personen
+aufgefordert, die Handschriften der Bischöfe zu recognosciren. Aber die
+Zeugen thaten dies mit solcher Unlust, daß kaum einem von ihnen eine
+klare und deutliche Antwort zu entlocken war. Pemberton, Pollexfen und
+Levinz behaupteten, daß keine genügenden Beweise vorhanden seien, die
+der Jury vorgelegt werden könnten; zwei von den Richtern, Holloway und
+Powell, traten dieser Ansicht bei, und die Hoffnung der Zuschauer stieg
+bedeutend. Da erklärten plötzlich die Kronanwälte, daß sie einen andren
+Weg einzuschlagen gedächten. Powis führte mit unverkennbarer Beschämung
+und Widerstreben einen Sekretär des Geheimen Raths, Namens Blathwayt,
+der zugegen gewesen war, als der König die Bischöfe verhörte, in die
+Zeugenloge ein. Blathwayt versicherte eidlich, daß er gehört habe, wie
+sie ihre Unterschriften selbst anerkannt hätten. Dieses Zeugniß war
+entscheidend. „Warum haben Sie,“ sagte der Richter Holloway zu dem
+Fiskal, „da Sie einen solchen Zeugen hatten, ihn nicht sogleich
+vorgeführt? es wäre dadurch viel unnöthiger Zeitverlust erspart worden.“
+Es ergab sich bald, warum der Kronanwalt sich nur höchst ungern durch
+die dringendste
+<span class = "pagenum">VIII.76</span>
+<a name = "pageVIII_76" id = "pageVIII_76"> </a>
+Nothwendigkeit hatte bestimmen lassen, zu diesem Beweismittel zu
+greifen. Pemberton hielt Blathwayt zurück, unterwarf ihn einem
+umständlichen Verhör und verlangte eine genaue Erzählung alles dessen,
+was zwischen dem Könige und den Angeklagten vorgegangen sei. „Das wäre
+etwas ganz Neues!“ rief Williams. „Glauben Sie,“ sagte Powis, „daß Sie
+ein Recht dazu haben, an unsere Zeugen jede impertinente Frage zu
+richten, die Ihnen in den Sinn kommt?“ Die Advokaten der Bischöfe waren
+jedoch nicht die Männer, die sich so leicht werfen ließen. „Er ist
+darauf vereidigt,“ sagte Pollexfen, „die Wahrheit, die ganze Wahrheit zu
+sagen; wir wollen und müssen eine Antwort haben.“ Der Zeuge wurde
+verlegen, gab ausweichende Antworten, wollte die Fragen nicht richtig
+verstanden haben und bat um den Schutz des Gerichtshofes; aber er war in
+Händen, aus denen nicht leicht wieder loszukommen war. Endlich schlug
+der Generalfiskal sich wieder ins Mittel. „Wenn Sie durchaus auf Ihrer
+Forderung bestehen,“ hob er an, „so sagen Sie uns wenigstens, welchen
+Gebrauch Sie von der Antwort zu machen gedenken.“ Pemberton, der während
+der ganzen Verhandlung seine Pflicht muthig und geschickt erfüllte,
+erwiederte ohne Besinnen: „Mylords, ich will dem Herrn Generalfiskal
+antworten, ich will offen mit dem Gerichtshofe reden. Wenn die Bischöfe
+sich unter dem Versprechen von Seiten Seiner Majestät, daß ihr
+Geständniß nicht gegen sie angewendet werden solle, zu dieser Schrift
+bekannten, so wird man sich hoffentlich nicht eines unredlichen
+Vortheils gegen sie bedienen.“ &mdash; „Sie erheben eine Beschuldigung
+gegen Seine Majestät, die ich kaum auszusprechen wage,“ sagte Williams;
+„da Sie es so genau nehmen, dann verlange ich auch für den König, daß
+die Frage zu Protokoll genommen wird.“ &mdash; „Was meinen Sie damit?“
+fragte jetzt Sawyer. „Ich weiß, was ich meine,“ antwortete der Apostat,
+„ich verlange, daß die Frage vor Gericht zu Protokoll genommen wird.“
+&mdash; „Nehmen Sie zu Protokoll, was Sie wollen, Herr Prokurator, ich
+fürchte Sie nicht,“ sagte Pemberton. Es folgte nun ein lauter und
+heftiger Wortwechsel, den der Oberrichter nur mit Mühe beschwichtigen
+konnte. In jedem andren Falle hätte er die Frage ohne Zweifel zu
+Protokoll nehmen und Pemberton verhaften lassen. Aber an diesem
+wichtigen Tage wagte er dies nicht. Er warf oft einen Seitenblick auf
+die dichten Reihen der Earls und Barone, die ihn scharf beobachteten und
+die ihn beim nächsten Parlamente zur Rechenschaft ziehen konnten. Ein
+Anwesender meinte nachher, es habe ausgesehen, als ob alle zuhörenden
+Peers Stricke in der Tasche gehabt hätten.<a class = "tag" name =
+"tagVIII_125" id = "tagVIII_125" href = "#noteVIII_125">125</a>
+Blathwayt wurde endlich gezwungen, über den ganzen Vorgang einen
+ausführlichen Bericht zu erstatten. Es stellte sich heraus, daß der
+König den Bischöfen gegenüber keine ausdrückliche Verpflichtung
+eingegangen war; ebenso aber ergab es sich auch, daß die Bischöfe wohl
+Grund hatten, eine stillschweigende Zusage anzunehmen. Aus dem
+Widerstreben, mit dem die Kronanwälte den Sekretär des Geheimraths in
+die Zeugenloge einführten und aus der Heftigkeit, mit der sie sich
+Pemberton’s Kreuzfragen widersetzten, geht klar hervor, daß sie der
+nämlichen Ansicht waren.</p>
+
+<p>Die Handschrift war jedoch bewiesen. Aber jetzt wurde ein neuer und
+ernster Einwand erhoben. Der Beweis, daß die Bischöfe das gesetzwidrige
+<span class = "pagenum">VIII.77</span>
+<a name = "pageVIII_77" id = "pageVIII_77"> </a>
+Libell geschrieben hatten, war nicht genügend; es mußte auch bewiesen
+werden, daß sie es in der Grafschaft Middlesex geschrieben hatten.
+Allein dies konnten der Fiskal und der Prokurator nicht nur nicht
+beweisen, sondern die Angeklagten waren sogar im Stande, das Gegentheil
+zu beweisen, denn Sancroft hatte von dem Augenblicke an, wo der
+Geheimrathsbefehl erschien, bis zu dem Augenblicke, wo die Petition dem
+Könige überreicht wurde, seinen Palast in Lambeth nicht verlassen. Die
+ganze Anklage fiel daher in sich selbst zusammen und das Publikum
+erwartete mit großer Freude eine vollständige Freisprechung.</p>
+
+<p>Die Kronjuristen änderten nun abermals ihre Taktik, ließen die
+Anklage auf Abfassung eines Libells ganz fallen und unternahmen es, zu
+beweisen, daß die Bischöfe in Middlesex ein Libell
+<em>veröffentlicht</em> hätten. Das war nicht leicht. Die Überreichung
+der Petition an den König war in den Augen des Gesetzes unzweifelhaft
+eine Veröffentlichung. Aber wie war diese Überreichung zu beweisen? Es
+war bei der Audienz im königlichen Kabinet außer dem Könige und den
+Angeklagten Niemand zugegen gewesen. Den König konnte man nicht wohl als
+Zeugen vereidigen. Das Factum der Veröffentlichung konnte also nur durch
+das Eingeständniß der Angeklagten constatirt werden. Blathwayt wurde
+noch einmal vernommen, aber vergebens. Er sagte, er erinnere sich wohl,
+daß die Bischöfe ihre Unterschriften anerkannt, nicht aber, daß sie das
+auf dem Tische des Geheimen Raths liegende Papier als das nämliche
+anerkannt hätten, welches sie dem Könige überreichten, noch daß sie
+überhaupt über diesen Punkt befragt worden waren. Mehrere andere Beamte,
+die im Geheimrathszimmer zugegen gewesen waren, wurden aufgerufen, unter
+ihnen Samuel Pepys, Sekretär der Admiralität; aber keinem von ihnen war
+es erinnerlich, daß von der Überreichung irgend die Rede gewesen sei.
+Williams bemühte sich vergebens, sie durch verfängliche Fragen zu dem
+gewünschten Zeugnisse zu verleiten, bis endlich die Rechtsanwälte der
+Gegenpartei erklärten, daß ein solches Drehen und Wenden noch an keinem
+Gerichtshofe vorgekommen sei, und Wright selbst zugestehen mußte, daß
+die Vernehmungsweise des Generalprokurators allen Regeln zuwider sei. Da
+ein Zeuge nach dem andren verneinend antwortete, wiederhallte der ganze
+Saal von lautem Gelächter und triumphirendem Jubel, welche zum Schweigen
+zu bringen die Richter gar nicht versuchten.</p>
+
+<p>Der harte Kampf schien endlich gewonnen zu sein; für die Krone war
+nichts mehr vorzubringen. Hätten die Anwälte der Bischöfe nun
+geschwiegen, so war die Freisprechung gewiß, denn es war nichts
+ausgesagt worden, was auch der parteiischeste und gewissenloseste
+Richter einen rechtskräftigen Beweis für die Veröffentlichung hätte
+nennen kennen. Der Oberrichter schickte sich bereits an, den Geschwornen
+das Resumé vorzulegen und er würde sie ohne Zweifel angewiesen haben,
+die Angeklagten freizusprechen, als Finch, der zu aufgeregt war, um mit
+gehöriger Besonnenheit handeln zu können, noch auftrat und gehört zu
+werden verlangte. „Wenn Sie gehört sein wollen,“ sagte Wright, „so
+können wir Sie nicht hindern zu sprechen; aber ich muß Ihnen bemerken,
+daß Sie Ihren eigenen Vortheil nicht erkennen.“ Die anderen Vertheidiger
+bewogen Finch, sich wieder niederzusetzen und baten den Oberrichter
+fortzufahren. Eben wollte er dies auch thun, da kam ein Bote an den
+Generalprokurator mit der Nachricht, daß Lord Sunderland die
+Veröffentlichung beweisen könne und sogleich im Gerichtssaal erscheinen
+werde.
+<span class = "pagenum">VIII.78</span>
+<a name = "pageVIII_78" id = "pageVIII_78"> </a>
+Wright bemerkte den Vertheidigern in ziemlich spitzigem Tone, daß sie
+sich diese neue Wendung der Dinge lediglich selbst zuzuschreiben hätten.
+Die Gesichtszüge der versammelten Zuschauer verfinsterten sich; Finch
+war einige Stunden lang der unpopulärste Mann im ganzen Lande. Warum
+konnte er nicht ruhig sitzen bleiben wie seine verständigeren Collegen
+Sawyer, Pemberton und Pollexfen? Seine Sucht, auch etwas zu sagen, der
+Wunsch eine schöne Rede zu halten, hatte Alles verdorben.</p>
+
+<p>Inzwischen wurde der Lordpräsident in einer Sänfte durch die Halle
+getragen. Nicht ein einziger Hut wurde gelüftet und viele Stimmen
+riefen: „Papistischer Hund!“ Bleich und zitternd, mit zu Boden gesenktem
+Blicke trat er vor die Schranken und gab mit unsicherer Stimme seine
+Zeugenaussage ab. Er versicherte eidlich, daß ihm die Bischöfe ihre
+Absicht, dem Könige eine Petition zu überreichen, mitgetheilt hätten und
+daß sie zu dem Ende in das königliche Kabinet eingelassen worden seien.
+Dieser Umstand in Verbindung mit dem, daß sich, nachdem sie das Kabinet
+verlassen, eine von ihnen unterzeichnete Petition in den Händen des
+Königs befand, war für das Factum der Veröffentlichung ein Beweis, der
+einer Jury wohl genügen konnte.</p>
+
+<p>Die Veröffentlichung in Middlesex war also ebenfalls bewiesen. Aber
+war das veröffentlichte Schriftstück ein falsches, böswilliges und
+aufrührerisches Libell? Bis jetzt hatte es sich nur darum gehandelt, ob
+eine Thatsache, die Jedermann als wirklich geschehen kannte, nach den
+technischen Regeln des Beweises constatirt werden konnte; jetzt aber
+erhielt der Streit ein höheres Interesse. Man mußte die Grenzen der
+königlichen Hoheitsrechte und der bürgerlichen Freiheit, das Recht des
+Königs, von Gesetzen zu dispensiren, und das Recht der Unterthanen um
+Abstellung von Mißständen zu petitioniren, untersuchen. Drei Stunden
+lang vertheidigten die Anwälte der Petenten mit energischem Nachdrucke
+die Grundprinzipien der Verfassung und bewiesen aus den Protokollen des
+Hauses der Gemeinen, daß die Bischöfe nur etwas Wahres behauptet hätten,
+indem sie dem Könige vorstellten, daß die von ihm beanspruchte
+Dispensationsgewalt mehr als einmal vom Parlament für ungesetzlich
+erklärt worden sei. Somers erhob sich zuletzt. Er sprach wenig über fünf
+Minuten lang, aber jedes seiner Worte war gewichtigen Inhalts, und als
+er seinen Platz wieder einnahm, war sein Ruf als Redner und als
+constitutioneller Jurist fest begründet. Er untersuchte die Ausdrücke
+der Anklage, in welcher das den Bischöfen zur Last gelegte Vergehen
+dargestellt war, und bewies, daß jedes Wort, Adjectiv oder Substantiv,
+durchaus unangemessen sei. Die Anklage laute auf ein falsches,
+böswilliges und aufrührerisches Libell. Falsch sei das Schriftstück
+nicht, denn jede darin behauptete Thatsache sei durch die
+Parlamentsprotokolle als wahr bewiesen. Auch böswillig sei das
+Schriftstück nicht, denn die Angeklagten hätten nicht Streit gesucht,
+sondern die Regierung habe sie in eine Lage versetzt, in der sie sich
+entweder dem königlichen Willen widersetzen oder die heiligsten
+Pflichten des Gewissens und der Ehre verletzen mußten. Aufrührerisch sei
+das Schriftstück eben so wenig, denn die Verfasser hätten es nicht unter
+dem Volke vertheilt, sondern es privatim den Händen des Königs allein
+übergeben; auch sei es kein Libell, sondern eine anständige Petition,
+wie sie nach den Gesetzen Englands, ja nach den Gesetzen des römischen
+Kaiserreichs und nach den Gesetzen aller civilisirten Staaten
+<span class = "pagenum">VIII.79</span>
+<a name = "pageVIII_79" id = "pageVIII_79"> </a>
+jeder Unterthan, welcher glaubt, daß ihm Unrecht geschehen, mit Fug und
+Recht dem Souverain überreichen dürfe.</p>
+
+<p>Der Fiskal replicirte kurz und schwach. Der Prokurator sprach sehr
+ausführlich und mit großer Bitterkeit, so daß er oft durch Zurufe und
+Zischen des Publikums unterbrochen wurde. Er ging so weit zu behaupten,
+daß kein einzelner Unterthan und keine Gemeinschaft von Unterthanen,
+außer die Parlamentshäuser, berechtigt sei, eine Petition an den König
+zu richten. Die Zuschauer waren wüthend und selbst der Oberrichter war
+ganz betroffen über die Frechheit dieses feilen Achselträgers.</p>
+
+<p>Wright schritt endlich zum Resumé. Seine Rede bewies, daß seine
+Furcht vor der Regierung durch die Furcht vor dieser zahlreichen,
+glänzenden und heftig aufgeregten Versammlung gemäßigt wurde. Er sagte,
+er wolle nicht seine Ansicht über die Dispensationsfrage abgeben, er
+habe dies nicht nöthig, er könne dem Staatsprokurator in vielen Punkten
+seiner Rede nicht beistimmen, ein Unterthan habe allerdings das Recht,
+zu petitioniren, aber die dem Gerichtshofe vorliegende specielle
+Petition, sei ungebührlich abgefaßt und daher in den Augen des Gesetzes
+ein Libell. Allibone sprach die nämliche Ansicht aus, bewies aber in
+seinem Vortrag eine so gänzliche Unkenntniß des Rechts und der
+Geschichte, daß er sich die Verachtung Aller zuzog, die ihn anhörten.
+Holloway umging die Dispensationsfrage, sagte aber, ihm scheine die
+Petition so gefaßt, wie sie Unterthanen, die sich in ihrem Rechte
+gekränkt glaubten, wohl zu überreichen befugt seien, und sie sei daher
+kein Libell. Powell trat noch kühner auf. Er erklärte geradezu, daß
+seiner Ansicht nach die Indulgenzerklärung null und nichtig und die
+Dispensationsgewalt, wie sie neuerdings ausgeübt worden, mit allen
+Gesetzen durchaus unvereinbar sei. Wenn man solche Übergriffe der
+Prärogative dulden wolle, so seien die Parlamente ganz überflüssig, die
+ganze gesetzgebende Gewalt liege dann in den Händen des Königs. „Diese
+Entscheidung, meine Herren,“ sagte er, „stelle ich Gott und Ihrem
+Gewissen anheim“.<a class = "tag" name = "tagVIII_126" id =
+"tagVIII_126" href = "#noteVIII_126">126</a></p>
+
+<p>Es war dunkel geworden, als die Jury sich zurückzog, um über ihren
+Schiedsspruch zu berathen. Diese Nacht war eine Nacht voll ängstlicher
+Spannung. Es existiren noch einige Briefe, welche während jener Stunden
+der Ungewißheit abgesendet wurden und die daher ein ganz besonderes
+Interesse haben. „Es ist sehr spät,“ schrieb der päpstliche Nuntius,
+„und noch ist die Entscheidung nicht bekannt. Die Richter und die
+Angeklagten haben sich nach Hause begeben, die Geschwornen aber bleiben
+beisammen. Morgen werden wir den Ausgang dieses wichtigen Kampfes
+erfahren.“</p>
+
+<p>Der Prokurator der Bischöfe brachte mit einer Anzahl Bedienten die
+ganze Nacht auf der Treppe zu, welche nach dem Berathungszimmer der
+Geschwornen führte. Es war durchaus nothwendig, die an den Thüren Wache
+haltenden Beamten scharf zu beobachten, denn man vermuthete, daß sie von
+der Regierung gewonnen waren, und sie konnten daher, wenn sie nicht
+sorgfältig bewacht wurden, einen höfisch gesinnten Geschwornen mit
+Speise und Trank versehen, so daß er dann im Stande war, seine elf
+Collegen auszuhungern. Es wurde daher strenge Wache gehalten und nicht
+einmal ein Licht, um eine Pfeife anzuzünden, eingelassen. Gegen
+<span class = "pagenum">VIII.80</span>
+<a name = "pageVIII_80" id = "pageVIII_80"> </a>
+vier Uhr Morgens ließ man einige Becken mit Wasser zum Waschen passiren.
+Die vor Durst verschmachtenden Geschwornen tranken gierig die Gefäße
+aus. Die umliegenden Straßen waren bis zum Morgen von einer großen
+Volksmenge angefüllt. Von Stunde zu Stunde kam ein Bote von Whitehall um
+sich nach dem Stande der Sache zu erkundigen. Verschiedene Male hörte
+man drinnen im Zimmer einen heftigen Wortstreit; aber etwas Gewisses
+erfuhr man nicht.<a class = "tag" name = "tagVIII_127" id =
+"tagVIII_127" href = "#noteVIII_127">127</a></p>
+
+<p>Zuerst waren neun für die Freisprechung und drei für die
+Verurtheilung. Zwei von der Minorität gaben bald nach; Arnold aber
+beharrte auf seinem Ausspruche. Thomas Austin, ein reichbegüterter
+Landgentleman, der die Zeugenaussagen und Reden aufmerksam verfolgt und
+sich ausführliche Notizen gemacht hatte, wollte die Sache mit ihm
+speciell erörtern. Arnold aber lehnte dies ab, indem er ärgerlich sagte,
+er sei nicht gewöhnt zu raisonniren und zu debattiren, sein Gewissen
+gestatte ihm nicht, die Bischöfe freizusprechen. „Wenn Sie dabei
+beharren,“ sagte Austin, „so sehen Sie mich an. Ich bin der Größte und
+Stärkste von uns Zwölfen; ehe ich aber eine Petition wie diese als ein
+Libell anerkenne, bleibe ich hier, bis ich nicht mehr dicker bin als ein
+Pfeifenrohr.“ Es war sechs Uhr Morgens, als Arnold endlich nachgab. Es
+wurde bald bekannt, daß die Geschwornen einig waren; wie aber ihr
+Ausspruch lautete, war noch ein Geheimniß.<a class = "tag" name =
+"tagVIII_128" id = "tagVIII_128" href = "#noteVIII_128">128</a></p>
+
+<p>Um zehn Uhr versammelte sich der Gerichtshof wieder. Das Gedränge war
+noch ärger als am vorigen Tage. Die Geschwornen erschienen in ihrer Loge
+und es trat eine lautlose Stille ein.</p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVIII_118" id = "noteVIII_118" href =
+"#tagVIII_118">118.</a>
+<span class = "antiqua">Clarendon’s Diary, June</span> 21. 1688.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_119" id = "noteVIII_119" href =
+"#tagVIII_119">119.</a>
+Gitters, 26. Juni (6. Juli) 1688.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_120" id = "noteVIII_120" href =
+"#tagVIII_120">120.</a>
+Johnstone, 2. Juli 1688.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_121" id = "noteVIII_121" href =
+"#tagVIII_121">121.</a>
+Johnstone, 2. Juli 1688.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_122" id = "noteVIII_122" href =
+"#tagVIII_122">122.</a>
+Johnstone, 2. Juli 1688. Der Herausgeber von <span class =
+"antiqua">Levinz’s Reports</span> drückt seine große Verwunderung
+darüber aus, daß Levinz nach der Revolution nicht wieder in sein
+Richteramt eingesetzt wurde. Die von Johnstone erzählten Thatsachen
+können dies anscheinende Ungerechtigkeit vielleicht erklären.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_123" id = "noteVIII_123" href =
+"#tagVIII_123">123.</a>
+Ich schließe dies aus einem Briefe von Compton an Sancroft vom 12.
+Juni.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_124" id = "noteVIII_124" href =
+"#tagVIII_124">124.</a>
+<span class = "antiqua">Revolution Politics.</span></p>
+
+<p><a name = "noteVIII_125" id = "noteVIII_125" href =
+"#tagVIII_125">125.</a>
+Der Ausdruck eines Augenzeugen. Er findet sich in einem Neuigkeitsbriefe
+in der Mackintosh-Sammlung.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_126" id = "noteVIII_126" href =
+"#tagVIII_126">126.</a>
+Siehe den Prozeß in der <span class = "antiqua">Collection of State
+Trials</span>. Einiges habe ich auch von Johnstone und Citters
+entlehnt.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_127" id = "noteVIII_127" href =
+"#tagVIII_127">127.</a>
+Johnstone, 2. Juli 1688; Brief von Mr. Ince an den Erzbischof, datirt
+von sechs Uhr Morgens; <span class = "antiqua">Tanner <ins class =
+"correction" title = "Original hat »Ms.«">MS.</ins></span>; <span class
+= "antiqua">Revolution Politics</span>.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_128" id = "noteVIII_128" href =
+"#tagVIII_128">128.</a>
+Johnstone, 2. Juli 1688.</p>
+</div>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Das Verdict der Geschwornen; Freude des Volks.</span>
+<a name = "secVIII_64" id = "secVIII_64">Sir</a> Samuel Astry sprach:
+„Finden Sie die Angeklagten oder einen von ihnen des Vergehens, dessen
+sie angeklagt sind, schuldig oder nicht schuldig?“ Sir Roger Langley
+antwortete: „Nicht schuldig.“ Sobald diese Worte über seine Lippen
+waren, sprang Halifax auf und schwenkte seinen Hut. Auf dieses Zeichen
+brachen alle Bänke und Gallerien in donnernden Beifallsjubel aus. Im
+nächsten Augenblick stimmten die zehntausend Menschen, welche die große
+Halle füllten, mit noch lauterem Jubel ein, von dem die alte eichene
+Decke erdröhnte, und noch einen Augenblick, so ließ die draußen
+versammelte Menge ein drittes Hurrah erschallen, das man in Templebar
+hören konnte. Die Böte, welche den Fluß bedeckten, antworteten mit
+gleicher Begeisterung, ein Kanonenschlag knallte auf dem Wasser, dann
+wieder einer und wieder einer, und so flog die frohe Nachricht binnen
+wenigen Augenblicken über den Savoy und über die Friars hinaus bis zur
+Londonbrücke und zu dem Mastenwalde der jenseit derselben liegenden
+Schiffe. Wohin die Botschaft kam, brachen Straßen und Squares,
+Marktplätze und Kaffeehäuser in Freudenjubel aus. Der Jubel aber war
+minder auffallend, als die Thränen. Denn die Gefühle der Leute waren so
+angespannt worden, daß selbst die kalte, an Äußerungen von
+Gemüthsbewegung wenig gewöhnte englische Natur überwältigt wurde und
+Tausende vor lauter Freude schluchzten. Inzwischen sprengten von den
+Endpunkten der Menge Reiter fort, um die Kunde von dem Siege
+<span class = "pagenum">VIII.81</span>
+<a name = "pageVIII_81" id = "pageVIII_81"> </a>
+der Kirche und der Nation durch alle Hauptstraßen zu verbreiten. Aber
+selbst dieser gewaltige Ausbruch der Freude vermochte den hämischen und
+furchtlosen Sinn des Staatsprokurators nicht zu erschüttern. Er
+versuchte es, sich in dem betäubenden Lärme Gehör zu verschaffen und
+forderte die Richter auf, Diejenigen, welche durch ihr Geschrei die
+Würde des Gerichtshofes verletzt hatten, verhaften zu lassen. Einer aus
+der jubelnden Menge wurde wirklich festgenommen. Indessen sah das
+Tribunal doch ein, daß es geradezu lächerlich gewesen wäre einen
+Einzelnen für eine Übertretung zu bestrafen, welche Hunderttausende
+begangen hatten, und entließ ihn daher wieder mit einem leichten
+Verweis.<a class = "tag" name = "tagVIII_129" id = "tagVIII_129" href =
+"#noteVIII_129">129</a></p>
+
+<p>Es war jetzt nicht daran zu denken, etwas Andres vorzunehmen, denn
+das Getöse der Menge war so arg, daß man eine halbe Stunde lang im
+Gerichtssaale kein Wort verstehen konnte. Williams stieg unter einem
+Sturme von Zischen und Verwünschungen in seinen Wagen. Cartwright, der
+eine unbezähmbare Neugierde besaß, hatte die Thorheit und
+Unschicklichkeit begangen, nach Westminster zu kommen, um zu hören, wie
+das Urtel ausfallen würde. Man erkannte ihn an seiner Priestertracht und
+seiner Korpulenz und verfolgte ihn durch die ganze Halle mit Geschrei.
+„Nehmt Euch vor dem Wolfe in Schafskleidern in Acht,“ sagte Einer.
+„Platz für den Mann mit dem Papst im Bauche!“ rief ein Andrer.<a class =
+"tag" name = "tagVIII_130" id = "tagVIII_130" href =
+"#noteVIII_130">130</a></p>
+
+<p>Die freigesprochenen Prälaten flüchteten sich vor der Menge, die sie
+um ihren Segen bat, in die nächste Kapelle, wo eben Gottesdienst
+gehalten wurde. Viele Kirchen der Hauptstadt waren an diesem Morgen
+geöffnet und wurden von vielen Andächtigen besucht. In allen
+Kirchspielen der City und der Vorstädte gingen die Glocken. Unterdessen
+konnten sich die Geschwornen kaum einen Weg aus der Halle bahnen. Von
+Hunderten mußten sie sich die Hand drücken lassen. „Gott segne Euch,“
+rief das Volk; „Gott segne Eure Familien! Ihr habt wie brave Gentlemen
+gehandelt und uns Alle heute gerettet.“ Während die Peers, welche zur
+Unterstützung der guten Sache herbeigekommen waren, fortfuhren, warfen
+sie Hände voll Geld unter die Menge und hießen sie auf das Wohl des
+Königs, der Bischöfe und der Geschwornen trinken.<a class = "tag" name =
+"tagVIII_131" id = "tagVIII_131" href = "#noteVIII_131">131</a>
+<span class = "pagenum">VIII.82</span>
+<a name = "pageVIII_82" id = "pageVIII_82"> </a></p>
+
+<p>Der Generalfiskal überbrachte die Nachricht Sunderland, der sich
+gerade mit dem Nuntius unterhielt. „Seit Menschengedenken,“ sagte Powis,
+„hat man nicht einen solchen Jubel und so viel Freudenthränen gesehen
+wie heute“.<a class = "tag" name = "tagVIII_132" id = "tagVIII_132" href
+= "#noteVIII_132">132</a> Der König hatte am Morgen das Lager auf der
+Hounslowhaide besucht. Sunderland schickte sofort einen Courier mit der
+Botschaft an ihn ab. Jakob befand sich in Feversham’s Zelte, als der
+Expresse ankam. Er war sehr ärgerlich über die Nachricht und rief auf
+Französisch aus: „Sie sollen es bereuen!“ Er brach sogleich nach London
+auf. So lange er anwesend war, hielt der Respekt die Soldaten ab, ihren
+Gefühlen freien Lauf zu lassen; kaum aber hatte er das Lager verlassen,
+so hörte er hinter sich ein lautes Jubelgeschrei. Er wunderte sich
+darüber und fragte, was das bedeute. „Es ist nichts,“ erhielt er zur
+Antwort, „die Soldaten freuen sich nur über die Freisprechung der
+Bischöfe.“ &mdash; „Das nennen Sie nichts?“ sagte der König und
+wiederholte dann noch einmal: „Sie sollen es bereuen!“<a class = "tag"
+name = "tagVIII_133" id = "tagVIII_133" href =
+"#noteVIII_133">133</a></p>
+
+<p>Er hatte in der That Ursache, verstimmt zu sein, denn seine
+Niederlage war vollständig und im höchsten Grade demüthigend. Wären die
+Prälaten auf Grund mangelhaften Beweises freigesprochen worden, etwa
+weil sie die Petition nicht in Middlesex geschrieben hatten, oder weil
+es ihnen streng nach den Regeln des Gesetzes nicht bewiesen werden
+konnte, daß sie dem Könige die Petition, um dessentwillen sie in
+Untersuchung waren, überreicht hatten, so würde die Prärogative keinen
+Stoß erhalten haben. Zum Glück für das Land aber war die Thatsache der
+Veröffentlichung vollkommen festgestellt worden und die Vertheidiger der
+Angeklagten hatten daher das Dispensationsrecht angreifen müssen. Dies
+hatten sie mit großer Gelehrsamkeit, Beredtsamkeit und Kühnheit gethan.
+Die Anwälte der Krone waren, wie allgemein anerkannt wurde, in dem
+Kampfe unterlegen. Nicht ein einziger Richter hatte die
+Indulgenzerklärung für gesetzlich zu erklären gewagt, einer hatte sie
+sogar in den stärksten Ausdrücken als ungesetzlich bezeichnet. Die ganze
+Stadt sprach davon, daß die Dispensationsgewalt den Todesstoß bekommen
+habe. Finch, der den Tag vorher allgemein geschmäht worden war, wurde
+jetzt allgemein gepriesen. Man sagte, er habe die Sache nicht in einer
+Weise entschieden sehen wollen, wobei die große Verfassungsfrage auf
+immer zweifelhaft geblieben wäre. Er habe eingesehen, daß die
+Freisprechung seiner Klienten ohne Verdammung der Indulgenzerklärung nur
+ein halber Sieg gewesen sein würde. Es ist gewiß, daß Finch weder die
+Vorwürfe verdiente, mit denen er überhäuft wurde, so lange der Ausgang
+noch zweifelhaft war, noch die Lobpreisungen, die ihm gespendet wurden,
+nachdem derselbe so günstig ausgefallen. Es war thöricht, ihn zu tadeln,
+weil die Kronanwälte während des von ihm veranlaßten kurzen Verzugs
+unerwartet einen neuen Zeugen fanden. Eben so thöricht war die Annahme,
+daß er seine Klienten absichtlich einer Gefahr ausgesetzt habe, um ein
+allgemeines Prinzip festzustellen, und noch thörichter war es, ihn wegen
+etwas zu loben, was eine grobe Verletzung seiner Berufspflichten gewesen
+sein würde.
+<span class = "pagenum">VIII.83</span>
+<a name = "pageVIII_83" id = "pageVIII_83"> </a></p>
+
+<p>Dem freudigen Tage folgte eine nicht minder freudige Nacht. Die
+Bischöfe und einige ihrer achtungswerthen Freunde bemühten sich
+vergebens, tumultuarische Freudenbezeigungen zu verhindern. Die ältesten
+Leute erinnerten sich nicht, jemals, selbst nicht an dem Abende, als es
+in London bekannt wurde, daß die schottische Armee sich für ein freies
+Parlament erklärt hatte, die Straßen von so zahlreichen Freudenfeuern
+erhellt gesehen zu haben. Um jedes Feuer hatte sich ein Haufe gelagert,
+der auf das Wohl der Bischöfe und auf den Untergang der Papisten trank.
+Die Fenster waren ebenfalls glänzend erleuchtet, jedes gewöhnlich durch
+sieben Lichter, von denen das mittelste und längste den Primas
+vorstellte. Dazu hörte man fortwährend das Knallen von Schwärmern,
+Raketen und Gewehrschüssen. Ein ungeheurer Holzstoß brannte gerade dem
+Haupteingange von Whitehall gegenüber; andere wurden vor den Thüren
+katholischer Peers angezündet. Lord Arundell von Wardour beschwichtigte
+wohlweislich den Pöbel mit ein wenig Geld; im Palast Salisbury am Strand
+aber wurde ein Widerstandsversuch gemacht. Die Dienerschaft Lord
+Salisbury’s machte einen Ausfall und feuerte; aber nur der unglückliche
+Büttel des Bezirks fiel, der gerade gekommen war, um das Feuer
+auszulöschen, und die Schaar wurde bald in den Palast zurückgetrieben.
+Kein Schauspiel jener Nacht amüsirte das gemeine Volk so sehr, als
+eines, das ihnen vor mehreren Jahren wohl bekannt gewesen war, und das
+ihnen jetzt nach einer langen Pause wieder gegeben wurde: die
+Verbrennung des Papstes. Dieses vor Zeiten sehr beliebte Schauspiel
+kennt unsere Generation nur aus Beschreibungen und Abbildungen. Eine
+Figur, die aber keineswegs jenen plumpen Conterfeyen von Guy Fawx glich,
+welche noch jetzt am 5. November zur Schau umhergetragen werden, sondern
+die mit einiger Geschicklichkeit von Wachs verfertigt und mit nicht
+geringen Kosten mit Gewändern und einer Tiara geschmückt war, wurde auf
+einen Stuhl gesetzt, ähnlich dem, auf welchem noch heute an einigen
+hohen Festtagen die römischen Bischöfe durch die Peterskirche zum
+Hochaltare getragen werden. Seine Heiligkeit war gewöhnlich umgeben von
+einem Gefolge von Cardinälen und Jesuiten, und ihm zur Seite stand ein
+als Teufel mit Schweif und Hörnern verkleideter Hanswurst. Kein reicher
+und eifriger Protestant sah bei dieser Gelegenheit eine Guinee an, und
+wenn man der Sage glauben darf, betrugen die Kosten einer solchen
+Prozession zuweilen nicht weniger als tausend Pfund. Nachdem der Papst
+eine Zeit lang über den Köpfen der Menge zur Schau umhergetragen worden
+war, wurde er unter lautem Jubel den Flammen überliefert. Zur Zeit der
+Popularität Oates’ und Shaftesbury’s wurde das Schauspiel alljährlich am
+Geburtstage der Königin Elisabeth in Fleet Street unter den Fenstern des
+Whig-Clubs aufgeführt. Der groteske Gebrauch war so berühmt, daß
+Barillon sich einmal in Lebensgefahr begab, um aus einem Versteck
+zuzusehen.<a class = "tag" name = "tagVIII_134" id = "tagVIII_134" href
+= "#noteVIII_134">134</a> Seit der Entdeckung des Ryehousecomplots war
+die Ceremonie bis zu dem Tage der Freisprechung der Bischöfe
+unterblieben. An diesem Abende aber tauchten in verschiedenen
+<span class = "pagenum">VIII.84</span>
+<a name = "pageVIII_84" id = "pageVIII_84"> </a>
+Stadttheilen Londons mehrere Päpste auf. Der Nuntius war höchlich
+entrüstet und der König fühlte sich durch diese Verhöhnung seiner Kirche
+schwerer gekränkt als durch irgend eine andre ihm zugefügte Beleidigung.
+Die Behörden konnten jedoch nichts thun. Der Sonntagmorgen graute
+bereits und die Glocken der Pfarrkirchen riefen zum Frühgebet, ehe die
+Feuer zu erlöschen und die Volksmassen sich zu verlaufen begannen. Es
+erschien nun alsbald eine Proklamation gegen die Ruhestörer. Viele von
+ihnen, meist Lehrlinge, wurden verhaftet: aber die Anklagen gegen sie
+wurden von den Gerichten von Middlesex nicht angenommen. Die
+Magistratsbeamten, von denen viele Katholiken waren, geriethen mit der
+großen Jury in Streit und schickten sie mehrere Male zurück, aber ohne
+Erfolg.<a class = "tag" name = "tagVIII_135" id = "tagVIII_135" href =
+"#noteVIII_135">135</a></p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVIII_129" id = "noteVIII_129" href =
+"#tagVIII_129">129.</a>
+<span class = "antiqua">Collection of State Trials</span>; <span class =
+"antiqua">Oldmixon, 739</span>; <span class = "antiqua">Clarendon’s
+Diary, June 25. 1688</span>; Johnstone, 2. Juli; Citters, 3.(13.) Juli;
+Adda, 6.(10.) Juli; <span class = "antiqua">Luttrell’s Diary</span>;
+Barillon, 2.(12.) Juli.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_130" id = "noteVIII_130" href =
+"#tagVIII_130">130.</a>
+Citters, 3.(13.) Juli. Der würdevolle Ernst, mit dem er die Geschichte
+erzählt, macht einen komischen Eindruck: <span class = "antiqua">„Den
+Bisschop van Chester, wie seer de partie van het hof houdt, om te
+voldoen aan syne gewoone nieusgierigheyt, hem op dien tyt in Westminster
+Hall mede hebbende laten vinden, in het uytgaan doorgaans was
+uytgekreten voor een grypende wolf in schaaps kleederen; en hy synde een
+heer van hooge stature en vollyvig, spotsgewyse allomme geroepen was dat
+men voor hem plaats moeste maken, om te laten passen, gelyck ook
+geschiede, om dat soo sy uytschreeuwden en hem in het aansigt seyden, hy
+den Paus in syn buyck hadde.“</span></p>
+
+<p><a name = "noteVIII_131" id = "noteVIII_131" href =
+"#tagVIII_131">131.</a>
+Luttrell; Citters, 3.(13.) Juli 1688. <span class = "antiqua">„Soo syn
+in tegendeel gedagte jurys met de uyterste acclamatie en alle teyckenen
+van genegenheyt en danckbaarheyt in het door passeren van de gemeente
+ontvangen. Honderden vielen haar om den hals met alle bedenckelycke
+wewensch van segen en geluck over hare persoonen en familien, om dat sy
+haar so heusch en eerlyck buyten verwagtinge als het ware in desen
+gedragen hadden. Veele van de grooten en kleynen adel wierpen in het
+wegryden handen vol gelt under de armen luyten, om op de gesontheyt van
+den Coning, der Heeren Prelaten, on de Jurys te drincken.“</span></p>
+
+<p><a name = "noteVIII_132" id = "noteVIII_132" href =
+"#tagVIII_132">132.</a>
+<span class = "antiqua">„Mi trovava con Milord Sunderland la stessa
+mattina, quando venne l’Avvocato Generale a rendergli conto del
+successo, e disse, che mai piu a memoria d’huomini si era sentito un
+applauso, mescolato di voce e lagrime di giubilo, egual a quello che
+veniva egli di vedere in quest’ occasione.“</span> Adda, 6.(16.) Juli
+1688.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_133" id = "noteVIII_133" href =
+"#tagVIII_133">133.</a>
+<span class = "antiqua">Burnet, I. 744</span>; Citters, 3.(13.) Juli
+1688.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_134" id = "noteVIII_134" href =
+"#tagVIII_134">134.</a>
+Siehe eine interessante Erzählung, welche Danby, damals Herzog von
+Leeds, zugleich mit anderen Papieren im Jahre 1710 veröffentlichte. Eine
+anziehende Beschreibung der Ceremonie der Papstverbrennung findet sich
+auch in North’s <span class = "antiqua">Examen, 570</span>. Ferner sehe
+man die Note zum Epilog des Trauerspiels „Ödipus“ in Scott’s Ausgabe von
+Dryden.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_135" id = "noteVIII_135" href =
+"#tagVIII_135">135.</a>
+<span class = "antiqua">Reresby’s Memoirs</span>; Citters, 3.(13.) Juli
+1688; Adda, 6.(16.) Juli; Barillon 2.(12.) Juli; <span class =
+"antiqua">Luttrell’s Diary</span>; Neuigkeitsbrief vom 4. Juli; <span
+class = "antiqua">Oldmixon, 739</span>; Ellis’ Correspondenz.</p>
+</div>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Eigenthümlicher Zustand der öffentlichen Meinung zu jener Zeit.</span>
+<a name = "secVIII_65" id = "secVIII_65">Inzwischen</a> verbreitete sich
+die frohe Nachricht durch das ganze Land und wurde allenthalben mit
+Jubel aufgenommen. Gloucester, Bedford und Lichfield gehörten zu den
+Städten, die sich durch besonderen Eifer auszeichneten; Bristol und
+Norwich aber, welche nach Bevölkerung und Reichthum London am nächsten
+standen, kamen bei diesem freudigen Anlasse auch in der Begeisterung der
+Hauptstadt am nächsten.</p>
+
+<p>Die gerichtliche Verfolgung der sieben Bischöfe ist ein Ereigniß, das
+in unsrer Geschichte einzig dasteht. Es war der erste und letzte Fall,
+wo zwei mächtige in der Regel einander entgegengesetzte Gefühle, von
+denen jedes für sich allein bei heftiger Erregung hinreichend war, um
+den Staat zu erschüttern, in vollkommener Eintracht verbündet waren.
+Diese Gefühle waren die Liebe zur Kirche und die Liebe zur Freiheit.
+Während vieler Generationen war jeder heftige Ausbruch des kirchlichen
+Gefühls, mit einer einzigen Ausnahme, der bürgerlichen Freiheit
+nachtheilig gewesen; und ebenso war jeder heftige Ausbruch des
+Freiheitsgefühls, mit einer einzigen Ausnahme, dem Ansehen und Einflusse
+des Prälatenthums und der Priesterschaft verderblich. Im Jahre 1688 war
+die Sache der Hierarchie einen Augenblick die Sache der Volkspartei.
+Mehr als neuntausend Geistliche, mit dem Primas und seinen
+ehrenwerthesten Suffraganen an der Spitze, erklärten sich bereit, Haft
+und Eigenthumsberaubung für das große Grundprinzip unsrer freien
+Verfassung zu erdulden. Die Folge war eine Coalition, welche die
+eifrigsten Kavaliere, die eifrigsten Republikaner und alle zwischeninne
+liegenden Parteien der Gesammtheit umfaßte. Der Geist, welcher Hampden
+unter der vergangenen Generation aufrecht erhalten hatte, verband sich
+mit dem Geiste, welcher Sacheverell unter der folgenden aufrecht
+erhielt, um den Erzbischof, der ein Hampden und ein Sacheverell zugleich
+war, aufrecht zu erhalten. Diejenigen Klassen der Gesellschaft, denen an
+der Erhaltung der Ruhe am meisten gelegen ist, welche in stürmischen
+Zeiten gewöhnlich am ersten bei der Hand sind, die Regierung zu
+unterstützen, und welche einen natürlichen Widerwillen gegen Aufwiegler
+hegen, folgten ohne Bedenken der Leitung eines ehrwürdigen Mannes, des
+ersten Peers des Reiches, des ersten Dieners der Kirche, eines Tory’s in
+der Politik, eines Heiligen in seinem Privatleben, den die Tyrannei
+wider seinen Willen in einen Demagogen verwandelt hatte.
+<span class = "pagenum">VIII.85</span>
+<a name = "pageVIII_85" id = "pageVIII_85"> </a>
+Auf der andren Seite flehten jetzt selbst Diejenigen, welche das
+Episcopat als einen Überrest des Papismus und als ein Werkzeug der
+Willkürherrschaft stets verabscheut hatten, auf den Knien um den Segen
+eines Prälaten, der bereit war, eher Ketten zu tragen und seine
+alterschwachen Glieder auf die nackten Steine eines Kerkers zu legen,
+als daß er die Interessen des protestantischen Glaubens verrathen und
+die Hoheitsrechte der Krone über das Gesetz gestellt hätte. Mit der
+Liebe zur Kirche und der Liebe zur Freiheit verband sich in dieser
+wichtigen Krisis noch ein drittes Gefühl, das zu den achtungswerthesten
+Zügen unsres Nationalcharacters gehört. Ein durch Willkürgewalt
+unterdrückter Mensch findet bei uns, hätte er sonst auch nicht den
+mindesten Anspruch auf Achtung und Dankbarkeit, gewöhnlich eine rege
+Theilnahme. So wurde zu den Zeiten unserer Großväter die Gesellschaft
+durch <ins class = "correction" title = "Original hat »Wilke’s«">Wilkes’</ins> Verfolgung heftig aufgeregt. Wir selbst sahen
+die Nation durch die gegen die Königin Karoline geübte Härte fast bis
+zum Wahnsinn gereizt. Daher wurde England, selbst wenn von dem Ausgange
+des Prozesses gegen die Bischöfe keine wichtigen politischen oder
+religiösen Interessen abgehangen hätten, es wahrscheinlich nicht ohne
+starke Regungen von Mitleid und Unwillen mit angesehen haben, wie einige
+Greise von makelloser Tugend von der Rache eines jähzornigen und
+unerbittlichen Fürsten verfolgt wurden, der ihrer Treue seine Krone
+verdankte.</p>
+
+<p>Von diesen Gefühlen angetrieben, stellten sich unsere Vorfahren in
+einer ungeheuren und compacten Masse der Regierung entgegen. Die
+mächtige Phalanx war aus allen Ständen, allen Parteien, allen
+protestantischen Seelen gebildet. Im Vordertreffen standen die
+geistlichen und weltlichen Lords, dann kamen die begüterte Gentry und
+der Klerus, beide Universitäten, alle Gerichtshöfe, Großhändler, Krämer
+und Pächter, die Lastträger, die sich in den Straßen der großen Städte
+plagten, und die Landleute, welche das Feld bebauten. Die Koalition
+gegen den König umfaßte selbst die Matrosen, die seine Schiffe
+bemannten, selbst die Schildwachen, die seinen Palast bewachten. Die
+Namen Whig und Tory waren einen Augenblick vergessen. Der alte
+Ausschließungsmann reichte dem alten Verabscheuer die Hand; Episcopalen,
+Presbyterianer, Independenten und Baptisten vergaßen ihre langjährigen
+Fehden, um nur an ihren gemeinsamen Protestantismus und an ihre
+gemeinsame Gefahr zu denken; Theologen, die in der Schule Laud’s
+gebildet waren, sprachen nicht nur von Duldung, sondern sogar von
+Einigung. Der Erzbischof erließ bald nach seiner Freisprechung einen
+Hirtenbrief, der eines der merkwürdigsten Schriftstücke jener Zeit ist.
+Er hatte von Jugend auf mit den Nonconformisten in Streit gelegen und
+sie mehrmals mit ungerechter und unchristlicher Heftigkeit angegriffen.
+Sein Hauptwerk war eine häßliche Karrikatur auf die Calvinistische
+Theologie.<a class = "tag" name = "tagVIII_136" id = "tagVIII_136" href
+= "#noteVIII_136">136</a> Er hatte für den 30. Januar, den Jahrestag der
+Hinrichtung Karl’s&nbsp;I., und für den 29. Mai, den Jahrestag der
+Rückkehr Karl’s&nbsp;II., Gebetsformulare abgefaßt, welche so heftige
+Schmähungen gegen die Puritaner enthielten, daß die Regierung es für
+nöthig erachtet hatte, dieselben zu mildern. Jetzt aber war sein Herz
+erweicht und geöffnet. Er ermahnte die Bischöfe und die Geistlichen
+feierlich und eindringlich, ihren Brüdern, den protestantischen
+Dissenters, mit zarter Rücksicht zu begegnen, sie oft zu besuchen, sie
+gastlich zu bewirthen,
+<span class = "pagenum">VIII.86</span>
+<a name = "pageVIII_86" id = "pageVIII_86"> </a>
+sich freundlich mit ihnen zu unterhalten und sie womöglich zum Anschluß
+an die Kirche zu bewegen, sich aber, wenn ihnen dies nicht gelänge, in
+ihrem Wirken für die segensreiche Sache der Reformation herzlich und
+liebreich zu verbinden.<a class = "tag" name = "tagVIII_137" id =
+"tagVIII_137" href = "#noteVIII_137">137</a></p>
+
+<p>Viele fromme Leute dachten in späteren Jahren mit schmerzlicher
+Sehnsucht an jene Zeit zurück. Sie schilderten dieselbe als den
+flüchtigen Schimmer eines goldenen Zeitalters zwischen zwei eisernen
+Zeitaltern. Waren solche Klagen auch natürlich, so waren sie doch nicht
+begründet. Die Coalition von 1688 war und konnte nur das Erzeugniß einer
+an Wahnsinn grenzenden Tyrannei und einer alle großen Institutionen des
+Landes gleichzeitig bedrohenden Gefahr sein. Daß eine solche Coalition
+seitdem nicht wieder vorgekommen, hat seinen Grund darin, weil noch nie
+wieder so schlecht und verkehrt regiert worden ist. Man darf nicht
+vergessen, daß, wenn auch Eintracht an sich besser ist als Zwietracht,
+doch Zwietracht das Zeichen besserer Zustände sein kann als Eintracht
+sie andeutet. Unglück und Gefahr zwingen die Menschen oft, sich zu
+verbinden. Glück und Sicherheit bestimmen sie oft, sich zu trennen.</p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVIII_136" id = "noteVIII_136" href =
+"#tagVIII_136">136.</a>
+Der <span class = "antiqua">Fur Praedestinatus</span>.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_137" id = "noteVIII_137" href =
+"#tagVIII_137">137.</a>
+Dieser Hirtenbrief findet sich in der ersten der zwölf Sammlungen von
+Urkunden über die englischen Angelegenheiten, die zu Ende des Jahres
+1688 und zu Anfang des Jahres 1689 gedruckt wurden. Er wurde am 26.
+Juli, nicht ganz einen Monat nach dem Prozesse erlassen. Um die nämliche
+Zeit äußerte Lloyd von St. Asaph gegen Heinrich Wharton, daß die
+Bischöfe ein ganz neues Verfahren gegen die protestantischen Dissenters
+einzuschlagen gedächten: <span class = "antiqua">„Omni modo curaturos,
+ut ecclesia sordibus et corruptelis penitus exueretur; ut sectariis
+reformatis reditus in ecclesiae sinum exoptati occasio ac ratio
+concederetur, si qui sobrii et pii essent; ut pertinacibus interim jugum
+levaretur, extinctis penitus legibus mulctatoriis.“ &mdash; Excerpta ex
+Vita H. Wharton.</span></p>
+</div>
+
+<p>&nbsp;</p>
+
+<hr class = "small">
+
+<p>&nbsp;</p>
+
+<h6>Druck von Philipp Reclam jun. in Leipzig.</h6>
+
+<div>*** END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK 30331 ***</div>
+</body>
+</html>
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+The Project Gutenberg EBook of Geschichte von England seit der
+Thronbesteigung Jakob's des Zwe, by Thomas Babington Macaulay
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+This eBook is for the use of anyone anywhere at no cost and with
+almost no restrictions whatsoever. You may copy it, give it away or
+re-use it under the terms of the Project Gutenberg License included
+with this eBook or online at www.gutenberg.org
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+
+Title: Geschichte von England seit der Thronbesteigung Jakob's des Zweiten.
+ Vierter Band
+
+Author: Thomas Babington Macaulay
+
+Translator: Wilhelm Hartwig Beseler
+
+Release Date: October 25, 2009 [EBook #30331]
+
+Language: German
+
+Character set encoding: UTF-8
+
+*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK GESCHICHTE VON ENGLAND--VIERTER BAND ***
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+Produced by Louise Hope, Delphine Lettau, richyfourtytwo
+and the Online Distributed Proofreading Team at
+https://www.pgdp.net
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+
+
+
+
+
+[Dieser Text benutzt die UTF-8-Kodierung (Unicode). Wenn die Apostrophe,
+Anführungszeichen und die Umlaute in diesem Absatz als seltsame Zeichen
+dargestellt werden, sollten Sie in Ihrem Text-Anzeigeprogramm
+„Zeichensatz“ oder „Datei-Kodierung“ auf Unicode (UTF-8) einstellen.
+Eventuell ist es auch nötig, die Standardschrift zu ändern. Wenn das
+auch nichts hilft, nehmen Sie stattdessen die Latin-1 Version dieses
+Textes.
+
+Zeichen _wie so_ bedeuten Gesperrt; +wie so+ bedeuten Antiqua
+(nicht-Fraktur); =wie so= bedeuten Fettschrift.]
+
+
+
+
+ Thomas Babington Macaulay’s
+
+ Geschichte von England
+
+
+ seit der
+
+ Thronbesteigung Jakob’s des Zweiten.
+
+
+ Aus dem Englischen.
+
+
+ +Vollständige und wohlfeilste Stereotyp-Ausgabe.+
+
+
+ Vierter Band.
+
+
+ Leipzig, 1854.
+ _G. H. Friedlein._
+
+
+ * * * * *
+ * * * *
+
+
+ Siebentes Kapitel.
+
+ Jakob II.
+
+
+
+
+ =Inhalt.=
+
+ Seite
+ Wilhelm, Prinz von Oranien 5
+ Sein Äußeres 5
+ Sein früheres Leben und seine Erziehung 5
+ Seine religiösen Ansichten 7
+ Seine militairischen Talente 8
+ Sein Vergnügen an Gefahren; seine schlechte Gesundheit 10
+ Kälte seines Benehmens und Heftigkeit seiner Gemüthsregungen 10
+ Seine Freundschaft für Bentinck 10
+ Marie, Prinzessin von Oranien 12
+ Gilbert Burnet 14
+ Er vermittelt eine innigere Annäherung zwischen dem Prinzen
+ und der Prinzessin 17
+ Beziehungen Wilhelm’s zu den englischen Parteien 18
+ Seine Gesinnungen gegen England 18
+ Seine Gesinnungen gegen Holland und Frankreich 19
+ Seine Politik durchaus consequent 22
+ Vertrag von Augsburg 24
+ Wilhelm wird das Oberhaupt der englischen Opposition 25
+ Mordaunt schlägt Wilhelm eine Landung in England vor 26
+ Wilhelm verwirft den Rath 26
+ Unzufriedenheit in England nach dem Sturze der Hyde 27
+ Bekehrungen zum Papismus; Peterborough, Salisbury 27
+ Wycherley, Tindal, Haines 28
+ Dryden 29
+ +„The Hind and Panther.“+ 30
+ Änderung in dem Verfahren des Hofes gegen die Puritaner 32
+ In Schottland theilweise Duldung gewährt 35
+ Persönliche Bearbeitung Einzelner im königlichen Kabinet 36
+ Erfolglosigkeit der persönlichen Bearbeitung 37
+ Admiral Herbert 37
+ Die Indulgenzerklärung 37
+ Stimmung der protestantischen Dissenters 39
+ Stimmung der anglikanischen Kirche 40
+ Der Hof und die Kirche 40
+ „Brief an einen Dissenter.“ 42
+ Benehmen der Dissenters 43
+ Einige von ihnen halten es mit dem Hofe. Care, Alsop,
+ Rosewell 45
+ Lobb 46
+ Penn 46
+ Die Mehrzahl der Puritaner ist gegen den Hof. Baxter 46
+ Howe 47
+ Bunyan 47
+ Kiffin 49
+ Der Prinz und die Prinzessin von Oranien gegen die
+ Indulgenzerklärung 52
+ Vertheidigung ihrer Ansichten bezüglich der englischen
+ Katholiken 53
+ Jakob’s Feindschaft gegen Burnet 57
+ Sendung Dykvelt’s nach England 59
+ Unterhandlungen Dykvelt’s mit englischen Staatsmännern 59
+ Danby 60
+ Nottingham 60
+ Halifax 61
+ Devonshire 62
+ Eduard Russel 64
+ Compton. -- Herbert. -- Churchill 65
+ Lady Churchill und die Prinzessin Anna 66
+ Dykvelt kehrt mit Briefen von vielen angesehenen Engländern
+ nach dem Haag zurück 68
+ Zulestein’s Sendung 69
+ Zunehmende Feindschaft zwischen Jakob und Wilhelm 70
+ Einfluß der holländischen Presse 71
+ Stewart’s und Fagel’s Correspondenz 71
+ Castelmaine’s Gesandtschaft in Rom 72
+
+
+
+
+[_Wilhelm, Prinz von Oranien._] Wilhelm Heinrich, Prinz von
+Oranien-Nassau, nimmt in der Geschichte Englands und der gesammten
+Menschheit eine so bedeutende Stelle ein, daß es wünschenswerth
+erscheint, die markirten Züge seines Characters mit einiger
+Ausführlichkeit zu zeichnen.[1]
+
+ [Anmerkung 1: Die Hauptquellen, aus denen ich meine Schilderung
+ des Prinzen von Oranien geschöpft habe, sind Burnet’s Geschichte,
+ Temple’s und Gourville’s Memoiren, die Unterhandlungen der Grafen
+ Estrades und Avaux, Sir Georg Downing’s Briefe an den Lordkanzler
+ Clarendon, Wagenaar’s umfangreiches Geschichtswerk, Van Kampen’s
+ +Karakterkunde Vaderlandsche Geschiedenis+, und vor Allem
+ Wilhelm’s eigene vertrauliche Correspondenz, von welcher der
+ Herzog von Portland Sir Jakob Mackintosh eine Abschrift zu nehmen
+ erlaubte.]
+
+
+[_Sein Äußeres._] Er stand jetzt in seinem siebenunddreißigsten
+Lebensjahre, war aber körperlich und geistig älter als andere Leute in
+diesen Jahren. Man könnte fast sagen, er sei niemals jung gewesen. Sein
+Äußeres ist uns fast eben so gut bekannt, als seinen eigenen Heerführern
+und Räthen. Bildhauer, Maler und Münzschneider haben ihre ganze
+Geschicklichkeit aufgeboten, um seine Züge der Nachwelt zu überliefern,
+und diese waren von der Art, daß kein Künstler sie verfehlen und daß,
+wer sie einmal gesehen, sie nie vergessen konnte. Sein Name erinnert uns
+sogleich an eine schmächtige und zarte Gestalt, an eine hohe und breite
+Stirn, an eine wie der Schnabel eines Adlers gebogene Nase, an ein Paar
+Augen, die an Glanz und Schärfe mit denen des Adler wetteiferten, an
+eine gedankenvolle, etwas finstre Miene, einen festen und etwas
+mürrischen Mund, an eine bleiche, eingefallene und durch Krankheit und
+Sorgen tief gefurchte Wange. Dieses gedankenvolle, ernste und feierliche
+Aussehen konnte kaum einem glücklichen und lebensfrohen Manne angehört
+haben; aber es verräth in unverkennbarer Weise die Befähigung zu den
+schwierigsten Unternehmungen und einen durch kein Mißgeschick und durch
+keine Gefahren zu erschütternden Muth.
+
+
+[_Sein früheres Leben und seine Erziehung._] Die Natur hatte Wilhelm mit
+allen Eigenschaften eines großen Herrschers reich ausgestattet und die
+Erziehung hatte diese Eigenschaften in nicht gewöhnlichem Grade
+entwickelt. Mit einem scharfen natürlichen Verstande und einer seltenen
+Willenskraft sah er sich, als sein Geist zu erwachen begann, als vater-
+und mutterlose Waise, als das Oberhaupt einer großen, aber unterdrückten
+und entmuthigten Partei und als den Erben ausgedehnter aber unbestimmter
+Ansprüche, welche die Furcht und die Abneigung der damals in den
+Niederlanden herrschenden Oligarchie erregten. Das gemeine Volk, das
+seit einem Jahrhundert seinem Hause treu ergeben war, bewies so oft es
+ihn sah, auf nicht zu verkennende Weise, daß es ihn als sein
+rechtmäßiges Oberhaupt betrachtete. Die geschickten und erfahrenen
+Minister der Republik, die seinen Namen tödtlich haßten, brachten ihm
+täglich ihre erzwungene Huldigung dar und beobachteten dabei die
+Fortschritte seines Geistes. Die ersten Regungen seines Ehrgeizes wurden
+sorgfältig bewacht, jedes unüberlegte Wort, das ihm entschlüpfte, wurde
+niedergeschrieben, und er besaß nicht einen einzigen Rathgeber, auf
+dessen Ausspruch Vertrauen gesetzt werden konnte. Er war kaum funfzehn
+Jahre alt, so wurden alle Diener, die seinem Interesse ergeben waren und
+die sein Vertrauen genossen, von der mißtrauischen Regierung aus seinem
+Hause entfernt. Er sträubte sich dagegen mit einer weit über seine Jahre
+hinausgehenden Energie, aber vergebens. Aufmerksame Beobachter sahen
+mehr als einmal Thränen in den Augen des jungen Staatsgefangenen. Seine
+von Haus aus zarte Gesundheit war eine Zeit lang durch die
+Gemüthsbewegungen, die seine traurige und vereinsamte Stellung erzeugte,
+ernstlich erschüttert. Eine solche Lage macht den Schwachen muthlos und
+bestürzt, dem Starken giebt sie eine verdoppelte Kraft. Von Schlingen
+umgeben, in denen ein gewöhnlicher Jüngling umgekommen sein würde,
+lernte Wilhelm vorsichtig und zu gleicher Zeit energisch auftreten.
+Schon lange bevor er das Mannesalter erreicht, verstand er es,
+Geheimnisse zu bewahren, die Neugierde durch trockene und wohlüberlegte
+Antworten abzutrumpfen und alle Leidenschaften unter dem nämlichen
+Scheine ernster Ruhe zu verbergen. In der feinen Weltbildung und in
+literarischen Kenntnissen machte er dagegen nur geringe Fortschritte.
+Dem Benehmen des holländischen Adels jener Zeit fehlte die
+liebenswürdige Anmuth, welche bei den gebildeten Franzosen in höchster
+Vollkommenheit zu finden war und in geringerem Grade auch den englischen
+Hof zierte; seine Manieren waren durchaus holländisch. Selbst seine
+eigenen Landsleute nannten ihn plump, und Ausländern erschien er oft
+noch mehr als dies. In seinem Verkehr mit der Welt im Allgemeinen schien
+er jene Fertigkeiten, welche den Werth einer Gunstbezeugung erhöhen und
+einer Verweigerung die Spitze abbrechen, nicht zu kennen oder sie zu
+verschmähen. Die Literatur und die Wissenschaften interessirten ihn
+wenig; er wußte nichts von den Entdeckungen eines Newton und Leibnitz,
+von den Poesien eines Dryden und Boileau; dramatische Darstellungen
+langweilten ihn und er war froh, wenn er den Blick von der Bühne
+abwenden und von öffentlichen Angelegenheiten sprechen konnte, während
+Orestes raste oder Tartüffe der Elmira die Hand drückte. Er besaß zwar
+einiges Talent zu Sarkasmen und entfaltete nicht selten ganz unbewußt
+eine sonderbar klingende, aber kräftige und originelle natürliche
+Redekunst, aber nach den Titel eines Schöngeistes oder eines Redners
+strebte er nicht. Seine ganze Aufmerksamkeit war auf diejenigen Studien
+gerichtet gewesen, welche einen tüchtigen und umsichtigen Geschäftsmann
+bilden. Von Kindheit an hörte er mit Interesse zu, wenn wichtige Fragen
+über Bündnisse, Finanzen und Krieg besprochen wurden. Von der Geometrie
+lernte er soviel als zum Bau einer Schanze oder eines Hornwerks nöthig
+war. Von fremden Sprachen lernte er mit Hülfe seines ausgezeichneten
+Gedächtnisses soviel als er bedurfte, um Alles, was mit ihm gesprochen
+wurde, und jeden Brief, den er empfing, verstehen und beantworten zu
+können. Das Holländische war seine Umgangssprache. Er verstand
+Lateinisch, Italienisch und Spanisch, sprach und schrieb Französisch,
+Englisch und Deutsch, zwar nicht elegant und grammatisch richtig, aber
+fließend und verständlich. Keine Fähigkeit konnte wichtiger sein für
+einen Mann, der dazu bestimmt war, große Bündnisse zu organisiren und
+Armeen zu commandiren, die aus verschiedenen Nationalitäten
+zusammengesetzt waren.
+
+
+[_Seine religiösen Ansichten._] Eine Klasse von philosophischen Fragen
+war durch die Umstände seiner Aufmerksamkeit dringend empfohlen worden
+und scheint ihn mehr interessirt zu haben, als man es von seinem
+allgemeinen Character hätte erwarten sollen. Die Protestanten der
+Vereinigten Provinzen bestanden wie die unsrer Insel aus zwei großen
+religiösen Partein, welche zwei großen politischen Parteien fast genau
+entsprachen. Die Oberhäupter der städtischen Oligarchie waren Arminianer
+und wurden im Allgemeinen von der Menge als nicht viel besser denn
+Papisten betrachtet. Die Prinzen von Oranien waren gewöhnlich die
+Schutzpatrone der calvinistischen Theologie gewesen und verdankten
+keinen geringen Theil ihrer Popularität ihrem Eifer für die Lehren von
+der Gnadenwahl und dem endlichen Beharren, einem Eifer, der nicht immer
+durch Kenntnisse erleuchtet oder durch Humanität gemäßigt war. Wilhelm
+war von Kindheit auf in dem theologischen System, dem seine Familie
+anhing, sorgfältig unterrichtet worden, und betrachtete dieses System
+mit größerer Vorliebe, als man in der Regel für seinen ererbten Glauben
+hegt. Er hatte über die großen Probleme, welche auf der Synode von
+Dortrecht erörtert worden waren, nachgedacht und in der strengen,
+unbeugsamen Logik der genfer Schule etwas gefunden, was seinem Verstande
+und seinem Gemüth zusagte. Das Beispiel von Unduldsamkeit, das einige
+seiner Vorgänger gegeben, ahmte er jedoch niemals nach; er empfand gegen
+alle Verfolgung eine entschiedene Abneigung, die er nicht allein da
+aussprach, wo ein solches Eingeständniß offenbar staatsklug war, sondern
+auch in Fällen, wo es den Anschein hatte, daß sein Interesse durch
+Verstellung oder Stillschweigen hätte gefördert werden können.
+Gleichwohl waren seine theologischen Ansichten noch entschiedener als
+die seiner Vorgänger. Die Lehre von der Prädestination war der
+Grundstein seiner Religion. Er erklärte oft, daß wenn er diese Lehre
+aufgeben müßte, er zugleich mit derselben allen Glauben an eine waltende
+Vorsehung aufgeben und ein reiner Epikuräer werden müßte. Diesen
+einzigen Punkt ausgenommen, wurde die ganze Fülle seines kräftigen
+Geistes frühzeitig von dem Theoretischen ab und auf das Praktische
+gelenkt. Die Fähigkeiten, deren es zur Leitung wichtiger Geschäfte
+bedarf, gediehen bei ihm schon in einem Alter zur Reife, wo sie sich bei
+gewöhnlichen Menschen kaum erst zu entfalten begonnen haben. Seit
+Octavius hatte die Welt kein solches Beispiel frühzeitiger
+staatsmännischer Befähigung gesehen. Erfahrene Diplomaten erstaunten
+über die treffenden Bemerkungen, die der siebzehnjährige Prinz über
+öffentliche Angelegenheiten machte, und mit noch weit größerem Erstaunen
+sahen sie diesen Knaben in Lagen, wo man hätte erwarten sollen, daß er
+starke Leidenschaften verrathen werde, eine eben so unerschütterliche
+Ruhe bewahren, wie sie selbst. Mit achtzehn Jahren saß er bereits unter
+den Vätern der Republik, ernst, besonnen und einsichtsvoll wie der
+Älteste unter ihnen. Mit zweiundzwanzig Jahren ward er an einem Tage der
+Trauer und des Schreckens an die Spitze der Verwaltung gestellt. Mit
+dreiundzwanzig Jahren war er durch ganz Europa als Feldherr und
+Staatsmann berühmt. Er hatte innere Factionen niedergeworfen, war die
+Seele einer mächtigen Coalition und hatte im Felde gegen einige von den
+größten Generälen seiner Zeit mit Ehren gefochten.
+
+
+[_Seine militairischen Talente._] Seine persönlichen Neigungen waren
+mehr die eines Kriegers als die eines Staatsmannes, aber wie sein
+Urgroßvater, der schweigsame Prinz, der die batavische Republik
+gründete, nimmt er unter den Staatsmännern einen viel höheren Rang ein
+als unter den Feldherren. Der Verlauf der Schlachten ist allerdings kein
+untrüglicher Prüfstein für die Talente eines Befehlshabers, und es würde
+ganz besonders ungerecht sein, wollte man diesen Prüfstein bei Wilhelm
+anwenden, denn das Schicksal wollte, daß er fast stets Feldherren,
+welche vollendete Meister in ihrer Kunst, und Truppen gegenüberstand,
+welche in der Disciplin den seinigen weit überlegen waren. Indessen läßt
+sich mit gutem Grunde annehmen, daß er als General im offenen Felde
+Manchem, der in geistiger Beziehung tief unter ihm stand, keineswegs
+gleichkam. Mit Leuten, die sein Vertrauen besaßen, sprach er über diesen
+Gegenstand mit der edlen Offenheit eines Mannes, der Großes vollbracht
+hat und der recht wohl auch einige Mängel eingestehen kann. Er sagte, er
+habe keine Lehrzeit für den militairischen Beruf bestanden; er sei schon
+als Knabe an die Spitze einer Armee gestellt worden, unter seinen
+Offizieren habe sich keiner befunden, der fähig gewesen wäre, ihn zu
+unterweisen; nur aus seinen eigenen Fehlern und deren Folgen habe er
+etwas lernen können. „Ich würde einen guten Theil meines Vermögens darum
+geben,“ rief er einmal aus, „wenn ich einige Feldzüge unter dem Prinzen
+von Condé mitgemacht hätte, ehe ich gegen ihn commandiren mußte.“ Es ist
+nicht unwahrscheinlich, daß der Umstand, welcher Wilhelm verhinderte,
+eine ausgezeichnete strategische Bildung zu erlangen, der allgemeinen
+Entwickelung seiner Geisteskräfte zu Gute gekommen ist. Bewiesen seine
+Schlachten auch nicht den großen Taktiker, so berechtigten sie ihn doch
+zu dem Titel eines großen Mannes. Kein Mißgeschick konnte ihn nur einen
+Augenblick seiner Festigkeit und des vollständigen Besitzes aller seiner
+Fähigkeiten berauben. Seine Niederlagen wurden mit einer so wunderbaren
+Schnelligkeit wieder gut gemacht, daß er, noch ehe seine Feinde das
+Tedeum gesungen hatten, schon wieder zum Kampfe gerüstet war; auch
+beeinträchtigten solche Schläge in keiner Weise die Achtung und das
+Vertrauen, dessen er sich von Seiten seiner Soldaten erfreute. Diese
+Achtung und dieses Vertrauen verdankte er in nicht geringem Maße seinem
+persönlichen Muthe. Den Grad von Muth, dessen der Soldat bedarf, um
+einen Feldzug ohne Schande zu bestehen, besitzen die meisten Menschen
+oder wenigstens können sie denselben in einer guten Schule erlangen. Ein
+Muth wie der des Prinzen Wilhelm aber ist in der That selten. Er wurde
+auf jede nur mögliche Weise geprüft, durch Krieg, durch Wunden, durch
+schmerzhafte und entnervende Krankheiten, durch Seestürme, durch die
+beständig drohende Gefahr, ermordet zu werden, eine Gefahr, die schon
+sehr starke Nerven erschüttert hat und durch welche selbst die eiserne
+Tapferkeit Cromwell’s einen harten Stoß erhielt. Aber Niemand konnte je
+etwas entdecken, was der Prinz von Oranien fürchtete. Seine Rathgeber
+konnten ihn nur mit Mühe dazu bringen, daß er einige Vorsichtsmaßregeln
+gegen die Pistolen und Dolche von Verschwörern ergriff.[2] Alte Seeleute
+erstaunten über die kaltblütige Ruhe, die er inmitten tobender
+Brandungen an einer gefahrvollen Küste bewahrte. In der Schlacht
+zeichnete ihn seine Tapferkeit unter Zehntausenden tapferer Krieger aus,
+erweckte die hochherzige Anerkennung selbst der feindlichen Heere und
+wurde selbst von der Unbilligkeit feindlicher Factionen nie bestritten.
+Während seiner ersten Feldzüge setzte er sich der Gefahr aus, als ob er
+den Tod gesucht hätte, war beim Angriff stets der Erste, beim Rückzug
+der Letzte, kämpfte mit dem Schwerte in der Hand im dichtesten Gewühl,
+und mit einer Flintenkugel im Arm, den Harnisch von Blut überströmt,
+hielt er noch immer Stand und schwenkte im furchtbarsten Feuer seinen
+Hut. Seine Freunde beschworen ihn, er solle doch sein für das Vaterland
+unschätzbares Leben mehr schonen. Sein berühmtester Gegner, der große
+Condé, bemerkte nach der blutigen Schlacht von Seneff, der Prinz von
+Oranien habe sich in jeder Beziehung wie ein alter General benommen, nur
+in sofern nicht, als er sich wie ein junger Soldat ausgesetzt. Wilhelm
+leugnete, daß er sich der Tollkühnheit schuldig gemacht habe. Er stelle
+sich, meinte er, nur aus Pflichtgefühl und aus kalter Berechnung dessen,
+was das öffentliche Interesse erheische, immer auf den Posten der
+Gefahr. Die Truppen, die er befehlige, seien wenig an den Krieg gewöhnt
+und fürchteten ein Handgemenge mit den französischen Veteranen; es sei
+daher nöthig, daß ihr Anführer ihnen zeige, wie man Schlachten gewinnt.
+Und in der That wurde auch mehr als eine Schlacht, welche rettungslos
+verloren schien, noch durch die Kühnheit gewonnen, mit der er seine
+zersprengten Bataillone sammelte und eigenhändig die Memmen niederhieb,
+welche das Beispiel zur Flucht gaben. Zuweilen sah es jedoch ganz so
+aus, als ob er ein eignes Vergnügen daran finde, sein Leben zu
+gefährden. Es wurde bemerkt, daß er nie heiterer, freundlicher und
+liebenswürdiger war, als im blutigen Getümmel der Schlacht. Selbst bei
+seinen Zerstreuungen liebte er das Aufregende der Gefahr. Kartenspiele,
+Schach und Billard machten ihm kein Vergnügen; seine Lieblingserholung
+war die Jagd, und die gefährlichste war ihm die liebste. Er machte oft
+Sätze, daß seine kühnsten Begleiter nicht Lust hatten, ihm zu folgen.
+Selbst die verwegensten Sportvergnügungen Englands scheint er für
+weibisch gehalten zu haben, und im großen Parke von Windsor sehnte er
+sich nach dem Wilde, das er in den Forsten von Geldern zu jagen gewohnt
+war, nach Wölfen, Ebern und riesigen Sechzehnendern.[3]
+
+ [Anmerkung 2: Nach dem Frieden von Ryswick drangen die Freunde
+ Wilhelm’s in ihn, mit dem französischen Gesandten ganz ernstlich
+ über die Mordanschläge zu sprechen, welche die Jakobiten von St.
+ Germain beständig schmiedeten. Die kaltblütige Hochherzigkeit,
+ mit der er diese Warnungen vor Gefahr aufnahm, ist besonders
+ characteristisch. Dem Grafen Bentinck, der von Paris sehr
+ beunruhigende Nachrichten gemeldet hatte, antwortete er nur am
+ Schlusse eines langen Geschäftsbriefes: +„Pour les assasins je ne
+ luy en ay pas voulu parler, croiant que c’etoit au desous de
+ moy.+“ -- 2.(12.) Mai 1698. Ich habe die Orthographie des
+ Originals, wenn von einer solchen überhaupt die Rede sein kann,
+ beibehalten.]
+
+ [Anmerkung 3: Von Windsor schrieb er an Bentinck, damals Gesandten
+ in Paris: +„J’ay pris avant hier un cerf dans la forest avec les
+ chains du Pr. de Denm. et ay fait un assez jolie chasse, autant,
+ que ce vilain paiis le permest.“+ -- 20. März (1. April) 1698. Die
+ Orthographie ist schlecht, aber nicht schlechter als die
+ Napoleon’s. In besserer Stimmung schrieb Wilhelm von Loo aus:
+ +„Nous avons pris deux cerfs, le premier dans Dorewaert, qui est
+ un des plus gros que je sache avoir jamais pris. Il porte seize.“+
+ -- 25. Oct. (4. Nov.) 1697.]
+
+
+[_Sein Vergnügen an Gefahren; seine schlechte Gesundheit._] Seine
+Tollkühnheit war um so merkwürdiger, da er von ungemein zarter
+Körperconstitution war. Er war von früher Jugend an schwächlich und
+kränklich gewesen, und im ersten Mannesalter waren seine Leiden durch
+einen heftigen Pockenanfall noch verschlimmert worden. Er war engbrüstig
+und schwindsüchtig. Sein schwächlicher Körper wurde durch einen
+beständigen heiseren Husten erschüttert. Er konnte nicht schlafen, wenn
+sein Kopf nicht durch mehrere Kissen unterstützt wurde, und nur in der
+reinsten Luft konnte er ohne Beschwerden athmen. Dabei quälten ihn oft
+heftige Kopfschmerzen. Körperliche Anstrengungen ermüdeten ihn sehr
+bald. Die Ärzte pflegten die Hoffnung seiner Feinde dadurch aufrecht zu
+erhalten, daß sie einen Termin festsetzten, über den hinaus, wenn sich
+überhaupt irgend etwas in der Wissenschaft mit Sicherheit bestimmen
+lasse, sein zerrütteter Organismus unmöglich ausdauern könnte. Dennoch
+verließ seinen Geist während seines ganzen Lebens, das nur eine lange
+Krankheit war, bei keiner wichtigen Gelegenheit die nöthige Kraft, um
+seinen leidenden und siechen Körper aufrecht zu erhalten.
+
+
+[_Kälte seines Benehmens und Heftigkeit seiner Gemüthsregungen._] Er war
+mit heftigen Leidenschaften und mit leichter Reizbarkeit geboren; aber
+die Welt hatte keine Ahnung von der Stärke seiner Gemüthsaffecte. Vor
+den Blicken der Menge verbarg er seine Freude und seinen Kummer, seine
+Zuneigung und seinen Groll unter einer phlegmatischen Ruhe, die ihm den
+Ruf des kaltblütigsten und gleichgültigsten Menschen verschaffte. Wer
+ihm eine gute Nachricht brachte, konnte selten ein Zeichen von Freude
+entdecken; wer ihn nach einer Niederlage sah, spähte umsonst nach einer
+Spur von Unmuth. Er lobte und tadelte, belohnte und bestrafte mit der
+kalten Gelassenheit eines Mohawkhäuptlings; aber wer ihn genauer kannte
+und ihn näher betrachtete, der bemerkte wohl, daß unter dieser Eisrinde
+beständig ein ungestümes Feuer brannte. Nur selten raubte der Zorn ihm
+seine Selbstbeherrschung; wenn er aber einmal in Wuth gerieth, so war
+der erste Ausbruch seiner Leidenschaft furchtbar. Es war dann in der
+That nicht rathsam, ihm zu nahe zu kommen. In diesen seltenen Fällen
+jedoch gab er, sobald er seine Selbstbeherrschung wieder erlangt hatte,
+Denen, die er beleidigt, so vollständige Genugthuung, daß sie sich fast
+zu dem Wunsche versucht fühlten, er möchte aufs neue in Wuth gerathen.
+Seine Liebe war nicht minder stürmisch als sein Zorn. Wo er einmal
+liebte, da liebte er mit der ganzen Kraft seiner starken Seele. Wenn der
+Tod ihn von einem geliebten Wesen trennte, fürchteten die wenigen Zeugen
+seiner Schmerzensausbrüche für seinen Verstand und für sein Leben. Einem
+sehr kleinen Kreise intimer Freunde gegenüber, auf deren Treue und
+Verschwiegenheit er sich unbedingt verlassen konnte, war er ein ganz
+andrer Mensch als der verschlossene und stoische Wilhelm, dem die Menge
+jedes menschliche Gefühl absprach. In ihrer Gesellschaft war er
+freundlich, gemüthlich, offenherzig, selbst gesellig und witzig, konnte
+Stunden lang bei Tische sitzen und vollen Antheil an einer heiteren
+Unterhaltung nehmen.
+
+
+[_Seine Freundschaft für Bentinck._] Am höchsten in seiner Gunst stand
+ein Kavalier seines Hofstaates, Namens Bentinck, der aus einem edlen
+batavischen Geschlecht stammte und der Gründer eines der großen
+patrizischen Häuser Englands werden sollte. Bentinck’s Treue hatte sich
+in nicht gewöhnlicher Weise erprobt. Zu der Zeit, als die Vereinigten
+Provinzen gegen die Macht Frankreichs um ihre Existenz kämpften, wurde
+der junge Prinz, auf dem alle ihr Hoffnungen ruhten, von den Pocken
+befallen. Diese Krankheit hatte bei mehreren Mitgliedern seiner Familie
+einen tödtlichen Ausgang genommen und zeigte auch bei ihm anfangs einen
+sehr bösartigen Character. Die Bestürzung des Volks war groß. Von früh
+bis Abends waren die Straßen im Haag mit Leuten angefüllt, die sich
+ängstlich nach dem Befinden Seiner Hoheit erkundigten. Endlich nahm das
+Übel eine günstige Wendung. Seine Genesung wurde zum Theil seinem eignen
+Gleichmuth, zum Theil der unerschrockenen und unermüdlichen Freundschaft
+Bentinck’s zugeschrieben. Nur aus seinen Händen nahm Wilhelm Speisen und
+Arzneien an; er allein hob ihn aus dem Bette und legte ihn wieder
+hinein. „Ich weiß nicht, ob Bentinck während meiner Krankheit geschlafen
+hat oder nicht,“ sagte Wilhelm mit inniger Rührung zu Temple; „soviel
+aber weiß ich, daß ich in den sechzehn Tagen und Nächten nicht ein
+einziges Mal etwas verlangte, ohne daß Bentinck augenblicklich an meiner
+Seite gewesen wäre.“ Bevor der treue Diener seine Aufgabe ganz vollendet
+hatte, wurde er selbst angesteckt. Trotzdem überwand er noch immer
+Müdigkeit und Fieberschauer, bis sein Gebieter als Reconvalescent
+erklärt wurde. Jetzt endlich bat er um Erlaubniß, nach Hause gehen zu
+dürfen. Es war die höchste Zeit, denn seine Füße wollten ihn nicht mehr
+tragen. Er kam in die größte Gefahr, genas aber und eilte, sobald er das
+Bett verlassen konnte, zur Armee, wo er in vielen heißen Feldzügen immer
+dicht an Wilhelm’s Seite gefunden ward, wie er es in einer Gefahr andrer
+Art gewesen.
+
+Dies war der Ursprung einer so innigen und reinen Freundschaft wie
+irgend eine, von der uns die alte oder neue Geschichte erzählt. Die
+Nachkommen Bentinck’s bewahren noch heute viele Briefe auf, die Wilhelm
+an ihren Ahnherrn geschrieben, und es ist nicht zuviel gesagt, wenn man
+behauptet, daß wer diese Briefe nicht gelesen hat, sich keinen richtigen
+Begriff von dem Character des Prinzen bilden kann. Der Mann, den selbst
+seine Verehrer in der Regel für den zurückhaltendsten und frostigsten
+Menschen hielten, vergißt hier jeden Rangunterschied und schüttet alle
+seine Gedanken mit der Offenherzigkeit eines Schulknaben aus. Ohne
+Rückhalt theilt er Geheimnisse von der höchsten Wichtigkeit mit und legt
+mit der größten Einfachheit umfassende Pläne vor, welche alle
+Regierungen Europa’s berührten. Mit seinen Mittheilungen über solche
+Dinge verbindet er Mittheilungen von ganz andrer, aber vielleicht nicht
+weniger interessanter Art. Alle seine Abenteuer, alle seine persönlichen
+Ansichten, seine langen Jagdritte nach gewaltigen Hirschen, seine Gelage
+am St. Hubertustage, das Gedeihen seiner Anpflanzungen, das Mißrathen
+seiner Melonen, der Zustand seines Gestüts, der Wunsch, einen frommen
+Zelter für seine Gemahlin zu erlangen, sein Verdruß, als er erfährt, daß
+einer seiner Kavaliere, nachdem er ein Mädchen aus guter Familie
+unglücklich gemacht, sich weigert, sie zu heirathen, seine Anfälle von
+Seekrankheit, sein Husten, seine Kopfschmerzen, seine andächtigen
+Stimmungen, seine Dankbarkeit für den göttlichen Schutz nach Errettung
+aus einer großen Gefahr, seine Anstrengungen, sich nach einem
+Unglücksfalle dem göttlichen Willen zu unterwerfen, dies Alles ist darin
+mit einer liebenswürdigen Redseligkeit geschildert, die man von dem
+verschwiegensten und ernstesten Staatsmanne jener Zeit kaum erwarten
+sollte. Noch auffallender sind die sorglosen Ergüsse seiner Zärtlichkeit
+und die brüderliche Theilnahme, die er an seines Freundes häuslichem
+Glücke nimmt. Als Bentinck ein Erbe geboren wurde, sagte Wilhelm: „Ich
+hoffe, er wird ein so braver Mann werden als Sie einer sind, und sollte
+ich einen Sohn bekommen, so werden unsere Kinder einander hoffentlich
+ebenso lieben, wie wir uns geliebt haben.“[4] Während seines ganzen
+Lebens blickte er mit väterlicher Liebe auf die kleinen Bentincks. Er
+ruft sie bei den zärtlichsten Diminutiven, er sorgt für sie in ihres
+Vaters Abwesenheit, und so schwer es ihm wird, ihnen ein Vergnügen zu
+versagen, so will er sie doch nicht an einer Jagdpartie teilnehmen
+lassen, wo ihnen die Gefahr droht, von einem Hirsche gestoßen zu werden,
+noch ihnen erlauben, bei einem Abendschmause bis spät in die Nacht
+hinein zu verweilen.[5] Als ihre Mutter während der Abwesenheit ihres
+Gatten krank wird, findet Wilhelm inmitten der wichtigsten und
+dringendsten Staatsgeschäfte noch soviel Zeit, um an einem Tage mehrere
+expresse Boten mit kurzen Briefen abzuschicken, in denen er von ihrem
+Zustande Nachricht giebt.[6] Einmal als sie nach einem heftigen Anfall
+außer Gefahr erklärt wird, ergießt sich der Prinz in die wärmsten
+Dankesbezeigungen gegen Gott. „Ich schreibe,“ sagt er, „mit Thränen der
+Freude in den Augen.“[7] Es liegt ein eigner Reiz in diesen Briefen von
+der Hand eines Mannes, dessen Alles überwältigende Energie und
+unbeugsame Festigkeit selbst seinen Feinden Achtung abnöthigte, dessen
+kaltes und unfreundliches Benehmen in den meisten seiner Anhänger keine
+innigere Zuneigung aufkommen ließ und dessen Geist beständig mit
+gigantischen Plänen beschäftigt war, welche die Gestalt der Welt
+veränderten.
+
+Seine Güte ward keinem Unwürdigen zu Theil. Temple hatte frühzeitig
+Bentinck für den besten und treuesten Diener erklärt, den je ein Fürst
+zu besitzen das Glück hatte, und er verdiente diesen ehrenvollen Titel
+sein ganzes Leben hindurch. Die beiden Freunde waren in der That wie für
+einander geschaffen. Wilhelm bedurfte weder eines Führers noch eines
+Schmeichlers. Da er ein festes und wohlbegründetes Vertrauen in sein
+eignes Urtheil setzte, so war er kein Freund von Rathgebern, die ihn mit
+Vorschlägen und Einwendungen überhäuften. Zu gleicher Zeit besaß er eine
+zu scharfe Unterscheidungsgabe und einen zu edlen Sinn, als daß er an
+Schmeicheleien hätte Vergnügen finden können. Der Vertraute eines
+solchen Fürsten mußte ein Mann sein nicht von erfinderischem Genie oder
+von gebieterischem Character, aber bieder und treu, im Stande, jeden
+Befehl pünktlich zu vollziehen, Geheimnisse unverbrüchlich zu bewahren,
+Ereignisse umsichtig zu beobachten und treulich zu berichten. Und ein
+solcher Mann war Bentinck.
+
+ [Anmerkung 4: 3. März 1679.]
+
+ [Anmerkung 5: +„Voilà en peu de mot le détail de nostre St.
+ Hubert. Et j’ay en soin que M. Woodstoc+ (Bentinck’s ältester
+ Sohn) +n’a point esté à la chasse, bien moin au soupé, quoyqu’il
+ fut icy. Vous pouvez pourtant croire que de n’avoir pas chassé l’a
+ un peu mortifié, mais je ne l’ay pas ausé prendre sur moy, puisque
+ vous m’aviez dit que vous ne le souhaitiez pas.“+ -- Von Loo, 4.
+ Nov. 1697.]
+
+ [Anmerkung 6: Am 15. Juni 1688.]
+
+ [Anmerkung 7: 6. Sept. 1679.]
+
+
+[_Marie, Prinzessin von Oranien._] Wilhelm war in der Ehe nicht weniger
+glücklich als in der Freundschaft. Anfangs hatte jedoch seine Ehe kein
+besonderes häusliches Glück versprochen. Seine Wahl war hauptsächlich
+durch politische Rücksichten bestimmt worden, und es sah nicht
+wahrscheinlich aus, daß zwischen einem hübschen sechzehnjährigen
+Mädchen, die zwar ein sanftes Gemüth und natürlichen Verstand besaß, im
+übrigen aber unwissend und einfach war, und einem Bräutigam, der, obwohl
+noch nicht ganz achtundzwanzig Jahr alt, doch seinem körperlichen
+Zustande nach älter war als ihr Vater, der ein kaltes, abstoßendes
+Benehmen hatte und dessen Kopf beständig mit Staatsgeschäften und
+Sportvergnügungen angefüllt war, eine innige Zuneigung würde entstehen
+können. Eine Zeit lang vernachlässigte Wilhelm seine Gemahlin, indem er
+durch andere Frauen von ihr abgezogen wurde, besonders durch eine ihrer
+Hofdamen, Namens Elisabeth Villiers, welche Talente besaß, die sie wohl
+geeignet machten, seine Sorgen zu theilen, obgleich sie aller
+persönlichen Reize entbehrte und sogar durch ein häßliches Schielen
+entstellt war.[8] Er schämte sich zwar seiner Fehler und bemühte sich
+nach Kräften, sie zu verbergen, aber trotz aller Vorsicht wußte Marie
+wohl, daß er ihr nicht ganz treu war. Spione und Ohrenbläser thaten auf
+Anregen ihres Vaters ihr Möglichstes, um ihren Zorn zu entflammen. Ein
+Mann von ganz andrem Character, der vortreffliche Ken, der mehrere
+Monate lang im Haag ihr Kaplan war, wurde so aufgebracht durch die ihr
+widerfahrenden Kränkungen, daß er mit mehr Eifer als Besonnenheit
+drohte, ihren Gemahl ernstlich zur Rede zu setzen.[9] Sie selbst ertrug
+jedoch alles Unrecht mit einer Sanftmuth und Geduld, welche ihr nach und
+nach Wilhelm’s Achtung und Dankbarkeit erwarben. Indessen war auch noch
+eine andre Ursache der Entfremdung vorhanden. Es kam ohne Zweifel eine
+Zeit, wo die Prinzessin, welche nur zu Stickereiarbeiten, zum
+Spinetspiel und zum Lesen der Bibel und der „Pflichten des Menschen“
+erzogen war, das Oberhaupt einer großen Monarchie wurde und das
+Gleichgewicht Europa’s in ihrer Hand ruhte, während ihr ehrgeiziger,
+geschäftskundiger und beständig auf große Unternehmungen sinnender
+Gemahl bei der britischen Regierung keine vorausbestimmte Stelle für
+sich fand und nur durch ihre Güte und so lange es ihr gefiel Macht
+ausüben konnte. Es kann nicht befremden, daß ein Mann, der die Gewalt so
+liebte wie Wilhelm, und der sich seines Herrschergenies so bewußt war,
+in hohem Maße die Eifersucht empfand, die während eines Königthums von
+wenigen Stunden zwischen Guildford Dudley und Lady Johanna Zwietracht
+hervorrief und einen noch viel tragischeren Bruch zwischen Darnley und
+der Königin von Schottland herbeiführte. Die Prinzessin von Oranien
+hatte nicht die leiseste Ahnung von den Gefühlen ihres Gemahls. Ihr
+Lehrer, der Bischof Compton, hatte sie in der Religion sorgfältig
+unterrichtet und ihr Gemüth namentlich gegen die Künste der
+römisch-katholischen Theologen gestählt, sie aber in völliger Unkenntniß
+der englischen Verfassung und ihrer eignen Stellung gelassen. Sie wußte,
+daß ihr eheliches Gelübde sie zum Gehorsam gegen ihren Gemahl
+verpflichtete und es war ihr nie in den Sinn gekommen, daß dieses
+gegenseitige Verhältniß einmal umgekehrt werden könnte. Sie war bereits
+neun Jahre vermählt, ehe sie die Ursache von Wilhelm’s Verstimmung
+entdeckte, und von ihm selbst würde sie dieselbe auch nie erfahren
+haben. In Folge seiner ganzen Gemüthsart brütete er eher über die ihn
+niederdrückenden Sorgen, als daß er denselben einen Ausdruck gab, und in
+diesem speciellen Falle wurde sein Mund durch ein ganz natürliches
+Zartgefühl versiegelt. Endlich aber kam durch die Vermittelung Gilbert
+Burnet’s eine vollkommene Verständigung und Aussöhnung zu Stande.
+
+ [Anmerkung 8: Siehe Swift’s Bericht über sie im +Journal to
+ Stella+.]
+
+ [Anmerkung 9: Heinrich Sidney’s Tagebuch vom 31. März 1680 in Mr.
+ Blencowe’s interessanter Sammlung.]
+
+
+[_Gilbert Burnet._] Burnet’s Ruf ist mit auffallender Böswilligkeit und
+Hartnäckigkeit angegriffen worden. Der Angriff begann schon frühzeitig
+in seinem Leben und wird noch jetzt mit unverminderter Heftigkeit
+fortgesetzt, obgleich er bereits über ein und ein Viertel Jahrhundert im
+Grabe liegt. Allerdings ist er auch für den Parteihaß und den
+muthwilligen Spott eine Zielscheibe, wie sie sich keine bessere wünschen
+können, denn die Mängel seines Verstandes und seines Characters liegen
+klar am Tage und können Niemandem entgehen. Es waren jedoch nicht die
+Fehler, welche man als seinen Landsleuten eigen zu betrachten pflegt. Er
+allein unter den vielen Schotten, die sich in England zu Auszeichnung
+und Wohlstand emporgeschwungen haben, hatte den Charakter, welchen
+Satiriker, Romanschreiber und Schauspieldichter allgemein den irischen
+Abenteurern zuschreiben. Seine physische Lebendigkeit, seine
+Ruhmredigkeit, seine unverhohlene Eitelkeit, seine Faseleien, seine
+herausfordernde Indiscretion und seine kecke Dreistigkeit boten den
+Tories unerschöpflichen Stoff zu Spötteleien. Auch unterließen seine
+Feinde nicht, ihm nebenbei über seine breiten Schultern, seine dicken
+Waden und sein Glück in Heirathsspekulationen auf verliebte reiche
+Wittwen mehr witzige als artige Complimente zu machen. Obwohl jedoch
+Burnet in vieler Beziehung dem Spott und selbst dem Tadel Blößen darbot,
+so verdiente er doch keineswegs eine solche Geringschätzung. Er besaß
+einen regen Geist, einen unermüdlichen Fleiß und eine vielseitige,
+ausgedehnte Belesenheit. Er war zu gleicher Zeit Geschichtsschreiber,
+Alterthumsforscher, Theolog, Prediger, Tagesschriftsteller, Polemiker
+und thätiger politischer Parteiführer, und in allen diesen
+Eigenschaften zeichnete er sich unter vielen geschickten Mitbewerbern
+vortheilhaft aus. Die vielen geistreichen Abhandlungen, die er über
+Tagesbegebenheiten schrieb, sind jetzt nur noch Forschern bekannt; aber
+seine +History of his own Times+, seine +History of the Reformation+,
+seine +Exposition of the Articles+, sein +Discourse of Pastoral Care+,
+sein +Life of Hale+ und sein +Life of Wilmot+ werden noch immer neu
+aufgelegt und fehlen in keiner guten Privatbibliothek. Gegen eine solche
+Thatsache vermögen alle Anstrengungen der Verleumder nichts. Ein
+Schriftsteller, dessen umfangreiche Werke in verschiedenen Zweigen der
+Literatur noch hundertdreißig Jahre nach seinem Tode zahlreiche Leser
+finden, kann große Fehler gehabt haben, muß aber auch große Vorzüge
+gehabt haben, und diese hatte Burnet: einen fruchtbaren und regen Geist
+und einen Styl, der allerdings von tadelloser Reinheit weit entfernt,
+doch stets klar, oft lebendig ist und sich zuweilen selbst zu
+feierlicher und glühender Beredtsamkeit erhebt. Auf der Kanzel wurde die
+Wirkung seiner ohne irgend welche schriftliche Notizen gehaltenen
+Predigten noch erhöht durch eine edle Gestalt und einen imponirenden
+Vortrag. Er wurde oft durch das Beifallsgemurmel seiner Zuhörer
+unterbrochen, und wenn die Sanduhr, die sich damals auf jeder Kanzel
+befand, abgelaufen war und er dieselbe emporhielt, forderte ihn die
+Gemeinde durch lauten Zuruf auf fortzufahren, bis der Sand noch einmal
+abgelaufen wäre.[10] Die großen Mängel seines sittlichen Characters und
+seines Geistes wurden durch große Vorzüge mehr als ausgeglichen.
+Obgleich durch Vorurtheil und Leidenschaft oft auf Irrwege geführt, war
+er doch im strengsten Sinne des Worts ein Ehrenmann. Konnte er auch den
+Versuchungen der Eitelkeit nicht immer widerstehen, so stand sein
+Character doch hoch über den Einflüssen der Habsucht und der Furcht. Er
+war von Gemüth leutselig, hochherzig, dankbar und nachsichtig.[11] Sein
+Glaubenseifer, obwohl stetig und glühend, wurde im Allgemeinen durch
+Humanität und durch Achtung der Gewissensfreiheit in Schranken gehalten.
+Trotz seiner unerschütterlichen Anhänglichkeit an das was er als den
+Geist des Christenthums betrachtete, war er doch gleichgültig gegen
+Gebräuche, Namen und Formen der kirchlichen Verfassung und war selbst
+gegen Ungläubige und Ketzer, deren Lebenswandel tadellos war und deren
+Irrthümer mehr die Wirkung falscher Begriffe als eines verderbten
+Characters zu sein schienen, durchaus nicht zur Strenge geneigt. Aber
+gleich vielen anderen braven Männern jener Zeit betrachtete er die Sache
+der römischen Kirche als eine Ausnahme von allen gewöhnlichen Regeln.
+
+Burnet genoß schon seit mehreren Jahren eines europäischen Rufes. Seine
+Geschichte der Reformation war von allen Protestanten mit lautem Beifall
+aufgenommen und von den römischen Katholiken als ein gewaltiger Schlag
+gefühlt worden. Der größte Gelehrte, den die römische Kirche seit dem
+Schisma des sechzehnten Jahrhunderts hervorgebracht, Bossuet, Bischof
+von Meaux, war mit der Bearbeitung einer ausführlichen Erwiederung
+beschäftigt. Burnet war von einem der glaubenseifrigen Parlamente,
+welche während der durch das papistische Complot verursachten Aufregung
+tagten, mit einem Dankvotum beehrt und im Namen der Gemeinen von England
+ersucht worden, seine geschichtlichen Forschungen fortzusetzen. Er war
+von Karl sowohl als von Jakob in deren engere Unterhaltungszirkel
+gezogen worden, hatte mit mehreren ausgezeichneten Staatsmännern,
+besonders mit Halifax auf sehr vertrautem Fuße gestanden und war der
+Gewissensrath einiger sehr hochstehenden Personen gewesen. Er hatte
+ferner einen der glänzendsten Wüstlinge jener Zeit, Johann Wilmot, Earl
+von Rochester, von Atheismus und Ausschweifung zurückgebracht. Lord
+Stafford, das Opfer des Oates, war, obgleich Katholik, in seinen letzten
+Stunden durch Burnet’s geistlichen Zuspruch über diejenigen Punkte, in
+denen alle Christen übereinstimmen, erbaut worden. Wenige Jahre später
+begleitete Burnet einen noch erlauchteren Dulder, Lord Russell, vom
+Tower auf das Schaffot in Lincoln’s Inn Fields. Der Hof hatte nichts
+unversucht gelassen, um einen so thätigen und tüchtigen Theologen zu
+gewinnen. Weder königliche Schmeicheleien, noch die Verheißung
+einträglicher Stellen waren gespart worden. Aber Burnet war, obwohl in
+früher Jugend von den servilen Lehren angesteckt, denen der damalige
+Klerus durchgehends anhing, aus Überzeugung Whig geworden und er blieb
+seinen Grundsätzen durch alle Wechselfälle des Lebens treu. Er hatte
+jedoch keinen Antheil an der Verschwörung genommen, welche soviel
+Schmach und Unheil über die Whigpartei brachte und verabscheuete nicht
+nur die Mordpläne Goodenough’s und Ferguson’s, sondern war auch der
+Meinung, daß selbst sein geliebter und verehrter Freund Russell gegen
+die Regierung weiter gegangen sei, als es sich rechtfertigen ließ.
+Endlich kam eine Zeit, wo die Unschuld kein hinreichender Schutz war.
+Burnet wurde, obgleich er sich keiner Übertretung des Gesetzes schuldig
+gemacht, von der Rache des Hofes verfolgt. Er begab sich auf den
+Continent und nachdem er etwa ein Jahr auf jene Wanderungen durch die
+Schweiz, durch Italien und Deutschland verwendet, von denen er uns eine
+anziehende Beschreibung hinterlassen hat, ging er im Sommer 1686 nach
+dem Haag, wo er mit Freundlichkeit und Achtung aufgenommen wurde. Er
+unterhielt sich sehr freisinnig mit der Prinzessin über Politik und
+Religion und wurde bald ihr geistlicher Beistand und vertrauter
+Rathgeber. Wilhelm erwies sich als ein viel freundlicherer Wirth, als es
+zu erwarten gewesen wäre. Denn von allen Fehlern waren ihm
+Zudringlichkeit und Indiscretion am meisten verhaßt und Burnet war, wie
+selbst seine Freunde und Verehrer zugestanden, der zudringlichste und
+indiscreteste Mensch, den es geben konnte. Aber der scharfsichtige Prinz
+bemerkte sehr wohl, daß dieser vorlaute und schwatzhafte Theolog, der
+beständig Geheimnisse ausplauderte, naseweise Fragen stellte und
+unerbetenen Rath aufdrängte, bei alledem ein freimüthiger, furchtloser
+und kluger Mann war, der die Gesinnungen und Absichten der britischen
+Secten und Factionen genau kannte. Auch war der Ruf von Burnet’s
+Beredsamkeit und Gelehrsamkeit weit verbreitet. Wilhelm selbst war kein
+Freund vom Lesen, aber er stand jetzt seit vielen Jahren an der Spitze
+der holländischen Regierung zu einer Zeit, wo die holländische Presse
+eines der gewaltigsten Werkzeuge war, durch welche die öffentliche
+Meinung in Europa bearbeitet wurde, und obgleich er an literarischen
+Genüssen kein Vergnügen fand, war er doch viel zu klug und
+scharfsichtig, als daß er den Werth des literarischen Beistandes nicht
+hätte erkennen sollen. Er wußte sehr wohl, daß eine populäre Flugschrift
+zuweilen ebenso gute Dienste leistet als ein Sieg auf dem Schlachtfelde.
+Auch sah er ein, wie wichtig es sei, daß er immer einen Mann um sich
+hatte, der mit der bürgerlichen und kirchlichen Verfassung unsrer Insel
+vertraut war, und Burnet eignete sich vortrefflich dazu, als lebende
+Encyclopädie über britische Angelegenheiten benutzt zu werden, denn
+seine Kenntnisse waren, wenn auch nicht immer ganz zuverlässig, doch von
+erstaunlicher Vielseitigkeit und es gab in England wie in Schottland
+wenige ausgezeichnete Männer irgend einer politischen oder religiösen
+Partei, mit denen er nicht verkehrt hätte. Es wurde ihm daher die
+nämliche Gunst und das nämliche Vertrauen gewährt wie nur irgend Einem
+außer denen, welche den kleinen intimsten Kreis von Privatfreunden des
+Prinzen bildeten. Nahm sich der Doctor Freiheiten heraus, was nicht
+selten der Fall war, so wurde sein Gönner noch kälter und mürrischer als
+gewöhnlich gegen ihn und äußerte zuweilen eine kurze, beißende
+Bemerkung, die einem Menschen von gewöhnlicher Dreistigkeit für immer
+den Mund geschlossen haben würde. Trotz solcher Vorfälle aber dauerte
+die Freundschaft dieses sonderbaren Paares mit wenigen kurzen
+Unterbrechungen so lange, bis sie durch den Tod aufgelöst wurde. Es war
+in der That nicht leicht, Burnet zu kränken. Seine Selbstgefälligkeit,
+seine heitere Sorglosigkeit und seine Taktlosigkeit waren so groß, daß
+er wohl oft Anstoß gab, aber nie Anstoß nahm.
+
+ [Anmerkung 10: Sprecher Onslow’s Note zu Burnet I. 596; +Johnson’s
+ Life of Sprat+.]
+
+ [Anmerkung 11: Niemand hat Burnet häufiger und bitterer
+ widersprochen als Dartmouth. Und doch schrieb auch Dartmouth: „Ich
+ glaube nicht, daß er jemals vorsätzlich etwas veröffentlichte, was
+ er für falsch hielt.“ Zu einer späteren Zeit nahm er, durch einige
+ Bemerkungen über sich im zweiten Bande der Geschichte des Bischofs
+ gereizt, dieses Lob zurück; aber auf einen solchen Widerruf darf
+ man kein großes Gewicht legen. Selbst Swift war so gerecht zu
+ sagen: „Im Ganzen war er ein hochherziger und braver Mann.“ +Short
+ Remarks on Bishop Burnet’s History+.
+
+ Burnet wird gewöhnlich als ein auffallend ungenauer
+ Geschichtsschreiber getadelt; aber ich halte diesen Vorwurf für
+ ungerecht. Er scheint nur deshalb ungenau zu sein, weil seine
+ Darstellung einer besonders strengen und unfreundlichen Kritik
+ unterzogen worden ist. Wenn ein Whig sich die Mühe nehmen wollte
+ +Reresby’s Memoirs, North’s Examen, Mulgrave’s Account of the
+ Revolution+ oder +Clarke’s Life of James the Second+ einer
+ ähnlichen Prüfung zu unterwerfen, so würde es sich bald zeigen,
+ daß Burnet keineswegs der ungenaueste Geschichtsschreiber seiner
+ Zeit war.]
+
+
+[_Er vermittelt eine innigere Annäherung zwischen dem Prinzen und der
+Prinzessin._] Alle Eigenthümlichkeiten seines Characters machten ihn
+ganz dazu geeignet, der Friedensstifter zwischen Wilhelm und Marien zu
+werden. Wenn Personen, die einander achten und lieben sollten, durch
+eine Ursache von einander fern gehalten werden, welche drei freimüthig
+gesprochene Worte beseitigen könnten, so ist es ein Glück für sie, wenn
+sie einen indiscreten Freund haben, der mit der ganzen Wahrheit
+herausplatzt. Burnet sagte der Prinzessin ganz offen, welches Gefühl an
+dem Herzen ihres Gemahls nagte. Sie erfuhr jetzt zum ersten Male mit
+nicht geringem Erstaunen, daß, wenn sie Königin von England würde,
+Wilhelm ihren Thron nicht theilen sollte. Sie erklärte mit den innigsten
+Worten, daß es keinen Beweis von ehelicher Unterwerfung und Liebe gebe,
+zu dem sie nicht jeden Augenblick bereit wäre. Unter vielen
+Entschuldigungen und feierlichen Versicherungen, daß kein andrer Mensch
+ihm ein Wort in den Mund gelegt habe, sagte ihr Burnet nun, daß das
+Heilmittel in ihrer Hand liege. Wenn die Krone ihr zugefallen sei, könne
+sie leicht ihr Parlament dazu bewegen, daß es ihrem Gatten nicht nur den
+Königstitel gewährte, sondern ihm sogar durch ein Gesetz die Zügel der
+Regierung in die Hand gab. „Aber,“ setzte er hinzu, „Ihre königliche
+Hoheit müssen wohl überlegen, ehe Sie einen solchen Entschluß
+aussprechen, denn es ist ein Entschluß, dessen Zurücknahme weder rathsam
+noch leicht sein würde, wenn er einmal angekündigt wäre.“ -- „Ich bedarf
+keiner Zeit zur Überlegung,“ antwortete Marie. „Es ist genug, daß ich
+eine Gelegenheit habe, um dem Prinzen meine Achtung zu beweisen. Theilen
+Sie ihm mit was ich gesagt habe, und bringen Sie ihn zu mir, damit er es
+aus meinem eigenen Munde höre.“ Burnet wollte den Prinzen sogleich
+herbeiholen, aber er war viele Meilen weit entfernt auf einer
+Hirschjagd. Erst am folgenden Tage konnte die entscheidende Unterredung
+stattfinden. „Ich habe erst gestern erfahren,“ sagte Marie, „daß
+zwischen den Gesetzen Englands und den Gesetzen Gottes ein solcher
+Unterschied obwaltet. Aber ich verspreche Ihnen, daß Sie jederzeit der
+Gebieter sein sollen, und ich verlange keinen andren Lohn dafür, als daß
+Sie das Gebot, welches den Gatten vorschreibt, ihre Frauen zu lieben,
+ebenso befolgen, wie ich das Gebot halte, welches den Frauen
+vorschreibt, ihren Gatten zu gehorchen.“ Dieser Beweis von edelmüthiger
+Zuneigung gewann ihr Wilhelm’s Herz vollständig. Von diesem Augenblicke
+an bis zu dem traurigen Tage, an welchem er ohnmächtig von ihrem
+Sterbebett hinweggetragen wurde, herrschte vollkommene Freundschaft und
+unbegrenztes Vertrauen zwischen ihnen. Viele von ihren Briefen an ihn
+sind noch vorhanden und sie enthalten zahlreiche Beweise, daß es diesem
+Manne, der in den Augen der Menge für so unliebenswürdig galt, gelungen
+war, einer schönen und tugendhaften Frau, welche in Hinsicht der Geburt
+über ihm stand, eine bis zur abgöttischen Verehrung gehende Liebe
+einzuflößen.
+
+Der Dienst, den Burnet seinem Vaterlande erzeigt, war von hoher
+Bedeutung. Es war eine Zeit gekommen, wo es für das Wohl des Staates
+sehr wichtig war, daß zwischen dem Prinzen und der Prinzessin
+vollkommene Eintracht herrschte.
+
+
+[_Beziehungen Wilhelm’s zu den englischen Parteien._] Bis nach der
+Unterdrückung des Aufstandes im Westen hatten ernste Ursachen des
+Zwiespaltes Wilhelm sowohl von den Tories als von den Whigs getrennt. Er
+hatte mit großem Mißfallen die Versuche der Whigs beobachtet, der
+ausübenden Gewalt einige Befugnisse zu entziehen, die er zur
+Aufrechthaltung ihrer Wirksamkeit und ihrer Würde für nöthig hielt. Mit
+noch größerem Mißfallen hatte er die Unterstützung gesehen, welche ein
+großer Theil dieser Partei den Anmaßungen Monmouth’s angedeihen ließ. Es
+schien als ob die Opposition zuerst die Krone Englands des Tragens nicht
+mehr werth machen und sie dann einem Bastard und Betrüger aufs Haupt
+setzen wollte. Zu gleicher Zeit war das religiöse System des Prinzen
+weit verschieden von dem, welchem die Torypartei huldigte. Sie waren
+Arminianer und Prälatisten. Sie sahen mit Verachtung auf die
+protestantischen Kirchen des Continents herab und hielten jede Zeile
+ihrer eignen Liturgie und Rubrica für kaum weniger geheiligt als die
+Evangelien. Seine Ansichten über die metaphysischen Seiten der Theologie
+waren calvinistisch. Seine Ansichten bezüglich der Kirchenverfassungen
+und der gottesdienstlichen Formen waren latitudinarisch. Er gab zu, daß
+das Episcopat eine gesetzliche und zweckmäßige Form des Kirchenregiments
+sei; aber er sprach mit Bitterkeit und Hohn von der Bigotterie Derer,
+welche die bischöfliche Ordination für ein wesentliches Erforderniß
+einer christlichen Gesellschaft hielten. Gegen die durch die Liturgie
+vorgeschriebenen Gewänder und Gesten hatte er keine Bedenken, aber er
+gestand, daß ihm die Gebräuche der anglikanischen Kirche lieber sein
+würden, wenn sie ihn weniger an die Gebräuche der römischen Kirche
+erinnerten. Man hatte ihn ein ominöses Gemurmel von sich geben hören,
+als er in der Privatkapelle seiner Gemahlin zum ersten Male einen Altar
+nach anglikanischer Weise geschmückt sah, und es schien ihm nicht
+sonderlich zu gefallen, als er Hooker’s +Ecclesiastical Policy+ in ihrer
+Hand sah.[12]
+
+ [Anmerkung 12: +Dr.+ Hooper’s handschriftliche Erzählung im
+ Anhange zu Lord Dungannon’s +Life of William+.]
+
+
+[_Seine Gesinnungen gegen England._] Er verfolgte daher lange den Streit
+zwischen den englischen Parteien mit Aufmerksamkeit, aber ohne eine
+starke Vorliebe für die eine oder die andre Partei zu hegen. Er wurde
+auch bis ans Ende seines Lebens in der That niemals weder ein Whig, noch
+ein Tory. Es fehlte ihm das was die gemeinsame Grundlage beider
+Charactere ist, denn er wurde nie ein Engländer. Er rettete zwar
+England, liebte es aber nie und erlangte ebensowenig die Liebe der
+Engländer. Für ihn war es nur ein Verbannungsort, den er mit Widerwillen
+besuchte und mit Freuden verließ. Selbst als er dem Lande die Dienste
+leistete, deren günstige Wirkungen wir bis auf den heutigen Tag fühlen,
+war sein Hauptzweck nicht die Wohlfahrt desselben.
+
+
+[_Seine Gesinnungen gegen Holland und Frankreich._] All’ sein
+patriotisches Gefühl gehörte Holland. Hier befand sich das prächtige
+Grabmal, in welchem der große Staatsmann ruhte, dessen Blut, dessen
+Namen, dessen Character und dessen Genie er geerbt hatte. Hier war der
+bloße Klang seines Namens schon ein Zauberspruch, welcher durch drei
+Generationen die liebevolle Begeisterung der Landleute und Handwerker
+erweckt hatte. Die holländische Sprache war die Sprache seiner
+Kinderstube; unter dem holländischen Adel hatte er seine ersten Freunde
+gewählt; die Vergnügungen, die Bauart und die Gegenden seines
+Heimathlandes wurzelten tief in seinem Herzen. Zu ihm wendete er sich
+immer wieder mit unveränderter Zärtlichkeit von einem stolzeren und
+schöneren Nebenbuhler ab. In den Sälen von Whitehall sehnte er sich nach
+dem traulichen Hause im Busche im Haag und er fühlte sich nie
+glücklicher, als wenn er die Pracht von Windsor mit der bescheidenen
+Einfachheit von Loo vertauschen konnte. Während seiner glänzenden
+Verbannung fand er einigen Trost darin, daß er durch Bauen, Pflanzen und
+Graben um sich her einen Schauplatz schaffen konnte, der ihn an die
+regelmäßigen Gebäude von rothem Backstein, an die langen Kanäle und an
+die symmetrischen Blumenbeete erinnerte, unter denen er seine Jugend
+verlebt hatte. Doch selbst die Liebe zu seinem Vaterlande war einem
+andren Gefühle untergeordnet, welches schon frühzeitig in seiner Seele
+die Oberherrschaft gewann, das sich mit allen seinen Leidenschaften
+vermischte, das ihn zu großartigen Unternehmungen anspornte, das ihn
+aufrecht erhielt, wenn Kränkungen, Schmerzen, Krankheit und Sorgen ihn
+zu Boden drücken wollten, das gegen das Ende seiner Laufbahn einmal
+kurze Zeit erloschen zu sein schien, aber bald heftiger als je wieder
+hervorbrach und ihn noch beseelte, als das Sterbegebet an seinem Lager
+gesprochen wurde. Dieses Gefühl war der Haß gegen Frankreich und den
+prachtliebenden König, der in mehr als einer Hinsicht Frankreich
+repräsentirte und der mit seinen specifisch französischen Tugenden und
+Vorzügen jenen unruhigen, gewissenlosen und dünkelhaften Ehrgeiz
+verband, der zu wiederholten Malen den Zorn ganz Europa’s über
+Frankreich gebracht hat.
+
+Es ist nicht schwer, die Fortschritte des Gefühls zu verfolgen, welches
+nach und nach die Alleinherrschaft in Wilhelm’s Seele erlangte. Als er
+kaum erst dem Knabenalter entwachsen, war sein Vaterland in
+prahlerischem Trotze gegen Recht und Gerechtigkeit überfallen, verwüstet
+und allen Excessen der Raubsucht, Ausschweifung und Grausamkeit
+preisgegeben worden. Die Holländer hatten sich in ihrer Bedrängniß vor
+dem Eroberer gedemüthigt und um Gnade gefleht. Darauf war ihnen der
+Bescheid geworden, daß wenn sie Frieden wünschten, sie ihre
+Selbstständigkeit aufgeben und alljährlich dem Hause Bourbon huldigen
+müßten. Die schwer beleidigte Nation hatte, zur Verzweiflung getrieben,
+ihre Deiche durchbrochen und das Meer als Bundesgenossen gegen die
+französische Tyrannei zu Hülfe gerufen. Mitten in den Greueln dieses
+Kampfes, während die Landleute entsetzt vor den Eroberern flohen,
+während Hunderte von schönen Gärten und Lusthäusern in den Fluthen
+begraben, während die Berathungen der Generalstaaten durch die
+Ohnmachten und das laute Weinen alter Senatoren unterbrochen wurden,
+welche den Gedanken nicht ertragen konnten, die Freiheit und den Ruhm
+ihres Vaterlandes zu überleben, war Wilhelm an die Spitze der Geschäfte
+berufen worden. Eine Zeit lang dünkte ihm jeder Widerstand hoffnungslos.
+Er sah sich vergebens nach Hülfe um. Spanien war ausgesogen, Deutschland
+zerrissen, England bestochen. Es schien dem jungen Statthalter, als ob
+ihm nichts weiter übrig bliebe, als mit dem Schwerte in der Hand zu
+fallen, oder der Aeneas einer großen Völkerwanderung zu werden und in
+Gegenden, welche außer dem Bereiche der Tyrannei Frankreichs lagen, ein
+neues Holland zu gründen. Dann wäre kein Hinderniß mehr vorhanden
+gewesen, das die Fortschritte des Hauses Bourbon hätte hemmen können.
+Noch wenige Jahre und dieses Haus würde seine Besitzungen durch
+Lothringen und Flandern, Castilien und Arragonien, Neapel und Mailand,
+Mexico und Peru vergrößert haben. Ludwig hätte sich dann die Kaiserkrone
+aufsetzen, einen Prinzen seines Hauses auf den Thron Polens erheben und
+der Alleinherrscher in Europa von den scythischen Wüsten bis zum
+Atlantischen Ocean, sowie in Amerika von den Gegenden nördlich vom
+Wendekreis des Krebses bis zu den Gegenden südlich vom Wendekreis des
+Steinbocks werden können. Dies waren die Aussichten, die sich Wilhelm
+darboten, als er in das öffentliche Leben eintrat und welche ihn bis zu
+seinem letzten Tage unaufhörlich verfolgten. Die französische Monarchie
+war für ihn das was die römische Republik für Hannibal, was das
+ottomanische Reich für Scanderbeg, was die südliche Herrschaft für
+Wallace war. Die Religion gab diesem glühenden und unverlöschlichen
+Hasse ihre Weihe. Hunderte von calvinistischen Predigern verkündeten,
+daß die nämliche Macht, welche Simson vom Mutterleibe an dazu bestimmt,
+die Geißel der Philister zu werden, und welche Gideon von der
+Dreschtenne abgerufen, um die Midianiter zu schlagen, Wilhelm von
+Oranien zum Vorkämpfer aller freien Nationen und aller reinen Kirchen
+erkoren habe, und diese Ansicht war nicht ohne Einfluß auf sein Gemüth
+geblieben. Dem Vertrauen, welches dieser heldenmüthige Fatalist in seine
+erhabene Bestimmung und in seine heilige Sache setzte, ist zum Theil
+seine auffallende Gleichgültigkeit gegen jede Gefahr zuzuschreiben. Er
+hatte ein großes Werk zu vollbringen und bis es vollbracht war, konnte
+ihm nichts schaden. Daher kam es auch, daß er trotz der Prophezeiungen
+der Ärzte von hoffnungslos scheinenden Krankheiten genas, daß Schaaren
+von Mördern sich vergebens gegen sein Leben verschworen, daß der offene
+Nachen, dem er sich in sternenloser Nacht auf einem tobenden Ocean an
+einer verrätherischen Küste anvertraute, ihn wohlbehalten ans Land trug
+und daß auf zwanzig Schlachtfeldern die Kanonenkugeln auf allen Seiten
+an ihm vorübersausten. Die Begeisterung und Ausdauer, womit er sich
+seiner Sendung widmete, haben kaum ein Beispiel in der Geschichte.
+Seinem großen Ziele gegenüber achtete er das Leben Anderer ebenso gering
+als sein eigenes. Selbst die menschlichsten und edelmüthigen Soldaten
+jener Zeit waren zu sehr daran gewöhnt, das Blutvergießen und die
+Verheerungen, welche von großen kriegerischen Unternehmungen
+unzertrennlich sind, mit kalter Gleichgültigkeit zu betrachten, und
+Wilhelm’s Herz war nicht allein durch berufsmäßige Unempfindlichkeit,
+sondern auch durch die noch starrere Unempfindlichkeit gestählt, welche
+die Wirkung des Pflichtgefühls ist. Drei große Coalitionen, drei lange
+und blutige Kriege, in denen ganz Europa von der Weichsel bis zum
+westlichen Ocean unter den Waffen stand, sind lediglich seiner
+unbezwinglichen Energie zuzuschreiben. Als im Jahre 1678 die
+Generalstaaten erschöpft und entmuthigt nach Ruhe verlangten, stimmte er
+noch immer dagegen, das Schwert in die Scheide zu stecken, und der
+Friede wurde nur geschlossen, weil er seinen wilden und entschlossenen
+Geist nicht auch Anderen einhauchen konnte. Noch im letzten Augenblicke
+schlug er in der Hoffnung, dadurch die Unterhandlungen abzubrechen, von
+denen er wohl wußte, daß sie dem Abschlusse nahe waren, eine der
+blutigsten und hartnäckigsten Schlachten jener Zeit. Von dem Tage an, wo
+der Friede von Nymwegen unterzeichnet worden war, begann er auf eine
+neue Coalition zu sinnen. Sein Streit mit Ludwig, der nun vom
+Schlachtfelde in das Kabinet versetzt wurde, ward bald durch eine
+Privatfehde noch erbitterter. Die beiden Rivalen waren einander in
+Talenten, Character, Manieren und Ansichten gerade entgegengesetzt.
+Ludwig, fein und würdevoll, verschwenderisch und ausschweifend, ein
+Freund von Prunk und Feind von persönlicher Gefahr, ein freigebiger
+Beschützer der Künste und Wissenschaften und ein grausamer Verfolger der
+Calvinisten, bildete einen auffallenden Contrast mit Wilhelm, der
+einfach in seinen Neigungen, unfreundlich in seinem Benehmen,
+unermüdlich und unerschrocken im Kriege, gleichgültig gegen alle
+Luxuszweige des Wissens und ein entschiedener Anhänger der genfer
+Theologie war. Die beiden Feinde beobachteten nicht lange jene
+Artigkeit, welche Männer ihres Ranges, selbst wenn sie einander an der
+Spitze von Armeen gegenüberstehen, selten aus den Augen setzen. Wilhelm
+gebrauchte zwar die Formalität, daß er Ludwig seine besten Dienste
+anbot; aber diese Höflichkeit wurde nach ihrem wahren Werthe gewürdigt
+und mit einer trocknen Zurückweisung vergolten. Der große König
+verachtete den kleinen Prinzen, der der Diener eines Bundes von
+Handelsstädten war und auf jedes Zeichen von Verachtung antwortete der
+unerschrockene Statthalter mit einer neuen Herausforderung, Wilhelm
+entlehnte seinen Namen, ein Name, den die Ereignisse des
+vorhergegangenen Jahrhunderts zu einem der glänzendsten und berühmtesten
+von ganz Europa gemacht hatten, von einer Stadt, welche nicht weit von
+Avignon an den Ufern der Rhone liegt und die, wie Avignon, obgleich von
+allen Seiten von französischem Gebiet umgeben, doch eigentlich nicht der
+französischen, sondern der kaiserlichen Krone als Lehen gehörte. Ludwig
+besetzte Orange mit der ihm eigenen übermüthigen Verachtung des
+Völkerrechts, schleifte die Befestigungswerke und eignete sich die
+Einkünfte der Stadt zu. Wilhelm erklärte laut bei Tische in Anwesenheit
+vieler Personen, der allerchristlichste König solle diese Beleidigung
+schwer bereuen, und als der Graf von Avaux ihn um eine nähere Erklärung
+dieser Worte bat, weigerte er sich auf das Bestimmteste, sie zu
+widerrufen oder wegzuerklären. Der Streit ging so weit, daß der
+französische Gesandte es nicht wagen durfte, sich im Empfangzimmer der
+Prinzessin blicken zu lassen, wenn er sich nicht der Gefahr aussetzen
+wollte, öffentlich beleidigt zu werden.[13]
+
+Wilhelm’s Gesinnungen gegen Frankreich erklären zugleich seine ganze
+Politik gegen England. Sein Gemeinsinn war ein europäischer. Der
+Hauptgegenstand seiner Sorge war nicht unsre Insel, ja selbst sein
+Geburtsland nicht, sondern die große Gemeinschaft der Nationen, der die
+Unterjochung durch ein zu mächtiges Mitglied drohte. Wer in dem Irrthume
+befangen ist, ihn als einen englischen Staatsmann zu betrachten, muß
+nothwendig sein ganzes Leben in einem falschen Lichte erblicken und wird
+nicht im Stande sein, irgend einen Grundsatz, sei es ein guter oder ein
+schlechter, ein whiggistischer oder ein toryistischer, zu entdecken, auf
+den sich seine wichtigsten Thaten zurückführen ließen. Betrachten wir
+ihn aber als einen Mann, dessen besondere Aufgabe es war, eine Masse von
+schwachen, zerrissenen und entmuthigten Staaten zu einem festen und
+starken Bunde gegen den gemeinsamen Feind zu sammeln, betrachten wir ihn
+als einen Mann, in dessen Augen England namentlich deshalb wichtig war,
+weil ohne dasselbe die von ihm beabsichtigte große Coalition
+unvollständig gewesen sein würde, so werden wir zugeben müssen, daß
+keine langjährige Laufbahn, von der uns die Geschichte erzählt, von
+Anfang bis zu Ende gleichmäßiger war als die dieses großen Fürsten.[14]
+
+ [Anmerkung 13: +Avaux Negotiations+, Aug. 10.(20.), Sept.
+ 14.(24.), Sept. 28. (Oct. 8.), Dec. 7.(17.) 1682.]
+
+ [Anmerkung 14: Ich kann mir das Vergnügen nicht versagen,
+ Massillon’s unfreundliche, aber scharfsinnige und edle
+ Characteristik Wilhelm’s hier anzuführen: +„Un prince profond dans
+ ses vues; habile à former des ligues et à reunir les esprits, plus
+ heureux à exciter les guerres qu’à combattre; plus encore à
+ craindre dans le secret du cabinet, qu’à la tête des armées; un
+ ennemi que la haine du nom Français avait rendu capable d’imaginer
+ de grandes choses et de les exécuter; un de ces génies qui
+ semblent être nés pour mouvoir à leur gré les peuples et les
+ souverains; un grand homme, s’il n’avoit jamais voulu être roi.“+
+ Grabrede auf den Dauphin.]
+
+
+[_Seine Politik durchaus consequent._] Der Leitfaden, den wir jetzt
+besitzen, wird es uns möglich machen, ohne Schwierigkeit den wirklich
+consequenten, obgleich anscheinend zuweilen gewundenen Gang zu
+verfolgen, den er gegen unsere inneren Factionen beobachtete. Er
+erkannte deutlich, was übrigens auch weit weniger scharfsichtigen Leuten
+als er war, nicht entging, daß das Unternehmen, an dem er mit ganzer
+Seele hing, wahrscheinlich gelingen würde, wenn England auf seiner Seite
+wäre, daß der Ausgang ungewiß sein würde, wenn England neutral bliebe,
+und daß es hoffnungslos sein würde, wenn England handelte, wie es in den
+Tagen der Cabale gehandelt hätte. Nicht weniger deutlich sah er, daß
+zwischen der äußeren und der inneren Politik Englands ein enger
+Zusammenhang stattfand, daß der Regent dieses Landes, wenn er mit dem
+gesetzgebenden Körper harmonirte, stets einen großen Einfluß auf die
+Angelegenheiten der Christenheit ausüben und daß ihm offenbar daran
+gelegen sein mußte, der ungebührlichen Machtvergrößerung irgend eines
+festländischen Potentaten entgegenzuwirken; daß auf der andren Seite der
+Souverain, wenn der gesetzgebende Körper ihm nicht traute und ihn in
+seinen freien Bewegungen hemmte, in der europäischen Politik nur von
+geringem Gewicht sein konnte und daß dieses ganze kleine Gewicht in die
+falsche Wagschale fallen würde. Der erste Wunsch des Prinzen war daher:
+Eintracht zwischen dem Throne und dem Parlamente. Wie diese Eintracht
+herzustellen war und auf welcher Seite Zugeständnisse gemacht werden
+mußten, dies waren seiner Ansicht nach Fragen von untergeordneter
+Bedeutung. Allerdings würde es ihm am liebsten gewesen sein, wenn eine
+vollständige Aussöhnung hätte bewirkt werden können, ohne einen
+Buchstaben von der Prärogative zu opfern, denn er hatte an der
+ungeschmälerten Aufrechthaltung derselben ein anwartschaftliches
+Interesse, und war von Natur mindestens eben so herrschsüchtig und ein
+eben so großer Feind von Beschränkung, als irgend ein Stuart. Aber es
+gab kein Kleinod der Krone, das er nicht, selbst nachdem sie auf sein
+eignes Haupt gesetzt worden, bereitwilligst zum Opfer gebracht hätte,
+wenn er überzeugt sein konnte, daß ein solches Opfer zur Erreichung
+seines großen Zieles unumgänglich nöthig war. Daher empfahl er auch der
+Regierung in den Tagen des papistischen Complots Nachgiebigkeit,
+obgleich er die Heftigkeit mißbilligte, mit der die Opposition die
+königliche Autorität angriff. Das Verfahren der Gemeinen bezüglich der
+inneren Angelegenheiten, sagte er, sei höchst unverständig, aber so
+lange die Gemeinen unzufrieden seien, könnten die Freiheiten Europa’s
+nicht sicher sein und dieser überwiegenden Rücksicht müsse jede andre
+weichen. Nach diesen Grundsätzen handelte er, als die Ausschließungsbill
+die ganze Nation erschütterte. Man hat keinen Grund zu der Annahme, daß
+er die Opposition aufgemuntert habe, diese Bill einzubringen oder die
+wiederholt gemachten Vergleichsvorschläge des Thrones zurückzuweisen.
+Als es aber klar wurde, daß, wenn diese Bill nicht durchging, ein
+ernster Bruch zwischen den Gemeinen und dem Hofe entstehen mußte, sprach
+er deutlich, obwohl mit gebührender Mäßigung, seine Ansicht dahin aus,
+daß man sich um jeden Preis mit den Vertretern des Volks versöhnen
+müsse. Als ein heftiger und reißender Umschwung der öffentlichen Meinung
+die Whigpartei eine Zeit lang völlig hilflos gelassen hatte, versuchte
+er es sein großes Ziel auf einem andren Wege zu erreichen, der seiner
+Natur vielleicht besser zusagte als der vorher betretene. Die veränderte
+Stimmung der Nation bot wenig Aussicht dar, daß ein Parlament gewählt
+werden würde, das geneigt war, die Wünsche des Souverains zu
+durchkreuzen. Karl war eine Zeit lang Herr. Ihn zu gewinnen, war daher
+des Prinzen erster Wunsch. Im Sommer 1683, fast in dem Augenblicke, als
+die Entdeckung des Ryehousecomplots die Niederlage der Whigs und den
+Sieg des Königs vollständig machte, traten anderwärts Ereignisse ein,
+welche Wilhelm nicht ohne die größte Angst und Besorgniß mit ansehen
+konnte. Die türkischen Heere rückten bis an die Vorstädte Wiens heran.
+Die große österreichische Monarchie, auf deren Unterstützung der Prinz
+gerechnet hatte, schien ihrem Untergange nahe zu sein. Bentinck wurde
+daher schleunigst vom Haag nach London gesandt, mit dem Auftrage nichts
+zu versäumen, was nöthig sein konnte, um den englischen Hof zu gewinnen,
+und ganz besonders war er angewiesen, in den stärksten Ausdrücken den
+Abscheu seines Gebieters gegen die Whigverschwörung zu versichern.
+
+Während der nächsten achtzehn Monate war einige Hoffnung, daß der Einfuß
+Halifax’ überwiegen und daß der Hof von Whitehall zur Politik der
+Tripleallianz zurückkehren werde. An diese Hoffnung klammerte sich
+Wilhelm mit Vorliebe an und sparte keine Mühe, um Karl günstig zu
+stimmen. Die gastliche Aufnahme, welche Monmouth im Haag fand, muß
+hauptsächlich dem ernstlichen Bestreben des Prinzen, die wirklichen
+Wünsche von Monmouth’s Vater zu erfüllen, zugeschrieben werden. Sobald
+Karl gestorben war, schlug Wilhelm in unabänderlicher Verfolgung seines
+Zieles wieder ein andres Verfahren ein. Er hatte Monmouth aufgenommen,
+um dem verstorbenen Könige zu gefallen; damit nun der gegenwärtige König
+keine Ursache zu Beschwerden haben sollte, wurde Monmouth fortgeschickt.
+Wir haben gesehen, daß beim Ausbruche des Aufstandes im Westen die in
+holländischen Diensten stehenden britischen Regimenter durch die
+thätigen Bemühungen des Prinzen auf die erste Aufforderung in ihre
+Heimath zurückgesandt wurden. Wilhelm erbot sich sogar, persönlich ein
+Commando gegen die Rebellen zu übernehmen, und daß dieses Anerbieten
+vollkommen aufrichtig gemeint war, kann von Niemandem, der seine
+vertraulichen Briefe an Bentinck gelesen hat, bezweifelt werden.[15]
+
+Der Prinz gab sich zu dieser Zeit augenscheinlich der Hoffnung hin, daß
+der große Plan, dem in seinem Geiste alles Andre untergeordnet war, den
+Beifall und die Unterstützung seines Schwiegervaters erhalten werde. Der
+hohe Ton, den Jakob damals gegen Frankreich annahm, die
+Bereitwilligkeit, mit der er sich zu einem Defensivbündnisse mit den
+Vereinigten Provinzen verstand, und seine Geneigtheit zu einer
+Verbindung mit dem Hause Österreich bestärkten diese Erwartung. Aber
+bald verfinsterte sich der Horizont. Die Entlassung Halifax’, der Bruch
+zwischen Jakob und dem Parlamente, die Prorogation desselben und die
+ausdrückliche Erklärung, welche der König den auswärtigen Gesandten gab,
+daß die festländische Politik seine Aufmerksamkeit nicht länger von
+inneren Maßregeln zur Befestigung seiner Hoheitsrechte und zur Förderung
+der Interessen seiner Kirche ablenken sollte, machten der Täuschung ein
+Ende. Es war klar, daß England, wenn Jakob sein Beherrscher war, im Fall
+einer europäischen Krisis entweder unthätig bleiben oder im Einklange
+mit Frankreich handeln würde. Und die europäische Krisis rückte immer
+näher. Das Haus Österreich war durch eine Reihe von Siegen gegen fernere
+Gefahr von Seiten der Türkei gesichert worden und hatte daher nicht mehr
+nöthig, die Übergriffe und Beleidigungen Ludwig’s geduldig zu ertragen.
+
+ [Anmerkung 15: Zum Beispiel: +„Je crois M. Feversham un très brave
+ et honeste homme. Mais je doute s’il a assez d’expérience à
+ diriger une si grande affaire qu’il a sur le bras. Dieu lui donne
+ un succès prompt et heureux. Mais je ne suis pas hors
+ d’inquiétude.“+ -- 7.(17.) Juli 1685. Als er die Nachricht von der
+ Schlacht von Sedgemoor erhalten hatte, schrieb er wieder: +„Dieu
+ soit loué du bon succès que les troupes du Roy ont eu contres les
+ rebelles. Je ne doute pas que cette affaire ne soit entièrement
+ assoupie, et que le règne du Roy sera heureux, ce que Dieu
+ veuille.“+ -- 10.(20.) Juli.]
+
+
+[_Vertrag von Augsburg._] In Folge dessen wurde im Juli 1686 zu Augsburg
+ein Vertrag unterzeichnet, durch den sich die Fürsten des Reichs zum
+Zwecke gegenseitiger Vertheidigung eng verbanden. Die Könige von Spanien
+und von Schweden waren diesem Bunde ebenfalls beigetreten, der König von
+Spanien als Besitzer der im burgundischen Kreise liegenden Provinzen,
+der König von Schweden als Herzog von Pommern. Die Verbündeten
+erklärten, daß sie nicht die Absicht hätten irgend eine Macht
+anzugreifen oder irgend eine zu beleidigen, daß sie aber entschlossen
+seien, keine Verletzung der Rechte zu dulden, welche das deutsche Reich
+unter Sanction des Völkerrechts und der öffentlichen Treue besitze. Sie
+verpflichteten sich, einander im Falle der Noth beizustehen und
+bestimmten das Truppencontingent, das jedes Mitglied des Bundes stellen
+mußte, wenn es nöthig werden sollte, einen Angriff zurückzuweisen.[16]
+Der Name Wilhelm’s war in dieser Urkunde nicht genannt aber Jedermann
+wußte, daß sie sein Werk war und sah voraus, daß er in nicht langer Zeit
+wieder an der Spitze einer Coalition gegen Frankreich stehen werde.
+Zwischen ihm und dem Vasallen Frankreichs konnte unter solchen Umständen
+kein herzliches Einvernehmen stattfinden. Es erfolgte zwar kein offener
+Bruch und kein Austausch von Drohungen oder Vorwürfen; aber
+Schwiegervater und Schwiegersohn waren vollständig und für immer
+geschieden.
+
+ [Anmerkung 16: Der Vertrag ist in dem +Recueil des Traités, IV.
+ No. 209+ zu finden.]
+
+
+[_Wilhelm wird das Oberhaupt der englischen Opposition._] Gerade zu der
+Zeit, als der Prinz so dem englischen Hofe entfremdet wurde,
+verschwanden die Ursachen, welche bisher eine Kälte zwischen ihm und den
+beiden großen Parteien des englischen Volks hervorgerufen hatten. Ein
+großer Theil, der Zahl nach vielleicht die Mehrheit der Whigs, hatte die
+Ansprüche Monmouth’s begünstigt, aber Monmouth existirte jetzt nicht
+mehr. Die Tories auf der andren Seite hatten gefürchtet, die Interessen
+der anglikanischen Kirche mochten unter der Leitung eines Mannes nicht
+sicher sein, der unter holländischen Presbyterianern aufgewachsen und
+dessen Ansichten über die Gewänder, die Ceremonien und die Bischöfe als
+latitudinarisch wohl bekannt waren; seitdem aber jener geliebten Kirche
+von einer ganz andren Seite weit furchtbarere Gefahren drohten, hatten
+diese Befürchtungen fast ihre ganze Kraft verloren. So kam es, daß beide
+große Parteien in dem nämlichen Augenblicke ihre Hoffnungen und ihre
+Liebe auf den nämlichen Führer zu richten begannen. Alte Republikaner
+konnten ihr Vertrauen einem Manne nicht versagen, der viele Jahre
+hindurch das höchste Amt einer Republik würdig bekleidet hatte, und alte
+Royalisten sahen ein, daß sie in Übereinstimmung mit ihren Grundsätzen
+handelten, wenn sie einem dem Throne so nahe gehenden Prinzen die
+tiefste Ehrerbietung bezeigten. Unter diesen Umständen war es von
+höchster Wichtigkeit, daß zwischen Wilhelm und Marien die vollkommenste
+Einigkeit herrschte. Eine Mißhelligkeit zwischen der präsumtiven
+Thronerbin und ihrem Gemahl hätte in der großen Masse, die sich von
+allen Seiten her um einen gemeinschaftlichen Mittelpunkt schaarte, eine
+Spaltung hervorbringen müssen. Zum Glück wurde jede Gefahr einer solchen
+Mißhelligkeit im entscheidenden Augenblicke durch Burnet’s
+Dazwischenkunft beseitigt und der Prinz wurde das unbestrittene Haupt
+der ganzen Partei, welche der Regierung feindlich gegenüberstand, einer
+Partei, welche fast die ganze Nation in sich begriff.
+
+Es ist nicht der mindeste Grund zu der Annahme vorhanden, daß er schon
+um diese Zeit das große Unternehmen im Sinne hatte, zu dem ihn später
+die gebieterische Nothwendigkeit trieb. Er wußte sehr gut, daß die
+öffentliche Stimmung in England, wenn auch durch Kränkungen gereizt,
+doch zu einer Revolution keineswegs reif war. Gewiß würde er gern das
+Ärgerniß vermieden haben, das ein blutiger Streit zwischen Personen,
+welche durch die engsten Bande der Blutsverwandtschaft und der
+Verschwägerung an einander gekettet waren, nothwendig erregen mußte.
+Auch sein Ehrgeiz ließ es ihm nicht wünschenswerth erscheinen, die
+Größe, die im gewöhnlichen Laufe der Natur und des Rechts ihm zufallen
+konnte, einer Gewaltthätigkeit zu verdanken, denn er wußte jetzt, daß,
+wenn die Krone auf regelmäßigem Wege auf seine Gemahlin überging,
+zugleich mit derselben auch alle ihre Vorrechte ungeschmälert auf ihn
+selbst übergehen würden, daß sie aber, wenn sie durch eine Wahl erlangt
+wurde, unter den Bedingungen angenommen werden mußte, welche die Wähler
+zu stellen für gut fanden. Er schien daher geduldig den Tag erwarten zu
+wollen, wo er mit unbestrittenem Rechte die Regierung antreten konnte,
+und sich bis dahin darauf zu beschränken, als erster Prinz von Geblüt
+und als Oberhaupt der Partei, welche in der Nation entschieden das
+Übergewicht hatte, und die auch darauf rechnen konnte, in beiden Häusern
+eines zu versammelnden Parlaments entschieden zu überwiegen, einen
+großen Einfluß auf die englischen Angelegenheiten auszuüben.
+
+
+[_Mordaunt schlägt Wilhelm eine Landung in England vor._] Indessen war
+er bereits durch einen Rathgeber, der weniger scharfsichtig, aber
+ungestümer war als er selbst, gedrängt worden, einen kühneren Weg
+einzuschlagen. Dieser Rathgeber war der junge Lord Mordaunt. Das
+damalige Zeitalter hat kein erfinderischeres Genie und keinen
+verwegeneren Geist hervorgebracht. Aber wenn ein Plan nur glänzend war,
+so fragte Mordaunt selten danach, ob er auch ausführbar sein würde, sein
+ganzes Leben war ein wilder Roman, zusammengesetzt aus geheimnißvollen
+Intriguen der Politik und der Liebe, aus heftigen und schnellen Wechseln
+des Schauplatzes und des Glücks, und aus Siegen, welche mehr denen eines
+Amadis und eines Lancelot, als denen eines Luxemburg und eines Eugen
+glichen. Die Episoden, welche mit dieser seltsamen Lebensgeschichte
+verflochten waren, entsprachen ganz der Hauptintrigue. Es waren darunter
+nächtliche Kämpfe mit edelmüthigen Räubern und Befreiungen vornehmer und
+schöner Damen aus den Händen von Entführern. Nachdem sich Mordaunt durch
+die Beredtsamkeit und Kühnheit ausgezeichnet, mit der er im Hause der
+Lords gegen den Hof aufgetreten war, zog er sich bald nach der
+Prorogation nach dem Haag zurück und empfahl dringend eine unverzügliche
+Landung in England. Er bildete sich ein, es sei eben so leicht, drei
+große Königreiche zu überrumpeln, als es ihm lange nachher wurde,
+Barcellona zu nehmen.
+
+
+[_Wilhelm verwirft den Rath._] Wilhelm hörte ihn an, überlegte sich die
+Sache und erwiederte endlich in allgemeinen Ausdrücken, er interessire
+sich sehr für die englischen Angelegenheiten und werde dieselben scharf
+im Auge behalten.[17] Was aber auch seine Absicht sein mochte, es ist
+nicht anzunehmen, daß er einen voreiligen und hitzköpfigen fahrenden
+Ritter zu seinem Vertrauten erwählt haben würde. Die beiden Männer
+hatten nichts mit einander gemein als persönlichen Muth, der bei ihnen
+bis zum fabelhaften Heroismus ging, Mordaunt wollte lediglich die
+Aufregung des Kampfes genießen und die Menschen in Erstaunen setzen,
+Wilhelm hatte beständig ein erhabenes Ziel vor Augen. Nach diesem Ziele
+trieb ihn eine gewaltige Leidenschaft, die ihn im Gewande einer heiligen
+Pflicht erschien. Auf dieses Ziel steuerte er mit einer Geduld hin, die,
+wie er einmal sagte, der Geduld eines Bootsführers glich, den er auf
+einem Kanale gegen eine widrige Strömung hatte ankämpfen sehen, der
+immer wieder zurückgeworfen wurde, aber nicht aufhörte zu rudern und
+zufrieden war, wenn er nach stundenlanger Arbeit um einige Yards
+vorwärts gekommen war.[18] Heldenthaten, die ihn seinem Ziele nicht
+näher brachten, mochten sie in den Augen des großen Haufens noch so
+ruhmvoll sein, waren seiner Ansicht nach kindische Eitelkeiten, aber
+kein Theil der wahren Aufgabe des Lebens.
+
+Er beschloß, Mordaunt’s Rath zu verwerfen und es kann keinem Zweifel
+unterliegen, daß dies ein weiser Entschluß war. Hätte Wilhelm im Jahre
+1686 oder selbst 1687 das versucht, was er 1688 mit so glänzendem
+Erfolge unternahm, so würden zwar vielleicht auf seinen Ruf viele Whigs
+zu den Waffen gegriffen haben, aber er würde bald gesehen haben, daß die
+Nation noch nicht hinreichend vorbereitet war, um einen bewaffneten
+Befreier aus fremdem Lande willkommen zu heißen, und daß die Kirche noch
+nicht genugsam gereizt und beleidigt worden war, damit sie den
+Grundsatz, der seit so langer Zeit ihr Losungswort war, schon hätte
+vergessen haben können. Die alten Kavaliere würden sich um das
+königliche Banner geschaart haben und es würde wahrscheinlich in allen
+drei Königreichen ein eben so langer und heftiger Bürgerkrieg als der
+unter der vorigen Generation ausgebrochen sein. Während dieser Krieg auf
+den britischen Inseln wüthete, was konnte Ludwig inzwischen nicht Alles
+auf dem Continent versuchen? Und welche Aussichten hätte dann Holland
+gehabt, das von seinen Truppen entblößt und von seinem Statthalter
+verlassen gewesen wäre?
+
+ [Anmerkung 17: +Burnet I. 762.+]
+
+ [Anmerkung 18: +Temple’s Memoirs.+]
+
+
+[_Unzufriedenheit in England nach dem Sturze der Hyde._] Wilhelm
+begnügte sich daher für jetzt, Maßregeln zu ergreifen, um der mächtigen
+Opposition, deren Oberhaupt er geworden war, Einigkeit und Lebenskraft
+einzuhauchen. Dies war nicht schwer. Der Fall der Hyde hatte durch ganz
+England eine heftige Aufregung und Entrüstung hervorgerufen. Man fühlte,
+daß es sich jetzt nicht mehr darum handelte, ob der Protestantismus
+herrschen, sondern ob er geduldet werden sollte. An die Stelle des
+Schatzmeisters war eine Commission getreten, deren Oberhaupt ein Papist
+war. Das Geheimsiegel war einem Papisten anvertraut worden und der
+Nachfolger des Lordlieutenants von Irland war ein Mann, der durchaus
+keinen andren Anspruch auf einen so hohen Posten hatte, als daß er
+Papist war. Tyrconnel wäre der Letzte gewesen, den eine Regierung,
+welcher das allgemeine Wohl des Landes am Herzen lag, nach Dublin als
+Stellvertreter geschickt hätte. Seine brutalen Manieren machten ihn
+geradezu unfähig, die Majestät der Krone zu repräsentiren. Sein
+beschränkter Verstand und sein heftiges Temperament machten ihn
+untauglich, wichtige Staatsgeschäfte zu leiten. Sein unversöhnlicher Haß
+gegen die Besitzer des größeren Theiles des irischen Grund und Bodens
+machte ihn ganz untauglich, gerade dieses Land zu verwalten. Aber die
+Maßlosigkeit seiner Bigotterie wurde als ein genügender Ersatz für die
+Maßlosigkeit seiner anderen Leidenschaften betrachtet und aus Rücksicht
+auf seinen Haß gegen den reformirten Glauben gestattete man ihm, seinem
+Hasse gegen den englischen Namen freien Lauf zu lassen. Dies war also
+der wirkliche Sinn der Achtung Seiner Majestät vor den Rechten der
+Überzeugung! Er wollte, daß sein Parlament alle den Papisten auferlegte
+Ausschließungen beseitigte, nur damit _er_ gleich drückende
+Ausschließungen über die Protestanten verhängen konnte. Es war klar, daß
+unter einem solchen Fürsten Glaubensabfall der einzige Weg zur Größe
+sein konnte. Dennoch wagten es nur Wenige, diesen Weg einzuschlagen,
+denn der Geist der Nation war furchtbar aufgeregt, und jeder Renegat
+hatte ein solches Maß von Hohn und Verachtung zu ertragen, daß auch die
+verhärtetsten Naturen nicht ganz unempfindlich dagegen bleiben konnten.
+
+
+[_Bekehrungen zum Papismus; Peterborough, Salisbury._] Allerdings hatten
+erst kürzlich mehrere bemerkenswerthe Übertritte stattgefunden; aber sie
+waren von der Art, daß sie der römischen Kirche wenig Ehre machten. Zwei
+vornehme Männer hatten sich in ihren Schooß aufnehmen lassen: Heinrich
+Mordaunt, Earl von Peterborough und Jakob Cecil, Earl von Salisbury.
+Aber Peterborough, früher ein thätiger Soldat, Hofmann und Diplomat, war
+jetzt durch Alter und Krankheit gebeugt und wer ihn, auf einen Stock
+gestützt und in Flanell und Pflaster eingehüllt, durch die Gallerien von
+Whitehall hinken sah, tröstete sich über seinen Abfall damit, daß er
+seinen Glauben erst gewechselt, nachdem er seine Körper- und
+Geisteskräfte überlebt hatte.[19] Salisbury war sprüchwörtlich albern.
+Sein Körper war in Folge sinnlicher Genüsse dermaßen aufgeschwollen, daß
+er sich fast nicht mehr bewegen konnte, und dieser träge Körper war der
+Wohnsitz eines eben so trägen Geistes. In populären Spottliedern war er
+als ein Mensch dargestellt, der dazu geschaffen war, betrogen zu werden,
+als ein Mensch, der bisher die Beute von Spielern gewesen und der eben
+so gut die Beute von Mönchen werden konnte. Ein Pasquill, das zur Zeit
+von Rochester’s Rücktritt an die Thür von Salisbury House am Strand
+angeheftet wurde, schildert in starken Ausdrücken das Entsetzen, mit dem
+der weise Robert Cecil, wenn er aus seinem Grabe auferstehen könnte,
+sehen würde, auf was für ein Geschöpf seine Würden und Ehren gekommen
+waren.[20]
+
+ [Anmerkung 19: Siehe die beiden Gedichte, betitelt: +The Converts+
+ und +The Delusion+.]
+
+ [Anmerkung 20: Die Verse befinden sich in der +Collection of State
+ Poems+.]
+
+
+[_Wycherley, Tindal, Haines._] Dies waren im Range die höchststehenden
+von Jakob’s Proselyten. Außerdem gab es noch Renegaten ganz andrer Art,
+unbemittelte Leute von Talent, die aber keine Grundsätze und keine Spur
+von Ehrgefühl besaßen. Man hat Grund zu glauben, daß Wilhelm Wycherley,
+der zügelloseste und hartherzigste Schriftsteller einer ganz besonders
+zügellosen und hartherzigen Schule, zu diesen gehörte.[21] Gewiß ist,
+daß Matthäus Tindal, der sich später durch seine Schriften gegen das
+Christenthum einen Namen machte, um diese Zeit in den Schooß der
+alleinseligmachenden Kirche aufgenommen wurde, ein Schritt, den, wie man
+leicht denken kann, die Theologen, mit denen er nachmals polemisirte,
+nicht vergessen hatten.[22] Ein noch ehrloserer Apostat war Joseph
+Haines, dessen Name jetzt so gut wie vergessen ist, der aber damals als
+ein Abenteurer von vielseitiger Begabung, als Gauner, Falschmünzer,
+falscher Zeuge, falscher Bürge, Tanzmeister, Possenreißer, Dichter
+und Schauspieler wohl bekannt war. Einige von seinen Prologen und
+Epilogen wurden von seinen Zeitgenossen viel bewundert und sein
+Schauspielertalent war allgemein anerkannt. Dieser Mann wurde Katholik,
+ging im Gefolge Castelmaine’s mit nach Italien, wurde aber bald wegen
+schlechter Aufführung wieder entlassen. Wenn man einer Tradition glauben
+darf, die sich lange im Garderobezimmer erhalten hat, so hatte Haines
+die Frechheit zu behaupten, daß ihm die Jungfrau Maria erschienen sei
+und ihn zur Buße aufgefordert habe. Nach der Revolution versuchte er es
+sich mit der Stadt durch eine Buße auszusöhnen, die noch skandalöser war
+als sein Vergehen. Eines Abends, ehe er in einer Posse auftrat, erschien
+er in ein weißes Betttuch gehüllt und mit einer Kerze in der Hand auf
+der Bühne und trug einige gottlose, unanständige Knittelverse vor, die
+er seinen Widerruf nannte.[23]
+
+ [Anmerkung 21: Die Nachrichten, die wir über Wycherley haben, sind
+ äußerst dürftig; zweierlei aber ist gewiß: daß er sich in seinen
+ späteren Jahren einen Papisten nannte und daß er von Jakob Geld
+ erhielt. Ich zweifle kaum daran, daß er ein bezahlter Convertit
+ war.]
+
+ [Anmerkung 22: Siehe den Artikel über ihn in der +Biographia
+ Britannica+.]
+
+ [Anmerkung 23: Siehe Jakob Quin’s Bericht über Haines in +Davies’s
+ Miscellanies+; +Tom Brown’s Works+; +Lives of Sharpers+; Dryden’s
+ Epilog zu der +Secular Masque+.]
+
+
+[_Dryden._] Mit dem Namen Haines wurde in vielen Libellen der Name eines
+berühmteren Renegaten, Johann Dryden’s verbunden. Dryden näherte sich
+jetzt dem Abend seines Lebens. Nach vielen Erfolgen und vielen
+Enttäuschungen hatte er endlich mit allgemeiner Zustimmung die erste
+Stelle unter den lebenden Dichtern Englands erhalten. Er hatte größere
+Ansprüche auf den Dank Jakob’s als irgend ein andrer Schriftsteller des
+Königreichs. Doch Jakob war an Versen wenig, sehr viel aber am Gelde
+gelegen. Vom Tage seiner Thronbesteigung an bemühte er sich kleine
+Ersparnisse zu machen, welche einer Regierung den Vorwurf der Knauserei
+zuziehen, ohne die Finanzlast merklich zu erleichten. Zu den Opfern
+seiner unverständigen Sparsamkeit gehörte auch der +Poeta Laureatus+. Es
+wurde Befehl gegeben, daß in dem neuen Diplom, welches durch die
+Erledigung der Krone nöthig geworden war, das jährlich gespendete Faß
+Sect, das ursprünglich Jonson bewilligt und auch dessen Nachfolgern
+zugestanden worden war, weggelassen werden sollte.[24] Dies war die
+einzige Notiz, welche der König im ersten Jahre seiner Regierung von dem
+gewaltigen Satiriker zu nehmen geruhte, der im kritischesten Augenblicke
+des großen Kampfes wegen der Ausschließungsbill in den Reihen der Whigs
+Schrecken verbreitet hatte. Dryden war arm und seine Armuth drückte ihn
+nieder. Von Religion wußte er wenig und kümmerte sich auch nicht darum.
+Wenn irgend ein Gefühl tief in seiner Brust wurzelte, so war es der
+Widerwille gegen die Priester jeden Glaubens, gegen Leviten, Auguren,
+Muftis, römisch-katholische Geistliche, presbyterianische und
+anglikanische Geistliche. Er war von Natur kein hochherziger Mann, und
+seine Bestrebungen waren nicht von der Art, daß sie seinem Sinne höhere
+Würde und größeres Zartgefühl verleihen konnten. Er hatte viele Jahre
+lang sich seinen Unterhalt dadurch erworben, daß er dem verderbten
+Geschmacke des Publikums diente und reichen, adeligen Gönnern auf die
+plumpste Manier schmeichelte. Selbstachtung und ein feines
+Schicklichkeitsgefühl konnte man von einem Manne, der das Leben eines
+Bettlers und Speichelleckers geführt hatte, nicht erwarten. Da er die
+Bemerkung machte, daß seine Dienste unbeachtet bleiben würden, wenn er
+fortführe sich einen Protestanten zu nennen, so erklärte er sich zum
+Papisten. Augenblicklich ließ die Knauserei des Königs nach. Dryden
+wurde mit einem Jahrgelde von hundert Pfund belohnt und dazu verwendet,
+seine neue Religion in Prosa und in Versen zu vertheidigen.
+
+Zwei ausgezeichnete Männer, Samuel Johnson und Walter Scott, haben ihr
+Möglichstes gethan, um sich selbst und Andere zu überreden, daß dieser
+denkwürdige Glaubenswechsel aufrichtig war. Es war natürlich, daß sie
+einen Schandfleck von dem Gedächtnisse eines Mannes verwischen
+wollten, dessen Genie sie mit Recht bewunderten und mit dessen
+politischen Ansichten sie stark sympathisirten; der unparteiische
+Geschichtsschreiber aber muß ein ganz andres Urtheil aussprechen. Es
+wird jederzeit starker Zweifel gegen die Aufrichtigkeit einer Bekehrung
+erhoben werden, durch welche der Bekehrte unmittelbar gewinnt. Und in
+Dryden’s Falle ist nichts vorhanden, was diesen Zweifel entkräften
+konnte. Seine theologischen Schriften beweisen zur Genüge, daß er sich
+nie fleißig und ernstlich bemüht hat, die Wahrheit zu ergründen, und daß
+seine Kenntniß der Kirche, die er verließ, wie auch der, zu der er
+übertrat, höchst oberflächlich war. Eben so wenig benahm er sich in der
+Folge wie ein Mann, den ein starkes Pflichtgefühl zu einem Schritte von
+so hochwichtiger Bedeutung bewogen hatte. Wäre er ein solcher Mann
+gewesen, so würde die nämliche Überzeugung, die ihn in den Schooß der
+römischen Kirche geführt hatte, ihn abgehalten haben, allgemeine Regeln,
+welche diese Kirche in Übereinstimmung mit jeder andren christlichen
+Gemeinschaft als bindend anerkennt, gröblich und gewohnheitsmäßig zu
+verletzen. Es würde ein merklicher Unterschied zwischen seinen früheren
+und seinen späteren Werken zu erkennen gewesen sein; er würde mit Reue
+auf seine fast dreißigjährige literarische Laufbahn zurückgeblickt
+haben, während welcher er seine seltenen Talente für die Diction und den
+Versbau systematisch zur Verbreitung der Sittenverderbniß angewendet
+hatte. Nicht eine Zeile, welche darauf hinzielte, die Tugend verächtlich
+zu machen und unreine Begierden zu entzünden, würde von diesem
+Augenblicke an mehr aus seiner Feder geflossen sein. Leider aber ist es
+nur zu wahr, daß die Dramen, welche er nach seiner angeblichen Bekehrung
+schrieb, in keiner Hinsicht weniger unrein und profan sind, als die
+seiner Jugend. Selbst in seinen Übersetzungen wich er beständig von den
+Originalen ab, um Bilder aufzusuchen, die er hätte übergehen müssen,
+wenn er sie in den Originalen gefunden hätte. Das Schlechte wurde durch
+seine Übertragungen noch schlechter, und das Unschuldige wurde durch die
+Berührung mit seinem Geiste befleckt. Er machte die derbsten Satiren
+Juvenal’s noch derber, schob in die Erzählungen Boccacio’s schlüpfrige
+Schilderungen ein und befleckte die liebliche und reine Poesie der
+Georgica mit Schmutz, der Vergil’s Ekel erregt haben würde.
+
+Dryden’s Beistand war denjenigen römisch-katholischen Theologen
+willkommen, welche gegen die ausgezeichnetsten Männer der Staatskirche
+mit Mühe einen Kampf unterhielten. Sie konnten es sich nicht verhehlen,
+daß ihr durch ausländische, in Rom oder Douay aufgelesene Ausdrücke
+entstellter Styl der Beredtsamkeit eines Tillotson und Sherlock
+gegenüber eben in keinem vortheilhaften Lichte erschien. Man glaubte es
+nicht gering anschlagen zu dürfen, daß man die Mitwirkung des größten
+lebenden Meisters der englischen Sprache gewonnen hatte. Der erste
+Dienst, der von ihm zum Dank für die bewilligte Pension verlangt wurde,
+war eine in Prosa geschriebene Vertheidigung seiner Kirche gegen
+Stillingfleet. Aber einem Manne, der nichts zu sagen weiß, hilft das
+Talent, Alles gut sagen zu können, nichts, und in diesem Falle befand
+sich Dryden. Er sah bald ein, daß er einem Gegner, dessen ganzes Leben
+ein langes Studium der Polemik gewesen, nicht gewachsen war. Der
+langgediente Gladiator entwaffnete den Neuling, versetzte ihm mit
+Verachtung einige Hiebe und wendete sich dann von ihm ab, um
+achtunggebietenderen Kämpfern entgegenzutreten.
+
+ [Anmerkung 24: Diese Thatsache, welche den genauen Forschungen
+ Malone’s entging, ergiebt sich aus dem Briefbuche des Schatzamts
+ von 1685.]
+
+
+[_+„The Hind and Panther.“+_] Jetzt griff Dryden zu einer Waffe, in der
+er schwerlich einen ebenbürtigen Gegner zu fürchten hatte. Er zog sich
+auf einige Zeit von dem Geräusch der Kaffeehäuser und Theater in einen
+ruhigen Winkel von Huntingdonshire zurück und schrieb dort mit
+ungewohnter Sorgfalt und Anstrengung sein berühmtes Gedicht über die
+zwischen der römischen und anglikanischen Kirche obschwebenden
+Streitpunkte. Die römische Kirche ist darin bildlich als eine milchweiße
+Hindin dargestellt, die beständig in Lebensgefahr schwebt, aber dazu
+bestimmt ist, nicht zu sterben. Die Thiere des Feldes sannen auf ihr
+Verderben. Der zitternde (+quaking+) Hase beobachtete eine furchtsame
+Neutralität, aber der socinianische Fuchs, der presbyterianische Wolf,
+der independente Bär und der anabaptistische Eber schossen hämische
+Blicke auf das makellose Geschöpf. Unter dem Schutze ihres Freundes, des
+königlichen Löwen, konnte sie es indessen wagen, mit ihnen aus der
+nämlichen Quelle zu trinken. Die anglikanische Kirche war als Panther
+dargestellt, der zwar Flecken hat, aber schön, für ein Raubthier nur zu
+schön ist. Hindin und Panther, von der blutdürstigen Bevölkerung des
+Waldes in gleichem Grade gehaßt, beriethen sich im Stillen über ihre
+gemeinsame Gefahr. Dann gingen sie zur Discussion der Punkte über, in
+denen sie verschiedener Ansicht waren, und hielten, mit dem Schwanze
+wedelnd und sich den Bart leckend, ein langes Zwiegespräch über die
+wirkliche Anwesenheit Christi beim Abendmahl, über die Autorität der
+Päpste und Concilien, über die Strafgesetze, die Testacte, die Meineide
+des Oates, Buttler’s schlecht belohnte Dienste für die Kavalierpartei,
+Stillingfleet’s Pamphlets und Burnet’s breiten Rücken und glückliche
+Heirathsspekulationen.
+
+Das Unpassende dieses Planes springt in die Augen. Die Allegorie konnte
+in der That nicht zehn Zeilen hintereinander ununterbrochen beibehalten
+werden. Keine noch so kunstvolle Ausführung konnte die Fehler eines
+solchen Planes verdecken. Dessenungeachtet ist die Fabel von der Hindin
+und dem Panther unbestreitbar der werthvollste Beitrag zu der englischen
+Literatur aus der kurzen und unruhigen Regierungszeit Jakob’s II. In
+keinem andren Werke Dryden’s finden sich ergreifendere und erhabenere
+Stellen, eine größere Biegsamkeit und Kraft der Sprache und ein
+lieblicherer und abwechselnderer Wohllaut.
+
+Das Gedicht erschien mit allen Vortheilen ausgestattet, welche
+königliche Gunst gewähren konnte. Eine Prachtausgabe für Schottland
+wurde in der in Holyrood House errichteten Officin gedruckt. Aber die
+Leute waren nicht in der Stimmung, um sich von dem durchsichtigen Style
+und den melodischen Reimen des Apostaten bezaubern zu lassen. Der durch
+seine Feilheit erregte Unwille, die durch die Politik, deren Lobhudler
+er war, hervorgerufene Besorgniß ließen sich nicht in Schlaf singen. Die
+gerechte Entrüstung des Publikums wurde von Vielen, die den Stachel
+seines Spotts gefühlt, und von Vielen, die seinen Ruhm beneideten,
+angeschürt. Trotz aller Beschränkungen, denen die Presse unterlag,
+erschienen täglich Angriffe auf sein Leben und seine Schriften. Bald
+hieß er Bayes, bald der Dichter Squab. Man erinnerte ihn daran, daß er
+in seiner Jugend dem Hause Cromwell in der nämlichen knechtischen Weise
+den Hof gemacht, wie jetzt dem Hause Stuart. Ein Theil seiner Gegner
+druckte boshafterweise die sarkastischen Verse wieder ab, die er zu
+einer Zeit, wo es ihm nichts eingebracht haben würde, wenn er Papist
+geworden wäre, gegen den Papismus geschrieben hatte. Von den vielen
+satirischen Arbeiten, welche bei dieser Gelegenheit erschienen, war die
+gelungenste das gemeinsame Werk zweier junger Männer, welche kürzlich
+ihre Studien in Cambridge vollendet hatten und als vielversprechende
+Anfänger in den literarischen Kaffeehäusern Londons begrüßt worden
+waren: Karl Montague und Matthäus Prior. Montague war von adeliger
+Abkunft, Prior’s Ursprung aber war so dunkel, daß kein Biograph im
+Stande gewesen ist, demselben auf die Spur zu kommen. Beide Abenteurer
+waren arm und strebsam. Beide hatten einen scharfen Verstand und einen
+lebendigen Geist, Beide schwangen sich später hoch empor. Beide
+verbanden in nicht gewöhnlichem Grade mit der Liebe zu den
+Wissenschaften Geschicklichkeit in denjenigen Gebieten des praktischen
+Lebens, gegen welche die Schöngeister in der Regel einen entschiedenen
+Widerwillen haben. Von den funfzig Dichtern, deren Lebenslauf Johnson
+geschildert hat, waren Montague und Prior die beiden einzigen, die sich
+durch eine gründliche Kenntniß des Handels und des Finanzwesens
+auszeichneten. Ihre Wege gingen bald weit auseinander, und ihre
+Jugendfreundschaft löste sich auf. Einer von ihnen wurde das Haupt der
+Whigpartei und wurde von den Tories angeklagt; der Andre wurde in alle
+Geheimnisse der toryistischen Diplomatie eingeweiht und von den Whigs
+lange in strenger Haft gehalten. Endlich wurden die so lange getrennt
+gewesenen Freunde nach vielen ereignißvollen Jahren in der
+Westminster-Abtei wieder mit einander vereinigt.
+
+
+[_Änderung in dem Verfahren des Hofes gegen die Puritaner._] Wer die
+Fabel von der Hindin und dem Panther aufmerksam gelesen hat, muß bemerkt
+haben, daß während der Bearbeitung dieses Werks in den Ansichten Derer,
+welche Dryden als Dolmetscher benutzten, eine große Veränderung vorging.
+Anfangs wird von der anglikanischen Kirche mit Liebe und Achtung
+gesprochen und sie wird ermahnt, sich mit der römisch-katholischen gegen
+die puritanischen Secten zu verbinden; am Schlusse des Gedichts aber und
+in der Vorrede, welche nach Vollendung des Ganzen geschrieben wurde,
+werden die protestantischen Dissenters aufgefordert, mit den Katholiken
+gemeinschaftliche Sache gegen die anglikanische Kirche zu machen.
+
+Dieser Umschlag in der Sprache des Hofpoeten deutete auf einen großen
+Umschlag in der Politik des Hofes hin. Der ursprüngliche Zweck Jakob’s
+war gewesen, nicht allein vollständige Befreiung von allen Strafen und
+bürgerlichen Ausschließungen, sondern auch einen großen Antheil an den
+kirchlichen und akademischen Stiftungen für seine Kirche zu erlangen und
+zu gleicher Zeit die Gesetze gegen die puritanischen Secten mit Strenge
+auszuüben. Alle von ihm gewährten besonderen Dispensationen waren
+römischen Katholiken gewährt worden. Alle Gesetze, welche auf den
+Presbyterianern, Independenten und Baptisten am schwersten lasteten,
+hatte er eine Zeit lang mit aller Strenge durchgeführt. Während Hales
+ein Regiment commandirte, während Powis im Geheimen Rathe saß, während
+Massey eine Dechanei bekleidete, während in Oxford mit königlicher
+Genehmigung Breviarien und Meßbücher gedruckt wurden, während in London
+die Hostie unter dem Schutze der Piken und Musketen der Fußgarde
+öffentlich ausgestellt wurde, während Ordensbrüder und Mönche in ihren
+Kutten in den Straßen von London einhergingen, saß Baxter im Gefängniß,
+war Howe in der Verbannung, standen die Fünfmeilenacte und die
+Conventikelacte in voller Kraft, mußten die puritanischen Schriftsteller
+zur ausländischen oder geheimen Pressen ihre Zuflucht nehmen, konnten
+puritanische Gemeinden sich nur des Nachts oder in abgelegenen Einöden
+versammeln, mußten puritanische Geistliche in Kohlengräber- oder
+Matrosenverkleidung predigen. In Schottland hatte der König neue Gesetze
+von beispielloser Härte gegen die Presbyterianer von den Ständen
+verlangt und erhalten, während er keine Anstrengung sparte, ihnen jede
+Erleichterung für die Katholiken abzupressen. Sein Verfahren gegen die
+verbannten Hugenotten hatte seine Gesinnungen nicht minder deutlich
+verrathen. Wir haben gesehen, wie er, als die öffentliche Mildthätigkeit
+eine große Summe zur Unterstützung dieser Unglücklichen in seine Hände
+gelegt, allen Gesetzen der Gastfreundschaft und der Rechtschaffenheit
+zum Hohn von ihnen verlangte, daß sie dem calvinistischen Ritual, dem
+sie mit großer Liebe anhingen, entsagen und sich der anglikanischen
+Kirche anschließen müßten, ehe er ihnen das Geringste von den seiner
+Verwaltung anvertrauten Gaben spenden könnte.
+
+Dies war seine Politik gewesen, so lange er noch einigermaßen hoffen
+konnte, daß die anglikanische Kirche einwilligen werde, die Herrschaft
+mit der römischen Kirche zu theilen. Einmal stieg diese Hoffnung zur
+festen Überzeugung. Die Begeisterung, mit der die Tories seinen
+Regierungsantritt begrüßt hatten, die Wahlen, die demüthige Sprache und
+die reichen Geldbewilligungen seines Parlaments, die Unterdrückung des
+Aufstandes im Westen, die völlige Vernichtung der Partei, die ihn vom
+Throne hatte ausschließen wollen, dies Alles steigerte seine Zuversicht
+bis über die Grenzen der Vernunft. Er glaubte fest, daß seiner Macht und
+seiner Entschlossenheit jedes Hinderniß weichen werde. Sein Parlament
+leistete ihm Widerstand. Er versuchte die Wirkung von ungnädigen Blicken
+und Drohungen, und da er mit diesen nichts erreichte, versuchte er es
+mit der Prorogation. Aber von dem Augenblicke der Prorogation an wurde
+der Widerstand gegen seine Pläne immer stärker und stärker. Es schien
+klar, daß, wenn er seinen Willen durchsetzen wollte, er ihn im
+Widerspruch mit der großen Partei durchsetzen mußte, die seinem Throne,
+seinem Hause und seiner Person so glänzende Beweise von Treue gegeben
+hatte. Die ganze anglikanische Geistlichkeit, die ganze Kavaliergentry
+war gegen ihn. Vergebens hatte er kraft seines kirchlichen Supremats dem
+Klerus anbefohlen, sich jeder Erörterung von Streitpunkten zu enthalten.
+Jede Gemeinde der Nation wurde allsonntäglich gegen die Irrthümer Roms
+gewarnt, und diese Warnungen waren um so wirksamer, weil sie stets mit
+Versicherungen der Ehrerbietung gegen den König und des Entschlusses,
+Alles mit Geduld zu ertragen, was ihm zu verhängen belieben werde,
+verbunden waren. Die royalistischen Ritter und Squires, welche durch
+fünfundvierzig Jahre des Kriegs und der Parteiwuth dem Throne mannhaft
+zur Seite gestanden hatten, sprachen jetzt in sehr nachdrücklichen
+Worten den Entschluß aus, daß sie eben so mannhaft zur Kirche halten
+würden. Trotz seines beschränkten Verstandes und seines despotischen
+Characters sah Jakob nun doch ein, daß er sein Verfahren ändern müsse.
+Er konnte es ohne Gefahr nicht wagen, alle seine protestantischen
+Unterthanen zugleich zu beleidigen. Wenn er es über sich gewinnen
+konnte, der Partei, welche in beiden Häusern das Übergewicht hatte,
+Zugeständnisse zu machen, wenn er sich entschließen konnte, der
+Staatskirche alle ihre Würden, Einkünfte und Privilegien zu lassen, so
+mochte er auch fernerhin presbyterianische Versammlungen verbieten und
+die Gefängnisse mit baptistischen Predigern füllen. Blieb er aber dabei,
+die Hierarchie zu plündern, so mußte er sich entschließen, dem
+Vergnügen, die Dissenters zu verfolgen, zu entsagen. Wollte er von nun
+an mit seinen alten Freunden in Fehde leben, so mußte er mit seinen
+alten Feinden einen Waffenstillstand schließen. Er konnte die
+anglikanische Kirche nur dadurch bezwingen, daß er eine umfassende
+Coalition gegen sie bildete, welche Secten in sich schloß, die zwar in
+Lehre und Verfassung von einander selbst viel stärker abwichen als von
+ihr, aber doch durch ihre gemeinsame Eifersucht auf ihre Größe und durch
+die gemeinsame Furcht vor ihrer Unduldsamkeit bewogen werden konnten,
+ihre Feindseligkeiten so lange ruhen zu lassen, bis jene Kirche die
+Macht verloren hatte, sie zu tyrannisiren.
+
+Ein Grund schien besonders für diesen Plan zu sprechen. Wenn es ihm nur
+gelang, die protestantischen Nonconformisten zu gewinnen, so durfte er
+sich mit der Hoffnung schmeicheln, vor jeder Rebellion sicher zu sein.
+Nach der Ansicht der anglikanischen Geistlichen konnte keine Kränkung
+irgend welcher Art einen Unterthanen berechtigen, den Gesalbten des
+Herrn gewaltsamen Widerstand zu leisten. Die Theorie der puritanischen
+Sectirer lautete ganz anders. Diese Sectirer trugen kein Bedenken,
+Tyrannen mit dem Schwerte Gideon’s zu Boden zu schlagen, und manche von
+ihnen scheuten sich auch nicht, den Dolch Ehud’s zu gebrauchen.
+Wahrscheinlich sannen sie eben jetzt wieder auf einen neuen westlichen
+Aufstand oder auf ein neues Ryehousecomplot. Jakob glaubte daher, daß er
+getrost die Staatskirche verfolgen könnte, wenn es ihm nur gelang, die
+Dissenters zu gewinnen. Die Partei, deren Grundsätze ihm keine
+Sicherheit gewährten, war dann durch das Interesse an ihn gefesselt, und
+die Partei, deren Interessen er angriff, erregte aus Grundsatz keinen
+Aufruhr.
+
+Unter dem Einflusse solcher Erwägungen begann Jakob von dem Augenblicke
+an, als er sich zornig von seinem Parlament trennte, auf eine Coalition
+aller katholischen wie protestantischen Nonconformisten gegen die
+Landeskirche zu denken. Schon um Weihnachten 1685 meldeten die Gesandten
+der Vereinigten Provinzen den Generalstaaten, daß der Plan einer
+allgemeinen Duldung entworfen sei und bald ans Licht treten werde.[25]
+Indessen erwiesen sich die Nachrichten, welche der holländischen
+Gesandtschaft zugekommen waren, als verfrüht. Die Separatisten scheinen
+jedoch im Jahre 1686 schon viel milder behandelt worden zu sein, als
+während des Jahres 1685. Aber nur ganz allmälig und nach vielen inneren
+Kämpfen vermochte es der König über sich, mit Allem, was er am meisten
+verabscheute, ein Bündniß zu schließen. Er hatte einen nicht
+oberflächlichen und launenhaften, nicht erst kürzlich entstandenen oder
+rasch aufgeschossenen, sondern in seiner Familie erblichen Groll zu
+überwinden, welcher durch große, während hundertzwanzig ereignißvoller
+Jahre zugefügte und erlittene Unbilden verstärkt worden und mit allen
+seinen religiösen und politischen, häuslichen und persönlichen Gefühlen
+verwachsen war. Vier Generationen von Stuarts hatten mit vier
+Generationen von Puritanern einen Krieg auf Leben und Tod geführt, und
+während dieses ganzen langen Krieges hatte kein Stuart die Puritaner so
+stark gehaßt, und war so stark von ihnen gehaßt worden, als er. Sie
+hatten es versucht, seine Ehre zu untergraben und ihn seines
+Geburtsrechts zu berauben; sie hatten ihn einen Brandstifter, einen
+Kehlabschneider und einen Giftmischer genannt; sie hatten ihn aus der
+Admiralität und aus dem Staatsrathe verdrängt; sie hatten ihn zu
+wiederholten Malen in die Verbannung getrieben, sie hatten einen
+Mordanschlag auf ihn gemacht, und sie hatten sich zu Tausenden mit
+bewaffneter Hand gegen ihn erhoben. Dafür hatte er sich an ihnen durch
+ein Gemetzel gerächt, wie es England noch nie gesehen. Ihre Köpfe und
+Glieder verwesten noch auf Pfählen auf allen öffentlichen Plätzen von
+Somersetshire und Dorsetshire. Bejahrte Frauen, die wegen ihrer
+Frömmigkeit und Mildthätigkeit von den Sectirern in hohen Ehren gehalten
+wurden, waren um geringfügiger Vergehen willen, die kein guter Fürst nur
+eines strengen Verweises werth gehalten haben würde, enthauptet oder
+lebendig verbrannt worden. In einem solchen Verhältnisse hatte selbst in
+England der König zu den Puritanern gestanden, und in Schottland hatte
+die Tyrannei des Königs und die Wuth der Puritaner einen Grad erreicht,
+von dem sich die Engländer kaum einen Begriff machen konnten. Einen so
+langjährigen und so tödtlichen Haß zu vergessen, war für einen ganz
+besonders harten und unversöhnlichen Character keine leichte Aufgabe.
+
+Der Kampf, der im Innern des Königs stattfand, entging dem Blicke
+Barillon’s nicht. Ende Januar 1687 schrieb er einen interessanten Brief
+nach Versailles. Der König -- dies war der wesentliche Inhalt des
+Schreibens -- habe sich so ziemlich überzeugt, daß er nicht völlige
+Freiheit für die römischen Katholiken erlangen und dabei doch die
+Gesetze gegen die protestantischen Dissenters aufrecht erhalten könne.
+Er neige sich daher zu einem Plane allgemeiner Indulgenz hin, im Herzen
+aber würde es ihm weit lieber sein, wenn er auch jetzt noch seinen
+Schutz und seine Gunst zwischen der römischen und der anglikanischen
+Kirche, mit Ausschluß aller anderen religiösen Überzeugungen, theilen
+könnte.[26]
+
+ [Anmerkung 25: Leeuwen, 25. Dec. (4. Jan.) 1685/6.]
+
+ [Anmerkung 26: Barillon, 31. Jan. (10. Febr.) 1686/7. +„Je crois
+ que, dans le fond, si on ne pouvoit laisser que la religion
+ Anglicane et la Catholique établies par les loix, le Roy
+ d’Angleterre en seroit bien plus content.“+]
+
+
+[_In Schottland theilweise Duldung gewährt._] Wenige Tage nach dem
+Abgang dieser Depesche that Jakob zögernd und widerstrebend den ersten
+Schritt zur Annäherung an die Puritaner. Er hatte sich entschlossen, mit
+Schottland zu beginnen, wo seine Befugniß, von Parlamentsacten zu
+dispensiren, von den willfährigen Ständen anerkannt war. Demgemäß wurde
+am 12. Februar in Edinburg eine Proklamation erlassen, welche
+ängstlichen Gewissen eine Erleichterung gewährte.[27] Diese Proklamation
+beweist vollkommen die Richtigkeit von Barillon’s Urtheil. Selbst in der
+Acte, durch die er den Presbyterianern Zugeständnisse machte, konnte
+Jakob seinen Widerwillen gegen sie nicht verhehlen. Die den Katholiken
+gewährte Duldung war vollkommen. Auch die Quäker hatten wenig Ursache
+sich zu beklagen. Aber die den Presbyterianern, welche die Hauptmasse
+des schottischen Volks bildeten, bewilligte Indulgenz war durch
+Bedingungen beschränkt, die sie fast werthlos machten. An die Stelle des
+bisherigen Religionseides, der sowohl Katholiken als Presbyterianer von
+Staatsämtern ausschloß, war ein neuer Religionseid gesetzt, der die
+Katholiken zuließ, aber die meisten Presbyterianer ausschloß. Den
+Katholiken war es erlaubt, Kapellen zu erbauen und sogar die Hostie
+überall, mit Ausnahme der Straßen in königlichen Burgflecken, in
+Prozession umherzutragen; den Quäkern war es gestattet, sich in
+öffentlichen Gebäuden zu versammeln; die Presbyterianer aber durften nur
+in Privatwohnungen Gottesdienst halten; es war ihnen streng verboten,
+Bethäuser zu bauen, sie durften nicht einmal eine Scheune oder ein
+Nebenhaus zu Andachtsübungen benutzen, und es ward ihnen nachdrücklich
+eingeschärft, daß, wenn sie es wagten, Conventikel unter freiem Himmel
+zu hatten, das Gesetz, welches sowohl den Predigern als den Zuhörern mit
+dem Tode drohte, mit schonungsloser Strenge angewendet werden sollte.
+Jeder katholische Priester durfte Messe lesen, jeder Quäker durfte vor
+seinen Glaubensbrüdern Reden halten; aber der Geheime Rath war
+angewiesen, darüber zu wachen, daß kein presbyterianischer Geistlicher
+sich unterfange, ohne specielle Erlaubniß der Regierung zu predigen.
+Jede Zeile dieses Dokuments und der dasselbe begleitenden Briefe
+beweist, wie schwer es dem Könige wurde, nur einigermaßen die Härte zu
+mildern, mit der er die alten Feinde seines Hauses von jeher behandelt
+hatte.[28]
+
+Man hat wirklich Grund zu glauben, daß er bei Veröffentlichung dieser
+Proklamation noch keineswegs zu einer Coalition mit den Puritanern fest
+entschlossen war und daß er ihnen zuvörderst nur eben so viele
+Begünstigungen gewähren wollte, als durchaus nöthig waren, um die
+Anhänger der Landeskirche durch Einschüchterung zum Gehorsam zu bringen.
+Er wartete daher einen Monat, um zu sehen, welchen Eindruck das in
+Edinburg erlassene Edict in England machen werde. Diesen Monat
+verwendete er auf Petre’s Rath eifrig zu dem, was man +closeting+[29]
+nannte.
+
+ [Anmerkung 27: Sie ist zu finden im Anfange zu Wodrow II. 129.]
+
+ [Anmerkung 28: +Wodrow, Appendix, vol. II. Nos. 128, 129, 132.+]
+
+ [Anmerkung 29: Persönliche Bearbeitung Einzelner im Privatkabinet
+ des Königs. D. Übers.]
+
+
+[_Persönliche Bearbeitung Einzelner im königlichen Kabinet._] London war
+voll von geeigneten Persönlichkeiten. Man erwartete die baldige
+Zusammenberufung des Parlaments zur Erledigung von Geschäften, und viele
+Mitglieder waren bereits in der Stadt. Der König nahm sich vor, sie Mann
+für Mann zu werben. Er hoffte, daß die eifrigen Tories -- und aus
+solchen bestand das Unterhaus mit wenigen Ausnahmen -- seinen dringenden
+Bitten schwer würden widerstehen können, wenn er dieselben nicht an die
+Gesammtheit, sondern an jeden Einzelnen, und nicht vom Thronsessel
+herab, sondern im vertraulichen Gespräch an sie richtete. Die
+Mitglieder, welche nach Whitehall kamen, um ihre Aufwartung zu machen,
+wurden demnach auf die Seite genommen und mit langen Privatunterredungen
+beehrt. Der König drang in sie, daß sie, als loyale Gentlemen, ihm nur
+in dem einem Punkte, der ihm mehr als alles Andre am Herzen liege, den
+Willen thun möchten. Er meinte, die Sache berühre seine persönliche
+Ehre. Die unter der vorigen Regierung von factiösen Parlamenten gegen
+die Katholiken erlassenen Verordnungen seien lediglich gegen ihn selbst
+gerichtet gewesen; diese Gesetze hätten ihm ein Brandmal aufgedrückt,
+ihn aus der Admiralität und aus dem Staatsrathe vertrieben, und er sei
+berechtigt, zu erwarten, daß Alle, die ihn liebten und ehrten, sich zur
+Abschaffung jener Gesetze vereinigen würden. Sah er, daß seine Zuhörer
+gegen diese Ermahnungen taub blieben, so nahm er seine Zuflucht zu
+Drohungen und Bestechungen. Denjenigen, die sich weigerten, ihm in
+dieser Angelegenheit zu Willen zu sein, wurde geradezu gesagt, daß sie
+keine Gunstbezeigung zu erwarten hätten. Trotz seiner Knauserei öffnete
+und vertheilte er seine Schätze. Mehrere von Denen, die zu einer
+Conferenz mit ihm eingeladen worden waren, nahmen aus seinem
+Schlafzimmer Geld mit fort, das sie aus königlicher Hand empfangen
+hatten. Die Richter, die sich gerade auf ihrer Frühjahrsrundreise
+befanden, erhielten Befehl vom Könige, die noch in der Provinz
+zurückgebliebenen Mitglieder zu besuchen und die Gesinnungen jedes
+Einzelnen zu erforschen.
+
+
+[_Erfolglosigkeit der persönlichen Bearbeitung._] Das Resultat aller
+dieser Nachforschungen war, daß die große Majorität des Hauses der
+Gemeinen entschlossen zu sein schien, sich den Maßregeln des Hofes zu
+widersetzen.[30] Einer von Denjenigen, deren Festigkeit allgemeine
+Bewunderung erregten, war Arthur Herbert, der Bruder des Oberrichters,
+Parlamentsmitglied für Dover, Kammerherr und Contreadmiral von England.
+
+ [Anmerkung 30: Barillon, 28. Febr. (10. März) 1686/7; Citters,
+ 15.(25.) Febr.; +Reresby’s Memoirs+; Bonrepaux, 25. Mai (4. Juni)
+ 1687.]
+
+
+[_Admiral Herbert._] Arthur Herbert war bei den Seeleuten sehr beliebt
+und galt für einen der tüchtigsten adeligen Marineoffiziere. Man hatte
+allgemein vermuthet, daß er sich den Wünschen des Königs bereitwillig
+fügen werde, denn er fragte wenig nach der Religion, war
+vergnügungslustig und verschwenderisch, hatte kein Privatvermögen, bezog
+aus seinen Stellen ein jährliches Einkommen von viertausend Pfund und
+wurde seit langer Zeit zu den ergebensten persönlichen Anhängern Jakob’s
+gerechnet. Als aber der Contreadmiral im Privatkabinet vorgenommen und
+das Versprechen von ihm verlangt wurde, daß er für die Aufhebung der
+Testacte stimmen wolle, antwortete er, seine Ehre und sein Gewissen
+erlaubten ihm nicht, ein solches Versprechen zu geben. „Niemand zweifelt
+an Ihrer Ehre“, sagte der König, „aber ein Mann, der so lebt wie Sie,
+sollte nicht von seinem Gewissen sprechen.“ Auf diesen Vorwurf, einen
+Vorwurf, der dem Geliebten der Katharine Sedley übel anstand, erwiederte
+Herbert mit männlicher Offenheit: „Ich habe meine Fehler, Sire, aber ich
+könnte Leute nennen, welche viel häufiger von ihrem Gewissen sprechen
+als ich und dabei ein eben so lockeres Leben führen.“ Er wurde aller
+seiner Stellen entsetzt und die Rechnung über seine Ausgaben und
+Einnahmen als Kammerherr wurden mit großer und, wie er klagte,
+ungerechter Strenge geprüft.[31]
+
+Es war jetzt augenscheinlich, daß jede Hoffnung auf ein Bündnis zwischen
+der anglikanischen und römischen Kirche zu dem Zwecke, die Ämter und
+Einnahmen unter sich zu theilen und die puritanischen Secten zu
+unterdrücken, aufgegeben werden mußte. Es blieb weiter nichts übrig, als
+der Versuch, eine Koalition zwischen der römischen Kirche und den
+puritanischen Secten gegen die anglikanische Kirche zu Stande zu
+bringen.
+
+ [Anmerkung 31: Barillon, 14.(24.) März 1687; Lord Russell an +Dr.+
+ Fitzwilliam, 1. April; +Burnet I. 671, 672+. In +Clarke’s Life of
+ James the Second, II. 204+ ist die Unterredung etwas anders
+ erzählt. Diese Stelle aber ist kein Theil der eigenen Memoiren des
+ Königs.]
+
+
+[_Die Indulgenzerklärung._] Am 18. März kündigte der König dem Geheimen
+Rathe an, daß er beschlossen habe, das Parlament bis Ende November zu
+prorogiren und allen seinen Unterthanen aus eigner Machtvollkommenheit
+völlige Gewissensfreiheit zu gewähren.[32] Am 4. April erschien die
+denkwürdige Indulgenzerklärung.
+
+In dieser Erklärung sagte der König, es sei sein innigster Wunsch, seine
+Unterthanen als Mitglieder derjenigen Kirche zu sehen, der er selbst
+angehöre. Da dies aber nicht sein könne, erkläre er, daß es seine
+Absicht sei, sie in der freien Ausübung ihrer Religion zu schützen. Er
+wiederholte alle die schönen Redensarten, welche acht Jahre früher, als
+er selbst ein Unterdrückter war, so oft aus seinem Munde kamen, die er
+aber nicht mehr gebrauchte, seitdem ein Wechsel des Glücks ihm die Macht
+verliehen hatte, selbst ein Unterdrücker zu werden. Er sei schon längst
+überzeugt, sagte er, daß man dem Gewissen keinen Zwang anthun dürfe, daß
+Verfolgungen der Zunahme der Bevölkerung und dem Handel nachtheilig
+seien und nie zu dem Zwecke führten, den die Verfolger erreichen
+wollten. Er wiederholte das schon oft gegebene und eben so oft
+gebrochene Versprechen, daß er die Staatskirche im Genusse ihrer
+gesetzlichen Rechte schützen wolle. Hierauf erklärte er, ebenfalls aus
+eigner Machtvollkommenheit, eine lange Reihe von Gesetzen für null und
+nichtig, hob alle Strafbestimmungen gegen alle Klassen von
+Nonconformisten auf, ermächtigte die römischen Katholiken wie auch die
+protestantischen Dissenters, ihren Gottesdienst öffentlich zu halten,
+verbot seinen Unterthanen bei Strafe seines allerhöchsten Mißfallens,
+irgend eine religiöse Versammlung zu stören, und schaffte auch alle
+diejenigen Gesetze ab, welche die Befähigung zu bürgerlichen und
+militairischen Ämtern von einem Religionseide abhängig machten.[33]
+
+Daß die Indulgenzerklärung verfassungswidrig war, darüber sind beide
+große Parteien Englands zu allen Zeiten einig gewesen. Jeder, der in
+politischen Fragen ein Urtheil hat, muß einsehen, daß ein Fürst, der
+eine solche Erklärung erlassen darf, nichts Geringeres ist als ein
+absoluter Monarch. Auch kann man zur Vertheidigung dieser Handlung
+Jakob’s nicht die Gründe geltend machen, mit denen viele willkürliche
+Maßregeln der Stuarts vertheidigt oder entschuldigt worden sind. Man
+kann nicht sagen, daß er den Umfang seiner Prärogative verkannt habe,
+weil sie nicht genau bestimmt gewesen sei, denn er überschritt die
+Grenze angesichts einer ganz kürzlich erst festgestellten Grenzmarke.
+Funfzehn Jahre früher hatte sein Bruder auf Anrathen der Cabale auch
+eine Indulgenzerklärung erlassen, welche im Vergleich zu der Erklärung
+Jakob’s gemäßigt und vorsichtig genannt werden konnte. Die Erklärung
+Karl’s dispensirte nur von Strafgesetzen, die Erklärung Jakob’s
+dispensirte auch von allen Religionseiden. Die Erklärung Karl’s
+gestattete den Katholiken, nur in Privatwohnungen ihren Gottesdienst zu
+halten, nach der Erklärung Jakob’s konnten sie Tempel bauen und
+ausschmücken und sogar mit Kreuzen, Bildern und Rauchfässern in
+Prozession durch Fleet Street ziehen. Dennoch war die Erklärung Karl’s
+in alter Form für gesetzwidrig erklärt worden. Die Gemeinen hatten sich
+dahin ausgesprochen, daß der König nicht befugt sei, in kirchlichen
+Angelegenheiten von Gesetzen zu dispensiren. Karl hatte hierauf das
+mißliebige Schriftstück vor seinen Augen vernichten lassen, hatte mit
+eigner Hand das Siegel davon abgerissen und sowohl durch eine von ihm
+eigenhändig unterschriebene Botschaft als auch mündlich vom Throne herab
+in vollem Parlament beiden Häusern fest versprochen, daß der Schritt,
+der so großen Anstoß gegeben, als nie geschehen betrachtet werden solle.
+Die beiden Häuser hatten dann ohne eine einzige opponirende Stimme eine
+gemeinschaftliche Dankadresse für diese Erfüllung ihrer Wünsche an ihn
+gerichtet. Nie war eine Verfassungsfrage mit reiflicherer Erwägung, mit
+unzweideutigerer Klarheit und mit vollkommnerer Einhelligkeit
+entschieden worden.
+
+Jakob’s Vertheidiger haben zu seiner Entschuldigung häufig das
+Erkenntniß anführt, welches der Gerichtshof der Kings Bench in der
+abgekarteten Klage gegen Sir Eduard Hales abgab; aber dieser
+Entschuldigungsgrund hat gar kein Gewicht. Jakob hatte diesen Ausspruch
+notorisch durch Bitten, durch Drohungen, durch Entlassung gewissenhafter
+Beamten und durch Besetzung der Richterbank mit anderen höfischer
+gesinnten Richtern erlangt. Und obgleich dieses Erkenntniß von der
+Advokatur wie von der Nation allgemein für verfassungswidrig erklärt
+wurde, erstreckte es sich doch nur so weit, daß der König aus besonderen
+Staatsgründen einzelnen Individuen Dispensationen von ausschließenden
+Gesetzen bewilligen dürfe. Daß er durch ein Alles über den Haufen
+werfendes Edict alle seine Unterthanen ermächtigen konnte, ganze Bände
+von Gesetzen nicht mehr zu befolgen, dies hatte kein Gerichtshof
+angesichts der feierlichen Entscheidung des Parlaments von 1673 zu
+behaupten gewagt.
+
+ [Anmerkung 32: +London Gazette, March 21, 1686/7.+]
+
+ [Anmerkung 33: +London Gazette, April 7+. 1087.]
+
+
+[_Stimmung der protestantischen Dissenters._] Die Stellung der Parteien
+war jedoch von der Art, daß Jakob’s Indulgenzerklärung, obgleich der
+kühnste von allen Angriffen der Stuarts auf die öffentliche Freiheit,
+wohl geeignet war, gerade demjenigen Theile der Gesellschaft zu
+gefallen, der allen anderen Angriffen der Stuarts auf die öffentliche
+Freiheit den beharrlichsten Widerstand entgegengesetzt hatte. Es stand
+kaum zu erwarten, daß der durch ein hartes und streng gehandhabtes
+Gesetzbuch von seinen Landsleuten getrennte protestantische
+Nonconformist geneigt sein werde, die Gültigkeit eines Erlasses zu
+bestreiten, der ihn von unerträglichen Bedrückungen erlöste. Ein kalter
+und philosophischer Beobachter würde ohne Zweifel erklärt haben, daß
+alles Übel, das aus allen intoleranten Gesetzen, welche je von
+Parlamenten erlassen wurden, hervorgehen könne, nicht zu vergleichen sei
+mit dem Unheil, welches durch eine Übertragung der gesetzgebenden Gewalt
+vom Parlament auf den Souverain entstehen würde. Aber eine so ruhige und
+philosophische Überlegung kann man nicht von Leuten erwarten, die unter
+einem vorhandenen Drucke seufzen und denen die lockende Aussicht auf
+sofortige Erleichterung dargeboten wird. Ein puritanischer Theolog
+konnte allerdings nicht leugnen, daß die jetzt von der Krone
+beanspruchte Dispensationsgewalt mit den Grundprinzipien der
+Verfassung unvereinbar war. Aber es war vielleicht zu entschuldigen,
+wenn er fragte, was die Verfassung eigentlich für ihn sei. Die
+Gleichförmigkeitsacte hatte ihn trotz königlicher Versprechungen von
+einer Pfründe vertrieben, die sein rechtmäßiges Eigenthum war, und hatte
+ihn in Armuth und Abhängigkeit zurückgeworfen. Die Fünfmeilenacte hatte
+ihn von seiner Heimath, von seinen Verwandten, von seinen Freunden, von
+fast jedem öffentlichen Zufluchtsorte verbannt. Kraft der
+Conventikelacte war er seines Vermögens beraubt und aus einem
+schmutzigen Kerker in den andren mitten unter Straßenräuber und Diebe
+geworfen worden. Außerhalb des Gefängnisses wurde er beständig von den
+Gerichtsdienern verfolgt; er hatte Angeber durch Geldgeschenke zum
+Schweigen bringen, hatte sich in schimpflicher Verkleidung durch Fenster
+und Fallthüren heimlich zu seiner Gemeinde schleichen müssen, und
+während er das geweihte Wasser auf den Täufling sprengte oder das Brod
+des heiligen Abendmahls austheilte, hatte er in beständiger Angst auf
+das Zeichen horchen müssen, welches ihm sagte, daß die Sbirren der
+Justiz sich näherten. War es nicht bitterer Hohn, einen so
+ausgeplünderten und bedrückten Mann aufzufordern, daß er für das
+Eigenthum und die Freiheit seiner Plünderer und Bedrücker zum Märtyrer
+werden solle? Mochte die Indulgenzerklärung seinen glücklichen Nachbarn
+noch so despotisch erscheinen, ihm brachte sie Erlösung. Er wurde
+aufgefordert, nicht zwischen der Freiheit und der Knechtschaft, sondern
+zwischen zwei Jochen zu wählen, und es wäre nicht unnatürlich gewesen,
+wenn er das Joch des Königs für erträglicher gehalten hätte als das der
+Kirche.
+
+
+[_Stimmung der anglikanischen Kirche._] Während solche Gedanken die
+Gemüther vieler Dissenters beschäftigten, war die anglikanische Partei
+in Angst und Bestürzung. Diese neue Wendung der Dinge war in der That
+beunruhigend. Das Haus Stuart im Bunde mit republikanischen und
+königsmörderischen Secten gegen die alten Kavaliere Englands; der
+Papismus im Bunde mit dem Puritanismus gegen ein kirchliches System, an
+welchem die Puritaner nichts weiter auszusetzen hatten, als daß es
+zuviel Papistisches beibehalten: das waren Zeichen und Wunder, welche
+alle Berechnungen der Staatsmänner über den Haufen warfen. Die Kirche
+sollte also mit einem Male von allen Seiten angegriffen werden, und zwar
+unter der Leitung Dessen, der ihrer Verfassung nach ihr Oberhaupt war.
+Es war kein Wunder, wenn sie von Erstaunen und Entsetzen ergriffen
+wurde. Und zu dem Erstaunen und dem Entsetzen gesellten sich noch andere
+bittere Gefühle: Groll gegen den meineidigen Fürsten, dem sie nur zu
+treu gedient, und Reue über die Grausamkeiten, die sie in Gemeinschaft
+mit ihm verübt hatte und für die er sie jetzt, wie es schien, bestrafen
+wollte. Ihre Strafe war gerecht, sie erntete was sie gesäet hatte. Als
+nach der Restauration ihre Macht den Höhepunkt erreicht, hatte sie nur
+Rache geschnaubt. Sie hatte die Stuarts aufgefordert, gedrängt, fast
+gezwungen, die kürzlich geleisteten Dienste der Presbyterianer mit
+schnödem Undanke zu vergelten. Hätte sie sich in jener Zeit ihrer
+höchsten Blüthe, wie es ihr geziemte, ihrer Feinde angenommen, so würde
+sie jetzt, in der Zeit der Noth, Freunde in ihnen gefunden haben.
+Vielleicht war es noch nicht zu spät, vielleicht konnte sie noch die
+Taktik ihres Bedrückers gegen ihn selbst kehren. Es gab unter den
+Anglikanern eine gemäßigte Partei, welche den protestantischen
+Dissenters immer freundlich gesinnt gewesen war. Allerdings war diese
+Partei nicht zahlreich, aber die Talente, Kenntnisse und Tugenden ihrer
+Mitglieder machten sie achtunggebietend. Sie war von den höchsten
+Würdenträgern der Kirche nicht mit günstigem Auge betrachtet und von den
+Frömmlern aus der Schule Laud’s schonungslos verunglimpft worden; aber
+von dem Tage, an welchem die Indulgenzerklärung erschien, bis zu dem
+Tage, wo Jakob’s Macht aufhörte Schrecken einzuflößen, schien die ganze
+Kirche von dem Geiste der verleumdeten Latitudinarier beseelt zu sein
+und von ihren Rathschlägen geleitet zu werden.
+
+
+[_Der Hof und die Kirche._] Nun folgte eine Art von Versteigerung, die
+sonderbarste, von der uns die Geschichte erzählt. Der König auf der
+einen, die Kirche auf der andren Seite begannen einander zu überbieten,
+um die Gunst Derer zu erlangen, zu deren Unterdrückung sie bis dahin
+verbündet gewesen waren. Die protestantischen Dissenters, die noch vor
+wenigen Monaten eine verachtete und geächtete Klasse gewesen waren,
+hielten jetzt die Wage der Macht in ihrer Hand. Die Härte, mit der sie
+behandelt worden waren, wurde allgemein verdammt. Der Hof suchte die
+ganze Schuld auf die Hierarchie zu wälzen, und die Hierarchie warf sie
+zurück auf den Hof. Der König erklärte, daß er die Separatisten wider
+Willen nur deshalb verfolgt habe, weil seine Angelegenheiten in einem
+Zustande gewesen wären, bei dem er es nicht hatte wagen dürfen, dem
+Klerus der Staatskirche zu nahe zu treten. Dieser versicherte, daß er
+nur aus Ehrerbietung vor der Autorität des Königs an einer Strenge Theil
+genommen habe, die seinen Gefühlen durchaus fremd sei. Der König brachte
+eine Sammlung von Anekdoten von Rectoren und Vikaren zusammen, welche
+durch Androhung von Verfolgung von protestantischen Dissenters Geld
+erpreßt hatten. Er sprach häufig und öffentlich über diesen Gegenstand,
+drohte mit einer Untersuchung, welche die Pfarrer der ganzen Welt in
+ihrem wahren Character zeigen werde und erließ in der That mehrere
+Verordnungen, durch welche Agenten, auf die er sich verlassen zu können
+glaubte, ermächtigt wurden, den Betrag der Summen zu ermitteln, welche
+in verschiedenen Landestheilen von Bekennern der herrschenden Religion
+Sectirern abgepreßt worden waren. Die Vertheidiger der Landeskirche
+führten dagegen Beispiele von rechtschaffenen Pfarrern an, welche vom
+Hofe Verweise und Drohungen erhalten, weil sie auf der Kanzel
+Duldsamkeit empfohlen und sich geweigert hatten, kleine Gemeinden von
+Nonconformisten auszuspüren und zu Tode zu hetzen. Der König behauptete,
+daß einige Mitglieder der Staatskirche, die er privatim vorgenommen,
+sich erboten hatten, den Katholiken ausgedehnte Zugeständnisse zu
+machen, unter der Bedingung, daß die Verfolgung gegen die Puritaner
+ihren Fortgang behalte. Die angeklagten Anhänger der Staatskirche
+leugneten heftig die Wahrheit dieser Beschuldigung und behaupteten, daß,
+wenn sie sich mit dem, was der König für seine eigene Kirche verlangte,
+einverstanden erklärt hätten, er ihnen sehr gern gestattet haben würde,
+sich durch Verfolgung und Ausplünderung protestantischer Dissenters zu
+entschädigen.[34]
+
+Der Hof hatte seine Physiognomie verändert. Die Schärpe und der
+Priesterrock der anglikanischen Geistlichen konnten sich daselbst kaum
+noch sehen lassen ohne spöttisches Lächeln und boshaftes Geflüster
+hervorzurufen. Die Hofdamen erlaubten sich nicht mehr zu kichern und die
+Kammerherren verbeugten sich bis zur Erde, wenn sich das puritanische
+Gesicht und die puritanische Tracht, welche in den vornehmen Zirkeln so
+lange Zeit Lieblingsgegenstände des Spotts gewesen waren, in den
+Gallerien des Palastes zeigten. Taunton, das zwei Generationen hindurch
+die Veste der Rundkopfpartei im Westen gewesen war, das die Armeen
+Karl’s I. zweimal tapfer zurückgeschlagen, sich zur Unterstützung
+Monmouth’s wie ein Mann erhoben hatte und von Kirke und Jeffreys in eine
+Schlachtbank verwandelt worden war, schien plötzlich die Stelle erobert
+zu haben, welche Oxford einst in der königlichen Gunst eingenommen.[35]
+Der König gewann es über sich, ausgezeichneten Dissenters sogar mit
+kriechender Höflichkeit zu begegnen. Einigen bot er Geld an, Anderen
+städtische Ehrenämter, noch Anderen Begnadigung von Verwandten und
+Freunden, die wegen Theilnahme an dem Ryehousecomplot oder wegen
+Anschluß an die Fahne Monmouth’s auf dem Kontinent umherirrten oder in
+den Zuckerplantagen von Barbados schwitzten. Er stellte sich sogar, als
+ob er mit den freundlichen Gesinnungen der englischen Puritaner gegen
+ihre auswärtigen Glaubensbrüder sympathisirte. Eine zweite und dritte
+Proklamation erschien in Edinburg, welche die den Presbyterianern durch
+das Februaredict gewährte nichtssagende Duldung bedeutend
+erweiterten.[36] Die verbannten Hugenotten, die der König seit vielen
+Monaten mit ungnädigem Auge angesehen und denen er die von der Nation
+aufgebrachten milden Gaben vorenthalten hatte, wurden jetzt unterstützt
+und gehätschelt. Es wurde ein Ministerialbefehl erlassen, der die
+öffentliche Mildthätigkeit nochmals zu ihren Gunsten aufrief. Die
+Vorschrift, welche von ihnen den Anschluß an die anglikanische
+Gottesverehrung als Bedingung des Empfangs einer Unterstützung
+verlangte, scheint zu dieser Zeit stillschweigend aufgehoben gewesen zu
+sein, und die Vertheidiger der Politik des Königs hatten die Frechheit
+zu behaupten, diese Vorschrift sei auf Andringen der Prälaten der
+Staatskirche erlassen worden, während wir aus den sichersten Quellen
+wissen, daß sie von ihm selbst im Einverständniß mit Barillon ersonnen
+worden war.[37]
+
+Während der König sich so die Gunst seiner alten Gegner zu erwerben
+suchte, waren die Freunde der Landeskirche nicht weniger thätig. Von der
+Bitterkeit und dem Hohne, mit dem die Prälaten und Priester seit der
+Restauration die Sectirer zu behandeln pflegten, war kaum noch eine Spur
+zu erkennen. Die, welche man ganz kürzlich noch Schismatiker und
+Fanatiker genannt hatte, waren jetzt geliebte Mitprotestanten,
+Glaubensbrüder, die vielleicht schwach sein mochten, aber deren
+Gewissensskrupel immerhin zarte Rücksichtnahme verdienten. Wenn sie nur
+in dieser Krisis der englischen Verfassung und dem reformirten Glauben
+treu blieben, so sollte ihre Hochherzigkeit bald und reich belohnt
+werden. Anstatt einer Indulgenz, welche keine gesetzliche Gültigkeit
+hätte, sollten sie eine wirkliche, durch eine Parlamentsacte gesicherte
+Indulgenz haben. Ja, viele Mitglieder der Staatskirche, die sich bisher
+durch ihr starres Festhalten an jeder in der Liturgie vorgeschriebenen
+Geberde und Formel ausgezeichnet hatten, erklärten sich jetzt nicht nur
+zur Duldung, sondern sogar zur Gleichstellung geneigt. Der Streit um
+Chorröcke und Stellungen, sagten sie, habe nur zu lange Christen von
+einander getrennt, welche doch in den wesentlichen Glaubenspunkten
+übereinstimmten. Wenn der Kampf auf Tod und Leben gegen den gemeinsamen
+Feind vorüber wäre, dann würde man sehen, daß die anglikanische
+Geistlichkeit zu jedem billigen Zugeständnisse bereit sei. Wenn die
+Dissenters nur nicht unbescheiden wären, so würden ihnen nicht blos
+bürgerliche, sondern auch geistliche Ämter offen stehen, und Baxter und
+Howe würden ohne einen Flecken an ihrer Ehre oder ihrem Gewissen auf der
+Bank der Bischöfe sitzen können.
+
+ [Anmerkung 34: Verordnungen des Schatzamts. Siehe besonders die
+ Instructionen vom 8. März 1687/88; +Burnet, I. 715+; +Reflections
+ on His Majesty’s Proclamation for a Toleration in Scotland+;
+ +Letters containing some Reflections on His Majesty’s Declaration
+ for Liberty of Conscience+; +Apology for the Church of England
+ with relation to the spirit of Persecution for which she is
+ accused, 1687/88.+ Doch es ist mir unmöglich, alle Flugschriften
+ anzuführen, aus denen ich mein Urtheil über den damaligen Stand
+ der Parteien geschöpft habe.]
+
+ [Anmerkung 35: +Letter to a Dissenter+.]
+
+ [Anmerkung 36: +Wodrow, Appendix, vol. II. Nos. 132, 134.+]
+
+ [Anmerkung 37: +London Gazette, April 21. 1687+; +Animadversions
+ on a late paper entituled a Letter to a Dissenter, by H. C. (Henry
+ Care), 1687.+]
+
+
+[_„Brief an einen Dissenter.“_] Von den zahlreichen damaligen
+Flugschriften, in denen die Sache des Hofes und die Sache der Kirche vor
+dem Puritaner, der jetzt durch eine sonderbare Wendung des Geschicks das
+Loos seiner Verfolger entscheiden sollte, eifrig und ängstlich
+entwickelt wurde, ist jetzt nur noch eine in der Erinnerung, betitelt:
++Letter to a Dissenter+. In dieser meisterhaften kleinen Schrift waren
+alle Argumente, die einen Nonconformisten überzeugen konnten, daß es
+seine Pflicht und sein Interesse sei, ein Bündniß mit der Staatskirche
+einem Bündnisse mit dem Hofe vorzuziehen, auf einem engen Raume in der
+übersichtlichsten Ordnung zusammengestellt, mit geistreichem Witze
+erörtert und mit einer zwar lebhaften, aber selbst in den Momenten der
+leidenschaftlichsten Heftigkeit die Grenzen des Anstandes und der seinen
+Bildung nie überschreitenden Beredtsamkeit zur Geltung gebracht. Die
+Schrift machte einen ungeheuren Eindruck, denn da sie nur einen Bogen
+stark war, wurden über zwanzigtausend Exemplare durch die Post versandt
+und die Wirkung zeigte sich in jedem Winkel des Reichs. Es erschienen
+vierundzwanzig Antworten darauf, aber die ganze Stadt erklärte sie für
+schlecht und die von Lestrange für die schlechteste von allen
+vierundzwanzig.[38] Die Regierung war sehr ärgerlich und sparte keine
+Mühe, um den Verfasser des Briefs ausfindig zu machen; aber es war nicht
+möglich, rechtskräftige Beweise gegen ihn aufzubringen. Einige meinten
+die Denk- und Sprachweise Temple’s zu erkennen.[39] In Wirklichkeit aber
+gehörte dieser umfassende und scharfe Verstand, diese lebhafte
+Phantasie, dieser elegante und kräftige Styl, diese ruhige und edle,
+halb hofmännische, halb philosophische Würde, welche die heftigste
+Aufregung des Kampfes nicht einen Augenblick aus der Fassung bringen
+konnte, keinem Andren als Halifax an.
+
+ [Anmerkung 38: +Lestrange’s Answer to a Letter to a Dissenter+;
+ +Care’s Animadversions on a Letter to a Dissenter+; +Dialogue
+ between Harry and Roger+, nämlich Harry Care und Roger Lestrange.]
+
+ [Anmerkung 39: Der Brief war mit T. W. unterzeichnet. Care sagt in
+ seinen +Animadversions+: „Dieser Herr Politiker T. W. oder W. T.,
+ denn einige Kritiker halten dies für die richtigere Lesart.“]
+
+
+[_Benehmen der Dissenters._] Die Dissenters schwankten und man darf
+ihnen keinen Vorwurf daraus machen. Sie litten und der König hatte ihnen
+Linderung verschafft. Einige ausgezeichnete Geistliche waren ihrer Haft
+entlassen worden, andere hatten es gewagt, aus dem Exil zurückzukehren.
+Gemeinden, die ihre Zusammenkünfte bisher nur heimlich und im Dunklen
+hatten abhalten können, versammelten sich jetzt am hellen Tage und
+sangen laut ihre Psalmen vor den Augen von Magistratsbeamten,
+Kirchenvorstehern und Constablern. Bescheidene Gotteshäuser von
+puritanischer Bauart begannen sich in allen Gegenden Englands zu
+erheben. Der aufmerksame Reisende kann noch jetzt an einigen der
+ältesten Bethäuser die Jahrzahl 1687 erkennen. Dessen ungeachtet waren
+die Anerbietungen der Kirche für einen klugen Dissenter viel lockender
+als die des Königs. Die Indulgenzerklärung war in den Augen des Gesetzes
+null und nichtig. Sie suspendirte die Strafgesetze gegen Nonconformität
+nur auf so lange, als die Grundprinzipien der Verfassung und die
+rechtmäßige Autorität des gesetzgebenden Körpers aufgehoben blieben.
+Welchen Werth hatten Privilegien, die auf einen so schmachvollen und
+zugleich so unsicheren Besitztitel beruhten? Es konnte bald eine
+Thronerledigung eintreten, ein der Landeskirche anhängender Souverain
+konnte auf den Thron kommen und ein aus Mitgliedern der Landeskirche
+bestehendes Parlament gebildet werden. Wie beklagenswerth mußte dann die
+Lage der Dissenters werden, die sich mit Jesuiten gegen die Verfassung
+verbündet hatten! Die Kirche bot eine Indulgenz ganz andrer Art als die
+von Jakob gewährte dar, eine Indulgenz, die eben so rechtsgültig und
+heilig war als die Magna Charta. Beide streitende Parteien versprachen
+dem Separatisten Glaubensfreiheit; aber die eine Partei verlangte von
+ihm, daß er sie durch Aufopferung der bürgerlichen Freiheit erkaufen
+sollte, während die andre ihn zum Genuß der bürgerlichen und religiösen
+zugleich einlud.
+
+Aus diesen Gründen konnte ein Dissenter sich wohl entschließen, sein
+Loos mit dem der Staatskirche zu verknüpfen, selbst wenn er hätte
+glauben können, daß der Hof es aufrichtig meinte. Aber wer garantirte
+ihm für die Aufrichtigkeit des Hofes? Jedermann kannte das bisherige
+Benehmen Jakob’s. Es war zwar nicht gerade unmöglich, daß ein Verfolger
+durch Vernunftgründe und Erfahrungen von den Vortheilen der
+Religionsduldung überzeugt werden konnte. Aber Jakob behauptete, nicht
+erst neuerdings überzeugt worden zu sein; im Gegentheil, er versäumte
+keine Gelegenheit, um zu versichern, daß er schon seit vielen Jahren aus
+Grundsatz aller Unduldsamkeit feind gewesen sei. Dennoch hatte er noch
+vor wenigen Monaten Männer, Frauen und junge Mädchen um ihrer Religion
+willen bis zum Tode verfolgt. Hatte er damals gegen die bessere
+Überzeugung seines Gewissens gehandelt? oder sagte er jetzt eine
+wissentliche Unwahrheit? Aus diesem Dilemma gab es keinen Ausweg und
+jede der beiden Annahmen war für den Ruf der Rechtschaffenheit des
+Königs gleich verderblich. Außerdem war auch allbekannt, daß ihn die
+Jesuiten ganz in ihrer Gewalt hatten. Erst wenige Tage vor der
+Bekanntmachung der Indulgenz war dieser Orden dem wohlbekannten Willen
+des heiligen Stuhles zum Trotz mit einem neuen Beweise seines Vertrauens
+und seines Beifalls beehrt worden. Sein Beichtvater, Pater Mansuetus,
+ein Franziskaner, dessen menschenfreundlicher Character und tadelloser
+Lebenswandel die größte Achtung verdienten, den aber Tyrconnel und Petre
+schon längst haßten, war entlassen worden. Den dadurch erledigten Posten
+erhielt ein Engländer, Namens Warner, der von dem Glauben seines
+Vaterlandes abgefallen und Jesuit geworden war. Den gemäßigten
+Katholiken und dem Nuntius war dieser Wechsel nichts weniger als
+angenehm, und jeder Protestant erblickte darin einen Beweis, daß die
+Jesuiten eine unumschränkte Herrschaft über das Gemüth des Königs
+ausübten.[40] So großes Lob auch diese Väter mit Recht beanspruchen
+konnten, besondere Liberalität und Wahrheitsliebe konnte selbst die
+Schmeichelei ihnen nicht beimessen. Daß sie, wenn es das Interesse ihres
+Glaubens oder ihres Ordens galt, niemals Bedenken trugen, den Beistand
+des weltlichen Schwerts anzurufen, oder die Gesetze der Wahrheit und
+Treue zu verletzen, dies war der Welt nicht nur durch protestantische
+Ankläger, sondern auch durch Männer verkündet worden, deren
+Tugendhaftigkeit und Genie der Stolz der römischen Kirche war. Es war
+unglaublich, daß ein ergebener Schüler der Jesuiten der
+Gewissensfreiheit aus Grundsatz zugethan sein sollte; dagegen aber war
+es weder unglaublich noch unwahrscheinlich, daß er es für gerechtfertigt
+hielt, seine wahren Gesinnungen zu verbergen, um seiner Religion einen
+Dienst zu erzeigen. Es war gewiß, daß dem Könige im Herzen die
+Anglikaner lieber waren als die Puritaner; es war gewiß, daß, so lange
+er noch Hoffnung hatte, die Anhänger der Staatskirche zu gewinnen, er
+den Puritanern nie die geringste Freundlichkeit erwiesen hatte. Konnte
+es also wohl einem Zweifel unterliegen, daß er selbst jetzt noch die
+Puritaner willig aufopfern würde, wenn die Anglikaner sich seinen
+Wünschen fügten? Sein wiederholt gegebenes Versprechen hatte ihn nicht
+abgehalten, die gesetzlichen Rechte der Geistlichkeit anzutasten, welche
+so viele sprechende Beweise von treuer Anhänglichkeit an sein Haus
+gegeben hatte. Welche Sicherheit konnte sonach sein Wort Secten
+gewähren, welche durch die Erinnerung an tausend geschlagene und
+empfangene, nicht wieder gut zu machende Wunden von ihm geschieden
+waren?
+
+ [Anmerkung 40: Ellis’ Correspondenz, 15. März u. 27. Juli 1686;
+ Barillon, 28. Febr. (10. März), 3.(13.) März, 6.(16.) März 1687;
+ Ronquillo, 9.(19.) März 1687 in der Mackintosh-Sammlung.]
+
+
+[_Einige von ihnen halten es mit dem Hofe. Care, Alsop, Rosewell._] Als
+die durch Bekanntmachung der Indulgenz verursachte Aufregung sich ein
+wenig gelegt hatte, zeigte es sich, daß in der puritanischen Partei eine
+Spaltung eingetreten war. Die Minorität, mit einigen wenigen thätigen
+Männern an der Spitze, deren Urtheil mangelhaft oder durch das Interesse
+geleitet war, unterstützte den König. Heinrich Care, welcher lange Zeit
+der heftigste und thätigste Pamphletist unter den Nonconformisten
+gewesen war und der in den Tagen des papistischen Complots Jakob in
+einer Schrift unter dem Titel +Packet of Advice from Rome+
+(Nachrichtenpacket von Rom) mit schrankenloser Wuth angegriffen hatte,
+schmeichelte ihm jetzt eben so laut, als er ihn früher geschmäht und
+verleumdet hatte.[41] Der Hauptagent, dessen sich die Regierung zur
+Bearbeitung der Presbyterianer bedient hatte, war Vincenz Alsop, ein
+Geistlicher, der als Prediger wie auch als Schriftsteller nicht
+unbekannt war. Sein Sohn, der wegen Hochverraths bestraft worden war,
+wurde begnadigt, und daher widmete der Vater seinen ganzen Einfluß dem
+Hofe.[42] Mit Alsop verbunden war Thomas Rosewell. Rosewell war während
+der durch die Entdeckung des Ryehousecomplots herbeigeführten Verfolgung
+der Dissenters fälschlich angeklagt worden, daß er gegen die Regierung
+gepredigt habe. Jeffreys hatte auf seine Verurtheilung zum Tode
+angetragen und eine bestochene Jury hatte ihn den klarsten Beweisen von
+seiner Unschuld zum Trotz für schuldig erklärt. Die Ungerechtigkeit des
+Urtheils war so himmelschreiend, daß selbst die Höflinge sich darüber
+empört zeigten. Ein angesehener Tory, der den Verhandlungen des
+Prozesses beigewohnt hatte, ging augenblicklich zu Karl und erklärte,
+daß der Hals des loyalsten Unterthanen in England nicht mehr sicher sein
+würde, wenn man Rosewell hinrichtete. Die Geschwornen selbst wurden von
+Reue ergriffen, als sie überlegten, was sie gethan hatten, und boten
+Alles auf, um dem Gefangenen das Leben zu retten. Endlich wurde seine
+Begnadigung bewilligt, aber Rosewell mußte drückende Bürgschaft für sein
+ferneres Wohlverhalten stellen und zu bestimmten Zeiten persönlich vor
+dem Gerichtshofe der Kings Bench erscheinen. Seine Bürgschaften wurden
+jetzt auf königlichen Befehl erlassen und dadurch seine Dienste
+gewonnen.[43]
+
+ [Anmerkung 41: +Wood’s Athenae Oxonienses+; +Observator+;
+ +Heraclitus Ridens+ an mehreren Stellen. Doch Care’s eigene
+ Schriften sind das beste Material zur Würdigung seines
+ Characters.]
+
+ [Anmerkung 42: +Calamy’s Account of the Ministers ejected or
+ silenced after the Restoration, Northamptonshire+; +Wood’s Athenae
+ Oxonienses+; +Biographia Britannica.+]
+
+ [Anmerkung 43: +Collection of State Trials+; +Samuel Rosewell’s
+ Life of Thomas Rosewell, 1718+; +Calamy’s Account.+]
+
+
+[_Lobb._] Das Geschäft, die Independenten zu gewinnen, war vornehmlich
+einem ihrer Geistlichen, Namens Stephan Lobb, übertragen. Lobb war ein
+schwacher, heftiger und ehrgeiziger Mann. Er hatte die Opposition gegen
+die Regierung so weit getrieben, daß sein Name in mehreren
+Proklamationen geächtet worden war, söhnte sich aber jetzt mit dem Hofe
+aus und ging in der Servilität eben so weit als er je in der Opposition
+gegangen war. Er schloß sich der jesuitischen Cabale an und rieth eifrig
+zu Maßregeln, vor denen die verständigsten und ehrenwerthesten
+Katholiken zurückschauderten. Man bemerkte, daß er fortwährend im
+Palaste und häufig im Privatkabinet des Königs war, daß er in einem
+Glanze lebte, an den die puritanischen Geistlichen nicht gewöhnt waren,
+und daß er beständig von Bittstellern belagert war, denen er durch
+seinen Einfluß Stellen und Begnadigungen verschaffen sollte.[44]
+
+ [Anmerkung 44: +London Gazette, March 15. 1685/6+; +Nichols’s
+ Defence of the Church of England+; +Pierce’s Vindication of the
+ Dissenters.+]
+
+
+[_Penn._] Mit Lobb eng befreundet war Wilhelm Penn. Penn war nie ein
+characterfester Mann gewesen, das Leben, das er seit zwei Jahren führte,
+hatte sein sittliches Zartgefühl nicht wenig verhärtet, und wenn sein
+Gewissen ihm einmal Vorwürfe machte, so tröstete er sich immer wieder
+mit dem Gedanken, daß er einen guten und edlen Zweck verfolge und daß
+ihm seine Dienste nicht mit Geld bezahlt würden.
+
+Durch den Einfluß dieser und anderer weniger hervorragender Männer
+wurden mehrere Dissentergemeinden bewogen, Dankadressen an den König zu
+richten. Toryistische Schriftsteller haben mit Recht bemerkt, daß die
+Sprache dieser Adressen so widerlich servil war wie nur in irgend einer
+der überschwenglichsten Lobreden, welche den Stuarts von Bischöfen
+gespendet worden sind. Bei genauer Untersuchung stellt es sich heraus,
+daß die Schmach nur einem sehr kleinen Theile der puritanischen Partei
+zur Last fällt. Es gab kaum einen Marktflecken in England, der nicht
+wenigstens ein kleines Häuflein Separatisten gehabt hätte, und man
+sparte keine Mühe, um sie zu einer Äußerung ihrer Dankbarkeit für die
+Indulgenz zu bewegen. Rundschreiben, welche sie zur Unterzeichnung
+aufforderten, wurden nach allen Gegenden des Landes in solchen Massen
+geschickt, daß, wie man scherzweise sagte, die Postfelleisen den Pferden
+zu schwer waren. Indessen belief sich die Gesammtzahl der Adressen, die
+man von allen über ganz England zerstreuten Presbyterianern,
+Independenten und Baptisten erlangen konnte, noch nicht auf sechzig;
+auch ist kein Grund zu der Vermuthung vorhanden, daß diese Adressen
+zahlreiche Unterschriften hatten.[45]
+
+ [Anmerkung 45: Die Adressen sind in der London Gazette zu finden.]
+
+
+[_Die Mehrzahl der Puritaner ist gegen den Hof. Baxter._] Die große
+Masse der protestantischen Nonconformisten, welche fest an den
+bürgerlichen Freiheiten hing und den Versprechungen des Königs und der
+Jesuiten nicht traute, weigerte sich standhaft, für eine Begünstigung zu
+danken, hinter der man mit gutem Grund eine Schlinge argwöhnen durfte.
+Dies war die Stimmung aller angesehensten Oberhäupter der Partei. Zu
+ihnen gehörte Baxter. Er war, wie wir gesehen haben, bald nach Jakob’s
+Thronbesteigung in Untersuchung gezogen, von Jeffreys gröblich insultirt
+und von einer Jury, wie die höfischen Sheriffs der damaligen Zeit sie zu
+wählen pflegten, für schuldig erklärt worden. Baxter befand sich seit
+ungefähr anderthalb Jahren im Gefängniß, als der Hof ernstlich darauf zu
+denken begann, die Nonconformisten zu gewinnen. Er wurde nicht allein in
+Freiheit gesetzt, sondern auch bedeutet, daß er, wenn er sonst wollte,
+seinen Aufenthalt in London nehmen könnte, ohne die Anwendung der
+Fünfmeilenacte gegen sich zu fürchten. Die Regierung hoffte
+wahrscheinlich, daß die Erinnerung an vergangene Leiden und das Gefühl
+der gegenwärtigen Erlösung auf ihn die nämliche Wirkung äußern werde,
+wie auf Rosewell und Lobb. Diese Hoffnung erwies sich jedoch als irrig.
+Baxter war weder zu bestechen, noch zu täuschen; er weigerte sich,
+irgend eine Dankadresse für die Indulgenz zu unterzeichnen und
+verwendete seinen ganzen Einfluß zur Herbeiführung eines guten
+Vernehmens zwischen der Staatskirche und den Presbyterianern.[46]
+
+ [Anmerkung 46: +Calamy’s Life of Baxter.+]
+
+
+[_Howe._] Wenn es irgend einen Mann gab, der in der Achtung der
+protestantischen Dissenters noch höher stand als Baxter, so war dies
+Johann Howe. Howe hatte, wie Baxter, durch den neuerlichen Umschwung der
+Politik persönlich gewonnen. Die nämliche Tyrannei, welche Baxter ins
+Gefängniß warf, hatte ihn in die Verbannung getrieben und bald nach
+Baxter’s Entlassung aus dem Gefängnisse der Kings Bench kehrte Howe von
+Utrecht nach England zurück. Man erwartete in Whitehall, daß Howe den
+ganzen Einfluß, den er auf seine Glaubensgenossen ausübte, zu Gunsten
+des Hofes verwenden werde. Der König selbst ließ sich herab, den
+Unterthan, den er unterdrückt hatte, um seinen Beistand zu bitten. Howe
+scheint geschwankt zu haben; der Einfuß Hampden’s aber, mit dem er intim
+befreundet war, vermochte ihn, der Sache der Verfassung treu zu bleiben.
+Eine Versammlung presbyterianischer Geistlichen wurde in seinem Hause
+gehalten, um über die Lage der Dinge zu berathen und über den
+einzuschlagenden Weg einen Beschluß zu fassen. Im Palaste erwartete man
+mit ängstlicher Spannung das Ergebniß. Zwei königliche Abgesandte
+wohnten der Verhandlung bei, und sie kamen mit der unwillkommnen
+Nachricht zurück, daß Howe sich entschieden gegen das Dispensationsrecht
+erklärt und nach langer Debatte die Majorität der Versammlung für sich
+gewonnen habe.[47]
+
+ [Anmerkung 47: +Calamy’s Life of Howe+. Den Antheil, den die
+ Familie Hampden an dieser Angelegenheit gehabt, habe ich aus einem
+ Briefe von Johnstone an Waristoun vom 13. Juni 1688 erfahren.]
+
+
+[_Bunyan._] Neben Baxter und Howe muß noch ein andrer Mann genannt
+werden, der nach seiner Stellung und Gelehrsamkeit tief unter ihnen, an
+Tugend aber ihnen gleich, und an Genie hoch über ihnen stand, Johann
+Bunyan. Bunyan war ursprünglich Kesselflicker gewesen und hatte als
+gemeiner Soldat in der Parlamentsarmee gedient. Schon in seinen früheren
+Jahren hatten ihn furchtbare Gewissensbisse wegen seiner Jugendsünden
+gequält, von denen jedoch die schlimmsten solche gewesen zu sein
+scheinen, welche die Welt für verzeihlich hält. Seine große Reizbarkeit
+und seine glühende Phantasie machten seine inneren Kämpfe ganz besonders
+qualvoll. Er bildete sich ein, daß ein Verdammungsurtheil über ihn
+verhängt sei, daß er den heiligen Geist gelästert, daß er Christum
+verkauft habe und daß er thatsächlich von einem bösen Geiste besessen
+sei. Bald vernahm er laute Warnungsstimmen vom Himmel, bald versuchte
+ihn der Teufel durch gottlose Einflüsterungen. Er hatte Visionen von
+entfernten Berggipfeln, welche die Sonne glänzend beleuchtete, von denen
+er aber durch eine Schneewüste getrennt war. Er fühlte wie der Teufel
+ihn an den Kleidern zupfte; er glaubte, das Kainszeichen sei ihm
+aufgedrückt; er fürchtete daß er zerbersten werde, wie Judas. Diese
+Seelenkämpfe zerrütteten seine Gesundheit. Den einen Tag zitterte er wie
+ein vom Schlage Getroffener; ein andermal brannte es ihn wie Feuer in
+der Brust. Es ist kaum zu begreifen, daß er so entsetzlichen und
+andauernden Qualen nicht unterlag. Endlich zertheilten sich die Wolken.
+Aus dem Abgrunde der Verzweiflung erhob sich der Büßende in einen
+Zustand heiterer Glückseligkeit. Ein unwiderstehlicher Drang trieb ihn
+an, auch Andere des Segens theilhaftig werden zu lassen, dessen er
+selbst genoß.[48] Er schloß sich den Baptisten an und wurde Prediger und
+Schriftsteller. Seine Erziehung war die eines Handwerkers gewesen und er
+verstand keine andre Sprache als die englische, wie sie von dem niederen
+Volke gesprochen wird. Er hatte kein großes Musterwerk studirt, mit der
+einzigen, allerdings sehr bedeutenden Ausnahme unsrer herrlichen
+Bibelübersetzung. Seine Orthographie war schlecht; er machte häufige
+Verstöße gegen die Regeln der Grammatik. Doch sein angebornes Genie und
+seine durch eigene Erfahrung erworbene Kenntniß aller religiösen
+Gefühle, von der Verzweiflung bis zur Verzückung, ersetzten in ihm
+reichlich den Mangel an Gelehrsamkeit. Seine natürliche Beredtsamkeit
+erhob und rührte Zuhörer, welche bei den fleißig ausgearbeiteten
+Vorträgen großer Dialektiker und Hebraisten kalt blieben. Seine Werke
+waren unter den niederen Klassen weit verbreitet. Eines davon, des
+Pilgers Reise, wurde schon zu seinen Lebzeiten in mehrere fremde
+Sprachen übersetzt. Den Gelehrten und höher Gebildeten war es jedoch
+kaum bekannt, und die frommen Hüttenbewohner und Handwerker hatten sich
+bereits seit einem Jahrhundert daran erfreut, als es endlich von einem
+in der Literatur sehr hochstehenden Manne öffentlich empfohlen wurde.
+Die Kritik ließ sich nun herab, das Geheimniß einer so ausgedehnten und
+dauernden Popularität zu erforschen. Sie mußte gestehen, daß die
+unwissende Menge richtiger geurtheilt hatte als die Gelehrten und daß
+das verachtete Büchlein wirklich ein Meisterwerk war. Bunyan ist in der
+That ebenso gewiß der erste Allegoriker, wie Demosthenes der erste
+Redner und Shakespeare der erste Dramatiker ist. Zwar haben andere
+Allegoriker eine gleiche Erfindungsgabe gezeigt; aber kein andrer ist je
+im Stande gewesen, das Herz zu rühren und abstracte Begriffe zu
+Gegenständen des Entsetzens, des Mitleids und der Liebe zu machen.[49]
+
+Es dürfte zu bezweifeln sein, ob irgend ein englischer Dissenter die
+Last der Strafgesetze schwerer empfunden hat als Johann Bunyan. Von den
+siebenundzwanzig Jahren, welche seit der Restauration verstrichen waren,
+hatte er zwölf im Gefängniß zugebracht. Dennoch fuhr er fort zu
+predigen, aber um dies zu können, mußte er sich als Fuhrmann verkleiden.
+Oft wurde er, im Fuhrmannskittel und mit der Peitsche in der Hand, durch
+eine Hinterthür in die Versammlung eingeführt. Hätte er nur an seine
+eigene Ruhe und Sicherheit gedacht, so würde er die Indulgenzerklärung
+freudig begrüßt haben. Jetzt durfte er endlich am hellen Tage predigen
+und ermahnen. Seine Gemeinde wuchs mit reißender Schnelligkeit. Tausende
+hingen an seinen Lippen und in Bedford, wo er sich größtentheils
+aufhielt, gingen reiche Beisteuern zum Bau eines Bethauses für ihn ein.
+Er stand in so hohem Ansehen bei dem gemeinen Volke, daß die Regierung
+ihm gern ein städtisches Amt übertragen hätte; aber sein scharfer
+Verstand und sein treues englisches Herz widerstanden siegreich allen
+Versuchungen und Täuschungen. Er war fest überzeugt, daß die angebotene
+Duldung nur ein Köder sei, um die puritanische Partei damit ins
+Verderben zu locken; auch wollte er nicht durch Annahme einer Stelle, zu
+der er nicht gesetzlich qualificirt war, die Gültigkeit der
+Dispensationsgewalt anerkennen. Eine der letzten edlen Handlungen seines
+tugendreichen Lebens war die Ablehnung einer Unterredung, zu der er
+durch einen Agenten der Regierung eingeladen wurde.[50]
+
+ [Anmerkung 48: +Bunyan’s Grace Abounding.+]
+
+ [Anmerkung 49: Young stellt Bunyan’s Prosa auf gleiche Stufe mit
+ Durfey’s Poesie. Die fashionablen Leute im +Spiritual Quixote+
+ stellen den +Pilgrim’s Progress+ mit +Jack the Giantkiller+
+ zusammen. Spät im achtzehnten Jahrhundert wagte Cowper nur eine
+ Anspielung auf den großen Allegoriker:
+
+ Nicht nennen will ich dich, damit Dein Name
+ Statt wohlverdienten Ruhm nicht Hohn Dir bringe.]
+
+ [Anmerkung 50: Fortsetzung von Bunyan’s Biographie im Anhang zu
+ seiner „Überströmenden Gnade.“]
+
+
+[_Kiffin._] So groß Bunyan’s Ansehen bei den Baptisten war, Wilhelm
+Kiffin’s Ansehen war noch größer. Kiffin war in Bezug auf Rang und
+Reichthum der Erste unter ihnen. Er pflegte seine geistlichen Talente
+bei ihren Versammlungen auszuüben, erwarb sich aber nicht durch Predigen
+seinen Unterhalt. Er machte große Handelsgeschäfte, stand an der Börse
+in hohem Ansehen und hatte sich ein bedeutendes Vermögen gesammelt.
+Niemand hätte vielleicht unter den dermaligen Verhältnissen dem Hofe
+werthvollere Dienste leisten können als er. Aber zwischen ihm und dem
+Hofe stand die Erinnerung an ein entsetzliches Ereigniß. Er war der
+Großvater der Gebrüder Hewling, der beiden muthigen Jünglinge, welche
+von allen Opfern der blutigen Assisen vielleicht am allgemeinsten
+bedauert worden waren. Für das traurige Loos des einen von ihnen war
+Jakob ganz besonders verantwortlich. Jeffreys hatte dem jüngeren Bruder
+einen Aufschub bewilligt. Churchill hatte der Schwester der beiden
+jungen Männer eine Audienz beim Könige verschafft, und sie hatte um
+Gnade gefleht; aber des Königs Herz war unerbittlich gewesen. Es war für
+die ganze Familie ein harter Schlag; am meisten aber war Kiffin zu
+bedauern. Er war siebzig Jahr alt, als er vereinsamt dastand. Diejenigen
+überlebend, die ihn hatten überleben sollen. Die herzlosen und feilen
+Schmarotzer von Whitehall glaubten, indem sie nach sich selbst
+urtheilten, der alte Mann werde durch einen Aldermansmantel und durch
+eine Geldentschädigung für das verwirkte Vermögen seiner Enkel leicht
+wieder zu gewinnen sein. Penn wurde zu dem Verführungswerke ausersehen;
+aber seine Bemühungen waren vergebens. Der König beschloß hierauf, die
+Wirkung seiner persönlichen Artigkeit zu versuchen. Kiffin wurde in den
+Palast beschieden. Er fand einen glänzenden Kreis von Kavalieren und
+Gentlemen versammelt. Jakob kam ihm sogleich entgegen, redete ihn sehr
+freundlich an und schloß mit den Worten: „Ich habe Sie zu einem der
+Aldermen von London bestimmt, Herr Kiffin.“ Der alte Mann sah den König
+fest an, brach in Thränen aus und antwortete: „Sire, ich bin abgenutzt,
+ich bin nicht mehr fähig, Eurer Majestät oder der Hauptstadt zu dienen.
+Und überdies, Sire, hat der Tod meiner armen Jungen mir das Herz
+gebrochen. Diese Wunde ist noch heute so frisch wie jemals, und ich
+werde sie mit ins Grab nehmen.“ Der König schwieg einige Augenblicke
+sichtlich bewegt und sagte dann: „Ich werde einen Balsam für diese Wunde
+finden, Herr Kiffin.“ Es war gewiß nicht Jakob’s Absicht, etwas
+Kränkendes oder Übermüthiges zu sagen, im Gegentheil, er scheint sich in
+einer ungewöhnlich weichen Stimmung befunden zu haben. Dennoch wirft
+keine Äußerung die uns von ihm berichtet wird, ein so nachtheiliges
+Licht auf seinen Character als diese wenigen Worte. Es sind die Worte
+eines hartherzigen, niedrig denkenden Mannes, der sich keine Verwundung
+des Gefühls denken kann, welche durch eine Stelle oder durch eine
+Pension nicht vollkommen zu heilen wäre.[51]
+
+Der Theil der Dissenters, der sich der neuen Politik des Königs günstig
+zeigte, war von Anfang an klein gewesen und begann bald noch mehr
+zusammenzuschmelzen. Denn die Nonconformisten erkannten in nicht langer
+Zeit, daß ihre geistlichen Privilegien durch die Indulgenz eher
+geschmälert als erweitert worden waren. Der characteristische Zug des
+Puritaners war Abscheu gegen die Eigenthümlichkeiten der römischen
+Kirche. Er hatte sich nur deshalb von der anglikanischen Kirche
+losgetrennt, weil er meinte, daß sie ihrer hochmüthigen und üppigen
+Schwester, der Zauberin mit dem goldenen Becher und dem Purpurgewande,
+zu ähnlich sähe. Jetzt fand er, daß eine von den stillschweigenden
+Bedingungen des Bündnisses, welches einige seiner Seelenhirten mit dem
+Hofe geschlossen hatten, die war, daß die Religion des Hofes mit Achtung
+und Schonung behandelt werden sollte. Er begann bald sich nach den Tagen
+der Verfolgung zurückzusehnen. So lange die Strafgesetze noch angewendet
+wurden, hatte er die Worte des Lebens zwar im Geheimen und mit
+persönlicher Gefahr angehört, aber er hatte sie doch gehört. Wenn die
+Brüder in ihrer Stube versammelt waren, wenn die Schildwachen
+ausgestellt und die Thüren verschlossen waren, wenn der Prediger in der
+Kleidung eines Metzgers oder Fuhrmanns über das Dach hereingekommen war,
+dann wurde wenigstens ein wirklicher Gottesdienst gehalten. Kein Theil
+der göttlichen Wahrheit ward aus weltlichen Rücksichten unterdrückt oder
+verstümmelt, alle unterscheidenden Lehren der puritanischen Theologie
+wurden vollständig und sogar in ihrer ungeschminktesten Form
+dargestellt. Der römischen Kirche ward kein Pardon gegeben. Das Thier,
+der Antichrist, der Mensch der Sünde, die mystische Isabel, das
+mystische Babylon waren die Ausdrücke, mit denen man jenen hehren und
+bezaubernden Aberglauben zu bezeichnen pflegte. Dies war einst die
+Sprache Alsop’s, Lobb’s, Rosewell’s und anderer Geistlichen gewesen,
+welche kürzlich im Palast wohl aufgenommen worden waren; aber so
+sprachen sie jetzt nicht mehr. Geistliche, die nach einer hohen Stufe in
+der Gunst und dem Vertrauen des Königs strebten, durften es nicht wagen,
+in harten Worten von der Religion des Königs zu sprechen. Die Gemeinden
+beklagten sich daher laut, daß sie seit dem Erscheinen der
+Indulgenzerklärung, welche ihnen dem Wortlaute nach doch völlige
+Gewissensfreiheit gewähren wollte, das Evangelium nie mehr kühn und rein
+hätten verkünden hören. Früher hatten sie ihre geistliche Nahrung
+verstohlen erhaschen müssen, aber wenn sie sie erhascht hatten, so
+fanden sie sie wenigstens ganz nach ihrem Geschmacke zubereitet. Jetzt
+konnten sie sie öffentlich und in aller Bequemlichkeit zu sich nehmen,
+aber sie hatte ihren ganzen Wohlgeschmack verloren. Sie versammelten
+sich bei Tage und in geräumigen Lokalen; aber sie hörten Predigten, die
+ihnen bei weitem nicht so gefielen, als die, welche der Rector ihnen
+gehalten haben würde. In der Pfarrkirche wurde der selbstgeschaffene
+Gottesdienst und die Abgötterei Roms jeden Sonntag energisch
+angegriffen; im Versammlungshause aber hütete sich der Pastor, der noch
+vor wenigen Monaten die Geistlichen der Landeskirche für nicht viel
+besser als die Papisten erklärt hatte, jetzt sorgfältig, den Papismus zu
+tadeln, oder kleidete seinen Tadel wenigstens in ein so mildes Gewand,
+daß er selbst das Ohr eines Pater Petre nicht beleidigt haben würde.
+Auch war es nicht möglich, für diesen Wechsel einen stichhaltigen Grund
+aufzufinden. Die römisch-katholischen Lehren hatten sich nicht
+verändert; seit Menschengedenken waren die katholischen Priester noch
+nie so eifrig im Proselytenmachen gewesen; noch nie waren so viele
+katholische Schriften aus der Presse hervorgegangen; noch nie hatten
+Alle, die sich um die Religion kümmerten, den Streit zwischen Katholiken
+und Protestanten mit so gespannter Aufmerksamkeit verfolgt. Was konnte
+man also von der Aufrichtigkeit von Theologen halten, welche nicht müde
+geworden waren, den Papismus zu schmähen, so lange derselbe
+vergleichsweise harmlos und wehrlos war, und die jetzt, wo eine Zeit
+wirklicher Gefahr für den reformirten Glauben gekommen, sorgfaltig jedes
+Wort vermieden, das einem Jesuiten Anstoß geben konnte? Ihr Benehmen war
+in der That nicht schwer zu erklären. Es war bekannt, daß einige von
+ihnen Begnadigungen erlangt, es wurde vermuthet, daß andere Geld
+bekommen hatten. Ihr Vorbild war der schwache Apostel, der aus Angst den
+Herrn verleugnete, dem er prahlerisch die unverbrüchlichste Treue gelobt
+hatte, oder der noch schlechtere Apostel, der seinen Herrn um eine
+Handvoll Silberlinge verkaufte.[52]
+
+So verloren die vom Hofe gewonnenen Dissentergeistlichen rasch den
+Einfluß, den sie einst auf ihre Glaubensbrüder besessen hatten. Auf der
+andren Seite fühlten sich die Sektirer durch eine starke religiöse
+Sympathie zu den anglikanischen Prälaten und Priestern hingezogen,
+welche trotz königlicher Befehle, Drohungen und Versprechungen einen
+heftigen Krieg gegen die römische Kirche unterhielten. Die so lange
+durch tödtliche Feindschaft getrennt gewesenen Anglikaner und Puritaner,
+näherten sich einander mit jedem Tage mehr und mehr und jeder Schritt
+zur Einigung vermehrte den Einfluß des Mannes, der ihr gemeinsames
+Oberhaupt war. Wilhelm eignete sich in jeder Beziehung zum Vermittler
+zwischen diesen beiden großen Parteien der englischen Nation. Man konnte
+nicht sagen, daß er einer von beiden angehöre; aber keine von beiden
+konnte sich bei ruhiger Überlegung weigern, ihn als einen Freund zu
+betrachten. Sein theologisches System stimmte mit dem der Puritaner
+überein. Zu gleicher Zeit betrachtete er das Episcopat wenn auch nicht
+als eine göttliche Einrichtung, doch als eine vollkommen rechtmäßige und
+höchst nützliche Form des Kirchenregiments. Fragen über Stellungen,
+Gewänder, Festtage und Liturgien waren in seinen Augen keine
+Lebensfragen. Ein einfacher Gottesdienst wie der, an den er von jeher
+gewöhnt war, würde seinem persönlichen Geschmacke am meisten zugesagt
+haben, aber er war dabei gern bereit, sich jedem Ritual zu fügen, das
+der Nation angenehm war, und bestand nur darauf, daß man ihm nicht
+zumuthete, diejenigen seiner protestantischen Brüder zu verfolgen, denen
+ihr Gewissen es nicht zuließ, seinem Beispiele zu folgen. Zwei Jahre
+früher würde er von zahlreichen Bigotten auf beiden Seiten für einen
+bloßen Laodicäer erklärt, worden sein, der weder kalt noch warm war und
+zu nichts taugte als ausgestoßen zu werden. Aber der Eifer, der
+Anglikaner gegen Dissenters und Dissenters gegen Anglikaner entflammt
+hatte, war durch gemeinsame Widerwärtigkeiten und Gefahren so gedämpft
+worden, daß die Lauheit, die man ihm früher als Verbrechen angerechnet,
+jetzt als eine seiner Haupttugenden betrachtet wurde.
+
+ [Anmerkung 51: +Kiffin’s Memoirs+; Luson’s Brief an Brooke vom 11.
+ Mai 1773 in der Hughes-Correspondenz.]
+
+ [Anmerkung 52: Man sehe unter anderen zeitgenössischen
+ Flugschriften eine mit dem Titel: +A Representation of the
+ threatening Dangers impending over Protestants.+]
+
+
+[_Der Prinz und die Prinzessin von Oranien gegen die
+Indulgenzerklärung._] Jedermann war gespannt auf seine Ansicht über die
+Indulgenzerklärung. Eine Zeit lang nährte man in Whitehall die Hoffnung,
+daß seine bekannte Achtung vor den Rechten des Gewissens ihn wenigstens
+abhalten werde, öffentlich seine Mißbilligung einer Politik
+auszusprechen, die einen unleugbaren Anstrich von Freisinnigkeit hatte.
+Penn schickte zahlreiche Auseinandersetzungen nach dem Haag und begab
+sich sogar persönlich dahin, in der Hoffnung daß seine Beredtsamkeit,
+von der er eine hohe Meinung hatte, sich als unwiderstehlich erweisen
+werde. Aber obgleich er sein Lieblingsthema mit einer Redseligkeit
+entwickelte, die seine Zuhörer ermüdete und obgleich er sie versicherte,
+daß ein Mann, der mit den Engeln verkehre, ihm das Herannahen eines
+goldenen Zeitalters der Religionsfreiheit geoffenbart habe, so machte er
+doch keinen Eindruck auf den Prinzen.[53] „Ihr verlangt von mir,“ sagte
+er zu einem der Agenten des Königs, „daß ich einen Angriff auf meine
+eigne Religion unterstützen soll. Das kann ich mit gutem Gewissen nicht
+thun, und ich werde es nicht thun, nein, nicht um die Krone Englands,
+nicht um die Herrschaft der Welt!“ Diese Worte wurden dem Könige
+mitgetheilt und sie beunruhigten ihn nicht wenig.[54] Er schrieb mit
+eigner Hand eindringliche Briefe. Zuweilen nahm er den Ton des
+Beleidigten an. Er sei das Oberhaupt der königlichen Familie, als
+solches sei er berechtigt, von den jüngeren Mitgliedern Gehorsam zu
+erwarten, und es sei sehr hart, daß er in einer Angelegenheit, die ihm
+über Alles am Herzen liege, auf Widerstand stoße. Andere Male wurde ihm
+ein Köder vorgehalten, den man für unwiderstehlich hielt. Wenn Wilhelm
+nur in diesem einen Punkte nachgäbe, so würde die englische Regierung
+ihm dafür kräftigen Beistand gegen Frankreich leisten. Er ließ sich aber
+nicht bethören. Er wußte, daß Jakob selbst beim besten Willen ohne die
+Unterstützung eines Parlaments nicht im Stande sein würde, der
+gemeinschaftlichen Sache Europa’s einen wirksamen Dienst zu leisten, und
+es konnte keinem Zweifel unterliegen, daß wenn ein Parlament
+zusammenkam, die erste Forderung beider Häuser die Cassirung der
+Indulgenzerklärung sein würde.
+
+Die Prinzessin stimmte allen Meinungsäußerungen ihres Gemahls bei, und
+ihre gemeinschaftliche Ansicht wurde dem Könige in entschiedenen aber
+gemäßigten Ausdrücken mitgetheilt. Sie erklärten, daß sie das von Seiner
+Majestät eingeschlagene Verfahren lebhaft bedauerten. Sie seien
+überzeugt, daß er sich ein Hoheitsrecht angemaßt habe, das ihm
+gesetzlich nicht zustehe. Gegen diese Anmaßung protestirten sie, nicht
+nur als Freunde der bürgerlichen Freiheit, sondern auch als Mitglieder
+des königlichen Hauses, als welche sie ein hohes Interesse an der
+Erhaltung der Rechte dieser Krone hätten, die sie einst tragen könnten.
+Denn die Erfahrung habe gelehrt, daß Willkürherrschaft in England
+unfehlbar eine Reaction nach sich ziehe, die noch verderblicher sei als
+jene selbst, und man müsse mit Grund befürchten, daß die durch die
+Aussicht auf Despotismus beunruhigte und entrüstete Nation selbst gegen
+die constitutionelle Monarchie einen Widerwillen fassen würde. Sie gäben
+daher dem Könige den Rath, daß er in allen Dingen streng nach dem
+Gesetze regieren möge. Sie geständen sehr gern zu, daß das Gesetz mit
+Nutzen durch die competente Autorität abgeändert werden könne und daß
+ein Theil seiner Erklärung es wohl verdiene, einer Parlamentsacte
+einverleibt zu werden. Sie seien keine Verfolger, sie würden mit
+Vergnügen römische Katholiken so gut als protestantische Dissenters in
+geeigneter Weise von allen Strafgesetzen befreit, und ebenso gern
+protestantische Dissenters in zweckmäßiger Weise zu bürgerlichen Ämtern
+zugelassen sehen. Weiter aber könnten Ihre Hoheiten nicht gehen. Sie
+könnten sich der ernsten Besorgniß nicht enthalten, daß die Zulassung
+römischer Katholiken zu Staatsämtern große Nachtheile hervorrufen
+würden, und es war nicht undeutlich zu verstehen gegeben, daß der Grund
+zu dieser Besorgniß namentlich in Jakob’s Handlungsweise liege.[55]
+
+ [Anmerkung 53: +Burnet I. 693, 694.+]
+
+ [Anmerkung 54: +„Le Prince d’Orange, qui avoit éludé jusqu’alors
+ de faire une réponse positive dit ... qu’il ne consentira jamaia à
+ la suppression de ces lois qui avoient été établies pour le
+ maintien et la sureté de la religion Protestante, et que sa
+ conscience ne lui permettoit point, non seulement pour la
+ succession du royaume d’Angleterre, mais même pour l’empire du
+ monde; en sorte que le roi d’Angleterre est plus aigri contre lui
+ qu’il n’a jamais été.“+ -- Bonrepaux, 11.(21.) Juni 1687.]
+
+ [Anmerkung 55: +Burnet, I. 710+; Bonrepaux, 24. Mai (4. Juni)
+ 1687.]
+
+
+[_Vertheidigung ihrer Ansichten bezüglich der englischen Katholiken._]
+Die ausgesprochene Ansicht des Prinzen und der Prinzessin über die
+Ausschließungen, denen die römischen Katholiken unterworfen waren,
+theilten fast alle Staatsmänner und Philosophen, welche damals der
+politischen und religiösen Freiheit eifrig das Wort redeten. In unsrer
+Zeit dagegen haben erleuchtete Männer oft mit Bedauern sich dahin
+geäußert, daß Wilhelm in diesem einen Punkte gegen seinen Schwiegervater
+im Nachtheil stehe. Das Wahre ist, daß einige Erwägungen, welche
+nothwendig sind, wenn man sich ein richtiges Urtheil bilden will, von
+vielen Schriftstellern des neunzehnten Jahrhunderts nicht berücksichtigt
+worden zu sein scheinen.
+
+Es sind zwei einander entgegengesetzte Irrthümer, in welche Diejenigen,
+die sich mit dem Studium unsrer vaterländischen Geschichte beschäftigen,
+in steter Gefahr sind zu verfallen: der Irrthum, daß sie die Gegenwart
+nach der Vergangenheit, und der Irrthum, daß sie die Vergangenheit nach
+der Gegenwart beurtheilen. Dem ersteren sind Diejenigen unterworfen,
+welche geneigt sind alles Alte zu verehren, dem zweiten Diejenigen,
+welche von allem Neuen angezogen werden. Auf den ersteren stößt man
+beständig in den Raisonnements conservativer Politiker über die Fragen
+ihrer Zeit, der zweite findet sich immer in den Betrachtungen von
+Schriftstellern der liberalen Richtung, wenn sie die Ereignisse einer
+früheren Zeit besprechen. Der erstere ist bei einem Staatsmanne, der
+andre bei einem Geschichtsschreiber verderblicher.
+
+Es ist für Niemanden, der es in Unsrer Zeit unternimmt, über die
+Revolution zu schreiben, welche die Stuarts stürzte, so leicht, die
+rechte Mittelstraße zwischen diesen beiden Extremen stetig einzuhalten.
+Die Frage, ob es gerathen sei, Mitglieder der katholischen Kirche zum
+Parlament und zu Staatsämtern zuzulassen, erschütterte unser Vaterland
+während der Regierung Jakob’s II., durch seinen Sturz wurde sie in den
+Hintergrund zurückgedrängt, und nachdem sie über ein Jahrhundert lang
+geruht hatte, kam sie in Folge der großen Aufregung der Gemüther, welche
+dem Zusammentritt der französischen Nationalversammlung folgte, wieder
+zur Sprache. Dreißig Jahre währte der Streit in beiden Häusern des
+Parlaments, in jedem Wahlkörper, in jedem Kreise der Gesellschaft. Er
+stürzte Ministerien, zerriß Parteien, machte in einem Theile des Landes
+jede Regierung unmöglich und brachte uns zuletzt an den Rand des
+Bürgerkrieges. Selbst nach Beendigung des Kampfes gohren die
+Leidenschaften, die er aufgeregt hatte, noch immer fort. Ein Mann,
+dessen Geist unter dem Einflusse dieser Leidenschaften stand, konnte
+fast unmöglich die Ereignisse der Jahre 1687 und 1688 in einem
+vollkommen richtigen Lichte erblicken.
+
+Eine Klasse von Politikern, welche von dem richtigen Vordersatze
+ausging, daß die Revolution eine große Wohlthat für unser Land gewesen
+sei, gelangte zu dem irrigen Schlusse, daß keine Bürgschaft, die von den
+Staatsmännern der Revolution zum Schutze unsrer Religion und unsrer
+Freiheit für nöthig erachtet worden war, ohne Gefahr abgeschafft werden
+könnte. Eine andre Klasse, die von dem ebenfalls richtigen Vordersatze
+ausging, daß die über die Katholiken verhängten Ausschließungen lange
+Zeit nichts als Unheil verursacht hätten, kam zu dem falschen Schlusse,
+daß diese Ausschließungen zu keiner Zeit nützlich und nothwendig gewesen
+sein könnten. Der erste Trugschluß durchdrang die Reden des geistreichen
+und gelehrten Eldon, der andre blieb selbst auf einen so ruhigen und
+philosophischen Kopf wie Mackintosh nicht ganz ohne Einfluß.
+
+Bei näherer Prüfung wird es sich jedoch vielleicht zeigen, daß wir das
+von allen großen englischen Staatsmännern des siebzehnten Jahrhunderts
+einstimmig gebilligte Verfahren rechtfertigen können, ohne die Weisheit
+des von allen großen englischen Staatsmännern unsrer Zeit eben so
+einstimmig gebilligten Verfahrens in Zweifel zu ziehen.
+
+Es ist unbestreitbar ein Übel, wenn ein Bürger seiner religiösen Meinung
+halber vom Staatsdienste ausgeschlossen sein soll; aber der menschlichen
+Weisheit bleibt zuweilen nichts andres übrig als die Wahl zwischen zwei
+Übeln. Eine Nation kann in eine Lage kommen, in der die Mehrheit
+entweder Ausschließungen verhängen oder sich solche gefallen lassen
+muß und wo das was unter gewöhnlichen Verhältnissen mit Recht als
+Verfolgung verdammt werden würde, noch innerhalb der Grenzen der
+Selbstvertheidigung liegt. In einer solchen Situation befand sich
+England im Jahre 1687.
+
+Nach der Verfassung des Reichs hatte Jakob das Recht, fast alle
+öffentlichen Beamten, bei der Regierung, bei den Gerichten, in der
+Kirche, beim Militair und bei der Flotte zu ernennen. Bei der Ausübung
+dieses Rechts war er nicht, wie unsere gegenwärtigen Souveraine,
+genöthigt, in Übereinstimmung mit dem Rathe von Ministern, die das Haus
+der Gemeinen billigte, zu handeln. Es lag also auf der Hand, daß es,
+wenn er durch das Gesetz nicht streng verbunden war, nur Protestanten
+anzustellen, ihm frei stand, lauter Katholiken anzustellen. Die Anzahl
+der römischen Katholiken war unbedeutend, und es gab nicht einen
+einzigen Mann unter ihnen, dessen Dienste der Staat ernstlich vermißt
+haben würde. Das Verhältniß, in dem ihre Zahl zur Gesammtbevölkerung
+stand, war noch viel geringer als es gegenwärtig ist, denn gegenwärtig
+ergießt sich ein ununterbrochener Auswanderungsstrom von Irland in
+unsere großen Städte, während es im siebzehnten Jahrhunderte noch nicht
+einmal in London eine irische Colonie gab. Neunundvierzig Funfzigstel
+der Bewohner des Königreichs, neunundvierzig Funfzigstel des Vermögens
+des Königreichs, fast alle politischen, juristischen und militairischen
+Talente und Kenntnisse, die das Land besaß, waren protestantisch.
+Trotzdem hatte der König in thörichter Verblendung sich vorgenommen,
+sein unbegrenztes Ernennungsrecht als Mittel zum Proselytenmachen zu
+benutzen. Seiner Kirche angehören war in seinen Augen der erste
+Befähigungstitel für ein Amt. Der Landeskirche angehören war entschieden
+ein Grund der Nichtbefähigung. Er verwarf zwar in einer Sprache, welche
+den Beifall einiger leichtgläubigen Freunde der Glaubensfreiheit fand,
+die monströse Ungerechtigkeit des Religionseides, der eine kleine
+Minderheit der Nation von öffentlichen Ämtern ausschloß; zu gleicher
+Zeit aber führte er einen andren Religionseid ein, der die Mehrheit
+ausschloß. Es schien ihm hart, daß ein guter Finanzmann und loyaler
+Unterthan lediglich deshalb weil er ein Papist war, von dem Posten eines
+Lordschatzmeisters ausgeschlossen sein sollte; aber er selbst hatte
+einen Lordschatzmeister, den er als einen tüchtigen Finanzmann und
+loyalen Unterthan anerkannt, bloß deshalb abgesetzt, weil er Protestant
+war. Er hatte wiederholt und bestimmt erklärt, er sei fest entschlossen,
+den weißen Stab niemals in die Hände eines Ketzers zu geben. Mit vielen
+anderen hohen Staatsämtern war er ebenso verfahren. Bereits waren der
+Lordpräsident, der Geheimsiegelbewahrer, der Oberkammerherr, der
+Garderobeaufseher, der erste Lord des Schatzes, ein Staatssekretär, der
+Lordobercommissar von Schottland, der Kanzler von Schottland und der
+Sekretär von Schottland Katholiken oder gaben sich wenigstens dafür aus.
+Die meisten von diesen Beamten waren von Haus aus Anglikaner und hatten
+sich des offenen oder geheimen Abfalls schuldig gemacht, um ihre hohen
+Stellen zu erlangen oder zu behalten. Jeder Protestant, der noch einen
+wichtigen Staatsposten bekleidete, bekleidete ihn in beständiger
+Ungewißheit und Angst. Wir würden nicht fertig werden, wollten wir
+die untergeordneteren Stellen anführen, welche von Mitgliedern der
+begünstigten Klasse besetzt waren. In jedem Zweige der Verwaltung
+wimmelte es schon von Katholiken. Sie waren Lordlieutenants,
+stellvertretende Lieutenants, Richter, Friedensrichter, Zollcommissare,
+Gesandte an fremden Höfen, Regimentsobersten und Festungscommandanten.
+Der Antheil, den sie binnen wenigen Monaten von den durch die Krone zu
+besetzenden weltlichen Ämtern erlangt hatten, war weit über zehnmal so
+groß, als er unter einem unparteiischen Systeme gewesen sein würde.
+Dies war indessen noch nicht das Schlimmste. Man hatte sie auch zu
+Beherrschern der anglikanischen Kirche gemacht. Männer, die den König
+versichert hatten, daß sie seines Glaubens seien, saßen in der Hohen
+Commission und übten die höchste geistliche Gerichtsbarkeit über alle
+Prälaten und Priester der Landeskirche aus. Kirchliche Pfründen von
+hohem Ansehen waren theils erklärten, theils verkappten Papisten
+verliehen worden. Und dies Alles war geschehen, während die Gesetze
+gegen den Papismus noch in Kraft waren und Jakob noch gegründete Ursache
+hatte, Achtung vor den Rechten des Gewissens zu heucheln. Was war also
+von ihm zu erwarten, wenn seine Unterthanen einwilligten, ihn durch ein
+Gesetz von jedem Schatten der Beschränkung vollends zu befreien? Kann
+man wohl daran zweifeln, daß Protestanten durch eine streng gesetzmäßige
+Anwendung der königlichen Prärogative eben so wirksam von Anstellungen
+ausgeschlossen worden wären, als jemals römische Katholiken durch eine
+Parlamentsacte ausgeschlossen worden sind?
+
+Wie hartnäckig Jakob entschlossen war, den Mitgliedern seiner Kirche
+einen Antheil an den öffentlichen Ämtern zu gewähren, der zu ihrer Zahl
+und zu ihrer Bedeutung außer allem Verhältniß stand, geht aus den
+Instructionen hervor, die er im Exil und im hohen Alter als Leitfaden
+für seinen Sohn aufzeichnete. Es ist unmöglich, diese Ergüsse eines
+Mannes, an dem alle Lehren der Erfahrung und des Unglücks spurlos
+vorübergegangen waren, ohne ein Gemisch von Mitleid und Verachtung zu
+lesen. Dem Prätendenten wird anempfohlen, wenn er einmal zur Regierung
+in England gelangen sollte, die Ämter zu theilen und den Mitgliedern der
+römischen Kirche einen Antheil zu reserviren, der groß genug für sie
+gewesen sein würde, wenn sie die Hälfte, anstatt ein Funfzigstel der
+Nation gebildet hätten. Ein Staatssekretär, ein Schatzcommissar, der
+Kriegssekretär, die Mehrheit der Großwürdenträger des Hofstaates und die
+Mehrzahl der Offiziere der Armee müßten immer Katholiken sein. Dies
+waren Jakob’s Ansichten selbst dann noch, als seine thörichte Bigotterie
+ihm eine Strafe zugezogen hatte, über welche die ganze Welt erschrocken
+war. Kann man also wohl in Zweifel darüber sein, wie er gehandelt haben
+würde, wenn sein Volk, durch den leeren Namen der religiösen Freiheit
+geblendet, ihn ohne Zügel hätte fortregieren lassen?
+
+Selbst Penn scheint trotz seiner blinden und maßlosen Begeisterung für
+die Indulgenzerklärung eingesehen zu haben, daß man sich nicht wundern
+durfte, wenn die Parteilichkeit, mit der römische Katholiken mit
+Ehrenstellen und Einkünften überschüttet wurden, die Eifersucht der
+Nation erregte. Er gab zu, daß die Protestanten im Fall der Aufhebung
+der Testacte Anspruch auf ein Äquivalent hätten, und ging sogar so weit,
+daß er verschiedene Äquivalente vorschlug. Schon seit mehreren Wochen
+war das Wort Äquivalent, damals erst kürzlich aus Frankreich eingeführt,
+im Munde aller Kaffeehausredner; endlich aber machten einige Seiten
+scharfsinniger Logik und feiner Sarkasmen aus Halifax’ Feder diesen
+hohlen Projecten ein Ende. Einer von Penn’s Plänen bestand darin, daß
+ein Gesetz erlassen werden sollte, welches die von der Krone zu
+verleihenden Ämter in drei gleiche Theile theilte, von denen nur einer
+den Mitgliedern der katholischen Kirche zufallen sollte. Selbst unter
+einem solchen System würden die Katholiken noch immer zwanzigmal den
+ihnen eigentlich zustehenden Antheil erhalten haben, und doch kann man
+nicht annehmen, daß der König selbst in eine solche Anordnung gewilligt
+haben würde. Hätte er aber auch darein gewilligt, welche Garantie konnte
+er bieten, daß er auch wirklich an diesem Übereinkommen festhielt? Man
+hatte keine Antwort auf das von Halifax aufgestellte Dilemma: wenn
+Gesetze für Euch bindend sind, so beobachtet das jetzt bestehende
+Gesetz; sind sie nicht bindend für Euch, so ist es auch nutzlos, uns ein
+Gesetz als Bürgschaft zu bieten.[56]
+
+Es ist sonach klar, daß es sich gar nicht darum handelte, ob weltliche
+Ämter allen Religionsparteien ohne Unterschied offen stehen sollten. So
+lange Jakob König war, war Ausschließung unvermeidlich, und es fragte
+sich nur, wer ausgeschlossen werden sollte, ob Papisten oder
+Protestanten, die Wenigen oder die Vielen, hunderttausend Engländer oder
+fünf Millionen.
+
+Dies sind die gewichtigen Gründe, durch welche das Verfahren des Prinzen
+von Oranien gegen die englischen Katholiken mit den Grundsätzen der
+Glaubensfreiheit in Einklang gebracht werden kann. Diese Gründe haben,
+wie man bemerken wird, mit keinem Theile der katholischen Theologie
+etwas zu thun. Ebenso wird man einsehen, daß sie ihr ganzes Gewicht
+verlieren mußten, als die Krone an ein protestantisches Herrscherhaus
+gekommen und die Macht des Unterhauses im Staate ein so entschiedenes
+Übergewicht erlangt hatte, daß kein Souverain, mochten seine Ansichten
+oder Neigungen sein, welche sie wollten, das Beispiel Jakob’s
+nachahmen konnte. Die Nation befand sich indessen nach ihren Schrecken,
+ihren Kämpfen und ihrer mit genauer Noth erlangten Rettung in
+einer mißtrauischen und rachsüchtigen Stimmung. Daher wurden
+Vertheidigungsmittel, welche die Nothwendigkeit gerechtfertigt hatte,
+die aber auch nur die Nothwendigkeit rechtfertigen konnte, noch lange,
+nachdem die Nothwendigkeit nicht mehr vorhanden war, hartnäckig
+beibehalten, und erst aufgegeben, nachdem das herrschende Vorurtheil
+einen langjährigen Kampf gegen die Vernunft bestanden hatte. Zu den
+Zeiten Jakob’s aber standen Vernunft und herrschendes Vorurtheil auf der
+nämlichen Seite. Der Fanatiker und Ignorant wollte den Katholiken vom
+Staatsdienste ausschließen, weil er Klötze und Steine anbetete, weil er
+das Zeichen des Thieres an sich trug, weil er London angezündet und Sir
+Edmondsbury Godfrey erwürgt hatte, und der einsichtsvollste und
+toleranteste Staatsmann wurde, während er über den Irrwahn lächelte, in
+dem das gemeine Volk befangen war, auf einem ganz andren Wege zu dem
+nämlichen Schlusse geführt.
+
+Wilhelm’s großer Plan war jetzt, die zahlreichen Theile des großen
+Körpers, der ihn als sein gemeinschaftliches Oberhaupt betrachtete, zu
+einem Ganzen zu vereinigen. Bei diesem Werke hatte er mehrere geschickte
+und zuverlässige Mitarbeiter, von denen zwei, Burnet und Dykvelt, ihm
+ganz besonders nützlich waren.
+
+ [Anmerkung 56: Johnstone, 13. Jan. 1688; +Halifax’s Anatomy of an
+ Equivalent+.]
+
+
+[_Jakob’s Feindschaft gegen Burnet._] Burnet’s Dienste mußten allerdings
+mit einiger Vorsicht angewendet werden. Die freundliche Aufnahme, die er
+im Haag gefunden, hatte Jakob heftig aufgebracht, und Marie erhielt von
+ihrem Vater zwei Briefe voll Invectiven gegen den frechen und
+wühlerischen Theologen, den sie beschützte. Diese Beschuldigungen aber
+machten einen so geringen Eindruck auf sie, daß sie Antworten darauf
+zurücksandte, welche Burnet selbst dictirt hatte. Im Januar 1687 endlich
+schritt der König zu energischeren Maßregeln. Skelton, der die englische
+Regierung bei den Vereinigten Provinzen vertreten hatte, wurde nach
+Paris versetzt und erhielt Albeville, das schwächste und gemeinste
+Mitglied der ganzen jesuitischen Cabale, zum Nachfolger. Geld war
+Albeville’s einziger Lebenszweck, und er nahm es von Jedem, der es ihm
+anbot. Er wurde zu gleicher Zeit von Frankreich und von Holland bezahlt.
+Er verschmähte sogar den erbärmlichen Anstand, den auch die
+Bestechlichkeit zu beobachten pflegt, und nahm so kleine Geschenke an,
+wie sie eher einem Lastträger oder einem Bedienten zukommen als einem
+Gesandten, der mit einer englischen Baronie und einem ausländischen
+Marquisate beehrt worden war. Einmal steckte er mit der größten
+Gemüthsruhe ein Trinkgeld von fünfzig Pistolen für einen Dienst ein, den
+er den Generalstaaten geleistet hatte. Dieser Mann war beauftragt, zu
+verlangen, daß Burnet im Haag nicht länger begünstigt werde. Wilhelm,
+der keine Lust hatte, sich von einem so werthvollen Freunde zu trennen,
+antwortete zuerst mit seiner gewohnten Kälte: „Ich wüßte nicht, Sir, daß
+der Doctor seit seinem Hiersein etwas gethan oder gesagt hätte, worüber
+Seine Majestät sich mit Grund beklagen könnte.“ Jakob aber bestand
+entschieden auf seiner Forderung, und da die geeignete Zeit zu einem
+offenen Bruche noch nicht gekommen war, so mußte Wilhelm nachgeben. Über
+anderthalb Jahr lang kam Burnet weder mit dem Prinzen, noch mit der
+Prinzessin in persönliche Berührung; aber er wohnte in ihrer Nähe, wurde
+von Allem, was vorging, genau unterrichtet, sein Rath ward beständig in
+Anspruch genommen, seine Feder bei jedem wichtigen Anlasse benutzt und
+viele der schärfsten und wirksamsten Aufsätze und Flugschriften, welche
+damals in London erschienen, wurden ihm mit Recht zugeschrieben.
+
+Jakob’s Wuth entbrannte. Er war von jeher für zornige Leidenschaften nur
+zu empfänglich gewesen, aber noch keinen seiner Feinde, selbst die
+nicht, welche sich gegen sein Leben verschworen oder es versucht hatten,
+ihm durch Meineid die Schuld des Verraths und des Mordes aufzubürden,
+hatte er mit einer solchen Erbitterung gehaßt, als er jetzt Burnet
+haßte. Seine Majestät schimpfte täglich in höchst unköniglicher Sprache
+auf den Doctor und sann auf ungesetzliche Rache. Selbst Blut genügte
+diesem wüthenden Hasse nicht; der unverschämte Theolog mußte gefoltert
+werden, ehe er sterben durfte. Zum Glück war er ein Schotte von Geburt,
+und in Schottland konnten seine Beine erst in den spanischen Stiefeln
+zerquetscht werden, bevor er auf dem Grasmarkte gehängt wurde. Zu dem
+Ende wurde in Edinburg der Prozeß gegen ihn eingeleitet; aber er war in
+Holland naturalisirt, hatte eine vermögende Frau aus dieser Provinz
+geheirathet und es war gewiß, daß sein Adoptivvaterland ihn nicht
+ausliefern würde. Man beschloß daher, ihn wegfangen zu lassen. Mit
+großen Summen wurden einige Bösewichter für diesen gefährlichen und
+schändlichen Dienst gedungen; im Staatssekretariat wurde zu diesem
+Zwecke eine Anweisung auf dreitausend Pfund Sterling ausgestellt. Ludwig
+wurde von dem Plane unterrichtet und interessirte sich außerordentlich
+dafür; er sicherte seinen kräftigen Beistand zu, damit der Schurke nach
+England gebracht werde, und versprach, daß die Werkzeuge der Rache
+Jakob’s in Frankreich eine Freistätte finden sollten. Burnet kannte die
+ihm drohende Gefahr wohl, aber Furcht gehörte nicht zu seinen Fehlern.
+Er veröffentlichte eine beherzte Antwort auf die in Edinburg gegen ihn
+erhobenen Anschuldigungen. Er wisse, sagte er, daß man ihn ohne Prozeß
+hinzurichten gedenke, aber er vertraue auf den König aller Könige, zu
+dem unschuldiges Blut selbst gegen die mächtigsten Fürsten der Erde
+nicht vergebens schreien werde. Er gab einigen Freunden ein
+Abschiedsmahl, und nach demselben nahm er als ein Mann, der dem Tode
+verfallen sei und mit dem sie ohne Gefahr nicht mehr umgehen könnten,
+feierlich Abschied von ihnen. Dessenungeachtet zeigte er sich nach wie
+vor so furchtlos auf allen öffentlichen Plätzen im Haag, daß seine
+Freunde ihm wegen seiner Tollkühnheit bittere Vorwürfe machten.[57]
+
+ [Anmerkung 57: +Burnet I. 726--731+; +Answer to the Criminal
+ Letters issued out against Dr. Burnet+; +Avaux Neg., July 7.(17.),
+ 14.(24.) July 28. (Aug. 7.) 1687, Jan. 19.(29.) 1688+; Ludwig an
+ Barillon, 30. Dec. 1687 (9. Jan. 1688); Johnstone an Waristoun,
+ 21. Febr. 1688; Lady Russel an +Dr.+ Fitzwilliam, 5. Oct. 1687.
+ Da man vermuthet hat, daß Burnet, der seine persönliche
+ Wichtigkeit nicht zu unterschätzen pflegte, die ihm drohende
+ Gefahr übertrieben habe, so will ich hier die Worte Ludwig’s und
+ Johnstone’s anführen: +„Qui que ce soit“+, sagt Ludwig, +„qui
+ entreprenne de l’enlever en Hollande trouvera non seulement une
+ retraite assurée et une entière protection dans mes états, mais
+ aussi toute l’assistance qu’il pourra désirer pour faire conduire
+ surement ce scélérat en Angleterre.“+ -- „Mit Bamfield (Burnet)
+ ist es ganz bestimmt so“, sagt Johnstone. „Niemand zweifelt hier
+ daran, und Einige, die dabei betheiligt sind, leugnen es nicht.
+ Seine Freunde sagen, sie hätten gehört, daß er nicht vorsichtig
+ sei, sondern aus Eitelkeit, um seinen Muth zu zeigen, mit
+ thörichter Verwegenheit handle, so daß Jedermann ihn auslachen
+ werde, wenn ihm ein Unglück zustoßen sollte. Ich bitte ihm dies
+ von Seiten Jones’ (Johnstone) zu sagen. Wenn Einige abgefaßt
+ werden könnten, während sie ihren +coup d’essai+ auf ihn machen,
+ so wäre das sehr gut, weil sie dadurch abgeschreckt würden, etwas
+ gegen Ogle (den Prinzen) zu unternehmen.“]
+
+
+[_Sendung Dykvelt’s nach England._] Während Burnet Wilhelm’s Sekretär
+für die englischen Angelegenheiten in Holland war, wurde Dykvelt mit
+nicht geringerem Nutzen in London verwendet. Dykvelt war einer von den
+ausgezeichneten Staatsmännern, welche in der edlen Schule des Johann de
+Witt ihre politische Bildung erhalten hatten und nach dem Falle dieses
+großen Ministers ihre Pflichten gegen die Republik dadurch am besten zu
+erfüllen glaubten, daß sie sich um den Prinzen von Oranien schaarten.
+Keiner von den Diplomaten im Dienste der Vereinigten Provinzen stand in
+Bezug auf Gewandtheit, Character und Manieren über Dykvelt, und ebenso
+scheint keiner ihm in der Kenntniß der englischen Verhältnisse
+gleichgekommen zu sein. Es fand sich ein Vorwand, um ihn zu Anfang des
+Jahres 1687 mit Beglaubigungsschreiben von den Generalstaaten in einer
+besonderen Mission nach England zu senden. Eigentlich aber galt seine
+Sendung nicht der Regierung, sondern der Opposition, und er handelte
+nach Privatinstructionen, welche von Burnet entworfen und von Wilhelm
+genehmigt waren.[58]
+
+ [Anmerkung 58: +Burnet, I. 708+; +Avaux Neg., Jan. 3.(13.), Feb.
+ 6.(16.) 1687+; +Van Kampen, Karakterkunde der Vaderlandsche
+ Geschiedenis.+]
+
+
+[_Unterhandlungen Dykvelt’s mit englischen Staatsmännern._] Dykvelt
+berichtete, daß Jakob sich durch das Benehmen des Prinzen und der
+Prinzessin tief gekränkt fühle. „Die Pflicht meines Neffen ist, meine
+Hand zu stärken“, sagte der König, „aber es hat ihm von jeher Vergnügen
+gemacht, wenn er mir hat hinderlich sein können.“ Dykvelt antwortete, in
+Privatangelegenheiten habe Seine Hoheit stets die Wünsche des Königs
+berücksichtigt und werde dies auch in Zukunft jederzeit thun, aber es
+sei doch kaum recht und billig, die Unterstützung eines protestantischen
+Fürsten gegen die protestantische Kirche zu erwarten.[59] Der König war
+zum Schweigen gebracht, aber nicht besänftigt. Mit einem Verdrusse, den
+er nicht verhehlen konnte, sah er, daß Dykvelt alle die verschiedenen
+Abteilungen der Opposition mit einer Geschicklichkeit musterte und
+einschulte, welche dem gewandtesten englischen Staatsmanne zur Ehre
+gereicht haben würde und die bei einem Ausländer bewundernswürdig war.
+Der Geistlichkeit wurde gesagt, daß sie in dem Prinzen einen Freund des
+Episcopats und der Liturgie finden werde. Den Nonconformisten wurde
+Hoffnung gemacht, daß sie von ihm nicht nur Duldung, sondern sogar
+Gleichstellung zu erwarten hätten. Selbst die römischen Katholiken
+wurden versöhnt und einige der Angesehensten unter ihnen sagten dem
+Könige ins Gesicht, daß sie mit dem, was Dykvelt ihnen biete, zufrieden
+seien und daß sie eine durch das Gesetz verbürgte Duldung einem
+gesetzwidrigen und unsicheren Übergewichte vorzögen.[60]
+
+ [Anmerkung 59: +Burnet I. 711+. Dykvelt’s Depeschen an die
+ Generalstaaten enthalten, so weit ich es habe ersehen oder
+ erfahren können, kein Wort über den wirklichen Zweck seiner
+ Sendung. Seine Correspondenz mit dem Prinzen von Oranien war
+ streng privater Natur.]
+
+ [Anmerkung 60: Bonrepaux, 12.(22.) Sept. 1687.]
+
+
+[_Danby._] Die Oberhäupter aller wichtigen Parteien der Nation hielten
+häufige Besprechungen in Gegenwart des geschickten Gesandten. Die
+Ansicht der Torypartei war bei diesen Zusammenkünften hauptsächlich
+durch die Earls von Danby und von Nottingham vertreten. Obgleich seit
+Danby’s Sturze bereits über acht Jahre vergangen waren, so stand sein
+Name doch bei den alten Kavalieren Englands noch in hohem Ansehen, und
+selbst viele von denjenigen Whigs, die ihn früher verfolgt hatten, gaben
+jetzt bereitwillig zu, daß er für die Sünden Anderer habe büßen müssen
+und daß sein Eifer für die Hoheitsrechte ihn zwar oft irre geleitet
+habe, aber bei alledem durch zwei ehrenwerthe Gefühle gemildert worden
+sei: durch Eifer für die Staatsreligion und durch Eifer für die Würde
+und Unabhängigkeit seines Vaterlandes. Auch im Haag wurde er hoch
+geschätzt, denn man vergaß es ihm dort nie, daß er es gewesen war, der
+Karl trotz des Einflusses Frankreichs und der Papisten bewogen hatte,
+die Hand der Prinzessin Marie ihrem Vetter zu geben.
+
+
+[_Nottingham._] Daniel Finch, Earl von Nottingham, ein Edelmann, dessen
+Name in der Geschichte dreier ereignißvoller Regierungen häufig genannt
+werden wird, stammte aus einer Familie von unvergleichlicher
+juristischer Auszeichnung. Einer seiner Verwandten hatte das Siegel
+Karl’s I. geführt, hatte seine eminenten Talente und Kenntnisse zu
+schlechten Zwecken gemißbraucht und war von der Rache der Gemeinen
+Englands, mit Falkland an der Spitze, verfolgt worden. Einen
+ehrenvolleren Ruf erlangte unter der folgenden Generation Heneage
+Finche. Er war unmittelbar nach der Restauration zum Staatsprokurator
+ernannt worden und war nacheinander zum Lordsiegelbewahrer, zum
+Lordkanzler, zum Baron Finch und Earl von Nottingham emporgestiegen.
+Während dieser ganzen glänzenden Laufbahn hatte er die Hoheitsrechte
+stets so hoch gehalten, als er es mit Ehren und Anstand konnte; nie aber
+war er bei irgend einer Machination gegen die Grundgesetze des Reichs
+betheiligt gewesen. Inmitten eines verderbten Hofes hatte er seine
+persönliche Rechtschaffenheit unbefleckt zu erhalten gewußt. Auch als
+Redner genoß er eines hohen Rufes, obwohl seine nach Mustern aus der
+Zeit vor dem Bürgerkriege gebildete Diction gegen das Ende seines Lebens
+von den Schöngeistern der heranwachsenden Generation steif und
+pedantisch genannt wurde. In Westminsterhall wird er noch immer mit
+Achtung als der Mann erwähnt, welcher aus dem Chaos, dem man in alter
+Zeit den Namen der Billigkeit gab, zuerst ein neues juristisches System
+bildete, das ebenso geregelt und vollständig ist wie das nach welchem
+die Richter des gemeinen Rechts verfahren.[61] Ein wesentlicher Theil
+der sittlichen und geistigen Eigenschaften dieses großen Staatsmannes
+ging mit dem Titel Nottingham auf seinen ältesten Sohn über. Dieser
+Sohn, der Earl Daniel, war ein rechtschaffener und tugendhafter Mann.
+Obwohl er in einigen abgeschmackten Vorurtheilen befangen und
+sonderbaren Anfällen von Launenhaftigkeit unterworfen war, kann man ihn
+doch nicht beschuldigen, daß er um unredlichen Gewinns oder strafbaren
+Genusses willen vom Pfade des Rechts abgewichen wäre. Er war, wie sein
+Vater, ein ausgezeichneter Redner und sprach eindringlich, aber
+weitschweifig und mit zu monotoner Gemessenheit. Seine Persönlichkeit
+entsprach ganz seiner Rede. Seine Haltung war steif, seine Gesichtsfarbe
+so dunkel, daß man ihn für den Eingebornen eines wärmeren Himmelstrichs
+hätte halten können, und seine scharf markirten Gesichtszüge hatten
+einen Ausdruck, welcher dem des Hauptleidtragenden bei einem Begräbnisse
+glich. Man pflegte von ihm zu sagen, daß er eher wie ein spanischer
+Grande als wie ein englischer Gentleman aussähe. Spottvögel gaben ihm
+die Spitznamen Dismal (Trübselig), Don Dismallo und Don Diego, welche
+noch heute nicht vergessen sind. Er hatte auf das Studium der
+Wissenschaft, durch die seine Familie sich so hoch emporgeschwungen,
+großen Fleiß verwendet und war für einen vornehm und reich gebornen Mann
+in den Gesetzen seines Vaterlandes erstaunlich bewandert. Er war ein
+treuer Sohn der Hochkirche und bewies seine Achtung vor derselben auf
+zwei Wegen, welche bei den Lords, die sich zu seiner Zeit als ihre
+besonderen Freunde gerirten, nicht gewöhnlich war, nämlich dadurch, daß
+er Schriften zur Vertheidigung ihrer Glaubenssätze herausgab und daß er
+sich in seinem Privatleben nach ihren Gebeten richtete. Wie viele andre
+eifrige Anglikaner hatte er bis vor Kurzem die monarchische
+Regierungsform kräftig unterstützt. Die Politik aber, welche seit der
+Unterdrückung des Aufstandes im Westen befolgt wurde, empörte ihn auf
+das heftigste, und zwar deshalb nicht weniger, weil sein jüngerer Bruder
+Heneage in Folge seiner Weigerung, die Dispensationsgewalt des Königs zu
+vertheidigen, seines Amtes als Generalprokurator entsetzt worden
+war.[62]
+
+ [Anmerkung 61: Siehe seine Biographie von Lord Campbell.]
+
+ [Anmerkung 62: Johnstone’s Correspondenz; +Mackay’s Memoirs+;
+ +Arbuthnot’s John Bull+; Swift’s Schriften von 1710 bis 1714 an
+ mehreren Stellen; Whiston’s Brief an den Earl von Nottingham und
+ des Letzteren Antwort darauf.]
+
+
+[_Halifax._] Mit diesen beiden großen toryistischen Earls war jetzt
+Halifax, das ausgezeichnete Oberhaupt der Trimmers, verbunden. Auf
+Nottingham’s Gesinnungen scheint Halifax damals in der That einen
+entschiedenen Einfluß ausgeübt zu haben. Zwischen Halifax und Danby
+bestand eine Feindschaft, welche am Hofe Karl’s begonnen hatte und
+nachher auch den Hof Wilhelm’s beunruhigte, während der Tyrannei Jakob’s
+aber wie viele andere Feindschaften ruhte. Die beiden Gegner trafen
+häufig in den von Dykvelt veranstalteten Conferenzen zusammen und
+stimmten in dem Ausdrucke des Mißfallens an der Politik der Regierung
+und der Verehrung für den Prinzen von Oranien überein. In ihrem Verkehr
+mit den holländischen Gesandten trat die Characterverschiedenheit der
+beiden Staatsmänner stark hervor. Halifax zeigte ein bewundernswürdiges
+Talent für Auseinandersetzungen, scheute sich aber vor kühnen und
+unwiderruflichen Entschlüssen. Danby war minder fein und beredt, besaß
+aber mehr Energie, Entschlossenheit und praktischen Scharfblick.
+
+
+[_Devonshire._] Mehrere ausgezeichnete Whigs waren mit Dykvelt in
+fortwährender Verbindung; aber die Oberhäupter der großen Häuser
+Cavendish und Russel konnten keinen so thätigen und vorwiegenden
+Antheil an den Unterhandlungen nehmen, als man nach ihrer Stellung und
+ihren Ansichten hätte erwarten dürfen. Der Ruhm und das Glück
+Devonshire’s wurden im Augenblicke durch eine Wolke verdunkelt. Er hatte
+einen beklagenswerthen Streit mit dem Hofe, der nicht aus einer
+öffentlichen und ehrenvollen Angelegenheit, sondern aus einem
+Privatzwist entsprungen war, in welchem selbst seine wärmsten Freunde
+ihn nicht von aller Schuld freisprechen konnten. Als er einmal nach
+Whitehall kam, um seine Aufwartung zu machen, war er von einem gewissen
+Colepepper insultirt worden, einem jener Raufbolde, welche die
+Umgebungen des Hofes unsicher machten und die sich durch Beleidigung von
+Mitgliedern der Opposition bei der Regierung in Gunst zu setzen suchten.
+Der König selbst äußerte seine Entrüstung über die einem seiner
+ausgezeichneten Peers unter dem königlichen Dache widerfahrene
+Behandlung und Devonshire wurde durch die Versicherung besänftigt, daß
+der Beleidiger den Palast nie wieder betreten solle. Dieses Verbot wurde
+jedoch bald wieder aufgehoben und der Groll des Earls erwachte von
+neuem. Seine Diener nahmen sich der Sache an und die Straßen von
+Westminster wurden durch Händel beunruhigt, die in ein roheres Zeitalter
+gehörten. Die Zeit des Geheimen Raths ward durch Anklagen und
+Gegenanklagen der streitenden Parteien in Anspruch genommen.
+Colepepper’s Frau erklärte: sie und ihr Gatte seien ihres Leben nicht
+sicher und ihr Haus sei beständig von Banditen in der Livree der
+Cavendish belagert; Devonshire erwiederte, es sei aus Colepepper’s
+Fenstern auf ihn geschossen worden. Dies wurde heftig geleugnet. Es
+wurde zwar eingeräumt, daß ein blind geladenes Pistol abgefeuert worden
+sei, aber dies sei nur in einem Augenblicke des Schreckens geschehen, um
+die Wache zu alarmiren. Wahrend diese Fehde ihren Höhepunkt erreicht
+hatte, traf der Earl im Empfangzimmer zu Whitehall mit Colepepper
+zusammen und er glaubte in den Mienen des Raufboldes triumphirenden
+Übermuth zu erkennen. Vor den Augen des Königs geschah nichts
+Unziemliches; sobald aber die beiden Gegner das Audienzzimmer verlassen
+hatten, machte Devonshire den Vorschlag, den Streit auf der Stelle mit
+dem Degen zu entscheiden. Die Herausforderung wurde zurückgewiesen. Da
+vergaß der stolze Peer die Achtung, die er dem Orte an dem er sich
+befand, und seiner eignen Würde schuldig war, und schlug Colepepper mit
+einem Stocke ins Gesicht. Diese Handlung wurde allgemein als übereilt
+und unschicklich getadelt und Devonshire selbst konnte, nachdem sein
+Blut sich abgekühlt hatte, nicht ohne Verdruß und Beschämung daran
+denken. Die Regierung aber verfuhr mit gewohntem Unverstande so streng
+gegen ihn, daß das Publikum bald ganz auf seine Seite trat. Es wurde
+eine Criminalanklage bei der Kings Bench anhängig gemacht. Der
+Angeklagte berief sich auf seine Vorrechte als Peer des Königsreichs;
+dieser Punkt aber wurde sogleich zu seinem Nachtheile entschieden, und
+es läßt sich auch nicht leugnen, daß diese Entscheidung, mochte sie den
+technischen Regeln der englischen Gesetzgebung entsprechen oder nicht,
+in vollkommenem Einklange mit den großen Prinzipien stand, welche die
+Grundlage jeder Gesetzgebung sein sollen. Es blieb ihm somit nichts
+übrig, als sich dem Erkenntnisse zu unterwerfen. Der Gerichtshof war
+durch eine Reihe von Entlassungen zu so vollständigem Gehorsam gebracht
+worden, daß die Regierung, welche die Untersuchung eingeleitet hatte,
+die Strafe selbst vorschreiben konnte. Die Richter machten Jeffreys +in
+pleno+ ihre Aufwartung und dieser bestand auf der Zuerkennung einer
+Geldbuße von dreißigtausend Pfund. Dreißigtausend Pfund waren im
+Verhältniß zu den damaligen Einkünften der englischen Großen ungefähr
+soviel als hundertfunfzigtausend im neunzehnten Jahrhundert. In
+Anwesenheit des Kanzlers wurde kein Wort der Mißbilligung geäußert; als
+aber die Richter sich entfernt hatten, bemerkte Sir Johann Powell, in
+welchem sich das wenige Rechtsgefühl des ganzen Collegiums concentrirte,
+daß die beantragte Strafsumme übermäßig hoch und ein Zehntel derselben
+vollauf genug sei. Seine Collegen waren nicht dieser Meinung und er
+zeigte in diesem Falle nicht den Muth, durch den er einige Monate später
+an einem denkwürdigen Tage seinen Ruf glänzend wiederherstellte. Der
+Earl wurde demnach in eine Geldbuße von dreißigtausend Pfund und bis zur
+Bezahlung dieses Betrags zu persönlicher Haft verurtheilt. Eine solche
+Summe konnte damals auch der reichste Edelmann nicht in einem Tage
+aufbringen. Indessen war das Hafturtel leichter gesprochen, als
+vollzogen. Devonshire hatte sich nach Chatsworth zurückgezogen, wo er
+eben damit beschäftigt war, das alte gothische Stammschloß seiner
+Familie in ein Gebäude umzuwandeln, das Palladio’s würdig war. Der Peak
+war damals ein fast ebenso unwirthbarer Bezirk als gegenwärtig
+Connemara, und der Sheriff erkannte oder behauptete wenigstens, daß es
+schwer sein dürfte, den Lord in einer so wilden Gegend und inmitten treu
+ergebener Diener und Pächter zu verhaften. Darüber vergingen einige
+Tage, endlich aber wurde nicht nur der Earl, sondern auch der Sheriff
+zur Haft gebracht. Inzwischen verwendeten sich eine Menge Fürsprecher
+mit ihrem ganzen Einflusse. Es hieß die verwittwete Gräfin von
+Devonshire habe eine Privataudienz beim Könige erlangt, sie habe ihn
+daran erinnert, daß ihr Schwager, der tapfere Karl Cavendish, im Kampfe
+für die Krone bei Gainsborough gefallen sei, und ihm schriftliche
+Empfangsbescheinigungen von Karl I. und Karl II. über bedeutende Summen
+vorgelegt, die ihr Gemahl während der bürgerlichen Unruhen beiden
+Monarchen geliehen hatte. Diese Darlehen waren nie zurück gezahlt worden
+und sollten angeblich mehr betragen als die ungeheure Geldstrafe, welche
+die Kings Bench über den Earl verhängt hatte. Dazu kam noch ein andrer
+Punkt, der beim Könige noch mehr Gewicht gehabt zu haben scheint als die
+Erinnerung an früher geleistete Dienste. Es konnte nothwendig werden ein
+Parlament einzuberufen, und man glaubte, daß Devonshire in diesem Falle
+sofort eine Cassationsklage einreichen werde. Der Punkt, auf den er
+seine Appellation gegen das Erkenntniß der Kings Bench zu stützen
+gedachte, waren seine Privilegien als Peer, und das Tribunal, vor das
+die Appellation kommen mußte, war das Haus der Peers. In einem solchen
+Falle konnte der Hof nicht einmal auf die Unterstützung der ihm
+ergebensten Adeligen mit Gewißheit rechnen. Es stand kaum zu bezweifeln,
+daß das Urtel cassirt werde, und daß die Regierung dadurch, daß sie zu
+viel haben wollte, Alles verlieren würde. Jakob war daher zu einem
+Vergleiche geneigt. Es wurde dem Earl angekündigt, daß, wenn er eine
+Schuldverschreibung über die ganze Summe geben und sich des möglichen
+Vortheils einer Cassationsklage begeben wolle, er in Freiheit gesetzt
+werden solle. Ob er zur Bezahlung der Summe angehalten werden würde oder
+nicht, sollte von seinem ferneren Benehmen abhängen. Wenn er das
+Dispensationsrecht unterstützte, solle er nicht dafür in Anspruch
+genommen werden; trachte er aber nach Popularität, so müsse er die
+dreißigtausend Pfund bezahlen. Er weigerte sich eine Zeit lang, auf
+diese Bedingungen einzugehen; aber die Haft war ihm unerträglich. Er
+stellte die Verschreibung aus und wurde aus den Gefängnis entlassen;
+aber obgleich er sich dazu verstand seinem Vermögen diese drückende
+Schuldlast aufzubürden, konnte ihn doch nichts zu dem Versprechen
+bestimmen, daß er seinen Grundsätzen und seiner Partei untreu werden
+wolle. Er wurde nach wie vor in alle Geheimnisse der Opposition
+eingeweiht, aber einige Monate lang hielten seine politischen Freunde es
+um seiner selbst wie um ihrer Sache willen für gerathen, daß er im
+Hintergrunde blieb.[63]
+
+ [Anmerkung 63: Kennet’s Grabrede auf den Herzog von Devonshire und
+ Memoiren der Familie Cavendish; +Collection of State Trials+;
+ +Privy Council Book, March 5. 1685/6+; Barillon, 30. Juni (10.
+ Juli) 1687.; Johnstone, 8.(18.) Dec. 1687.; +Lords’ Journals May
+ 6. 1689+. +„Ses amis et ses proches,“+ sagt Barillon, +„lui
+ conseillent de prendre le bon parti, mais il persiste jusqu’à
+ présent à ne se point soumettre. S’il vouloit se bien conduire et
+ renoncer à être populaire, il ne payeroit pas l’amende, mais s’il
+ opiniâtre, il lui en coutera trente mille pièces, et il demeurera
+ prisonnier jusqu’à l’actuel payement.“+]
+
+
+[_Eduard Russell._] Der Earl von Bedford hatte sich von dem harten
+Schlage, der ihm vor vier Jahren fast das Herz gebrochen, nie wieder
+erholen können. Seine persönlichen wie auch seine öffentlichen Gefühle
+machten ihn zum Gegner des Hofes; aber an der Verabredung von Maßregeln
+gegen denselben nahm er keinen thätigen Antheil. Seine Stelle in den
+Versammlungen der Mißvergnügten vertrat sein Neffe. Dies war der
+berühmte Eduard Russell, ein Mann von unbezweifeltem Muth und Talent,
+aber von lockeren Grundsätzen und ruhelosem Geiste. Er war Seemann,
+hatte sich in seinem Berufe ausgezeichnet und hatte unter der vorigen
+Regierung ein Hofamt bekleidet; aber durch den Tod seines Vetters
+Wilhelm Russell waren alle Bande, die ihn an den Hof ketteten, zerrissen
+worden. Der verwegene, unruhige und racheschnaubende Seemann saß jetzt
+in den von dem holländischen Gesandten berufenen Versammlungen als
+Vertreter des kühnsten und heftigsten Theiles der Opposition, der
+Männer, welche unter den Namen Rundköpfe, Exclusionisten und Whigs einen
+fünfundvierzigjährigen Kampf gegen drei aufeinanderfolgende Könige mit
+wechselndem Glück unterhalten hatten. Diese Partei, welche vor Kurzem
+niedergeworfen und fast vernichtet gewesen war, sich jetzt aber mit
+voller Lebenskraft rasch zu Ansehen und Einfluß erhob, wurde durch keine
+von den Bedenklichkeiten behindert, welche die Bewegungen der Tories und
+der Trimmers noch immer hemmten, und war bereit, das Schwert gegen den
+Tyrannen zu ziehen, sobald es mit gegründeter Aussicht auf den Sieg
+gezogen werden konnte.
+
+
+[_Compton. -- Herbert. -- Churchill._] Drei Männer sind noch zu
+erwähnen, mit denen Dykvelt in vertrauter Verbindung stand und mit deren
+Hülfe er sich die Mitwirkung von drei großen Ständen zu sichern hoffte.
+Bischof Compton war der Agent, der die Geistlichkeit zu bearbeiten
+hatte, Admiral Herbert übernahm es, seinen ganzen Einfluß bei der Flotte
+zu verwenden und durch Churchill suchte man die Armee zu gewinnen.
+
+Das Benehmen Compton’s und Herbert’s bedarf keiner Erklärung. Nachdem
+sie der Krone in allen weltlichen Dingen mit Treue und Eifer gedient,
+hatten sie sich durch ihre Weigerung, als Werkzeuge der Zerstörung ihrer
+eignen Religion zu dienen, das Mißfallen des Königs zugezogen. Beiden
+hatte die Erfahrung gelehrt, wie bald Jakob eingegangene Verpflichtungen
+vergaß und mit welchem bitteren Groll er sich dessen erinnerte, was er
+als Beleidigung anzusehen für gut fand. Der Bischof war durch einen
+ungesetzlichen Richterspruch seiner bischöflichen Functionen enthoben,
+der Admiral in einer Stunde aus Reichthum in Armuth gestürzt worden.
+Ganz anders war die Lage Churchill’s. Er war durch königliche Gunst aus
+der Dunkelheit zu hohem Ansehen, aus der Dürftigkeit zum Reichthum
+erhoben worden. Als armer Fähndrich hatte er seine Laufbahn begonnen und
+jetzt war er, in seinem siebenunddreißigsten Jahre, Generalmajor, Peer
+von Schottland und Peer von England, befehligte eine Abtheilung der
+Leibgarde, bekleidete mehrere ehrenvolle und einträgliche Stellen und
+bis jetzt verrieth noch nichts, daß er den geringsten Theil von der
+Gunst verloren hatte, der er so viel verdankte. Er war nicht nur durch
+die allgemeine Pflicht der Unterthanentreue, sondern auch durch
+militairische Ehren, durch persönliche Dankbarkeit und, wie es
+oberflächlichen Beobachtern schien, durch die stärksten Bande des
+Interesses an Jakob gebunden. Aber Churchill selbst war kein
+oberflächlicher Beobachter, er wußte genau, worin sein wirkliches
+Interesse bestand. Er war überzeugt, daß, wenn sein Gebieter einmal
+volle Freiheit erhielt Papisten anzustellen, er nicht einen einzigen
+Protestanten mehr anstellen würde. Eine Zeit lang wurden vielleicht
+einige hochbegünstigte Diener der Krone noch von der allgemeinen
+Proscription ausgenommen, in der Hoffnung, daß sie sich dadurch
+bestimmen ließen, ihren Glauben zu wechseln, aber selbst diese mußten
+nach einer kurzen Frist Einer nach dem Andren fallen, wie Rochester
+schon gefallen war. Churchill konnte sich allerdings durch Übertritt zur
+katholischen Kirche gegen diese Gefahr sicher stellen und noch höher in
+der königlichen Gunst steigen; auch hätte man glauben können, daß ein
+Mann, der sich eben so sehr durch Habsucht und Characterlosigkeit, wie
+durch Talent und Tapferkeit auszeichnete, schwerlich an dem Gedanken,
+eine Messe anhören zu müssen, Anstoß nehmen würde. Aber die menschliche
+Natur ist so reich an Widersprüchen, daß selbst abgestumpfte Gewissen
+eine empfindliche Stelle haben. So hatte dieser Mann, der seine
+Erhebung der Schande seiner Schwester verdankte, der von der
+verschwenderischesten, herrschsüchtigsten und schamlosesten Buhlerin
+unterhalten worden war und dessen öffentliches Leben Jedem, der mit
+unbefangenem Blicke den schimmernden Glanz des Genies und des Ruhms zu
+durchdringen vermag, als ein Abgrund von Schändlichkeit erscheinen muß,
+einen blinden Glauben an die Religion, die ihm als Kind eingelernt
+worden war, und schauderte bei dem Gedanken, sie förmlich abzuschwören.
+Es stand ihm eine furchtbare Alternative bevor. Das irdische Übel, das
+er am meisten fürchtete, war die Armuth, das einzige Verbrechen, vor dem
+sein Herz zurückbebte, war der Glaubensabfall, und wenn die Pläne des
+Hofes gelangen, konnte er nicht zweifeln, daß er bald zwischen Armuth
+und Abfall wählen mußte. Daher entschloß er sich, diese Pläne zu
+durchkreuzen, und es zeigte sich bald, daß er bereit war, jede Schuld
+und jede Schmach auf sich zu laden, wenn er nur der Nothwendigkeit
+entging, entweder seine Stellen oder seine Religion aufgeben zu
+müssen.[64]
+
+ [Anmerkung 64: Der Beweggrund, welcher das Verfahren der Churchill
+ bestimmte, ist kurz und bündig in +The Duchess of Marlborough’s
+ Vindication+ dargelegt. „Jedermann erkannte deutlich,“ sagt sie,
+ „daß bei dem Systeme, das König Jakob angenommen hatte, Jeder der
+ nicht Katholik werden wollte, früher oder später zu Grunde gehen
+ mußte. Diese Überzeugung ließ mich das Unternehmen des Prinzen von
+ Oranien, uns aus solcher Knechtschaft zu erlösen, mit Wohlgefallen
+ betrachten.“]
+
+
+[_Lady Churchill und die Prinzessin Anna._] Nicht bloß als
+militairischer Befehlshaber von hohem Range und ausgezeichnetem Geschick
+und Muth konnte Churchill der Opposition Dienste leisten. Es war für das
+Gelingen der Pläne Wilhelm’s wenn nicht absolut nothwendig, doch höchst
+wichtig, daß seine Schwägerin, welche nach der englischen
+Thronfolgeordnung zwischen ihm und seiner Gemahlin stand, in
+vollkommener Übereinstimmung mit ihm handelte. Alle ihm
+entgegenstehenden Schwierigkeiten würden bedeutend vergrößert worden
+sein, wenn Anna sich günstig für die Indulgenz ausgesprochen hätte. Auf
+welche Seite sie treten würde, hing von dem Willen Anderer ab, denn ihr
+Verstand war träge, und obgleich in ihrem Character ein erblicher
+Eigenwille und Starrsinn verborgen lag, welche viele Jahre später durch
+große Macht und heftige Provocationen zum Vorschein gebracht wurden, so
+war sie doch zur Zeit die willige Sklavin einer Frau von viel
+lebhafterem und herrschsüchtigerem Character als der ihrige war. Diese
+Frau, welche sie völlig beherrschte, war Churchill’s Gattin, ein Weib,
+die nachmals auf die Geschicke England’s und Europa’s einen großen
+Einfluß ausübte.
+
+Der Name dieser berühmten Günstlingin war Sara Jennings. Ihre ältere
+Schwester Franziska hatte sich durch Schönheit und Leichtfertigkeit
+selbst unter der Masse von schönen Gesichtern und leichtfertigen
+Characteren ausgezeichnet, welche Whitehall während des wilden Carnevals
+der Restauration zierten und schändeten. Einmal verkleidete sie sich
+als Apfelsinenmädchen und rief in den Straßen ihre Früchte aus.[65]
+Gesetzte Leute meinten, daß ein Mädchen von so wenig Takt- und
+Schicklichkeitsgefühl nicht leicht einen Gatten finden werde. Sie war
+indessen zweimal verheirathet und jetzt die Gattin Tyrconnel’s. Sara
+war nicht so regelmäßig schön als ihre Schwester, aber vielleicht noch
+anziehender. Ihr Gesicht war ausdrucksvoll, ihre Gestalt entbehrte
+keines weiblichen Reizes, und die Fülle ihrer schönen Haare, welche noch
+nicht nach der barbarischen Mode, deren Einführung sie noch erlebte,
+durch Puder verunziert waren, erfüllten ihre zahlreichen Bewunderer mit
+Entzücken. Von den Freiern, die sich um ihre Hand bewarben, erhielt der
+junge, schöne, liebenswürdige, einschmeichelnde, beredte und tapfere
+Oberst Churchill den Vorzug. Er mußte sie wirklich lieben, denn außer
+der Leibrente, die er sich für den von der Herzogin von Cleveland
+erhaltenen schmachvollen Lohn gekauft hatte, besaß er wenig Vermögen,
+war unersättlich in seiner Gier nach Schätzen, Sara war arm, und es war
+ihm ein einfaches Mädchen mit einem großen Vermögen angetragen worden.
+Nach einem kurzen Kampfe trug die Liebe den Sieg über die Habsucht
+davon, die Ehe verstärkte nur noch seine Leidenschaft, und Sara genoß
+bis zum letzten Augenblicke seines Lebens das Vergnügen und die
+Auszeichnung, das einzige menschliche Wesen zu sein, das im Stande war,
+diesen weitsehenden und sicheren Blick auf sich zu fesseln, das von
+diesem kalten Herzen heiß geliebt und von diesem unerschrockenen Geiste
+knechtisch gefürchtet wurde.
+
+Im weltlichen Sinne ward Churchill’s treue Liebe reich belohnt. Bei
+aller Dürftigkeit brachte seine Braut ihm doch ein Heirathsgut zu, das
+klug verwendet ihn endlich zum englischen Herzog, zum deutschen
+Reichsfürsten, zum Oberfeldherrn einer großen Coalition, zum
+Schiedsrichter zwischen mächtigen Fürsten und was in seinen Augen noch
+viel mehr werth war, zum reichsten Privatmann von ganz Europa machte.
+Sie war von früher Kindheit an mit der Prinzessin Anna aufgewachsen und
+es hatte sich eine innige Freundschaft zwischen den beiden Mädchen
+gebildet. Im Character glichen sie einander nur wenig. Anna war
+phlegmatisch und schweigsam. Gegen Diejenigen, die sie liebte, war sie
+sanft; ihr Zorn äußerte sich nur durch ein mürrisches Schmollen. Sie
+hatte einen starken religiösen Sinn und war den Gebräuchen und der
+Verfassung der anglikanischen Kirche mit wahrer Bigotterie zugethan.
+Sara war lebhaft und redselig, dominirte selbst Diejenigen, die sie am
+meisten liebte, und wenn sie gekränkt wurde, äußerte sich ihre Wuth
+durch Thränen und heftige Vorwürfe. Auf Frömmigkeit machte sie keinen
+Anspruch, ja sie entging sogar kaum der Beschuldigung der
+Irreligiosität. Sie war jetzt noch nicht das was sie später wurde,
+nachdem das Glück _eine_ Klasse von Fehlern, das Unglück eine andre
+vollkommen entwickelt, als Siege und Huldigungen ihr den Kopf verrückt
+und Mißgeschick und Kränkungen ihren Character verbittert hatten. Sie
+wurde in ihren späteren Lebensjahren das verächtlichste und
+erbärmlichste Geschöpf: ein altes Weib, die in beständigem Hader lebte
+mit ihrem ganzen Geschlecht, mit ihren eigenen Kindern und Enkeln, zwar
+vornehm und reich, aber Vornehmheit und Reichthum hauptsächlich nur
+deshalb schätzend, weil dieselben sie in den Stand setzten, der
+öffentlichen Meinung Hohn zu sprechen und rückhaltlos ihrem Hasse gegen
+Lebende und Todte zu fröhnen. Unter der Regierung Jakob’s II. galt sie
+für nichts Schlimmeres als eine schöne, stolze junge Frau, die wohl
+zuweilen launenhaft und eigensinnig sein konnte, der man aber in
+Berücksichtigung ihrer Reize ihre Launen gern verzieh.
+
+Es ist eine sehr gewöhnliche Erscheinung, daß Verschiedenheit der
+Neigungen und Geistesfähigkeiten keine Hindernisse der Freundschaft sind
+und daß gerade zwei Herzen, die sich gegenseitig ergänzen, das Band der
+innigsten Zuneigung umschlingt. Lady Churchill wurde von der Prinzessin
+Anna geliebt, ja fast angebetet. Die Prinzessin konnte ohne den
+Gegenstand ihrer romanhaften Zärtlichkeit nicht leben. Sie vermählte
+sich und wurde eine treue, sogar liebevolle Gattin; aber Prinz Georg,
+ein beschränkter Mann, dessen Hauptgenüsse die Freuden der Tafel und der
+Flasche waren, erlangte keinen Einfluß auf sie, der sich mit dem ihrer
+Freundin vergleichen ließ, und gab sich bald mit stupider Geduld der
+Herrschaft des heftigen und gebieterischen Geistes hin, von dem seine
+Gemahlin sich leiten ließ. Das königliche Paar bekam Kinder und Anna
+entbehrte keineswegs der Gefühle einer Mutter; aber die Liebe zu ihren
+Kindern war lau im Vergleich mit ihrer hingebenden Zärtlichkeit für ihre
+Jugendfreundin. Endlich wurde die Prinzessin des Zwanges müde, den die
+Etikette ihr auferlegte, es war ihr unerträglich, die Worte Madame und
+Königliche Hoheit aus dem Munde einer Frau zu hören, die ihr mehr war
+als eine Schwester. In der Gallerie und im Empfangzimmer waren diese
+Worte nicht zu umgehen, aber im Boudoir wurden sie abgeschafft. Hier
+hieß Anna Mrs. Morley, Lady Churchill Mrs. Freeman, und unter diesen
+kindlichen Namen bestand zwanzig Jahre hindurch ein intimer Verkehr
+zwischen den beiden Freundinnen, von dem schließlich das Schicksal von
+Regierungen und Dynastien abhing. Bis jetzt hatte jedoch Anna noch keine
+politische Macht und nur geringen persönlichen Einfluß. Ihre Freundin
+bekleidete in ihrem Hausstaate das Amt der ersten Kammerdame mit nur
+vierhundert Pfund Sterling Gehalt. Gleichwohl hat man Grund zu glauben,
+daß es Churchill schon zu dieser Zeit möglich war, seine vorherrschende
+Leidenschaft durch den Einfluß seiner Gattin zu befriedigen. Obgleich
+die Prinzessin ein hohes Einkommen hatte und sehr einfach lebte, so
+machte sie doch Schulden, die ihr Vater mit einigem Unwillen bezahlte,
+und man sagte, daß der Grund ihrer finanziellen Verlegenheiten in ihrer
+verschwenderischen Freigebigkeit gegen ihren Liebling zu suchen sei.[66]
+
+Endlich war die Zeit gekommen, wo diese sonderbare Freundschaft einen
+großen Einfluß auf die öffentlichen Angelegenheiten ausüben sollte. Man
+war äußerst gespannt darauf, welche Rolle Anna in dem Kampfe, der
+England erschütterte, spielen werde. Auf der einen Seite stand die
+Kindespflicht, auf der andren die Interessen der Religion, der sie
+aufrichtig zugethan war. Ein minder phlegmatischer Character würde
+zwischen so starken und wichtigen Beweggründen, die ihn nach
+entgegengesetzten Richtungen hinzogen, gewiß lange geschwankt haben. Der
+Einfluß der Churchill aber entschied die Frage und ihre Gönnerin wurde
+ein wichtiges Mitglied des umfassenden Bundes, dessen Oberhaupt der
+Prinz von Oranien war.
+
+ [Anmerkung 65: +Mémoires de Grammont+; +Pepys’s Diary, Feb. 21.
+ 1684/5.+]
+
+ [Anmerkung 66: Es würde mich zu weit führen, wollte ich alle die
+ Werke aufzählen, aus denen ich mein Urtheil über den Character der
+ Herzogin geschöpft habe. Meine Hauptquellen sind ihre eigenen
+ Briefe, ihre „Rechtfertigung“ und die Entgegnungen, welche diese
+ veranlaßte.]
+
+
+[_Dykvelt kehrt mit Briefen von vielen angesehenen Engländern nach dem
+Haag zurück._] Im Juni 1687 kehrte Dykvelt nach dem Haag zurück. Er
+überreichte den Generalstaaten ein königliches Schreiben voll
+Lobeserhebungen über sein Benehmen während seines Aufenthalts in London.
+Diese Lobeserhebungen waren jedoch nur eine Formalität. In
+Privatmittheilungen von seiner eigenen Hand beschwerte Jakob sich bitter
+darüber, daß der Gesandte einen so vertrauten Umgang mit den heftigsten
+Oppositionsmännern seines Reiches gepflogen und sie in allen ihren
+Umsturzplänen bestärkt habe. Außerdem brachte Dykvelt auch eine Anzahl
+Briefe von den ausgezeichnetsten derjenigen Männer mit, mit denen er
+sich während seines Aufenthalts in London berathen hatte. Die Schreiber
+dieser Briefe versicherten den Prinzen allgemein ihrer unbegrenzten
+Verehrung und Hingebung und verwiesen ihn wegen der näheren Darlegung
+ihrer Ansichten an den Überbringer. Halifax erörterte den Zustand und
+die Aussichten des Landes mit gewohnter Schärfe und Lebendigkeit, hütete
+sich aber sorgfältig, für irgend ein gefährliches Verfahren die
+Verantwortung zu übernehmen. Danby schrieb in einem kühneren und
+entschlosseneren Tone und konnte sich nicht enthalten, über die
+Besorgnisse und Bedenklichkeiten seines genialen Nebenbuhlers zu
+spötteln. Der interessanteste Brief aber war der von Churchill. Er war
+mit der natürlichen Beredtsamkeit, an der es ihm trotz seines Mangels an
+höherer Bildung bei wichtigen Anlässen nie fehlte, und mit einem
+Anstrich von Hochherzigkeit geschrieben, den er sich, so perfid er auch
+war, mit seltener Geschicklichkeit zu geben verstand. Die Prinzessin
+Anna, sagte er, habe ihm befohlen, ihre erlauchten Verwandten im Haag zu
+versichern, daß sie mit Gottes Hülfe fest entschlossen sei, eher ihr
+Leben zu lassen, als sich eines Glaubensabfalls schuldig zu machen. Was
+seine Person betreffe, so lege er auf seine Stellen und auf die
+königliche Gunst einen weit geringeren Werth als auf seine Religion. Er
+schloß mit der hochtrabenden Erklärung, daß man ihn, obgleich er keinen
+Anspruch darauf mache, wie ein Heiliger gelebt zu haben, doch
+vorkommenden Falls bereit finden werde, den Märtyrertod zu sterben.[67]
+
+ [Anmerkung 67: Das Formalitätsschreiben, welches Dykvelt den
+ Generalstaaten überbrachte, befindet sich in den Archiven des
+ Haags. Die anderen in diesem Paragraphen erwähnten Briefe giebt
+ Dalrymple im Anhange zu Buch +V.+]
+
+
+[_Zulestein’s Sendung._] Dykvelt’s Sendung hatte einen so glänzenden
+Erfolg gehabt, daß bald ein neuer Vorwand gefunden war, um einen andren
+Agenten abzusenden, der das so glücklich begonnene Werk fortsetzen
+sollte. Der neue Gesandte, nachmals der Gründer eines jetzt erloschenen
+englischen Adelshauses, war ein illegitimer leiblicher Vetter Wilhelm’s
+und führte einen der Herrschaft Zulestein entlehnten Namen. Seine
+Verwandtschaft mit dem Hause Oranien gab Zulestein in den Augen des
+Publikums ein bedeutendes Ansehen. Sein Benehmen war das eines tapferen
+Soldaten. In diplomatischen Talenten und Kenntnissen stand er Dykvelt
+weit nach, aber gerade diese Inferiorität hatte ihre Vortheile. Ein
+Militair, der sich anscheinend nie um die Politik gekümmert hatte,
+konnte ohne Verdacht zu erregen mit der englischen Aristokratie einen
+Verkehr unterhalten, der mit argwöhnischem Auge bewacht worden sein
+würde, wenn er ein bekannter Meister in der Staatskunst gewesen wäre.
+Nach kurzer Abwesenheit kehrte Zulestein mit nicht minder wichtigen
+Briefen und mündlichen Botschaften, als die welche seinem Vorgänger
+anvertraut worden waren, in sein Vaterland zurück. Von diesem
+Augenblicke an trat der Prinz mit der Opposition in einen regelmäßigen
+Briefwechsel. Geschäftsträger verschiedenen Ranges reisten beständig
+zwischen der Themse und dem Haag hin und her. Der nützlichste von diesen
+war ein Schotte von einigem Talent und großer Thätigkeit, Namens
+Johnstone. Er war Burnet’s Vetter und der Sohn eines angesehenen
+Covenanters, der bald nach der Restauration wegen Hochverraths
+hingerichtet worden war und von seiner Partei als Märtyrer verehrt
+wurde.
+
+
+[_Zunehmende Feindschaft zwischen Jakob und Wilhelm._] Die Entfremdung
+zwischen dem Könige von England und dem Prinzen von Oranien wurde mit
+jedem Tage vollkommener. Es hatte sich ein ernsthafter Streit in Betreff
+der sechs britischen Regimenter erhoben, welche im Solde der Vereinigten
+Provinzen standen. Der König wollte diese Regimenter unter das Commando
+römisch-katholischer Offiziere stellen, und der Prinz widersetzte sich
+diesem Ansinnen entschieden. Der König nahm seine Zuflucht zu seinen
+Lieblingsgemeinplätzen von der Duldung; der Prinz erwiederte daß er nur
+das Beispiel Seiner Majestät nachahme. Es sei notorisch erwiesen, daß
+loyale und tüchtige Männer in England lediglich deshalb, weil sie
+Protestanten waren, aus dem Staatsdienste entlassen worden seien, und
+dies berechtige den Statthalter und die Generalstaaten doch gewiß dazu,
+die Papisten von hohen öffentlichen Ämtern auszuschließen. Diese Antwort
+erbitterte Jakob dermaßen, daß er in seiner Wuth die Wahrhaftigkeit und
+den gesunden Verstand völlig aus den Augen verlor. Es sei nicht wahr,
+behauptete er mit Heftigkeit, daß er irgend Jemanden jemals aus
+religiösen Gründen abgesetzt habe. Und wenn er es wirklich gethan hätte,
+was ginge es dann dem Prinzen oder die Generalstaaten an? Wären sie etwa
+seine Herren? wären sie befugt, sich zu Richtern über die Handlungen
+fremder Fürsten aufzuwerfen? Von jetzt an wünschte er seine in
+holländischen Diensten stehenden Unterthanen zurückzuberufen, denn er
+glaubte durch diese Maßregel sich selbst zu verstärken und seine
+schlimmsten Feinde zu schwächen. Es traten ihm jedoch finanzielle
+Schwierigkeiten entgegen, die er unmöglich übersehen konnte. Die Zahl
+der bereits von ihm unterhaltenen Truppen war schon so groß, als es
+seine Einkünfte nur irgend zuließen, obgleich dieselben die aller seiner
+Vorgänger weit überstiegen und mit großer Sparsamkeit verwaltet wurden.
+Wenn aber die jetzt in Holland stehenden Bataillone noch zu dem
+vorhandenen Etat kamen, so war die Staatskasse bankerott. Vielleicht
+ließ Ludwig sich bewegen, sie in seinen Dienst zu nehmen. In diesem
+Falle wurden sie aus einem Lande entfernt, wo sie dem verderblichen
+Einflusse einer republikanischen Regierung und einer calvinistischen
+Kirchenverfassung ausgesetzt waren, und kamen in ein Land, wo Niemand
+die Autorität des Monarchen und die Lehren der wahren Kirche zu
+bestreiten wagte. Die Soldaten würden dann bald alle politische und
+religiöse Ketzerei wieder verlernen, ihr Landesfürst konnte zu jeder
+Zeit binnen kurzer Frist über ihre Hülfe verfügen und sich unter allen
+Umständen auf ihre Treue verlassen.
+
+Es wurden zwischen Whitehall und Versailles Unterhandlungen in dieser
+Angelegenheit eröffnet. Ludwig hatte soviel Soldaten als er brauchte,
+und wäre es auch anders gewesen, so würde er dennoch keine Lust gehabt
+haben, englische Truppen in Dienst zu nehmen, da der englische Sold, so
+niedrig er unsrer Generation erscheinen muß, doch viel höher war als der
+französische. Auf der andren Seite aber hätte er Wilhelm sehr gern um
+eine so schöne Brigade geschwächt. Nach einer mehrwöchentlichen
+Correspondenz wurde Barillon zu der Erklärung ermächtigt, daß, wenn
+Jakob die britischen Truppen aus Holland zurückriefe, Ludwig die
+Unterhaltungskosten für zweitausend Mann in England übernehmen wolle.
+Jakob nahm dieses Anerbieten mit dem wärmsten Danke an. In Folge des
+getroffenen Arrangements ersuchte er die Generalstaaten um Rücksendung
+der sechs Regimenter. Die Generalstaaten aber, welche Wilhelm ganz nach
+seinem Willen leitete, antworteten, daß ein solches Verlangen unter den
+obwaltenden Umständen durch die bestehenden Verträge nicht
+gerechtfertigt werde, und weigerten sich entschieden, demselben zu
+entsprechen. Es ist bemerkenswerth, daß Amsterdam, welches für
+Zurückhaltung dieser Truppen in Holland gestimmt hatte, als Jakob ihrer
+gegen die Insurgenten im Westen bedurfte, jetzt heftig für die Erfüllung
+seines Verlangens stritt. In beiden Fällen beabsichtigten die Behörden
+dieser großen Stadt nichts weiter, als dem Prinzen von Oranien zu
+opponiren.[68]
+
+ [Anmerkung 68: Sunderland an Wilhelm, 24. Aug. 1686; Wilhelm an
+ Sunderland, 2.(12.) Sept. 1686; Barillon, 6.(16.) Mai, 26. Mai (5.
+ Juni), 3.(13.) Oct., 28. Nov. (8. Dec.) 1687; Ludwig an Barillon,
+ 14.(24.) Oct. 1687; Memorial von Albeville, 15.(25.) Dec. 1687;
+ Jakob an Wilhelm, 17. Jan., 16. Feb., 2. u. 13. März 1688: Avaux,
+ 1.(11.), 6.(16.), 8.(18.) März, 22. März (1. April) 1688.]
+
+
+[_Einfluß der holländischen Presse._] Die holländischen Waffen waren
+jedoch für Jakob kaum so gefährlich als die holländische Presse. Fast
+täglich erschienen im Haag englische Bücher und Flugschriften gegen die
+Regierung, und keine Wachsamkeit konnte es verhindern, daß viele
+Tausende von Exemplaren in die an der Nordsee gelegenen Grafschaften
+eingeschmuggelt wurden. Unter diesen Schriften zeichnete sich besonders
+eine durch ihre Wichtigkeit und durch den Eindruck, den sie machte, aus.
+Jedermann, der mit den öffentlichen Angelegenheiten vertraut war, kannte
+die Ansicht des Prinzen und der Prinzessin von Oranien in Betreff der
+Indulgenz; da aber keine officielle Erklärung dieser Ansicht erschienen
+war, so wurden Viele, denen gute Privatquellen nicht zugänglich waren,
+durch die Zuversicht, mit der die Anhänger des Hofes behaupteten, daß
+Ihre Hoheiten die letzten Maßregeln des Hofes billigten, getäuscht oder
+verwirrt gemacht. Es würde ein sehr einfacher und naheliegender Weg
+gewesen sein, diese Behauptungen öffentlich zu widerlegen, wenn Wilhelm
+keinen andren Zweck gehabt hätte, als seinen Einfluß in England zu
+befestigen. Allein er betrachtete England hauptsächlich als das zur
+Ausführung seines großen europäischen Planes nöthige Werkzeug. Er hoffte
+für diesen Plan die Mitwirkung der beiden Linien des Hauses Österreich,
+der italienischen Fürsten und selbst des Papstes zu gewinnen, und er
+hatte Grund zu der Befürchtung, daß jede die britischen Protestanten
+befriedigende Erklärung in Madrid, Wien, Turin und Rom Besorgniß und
+Unwillen erregen könnte. Deshalb enthielt sich der Prinz lange jeder
+officiellen Äußerung seiner Gesinnungen. Endlich aber wurde er darauf
+aufmerksam gemacht, daß sein beharrliches Stillschweigen unter den ihm
+Wohlwollenden viel Besorgniß und Mißtrauen erweckt habe und daß es hohe
+Zeit sei, sich offen auszusprechen. Er beschloß daher, sich zu erklären.
+
+
+[_Stewart’s und Fagel’s Correspondenz._] Ein schottischer Whig, Namens
+Jakob Stewart, war vor einigen Jahren nach Holland geflüchtet, um dem
+spanischen Stiefel und dem Galgen zu entgehen, und er war mit dem
+Großpensionär Fagel befreundet worden, der das Vertrauen und die Gunst
+des Statthalters in hohem Grade besaß. Stewart war der Verfasser des
+heftigen und gehässigen Manifestes von Argyle. Als die Indulgenz
+erschien, erkannte Stewart, daß sich ihm die Gelegenheit darbot, nicht
+nur Begnadigung, sondern noch obendrein eine Belohnung zu erlangen. Er
+bot der Regierung, deren Feind er gewesen war, seine Dienste an, diese
+wurden angenommen und er schrieb an Fagel einen Brief, zu dem er
+angeblich von Jakob selbst beauftragt war. In diesem Briefe wurde der
+Großpensionär dringend aufgefordert, seinen ganzen Einfluß bei dem
+Prinzen und der Prinzessin aufzubieten, um sie zur Unterstützung der
+Politik ihres Vaters zu bewegen. Nach einiger Zeit schickte Fagel eine
+tief durchdachte und ausgezeichnet geschriebene Erwiederung ein. Wer
+dieses interessante Dokument liest, muß bemerken, daß es zwar in einer
+Weise abgefaßt ist, welche geeignet war, die englischen Protestanten zu
+beruhigen und ihnen zu gefallen, dennoch aber kein Wort enthält, das
+selbst dem Vatikan Anstoß hätte geben können. Es war darin gesagt, daß
+Wilhelm und Marie mit Vergnügen zur Abschaffung jedes Gesetzes mitwirken
+würden, welches über irgend einen Engländer seiner religiösen
+Überzeugung wegen Strafe verhänge. Aber zwischen Strafen und
+Ausschließungen war ein Unterschied gemacht. Katholiken zu Staatsämtern
+zuzulassen, könne nach der Ansicht Ihrer Hoheiten weder im allgemeinen
+Interesse Englands, noch im Interesse der Katholiken selbst liegen.
+Dieses Manifest wurde in mehrere Sprachen übersetzt und war auf dem
+Continent weit verbreitet. Von der durch Burnet besorgten englischen
+Ausgabe wurden nahe an funfzigtausend Exemplare in die östlichen
+Grafschaften eingeführt und rasch über das ganze Land verbreitet.
+Nie hat eine Staatsschrift einen vollständigeren Erfolg gehabt. Die
+Protestanten unsrer Insel priesen die männliche Entschiedenheit, mit der
+Wilhelm erklärte, daß er es nicht gutheißen könne, die Papisten Antheil
+an der Regierung nehmen zu lassen. Den katholischen Fürsten auf der
+andren Seite gefiel der milde und gemäßigte Ton, in welchem diese
+Erklärung gehalten war, sowie die ihnen eröffnete Aussicht, daß unter
+seiner Regierung kein Mitglied ihrer Kirche um seines Glaubens willen
+belästigt werden würde.
+
+
+[_Castelmaine’s Gesandtschaft in Rom._] Es ist wahrscheinlich, daß der
+Papst selbst einer von Denen war, die den berühmten Brief mit Vergnügen
+lasen. Einige Monate zuvor hatte er Castelmaine auf eine Art entlassen,
+welche wenig Rücksicht auf die Gesinnungen des Königs zeigte. Innocenz
+war mit der ganzen inneren und äußeren Politik der englischen Regierung
+durchaus nicht zufrieden. Er sah, daß die ungerechten und unklugen
+Maßregeln der jesuitischen Cabale viel eher dazu beitrugen, das
+Fortbestehen der Strafgesetze als die Abschaffung des Testes zu
+bewirken. Sein Streit mit dem Hofe von Versailles wurde mit jedem Tage
+ernsthafter, und er konnte weder als weltlicher Fürst, noch als
+Oberhaupt der katholischen Kirche für einen Vasallen dieses Hofes eine
+herzliche Freundschaft fühlen. Castelmaine war nicht geeignet, diesen
+Widerwillen zu beseitigen. Er kannte zwar für einen Laien Rom ziemlich
+gut und war auch in der theologischen Polemik gründlich bewandert,[69]
+besaß aber durchaus nicht das Geschick, welches sein Posten erforderte,
+und wenn er auch der talentvollste Diplomat gewesen wäre, so würde doch
+ein Umstand ihn für die besondere Mission, mit der er betraut war,
+untauglich gemacht haben. Er war in ganz Europa als der Gatte des
+schamlosesten Weibes bekannt, und als weiter nichts. Man konnte
+unmöglich mit ihm oder von ihm sprechen, ohne daran zu denken, wie er zu
+dem Titel gekommen war, bei dem er genannt wurde. Dieser Umstand würde
+wenig auf sich gehabt haben, wenn er an einem sittenlosen Hofe
+accreditirt gewesen wäre, wie zum Beispiel bei dem, an welchem unlängst
+die Herzogin von Montespan das Regiment geführt hatte. Aber es war
+offenbar ein grober Mißgriff, ihn mit einem Auftrage mehr geistlichen
+als weltlichen Characters an einen Papst von patriarchalischer
+Sittenstrenge zu senden. Die Protestanten von ganz Europa spöttelten
+darüber, und Innocenz, der ohnehin schon gegen die englische Regierung
+eingenommen war, betrachtete die ihm mit so großer Gefahr und so großen
+Kosten erzeigte Aufmerksamkeit als nicht viel besser denn eine
+Beleidigung. Der Gehalt des Gesandten war auf hundert Pfund die Woche
+festgesetzt. Castelmaine klagte, daß dies zu wenig sei und daß das
+Dreifache dieses Betrags kaum ausreichen werde. Denn in Rom bemühten
+sich die Gesandten aller großen Continentalmächte einander vor den Augen
+eines Volks, das durch den beständigen Anblick prächtiger Gebäude,
+Decorationen und Ceremonien verwöhnt war, im Glanz zu überbieten. Er
+erklärte stets, daß er bei seiner Gesandtschaft Geld zusetzen müsse. Es
+waren ihm mehrere junge Adelige aus den vornehmsten katholischen
+Familien Englands, wie die Ratcliffe, die Arundell und Tichborne,
+beigegeben, und er bewohnte in Rom den Palast der Familie Pamfili an dem
+prächtigen Navonaplatze. Eine Privatunterredung mit Innocenz wurde ihm
+bald bewilligt, die officielle Audienz aber wurde lange hinausgeschoben.
+Castelmaine’s Vorbereitungen zu diesem wichtigen Acte waren so
+prachtvoll, daß sie, obgleich schon zu Ostern 1686 begonnen, im
+darauffolgenden November noch nicht beendigt waren, und im November
+bekam der Papst einen wirklichen oder angeblichen Gichtanfall, der einen
+weiteren Aufschub verursachte. Im Januar 1687 endlich fand die
+feierliche Vorstellung und Aufwartung mit ungewöhnlichem Pompe statt.
+Die Staatswagen, welche zu der Auffahrt in Rom gebaut wurden, waren so
+prächtig, daß man sie für werth hielt, der Nachwelt in schönen
+Abbildungen überliefert und von Dichtern in mehreren Sprachen besungen
+zu werden.[70] Die Façade des Gesandtschaftspalastes wurde an diesem
+hochwichtigen Tage mit geschmacklosen allegorischen Gemälden von
+riesenhafter Größe decorirt. Man sah hier den heiligen Georg mit dem
+Fuße auf dem Nacken des Titus Oates, und Herkules, wie er mit seiner
+Keule den protestantischen Tischler College zu Boden schlägt, der sich
+vergebens mit seinem Flegel zu vertheidigen sucht. Nach dieser
+öffentlichen Schaustellung lud Castelmaine alle damals in Rom anwesenden
+Notabilitäten zu einem Bankett in dem freundlichen und prächtigen Saale
+ein, den Peter von Cortona mit Gemälden von Scenen aus der Aeneide
+geschmückt hat. Die ganze Stadt drängte sich zu dem Schauspiele und nur
+mit Mühe konnte eine Compagnie der Schweizergarde die Ordnung unter den
+Zuschauern aufrechterhalten. Die Kavaliere des päpstlichen Hofstaates
+gaben hierauf ihrerseits dem Gesandten glänzende Gastmähler, und Dichter
+und Literaten überhäuften seinen Gebieter mit abgeschmackten und
+hyperbolischen Schmeicheleien, wie sie da am meisten floriren, wo Genie
+und Geschmack am tiefsten gesunken sind. An der Spitze der Schmeichler
+stand ein gekröntes Haupt. Mehr als dreißig Jahre waren verflossen, seit
+Christine, die Tochter des großen Gustav Adolph, freiwillig vom
+schwedischen Throne herabgestieqen war. Nach langen Wanderungen, während
+denen sie viele Thorheiten und Verbrechen begangen, hatte sie endlich in
+Rom ihren bleibenden Aufenthalt genommen, wo sie sich mit astrologischen
+Berechnungen und mit den Intriguen des Conclave beschäftigte und sich
+nebenbei mit Gemälden, Gemmen, Handschriften und Münzen die Zeit
+vertrieb. Jetzt dichtete sie einige italienische Stanzen zu Ehren des
+englischen Fürsten, der, wie sie selbst, einem Geschlecht von Königen
+entsprossen, welche zu ihrer Zeit als die Vorkämpfer der Reformation
+betrachtet wurden, sich, gleich ihr, mit der alten Kirche wieder
+ausgesöhnt hatte. Sie gab eine glänzende Gesellschaft in ihrem Palaste.
+Ihre in Musik gesetzten Verse wurden unter allgemeinem Beifalle
+vorgetragen und einer ihrer literarischen Günstlinge hielt über
+denselben Gegenstand eine Rede in so blühendem Style, daß er den
+Geschmack der englischen Zuhörer beleidigt zu haben scheint. Die dem
+Papste feindlich gesinnten, den Interessen Frankreichs ergebenen
+Jesuiten, denen jede Gelegenheit, Jakob Ehre zu erzeigen, willkommen
+war, empfingen den englischen Gesandten mit möglichstem Gepränge in dem
+fürstlichen Hause, wo die Überreste des Ignatius Loyola in einem Schrein
+von Lasurstein und Gold aufbewahrt werden. Bildhauerkunst, Malerei,
+Poesie und Beredtsamkeit wurden aufgeboten, um den Fremden zu
+bewillkommnen; aber alle diese Künste lagen tief im Argen. Es wurde viel
+schwülstige und unedle Latinität entfaltet, die eines so gelehrten
+Ordens unwürdig war, und einige von den die Wände zierenden Inschriften
+zeigten noch schlimmere Fehler als schlechten Styl. An einer Stelle war
+gesagt, daß Jakob seinen Bruder als Boten zum Himmel gesandt habe, an
+einer andren, daß Jakob die Schwingen geliefert, welche seinen Bruder in
+eine höhere Region emporgetragen. Außerdem gab es ein noch viel
+unglücklicheres Distichon, welches damals wenig beachtet wurde, dessen
+man aber einige Monate später mit boshaften Auslegungen gedachte.
+„O König,“ sagte der Dichter, „seufze nicht länger nach einem Sohne. Mag
+auch die Natur Deinen Wunsch nicht erfüllen, die Sterne werden Mittel
+finden, um ihn zu befriedigen.“
+
+Inmitten dieser Festlichkeiten erfuhr Castelmaine schwere Kränkungen und
+Demüthigungen. Der Papst behandelte ihn mit äußerster Kälte und
+Zurückhaltung. So oft der Gesandte ihn um eine Antwort auf das zu
+Gunsten Petre’s gestellte Anliegen bat, bekam Innocenz einen heftigen
+Hustenanfall, der dem Gespräch ein Ende machte. Ganz Rom unterhielt sich
+von diesen sonderbaren Audienzen. Pasquino schwieg nicht und die ganze
+neugierige und geschwätzige Bevölkerung der müßigsten aller Städte, mit
+alleiniger Ausnahme der Jesuiten und der Prälaten der französischen
+Faction, lachte über Castelmaine’s verunglückte Mission. Sein von Natur
+unfreundlicher Character wurde bald auf’s Heftigste erbittert und er
+verbreitete eine Denkschrift mit Betrachtungen über den Papst. Dadurch
+gerieth er in eine schiefe Stellung, der kluge Italiener hatte einen
+Vortheil gewonnen und er ließ sich denselben nicht wieder entreißen. Er
+erklärte gerade heraus, die Regel, welche die Jesuiten von kirchlichen
+Würden ausschließe, dürfe zu Gunsten Petre’s nicht übertreten werden.
+Der immer mehr gereizte Castelmaine drohte jetzt Rom zu verlassen.
+Innocenz erwiederte ihm mit sanfter Impertinenz, die um so kränkender
+war, weil sie sich kaum von treuherziger Einfalt unterscheiden ließ.
+Seine Excellenz könne gehen, wenn es ihm beliebe. „Wenn wir ihn aber
+verlieren müssen,“ setzte der ehrwürdige Pontifex hinzu, „so hoffe ich
+wenigstens, daß er unterwegs seine Gesundheit schonen wird. Ein
+Engländer weiß nicht, wie gefährlich es ist, hier zu Lande während der
+Tageshitze zu reisen. Man thut am besten, wenn man vor Tagesanbruch
+aufbricht und zu Mittag Rast macht.“ Mit diesem wohlmeinenden Rathe und
+einem Rosenkranze wurde der unglückliche Gesandte entlassen. Wenige
+Monate darauf erschien eine pomphafte Geschichte seiner Sendung in einer
+prachtvollen Folioausgabe mit Kupferstichen in italienischer und
+englischer Sprache. Das Titelkupfer zeigte zum großen Ärgerniß aller
+Protestanten Castelmaine in der Peersrobe und mit der Adelskrone in der
+Hand, wie er Innocenz den Fuß küßt.[71]
+
+ [Anmerkung 69: Adda, 9.(19.) Nov. 1685.]
+
+ [Anmerkung 70: Der Professor der griechischen Sprache am Kollegium
+ +De Propaganda Fide+ machte seiner Bewunderung in einigen
+ abscheulichen Hexametern und Pentametern Luft, von denen folgende
+ Probe genügen mag:
+
+ Ρωγερίου δὴ σκεψόμενος λαμπροῖο θρίαμβον,
+ Ὦκα μάλ’ ἤϊσσεν καὶ θέεν ὄχλος ἅπας·
+ Θαυμάζουσα δὲ τὴν πομπὴν, παγχρύσεά τ’ αὐτοῦ
+ Ἅρματα, τοὺς θ’ ἵππους, τοίαδε Ῥώμη ἔψη.
+
+ Die lateinischen Verse sind etwas besser. Nahum Tate stimmte auf
+ Englisch ein:
+
+ Um etwas von dem Prachtzug zu erspähen,
+ Wie selbst in Rom noch Niemand ihn gesehen,
+ Drängt Alt und Jung sich nach der Thürme Zinnen
+ Und über jede Wange Freudenthränen rinnen.]
+
+ [Anmerkung 71: Correspondenz Jakob’s und Innocenz’ im Britischen
+ Museum; +Burnet, I. 703--705+; +Welwood’s Memoirs+; +Commons’
+ Journals, Oct. 28. 1689+; +An Account of his Excellency Roger Earl
+ of Castelmaine’s Embassy, by Michael Wright, chief steward of his
+ Excellency’s house at Rome, 1688.+]
+
+
+ * * * * *
+ * * * *
+
+
+ Achtes Kapitel.
+
+ Jakob II.
+
+
+
+
+ =Inhalt.=
+
+ Seite
+ Consecration des Nuntius im St. Jamespalaste 5
+ Sein officieller Empfang. -- Der Herzog von Somerset 5
+ Auflösung des Parlaments 6
+ Gesetzwidrige Bestrafung militairischer Vergehen 7
+ Verfahren der Hohen Commission 8
+ Die Universitäten 9
+ Verfahren gegen die Universität Cambridge 10
+ Der Earl von Mulgrave 11
+ Zustand Oxford’s 13
+ Das Magdalenen-Collegium in Oxford 15
+ Anton Farmer, vom Könige als Präsident empfohlen 17
+ Wahl des Präsidenten 18
+ Die Mitglieder des Magdalenen-Collegiums werden vor die
+ Hohe Commission geladen 18
+ Parker zum Präsidenten empfohlen 19
+ Die Karthause 19
+ Rundreise des Königs 20
+ Der König in Oxford 21
+ Er giebt den Collegiaten des Magdalenenstifts einen Verweis 22
+ Penn sucht zu vermitteln 22
+ Eine kirchliche Specialcommission wird nach Oxford gesandt 24
+ Hough’s Protest 24
+ Einsetzung Parker’s 25
+ Vertreibung der Collegiaten 26
+ Das Magdalenen-Collegium in ein papistisches Seminar
+ verwandelt 27
+ Groll der Geistlichkeit 28
+ Pläne der jesuitischen Cabale in Bezug auf die Thronfolge 29
+ Jakob’s und Tyrconnel’s Plan, die Prinzessin von Oranien
+ von der Erbfolge im Königreich Irland auszuschließen 30
+ Schwangerschaft der Königin 31
+ Allgemeiner Zweifel 31
+ Stimmung der Wahlkörper und der Peers 33
+ Jakob beschließt, ein bestochenes Parlament zusammenzusetzen 34
+ Die Regulatoren 36
+ Entlassung vieler Lordlieutenants 36
+ Der Earl von Oxford 36
+ Der Earl von Shrewsbury 37
+ Der Earl von Dorset 38
+ An die Obrigkeiten gerichtete Fragen, und Antworten darauf 41
+ Scheitern der Pläne des Königs 42
+ Liste der Sheriffs 45
+ Character der katholischen Landgentlemen 45
+ Stimmung der Dissenters 47
+ Regulirung der Corporationen 47
+ Untersuchung in allen öffentlichen Verwaltungszweigen 50
+ Entlassung Sawyer’s 51
+ Williams Generalprokurator 52
+ Zweite Indulgenzerklärung 53
+ Die Geistlichkeit erhält Befehl, sie von der Kanzel
+ zu verlesen 53
+ Die Geistlichkeit ist unschlüssig 54
+ Patriotismus der protestantischen Nonconformisten Londons 54
+ Berathung der londoner Geistlichkeit 55
+ Berathung im Palast zu Lambeth 57
+ Die Petition der sieben Bischöfe dem Könige überreicht 57
+ Die londoner Geistlichkeit gehorcht dem königlichen
+ Befehle nicht 60
+ Unschlüssigkeit der Regierung 61
+ Es wird eine gerichtliche Verfolgung der Bischöfe wegen
+ Libells beschlossen 63
+ Sie werden im Geheimen Rathe verhört 63
+ Geburt des Prätendenten 65
+ Man hält ihn allgemein für untergeschoben 65
+ Die Bischöfe werden vor die Kings Bench gestellt und
+ müssen Bürgschaft leisten 69
+ Aufregung der Gemüther 70
+ Sunderland’s Angst 71
+ Er erklärt sich für einen Katholiken 72
+ Prozeß der Bischöfe 72
+ Das Verdict der Geschwornen; Freude des Volks 80
+ Eigenthümlicher Zustand der öffentlichen Meinung
+ zu jener Zeit 84
+
+
+
+
+[_Consecration des Nuntius im St. Jamespalaste._] Die auffallende
+Unhöflichkeit des Papstes hätte wohl den sanftmüthigsten Fürsten reizen
+müssen. Auf Jakob aber machte sie keinen andren Eindruck, als daß er mit
+Schmeicheleien und Komplimenten noch verschwenderischer wurde. Während
+Castelmaine, das Herz von Zorn und Unwillen erfüllt, auf der Rückreise
+nach England begriffen war, wurde der Nuntius mit Ehrenbezeigungen
+überhäuft, die sein eigner Verstand verwerfen mußte. Er war in Folge
+einer bei der römischen Kirche häufig in Anwendung kommenden Fiction
+unlängst zur Bischofswürde ohne Bischofssitz erhoben worden. Jetzt wurde
+er zum Erzbischof von Amasia, einer Stadt am Pontus, dem Geburtsorte
+Strabo’s und Mithridates’, erhoben. Jakob bestand darauf, daß die
+Ceremonie der Consecration in der Kapelle des St. Jamespalastes
+stattfinden sollte. Der apostolische Vikar Leyburn und zwei irische
+Prälaten versahen den Dienst. Die Thüren wurden dem Publikum geöffnet
+und man bemerkte unter den Zuschauern einige von den Puritanern, die
+sich neuerdings dem Hofe angeschlossen hatten. Am Abend erschien Adda in
+seiner neuen Amtstracht im Gesellschaftszirkel der Königin. Jakob fiel
+angesichts des ganzen Hofes auf die Knie und bat um seinen Segen. Trotz
+aller Vorschriften der Etikette konnten die Umstehenden ihr Erstaunen
+und ihren Widerwillen nicht unterdrücken.[1] Es hatte in der That seit
+langer Zeit kein englischer Souverain vor einem Sterblichen gekniet und
+wer das sonderbare Schauspiel mit ansah, erinnerte sich unwillkürlich
+des schmachvollen Tages, an welchem Johann sich seine Krone von Pandolph
+aufs Haupt setzen ließ.
+
+ [Anmerkung 1: Barillon, 2.(12.) Mai 1687.]
+
+
+[_Sein officieller Empfang. -- Der Herzog von Somerset._] Bald darauf
+fand eine noch prächtigere Schaustellung zu Ehren des Heiligen Stuhles
+statt. Es wurde beschlossen, daß der Nuntius sich in feierlicher
+Prozession an den Hof begeben sollte. Bei dieser Gelegenheit zeigten
+mehrere Personen, auf deren Gehorsam der König gerechnet hatte, zum
+ersten Male eine Neigung zur Widersetzlichkeit. Der Hervorragendste
+unter ihnen war der zweite Peer des Königreichs, Karl Seymour,
+gewöhnlich der stolze Herzog von Somerset genannt. Er war in der That
+ein Mann, bei dem Geburts- und Rangstolz fast zu einer krankhaften Manie
+geworden war. Sein ererbtes Vermögen war der hohen Stelle, die er unter
+dem englischen Adel einnahm, nicht angemessen; aber durch seine
+Vermählung mit der Tochter und Erbin des letzten Percy, der die alte
+Krone von Northumberland trug, war er in den Besitz des größten
+Vermögens in England gelangt. Somerset war erst fünfundzwanzig Jahre alt
+und im Publikum noch wenig bekannt. Er war Kammerherr des Königs und
+Oberst eines der Regimenter, welche zur Zeit des Aufstandes im Westen
+neu errichtet worden waren. Er hatte kein Bedenken dagegen erhoben, bei
+feierlichen Gelegenheiten das Staatsschwert in die königliche Kapelle zu
+tragen; diesmal aber weigerte er sich entschieden, an dem Festzuge zu
+Ehren des Nuntius Theil zu nehmen. Einige Mitglieder seiner Familie
+baten ihn dringend, sich das königliche Mißfallen nicht zuzuziehen; aber
+ihr Bitten war fruchtlos. Der König setzte ihn nun selbst zur Rede. „Ich
+hätte geglaubt, Mylord,“ sagte er, „daß ich Ihnen eine große Ehre
+erzeigte, indem ich Sie dazu ausersah, den Gesandten des ersten aller
+gekrönten Häupter zu begleiten.“ -- „Sire,“ entgegnete der Herzog, „ich
+bin darauf aufmerksam gemacht worden, daß ich Eurer Majestät nicht
+gehorchen kann, ohne das Gesetz zu verletzen.“ -- „Ich will Sie lehren,
+mich ebenso zu achten wie das Gesetz,“ erwiederte der König in
+hochfahrendem Tone. „Wissen Sie noch nicht, daß ich über dem Gesetz
+stehe?“ -- „Eure Majestät mögen über dem Gesetz stehen, ich aber nicht,
+und wenn ich dem Gesetz gehorche, fürchte ich nichts.“ Der König
+entfernte sich höchlich erzürnt und Somerset wurde augenblicklich seiner
+Stellen im Hofstaate und in der Armee entsetzt.[2]
+
+In einem Punkte zeigte jedoch der König einige Klugheit. Er wagte es
+nicht, den päpstlichen Gesandten in feierlichem Aufzuge der ganzen
+Bevölkerung der Hauptstadt vorzuführen. Die Ceremonie fand am 3. Juli
+1687 in Windsor statt. Eine große Menschenmenge strömte nach dem
+Städtchen. Der Schaulustigen waren so viele, daß sie weder Speise und
+Trank noch ein Unterkommen fanden und eine Menge vornehmer Leute den
+ganzen Tag in ihrem Wagen zubringen mußten, um das Schauspiel mit
+anzusehen. Spät am Nachmittag endlich erschienen die Leute des
+Hofmarschalls zu Pferde. Hierauf folgte ein langer Zug von Läufern und
+dann in einem königlichen Staatswagen Adda im Purpurmantel und mit einem
+Brillantenkreuze auf der Brust. Hinter ihm fuhren die Equipagen der
+vornehmsten Hofkavaliere und der Staatsminister. Mit großem Mißfallen
+bemerkte das Volk in dem Zuge die Wappen und Livreen Crewe’s, Bischofs
+von Durham, und Cartwright’s, Bischofs von Chester.[3]
+
+ [Anmerkung 2: +Memoirs of the Duke of Somerset+; Citters, 5.(15.)
+ Juli 1687; +Eachard’s History of the Revolution+; +Clarke’s Life
+ of James the Second, II. 116, 117, 118+; +Lord Lonsdale’s
+ Memoirs.+]
+
+ [Anmerkung 3: +London Gazette, July 7. 1687+; Citters, 7.(17.)
+ Juli; Bericht über die Ceremonie in den Somers’schen Schriften.]
+
+
+[_Auflösung des Parlaments._] Am folgenden Tage erschien in der Gazette
+eine Proklamation, welche das Parlament auflöste, das von allen durch
+die Stuarts einberufenen Parlamenten das fügsamste gewesen war.[4]
+
+Mittlerweile hatten sich neue Schwierigkeiten in Westminsterhall
+gezeigt. Erst vor wenigen Monaten waren mehrere Richter entlassen und
+andere an deren Stelle gesetzt worden, um in dem Prozesse gegen Sir
+Eduard Hales ein Erkenntniß zu Gunsten der Krone zu erlangen, und schon
+waren neue Änderungen nöthig.
+
+ [Anmerkung 4: +London Gazette, July, 4. 1687.+]
+
+
+[_Gesetzwidrige Bestrafung militairischer Vergehen._] Der König hatte
+kaum die Armee gebildet, auf die er zur Ausführung seiner Pläne
+namentlich rechnete, so erkannte er auch schon, daß er sie selbst nicht
+regieren konnte. Wenn ein Krieg im Lande wüthete, so konnte ein Meuterer
+oder Deserteur vor ein Kriegsgericht gestellt und das Urtel durch den
+Generalprofoß vollzogen werden. Aber man war jetzt im tiefsten Frieden.
+Das englische Landrecht, das aus einem Zeitalter herrührte, wo
+erforderlichenfalls Jedermann, Niemand aber beständig die Waffen trug,
+machte in Friedenszeiten keinen Unterschied zwischen einem Soldaten und
+jedem andren Unterthan, und es gab kein Gesetz ähnlich dem, durch
+welches heutzutage dem Souverain alljährlich die zum Oberbefehl über die
+reguläre Truppenmacht nöthige Autorität verliehen wird. Zwar erklärten
+einige alte Verordnungen die Desertion in gewissen angeführten Fällen
+für Felonie; aber diese Verordnungen galten nur für die Soldaten, welche
+dem Könige im wirklichen Kriege dienten und konnten nicht ohne die
+arglistigste Willkür so weit ausgedehnt werden, daß sie auch auf einen
+Mann Anwendung fanden, der in einer Zeit der vollständigsten inneren und
+äußeren Ruhe des Lagers von Hounslow überdrüssig wurde und daher in sein
+heimathliches Dorf zurückkehrte. Die Regierung hatte offenbar über einen
+solchen Mann keine andre Macht, als die, welche ein Bäcker- oder
+Schneidermeister über seine Gesellen hat. Er und seine Offiziere standen
+vor dem Gesetz auf gleicher Stufe. Fluchte er gegen sie, so konnte er
+wegen Schwörens mit einer Geldstrafe belegt werden; schlug er sie, so
+konnte er wegen thätlicher Mißhandlung verklagt werden. Das stehende
+Heer stand factisch unter einer milderen Disciplin als die Miliz, denn
+die Miliz war durch eine Parlamentsacte errichtet worden, in welcher
+zugleich bestimmt war, daß Disciplinarvergehen summarisch mit leichten
+Strafen geahndet werden könnten.
+
+Es scheint nicht, daß die aus diesem Zustande des Gesetzes
+entspringenden praktischen Nachtheile sich unter der Regierung Karl’s
+II. sehr fühlbar gemacht hatten, was sich vielleicht dadurch erklären
+läßt, weil bis zum letzten Jahre seiner Regierung die Streitmacht, die
+er in England unterhielt, hauptsächlich aus Haustruppen bestand, welche
+einen so hohen Sold bekamen, daß die Entlassung aus dem Dienste von den
+Meisten sehr schmerzlich empfunden worden wäre. Eine Anstellung als
+Gemeiner in der Leibgarde war für den jüngeren Sohn eines Gentleman eine
+gute Versorgung; selbst die Fußgarden wurden so gut bezahlt als
+Fabrikarbeiter unter besonders günstigen Verhältnissen, und sie befanden
+sich daher in einer Lage, um die sie die große Masse der arbeitenden
+Bevölkerung wohl beneiden konnte. Die Rückkehr der Garnison von Tanger
+und die Errichtung der neuen Regimenter hatte eine große Veränderung
+herbeigeführt. Es gab jetzt in England viele Tausend Soldaten, welche
+nur acht Pence den Tag erhielten. Die Furcht vor der Verabschiedung war
+nicht mehr hinreichend, um sie der Dienstpflicht treu zu erhalten, und
+körperliche Strafen durften die Offiziere gesetzlich nicht zuerkennen.
+Jakob hatte daher nur die Wahl, entweder die Armee ihrer Auflösung
+entgegengehen zu lassen oder die Richter zu der Erklärung zu bewegen,
+daß das Gesetz das sei, was es, wie jeder Student wußte, nicht war.
+
+Es war besonders wichtig, die Mitwirkung zweier Gerichtshöfe zu
+gewinnen: der Kings Bench, welche der erste Criminalgerichtshof des
+Landes war, und des Gerichtshofs für Leerung der Gefängnisse, der in der
+Old Bailey saß und über die in der Hauptstadt begangenen Vergehen
+abzuurtheilen hatte. In beiden Gerichtshöfen aber stieß man auf große
+Schwierigkeiten. Herbert, der Oberrichter der Kings Bench, wollte trotz
+aller bis dahin bewiesenen Servilität nicht weiter gehen. Ein noch
+entschiedenerer Widerstand war von Sir Johann Holt zu erwarten, der als
+Syndikus der City von London auf der Bank der Old Bailey saß. Holt war
+ein ausgezeichnet gelehrter und aufgeklärter Jurist, dabei ein
+rechtschaffener und muthiger Mann und seine politische Meinung hatte
+eine whiggistische Färbung, obgleich er sich von allem Parteitreiben
+stets fern hielt. Dem Willen des Königs mußten jedoch alle Hindernisse
+weichen. Holt wurde seines Syndikats entsetzt. Herbert und ein andrer
+Richter von der Kings Bench entfernt, und die erledigten Stellen mit
+Männern besetzt, auf die sich die Regierung verlassen konnte. Allerdings
+mußte man in ziemlich niedere juristische Regionen hinabsteigen, ehe man
+Leute fand, welche zu Dienstleistungen, wie man sie jetzt brauchte,
+bereit waren. Der neue Oberrichter, Sir Robert Wright, war
+sprichwörtlich ein Ignorant, und die Unwissenheit war noch nicht sein
+ärgster Fehler. Seine Laster hatten ihn zu Grunde gerichtet. Um sich
+Geld zu verschaffen, hatte er zu unredlichen Mitteln seine Zuflucht
+genommen und einmal einen falschen Eid abgelegt, um in den Besitz von
+fünfhundert Pfund zu gelangen. Arm, ausschweifend und schamlos war er
+einer von den Schmarotzern Jeffreys’ geworden, der ihn beförderte und
+verächtlich behandelte. Dies war der Mann, den Jakob zum Lord
+Oberrichter von England erkor. Ein gewisser Allibone, der in der
+Rechtskunde noch unwissender war als Wright und als Katholik eigentlich
+gar nicht fähig war, ein öffentliches Amt zu bekleiden, wurde zum
+Unterrichter der Kings Bench ernannt. Sir Bartholomäus Shower, als
+serviler Tory und langweiliger Redner gleich bekannt, wurde Syndikus von
+London. Nachdem diese Veränderungen bewirkt waren, wurden mehrere
+Deserteurs zur Untersuchung gezogen und dem Wortlaute und dem Geiste des
+Gesetzes zum Hohn für schuldig befunden. Einige von ihnen vernahmen ihr
+Todesurtheil vor den Schranken der Kings Bench, Andere vor den Schranken
+der Old Bailey. Sie wurden vor den Augen der Regimenter, denen sie
+angehört hatten, gehängt und dafür Sorge getragen, daß diese
+Hinrichtungen durch die London Gazette, welche derartige Vorgänge nur
+selten berichtete, zur Öffentlichkeit gelangten.[5]
+
+ [Anmerkung 5: Siehe +Statutes 18 Henry 6. c. 19; 2 & 3 Ed. 6. c.
+ 2.+; +Eachard’s History of the Revolution+; +Kennet, III. 468+;
+ +North’s Life of Guildford, 247.+; + London Gazette, April 18. &
+ May 23. 1687+; +Vindication of the E. of R. (Earl of Rochester.)+]
+
+
+[_Verfahren der Hohen Commission._] Man kann wohl denken, daß das
+Gesetz, das so gröblich von denjenigen Gerichtshöfen verletzt wurde,
+deren ganze Autorität sich auf dasselbe gründete und die es als
+Richtschnur zu betrachten pflegten, von einem durch tyrannische Willkür
+errichteten Tribunale eben so wenig geachtet wurde. Während der ersten
+Monate ihres Bestehens hatte die neue Hohe Commission Geistlichen nur
+die Ausübung ihrer Amtshandlungen verboten; die Eigenthumsrechte waren
+noch unangetastet geblieben. Zu Anfang des Jahres 1687 aber beschloß man
+auch gegen die Pfründeneinkünfte einen Schlag zu führen und jedem
+anglikanischen Priester und Prälaten die Überzeugung beizubringen, daß,
+wenn er seine Beihülfe zur Vernichtung der Kirche, deren Diener er war,
+verweigerte, er in einer Stunde zum Bettler gemacht werden würde.
+
+
+[_Die Universitäten._] Es würde der Klugheit angemessen gewesen sein,
+das erste Exempel an einem unbekannten Individuum zu statuiren. Die
+Regierung aber war in einer so unseligen Verblendung befangen, daß man
+dieselbe in einem naiveren Zeitalter als eine göttliche Strafe
+betrachtet haben würde. Es wurde daher ohne weiteres gleich von Anfang
+an den beiden ehrwürdigsten Korporationen des Reichs, den Universitäten
+Oxford und Cambridge, der Krieg erklärt.
+
+Die Macht dieser beiden Körperschaften war schon seit vielen
+Jahrhunderten groß; in der zweiten Hälfte des siebzehnten Jahrhunderts
+aber hatte sie ihren Höhepunkt erreicht. Kein Nachbarland konnte sich so
+glänzender und reicher Sitze der Wissenschaft rühmen. Die Hochschulen
+von Edinburg und Glasgow, von Leyden und Utrecht, von Löwen und Leipzig,
+von Padua und Bologna kamen Gelehrten, welche in den prächtigen
+Stiftungen Wykeham’s und Wolsey’s, Heinrich’s VI. und Heinrich’s VIII.
+gebildet waren, ärmlich vor. Literatur und Wissenschaft waren in dem
+akademischen Systeme Englands mit Gepränge umgeben, mit obrigkeitlicher
+Gewalt bekleidet und mit den vornehmsten Institutionen des Landes eng
+verbunden. Kanzler einer Universität zu werden, war eine Auszeichnung,
+nach der die Magnaten des Reichs eifrig strebten; eine Universität im
+Parlament zu vertreten, war das Lieblingsziel des Ehrgeizes von
+Staatsmännern. Edelleute und selbst Fürsten waren stolz darauf, wenn
+eine Universität ihnen das Recht verlieh, den Scharlach der Doctorwürde
+zu tragen. Die Neugierigen wurden von den Universitäten angezogen durch
+alte, mit mittelalterlichen Verzierungen reich ausgestattete Gebäude,
+durch neuere Gebäude, welche glänzendes Zeugniß von dem künstlerischen
+Genie eines Jones und Wren gaben, durch imposante Hallen und Kapellen,
+durch Museen, durch botanische Gärten und durch die einzigen
+öffentlichen Bibliotheken, welche das Königreich damals besaß. Der
+Prunk, den namentlich Oxford bei feierlichen Gelegenheiten entfaltete,
+wetteiferte mit dem souverainer Fürsten. Wenn der Kanzler, der
+ehrwürdige Herzog von Ormond, in seinem geflickten Mantel auf seinem
+Throne unter der gemalten Decke der Sheldon’schen Tribüne saß, umgeben
+von vielen hundert Graduirten in der ihrem verschiedenen Range
+entsprechenden Kleidung, während die vornehmsten Jünglinge Englands ihm
+als Bewerber um akademische Ehren feierlich vorgeführt wurden, spielte
+er eine kaum minder königliche Figur als sein Gebieter im Bankethause zu
+Whitehall. Auf den Universitäten waren fast alle ausgezeichneten
+Geistlichen, Rechtsgelehrten, Ärzte, Schriftsteller, Dichter und Redner
+des Landes und zum großen Theil auch der hohe Adel und die reiche Gentry
+gebildet. Auch ist zu bemerken, daß die Verbindung zwischen dem Schüler
+und der Schule durch seinen Abgang nicht aufgelöst wurde. Er blieb oft
+während seines ganzen Lebens Mitglied des akademischen Körpers und
+behielt bei allen wichtigen Wahlen eine Stimme. Er hing daher an seinem
+alten Lieblingsaufenthalte am Cam und Isis mit weit größerer Zuneigung,
+als gebildete Leute sie in der Regel zu ihren Bildungsstätten empfinden.
+Es gab in England keinen Winkel, wo nicht beide Universitäten dankbare
+und treuergebene Söhne gehabt hätten. Jeder Angriff auf die Ehre oder
+die Interessen von Cambridge oder Oxford mußte nothwendig den Unwillen
+einer mächtigen, thätigen und intelligenten Klasse erregen, die über
+alle Grafschaften, von Northumberland bis Cornwall, zerstreut war.
+
+Die seßhaften Graduirten waren vielleicht im Ganzen genommen den
+seßhaften Graduirten unsrer Zeit nicht überlegen, aber im Vergleich zu
+den anderen Gesellschaftskreisen standen sie damals auf einer viel
+höheren Stufe; denn Cambridge und Oxford waren die beiden einzigen
+Provinzialstädte im ganzen Königreiche, wo man eine bedeutende Anzahl
+hochgebildeter Männer fand. Selbst die Hauptstadt hatte große Achtung
+vor der Autorität der Universitäten, nicht nur in Fragen der Theologie,
+der Naturwissenschaften und des klassischen Alterthums, sondern auch in
+solchen Angelegenheiten, in denen die Hauptstädte in der Regel für die
+höchsten Instanzen gelten wollen. Von Will’s Kaffeehaus und dem Parterre
+des Drurylanetheaters appellirte man noch an die beiden großen
+Nationalsitze des Geschmacks und der Gelehrsamkeit. Schauspiele, die in
+London mit enthusiastischem Beifalle aufgenommen worden waren, galten
+erst dann für außer Gefahr, wenn sie die strenge Prüfung eines mit
+Sophokles und Terenz vertrauten Zuhörerkreises bestanden hatten.[6]
+
+Die englischen Universitäten hatten ihren großen moralischen und
+intellectuellen Einfluß energisch zu Gunsten der Krone angewendet. Das
+Hauptquartier Karl’s I. war in Oxford gewesen und die silbernen Krüge
+und Teller sämmtlicher Collegien waren zur Unterstützung seiner
+Kriegskasse eingeschmolzen worden. Cambridge war nicht weniger loyal
+gesinnt. Es hatte ebenfalls einen großen Theil seines Silbergeräths in’s
+königliche Lager gesandt, und der Rest würde auch nachgefolgt sein, wäre
+die Stadt nicht von den Parlamentstruppen genommen worden. Beide
+Universitäten waren von den siegreichen Puritanern mit der äußersten
+Strenge behandelt worden, beide hatten die Restauration mit Freuden
+begrüßt, beide hatten sich der Ausschließungsbill standhaft widersetzt
+und ihren tiefsten Abscheu über das Ryehousecomplot ausgesprochen.
+Cambridge hatte nicht nur seinen Kanzler Monmouth abgesetzt, sondern
+seinen Unwillen über den Verrath des Herzogs sogar in einer eines Sitzes
+der Gelehrsamkeit unwürdigen Weise zu erkennen gegeben, indem es die
+Leinwand, auf der Kneller seine einnehmende Physiognomie und Gestalt mit
+künstlerischer Vollendung dargestellt hatte, den Flammen übergab.[7]
+Oxford, das dem Herde des westlichen Aufstandes näher lag, hatte noch
+stärkere Beweise von Loyalität gegeben. Die Studenten hatten mit
+Bewilligung ihrer Professoren zu Hunderten die Waffen zur Vertheidigung
+der erblichen Thronrechte ergriffen. Und diese Körperschaften beschloß
+Jakob jetzt in offenem Widerspruch mit den Gesetzen und mit seinem
+verpfändeten Worte zu beschimpfen und zu berauben.
+
+ [Anmerkung 6: Dryden’s Prologe und Cibber’s Memoiren enthalten
+ zahlreiche Beweise von dem Ansehen, welches der Geschmack der
+ Oxforder bei den gefeiertsten Dichtern und Schauspielern genoß.]
+
+ [Anmerkung 7: Siehe das Gedicht: +Advice to the Painter upon the
+ Defeat of the Rebels in the West+, sowie noch ein andres ganz
+ abscheuliches Gedicht über den nämlichen Gegenstand von Stepney,
+ welcher damals am Trinity-Collegium studirte.]
+
+
+[_Verfahren gegen die Universität Cambridge._] Mehrere Parlamentsacte,
+die so klar waren als nur irgend eine Verordnung des Gesetzbuches,
+hatten vorgeschrieben, daß auf beiden Universitäten Niemand zu irgend
+einem Grade zugelassen werden sollte, ohne den Suprematseid und einen
+andren ähnlichen Eid, der Gehorsamseid genannt, abgelegt zu haben.
+Dessenungeachtet wurde im Februar 1687 ein königliches Schreiben nach
+Cambridge gesandt, worin die Aufnahme eines Benedictinermönches, Namens
+Alban Francis, als Magister der freien Künste anbefohlen wurde.
+
+Die akademischen Würdenträger, zwischen der Ehrerbietung gegen den König
+und der Achtung vor dem Gesetz schwankend, waren in großer Verlegenheit.
+Es wurden in aller Eile Boten an den Herzog von Albemarle gesandt, der
+Monmouth’s Nachfolger als Kanzler der Universität war, und er wurde
+dringend ersucht, dem Könige die Sache in geeigneter Weise vorzustellen.
+Unterdessen begaben sich der Registrator und die Pedelle zu Francis und
+erklärten ihm, daß er sogleich aufgenommen werden solle, wenn er die
+gesetzlich vorgeschriebenen Eide leiste. Er weigerte sich dessen, machte
+den Beamten Vorwürfe wegen ihrer Nichtachtung des königlichen Befehls,
+und da sie nicht nachgaben, reiste er auf der Stelle wieder ab, um sich
+in Whitehall zu beschweren.
+
+Die Vorsteher der Collegien versammelten sich zu einer Berathung. Die
+Gutachten der ausgezeichnetsten Rechtsgelehrten wurden abgehört und sie
+sprachen sich entschieden zu Gunsten des beobachteten Verfahrens aus.
+Aber schon war ein zweites hochmüthiges und drohendes Schreiben von
+Sunderland unterwegs. Albemarle antwortete der Universität unter vielen
+Versicherungen seiner Theilnahme und seines Bedauerns, daß er alles
+Mögliche gethan habe, aber vom Könige sehr kalt und unfreundlich
+aufgenommen worden sei. Der akademische Körper, durch die königliche
+Ungnade erschreckt und von dem aufrichtigen Willen beseelt, den Wünschen
+Seiner Majestät nachzukommen, dabei aber auch fest entschlossen, das
+klare Gesetz des Landes nicht zu verletzen, unterbreitete die
+bescheidensten und ehrerbietigsten Auseinandersetzungen, aber ohne
+Erfolg. Bald darauf kam eine Vorladung, welche den Vicekanzler und den
+Senat auf den 24. April vor die Hohe Commission nach Westminster
+beschied. Der Vicekanzler sollte in Person erscheinen, der Senat, der
+aus allen Doctoren und Magistern der Universität besteht, eine
+Deputation senden.
+
+
+[_Der Earl von Mulgrave._] Als der festgesetzte Tag erschien, füllte
+sich der Sitzungssaal mit einer großen Zuschauermenge. Jeffreys fungirte
+als Präsident der Commission. Rochester war, seit ihm der weiße Stab
+abgenommen worden, nicht mehr Mitglied, anstatt seiner erschien der
+Lordkammerherr Johann Sheffield, Earl von Mulgrave. Das Schicksal dieses
+Edelmanns glich in einer Beziehung dem seines Collegen Sprat. Mulgrave
+schrieb Verse, die sich kaum über die absolute Mittelmäßigkeit erhoben,
+da er aber ein in den politischen und vornehmen Kreisen hochangesehener
+Mann war, so fanden seine Verse doch Bewunderer. Die Zeit zerstörte den
+Zauber, zu seinem Unglücke aber erst nachdem seine Gedichte bereits ein
+unveräußerliches Recht auf eine Stelle in allen Sammlungen englischer
+Dichtungswerke erlangt hatten. Dennoch werden bis auf den heutigen Tag
+seine, abgeschmackten Reimereien und seine jämmerlichen Lieder an
+Amoretta und Gloriana in Gesellschaft des „Comus“ und des „Festes
+Alexander’s“ immer wieder gedruckt. Die Folge davon ist, daß unsre
+Generation Mulgrave hauptsächlich als einen Dichterling kennt und ihn
+als solchen verachtet. Er war jedoch, wie selbst Diejenigen zugaben, die
+ihn weder liebten noch achteten, ein durch schöne Talente
+ausgezeichneter Mann und in der parlamentarischen Beredtsamkeit stand er
+kaum einem Redner seiner Zeit nach. Dagegen verdiente sein moralischer
+Character keine Achtung. Er war ein Wüstling, aber ohne jene Offenheit
+des Herzens und der Hand, welche zuweilen auch die Ausschweifung
+liebenswürdig, und ein stolzer Aristokrat ohne jene Hoheit der
+Denkungsart, welche zuweilen den aristokratischen Hochmuth achtungswerth
+macht. Die damaligen Satiriker gaben ihm den Spottnamen Lord Allpride
+(Ganzstolz). Sein Stolz vertrug sich indessen mit allen schmachvollen
+Lastern. Viele wunderten sich darüber, wie ein Mann, der ein so
+übertriebenes Gefühl seiner Würde zur Schau trug, in Geldangelegenheiten
+so zäh und knauserig sein konnte. Er hatte der königlichen Familie
+großes Ägerniß dadurch gegeben, daß er den Gedanken zu hegen wagte, das
+Herz und die Hand der Prinzessin Anna zu erobern. In dieser Hoffnung
+getäuscht, hatte er sich bemüht, durch kriechende Gemeinheit die durch
+Anmaßung verwirkte Gunst wieder zu gewinnen. Seine von ihm selbst
+verfaßte Grabschrift sagt noch heute jedem Besucher der
+Westminsterabtei, daß er in religiösen Dingen als Zweifler lebte und
+starb, und aus seinen hinterlassenen Memoiren ersehen wir, daß der
+römische Aberglaube ein Lieblingsthema seines Spottes war. Dennoch
+begann er unmittelbar nach Jakob’s Regierungsantritt eine starke
+Hinneigung zum Papismus zu zeigen und gerirte sich endlich privatim als
+Convertit. Der Lohn für diese verworfene Heuchelei war seine Anstellung
+bei der Hohen Commission.[8]
+
+Vor diesem gefürchteten Tribunal erschien jetzt der Vicekanzler der
+Universität Cambridge, Doctor Johann Pechell. Er selbst war kein Mann
+von ausgezeichneter Befähigung und Energie, aber es begleiteten ihn acht
+vom Senat gewählte vorzügliche Akademiker. Einer davon war Isaak Newton,
+Fellow des Trinity-Collegiums und Professor der Mathematik. Sein Genie
+stand damals in seiner vollsten Kraft. Das große Werk, welches ihm die
+erste Stelle unter den Geometern und Naturforschern aller Zeiten und
+aller Nationen sichert, wurde seit einiger Zeit unter der Sanction der
+Königlichen Societät gedruckt und war seiner Vollendung nahe. Er war der
+entschiedenste Freund der bürgerlichen Freiheit und der protestantischen
+Religion, aber seine Gewohnheiten machten ihn für die Kämpfe des
+praktischen Lebens durchaus nicht geeignet. Er verharrte daher in
+bescheidenem Stillschweigen unter den Delegirten und überließ anderen
+Männern, welche im Geschäftsleben mehr bewandert waren, die Aufgabe,
+seine geliebte Universität zu vertheidigen.
+
+Es konnte keinen klareren Rechtsfall geben. Das Gesetz ließ keinen
+Zweifel zu und die Praxis hatte fast stets im Einklang mit dem Gesetz
+gestanden. Es konnte vielleicht schon vorgekommen sein, daß an einem
+besonders feierlichen Tage, wo viele Ehrengrade verliehen wurden, in der
+Menge Einer durchgeschlüpft war, der die Eide nicht abgelegt hatte; aber
+eine solche Unregelmäßigkeit, lediglich die Folge der Eil und
+Unachtsamkeit, konnte nicht als Vorgang geltend gemacht werden. Fremde
+Gesandte verschiedener Glaubensrichtungen, insbesondere ein Muselmann,
+waren ohne die Eide aufgenommen worden. Aber es war eine große Frage, ob
+solche Fälle im Bereiche der Ansicht und des Geistes der betreffenden
+Parlamentsverordnungen lagen. Es war nicht einmal behauptet worden, daß
+schon einmal Jemand, dem die Eide angesonnen wurden und der sie nicht
+leisten wollte, einen akademischen Grad erlangt habe, und in dieser Lage
+befand sich Francis. Die Delegirten erboten sich zu beweisen, daß unter
+der vorigen Regierung mehrere königliche Befehle unberücksichtigt
+geblieben waren, weil die empfohlenen Personen sich dem Gesetz nicht
+hatten fügen wollen, und daß die Regierung sich in solchen Fällen stets
+bei dem Verfahren der Universität beruhigt habe, da sie es als das
+richtige anerkennen mußte. Jeffreys aber wollte von nichts hören. Er kam
+bald dahinter, daß der Vicekanzler ein schwacher, unerfahrener und
+schüchterner Mann war und ließ daher der ganzen Unverschämtheit, welche
+so lange der Schrecken der Old Bailey gewesen war, freien Lauf. Der
+unglückliche Doctor, der an ein solches Auditorium und an eine solche
+Behandlung nicht gewöhnt war, wurde bald so eingeschüchtert, daß er
+gänzlich die Fassung verlor. Sobald andere zur Verfechtung ihrer Sache
+besser befähigte Akademiker das Wort ergreifen wollten, wurden sie auf
+die unsanfteste Weise zum Schweigen gebracht. „Sie sind nicht
+Vicekanzler; wenn Sie es einmal sein werden, dann mögen Sie sprechen,
+bis dahin aber geziemt es Ihnen, den Mund zu halten.“ Die Angeklagten
+wurden, ohne gehört worden zu sein aus dem Gerichtssaale gewiesen. Nach
+einer Weile wurden sie wieder hereingerufen und ihnen kundgethan, daß
+die Commission beschlossen habe, Pechell seiner Würde als Vicekanzler zu
+entheben und ihm alle Einkünfte vorzuenthalten, die er als Vorsteher
+eines Collegiums bezog und welche ganz den Character eines unantastbaren
+Eigenthums hatten. „Sie, meine Herren,“ sagte Jeffreys zu den
+Delegirten, „sind größtentheils Theologen, und ich will Sie daher mit
+einer Stelle aus der Schrift heimschicken: „Gehet hin und sündigt fortan
+nicht mehr, damit Euch nicht etwas Ärgeres widerfahre.“[9]
+
+ [Anmerkung 8: +Mackay’s Character of Sheffield+ nebst Swift’s
+ Note; +Satire on the Deponents, 1688+; +Life of John, Duke of
+ Buckinghamshire, 1729+; Barillon, 30. Aug. 1687. Ich besitze ein
+ handschriftliches Spottgedicht aus Mulgrave von 1690, das nicht
+ ohne Witz ist. Die bemerkenswerthesten Zeilen sind diese:
+
+ Heut’ schmeichelt er dem Peters (Petre), morgen dem Burnet.
+ Fragt nicht nach Glauben und Partei, denn alle sind ihm gleich.]
+
+ [Anmerkung 9: Siehe den Prozeß gegen die Universität Cambridge in
+ der +Collection of State Trials+.]
+
+
+[_Zustand Oxford’s._] Man sollte meinen, daß dieses Verfahren ungerecht
+und willkürlich genug war. Aber der König hatte schon angefangen, Oxford
+mit einer Strenge zu behandeln, im Vergleich zu welcher die gegen
+Cambridge bewiesene Milde genannt werden konnte. Schon war das
+University-Collegium durch Obadja Walker in ein römisch-katholisches
+Seminar verwandelt, schon stand das Christchurch-Collegium unter der
+Leitung eines römisch-katholischen Dechanten, schon wurde in diesen
+beiden Collegien täglich Messe gelesen. Die ruhige, majestätische Stadt,
+so lange das Bollwerk des monarchischen Prinzips, war von Leidenschaften
+aufgeregt, die sie bisher nie gekannt hatte. Die Untergraduirten
+verhöhnten mit stillschweigender Erlaubniß ihrer Vorgesetzten die
+Mitglieder von Walker’s Gemeinde und sangen Spottlieder unter ihren
+Fenstern. Einige Bruchstücke von den Serenaden, welche damals in High
+Street die Ruhe störten, sind der Nachwelt erhalten worden; der Refrain
+einer Ballade lautet:
+
+ „Der alte Obadja
+ singt Ave Maria.“
+
+Als die Schauspieler nach Oxford kamen, äußerte sich die öffentliche
+Meinung noch stärker. Es wurde Howard’s „Comité“ gegeben. Dieses bald
+nach der Restauration geschriebene Stück stellte die Puritaner in einem
+gehässigen und verächtlichen Lichte dar und war deshalb seit einem
+Vierteljahrhundert ein Lieblingsstück des oxforder Publikums. Jetzt war
+es beliebter als je zuvor, denn ein glücklicher Zufall wollte, daß eine
+der Hauptrollen ein alter Heuchler Namens Obadja war. Das Publikum brach
+in einen Beifallsjubel aus, als Obadja in der letzten Scene mit einem
+Strick um den Hals hereingeschleppt wurde, und der Applaus nahm zu, als
+einer der Schauspieler, von dem vorgeschriebenen Texte abweichend,
+ankündigte, daß Obadja wegen Glaubenabfalls gehängt werden solle. Der
+König war höchlich entrüstet über diesen Hohn. Die Stimmung der
+Universität war so rebellisch, daß eines der neu errichteten Regimenter,
+das welches gegenwärtig das zweite Gardedragonerregiment heißt, nach
+Oxford versetzt wurde, um einen Aufstand zu verhindern.[10]
+
+Diese Vorgänge hätten Jakob überzeugen können, daß er einen Weg
+eingeschlagen hatte, der ihn ins Verderben führen mußte. An das Geschrei
+der Londoner war er schon längst gewöhnt. Es war zuweilen
+ungerechterweise, zuweilen vergebens gegen ihn erhoben worden; er hatte
+demselben wiederholt getrotzt und konnte ihm auch fernerhin trotzen. Daß
+aber Oxford, der Sitz der Loyalität, das Hauptquartier der
+Kavalierarmee, der Ort, wohin sein Vater und sein Bruder ihren Hof
+verlegten, wenn sie sich in ihrer stürmisch bewegten Hauptstadt nicht
+mehr sicher glaubten, der Ort, wo die Schriften der großen
+republikanischen Lehrer unlängst den Flammen überliefert worden waren,
+daß diese Stadt sich jetzt in einer unzufriedenen Gährung befand und die
+muthigen Jünglinge, die sich vor wenigen Monaten so eifrig als
+Freiwillige gemeldet hatten, um gegen die Insurgenten im Westen zu
+marschiren, jetzt nur mit Mühe durch Säbel und Karabiner im Schach
+gehalten wurden: das waren Zeichen von schlimmer Vorbedeutung für das
+Haus Stuart. Doch der abgestumpfte, starrsinnige und eigenwillige Tyrann
+beachtete den Warnungsruf nicht. Er hatte sich einmal vorgenommen,
+seiner Kirche die reichsten und glänzendsten Stiftungen Englands zu
+verschaffen. Umsonst machten ihm die besseren und verständigeren seiner
+römisch-katholischen Rathgeber Vorstellungen. Sie erklärten ihm, daß er
+der Sache seiner Religion viel nützen könne, ohne die Eigenthumsrechte
+zu verletzen. Eine Bewilligung von jährlich zweitausend Pfund aus seiner
+Privatchatulle würde hinreichen, um ein Jesuitencollegium in Oxford zu
+unterhalten, und diese Summe könne er leicht verschmerzen. Ein solches
+Collegium, mit tüchtigen, gelehrten und eifrigen Lehrern ausgestattet,
+würde ein gefährlicher Nebenbuhler für die alten akademischen Anstalten
+werden, welche nur zu deutliche Symptome einer von Reichthum und
+Sicherheit unzertrennlichen Erschlaffung zeigten. König Jakob’s
+Collegium würde bald selbst von den Protestanten hinsichtlich der
+Wissenschaften sowohl als auch der moralischen Zucht als die erste
+Bildungsanstalt der Insel anerkannt werden. Dies würde der wirksamste
+und zugleich glimpflichste Weg sein, um die anglikanische Kirche zu
+demüthigen und die römische zu Ansehen zu bringen. Der Earl von
+Ailesbury, einer der ergebensten Diener des königlichen Hauses,
+erklärte, daß er, obgleich Protestant und nicht reich, lieber selbst
+einen Beitrag von tausend Pfund zu diesem Zwecke hergeben wolle, als daß
+sein Gebieter die Eigenthumsrechte verletze und sein der Staatskirche
+gegebenes Wort breche.[11] Der Plan fand jedoch keinen Beifall in den
+Augen des Königs. Allerdings entsprach er auch in mehr als einer
+Beziehung seinem unfreundlichen Character nicht. Denn es machte ihm
+Vergnügen, den Sinn der Menschen zu beugen und zu brechen, und von
+seinem Gelde konnte er sich nur schwer trennen. Was er auf seine Kosten
+zu unternehmen nicht hochherzig genug war, das beschloß er auf Kosten
+Anderer durchzuführen. Wenn er einmal etwas begonnen hatte, so hielt
+sein Stolz und sein Starrsinn ihn ab, wieder zurückzutreten, und er ließ
+sich endlich Schritt für Schritt zu Handlungen türkischer Tyrannei
+verleiten, zu Handlungen, welche die Nation zu der Überzeugung bringen
+mußten, daß das Vermögen eines protestantischen Freisassen Englands
+unter einem römisch-katholischen König ebenso unsicher war, wie das
+eines Griechen unter der Herrschaft eines Moslem.
+
+ [Anmerkung 10: +Wood’s Athenae Oxonienses+; +Apology for the Life
+ of Colley Cibber+; Citters, 2.(12.) März 1686.]
+
+ [Anmerkung 11: +Burnet, I.+ 697; Brief von Lord Ailesbury,
+ abgedruckt im +European Magazine+, April 1795.]
+
+
+[_Das Magdalenen-Collegium in Oxford._] Das Magdalenen-Collegium,
+gegründet im funfzehnten Jahrhundert von Wilhelm von Waynflete, Bischof
+von Winchester und Lordgroßkanzler, war eine der hervorragendsten
+unserer akademischen Institute. Ein schlanker Thurm, auf dessen Zinnen
+alljährlich am Morgen des ersten Mai von Choristen eine lateinische
+Hymne gesungen wurde, fesselte schon von weitem die Aufmerksamkeit des
+von London her kommenden Reisenden. Wenn er sich näherte, bemerkte er,
+daß dieser Thurm sich von einem mit Zinnen versehenen, zwar niedrigen
+und unregelmäßigen, aber doch sehr ehrwürdig aussehenden Gebäude erhob,
+das von Bäumen beschattet und von den trägen Fluthen des Chervell
+bespült wurde. Er trat durch einen Thorweg,[12] über dem eine stattliche
+Gallerie hinlief, in einen geräumigen Kreuzgang, der mit Emblemen der
+Tugenden und Laster, von den Bildhauern des funfzehnten Jahrhunderts roh
+in grauen Stein gemeißelt, verziert war. Der Tisch der Gesellschaft
+wurde in einem mit Gemälden und phantastischem Schnitzwerk reich
+ausgestatteten Refectorium gedeckt. Der Gottesdienst wurde früh und
+Abends in einer Kapelle gehalten, die von den Reformers und den
+Puritanern viel zu leiden gehabt hatte, aber trotz alledem ein
+wunderschönes Bauwerk war, das in unseren Tagen mit seltenem Geschmack
+und Geschick restaurirt worden ist. Die großen Gartenanlagen am Ufer des
+Flusses zeichneten sich durch hohe Bäume aus, unter denen ein Wunder der
+Pflanzenwelt unsrer Insel emporragte, eine riesige Eiche, welche hundert
+Jahre älter sein sollte, als das älteste Collegium der Universität.
+
+Die Statuten der Gesellschaften bestimmten, daß die Könige von England
+und die Prinzen von Wales in dem Hause aufgenommen werden sollten, wie
+in ihrem eignen Palaste. Eduard IV. hatte das Gebäude bewohnt, als es
+noch nicht vollendet war. Richard III. hatte darin sein Hoflager
+gehalten, im großen Saale Disputationen mit angehört, war königlich
+bewirthet worden und hatte die Küche seiner Wirthe mit einem Geschenk
+von fetten Rehböcken aus seinen Forsten beehrt. Zwei muthmaßliche
+Thronerben, welche frühzeitig hinweggerafft wurden, Arthur, der ältere
+Bruder Heinrich’s VIII., und Heinrich, der ältere Bruder Karl’s I.,
+hatten in dem Collegium studirt; ebenso auch ein andrer Prinz von
+Geblüt, der letzte und beste der römisch-katholischen Erzbischöfe von
+Canterbury, der menschenfreundliche Reginald Pole. Zur Zeit des
+Bürgerkriegs war das Collegium der Sache der Krone treu geblieben.
+Ruprecht hatte dort sein Hauptquartier aufgeschlagen, und ehe er zu
+einigen seiner kühnsten Unternehmungen auszog, hatte man in den stillen
+Kreuzgängen seine Trompeter zum Aufbruch blasen hören. Die Mehrzahl der
+Fellows waren Theologen und konnten den König nur mit Gebeten und
+Geldspenden unterstützen. Doch einer von den Mitgliedern der
+Gesellschaft, ein Doctor des Civilrechts, warb eine Truppe
+Untergraduirter und fiel an ihrer Spitze im tapferen Kampfe gegen die
+Soldaten von Essex. Als die Feindseligkeiten beendigt und die Rundköpfe
+Herren von England waren, verweigerten sechs Siebentel der Mitglieder
+der usurpirten Gewalt ihre Unterwerfung. In Folge dessen wurden sie aus
+ihren Wohnungen vertrieben und ihrer Einkünfte beraubt. Nach der
+Restauration kehrten die noch Lebenden an ihren lieblichen Wohnsitz
+zurück. Eine neue Generation war auf sie gefolgt, die ihre Ansichten und
+ihren Muth geerbt hatte. Zur Zeit des Aufstandes im Westen hatten
+diejenigen Collegiaten, welche nicht durch Alter oder Beruf zum
+Gebrauche der Waffen unfähig waren, sich bereitwilligst erboten, für die
+Krone zu kämpfen. Es dürfte schwerlich im ganzen Königreiche irgend eine
+Korporation zu finden sein, welche gerechteren Anspruch auf die
+Dankbarkeit des Hauses Stuart gehabt hätte.[13]
+
+Die Gesellschaft bestand aus einem Präsidenten, vierzig Fellow’s,
+dreißig Studenten (+Demies+, Halbe genannt) und einer Anzahl von
+Kaplanen, Schreibern und Chorsängern. Zur Zeit der Generalvisitation
+unter Heinrich VIII. waren die Einkünfte viel bedeutender als die jeder
+andren ähnlichen Stiftung des Landes, fast um die Hälfte größer als die
+der reichen Stiftung Heinrich’s VI. in Cambridge und über noch einmal so
+groß als die, welche Wilhelm von Wykeham seinem Collegium in Oxford
+vermacht hatte. In den Tagen Jakob’s II. war der Reichthum des
+Magdalenen-Collegiums enorm und wurde durch das Gerücht noch
+übertrieben. Das Collegium wurde allgemein für reicher als die reichsten
+Abteien des Continents gehalten. Wenn die Pachtgelder alle eingingen,
+hieß es unter dem Volke, so beliefen sich die jährlichen Einkünfte auf
+die ungeheure Summe von vierzigtausend Pfund Sterling.[14]
+
+Die Collegiaten waren durch die von dem Begründer festgesetzten Statuten
+ermächtigt, sich ihren Präsidenten unter Personen, welche Mitglieder
+ihrer Gesellschaft oder des Neuen Collegiums waren oder gewesen waren,
+selbst zu wählen. Dieses Recht war in der Regel mit völliger Freiheit
+ausgeübt worden. Nur in einzelnen Fällen waren königliche Zuschriften
+gekommen, welche dem Collegium befähigte Personen anempfahlen, die bei
+Hofe in Gunst standen, und es war in solchen Fällen Sitte gewesen, auf
+die Wünsche des Souverains gebührende Rücksicht zu nehmen.
+
+Im März 1687 starb der Präsident des Collegiums. Einer der Fellows,
+Doctor Thomas Smith, vom Volke spottweise Rabbi Smith genannt, ein
+ausgezeichneter Reisender, Büchersammler, Alterthumsforscher und
+Orientalist, der Kaplan bei der Gesandtschaft in Konstantinopel gewesen
+und mit der Vergleichung der alexandrinischen Handschriften beauftragt
+worden war, bewarb sich um den erledigten Posten. Er meinte als
+Gelehrter und als eifriger Tory einigen Anspruch auf die Begünstigung
+von Seiten der Regierung zu haben. Seine Loyalität war auch in der That
+so glühend und so unwandelbar, wie man sie in der ganzer englischen
+Kirche nur finden konnte. Er war lange mit dem Bischof Parker von Oxford
+intim befreundet gewesen und hoffte durch die Verwendung dieses Prälaten
+ein königliches Empfehlungsschreiben an das Collegium zu erhalten.
+Parker versprach sein Möglichstes zu thun, berichtete aber bald, daß er
+auf Schwierigkeiten gestoßen sei. „Der König,“ sagte er, „mag Niemanden
+empfehlen, der nicht ein Freund seiner Religion ist. Was können Sie in
+dieser Beziehung thun, um ihn zufrieden zu stellen?“ Smith antwortete,
+daß, wenn er Präsident werden sollte, er sich bemühen würde,
+Gelehrsamkeit, wahres Christenthum und Loyalität zu fördern. „Das wird
+nicht genügen,“ sagte der Bischof. „Nun so mag Präsident werden wer da
+will,“ versetzte Smith mannhaft; „ich kann nicht mehr versprechen.“
+
+ [Anmerkung 12: Dieser Thorweg ist jetzt verschlossen.]
+
+ [Anmerkung 13: +Wood’s Athenae Oxonienses+; +Walker’s Sufferings
+ of the Clergy.+]
+
+ [Anmerkung 14: +Burnet, I. 697+; +Tanner’s Notitia Monastica.+ Bei
+ der Visitation im sechsundzwanzigsten Regierungsjahre Heinrich’s
+ VIII. ergab es sich, daß die Einkünfte des Kings-Collegiums 751
+ Pfd. St., die des Neuen Collegiums 487 Pfd. St. und die des
+ Magdalenen-Collegiums 1076 Pfd. St. betrugen.]
+
+
+[_Anton Farmer vom Könige als Präsident empfohlen._] Die Wahl wurde auf
+den dreizehnten April festgesetzt und die Fellows aufgefordert,
+derselben beizuwohnen. Es ging die Rede, daß ein königliches Schreiben
+einlaufen werde, das einen gewissen Anton Farmer für die erledigte
+Stelle empfehle. Das Leben dieses Mannes war eine Reihenfolge ehrloser
+Handlungen. Er war Mitglied der Universität Cambridge gewesen und der
+Ausstoßung nur durch rechtzeitige freiwillige Entfernung entgangen. Dann
+hatte er sich den Dissenters angeschlossen und hierauf war er nach
+Oxford gegangen, um in das Magdalenen-Collegium einzutreten, wo er sich
+bald durch alle möglichen Laster auszeichnete. In der Regel taumelte er
+spät in der Nacht so betrunken, daß er nicht sprechen konnte, seinem
+Collegium zu. Es war allbekannt, daß er an der Spitze eines
+unehrenvollen Aufruhrs in Abingdon gestanden hatte, und er war ein
+regelmäßiger Gast bekannter Lieblingsorte von Wüstlingen gewesen.
+Endlich war er Kuppler geworden, hatte sogar die gewöhnliche Gemeinheit
+seines abscheulichen Gewerbes noch übertroffen und hatte von
+liederlichen jungen Leuten für Dienste, welche die Geschichte nicht gut
+erzählen kann, Geld genommen. Dieser erbärmliche Mensch war jetzt zum
+Papismus übergetreten. Sein Abfall sühnte alle seine Laster, und
+obgleich noch sehr jung, wurde er zum Vorsteher einer ernsten religiösen
+Gesellschaft empfohlen, in welcher das Ärgerniß, das er durch seine
+Lasterhaftigkeit gegeben, noch im frischen Andenken war.
+
+Durch das allgemeine Landesgesetz war er als römischer Katholik von
+allen akademischen Ämtern ausgeschlossen, und da er niemals Fellow des
+Magdalenen-Collegiums noch des Neuen Collegiums gewesen, so hatte er der
+besonderen Verordnung Wilhelm’s von Waynflete gemäß gar kein Recht, sich
+um die erledigte Präsidentenstelle zu bewerben. Überdies hatte Waynflete
+den Mitgliedern seiner Stiftung noch ausdrücklich eingeschärft, daß sie
+bei der Wahl ihres Vorstehers namentlich auf seinen moralischen
+Character Rücksicht nehmen sollten, und hätte er auch keine derartige
+Weisung hinterlassen, so konnte eine meist aus Theologen bestehende
+Gesellschaft einem Mann wie Farmer schicklicherweise nicht die Leitung
+einer Bildungsanstalt übertragen.
+
+Die Collegiaten stellten dem Könige ehrerbietigst vor, in welche
+Verlegenheit sie kommen würden, wenn das Gerücht, daß Farmer ihnen
+empfohlen werden sollte, sich als begründet erwies, und baten darum, daß
+Seine Majestät, wenn es ihm beliebe, sich in die Wahl einzumischen,
+ihnen einen Mann vorschlagen möchte, für den sie gesetzlicherweise und
+mit gutem Gewissen stimmen könnten. Von dieser ergebenen Bitte wurde
+keine Notiz genommen. Das königliche Schreiben lief ein. Der Überbringer
+desselben war ein Fellow des Collegiums, der unlängst Papist geworden
+war, Namens Robert Charnock, ein Mann von Talent und Geist, aber von
+heftigem und ruhelosem Temperament, das ihn einige Jahre später zu einem
+abscheulichen Verbrechen und zu einem entsetzlichen Schicksale trieb.
+Das Collegium versammelte sich am 13. April in der Kapelle. Man hatte
+noch immer einige Hoffnung, daß der König sich durch die an ihn
+gerichteten Vorstellungen werde bewegen lassen, und die Versammlung
+vertagte sich deshalb bis auf den 15. April, als den letzten Termin, an
+welchem die Wahl nach den Statuten des Collegiums stattfinden mußte.
+
+
+[_Wahl des Präsidenten._] Der 15. April erschien und die Collegiaten
+versammelten sich wieder in ihrer Kapelle. Von Whitehall war keine
+Antwort gekommen. Einige der älteren Mitglieder, darunter Smith, waren
+der Meinung, die Wahl lieber noch einmal zu verschieben, als einen
+Schritt zu thun, der den König möglicherweise beleidigen konnte. Aber
+die Sprache der Statuten war klar und die Mitglieder des Collegiums
+hatten sich eidlich verpflichtet, dieselben zu befolgen. Die Ansicht der
+Mehrheit war daher, daß kein weiterer Aufschub stattfinden dürfe. Es
+erfolgte eine heftige Debatte. Die Wähler waren zu aufgeregt, als daß
+sie hätten auf ihren Plätzen bleiben können; die ganze Kapelle war in
+Aufruhr. Diejenigen, welche für die Vornahme der Wahl stimmten, beriefen
+sich auf ihre Eide und auf die Verordnungen des Stifters, dessen Brot
+sie aßen. Sie behaupteten ganz richtig, der König habe nicht das Recht,
+ihnen selbst einen geeigneten Candidaten aufzudringen. In der Hitze des
+Streits fielen einige für toryistische Ohren anstößige Äußerungen und
+Smith ließ sich zu der Bemerkung verleiten, der Geist Ferguson’s habe
+sich seiner Collegen bemächtigt. Mit großer Stimmenmehrheit wurde
+endlich der Beschluß gefaßt, die Wahl unverzüglich vorzunehmen. Charnock
+verließ die Kapelle. Die übrigen Fellows gaben, nachdem sie vorher das
+Sakrament empfangen, ihre Stimmen ab. Die Wahl fiel auf Johann Hough,
+einen Mann von seltener Tugend und Besonnenheit, der, nachdem er
+Verfolgungen mit hohem Muthe und das Glück mit ernster Würde ertragen,
+zu hohen Ehren emporgestiegen und noch höhere bescheiden abgelehnt
+hatte, mehr als sechsundfünfzig Jahre nach diesem ereignißvollen Tage in
+hohem Alter, aber noch in voller Kraft des Geistes starb.
+
+Die Gesellschaft beeilte sich, dem Könige die Umstände
+auseinanderzusetzen, welche es nothwendig gemacht hatten, ohne weiteren
+Verzug zur Wahl eines Präsidenten zu schreiten, und ersuchte den Herzog
+von Ormond als Kanzler der ganzen Universität, und den Bischof von
+Winchester als Visitator des Magdalenen-Collegiums, das Amt der
+Vermittelung zu übernehmen. Der König aber war viel zu aufgebracht und
+viel zu befangen, als daß er auf derartige Verstellungen hätte hören
+können.
+
+
+[_Die Mitglieder des Magdalenen-Collegiums werden vor die Hohe
+Commission geladen._] Anfangs Juni wurden die Collegiaten vor die Hohe
+Commission nach Whitehall beschieden. Fünf von ihnen kamen als Deputirte
+der Korporation der Aufforderung nach. Jeffreys behandelte sie nach
+seiner gewohnten Manier. Als einer von ihnen, ein ehrwürdiger Doctor,
+Namens Fairfax, einigen Zweifel an der Rechtsgültigkeit der Commission
+äußerte, begann er zu brüllen wie ein wildes Thier: „Wer ist der Mann?
+Wer giebt ihm das Recht, hier unverschämt zu sein? Ergreift ihn und
+steckt ihn in ein finstres Zimmer! Wie kann man ihn ohne Wächter lassen?
+Er steht als Wahnsinniger unter meiner Aufsicht. Es wundert mich, daß
+noch Niemand bei mir darauf angetragen hat, daß er in sicheres Gewahrsam
+gebracht werde.“ Als aber der Sturm ausgetobt hatte und die Aussagen
+über den sittlichen Charakter des vom Könige empfohlenen Kandidaten
+verlesen waren, hatte keiner der Commissare die Frechheit zu behaupten,
+daß ein solcher Mensch sich zum Präsidenten eines großen Collegiums
+eigne. Obadja Walker und die übrigen oxforder Papisten, die sich
+eingefunden hatten, um ihren Proselyten zu unterstützen, waren nicht
+wenig bestürzt. Die Commission erklärte Hough’s Wahl für ungültig und
+suspendirte Fairfax von seiner Collegiatur; von Farmer aber war keine
+Rede mehr und im August kam ein königliches Schreiben an, welches dem
+Collegium den Bischof von Oxford, Parker, empfahl.
+
+
+[_Parker zum Präsidenten empfohlen._] Parker war kein erklärter Papist.
+Es lag jedoch ein Umstand gegen ihn vor, der, selbst wenn die
+Präsidentur erledigt gewesen wäre, hätte entscheidend sein müssen: er
+hatte weder dem Neuen Collegium noch dem Magdalenen-Collegium jemals
+angehört. Aber die Präsidentur war gar nicht erledigt, denn Hough war
+rechtskräftig gewählt und sämmtliche Mitglieder des Collegiums waren
+eidlich verpflichtet, ihn in seinem Amte zu erhalten. Sie entschuldigten
+sich daher mit vielen Versicherungen ihrer Loyalität und ihres
+Bedauerns, daß sie dem Befehle des Königs nicht Folge leisten könnten.
+
+
+[_Die Karthause._] Während Oxford so der Tyrannei energisch entgegen
+trat, leistete man an einem andren Orte nicht weniger tapferen
+Widerstand. Jakob hatte vor einiger Zeit den Administratoren der
+Karthause, Männern von hohem Rang und Ansehen im Königreiche, den Befehl
+gegeben, einen römischen Katholiken, Namens Popham, in das unter ihrer
+Verwaltung stehende Hospital aufzunehmen. Der Vorsteher der Anstalt,
+Thomas Burnet, ein durch Genie, Gelehrsamkeit und Tugend ausgezeichneter
+Geistlicher, hatte, obgleich der wilde Jeffreys im Collegium saß, den
+Muth, sie darauf aufmerksam zu machen, daß jene Zumuthung dem Willen des
+Stifters sowohl als einer Parlamentsacte zuwiderlaufe. „Was thut dies
+zur Sache?“ fragte ein dem Vorstande angehörender Höfling. „Ich meine,
+es thut sehr viel zur Sache,“ antwortete eine von Alter und Sorgen
+geschwächte Stimme, die aber in keiner Versammlung ohne Achtung gehört
+wurde, die Stimme des ehrwürdigen Ormond. „Eine Parlamentsacte,“ fuhr
+der Patriarch der Kavalierpartei fort, „ist meiner Ansicht nach keine
+Kleinigkeit.“ Es wurde die Frage gestellt, ob Popham zugelassen werden
+solle, und der Beschluß lautete auf seine Zurückweisung. Da der Kanzler
+seinem Grolle nicht wohl durch Fluchen und Verwünschungen gegen Ormond
+Luft machen konnte, so lief er in voller Wuth fort und mehrere von der
+Minorität folgten ihm. In Folge dessen blieb keine beschlußfähige Anzahl
+übrig und es konnte daher auf den königlichen Befehl keine formelle
+Antwort gegeben werden.
+
+Die nächste Sitzung fand nur zwei Tage, nachdem die Commission
+Hough’s Wahl für ungültig erklärt und Fairfax suspendirt hatte,
+statt. Die Administratoren erhielten einen zweiten Befehl mit dem
+großen Staatssiegel; aber das tyrannische Verfahren gegen das
+Magdalenen-Collegium hatte ihren Muth noch erhöht, anstatt ihn zu
+schwächen. Sie setzten ein Schreiben an Sunderland auf, durch welches er
+ersucht wurde, dem Könige mitzutheilen, daß sie im vorliegenden Falle
+Seiner Majestät nicht gehorchen könnten, ohne das Gesetz und ihre
+Amtspflicht zu verletzen.
+
+Es dürfte kaum zu bezweifeln sein, daß, wenn diese Zuschrift nur von
+unbedeutenden Männern unterzeichnet gewesen wäre, der König irgend einen
+Gewaltschritt gethan haben würde. Aber selbst er erschrak beim Anblick
+der großen Namen Ormond, Halifax, Danby und Nottingham, der Oberhäupter
+aller Farben der großen Partei, der er seine Krone verdankte. Er
+begnügte sich deshalb, Jeffreys zu bedeuten, daß er das weiter
+einzuschlagende Verfahren in Erwägung ziehen solle. Einmal hieß es, es
+werde ein Prozeß bei der Kings Bench anhängig gemacht werden, ein
+andermal, die Kirchliche Commission werde den Fall in die Hand nehmen,
+aber diese Drohungen verstummten nach und nach wieder.[15]
+
+ [Anmerkung 15: +A Relation of the Proceedings at the Charterhouse,
+ 1689.+]
+
+
+[_Rundreise des Königs._] Der Sommer war jetzt weit vorgerückt und der
+König trat eine Reise an, die längste und glänzendste, die man seit
+vielen Jahren gesehen hatte. Am 16. August begab er sich von Windsor
+nach Portsmouth, besichtigte die Festungswerke, berührte einige mit
+Kröpfen Behaftete und fuhr dann in einer seiner Yachten nach
+Southampton. Von hier reiste er nach Bath, wo er sich einige Tage
+aufhielt und die Königin zurückließ. Als er wieder abreiste, begleiteten
+ihn der Obersheriff von Somersetshire und eine große Anzahl Gentlemen
+bis an die Grenze der Grafschaft, wo ihn der Obersheriff von
+Gloucestershire mit einem nicht minder glänzenden Gefolge erwartete. Der
+Herzog von Beaufort kam bald darauf den königlichen Equipagen entgegen
+und geleitete dieselben nach Badminton, wo ein des Rufes, den sich der
+Herzog durch seinen glänzenden Haushalt erworben hatte, würdiges Mahl
+für ihn angerichtet war. Am Nachmittag ging der Zug weiter nach
+Gloucester. Zwei Meilen vor der Stadt wurde er vom Bischofe und der
+Geistlichkeit bewillkommnet. Am Südthore erwartete ihn der Mayor mit den
+Schlüsseln. Die Glocken gingen und aus allen Röhrtrögen floß Wein,
+während der König durch die Straßen nach dem Platze zog, der die
+ehrwürdige Kathedrale umgiebt. Er übernachtete in der Dechanei und brach
+am folgenden Morgen nach Worcester auf. Von Worcester ging er nach
+Ludlow, Shrewsbury und Chester, und wurde überall mit äußeren Zeichen
+der Freude und Ehrerbietung empfangen, die er schwach genug war, als
+Beweise zu betrachten, daß die durch seine Maßregeln hervorgerufene
+Unzufriedenheit gedämpft sei und ihm ein leichter Sieg bevorstehe. Der
+scharfblickendere Barillon benachrichtigte Ludwig, daß der König in
+einer Täuschung befangen sei, daß die Reise keinen wirklichen Nutzen
+gebracht habe und daß die nämlichen Gentlemen von Worcestershire und
+Shropshire, die es für ihre Pflicht gehalten, ihren Souverain und Gast
+mit allen Ehrenbezeigungen zu empfangen, sich so widerspenstig als je
+zeigen würden, wenn die Testangelegenheit zur Sprache käme.[16]
+
+Unterwegs schlossen sich dem königlichen Zuge zwei Höflinge an, die in
+Character und Meinungen weit von einander verschieden waren. Penn war
+auf einer geistlichen Hirtenreise in Chester. Seine Popularität und sein
+Ansehen waren unter seinen Glaubensbrüdern tief gesunken, seitdem er ein
+Werkzeug des Königs und der Jesuiten geworden war.[17] Jakob aber nahm
+ihn sehr freundlich auf und er durfte am Sonntage im Ballhause einen
+Vortrag halten, während Cartwright in der Kathedrale predigte und der
+König an einem in der Grafschaftshalle errichteten Altare die Messe
+hörte. Man sagt sogar, Seine Majestät habe geruht, einen Augenblick in
+das Ballhaus einzutreten und der melodischen Beredtsamkeit seines
+Freundes mit Anstand zuzuhören.[18]
+
+Der wüthende Tyrconnel war von Dublin über den Kanal gekommen, um von
+seiner Verwaltung Bericht zu erstatten. Alle achtungswertheren
+englischen Katholiken behandelten ihn als einen Feind ihres Stammes und
+als eine Schande ihrer Religion mit Kälte. Sein Gebieter aber hieß ihn
+herzlich willkommen und entließ ihn mit Versicherungen seines
+ungeschwächten Vertrauens und seiner steten Unterstützung. Jakob vernahm
+mit großer Freude, daß bald die ganze Verwaltung Irlands in
+römisch-katholischen Händen sein werde. Die englischen Ansiedler waren
+schon ihrer ganzen politischen Macht beraubt, es blieb nur noch übrig,
+sie auch ihres Eigenthums zu berauben, und diese letzte Gewaltthat wurde
+so lange aufgeschoben, bis man sich die Mitwirkung eines irischen
+Parlaments gesichert haben würde.[19]
+
+Von Cheshire wendete sich der König nach dem Süden und in der festen
+Überzeugung, daß die Fellows des Magdalenen-Collegiums es trotz ihres
+widerspenstigen Geistes nicht wagen würden, einem ihnen mündlich
+gegebenen Befehle den Gehorsam zu verweigern, reiste er nach Oxford. Auf
+dem Wege dahin machte er einige kleine Abstecher nach Orten, die ihn als
+König, als Bruder und als Sohn besonders interessirten. Er besuchte das
+gastliche Dach von Boscobel und die Überreste der Eiche, die in der
+Geschichte seines Hauses eine so wichtige Rolle spielt. Er fuhr über das
+Schlachtfeld von Edgehill, wo die Kavaliere zuerst mit den Soldaten des
+Parlaments die Schwerter kreuzten. Am 3. September speiste er mit großem
+Gepränge im Palast von Woodstock, einem alten berühmten Schlosse, von
+dem kein Stein mehr vorhanden ist, dessen Lage aber noch heute auf der
+Wiese des Blenheimparks durch zwei unweit der stattlichen Brücke
+stehende Platanen bezeichnet wird.
+
+ [Anmerkung 16: London Gazette vom 18. Aug. bis 1. Sept. 1687;
+ Barillon, 19.(29.) Sept.]
+
+ [Anmerkung 17: +„Penn, chef des Quakers, qu’on sait être dans les
+ intérêts du Roi d’Angleterre, est si fort décrié parmi ceux de son
+ parti qu’il n’ont plus aucune confiance en lui.“+ -- Bonrepaux an
+ Seignelay, 12.(22.) Sept. 1687. Gerhard Croese’s Zeugniß lautet
+ ganz ebenso: +„Etiam Quakeri Pennum non amplius, ut ante ita
+ amabant ac magnifaciebant, quidam aversabantur ac fugiebant.“ --
+ Historia Quakeriana, lib. II. 1695.+]
+
+ [Anmerkung 18: +Cartwright’s Diary, Aug. 30. 1687+; +Clarkson’s
+ Life of William Penn.+]
+
+ [Anmerkung 19: +London Gazette, Sept. 5.+; +Sheridan MS.+;
+ Barillon 6.(16.) Sept. 1687. +„Le Roi son maître,“+ sagt Barillon,
+ +„a témoigné une grande satisfaction des mesures qu’il a prises,
+ et a autorisé ce qu’il a fait en faveur des Catholiques. Il les
+ établit dans les emplois et les charges, en sorte que l’autorité
+ se trouvera bientôt entre leurs mains. Il reste encore beaucoup de
+ choses à faire en ce pays là pour retirer les biens injustement
+ ôtés aux Catholiques. Mais cela ne peut s’exécuter qu’avec le
+ temps et dans l’assemblée d’un parlement en Irlande.“+]
+
+
+[_Der König in Oxford._] Am Abend erreichte er Oxford, wo er mit den
+gewohnten Ehrenbezeigungen empfangen wurde. Die Studenten hatten sich in
+ihrer akademischen Tracht vom Stadtthore bis an den Haupteingang des
+Christchurch-Collegiums in einer Doppelreihe aufgestellt. Er stieg in
+der Dechanei ab, wo er unter anderen Bequemlichkeiten eine zum Meßdienst
+eingerichtete Kapelle vorfand.[20]
+
+ [Anmerkung 20: +London Gazette, Sept. 5, 8. 1687+.]
+
+
+[_Er giebt den Collegiaten des Magdalenenstifts einen Verweis._] Den Tag
+nach seiner Ankunft erhielten die Fellows des Magdalenen-Collegiums
+Befehl, ihm ihre Aufwartung zu machen. Als sie vor ihm erschienen,
+behandelte er sie mit einem Übermuth, wie ihn die puritanischen
+Visitatoren gegen ihre Vorgänger nie bewiesen hatten. „Sie haben Sich
+nicht wie Gentlemen gegen mich benommen,“ rief er aus; „Sie haben Sich
+eben so unschicklich als ungehorsam gezeigt.“ Sie fielen auf die Knie
+und überreichten ihm eine Petition. Er wollte sie nicht ansehen. „Ist
+das die Loyalität Ihrer englischen Kirche? Ich hätte nicht gedacht, daß
+so viele Geistliche der Kirche Englands sich bei einer solchen Sache
+betheiligen könnten. Gehen Sie nach Hause, gehen Sie. Ich bin König und
+ich verlange Gehorsam. Gehen Sie augenblicklich in Ihre Kapelle und
+nehmen Sie den Bischof von Oxford auf. Und wehe Denen, die sich weigern,
+sie sollen das ganze Gewicht meiner Hand fühlen, sie sollen erfahren,
+was es heißt, sich die Ungnade seines Souverains zuziehen!“ Die noch
+immer vor ihm knieenden Collegiaten reichten ihm wiederholt ihre
+Petition dar. Er warf sie zornig zu Boden. „Gehen Sie, sage ich, ich
+nehme nichts von Ihnen an, bis Sie den Bischof aufgenommen haben!“
+
+Sie gingen und versammelten sich augenblicklich in ihrer Kapelle. Es
+wurde die Frage gestellt, ob sie sich dem Befehle Seiner Majestät fügen
+sollten. Smith war abwesend, nur Charnock antwortete mit Ja. Alle
+übrigen Collegiaten erklärten, daß sie in allen gesetzlichen Dingen dem
+Könige bereitwilligst gehorchen, ihre Statuten und ihre Eide aber nicht
+verletzen würden.
+
+Voll Zorn und Ärger über seine Niederlage verließ der König Oxford und
+kehrte nach Bath zur Königin zurück. Seine Hartnäckigkeit und Willkür
+hatte ihn in eine sehr schwierige Lage versetzt. Er hatte zu fest auf
+die Wirkung seiner finstren Miene und seiner gebieterischen Rede
+gerechnet und unbesonnenerweise nicht nur das Ansehen seiner Regierung,
+sondern auch seine persönliche Würde aufs Spiel gesetzt. Konnte er
+Unterthanen nachgeben, denen er mit erhobener Stimme und zornigen
+Geberden gedroht hatte? Konnte er es auf der andren Seite wagen, an
+einem Tage eine Anzahl achtungswerther Geistlicher aus ihrer Heimath zu
+vertreiben, weil sie eine in den Augen der ganzen Nation heilige Pflicht
+gethan hatten? Vielleicht gab es noch einen Ausweg aus dieser
+Verlegenheit, vielleicht konnte das Collegium doch noch durch Drohungen,
+durch Zureden oder durch Bestechung zur Unterwerfung gebracht werden.
+
+
+[_Penn sucht zu vermitteln._] Man bediente sich Penn’s als Vermittler.
+Er hatte zuviel Rechtsgefühl, als daß er das gewaltsame und ungerechte
+Verfahren der Regierung hätte billigen können und er wagte es sogar,
+einem Theile seiner Gedanken Worte zu geben. Jakob beharrte wie
+gewöhnlich auf seinem Vorsatze, und der höfische Quäker that daher sein
+Möglichstes, um das Collegium vom Pfade des Rechts abzuziehen. Zuerst
+versuchte er es mit Einschüchterungen. Er sagte, der Gesellschaft drohe
+der Untergang, denn der König sei im höchsten Grade aufgebracht. Es sei
+allerdings ein schwerer Schritt für sie, das sahen die meisten Leute
+ein; aber jedes Kind wisse auch, daß Seine Majestät seinen Willen gern
+durchsetze und daß er Widerspruch nicht vertragen könne. Penn ermahnte
+daher die Collegiaten, nicht auf die Gerechtigkeit ihrer Sache zu
+pochen, sondern sich zu fügen oder wenigstens zu temporisiren. Ein
+solcher Rath klang sonderbar aus dem Munde eines Mannes, der selbst von
+der Universität vertrieben worden war, weil er wegen des Chorhemds einen
+Tumult hervorgerufen, der sich lieber der Gefahr der Enterbung
+ausgesetzt hatte, als daß er sich entschloß, vor einem königlichen
+Prinzen den Hut abzunehmen und der wegen seiner in Conventikeln
+gehaltenen Reden mehr als einmal in’s Gefängniß geschickt worden war. Es
+gelang ihm jedoch nicht, die Magdalenen-Collegiaten zu schrecken. In
+Antwort auf seine drohenden Winke wurde er daran erinnert, daß unter der
+vorigen Generation vierunddreißig von den vierzig Collegiaten lieber mit
+Freuden ihre geliebten Kreuzgänge und Gärten, ihre Halle und ihre
+Kapelle verlassen hätten und fortgegangen seien, ohne zu wissen wo sie
+ein Mahl oder ein Nachtlager finden würden, als daß sie ihren
+Unterthaneneid gebrochen hätten. Jetzt verlange der König die Verletzung
+eines andren Eides von ihnen, aber er solle erfahren, daß der alte Geist
+noch nicht erstorben sei.
+
+Penn zog nun gelindere Saiten auf. Er hatte eine Besprechung mit Hough
+und einigen Collegiaten und begann endlich nach vielen Versicherungen
+von Theilnahme und Freundschaft die Möglichkeit eines Vergleichs in
+Aussicht zu stellen. Der König vertrage nun einmal keinen Widerspruch,
+sagte er, das Collegium müsse nachgeben und Parker annehmen. Aber seine
+Gesundheit sei schwankend und alle seine Ämter würden voraussichtlich
+bald erledigt sein. „Doctor Hough,“ setzte er hinzu, „kann dann Bischof
+von Oxford werden. Wie würde Ihnen das gefallen, meine Herren?“ Penn
+hatte während seines ganzen Lebens gegen eine Miethlingsgeistlichkeit
+gepredigt. Er hielt sich für verpflichtet, die Entrichtung von Zehnten
+zu verweigern, und dies selbst als er mit Zehnten belastete Ländereien
+gekauft hatte und ihm der Betrag der Zehnten von der Kaufsumme
+nachgelassen worden war. Nach seinen eigenen Grundsätzen würde er eine
+große Sünde begangen haben, wenn er sich dabei betheiligt hätte, dem
+frömmsten Geistlichen selbst unter den ehrenvollsten Bedingungen eine
+Pfründe zu verschaffen. Aber sein Character war durch schlechte
+Gesellschaft so verdorben und sein Verstand durch übermäßigen Eifer für
+einen einseitigen Zweck so verdunkelt, daß er keinen Anstand nahm, bei
+einer Simonie von ganz besonders unehrenhafter Art den Unterhändler
+abzugeben und ein Bisthum als Köder zu benutzen, um einen Geistlichen
+zum Eidbruche zu verführen. Hough erwiederte mit höflicher
+Geringschätzung, daß er von der Krone nichts weiter verlange als
+einfache Gerechtigkeit. „Wir sind an unsere Statuten und unsere Eide
+gebunden,“ sagte er; „aber auch ganz abgesehen von unseren Statuten und
+unseren Eiden fühlen wir uns verpflichtet, unsren Glauben zu
+vertheidigen. Die Papisten haben uns schon das University-Collegium und
+das Christchurch-Collegium geraubt, jetzt greifen sie auch das
+Magdalenen-Collegium an. Sie werden bald Alles haben.“
+
+Penn war so unbesonnen, hierauf zu antworten, daß er ernstlich glaube,
+die Papisten würden nun zufrieden sein. „Das University-Collegium,“
+sagte er, „ist ein schönes Collegium, Christchurch ein vortrefflicher
+Platz und Magdalenen ein herrliches Gebäude. Die Lage ist angenehm, die
+Gartenanlagen am Flusse reizend. Wenn die Katholiken vernünftig sind,
+werden sie sich damit begnügen.“ Diese alberne Erklärung würde allein
+schon Hough und seine Collegen in die Unmöglichkeit versetzt haben,
+nachzugeben. Die Unterhandlung wurde abgebrochen, und der König beeilte
+sich, seiner Drohung gemäß die Ungehorsamen fühlen zu lassen, was es
+hieß, sich seine Ungnade zuziehen.
+
+
+[_Eine kirchliche Specialcommission wird nach Oxford gesandt._]
+Cartwright, Bischof von Chester, Wright, Oberrichter der Kings Bench,
+und Sir Thomas Jenner, ein Baron des Schatzkammergerichts, erhielten
+eine Specialvollmacht zur Visitation des Collegiums. Am 20. October
+kamen sie in Oxford an, begleitet von drei Schwadronen Kavalerie mit
+gezogenen Säbeln. Am folgenden Morgen nahmen die Commissare im Hörsaale
+des Magdalenen-Collegiums ihre Sitze ein und Cartwright hielt eine
+loyale Rede, welche noch vor wenigen Jahren von den Oxfordern mit lautem
+Beifall aufgenommen worden wäre, die aber jetzt mit stummem Unwillen
+angehört wurde. Es erfolgte hierauf eine lange Debatte. Der Präsident
+vertheidigte seine Rechte mit Geschick, Mäßigung und Entschiedenheit. Er
+versicherte seine hohe Achtung vor der königlichen Autorität, behauptete
+aber fest, daß er nach den Gesetzen Englands ein Eigenthumsrecht an das
+Haus und an die mit der Präsidentur verbundenen Einkünfte habe. Dieses
+Rechts könne ihn ein Machtspruch des Landesherrn nicht berauben. „Wollen
+Sie sich unsrer Visitation unterwerfen?“ fragte der Bischof. „Ich
+unterwerfe mich derselben,“ antwortete Hough mit weiser Vorsicht, „in so
+weit sie mit dem Gesetz im Einklange steht, weiter nicht.“ -- „Wollen
+Sie den Schlüssel zu Ihrer Wohnung ausliefern?“ fragte Cartwright. Hough
+schwieg. Die Frage wurde wiederholt, und Hough antwortete nun mild aber
+entschieden, daß er dies nicht thun werde. Die Commissare nannten ihn
+einen unberufenen Eindringling und forderten die Collegiaten auf, seine
+Autorität nicht mehr anzuerkennen und für die Aufnahme des Bischofs von
+Oxford zu stimmen. Charnock versprach bereitwilligst Gehorsam, Smith gab
+eine ausweichende Antwort, die Hauptmasse der Collegiaten aber erklärte
+auf das Bestimmteste, daß sie Hough noch immer als ihren rechtmäßigen
+Präsidenten betrachteten.
+
+
+[_Hough’s Protest._] Jetzt bat Hough um die Erlaubniß, selbst noch
+einige Worte an die Commissare richten zu dürfen. Sie bewilligten ihm
+dies sehr artig, vielleicht weil sie nach seinem ruhigen und gelassenen
+Benehmen erwarteten, daß er ein Zugeständniß machen werde. „Mylords,“
+sprach er, „Sie haben mich heute meines freien Eigenthums beraubt; ich
+protestire hiermit gegen Ihr ganzes Verfahren als gesetzwidrig,
+ungerecht und nichtig und appellire an unsren erlauchten Gebieter, den
+König, in seinen Gerichtshöfen.“ Ein lautes beifälliges Gemurmel erhob
+sich unter den Studirenden, welche den Saal füllten. Die Commissare
+waren wüthend. Man suchte die Verbrecher, welche applaudirt hatten,
+herauszufinden, aber vergebens. Der ganze Zorn der Commission richtete
+sich nun gegen Hough. „Glauben Sie nicht, daß Sie uns trotzen können,“
+rief Jenner mit einem Wortspiel auf den Namen des Präsidenten.[21] „Ich
+werde die Autorität Seiner Majestät aufrecht erhalten, so lange ich
+Athem in meiner Brust habe,“ setzte Wright hinzu. „Das Alles kommt von
+Ihrem nach Popularität haschenden Protest. Sie haben den Landfrieden
+gebrochen und sollen sich dafür vor der Kings Bench verantworten. Ich
+verpflichte Sie bei Strafe von tausend Pfund, beim nächsten Termine zu
+erscheinen. Wir wollen sehen, ob die Civilgewalt Sie nicht bändigen
+wird. Reicht sie nicht aus, so sollen Sie auch die militairische haben.“
+Oxford befand sich in der That in einer Stimmung, welche die Commissare
+nicht wenig beunruhigte. Die Soldaten erhielten Befehl, ihre Carabiner
+zu laden, und man sagte, es sei ein expresser Bote nach London geschickt
+worden, um schleunige Nachsendung von Verstärkungen zu verlangen. Es
+fand jedoch keine Ruhestörung statt.
+
+ [Anmerkung 21: Im Deutschen läßt sich das Wortspiel nicht
+ wiedergeben. +Hough+ und +huff+ (trotzen) wird im Englischen
+ ziemlich gleich ausgesprochen. D. Übers.]
+
+
+[_Einsetzung Parker’s._] Der Bischof von Oxford wurde mittelst Vollmacht
+ruhig eingesetzt, aber nur zwei Mitglieder des Magdalenen-Collegiums
+wohnten der Feierlichkeit bei. Mancherlei Anzeichen bewiesen, daß der
+Geist des Widerstandes sich auch des Volks bemächtigt hatte. Der
+Thürsteher des Collegiums warf seinen Schlüssel weg. Der Kellermeister
+weigerte sich, den Namen Hough’s aus dem Wirthschaftsbuche zu streichen.
+In der ganzen Stadt war kein Schlosser aufzutreiben, der die Thür der
+Präsidentenwohnung aufsprengen wollte. Die eigenen Diener der Commissare
+mußten die Thür mit eisernen Stangen erbrechen. Die Predigten, welche am
+nächstfolgenden Sonntage in der Universitätskirche gehalten wurden,
+waren voll von Bemerkungen, welche Cartwright tief kränkten; aber sie
+waren so gehalten, daß er nichts dagegen thun konnte.
+
+Wäre Jakob nicht ganz verblendet gewesen, so würde er hier innegehalten
+haben. Die Collegiaten waren im Ganzen genommen nicht geneigt, den
+Widerstand noch weiter zu treiben. Sie waren der Meinung, daß sie ihre
+Achtung vor ihren Statuten und Eiden hinreichend bewiesen hätten, indem
+sie ihre Mitwirkung bei der Einsetzung eines Unberufenen verweigerten,
+und daß sie sich ihm jetzt, da er im factischen Besitze des Amtes war,
+als ihrem Oberhaupte unterwerfen könnten, ohne einen Vorwurf auf sich zu
+laden, bis er durch den Ausspruch eines competenten Gerichts entfernt
+wurde. Nur ein Collegiat, Doctor Fairfax, weigerte sich, auch nur soweit
+nachzugeben. Die Commissare würden zu einer solchen Verständigung gern
+die Hand geboten haben und einige Stunden lang herrschte eine
+Waffenruhe, von der Viele glaubten, daß sie zu einem gütlichen Vergleich
+führen werde. Aber bald war Alles wieder in Aufregung. Die Collegiaten
+sahen, daß die öffentliche Meinung sie offen der Kleinmüthigkeit
+beschuldigte; in der Stadt sprach man schon ironisch von einem
+Magdalenengewissen und sagte, der tapfere Hough und der brave Fairfax
+seien verrathen und verlassen worden. Noch ärgerlicher waren die
+Spötteleien Obadja Walker’s und seiner Renegatensippschaft. Das also,
+sagten diese Apostaten, sei das Ende von all den hochtrabenden Worten,
+in denen die Gesellschaft ihren Entschluß erklärt habe, treu zu ihrem
+rechtmäßigen Präsidenten und zu ihrem protestantischen Glauben zu
+stehen! Während die Collegiaten, tief gekränkt durch den öffentlichen
+Tadel, ihre bedingte Unterwerfung bereueten, erfuhren sie, daß diese den
+König noch keineswegs zufriedengestellt habe. Es sei nicht genug, sagte
+er, daß sie sich erboten hätten, dem Bischof von Oxford als factischem
+Präsidenten zu gehorchen; sie müßten auch die Commission und Alles was
+dieselbe gethan habe, als gesetzlich anerkennen. Sie müßten eingestehen,
+daß sie pflichtvergessen gehandelt hätten, müßten ihr Benehmen bereuen
+und versprechen, daß sie sich in Zukunft besser betragen wollten, müßten
+Seine Majestät um Verzeihung bitten und ihm zu Füßen fallen. Nur zwei
+Collegiaten, Charnock und Smith, über welche der König nicht zu klagen
+hatte, wurden von der Verpflichtung, diese erniedrigenden
+Entschuldigungen zu machen, ausgenommen.
+
+Nie that Jakob einen thörichteren Fehlgriff. Die Collegiaten, schon mit
+sich selbst unzufrieden, weil sie so weit nachgegeben hatten, und durch
+den Tadel des Publikums gereizt, ergriffen eifrig die ihnen jetzt
+gebotene Gelegenheit, die öffentliche Achtung wieder zu gewinnen. Sie
+erklärten einstimmig, sie würden niemals deshalb, daß sie in ihrem
+Rechte gewesen seien, um Verzeihung bitten, und eben so wenig
+anerkennen, daß die Visitation ihres Collegiums und die Beraubung ihres
+Präsidenten gesetzlich gewesen sei.
+
+
+[_Vertreibung der Collegiaten._] Jetzt ließ sie der König das angedrohte
+ganze Gewicht seiner Hand fühlen. Durch ein summarisches Edict wurden
+sie zur Vertreibung verurtheilt. Diese Strafe wurde indessen noch nicht
+für genügend erachtet. Man wußte, daß viele Edelleute und Gentlemen,
+welche ein kirchliches Patronatrecht hatten, sich bemühen würden, für
+Männer zu sorgen, welche für die Gesetze Englands und für den
+protestantischen Glauben so viel gelitten. Deshalb erklärte die Hohe
+Commission die Vertriebenen für unfähig, irgend ein geistliches Amt
+wieder zu bekleiden, und Diejenigen, welche noch nicht ordinirt waren,
+wurden für unfähig erklärt, die geistliche Ordination zu empfangen. So
+hatte Jakob die Genugthuung, Viele von ihnen aus einer Lage, in der sie
+alle möglichen Annehmlichkeiten des Lebens genossen und die schönsten
+Aussichten auf zukünftige Anstellungen hatten, in hoffnungslose
+Dürftigkeit zurückgeworfen zu haben.
+
+Aber all’ diese Strenge hatte gerade die entgegengesetzte Wirkung als er
+erwartete. Der Geist der Engländer, dieser trotzige Geist, den kein
+König aus dem Hause Stuart jemals durch Erfahrung erkennen lernte,
+empörte sich heftig gegen die Ungerechtigkeit. Oxford, der friedliche
+Sitz der Gelehrsamkeit und Loyalität, war in einem Zustande, ähnlich
+dem, in welchem sich London am Morgen nach dem Versuche Karl’s I., die
+fünf Parlamentsmitglieder festnehmen zu lassen, befunden hatte. Der
+Vicekanzler war am Tage der Vertreibung von den Commissaren zu Tische
+eingeladen worden. Er lehnte die Einladung ab. „Mein Geschmack,“ sagte
+er, „ist verschieden von dem des Obersten Kirke; ich kann unter dem
+Galgen nicht mit Appetit essen.“ Die Studenten weigerten sich, den neuen
+Vorsteher des Magdalenen-Collegiums zu grüßen. Smith erhielt den
+Spottnamen +Dr.+ Schuft und wurde in einem Kaffeehause öffentlich
+insultirt. Als Charnock die Demies aufforderte, in seiner Gegenwart ihre
+akademischen Übungen vorzunehmen, antworteten sie ihm, daß sie ihrer
+rechtmäßigen Vorsteher beraubt seien und sich keiner widerrechtlichen
+Autorität unterwerfen würden. Sie versammelten sich zum Studiren wie zum
+Gottesdienst auf eigne Hand. Man versuchte es, sie durch das Anerbieten
+der einträglichen Collegiaturen, welche eben für erledigt erklärt worden
+waren, zu verführen, aber ein Untergraduirter nach dem andren antwortete
+mit männlichem Freimuth, daß sein Gewissen ihm nicht gestatte, aus einem
+Unrecht für sich Nutzen zu ziehen. Ein Student, der sich zur Annahme
+einer Collegiatur überreden ließ, wurde von seinen Comiletonen aus dem
+Saale gestoßen. Es wurden junge Leute aus anderen Collegien eingeladen,
+aber mit geringem Erfolg; die reichste Stiftung des Landes schien selbst
+für arme Studenten alle Anziehungskraft verloren zu haben. Inzwischen
+wurde in London und im ganzen Lande Geld zur Unterstützung der
+vertriebenen Collegiaten gesammelt. Die Prinzessin von Oranien zeichnete
+zur großen Freude aller Protestanten zweihundert Pfund. Der König,
+beharrte nichtsdestoweniger bei dem eingeschlagenen Verfahren. Auf die
+Vertreibung der Collegiaten folgte bald die Ausstoßung einer Menge
+Demies. Währenddem nahmen die körperlichen und geistigen Kräfte des
+neuen Präsidenten mehr und mehr ab. Er hatte zu der Zeit, als sein
+Kollegium sich in offener Empörung gegen seine Autorität befand, noch
+einen schwachen Versuch gemacht, der Regierung einen Dienst zu leisten,
+indem er eine Vertheidigung der Indulgenzerklärung oder vielmehr der
+Lehre von der Transsubstantiation erscheinen ließ. Diese Schrift rief
+viele Entgegnungen hervor, namentlich eine von Burnet, die mit
+außerordentlicher Kraft und Schärfe geschrieben war. Wenige Wochen nach
+der Vertreibung der Demies starb Parker in dem Hause, von dem er
+gewaltsam Besitz ergriffen hatte. Man sagte damals, Reue und Scham
+hätten sein Ende beschleunigt. Er ruht in der schönen Vorkapelle des
+Collegiums, aber kein Denkstein bezeichnet sein Grab.
+
+
+[_Das Magdalenen-Collegium in ein papistisches Seminar verwandelt._] Der
+ganze Plan des Königs wurde nun vollends ausgeführt: das Collegium wurde
+zu einem papistischen Seminar umgestaltet. Bonaventura Giffard, der
+katholische Bischof von Madura, ward Präsident. In der Kapelle wurde
+katholischer Gottesdienst gehalten und an einem Tage zwölf Katholiken
+als Collegiaten aufgenommen. Einige servile Protestanten bewarben sich
+um die Aufnahme, wurden aber abschläglich beschieden. Smith, der loyal
+bis zur Begeisterung, aber noch immer ein aufrichtiges Mitglied der
+anglikanischen Kirche war, konnte das veränderte Aussehen des Hauses
+nicht ertragen. Er entfernte sich, kam der Aufforderung zur Rückkehr in
+seine Wohnung nicht nach, und wurde daher abgesetzt. So war das
+Beraubungswerk vollendet.[22]
+
+Das Universitätssystem Englands ist von der Art, daß jedes Ereigniß, das
+die Interessen oder die Ehre irgend einer Universität berührt, im ganzen
+Lande nothwendig einen starken Eindruck machen muß. Jeder neue Schlag
+gegen das Magdalenen-Collegium wurde daher bis an die äußersten
+Endpunkte des Königreichs gefühlt. In den londoner Kaffeehäusern, in den
+juristischen Hochschulen, unter den Geistlichen aller Domkapitel, in
+Pfarrwohnungen und Landschlössern selbst der entferntesten Grafschaften
+war das Mitleid mit den Duldern und der Unwille gegen die Regierung
+beständig im Zunehmen. Hough’s Protest fand überall Beifall, das
+Aufsprengen seiner Thür wurde überall mit Abscheu erzählt und das über
+die Collegiaten verhängte Beraubungs- und Vertreibungsurtheil zerriß
+endlich die einst so engen und theuren Bande, welche die anglikanische
+Kirche mit dem Hause Stuart verknüpften.
+
+ [Anmerkung 22: Prozeßverfahren gegen das Magdalenen-Collegium zu
+ Oxford wegen Nichterwählung Anton Farmer’s zum Präsidenten, in der
+ +Collection of State Trials+, Ausgabe von Howell; +Luttrell’s
+ Diary, June 15., 17., Oct. 24., Dec. 10. 1687+; +Smith’s
+ Narrative+; Brief von Doctor Richard Rawlinson vom 31. Oct. 1687;
+ +Reresby’s Memoirs+; +Burnet, I. 699+; +Cartwright’s Diary+;
+ Citters, 25. Oct. (4. Nov.), 28. Oct. (7. Nov.), 8.(18.) u.
+ 18.(28.) Nov. 1687.]
+
+
+[_Groll der Geistlichkeit._] Bitterer Groll und schlimme Befürchtungen
+traten an die Stelle der Liebe und des Vertrauens. Es gab keinen
+Pfründner, keinen Rector und keinen Vikar, der nicht von der Angst
+gequält worden wäre, daß er, so friedlich sein Character und so
+unbedeutend seine Stelle sein mochte, vielleicht in wenigen Monaten
+durch einen willkürlichen Machtspruch aus seinem Hause vertrieben werden
+könne, um im zerrissenen Priesterrocke mit Frau und Kindern zu betteln,
+während sein durch uralte Gesetze und durch das königliche Wort
+gesichertes Eigenthum von einem Apostaten in Besitz genommen wurde. Das
+war also der Lohn für die heldenmüthige Loyalität, die sich in allen
+Wechselfällen fünfzig stürmischer Jahre nicht ein einziges Mal
+verleugnet hatte! Deshalb also hatte die Geistlichkeit für Karl I.
+Plünderung und Verfolgung ertragen, deshalb hatte sie Karl II. in seinem
+harten Kampfe mit der whiggistischen Opposition unterstützt, deshalb
+hatte sie in der vordersten Reihe gegen Diejenigen gestanden, welche
+Jakob seines Geburtsrechtes berauben wollten! Ihrer Treue allein
+verdankte ihr Unterdrücker die Macht, die er jetzt zu ihrem Verderben
+anwendete. Lange genug hatten sie mit bitterem Schmerze die Leiden
+aufgezählt, die sie von den Puritanern in den Tagen ihrer Macht hatten
+erdulden müssen. Der Puritaner war indessen einigermaßen zu
+entschuldigen. Er war ein erklärter Feind, er hatte sich für erlittenes
+Unrecht zu rächen und selbst er war nicht ganz ohne Mitleid gewesen, als
+er die Kirchenverfassung des Landes umgestaltete und Alle, die seinen
+Covenant nicht unterschreiben wollten, absetzte. Er hatte denen, die er
+ihrer Pfründen beraubte, wenigstens so viel davon gelassen, als sie zu
+ihrem Lebensunterhalte nothwendig brauchten. Aber des Königs Haß gegen
+die Kirche, die ihn vor der Verbannung bewahrt und auf den Thron erhoben
+hatte, war nicht so leicht zu sättigen. Nur der völlige Ruin seiner
+Opfer konnte ihn zufrieden stellen. Nicht genug, daß sie aus ihren
+Wohnungen vertrieben und ihres Einkommens beraubt wurden, auch jede
+andre Laufbahn, auf der Männer ihrer Art ihren Unterhalt suchen konnten,
+war ihnen mit raffinirter Böswilligkeit verschlossen und es blieb ihnen
+nichts Andres übrig, als die unsichere und beschämende Hülfsquelle der
+öffentlichen Mildthätigkeit.
+
+Die anglikanische Geistlichkeit und diejenigen Laien, welche dem
+protestantischen Episcopat mit Liebe zugethan waren, betrachteten daher
+jetzt den König mit Gefühlen, wie sie eine durch Undank noch
+verschlimmerte Ungerechtigkeit nothwendig, erregen muß. Indessen hatte
+der Anglikaner noch immer viele Bedenken des Gewissens und der Ehre zu
+überwinden, ehe er sich zum gewaltsamen Widerstande gegen die Regierung
+entschließen konnte. Man hatte ihn gelehrt, daß das göttliche Gesetz
+passiven Gehorsam ohne Bedingung oder Ausnahme vorschreibe. Diese
+Ansicht hatte er laut und offen ausgesprochen und die Insinuation, daß
+extreme Fälle eintreten könnten, welche dem Volke das Recht gäben, gegen
+königliche Tyrannei das Schwert zu ziehen, mit Verachtung
+zurückgewiesen. Sowohl Grundsatz als Scham hielten ihn demnach ab, das
+Beispiel der rebellischen Rundköpfe nachzuahmen, so lange noch einige
+Hoffnung auf friedliche und gesetzmäßige Befreiung vorhanden war, und
+eine solche Hoffnung konnte man vernünftigerweise wohl hegen, so lange
+die Prinzessin von Oranien die nächste Thronerbin war. Wenn er diese
+Glaubensprüfung geduldig überstand, so würden die Gesetze der Natur bald
+das für ihn thun, was er ohne Sünde und Schande nicht selbst für sich
+thun konnte. Die Bedrückungen der Kirche wurden dann abgestellt, ihr
+Eigenthum und ihre Würde durch neue Bürgschaften gesichert und die
+schändlichen Minister, die sie in Zeiten der Bedrängniß gekränkt und
+verhöhnt hatten, wurden exemplarisch bestraft.
+
+
+[_Pläne der jesuitischen Cabale in Bezug auf die Thronfolge._] An das
+Ereigniß, von dem die anglikanische Kirche eine ehrenvolle und
+friedliche Erlösung von ihren Leiden erwartete, konnten auch die
+sorglosesten Mitglieder der jesuitischen Cabale nicht ohne quälende
+Besorgnisse denken. Wenn ihr Gebieter starb, ohne ihnen eine größere
+Sicherheit gegen die Strafgesetze zu hinterlassen als eine
+Indulgenzerklärung, welche die ganze Nation einstimmig für null und
+nichtig erklärt hatte, wenn ein von dem nämlichen Geiste, welcher in den
+Parlamenten Karl’s II. vorgeherrscht, beseeltes Parlament sich um den
+Thron eines protestantischen Landesoberhauptes versammelte, war dann
+nicht vorauszusehen, daß eine furchtbare Vergeltung ausgeübt, daß die
+alten Gesetze gegen den Papismus mit schonungsloser Strenge gehandhabt
+und daß noch härtere neue Gesetze dem Gesetzbuche einverleibt werden
+würden? Von diesen schlimmen Befürchtungen wurden die bösen Rathgeber
+der Krone schon seit langer Zeit gequält, und einige von ihnen hatten
+sonderbare und verzweifelte Schutzmittel ersonnen. Jakob hatte den Thron
+kaum bestiegen, so begann man sich in Whitehall schon zuzuflüstern, daß,
+wenn die Prinzessin Anna katholisch werden wollte, es mit Hülfe Ludwig’s
+vielleicht nicht unmöglich sein würde, das Geburtsrecht ihrer älteren
+Schwester auf sie zu übertragen. Bei der französischen Gesandtschaft
+fand diese Idee großen Beifall und Bonrepaux war der Meinung, daß
+Jakob’s Einwilligung nicht schwer zu erlangen sein werde.[23] Bald
+jedoch zeigte es sich deutlich, daß Anna der Landeskirche
+unerschütterlich treu war. Der Gedanke, sie zur Königin zu machen, wurde
+daher wieder aufgegeben. Dessenungeachtet nährte ein kleines Häuflein
+Fanatiker noch immer die kühne Hoffnung, daß es ihnen gelingen könne,
+die Thronfolgeordnung zu ändern. Der Plan dieser Männer wurde in einem
+Entwurfe dargelegt, von dem noch eine schlechte französische Übersetzung
+vorhanden ist. Es sei zu hoffen, sagten sie, daß der König im Stande
+sein werde, den wahren Glauben zu befestigen, ohne zu extremen Mitteln
+zu greifen; im schlimmsten Fall aber könne er die Verfügung über seine
+Krone Ludwig anheimstellen. Es sei für die Engländer immer noch besser,
+wenn sie Vasallen Frankreichs wären, als Sklaven des Teufels.[24] Dieses
+höchst merkwürdige Actenstück ging unter den Jesuiten und Höflingen von
+Hand zu Hand, bis endlich einige ausgezeichnete Katholiken, in denen die
+Bigotterie noch nicht allen Patriotismus erstickt hatte, dem
+holländischen Gesandten eine Abschrift anfertigten. Dieser zeigte den
+Aufsatz dem Könige, und Jakob erklärte denselben für eine erbärmliche
+Fälschung, die von einem holländischen Pamphletschmierer ersonnen sein
+müsse. Der holländische Gesandte antwortete mit Entschiedenheit, daß er
+durch das Zeugniß mehrerer ausgezeichneter Mitglieder der eigenen Kirche
+Seiner Majestät das Gegentheil beweisen könne, ja daß es sogar nicht
+schwer sein werde, den Verfasser ausfindig zu machen, welcher im Grunde
+nur das niedergeschrieben habe, wovon viele Priester und geschäftige
+Politiker täglich in den Gallerien des Palastes sprächen. Der König
+hielt es nicht für rathsam, nach dem Verfasser zu forschen, nahm den
+Vorwurf der Fälschung zurück und versicherte mit großer Heftigkeit und
+Feierlichkeit, daß es ihm nie in den Sinn gekommen sei, seine älteste
+Tochter zu enterben. „Niemand,“ sagte er, „hat es je gewagt, eine solche
+Idee gegen mich zu äußern, und ich würde auch nie darauf hören. Gott
+befiehlt uns nicht, die wahre Religion durch Ungerechtigkeit zu
+verbreiten, und dies würde die empörendste, widernatürlichste
+Ungerechtigkeit sein“.[25] Trotz aller dieser Betheuerungen meldete
+Barillon wenige Tage später seinem Hofe, daß Jakob angefangen habe, auf
+Einflüsterungen in Betreff einer Änderung der Thronfolgeordnung zu
+hören, daß die Sache zwar sehr kitzlich sei, daß man aber gegründete
+Hoffnung habe, mit der Zeit und durch vorsichtiges Verfahren einen Weg
+zu finden, um die Krone mit Ausschließung der beiden Prinzessinnen auf
+ein römisch-katholisches Haupt zu bringen.[26] Dieser Plan wurde noch
+viele Monate von den heftigsten und überspanntesten Papisten am Hofe
+besprochen, und es wurden wirklich Candidaten für den Königsthron
+genannt.[27]
+
+ [Anmerkung 23: +„Quand on connoit le dedans de cette cour aussi
+ intimement que je la connois, on peut croire que Sa Majesté
+ Britannique donnera volontiers dans ces sortes de projets.“+
+ Bonrepaux an Seignelay, 18.(28.) März 1686.]
+
+ [Anmerkung 24: +„Que, quand pour établir la religion Catholique et
+ pour la confirmer icy, il+ (Jakob) +devroit se rendre en quelque
+ façon dépendant de la France, et mettre la décision de la
+ succession à la couronne entre les mains de ce monarque là, qu’il
+ seroit obligé de le faire, parcequ’il vaudroit mieux pour ses
+ sujets qu’ils devinssent vassaux du Roy de France, étant
+ Catholiques, que de demeurer comme esclaves du Diable.“+ -- Dieses
+ Schriftstück befindet sich sowohl im französischen als auch im
+ holländischen Archive.]
+
+ [Anmerkung 25: Citters, 6.(16.) u. 17.(27.) Aug.; Barillon,
+ 19.(29.) Aug.]
+
+ [Anmerkung 26: Barillon, 13.(23.) Sept. 1686. +„La succession est
+ une matière fort délicate à traiter. Je sais pourtant qu’on en
+ parle au Roy d’Angleterre et qu’on ne désespère pas avec le temps
+ de trouver des moyens pour faire passer la couronne sur la tête
+ d’un héritier Catholique.“+]
+
+ [Anmerkung 27: Bonrepaux, 11.(21.) Juli 1687.]
+
+
+[_Jakob’s und Tyrconnel’s Plan, die Prinzessin von Oranien von der
+Erbfolge im Königreich Irland auszuschließen._] Es ist jedoch nicht
+wahrscheinlich, daß Jakob jemals einen so unsinnigen Schritt zu thun
+beabsichtigte. Er mußte wissen, daß England nicht einen einzigen Tag das
+Joch eines Usurpators ertragen hätte, der noch obendrein Papist war, und
+daß sowohl Diejenigen, welche die Ausschließungsbill unterstützt, als
+auch Die, welche sich ihr widersetzt hatten, jeden Versuch, die
+Prinzessin Marie bei Seite zu schieben, auf Leben und Tod bekämpft haben
+würden. Dagegen unterliegt es keinem Zweifel, daß der König bei einem
+minder unsinnigen, aber eben so unverantwortlichen Anschlage auf die
+Rechte seiner Kinder die Hand im Spiele hatte. Tyrconnel hatte im
+Einverständniß mit seinem Gebieter Anstalten getroffen, um Irland von
+dem Königreiche zu trennen und es unter Ludwig’s Protection zu stellen,
+sobald die Krone einem protestantischen Oberhaupte zufallen würde.
+Bonrepaux war zu Rathe gezogen worden, hatte seinem Hofe den Plan
+mitgetheilt und die Weisung erhalten, Tyrconnel zu versichern, daß
+Frankreich zur Ausführung dieser großartigen Idee kräftigen Beistand
+leisten werde.[28] Diese Unterhandlungen, welche im Haag vielleicht
+nicht in ihrem ganzen Umfange genau bekannt waren, aber doch stark
+vermuthet wurden, dürfen nicht außer Acht gelassen werden, wenn man sich
+ein richtiges Urtheil über das Verfahren bilden will, das die Prinzessin
+von Oranien wenige Monate später einschlug. Wer sie einer Verletzung der
+Kindespflicht beschuldigt, muß zugeben, daß ihr Fehler durch das ihr
+zugefügte Unrecht wenigstens sehr gemildert wird. Wenn sie im Interesse
+ihres Glaubens die heiligsten Bande der Blutsverwandtschaft zerriß, so
+folgte sie nur dem Beispiele ihres Vaters. Sie lieh erst dann die Hand
+zu seiner Absetzung, als er einen Anschlag zu ihrer Enterbung
+geschmiedet hatte.
+
+ [Anmerkung 28: Bonrepaux an Seignelay, 25. Aug. (4. Sept.) 1687.
+ Ich will eine Stelle aus dieser wichtigen Depesche hier anführen.
+ +„Je sçay bien certainement que l’intention du Roy d’Angleterre
+ est de faire perdre ce royaume+ (Irland) +à son successeur, et de
+ le fortifier en sorte que tous ses sujets Catholiques y puissent
+ avoir un asile assuré. Son projet est de mettre les choses en cet
+ estat dans le cours de cinq années.“+ -- In den +Secret Consults
+ of the Romish Party in Ireland, 1690+, findet sich eine Stelle,
+ aus welcher hervorgeht, daß diese Unterhandlung nicht streng
+ geheim gehalten wurde. „Obgleich der König es selbst vor seinen
+ Räthen verschwieg, so ist es doch gewiß, daß er dem französischen
+ König die Verfügung über jene Regierung und jenes Königreich
+ versprochen hat, sobald die Dinge so weit gediehen sein würden,
+ daß es sich thun ließe.“]
+
+
+[_Schwangerschaft der Königin._] Bonrepaux war kaum davon
+benachrichtigt, daß Ludwig beschlossen habe, Tyrconnel’s Vorhaben zu
+unterstützen, so wurde jeder Gedanke an diesen Plan wieder aufgegeben.
+Jakob erblickte den ersten Schimmer einer Hoffnung, die ihn mit Stolz
+und Entzücken erfüllte: die Königin war schwanger.
+
+
+[_Allgemeiner Zweifel._] Gegen Ende October 1687 begann sich die große
+Neuigkeit gerüchtweise zu verbreiten. Man hatte bemerkt, daß Ihre
+Majestät sich unter dem Vorwande der Unpäßlichkeit von mehreren
+öffentlichen Feierlichkeiten fern gehalten. Es hieß, daß ihr eine Menge
+Reliquien, denen man eine außerordentliche Wirkung zuschrieb, umgehängt
+worden seien. Die Geschichte fand bald ihren Weg aus dem Palaste in die
+Kaffeehäuser und verbreitete sich rasch durch das ganze Land. Nur sehr
+Wenige begrüßten das Gerücht mit Freuden, der bei weitem größte Theil
+der Nation vernahm es mit einem Gemisch von Zweifel und Besorgniß. Die
+Sache war jedoch keineswegs so unglaublich. Der König hatte eben erst
+sein vierundfünfzigstes Jahr vollendet und die Königin stand im Sommer
+ihres Lebens. Sie hatte vier Kinder geboren, welche jung starben, und
+lange nachher wurde sie von einem fünften entbunden, das Niemand ein
+Interesse hatte als untergeschoben zu betrachten und das daher auch nie
+für ein solches erklärt wurde. Da indessen seit dieser letzten
+Schwangerschaft fünf Jahre verstrichen waren, so hatte das Volk unter
+dem Einflusse der Täuschung, welche die Menschen so leicht verleitet,
+das zu glauben was sie wünschen, jede Besorgniß, daß sie noch einen
+Thronerben zur Welt bringen werde, aufgegeben. Auf der andren Seite
+schien nichts natürlicher und wahrscheinlicher, als daß die Jesuiten
+einen frommen Betrug ersonnen haben könnten. Es unterlag keinem Zweifel,
+daß sie die Thronbesteigung der Prinzessin von Oranien als einen der
+härtesten Schläge betrachten mußten, der ihre Kirche treffen konnte.
+Eben so gewiß war es, daß sie nicht sehr gewissenhaft in der Wahl der
+Mittel sein würden, mit deren Hülfe sie ein so großes Unglück von ihrer
+Kirche abwenden konnten. In Werken von ausgezeichneten Mitgliedern ihrer
+Gesellschaft, welche von ihren Oberen sanctionirt waren, war es deutlich
+ausgesprochen, daß selbst Mittel, welche allen Begriffen von
+Gerechtigkeit und Humanität noch viel ärger Hohn sprachen, als die
+Einschmuggelung eines unächten Erben in eine Familie, mit Fug und Recht
+zu minder wichtigen Zwecken angewendet werden dürften, als die Bekehrung
+eines ketzerischen Königreichs war. Es war ruchbar geworden, daß einige
+Räthe des Königs und sogar der König selbst Pläne geschmiedet hätten, um
+die Prinzessin Marie ganz oder theilweis um ihr rechtmäßiges Erbe zu
+betrügen. Es bemächtigte sich der öffentlichen Meinung ein Verdacht, der
+zwar nicht wohl begründet, aber keineswegs so abgeschmackt war, als man
+gewöhnlich glaubt, und die Unbesonnenheit einiger Katholiken bestärkte
+das allgemeine Vorurtheil. Sie sprachen von dem glücklichen Ereignisse
+wie von etwas Außerordentlichem und Wunderbaren, wie von einem Zeichen
+derselben göttlichen Allmacht, welche Sara durch Isaak stolz und
+glücklich machte und die Gebete Hanna’s mit Samuel belohnte. Marien’s
+Mütter, die Herzogin von Modena, war unlängst gestorben. Kurz vor ihrem
+Tode sollte sie mit inbrünstigen Gebeten und reichen Opfergaben die
+heilige Jungfrau von Loretto angefleht haben, daß sie Jakob einen Sohn
+schenken möge. Der König selbst hatte im vergangenen August auf seiner
+Reise einen Abstecher nach der sogenannten heiligen Quelle gemacht und
+dort die heilige Winifreda gebeten, daß sie ihm das Geschenk verschaffen
+möge, ohne welches seine großen Pläne zur Verbreitung des wahren
+Glaubens nur unvollkommen ausgeführt werden könnten. Die unbesonnenen
+Zeloten, die auf solche Geschichten ein großes Gewicht legten,
+prophezeiten mit Zuversicht, daß das ungeborne Kind ein Knabe sein werde
+und boten darauf eine Wette von zwanzig Guineen gegen eine an. Sie
+meinten, der Himmel werde sich nicht in’s Mittel gelegt haben, wenn er
+nicht einen großen Zweck dabei hätte. Ein Fanatiker verkündete sogar,
+die Königin werde Zwillinge gebären, von denen der ältere König von
+England, der jüngere Papst werden würde. Marie konnte das Vergnügen, mit
+dem sie diese Prophezeiungen anhörte, nicht verbergen, und ihre Hofdamen
+sahen, daß sie sich nicht besser bei ihr insinuiren könnten, als wenn
+sie davon sprachen. Die Katholiken würden klüger gethan haben, wenn sie
+von der Schwangerschaft als von einem ganz natürlichen Ereignisse
+gesprochen und ihr unverhofftes Glück mit mehr Mäßigung getragen hätten.
+Ihr übermüthiger Triumph erregte nur den Unwillen des Volks und ihre
+Prophezeiungen bestärkten es in seinem Verdacht. Von dem Prinzen und der
+Prinzessin von Dänemark herab bis zu den Lastträgern und Waschweibern
+erwähnte Niemand die verheißene Geburt ohne ein höhnisches Lächeln. Die
+londoner Spottvögel beschrieben das neue Wunder in Reimen, die, wie man
+leicht denken kann, nicht eben die zartesten waren. Die ungeschliffenen
+Landsquires brachen in ein schallendes Gelächter aus, wenn sie mit
+Jemandem zusammentrafen, der so einfältig war zu glauben, daß die
+Königin wirklich noch einmal Mutter werden würde. Es erschien eine
+königliche Verordnung, welche der Geistlichkeit befahl, ein von Crewe
+und Sprat für dieses freudige Ereigniß besonders verfaßtes Bitt- und
+Dankgebet zu verlesen. Die Geistlichen gehorchten, aber man bemerkte,
+daß die Gemeinden nicht respondirten und kein Zeichen von Ehrerbietung
+äußerten. Bald circulirte in allen Kaffeehäusern ein rohes Spottgedicht
+auf die höfischen Prälaten, deren Feder sich der König bedient hatte.
+Mutter East (Ost) war darin ebenfalls reichlich mit Schmähungen bedacht.
+Zu diesem einheimischen einsilbigen Wörtchen hatten unsere Vorfahren den
+Namen des großen Hauses Este, welches in Modena regierte,
+verstümmelt.[29]
+
+Die neue Hoffnung, welche den Muth des Königs so sehr hob, war indessen
+mit mancherlei Besorgnissen vermischt. Es bedurfte noch etwas mehr als
+die Geburt eines Prinzen von Wales zum Gelingen der von der
+Jesuitenpartei entworfenen Pläne. Es war nicht anzunehmen, daß Jakob so
+lange lebte, bis sein Sohn das zur Ausübung der königlichen Functionen
+erforderliche Alter erreicht hatte. Das Gesetz hatte den Fall eines
+minderjährigen Thronerben nicht vorgesehen, und der regierende
+Landesherr war nicht berechtigt, für diesen Fall eine testamentarische
+Verfügung zu treffen. Die gesetzgebende Versammlung allein konnte die
+Lücke ausfüllen. Starb Jakob, bevor Letzteres geschehen war, und
+hinterließ er einen Nachfolger von zarter Jugend, so mußte die höchste
+Gewalt unfehlbar protestantischen Händen zufallen. Selbst diejenigen
+Tories, welche am festesten an dem Grundsatze hingen, daß nichts sie zum
+Widerstande gegen ihren Lehnsherrn berechtigen könne, würden gewiß kein
+Bedenken getragen haben, das Schwert gegen ein papistisches Weib zu
+ziehen, die es gewagt hätte, sich die Vormundschaft über das Reich und
+über den jugendlichen Souverain anzumaßen. Der Ausgang eines Kampfes
+konnte kaum zweifelhaft sein. Der Prinz von Oranien oder seine Gemahlin
+wurde Regent und der junge König kam in die Hände ketzerischer Lehrer,
+deren Kunstgriffe die Eindrücke, welche sein Gemüth in der Kinderstube
+empfangen hatte, jedenfalls bald verwischten. Er konnte ein zweiter
+Eduard VI. werden und der durch die Fürsprache der Mutter Gottes und der
+heiligen Winifreda erlangte Segen konnte sich in Fluch verwandeln.[30]
+Gegen eine solche Gefahr konnte nur eine Parlamentsacte schützen, und
+eine solche Acte war nicht leicht zu erlangen.
+
+ [Anmerkung 29: Citters, 28. Oct. (7. Nov.), 22. Nov. (2. Dec.)
+ 1687; die Prinzessin Anna an die Prinzessin von Oranien, 14. u.
+ 20. März 1687/8; Barillon, 1.(11.) Dec. 1687; +Revolution
+ Politics+; das Gedicht: +„Two Toms and a Nat“+; Johnstone, 4.
+ April 1688; +Secret Consults of the Romish Party in Ireland,
+ 1690+.]
+
+ [Anmerkung 30: Die Besorgnisse des Königs über diesen Punkt werden
+ von Ronquillo in einer Depesche vom 12.(22.) Dec. 1688 mit starken
+ Farben geschildert: +„Un Principe de Vales y un Dogue de York y
+ otro di Lochaosterna+ (vermuthlich Lancaster), +no bastan, a
+ reducir la gente; porque el Rey tiene 54 años, y vendrá á morir,
+ dejando los hijos pequeños, y que entonces el reyno se apoderará
+ dellos, y los nombrará tutor, y los educará en la religion
+ protestante, contra la disposicion que dejare el Rey, y la
+ autoridad de la Reyna.“+]
+
+
+[_Stimmung der Wahlkörper und der Peers._] Es schien Alles anzudeuten,
+daß, wenn die Häuser einberufen werden sollten, sie von dem Geiste von
+1640 beseelt nach Westminster kommen würden. Das Resultat der
+Grafschaftswahlen konnte kaum zweifelhaft sein. Die ganze Masse der
+Grundeigenthümer, hohe und niedere, geistlichen und weltlichen Standes,
+waren gegen die Regierung heftig aufgebracht. In der großen Mehrzahl
+derjenigen Städte, wo das Stimmrecht von der Entrichtung örtlicher
+Steuern oder von dem Besitze eines Grundstücks abhängig war, hätte sich
+kein höfisch gesinnter Kandidat blicken lassen dürfen. Ein sehr großer
+Theil des Unterhauses wurde von Mitgliedern von Municipalcorporationen
+gewählt. Diese Corporationen waren unlängst reorganisirt worden, um den
+Einfluß der Whigs und der Dissenters zu zerstören, mehr als hundert
+Wahlkörper waren durch der Krone ergebene Gerichtshöfe ihrer Freibriefe
+beraubt oder doch veranlaßt worden, einer gewaltsamen Entziehung ihrer
+Privilegien durch freiwilliges Aufgeben derselben zuvorzukommen. Jeder
+Mayor, jeder Alderman, jeder Stadtschreiber von Berwick bis Helstone war
+Tory und Anglikaner; aber Tories und Anglikaner waren jetzt dem
+Souverain nicht mehr ergeben. Die neuen Municipalbehörden waren noch
+unlenksamer als die früheren je gewesen waren, und sie wählten ohne
+allen Zweifel solche Abgeordnete, deren erster parlamentarischer Act
+eine Anklage gegen alle papistischen Geheimräthe und gegen alle
+Mitglieder der Hohen Commission war.
+
+Bei den Lords waren die Aussichten fast eben so trübe als bei den
+Gemeinen. Es unterlag keinem Zweifel, daß die große Mehrzahl der
+weltlichen Peers gegen die Maßregeln des Königs sein würden, und auf der
+Bischofsbank, welche ihn vor sieben Jahren einstimmig gegen Diejenigen
+unterstützt hatte, die ihn seines Geburtsrechtes berauben wollten,
+konnte er nur auf den Beistand von vier oder fünf servilen Schmeichlern
+rechnen, die von ihren Berufsgenossen wie von der ganzen Nation
+verachtet wurden.[31]
+
+Jedem, den die Leidenschaft nicht gänzlich verblendete, mußten diese
+Hindernisse unübersteiglich erscheinen. Die gewissenlosesten Sklaven der
+Gewalt ließen Zeichen von Besorgniß laut werden. Dryden äußerte, der
+König werde durch seinen Versuch, die Sache besser zu machen, sie nur
+verschlimmern, und er sehnte sich zurück nach den goldenen Tagen des
+sorglosen und gutmüthigen Karl.[32] Selbst Jeffreys wurde schwankend. So
+lange er arm war, war er stets bereit gewesen, um des Gewinns willen dem
+bösen Leumunde und dem öffentlichen Hasse zu trotzen; aber er hatte sich
+jetzt durch Bestechlichkeit und Erpressungen große Reichthümer erworben,
+und es lag ihm mehr daran, sich den Besitz derselben zu sichern, als sie
+noch zu vermehren. Seine Lauheit zog ihm einen strengen Verweis aus
+königlichem Munde zu. Aus Furcht, das große Siegel zu verlieren,
+versprach er Alles was von ihm verlangt wurde; Barillon aber bemerkte in
+seinem hierauf bezüglichen Berichte an Ludwig, daß der König von England
+sich selbst auf Diejenigen, die etwas zu verlieren hätten, nicht mehr
+verlassen könne.[33]
+
+ [Anmerkung 31: Drei damals entworfene Stimmlisten sind noch
+ vorhanden; eine befindet sich in den französischen Archiven, die
+ beiden anderen in den Archiven der Familie Portland. In diese
+ Listen sind die Peers unter drei Rubriken eingetragen: Für
+ Aufhebung des Testes, gegen die Aufhebung, und zweifelhaft. Nach
+ der einen Liste waren 31 für, 86 gegen und 20 zweifelhaft; nach
+ der zweiten 33 für, 87 gegen und 19 zweifelhaft; nach der dritten
+ 35 für, 92 gegen und 10 zweifelhaft. Abschriften der drei Listen
+ befinden sich unter den Mackintosh-Manuscripten.]
+
+ [Anmerkung 32: Im Britischen Museum befindet sich ein Brief von
+ Dryden an Etherege vom Februar 1688. Ich entsinne mich nicht, ihn
+ gedruckt gesehen zu haben. „Ach,“ sagt Dryden, „möchte doch unser
+ König durch sein eignes Beispiel zu edler Muße aufmuntern, wie
+ sein Vorgänger hochseligen Andenkens es that. Mich dünkt er wird
+ mit all’ seinem Geschäftseifer die Angelegenheiten nicht
+ fördern.“]
+
+ [Anmerkung 33: Barillon, 29. Aug. (8. Sept.) 1687.]
+
+
+[_Jakob beschließt, ein bestochenes Parlament zusammenzusetzen._] Trotz
+alledem beschloß Jakob, seinen Weg beharrlich zu verfolgen. Die
+Zustimmung eines freien und gesetzlichen Parlaments zu erlangen, war
+offenbar unmöglich; aber nicht ganz unmöglich war es, durch Bestechung,
+Einschüchterung, gewaltthätige Anwendung der Prärogative und
+betrügerische Rechtsverdrehungen eine Versammlung zu Stande zu bringen,
+die sich ein Parlament nennen konnte und bereit war, jeden Befehl des
+Souverains als Gesetz zu registriren. Es mußten Wahlbeamte ernannt
+werden, die den geringsten Vorwand benutzten, um Freunde des Königs für
+rechtsgültig gewählt zu erklären. Jedem Angestellten, von den höchsten
+bis zu den niedrigsten, mußte zu verstehen gegeben werden, daß, wenn er
+sein Amt behalten wolle, er diesmal den Thron durch seine Stimme und
+seinen Einfluß unterstützen müsse. Zu gleicher Zeit mußte die Hohe
+Commission ein scharfes Auge auf die Geistlichkeit haben. Die Wahlorte,
+welche erst kürzlich reorganisirt worden waren, um dem einen Zwecke zu
+dienen, konnten noch einmal umgestaltet werden, um einem andren zu
+dienen. Auf diese Weise hoffte der König im Hause der Gemeinen eine
+Majorität zu erlangen. Das Oberhaus war dann ganz in seiner Gewalt, denn
+er hatte das unbestrittene gesetzliche Recht, Peers nach seinem
+Gutdünken zu ernennen, und er war fest entschlossen, von diesem Rechte
+Gebrauch zu machen. Er wünschte zwar nicht, was auch kein Souverain
+wünschen kann, die höchste Ehrenbezeigung, welche die Krone zu verleihen
+vermag, werthlos zu machen; aber er schmeichelte sich mit der Hoffnung,
+daß es ihm durch Einberufung einiger nächster Erben in die Versammlung,
+in der sie doch früher oder später einmal ihren Sitz einnehmen mußten,
+und durch Verleihung englischer Adelstitel an schottische und irische
+Lords gelingen werde, sich eine Majorität zu sichern; ohne so viele
+Leute in den Adelsstand erheben zu müssen, daß dadurch die Adelskrone
+und der Hermelin an Ansehen verloren. Indessen hatte er sich
+vorgenommen, im Nothfall auch zu den äußersten Mitteln zu greifen. Als
+in einer zahlreichen Gesellschaft einmal die Meinung ausgesprochen
+wurde, daß sich die Peers unfügsam zeigen würden, sagte Sunderland zu
+Churchill: „Wie einfältig! Ihre Garde wird vor dem Hause der Lords
+stehen.“[34]
+
+Nachdem Jakob beschlossen hatte, ein corrumpirtes Parlament
+zusammenzubringen, ging er energisch und planmäßig an die Ausführung. Es
+erschien in der Gazette eine Proklamation, welche ankündigte, daß der
+König sich entschlossen habe, die Bestallungen der Friedensrichter und
+der Grafschaftsstatthalter einer Revision zu unterwerfen und daß nur
+diejenigen Gentlemen im Staatsdienste bleiben sollten, welche geneigt
+waren, seine Politik zu unterstützen[35]. Ein Ausschuß von sieben
+Geheimräthen saß in Whitehall, um, wie man sich ausdrückte, die
+Municipalkörperschaften zu reguliren. In diesem Ausschusse vertrat
+Jeffreys allein das protestantische, Powis das gemäßigte katholische
+Interesse. Alle anderen Mitglieder gehörten der jesuitischen Faction an.
+Unter ihnen befand sich auch Petre, der in den Geheimen Rath vereidigt
+worden war. Seine Ernennung war bis zum factischen Antritt dieser
+Function vor Jedermann, mit alleiniger Ausnahme Sunderland’s, sorgfältig
+geheim gehalten worden. Der öffentliche Unwille über diese abermalige
+Verletzung des Gesetzes äußerte sich laut, und man bemerkte, daß die
+Katholiken sie noch rücksichtsloser tadelten als die Protestanten. Der
+eitle und ehrgeizige Jesuit war jetzt beauftragt, die Hälfte der
+Wahlkörper des Reichs aufzulösen und neu zu organisiren.
+
+ [Anmerkung 34: Lord Bradford, welcher anwesend war, erzählte dies
+ Dartmouth; Note zu Burnet I. 755.]
+
+ [Anmerkung 35: +London Gazette, Dec. 12, 1687+.]
+
+
+[_Die Regulatoren._] Unter der Oberleitung des Ausschusses der
+Geheimräthe stand ein aus thätigen Agenten untergeordneten Ranges
+gebildeter Unterausschuß, der die Einzelheiten des Geschäfts zu
+besorgen hatte, und im ganzen Lande waren örtliche Ausschüsse von
+Regulatoren errichtet, welche mit dem Centralcomité in Westminster
+correspondirten.[36]
+
+Die Personen, auf deren Unterstützung Jakob bei diesem neuen
+und schwierigen Unternehmen hauptsächlich rechnete, waren die
+Lordlieutenants. Sie erhielten sämmtlich den schriftlichen Befehl, sich
+unverweilt in ihre respectiven Grafschaften zu begeben. Dort sollten sie
+alle ihre Stellvertreter und Friedensrichter vor sich laden und ihnen
+eine Reihe Fragen vorlegen, um zu erfahren, wie sie sich bei einer
+allgemeinen Wahl verhalten würden. Die Antworten sollten sie
+niederschreiben und der Regierung einsenden. Ferner sollten sie ein
+Verzeichniß derjenigen Katholiken und protestantischen Dissenters
+anfertigen, welche für die Richterbank und für die Commandos in der
+Miliz am geeignetsten erschienen. Auch sollten sie die Stimmung aller
+Wahlorte der Grafschaft untersuchen und Berichte darüber einsenden,
+welche den Regulatoren bei ihrer Arbeit als Leitfaden dienen konnten.
+Schließlich war ihnen bedeutet, daß sie alle diese Pflichten in Person
+zu vollziehen hätten und keine Stellvertreter mit der Ausführung
+beauftragen dürften.[37]
+
+ [Anmerkung 36: Bonrepaux an Seignelay, 14.(24.) Nov.; Citters,
+ 15.(25.) Nov.; +Lords’ Journals, Dec. 20. 1689+.]
+
+ [Anmerkung 37: Citters, 28. Oct. (7. Nov.) 1687.]
+
+
+[_Entlassung vieler Lordlieutenants._] Der erste Eindruck, den diese
+Befehle machten, würde einen weniger verblendeten Fürsten als Jakob
+sofort zur Besinnung gebracht haben. Die Hälfte der Lordlieutenants von
+England verweigerten auf das Bestimmteste den gehässigen Dienst, den man
+von ihnen verlangte. Sie wurden auf der Stelle entlassen. Alle, welche
+diese ihnen zum Ruhme gereichende Ungnade traf, waren hochangesehene
+Peers, welche bisher als feste Stützen der Monarchie gegolten hatten.
+Einige Namen der Liste verdienen besondere Erwähnung.
+
+
+[_Der Earl von Oxford._] Der vornehmste Unterthan von England und, wie
+die Engländer gern sagten, von ganz Europa, war Aubray de Vere, der
+zwanzigste und letzte der alten Earls von Oxford. Sein Adelstitel
+schrieb sich durch eine ununterbrochene Reihenfolge männlicher Ahnen aus
+einer Zeit her, wo die Familien Howard und Seymour noch unbekannt waren,
+wo die Nevilles und die Percy erst eine provinzielle Berühmtheit hatten
+und wo selbst der große Name Plantagenet in England noch nicht gehört
+worden war. Ein Oberhaupt des Hauses de Vere hatte bei Hastings ein
+hohes Commando bekleidet, ein Andrer war mit Gottfried und Tancred über
+Haufen erschlagener Moslems nach dem Grabe Jesu Christi gezogen. Der
+erste Earl von Oxford war Minister Heinrich Beauclerc’s gewesen; der
+dritte hatte sich unter den Lords ausgezeichnet, welche von Johann die
+Magna Charta erpreßten; der siebente hatte bei Cressy und Poitiers
+tapfer gefochten; der dreizehnte war unter vielen Glückswechseln das
+Oberhaupt der Partei der Rothen Rose gewesen und hatte in der
+entscheidenden Schlacht von Bosworth die Vorhut angeführt; der
+siebzehnte hatte am Hofe der Königin Elisabeth geglänzt und sich einen
+ehrenvollen Platz unter den älteren Meistern der englischen Dichtkunst
+erworben; der neunzehnte war im Kampfe für den protestantischen Glauben
+und für die Freiheit Europa’s unter den Mauern von Mastricht gefallen.
+Sein Sohn Aubray, mit welchem der älteste und erlauchteste Adelsstamm,
+den England je gesehen, erlosch, ein Mann von lockeren Sitten, aber von
+harmlosem Charakter und artigen Manieren, war Lordlieutenant von Essex
+und Oberst der Blauen. Er war von Natur nicht widersetzlich und es lag
+in seinem Interesse, einen Bruch mit dem Hofe zu vermeiden, denn seine
+Güter waren mit Schulden belastet und sein Commando ein sehr
+einträgliches. Er wurde in das königliche Kabinet beschieden und eine
+bündige Erklärung über seine Gesinnungen von ihm verlangt. „Sire,“
+antwortete Oxford, „ich werde bis zum letzten Blutstropfen gegen alle
+Feinde zu Eurer Majestät stehen; aber dies ist eine Gewissenssache, in
+der ich Ihnen nicht willfahren kann.“ Er wurde augenblicklich seiner
+Statthalterschaft und seines Commando’s entsetzt.[38]
+
+ [Anmerkung 38: +Halstead’s Succinct Genealogy of the Family of
+ Vere, 1685+; +Collins’s Historical Collections+. Siehe auch in den
+ +Lords’ Journals+ und in +Jones’s Reports+ den Prozeß wegen des
+ Earlthums Oxford im März und April 1625/26. Die Einleitung der
+ Rede des Lordoberrichters Crew gehört zu den glänzendsten Proben
+ der altenglischen Beredtsamkeit. Citters, 7.(17.) Febr. 1688.]
+
+
+[_Der Earl von Shrewsbury._] Dem Hause de Vere, aber auch nur diesem,
+stand an Alter und Glanz das Haus Talbot nach. Seit der Regierung
+Eduard’s III. hatten die Talbot stets unter den Peers des Reichs
+gesessen. Das Earlthum Shrewsbury war im funfzehnten Jahrhundert Johann
+Talbot, dem Gegner der Jungfrau von Orleans, verliehen worden. Seine
+Landsleute hatten seiner noch lange in Liebe und Verehrung als eines der
+berühmtesten Krieger gedacht, welche auf dem europäischen Festlande ein
+großes englisches Reich zu gründen versuchten. Der unerschütterliche
+Muth, den er im Unglück gezeigt, hatten ihn zum Gegenstande einer
+größeren Theilnahme gemacht als glücklichere Feldherren sie erweckt
+haben, und sein Tod lieferte unsrer älteren Bühne den Stoff zu einer
+ungemein ergreifenden Scene. Seine Nachkommen waren zwei Jahrhunderte
+lang ein blühendes und ehrenvolles Geschlecht. Zur Zeit der Restauration
+war Franz, der elfte Earl, ein Katholik, das Oberhaupt der Familie. Sein
+Tod war von Umständen begleitet gewesen, die selbst in jenen zügellosen
+Zeiten, welche unmittelbar auf den Sturz der puritanischen Partei
+folgten, Abscheu und Mitleid erweckt hatten. Der Herzog von Buckingham
+war im Laufe seiner leichtfertigen Liebeshändel einen Augenblick von der
+Gräfin von Shrewsbury angezogen worden. Sie wurde leicht erobert. Ihr
+Gemahl forderte den Verführer zum Zweikampfe und fiel. Einige sagten,
+das pflichtvergessene Weib habe den Zweikampf in männlicher Verkleidung
+mit angesehen. Andere wollten sogar wissen, sie habe den siegreichen
+Geliebten ans Herz gedrückt, während sein Hemd noch vom Blute ihres
+Gatten geröthet war. Die Titel des Ermordeten gingen auf seinen
+unmündigen Sohn Karl über. Als der verwaiste Jüngling zum Manne
+heranwuchs, ward es allgemein anerkannt, daß kein andrer junger Adeliger
+Englands von der Natur so reich begabt sei. Er besaß ein einnehmendes
+Äußere, einen ungemein sanften Character und einen solchen Schatz von
+Talenten, daß er, selbst wenn er in einem niederen Stande geboren
+gewesen wäre, sich ohne Zweifel zu einer hohen Stellung im Staate
+emporgeschwungen haben würde. Alle diese natürlichen Vorzüge hatte er so
+gut angewendet, daß er schon vor seiner Volljährigkeit für einen der
+feinsten und kenntnißreichsten Gentlemen seiner Zeit galt. Für seine
+Gelehrsamkeit sprechen die noch vorhandenen eigenhändigen Anmerkungen
+von ihm zu Werken aus fast allen Zweigen der Literatur. Er sprach
+Französisch wie ein Kammerherr des Königs Ludwig und Italienisch wie ein
+Florentiner. Es war wohl natürlich, daß ein Jüngling von solchen Gaben
+nach den Gründen forschte, aus denen seine Familie sich der
+Staatsreligion nicht angeschlossen hatte. Er studirte sorgfältig die
+Streitpunkte, theilte seine Zweifel Priestern seines eignen Glaubens
+mit, legte deren Antworten Tillotson vor, erwog lange und aufmerksam die
+beiderseitigen Gründe und erklärte sich nach einer zweijährigen genauen
+Untersuchung zum Protestanten. Die anglikanische Kirche nahm den
+erlauchten Convertiten freudig in ihren Schooß auf. Er genoß einer
+großen Popularität, und diese nahm zu, als man erfuhr, daß der König
+umsonst Bitten und Versprechungen an ihn verschwendet hatte, um ihn zu
+dem Irrglauben zurückzuführen, den er abgeschworen. Der Character des
+jungen Mannes entwickelte sich jedoch nicht in einer Weise, welche
+Diejenigen, die an seiner Bekehrung den hauptsächlichsten Antheil
+hatten, vollkommen befriedigte. Seine Sittlichkeit entging der
+allgemeinen Ansteckung der modischen Ausschweifungen nicht. Der Stoß,
+der seine Jugendvorurtheile zerstört, hatte zu gleicher Zeit alle seine
+Überzeugungen erschüttert und ihn der schwankenden Leitung seiner
+Gefühle preisgegeben. Aber wenn auch seine Grundsätze ihren Halt
+verloren hatten, so waren doch die Triebfedern seines Handelns so edel,
+sein Gemüth so sanft, sein Benehmen so freundlich und gewinnend, daß es
+unmöglich war, ihn nicht zu lieben. Er wurde schon frühzeitig der König
+der Herzen genannt und verlor in seinem langen, ereignißvollen und
+bewegten Leben nie das Recht auf diese Bezeichnung.[39]
+
+Shrewsbury war Lordlieutenant von Staffordshire und Oberst eines der
+Kavallerieregimenter, die in Folge des Aufstandes im Westen errichtet
+worden waren. Er weigerte sich jetzt, seine Thätigkeit durch die
+Regulatoren bestimmen zu lassen und wurde deshalb seiner beiden Stellen
+entsetzt.
+
+ [Anmerkung 39: +Coxe’s Shrewsbury Correspondence+; +Mackay’s
+ Memoirs+; +Life of Charles Duke of Shrewsbury, 1718+; +Burnet, I.
+ 762+; +Birch’s Life of Tillotson.+ In letzterem Werke findet der
+ Leser einen Brief von Tillotson an Shrewsbury, der meiner Ansicht
+ nach ein Muster von ernstem, freundschaftlichem und
+ rücksichtvollem Tadel ist.]
+
+
+[_Der Earl von Dorset._] Kein englischer Adeliger erfreute sich der
+Volksgunst in einem reicheren Maße als Karl Sackville, Earl von Dorset.
+Er war in der That ein merkwürdiger Mann. In seiner Jugend war er einer
+der bekanntesten Wüstlinge der zügellosen Zeit gewesen, welche auf die
+Restauration folgte. Er war der Schrecken der londoner Nachtwächter,
+hatte manche Nacht auf der Wache zubringen müssen und zum mindesten
+einmal eine Zelle in Newgate bewohnt. Seine Liebe zu Betty Morrice und
+zu Lorchen Gwynn, die ihn ihren Karl I. zu nennen pflegte, hatte der
+Stadt nicht wenig Stoff zur Unterhaltung und zum Ärgerniß gegeben.[40]
+Doch bei all’ seinen Thorheiten und Lastern hatte er sich durch
+hochherzigen Muth, durch scharfen Verstand und durch natürliche
+Herzensgüte ausgezeichnet. Die Leute meinten, die Ausschweifungen, denen
+er sich hingäbe, theile er mit dem ganzen Geschlechte der lebenslustigen
+jungen Kavaliere, aber sein Mitgefühl für die Leiden der Menschheit und
+die Großmuth, mit der er diejenigen, welche durch seine muthwilligen
+Streiche verletzt wurden, zu entschädigen suchte, sei nur ihm allein
+eigen. Seine Freunde wunderten sich darüber, daß das Publikum zwischen
+ihm und ihnen einen Unterschied machte. „Der kann thun was er will,“
+sagte Wilmot; „ihm geschieht nie etwas.“ Das Urtheil der Welt über
+Dorset gestaltete sich noch günstiger, als er mit den Jahren und in der
+Ehe gesetzter wurde. Jedermann pries seine herablassenden Manieren,
+seine geistreiche Unterhaltung, sein weiches Gemüth und seine
+Freigebigkeit. Man sagte es vergehe kein Tag, ohne daß eine bedrängte
+Familie Ursache habe, seinen Namen zu segnen. Und doch war bei aller
+seiner Herzensgüte sein Witz so beißend, daß Spötter, deren Sarkasmus
+die ganze Stadt fürchtete, vor dem Sarkasmus Dorset’s zitterten. Alle
+politischen Parteien achteten und liebten ihn; ihm selbst aber behagte
+die Politik überhaupt nicht sonderlich. Hätte ihn die Nothwendigkeit zu
+Anstrengungen gespornt, so würde er wahrscheinlich zu den höchsten
+Posten im Staate gestiegen sein; aber er nahm schon durch seine Geburt
+einen so hohen Rang ein und war dabei so reich, daß ihm viele
+Beweggründe fehlten, welche die Menschen antreiben, sich mit den
+öffentlichen Angelegenheiten zu befassen. Er nahm gerade nur so viel
+Theil an parlamentarischen und diplomatischen Geschäften, als
+hinreichte, um zu beweisen, daß ihm nichts weiter fehlte als die Lust
+dazu, um mit Danby und Sunderland zu rivalisiren, und richtete seine
+Thätigkeit auf Bestrebungen, die ihm besser zusagten. Gleich vielen
+anderen Männern, welche mit großen natürlichen Fähigkeiten eine
+angeborne und gewohnheitsmäßige Indolenz verbinden, wurde er ein
+geistiger Genußmensch und ein Meister in allen unterhaltenden Zweigen
+des Wissens, die man sich ohne ernstes Studium aneignen kann. Er war
+anerkanntermaßen der beste Richter in der Malerei, der Sculptur, der
+Baukunst und der Schauspielerkunst, den der Hof aufzuweisen hatte. In
+Angelegenheiten der schönen Künste und Wissenschaften galt sein Urtheil
+in allen Kaffeehäusern für unwiderruflich maßgebend. Mehr als ein
+hübsches Theaterstück, das bei der ersten Aufführung durchfiel, wurde
+lediglich durch seine Autorität gegen das Geschrei des ganzen Parterres
+siegreich vertheidigt und bestand mit glücklichem Erfolge die zweite
+Probe. St. Evremond und Lafontaine rühmten die feine Eleganz seines
+französischen Styls. Noch nie hatte England einen solchen Gönner der
+Literatur gehabt. Er übte seine Freigebigkeit mit eben so richtiger
+Einsicht als liberaler Unparteilichkeit, keine Secte oder Faction wurde
+dabei von ihm bevorzugt. Geniale Männer, welche durch literarische
+Eifersucht oder durch Verschiedenheit ihrer politischen Meinung einander
+entfremdet waren, stimmten in der Anerkennung seiner unparteiischen Güte
+überein. Dryden gestand, daß Dorset’s fürstliche Freigebigkeit ihn vom
+Untergange gerettet habe. Und dennoch wurden Montague und Prior, welche
+Dryden durch beißende Satiren getadelt hatten, von Dorset ins
+öffentliche Leben eingeführt, und das beste Lustspiel von Dryden’s
+Todfeind, Shadwell, war auf Dorset’s Landsitze geschrieben. Hätte der
+freigebige Earl sonst gewollt, so hätte er sehr gut mit Denen
+rivalisiren können, deren Wohlthäter er zu sein sich begnügte, denn die
+Verse, die er gelegentlich dichtete, zeigen bei aller unkünstlerischen
+Form Spuren eines angebornen Genies, das bei sorgfältiger Pflege Großes
+hätte schaffen können. In dem kleinen Bande seiner Werke finden sich
+Lieder, welche die ungezwungene Lebendigkeit Suckling’s besitzen, und
+kleine Satiren, deren glänzender Humor dem eines Butler nicht
+nachsteht.[41]
+
+Dorset war Lordlieutenant von Sussex und auf Sussex blickten die
+Regulatoren mit besonders ängstlicher Spannung, denn in keiner andren
+Grafschaft, Cornwall und Wiltshire ausgenommen, befanden sich so viele
+kleine Wahlorte. Er erhielt Befehl, sich auf seinen Posten zu begeben.
+Keiner von Denen, die ihn kannten, erwartete, daß er gehorchen werde. Er
+gab eine Antwort, wie sie sich für ihn ziemte, und wurde bedeutet, daß
+man seiner Dienste nicht mehr bedürfe. Das allgemeine Interesse, das er
+seinen vielen edlen und liebenswürdigen Eigenschaften verdankte, wurde
+nicht wenig erhöht, als man erfuhr, daß er durch die Post einen anonymen
+Brief erhalten hatte, worin ihm angekündigt wurde, daß, wenn er sich
+nicht sofort den Wünschen des Königs füge, ihn all’ sein Geist und seine
+Popularität nicht vor der Ermordung schützen werde. Eine ähnliche
+Warnung erhielt auch Shrewsbury. Drohbriefe waren damals viel seltener
+als sie es späterhin geworden sind, und man kann sich daher nicht
+darüber wundern, daß das ohnehin schon aufgeregte Volk zu dem Glauben
+geneigt war, die besten und edelsten Engländer seien wirklich für
+papistische Dolche ausersehen.[42] Gerade zu der Zeit, als diese Briefe
+in ganz London das Tagesgespräch bildeten, wurde der verstümmelte
+Leichnam eines angesehenen Puritaners auf der Straße gefunden. Es zeigte
+sich indessen bald, daß der Mörder die That nicht aus religiösen oder
+politischen Beweggründen verübt hatte. Aber der erste Verdacht des
+gemeinen Volkes fiel auf die Papisten. Die verstümmelten Überreste des
+Ermordeten wurden in feierlicher Prozession nach dem Jesuitencollegium
+im Savoy getragen und einige Stunden lang war die Furcht und Wuth der
+Menge kaum weniger heftig als an dem Tage, wo Godfrey zu Grabe getragen
+ward.[43]
+
+Mit den übrigen Entlassungen muß ich mich kürzer fassen. Der Herzog von
+Somerset, dem vor einigen Monaten schon sein Regiment wieder abgenommen
+worden war, wurde nun auch seiner Stelle als Lordlieutenant des
+Ostbezirks[44] von Yorkshire enthoben. Die Statthalterschaft des
+Nordbezirks verlor der Viscount Fauconberg, die von Shropshire der
+Viscount Newark und die von Lancashire der Earl von Derby, der Enkel des
+tapferen Kavaliers, der auf dem Schlachtfelde sowohl als auf dem
+Schaffot für das Haus Stuart dem Tode so muthig ins Auge geblickt hatte.
+Der Earl von Pembroke, der unlängst der Krone gegen Monmouth treu und
+tapfer gedient hatte, wurde in Wiltshire, der Earl von Rutland in
+Leicestershire, der Earl von Bridgewater in Buckinghamshire, der Earl
+von Thanet in Cumberland, der Earl von Northampton in Warwickshire, der
+Earl von Abingdon in Oxfordshire, der Earl von Scarsdale in Derbyshire
+abgesetzt. Scarsdale verlor außerdem auch sein Reiterregiment und seine
+Stelle im Hofstaate der Prinzessin von Dänemark. Diese weigerte sich,
+ihn aus ihren Diensten zu entlassen und gab nur einem peremptorischen
+Befehle ihres Vaters nach. Der Earl von Gainsborough wurde nicht nur der
+Statthalterschaft von Hampshire, sondern auch des Gouverneurpostens von
+Portsmouth und des Wildmeisteramts im Neuen Forste entsetzt, zwei
+Stellen, die er erst vor wenigen Monaten für fünftausend Pfund gekauft
+hatte.[45]
+
+Der König konnte keine angesehenen Lords und namentlich gar keine
+protestantischen auftreiben, welche die erledigten Stellen anzunehmen
+bereit waren. Man mußte zwei Grafschaften Jeffreys, einem Manne von sehr
+jungem Adel und von geringem Grundbesitz, und zwei andere Preston, der
+nicht einmal Peer von England war, zuertheilen. Die übrigen ihrer
+Statthalter beraubten Grafschaften wurden fast ohne Ausnahme bekannten
+Katholiken oder solchen Höflingen überwiesen, welche dem Könige im
+Geheimen versprochen hatten, zur römisch-katholischen Kirche
+überzutreten, sobald die Klugheit es ihnen gestatten würde.
+
+ [Anmerkung 40: Der König war nur Lorchen’s Karl III. Ob Dorset
+ oder Major Hart die Ehre hatte ihr Karl I. zu sein, ist eine
+ streitige Frage. Meines Bedünkens scheint Dorset gegründeteren
+ Anspruch auf diesen Vorzug zu haben. Siehe die gestrichene Stelle
+ in Burnet I. 263, und Pepys’ Tagebuch vom 26. Oct. 1667.]
+
+ [Anmerkung 41: +Pepys’s Diary+; Prior’s Widmung seiner Gedichte an
+ den Herzog von Dorset; +Johnson’s Life of Dorset+; +Dryden’s Essay
+ on Satire+ und seine Widmung des +Essay on Dramatic Poesy+.
+ Dorset’s Liebe zu seiner Gattin und seine strenge eheliche Treue
+ wird von dem ausschweifenden Narren Sir Georg Etherege in seinen
+ Briefen aus Regensburg vom 9.(19.) Dec. 1687 und 16.(26.) Jan.
+ 1688 mit höhnender Geringschätzung erwähnt; Shadwell’s Widmung
+ zu seinem +Squire of Alsatia+; +Burnet I. 264+; +Mackay’s
+ Characters.+ Einige Seiten von Dorset’s Character werden in
+ seiner von Pope verfassten Grabschrift treffend angedeutet:
+
+ Doch sanft war sein Herz, wenn auch streng sein Lied;
+
+ und weiterhin:
+
+ Ein glücklicher Hofmann, von Fürst und Land geliebt,
+ Und dennoch treu der Freundschaft und der Muße.]
+
+ [Anmerkung 42: Barillon, 9.(19.) Jan. 1688; Citters, Jan. 31.
+ (Febr. 10.)]
+
+ [Anmerkung 43: Adda, 3.(13.) u. 10.(20.) Febr. 1688.]
+
+ [Anmerkung 44: Die Grafschaft York, die größte von England, wird
+ in drei Bezirke (+Ridings+) eingetheilt. D. Übers.]
+
+ [Anmerkung 45: Barillon, 5.(15.), 8.(18.) u. 12.(22.) Dec. 1687;
+ Citters, 29. Nov. (9. Dec.) u. 2.(12.) Dec.]
+
+
+[_An die Obrigkeiten gerichtete Fragen, und Antworten darauf._] Endlich
+wurde die neue Maschinerie in Bewegung gesetzt und bald kam aus allen
+Gegenden des Landes die Nachricht von der vollständigen und
+hoffnungslosen Niederlage. Der Katechismus, nach welchem die
+Lordlieutenants die Gesinnungen der Landgentry erforschen sollten,
+bestand aus drei Fragen. Jeder Magistratsbeamte und jeder Stellvertreter
+des Lordlieutenants mußte gefragt werden, erstens ob er, im Fall er
+gewählt würde, um im Parlamente zu dienen, für eine im Sinne der
+Indulgenzerklärung gefaßte Bill stimmen wolle; zweitens ob er als Wähler
+seine Stimme solchen Candidaten geben wolle, die sich verpflichteten,
+für eine derartige Bill zu stimmen; und drittens ob er als Privatmann
+die wohlwollenden Zwecke des Königs fördern wolle, indem er mit Leuten
+jeder religiösen Überzeugung in Frieden lebte.[46]
+
+Sobald diese Fragen bekannt geworden waren, wurde ein mit seltener
+Geschicklichkeit entworfenes Antwortformular im ganzen Lande verbreitet
+und allgemein angenommen. Es lautete folgendermaßen: „Im Fall mir die
+Ehre zu Theil werden sollte, einen Sitz im Hause der Gemeinen
+einzunehmen, werde ich als Mitglied dieses Hauses es für meine Pflicht
+halten, die Gründe, welche für und gegen eine Indulgenzbill im Laufe der
+Debatte geltend gemacht werden, sorgfältig zu erwägen, und dann nach
+meiner gewissenhaften Überzeugung zu stimmen. Als Wähler werde ich meine
+Stimme solchen Candidaten geben, deren Begriffe von den Pflichten eines
+Volksvertreters mit meinen eigenen übereinstimmen. Als Privatmann hege
+ich den Wunsch, mit Jedermann in Frieden und Eintracht zu leben.“
+
+ [Anmerkung 46: Citters, 28. Oct. (7. Nov.) 1687; +Lonsdale’s
+ Memoirs.+]
+
+
+[_Scheitern der Pläne des Königs._] Diese Antwort, die noch viel
+trotziger war als eine förmliche Weigerung, weil sie einen leichten
+Anflug von milder und anständiger Ironie hatte, über die man sich nicht
+wohl gereizt zeigen konnte, war Alles was die Emissäre des Hofes von den
+meisten Landgentlemen erlangen konnten. Gegenvorstellungen,
+Versprechungen und Drohungen wurden vergebens angewendet. Der Herzog von
+Norfolk, obgleich Protestant und mit dem Verfahren der Regierung
+unzufrieden, hatte sich zu ihrem Werkzeuge in zwei Grafschaften
+hergegeben. Er begab sich zuerst nach Surrey, wo er aber bald sah, daß
+er nichts ausrichten konnte.[47] Dann ging er nach Norfolk, von wo er
+ebenfalls bald zurückkehrte, um dem Könige zu melden, daß ihm von
+siebzig Gentlemen, welche in dieser großen Provinz öffentliche Ämter
+bekleideten, nur sechs Hoffnung gemacht hätten, die Politik des Hofes zu
+unterstützen.[48] Der Herzog von Beaufort, dessen Autorität sich über
+vier englische Grafschaften und über das ganze Fürstenthum Wales
+erstreckte, kam mit einem nicht minder niederschlagenden Berichte nach
+Whitehall.[49] Rochester war Lordlieutenant von Hertfordshire. Sein
+ganzer kleiner Schatz von Tugend war in dem Kampfe gegen die starke
+Versuchung, seine Religion für Geld zu verkaufen, aufgezehrt worden; er
+war noch durch einen Jahrgehalt von viertausend Pfund an den Hof
+gebunden, und zum Dank dafür war er zu jedem wenn auch noch so
+ungesetzlichen und erniedrigenden Dienste bereit, vorausgesetzt, daß man
+nicht die Formalität einer Aussöhnung mit Rom von ihm verlangte. Er
+hatte sich bereitwilligst der Aufgabe unterzogen, seine Grafschaft zu
+bearbeiten, und er ging dabei, wie immer, mit übereilter Heftigkeit und
+Gewaltthätigkeit zu Werke. Aber er verschwendete seinen Eifer vergebens
+an die starrsinnigen Squires, mit denen er es zu thun hatte. Sie
+erklärten ihm einstimmig, daß sie keinen Mann ins Parlament schicken
+wollten, der für die Beseitigung der Schutzwehren des protestantischen
+Glaubens stimmen würde.[50] Dieselbe Antwort erhielt der Kanzler auch in
+Buckinghamshire.[51] Die Gentry von Shropshire weigerte sich in einer zu
+Ludlow veranstalteten Zusammenkunft einhellig, sich durch das von dem
+Könige verlangte Versprechen zu binden.[52] Der Earl von Yarmouth
+berichtete aus Wiltshire, daß von sechzig Magistratsbeamten und
+Statthaltersubstituten, mit denen er gesprochen, nur sieben eine
+günstige Antwort gegeben hätten und daß man selbst diesen nicht trauen
+könne.[53] Der Renegat Peterborough richtete eben so wenig in
+Northamptonshire aus.[54] Nicht glücklicher war sein Genosse Dover in
+Cambridgeshire.[55] Auch Preston brachte schlechte Nachrichten aus
+Cumberland und Westmoreland; Dorsetshire und Huntingdonshire waren von
+dem nämlichen Geiste beseelt. Der Earl von Bath kehrte nach langem
+Stimmenwerben mit trostlosen Nachrichten aus dem Westen zurück. Er war
+ermächtigt worden, den Bewohnern dieser Gegenden die verführerischesten
+Anerbietungen zu machen. Insbesondere hatte er versprochen, daß, wenn
+die Wünsche des Königs gebührend berücksichtigt würden, der Zinnhandel
+von den auf ihm lastenden drückenden Beschränkungen befreit werden
+solle. Aber dieser Köder, dem man zu einer andren Zeit nicht
+widerstanden haben würde, wurde jetzt mit Verachtung zurückgewiesen.
+Alle Friedensrichter und Statthaltersubstituten von Devonshire und
+Cornwall erklärten ohne eine einzige Ausnahme, daß sie Gut und Blut für
+den König opfern würden, daß aber die protestantische Religion ihnen
+noch theurer sei als Gut und Blut. „Und,“ setzte Bath hinzu, „wenn Eure
+Majestät alle diese Gentlemen absetzte, so würden ihre Nachfolger ganz
+die nämliche Antwort geben“.[56] Wenn es irgend einen Bezirk gab, in
+welchem die Regierung auf einen günstigen Erfolg hoffen durfte, so war
+es Lancashire. Man hatte starke Zweifel gehegt, ob das Resultat in
+dieser Provinz mit dem der meisten anderen Grafschaften übereinstimmen
+werde. In keinem Theile des Landes gab es so viele reiche und angesehene
+Familien, welche dem alten Glauben anhingen, und die Oberhäupter vieler
+dieser Familien waren kraft der Dispensationsgewalt zu Friedensrichtern
+und Commandanten der Miliz ernannt worden. Doch auch von dort meldete
+der neue Lordstatthalter, selbst ein Katholik, daß zwei Drittel seiner
+Substituten und der Magistratsbeamten dem Hofe feindlich gesinnt
+seien.[57] Noch viel schmerzlicher verletzte das Ergebniß in Hampshire
+den Stolz des Königs. Arabella Churchill hatte ihm vor mehr als zwanzig
+Jahren einen Sohn geboren, der späterhin als einer der geschicktesten
+Generäle Europa’s weit und breit berühmt wurde. Der junge Mann hieß
+Jakob Fitzjames und bis dahin hatte noch nichts in ihm vermuthen lassen,
+daß er sich einst zu hoher Auszeichnung emporschwingen würde; aber sein
+Character und sein Benehmen waren so sanft und herzgewinnend, daß er
+keinen Feind hatte, außer Marien von Modena, welche den Sohn der
+Concubine schon seit langer Zeit mit dem bitteren Ingrimm einer
+kinderlosen Gattin haßte. Ein kleiner Theil der jesuitischen Faction
+hatte, bevor die Schwangerschaft der Königin angekündigt wurde, ganz
+ernstlich daran gedacht, ihn als Kronprätendenten neben der Prinzessin
+von Oranien aufzustellen.[58] Wenn man bedenkt, wie vollständig dem
+Herzoge von Monmouth, obgleich das niedere Volk ihn für legitim hielt
+und obgleich er der Vorkämpfer des nationalen Glaubens war, ein
+ähnlicher Versuch mißlang, so muß es unbegreiflich erscheinen, wie ein
+Mann durch den Fanatismus so ganz verblendet sein konnte, daß er nur auf
+die Idee kam, einen jungen Menschen, der allgemein als ein papistischer
+Bastard bekannt war, auf den Thron erheben zu wollen. Es läßt sich nicht
+mit Gewißheit sagen, ob der König diesem albernen Plane seinen Beifall
+zollte. Der junge Mann war übrigens als Prinz anerkannt und wurde mit
+allen Auszeichnungen überschüttet, welche ein nicht aus königlichem
+Blute entsprossener Unterthan nur irgend zu erlangen hoffen konnte. Er
+war zum Herzog von Berwick erhoben worden und bekleidete jetzt mehrere
+ehrenvolle und einträgliche Stellen, welche Edelleuten, die sich den
+königlichen Befehlen nicht hatten fügen wollen, abgenommen worden waren.
+Er war der Nachfolger des Earls von Oxford als Oberst der Blauen und des
+Earls von Gainsborough als Lordlieutenant von Hampshire, Wildmeister des
+Neuen Forstes und Gouverneur von Portsmouth. Berwick erwartete, daß ihn
+an der Grenze von Hampshire, der Sitte gemäß, ein langer Zug von
+Baronets, Rittern und Squires empfangen werde; aber nicht eine einzige
+angesehene Person hatte sich zu seiner Begrüßung eingefunden. Er sendete
+Schreiben aus, durch welche er die Gentry zu sich entbot, aber nur fünf
+oder sechs beachteten diese Einladung. Die Übrigen warteten ihre
+Entlassung gar nicht ab; sie erklärten im voraus, daß sie keinen Theil
+an der Civil- oder Militairverwaltung ihrer Grafschaft haben möchten, so
+lange der König daselbst durch einen Papisten vertreten sei, und legten
+ihre Stellen freiwillig nieder.[59]
+
+Sunderland, der an die Stelle des Earls von Northampton zum
+Lordlieutenant von Warwickshire ernannt worden war, fand eine Ausflucht,
+um nicht in diese Grafschaft zu gehen und die Entrüstung und Verachtung
+der dortigen Gentry auf sich zu laden, und seine Entschuldigung wurde um
+so bereitwilliger angenommen, da der König endlich einzusehen begann,
+daß sich der Sinn der Landgentry nicht beugen ließ.[60]
+
+Es muß bemerkt werden, daß Diejenigen, welche diesen trotzigen Sinn an
+den Tag legten, nicht die alten Feinde des Hauses Stuart waren. Die
+Listen der Friedensrichter und Statthaltersubstituten waren schon längst
+von allen republikanischen Namen sorgfältig gesäubert. Die Männer, denen
+die Regierung vergebens das Versprechen der Unterstützung abzuzwingen
+versucht hatte, waren fast ohne Ausnahme Tories. Die älteren von ihnen
+konnten noch Narben, welche von den Schwertern der Rundköpfe herrührten,
+und Empfangsbescheinigungen über Silbergeschirr aufweisen, das sie
+Karl I. in seiner Noth geschickt hatten. Die Jüngeren hatten gegen
+Shaftesbury und Monmouth fest zu Jakob gehalten. Dies waren die Männer,
+welche jetzt von dem nämlichen Fürsten, dem sie so glänzende Beweise von
+treuer Anhänglichkeit gegeben hatten, in Masse ihrer Ämter entsetzt
+wurden. Die Entlassung machte sie aber nur noch entschlossener; es war
+bei ihnen zu einer heiligen Ehrensache geworden, in dieser Krisis fest
+zusammenzuhalten. Es konnte keinem Zweifel unterliegen, daß, wenn bei
+der Stimmenzählung ehrlich zu Werke gegangen wurde, nicht ein einziger
+der Regierungspolitik günstiger Grafschaftsabgeordneter gewählt werden
+würde. Die Leute fragten einander daher mit nicht geringer Besorgniß, ob
+man wohl erwarten könne, daß bei der Stimmenzählung ehrlich zu Werke
+gegangen werden würde.
+
+ [Anmerkung 47: Citters, 22. Nov. (2. Dec.) 1687.]
+
+ [Anmerkung 48: Citters, 27. Dez. (6. Jan.) 1687/88.]
+
+ [Anmerkung 49: +Ibid.+]
+
+ [Anmerkung 50: Johnstone erwähnt zweimal, unterm 25. Nov. und
+ unterm 8. Dec. 1687, den beleidigenden Eifer, den Rochester bei
+ dieser Gelegenheit zeigte. Das Mißlingen seiner Bemühungen erwähnt
+ Citters unterm 6.(16.) Dec.]
+
+ [Anmerkung 51: Citters, 6.(16.) Dec. 1687.]
+
+ [Anmerkung 52: +Ibid.+ 20.(30.) Dec. 1687.]
+
+ [Anmerkung 53: Citters, 30. März (9. April) 1687.]
+
+ [Anmerkung 54: +Ibid.+ 22. Nov. (2. Dec.) 1687.]
+
+ [Anmerkung 55: +Ibid.+ 15.(25.) Nov. 1687.]
+
+ [Anmerkung 56: +Ibid.+ 10.(20.) April 1688.]
+
+ [Anmerkung 57: Die ängstliche Spannung wegen Lancashire erwähnt
+ Citters in einer Depesche vom 18.(28.) Nov. 1687, das Resultat in
+ einer vier Tage später datirten.]
+
+ [Anmerkung 58: Bonrepaux, 11.(21.) Juli 1687.]
+
+ [Anmerkung 59: Citters, 3.(13.) Febr. 1688.]
+
+ [Anmerkung 60: Citters, 5.(15.) April 1688.]
+
+
+[_Liste der Sheriffs._] Mit Ungeduld sah man der Liste der Sheriffs für
+das neue Jahr entgegen. Sie erschien, während die Lordlieutenants noch
+auf ihrer Werbungsreise begriffen waren, und wurde mit einem allgemeinen
+Schrei des Zornes und Unwillens aufgenommen. Die Mehrzahl dieser
+Beamten, welche bei den Grafschaftswahlen die Oberleitung hatten, waren
+entweder Katholiken oder protestantische Dissenters, die ihre Zustimmung
+zur Indulgenzerklärung ausgesprochen hatten.[61] Eine Zeit lang hegte
+man die schlimmsten Befürchtungen, die aber bald wieder schwanden. Man
+hatte guten Grund, anzunehmen, daß über einen gewissen Punkt hinaus der
+König auch nicht auf die Unterstützung der seiner eigenen Kirche
+angehörenden Sheriffs rechnen könne.
+
+ [Anmerkung 61: +London Gazette, Dec. 5. 1687+; Citters, 6.(16.)
+ Dec.]
+
+
+[_Character der katholischen Landgentlemen._] Zwischen dem katholischen
+Höflinge und dem katholischen Landgentleman herrschte nur sehr geringe
+Sympathie. Die in Whitehall dominirende Cabale bestand theils aus
+Fanatikern, welche zum Zwecke der Verbreitung ihres Glaubens bereit
+waren, alle Gesetze der Moral über den Haufen zu werfen und die ganze
+Welt in eine heillose Verwirrung zu stürzen, theils aus Heuchlern,
+welche um des Gewinnes willen von dem Glauben, in dem sie erzogen
+worden, abgefallen waren und die jetzt den allen Neubekehrten eigenen
+Eifer auf die Spitze trieben. Sowohl die Fanatiker als auch die Heuchler
+am Hofe hatten zum größten Theil keine Spur von englischer
+Anschauungsweise. In einigen von ihnen hatte die unbedingte Hingebung
+für ihre Kirche alles Nationalgefühl erstickt; andere waren Irländer,
+deren Patriotismus in einem tödtlichen Hasse gegen die sächsischen
+Eroberer Irlands bestand; noch andere waren Verräther, die von einer
+auswärtigen Macht einen regelmäßigen Sold bezogen, und wieder andere
+hatten einen großen Theil ihres Lebens im Auslande zugebracht, und waren
+entweder bloße Kosmopoliten oder hegten einen positiven Widerwillen
+gegen die Sitten und Staatseinrichtungen des Landes, das sie jetzt zu
+regieren hatten. Diese Leute hatten mit einem noch der alten Kirche
+anhängenden Gutsbesitzer von Cheshire oder Staffordshire kaum irgend
+etwas gemein. Er war weder Fanatiker noch Heuchler, er war Katholik,
+weil sein Vater und Großvater Katholiken gewesen waren, und er hing an
+seinem ererbten Glauben, wie die Menschen in der Regel an demselben
+hängen, aufrichtig aber ohne sonderliche Begeisterung. In jeder andren
+Beziehung war er nichts weiter als eben ein englischer Squire, der sich
+von den benachbarten Squires höchstens dadurch unterschied, daß er noch
+etwas ungebildeter und bäuerischer war als sie. Die auf ihm lastenden
+Ausschließungen hatten ihn verhindert, sich bis zu der allerdings selbst
+nur mäßig hohen Bildungsstufe zu erheben, auf der die meisten
+protestantischen Landgentlemen standen. Als Knabe von Eton und
+Westminster, als Jüngling von Oxford und Cambridge, als Mann vom
+Parlament und von der Richterbank ausgeschlossen, vegetirte er still und
+ruhig hin, wie die Ulmen der Allee, die zu dem ererbten Meierhofe seiner
+Vorfahren führte. Seine Kornfelder, seine Milchwirthschaft, seine
+Ciderpresse, seine Jagdhunde, seine Angelruthe und seine Flinte, sein
+Bier und sein Tabak beschäftigten fast allein seine Gedanken. Mit seinen
+Nachbarn stand er trotz der Glaubensverschiedenheit in der Regel auf
+gutem Fuße. Sie kannten ihn als einen harmlosen Mann ohne Ehrgeiz, er
+stammte fast durchgängig aus einer guten und alten Familie und war immer
+ein Kavalier. Er drang Niemandem seine persönlichen Ansichten auf und
+wurde Niemandem lästig damit, er quälte nicht, wie ein Puritaner, sich
+selbst und Andere mit Gewissensskrupeln über alle Genüsse des Lebens; im
+Gegentheil, er war ein eben so leidenschaftlicher Jagdliebhaber und ein
+eben so heiterer Gesellschafter als irgend Einer, der den Suprematseid
+und die Erklärung gegen die Transsubstantiation angenommen hatte. Er
+ging mit seinen Nachbarsquires auf die Jagd, hielt bis zum Hallali bei
+ihnen aus und nahm sie nach beendeter Jagd mit sich nach Hause zu einer
+Wildpretpastete und zu einem Kruge Octoberbier, das seine vier Jahre auf
+Flaschen lag. Die Bedrückungen, die er erduldet, waren nicht so arg, daß
+sie ihn zu einem verzweifelten Entschlusse hätten treiben können; selbst
+als seine Kirche schonungslos verfolgt wurde, waren sein Leben und sein
+Eigenthum nicht in großer Gefahr. Der schamloseste falsche Zeuge würde
+es schwerlich gewagt haben, der Wahrheit so frech ins Gesicht zu
+schlagen, daß er ihn beschuldigt hätte, ein Verschwörer zu sein. Die
+Papisten, welche Oates zu seinen Angriffen auswählte, waren Peers,
+Prälaten, Jesuiten, Benedictiner, thätige politische Agenten, Juristen
+mit ausgedehnter Praxis und Hofärzte. Der katholische Landgentlemen
+konnte unter dem Schutze seiner Verborgenheit, seines leutseligen Wesens
+und der Zuneigung seiner Umgebungen unbelästigt seine Ernte einbringen
+und seine Waidtasche mit Wild füllen, während Coleman und Langhorne,
+Whitbread und Pickering, Erzbischof Plunkett und Lord Stafford durch den
+Strick oder durch das Beil starben. Eine Bande elender Schurken machte
+zwar den Versuch, gegen Sir Thomas Gascoigne, einen bejahrten
+katholischen Baronet in Yorkshire, eine Anklage auf Hochverrath zu
+erheben, aber zwölf der besten Gentlemen des Westbezirks, die seinen
+Lebenswandel kannten, hielten es nicht für möglich, daß ihr ehrenwerther
+alter Bekannter Banditen zur Ermordung des Königs gedungen haben sollte,
+und sprachen trotz mancherlei der Richterbank eben nicht zur Ehre
+gereichender Versuche ein „Nichtschuldig“ aus. Wohl mochte es für das
+Oberhaupt einer alten, angesehenen Familie in der Provinz ein
+schmerzlicher Gedanke sein, daß er seines Glaubens wegen von ehrenvollen
+Stellen und Ämtern ausgeschlossen war, zu deren Bekleidung Männer von
+niedererer Herkunft und geringerem Vermögen für berechtigt gehalten
+wurden; aber er hatte nicht Lust, Land und Leben im Kampfe gegen eine
+erdrückende Übermacht auf’s Spiel zu setzen, und sein gerader, ächt
+englischer Character würde, vor Mitteln, wie ein Petre und Tyrconnel sie
+anwendeten, mit Abscheu zurückgebebt sein. Deshalb würde er jedoch eben
+so bereitwillig, als irgend einer seiner protestantischen Nachbarn zur
+Vertheidigung seines Vaterlandes gegen einen Einfall der Franzosen oder
+irischen Papisten das Schwert um die Lenden gegürtet und die Pistolen in
+die Halfter gesteckt haben. Dies war der allgemeine Character der
+Männer, in denen Jakob jetzt die sichersten Werkzeuge zur Leitung der
+Grafschaftswahlen zu erblicken glaubte. Er überzeugte sich jedoch bald,
+daß sie nicht geneigt waren, sich durch einen ihm zu leistenden
+schimpflichen und strafbaren Dienst die Achtung ihrer Nachbarn zu
+verscherzen und Leben und Vermögen zu gefährden. Mehrere von ihnen
+weigerten sich, Sheriffs zu werden, und von denen, welche die Ernennung
+annahmen, erklärten viele, daß sie eben so gewissenhaft, als wenn sie
+Mitglieder der Staatskirche wären, ihre Pflicht erfüllen, und keinen
+Wahlcandidaten, der nicht eine wirkliche Stimmenmehrheit hätte, in’s
+Parlament schicken würden.[62]
+
+ [Anmerkung 62: Etwa zwanzig Jahre vor dieser Zeit sprach sich ein
+ Jesuit über die eingezogene Lebensweise der katholischen Gentry
+ Englands folgendermaßen aus: +„La nobilità Inglese, senon se
+ legata in serviglio di Corte ò in opera di maestrato, vive, e godo
+ il più dell’ anno a la campagna, ne’ suoi palagi e poderi, dove
+ son liberi e padroni; è ciò tanto più sollecitamente i Cattolici
+ quanto più utilmente, si come meno osservati colà.“ --
+ L’Inghilterra descritta dal P. Daniello Bartoli. Roma, 1667.+
+
+ „Viele von den papistischen Sheriffs,“ schrieb Johnstone, „sind
+ begütert und erklären, daß man sich sehr irren würde, wenn man
+ gefälschte Wahlen von ihnen erwartete. Die papistische Gentry,
+ welche auf ihren Landgütern lebt, ist von der städtischen weit
+ verschieden. Mehrere von ihnen haben es abgelehnt, Sheriffs oder
+ Statthaltersubstituten zu werden.“ -- 8. Dec. 1687.
+
+ Ronquillo sagt das Nämliche: +„Algunos Catolicos que fueron
+ nombrados por sherifes se han excusado.“+ -- 9.(19.) Jan. 1688.
+ Einige Monate später versichert er seinem Hof, daß die
+ katholischen Landgentlemen gern zu einer Verständigung die Hand
+ bieten würden, deren Grundbedingungen die Abschaffung der
+ Strafgesetze und die Beibehaltung des Religionseides wären.
+ +„Estoy informado,“+ sagt er, +„que los Catolicos de las
+ provincias no lo reprueban, pues no pretendiendo oficios, y siendo
+ solo algunos de la Corte los provechosos, les parece que mejoran
+ su estado, quedando seguros ellos y sus descendientes en la
+ religion, en la quietud, y en la seguridad de sus haciendas.“+ --
+ 23. Juli (2. Aug.) 1688.]
+
+
+[_Stimmung der Dissenters._] Konnte der König schon auf seine
+katholischen Sheriffs wenig rechnen, so konnte er sich noch viel weniger
+auf die puritanischen verlassen. Seit dem Erscheinen der
+Indulgenzerklärung waren mehrere Monate verflossen, Monate voll
+wichtiger Ereignisse und fortwährender Streitigkeiten. Die öffentliche
+Besprechung der Angelegenheiten hatte vielen Dissenters die Augen
+geöffnet, aber die Maßregeln der Regierung, und vorzugsweise das strenge
+Verfahren gegen das Magdalenen-Collegium, hatte mehr als selbst die
+Feder eines Halifax dazu beigetragen, alle Klassen der Protestanten
+aufzurütteln und zu vereinigen. Die meisten von den Sectirern, die sich
+hatten verleiten lassen, ihren Dank für die Indulgenz auszudrücken,
+schämten sich jetzt ihres Irrthums und wünschten sehnlichst, ihn dadurch
+wieder gut zu machen, daß sie sich der großen Masse ihrer Landsleute
+anschlossen.
+
+
+[_Regulirung der Corporationen._] In Folge dieses Umschwungs in den
+Gesinnungen der Nonconformisten stieß die Regierung in den Städten auf
+fast eben so große Schwierigkeiten, wie auf dem platten Lande. Als die
+Regulatoren ihre Arbeit begannen, hatten sie fest darauf gerechnet, daß
+jeder Dissenter, der sich zu Gunsten der Indulgenz ausgesprochen hatte,
+auch die Politik des Königs unterstützen werde. Sie waren daher
+überzeugt, daß sie im Stande sein würden, alle Municipalämter des
+Königreichs mit zuverlässigen Freunden zu besetzen. In den neuen
+Städteordnungen hatte sich die Krone das Recht vorbehalten,
+Magistratsbeamte nach ihrem Belieben zu entlassen. Dieses Recht wurde
+jetzt ohne alle Beschränkung ausgeübt. Durchaus nicht so klar war es
+jedoch, daß Jakob auch das Recht hatte, neue Magistratsbeamte zu
+ernennen; aber mochte es ihm nun zustehen oder nicht, er beschloß, es
+sich zu nehmen. Allenthalben, vom Tweed bis Landsend, wurden
+toryistische Beamte abgesetzt und Presbyterianer, Independenten und
+Baptisten an ihrer Stelle ernannt. In dem neuen Freibriefe der
+Hauptstadt hatte sich die Krone das Recht vorbehalten, alle Vorsteher,
+Pfleger und Beisitzer der Innungen zu entlassen. In Folge dessen wurden
+über achthundert angesehene Bürger, sämmtlich Mitglieder der Partei, die
+sich der Ausschließungsbill widergesetzt hatte, durch einen einzigen
+Erlaß ihrer Ämter enthoben. Bald darauf erschien ein Nachtrag zu dieser
+langen Liste.[63] Aber die neuen Angestellten waren kaum vereidigt, so
+zeigte es sich, daß sie eben so unfügsam waren, als ihre Vorgänger. In
+Newcastle am Tyne ernannten die Regulatoren einen katholischen Mayor und
+puritanische Aldermen. Man zweifelte keinen Augenblick, daß die so
+umgestaltete Municipalbehörde eine Adresse beschließen werde, in der sie
+die Maßregeln des Königs zu unterstützen versprach. Die Adresse wurde
+jedoch verweigert. Der Mayor reiste wüthend nach London und sagte dem
+Könige, die Dissenters seien alle Schurken und Rebellen und die
+Regierung könne in der ganzen Corporation auf nicht mehr als vier
+Stimmen rechnen.[64] In Reading wurden vierundzwanzig toryistische
+Aldermen entlassen und vierundzwanzig neue ernannt. Von diesen erklärten
+sich dreiundzwanzig sofort gegen die Indulgenz und wurden deshalb
+ebenfalls wieder entlassen.[65] Im Laufe weniger Tage wurde der
+Stadtbezirk von Yarmouth nacheinander durch drei verschiedene
+Magistratskörper verwaltet, welche sämmtlich dem Hofe gleich feindlich
+gesinnt waren.[66] Dies sind nur einzelne Beispiele von dem was im
+ganzen Lande geschah. Der holländische Gesandte berichtete an die
+Generalstaaten, daß in manchen Städten die Magistratsbeamten in einem
+Monate zwei und selbst dreimal, aber dennoch vergebens gewechselt worden
+seien.[67] Aus den Acten des Geheimen Raths geht hervor, daß die Zahl
+der Regulationen, wie sie genannt wurden, zweihundert überstieg.[68] Die
+Regulatoren fanden in der That, daß in nicht wenigen Städten die
+Veränderung eine Verschlimmerung war. Die mißvergnügten Tories hatten,
+wenn sie auch über die Politik des Königs murrten; doch wenigstens stets
+Achtung für seine Person und seinen Thron an den Tag gelegt und jeden
+Gedanken an Widerstand verworfen. Ganz anders war die Sprache einiger
+neuen Mitglieder der Corporationen. Man sagte, daß alte Soldaten der
+Republik, welche zu ihrem eignen wie zum Erstaunen des Publikums zu
+Aldermen ernannt worden waren, den Agenten des Hofes deutlich zu
+verstehen gäben, es müsse erst Blut fließen, bevor Papismus und
+Willkürgewalt in England zur Herrschaft gelangten.[69]
+
+Die Regulatoren sahen, daß mit dem was sie bis jetzt gethan hatten,
+wenig oder nichts gewonnen war. Es gab indessen noch ein Mittel, aber
+auch nur dieses eine, durch das sie hoffen konnten ihren Zweck zu
+erreichen. Die Gemeindeordnungen der Wahlflecken mußten zurückgezogen
+und durch neue ersetzt werden, welche das Wahlrecht auf sehr kleine, vom
+König zu ernennende Wahlkörper beschränkten.[70]
+
+Aber wie war dieser Plan auszuführen? In einigen der neuen Freibriefe
+hatte sich die Krone zwar das Recht der Wiederentziehung vorbehalten,
+aber die übrigen konnte Jakob nur durch freiwillige Zurückgabe von
+Seiten der Corporationen oder durch einen Ausspruch der Kings Bench
+wieder in die Hand bekommen. Aber nur wenige Corporationen waren jetzt
+geneigt, ihre Gemeindeordnungen freiwillig aufzugeben, und ein
+Richterspruch, wie er den Zwecken des Hofes diente, war selbst von einem
+Sklaven wie Wright nicht zu erwarten. Die Quo-Warranto-Erlasse,[71]
+welche vor einigen Jahren erschienen waren, um die Whigpartei zu
+vernichten, waren von allen Unparteiischen einhellig verdammt worden.
+Doch hatten diese Erlasse wenigstens einen Anschein von Recht für sich,
+denn sie waren gegen alte Municipalkörper gerichtet, und unter diesen
+gab es wenige, in denen im Laufe der Zeit nicht Mißbrauche eingerissen
+waren, welche genügenden Anhalt zu einem Prozeßverfahren darboten. Die
+Corporationen aber, welche jetzt angegriffen wurden, befanden sich noch
+im Alter der kindlichen Unschuld, die ältesten von ihnen hatten kaum ihr
+fünftes Lebensjahr erreicht, und es war unmöglich, daß viele von ihnen
+schon so schwer gesündigt haben sollten, daß sie eine Zurücknahme ihrer
+Privilegien verdienten. Den Richtern selbst war nicht wohl zu Muthe. Sie
+gaben zu bedenken, daß das, was man von ihnen verlange, den einfachsten
+und klarsten Grundsätzen des Rechts und der Gerechtigkeit schnurstracks
+zuwiderlaufe; aber alle Vorstellungen waren umsonst. Die Wahlorte wurden
+zur Rücksendung ihrer Freibriefe aufgefordert. Einige wenige kamen der
+Aufforderung nach; aber das Verfahren, welches der König gegen diese
+wenigen einschlug, war eben nicht geeignet, bei den anderen Vertrauen zu
+erwecken. In mehreren Städten wurde der Gesammtbürgerschaft das
+Wahlrecht entzogen und auf eine kleine Anzahl Personen beschränkt und
+diese mußten sich eidlich verpflichten, die von der Regierung
+empfohlenen Candidaten zu unterstützen. In Tewkesbury zum Beispiel wurde
+das Wahlrecht dreizehn Personen übertragen. Doch selbst diese Anzahl war
+noch zu groß. Haß und Furcht hatten sich so weit verbreitet, daß es kaum
+möglich war, auch durch die unredlichsten Mittel nur dreizehn Männer zu
+finden, auf die sich der Hof unbedingt verlassen konnte. Es hieß, daß
+die Mehrheit des neuen Wahlkörpers von Tewkesbury von dem nämlichen
+Sinne beseelt sei, welcher in der ganzen Nation überwiege, und daß
+derselbe an dem entscheidenden Tage zuverlässige Protestanten in’s
+Parlament schicken werde. Die Regulatoren drohten in heftigem Zorne, die
+Zahl der Wähler auf drei zu reduciren.[72] Inzwischen weigerte sich die
+große Mehrzahl der Wahlorte entschieden, ihre Privilegien aufzugeben.
+Barnstaple, Winchester und Buckingham zeichneten sich durch die Kühnheit
+ihres Widerstandes besonders aus. In Oxford wurde der Antrag, daß die
+Stadt ihr Wahlrecht dem Könige zurückgeben solle, mit achtzig gegen zwei
+Stimmen verworfen.[73] Der Tempel und Westminsterhall kamen durch die
+plötzliche Häufung von Aufträgen aus allen Theilen des Landes in
+ungewohnte Bewegung. Jeder Advokat von bedeutender Praxis erhielt
+Vollmachten über Vollmachten von den städtischen Corporationen, und die
+gewöhnlichen Clienten beklagten sich, daß ihre Angelegenheiten
+vernachlässigt würden.[74] Es lag auf der Hand, daß eine geraume Zeit
+darüber hingehen mußte, ehe eine so große Anzahl Prozesse entschieden
+werden konnten. Diese Verzögerung war der Tyrannei unerträglich. Es
+wurde nichts unterlassen, um die widerspenstigen Wahlkörper durch
+Drohungen zur Unterwerfung zu bringen. In Buckingham hatten einige
+Municipalbeamten sich in nicht eben lobender Weise ausgesprochen. Man
+machte ihnen den Prozeß und kündigte ihnen an, daß mit schonungsloser
+Strenge gegen sie verfahren werden würde, wenn sie sich nicht durch
+Herausgabe ihres Freibriefs loskauften.[75] In Winchester griff man zu
+noch strengeren Gewaltmaßregeln. Eine bedeutende Truppenabtheilung wurde
+in die Stadt gelegt, einzig und allein zu dem Zwecke, die Einwohner zu
+belästigen und zu quälen.[76] Die Stadt blieb fest und die öffentliche
+Stimme beschuldigte den König laut, daß er die schlimmsten Verbrechen
+seines Bruders von Frankreich nachahme; die Dragonaden hätten begonnen,
+sagte man. Man hatte auch wirklich Grund zu ernsten Besorgnissen. Jakob
+war auf den Einfall gekommen, daß er den Widerstandsgeist einer
+hartnäckigen Stadt nicht wirksamer brechen könne, als indem er den
+Einwohnern Soldaten in’s Quartier legte. Er mußte wissen, daß diese
+Maßregel sechzig Jahre früher heftigen Unwillen erregt und durch die
+Bitte um Recht, ein Gesetz, das von den Engländern kaum weniger verehrt
+wurde, als die Magna Charta, feierlichst für gesetzwidrig erklärt worden
+war. Aber er hoffte von den Gerichtshöfen eine Erklärung zu erlangen,
+daß selbst die Bitte um Recht die Prärogative nicht beschränken könne.
+Er fragte in der That den Oberrichter der Kings Bench über diesen
+Gegenstand um Rath;[77] aber das Resultat der Besprechung wurde geheim
+gehalten, und in einigen Wochen gestalteten sich die Dinge so, daß eine
+Furcht, welche noch stärker war, als selbst die vor der königlichen
+Ungnade, sogar einen so servilen Mann wie Wright bewog, ein wenig
+einzuhalten.
+
+ [Anmerkung 63: +Privy Council Book, Sept. 25. 1687, Febr. 21,
+ 1687/88+.]
+
+ [Anmerkung 64: Acten der Corporation, angeführt in +Brand’s
+ History of Newcastle+; Johnstone, 21. Febr. 1687/88.]
+
+ [Anmerkung 65: Johnstone, 21. Febr. 1687/88.]
+
+ [Anmerkung 66: Citters, 14.(24.) Febr. 1688.]
+
+ [Anmerkung 67: Citters, 1.(11.) Mai 1688.]
+
+ [Anmerkung 68: Am Rande der Geheimrathsacten findet man die
+ Bemerkung „Zweite Regulation“ und „Dritte Regulation“, wenn ein
+ Wahlkörper mehr als einmal umgestaltet worden war.]
+
+ [Anmerkung 69: Johnstone, 23. Mai 1688.]
+
+ [Anmerkung 70: Johnstone, 21. Febr. 1688.]
+
+ [Anmerkung 71: Diese Erlasse, so genannt nach den beiden
+ Anfangsworten +Quo warranto+, ordneten eine Untersuchung über die
+ Rechtsbefugnisse an, auf welche sich die Privilegien einer
+ Corporation gründeten, und wenn sich eine Unregelmäßigkeit fand,
+ wurde der Freibrief entzogen. D. Übers.]
+
+ [Anmerkung 72: Johnstone, 21. Febr. 1688.]
+
+ [Anmerkung 73: Citters, 20.(30.) März 1688.]
+
+ [Anmerkung 74: +Ibid.+ 1.(11.) Mai 1688.]
+
+ [Anmerkung 75: +Ibid.+ 22. Mai (1. Jun.) 1688.]
+
+ [Anmerkung 76: +Ibid.+ 1.(11.) Mai 1688.]
+
+ [Anmerkung 77: +Ibid.+ 18.(28.) Mai 1688.]
+
+
+[_Untersuchung in allen öffentlichen Verwaltungszweigen._] Während die
+Lordlieutenants die Friedensrichter ausforschten und die Regulatoren die
+Wahlkörper umgestalteten, wurden alle Zweige des Staatsdienstes einer
+strengen Untersuchung unterworfen. Zuerst wurde der Palast gesäubert.
+Jeder mit Narben bedeckte alte Kavalier, der zum Ersatz für das der
+Sache des Königs geopferte Blut und Grundeigenthum ein Ämtchen in der
+königlichen Garderobe oder im Marstalle erhalten hatte, wurde
+aufgefordert, zwischen dem Könige und der Kirche zu wählen. Die Zoll-
+und Steuercommissare wurden zu Seiner Majestät ins Schatzamt beschieden,
+hier das Versprechen von ihnen verlangt, daß sie seine Politik
+unterstützen wollten, und ihnen bedeutet, daß sie allen ihren
+Unterbeamten ein ähnliches Versprechen abzunehmen hätten.[78] Ein
+Zollbeamter motivirte seine Unterwerfung unter den Willen des Königs in
+einer Weise, welche Heiterkeit und zugleich Mitleid erregte. „Ich habe,“
+sagte er, „vierzehn Gründe, die mich bestimmen, Seiner Majestät Befehlen
+zu gehorchen: eine Frau und dreizehn unerzogene Kinder“.[79] Gegen
+solche Gründe ließ sich allerdings nichts einwenden; dennoch aber kamen
+nicht wenig Fälle vor, wo die religiösen und patriotischen Gefühle
+selbst solche Gründe überwogen.
+
+Man hat Grund zu der Vermuthung, daß die Regierung um diese Zeit
+ernstlich mit dem Plane umging, einen Schlag zu führen, der viele
+tausend Familien an den Bettelstab gebracht und auf die socialen
+Zustände aller Landestheile störend eingewirkt haben würde. Niemand
+durfte Wein, Bier oder Kaffee ohne Concession verkaufen. Es hieß nun,
+daß jeder Inhaber einer solchen Concession demnächst aufgefordert werden
+sollte, entweder dieselben Verpflichtungen einzugehen, welche den
+öffentlichen Beamten auferlegt worden waren, oder sein Geschäft
+aufzugeben.[80] Wäre ein solcher Schritt gethan worden, so würden ohne
+allen Zweifel die Wirthshäuser und öffentlichen Vergnügungsorte im
+ganzen Lande zu Hunderten geschlossen worden sein. Welche Wirkung ein
+solcher Eingriff in die Lebensgenüsse aller Stände hervorgebracht haben
+würde, läßt sich nur muthmaßen. Der durch Übel erzeugte Unwille steht
+nicht immer im Verhältnisse mit der Wichtigkeit derselben, und es ist
+durchaus nicht unwahrscheinlich, daß die Einziehung von
+Schankconcessionen das bewirkt haben würde, was die Entziehung von
+Freibriefen nicht bewirkt hatte. Die Vornehmeren würden ihr
+Chokoladenhaus in St. James Street, die Geschäftsmänner ihre
+Kaffeekanne, bei der sie in Change Alley zu rauchen und zu politisiren
+pflegten, schmerzlich vermißt haben. Die Hälfte der Clubs hätte sich
+neue Versammlungslokale suchen müssen. Der Reisende würde des Nachts den
+Gasthof, in welchem er gewohnt war abzusteigen und seine Abendmahlzeit
+einzunehmen, verödet gefunden haben. Der Landmann würde die Bierschenke
+vermißt haben, wo er im Sommer auf der Bank vor der Thür, im Winter am
+Kamin seinen Krug zu trinken gewohnt war. Es war leicht möglich, daß die
+auf solche Art gereizte Nation sich zu einem allgemeinen Aufstande
+erhob, ohne auf die Hülfe fremder Verbündeter zu warten.
+
+ [Anmerkung 78: Citters, 6.(16.) April 1688; +Treasury Letter Book.
+ March 14. 1687/88+; Ronquillo, 16.(26.) April.]
+
+ [Anmerkung 79: Citters, 18.(28.) Mai 1688.]
+
+ [Anmerkung 80: +Ibid.+ 18.(28.) Mai 1688.]
+
+
+[_Entlassung Sawyer’s._] Es war nicht zu erwarten, daß ein Fürst, der
+von allen niederen Dienern der Regierung bei Strafe der Entlassung
+Unterstützung seiner Politik verlangte, einen Generalfiskal behalten
+würde, dessen Abneigung gegen diese Politik kein Geheimniß war. Sawyer
+hatte noch über anderthalb Jahr in seiner Stellung bleiben dürfen,
+nachdem er sich gegen die Dispensationsgewalt erklärt hatte. Diese
+ungewöhnliche Nachsicht verdankte er nur der außerordentlichen
+Schwierigkeit, die es der Regierung machte, einen Nachfolger für ihn zu
+finden. Es war um der pekuniären Interessen der Krone willen nothwendig,
+daß wenigstens einer der beiden ersten Staatsanwälte ein talentvoller
+und kenntnißreicher Mann war, und es war keineswegs leicht, einen diesen
+Anforderungen genügenden Juristen zu bewegen, daß er sich durch das
+tägliche Begehen von Handlungen, welche das nächste Parlament
+wahrscheinlich als schwere Übertretungen und Verbrechen betrachtete,
+sehr ernster Gefahr aussetzte. Es war nicht möglich gewesen, einen
+besseren Generalprokurator als Powis aufzutreiben, ein Mann, der sich
+zwar aus nichts ein Gewissen machte, der aber auch nicht einmal den
+gewöhnlichsten Pflichten seines Postens gewachsen war. Unter diesen
+Umständen hielt man es für wünschenswerth, die Arbeit zu theilen. Ein
+Fiskal, dessen Berufstüchtigkeit durch Gewissensskrupel bedeutend
+beeinträchtigt wurde, hatte einen Prokurator zur Seite, dessen
+Gewissenlosigkeit seinen Mangel an Befähigung einigermaßen ersetzte.
+Wenn es der Regierung um energische Durchführung des Gesetzes zu thun
+war, so wendete sie sich an Sawyer; wollte sie das Gesetz mit Füßen
+treten, so hielt sie sich an Powis. Dieses Arrangement wurde so lange
+beibehalten, bis der König die Dienste eines Anwalts erlangte, der zu
+gleicher Zeit noch gewissenloser als Powis und geschickter als Sawyer
+war.
+
+
+[_Williams Generalprokurator._] Keiner der damals lebenden Advokaten
+hatte der Regierung giftiger opponirt als Wilhelm Williams. Er hatte
+sich unter der vorigen Regierung als Whig und Exclusionist hervorgethan.
+Als die Parteiwuth den höchsten Grad erreicht hatte, war er zum Sprecher
+des Unterhauses erwählt worden. Nach der Prorogation des oxforder
+Parlaments war er der gewöhnliche Rechtsbeistand der heftigsten
+Demagogen gewesen, die des Aufruhrs angeklagt wurden. Er besaß
+anerkanntermaßen bedeutende juristische Gewandtheit und Kenntnisse.
+Unbesonnene Überstürzung und Parteigeist hielt man für seine
+Hauptfehler; daß er noch andere Fehler hatte, in Vergleich mit denen die
+genannten als Tugenden gelten konnten, ahnete man damals noch nicht. Die
+Regierung suchte eine Gelegenheit, um ihm etwas anzuhaben, und es wurde
+ihr nicht schwer, eine solche zu finden. Er hatte auf Befehl des Hauses
+der Gemeinen einen von Dangerfield verfaßten erzählenden Bericht
+herausgegeben. Hätte ein Privatmann diese Schrift veröffentlicht, so
+würde sie unbestreitbar als ein aufrührerisches Libell zu betrachten
+gewesen sein. Es wurde bei der Kings Bench eine Criminaluntersuchung
+gegen Williams eingeleitet; er berief sich umsonst auf die Privilegien
+des Parlaments und wurde zu einer Geldbuße von zehntausend Pfund
+verurtheilt. Einen großen Theil dieser Summe bezahlte er baar und über
+den Rest gab er eine Schuldverschreibung. Der Earl von Peterborough, der
+in Dangerfield’s Erzählung in beleidigender Weise erwähnt war, wurde
+durch den Erfolg der Criminaluntersuchung ermuthigt, eine Civilklage auf
+eine bedeutende Entschädigungssumme anhängig zu machen. Williams gerieth
+dadurch in die größte Verlegenheit. Da bot sich ihm ein rettender Ausweg
+dar. Allerdings war es ein Ausweg, der einem Manne von festen
+Grundsätzen und edlem Character noch schrecklicher gewesen sein würde,
+als Armuth, Gefängniß und selbst Tod. Er konnte sich der Regierung
+verkaufen, deren Feind und Opfer er gewesen war; er konnte sich
+erbieten, bei jedem Angriffe auf die Freiheiten und die Religion, für
+welche er einen maßlosen Eifer gezeigt hatte, den gefährlichsten Posten
+zu übernehmen; er konnte seinen Whiggismus durch Dienste wieder gut
+machen, vor denen selbst die eingefleischtesten Tories, an deren Händen
+das Blut Russell’s und Sidney’s klebte, mit Abscheu zurückbebten. Der
+Handel wurde abgeschlossen. Der noch schuldige Rest der Strafsumme wurde
+erlassen und Peterborough durch Vermittelung des Königs zu einem
+Vergleich bewogen. Sawyer wurde abgesetzt, Powis wurde Generalfiskal,
+Williams wurde zum Generalprokurator ernannt, in den Adelstand erhoben
+und war bald ein Günstling des Königs. Obgleich im Range nur der zweite
+Kronjurist, gelang es ihm doch sehr bald, durch seine Gewandtheit,
+Gelehrsamkeit und Energie seinen Vorgesetzten völlig in den Schatten zu
+stellen[81].
+
+Williams war noch nicht lange im Amte, als er aufgefordert wurde, in dem
+denkwürdigsten Staatsprozesse, von dem die Annalen der britischen Justiz
+berichten, eine Hauptrolle zu übernehmen.
+
+ [Anmerkung 81: +London Gazette, Dec. 15. 1687+. Siehe den Prozeß
+ gegen Williams in der +Collection of State Trials+. +„Ha hecho,“+
+ sagt Ronquillo, +„grande susto el haber nombrado el abogado
+ Williams, que fue el orador y el mas arrabiade de toda la casa des
+ comunes en los ultimos terribles parlamentos del Rey difunto.“+
+ 27. Nov. (7. Dec.) 1687.]
+
+
+[_Zweite Indulgenzerklärung._] Am 27. April 1688 erließ der König eine
+zweite Indulgenzerklärung. In diesem Schriftstücke führte er die
+Erklärung vom vorjährigen April in ihrer ganzen Länge auf. Sein
+bisheriges Leben, sagte er dann, habe sein Volk überzeugen können, daß
+er nicht der Mann sei, der sich von einem einmal gefaßten Beschlusse so
+leicht abbringen lasse. Da aber heimtückische Menschen es versucht
+hätten, die Welt glauben zu machen, daß man ihn doch noch zum Nachgeben
+in dieser Angelegenheit werde bestimmen können, halte er es für nöthig,
+zu erklären, daß sein Vorsatz unwiderruflich fest stehe, daß er
+entschlossen sei, nur solche Männer anzustellen, welche bereit wären,
+ihn bei der Ausführung seiner Pläne zu unterstützen, und daß er in
+Gemäßheit dieses Entschlusses viele seiner ungehorsamen Diener von
+Civil- und Militairämtern habe entheben müssen. Schließlich zeigte er
+an, daß er spätestens im November ein Parlament einzuberufen gedenke,
+und ermahnte seine Unterthanen, solche Vertreter in dasselbe zu wählen,
+die ihn bei dem begonnenen großen Werke zu unterstützen geneigt
+wären[82].
+
+ [Anmerkung 82: +London Gazette, April 30. 1688+; Barillon, 26.
+ April (6. Mai).]
+
+
+[_Die Geistlichkeit erhält Befehl, sie von der Kanzel zu verlesen._]
+Diese Erklärung machte anfangs nur wenig Sensation. Sie enthielt nichts
+Neues und die Leute wunderten sich, daß der König es für nöthig hielt,
+ein feierliches Manifest zu erlassen, blos um ihnen zu sagen, daß er
+seinen Sinn nicht geändert habe[83]. Die Gleichgültigkeit, mit der die
+Ankündigung seines festen Entschlusses vom Publikum aufgenommen wurde,
+verdroß ihn wahrscheinlich und er glaubte ohne Zweifel, daß seine Würde
+und Autorität leiden könnten, wenn er nicht unverzüglich etwas Neues und
+Auffallendes thue. In Folge dessen verfügte er unterm 4. Mai durch einen
+Geheimrathsbefehl, daß seine Erklärung von vergangener Woche an zwei
+aufeinanderfolgenden Sonntagen beim öffentlichen Gottesdienste von den
+dienstthuenden Geistlichen aller Kirchen und Kapellen des Reiches
+verlesen werden solle. In London und seinen Vorstädten sollte die
+Verlesung am 20. und 27. Mai, in den anderen Landestheilen am 3. und 10.
+Juni stattfinden. Die Bischöfe waren angewiesen, Exemplare der Erklärung
+in ihren respectiven Diöcesen zu vertheilen[84].
+
+Wenn man berücksichtigt, daß die Geistlichen der anglikanischen Kirche
+fast ohne Ausnahme die Indulgenzerklärung als eine Verletzung der
+Landesgesetze, als einen Wortbruch des Königs und als einen
+verderblichen Gewaltstreich gegen die Interessen und die Würde ihres
+Standes betrachteten, so wird man schwerlich daran zweifeln können, daß
+der Geheimrathsbefehl darauf berechnet war, als eine tiefe Kränkung von
+ihnen empfunden zu werden. Man glaubte im Volke, daß Petre diese Absicht
+durch ein der orientalischen Redeweise entlehntes rohes Gleichniß
+ausgesprochen habe. Er sollte gesagt haben, er wolle sie Koth essen
+lassen und zwar den abscheulichsten und ekelhaftesten Koth. Aber konnte
+man annehmen, daß die anglikanische Geistlichkeit diesem tyrannischen
+und gehässigen Befehle den Gehorsam verweigern werde? Der Character des
+Königs war willkürlich und streng und das Verfahren der kirchlichen
+Commission eben so summarisch wie das eines Kriegsgerichts. Wer sich
+aufzulehnen wagte, konnte in Zeit von acht Tagen seiner Stelle entsetzt,
+seines ganzen Einkommens beraubt, der ferneren Bekleidung jedes
+geistlichen Amts unfähig erklärt und in die Nothwendigkeit versetzt
+werden, von Haus zu Haus sein Brot zu erbetteln. Wenn der ganze Stand
+sich einmüthig dem königlichen Willen widersetzte, dann war es
+allerdings wahrscheinlich, daß selbst Jakob nicht den Muth haben würde,
+zehntausend Schuldige auf einmal zu bestrafen. Aber zu einer allgemeinen
+Verständigung in dieser Angelegenheit war keine Zeit. Am 7. Mai erschien
+der Befehl in der Gazette und schon am 20. sollte die Erklärung von
+allen Kanzeln Londons und dessen Umgegend verlesen werden. Er wäre
+damals mit der größten Anstrengung nicht möglich gewesen, binnen
+vierzehn Tagen die Ansichten nur des zehnten Theiles der im ganzen Lande
+zerstreuten Pfarrgeistlichen einzuholen, ja nur die Stimmen der Bischöfe
+hätten nicht leicht in so kurzer Zeit gesammelt werden können. Auch
+stand zu befürchten, daß, wenn die Geistlichkeit das Verlesen der
+Erklärung verweigerte, die protestantischen Dissenters die Weigerung
+falsch auslegen, die Hoffnung, von den Mitgliedern der anglikanischen
+Kirche Duldung zu erlangen, aufgeben und ihr ganzes Gewicht in die
+Wagschale des Hofes werfen würden.
+
+ [Anmerkung 83: Citters, 1.(11.) Mai 1688.]
+
+ [Anmerkung 84: +London Gazette, Mai 7. 1688.+]
+
+
+[_Die Geistlichkeit ist unschlüssig._] Die Geistlichkeit war daher
+unschlüssig und diese Unschlüssigkeit läßt sich wohl entschuldigen, denn
+einige hochgestellte Laien, welche das öffentliche Vertrauen in hohem
+Maße genossen, waren geneigt, zur Unterwerfung zu rathen. Sie waren der
+Meinung, ein allgemeiner Widerstand stehe kaum zu erwarten und ein
+theilweiser werde für die Einzelnen verderblich und für die Kirche und
+die Nation im Allgemeinen nur von geringem Nutzen sein. Dies war die
+ausgesprochene Ansicht von Halifax und Nottingham. Der Tag rückte heran
+und noch war keine Verständigung und kein bestimmter Entschluß
+erzielt.[85]
+
+ [Anmerkung 85: Johnstone, 27. Mai 1688.]
+
+
+[_Patriotismus der protestantischen Nonconformisten Londons._] In diesem
+Augenblicke erwarben sich die protestantischen Dissenters der Hauptstadt
+einen Anspruch auf die ewige Dankbarkeit ihres Vaterlandes. Die
+Regierung hatte sie bisher als einen Theil ihrer Stärke betrachtet.
+Einige von ihren thätigsten und lautesten Predigern hatten, durch die
+Gnadenbezeigungen des Hofes bestochen, Adressen zu Gunsten der Politik
+des Königs zu Stande gebracht. Andere, welche durch die Erinnerung an
+viele schwere Unbilden sowohl der anglikanischen Kirche als dem Hause
+Stuart entfremdet waren, hatten mit boshafter Schadenfreude gesehen, wie
+der tyrannische Fürst und die tyrannische Hierarchie durch bittere
+Feindschaft von einander getrennt waren und sich gegenseitig überboten,
+um den Beistand von Secten zu erlangen, die sie noch unlängst verfolgt
+und verachtet hatten. Aber so natürlich dieses Gefühl auch sein mochte,
+man hatte sich demselben lange genug hingegeben. Die Zeit war gekommen,
+wo man eine Wahl treffen mußte, und die Nonconformisten traten in einer
+hochherzigen Regung auf die Seite der Anglikaner, um gemeinschaftlich
+mit ihnen die Grundgesetze des Reichs zu vertheidigen. Baxter, Bates und
+Howe zeichneten sich durch ihre Anstrengungen, dieses Bündniß zu Stande
+zu bringen, besonders aus; aber die edle Begeisterung, welche die
+Gesammtheit der Puritaner beseelte, erleichterte ihnen die Aufgabe. Der
+Eifer der Pfarrer wurde von dem ihrer Gemeinden noch übertroffen.
+Diejenigen Presbyterianer- und Independentenprediger, welche Lust
+zeigten, mit dem Könige Partei gegen die Landeskirche zu nehmen, wurden
+nachdrücklich bedeutet, daß, wenn sie ihr Verfahren nicht änderten, ihre
+Gemeinden sie fernerhin weder hören noch bezahlen würden. Alsop, der
+sich mit der Hoffnung geschmeichelt hatte, daß er im Stande sein werde,
+einen großen Theil seiner Anhänger dem Könige zuzuführen, sah sich
+plötzlich von Denen, die ihn kurz zuvor noch als ihren geistlichen
+Führer verehrt hatten, verachtet und verabscheut, verfiel darüber in
+eine tiefe Schwermuth und verbarg sich vor den Blicken der Welt. Bei
+mehreren londoner Geistlichen erschienen Deputationen, um sie zu bitten,
+daß sie die Masse der Dissenters nicht nach den kriechenden
+Schmeicheleien beurtheilen möchten, welche kürzlich die Spalten der
+Gazette gefüllt hätten, und forderten sie, als bei dem großen Kampfe in
+vorderster Reihe stehend, auf, mit männlicher Tapferkeit für die
+Freiheiten Englands und den den Heiligen überlieferten Glauben zu
+streiten. Diese Versicherungen wurden freudig und dankend aufgenommen.
+Unter Denen aber, die sich zu entscheiden hatten, ob sie am nächsten
+Sonntage, den 20. Mai, dem Befehl des Königs nachkommen wollten
+oder nicht, herrschte noch immer große Ängstlichkeit und
+Meinungsverschiedenheit.
+
+
+[_Berathung der londoner Geistlichkeit._] Die londoner Geistlichkeit,
+welche damals allgemein als die Elite ihres Standes anerkannt war,
+veranstaltete eine berathende Versammlung. Funfzehn Doctoren der
+Theologie waren anwesend. Tillotson, Dechant von Canterbury, der
+berühmteste Kanzelredner der damaligen Zeit, kam vom Krankenlager dahin.
+Sherlock, Vorsteher des Tempels, Patrick, Dechant von Peterborough und
+Oberpfarrer des wichtigen Kirchspiels St. Paul in Coventgarden, sowie
+auch Stillingfleet, Archidiakonus von London und Dechant der St.
+Pauls-Kathedrale, nahmen daran Theil. Die Versammlung im Allgemeinen
+schien der Ansicht zu sein, daß es im Grunde doch gerathen sei, dem
+Geheimrathsbefehl zu gehorchen. Der Streit begann hitzig zu werden und
+hätte vielleicht schlimme Folgen haben können, wäre er nicht durch die
+Festigkeit und Einsicht des Unterpfarrers von St. Giles, Cripplegate,
+Doctor Eduard Fowler, beendigt worden. Dieser Mann gehörte zu der
+kleinen aber ausgezeichneten Klasse von Theologen, welche die der Schule
+Calvin’s eigene Liebe zur bürgerlichen Freiheit mit der Theologie der
+Schule des Arminius verbanden[86]. Er erhob sich und sprach: „Ich will
+offen meine Meinung sagen. Die Sache ist so klar und einfach, daß lange
+Erörterungen kein neues Licht auf sie werfen können, sondern nur die
+Leidenschaften aufregen müssen. Lassen Sie einem Jeden blos Ja oder Nein
+sagen. Ich für meine Person kann mich durch das Votum der Majorität
+nicht binden lassen. Es würde mir leid thun, wenn dadurch unsre
+Einigkeit gestört werden sollte, aber mein Gewissen erlaubt mir nicht,
+diese Erklärung zu verlesen.“ Tillotson, Patrick, Sherlock und
+Stillingfleet erklärten, daß sie der nämlichen Meinung seien, und die
+Majorität fügte sich einer so achtbaren Minorität. Es wurde ein Beschluß
+schriftlich ausgefertigt, durch den sich alle Anwesenden gegen einander
+verpflichteten, die Erklärung nicht zu verlesen. Patrick war der Erste,
+der seinen Namen unterschrieb, Fowler der Zweite. Das Papier wurde dann
+in der Stadt herumgeschickt und war bald von fünfundachtzig
+Pfründeninhabern unterzeichnet[87].
+
+Unterdessen beriethen sich mehrere Bischöfe in banger Sorge über das
+einzuschlagende Verfahren. Am 12. Mai war ein ernster und gelehrter
+Kreis um den Tisch des Primas zu Lambeth versammelt. Compton, Bischof
+von London, Turner, Bischof von Ely, White, Bischof von Peterborough,
+und Tenison, Oberpfarrer des Kirchspiels St. Martin, befanden
+sich unter den Anwesenden. Der Earl von Clarendon, ein warmer und
+unerschütterlicher Freund der Kirche, war ebenfalls eingeladen worden.
+Cartwright, Bischof von Chester, drängte sich, wahrscheinlich als Spion,
+in die Versammlung. So lange er anwesend war, konnten vertrauliche
+Mittheilungen nicht stattfinden; nach seinem Weggange aber wurde die
+große Frage, welche alle Gemüther erfüllte, zur Sprache gebracht und
+erörtert. Die allgemeine Ansicht war, daß die Erklärung nicht verlesen
+werden solle. An mehrere der achtbarsten Prälaten der Provinz Canterbury
+wurden sogleich Briefe geschrieben, durch welche dieselben aufgefordert
+wurden, unverzüglich nach London zu kommen, um ihren Metropoliten in
+dieser Angelegenheit zu unterstützen[88]. Da man kaum zweifeln konnte,
+daß diese Briefe geöffnet werden würden, wenn sie durch das Postamt in
+Lombard Street gingen, so wurden sie bis zu den nächsten Poststationen
+in den verschiedenen Richtungen durch reitende Boten befördert. Der
+Bischof von Winchester, dessen Loyalität sich bei Sedgemoor so glänzend
+erprobt hatte, beschloß trotz eines ernstlichen Unwohlseins der
+Aufforderung nachzukommen und sofort abzureisen, sah aber, daß er die
+Erschütterung des Fahrens nicht vertragen konnte. Der an Wilhelm Lloyd,
+Bischof von Norwich, gerichtete Brief wurde ungeachtet aller
+Vorsichtsmaßregeln von einem Postmeister zurückgehalten, und dieser
+Prälat, welcher keinem seiner Amtsbrüder in Muth und Eifer für die
+gemeinsame Sache seines Berufs nachstand, kam zu spät in London an[89].
+Sein Namensvetter, Wilhelm Lloyd, Bischof von St. Asaph, ein frommer,
+rechtschaffener und gelehrter Mann, aber von schwacher Urtheilskraft und
+halb aufgerieben durch seine beharrlichen Anstrengungen, aus Daniel und
+der Offenbarung einige Aufschlüsse über den Papst und den König von
+Frankreich zu gewinnen, eilte nach der Hauptstadt und traf am
+Sechzehnten ein[90]. Am nächstfolgenden Tage kamen auch der treffliche
+Ken, Bischof von Bath und Wells, Lake, Bischof von Chichester, und Sir
+Johann Trelawney, Bischof von Bristol, ein Baronet aus einer alten und
+angesehenen Familie in Cornwall.
+
+ [Anmerkung 86: Der verstorbene Alexander Knox, dieser
+ ausgezeichnete Mann, dessen beredte Conversation und vortrefflich
+ ausgearbeitete Briefe einen großen Einfluß auf die Gemüther seiner
+ Landsleute ausübten, hat, wie ich vermuthe, vieles von seinem
+ theologischen System und Fowler’s Schriften gelernt. Fowler’s Werk
+ über den Zweck des Christenthums wurde von Johann Bunyan mit einer
+ durch nichts zu rechtfertigenden Heftigkeit angegriffen, die sich
+ nur durch die Herkunft und mangelhafte Erziehung des ehrlichen
+ Kesselflickers einigermaßen entschuldigen läßt.]
+
+ [Anmerkung 87: Johnstone, 23. Mai 1688. Es existirt ein
+ satirisches Gedicht auf diese Versammlung betitelt: „Die
+ geistliche Cabale.“]
+
+ [Anmerkung 88: +Clarendon’s Diary, May 22. 1688.+]
+
+ [Anmerkung 89: Auszug aus Tanner’s Handschriften in +Howell’s
+ State Trials+; +Life of Prideaux+; +Clarendon’s Diary, May 16.
+ 1688+.]
+
+ [Anmerkung 90: +Clarendon’s Diary, May 16 & 17. 1688+.]
+
+
+[_Berathung im Palast zu Lambeth._] Am Achtzehnten wurde im Palast des
+Primas zu Lambeth eine Versammlung von Prälaten und anderen
+ausgezeichneten Theologen gehalten. Tillotson, Tenison, Stillingfleet,
+Patrick und Sherlock waren dabei anwesend. Vor dem Beginn der Berathung
+wurde eine feierliche Betstunde gehalten. Nach einer langen Besprechung
+setzte der Erzbischof eigenhändig eine Petition auf, in der die
+allgemeine Ansicht ausgesprochen war. Sie war nicht im elegantesten
+Style abgefaßt. Sancroft zog sich durch den schwülstigen und unschönen
+Periodenbau sogar spöttelnden Tadel zu, den er mit weniger Geduld
+ertrug, als er bei viel härteren Prüfungen gezeigt hatte. Dem Inhalte
+nach aber konnte nichts geschickter entworfen sein, als dieses
+denkwürdige Actenstück. Man verwahrte sich entschieden gegen alle
+Illoyalität und Intoleranz, versicherte dem König, daß die Kirche noch
+immer, wie von jeher, dem Throne treu ergeben sei und daß die Bischöfe
+seiner Zeit am geeigneten Orte als Lords des Parlaments und als
+Mitglieder des Oberhauses der Convocation beweisen wurden, wie es ihnen
+keineswegs an humaner Rücksicht auf die Gewissensbedenken der Dissenters
+fehle. Aber das Parlament habe sowohl unter der vorigen wie unter der
+gegenwärtigen Regierung ausgesprochen, daß der Souverain nach der
+Verfassung nicht berechtigt sei, in kirchlichen Angelegenheiten von
+Gesetzen zu dispensiren. Deshalb sei die Erklärung gesetzwidrig und
+Klugheit, Ehre und Gewissen gestatte den Petenten nicht, sich bei der
+feierlichen Veröffentlichung einer ungesetzlichen Erklärung im Hause
+Gottes und während der Zeit des Gottesdienstes zu betheiligen.
+
+Diese Petition wurde von dem Erzbischof und sechs seiner Suffraganen,
+Lloyd von St. Asaph, Turner von Ely, Lake von Chichester, Ken von Bath
+und Wells, White von Peterborough und Trelawney von Bristol,
+unterzeichnet. Der Bischof von London unterzeichnete nicht mit, weil er
+suspendirt war.
+
+
+[_Die Petition der sieben Bischöfe dem Könige überreicht._] Es war spät
+am Freitag Abend, und am Sonntag Morgen sollte die Erklärung in den
+Kirchen von London verlesen werden. Die Petition mußte daher dem Könige
+unverweilt überreicht werden. Die sechs Bischöfe brachen sofort nach
+Whitehall auf; der Erzbischof, dem schon seit geraumer Zeit der Zutritt
+bei Hofe untersagt war, begleitete sie nicht. Lloyd ließ seine fünf
+Collegen im Hause des Lord Dartmouth in der Nähe des Palastes zurück,
+begab sich zu Sunderland und bat den Minister, die Petition zu lesen und
+sich zu erkundigen, wann der König geneigt sein werde, sie in Empfang zu
+nehmen. Sunderland wollte, aus Furcht sich zu compromittiren, die
+Petition gar nicht ansehen, begab sich aber sogleich ins königliche
+Kabinet. Jakob befahl, die Bischöfe vorzulassen. Er hatte von seinem
+Spion Cartwright erfahren, daß sie wohl geneigt wären, dem königlichen
+Befehle zu gehorchen, aber einige kleine Änderungen in der Form
+wünschten und eine unterthänige Bitte in diesem Sinne vorlegen wollten.
+Seine Majestät war daher sehr gut gelaunt. Als die Prälaten vor ihm
+knieten, bat er sie freundlich, aufzustehen, nahm das Papier, aus
+Lloyd’s Händen und sagte: „Das ist Mylord Canterbury’s Hand.“ -- „Ja,
+Sire, seine eigene Hand,“ war die Antwort. Jakob las die Petition, brach
+sie dann zusammen und sprach, während seine Stirn sich verfinsterte:
+„Dies ist eine große Überraschung für mich. Ich hätte dies von Ihrer
+Kirche, insbesondere von einigen unter Ihnen, nicht erwartet. Das heißt
+die Fahne des Aufruhrs aufpflanzen.“ Die Bischöfe ergossen sich in die
+wärmsten Versicherungen ihrer Loyalität; der König aber wiederholte
+seiner Gewohnheit nach die gesprochenen Worte von Anfang bis zu Ende.
+„Ich sage Ihnen, es ist eine Fahne des Aufruhrs!“ -- „Des Aufruhrs?“
+rief Trelawney auf die Knie fallend. „Um des Himmels willen, Sire,
+sprechen Sie nicht so hart von uns. Ein Trelawney kann nie ein Rebell
+werden. Erinnern Sie Sich, daß meine Familie für die Krone gekämpft hat,
+erinnern Sie Sich, wie ich Eurer Majestät gedient habe, als Monmouth im
+Westen war.“ -- „Wir haben den letzten Aufstand unterdrückt,“ sagte
+Lake, „und wollen gewiß nicht einen neuen hervorrufen.“ -- „Wir,
+Rebellen!“ rief Turner; „wir sind bereit, zu den Füßen Eurer Majestät zu
+sterben.“ -- „Sire,“ hob jetzt Ken in einem männlicheren Tone an, „ich
+hoffe, Sie werden uns die Gewissensfreiheit zugestehen, die Sie
+Jedermann gewähren.“ Jakob aber wiederholte abermals: „Das ist Aufruhr!
+das ist eine Fahne des Aufruhrs! Hat jemals ein guter Diener der
+Staatskirche das Dispensationsrecht in Frage gestellt? Haben nicht
+einige von Ihnen zu Gunsten desselben gepredigt und geschrieben? Ich
+will durchaus, daß meine Erklärung verlesen werde!“ -- „Wir haben zwei
+Pflichten zu erfüllen,“ erwiederte Ken, „unsre Pflicht gegen Gott und
+unsre Pflicht gegen Eure Majestät. Wir ehren Sie, aber wir fürchten
+Gott.“ -- „Habe ich das um Sie verdient?“ versetzte der König mit
+wachsendem Zorne; „bin ich nicht stets ein Freund Ihrer Kirche gewesen?
+Ich hätte dies nicht von Ihnen erwartet. Aber ich verlange Gehorsam.
+Meine Erklärung muß verlesen werden. Sie sind die Trompeter des
+Aufruhrs. Was wollen Sie hier? Gehen Sie in Ihre Diöcesen und sorgen Sie
+dafür, daß meinen Befehlen gehorcht wird. Dieses Papier will ich
+behalten. Sie bekommen es nicht zurück. Ich werde Sie, die
+Unterzeichner, nicht vergessen.“ -- „Gottes Wille geschehe,“ sagte Ken.
+-- „Gott hat mir die Dispensationsgewalt verliehen,“ fuhr der König
+fort, „und ich werde sie zu behaupten wissen. Ich sage Ihnen, es sind
+noch Siebentausend in Ihrer Kirche, die das Knie nicht vor dem Baal
+gebeugt haben.“ Die Bischöfe entfernten sich ehrerbietig[91]. Noch den
+nämlichen Abend erschien die Petition, die sie dem Könige überreicht
+hatten, Wort für Wort, in Druck und wurde in allen Kaffeehäusern
+ausgelegt und in den Straßen zum Verkauf ausgeboten. Allenthalben
+standen die Leute aus den Betten wieder auf und gingen hinunter auf die
+Straße, um zu sehen, was es gab. Man sagte, daß der Drucker binnen
+wenigen Stunden durch dieses Pennyblatt tausend Pfund verdient habe.
+Dies mag übertrieben sein, aber es beweist wenigstens, daß der Absatz
+ungeheuer war. Wie die Petition in die Öffentlichkeit kam, ist noch
+heute ein Geheimniß. Sancroft versicherte, daß er jede erdenkliche
+Vorsicht beobachtet habe und von keinem andren Exemplare wisse, als von
+dem, welches er selbst geschrieben und das der König aus Lloyd’s Händen
+entgegengenommen hatte. Die Wahrhaftigkeit des Erzbischofs ist über alle
+Zweifel erhaben. Nicht unwahrscheinlich aber ist es, daß einige von den
+anwesenden Geistlichen das kurze Schriftstück ihrem Gedächtniß genau
+eingeprägt und es zum Druck befördert hatten. Die vorherrschende Meinung
+war jedoch, daß eine Person aus der nächsten Umgebung des Königs eine
+Indiscretion oder einen Verrath begangen habe[92]. Kaum weniger Aufsehen
+machte ein kurzer, mit großer logischer Schärfe und in kräftiger Sprache
+geschriebener Brief, der im Geheimen gedruckt und an dem nämlichen Tage
+durch die Post und durch die gewöhnlichen Botenfuhrleute verbreitet
+wurde. Jedem Geistlichen im ganzen Lande wurde ein Exemplar zugesandt.
+Der Verfasser versuchte es nicht, die Gefahr zu verhehlen, der sich
+Diejenigen aussetzten, welche dem königlichen Befehle nicht gehorchten;
+aber er schilderte mit lebhaften Farben die noch größere Gefahr der
+Unterwerfung. „Wenn wir die Erklärung verlesen,“ sagte er, „so fallen
+wir, um uns nicht wieder zu erheben. Und wir werden nicht bedauert,
+sondern nur verachtet werden; wir fallen unter den Verwünschungen einer
+Nation, die unsre Willfährigkeit ins Verderben gestürzt hat.“ Einige
+waren der Meinung, die Schrift sei aus Holland herübergekommen, Andere
+schrieben sie Sherlock zu. Aber Prideaux, Dechant von Norwich, der bei
+der Verbreitung besonders thätig war, hielt sie für das Werk Halifax’.
+
+Das Verfahren der Prälaten fand allgemeinen und lebhaften Beifall; aber
+hier und da ließ sich auch ein Murren vornehmen. Man sagte, daß so
+ernste Männer, wenn ihr Gewissen ihnen geboten hätte, beim Könige zu
+remonstriren, dies früher hätten thun sollen. Wäre es recht gegen ihn
+gehandelt, daß sie ihn bis sechsunddreißig Stunden vor der zur Verlesung
+der Erklärung festgesetzten Zeit im Dunkeln ließen? Selbst wenn er den
+Geheimrathsbefehl hätte zurücknehmen wollen, wäre es dazu zu spät
+gewesen. Aus dem Allen scheine hervorzugehen, daß die Petition nicht den
+Zweck gehabt habe, den König andren Sinnes zu machen, sondern nur die
+Unzufriedenheit des Volks zu erregen[93]. Diese Beschwerden waren jedoch
+völlig grundlos. Der König hatte den Bischöfen einen neuen, unerwarteten
+und in Verlegenheit setzenden Befehl gegeben. Es war ihre Pflicht, mit
+einander in Vernehmen zu treten und so weit als möglich die Ansicht des
+Standes, dessen Oberhäupter sie waren, einzuholen, ehe sie irgend einen
+Schritt thaten. Die Mitglieder waren im ganzen Lande zerstreut, einige
+waren eine volle Tagereise von einander entfernt. Jakob hatte ihnen nur
+vierzehn Tage Zeit gelassen, um sich zu erkundigen, zu berathschlagen
+und einen Entschluß zu fassen, und er konnte sich gewiß nicht darüber
+beklagen, daß diese vierzehn Tage zu Ende gingen, bevor er ihren
+Entschluß erfuhr. Ebenso ist es auch nicht wahr, daß sie ihm nicht Zeit
+ließen, seinen Befehl zurückzunehmen, wenn er hätte so klug sein wollen,
+dies zu thun. Er hätte am Samstag Morgen den Geheimen Rath
+zusammenberufen können und vor dem Abend konnte es in ganz London und
+dessen Vorstädten bekannt sein, daß er den Bitten der Väter der Kirche
+nachgegeben. Der Samstag ging jedoch ohne ein Zeichen von Sinnesänderung
+seitens der Regierung vorüber und der Sonntag kam heran, ein Tag, dessen
+man sich noch lange erinnerte.
+
+ [Anmerkung 91: Sancroft’s Bericht aus Tanner’s Handschriften
+ abgedruckt; Citters, 22. Mai (1. Juni) 1688.]
+
+ [Anmerkung 92: +Burnet, I. 741+; +Revolution Politics+; +Higgins’s
+ Short View.+]
+
+ [Anmerkung 93: +Clarke’s Life of James the Second, II. 155.+]
+
+
+[_Die londoner Geistlichkeit gehorcht dem königlichen Befehle nicht._]
+In der City und den Vorstädten Londons gab es ungefähr hundert
+Pfarrkirchen. Nur in vier derselben wurde der Geheimrathsbefehl befolgt.
+In der St. Gregorskirche wurde die Erklärung von einem Geistlichen,
+Namens Martin, verlesen. Sobald er die ersten Worte sprach, stand die
+ganze Gemeinde auf und entfernte sich. In der St. Matthäuskirche in
+Friday Street wurde ein Elender, Namens Timotheus Hall, der seinen
+Priesterrock geschändet, indem er der Herzogin von Portsmouth bei dem
+Handel mit Begnadigungen als Zwischenträger gedient und der jetzt
+Hoffnung auf das erledigte Bisthum Oxford hatte, ebenfalls von seiner
+Gemeinde in der Kirche allein gelassen. In Serjeant’s Inn, in Chancery
+Lane, gab der Geistliche vor, er habe vergessen, ein Exemplar der
+Erklärung mitzubringen, und der Oberrichter der Kings Bench, welcher
+anwesend war, um darauf zu sehen, daß dem königlichen Befehle gehorcht
+werde, mußte sich mit dieser Entschuldigung begnügen. Samuel Wesley, der
+Vater Johann’s und Karl’s Wesley, Pfarrer in London, wählte an diesem
+Sonntage zum Text seiner Predigt die edle Antwort, welche die drei Juden
+dem chaldäischen Tyrannen gaben: „So sollst Du nun wissen, o König, daß
+wir Deine Götter nicht ehren, noch das güldene Bild, das Du hast setzen
+lassen, anbeten wollen.“ Selbst in der Kapelle des St. Jamespalastes
+hatte der dienstthuende Geistliche den Muth, dem Befehle nicht zu
+gehorchen. Die Knaben von Westminster erinnerten sich noch lange dessen,
+was an jenem Tage in der Abtei vorging. Sprat, Bischof von Rochester,
+fungirte hier als Dechant. Sobald er die Erklärung zu verlesen begann,
+übertäubte das Murren und das Geräusch des sich aus der Kirche
+drängenden Volks seine Stimme. Er zitterte so heftig, daß man das Papier
+in seiner Hand sich bewegen sah. Lange bevor er geendet hatte, war die
+Kirche von Allen verlassen, bis auf Diejenigen, die ihre Stellung zum
+Bleiben nöthigte.[94]
+
+Noch nie war die Kirche der Nation so theuer gewesen, als an jenem
+Nachmittage. Der Geist der Zwietracht schien erloschen zu sein. Baxter
+hielt auf der Kanzel eine Lobrede auf die Bischöfe und die Pfarrer.
+Wenige Stunden später schrieb der holländische Gesandte an die
+Generalstaaten, daß die anglikanische Geistlichkeit in der Achtung des
+Publikums unglaublich gestiegen sei. Die Nonconformisten, sagte er,
+sprächen sich allgemein dahin aus, daß sie lieber unter dem Drucke der
+Strafgesetze bleiben, als ihre Sache von der der Prälaten trennen
+wollten.[95]
+
+So verging noch eine Woche ängstlicher Aufregung, und der zweite Sonntag
+kam heran. Abermals waren die Kirchen der Hauptstadt mit
+Hunderttausenden gefüllt. Die Erklärung wurde nirgends anderwärts
+verlesen, als an den wenigen Orten, wo sie vor acht Tagen verlesen
+worden war. Der Geistliche, der in der Kapelle des St. Jamespalastes
+gepredigt hatte, war seines Amtes entsetzt worden und es erschien ein
+servilerer Geistlicher mit dem Papier in der Hand; aber er war so
+befangen, daß er nicht vernehmlich sprechen konnte. Die Stimmung der
+ganzen Nation hatte sich in der That so gestaltet, daß nur die besten
+und hochherzigsten, oder die schlechtesten und characterlosesten
+Menschen ihr ohne große Angst die Stirn bieten konnten.[96]
+
+ [Anmerkung 94: Citters; 22. Mai (1. Juni) 1688; +Burnet+, I. 740
+ und Lord Dartmouth’s Note; +Southey’s Life of Wesley+.]
+
+ [Anmerkung 95: Citters, 22. Mai (1. Juni) 1688.]
+
+ [Anmerkung 96: +Ibid.+ 29. Mai (8. Juni) 1688.]
+
+
+[_Unschlüssigkeit der Regierung._] Selbst der König war einen Augenblick
+bestürzt über die Heftigkeit des von ihm heraufbeschworenen Sturmes. Was
+sollte er nun zunächst thun? Er mußte entweder vorwärts oder rückwärts
+gehen, und ersteres konnte er nicht ohne Gefahr, letzteres nicht ohne
+Demüthigung. Einmal nahm er sich vor, einen neuen Befehl zu erlassen,
+durch den er der Geistlichkeit in hochmüthigem und zornigem Tone gebot,
+seine Erklärung zu verlesen, und jedem Widerspenstigen mit
+augenblicklicher Amtsentsetzung drohte. Dieser Befehl wurde zu Papier
+gebracht und in die Druckerei geschickt, dann zurückgeholt, dann zum
+zweitenmal in die Druckerei geschickt und noch einmal zurückgeholt.[97]
+Zu einem andren Plane riethen einige von Denen, welche für strenge
+Maßregeln waren. Sie meinten, die Prälaten, welche die Petition
+unterzeichnet hatten, könnten ja vor die kirchliche Commission citirt
+und ihrer Bischofssitze beraubt werden. Gegen dieses Verfahren aber
+wurden im Staatsrathe energische Einwendungen erhoben. Man habe
+angekündigt, daß die Kammern noch vor Ende des Jahres einberufen werden
+sollten und die Lords würden das Absetzungsurtel unzweifelhaft für null
+und nichtig erklären, auf der Einberufung Sancroft’s und seiner
+Mitpetenten bestehen und sich weigern, einen neuen Erzbischof von
+Canterbury oder einen neuen Bischof von Bath und Wells anzuerkennen. So
+würde die Session, die aller Wahrscheinlichkeit nach im günstigen Falle
+immer noch sehr stürmisch werden würde, sogleich mit einem erbitterten
+Streite zwischen der Krone und den Peers beginnen. Wenn daher eine
+Bestrafung der Bischöfe für nöthig gehalten würde, so müßte dieselbe
+nach dem bekannten Gange des englischen Rechtsverfahrens über sie
+verhängt werden. Sunderland hatte sich von Anfang an, soweit er es ohne
+Gefahr wagen konnte, dem Geheimrathsbefehl widersetzt. Jetzt rieth er zu
+einem Verfahren, das zwar nicht frei von Nachtheilen, aber doch das
+klügste und würdigste war, welches der Regierung nach einer Reihe von
+Fehlgriffen noch offen stand. Der König solle mit Huld und Majestät der
+Welt ankündigen, daß das ungehorsame Benehmen der anglikanischen Kirche
+ihn tief verletzt habe, daß er aber die vielen Dienste nicht vergessen
+könne, die diese Kirche in schweren Prüfungszeiten seinem Vater, seinem
+Bruder und ihm selbst geleistet; daß er als Freund der Gewissensfreiheit
+nicht streng gegen Männer verfahren wolle, deren allerdings
+irregeleitetes und über alle Maßen bedenkliches Gewissen ihnen nicht
+erlaubt habe, seinen Befehlen zu gehorchen, und daß er daher die
+Schuldigen der Strafe überlassen werde, die ihre eigne Überzeugung ihnen
+zuerkennen müsse, wenn sie ihre neuesten Schritte mit den loyalen
+Grundsätzen verglichen, deren sie sich so laut gerühmt hätten. Nicht
+allein Powis und Bellasyse, welche stets für gemäßigte Beschlüsse waren,
+sondern selbst Dover und Arundell neigten sich zu diesem Vorschlage hin.
+Jeffreys dagegen behauptete, daß die Regierung entehrt sein würde, wenn
+sie solche Verbrecher, wie die sieben Bischöfe, mit einem bloßen
+Verweise davon kommen ließe. Er wünschte jedoch nicht, daß sie vor die
+Hohe Commission, in welcher er als erster oder vielmehr einziger Richter
+saß, geladen würden, denn die Last des öffentlichen Hasses, die er
+bereits zu tragen hatte, war selbst für seine schamlose Stirn und sein
+verknöchertes Herz zu groß, und er erschrak vor der Verantwortlichkeit,
+die er durch eine gesetzwidrige Verurtheilung der Oberhäupter der
+Staatskirche und der Lieblinge des Volkes auf sich geladen haben würde.
+
+ [Anmerkung 97: +Ibid.+]
+
+
+[_Es wird eine gerichtliche Verfolgung der Bischöfe wegen Libells
+beschlossen._] Jeffreys empfahl deshalb einen Criminalprozeß gegen sie
+anhängig zu machen. In Folge dessen wurde beschlossen, den Erzbischof
+und die sechs anderen Bittsteller unter der Anklage auf Abfassung eines
+aufrührerischen Libells vor den Gerichtshof der Kings Bench zu stellen.
+Daß sie für schuldig befunden werden würden, daran war kaum zu zweifeln,
+denn die Richter und ihre Unterbeamten waren Werkzeuge des Hofes.
+Seitdem der Hauptstadt ihr alter Freibrief entzogen worden, war kaum ein
+Gefangener, den die Regierung bestraft wissen wollte, von einer Jury
+freigesprochen worden. Die widerspenstigen Prälaten wurden höchst
+wahrscheinlich zu unerschwinglichen Geldbußen und langer Haft
+verurtheilt und waren dann froh, wenn sie sich dadurch loskaufen
+konnten, daß sie in und außer dem Parlament den Absichten des Königs
+dienten.[98]
+
+Am 27. Mai wurde den Bischöfen angekündigt, daß sie am 8. Juni vor dem
+Könige im Geheimen Rathe erscheinen sollten. Warum eine so lange Frist
+gestattet wurde, ist uns nicht bekannt. Vielleicht hoffte Jakob, daß
+einige der Schuldigen sich aus Furcht vor seiner Ungnade bis zu dem zum
+Verlesen der Erklärung bestimmten Tage noch fügen und, um sich mit ihm
+auszusöhnen, die Geistlichen ihrer Diöcesen zum Gehorsam überreden
+würden. Wenn dies wirklich seine Hoffnung war, so wurde sie vollständig
+getäuscht. Der 3. Juni kam und alle Theile Englands folgten dem
+Beispiele der Hauptstadt. Die Bischöfe von Norwich, Gloucester,
+Salisbury, Winchester und Exeter hatten bereits Abschriften der Petition
+zum Beweis ihrer Zustimmung unterzeichnet; der Bischof von Worcester
+hatte sich geweigert, die Erklärung unter seine Geistlichen zu
+vertheilen; der Bischof von Hereford hatte sie vertheilt, wurde aber,
+wie allgemein bekannt war, deshalb von Reue und Scham gequält. Von
+fünfzig Pfarrern fügte sich noch nicht einer dem Geheimrathsbefehl. In
+der großen Diöcese Chester, welche die Grafschaft Lancaster umfaßt,
+konnte Cartwright nicht mehr als drei Geistliche zum Gehorsam gegen den
+König bewegen. Die Diöcese Norwich enthält viele hundert Pfarreien, und
+nur in vieren davon wurde die Erklärung verlesen. Dem höfischen Bischof
+von Rochester gelang es nicht, die Gewissensscrupel des
+Gefängnißpredigers von Chatham, der von der Regierung besoldet wurde, zu
+heben. Es existirt noch ein rührender Brief, den dieser wackere
+Geistliche an den Sekretär der Admiralität schrieb. „Ich kann wohl nicht
+erwarten,“ schrieb er darin, „daß Euer Ehren sich für mich verwenden.
+Der Wille Gottes geschehe. Ich will lieber leiden, als sündigen“[99].
+
+ [Anmerkung 98: Barillon, 24. Mai (3. Juni), 31. Mai (10. Juni)
+ 1688; Citters, 1.(11.) Juli; Adda 25. Mai (4. Juni), 30. Mai (9.
+ Juni), 1.(11.) Juni; +Clarke’s Life of James the Second, II.
+ 158+.]
+
+ [Anmerkung 99: +Burnet, I. 740+; +Life of Prideaux+; Citters,
+ 12.(22.), 15.(25.) Juni 1688; +Tanner MS.+; +Life and
+ Correspondence of Pepys+.]
+
+
+[_Sie werden im Geheimen Rathe verhört._] Am Abend des 8. Juni begaben
+sich die sieben Prälaten, von den ausgezeichnetsten Rechtsgelehrten
+Englands gehörig instruirt, in den Palast, wo sie alsbald in das
+Geheimrathszimmer gerufen wurden. Ihre Petition lag auf dem Tische. Der
+Kanzler nahm das Papier, zeigte es dem Erzbischofe und sagte: „Ist dies
+die Schrift, die Euer Gnaden aufgesetzt und welche die hier anwesenden
+Bischöfe Seiner Majestät überreicht haben?“ Sancroft warf einen Blick
+auf das Papier und sagte dann zum Könige: „Sire, ich stehe hier als
+Angeklagter. Ich war dies noch nie und hätte früher nicht geglaubt, daß
+ich es je einmal werden könnte. Am allerwenigsten aber habe ich daran
+gedacht, daß mir ein Vergehen gegen meinen König zur Last gelegt werden
+könnte. Da ich aber das Unglück habe, in diese Lage gekommen zu sein, so
+wird Eure Majestät es mir nicht übel nehmen, wenn ich von dem mir
+gesetzlich zustehenden Rechte Gebrauch mache, nichts zu sagen, was mich
+als schuldig erscheinen lassen könnte.“ -- „Dies ist bloße Chikane,“
+erwiederte der König. „Euer Gnaden werden hoffentlich nicht so
+gewissenlos sein, daß Sie Ihre eigne Hand verleugnen?“ -- „Sire,“ sagte
+Lloyd, der die Casuistik gründlich studirt hatte, „alle Theologen
+stimmen darin überein, daß Jemand, der sich in unsrer Lage befindet, die
+Antwort auf eine solche Frage verweigern darf.“ Der König, der eben so
+beschränkten Verstandes, als heftigen Temperamentes war, wußte nicht
+sogleich was der Prälat meinte. Er beharrte jedoch auf seinem Verlangen
+und gerieth in sichtbaren Zorn. „Sire,“ hob der Erzbischof wieder an,
+„ich bin nicht verpflichtet, mich selbst anzuklagen. Dessenungeachtet
+will ich, wenn Eure Majestät es durchaus befiehlt, eine Antwort geben,
+in dem Vertrauen, daß ein gerechter und edelsinniger Fürst das was ich
+lediglich aus Gehorsam gegen Höchstdessen Befehl thue, nicht als
+Rechtsbeweis gegen mich anwenden lassen wird.“ -- „Sie dürfen mit Ihrem
+Souverain nicht kapituliren,“ sagte der Kanzler. „Nein,“ setzte der
+König hinzu, „ich werde einen solchen Befehl nicht geben. Wenn Sie es
+vorziehen, Ihre eigenen Handschriften abzuleugnen, so habe ich Ihnen
+nichts mehr zu sagen.“
+
+Die Bischöfe wurden zu wiederholten Malen ins Vorzimmer hinausgeschickt
+und eben so oft wieder hereingerufen. Endlich gab ihnen Jakob den
+bestimmten Befehl, auf die Frage zu antworten. Er verpflichtete sich
+allerdings nicht ausdrücklich dazu, daß ihr Geständniß nicht gegen sie
+angewendet werden sollte; aber nach dem was vorausgegangen war, mußten
+sie natürlich annehmen, daß diese Zusage selbstverständlich mit in dem
+Befehle enthalten sei. Sancroft erkannte seine Handschrift an, und seine
+Collegen folgten seinem Beispiele. Hierauf wurden sie über den Sinn
+einiger in der Petition vorkommenden Worte und über den Brief befragt,
+der im ganzen Lande verbreitet worden war und so großes Aufsehen gemacht
+hatte; aber ihre Antworten waren so vorsichtig, daß durch das Verhör
+nichts gewonnen wurde. Der Kanzler sagte ihnen nun, daß eine
+Criminaluntersuchung bei der Kings Bench gegen sie eingeleitet werden
+würde und forderte sie auf, sich wegen ihres Erscheinens jeder für seine
+eigne Person zu verpflichten. Dies lehnten sie aber ab. Sie seien Peers
+des Reiches, sagten sie, die besten Rechtsgelehrten von Westminster Hall
+hätten ihnen gesagt, daß keinem Peer in einer Untersuchung wegen Libells
+persönliche Bürgschaft angesonnen werden könne, und sie hielten sich
+nicht für berechtigt, auf eines ihrer Standesvorrechte zu verzichten.
+Der König war einfältig genug, es als eine persönliche Beleidigung gegen
+sich zu betrachten, daß die Bischöfe in einer Rechtsfrage sich durch
+juristischen Rath leiten ließen. „Sie glauben ja auch jedem Andren eher
+als mir,“ sagte er. Er fühlte sich ernstlich gedemüthigt und beunruhigt,
+denn er war so weit gegangen, daß ihm, wenn sie auf ihrem Vorsatze
+beharrten, nichts Andres übrig blieb, als sie in’s Gefängniß zu
+schicken, und wenn er auch keineswegs _alle_ Folgen eines solchen
+Schrittes voraussah, so sah er doch so viel davon voraus, daß ihm bange
+wurde. Sie blieben fest. Es wurde daher wirklich ein Befehl
+ausgefertigt, welcher den Gouverneur des Tower anwies, sie in sicherem
+Gewahrsam zu halten und eine Barke brachte sie den Fluß hinunter nach
+dem Staatsgefängnisse.[100]
+
+Ganz London wußte, daß die Bischöfe vor dem Geheimen Rathe standen. Das
+Publikum war in gespannter Erwartung. Eine große Menschenmenge füllte
+die Höfe von Whitehall und alle umliegenden Straßen. Viele Leute
+pflegten sich damals an Sommerabenden an der kühlen Themseluft zu
+erlaben; an diesem Abend aber war der ganze Fluß mit Böten bedeckt. Als
+die sieben Bischöfe in Begleitung einer Wache erschienen, konnte das
+Volk seine Gefühle nicht mehr beherrschen. Tausende fielen auf die Knie
+und beteten laut für die Männer, welche mit dem christlichen Muthe eines
+Ridley und Latimer einem von der ganzen Bigotterie der Maria erfüllten
+Tyrannen Trotz geboten hatten. Viele sprangen in den Fluß und riefen,
+bis über den Hüften in Schlamm und Wasser stehend, die heiligen Väter um
+ihren Segen an. Auf der ganzen Strecke von Whitehall bis zur
+London-Brücke fuhr die königliche Barke zwischen Reihen von Böten, aus
+denen beständig der Ruf: „Gott segne Eure Lordschaften!“ ertönte. Der
+König gab in seiner Angst Befehl, daß die Besatzung des Tower verstärkt,
+die Garden zum Feuern bereit gehalten und zwei Compagnien von jedem
+Regiment im ganzen Reiche unverzüglich nach London berufen werden
+sollten. Die Militairmacht aber, die er als das zuverlässigste Werkzeug
+zur Bändigung des Volkes ansah, theilte alle Gefühle desselben. Selbst
+die Schildwachen, welche am Verrätherthore unter Waffen standen, baten
+die Märtyrer, die sie bewachen sollten, um ihren Segen. Der Gouverneur
+des Tower war Sir Eduard Hales. Er war nicht eben geneigt, seine
+Gefangenen freundlich zu behandeln, denn er war von der Kirche, für die
+sie litten, abgefallen und bekleidete kraft der Dispensationsgewalt,
+gegen die sie protestirt hatten, mehrere einträgliche Stellen. Mit
+Entrüstung vernahm er, daß seine Soldaten auf das Wohl der Bischöfe
+tranken, und er befahl seinen Offizieren, dies ein für allemal zu
+verbieten; aber diese brachten ihm die Meldung, daß es sich nicht mehr
+verhindern lasse und daß in der ganzen Besatzung keine andre Gesundheit
+mehr ausgebracht werde. Übrigens bewiesen die Truppen ihre Verehrung für
+die Väter der Kirche nicht allein durch Toaste. Im ganzen Tower
+herrschte eine so andächtige Stimmung, daß fromme Geistliche dem Himmel
+dankten, daß er aus Bösem Gutes hervorgehen ließe und die Verfolgung
+seiner treuen Diener zum Rettungsmittel für viele Seelen machte. Tag für
+Tag sah man die Equipagen und Livreen der vornehmsten Kavaliere Englands
+vor den Eingängen des Gefängnisses, und Tausende von Zuschauern aus den
+bürgerlichen Klassen bedeckten fortwährend Towerhill.[101] Von den
+verschiedenen Zeichen der öffentlichen Verehrung und Theilnahme für die
+Prälaten erfüllte aber namentlich eines mehr als alle anderen den König
+mit Zorn und Besorgniß. Er erfuhr, daß eine Deputation von zehn
+nonconformistischen Geistlichen die Bischöfe im Tower besucht hatte. Er
+ließ vier von ihnen zu sich entbieten und machte ihnen persönlich
+heftige Vorwürfe; sie aber antworteten ihm muthig, daß sie es für ihre
+Pflicht hielten, vergangene Streitigkeiten zu vergessen und zu den
+Männern zu stehen, welche die Träger des protestantischen Glaubens
+seien.[102]
+
+ [Anmerkung 100: Sancroft’s Bericht, abgedruckt aus Tanner’s
+ Handschriften.]
+
+ [Anmerkung 101: +Burnet, I. 741+; Citters, 8.(18.), 12.(22.) Juni
+ 1688; +Luttrell’s Diary, June 8+; +Evelyn’s Diary+, Brief von
+ +Dr.+ Ralson an seine Gattin vom 14. Juni abgedruckt aus Tanner’s
+ Handschriften; +Reresby’s Memoirs+.]
+
+ [Anmerkung 102: +Reresby’s Memoirs+.]
+
+
+[_Geburt des Prätendenten._] Kaum hatten sich die Thore des Tower hinter
+den Gefangenen geschlossen, so trat ein Ereigniß ein, welches die
+allgemeine Aufregung noch vermehrte. Es war angekündigt worden, daß die
+Königin erst im Juli ihre Entbindung erwarte. Den Tag nach dem Verhöre
+der Bischöfe aber bemerkte man, daß der König sich angelegentlich nach
+ihrem Befinden erkundigte. Sie saß jedoch diesen Abend noch bis gegen
+Mitternacht in Whitehall am Spieltisch. Dann aber wurde sie in einer
+Sänfte in den St. Jamespalast gebracht, wo in aller Eil Zimmer für sie
+eingerichtet worden waren. Bald darauf eilten Boten nach allen
+Richtungen hin, um Ärzte und Priester, Staatsräthe und Kammerdamen
+herbeizuholen. Binnen wenigen Stunden waren eine Menge Staatsbeamte und
+vornehme Damen im Zimmer der Königin versammelt, und hier wurde am
+Morgen des 10. Juni, einem Sonntage, der von den allzutreuen Freunden
+einer schlechten Sache lange in Ehren gehalten wurde, der unglücklichste
+aller Fürsten geboren, bestimmt zu siebenundsiebzig Jahren der
+Verbannung und des Umherirrens, zu einem Leben voll eitler Pläne, voll
+Ehrenbezeigungen, welche kränkender sind als offene Beleidigungen, und
+voll Hoffnungen, die das Herz vor Gram vergehen lassen.
+
+
+[_Man hält ihn allgemein für untergeschoben._] Die traurigen Schicksale
+des armen Kindes begannen schon vor seiner Geburt. Die Nation über
+welche er nach der gewöhnlichen Erbfolgeordnung einst regiert haben
+würde, war fest überzeugt, daß seine Mutter gar nicht schwanger sei.
+Wäre seine Geburt auch durch noch so viele Zeugen bewiesen worden,
+ein großer Theil des Volks würde trotzdem wahrscheinlich bei der
+Behauptung geblieben sein, daß die Jesuiten ein geschicktes
+Taschenspielerkunststück ausgeführt hätten; der Beweis für die Thatsache
+ließ aber, theils durch Zufall, theils durch grobe Versehen manchen
+Einwürfen und Zweifeln Raum. Es waren zwar viele Personen beiderlei
+Geschlechts im königlichen Schlafgemache anwesend, als das Kind das
+Licht der Welt erblickte, aber keine von ihnen erfreute sich des
+öffentlichen Vertrauens im besonderen Grade. Von den anwesenden
+Geheimräthen waren die Hälfte Katholiken und die, welche sich
+Protestanten nannten, galten allgemein für Verräther an Gott und
+Vaterland. Unter den Kammerdamen befanden sich viele Französinnen,
+Italienerinnen und Portugiesinnen, und von den englischen Damen waren
+einige selbst Papistinnen, andere die Gattinnen von Papisten. Mehrere
+Personen, welche vorzugsweise hätten anwesend sein sollen, und deren
+Zeugniß allen Verständigen genügt haben würde, fehlten und man legte die
+Schuld an ihrer Abwesenheit dem Könige zur Last. Die Prinzessin Anna war
+von allen Bewohnern der ganzen Insel am meisten bei der Sache
+interessirt. Ihr Geschlecht und ihre Erfahrung berechtigte sie, als
+Wächterin des Geburtsrechts ihrer Schwester und ihres eigenen
+aufzutreten. Sie hatte starken Verdacht geschöpft, in welchem sie
+täglich durch geringfügige oder imaginäre Umstände bestärkt wurde. Es
+schien ihr, als ob die Königin geflissentlich ihren Fragen auswiche und
+sie schrieb diese Zurückhaltung, welche vielleicht im Zartgefühl ihren
+Grund hatte, dem Schuldbewußtsein zu.[103] In Folge dessen hatte Anna
+sich vorgenommen, an dem entscheidenden Tage anwesend zu sein und ein
+scharfes Auge zu haben. Sie hatte es aber nicht für nöthig gehalten,
+schon einen Monat vor diesem Tage auf ihrem Posten zu sein, sondern war
+mit Bewilligung und angeblich auf Anrathen ihres Vaters nach Bath
+gereist, um dort eine Brunnenkur zu gebrauchen. Sancroft, dessen hohe
+Stellung ihm die Pflicht auferlegte, anwesend zu sein, und in dessen
+Rechtschaffenheit die Nation volles Vertrauen setzte, war einige Stunden
+vorher von Jakob in den Tower geschickt worden. Die Hyde waren die
+geeigneten Beschützer der Rechte beider Prinzessinnen. Der holländische
+Gesandte konnte als der Vertreter Wilhelm’s betrachtet werden, der als
+der erste Prinz von Geblüt und als Gemahl der ältesten Tochter des
+Königs das größte Interesse an dem Ereignisse hatte. Jakob aber dachte
+nicht daran, ein männliches oder weibliches Mitglied der Familie Hyde
+herbeizurufen und eben so wenig wurde der holländische Gesandte
+zugezogen.
+
+Die Nachwelt hat den König von dem Betrug, dessen sein Volk ihn
+beschuldigte, vollkommen freigesprochen. Unmöglich aber kann man ihn von
+der Thorheit und Verkehrtheit freisprechen, welche den Irrthum seiner
+Zeitgenossen erklären und entschuldigen. Er wußte recht gut, welche
+argwöhnischen Vermuthungen man im Publikum hegte,[104] und er hätte eben
+so gut wissen können, daß dieser Argwohn nicht durch das Zeugniß von
+Mitgliedern der römischen Kirche oder solchen Personen zerstreut werden
+konnte, die sich zwar Mitglieder der anglikanischen Kirche nannten, aber
+sich ganz bereit gezeigt hatten, die Interessen dieser Kirche zu opfern,
+um seine Gunst zu gewinnen. Daß der Eintritt des Ereignisses ihn vor der
+erwarteten Zeit überraschte, ist wahr, aber er hatte immerhin zwölf
+Stunden vor sich, um seine Anordnungen zu treffen. So gut als er den St.
+Jamespalast mit Bigotten und Schmarotzern füllen konnte, deren Wort die
+Nation nicht traute, eben so gut hätte er auch für die Anwesenheit
+einiger angesehenen Personen sorgen können, deren treue Anhänglichkeit
+an die Prinzessinnen und an die Landeskirche außer Zweifel stand.
+
+Zu einer späteren Zeit, als er für seine tollkühne Verachtung der
+öffentlichen Meinung schwer gebüßt hatte, pflegte man in Saint-Germain
+ihn dadurch zu entschuldigen, daß man die Schuld auf Andere wälzte.
+Einige Jakobiten behaupteten, Anna habe sich absichtlich fern gehalten,
+ja sie scheuten sich nicht zu sagen, Sancroft habe den König
+herausgefordert, ihn in den Tower zu schicken, damit das Zeugniß,
+welches die Verleumdungen der Unzufriedenen widerlegen konnte,
+mangelhaft wäre.[105] Die Abgeschmacktheit dieser Beschuldigung ist
+handgreiflich. Konnte Anna oder Sancroft vermuthen, daß die Königin sich
+in ihrer Berechnung um einen ganzen Monat geirrt hatte? Wäre ihre
+Berechnung richtig gewesen, so würde Anna gewiß, um der Entbindung
+beiwohnen zu können, zur rechten Zeit von Bath zurückgekehrt und
+Sancroft nicht im Tower gewesen sein. Jedenfalls aber waren die
+mütterlichen Oheime der Tochter des Königs weder von London entfernt
+noch im Gefängniß. Die nämlichen Boten, welche die ganze Schaar der
+Renegaten, Dover, Peterborough, Murray, Sunderland und Mulgrave,
+herbeiholten, hätten ganz eben so leicht auch Clarendon herbeirufen
+können. Er war so gut Geheimer Rath als sie, und seine Wohnung befand
+sich in Jermyn Street, keine zweihundert Schritt von den Gemächern der
+Königin. Dennoch ließ man es ihn erst in der St. Jameskirche durch die
+Bewegung und das Geflüster der Gemeinde erfahren, daß seine Nichte
+aufgehört hatte, die präsumtive Thronerbin zu sein.[106] Gehörte er etwa
+deshalb nicht in das Entbindungszimmer, weil er ein naher Verwandter der
+Prinzessinnen von Oranien und von Dänemark war, oder weil er
+unerschütterlich treu an der anglikanischen Kirche hing?
+
+Die ganze Nation sprach es laut und offen aus, daß ein Betrug gespielt
+worden sei. Mehre Monate lang hätten die Papisten auf der Kanzel und
+durch die Presse, in Prosa und in Versen, in englischer und in
+lateinischer Sprache prophezeit, daß die Bitten der Kirche erhört und
+ein Prinz von Wales geboren werden würde, und sie hätten jetzt selbst
+ihre Prophezeiung erfüllt. Jeder nicht zu bestechende oder zu
+hintergehende Zeuge sei sorgfältig ausgeschlossen worden. Anna habe man
+arglistigerweise zu einer Reise nach Bath überredet. Der Primas sei
+gerade am Tage vor dem zur Ausführung des Betrugs bestimmten den
+Vorschriften des Gesetzes und der Privilegien der Peers zum Trotz ins
+Gefängniß geworfen worden. Nicht eine einzige männliche oder weibliche
+Person, die das geringste Interesse an der Enthüllung des Betrugs haben
+konnte, sei zugezogen worden. Man habe die Königin plötzlich mitten in
+der Nacht in den St. Jamespalast gebracht, weil dieses Gebäude, für
+unehrliche Zwecke passender eingerichtet als Whitehall, einige für die
+Absichten der Jesuiten vortrefflich geeignete Zimmer und Gänge enthalte.
+Hier sei inmitten eines Kreises von Zeloten, denen nichts, was die
+Interessen ihrer Kirche fördern konnte, ein Verbrechen dünkte, und von
+Höflingen, welche nichts, was zu ihrer Bereicherung und Erhebung
+beitragen konnte, für Sünde hielten, ein neugeborenes Kind ins Bett der
+Königin practicirt und dann triumphirend als Erbe dreier Königreiche
+herumgegeben worden. Durch diesen zwar unbegründeten, aber nicht ganz
+unnatürlichen Verdacht aufgeregt, drängten sich die Leute nur um so
+eifriger danach, den frommen Opfern des Tyrannen zu huldigen, der,
+nachdem er lange seinem Volke das empörendste Unrecht zugefügt, das Maß
+seiner Schändlichkeit voll machte, indem er sich noch empörender an
+seinen eigenen Kindern verging[107].
+
+Der Prinz von Oranien, der selbst keinen Betrug argwöhnte und den
+Zustand der Volksstimmung in England nicht kannte, ordnete Dankgebete
+für seinen kleinen Schwager unter seinem eigenen Dache an und schickte
+Zulestein mit einem förmlichen Beglückwünschungsschreiben nach London.
+Zulestein hörte zu seinem großen Erstaunen Jedermann ganz offen von dem
+schändlichen Betruge sprechen, den die Jesuiten eben begangen haben
+sollten, und erblickte jede Stunde ein neues Pasquill auf die
+Schwangerschaft und die Entbindung der Königin. Er schrieb sehr bald
+nach dem Haag, von zehn Personen glaube nicht eine, daß die Königin
+dieses Kind geboren habe[108].
+
+Das Benehmen der gefangenen Prälaten erhöhte inzwischen die allgemeine
+Theilnahme, die ihre Lage erweckte. Am Abend des „schwarzen Freitags“,
+wie man den Tag ihrer Einkerkerung nannte, kamen sie gerade zur Stunde
+des Gottesdienstes in ihrem Gefängnisse an. Sie begaben sich sogleich in
+die Kapelle. Der Zufall wollte, daß im zweiten Vorlesestück die Worte
+vorkamen: „In allen Dingen lasset uns beweisen als die Diener Gottes in
+großer Geduld und Trübsalen, in Nöthen und Ängsten, in Schlägen, in
+Gefängnissen.“ Alle eifrigen Anhänger der Staatskirche freuten sich
+dieses Zusammentreffens und erinnerten sich, wie ein ganz ähnliches vor
+fast vierzig Jahren Karl I. in seiner Todesstunde getröstet und erhoben
+hatte.
+
+Am Abend des folgenden Tages, Samstag den 9. Juni, kam ein Schreiben von
+Sunderland, welcher dem Kaplan des Tower befahl, am nächsten Morgen beim
+Gottesdienste die Erklärung zu verlesen. Da die in dem Geheimrathsbefehl
+zur Verlesung in London bestimmte Zeit längst verstrichen war, so konnte
+dieses Verfahren der Regierung nur als eine ganz gemeine und kindische
+persönliche Insulte gegen die ehrwürdigen Gefangenen betrachtet werden.
+Der Kaplan weigerte sich zu gehorchen; er wurde sofort entlassen und die
+Kapelle geschlossen[109].
+
+ [Anmerkung 103: Correspondenz zwischen Anna und Marie in
+ Dalrymple; +Clarendon’s Diary Oct. 31. 1688+.]
+
+ [Anmerkung 104: Dies geht aus Clarendon’s Tagebuche vom 31. Oct.
+ 1688 klar hervor.]
+
+ [Anmerkung 105: +Clarke’s Life of James the Second, II. 159.
+ 160.+]
+
+ [Anmerkung 106: +Clarendon’s Diary, June 10. 1688.+]
+
+ [Anmerkung 107: Johnstone giebt in kurzen Worten eine treffliche
+ Übersicht der gegen den König erhobenen Beschuldigungen. „Die
+ große Masse des Volks ist der Meinung, daß Alles ein Betrug sei,
+ denn, sagen sie, die Berechnung treffe nicht zu, die Prinzessin
+ sei entfernt und weder Jemand von der Familie Clarendon noch der
+ holländische Gesandte herbeigerufen worden; dazu komme noch der
+ plötzliche Eintritt des Ereignisses, die Predigten, die Zuversicht
+ der Priester und die Eil.“ -- 13. Juni 1688.]
+
+ [Anmerkung 108: Ronquillo, 26. Juli (5. Aug.). Ronquillo setzt
+ hinzu, daß Zulestein’s Bericht über den Zustand der öffentlichen
+ Meinung vollkommen wahr sei.]
+
+ [Anmerkung 109: Citters, 12.(22.) Juni 1688; +Luttrell’s Diary,
+ June 18.+]
+
+
+[_Die Bischöfe werden vor die Kings Bench gestellt und müssen Bürgschaft
+leisten._] Die Bischöfe erbauten Alle, die sich ihnen näherten, durch
+die Standhaftigkeit und Freudigkeit, mit der sie ihre Haft ertrugen,
+durch die Bescheidenheit und Demuth, mit der sie die Beifallsbezeigungen
+und Segenswünsche der ganzen Nation aufnahmen, und durch die loyale
+Anhänglichkeit, die sie für den Tyrannen, der sie in’s Verderben stürzen
+wollte, an den Tag legten. Am Freitag den 15. Juni, dem ersten
+Sitzungstage der Kings Bench, wurden sie vor diesen Gerichtshof
+gestellt. Eine ungeheure Menschenmenge erwartete ihre Ankunft. Vom
+Landungsplatze bis zur Court of Requests gingen sie durch eine
+Doppelreihe von Zuschauern, welche ihnen Segenswünsche und Beifall
+zuriefen. „Lieben Freunde,“ sagten die Gefangenen im Vorübergehen,
+„ehret den König und gedenket unserer in Euren Gebeten.“ Diese
+demüthigen und frommen Worte rührten Viele bis zu Thränen. Als sich der
+Zug endlich durch das Gedränge einen Weg gebahnt hatte und vor den
+Richtern angekommen war, verlas der Generalfiskal die Anklage, welche er
+auf hohen Befehl ausgearbeitet hatte und stellte den Antrag, daß die
+Beklagten aufgefordert werden sollten, auf die Klage einzugehen. Der
+Vertheidiger wendete dagegen ein, die Bischöfe seien gesetzwidrig
+verhaftet worden, und ihr Erscheinen vor dem Gerichtshofe sei daher
+nicht ordnungsgemäß. Die Frage, ob ein Peer unter einer Anklage wegen
+Libells sein Erscheinen vor Gericht gehörig zu verbürgen habe, wurde
+ausführlich erörtert und endlich von der Mehrheit der Richter zu Gunsten
+der Krone entschieden. Die Gefangenen erklärten sich nun für
+nichtschuldig. Der vierzehnte Tag darauf, der 29. Juni, wurde zur
+Verhandlung ihres Prozesses anberaumt. Bis dahin wurden sie gegen das
+persönliche Versprechen, sich zu stellen, in Freiheit gesetzt. Die
+Kronanwälte thaten sehr weise daran, aß sie keine fremde Bürgschaft
+verlangten, denn Halifax hatte dafür gesorgt, daß einundzwanzig
+weltliche Peers vom höchsten Ansehen, je drei für einen Angeklagten, zur
+Bürgschaftleistung bereit waren, und eine solche Gesinnungsäußerung des
+hohen Adels würde für die Regierung ein harter Schlag gewesen sein. Eben
+so wußte man, daß einer der reichsten, Dissenters der Hauptstadt um die
+Ehre nachgesucht hatte, für Ken Bürgschaft leisten zu dürfen.
+
+Die Bischöfe durften nun in ihre Heimath zurückkehren. Das niedere Volk,
+welches von dem bei der Kings Bench beobachteten Gerichtsverfahren
+nichts wußte und nur sah, daß ihre Lieblinge, nachdem sie unter
+Bedeckung nach Westminster Hall gebracht worden waren, jetzt sich in
+voller Freiheit wieder entfernen durften, glaubte, die gute Sache habe
+gesiegt, und brach in lauten Beifallsjubel aus, während zugleich
+fröhliches Glockengeläute von allen Thürmen ertönte. Sprat erstaunte
+nicht wenig, als er die Glocken seiner eigenen Abtei lustig erklingen
+hörte. Er brachte sie sofort zum Schweigen, aber seine Einmischung
+erregte viel unwilliges Murren. Die Bischöfe wußten gar nicht, wie sie
+sich vor der zudringlichen Masse ihrer Freunde retten sollten. Lloyd
+wurde im Palasthofe von Verehrern zurückgehalten, die sich um die Gunst
+stritten, seine Hände zu berühren und den Saum seines Rockes zu küssen,
+bis endlich Clarendon ihn nicht ohne Anstrengung befreite und ihn durch
+eine Seitengasse nach Hause führte. Man sagte, Cartwright sei so
+unvorsichtig gewesen, sich unter das Volk zu mischen. Jemand, der ihn an
+seinem Bischofsgewand erkannte, erbat sich und erhielt seinen Segen.
+„Wißt Ihr, von wem Ihr Euch eben habt segnen lassen?“ rief einer der
+Umstehenden. „Nun, es war doch gewiß einer von den Sieben?“ versetzte
+Der, welcher eben mit dem Segen beehrt worden war. „Nein,“ entgegnete
+der Andere, „es war der papistische Bischof von Chester.“ --
+„Papistischer Hund!“ rief der Protestant wüthend, „nimm Deinen Segen
+zurück!“
+
+Der Zusammenlauf und die Aufregung waren so groß, daß der holländische
+Gesandte sich wunderte, den Tag ohne einen Aufstand enden zu sehen. Dem
+Könige war durchaus nicht wohl zu Muthe gewesen. Um jede Ruhestörung
+sogleich unterdrücken zu können, hatte er am Morgen in Hydepark mehrere
+Bataillone Infanterie gemustert. Es ist jedoch keineswegs ausgemacht,
+daß diese Truppen zu ihm gehalten haben würden, wenn er ihrer Dienste
+bedurft hätte. Als Sancroft am Nachmittag in Lambeth ankam, fand er die
+in dieser Vorstadt liegenden Grenadiergarden vor dem Eingange seines
+Palastes versammelt. Sie stellten sich in einer Doppelreihe auf und
+während er zwischen ihnen hinschritt, baten sie ihn um seinen Segen. Nur
+mit Mühe hielt er sie davon ab, daß sie zur Feier seiner Rückkehr in
+seine Wohnung ein Freudenfeuer anzündeten. Es brannten übrigens an jenem
+Abend mehrere Freudenfeuer in der Hauptstadt. Zwei Katholiken, welche so
+unbesonnen waren, einige Knaben zu schlagen, weil sie an diesen
+öffentlichen Freudenbezeigungen Theil nahmen, wurden vom Pöbel
+ergriffen, nackt ausgezogen und schimpflich gebrandmarkt[110].
+
+Jetzt forderte Sir Eduard Hales seine Gebühren von den Bischöfen, die
+seine Gefangenen gewesen waren. Sie weigerten sich, einem Beamten,
+dessen Bestallung sie nach ihren Grundsätzen für null und nichtig
+ansahen, etwas für eine in ihren Augen gesetzwidrige Haft zu bezahlen.
+Hierauf gab ihnen der Gouverneur sehr deutlich zu verstehen, daß, wenn
+sie noch einmal in seine Hände kämen, er sie in schwere Eisen legen und
+auf die nackten Steine betten werde. „Wir haben uns die Ungnade unsres
+Königs zugezogen,“ war ihre Antwort, „und wir empfinden dies sehr
+schmerzlich; ein Mitunterthan aber, der uns droht, strengt nutzlos seine
+Lunge an.“ Man kann leicht denken, mit welchem Unwillen das ohnehin
+schon gereizte Volk erfuhr, daß ein vom protestantischen Glauben
+Abgefallener, der den Grundgesetzen Englands zum Hohn einen
+Commandoposten bekleidete, es gewagt hatte, ehrwürdigen Geistlichen mit
+allen Barbareien von Lollard’s Tower zu drohen[111].
+
+ [Anmerkung 110: Über die Ereignisse dieses Tages sehe man die
+ +Collection of State Trials+; +Clarendon’s Diary+; +Luttrell’s
+ Diary+; Citters, 15.(25.) Juni; Johnstone, 18. Juni und
+ +Revolution Politics.+]
+
+ [Anmerkung 111: Johnstone, 18. Juni 1688; +Evelyn’s Diary, June
+ 29.+]
+
+
+[_Aufregung der Gemüther._] Bis zu dem Tage des Prozesses hatte sich die
+Aufregung nach den entferntesten Winkeln der Insel verbreitet. Aus
+Schottland erhielten die Bischöfe Zuschriften, in denen sie der
+Sympathie aller Presbyterianer dieses dem Prälatenthum so lange und so
+bitter Feind gewesenen Landes versichert wurden[112]. Die Bevölkerung
+von Cornwall, ein trotziges, kühnes und herkulisches Geschlecht, das ein
+stärkeres Provinzialgefühl hatte, als man es in irgend einem andren
+Theile des Landes fand, nahm großen Antheil an der Gefahr, in welcher
+Trelawney schwebte, den sie weniger als einen Leiter der Kirche, denn
+als das Oberhaupt eines angesehenen Hauses und als den Erben von zwanzig
+Ahnen verehrten, welche schon in hohem Ansehen standen, ehe die
+Normannen den Fuß auf englischen Boden gesetzt hatten. In der ganzen
+Grafschaft sang das Landvolk eine Ballade, deren Refrain noch nicht
+vergessen ist:
+
+ „Und bringt man Trelawney um, bringt man Trelawney um,
+ Wollen dreißigtausend cornische Burschen wissen warum?“
+
+Die Bergleute sangen das Lied mit einer kleinen Variation:
+
+ „Wollen Zwanzigtausend unter der Erde wissen warum.“[113]
+
+In manchen Theilen des Landes sprachen die Bauern laut eine sonderbare
+Hoffnung aus, welche nie aufgehört hat, in ihren Herzen fortzuleben. Sie
+meinten, ihr protestantischer Herzog, ihr geliebter Monmouth, werde
+plötzlich wieder erscheinen, sie zum Siege führen und den König wie die
+Jesuiten unter seinen Füßen zertreten[114].
+
+Die Minister waren in der größten Angst; selbst Jeffreys würde gern
+seine Maßregeln zurückgenommen haben. Er beauftragte Clarendon mit
+freundlichen Botschaften an die Bischöfe und wälzte die Schuld an der
+Verfolgung, zu der er selbst gerathen hatte, auf Andere. Sunderland
+wagte es noch einmal, Zugeständnisse anzuempfehlen. Die glückliche
+Geburt eines Prinzen, sagte er, biete dem Könige eine vortreffliche
+Gelegenheit, eine gefährliche und nachtheilige Stellung aufzugeben, ohne
+sich den Vorwurf der Zaghaftigkeit oder der Launenhaftigkeit zuzuziehen.
+Bei so erfreulichen Anlässen sei es stets Sitte gewesen, daß der Fürst
+die Herzen seiner Unterthanen durch Gnadenacte erfreue, und nichts könne
+dem Prinzen von Wales mehr zum Vortheile gereichen, als wenn er schon in
+der Wiege der Friedensstifter zwischen seinem Vater und der
+aufgebrachten Nation würde. Aber des Königs Entschluß stand fest. „Ich
+werde fortfahren,“ sagte er, „ich bin nur zu nachsichtig gewesen. Die
+Nachsicht war meines Vaters Verderben“[115].
+
+ [Anmerkung 112: +Tanner MS.+]
+
+ [Anmerkung 113: Diese Thatsache wurde mir freundlichst von dem
+ Rev. R. S. Hawker von Morwenstow in Cornwall mitgetheilt.]
+
+ [Anmerkung 114: Johnstone, 18. Juni 1688.]
+
+ [Anmerkung 115: Adda, 29. Juni (9. Juli) 1688.]
+
+
+[_Sunderland’s Angst._] Der schlaue Minister kam dahinter, daß sein Rath
+früher nur deshalb angenommen worden war, weil er denselben jederzeit
+nach dem Willen des Königs eingerichtet hatte, daß er aber von dem
+Augenblicke an, wo er wirklich guten ertheilte, kein Gehör mehr finden
+würde. Bei dem Verfahren gegen das Magdalenen-Collegium hatte er einige
+Lauheit gezeigt. Er hatte ferner ganz neuerdings den König zu überzeugen
+gesucht, daß Tyrconnel’s Plan zur Confiscirung des Eigenthums der
+englischen Colonisten in Irland höchst gefährlich sei, und er hatte es
+mit Hülfe Powis’ und Bellasyse’s wenigstens dahingebracht, daß die
+Ausführung des Planes noch um ein Jahr aufgeschoben wurde. Aber diese
+zaghafte Bedenklichkeit hatte den Keim des Widerwillens und Mißtrauens
+ins Herz des Königs gelegt[116]. Der Tag der Vergeltung war jetzt
+gekommen. Sunderland war in der nämlichen Lage, in der sich einige
+Monate früher sein Nebenbuhler Rochester befunden hatte. Beide
+Staatsmänner lernten die Angst eines Menschen kennen, der sich
+krampfhaft an eine Stütze anklammert, die seinen Händen mehr und mehr
+entschlüpft. Beide sahen ihre Rathschläge verächtlich zurückgewiesen.
+Beide erlitten die Qual, in den Mienen und dem Benehmen ihres Gebieters
+Unzufriedenheit und Mißtrauen zu lesen, und doch wurden Beide von ihrem
+Vaterlande für die Verbrechen und Irrthümer, von denen sie ihn vergebens
+zurückzubringen versucht hatten, verantwortlich gemacht. Während er sie
+in dem Verdacht hatte, daß sie auf Kosten seiner Autorität und seiner
+Würde sich populär machen wollten, beschuldigte die öffentliche Stimme
+sie laut des Versuchs, auf Kosten ihrer eigenen Ehre und des Gemeinwohls
+die königliche Gunst zu gewinnen. Doch trotz aller Kränkungen und
+Demüthigungen hielten Beide ihren Ministerposten mit der verzweifelten
+Kraft Ertrinkender umklammert. Beide versuchten es, den König wieder
+günstig zu stimmen, indem sie sich stellten, als ob sie zum Anschluß an
+seine Kirche geneigt wären. Es gab aber eine Grenze, welche Rochester
+entschlossen war nicht zu überschreiten. Er ging bis an den Rand des
+Glaubensabfalls; hier aber blieb er stehen und in Berücksichtigung der
+Standhaftigkeit, mit der er sich weigerte, den letzten Schritt zu thun,
+verzieh ihm die Welt großmüthig seine frühere Willfährigkeit.
+
+ [Anmerkung 116: Sunderland’s eigner Erzählung darf man natürlich
+ nicht unbedingten Glauben beimessen. Aber er führte Godolphin zum
+ Zeugen für das an, was in Betreff der irischen Ansiedlungsacte
+ vorgegangen war.]
+
+
+[_Er erklärt sich für einen Katholiken._] Der weniger gewissenhafte und
+für das Schamgefühl weniger empfängliche Sunderland beschloß durch einen
+Schritt, der jedem von der Wichtigkeit der religiösen Überzeugung
+durchdrungenen Gemüth als eines der schändlichsten Verbrechen erscheinen
+mußte und den selbst weltlich gesinnte Menschen als das Übermaß von
+Verworfenheit betrachten, seine bisherige Mäßigung wieder gut zu machen
+und das Vertrauen des Königs wieder zu gewinnen. Ungefähr eine Woche vor
+dem zur Verhandlung des Prozesses anberaumten Tage erschien die
+öffentliche Ankündigung, daß er Papist geworden sei. Der König sprach
+mit Entzücken von diesem Siege der göttlichen Gnade. Die Höflinge und
+auswärtigen Gesandten bemühten sich nach Kräften ernsthaft zu bleiben,
+als der Renegat versicherte, daß er schon lange von der Unmöglichkeit
+überzeugt sei, außerhalb des Schooßes der römischen Kirche selig werden
+zu können, und daß sein Gewissen ihm keine Ruhe gelassen, bis er sich
+von dem Ketzerglauben losgesagt habe, in dem er erzogen worden. Die
+Neuigkeit verbreitete sich schnell. In allen Kaffeehäusern erzählte man
+sich, wie der Premierminister von England barfuß und mit einer Kerze in
+der Hand sich nach der königlichen Kapelle begeben und demüthig um
+Einlaß gebeten, wie die Stimme eines Priesters drinnen gefragt habe, wer
+da sei, wie Sunderland zur Antwort gegeben, ein armer Sünder, der lange
+fern von der wahren Kirche umherirre, flehe um Aufnahme und Absolution,
+wie hierauf die Thüren geöffnet worden seien und der Neubekehrte an den
+heiligen Mysterien habe Theil nehmen dürfen[117].
+
+ [Anmerkung 117: Barillon, 21. Juni (1. Juli) 1688; Adda, 29. Juni
+ (9. Juli); Citters, 26. Juni (6. Juli); Johnstone, 2. Juli 1688;
+ +The Converts, a poem+.]
+
+
+[_Prozeß der Bischöfe._] Dieser schmachvolle Abfall konnte das Interesse
+nur erhöhen, mit dem die Nation dem Tage entgegensah, an welchem das
+Schicksal der sieben muthigen Bekenner der anglikanischen Kirche
+entschieden werden sollte. Eine willfährige Jury zusammenzubringen war
+jetzt das Hauptziel des Königs. Die Kronanwälte erhielten Befehl, die
+Gesinnung der Männer, welche in das Verzeichniß der Freisassen
+eingetragen waren, genau zu erforschen. Sir Samuel Astry, Sekretär der
+Krone, dem die Auswählung der Namen in solchen Fällen oblag, wurde in
+den Palast beschieden und hatte eine Unterredung mit Jakob, an welcher
+der Kanzler Theil nahm[118]. Sir Samuel scheint sein Möglichstes gethan
+zu haben, denn es befanden sich, wie es hieß, unter den achtundvierzig
+Personen, die er auswählte, mehrere Diener des Königs und mehrere
+Katholiken[119]. Da aber der Vertheidiger der Bischöfe das Recht hatte,
+zwölf davon zu streichen, so waren diese natürlich die gestrichenen. Die
+Kronanwälte strichen ebenfalls zwölf und die Liste reducirte sich
+dadurch auf vierundzwanzig. Die ersten zwölf, welche aufgerufen wurden,
+hatten dann den Ausspruch zu thun.
+
+Am neunundzwanzigsten Juni waren Westminsterhall, der alte und der neue
+Palasthof und alle benachbarten Straßen weithin mit einer dicht
+gedrängten Volksmasse angefüllt. Ein so zahlreiches Auditorium war nie
+zuvor und ist auch seitdem nie wieder im Gerichtssaale der Kings Bench
+versammelt gewesen. Man zählte fünfunddreißig weltliche Peers unter der
+Menge[120].
+
+Sämmtliche vier Richter des Gerichtshofes waren anwesend. Wright, der
+den Vorsitz führte, war einzig und allein wegen seiner gewissenlosen
+Servilität vielen tüchtigeren und gelehrteren Männern bei Besetzung
+seines hohen Postens vorgezogen worden. Allibone war Papist und
+verdankte seine Stellung der Dispensationsgewalt, deren Gesetzlichkeit
+eben in Frage stand. Holloway war seither ein willenloses Werkzeug der
+Regierung gewesen. Selbst Powell, der sich des Rufes strenger
+Rechtschaffenheit erfreute, hatte bei einigen Vorgängen eine Rolle
+gespielt, die sich nicht vertheidigen läßt. Er hatte in dem wichtigen
+Prozesse Sir Eduard Hales’, allerdings mit einigem Bedenken und nach
+einigem Zögern, mit der Mehrheit der Richter gestimmt und dadurch auf
+seinen Character einen Flecken geworfen, der aber durch sein
+ehrenwerthes Benehmen an diesem Tage völlig verwischt wurde.
+
+Die beiderseitigen Rechtsanwälte waren einander durchaus nicht
+ebenbürtig. Die Regierung hatte von ihren Kronjuristen so gehässige und
+entehrende Dienste verlangt, daß die ausgezeichnetsten Rechtsgelehrten
+und Advokaten der Torypartei nach einander ihre Mitwirkung verweigert
+hatten und ihrer Ämter entsetzt worden waren. Sir Thomas Powis,
+der Generalfiskal, war kaum ein Jurist dritten Ranges. Der
+Generalprokurator, Sir Wilhelm Williams, besaß zwar einen scharfen
+Verstand und einen unbeugsamen Muth, aber es fehlte ihm an der nöthigen
+Ruhe und Bedächtigkeit; er war streitsüchtig, konnte sein Temperament
+nicht beherrschen und wurde von allen politischen Parteien gehaßt und
+verachtet. Die hervorragendsten Beistände des Fiskals und des
+Prokurators waren Serjeant Trinder, ein Katholik, und Sir Bartholomäus
+Shower, Syndikus von London, der einige juristische Kenntnisse besaß,
+aber wegen seiner oft den Anstand verletzenden Vertheidigungen und
+seiner endlosen Wiederholungen das Gespött von ganz Westminsterhall war.
+Gern hätte die Regierung Maynard’s Dienste gewonnen; aber er hatte
+geradezu erklärt, daß er sich auf das, was man von ihm verlangte, mit
+gutem Gewissen nicht einlassen könne[121].
+
+Auf der andren Seite hingegen standen fast alle ausgezeichneten
+juristischen Talente der damaligen Zeit. Sawyer und Finch, welche beim
+Regierungsantritt Jakob’s Fiskal und Prokurator gewesen waren, und die
+während der Verfolgung der Whigs unter der vorigen Regierung der Krone
+mit nur zu großem Eifer und zu glücklichem Erfolge gedient hatten,
+befanden sich unter den Vertheidigern der Angeklagten. Ihnen zur Seite
+standen zwei Männer, welche, seit Maynard’s Thätigkeit durch sein
+vorgerücktes Alter vermindert worden war, für die beiden besten Juristen
+galten: Pemberton, der zur Zeit Karl’s II. Oberrichter der Kings Bench
+gewesen, wegen seiner Menschlichkeit und Mäßigung aber dieses hohen
+Postens entsetzt worden und deshalb wieder zur advokatorischen Praxis
+zurückgekehrt war, und Pollexfen, der lange die Assisen im Westen
+geleitet und von dem man, obgleich er sich bei den blutigen Assisen
+durch Annahme von Aufträgen für die Krone und besonders durch sein
+Auftreten gegen Alice Lisle sehr unpopulär gemacht hatte, dennoch wußte,
+daß er im Herzen ein Whig, wenn nicht gar ein Republikaner war. Ferner
+war dabei Sir Creswell Levinz, ein Mann von gründlichen Kenntnissen und
+reichen Erfahrungen, aber von auffallend ängstlichem Wesen. Er war
+einige Jahre vorher von der Richterbank entfernt worden, weil er sich
+nicht hatte entschließen können, den Zwecken der Regierung zu dienen.
+Jetzt scheute er sich wieder, als Vertheidiger der Bischöfe aufzutreten
+und hatte sich zuerst geweigert, ihnen seine Dienste zu widmen; aber die
+ganze Corporation der Gerichtsadvokaten, die ihn beschäftigten, hatten
+ihm erklärt, daß wenn er diesen Auftrag zurückwiese, er nie wieder einen
+erhalten sollte[122].
+
+Sir Georg Treby, ein reichbegabter und eifriger Whig, der unter der
+alten städtischen Verfassung Syndikus von London gewesen war, stand auf
+der nämlichen Seite. Sir Johann Holt, ein noch ausgezeichneterer
+whiggistischer Advokat, wurde wahrscheinlich deshalb, weil Sancroft
+gegen ihn eingenommen war, nicht mit zur Vertheidigung berufen, war aber
+vom Bischof von London privatim um Rath gefragt worden[123]. Der jüngste
+Rechtsbeistand der Bischöfe war ein junger Advokat, Namens Johann
+Somers. Er war weder durch hohe Geburt noch durch Vermögen begünstigt
+und hatte auch noch keine Gelegenheit gehabt, sich öffentlich
+auszuzeichnen, aber sein Genie, sein Fleiß und sein vielseitiges großes
+Talent waren einem kleinen Kreise von Freunden wohl bekannt, und sein
+gründliches, klares System der Beweisführung, sowie sein jederzeit
+taktvolles Benehmen hatten ihm trotz seiner whiggistischen Ansichten die
+Aufmerksamkeit des Gerichtshofes der Kings Bench bereits gesichert.
+Johnstone hatte den Bischöfen eindringlich vorgestellt, wie wichtig es
+sei, seinen Beistand zu gewinnen, und Pollexfen sollte erklärt haben,
+daß Niemand in Westminsterhall zur Behandlung einer geschichtlichen und
+die Verfassung berührenden Frage so befähigt sei, als Somers.
+
+Die Jury wurde vereidigt; sie bestand aus Männern, welche sehr geachtete
+Stellungen in der Gesellschaft einnahmen. Der Vormann war Sir Roger
+Langley, ein Baronet von alter und angesehener Familie. Ihm zur Seite
+stand ein Ritter und zehn Esquires, von denen mehrere sehr vermögend
+waren. Es befanden sich einige Nonconformisten unter ihnen, denn die
+Bischöfe hatten wohlweislich beschlossen, kein Mißtrauen gegen die
+protestantischen Dissenters zu zeigen. Ein Name jedoch erregte große
+Besorgniß, der Name Michael Arnold’s. Er war Hofbrauer und man
+fürchtete, daß die Regierung auf seine Stimme rechnen könne. Es wird
+erzählt, daß er sich bitter über die Stellung beklagt habe, in die er
+versetzt war. „Was ich auch thun mag,“ soll er geäußert haben, „so habe
+ich die Gewißheit, halb ruinirt zu werden. Sage ich Nichtschuldig, so
+werde ich nicht mehr für den König brauen; sage ich Schuldig, so werde
+ich für niemand Andren mehr brauen“.[124]
+
+So begann denn die gerichtliche Verhandlung, die, selbst wenn man sie
+nach Verlauf von mehr als anderthalb Jahrhunderten mit kaltem Blute
+liest, das ganze Interesse eines Drama’s hat. Die Advokaten stritten auf
+beiden Seiten mit einer mehr als berufsmäßigen Schärfe und Heftigkeit,
+das anwesende Publikum hörte mit so gespannter Aufmerksamkeit zu, als
+hätte das Schicksal jedes Einzelnen von dem Ausspruche der Geschwornen
+abgehangen, und die Aussichten auf den Sieg wechselten so plötzlich und
+so ergreifend, daß die Menge zu wiederholten Malen in der nämlichen
+Minute von der größten Angst zur lebhaftesten Freude und umgekehrt von
+der lebhaftesten Freude zu noch größerer Angst übersprang.
+
+Die Anklage beschuldigte die Bischöfe, in der Grafschaft Middlesex ein
+falsches, böswilliges und aufrührerisches Libell geschrieben oder
+veröffentlicht zu haben. Der Generalfiskal und der Staatsprokurator
+versuchten zuvörderst den Beweis zu führen, daß die Angeklagten das
+Libell unterschrieben hatten. Zu dem Ende wurden mehrere Personen
+aufgefordert, die Handschriften der Bischöfe zu recognosciren. Aber die
+Zeugen thaten dies mit solcher Unlust, daß kaum einem von ihnen eine
+klare und deutliche Antwort zu entlocken war. Pemberton, Pollexfen und
+Levinz behaupteten, daß keine genügenden Beweise vorhanden seien, die
+der Jury vorgelegt werden könnten; zwei von den Richtern, Holloway und
+Powell, traten dieser Ansicht bei, und die Hoffnung der Zuschauer stieg
+bedeutend. Da erklärten plötzlich die Kronanwälte, daß sie einen andren
+Weg einzuschlagen gedächten. Powis führte mit unverkennbarer Beschämung
+und Widerstreben einen Sekretär des Geheimen Raths, Namens Blathwayt,
+der zugegen gewesen war, als der König die Bischöfe verhörte, in die
+Zeugenloge ein. Blathwayt versicherte eidlich, daß er gehört habe, wie
+sie ihre Unterschriften selbst anerkannt hätten. Dieses Zeugniß war
+entscheidend. „Warum haben Sie,“ sagte der Richter Holloway zu dem
+Fiskal, „da Sie einen solchen Zeugen hatten, ihn nicht sogleich
+vorgeführt? es wäre dadurch viel unnöthiger Zeitverlust erspart worden.“
+Es ergab sich bald, warum der Kronanwalt sich nur höchst ungern durch
+die dringendste Nothwendigkeit hatte bestimmen lassen, zu diesem
+Beweismittel zu greifen. Pemberton hielt Blathwayt zurück, unterwarf ihn
+einem umständlichen Verhör und verlangte eine genaue Erzählung alles
+dessen, was zwischen dem Könige und den Angeklagten vorgegangen sei.
+„Das wäre etwas ganz Neues!“ rief Williams. „Glauben Sie,“ sagte Powis,
+„daß Sie ein Recht dazu haben, an unsere Zeugen jede impertinente Frage
+zu richten, die Ihnen in den Sinn kommt?“ Die Advokaten der Bischöfe
+waren jedoch nicht die Männer, die sich so leicht werfen ließen. „Er ist
+darauf vereidigt,“ sagte Pollexfen, „die Wahrheit, die ganze Wahrheit zu
+sagen; wir wollen und müssen eine Antwort haben.“ Der Zeuge wurde
+verlegen, gab ausweichende Antworten, wollte die Fragen nicht richtig
+verstanden haben und bat um den Schutz des Gerichtshofes; aber er war in
+Händen, aus denen nicht leicht wieder loszukommen war. Endlich schlug
+der Generalfiskal sich wieder ins Mittel. „Wenn Sie durchaus auf Ihrer
+Forderung bestehen,“ hob er an, „so sagen Sie uns wenigstens, welchen
+Gebrauch Sie von der Antwort zu machen gedenken.“ Pemberton, der während
+der ganzen Verhandlung seine Pflicht muthig und geschickt erfüllte,
+erwiederte ohne Besinnen: „Mylords, ich will dem Herrn Generalfiskal
+antworten, ich will offen mit dem Gerichtshofe reden. Wenn die Bischöfe
+sich unter dem Versprechen von Seiten Seiner Majestät, daß ihr
+Geständniß nicht gegen sie angewendet werden solle, zu dieser Schrift
+bekannten, so wird man sich hoffentlich nicht eines unredlichen
+Vortheils gegen sie bedienen.“ -- „Sie erheben eine Beschuldigung gegen
+Seine Majestät, die ich kaum auszusprechen wage,“ sagte Williams; „da
+Sie es so genau nehmen, dann verlange ich auch für den König, daß die
+Frage zu Protokoll genommen wird.“ -- „Was meinen Sie damit?“ fragte
+jetzt Sawyer. „Ich weiß, was ich meine,“ antwortete der Apostat, „ich
+verlange, daß die Frage vor Gericht zu Protokoll genommen wird.“ --
+„Nehmen Sie zu Protokoll, was Sie wollen, Herr Prokurator, ich fürchte
+Sie nicht,“ sagte Pemberton. Es folgte nun ein lauter und heftiger
+Wortwechsel, den der Oberrichter nur mit Mühe beschwichtigen konnte. In
+jedem andren Falle hätte er die Frage ohne Zweifel zu Protokoll nehmen
+und Pemberton verhaften lassen. Aber an diesem wichtigen Tage wagte er
+dies nicht. Er warf oft einen Seitenblick auf die dichten Reihen der
+Earls und Barone, die ihn scharf beobachteten und die ihn beim nächsten
+Parlamente zur Rechenschaft ziehen konnten. Ein Anwesender meinte
+nachher, es habe ausgesehen, als ob alle zuhörenden Peers Stricke in der
+Tasche gehabt hätten.[125] Blathwayt wurde endlich gezwungen, über den
+ganzen Vorgang einen ausführlichen Bericht zu erstatten. Es stellte sich
+heraus, daß der König den Bischöfen gegenüber keine ausdrückliche
+Verpflichtung eingegangen war; ebenso aber ergab es sich auch, daß die
+Bischöfe wohl Grund hatten, eine stillschweigende Zusage anzunehmen. Aus
+dem Widerstreben, mit dem die Kronanwälte den Sekretär des Geheimraths
+in die Zeugenloge einführten und aus der Heftigkeit, mit der sie sich
+Pemberton’s Kreuzfragen widersetzten, geht klar hervor, daß sie der
+nämlichen Ansicht waren.
+
+Die Handschrift war jedoch bewiesen. Aber jetzt wurde ein neuer und
+ernster Einwand erhoben. Der Beweis, daß die Bischöfe das gesetzwidrige
+Libell geschrieben hatten, war nicht genügend; es mußte auch bewiesen
+werden, daß sie es in der Grafschaft Middlesex geschrieben hatten.
+Allein dies konnten der Fiskal und der Prokurator nicht nur nicht
+beweisen, sondern die Angeklagten waren sogar im Stande, das Gegentheil
+zu beweisen, denn Sancroft hatte von dem Augenblicke an, wo der
+Geheimrathsbefehl erschien, bis zu dem Augenblicke, wo die Petition dem
+Könige überreicht wurde, seinen Palast in Lambeth nicht verlassen. Die
+ganze Anklage fiel daher in sich selbst zusammen und das Publikum
+erwartete mit großer Freude eine vollständige Freisprechung.
+
+Die Kronjuristen änderten nun abermals ihre Taktik, ließen die Anklage
+auf Abfassung eines Libells ganz fallen und unternahmen es, zu beweisen,
+daß die Bischöfe in Middlesex ein Libell _veröffentlicht_ hätten. Das
+war nicht leicht. Die Überreichung der Petition an den König war in den
+Augen des Gesetzes unzweifelhaft eine Veröffentlichung. Aber wie war
+diese Überreichung zu beweisen? Es war bei der Audienz im königlichen
+Kabinet außer dem Könige und den Angeklagten Niemand zugegen gewesen.
+Den König konnte man nicht wohl als Zeugen vereidigen. Das Factum der
+Veröffentlichung konnte also nur durch das Eingeständniß der Angeklagten
+constatirt werden. Blathwayt wurde noch einmal vernommen, aber
+vergebens. Er sagte, er erinnere sich wohl, daß die Bischöfe ihre
+Unterschriften anerkannt, nicht aber, daß sie das auf dem Tische des
+Geheimen Raths liegende Papier als das nämliche anerkannt hätten,
+welches sie dem Könige überreichten, noch daß sie überhaupt über diesen
+Punkt befragt worden waren. Mehrere andere Beamte, die im
+Geheimrathszimmer zugegen gewesen waren, wurden aufgerufen, unter ihnen
+Samuel Pepys, Sekretär der Admiralität; aber keinem von ihnen war es
+erinnerlich, daß von der Überreichung irgend die Rede gewesen sei.
+Williams bemühte sich vergebens, sie durch verfängliche Fragen zu dem
+gewünschten Zeugnisse zu verleiten, bis endlich die Rechtsanwälte der
+Gegenpartei erklärten, daß ein solches Drehen und Wenden noch an keinem
+Gerichtshofe vorgekommen sei, und Wright selbst zugestehen mußte, daß
+die Vernehmungsweise des Generalprokurators allen Regeln zuwider sei. Da
+ein Zeuge nach dem andren verneinend antwortete, wiederhallte der ganze
+Saal von lautem Gelächter und triumphirendem Jubel, welche zum Schweigen
+zu bringen die Richter gar nicht versuchten.
+
+Der harte Kampf schien endlich gewonnen zu sein; für die Krone war
+nichts mehr vorzubringen. Hätten die Anwälte der Bischöfe nun
+geschwiegen, so war die Freisprechung gewiß, denn es war nichts
+ausgesagt worden, was auch der parteiischeste und gewissenloseste
+Richter einen rechtskräftigen Beweis für die Veröffentlichung hätte
+nennen kennen. Der Oberrichter schickte sich bereits an, den Geschwornen
+das Resumé vorzulegen und er würde sie ohne Zweifel angewiesen haben,
+die Angeklagten freizusprechen, als Finch, der zu aufgeregt war, um mit
+gehöriger Besonnenheit handeln zu können, noch auftrat und gehört zu
+werden verlangte. „Wenn Sie gehört sein wollen,“ sagte Wright, „so
+können wir Sie nicht hindern zu sprechen; aber ich muß Ihnen bemerken,
+daß Sie Ihren eigenen Vortheil nicht erkennen.“ Die anderen Vertheidiger
+bewogen Finch, sich wieder niederzusetzen und baten den Oberrichter
+fortzufahren. Eben wollte er dies auch thun, da kam ein Bote an den
+Generalprokurator mit der Nachricht, daß Lord Sunderland die
+Veröffentlichung beweisen könne und sogleich im Gerichtssaal erscheinen
+werde. Wright bemerkte den Vertheidigern in ziemlich spitzigem Tone, daß
+sie sich diese neue Wendung der Dinge lediglich selbst zuzuschreiben
+hätten. Die Gesichtszüge der versammelten Zuschauer verfinsterten sich;
+Finch war einige Stunden lang der unpopulärste Mann im ganzen Lande.
+Warum konnte er nicht ruhig sitzen bleiben wie seine verständigeren
+Collegen Sawyer, Pemberton und Pollexfen? Seine Sucht, auch etwas zu
+sagen, der Wunsch eine schöne Rede zu halten, hatte Alles verdorben.
+
+Inzwischen wurde der Lordpräsident in einer Sänfte durch die Halle
+getragen. Nicht ein einziger Hut wurde gelüftet und viele Stimmen
+riefen: „Papistischer Hund!“ Bleich und zitternd, mit zu Boden gesenktem
+Blicke trat er vor die Schranken und gab mit unsicherer Stimme seine
+Zeugenaussage ab. Er versicherte eidlich, daß ihm die Bischöfe ihre
+Absicht, dem Könige eine Petition zu überreichen, mitgetheilt hätten und
+daß sie zu dem Ende in das königliche Kabinet eingelassen worden seien.
+Dieser Umstand in Verbindung mit dem, daß sich, nachdem sie das Kabinet
+verlassen, eine von ihnen unterzeichnete Petition in den Händen des
+Königs befand, war für das Factum der Veröffentlichung ein Beweis, der
+einer Jury wohl genügen konnte.
+
+Die Veröffentlichung in Middlesex war also ebenfalls bewiesen. Aber war
+das veröffentlichte Schriftstück ein falsches, böswilliges und
+aufrührerisches Libell? Bis jetzt hatte es sich nur darum gehandelt, ob
+eine Thatsache, die Jedermann als wirklich geschehen kannte, nach den
+technischen Regeln des Beweises constatirt werden konnte; jetzt aber
+erhielt der Streit ein höheres Interesse. Man mußte die Grenzen der
+königlichen Hoheitsrechte und der bürgerlichen Freiheit, das Recht des
+Königs, von Gesetzen zu dispensiren, und das Recht der Unterthanen um
+Abstellung von Mißständen zu petitioniren, untersuchen. Drei Stunden
+lang vertheidigten die Anwälte der Petenten mit energischem Nachdrucke
+die Grundprinzipien der Verfassung und bewiesen aus den Protokollen des
+Hauses der Gemeinen, daß die Bischöfe nur etwas Wahres behauptet hätten,
+indem sie dem Könige vorstellten, daß die von ihm beanspruchte
+Dispensationsgewalt mehr als einmal vom Parlament für ungesetzlich
+erklärt worden sei. Somers erhob sich zuletzt. Er sprach wenig über fünf
+Minuten lang, aber jedes seiner Worte war gewichtigen Inhalts, und als
+er seinen Platz wieder einnahm, war sein Ruf als Redner und als
+constitutioneller Jurist fest begründet. Er untersuchte die Ausdrücke
+der Anklage, in welcher das den Bischöfen zur Last gelegte Vergehen
+dargestellt war, und bewies, daß jedes Wort, Adjectiv oder Substantiv,
+durchaus unangemessen sei. Die Anklage laute auf ein falsches,
+böswilliges und aufrührerisches Libell. Falsch sei das Schriftstück
+nicht, denn jede darin behauptete Thatsache sei durch die
+Parlamentsprotokolle als wahr bewiesen. Auch böswillig sei das
+Schriftstück nicht, denn die Angeklagten hätten nicht Streit gesucht,
+sondern die Regierung habe sie in eine Lage versetzt, in der sie sich
+entweder dem königlichen Willen widersetzen oder die heiligsten
+Pflichten des Gewissens und der Ehre verletzen mußten. Aufrührerisch sei
+das Schriftstück eben so wenig, denn die Verfasser hätten es nicht unter
+dem Volke vertheilt, sondern es privatim den Händen des Königs allein
+übergeben; auch sei es kein Libell, sondern eine anständige Petition,
+wie sie nach den Gesetzen Englands, ja nach den Gesetzen des römischen
+Kaiserreichs und nach den Gesetzen aller civilisirten Staaten jeder
+Unterthan, welcher glaubt, daß ihm Unrecht geschehen, mit Fug und Recht
+dem Souverain überreichen dürfe.
+
+Der Fiskal replicirte kurz und schwach. Der Prokurator sprach sehr
+ausführlich und mit großer Bitterkeit, so daß er oft durch Zurufe und
+Zischen des Publikums unterbrochen wurde. Er ging so weit zu behaupten,
+daß kein einzelner Unterthan und keine Gemeinschaft von Unterthanen,
+außer die Parlamentshäuser, berechtigt sei, eine Petition an den König
+zu richten. Die Zuschauer waren wüthend und selbst der Oberrichter war
+ganz betroffen über die Frechheit dieses feilen Achselträgers.
+
+Wright schritt endlich zum Resumé. Seine Rede bewies, daß seine Furcht
+vor der Regierung durch die Furcht vor dieser zahlreichen, glänzenden
+und heftig aufgeregten Versammlung gemäßigt wurde. Er sagte, er wolle
+nicht seine Ansicht über die Dispensationsfrage abgeben, er habe dies
+nicht nöthig, er könne dem Staatsprokurator in vielen Punkten seiner
+Rede nicht beistimmen, ein Unterthan habe allerdings das Recht, zu
+petitioniren, aber die dem Gerichtshofe vorliegende specielle Petition,
+sei ungebührlich abgefaßt und daher in den Augen des Gesetzes ein
+Libell. Allibone sprach die nämliche Ansicht aus, bewies aber in seinem
+Vortrag eine so gänzliche Unkenntniß des Rechts und der Geschichte, daß
+er sich die Verachtung Aller zuzog, die ihn anhörten. Holloway umging
+die Dispensationsfrage, sagte aber, ihm scheine die Petition so gefaßt,
+wie sie Unterthanen, die sich in ihrem Rechte gekränkt glaubten, wohl zu
+überreichen befugt seien, und sie sei daher kein Libell. Powell trat
+noch kühner auf. Er erklärte geradezu, daß seiner Ansicht nach die
+Indulgenzerklärung null und nichtig und die Dispensationsgewalt, wie sie
+neuerdings ausgeübt worden, mit allen Gesetzen durchaus unvereinbar sei.
+Wenn man solche Übergriffe der Prärogative dulden wolle, so seien die
+Parlamente ganz überflüssig, die ganze gesetzgebende Gewalt liege dann
+in den Händen des Königs. „Diese Entscheidung, meine Herren,“ sagte er,
+„stelle ich Gott und Ihrem Gewissen anheim“.[126]
+
+Es war dunkel geworden, als die Jury sich zurückzog, um über ihren
+Schiedsspruch zu berathen. Diese Nacht war eine Nacht voll ängstlicher
+Spannung. Es existiren noch einige Briefe, welche während jener Stunden
+der Ungewißheit abgesendet wurden und die daher ein ganz besonderes
+Interesse haben. „Es ist sehr spät,“ schrieb der päpstliche Nuntius,
+„und noch ist die Entscheidung nicht bekannt. Die Richter und die
+Angeklagten haben sich nach Hause begeben, die Geschwornen aber bleiben
+beisammen. Morgen werden wir den Ausgang dieses wichtigen Kampfes
+erfahren.“
+
+Der Prokurator der Bischöfe brachte mit einer Anzahl Bedienten die ganze
+Nacht auf der Treppe zu, welche nach dem Berathungszimmer der
+Geschwornen führte. Es war durchaus nothwendig, die an den Thüren Wache
+haltenden Beamten scharf zu beobachten, denn man vermuthete, daß sie von
+der Regierung gewonnen waren, und sie konnten daher, wenn sie nicht
+sorgfältig bewacht wurden, einen höfisch gesinnten Geschwornen mit
+Speise und Trank versehen, so daß er dann im Stande war, seine elf
+Collegen auszuhungern. Es wurde daher strenge Wache gehalten und nicht
+einmal ein Licht, um eine Pfeife anzuzünden, eingelassen. Gegen vier Uhr
+Morgens ließ man einige Becken mit Wasser zum Waschen passiren. Die vor
+Durst verschmachtenden Geschwornen tranken gierig die Gefäße aus. Die
+umliegenden Straßen waren bis zum Morgen von einer großen Volksmenge
+angefüllt. Von Stunde zu Stunde kam ein Bote von Whitehall um sich nach
+dem Stande der Sache zu erkundigen. Verschiedene Male hörte man drinnen
+im Zimmer einen heftigen Wortstreit; aber etwas Gewisses erfuhr man
+nicht.[127]
+
+Zuerst waren neun für die Freisprechung und drei für die Verurtheilung.
+Zwei von der Minorität gaben bald nach; Arnold aber beharrte auf seinem
+Ausspruche. Thomas Austin, ein reichbegüterter Landgentleman, der die
+Zeugenaussagen und Reden aufmerksam verfolgt und sich ausführliche
+Notizen gemacht hatte, wollte die Sache mit ihm speciell erörtern.
+Arnold aber lehnte dies ab, indem er ärgerlich sagte, er sei nicht
+gewöhnt zu raisonniren und zu debattiren, sein Gewissen gestatte ihm
+nicht, die Bischöfe freizusprechen. „Wenn Sie dabei beharren,“ sagte
+Austin, „so sehen Sie mich an. Ich bin der Größte und Stärkste von uns
+Zwölfen; ehe ich aber eine Petition wie diese als ein Libell anerkenne,
+bleibe ich hier, bis ich nicht mehr dicker bin als ein Pfeifenrohr.“ Es
+war sechs Uhr Morgens, als Arnold endlich nachgab. Es wurde bald
+bekannt, daß die Geschwornen einig waren; wie aber ihr Ausspruch
+lautete, war noch ein Geheimniß.[128]
+
+Um zehn Uhr versammelte sich der Gerichtshof wieder. Das Gedränge war
+noch ärger als am vorigen Tage. Die Geschwornen erschienen in ihrer Loge
+und es trat eine lautlose Stille ein.
+
+ [Anmerkung 118: +Clarendon’s Diary, June+ 21. 1688.]
+
+ [Anmerkung 119: Gitters, 26. Juni (6. Juli) 1688.]
+
+ [Anmerkung 120: Johnstone, 2. Juli 1688.]
+
+ [Anmerkung 121: Johnstone, 2. Juli 1688.]
+
+ [Anmerkung 122: Johnstone, 2. Juli 1688. Der Herausgeber von
+ +Levinz’s Reports+ drückt seine große Verwunderung darüber aus,
+ daß Levinz nach der Revolution nicht wieder in sein Richteramt
+ eingesetzt wurde. Die von Johnstone erzählten Thatsachen können
+ dies anscheinende Ungerechtigkeit vielleicht erklären.]
+
+ [Anmerkung 123: Ich schließe dies aus einem Briefe von Compton an
+ Sancroft vom 12. Juni.]
+
+ [Anmerkung 124: +Revolution Politics.+]
+
+ [Anmerkung 125: Der Ausdruck eines Augenzeugen. Er findet sich in
+ einem Neuigkeitsbriefe in der Mackintosh-Sammlung.]
+
+ [Anmerkung 126: Siehe den Prozeß in der +Collection of State
+ Trials+. Einiges habe ich auch von Johnstone und Citters
+ entlehnt.]
+
+ [Anmerkung 127: Johnstone, 2. Juli 1688; Brief von Mr. Ince an den
+ Erzbischof, datirt von sechs Uhr Morgens; +Tanner MS.+;
+ +Revolution Politics+.]
+
+ [Anmerkung 128: Johnstone, 2. Juli 1688.]
+
+
+[_Das Verdict der Geschwornen; Freude des Volks._] Sir Samuel Astry
+sprach: „Finden Sie die Angeklagten oder einen von ihnen des Vergehens,
+dessen sie angeklagt sind, schuldig oder nicht schuldig?“ Sir Roger
+Langley antwortete: „Nicht schuldig.“ Sobald diese Worte über seine
+Lippen waren, sprang Halifax auf und schwenkte seinen Hut. Auf dieses
+Zeichen brachen alle Bänke und Gallerien in donnernden Beifallsjubel
+aus. Im nächsten Augenblick stimmten die zehntausend Menschen, welche
+die große Halle füllten, mit noch lauterem Jubel ein, von dem die alte
+eichene Decke erdröhnte, und noch einen Augenblick, so ließ die draußen
+versammelte Menge ein drittes Hurrah erschallen, das man in Templebar
+hören konnte. Die Böte, welche den Fluß bedeckten, antworteten mit
+gleicher Begeisterung, ein Kanonenschlag knallte auf dem Wasser, dann
+wieder einer und wieder einer, und so flog die frohe Nachricht binnen
+wenigen Augenblicken über den Savoy und über die Friars hinaus bis zur
+Londonbrücke und zu dem Mastenwalde der jenseit derselben liegenden
+Schiffe. Wohin die Botschaft kam, brachen Straßen und Squares,
+Marktplätze und Kaffeehäuser in Freudenjubel aus. Der Jubel aber war
+minder auffallend, als die Thränen. Denn die Gefühle der Leute waren so
+angespannt worden, daß selbst die kalte, an Äußerungen von
+Gemüthsbewegung wenig gewöhnte englische Natur überwältigt wurde und
+Tausende vor lauter Freude schluchzten. Inzwischen sprengten von den
+Endpunkten der Menge Reiter fort, um die Kunde von dem Siege der Kirche
+und der Nation durch alle Hauptstraßen zu verbreiten. Aber selbst dieser
+gewaltige Ausbruch der Freude vermochte den hämischen und furchtlosen
+Sinn des Staatsprokurators nicht zu erschüttern. Er versuchte es, sich
+in dem betäubenden Lärme Gehör zu verschaffen und forderte die Richter
+auf, Diejenigen, welche durch ihr Geschrei die Würde des Gerichtshofes
+verletzt hatten, verhaften zu lassen. Einer aus der jubelnden Menge
+wurde wirklich festgenommen. Indessen sah das Tribunal doch ein, daß es
+geradezu lächerlich gewesen wäre einen Einzelnen für eine Übertretung zu
+bestrafen, welche Hunderttausende begangen hatten, und entließ ihn daher
+wieder mit einem leichten Verweis.[129]
+
+Es war jetzt nicht daran zu denken, etwas Andres vorzunehmen, denn das
+Getöse der Menge war so arg, daß man eine halbe Stunde lang im
+Gerichtssaale kein Wort verstehen konnte. Williams stieg unter einem
+Sturme von Zischen und Verwünschungen in seinen Wagen. Cartwright, der
+eine unbezähmbare Neugierde besaß, hatte die Thorheit und
+Unschicklichkeit begangen, nach Westminster zu kommen, um zu hören, wie
+das Urtel ausfallen würde. Man erkannte ihn an seiner Priestertracht und
+seiner Korpulenz und verfolgte ihn durch die ganze Halle mit Geschrei.
+„Nehmt Euch vor dem Wolfe in Schafskleidern in Acht,“ sagte Einer.
+„Platz für den Mann mit dem Papst im Bauche!“ rief ein Andrer.[130]
+
+Die freigesprochenen Prälaten flüchteten sich vor der Menge, die sie um
+ihren Segen bat, in die nächste Kapelle, wo eben Gottesdienst gehalten
+wurde. Viele Kirchen der Hauptstadt waren an diesem Morgen geöffnet und
+wurden von vielen Andächtigen besucht. In allen Kirchspielen der City
+und der Vorstädte gingen die Glocken. Unterdessen konnten sich die
+Geschwornen kaum einen Weg aus der Halle bahnen. Von Hunderten mußten
+sie sich die Hand drücken lassen. „Gott segne Euch,“ rief das Volk;
+„Gott segne Eure Familien! Ihr habt wie brave Gentlemen gehandelt und
+uns Alle heute gerettet.“ Während die Peers, welche zur Unterstützung
+der guten Sache herbeigekommen waren, fortfuhren, warfen sie Hände voll
+Geld unter die Menge und hießen sie auf das Wohl des Königs, der
+Bischöfe und der Geschwornen trinken.[131]
+
+Der Generalfiskal überbrachte die Nachricht Sunderland, der sich gerade
+mit dem Nuntius unterhielt. „Seit Menschengedenken,“ sagte Powis, „hat
+man nicht einen solchen Jubel und so viel Freudenthränen gesehen wie
+heute“.[132] Der König hatte am Morgen das Lager auf der Hounslowhaide
+besucht. Sunderland schickte sofort einen Courier mit der Botschaft an
+ihn ab. Jakob befand sich in Feversham’s Zelte, als der Expresse ankam.
+Er war sehr ärgerlich über die Nachricht und rief auf Französisch aus:
+„Sie sollen es bereuen!“ Er brach sogleich nach London auf. So lange er
+anwesend war, hielt der Respekt die Soldaten ab, ihren Gefühlen freien
+Lauf zu lassen; kaum aber hatte er das Lager verlassen, so hörte er
+hinter sich ein lautes Jubelgeschrei. Er wunderte sich darüber und
+fragte, was das bedeute. „Es ist nichts,“ erhielt er zur Antwort, „die
+Soldaten freuen sich nur über die Freisprechung der Bischöfe.“ -- „Das
+nennen Sie nichts?“ sagte der König und wiederholte dann noch einmal:
+„Sie sollen es bereuen!“[133]
+
+Er hatte in der That Ursache, verstimmt zu sein, denn seine Niederlage
+war vollständig und im höchsten Grade demüthigend. Wären die Prälaten
+auf Grund mangelhaften Beweises freigesprochen worden, etwa weil sie die
+Petition nicht in Middlesex geschrieben hatten, oder weil es ihnen
+streng nach den Regeln des Gesetzes nicht bewiesen werden konnte, daß
+sie dem Könige die Petition, um dessentwillen sie in Untersuchung waren,
+überreicht hatten, so würde die Prärogative keinen Stoß erhalten haben.
+Zum Glück für das Land aber war die Thatsache der Veröffentlichung
+vollkommen festgestellt worden und die Vertheidiger der Angeklagten
+hatten daher das Dispensationsrecht angreifen müssen. Dies hatten sie
+mit großer Gelehrsamkeit, Beredtsamkeit und Kühnheit gethan. Die Anwälte
+der Krone waren, wie allgemein anerkannt wurde, in dem Kampfe
+unterlegen. Nicht ein einziger Richter hatte die Indulgenzerklärung für
+gesetzlich zu erklären gewagt, einer hatte sie sogar in den stärksten
+Ausdrücken als ungesetzlich bezeichnet. Die ganze Stadt sprach davon,
+daß die Dispensationsgewalt den Todesstoß bekommen habe. Finch, der den
+Tag vorher allgemein geschmäht worden war, wurde jetzt allgemein
+gepriesen. Man sagte, er habe die Sache nicht in einer Weise entschieden
+sehen wollen, wobei die große Verfassungsfrage auf immer zweifelhaft
+geblieben wäre. Er habe eingesehen, daß die Freisprechung seiner
+Klienten ohne Verdammung der Indulgenzerklärung nur ein halber Sieg
+gewesen sein würde. Es ist gewiß, daß Finch weder die Vorwürfe
+verdiente, mit denen er überhäuft wurde, so lange der Ausgang noch
+zweifelhaft war, noch die Lobpreisungen, die ihm gespendet wurden,
+nachdem derselbe so günstig ausgefallen. Es war thöricht, ihn zu tadeln,
+weil die Kronanwälte während des von ihm veranlaßten kurzen Verzugs
+unerwartet einen neuen Zeugen fanden. Eben so thöricht war die Annahme,
+daß er seine Klienten absichtlich einer Gefahr ausgesetzt habe, um ein
+allgemeines Prinzip festzustellen, und noch thörichter war es, ihn wegen
+etwas zu loben, was eine grobe Verletzung seiner Berufspflichten gewesen
+sein würde.
+
+Dem freudigen Tage folgte eine nicht minder freudige Nacht. Die Bischöfe
+und einige ihrer achtungswerthen Freunde bemühten sich vergebens,
+tumultuarische Freudenbezeigungen zu verhindern. Die ältesten Leute
+erinnerten sich nicht, jemals, selbst nicht an dem Abende, als es in
+London bekannt wurde, daß die schottische Armee sich für ein freies
+Parlament erklärt hatte, die Straßen von so zahlreichen Freudenfeuern
+erhellt gesehen zu haben. Um jedes Feuer hatte sich ein Haufe gelagert,
+der auf das Wohl der Bischöfe und auf den Untergang der Papisten trank.
+Die Fenster waren ebenfalls glänzend erleuchtet, jedes gewöhnlich durch
+sieben Lichter, von denen das mittelste und längste den Primas
+vorstellte. Dazu hörte man fortwährend das Knallen von Schwärmern,
+Raketen und Gewehrschüssen. Ein ungeheurer Holzstoß brannte gerade dem
+Haupteingange von Whitehall gegenüber; andere wurden vor den Thüren
+katholischer Peers angezündet. Lord Arundell von Wardour beschwichtigte
+wohlweislich den Pöbel mit ein wenig Geld; im Palast Salisbury am Strand
+aber wurde ein Widerstandsversuch gemacht. Die Dienerschaft Lord
+Salisbury’s machte einen Ausfall und feuerte; aber nur der unglückliche
+Büttel des Bezirks fiel, der gerade gekommen war, um das Feuer
+auszulöschen, und die Schaar wurde bald in den Palast zurückgetrieben.
+Kein Schauspiel jener Nacht amüsirte das gemeine Volk so sehr, als
+eines, das ihnen vor mehreren Jahren wohl bekannt gewesen war, und das
+ihnen jetzt nach einer langen Pause wieder gegeben wurde: die
+Verbrennung des Papstes. Dieses vor Zeiten sehr beliebte Schauspiel
+kennt unsere Generation nur aus Beschreibungen und Abbildungen. Eine
+Figur, die aber keineswegs jenen plumpen Conterfeyen von Guy Fawx glich,
+welche noch jetzt am 5. November zur Schau umhergetragen werden, sondern
+die mit einiger Geschicklichkeit von Wachs verfertigt und mit nicht
+geringen Kosten mit Gewändern und einer Tiara geschmückt war, wurde auf
+einen Stuhl gesetzt, ähnlich dem, auf welchem noch heute an einigen
+hohen Festtagen die römischen Bischöfe durch die Peterskirche zum
+Hochaltare getragen werden. Seine Heiligkeit war gewöhnlich umgeben von
+einem Gefolge von Cardinälen und Jesuiten, und ihm zur Seite stand ein
+als Teufel mit Schweif und Hörnern verkleideter Hanswurst. Kein reicher
+und eifriger Protestant sah bei dieser Gelegenheit eine Guinee an, und
+wenn man der Sage glauben darf, betrugen die Kosten einer solchen
+Prozession zuweilen nicht weniger als tausend Pfund. Nachdem der Papst
+eine Zeit lang über den Köpfen der Menge zur Schau umhergetragen worden
+war, wurde er unter lautem Jubel den Flammen überliefert. Zur Zeit der
+Popularität Oates’ und Shaftesbury’s wurde das Schauspiel alljährlich am
+Geburtstage der Königin Elisabeth in Fleet Street unter den Fenstern des
+Whig-Clubs aufgeführt. Der groteske Gebrauch war so berühmt, daß
+Barillon sich einmal in Lebensgefahr begab, um aus einem Versteck
+zuzusehen.[134] Seit der Entdeckung des Ryehousecomplots war die
+Ceremonie bis zu dem Tage der Freisprechung der Bischöfe unterblieben.
+An diesem Abende aber tauchten in verschiedenen Stadttheilen Londons
+mehrere Päpste auf. Der Nuntius war höchlich entrüstet und der König
+fühlte sich durch diese Verhöhnung seiner Kirche schwerer gekränkt als
+durch irgend eine andre ihm zugefügte Beleidigung. Die Behörden konnten
+jedoch nichts thun. Der Sonntagmorgen graute bereits und die Glocken der
+Pfarrkirchen riefen zum Frühgebet, ehe die Feuer zu erlöschen und die
+Volksmassen sich zu verlaufen begannen. Es erschien nun alsbald eine
+Proklamation gegen die Ruhestörer. Viele von ihnen, meist Lehrlinge,
+wurden verhaftet: aber die Anklagen gegen sie wurden von den Gerichten
+von Middlesex nicht angenommen. Die Magistratsbeamten, von denen viele
+Katholiken waren, geriethen mit der großen Jury in Streit und schickten
+sie mehrere Male zurück, aber ohne Erfolg.[135]
+
+ [Anmerkung 129: +Collection of State Trials+; +Oldmixon, 739+;
+ +Clarendon’s Diary, June 25. 1688+; Johnstone, 2. Juli; Citters,
+ 3.(13.) Juli; Adda, 6.(10.) Juli; +Luttrell’s Diary+; Barillon,
+ 2.(12.) Juli.]
+
+ [Anmerkung 130: Citters, 3.(13.) Juli. Der würdevolle Ernst, mit
+ dem er die Geschichte erzählt, macht einen komischen Eindruck:
+ +„Den Bisschop van Chester, wie seer de partie van het hof houdt,
+ om te voldoen aan syne gewoone nieusgierigheyt, hem op dien tyt in
+ Westminster Hall mede hebbende laten vinden, in het uytgaan
+ doorgaans was uytgekreten voor een grypende wolf in schaaps
+ kleederen; en hy synde een heer van hooge stature en vollyvig,
+ spotsgewyse allomme geroepen was dat men voor hem plaats moeste
+ maken, om te laten passen, gelyck ook geschiede, om dat soo sy
+ uytschreeuwden en hem in het aansigt seyden, hy den Paus in syn
+ buyck hadde.“+]
+
+ [Anmerkung 131: Luttrell; Citters, 3.(13.) Juli 1688. +„Soo syn in
+ tegendeel gedagte jurys met de uyterste acclamatie en alle
+ teyckenen van genegenheyt en danckbaarheyt in het door passeren
+ van de gemeente ontvangen. Honderden vielen haar om den hals met
+ alle bedenckelycke wewensch van segen en geluck over hare
+ persoonen en familien, om dat sy haar so heusch en eerlyck buyten
+ verwagtinge als het ware in desen gedragen hadden. Veele van de
+ grooten en kleynen adel wierpen in het wegryden handen vol gelt
+ under de armen luyten, om op de gesontheyt van den Coning, der
+ Heeren Prelaten, on de Jurys te drincken.“+]
+
+ [Anmerkung 132: +„Mi trovava con Milord Sunderland la stessa
+ mattina, quando venne l’Avvocato Generale a rendergli conto del
+ successo, e disse, che mai piu a memoria d’huomini si era sentito
+ un applauso, mescolato di voce e lagrime di giubilo, egual a
+ quello che veniva egli di vedere in quest’ occasione.“+ Adda,
+ 6.(16.) Juli 1688.]
+
+ [Anmerkung 133: +Burnet, I. 744+; Citters, 3.(13.) Juli 1688.]
+
+ [Anmerkung 134: Siehe eine interessante Erzählung, welche Danby,
+ damals Herzog von Leeds, zugleich mit anderen Papieren im Jahre
+ 1710 veröffentlichte. Eine anziehende Beschreibung der Ceremonie
+ der Papstverbrennung findet sich auch in North’s +Examen, 570+.
+ Ferner sehe man die Note zum Epilog des Trauerspiels „Ödipus“ in
+ Scott’s Ausgabe von Dryden.]
+
+ [Anmerkung 135: +Reresby’s Memoirs+; Citters, 3.(13.) Juli 1688;
+ Adda, 6.(16.) Juli; Barillon 2.(12.) Juli; +Luttrell’s Diary+;
+ Neuigkeitsbrief vom 4. Juli; +Oldmixon, 739+; Ellis’
+ Correspondenz.]
+
+
+[_Eigenthümlicher Zustand der öffentlichen Meinung zu jener Zeit._]
+Inzwischen verbreitete sich die frohe Nachricht durch das ganze Land und
+wurde allenthalben mit Jubel aufgenommen. Gloucester, Bedford und
+Lichfield gehörten zu den Städten, die sich durch besonderen Eifer
+auszeichneten; Bristol und Norwich aber, welche nach Bevölkerung und
+Reichthum London am nächsten standen, kamen bei diesem freudigen Anlasse
+auch in der Begeisterung der Hauptstadt am nächsten.
+
+Die gerichtliche Verfolgung der sieben Bischöfe ist ein Ereigniß, das in
+unsrer Geschichte einzig dasteht. Es war der erste und letzte Fall, wo
+zwei mächtige in der Regel einander entgegengesetzte Gefühle, von denen
+jedes für sich allein bei heftiger Erregung hinreichend war, um den
+Staat zu erschüttern, in vollkommener Eintracht verbündet waren. Diese
+Gefühle waren die Liebe zur Kirche und die Liebe zur Freiheit. Während
+vieler Generationen war jeder heftige Ausbruch des kirchlichen Gefühls,
+mit einer einzigen Ausnahme, der bürgerlichen Freiheit nachtheilig
+gewesen; und ebenso war jeder heftige Ausbruch des Freiheitsgefühls, mit
+einer einzigen Ausnahme, dem Ansehen und Einflusse des Prälatenthums und
+der Priesterschaft verderblich. Im Jahre 1688 war die Sache der
+Hierarchie einen Augenblick die Sache der Volkspartei. Mehr als
+neuntausend Geistliche, mit dem Primas und seinen ehrenwerthesten
+Suffraganen an der Spitze, erklärten sich bereit, Haft und
+Eigenthumsberaubung für das große Grundprinzip unsrer freien Verfassung
+zu erdulden. Die Folge war eine Coalition, welche die eifrigsten
+Kavaliere, die eifrigsten Republikaner und alle zwischeninne liegenden
+Parteien der Gesammtheit umfaßte. Der Geist, welcher Hampden unter der
+vergangenen Generation aufrecht erhalten hatte, verband sich mit dem
+Geiste, welcher Sacheverell unter der folgenden aufrecht erhielt, um den
+Erzbischof, der ein Hampden und ein Sacheverell zugleich war, aufrecht
+zu erhalten. Diejenigen Klassen der Gesellschaft, denen an der Erhaltung
+der Ruhe am meisten gelegen ist, welche in stürmischen Zeiten gewöhnlich
+am ersten bei der Hand sind, die Regierung zu unterstützen, und welche
+einen natürlichen Widerwillen gegen Aufwiegler hegen, folgten ohne
+Bedenken der Leitung eines ehrwürdigen Mannes, des ersten Peers des
+Reiches, des ersten Dieners der Kirche, eines Tory’s in der Politik,
+eines Heiligen in seinem Privatleben, den die Tyrannei wider seinen
+Willen in einen Demagogen verwandelt hatte. Auf der andren Seite flehten
+jetzt selbst Diejenigen, welche das Episcopat als einen Überrest des
+Papismus und als ein Werkzeug der Willkürherrschaft stets verabscheut
+hatten, auf den Knien um den Segen eines Prälaten, der bereit war, eher
+Ketten zu tragen und seine alterschwachen Glieder auf die nackten Steine
+eines Kerkers zu legen, als daß er die Interessen des protestantischen
+Glaubens verrathen und die Hoheitsrechte der Krone über das Gesetz
+gestellt hätte. Mit der Liebe zur Kirche und der Liebe zur Freiheit
+verband sich in dieser wichtigen Krisis noch ein drittes Gefühl, das zu
+den achtungswerthesten Zügen unsres Nationalcharacters gehört. Ein durch
+Willkürgewalt unterdrückter Mensch findet bei uns, hätte er sonst auch
+nicht den mindesten Anspruch auf Achtung und Dankbarkeit, gewöhnlich
+eine rege Theilnahme. So wurde zu den Zeiten unserer Großväter die
+Gesellschaft durch Wilkes’ Verfolgung heftig aufgeregt. Wir selbst sahen
+die Nation durch die gegen die Königin Karoline geübte Härte fast bis
+zum Wahnsinn gereizt. Daher wurde England, selbst wenn von dem Ausgange
+des Prozesses gegen die Bischöfe keine wichtigen politischen oder
+religiösen Interessen abgehangen hätten, es wahrscheinlich nicht ohne
+starke Regungen von Mitleid und Unwillen mit angesehen haben, wie einige
+Greise von makelloser Tugend von der Rache eines jähzornigen und
+unerbittlichen Fürsten verfolgt wurden, der ihrer Treue seine Krone
+verdankte.
+
+Von diesen Gefühlen angetrieben, stellten sich unsere Vorfahren in einer
+ungeheuren und compacten Masse der Regierung entgegen. Die mächtige
+Phalanx war aus allen Ständen, allen Parteien, allen protestantischen
+Seelen gebildet. Im Vordertreffen standen die geistlichen und weltlichen
+Lords, dann kamen die begüterte Gentry und der Klerus, beide
+Universitäten, alle Gerichtshöfe, Großhändler, Krämer und Pächter, die
+Lastträger, die sich in den Straßen der großen Städte plagten, und die
+Landleute, welche das Feld bebauten. Die Koalition gegen den König
+umfaßte selbst die Matrosen, die seine Schiffe bemannten, selbst die
+Schildwachen, die seinen Palast bewachten. Die Namen Whig und Tory waren
+einen Augenblick vergessen. Der alte Ausschließungsmann reichte dem
+alten Verabscheuer die Hand; Episcopalen, Presbyterianer, Independenten
+und Baptisten vergaßen ihre langjährigen Fehden, um nur an ihren
+gemeinsamen Protestantismus und an ihre gemeinsame Gefahr zu denken;
+Theologen, die in der Schule Laud’s gebildet waren, sprachen nicht nur
+von Duldung, sondern sogar von Einigung. Der Erzbischof erließ bald nach
+seiner Freisprechung einen Hirtenbrief, der eines der merkwürdigsten
+Schriftstücke jener Zeit ist. Er hatte von Jugend auf mit den
+Nonconformisten in Streit gelegen und sie mehrmals mit ungerechter und
+unchristlicher Heftigkeit angegriffen. Sein Hauptwerk war eine häßliche
+Karrikatur auf die Calvinistische Theologie.[136] Er hatte für den 30.
+Januar, den Jahrestag der Hinrichtung Karl’s I., und für den 29. Mai,
+den Jahrestag der Rückkehr Karl’s II., Gebetsformulare abgefaßt, welche
+so heftige Schmähungen gegen die Puritaner enthielten, daß die Regierung
+es für nöthig erachtet hatte, dieselben zu mildern. Jetzt aber war sein
+Herz erweicht und geöffnet. Er ermahnte die Bischöfe und die Geistlichen
+feierlich und eindringlich, ihren Brüdern, den protestantischen
+Dissenters, mit zarter Rücksicht zu begegnen, sie oft zu besuchen, sie
+gastlich zu bewirthen, sich freundlich mit ihnen zu unterhalten und sie
+womöglich zum Anschluß an die Kirche zu bewegen, sich aber, wenn ihnen
+dies nicht gelänge, in ihrem Wirken für die segensreiche Sache der
+Reformation herzlich und liebreich zu verbinden.[137]
+
+Viele fromme Leute dachten in späteren Jahren mit schmerzlicher
+Sehnsucht an jene Zeit zurück. Sie schilderten dieselbe als den
+flüchtigen Schimmer eines goldenen Zeitalters zwischen zwei eisernen
+Zeitaltern. Waren solche Klagen auch natürlich, so waren sie doch nicht
+begründet. Die Coalition von 1688 war und konnte nur das Erzeugniß einer
+an Wahnsinn grenzenden Tyrannei und einer alle großen Institutionen des
+Landes gleichzeitig bedrohenden Gefahr sein. Daß eine solche Coalition
+seitdem nicht wieder vorgekommen, hat seinen Grund darin, weil noch nie
+wieder so schlecht und verkehrt regiert worden ist. Man darf nicht
+vergessen, daß, wenn auch Eintracht an sich besser ist als Zwietracht,
+doch Zwietracht das Zeichen besserer Zustände sein kann als Eintracht
+sie andeutet. Unglück und Gefahr zwingen die Menschen oft, sich zu
+verbinden. Glück und Sicherheit bestimmen sie oft, sich zu trennen.
+
+ [Anmerkung 136: Der +Fur Praedestinatus+.]
+
+ [Anmerkung 137: Dieser Hirtenbrief findet sich in der ersten der
+ zwölf Sammlungen von Urkunden über die englischen Angelegenheiten,
+ die zu Ende des Jahres 1688 und zu Anfang des Jahres 1689 gedruckt
+ wurden. Er wurde am 26. Juli, nicht ganz einen Monat nach dem
+ Prozesse erlassen. Um die nämliche Zeit äußerte Lloyd von St.
+ Asaph gegen Heinrich Wharton, daß die Bischöfe ein ganz neues
+ Verfahren gegen die protestantischen Dissenters einzuschlagen
+ gedächten: +„Omni modo curaturos, ut ecclesia sordibus et
+ corruptelis penitus exueretur; ut sectariis reformatis reditus in
+ ecclesiae sinum exoptati occasio ac ratio concederetur, si qui
+ sobrii et pii essent; ut pertinacibus interim jugum levaretur,
+ extinctis penitus legibus mulctatoriis.“ -- Excerpta ex Vita H.
+ Wharton.+]
+
+
+
+
+ Druck von Philipp Reclam jun. in Leipzig.
+
+
+ * * * * *
+ * * * *
+ * * * * *
+
+
+Druckfehler und Unregelmässigkeiten
+
+Rechtschreibungsformen wie »funfzig« : »fünfzig«, »Urtel« : »Urtheil«
+und »Partein« : »Parteien« sind ungeändert. Die Namen »Russel« und
+»Russell« sind ebenso ungeändert (auch wenn es um die selbe Person
+handelt). Einige doppelte Punkte wie
+
+ [_Sir Patrick Hume und Sir Johann Cochrane._].
+
+sind leise korrigiert.
+
+VII. Kapitel
+
+ [Inhalt]
+ Wycherley, Tindal, Haines [Tintal]
+ Compton. -- Herbert. -- Churchill [Compten]
+ [Anm. VII.1] ... Van Kampen’s ... Sir Jakob Mackintosh
+ [Van Kamper’s, Makintosh]
+ Zeugen seiner Schmerzensausbrüche [Schmerzensausbbrüche]
+ [Anm. VII.5] ... j’ay en soin que M. Woodstoc
+ [_ungeändert: Namen ist »Woodstock«_]
+ [Anm. VII.57] +Burnet I. 726--731+ [I.,]
+ [Anm. VII.63] ... jusqu’à l’actuel payement. [j’usqu’à]
+ Namens Johnstone [Johnestone]
+ die Überreste des Ignatius Loyola [Loyla]
+
+VIII. Kapitel
+
+ Heinrich’s VI. und Heinrich’s VIII. gebildet waren [Heinrichs VIII.]
+ „Sie ... sind ... aus der Schrift heimschicken: „Gehet hin ...
+ widerfahre.“
+ [_anführungsszeichen ungeändert_]
+ vierzig Fellow’s [_’ im Original_]
+ Von Whitehall war keine Antwort gekommen. [Withehall]
+ von Windsor nach Portsmouth [Portsmuth]
+ [Anm. VIII.34] ... Note zu Burnet I. 755 [I, 755]
+ [Anm. VIII.41] ... +Burnet I. 264+ [I, 264]
+ [Anm. VIII.45] ... 2.(12.) Dec. [2.(12. Dec.).]
+ [Anm. VIII.127] ... +Tanner MS.+ [Ms.]
+ durch Wilkes’ Verfolgung [Wilke’s]
+
+
+
+
+
+
+
+End of the Project Gutenberg EBook of Geschichte von England seit der
+Thronbesteigung Jakob's des Zwe, by Thomas Babington Macaulay
+
+*** END OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK GESCHICHTE VON ENGLAND--VIERTER BAND ***
+
+***** This file should be named 30331-0.txt or 30331-0.zip *****
+This and all associated files of various formats will be found in:
+ https://www.gutenberg.org/3/0/3/3/30331/
+
+Produced by Louise Hope, Delphine Lettau, richyfourtytwo
+and the Online Distributed Proofreading Team at
+https://www.pgdp.net
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+Updated editions will replace the previous one--the old editions
+will be renamed.
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+Creating the works from public domain print editions means that no
+one owns a United States copyright in these works, so the Foundation
+(and you!) can copy and distribute it in the United States without
+permission and without paying copyright royalties. Special rules,
+set forth in the General Terms of Use part of this license, apply to
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+Gutenberg is a registered trademark, and may not be used if you
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+such as creation of derivative works, reports, performances and
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+subject to the trademark license, especially commercial
+redistribution.
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+things that you can do with most Project Gutenberg-tm electronic works
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+and help preserve free future access to Project Gutenberg-tm electronic
+works. See paragraph 1.E below.
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+or PGLAF), owns a compilation copyright in the collection of Project
+Gutenberg-tm electronic works. Nearly all the individual works in the
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+located in the United States, we do not claim a right to prevent you from
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+1.E.7. Do not charge a fee for access to, viewing, displaying,
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+ must be paid within 60 days following each date on which you
+ prepare (or are legally required to prepare) your periodic tax
+ returns. Royalty payments should be clearly marked as such and
+ sent to the Project Gutenberg Literary Archive Foundation at the
+ address specified in Section 4, "Information about donations to
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+
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+ you in writing (or by e-mail) within 30 days of receipt that s/he
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+ and discontinue all use of and all access to other copies of
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+ money paid for a work or a replacement copy, if a defect in the
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+ of receipt of the work.
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+opportunities to fix the problem.
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+in paragraph 1.F.3, this work is provided to you 'AS-IS' WITH NO OTHER
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+WARRANTIES OF MERCHANTIBILITY OR FITNESS FOR ANY PURPOSE.
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+1.F.5. Some states do not allow disclaimers of certain implied
+warranties or the exclusion or limitation of certain types of damages.
+If any disclaimer or limitation set forth in this agreement violates the
+law of the state applicable to this agreement, the agreement shall be
+interpreted to make the maximum disclaimer or limitation permitted by
+the applicable state law. The invalidity or unenforceability of any
+provision of this agreement shall not void the remaining provisions.
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+1.F.6. INDEMNITY - You agree to indemnify and hold the Foundation, the
+trademark owner, any agent or employee of the Foundation, anyone
+providing copies of Project Gutenberg-tm electronic works in accordance
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+promotion and distribution of Project Gutenberg-tm electronic works,
+harmless from all liability, costs and expenses, including legal fees,
+that arise directly or indirectly from any of the following which you do
+or cause to occur: (a) distribution of this or any Project Gutenberg-tm
+work, (b) alteration, modification, or additions or deletions to any
+Project Gutenberg-tm work, and (c) any Defect you cause.
+
+
+Section 2. Information about the Mission of Project Gutenberg-tm
+
+Project Gutenberg-tm is synonymous with the free distribution of
+electronic works in formats readable by the widest variety of computers
+including obsolete, old, middle-aged and new computers. It exists
+because of the efforts of hundreds of volunteers and donations from
+people in all walks of life.
+
+Volunteers and financial support to provide volunteers with the
+assistance they need are critical to reaching Project Gutenberg-tm's
+goals and ensuring that the Project Gutenberg-tm collection will
+remain freely available for generations to come. In 2001, the Project
+Gutenberg Literary Archive Foundation was created to provide a secure
+and permanent future for Project Gutenberg-tm and future generations.
+To learn more about the Project Gutenberg Literary Archive Foundation
+and how your efforts and donations can help, see Sections 3 and 4
+and the Foundation web page at https://www.pglaf.org.
+
+
+Section 3. Information about the Project Gutenberg Literary Archive
+Foundation
+
+The Project Gutenberg Literary Archive Foundation is a non profit
+501(c)(3) educational corporation organized under the laws of the
+state of Mississippi and granted tax exempt status by the Internal
+Revenue Service. The Foundation's EIN or federal tax identification
+number is 64-6221541. Its 501(c)(3) letter is posted at
+https://pglaf.org/fundraising. Contributions to the Project Gutenberg
+Literary Archive Foundation are tax deductible to the full extent
+permitted by U.S. federal laws and your state's laws.
+
+The Foundation's principal office is located at 4557 Melan Dr. S.
+Fairbanks, AK, 99712., but its volunteers and employees are scattered
+throughout numerous locations. Its business office is located at
+809 North 1500 West, Salt Lake City, UT 84116, (801) 596-1887, email
+business@pglaf.org. Email contact links and up to date contact
+information can be found at the Foundation's web site and official
+page at https://pglaf.org
+
+For additional contact information:
+ Dr. Gregory B. Newby
+ Chief Executive and Director
+ gbnewby@pglaf.org
+
+
+Section 4. Information about Donations to the Project Gutenberg
+Literary Archive Foundation
+
+Project Gutenberg-tm depends upon and cannot survive without wide
+spread public support and donations to carry out its mission of
+increasing the number of public domain and licensed works that can be
+freely distributed in machine readable form accessible by the widest
+array of equipment including outdated equipment. Many small donations
+($1 to $5,000) are particularly important to maintaining tax exempt
+status with the IRS.
+
+The Foundation is committed to complying with the laws regulating
+charities and charitable donations in all 50 states of the United
+States. Compliance requirements are not uniform and it takes a
+considerable effort, much paperwork and many fees to meet and keep up
+with these requirements. We do not solicit donations in locations
+where we have not received written confirmation of compliance. To
+SEND DONATIONS or determine the status of compliance for any
+particular state visit https://pglaf.org
+
+While we cannot and do not solicit contributions from states where we
+have not met the solicitation requirements, we know of no prohibition
+against accepting unsolicited donations from donors in such states who
+approach us with offers to donate.
+
+International donations are gratefully accepted, but we cannot make
+any statements concerning tax treatment of donations received from
+outside the United States. U.S. laws alone swamp our small staff.
+
+Please check the Project Gutenberg Web pages for current donation
+methods and addresses. Donations are accepted in a number of other
+ways including including checks, online payments and credit card
+donations. To donate, please visit: https://pglaf.org/donate
+
+
+Section 5. General Information About Project Gutenberg-tm electronic
+works.
+
+Professor Michael S. Hart was the originator of the Project Gutenberg-tm
+concept of a library of electronic works that could be freely shared
+with anyone. For thirty years, he produced and distributed Project
+Gutenberg-tm eBooks with only a loose network of volunteer support.
+
+
+Project Gutenberg-tm eBooks are often created from several printed
+editions, all of which are confirmed as Public Domain in the U.S.
+unless a copyright notice is included. Thus, we do not necessarily
+keep eBooks in compliance with any particular paper edition.
+
+
+Most people start at our Web site which has the main PG search facility:
+
+ https://www.gutenberg.org
+
+This Web site includes information about Project Gutenberg-tm,
+including how to make donations to the Project Gutenberg Literary
+Archive Foundation, how to help produce our new eBooks, and how to
+subscribe to our email newsletter to hear about new eBooks.
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+++ b/old/30331-8.txt
@@ -0,0 +1,9092 @@
+The Project Gutenberg EBook of Geschichte von England seit der
+Thronbesteigung Jakob's des Zweiten., by Thomas Babington Macaulay
+
+This eBook is for the use of anyone anywhere at no cost and with
+almost no restrictions whatsoever. You may copy it, give it away or
+re-use it under the terms of the Project Gutenberg License included
+with this eBook or online at www.gutenberg.org
+
+
+Title: Geschichte von England seit der Thronbesteigung Jakob's des Zweiten.
+ Vierter Band
+
+Author: Thomas Babington Macaulay
+
+Translator: Wilhelm Hartwig Beseler
+
+Release Date: October 25, 2009 [EBook #30331]
+
+Language: German
+
+Character set encoding: ISO-8859-1
+
+*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK GESCHICHTE VON ENGLAND--VIERTER BAND ***
+
+
+
+
+Produced by Louise Hope, Delphine Lettau, richyfourtytwo
+and the Online Distributed Proofreading Team at
+https://www.pgdp.net
+
+
+
+
+
+
+[Dieser Text ist fr Benutzer gedacht, deren Text-Anzeigeprogramm
+nicht die volle Unicode (UTF-8) Version anzeigen kann. An- und
+Abfhrungsstriche aus dem Original wurden durch Guillemets ersetzt,
+die einfachen Anfhrungsstriche oder Apostrophe haben die einfachere
+'Schreibmaschinenform'. Das griechische Zitat ist #wie so# gezeichnet.
+
+Zeichen _wie so_ bedeuten Gesperrt; +wie so+ bedeuten Antiqua
+(nicht-Fraktur); =wie so= bedeuten Fettschrift.]
+
+
+
+
+ Thomas Babington Macaulay's
+
+ Geschichte von England
+
+
+ seit der
+
+ Thronbesteigung Jakob's des Zweiten.
+
+
+ Aus dem Englischen.
+
+
+ +Vollstndige und wohlfeilste Stereotyp-Ausgabe.+
+
+
+ Vierter Band.
+
+
+ Leipzig, 1854.
+ _G. H. Friedlein._
+
+
+ * * * * *
+ * * * *
+
+
+ Siebentes Kapitel.
+
+ Jakob II.
+
+
+
+
+ =Inhalt.=
+
+ Seite
+ Wilhelm, Prinz von Oranien 5
+ Sein ueres 5
+ Sein frheres Leben und seine Erziehung 5
+ Seine religisen Ansichten 7
+ Seine militairischen Talente 8
+ Sein Vergngen an Gefahren; seine schlechte Gesundheit 10
+ Klte seines Benehmens und Heftigkeit seiner Gemthsregungen 10
+ Seine Freundschaft fr Bentinck 10
+ Marie, Prinzessin von Oranien 12
+ Gilbert Burnet 14
+ Er vermittelt eine innigere Annherung zwischen dem Prinzen
+ und der Prinzessin 17
+ Beziehungen Wilhelm's zu den englischen Parteien 18
+ Seine Gesinnungen gegen England 18
+ Seine Gesinnungen gegen Holland und Frankreich 19
+ Seine Politik durchaus consequent 22
+ Vertrag von Augsburg 24
+ Wilhelm wird das Oberhaupt der englischen Opposition 25
+ Mordaunt schlgt Wilhelm eine Landung in England vor 26
+ Wilhelm verwirft den Rath 26
+ Unzufriedenheit in England nach dem Sturze der Hyde 27
+ Bekehrungen zum Papismus; Peterborough, Salisbury 27
+ Wycherley, Tindal, Haines 28
+ Dryden 29
+ +The Hind and Panther.+ 30
+ nderung in dem Verfahren des Hofes gegen die Puritaner 32
+ In Schottland theilweise Duldung gewhrt 35
+ Persnliche Bearbeitung Einzelner im kniglichen Kabinet 36
+ Erfolglosigkeit der persnlichen Bearbeitung 37
+ Admiral Herbert 37
+ Die Indulgenzerklrung 37
+ Stimmung der protestantischen Dissenters 39
+ Stimmung der anglikanischen Kirche 40
+ Der Hof und die Kirche 40
+ Brief an einen Dissenter. 42
+ Benehmen der Dissenters 43
+ Einige von ihnen halten es mit dem Hofe. Care, Alsop,
+ Rosewell 45
+ Lobb 46
+ Penn 46
+ Die Mehrzahl der Puritaner ist gegen den Hof. Baxter 46
+ Howe 47
+ Bunyan 47
+ Kiffin 49
+ Der Prinz und die Prinzessin von Oranien gegen die
+ Indulgenzerklrung 52
+ Vertheidigung ihrer Ansichten bezglich der englischen
+ Katholiken 53
+ Jakob's Feindschaft gegen Burnet 57
+ Sendung Dykvelt's nach England 59
+ Unterhandlungen Dykvelt's mit englischen Staatsmnnern 59
+ Danby 60
+ Nottingham 60
+ Halifax 61
+ Devonshire 62
+ Eduard Russel 64
+ Compton. -- Herbert. -- Churchill 65
+ Lady Churchill und die Prinzessin Anna 66
+ Dykvelt kehrt mit Briefen von vielen angesehenen Englndern
+ nach dem Haag zurck 68
+ Zulestein's Sendung 69
+ Zunehmende Feindschaft zwischen Jakob und Wilhelm 70
+ Einflu der hollndischen Presse 71
+ Stewart's und Fagel's Correspondenz 71
+ Castelmaine's Gesandtschaft in Rom 72
+
+
+
+
+[_Wilhelm, Prinz von Oranien._] Wilhelm Heinrich, Prinz von
+Oranien-Nassau, nimmt in der Geschichte Englands und der gesammten
+Menschheit eine so bedeutende Stelle ein, da es wnschenswerth
+erscheint, die markirten Zge seines Characters mit einiger
+Ausfhrlichkeit zu zeichnen.[1]
+
+ [Anmerkung 1: Die Hauptquellen, aus denen ich meine Schilderung
+ des Prinzen von Oranien geschpft habe, sind Burnet's Geschichte,
+ Temple's und Gourville's Memoiren, die Unterhandlungen der Grafen
+ Estrades und Avaux, Sir Georg Downing's Briefe an den Lordkanzler
+ Clarendon, Wagenaar's umfangreiches Geschichtswerk, Van Kampen's
+ +Karakterkunde Vaderlandsche Geschiedenis+, und vor Allem
+ Wilhelm's eigene vertrauliche Correspondenz, von welcher der
+ Herzog von Portland Sir Jakob Mackintosh eine Abschrift zu nehmen
+ erlaubte.]
+
+
+[_Sein ueres._] Er stand jetzt in seinem siebenunddreiigsten
+Lebensjahre, war aber krperlich und geistig lter als andere Leute in
+diesen Jahren. Man knnte fast sagen, er sei niemals jung gewesen. Sein
+ueres ist uns fast eben so gut bekannt, als seinen eigenen Heerfhrern
+und Rthen. Bildhauer, Maler und Mnzschneider haben ihre ganze
+Geschicklichkeit aufgeboten, um seine Zge der Nachwelt zu berliefern,
+und diese waren von der Art, da kein Knstler sie verfehlen und da,
+wer sie einmal gesehen, sie nie vergessen konnte. Sein Name erinnert uns
+sogleich an eine schmchtige und zarte Gestalt, an eine hohe und breite
+Stirn, an eine wie der Schnabel eines Adlers gebogene Nase, an ein Paar
+Augen, die an Glanz und Schrfe mit denen des Adler wetteiferten, an
+eine gedankenvolle, etwas finstre Miene, einen festen und etwas
+mrrischen Mund, an eine bleiche, eingefallene und durch Krankheit und
+Sorgen tief gefurchte Wange. Dieses gedankenvolle, ernste und feierliche
+Aussehen konnte kaum einem glcklichen und lebensfrohen Manne angehrt
+haben; aber es verrth in unverkennbarer Weise die Befhigung zu den
+schwierigsten Unternehmungen und einen durch kein Migeschick und durch
+keine Gefahren zu erschtternden Muth.
+
+
+[_Sein frheres Leben und seine Erziehung._] Die Natur hatte Wilhelm mit
+allen Eigenschaften eines groen Herrschers reich ausgestattet und die
+Erziehung hatte diese Eigenschaften in nicht gewhnlichem Grade
+entwickelt. Mit einem scharfen natrlichen Verstande und einer seltenen
+Willenskraft sah er sich, als sein Geist zu erwachen begann, als vater-
+und mutterlose Waise, als das Oberhaupt einer groen, aber unterdrckten
+und entmuthigten Partei und als den Erben ausgedehnter aber unbestimmter
+Ansprche, welche die Furcht und die Abneigung der damals in den
+Niederlanden herrschenden Oligarchie erregten. Das gemeine Volk, das
+seit einem Jahrhundert seinem Hause treu ergeben war, bewies so oft es
+ihn sah, auf nicht zu verkennende Weise, da es ihn als sein
+rechtmiges Oberhaupt betrachtete. Die geschickten und erfahrenen
+Minister der Republik, die seinen Namen tdtlich haten, brachten ihm
+tglich ihre erzwungene Huldigung dar und beobachteten dabei die
+Fortschritte seines Geistes. Die ersten Regungen seines Ehrgeizes wurden
+sorgfltig bewacht, jedes unberlegte Wort, das ihm entschlpfte, wurde
+niedergeschrieben, und er besa nicht einen einzigen Rathgeber, auf
+dessen Ausspruch Vertrauen gesetzt werden konnte. Er war kaum funfzehn
+Jahre alt, so wurden alle Diener, die seinem Interesse ergeben waren und
+die sein Vertrauen genossen, von der mitrauischen Regierung aus seinem
+Hause entfernt. Er strubte sich dagegen mit einer weit ber seine Jahre
+hinausgehenden Energie, aber vergebens. Aufmerksame Beobachter sahen
+mehr als einmal Thrnen in den Augen des jungen Staatsgefangenen. Seine
+von Haus aus zarte Gesundheit war eine Zeit lang durch die
+Gemthsbewegungen, die seine traurige und vereinsamte Stellung erzeugte,
+ernstlich erschttert. Eine solche Lage macht den Schwachen muthlos und
+bestrzt, dem Starken giebt sie eine verdoppelte Kraft. Von Schlingen
+umgeben, in denen ein gewhnlicher Jngling umgekommen sein wrde,
+lernte Wilhelm vorsichtig und zu gleicher Zeit energisch auftreten.
+Schon lange bevor er das Mannesalter erreicht, verstand er es,
+Geheimnisse zu bewahren, die Neugierde durch trockene und wohlberlegte
+Antworten abzutrumpfen und alle Leidenschaften unter dem nmlichen
+Scheine ernster Ruhe zu verbergen. In der feinen Weltbildung und in
+literarischen Kenntnissen machte er dagegen nur geringe Fortschritte.
+Dem Benehmen des hollndischen Adels jener Zeit fehlte die
+liebenswrdige Anmuth, welche bei den gebildeten Franzosen in hchster
+Vollkommenheit zu finden war und in geringerem Grade auch den englischen
+Hof zierte; seine Manieren waren durchaus hollndisch. Selbst seine
+eigenen Landsleute nannten ihn plump, und Auslndern erschien er oft
+noch mehr als dies. In seinem Verkehr mit der Welt im Allgemeinen schien
+er jene Fertigkeiten, welche den Werth einer Gunstbezeugung erhhen und
+einer Verweigerung die Spitze abbrechen, nicht zu kennen oder sie zu
+verschmhen. Die Literatur und die Wissenschaften interessirten ihn
+wenig; er wute nichts von den Entdeckungen eines Newton und Leibnitz,
+von den Poesien eines Dryden und Boileau; dramatische Darstellungen
+langweilten ihn und er war froh, wenn er den Blick von der Bhne
+abwenden und von ffentlichen Angelegenheiten sprechen konnte, whrend
+Orestes raste oder Tartffe der Elmira die Hand drckte. Er besa zwar
+einiges Talent zu Sarkasmen und entfaltete nicht selten ganz unbewut
+eine sonderbar klingende, aber krftige und originelle natrliche
+Redekunst, aber nach den Titel eines Schngeistes oder eines Redners
+strebte er nicht. Seine ganze Aufmerksamkeit war auf diejenigen Studien
+gerichtet gewesen, welche einen tchtigen und umsichtigen Geschftsmann
+bilden. Von Kindheit an hrte er mit Interesse zu, wenn wichtige Fragen
+ber Bndnisse, Finanzen und Krieg besprochen wurden. Von der Geometrie
+lernte er soviel als zum Bau einer Schanze oder eines Hornwerks nthig
+war. Von fremden Sprachen lernte er mit Hlfe seines ausgezeichneten
+Gedchtnisses soviel als er bedurfte, um Alles, was mit ihm gesprochen
+wurde, und jeden Brief, den er empfing, verstehen und beantworten zu
+knnen. Das Hollndische war seine Umgangssprache. Er verstand
+Lateinisch, Italienisch und Spanisch, sprach und schrieb Franzsisch,
+Englisch und Deutsch, zwar nicht elegant und grammatisch richtig, aber
+flieend und verstndlich. Keine Fhigkeit konnte wichtiger sein fr
+einen Mann, der dazu bestimmt war, groe Bndnisse zu organisiren und
+Armeen zu commandiren, die aus verschiedenen Nationalitten
+zusammengesetzt waren.
+
+
+[_Seine religisen Ansichten._] Eine Klasse von philosophischen Fragen
+war durch die Umstnde seiner Aufmerksamkeit dringend empfohlen worden
+und scheint ihn mehr interessirt zu haben, als man es von seinem
+allgemeinen Character htte erwarten sollen. Die Protestanten der
+Vereinigten Provinzen bestanden wie die unsrer Insel aus zwei groen
+religisen Partein, welche zwei groen politischen Parteien fast genau
+entsprachen. Die Oberhupter der stdtischen Oligarchie waren Arminianer
+und wurden im Allgemeinen von der Menge als nicht viel besser denn
+Papisten betrachtet. Die Prinzen von Oranien waren gewhnlich die
+Schutzpatrone der calvinistischen Theologie gewesen und verdankten
+keinen geringen Theil ihrer Popularitt ihrem Eifer fr die Lehren von
+der Gnadenwahl und dem endlichen Beharren, einem Eifer, der nicht immer
+durch Kenntnisse erleuchtet oder durch Humanitt gemigt war. Wilhelm
+war von Kindheit auf in dem theologischen System, dem seine Familie
+anhing, sorgfltig unterrichtet worden, und betrachtete dieses System
+mit grerer Vorliebe, als man in der Regel fr seinen ererbten Glauben
+hegt. Er hatte ber die groen Probleme, welche auf der Synode von
+Dortrecht errtert worden waren, nachgedacht und in der strengen,
+unbeugsamen Logik der genfer Schule etwas gefunden, was seinem Verstande
+und seinem Gemth zusagte. Das Beispiel von Unduldsamkeit, das einige
+seiner Vorgnger gegeben, ahmte er jedoch niemals nach; er empfand gegen
+alle Verfolgung eine entschiedene Abneigung, die er nicht allein da
+aussprach, wo ein solches Eingestndni offenbar staatsklug war, sondern
+auch in Fllen, wo es den Anschein hatte, da sein Interesse durch
+Verstellung oder Stillschweigen htte gefrdert werden knnen.
+Gleichwohl waren seine theologischen Ansichten noch entschiedener als
+die seiner Vorgnger. Die Lehre von der Prdestination war der
+Grundstein seiner Religion. Er erklrte oft, da wenn er diese Lehre
+aufgeben mte, er zugleich mit derselben allen Glauben an eine waltende
+Vorsehung aufgeben und ein reiner Epikurer werden mte. Diesen
+einzigen Punkt ausgenommen, wurde die ganze Flle seines krftigen
+Geistes frhzeitig von dem Theoretischen ab und auf das Praktische
+gelenkt. Die Fhigkeiten, deren es zur Leitung wichtiger Geschfte
+bedarf, gediehen bei ihm schon in einem Alter zur Reife, wo sie sich bei
+gewhnlichen Menschen kaum erst zu entfalten begonnen haben. Seit
+Octavius hatte die Welt kein solches Beispiel frhzeitiger
+staatsmnnischer Befhigung gesehen. Erfahrene Diplomaten erstaunten
+ber die treffenden Bemerkungen, die der siebzehnjhrige Prinz ber
+ffentliche Angelegenheiten machte, und mit noch weit grerem Erstaunen
+sahen sie diesen Knaben in Lagen, wo man htte erwarten sollen, da er
+starke Leidenschaften verrathen werde, eine eben so unerschtterliche
+Ruhe bewahren, wie sie selbst. Mit achtzehn Jahren sa er bereits unter
+den Vtern der Republik, ernst, besonnen und einsichtsvoll wie der
+lteste unter ihnen. Mit zweiundzwanzig Jahren ward er an einem Tage der
+Trauer und des Schreckens an die Spitze der Verwaltung gestellt. Mit
+dreiundzwanzig Jahren war er durch ganz Europa als Feldherr und
+Staatsmann berhmt. Er hatte innere Factionen niedergeworfen, war die
+Seele einer mchtigen Coalition und hatte im Felde gegen einige von den
+grten Generlen seiner Zeit mit Ehren gefochten.
+
+
+[_Seine militairischen Talente._] Seine persnlichen Neigungen waren
+mehr die eines Kriegers als die eines Staatsmannes, aber wie sein
+Urgrovater, der schweigsame Prinz, der die batavische Republik
+grndete, nimmt er unter den Staatsmnnern einen viel hheren Rang ein
+als unter den Feldherren. Der Verlauf der Schlachten ist allerdings kein
+untrglicher Prfstein fr die Talente eines Befehlshabers, und es wrde
+ganz besonders ungerecht sein, wollte man diesen Prfstein bei Wilhelm
+anwenden, denn das Schicksal wollte, da er fast stets Feldherren,
+welche vollendete Meister in ihrer Kunst, und Truppen gegenberstand,
+welche in der Disciplin den seinigen weit berlegen waren. Indessen lt
+sich mit gutem Grunde annehmen, da er als General im offenen Felde
+Manchem, der in geistiger Beziehung tief unter ihm stand, keineswegs
+gleichkam. Mit Leuten, die sein Vertrauen besaen, sprach er ber diesen
+Gegenstand mit der edlen Offenheit eines Mannes, der Groes vollbracht
+hat und der recht wohl auch einige Mngel eingestehen kann. Er sagte, er
+habe keine Lehrzeit fr den militairischen Beruf bestanden; er sei schon
+als Knabe an die Spitze einer Armee gestellt worden, unter seinen
+Offizieren habe sich keiner befunden, der fhig gewesen wre, ihn zu
+unterweisen; nur aus seinen eigenen Fehlern und deren Folgen habe er
+etwas lernen knnen. Ich wrde einen guten Theil meines Vermgens darum
+geben, rief er einmal aus, wenn ich einige Feldzge unter dem Prinzen
+von Cond mitgemacht htte, ehe ich gegen ihn commandiren mute. Es ist
+nicht unwahrscheinlich, da der Umstand, welcher Wilhelm verhinderte,
+eine ausgezeichnete strategische Bildung zu erlangen, der allgemeinen
+Entwickelung seiner Geisteskrfte zu Gute gekommen ist. Bewiesen seine
+Schlachten auch nicht den groen Taktiker, so berechtigten sie ihn doch
+zu dem Titel eines groen Mannes. Kein Migeschick konnte ihn nur einen
+Augenblick seiner Festigkeit und des vollstndigen Besitzes aller seiner
+Fhigkeiten berauben. Seine Niederlagen wurden mit einer so wunderbaren
+Schnelligkeit wieder gut gemacht, da er, noch ehe seine Feinde das
+Tedeum gesungen hatten, schon wieder zum Kampfe gerstet war; auch
+beeintrchtigten solche Schlge in keiner Weise die Achtung und das
+Vertrauen, dessen er sich von Seiten seiner Soldaten erfreute. Diese
+Achtung und dieses Vertrauen verdankte er in nicht geringem Mae seinem
+persnlichen Muthe. Den Grad von Muth, dessen der Soldat bedarf, um
+einen Feldzug ohne Schande zu bestehen, besitzen die meisten Menschen
+oder wenigstens knnen sie denselben in einer guten Schule erlangen. Ein
+Muth wie der des Prinzen Wilhelm aber ist in der That selten. Er wurde
+auf jede nur mgliche Weise geprft, durch Krieg, durch Wunden, durch
+schmerzhafte und entnervende Krankheiten, durch Seestrme, durch die
+bestndig drohende Gefahr, ermordet zu werden, eine Gefahr, die schon
+sehr starke Nerven erschttert hat und durch welche selbst die eiserne
+Tapferkeit Cromwell's einen harten Sto erhielt. Aber Niemand konnte je
+etwas entdecken, was der Prinz von Oranien frchtete. Seine Rathgeber
+konnten ihn nur mit Mhe dazu bringen, da er einige Vorsichtsmaregeln
+gegen die Pistolen und Dolche von Verschwrern ergriff.[2] Alte Seeleute
+erstaunten ber die kaltbltige Ruhe, die er inmitten tobender
+Brandungen an einer gefahrvollen Kste bewahrte. In der Schlacht
+zeichnete ihn seine Tapferkeit unter Zehntausenden tapferer Krieger aus,
+erweckte die hochherzige Anerkennung selbst der feindlichen Heere und
+wurde selbst von der Unbilligkeit feindlicher Factionen nie bestritten.
+Whrend seiner ersten Feldzge setzte er sich der Gefahr aus, als ob er
+den Tod gesucht htte, war beim Angriff stets der Erste, beim Rckzug
+der Letzte, kmpfte mit dem Schwerte in der Hand im dichtesten Gewhl,
+und mit einer Flintenkugel im Arm, den Harnisch von Blut berstrmt,
+hielt er noch immer Stand und schwenkte im furchtbarsten Feuer seinen
+Hut. Seine Freunde beschworen ihn, er solle doch sein fr das Vaterland
+unschtzbares Leben mehr schonen. Sein berhmtester Gegner, der groe
+Cond, bemerkte nach der blutigen Schlacht von Seneff, der Prinz von
+Oranien habe sich in jeder Beziehung wie ein alter General benommen, nur
+in sofern nicht, als er sich wie ein junger Soldat ausgesetzt. Wilhelm
+leugnete, da er sich der Tollkhnheit schuldig gemacht habe. Er stelle
+sich, meinte er, nur aus Pflichtgefhl und aus kalter Berechnung dessen,
+was das ffentliche Interesse erheische, immer auf den Posten der
+Gefahr. Die Truppen, die er befehlige, seien wenig an den Krieg gewhnt
+und frchteten ein Handgemenge mit den franzsischen Veteranen; es sei
+daher nthig, da ihr Anfhrer ihnen zeige, wie man Schlachten gewinnt.
+Und in der That wurde auch mehr als eine Schlacht, welche rettungslos
+verloren schien, noch durch die Khnheit gewonnen, mit der er seine
+zersprengten Bataillone sammelte und eigenhndig die Memmen niederhieb,
+welche das Beispiel zur Flucht gaben. Zuweilen sah es jedoch ganz so
+aus, als ob er ein eignes Vergngen daran finde, sein Leben zu
+gefhrden. Es wurde bemerkt, da er nie heiterer, freundlicher und
+liebenswrdiger war, als im blutigen Getmmel der Schlacht. Selbst bei
+seinen Zerstreuungen liebte er das Aufregende der Gefahr. Kartenspiele,
+Schach und Billard machten ihm kein Vergngen; seine Lieblingserholung
+war die Jagd, und die gefhrlichste war ihm die liebste. Er machte oft
+Stze, da seine khnsten Begleiter nicht Lust hatten, ihm zu folgen.
+Selbst die verwegensten Sportvergngungen Englands scheint er fr
+weibisch gehalten zu haben, und im groen Parke von Windsor sehnte er
+sich nach dem Wilde, das er in den Forsten von Geldern zu jagen gewohnt
+war, nach Wlfen, Ebern und riesigen Sechzehnendern.[3]
+
+ [Anmerkung 2: Nach dem Frieden von Ryswick drangen die Freunde
+ Wilhelm's in ihn, mit dem franzsischen Gesandten ganz ernstlich
+ ber die Mordanschlge zu sprechen, welche die Jakobiten von St.
+ Germain bestndig schmiedeten. Die kaltbltige Hochherzigkeit,
+ mit der er diese Warnungen vor Gefahr aufnahm, ist besonders
+ characteristisch. Dem Grafen Bentinck, der von Paris sehr
+ beunruhigende Nachrichten gemeldet hatte, antwortete er nur am
+ Schlusse eines langen Geschftsbriefes: +Pour les assasins je ne
+ luy en ay pas voulu parler, croiant que c'etoit au desous de
+ moy.+ -- 2.(12.) Mai 1698. Ich habe die Orthographie des
+ Originals, wenn von einer solchen berhaupt die Rede sein kann,
+ beibehalten.]
+
+ [Anmerkung 3: Von Windsor schrieb er an Bentinck, damals Gesandten
+ in Paris: +J'ay pris avant hier un cerf dans la forest avec les
+ chains du Pr. de Denm. et ay fait un assez jolie chasse, autant,
+ que ce vilain paiis le permest.+ -- 20. Mrz (1. April) 1698. Die
+ Orthographie ist schlecht, aber nicht schlechter als die
+ Napoleon's. In besserer Stimmung schrieb Wilhelm von Loo aus:
+ +Nous avons pris deux cerfs, le premier dans Dorewaert, qui est
+ un des plus gros que je sache avoir jamais pris. Il porte seize.+
+ -- 25. Oct. (4. Nov.) 1697.]
+
+
+[_Sein Vergngen an Gefahren; seine schlechte Gesundheit._] Seine
+Tollkhnheit war um so merkwrdiger, da er von ungemein zarter
+Krperconstitution war. Er war von frher Jugend an schwchlich und
+krnklich gewesen, und im ersten Mannesalter waren seine Leiden durch
+einen heftigen Pockenanfall noch verschlimmert worden. Er war engbrstig
+und schwindschtig. Sein schwchlicher Krper wurde durch einen
+bestndigen heiseren Husten erschttert. Er konnte nicht schlafen, wenn
+sein Kopf nicht durch mehrere Kissen untersttzt wurde, und nur in der
+reinsten Luft konnte er ohne Beschwerden athmen. Dabei qulten ihn oft
+heftige Kopfschmerzen. Krperliche Anstrengungen ermdeten ihn sehr
+bald. Die rzte pflegten die Hoffnung seiner Feinde dadurch aufrecht zu
+erhalten, da sie einen Termin festsetzten, ber den hinaus, wenn sich
+berhaupt irgend etwas in der Wissenschaft mit Sicherheit bestimmen
+lasse, sein zerrtteter Organismus unmglich ausdauern knnte. Dennoch
+verlie seinen Geist whrend seines ganzen Lebens, das nur eine lange
+Krankheit war, bei keiner wichtigen Gelegenheit die nthige Kraft, um
+seinen leidenden und siechen Krper aufrecht zu erhalten.
+
+
+[_Klte seines Benehmens und Heftigkeit seiner Gemthsregungen._] Er war
+mit heftigen Leidenschaften und mit leichter Reizbarkeit geboren; aber
+die Welt hatte keine Ahnung von der Strke seiner Gemthsaffecte. Vor
+den Blicken der Menge verbarg er seine Freude und seinen Kummer, seine
+Zuneigung und seinen Groll unter einer phlegmatischen Ruhe, die ihm den
+Ruf des kaltbltigsten und gleichgltigsten Menschen verschaffte. Wer
+ihm eine gute Nachricht brachte, konnte selten ein Zeichen von Freude
+entdecken; wer ihn nach einer Niederlage sah, sphte umsonst nach einer
+Spur von Unmuth. Er lobte und tadelte, belohnte und bestrafte mit der
+kalten Gelassenheit eines Mohawkhuptlings; aber wer ihn genauer kannte
+und ihn nher betrachtete, der bemerkte wohl, da unter dieser Eisrinde
+bestndig ein ungestmes Feuer brannte. Nur selten raubte der Zorn ihm
+seine Selbstbeherrschung; wenn er aber einmal in Wuth gerieth, so war
+der erste Ausbruch seiner Leidenschaft furchtbar. Es war dann in der
+That nicht rathsam, ihm zu nahe zu kommen. In diesen seltenen Fllen
+jedoch gab er, sobald er seine Selbstbeherrschung wieder erlangt hatte,
+Denen, die er beleidigt, so vollstndige Genugthuung, da sie sich fast
+zu dem Wunsche versucht fhlten, er mchte aufs neue in Wuth gerathen.
+Seine Liebe war nicht minder strmisch als sein Zorn. Wo er einmal
+liebte, da liebte er mit der ganzen Kraft seiner starken Seele. Wenn der
+Tod ihn von einem geliebten Wesen trennte, frchteten die wenigen Zeugen
+seiner Schmerzensausbrche fr seinen Verstand und fr sein Leben. Einem
+sehr kleinen Kreise intimer Freunde gegenber, auf deren Treue und
+Verschwiegenheit er sich unbedingt verlassen konnte, war er ein ganz
+andrer Mensch als der verschlossene und stoische Wilhelm, dem die Menge
+jedes menschliche Gefhl absprach. In ihrer Gesellschaft war er
+freundlich, gemthlich, offenherzig, selbst gesellig und witzig, konnte
+Stunden lang bei Tische sitzen und vollen Antheil an einer heiteren
+Unterhaltung nehmen.
+
+
+[_Seine Freundschaft fr Bentinck._] Am hchsten in seiner Gunst stand
+ein Kavalier seines Hofstaates, Namens Bentinck, der aus einem edlen
+batavischen Geschlecht stammte und der Grnder eines der groen
+patrizischen Huser Englands werden sollte. Bentinck's Treue hatte sich
+in nicht gewhnlicher Weise erprobt. Zu der Zeit, als die Vereinigten
+Provinzen gegen die Macht Frankreichs um ihre Existenz kmpften, wurde
+der junge Prinz, auf dem alle ihr Hoffnungen ruhten, von den Pocken
+befallen. Diese Krankheit hatte bei mehreren Mitgliedern seiner Familie
+einen tdtlichen Ausgang genommen und zeigte auch bei ihm anfangs einen
+sehr bsartigen Character. Die Bestrzung des Volks war gro. Von frh
+bis Abends waren die Straen im Haag mit Leuten angefllt, die sich
+ngstlich nach dem Befinden Seiner Hoheit erkundigten. Endlich nahm das
+bel eine gnstige Wendung. Seine Genesung wurde zum Theil seinem eignen
+Gleichmuth, zum Theil der unerschrockenen und unermdlichen Freundschaft
+Bentinck's zugeschrieben. Nur aus seinen Hnden nahm Wilhelm Speisen und
+Arzneien an; er allein hob ihn aus dem Bette und legte ihn wieder
+hinein. Ich wei nicht, ob Bentinck whrend meiner Krankheit geschlafen
+hat oder nicht, sagte Wilhelm mit inniger Rhrung zu Temple; soviel
+aber wei ich, da ich in den sechzehn Tagen und Nchten nicht ein
+einziges Mal etwas verlangte, ohne da Bentinck augenblicklich an meiner
+Seite gewesen wre. Bevor der treue Diener seine Aufgabe ganz vollendet
+hatte, wurde er selbst angesteckt. Trotzdem berwand er noch immer
+Mdigkeit und Fieberschauer, bis sein Gebieter als Reconvalescent
+erklrt wurde. Jetzt endlich bat er um Erlaubni, nach Hause gehen zu
+drfen. Es war die hchste Zeit, denn seine Fe wollten ihn nicht mehr
+tragen. Er kam in die grte Gefahr, genas aber und eilte, sobald er das
+Bett verlassen konnte, zur Armee, wo er in vielen heien Feldzgen immer
+dicht an Wilhelm's Seite gefunden ward, wie er es in einer Gefahr andrer
+Art gewesen.
+
+Dies war der Ursprung einer so innigen und reinen Freundschaft wie
+irgend eine, von der uns die alte oder neue Geschichte erzhlt. Die
+Nachkommen Bentinck's bewahren noch heute viele Briefe auf, die Wilhelm
+an ihren Ahnherrn geschrieben, und es ist nicht zuviel gesagt, wenn man
+behauptet, da wer diese Briefe nicht gelesen hat, sich keinen richtigen
+Begriff von dem Character des Prinzen bilden kann. Der Mann, den selbst
+seine Verehrer in der Regel fr den zurckhaltendsten und frostigsten
+Menschen hielten, vergit hier jeden Rangunterschied und schttet alle
+seine Gedanken mit der Offenherzigkeit eines Schulknaben aus. Ohne
+Rckhalt theilt er Geheimnisse von der hchsten Wichtigkeit mit und legt
+mit der grten Einfachheit umfassende Plne vor, welche alle
+Regierungen Europa's berhrten. Mit seinen Mittheilungen ber solche
+Dinge verbindet er Mittheilungen von ganz andrer, aber vielleicht nicht
+weniger interessanter Art. Alle seine Abenteuer, alle seine persnlichen
+Ansichten, seine langen Jagdritte nach gewaltigen Hirschen, seine Gelage
+am St. Hubertustage, das Gedeihen seiner Anpflanzungen, das Mirathen
+seiner Melonen, der Zustand seines Gestts, der Wunsch, einen frommen
+Zelter fr seine Gemahlin zu erlangen, sein Verdru, als er erfhrt, da
+einer seiner Kavaliere, nachdem er ein Mdchen aus guter Familie
+unglcklich gemacht, sich weigert, sie zu heirathen, seine Anflle von
+Seekrankheit, sein Husten, seine Kopfschmerzen, seine andchtigen
+Stimmungen, seine Dankbarkeit fr den gttlichen Schutz nach Errettung
+aus einer groen Gefahr, seine Anstrengungen, sich nach einem
+Unglcksfalle dem gttlichen Willen zu unterwerfen, dies Alles ist darin
+mit einer liebenswrdigen Redseligkeit geschildert, die man von dem
+verschwiegensten und ernstesten Staatsmanne jener Zeit kaum erwarten
+sollte. Noch auffallender sind die sorglosen Ergsse seiner Zrtlichkeit
+und die brderliche Theilnahme, die er an seines Freundes huslichem
+Glcke nimmt. Als Bentinck ein Erbe geboren wurde, sagte Wilhelm: Ich
+hoffe, er wird ein so braver Mann werden als Sie einer sind, und sollte
+ich einen Sohn bekommen, so werden unsere Kinder einander hoffentlich
+ebenso lieben, wie wir uns geliebt haben.[4] Whrend seines ganzen
+Lebens blickte er mit vterlicher Liebe auf die kleinen Bentincks. Er
+ruft sie bei den zrtlichsten Diminutiven, er sorgt fr sie in ihres
+Vaters Abwesenheit, und so schwer es ihm wird, ihnen ein Vergngen zu
+versagen, so will er sie doch nicht an einer Jagdpartie teilnehmen
+lassen, wo ihnen die Gefahr droht, von einem Hirsche gestoen zu werden,
+noch ihnen erlauben, bei einem Abendschmause bis spt in die Nacht
+hinein zu verweilen.[5] Als ihre Mutter whrend der Abwesenheit ihres
+Gatten krank wird, findet Wilhelm inmitten der wichtigsten und
+dringendsten Staatsgeschfte noch soviel Zeit, um an einem Tage mehrere
+expresse Boten mit kurzen Briefen abzuschicken, in denen er von ihrem
+Zustande Nachricht giebt.[6] Einmal als sie nach einem heftigen Anfall
+auer Gefahr erklrt wird, ergiet sich der Prinz in die wrmsten
+Dankesbezeigungen gegen Gott. Ich schreibe, sagt er, mit Thrnen der
+Freude in den Augen.[7] Es liegt ein eigner Reiz in diesen Briefen von
+der Hand eines Mannes, dessen Alles berwltigende Energie und
+unbeugsame Festigkeit selbst seinen Feinden Achtung abnthigte, dessen
+kaltes und unfreundliches Benehmen in den meisten seiner Anhnger keine
+innigere Zuneigung aufkommen lie und dessen Geist bestndig mit
+gigantischen Plnen beschftigt war, welche die Gestalt der Welt
+vernderten.
+
+Seine Gte ward keinem Unwrdigen zu Theil. Temple hatte frhzeitig
+Bentinck fr den besten und treuesten Diener erklrt, den je ein Frst
+zu besitzen das Glck hatte, und er verdiente diesen ehrenvollen Titel
+sein ganzes Leben hindurch. Die beiden Freunde waren in der That wie fr
+einander geschaffen. Wilhelm bedurfte weder eines Fhrers noch eines
+Schmeichlers. Da er ein festes und wohlbegrndetes Vertrauen in sein
+eignes Urtheil setzte, so war er kein Freund von Rathgebern, die ihn mit
+Vorschlgen und Einwendungen berhuften. Zu gleicher Zeit besa er eine
+zu scharfe Unterscheidungsgabe und einen zu edlen Sinn, als da er an
+Schmeicheleien htte Vergngen finden knnen. Der Vertraute eines
+solchen Frsten mute ein Mann sein nicht von erfinderischem Genie oder
+von gebieterischem Character, aber bieder und treu, im Stande, jeden
+Befehl pnktlich zu vollziehen, Geheimnisse unverbrchlich zu bewahren,
+Ereignisse umsichtig zu beobachten und treulich zu berichten. Und ein
+solcher Mann war Bentinck.
+
+ [Anmerkung 4: 3. Mrz 1679.]
+
+ [Anmerkung 5: +Voil en peu de mot le dtail de nostre St.
+ Hubert. Et j'ay en soin que M. Woodstoc+ (Bentinck's ltester
+ Sohn) +n'a point est la chasse, bien moin au soup, quoyqu'il
+ fut icy. Vous pouvez pourtant croire que de n'avoir pas chass l'a
+ un peu mortifi, mais je ne l'ay pas aus prendre sur moy, puisque
+ vous m'aviez dit que vous ne le souhaitiez pas.+ -- Von Loo, 4.
+ Nov. 1697.]
+
+ [Anmerkung 6: Am 15. Juni 1688.]
+
+ [Anmerkung 7: 6. Sept. 1679.]
+
+
+[_Marie, Prinzessin von Oranien._] Wilhelm war in der Ehe nicht weniger
+glcklich als in der Freundschaft. Anfangs hatte jedoch seine Ehe kein
+besonderes husliches Glck versprochen. Seine Wahl war hauptschlich
+durch politische Rcksichten bestimmt worden, und es sah nicht
+wahrscheinlich aus, da zwischen einem hbschen sechzehnjhrigen
+Mdchen, die zwar ein sanftes Gemth und natrlichen Verstand besa, im
+brigen aber unwissend und einfach war, und einem Brutigam, der, obwohl
+noch nicht ganz achtundzwanzig Jahr alt, doch seinem krperlichen
+Zustande nach lter war als ihr Vater, der ein kaltes, abstoendes
+Benehmen hatte und dessen Kopf bestndig mit Staatsgeschften und
+Sportvergngungen angefllt war, eine innige Zuneigung wrde entstehen
+knnen. Eine Zeit lang vernachlssigte Wilhelm seine Gemahlin, indem er
+durch andere Frauen von ihr abgezogen wurde, besonders durch eine ihrer
+Hofdamen, Namens Elisabeth Villiers, welche Talente besa, die sie wohl
+geeignet machten, seine Sorgen zu theilen, obgleich sie aller
+persnlichen Reize entbehrte und sogar durch ein hliches Schielen
+entstellt war.[8] Er schmte sich zwar seiner Fehler und bemhte sich
+nach Krften, sie zu verbergen, aber trotz aller Vorsicht wute Marie
+wohl, da er ihr nicht ganz treu war. Spione und Ohrenblser thaten auf
+Anregen ihres Vaters ihr Mglichstes, um ihren Zorn zu entflammen. Ein
+Mann von ganz andrem Character, der vortreffliche Ken, der mehrere
+Monate lang im Haag ihr Kaplan war, wurde so aufgebracht durch die ihr
+widerfahrenden Krnkungen, da er mit mehr Eifer als Besonnenheit
+drohte, ihren Gemahl ernstlich zur Rede zu setzen.[9] Sie selbst ertrug
+jedoch alles Unrecht mit einer Sanftmuth und Geduld, welche ihr nach und
+nach Wilhelm's Achtung und Dankbarkeit erwarben. Indessen war auch noch
+eine andre Ursache der Entfremdung vorhanden. Es kam ohne Zweifel eine
+Zeit, wo die Prinzessin, welche nur zu Stickereiarbeiten, zum
+Spinetspiel und zum Lesen der Bibel und der Pflichten des Menschen
+erzogen war, das Oberhaupt einer groen Monarchie wurde und das
+Gleichgewicht Europa's in ihrer Hand ruhte, whrend ihr ehrgeiziger,
+geschftskundiger und bestndig auf groe Unternehmungen sinnender
+Gemahl bei der britischen Regierung keine vorausbestimmte Stelle fr
+sich fand und nur durch ihre Gte und so lange es ihr gefiel Macht
+ausben konnte. Es kann nicht befremden, da ein Mann, der die Gewalt so
+liebte wie Wilhelm, und der sich seines Herrschergenies so bewut war,
+in hohem Mae die Eifersucht empfand, die whrend eines Knigthums von
+wenigen Stunden zwischen Guildford Dudley und Lady Johanna Zwietracht
+hervorrief und einen noch viel tragischeren Bruch zwischen Darnley und
+der Knigin von Schottland herbeifhrte. Die Prinzessin von Oranien
+hatte nicht die leiseste Ahnung von den Gefhlen ihres Gemahls. Ihr
+Lehrer, der Bischof Compton, hatte sie in der Religion sorgfltig
+unterrichtet und ihr Gemth namentlich gegen die Knste der
+rmisch-katholischen Theologen gesthlt, sie aber in vlliger Unkenntni
+der englischen Verfassung und ihrer eignen Stellung gelassen. Sie wute,
+da ihr eheliches Gelbde sie zum Gehorsam gegen ihren Gemahl
+verpflichtete und es war ihr nie in den Sinn gekommen, da dieses
+gegenseitige Verhltni einmal umgekehrt werden knnte. Sie war bereits
+neun Jahre vermhlt, ehe sie die Ursache von Wilhelm's Verstimmung
+entdeckte, und von ihm selbst wrde sie dieselbe auch nie erfahren
+haben. In Folge seiner ganzen Gemthsart brtete er eher ber die ihn
+niederdrckenden Sorgen, als da er denselben einen Ausdruck gab, und in
+diesem speciellen Falle wurde sein Mund durch ein ganz natrliches
+Zartgefhl versiegelt. Endlich aber kam durch die Vermittelung Gilbert
+Burnet's eine vollkommene Verstndigung und Ausshnung zu Stande.
+
+ [Anmerkung 8: Siehe Swift's Bericht ber sie im +Journal to
+ Stella+.]
+
+ [Anmerkung 9: Heinrich Sidney's Tagebuch vom 31. Mrz 1680 in Mr.
+ Blencowe's interessanter Sammlung.]
+
+
+[_Gilbert Burnet._] Burnet's Ruf ist mit auffallender Bswilligkeit und
+Hartnckigkeit angegriffen worden. Der Angriff begann schon frhzeitig
+in seinem Leben und wird noch jetzt mit unverminderter Heftigkeit
+fortgesetzt, obgleich er bereits ber ein und ein Viertel Jahrhundert im
+Grabe liegt. Allerdings ist er auch fr den Parteiha und den
+muthwilligen Spott eine Zielscheibe, wie sie sich keine bessere wnschen
+knnen, denn die Mngel seines Verstandes und seines Characters liegen
+klar am Tage und knnen Niemandem entgehen. Es waren jedoch nicht die
+Fehler, welche man als seinen Landsleuten eigen zu betrachten pflegt. Er
+allein unter den vielen Schotten, die sich in England zu Auszeichnung
+und Wohlstand emporgeschwungen haben, hatte den Charakter, welchen
+Satiriker, Romanschreiber und Schauspieldichter allgemein den irischen
+Abenteurern zuschreiben. Seine physische Lebendigkeit, seine
+Ruhmredigkeit, seine unverhohlene Eitelkeit, seine Faseleien, seine
+herausfordernde Indiscretion und seine kecke Dreistigkeit boten den
+Tories unerschpflichen Stoff zu Sptteleien. Auch unterlieen seine
+Feinde nicht, ihm nebenbei ber seine breiten Schultern, seine dicken
+Waden und sein Glck in Heirathsspekulationen auf verliebte reiche
+Wittwen mehr witzige als artige Complimente zu machen. Obwohl jedoch
+Burnet in vieler Beziehung dem Spott und selbst dem Tadel Blen darbot,
+so verdiente er doch keineswegs eine solche Geringschtzung. Er besa
+einen regen Geist, einen unermdlichen Flei und eine vielseitige,
+ausgedehnte Belesenheit. Er war zu gleicher Zeit Geschichtsschreiber,
+Alterthumsforscher, Theolog, Prediger, Tagesschriftsteller, Polemiker
+und thtiger politischer Parteifhrer, und in allen diesen
+Eigenschaften zeichnete er sich unter vielen geschickten Mitbewerbern
+vortheilhaft aus. Die vielen geistreichen Abhandlungen, die er ber
+Tagesbegebenheiten schrieb, sind jetzt nur noch Forschern bekannt; aber
+seine +History of his own Times+, seine +History of the Reformation+,
+seine +Exposition of the Articles+, sein +Discourse of Pastoral Care+,
+sein +Life of Hale+ und sein +Life of Wilmot+ werden noch immer neu
+aufgelegt und fehlen in keiner guten Privatbibliothek. Gegen eine solche
+Thatsache vermgen alle Anstrengungen der Verleumder nichts. Ein
+Schriftsteller, dessen umfangreiche Werke in verschiedenen Zweigen der
+Literatur noch hundertdreiig Jahre nach seinem Tode zahlreiche Leser
+finden, kann groe Fehler gehabt haben, mu aber auch groe Vorzge
+gehabt haben, und diese hatte Burnet: einen fruchtbaren und regen Geist
+und einen Styl, der allerdings von tadelloser Reinheit weit entfernt,
+doch stets klar, oft lebendig ist und sich zuweilen selbst zu
+feierlicher und glhender Beredtsamkeit erhebt. Auf der Kanzel wurde die
+Wirkung seiner ohne irgend welche schriftliche Notizen gehaltenen
+Predigten noch erhht durch eine edle Gestalt und einen imponirenden
+Vortrag. Er wurde oft durch das Beifallsgemurmel seiner Zuhrer
+unterbrochen, und wenn die Sanduhr, die sich damals auf jeder Kanzel
+befand, abgelaufen war und er dieselbe emporhielt, forderte ihn die
+Gemeinde durch lauten Zuruf auf fortzufahren, bis der Sand noch einmal
+abgelaufen wre.[10] Die groen Mngel seines sittlichen Characters und
+seines Geistes wurden durch groe Vorzge mehr als ausgeglichen.
+Obgleich durch Vorurtheil und Leidenschaft oft auf Irrwege gefhrt, war
+er doch im strengsten Sinne des Worts ein Ehrenmann. Konnte er auch den
+Versuchungen der Eitelkeit nicht immer widerstehen, so stand sein
+Character doch hoch ber den Einflssen der Habsucht und der Furcht. Er
+war von Gemth leutselig, hochherzig, dankbar und nachsichtig.[11] Sein
+Glaubenseifer, obwohl stetig und glhend, wurde im Allgemeinen durch
+Humanitt und durch Achtung der Gewissensfreiheit in Schranken gehalten.
+Trotz seiner unerschtterlichen Anhnglichkeit an das was er als den
+Geist des Christenthums betrachtete, war er doch gleichgltig gegen
+Gebruche, Namen und Formen der kirchlichen Verfassung und war selbst
+gegen Unglubige und Ketzer, deren Lebenswandel tadellos war und deren
+Irrthmer mehr die Wirkung falscher Begriffe als eines verderbten
+Characters zu sein schienen, durchaus nicht zur Strenge geneigt. Aber
+gleich vielen anderen braven Mnnern jener Zeit betrachtete er die Sache
+der rmischen Kirche als eine Ausnahme von allen gewhnlichen Regeln.
+
+Burnet geno schon seit mehreren Jahren eines europischen Rufes. Seine
+Geschichte der Reformation war von allen Protestanten mit lautem Beifall
+aufgenommen und von den rmischen Katholiken als ein gewaltiger Schlag
+gefhlt worden. Der grte Gelehrte, den die rmische Kirche seit dem
+Schisma des sechzehnten Jahrhunderts hervorgebracht, Bossuet, Bischof
+von Meaux, war mit der Bearbeitung einer ausfhrlichen Erwiederung
+beschftigt. Burnet war von einem der glaubenseifrigen Parlamente,
+welche whrend der durch das papistische Complot verursachten Aufregung
+tagten, mit einem Dankvotum beehrt und im Namen der Gemeinen von England
+ersucht worden, seine geschichtlichen Forschungen fortzusetzen. Er war
+von Karl sowohl als von Jakob in deren engere Unterhaltungszirkel
+gezogen worden, hatte mit mehreren ausgezeichneten Staatsmnnern,
+besonders mit Halifax auf sehr vertrautem Fue gestanden und war der
+Gewissensrath einiger sehr hochstehenden Personen gewesen. Er hatte
+ferner einen der glnzendsten Wstlinge jener Zeit, Johann Wilmot, Earl
+von Rochester, von Atheismus und Ausschweifung zurckgebracht. Lord
+Stafford, das Opfer des Oates, war, obgleich Katholik, in seinen letzten
+Stunden durch Burnet's geistlichen Zuspruch ber diejenigen Punkte, in
+denen alle Christen bereinstimmen, erbaut worden. Wenige Jahre spter
+begleitete Burnet einen noch erlauchteren Dulder, Lord Russell, vom
+Tower auf das Schaffot in Lincoln's Inn Fields. Der Hof hatte nichts
+unversucht gelassen, um einen so thtigen und tchtigen Theologen zu
+gewinnen. Weder knigliche Schmeicheleien, noch die Verheiung
+eintrglicher Stellen waren gespart worden. Aber Burnet war, obwohl in
+frher Jugend von den servilen Lehren angesteckt, denen der damalige
+Klerus durchgehends anhing, aus berzeugung Whig geworden und er blieb
+seinen Grundstzen durch alle Wechselflle des Lebens treu. Er hatte
+jedoch keinen Antheil an der Verschwrung genommen, welche soviel
+Schmach und Unheil ber die Whigpartei brachte und verabscheuete nicht
+nur die Mordplne Goodenough's und Ferguson's, sondern war auch der
+Meinung, da selbst sein geliebter und verehrter Freund Russell gegen
+die Regierung weiter gegangen sei, als es sich rechtfertigen lie.
+Endlich kam eine Zeit, wo die Unschuld kein hinreichender Schutz war.
+Burnet wurde, obgleich er sich keiner bertretung des Gesetzes schuldig
+gemacht, von der Rache des Hofes verfolgt. Er begab sich auf den
+Continent und nachdem er etwa ein Jahr auf jene Wanderungen durch die
+Schweiz, durch Italien und Deutschland verwendet, von denen er uns eine
+anziehende Beschreibung hinterlassen hat, ging er im Sommer 1686 nach
+dem Haag, wo er mit Freundlichkeit und Achtung aufgenommen wurde. Er
+unterhielt sich sehr freisinnig mit der Prinzessin ber Politik und
+Religion und wurde bald ihr geistlicher Beistand und vertrauter
+Rathgeber. Wilhelm erwies sich als ein viel freundlicherer Wirth, als es
+zu erwarten gewesen wre. Denn von allen Fehlern waren ihm
+Zudringlichkeit und Indiscretion am meisten verhat und Burnet war, wie
+selbst seine Freunde und Verehrer zugestanden, der zudringlichste und
+indiscreteste Mensch, den es geben konnte. Aber der scharfsichtige Prinz
+bemerkte sehr wohl, da dieser vorlaute und schwatzhafte Theolog, der
+bestndig Geheimnisse ausplauderte, naseweise Fragen stellte und
+unerbetenen Rath aufdrngte, bei alledem ein freimthiger, furchtloser
+und kluger Mann war, der die Gesinnungen und Absichten der britischen
+Secten und Factionen genau kannte. Auch war der Ruf von Burnet's
+Beredsamkeit und Gelehrsamkeit weit verbreitet. Wilhelm selbst war kein
+Freund vom Lesen, aber er stand jetzt seit vielen Jahren an der Spitze
+der hollndischen Regierung zu einer Zeit, wo die hollndische Presse
+eines der gewaltigsten Werkzeuge war, durch welche die ffentliche
+Meinung in Europa bearbeitet wurde, und obgleich er an literarischen
+Genssen kein Vergngen fand, war er doch viel zu klug und
+scharfsichtig, als da er den Werth des literarischen Beistandes nicht
+htte erkennen sollen. Er wute sehr wohl, da eine populre Flugschrift
+zuweilen ebenso gute Dienste leistet als ein Sieg auf dem Schlachtfelde.
+Auch sah er ein, wie wichtig es sei, da er immer einen Mann um sich
+hatte, der mit der brgerlichen und kirchlichen Verfassung unsrer Insel
+vertraut war, und Burnet eignete sich vortrefflich dazu, als lebende
+Encyclopdie ber britische Angelegenheiten benutzt zu werden, denn
+seine Kenntnisse waren, wenn auch nicht immer ganz zuverlssig, doch von
+erstaunlicher Vielseitigkeit und es gab in England wie in Schottland
+wenige ausgezeichnete Mnner irgend einer politischen oder religisen
+Partei, mit denen er nicht verkehrt htte. Es wurde ihm daher die
+nmliche Gunst und das nmliche Vertrauen gewhrt wie nur irgend Einem
+auer denen, welche den kleinen intimsten Kreis von Privatfreunden des
+Prinzen bildeten. Nahm sich der Doctor Freiheiten heraus, was nicht
+selten der Fall war, so wurde sein Gnner noch klter und mrrischer als
+gewhnlich gegen ihn und uerte zuweilen eine kurze, beiende
+Bemerkung, die einem Menschen von gewhnlicher Dreistigkeit fr immer
+den Mund geschlossen haben wrde. Trotz solcher Vorflle aber dauerte
+die Freundschaft dieses sonderbaren Paares mit wenigen kurzen
+Unterbrechungen so lange, bis sie durch den Tod aufgelst wurde. Es war
+in der That nicht leicht, Burnet zu krnken. Seine Selbstgeflligkeit,
+seine heitere Sorglosigkeit und seine Taktlosigkeit waren so gro, da
+er wohl oft Ansto gab, aber nie Ansto nahm.
+
+ [Anmerkung 10: Sprecher Onslow's Note zu Burnet I. 596; +Johnson's
+ Life of Sprat+.]
+
+ [Anmerkung 11: Niemand hat Burnet hufiger und bitterer
+ widersprochen als Dartmouth. Und doch schrieb auch Dartmouth: Ich
+ glaube nicht, da er jemals vorstzlich etwas verffentlichte, was
+ er fr falsch hielt. Zu einer spteren Zeit nahm er, durch einige
+ Bemerkungen ber sich im zweiten Bande der Geschichte des Bischofs
+ gereizt, dieses Lob zurck; aber auf einen solchen Widerruf darf
+ man kein groes Gewicht legen. Selbst Swift war so gerecht zu
+ sagen: Im Ganzen war er ein hochherziger und braver Mann. +Short
+ Remarks on Bishop Burnet's History+.
+
+ Burnet wird gewhnlich als ein auffallend ungenauer
+ Geschichtsschreiber getadelt; aber ich halte diesen Vorwurf fr
+ ungerecht. Er scheint nur deshalb ungenau zu sein, weil seine
+ Darstellung einer besonders strengen und unfreundlichen Kritik
+ unterzogen worden ist. Wenn ein Whig sich die Mhe nehmen wollte
+ +Reresby's Memoirs, North's Examen, Mulgrave's Account of the
+ Revolution+ oder +Clarke's Life of James the Second+ einer
+ hnlichen Prfung zu unterwerfen, so wrde es sich bald zeigen,
+ da Burnet keineswegs der ungenaueste Geschichtsschreiber seiner
+ Zeit war.]
+
+
+[_Er vermittelt eine innigere Annherung zwischen dem Prinzen und der
+Prinzessin._] Alle Eigenthmlichkeiten seines Characters machten ihn
+ganz dazu geeignet, der Friedensstifter zwischen Wilhelm und Marien zu
+werden. Wenn Personen, die einander achten und lieben sollten, durch
+eine Ursache von einander fern gehalten werden, welche drei freimthig
+gesprochene Worte beseitigen knnten, so ist es ein Glck fr sie, wenn
+sie einen indiscreten Freund haben, der mit der ganzen Wahrheit
+herausplatzt. Burnet sagte der Prinzessin ganz offen, welches Gefhl an
+dem Herzen ihres Gemahls nagte. Sie erfuhr jetzt zum ersten Male mit
+nicht geringem Erstaunen, da, wenn sie Knigin von England wrde,
+Wilhelm ihren Thron nicht theilen sollte. Sie erklrte mit den innigsten
+Worten, da es keinen Beweis von ehelicher Unterwerfung und Liebe gebe,
+zu dem sie nicht jeden Augenblick bereit wre. Unter vielen
+Entschuldigungen und feierlichen Versicherungen, da kein andrer Mensch
+ihm ein Wort in den Mund gelegt habe, sagte ihr Burnet nun, da das
+Heilmittel in ihrer Hand liege. Wenn die Krone ihr zugefallen sei, knne
+sie leicht ihr Parlament dazu bewegen, da es ihrem Gatten nicht nur den
+Knigstitel gewhrte, sondern ihm sogar durch ein Gesetz die Zgel der
+Regierung in die Hand gab. Aber, setzte er hinzu, Ihre knigliche
+Hoheit mssen wohl berlegen, ehe Sie einen solchen Entschlu
+aussprechen, denn es ist ein Entschlu, dessen Zurcknahme weder rathsam
+noch leicht sein wrde, wenn er einmal angekndigt wre. -- Ich bedarf
+keiner Zeit zur berlegung, antwortete Marie. Es ist genug, da ich
+eine Gelegenheit habe, um dem Prinzen meine Achtung zu beweisen. Theilen
+Sie ihm mit was ich gesagt habe, und bringen Sie ihn zu mir, damit er es
+aus meinem eigenen Munde hre. Burnet wollte den Prinzen sogleich
+herbeiholen, aber er war viele Meilen weit entfernt auf einer
+Hirschjagd. Erst am folgenden Tage konnte die entscheidende Unterredung
+stattfinden. Ich habe erst gestern erfahren, sagte Marie, da
+zwischen den Gesetzen Englands und den Gesetzen Gottes ein solcher
+Unterschied obwaltet. Aber ich verspreche Ihnen, da Sie jederzeit der
+Gebieter sein sollen, und ich verlange keinen andren Lohn dafr, als da
+Sie das Gebot, welches den Gatten vorschreibt, ihre Frauen zu lieben,
+ebenso befolgen, wie ich das Gebot halte, welches den Frauen
+vorschreibt, ihren Gatten zu gehorchen. Dieser Beweis von edelmthiger
+Zuneigung gewann ihr Wilhelm's Herz vollstndig. Von diesem Augenblicke
+an bis zu dem traurigen Tage, an welchem er ohnmchtig von ihrem
+Sterbebett hinweggetragen wurde, herrschte vollkommene Freundschaft und
+unbegrenztes Vertrauen zwischen ihnen. Viele von ihren Briefen an ihn
+sind noch vorhanden und sie enthalten zahlreiche Beweise, da es diesem
+Manne, der in den Augen der Menge fr so unliebenswrdig galt, gelungen
+war, einer schnen und tugendhaften Frau, welche in Hinsicht der Geburt
+ber ihm stand, eine bis zur abgttischen Verehrung gehende Liebe
+einzuflen.
+
+Der Dienst, den Burnet seinem Vaterlande erzeigt, war von hoher
+Bedeutung. Es war eine Zeit gekommen, wo es fr das Wohl des Staates
+sehr wichtig war, da zwischen dem Prinzen und der Prinzessin
+vollkommene Eintracht herrschte.
+
+
+[_Beziehungen Wilhelm's zu den englischen Parteien._] Bis nach der
+Unterdrckung des Aufstandes im Westen hatten ernste Ursachen des
+Zwiespaltes Wilhelm sowohl von den Tories als von den Whigs getrennt. Er
+hatte mit groem Mifallen die Versuche der Whigs beobachtet, der
+ausbenden Gewalt einige Befugnisse zu entziehen, die er zur
+Aufrechthaltung ihrer Wirksamkeit und ihrer Wrde fr nthig hielt. Mit
+noch grerem Mifallen hatte er die Untersttzung gesehen, welche ein
+groer Theil dieser Partei den Anmaungen Monmouth's angedeihen lie. Es
+schien als ob die Opposition zuerst die Krone Englands des Tragens nicht
+mehr werth machen und sie dann einem Bastard und Betrger aufs Haupt
+setzen wollte. Zu gleicher Zeit war das religise System des Prinzen
+weit verschieden von dem, welchem die Torypartei huldigte. Sie waren
+Arminianer und Prlatisten. Sie sahen mit Verachtung auf die
+protestantischen Kirchen des Continents herab und hielten jede Zeile
+ihrer eignen Liturgie und Rubrica fr kaum weniger geheiligt als die
+Evangelien. Seine Ansichten ber die metaphysischen Seiten der Theologie
+waren calvinistisch. Seine Ansichten bezglich der Kirchenverfassungen
+und der gottesdienstlichen Formen waren latitudinarisch. Er gab zu, da
+das Episcopat eine gesetzliche und zweckmige Form des Kirchenregiments
+sei; aber er sprach mit Bitterkeit und Hohn von der Bigotterie Derer,
+welche die bischfliche Ordination fr ein wesentliches Erforderni
+einer christlichen Gesellschaft hielten. Gegen die durch die Liturgie
+vorgeschriebenen Gewnder und Gesten hatte er keine Bedenken, aber er
+gestand, da ihm die Gebruche der anglikanischen Kirche lieber sein
+wrden, wenn sie ihn weniger an die Gebruche der rmischen Kirche
+erinnerten. Man hatte ihn ein ominses Gemurmel von sich geben hren,
+als er in der Privatkapelle seiner Gemahlin zum ersten Male einen Altar
+nach anglikanischer Weise geschmckt sah, und es schien ihm nicht
+sonderlich zu gefallen, als er Hooker's +Ecclesiastical Policy+ in ihrer
+Hand sah.[12]
+
+ [Anmerkung 12: +Dr.+ Hooper's handschriftliche Erzhlung im
+ Anhange zu Lord Dungannon's +Life of William+.]
+
+
+[_Seine Gesinnungen gegen England._] Er verfolgte daher lange den Streit
+zwischen den englischen Parteien mit Aufmerksamkeit, aber ohne eine
+starke Vorliebe fr die eine oder die andre Partei zu hegen. Er wurde
+auch bis ans Ende seines Lebens in der That niemals weder ein Whig, noch
+ein Tory. Es fehlte ihm das was die gemeinsame Grundlage beider
+Charactere ist, denn er wurde nie ein Englnder. Er rettete zwar
+England, liebte es aber nie und erlangte ebensowenig die Liebe der
+Englnder. Fr ihn war es nur ein Verbannungsort, den er mit Widerwillen
+besuchte und mit Freuden verlie. Selbst als er dem Lande die Dienste
+leistete, deren gnstige Wirkungen wir bis auf den heutigen Tag fhlen,
+war sein Hauptzweck nicht die Wohlfahrt desselben.
+
+
+[_Seine Gesinnungen gegen Holland und Frankreich._] All' sein
+patriotisches Gefhl gehrte Holland. Hier befand sich das prchtige
+Grabmal, in welchem der groe Staatsmann ruhte, dessen Blut, dessen
+Namen, dessen Character und dessen Genie er geerbt hatte. Hier war der
+bloe Klang seines Namens schon ein Zauberspruch, welcher durch drei
+Generationen die liebevolle Begeisterung der Landleute und Handwerker
+erweckt hatte. Die hollndische Sprache war die Sprache seiner
+Kinderstube; unter dem hollndischen Adel hatte er seine ersten Freunde
+gewhlt; die Vergngungen, die Bauart und die Gegenden seines
+Heimathlandes wurzelten tief in seinem Herzen. Zu ihm wendete er sich
+immer wieder mit unvernderter Zrtlichkeit von einem stolzeren und
+schneren Nebenbuhler ab. In den Slen von Whitehall sehnte er sich nach
+dem traulichen Hause im Busche im Haag und er fhlte sich nie
+glcklicher, als wenn er die Pracht von Windsor mit der bescheidenen
+Einfachheit von Loo vertauschen konnte. Whrend seiner glnzenden
+Verbannung fand er einigen Trost darin, da er durch Bauen, Pflanzen und
+Graben um sich her einen Schauplatz schaffen konnte, der ihn an die
+regelmigen Gebude von rothem Backstein, an die langen Kanle und an
+die symmetrischen Blumenbeete erinnerte, unter denen er seine Jugend
+verlebt hatte. Doch selbst die Liebe zu seinem Vaterlande war einem
+andren Gefhle untergeordnet, welches schon frhzeitig in seiner Seele
+die Oberherrschaft gewann, das sich mit allen seinen Leidenschaften
+vermischte, das ihn zu groartigen Unternehmungen anspornte, das ihn
+aufrecht erhielt, wenn Krnkungen, Schmerzen, Krankheit und Sorgen ihn
+zu Boden drcken wollten, das gegen das Ende seiner Laufbahn einmal
+kurze Zeit erloschen zu sein schien, aber bald heftiger als je wieder
+hervorbrach und ihn noch beseelte, als das Sterbegebet an seinem Lager
+gesprochen wurde. Dieses Gefhl war der Ha gegen Frankreich und den
+prachtliebenden Knig, der in mehr als einer Hinsicht Frankreich
+reprsentirte und der mit seinen specifisch franzsischen Tugenden und
+Vorzgen jenen unruhigen, gewissenlosen und dnkelhaften Ehrgeiz
+verband, der zu wiederholten Malen den Zorn ganz Europa's ber
+Frankreich gebracht hat.
+
+Es ist nicht schwer, die Fortschritte des Gefhls zu verfolgen, welches
+nach und nach die Alleinherrschaft in Wilhelm's Seele erlangte. Als er
+kaum erst dem Knabenalter entwachsen, war sein Vaterland in
+prahlerischem Trotze gegen Recht und Gerechtigkeit berfallen, verwstet
+und allen Excessen der Raubsucht, Ausschweifung und Grausamkeit
+preisgegeben worden. Die Hollnder hatten sich in ihrer Bedrngni vor
+dem Eroberer gedemthigt und um Gnade gefleht. Darauf war ihnen der
+Bescheid geworden, da wenn sie Frieden wnschten, sie ihre
+Selbststndigkeit aufgeben und alljhrlich dem Hause Bourbon huldigen
+mten. Die schwer beleidigte Nation hatte, zur Verzweiflung getrieben,
+ihre Deiche durchbrochen und das Meer als Bundesgenossen gegen die
+franzsische Tyrannei zu Hlfe gerufen. Mitten in den Greueln dieses
+Kampfes, whrend die Landleute entsetzt vor den Eroberern flohen,
+whrend Hunderte von schnen Grten und Lusthusern in den Fluthen
+begraben, whrend die Berathungen der Generalstaaten durch die
+Ohnmachten und das laute Weinen alter Senatoren unterbrochen wurden,
+welche den Gedanken nicht ertragen konnten, die Freiheit und den Ruhm
+ihres Vaterlandes zu berleben, war Wilhelm an die Spitze der Geschfte
+berufen worden. Eine Zeit lang dnkte ihm jeder Widerstand hoffnungslos.
+Er sah sich vergebens nach Hlfe um. Spanien war ausgesogen, Deutschland
+zerrissen, England bestochen. Es schien dem jungen Statthalter, als ob
+ihm nichts weiter brig bliebe, als mit dem Schwerte in der Hand zu
+fallen, oder der Aeneas einer groen Vlkerwanderung zu werden und in
+Gegenden, welche auer dem Bereiche der Tyrannei Frankreichs lagen, ein
+neues Holland zu grnden. Dann wre kein Hinderni mehr vorhanden
+gewesen, das die Fortschritte des Hauses Bourbon htte hemmen knnen.
+Noch wenige Jahre und dieses Haus wrde seine Besitzungen durch
+Lothringen und Flandern, Castilien und Arragonien, Neapel und Mailand,
+Mexico und Peru vergrert haben. Ludwig htte sich dann die Kaiserkrone
+aufsetzen, einen Prinzen seines Hauses auf den Thron Polens erheben und
+der Alleinherrscher in Europa von den scythischen Wsten bis zum
+Atlantischen Ocean, sowie in Amerika von den Gegenden nrdlich vom
+Wendekreis des Krebses bis zu den Gegenden sdlich vom Wendekreis des
+Steinbocks werden knnen. Dies waren die Aussichten, die sich Wilhelm
+darboten, als er in das ffentliche Leben eintrat und welche ihn bis zu
+seinem letzten Tage unaufhrlich verfolgten. Die franzsische Monarchie
+war fr ihn das was die rmische Republik fr Hannibal, was das
+ottomanische Reich fr Scanderbeg, was die sdliche Herrschaft fr
+Wallace war. Die Religion gab diesem glhenden und unverlschlichen
+Hasse ihre Weihe. Hunderte von calvinistischen Predigern verkndeten,
+da die nmliche Macht, welche Simson vom Mutterleibe an dazu bestimmt,
+die Geiel der Philister zu werden, und welche Gideon von der
+Dreschtenne abgerufen, um die Midianiter zu schlagen, Wilhelm von
+Oranien zum Vorkmpfer aller freien Nationen und aller reinen Kirchen
+erkoren habe, und diese Ansicht war nicht ohne Einflu auf sein Gemth
+geblieben. Dem Vertrauen, welches dieser heldenmthige Fatalist in seine
+erhabene Bestimmung und in seine heilige Sache setzte, ist zum Theil
+seine auffallende Gleichgltigkeit gegen jede Gefahr zuzuschreiben. Er
+hatte ein groes Werk zu vollbringen und bis es vollbracht war, konnte
+ihm nichts schaden. Daher kam es auch, da er trotz der Prophezeiungen
+der rzte von hoffnungslos scheinenden Krankheiten genas, da Schaaren
+von Mrdern sich vergebens gegen sein Leben verschworen, da der offene
+Nachen, dem er sich in sternenloser Nacht auf einem tobenden Ocean an
+einer verrtherischen Kste anvertraute, ihn wohlbehalten ans Land trug
+und da auf zwanzig Schlachtfeldern die Kanonenkugeln auf allen Seiten
+an ihm vorbersausten. Die Begeisterung und Ausdauer, womit er sich
+seiner Sendung widmete, haben kaum ein Beispiel in der Geschichte.
+Seinem groen Ziele gegenber achtete er das Leben Anderer ebenso gering
+als sein eigenes. Selbst die menschlichsten und edelmthigen Soldaten
+jener Zeit waren zu sehr daran gewhnt, das Blutvergieen und die
+Verheerungen, welche von groen kriegerischen Unternehmungen
+unzertrennlich sind, mit kalter Gleichgltigkeit zu betrachten, und
+Wilhelm's Herz war nicht allein durch berufsmige Unempfindlichkeit,
+sondern auch durch die noch starrere Unempfindlichkeit gesthlt, welche
+die Wirkung des Pflichtgefhls ist. Drei groe Coalitionen, drei lange
+und blutige Kriege, in denen ganz Europa von der Weichsel bis zum
+westlichen Ocean unter den Waffen stand, sind lediglich seiner
+unbezwinglichen Energie zuzuschreiben. Als im Jahre 1678 die
+Generalstaaten erschpft und entmuthigt nach Ruhe verlangten, stimmte er
+noch immer dagegen, das Schwert in die Scheide zu stecken, und der
+Friede wurde nur geschlossen, weil er seinen wilden und entschlossenen
+Geist nicht auch Anderen einhauchen konnte. Noch im letzten Augenblicke
+schlug er in der Hoffnung, dadurch die Unterhandlungen abzubrechen, von
+denen er wohl wute, da sie dem Abschlusse nahe waren, eine der
+blutigsten und hartnckigsten Schlachten jener Zeit. Von dem Tage an, wo
+der Friede von Nymwegen unterzeichnet worden war, begann er auf eine
+neue Coalition zu sinnen. Sein Streit mit Ludwig, der nun vom
+Schlachtfelde in das Kabinet versetzt wurde, ward bald durch eine
+Privatfehde noch erbitterter. Die beiden Rivalen waren einander in
+Talenten, Character, Manieren und Ansichten gerade entgegengesetzt.
+Ludwig, fein und wrdevoll, verschwenderisch und ausschweifend, ein
+Freund von Prunk und Feind von persnlicher Gefahr, ein freigebiger
+Beschtzer der Knste und Wissenschaften und ein grausamer Verfolger der
+Calvinisten, bildete einen auffallenden Contrast mit Wilhelm, der
+einfach in seinen Neigungen, unfreundlich in seinem Benehmen,
+unermdlich und unerschrocken im Kriege, gleichgltig gegen alle
+Luxuszweige des Wissens und ein entschiedener Anhnger der genfer
+Theologie war. Die beiden Feinde beobachteten nicht lange jene
+Artigkeit, welche Mnner ihres Ranges, selbst wenn sie einander an der
+Spitze von Armeen gegenberstehen, selten aus den Augen setzen. Wilhelm
+gebrauchte zwar die Formalitt, da er Ludwig seine besten Dienste
+anbot; aber diese Hflichkeit wurde nach ihrem wahren Werthe gewrdigt
+und mit einer trocknen Zurckweisung vergolten. Der groe Knig
+verachtete den kleinen Prinzen, der der Diener eines Bundes von
+Handelsstdten war und auf jedes Zeichen von Verachtung antwortete der
+unerschrockene Statthalter mit einer neuen Herausforderung, Wilhelm
+entlehnte seinen Namen, ein Name, den die Ereignisse des
+vorhergegangenen Jahrhunderts zu einem der glnzendsten und berhmtesten
+von ganz Europa gemacht hatten, von einer Stadt, welche nicht weit von
+Avignon an den Ufern der Rhone liegt und die, wie Avignon, obgleich von
+allen Seiten von franzsischem Gebiet umgeben, doch eigentlich nicht der
+franzsischen, sondern der kaiserlichen Krone als Lehen gehrte. Ludwig
+besetzte Orange mit der ihm eigenen bermthigen Verachtung des
+Vlkerrechts, schleifte die Befestigungswerke und eignete sich die
+Einknfte der Stadt zu. Wilhelm erklrte laut bei Tische in Anwesenheit
+vieler Personen, der allerchristlichste Knig solle diese Beleidigung
+schwer bereuen, und als der Graf von Avaux ihn um eine nhere Erklrung
+dieser Worte bat, weigerte er sich auf das Bestimmteste, sie zu
+widerrufen oder wegzuerklren. Der Streit ging so weit, da der
+franzsische Gesandte es nicht wagen durfte, sich im Empfangzimmer der
+Prinzessin blicken zu lassen, wenn er sich nicht der Gefahr aussetzen
+wollte, ffentlich beleidigt zu werden.[13]
+
+Wilhelm's Gesinnungen gegen Frankreich erklren zugleich seine ganze
+Politik gegen England. Sein Gemeinsinn war ein europischer. Der
+Hauptgegenstand seiner Sorge war nicht unsre Insel, ja selbst sein
+Geburtsland nicht, sondern die groe Gemeinschaft der Nationen, der die
+Unterjochung durch ein zu mchtiges Mitglied drohte. Wer in dem Irrthume
+befangen ist, ihn als einen englischen Staatsmann zu betrachten, mu
+nothwendig sein ganzes Leben in einem falschen Lichte erblicken und wird
+nicht im Stande sein, irgend einen Grundsatz, sei es ein guter oder ein
+schlechter, ein whiggistischer oder ein toryistischer, zu entdecken, auf
+den sich seine wichtigsten Thaten zurckfhren lieen. Betrachten wir
+ihn aber als einen Mann, dessen besondere Aufgabe es war, eine Masse von
+schwachen, zerrissenen und entmuthigten Staaten zu einem festen und
+starken Bunde gegen den gemeinsamen Feind zu sammeln, betrachten wir ihn
+als einen Mann, in dessen Augen England namentlich deshalb wichtig war,
+weil ohne dasselbe die von ihm beabsichtigte groe Coalition
+unvollstndig gewesen sein wrde, so werden wir zugeben mssen, da
+keine langjhrige Laufbahn, von der uns die Geschichte erzhlt, von
+Anfang bis zu Ende gleichmiger war als die dieses groen Frsten.[14]
+
+ [Anmerkung 13: +Avaux Negotiations+, Aug. 10.(20.), Sept.
+ 14.(24.), Sept. 28. (Oct. 8.), Dec. 7.(17.) 1682.]
+
+ [Anmerkung 14: Ich kann mir das Vergngen nicht versagen,
+ Massillon's unfreundliche, aber scharfsinnige und edle
+ Characteristik Wilhelm's hier anzufhren: +Un prince profond dans
+ ses vues; habile former des ligues et reunir les esprits, plus
+ heureux exciter les guerres qu' combattre; plus encore
+ craindre dans le secret du cabinet, qu' la tte des armes; un
+ ennemi que la haine du nom Franais avait rendu capable d'imaginer
+ de grandes choses et de les excuter; un de ces gnies qui
+ semblent tre ns pour mouvoir leur gr les peuples et les
+ souverains; un grand homme, s'il n'avoit jamais voulu tre roi.+
+ Grabrede auf den Dauphin.]
+
+
+[_Seine Politik durchaus consequent._] Der Leitfaden, den wir jetzt
+besitzen, wird es uns mglich machen, ohne Schwierigkeit den wirklich
+consequenten, obgleich anscheinend zuweilen gewundenen Gang zu
+verfolgen, den er gegen unsere inneren Factionen beobachtete. Er
+erkannte deutlich, was brigens auch weit weniger scharfsichtigen Leuten
+als er war, nicht entging, da das Unternehmen, an dem er mit ganzer
+Seele hing, wahrscheinlich gelingen wrde, wenn England auf seiner Seite
+wre, da der Ausgang ungewi sein wrde, wenn England neutral bliebe,
+und da es hoffnungslos sein wrde, wenn England handelte, wie es in den
+Tagen der Cabale gehandelt htte. Nicht weniger deutlich sah er, da
+zwischen der ueren und der inneren Politik Englands ein enger
+Zusammenhang stattfand, da der Regent dieses Landes, wenn er mit dem
+gesetzgebenden Krper harmonirte, stets einen groen Einflu auf die
+Angelegenheiten der Christenheit ausben und da ihm offenbar daran
+gelegen sein mute, der ungebhrlichen Machtvergrerung irgend eines
+festlndischen Potentaten entgegenzuwirken; da auf der andren Seite der
+Souverain, wenn der gesetzgebende Krper ihm nicht traute und ihn in
+seinen freien Bewegungen hemmte, in der europischen Politik nur von
+geringem Gewicht sein konnte und da dieses ganze kleine Gewicht in die
+falsche Wagschale fallen wrde. Der erste Wunsch des Prinzen war daher:
+Eintracht zwischen dem Throne und dem Parlamente. Wie diese Eintracht
+herzustellen war und auf welcher Seite Zugestndnisse gemacht werden
+muten, dies waren seiner Ansicht nach Fragen von untergeordneter
+Bedeutung. Allerdings wrde es ihm am liebsten gewesen sein, wenn eine
+vollstndige Ausshnung htte bewirkt werden knnen, ohne einen
+Buchstaben von der Prrogative zu opfern, denn er hatte an der
+ungeschmlerten Aufrechthaltung derselben ein anwartschaftliches
+Interesse, und war von Natur mindestens eben so herrschschtig und ein
+eben so groer Feind von Beschrnkung, als irgend ein Stuart. Aber es
+gab kein Kleinod der Krone, das er nicht, selbst nachdem sie auf sein
+eignes Haupt gesetzt worden, bereitwilligst zum Opfer gebracht htte,
+wenn er berzeugt sein konnte, da ein solches Opfer zur Erreichung
+seines groen Zieles unumgnglich nthig war. Daher empfahl er auch der
+Regierung in den Tagen des papistischen Complots Nachgiebigkeit,
+obgleich er die Heftigkeit mibilligte, mit der die Opposition die
+knigliche Autoritt angriff. Das Verfahren der Gemeinen bezglich der
+inneren Angelegenheiten, sagte er, sei hchst unverstndig, aber so
+lange die Gemeinen unzufrieden seien, knnten die Freiheiten Europa's
+nicht sicher sein und dieser berwiegenden Rcksicht msse jede andre
+weichen. Nach diesen Grundstzen handelte er, als die Ausschlieungsbill
+die ganze Nation erschtterte. Man hat keinen Grund zu der Annahme, da
+er die Opposition aufgemuntert habe, diese Bill einzubringen oder die
+wiederholt gemachten Vergleichsvorschlge des Thrones zurckzuweisen.
+Als es aber klar wurde, da, wenn diese Bill nicht durchging, ein
+ernster Bruch zwischen den Gemeinen und dem Hofe entstehen mute, sprach
+er deutlich, obwohl mit gebhrender Migung, seine Ansicht dahin aus,
+da man sich um jeden Preis mit den Vertretern des Volks vershnen
+msse. Als ein heftiger und reiender Umschwung der ffentlichen Meinung
+die Whigpartei eine Zeit lang vllig hilflos gelassen hatte, versuchte
+er es sein groes Ziel auf einem andren Wege zu erreichen, der seiner
+Natur vielleicht besser zusagte als der vorher betretene. Die vernderte
+Stimmung der Nation bot wenig Aussicht dar, da ein Parlament gewhlt
+werden wrde, das geneigt war, die Wnsche des Souverains zu
+durchkreuzen. Karl war eine Zeit lang Herr. Ihn zu gewinnen, war daher
+des Prinzen erster Wunsch. Im Sommer 1683, fast in dem Augenblicke, als
+die Entdeckung des Ryehousecomplots die Niederlage der Whigs und den
+Sieg des Knigs vollstndig machte, traten anderwrts Ereignisse ein,
+welche Wilhelm nicht ohne die grte Angst und Besorgni mit ansehen
+konnte. Die trkischen Heere rckten bis an die Vorstdte Wiens heran.
+Die groe sterreichische Monarchie, auf deren Untersttzung der Prinz
+gerechnet hatte, schien ihrem Untergange nahe zu sein. Bentinck wurde
+daher schleunigst vom Haag nach London gesandt, mit dem Auftrage nichts
+zu versumen, was nthig sein konnte, um den englischen Hof zu gewinnen,
+und ganz besonders war er angewiesen, in den strksten Ausdrcken den
+Abscheu seines Gebieters gegen die Whigverschwrung zu versichern.
+
+Whrend der nchsten achtzehn Monate war einige Hoffnung, da der Einfu
+Halifax' berwiegen und da der Hof von Whitehall zur Politik der
+Tripleallianz zurckkehren werde. An diese Hoffnung klammerte sich
+Wilhelm mit Vorliebe an und sparte keine Mhe, um Karl gnstig zu
+stimmen. Die gastliche Aufnahme, welche Monmouth im Haag fand, mu
+hauptschlich dem ernstlichen Bestreben des Prinzen, die wirklichen
+Wnsche von Monmouth's Vater zu erfllen, zugeschrieben werden. Sobald
+Karl gestorben war, schlug Wilhelm in unabnderlicher Verfolgung seines
+Zieles wieder ein andres Verfahren ein. Er hatte Monmouth aufgenommen,
+um dem verstorbenen Knige zu gefallen; damit nun der gegenwrtige Knig
+keine Ursache zu Beschwerden haben sollte, wurde Monmouth fortgeschickt.
+Wir haben gesehen, da beim Ausbruche des Aufstandes im Westen die in
+hollndischen Diensten stehenden britischen Regimenter durch die
+thtigen Bemhungen des Prinzen auf die erste Aufforderung in ihre
+Heimath zurckgesandt wurden. Wilhelm erbot sich sogar, persnlich ein
+Commando gegen die Rebellen zu bernehmen, und da dieses Anerbieten
+vollkommen aufrichtig gemeint war, kann von Niemandem, der seine
+vertraulichen Briefe an Bentinck gelesen hat, bezweifelt werden.[15]
+
+Der Prinz gab sich zu dieser Zeit augenscheinlich der Hoffnung hin, da
+der groe Plan, dem in seinem Geiste alles Andre untergeordnet war, den
+Beifall und die Untersttzung seines Schwiegervaters erhalten werde. Der
+hohe Ton, den Jakob damals gegen Frankreich annahm, die
+Bereitwilligkeit, mit der er sich zu einem Defensivbndnisse mit den
+Vereinigten Provinzen verstand, und seine Geneigtheit zu einer
+Verbindung mit dem Hause sterreich bestrkten diese Erwartung. Aber
+bald verfinsterte sich der Horizont. Die Entlassung Halifax', der Bruch
+zwischen Jakob und dem Parlamente, die Prorogation desselben und die
+ausdrckliche Erklrung, welche der Knig den auswrtigen Gesandten gab,
+da die festlndische Politik seine Aufmerksamkeit nicht lnger von
+inneren Maregeln zur Befestigung seiner Hoheitsrechte und zur Frderung
+der Interessen seiner Kirche ablenken sollte, machten der Tuschung ein
+Ende. Es war klar, da England, wenn Jakob sein Beherrscher war, im Fall
+einer europischen Krisis entweder unthtig bleiben oder im Einklange
+mit Frankreich handeln wrde. Und die europische Krisis rckte immer
+nher. Das Haus sterreich war durch eine Reihe von Siegen gegen fernere
+Gefahr von Seiten der Trkei gesichert worden und hatte daher nicht mehr
+nthig, die bergriffe und Beleidigungen Ludwig's geduldig zu ertragen.
+
+ [Anmerkung 15: Zum Beispiel: +Je crois M. Feversham un trs brave
+ et honeste homme. Mais je doute s'il a assez d'exprience
+ diriger une si grande affaire qu'il a sur le bras. Dieu lui donne
+ un succs prompt et heureux. Mais je ne suis pas hors
+ d'inquitude.+ -- 7.(17.) Juli 1685. Als er die Nachricht von der
+ Schlacht von Sedgemoor erhalten hatte, schrieb er wieder: +Dieu
+ soit lou du bon succs que les troupes du Roy ont eu contres les
+ rebelles. Je ne doute pas que cette affaire ne soit entirement
+ assoupie, et que le rgne du Roy sera heureux, ce que Dieu
+ veuille.+ -- 10.(20.) Juli.]
+
+
+[_Vertrag von Augsburg._] In Folge dessen wurde im Juli 1686 zu Augsburg
+ein Vertrag unterzeichnet, durch den sich die Frsten des Reichs zum
+Zwecke gegenseitiger Vertheidigung eng verbanden. Die Knige von Spanien
+und von Schweden waren diesem Bunde ebenfalls beigetreten, der Knig von
+Spanien als Besitzer der im burgundischen Kreise liegenden Provinzen,
+der Knig von Schweden als Herzog von Pommern. Die Verbndeten
+erklrten, da sie nicht die Absicht htten irgend eine Macht
+anzugreifen oder irgend eine zu beleidigen, da sie aber entschlossen
+seien, keine Verletzung der Rechte zu dulden, welche das deutsche Reich
+unter Sanction des Vlkerrechts und der ffentlichen Treue besitze. Sie
+verpflichteten sich, einander im Falle der Noth beizustehen und
+bestimmten das Truppencontingent, das jedes Mitglied des Bundes stellen
+mute, wenn es nthig werden sollte, einen Angriff zurckzuweisen.[16]
+Der Name Wilhelm's war in dieser Urkunde nicht genannt aber Jedermann
+wute, da sie sein Werk war und sah voraus, da er in nicht langer Zeit
+wieder an der Spitze einer Coalition gegen Frankreich stehen werde.
+Zwischen ihm und dem Vasallen Frankreichs konnte unter solchen Umstnden
+kein herzliches Einvernehmen stattfinden. Es erfolgte zwar kein offener
+Bruch und kein Austausch von Drohungen oder Vorwrfen; aber
+Schwiegervater und Schwiegersohn waren vollstndig und fr immer
+geschieden.
+
+ [Anmerkung 16: Der Vertrag ist in dem +Recueil des Traits, IV.
+ No. 209+ zu finden.]
+
+
+[_Wilhelm wird das Oberhaupt der englischen Opposition._] Gerade zu der
+Zeit, als der Prinz so dem englischen Hofe entfremdet wurde,
+verschwanden die Ursachen, welche bisher eine Klte zwischen ihm und den
+beiden groen Parteien des englischen Volks hervorgerufen hatten. Ein
+groer Theil, der Zahl nach vielleicht die Mehrheit der Whigs, hatte die
+Ansprche Monmouth's begnstigt, aber Monmouth existirte jetzt nicht
+mehr. Die Tories auf der andren Seite hatten gefrchtet, die Interessen
+der anglikanischen Kirche mochten unter der Leitung eines Mannes nicht
+sicher sein, der unter hollndischen Presbyterianern aufgewachsen und
+dessen Ansichten ber die Gewnder, die Ceremonien und die Bischfe als
+latitudinarisch wohl bekannt waren; seitdem aber jener geliebten Kirche
+von einer ganz andren Seite weit furchtbarere Gefahren drohten, hatten
+diese Befrchtungen fast ihre ganze Kraft verloren. So kam es, da beide
+groe Parteien in dem nmlichen Augenblicke ihre Hoffnungen und ihre
+Liebe auf den nmlichen Fhrer zu richten begannen. Alte Republikaner
+konnten ihr Vertrauen einem Manne nicht versagen, der viele Jahre
+hindurch das hchste Amt einer Republik wrdig bekleidet hatte, und alte
+Royalisten sahen ein, da sie in bereinstimmung mit ihren Grundstzen
+handelten, wenn sie einem dem Throne so nahe gehenden Prinzen die
+tiefste Ehrerbietung bezeigten. Unter diesen Umstnden war es von
+hchster Wichtigkeit, da zwischen Wilhelm und Marien die vollkommenste
+Einigkeit herrschte. Eine Mihelligkeit zwischen der prsumtiven
+Thronerbin und ihrem Gemahl htte in der groen Masse, die sich von
+allen Seiten her um einen gemeinschaftlichen Mittelpunkt schaarte, eine
+Spaltung hervorbringen mssen. Zum Glck wurde jede Gefahr einer solchen
+Mihelligkeit im entscheidenden Augenblicke durch Burnet's
+Dazwischenkunft beseitigt und der Prinz wurde das unbestrittene Haupt
+der ganzen Partei, welche der Regierung feindlich gegenberstand, einer
+Partei, welche fast die ganze Nation in sich begriff.
+
+Es ist nicht der mindeste Grund zu der Annahme vorhanden, da er schon
+um diese Zeit das groe Unternehmen im Sinne hatte, zu dem ihn spter
+die gebieterische Nothwendigkeit trieb. Er wute sehr gut, da die
+ffentliche Stimmung in England, wenn auch durch Krnkungen gereizt,
+doch zu einer Revolution keineswegs reif war. Gewi wrde er gern das
+rgerni vermieden haben, das ein blutiger Streit zwischen Personen,
+welche durch die engsten Bande der Blutsverwandtschaft und der
+Verschwgerung an einander gekettet waren, nothwendig erregen mute.
+Auch sein Ehrgeiz lie es ihm nicht wnschenswerth erscheinen, die
+Gre, die im gewhnlichen Laufe der Natur und des Rechts ihm zufallen
+konnte, einer Gewaltthtigkeit zu verdanken, denn er wute jetzt, da,
+wenn die Krone auf regelmigem Wege auf seine Gemahlin berging,
+zugleich mit derselben auch alle ihre Vorrechte ungeschmlert auf ihn
+selbst bergehen wrden, da sie aber, wenn sie durch eine Wahl erlangt
+wurde, unter den Bedingungen angenommen werden mute, welche die Whler
+zu stellen fr gut fanden. Er schien daher geduldig den Tag erwarten zu
+wollen, wo er mit unbestrittenem Rechte die Regierung antreten konnte,
+und sich bis dahin darauf zu beschrnken, als erster Prinz von Geblt
+und als Oberhaupt der Partei, welche in der Nation entschieden das
+bergewicht hatte, und die auch darauf rechnen konnte, in beiden Husern
+eines zu versammelnden Parlaments entschieden zu berwiegen, einen
+groen Einflu auf die englischen Angelegenheiten auszuben.
+
+
+[_Mordaunt schlgt Wilhelm eine Landung in England vor._] Indessen war
+er bereits durch einen Rathgeber, der weniger scharfsichtig, aber
+ungestmer war als er selbst, gedrngt worden, einen khneren Weg
+einzuschlagen. Dieser Rathgeber war der junge Lord Mordaunt. Das
+damalige Zeitalter hat kein erfinderischeres Genie und keinen
+verwegeneren Geist hervorgebracht. Aber wenn ein Plan nur glnzend war,
+so fragte Mordaunt selten danach, ob er auch ausfhrbar sein wrde, sein
+ganzes Leben war ein wilder Roman, zusammengesetzt aus geheimnivollen
+Intriguen der Politik und der Liebe, aus heftigen und schnellen Wechseln
+des Schauplatzes und des Glcks, und aus Siegen, welche mehr denen eines
+Amadis und eines Lancelot, als denen eines Luxemburg und eines Eugen
+glichen. Die Episoden, welche mit dieser seltsamen Lebensgeschichte
+verflochten waren, entsprachen ganz der Hauptintrigue. Es waren darunter
+nchtliche Kmpfe mit edelmthigen Rubern und Befreiungen vornehmer und
+schner Damen aus den Hnden von Entfhrern. Nachdem sich Mordaunt durch
+die Beredtsamkeit und Khnheit ausgezeichnet, mit der er im Hause der
+Lords gegen den Hof aufgetreten war, zog er sich bald nach der
+Prorogation nach dem Haag zurck und empfahl dringend eine unverzgliche
+Landung in England. Er bildete sich ein, es sei eben so leicht, drei
+groe Knigreiche zu berrumpeln, als es ihm lange nachher wurde,
+Barcellona zu nehmen.
+
+
+[_Wilhelm verwirft den Rath._] Wilhelm hrte ihn an, berlegte sich die
+Sache und erwiederte endlich in allgemeinen Ausdrcken, er interessire
+sich sehr fr die englischen Angelegenheiten und werde dieselben scharf
+im Auge behalten.[17] Was aber auch seine Absicht sein mochte, es ist
+nicht anzunehmen, da er einen voreiligen und hitzkpfigen fahrenden
+Ritter zu seinem Vertrauten erwhlt haben wrde. Die beiden Mnner
+hatten nichts mit einander gemein als persnlichen Muth, der bei ihnen
+bis zum fabelhaften Heroismus ging, Mordaunt wollte lediglich die
+Aufregung des Kampfes genieen und die Menschen in Erstaunen setzen,
+Wilhelm hatte bestndig ein erhabenes Ziel vor Augen. Nach diesem Ziele
+trieb ihn eine gewaltige Leidenschaft, die ihn im Gewande einer heiligen
+Pflicht erschien. Auf dieses Ziel steuerte er mit einer Geduld hin, die,
+wie er einmal sagte, der Geduld eines Bootsfhrers glich, den er auf
+einem Kanale gegen eine widrige Strmung hatte ankmpfen sehen, der
+immer wieder zurckgeworfen wurde, aber nicht aufhrte zu rudern und
+zufrieden war, wenn er nach stundenlanger Arbeit um einige Yards
+vorwrts gekommen war.[18] Heldenthaten, die ihn seinem Ziele nicht
+nher brachten, mochten sie in den Augen des groen Haufens noch so
+ruhmvoll sein, waren seiner Ansicht nach kindische Eitelkeiten, aber
+kein Theil der wahren Aufgabe des Lebens.
+
+Er beschlo, Mordaunt's Rath zu verwerfen und es kann keinem Zweifel
+unterliegen, da dies ein weiser Entschlu war. Htte Wilhelm im Jahre
+1686 oder selbst 1687 das versucht, was er 1688 mit so glnzendem
+Erfolge unternahm, so wrden zwar vielleicht auf seinen Ruf viele Whigs
+zu den Waffen gegriffen haben, aber er wrde bald gesehen haben, da die
+Nation noch nicht hinreichend vorbereitet war, um einen bewaffneten
+Befreier aus fremdem Lande willkommen zu heien, und da die Kirche noch
+nicht genugsam gereizt und beleidigt worden war, damit sie den
+Grundsatz, der seit so langer Zeit ihr Losungswort war, schon htte
+vergessen haben knnen. Die alten Kavaliere wrden sich um das
+knigliche Banner geschaart haben und es wrde wahrscheinlich in allen
+drei Knigreichen ein eben so langer und heftiger Brgerkrieg als der
+unter der vorigen Generation ausgebrochen sein. Whrend dieser Krieg auf
+den britischen Inseln wthete, was konnte Ludwig inzwischen nicht Alles
+auf dem Continent versuchen? Und welche Aussichten htte dann Holland
+gehabt, das von seinen Truppen entblt und von seinem Statthalter
+verlassen gewesen wre?
+
+ [Anmerkung 17: +Burnet I. 762.+]
+
+ [Anmerkung 18: +Temple's Memoirs.+]
+
+
+[_Unzufriedenheit in England nach dem Sturze der Hyde._] Wilhelm
+begngte sich daher fr jetzt, Maregeln zu ergreifen, um der mchtigen
+Opposition, deren Oberhaupt er geworden war, Einigkeit und Lebenskraft
+einzuhauchen. Dies war nicht schwer. Der Fall der Hyde hatte durch ganz
+England eine heftige Aufregung und Entrstung hervorgerufen. Man fhlte,
+da es sich jetzt nicht mehr darum handelte, ob der Protestantismus
+herrschen, sondern ob er geduldet werden sollte. An die Stelle des
+Schatzmeisters war eine Commission getreten, deren Oberhaupt ein Papist
+war. Das Geheimsiegel war einem Papisten anvertraut worden und der
+Nachfolger des Lordlieutenants von Irland war ein Mann, der durchaus
+keinen andren Anspruch auf einen so hohen Posten hatte, als da er
+Papist war. Tyrconnel wre der Letzte gewesen, den eine Regierung,
+welcher das allgemeine Wohl des Landes am Herzen lag, nach Dublin als
+Stellvertreter geschickt htte. Seine brutalen Manieren machten ihn
+geradezu unfhig, die Majestt der Krone zu reprsentiren. Sein
+beschrnkter Verstand und sein heftiges Temperament machten ihn
+untauglich, wichtige Staatsgeschfte zu leiten. Sein unvershnlicher Ha
+gegen die Besitzer des greren Theiles des irischen Grund und Bodens
+machte ihn ganz untauglich, gerade dieses Land zu verwalten. Aber die
+Malosigkeit seiner Bigotterie wurde als ein gengender Ersatz fr die
+Malosigkeit seiner anderen Leidenschaften betrachtet und aus Rcksicht
+auf seinen Ha gegen den reformirten Glauben gestattete man ihm, seinem
+Hasse gegen den englischen Namen freien Lauf zu lassen. Dies war also
+der wirkliche Sinn der Achtung Seiner Majestt vor den Rechten der
+berzeugung! Er wollte, da sein Parlament alle den Papisten auferlegte
+Ausschlieungen beseitigte, nur damit _er_ gleich drckende
+Ausschlieungen ber die Protestanten verhngen konnte. Es war klar, da
+unter einem solchen Frsten Glaubensabfall der einzige Weg zur Gre
+sein konnte. Dennoch wagten es nur Wenige, diesen Weg einzuschlagen,
+denn der Geist der Nation war furchtbar aufgeregt, und jeder Renegat
+hatte ein solches Ma von Hohn und Verachtung zu ertragen, da auch die
+verhrtetsten Naturen nicht ganz unempfindlich dagegen bleiben konnten.
+
+
+[_Bekehrungen zum Papismus; Peterborough, Salisbury._] Allerdings hatten
+erst krzlich mehrere bemerkenswerthe bertritte stattgefunden; aber sie
+waren von der Art, da sie der rmischen Kirche wenig Ehre machten. Zwei
+vornehme Mnner hatten sich in ihren Schoo aufnehmen lassen: Heinrich
+Mordaunt, Earl von Peterborough und Jakob Cecil, Earl von Salisbury.
+Aber Peterborough, frher ein thtiger Soldat, Hofmann und Diplomat, war
+jetzt durch Alter und Krankheit gebeugt und wer ihn, auf einen Stock
+gesttzt und in Flanell und Pflaster eingehllt, durch die Gallerien von
+Whitehall hinken sah, trstete sich ber seinen Abfall damit, da er
+seinen Glauben erst gewechselt, nachdem er seine Krper- und
+Geisteskrfte berlebt hatte.[19] Salisbury war sprchwrtlich albern.
+Sein Krper war in Folge sinnlicher Gensse dermaen aufgeschwollen, da
+er sich fast nicht mehr bewegen konnte, und dieser trge Krper war der
+Wohnsitz eines eben so trgen Geistes. In populren Spottliedern war er
+als ein Mensch dargestellt, der dazu geschaffen war, betrogen zu werden,
+als ein Mensch, der bisher die Beute von Spielern gewesen und der eben
+so gut die Beute von Mnchen werden konnte. Ein Pasquill, das zur Zeit
+von Rochester's Rcktritt an die Thr von Salisbury House am Strand
+angeheftet wurde, schildert in starken Ausdrcken das Entsetzen, mit dem
+der weise Robert Cecil, wenn er aus seinem Grabe auferstehen knnte,
+sehen wrde, auf was fr ein Geschpf seine Wrden und Ehren gekommen
+waren.[20]
+
+ [Anmerkung 19: Siehe die beiden Gedichte, betitelt: +The Converts+
+ und +The Delusion+.]
+
+ [Anmerkung 20: Die Verse befinden sich in der +Collection of State
+ Poems+.]
+
+
+[_Wycherley, Tindal, Haines._] Dies waren im Range die hchststehenden
+von Jakob's Proselyten. Auerdem gab es noch Renegaten ganz andrer Art,
+unbemittelte Leute von Talent, die aber keine Grundstze und keine Spur
+von Ehrgefhl besaen. Man hat Grund zu glauben, da Wilhelm Wycherley,
+der zgelloseste und hartherzigste Schriftsteller einer ganz besonders
+zgellosen und hartherzigen Schule, zu diesen gehrte.[21] Gewi ist,
+da Matthus Tindal, der sich spter durch seine Schriften gegen das
+Christenthum einen Namen machte, um diese Zeit in den Schoo der
+alleinseligmachenden Kirche aufgenommen wurde, ein Schritt, den, wie man
+leicht denken kann, die Theologen, mit denen er nachmals polemisirte,
+nicht vergessen hatten.[22] Ein noch ehrloserer Apostat war Joseph
+Haines, dessen Name jetzt so gut wie vergessen ist, der aber damals als
+ein Abenteurer von vielseitiger Begabung, als Gauner, Falschmnzer,
+falscher Zeuge, falscher Brge, Tanzmeister, Possenreier, Dichter
+und Schauspieler wohl bekannt war. Einige von seinen Prologen und
+Epilogen wurden von seinen Zeitgenossen viel bewundert und sein
+Schauspielertalent war allgemein anerkannt. Dieser Mann wurde Katholik,
+ging im Gefolge Castelmaine's mit nach Italien, wurde aber bald wegen
+schlechter Auffhrung wieder entlassen. Wenn man einer Tradition glauben
+darf, die sich lange im Garderobezimmer erhalten hat, so hatte Haines
+die Frechheit zu behaupten, da ihm die Jungfrau Maria erschienen sei
+und ihn zur Bue aufgefordert habe. Nach der Revolution versuchte er es
+sich mit der Stadt durch eine Bue auszushnen, die noch skandalser war
+als sein Vergehen. Eines Abends, ehe er in einer Posse auftrat, erschien
+er in ein weies Betttuch gehllt und mit einer Kerze in der Hand auf
+der Bhne und trug einige gottlose, unanstndige Knittelverse vor, die
+er seinen Widerruf nannte.[23]
+
+ [Anmerkung 21: Die Nachrichten, die wir ber Wycherley haben, sind
+ uerst drftig; zweierlei aber ist gewi: da er sich in seinen
+ spteren Jahren einen Papisten nannte und da er von Jakob Geld
+ erhielt. Ich zweifle kaum daran, da er ein bezahlter Convertit
+ war.]
+
+ [Anmerkung 22: Siehe den Artikel ber ihn in der +Biographia
+ Britannica+.]
+
+ [Anmerkung 23: Siehe Jakob Quin's Bericht ber Haines in +Davies's
+ Miscellanies+; +Tom Brown's Works+; +Lives of Sharpers+; Dryden's
+ Epilog zu der +Secular Masque+.]
+
+
+[_Dryden._] Mit dem Namen Haines wurde in vielen Libellen der Name eines
+berhmteren Renegaten, Johann Dryden's verbunden. Dryden nherte sich
+jetzt dem Abend seines Lebens. Nach vielen Erfolgen und vielen
+Enttuschungen hatte er endlich mit allgemeiner Zustimmung die erste
+Stelle unter den lebenden Dichtern Englands erhalten. Er hatte grere
+Ansprche auf den Dank Jakob's als irgend ein andrer Schriftsteller des
+Knigreichs. Doch Jakob war an Versen wenig, sehr viel aber am Gelde
+gelegen. Vom Tage seiner Thronbesteigung an bemhte er sich kleine
+Ersparnisse zu machen, welche einer Regierung den Vorwurf der Knauserei
+zuziehen, ohne die Finanzlast merklich zu erleichten. Zu den Opfern
+seiner unverstndigen Sparsamkeit gehrte auch der +Poeta Laureatus+. Es
+wurde Befehl gegeben, da in dem neuen Diplom, welches durch die
+Erledigung der Krone nthig geworden war, das jhrlich gespendete Fa
+Sect, das ursprnglich Jonson bewilligt und auch dessen Nachfolgern
+zugestanden worden war, weggelassen werden sollte.[24] Dies war die
+einzige Notiz, welche der Knig im ersten Jahre seiner Regierung von dem
+gewaltigen Satiriker zu nehmen geruhte, der im kritischesten Augenblicke
+des groen Kampfes wegen der Ausschlieungsbill in den Reihen der Whigs
+Schrecken verbreitet hatte. Dryden war arm und seine Armuth drckte ihn
+nieder. Von Religion wute er wenig und kmmerte sich auch nicht darum.
+Wenn irgend ein Gefhl tief in seiner Brust wurzelte, so war es der
+Widerwille gegen die Priester jeden Glaubens, gegen Leviten, Auguren,
+Muftis, rmisch-katholische Geistliche, presbyterianische und
+anglikanische Geistliche. Er war von Natur kein hochherziger Mann, und
+seine Bestrebungen waren nicht von der Art, da sie seinem Sinne hhere
+Wrde und greres Zartgefhl verleihen konnten. Er hatte viele Jahre
+lang sich seinen Unterhalt dadurch erworben, da er dem verderbten
+Geschmacke des Publikums diente und reichen, adeligen Gnnern auf die
+plumpste Manier schmeichelte. Selbstachtung und ein feines
+Schicklichkeitsgefhl konnte man von einem Manne, der das Leben eines
+Bettlers und Speichelleckers gefhrt hatte, nicht erwarten. Da er die
+Bemerkung machte, da seine Dienste unbeachtet bleiben wrden, wenn er
+fortfhre sich einen Protestanten zu nennen, so erklrte er sich zum
+Papisten. Augenblicklich lie die Knauserei des Knigs nach. Dryden
+wurde mit einem Jahrgelde von hundert Pfund belohnt und dazu verwendet,
+seine neue Religion in Prosa und in Versen zu vertheidigen.
+
+Zwei ausgezeichnete Mnner, Samuel Johnson und Walter Scott, haben ihr
+Mglichstes gethan, um sich selbst und Andere zu berreden, da dieser
+denkwrdige Glaubenswechsel aufrichtig war. Es war natrlich, da sie
+einen Schandfleck von dem Gedchtnisse eines Mannes verwischen
+wollten, dessen Genie sie mit Recht bewunderten und mit dessen
+politischen Ansichten sie stark sympathisirten; der unparteiische
+Geschichtsschreiber aber mu ein ganz andres Urtheil aussprechen. Es
+wird jederzeit starker Zweifel gegen die Aufrichtigkeit einer Bekehrung
+erhoben werden, durch welche der Bekehrte unmittelbar gewinnt. Und in
+Dryden's Falle ist nichts vorhanden, was diesen Zweifel entkrften
+konnte. Seine theologischen Schriften beweisen zur Genge, da er sich
+nie fleiig und ernstlich bemht hat, die Wahrheit zu ergrnden, und da
+seine Kenntni der Kirche, die er verlie, wie auch der, zu der er
+bertrat, hchst oberflchlich war. Eben so wenig benahm er sich in der
+Folge wie ein Mann, den ein starkes Pflichtgefhl zu einem Schritte von
+so hochwichtiger Bedeutung bewogen hatte. Wre er ein solcher Mann
+gewesen, so wrde die nmliche berzeugung, die ihn in den Schoo der
+rmischen Kirche gefhrt hatte, ihn abgehalten haben, allgemeine Regeln,
+welche diese Kirche in bereinstimmung mit jeder andren christlichen
+Gemeinschaft als bindend anerkennt, grblich und gewohnheitsmig zu
+verletzen. Es wrde ein merklicher Unterschied zwischen seinen frheren
+und seinen spteren Werken zu erkennen gewesen sein; er wrde mit Reue
+auf seine fast dreiigjhrige literarische Laufbahn zurckgeblickt
+haben, whrend welcher er seine seltenen Talente fr die Diction und den
+Versbau systematisch zur Verbreitung der Sittenverderbni angewendet
+hatte. Nicht eine Zeile, welche darauf hinzielte, die Tugend verchtlich
+zu machen und unreine Begierden zu entznden, wrde von diesem
+Augenblicke an mehr aus seiner Feder geflossen sein. Leider aber ist es
+nur zu wahr, da die Dramen, welche er nach seiner angeblichen Bekehrung
+schrieb, in keiner Hinsicht weniger unrein und profan sind, als die
+seiner Jugend. Selbst in seinen bersetzungen wich er bestndig von den
+Originalen ab, um Bilder aufzusuchen, die er htte bergehen mssen,
+wenn er sie in den Originalen gefunden htte. Das Schlechte wurde durch
+seine bertragungen noch schlechter, und das Unschuldige wurde durch die
+Berhrung mit seinem Geiste befleckt. Er machte die derbsten Satiren
+Juvenal's noch derber, schob in die Erzhlungen Boccacio's schlpfrige
+Schilderungen ein und befleckte die liebliche und reine Poesie der
+Georgica mit Schmutz, der Vergil's Ekel erregt haben wrde.
+
+Dryden's Beistand war denjenigen rmisch-katholischen Theologen
+willkommen, welche gegen die ausgezeichnetsten Mnner der Staatskirche
+mit Mhe einen Kampf unterhielten. Sie konnten es sich nicht verhehlen,
+da ihr durch auslndische, in Rom oder Douay aufgelesene Ausdrcke
+entstellter Styl der Beredtsamkeit eines Tillotson und Sherlock
+gegenber eben in keinem vortheilhaften Lichte erschien. Man glaubte es
+nicht gering anschlagen zu drfen, da man die Mitwirkung des grten
+lebenden Meisters der englischen Sprache gewonnen hatte. Der erste
+Dienst, der von ihm zum Dank fr die bewilligte Pension verlangt wurde,
+war eine in Prosa geschriebene Vertheidigung seiner Kirche gegen
+Stillingfleet. Aber einem Manne, der nichts zu sagen wei, hilft das
+Talent, Alles gut sagen zu knnen, nichts, und in diesem Falle befand
+sich Dryden. Er sah bald ein, da er einem Gegner, dessen ganzes Leben
+ein langes Studium der Polemik gewesen, nicht gewachsen war. Der
+langgediente Gladiator entwaffnete den Neuling, versetzte ihm mit
+Verachtung einige Hiebe und wendete sich dann von ihm ab, um
+achtunggebietenderen Kmpfern entgegenzutreten.
+
+ [Anmerkung 24: Diese Thatsache, welche den genauen Forschungen
+ Malone's entging, ergiebt sich aus dem Briefbuche des Schatzamts
+ von 1685.]
+
+
+[_+The Hind and Panther.+_] Jetzt griff Dryden zu einer Waffe, in der
+er schwerlich einen ebenbrtigen Gegner zu frchten hatte. Er zog sich
+auf einige Zeit von dem Gerusch der Kaffeehuser und Theater in einen
+ruhigen Winkel von Huntingdonshire zurck und schrieb dort mit
+ungewohnter Sorgfalt und Anstrengung sein berhmtes Gedicht ber die
+zwischen der rmischen und anglikanischen Kirche obschwebenden
+Streitpunkte. Die rmische Kirche ist darin bildlich als eine milchweie
+Hindin dargestellt, die bestndig in Lebensgefahr schwebt, aber dazu
+bestimmt ist, nicht zu sterben. Die Thiere des Feldes sannen auf ihr
+Verderben. Der zitternde (+quaking+) Hase beobachtete eine furchtsame
+Neutralitt, aber der socinianische Fuchs, der presbyterianische Wolf,
+der independente Br und der anabaptistische Eber schossen hmische
+Blicke auf das makellose Geschpf. Unter dem Schutze ihres Freundes, des
+kniglichen Lwen, konnte sie es indessen wagen, mit ihnen aus der
+nmlichen Quelle zu trinken. Die anglikanische Kirche war als Panther
+dargestellt, der zwar Flecken hat, aber schn, fr ein Raubthier nur zu
+schn ist. Hindin und Panther, von der blutdrstigen Bevlkerung des
+Waldes in gleichem Grade gehat, beriethen sich im Stillen ber ihre
+gemeinsame Gefahr. Dann gingen sie zur Discussion der Punkte ber, in
+denen sie verschiedener Ansicht waren, und hielten, mit dem Schwanze
+wedelnd und sich den Bart leckend, ein langes Zwiegesprch ber die
+wirkliche Anwesenheit Christi beim Abendmahl, ber die Autoritt der
+Ppste und Concilien, ber die Strafgesetze, die Testacte, die Meineide
+des Oates, Buttler's schlecht belohnte Dienste fr die Kavalierpartei,
+Stillingfleet's Pamphlets und Burnet's breiten Rcken und glckliche
+Heirathsspekulationen.
+
+Das Unpassende dieses Planes springt in die Augen. Die Allegorie konnte
+in der That nicht zehn Zeilen hintereinander ununterbrochen beibehalten
+werden. Keine noch so kunstvolle Ausfhrung konnte die Fehler eines
+solchen Planes verdecken. Dessenungeachtet ist die Fabel von der Hindin
+und dem Panther unbestreitbar der werthvollste Beitrag zu der englischen
+Literatur aus der kurzen und unruhigen Regierungszeit Jakob'sII. In
+keinem andren Werke Dryden's finden sich ergreifendere und erhabenere
+Stellen, eine grere Biegsamkeit und Kraft der Sprache und ein
+lieblicherer und abwechselnderer Wohllaut.
+
+Das Gedicht erschien mit allen Vortheilen ausgestattet, welche
+knigliche Gunst gewhren konnte. Eine Prachtausgabe fr Schottland
+wurde in der in Holyrood House errichteten Officin gedruckt. Aber die
+Leute waren nicht in der Stimmung, um sich von dem durchsichtigen Style
+und den melodischen Reimen des Apostaten bezaubern zu lassen. Der durch
+seine Feilheit erregte Unwille, die durch die Politik, deren Lobhudler
+er war, hervorgerufene Besorgni lieen sich nicht in Schlaf singen. Die
+gerechte Entrstung des Publikums wurde von Vielen, die den Stachel
+seines Spotts gefhlt, und von Vielen, die seinen Ruhm beneideten,
+angeschrt. Trotz aller Beschrnkungen, denen die Presse unterlag,
+erschienen tglich Angriffe auf sein Leben und seine Schriften. Bald
+hie er Bayes, bald der Dichter Squab. Man erinnerte ihn daran, da er
+in seiner Jugend dem Hause Cromwell in der nmlichen knechtischen Weise
+den Hof gemacht, wie jetzt dem Hause Stuart. Ein Theil seiner Gegner
+druckte boshafterweise die sarkastischen Verse wieder ab, die er zu
+einer Zeit, wo es ihm nichts eingebracht haben wrde, wenn er Papist
+geworden wre, gegen den Papismus geschrieben hatte. Von den vielen
+satirischen Arbeiten, welche bei dieser Gelegenheit erschienen, war die
+gelungenste das gemeinsame Werk zweier junger Mnner, welche krzlich
+ihre Studien in Cambridge vollendet hatten und als vielversprechende
+Anfnger in den literarischen Kaffeehusern Londons begrt worden
+waren: Karl Montague und Matthus Prior. Montague war von adeliger
+Abkunft, Prior's Ursprung aber war so dunkel, da kein Biograph im
+Stande gewesen ist, demselben auf die Spur zu kommen. Beide Abenteurer
+waren arm und strebsam. Beide hatten einen scharfen Verstand und einen
+lebendigen Geist, Beide schwangen sich spter hoch empor. Beide
+verbanden in nicht gewhnlichem Grade mit der Liebe zu den
+Wissenschaften Geschicklichkeit in denjenigen Gebieten des praktischen
+Lebens, gegen welche die Schngeister in der Regel einen entschiedenen
+Widerwillen haben. Von den funfzig Dichtern, deren Lebenslauf Johnson
+geschildert hat, waren Montague und Prior die beiden einzigen, die sich
+durch eine grndliche Kenntni des Handels und des Finanzwesens
+auszeichneten. Ihre Wege gingen bald weit auseinander, und ihre
+Jugendfreundschaft lste sich auf. Einer von ihnen wurde das Haupt der
+Whigpartei und wurde von den Tories angeklagt; der Andre wurde in alle
+Geheimnisse der toryistischen Diplomatie eingeweiht und von den Whigs
+lange in strenger Haft gehalten. Endlich wurden die so lange getrennt
+gewesenen Freunde nach vielen ereignivollen Jahren in der
+Westminster-Abtei wieder mit einander vereinigt.
+
+
+[_nderung in dem Verfahren des Hofes gegen die Puritaner._] Wer die
+Fabel von der Hindin und dem Panther aufmerksam gelesen hat, mu bemerkt
+haben, da whrend der Bearbeitung dieses Werks in den Ansichten Derer,
+welche Dryden als Dolmetscher benutzten, eine groe Vernderung vorging.
+Anfangs wird von der anglikanischen Kirche mit Liebe und Achtung
+gesprochen und sie wird ermahnt, sich mit der rmisch-katholischen gegen
+die puritanischen Secten zu verbinden; am Schlusse des Gedichts aber und
+in der Vorrede, welche nach Vollendung des Ganzen geschrieben wurde,
+werden die protestantischen Dissenters aufgefordert, mit den Katholiken
+gemeinschaftliche Sache gegen die anglikanische Kirche zu machen.
+
+Dieser Umschlag in der Sprache des Hofpoeten deutete auf einen groen
+Umschlag in der Politik des Hofes hin. Der ursprngliche Zweck Jakob's
+war gewesen, nicht allein vollstndige Befreiung von allen Strafen und
+brgerlichen Ausschlieungen, sondern auch einen groen Antheil an den
+kirchlichen und akademischen Stiftungen fr seine Kirche zu erlangen und
+zu gleicher Zeit die Gesetze gegen die puritanischen Secten mit Strenge
+auszuben. Alle von ihm gewhrten besonderen Dispensationen waren
+rmischen Katholiken gewhrt worden. Alle Gesetze, welche auf den
+Presbyterianern, Independenten und Baptisten am schwersten lasteten,
+hatte er eine Zeit lang mit aller Strenge durchgefhrt. Whrend Hales
+ein Regiment commandirte, whrend Powis im Geheimen Rathe sa, whrend
+Massey eine Dechanei bekleidete, whrend in Oxford mit kniglicher
+Genehmigung Breviarien und Mebcher gedruckt wurden, whrend in London
+die Hostie unter dem Schutze der Piken und Musketen der Fugarde
+ffentlich ausgestellt wurde, whrend Ordensbrder und Mnche in ihren
+Kutten in den Straen von London einhergingen, sa Baxter im Gefngni,
+war Howe in der Verbannung, standen die Fnfmeilenacte und die
+Conventikelacte in voller Kraft, muten die puritanischen Schriftsteller
+zur auslndischen oder geheimen Pressen ihre Zuflucht nehmen, konnten
+puritanische Gemeinden sich nur des Nachts oder in abgelegenen Einden
+versammeln, muten puritanische Geistliche in Kohlengrber- oder
+Matrosenverkleidung predigen. In Schottland hatte der Knig neue Gesetze
+von beispielloser Hrte gegen die Presbyterianer von den Stnden
+verlangt und erhalten, whrend er keine Anstrengung sparte, ihnen jede
+Erleichterung fr die Katholiken abzupressen. Sein Verfahren gegen die
+verbannten Hugenotten hatte seine Gesinnungen nicht minder deutlich
+verrathen. Wir haben gesehen, wie er, als die ffentliche Mildthtigkeit
+eine groe Summe zur Untersttzung dieser Unglcklichen in seine Hnde
+gelegt, allen Gesetzen der Gastfreundschaft und der Rechtschaffenheit
+zum Hohn von ihnen verlangte, da sie dem calvinistischen Ritual, dem
+sie mit groer Liebe anhingen, entsagen und sich der anglikanischen
+Kirche anschlieen mten, ehe er ihnen das Geringste von den seiner
+Verwaltung anvertrauten Gaben spenden knnte.
+
+Dies war seine Politik gewesen, so lange er noch einigermaen hoffen
+konnte, da die anglikanische Kirche einwilligen werde, die Herrschaft
+mit der rmischen Kirche zu theilen. Einmal stieg diese Hoffnung zur
+festen berzeugung. Die Begeisterung, mit der die Tories seinen
+Regierungsantritt begrt hatten, die Wahlen, die demthige Sprache und
+die reichen Geldbewilligungen seines Parlaments, die Unterdrckung des
+Aufstandes im Westen, die vllige Vernichtung der Partei, die ihn vom
+Throne hatte ausschlieen wollen, dies Alles steigerte seine Zuversicht
+bis ber die Grenzen der Vernunft. Er glaubte fest, da seiner Macht und
+seiner Entschlossenheit jedes Hinderni weichen werde. Sein Parlament
+leistete ihm Widerstand. Er versuchte die Wirkung von ungndigen Blicken
+und Drohungen, und da er mit diesen nichts erreichte, versuchte er es
+mit der Prorogation. Aber von dem Augenblicke der Prorogation an wurde
+der Widerstand gegen seine Plne immer strker und strker. Es schien
+klar, da, wenn er seinen Willen durchsetzen wollte, er ihn im
+Widerspruch mit der groen Partei durchsetzen mute, die seinem Throne,
+seinem Hause und seiner Person so glnzende Beweise von Treue gegeben
+hatte. Die ganze anglikanische Geistlichkeit, die ganze Kavaliergentry
+war gegen ihn. Vergebens hatte er kraft seines kirchlichen Supremats dem
+Klerus anbefohlen, sich jeder Errterung von Streitpunkten zu enthalten.
+Jede Gemeinde der Nation wurde allsonntglich gegen die Irrthmer Roms
+gewarnt, und diese Warnungen waren um so wirksamer, weil sie stets mit
+Versicherungen der Ehrerbietung gegen den Knig und des Entschlusses,
+Alles mit Geduld zu ertragen, was ihm zu verhngen belieben werde,
+verbunden waren. Die royalistischen Ritter und Squires, welche durch
+fnfundvierzig Jahre des Kriegs und der Parteiwuth dem Throne mannhaft
+zur Seite gestanden hatten, sprachen jetzt in sehr nachdrcklichen
+Worten den Entschlu aus, da sie eben so mannhaft zur Kirche halten
+wrden. Trotz seines beschrnkten Verstandes und seines despotischen
+Characters sah Jakob nun doch ein, da er sein Verfahren ndern msse.
+Er konnte es ohne Gefahr nicht wagen, alle seine protestantischen
+Unterthanen zugleich zu beleidigen. Wenn er es ber sich gewinnen
+konnte, der Partei, welche in beiden Husern das bergewicht hatte,
+Zugestndnisse zu machen, wenn er sich entschlieen konnte, der
+Staatskirche alle ihre Wrden, Einknfte und Privilegien zu lassen, so
+mochte er auch fernerhin presbyterianische Versammlungen verbieten und
+die Gefngnisse mit baptistischen Predigern fllen. Blieb er aber dabei,
+die Hierarchie zu plndern, so mute er sich entschlieen, dem
+Vergngen, die Dissenters zu verfolgen, zu entsagen. Wollte er von nun
+an mit seinen alten Freunden in Fehde leben, so mute er mit seinen
+alten Feinden einen Waffenstillstand schlieen. Er konnte die
+anglikanische Kirche nur dadurch bezwingen, da er eine umfassende
+Coalition gegen sie bildete, welche Secten in sich schlo, die zwar in
+Lehre und Verfassung von einander selbst viel strker abwichen als von
+ihr, aber doch durch ihre gemeinsame Eifersucht auf ihre Gre und durch
+die gemeinsame Furcht vor ihrer Unduldsamkeit bewogen werden konnten,
+ihre Feindseligkeiten so lange ruhen zu lassen, bis jene Kirche die
+Macht verloren hatte, sie zu tyrannisiren.
+
+Ein Grund schien besonders fr diesen Plan zu sprechen. Wenn es ihm nur
+gelang, die protestantischen Nonconformisten zu gewinnen, so durfte er
+sich mit der Hoffnung schmeicheln, vor jeder Rebellion sicher zu sein.
+Nach der Ansicht der anglikanischen Geistlichen konnte keine Krnkung
+irgend welcher Art einen Unterthanen berechtigen, den Gesalbten des
+Herrn gewaltsamen Widerstand zu leisten. Die Theorie der puritanischen
+Sectirer lautete ganz anders. Diese Sectirer trugen kein Bedenken,
+Tyrannen mit dem Schwerte Gideon's zu Boden zu schlagen, und manche von
+ihnen scheuten sich auch nicht, den Dolch Ehud's zu gebrauchen.
+Wahrscheinlich sannen sie eben jetzt wieder auf einen neuen westlichen
+Aufstand oder auf ein neues Ryehousecomplot. Jakob glaubte daher, da er
+getrost die Staatskirche verfolgen knnte, wenn es ihm nur gelang, die
+Dissenters zu gewinnen. Die Partei, deren Grundstze ihm keine
+Sicherheit gewhrten, war dann durch das Interesse an ihn gefesselt, und
+die Partei, deren Interessen er angriff, erregte aus Grundsatz keinen
+Aufruhr.
+
+Unter dem Einflusse solcher Erwgungen begann Jakob von dem Augenblicke
+an, als er sich zornig von seinem Parlament trennte, auf eine Coalition
+aller katholischen wie protestantischen Nonconformisten gegen die
+Landeskirche zu denken. Schon um Weihnachten 1685 meldeten die Gesandten
+der Vereinigten Provinzen den Generalstaaten, da der Plan einer
+allgemeinen Duldung entworfen sei und bald ans Licht treten werde.[25]
+Indessen erwiesen sich die Nachrichten, welche der hollndischen
+Gesandtschaft zugekommen waren, als verfrht. Die Separatisten scheinen
+jedoch im Jahre 1686 schon viel milder behandelt worden zu sein, als
+whrend des Jahres 1685. Aber nur ganz allmlig und nach vielen inneren
+Kmpfen vermochte es der Knig ber sich, mit Allem, was er am meisten
+verabscheute, ein Bndni zu schlieen. Er hatte einen nicht
+oberflchlichen und launenhaften, nicht erst krzlich entstandenen oder
+rasch aufgeschossenen, sondern in seiner Familie erblichen Groll zu
+berwinden, welcher durch groe, whrend hundertzwanzig ereignivoller
+Jahre zugefgte und erlittene Unbilden verstrkt worden und mit allen
+seinen religisen und politischen, huslichen und persnlichen Gefhlen
+verwachsen war. Vier Generationen von Stuarts hatten mit vier
+Generationen von Puritanern einen Krieg auf Leben und Tod gefhrt, und
+whrend dieses ganzen langen Krieges hatte kein Stuart die Puritaner so
+stark gehat, und war so stark von ihnen gehat worden, als er. Sie
+hatten es versucht, seine Ehre zu untergraben und ihn seines
+Geburtsrechts zu berauben; sie hatten ihn einen Brandstifter, einen
+Kehlabschneider und einen Giftmischer genannt; sie hatten ihn aus der
+Admiralitt und aus dem Staatsrathe verdrngt; sie hatten ihn zu
+wiederholten Malen in die Verbannung getrieben, sie hatten einen
+Mordanschlag auf ihn gemacht, und sie hatten sich zu Tausenden mit
+bewaffneter Hand gegen ihn erhoben. Dafr hatte er sich an ihnen durch
+ein Gemetzel gercht, wie es England noch nie gesehen. Ihre Kpfe und
+Glieder verwesten noch auf Pfhlen auf allen ffentlichen Pltzen von
+Somersetshire und Dorsetshire. Bejahrte Frauen, die wegen ihrer
+Frmmigkeit und Mildthtigkeit von den Sectirern in hohen Ehren gehalten
+wurden, waren um geringfgiger Vergehen willen, die kein guter Frst nur
+eines strengen Verweises werth gehalten haben wrde, enthauptet oder
+lebendig verbrannt worden. In einem solchen Verhltnisse hatte selbst in
+England der Knig zu den Puritanern gestanden, und in Schottland hatte
+die Tyrannei des Knigs und die Wuth der Puritaner einen Grad erreicht,
+von dem sich die Englnder kaum einen Begriff machen konnten. Einen so
+langjhrigen und so tdtlichen Ha zu vergessen, war fr einen ganz
+besonders harten und unvershnlichen Character keine leichte Aufgabe.
+
+Der Kampf, der im Innern des Knigs stattfand, entging dem Blicke
+Barillon's nicht. Ende Januar 1687 schrieb er einen interessanten Brief
+nach Versailles. Der Knig -- dies war der wesentliche Inhalt des
+Schreibens -- habe sich so ziemlich berzeugt, da er nicht vllige
+Freiheit fr die rmischen Katholiken erlangen und dabei doch die
+Gesetze gegen die protestantischen Dissenters aufrecht erhalten knne.
+Er neige sich daher zu einem Plane allgemeiner Indulgenz hin, im Herzen
+aber wrde es ihm weit lieber sein, wenn er auch jetzt noch seinen
+Schutz und seine Gunst zwischen der rmischen und der anglikanischen
+Kirche, mit Ausschlu aller anderen religisen berzeugungen, theilen
+knnte.[26]
+
+ [Anmerkung 25: Leeuwen, 25. Dec. (4. Jan.) 1685/6.]
+
+ [Anmerkung 26: Barillon, 31. Jan. (10. Febr.) 1686/7. +Je crois
+ que, dans le fond, si on ne pouvoit laisser que la religion
+ Anglicane et la Catholique tablies par les loix, le Roy
+ d'Angleterre en seroit bien plus content.+]
+
+
+[_In Schottland theilweise Duldung gewhrt._] Wenige Tage nach dem
+Abgang dieser Depesche that Jakob zgernd und widerstrebend den ersten
+Schritt zur Annherung an die Puritaner. Er hatte sich entschlossen, mit
+Schottland zu beginnen, wo seine Befugni, von Parlamentsacten zu
+dispensiren, von den willfhrigen Stnden anerkannt war. Demgem wurde
+am 12. Februar in Edinburg eine Proklamation erlassen, welche
+ngstlichen Gewissen eine Erleichterung gewhrte.[27] Diese Proklamation
+beweist vollkommen die Richtigkeit von Barillon's Urtheil. Selbst in der
+Acte, durch die er den Presbyterianern Zugestndnisse machte, konnte
+Jakob seinen Widerwillen gegen sie nicht verhehlen. Die den Katholiken
+gewhrte Duldung war vollkommen. Auch die Quker hatten wenig Ursache
+sich zu beklagen. Aber die den Presbyterianern, welche die Hauptmasse
+des schottischen Volks bildeten, bewilligte Indulgenz war durch
+Bedingungen beschrnkt, die sie fast werthlos machten. An die Stelle des
+bisherigen Religionseides, der sowohl Katholiken als Presbyterianer von
+Staatsmtern ausschlo, war ein neuer Religionseid gesetzt, der die
+Katholiken zulie, aber die meisten Presbyterianer ausschlo. Den
+Katholiken war es erlaubt, Kapellen zu erbauen und sogar die Hostie
+berall, mit Ausnahme der Straen in kniglichen Burgflecken, in
+Prozession umherzutragen; den Qukern war es gestattet, sich in
+ffentlichen Gebuden zu versammeln; die Presbyterianer aber durften nur
+in Privatwohnungen Gottesdienst halten; es war ihnen streng verboten,
+Bethuser zu bauen, sie durften nicht einmal eine Scheune oder ein
+Nebenhaus zu Andachtsbungen benutzen, und es ward ihnen nachdrcklich
+eingeschrft, da, wenn sie es wagten, Conventikel unter freiem Himmel
+zu hatten, das Gesetz, welches sowohl den Predigern als den Zuhrern mit
+dem Tode drohte, mit schonungsloser Strenge angewendet werden sollte.
+Jeder katholische Priester durfte Messe lesen, jeder Quker durfte vor
+seinen Glaubensbrdern Reden halten; aber der Geheime Rath war
+angewiesen, darber zu wachen, da kein presbyterianischer Geistlicher
+sich unterfange, ohne specielle Erlaubni der Regierung zu predigen.
+Jede Zeile dieses Dokuments und der dasselbe begleitenden Briefe
+beweist, wie schwer es dem Knige wurde, nur einigermaen die Hrte zu
+mildern, mit der er die alten Feinde seines Hauses von jeher behandelt
+hatte.[28]
+
+Man hat wirklich Grund zu glauben, da er bei Verffentlichung dieser
+Proklamation noch keineswegs zu einer Coalition mit den Puritanern fest
+entschlossen war und da er ihnen zuvrderst nur eben so viele
+Begnstigungen gewhren wollte, als durchaus nthig waren, um die
+Anhnger der Landeskirche durch Einschchterung zum Gehorsam zu bringen.
+Er wartete daher einen Monat, um zu sehen, welchen Eindruck das in
+Edinburg erlassene Edict in England machen werde. Diesen Monat
+verwendete er auf Petre's Rath eifrig zu dem, was man +closeting+[29]
+nannte.
+
+ [Anmerkung 27: Sie ist zu finden im Anfange zu Wodrow II. 129.]
+
+ [Anmerkung 28: +Wodrow, Appendix, vol. II. Nos. 128, 129, 132.+]
+
+ [Anmerkung 29: Persnliche Bearbeitung Einzelner im Privatkabinet
+ des Knigs. D. bers.]
+
+
+[_Persnliche Bearbeitung Einzelner im kniglichen Kabinet._] London war
+voll von geeigneten Persnlichkeiten. Man erwartete die baldige
+Zusammenberufung des Parlaments zur Erledigung von Geschften, und viele
+Mitglieder waren bereits in der Stadt. Der Knig nahm sich vor, sie Mann
+fr Mann zu werben. Er hoffte, da die eifrigen Tories -- und aus
+solchen bestand das Unterhaus mit wenigen Ausnahmen -- seinen dringenden
+Bitten schwer wrden widerstehen knnen, wenn er dieselben nicht an die
+Gesammtheit, sondern an jeden Einzelnen, und nicht vom Thronsessel
+herab, sondern im vertraulichen Gesprch an sie richtete. Die
+Mitglieder, welche nach Whitehall kamen, um ihre Aufwartung zu machen,
+wurden demnach auf die Seite genommen und mit langen Privatunterredungen
+beehrt. Der Knig drang in sie, da sie, als loyale Gentlemen, ihm nur
+in dem einem Punkte, der ihm mehr als alles Andre am Herzen liege, den
+Willen thun mchten. Er meinte, die Sache berhre seine persnliche
+Ehre. Die unter der vorigen Regierung von factisen Parlamenten gegen
+die Katholiken erlassenen Verordnungen seien lediglich gegen ihn selbst
+gerichtet gewesen; diese Gesetze htten ihm ein Brandmal aufgedrckt,
+ihn aus der Admiralitt und aus dem Staatsrathe vertrieben, und er sei
+berechtigt, zu erwarten, da Alle, die ihn liebten und ehrten, sich zur
+Abschaffung jener Gesetze vereinigen wrden. Sah er, da seine Zuhrer
+gegen diese Ermahnungen taub blieben, so nahm er seine Zuflucht zu
+Drohungen und Bestechungen. Denjenigen, die sich weigerten, ihm in
+dieser Angelegenheit zu Willen zu sein, wurde geradezu gesagt, da sie
+keine Gunstbezeigung zu erwarten htten. Trotz seiner Knauserei ffnete
+und vertheilte er seine Schtze. Mehrere von Denen, die zu einer
+Conferenz mit ihm eingeladen worden waren, nahmen aus seinem
+Schlafzimmer Geld mit fort, das sie aus kniglicher Hand empfangen
+hatten. Die Richter, die sich gerade auf ihrer Frhjahrsrundreise
+befanden, erhielten Befehl vom Knige, die noch in der Provinz
+zurckgebliebenen Mitglieder zu besuchen und die Gesinnungen jedes
+Einzelnen zu erforschen.
+
+
+[_Erfolglosigkeit der persnlichen Bearbeitung._] Das Resultat aller
+dieser Nachforschungen war, da die groe Majoritt des Hauses der
+Gemeinen entschlossen zu sein schien, sich den Maregeln des Hofes zu
+widersetzen.[30] Einer von Denjenigen, deren Festigkeit allgemeine
+Bewunderung erregten, war Arthur Herbert, der Bruder des Oberrichters,
+Parlamentsmitglied fr Dover, Kammerherr und Contreadmiral von England.
+
+ [Anmerkung 30: Barillon, 28. Febr. (10. Mrz) 1686/7; Citters,
+ 15.(25.) Febr.; +Reresby's Memoirs+; Bonrepaux, 25. Mai (4. Juni)
+ 1687.]
+
+
+[_Admiral Herbert._] Arthur Herbert war bei den Seeleuten sehr beliebt
+und galt fr einen der tchtigsten adeligen Marineoffiziere. Man hatte
+allgemein vermuthet, da er sich den Wnschen des Knigs bereitwillig
+fgen werde, denn er fragte wenig nach der Religion, war
+vergngungslustig und verschwenderisch, hatte kein Privatvermgen, bezog
+aus seinen Stellen ein jhrliches Einkommen von viertausend Pfund und
+wurde seit langer Zeit zu den ergebensten persnlichen Anhngern Jakob's
+gerechnet. Als aber der Contreadmiral im Privatkabinet vorgenommen und
+das Versprechen von ihm verlangt wurde, da er fr die Aufhebung der
+Testacte stimmen wolle, antwortete er, seine Ehre und sein Gewissen
+erlaubten ihm nicht, ein solches Versprechen zu geben. Niemand zweifelt
+an Ihrer Ehre, sagte der Knig, aber ein Mann, der so lebt wie Sie,
+sollte nicht von seinem Gewissen sprechen. Auf diesen Vorwurf, einen
+Vorwurf, der dem Geliebten der Katharine Sedley bel anstand, erwiederte
+Herbert mit mnnlicher Offenheit: Ich habe meine Fehler, Sire, aber ich
+knnte Leute nennen, welche viel hufiger von ihrem Gewissen sprechen
+als ich und dabei ein eben so lockeres Leben fhren. Er wurde aller
+seiner Stellen entsetzt und die Rechnung ber seine Ausgaben und
+Einnahmen als Kammerherr wurden mit groer und, wie er klagte,
+ungerechter Strenge geprft.[31]
+
+Es war jetzt augenscheinlich, da jede Hoffnung auf ein Bndnis zwischen
+der anglikanischen und rmischen Kirche zu dem Zwecke, die mter und
+Einnahmen unter sich zu theilen und die puritanischen Secten zu
+unterdrcken, aufgegeben werden mute. Es blieb weiter nichts brig, als
+der Versuch, eine Koalition zwischen der rmischen Kirche und den
+puritanischen Secten gegen die anglikanische Kirche zu Stande zu
+bringen.
+
+ [Anmerkung 31: Barillon, 14.(24.) Mrz 1687; Lord Russell an +Dr.+
+ Fitzwilliam, 1. April; +Burnet I. 671, 672+. In +Clarke's Life of
+ James the Second, II. 204+ ist die Unterredung etwas anders
+ erzhlt. Diese Stelle aber ist kein Theil der eigenen Memoiren des
+ Knigs.]
+
+
+[_Die Indulgenzerklrung._] Am 18. Mrz kndigte der Knig dem Geheimen
+Rathe an, da er beschlossen habe, das Parlament bis Ende November zu
+prorogiren und allen seinen Unterthanen aus eigner Machtvollkommenheit
+vllige Gewissensfreiheit zu gewhren.[32] Am 4. April erschien die
+denkwrdige Indulgenzerklrung.
+
+In dieser Erklrung sagte der Knig, es sei sein innigster Wunsch, seine
+Unterthanen als Mitglieder derjenigen Kirche zu sehen, der er selbst
+angehre. Da dies aber nicht sein knne, erklre er, da es seine
+Absicht sei, sie in der freien Ausbung ihrer Religion zu schtzen. Er
+wiederholte alle die schnen Redensarten, welche acht Jahre frher, als
+er selbst ein Unterdrckter war, so oft aus seinem Munde kamen, die er
+aber nicht mehr gebrauchte, seitdem ein Wechsel des Glcks ihm die Macht
+verliehen hatte, selbst ein Unterdrcker zu werden. Er sei schon lngst
+berzeugt, sagte er, da man dem Gewissen keinen Zwang anthun drfe, da
+Verfolgungen der Zunahme der Bevlkerung und dem Handel nachtheilig
+seien und nie zu dem Zwecke fhrten, den die Verfolger erreichen
+wollten. Er wiederholte das schon oft gegebene und eben so oft
+gebrochene Versprechen, da er die Staatskirche im Genusse ihrer
+gesetzlichen Rechte schtzen wolle. Hierauf erklrte er, ebenfalls aus
+eigner Machtvollkommenheit, eine lange Reihe von Gesetzen fr null und
+nichtig, hob alle Strafbestimmungen gegen alle Klassen von
+Nonconformisten auf, ermchtigte die rmischen Katholiken wie auch die
+protestantischen Dissenters, ihren Gottesdienst ffentlich zu halten,
+verbot seinen Unterthanen bei Strafe seines allerhchsten Mifallens,
+irgend eine religise Versammlung zu stren, und schaffte auch alle
+diejenigen Gesetze ab, welche die Befhigung zu brgerlichen und
+militairischen mtern von einem Religionseide abhngig machten.[33]
+
+Da die Indulgenzerklrung verfassungswidrig war, darber sind beide
+groe Parteien Englands zu allen Zeiten einig gewesen. Jeder, der in
+politischen Fragen ein Urtheil hat, mu einsehen, da ein Frst, der
+eine solche Erklrung erlassen darf, nichts Geringeres ist als ein
+absoluter Monarch. Auch kann man zur Vertheidigung dieser Handlung
+Jakob's nicht die Grnde geltend machen, mit denen viele willkrliche
+Maregeln der Stuarts vertheidigt oder entschuldigt worden sind. Man
+kann nicht sagen, da er den Umfang seiner Prrogative verkannt habe,
+weil sie nicht genau bestimmt gewesen sei, denn er berschritt die
+Grenze angesichts einer ganz krzlich erst festgestellten Grenzmarke.
+Funfzehn Jahre frher hatte sein Bruder auf Anrathen der Cabale auch
+eine Indulgenzerklrung erlassen, welche im Vergleich zu der Erklrung
+Jakob's gemigt und vorsichtig genannt werden konnte. Die Erklrung
+Karl's dispensirte nur von Strafgesetzen, die Erklrung Jakob's
+dispensirte auch von allen Religionseiden. Die Erklrung Karl's
+gestattete den Katholiken, nur in Privatwohnungen ihren Gottesdienst zu
+halten, nach der Erklrung Jakob's konnten sie Tempel bauen und
+ausschmcken und sogar mit Kreuzen, Bildern und Rauchfssern in
+Prozession durch Fleet Street ziehen. Dennoch war die Erklrung Karl's
+in alter Form fr gesetzwidrig erklrt worden. Die Gemeinen hatten sich
+dahin ausgesprochen, da der Knig nicht befugt sei, in kirchlichen
+Angelegenheiten von Gesetzen zu dispensiren. Karl hatte hierauf das
+miliebige Schriftstck vor seinen Augen vernichten lassen, hatte mit
+eigner Hand das Siegel davon abgerissen und sowohl durch eine von ihm
+eigenhndig unterschriebene Botschaft als auch mndlich vom Throne herab
+in vollem Parlament beiden Husern fest versprochen, da der Schritt,
+der so groen Ansto gegeben, als nie geschehen betrachtet werden solle.
+Die beiden Huser hatten dann ohne eine einzige opponirende Stimme eine
+gemeinschaftliche Dankadresse fr diese Erfllung ihrer Wnsche an ihn
+gerichtet. Nie war eine Verfassungsfrage mit reiflicherer Erwgung, mit
+unzweideutigerer Klarheit und mit vollkommnerer Einhelligkeit
+entschieden worden.
+
+Jakob's Vertheidiger haben zu seiner Entschuldigung hufig das
+Erkenntni anfhrt, welches der Gerichtshof der Kings Bench in der
+abgekarteten Klage gegen Sir Eduard Hales abgab; aber dieser
+Entschuldigungsgrund hat gar kein Gewicht. Jakob hatte diesen Ausspruch
+notorisch durch Bitten, durch Drohungen, durch Entlassung gewissenhafter
+Beamten und durch Besetzung der Richterbank mit anderen hfischer
+gesinnten Richtern erlangt. Und obgleich dieses Erkenntni von der
+Advokatur wie von der Nation allgemein fr verfassungswidrig erklrt
+wurde, erstreckte es sich doch nur so weit, da der Knig aus besonderen
+Staatsgrnden einzelnen Individuen Dispensationen von ausschlieenden
+Gesetzen bewilligen drfe. Da er durch ein Alles ber den Haufen
+werfendes Edict alle seine Unterthanen ermchtigen konnte, ganze Bnde
+von Gesetzen nicht mehr zu befolgen, dies hatte kein Gerichtshof
+angesichts der feierlichen Entscheidung des Parlaments von 1673 zu
+behaupten gewagt.
+
+ [Anmerkung 32: +London Gazette, March 21, 1686/7.+]
+
+ [Anmerkung 33: +London Gazette, April 7+. 1087.]
+
+
+[_Stimmung der protestantischen Dissenters._] Die Stellung der Parteien
+war jedoch von der Art, da Jakob's Indulgenzerklrung, obgleich der
+khnste von allen Angriffen der Stuarts auf die ffentliche Freiheit,
+wohl geeignet war, gerade demjenigen Theile der Gesellschaft zu
+gefallen, der allen anderen Angriffen der Stuarts auf die ffentliche
+Freiheit den beharrlichsten Widerstand entgegengesetzt hatte. Es stand
+kaum zu erwarten, da der durch ein hartes und streng gehandhabtes
+Gesetzbuch von seinen Landsleuten getrennte protestantische
+Nonconformist geneigt sein werde, die Gltigkeit eines Erlasses zu
+bestreiten, der ihn von unertrglichen Bedrckungen erlste. Ein kalter
+und philosophischer Beobachter wrde ohne Zweifel erklrt haben, da
+alles bel, das aus allen intoleranten Gesetzen, welche je von
+Parlamenten erlassen wurden, hervorgehen knne, nicht zu vergleichen sei
+mit dem Unheil, welches durch eine bertragung der gesetzgebenden Gewalt
+vom Parlament auf den Souverain entstehen wrde. Aber eine so ruhige und
+philosophische berlegung kann man nicht von Leuten erwarten, die unter
+einem vorhandenen Drucke seufzen und denen die lockende Aussicht auf
+sofortige Erleichterung dargeboten wird. Ein puritanischer Theolog
+konnte allerdings nicht leugnen, da die jetzt von der Krone
+beanspruchte Dispensationsgewalt mit den Grundprinzipien der
+Verfassung unvereinbar war. Aber es war vielleicht zu entschuldigen,
+wenn er fragte, was die Verfassung eigentlich fr ihn sei. Die
+Gleichfrmigkeitsacte hatte ihn trotz kniglicher Versprechungen von
+einer Pfrnde vertrieben, die sein rechtmiges Eigenthum war, und hatte
+ihn in Armuth und Abhngigkeit zurckgeworfen. Die Fnfmeilenacte hatte
+ihn von seiner Heimath, von seinen Verwandten, von seinen Freunden, von
+fast jedem ffentlichen Zufluchtsorte verbannt. Kraft der
+Conventikelacte war er seines Vermgens beraubt und aus einem
+schmutzigen Kerker in den andren mitten unter Straenruber und Diebe
+geworfen worden. Auerhalb des Gefngnisses wurde er bestndig von den
+Gerichtsdienern verfolgt; er hatte Angeber durch Geldgeschenke zum
+Schweigen bringen, hatte sich in schimpflicher Verkleidung durch Fenster
+und Fallthren heimlich zu seiner Gemeinde schleichen mssen, und
+whrend er das geweihte Wasser auf den Tufling sprengte oder das Brod
+des heiligen Abendmahls austheilte, hatte er in bestndiger Angst auf
+das Zeichen horchen mssen, welches ihm sagte, da die Sbirren der
+Justiz sich nherten. War es nicht bitterer Hohn, einen so
+ausgeplnderten und bedrckten Mann aufzufordern, da er fr das
+Eigenthum und die Freiheit seiner Plnderer und Bedrcker zum Mrtyrer
+werden solle? Mochte die Indulgenzerklrung seinen glcklichen Nachbarn
+noch so despotisch erscheinen, ihm brachte sie Erlsung. Er wurde
+aufgefordert, nicht zwischen der Freiheit und der Knechtschaft, sondern
+zwischen zwei Jochen zu whlen, und es wre nicht unnatrlich gewesen,
+wenn er das Joch des Knigs fr ertrglicher gehalten htte als das der
+Kirche.
+
+
+[_Stimmung der anglikanischen Kirche._] Whrend solche Gedanken die
+Gemther vieler Dissenters beschftigten, war die anglikanische Partei
+in Angst und Bestrzung. Diese neue Wendung der Dinge war in der That
+beunruhigend. Das Haus Stuart im Bunde mit republikanischen und
+knigsmrderischen Secten gegen die alten Kavaliere Englands; der
+Papismus im Bunde mit dem Puritanismus gegen ein kirchliches System, an
+welchem die Puritaner nichts weiter auszusetzen hatten, als da es
+zuviel Papistisches beibehalten: das waren Zeichen und Wunder, welche
+alle Berechnungen der Staatsmnner ber den Haufen warfen. Die Kirche
+sollte also mit einem Male von allen Seiten angegriffen werden, und zwar
+unter der Leitung Dessen, der ihrer Verfassung nach ihr Oberhaupt war.
+Es war kein Wunder, wenn sie von Erstaunen und Entsetzen ergriffen
+wurde. Und zu dem Erstaunen und dem Entsetzen gesellten sich noch andere
+bittere Gefhle: Groll gegen den meineidigen Frsten, dem sie nur zu
+treu gedient, und Reue ber die Grausamkeiten, die sie in Gemeinschaft
+mit ihm verbt hatte und fr die er sie jetzt, wie es schien, bestrafen
+wollte. Ihre Strafe war gerecht, sie erntete was sie geset hatte. Als
+nach der Restauration ihre Macht den Hhepunkt erreicht, hatte sie nur
+Rache geschnaubt. Sie hatte die Stuarts aufgefordert, gedrngt, fast
+gezwungen, die krzlich geleisteten Dienste der Presbyterianer mit
+schndem Undanke zu vergelten. Htte sie sich in jener Zeit ihrer
+hchsten Blthe, wie es ihr geziemte, ihrer Feinde angenommen, so wrde
+sie jetzt, in der Zeit der Noth, Freunde in ihnen gefunden haben.
+Vielleicht war es noch nicht zu spt, vielleicht konnte sie noch die
+Taktik ihres Bedrckers gegen ihn selbst kehren. Es gab unter den
+Anglikanern eine gemigte Partei, welche den protestantischen
+Dissenters immer freundlich gesinnt gewesen war. Allerdings war diese
+Partei nicht zahlreich, aber die Talente, Kenntnisse und Tugenden ihrer
+Mitglieder machten sie achtunggebietend. Sie war von den hchsten
+Wrdentrgern der Kirche nicht mit gnstigem Auge betrachtet und von den
+Frmmlern aus der Schule Laud's schonungslos verunglimpft worden; aber
+von dem Tage, an welchem die Indulgenzerklrung erschien, bis zu dem
+Tage, wo Jakob's Macht aufhrte Schrecken einzuflen, schien die ganze
+Kirche von dem Geiste der verleumdeten Latitudinarier beseelt zu sein
+und von ihren Rathschlgen geleitet zu werden.
+
+
+[_Der Hof und die Kirche._] Nun folgte eine Art von Versteigerung, die
+sonderbarste, von der uns die Geschichte erzhlt. Der Knig auf der
+einen, die Kirche auf der andren Seite begannen einander zu berbieten,
+um die Gunst Derer zu erlangen, zu deren Unterdrckung sie bis dahin
+verbndet gewesen waren. Die protestantischen Dissenters, die noch vor
+wenigen Monaten eine verachtete und gechtete Klasse gewesen waren,
+hielten jetzt die Wage der Macht in ihrer Hand. Die Hrte, mit der sie
+behandelt worden waren, wurde allgemein verdammt. Der Hof suchte die
+ganze Schuld auf die Hierarchie zu wlzen, und die Hierarchie warf sie
+zurck auf den Hof. Der Knig erklrte, da er die Separatisten wider
+Willen nur deshalb verfolgt habe, weil seine Angelegenheiten in einem
+Zustande gewesen wren, bei dem er es nicht hatte wagen drfen, dem
+Klerus der Staatskirche zu nahe zu treten. Dieser versicherte, da er
+nur aus Ehrerbietung vor der Autoritt des Knigs an einer Strenge Theil
+genommen habe, die seinen Gefhlen durchaus fremd sei. Der Knig brachte
+eine Sammlung von Anekdoten von Rectoren und Vikaren zusammen, welche
+durch Androhung von Verfolgung von protestantischen Dissenters Geld
+erpret hatten. Er sprach hufig und ffentlich ber diesen Gegenstand,
+drohte mit einer Untersuchung, welche die Pfarrer der ganzen Welt in
+ihrem wahren Character zeigen werde und erlie in der That mehrere
+Verordnungen, durch welche Agenten, auf die er sich verlassen zu knnen
+glaubte, ermchtigt wurden, den Betrag der Summen zu ermitteln, welche
+in verschiedenen Landestheilen von Bekennern der herrschenden Religion
+Sectirern abgepret worden waren. Die Vertheidiger der Landeskirche
+fhrten dagegen Beispiele von rechtschaffenen Pfarrern an, welche vom
+Hofe Verweise und Drohungen erhalten, weil sie auf der Kanzel
+Duldsamkeit empfohlen und sich geweigert hatten, kleine Gemeinden von
+Nonconformisten auszuspren und zu Tode zu hetzen. Der Knig behauptete,
+da einige Mitglieder der Staatskirche, die er privatim vorgenommen,
+sich erboten hatten, den Katholiken ausgedehnte Zugestndnisse zu
+machen, unter der Bedingung, da die Verfolgung gegen die Puritaner
+ihren Fortgang behalte. Die angeklagten Anhnger der Staatskirche
+leugneten heftig die Wahrheit dieser Beschuldigung und behaupteten, da,
+wenn sie sich mit dem, was der Knig fr seine eigene Kirche verlangte,
+einverstanden erklrt htten, er ihnen sehr gern gestattet haben wrde,
+sich durch Verfolgung und Ausplnderung protestantischer Dissenters zu
+entschdigen.[34]
+
+Der Hof hatte seine Physiognomie verndert. Die Schrpe und der
+Priesterrock der anglikanischen Geistlichen konnten sich daselbst kaum
+noch sehen lassen ohne spttisches Lcheln und boshaftes Geflster
+hervorzurufen. Die Hofdamen erlaubten sich nicht mehr zu kichern und die
+Kammerherren verbeugten sich bis zur Erde, wenn sich das puritanische
+Gesicht und die puritanische Tracht, welche in den vornehmen Zirkeln so
+lange Zeit Lieblingsgegenstnde des Spotts gewesen waren, in den
+Gallerien des Palastes zeigten. Taunton, das zwei Generationen hindurch
+die Veste der Rundkopfpartei im Westen gewesen war, das die Armeen
+Karl'sI. zweimal tapfer zurckgeschlagen, sich zur Untersttzung
+Monmouth's wie ein Mann erhoben hatte und von Kirke und Jeffreys in eine
+Schlachtbank verwandelt worden war, schien pltzlich die Stelle erobert
+zu haben, welche Oxford einst in der kniglichen Gunst eingenommen.[35]
+Der Knig gewann es ber sich, ausgezeichneten Dissenters sogar mit
+kriechender Hflichkeit zu begegnen. Einigen bot er Geld an, Anderen
+stdtische Ehrenmter, noch Anderen Begnadigung von Verwandten und
+Freunden, die wegen Theilnahme an dem Ryehousecomplot oder wegen
+Anschlu an die Fahne Monmouth's auf dem Kontinent umherirrten oder in
+den Zuckerplantagen von Barbados schwitzten. Er stellte sich sogar, als
+ob er mit den freundlichen Gesinnungen der englischen Puritaner gegen
+ihre auswrtigen Glaubensbrder sympathisirte. Eine zweite und dritte
+Proklamation erschien in Edinburg, welche die den Presbyterianern durch
+das Februaredict gewhrte nichtssagende Duldung bedeutend
+erweiterten.[36] Die verbannten Hugenotten, die der Knig seit vielen
+Monaten mit ungndigem Auge angesehen und denen er die von der Nation
+aufgebrachten milden Gaben vorenthalten hatte, wurden jetzt untersttzt
+und gehtschelt. Es wurde ein Ministerialbefehl erlassen, der die
+ffentliche Mildthtigkeit nochmals zu ihren Gunsten aufrief. Die
+Vorschrift, welche von ihnen den Anschlu an die anglikanische
+Gottesverehrung als Bedingung des Empfangs einer Untersttzung
+verlangte, scheint zu dieser Zeit stillschweigend aufgehoben gewesen zu
+sein, und die Vertheidiger der Politik des Knigs hatten die Frechheit
+zu behaupten, diese Vorschrift sei auf Andringen der Prlaten der
+Staatskirche erlassen worden, whrend wir aus den sichersten Quellen
+wissen, da sie von ihm selbst im Einverstndni mit Barillon ersonnen
+worden war.[37]
+
+Whrend der Knig sich so die Gunst seiner alten Gegner zu erwerben
+suchte, waren die Freunde der Landeskirche nicht weniger thtig. Von der
+Bitterkeit und dem Hohne, mit dem die Prlaten und Priester seit der
+Restauration die Sectirer zu behandeln pflegten, war kaum noch eine Spur
+zu erkennen. Die, welche man ganz krzlich noch Schismatiker und
+Fanatiker genannt hatte, waren jetzt geliebte Mitprotestanten,
+Glaubensbrder, die vielleicht schwach sein mochten, aber deren
+Gewissensskrupel immerhin zarte Rcksichtnahme verdienten. Wenn sie nur
+in dieser Krisis der englischen Verfassung und dem reformirten Glauben
+treu blieben, so sollte ihre Hochherzigkeit bald und reich belohnt
+werden. Anstatt einer Indulgenz, welche keine gesetzliche Gltigkeit
+htte, sollten sie eine wirkliche, durch eine Parlamentsacte gesicherte
+Indulgenz haben. Ja, viele Mitglieder der Staatskirche, die sich bisher
+durch ihr starres Festhalten an jeder in der Liturgie vorgeschriebenen
+Geberde und Formel ausgezeichnet hatten, erklrten sich jetzt nicht nur
+zur Duldung, sondern sogar zur Gleichstellung geneigt. Der Streit um
+Chorrcke und Stellungen, sagten sie, habe nur zu lange Christen von
+einander getrennt, welche doch in den wesentlichen Glaubenspunkten
+bereinstimmten. Wenn der Kampf auf Tod und Leben gegen den gemeinsamen
+Feind vorber wre, dann wrde man sehen, da die anglikanische
+Geistlichkeit zu jedem billigen Zugestndnisse bereit sei. Wenn die
+Dissenters nur nicht unbescheiden wren, so wrden ihnen nicht blos
+brgerliche, sondern auch geistliche mter offen stehen, und Baxter und
+Howe wrden ohne einen Flecken an ihrer Ehre oder ihrem Gewissen auf der
+Bank der Bischfe sitzen knnen.
+
+ [Anmerkung 34: Verordnungen des Schatzamts. Siehe besonders die
+ Instructionen vom 8. Mrz 1687/88; +Burnet, I. 715+; +Reflections
+ on His Majesty's Proclamation for a Toleration in Scotland+;
+ +Letters containing some Reflections on His Majesty's Declaration
+ for Liberty of Conscience+; +Apology for the Church of England
+ with relation to the spirit of Persecution for which she is
+ accused, 1687/88.+ Doch es ist mir unmglich, alle Flugschriften
+ anzufhren, aus denen ich mein Urtheil ber den damaligen Stand
+ der Parteien geschpft habe.]
+
+ [Anmerkung 35: +Letter to a Dissenter+.]
+
+ [Anmerkung 36: +Wodrow, Appendix, vol. II. Nos. 132, 134.+]
+
+ [Anmerkung 37: +London Gazette, April 21. 1687+; +Animadversions
+ on a late paper entituled a Letter to a Dissenter, by H.C. (Henry
+ Care), 1687.+]
+
+
+[_Brief an einen Dissenter._] Von den zahlreichen damaligen
+Flugschriften, in denen die Sache des Hofes und die Sache der Kirche vor
+dem Puritaner, der jetzt durch eine sonderbare Wendung des Geschicks das
+Loos seiner Verfolger entscheiden sollte, eifrig und ngstlich
+entwickelt wurde, ist jetzt nur noch eine in der Erinnerung, betitelt:
++Letter to a Dissenter+. In dieser meisterhaften kleinen Schrift waren
+alle Argumente, die einen Nonconformisten berzeugen konnten, da es
+seine Pflicht und sein Interesse sei, ein Bndni mit der Staatskirche
+einem Bndnisse mit dem Hofe vorzuziehen, auf einem engen Raume in der
+bersichtlichsten Ordnung zusammengestellt, mit geistreichem Witze
+errtert und mit einer zwar lebhaften, aber selbst in den Momenten der
+leidenschaftlichsten Heftigkeit die Grenzen des Anstandes und der seinen
+Bildung nie berschreitenden Beredtsamkeit zur Geltung gebracht. Die
+Schrift machte einen ungeheuren Eindruck, denn da sie nur einen Bogen
+stark war, wurden ber zwanzigtausend Exemplare durch die Post versandt
+und die Wirkung zeigte sich in jedem Winkel des Reichs. Es erschienen
+vierundzwanzig Antworten darauf, aber die ganze Stadt erklrte sie fr
+schlecht und die von Lestrange fr die schlechteste von allen
+vierundzwanzig.[38] Die Regierung war sehr rgerlich und sparte keine
+Mhe, um den Verfasser des Briefs ausfindig zu machen; aber es war nicht
+mglich, rechtskrftige Beweise gegen ihn aufzubringen. Einige meinten
+die Denk- und Sprachweise Temple's zu erkennen.[39] In Wirklichkeit aber
+gehrte dieser umfassende und scharfe Verstand, diese lebhafte
+Phantasie, dieser elegante und krftige Styl, diese ruhige und edle,
+halb hofmnnische, halb philosophische Wrde, welche die heftigste
+Aufregung des Kampfes nicht einen Augenblick aus der Fassung bringen
+konnte, keinem Andren als Halifax an.
+
+ [Anmerkung 38: +Lestrange's Answer to a Letter to a Dissenter+;
+ +Care's Animadversions on a Letter to a Dissenter+; +Dialogue
+ between Harry and Roger+, nmlich Harry Care und Roger Lestrange.]
+
+ [Anmerkung 39: Der Brief war mit T. W. unterzeichnet. Care sagt in
+ seinen +Animadversions+: Dieser Herr Politiker T.W. oder W.T.,
+ denn einige Kritiker halten dies fr die richtigere Lesart.]
+
+
+[_Benehmen der Dissenters._] Die Dissenters schwankten und man darf
+ihnen keinen Vorwurf daraus machen. Sie litten und der Knig hatte ihnen
+Linderung verschafft. Einige ausgezeichnete Geistliche waren ihrer Haft
+entlassen worden, andere hatten es gewagt, aus dem Exil zurckzukehren.
+Gemeinden, die ihre Zusammenknfte bisher nur heimlich und im Dunklen
+hatten abhalten knnen, versammelten sich jetzt am hellen Tage und
+sangen laut ihre Psalmen vor den Augen von Magistratsbeamten,
+Kirchenvorstehern und Constablern. Bescheidene Gotteshuser von
+puritanischer Bauart begannen sich in allen Gegenden Englands zu
+erheben. Der aufmerksame Reisende kann noch jetzt an einigen der
+ltesten Bethuser die Jahrzahl 1687 erkennen. Dessen ungeachtet waren
+die Anerbietungen der Kirche fr einen klugen Dissenter viel lockender
+als die des Knigs. Die Indulgenzerklrung war in den Augen des Gesetzes
+null und nichtig. Sie suspendirte die Strafgesetze gegen Nonconformitt
+nur auf so lange, als die Grundprinzipien der Verfassung und die
+rechtmige Autoritt des gesetzgebenden Krpers aufgehoben blieben.
+Welchen Werth hatten Privilegien, die auf einen so schmachvollen und
+zugleich so unsicheren Besitztitel beruhten? Es konnte bald eine
+Thronerledigung eintreten, ein der Landeskirche anhngender Souverain
+konnte auf den Thron kommen und ein aus Mitgliedern der Landeskirche
+bestehendes Parlament gebildet werden. Wie beklagenswerth mute dann die
+Lage der Dissenters werden, die sich mit Jesuiten gegen die Verfassung
+verbndet hatten! Die Kirche bot eine Indulgenz ganz andrer Art als die
+von Jakob gewhrte dar, eine Indulgenz, die eben so rechtsgltig und
+heilig war als die Magna Charta. Beide streitende Parteien versprachen
+dem Separatisten Glaubensfreiheit; aber die eine Partei verlangte von
+ihm, da er sie durch Aufopferung der brgerlichen Freiheit erkaufen
+sollte, whrend die andre ihn zum Genu der brgerlichen und religisen
+zugleich einlud.
+
+Aus diesen Grnden konnte ein Dissenter sich wohl entschlieen, sein
+Loos mit dem der Staatskirche zu verknpfen, selbst wenn er htte
+glauben knnen, da der Hof es aufrichtig meinte. Aber wer garantirte
+ihm fr die Aufrichtigkeit des Hofes? Jedermann kannte das bisherige
+Benehmen Jakob's. Es war zwar nicht gerade unmglich, da ein Verfolger
+durch Vernunftgrnde und Erfahrungen von den Vortheilen der
+Religionsduldung berzeugt werden konnte. Aber Jakob behauptete, nicht
+erst neuerdings berzeugt worden zu sein; im Gegentheil, er versumte
+keine Gelegenheit, um zu versichern, da er schon seit vielen Jahren aus
+Grundsatz aller Unduldsamkeit feind gewesen sei. Dennoch hatte er noch
+vor wenigen Monaten Mnner, Frauen und junge Mdchen um ihrer Religion
+willen bis zum Tode verfolgt. Hatte er damals gegen die bessere
+berzeugung seines Gewissens gehandelt? oder sagte er jetzt eine
+wissentliche Unwahrheit? Aus diesem Dilemma gab es keinen Ausweg und
+jede der beiden Annahmen war fr den Ruf der Rechtschaffenheit des
+Knigs gleich verderblich. Auerdem war auch allbekannt, da ihn die
+Jesuiten ganz in ihrer Gewalt hatten. Erst wenige Tage vor der
+Bekanntmachung der Indulgenz war dieser Orden dem wohlbekannten Willen
+des heiligen Stuhles zum Trotz mit einem neuen Beweise seines Vertrauens
+und seines Beifalls beehrt worden. Sein Beichtvater, Pater Mansuetus,
+ein Franziskaner, dessen menschenfreundlicher Character und tadelloser
+Lebenswandel die grte Achtung verdienten, den aber Tyrconnel und Petre
+schon lngst haten, war entlassen worden. Den dadurch erledigten Posten
+erhielt ein Englnder, Namens Warner, der von dem Glauben seines
+Vaterlandes abgefallen und Jesuit geworden war. Den gemigten
+Katholiken und dem Nuntius war dieser Wechsel nichts weniger als
+angenehm, und jeder Protestant erblickte darin einen Beweis, da die
+Jesuiten eine unumschrnkte Herrschaft ber das Gemth des Knigs
+ausbten.[40] So groes Lob auch diese Vter mit Recht beanspruchen
+konnten, besondere Liberalitt und Wahrheitsliebe konnte selbst die
+Schmeichelei ihnen nicht beimessen. Da sie, wenn es das Interesse ihres
+Glaubens oder ihres Ordens galt, niemals Bedenken trugen, den Beistand
+des weltlichen Schwerts anzurufen, oder die Gesetze der Wahrheit und
+Treue zu verletzen, dies war der Welt nicht nur durch protestantische
+Anklger, sondern auch durch Mnner verkndet worden, deren
+Tugendhaftigkeit und Genie der Stolz der rmischen Kirche war. Es war
+unglaublich, da ein ergebener Schler der Jesuiten der
+Gewissensfreiheit aus Grundsatz zugethan sein sollte; dagegen aber war
+es weder unglaublich noch unwahrscheinlich, da er es fr gerechtfertigt
+hielt, seine wahren Gesinnungen zu verbergen, um seiner Religion einen
+Dienst zu erzeigen. Es war gewi, da dem Knige im Herzen die
+Anglikaner lieber waren als die Puritaner; es war gewi, da, so lange
+er noch Hoffnung hatte, die Anhnger der Staatskirche zu gewinnen, er
+den Puritanern nie die geringste Freundlichkeit erwiesen hatte. Konnte
+es also wohl einem Zweifel unterliegen, da er selbst jetzt noch die
+Puritaner willig aufopfern wrde, wenn die Anglikaner sich seinen
+Wnschen fgten? Sein wiederholt gegebenes Versprechen hatte ihn nicht
+abgehalten, die gesetzlichen Rechte der Geistlichkeit anzutasten, welche
+so viele sprechende Beweise von treuer Anhnglichkeit an sein Haus
+gegeben hatte. Welche Sicherheit konnte sonach sein Wort Secten
+gewhren, welche durch die Erinnerung an tausend geschlagene und
+empfangene, nicht wieder gut zu machende Wunden von ihm geschieden
+waren?
+
+ [Anmerkung 40: Ellis' Correspondenz, 15. Mrz u. 27. Juli 1686;
+ Barillon, 28. Febr. (10. Mrz), 3.(13.) Mrz, 6.(16.) Mrz 1687;
+ Ronquillo, 9.(19.) Mrz 1687 in der Mackintosh-Sammlung.]
+
+
+[_Einige von ihnen halten es mit dem Hofe. Care, Alsop, Rosewell._] Als
+die durch Bekanntmachung der Indulgenz verursachte Aufregung sich ein
+wenig gelegt hatte, zeigte es sich, da in der puritanischen Partei eine
+Spaltung eingetreten war. Die Minoritt, mit einigen wenigen thtigen
+Mnnern an der Spitze, deren Urtheil mangelhaft oder durch das Interesse
+geleitet war, untersttzte den Knig. Heinrich Care, welcher lange Zeit
+der heftigste und thtigste Pamphletist unter den Nonconformisten
+gewesen war und der in den Tagen des papistischen Complots Jakob in
+einer Schrift unter dem Titel +Packet of Advice from Rome+
+(Nachrichtenpacket von Rom) mit schrankenloser Wuth angegriffen hatte,
+schmeichelte ihm jetzt eben so laut, als er ihn frher geschmht und
+verleumdet hatte.[41] Der Hauptagent, dessen sich die Regierung zur
+Bearbeitung der Presbyterianer bedient hatte, war Vincenz Alsop, ein
+Geistlicher, der als Prediger wie auch als Schriftsteller nicht
+unbekannt war. Sein Sohn, der wegen Hochverraths bestraft worden war,
+wurde begnadigt, und daher widmete der Vater seinen ganzen Einflu dem
+Hofe.[42] Mit Alsop verbunden war Thomas Rosewell. Rosewell war whrend
+der durch die Entdeckung des Ryehousecomplots herbeigefhrten Verfolgung
+der Dissenters flschlich angeklagt worden, da er gegen die Regierung
+gepredigt habe. Jeffreys hatte auf seine Verurtheilung zum Tode
+angetragen und eine bestochene Jury hatte ihn den klarsten Beweisen von
+seiner Unschuld zum Trotz fr schuldig erklrt. Die Ungerechtigkeit des
+Urtheils war so himmelschreiend, da selbst die Hflinge sich darber
+emprt zeigten. Ein angesehener Tory, der den Verhandlungen des
+Prozesses beigewohnt hatte, ging augenblicklich zu Karl und erklrte,
+da der Hals des loyalsten Unterthanen in England nicht mehr sicher sein
+wrde, wenn man Rosewell hinrichtete. Die Geschwornen selbst wurden von
+Reue ergriffen, als sie berlegten, was sie gethan hatten, und boten
+Alles auf, um dem Gefangenen das Leben zu retten. Endlich wurde seine
+Begnadigung bewilligt, aber Rosewell mute drckende Brgschaft fr sein
+ferneres Wohlverhalten stellen und zu bestimmten Zeiten persnlich vor
+dem Gerichtshofe der Kings Bench erscheinen. Seine Brgschaften wurden
+jetzt auf kniglichen Befehl erlassen und dadurch seine Dienste
+gewonnen.[43]
+
+ [Anmerkung 41: +Wood's Athenae Oxonienses+; +Observator+;
+ +Heraclitus Ridens+ an mehreren Stellen. Doch Care's eigene
+ Schriften sind das beste Material zur Wrdigung seines
+ Characters.]
+
+ [Anmerkung 42: +Calamy's Account of the Ministers ejected or
+ silenced after the Restoration, Northamptonshire+; +Wood's Athenae
+ Oxonienses+; +Biographia Britannica.+]
+
+ [Anmerkung 43: +Collection of State Trials+; +Samuel Rosewell's
+ Life of Thomas Rosewell, 1718+; +Calamy's Account.+]
+
+
+[_Lobb._] Das Geschft, die Independenten zu gewinnen, war vornehmlich
+einem ihrer Geistlichen, Namens Stephan Lobb, bertragen. Lobb war ein
+schwacher, heftiger und ehrgeiziger Mann. Er hatte die Opposition gegen
+die Regierung so weit getrieben, da sein Name in mehreren
+Proklamationen gechtet worden war, shnte sich aber jetzt mit dem Hofe
+aus und ging in der Servilitt eben so weit als er je in der Opposition
+gegangen war. Er schlo sich der jesuitischen Cabale an und rieth eifrig
+zu Maregeln, vor denen die verstndigsten und ehrenwerthesten
+Katholiken zurckschauderten. Man bemerkte, da er fortwhrend im
+Palaste und hufig im Privatkabinet des Knigs war, da er in einem
+Glanze lebte, an den die puritanischen Geistlichen nicht gewhnt waren,
+und da er bestndig von Bittstellern belagert war, denen er durch
+seinen Einflu Stellen und Begnadigungen verschaffen sollte.[44]
+
+ [Anmerkung 44: +London Gazette, March 15. 1685/6+; +Nichols's
+ Defence of the Church of England+; +Pierce's Vindication of the
+ Dissenters.+]
+
+
+[_Penn._] Mit Lobb eng befreundet war Wilhelm Penn. Penn war nie ein
+characterfester Mann gewesen, das Leben, das er seit zwei Jahren fhrte,
+hatte sein sittliches Zartgefhl nicht wenig verhrtet, und wenn sein
+Gewissen ihm einmal Vorwrfe machte, so trstete er sich immer wieder
+mit dem Gedanken, da er einen guten und edlen Zweck verfolge und da
+ihm seine Dienste nicht mit Geld bezahlt wrden.
+
+Durch den Einflu dieser und anderer weniger hervorragender Mnner
+wurden mehrere Dissentergemeinden bewogen, Dankadressen an den Knig zu
+richten. Toryistische Schriftsteller haben mit Recht bemerkt, da die
+Sprache dieser Adressen so widerlich servil war wie nur in irgend einer
+der berschwenglichsten Lobreden, welche den Stuarts von Bischfen
+gespendet worden sind. Bei genauer Untersuchung stellt es sich heraus,
+da die Schmach nur einem sehr kleinen Theile der puritanischen Partei
+zur Last fllt. Es gab kaum einen Marktflecken in England, der nicht
+wenigstens ein kleines Huflein Separatisten gehabt htte, und man
+sparte keine Mhe, um sie zu einer uerung ihrer Dankbarkeit fr die
+Indulgenz zu bewegen. Rundschreiben, welche sie zur Unterzeichnung
+aufforderten, wurden nach allen Gegenden des Landes in solchen Massen
+geschickt, da, wie man scherzweise sagte, die Postfelleisen den Pferden
+zu schwer waren. Indessen belief sich die Gesammtzahl der Adressen, die
+man von allen ber ganz England zerstreuten Presbyterianern,
+Independenten und Baptisten erlangen konnte, noch nicht auf sechzig;
+auch ist kein Grund zu der Vermuthung vorhanden, da diese Adressen
+zahlreiche Unterschriften hatten.[45]
+
+ [Anmerkung 45: Die Adressen sind in der London Gazette zu finden.]
+
+
+[_Die Mehrzahl der Puritaner ist gegen den Hof. Baxter._] Die groe
+Masse der protestantischen Nonconformisten, welche fest an den
+brgerlichen Freiheiten hing und den Versprechungen des Knigs und der
+Jesuiten nicht traute, weigerte sich standhaft, fr eine Begnstigung zu
+danken, hinter der man mit gutem Grund eine Schlinge argwhnen durfte.
+Dies war die Stimmung aller angesehensten Oberhupter der Partei. Zu
+ihnen gehrte Baxter. Er war, wie wir gesehen haben, bald nach Jakob's
+Thronbesteigung in Untersuchung gezogen, von Jeffreys grblich insultirt
+und von einer Jury, wie die hfischen Sheriffs der damaligen Zeit sie zu
+whlen pflegten, fr schuldig erklrt worden. Baxter befand sich seit
+ungefhr anderthalb Jahren im Gefngni, als der Hof ernstlich darauf zu
+denken begann, die Nonconformisten zu gewinnen. Er wurde nicht allein in
+Freiheit gesetzt, sondern auch bedeutet, da er, wenn er sonst wollte,
+seinen Aufenthalt in London nehmen knnte, ohne die Anwendung der
+Fnfmeilenacte gegen sich zu frchten. Die Regierung hoffte
+wahrscheinlich, da die Erinnerung an vergangene Leiden und das Gefhl
+der gegenwrtigen Erlsung auf ihn die nmliche Wirkung uern werde,
+wie auf Rosewell und Lobb. Diese Hoffnung erwies sich jedoch als irrig.
+Baxter war weder zu bestechen, noch zu tuschen; er weigerte sich,
+irgend eine Dankadresse fr die Indulgenz zu unterzeichnen und
+verwendete seinen ganzen Einflu zur Herbeifhrung eines guten
+Vernehmens zwischen der Staatskirche und den Presbyterianern.[46]
+
+ [Anmerkung 46: +Calamy's Life of Baxter.+]
+
+
+[_Howe._] Wenn es irgend einen Mann gab, der in der Achtung der
+protestantischen Dissenters noch hher stand als Baxter, so war dies
+Johann Howe. Howe hatte, wie Baxter, durch den neuerlichen Umschwung der
+Politik persnlich gewonnen. Die nmliche Tyrannei, welche Baxter ins
+Gefngni warf, hatte ihn in die Verbannung getrieben und bald nach
+Baxter's Entlassung aus dem Gefngnisse der Kings Bench kehrte Howe von
+Utrecht nach England zurck. Man erwartete in Whitehall, da Howe den
+ganzen Einflu, den er auf seine Glaubensgenossen ausbte, zu Gunsten
+des Hofes verwenden werde. Der Knig selbst lie sich herab, den
+Unterthan, den er unterdrckt hatte, um seinen Beistand zu bitten. Howe
+scheint geschwankt zu haben; der Einfu Hampden's aber, mit dem er intim
+befreundet war, vermochte ihn, der Sache der Verfassung treu zu bleiben.
+Eine Versammlung presbyterianischer Geistlichen wurde in seinem Hause
+gehalten, um ber die Lage der Dinge zu berathen und ber den
+einzuschlagenden Weg einen Beschlu zu fassen. Im Palaste erwartete man
+mit ngstlicher Spannung das Ergebni. Zwei knigliche Abgesandte
+wohnten der Verhandlung bei, und sie kamen mit der unwillkommnen
+Nachricht zurck, da Howe sich entschieden gegen das Dispensationsrecht
+erklrt und nach langer Debatte die Majoritt der Versammlung fr sich
+gewonnen habe.[47]
+
+ [Anmerkung 47: +Calamy's Life of Howe+. Den Antheil, den die
+ Familie Hampden an dieser Angelegenheit gehabt, habe ich aus einem
+ Briefe von Johnstone an Waristoun vom 13. Juni 1688 erfahren.]
+
+
+[_Bunyan._] Neben Baxter und Howe mu noch ein andrer Mann genannt
+werden, der nach seiner Stellung und Gelehrsamkeit tief unter ihnen, an
+Tugend aber ihnen gleich, und an Genie hoch ber ihnen stand, Johann
+Bunyan. Bunyan war ursprnglich Kesselflicker gewesen und hatte als
+gemeiner Soldat in der Parlamentsarmee gedient. Schon in seinen frheren
+Jahren hatten ihn furchtbare Gewissensbisse wegen seiner Jugendsnden
+geqult, von denen jedoch die schlimmsten solche gewesen zu sein
+scheinen, welche die Welt fr verzeihlich hlt. Seine groe Reizbarkeit
+und seine glhende Phantasie machten seine inneren Kmpfe ganz besonders
+qualvoll. Er bildete sich ein, da ein Verdammungsurtheil ber ihn
+verhngt sei, da er den heiligen Geist gelstert, da er Christum
+verkauft habe und da er thatschlich von einem bsen Geiste besessen
+sei. Bald vernahm er laute Warnungsstimmen vom Himmel, bald versuchte
+ihn der Teufel durch gottlose Einflsterungen. Er hatte Visionen von
+entfernten Berggipfeln, welche die Sonne glnzend beleuchtete, von denen
+er aber durch eine Schneewste getrennt war. Er fhlte wie der Teufel
+ihn an den Kleidern zupfte; er glaubte, das Kainszeichen sei ihm
+aufgedrckt; er frchtete da er zerbersten werde, wie Judas. Diese
+Seelenkmpfe zerrtteten seine Gesundheit. Den einen Tag zitterte er wie
+ein vom Schlage Getroffener; ein andermal brannte es ihn wie Feuer in
+der Brust. Es ist kaum zu begreifen, da er so entsetzlichen und
+andauernden Qualen nicht unterlag. Endlich zertheilten sich die Wolken.
+Aus dem Abgrunde der Verzweiflung erhob sich der Bende in einen
+Zustand heiterer Glckseligkeit. Ein unwiderstehlicher Drang trieb ihn
+an, auch Andere des Segens theilhaftig werden zu lassen, dessen er
+selbst geno.[48] Er schlo sich den Baptisten an und wurde Prediger und
+Schriftsteller. Seine Erziehung war die eines Handwerkers gewesen und er
+verstand keine andre Sprache als die englische, wie sie von dem niederen
+Volke gesprochen wird. Er hatte kein groes Musterwerk studirt, mit der
+einzigen, allerdings sehr bedeutenden Ausnahme unsrer herrlichen
+Bibelbersetzung. Seine Orthographie war schlecht; er machte hufige
+Verste gegen die Regeln der Grammatik. Doch sein angebornes Genie und
+seine durch eigene Erfahrung erworbene Kenntni aller religisen
+Gefhle, von der Verzweiflung bis zur Verzckung, ersetzten in ihm
+reichlich den Mangel an Gelehrsamkeit. Seine natrliche Beredtsamkeit
+erhob und rhrte Zuhrer, welche bei den fleiig ausgearbeiteten
+Vortrgen groer Dialektiker und Hebraisten kalt blieben. Seine Werke
+waren unter den niederen Klassen weit verbreitet. Eines davon, des
+Pilgers Reise, wurde schon zu seinen Lebzeiten in mehrere fremde
+Sprachen bersetzt. Den Gelehrten und hher Gebildeten war es jedoch
+kaum bekannt, und die frommen Httenbewohner und Handwerker hatten sich
+bereits seit einem Jahrhundert daran erfreut, als es endlich von einem
+in der Literatur sehr hochstehenden Manne ffentlich empfohlen wurde.
+Die Kritik lie sich nun herab, das Geheimni einer so ausgedehnten und
+dauernden Popularitt zu erforschen. Sie mute gestehen, da die
+unwissende Menge richtiger geurtheilt hatte als die Gelehrten und da
+das verachtete Bchlein wirklich ein Meisterwerk war. Bunyan ist in der
+That ebenso gewi der erste Allegoriker, wie Demosthenes der erste
+Redner und Shakespeare der erste Dramatiker ist. Zwar haben andere
+Allegoriker eine gleiche Erfindungsgabe gezeigt; aber kein andrer ist je
+im Stande gewesen, das Herz zu rhren und abstracte Begriffe zu
+Gegenstnden des Entsetzens, des Mitleids und der Liebe zu machen.[49]
+
+Es drfte zu bezweifeln sein, ob irgend ein englischer Dissenter die
+Last der Strafgesetze schwerer empfunden hat als Johann Bunyan. Von den
+siebenundzwanzig Jahren, welche seit der Restauration verstrichen waren,
+hatte er zwlf im Gefngni zugebracht. Dennoch fuhr er fort zu
+predigen, aber um dies zu knnen, mute er sich als Fuhrmann verkleiden.
+Oft wurde er, im Fuhrmannskittel und mit der Peitsche in der Hand, durch
+eine Hinterthr in die Versammlung eingefhrt. Htte er nur an seine
+eigene Ruhe und Sicherheit gedacht, so wrde er die Indulgenzerklrung
+freudig begrt haben. Jetzt durfte er endlich am hellen Tage predigen
+und ermahnen. Seine Gemeinde wuchs mit reiender Schnelligkeit. Tausende
+hingen an seinen Lippen und in Bedford, wo er sich grtentheils
+aufhielt, gingen reiche Beisteuern zum Bau eines Bethauses fr ihn ein.
+Er stand in so hohem Ansehen bei dem gemeinen Volke, da die Regierung
+ihm gern ein stdtisches Amt bertragen htte; aber sein scharfer
+Verstand und sein treues englisches Herz widerstanden siegreich allen
+Versuchungen und Tuschungen. Er war fest berzeugt, da die angebotene
+Duldung nur ein Kder sei, um die puritanische Partei damit ins
+Verderben zu locken; auch wollte er nicht durch Annahme einer Stelle, zu
+der er nicht gesetzlich qualificirt war, die Gltigkeit der
+Dispensationsgewalt anerkennen. Eine der letzten edlen Handlungen seines
+tugendreichen Lebens war die Ablehnung einer Unterredung, zu der er
+durch einen Agenten der Regierung eingeladen wurde.[50]
+
+ [Anmerkung 48: +Bunyan's Grace Abounding.+]
+
+ [Anmerkung 49: Young stellt Bunyan's Prosa auf gleiche Stufe mit
+ Durfey's Poesie. Die fashionablen Leute im +Spiritual Quixote+
+ stellen den +Pilgrim's Progress+ mit +Jack the Giantkiller+
+ zusammen. Spt im achtzehnten Jahrhundert wagte Cowper nur eine
+ Anspielung auf den groen Allegoriker:
+
+ Nicht nennen will ich dich, damit Dein Name
+ Statt wohlverdienten Ruhm nicht Hohn Dir bringe.]
+
+ [Anmerkung 50: Fortsetzung von Bunyan's Biographie im Anhang zu
+ seiner berstrmenden Gnade.]
+
+
+[_Kiffin._] So gro Bunyan's Ansehen bei den Baptisten war, Wilhelm
+Kiffin's Ansehen war noch grer. Kiffin war in Bezug auf Rang und
+Reichthum der Erste unter ihnen. Er pflegte seine geistlichen Talente
+bei ihren Versammlungen auszuben, erwarb sich aber nicht durch Predigen
+seinen Unterhalt. Er machte groe Handelsgeschfte, stand an der Brse
+in hohem Ansehen und hatte sich ein bedeutendes Vermgen gesammelt.
+Niemand htte vielleicht unter den dermaligen Verhltnissen dem Hofe
+werthvollere Dienste leisten knnen als er. Aber zwischen ihm und dem
+Hofe stand die Erinnerung an ein entsetzliches Ereigni. Er war der
+Grovater der Gebrder Hewling, der beiden muthigen Jnglinge, welche
+von allen Opfern der blutigen Assisen vielleicht am allgemeinsten
+bedauert worden waren. Fr das traurige Loos des einen von ihnen war
+Jakob ganz besonders verantwortlich. Jeffreys hatte dem jngeren Bruder
+einen Aufschub bewilligt. Churchill hatte der Schwester der beiden
+jungen Mnner eine Audienz beim Knige verschafft, und sie hatte um
+Gnade gefleht; aber des Knigs Herz war unerbittlich gewesen. Es war fr
+die ganze Familie ein harter Schlag; am meisten aber war Kiffin zu
+bedauern. Er war siebzig Jahr alt, als er vereinsamt dastand. Diejenigen
+berlebend, die ihn hatten berleben sollen. Die herzlosen und feilen
+Schmarotzer von Whitehall glaubten, indem sie nach sich selbst
+urtheilten, der alte Mann werde durch einen Aldermansmantel und durch
+eine Geldentschdigung fr das verwirkte Vermgen seiner Enkel leicht
+wieder zu gewinnen sein. Penn wurde zu dem Verfhrungswerke ausersehen;
+aber seine Bemhungen waren vergebens. Der Knig beschlo hierauf, die
+Wirkung seiner persnlichen Artigkeit zu versuchen. Kiffin wurde in den
+Palast beschieden. Er fand einen glnzenden Kreis von Kavalieren und
+Gentlemen versammelt. Jakob kam ihm sogleich entgegen, redete ihn sehr
+freundlich an und schlo mit den Worten: Ich habe Sie zu einem der
+Aldermen von London bestimmt, Herr Kiffin. Der alte Mann sah den Knig
+fest an, brach in Thrnen aus und antwortete: Sire, ich bin abgenutzt,
+ich bin nicht mehr fhig, Eurer Majestt oder der Hauptstadt zu dienen.
+Und berdies, Sire, hat der Tod meiner armen Jungen mir das Herz
+gebrochen. Diese Wunde ist noch heute so frisch wie jemals, und ich
+werde sie mit ins Grab nehmen. Der Knig schwieg einige Augenblicke
+sichtlich bewegt und sagte dann: Ich werde einen Balsam fr diese Wunde
+finden, Herr Kiffin. Es war gewi nicht Jakob's Absicht, etwas
+Krnkendes oder bermthiges zu sagen, im Gegentheil, er scheint sich in
+einer ungewhnlich weichen Stimmung befunden zu haben. Dennoch wirft
+keine uerung die uns von ihm berichtet wird, ein so nachtheiliges
+Licht auf seinen Character als diese wenigen Worte. Es sind die Worte
+eines hartherzigen, niedrig denkenden Mannes, der sich keine Verwundung
+des Gefhls denken kann, welche durch eine Stelle oder durch eine
+Pension nicht vollkommen zu heilen wre.[51]
+
+Der Theil der Dissenters, der sich der neuen Politik des Knigs gnstig
+zeigte, war von Anfang an klein gewesen und begann bald noch mehr
+zusammenzuschmelzen. Denn die Nonconformisten erkannten in nicht langer
+Zeit, da ihre geistlichen Privilegien durch die Indulgenz eher
+geschmlert als erweitert worden waren. Der characteristische Zug des
+Puritaners war Abscheu gegen die Eigenthmlichkeiten der rmischen
+Kirche. Er hatte sich nur deshalb von der anglikanischen Kirche
+losgetrennt, weil er meinte, da sie ihrer hochmthigen und ppigen
+Schwester, der Zauberin mit dem goldenen Becher und dem Purpurgewande,
+zu hnlich she. Jetzt fand er, da eine von den stillschweigenden
+Bedingungen des Bndnisses, welches einige seiner Seelenhirten mit dem
+Hofe geschlossen hatten, die war, da die Religion des Hofes mit Achtung
+und Schonung behandelt werden sollte. Er begann bald sich nach den Tagen
+der Verfolgung zurckzusehnen. So lange die Strafgesetze noch angewendet
+wurden, hatte er die Worte des Lebens zwar im Geheimen und mit
+persnlicher Gefahr angehrt, aber er hatte sie doch gehrt. Wenn die
+Brder in ihrer Stube versammelt waren, wenn die Schildwachen
+ausgestellt und die Thren verschlossen waren, wenn der Prediger in der
+Kleidung eines Metzgers oder Fuhrmanns ber das Dach hereingekommen war,
+dann wurde wenigstens ein wirklicher Gottesdienst gehalten. Kein Theil
+der gttlichen Wahrheit ward aus weltlichen Rcksichten unterdrckt oder
+verstmmelt, alle unterscheidenden Lehren der puritanischen Theologie
+wurden vollstndig und sogar in ihrer ungeschminktesten Form
+dargestellt. Der rmischen Kirche ward kein Pardon gegeben. Das Thier,
+der Antichrist, der Mensch der Snde, die mystische Isabel, das
+mystische Babylon waren die Ausdrcke, mit denen man jenen hehren und
+bezaubernden Aberglauben zu bezeichnen pflegte. Dies war einst die
+Sprache Alsop's, Lobb's, Rosewell's und anderer Geistlichen gewesen,
+welche krzlich im Palast wohl aufgenommen worden waren; aber so
+sprachen sie jetzt nicht mehr. Geistliche, die nach einer hohen Stufe in
+der Gunst und dem Vertrauen des Knigs strebten, durften es nicht wagen,
+in harten Worten von der Religion des Knigs zu sprechen. Die Gemeinden
+beklagten sich daher laut, da sie seit dem Erscheinen der
+Indulgenzerklrung, welche ihnen dem Wortlaute nach doch vllige
+Gewissensfreiheit gewhren wollte, das Evangelium nie mehr khn und rein
+htten verknden hren. Frher hatten sie ihre geistliche Nahrung
+verstohlen erhaschen mssen, aber wenn sie sie erhascht hatten, so
+fanden sie sie wenigstens ganz nach ihrem Geschmacke zubereitet. Jetzt
+konnten sie sie ffentlich und in aller Bequemlichkeit zu sich nehmen,
+aber sie hatte ihren ganzen Wohlgeschmack verloren. Sie versammelten
+sich bei Tage und in gerumigen Lokalen; aber sie hrten Predigten, die
+ihnen bei weitem nicht so gefielen, als die, welche der Rector ihnen
+gehalten haben wrde. In der Pfarrkirche wurde der selbstgeschaffene
+Gottesdienst und die Abgtterei Roms jeden Sonntag energisch
+angegriffen; im Versammlungshause aber htete sich der Pastor, der noch
+vor wenigen Monaten die Geistlichen der Landeskirche fr nicht viel
+besser als die Papisten erklrt hatte, jetzt sorgfltig, den Papismus zu
+tadeln, oder kleidete seinen Tadel wenigstens in ein so mildes Gewand,
+da er selbst das Ohr eines Pater Petre nicht beleidigt haben wrde.
+Auch war es nicht mglich, fr diesen Wechsel einen stichhaltigen Grund
+aufzufinden. Die rmisch-katholischen Lehren hatten sich nicht
+verndert; seit Menschengedenken waren die katholischen Priester noch
+nie so eifrig im Proselytenmachen gewesen; noch nie waren so viele
+katholische Schriften aus der Presse hervorgegangen; noch nie hatten
+Alle, die sich um die Religion kmmerten, den Streit zwischen Katholiken
+und Protestanten mit so gespannter Aufmerksamkeit verfolgt. Was konnte
+man also von der Aufrichtigkeit von Theologen halten, welche nicht mde
+geworden waren, den Papismus zu schmhen, so lange derselbe
+vergleichsweise harmlos und wehrlos war, und die jetzt, wo eine Zeit
+wirklicher Gefahr fr den reformirten Glauben gekommen, sorgfaltig jedes
+Wort vermieden, das einem Jesuiten Ansto geben konnte? Ihr Benehmen war
+in der That nicht schwer zu erklren. Es war bekannt, da einige von
+ihnen Begnadigungen erlangt, es wurde vermuthet, da andere Geld
+bekommen hatten. Ihr Vorbild war der schwache Apostel, der aus Angst den
+Herrn verleugnete, dem er prahlerisch die unverbrchlichste Treue gelobt
+hatte, oder der noch schlechtere Apostel, der seinen Herrn um eine
+Handvoll Silberlinge verkaufte.[52]
+
+So verloren die vom Hofe gewonnenen Dissentergeistlichen rasch den
+Einflu, den sie einst auf ihre Glaubensbrder besessen hatten. Auf der
+andren Seite fhlten sich die Sektirer durch eine starke religise
+Sympathie zu den anglikanischen Prlaten und Priestern hingezogen,
+welche trotz kniglicher Befehle, Drohungen und Versprechungen einen
+heftigen Krieg gegen die rmische Kirche unterhielten. Die so lange
+durch tdtliche Feindschaft getrennt gewesenen Anglikaner und Puritaner,
+nherten sich einander mit jedem Tage mehr und mehr und jeder Schritt
+zur Einigung vermehrte den Einflu des Mannes, der ihr gemeinsames
+Oberhaupt war. Wilhelm eignete sich in jeder Beziehung zum Vermittler
+zwischen diesen beiden groen Parteien der englischen Nation. Man konnte
+nicht sagen, da er einer von beiden angehre; aber keine von beiden
+konnte sich bei ruhiger berlegung weigern, ihn als einen Freund zu
+betrachten. Sein theologisches System stimmte mit dem der Puritaner
+berein. Zu gleicher Zeit betrachtete er das Episcopat wenn auch nicht
+als eine gttliche Einrichtung, doch als eine vollkommen rechtmige und
+hchst ntzliche Form des Kirchenregiments. Fragen ber Stellungen,
+Gewnder, Festtage und Liturgien waren in seinen Augen keine
+Lebensfragen. Ein einfacher Gottesdienst wie der, an den er von jeher
+gewhnt war, wrde seinem persnlichen Geschmacke am meisten zugesagt
+haben, aber er war dabei gern bereit, sich jedem Ritual zu fgen, das
+der Nation angenehm war, und bestand nur darauf, da man ihm nicht
+zumuthete, diejenigen seiner protestantischen Brder zu verfolgen, denen
+ihr Gewissen es nicht zulie, seinem Beispiele zu folgen. Zwei Jahre
+frher wrde er von zahlreichen Bigotten auf beiden Seiten fr einen
+bloen Laodicer erklrt, worden sein, der weder kalt noch warm war und
+zu nichts taugte als ausgestoen zu werden. Aber der Eifer, der
+Anglikaner gegen Dissenters und Dissenters gegen Anglikaner entflammt
+hatte, war durch gemeinsame Widerwrtigkeiten und Gefahren so gedmpft
+worden, da die Lauheit, die man ihm frher als Verbrechen angerechnet,
+jetzt als eine seiner Haupttugenden betrachtet wurde.
+
+ [Anmerkung 51: +Kiffin's Memoirs+; Luson's Brief an Brooke vom 11.
+ Mai 1773 in der Hughes-Correspondenz.]
+
+ [Anmerkung 52: Man sehe unter anderen zeitgenssischen
+ Flugschriften eine mit dem Titel: +A Representation of the
+ threatening Dangers impending over Protestants.+]
+
+
+[_Der Prinz und die Prinzessin von Oranien gegen die
+Indulgenzerklrung._] Jedermann war gespannt auf seine Ansicht ber die
+Indulgenzerklrung. Eine Zeit lang nhrte man in Whitehall die Hoffnung,
+da seine bekannte Achtung vor den Rechten des Gewissens ihn wenigstens
+abhalten werde, ffentlich seine Mibilligung einer Politik
+auszusprechen, die einen unleugbaren Anstrich von Freisinnigkeit hatte.
+Penn schickte zahlreiche Auseinandersetzungen nach dem Haag und begab
+sich sogar persnlich dahin, in der Hoffnung da seine Beredtsamkeit,
+von der er eine hohe Meinung hatte, sich als unwiderstehlich erweisen
+werde. Aber obgleich er sein Lieblingsthema mit einer Redseligkeit
+entwickelte, die seine Zuhrer ermdete und obgleich er sie versicherte,
+da ein Mann, der mit den Engeln verkehre, ihm das Herannahen eines
+goldenen Zeitalters der Religionsfreiheit geoffenbart habe, so machte er
+doch keinen Eindruck auf den Prinzen.[53] Ihr verlangt von mir, sagte
+er zu einem der Agenten des Knigs, da ich einen Angriff auf meine
+eigne Religion untersttzen soll. Das kann ich mit gutem Gewissen nicht
+thun, und ich werde es nicht thun, nein, nicht um die Krone Englands,
+nicht um die Herrschaft der Welt! Diese Worte wurden dem Knige
+mitgetheilt und sie beunruhigten ihn nicht wenig.[54] Er schrieb mit
+eigner Hand eindringliche Briefe. Zuweilen nahm er den Ton des
+Beleidigten an. Er sei das Oberhaupt der kniglichen Familie, als
+solches sei er berechtigt, von den jngeren Mitgliedern Gehorsam zu
+erwarten, und es sei sehr hart, da er in einer Angelegenheit, die ihm
+ber Alles am Herzen liege, auf Widerstand stoe. Andere Male wurde ihm
+ein Kder vorgehalten, den man fr unwiderstehlich hielt. Wenn Wilhelm
+nur in diesem einen Punkte nachgbe, so wrde die englische Regierung
+ihm dafr krftigen Beistand gegen Frankreich leisten. Er lie sich aber
+nicht bethren. Er wute, da Jakob selbst beim besten Willen ohne die
+Untersttzung eines Parlaments nicht im Stande sein wrde, der
+gemeinschaftlichen Sache Europa's einen wirksamen Dienst zu leisten, und
+es konnte keinem Zweifel unterliegen, da wenn ein Parlament
+zusammenkam, die erste Forderung beider Huser die Cassirung der
+Indulgenzerklrung sein wrde.
+
+Die Prinzessin stimmte allen Meinungsuerungen ihres Gemahls bei, und
+ihre gemeinschaftliche Ansicht wurde dem Knige in entschiedenen aber
+gemigten Ausdrcken mitgetheilt. Sie erklrten, da sie das von Seiner
+Majestt eingeschlagene Verfahren lebhaft bedauerten. Sie seien
+berzeugt, da er sich ein Hoheitsrecht angemat habe, das ihm
+gesetzlich nicht zustehe. Gegen diese Anmaung protestirten sie, nicht
+nur als Freunde der brgerlichen Freiheit, sondern auch als Mitglieder
+des kniglichen Hauses, als welche sie ein hohes Interesse an der
+Erhaltung der Rechte dieser Krone htten, die sie einst tragen knnten.
+Denn die Erfahrung habe gelehrt, da Willkrherrschaft in England
+unfehlbar eine Reaction nach sich ziehe, die noch verderblicher sei als
+jene selbst, und man msse mit Grund befrchten, da die durch die
+Aussicht auf Despotismus beunruhigte und entrstete Nation selbst gegen
+die constitutionelle Monarchie einen Widerwillen fassen wrde. Sie gben
+daher dem Knige den Rath, da er in allen Dingen streng nach dem
+Gesetze regieren mge. Sie gestnden sehr gern zu, da das Gesetz mit
+Nutzen durch die competente Autoritt abgendert werden knne und da
+ein Theil seiner Erklrung es wohl verdiene, einer Parlamentsacte
+einverleibt zu werden. Sie seien keine Verfolger, sie wrden mit
+Vergngen rmische Katholiken so gut als protestantische Dissenters in
+geeigneter Weise von allen Strafgesetzen befreit, und ebenso gern
+protestantische Dissenters in zweckmiger Weise zu brgerlichen mtern
+zugelassen sehen. Weiter aber knnten Ihre Hoheiten nicht gehen. Sie
+knnten sich der ernsten Besorgni nicht enthalten, da die Zulassung
+rmischer Katholiken zu Staatsmtern groe Nachtheile hervorrufen
+wrden, und es war nicht undeutlich zu verstehen gegeben, da der Grund
+zu dieser Besorgni namentlich in Jakob's Handlungsweise liege.[55]
+
+ [Anmerkung 53: +Burnet I. 693, 694.+]
+
+ [Anmerkung 54: +Le Prince d'Orange, qui avoit lud jusqu'alors
+ de faire une rponse positive dit ... qu'il ne consentira jamaia
+ la suppression de ces lois qui avoient t tablies pour le
+ maintien et la suret de la religion Protestante, et que sa
+ conscience ne lui permettoit point, non seulement pour la
+ succession du royaume d'Angleterre, mais mme pour l'empire du
+ monde; en sorte que le roi d'Angleterre est plus aigri contre lui
+ qu'il n'a jamais t.+ -- Bonrepaux, 11.(21.) Juni 1687.]
+
+ [Anmerkung 55: +Burnet, I. 710+; Bonrepaux, 24. Mai (4. Juni)
+ 1687.]
+
+
+[_Vertheidigung ihrer Ansichten bezglich der englischen Katholiken._]
+Die ausgesprochene Ansicht des Prinzen und der Prinzessin ber die
+Ausschlieungen, denen die rmischen Katholiken unterworfen waren,
+theilten fast alle Staatsmnner und Philosophen, welche damals der
+politischen und religisen Freiheit eifrig das Wort redeten. In unsrer
+Zeit dagegen haben erleuchtete Mnner oft mit Bedauern sich dahin
+geuert, da Wilhelm in diesem einen Punkte gegen seinen Schwiegervater
+im Nachtheil stehe. Das Wahre ist, da einige Erwgungen, welche
+nothwendig sind, wenn man sich ein richtiges Urtheil bilden will, von
+vielen Schriftstellern des neunzehnten Jahrhunderts nicht bercksichtigt
+worden zu sein scheinen.
+
+Es sind zwei einander entgegengesetzte Irrthmer, in welche Diejenigen,
+die sich mit dem Studium unsrer vaterlndischen Geschichte beschftigen,
+in steter Gefahr sind zu verfallen: der Irrthum, da sie die Gegenwart
+nach der Vergangenheit, und der Irrthum, da sie die Vergangenheit nach
+der Gegenwart beurtheilen. Dem ersteren sind Diejenigen unterworfen,
+welche geneigt sind alles Alte zu verehren, dem zweiten Diejenigen,
+welche von allem Neuen angezogen werden. Auf den ersteren stt man
+bestndig in den Raisonnements conservativer Politiker ber die Fragen
+ihrer Zeit, der zweite findet sich immer in den Betrachtungen von
+Schriftstellern der liberalen Richtung, wenn sie die Ereignisse einer
+frheren Zeit besprechen. Der erstere ist bei einem Staatsmanne, der
+andre bei einem Geschichtsschreiber verderblicher.
+
+Es ist fr Niemanden, der es in Unsrer Zeit unternimmt, ber die
+Revolution zu schreiben, welche die Stuarts strzte, so leicht, die
+rechte Mittelstrae zwischen diesen beiden Extremen stetig einzuhalten.
+Die Frage, ob es gerathen sei, Mitglieder der katholischen Kirche zum
+Parlament und zu Staatsmtern zuzulassen, erschtterte unser Vaterland
+whrend der Regierung Jakob'sII., durch seinen Sturz wurde sie in den
+Hintergrund zurckgedrngt, und nachdem sie ber ein Jahrhundert lang
+geruht hatte, kam sie in Folge der groen Aufregung der Gemther, welche
+dem Zusammentritt der franzsischen Nationalversammlung folgte, wieder
+zur Sprache. Dreiig Jahre whrte der Streit in beiden Husern des
+Parlaments, in jedem Wahlkrper, in jedem Kreise der Gesellschaft. Er
+strzte Ministerien, zerri Parteien, machte in einem Theile des Landes
+jede Regierung unmglich und brachte uns zuletzt an den Rand des
+Brgerkrieges. Selbst nach Beendigung des Kampfes gohren die
+Leidenschaften, die er aufgeregt hatte, noch immer fort. Ein Mann,
+dessen Geist unter dem Einflusse dieser Leidenschaften stand, konnte
+fast unmglich die Ereignisse der Jahre 1687 und 1688 in einem
+vollkommen richtigen Lichte erblicken.
+
+Eine Klasse von Politikern, welche von dem richtigen Vordersatze
+ausging, da die Revolution eine groe Wohlthat fr unser Land gewesen
+sei, gelangte zu dem irrigen Schlusse, da keine Brgschaft, die von den
+Staatsmnnern der Revolution zum Schutze unsrer Religion und unsrer
+Freiheit fr nthig erachtet worden war, ohne Gefahr abgeschafft werden
+knnte. Eine andre Klasse, die von dem ebenfalls richtigen Vordersatze
+ausging, da die ber die Katholiken verhngten Ausschlieungen lange
+Zeit nichts als Unheil verursacht htten, kam zu dem falschen Schlusse,
+da diese Ausschlieungen zu keiner Zeit ntzlich und nothwendig gewesen
+sein knnten. Der erste Trugschlu durchdrang die Reden des geistreichen
+und gelehrten Eldon, der andre blieb selbst auf einen so ruhigen und
+philosophischen Kopf wie Mackintosh nicht ganz ohne Einflu.
+
+Bei nherer Prfung wird es sich jedoch vielleicht zeigen, da wir das
+von allen groen englischen Staatsmnnern des siebzehnten Jahrhunderts
+einstimmig gebilligte Verfahren rechtfertigen knnen, ohne die Weisheit
+des von allen groen englischen Staatsmnnern unsrer Zeit eben so
+einstimmig gebilligten Verfahrens in Zweifel zu ziehen.
+
+Es ist unbestreitbar ein bel, wenn ein Brger seiner religisen Meinung
+halber vom Staatsdienste ausgeschlossen sein soll; aber der menschlichen
+Weisheit bleibt zuweilen nichts andres brig als die Wahl zwischen zwei
+beln. Eine Nation kann in eine Lage kommen, in der die Mehrheit
+entweder Ausschlieungen verhngen oder sich solche gefallen lassen
+mu und wo das was unter gewhnlichen Verhltnissen mit Recht als
+Verfolgung verdammt werden wrde, noch innerhalb der Grenzen der
+Selbstvertheidigung liegt. In einer solchen Situation befand sich
+England im Jahre 1687.
+
+Nach der Verfassung des Reichs hatte Jakob das Recht, fast alle
+ffentlichen Beamten, bei der Regierung, bei den Gerichten, in der
+Kirche, beim Militair und bei der Flotte zu ernennen. Bei der Ausbung
+dieses Rechts war er nicht, wie unsere gegenwrtigen Souveraine,
+genthigt, in bereinstimmung mit dem Rathe von Ministern, die das Haus
+der Gemeinen billigte, zu handeln. Es lag also auf der Hand, da es,
+wenn er durch das Gesetz nicht streng verbunden war, nur Protestanten
+anzustellen, ihm frei stand, lauter Katholiken anzustellen. Die Anzahl
+der rmischen Katholiken war unbedeutend, und es gab nicht einen
+einzigen Mann unter ihnen, dessen Dienste der Staat ernstlich vermit
+haben wrde. Das Verhltni, in dem ihre Zahl zur Gesammtbevlkerung
+stand, war noch viel geringer als es gegenwrtig ist, denn gegenwrtig
+ergiet sich ein ununterbrochener Auswanderungsstrom von Irland in
+unsere groen Stdte, whrend es im siebzehnten Jahrhunderte noch nicht
+einmal in London eine irische Colonie gab. Neunundvierzig Funfzigstel
+der Bewohner des Knigreichs, neunundvierzig Funfzigstel des Vermgens
+des Knigreichs, fast alle politischen, juristischen und militairischen
+Talente und Kenntnisse, die das Land besa, waren protestantisch.
+Trotzdem hatte der Knig in thrichter Verblendung sich vorgenommen,
+sein unbegrenztes Ernennungsrecht als Mittel zum Proselytenmachen zu
+benutzen. Seiner Kirche angehren war in seinen Augen der erste
+Befhigungstitel fr ein Amt. Der Landeskirche angehren war entschieden
+ein Grund der Nichtbefhigung. Er verwarf zwar in einer Sprache, welche
+den Beifall einiger leichtglubigen Freunde der Glaubensfreiheit fand,
+die monstrse Ungerechtigkeit des Religionseides, der eine kleine
+Minderheit der Nation von ffentlichen mtern ausschlo; zu gleicher
+Zeit aber fhrte er einen andren Religionseid ein, der die Mehrheit
+ausschlo. Es schien ihm hart, da ein guter Finanzmann und loyaler
+Unterthan lediglich deshalb weil er ein Papist war, von dem Posten eines
+Lordschatzmeisters ausgeschlossen sein sollte; aber er selbst hatte
+einen Lordschatzmeister, den er als einen tchtigen Finanzmann und
+loyalen Unterthan anerkannt, blo deshalb abgesetzt, weil er Protestant
+war. Er hatte wiederholt und bestimmt erklrt, er sei fest entschlossen,
+den weien Stab niemals in die Hnde eines Ketzers zu geben. Mit vielen
+anderen hohen Staatsmtern war er ebenso verfahren. Bereits waren der
+Lordprsident, der Geheimsiegelbewahrer, der Oberkammerherr, der
+Garderobeaufseher, der erste Lord des Schatzes, ein Staatssekretr, der
+Lordobercommissar von Schottland, der Kanzler von Schottland und der
+Sekretr von Schottland Katholiken oder gaben sich wenigstens dafr aus.
+Die meisten von diesen Beamten waren von Haus aus Anglikaner und hatten
+sich des offenen oder geheimen Abfalls schuldig gemacht, um ihre hohen
+Stellen zu erlangen oder zu behalten. Jeder Protestant, der noch einen
+wichtigen Staatsposten bekleidete, bekleidete ihn in bestndiger
+Ungewiheit und Angst. Wir wrden nicht fertig werden, wollten wir
+die untergeordneteren Stellen anfhren, welche von Mitgliedern der
+begnstigten Klasse besetzt waren. In jedem Zweige der Verwaltung
+wimmelte es schon von Katholiken. Sie waren Lordlieutenants,
+stellvertretende Lieutenants, Richter, Friedensrichter, Zollcommissare,
+Gesandte an fremden Hfen, Regimentsobersten und Festungscommandanten.
+Der Antheil, den sie binnen wenigen Monaten von den durch die Krone zu
+besetzenden weltlichen mtern erlangt hatten, war weit ber zehnmal so
+gro, als er unter einem unparteiischen Systeme gewesen sein wrde.
+Dies war indessen noch nicht das Schlimmste. Man hatte sie auch zu
+Beherrschern der anglikanischen Kirche gemacht. Mnner, die den Knig
+versichert hatten, da sie seines Glaubens seien, saen in der Hohen
+Commission und bten die hchste geistliche Gerichtsbarkeit ber alle
+Prlaten und Priester der Landeskirche aus. Kirchliche Pfrnden von
+hohem Ansehen waren theils erklrten, theils verkappten Papisten
+verliehen worden. Und dies Alles war geschehen, whrend die Gesetze
+gegen den Papismus noch in Kraft waren und Jakob noch gegrndete Ursache
+hatte, Achtung vor den Rechten des Gewissens zu heucheln. Was war also
+von ihm zu erwarten, wenn seine Unterthanen einwilligten, ihn durch ein
+Gesetz von jedem Schatten der Beschrnkung vollends zu befreien? Kann
+man wohl daran zweifeln, da Protestanten durch eine streng gesetzmige
+Anwendung der kniglichen Prrogative eben so wirksam von Anstellungen
+ausgeschlossen worden wren, als jemals rmische Katholiken durch eine
+Parlamentsacte ausgeschlossen worden sind?
+
+Wie hartnckig Jakob entschlossen war, den Mitgliedern seiner Kirche
+einen Antheil an den ffentlichen mtern zu gewhren, der zu ihrer Zahl
+und zu ihrer Bedeutung auer allem Verhltni stand, geht aus den
+Instructionen hervor, die er im Exil und im hohen Alter als Leitfaden
+fr seinen Sohn aufzeichnete. Es ist unmglich, diese Ergsse eines
+Mannes, an dem alle Lehren der Erfahrung und des Unglcks spurlos
+vorbergegangen waren, ohne ein Gemisch von Mitleid und Verachtung zu
+lesen. Dem Prtendenten wird anempfohlen, wenn er einmal zur Regierung
+in England gelangen sollte, die mter zu theilen und den Mitgliedern der
+rmischen Kirche einen Antheil zu reserviren, der gro genug fr sie
+gewesen sein wrde, wenn sie die Hlfte, anstatt ein Funfzigstel der
+Nation gebildet htten. Ein Staatssekretr, ein Schatzcommissar, der
+Kriegssekretr, die Mehrheit der Growrdentrger des Hofstaates und die
+Mehrzahl der Offiziere der Armee mten immer Katholiken sein. Dies
+waren Jakob's Ansichten selbst dann noch, als seine thrichte Bigotterie
+ihm eine Strafe zugezogen hatte, ber welche die ganze Welt erschrocken
+war. Kann man also wohl in Zweifel darber sein, wie er gehandelt haben
+wrde, wenn sein Volk, durch den leeren Namen der religisen Freiheit
+geblendet, ihn ohne Zgel htte fortregieren lassen?
+
+Selbst Penn scheint trotz seiner blinden und malosen Begeisterung fr
+die Indulgenzerklrung eingesehen zu haben, da man sich nicht wundern
+durfte, wenn die Parteilichkeit, mit der rmische Katholiken mit
+Ehrenstellen und Einknften berschttet wurden, die Eifersucht der
+Nation erregte. Er gab zu, da die Protestanten im Fall der Aufhebung
+der Testacte Anspruch auf ein quivalent htten, und ging sogar so weit,
+da er verschiedene quivalente vorschlug. Schon seit mehreren Wochen
+war das Wort quivalent, damals erst krzlich aus Frankreich eingefhrt,
+im Munde aller Kaffeehausredner; endlich aber machten einige Seiten
+scharfsinniger Logik und feiner Sarkasmen aus Halifax' Feder diesen
+hohlen Projecten ein Ende. Einer von Penn's Plnen bestand darin, da
+ein Gesetz erlassen werden sollte, welches die von der Krone zu
+verleihenden mter in drei gleiche Theile theilte, von denen nur einer
+den Mitgliedern der katholischen Kirche zufallen sollte. Selbst unter
+einem solchen System wrden die Katholiken noch immer zwanzigmal den
+ihnen eigentlich zustehenden Antheil erhalten haben, und doch kann man
+nicht annehmen, da der Knig selbst in eine solche Anordnung gewilligt
+haben wrde. Htte er aber auch darein gewilligt, welche Garantie konnte
+er bieten, da er auch wirklich an diesem bereinkommen festhielt? Man
+hatte keine Antwort auf das von Halifax aufgestellte Dilemma: wenn
+Gesetze fr Euch bindend sind, so beobachtet das jetzt bestehende
+Gesetz; sind sie nicht bindend fr Euch, so ist es auch nutzlos, uns ein
+Gesetz als Brgschaft zu bieten.[56]
+
+Es ist sonach klar, da es sich gar nicht darum handelte, ob weltliche
+mter allen Religionsparteien ohne Unterschied offen stehen sollten. So
+lange Jakob Knig war, war Ausschlieung unvermeidlich, und es fragte
+sich nur, wer ausgeschlossen werden sollte, ob Papisten oder
+Protestanten, die Wenigen oder die Vielen, hunderttausend Englnder oder
+fnf Millionen.
+
+Dies sind die gewichtigen Grnde, durch welche das Verfahren des Prinzen
+von Oranien gegen die englischen Katholiken mit den Grundstzen der
+Glaubensfreiheit in Einklang gebracht werden kann. Diese Grnde haben,
+wie man bemerken wird, mit keinem Theile der katholischen Theologie
+etwas zu thun. Ebenso wird man einsehen, da sie ihr ganzes Gewicht
+verlieren muten, als die Krone an ein protestantisches Herrscherhaus
+gekommen und die Macht des Unterhauses im Staate ein so entschiedenes
+bergewicht erlangt hatte, da kein Souverain, mochten seine Ansichten
+oder Neigungen sein, welche sie wollten, das Beispiel Jakob's
+nachahmen konnte. Die Nation befand sich indessen nach ihren Schrecken,
+ihren Kmpfen und ihrer mit genauer Noth erlangten Rettung in
+einer mitrauischen und rachschtigen Stimmung. Daher wurden
+Vertheidigungsmittel, welche die Nothwendigkeit gerechtfertigt hatte,
+die aber auch nur die Nothwendigkeit rechtfertigen konnte, noch lange,
+nachdem die Nothwendigkeit nicht mehr vorhanden war, hartnckig
+beibehalten, und erst aufgegeben, nachdem das herrschende Vorurtheil
+einen langjhrigen Kampf gegen die Vernunft bestanden hatte. Zu den
+Zeiten Jakob's aber standen Vernunft und herrschendes Vorurtheil auf der
+nmlichen Seite. Der Fanatiker und Ignorant wollte den Katholiken vom
+Staatsdienste ausschlieen, weil er Kltze und Steine anbetete, weil er
+das Zeichen des Thieres an sich trug, weil er London angezndet und Sir
+Edmondsbury Godfrey erwrgt hatte, und der einsichtsvollste und
+toleranteste Staatsmann wurde, whrend er ber den Irrwahn lchelte, in
+dem das gemeine Volk befangen war, auf einem ganz andren Wege zu dem
+nmlichen Schlusse gefhrt.
+
+Wilhelm's groer Plan war jetzt, die zahlreichen Theile des groen
+Krpers, der ihn als sein gemeinschaftliches Oberhaupt betrachtete, zu
+einem Ganzen zu vereinigen. Bei diesem Werke hatte er mehrere geschickte
+und zuverlssige Mitarbeiter, von denen zwei, Burnet und Dykvelt, ihm
+ganz besonders ntzlich waren.
+
+ [Anmerkung 56: Johnstone, 13. Jan. 1688; +Halifax's Anatomy of an
+ Equivalent+.]
+
+
+[_Jakob's Feindschaft gegen Burnet._] Burnet's Dienste muten allerdings
+mit einiger Vorsicht angewendet werden. Die freundliche Aufnahme, die er
+im Haag gefunden, hatte Jakob heftig aufgebracht, und Marie erhielt von
+ihrem Vater zwei Briefe voll Invectiven gegen den frechen und
+whlerischen Theologen, den sie beschtzte. Diese Beschuldigungen aber
+machten einen so geringen Eindruck auf sie, da sie Antworten darauf
+zurcksandte, welche Burnet selbst dictirt hatte. Im Januar 1687 endlich
+schritt der Knig zu energischeren Maregeln. Skelton, der die englische
+Regierung bei den Vereinigten Provinzen vertreten hatte, wurde nach
+Paris versetzt und erhielt Albeville, das schwchste und gemeinste
+Mitglied der ganzen jesuitischen Cabale, zum Nachfolger. Geld war
+Albeville's einziger Lebenszweck, und er nahm es von Jedem, der es ihm
+anbot. Er wurde zu gleicher Zeit von Frankreich und von Holland bezahlt.
+Er verschmhte sogar den erbrmlichen Anstand, den auch die
+Bestechlichkeit zu beobachten pflegt, und nahm so kleine Geschenke an,
+wie sie eher einem Lasttrger oder einem Bedienten zukommen als einem
+Gesandten, der mit einer englischen Baronie und einem auslndischen
+Marquisate beehrt worden war. Einmal steckte er mit der grten
+Gemthsruhe ein Trinkgeld von fnfzig Pistolen fr einen Dienst ein, den
+er den Generalstaaten geleistet hatte. Dieser Mann war beauftragt, zu
+verlangen, da Burnet im Haag nicht lnger begnstigt werde. Wilhelm,
+der keine Lust hatte, sich von einem so werthvollen Freunde zu trennen,
+antwortete zuerst mit seiner gewohnten Klte: Ich wte nicht, Sir, da
+der Doctor seit seinem Hiersein etwas gethan oder gesagt htte, worber
+Seine Majestt sich mit Grund beklagen knnte. Jakob aber bestand
+entschieden auf seiner Forderung, und da die geeignete Zeit zu einem
+offenen Bruche noch nicht gekommen war, so mute Wilhelm nachgeben. ber
+anderthalb Jahr lang kam Burnet weder mit dem Prinzen, noch mit der
+Prinzessin in persnliche Berhrung; aber er wohnte in ihrer Nhe, wurde
+von Allem, was vorging, genau unterrichtet, sein Rath ward bestndig in
+Anspruch genommen, seine Feder bei jedem wichtigen Anlasse benutzt und
+viele der schrfsten und wirksamsten Aufstze und Flugschriften, welche
+damals in London erschienen, wurden ihm mit Recht zugeschrieben.
+
+Jakob's Wuth entbrannte. Er war von jeher fr zornige Leidenschaften nur
+zu empfnglich gewesen, aber noch keinen seiner Feinde, selbst die
+nicht, welche sich gegen sein Leben verschworen oder es versucht hatten,
+ihm durch Meineid die Schuld des Verraths und des Mordes aufzubrden,
+hatte er mit einer solchen Erbitterung gehat, als er jetzt Burnet
+hate. Seine Majestt schimpfte tglich in hchst unkniglicher Sprache
+auf den Doctor und sann auf ungesetzliche Rache. Selbst Blut gengte
+diesem wthenden Hasse nicht; der unverschmte Theolog mute gefoltert
+werden, ehe er sterben durfte. Zum Glck war er ein Schotte von Geburt,
+und in Schottland konnten seine Beine erst in den spanischen Stiefeln
+zerquetscht werden, bevor er auf dem Grasmarkte gehngt wurde. Zu dem
+Ende wurde in Edinburg der Proze gegen ihn eingeleitet; aber er war in
+Holland naturalisirt, hatte eine vermgende Frau aus dieser Provinz
+geheirathet und es war gewi, da sein Adoptivvaterland ihn nicht
+ausliefern wrde. Man beschlo daher, ihn wegfangen zu lassen. Mit
+groen Summen wurden einige Bsewichter fr diesen gefhrlichen und
+schndlichen Dienst gedungen; im Staatssekretariat wurde zu diesem
+Zwecke eine Anweisung auf dreitausend Pfund Sterling ausgestellt. Ludwig
+wurde von dem Plane unterrichtet und interessirte sich auerordentlich
+dafr; er sicherte seinen krftigen Beistand zu, damit der Schurke nach
+England gebracht werde, und versprach, da die Werkzeuge der Rache
+Jakob's in Frankreich eine Freisttte finden sollten. Burnet kannte die
+ihm drohende Gefahr wohl, aber Furcht gehrte nicht zu seinen Fehlern.
+Er verffentlichte eine beherzte Antwort auf die in Edinburg gegen ihn
+erhobenen Anschuldigungen. Er wisse, sagte er, da man ihn ohne Proze
+hinzurichten gedenke, aber er vertraue auf den Knig aller Knige, zu
+dem unschuldiges Blut selbst gegen die mchtigsten Frsten der Erde
+nicht vergebens schreien werde. Er gab einigen Freunden ein
+Abschiedsmahl, und nach demselben nahm er als ein Mann, der dem Tode
+verfallen sei und mit dem sie ohne Gefahr nicht mehr umgehen knnten,
+feierlich Abschied von ihnen. Dessenungeachtet zeigte er sich nach wie
+vor so furchtlos auf allen ffentlichen Pltzen im Haag, da seine
+Freunde ihm wegen seiner Tollkhnheit bittere Vorwrfe machten.[57]
+
+ [Anmerkung 57: +Burnet I. 726--731+; +Answer to the Criminal
+ Letters issued out against Dr. Burnet+; +Avaux Neg., July 7.(17.),
+ 14.(24.) July 28. (Aug. 7.) 1687, Jan. 19.(29.) 1688+; Ludwig an
+ Barillon, 30. Dec. 1687 (9. Jan. 1688); Johnstone an Waristoun,
+ 21. Febr. 1688; Lady Russel an +Dr.+ Fitzwilliam, 5. Oct. 1687.
+ Da man vermuthet hat, da Burnet, der seine persnliche
+ Wichtigkeit nicht zu unterschtzen pflegte, die ihm drohende
+ Gefahr bertrieben habe, so will ich hier die Worte Ludwig's und
+ Johnstone's anfhren: +Qui que ce soit+, sagt Ludwig, +qui
+ entreprenne de l'enlever en Hollande trouvera non seulement une
+ retraite assure et une entire protection dans mes tats, mais
+ aussi toute l'assistance qu'il pourra dsirer pour faire conduire
+ surement ce sclrat en Angleterre.+ -- Mit Bamfield (Burnet)
+ ist es ganz bestimmt so, sagt Johnstone. Niemand zweifelt hier
+ daran, und Einige, die dabei betheiligt sind, leugnen es nicht.
+ Seine Freunde sagen, sie htten gehrt, da er nicht vorsichtig
+ sei, sondern aus Eitelkeit, um seinen Muth zu zeigen, mit
+ thrichter Verwegenheit handle, so da Jedermann ihn auslachen
+ werde, wenn ihm ein Unglck zustoen sollte. Ich bitte ihm dies
+ von Seiten Jones' (Johnstone) zu sagen. Wenn Einige abgefat
+ werden knnten, whrend sie ihren +coup d'essai+ auf ihn machen,
+ so wre das sehr gut, weil sie dadurch abgeschreckt wrden, etwas
+ gegen Ogle (den Prinzen) zu unternehmen.]
+
+
+[_Sendung Dykvelt's nach England._] Whrend Burnet Wilhelm's Sekretr
+fr die englischen Angelegenheiten in Holland war, wurde Dykvelt mit
+nicht geringerem Nutzen in London verwendet. Dykvelt war einer von den
+ausgezeichneten Staatsmnnern, welche in der edlen Schule des Johann de
+Witt ihre politische Bildung erhalten hatten und nach dem Falle dieses
+groen Ministers ihre Pflichten gegen die Republik dadurch am besten zu
+erfllen glaubten, da sie sich um den Prinzen von Oranien schaarten.
+Keiner von den Diplomaten im Dienste der Vereinigten Provinzen stand in
+Bezug auf Gewandtheit, Character und Manieren ber Dykvelt, und ebenso
+scheint keiner ihm in der Kenntni der englischen Verhltnisse
+gleichgekommen zu sein. Es fand sich ein Vorwand, um ihn zu Anfang des
+Jahres 1687 mit Beglaubigungsschreiben von den Generalstaaten in einer
+besonderen Mission nach England zu senden. Eigentlich aber galt seine
+Sendung nicht der Regierung, sondern der Opposition, und er handelte
+nach Privatinstructionen, welche von Burnet entworfen und von Wilhelm
+genehmigt waren.[58]
+
+ [Anmerkung 58: +Burnet, I. 708+; +Avaux Neg., Jan. 3.(13.), Feb.
+ 6.(16.) 1687+; +Van Kampen, Karakterkunde der Vaderlandsche
+ Geschiedenis.+]
+
+
+[_Unterhandlungen Dykvelt's mit englischen Staatsmnnern._] Dykvelt
+berichtete, da Jakob sich durch das Benehmen des Prinzen und der
+Prinzessin tief gekrnkt fhle. Die Pflicht meines Neffen ist, meine
+Hand zu strken, sagte der Knig, aber es hat ihm von jeher Vergngen
+gemacht, wenn er mir hat hinderlich sein knnen. Dykvelt antwortete, in
+Privatangelegenheiten habe Seine Hoheit stets die Wnsche des Knigs
+bercksichtigt und werde dies auch in Zukunft jederzeit thun, aber es
+sei doch kaum recht und billig, die Untersttzung eines protestantischen
+Frsten gegen die protestantische Kirche zu erwarten.[59] Der Knig war
+zum Schweigen gebracht, aber nicht besnftigt. Mit einem Verdrusse, den
+er nicht verhehlen konnte, sah er, da Dykvelt alle die verschiedenen
+Abteilungen der Opposition mit einer Geschicklichkeit musterte und
+einschulte, welche dem gewandtesten englischen Staatsmanne zur Ehre
+gereicht haben wrde und die bei einem Auslnder bewundernswrdig war.
+Der Geistlichkeit wurde gesagt, da sie in dem Prinzen einen Freund des
+Episcopats und der Liturgie finden werde. Den Nonconformisten wurde
+Hoffnung gemacht, da sie von ihm nicht nur Duldung, sondern sogar
+Gleichstellung zu erwarten htten. Selbst die rmischen Katholiken
+wurden vershnt und einige der Angesehensten unter ihnen sagten dem
+Knige ins Gesicht, da sie mit dem, was Dykvelt ihnen biete, zufrieden
+seien und da sie eine durch das Gesetz verbrgte Duldung einem
+gesetzwidrigen und unsicheren bergewichte vorzgen.[60]
+
+ [Anmerkung 59: +Burnet I. 711+. Dykvelt's Depeschen an die
+ Generalstaaten enthalten, so weit ich es habe ersehen oder
+ erfahren knnen, kein Wort ber den wirklichen Zweck seiner
+ Sendung. Seine Correspondenz mit dem Prinzen von Oranien war
+ streng privater Natur.]
+
+ [Anmerkung 60: Bonrepaux, 12.(22.) Sept. 1687.]
+
+
+[_Danby._] Die Oberhupter aller wichtigen Parteien der Nation hielten
+hufige Besprechungen in Gegenwart des geschickten Gesandten. Die
+Ansicht der Torypartei war bei diesen Zusammenknften hauptschlich
+durch die Earls von Danby und von Nottingham vertreten. Obgleich seit
+Danby's Sturze bereits ber acht Jahre vergangen waren, so stand sein
+Name doch bei den alten Kavalieren Englands noch in hohem Ansehen, und
+selbst viele von denjenigen Whigs, die ihn frher verfolgt hatten, gaben
+jetzt bereitwillig zu, da er fr die Snden Anderer habe ben mssen
+und da sein Eifer fr die Hoheitsrechte ihn zwar oft irre geleitet
+habe, aber bei alledem durch zwei ehrenwerthe Gefhle gemildert worden
+sei: durch Eifer fr die Staatsreligion und durch Eifer fr die Wrde
+und Unabhngigkeit seines Vaterlandes. Auch im Haag wurde er hoch
+geschtzt, denn man verga es ihm dort nie, da er es gewesen war, der
+Karl trotz des Einflusses Frankreichs und der Papisten bewogen hatte,
+die Hand der Prinzessin Marie ihrem Vetter zu geben.
+
+
+[_Nottingham._] Daniel Finch, Earl von Nottingham, ein Edelmann, dessen
+Name in der Geschichte dreier ereignivoller Regierungen hufig genannt
+werden wird, stammte aus einer Familie von unvergleichlicher
+juristischer Auszeichnung. Einer seiner Verwandten hatte das Siegel
+Karl'sI. gefhrt, hatte seine eminenten Talente und Kenntnisse zu
+schlechten Zwecken gemibraucht und war von der Rache der Gemeinen
+Englands, mit Falkland an der Spitze, verfolgt worden. Einen
+ehrenvolleren Ruf erlangte unter der folgenden Generation Heneage
+Finche. Er war unmittelbar nach der Restauration zum Staatsprokurator
+ernannt worden und war nacheinander zum Lordsiegelbewahrer, zum
+Lordkanzler, zum Baron Finch und Earl von Nottingham emporgestiegen.
+Whrend dieser ganzen glnzenden Laufbahn hatte er die Hoheitsrechte
+stets so hoch gehalten, als er es mit Ehren und Anstand konnte; nie aber
+war er bei irgend einer Machination gegen die Grundgesetze des Reichs
+betheiligt gewesen. Inmitten eines verderbten Hofes hatte er seine
+persnliche Rechtschaffenheit unbefleckt zu erhalten gewut. Auch als
+Redner geno er eines hohen Rufes, obwohl seine nach Mustern aus der
+Zeit vor dem Brgerkriege gebildete Diction gegen das Ende seines Lebens
+von den Schngeistern der heranwachsenden Generation steif und
+pedantisch genannt wurde. In Westminsterhall wird er noch immer mit
+Achtung als der Mann erwhnt, welcher aus dem Chaos, dem man in alter
+Zeit den Namen der Billigkeit gab, zuerst ein neues juristisches System
+bildete, das ebenso geregelt und vollstndig ist wie das nach welchem
+die Richter des gemeinen Rechts verfahren.[61] Ein wesentlicher Theil
+der sittlichen und geistigen Eigenschaften dieses groen Staatsmannes
+ging mit dem Titel Nottingham auf seinen ltesten Sohn ber. Dieser
+Sohn, der Earl Daniel, war ein rechtschaffener und tugendhafter Mann.
+Obwohl er in einigen abgeschmackten Vorurtheilen befangen und
+sonderbaren Anfllen von Launenhaftigkeit unterworfen war, kann man ihn
+doch nicht beschuldigen, da er um unredlichen Gewinns oder strafbaren
+Genusses willen vom Pfade des Rechts abgewichen wre. Er war, wie sein
+Vater, ein ausgezeichneter Redner und sprach eindringlich, aber
+weitschweifig und mit zu monotoner Gemessenheit. Seine Persnlichkeit
+entsprach ganz seiner Rede. Seine Haltung war steif, seine Gesichtsfarbe
+so dunkel, da man ihn fr den Eingebornen eines wrmeren Himmelstrichs
+htte halten knnen, und seine scharf markirten Gesichtszge hatten
+einen Ausdruck, welcher dem des Hauptleidtragenden bei einem Begrbnisse
+glich. Man pflegte von ihm zu sagen, da er eher wie ein spanischer
+Grande als wie ein englischer Gentleman ausshe. Spottvgel gaben ihm
+die Spitznamen Dismal (Trbselig), Don Dismallo und Don Diego, welche
+noch heute nicht vergessen sind. Er hatte auf das Studium der
+Wissenschaft, durch die seine Familie sich so hoch emporgeschwungen,
+groen Flei verwendet und war fr einen vornehm und reich gebornen Mann
+in den Gesetzen seines Vaterlandes erstaunlich bewandert. Er war ein
+treuer Sohn der Hochkirche und bewies seine Achtung vor derselben auf
+zwei Wegen, welche bei den Lords, die sich zu seiner Zeit als ihre
+besonderen Freunde gerirten, nicht gewhnlich war, nmlich dadurch, da
+er Schriften zur Vertheidigung ihrer Glaubensstze herausgab und da er
+sich in seinem Privatleben nach ihren Gebeten richtete. Wie viele andre
+eifrige Anglikaner hatte er bis vor Kurzem die monarchische
+Regierungsform krftig untersttzt. Die Politik aber, welche seit der
+Unterdrckung des Aufstandes im Westen befolgt wurde, emprte ihn auf
+das heftigste, und zwar deshalb nicht weniger, weil sein jngerer Bruder
+Heneage in Folge seiner Weigerung, die Dispensationsgewalt des Knigs zu
+vertheidigen, seines Amtes als Generalprokurator entsetzt worden
+war.[62]
+
+ [Anmerkung 61: Siehe seine Biographie von Lord Campbell.]
+
+ [Anmerkung 62: Johnstone's Correspondenz; +Mackay's Memoirs+;
+ +Arbuthnot's John Bull+; Swift's Schriften von 1710 bis 1714 an
+ mehreren Stellen; Whiston's Brief an den Earl von Nottingham und
+ des Letzteren Antwort darauf.]
+
+
+[_Halifax._] Mit diesen beiden groen toryistischen Earls war jetzt
+Halifax, das ausgezeichnete Oberhaupt der Trimmers, verbunden. Auf
+Nottingham's Gesinnungen scheint Halifax damals in der That einen
+entschiedenen Einflu ausgebt zu haben. Zwischen Halifax und Danby
+bestand eine Feindschaft, welche am Hofe Karl's begonnen hatte und
+nachher auch den Hof Wilhelm's beunruhigte, whrend der Tyrannei Jakob's
+aber wie viele andere Feindschaften ruhte. Die beiden Gegner trafen
+hufig in den von Dykvelt veranstalteten Conferenzen zusammen und
+stimmten in dem Ausdrucke des Mifallens an der Politik der Regierung
+und der Verehrung fr den Prinzen von Oranien berein. In ihrem Verkehr
+mit den hollndischen Gesandten trat die Characterverschiedenheit der
+beiden Staatsmnner stark hervor. Halifax zeigte ein bewundernswrdiges
+Talent fr Auseinandersetzungen, scheute sich aber vor khnen und
+unwiderruflichen Entschlssen. Danby war minder fein und beredt, besa
+aber mehr Energie, Entschlossenheit und praktischen Scharfblick.
+
+
+[_Devonshire._] Mehrere ausgezeichnete Whigs waren mit Dykvelt in
+fortwhrender Verbindung; aber die Oberhupter der groen Huser
+Cavendish und Russel konnten keinen so thtigen und vorwiegenden
+Antheil an den Unterhandlungen nehmen, als man nach ihrer Stellung und
+ihren Ansichten htte erwarten drfen. Der Ruhm und das Glck
+Devonshire's wurden im Augenblicke durch eine Wolke verdunkelt. Er hatte
+einen beklagenswerthen Streit mit dem Hofe, der nicht aus einer
+ffentlichen und ehrenvollen Angelegenheit, sondern aus einem
+Privatzwist entsprungen war, in welchem selbst seine wrmsten Freunde
+ihn nicht von aller Schuld freisprechen konnten. Als er einmal nach
+Whitehall kam, um seine Aufwartung zu machen, war er von einem gewissen
+Colepepper insultirt worden, einem jener Raufbolde, welche die
+Umgebungen des Hofes unsicher machten und die sich durch Beleidigung von
+Mitgliedern der Opposition bei der Regierung in Gunst zu setzen suchten.
+Der Knig selbst uerte seine Entrstung ber die einem seiner
+ausgezeichneten Peers unter dem kniglichen Dache widerfahrene
+Behandlung und Devonshire wurde durch die Versicherung besnftigt, da
+der Beleidiger den Palast nie wieder betreten solle. Dieses Verbot wurde
+jedoch bald wieder aufgehoben und der Groll des Earls erwachte von
+neuem. Seine Diener nahmen sich der Sache an und die Straen von
+Westminster wurden durch Hndel beunruhigt, die in ein roheres Zeitalter
+gehrten. Die Zeit des Geheimen Raths ward durch Anklagen und
+Gegenanklagen der streitenden Parteien in Anspruch genommen.
+Colepepper's Frau erklrte: sie und ihr Gatte seien ihres Leben nicht
+sicher und ihr Haus sei bestndig von Banditen in der Livree der
+Cavendish belagert; Devonshire erwiederte, es sei aus Colepepper's
+Fenstern auf ihn geschossen worden. Dies wurde heftig geleugnet. Es
+wurde zwar eingerumt, da ein blind geladenes Pistol abgefeuert worden
+sei, aber dies sei nur in einem Augenblicke des Schreckens geschehen, um
+die Wache zu alarmiren. Wahrend diese Fehde ihren Hhepunkt erreicht
+hatte, traf der Earl im Empfangzimmer zu Whitehall mit Colepepper
+zusammen und er glaubte in den Mienen des Raufboldes triumphirenden
+bermuth zu erkennen. Vor den Augen des Knigs geschah nichts
+Unziemliches; sobald aber die beiden Gegner das Audienzzimmer verlassen
+hatten, machte Devonshire den Vorschlag, den Streit auf der Stelle mit
+dem Degen zu entscheiden. Die Herausforderung wurde zurckgewiesen. Da
+verga der stolze Peer die Achtung, die er dem Orte an dem er sich
+befand, und seiner eignen Wrde schuldig war, und schlug Colepepper mit
+einem Stocke ins Gesicht. Diese Handlung wurde allgemein als bereilt
+und unschicklich getadelt und Devonshire selbst konnte, nachdem sein
+Blut sich abgekhlt hatte, nicht ohne Verdru und Beschmung daran
+denken. Die Regierung aber verfuhr mit gewohntem Unverstande so streng
+gegen ihn, da das Publikum bald ganz auf seine Seite trat. Es wurde
+eine Criminalanklage bei der Kings Bench anhngig gemacht. Der
+Angeklagte berief sich auf seine Vorrechte als Peer des Knigsreichs;
+dieser Punkt aber wurde sogleich zu seinem Nachtheile entschieden, und
+es lt sich auch nicht leugnen, da diese Entscheidung, mochte sie den
+technischen Regeln der englischen Gesetzgebung entsprechen oder nicht,
+in vollkommenem Einklange mit den groen Prinzipien stand, welche die
+Grundlage jeder Gesetzgebung sein sollen. Es blieb ihm somit nichts
+brig, als sich dem Erkenntnisse zu unterwerfen. Der Gerichtshof war
+durch eine Reihe von Entlassungen zu so vollstndigem Gehorsam gebracht
+worden, da die Regierung, welche die Untersuchung eingeleitet hatte,
+die Strafe selbst vorschreiben konnte. Die Richter machten Jeffreys +in
+pleno+ ihre Aufwartung und dieser bestand auf der Zuerkennung einer
+Geldbue von dreiigtausend Pfund. Dreiigtausend Pfund waren im
+Verhltni zu den damaligen Einknften der englischen Groen ungefhr
+soviel als hundertfunfzigtausend im neunzehnten Jahrhundert. In
+Anwesenheit des Kanzlers wurde kein Wort der Mibilligung geuert; als
+aber die Richter sich entfernt hatten, bemerkte Sir Johann Powell, in
+welchem sich das wenige Rechtsgefhl des ganzen Collegiums concentrirte,
+da die beantragte Strafsumme bermig hoch und ein Zehntel derselben
+vollauf genug sei. Seine Collegen waren nicht dieser Meinung und er
+zeigte in diesem Falle nicht den Muth, durch den er einige Monate spter
+an einem denkwrdigen Tage seinen Ruf glnzend wiederherstellte. Der
+Earl wurde demnach in eine Geldbue von dreiigtausend Pfund und bis zur
+Bezahlung dieses Betrags zu persnlicher Haft verurtheilt. Eine solche
+Summe konnte damals auch der reichste Edelmann nicht in einem Tage
+aufbringen. Indessen war das Hafturtel leichter gesprochen, als
+vollzogen. Devonshire hatte sich nach Chatsworth zurckgezogen, wo er
+eben damit beschftigt war, das alte gothische Stammschlo seiner
+Familie in ein Gebude umzuwandeln, das Palladio's wrdig war. Der Peak
+war damals ein fast ebenso unwirthbarer Bezirk als gegenwrtig
+Connemara, und der Sheriff erkannte oder behauptete wenigstens, da es
+schwer sein drfte, den Lord in einer so wilden Gegend und inmitten treu
+ergebener Diener und Pchter zu verhaften. Darber vergingen einige
+Tage, endlich aber wurde nicht nur der Earl, sondern auch der Sheriff
+zur Haft gebracht. Inzwischen verwendeten sich eine Menge Frsprecher
+mit ihrem ganzen Einflusse. Es hie die verwittwete Grfin von
+Devonshire habe eine Privataudienz beim Knige erlangt, sie habe ihn
+daran erinnert, da ihr Schwager, der tapfere Karl Cavendish, im Kampfe
+fr die Krone bei Gainsborough gefallen sei, und ihm schriftliche
+Empfangsbescheinigungen von KarlI. und KarlII. ber bedeutende Summen
+vorgelegt, die ihr Gemahl whrend der brgerlichen Unruhen beiden
+Monarchen geliehen hatte. Diese Darlehen waren nie zurck gezahlt worden
+und sollten angeblich mehr betragen als die ungeheure Geldstrafe, welche
+die Kings Bench ber den Earl verhngt hatte. Dazu kam noch ein andrer
+Punkt, der beim Knige noch mehr Gewicht gehabt zu haben scheint als die
+Erinnerung an frher geleistete Dienste. Es konnte nothwendig werden ein
+Parlament einzuberufen, und man glaubte, da Devonshire in diesem Falle
+sofort eine Cassationsklage einreichen werde. Der Punkt, auf den er
+seine Appellation gegen das Erkenntni der Kings Bench zu sttzen
+gedachte, waren seine Privilegien als Peer, und das Tribunal, vor das
+die Appellation kommen mute, war das Haus der Peers. In einem solchen
+Falle konnte der Hof nicht einmal auf die Untersttzung der ihm
+ergebensten Adeligen mit Gewiheit rechnen. Es stand kaum zu bezweifeln,
+da das Urtel cassirt werde, und da die Regierung dadurch, da sie zu
+viel haben wollte, Alles verlieren wrde. Jakob war daher zu einem
+Vergleiche geneigt. Es wurde dem Earl angekndigt, da, wenn er eine
+Schuldverschreibung ber die ganze Summe geben und sich des mglichen
+Vortheils einer Cassationsklage begeben wolle, er in Freiheit gesetzt
+werden solle. Ob er zur Bezahlung der Summe angehalten werden wrde oder
+nicht, sollte von seinem ferneren Benehmen abhngen. Wenn er das
+Dispensationsrecht untersttzte, solle er nicht dafr in Anspruch
+genommen werden; trachte er aber nach Popularitt, so msse er die
+dreiigtausend Pfund bezahlen. Er weigerte sich eine Zeit lang, auf
+diese Bedingungen einzugehen; aber die Haft war ihm unertrglich. Er
+stellte die Verschreibung aus und wurde aus den Gefngnis entlassen;
+aber obgleich er sich dazu verstand seinem Vermgen diese drckende
+Schuldlast aufzubrden, konnte ihn doch nichts zu dem Versprechen
+bestimmen, da er seinen Grundstzen und seiner Partei untreu werden
+wolle. Er wurde nach wie vor in alle Geheimnisse der Opposition
+eingeweiht, aber einige Monate lang hielten seine politischen Freunde es
+um seiner selbst wie um ihrer Sache willen fr gerathen, da er im
+Hintergrunde blieb.[63]
+
+ [Anmerkung 63: Kennet's Grabrede auf den Herzog von Devonshire und
+ Memoiren der Familie Cavendish; +Collection of State Trials+;
+ +Privy Council Book, March 5. 1685/6+; Barillon, 30. Juni (10.
+ Juli) 1687.; Johnstone, 8.(18.) Dec. 1687.; +Lords' Journals May
+ 6. 1689+. +Ses amis et ses proches,+ sagt Barillon, +lui
+ conseillent de prendre le bon parti, mais il persiste jusqu'
+ prsent ne se point soumettre. S'il vouloit se bien conduire et
+ renoncer tre populaire, il ne payeroit pas l'amende, mais s'il
+ opinitre, il lui en coutera trente mille pices, et il demeurera
+ prisonnier jusqu' l'actuel payement.+]
+
+
+[_Eduard Russell._] Der Earl von Bedford hatte sich von dem harten
+Schlage, der ihm vor vier Jahren fast das Herz gebrochen, nie wieder
+erholen knnen. Seine persnlichen wie auch seine ffentlichen Gefhle
+machten ihn zum Gegner des Hofes; aber an der Verabredung von Maregeln
+gegen denselben nahm er keinen thtigen Antheil. Seine Stelle in den
+Versammlungen der Mivergngten vertrat sein Neffe. Dies war der
+berhmte Eduard Russell, ein Mann von unbezweifeltem Muth und Talent,
+aber von lockeren Grundstzen und ruhelosem Geiste. Er war Seemann,
+hatte sich in seinem Berufe ausgezeichnet und hatte unter der vorigen
+Regierung ein Hofamt bekleidet; aber durch den Tod seines Vetters
+Wilhelm Russell waren alle Bande, die ihn an den Hof ketteten, zerrissen
+worden. Der verwegene, unruhige und racheschnaubende Seemann sa jetzt
+in den von dem hollndischen Gesandten berufenen Versammlungen als
+Vertreter des khnsten und heftigsten Theiles der Opposition, der
+Mnner, welche unter den Namen Rundkpfe, Exclusionisten und Whigs einen
+fnfundvierzigjhrigen Kampf gegen drei aufeinanderfolgende Knige mit
+wechselndem Glck unterhalten hatten. Diese Partei, welche vor Kurzem
+niedergeworfen und fast vernichtet gewesen war, sich jetzt aber mit
+voller Lebenskraft rasch zu Ansehen und Einflu erhob, wurde durch keine
+von den Bedenklichkeiten behindert, welche die Bewegungen der Tories und
+der Trimmers noch immer hemmten, und war bereit, das Schwert gegen den
+Tyrannen zu ziehen, sobald es mit gegrndeter Aussicht auf den Sieg
+gezogen werden konnte.
+
+
+[_Compton. -- Herbert. -- Churchill._] Drei Mnner sind noch zu
+erwhnen, mit denen Dykvelt in vertrauter Verbindung stand und mit deren
+Hlfe er sich die Mitwirkung von drei groen Stnden zu sichern hoffte.
+Bischof Compton war der Agent, der die Geistlichkeit zu bearbeiten
+hatte, Admiral Herbert bernahm es, seinen ganzen Einflu bei der Flotte
+zu verwenden und durch Churchill suchte man die Armee zu gewinnen.
+
+Das Benehmen Compton's und Herbert's bedarf keiner Erklrung. Nachdem
+sie der Krone in allen weltlichen Dingen mit Treue und Eifer gedient,
+hatten sie sich durch ihre Weigerung, als Werkzeuge der Zerstrung ihrer
+eignen Religion zu dienen, das Mifallen des Knigs zugezogen. Beiden
+hatte die Erfahrung gelehrt, wie bald Jakob eingegangene Verpflichtungen
+verga und mit welchem bitteren Groll er sich dessen erinnerte, was er
+als Beleidigung anzusehen fr gut fand. Der Bischof war durch einen
+ungesetzlichen Richterspruch seiner bischflichen Functionen enthoben,
+der Admiral in einer Stunde aus Reichthum in Armuth gestrzt worden.
+Ganz anders war die Lage Churchill's. Er war durch knigliche Gunst aus
+der Dunkelheit zu hohem Ansehen, aus der Drftigkeit zum Reichthum
+erhoben worden. Als armer Fhndrich hatte er seine Laufbahn begonnen und
+jetzt war er, in seinem siebenunddreiigsten Jahre, Generalmajor, Peer
+von Schottland und Peer von England, befehligte eine Abtheilung der
+Leibgarde, bekleidete mehrere ehrenvolle und eintrgliche Stellen und
+bis jetzt verrieth noch nichts, da er den geringsten Theil von der
+Gunst verloren hatte, der er so viel verdankte. Er war nicht nur durch
+die allgemeine Pflicht der Unterthanentreue, sondern auch durch
+militairische Ehren, durch persnliche Dankbarkeit und, wie es
+oberflchlichen Beobachtern schien, durch die strksten Bande des
+Interesses an Jakob gebunden. Aber Churchill selbst war kein
+oberflchlicher Beobachter, er wute genau, worin sein wirkliches
+Interesse bestand. Er war berzeugt, da, wenn sein Gebieter einmal
+volle Freiheit erhielt Papisten anzustellen, er nicht einen einzigen
+Protestanten mehr anstellen wrde. Eine Zeit lang wurden vielleicht
+einige hochbegnstigte Diener der Krone noch von der allgemeinen
+Proscription ausgenommen, in der Hoffnung, da sie sich dadurch
+bestimmen lieen, ihren Glauben zu wechseln, aber selbst diese muten
+nach einer kurzen Frist Einer nach dem Andren fallen, wie Rochester
+schon gefallen war. Churchill konnte sich allerdings durch bertritt zur
+katholischen Kirche gegen diese Gefahr sicher stellen und noch hher in
+der kniglichen Gunst steigen; auch htte man glauben knnen, da ein
+Mann, der sich eben so sehr durch Habsucht und Characterlosigkeit, wie
+durch Talent und Tapferkeit auszeichnete, schwerlich an dem Gedanken,
+eine Messe anhren zu mssen, Ansto nehmen wrde. Aber die menschliche
+Natur ist so reich an Widersprchen, da selbst abgestumpfte Gewissen
+eine empfindliche Stelle haben. So hatte dieser Mann, der seine
+Erhebung der Schande seiner Schwester verdankte, der von der
+verschwenderischesten, herrschschtigsten und schamlosesten Buhlerin
+unterhalten worden war und dessen ffentliches Leben Jedem, der mit
+unbefangenem Blicke den schimmernden Glanz des Genies und des Ruhms zu
+durchdringen vermag, als ein Abgrund von Schndlichkeit erscheinen mu,
+einen blinden Glauben an die Religion, die ihm als Kind eingelernt
+worden war, und schauderte bei dem Gedanken, sie frmlich abzuschwren.
+Es stand ihm eine furchtbare Alternative bevor. Das irdische bel, das
+er am meisten frchtete, war die Armuth, das einzige Verbrechen, vor dem
+sein Herz zurckbebte, war der Glaubensabfall, und wenn die Plne des
+Hofes gelangen, konnte er nicht zweifeln, da er bald zwischen Armuth
+und Abfall whlen mute. Daher entschlo er sich, diese Plne zu
+durchkreuzen, und es zeigte sich bald, da er bereit war, jede Schuld
+und jede Schmach auf sich zu laden, wenn er nur der Nothwendigkeit
+entging, entweder seine Stellen oder seine Religion aufgeben zu
+mssen.[64]
+
+ [Anmerkung 64: Der Beweggrund, welcher das Verfahren der Churchill
+ bestimmte, ist kurz und bndig in +The Duchess of Marlborough's
+ Vindication+ dargelegt. Jedermann erkannte deutlich, sagt sie,
+ da bei dem Systeme, das Knig Jakob angenommen hatte, Jeder der
+ nicht Katholik werden wollte, frher oder spter zu Grunde gehen
+ mute. Diese berzeugung lie mich das Unternehmen des Prinzen von
+ Oranien, uns aus solcher Knechtschaft zu erlsen, mit Wohlgefallen
+ betrachten.]
+
+
+[_Lady Churchill und die Prinzessin Anna._] Nicht blo als
+militairischer Befehlshaber von hohem Range und ausgezeichnetem Geschick
+und Muth konnte Churchill der Opposition Dienste leisten. Es war fr das
+Gelingen der Plne Wilhelm's wenn nicht absolut nothwendig, doch hchst
+wichtig, da seine Schwgerin, welche nach der englischen
+Thronfolgeordnung zwischen ihm und seiner Gemahlin stand, in
+vollkommener bereinstimmung mit ihm handelte. Alle ihm
+entgegenstehenden Schwierigkeiten wrden bedeutend vergrert worden
+sein, wenn Anna sich gnstig fr die Indulgenz ausgesprochen htte. Auf
+welche Seite sie treten wrde, hing von dem Willen Anderer ab, denn ihr
+Verstand war trge, und obgleich in ihrem Character ein erblicher
+Eigenwille und Starrsinn verborgen lag, welche viele Jahre spter durch
+groe Macht und heftige Provocationen zum Vorschein gebracht wurden, so
+war sie doch zur Zeit die willige Sklavin einer Frau von viel
+lebhafterem und herrschschtigerem Character als der ihrige war. Diese
+Frau, welche sie vllig beherrschte, war Churchill's Gattin, ein Weib,
+die nachmals auf die Geschicke England's und Europa's einen groen
+Einflu ausbte.
+
+Der Name dieser berhmten Gnstlingin war Sara Jennings. Ihre ltere
+Schwester Franziska hatte sich durch Schnheit und Leichtfertigkeit
+selbst unter der Masse von schnen Gesichtern und leichtfertigen
+Characteren ausgezeichnet, welche Whitehall whrend des wilden Carnevals
+der Restauration zierten und schndeten. Einmal verkleidete sie sich
+als Apfelsinenmdchen und rief in den Straen ihre Frchte aus.[65]
+Gesetzte Leute meinten, da ein Mdchen von so wenig Takt- und
+Schicklichkeitsgefhl nicht leicht einen Gatten finden werde. Sie war
+indessen zweimal verheirathet und jetzt die Gattin Tyrconnel's. Sara
+war nicht so regelmig schn als ihre Schwester, aber vielleicht noch
+anziehender. Ihr Gesicht war ausdrucksvoll, ihre Gestalt entbehrte
+keines weiblichen Reizes, und die Flle ihrer schnen Haare, welche noch
+nicht nach der barbarischen Mode, deren Einfhrung sie noch erlebte,
+durch Puder verunziert waren, erfllten ihre zahlreichen Bewunderer mit
+Entzcken. Von den Freiern, die sich um ihre Hand bewarben, erhielt der
+junge, schne, liebenswrdige, einschmeichelnde, beredte und tapfere
+Oberst Churchill den Vorzug. Er mute sie wirklich lieben, denn auer
+der Leibrente, die er sich fr den von der Herzogin von Cleveland
+erhaltenen schmachvollen Lohn gekauft hatte, besa er wenig Vermgen,
+war unersttlich in seiner Gier nach Schtzen, Sara war arm, und es war
+ihm ein einfaches Mdchen mit einem groen Vermgen angetragen worden.
+Nach einem kurzen Kampfe trug die Liebe den Sieg ber die Habsucht
+davon, die Ehe verstrkte nur noch seine Leidenschaft, und Sara geno
+bis zum letzten Augenblicke seines Lebens das Vergngen und die
+Auszeichnung, das einzige menschliche Wesen zu sein, das im Stande war,
+diesen weitsehenden und sicheren Blick auf sich zu fesseln, das von
+diesem kalten Herzen hei geliebt und von diesem unerschrockenen Geiste
+knechtisch gefrchtet wurde.
+
+Im weltlichen Sinne ward Churchill's treue Liebe reich belohnt. Bei
+aller Drftigkeit brachte seine Braut ihm doch ein Heirathsgut zu, das
+klug verwendet ihn endlich zum englischen Herzog, zum deutschen
+Reichsfrsten, zum Oberfeldherrn einer groen Coalition, zum
+Schiedsrichter zwischen mchtigen Frsten und was in seinen Augen noch
+viel mehr werth war, zum reichsten Privatmann von ganz Europa machte.
+Sie war von frher Kindheit an mit der Prinzessin Anna aufgewachsen und
+es hatte sich eine innige Freundschaft zwischen den beiden Mdchen
+gebildet. Im Character glichen sie einander nur wenig. Anna war
+phlegmatisch und schweigsam. Gegen Diejenigen, die sie liebte, war sie
+sanft; ihr Zorn uerte sich nur durch ein mrrisches Schmollen. Sie
+hatte einen starken religisen Sinn und war den Gebruchen und der
+Verfassung der anglikanischen Kirche mit wahrer Bigotterie zugethan.
+Sara war lebhaft und redselig, dominirte selbst Diejenigen, die sie am
+meisten liebte, und wenn sie gekrnkt wurde, uerte sich ihre Wuth
+durch Thrnen und heftige Vorwrfe. Auf Frmmigkeit machte sie keinen
+Anspruch, ja sie entging sogar kaum der Beschuldigung der
+Irreligiositt. Sie war jetzt noch nicht das was sie spter wurde,
+nachdem das Glck _eine_ Klasse von Fehlern, das Unglck eine andre
+vollkommen entwickelt, als Siege und Huldigungen ihr den Kopf verrckt
+und Migeschick und Krnkungen ihren Character verbittert hatten. Sie
+wurde in ihren spteren Lebensjahren das verchtlichste und
+erbrmlichste Geschpf: ein altes Weib, die in bestndigem Hader lebte
+mit ihrem ganzen Geschlecht, mit ihren eigenen Kindern und Enkeln, zwar
+vornehm und reich, aber Vornehmheit und Reichthum hauptschlich nur
+deshalb schtzend, weil dieselben sie in den Stand setzten, der
+ffentlichen Meinung Hohn zu sprechen und rckhaltlos ihrem Hasse gegen
+Lebende und Todte zu frhnen. Unter der Regierung Jakob'sII. galt sie
+fr nichts Schlimmeres als eine schne, stolze junge Frau, die wohl
+zuweilen launenhaft und eigensinnig sein konnte, der man aber in
+Bercksichtigung ihrer Reize ihre Launen gern verzieh.
+
+Es ist eine sehr gewhnliche Erscheinung, da Verschiedenheit der
+Neigungen und Geistesfhigkeiten keine Hindernisse der Freundschaft sind
+und da gerade zwei Herzen, die sich gegenseitig ergnzen, das Band der
+innigsten Zuneigung umschlingt. Lady Churchill wurde von der Prinzessin
+Anna geliebt, ja fast angebetet. Die Prinzessin konnte ohne den
+Gegenstand ihrer romanhaften Zrtlichkeit nicht leben. Sie vermhlte
+sich und wurde eine treue, sogar liebevolle Gattin; aber Prinz Georg,
+ein beschrnkter Mann, dessen Hauptgensse die Freuden der Tafel und der
+Flasche waren, erlangte keinen Einflu auf sie, der sich mit dem ihrer
+Freundin vergleichen lie, und gab sich bald mit stupider Geduld der
+Herrschaft des heftigen und gebieterischen Geistes hin, von dem seine
+Gemahlin sich leiten lie. Das knigliche Paar bekam Kinder und Anna
+entbehrte keineswegs der Gefhle einer Mutter; aber die Liebe zu ihren
+Kindern war lau im Vergleich mit ihrer hingebenden Zrtlichkeit fr ihre
+Jugendfreundin. Endlich wurde die Prinzessin des Zwanges mde, den die
+Etikette ihr auferlegte, es war ihr unertrglich, die Worte Madame und
+Knigliche Hoheit aus dem Munde einer Frau zu hren, die ihr mehr war
+als eine Schwester. In der Gallerie und im Empfangzimmer waren diese
+Worte nicht zu umgehen, aber im Boudoir wurden sie abgeschafft. Hier
+hie Anna Mrs. Morley, Lady Churchill Mrs. Freeman, und unter diesen
+kindlichen Namen bestand zwanzig Jahre hindurch ein intimer Verkehr
+zwischen den beiden Freundinnen, von dem schlielich das Schicksal von
+Regierungen und Dynastien abhing. Bis jetzt hatte jedoch Anna noch keine
+politische Macht und nur geringen persnlichen Einflu. Ihre Freundin
+bekleidete in ihrem Hausstaate das Amt der ersten Kammerdame mit nur
+vierhundert Pfund Sterling Gehalt. Gleichwohl hat man Grund zu glauben,
+da es Churchill schon zu dieser Zeit mglich war, seine vorherrschende
+Leidenschaft durch den Einflu seiner Gattin zu befriedigen. Obgleich
+die Prinzessin ein hohes Einkommen hatte und sehr einfach lebte, so
+machte sie doch Schulden, die ihr Vater mit einigem Unwillen bezahlte,
+und man sagte, da der Grund ihrer finanziellen Verlegenheiten in ihrer
+verschwenderischen Freigebigkeit gegen ihren Liebling zu suchen sei.[66]
+
+Endlich war die Zeit gekommen, wo diese sonderbare Freundschaft einen
+groen Einflu auf die ffentlichen Angelegenheiten ausben sollte. Man
+war uerst gespannt darauf, welche Rolle Anna in dem Kampfe, der
+England erschtterte, spielen werde. Auf der einen Seite stand die
+Kindespflicht, auf der andren die Interessen der Religion, der sie
+aufrichtig zugethan war. Ein minder phlegmatischer Character wrde
+zwischen so starken und wichtigen Beweggrnden, die ihn nach
+entgegengesetzten Richtungen hinzogen, gewi lange geschwankt haben. Der
+Einflu der Churchill aber entschied die Frage und ihre Gnnerin wurde
+ein wichtiges Mitglied des umfassenden Bundes, dessen Oberhaupt der
+Prinz von Oranien war.
+
+ [Anmerkung 65: +Mmoires de Grammont+; +Pepys's Diary, Feb. 21.
+ 1684/5.+]
+
+ [Anmerkung 66: Es wrde mich zu weit fhren, wollte ich alle die
+ Werke aufzhlen, aus denen ich mein Urtheil ber den Character der
+ Herzogin geschpft habe. Meine Hauptquellen sind ihre eigenen
+ Briefe, ihre Rechtfertigung und die Entgegnungen, welche diese
+ veranlate.]
+
+
+[_Dykvelt kehrt mit Briefen von vielen angesehenen Englndern nach dem
+Haag zurck._] Im Juni 1687 kehrte Dykvelt nach dem Haag zurck. Er
+berreichte den Generalstaaten ein knigliches Schreiben voll
+Lobeserhebungen ber sein Benehmen whrend seines Aufenthalts in London.
+Diese Lobeserhebungen waren jedoch nur eine Formalitt. In
+Privatmittheilungen von seiner eigenen Hand beschwerte Jakob sich bitter
+darber, da der Gesandte einen so vertrauten Umgang mit den heftigsten
+Oppositionsmnnern seines Reiches gepflogen und sie in allen ihren
+Umsturzplnen bestrkt habe. Auerdem brachte Dykvelt auch eine Anzahl
+Briefe von den ausgezeichnetsten derjenigen Mnner mit, mit denen er
+sich whrend seines Aufenthalts in London berathen hatte. Die Schreiber
+dieser Briefe versicherten den Prinzen allgemein ihrer unbegrenzten
+Verehrung und Hingebung und verwiesen ihn wegen der nheren Darlegung
+ihrer Ansichten an den berbringer. Halifax errterte den Zustand und
+die Aussichten des Landes mit gewohnter Schrfe und Lebendigkeit, htete
+sich aber sorgfltig, fr irgend ein gefhrliches Verfahren die
+Verantwortung zu bernehmen. Danby schrieb in einem khneren und
+entschlosseneren Tone und konnte sich nicht enthalten, ber die
+Besorgnisse und Bedenklichkeiten seines genialen Nebenbuhlers zu
+sptteln. Der interessanteste Brief aber war der von Churchill. Er war
+mit der natrlichen Beredtsamkeit, an der es ihm trotz seines Mangels an
+hherer Bildung bei wichtigen Anlssen nie fehlte, und mit einem
+Anstrich von Hochherzigkeit geschrieben, den er sich, so perfid er auch
+war, mit seltener Geschicklichkeit zu geben verstand. Die Prinzessin
+Anna, sagte er, habe ihm befohlen, ihre erlauchten Verwandten im Haag zu
+versichern, da sie mit Gottes Hlfe fest entschlossen sei, eher ihr
+Leben zu lassen, als sich eines Glaubensabfalls schuldig zu machen. Was
+seine Person betreffe, so lege er auf seine Stellen und auf die
+knigliche Gunst einen weit geringeren Werth als auf seine Religion. Er
+schlo mit der hochtrabenden Erklrung, da man ihn, obgleich er keinen
+Anspruch darauf mache, wie ein Heiliger gelebt zu haben, doch
+vorkommenden Falls bereit finden werde, den Mrtyrertod zu sterben.[67]
+
+ [Anmerkung 67: Das Formalittsschreiben, welches Dykvelt den
+ Generalstaaten berbrachte, befindet sich in den Archiven des
+ Haags. Die anderen in diesem Paragraphen erwhnten Briefe giebt
+ Dalrymple im Anhange zu Buch +V.+]
+
+
+[_Zulestein's Sendung._] Dykvelt's Sendung hatte einen so glnzenden
+Erfolg gehabt, da bald ein neuer Vorwand gefunden war, um einen andren
+Agenten abzusenden, der das so glcklich begonnene Werk fortsetzen
+sollte. Der neue Gesandte, nachmals der Grnder eines jetzt erloschenen
+englischen Adelshauses, war ein illegitimer leiblicher Vetter Wilhelm's
+und fhrte einen der Herrschaft Zulestein entlehnten Namen. Seine
+Verwandtschaft mit dem Hause Oranien gab Zulestein in den Augen des
+Publikums ein bedeutendes Ansehen. Sein Benehmen war das eines tapferen
+Soldaten. In diplomatischen Talenten und Kenntnissen stand er Dykvelt
+weit nach, aber gerade diese Inferioritt hatte ihre Vortheile. Ein
+Militair, der sich anscheinend nie um die Politik gekmmert hatte,
+konnte ohne Verdacht zu erregen mit der englischen Aristokratie einen
+Verkehr unterhalten, der mit argwhnischem Auge bewacht worden sein
+wrde, wenn er ein bekannter Meister in der Staatskunst gewesen wre.
+Nach kurzer Abwesenheit kehrte Zulestein mit nicht minder wichtigen
+Briefen und mndlichen Botschaften, als die welche seinem Vorgnger
+anvertraut worden waren, in sein Vaterland zurck. Von diesem
+Augenblicke an trat der Prinz mit der Opposition in einen regelmigen
+Briefwechsel. Geschftstrger verschiedenen Ranges reisten bestndig
+zwischen der Themse und dem Haag hin und her. Der ntzlichste von diesen
+war ein Schotte von einigem Talent und groer Thtigkeit, Namens
+Johnstone. Er war Burnet's Vetter und der Sohn eines angesehenen
+Covenanters, der bald nach der Restauration wegen Hochverraths
+hingerichtet worden war und von seiner Partei als Mrtyrer verehrt
+wurde.
+
+
+[_Zunehmende Feindschaft zwischen Jakob und Wilhelm._] Die Entfremdung
+zwischen dem Knige von England und dem Prinzen von Oranien wurde mit
+jedem Tage vollkommener. Es hatte sich ein ernsthafter Streit in Betreff
+der sechs britischen Regimenter erhoben, welche im Solde der Vereinigten
+Provinzen standen. Der Knig wollte diese Regimenter unter das Commando
+rmisch-katholischer Offiziere stellen, und der Prinz widersetzte sich
+diesem Ansinnen entschieden. Der Knig nahm seine Zuflucht zu seinen
+Lieblingsgemeinpltzen von der Duldung; der Prinz erwiederte da er nur
+das Beispiel Seiner Majestt nachahme. Es sei notorisch erwiesen, da
+loyale und tchtige Mnner in England lediglich deshalb, weil sie
+Protestanten waren, aus dem Staatsdienste entlassen worden seien, und
+dies berechtige den Statthalter und die Generalstaaten doch gewi dazu,
+die Papisten von hohen ffentlichen mtern auszuschlieen. Diese Antwort
+erbitterte Jakob dermaen, da er in seiner Wuth die Wahrhaftigkeit und
+den gesunden Verstand vllig aus den Augen verlor. Es sei nicht wahr,
+behauptete er mit Heftigkeit, da er irgend Jemanden jemals aus
+religisen Grnden abgesetzt habe. Und wenn er es wirklich gethan htte,
+was ginge es dann dem Prinzen oder die Generalstaaten an? Wren sie etwa
+seine Herren? wren sie befugt, sich zu Richtern ber die Handlungen
+fremder Frsten aufzuwerfen? Von jetzt an wnschte er seine in
+hollndischen Diensten stehenden Unterthanen zurckzuberufen, denn er
+glaubte durch diese Maregel sich selbst zu verstrken und seine
+schlimmsten Feinde zu schwchen. Es traten ihm jedoch finanzielle
+Schwierigkeiten entgegen, die er unmglich bersehen konnte. Die Zahl
+der bereits von ihm unterhaltenen Truppen war schon so gro, als es
+seine Einknfte nur irgend zulieen, obgleich dieselben die aller seiner
+Vorgnger weit berstiegen und mit groer Sparsamkeit verwaltet wurden.
+Wenn aber die jetzt in Holland stehenden Bataillone noch zu dem
+vorhandenen Etat kamen, so war die Staatskasse bankerott. Vielleicht
+lie Ludwig sich bewegen, sie in seinen Dienst zu nehmen. In diesem
+Falle wurden sie aus einem Lande entfernt, wo sie dem verderblichen
+Einflusse einer republikanischen Regierung und einer calvinistischen
+Kirchenverfassung ausgesetzt waren, und kamen in ein Land, wo Niemand
+die Autoritt des Monarchen und die Lehren der wahren Kirche zu
+bestreiten wagte. Die Soldaten wrden dann bald alle politische und
+religise Ketzerei wieder verlernen, ihr Landesfrst konnte zu jeder
+Zeit binnen kurzer Frist ber ihre Hlfe verfgen und sich unter allen
+Umstnden auf ihre Treue verlassen.
+
+Es wurden zwischen Whitehall und Versailles Unterhandlungen in dieser
+Angelegenheit erffnet. Ludwig hatte soviel Soldaten als er brauchte,
+und wre es auch anders gewesen, so wrde er dennoch keine Lust gehabt
+haben, englische Truppen in Dienst zu nehmen, da der englische Sold, so
+niedrig er unsrer Generation erscheinen mu, doch viel hher war als der
+franzsische. Auf der andren Seite aber htte er Wilhelm sehr gern um
+eine so schne Brigade geschwcht. Nach einer mehrwchentlichen
+Correspondenz wurde Barillon zu der Erklrung ermchtigt, da, wenn
+Jakob die britischen Truppen aus Holland zurckriefe, Ludwig die
+Unterhaltungskosten fr zweitausend Mann in England bernehmen wolle.
+Jakob nahm dieses Anerbieten mit dem wrmsten Danke an. In Folge des
+getroffenen Arrangements ersuchte er die Generalstaaten um Rcksendung
+der sechs Regimenter. Die Generalstaaten aber, welche Wilhelm ganz nach
+seinem Willen leitete, antworteten, da ein solches Verlangen unter den
+obwaltenden Umstnden durch die bestehenden Vertrge nicht
+gerechtfertigt werde, und weigerten sich entschieden, demselben zu
+entsprechen. Es ist bemerkenswerth, da Amsterdam, welches fr
+Zurckhaltung dieser Truppen in Holland gestimmt hatte, als Jakob ihrer
+gegen die Insurgenten im Westen bedurfte, jetzt heftig fr die Erfllung
+seines Verlangens stritt. In beiden Fllen beabsichtigten die Behrden
+dieser groen Stadt nichts weiter, als dem Prinzen von Oranien zu
+opponiren.[68]
+
+ [Anmerkung 68: Sunderland an Wilhelm, 24. Aug. 1686; Wilhelm an
+ Sunderland, 2.(12.) Sept. 1686; Barillon, 6.(16.) Mai, 26. Mai (5.
+ Juni), 3.(13.) Oct., 28. Nov. (8. Dec.) 1687; Ludwig an Barillon,
+ 14.(24.) Oct. 1687; Memorial von Albeville, 15.(25.) Dec. 1687;
+ Jakob an Wilhelm, 17. Jan., 16. Feb., 2. u. 13. Mrz 1688: Avaux,
+ 1.(11.), 6.(16.), 8.(18.) Mrz, 22. Mrz (1. April) 1688.]
+
+
+[_Einflu der hollndischen Presse._] Die hollndischen Waffen waren
+jedoch fr Jakob kaum so gefhrlich als die hollndische Presse. Fast
+tglich erschienen im Haag englische Bcher und Flugschriften gegen die
+Regierung, und keine Wachsamkeit konnte es verhindern, da viele
+Tausende von Exemplaren in die an der Nordsee gelegenen Grafschaften
+eingeschmuggelt wurden. Unter diesen Schriften zeichnete sich besonders
+eine durch ihre Wichtigkeit und durch den Eindruck, den sie machte, aus.
+Jedermann, der mit den ffentlichen Angelegenheiten vertraut war, kannte
+die Ansicht des Prinzen und der Prinzessin von Oranien in Betreff der
+Indulgenz; da aber keine officielle Erklrung dieser Ansicht erschienen
+war, so wurden Viele, denen gute Privatquellen nicht zugnglich waren,
+durch die Zuversicht, mit der die Anhnger des Hofes behaupteten, da
+Ihre Hoheiten die letzten Maregeln des Hofes billigten, getuscht oder
+verwirrt gemacht. Es wrde ein sehr einfacher und naheliegender Weg
+gewesen sein, diese Behauptungen ffentlich zu widerlegen, wenn Wilhelm
+keinen andren Zweck gehabt htte, als seinen Einflu in England zu
+befestigen. Allein er betrachtete England hauptschlich als das zur
+Ausfhrung seines groen europischen Planes nthige Werkzeug. Er hoffte
+fr diesen Plan die Mitwirkung der beiden Linien des Hauses sterreich,
+der italienischen Frsten und selbst des Papstes zu gewinnen, und er
+hatte Grund zu der Befrchtung, da jede die britischen Protestanten
+befriedigende Erklrung in Madrid, Wien, Turin und Rom Besorgni und
+Unwillen erregen knnte. Deshalb enthielt sich der Prinz lange jeder
+officiellen uerung seiner Gesinnungen. Endlich aber wurde er darauf
+aufmerksam gemacht, da sein beharrliches Stillschweigen unter den ihm
+Wohlwollenden viel Besorgni und Mitrauen erweckt habe und da es hohe
+Zeit sei, sich offen auszusprechen. Er beschlo daher, sich zu erklren.
+
+
+[_Stewart's und Fagel's Correspondenz._] Ein schottischer Whig, Namens
+Jakob Stewart, war vor einigen Jahren nach Holland geflchtet, um dem
+spanischen Stiefel und dem Galgen zu entgehen, und er war mit dem
+Gropensionr Fagel befreundet worden, der das Vertrauen und die Gunst
+des Statthalters in hohem Grade besa. Stewart war der Verfasser des
+heftigen und gehssigen Manifestes von Argyle. Als die Indulgenz
+erschien, erkannte Stewart, da sich ihm die Gelegenheit darbot, nicht
+nur Begnadigung, sondern noch obendrein eine Belohnung zu erlangen. Er
+bot der Regierung, deren Feind er gewesen war, seine Dienste an, diese
+wurden angenommen und er schrieb an Fagel einen Brief, zu dem er
+angeblich von Jakob selbst beauftragt war. In diesem Briefe wurde der
+Gropensionr dringend aufgefordert, seinen ganzen Einflu bei dem
+Prinzen und der Prinzessin aufzubieten, um sie zur Untersttzung der
+Politik ihres Vaters zu bewegen. Nach einiger Zeit schickte Fagel eine
+tief durchdachte und ausgezeichnet geschriebene Erwiederung ein. Wer
+dieses interessante Dokument liest, mu bemerken, da es zwar in einer
+Weise abgefat ist, welche geeignet war, die englischen Protestanten zu
+beruhigen und ihnen zu gefallen, dennoch aber kein Wort enthlt, das
+selbst dem Vatikan Ansto htte geben knnen. Es war darin gesagt, da
+Wilhelm und Marie mit Vergngen zur Abschaffung jedes Gesetzes mitwirken
+wrden, welches ber irgend einen Englnder seiner religisen
+berzeugung wegen Strafe verhnge. Aber zwischen Strafen und
+Ausschlieungen war ein Unterschied gemacht. Katholiken zu Staatsmtern
+zuzulassen, knne nach der Ansicht Ihrer Hoheiten weder im allgemeinen
+Interesse Englands, noch im Interesse der Katholiken selbst liegen.
+Dieses Manifest wurde in mehrere Sprachen bersetzt und war auf dem
+Continent weit verbreitet. Von der durch Burnet besorgten englischen
+Ausgabe wurden nahe an funfzigtausend Exemplare in die stlichen
+Grafschaften eingefhrt und rasch ber das ganze Land verbreitet.
+Nie hat eine Staatsschrift einen vollstndigeren Erfolg gehabt. Die
+Protestanten unsrer Insel priesen die mnnliche Entschiedenheit, mit der
+Wilhelm erklrte, da er es nicht gutheien knne, die Papisten Antheil
+an der Regierung nehmen zu lassen. Den katholischen Frsten auf der
+andren Seite gefiel der milde und gemigte Ton, in welchem diese
+Erklrung gehalten war, sowie die ihnen erffnete Aussicht, da unter
+seiner Regierung kein Mitglied ihrer Kirche um seines Glaubens willen
+belstigt werden wrde.
+
+
+[_Castelmaine's Gesandtschaft in Rom._] Es ist wahrscheinlich, da der
+Papst selbst einer von Denen war, die den berhmten Brief mit Vergngen
+lasen. Einige Monate zuvor hatte er Castelmaine auf eine Art entlassen,
+welche wenig Rcksicht auf die Gesinnungen des Knigs zeigte. Innocenz
+war mit der ganzen inneren und ueren Politik der englischen Regierung
+durchaus nicht zufrieden. Er sah, da die ungerechten und unklugen
+Maregeln der jesuitischen Cabale viel eher dazu beitrugen, das
+Fortbestehen der Strafgesetze als die Abschaffung des Testes zu
+bewirken. Sein Streit mit dem Hofe von Versailles wurde mit jedem Tage
+ernsthafter, und er konnte weder als weltlicher Frst, noch als
+Oberhaupt der katholischen Kirche fr einen Vasallen dieses Hofes eine
+herzliche Freundschaft fhlen. Castelmaine war nicht geeignet, diesen
+Widerwillen zu beseitigen. Er kannte zwar fr einen Laien Rom ziemlich
+gut und war auch in der theologischen Polemik grndlich bewandert,[69]
+besa aber durchaus nicht das Geschick, welches sein Posten erforderte,
+und wenn er auch der talentvollste Diplomat gewesen wre, so wrde doch
+ein Umstand ihn fr die besondere Mission, mit der er betraut war,
+untauglich gemacht haben. Er war in ganz Europa als der Gatte des
+schamlosesten Weibes bekannt, und als weiter nichts. Man konnte
+unmglich mit ihm oder von ihm sprechen, ohne daran zu denken, wie er zu
+dem Titel gekommen war, bei dem er genannt wurde. Dieser Umstand wrde
+wenig auf sich gehabt haben, wenn er an einem sittenlosen Hofe
+accreditirt gewesen wre, wie zum Beispiel bei dem, an welchem unlngst
+die Herzogin von Montespan das Regiment gefhrt hatte. Aber es war
+offenbar ein grober Migriff, ihn mit einem Auftrage mehr geistlichen
+als weltlichen Characters an einen Papst von patriarchalischer
+Sittenstrenge zu senden. Die Protestanten von ganz Europa spttelten
+darber, und Innocenz, der ohnehin schon gegen die englische Regierung
+eingenommen war, betrachtete die ihm mit so groer Gefahr und so groen
+Kosten erzeigte Aufmerksamkeit als nicht viel besser denn eine
+Beleidigung. Der Gehalt des Gesandten war auf hundert Pfund die Woche
+festgesetzt. Castelmaine klagte, da dies zu wenig sei und da das
+Dreifache dieses Betrags kaum ausreichen werde. Denn in Rom bemhten
+sich die Gesandten aller groen Continentalmchte einander vor den Augen
+eines Volks, das durch den bestndigen Anblick prchtiger Gebude,
+Decorationen und Ceremonien verwhnt war, im Glanz zu berbieten. Er
+erklrte stets, da er bei seiner Gesandtschaft Geld zusetzen msse. Es
+waren ihm mehrere junge Adelige aus den vornehmsten katholischen
+Familien Englands, wie die Ratcliffe, die Arundell und Tichborne,
+beigegeben, und er bewohnte in Rom den Palast der Familie Pamfili an dem
+prchtigen Navonaplatze. Eine Privatunterredung mit Innocenz wurde ihm
+bald bewilligt, die officielle Audienz aber wurde lange hinausgeschoben.
+Castelmaine's Vorbereitungen zu diesem wichtigen Acte waren so
+prachtvoll, da sie, obgleich schon zu Ostern 1686 begonnen, im
+darauffolgenden November noch nicht beendigt waren, und im November
+bekam der Papst einen wirklichen oder angeblichen Gichtanfall, der einen
+weiteren Aufschub verursachte. Im Januar 1687 endlich fand die
+feierliche Vorstellung und Aufwartung mit ungewhnlichem Pompe statt.
+Die Staatswagen, welche zu der Auffahrt in Rom gebaut wurden, waren so
+prchtig, da man sie fr werth hielt, der Nachwelt in schnen
+Abbildungen berliefert und von Dichtern in mehreren Sprachen besungen
+zu werden.[70] Die Faade des Gesandtschaftspalastes wurde an diesem
+hochwichtigen Tage mit geschmacklosen allegorischen Gemlden von
+riesenhafter Gre decorirt. Man sah hier den heiligen Georg mit dem
+Fue auf dem Nacken des Titus Oates, und Herkules, wie er mit seiner
+Keule den protestantischen Tischler College zu Boden schlgt, der sich
+vergebens mit seinem Flegel zu vertheidigen sucht. Nach dieser
+ffentlichen Schaustellung lud Castelmaine alle damals in Rom anwesenden
+Notabilitten zu einem Bankett in dem freundlichen und prchtigen Saale
+ein, den Peter von Cortona mit Gemlden von Scenen aus der Aeneide
+geschmckt hat. Die ganze Stadt drngte sich zu dem Schauspiele und nur
+mit Mhe konnte eine Compagnie der Schweizergarde die Ordnung unter den
+Zuschauern aufrechterhalten. Die Kavaliere des ppstlichen Hofstaates
+gaben hierauf ihrerseits dem Gesandten glnzende Gastmhler, und Dichter
+und Literaten berhuften seinen Gebieter mit abgeschmackten und
+hyperbolischen Schmeicheleien, wie sie da am meisten floriren, wo Genie
+und Geschmack am tiefsten gesunken sind. An der Spitze der Schmeichler
+stand ein gekrntes Haupt. Mehr als dreiig Jahre waren verflossen, seit
+Christine, die Tochter des groen Gustav Adolph, freiwillig vom
+schwedischen Throne herabgestieqen war. Nach langen Wanderungen, whrend
+denen sie viele Thorheiten und Verbrechen begangen, hatte sie endlich in
+Rom ihren bleibenden Aufenthalt genommen, wo sie sich mit astrologischen
+Berechnungen und mit den Intriguen des Conclave beschftigte und sich
+nebenbei mit Gemlden, Gemmen, Handschriften und Mnzen die Zeit
+vertrieb. Jetzt dichtete sie einige italienische Stanzen zu Ehren des
+englischen Frsten, der, wie sie selbst, einem Geschlecht von Knigen
+entsprossen, welche zu ihrer Zeit als die Vorkmpfer der Reformation
+betrachtet wurden, sich, gleich ihr, mit der alten Kirche wieder
+ausgeshnt hatte. Sie gab eine glnzende Gesellschaft in ihrem Palaste.
+Ihre in Musik gesetzten Verse wurden unter allgemeinem Beifalle
+vorgetragen und einer ihrer literarischen Gnstlinge hielt ber
+denselben Gegenstand eine Rede in so blhendem Style, da er den
+Geschmack der englischen Zuhrer beleidigt zu haben scheint. Die dem
+Papste feindlich gesinnten, den Interessen Frankreichs ergebenen
+Jesuiten, denen jede Gelegenheit, Jakob Ehre zu erzeigen, willkommen
+war, empfingen den englischen Gesandten mit mglichstem Geprnge in dem
+frstlichen Hause, wo die berreste des Ignatius Loyola in einem Schrein
+von Lasurstein und Gold aufbewahrt werden. Bildhauerkunst, Malerei,
+Poesie und Beredtsamkeit wurden aufgeboten, um den Fremden zu
+bewillkommnen; aber alle diese Knste lagen tief im Argen. Es wurde viel
+schwlstige und unedle Latinitt entfaltet, die eines so gelehrten
+Ordens unwrdig war, und einige von den die Wnde zierenden Inschriften
+zeigten noch schlimmere Fehler als schlechten Styl. An einer Stelle war
+gesagt, da Jakob seinen Bruder als Boten zum Himmel gesandt habe, an
+einer andren, da Jakob die Schwingen geliefert, welche seinen Bruder in
+eine hhere Region emporgetragen. Auerdem gab es ein noch viel
+unglcklicheres Distichon, welches damals wenig beachtet wurde, dessen
+man aber einige Monate spter mit boshaften Auslegungen gedachte.
+OKnig, sagte der Dichter, seufze nicht lnger nach einem Sohne. Mag
+auch die Natur Deinen Wunsch nicht erfllen, die Sterne werden Mittel
+finden, um ihn zu befriedigen.
+
+Inmitten dieser Festlichkeiten erfuhr Castelmaine schwere Krnkungen und
+Demthigungen. Der Papst behandelte ihn mit uerster Klte und
+Zurckhaltung. So oft der Gesandte ihn um eine Antwort auf das zu
+Gunsten Petre's gestellte Anliegen bat, bekam Innocenz einen heftigen
+Hustenanfall, der dem Gesprch ein Ende machte. Ganz Rom unterhielt sich
+von diesen sonderbaren Audienzen. Pasquino schwieg nicht und die ganze
+neugierige und geschwtzige Bevlkerung der migsten aller Stdte, mit
+alleiniger Ausnahme der Jesuiten und der Prlaten der franzsischen
+Faction, lachte ber Castelmaine's verunglckte Mission. Sein von Natur
+unfreundlicher Character wurde bald auf's Heftigste erbittert und er
+verbreitete eine Denkschrift mit Betrachtungen ber den Papst. Dadurch
+gerieth er in eine schiefe Stellung, der kluge Italiener hatte einen
+Vortheil gewonnen und er lie sich denselben nicht wieder entreien. Er
+erklrte gerade heraus, die Regel, welche die Jesuiten von kirchlichen
+Wrden ausschliee, drfe zu Gunsten Petre's nicht bertreten werden.
+Der immer mehr gereizte Castelmaine drohte jetzt Rom zu verlassen.
+Innocenz erwiederte ihm mit sanfter Impertinenz, die um so krnkender
+war, weil sie sich kaum von treuherziger Einfalt unterscheiden lie.
+Seine Excellenz knne gehen, wenn es ihm beliebe. Wenn wir ihn aber
+verlieren mssen, setzte der ehrwrdige Pontifex hinzu, so hoffe ich
+wenigstens, da er unterwegs seine Gesundheit schonen wird. Ein
+Englnder wei nicht, wie gefhrlich es ist, hier zu Lande whrend der
+Tageshitze zu reisen. Man thut am besten, wenn man vor Tagesanbruch
+aufbricht und zu Mittag Rast macht. Mit diesem wohlmeinenden Rathe und
+einem Rosenkranze wurde der unglckliche Gesandte entlassen. Wenige
+Monate darauf erschien eine pomphafte Geschichte seiner Sendung in einer
+prachtvollen Folioausgabe mit Kupferstichen in italienischer und
+englischer Sprache. Das Titelkupfer zeigte zum groen rgerni aller
+Protestanten Castelmaine in der Peersrobe und mit der Adelskrone in der
+Hand, wie er Innocenz den Fu kt.[71]
+
+ [Anmerkung 69: Adda, 9.(19.) Nov. 1685.]
+
+ [Anmerkung 70: Der Professor der griechischen Sprache am Kollegium
+ +De Propaganda Fide+ machte seiner Bewunderung in einigen
+ abscheulichen Hexametern und Pentametern Luft, von denen folgende
+ Probe gengen mag:
+
+ #Rgeriou d skepsomenos lamproio thriambon,
+ ka mal' ssen kai theen ochlos apas;
+ Thaumazousa de tn pompn, panchrusea t' autou
+ Harmata, tous th' hippous, toiade Rhm eps.#
+
+ Die lateinischen Verse sind etwas besser. Nahum Tate stimmte auf
+ Englisch ein:
+
+ Um etwas von dem Prachtzug zu ersphen,
+ Wie selbst in Rom noch Niemand ihn gesehen,
+ Drngt Alt und Jung sich nach der Thrme Zinnen
+ Und ber jede Wange Freudenthrnen rinnen.]
+
+ [Anmerkung 71: Correspondenz Jakob's und Innocenz' im Britischen
+ Museum; +Burnet, I. 703--705+; +Welwood's Memoirs+; +Commons'
+ Journals, Oct. 28. 1689+; +An Account of his Excellency Roger Earl
+ of Castelmaine's Embassy, by Michael Wright, chief steward of his
+ Excellency's house at Rome, 1688.+]
+
+
+ * * * * *
+ * * * *
+
+
+ Achtes Kapitel.
+
+ Jakob II.
+
+
+
+
+ =Inhalt.=
+
+ Seite
+ Consecration des Nuntius im St. Jamespalaste 5
+ Sein officieller Empfang. -- Der Herzog von Somerset 5
+ Auflsung des Parlaments 6
+ Gesetzwidrige Bestrafung militairischer Vergehen 7
+ Verfahren der Hohen Commission 8
+ Die Universitten 9
+ Verfahren gegen die Universitt Cambridge 10
+ Der Earl von Mulgrave 11
+ Zustand Oxford's 13
+ Das Magdalenen-Collegium in Oxford 15
+ Anton Farmer, vom Knige als Prsident empfohlen 17
+ Wahl des Prsidenten 18
+ Die Mitglieder des Magdalenen-Collegiums werden vor die
+ Hohe Commission geladen 18
+ Parker zum Prsidenten empfohlen 19
+ Die Karthause 19
+ Rundreise des Knigs 20
+ Der Knig in Oxford 21
+ Er giebt den Collegiaten des Magdalenenstifts einen Verweis 22
+ Penn sucht zu vermitteln 22
+ Eine kirchliche Specialcommission wird nach Oxford gesandt 24
+ Hough's Protest 24
+ Einsetzung Parker's 25
+ Vertreibung der Collegiaten 26
+ Das Magdalenen-Collegium in ein papistisches Seminar
+ verwandelt 27
+ Groll der Geistlichkeit 28
+ Plne der jesuitischen Cabale in Bezug auf die Thronfolge 29
+ Jakob's und Tyrconnel's Plan, die Prinzessin von Oranien
+ von der Erbfolge im Knigreich Irland auszuschlieen 30
+ Schwangerschaft der Knigin 31
+ Allgemeiner Zweifel 31
+ Stimmung der Wahlkrper und der Peers 33
+ Jakob beschliet, ein bestochenes Parlament zusammenzusetzen 34
+ Die Regulatoren 36
+ Entlassung vieler Lordlieutenants 36
+ Der Earl von Oxford 36
+ Der Earl von Shrewsbury 37
+ Der Earl von Dorset 38
+ An die Obrigkeiten gerichtete Fragen, und Antworten darauf 41
+ Scheitern der Plne des Knigs 42
+ Liste der Sheriffs 45
+ Character der katholischen Landgentlemen 45
+ Stimmung der Dissenters 47
+ Regulirung der Corporationen 47
+ Untersuchung in allen ffentlichen Verwaltungszweigen 50
+ Entlassung Sawyer's 51
+ Williams Generalprokurator 52
+ Zweite Indulgenzerklrung 53
+ Die Geistlichkeit erhlt Befehl, sie von der Kanzel
+ zu verlesen 53
+ Die Geistlichkeit ist unschlssig 54
+ Patriotismus der protestantischen Nonconformisten Londons 54
+ Berathung der londoner Geistlichkeit 55
+ Berathung im Palast zu Lambeth 57
+ Die Petition der sieben Bischfe dem Knige berreicht 57
+ Die londoner Geistlichkeit gehorcht dem kniglichen
+ Befehle nicht 60
+ Unschlssigkeit der Regierung 61
+ Es wird eine gerichtliche Verfolgung der Bischfe wegen
+ Libells beschlossen 63
+ Sie werden im Geheimen Rathe verhrt 63
+ Geburt des Prtendenten 65
+ Man hlt ihn allgemein fr untergeschoben 65
+ Die Bischfe werden vor die Kings Bench gestellt und
+ mssen Brgschaft leisten 69
+ Aufregung der Gemther 70
+ Sunderland's Angst 71
+ Er erklrt sich fr einen Katholiken 72
+ Proze der Bischfe 72
+ Das Verdict der Geschwornen; Freude des Volks 80
+ Eigenthmlicher Zustand der ffentlichen Meinung
+ zu jener Zeit 84
+
+
+
+
+[_Consecration des Nuntius im St. Jamespalaste._] Die auffallende
+Unhflichkeit des Papstes htte wohl den sanftmthigsten Frsten reizen
+mssen. Auf Jakob aber machte sie keinen andren Eindruck, als da er mit
+Schmeicheleien und Komplimenten noch verschwenderischer wurde. Whrend
+Castelmaine, das Herz von Zorn und Unwillen erfllt, auf der Rckreise
+nach England begriffen war, wurde der Nuntius mit Ehrenbezeigungen
+berhuft, die sein eigner Verstand verwerfen mute. Er war in Folge
+einer bei der rmischen Kirche hufig in Anwendung kommenden Fiction
+unlngst zur Bischofswrde ohne Bischofssitz erhoben worden. Jetzt wurde
+er zum Erzbischof von Amasia, einer Stadt am Pontus, dem Geburtsorte
+Strabo's und Mithridates', erhoben. Jakob bestand darauf, da die
+Ceremonie der Consecration in der Kapelle des St. Jamespalastes
+stattfinden sollte. Der apostolische Vikar Leyburn und zwei irische
+Prlaten versahen den Dienst. Die Thren wurden dem Publikum geffnet
+und man bemerkte unter den Zuschauern einige von den Puritanern, die
+sich neuerdings dem Hofe angeschlossen hatten. Am Abend erschien Adda in
+seiner neuen Amtstracht im Gesellschaftszirkel der Knigin. Jakob fiel
+angesichts des ganzen Hofes auf die Knie und bat um seinen Segen. Trotz
+aller Vorschriften der Etikette konnten die Umstehenden ihr Erstaunen
+und ihren Widerwillen nicht unterdrcken.[1] Es hatte in der That seit
+langer Zeit kein englischer Souverain vor einem Sterblichen gekniet und
+wer das sonderbare Schauspiel mit ansah, erinnerte sich unwillkrlich
+des schmachvollen Tages, an welchem Johann sich seine Krone von Pandolph
+aufs Haupt setzen lie.
+
+ [Anmerkung 1: Barillon, 2.(12.) Mai 1687.]
+
+
+[_Sein officieller Empfang. -- Der Herzog von Somerset._] Bald darauf
+fand eine noch prchtigere Schaustellung zu Ehren des Heiligen Stuhles
+statt. Es wurde beschlossen, da der Nuntius sich in feierlicher
+Prozession an den Hof begeben sollte. Bei dieser Gelegenheit zeigten
+mehrere Personen, auf deren Gehorsam der Knig gerechnet hatte, zum
+ersten Male eine Neigung zur Widersetzlichkeit. Der Hervorragendste
+unter ihnen war der zweite Peer des Knigreichs, Karl Seymour,
+gewhnlich der stolze Herzog von Somerset genannt. Er war in der That
+ein Mann, bei dem Geburts- und Rangstolz fast zu einer krankhaften Manie
+geworden war. Sein ererbtes Vermgen war der hohen Stelle, die er unter
+dem englischen Adel einnahm, nicht angemessen; aber durch seine
+Vermhlung mit der Tochter und Erbin des letzten Percy, der die alte
+Krone von Northumberland trug, war er in den Besitz des grten
+Vermgens in England gelangt. Somerset war erst fnfundzwanzig Jahre alt
+und im Publikum noch wenig bekannt. Er war Kammerherr des Knigs und
+Oberst eines der Regimenter, welche zur Zeit des Aufstandes im Westen
+neu errichtet worden waren. Er hatte kein Bedenken dagegen erhoben, bei
+feierlichen Gelegenheiten das Staatsschwert in die knigliche Kapelle zu
+tragen; diesmal aber weigerte er sich entschieden, an dem Festzuge zu
+Ehren des Nuntius Theil zu nehmen. Einige Mitglieder seiner Familie
+baten ihn dringend, sich das knigliche Mifallen nicht zuzuziehen; aber
+ihr Bitten war fruchtlos. Der Knig setzte ihn nun selbst zur Rede. Ich
+htte geglaubt, Mylord, sagte er, da ich Ihnen eine groe Ehre
+erzeigte, indem ich Sie dazu ausersah, den Gesandten des ersten aller
+gekrnten Hupter zu begleiten. -- Sire, entgegnete der Herzog, ich
+bin darauf aufmerksam gemacht worden, da ich Eurer Majestt nicht
+gehorchen kann, ohne das Gesetz zu verletzen. -- Ich will Sie lehren,
+mich ebenso zu achten wie das Gesetz, erwiederte der Knig in
+hochfahrendem Tone. Wissen Sie noch nicht, da ich ber dem Gesetz
+stehe? -- Eure Majestt mgen ber dem Gesetz stehen, ich aber nicht,
+und wenn ich dem Gesetz gehorche, frchte ich nichts. Der Knig
+entfernte sich hchlich erzrnt und Somerset wurde augenblicklich seiner
+Stellen im Hofstaate und in der Armee entsetzt.[2]
+
+In einem Punkte zeigte jedoch der Knig einige Klugheit. Er wagte es
+nicht, den ppstlichen Gesandten in feierlichem Aufzuge der ganzen
+Bevlkerung der Hauptstadt vorzufhren. Die Ceremonie fand am 3. Juli
+1687 in Windsor statt. Eine groe Menschenmenge strmte nach dem
+Stdtchen. Der Schaulustigen waren so viele, da sie weder Speise und
+Trank noch ein Unterkommen fanden und eine Menge vornehmer Leute den
+ganzen Tag in ihrem Wagen zubringen muten, um das Schauspiel mit
+anzusehen. Spt am Nachmittag endlich erschienen die Leute des
+Hofmarschalls zu Pferde. Hierauf folgte ein langer Zug von Lufern und
+dann in einem kniglichen Staatswagen Adda im Purpurmantel und mit einem
+Brillantenkreuze auf der Brust. Hinter ihm fuhren die Equipagen der
+vornehmsten Hofkavaliere und der Staatsminister. Mit groem Mifallen
+bemerkte das Volk in dem Zuge die Wappen und Livreen Crewe's, Bischofs
+von Durham, und Cartwright's, Bischofs von Chester.[3]
+
+ [Anmerkung 2: +Memoirs of the Duke of Somerset+; Citters, 5.(15.)
+ Juli 1687; +Eachard's History of the Revolution+; +Clarke's Life
+ of James the Second, II. 116, 117, 118+; +Lord Lonsdale's
+ Memoirs.+]
+
+ [Anmerkung 3: +London Gazette, July 7. 1687+; Citters, 7.(17.)
+ Juli; Bericht ber die Ceremonie in den Somers'schen Schriften.]
+
+
+[_Auflsung des Parlaments._] Am folgenden Tage erschien in der Gazette
+eine Proklamation, welche das Parlament auflste, das von allen durch
+die Stuarts einberufenen Parlamenten das fgsamste gewesen war.[4]
+
+Mittlerweile hatten sich neue Schwierigkeiten in Westminsterhall
+gezeigt. Erst vor wenigen Monaten waren mehrere Richter entlassen und
+andere an deren Stelle gesetzt worden, um in dem Prozesse gegen Sir
+Eduard Hales ein Erkenntni zu Gunsten der Krone zu erlangen, und schon
+waren neue nderungen nthig.
+
+ [Anmerkung 4: +London Gazette, July, 4. 1687.+]
+
+
+[_Gesetzwidrige Bestrafung militairischer Vergehen._] Der Knig hatte
+kaum die Armee gebildet, auf die er zur Ausfhrung seiner Plne
+namentlich rechnete, so erkannte er auch schon, da er sie selbst nicht
+regieren konnte. Wenn ein Krieg im Lande wthete, so konnte ein Meuterer
+oder Deserteur vor ein Kriegsgericht gestellt und das Urtel durch den
+Generalprofo vollzogen werden. Aber man war jetzt im tiefsten Frieden.
+Das englische Landrecht, das aus einem Zeitalter herrhrte, wo
+erforderlichenfalls Jedermann, Niemand aber bestndig die Waffen trug,
+machte in Friedenszeiten keinen Unterschied zwischen einem Soldaten und
+jedem andren Unterthan, und es gab kein Gesetz hnlich dem, durch
+welches heutzutage dem Souverain alljhrlich die zum Oberbefehl ber die
+regulre Truppenmacht nthige Autoritt verliehen wird. Zwar erklrten
+einige alte Verordnungen die Desertion in gewissen angefhrten Fllen
+fr Felonie; aber diese Verordnungen galten nur fr die Soldaten, welche
+dem Knige im wirklichen Kriege dienten und konnten nicht ohne die
+arglistigste Willkr so weit ausgedehnt werden, da sie auch auf einen
+Mann Anwendung fanden, der in einer Zeit der vollstndigsten inneren und
+ueren Ruhe des Lagers von Hounslow berdrssig wurde und daher in sein
+heimathliches Dorf zurckkehrte. Die Regierung hatte offenbar ber einen
+solchen Mann keine andre Macht, als die, welche ein Bcker- oder
+Schneidermeister ber seine Gesellen hat. Er und seine Offiziere standen
+vor dem Gesetz auf gleicher Stufe. Fluchte er gegen sie, so konnte er
+wegen Schwrens mit einer Geldstrafe belegt werden; schlug er sie, so
+konnte er wegen thtlicher Mihandlung verklagt werden. Das stehende
+Heer stand factisch unter einer milderen Disciplin als die Miliz, denn
+die Miliz war durch eine Parlamentsacte errichtet worden, in welcher
+zugleich bestimmt war, da Disciplinarvergehen summarisch mit leichten
+Strafen geahndet werden knnten.
+
+Es scheint nicht, da die aus diesem Zustande des Gesetzes
+entspringenden praktischen Nachtheile sich unter der Regierung Karl's
+II. sehr fhlbar gemacht hatten, was sich vielleicht dadurch erklren
+lt, weil bis zum letzten Jahre seiner Regierung die Streitmacht, die
+er in England unterhielt, hauptschlich aus Haustruppen bestand, welche
+einen so hohen Sold bekamen, da die Entlassung aus dem Dienste von den
+Meisten sehr schmerzlich empfunden worden wre. Eine Anstellung als
+Gemeiner in der Leibgarde war fr den jngeren Sohn eines Gentleman eine
+gute Versorgung; selbst die Fugarden wurden so gut bezahlt als
+Fabrikarbeiter unter besonders gnstigen Verhltnissen, und sie befanden
+sich daher in einer Lage, um die sie die groe Masse der arbeitenden
+Bevlkerung wohl beneiden konnte. Die Rckkehr der Garnison von Tanger
+und die Errichtung der neuen Regimenter hatte eine groe Vernderung
+herbeigefhrt. Es gab jetzt in England viele Tausend Soldaten, welche
+nur acht Pence den Tag erhielten. Die Furcht vor der Verabschiedung war
+nicht mehr hinreichend, um sie der Dienstpflicht treu zu erhalten, und
+krperliche Strafen durften die Offiziere gesetzlich nicht zuerkennen.
+Jakob hatte daher nur die Wahl, entweder die Armee ihrer Auflsung
+entgegengehen zu lassen oder die Richter zu der Erklrung zu bewegen,
+da das Gesetz das sei, was es, wie jeder Student wute, nicht war.
+
+Es war besonders wichtig, die Mitwirkung zweier Gerichtshfe zu
+gewinnen: der Kings Bench, welche der erste Criminalgerichtshof des
+Landes war, und des Gerichtshofs fr Leerung der Gefngnisse, der in der
+Old Bailey sa und ber die in der Hauptstadt begangenen Vergehen
+abzuurtheilen hatte. In beiden Gerichtshfen aber stie man auf groe
+Schwierigkeiten. Herbert, der Oberrichter der Kings Bench, wollte trotz
+aller bis dahin bewiesenen Servilitt nicht weiter gehen. Ein noch
+entschiedenerer Widerstand war von Sir Johann Holt zu erwarten, der als
+Syndikus der City von London auf der Bank der Old Bailey sa. Holt war
+ein ausgezeichnet gelehrter und aufgeklrter Jurist, dabei ein
+rechtschaffener und muthiger Mann und seine politische Meinung hatte
+eine whiggistische Frbung, obgleich er sich von allem Parteitreiben
+stets fern hielt. Dem Willen des Knigs muten jedoch alle Hindernisse
+weichen. Holt wurde seines Syndikats entsetzt. Herbert und ein andrer
+Richter von der Kings Bench entfernt, und die erledigten Stellen mit
+Mnnern besetzt, auf die sich die Regierung verlassen konnte. Allerdings
+mute man in ziemlich niedere juristische Regionen hinabsteigen, ehe man
+Leute fand, welche zu Dienstleistungen, wie man sie jetzt brauchte,
+bereit waren. Der neue Oberrichter, Sir Robert Wright, war
+sprichwrtlich ein Ignorant, und die Unwissenheit war noch nicht sein
+rgster Fehler. Seine Laster hatten ihn zu Grunde gerichtet. Um sich
+Geld zu verschaffen, hatte er zu unredlichen Mitteln seine Zuflucht
+genommen und einmal einen falschen Eid abgelegt, um in den Besitz von
+fnfhundert Pfund zu gelangen. Arm, ausschweifend und schamlos war er
+einer von den Schmarotzern Jeffreys' geworden, der ihn befrderte und
+verchtlich behandelte. Dies war der Mann, den Jakob zum Lord
+Oberrichter von England erkor. Ein gewisser Allibone, der in der
+Rechtskunde noch unwissender war als Wright und als Katholik eigentlich
+gar nicht fhig war, ein ffentliches Amt zu bekleiden, wurde zum
+Unterrichter der Kings Bench ernannt. Sir Bartholomus Shower, als
+serviler Tory und langweiliger Redner gleich bekannt, wurde Syndikus von
+London. Nachdem diese Vernderungen bewirkt waren, wurden mehrere
+Deserteurs zur Untersuchung gezogen und dem Wortlaute und dem Geiste des
+Gesetzes zum Hohn fr schuldig befunden. Einige von ihnen vernahmen ihr
+Todesurtheil vor den Schranken der Kings Bench, Andere vor den Schranken
+der Old Bailey. Sie wurden vor den Augen der Regimenter, denen sie
+angehrt hatten, gehngt und dafr Sorge getragen, da diese
+Hinrichtungen durch die London Gazette, welche derartige Vorgnge nur
+selten berichtete, zur ffentlichkeit gelangten.[5]
+
+ [Anmerkung 5: Siehe +Statutes 18 Henry 6. c. 19; 2 & 3 Ed. 6. c.
+ 2.+; +Eachard's History of the Revolution+; +Kennet, III. 468+;
+ +North's Life of Guildford, 247.+; + London Gazette, April 18. &
+ May 23. 1687+; +Vindication of the E. of R. (Earl of Rochester.)+]
+
+
+[_Verfahren der Hohen Commission._] Man kann wohl denken, da das
+Gesetz, das so grblich von denjenigen Gerichtshfen verletzt wurde,
+deren ganze Autoritt sich auf dasselbe grndete und die es als
+Richtschnur zu betrachten pflegten, von einem durch tyrannische Willkr
+errichteten Tribunale eben so wenig geachtet wurde. Whrend der ersten
+Monate ihres Bestehens hatte die neue Hohe Commission Geistlichen nur
+die Ausbung ihrer Amtshandlungen verboten; die Eigenthumsrechte waren
+noch unangetastet geblieben. Zu Anfang des Jahres 1687 aber beschlo man
+auch gegen die Pfrndeneinknfte einen Schlag zu fhren und jedem
+anglikanischen Priester und Prlaten die berzeugung beizubringen, da,
+wenn er seine Beihlfe zur Vernichtung der Kirche, deren Diener er war,
+verweigerte, er in einer Stunde zum Bettler gemacht werden wrde.
+
+
+[_Die Universitten._] Es wrde der Klugheit angemessen gewesen sein,
+das erste Exempel an einem unbekannten Individuum zu statuiren. Die
+Regierung aber war in einer so unseligen Verblendung befangen, da man
+dieselbe in einem naiveren Zeitalter als eine gttliche Strafe
+betrachtet haben wrde. Es wurde daher ohne weiteres gleich von Anfang
+an den beiden ehrwrdigsten Korporationen des Reichs, den Universitten
+Oxford und Cambridge, der Krieg erklrt.
+
+Die Macht dieser beiden Krperschaften war schon seit vielen
+Jahrhunderten gro; in der zweiten Hlfte des siebzehnten Jahrhunderts
+aber hatte sie ihren Hhepunkt erreicht. Kein Nachbarland konnte sich so
+glnzender und reicher Sitze der Wissenschaft rhmen. Die Hochschulen
+von Edinburg und Glasgow, von Leyden und Utrecht, von Lwen und Leipzig,
+von Padua und Bologna kamen Gelehrten, welche in den prchtigen
+Stiftungen Wykeham's und Wolsey's, Heinrich'sVI. und Heinrich's VIII.
+gebildet waren, rmlich vor. Literatur und Wissenschaft waren in dem
+akademischen Systeme Englands mit Geprnge umgeben, mit obrigkeitlicher
+Gewalt bekleidet und mit den vornehmsten Institutionen des Landes eng
+verbunden. Kanzler einer Universitt zu werden, war eine Auszeichnung,
+nach der die Magnaten des Reichs eifrig strebten; eine Universitt im
+Parlament zu vertreten, war das Lieblingsziel des Ehrgeizes von
+Staatsmnnern. Edelleute und selbst Frsten waren stolz darauf, wenn
+eine Universitt ihnen das Recht verlieh, den Scharlach der Doctorwrde
+zu tragen. Die Neugierigen wurden von den Universitten angezogen durch
+alte, mit mittelalterlichen Verzierungen reich ausgestattete Gebude,
+durch neuere Gebude, welche glnzendes Zeugni von dem knstlerischen
+Genie eines Jones und Wren gaben, durch imposante Hallen und Kapellen,
+durch Museen, durch botanische Grten und durch die einzigen
+ffentlichen Bibliotheken, welche das Knigreich damals besa. Der
+Prunk, den namentlich Oxford bei feierlichen Gelegenheiten entfaltete,
+wetteiferte mit dem souverainer Frsten. Wenn der Kanzler, der
+ehrwrdige Herzog von Ormond, in seinem geflickten Mantel auf seinem
+Throne unter der gemalten Decke der Sheldon'schen Tribne sa, umgeben
+von vielen hundert Graduirten in der ihrem verschiedenen Range
+entsprechenden Kleidung, whrend die vornehmsten Jnglinge Englands ihm
+als Bewerber um akademische Ehren feierlich vorgefhrt wurden, spielte
+er eine kaum minder knigliche Figur als sein Gebieter im Bankethause zu
+Whitehall. Auf den Universitten waren fast alle ausgezeichneten
+Geistlichen, Rechtsgelehrten, rzte, Schriftsteller, Dichter und Redner
+des Landes und zum groen Theil auch der hohe Adel und die reiche Gentry
+gebildet. Auch ist zu bemerken, da die Verbindung zwischen dem Schler
+und der Schule durch seinen Abgang nicht aufgelst wurde. Er blieb oft
+whrend seines ganzen Lebens Mitglied des akademischen Krpers und
+behielt bei allen wichtigen Wahlen eine Stimme. Er hing daher an seinem
+alten Lieblingsaufenthalte am Cam und Isis mit weit grerer Zuneigung,
+als gebildete Leute sie in der Regel zu ihren Bildungssttten empfinden.
+Es gab in England keinen Winkel, wo nicht beide Universitten dankbare
+und treuergebene Shne gehabt htten. Jeder Angriff auf die Ehre oder
+die Interessen von Cambridge oder Oxford mute nothwendig den Unwillen
+einer mchtigen, thtigen und intelligenten Klasse erregen, die ber
+alle Grafschaften, von Northumberland bis Cornwall, zerstreut war.
+
+Die sehaften Graduirten waren vielleicht im Ganzen genommen den
+sehaften Graduirten unsrer Zeit nicht berlegen, aber im Vergleich zu
+den anderen Gesellschaftskreisen standen sie damals auf einer viel
+hheren Stufe; denn Cambridge und Oxford waren die beiden einzigen
+Provinzialstdte im ganzen Knigreiche, wo man eine bedeutende Anzahl
+hochgebildeter Mnner fand. Selbst die Hauptstadt hatte groe Achtung
+vor der Autoritt der Universitten, nicht nur in Fragen der Theologie,
+der Naturwissenschaften und des klassischen Alterthums, sondern auch in
+solchen Angelegenheiten, in denen die Hauptstdte in der Regel fr die
+hchsten Instanzen gelten wollen. Von Will's Kaffeehaus und dem Parterre
+des Drurylanetheaters appellirte man noch an die beiden groen
+Nationalsitze des Geschmacks und der Gelehrsamkeit. Schauspiele, die in
+London mit enthusiastischem Beifalle aufgenommen worden waren, galten
+erst dann fr auer Gefahr, wenn sie die strenge Prfung eines mit
+Sophokles und Terenz vertrauten Zuhrerkreises bestanden hatten.[6]
+
+Die englischen Universitten hatten ihren groen moralischen und
+intellectuellen Einflu energisch zu Gunsten der Krone angewendet. Das
+Hauptquartier Karl'sI. war in Oxford gewesen und die silbernen Krge
+und Teller smmtlicher Collegien waren zur Untersttzung seiner
+Kriegskasse eingeschmolzen worden. Cambridge war nicht weniger loyal
+gesinnt. Es hatte ebenfalls einen groen Theil seines Silbergerths in's
+knigliche Lager gesandt, und der Rest wrde auch nachgefolgt sein, wre
+die Stadt nicht von den Parlamentstruppen genommen worden. Beide
+Universitten waren von den siegreichen Puritanern mit der uersten
+Strenge behandelt worden, beide hatten die Restauration mit Freuden
+begrt, beide hatten sich der Ausschlieungsbill standhaft widersetzt
+und ihren tiefsten Abscheu ber das Ryehousecomplot ausgesprochen.
+Cambridge hatte nicht nur seinen Kanzler Monmouth abgesetzt, sondern
+seinen Unwillen ber den Verrath des Herzogs sogar in einer eines Sitzes
+der Gelehrsamkeit unwrdigen Weise zu erkennen gegeben, indem es die
+Leinwand, auf der Kneller seine einnehmende Physiognomie und Gestalt mit
+knstlerischer Vollendung dargestellt hatte, den Flammen bergab.[7]
+Oxford, das dem Herde des westlichen Aufstandes nher lag, hatte noch
+strkere Beweise von Loyalitt gegeben. Die Studenten hatten mit
+Bewilligung ihrer Professoren zu Hunderten die Waffen zur Vertheidigung
+der erblichen Thronrechte ergriffen. Und diese Krperschaften beschlo
+Jakob jetzt in offenem Widerspruch mit den Gesetzen und mit seinem
+verpfndeten Worte zu beschimpfen und zu berauben.
+
+ [Anmerkung 6: Dryden's Prologe und Cibber's Memoiren enthalten
+ zahlreiche Beweise von dem Ansehen, welches der Geschmack der
+ Oxforder bei den gefeiertsten Dichtern und Schauspielern geno.]
+
+ [Anmerkung 7: Siehe das Gedicht: +Advice to the Painter upon the
+ Defeat of the Rebels in the West+, sowie noch ein andres ganz
+ abscheuliches Gedicht ber den nmlichen Gegenstand von Stepney,
+ welcher damals am Trinity-Collegium studirte.]
+
+
+[_Verfahren gegen die Universitt Cambridge._] Mehrere Parlamentsacte,
+die so klar waren als nur irgend eine Verordnung des Gesetzbuches,
+hatten vorgeschrieben, da auf beiden Universitten Niemand zu irgend
+einem Grade zugelassen werden sollte, ohne den Suprematseid und einen
+andren hnlichen Eid, der Gehorsamseid genannt, abgelegt zu haben.
+Dessenungeachtet wurde im Februar 1687 ein knigliches Schreiben nach
+Cambridge gesandt, worin die Aufnahme eines Benedictinermnches, Namens
+Alban Francis, als Magister der freien Knste anbefohlen wurde.
+
+Die akademischen Wrdentrger, zwischen der Ehrerbietung gegen den Knig
+und der Achtung vor dem Gesetz schwankend, waren in groer Verlegenheit.
+Es wurden in aller Eile Boten an den Herzog von Albemarle gesandt, der
+Monmouth's Nachfolger als Kanzler der Universitt war, und er wurde
+dringend ersucht, dem Knige die Sache in geeigneter Weise vorzustellen.
+Unterdessen begaben sich der Registrator und die Pedelle zu Francis und
+erklrten ihm, da er sogleich aufgenommen werden solle, wenn er die
+gesetzlich vorgeschriebenen Eide leiste. Er weigerte sich dessen, machte
+den Beamten Vorwrfe wegen ihrer Nichtachtung des kniglichen Befehls,
+und da sie nicht nachgaben, reiste er auf der Stelle wieder ab, um sich
+in Whitehall zu beschweren.
+
+Die Vorsteher der Collegien versammelten sich zu einer Berathung. Die
+Gutachten der ausgezeichnetsten Rechtsgelehrten wurden abgehrt und sie
+sprachen sich entschieden zu Gunsten des beobachteten Verfahrens aus.
+Aber schon war ein zweites hochmthiges und drohendes Schreiben von
+Sunderland unterwegs. Albemarle antwortete der Universitt unter vielen
+Versicherungen seiner Theilnahme und seines Bedauerns, da er alles
+Mgliche gethan habe, aber vom Knige sehr kalt und unfreundlich
+aufgenommen worden sei. Der akademische Krper, durch die knigliche
+Ungnade erschreckt und von dem aufrichtigen Willen beseelt, den Wnschen
+Seiner Majestt nachzukommen, dabei aber auch fest entschlossen, das
+klare Gesetz des Landes nicht zu verletzen, unterbreitete die
+bescheidensten und ehrerbietigsten Auseinandersetzungen, aber ohne
+Erfolg. Bald darauf kam eine Vorladung, welche den Vicekanzler und den
+Senat auf den 24. April vor die Hohe Commission nach Westminster
+beschied. Der Vicekanzler sollte in Person erscheinen, der Senat, der
+aus allen Doctoren und Magistern der Universitt besteht, eine
+Deputation senden.
+
+
+[_Der Earl von Mulgrave._] Als der festgesetzte Tag erschien, fllte
+sich der Sitzungssaal mit einer groen Zuschauermenge. Jeffreys fungirte
+als Prsident der Commission. Rochester war, seit ihm der weie Stab
+abgenommen worden, nicht mehr Mitglied, anstatt seiner erschien der
+Lordkammerherr Johann Sheffield, Earl von Mulgrave. Das Schicksal dieses
+Edelmanns glich in einer Beziehung dem seines Collegen Sprat. Mulgrave
+schrieb Verse, die sich kaum ber die absolute Mittelmigkeit erhoben,
+da er aber ein in den politischen und vornehmen Kreisen hochangesehener
+Mann war, so fanden seine Verse doch Bewunderer. Die Zeit zerstrte den
+Zauber, zu seinem Unglcke aber erst nachdem seine Gedichte bereits ein
+unveruerliches Recht auf eine Stelle in allen Sammlungen englischer
+Dichtungswerke erlangt hatten. Dennoch werden bis auf den heutigen Tag
+seine, abgeschmackten Reimereien und seine jmmerlichen Lieder an
+Amoretta und Gloriana in Gesellschaft des Comus und des Festes
+Alexander's immer wieder gedruckt. Die Folge davon ist, da unsre
+Generation Mulgrave hauptschlich als einen Dichterling kennt und ihn
+als solchen verachtet. Er war jedoch, wie selbst Diejenigen zugaben, die
+ihn weder liebten noch achteten, ein durch schne Talente
+ausgezeichneter Mann und in der parlamentarischen Beredtsamkeit stand er
+kaum einem Redner seiner Zeit nach. Dagegen verdiente sein moralischer
+Character keine Achtung. Er war ein Wstling, aber ohne jene Offenheit
+des Herzens und der Hand, welche zuweilen auch die Ausschweifung
+liebenswrdig, und ein stolzer Aristokrat ohne jene Hoheit der
+Denkungsart, welche zuweilen den aristokratischen Hochmuth achtungswerth
+macht. Die damaligen Satiriker gaben ihm den Spottnamen Lord Allpride
+(Ganzstolz). Sein Stolz vertrug sich indessen mit allen schmachvollen
+Lastern. Viele wunderten sich darber, wie ein Mann, der ein so
+bertriebenes Gefhl seiner Wrde zur Schau trug, in Geldangelegenheiten
+so zh und knauserig sein konnte. Er hatte der kniglichen Familie
+groes gerni dadurch gegeben, da er den Gedanken zu hegen wagte, das
+Herz und die Hand der Prinzessin Anna zu erobern. In dieser Hoffnung
+getuscht, hatte er sich bemht, durch kriechende Gemeinheit die durch
+Anmaung verwirkte Gunst wieder zu gewinnen. Seine von ihm selbst
+verfate Grabschrift sagt noch heute jedem Besucher der
+Westminsterabtei, da er in religisen Dingen als Zweifler lebte und
+starb, und aus seinen hinterlassenen Memoiren ersehen wir, da der
+rmische Aberglaube ein Lieblingsthema seines Spottes war. Dennoch
+begann er unmittelbar nach Jakob's Regierungsantritt eine starke
+Hinneigung zum Papismus zu zeigen und gerirte sich endlich privatim als
+Convertit. Der Lohn fr diese verworfene Heuchelei war seine Anstellung
+bei der Hohen Commission.[8]
+
+Vor diesem gefrchteten Tribunal erschien jetzt der Vicekanzler der
+Universitt Cambridge, Doctor Johann Pechell. Er selbst war kein Mann
+von ausgezeichneter Befhigung und Energie, aber es begleiteten ihn acht
+vom Senat gewhlte vorzgliche Akademiker. Einer davon war Isaak Newton,
+Fellow des Trinity-Collegiums und Professor der Mathematik. Sein Genie
+stand damals in seiner vollsten Kraft. Das groe Werk, welches ihm die
+erste Stelle unter den Geometern und Naturforschern aller Zeiten und
+aller Nationen sichert, wurde seit einiger Zeit unter der Sanction der
+Kniglichen Societt gedruckt und war seiner Vollendung nahe. Er war der
+entschiedenste Freund der brgerlichen Freiheit und der protestantischen
+Religion, aber seine Gewohnheiten machten ihn fr die Kmpfe des
+praktischen Lebens durchaus nicht geeignet. Er verharrte daher in
+bescheidenem Stillschweigen unter den Delegirten und berlie anderen
+Mnnern, welche im Geschftsleben mehr bewandert waren, die Aufgabe,
+seine geliebte Universitt zu vertheidigen.
+
+Es konnte keinen klareren Rechtsfall geben. Das Gesetz lie keinen
+Zweifel zu und die Praxis hatte fast stets im Einklang mit dem Gesetz
+gestanden. Es konnte vielleicht schon vorgekommen sein, da an einem
+besonders feierlichen Tage, wo viele Ehrengrade verliehen wurden, in der
+Menge Einer durchgeschlpft war, der die Eide nicht abgelegt hatte; aber
+eine solche Unregelmigkeit, lediglich die Folge der Eil und
+Unachtsamkeit, konnte nicht als Vorgang geltend gemacht werden. Fremde
+Gesandte verschiedener Glaubensrichtungen, insbesondere ein Muselmann,
+waren ohne die Eide aufgenommen worden. Aber es war eine groe Frage, ob
+solche Flle im Bereiche der Ansicht und des Geistes der betreffenden
+Parlamentsverordnungen lagen. Es war nicht einmal behauptet worden, da
+schon einmal Jemand, dem die Eide angesonnen wurden und der sie nicht
+leisten wollte, einen akademischen Grad erlangt habe, und in dieser Lage
+befand sich Francis. Die Delegirten erboten sich zu beweisen, da unter
+der vorigen Regierung mehrere knigliche Befehle unbercksichtigt
+geblieben waren, weil die empfohlenen Personen sich dem Gesetz nicht
+hatten fgen wollen, und da die Regierung sich in solchen Fllen stets
+bei dem Verfahren der Universitt beruhigt habe, da sie es als das
+richtige anerkennen mute. Jeffreys aber wollte von nichts hren. Er kam
+bald dahinter, da der Vicekanzler ein schwacher, unerfahrener und
+schchterner Mann war und lie daher der ganzen Unverschmtheit, welche
+so lange der Schrecken der Old Bailey gewesen war, freien Lauf. Der
+unglckliche Doctor, der an ein solches Auditorium und an eine solche
+Behandlung nicht gewhnt war, wurde bald so eingeschchtert, da er
+gnzlich die Fassung verlor. Sobald andere zur Verfechtung ihrer Sache
+besser befhigte Akademiker das Wort ergreifen wollten, wurden sie auf
+die unsanfteste Weise zum Schweigen gebracht. Sie sind nicht
+Vicekanzler; wenn Sie es einmal sein werden, dann mgen Sie sprechen,
+bis dahin aber geziemt es Ihnen, den Mund zu halten. Die Angeklagten
+wurden, ohne gehrt worden zu sein aus dem Gerichtssaale gewiesen. Nach
+einer Weile wurden sie wieder hereingerufen und ihnen kundgethan, da
+die Commission beschlossen habe, Pechell seiner Wrde als Vicekanzler zu
+entheben und ihm alle Einknfte vorzuenthalten, die er als Vorsteher
+eines Collegiums bezog und welche ganz den Character eines unantastbaren
+Eigenthums hatten. Sie, meine Herren, sagte Jeffreys zu den
+Delegirten, sind grtentheils Theologen, und ich will Sie daher mit
+einer Stelle aus der Schrift heimschicken: Gehet hin und sndigt fortan
+nicht mehr, damit Euch nicht etwas rgeres widerfahre.[9]
+
+ [Anmerkung 8: +Mackay's Character of Sheffield+ nebst Swift's
+ Note; +Satire on the Deponents, 1688+; +Life of John, Duke of
+ Buckinghamshire, 1729+; Barillon, 30. Aug. 1687. Ich besitze ein
+ handschriftliches Spottgedicht aus Mulgrave von 1690, das nicht
+ ohne Witz ist. Die bemerkenswerthesten Zeilen sind diese:
+
+ Heut' schmeichelt er dem Peters (Petre), morgen dem Burnet.
+ Fragt nicht nach Glauben und Partei, denn alle sind ihm gleich.]
+
+ [Anmerkung 9: Siehe den Proze gegen die Universitt Cambridge in
+ der +Collection of State Trials+.]
+
+
+[_Zustand Oxford's._] Man sollte meinen, da dieses Verfahren ungerecht
+und willkrlich genug war. Aber der Knig hatte schon angefangen, Oxford
+mit einer Strenge zu behandeln, im Vergleich zu welcher die gegen
+Cambridge bewiesene Milde genannt werden konnte. Schon war das
+University-Collegium durch Obadja Walker in ein rmisch-katholisches
+Seminar verwandelt, schon stand das Christchurch-Collegium unter der
+Leitung eines rmisch-katholischen Dechanten, schon wurde in diesen
+beiden Collegien tglich Messe gelesen. Die ruhige, majesttische Stadt,
+so lange das Bollwerk des monarchischen Prinzips, war von Leidenschaften
+aufgeregt, die sie bisher nie gekannt hatte. Die Untergraduirten
+verhhnten mit stillschweigender Erlaubni ihrer Vorgesetzten die
+Mitglieder von Walker's Gemeinde und sangen Spottlieder unter ihren
+Fenstern. Einige Bruchstcke von den Serenaden, welche damals in High
+Street die Ruhe strten, sind der Nachwelt erhalten worden; der Refrain
+einer Ballade lautet:
+
+ Der alte Obadja
+ singt Ave Maria.
+
+Als die Schauspieler nach Oxford kamen, uerte sich die ffentliche
+Meinung noch strker. Es wurde Howard's Comit gegeben. Dieses bald
+nach der Restauration geschriebene Stck stellte die Puritaner in einem
+gehssigen und verchtlichen Lichte dar und war deshalb seit einem
+Vierteljahrhundert ein Lieblingsstck des oxforder Publikums. Jetzt war
+es beliebter als je zuvor, denn ein glcklicher Zufall wollte, da eine
+der Hauptrollen ein alter Heuchler Namens Obadja war. Das Publikum brach
+in einen Beifallsjubel aus, als Obadja in der letzten Scene mit einem
+Strick um den Hals hereingeschleppt wurde, und der Applaus nahm zu, als
+einer der Schauspieler, von dem vorgeschriebenen Texte abweichend,
+ankndigte, da Obadja wegen Glaubenabfalls gehngt werden solle. Der
+Knig war hchlich entrstet ber diesen Hohn. Die Stimmung der
+Universitt war so rebellisch, da eines der neu errichteten Regimenter,
+das welches gegenwrtig das zweite Gardedragonerregiment heit, nach
+Oxford versetzt wurde, um einen Aufstand zu verhindern.[10]
+
+Diese Vorgnge htten Jakob berzeugen knnen, da er einen Weg
+eingeschlagen hatte, der ihn ins Verderben fhren mute. An das Geschrei
+der Londoner war er schon lngst gewhnt. Es war zuweilen
+ungerechterweise, zuweilen vergebens gegen ihn erhoben worden; er hatte
+demselben wiederholt getrotzt und konnte ihm auch fernerhin trotzen. Da
+aber Oxford, der Sitz der Loyalitt, das Hauptquartier der
+Kavalierarmee, der Ort, wohin sein Vater und sein Bruder ihren Hof
+verlegten, wenn sie sich in ihrer strmisch bewegten Hauptstadt nicht
+mehr sicher glaubten, der Ort, wo die Schriften der groen
+republikanischen Lehrer unlngst den Flammen berliefert worden waren,
+da diese Stadt sich jetzt in einer unzufriedenen Ghrung befand und die
+muthigen Jnglinge, die sich vor wenigen Monaten so eifrig als
+Freiwillige gemeldet hatten, um gegen die Insurgenten im Westen zu
+marschiren, jetzt nur mit Mhe durch Sbel und Karabiner im Schach
+gehalten wurden: das waren Zeichen von schlimmer Vorbedeutung fr das
+Haus Stuart. Doch der abgestumpfte, starrsinnige und eigenwillige Tyrann
+beachtete den Warnungsruf nicht. Er hatte sich einmal vorgenommen,
+seiner Kirche die reichsten und glnzendsten Stiftungen Englands zu
+verschaffen. Umsonst machten ihm die besseren und verstndigeren seiner
+rmisch-katholischen Rathgeber Vorstellungen. Sie erklrten ihm, da er
+der Sache seiner Religion viel ntzen knne, ohne die Eigenthumsrechte
+zu verletzen. Eine Bewilligung von jhrlich zweitausend Pfund aus seiner
+Privatchatulle wrde hinreichen, um ein Jesuitencollegium in Oxford zu
+unterhalten, und diese Summe knne er leicht verschmerzen. Ein solches
+Collegium, mit tchtigen, gelehrten und eifrigen Lehrern ausgestattet,
+wrde ein gefhrlicher Nebenbuhler fr die alten akademischen Anstalten
+werden, welche nur zu deutliche Symptome einer von Reichthum und
+Sicherheit unzertrennlichen Erschlaffung zeigten. Knig Jakob's
+Collegium wrde bald selbst von den Protestanten hinsichtlich der
+Wissenschaften sowohl als auch der moralischen Zucht als die erste
+Bildungsanstalt der Insel anerkannt werden. Dies wrde der wirksamste
+und zugleich glimpflichste Weg sein, um die anglikanische Kirche zu
+demthigen und die rmische zu Ansehen zu bringen. Der Earl von
+Ailesbury, einer der ergebensten Diener des kniglichen Hauses,
+erklrte, da er, obgleich Protestant und nicht reich, lieber selbst
+einen Beitrag von tausend Pfund zu diesem Zwecke hergeben wolle, als da
+sein Gebieter die Eigenthumsrechte verletze und sein der Staatskirche
+gegebenes Wort breche.[11] Der Plan fand jedoch keinen Beifall in den
+Augen des Knigs. Allerdings entsprach er auch in mehr als einer
+Beziehung seinem unfreundlichen Character nicht. Denn es machte ihm
+Vergngen, den Sinn der Menschen zu beugen und zu brechen, und von
+seinem Gelde konnte er sich nur schwer trennen. Was er auf seine Kosten
+zu unternehmen nicht hochherzig genug war, das beschlo er auf Kosten
+Anderer durchzufhren. Wenn er einmal etwas begonnen hatte, so hielt
+sein Stolz und sein Starrsinn ihn ab, wieder zurckzutreten, und er lie
+sich endlich Schritt fr Schritt zu Handlungen trkischer Tyrannei
+verleiten, zu Handlungen, welche die Nation zu der berzeugung bringen
+muten, da das Vermgen eines protestantischen Freisassen Englands
+unter einem rmisch-katholischen Knig ebenso unsicher war, wie das
+eines Griechen unter der Herrschaft eines Moslem.
+
+ [Anmerkung 10: +Wood's Athenae Oxonienses+; +Apology for the Life
+ of Colley Cibber+; Citters, 2.(12.) Mrz 1686.]
+
+ [Anmerkung 11: +Burnet, I.+ 697; Brief von Lord Ailesbury,
+ abgedruckt im +European Magazine+, April 1795.]
+
+
+[_Das Magdalenen-Collegium in Oxford._] Das Magdalenen-Collegium,
+gegrndet im funfzehnten Jahrhundert von Wilhelm von Waynflete, Bischof
+von Winchester und Lordgrokanzler, war eine der hervorragendsten
+unserer akademischen Institute. Ein schlanker Thurm, auf dessen Zinnen
+alljhrlich am Morgen des ersten Mai von Choristen eine lateinische
+Hymne gesungen wurde, fesselte schon von weitem die Aufmerksamkeit des
+von London her kommenden Reisenden. Wenn er sich nherte, bemerkte er,
+da dieser Thurm sich von einem mit Zinnen versehenen, zwar niedrigen
+und unregelmigen, aber doch sehr ehrwrdig aussehenden Gebude erhob,
+das von Bumen beschattet und von den trgen Fluthen des Chervell
+besplt wurde. Er trat durch einen Thorweg,[12] ber dem eine stattliche
+Gallerie hinlief, in einen gerumigen Kreuzgang, der mit Emblemen der
+Tugenden und Laster, von den Bildhauern des funfzehnten Jahrhunderts roh
+in grauen Stein gemeielt, verziert war. Der Tisch der Gesellschaft
+wurde in einem mit Gemlden und phantastischem Schnitzwerk reich
+ausgestatteten Refectorium gedeckt. Der Gottesdienst wurde frh und
+Abends in einer Kapelle gehalten, die von den Reformers und den
+Puritanern viel zu leiden gehabt hatte, aber trotz alledem ein
+wunderschnes Bauwerk war, das in unseren Tagen mit seltenem Geschmack
+und Geschick restaurirt worden ist. Die groen Gartenanlagen am Ufer des
+Flusses zeichneten sich durch hohe Bume aus, unter denen ein Wunder der
+Pflanzenwelt unsrer Insel emporragte, eine riesige Eiche, welche hundert
+Jahre lter sein sollte, als das lteste Collegium der Universitt.
+
+Die Statuten der Gesellschaften bestimmten, da die Knige von England
+und die Prinzen von Wales in dem Hause aufgenommen werden sollten, wie
+in ihrem eignen Palaste. EduardIV. hatte das Gebude bewohnt, als es
+noch nicht vollendet war. Richard III. hatte darin sein Hoflager
+gehalten, im groen Saale Disputationen mit angehrt, war kniglich
+bewirthet worden und hatte die Kche seiner Wirthe mit einem Geschenk
+von fetten Rehbcken aus seinen Forsten beehrt. Zwei muthmaliche
+Thronerben, welche frhzeitig hinweggerafft wurden, Arthur, der ltere
+Bruder Heinrich's VIII., und Heinrich, der ltere Bruder Karl'sI.,
+hatten in dem Collegium studirt; ebenso auch ein andrer Prinz von
+Geblt, der letzte und beste der rmisch-katholischen Erzbischfe von
+Canterbury, der menschenfreundliche Reginald Pole. Zur Zeit des
+Brgerkriegs war das Collegium der Sache der Krone treu geblieben.
+Ruprecht hatte dort sein Hauptquartier aufgeschlagen, und ehe er zu
+einigen seiner khnsten Unternehmungen auszog, hatte man in den stillen
+Kreuzgngen seine Trompeter zum Aufbruch blasen hren. Die Mehrzahl der
+Fellows waren Theologen und konnten den Knig nur mit Gebeten und
+Geldspenden untersttzen. Doch einer von den Mitgliedern der
+Gesellschaft, ein Doctor des Civilrechts, warb eine Truppe
+Untergraduirter und fiel an ihrer Spitze im tapferen Kampfe gegen die
+Soldaten von Essex. Als die Feindseligkeiten beendigt und die Rundkpfe
+Herren von England waren, verweigerten sechs Siebentel der Mitglieder
+der usurpirten Gewalt ihre Unterwerfung. In Folge dessen wurden sie aus
+ihren Wohnungen vertrieben und ihrer Einknfte beraubt. Nach der
+Restauration kehrten die noch Lebenden an ihren lieblichen Wohnsitz
+zurck. Eine neue Generation war auf sie gefolgt, die ihre Ansichten und
+ihren Muth geerbt hatte. Zur Zeit des Aufstandes im Westen hatten
+diejenigen Collegiaten, welche nicht durch Alter oder Beruf zum
+Gebrauche der Waffen unfhig waren, sich bereitwilligst erboten, fr die
+Krone zu kmpfen. Es drfte schwerlich im ganzen Knigreiche irgend eine
+Korporation zu finden sein, welche gerechteren Anspruch auf die
+Dankbarkeit des Hauses Stuart gehabt htte.[13]
+
+Die Gesellschaft bestand aus einem Prsidenten, vierzig Fellow's,
+dreiig Studenten (+Demies+, Halbe genannt) und einer Anzahl von
+Kaplanen, Schreibern und Chorsngern. Zur Zeit der Generalvisitation
+unter Heinrich VIII. waren die Einknfte viel bedeutender als die jeder
+andren hnlichen Stiftung des Landes, fast um die Hlfte grer als die
+der reichen Stiftung Heinrich'sVI. in Cambridge und ber noch einmal so
+gro als die, welche Wilhelm von Wykeham seinem Collegium in Oxford
+vermacht hatte. In den Tagen Jakob'sII. war der Reichthum des
+Magdalenen-Collegiums enorm und wurde durch das Gercht noch
+bertrieben. Das Collegium wurde allgemein fr reicher als die reichsten
+Abteien des Continents gehalten. Wenn die Pachtgelder alle eingingen,
+hie es unter dem Volke, so beliefen sich die jhrlichen Einknfte auf
+die ungeheure Summe von vierzigtausend Pfund Sterling.[14]
+
+Die Collegiaten waren durch die von dem Begrnder festgesetzten Statuten
+ermchtigt, sich ihren Prsidenten unter Personen, welche Mitglieder
+ihrer Gesellschaft oder des Neuen Collegiums waren oder gewesen waren,
+selbst zu whlen. Dieses Recht war in der Regel mit vlliger Freiheit
+ausgebt worden. Nur in einzelnen Fllen waren knigliche Zuschriften
+gekommen, welche dem Collegium befhigte Personen anempfahlen, die bei
+Hofe in Gunst standen, und es war in solchen Fllen Sitte gewesen, auf
+die Wnsche des Souverains gebhrende Rcksicht zu nehmen.
+
+Im Mrz 1687 starb der Prsident des Collegiums. Einer der Fellows,
+Doctor Thomas Smith, vom Volke spottweise Rabbi Smith genannt, ein
+ausgezeichneter Reisender, Bchersammler, Alterthumsforscher und
+Orientalist, der Kaplan bei der Gesandtschaft in Konstantinopel gewesen
+und mit der Vergleichung der alexandrinischen Handschriften beauftragt
+worden war, bewarb sich um den erledigten Posten. Er meinte als
+Gelehrter und als eifriger Tory einigen Anspruch auf die Begnstigung
+von Seiten der Regierung zu haben. Seine Loyalitt war auch in der That
+so glhend und so unwandelbar, wie man sie in der ganzer englischen
+Kirche nur finden konnte. Er war lange mit dem Bischof Parker von Oxford
+intim befreundet gewesen und hoffte durch die Verwendung dieses Prlaten
+ein knigliches Empfehlungsschreiben an das Collegium zu erhalten.
+Parker versprach sein Mglichstes zu thun, berichtete aber bald, da er
+auf Schwierigkeiten gestoen sei. Der Knig, sagte er, mag Niemanden
+empfehlen, der nicht ein Freund seiner Religion ist. Was knnen Sie in
+dieser Beziehung thun, um ihn zufrieden zu stellen? Smith antwortete,
+da, wenn er Prsident werden sollte, er sich bemhen wrde,
+Gelehrsamkeit, wahres Christenthum und Loyalitt zu frdern. Das wird
+nicht gengen, sagte der Bischof. Nun so mag Prsident werden wer da
+will, versetzte Smith mannhaft; ich kann nicht mehr versprechen.
+
+ [Anmerkung 12: Dieser Thorweg ist jetzt verschlossen.]
+
+ [Anmerkung 13: +Wood's Athenae Oxonienses+; +Walker's Sufferings
+ of the Clergy.+]
+
+ [Anmerkung 14: +Burnet, I. 697+; +Tanner's Notitia Monastica.+ Bei
+ der Visitation im sechsundzwanzigsten Regierungsjahre Heinrich's
+ VIII. ergab es sich, da die Einknfte des Kings-Collegiums 751
+ Pfd. St., die des Neuen Collegiums 487 Pfd. St. und die des
+ Magdalenen-Collegiums 1076 Pfd. St. betrugen.]
+
+
+[_Anton Farmer vom Knige als Prsident empfohlen._] Die Wahl wurde auf
+den dreizehnten April festgesetzt und die Fellows aufgefordert,
+derselben beizuwohnen. Es ging die Rede, da ein knigliches Schreiben
+einlaufen werde, das einen gewissen Anton Farmer fr die erledigte
+Stelle empfehle. Das Leben dieses Mannes war eine Reihenfolge ehrloser
+Handlungen. Er war Mitglied der Universitt Cambridge gewesen und der
+Ausstoung nur durch rechtzeitige freiwillige Entfernung entgangen. Dann
+hatte er sich den Dissenters angeschlossen und hierauf war er nach
+Oxford gegangen, um in das Magdalenen-Collegium einzutreten, wo er sich
+bald durch alle mglichen Laster auszeichnete. In der Regel taumelte er
+spt in der Nacht so betrunken, da er nicht sprechen konnte, seinem
+Collegium zu. Es war allbekannt, da er an der Spitze eines
+unehrenvollen Aufruhrs in Abingdon gestanden hatte, und er war ein
+regelmiger Gast bekannter Lieblingsorte von Wstlingen gewesen.
+Endlich war er Kuppler geworden, hatte sogar die gewhnliche Gemeinheit
+seines abscheulichen Gewerbes noch bertroffen und hatte von
+liederlichen jungen Leuten fr Dienste, welche die Geschichte nicht gut
+erzhlen kann, Geld genommen. Dieser erbrmliche Mensch war jetzt zum
+Papismus bergetreten. Sein Abfall shnte alle seine Laster, und
+obgleich noch sehr jung, wurde er zum Vorsteher einer ernsten religisen
+Gesellschaft empfohlen, in welcher das rgerni, das er durch seine
+Lasterhaftigkeit gegeben, noch im frischen Andenken war.
+
+Durch das allgemeine Landesgesetz war er als rmischer Katholik von
+allen akademischen mtern ausgeschlossen, und da er niemals Fellow des
+Magdalenen-Collegiums noch des Neuen Collegiums gewesen, so hatte er der
+besonderen Verordnung Wilhelm's von Waynflete gem gar kein Recht, sich
+um die erledigte Prsidentenstelle zu bewerben. berdies hatte Waynflete
+den Mitgliedern seiner Stiftung noch ausdrcklich eingeschrft, da sie
+bei der Wahl ihres Vorstehers namentlich auf seinen moralischen
+Character Rcksicht nehmen sollten, und htte er auch keine derartige
+Weisung hinterlassen, so konnte eine meist aus Theologen bestehende
+Gesellschaft einem Mann wie Farmer schicklicherweise nicht die Leitung
+einer Bildungsanstalt bertragen.
+
+Die Collegiaten stellten dem Knige ehrerbietigst vor, in welche
+Verlegenheit sie kommen wrden, wenn das Gercht, da Farmer ihnen
+empfohlen werden sollte, sich als begrndet erwies, und baten darum, da
+Seine Majestt, wenn es ihm beliebe, sich in die Wahl einzumischen,
+ihnen einen Mann vorschlagen mchte, fr den sie gesetzlicherweise und
+mit gutem Gewissen stimmen knnten. Von dieser ergebenen Bitte wurde
+keine Notiz genommen. Das knigliche Schreiben lief ein. Der berbringer
+desselben war ein Fellow des Collegiums, der unlngst Papist geworden
+war, Namens Robert Charnock, ein Mann von Talent und Geist, aber von
+heftigem und ruhelosem Temperament, das ihn einige Jahre spter zu einem
+abscheulichen Verbrechen und zu einem entsetzlichen Schicksale trieb.
+Das Collegium versammelte sich am 13. April in der Kapelle. Man hatte
+noch immer einige Hoffnung, da der Knig sich durch die an ihn
+gerichteten Vorstellungen werde bewegen lassen, und die Versammlung
+vertagte sich deshalb bis auf den 15. April, als den letzten Termin, an
+welchem die Wahl nach den Statuten des Collegiums stattfinden mute.
+
+
+[_Wahl des Prsidenten._] Der 15. April erschien und die Collegiaten
+versammelten sich wieder in ihrer Kapelle. Von Whitehall war keine
+Antwort gekommen. Einige der lteren Mitglieder, darunter Smith, waren
+der Meinung, die Wahl lieber noch einmal zu verschieben, als einen
+Schritt zu thun, der den Knig mglicherweise beleidigen konnte. Aber
+die Sprache der Statuten war klar und die Mitglieder des Collegiums
+hatten sich eidlich verpflichtet, dieselben zu befolgen. Die Ansicht der
+Mehrheit war daher, da kein weiterer Aufschub stattfinden drfe. Es
+erfolgte eine heftige Debatte. Die Whler waren zu aufgeregt, als da
+sie htten auf ihren Pltzen bleiben knnen; die ganze Kapelle war in
+Aufruhr. Diejenigen, welche fr die Vornahme der Wahl stimmten, beriefen
+sich auf ihre Eide und auf die Verordnungen des Stifters, dessen Brot
+sie aen. Sie behaupteten ganz richtig, der Knig habe nicht das Recht,
+ihnen selbst einen geeigneten Candidaten aufzudringen. In der Hitze des
+Streits fielen einige fr toryistische Ohren anstige uerungen und
+Smith lie sich zu der Bemerkung verleiten, der Geist Ferguson's habe
+sich seiner Collegen bemchtigt. Mit groer Stimmenmehrheit wurde
+endlich der Beschlu gefat, die Wahl unverzglich vorzunehmen. Charnock
+verlie die Kapelle. Die brigen Fellows gaben, nachdem sie vorher das
+Sakrament empfangen, ihre Stimmen ab. Die Wahl fiel auf Johann Hough,
+einen Mann von seltener Tugend und Besonnenheit, der, nachdem er
+Verfolgungen mit hohem Muthe und das Glck mit ernster Wrde ertragen,
+zu hohen Ehren emporgestiegen und noch hhere bescheiden abgelehnt
+hatte, mehr als sechsundfnfzig Jahre nach diesem ereignivollen Tage in
+hohem Alter, aber noch in voller Kraft des Geistes starb.
+
+Die Gesellschaft beeilte sich, dem Knige die Umstnde
+auseinanderzusetzen, welche es nothwendig gemacht hatten, ohne weiteren
+Verzug zur Wahl eines Prsidenten zu schreiten, und ersuchte den Herzog
+von Ormond als Kanzler der ganzen Universitt, und den Bischof von
+Winchester als Visitator des Magdalenen-Collegiums, das Amt der
+Vermittelung zu bernehmen. Der Knig aber war viel zu aufgebracht und
+viel zu befangen, als da er auf derartige Verstellungen htte hren
+knnen.
+
+
+[_Die Mitglieder des Magdalenen-Collegiums werden vor die Hohe
+Commission geladen._] Anfangs Juni wurden die Collegiaten vor die Hohe
+Commission nach Whitehall beschieden. Fnf von ihnen kamen als Deputirte
+der Korporation der Aufforderung nach. Jeffreys behandelte sie nach
+seiner gewohnten Manier. Als einer von ihnen, ein ehrwrdiger Doctor,
+Namens Fairfax, einigen Zweifel an der Rechtsgltigkeit der Commission
+uerte, begann er zu brllen wie ein wildes Thier: Wer ist der Mann?
+Wer giebt ihm das Recht, hier unverschmt zu sein? Ergreift ihn und
+steckt ihn in ein finstres Zimmer! Wie kann man ihn ohne Wchter lassen?
+Er steht als Wahnsinniger unter meiner Aufsicht. Es wundert mich, da
+noch Niemand bei mir darauf angetragen hat, da er in sicheres Gewahrsam
+gebracht werde. Als aber der Sturm ausgetobt hatte und die Aussagen
+ber den sittlichen Charakter des vom Knige empfohlenen Kandidaten
+verlesen waren, hatte keiner der Commissare die Frechheit zu behaupten,
+da ein solcher Mensch sich zum Prsidenten eines groen Collegiums
+eigne. Obadja Walker und die brigen oxforder Papisten, die sich
+eingefunden hatten, um ihren Proselyten zu untersttzen, waren nicht
+wenig bestrzt. Die Commission erklrte Hough's Wahl fr ungltig und
+suspendirte Fairfax von seiner Collegiatur; von Farmer aber war keine
+Rede mehr und im August kam ein knigliches Schreiben an, welches dem
+Collegium den Bischof von Oxford, Parker, empfahl.
+
+
+[_Parker zum Prsidenten empfohlen._] Parker war kein erklrter Papist.
+Es lag jedoch ein Umstand gegen ihn vor, der, selbst wenn die
+Prsidentur erledigt gewesen wre, htte entscheidend sein mssen: er
+hatte weder dem Neuen Collegium noch dem Magdalenen-Collegium jemals
+angehrt. Aber die Prsidentur war gar nicht erledigt, denn Hough war
+rechtskrftig gewhlt und smmtliche Mitglieder des Collegiums waren
+eidlich verpflichtet, ihn in seinem Amte zu erhalten. Sie entschuldigten
+sich daher mit vielen Versicherungen ihrer Loyalitt und ihres
+Bedauerns, da sie dem Befehle des Knigs nicht Folge leisten knnten.
+
+
+[_Die Karthause._] Whrend Oxford so der Tyrannei energisch entgegen
+trat, leistete man an einem andren Orte nicht weniger tapferen
+Widerstand. Jakob hatte vor einiger Zeit den Administratoren der
+Karthause, Mnnern von hohem Rang und Ansehen im Knigreiche, den Befehl
+gegeben, einen rmischen Katholiken, Namens Popham, in das unter ihrer
+Verwaltung stehende Hospital aufzunehmen. Der Vorsteher der Anstalt,
+Thomas Burnet, ein durch Genie, Gelehrsamkeit und Tugend ausgezeichneter
+Geistlicher, hatte, obgleich der wilde Jeffreys im Collegium sa, den
+Muth, sie darauf aufmerksam zu machen, da jene Zumuthung dem Willen des
+Stifters sowohl als einer Parlamentsacte zuwiderlaufe. Was thut dies
+zur Sache? fragte ein dem Vorstande angehrender Hfling. Ich meine,
+es thut sehr viel zur Sache, antwortete eine von Alter und Sorgen
+geschwchte Stimme, die aber in keiner Versammlung ohne Achtung gehrt
+wurde, die Stimme des ehrwrdigen Ormond. Eine Parlamentsacte, fuhr
+der Patriarch der Kavalierpartei fort, ist meiner Ansicht nach keine
+Kleinigkeit. Es wurde die Frage gestellt, ob Popham zugelassen werden
+solle, und der Beschlu lautete auf seine Zurckweisung. Da der Kanzler
+seinem Grolle nicht wohl durch Fluchen und Verwnschungen gegen Ormond
+Luft machen konnte, so lief er in voller Wuth fort und mehrere von der
+Minoritt folgten ihm. In Folge dessen blieb keine beschlufhige Anzahl
+brig und es konnte daher auf den kniglichen Befehl keine formelle
+Antwort gegeben werden.
+
+Die nchste Sitzung fand nur zwei Tage, nachdem die Commission
+Hough's Wahl fr ungltig erklrt und Fairfax suspendirt hatte,
+statt. Die Administratoren erhielten einen zweiten Befehl mit dem
+groen Staatssiegel; aber das tyrannische Verfahren gegen das
+Magdalenen-Collegium hatte ihren Muth noch erhht, anstatt ihn zu
+schwchen. Sie setzten ein Schreiben an Sunderland auf, durch welches er
+ersucht wurde, dem Knige mitzutheilen, da sie im vorliegenden Falle
+Seiner Majestt nicht gehorchen knnten, ohne das Gesetz und ihre
+Amtspflicht zu verletzen.
+
+Es drfte kaum zu bezweifeln sein, da, wenn diese Zuschrift nur von
+unbedeutenden Mnnern unterzeichnet gewesen wre, der Knig irgend einen
+Gewaltschritt gethan haben wrde. Aber selbst er erschrak beim Anblick
+der groen Namen Ormond, Halifax, Danby und Nottingham, der Oberhupter
+aller Farben der groen Partei, der er seine Krone verdankte. Er
+begngte sich deshalb, Jeffreys zu bedeuten, da er das weiter
+einzuschlagende Verfahren in Erwgung ziehen solle. Einmal hie es, es
+werde ein Proze bei der Kings Bench anhngig gemacht werden, ein
+andermal, die Kirchliche Commission werde den Fall in die Hand nehmen,
+aber diese Drohungen verstummten nach und nach wieder.[15]
+
+ [Anmerkung 15: +A Relation of the Proceedings at the Charterhouse,
+ 1689.+]
+
+
+[_Rundreise des Knigs._] Der Sommer war jetzt weit vorgerckt und der
+Knig trat eine Reise an, die lngste und glnzendste, die man seit
+vielen Jahren gesehen hatte. Am 16. August begab er sich von Windsor
+nach Portsmouth, besichtigte die Festungswerke, berhrte einige mit
+Krpfen Behaftete und fuhr dann in einer seiner Yachten nach
+Southampton. Von hier reiste er nach Bath, wo er sich einige Tage
+aufhielt und die Knigin zurcklie. Als er wieder abreiste, begleiteten
+ihn der Obersheriff von Somersetshire und eine groe Anzahl Gentlemen
+bis an die Grenze der Grafschaft, wo ihn der Obersheriff von
+Gloucestershire mit einem nicht minder glnzenden Gefolge erwartete. Der
+Herzog von Beaufort kam bald darauf den kniglichen Equipagen entgegen
+und geleitete dieselben nach Badminton, wo ein des Rufes, den sich der
+Herzog durch seinen glnzenden Haushalt erworben hatte, wrdiges Mahl
+fr ihn angerichtet war. Am Nachmittag ging der Zug weiter nach
+Gloucester. Zwei Meilen vor der Stadt wurde er vom Bischofe und der
+Geistlichkeit bewillkommnet. Am Sdthore erwartete ihn der Mayor mit den
+Schlsseln. Die Glocken gingen und aus allen Rhrtrgen flo Wein,
+whrend der Knig durch die Straen nach dem Platze zog, der die
+ehrwrdige Kathedrale umgiebt. Er bernachtete in der Dechanei und brach
+am folgenden Morgen nach Worcester auf. Von Worcester ging er nach
+Ludlow, Shrewsbury und Chester, und wurde berall mit ueren Zeichen
+der Freude und Ehrerbietung empfangen, die er schwach genug war, als
+Beweise zu betrachten, da die durch seine Maregeln hervorgerufene
+Unzufriedenheit gedmpft sei und ihm ein leichter Sieg bevorstehe. Der
+scharfblickendere Barillon benachrichtigte Ludwig, da der Knig in
+einer Tuschung befangen sei, da die Reise keinen wirklichen Nutzen
+gebracht habe und da die nmlichen Gentlemen von Worcestershire und
+Shropshire, die es fr ihre Pflicht gehalten, ihren Souverain und Gast
+mit allen Ehrenbezeigungen zu empfangen, sich so widerspenstig als je
+zeigen wrden, wenn die Testangelegenheit zur Sprache kme.[16]
+
+Unterwegs schlossen sich dem kniglichen Zuge zwei Hflinge an, die in
+Character und Meinungen weit von einander verschieden waren. Penn war
+auf einer geistlichen Hirtenreise in Chester. Seine Popularitt und sein
+Ansehen waren unter seinen Glaubensbrdern tief gesunken, seitdem er ein
+Werkzeug des Knigs und der Jesuiten geworden war.[17] Jakob aber nahm
+ihn sehr freundlich auf und er durfte am Sonntage im Ballhause einen
+Vortrag halten, whrend Cartwright in der Kathedrale predigte und der
+Knig an einem in der Grafschaftshalle errichteten Altare die Messe
+hrte. Man sagt sogar, Seine Majestt habe geruht, einen Augenblick in
+das Ballhaus einzutreten und der melodischen Beredtsamkeit seines
+Freundes mit Anstand zuzuhren.[18]
+
+Der wthende Tyrconnel war von Dublin ber den Kanal gekommen, um von
+seiner Verwaltung Bericht zu erstatten. Alle achtungswertheren
+englischen Katholiken behandelten ihn als einen Feind ihres Stammes und
+als eine Schande ihrer Religion mit Klte. Sein Gebieter aber hie ihn
+herzlich willkommen und entlie ihn mit Versicherungen seines
+ungeschwchten Vertrauens und seiner steten Untersttzung. Jakob vernahm
+mit groer Freude, da bald die ganze Verwaltung Irlands in
+rmisch-katholischen Hnden sein werde. Die englischen Ansiedler waren
+schon ihrer ganzen politischen Macht beraubt, es blieb nur noch brig,
+sie auch ihres Eigenthums zu berauben, und diese letzte Gewaltthat wurde
+so lange aufgeschoben, bis man sich die Mitwirkung eines irischen
+Parlaments gesichert haben wrde.[19]
+
+Von Cheshire wendete sich der Knig nach dem Sden und in der festen
+berzeugung, da die Fellows des Magdalenen-Collegiums es trotz ihres
+widerspenstigen Geistes nicht wagen wrden, einem ihnen mndlich
+gegebenen Befehle den Gehorsam zu verweigern, reiste er nach Oxford. Auf
+dem Wege dahin machte er einige kleine Abstecher nach Orten, die ihn als
+Knig, als Bruder und als Sohn besonders interessirten. Er besuchte das
+gastliche Dach von Boscobel und die berreste der Eiche, die in der
+Geschichte seines Hauses eine so wichtige Rolle spielt. Er fuhr ber das
+Schlachtfeld von Edgehill, wo die Kavaliere zuerst mit den Soldaten des
+Parlaments die Schwerter kreuzten. Am 3. September speiste er mit groem
+Geprnge im Palast von Woodstock, einem alten berhmten Schlosse, von
+dem kein Stein mehr vorhanden ist, dessen Lage aber noch heute auf der
+Wiese des Blenheimparks durch zwei unweit der stattlichen Brcke
+stehende Platanen bezeichnet wird.
+
+ [Anmerkung 16: London Gazette vom 18. Aug. bis 1. Sept. 1687;
+ Barillon, 19.(29.) Sept.]
+
+ [Anmerkung 17: +Penn, chef des Quakers, qu'on sait tre dans les
+ intrts du Roi d'Angleterre, est si fort dcri parmi ceux de son
+ parti qu'il n'ont plus aucune confiance en lui.+ -- Bonrepaux an
+ Seignelay, 12.(22.) Sept. 1687. Gerhard Croese's Zeugni lautet
+ ganz ebenso: +Etiam Quakeri Pennum non amplius, ut ante ita
+ amabant ac magnifaciebant, quidam aversabantur ac fugiebant. --
+ Historia Quakeriana, lib. II. 1695.+]
+
+ [Anmerkung 18: +Cartwright's Diary, Aug. 30. 1687+; +Clarkson's
+ Life of William Penn.+]
+
+ [Anmerkung 19: +London Gazette, Sept. 5.+; +Sheridan MS.+;
+ Barillon 6.(16.) Sept. 1687. +Le Roi son matre,+ sagt Barillon,
+ +a tmoign une grande satisfaction des mesures qu'il a prises,
+ et a autoris ce qu'il a fait en faveur des Catholiques. Il les
+ tablit dans les emplois et les charges, en sorte que l'autorit
+ se trouvera bientt entre leurs mains. Il reste encore beaucoup de
+ choses faire en ce pays l pour retirer les biens injustement
+ ts aux Catholiques. Mais cela ne peut s'excuter qu'avec le
+ temps et dans l'assemble d'un parlement en Irlande.+]
+
+
+[_Der Knig in Oxford._] Am Abend erreichte er Oxford, wo er mit den
+gewohnten Ehrenbezeigungen empfangen wurde. Die Studenten hatten sich in
+ihrer akademischen Tracht vom Stadtthore bis an den Haupteingang des
+Christchurch-Collegiums in einer Doppelreihe aufgestellt. Er stieg in
+der Dechanei ab, wo er unter anderen Bequemlichkeiten eine zum Medienst
+eingerichtete Kapelle vorfand.[20]
+
+ [Anmerkung 20: +London Gazette, Sept. 5, 8. 1687+.]
+
+
+[_Er giebt den Collegiaten des Magdalenenstifts einen Verweis._] Den Tag
+nach seiner Ankunft erhielten die Fellows des Magdalenen-Collegiums
+Befehl, ihm ihre Aufwartung zu machen. Als sie vor ihm erschienen,
+behandelte er sie mit einem bermuth, wie ihn die puritanischen
+Visitatoren gegen ihre Vorgnger nie bewiesen hatten. Sie haben Sich
+nicht wie Gentlemen gegen mich benommen, rief er aus; Sie haben Sich
+eben so unschicklich als ungehorsam gezeigt. Sie fielen auf die Knie
+und berreichten ihm eine Petition. Er wollte sie nicht ansehen. Ist
+das die Loyalitt Ihrer englischen Kirche? Ich htte nicht gedacht, da
+so viele Geistliche der Kirche Englands sich bei einer solchen Sache
+betheiligen knnten. Gehen Sie nach Hause, gehen Sie. Ich bin Knig und
+ich verlange Gehorsam. Gehen Sie augenblicklich in Ihre Kapelle und
+nehmen Sie den Bischof von Oxford auf. Und wehe Denen, die sich weigern,
+sie sollen das ganze Gewicht meiner Hand fhlen, sie sollen erfahren,
+was es heit, sich die Ungnade seines Souverains zuziehen! Die noch
+immer vor ihm knieenden Collegiaten reichten ihm wiederholt ihre
+Petition dar. Er warf sie zornig zu Boden. Gehen Sie, sage ich, ich
+nehme nichts von Ihnen an, bis Sie den Bischof aufgenommen haben!
+
+Sie gingen und versammelten sich augenblicklich in ihrer Kapelle. Es
+wurde die Frage gestellt, ob sie sich dem Befehle Seiner Majestt fgen
+sollten. Smith war abwesend, nur Charnock antwortete mit Ja. Alle
+brigen Collegiaten erklrten, da sie in allen gesetzlichen Dingen dem
+Knige bereitwilligst gehorchen, ihre Statuten und ihre Eide aber nicht
+verletzen wrden.
+
+Voll Zorn und rger ber seine Niederlage verlie der Knig Oxford und
+kehrte nach Bath zur Knigin zurck. Seine Hartnckigkeit und Willkr
+hatte ihn in eine sehr schwierige Lage versetzt. Er hatte zu fest auf
+die Wirkung seiner finstren Miene und seiner gebieterischen Rede
+gerechnet und unbesonnenerweise nicht nur das Ansehen seiner Regierung,
+sondern auch seine persnliche Wrde aufs Spiel gesetzt. Konnte er
+Unterthanen nachgeben, denen er mit erhobener Stimme und zornigen
+Geberden gedroht hatte? Konnte er es auf der andren Seite wagen, an
+einem Tage eine Anzahl achtungswerther Geistlicher aus ihrer Heimath zu
+vertreiben, weil sie eine in den Augen der ganzen Nation heilige Pflicht
+gethan hatten? Vielleicht gab es noch einen Ausweg aus dieser
+Verlegenheit, vielleicht konnte das Collegium doch noch durch Drohungen,
+durch Zureden oder durch Bestechung zur Unterwerfung gebracht werden.
+
+
+[_Penn sucht zu vermitteln._] Man bediente sich Penn's als Vermittler.
+Er hatte zuviel Rechtsgefhl, als da er das gewaltsame und ungerechte
+Verfahren der Regierung htte billigen knnen und er wagte es sogar,
+einem Theile seiner Gedanken Worte zu geben. Jakob beharrte wie
+gewhnlich auf seinem Vorsatze, und der hfische Quker that daher sein
+Mglichstes, um das Collegium vom Pfade des Rechts abzuziehen. Zuerst
+versuchte er es mit Einschchterungen. Er sagte, der Gesellschaft drohe
+der Untergang, denn der Knig sei im hchsten Grade aufgebracht. Es sei
+allerdings ein schwerer Schritt fr sie, das sahen die meisten Leute
+ein; aber jedes Kind wisse auch, da Seine Majestt seinen Willen gern
+durchsetze und da er Widerspruch nicht vertragen knne. Penn ermahnte
+daher die Collegiaten, nicht auf die Gerechtigkeit ihrer Sache zu
+pochen, sondern sich zu fgen oder wenigstens zu temporisiren. Ein
+solcher Rath klang sonderbar aus dem Munde eines Mannes, der selbst von
+der Universitt vertrieben worden war, weil er wegen des Chorhemds einen
+Tumult hervorgerufen, der sich lieber der Gefahr der Enterbung
+ausgesetzt hatte, als da er sich entschlo, vor einem kniglichen
+Prinzen den Hut abzunehmen und der wegen seiner in Conventikeln
+gehaltenen Reden mehr als einmal in's Gefngni geschickt worden war. Es
+gelang ihm jedoch nicht, die Magdalenen-Collegiaten zu schrecken. In
+Antwort auf seine drohenden Winke wurde er daran erinnert, da unter der
+vorigen Generation vierunddreiig von den vierzig Collegiaten lieber mit
+Freuden ihre geliebten Kreuzgnge und Grten, ihre Halle und ihre
+Kapelle verlassen htten und fortgegangen seien, ohne zu wissen wo sie
+ein Mahl oder ein Nachtlager finden wrden, als da sie ihren
+Unterthaneneid gebrochen htten. Jetzt verlange der Knig die Verletzung
+eines andren Eides von ihnen, aber er solle erfahren, da der alte Geist
+noch nicht erstorben sei.
+
+Penn zog nun gelindere Saiten auf. Er hatte eine Besprechung mit Hough
+und einigen Collegiaten und begann endlich nach vielen Versicherungen
+von Theilnahme und Freundschaft die Mglichkeit eines Vergleichs in
+Aussicht zu stellen. Der Knig vertrage nun einmal keinen Widerspruch,
+sagte er, das Collegium msse nachgeben und Parker annehmen. Aber seine
+Gesundheit sei schwankend und alle seine mter wrden voraussichtlich
+bald erledigt sein. Doctor Hough, setzte er hinzu, kann dann Bischof
+von Oxford werden. Wie wrde Ihnen das gefallen, meine Herren? Penn
+hatte whrend seines ganzen Lebens gegen eine Miethlingsgeistlichkeit
+gepredigt. Er hielt sich fr verpflichtet, die Entrichtung von Zehnten
+zu verweigern, und dies selbst als er mit Zehnten belastete Lndereien
+gekauft hatte und ihm der Betrag der Zehnten von der Kaufsumme
+nachgelassen worden war. Nach seinen eigenen Grundstzen wrde er eine
+groe Snde begangen haben, wenn er sich dabei betheiligt htte, dem
+frmmsten Geistlichen selbst unter den ehrenvollsten Bedingungen eine
+Pfrnde zu verschaffen. Aber sein Character war durch schlechte
+Gesellschaft so verdorben und sein Verstand durch bermigen Eifer fr
+einen einseitigen Zweck so verdunkelt, da er keinen Anstand nahm, bei
+einer Simonie von ganz besonders unehrenhafter Art den Unterhndler
+abzugeben und ein Bisthum als Kder zu benutzen, um einen Geistlichen
+zum Eidbruche zu verfhren. Hough erwiederte mit hflicher
+Geringschtzung, da er von der Krone nichts weiter verlange als
+einfache Gerechtigkeit. Wir sind an unsere Statuten und unsere Eide
+gebunden, sagte er; aber auch ganz abgesehen von unseren Statuten und
+unseren Eiden fhlen wir uns verpflichtet, unsren Glauben zu
+vertheidigen. Die Papisten haben uns schon das University-Collegium und
+das Christchurch-Collegium geraubt, jetzt greifen sie auch das
+Magdalenen-Collegium an. Sie werden bald Alles haben.
+
+Penn war so unbesonnen, hierauf zu antworten, da er ernstlich glaube,
+die Papisten wrden nun zufrieden sein. Das University-Collegium,
+sagte er, ist ein schnes Collegium, Christchurch ein vortrefflicher
+Platz und Magdalenen ein herrliches Gebude. Die Lage ist angenehm, die
+Gartenanlagen am Flusse reizend. Wenn die Katholiken vernnftig sind,
+werden sie sich damit begngen. Diese alberne Erklrung wrde allein
+schon Hough und seine Collegen in die Unmglichkeit versetzt haben,
+nachzugeben. Die Unterhandlung wurde abgebrochen, und der Knig beeilte
+sich, seiner Drohung gem die Ungehorsamen fhlen zu lassen, was es
+hie, sich seine Ungnade zuziehen.
+
+
+[_Eine kirchliche Specialcommission wird nach Oxford gesandt._]
+Cartwright, Bischof von Chester, Wright, Oberrichter der Kings Bench,
+und Sir Thomas Jenner, ein Baron des Schatzkammergerichts, erhielten
+eine Specialvollmacht zur Visitation des Collegiums. Am 20. October
+kamen sie in Oxford an, begleitet von drei Schwadronen Kavalerie mit
+gezogenen Sbeln. Am folgenden Morgen nahmen die Commissare im Hrsaale
+des Magdalenen-Collegiums ihre Sitze ein und Cartwright hielt eine
+loyale Rede, welche noch vor wenigen Jahren von den Oxfordern mit lautem
+Beifall aufgenommen worden wre, die aber jetzt mit stummem Unwillen
+angehrt wurde. Es erfolgte hierauf eine lange Debatte. Der Prsident
+vertheidigte seine Rechte mit Geschick, Migung und Entschiedenheit. Er
+versicherte seine hohe Achtung vor der kniglichen Autoritt, behauptete
+aber fest, da er nach den Gesetzen Englands ein Eigenthumsrecht an das
+Haus und an die mit der Prsidentur verbundenen Einknfte habe. Dieses
+Rechts knne ihn ein Machtspruch des Landesherrn nicht berauben. Wollen
+Sie sich unsrer Visitation unterwerfen? fragte der Bischof. Ich
+unterwerfe mich derselben, antwortete Hough mit weiser Vorsicht, in so
+weit sie mit dem Gesetz im Einklange steht, weiter nicht. -- Wollen
+Sie den Schlssel zu Ihrer Wohnung ausliefern? fragte Cartwright. Hough
+schwieg. Die Frage wurde wiederholt, und Hough antwortete nun mild aber
+entschieden, da er dies nicht thun werde. Die Commissare nannten ihn
+einen unberufenen Eindringling und forderten die Collegiaten auf, seine
+Autoritt nicht mehr anzuerkennen und fr die Aufnahme des Bischofs von
+Oxford zu stimmen. Charnock versprach bereitwilligst Gehorsam, Smith gab
+eine ausweichende Antwort, die Hauptmasse der Collegiaten aber erklrte
+auf das Bestimmteste, da sie Hough noch immer als ihren rechtmigen
+Prsidenten betrachteten.
+
+
+[_Hough's Protest._] Jetzt bat Hough um die Erlaubni, selbst noch
+einige Worte an die Commissare richten zu drfen. Sie bewilligten ihm
+dies sehr artig, vielleicht weil sie nach seinem ruhigen und gelassenen
+Benehmen erwarteten, da er ein Zugestndni machen werde. Mylords,
+sprach er, Sie haben mich heute meines freien Eigenthums beraubt; ich
+protestire hiermit gegen Ihr ganzes Verfahren als gesetzwidrig,
+ungerecht und nichtig und appellire an unsren erlauchten Gebieter, den
+Knig, in seinen Gerichtshfen. Ein lautes beiflliges Gemurmel erhob
+sich unter den Studirenden, welche den Saal fllten. Die Commissare
+waren wthend. Man suchte die Verbrecher, welche applaudirt hatten,
+herauszufinden, aber vergebens. Der ganze Zorn der Commission richtete
+sich nun gegen Hough. Glauben Sie nicht, da Sie uns trotzen knnen,
+rief Jenner mit einem Wortspiel auf den Namen des Prsidenten.[21] Ich
+werde die Autoritt Seiner Majestt aufrecht erhalten, so lange ich
+Athem in meiner Brust habe, setzte Wright hinzu. Das Alles kommt von
+Ihrem nach Popularitt haschenden Protest. Sie haben den Landfrieden
+gebrochen und sollen sich dafr vor der Kings Bench verantworten. Ich
+verpflichte Sie bei Strafe von tausend Pfund, beim nchsten Termine zu
+erscheinen. Wir wollen sehen, ob die Civilgewalt Sie nicht bndigen
+wird. Reicht sie nicht aus, so sollen Sie auch die militairische haben.
+Oxford befand sich in der That in einer Stimmung, welche die Commissare
+nicht wenig beunruhigte. Die Soldaten erhielten Befehl, ihre Carabiner
+zu laden, und man sagte, es sei ein expresser Bote nach London geschickt
+worden, um schleunige Nachsendung von Verstrkungen zu verlangen. Es
+fand jedoch keine Ruhestrung statt.
+
+ [Anmerkung 21: Im Deutschen lt sich das Wortspiel nicht
+ wiedergeben. +Hough+ und +huff+ (trotzen) wird im Englischen
+ ziemlich gleich ausgesprochen. D. bers.]
+
+
+[_Einsetzung Parker's._] Der Bischof von Oxford wurde mittelst Vollmacht
+ruhig eingesetzt, aber nur zwei Mitglieder des Magdalenen-Collegiums
+wohnten der Feierlichkeit bei. Mancherlei Anzeichen bewiesen, da der
+Geist des Widerstandes sich auch des Volks bemchtigt hatte. Der
+Thrsteher des Collegiums warf seinen Schlssel weg. Der Kellermeister
+weigerte sich, den Namen Hough's aus dem Wirthschaftsbuche zu streichen.
+In der ganzen Stadt war kein Schlosser aufzutreiben, der die Thr der
+Prsidentenwohnung aufsprengen wollte. Die eigenen Diener der Commissare
+muten die Thr mit eisernen Stangen erbrechen. Die Predigten, welche am
+nchstfolgenden Sonntage in der Universittskirche gehalten wurden,
+waren voll von Bemerkungen, welche Cartwright tief krnkten; aber sie
+waren so gehalten, da er nichts dagegen thun konnte.
+
+Wre Jakob nicht ganz verblendet gewesen, so wrde er hier innegehalten
+haben. Die Collegiaten waren im Ganzen genommen nicht geneigt, den
+Widerstand noch weiter zu treiben. Sie waren der Meinung, da sie ihre
+Achtung vor ihren Statuten und Eiden hinreichend bewiesen htten, indem
+sie ihre Mitwirkung bei der Einsetzung eines Unberufenen verweigerten,
+und da sie sich ihm jetzt, da er im factischen Besitze des Amtes war,
+als ihrem Oberhaupte unterwerfen knnten, ohne einen Vorwurf auf sich zu
+laden, bis er durch den Ausspruch eines competenten Gerichts entfernt
+wurde. Nur ein Collegiat, Doctor Fairfax, weigerte sich, auch nur soweit
+nachzugeben. Die Commissare wrden zu einer solchen Verstndigung gern
+die Hand geboten haben und einige Stunden lang herrschte eine
+Waffenruhe, von der Viele glaubten, da sie zu einem gtlichen Vergleich
+fhren werde. Aber bald war Alles wieder in Aufregung. Die Collegiaten
+sahen, da die ffentliche Meinung sie offen der Kleinmthigkeit
+beschuldigte; in der Stadt sprach man schon ironisch von einem
+Magdalenengewissen und sagte, der tapfere Hough und der brave Fairfax
+seien verrathen und verlassen worden. Noch rgerlicher waren die
+Sptteleien Obadja Walker's und seiner Renegatensippschaft. Das also,
+sagten diese Apostaten, sei das Ende von all den hochtrabenden Worten,
+in denen die Gesellschaft ihren Entschlu erklrt habe, treu zu ihrem
+rechtmigen Prsidenten und zu ihrem protestantischen Glauben zu
+stehen! Whrend die Collegiaten, tief gekrnkt durch den ffentlichen
+Tadel, ihre bedingte Unterwerfung bereueten, erfuhren sie, da diese den
+Knig noch keineswegs zufriedengestellt habe. Es sei nicht genug, sagte
+er, da sie sich erboten htten, dem Bischof von Oxford als factischem
+Prsidenten zu gehorchen; sie mten auch die Commission und Alles was
+dieselbe gethan habe, als gesetzlich anerkennen. Sie mten eingestehen,
+da sie pflichtvergessen gehandelt htten, mten ihr Benehmen bereuen
+und versprechen, da sie sich in Zukunft besser betragen wollten, mten
+Seine Majestt um Verzeihung bitten und ihm zu Fen fallen. Nur zwei
+Collegiaten, Charnock und Smith, ber welche der Knig nicht zu klagen
+hatte, wurden von der Verpflichtung, diese erniedrigenden
+Entschuldigungen zu machen, ausgenommen.
+
+Nie that Jakob einen thrichteren Fehlgriff. Die Collegiaten, schon mit
+sich selbst unzufrieden, weil sie so weit nachgegeben hatten, und durch
+den Tadel des Publikums gereizt, ergriffen eifrig die ihnen jetzt
+gebotene Gelegenheit, die ffentliche Achtung wieder zu gewinnen. Sie
+erklrten einstimmig, sie wrden niemals deshalb, da sie in ihrem
+Rechte gewesen seien, um Verzeihung bitten, und eben so wenig
+anerkennen, da die Visitation ihres Collegiums und die Beraubung ihres
+Prsidenten gesetzlich gewesen sei.
+
+
+[_Vertreibung der Collegiaten._] Jetzt lie sie der Knig das angedrohte
+ganze Gewicht seiner Hand fhlen. Durch ein summarisches Edict wurden
+sie zur Vertreibung verurtheilt. Diese Strafe wurde indessen noch nicht
+fr gengend erachtet. Man wute, da viele Edelleute und Gentlemen,
+welche ein kirchliches Patronatrecht hatten, sich bemhen wrden, fr
+Mnner zu sorgen, welche fr die Gesetze Englands und fr den
+protestantischen Glauben so viel gelitten. Deshalb erklrte die Hohe
+Commission die Vertriebenen fr unfhig, irgend ein geistliches Amt
+wieder zu bekleiden, und Diejenigen, welche noch nicht ordinirt waren,
+wurden fr unfhig erklrt, die geistliche Ordination zu empfangen. So
+hatte Jakob die Genugthuung, Viele von ihnen aus einer Lage, in der sie
+alle mglichen Annehmlichkeiten des Lebens genossen und die schnsten
+Aussichten auf zuknftige Anstellungen hatten, in hoffnungslose
+Drftigkeit zurckgeworfen zu haben.
+
+Aber all' diese Strenge hatte gerade die entgegengesetzte Wirkung als er
+erwartete. Der Geist der Englnder, dieser trotzige Geist, den kein
+Knig aus dem Hause Stuart jemals durch Erfahrung erkennen lernte,
+emprte sich heftig gegen die Ungerechtigkeit. Oxford, der friedliche
+Sitz der Gelehrsamkeit und Loyalitt, war in einem Zustande, hnlich
+dem, in welchem sich London am Morgen nach dem Versuche Karl'sI., die
+fnf Parlamentsmitglieder festnehmen zu lassen, befunden hatte. Der
+Vicekanzler war am Tage der Vertreibung von den Commissaren zu Tische
+eingeladen worden. Er lehnte die Einladung ab. Mein Geschmack, sagte
+er, ist verschieden von dem des Obersten Kirke; ich kann unter dem
+Galgen nicht mit Appetit essen. Die Studenten weigerten sich, den neuen
+Vorsteher des Magdalenen-Collegiums zu gren. Smith erhielt den
+Spottnamen +Dr.+ Schuft und wurde in einem Kaffeehause ffentlich
+insultirt. Als Charnock die Demies aufforderte, in seiner Gegenwart ihre
+akademischen bungen vorzunehmen, antworteten sie ihm, da sie ihrer
+rechtmigen Vorsteher beraubt seien und sich keiner widerrechtlichen
+Autoritt unterwerfen wrden. Sie versammelten sich zum Studiren wie zum
+Gottesdienst auf eigne Hand. Man versuchte es, sie durch das Anerbieten
+der eintrglichen Collegiaturen, welche eben fr erledigt erklrt worden
+waren, zu verfhren, aber ein Untergraduirter nach dem andren antwortete
+mit mnnlichem Freimuth, da sein Gewissen ihm nicht gestatte, aus einem
+Unrecht fr sich Nutzen zu ziehen. Ein Student, der sich zur Annahme
+einer Collegiatur berreden lie, wurde von seinen Comiletonen aus dem
+Saale gestoen. Es wurden junge Leute aus anderen Collegien eingeladen,
+aber mit geringem Erfolg; die reichste Stiftung des Landes schien selbst
+fr arme Studenten alle Anziehungskraft verloren zu haben. Inzwischen
+wurde in London und im ganzen Lande Geld zur Untersttzung der
+vertriebenen Collegiaten gesammelt. Die Prinzessin von Oranien zeichnete
+zur groen Freude aller Protestanten zweihundert Pfund. Der Knig,
+beharrte nichtsdestoweniger bei dem eingeschlagenen Verfahren. Auf die
+Vertreibung der Collegiaten folgte bald die Ausstoung einer Menge
+Demies. Whrenddem nahmen die krperlichen und geistigen Krfte des
+neuen Prsidenten mehr und mehr ab. Er hatte zu der Zeit, als sein
+Kollegium sich in offener Emprung gegen seine Autoritt befand, noch
+einen schwachen Versuch gemacht, der Regierung einen Dienst zu leisten,
+indem er eine Vertheidigung der Indulgenzerklrung oder vielmehr der
+Lehre von der Transsubstantiation erscheinen lie. Diese Schrift rief
+viele Entgegnungen hervor, namentlich eine von Burnet, die mit
+auerordentlicher Kraft und Schrfe geschrieben war. Wenige Wochen nach
+der Vertreibung der Demies starb Parker in dem Hause, von dem er
+gewaltsam Besitz ergriffen hatte. Man sagte damals, Reue und Scham
+htten sein Ende beschleunigt. Er ruht in der schnen Vorkapelle des
+Collegiums, aber kein Denkstein bezeichnet sein Grab.
+
+
+[_Das Magdalenen-Collegium in ein papistisches Seminar verwandelt._] Der
+ganze Plan des Knigs wurde nun vollends ausgefhrt: das Collegium wurde
+zu einem papistischen Seminar umgestaltet. Bonaventura Giffard, der
+katholische Bischof von Madura, ward Prsident. In der Kapelle wurde
+katholischer Gottesdienst gehalten und an einem Tage zwlf Katholiken
+als Collegiaten aufgenommen. Einige servile Protestanten bewarben sich
+um die Aufnahme, wurden aber abschlglich beschieden. Smith, der loyal
+bis zur Begeisterung, aber noch immer ein aufrichtiges Mitglied der
+anglikanischen Kirche war, konnte das vernderte Aussehen des Hauses
+nicht ertragen. Er entfernte sich, kam der Aufforderung zur Rckkehr in
+seine Wohnung nicht nach, und wurde daher abgesetzt. So war das
+Beraubungswerk vollendet.[22]
+
+Das Universittssystem Englands ist von der Art, da jedes Ereigni, das
+die Interessen oder die Ehre irgend einer Universitt berhrt, im ganzen
+Lande nothwendig einen starken Eindruck machen mu. Jeder neue Schlag
+gegen das Magdalenen-Collegium wurde daher bis an die uersten
+Endpunkte des Knigreichs gefhlt. In den londoner Kaffeehusern, in den
+juristischen Hochschulen, unter den Geistlichen aller Domkapitel, in
+Pfarrwohnungen und Landschlssern selbst der entferntesten Grafschaften
+war das Mitleid mit den Duldern und der Unwille gegen die Regierung
+bestndig im Zunehmen. Hough's Protest fand berall Beifall, das
+Aufsprengen seiner Thr wurde berall mit Abscheu erzhlt und das ber
+die Collegiaten verhngte Beraubungs- und Vertreibungsurtheil zerri
+endlich die einst so engen und theuren Bande, welche die anglikanische
+Kirche mit dem Hause Stuart verknpften.
+
+ [Anmerkung 22: Prozeverfahren gegen das Magdalenen-Collegium zu
+ Oxford wegen Nichterwhlung Anton Farmer's zum Prsidenten, in der
+ +Collection of State Trials+, Ausgabe von Howell; +Luttrell's
+ Diary, June 15., 17., Oct. 24., Dec. 10. 1687+; +Smith's
+ Narrative+; Brief von Doctor Richard Rawlinson vom 31. Oct. 1687;
+ +Reresby's Memoirs+; +Burnet, I. 699+; +Cartwright's Diary+;
+ Citters, 25. Oct. (4. Nov.), 28. Oct. (7. Nov.), 8.(18.) u.
+ 18.(28.) Nov. 1687.]
+
+
+[_Groll der Geistlichkeit._] Bitterer Groll und schlimme Befrchtungen
+traten an die Stelle der Liebe und des Vertrauens. Es gab keinen
+Pfrndner, keinen Rector und keinen Vikar, der nicht von der Angst
+geqult worden wre, da er, so friedlich sein Character und so
+unbedeutend seine Stelle sein mochte, vielleicht in wenigen Monaten
+durch einen willkrlichen Machtspruch aus seinem Hause vertrieben werden
+knne, um im zerrissenen Priesterrocke mit Frau und Kindern zu betteln,
+whrend sein durch uralte Gesetze und durch das knigliche Wort
+gesichertes Eigenthum von einem Apostaten in Besitz genommen wurde. Das
+war also der Lohn fr die heldenmthige Loyalitt, die sich in allen
+Wechselfllen fnfzig strmischer Jahre nicht ein einziges Mal
+verleugnet hatte! Deshalb also hatte die Geistlichkeit fr KarlI.
+Plnderung und Verfolgung ertragen, deshalb hatte sie KarlII. in seinem
+harten Kampfe mit der whiggistischen Opposition untersttzt, deshalb
+hatte sie in der vordersten Reihe gegen Diejenigen gestanden, welche
+Jakob seines Geburtsrechtes berauben wollten! Ihrer Treue allein
+verdankte ihr Unterdrcker die Macht, die er jetzt zu ihrem Verderben
+anwendete. Lange genug hatten sie mit bitterem Schmerze die Leiden
+aufgezhlt, die sie von den Puritanern in den Tagen ihrer Macht hatten
+erdulden mssen. Der Puritaner war indessen einigermaen zu
+entschuldigen. Er war ein erklrter Feind, er hatte sich fr erlittenes
+Unrecht zu rchen und selbst er war nicht ganz ohne Mitleid gewesen, als
+er die Kirchenverfassung des Landes umgestaltete und Alle, die seinen
+Covenant nicht unterschreiben wollten, absetzte. Er hatte denen, die er
+ihrer Pfrnden beraubte, wenigstens so viel davon gelassen, als sie zu
+ihrem Lebensunterhalte nothwendig brauchten. Aber des Knigs Ha gegen
+die Kirche, die ihn vor der Verbannung bewahrt und auf den Thron erhoben
+hatte, war nicht so leicht zu sttigen. Nur der vllige Ruin seiner
+Opfer konnte ihn zufrieden stellen. Nicht genug, da sie aus ihren
+Wohnungen vertrieben und ihres Einkommens beraubt wurden, auch jede
+andre Laufbahn, auf der Mnner ihrer Art ihren Unterhalt suchen konnten,
+war ihnen mit raffinirter Bswilligkeit verschlossen und es blieb ihnen
+nichts Andres brig, als die unsichere und beschmende Hlfsquelle der
+ffentlichen Mildthtigkeit.
+
+Die anglikanische Geistlichkeit und diejenigen Laien, welche dem
+protestantischen Episcopat mit Liebe zugethan waren, betrachteten daher
+jetzt den Knig mit Gefhlen, wie sie eine durch Undank noch
+verschlimmerte Ungerechtigkeit nothwendig, erregen mu. Indessen hatte
+der Anglikaner noch immer viele Bedenken des Gewissens und der Ehre zu
+berwinden, ehe er sich zum gewaltsamen Widerstande gegen die Regierung
+entschlieen konnte. Man hatte ihn gelehrt, da das gttliche Gesetz
+passiven Gehorsam ohne Bedingung oder Ausnahme vorschreibe. Diese
+Ansicht hatte er laut und offen ausgesprochen und die Insinuation, da
+extreme Flle eintreten knnten, welche dem Volke das Recht gben, gegen
+knigliche Tyrannei das Schwert zu ziehen, mit Verachtung
+zurckgewiesen. Sowohl Grundsatz als Scham hielten ihn demnach ab, das
+Beispiel der rebellischen Rundkpfe nachzuahmen, so lange noch einige
+Hoffnung auf friedliche und gesetzmige Befreiung vorhanden war, und
+eine solche Hoffnung konnte man vernnftigerweise wohl hegen, so lange
+die Prinzessin von Oranien die nchste Thronerbin war. Wenn er diese
+Glaubensprfung geduldig berstand, so wrden die Gesetze der Natur bald
+das fr ihn thun, was er ohne Snde und Schande nicht selbst fr sich
+thun konnte. Die Bedrckungen der Kirche wurden dann abgestellt, ihr
+Eigenthum und ihre Wrde durch neue Brgschaften gesichert und die
+schndlichen Minister, die sie in Zeiten der Bedrngni gekrnkt und
+verhhnt hatten, wurden exemplarisch bestraft.
+
+
+[_Plne der jesuitischen Cabale in Bezug auf die Thronfolge._] An das
+Ereigni, von dem die anglikanische Kirche eine ehrenvolle und
+friedliche Erlsung von ihren Leiden erwartete, konnten auch die
+sorglosesten Mitglieder der jesuitischen Cabale nicht ohne qulende
+Besorgnisse denken. Wenn ihr Gebieter starb, ohne ihnen eine grere
+Sicherheit gegen die Strafgesetze zu hinterlassen als eine
+Indulgenzerklrung, welche die ganze Nation einstimmig fr null und
+nichtig erklrt hatte, wenn ein von dem nmlichen Geiste, welcher in den
+Parlamenten Karl'sII. vorgeherrscht, beseeltes Parlament sich um den
+Thron eines protestantischen Landesoberhauptes versammelte, war dann
+nicht vorauszusehen, da eine furchtbare Vergeltung ausgebt, da die
+alten Gesetze gegen den Papismus mit schonungsloser Strenge gehandhabt
+und da noch hrtere neue Gesetze dem Gesetzbuche einverleibt werden
+wrden? Von diesen schlimmen Befrchtungen wurden die bsen Rathgeber
+der Krone schon seit langer Zeit geqult, und einige von ihnen hatten
+sonderbare und verzweifelte Schutzmittel ersonnen. Jakob hatte den Thron
+kaum bestiegen, so begann man sich in Whitehall schon zuzuflstern, da,
+wenn die Prinzessin Anna katholisch werden wollte, es mit Hlfe Ludwig's
+vielleicht nicht unmglich sein wrde, das Geburtsrecht ihrer lteren
+Schwester auf sie zu bertragen. Bei der franzsischen Gesandtschaft
+fand diese Idee groen Beifall und Bonrepaux war der Meinung, da
+Jakob's Einwilligung nicht schwer zu erlangen sein werde.[23] Bald
+jedoch zeigte es sich deutlich, da Anna der Landeskirche
+unerschtterlich treu war. Der Gedanke, sie zur Knigin zu machen, wurde
+daher wieder aufgegeben. Dessenungeachtet nhrte ein kleines Huflein
+Fanatiker noch immer die khne Hoffnung, da es ihnen gelingen knne,
+die Thronfolgeordnung zu ndern. Der Plan dieser Mnner wurde in einem
+Entwurfe dargelegt, von dem noch eine schlechte franzsische bersetzung
+vorhanden ist. Es sei zu hoffen, sagten sie, da der Knig im Stande
+sein werde, den wahren Glauben zu befestigen, ohne zu extremen Mitteln
+zu greifen; im schlimmsten Fall aber knne er die Verfgung ber seine
+Krone Ludwig anheimstellen. Es sei fr die Englnder immer noch besser,
+wenn sie Vasallen Frankreichs wren, als Sklaven des Teufels.[24] Dieses
+hchst merkwrdige Actenstck ging unter den Jesuiten und Hflingen von
+Hand zu Hand, bis endlich einige ausgezeichnete Katholiken, in denen die
+Bigotterie noch nicht allen Patriotismus erstickt hatte, dem
+hollndischen Gesandten eine Abschrift anfertigten. Dieser zeigte den
+Aufsatz dem Knige, und Jakob erklrte denselben fr eine erbrmliche
+Flschung, die von einem hollndischen Pamphletschmierer ersonnen sein
+msse. Der hollndische Gesandte antwortete mit Entschiedenheit, da er
+durch das Zeugni mehrerer ausgezeichneter Mitglieder der eigenen Kirche
+Seiner Majestt das Gegentheil beweisen knne, ja da es sogar nicht
+schwer sein werde, den Verfasser ausfindig zu machen, welcher im Grunde
+nur das niedergeschrieben habe, wovon viele Priester und geschftige
+Politiker tglich in den Gallerien des Palastes sprchen. Der Knig
+hielt es nicht fr rathsam, nach dem Verfasser zu forschen, nahm den
+Vorwurf der Flschung zurck und versicherte mit groer Heftigkeit und
+Feierlichkeit, da es ihm nie in den Sinn gekommen sei, seine lteste
+Tochter zu enterben. Niemand, sagte er, hat es je gewagt, eine solche
+Idee gegen mich zu uern, und ich wrde auch nie darauf hren. Gott
+befiehlt uns nicht, die wahre Religion durch Ungerechtigkeit zu
+verbreiten, und dies wrde die emprendste, widernatrlichste
+Ungerechtigkeit sein.[25] Trotz aller dieser Betheuerungen meldete
+Barillon wenige Tage spter seinem Hofe, da Jakob angefangen habe, auf
+Einflsterungen in Betreff einer nderung der Thronfolgeordnung zu
+hren, da die Sache zwar sehr kitzlich sei, da man aber gegrndete
+Hoffnung habe, mit der Zeit und durch vorsichtiges Verfahren einen Weg
+zu finden, um die Krone mit Ausschlieung der beiden Prinzessinnen auf
+ein rmisch-katholisches Haupt zu bringen.[26] Dieser Plan wurde noch
+viele Monate von den heftigsten und berspanntesten Papisten am Hofe
+besprochen, und es wurden wirklich Candidaten fr den Knigsthron
+genannt.[27]
+
+ [Anmerkung 23: +Quand on connoit le dedans de cette cour aussi
+ intimement que je la connois, on peut croire que Sa Majest
+ Britannique donnera volontiers dans ces sortes de projets.+
+ Bonrepaux an Seignelay, 18.(28.) Mrz 1686.]
+
+ [Anmerkung 24: +Que, quand pour tablir la religion Catholique et
+ pour la confirmer icy, il+ (Jakob) +devroit se rendre en quelque
+ faon dpendant de la France, et mettre la dcision de la
+ succession la couronne entre les mains de ce monarque l, qu'il
+ seroit oblig de le faire, parcequ'il vaudroit mieux pour ses
+ sujets qu'ils devinssent vassaux du Roy de France, tant
+ Catholiques, que de demeurer comme esclaves du Diable.+ -- Dieses
+ Schriftstck befindet sich sowohl im franzsischen als auch im
+ hollndischen Archive.]
+
+ [Anmerkung 25: Citters, 6.(16.) u. 17.(27.) Aug.; Barillon,
+ 19.(29.) Aug.]
+
+ [Anmerkung 26: Barillon, 13.(23.) Sept. 1686. +La succession est
+ une matire fort dlicate traiter. Je sais pourtant qu'on en
+ parle au Roy d'Angleterre et qu'on ne dsespre pas avec le temps
+ de trouver des moyens pour faire passer la couronne sur la tte
+ d'un hritier Catholique.+]
+
+ [Anmerkung 27: Bonrepaux, 11.(21.) Juli 1687.]
+
+
+[_Jakob's und Tyrconnel's Plan, die Prinzessin von Oranien von der
+Erbfolge im Knigreich Irland auszuschlieen._] Es ist jedoch nicht
+wahrscheinlich, da Jakob jemals einen so unsinnigen Schritt zu thun
+beabsichtigte. Er mute wissen, da England nicht einen einzigen Tag das
+Joch eines Usurpators ertragen htte, der noch obendrein Papist war, und
+da sowohl Diejenigen, welche die Ausschlieungsbill untersttzt, als
+auch Die, welche sich ihr widersetzt hatten, jeden Versuch, die
+Prinzessin Marie bei Seite zu schieben, auf Leben und Tod bekmpft haben
+wrden. Dagegen unterliegt es keinem Zweifel, da der Knig bei einem
+minder unsinnigen, aber eben so unverantwortlichen Anschlage auf die
+Rechte seiner Kinder die Hand im Spiele hatte. Tyrconnel hatte im
+Einverstndni mit seinem Gebieter Anstalten getroffen, um Irland von
+dem Knigreiche zu trennen und es unter Ludwig's Protection zu stellen,
+sobald die Krone einem protestantischen Oberhaupte zufallen wrde.
+Bonrepaux war zu Rathe gezogen worden, hatte seinem Hofe den Plan
+mitgetheilt und die Weisung erhalten, Tyrconnel zu versichern, da
+Frankreich zur Ausfhrung dieser groartigen Idee krftigen Beistand
+leisten werde.[28] Diese Unterhandlungen, welche im Haag vielleicht
+nicht in ihrem ganzen Umfange genau bekannt waren, aber doch stark
+vermuthet wurden, drfen nicht auer Acht gelassen werden, wenn man sich
+ein richtiges Urtheil ber das Verfahren bilden will, das die Prinzessin
+von Oranien wenige Monate spter einschlug. Wer sie einer Verletzung der
+Kindespflicht beschuldigt, mu zugeben, da ihr Fehler durch das ihr
+zugefgte Unrecht wenigstens sehr gemildert wird. Wenn sie im Interesse
+ihres Glaubens die heiligsten Bande der Blutsverwandtschaft zerri, so
+folgte sie nur dem Beispiele ihres Vaters. Sie lieh erst dann die Hand
+zu seiner Absetzung, als er einen Anschlag zu ihrer Enterbung
+geschmiedet hatte.
+
+ [Anmerkung 28: Bonrepaux an Seignelay, 25. Aug. (4. Sept.) 1687.
+ Ich will eine Stelle aus dieser wichtigen Depesche hier anfhren.
+ +Je say bien certainement que l'intention du Roy d'Angleterre
+ est de faire perdre ce royaume+ (Irland) + son successeur, et de
+ le fortifier en sorte que tous ses sujets Catholiques y puissent
+ avoir un asile assur. Son projet est de mettre les choses en cet
+ estat dans le cours de cinq annes.+ -- In den +Secret Consults
+ of the Romish Party in Ireland, 1690+, findet sich eine Stelle,
+ aus welcher hervorgeht, da diese Unterhandlung nicht streng
+ geheim gehalten wurde. Obgleich der Knig es selbst vor seinen
+ Rthen verschwieg, so ist es doch gewi, da er dem franzsischen
+ Knig die Verfgung ber jene Regierung und jenes Knigreich
+ versprochen hat, sobald die Dinge so weit gediehen sein wrden,
+ da es sich thun liee.]
+
+
+[_Schwangerschaft der Knigin._] Bonrepaux war kaum davon
+benachrichtigt, da Ludwig beschlossen habe, Tyrconnel's Vorhaben zu
+untersttzen, so wurde jeder Gedanke an diesen Plan wieder aufgegeben.
+Jakob erblickte den ersten Schimmer einer Hoffnung, die ihn mit Stolz
+und Entzcken erfllte: die Knigin war schwanger.
+
+
+[_Allgemeiner Zweifel._] Gegen Ende October 1687 begann sich die groe
+Neuigkeit gerchtweise zu verbreiten. Man hatte bemerkt, da Ihre
+Majestt sich unter dem Vorwande der Unplichkeit von mehreren
+ffentlichen Feierlichkeiten fern gehalten. Es hie, da ihr eine Menge
+Reliquien, denen man eine auerordentliche Wirkung zuschrieb, umgehngt
+worden seien. Die Geschichte fand bald ihren Weg aus dem Palaste in die
+Kaffeehuser und verbreitete sich rasch durch das ganze Land. Nur sehr
+Wenige begrten das Gercht mit Freuden, der bei weitem grte Theil
+der Nation vernahm es mit einem Gemisch von Zweifel und Besorgni. Die
+Sache war jedoch keineswegs so unglaublich. Der Knig hatte eben erst
+sein vierundfnfzigstes Jahr vollendet und die Knigin stand im Sommer
+ihres Lebens. Sie hatte vier Kinder geboren, welche jung starben, und
+lange nachher wurde sie von einem fnften entbunden, das Niemand ein
+Interesse hatte als untergeschoben zu betrachten und das daher auch nie
+fr ein solches erklrt wurde. Da indessen seit dieser letzten
+Schwangerschaft fnf Jahre verstrichen waren, so hatte das Volk unter
+dem Einflusse der Tuschung, welche die Menschen so leicht verleitet,
+das zu glauben was sie wnschen, jede Besorgni, da sie noch einen
+Thronerben zur Welt bringen werde, aufgegeben. Auf der andren Seite
+schien nichts natrlicher und wahrscheinlicher, als da die Jesuiten
+einen frommen Betrug ersonnen haben knnten. Es unterlag keinem Zweifel,
+da sie die Thronbesteigung der Prinzessin von Oranien als einen der
+hrtesten Schlge betrachten muten, der ihre Kirche treffen konnte.
+Eben so gewi war es, da sie nicht sehr gewissenhaft in der Wahl der
+Mittel sein wrden, mit deren Hlfe sie ein so groes Unglck von ihrer
+Kirche abwenden konnten. In Werken von ausgezeichneten Mitgliedern ihrer
+Gesellschaft, welche von ihren Oberen sanctionirt waren, war es deutlich
+ausgesprochen, da selbst Mittel, welche allen Begriffen von
+Gerechtigkeit und Humanitt noch viel rger Hohn sprachen, als die
+Einschmuggelung eines unchten Erben in eine Familie, mit Fug und Recht
+zu minder wichtigen Zwecken angewendet werden drften, als die Bekehrung
+eines ketzerischen Knigreichs war. Es war ruchbar geworden, da einige
+Rthe des Knigs und sogar der Knig selbst Plne geschmiedet htten, um
+die Prinzessin Marie ganz oder theilweis um ihr rechtmiges Erbe zu
+betrgen. Es bemchtigte sich der ffentlichen Meinung ein Verdacht, der
+zwar nicht wohl begrndet, aber keineswegs so abgeschmackt war, als man
+gewhnlich glaubt, und die Unbesonnenheit einiger Katholiken bestrkte
+das allgemeine Vorurtheil. Sie sprachen von dem glcklichen Ereignisse
+wie von etwas Auerordentlichem und Wunderbaren, wie von einem Zeichen
+derselben gttlichen Allmacht, welche Sara durch Isaak stolz und
+glcklich machte und die Gebete Hanna's mit Samuel belohnte. Marien's
+Mtter, die Herzogin von Modena, war unlngst gestorben. Kurz vor ihrem
+Tode sollte sie mit inbrnstigen Gebeten und reichen Opfergaben die
+heilige Jungfrau von Loretto angefleht haben, da sie Jakob einen Sohn
+schenken mge. Der Knig selbst hatte im vergangenen August auf seiner
+Reise einen Abstecher nach der sogenannten heiligen Quelle gemacht und
+dort die heilige Winifreda gebeten, da sie ihm das Geschenk verschaffen
+mge, ohne welches seine groen Plne zur Verbreitung des wahren
+Glaubens nur unvollkommen ausgefhrt werden knnten. Die unbesonnenen
+Zeloten, die auf solche Geschichten ein groes Gewicht legten,
+prophezeiten mit Zuversicht, da das ungeborne Kind ein Knabe sein werde
+und boten darauf eine Wette von zwanzig Guineen gegen eine an. Sie
+meinten, der Himmel werde sich nicht in's Mittel gelegt haben, wenn er
+nicht einen groen Zweck dabei htte. Ein Fanatiker verkndete sogar,
+die Knigin werde Zwillinge gebren, von denen der ltere Knig von
+England, der jngere Papst werden wrde. Marie konnte das Vergngen, mit
+dem sie diese Prophezeiungen anhrte, nicht verbergen, und ihre Hofdamen
+sahen, da sie sich nicht besser bei ihr insinuiren knnten, als wenn
+sie davon sprachen. Die Katholiken wrden klger gethan haben, wenn sie
+von der Schwangerschaft als von einem ganz natrlichen Ereignisse
+gesprochen und ihr unverhofftes Glck mit mehr Migung getragen htten.
+Ihr bermthiger Triumph erregte nur den Unwillen des Volks und ihre
+Prophezeiungen bestrkten es in seinem Verdacht. Von dem Prinzen und der
+Prinzessin von Dnemark herab bis zu den Lasttrgern und Waschweibern
+erwhnte Niemand die verheiene Geburt ohne ein hhnisches Lcheln. Die
+londoner Spottvgel beschrieben das neue Wunder in Reimen, die, wie man
+leicht denken kann, nicht eben die zartesten waren. Die ungeschliffenen
+Landsquires brachen in ein schallendes Gelchter aus, wenn sie mit
+Jemandem zusammentrafen, der so einfltig war zu glauben, da die
+Knigin wirklich noch einmal Mutter werden wrde. Es erschien eine
+knigliche Verordnung, welche der Geistlichkeit befahl, ein von Crewe
+und Sprat fr dieses freudige Ereigni besonders verfates Bitt- und
+Dankgebet zu verlesen. Die Geistlichen gehorchten, aber man bemerkte,
+da die Gemeinden nicht respondirten und kein Zeichen von Ehrerbietung
+uerten. Bald circulirte in allen Kaffeehusern ein rohes Spottgedicht
+auf die hfischen Prlaten, deren Feder sich der Knig bedient hatte.
+Mutter East (Ost) war darin ebenfalls reichlich mit Schmhungen bedacht.
+Zu diesem einheimischen einsilbigen Wrtchen hatten unsere Vorfahren den
+Namen des groen Hauses Este, welches in Modena regierte,
+verstmmelt.[29]
+
+Die neue Hoffnung, welche den Muth des Knigs so sehr hob, war indessen
+mit mancherlei Besorgnissen vermischt. Es bedurfte noch etwas mehr als
+die Geburt eines Prinzen von Wales zum Gelingen der von der
+Jesuitenpartei entworfenen Plne. Es war nicht anzunehmen, da Jakob so
+lange lebte, bis sein Sohn das zur Ausbung der kniglichen Functionen
+erforderliche Alter erreicht hatte. Das Gesetz hatte den Fall eines
+minderjhrigen Thronerben nicht vorgesehen, und der regierende
+Landesherr war nicht berechtigt, fr diesen Fall eine testamentarische
+Verfgung zu treffen. Die gesetzgebende Versammlung allein konnte die
+Lcke ausfllen. Starb Jakob, bevor Letzteres geschehen war, und
+hinterlie er einen Nachfolger von zarter Jugend, so mute die hchste
+Gewalt unfehlbar protestantischen Hnden zufallen. Selbst diejenigen
+Tories, welche am festesten an dem Grundsatze hingen, da nichts sie zum
+Widerstande gegen ihren Lehnsherrn berechtigen knne, wrden gewi kein
+Bedenken getragen haben, das Schwert gegen ein papistisches Weib zu
+ziehen, die es gewagt htte, sich die Vormundschaft ber das Reich und
+ber den jugendlichen Souverain anzumaen. Der Ausgang eines Kampfes
+konnte kaum zweifelhaft sein. Der Prinz von Oranien oder seine Gemahlin
+wurde Regent und der junge Knig kam in die Hnde ketzerischer Lehrer,
+deren Kunstgriffe die Eindrcke, welche sein Gemth in der Kinderstube
+empfangen hatte, jedenfalls bald verwischten. Er konnte ein zweiter
+EduardVI. werden und der durch die Frsprache der Mutter Gottes und der
+heiligen Winifreda erlangte Segen konnte sich in Fluch verwandeln.[30]
+Gegen eine solche Gefahr konnte nur eine Parlamentsacte schtzen, und
+eine solche Acte war nicht leicht zu erlangen.
+
+ [Anmerkung 29: Citters, 28. Oct. (7. Nov.), 22. Nov. (2. Dec.)
+ 1687; die Prinzessin Anna an die Prinzessin von Oranien, 14. u.
+ 20. Mrz 1687/8; Barillon, 1.(11.) Dec. 1687; +Revolution
+ Politics+; das Gedicht: +Two Toms and a Nat+; Johnstone, 4.
+ April 1688; +Secret Consults of the Romish Party in Ireland,
+ 1690+.]
+
+ [Anmerkung 30: Die Besorgnisse des Knigs ber diesen Punkt werden
+ von Ronquillo in einer Depesche vom 12.(22.) Dec. 1688 mit starken
+ Farben geschildert: +Un Principe de Vales y un Dogue de York y
+ otro di Lochaosterna+ (vermuthlich Lancaster), +no bastan, a
+ reducir la gente; porque el Rey tiene 54 aos, y vendr morir,
+ dejando los hijos pequeos, y que entonces el reyno se apoderar
+ dellos, y los nombrar tutor, y los educar en la religion
+ protestante, contra la disposicion que dejare el Rey, y la
+ autoridad de la Reyna.+]
+
+
+[_Stimmung der Wahlkrper und der Peers._] Es schien Alles anzudeuten,
+da, wenn die Huser einberufen werden sollten, sie von dem Geiste von
+1640 beseelt nach Westminster kommen wrden. Das Resultat der
+Grafschaftswahlen konnte kaum zweifelhaft sein. Die ganze Masse der
+Grundeigenthmer, hohe und niedere, geistlichen und weltlichen Standes,
+waren gegen die Regierung heftig aufgebracht. In der groen Mehrzahl
+derjenigen Stdte, wo das Stimmrecht von der Entrichtung rtlicher
+Steuern oder von dem Besitze eines Grundstcks abhngig war, htte sich
+kein hfisch gesinnter Kandidat blicken lassen drfen. Ein sehr groer
+Theil des Unterhauses wurde von Mitgliedern von Municipalcorporationen
+gewhlt. Diese Corporationen waren unlngst reorganisirt worden, um den
+Einflu der Whigs und der Dissenters zu zerstren, mehr als hundert
+Wahlkrper waren durch der Krone ergebene Gerichtshfe ihrer Freibriefe
+beraubt oder doch veranlat worden, einer gewaltsamen Entziehung ihrer
+Privilegien durch freiwilliges Aufgeben derselben zuvorzukommen. Jeder
+Mayor, jeder Alderman, jeder Stadtschreiber von Berwick bis Helstone war
+Tory und Anglikaner; aber Tories und Anglikaner waren jetzt dem
+Souverain nicht mehr ergeben. Die neuen Municipalbehrden waren noch
+unlenksamer als die frheren je gewesen waren, und sie whlten ohne
+allen Zweifel solche Abgeordnete, deren erster parlamentarischer Act
+eine Anklage gegen alle papistischen Geheimrthe und gegen alle
+Mitglieder der Hohen Commission war.
+
+Bei den Lords waren die Aussichten fast eben so trbe als bei den
+Gemeinen. Es unterlag keinem Zweifel, da die groe Mehrzahl der
+weltlichen Peers gegen die Maregeln des Knigs sein wrden, und auf der
+Bischofsbank, welche ihn vor sieben Jahren einstimmig gegen Diejenigen
+untersttzt hatte, die ihn seines Geburtsrechtes berauben wollten,
+konnte er nur auf den Beistand von vier oder fnf servilen Schmeichlern
+rechnen, die von ihren Berufsgenossen wie von der ganzen Nation
+verachtet wurden.[31]
+
+Jedem, den die Leidenschaft nicht gnzlich verblendete, muten diese
+Hindernisse unbersteiglich erscheinen. Die gewissenlosesten Sklaven der
+Gewalt lieen Zeichen von Besorgni laut werden. Dryden uerte, der
+Knig werde durch seinen Versuch, die Sache besser zu machen, sie nur
+verschlimmern, und er sehnte sich zurck nach den goldenen Tagen des
+sorglosen und gutmthigen Karl.[32] Selbst Jeffreys wurde schwankend. So
+lange er arm war, war er stets bereit gewesen, um des Gewinns willen dem
+bsen Leumunde und dem ffentlichen Hasse zu trotzen; aber er hatte sich
+jetzt durch Bestechlichkeit und Erpressungen groe Reichthmer erworben,
+und es lag ihm mehr daran, sich den Besitz derselben zu sichern, als sie
+noch zu vermehren. Seine Lauheit zog ihm einen strengen Verweis aus
+kniglichem Munde zu. Aus Furcht, das groe Siegel zu verlieren,
+versprach er Alles was von ihm verlangt wurde; Barillon aber bemerkte in
+seinem hierauf bezglichen Berichte an Ludwig, da der Knig von England
+sich selbst auf Diejenigen, die etwas zu verlieren htten, nicht mehr
+verlassen knne.[33]
+
+ [Anmerkung 31: Drei damals entworfene Stimmlisten sind noch
+ vorhanden; eine befindet sich in den franzsischen Archiven, die
+ beiden anderen in den Archiven der Familie Portland. In diese
+ Listen sind die Peers unter drei Rubriken eingetragen: Fr
+ Aufhebung des Testes, gegen die Aufhebung, und zweifelhaft. Nach
+ der einen Liste waren 31 fr, 86 gegen und 20 zweifelhaft; nach
+ der zweiten 33 fr, 87 gegen und 19 zweifelhaft; nach der dritten
+ 35 fr, 92 gegen und 10 zweifelhaft. Abschriften der drei Listen
+ befinden sich unter den Mackintosh-Manuscripten.]
+
+ [Anmerkung 32: Im Britischen Museum befindet sich ein Brief von
+ Dryden an Etherege vom Februar 1688. Ich entsinne mich nicht, ihn
+ gedruckt gesehen zu haben. Ach, sagt Dryden, mchte doch unser
+ Knig durch sein eignes Beispiel zu edler Mue aufmuntern, wie
+ sein Vorgnger hochseligen Andenkens es that. Mich dnkt er wird
+ mit all' seinem Geschftseifer die Angelegenheiten nicht
+ frdern.]
+
+ [Anmerkung 33: Barillon, 29. Aug. (8. Sept.) 1687.]
+
+
+[_Jakob beschliet, ein bestochenes Parlament zusammenzusetzen._] Trotz
+alledem beschlo Jakob, seinen Weg beharrlich zu verfolgen. Die
+Zustimmung eines freien und gesetzlichen Parlaments zu erlangen, war
+offenbar unmglich; aber nicht ganz unmglich war es, durch Bestechung,
+Einschchterung, gewaltthtige Anwendung der Prrogative und
+betrgerische Rechtsverdrehungen eine Versammlung zu Stande zu bringen,
+die sich ein Parlament nennen konnte und bereit war, jeden Befehl des
+Souverains als Gesetz zu registriren. Es muten Wahlbeamte ernannt
+werden, die den geringsten Vorwand benutzten, um Freunde des Knigs fr
+rechtsgltig gewhlt zu erklren. Jedem Angestellten, von den hchsten
+bis zu den niedrigsten, mute zu verstehen gegeben werden, da, wenn er
+sein Amt behalten wolle, er diesmal den Thron durch seine Stimme und
+seinen Einflu untersttzen msse. Zu gleicher Zeit mute die Hohe
+Commission ein scharfes Auge auf die Geistlichkeit haben. Die Wahlorte,
+welche erst krzlich reorganisirt worden waren, um dem einen Zwecke zu
+dienen, konnten noch einmal umgestaltet werden, um einem andren zu
+dienen. Auf diese Weise hoffte der Knig im Hause der Gemeinen eine
+Majoritt zu erlangen. Das Oberhaus war dann ganz in seiner Gewalt, denn
+er hatte das unbestrittene gesetzliche Recht, Peers nach seinem
+Gutdnken zu ernennen, und er war fest entschlossen, von diesem Rechte
+Gebrauch zu machen. Er wnschte zwar nicht, was auch kein Souverain
+wnschen kann, die hchste Ehrenbezeigung, welche die Krone zu verleihen
+vermag, werthlos zu machen; aber er schmeichelte sich mit der Hoffnung,
+da es ihm durch Einberufung einiger nchster Erben in die Versammlung,
+in der sie doch frher oder spter einmal ihren Sitz einnehmen muten,
+und durch Verleihung englischer Adelstitel an schottische und irische
+Lords gelingen werde, sich eine Majoritt zu sichern; ohne so viele
+Leute in den Adelsstand erheben zu mssen, da dadurch die Adelskrone
+und der Hermelin an Ansehen verloren. Indessen hatte er sich
+vorgenommen, im Nothfall auch zu den uersten Mitteln zu greifen. Als
+in einer zahlreichen Gesellschaft einmal die Meinung ausgesprochen
+wurde, da sich die Peers unfgsam zeigen wrden, sagte Sunderland zu
+Churchill: Wie einfltig! Ihre Garde wird vor dem Hause der Lords
+stehen.[34]
+
+Nachdem Jakob beschlossen hatte, ein corrumpirtes Parlament
+zusammenzubringen, ging er energisch und planmig an die Ausfhrung. Es
+erschien in der Gazette eine Proklamation, welche ankndigte, da der
+Knig sich entschlossen habe, die Bestallungen der Friedensrichter und
+der Grafschaftsstatthalter einer Revision zu unterwerfen und da nur
+diejenigen Gentlemen im Staatsdienste bleiben sollten, welche geneigt
+waren, seine Politik zu untersttzen[35]. Ein Ausschu von sieben
+Geheimrthen sa in Whitehall, um, wie man sich ausdrckte, die
+Municipalkrperschaften zu reguliren. In diesem Ausschusse vertrat
+Jeffreys allein das protestantische, Powis das gemigte katholische
+Interesse. Alle anderen Mitglieder gehrten der jesuitischen Faction an.
+Unter ihnen befand sich auch Petre, der in den Geheimen Rath vereidigt
+worden war. Seine Ernennung war bis zum factischen Antritt dieser
+Function vor Jedermann, mit alleiniger Ausnahme Sunderland's, sorgfltig
+geheim gehalten worden. Der ffentliche Unwille ber diese abermalige
+Verletzung des Gesetzes uerte sich laut, und man bemerkte, da die
+Katholiken sie noch rcksichtsloser tadelten als die Protestanten. Der
+eitle und ehrgeizige Jesuit war jetzt beauftragt, die Hlfte der
+Wahlkrper des Reichs aufzulsen und neu zu organisiren.
+
+ [Anmerkung 34: Lord Bradford, welcher anwesend war, erzhlte dies
+ Dartmouth; Note zu Burnet I. 755.]
+
+ [Anmerkung 35: +London Gazette, Dec. 12, 1687+.]
+
+
+[_Die Regulatoren._] Unter der Oberleitung des Ausschusses der
+Geheimrthe stand ein aus thtigen Agenten untergeordneten Ranges
+gebildeter Unterausschu, der die Einzelheiten des Geschfts zu
+besorgen hatte, und im ganzen Lande waren rtliche Ausschsse von
+Regulatoren errichtet, welche mit dem Centralcomit in Westminster
+correspondirten.[36]
+
+Die Personen, auf deren Untersttzung Jakob bei diesem neuen
+und schwierigen Unternehmen hauptschlich rechnete, waren die
+Lordlieutenants. Sie erhielten smmtlich den schriftlichen Befehl, sich
+unverweilt in ihre respectiven Grafschaften zu begeben. Dort sollten sie
+alle ihre Stellvertreter und Friedensrichter vor sich laden und ihnen
+eine Reihe Fragen vorlegen, um zu erfahren, wie sie sich bei einer
+allgemeinen Wahl verhalten wrden. Die Antworten sollten sie
+niederschreiben und der Regierung einsenden. Ferner sollten sie ein
+Verzeichni derjenigen Katholiken und protestantischen Dissenters
+anfertigen, welche fr die Richterbank und fr die Commandos in der
+Miliz am geeignetsten erschienen. Auch sollten sie die Stimmung aller
+Wahlorte der Grafschaft untersuchen und Berichte darber einsenden,
+welche den Regulatoren bei ihrer Arbeit als Leitfaden dienen konnten.
+Schlielich war ihnen bedeutet, da sie alle diese Pflichten in Person
+zu vollziehen htten und keine Stellvertreter mit der Ausfhrung
+beauftragen drften.[37]
+
+ [Anmerkung 36: Bonrepaux an Seignelay, 14.(24.) Nov.; Citters,
+ 15.(25.) Nov.; +Lords' Journals, Dec. 20. 1689+.]
+
+ [Anmerkung 37: Citters, 28. Oct. (7. Nov.) 1687.]
+
+
+[_Entlassung vieler Lordlieutenants._] Der erste Eindruck, den diese
+Befehle machten, wrde einen weniger verblendeten Frsten als Jakob
+sofort zur Besinnung gebracht haben. Die Hlfte der Lordlieutenants von
+England verweigerten auf das Bestimmteste den gehssigen Dienst, den man
+von ihnen verlangte. Sie wurden auf der Stelle entlassen. Alle, welche
+diese ihnen zum Ruhme gereichende Ungnade traf, waren hochangesehene
+Peers, welche bisher als feste Sttzen der Monarchie gegolten hatten.
+Einige Namen der Liste verdienen besondere Erwhnung.
+
+
+[_Der Earl von Oxford._] Der vornehmste Unterthan von England und, wie
+die Englnder gern sagten, von ganz Europa, war Aubray de Vere, der
+zwanzigste und letzte der alten Earls von Oxford. Sein Adelstitel
+schrieb sich durch eine ununterbrochene Reihenfolge mnnlicher Ahnen aus
+einer Zeit her, wo die Familien Howard und Seymour noch unbekannt waren,
+wo die Nevilles und die Percy erst eine provinzielle Berhmtheit hatten
+und wo selbst der groe Name Plantagenet in England noch nicht gehrt
+worden war. Ein Oberhaupt des Hauses de Vere hatte bei Hastings ein
+hohes Commando bekleidet, ein Andrer war mit Gottfried und Tancred ber
+Haufen erschlagener Moslems nach dem Grabe Jesu Christi gezogen. Der
+erste Earl von Oxford war Minister Heinrich Beauclerc's gewesen; der
+dritte hatte sich unter den Lords ausgezeichnet, welche von Johann die
+Magna Charta erpreten; der siebente hatte bei Cressy und Poitiers
+tapfer gefochten; der dreizehnte war unter vielen Glckswechseln das
+Oberhaupt der Partei der Rothen Rose gewesen und hatte in der
+entscheidenden Schlacht von Bosworth die Vorhut angefhrt; der
+siebzehnte hatte am Hofe der Knigin Elisabeth geglnzt und sich einen
+ehrenvollen Platz unter den lteren Meistern der englischen Dichtkunst
+erworben; der neunzehnte war im Kampfe fr den protestantischen Glauben
+und fr die Freiheit Europa's unter den Mauern von Mastricht gefallen.
+Sein Sohn Aubray, mit welchem der lteste und erlauchteste Adelsstamm,
+den England je gesehen, erlosch, ein Mann von lockeren Sitten, aber von
+harmlosem Charakter und artigen Manieren, war Lordlieutenant von Essex
+und Oberst der Blauen. Er war von Natur nicht widersetzlich und es lag
+in seinem Interesse, einen Bruch mit dem Hofe zu vermeiden, denn seine
+Gter waren mit Schulden belastet und sein Commando ein sehr
+eintrgliches. Er wurde in das knigliche Kabinet beschieden und eine
+bndige Erklrung ber seine Gesinnungen von ihm verlangt. Sire,
+antwortete Oxford, ich werde bis zum letzten Blutstropfen gegen alle
+Feinde zu Eurer Majestt stehen; aber dies ist eine Gewissenssache, in
+der ich Ihnen nicht willfahren kann. Er wurde augenblicklich seiner
+Statthalterschaft und seines Commando's entsetzt.[38]
+
+ [Anmerkung 38: +Halstead's Succinct Genealogy of the Family of
+ Vere, 1685+; +Collins's Historical Collections+. Siehe auch in den
+ +Lords' Journals+ und in +Jones's Reports+ den Proze wegen des
+ Earlthums Oxford im Mrz und April 1625/26. Die Einleitung der
+ Rede des Lordoberrichters Crew gehrt zu den glnzendsten Proben
+ der altenglischen Beredtsamkeit. Citters, 7.(17.) Febr. 1688.]
+
+
+[_Der Earl von Shrewsbury._] Dem Hause de Vere, aber auch nur diesem,
+stand an Alter und Glanz das Haus Talbot nach. Seit der Regierung
+Eduard's III. hatten die Talbot stets unter den Peers des Reichs
+gesessen. Das Earlthum Shrewsbury war im funfzehnten Jahrhundert Johann
+Talbot, dem Gegner der Jungfrau von Orleans, verliehen worden. Seine
+Landsleute hatten seiner noch lange in Liebe und Verehrung als eines der
+berhmtesten Krieger gedacht, welche auf dem europischen Festlande ein
+groes englisches Reich zu grnden versuchten. Der unerschtterliche
+Muth, den er im Unglck gezeigt, hatten ihn zum Gegenstande einer
+greren Theilnahme gemacht als glcklichere Feldherren sie erweckt
+haben, und sein Tod lieferte unsrer lteren Bhne den Stoff zu einer
+ungemein ergreifenden Scene. Seine Nachkommen waren zwei Jahrhunderte
+lang ein blhendes und ehrenvolles Geschlecht. Zur Zeit der Restauration
+war Franz, der elfte Earl, ein Katholik, das Oberhaupt der Familie. Sein
+Tod war von Umstnden begleitet gewesen, die selbst in jenen zgellosen
+Zeiten, welche unmittelbar auf den Sturz der puritanischen Partei
+folgten, Abscheu und Mitleid erweckt hatten. Der Herzog von Buckingham
+war im Laufe seiner leichtfertigen Liebeshndel einen Augenblick von der
+Grfin von Shrewsbury angezogen worden. Sie wurde leicht erobert. Ihr
+Gemahl forderte den Verfhrer zum Zweikampfe und fiel. Einige sagten,
+das pflichtvergessene Weib habe den Zweikampf in mnnlicher Verkleidung
+mit angesehen. Andere wollten sogar wissen, sie habe den siegreichen
+Geliebten ans Herz gedrckt, whrend sein Hemd noch vom Blute ihres
+Gatten gerthet war. Die Titel des Ermordeten gingen auf seinen
+unmndigen Sohn Karl ber. Als der verwaiste Jngling zum Manne
+heranwuchs, ward es allgemein anerkannt, da kein andrer junger Adeliger
+Englands von der Natur so reich begabt sei. Er besa ein einnehmendes
+uere, einen ungemein sanften Character und einen solchen Schatz von
+Talenten, da er, selbst wenn er in einem niederen Stande geboren
+gewesen wre, sich ohne Zweifel zu einer hohen Stellung im Staate
+emporgeschwungen haben wrde. Alle diese natrlichen Vorzge hatte er so
+gut angewendet, da er schon vor seiner Volljhrigkeit fr einen der
+feinsten und kenntnireichsten Gentlemen seiner Zeit galt. Fr seine
+Gelehrsamkeit sprechen die noch vorhandenen eigenhndigen Anmerkungen
+von ihm zu Werken aus fast allen Zweigen der Literatur. Er sprach
+Franzsisch wie ein Kammerherr des Knigs Ludwig und Italienisch wie ein
+Florentiner. Es war wohl natrlich, da ein Jngling von solchen Gaben
+nach den Grnden forschte, aus denen seine Familie sich der
+Staatsreligion nicht angeschlossen hatte. Er studirte sorgfltig die
+Streitpunkte, theilte seine Zweifel Priestern seines eignen Glaubens
+mit, legte deren Antworten Tillotson vor, erwog lange und aufmerksam die
+beiderseitigen Grnde und erklrte sich nach einer zweijhrigen genauen
+Untersuchung zum Protestanten. Die anglikanische Kirche nahm den
+erlauchten Convertiten freudig in ihren Schoo auf. Er geno einer
+groen Popularitt, und diese nahm zu, als man erfuhr, da der Knig
+umsonst Bitten und Versprechungen an ihn verschwendet hatte, um ihn zu
+dem Irrglauben zurckzufhren, den er abgeschworen. Der Character des
+jungen Mannes entwickelte sich jedoch nicht in einer Weise, welche
+Diejenigen, die an seiner Bekehrung den hauptschlichsten Antheil
+hatten, vollkommen befriedigte. Seine Sittlichkeit entging der
+allgemeinen Ansteckung der modischen Ausschweifungen nicht. Der Sto,
+der seine Jugendvorurtheile zerstrt, hatte zu gleicher Zeit alle seine
+berzeugungen erschttert und ihn der schwankenden Leitung seiner
+Gefhle preisgegeben. Aber wenn auch seine Grundstze ihren Halt
+verloren hatten, so waren doch die Triebfedern seines Handelns so edel,
+sein Gemth so sanft, sein Benehmen so freundlich und gewinnend, da es
+unmglich war, ihn nicht zu lieben. Er wurde schon frhzeitig der Knig
+der Herzen genannt und verlor in seinem langen, ereignivollen und
+bewegten Leben nie das Recht auf diese Bezeichnung.[39]
+
+Shrewsbury war Lordlieutenant von Staffordshire und Oberst eines der
+Kavallerieregimenter, die in Folge des Aufstandes im Westen errichtet
+worden waren. Er weigerte sich jetzt, seine Thtigkeit durch die
+Regulatoren bestimmen zu lassen und wurde deshalb seiner beiden Stellen
+entsetzt.
+
+ [Anmerkung 39: +Coxe's Shrewsbury Correspondence+; +Mackay's
+ Memoirs+; +Life of Charles Duke of Shrewsbury, 1718+; +Burnet, I.
+ 762+; +Birch's Life of Tillotson.+ In letzterem Werke findet der
+ Leser einen Brief von Tillotson an Shrewsbury, der meiner Ansicht
+ nach ein Muster von ernstem, freundschaftlichem und
+ rcksichtvollem Tadel ist.]
+
+
+[_Der Earl von Dorset._] Kein englischer Adeliger erfreute sich der
+Volksgunst in einem reicheren Mae als Karl Sackville, Earl von Dorset.
+Er war in der That ein merkwrdiger Mann. In seiner Jugend war er einer
+der bekanntesten Wstlinge der zgellosen Zeit gewesen, welche auf die
+Restauration folgte. Er war der Schrecken der londoner Nachtwchter,
+hatte manche Nacht auf der Wache zubringen mssen und zum mindesten
+einmal eine Zelle in Newgate bewohnt. Seine Liebe zu Betty Morrice und
+zu Lorchen Gwynn, die ihn ihren KarlI. zu nennen pflegte, hatte der
+Stadt nicht wenig Stoff zur Unterhaltung und zum rgerni gegeben.[40]
+Doch bei all' seinen Thorheiten und Lastern hatte er sich durch
+hochherzigen Muth, durch scharfen Verstand und durch natrliche
+Herzensgte ausgezeichnet. Die Leute meinten, die Ausschweifungen, denen
+er sich hingbe, theile er mit dem ganzen Geschlechte der lebenslustigen
+jungen Kavaliere, aber sein Mitgefhl fr die Leiden der Menschheit und
+die Gromuth, mit der er diejenigen, welche durch seine muthwilligen
+Streiche verletzt wurden, zu entschdigen suchte, sei nur ihm allein
+eigen. Seine Freunde wunderten sich darber, da das Publikum zwischen
+ihm und ihnen einen Unterschied machte. Der kann thun was er will,
+sagte Wilmot; ihm geschieht nie etwas. Das Urtheil der Welt ber
+Dorset gestaltete sich noch gnstiger, als er mit den Jahren und in der
+Ehe gesetzter wurde. Jedermann pries seine herablassenden Manieren,
+seine geistreiche Unterhaltung, sein weiches Gemth und seine
+Freigebigkeit. Man sagte es vergehe kein Tag, ohne da eine bedrngte
+Familie Ursache habe, seinen Namen zu segnen. Und doch war bei aller
+seiner Herzensgte sein Witz so beiend, da Sptter, deren Sarkasmus
+die ganze Stadt frchtete, vor dem Sarkasmus Dorset's zitterten. Alle
+politischen Parteien achteten und liebten ihn; ihm selbst aber behagte
+die Politik berhaupt nicht sonderlich. Htte ihn die Nothwendigkeit zu
+Anstrengungen gespornt, so wrde er wahrscheinlich zu den hchsten
+Posten im Staate gestiegen sein; aber er nahm schon durch seine Geburt
+einen so hohen Rang ein und war dabei so reich, da ihm viele
+Beweggrnde fehlten, welche die Menschen antreiben, sich mit den
+ffentlichen Angelegenheiten zu befassen. Er nahm gerade nur so viel
+Theil an parlamentarischen und diplomatischen Geschften, als
+hinreichte, um zu beweisen, da ihm nichts weiter fehlte als die Lust
+dazu, um mit Danby und Sunderland zu rivalisiren, und richtete seine
+Thtigkeit auf Bestrebungen, die ihm besser zusagten. Gleich vielen
+anderen Mnnern, welche mit groen natrlichen Fhigkeiten eine
+angeborne und gewohnheitsmige Indolenz verbinden, wurde er ein
+geistiger Genumensch und ein Meister in allen unterhaltenden Zweigen
+des Wissens, die man sich ohne ernstes Studium aneignen kann. Er war
+anerkanntermaen der beste Richter in der Malerei, der Sculptur, der
+Baukunst und der Schauspielerkunst, den der Hof aufzuweisen hatte. In
+Angelegenheiten der schnen Knste und Wissenschaften galt sein Urtheil
+in allen Kaffeehusern fr unwiderruflich magebend. Mehr als ein
+hbsches Theaterstck, das bei der ersten Auffhrung durchfiel, wurde
+lediglich durch seine Autoritt gegen das Geschrei des ganzen Parterres
+siegreich vertheidigt und bestand mit glcklichem Erfolge die zweite
+Probe. St. Evremond und Lafontaine rhmten die feine Eleganz seines
+franzsischen Styls. Noch nie hatte England einen solchen Gnner der
+Literatur gehabt. Er bte seine Freigebigkeit mit eben so richtiger
+Einsicht als liberaler Unparteilichkeit, keine Secte oder Faction wurde
+dabei von ihm bevorzugt. Geniale Mnner, welche durch literarische
+Eifersucht oder durch Verschiedenheit ihrer politischen Meinung einander
+entfremdet waren, stimmten in der Anerkennung seiner unparteiischen Gte
+berein. Dryden gestand, da Dorset's frstliche Freigebigkeit ihn vom
+Untergange gerettet habe. Und dennoch wurden Montague und Prior, welche
+Dryden durch beiende Satiren getadelt hatten, von Dorset ins
+ffentliche Leben eingefhrt, und das beste Lustspiel von Dryden's
+Todfeind, Shadwell, war auf Dorset's Landsitze geschrieben. Htte der
+freigebige Earl sonst gewollt, so htte er sehr gut mit Denen
+rivalisiren knnen, deren Wohlthter er zu sein sich begngte, denn die
+Verse, die er gelegentlich dichtete, zeigen bei aller unknstlerischen
+Form Spuren eines angebornen Genies, das bei sorgfltiger Pflege Groes
+htte schaffen knnen. In dem kleinen Bande seiner Werke finden sich
+Lieder, welche die ungezwungene Lebendigkeit Suckling's besitzen, und
+kleine Satiren, deren glnzender Humor dem eines Butler nicht
+nachsteht.[41]
+
+Dorset war Lordlieutenant von Sussex und auf Sussex blickten die
+Regulatoren mit besonders ngstlicher Spannung, denn in keiner andren
+Grafschaft, Cornwall und Wiltshire ausgenommen, befanden sich so viele
+kleine Wahlorte. Er erhielt Befehl, sich auf seinen Posten zu begeben.
+Keiner von Denen, die ihn kannten, erwartete, da er gehorchen werde. Er
+gab eine Antwort, wie sie sich fr ihn ziemte, und wurde bedeutet, da
+man seiner Dienste nicht mehr bedrfe. Das allgemeine Interesse, das er
+seinen vielen edlen und liebenswrdigen Eigenschaften verdankte, wurde
+nicht wenig erhht, als man erfuhr, da er durch die Post einen anonymen
+Brief erhalten hatte, worin ihm angekndigt wurde, da, wenn er sich
+nicht sofort den Wnschen des Knigs fge, ihn all' sein Geist und seine
+Popularitt nicht vor der Ermordung schtzen werde. Eine hnliche
+Warnung erhielt auch Shrewsbury. Drohbriefe waren damals viel seltener
+als sie es spterhin geworden sind, und man kann sich daher nicht
+darber wundern, da das ohnehin schon aufgeregte Volk zu dem Glauben
+geneigt war, die besten und edelsten Englnder seien wirklich fr
+papistische Dolche ausersehen.[42] Gerade zu der Zeit, als diese Briefe
+in ganz London das Tagesgesprch bildeten, wurde der verstmmelte
+Leichnam eines angesehenen Puritaners auf der Strae gefunden. Es zeigte
+sich indessen bald, da der Mrder die That nicht aus religisen oder
+politischen Beweggrnden verbt hatte. Aber der erste Verdacht des
+gemeinen Volkes fiel auf die Papisten. Die verstmmelten berreste des
+Ermordeten wurden in feierlicher Prozession nach dem Jesuitencollegium
+im Savoy getragen und einige Stunden lang war die Furcht und Wuth der
+Menge kaum weniger heftig als an dem Tage, wo Godfrey zu Grabe getragen
+ward.[43]
+
+Mit den brigen Entlassungen mu ich mich krzer fassen. Der Herzog von
+Somerset, dem vor einigen Monaten schon sein Regiment wieder abgenommen
+worden war, wurde nun auch seiner Stelle als Lordlieutenant des
+Ostbezirks[44] von Yorkshire enthoben. Die Statthalterschaft des
+Nordbezirks verlor der Viscount Fauconberg, die von Shropshire der
+Viscount Newark und die von Lancashire der Earl von Derby, der Enkel des
+tapferen Kavaliers, der auf dem Schlachtfelde sowohl als auf dem
+Schaffot fr das Haus Stuart dem Tode so muthig ins Auge geblickt hatte.
+Der Earl von Pembroke, der unlngst der Krone gegen Monmouth treu und
+tapfer gedient hatte, wurde in Wiltshire, der Earl von Rutland in
+Leicestershire, der Earl von Bridgewater in Buckinghamshire, der Earl
+von Thanet in Cumberland, der Earl von Northampton in Warwickshire, der
+Earl von Abingdon in Oxfordshire, der Earl von Scarsdale in Derbyshire
+abgesetzt. Scarsdale verlor auerdem auch sein Reiterregiment und seine
+Stelle im Hofstaate der Prinzessin von Dnemark. Diese weigerte sich,
+ihn aus ihren Diensten zu entlassen und gab nur einem peremptorischen
+Befehle ihres Vaters nach. Der Earl von Gainsborough wurde nicht nur der
+Statthalterschaft von Hampshire, sondern auch des Gouverneurpostens von
+Portsmouth und des Wildmeisteramts im Neuen Forste entsetzt, zwei
+Stellen, die er erst vor wenigen Monaten fr fnftausend Pfund gekauft
+hatte.[45]
+
+Der Knig konnte keine angesehenen Lords und namentlich gar keine
+protestantischen auftreiben, welche die erledigten Stellen anzunehmen
+bereit waren. Man mute zwei Grafschaften Jeffreys, einem Manne von sehr
+jungem Adel und von geringem Grundbesitz, und zwei andere Preston, der
+nicht einmal Peer von England war, zuertheilen. Die brigen ihrer
+Statthalter beraubten Grafschaften wurden fast ohne Ausnahme bekannten
+Katholiken oder solchen Hflingen berwiesen, welche dem Knige im
+Geheimen versprochen hatten, zur rmisch-katholischen Kirche
+berzutreten, sobald die Klugheit es ihnen gestatten wrde.
+
+ [Anmerkung 40: Der Knig war nur Lorchen's Karl III. Ob Dorset
+ oder Major Hart die Ehre hatte ihr KarlI. zu sein, ist eine
+ streitige Frage. Meines Bednkens scheint Dorset gegrndeteren
+ Anspruch auf diesen Vorzug zu haben. Siehe die gestrichene Stelle
+ in Burnet I. 263, und Pepys' Tagebuch vom 26. Oct. 1667.]
+
+ [Anmerkung 41: +Pepys's Diary+; Prior's Widmung seiner Gedichte an
+ den Herzog von Dorset; +Johnson's Life of Dorset+; +Dryden's Essay
+ on Satire+ und seine Widmung des +Essay on Dramatic Poesy+.
+ Dorset's Liebe zu seiner Gattin und seine strenge eheliche Treue
+ wird von dem ausschweifenden Narren Sir Georg Etherege in seinen
+ Briefen aus Regensburg vom 9.(19.) Dec. 1687 und 16.(26.) Jan.
+ 1688 mit hhnender Geringschtzung erwhnt; Shadwell's Widmung
+ zu seinem +Squire of Alsatia+; +Burnet I. 264+; +Mackay's
+ Characters.+ Einige Seiten von Dorset's Character werden in
+ seiner von Pope verfassten Grabschrift treffend angedeutet:
+
+ Doch sanft war sein Herz, wenn auch streng sein Lied;
+
+ und weiterhin:
+
+ Ein glcklicher Hofmann, von Frst und Land geliebt,
+ Und dennoch treu der Freundschaft und der Mue.]
+
+ [Anmerkung 42: Barillon, 9.(19.) Jan. 1688; Citters, Jan. 31.
+ (Febr. 10.)]
+
+ [Anmerkung 43: Adda, 3.(13.) u. 10.(20.) Febr. 1688.]
+
+ [Anmerkung 44: Die Grafschaft York, die grte von England, wird
+ in drei Bezirke (+Ridings+) eingetheilt. D. bers.]
+
+ [Anmerkung 45: Barillon, 5.(15.), 8.(18.) u. 12.(22.) Dec. 1687;
+ Citters, 29. Nov. (9. Dec.) u. 2.(12.) Dec.]
+
+
+[_An die Obrigkeiten gerichtete Fragen, und Antworten darauf._] Endlich
+wurde die neue Maschinerie in Bewegung gesetzt und bald kam aus allen
+Gegenden des Landes die Nachricht von der vollstndigen und
+hoffnungslosen Niederlage. Der Katechismus, nach welchem die
+Lordlieutenants die Gesinnungen der Landgentry erforschen sollten,
+bestand aus drei Fragen. Jeder Magistratsbeamte und jeder Stellvertreter
+des Lordlieutenants mute gefragt werden, erstens ob er, im Fall er
+gewhlt wrde, um im Parlamente zu dienen, fr eine im Sinne der
+Indulgenzerklrung gefate Bill stimmen wolle; zweitens ob er als Whler
+seine Stimme solchen Candidaten geben wolle, die sich verpflichteten,
+fr eine derartige Bill zu stimmen; und drittens ob er als Privatmann
+die wohlwollenden Zwecke des Knigs frdern wolle, indem er mit Leuten
+jeder religisen berzeugung in Frieden lebte.[46]
+
+Sobald diese Fragen bekannt geworden waren, wurde ein mit seltener
+Geschicklichkeit entworfenes Antwortformular im ganzen Lande verbreitet
+und allgemein angenommen. Es lautete folgendermaen: Im Fall mir die
+Ehre zu Theil werden sollte, einen Sitz im Hause der Gemeinen
+einzunehmen, werde ich als Mitglied dieses Hauses es fr meine Pflicht
+halten, die Grnde, welche fr und gegen eine Indulgenzbill im Laufe der
+Debatte geltend gemacht werden, sorgfltig zu erwgen, und dann nach
+meiner gewissenhaften berzeugung zu stimmen. Als Whler werde ich meine
+Stimme solchen Candidaten geben, deren Begriffe von den Pflichten eines
+Volksvertreters mit meinen eigenen bereinstimmen. Als Privatmann hege
+ich den Wunsch, mit Jedermann in Frieden und Eintracht zu leben.
+
+ [Anmerkung 46: Citters, 28. Oct. (7. Nov.) 1687; +Lonsdale's
+ Memoirs.+]
+
+
+[_Scheitern der Plne des Knigs._] Diese Antwort, die noch viel
+trotziger war als eine frmliche Weigerung, weil sie einen leichten
+Anflug von milder und anstndiger Ironie hatte, ber die man sich nicht
+wohl gereizt zeigen konnte, war Alles was die Emissre des Hofes von den
+meisten Landgentlemen erlangen konnten. Gegenvorstellungen,
+Versprechungen und Drohungen wurden vergebens angewendet. Der Herzog von
+Norfolk, obgleich Protestant und mit dem Verfahren der Regierung
+unzufrieden, hatte sich zu ihrem Werkzeuge in zwei Grafschaften
+hergegeben. Er begab sich zuerst nach Surrey, wo er aber bald sah, da
+er nichts ausrichten konnte.[47] Dann ging er nach Norfolk, von wo er
+ebenfalls bald zurckkehrte, um dem Knige zu melden, da ihm von
+siebzig Gentlemen, welche in dieser groen Provinz ffentliche mter
+bekleideten, nur sechs Hoffnung gemacht htten, die Politik des Hofes zu
+untersttzen.[48] Der Herzog von Beaufort, dessen Autoritt sich ber
+vier englische Grafschaften und ber das ganze Frstenthum Wales
+erstreckte, kam mit einem nicht minder niederschlagenden Berichte nach
+Whitehall.[49] Rochester war Lordlieutenant von Hertfordshire. Sein
+ganzer kleiner Schatz von Tugend war in dem Kampfe gegen die starke
+Versuchung, seine Religion fr Geld zu verkaufen, aufgezehrt worden; er
+war noch durch einen Jahrgehalt von viertausend Pfund an den Hof
+gebunden, und zum Dank dafr war er zu jedem wenn auch noch so
+ungesetzlichen und erniedrigenden Dienste bereit, vorausgesetzt, da man
+nicht die Formalitt einer Ausshnung mit Rom von ihm verlangte. Er
+hatte sich bereitwilligst der Aufgabe unterzogen, seine Grafschaft zu
+bearbeiten, und er ging dabei, wie immer, mit bereilter Heftigkeit und
+Gewaltthtigkeit zu Werke. Aber er verschwendete seinen Eifer vergebens
+an die starrsinnigen Squires, mit denen er es zu thun hatte. Sie
+erklrten ihm einstimmig, da sie keinen Mann ins Parlament schicken
+wollten, der fr die Beseitigung der Schutzwehren des protestantischen
+Glaubens stimmen wrde.[50] Dieselbe Antwort erhielt der Kanzler auch in
+Buckinghamshire.[51] Die Gentry von Shropshire weigerte sich in einer zu
+Ludlow veranstalteten Zusammenkunft einhellig, sich durch das von dem
+Knige verlangte Versprechen zu binden.[52] Der Earl von Yarmouth
+berichtete aus Wiltshire, da von sechzig Magistratsbeamten und
+Statthaltersubstituten, mit denen er gesprochen, nur sieben eine
+gnstige Antwort gegeben htten und da man selbst diesen nicht trauen
+knne.[53] Der Renegat Peterborough richtete eben so wenig in
+Northamptonshire aus.[54] Nicht glcklicher war sein Genosse Dover in
+Cambridgeshire.[55] Auch Preston brachte schlechte Nachrichten aus
+Cumberland und Westmoreland; Dorsetshire und Huntingdonshire waren von
+dem nmlichen Geiste beseelt. Der Earl von Bath kehrte nach langem
+Stimmenwerben mit trostlosen Nachrichten aus dem Westen zurck. Er war
+ermchtigt worden, den Bewohnern dieser Gegenden die verfhrerischesten
+Anerbietungen zu machen. Insbesondere hatte er versprochen, da, wenn
+die Wnsche des Knigs gebhrend bercksichtigt wrden, der Zinnhandel
+von den auf ihm lastenden drckenden Beschrnkungen befreit werden
+solle. Aber dieser Kder, dem man zu einer andren Zeit nicht
+widerstanden haben wrde, wurde jetzt mit Verachtung zurckgewiesen.
+Alle Friedensrichter und Statthaltersubstituten von Devonshire und
+Cornwall erklrten ohne eine einzige Ausnahme, da sie Gut und Blut fr
+den Knig opfern wrden, da aber die protestantische Religion ihnen
+noch theurer sei als Gut und Blut. Und, setzte Bath hinzu, wenn Eure
+Majestt alle diese Gentlemen absetzte, so wrden ihre Nachfolger ganz
+die nmliche Antwort geben.[56] Wenn es irgend einen Bezirk gab, in
+welchem die Regierung auf einen gnstigen Erfolg hoffen durfte, so war
+es Lancashire. Man hatte starke Zweifel gehegt, ob das Resultat in
+dieser Provinz mit dem der meisten anderen Grafschaften bereinstimmen
+werde. In keinem Theile des Landes gab es so viele reiche und angesehene
+Familien, welche dem alten Glauben anhingen, und die Oberhupter vieler
+dieser Familien waren kraft der Dispensationsgewalt zu Friedensrichtern
+und Commandanten der Miliz ernannt worden. Doch auch von dort meldete
+der neue Lordstatthalter, selbst ein Katholik, da zwei Drittel seiner
+Substituten und der Magistratsbeamten dem Hofe feindlich gesinnt
+seien.[57] Noch viel schmerzlicher verletzte das Ergebni in Hampshire
+den Stolz des Knigs. Arabella Churchill hatte ihm vor mehr als zwanzig
+Jahren einen Sohn geboren, der spterhin als einer der geschicktesten
+Generle Europa's weit und breit berhmt wurde. Der junge Mann hie
+Jakob Fitzjames und bis dahin hatte noch nichts in ihm vermuthen lassen,
+da er sich einst zu hoher Auszeichnung emporschwingen wrde; aber sein
+Character und sein Benehmen waren so sanft und herzgewinnend, da er
+keinen Feind hatte, auer Marien von Modena, welche den Sohn der
+Concubine schon seit langer Zeit mit dem bitteren Ingrimm einer
+kinderlosen Gattin hate. Ein kleiner Theil der jesuitischen Faction
+hatte, bevor die Schwangerschaft der Knigin angekndigt wurde, ganz
+ernstlich daran gedacht, ihn als Kronprtendenten neben der Prinzessin
+von Oranien aufzustellen.[58] Wenn man bedenkt, wie vollstndig dem
+Herzoge von Monmouth, obgleich das niedere Volk ihn fr legitim hielt
+und obgleich er der Vorkmpfer des nationalen Glaubens war, ein
+hnlicher Versuch milang, so mu es unbegreiflich erscheinen, wie ein
+Mann durch den Fanatismus so ganz verblendet sein konnte, da er nur auf
+die Idee kam, einen jungen Menschen, der allgemein als ein papistischer
+Bastard bekannt war, auf den Thron erheben zu wollen. Es lt sich nicht
+mit Gewiheit sagen, ob der Knig diesem albernen Plane seinen Beifall
+zollte. Der junge Mann war brigens als Prinz anerkannt und wurde mit
+allen Auszeichnungen berschttet, welche ein nicht aus kniglichem
+Blute entsprossener Unterthan nur irgend zu erlangen hoffen konnte. Er
+war zum Herzog von Berwick erhoben worden und bekleidete jetzt mehrere
+ehrenvolle und eintrgliche Stellen, welche Edelleuten, die sich den
+kniglichen Befehlen nicht hatten fgen wollen, abgenommen worden waren.
+Er war der Nachfolger des Earls von Oxford als Oberst der Blauen und des
+Earls von Gainsborough als Lordlieutenant von Hampshire, Wildmeister des
+Neuen Forstes und Gouverneur von Portsmouth. Berwick erwartete, da ihn
+an der Grenze von Hampshire, der Sitte gem, ein langer Zug von
+Baronets, Rittern und Squires empfangen werde; aber nicht eine einzige
+angesehene Person hatte sich zu seiner Begrung eingefunden. Er sendete
+Schreiben aus, durch welche er die Gentry zu sich entbot, aber nur fnf
+oder sechs beachteten diese Einladung. Die brigen warteten ihre
+Entlassung gar nicht ab; sie erklrten im voraus, da sie keinen Theil
+an der Civil- oder Militairverwaltung ihrer Grafschaft haben mchten, so
+lange der Knig daselbst durch einen Papisten vertreten sei, und legten
+ihre Stellen freiwillig nieder.[59]
+
+Sunderland, der an die Stelle des Earls von Northampton zum
+Lordlieutenant von Warwickshire ernannt worden war, fand eine Ausflucht,
+um nicht in diese Grafschaft zu gehen und die Entrstung und Verachtung
+der dortigen Gentry auf sich zu laden, und seine Entschuldigung wurde um
+so bereitwilliger angenommen, da der Knig endlich einzusehen begann,
+da sich der Sinn der Landgentry nicht beugen lie.[60]
+
+Es mu bemerkt werden, da Diejenigen, welche diesen trotzigen Sinn an
+den Tag legten, nicht die alten Feinde des Hauses Stuart waren. Die
+Listen der Friedensrichter und Statthaltersubstituten waren schon lngst
+von allen republikanischen Namen sorgfltig gesubert. Die Mnner, denen
+die Regierung vergebens das Versprechen der Untersttzung abzuzwingen
+versucht hatte, waren fast ohne Ausnahme Tories. Die lteren von ihnen
+konnten noch Narben, welche von den Schwertern der Rundkpfe herrhrten,
+und Empfangsbescheinigungen ber Silbergeschirr aufweisen, das sie
+KarlI. in seiner Noth geschickt hatten. Die Jngeren hatten gegen
+Shaftesbury und Monmouth fest zu Jakob gehalten. Dies waren die Mnner,
+welche jetzt von dem nmlichen Frsten, dem sie so glnzende Beweise von
+treuer Anhnglichkeit gegeben hatten, in Masse ihrer mter entsetzt
+wurden. Die Entlassung machte sie aber nur noch entschlossener; es war
+bei ihnen zu einer heiligen Ehrensache geworden, in dieser Krisis fest
+zusammenzuhalten. Es konnte keinem Zweifel unterliegen, da, wenn bei
+der Stimmenzhlung ehrlich zu Werke gegangen wurde, nicht ein einziger
+der Regierungspolitik gnstiger Grafschaftsabgeordneter gewhlt werden
+wrde. Die Leute fragten einander daher mit nicht geringer Besorgni, ob
+man wohl erwarten knne, da bei der Stimmenzhlung ehrlich zu Werke
+gegangen werden wrde.
+
+ [Anmerkung 47: Citters, 22. Nov. (2. Dec.) 1687.]
+
+ [Anmerkung 48: Citters, 27. Dez. (6. Jan.) 1687/88.]
+
+ [Anmerkung 49: +Ibid.+]
+
+ [Anmerkung 50: Johnstone erwhnt zweimal, unterm 25. Nov. und
+ unterm 8. Dec. 1687, den beleidigenden Eifer, den Rochester bei
+ dieser Gelegenheit zeigte. Das Milingen seiner Bemhungen erwhnt
+ Citters unterm 6.(16.) Dec.]
+
+ [Anmerkung 51: Citters, 6.(16.) Dec. 1687.]
+
+ [Anmerkung 52: +Ibid.+ 20.(30.) Dec. 1687.]
+
+ [Anmerkung 53: Citters, 30. Mrz (9. April) 1687.]
+
+ [Anmerkung 54: +Ibid.+ 22. Nov. (2. Dec.) 1687.]
+
+ [Anmerkung 55: +Ibid.+ 15.(25.) Nov. 1687.]
+
+ [Anmerkung 56: +Ibid.+ 10.(20.) April 1688.]
+
+ [Anmerkung 57: Die ngstliche Spannung wegen Lancashire erwhnt
+ Citters in einer Depesche vom 18.(28.) Nov. 1687, das Resultat in
+ einer vier Tage spter datirten.]
+
+ [Anmerkung 58: Bonrepaux, 11.(21.) Juli 1687.]
+
+ [Anmerkung 59: Citters, 3.(13.) Febr. 1688.]
+
+ [Anmerkung 60: Citters, 5.(15.) April 1688.]
+
+
+[_Liste der Sheriffs._] Mit Ungeduld sah man der Liste der Sheriffs fr
+das neue Jahr entgegen. Sie erschien, whrend die Lordlieutenants noch
+auf ihrer Werbungsreise begriffen waren, und wurde mit einem allgemeinen
+Schrei des Zornes und Unwillens aufgenommen. Die Mehrzahl dieser
+Beamten, welche bei den Grafschaftswahlen die Oberleitung hatten, waren
+entweder Katholiken oder protestantische Dissenters, die ihre Zustimmung
+zur Indulgenzerklrung ausgesprochen hatten.[61] Eine Zeit lang hegte
+man die schlimmsten Befrchtungen, die aber bald wieder schwanden. Man
+hatte guten Grund, anzunehmen, da ber einen gewissen Punkt hinaus der
+Knig auch nicht auf die Untersttzung der seiner eigenen Kirche
+angehrenden Sheriffs rechnen knne.
+
+ [Anmerkung 61: +London Gazette, Dec. 5. 1687+; Citters, 6.(16.)
+ Dec.]
+
+
+[_Character der katholischen Landgentlemen._] Zwischen dem katholischen
+Hflinge und dem katholischen Landgentleman herrschte nur sehr geringe
+Sympathie. Die in Whitehall dominirende Cabale bestand theils aus
+Fanatikern, welche zum Zwecke der Verbreitung ihres Glaubens bereit
+waren, alle Gesetze der Moral ber den Haufen zu werfen und die ganze
+Welt in eine heillose Verwirrung zu strzen, theils aus Heuchlern,
+welche um des Gewinnes willen von dem Glauben, in dem sie erzogen
+worden, abgefallen waren und die jetzt den allen Neubekehrten eigenen
+Eifer auf die Spitze trieben. Sowohl die Fanatiker als auch die Heuchler
+am Hofe hatten zum grten Theil keine Spur von englischer
+Anschauungsweise. In einigen von ihnen hatte die unbedingte Hingebung
+fr ihre Kirche alles Nationalgefhl erstickt; andere waren Irlnder,
+deren Patriotismus in einem tdtlichen Hasse gegen die schsischen
+Eroberer Irlands bestand; noch andere waren Verrther, die von einer
+auswrtigen Macht einen regelmigen Sold bezogen, und wieder andere
+hatten einen groen Theil ihres Lebens im Auslande zugebracht, und waren
+entweder bloe Kosmopoliten oder hegten einen positiven Widerwillen
+gegen die Sitten und Staatseinrichtungen des Landes, das sie jetzt zu
+regieren hatten. Diese Leute hatten mit einem noch der alten Kirche
+anhngenden Gutsbesitzer von Cheshire oder Staffordshire kaum irgend
+etwas gemein. Er war weder Fanatiker noch Heuchler, er war Katholik,
+weil sein Vater und Grovater Katholiken gewesen waren, und er hing an
+seinem ererbten Glauben, wie die Menschen in der Regel an demselben
+hngen, aufrichtig aber ohne sonderliche Begeisterung. In jeder andren
+Beziehung war er nichts weiter als eben ein englischer Squire, der sich
+von den benachbarten Squires hchstens dadurch unterschied, da er noch
+etwas ungebildeter und buerischer war als sie. Die auf ihm lastenden
+Ausschlieungen hatten ihn verhindert, sich bis zu der allerdings selbst
+nur mig hohen Bildungsstufe zu erheben, auf der die meisten
+protestantischen Landgentlemen standen. Als Knabe von Eton und
+Westminster, als Jngling von Oxford und Cambridge, als Mann vom
+Parlament und von der Richterbank ausgeschlossen, vegetirte er still und
+ruhig hin, wie die Ulmen der Allee, die zu dem ererbten Meierhofe seiner
+Vorfahren fhrte. Seine Kornfelder, seine Milchwirthschaft, seine
+Ciderpresse, seine Jagdhunde, seine Angelruthe und seine Flinte, sein
+Bier und sein Tabak beschftigten fast allein seine Gedanken. Mit seinen
+Nachbarn stand er trotz der Glaubensverschiedenheit in der Regel auf
+gutem Fue. Sie kannten ihn als einen harmlosen Mann ohne Ehrgeiz, er
+stammte fast durchgngig aus einer guten und alten Familie und war immer
+ein Kavalier. Er drang Niemandem seine persnlichen Ansichten auf und
+wurde Niemandem lstig damit, er qulte nicht, wie ein Puritaner, sich
+selbst und Andere mit Gewissensskrupeln ber alle Gensse des Lebens; im
+Gegentheil, er war ein eben so leidenschaftlicher Jagdliebhaber und ein
+eben so heiterer Gesellschafter als irgend Einer, der den Suprematseid
+und die Erklrung gegen die Transsubstantiation angenommen hatte. Er
+ging mit seinen Nachbarsquires auf die Jagd, hielt bis zum Hallali bei
+ihnen aus und nahm sie nach beendeter Jagd mit sich nach Hause zu einer
+Wildpretpastete und zu einem Kruge Octoberbier, das seine vier Jahre auf
+Flaschen lag. Die Bedrckungen, die er erduldet, waren nicht so arg, da
+sie ihn zu einem verzweifelten Entschlusse htten treiben knnen; selbst
+als seine Kirche schonungslos verfolgt wurde, waren sein Leben und sein
+Eigenthum nicht in groer Gefahr. Der schamloseste falsche Zeuge wrde
+es schwerlich gewagt haben, der Wahrheit so frech ins Gesicht zu
+schlagen, da er ihn beschuldigt htte, ein Verschwrer zu sein. Die
+Papisten, welche Oates zu seinen Angriffen auswhlte, waren Peers,
+Prlaten, Jesuiten, Benedictiner, thtige politische Agenten, Juristen
+mit ausgedehnter Praxis und Hofrzte. Der katholische Landgentlemen
+konnte unter dem Schutze seiner Verborgenheit, seines leutseligen Wesens
+und der Zuneigung seiner Umgebungen unbelstigt seine Ernte einbringen
+und seine Waidtasche mit Wild fllen, whrend Coleman und Langhorne,
+Whitbread und Pickering, Erzbischof Plunkett und Lord Stafford durch den
+Strick oder durch das Beil starben. Eine Bande elender Schurken machte
+zwar den Versuch, gegen Sir Thomas Gascoigne, einen bejahrten
+katholischen Baronet in Yorkshire, eine Anklage auf Hochverrath zu
+erheben, aber zwlf der besten Gentlemen des Westbezirks, die seinen
+Lebenswandel kannten, hielten es nicht fr mglich, da ihr ehrenwerther
+alter Bekannter Banditen zur Ermordung des Knigs gedungen haben sollte,
+und sprachen trotz mancherlei der Richterbank eben nicht zur Ehre
+gereichender Versuche ein Nichtschuldig aus. Wohl mochte es fr das
+Oberhaupt einer alten, angesehenen Familie in der Provinz ein
+schmerzlicher Gedanke sein, da er seines Glaubens wegen von ehrenvollen
+Stellen und mtern ausgeschlossen war, zu deren Bekleidung Mnner von
+niedererer Herkunft und geringerem Vermgen fr berechtigt gehalten
+wurden; aber er hatte nicht Lust, Land und Leben im Kampfe gegen eine
+erdrckende bermacht auf's Spiel zu setzen, und sein gerader, cht
+englischer Character wrde, vor Mitteln, wie ein Petre und Tyrconnel sie
+anwendeten, mit Abscheu zurckgebebt sein. Deshalb wrde er jedoch eben
+so bereitwillig, als irgend einer seiner protestantischen Nachbarn zur
+Vertheidigung seines Vaterlandes gegen einen Einfall der Franzosen oder
+irischen Papisten das Schwert um die Lenden gegrtet und die Pistolen in
+die Halfter gesteckt haben. Dies war der allgemeine Character der
+Mnner, in denen Jakob jetzt die sichersten Werkzeuge zur Leitung der
+Grafschaftswahlen zu erblicken glaubte. Er berzeugte sich jedoch bald,
+da sie nicht geneigt waren, sich durch einen ihm zu leistenden
+schimpflichen und strafbaren Dienst die Achtung ihrer Nachbarn zu
+verscherzen und Leben und Vermgen zu gefhrden. Mehrere von ihnen
+weigerten sich, Sheriffs zu werden, und von denen, welche die Ernennung
+annahmen, erklrten viele, da sie eben so gewissenhaft, als wenn sie
+Mitglieder der Staatskirche wren, ihre Pflicht erfllen, und keinen
+Wahlcandidaten, der nicht eine wirkliche Stimmenmehrheit htte, in's
+Parlament schicken wrden.[62]
+
+ [Anmerkung 62: Etwa zwanzig Jahre vor dieser Zeit sprach sich ein
+ Jesuit ber die eingezogene Lebensweise der katholischen Gentry
+ Englands folgendermaen aus: +La nobilit Inglese, senon se
+ legata in serviglio di Corte in opera di maestrato, vive, e godo
+ il pi dell' anno a la campagna, ne' suoi palagi e poderi, dove
+ son liberi e padroni; ci tanto pi sollecitamente i Cattolici
+ quanto pi utilmente, si come meno osservati col. --
+ L'Inghilterra descritta dal P. Daniello Bartoli. Roma, 1667.+
+
+ Viele von den papistischen Sheriffs, schrieb Johnstone, sind
+ begtert und erklren, da man sich sehr irren wrde, wenn man
+ geflschte Wahlen von ihnen erwartete. Die papistische Gentry,
+ welche auf ihren Landgtern lebt, ist von der stdtischen weit
+ verschieden. Mehrere von ihnen haben es abgelehnt, Sheriffs oder
+ Statthaltersubstituten zu werden. -- 8. Dec. 1687.
+
+ Ronquillo sagt das Nmliche: +Algunos Catolicos que fueron
+ nombrados por sherifes se han excusado.+ -- 9.(19.) Jan. 1688.
+ Einige Monate spter versichert er seinem Hof, da die
+ katholischen Landgentlemen gern zu einer Verstndigung die Hand
+ bieten wrden, deren Grundbedingungen die Abschaffung der
+ Strafgesetze und die Beibehaltung des Religionseides wren.
+ +Estoy informado,+ sagt er, +que los Catolicos de las
+ provincias no lo reprueban, pues no pretendiendo oficios, y siendo
+ solo algunos de la Corte los provechosos, les parece que mejoran
+ su estado, quedando seguros ellos y sus descendientes en la
+ religion, en la quietud, y en la seguridad de sus haciendas.+ --
+ 23. Juli (2. Aug.) 1688.]
+
+
+[_Stimmung der Dissenters._] Konnte der Knig schon auf seine
+katholischen Sheriffs wenig rechnen, so konnte er sich noch viel weniger
+auf die puritanischen verlassen. Seit dem Erscheinen der
+Indulgenzerklrung waren mehrere Monate verflossen, Monate voll
+wichtiger Ereignisse und fortwhrender Streitigkeiten. Die ffentliche
+Besprechung der Angelegenheiten hatte vielen Dissenters die Augen
+geffnet, aber die Maregeln der Regierung, und vorzugsweise das strenge
+Verfahren gegen das Magdalenen-Collegium, hatte mehr als selbst die
+Feder eines Halifax dazu beigetragen, alle Klassen der Protestanten
+aufzurtteln und zu vereinigen. Die meisten von den Sectirern, die sich
+hatten verleiten lassen, ihren Dank fr die Indulgenz auszudrcken,
+schmten sich jetzt ihres Irrthums und wnschten sehnlichst, ihn dadurch
+wieder gut zu machen, da sie sich der groen Masse ihrer Landsleute
+anschlossen.
+
+
+[_Regulirung der Corporationen._] In Folge dieses Umschwungs in den
+Gesinnungen der Nonconformisten stie die Regierung in den Stdten auf
+fast eben so groe Schwierigkeiten, wie auf dem platten Lande. Als die
+Regulatoren ihre Arbeit begannen, hatten sie fest darauf gerechnet, da
+jeder Dissenter, der sich zu Gunsten der Indulgenz ausgesprochen hatte,
+auch die Politik des Knigs untersttzen werde. Sie waren daher
+berzeugt, da sie im Stande sein wrden, alle Municipalmter des
+Knigreichs mit zuverlssigen Freunden zu besetzen. In den neuen
+Stdteordnungen hatte sich die Krone das Recht vorbehalten,
+Magistratsbeamte nach ihrem Belieben zu entlassen. Dieses Recht wurde
+jetzt ohne alle Beschrnkung ausgebt. Durchaus nicht so klar war es
+jedoch, da Jakob auch das Recht hatte, neue Magistratsbeamte zu
+ernennen; aber mochte es ihm nun zustehen oder nicht, er beschlo, es
+sich zu nehmen. Allenthalben, vom Tweed bis Landsend, wurden
+toryistische Beamte abgesetzt und Presbyterianer, Independenten und
+Baptisten an ihrer Stelle ernannt. In dem neuen Freibriefe der
+Hauptstadt hatte sich die Krone das Recht vorbehalten, alle Vorsteher,
+Pfleger und Beisitzer der Innungen zu entlassen. In Folge dessen wurden
+ber achthundert angesehene Brger, smmtlich Mitglieder der Partei, die
+sich der Ausschlieungsbill widergesetzt hatte, durch einen einzigen
+Erla ihrer mter enthoben. Bald darauf erschien ein Nachtrag zu dieser
+langen Liste.[63] Aber die neuen Angestellten waren kaum vereidigt, so
+zeigte es sich, da sie eben so unfgsam waren, als ihre Vorgnger. In
+Newcastle am Tyne ernannten die Regulatoren einen katholischen Mayor und
+puritanische Aldermen. Man zweifelte keinen Augenblick, da die so
+umgestaltete Municipalbehrde eine Adresse beschlieen werde, in der sie
+die Maregeln des Knigs zu untersttzen versprach. Die Adresse wurde
+jedoch verweigert. Der Mayor reiste wthend nach London und sagte dem
+Knige, die Dissenters seien alle Schurken und Rebellen und die
+Regierung knne in der ganzen Corporation auf nicht mehr als vier
+Stimmen rechnen.[64] In Reading wurden vierundzwanzig toryistische
+Aldermen entlassen und vierundzwanzig neue ernannt. Von diesen erklrten
+sich dreiundzwanzig sofort gegen die Indulgenz und wurden deshalb
+ebenfalls wieder entlassen.[65] Im Laufe weniger Tage wurde der
+Stadtbezirk von Yarmouth nacheinander durch drei verschiedene
+Magistratskrper verwaltet, welche smmtlich dem Hofe gleich feindlich
+gesinnt waren.[66] Dies sind nur einzelne Beispiele von dem was im
+ganzen Lande geschah. Der hollndische Gesandte berichtete an die
+Generalstaaten, da in manchen Stdten die Magistratsbeamten in einem
+Monate zwei und selbst dreimal, aber dennoch vergebens gewechselt worden
+seien.[67] Aus den Acten des Geheimen Raths geht hervor, da die Zahl
+der Regulationen, wie sie genannt wurden, zweihundert berstieg.[68] Die
+Regulatoren fanden in der That, da in nicht wenigen Stdten die
+Vernderung eine Verschlimmerung war. Die mivergngten Tories hatten,
+wenn sie auch ber die Politik des Knigs murrten; doch wenigstens stets
+Achtung fr seine Person und seinen Thron an den Tag gelegt und jeden
+Gedanken an Widerstand verworfen. Ganz anders war die Sprache einiger
+neuen Mitglieder der Corporationen. Man sagte, da alte Soldaten der
+Republik, welche zu ihrem eignen wie zum Erstaunen des Publikums zu
+Aldermen ernannt worden waren, den Agenten des Hofes deutlich zu
+verstehen gben, es msse erst Blut flieen, bevor Papismus und
+Willkrgewalt in England zur Herrschaft gelangten.[69]
+
+Die Regulatoren sahen, da mit dem was sie bis jetzt gethan hatten,
+wenig oder nichts gewonnen war. Es gab indessen noch ein Mittel, aber
+auch nur dieses eine, durch das sie hoffen konnten ihren Zweck zu
+erreichen. Die Gemeindeordnungen der Wahlflecken muten zurckgezogen
+und durch neue ersetzt werden, welche das Wahlrecht auf sehr kleine, vom
+Knig zu ernennende Wahlkrper beschrnkten.[70]
+
+Aber wie war dieser Plan auszufhren? In einigen der neuen Freibriefe
+hatte sich die Krone zwar das Recht der Wiederentziehung vorbehalten,
+aber die brigen konnte Jakob nur durch freiwillige Zurckgabe von
+Seiten der Corporationen oder durch einen Ausspruch der Kings Bench
+wieder in die Hand bekommen. Aber nur wenige Corporationen waren jetzt
+geneigt, ihre Gemeindeordnungen freiwillig aufzugeben, und ein
+Richterspruch, wie er den Zwecken des Hofes diente, war selbst von einem
+Sklaven wie Wright nicht zu erwarten. Die Quo-Warranto-Erlasse,[71]
+welche vor einigen Jahren erschienen waren, um die Whigpartei zu
+vernichten, waren von allen Unparteiischen einhellig verdammt worden.
+Doch hatten diese Erlasse wenigstens einen Anschein von Recht fr sich,
+denn sie waren gegen alte Municipalkrper gerichtet, und unter diesen
+gab es wenige, in denen im Laufe der Zeit nicht Mibrauche eingerissen
+waren, welche gengenden Anhalt zu einem Prozeverfahren darboten. Die
+Corporationen aber, welche jetzt angegriffen wurden, befanden sich noch
+im Alter der kindlichen Unschuld, die ltesten von ihnen hatten kaum ihr
+fnftes Lebensjahr erreicht, und es war unmglich, da viele von ihnen
+schon so schwer gesndigt haben sollten, da sie eine Zurcknahme ihrer
+Privilegien verdienten. Den Richtern selbst war nicht wohl zu Muthe. Sie
+gaben zu bedenken, da das, was man von ihnen verlange, den einfachsten
+und klarsten Grundstzen des Rechts und der Gerechtigkeit schnurstracks
+zuwiderlaufe; aber alle Vorstellungen waren umsonst. Die Wahlorte wurden
+zur Rcksendung ihrer Freibriefe aufgefordert. Einige wenige kamen der
+Aufforderung nach; aber das Verfahren, welches der Knig gegen diese
+wenigen einschlug, war eben nicht geeignet, bei den anderen Vertrauen zu
+erwecken. In mehreren Stdten wurde der Gesammtbrgerschaft das
+Wahlrecht entzogen und auf eine kleine Anzahl Personen beschrnkt und
+diese muten sich eidlich verpflichten, die von der Regierung
+empfohlenen Candidaten zu untersttzen. In Tewkesbury zum Beispiel wurde
+das Wahlrecht dreizehn Personen bertragen. Doch selbst diese Anzahl war
+noch zu gro. Ha und Furcht hatten sich so weit verbreitet, da es kaum
+mglich war, auch durch die unredlichsten Mittel nur dreizehn Mnner zu
+finden, auf die sich der Hof unbedingt verlassen konnte. Es hie, da
+die Mehrheit des neuen Wahlkrpers von Tewkesbury von dem nmlichen
+Sinne beseelt sei, welcher in der ganzen Nation berwiege, und da
+derselbe an dem entscheidenden Tage zuverlssige Protestanten in's
+Parlament schicken werde. Die Regulatoren drohten in heftigem Zorne, die
+Zahl der Whler auf drei zu reduciren.[72] Inzwischen weigerte sich die
+groe Mehrzahl der Wahlorte entschieden, ihre Privilegien aufzugeben.
+Barnstaple, Winchester und Buckingham zeichneten sich durch die Khnheit
+ihres Widerstandes besonders aus. In Oxford wurde der Antrag, da die
+Stadt ihr Wahlrecht dem Knige zurckgeben solle, mit achtzig gegen zwei
+Stimmen verworfen.[73] Der Tempel und Westminsterhall kamen durch die
+pltzliche Hufung von Auftrgen aus allen Theilen des Landes in
+ungewohnte Bewegung. Jeder Advokat von bedeutender Praxis erhielt
+Vollmachten ber Vollmachten von den stdtischen Corporationen, und die
+gewhnlichen Clienten beklagten sich, da ihre Angelegenheiten
+vernachlssigt wrden.[74] Es lag auf der Hand, da eine geraume Zeit
+darber hingehen mute, ehe eine so groe Anzahl Prozesse entschieden
+werden konnten. Diese Verzgerung war der Tyrannei unertrglich. Es
+wurde nichts unterlassen, um die widerspenstigen Wahlkrper durch
+Drohungen zur Unterwerfung zu bringen. In Buckingham hatten einige
+Municipalbeamten sich in nicht eben lobender Weise ausgesprochen. Man
+machte ihnen den Proze und kndigte ihnen an, da mit schonungsloser
+Strenge gegen sie verfahren werden wrde, wenn sie sich nicht durch
+Herausgabe ihres Freibriefs loskauften.[75] In Winchester griff man zu
+noch strengeren Gewaltmaregeln. Eine bedeutende Truppenabtheilung wurde
+in die Stadt gelegt, einzig und allein zu dem Zwecke, die Einwohner zu
+belstigen und zu qulen.[76] Die Stadt blieb fest und die ffentliche
+Stimme beschuldigte den Knig laut, da er die schlimmsten Verbrechen
+seines Bruders von Frankreich nachahme; die Dragonaden htten begonnen,
+sagte man. Man hatte auch wirklich Grund zu ernsten Besorgnissen. Jakob
+war auf den Einfall gekommen, da er den Widerstandsgeist einer
+hartnckigen Stadt nicht wirksamer brechen knne, als indem er den
+Einwohnern Soldaten in's Quartier legte. Er mute wissen, da diese
+Maregel sechzig Jahre frher heftigen Unwillen erregt und durch die
+Bitte um Recht, ein Gesetz, das von den Englndern kaum weniger verehrt
+wurde, als die Magna Charta, feierlichst fr gesetzwidrig erklrt worden
+war. Aber er hoffte von den Gerichtshfen eine Erklrung zu erlangen,
+da selbst die Bitte um Recht die Prrogative nicht beschrnken knne.
+Er fragte in der That den Oberrichter der Kings Bench ber diesen
+Gegenstand um Rath;[77] aber das Resultat der Besprechung wurde geheim
+gehalten, und in einigen Wochen gestalteten sich die Dinge so, da eine
+Furcht, welche noch strker war, als selbst die vor der kniglichen
+Ungnade, sogar einen so servilen Mann wie Wright bewog, ein wenig
+einzuhalten.
+
+ [Anmerkung 63: +Privy Council Book, Sept. 25. 1687, Febr. 21,
+ 1687/88+.]
+
+ [Anmerkung 64: Acten der Corporation, angefhrt in +Brand's
+ History of Newcastle+; Johnstone, 21. Febr. 1687/88.]
+
+ [Anmerkung 65: Johnstone, 21. Febr. 1687/88.]
+
+ [Anmerkung 66: Citters, 14.(24.) Febr. 1688.]
+
+ [Anmerkung 67: Citters, 1.(11.) Mai 1688.]
+
+ [Anmerkung 68: Am Rande der Geheimrathsacten findet man die
+ Bemerkung Zweite Regulation und Dritte Regulation, wenn ein
+ Wahlkrper mehr als einmal umgestaltet worden war.]
+
+ [Anmerkung 69: Johnstone, 23. Mai 1688.]
+
+ [Anmerkung 70: Johnstone, 21. Febr. 1688.]
+
+ [Anmerkung 71: Diese Erlasse, so genannt nach den beiden
+ Anfangsworten +Quo warranto+, ordneten eine Untersuchung ber die
+ Rechtsbefugnisse an, auf welche sich die Privilegien einer
+ Corporation grndeten, und wenn sich eine Unregelmigkeit fand,
+ wurde der Freibrief entzogen. D. bers.]
+
+ [Anmerkung 72: Johnstone, 21. Febr. 1688.]
+
+ [Anmerkung 73: Citters, 20.(30.) Mrz 1688.]
+
+ [Anmerkung 74: +Ibid.+ 1.(11.) Mai 1688.]
+
+ [Anmerkung 75: +Ibid.+ 22. Mai (1. Jun.) 1688.]
+
+ [Anmerkung 76: +Ibid.+ 1.(11.) Mai 1688.]
+
+ [Anmerkung 77: +Ibid.+ 18.(28.) Mai 1688.]
+
+
+[_Untersuchung in allen ffentlichen Verwaltungszweigen._] Whrend die
+Lordlieutenants die Friedensrichter ausforschten und die Regulatoren die
+Wahlkrper umgestalteten, wurden alle Zweige des Staatsdienstes einer
+strengen Untersuchung unterworfen. Zuerst wurde der Palast gesubert.
+Jeder mit Narben bedeckte alte Kavalier, der zum Ersatz fr das der
+Sache des Knigs geopferte Blut und Grundeigenthum ein mtchen in der
+kniglichen Garderobe oder im Marstalle erhalten hatte, wurde
+aufgefordert, zwischen dem Knige und der Kirche zu whlen. Die Zoll-
+und Steuercommissare wurden zu Seiner Majestt ins Schatzamt beschieden,
+hier das Versprechen von ihnen verlangt, da sie seine Politik
+untersttzen wollten, und ihnen bedeutet, da sie allen ihren
+Unterbeamten ein hnliches Versprechen abzunehmen htten.[78] Ein
+Zollbeamter motivirte seine Unterwerfung unter den Willen des Knigs in
+einer Weise, welche Heiterkeit und zugleich Mitleid erregte. Ich habe,
+sagte er, vierzehn Grnde, die mich bestimmen, Seiner Majestt Befehlen
+zu gehorchen: eine Frau und dreizehn unerzogene Kinder.[79] Gegen
+solche Grnde lie sich allerdings nichts einwenden; dennoch aber kamen
+nicht wenig Flle vor, wo die religisen und patriotischen Gefhle
+selbst solche Grnde berwogen.
+
+Man hat Grund zu der Vermuthung, da die Regierung um diese Zeit
+ernstlich mit dem Plane umging, einen Schlag zu fhren, der viele
+tausend Familien an den Bettelstab gebracht und auf die socialen
+Zustnde aller Landestheile strend eingewirkt haben wrde. Niemand
+durfte Wein, Bier oder Kaffee ohne Concession verkaufen. Es hie nun,
+da jeder Inhaber einer solchen Concession demnchst aufgefordert werden
+sollte, entweder dieselben Verpflichtungen einzugehen, welche den
+ffentlichen Beamten auferlegt worden waren, oder sein Geschft
+aufzugeben.[80] Wre ein solcher Schritt gethan worden, so wrden ohne
+allen Zweifel die Wirthshuser und ffentlichen Vergngungsorte im
+ganzen Lande zu Hunderten geschlossen worden sein. Welche Wirkung ein
+solcher Eingriff in die Lebensgensse aller Stnde hervorgebracht haben
+wrde, lt sich nur muthmaen. Der durch bel erzeugte Unwille steht
+nicht immer im Verhltnisse mit der Wichtigkeit derselben, und es ist
+durchaus nicht unwahrscheinlich, da die Einziehung von
+Schankconcessionen das bewirkt haben wrde, was die Entziehung von
+Freibriefen nicht bewirkt hatte. Die Vornehmeren wrden ihr
+Chokoladenhaus in St. James Street, die Geschftsmnner ihre
+Kaffeekanne, bei der sie in Change Alley zu rauchen und zu politisiren
+pflegten, schmerzlich vermit haben. Die Hlfte der Clubs htte sich
+neue Versammlungslokale suchen mssen. Der Reisende wrde des Nachts den
+Gasthof, in welchem er gewohnt war abzusteigen und seine Abendmahlzeit
+einzunehmen, verdet gefunden haben. Der Landmann wrde die Bierschenke
+vermit haben, wo er im Sommer auf der Bank vor der Thr, im Winter am
+Kamin seinen Krug zu trinken gewohnt war. Es war leicht mglich, da die
+auf solche Art gereizte Nation sich zu einem allgemeinen Aufstande
+erhob, ohne auf die Hlfe fremder Verbndeter zu warten.
+
+ [Anmerkung 78: Citters, 6.(16.) April 1688; +Treasury Letter Book.
+ March 14. 1687/88+; Ronquillo, 16.(26.) April.]
+
+ [Anmerkung 79: Citters, 18.(28.) Mai 1688.]
+
+ [Anmerkung 80: +Ibid.+ 18.(28.) Mai 1688.]
+
+
+[_Entlassung Sawyer's._] Es war nicht zu erwarten, da ein Frst, der
+von allen niederen Dienern der Regierung bei Strafe der Entlassung
+Untersttzung seiner Politik verlangte, einen Generalfiskal behalten
+wrde, dessen Abneigung gegen diese Politik kein Geheimni war. Sawyer
+hatte noch ber anderthalb Jahr in seiner Stellung bleiben drfen,
+nachdem er sich gegen die Dispensationsgewalt erklrt hatte. Diese
+ungewhnliche Nachsicht verdankte er nur der auerordentlichen
+Schwierigkeit, die es der Regierung machte, einen Nachfolger fr ihn zu
+finden. Es war um der pekuniren Interessen der Krone willen nothwendig,
+da wenigstens einer der beiden ersten Staatsanwlte ein talentvoller
+und kenntnireicher Mann war, und es war keineswegs leicht, einen diesen
+Anforderungen gengenden Juristen zu bewegen, da er sich durch das
+tgliche Begehen von Handlungen, welche das nchste Parlament
+wahrscheinlich als schwere bertretungen und Verbrechen betrachtete,
+sehr ernster Gefahr aussetzte. Es war nicht mglich gewesen, einen
+besseren Generalprokurator als Powis aufzutreiben, ein Mann, der sich
+zwar aus nichts ein Gewissen machte, der aber auch nicht einmal den
+gewhnlichsten Pflichten seines Postens gewachsen war. Unter diesen
+Umstnden hielt man es fr wnschenswerth, die Arbeit zu theilen. Ein
+Fiskal, dessen Berufstchtigkeit durch Gewissensskrupel bedeutend
+beeintrchtigt wurde, hatte einen Prokurator zur Seite, dessen
+Gewissenlosigkeit seinen Mangel an Befhigung einigermaen ersetzte.
+Wenn es der Regierung um energische Durchfhrung des Gesetzes zu thun
+war, so wendete sie sich an Sawyer; wollte sie das Gesetz mit Fen
+treten, so hielt sie sich an Powis. Dieses Arrangement wurde so lange
+beibehalten, bis der Knig die Dienste eines Anwalts erlangte, der zu
+gleicher Zeit noch gewissenloser als Powis und geschickter als Sawyer
+war.
+
+
+[_Williams Generalprokurator._] Keiner der damals lebenden Advokaten
+hatte der Regierung giftiger opponirt als Wilhelm Williams. Er hatte
+sich unter der vorigen Regierung als Whig und Exclusionist hervorgethan.
+Als die Parteiwuth den hchsten Grad erreicht hatte, war er zum Sprecher
+des Unterhauses erwhlt worden. Nach der Prorogation des oxforder
+Parlaments war er der gewhnliche Rechtsbeistand der heftigsten
+Demagogen gewesen, die des Aufruhrs angeklagt wurden. Er besa
+anerkanntermaen bedeutende juristische Gewandtheit und Kenntnisse.
+Unbesonnene berstrzung und Parteigeist hielt man fr seine
+Hauptfehler; da er noch andere Fehler hatte, in Vergleich mit denen die
+genannten als Tugenden gelten konnten, ahnete man damals noch nicht. Die
+Regierung suchte eine Gelegenheit, um ihm etwas anzuhaben, und es wurde
+ihr nicht schwer, eine solche zu finden. Er hatte auf Befehl des Hauses
+der Gemeinen einen von Dangerfield verfaten erzhlenden Bericht
+herausgegeben. Htte ein Privatmann diese Schrift verffentlicht, so
+wrde sie unbestreitbar als ein aufrhrerisches Libell zu betrachten
+gewesen sein. Es wurde bei der Kings Bench eine Criminaluntersuchung
+gegen Williams eingeleitet; er berief sich umsonst auf die Privilegien
+des Parlaments und wurde zu einer Geldbue von zehntausend Pfund
+verurtheilt. Einen groen Theil dieser Summe bezahlte er baar und ber
+den Rest gab er eine Schuldverschreibung. Der Earl von Peterborough, der
+in Dangerfield's Erzhlung in beleidigender Weise erwhnt war, wurde
+durch den Erfolg der Criminaluntersuchung ermuthigt, eine Civilklage auf
+eine bedeutende Entschdigungssumme anhngig zu machen. Williams gerieth
+dadurch in die grte Verlegenheit. Da bot sich ihm ein rettender Ausweg
+dar. Allerdings war es ein Ausweg, der einem Manne von festen
+Grundstzen und edlem Character noch schrecklicher gewesen sein wrde,
+als Armuth, Gefngni und selbst Tod. Er konnte sich der Regierung
+verkaufen, deren Feind und Opfer er gewesen war; er konnte sich
+erbieten, bei jedem Angriffe auf die Freiheiten und die Religion, fr
+welche er einen malosen Eifer gezeigt hatte, den gefhrlichsten Posten
+zu bernehmen; er konnte seinen Whiggismus durch Dienste wieder gut
+machen, vor denen selbst die eingefleischtesten Tories, an deren Hnden
+das Blut Russell's und Sidney's klebte, mit Abscheu zurckbebten. Der
+Handel wurde abgeschlossen. Der noch schuldige Rest der Strafsumme wurde
+erlassen und Peterborough durch Vermittelung des Knigs zu einem
+Vergleich bewogen. Sawyer wurde abgesetzt, Powis wurde Generalfiskal,
+Williams wurde zum Generalprokurator ernannt, in den Adelstand erhoben
+und war bald ein Gnstling des Knigs. Obgleich im Range nur der zweite
+Kronjurist, gelang es ihm doch sehr bald, durch seine Gewandtheit,
+Gelehrsamkeit und Energie seinen Vorgesetzten vllig in den Schatten zu
+stellen[81].
+
+Williams war noch nicht lange im Amte, als er aufgefordert wurde, in dem
+denkwrdigsten Staatsprozesse, von dem die Annalen der britischen Justiz
+berichten, eine Hauptrolle zu bernehmen.
+
+ [Anmerkung 81: +London Gazette, Dec. 15. 1687+. Siehe den Proze
+ gegen Williams in der +Collection of State Trials+. +Ha hecho,+
+ sagt Ronquillo, +grande susto el haber nombrado el abogado
+ Williams, que fue el orador y el mas arrabiade de toda la casa des
+ comunes en los ultimos terribles parlamentos del Rey difunto.+
+ 27. Nov. (7. Dec.) 1687.]
+
+
+[_Zweite Indulgenzerklrung._] Am 27. April 1688 erlie der Knig eine
+zweite Indulgenzerklrung. In diesem Schriftstcke fhrte er die
+Erklrung vom vorjhrigen April in ihrer ganzen Lnge auf. Sein
+bisheriges Leben, sagte er dann, habe sein Volk berzeugen knnen, da
+er nicht der Mann sei, der sich von einem einmal gefaten Beschlusse so
+leicht abbringen lasse. Da aber heimtckische Menschen es versucht
+htten, die Welt glauben zu machen, da man ihn doch noch zum Nachgeben
+in dieser Angelegenheit werde bestimmen knnen, halte er es fr nthig,
+zu erklren, da sein Vorsatz unwiderruflich fest stehe, da er
+entschlossen sei, nur solche Mnner anzustellen, welche bereit wren,
+ihn bei der Ausfhrung seiner Plne zu untersttzen, und da er in
+Gemheit dieses Entschlusses viele seiner ungehorsamen Diener von
+Civil- und Militairmtern habe entheben mssen. Schlielich zeigte er
+an, da er sptestens im November ein Parlament einzuberufen gedenke,
+und ermahnte seine Unterthanen, solche Vertreter in dasselbe zu whlen,
+die ihn bei dem begonnenen groen Werke zu untersttzen geneigt
+wren[82].
+
+ [Anmerkung 82: +London Gazette, April 30. 1688+; Barillon, 26.
+ April (6. Mai).]
+
+
+[_Die Geistlichkeit erhlt Befehl, sie von der Kanzel zu verlesen._]
+Diese Erklrung machte anfangs nur wenig Sensation. Sie enthielt nichts
+Neues und die Leute wunderten sich, da der Knig es fr nthig hielt,
+ein feierliches Manifest zu erlassen, blos um ihnen zu sagen, da er
+seinen Sinn nicht gendert habe[83]. Die Gleichgltigkeit, mit der die
+Ankndigung seines festen Entschlusses vom Publikum aufgenommen wurde,
+verdro ihn wahrscheinlich und er glaubte ohne Zweifel, da seine Wrde
+und Autoritt leiden knnten, wenn er nicht unverzglich etwas Neues und
+Auffallendes thue. In Folge dessen verfgte er unterm 4. Mai durch einen
+Geheimrathsbefehl, da seine Erklrung von vergangener Woche an zwei
+aufeinanderfolgenden Sonntagen beim ffentlichen Gottesdienste von den
+dienstthuenden Geistlichen aller Kirchen und Kapellen des Reiches
+verlesen werden solle. In London und seinen Vorstdten sollte die
+Verlesung am 20. und 27. Mai, in den anderen Landestheilen am 3. und 10.
+Juni stattfinden. Die Bischfe waren angewiesen, Exemplare der Erklrung
+in ihren respectiven Dicesen zu vertheilen[84].
+
+Wenn man bercksichtigt, da die Geistlichen der anglikanischen Kirche
+fast ohne Ausnahme die Indulgenzerklrung als eine Verletzung der
+Landesgesetze, als einen Wortbruch des Knigs und als einen
+verderblichen Gewaltstreich gegen die Interessen und die Wrde ihres
+Standes betrachteten, so wird man schwerlich daran zweifeln knnen, da
+der Geheimrathsbefehl darauf berechnet war, als eine tiefe Krnkung von
+ihnen empfunden zu werden. Man glaubte im Volke, da Petre diese Absicht
+durch ein der orientalischen Redeweise entlehntes rohes Gleichni
+ausgesprochen habe. Er sollte gesagt haben, er wolle sie Koth essen
+lassen und zwar den abscheulichsten und ekelhaftesten Koth. Aber konnte
+man annehmen, da die anglikanische Geistlichkeit diesem tyrannischen
+und gehssigen Befehle den Gehorsam verweigern werde? Der Character des
+Knigs war willkrlich und streng und das Verfahren der kirchlichen
+Commission eben so summarisch wie das eines Kriegsgerichts. Wer sich
+aufzulehnen wagte, konnte in Zeit von acht Tagen seiner Stelle entsetzt,
+seines ganzen Einkommens beraubt, der ferneren Bekleidung jedes
+geistlichen Amts unfhig erklrt und in die Nothwendigkeit versetzt
+werden, von Haus zu Haus sein Brot zu erbetteln. Wenn der ganze Stand
+sich einmthig dem kniglichen Willen widersetzte, dann war es
+allerdings wahrscheinlich, da selbst Jakob nicht den Muth haben wrde,
+zehntausend Schuldige auf einmal zu bestrafen. Aber zu einer allgemeinen
+Verstndigung in dieser Angelegenheit war keine Zeit. Am 7. Mai erschien
+der Befehl in der Gazette und schon am 20. sollte die Erklrung von
+allen Kanzeln Londons und dessen Umgegend verlesen werden. Er wre
+damals mit der grten Anstrengung nicht mglich gewesen, binnen
+vierzehn Tagen die Ansichten nur des zehnten Theiles der im ganzen Lande
+zerstreuten Pfarrgeistlichen einzuholen, ja nur die Stimmen der Bischfe
+htten nicht leicht in so kurzer Zeit gesammelt werden knnen. Auch
+stand zu befrchten, da, wenn die Geistlichkeit das Verlesen der
+Erklrung verweigerte, die protestantischen Dissenters die Weigerung
+falsch auslegen, die Hoffnung, von den Mitgliedern der anglikanischen
+Kirche Duldung zu erlangen, aufgeben und ihr ganzes Gewicht in die
+Wagschale des Hofes werfen wrden.
+
+ [Anmerkung 83: Citters, 1.(11.) Mai 1688.]
+
+ [Anmerkung 84: +London Gazette, Mai 7. 1688.+]
+
+
+[_Die Geistlichkeit ist unschlssig._] Die Geistlichkeit war daher
+unschlssig und diese Unschlssigkeit lt sich wohl entschuldigen, denn
+einige hochgestellte Laien, welche das ffentliche Vertrauen in hohem
+Mae genossen, waren geneigt, zur Unterwerfung zu rathen. Sie waren der
+Meinung, ein allgemeiner Widerstand stehe kaum zu erwarten und ein
+theilweiser werde fr die Einzelnen verderblich und fr die Kirche und
+die Nation im Allgemeinen nur von geringem Nutzen sein. Dies war die
+ausgesprochene Ansicht von Halifax und Nottingham. Der Tag rckte heran
+und noch war keine Verstndigung und kein bestimmter Entschlu
+erzielt.[85]
+
+ [Anmerkung 85: Johnstone, 27. Mai 1688.]
+
+
+[_Patriotismus der protestantischen Nonconformisten Londons._] In diesem
+Augenblicke erwarben sich die protestantischen Dissenters der Hauptstadt
+einen Anspruch auf die ewige Dankbarkeit ihres Vaterlandes. Die
+Regierung hatte sie bisher als einen Theil ihrer Strke betrachtet.
+Einige von ihren thtigsten und lautesten Predigern hatten, durch die
+Gnadenbezeigungen des Hofes bestochen, Adressen zu Gunsten der Politik
+des Knigs zu Stande gebracht. Andere, welche durch die Erinnerung an
+viele schwere Unbilden sowohl der anglikanischen Kirche als dem Hause
+Stuart entfremdet waren, hatten mit boshafter Schadenfreude gesehen, wie
+der tyrannische Frst und die tyrannische Hierarchie durch bittere
+Feindschaft von einander getrennt waren und sich gegenseitig berboten,
+um den Beistand von Secten zu erlangen, die sie noch unlngst verfolgt
+und verachtet hatten. Aber so natrlich dieses Gefhl auch sein mochte,
+man hatte sich demselben lange genug hingegeben. Die Zeit war gekommen,
+wo man eine Wahl treffen mute, und die Nonconformisten traten in einer
+hochherzigen Regung auf die Seite der Anglikaner, um gemeinschaftlich
+mit ihnen die Grundgesetze des Reichs zu vertheidigen. Baxter, Bates und
+Howe zeichneten sich durch ihre Anstrengungen, dieses Bndni zu Stande
+zu bringen, besonders aus; aber die edle Begeisterung, welche die
+Gesammtheit der Puritaner beseelte, erleichterte ihnen die Aufgabe. Der
+Eifer der Pfarrer wurde von dem ihrer Gemeinden noch bertroffen.
+Diejenigen Presbyterianer- und Independentenprediger, welche Lust
+zeigten, mit dem Knige Partei gegen die Landeskirche zu nehmen, wurden
+nachdrcklich bedeutet, da, wenn sie ihr Verfahren nicht nderten, ihre
+Gemeinden sie fernerhin weder hren noch bezahlen wrden. Alsop, der
+sich mit der Hoffnung geschmeichelt hatte, da er im Stande sein werde,
+einen groen Theil seiner Anhnger dem Knige zuzufhren, sah sich
+pltzlich von Denen, die ihn kurz zuvor noch als ihren geistlichen
+Fhrer verehrt hatten, verachtet und verabscheut, verfiel darber in
+eine tiefe Schwermuth und verbarg sich vor den Blicken der Welt. Bei
+mehreren londoner Geistlichen erschienen Deputationen, um sie zu bitten,
+da sie die Masse der Dissenters nicht nach den kriechenden
+Schmeicheleien beurtheilen mchten, welche krzlich die Spalten der
+Gazette gefllt htten, und forderten sie, als bei dem groen Kampfe in
+vorderster Reihe stehend, auf, mit mnnlicher Tapferkeit fr die
+Freiheiten Englands und den den Heiligen berlieferten Glauben zu
+streiten. Diese Versicherungen wurden freudig und dankend aufgenommen.
+Unter Denen aber, die sich zu entscheiden hatten, ob sie am nchsten
+Sonntage, den 20. Mai, dem Befehl des Knigs nachkommen wollten
+oder nicht, herrschte noch immer groe ngstlichkeit und
+Meinungsverschiedenheit.
+
+
+[_Berathung der londoner Geistlichkeit._] Die londoner Geistlichkeit,
+welche damals allgemein als die Elite ihres Standes anerkannt war,
+veranstaltete eine berathende Versammlung. Funfzehn Doctoren der
+Theologie waren anwesend. Tillotson, Dechant von Canterbury, der
+berhmteste Kanzelredner der damaligen Zeit, kam vom Krankenlager dahin.
+Sherlock, Vorsteher des Tempels, Patrick, Dechant von Peterborough und
+Oberpfarrer des wichtigen Kirchspiels St. Paul in Coventgarden, sowie
+auch Stillingfleet, Archidiakonus von London und Dechant der St.
+Pauls-Kathedrale, nahmen daran Theil. Die Versammlung im Allgemeinen
+schien der Ansicht zu sein, da es im Grunde doch gerathen sei, dem
+Geheimrathsbefehl zu gehorchen. Der Streit begann hitzig zu werden und
+htte vielleicht schlimme Folgen haben knnen, wre er nicht durch die
+Festigkeit und Einsicht des Unterpfarrers von St. Giles, Cripplegate,
+Doctor Eduard Fowler, beendigt worden. Dieser Mann gehrte zu der
+kleinen aber ausgezeichneten Klasse von Theologen, welche die der Schule
+Calvin's eigene Liebe zur brgerlichen Freiheit mit der Theologie der
+Schule des Arminius verbanden[86]. Er erhob sich und sprach: Ich will
+offen meine Meinung sagen. Die Sache ist so klar und einfach, da lange
+Errterungen kein neues Licht auf sie werfen knnen, sondern nur die
+Leidenschaften aufregen mssen. Lassen Sie einem Jeden blos Ja oder Nein
+sagen. Ich fr meine Person kann mich durch das Votum der Majoritt
+nicht binden lassen. Es wrde mir leid thun, wenn dadurch unsre
+Einigkeit gestrt werden sollte, aber mein Gewissen erlaubt mir nicht,
+diese Erklrung zu verlesen. Tillotson, Patrick, Sherlock und
+Stillingfleet erklrten, da sie der nmlichen Meinung seien, und die
+Majoritt fgte sich einer so achtbaren Minoritt. Es wurde ein Beschlu
+schriftlich ausgefertigt, durch den sich alle Anwesenden gegen einander
+verpflichteten, die Erklrung nicht zu verlesen. Patrick war der Erste,
+der seinen Namen unterschrieb, Fowler der Zweite. Das Papier wurde dann
+in der Stadt herumgeschickt und war bald von fnfundachtzig
+Pfrndeninhabern unterzeichnet[87].
+
+Unterdessen beriethen sich mehrere Bischfe in banger Sorge ber das
+einzuschlagende Verfahren. Am 12. Mai war ein ernster und gelehrter
+Kreis um den Tisch des Primas zu Lambeth versammelt. Compton, Bischof
+von London, Turner, Bischof von Ely, White, Bischof von Peterborough,
+und Tenison, Oberpfarrer des Kirchspiels St. Martin, befanden
+sich unter den Anwesenden. Der Earl von Clarendon, ein warmer und
+unerschtterlicher Freund der Kirche, war ebenfalls eingeladen worden.
+Cartwright, Bischof von Chester, drngte sich, wahrscheinlich als Spion,
+in die Versammlung. So lange er anwesend war, konnten vertrauliche
+Mittheilungen nicht stattfinden; nach seinem Weggange aber wurde die
+groe Frage, welche alle Gemther erfllte, zur Sprache gebracht und
+errtert. Die allgemeine Ansicht war, da die Erklrung nicht verlesen
+werden solle. An mehrere der achtbarsten Prlaten der Provinz Canterbury
+wurden sogleich Briefe geschrieben, durch welche dieselben aufgefordert
+wurden, unverzglich nach London zu kommen, um ihren Metropoliten in
+dieser Angelegenheit zu untersttzen[88]. Da man kaum zweifeln konnte,
+da diese Briefe geffnet werden wrden, wenn sie durch das Postamt in
+Lombard Street gingen, so wurden sie bis zu den nchsten Poststationen
+in den verschiedenen Richtungen durch reitende Boten befrdert. Der
+Bischof von Winchester, dessen Loyalitt sich bei Sedgemoor so glnzend
+erprobt hatte, beschlo trotz eines ernstlichen Unwohlseins der
+Aufforderung nachzukommen und sofort abzureisen, sah aber, da er die
+Erschtterung des Fahrens nicht vertragen konnte. Der an Wilhelm Lloyd,
+Bischof von Norwich, gerichtete Brief wurde ungeachtet aller
+Vorsichtsmaregeln von einem Postmeister zurckgehalten, und dieser
+Prlat, welcher keinem seiner Amtsbrder in Muth und Eifer fr die
+gemeinsame Sache seines Berufs nachstand, kam zu spt in London an[89].
+Sein Namensvetter, Wilhelm Lloyd, Bischof von St. Asaph, ein frommer,
+rechtschaffener und gelehrter Mann, aber von schwacher Urtheilskraft und
+halb aufgerieben durch seine beharrlichen Anstrengungen, aus Daniel und
+der Offenbarung einige Aufschlsse ber den Papst und den Knig von
+Frankreich zu gewinnen, eilte nach der Hauptstadt und traf am
+Sechzehnten ein[90]. Am nchstfolgenden Tage kamen auch der treffliche
+Ken, Bischof von Bath und Wells, Lake, Bischof von Chichester, und Sir
+Johann Trelawney, Bischof von Bristol, ein Baronet aus einer alten und
+angesehenen Familie in Cornwall.
+
+ [Anmerkung 86: Der verstorbene Alexander Knox, dieser
+ ausgezeichnete Mann, dessen beredte Conversation und vortrefflich
+ ausgearbeitete Briefe einen groen Einflu auf die Gemther seiner
+ Landsleute ausbten, hat, wie ich vermuthe, vieles von seinem
+ theologischen System und Fowler's Schriften gelernt. Fowler's Werk
+ ber den Zweck des Christenthums wurde von Johann Bunyan mit einer
+ durch nichts zu rechtfertigenden Heftigkeit angegriffen, die sich
+ nur durch die Herkunft und mangelhafte Erziehung des ehrlichen
+ Kesselflickers einigermaen entschuldigen lt.]
+
+ [Anmerkung 87: Johnstone, 23. Mai 1688. Es existirt ein
+ satirisches Gedicht auf diese Versammlung betitelt: Die
+ geistliche Cabale.]
+
+ [Anmerkung 88: +Clarendon's Diary, May 22. 1688.+]
+
+ [Anmerkung 89: Auszug aus Tanner's Handschriften in +Howell's
+ State Trials+; +Life of Prideaux+; +Clarendon's Diary, May 16.
+ 1688+.]
+
+ [Anmerkung 90: +Clarendon's Diary, May 16 & 17. 1688+.]
+
+
+[_Berathung im Palast zu Lambeth._] Am Achtzehnten wurde im Palast des
+Primas zu Lambeth eine Versammlung von Prlaten und anderen
+ausgezeichneten Theologen gehalten. Tillotson, Tenison, Stillingfleet,
+Patrick und Sherlock waren dabei anwesend. Vor dem Beginn der Berathung
+wurde eine feierliche Betstunde gehalten. Nach einer langen Besprechung
+setzte der Erzbischof eigenhndig eine Petition auf, in der die
+allgemeine Ansicht ausgesprochen war. Sie war nicht im elegantesten
+Style abgefat. Sancroft zog sich durch den schwlstigen und unschnen
+Periodenbau sogar spttelnden Tadel zu, den er mit weniger Geduld
+ertrug, als er bei viel hrteren Prfungen gezeigt hatte. Dem Inhalte
+nach aber konnte nichts geschickter entworfen sein, als dieses
+denkwrdige Actenstck. Man verwahrte sich entschieden gegen alle
+Illoyalitt und Intoleranz, versicherte dem Knig, da die Kirche noch
+immer, wie von jeher, dem Throne treu ergeben sei und da die Bischfe
+seiner Zeit am geeigneten Orte als Lords des Parlaments und als
+Mitglieder des Oberhauses der Convocation beweisen wurden, wie es ihnen
+keineswegs an humaner Rcksicht auf die Gewissensbedenken der Dissenters
+fehle. Aber das Parlament habe sowohl unter der vorigen wie unter der
+gegenwrtigen Regierung ausgesprochen, da der Souverain nach der
+Verfassung nicht berechtigt sei, in kirchlichen Angelegenheiten von
+Gesetzen zu dispensiren. Deshalb sei die Erklrung gesetzwidrig und
+Klugheit, Ehre und Gewissen gestatte den Petenten nicht, sich bei der
+feierlichen Verffentlichung einer ungesetzlichen Erklrung im Hause
+Gottes und whrend der Zeit des Gottesdienstes zu betheiligen.
+
+Diese Petition wurde von dem Erzbischof und sechs seiner Suffraganen,
+Lloyd von St. Asaph, Turner von Ely, Lake von Chichester, Ken von Bath
+und Wells, White von Peterborough und Trelawney von Bristol,
+unterzeichnet. Der Bischof von London unterzeichnete nicht mit, weil er
+suspendirt war.
+
+
+[_Die Petition der sieben Bischfe dem Knige berreicht._] Es war spt
+am Freitag Abend, und am Sonntag Morgen sollte die Erklrung in den
+Kirchen von London verlesen werden. Die Petition mute daher dem Knige
+unverweilt berreicht werden. Die sechs Bischfe brachen sofort nach
+Whitehall auf; der Erzbischof, dem schon seit geraumer Zeit der Zutritt
+bei Hofe untersagt war, begleitete sie nicht. Lloyd lie seine fnf
+Collegen im Hause des Lord Dartmouth in der Nhe des Palastes zurck,
+begab sich zu Sunderland und bat den Minister, die Petition zu lesen und
+sich zu erkundigen, wann der Knig geneigt sein werde, sie in Empfang zu
+nehmen. Sunderland wollte, aus Furcht sich zu compromittiren, die
+Petition gar nicht ansehen, begab sich aber sogleich ins knigliche
+Kabinet. Jakob befahl, die Bischfe vorzulassen. Er hatte von seinem
+Spion Cartwright erfahren, da sie wohl geneigt wren, dem kniglichen
+Befehle zu gehorchen, aber einige kleine nderungen in der Form
+wnschten und eine unterthnige Bitte in diesem Sinne vorlegen wollten.
+Seine Majestt war daher sehr gut gelaunt. Als die Prlaten vor ihm
+knieten, bat er sie freundlich, aufzustehen, nahm das Papier, aus
+Lloyd's Hnden und sagte: Das ist Mylord Canterbury's Hand. -- Ja,
+Sire, seine eigene Hand, war die Antwort. Jakob las die Petition, brach
+sie dann zusammen und sprach, whrend seine Stirn sich verfinsterte:
+Dies ist eine groe berraschung fr mich. Ich htte dies von Ihrer
+Kirche, insbesondere von einigen unter Ihnen, nicht erwartet. Das heit
+die Fahne des Aufruhrs aufpflanzen. Die Bischfe ergossen sich in die
+wrmsten Versicherungen ihrer Loyalitt; der Knig aber wiederholte
+seiner Gewohnheit nach die gesprochenen Worte von Anfang bis zu Ende.
+Ich sage Ihnen, es ist eine Fahne des Aufruhrs! -- Des Aufruhrs?
+rief Trelawney auf die Knie fallend. Um des Himmels willen, Sire,
+sprechen Sie nicht so hart von uns. Ein Trelawney kann nie ein Rebell
+werden. Erinnern Sie Sich, da meine Familie fr die Krone gekmpft hat,
+erinnern Sie Sich, wie ich Eurer Majestt gedient habe, als Monmouth im
+Westen war. -- Wir haben den letzten Aufstand unterdrckt, sagte
+Lake, und wollen gewi nicht einen neuen hervorrufen. -- Wir,
+Rebellen! rief Turner; wir sind bereit, zu den Fen Eurer Majestt zu
+sterben. -- Sire, hob jetzt Ken in einem mnnlicheren Tone an, ich
+hoffe, Sie werden uns die Gewissensfreiheit zugestehen, die Sie
+Jedermann gewhren. Jakob aber wiederholte abermals: Das ist Aufruhr!
+das ist eine Fahne des Aufruhrs! Hat jemals ein guter Diener der
+Staatskirche das Dispensationsrecht in Frage gestellt? Haben nicht
+einige von Ihnen zu Gunsten desselben gepredigt und geschrieben? Ich
+will durchaus, da meine Erklrung verlesen werde! -- Wir haben zwei
+Pflichten zu erfllen, erwiederte Ken, unsre Pflicht gegen Gott und
+unsre Pflicht gegen Eure Majestt. Wir ehren Sie, aber wir frchten
+Gott. -- Habe ich das um Sie verdient? versetzte der Knig mit
+wachsendem Zorne; bin ich nicht stets ein Freund Ihrer Kirche gewesen?
+Ich htte dies nicht von Ihnen erwartet. Aber ich verlange Gehorsam.
+Meine Erklrung mu verlesen werden. Sie sind die Trompeter des
+Aufruhrs. Was wollen Sie hier? Gehen Sie in Ihre Dicesen und sorgen Sie
+dafr, da meinen Befehlen gehorcht wird. Dieses Papier will ich
+behalten. Sie bekommen es nicht zurck. Ich werde Sie, die
+Unterzeichner, nicht vergessen. -- Gottes Wille geschehe, sagte Ken.
+-- Gott hat mir die Dispensationsgewalt verliehen, fuhr der Knig
+fort, und ich werde sie zu behaupten wissen. Ich sage Ihnen, es sind
+noch Siebentausend in Ihrer Kirche, die das Knie nicht vor dem Baal
+gebeugt haben. Die Bischfe entfernten sich ehrerbietig[91]. Noch den
+nmlichen Abend erschien die Petition, die sie dem Knige berreicht
+hatten, Wort fr Wort, in Druck und wurde in allen Kaffeehusern
+ausgelegt und in den Straen zum Verkauf ausgeboten. Allenthalben
+standen die Leute aus den Betten wieder auf und gingen hinunter auf die
+Strae, um zu sehen, was es gab. Man sagte, da der Drucker binnen
+wenigen Stunden durch dieses Pennyblatt tausend Pfund verdient habe.
+Dies mag bertrieben sein, aber es beweist wenigstens, da der Absatz
+ungeheuer war. Wie die Petition in die ffentlichkeit kam, ist noch
+heute ein Geheimni. Sancroft versicherte, da er jede erdenkliche
+Vorsicht beobachtet habe und von keinem andren Exemplare wisse, als von
+dem, welches er selbst geschrieben und das der Knig aus Lloyd's Hnden
+entgegengenommen hatte. Die Wahrhaftigkeit des Erzbischofs ist ber alle
+Zweifel erhaben. Nicht unwahrscheinlich aber ist es, da einige von den
+anwesenden Geistlichen das kurze Schriftstck ihrem Gedchtni genau
+eingeprgt und es zum Druck befrdert hatten. Die vorherrschende Meinung
+war jedoch, da eine Person aus der nchsten Umgebung des Knigs eine
+Indiscretion oder einen Verrath begangen habe[92]. Kaum weniger Aufsehen
+machte ein kurzer, mit groer logischer Schrfe und in krftiger Sprache
+geschriebener Brief, der im Geheimen gedruckt und an dem nmlichen Tage
+durch die Post und durch die gewhnlichen Botenfuhrleute verbreitet
+wurde. Jedem Geistlichen im ganzen Lande wurde ein Exemplar zugesandt.
+Der Verfasser versuchte es nicht, die Gefahr zu verhehlen, der sich
+Diejenigen aussetzten, welche dem kniglichen Befehle nicht gehorchten;
+aber er schilderte mit lebhaften Farben die noch grere Gefahr der
+Unterwerfung. Wenn wir die Erklrung verlesen, sagte er, so fallen
+wir, um uns nicht wieder zu erheben. Und wir werden nicht bedauert,
+sondern nur verachtet werden; wir fallen unter den Verwnschungen einer
+Nation, die unsre Willfhrigkeit ins Verderben gestrzt hat. Einige
+waren der Meinung, die Schrift sei aus Holland herbergekommen, Andere
+schrieben sie Sherlock zu. Aber Prideaux, Dechant von Norwich, der bei
+der Verbreitung besonders thtig war, hielt sie fr das Werk Halifax'.
+
+Das Verfahren der Prlaten fand allgemeinen und lebhaften Beifall; aber
+hier und da lie sich auch ein Murren vornehmen. Man sagte, da so
+ernste Mnner, wenn ihr Gewissen ihnen geboten htte, beim Knige zu
+remonstriren, dies frher htten thun sollen. Wre es recht gegen ihn
+gehandelt, da sie ihn bis sechsunddreiig Stunden vor der zur Verlesung
+der Erklrung festgesetzten Zeit im Dunkeln lieen? Selbst wenn er den
+Geheimrathsbefehl htte zurcknehmen wollen, wre es dazu zu spt
+gewesen. Aus dem Allen scheine hervorzugehen, da die Petition nicht den
+Zweck gehabt habe, den Knig andren Sinnes zu machen, sondern nur die
+Unzufriedenheit des Volks zu erregen[93]. Diese Beschwerden waren jedoch
+vllig grundlos. Der Knig hatte den Bischfen einen neuen, unerwarteten
+und in Verlegenheit setzenden Befehl gegeben. Es war ihre Pflicht, mit
+einander in Vernehmen zu treten und so weit als mglich die Ansicht des
+Standes, dessen Oberhupter sie waren, einzuholen, ehe sie irgend einen
+Schritt thaten. Die Mitglieder waren im ganzen Lande zerstreut, einige
+waren eine volle Tagereise von einander entfernt. Jakob hatte ihnen nur
+vierzehn Tage Zeit gelassen, um sich zu erkundigen, zu berathschlagen
+und einen Entschlu zu fassen, und er konnte sich gewi nicht darber
+beklagen, da diese vierzehn Tage zu Ende gingen, bevor er ihren
+Entschlu erfuhr. Ebenso ist es auch nicht wahr, da sie ihm nicht Zeit
+lieen, seinen Befehl zurckzunehmen, wenn er htte so klug sein wollen,
+dies zu thun. Er htte am Samstag Morgen den Geheimen Rath
+zusammenberufen knnen und vor dem Abend konnte es in ganz London und
+dessen Vorstdten bekannt sein, da er den Bitten der Vter der Kirche
+nachgegeben. Der Samstag ging jedoch ohne ein Zeichen von Sinnesnderung
+seitens der Regierung vorber und der Sonntag kam heran, ein Tag, dessen
+man sich noch lange erinnerte.
+
+ [Anmerkung 91: Sancroft's Bericht aus Tanner's Handschriften
+ abgedruckt; Citters, 22. Mai (1. Juni) 1688.]
+
+ [Anmerkung 92: +Burnet, I. 741+; +Revolution Politics+; +Higgins's
+ Short View.+]
+
+ [Anmerkung 93: +Clarke's Life of James the Second, II. 155.+]
+
+
+[_Die londoner Geistlichkeit gehorcht dem kniglichen Befehle nicht._]
+In der City und den Vorstdten Londons gab es ungefhr hundert
+Pfarrkirchen. Nur in vier derselben wurde der Geheimrathsbefehl befolgt.
+In der St. Gregorskirche wurde die Erklrung von einem Geistlichen,
+Namens Martin, verlesen. Sobald er die ersten Worte sprach, stand die
+ganze Gemeinde auf und entfernte sich. In der St. Matthuskirche in
+Friday Street wurde ein Elender, Namens Timotheus Hall, der seinen
+Priesterrock geschndet, indem er der Herzogin von Portsmouth bei dem
+Handel mit Begnadigungen als Zwischentrger gedient und der jetzt
+Hoffnung auf das erledigte Bisthum Oxford hatte, ebenfalls von seiner
+Gemeinde in der Kirche allein gelassen. In Serjeant's Inn, in Chancery
+Lane, gab der Geistliche vor, er habe vergessen, ein Exemplar der
+Erklrung mitzubringen, und der Oberrichter der Kings Bench, welcher
+anwesend war, um darauf zu sehen, da dem kniglichen Befehle gehorcht
+werde, mute sich mit dieser Entschuldigung begngen. Samuel Wesley, der
+Vater Johann's und Karl's Wesley, Pfarrer in London, whlte an diesem
+Sonntage zum Text seiner Predigt die edle Antwort, welche die drei Juden
+dem chaldischen Tyrannen gaben: So sollst Du nun wissen, o Knig, da
+wir Deine Gtter nicht ehren, noch das gldene Bild, das Du hast setzen
+lassen, anbeten wollen. Selbst in der Kapelle des St. Jamespalastes
+hatte der dienstthuende Geistliche den Muth, dem Befehle nicht zu
+gehorchen. Die Knaben von Westminster erinnerten sich noch lange dessen,
+was an jenem Tage in der Abtei vorging. Sprat, Bischof von Rochester,
+fungirte hier als Dechant. Sobald er die Erklrung zu verlesen begann,
+bertubte das Murren und das Gerusch des sich aus der Kirche
+drngenden Volks seine Stimme. Er zitterte so heftig, da man das Papier
+in seiner Hand sich bewegen sah. Lange bevor er geendet hatte, war die
+Kirche von Allen verlassen, bis auf Diejenigen, die ihre Stellung zum
+Bleiben nthigte.[94]
+
+Noch nie war die Kirche der Nation so theuer gewesen, als an jenem
+Nachmittage. Der Geist der Zwietracht schien erloschen zu sein. Baxter
+hielt auf der Kanzel eine Lobrede auf die Bischfe und die Pfarrer.
+Wenige Stunden spter schrieb der hollndische Gesandte an die
+Generalstaaten, da die anglikanische Geistlichkeit in der Achtung des
+Publikums unglaublich gestiegen sei. Die Nonconformisten, sagte er,
+sprchen sich allgemein dahin aus, da sie lieber unter dem Drucke der
+Strafgesetze bleiben, als ihre Sache von der der Prlaten trennen
+wollten.[95]
+
+So verging noch eine Woche ngstlicher Aufregung, und der zweite Sonntag
+kam heran. Abermals waren die Kirchen der Hauptstadt mit
+Hunderttausenden gefllt. Die Erklrung wurde nirgends anderwrts
+verlesen, als an den wenigen Orten, wo sie vor acht Tagen verlesen
+worden war. Der Geistliche, der in der Kapelle des St. Jamespalastes
+gepredigt hatte, war seines Amtes entsetzt worden und es erschien ein
+servilerer Geistlicher mit dem Papier in der Hand; aber er war so
+befangen, da er nicht vernehmlich sprechen konnte. Die Stimmung der
+ganzen Nation hatte sich in der That so gestaltet, da nur die besten
+und hochherzigsten, oder die schlechtesten und characterlosesten
+Menschen ihr ohne groe Angst die Stirn bieten konnten.[96]
+
+ [Anmerkung 94: Citters; 22. Mai (1. Juni) 1688; +Burnet+, I. 740
+ und Lord Dartmouth's Note; +Southey's Life of Wesley+.]
+
+ [Anmerkung 95: Citters, 22. Mai (1. Juni) 1688.]
+
+ [Anmerkung 96: +Ibid.+ 29. Mai (8. Juni) 1688.]
+
+
+[_Unschlssigkeit der Regierung._] Selbst der Knig war einen Augenblick
+bestrzt ber die Heftigkeit des von ihm heraufbeschworenen Sturmes. Was
+sollte er nun zunchst thun? Er mute entweder vorwrts oder rckwrts
+gehen, und ersteres konnte er nicht ohne Gefahr, letzteres nicht ohne
+Demthigung. Einmal nahm er sich vor, einen neuen Befehl zu erlassen,
+durch den er der Geistlichkeit in hochmthigem und zornigem Tone gebot,
+seine Erklrung zu verlesen, und jedem Widerspenstigen mit
+augenblicklicher Amtsentsetzung drohte. Dieser Befehl wurde zu Papier
+gebracht und in die Druckerei geschickt, dann zurckgeholt, dann zum
+zweitenmal in die Druckerei geschickt und noch einmal zurckgeholt.[97]
+Zu einem andren Plane riethen einige von Denen, welche fr strenge
+Maregeln waren. Sie meinten, die Prlaten, welche die Petition
+unterzeichnet hatten, knnten ja vor die kirchliche Commission citirt
+und ihrer Bischofssitze beraubt werden. Gegen dieses Verfahren aber
+wurden im Staatsrathe energische Einwendungen erhoben. Man habe
+angekndigt, da die Kammern noch vor Ende des Jahres einberufen werden
+sollten und die Lords wrden das Absetzungsurtel unzweifelhaft fr null
+und nichtig erklren, auf der Einberufung Sancroft's und seiner
+Mitpetenten bestehen und sich weigern, einen neuen Erzbischof von
+Canterbury oder einen neuen Bischof von Bath und Wells anzuerkennen. So
+wrde die Session, die aller Wahrscheinlichkeit nach im gnstigen Falle
+immer noch sehr strmisch werden wrde, sogleich mit einem erbitterten
+Streite zwischen der Krone und den Peers beginnen. Wenn daher eine
+Bestrafung der Bischfe fr nthig gehalten wrde, so mte dieselbe
+nach dem bekannten Gange des englischen Rechtsverfahrens ber sie
+verhngt werden. Sunderland hatte sich von Anfang an, soweit er es ohne
+Gefahr wagen konnte, dem Geheimrathsbefehl widersetzt. Jetzt rieth er zu
+einem Verfahren, das zwar nicht frei von Nachtheilen, aber doch das
+klgste und wrdigste war, welches der Regierung nach einer Reihe von
+Fehlgriffen noch offen stand. Der Knig solle mit Huld und Majestt der
+Welt ankndigen, da das ungehorsame Benehmen der anglikanischen Kirche
+ihn tief verletzt habe, da er aber die vielen Dienste nicht vergessen
+knne, die diese Kirche in schweren Prfungszeiten seinem Vater, seinem
+Bruder und ihm selbst geleistet; da er als Freund der Gewissensfreiheit
+nicht streng gegen Mnner verfahren wolle, deren allerdings
+irregeleitetes und ber alle Maen bedenkliches Gewissen ihnen nicht
+erlaubt habe, seinen Befehlen zu gehorchen, und da er daher die
+Schuldigen der Strafe berlassen werde, die ihre eigne berzeugung ihnen
+zuerkennen msse, wenn sie ihre neuesten Schritte mit den loyalen
+Grundstzen verglichen, deren sie sich so laut gerhmt htten. Nicht
+allein Powis und Bellasyse, welche stets fr gemigte Beschlsse waren,
+sondern selbst Dover und Arundell neigten sich zu diesem Vorschlage hin.
+Jeffreys dagegen behauptete, da die Regierung entehrt sein wrde, wenn
+sie solche Verbrecher, wie die sieben Bischfe, mit einem bloen
+Verweise davon kommen liee. Er wnschte jedoch nicht, da sie vor die
+Hohe Commission, in welcher er als erster oder vielmehr einziger Richter
+sa, geladen wrden, denn die Last des ffentlichen Hasses, die er
+bereits zu tragen hatte, war selbst fr seine schamlose Stirn und sein
+verknchertes Herz zu gro, und er erschrak vor der Verantwortlichkeit,
+die er durch eine gesetzwidrige Verurtheilung der Oberhupter der
+Staatskirche und der Lieblinge des Volkes auf sich geladen haben wrde.
+
+ [Anmerkung 97: +Ibid.+]
+
+
+[_Es wird eine gerichtliche Verfolgung der Bischfe wegen Libells
+beschlossen._] Jeffreys empfahl deshalb einen Criminalproze gegen sie
+anhngig zu machen. In Folge dessen wurde beschlossen, den Erzbischof
+und die sechs anderen Bittsteller unter der Anklage auf Abfassung eines
+aufrhrerischen Libells vor den Gerichtshof der Kings Bench zu stellen.
+Da sie fr schuldig befunden werden wrden, daran war kaum zu zweifeln,
+denn die Richter und ihre Unterbeamten waren Werkzeuge des Hofes.
+Seitdem der Hauptstadt ihr alter Freibrief entzogen worden, war kaum ein
+Gefangener, den die Regierung bestraft wissen wollte, von einer Jury
+freigesprochen worden. Die widerspenstigen Prlaten wurden hchst
+wahrscheinlich zu unerschwinglichen Geldbuen und langer Haft
+verurtheilt und waren dann froh, wenn sie sich dadurch loskaufen
+konnten, da sie in und auer dem Parlament den Absichten des Knigs
+dienten.[98]
+
+Am 27. Mai wurde den Bischfen angekndigt, da sie am 8. Juni vor dem
+Knige im Geheimen Rathe erscheinen sollten. Warum eine so lange Frist
+gestattet wurde, ist uns nicht bekannt. Vielleicht hoffte Jakob, da
+einige der Schuldigen sich aus Furcht vor seiner Ungnade bis zu dem zum
+Verlesen der Erklrung bestimmten Tage noch fgen und, um sich mit ihm
+auszushnen, die Geistlichen ihrer Dicesen zum Gehorsam berreden
+wrden. Wenn dies wirklich seine Hoffnung war, so wurde sie vollstndig
+getuscht. Der 3. Juni kam und alle Theile Englands folgten dem
+Beispiele der Hauptstadt. Die Bischfe von Norwich, Gloucester,
+Salisbury, Winchester und Exeter hatten bereits Abschriften der Petition
+zum Beweis ihrer Zustimmung unterzeichnet; der Bischof von Worcester
+hatte sich geweigert, die Erklrung unter seine Geistlichen zu
+vertheilen; der Bischof von Hereford hatte sie vertheilt, wurde aber,
+wie allgemein bekannt war, deshalb von Reue und Scham geqult. Von
+fnfzig Pfarrern fgte sich noch nicht einer dem Geheimrathsbefehl. In
+der groen Dicese Chester, welche die Grafschaft Lancaster umfat,
+konnte Cartwright nicht mehr als drei Geistliche zum Gehorsam gegen den
+Knig bewegen. Die Dicese Norwich enthlt viele hundert Pfarreien, und
+nur in vieren davon wurde die Erklrung verlesen. Dem hfischen Bischof
+von Rochester gelang es nicht, die Gewissensscrupel des
+Gefngnipredigers von Chatham, der von der Regierung besoldet wurde, zu
+heben. Es existirt noch ein rhrender Brief, den dieser wackere
+Geistliche an den Sekretr der Admiralitt schrieb. Ich kann wohl nicht
+erwarten, schrieb er darin, da Euer Ehren sich fr mich verwenden.
+Der Wille Gottes geschehe. Ich will lieber leiden, als sndigen[99].
+
+ [Anmerkung 98: Barillon, 24. Mai (3. Juni), 31. Mai (10. Juni)
+ 1688; Citters, 1.(11.) Juli; Adda 25. Mai (4. Juni), 30. Mai (9.
+ Juni), 1.(11.) Juni; +Clarke's Life of James the Second, II.
+ 158+.]
+
+ [Anmerkung 99: +Burnet, I. 740+; +Life of Prideaux+; Citters,
+ 12.(22.), 15.(25.) Juni 1688; +Tanner MS.+; +Life and
+ Correspondence of Pepys+.]
+
+
+[_Sie werden im Geheimen Rathe verhrt._] Am Abend des 8. Juni begaben
+sich die sieben Prlaten, von den ausgezeichnetsten Rechtsgelehrten
+Englands gehrig instruirt, in den Palast, wo sie alsbald in das
+Geheimrathszimmer gerufen wurden. Ihre Petition lag auf dem Tische. Der
+Kanzler nahm das Papier, zeigte es dem Erzbischofe und sagte: Ist dies
+die Schrift, die Euer Gnaden aufgesetzt und welche die hier anwesenden
+Bischfe Seiner Majestt berreicht haben? Sancroft warf einen Blick
+auf das Papier und sagte dann zum Knige: Sire, ich stehe hier als
+Angeklagter. Ich war dies noch nie und htte frher nicht geglaubt, da
+ich es je einmal werden knnte. Am allerwenigsten aber habe ich daran
+gedacht, da mir ein Vergehen gegen meinen Knig zur Last gelegt werden
+knnte. Da ich aber das Unglck habe, in diese Lage gekommen zu sein, so
+wird Eure Majestt es mir nicht bel nehmen, wenn ich von dem mir
+gesetzlich zustehenden Rechte Gebrauch mache, nichts zu sagen, was mich
+als schuldig erscheinen lassen knnte. -- Dies ist bloe Chikane,
+erwiederte der Knig. Euer Gnaden werden hoffentlich nicht so
+gewissenlos sein, da Sie Ihre eigne Hand verleugnen? -- Sire, sagte
+Lloyd, der die Casuistik grndlich studirt hatte, alle Theologen
+stimmen darin berein, da Jemand, der sich in unsrer Lage befindet, die
+Antwort auf eine solche Frage verweigern darf. Der Knig, der eben so
+beschrnkten Verstandes, als heftigen Temperamentes war, wute nicht
+sogleich was der Prlat meinte. Er beharrte jedoch auf seinem Verlangen
+und gerieth in sichtbaren Zorn. Sire, hob der Erzbischof wieder an,
+ich bin nicht verpflichtet, mich selbst anzuklagen. Dessenungeachtet
+will ich, wenn Eure Majestt es durchaus befiehlt, eine Antwort geben,
+in dem Vertrauen, da ein gerechter und edelsinniger Frst das was ich
+lediglich aus Gehorsam gegen Hchstdessen Befehl thue, nicht als
+Rechtsbeweis gegen mich anwenden lassen wird. -- Sie drfen mit Ihrem
+Souverain nicht kapituliren, sagte der Kanzler. Nein, setzte der
+Knig hinzu, ich werde einen solchen Befehl nicht geben. Wenn Sie es
+vorziehen, Ihre eigenen Handschriften abzuleugnen, so habe ich Ihnen
+nichts mehr zu sagen.
+
+Die Bischfe wurden zu wiederholten Malen ins Vorzimmer hinausgeschickt
+und eben so oft wieder hereingerufen. Endlich gab ihnen Jakob den
+bestimmten Befehl, auf die Frage zu antworten. Er verpflichtete sich
+allerdings nicht ausdrcklich dazu, da ihr Gestndni nicht gegen sie
+angewendet werden sollte; aber nach dem was vorausgegangen war, muten
+sie natrlich annehmen, da diese Zusage selbstverstndlich mit in dem
+Befehle enthalten sei. Sancroft erkannte seine Handschrift an, und seine
+Collegen folgten seinem Beispiele. Hierauf wurden sie ber den Sinn
+einiger in der Petition vorkommenden Worte und ber den Brief befragt,
+der im ganzen Lande verbreitet worden war und so groes Aufsehen gemacht
+hatte; aber ihre Antworten waren so vorsichtig, da durch das Verhr
+nichts gewonnen wurde. Der Kanzler sagte ihnen nun, da eine
+Criminaluntersuchung bei der Kings Bench gegen sie eingeleitet werden
+wrde und forderte sie auf, sich wegen ihres Erscheinens jeder fr seine
+eigne Person zu verpflichten. Dies lehnten sie aber ab. Sie seien Peers
+des Reiches, sagten sie, die besten Rechtsgelehrten von Westminster Hall
+htten ihnen gesagt, da keinem Peer in einer Untersuchung wegen Libells
+persnliche Brgschaft angesonnen werden knne, und sie hielten sich
+nicht fr berechtigt, auf eines ihrer Standesvorrechte zu verzichten.
+Der Knig war einfltig genug, es als eine persnliche Beleidigung gegen
+sich zu betrachten, da die Bischfe in einer Rechtsfrage sich durch
+juristischen Rath leiten lieen. Sie glauben ja auch jedem Andren eher
+als mir, sagte er. Er fhlte sich ernstlich gedemthigt und beunruhigt,
+denn er war so weit gegangen, da ihm, wenn sie auf ihrem Vorsatze
+beharrten, nichts Andres brig blieb, als sie in's Gefngni zu
+schicken, und wenn er auch keineswegs _alle_ Folgen eines solchen
+Schrittes voraussah, so sah er doch so viel davon voraus, da ihm bange
+wurde. Sie blieben fest. Es wurde daher wirklich ein Befehl
+ausgefertigt, welcher den Gouverneur des Tower anwies, sie in sicherem
+Gewahrsam zu halten und eine Barke brachte sie den Flu hinunter nach
+dem Staatsgefngnisse.[100]
+
+Ganz London wute, da die Bischfe vor dem Geheimen Rathe standen. Das
+Publikum war in gespannter Erwartung. Eine groe Menschenmenge fllte
+die Hfe von Whitehall und alle umliegenden Straen. Viele Leute
+pflegten sich damals an Sommerabenden an der khlen Themseluft zu
+erlaben; an diesem Abend aber war der ganze Flu mit Bten bedeckt. Als
+die sieben Bischfe in Begleitung einer Wache erschienen, konnte das
+Volk seine Gefhle nicht mehr beherrschen. Tausende fielen auf die Knie
+und beteten laut fr die Mnner, welche mit dem christlichen Muthe eines
+Ridley und Latimer einem von der ganzen Bigotterie der Maria erfllten
+Tyrannen Trotz geboten hatten. Viele sprangen in den Flu und riefen,
+bis ber den Hften in Schlamm und Wasser stehend, die heiligen Vter um
+ihren Segen an. Auf der ganzen Strecke von Whitehall bis zur
+London-Brcke fuhr die knigliche Barke zwischen Reihen von Bten, aus
+denen bestndig der Ruf: Gott segne Eure Lordschaften! ertnte. Der
+Knig gab in seiner Angst Befehl, da die Besatzung des Tower verstrkt,
+die Garden zum Feuern bereit gehalten und zwei Compagnien von jedem
+Regiment im ganzen Reiche unverzglich nach London berufen werden
+sollten. Die Militairmacht aber, die er als das zuverlssigste Werkzeug
+zur Bndigung des Volkes ansah, theilte alle Gefhle desselben. Selbst
+die Schildwachen, welche am Verrtherthore unter Waffen standen, baten
+die Mrtyrer, die sie bewachen sollten, um ihren Segen. Der Gouverneur
+des Tower war Sir Eduard Hales. Er war nicht eben geneigt, seine
+Gefangenen freundlich zu behandeln, denn er war von der Kirche, fr die
+sie litten, abgefallen und bekleidete kraft der Dispensationsgewalt,
+gegen die sie protestirt hatten, mehrere eintrgliche Stellen. Mit
+Entrstung vernahm er, da seine Soldaten auf das Wohl der Bischfe
+tranken, und er befahl seinen Offizieren, dies ein fr allemal zu
+verbieten; aber diese brachten ihm die Meldung, da es sich nicht mehr
+verhindern lasse und da in der ganzen Besatzung keine andre Gesundheit
+mehr ausgebracht werde. brigens bewiesen die Truppen ihre Verehrung fr
+die Vter der Kirche nicht allein durch Toaste. Im ganzen Tower
+herrschte eine so andchtige Stimmung, da fromme Geistliche dem Himmel
+dankten, da er aus Bsem Gutes hervorgehen liee und die Verfolgung
+seiner treuen Diener zum Rettungsmittel fr viele Seelen machte. Tag fr
+Tag sah man die Equipagen und Livreen der vornehmsten Kavaliere Englands
+vor den Eingngen des Gefngnisses, und Tausende von Zuschauern aus den
+brgerlichen Klassen bedeckten fortwhrend Towerhill.[101] Von den
+verschiedenen Zeichen der ffentlichen Verehrung und Theilnahme fr die
+Prlaten erfllte aber namentlich eines mehr als alle anderen den Knig
+mit Zorn und Besorgni. Er erfuhr, da eine Deputation von zehn
+nonconformistischen Geistlichen die Bischfe im Tower besucht hatte. Er
+lie vier von ihnen zu sich entbieten und machte ihnen persnlich
+heftige Vorwrfe; sie aber antworteten ihm muthig, da sie es fr ihre
+Pflicht hielten, vergangene Streitigkeiten zu vergessen und zu den
+Mnnern zu stehen, welche die Trger des protestantischen Glaubens
+seien.[102]
+
+ [Anmerkung 100: Sancroft's Bericht, abgedruckt aus Tanner's
+ Handschriften.]
+
+ [Anmerkung 101: +Burnet, I. 741+; Citters, 8.(18.), 12.(22.) Juni
+ 1688; +Luttrell's Diary, June 8+; +Evelyn's Diary+, Brief von
+ +Dr.+ Ralson an seine Gattin vom 14. Juni abgedruckt aus Tanner's
+ Handschriften; +Reresby's Memoirs+.]
+
+ [Anmerkung 102: +Reresby's Memoirs+.]
+
+
+[_Geburt des Prtendenten._] Kaum hatten sich die Thore des Tower hinter
+den Gefangenen geschlossen, so trat ein Ereigni ein, welches die
+allgemeine Aufregung noch vermehrte. Es war angekndigt worden, da die
+Knigin erst im Juli ihre Entbindung erwarte. Den Tag nach dem Verhre
+der Bischfe aber bemerkte man, da der Knig sich angelegentlich nach
+ihrem Befinden erkundigte. Sie sa jedoch diesen Abend noch bis gegen
+Mitternacht in Whitehall am Spieltisch. Dann aber wurde sie in einer
+Snfte in den St. Jamespalast gebracht, wo in aller Eil Zimmer fr sie
+eingerichtet worden waren. Bald darauf eilten Boten nach allen
+Richtungen hin, um rzte und Priester, Staatsrthe und Kammerdamen
+herbeizuholen. Binnen wenigen Stunden waren eine Menge Staatsbeamte und
+vornehme Damen im Zimmer der Knigin versammelt, und hier wurde am
+Morgen des 10. Juni, einem Sonntage, der von den allzutreuen Freunden
+einer schlechten Sache lange in Ehren gehalten wurde, der unglcklichste
+aller Frsten geboren, bestimmt zu siebenundsiebzig Jahren der
+Verbannung und des Umherirrens, zu einem Leben voll eitler Plne, voll
+Ehrenbezeigungen, welche krnkender sind als offene Beleidigungen, und
+voll Hoffnungen, die das Herz vor Gram vergehen lassen.
+
+
+[_Man hlt ihn allgemein fr untergeschoben._] Die traurigen Schicksale
+des armen Kindes begannen schon vor seiner Geburt. Die Nation ber
+welche er nach der gewhnlichen Erbfolgeordnung einst regiert haben
+wrde, war fest berzeugt, da seine Mutter gar nicht schwanger sei.
+Wre seine Geburt auch durch noch so viele Zeugen bewiesen worden,
+ein groer Theil des Volks wrde trotzdem wahrscheinlich bei der
+Behauptung geblieben sein, da die Jesuiten ein geschicktes
+Taschenspielerkunststck ausgefhrt htten; der Beweis fr die Thatsache
+lie aber, theils durch Zufall, theils durch grobe Versehen manchen
+Einwrfen und Zweifeln Raum. Es waren zwar viele Personen beiderlei
+Geschlechts im kniglichen Schlafgemache anwesend, als das Kind das
+Licht der Welt erblickte, aber keine von ihnen erfreute sich des
+ffentlichen Vertrauens im besonderen Grade. Von den anwesenden
+Geheimrthen waren die Hlfte Katholiken und die, welche sich
+Protestanten nannten, galten allgemein fr Verrther an Gott und
+Vaterland. Unter den Kammerdamen befanden sich viele Franzsinnen,
+Italienerinnen und Portugiesinnen, und von den englischen Damen waren
+einige selbst Papistinnen, andere die Gattinnen von Papisten. Mehrere
+Personen, welche vorzugsweise htten anwesend sein sollen, und deren
+Zeugni allen Verstndigen gengt haben wrde, fehlten und man legte die
+Schuld an ihrer Abwesenheit dem Knige zur Last. Die Prinzessin Anna war
+von allen Bewohnern der ganzen Insel am meisten bei der Sache
+interessirt. Ihr Geschlecht und ihre Erfahrung berechtigte sie, als
+Wchterin des Geburtsrechts ihrer Schwester und ihres eigenen
+aufzutreten. Sie hatte starken Verdacht geschpft, in welchem sie
+tglich durch geringfgige oder imaginre Umstnde bestrkt wurde. Es
+schien ihr, als ob die Knigin geflissentlich ihren Fragen auswiche und
+sie schrieb diese Zurckhaltung, welche vielleicht im Zartgefhl ihren
+Grund hatte, dem Schuldbewutsein zu.[103] In Folge dessen hatte Anna
+sich vorgenommen, an dem entscheidenden Tage anwesend zu sein und ein
+scharfes Auge zu haben. Sie hatte es aber nicht fr nthig gehalten,
+schon einen Monat vor diesem Tage auf ihrem Posten zu sein, sondern war
+mit Bewilligung und angeblich auf Anrathen ihres Vaters nach Bath
+gereist, um dort eine Brunnenkur zu gebrauchen. Sancroft, dessen hohe
+Stellung ihm die Pflicht auferlegte, anwesend zu sein, und in dessen
+Rechtschaffenheit die Nation volles Vertrauen setzte, war einige Stunden
+vorher von Jakob in den Tower geschickt worden. Die Hyde waren die
+geeigneten Beschtzer der Rechte beider Prinzessinnen. Der hollndische
+Gesandte konnte als der Vertreter Wilhelm's betrachtet werden, der als
+der erste Prinz von Geblt und als Gemahl der ltesten Tochter des
+Knigs das grte Interesse an dem Ereignisse hatte. Jakob aber dachte
+nicht daran, ein mnnliches oder weibliches Mitglied der Familie Hyde
+herbeizurufen und eben so wenig wurde der hollndische Gesandte
+zugezogen.
+
+Die Nachwelt hat den Knig von dem Betrug, dessen sein Volk ihn
+beschuldigte, vollkommen freigesprochen. Unmglich aber kann man ihn von
+der Thorheit und Verkehrtheit freisprechen, welche den Irrthum seiner
+Zeitgenossen erklren und entschuldigen. Er wute recht gut, welche
+argwhnischen Vermuthungen man im Publikum hegte,[104] und er htte eben
+so gut wissen knnen, da dieser Argwohn nicht durch das Zeugni von
+Mitgliedern der rmischen Kirche oder solchen Personen zerstreut werden
+konnte, die sich zwar Mitglieder der anglikanischen Kirche nannten, aber
+sich ganz bereit gezeigt hatten, die Interessen dieser Kirche zu opfern,
+um seine Gunst zu gewinnen. Da der Eintritt des Ereignisses ihn vor der
+erwarteten Zeit berraschte, ist wahr, aber er hatte immerhin zwlf
+Stunden vor sich, um seine Anordnungen zu treffen. So gut als er den St.
+Jamespalast mit Bigotten und Schmarotzern fllen konnte, deren Wort die
+Nation nicht traute, eben so gut htte er auch fr die Anwesenheit
+einiger angesehenen Personen sorgen knnen, deren treue Anhnglichkeit
+an die Prinzessinnen und an die Landeskirche auer Zweifel stand.
+
+Zu einer spteren Zeit, als er fr seine tollkhne Verachtung der
+ffentlichen Meinung schwer gebt hatte, pflegte man in Saint-Germain
+ihn dadurch zu entschuldigen, da man die Schuld auf Andere wlzte.
+Einige Jakobiten behaupteten, Anna habe sich absichtlich fern gehalten,
+ja sie scheuten sich nicht zu sagen, Sancroft habe den Knig
+herausgefordert, ihn in den Tower zu schicken, damit das Zeugni,
+welches die Verleumdungen der Unzufriedenen widerlegen konnte,
+mangelhaft wre.[105] Die Abgeschmacktheit dieser Beschuldigung ist
+handgreiflich. Konnte Anna oder Sancroft vermuthen, da die Knigin sich
+in ihrer Berechnung um einen ganzen Monat geirrt hatte? Wre ihre
+Berechnung richtig gewesen, so wrde Anna gewi, um der Entbindung
+beiwohnen zu knnen, zur rechten Zeit von Bath zurckgekehrt und
+Sancroft nicht im Tower gewesen sein. Jedenfalls aber waren die
+mtterlichen Oheime der Tochter des Knigs weder von London entfernt
+noch im Gefngni. Die nmlichen Boten, welche die ganze Schaar der
+Renegaten, Dover, Peterborough, Murray, Sunderland und Mulgrave,
+herbeiholten, htten ganz eben so leicht auch Clarendon herbeirufen
+knnen. Er war so gut Geheimer Rath als sie, und seine Wohnung befand
+sich in Jermyn Street, keine zweihundert Schritt von den Gemchern der
+Knigin. Dennoch lie man es ihn erst in der St. Jameskirche durch die
+Bewegung und das Geflster der Gemeinde erfahren, da seine Nichte
+aufgehrt hatte, die prsumtive Thronerbin zu sein.[106] Gehrte er etwa
+deshalb nicht in das Entbindungszimmer, weil er ein naher Verwandter der
+Prinzessinnen von Oranien und von Dnemark war, oder weil er
+unerschtterlich treu an der anglikanischen Kirche hing?
+
+Die ganze Nation sprach es laut und offen aus, da ein Betrug gespielt
+worden sei. Mehre Monate lang htten die Papisten auf der Kanzel und
+durch die Presse, in Prosa und in Versen, in englischer und in
+lateinischer Sprache prophezeit, da die Bitten der Kirche erhrt und
+ein Prinz von Wales geboren werden wrde, und sie htten jetzt selbst
+ihre Prophezeiung erfllt. Jeder nicht zu bestechende oder zu
+hintergehende Zeuge sei sorgfltig ausgeschlossen worden. Anna habe man
+arglistigerweise zu einer Reise nach Bath berredet. Der Primas sei
+gerade am Tage vor dem zur Ausfhrung des Betrugs bestimmten den
+Vorschriften des Gesetzes und der Privilegien der Peers zum Trotz ins
+Gefngni geworfen worden. Nicht eine einzige mnnliche oder weibliche
+Person, die das geringste Interesse an der Enthllung des Betrugs haben
+konnte, sei zugezogen worden. Man habe die Knigin pltzlich mitten in
+der Nacht in den St. Jamespalast gebracht, weil dieses Gebude, fr
+unehrliche Zwecke passender eingerichtet als Whitehall, einige fr die
+Absichten der Jesuiten vortrefflich geeignete Zimmer und Gnge enthalte.
+Hier sei inmitten eines Kreises von Zeloten, denen nichts, was die
+Interessen ihrer Kirche frdern konnte, ein Verbrechen dnkte, und von
+Hflingen, welche nichts, was zu ihrer Bereicherung und Erhebung
+beitragen konnte, fr Snde hielten, ein neugeborenes Kind ins Bett der
+Knigin practicirt und dann triumphirend als Erbe dreier Knigreiche
+herumgegeben worden. Durch diesen zwar unbegrndeten, aber nicht ganz
+unnatrlichen Verdacht aufgeregt, drngten sich die Leute nur um so
+eifriger danach, den frommen Opfern des Tyrannen zu huldigen, der,
+nachdem er lange seinem Volke das emprendste Unrecht zugefgt, das Ma
+seiner Schndlichkeit voll machte, indem er sich noch emprender an
+seinen eigenen Kindern verging[107].
+
+Der Prinz von Oranien, der selbst keinen Betrug argwhnte und den
+Zustand der Volksstimmung in England nicht kannte, ordnete Dankgebete
+fr seinen kleinen Schwager unter seinem eigenen Dache an und schickte
+Zulestein mit einem frmlichen Beglckwnschungsschreiben nach London.
+Zulestein hrte zu seinem groen Erstaunen Jedermann ganz offen von dem
+schndlichen Betruge sprechen, den die Jesuiten eben begangen haben
+sollten, und erblickte jede Stunde ein neues Pasquill auf die
+Schwangerschaft und die Entbindung der Knigin. Er schrieb sehr bald
+nach dem Haag, von zehn Personen glaube nicht eine, da die Knigin
+dieses Kind geboren habe[108].
+
+Das Benehmen der gefangenen Prlaten erhhte inzwischen die allgemeine
+Theilnahme, die ihre Lage erweckte. Am Abend des schwarzen Freitags,
+wie man den Tag ihrer Einkerkerung nannte, kamen sie gerade zur Stunde
+des Gottesdienstes in ihrem Gefngnisse an. Sie begaben sich sogleich in
+die Kapelle. Der Zufall wollte, da im zweiten Vorlesestck die Worte
+vorkamen: In allen Dingen lasset uns beweisen als die Diener Gottes in
+groer Geduld und Trbsalen, in Nthen und ngsten, in Schlgen, in
+Gefngnissen. Alle eifrigen Anhnger der Staatskirche freuten sich
+dieses Zusammentreffens und erinnerten sich, wie ein ganz hnliches vor
+fast vierzig Jahren KarlI. in seiner Todesstunde getrstet und erhoben
+hatte.
+
+Am Abend des folgenden Tages, Samstag den 9. Juni, kam ein Schreiben von
+Sunderland, welcher dem Kaplan des Tower befahl, am nchsten Morgen beim
+Gottesdienste die Erklrung zu verlesen. Da die in dem Geheimrathsbefehl
+zur Verlesung in London bestimmte Zeit lngst verstrichen war, so konnte
+dieses Verfahren der Regierung nur als eine ganz gemeine und kindische
+persnliche Insulte gegen die ehrwrdigen Gefangenen betrachtet werden.
+Der Kaplan weigerte sich zu gehorchen; er wurde sofort entlassen und die
+Kapelle geschlossen[109].
+
+ [Anmerkung 103: Correspondenz zwischen Anna und Marie in
+ Dalrymple; +Clarendon's Diary Oct. 31. 1688+.]
+
+ [Anmerkung 104: Dies geht aus Clarendon's Tagebuche vom 31. Oct.
+ 1688 klar hervor.]
+
+ [Anmerkung 105: +Clarke's Life of James the Second, II. 159.
+ 160.+]
+
+ [Anmerkung 106: +Clarendon's Diary, June 10. 1688.+]
+
+ [Anmerkung 107: Johnstone giebt in kurzen Worten eine treffliche
+ bersicht der gegen den Knig erhobenen Beschuldigungen. Die
+ groe Masse des Volks ist der Meinung, da Alles ein Betrug sei,
+ denn, sagen sie, die Berechnung treffe nicht zu, die Prinzessin
+ sei entfernt und weder Jemand von der Familie Clarendon noch der
+ hollndische Gesandte herbeigerufen worden; dazu komme noch der
+ pltzliche Eintritt des Ereignisses, die Predigten, die Zuversicht
+ der Priester und die Eil. -- 13. Juni 1688.]
+
+ [Anmerkung 108: Ronquillo, 26. Juli (5. Aug.). Ronquillo setzt
+ hinzu, da Zulestein's Bericht ber den Zustand der ffentlichen
+ Meinung vollkommen wahr sei.]
+
+ [Anmerkung 109: Citters, 12.(22.) Juni 1688; +Luttrell's Diary,
+ June 18.+]
+
+
+[_Die Bischfe werden vor die Kings Bench gestellt und mssen Brgschaft
+leisten._] Die Bischfe erbauten Alle, die sich ihnen nherten, durch
+die Standhaftigkeit und Freudigkeit, mit der sie ihre Haft ertrugen,
+durch die Bescheidenheit und Demuth, mit der sie die Beifallsbezeigungen
+und Segenswnsche der ganzen Nation aufnahmen, und durch die loyale
+Anhnglichkeit, die sie fr den Tyrannen, der sie in's Verderben strzen
+wollte, an den Tag legten. Am Freitag den 15. Juni, dem ersten
+Sitzungstage der Kings Bench, wurden sie vor diesen Gerichtshof
+gestellt. Eine ungeheure Menschenmenge erwartete ihre Ankunft. Vom
+Landungsplatze bis zur Court of Requests gingen sie durch eine
+Doppelreihe von Zuschauern, welche ihnen Segenswnsche und Beifall
+zuriefen. Lieben Freunde, sagten die Gefangenen im Vorbergehen,
+ehret den Knig und gedenket unserer in Euren Gebeten. Diese
+demthigen und frommen Worte rhrten Viele bis zu Thrnen. Als sich der
+Zug endlich durch das Gedrnge einen Weg gebahnt hatte und vor den
+Richtern angekommen war, verlas der Generalfiskal die Anklage, welche er
+auf hohen Befehl ausgearbeitet hatte und stellte den Antrag, da die
+Beklagten aufgefordert werden sollten, auf die Klage einzugehen. Der
+Vertheidiger wendete dagegen ein, die Bischfe seien gesetzwidrig
+verhaftet worden, und ihr Erscheinen vor dem Gerichtshofe sei daher
+nicht ordnungsgem. Die Frage, ob ein Peer unter einer Anklage wegen
+Libells sein Erscheinen vor Gericht gehrig zu verbrgen habe, wurde
+ausfhrlich errtert und endlich von der Mehrheit der Richter zu Gunsten
+der Krone entschieden. Die Gefangenen erklrten sich nun fr
+nichtschuldig. Der vierzehnte Tag darauf, der 29. Juni, wurde zur
+Verhandlung ihres Prozesses anberaumt. Bis dahin wurden sie gegen das
+persnliche Versprechen, sich zu stellen, in Freiheit gesetzt. Die
+Kronanwlte thaten sehr weise daran, a sie keine fremde Brgschaft
+verlangten, denn Halifax hatte dafr gesorgt, da einundzwanzig
+weltliche Peers vom hchsten Ansehen, je drei fr einen Angeklagten, zur
+Brgschaftleistung bereit waren, und eine solche Gesinnungsuerung des
+hohen Adels wrde fr die Regierung ein harter Schlag gewesen sein. Eben
+so wute man, da einer der reichsten, Dissenters der Hauptstadt um die
+Ehre nachgesucht hatte, fr Ken Brgschaft leisten zu drfen.
+
+Die Bischfe durften nun in ihre Heimath zurckkehren. Das niedere Volk,
+welches von dem bei der Kings Bench beobachteten Gerichtsverfahren
+nichts wute und nur sah, da ihre Lieblinge, nachdem sie unter
+Bedeckung nach Westminster Hall gebracht worden waren, jetzt sich in
+voller Freiheit wieder entfernen durften, glaubte, die gute Sache habe
+gesiegt, und brach in lauten Beifallsjubel aus, whrend zugleich
+frhliches Glockengelute von allen Thrmen ertnte. Sprat erstaunte
+nicht wenig, als er die Glocken seiner eigenen Abtei lustig erklingen
+hrte. Er brachte sie sofort zum Schweigen, aber seine Einmischung
+erregte viel unwilliges Murren. Die Bischfe wuten gar nicht, wie sie
+sich vor der zudringlichen Masse ihrer Freunde retten sollten. Lloyd
+wurde im Palasthofe von Verehrern zurckgehalten, die sich um die Gunst
+stritten, seine Hnde zu berhren und den Saum seines Rockes zu kssen,
+bis endlich Clarendon ihn nicht ohne Anstrengung befreite und ihn durch
+eine Seitengasse nach Hause fhrte. Man sagte, Cartwright sei so
+unvorsichtig gewesen, sich unter das Volk zu mischen. Jemand, der ihn an
+seinem Bischofsgewand erkannte, erbat sich und erhielt seinen Segen.
+Wit Ihr, von wem Ihr Euch eben habt segnen lassen? rief einer der
+Umstehenden. Nun, es war doch gewi einer von den Sieben? versetzte
+Der, welcher eben mit dem Segen beehrt worden war. Nein, entgegnete
+der Andere, es war der papistische Bischof von Chester. --
+Papistischer Hund! rief der Protestant wthend, nimm Deinen Segen
+zurck!
+
+Der Zusammenlauf und die Aufregung waren so gro, da der hollndische
+Gesandte sich wunderte, den Tag ohne einen Aufstand enden zu sehen. Dem
+Knige war durchaus nicht wohl zu Muthe gewesen. Um jede Ruhestrung
+sogleich unterdrcken zu knnen, hatte er am Morgen in Hydepark mehrere
+Bataillone Infanterie gemustert. Es ist jedoch keineswegs ausgemacht,
+da diese Truppen zu ihm gehalten haben wrden, wenn er ihrer Dienste
+bedurft htte. Als Sancroft am Nachmittag in Lambeth ankam, fand er die
+in dieser Vorstadt liegenden Grenadiergarden vor dem Eingange seines
+Palastes versammelt. Sie stellten sich in einer Doppelreihe auf und
+whrend er zwischen ihnen hinschritt, baten sie ihn um seinen Segen. Nur
+mit Mhe hielt er sie davon ab, da sie zur Feier seiner Rckkehr in
+seine Wohnung ein Freudenfeuer anzndeten. Es brannten brigens an jenem
+Abend mehrere Freudenfeuer in der Hauptstadt. Zwei Katholiken, welche so
+unbesonnen waren, einige Knaben zu schlagen, weil sie an diesen
+ffentlichen Freudenbezeigungen Theil nahmen, wurden vom Pbel
+ergriffen, nackt ausgezogen und schimpflich gebrandmarkt[110].
+
+Jetzt forderte Sir Eduard Hales seine Gebhren von den Bischfen, die
+seine Gefangenen gewesen waren. Sie weigerten sich, einem Beamten,
+dessen Bestallung sie nach ihren Grundstzen fr null und nichtig
+ansahen, etwas fr eine in ihren Augen gesetzwidrige Haft zu bezahlen.
+Hierauf gab ihnen der Gouverneur sehr deutlich zu verstehen, da, wenn
+sie noch einmal in seine Hnde kmen, er sie in schwere Eisen legen und
+auf die nackten Steine betten werde. Wir haben uns die Ungnade unsres
+Knigs zugezogen, war ihre Antwort, und wir empfinden dies sehr
+schmerzlich; ein Mitunterthan aber, der uns droht, strengt nutzlos seine
+Lunge an. Man kann leicht denken, mit welchem Unwillen das ohnehin
+schon gereizte Volk erfuhr, da ein vom protestantischen Glauben
+Abgefallener, der den Grundgesetzen Englands zum Hohn einen
+Commandoposten bekleidete, es gewagt hatte, ehrwrdigen Geistlichen mit
+allen Barbareien von Lollard's Tower zu drohen[111].
+
+ [Anmerkung 110: ber die Ereignisse dieses Tages sehe man die
+ +Collection of State Trials+; +Clarendon's Diary+; +Luttrell's
+ Diary+; Citters, 15.(25.) Juni; Johnstone, 18. Juni und
+ +Revolution Politics.+]
+
+ [Anmerkung 111: Johnstone, 18. Juni 1688; +Evelyn's Diary, June
+ 29.+]
+
+
+[_Aufregung der Gemther._] Bis zu dem Tage des Prozesses hatte sich die
+Aufregung nach den entferntesten Winkeln der Insel verbreitet. Aus
+Schottland erhielten die Bischfe Zuschriften, in denen sie der
+Sympathie aller Presbyterianer dieses dem Prlatenthum so lange und so
+bitter Feind gewesenen Landes versichert wurden[112]. Die Bevlkerung
+von Cornwall, ein trotziges, khnes und herkulisches Geschlecht, das ein
+strkeres Provinzialgefhl hatte, als man es in irgend einem andren
+Theile des Landes fand, nahm groen Antheil an der Gefahr, in welcher
+Trelawney schwebte, den sie weniger als einen Leiter der Kirche, denn
+als das Oberhaupt eines angesehenen Hauses und als den Erben von zwanzig
+Ahnen verehrten, welche schon in hohem Ansehen standen, ehe die
+Normannen den Fu auf englischen Boden gesetzt hatten. In der ganzen
+Grafschaft sang das Landvolk eine Ballade, deren Refrain noch nicht
+vergessen ist:
+
+ Und bringt man Trelawney um, bringt man Trelawney um,
+ Wollen dreiigtausend cornische Burschen wissen warum?
+
+Die Bergleute sangen das Lied mit einer kleinen Variation:
+
+ Wollen Zwanzigtausend unter der Erde wissen warum.[113]
+
+In manchen Theilen des Landes sprachen die Bauern laut eine sonderbare
+Hoffnung aus, welche nie aufgehrt hat, in ihren Herzen fortzuleben. Sie
+meinten, ihr protestantischer Herzog, ihr geliebter Monmouth, werde
+pltzlich wieder erscheinen, sie zum Siege fhren und den Knig wie die
+Jesuiten unter seinen Fen zertreten[114].
+
+Die Minister waren in der grten Angst; selbst Jeffreys wrde gern
+seine Maregeln zurckgenommen haben. Er beauftragte Clarendon mit
+freundlichen Botschaften an die Bischfe und wlzte die Schuld an der
+Verfolgung, zu der er selbst gerathen hatte, auf Andere. Sunderland
+wagte es noch einmal, Zugestndnisse anzuempfehlen. Die glckliche
+Geburt eines Prinzen, sagte er, biete dem Knige eine vortreffliche
+Gelegenheit, eine gefhrliche und nachtheilige Stellung aufzugeben, ohne
+sich den Vorwurf der Zaghaftigkeit oder der Launenhaftigkeit zuzuziehen.
+Bei so erfreulichen Anlssen sei es stets Sitte gewesen, da der Frst
+die Herzen seiner Unterthanen durch Gnadenacte erfreue, und nichts knne
+dem Prinzen von Wales mehr zum Vortheile gereichen, als wenn er schon in
+der Wiege der Friedensstifter zwischen seinem Vater und der
+aufgebrachten Nation wrde. Aber des Knigs Entschlu stand fest. Ich
+werde fortfahren, sagte er, ich bin nur zu nachsichtig gewesen. Die
+Nachsicht war meines Vaters Verderben[115].
+
+ [Anmerkung 112: +Tanner MS.+]
+
+ [Anmerkung 113: Diese Thatsache wurde mir freundlichst von dem
+ Rev. R.S. Hawker von Morwenstow in Cornwall mitgetheilt.]
+
+ [Anmerkung 114: Johnstone, 18. Juni 1688.]
+
+ [Anmerkung 115: Adda, 29. Juni (9. Juli) 1688.]
+
+
+[_Sunderland's Angst._] Der schlaue Minister kam dahinter, da sein Rath
+frher nur deshalb angenommen worden war, weil er denselben jederzeit
+nach dem Willen des Knigs eingerichtet hatte, da er aber von dem
+Augenblicke an, wo er wirklich guten ertheilte, kein Gehr mehr finden
+wrde. Bei dem Verfahren gegen das Magdalenen-Collegium hatte er einige
+Lauheit gezeigt. Er hatte ferner ganz neuerdings den Knig zu berzeugen
+gesucht, da Tyrconnel's Plan zur Confiscirung des Eigenthums der
+englischen Colonisten in Irland hchst gefhrlich sei, und er hatte es
+mit Hlfe Powis' und Bellasyse's wenigstens dahingebracht, da die
+Ausfhrung des Planes noch um ein Jahr aufgeschoben wurde. Aber diese
+zaghafte Bedenklichkeit hatte den Keim des Widerwillens und Mitrauens
+ins Herz des Knigs gelegt[116]. Der Tag der Vergeltung war jetzt
+gekommen. Sunderland war in der nmlichen Lage, in der sich einige
+Monate frher sein Nebenbuhler Rochester befunden hatte. Beide
+Staatsmnner lernten die Angst eines Menschen kennen, der sich
+krampfhaft an eine Sttze anklammert, die seinen Hnden mehr und mehr
+entschlpft. Beide sahen ihre Rathschlge verchtlich zurckgewiesen.
+Beide erlitten die Qual, in den Mienen und dem Benehmen ihres Gebieters
+Unzufriedenheit und Mitrauen zu lesen, und doch wurden Beide von ihrem
+Vaterlande fr die Verbrechen und Irrthmer, von denen sie ihn vergebens
+zurckzubringen versucht hatten, verantwortlich gemacht. Whrend er sie
+in dem Verdacht hatte, da sie auf Kosten seiner Autoritt und seiner
+Wrde sich populr machen wollten, beschuldigte die ffentliche Stimme
+sie laut des Versuchs, auf Kosten ihrer eigenen Ehre und des Gemeinwohls
+die knigliche Gunst zu gewinnen. Doch trotz aller Krnkungen und
+Demthigungen hielten Beide ihren Ministerposten mit der verzweifelten
+Kraft Ertrinkender umklammert. Beide versuchten es, den Knig wieder
+gnstig zu stimmen, indem sie sich stellten, als ob sie zum Anschlu an
+seine Kirche geneigt wren. Es gab aber eine Grenze, welche Rochester
+entschlossen war nicht zu berschreiten. Er ging bis an den Rand des
+Glaubensabfalls; hier aber blieb er stehen und in Bercksichtigung der
+Standhaftigkeit, mit der er sich weigerte, den letzten Schritt zu thun,
+verzieh ihm die Welt gromthig seine frhere Willfhrigkeit.
+
+ [Anmerkung 116: Sunderland's eigner Erzhlung darf man natrlich
+ nicht unbedingten Glauben beimessen. Aber er fhrte Godolphin zum
+ Zeugen fr das an, was in Betreff der irischen Ansiedlungsacte
+ vorgegangen war.]
+
+
+[_Er erklrt sich fr einen Katholiken._] Der weniger gewissenhafte und
+fr das Schamgefhl weniger empfngliche Sunderland beschlo durch einen
+Schritt, der jedem von der Wichtigkeit der religisen berzeugung
+durchdrungenen Gemth als eines der schndlichsten Verbrechen erscheinen
+mute und den selbst weltlich gesinnte Menschen als das berma von
+Verworfenheit betrachten, seine bisherige Migung wieder gut zu machen
+und das Vertrauen des Knigs wieder zu gewinnen. Ungefhr eine Woche vor
+dem zur Verhandlung des Prozesses anberaumten Tage erschien die
+ffentliche Ankndigung, da er Papist geworden sei. Der Knig sprach
+mit Entzcken von diesem Siege der gttlichen Gnade. Die Hflinge und
+auswrtigen Gesandten bemhten sich nach Krften ernsthaft zu bleiben,
+als der Renegat versicherte, da er schon lange von der Unmglichkeit
+berzeugt sei, auerhalb des Schooes der rmischen Kirche selig werden
+zu knnen, und da sein Gewissen ihm keine Ruhe gelassen, bis er sich
+von dem Ketzerglauben losgesagt habe, in dem er erzogen worden. Die
+Neuigkeit verbreitete sich schnell. In allen Kaffeehusern erzhlte man
+sich, wie der Premierminister von England barfu und mit einer Kerze in
+der Hand sich nach der kniglichen Kapelle begeben und demthig um
+Einla gebeten, wie die Stimme eines Priesters drinnen gefragt habe, wer
+da sei, wie Sunderland zur Antwort gegeben, ein armer Snder, der lange
+fern von der wahren Kirche umherirre, flehe um Aufnahme und Absolution,
+wie hierauf die Thren geffnet worden seien und der Neubekehrte an den
+heiligen Mysterien habe Theil nehmen drfen[117].
+
+ [Anmerkung 117: Barillon, 21. Juni (1. Juli) 1688; Adda, 29. Juni
+ (9. Juli); Citters, 26. Juni (6. Juli); Johnstone, 2. Juli 1688;
+ +The Converts, a poem+.]
+
+
+[_Proze der Bischfe._] Dieser schmachvolle Abfall konnte das Interesse
+nur erhhen, mit dem die Nation dem Tage entgegensah, an welchem das
+Schicksal der sieben muthigen Bekenner der anglikanischen Kirche
+entschieden werden sollte. Eine willfhrige Jury zusammenzubringen war
+jetzt das Hauptziel des Knigs. Die Kronanwlte erhielten Befehl, die
+Gesinnung der Mnner, welche in das Verzeichni der Freisassen
+eingetragen waren, genau zu erforschen. Sir Samuel Astry, Sekretr der
+Krone, dem die Auswhlung der Namen in solchen Fllen oblag, wurde in
+den Palast beschieden und hatte eine Unterredung mit Jakob, an welcher
+der Kanzler Theil nahm[118]. Sir Samuel scheint sein Mglichstes gethan
+zu haben, denn es befanden sich, wie es hie, unter den achtundvierzig
+Personen, die er auswhlte, mehrere Diener des Knigs und mehrere
+Katholiken[119]. Da aber der Vertheidiger der Bischfe das Recht hatte,
+zwlf davon zu streichen, so waren diese natrlich die gestrichenen. Die
+Kronanwlte strichen ebenfalls zwlf und die Liste reducirte sich
+dadurch auf vierundzwanzig. Die ersten zwlf, welche aufgerufen wurden,
+hatten dann den Ausspruch zu thun.
+
+Am neunundzwanzigsten Juni waren Westminsterhall, der alte und der neue
+Palasthof und alle benachbarten Straen weithin mit einer dicht
+gedrngten Volksmasse angefllt. Ein so zahlreiches Auditorium war nie
+zuvor und ist auch seitdem nie wieder im Gerichtssaale der Kings Bench
+versammelt gewesen. Man zhlte fnfunddreiig weltliche Peers unter der
+Menge[120].
+
+Smmtliche vier Richter des Gerichtshofes waren anwesend. Wright, der
+den Vorsitz fhrte, war einzig und allein wegen seiner gewissenlosen
+Servilitt vielen tchtigeren und gelehrteren Mnnern bei Besetzung
+seines hohen Postens vorgezogen worden. Allibone war Papist und
+verdankte seine Stellung der Dispensationsgewalt, deren Gesetzlichkeit
+eben in Frage stand. Holloway war seither ein willenloses Werkzeug der
+Regierung gewesen. Selbst Powell, der sich des Rufes strenger
+Rechtschaffenheit erfreute, hatte bei einigen Vorgngen eine Rolle
+gespielt, die sich nicht vertheidigen lt. Er hatte in dem wichtigen
+Prozesse Sir Eduard Hales', allerdings mit einigem Bedenken und nach
+einigem Zgern, mit der Mehrheit der Richter gestimmt und dadurch auf
+seinen Character einen Flecken geworfen, der aber durch sein
+ehrenwerthes Benehmen an diesem Tage vllig verwischt wurde.
+
+Die beiderseitigen Rechtsanwlte waren einander durchaus nicht
+ebenbrtig. Die Regierung hatte von ihren Kronjuristen so gehssige und
+entehrende Dienste verlangt, da die ausgezeichnetsten Rechtsgelehrten
+und Advokaten der Torypartei nach einander ihre Mitwirkung verweigert
+hatten und ihrer mter entsetzt worden waren. Sir Thomas Powis,
+der Generalfiskal, war kaum ein Jurist dritten Ranges. Der
+Generalprokurator, Sir Wilhelm Williams, besa zwar einen scharfen
+Verstand und einen unbeugsamen Muth, aber es fehlte ihm an der nthigen
+Ruhe und Bedchtigkeit; er war streitschtig, konnte sein Temperament
+nicht beherrschen und wurde von allen politischen Parteien gehat und
+verachtet. Die hervorragendsten Beistnde des Fiskals und des
+Prokurators waren Serjeant Trinder, ein Katholik, und Sir Bartholomus
+Shower, Syndikus von London, der einige juristische Kenntnisse besa,
+aber wegen seiner oft den Anstand verletzenden Vertheidigungen und
+seiner endlosen Wiederholungen das Gesptt von ganz Westminsterhall war.
+Gern htte die Regierung Maynard's Dienste gewonnen; aber er hatte
+geradezu erklrt, da er sich auf das, was man von ihm verlangte, mit
+gutem Gewissen nicht einlassen knne[121].
+
+Auf der andren Seite hingegen standen fast alle ausgezeichneten
+juristischen Talente der damaligen Zeit. Sawyer und Finch, welche beim
+Regierungsantritt Jakob's Fiskal und Prokurator gewesen waren, und die
+whrend der Verfolgung der Whigs unter der vorigen Regierung der Krone
+mit nur zu groem Eifer und zu glcklichem Erfolge gedient hatten,
+befanden sich unter den Vertheidigern der Angeklagten. Ihnen zur Seite
+standen zwei Mnner, welche, seit Maynard's Thtigkeit durch sein
+vorgercktes Alter vermindert worden war, fr die beiden besten Juristen
+galten: Pemberton, der zur Zeit Karl'sII. Oberrichter der Kings Bench
+gewesen, wegen seiner Menschlichkeit und Migung aber dieses hohen
+Postens entsetzt worden und deshalb wieder zur advokatorischen Praxis
+zurckgekehrt war, und Pollexfen, der lange die Assisen im Westen
+geleitet und von dem man, obgleich er sich bei den blutigen Assisen
+durch Annahme von Auftrgen fr die Krone und besonders durch sein
+Auftreten gegen Alice Lisle sehr unpopulr gemacht hatte, dennoch wute,
+da er im Herzen ein Whig, wenn nicht gar ein Republikaner war. Ferner
+war dabei Sir Creswell Levinz, ein Mann von grndlichen Kenntnissen und
+reichen Erfahrungen, aber von auffallend ngstlichem Wesen. Er war
+einige Jahre vorher von der Richterbank entfernt worden, weil er sich
+nicht hatte entschlieen knnen, den Zwecken der Regierung zu dienen.
+Jetzt scheute er sich wieder, als Vertheidiger der Bischfe aufzutreten
+und hatte sich zuerst geweigert, ihnen seine Dienste zu widmen; aber die
+ganze Corporation der Gerichtsadvokaten, die ihn beschftigten, hatten
+ihm erklrt, da wenn er diesen Auftrag zurckwiese, er nie wieder einen
+erhalten sollte[122].
+
+Sir Georg Treby, ein reichbegabter und eifriger Whig, der unter der
+alten stdtischen Verfassung Syndikus von London gewesen war, stand auf
+der nmlichen Seite. Sir Johann Holt, ein noch ausgezeichneterer
+whiggistischer Advokat, wurde wahrscheinlich deshalb, weil Sancroft
+gegen ihn eingenommen war, nicht mit zur Vertheidigung berufen, war aber
+vom Bischof von London privatim um Rath gefragt worden[123]. Der jngste
+Rechtsbeistand der Bischfe war ein junger Advokat, Namens Johann
+Somers. Er war weder durch hohe Geburt noch durch Vermgen begnstigt
+und hatte auch noch keine Gelegenheit gehabt, sich ffentlich
+auszuzeichnen, aber sein Genie, sein Flei und sein vielseitiges groes
+Talent waren einem kleinen Kreise von Freunden wohl bekannt, und sein
+grndliches, klares System der Beweisfhrung, sowie sein jederzeit
+taktvolles Benehmen hatten ihm trotz seiner whiggistischen Ansichten die
+Aufmerksamkeit des Gerichtshofes der Kings Bench bereits gesichert.
+Johnstone hatte den Bischfen eindringlich vorgestellt, wie wichtig es
+sei, seinen Beistand zu gewinnen, und Pollexfen sollte erklrt haben,
+da Niemand in Westminsterhall zur Behandlung einer geschichtlichen und
+die Verfassung berhrenden Frage so befhigt sei, als Somers.
+
+Die Jury wurde vereidigt; sie bestand aus Mnnern, welche sehr geachtete
+Stellungen in der Gesellschaft einnahmen. Der Vormann war Sir Roger
+Langley, ein Baronet von alter und angesehener Familie. Ihm zur Seite
+stand ein Ritter und zehn Esquires, von denen mehrere sehr vermgend
+waren. Es befanden sich einige Nonconformisten unter ihnen, denn die
+Bischfe hatten wohlweislich beschlossen, kein Mitrauen gegen die
+protestantischen Dissenters zu zeigen. Ein Name jedoch erregte groe
+Besorgni, der Name Michael Arnold's. Er war Hofbrauer und man
+frchtete, da die Regierung auf seine Stimme rechnen knne. Es wird
+erzhlt, da er sich bitter ber die Stellung beklagt habe, in die er
+versetzt war. Was ich auch thun mag, soll er geuert haben, so habe
+ich die Gewiheit, halb ruinirt zu werden. Sage ich Nichtschuldig, so
+werde ich nicht mehr fr den Knig brauen; sage ich Schuldig, so werde
+ich fr niemand Andren mehr brauen.[124]
+
+So begann denn die gerichtliche Verhandlung, die, selbst wenn man sie
+nach Verlauf von mehr als anderthalb Jahrhunderten mit kaltem Blute
+liest, das ganze Interesse eines Drama's hat. Die Advokaten stritten auf
+beiden Seiten mit einer mehr als berufsmigen Schrfe und Heftigkeit,
+das anwesende Publikum hrte mit so gespannter Aufmerksamkeit zu, als
+htte das Schicksal jedes Einzelnen von dem Ausspruche der Geschwornen
+abgehangen, und die Aussichten auf den Sieg wechselten so pltzlich und
+so ergreifend, da die Menge zu wiederholten Malen in der nmlichen
+Minute von der grten Angst zur lebhaftesten Freude und umgekehrt von
+der lebhaftesten Freude zu noch grerer Angst bersprang.
+
+Die Anklage beschuldigte die Bischfe, in der Grafschaft Middlesex ein
+falsches, bswilliges und aufrhrerisches Libell geschrieben oder
+verffentlicht zu haben. Der Generalfiskal und der Staatsprokurator
+versuchten zuvrderst den Beweis zu fhren, da die Angeklagten das
+Libell unterschrieben hatten. Zu dem Ende wurden mehrere Personen
+aufgefordert, die Handschriften der Bischfe zu recognosciren. Aber die
+Zeugen thaten dies mit solcher Unlust, da kaum einem von ihnen eine
+klare und deutliche Antwort zu entlocken war. Pemberton, Pollexfen und
+Levinz behaupteten, da keine gengenden Beweise vorhanden seien, die
+der Jury vorgelegt werden knnten; zwei von den Richtern, Holloway und
+Powell, traten dieser Ansicht bei, und die Hoffnung der Zuschauer stieg
+bedeutend. Da erklrten pltzlich die Kronanwlte, da sie einen andren
+Weg einzuschlagen gedchten. Powis fhrte mit unverkennbarer Beschmung
+und Widerstreben einen Sekretr des Geheimen Raths, Namens Blathwayt,
+der zugegen gewesen war, als der Knig die Bischfe verhrte, in die
+Zeugenloge ein. Blathwayt versicherte eidlich, da er gehrt habe, wie
+sie ihre Unterschriften selbst anerkannt htten. Dieses Zeugni war
+entscheidend. Warum haben Sie, sagte der Richter Holloway zu dem
+Fiskal, da Sie einen solchen Zeugen hatten, ihn nicht sogleich
+vorgefhrt? es wre dadurch viel unnthiger Zeitverlust erspart worden.
+Es ergab sich bald, warum der Kronanwalt sich nur hchst ungern durch
+die dringendste Nothwendigkeit hatte bestimmen lassen, zu diesem
+Beweismittel zu greifen. Pemberton hielt Blathwayt zurck, unterwarf ihn
+einem umstndlichen Verhr und verlangte eine genaue Erzhlung alles
+dessen, was zwischen dem Knige und den Angeklagten vorgegangen sei.
+Das wre etwas ganz Neues! rief Williams. Glauben Sie, sagte Powis,
+da Sie ein Recht dazu haben, an unsere Zeugen jede impertinente Frage
+zu richten, die Ihnen in den Sinn kommt? Die Advokaten der Bischfe
+waren jedoch nicht die Mnner, die sich so leicht werfen lieen. Er ist
+darauf vereidigt, sagte Pollexfen, die Wahrheit, die ganze Wahrheit zu
+sagen; wir wollen und mssen eine Antwort haben. Der Zeuge wurde
+verlegen, gab ausweichende Antworten, wollte die Fragen nicht richtig
+verstanden haben und bat um den Schutz des Gerichtshofes; aber er war in
+Hnden, aus denen nicht leicht wieder loszukommen war. Endlich schlug
+der Generalfiskal sich wieder ins Mittel. Wenn Sie durchaus auf Ihrer
+Forderung bestehen, hob er an, so sagen Sie uns wenigstens, welchen
+Gebrauch Sie von der Antwort zu machen gedenken. Pemberton, der whrend
+der ganzen Verhandlung seine Pflicht muthig und geschickt erfllte,
+erwiederte ohne Besinnen: Mylords, ich will dem Herrn Generalfiskal
+antworten, ich will offen mit dem Gerichtshofe reden. Wenn die Bischfe
+sich unter dem Versprechen von Seiten Seiner Majestt, da ihr
+Gestndni nicht gegen sie angewendet werden solle, zu dieser Schrift
+bekannten, so wird man sich hoffentlich nicht eines unredlichen
+Vortheils gegen sie bedienen. -- Sie erheben eine Beschuldigung gegen
+Seine Majestt, die ich kaum auszusprechen wage, sagte Williams; da
+Sie es so genau nehmen, dann verlange ich auch fr den Knig, da die
+Frage zu Protokoll genommen wird. -- Was meinen Sie damit? fragte
+jetzt Sawyer. Ich wei, was ich meine, antwortete der Apostat, ich
+verlange, da die Frage vor Gericht zu Protokoll genommen wird. --
+Nehmen Sie zu Protokoll, was Sie wollen, Herr Prokurator, ich frchte
+Sie nicht, sagte Pemberton. Es folgte nun ein lauter und heftiger
+Wortwechsel, den der Oberrichter nur mit Mhe beschwichtigen konnte. In
+jedem andren Falle htte er die Frage ohne Zweifel zu Protokoll nehmen
+und Pemberton verhaften lassen. Aber an diesem wichtigen Tage wagte er
+dies nicht. Er warf oft einen Seitenblick auf die dichten Reihen der
+Earls und Barone, die ihn scharf beobachteten und die ihn beim nchsten
+Parlamente zur Rechenschaft ziehen konnten. Ein Anwesender meinte
+nachher, es habe ausgesehen, als ob alle zuhrenden Peers Stricke in der
+Tasche gehabt htten.[125] Blathwayt wurde endlich gezwungen, ber den
+ganzen Vorgang einen ausfhrlichen Bericht zu erstatten. Es stellte sich
+heraus, da der Knig den Bischfen gegenber keine ausdrckliche
+Verpflichtung eingegangen war; ebenso aber ergab es sich auch, da die
+Bischfe wohl Grund hatten, eine stillschweigende Zusage anzunehmen. Aus
+dem Widerstreben, mit dem die Kronanwlte den Sekretr des Geheimraths
+in die Zeugenloge einfhrten und aus der Heftigkeit, mit der sie sich
+Pemberton's Kreuzfragen widersetzten, geht klar hervor, da sie der
+nmlichen Ansicht waren.
+
+Die Handschrift war jedoch bewiesen. Aber jetzt wurde ein neuer und
+ernster Einwand erhoben. Der Beweis, da die Bischfe das gesetzwidrige
+Libell geschrieben hatten, war nicht gengend; es mute auch bewiesen
+werden, da sie es in der Grafschaft Middlesex geschrieben hatten.
+Allein dies konnten der Fiskal und der Prokurator nicht nur nicht
+beweisen, sondern die Angeklagten waren sogar im Stande, das Gegentheil
+zu beweisen, denn Sancroft hatte von dem Augenblicke an, wo der
+Geheimrathsbefehl erschien, bis zu dem Augenblicke, wo die Petition dem
+Knige berreicht wurde, seinen Palast in Lambeth nicht verlassen. Die
+ganze Anklage fiel daher in sich selbst zusammen und das Publikum
+erwartete mit groer Freude eine vollstndige Freisprechung.
+
+Die Kronjuristen nderten nun abermals ihre Taktik, lieen die Anklage
+auf Abfassung eines Libells ganz fallen und unternahmen es, zu beweisen,
+da die Bischfe in Middlesex ein Libell _verffentlicht_ htten. Das
+war nicht leicht. Die berreichung der Petition an den Knig war in den
+Augen des Gesetzes unzweifelhaft eine Verffentlichung. Aber wie war
+diese berreichung zu beweisen? Es war bei der Audienz im kniglichen
+Kabinet auer dem Knige und den Angeklagten Niemand zugegen gewesen.
+Den Knig konnte man nicht wohl als Zeugen vereidigen. Das Factum der
+Verffentlichung konnte also nur durch das Eingestndni der Angeklagten
+constatirt werden. Blathwayt wurde noch einmal vernommen, aber
+vergebens. Er sagte, er erinnere sich wohl, da die Bischfe ihre
+Unterschriften anerkannt, nicht aber, da sie das auf dem Tische des
+Geheimen Raths liegende Papier als das nmliche anerkannt htten,
+welches sie dem Knige berreichten, noch da sie berhaupt ber diesen
+Punkt befragt worden waren. Mehrere andere Beamte, die im
+Geheimrathszimmer zugegen gewesen waren, wurden aufgerufen, unter ihnen
+Samuel Pepys, Sekretr der Admiralitt; aber keinem von ihnen war es
+erinnerlich, da von der berreichung irgend die Rede gewesen sei.
+Williams bemhte sich vergebens, sie durch verfngliche Fragen zu dem
+gewnschten Zeugnisse zu verleiten, bis endlich die Rechtsanwlte der
+Gegenpartei erklrten, da ein solches Drehen und Wenden noch an keinem
+Gerichtshofe vorgekommen sei, und Wright selbst zugestehen mute, da
+die Vernehmungsweise des Generalprokurators allen Regeln zuwider sei. Da
+ein Zeuge nach dem andren verneinend antwortete, wiederhallte der ganze
+Saal von lautem Gelchter und triumphirendem Jubel, welche zum Schweigen
+zu bringen die Richter gar nicht versuchten.
+
+Der harte Kampf schien endlich gewonnen zu sein; fr die Krone war
+nichts mehr vorzubringen. Htten die Anwlte der Bischfe nun
+geschwiegen, so war die Freisprechung gewi, denn es war nichts
+ausgesagt worden, was auch der parteiischeste und gewissenloseste
+Richter einen rechtskrftigen Beweis fr die Verffentlichung htte
+nennen kennen. Der Oberrichter schickte sich bereits an, den Geschwornen
+das Resum vorzulegen und er wrde sie ohne Zweifel angewiesen haben,
+die Angeklagten freizusprechen, als Finch, der zu aufgeregt war, um mit
+gehriger Besonnenheit handeln zu knnen, noch auftrat und gehrt zu
+werden verlangte. Wenn Sie gehrt sein wollen, sagte Wright, so
+knnen wir Sie nicht hindern zu sprechen; aber ich mu Ihnen bemerken,
+da Sie Ihren eigenen Vortheil nicht erkennen. Die anderen Vertheidiger
+bewogen Finch, sich wieder niederzusetzen und baten den Oberrichter
+fortzufahren. Eben wollte er dies auch thun, da kam ein Bote an den
+Generalprokurator mit der Nachricht, da Lord Sunderland die
+Verffentlichung beweisen knne und sogleich im Gerichtssaal erscheinen
+werde. Wright bemerkte den Vertheidigern in ziemlich spitzigem Tone, da
+sie sich diese neue Wendung der Dinge lediglich selbst zuzuschreiben
+htten. Die Gesichtszge der versammelten Zuschauer verfinsterten sich;
+Finch war einige Stunden lang der unpopulrste Mann im ganzen Lande.
+Warum konnte er nicht ruhig sitzen bleiben wie seine verstndigeren
+Collegen Sawyer, Pemberton und Pollexfen? Seine Sucht, auch etwas zu
+sagen, der Wunsch eine schne Rede zu halten, hatte Alles verdorben.
+
+Inzwischen wurde der Lordprsident in einer Snfte durch die Halle
+getragen. Nicht ein einziger Hut wurde gelftet und viele Stimmen
+riefen: Papistischer Hund! Bleich und zitternd, mit zu Boden gesenktem
+Blicke trat er vor die Schranken und gab mit unsicherer Stimme seine
+Zeugenaussage ab. Er versicherte eidlich, da ihm die Bischfe ihre
+Absicht, dem Knige eine Petition zu berreichen, mitgetheilt htten und
+da sie zu dem Ende in das knigliche Kabinet eingelassen worden seien.
+Dieser Umstand in Verbindung mit dem, da sich, nachdem sie das Kabinet
+verlassen, eine von ihnen unterzeichnete Petition in den Hnden des
+Knigs befand, war fr das Factum der Verffentlichung ein Beweis, der
+einer Jury wohl gengen konnte.
+
+Die Verffentlichung in Middlesex war also ebenfalls bewiesen. Aber war
+das verffentlichte Schriftstck ein falsches, bswilliges und
+aufrhrerisches Libell? Bis jetzt hatte es sich nur darum gehandelt, ob
+eine Thatsache, die Jedermann als wirklich geschehen kannte, nach den
+technischen Regeln des Beweises constatirt werden konnte; jetzt aber
+erhielt der Streit ein hheres Interesse. Man mute die Grenzen der
+kniglichen Hoheitsrechte und der brgerlichen Freiheit, das Recht des
+Knigs, von Gesetzen zu dispensiren, und das Recht der Unterthanen um
+Abstellung von Mistnden zu petitioniren, untersuchen. Drei Stunden
+lang vertheidigten die Anwlte der Petenten mit energischem Nachdrucke
+die Grundprinzipien der Verfassung und bewiesen aus den Protokollen des
+Hauses der Gemeinen, da die Bischfe nur etwas Wahres behauptet htten,
+indem sie dem Knige vorstellten, da die von ihm beanspruchte
+Dispensationsgewalt mehr als einmal vom Parlament fr ungesetzlich
+erklrt worden sei. Somers erhob sich zuletzt. Er sprach wenig ber fnf
+Minuten lang, aber jedes seiner Worte war gewichtigen Inhalts, und als
+er seinen Platz wieder einnahm, war sein Ruf als Redner und als
+constitutioneller Jurist fest begrndet. Er untersuchte die Ausdrcke
+der Anklage, in welcher das den Bischfen zur Last gelegte Vergehen
+dargestellt war, und bewies, da jedes Wort, Adjectiv oder Substantiv,
+durchaus unangemessen sei. Die Anklage laute auf ein falsches,
+bswilliges und aufrhrerisches Libell. Falsch sei das Schriftstck
+nicht, denn jede darin behauptete Thatsache sei durch die
+Parlamentsprotokolle als wahr bewiesen. Auch bswillig sei das
+Schriftstck nicht, denn die Angeklagten htten nicht Streit gesucht,
+sondern die Regierung habe sie in eine Lage versetzt, in der sie sich
+entweder dem kniglichen Willen widersetzen oder die heiligsten
+Pflichten des Gewissens und der Ehre verletzen muten. Aufrhrerisch sei
+das Schriftstck eben so wenig, denn die Verfasser htten es nicht unter
+dem Volke vertheilt, sondern es privatim den Hnden des Knigs allein
+bergeben; auch sei es kein Libell, sondern eine anstndige Petition,
+wie sie nach den Gesetzen Englands, ja nach den Gesetzen des rmischen
+Kaiserreichs und nach den Gesetzen aller civilisirten Staaten jeder
+Unterthan, welcher glaubt, da ihm Unrecht geschehen, mit Fug und Recht
+dem Souverain berreichen drfe.
+
+Der Fiskal replicirte kurz und schwach. Der Prokurator sprach sehr
+ausfhrlich und mit groer Bitterkeit, so da er oft durch Zurufe und
+Zischen des Publikums unterbrochen wurde. Er ging so weit zu behaupten,
+da kein einzelner Unterthan und keine Gemeinschaft von Unterthanen,
+auer die Parlamentshuser, berechtigt sei, eine Petition an den Knig
+zu richten. Die Zuschauer waren wthend und selbst der Oberrichter war
+ganz betroffen ber die Frechheit dieses feilen Achseltrgers.
+
+Wright schritt endlich zum Resum. Seine Rede bewies, da seine Furcht
+vor der Regierung durch die Furcht vor dieser zahlreichen, glnzenden
+und heftig aufgeregten Versammlung gemigt wurde. Er sagte, er wolle
+nicht seine Ansicht ber die Dispensationsfrage abgeben, er habe dies
+nicht nthig, er knne dem Staatsprokurator in vielen Punkten seiner
+Rede nicht beistimmen, ein Unterthan habe allerdings das Recht, zu
+petitioniren, aber die dem Gerichtshofe vorliegende specielle Petition,
+sei ungebhrlich abgefat und daher in den Augen des Gesetzes ein
+Libell. Allibone sprach die nmliche Ansicht aus, bewies aber in seinem
+Vortrag eine so gnzliche Unkenntni des Rechts und der Geschichte, da
+er sich die Verachtung Aller zuzog, die ihn anhrten. Holloway umging
+die Dispensationsfrage, sagte aber, ihm scheine die Petition so gefat,
+wie sie Unterthanen, die sich in ihrem Rechte gekrnkt glaubten, wohl zu
+berreichen befugt seien, und sie sei daher kein Libell. Powell trat
+noch khner auf. Er erklrte geradezu, da seiner Ansicht nach die
+Indulgenzerklrung null und nichtig und die Dispensationsgewalt, wie sie
+neuerdings ausgebt worden, mit allen Gesetzen durchaus unvereinbar sei.
+Wenn man solche bergriffe der Prrogative dulden wolle, so seien die
+Parlamente ganz berflssig, die ganze gesetzgebende Gewalt liege dann
+in den Hnden des Knigs. Diese Entscheidung, meine Herren, sagte er,
+stelle ich Gott und Ihrem Gewissen anheim.[126]
+
+Es war dunkel geworden, als die Jury sich zurckzog, um ber ihren
+Schiedsspruch zu berathen. Diese Nacht war eine Nacht voll ngstlicher
+Spannung. Es existiren noch einige Briefe, welche whrend jener Stunden
+der Ungewiheit abgesendet wurden und die daher ein ganz besonderes
+Interesse haben. Es ist sehr spt, schrieb der ppstliche Nuntius,
+und noch ist die Entscheidung nicht bekannt. Die Richter und die
+Angeklagten haben sich nach Hause begeben, die Geschwornen aber bleiben
+beisammen. Morgen werden wir den Ausgang dieses wichtigen Kampfes
+erfahren.
+
+Der Prokurator der Bischfe brachte mit einer Anzahl Bedienten die ganze
+Nacht auf der Treppe zu, welche nach dem Berathungszimmer der
+Geschwornen fhrte. Es war durchaus nothwendig, die an den Thren Wache
+haltenden Beamten scharf zu beobachten, denn man vermuthete, da sie von
+der Regierung gewonnen waren, und sie konnten daher, wenn sie nicht
+sorgfltig bewacht wurden, einen hfisch gesinnten Geschwornen mit
+Speise und Trank versehen, so da er dann im Stande war, seine elf
+Collegen auszuhungern. Es wurde daher strenge Wache gehalten und nicht
+einmal ein Licht, um eine Pfeife anzuznden, eingelassen. Gegen vier Uhr
+Morgens lie man einige Becken mit Wasser zum Waschen passiren. Die vor
+Durst verschmachtenden Geschwornen tranken gierig die Gefe aus. Die
+umliegenden Straen waren bis zum Morgen von einer groen Volksmenge
+angefllt. Von Stunde zu Stunde kam ein Bote von Whitehall um sich nach
+dem Stande der Sache zu erkundigen. Verschiedene Male hrte man drinnen
+im Zimmer einen heftigen Wortstreit; aber etwas Gewisses erfuhr man
+nicht.[127]
+
+Zuerst waren neun fr die Freisprechung und drei fr die Verurtheilung.
+Zwei von der Minoritt gaben bald nach; Arnold aber beharrte auf seinem
+Ausspruche. Thomas Austin, ein reichbegterter Landgentleman, der die
+Zeugenaussagen und Reden aufmerksam verfolgt und sich ausfhrliche
+Notizen gemacht hatte, wollte die Sache mit ihm speciell errtern.
+Arnold aber lehnte dies ab, indem er rgerlich sagte, er sei nicht
+gewhnt zu raisonniren und zu debattiren, sein Gewissen gestatte ihm
+nicht, die Bischfe freizusprechen. Wenn Sie dabei beharren, sagte
+Austin, so sehen Sie mich an. Ich bin der Grte und Strkste von uns
+Zwlfen; ehe ich aber eine Petition wie diese als ein Libell anerkenne,
+bleibe ich hier, bis ich nicht mehr dicker bin als ein Pfeifenrohr. Es
+war sechs Uhr Morgens, als Arnold endlich nachgab. Es wurde bald
+bekannt, da die Geschwornen einig waren; wie aber ihr Ausspruch
+lautete, war noch ein Geheimni.[128]
+
+Um zehn Uhr versammelte sich der Gerichtshof wieder. Das Gedrnge war
+noch rger als am vorigen Tage. Die Geschwornen erschienen in ihrer Loge
+und es trat eine lautlose Stille ein.
+
+ [Anmerkung 118: +Clarendon's Diary, June+ 21. 1688.]
+
+ [Anmerkung 119: Gitters, 26. Juni (6. Juli) 1688.]
+
+ [Anmerkung 120: Johnstone, 2. Juli 1688.]
+
+ [Anmerkung 121: Johnstone, 2. Juli 1688.]
+
+ [Anmerkung 122: Johnstone, 2. Juli 1688. Der Herausgeber von
+ +Levinz's Reports+ drckt seine groe Verwunderung darber aus,
+ da Levinz nach der Revolution nicht wieder in sein Richteramt
+ eingesetzt wurde. Die von Johnstone erzhlten Thatsachen knnen
+ dies anscheinende Ungerechtigkeit vielleicht erklren.]
+
+ [Anmerkung 123: Ich schliee dies aus einem Briefe von Compton an
+ Sancroft vom 12. Juni.]
+
+ [Anmerkung 124: +Revolution Politics.+]
+
+ [Anmerkung 125: Der Ausdruck eines Augenzeugen. Er findet sich in
+ einem Neuigkeitsbriefe in der Mackintosh-Sammlung.]
+
+ [Anmerkung 126: Siehe den Proze in der +Collection of State
+ Trials+. Einiges habe ich auch von Johnstone und Citters
+ entlehnt.]
+
+ [Anmerkung 127: Johnstone, 2. Juli 1688; Brief von Mr. Ince an den
+ Erzbischof, datirt von sechs Uhr Morgens; +Tanner MS.+;
+ +Revolution Politics+.]
+
+ [Anmerkung 128: Johnstone, 2. Juli 1688.]
+
+
+[_Das Verdict der Geschwornen; Freude des Volks._] Sir Samuel Astry
+sprach: Finden Sie die Angeklagten oder einen von ihnen des Vergehens,
+dessen sie angeklagt sind, schuldig oder nicht schuldig? Sir Roger
+Langley antwortete: Nicht schuldig. Sobald diese Worte ber seine
+Lippen waren, sprang Halifax auf und schwenkte seinen Hut. Auf dieses
+Zeichen brachen alle Bnke und Gallerien in donnernden Beifallsjubel
+aus. Im nchsten Augenblick stimmten die zehntausend Menschen, welche
+die groe Halle fllten, mit noch lauterem Jubel ein, von dem die alte
+eichene Decke erdrhnte, und noch einen Augenblick, so lie die drauen
+versammelte Menge ein drittes Hurrah erschallen, das man in Templebar
+hren konnte. Die Bte, welche den Flu bedeckten, antworteten mit
+gleicher Begeisterung, ein Kanonenschlag knallte auf dem Wasser, dann
+wieder einer und wieder einer, und so flog die frohe Nachricht binnen
+wenigen Augenblicken ber den Savoy und ber die Friars hinaus bis zur
+Londonbrcke und zu dem Mastenwalde der jenseit derselben liegenden
+Schiffe. Wohin die Botschaft kam, brachen Straen und Squares,
+Marktpltze und Kaffeehuser in Freudenjubel aus. Der Jubel aber war
+minder auffallend, als die Thrnen. Denn die Gefhle der Leute waren so
+angespannt worden, da selbst die kalte, an uerungen von
+Gemthsbewegung wenig gewhnte englische Natur berwltigt wurde und
+Tausende vor lauter Freude schluchzten. Inzwischen sprengten von den
+Endpunkten der Menge Reiter fort, um die Kunde von dem Siege der Kirche
+und der Nation durch alle Hauptstraen zu verbreiten. Aber selbst dieser
+gewaltige Ausbruch der Freude vermochte den hmischen und furchtlosen
+Sinn des Staatsprokurators nicht zu erschttern. Er versuchte es, sich
+in dem betubenden Lrme Gehr zu verschaffen und forderte die Richter
+auf, Diejenigen, welche durch ihr Geschrei die Wrde des Gerichtshofes
+verletzt hatten, verhaften zu lassen. Einer aus der jubelnden Menge
+wurde wirklich festgenommen. Indessen sah das Tribunal doch ein, da es
+geradezu lcherlich gewesen wre einen Einzelnen fr eine bertretung zu
+bestrafen, welche Hunderttausende begangen hatten, und entlie ihn daher
+wieder mit einem leichten Verweis.[129]
+
+Es war jetzt nicht daran zu denken, etwas Andres vorzunehmen, denn das
+Getse der Menge war so arg, da man eine halbe Stunde lang im
+Gerichtssaale kein Wort verstehen konnte. Williams stieg unter einem
+Sturme von Zischen und Verwnschungen in seinen Wagen. Cartwright, der
+eine unbezhmbare Neugierde besa, hatte die Thorheit und
+Unschicklichkeit begangen, nach Westminster zu kommen, um zu hren, wie
+das Urtel ausfallen wrde. Man erkannte ihn an seiner Priestertracht und
+seiner Korpulenz und verfolgte ihn durch die ganze Halle mit Geschrei.
+Nehmt Euch vor dem Wolfe in Schafskleidern in Acht, sagte Einer.
+Platz fr den Mann mit dem Papst im Bauche! rief ein Andrer.[130]
+
+Die freigesprochenen Prlaten flchteten sich vor der Menge, die sie um
+ihren Segen bat, in die nchste Kapelle, wo eben Gottesdienst gehalten
+wurde. Viele Kirchen der Hauptstadt waren an diesem Morgen geffnet und
+wurden von vielen Andchtigen besucht. In allen Kirchspielen der City
+und der Vorstdte gingen die Glocken. Unterdessen konnten sich die
+Geschwornen kaum einen Weg aus der Halle bahnen. Von Hunderten muten
+sie sich die Hand drcken lassen. Gott segne Euch, rief das Volk;
+Gott segne Eure Familien! Ihr habt wie brave Gentlemen gehandelt und
+uns Alle heute gerettet. Whrend die Peers, welche zur Untersttzung
+der guten Sache herbeigekommen waren, fortfuhren, warfen sie Hnde voll
+Geld unter die Menge und hieen sie auf das Wohl des Knigs, der
+Bischfe und der Geschwornen trinken.[131]
+
+Der Generalfiskal berbrachte die Nachricht Sunderland, der sich gerade
+mit dem Nuntius unterhielt. Seit Menschengedenken, sagte Powis, hat
+man nicht einen solchen Jubel und so viel Freudenthrnen gesehen wie
+heute.[132] Der Knig hatte am Morgen das Lager auf der Hounslowhaide
+besucht. Sunderland schickte sofort einen Courier mit der Botschaft an
+ihn ab. Jakob befand sich in Feversham's Zelte, als der Expresse ankam.
+Er war sehr rgerlich ber die Nachricht und rief auf Franzsisch aus:
+Sie sollen es bereuen! Er brach sogleich nach London auf. So lange er
+anwesend war, hielt der Respekt die Soldaten ab, ihren Gefhlen freien
+Lauf zu lassen; kaum aber hatte er das Lager verlassen, so hrte er
+hinter sich ein lautes Jubelgeschrei. Er wunderte sich darber und
+fragte, was das bedeute. Es ist nichts, erhielt er zur Antwort, die
+Soldaten freuen sich nur ber die Freisprechung der Bischfe. -- Das
+nennen Sie nichts? sagte der Knig und wiederholte dann noch einmal:
+Sie sollen es bereuen![133]
+
+Er hatte in der That Ursache, verstimmt zu sein, denn seine Niederlage
+war vollstndig und im hchsten Grade demthigend. Wren die Prlaten
+auf Grund mangelhaften Beweises freigesprochen worden, etwa weil sie die
+Petition nicht in Middlesex geschrieben hatten, oder weil es ihnen
+streng nach den Regeln des Gesetzes nicht bewiesen werden konnte, da
+sie dem Knige die Petition, um dessentwillen sie in Untersuchung waren,
+berreicht hatten, so wrde die Prrogative keinen Sto erhalten haben.
+Zum Glck fr das Land aber war die Thatsache der Verffentlichung
+vollkommen festgestellt worden und die Vertheidiger der Angeklagten
+hatten daher das Dispensationsrecht angreifen mssen. Dies hatten sie
+mit groer Gelehrsamkeit, Beredtsamkeit und Khnheit gethan. Die Anwlte
+der Krone waren, wie allgemein anerkannt wurde, in dem Kampfe
+unterlegen. Nicht ein einziger Richter hatte die Indulgenzerklrung fr
+gesetzlich zu erklren gewagt, einer hatte sie sogar in den strksten
+Ausdrcken als ungesetzlich bezeichnet. Die ganze Stadt sprach davon,
+da die Dispensationsgewalt den Todessto bekommen habe. Finch, der den
+Tag vorher allgemein geschmht worden war, wurde jetzt allgemein
+gepriesen. Man sagte, er habe die Sache nicht in einer Weise entschieden
+sehen wollen, wobei die groe Verfassungsfrage auf immer zweifelhaft
+geblieben wre. Er habe eingesehen, da die Freisprechung seiner
+Klienten ohne Verdammung der Indulgenzerklrung nur ein halber Sieg
+gewesen sein wrde. Es ist gewi, da Finch weder die Vorwrfe
+verdiente, mit denen er berhuft wurde, so lange der Ausgang noch
+zweifelhaft war, noch die Lobpreisungen, die ihm gespendet wurden,
+nachdem derselbe so gnstig ausgefallen. Es war thricht, ihn zu tadeln,
+weil die Kronanwlte whrend des von ihm veranlaten kurzen Verzugs
+unerwartet einen neuen Zeugen fanden. Eben so thricht war die Annahme,
+da er seine Klienten absichtlich einer Gefahr ausgesetzt habe, um ein
+allgemeines Prinzip festzustellen, und noch thrichter war es, ihn wegen
+etwas zu loben, was eine grobe Verletzung seiner Berufspflichten gewesen
+sein wrde.
+
+Dem freudigen Tage folgte eine nicht minder freudige Nacht. Die Bischfe
+und einige ihrer achtungswerthen Freunde bemhten sich vergebens,
+tumultuarische Freudenbezeigungen zu verhindern. Die ltesten Leute
+erinnerten sich nicht, jemals, selbst nicht an dem Abende, als es in
+London bekannt wurde, da die schottische Armee sich fr ein freies
+Parlament erklrt hatte, die Straen von so zahlreichen Freudenfeuern
+erhellt gesehen zu haben. Um jedes Feuer hatte sich ein Haufe gelagert,
+der auf das Wohl der Bischfe und auf den Untergang der Papisten trank.
+Die Fenster waren ebenfalls glnzend erleuchtet, jedes gewhnlich durch
+sieben Lichter, von denen das mittelste und lngste den Primas
+vorstellte. Dazu hrte man fortwhrend das Knallen von Schwrmern,
+Raketen und Gewehrschssen. Ein ungeheurer Holzsto brannte gerade dem
+Haupteingange von Whitehall gegenber; andere wurden vor den Thren
+katholischer Peers angezndet. Lord Arundell von Wardour beschwichtigte
+wohlweislich den Pbel mit ein wenig Geld; im Palast Salisbury am Strand
+aber wurde ein Widerstandsversuch gemacht. Die Dienerschaft Lord
+Salisbury's machte einen Ausfall und feuerte; aber nur der unglckliche
+Bttel des Bezirks fiel, der gerade gekommen war, um das Feuer
+auszulschen, und die Schaar wurde bald in den Palast zurckgetrieben.
+Kein Schauspiel jener Nacht amsirte das gemeine Volk so sehr, als
+eines, das ihnen vor mehreren Jahren wohl bekannt gewesen war, und das
+ihnen jetzt nach einer langen Pause wieder gegeben wurde: die
+Verbrennung des Papstes. Dieses vor Zeiten sehr beliebte Schauspiel
+kennt unsere Generation nur aus Beschreibungen und Abbildungen. Eine
+Figur, die aber keineswegs jenen plumpen Conterfeyen von Guy Fawx glich,
+welche noch jetzt am 5. November zur Schau umhergetragen werden, sondern
+die mit einiger Geschicklichkeit von Wachs verfertigt und mit nicht
+geringen Kosten mit Gewndern und einer Tiara geschmckt war, wurde auf
+einen Stuhl gesetzt, hnlich dem, auf welchem noch heute an einigen
+hohen Festtagen die rmischen Bischfe durch die Peterskirche zum
+Hochaltare getragen werden. Seine Heiligkeit war gewhnlich umgeben von
+einem Gefolge von Cardinlen und Jesuiten, und ihm zur Seite stand ein
+als Teufel mit Schweif und Hrnern verkleideter Hanswurst. Kein reicher
+und eifriger Protestant sah bei dieser Gelegenheit eine Guinee an, und
+wenn man der Sage glauben darf, betrugen die Kosten einer solchen
+Prozession zuweilen nicht weniger als tausend Pfund. Nachdem der Papst
+eine Zeit lang ber den Kpfen der Menge zur Schau umhergetragen worden
+war, wurde er unter lautem Jubel den Flammen berliefert. Zur Zeit der
+Popularitt Oates' und Shaftesbury's wurde das Schauspiel alljhrlich am
+Geburtstage der Knigin Elisabeth in Fleet Street unter den Fenstern des
+Whig-Clubs aufgefhrt. Der groteske Gebrauch war so berhmt, da
+Barillon sich einmal in Lebensgefahr begab, um aus einem Versteck
+zuzusehen.[134] Seit der Entdeckung des Ryehousecomplots war die
+Ceremonie bis zu dem Tage der Freisprechung der Bischfe unterblieben.
+An diesem Abende aber tauchten in verschiedenen Stadttheilen Londons
+mehrere Ppste auf. Der Nuntius war hchlich entrstet und der Knig
+fhlte sich durch diese Verhhnung seiner Kirche schwerer gekrnkt als
+durch irgend eine andre ihm zugefgte Beleidigung. Die Behrden konnten
+jedoch nichts thun. Der Sonntagmorgen graute bereits und die Glocken der
+Pfarrkirchen riefen zum Frhgebet, ehe die Feuer zu erlschen und die
+Volksmassen sich zu verlaufen begannen. Es erschien nun alsbald eine
+Proklamation gegen die Ruhestrer. Viele von ihnen, meist Lehrlinge,
+wurden verhaftet: aber die Anklagen gegen sie wurden von den Gerichten
+von Middlesex nicht angenommen. Die Magistratsbeamten, von denen viele
+Katholiken waren, geriethen mit der groen Jury in Streit und schickten
+sie mehrere Male zurck, aber ohne Erfolg.[135]
+
+ [Anmerkung 129: +Collection of State Trials+; +Oldmixon, 739+;
+ +Clarendon's Diary, June 25. 1688+; Johnstone, 2. Juli; Citters,
+ 3.(13.) Juli; Adda, 6.(10.) Juli; +Luttrell's Diary+; Barillon,
+ 2.(12.) Juli.]
+
+ [Anmerkung 130: Citters, 3.(13.) Juli. Der wrdevolle Ernst, mit
+ dem er die Geschichte erzhlt, macht einen komischen Eindruck:
+ +Den Bisschop van Chester, wie seer de partie van het hof houdt,
+ om te voldoen aan syne gewoone nieusgierigheyt, hem op dien tyt in
+ Westminster Hall mede hebbende laten vinden, in het uytgaan
+ doorgaans was uytgekreten voor een grypende wolf in schaaps
+ kleederen; en hy synde een heer van hooge stature en vollyvig,
+ spotsgewyse allomme geroepen was dat men voor hem plaats moeste
+ maken, om te laten passen, gelyck ook geschiede, om dat soo sy
+ uytschreeuwden en hem in het aansigt seyden, hy den Paus in syn
+ buyck hadde.+]
+
+ [Anmerkung 131: Luttrell; Citters, 3.(13.) Juli 1688. +Soo syn in
+ tegendeel gedagte jurys met de uyterste acclamatie en alle
+ teyckenen van genegenheyt en danckbaarheyt in het door passeren
+ van de gemeente ontvangen. Honderden vielen haar om den hals met
+ alle bedenckelycke wewensch van segen en geluck over hare
+ persoonen en familien, om dat sy haar so heusch en eerlyck buyten
+ verwagtinge als het ware in desen gedragen hadden. Veele van de
+ grooten en kleynen adel wierpen in het wegryden handen vol gelt
+ under de armen luyten, om op de gesontheyt van den Coning, der
+ Heeren Prelaten, on de Jurys te drincken.+]
+
+ [Anmerkung 132: +Mi trovava con Milord Sunderland la stessa
+ mattina, quando venne l'Avvocato Generale a rendergli conto del
+ successo, e disse, che mai piu a memoria d'huomini si era sentito
+ un applauso, mescolato di voce e lagrime di giubilo, egual a
+ quello che veniva egli di vedere in quest' occasione.+ Adda,
+ 6.(16.) Juli 1688.]
+
+ [Anmerkung 133: +Burnet, I. 744+; Citters, 3.(13.) Juli 1688.]
+
+ [Anmerkung 134: Siehe eine interessante Erzhlung, welche Danby,
+ damals Herzog von Leeds, zugleich mit anderen Papieren im Jahre
+ 1710 verffentlichte. Eine anziehende Beschreibung der Ceremonie
+ der Papstverbrennung findet sich auch in North's +Examen, 570+.
+ Ferner sehe man die Note zum Epilog des Trauerspiels dipus in
+ Scott's Ausgabe von Dryden.]
+
+ [Anmerkung 135: +Reresby's Memoirs+; Citters, 3.(13.) Juli 1688;
+ Adda, 6.(16.) Juli; Barillon 2.(12.) Juli; +Luttrell's Diary+;
+ Neuigkeitsbrief vom 4. Juli; +Oldmixon, 739+; Ellis'
+ Correspondenz.]
+
+
+[_Eigenthmlicher Zustand der ffentlichen Meinung zu jener Zeit._]
+Inzwischen verbreitete sich die frohe Nachricht durch das ganze Land und
+wurde allenthalben mit Jubel aufgenommen. Gloucester, Bedford und
+Lichfield gehrten zu den Stdten, die sich durch besonderen Eifer
+auszeichneten; Bristol und Norwich aber, welche nach Bevlkerung und
+Reichthum London am nchsten standen, kamen bei diesem freudigen Anlasse
+auch in der Begeisterung der Hauptstadt am nchsten.
+
+Die gerichtliche Verfolgung der sieben Bischfe ist ein Ereigni, das in
+unsrer Geschichte einzig dasteht. Es war der erste und letzte Fall, wo
+zwei mchtige in der Regel einander entgegengesetzte Gefhle, von denen
+jedes fr sich allein bei heftiger Erregung hinreichend war, um den
+Staat zu erschttern, in vollkommener Eintracht verbndet waren. Diese
+Gefhle waren die Liebe zur Kirche und die Liebe zur Freiheit. Whrend
+vieler Generationen war jeder heftige Ausbruch des kirchlichen Gefhls,
+mit einer einzigen Ausnahme, der brgerlichen Freiheit nachtheilig
+gewesen; und ebenso war jeder heftige Ausbruch des Freiheitsgefhls, mit
+einer einzigen Ausnahme, dem Ansehen und Einflusse des Prlatenthums und
+der Priesterschaft verderblich. Im Jahre 1688 war die Sache der
+Hierarchie einen Augenblick die Sache der Volkspartei. Mehr als
+neuntausend Geistliche, mit dem Primas und seinen ehrenwerthesten
+Suffraganen an der Spitze, erklrten sich bereit, Haft und
+Eigenthumsberaubung fr das groe Grundprinzip unsrer freien Verfassung
+zu erdulden. Die Folge war eine Coalition, welche die eifrigsten
+Kavaliere, die eifrigsten Republikaner und alle zwischeninne liegenden
+Parteien der Gesammtheit umfate. Der Geist, welcher Hampden unter der
+vergangenen Generation aufrecht erhalten hatte, verband sich mit dem
+Geiste, welcher Sacheverell unter der folgenden aufrecht erhielt, um den
+Erzbischof, der ein Hampden und ein Sacheverell zugleich war, aufrecht
+zu erhalten. Diejenigen Klassen der Gesellschaft, denen an der Erhaltung
+der Ruhe am meisten gelegen ist, welche in strmischen Zeiten gewhnlich
+am ersten bei der Hand sind, die Regierung zu untersttzen, und welche
+einen natrlichen Widerwillen gegen Aufwiegler hegen, folgten ohne
+Bedenken der Leitung eines ehrwrdigen Mannes, des ersten Peers des
+Reiches, des ersten Dieners der Kirche, eines Tory's in der Politik,
+eines Heiligen in seinem Privatleben, den die Tyrannei wider seinen
+Willen in einen Demagogen verwandelt hatte. Auf der andren Seite flehten
+jetzt selbst Diejenigen, welche das Episcopat als einen berrest des
+Papismus und als ein Werkzeug der Willkrherrschaft stets verabscheut
+hatten, auf den Knien um den Segen eines Prlaten, der bereit war, eher
+Ketten zu tragen und seine alterschwachen Glieder auf die nackten Steine
+eines Kerkers zu legen, als da er die Interessen des protestantischen
+Glaubens verrathen und die Hoheitsrechte der Krone ber das Gesetz
+gestellt htte. Mit der Liebe zur Kirche und der Liebe zur Freiheit
+verband sich in dieser wichtigen Krisis noch ein drittes Gefhl, das zu
+den achtungswerthesten Zgen unsres Nationalcharacters gehrt. Ein durch
+Willkrgewalt unterdrckter Mensch findet bei uns, htte er sonst auch
+nicht den mindesten Anspruch auf Achtung und Dankbarkeit, gewhnlich
+eine rege Theilnahme. So wurde zu den Zeiten unserer Grovter die
+Gesellschaft durch Wilkes' Verfolgung heftig aufgeregt. Wir selbst sahen
+die Nation durch die gegen die Knigin Karoline gebte Hrte fast bis
+zum Wahnsinn gereizt. Daher wurde England, selbst wenn von dem Ausgange
+des Prozesses gegen die Bischfe keine wichtigen politischen oder
+religisen Interessen abgehangen htten, es wahrscheinlich nicht ohne
+starke Regungen von Mitleid und Unwillen mit angesehen haben, wie einige
+Greise von makelloser Tugend von der Rache eines jhzornigen und
+unerbittlichen Frsten verfolgt wurden, der ihrer Treue seine Krone
+verdankte.
+
+Von diesen Gefhlen angetrieben, stellten sich unsere Vorfahren in einer
+ungeheuren und compacten Masse der Regierung entgegen. Die mchtige
+Phalanx war aus allen Stnden, allen Parteien, allen protestantischen
+Seelen gebildet. Im Vordertreffen standen die geistlichen und weltlichen
+Lords, dann kamen die begterte Gentry und der Klerus, beide
+Universitten, alle Gerichtshfe, Grohndler, Krmer und Pchter, die
+Lasttrger, die sich in den Straen der groen Stdte plagten, und die
+Landleute, welche das Feld bebauten. Die Koalition gegen den Knig
+umfate selbst die Matrosen, die seine Schiffe bemannten, selbst die
+Schildwachen, die seinen Palast bewachten. Die Namen Whig und Tory waren
+einen Augenblick vergessen. Der alte Ausschlieungsmann reichte dem
+alten Verabscheuer die Hand; Episcopalen, Presbyterianer, Independenten
+und Baptisten vergaen ihre langjhrigen Fehden, um nur an ihren
+gemeinsamen Protestantismus und an ihre gemeinsame Gefahr zu denken;
+Theologen, die in der Schule Laud's gebildet waren, sprachen nicht nur
+von Duldung, sondern sogar von Einigung. Der Erzbischof erlie bald nach
+seiner Freisprechung einen Hirtenbrief, der eines der merkwrdigsten
+Schriftstcke jener Zeit ist. Er hatte von Jugend auf mit den
+Nonconformisten in Streit gelegen und sie mehrmals mit ungerechter und
+unchristlicher Heftigkeit angegriffen. Sein Hauptwerk war eine hliche
+Karrikatur auf die Calvinistische Theologie.[136] Er hatte fr den 30.
+Januar, den Jahrestag der Hinrichtung Karl'sI., und fr den 29. Mai,
+den Jahrestag der Rckkehr Karl'sII., Gebetsformulare abgefat, welche
+so heftige Schmhungen gegen die Puritaner enthielten, da die Regierung
+es fr nthig erachtet hatte, dieselben zu mildern. Jetzt aber war sein
+Herz erweicht und geffnet. Er ermahnte die Bischfe und die Geistlichen
+feierlich und eindringlich, ihren Brdern, den protestantischen
+Dissenters, mit zarter Rcksicht zu begegnen, sie oft zu besuchen, sie
+gastlich zu bewirthen, sich freundlich mit ihnen zu unterhalten und sie
+womglich zum Anschlu an die Kirche zu bewegen, sich aber, wenn ihnen
+dies nicht gelnge, in ihrem Wirken fr die segensreiche Sache der
+Reformation herzlich und liebreich zu verbinden.[137]
+
+Viele fromme Leute dachten in spteren Jahren mit schmerzlicher
+Sehnsucht an jene Zeit zurck. Sie schilderten dieselbe als den
+flchtigen Schimmer eines goldenen Zeitalters zwischen zwei eisernen
+Zeitaltern. Waren solche Klagen auch natrlich, so waren sie doch nicht
+begrndet. Die Coalition von 1688 war und konnte nur das Erzeugni einer
+an Wahnsinn grenzenden Tyrannei und einer alle groen Institutionen des
+Landes gleichzeitig bedrohenden Gefahr sein. Da eine solche Coalition
+seitdem nicht wieder vorgekommen, hat seinen Grund darin, weil noch nie
+wieder so schlecht und verkehrt regiert worden ist. Man darf nicht
+vergessen, da, wenn auch Eintracht an sich besser ist als Zwietracht,
+doch Zwietracht das Zeichen besserer Zustnde sein kann als Eintracht
+sie andeutet. Unglck und Gefahr zwingen die Menschen oft, sich zu
+verbinden. Glck und Sicherheit bestimmen sie oft, sich zu trennen.
+
+ [Anmerkung 136: Der +Fur Praedestinatus+.]
+
+ [Anmerkung 137: Dieser Hirtenbrief findet sich in der ersten der
+ zwlf Sammlungen von Urkunden ber die englischen Angelegenheiten,
+ die zu Ende des Jahres 1688 und zu Anfang des Jahres 1689 gedruckt
+ wurden. Er wurde am 26. Juli, nicht ganz einen Monat nach dem
+ Prozesse erlassen. Um die nmliche Zeit uerte Lloyd von St.
+ Asaph gegen Heinrich Wharton, da die Bischfe ein ganz neues
+ Verfahren gegen die protestantischen Dissenters einzuschlagen
+ gedchten: +Omni modo curaturos, ut ecclesia sordibus et
+ corruptelis penitus exueretur; ut sectariis reformatis reditus in
+ ecclesiae sinum exoptati occasio ac ratio concederetur, si qui
+ sobrii et pii essent; ut pertinacibus interim jugum levaretur,
+ extinctis penitus legibus mulctatoriis. -- Excerpta ex Vita H.
+ Wharton.+]
+
+
+
+
+ Druck von Philipp Reclam jun. in Leipzig.
+
+
+ * * * * *
+ * * * *
+ * * * * *
+
+
+Druckfehler und Unregelmssigkeiten
+
+Rechtschreibungsformen wie funfzig : fnfzig, Urtel : Urtheil
+und Partein : Parteien sind ungendert. Die Namen Russel und
+Russell sind ebenso ungendert (auch wenn es um die selbe Person
+handelt). Einige doppelte Punkte wie
+
+ [_Sir Patrick Hume und Sir Johann Cochrane._].
+
+sind leise korrigiert.
+
+VII. Kapitel
+
+ [Inhalt]
+ Wycherley, Tindal, Haines [Tintal]
+ Compton. -- Herbert. -- Churchill [Compten]
+ [Anm. VII.1] ... Van Kampen's ... Sir Jakob Mackintosh
+ [Van Kamper's, Makintosh]
+ Zeugen seiner Schmerzensausbrche [Schmerzensausbbrche]
+ [Anm. VII.5] ... j'ay en soin que M. Woodstoc
+ [_ungendert: Namen ist Woodstock_]
+ [Anm. VII.57] +Burnet I. 726--731+ [I.,]
+ [Anm. VII.63] ... jusqu' l'actuel payement. [j'usqu']
+ Namens Johnstone [Johnestone]
+ die berreste des Ignatius Loyola [Loyla]
+
+VIII. Kapitel
+
+ Heinrich's VI. und Heinrich's VIII. gebildet waren [Heinrichs VIII.]
+ Sie ... sind ... aus der Schrift heimschicken: Gehet hin ...
+ widerfahre.
+ [_anfhrungsszeichen ungendert_]
+ vierzig Fellow's [_' im Original_]
+ Von Whitehall war keine Antwort gekommen. [Withehall]
+ von Windsor nach Portsmouth [Portsmuth]
+ [Anm. VIII.34] ... Note zu Burnet I. 755 [I, 755]
+ [Anm. VIII.41] ... +Burnet I. 264+ [I, 264]
+ [Anm. VIII.45] ... 2.(12.) Dec. [2.(12. Dec.).]
+ [Anm. VIII.127] ... +Tanner MS.+ [Ms.]
+ durch Wilkes' Verfolgung [Wilke's]
+
+
+
+
+
+
+
+End of the Project Gutenberg EBook of Geschichte von England seit der
+Thronbesteigung Jakob's des Zweiten., by Thomas Babington Macaulay
+
+*** END OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK GESCHICHTE VON ENGLAND--VIERTER BAND ***
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+Volunteers and financial support to provide volunteers with the
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+<pre>
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+The Project Gutenberg EBook of Geschichte von England seit der
+Thronbesteigung Jakob's des Zwe, by Thomas Babington Macaulay
+
+This eBook is for the use of anyone anywhere at no cost and with
+almost no restrictions whatsoever. You may copy it, give it away or
+re-use it under the terms of the Project Gutenberg License included
+with this eBook or online at www.gutenberg.org
+
+
+Title: Geschichte von England seit der Thronbesteigung Jakob's des Zweiten.
+ Vierter Band
+
+Author: Thomas Babington Macaulay
+
+Translator: Wilhelm Hartwig Beseler
+
+Release Date: October 25, 2009 [EBook #30331]
+
+Language: German
+
+Character set encoding: UTF-8
+
+*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK GESCHICHTE VON ENGLAND--VIERTER BAND ***
+
+
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+
+Produced by Louise Hope, Delphine Lettau, richyfourtytwo
+and the Online Distributed Proofreading Team at
+https://www.pgdp.net
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+<p><a name = "start" id = "start">Dieser Text</a> benutzt die
+UTF-8-Kodierung (Unicode). Wenn die Apostrophe, Anführungs&shy;zeichen
+und die Umlaute in diesem Absatz als seltsame Zeichen dargestellt
+werden, könnte es auch an Ihrem inkompa&shy;tiblen Browser oder an
+fehlenden Fonts (Zeichen&shy;sätzen) liegen. Stellen Sie zunächst
+sicher, dass der „Zeichensatz“ oder „Datei-Kodierung“ auf Unicode
+(UTF-8) eingestellt ist. Eventuell ist es auch nötig, die
+Standard&shy;schrift Ihres Browser zu ändern.</p>
+
+<p>Einige Druckfehler sind korrigiert und mit <ins class = "correction"
+title = "wie so">popups</ins> notiert. Recht&shy;schreibungs&shy;formen
+wie »funfzig« : »fünfzig«, »Urtel« : »Urtheil« und »Partein« :
+»Parteien« sind ungeändert. Die Namen »Russel« und »Russell« sind ebenso
+ungeändert (auch wenn es um die selbe Person handelt).</p>
+
+<p class = "hanging"><a href = "#kap_VII">7. Kapitel</a><br>
+<a href = "#inhalt_VII">Inhalt</a></p>
+
+<p class = "hanging"><a href = "#kap_VII">8. Kapitel</a><br>
+<a href = "#inhalt_VIII">Inhalt</a></p>
+
+
+</div>
+
+<div class = "titlepage">
+
+<h2>Thomas Babington Macaulay’s</h2>
+
+<h1>Geschichte von England</h1>
+
+
+<h6><em>seit der</em></h6>
+
+<p>&nbsp;</p>
+
+<h4>Thronbesteigung Jakob’s des Zweiten.</h4>
+
+<p>&nbsp;</p>
+
+<hr class = "tiny">
+
+<p>&nbsp;</p>
+
+<h6><em>Aus dem Englischen.</em></h6>
+
+<p>&nbsp;</p>
+
+<hr class = "border">
+
+<h5 class = "sans">Vollständige und wohlfeilste Stereotyp-Ausgabe.</h5>
+
+<hr class = "border">
+
+<p>&nbsp;</p>
+
+<h5>Vierter Band</h5>
+
+<p>&nbsp;</p>
+
+<p class = "illustration">
+<img src = "images/floral.png" width = "178" height = "9"
+alt = "----"></p>
+
+<h5>Leipzig, 1854.</h5>
+
+<h6 class = "extended">G. H. Friedlein.</h6>
+
+</div>
+
+
+<a name = "kap_VII" id = "kap_VII">&nbsp;</a>
+<div class = "chapterhead">
+
+<span class = "pagenum">VII.1</span>
+<a name = "pageVII_1" id = "pageVII_1"> </a>
+
+<h5><b>Siebentes Kapitel.</b></h5>
+
+<h4><span class = "extended">Jakob</span> <b>II.</b></h4>
+
+<hr class = "tiny">
+
+</div>
+
+<a name = "pageVII_2" id = "pageVII_2"> </a>
+
+<span class = "pagenum">VII.3</span>
+<a name = "pageVII_3" id = "pageVII_3"> </a>
+
+<h4><a name = "inhalt_VII" id = "inhalt_VII">
+<b><span class = "extended">Inhalt</span>.</b></a></h4>
+
+<hr class = "micro">
+
+<table class = "toc" summary = "inhaltsverzeichniss">
+<tr>
+<td></td>
+<td class = "seite">Seite</td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVII_1">Wilhelm, Prinz von Oranien</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_5">5</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVII_2">Sein Äußeres</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_5">5</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVII_3">Sein früheres Leben und seine
+Erziehung</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_5">5</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVII_4">Seine religiösen Ansichten</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_7">7</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVII_5">Seine militairischen Talente</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_8">8</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVII_6">Sein Vergnügen an Gefahren; seine schlechte
+Gesundheit</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_10">10</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVII_7">Kälte seines Benehmens und Heftigkeit
+seiner Gemüthsregungen</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_10">10</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVII_8">Seine Freundschaft für Bentinck</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_10">10</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVII_9">Marie, Prinzessin von Oranien</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_12">12</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVII_10">Gilbert Burnet</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_14">14</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVII_11">Er vermittelt eine innigere Annäherung
+zwischen dem Prinzen und der Prinzessin</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_17">17</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVII_12">Beziehungen Wilhelm’s zu den englischen
+Parteien</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_18">18</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVII_13">Seine Gesinnungen gegen England</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_18">18</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVII_14">Seine Gesinnungen gegen Holland und
+Frankreich</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_19">19</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVII_15">Seine Politik durchaus consequent</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_22">22</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVII_16">Vertrag von Augsburg</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_24">24</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVII_17">Wilhelm wird das Oberhaupt der englischen
+Opposition</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_25">25</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVII_18">Mordaunt schlägt Wilhelm eine Landung in
+England vor</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_26">26</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVII_19">Wilhelm verwirft den Rath</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_26">26</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVII_20">Unzufriedenheit in England nach dem Sturze
+der Hyde</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_27">27</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVII_21">Bekehrungen zum Papismus; Peterborough,
+Salisbury</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_27">27</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVII_22">Wycherley, <ins class = "correction" title
+= "Original hat »Tintal«">Tindal</ins>, Haines</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_28">28</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVII_23">Dryden</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_29">29</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVII_24"><span class = "antiqua">„The Hind and
+Panther.“</span></a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_30">30</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVII_25">Änderung in dem Verfahren des Hofes gegen
+die Puritaner</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_32">32</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVII_26">In Schottland theilweise Duldung
+gewährt</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_35">35</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVII_27">Persönliche Bearbeitung Einzelner im
+königlichen Kabinet</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_36">36</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVII_28">Erfolglosigkeit der persönlichen
+Bearbeitung</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_37">37</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVII_29">Admiral Herbert</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_37">37</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVII_30">Die Indulgenzerklärung</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_37">37</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVII_31">Stimmung der protestantischen
+Dissenters</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_39">39</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVII_32">Stimmung der anglikanischen Kirche</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_40">40</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVII_33">Der Hof und die Kirche</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_40">40</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVII_34">„Brief an einen Dissenter.“</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_42">42</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVII_35">Benehmen der Dissenters</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_43">43</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVII_36">Einige von ihnen halten es mit dem Hofe.
+Care, Alsop, Rosewell</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_45">45</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVII_37">Lobb</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_46">46</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td>
+<span class = "pagenum">VII.4</span>
+<a name = "pageVII_4" id = "pageVII_4"> </a>
+<a href = "#secVII_38">Penn</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_46">46</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVII_39">Die Mehrzahl der Puritaner ist gegen den
+Hof. Baxter</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_46">46</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVII_40">Howe</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_47">47</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVII_41">Bunyan</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_47">47</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVII_42">Kiffin</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_49">49</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVII_43">Der Prinz und die Prinzessin von Oranien
+gegen die Indulgenzerklärung</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_52">52</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVII_44">Vertheidigung ihrer Ansichten bezüglich
+der englischen Katholiken</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_53">53</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVII_45">Jakob’s Feindschaft gegen Burnet</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_57">57</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVII_46">Sendung Dykvelt’s nach England</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_59">59</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVII_47">Unterhandlungen Dykvelt’s mit englischen
+Staatsmännern</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_59">59</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVII_48">Danby</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_60">60</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVII_49">Nottingham</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_60">60</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVII_50">Halifax</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_61">61</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVII_51">Devonshire</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_62">62</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVII_52">Eduard Russel</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_64">64</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVII_53"><ins class = "correction" title =
+"Original hat »Compten«">Compton</ins>. -- Herbert. &mdash;
+Churchill</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_65">65</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVII_54">Lady Churchill und die Prinzessin
+Anna</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_66">66</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVII_55">Dykvelt kehrt mit Briefen von vielen
+angesehenen Engländern nach dem Haag zurück</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_68">68</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVII_56">Zulestein’s Sendung</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_69">69</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVII_57">Zunehmende Feindschaft zwischen Jakob und
+Wilhelm</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_70">70</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVII_58">Einfluß der holländischen Presse</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_71">71</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVII_59">Stewart’s und Fagel’s Correspondenz</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_71">71</a></td>
+</tr>
+<tr class = "bottomline">
+<td><a href = "#secVII_60">Castelmaine’s Gesandtschaft in Rom</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVII_72">72</a></td>
+</tr>
+<tr class = "toppad">
+<td><a href = "#kap_VIII">[<i>8. Kapitel</i>]</a></td>
+<td></td>
+</tr>
+</table>
+
+
+<span class = "pagenum">VII.5</span>
+<a name = "pageVII_5" id = "pageVII_5"> </a>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Wilhelm, Prinz von Oranien.</span>
+<a name = "secVII_1" id = "secVII_1">Wilhelm</a> Heinrich, Prinz von
+Oranien-Nassau, nimmt in der Geschichte Englands und der gesammten
+Menschheit eine so bedeutende Stelle ein, daß es wünschenswerth
+erscheint, die markirten Züge seines Characters mit einiger
+Ausführlichkeit zu zeichnen.<a class = "tag" name = "tagVII_1" id =
+"tagVII_1" href = "#noteVII_1">1</a></p>
+
+<p class = "footnote">
+<a name = "noteVII_1" id = "noteVII_1" href = "#tagVII_1">1.</a>
+Die Hauptquellen, aus denen ich meine Schilderung des Prinzen von
+Oranien geschöpft habe, sind Burnet’s Geschichte, Temple’s und
+Gourville’s Memoiren, die Unterhandlungen der Grafen Estrades und Avaux,
+Sir Georg Downing’s Briefe an den Lordkanzler Clarendon, Wagenaar’s
+umfangreiches Geschichtswerk, <ins class = "correction" title =
+"Original hat »Van Kamper’s«">Van Kampen’s</ins> <span class =
+"antiqua">Karakterkunde Vaderlandsche Geschiedenis</span>, und vor Allem
+Wilhelm’s eigene vertrauliche Correspondenz, von welcher der Herzog von
+Portland Sir Jakob <ins class = "correction" title = "Original hat »Makintosh«">Mackintosh</ins> eine Abschrift zu nehmen erlaubte.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Sein Äußeres.</span>
+<a name = "secVII_2" id = "secVII_2">Er</a> stand jetzt in seinem
+siebenunddreißigsten Lebensjahre, war aber körperlich und geistig älter
+als andere Leute in diesen Jahren. Man könnte fast sagen, er sei niemals
+jung gewesen. Sein Äußeres ist uns fast eben so gut bekannt, als seinen
+eigenen Heerführern und Räthen. Bildhauer, Maler und Münzschneider haben
+ihre ganze Geschicklichkeit aufgeboten, um seine Züge der Nachwelt zu
+überliefern, und diese waren von der Art, daß kein Künstler sie
+verfehlen und daß, wer sie einmal gesehen, sie nie vergessen konnte.
+Sein Name erinnert uns sogleich an eine schmächtige und zarte Gestalt,
+an eine hohe und breite Stirn, an eine wie der Schnabel eines Adlers
+gebogene Nase, an ein Paar Augen, die an Glanz und Schärfe mit denen des
+Adler wetteiferten, an eine gedankenvolle, etwas finstre Miene, einen
+festen und etwas mürrischen Mund, an eine bleiche, eingefallene und
+durch Krankheit und Sorgen tief gefurchte Wange. Dieses gedankenvolle,
+ernste und feierliche Aussehen konnte kaum einem glücklichen und
+lebensfrohen Manne angehört haben; aber es verräth in unverkennbarer
+Weise die Befähigung zu den schwierigsten Unternehmungen und einen durch
+kein Mißgeschick und durch keine Gefahren zu erschütternden Muth.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Sein früheres Leben und seine Erziehung.</span>
+<a name = "secVII_3" id = "secVII_3">Die</a> Natur hatte Wilhelm mit
+allen Eigenschaften eines großen Herrschers reich ausgestattet und die
+Erziehung hatte diese Eigenschaften in nicht gewöhnlichem Grade
+entwickelt. Mit einem scharfen natürlichen Verstande und einer seltenen
+Willenskraft sah er sich, als sein Geist zu erwachen begann, als vater-
+und mutterlose Waise, als das Oberhaupt einer großen, aber unterdrückten
+und entmuthigten Partei und als den Erben ausgedehnter aber unbestimmter
+Ansprüche, welche die Furcht und die Abneigung der damals in den
+Niederlanden herrschenden Oligarchie erregten. Das gemeine Volk,
+<span class = "pagenum">VII.6</span>
+<a name = "pageVII_6" id = "pageVII_6"> </a>
+das seit einem Jahrhundert seinem Hause treu ergeben war, bewies so oft
+es ihn sah, auf nicht zu verkennende Weise, daß es ihn als sein
+rechtmäßiges Oberhaupt betrachtete. Die geschickten und erfahrenen
+Minister der Republik, die seinen Namen tödtlich haßten, brachten ihm
+täglich ihre erzwungene Huldigung dar und beobachteten dabei die
+Fortschritte seines Geistes. Die ersten Regungen seines Ehrgeizes wurden
+sorgfältig bewacht, jedes unüberlegte Wort, das ihm entschlüpfte, wurde
+niedergeschrieben, und er besaß nicht einen einzigen Rathgeber, auf
+dessen Ausspruch Vertrauen gesetzt werden konnte. Er war kaum funfzehn
+Jahre alt, so wurden alle Diener, die seinem Interesse ergeben waren und
+die sein Vertrauen genossen, von der mißtrauischen Regierung aus seinem
+Hause entfernt. Er sträubte sich dagegen mit einer weit über seine Jahre
+hinausgehenden Energie, aber vergebens. Aufmerksame Beobachter sahen
+mehr als einmal Thränen in den Augen des jungen Staatsgefangenen. Seine
+von Haus aus zarte Gesundheit war eine Zeit lang durch die
+Gemüthsbewegungen, die seine traurige und vereinsamte Stellung erzeugte,
+ernstlich erschüttert. Eine solche Lage macht den Schwachen muthlos und
+bestürzt, dem Starken giebt sie eine verdoppelte Kraft. Von Schlingen
+umgeben, in denen ein gewöhnlicher Jüngling umgekommen sein würde,
+lernte Wilhelm vorsichtig und zu gleicher Zeit energisch auftreten.
+Schon lange bevor er das Mannesalter erreicht, verstand er es,
+Geheimnisse zu bewahren, die Neugierde durch trockene und wohlüberlegte
+Antworten abzutrumpfen und alle Leidenschaften unter dem nämlichen
+Scheine ernster Ruhe zu verbergen. In der feinen Weltbildung und in
+literarischen Kenntnissen machte er dagegen nur geringe Fortschritte.
+Dem Benehmen des holländischen Adels jener Zeit fehlte die
+liebenswürdige Anmuth, welche bei den gebildeten Franzosen in höchster
+Vollkommenheit zu finden war und in geringerem Grade auch den englischen
+Hof zierte; seine Manieren waren durchaus holländisch. Selbst seine
+eigenen Landsleute nannten ihn plump, und Ausländern erschien er oft
+noch mehr als dies. In seinem Verkehr mit der Welt im Allgemeinen schien
+er jene Fertigkeiten, welche den Werth einer Gunstbezeugung erhöhen und
+einer Verweigerung die Spitze abbrechen, nicht zu kennen oder sie zu
+verschmähen. Die Literatur und die Wissenschaften interessirten ihn
+wenig; er wußte nichts von den Entdeckungen eines Newton und Leibnitz,
+von den Poesien eines Dryden und Boileau; dramatische Darstellungen
+langweilten ihn und er war froh, wenn er den Blick von der Bühne
+abwenden und von öffentlichen Angelegenheiten sprechen konnte, während
+Orestes raste oder Tartüffe der Elmira die Hand drückte. Er besaß zwar
+einiges Talent zu Sarkasmen und entfaltete nicht selten ganz unbewußt
+eine sonderbar klingende, aber kräftige und originelle natürliche
+Redekunst, aber nach den Titel eines Schöngeistes oder eines Redners
+strebte er nicht. Seine ganze Aufmerksamkeit war auf diejenigen Studien
+gerichtet gewesen, welche einen tüchtigen und umsichtigen Geschäftsmann
+bilden. Von Kindheit an hörte er mit Interesse zu, wenn wichtige Fragen
+über Bündnisse, Finanzen und Krieg besprochen wurden. Von der Geometrie
+lernte er soviel als zum Bau einer Schanze oder eines Hornwerks nöthig
+war. Von fremden Sprachen lernte er mit Hülfe seines ausgezeichneten
+Gedächtnisses soviel als er bedurfte, um Alles, was mit ihm gesprochen
+wurde, und jeden Brief, den er empfing, verstehen und beantworten zu
+können. Das Holländische war seine Umgangssprache. Er verstand
+Lateinisch, Italienisch
+<span class = "pagenum">VII.7</span>
+<a name = "pageVII_7" id = "pageVII_7"> </a>
+und Spanisch, sprach und schrieb Französisch, Englisch und Deutsch, zwar
+nicht elegant und grammatisch richtig, aber fließend und verständlich.
+Keine Fähigkeit konnte wichtiger sein für einen Mann, der dazu bestimmt
+war, große Bündnisse zu organisiren und Armeen zu commandiren, die aus
+verschiedenen Nationalitäten zusammengesetzt waren.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Seine religiösen Ansichten.</span>
+<a name = "secVII_4" id = "secVII_4">Eine</a> Klasse von philosophischen
+Fragen war durch die Umstände seiner Aufmerksamkeit dringend empfohlen
+worden und scheint ihn mehr interessirt zu haben, als man es von seinem
+allgemeinen Character hätte erwarten sollen. Die Protestanten der
+Vereinigten Provinzen bestanden wie die unsrer Insel aus zwei großen
+religiösen Partein, welche zwei großen politischen Parteien fast genau
+entsprachen. Die Oberhäupter der städtischen Oligarchie waren Arminianer
+und wurden im Allgemeinen von der Menge als nicht viel besser denn
+Papisten betrachtet. Die Prinzen von Oranien waren gewöhnlich die
+Schutzpatrone der calvinistischen Theologie gewesen und verdankten
+keinen geringen Theil ihrer Popularität ihrem Eifer für die Lehren von
+der Gnadenwahl und dem endlichen Beharren, einem Eifer, der nicht immer
+durch Kenntnisse erleuchtet oder durch Humanität gemäßigt war. Wilhelm
+war von Kindheit auf in dem theologischen System, dem seine Familie
+anhing, sorgfältig unterrichtet worden, und betrachtete dieses System
+mit größerer Vorliebe, als man in der Regel für seinen ererbten Glauben
+hegt. Er hatte über die großen Probleme, welche auf der Synode von
+Dortrecht erörtert worden waren, nachgedacht und in der strengen,
+unbeugsamen Logik der genfer Schule etwas gefunden, was seinem Verstande
+und seinem Gemüth zusagte. Das Beispiel von Unduldsamkeit, das einige
+seiner Vorgänger gegeben, ahmte er jedoch niemals nach; er empfand gegen
+alle Verfolgung eine entschiedene Abneigung, die er nicht allein da
+aussprach, wo ein solches Eingeständniß offenbar staatsklug war, sondern
+auch in Fällen, wo es den Anschein hatte, daß sein Interesse durch
+Verstellung oder Stillschweigen hätte gefördert werden können.
+Gleichwohl waren seine theologischen Ansichten noch entschiedener als
+die seiner Vorgänger. Die Lehre von der Prädestination war der
+Grundstein seiner Religion. Er erklärte oft, daß wenn er diese Lehre
+aufgeben müßte, er zugleich mit derselben allen Glauben an eine waltende
+Vorsehung aufgeben und ein reiner Epikuräer werden müßte. Diesen
+einzigen Punkt ausgenommen, wurde die ganze Fülle seines kräftigen
+Geistes frühzeitig von dem Theoretischen ab und auf das Praktische
+gelenkt. Die Fähigkeiten, deren es zur Leitung wichtiger Geschäfte
+bedarf, gediehen bei ihm schon in einem Alter zur Reife, wo sie sich bei
+gewöhnlichen Menschen kaum erst zu entfalten begonnen haben. Seit
+Octavius hatte die Welt kein solches Beispiel frühzeitiger
+staatsmännischer Befähigung gesehen. Erfahrene Diplomaten erstaunten
+über die treffenden Bemerkungen, die der siebzehnjährige Prinz über
+öffentliche Angelegenheiten machte, und mit noch weit größerem Erstaunen
+sahen sie diesen Knaben in Lagen, wo man hätte erwarten sollen, daß er
+starke Leidenschaften verrathen werde, eine eben so unerschütterliche
+Ruhe bewahren, wie sie selbst. Mit achtzehn Jahren saß er bereits unter
+den Vätern der Republik, ernst, besonnen und einsichtsvoll wie der
+Älteste unter ihnen. Mit zweiundzwanzig Jahren ward er an einem Tage der
+Trauer und des Schreckens an die Spitze der Verwaltung gestellt. Mit
+dreiundzwanzig Jahren war er durch ganz Europa als Feldherr und
+Staatsmann berühmt. Er hatte innere Factionen niedergeworfen,
+<span class = "pagenum">VII.8</span>
+<a name = "pageVII_8" id = "pageVII_8"> </a>
+war die Seele einer mächtigen Coalition und hatte im Felde gegen einige
+von den größten Generälen seiner Zeit mit Ehren gefochten.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Seine militairischen Talente.</span>
+<a name = "secVII_5" id = "secVII_5">Seine</a> persönlichen Neigungen
+waren mehr die eines Kriegers als die eines Staatsmannes, aber wie sein
+Urgroßvater, der schweigsame Prinz, der die batavische Republik
+gründete, nimmt er unter den Staatsmännern einen viel höheren Rang ein
+als unter den Feldherren. Der Verlauf der Schlachten ist allerdings kein
+untrüglicher Prüfstein für die Talente eines Befehlshabers, und es würde
+ganz besonders ungerecht sein, wollte man diesen Prüfstein bei Wilhelm
+anwenden, denn das Schicksal wollte, daß er fast stets Feldherren,
+welche vollendete Meister in ihrer Kunst, und Truppen gegenüberstand,
+welche in der Disciplin den seinigen weit überlegen waren. Indessen läßt
+sich mit gutem Grunde annehmen, daß er als General im offenen Felde
+Manchem, der in geistiger Beziehung tief unter ihm stand, keineswegs
+gleichkam. Mit Leuten, die sein Vertrauen besaßen, sprach er über diesen
+Gegenstand mit der edlen Offenheit eines Mannes, der Großes vollbracht
+hat und der recht wohl auch einige Mängel eingestehen kann. Er sagte, er
+habe keine Lehrzeit für den militairischen Beruf bestanden; er sei schon
+als Knabe an die Spitze einer Armee gestellt worden, unter seinen
+Offizieren habe sich keiner befunden, der fähig gewesen wäre, ihn zu
+unterweisen; nur aus seinen eigenen Fehlern und deren Folgen habe er
+etwas lernen können. „Ich würde einen guten Theil meines Vermögens darum
+geben,“ rief er einmal aus, „wenn ich einige Feldzüge unter dem Prinzen
+von Condé mitgemacht hätte, ehe ich gegen ihn commandiren mußte.“ Es ist
+nicht unwahrscheinlich, daß der Umstand, welcher Wilhelm verhinderte,
+eine ausgezeichnete strategische Bildung zu erlangen, der allgemeinen
+Entwickelung seiner Geisteskräfte zu Gute gekommen ist. Bewiesen seine
+Schlachten auch nicht den großen Taktiker, so berechtigten sie ihn doch
+zu dem Titel eines großen Mannes. Kein Mißgeschick konnte ihn nur einen
+Augenblick seiner Festigkeit und des vollständigen Besitzes aller seiner
+Fähigkeiten berauben. Seine Niederlagen wurden mit einer so wunderbaren
+Schnelligkeit wieder gut gemacht, daß er, noch ehe seine Feinde das
+Tedeum gesungen hatten, schon wieder zum Kampfe gerüstet war; auch
+beeinträchtigten solche Schläge in keiner Weise die Achtung und das
+Vertrauen, dessen er sich von Seiten seiner Soldaten erfreute. Diese
+Achtung und dieses Vertrauen verdankte er in nicht geringem Maße seinem
+persönlichen Muthe. Den Grad von Muth, dessen der Soldat bedarf, um
+einen Feldzug ohne Schande zu bestehen, besitzen die meisten Menschen
+oder wenigstens können sie denselben in einer guten Schule erlangen. Ein
+Muth wie der des Prinzen Wilhelm aber ist in der That selten. Er wurde
+auf jede nur mögliche Weise geprüft, durch Krieg, durch Wunden, durch
+schmerzhafte und entnervende Krankheiten, durch Seestürme, durch die
+beständig drohende Gefahr, ermordet zu werden, eine Gefahr, die schon
+sehr starke Nerven erschüttert hat und durch welche selbst die eiserne
+Tapferkeit Cromwell’s einen harten Stoß erhielt. Aber Niemand konnte je
+etwas entdecken, was der Prinz von Oranien fürchtete. Seine Rathgeber
+konnten ihn nur mit Mühe dazu bringen, daß er einige Vorsichtsmaßregeln
+gegen die Pistolen und Dolche von Verschwörern ergriff.<a class = "tag"
+name = "tagVII_2" id = "tagVII_2" href = "#noteVII_2">2</a> Alte
+Seeleute erstaunten über die kaltblütige Ruhe, die er
+<span class = "pagenum">VII.9</span>
+<a name = "pageVII_9" id = "pageVII_9"> </a>
+inmitten tobender Brandungen an einer gefahrvollen Küste bewahrte. In
+der Schlacht zeichnete ihn seine Tapferkeit unter Zehntausenden tapferer
+Krieger aus, erweckte die hochherzige Anerkennung selbst der feindlichen
+Heere und wurde selbst von der Unbilligkeit feindlicher Factionen nie
+bestritten. Während seiner ersten Feldzüge setzte er sich der Gefahr
+aus, als ob er den Tod gesucht hätte, war beim Angriff stets der Erste,
+beim Rückzug der Letzte, kämpfte mit dem Schwerte in der Hand im
+dichtesten Gewühl, und mit einer Flintenkugel im Arm, den Harnisch von
+Blut überströmt, hielt er noch immer Stand und schwenkte im
+furchtbarsten Feuer seinen Hut. Seine Freunde beschworen ihn, er solle
+doch sein für das Vaterland unschätzbares Leben mehr schonen. Sein
+berühmtester Gegner, der große Condé, bemerkte nach der blutigen
+Schlacht von Seneff, der Prinz von Oranien habe sich in jeder Beziehung
+wie ein alter General benommen, nur in sofern nicht, als er sich wie ein
+junger Soldat ausgesetzt. Wilhelm leugnete, daß er sich der Tollkühnheit
+schuldig gemacht habe. Er stelle sich, meinte er, nur aus Pflichtgefühl
+und aus kalter Berechnung dessen, was das öffentliche Interesse
+erheische, immer auf den Posten der Gefahr. Die Truppen, die er
+befehlige, seien wenig an den Krieg gewöhnt und fürchteten ein
+Handgemenge mit den französischen Veteranen; es sei daher nöthig, daß
+ihr Anführer ihnen zeige, wie man Schlachten gewinnt. Und in der That
+wurde auch mehr als eine Schlacht, welche rettungslos verloren schien,
+noch durch die Kühnheit gewonnen, mit der er seine zersprengten
+Bataillone sammelte und eigenhändig die Memmen niederhieb, welche das
+Beispiel zur Flucht gaben. Zuweilen sah es jedoch ganz so aus, als ob er
+ein eignes Vergnügen daran finde, sein Leben zu gefährden. Es wurde
+bemerkt, daß er nie heiterer, freundlicher und liebenswürdiger war, als
+im blutigen Getümmel der Schlacht. Selbst bei seinen Zerstreuungen
+liebte er das Aufregende der Gefahr. Kartenspiele, Schach und Billard
+machten ihm kein Vergnügen; seine Lieblingserholung war die Jagd, und
+die gefährlichste war ihm die liebste. Er machte oft Sätze, daß seine
+kühnsten Begleiter nicht Lust hatten, ihm zu folgen. Selbst die
+verwegensten Sportvergnügungen Englands scheint er für weibisch gehalten
+zu haben, und im großen Parke von Windsor sehnte er sich nach dem Wilde,
+das er in den Forsten von Geldern zu jagen gewohnt war, nach Wölfen,
+Ebern und riesigen Sechzehnendern.<a class = "tag" name = "tagVII_3" id
+= "tagVII_3" href = "#noteVII_3">3</a></p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVII_2" id = "noteVII_2" href = "#tagVII_2">2.</a>
+Nach dem Frieden von Ryswick drangen die Freunde Wilhelm’s in ihn, mit
+dem französischen Gesandten ganz ernstlich über die Mordanschläge zu
+sprechen, welche die Jakobiten von St. Germain beständig schmiedeten.
+Die kaltblütige Hochherzigkeit, mit der er diese Warnungen vor Gefahr
+aufnahm, ist besonders characteristisch. Dem Grafen Bentinck, der von
+Paris sehr beunruhigende Nachrichten gemeldet hatte, antwortete er nur
+am Schlusse eines langen Geschäftsbriefes: <span class = "antiqua">„Pour
+les assasins je ne luy en ay pas voulu parler, croiant que c’etoit au
+desous de moy.</span>“ &mdash; 2.(12.) Mai 1698. Ich habe die
+Orthographie des Originals, wenn von einer solchen überhaupt die Rede
+sein kann, beibehalten.</p>
+
+<p><a name = "noteVII_3" id = "noteVII_3" href = "#tagVII_3">3.</a>
+Von Windsor schrieb er an Bentinck, damals Gesandten in Paris: <span
+class = "antiqua">„J’ay pris avant hier un cerf dans la forest avec les
+chains du Pr. de Denm. et ay fait un assez jolie chasse, autant, que ce
+vilain paiis le permest.“</span> &mdash; 20. März (1. April) 1698. Die
+Orthographie ist schlecht, aber nicht schlechter als die Napoleon’s. In
+besserer Stimmung schrieb Wilhelm von Loo aus: <span class =
+"antiqua">„Nous avons pris deux cerfs, le premier dans Dorewaert, qui
+est un des plus gros que je sache avoir jamais pris. Il porte
+seize.“</span> &mdash; 25. Oct. (4. Nov.) 1697.</p>
+</div>
+
+<span class = "pagenum">VII.10</span>
+<a name = "pageVII_10" id = "pageVII_10"> </a>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Sein Vergnügen an Gefahren; seine schlechte Gesundheit.</span>
+<a name = "secVII_6" id = "secVII_6">Seine</a> Tollkühnheit war um so
+merkwürdiger, da er von ungemein zarter Körperconstitution war. Er war
+von früher Jugend an schwächlich und kränklich gewesen, und im ersten
+Mannesalter waren seine Leiden durch einen heftigen Pockenanfall noch
+verschlimmert worden. Er war engbrüstig und schwindsüchtig. Sein
+schwächlicher Körper wurde durch einen beständigen heiseren Husten
+erschüttert. Er konnte nicht schlafen, wenn sein Kopf nicht durch
+mehrere Kissen unterstützt wurde, und nur in der reinsten Luft konnte er
+ohne Beschwerden athmen. Dabei quälten ihn oft heftige Kopfschmerzen.
+Körperliche Anstrengungen ermüdeten ihn sehr bald. Die Ärzte pflegten
+die Hoffnung seiner Feinde dadurch aufrecht zu erhalten, daß sie einen
+Termin festsetzten, über den hinaus, wenn sich überhaupt irgend etwas in
+der Wissenschaft mit Sicherheit bestimmen lasse, sein zerrütteter
+Organismus unmöglich ausdauern könnte. Dennoch verließ seinen Geist
+während seines ganzen Lebens, das nur eine lange Krankheit war, bei
+keiner wichtigen Gelegenheit die nöthige Kraft, um seinen leidenden und
+siechen Körper aufrecht zu erhalten.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Kälte seines Benehmens und Heftigkeit seiner Gemüthsregungen.</span>
+<a name = "secVII_7" id = "secVII_7">Er</a> war mit heftigen
+Leidenschaften und mit leichter Reizbarkeit geboren; aber die Welt hatte
+keine Ahnung von der Stärke seiner Gemüthsaffecte. Vor den Blicken der
+Menge verbarg er seine Freude und seinen Kummer, seine Zuneigung und
+seinen Groll unter einer phlegmatischen Ruhe, die ihm den Ruf des
+kaltblütigsten und gleichgültigsten Menschen verschaffte. Wer ihm eine
+gute Nachricht brachte, konnte selten ein Zeichen von Freude entdecken;
+wer ihn nach einer Niederlage sah, spähte umsonst nach einer Spur von
+Unmuth. Er lobte und tadelte, belohnte und bestrafte mit der kalten
+Gelassenheit eines Mohawkhäuptlings; aber wer ihn genauer kannte und ihn
+näher betrachtete, der bemerkte wohl, daß unter dieser Eisrinde
+beständig ein ungestümes Feuer brannte. Nur selten raubte der Zorn ihm
+seine Selbstbeherrschung; wenn er aber einmal in Wuth gerieth, so war
+der erste Ausbruch seiner Leidenschaft furchtbar. Es war dann in der
+That nicht rathsam, ihm zu nahe zu kommen. In diesen seltenen Fällen
+jedoch gab er, sobald er seine Selbstbeherrschung wieder erlangt hatte,
+Denen, die er beleidigt, so vollständige Genugthuung, daß sie sich fast
+zu dem Wunsche versucht fühlten, er möchte aufs neue in Wuth gerathen.
+Seine Liebe war nicht minder stürmisch als sein Zorn. Wo er einmal
+liebte, da liebte er mit der ganzen Kraft seiner starken Seele. Wenn der
+Tod ihn von einem geliebten Wesen trennte, fürchteten die wenigen Zeugen
+seiner <ins class = "correction" title = "Original hat »Schmerzensausbbrüche«">Schmerzensausbrüche</ins> für seinen Verstand
+und für sein Leben. Einem sehr kleinen Kreise intimer Freunde gegenüber,
+auf deren Treue und Verschwiegenheit er sich unbedingt verlassen konnte,
+war er ein ganz andrer Mensch als der verschlossene und stoische
+Wilhelm, dem die Menge jedes menschliche Gefühl absprach. In ihrer
+Gesellschaft war er freundlich, gemüthlich, offenherzig, selbst gesellig
+und witzig, konnte Stunden lang bei Tische sitzen und vollen Antheil an
+einer heiteren Unterhaltung nehmen.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Seine Freundschaft für Bentinck.</span>
+<a name = "secVII_8" id = "secVII_8">Am</a> höchsten in seiner Gunst
+stand ein Kavalier seines Hofstaates, Namens Bentinck, der aus einem
+edlen batavischen Geschlecht stammte und der Gründer eines der großen
+patrizischen Häuser Englands werden sollte. Bentinck’s Treue hatte sich
+in nicht gewöhnlicher Weise erprobt. Zu der Zeit, als die Vereinigten
+<span class = "pagenum">VII.11</span>
+<a name = "pageVII_11" id = "pageVII_11"> </a>
+Provinzen gegen die Macht Frankreichs um ihre Existenz kämpften, wurde
+der junge Prinz, auf dem alle ihr Hoffnungen ruhten, von den Pocken
+befallen. Diese Krankheit hatte bei mehreren Mitgliedern seiner Familie
+einen tödtlichen Ausgang genommen und zeigte auch bei ihm anfangs einen
+sehr bösartigen Character. Die Bestürzung des Volks war groß. Von früh
+bis Abends waren die Straßen im Haag mit Leuten angefüllt, die sich
+ängstlich nach dem Befinden Seiner Hoheit erkundigten. Endlich nahm das
+Übel eine günstige Wendung. Seine Genesung wurde zum Theil seinem eignen
+Gleichmuth, zum Theil der unerschrockenen und unermüdlichen Freundschaft
+Bentinck’s zugeschrieben. Nur aus seinen Händen nahm Wilhelm Speisen und
+Arzneien an; er allein hob ihn aus dem Bette und legte ihn wieder
+hinein. „Ich weiß nicht, ob Bentinck während meiner Krankheit geschlafen
+hat oder nicht,“ sagte Wilhelm mit inniger Rührung zu Temple; „soviel
+aber weiß ich, daß ich in den sechzehn Tagen und Nächten nicht ein
+einziges Mal etwas verlangte, ohne daß Bentinck augenblicklich an meiner
+Seite gewesen wäre.“ Bevor der treue Diener seine Aufgabe ganz vollendet
+hatte, wurde er selbst angesteckt. Trotzdem überwand er noch immer
+Müdigkeit und Fieberschauer, bis sein Gebieter als Reconvalescent
+erklärt wurde. Jetzt endlich bat er um Erlaubniß, nach Hause gehen zu
+dürfen. Es war die höchste Zeit, denn seine Füße wollten ihn nicht mehr
+tragen. Er kam in die größte Gefahr, genas aber und eilte, sobald er das
+Bett verlassen konnte, zur Armee, wo er in vielen heißen Feldzügen immer
+dicht an Wilhelm’s Seite gefunden ward, wie er es in einer Gefahr andrer
+Art gewesen.</p>
+
+<p>Dies war der Ursprung einer so innigen und reinen Freundschaft wie
+irgend eine, von der uns die alte oder neue Geschichte erzählt. Die
+Nachkommen Bentinck’s bewahren noch heute viele Briefe auf, die Wilhelm
+an ihren Ahnherrn geschrieben, und es ist nicht zuviel gesagt, wenn man
+behauptet, daß wer diese Briefe nicht gelesen hat, sich keinen richtigen
+Begriff von dem Character des Prinzen bilden kann. Der Mann, den selbst
+seine Verehrer in der Regel für den zurückhaltendsten und frostigsten
+Menschen hielten, vergißt hier jeden Rangunterschied und schüttet alle
+seine Gedanken mit der Offenherzigkeit eines Schulknaben aus. Ohne
+Rückhalt theilt er Geheimnisse von der höchsten Wichtigkeit mit und legt
+mit der größten Einfachheit umfassende Pläne vor, welche alle
+Regierungen Europa’s berührten. Mit seinen Mittheilungen über solche
+Dinge verbindet er Mittheilungen von ganz andrer, aber vielleicht nicht
+weniger interessanter Art. Alle seine Abenteuer, alle seine persönlichen
+Ansichten, seine langen Jagdritte nach gewaltigen Hirschen, seine Gelage
+am St. Hubertustage, das Gedeihen seiner Anpflanzungen, das Mißrathen
+seiner Melonen, der Zustand seines Gestüts, der Wunsch, einen frommen
+Zelter für seine Gemahlin zu erlangen, sein Verdruß, als er erfährt, daß
+einer seiner Kavaliere, nachdem er ein Mädchen aus guter Familie
+unglücklich gemacht, sich weigert, sie zu heirathen, seine Anfälle von
+Seekrankheit, sein Husten, seine Kopfschmerzen, seine andächtigen
+Stimmungen, seine Dankbarkeit für den göttlichen Schutz nach Errettung
+aus einer großen Gefahr, seine Anstrengungen, sich nach einem
+Unglücksfalle dem göttlichen Willen zu unterwerfen, dies Alles ist darin
+mit einer liebenswürdigen Redseligkeit geschildert, die man von dem
+verschwiegensten und ernstesten Staatsmanne jener Zeit kaum erwarten
+sollte. Noch auffallender sind die sorglosen Ergüsse seiner Zärtlichkeit
+und die brüderliche Theilnahme,
+<span class = "pagenum">VII.12</span>
+<a name = "pageVII_12" id = "pageVII_12"> </a>
+die er an seines Freundes häuslichem Glücke nimmt. Als Bentinck ein Erbe
+geboren wurde, sagte Wilhelm: „Ich hoffe, er wird ein so braver Mann
+werden als Sie einer sind, und sollte ich einen Sohn bekommen, so werden
+unsere Kinder einander hoffentlich ebenso lieben, wie wir uns geliebt
+haben.“<a class = "tag" name = "tagVII_4" id = "tagVII_4" href =
+"#noteVII_4">4</a> Während seines ganzen Lebens blickte er mit
+väterlicher Liebe auf die kleinen Bentincks. Er ruft sie bei den
+zärtlichsten Diminutiven, er sorgt für sie in ihres Vaters Abwesenheit,
+und so schwer es ihm wird, ihnen ein Vergnügen zu versagen, so will er
+sie doch nicht an einer Jagdpartie teilnehmen lassen, wo ihnen die
+Gefahr droht, von einem Hirsche gestoßen zu werden, noch ihnen erlauben,
+bei einem Abendschmause bis spät in die Nacht hinein zu verweilen.<a
+class = "tag" name = "tagVII_5" id = "tagVII_5" href =
+"#noteVII_5">5</a> Als ihre Mutter während der Abwesenheit ihres Gatten
+krank wird, findet Wilhelm inmitten der wichtigsten und dringendsten
+Staatsgeschäfte noch soviel Zeit, um an einem Tage mehrere expresse
+Boten mit kurzen Briefen abzuschicken, in denen er von ihrem Zustande
+Nachricht giebt.<a class = "tag" name = "tagVII_6" id = "tagVII_6" href
+= "#noteVII_6">6</a> Einmal als sie nach einem heftigen Anfall außer
+Gefahr erklärt wird, ergießt sich der Prinz in die wärmsten
+Dankesbezeigungen gegen Gott. „Ich schreibe,“ sagt er, „mit Thränen der
+Freude in den Augen.“<a class = "tag" name = "tagVII_7" id = "tagVII_7"
+href = "#noteVII_7">7</a> Es liegt ein eigner Reiz in diesen Briefen von
+der Hand eines Mannes, dessen Alles überwältigende Energie und
+unbeugsame Festigkeit selbst seinen Feinden Achtung abnöthigte, dessen
+kaltes und unfreundliches Benehmen in den meisten seiner Anhänger keine
+innigere Zuneigung aufkommen ließ und dessen Geist beständig mit
+gigantischen Plänen beschäftigt war, welche die Gestalt der Welt
+veränderten.</p>
+
+<p>Seine Güte ward keinem Unwürdigen zu Theil. Temple hatte frühzeitig
+Bentinck für den besten und treuesten Diener erklärt, den je ein Fürst
+zu besitzen das Glück hatte, und er verdiente diesen ehrenvollen Titel
+sein ganzes Leben hindurch. Die beiden Freunde waren in der That wie für
+einander geschaffen. Wilhelm bedurfte weder eines Führers noch eines
+Schmeichlers. Da er ein festes und wohlbegründetes Vertrauen in sein
+eignes Urtheil setzte, so war er kein Freund von Rathgebern, die ihn mit
+Vorschlägen und Einwendungen überhäuften. Zu gleicher Zeit besaß er eine
+zu scharfe Unterscheidungsgabe und einen zu edlen Sinn, als daß er an
+Schmeicheleien hätte Vergnügen finden können. Der Vertraute eines
+solchen Fürsten mußte ein Mann sein nicht von erfinderischem Genie oder
+von gebieterischem Character, aber bieder und treu, im Stande, jeden
+Befehl pünktlich zu vollziehen, Geheimnisse unverbrüchlich zu bewahren,
+Ereignisse umsichtig zu beobachten und treulich zu berichten. Und ein
+solcher Mann war Bentinck.</p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVII_4" id = "noteVII_4" href = "#tagVII_4">4.</a>
+3. März 1679.</p>
+
+<p><a name = "noteVII_5" id = "noteVII_5" href = "#tagVII_5">5.</a>
+<span class = "antiqua">„Voilà en peu de mot le détail de nostre St.
+Hubert. Et j’ay en soin que M.&nbsp;<ins class = "correction" title =
+"ungeändert">Woodstoc</ins></span> (Bentinck’s ältester Sohn) <span
+class = "antiqua">n’a point esté à la chasse, bien moin au soupé,
+quoyqu’il fut icy. Vous pouvez pourtant croire que de n’avoir pas chassé
+l’a un peu mortifié, mais je ne l’ay pas ausé prendre sur moy, puisque
+vous m’aviez dit que vous ne le souhaitiez pas.“</span> &mdash; Von Loo,
+4. Nov. 1697.</p>
+
+<p><a name = "noteVII_6" id = "noteVII_6" href = "#tagVII_6">6.</a>
+Am 15. Juni 1688.</p>
+
+<p><a name = "noteVII_7" id = "noteVII_7" href = "#tagVII_7">7.</a>
+6. Sept. 1679.</p>
+</div>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Marie, Prinzessin von Oranien.</span>
+<a name = "secVII_9" id = "secVII_9">Wilhelm</a> war in der Ehe nicht
+weniger glücklich als in der Freundschaft. Anfangs hatte jedoch
+<span class = "pagenum">VII.13</span>
+<a name = "pageVII_13" id = "pageVII_13"> </a>
+seine Ehe kein besonderes häusliches Glück versprochen. Seine Wahl war
+hauptsächlich durch politische Rücksichten bestimmt worden, und es sah
+nicht wahrscheinlich aus, daß zwischen einem hübschen sechzehnjährigen
+Mädchen, die zwar ein sanftes Gemüth und natürlichen Verstand besaß, im
+übrigen aber unwissend und einfach war, und einem Bräutigam, der, obwohl
+noch nicht ganz achtundzwanzig Jahr alt, doch seinem körperlichen
+Zustande nach älter war als ihr Vater, der ein kaltes, abstoßendes
+Benehmen hatte und dessen Kopf beständig mit Staatsgeschäften und
+Sportvergnügungen angefüllt war, eine innige Zuneigung würde entstehen
+können. Eine Zeit lang vernachlässigte Wilhelm seine Gemahlin, indem er
+durch andere Frauen von ihr abgezogen wurde, besonders durch eine ihrer
+Hofdamen, Namens Elisabeth Villiers, welche Talente besaß, die sie wohl
+geeignet machten, seine Sorgen zu theilen, obgleich sie aller
+persönlichen Reize entbehrte und sogar durch ein häßliches Schielen
+entstellt war.<a class = "tag" name = "tagVII_8" id = "tagVII_8" href =
+"#noteVII_8">8</a> Er schämte sich zwar seiner Fehler und bemühte sich
+nach Kräften, sie zu verbergen, aber trotz aller Vorsicht wußte Marie
+wohl, daß er ihr nicht ganz treu war. Spione und Ohrenbläser thaten auf
+Anregen ihres Vaters ihr Möglichstes, um ihren Zorn zu entflammen. Ein
+Mann von ganz andrem Character, der vortreffliche Ken, der mehrere
+Monate lang im Haag ihr Kaplan war, wurde so aufgebracht durch die ihr
+widerfahrenden Kränkungen, daß er mit mehr Eifer als Besonnenheit
+drohte, ihren Gemahl ernstlich zur Rede zu setzen.<a class = "tag" name
+= "tagVII_9" id = "tagVII_9" href = "#noteVII_9">9</a> Sie selbst ertrug
+jedoch alles Unrecht mit einer Sanftmuth und Geduld, welche ihr nach und
+nach Wilhelm’s Achtung und Dankbarkeit erwarben. Indessen war auch noch
+eine andre Ursache der Entfremdung vorhanden. Es kam ohne Zweifel eine
+Zeit, wo die Prinzessin, welche nur zu Stickereiarbeiten, zum
+Spinetspiel und zum Lesen der Bibel und der „Pflichten des Menschen“
+erzogen war, das Oberhaupt einer großen Monarchie wurde und das
+Gleichgewicht Europa’s in ihrer Hand ruhte, während ihr ehrgeiziger,
+geschäftskundiger und beständig auf große Unternehmungen sinnender
+Gemahl bei der britischen Regierung keine vorausbestimmte Stelle für
+sich fand und nur durch ihre Güte und so lange es ihr gefiel Macht
+ausüben konnte. Es kann nicht befremden, daß ein Mann, der die Gewalt so
+liebte wie Wilhelm, und der sich seines Herrschergenies so bewußt war,
+in hohem Maße die Eifersucht empfand, die während eines Königthums von
+wenigen Stunden zwischen Guildford Dudley und Lady Johanna Zwietracht
+hervorrief und einen noch viel tragischeren Bruch zwischen Darnley und
+der Königin von Schottland herbeiführte. Die Prinzessin von Oranien
+hatte nicht die leiseste Ahnung von den Gefühlen ihres Gemahls. Ihr
+Lehrer, der Bischof Compton, hatte sie in der Religion sorgfältig
+unterrichtet und ihr Gemüth namentlich gegen die Künste der
+römisch-katholischen Theologen gestählt, sie aber in völliger Unkenntniß
+der englischen Verfassung und ihrer eignen Stellung gelassen. Sie wußte,
+daß ihr eheliches Gelübde sie zum Gehorsam gegen ihren Gemahl
+verpflichtete und es war ihr nie in den Sinn gekommen, daß dieses
+gegenseitige Verhältniß einmal umgekehrt werden könnte. Sie war bereits
+neun Jahre vermählt, ehe sie die Ursache
+<span class = "pagenum">VII.14</span>
+<a name = "pageVII_14" id = "pageVII_14"> </a>
+von Wilhelm’s Verstimmung entdeckte, und von ihm selbst würde sie
+dieselbe auch nie erfahren haben. In Folge seiner ganzen Gemüthsart
+brütete er eher über die ihn niederdrückenden Sorgen, als daß er
+denselben einen Ausdruck gab, und in diesem speciellen Falle wurde sein
+Mund durch ein ganz natürliches Zartgefühl versiegelt. Endlich aber kam
+durch die Vermittelung Gilbert Burnet’s eine vollkommene Verständigung
+und Aussöhnung zu Stande.</p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVII_8" id = "noteVII_8" href = "#tagVII_8">8.</a>
+Siehe Swift’s Bericht über sie im <span class = "antiqua">Journal to
+Stella</span>.</p>
+
+<p><a name = "noteVII_9" id = "noteVII_9" href = "#tagVII_9">9.</a>
+Heinrich Sidney’s Tagebuch vom 31. März 1680 in Mr. Blencowe’s
+interessanter Sammlung.</p>
+</div>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Gilbert Burnet.</span>
+<a name = "secVII_10" id = "secVII_10">Burnet</a>’s Ruf ist mit
+auffallender Böswilligkeit und Hartnäckigkeit angegriffen worden. Der
+Angriff begann schon frühzeitig in seinem Leben und wird noch jetzt mit
+unverminderter Heftigkeit fortgesetzt, obgleich er bereits über ein und
+ein Viertel Jahrhundert im Grabe liegt. Allerdings ist er auch für den
+Parteihaß und den muthwilligen Spott eine Zielscheibe, wie sie sich
+keine bessere wünschen können, denn die Mängel seines Verstandes und
+seines Characters liegen klar am Tage und können Niemandem entgehen. Es
+waren jedoch nicht die Fehler, welche man als seinen Landsleuten eigen
+zu betrachten pflegt. Er allein unter den vielen Schotten, die sich in
+England zu Auszeichnung und Wohlstand emporgeschwungen haben, hatte den
+Charakter, welchen Satiriker, Romanschreiber und Schauspieldichter
+allgemein den irischen Abenteurern zuschreiben. Seine physische
+Lebendigkeit, seine Ruhmredigkeit, seine unverhohlene Eitelkeit, seine
+Faseleien, seine herausfordernde Indiscretion und seine kecke
+Dreistigkeit boten den Tories unerschöpflichen Stoff zu Spötteleien.
+Auch unterließen seine Feinde nicht, ihm nebenbei über seine breiten
+Schultern, seine dicken Waden und sein Glück in Heirathsspekulationen
+auf verliebte reiche Wittwen mehr witzige als artige Complimente zu
+machen. Obwohl jedoch Burnet in vieler Beziehung dem Spott und selbst
+dem Tadel Blößen darbot, so verdiente er doch keineswegs eine solche
+Geringschätzung. Er besaß einen regen Geist, einen unermüdlichen Fleiß
+und eine vielseitige, ausgedehnte Belesenheit. Er war zu gleicher Zeit
+Geschichtsschreiber, Alterthumsforscher, Theolog, Prediger,
+Tagesschriftsteller, Polemiker und thätiger politischer Parteiführer,
+und in allen diesen Eigenschaften zeichnete er sich unter vielen
+geschickten Mitbewerbern vortheilhaft aus. Die vielen geistreichen
+Abhandlungen, die er über Tagesbegebenheiten schrieb, sind jetzt nur
+noch Forschern bekannt; aber seine <span class = "antiqua">History of
+his own Times</span>, seine <span class = "antiqua">History of the
+Reformation</span>, seine <span class = "antiqua">Exposition of the
+Articles</span>, sein <span class = "antiqua">Discourse of Pastoral
+Care</span>, sein <span class = "antiqua">Life of Hale</span> und sein
+<span class = "antiqua">Life of Wilmot</span> werden noch immer neu
+aufgelegt und fehlen in keiner guten Privatbibliothek. Gegen eine solche
+Thatsache vermögen alle Anstrengungen der Verleumder nichts. Ein
+Schriftsteller, dessen umfangreiche Werke in verschiedenen Zweigen der
+Literatur noch hundertdreißig Jahre nach seinem Tode zahlreiche Leser
+finden, kann große Fehler gehabt haben, muß aber auch große Vorzüge
+gehabt haben, und diese hatte Burnet: einen fruchtbaren und regen Geist
+und einen Styl, der allerdings von tadelloser Reinheit weit entfernt,
+doch stets klar, oft lebendig ist und sich zuweilen selbst zu
+feierlicher und glühender Beredtsamkeit erhebt. Auf der Kanzel wurde die
+Wirkung seiner ohne irgend welche schriftliche Notizen gehaltenen
+Predigten noch erhöht durch eine edle Gestalt und einen imponirenden
+Vortrag. Er wurde oft durch das Beifallsgemurmel seiner Zuhörer
+unterbrochen, und wenn die Sanduhr, die sich damals auf jeder Kanzel
+befand, abgelaufen war und er dieselbe emporhielt, forderte ihn die
+Gemeinde durch lauten Zuruf auf fortzufahren, bis
+<span class = "pagenum">VII.15</span>
+<a name = "pageVII_15" id = "pageVII_15"> </a>
+der Sand noch einmal abgelaufen wäre.<a class = "tag" name = "tagVII_10"
+id = "tagVII_10" href = "#noteVII_10">10</a> Die großen Mängel seines
+sittlichen Characters und seines Geistes wurden durch große Vorzüge mehr
+als ausgeglichen. Obgleich durch Vorurtheil und Leidenschaft oft auf
+Irrwege geführt, war er doch im strengsten Sinne des Worts ein
+Ehrenmann. Konnte er auch den Versuchungen der Eitelkeit nicht immer
+widerstehen, so stand sein Character doch hoch über den Einflüssen der
+Habsucht und der Furcht. Er war von Gemüth leutselig, hochherzig,
+dankbar und nachsichtig.<a class = "tag" name = "tagVII_11" id =
+"tagVII_11" href = "#noteVII_11">11</a> Sein Glaubenseifer, obwohl
+stetig und glühend, wurde im Allgemeinen durch Humanität und durch
+Achtung der Gewissensfreiheit in Schranken gehalten. Trotz seiner
+unerschütterlichen Anhänglichkeit an das was er als den Geist des
+Christenthums betrachtete, war er doch gleichgültig gegen Gebräuche,
+Namen und Formen der kirchlichen Verfassung und war selbst gegen
+Ungläubige und Ketzer, deren Lebenswandel tadellos war und deren
+Irrthümer mehr die Wirkung falscher Begriffe als eines verderbten
+Characters zu sein schienen, durchaus nicht zur Strenge geneigt. Aber
+gleich vielen anderen braven Männern jener Zeit betrachtete er die Sache
+der römischen Kirche als eine Ausnahme von allen gewöhnlichen
+Regeln.</p>
+
+<p>Burnet genoß schon seit mehreren Jahren eines europäischen Rufes.
+Seine Geschichte der Reformation war von allen Protestanten mit lautem
+Beifall aufgenommen und von den römischen Katholiken als ein gewaltiger
+Schlag gefühlt worden. Der größte Gelehrte, den die römische Kirche seit
+dem Schisma des sechzehnten Jahrhunderts hervorgebracht, Bossuet,
+Bischof von Meaux, war mit der Bearbeitung einer ausführlichen
+Erwiederung beschäftigt. Burnet war von einem der glaubenseifrigen
+Parlamente, welche während der durch das papistische Complot
+verursachten Aufregung tagten, mit einem Dankvotum beehrt und im Namen
+der Gemeinen von England ersucht worden, seine geschichtlichen
+Forschungen fortzusetzen. Er war von Karl sowohl als von Jakob in deren
+engere Unterhaltungszirkel gezogen worden, hatte mit mehreren
+ausgezeichneten Staatsmännern, besonders mit Halifax auf sehr vertrautem
+Fuße gestanden und war der Gewissensrath einiger sehr hochstehenden
+Personen gewesen. Er hatte ferner einen der glänzendsten Wüstlinge jener
+Zeit, Johann Wilmot, Earl von Rochester, von Atheismus und Ausschweifung
+zurückgebracht. Lord Stafford, das Opfer des Oates, war, obgleich
+Katholik, in seinen letzten Stunden durch Burnet’s geistlichen Zuspruch
+über diejenigen Punkte, in denen alle Christen übereinstimmen, erbaut
+<span class = "pagenum">VII.16</span>
+<a name = "pageVII_16" id = "pageVII_16"> </a>
+worden. Wenige Jahre später begleitete Burnet einen noch erlauchteren
+Dulder, Lord Russell, vom Tower auf das Schaffot in Lincoln’s Inn
+Fields. Der Hof hatte nichts unversucht gelassen, um einen so thätigen
+und tüchtigen Theologen zu gewinnen. Weder königliche Schmeicheleien,
+noch die Verheißung einträglicher Stellen waren gespart worden. Aber
+Burnet war, obwohl in früher Jugend von den servilen Lehren angesteckt,
+denen der damalige Klerus durchgehends anhing, aus Überzeugung Whig
+geworden und er blieb seinen Grundsätzen durch alle Wechselfälle des
+Lebens treu. Er hatte jedoch keinen Antheil an der Verschwörung
+genommen, welche soviel Schmach und Unheil über die Whigpartei brachte
+und verabscheuete nicht nur die Mordpläne Goodenough’s und Ferguson’s,
+sondern war auch der Meinung, daß selbst sein geliebter und verehrter
+Freund Russell gegen die Regierung weiter gegangen sei, als es sich
+rechtfertigen ließ. Endlich kam eine Zeit, wo die Unschuld kein
+hinreichender Schutz war. Burnet wurde, obgleich er sich keiner
+Übertretung des Gesetzes schuldig gemacht, von der Rache des Hofes
+verfolgt. Er begab sich auf den Continent und nachdem er etwa ein Jahr
+auf jene Wanderungen durch die Schweiz, durch Italien und Deutschland
+verwendet, von denen er uns eine anziehende Beschreibung hinterlassen
+hat, ging er im Sommer 1686 nach dem Haag, wo er mit Freundlichkeit und
+Achtung aufgenommen wurde. Er unterhielt sich sehr freisinnig mit der
+Prinzessin über Politik und Religion und wurde bald ihr geistlicher
+Beistand und vertrauter Rathgeber. Wilhelm erwies sich als ein viel
+freundlicherer Wirth, als es zu erwarten gewesen wäre. Denn von allen
+Fehlern waren ihm Zudringlichkeit und Indiscretion am meisten verhaßt
+und Burnet war, wie selbst seine Freunde und Verehrer zugestanden, der
+zudringlichste und indiscreteste Mensch, den es geben konnte. Aber der
+scharfsichtige Prinz bemerkte sehr wohl, daß dieser vorlaute und
+schwatzhafte Theolog, der beständig Geheimnisse ausplauderte, naseweise
+Fragen stellte und unerbetenen Rath aufdrängte, bei alledem ein
+freimüthiger, furchtloser und kluger Mann war, der die Gesinnungen und
+Absichten der britischen Secten und Factionen genau kannte. Auch war der
+Ruf von Burnet’s Beredsamkeit und Gelehrsamkeit weit verbreitet. Wilhelm
+selbst war kein Freund vom Lesen, aber er stand jetzt seit vielen Jahren
+an der Spitze der holländischen Regierung zu einer Zeit, wo die
+holländische Presse eines der gewaltigsten Werkzeuge war, durch welche
+die öffentliche Meinung in Europa bearbeitet wurde, und obgleich er an
+literarischen Genüssen kein Vergnügen fand, war er doch viel zu klug und
+scharfsichtig, als daß er den Werth des literarischen Beistandes nicht
+hätte erkennen sollen. Er wußte sehr wohl, daß eine populäre Flugschrift
+zuweilen ebenso gute Dienste leistet als ein Sieg auf dem Schlachtfelde.
+Auch sah er ein, wie wichtig es sei, daß er immer einen Mann um sich
+hatte, der mit der bürgerlichen und kirchlichen Verfassung unsrer Insel
+vertraut war, und Burnet eignete sich vortrefflich dazu, als lebende
+Encyclopädie über britische Angelegenheiten benutzt zu werden, denn
+seine Kenntnisse waren, wenn auch nicht immer ganz zuverlässig, doch von
+erstaunlicher Vielseitigkeit und es gab in England wie in Schottland
+wenige ausgezeichnete Männer irgend einer politischen oder religiösen
+Partei, mit denen er nicht verkehrt hätte. Es wurde ihm daher die
+nämliche Gunst und das nämliche Vertrauen gewährt wie nur irgend Einem
+außer denen, welche den kleinen intimsten Kreis von Privatfreunden des
+Prinzen
+<span class = "pagenum">VII.17</span>
+<a name = "pageVII_17" id = "pageVII_17"> </a>
+bildeten. Nahm sich der Doctor Freiheiten heraus, was nicht selten der
+Fall war, so wurde sein Gönner noch kälter und mürrischer als gewöhnlich
+gegen ihn und äußerte zuweilen eine kurze, beißende Bemerkung, die einem
+Menschen von gewöhnlicher Dreistigkeit für immer den Mund geschlossen
+haben würde. Trotz solcher Vorfälle aber dauerte die Freundschaft dieses
+sonderbaren Paares mit wenigen kurzen Unterbrechungen so lange, bis sie
+durch den Tod aufgelöst wurde. Es war in der That nicht leicht, Burnet
+zu kränken. Seine Selbstgefälligkeit, seine heitere Sorglosigkeit und
+seine Taktlosigkeit waren so groß, daß er wohl oft Anstoß gab, aber nie
+Anstoß nahm.</p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVII_10" id = "noteVII_10" href = "#tagVII_10">10.</a>
+Sprecher Onslow’s Note zu Burnet I. 596; <span class =
+"antiqua">Johnson’s Life of Sprat</span>.</p>
+
+<p><a name = "noteVII_11" id = "noteVII_11" href = "#tagVII_11">11.</a>
+Niemand hat Burnet häufiger und bitterer widersprochen als Dartmouth.
+Und doch schrieb auch Dartmouth: „Ich glaube nicht, daß er jemals
+vorsätzlich etwas veröffentlichte, was er für falsch hielt.“ Zu einer
+späteren Zeit nahm er, durch einige Bemerkungen über sich im zweiten
+Bande der Geschichte des Bischofs gereizt, dieses Lob zurück; aber auf
+einen solchen Widerruf darf man kein großes Gewicht legen. Selbst Swift
+war so gerecht zu sagen: „Im Ganzen war er ein hochherziger und braver
+Mann.“ <span class = "antiqua">Short Remarks on Bishop Burnet’s
+History</span>.</p>
+</div>
+
+<p class = "continue">
+Burnet wird gewöhnlich als ein auffallend ungenauer Geschichtsschreiber
+getadelt; aber ich halte diesen Vorwurf für ungerecht. Er scheint nur
+deshalb ungenau zu sein, weil seine Darstellung einer besonders strengen
+und unfreundlichen Kritik unterzogen worden ist. Wenn ein Whig sich die
+Mühe nehmen wollte <span class = "antiqua">Reresby’s Memoirs, North’s
+Examen, Mulgrave’s Account of the Revolution</span> oder <span class =
+"antiqua">Clarke’s Life of James the Second</span> einer ähnlichen
+Prüfung zu unterwerfen, so würde es sich bald zeigen, daß Burnet
+keineswegs der ungenaueste Geschichtsschreiber seiner Zeit war.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Er vermittelt eine innigere Annäherung zwischen dem Prinzen und der
+Prinzessin.</span>
+<a name = "secVII_11" id = "secVII_11">Alle</a> Eigenthümlichkeiten
+seines Characters machten ihn ganz dazu geeignet, der Friedensstifter
+zwischen Wilhelm und Marien zu werden. Wenn Personen, die einander
+achten und lieben sollten, durch eine Ursache von einander fern gehalten
+werden, welche drei freimüthig gesprochene Worte beseitigen könnten, so
+ist es ein Glück für sie, wenn sie einen indiscreten Freund haben, der
+mit der ganzen Wahrheit herausplatzt. Burnet sagte der Prinzessin ganz
+offen, welches Gefühl an dem Herzen ihres Gemahls nagte. Sie erfuhr
+jetzt zum ersten Male mit nicht geringem Erstaunen, daß, wenn sie
+Königin von England würde, Wilhelm ihren Thron nicht theilen sollte. Sie
+erklärte mit den innigsten Worten, daß es keinen Beweis von ehelicher
+Unterwerfung und Liebe gebe, zu dem sie nicht jeden Augenblick bereit
+wäre. Unter vielen Entschuldigungen und feierlichen Versicherungen, daß
+kein andrer Mensch ihm ein Wort in den Mund gelegt habe, sagte ihr
+Burnet nun, daß das Heilmittel in ihrer Hand liege. Wenn die Krone ihr
+zugefallen sei, könne sie leicht ihr Parlament dazu bewegen, daß es
+ihrem Gatten nicht nur den Königstitel gewährte, sondern ihm sogar durch
+ein Gesetz die Zügel der Regierung in die Hand gab. „Aber,“ setzte er
+hinzu, „Ihre königliche Hoheit müssen wohl überlegen, ehe Sie einen
+solchen Entschluß aussprechen, denn es ist ein Entschluß, dessen
+Zurücknahme weder rathsam noch leicht sein würde, wenn er einmal
+angekündigt wäre.“ &mdash; „Ich bedarf keiner Zeit zur Überlegung,“
+antwortete Marie. „Es ist genug, daß ich eine Gelegenheit habe, um dem
+Prinzen meine Achtung zu beweisen. Theilen Sie ihm mit was ich gesagt
+habe, und bringen Sie ihn zu mir, damit er es aus meinem eigenen Munde
+höre.“ Burnet wollte den Prinzen sogleich herbeiholen, aber er war viele
+Meilen weit entfernt auf einer Hirschjagd. Erst am folgenden Tage konnte
+die entscheidende Unterredung stattfinden. „Ich habe erst gestern
+erfahren,“ sagte Marie, „daß zwischen den Gesetzen Englands und den
+Gesetzen Gottes ein solcher Unterschied obwaltet. Aber ich verspreche
+Ihnen, daß Sie jederzeit der Gebieter sein sollen, und ich verlange
+keinen andren Lohn dafür, als daß Sie das Gebot, welches den Gatten
+vorschreibt, ihre Frauen zu lieben, ebenso befolgen, wie ich das Gebot
+halte, welches den Frauen vorschreibt, ihren Gatten zu gehorchen.“
+Dieser Beweis von edelmüthiger Zuneigung gewann ihr Wilhelm’s Herz
+vollständig. Von diesem Augenblicke an bis zu dem traurigen Tage, an
+welchem er ohnmächtig von ihrem Sterbebett hinweggetragen wurde,
+herrschte vollkommene Freundschaft und unbegrenztes Vertrauen zwischen
+ihnen. Viele von ihren Briefen an ihn sind noch vorhanden und sie
+enthalten zahlreiche Beweise, daß es diesem Manne, der in den Augen
+<span class = "pagenum">VII.18</span>
+<a name = "pageVII_18" id = "pageVII_18"> </a>
+der Menge für so unliebenswürdig galt, gelungen war, einer schönen und
+tugendhaften Frau, welche in Hinsicht der Geburt über ihm stand, eine
+bis zur abgöttischen Verehrung gehende Liebe einzuflößen.</p>
+
+<p>Der Dienst, den Burnet seinem Vaterlande erzeigt, war von hoher
+Bedeutung. Es war eine Zeit gekommen, wo es für das Wohl des Staates
+sehr wichtig war, daß zwischen dem Prinzen und der Prinzessin
+vollkommene Eintracht herrschte.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Beziehungen Wilhelm’s zu den englischen Parteien.</span>
+<a name = "secVII_12" id = "secVII_12">Bis</a> nach der Unterdrückung
+des Aufstandes im Westen hatten ernste Ursachen des Zwiespaltes Wilhelm
+sowohl von den Tories als von den Whigs getrennt. Er hatte mit großem
+Mißfallen die Versuche der Whigs beobachtet, der ausübenden Gewalt
+einige Befugnisse zu entziehen, die er zur Aufrechthaltung ihrer
+Wirksamkeit und ihrer Würde für nöthig hielt. Mit noch größerem
+Mißfallen hatte er die Unterstützung gesehen, welche ein großer Theil
+dieser Partei den Anmaßungen Monmouth’s angedeihen ließ. Es schien als
+ob die Opposition zuerst die Krone Englands des Tragens nicht mehr werth
+machen und sie dann einem Bastard und Betrüger aufs Haupt setzen wollte.
+Zu gleicher Zeit war das religiöse System des Prinzen weit verschieden
+von dem, welchem die Torypartei huldigte. Sie waren Arminianer und
+Prälatisten. Sie sahen mit Verachtung auf die protestantischen Kirchen
+des Continents herab und hielten jede Zeile ihrer eignen Liturgie und
+Rubrica für kaum weniger geheiligt als die Evangelien. Seine Ansichten
+über die metaphysischen Seiten der Theologie waren calvinistisch. Seine
+Ansichten bezüglich der Kirchenverfassungen und der gottesdienstlichen
+Formen waren latitudinarisch. Er gab zu, daß das Episcopat eine
+gesetzliche und zweckmäßige Form des Kirchenregiments sei; aber er
+sprach mit Bitterkeit und Hohn von der Bigotterie Derer, welche die
+bischöfliche Ordination für ein wesentliches Erforderniß einer
+christlichen Gesellschaft hielten. Gegen die durch die Liturgie
+vorgeschriebenen Gewänder und Gesten hatte er keine Bedenken, aber er
+gestand, daß ihm die Gebräuche der anglikanischen Kirche lieber sein
+würden, wenn sie ihn weniger an die Gebräuche der römischen Kirche
+erinnerten. Man hatte ihn ein ominöses Gemurmel von sich geben hören,
+als er in der Privatkapelle seiner Gemahlin zum ersten Male einen Altar
+nach anglikanischer Weise geschmückt sah, und es schien ihm nicht
+sonderlich zu gefallen, als er Hooker’s <span class =
+"antiqua">Ecclesiastical Policy</span> in ihrer Hand sah.<a class =
+"tag" name = "tagVII_12" id = "tagVII_12" href =
+"#noteVII_12">12</a></p>
+
+<p class = "footnote">
+<a name = "noteVII_12" id = "noteVII_12" href = "#tagVII_12">12.</a>
+<span class = "antiqua">Dr.</span> Hooper’s handschriftliche Erzählung
+im Anhange zu Lord Dungannon’s <span class = "antiqua">Life of
+William</span>.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Seine Gesinnungen gegen England.</span>
+<a name = "secVII_13" id = "secVII_13">Er</a> verfolgte daher lange den
+Streit zwischen den englischen Parteien mit Aufmerksamkeit, aber ohne
+eine starke Vorliebe für die eine oder die andre Partei zu hegen. Er
+wurde auch bis ans Ende seines Lebens in der That niemals weder ein
+Whig, noch ein Tory. Es fehlte ihm das was die gemeinsame Grundlage
+beider Charactere ist, denn er wurde nie ein Engländer. Er rettete zwar
+England, liebte es aber nie und erlangte ebensowenig die Liebe der
+Engländer. Für ihn war es nur ein Verbannungsort, den er mit Widerwillen
+besuchte und mit Freuden verließ. Selbst als er dem Lande die Dienste
+leistete, deren günstige Wirkungen wir bis auf den heutigen Tag fühlen,
+war sein Hauptzweck nicht die Wohlfahrt desselben.</p>
+<span class = "pagenum">VII.19</span>
+<a name = "pageVII_19" id = "pageVII_19"> </a>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Seine Gesinnungen gegen Holland und Frankreich.</span>
+<a name = "secVII_14" id = "secVII_14">All</a>’ sein patriotisches
+Gefühl gehörte Holland. Hier befand sich das prächtige Grabmal, in
+welchem der große Staatsmann ruhte, dessen Blut, dessen Namen, dessen
+Character und dessen Genie er geerbt hatte. Hier war der bloße Klang
+seines Namens schon ein Zauberspruch, welcher durch drei Generationen
+die liebevolle Begeisterung der Landleute und Handwerker erweckt hatte.
+Die holländische Sprache war die Sprache seiner Kinderstube; unter dem
+holländischen Adel hatte er seine ersten Freunde gewählt; die
+Vergnügungen, die Bauart und die Gegenden seines Heimathlandes wurzelten
+tief in seinem Herzen. Zu ihm wendete er sich immer wieder mit
+unveränderter Zärtlichkeit von einem stolzeren und schöneren Nebenbuhler
+ab. In den Sälen von Whitehall sehnte er sich nach dem traulichen Hause
+im Busche im Haag und er fühlte sich nie glücklicher, als wenn er die
+Pracht von Windsor mit der bescheidenen Einfachheit von Loo vertauschen
+konnte. Während seiner glänzenden Verbannung fand er einigen Trost
+darin, daß er durch Bauen, Pflanzen und Graben um sich her einen
+Schauplatz schaffen konnte, der ihn an die regelmäßigen Gebäude von
+rothem Backstein, an die langen Kanäle und an die symmetrischen
+Blumenbeete erinnerte, unter denen er seine Jugend verlebt hatte. Doch
+selbst die Liebe zu seinem Vaterlande war einem andren Gefühle
+untergeordnet, welches schon frühzeitig in seiner Seele die
+Oberherrschaft gewann, das sich mit allen seinen Leidenschaften
+vermischte, das ihn zu großartigen Unternehmungen anspornte, das ihn
+aufrecht erhielt, wenn Kränkungen, Schmerzen, Krankheit und Sorgen ihn
+zu Boden drücken wollten, das gegen das Ende seiner Laufbahn einmal
+kurze Zeit erloschen zu sein schien, aber bald heftiger als je wieder
+hervorbrach und ihn noch beseelte, als das Sterbegebet an seinem Lager
+gesprochen wurde. Dieses Gefühl war der Haß gegen Frankreich und den
+prachtliebenden König, der in mehr als einer Hinsicht Frankreich
+repräsentirte und der mit seinen specifisch französischen Tugenden und
+Vorzügen jenen unruhigen, gewissenlosen und dünkelhaften Ehrgeiz
+verband, der zu wiederholten Malen den Zorn ganz Europa’s über
+Frankreich gebracht hat.</p>
+
+<p>Es ist nicht schwer, die Fortschritte des Gefühls zu verfolgen,
+welches nach und nach die Alleinherrschaft in Wilhelm’s Seele erlangte.
+Als er kaum erst dem Knabenalter entwachsen, war sein Vaterland in
+prahlerischem Trotze gegen Recht und Gerechtigkeit überfallen, verwüstet
+und allen Excessen der Raubsucht, Ausschweifung und Grausamkeit
+preisgegeben worden. Die Holländer hatten sich in ihrer Bedrängniß vor
+dem Eroberer gedemüthigt und um Gnade gefleht. Darauf war ihnen der
+Bescheid geworden, daß wenn sie Frieden wünschten, sie ihre
+Selbstständigkeit aufgeben und alljährlich dem Hause Bourbon huldigen
+müßten. Die schwer beleidigte Nation hatte, zur Verzweiflung getrieben,
+ihre Deiche durchbrochen und das Meer als Bundesgenossen gegen die
+französische Tyrannei zu Hülfe gerufen. Mitten in den Greueln dieses
+Kampfes, während die Landleute entsetzt vor den Eroberern flohen,
+während Hunderte von schönen Gärten und Lusthäusern in den Fluthen
+begraben, während die Berathungen der Generalstaaten durch die
+Ohnmachten und das laute Weinen alter Senatoren unterbrochen wurden,
+welche den Gedanken nicht ertragen konnten, die Freiheit und den Ruhm
+ihres Vaterlandes zu überleben, war Wilhelm an die Spitze der Geschäfte
+berufen worden. Eine Zeit lang dünkte ihm jeder Widerstand hoffnungslos.
+Er
+<span class = "pagenum">VII.20</span>
+<a name = "pageVII_20" id = "pageVII_20"> </a>
+sah sich vergebens nach Hülfe um. Spanien war ausgesogen, Deutschland
+zerrissen, England bestochen. Es schien dem jungen Statthalter, als ob
+ihm nichts weiter übrig bliebe, als mit dem Schwerte in der Hand zu
+fallen, oder der Aeneas einer großen Völkerwanderung zu werden und in
+Gegenden, welche außer dem Bereiche der Tyrannei Frankreichs lagen, ein
+neues Holland zu gründen. Dann wäre kein Hinderniß mehr vorhanden
+gewesen, das die Fortschritte des Hauses Bourbon hätte hemmen können.
+Noch wenige Jahre und dieses Haus würde seine Besitzungen durch
+Lothringen und Flandern, Castilien und Arragonien, Neapel und Mailand,
+Mexico und Peru vergrößert haben. Ludwig hätte sich dann die Kaiserkrone
+aufsetzen, einen Prinzen seines Hauses auf den Thron Polens erheben und
+der Alleinherrscher in Europa von den scythischen Wüsten bis zum
+Atlantischen Ocean, sowie in Amerika von den Gegenden nördlich vom
+Wendekreis des Krebses bis zu den Gegenden südlich vom Wendekreis des
+Steinbocks werden können. Dies waren die Aussichten, die sich Wilhelm
+darboten, als er in das öffentliche Leben eintrat und welche ihn bis zu
+seinem letzten Tage unaufhörlich verfolgten. Die französische Monarchie
+war für ihn das was die römische Republik für Hannibal, was das
+ottomanische Reich für Scanderbeg, was die südliche Herrschaft für
+Wallace war. Die Religion gab diesem glühenden und unverlöschlichen
+Hasse ihre Weihe. Hunderte von calvinistischen Predigern verkündeten,
+daß die nämliche Macht, welche Simson vom Mutterleibe an dazu bestimmt,
+die Geißel der Philister zu werden, und welche Gideon von der
+Dreschtenne abgerufen, um die Midianiter zu schlagen, Wilhelm von
+Oranien zum Vorkämpfer aller freien Nationen und aller reinen Kirchen
+erkoren habe, und diese Ansicht war nicht ohne Einfluß auf sein Gemüth
+geblieben. Dem Vertrauen, welches dieser heldenmüthige Fatalist in seine
+erhabene Bestimmung und in seine heilige Sache setzte, ist zum Theil
+seine auffallende Gleichgültigkeit gegen jede Gefahr zuzuschreiben. Er
+hatte ein großes Werk zu vollbringen und bis es vollbracht war, konnte
+ihm nichts schaden. Daher kam es auch, daß er trotz der Prophezeiungen
+der Ärzte von hoffnungslos scheinenden Krankheiten genas, daß Schaaren
+von Mördern sich vergebens gegen sein Leben verschworen, daß der offene
+Nachen, dem er sich in sternenloser Nacht auf einem tobenden Ocean an
+einer verrätherischen Küste anvertraute, ihn wohlbehalten ans Land trug
+und daß auf zwanzig Schlachtfeldern die Kanonenkugeln auf allen Seiten
+an ihm vorübersausten. Die Begeisterung und Ausdauer, womit er sich
+seiner Sendung widmete, haben kaum ein Beispiel in der Geschichte.
+Seinem großen Ziele gegenüber achtete er das Leben Anderer ebenso gering
+als sein eigenes. Selbst die menschlichsten und edelmüthigen Soldaten
+jener Zeit waren zu sehr daran gewöhnt, das Blutvergießen und die
+Verheerungen, welche von großen kriegerischen Unternehmungen
+unzertrennlich sind, mit kalter Gleichgültigkeit zu betrachten, und
+Wilhelm’s Herz war nicht allein durch berufsmäßige Unempfindlichkeit,
+sondern auch durch die noch starrere Unempfindlichkeit gestählt, welche
+die Wirkung des Pflichtgefühls ist. Drei große Coalitionen, drei lange
+und blutige Kriege, in denen ganz Europa von der Weichsel bis zum
+westlichen Ocean unter den Waffen stand, sind lediglich seiner
+unbezwinglichen Energie zuzuschreiben. Als im Jahre 1678 die
+Generalstaaten erschöpft und entmuthigt nach Ruhe verlangten, stimmte er
+noch immer dagegen, das Schwert in die Scheide zu stecken, und der
+<span class = "pagenum">VII.21</span>
+<a name = "pageVII_21" id = "pageVII_21"> </a>
+Friede wurde nur geschlossen, weil er seinen wilden und entschlossenen
+Geist nicht auch Anderen einhauchen konnte. Noch im letzten Augenblicke
+schlug er in der Hoffnung, dadurch die Unterhandlungen abzubrechen, von
+denen er wohl wußte, daß sie dem Abschlusse nahe waren, eine der
+blutigsten und hartnäckigsten Schlachten jener Zeit. Von dem Tage an, wo
+der Friede von Nymwegen unterzeichnet worden war, begann er auf eine
+neue Coalition zu sinnen. Sein Streit mit Ludwig, der nun vom
+Schlachtfelde in das Kabinet versetzt wurde, ward bald durch eine
+Privatfehde noch erbitterter. Die beiden Rivalen waren einander in
+Talenten, Character, Manieren und Ansichten gerade entgegengesetzt.
+Ludwig, fein und würdevoll, verschwenderisch und ausschweifend, ein
+Freund von Prunk und Feind von persönlicher Gefahr, ein freigebiger
+Beschützer der Künste und Wissenschaften und ein grausamer Verfolger der
+Calvinisten, bildete einen auffallenden Contrast mit Wilhelm, der
+einfach in seinen Neigungen, unfreundlich in seinem Benehmen,
+unermüdlich und unerschrocken im Kriege, gleichgültig gegen alle
+Luxuszweige des Wissens und ein entschiedener Anhänger der genfer
+Theologie war. Die beiden Feinde beobachteten nicht lange jene
+Artigkeit, welche Männer ihres Ranges, selbst wenn sie einander an der
+Spitze von Armeen gegenüberstehen, selten aus den Augen setzen. Wilhelm
+gebrauchte zwar die Formalität, daß er Ludwig seine besten Dienste
+anbot; aber diese Höflichkeit wurde nach ihrem wahren Werthe gewürdigt
+und mit einer trocknen Zurückweisung vergolten. Der große König
+verachtete den kleinen Prinzen, der der Diener eines Bundes von
+Handelsstädten war und auf jedes Zeichen von Verachtung antwortete der
+unerschrockene Statthalter mit einer neuen Herausforderung, Wilhelm
+entlehnte seinen Namen, ein Name, den die Ereignisse des
+vorhergegangenen Jahrhunderts zu einem der glänzendsten und berühmtesten
+von ganz Europa gemacht hatten, von einer Stadt, welche nicht weit von
+Avignon an den Ufern der Rhone liegt und die, wie Avignon, obgleich von
+allen Seiten von französischem Gebiet umgeben, doch eigentlich nicht der
+französischen, sondern der kaiserlichen Krone als Lehen gehörte. Ludwig
+besetzte Orange mit der ihm eigenen übermüthigen Verachtung des
+Völkerrechts, schleifte die Befestigungswerke und eignete sich die
+Einkünfte der Stadt zu. Wilhelm erklärte laut bei Tische in Anwesenheit
+vieler Personen, der allerchristlichste König solle diese Beleidigung
+schwer bereuen, und als der Graf von Avaux ihn um eine nähere Erklärung
+dieser Worte bat, weigerte er sich auf das Bestimmteste, sie zu
+widerrufen oder wegzuerklären. Der Streit ging so weit, daß der
+französische Gesandte es nicht wagen durfte, sich im Empfangzimmer der
+Prinzessin blicken zu lassen, wenn er sich nicht der Gefahr aussetzen
+wollte, öffentlich beleidigt zu werden.<a class = "tag" name =
+"tagVII_13" id = "tagVII_13" href = "#noteVII_13">13</a></p>
+
+<p>Wilhelm’s Gesinnungen gegen Frankreich erklären zugleich seine ganze
+Politik gegen England. Sein Gemeinsinn war ein europäischer. Der
+Hauptgegenstand seiner Sorge war nicht unsre Insel, ja selbst sein
+Geburtsland nicht, sondern die große Gemeinschaft der Nationen, der die
+Unterjochung durch ein zu mächtiges Mitglied drohte. Wer in dem Irrthume
+befangen ist, ihn als einen englischen Staatsmann zu betrachten, muß
+nothwendig sein ganzes Leben in einem falschen Lichte erblicken und
+<span class = "pagenum">VII.22</span>
+<a name = "pageVII_22" id = "pageVII_22"> </a>
+wird nicht im Stande sein, irgend einen Grundsatz, sei es ein guter oder
+ein schlechter, ein whiggistischer oder ein toryistischer, zu entdecken,
+auf den sich seine wichtigsten Thaten zurückführen ließen. Betrachten
+wir ihn aber als einen Mann, dessen besondere Aufgabe es war, eine Masse
+von schwachen, zerrissenen und entmuthigten Staaten zu einem festen und
+starken Bunde gegen den gemeinsamen Feind zu sammeln, betrachten wir ihn
+als einen Mann, in dessen Augen England namentlich deshalb wichtig war,
+weil ohne dasselbe die von ihm beabsichtigte große Coalition
+unvollständig gewesen sein würde, so werden wir zugeben müssen, daß
+keine langjährige Laufbahn, von der uns die Geschichte erzählt, von
+Anfang bis zu Ende gleichmäßiger war als die dieses großen Fürsten.<a
+class = "tag" name = "tagVII_14" id = "tagVII_14" href =
+"#noteVII_14">14</a></p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVII_13" id = "noteVII_13" href = "#tagVII_13">13.</a>
+<span class = "antiqua">Avaux Negotiations</span>, Aug. 10.(20.), Sept.
+14.(24.), Sept. 28. (Oct. 8.), Dec. 7.(17.) 1682.</p>
+
+<p><a name = "noteVII_14" id = "noteVII_14" href = "#tagVII_14">14.</a>
+Ich kann mir das Vergnügen nicht versagen, Massillon’s unfreundliche,
+aber scharfsinnige und edle Characteristik Wilhelm’s hier anzuführen:
+<span class = "antiqua">„Un prince profond dans ses vues; habile à
+former des ligues et à reunir les esprits, plus heureux à exciter les
+guerres qu’à combattre; plus encore à craindre dans le secret du
+cabinet, qu’à la tête des armées; un ennemi que la haine du nom Français
+avait rendu capable d’imaginer de grandes choses et de les exécuter; un
+de ces génies qui semblent être nés pour mouvoir à leur gré les peuples
+et les souverains; un grand homme, s’il n’avoit jamais voulu être
+roi.“</span> Grabrede auf den Dauphin.</p>
+</div>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Seine Politik durchaus consequent.</span>
+<a name = "secVII_15" id = "secVII_15">Der</a> Leitfaden, den wir jetzt
+besitzen, wird es uns möglich machen, ohne Schwierigkeit den wirklich
+consequenten, obgleich anscheinend zuweilen gewundenen Gang zu
+verfolgen, den er gegen unsere inneren Factionen beobachtete. Er
+erkannte deutlich, was übrigens auch weit weniger scharfsichtigen Leuten
+als er war, nicht entging, daß das Unternehmen, an dem er mit ganzer
+Seele hing, wahrscheinlich gelingen würde, wenn England auf seiner Seite
+wäre, daß der Ausgang ungewiß sein würde, wenn England neutral bliebe,
+und daß es hoffnungslos sein würde, wenn England handelte, wie es in den
+Tagen der Cabale gehandelt hätte. Nicht weniger deutlich sah er, daß
+zwischen der äußeren und der inneren Politik Englands ein enger
+Zusammenhang stattfand, daß der Regent dieses Landes, wenn er mit dem
+gesetzgebenden Körper harmonirte, stets einen großen Einfluß auf die
+Angelegenheiten der Christenheit ausüben und daß ihm offenbar daran
+gelegen sein mußte, der ungebührlichen Machtvergrößerung irgend eines
+festländischen Potentaten entgegenzuwirken; daß auf der andren Seite der
+Souverain, wenn der gesetzgebende Körper ihm nicht traute und ihn in
+seinen freien Bewegungen hemmte, in der europäischen Politik nur von
+geringem Gewicht sein konnte und daß dieses ganze kleine Gewicht in die
+falsche Wagschale fallen würde. Der erste Wunsch des Prinzen war daher:
+Eintracht zwischen dem Throne und dem Parlamente. Wie diese Eintracht
+herzustellen war und auf welcher Seite Zugeständnisse gemacht werden
+mußten, dies waren seiner Ansicht nach Fragen von untergeordneter
+Bedeutung. Allerdings würde es ihm am liebsten gewesen sein, wenn eine
+vollständige Aussöhnung hätte bewirkt werden können, ohne einen
+Buchstaben von der Prärogative zu opfern, denn er hatte an der
+ungeschmälerten Aufrechthaltung derselben ein anwartschaftliches
+Interesse, und war von Natur mindestens eben so herrschsüchtig und ein
+eben so großer Feind von Beschränkung, als irgend ein Stuart. Aber es
+gab kein Kleinod der Krone, das er nicht, selbst nachdem sie auf sein
+eignes Haupt gesetzt worden, bereitwilligst zum Opfer gebracht hätte,
+wenn er
+<span class = "pagenum">VII.23</span>
+<a name = "pageVII_23" id = "pageVII_23"> </a>
+überzeugt sein konnte, daß ein solches Opfer zur Erreichung seines
+großen Zieles unumgänglich nöthig war. Daher empfahl er auch der
+Regierung in den Tagen des papistischen Complots Nachgiebigkeit,
+obgleich er die Heftigkeit mißbilligte, mit der die Opposition die
+königliche Autorität angriff. Das Verfahren der Gemeinen bezüglich der
+inneren Angelegenheiten, sagte er, sei höchst unverständig, aber so
+lange die Gemeinen unzufrieden seien, könnten die Freiheiten Europa’s
+nicht sicher sein und dieser überwiegenden Rücksicht müsse jede andre
+weichen. Nach diesen Grundsätzen handelte er, als die Ausschließungsbill
+die ganze Nation erschütterte. Man hat keinen Grund zu der Annahme, daß
+er die Opposition aufgemuntert habe, diese Bill einzubringen oder die
+wiederholt gemachten Vergleichsvorschläge des Thrones zurückzuweisen.
+Als es aber klar wurde, daß, wenn diese Bill nicht durchging, ein
+ernster Bruch zwischen den Gemeinen und dem Hofe entstehen mußte, sprach
+er deutlich, obwohl mit gebührender Mäßigung, seine Ansicht dahin aus,
+daß man sich um jeden Preis mit den Vertretern des Volks versöhnen
+müsse. Als ein heftiger und reißender Umschwung der öffentlichen Meinung
+die Whigpartei eine Zeit lang völlig hilflos gelassen hatte, versuchte
+er es sein großes Ziel auf einem andren Wege zu erreichen, der seiner
+Natur vielleicht besser zusagte als der vorher betretene. Die veränderte
+Stimmung der Nation bot wenig Aussicht dar, daß ein Parlament gewählt
+werden würde, das geneigt war, die Wünsche des Souverains zu
+durchkreuzen. Karl war eine Zeit lang Herr. Ihn zu gewinnen, war daher
+des Prinzen erster Wunsch. Im Sommer 1683, fast in dem Augenblicke, als
+die Entdeckung des Ryehousecomplots die Niederlage der Whigs und den
+Sieg des Königs vollständig machte, traten anderwärts Ereignisse ein,
+welche Wilhelm nicht ohne die größte Angst und Besorgniß mit ansehen
+konnte. Die türkischen Heere rückten bis an die Vorstädte Wiens heran.
+Die große österreichische Monarchie, auf deren Unterstützung der Prinz
+gerechnet hatte, schien ihrem Untergange nahe zu sein. Bentinck wurde
+daher schleunigst vom Haag nach London gesandt, mit dem Auftrage nichts
+zu versäumen, was nöthig sein konnte, um den englischen Hof zu gewinnen,
+und ganz besonders war er angewiesen, in den stärksten Ausdrücken den
+Abscheu seines Gebieters gegen die Whigverschwörung zu versichern.</p>
+
+<p>Während der nächsten achtzehn Monate war einige Hoffnung, daß der
+Einfuß Halifax’ überwiegen und daß der Hof von Whitehall zur Politik der
+Tripleallianz zurückkehren werde. An diese Hoffnung klammerte sich
+Wilhelm mit Vorliebe an und sparte keine Mühe, um Karl günstig zu
+stimmen. Die gastliche Aufnahme, welche Monmouth im Haag fand, muß
+hauptsächlich dem ernstlichen Bestreben des Prinzen, die wirklichen
+Wünsche von Monmouth’s Vater zu erfüllen, zugeschrieben werden. Sobald
+Karl gestorben war, schlug Wilhelm in unabänderlicher Verfolgung seines
+Zieles wieder ein andres Verfahren ein. Er hatte Monmouth aufgenommen,
+um dem verstorbenen Könige zu gefallen; damit nun der gegenwärtige König
+keine Ursache zu Beschwerden haben sollte, wurde Monmouth fortgeschickt.
+Wir haben gesehen, daß beim Ausbruche des Aufstandes im Westen die in
+holländischen Diensten stehenden britischen Regimenter durch die
+thätigen Bemühungen des Prinzen auf die erste Aufforderung in ihre
+Heimath zurückgesandt wurden. Wilhelm erbot sich sogar, persönlich ein
+Commando gegen die Rebellen zu übernehmen, und
+<span class = "pagenum">VII.24</span>
+<a name = "pageVII_24" id = "pageVII_24"> </a>
+daß dieses Anerbieten vollkommen aufrichtig gemeint war, kann von
+Niemandem, der seine vertraulichen Briefe an Bentinck gelesen hat,
+bezweifelt werden.<a class = "tag" name = "tagVII_15" id = "tagVII_15"
+href = "#noteVII_15">15</a></p>
+
+<p>Der Prinz gab sich zu dieser Zeit augenscheinlich der Hoffnung hin,
+daß der große Plan, dem in seinem Geiste alles Andre untergeordnet war,
+den Beifall und die Unterstützung seines Schwiegervaters erhalten werde.
+Der hohe Ton, den Jakob damals gegen Frankreich annahm, die
+Bereitwilligkeit, mit der er sich zu einem Defensivbündnisse mit den
+Vereinigten Provinzen verstand, und seine Geneigtheit zu einer
+Verbindung mit dem Hause Österreich bestärkten diese Erwartung. Aber
+bald verfinsterte sich der Horizont. Die Entlassung Halifax’, der Bruch
+zwischen Jakob und dem Parlamente, die Prorogation desselben und die
+ausdrückliche Erklärung, welche der König den auswärtigen Gesandten gab,
+daß die festländische Politik seine Aufmerksamkeit nicht länger von
+inneren Maßregeln zur Befestigung seiner Hoheitsrechte und zur Förderung
+der Interessen seiner Kirche ablenken sollte, machten der Täuschung ein
+Ende. Es war klar, daß England, wenn Jakob sein Beherrscher war, im Fall
+einer europäischen Krisis entweder unthätig bleiben oder im Einklange
+mit Frankreich handeln würde. Und die europäische Krisis rückte immer
+näher. Das Haus Österreich war durch eine Reihe von Siegen gegen fernere
+Gefahr von Seiten der Türkei gesichert worden und hatte daher nicht mehr
+nöthig, die Übergriffe und Beleidigungen Ludwig’s geduldig zu
+ertragen.</p>
+
+<p class = "footnote">
+<a name = "noteVII_15" id = "noteVII_15" href = "#tagVII_15">15.</a>
+Zum Beispiel: <span class = "antiqua">„Je crois M. Feversham un très
+brave et honeste homme. Mais je doute s’il a assez d’expérience à
+diriger une si grande affaire qu’il a sur le bras. Dieu lui donne un
+succès prompt et heureux. Mais je ne suis pas hors d’inquiétude.“</span>
+&mdash; 7.(17.) Juli 1685. Als er die Nachricht von der Schlacht von
+Sedgemoor erhalten hatte, schrieb er wieder: <span class =
+"antiqua">„Dieu soit loué du bon succès que les troupes du Roy ont eu
+contres les rebelles. Je ne doute pas que cette affaire ne soit
+entièrement assoupie, et que le règne du Roy sera heureux, ce que Dieu
+veuille.“</span> &mdash; 10.(20.) Juli.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Vertrag von Augsburg.</span>
+<a name = "secVII_16" id = "secVII_16">In</a> Folge dessen wurde im Juli
+1686 zu Augsburg ein Vertrag unterzeichnet, durch den sich die Fürsten
+des Reichs zum Zwecke gegenseitiger Vertheidigung eng verbanden. Die
+Könige von Spanien und von Schweden waren diesem Bunde ebenfalls
+beigetreten, der König von Spanien als Besitzer der im burgundischen
+Kreise liegenden Provinzen, der König von Schweden als Herzog von
+Pommern. Die Verbündeten erklärten, daß sie nicht die Absicht hätten
+irgend eine Macht anzugreifen oder irgend eine zu beleidigen, daß sie
+aber entschlossen seien, keine Verletzung der Rechte zu dulden, welche
+das deutsche Reich unter Sanction des Völkerrechts und der öffentlichen
+Treue besitze. Sie verpflichteten sich, einander im Falle der Noth
+beizustehen und bestimmten das Truppencontingent, das jedes Mitglied des
+Bundes stellen mußte, wenn es nöthig werden sollte, einen Angriff
+zurückzuweisen.<a class = "tag" name = "tagVII_16" id = "tagVII_16" href
+= "#noteVII_16">16</a> Der Name Wilhelm’s war in dieser Urkunde nicht
+genannt aber Jedermann wußte, daß sie sein Werk war und sah voraus, daß
+er in nicht langer Zeit wieder an der Spitze einer Coalition gegen
+Frankreich stehen werde. Zwischen ihm und dem Vasallen Frankreichs
+konnte unter solchen Umständen kein herzliches Einvernehmen stattfinden.
+Es erfolgte zwar kein offener Bruch und kein Austausch von Drohungen
+oder
+<span class = "pagenum">VII.25</span>
+<a name = "pageVII_25" id = "pageVII_25"> </a>
+Vorwürfen; aber Schwiegervater und Schwiegersohn waren vollständig und
+für immer geschieden.</p>
+
+<p class = "footnote">
+<a name = "noteVII_16" id = "noteVII_16" href = "#tagVII_16">16.</a>
+Der Vertrag ist in dem <span class = "antiqua">Recueil des Traités, IV.
+No. 209</span> zu finden.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Wilhelm wird das Oberhaupt der englischen Opposition.</span>
+<a name = "secVII_17" id = "secVII_17">Gerade</a> zu der Zeit, als der
+Prinz so dem englischen Hofe entfremdet wurde, verschwanden die
+Ursachen, welche bisher eine Kälte zwischen ihm und den beiden großen
+Parteien des englischen Volks hervorgerufen hatten. Ein großer Theil,
+der Zahl nach vielleicht die Mehrheit der Whigs, hatte die Ansprüche
+Monmouth’s begünstigt, aber Monmouth existirte jetzt nicht mehr. Die
+Tories auf der andren Seite hatten gefürchtet, die Interessen der
+anglikanischen Kirche mochten unter der Leitung eines Mannes nicht
+sicher sein, der unter holländischen Presbyterianern aufgewachsen und
+dessen Ansichten über die Gewänder, die Ceremonien und die Bischöfe als
+latitudinarisch wohl bekannt waren; seitdem aber jener geliebten Kirche
+von einer ganz andren Seite weit furchtbarere Gefahren drohten, hatten
+diese Befürchtungen fast ihre ganze Kraft verloren. So kam es, daß beide
+große Parteien in dem nämlichen Augenblicke ihre Hoffnungen und ihre
+Liebe auf den nämlichen Führer zu richten begannen. Alte Republikaner
+konnten ihr Vertrauen einem Manne nicht versagen, der viele Jahre
+hindurch das höchste Amt einer Republik würdig bekleidet hatte, und alte
+Royalisten sahen ein, daß sie in Übereinstimmung mit ihren Grundsätzen
+handelten, wenn sie einem dem Throne so nahe gehenden Prinzen die
+tiefste Ehrerbietung bezeigten. Unter diesen Umständen war es von
+höchster Wichtigkeit, daß zwischen Wilhelm und Marien die vollkommenste
+Einigkeit herrschte. Eine Mißhelligkeit zwischen der präsumtiven
+Thronerbin und ihrem Gemahl hätte in der großen Masse, die sich von
+allen Seiten her um einen gemeinschaftlichen Mittelpunkt schaarte, eine
+Spaltung hervorbringen müssen. Zum Glück wurde jede Gefahr einer solchen
+Mißhelligkeit im entscheidenden Augenblicke durch Burnet’s
+Dazwischenkunft beseitigt und der Prinz wurde das unbestrittene Haupt
+der ganzen Partei, welche der Regierung feindlich gegenüberstand, einer
+Partei, welche fast die ganze Nation in sich begriff.</p>
+
+<p>Es ist nicht der mindeste Grund zu der Annahme vorhanden, daß er
+schon um diese Zeit das große Unternehmen im Sinne hatte, zu dem ihn
+später die gebieterische Nothwendigkeit trieb. Er wußte sehr gut, daß
+die öffentliche Stimmung in England, wenn auch durch Kränkungen gereizt,
+doch zu einer Revolution keineswegs reif war. Gewiß würde er gern das
+Ärgerniß vermieden haben, das ein blutiger Streit zwischen Personen,
+welche durch die engsten Bande der Blutsverwandtschaft und der
+Verschwägerung an einander gekettet waren, nothwendig erregen mußte.
+Auch sein Ehrgeiz ließ es ihm nicht wünschenswerth erscheinen, die
+Größe, die im gewöhnlichen Laufe der Natur und des Rechts ihm zufallen
+konnte, einer Gewaltthätigkeit zu verdanken, denn er wußte jetzt, daß,
+wenn die Krone auf regelmäßigem Wege auf seine Gemahlin überging,
+zugleich mit derselben auch alle ihre Vorrechte ungeschmälert auf ihn
+selbst übergehen würden, daß sie aber, wenn sie durch eine Wahl erlangt
+wurde, unter den Bedingungen angenommen werden mußte, welche die Wähler
+zu stellen für gut fanden. Er schien daher geduldig den Tag erwarten zu
+wollen, wo er mit unbestrittenem Rechte die Regierung antreten konnte,
+und sich bis dahin darauf zu beschränken, als erster Prinz von Geblüt
+und als Oberhaupt der Partei, welche in der Nation entschieden das
+Übergewicht
+<span class = "pagenum">VII.26</span>
+<a name = "pageVII_26" id = "pageVII_26"> </a>
+hatte, und die auch darauf rechnen konnte, in beiden Häusern eines zu
+versammelnden Parlaments entschieden zu überwiegen, einen großen Einfluß
+auf die englischen Angelegenheiten auszuüben.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Mordaunt schlägt Wilhelm eine Landung in England vor.</span>
+<a name = "secVII_18" id = "secVII_18">Indessen</a> war er bereits durch
+einen Rathgeber, der weniger scharfsichtig, aber ungestümer war als er
+selbst, gedrängt worden, einen kühneren Weg einzuschlagen. Dieser
+Rathgeber war der junge Lord Mordaunt. Das damalige Zeitalter hat kein
+erfinderischeres Genie und keinen verwegeneren Geist hervorgebracht.
+Aber wenn ein Plan nur glänzend war, so fragte Mordaunt selten danach,
+ob er auch ausführbar sein würde, sein ganzes Leben war ein wilder
+Roman, zusammengesetzt aus geheimnißvollen Intriguen der Politik und der
+Liebe, aus heftigen und schnellen Wechseln des Schauplatzes und des
+Glücks, und aus Siegen, welche mehr denen eines Amadis und eines
+Lancelot, als denen eines Luxemburg und eines Eugen glichen. Die
+Episoden, welche mit dieser seltsamen Lebensgeschichte verflochten
+waren, entsprachen ganz der Hauptintrigue. Es waren darunter nächtliche
+Kämpfe mit edelmüthigen Räubern und Befreiungen vornehmer und schöner
+Damen aus den Händen von Entführern. Nachdem sich Mordaunt durch die
+Beredtsamkeit und Kühnheit ausgezeichnet, mit der er im Hause der Lords
+gegen den Hof aufgetreten war, zog er sich bald nach der Prorogation
+nach dem Haag zurück und empfahl dringend eine unverzügliche Landung in
+England. Er bildete sich ein, es sei eben so leicht, drei große
+Königreiche zu überrumpeln, als es ihm lange nachher wurde, Barcellona
+zu nehmen.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Wilhelm verwirft den Rath.</span>
+<a name = "secVII_19" id = "secVII_19">Wilhelm</a> hörte ihn an,
+überlegte sich die Sache und erwiederte endlich in allgemeinen
+Ausdrücken, er interessire sich sehr für die englischen Angelegenheiten
+und werde dieselben scharf im Auge behalten.<a class = "tag" name =
+"tagVII_17" id = "tagVII_17" href = "#noteVII_17">17</a> Was aber auch
+seine Absicht sein mochte, es ist nicht anzunehmen, daß er einen
+voreiligen und hitzköpfigen fahrenden Ritter zu seinem Vertrauten
+erwählt haben würde. Die beiden Männer hatten nichts mit einander gemein
+als persönlichen Muth, der bei ihnen bis zum fabelhaften Heroismus ging,
+Mordaunt wollte lediglich die Aufregung des Kampfes genießen und die
+Menschen in Erstaunen setzen, Wilhelm hatte beständig ein erhabenes Ziel
+vor Augen. Nach diesem Ziele trieb ihn eine gewaltige Leidenschaft, die
+ihn im Gewande einer heiligen Pflicht erschien. Auf dieses Ziel steuerte
+er mit einer Geduld hin, die, wie er einmal sagte, der Geduld eines
+Bootsführers glich, den er auf einem Kanale gegen eine widrige Strömung
+hatte ankämpfen sehen, der immer wieder zurückgeworfen wurde, aber nicht
+aufhörte zu rudern und zufrieden war, wenn er nach stundenlanger Arbeit
+um einige Yards vorwärts gekommen war.<a class = "tag" name =
+"tagVII_18" id = "tagVII_18" href = "#noteVII_18">18</a> Heldenthaten,
+die ihn seinem Ziele nicht näher brachten, mochten sie in den Augen des
+großen Haufens noch so ruhmvoll sein, waren seiner Ansicht nach
+kindische Eitelkeiten, aber kein Theil der wahren Aufgabe des
+Lebens.</p>
+
+<p>Er beschloß, Mordaunt’s Rath zu verwerfen und es kann keinem Zweifel
+unterliegen, daß dies ein weiser Entschluß war. Hätte Wilhelm im Jahre
+1686 oder selbst 1687 das versucht, was er 1688 mit so
+<span class = "pagenum">VII.27</span>
+<a name = "pageVII_27" id = "pageVII_27"> </a>
+glänzendem Erfolge unternahm, so würden zwar vielleicht auf seinen Ruf
+viele Whigs zu den Waffen gegriffen haben, aber er würde bald gesehen
+haben, daß die Nation noch nicht hinreichend vorbereitet war, um einen
+bewaffneten Befreier aus fremdem Lande willkommen zu heißen, und daß die
+Kirche noch nicht genugsam gereizt und beleidigt worden war, damit sie
+den Grundsatz, der seit so langer Zeit ihr Losungswort war, schon hätte
+vergessen haben können. Die alten Kavaliere würden sich um das
+königliche Banner geschaart haben und es würde wahrscheinlich in allen
+drei Königreichen ein eben so langer und heftiger Bürgerkrieg als der
+unter der vorigen Generation ausgebrochen sein. Während dieser Krieg auf
+den britischen Inseln wüthete, was konnte Ludwig inzwischen nicht Alles
+auf dem Continent versuchen? Und welche Aussichten hätte dann Holland
+gehabt, das von seinen Truppen entblößt und von seinem Statthalter
+verlassen gewesen wäre?</p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVII_17" id = "noteVII_17" href = "#tagVII_17">17.</a>
+<span class = "antiqua">Burnet I. 762.</span></p>
+
+<p><a name = "noteVII_18" id = "noteVII_18" href = "#tagVII_18">18.</a>
+<span class = "antiqua">Temple’s Memoirs.</span></p>
+</div>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Unzufriedenheit in England nach dem Sturze der Hyde.</span>
+<a name = "secVII_20" id = "secVII_20">Wilhelm</a> begnügte sich daher
+für jetzt, Maßregeln zu ergreifen, um der mächtigen Opposition, deren
+Oberhaupt er geworden war, Einigkeit und Lebenskraft einzuhauchen. Dies
+war nicht schwer. Der Fall der Hyde hatte durch ganz England eine
+heftige Aufregung und Entrüstung hervorgerufen. Man fühlte, daß es sich
+jetzt nicht mehr darum handelte, ob der Protestantismus herrschen,
+sondern ob er geduldet werden sollte. An die Stelle des Schatzmeisters
+war eine Commission getreten, deren Oberhaupt ein Papist war. Das
+Geheimsiegel war einem Papisten anvertraut worden und der Nachfolger des
+Lordlieutenants von Irland war ein Mann, der durchaus keinen andren
+Anspruch auf einen so hohen Posten hatte, als daß er Papist war.
+Tyrconnel wäre der Letzte gewesen, den eine Regierung, welcher das
+allgemeine Wohl des Landes am Herzen lag, nach Dublin als Stellvertreter
+geschickt hätte. Seine brutalen Manieren machten ihn geradezu unfähig,
+die Majestät der Krone zu repräsentiren. Sein beschränkter Verstand und
+sein heftiges Temperament machten ihn untauglich, wichtige
+Staatsgeschäfte zu leiten. Sein unversöhnlicher Haß gegen die Besitzer
+des größeren Theiles des irischen Grund und Bodens machte ihn ganz
+untauglich, gerade dieses Land zu verwalten. Aber die Maßlosigkeit
+seiner Bigotterie wurde als ein genügender Ersatz für die Maßlosigkeit
+seiner anderen Leidenschaften betrachtet und aus Rücksicht auf seinen
+Haß gegen den reformirten Glauben gestattete man ihm, seinem Hasse gegen
+den englischen Namen freien Lauf zu lassen. Dies war also der wirkliche
+Sinn der Achtung Seiner Majestät vor den Rechten der Überzeugung! Er
+wollte, daß sein Parlament alle den Papisten auferlegte Ausschließungen
+beseitigte, nur damit <em>er</em> gleich drückende Ausschließungen über
+die Protestanten verhängen konnte. Es war klar, daß unter einem solchen
+Fürsten Glaubensabfall der einzige Weg zur Größe sein konnte. Dennoch
+wagten es nur Wenige, diesen Weg einzuschlagen, denn der Geist der
+Nation war furchtbar aufgeregt, und jeder Renegat hatte ein solches Maß
+von Hohn und Verachtung zu ertragen, daß auch die verhärtetsten Naturen
+nicht ganz unempfindlich dagegen bleiben konnten.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Bekehrungen zum Papismus; Peterborough, Salisbury.</span>
+<a name = "secVII_21" id = "secVII_21">Allerdings</a> hatten erst
+kürzlich mehrere bemerkenswerthe Übertritte stattgefunden; aber sie
+waren von der Art, daß sie der römischen Kirche wenig Ehre machten. Zwei
+vornehme Männer hatten sich in ihren Schooß aufnehmen lassen: Heinrich
+Mordaunt, Earl von Peterborough
+<span class = "pagenum">VII.28</span>
+<a name = "pageVII_28" id = "pageVII_28"> </a>
+und Jakob Cecil, Earl von Salisbury. Aber Peterborough, früher ein
+thätiger Soldat, Hofmann und Diplomat, war jetzt durch Alter und
+Krankheit gebeugt und wer ihn, auf einen Stock gestützt und in Flanell
+und Pflaster eingehüllt, durch die Gallerien von Whitehall hinken sah,
+tröstete sich über seinen Abfall damit, daß er seinen Glauben erst
+gewechselt, nachdem er seine Körper- und Geisteskräfte überlebt hatte.<a
+class = "tag" name = "tagVII_19" id = "tagVII_19" href =
+"#noteVII_19">19</a> Salisbury war sprüchwörtlich albern. Sein Körper
+war in Folge sinnlicher Genüsse dermaßen aufgeschwollen, daß er sich
+fast nicht mehr bewegen konnte, und dieser träge Körper war der Wohnsitz
+eines eben so trägen Geistes. In populären Spottliedern war er als ein
+Mensch dargestellt, der dazu geschaffen war, betrogen zu werden, als ein
+Mensch, der bisher die Beute von Spielern gewesen und der eben so gut
+die Beute von Mönchen werden konnte. Ein Pasquill, das zur Zeit von
+Rochester’s Rücktritt an die Thür von Salisbury House am Strand
+angeheftet wurde, schildert in starken Ausdrücken das Entsetzen, mit dem
+der weise Robert Cecil, wenn er aus seinem Grabe auferstehen könnte,
+sehen würde, auf was für ein Geschöpf seine Würden und Ehren gekommen
+waren.<a class = "tag" name = "tagVII_20" id = "tagVII_20" href =
+"#noteVII_20">20</a></p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVII_19" id = "noteVII_19" href = "#tagVII_19">19.</a>
+Siehe die beiden Gedichte, betitelt: <span class = "antiqua">The
+Converts</span> und <span class = "antiqua">The Delusion</span>.</p>
+
+<p><a name = "noteVII_20" id = "noteVII_20" href = "#tagVII_20">20.</a>
+Die Verse befinden sich in der <span class = "antiqua">Collection of
+State Poems</span>.</p>
+</div>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Wycherley, Tindal, Haines.</span>
+<a name = "secVII_22" id = "secVII_22">Dies</a> waren im Range die
+höchststehenden von Jakob’s Proselyten. Außerdem gab es noch Renegaten
+ganz andrer Art, unbemittelte Leute von Talent, die aber keine
+Grundsätze und keine Spur von Ehrgefühl besaßen. Man hat Grund zu
+glauben, daß Wilhelm Wycherley, der zügelloseste und hartherzigste
+Schriftsteller einer ganz besonders zügellosen und hartherzigen Schule,
+zu diesen gehörte.<a class = "tag" name = "tagVII_21" id = "tagVII_21"
+href = "#noteVII_21">21</a> Gewiß ist, daß Matthäus Tindal, der sich
+später durch seine Schriften gegen das Christenthum einen Namen machte,
+um diese Zeit in den Schooß der alleinseligmachenden Kirche aufgenommen
+wurde, ein Schritt, den, wie man leicht denken kann, die Theologen, mit
+denen er nachmals polemisirte, nicht vergessen hatten.<a class = "tag"
+name = "tagVII_22" id = "tagVII_22" href = "#noteVII_22">22</a> Ein noch
+ehrloserer Apostat war Joseph Haines, dessen Name jetzt so gut wie
+vergessen ist, der aber damals als ein Abenteurer von vielseitiger
+Begabung, als Gauner, Falschmünzer, falscher Zeuge, falscher Bürge,
+Tanzmeister, Possenreißer, Dichter und Schauspieler wohl bekannt war.
+Einige von seinen Prologen und Epilogen wurden von seinen Zeitgenossen
+viel bewundert und sein Schauspielertalent war allgemein anerkannt.
+Dieser Mann wurde Katholik, ging im Gefolge Castelmaine’s mit nach
+Italien, wurde aber bald wegen schlechter Aufführung wieder entlassen.
+Wenn man einer Tradition glauben darf, die sich lange im Garderobezimmer
+erhalten hat, so hatte Haines die Frechheit zu behaupten, daß ihm die
+Jungfrau Maria erschienen sei und ihn zur Buße aufgefordert habe. Nach
+der Revolution versuchte er es sich mit der Stadt durch eine Buße
+auszusöhnen, die noch skandalöser war als sein Vergehen. Eines Abends,
+ehe er in einer Posse auftrat, erschien er in ein weißes Betttuch
+gehüllt und mit einer Kerze
+<span class = "pagenum">VII.29</span>
+<a name = "pageVII_29" id = "pageVII_29"> </a>
+in der Hand auf der Bühne und trug einige gottlose, unanständige
+Knittelverse vor, die er seinen Widerruf nannte.<a class = "tag" name =
+"tagVII_23" id = "tagVII_23" href = "#noteVII_23">23</a></p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVII_21" id = "noteVII_21" href = "#tagVII_21">21.</a>
+Die Nachrichten, die wir über Wycherley haben, sind äußerst dürftig;
+zweierlei aber ist gewiß: daß er sich in seinen späteren Jahren einen
+Papisten nannte und daß er von Jakob Geld erhielt. Ich zweifle kaum
+daran, daß er ein bezahlter Convertit war.</p>
+
+<p><a name = "noteVII_22" id = "noteVII_22" href = "#tagVII_22">22.</a>
+Siehe den Artikel über ihn in der <span class = "antiqua">Biographia
+Britannica</span>.</p>
+
+<p><a name = "noteVII_23" id = "noteVII_23" href = "#tagVII_23">23.</a>
+Siehe Jakob Quin’s Bericht über Haines in <span class =
+"antiqua">Davies’s Miscellanies</span>; <span class = "antiqua">Tom
+Brown’s Works</span>; <span class = "antiqua">Lives of Sharpers</span>;
+Dryden’s Epilog zu der <span class = "antiqua">Secular
+Masque</span>.</p>
+</div>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Dryden.</span>
+<a name = "secVII_23" id = "secVII_23">Mit</a> dem Namen Haines wurde in
+vielen Libellen der Name eines berühmteren Renegaten, Johann Dryden’s
+verbunden. Dryden näherte sich jetzt dem Abend seines Lebens. Nach
+vielen Erfolgen und vielen Enttäuschungen hatte er endlich mit
+allgemeiner Zustimmung die erste Stelle unter den lebenden Dichtern
+Englands erhalten. Er hatte größere Ansprüche auf den Dank Jakob’s als
+irgend ein andrer Schriftsteller des Königreichs. Doch Jakob war an
+Versen wenig, sehr viel aber am Gelde gelegen. Vom Tage seiner
+Thronbesteigung an bemühte er sich kleine Ersparnisse zu machen, welche
+einer Regierung den Vorwurf der Knauserei zuziehen, ohne die Finanzlast
+merklich zu erleichten. Zu den Opfern seiner unverständigen Sparsamkeit
+gehörte auch der <span class = "antiqua">Poeta Laureatus</span>. Es
+wurde Befehl gegeben, daß in dem neuen Diplom, welches durch die
+Erledigung der Krone nöthig geworden war, das jährlich gespendete Faß
+Sect, das ursprünglich Jonson bewilligt und auch dessen Nachfolgern
+zugestanden worden war, weggelassen werden sollte.<a class = "tag" name
+= "tagVII_24" id = "tagVII_24" href = "#noteVII_24">24</a> Dies war die
+einzige Notiz, welche der König im ersten Jahre seiner Regierung von dem
+gewaltigen Satiriker zu nehmen geruhte, der im kritischesten Augenblicke
+des großen Kampfes wegen der Ausschließungsbill in den Reihen der Whigs
+Schrecken verbreitet hatte. Dryden war arm und seine Armuth drückte ihn
+nieder. Von Religion wußte er wenig und kümmerte sich auch nicht darum.
+Wenn irgend ein Gefühl tief in seiner Brust wurzelte, so war es der
+Widerwille gegen die Priester jeden Glaubens, gegen Leviten, Auguren,
+Muftis, römisch-katholische Geistliche, presbyterianische und
+anglikanische Geistliche. Er war von Natur kein hochherziger Mann, und
+seine Bestrebungen waren nicht von der Art, daß sie seinem Sinne höhere
+Würde und größeres Zartgefühl verleihen konnten. Er hatte viele Jahre
+lang sich seinen Unterhalt dadurch erworben, daß er dem verderbten
+Geschmacke des Publikums diente und reichen, adeligen Gönnern auf die
+plumpste Manier schmeichelte. Selbstachtung und ein feines
+Schicklichkeitsgefühl konnte man von einem Manne, der das Leben eines
+Bettlers und Speichelleckers geführt hatte, nicht erwarten. Da er die
+Bemerkung machte, daß seine Dienste unbeachtet bleiben würden, wenn er
+fortführe sich einen Protestanten zu nennen, so erklärte er sich zum
+Papisten. Augenblicklich ließ die Knauserei des Königs nach. Dryden
+wurde mit einem Jahrgelde von hundert Pfund belohnt und dazu verwendet,
+seine neue Religion in Prosa und in Versen zu vertheidigen.</p>
+
+<p>Zwei ausgezeichnete Männer, Samuel Johnson und Walter Scott, haben
+ihr Möglichstes gethan, um sich selbst und Andere zu überreden, daß
+dieser denkwürdige Glaubenswechsel aufrichtig war. Es war natürlich, daß
+sie einen Schandfleck von dem Gedächtnisse eines Mannes verwischen
+wollten, dessen Genie sie mit Recht bewunderten und mit dessen
+politischen Ansichten sie stark sympathisirten; der unparteiische
+Geschichtsschreiber aber muß ein ganz andres Urtheil aussprechen. Es
+wird jederzeit starker Zweifel gegen die Aufrichtigkeit einer Bekehrung
+erhoben werden, durch welche
+<span class = "pagenum">VII.30</span>
+<a name = "pageVII_30" id = "pageVII_30"> </a>
+der Bekehrte unmittelbar gewinnt. Und in Dryden’s Falle ist nichts
+vorhanden, was diesen Zweifel entkräften konnte. Seine theologischen
+Schriften beweisen zur Genüge, daß er sich nie fleißig und ernstlich
+bemüht hat, die Wahrheit zu ergründen, und daß seine Kenntniß der
+Kirche, die er verließ, wie auch der, zu der er übertrat, höchst
+oberflächlich war. Eben so wenig benahm er sich in der Folge wie ein
+Mann, den ein starkes Pflichtgefühl zu einem Schritte von so
+hochwichtiger Bedeutung bewogen hatte. Wäre er ein solcher Mann gewesen,
+so würde die nämliche Überzeugung, die ihn in den Schooß der römischen
+Kirche geführt hatte, ihn abgehalten haben, allgemeine Regeln, welche
+diese Kirche in Übereinstimmung mit jeder andren christlichen
+Gemeinschaft als bindend anerkennt, gröblich und gewohnheitsmäßig zu
+verletzen. Es würde ein merklicher Unterschied zwischen seinen früheren
+und seinen späteren Werken zu erkennen gewesen sein; er würde mit Reue
+auf seine fast dreißigjährige literarische Laufbahn zurückgeblickt
+haben, während welcher er seine seltenen Talente für die Diction und den
+Versbau systematisch zur Verbreitung der Sittenverderbniß angewendet
+hatte. Nicht eine Zeile, welche darauf hinzielte, die Tugend verächtlich
+zu machen und unreine Begierden zu entzünden, würde von diesem
+Augenblicke an mehr aus seiner Feder geflossen sein. Leider aber ist es
+nur zu wahr, daß die Dramen, welche er nach seiner angeblichen Bekehrung
+schrieb, in keiner Hinsicht weniger unrein und profan sind, als die
+seiner Jugend. Selbst in seinen Übersetzungen wich er beständig von den
+Originalen ab, um Bilder aufzusuchen, die er hätte übergehen müssen,
+wenn er sie in den Originalen gefunden hätte. Das Schlechte wurde durch
+seine Übertragungen noch schlechter, und das Unschuldige wurde durch die
+Berührung mit seinem Geiste befleckt. Er machte die derbsten Satiren
+Juvenal’s noch derber, schob in die Erzählungen Boccacio’s schlüpfrige
+Schilderungen ein und befleckte die liebliche und reine Poesie der
+Georgica mit Schmutz, der Vergil’s Ekel erregt haben würde.</p>
+
+<p>Dryden’s Beistand war denjenigen römisch-katholischen Theologen
+willkommen, welche gegen die ausgezeichnetsten Männer der Staatskirche
+mit Mühe einen Kampf unterhielten. Sie konnten es sich nicht verhehlen,
+daß ihr durch ausländische, in Rom oder Douay aufgelesene Ausdrücke
+entstellter Styl der Beredtsamkeit eines Tillotson und Sherlock
+gegenüber eben in keinem vortheilhaften Lichte erschien. Man glaubte es
+nicht gering anschlagen zu dürfen, daß man die Mitwirkung des größten
+lebenden Meisters der englischen Sprache gewonnen hatte. Der erste
+Dienst, der von ihm zum Dank für die bewilligte Pension verlangt wurde,
+war eine in Prosa geschriebene Vertheidigung seiner Kirche gegen
+Stillingfleet. Aber einem Manne, der nichts zu sagen weiß, hilft das
+Talent, Alles gut sagen zu können, nichts, und in diesem Falle befand
+sich Dryden. Er sah bald ein, daß er einem Gegner, dessen ganzes Leben
+ein langes Studium der Polemik gewesen, nicht gewachsen war. Der
+langgediente Gladiator entwaffnete den Neuling, versetzte ihm mit
+Verachtung einige Hiebe und wendete sich dann von ihm ab, um
+achtunggebietenderen Kämpfern entgegenzutreten.</p>
+
+<p class = "footnote">
+<a name = "noteVII_24" id = "noteVII_24" href = "#tagVII_24">24.</a>
+Diese Thatsache, welche den genauen Forschungen Malone’s entging,
+ergiebt sich aus dem Briefbuche des Schatzamts von 1685.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+<span class = "antiqua">„The Hind and Panther.“</span></span>
+<a name = "secVII_24" id = "secVII_24">Jetzt</a> griff Dryden zu einer
+Waffe, in der er schwerlich einen ebenbürtigen Gegner zu fürchten hatte.
+Er zog sich auf einige Zeit von dem Geräusch der Kaffeehäuser und
+Theater in einen ruhigen Winkel von Huntingdonshire zurück und schrieb
+dort mit
+<span class = "pagenum">VII.31</span>
+<a name = "pageVII_31" id = "pageVII_31"> </a>
+ungewohnter Sorgfalt und Anstrengung sein berühmtes Gedicht über die
+zwischen der römischen und anglikanischen Kirche obschwebenden
+Streitpunkte. Die römische Kirche ist darin bildlich als eine milchweiße
+Hindin dargestellt, die beständig in Lebensgefahr schwebt, aber dazu
+bestimmt ist, nicht zu sterben. Die Thiere des Feldes sannen auf ihr
+Verderben. Der zitternde (<span class = "antiqua">quaking</span>) Hase
+beobachtete eine furchtsame Neutralität, aber der socinianische Fuchs,
+der presbyterianische Wolf, der independente Bär und der anabaptistische
+Eber schossen hämische Blicke auf das makellose Geschöpf. Unter dem
+Schutze ihres Freundes, des königlichen Löwen, konnte sie es indessen
+wagen, mit ihnen aus der nämlichen Quelle zu trinken. Die anglikanische
+Kirche war als Panther dargestellt, der zwar Flecken hat, aber schön,
+für ein Raubthier nur zu schön ist. Hindin und Panther, von der
+blutdürstigen Bevölkerung des Waldes in gleichem Grade gehaßt, beriethen
+sich im Stillen über ihre gemeinsame Gefahr. Dann gingen sie zur
+Discussion der Punkte über, in denen sie verschiedener Ansicht waren,
+und hielten, mit dem Schwanze wedelnd und sich den Bart leckend, ein
+langes Zwiegespräch über die wirkliche Anwesenheit Christi beim
+Abendmahl, über die Autorität der Päpste und Concilien, über die
+Strafgesetze, die Testacte, die Meineide des Oates, Buttler’s schlecht
+belohnte Dienste für die Kavalierpartei, Stillingfleet’s Pamphlets und
+Burnet’s breiten Rücken und glückliche Heirathsspekulationen.</p>
+
+<p>Das Unpassende dieses Planes springt in die Augen. Die Allegorie
+konnte in der That nicht zehn Zeilen hintereinander ununterbrochen
+beibehalten werden. Keine noch so kunstvolle Ausführung konnte die
+Fehler eines solchen Planes verdecken. Dessenungeachtet ist die Fabel
+von der Hindin und dem Panther unbestreitbar der werthvollste Beitrag zu
+der englischen Literatur aus der kurzen und unruhigen Regierungszeit
+Jakob’s&nbsp;II. In keinem andren Werke Dryden’s finden sich
+ergreifendere und erhabenere Stellen, eine größere Biegsamkeit und Kraft
+der Sprache und ein lieblicherer und abwechselnderer Wohllaut.</p>
+
+<p>Das Gedicht erschien mit allen Vortheilen ausgestattet, welche
+königliche Gunst gewähren konnte. Eine Prachtausgabe für Schottland
+wurde in der in Holyrood House errichteten Officin gedruckt. Aber die
+Leute waren nicht in der Stimmung, um sich von dem durchsichtigen Style
+und den melodischen Reimen des Apostaten bezaubern zu lassen. Der durch
+seine Feilheit erregte Unwille, die durch die Politik, deren Lobhudler
+er war, hervorgerufene Besorgniß ließen sich nicht in Schlaf singen. Die
+gerechte Entrüstung des Publikums wurde von Vielen, die den Stachel
+seines Spotts gefühlt, und von Vielen, die seinen Ruhm beneideten,
+angeschürt. Trotz aller Beschränkungen, denen die Presse unterlag,
+erschienen täglich Angriffe auf sein Leben und seine Schriften. Bald
+hieß er Bayes, bald der Dichter Squab. Man erinnerte ihn daran, daß er
+in seiner Jugend dem Hause Cromwell in der nämlichen knechtischen Weise
+den Hof gemacht, wie jetzt dem Hause Stuart. Ein Theil seiner Gegner
+druckte boshafterweise die sarkastischen Verse wieder ab, die er zu
+einer Zeit, wo es ihm nichts eingebracht haben würde, wenn er Papist
+geworden wäre, gegen den Papismus geschrieben hatte. Von den vielen
+satirischen Arbeiten, welche bei dieser Gelegenheit erschienen, war die
+gelungenste das gemeinsame Werk zweier junger Männer, welche kürzlich
+ihre Studien in Cambridge vollendet hatten und als vielversprechende
+Anfänger in den literarischen Kaffeehäusern Londons begrüßt worden
+waren: Karl Montague
+<span class = "pagenum">VII.32</span>
+<a name = "pageVII_32" id = "pageVII_32"> </a>
+und Matthäus Prior. Montague war von adeliger Abkunft, Prior’s Ursprung
+aber war so dunkel, daß kein Biograph im Stande gewesen ist, demselben
+auf die Spur zu kommen. Beide Abenteurer waren arm und strebsam. Beide
+hatten einen scharfen Verstand und einen lebendigen Geist, Beide
+schwangen sich später hoch empor. Beide verbanden in nicht gewöhnlichem
+Grade mit der Liebe zu den Wissenschaften Geschicklichkeit in denjenigen
+Gebieten des praktischen Lebens, gegen welche die Schöngeister in der
+Regel einen entschiedenen Widerwillen haben. Von den funfzig Dichtern,
+deren Lebenslauf Johnson geschildert hat, waren Montague und Prior die
+beiden einzigen, die sich durch eine gründliche Kenntniß des Handels und
+des Finanzwesens auszeichneten. Ihre Wege gingen bald weit auseinander,
+und ihre Jugendfreundschaft löste sich auf. Einer von ihnen wurde das
+Haupt der Whigpartei und wurde von den Tories angeklagt; der Andre wurde
+in alle Geheimnisse der toryistischen Diplomatie eingeweiht und von den
+Whigs lange in strenger Haft gehalten. Endlich wurden die so lange
+getrennt gewesenen Freunde nach vielen ereignißvollen Jahren in der
+Westminster-Abtei wieder mit einander vereinigt.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Änderung in dem Verfahren des Hofes gegen die Puritaner.</span>
+<a name = "secVII_25" id = "secVII_25">Wer</a> die Fabel von der Hindin
+und dem Panther aufmerksam gelesen hat, muß bemerkt haben, daß während
+der Bearbeitung dieses Werks in den Ansichten Derer, welche Dryden als
+Dolmetscher benutzten, eine große Veränderung vorging. Anfangs wird von
+der anglikanischen Kirche mit Liebe und Achtung gesprochen und sie wird
+ermahnt, sich mit der römisch-katholischen gegen die puritanischen
+Secten zu verbinden; am Schlusse des Gedichts aber und in der Vorrede,
+welche nach Vollendung des Ganzen geschrieben wurde, werden die
+protestantischen Dissenters aufgefordert, mit den Katholiken
+gemeinschaftliche Sache gegen die anglikanische Kirche zu machen.</p>
+
+<p>Dieser Umschlag in der Sprache des Hofpoeten deutete auf einen großen
+Umschlag in der Politik des Hofes hin. Der ursprüngliche Zweck Jakob’s
+war gewesen, nicht allein vollständige Befreiung von allen Strafen und
+bürgerlichen Ausschließungen, sondern auch einen großen Antheil an den
+kirchlichen und akademischen Stiftungen für seine Kirche zu erlangen und
+zu gleicher Zeit die Gesetze gegen die puritanischen Secten mit Strenge
+auszuüben. Alle von ihm gewährten besonderen Dispensationen waren
+römischen Katholiken gewährt worden. Alle Gesetze, welche auf den
+Presbyterianern, Independenten und Baptisten am schwersten lasteten,
+hatte er eine Zeit lang mit aller Strenge durchgeführt. Während Hales
+ein Regiment commandirte, während Powis im Geheimen Rathe saß, während
+Massey eine Dechanei bekleidete, während in Oxford mit königlicher
+Genehmigung Breviarien und Meßbücher gedruckt wurden, während in London
+die Hostie unter dem Schutze der Piken und Musketen der Fußgarde
+öffentlich ausgestellt wurde, während Ordensbrüder und Mönche in ihren
+Kutten in den Straßen von London einhergingen, saß Baxter im Gefängniß,
+war Howe in der Verbannung, standen die Fünfmeilenacte und die
+Conventikelacte in voller Kraft, mußten die puritanischen Schriftsteller
+zur ausländischen oder geheimen Pressen ihre Zuflucht nehmen, konnten
+puritanische Gemeinden sich nur des Nachts oder in abgelegenen Einöden
+versammeln, mußten puritanische Geistliche in Kohlengräber- oder
+Matrosenverkleidung predigen. In Schottland hatte der König neue Gesetze
+von beispielloser Härte gegen die Presbyterianer von den Ständen
+verlangt
+<span class = "pagenum">VII.33</span>
+<a name = "pageVII_33" id = "pageVII_33"> </a>
+und erhalten, während er keine Anstrengung sparte, ihnen jede
+Erleichterung für die Katholiken abzupressen. Sein Verfahren gegen die
+verbannten Hugenotten hatte seine Gesinnungen nicht minder deutlich
+verrathen. Wir haben gesehen, wie er, als die öffentliche Mildthätigkeit
+eine große Summe zur Unterstützung dieser Unglücklichen in seine Hände
+gelegt, allen Gesetzen der Gastfreundschaft und der Rechtschaffenheit
+zum Hohn von ihnen verlangte, daß sie dem calvinistischen Ritual, dem
+sie mit großer Liebe anhingen, entsagen und sich der anglikanischen
+Kirche anschließen müßten, ehe er ihnen das Geringste von den seiner
+Verwaltung anvertrauten Gaben spenden könnte.</p>
+
+<p>Dies war seine Politik gewesen, so lange er noch einigermaßen hoffen
+konnte, daß die anglikanische Kirche einwilligen werde, die Herrschaft
+mit der römischen Kirche zu theilen. Einmal stieg diese Hoffnung zur
+festen Überzeugung. Die Begeisterung, mit der die Tories seinen
+Regierungsantritt begrüßt hatten, die Wahlen, die demüthige Sprache und
+die reichen Geldbewilligungen seines Parlaments, die Unterdrückung des
+Aufstandes im Westen, die völlige Vernichtung der Partei, die ihn vom
+Throne hatte ausschließen wollen, dies Alles steigerte seine Zuversicht
+bis über die Grenzen der Vernunft. Er glaubte fest, daß seiner Macht und
+seiner Entschlossenheit jedes Hinderniß weichen werde. Sein Parlament
+leistete ihm Widerstand. Er versuchte die Wirkung von ungnädigen Blicken
+und Drohungen, und da er mit diesen nichts erreichte, versuchte er es
+mit der Prorogation. Aber von dem Augenblicke der Prorogation an wurde
+der Widerstand gegen seine Pläne immer stärker und stärker. Es schien
+klar, daß, wenn er seinen Willen durchsetzen wollte, er ihn im
+Widerspruch mit der großen Partei durchsetzen mußte, die seinem Throne,
+seinem Hause und seiner Person so glänzende Beweise von Treue gegeben
+hatte. Die ganze anglikanische Geistlichkeit, die ganze Kavaliergentry
+war gegen ihn. Vergebens hatte er kraft seines kirchlichen Supremats dem
+Klerus anbefohlen, sich jeder Erörterung von Streitpunkten zu enthalten.
+Jede Gemeinde der Nation wurde allsonntäglich gegen die Irrthümer Roms
+gewarnt, und diese Warnungen waren um so wirksamer, weil sie stets mit
+Versicherungen der Ehrerbietung gegen den König und des Entschlusses,
+Alles mit Geduld zu ertragen, was ihm zu verhängen belieben werde,
+verbunden waren. Die royalistischen Ritter und Squires, welche durch
+fünfundvierzig Jahre des Kriegs und der Parteiwuth dem Throne mannhaft
+zur Seite gestanden hatten, sprachen jetzt in sehr nachdrücklichen
+Worten den Entschluß aus, daß sie eben so mannhaft zur Kirche halten
+würden. Trotz seines beschränkten Verstandes und seines despotischen
+Characters sah Jakob nun doch ein, daß er sein Verfahren ändern müsse.
+Er konnte es ohne Gefahr nicht wagen, alle seine protestantischen
+Unterthanen zugleich zu beleidigen. Wenn er es über sich gewinnen
+konnte, der Partei, welche in beiden Häusern das Übergewicht hatte,
+Zugeständnisse zu machen, wenn er sich entschließen konnte, der
+Staatskirche alle ihre Würden, Einkünfte und Privilegien zu lassen, so
+mochte er auch fernerhin presbyterianische Versammlungen verbieten und
+die Gefängnisse mit baptistischen Predigern füllen. Blieb er aber dabei,
+die Hierarchie zu plündern, so mußte er sich entschließen, dem
+Vergnügen, die Dissenters zu verfolgen, zu entsagen. Wollte er von nun
+an mit seinen alten Freunden in Fehde leben, so mußte er mit seinen
+alten Feinden einen Waffenstillstand schließen. Er konnte die
+anglikanische Kirche nur dadurch bezwingen, daß er eine
+<span class = "pagenum">VII.34</span>
+<a name = "pageVII_34" id = "pageVII_34"> </a>
+umfassende Coalition gegen sie bildete, welche Secten in sich schloß,
+die zwar in Lehre und Verfassung von einander selbst viel stärker
+abwichen als von ihr, aber doch durch ihre gemeinsame Eifersucht auf
+ihre Größe und durch die gemeinsame Furcht vor ihrer Unduldsamkeit
+bewogen werden konnten, ihre Feindseligkeiten so lange ruhen zu lassen,
+bis jene Kirche die Macht verloren hatte, sie zu tyrannisiren.</p>
+
+<p>Ein Grund schien besonders für diesen Plan zu sprechen. Wenn es ihm
+nur gelang, die protestantischen Nonconformisten zu gewinnen, so durfte
+er sich mit der Hoffnung schmeicheln, vor jeder Rebellion sicher zu
+sein. Nach der Ansicht der anglikanischen Geistlichen konnte keine
+Kränkung irgend welcher Art einen Unterthanen berechtigen, den Gesalbten
+des Herrn gewaltsamen Widerstand zu leisten. Die Theorie der
+puritanischen Sectirer lautete ganz anders. Diese Sectirer trugen kein
+Bedenken, Tyrannen mit dem Schwerte Gideon’s zu Boden zu schlagen, und
+manche von ihnen scheuten sich auch nicht, den Dolch Ehud’s zu
+gebrauchen. Wahrscheinlich sannen sie eben jetzt wieder auf einen neuen
+westlichen Aufstand oder auf ein neues Ryehousecomplot. Jakob glaubte
+daher, daß er getrost die Staatskirche verfolgen könnte, wenn es ihm nur
+gelang, die Dissenters zu gewinnen. Die Partei, deren Grundsätze ihm
+keine Sicherheit gewährten, war dann durch das Interesse an ihn
+gefesselt, und die Partei, deren Interessen er angriff, erregte aus
+Grundsatz keinen Aufruhr.</p>
+
+<p>Unter dem Einflusse solcher Erwägungen begann Jakob von dem
+Augenblicke an, als er sich zornig von seinem Parlament trennte, auf
+eine Coalition aller katholischen wie protestantischen Nonconformisten
+gegen die Landeskirche zu denken. Schon um Weihnachten 1685 meldeten die
+Gesandten der Vereinigten Provinzen den Generalstaaten, daß der Plan
+einer allgemeinen Duldung entworfen sei und bald ans Licht treten
+werde.<a class = "tag" name = "tagVII_25" id = "tagVII_25" href =
+"#noteVII_25">25</a> Indessen erwiesen sich die Nachrichten, welche der
+holländischen Gesandtschaft zugekommen waren, als verfrüht. Die
+Separatisten scheinen jedoch im Jahre 1686 schon viel milder behandelt
+worden zu sein, als während des Jahres 1685. Aber nur ganz allmälig und
+nach vielen inneren Kämpfen vermochte es der König über sich, mit Allem,
+was er am meisten verabscheute, ein Bündniß zu schließen. Er hatte einen
+nicht oberflächlichen und launenhaften, nicht erst kürzlich entstandenen
+oder rasch aufgeschossenen, sondern in seiner Familie erblichen Groll zu
+überwinden, welcher durch große, während hundertzwanzig ereignißvoller
+Jahre zugefügte und erlittene Unbilden verstärkt worden und mit allen
+seinen religiösen und politischen, häuslichen und persönlichen Gefühlen
+verwachsen war. Vier Generationen von Stuarts hatten mit vier
+Generationen von Puritanern einen Krieg auf Leben und Tod geführt, und
+während dieses ganzen langen Krieges hatte kein Stuart die Puritaner so
+stark gehaßt, und war so stark von ihnen gehaßt worden, als er. Sie
+hatten es versucht, seine Ehre zu untergraben und ihn seines
+Geburtsrechts zu berauben; sie hatten ihn einen Brandstifter, einen
+Kehlabschneider und einen Giftmischer genannt; sie hatten ihn aus der
+Admiralität und aus dem Staatsrathe verdrängt; sie hatten ihn zu
+wiederholten Malen in die Verbannung getrieben, sie hatten einen
+Mordanschlag auf ihn gemacht, und sie hatten sich zu Tausenden mit
+bewaffneter Hand gegen ihn erhoben. Dafür hatte er sich an ihnen durch
+ein Gemetzel gerächt, wie es England
+<span class = "pagenum">VII.35</span>
+<a name = "pageVII_35" id = "pageVII_35"> </a>
+noch nie gesehen. Ihre Köpfe und Glieder verwesten noch auf Pfählen auf
+allen öffentlichen Plätzen von Somersetshire und Dorsetshire. Bejahrte
+Frauen, die wegen ihrer Frömmigkeit und Mildthätigkeit von den Sectirern
+in hohen Ehren gehalten wurden, waren um geringfügiger Vergehen willen,
+die kein guter Fürst nur eines strengen Verweises werth gehalten haben
+würde, enthauptet oder lebendig verbrannt worden. In einem solchen
+Verhältnisse hatte selbst in England der König zu den Puritanern
+gestanden, und in Schottland hatte die Tyrannei des Königs und die Wuth
+der Puritaner einen Grad erreicht, von dem sich die Engländer kaum einen
+Begriff machen konnten. Einen so langjährigen und so tödtlichen Haß zu
+vergessen, war für einen ganz besonders harten und unversöhnlichen
+Character keine leichte Aufgabe.</p>
+
+<p>Der Kampf, der im Innern des Königs stattfand, entging dem Blicke
+Barillon’s nicht. Ende Januar 1687 schrieb er einen interessanten Brief
+nach Versailles. Der König &mdash; dies war der wesentliche Inhalt des
+Schreibens &mdash; habe sich so ziemlich überzeugt, daß er nicht völlige
+Freiheit für die römischen Katholiken erlangen und dabei doch die
+Gesetze gegen die protestantischen Dissenters aufrecht erhalten könne.
+Er neige sich daher zu einem Plane allgemeiner Indulgenz hin, im Herzen
+aber würde es ihm weit lieber sein, wenn er auch jetzt noch seinen
+Schutz und seine Gunst zwischen der römischen und der anglikanischen
+Kirche, mit Ausschluß aller anderen religiösen Überzeugungen, theilen
+könnte.<a class = "tag" name = "tagVII_26" id = "tagVII_26" href =
+"#noteVII_26">26</a></p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVII_25" id = "noteVII_25" href = "#tagVII_25">25.</a>
+Leeuwen, 25. Dec. (4. Jan.) 1685/6.</p>
+
+<p><a name = "noteVII_26" id = "noteVII_26" href = "#tagVII_26">26.</a>
+Barillon, 31. Jan. (10. Febr.) 1686/7. <span class = "antiqua">„Je crois
+que, dans le fond, si on ne pouvoit laisser que la religion Anglicane et
+la Catholique établies par les loix, le Roy d’Angleterre en seroit bien
+plus content.“</span></p>
+</div>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+In Schottland theilweise Duldung gewährt.</span>
+<a name = "secVII_26" id = "secVII_26">Wenige</a> Tage nach dem Abgang
+dieser Depesche that Jakob zögernd und widerstrebend den ersten Schritt
+zur Annäherung an die Puritaner. Er hatte sich entschlossen, mit
+Schottland zu beginnen, wo seine Befugniß, von Parlamentsacten zu
+dispensiren, von den willfährigen Ständen anerkannt war. Demgemäß wurde
+am 12. Februar in Edinburg eine Proklamation erlassen, welche
+ängstlichen Gewissen eine Erleichterung gewährte.<a class = "tag" name =
+"tagVII_27" id = "tagVII_27" href = "#noteVII_27">27</a> Diese
+Proklamation beweist vollkommen die Richtigkeit von Barillon’s Urtheil.
+Selbst in der Acte, durch die er den Presbyterianern Zugeständnisse
+machte, konnte Jakob seinen Widerwillen gegen sie nicht verhehlen. Die
+den Katholiken gewährte Duldung war vollkommen. Auch die Quäker hatten
+wenig Ursache sich zu beklagen. Aber die den Presbyterianern, welche die
+Hauptmasse des schottischen Volks bildeten, bewilligte Indulgenz war
+durch Bedingungen beschränkt, die sie fast werthlos machten. An die
+Stelle des bisherigen Religionseides, der sowohl Katholiken als
+Presbyterianer von Staatsämtern ausschloß, war ein neuer Religionseid
+gesetzt, der die Katholiken zuließ, aber die meisten Presbyterianer
+ausschloß. Den Katholiken war es erlaubt, Kapellen zu erbauen und sogar
+die Hostie überall, mit Ausnahme der Straßen in königlichen Burgflecken,
+in Prozession umherzutragen; den Quäkern war es gestattet, sich in
+öffentlichen Gebäuden zu versammeln; die Presbyterianer aber durften nur
+in Privatwohnungen Gottesdienst halten; es war ihnen streng verboten,
+Bethäuser zu bauen, sie durften nicht einmal eine Scheune oder ein
+Nebenhaus zu Andachtsübungen benutzen, und es ward ihnen nachdrücklich
+eingeschärft,
+<span class = "pagenum">VII.36</span>
+<a name = "pageVII_36" id = "pageVII_36"> </a>
+daß, wenn sie es wagten, Conventikel unter freiem Himmel zu hatten, das
+Gesetz, welches sowohl den Predigern als den Zuhörern mit dem Tode
+drohte, mit schonungsloser Strenge angewendet werden sollte. Jeder
+katholische Priester durfte Messe lesen, jeder Quäker durfte vor seinen
+Glaubensbrüdern Reden halten; aber der Geheime Rath war angewiesen,
+darüber zu wachen, daß kein presbyterianischer Geistlicher sich
+unterfange, ohne specielle Erlaubniß der Regierung zu predigen. Jede
+Zeile dieses Dokuments und der dasselbe begleitenden Briefe beweist, wie
+schwer es dem Könige wurde, nur einigermaßen die Härte zu mildern, mit
+der er die alten Feinde seines Hauses von jeher behandelt hatte.<a class
+= "tag" name = "tagVII_28" id = "tagVII_28" href =
+"#noteVII_28">28</a></p>
+
+<p>Man hat wirklich Grund zu glauben, daß er bei Veröffentlichung dieser
+Proklamation noch keineswegs zu einer Coalition mit den Puritanern fest
+entschlossen war und daß er ihnen zuvörderst nur eben so viele
+Begünstigungen gewähren wollte, als durchaus nöthig waren, um die
+Anhänger der Landeskirche durch Einschüchterung zum Gehorsam zu bringen.
+Er wartete daher einen Monat, um zu sehen, welchen Eindruck das in
+Edinburg erlassene Edict in England machen werde. Diesen Monat
+verwendete er auf Petre’s Rath eifrig zu dem, was man <span class =
+"antiqua">closeting</span><a class = "tag" name = "tagVII_29" id =
+"tagVII_29" href = "#noteVII_29">29</a> nannte.</p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVII_27" id = "noteVII_27" href = "#tagVII_27">27.</a>
+Sie ist zu finden im Anfange zu Wodrow II. 129.</p>
+
+<p><a name = "noteVII_28" id = "noteVII_28" href = "#tagVII_28">28.</a>
+<span class = "antiqua">Wodrow, Appendix, vol. II. Nos. 128, 129,
+132.</span></p>
+
+<p><a name = "noteVII_29" id = "noteVII_29" href = "#tagVII_29">29.</a>
+Persönliche Bearbeitung Einzelner im Privatkabinet des Königs.
+&emsp;&emsp;D.&nbsp;Übers.</p>
+</div>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Persönliche Bearbeitung Einzelner im königlichen Kabinet.</span>
+<a name = "secVII_27" id = "secVII_27">London</a> war voll von
+geeigneten Persönlichkeiten. Man erwartete die baldige Zusammenberufung
+des Parlaments zur Erledigung von Geschäften, und viele Mitglieder waren
+bereits in der Stadt. Der König nahm sich vor, sie Mann für Mann zu
+werben. Er hoffte, daß die eifrigen Tories &mdash; und aus solchen
+bestand das Unterhaus mit wenigen Ausnahmen &mdash; seinen dringenden
+Bitten schwer würden widerstehen können, wenn er dieselben nicht an die
+Gesammtheit, sondern an jeden Einzelnen, und nicht vom Thronsessel
+herab, sondern im vertraulichen Gespräch an sie richtete. Die
+Mitglieder, welche nach Whitehall kamen, um ihre Aufwartung zu machen,
+wurden demnach auf die Seite genommen und mit langen Privatunterredungen
+beehrt. Der König drang in sie, daß sie, als loyale Gentlemen, ihm nur
+in dem einem Punkte, der ihm mehr als alles Andre am Herzen liege, den
+Willen thun möchten. Er meinte, die Sache berühre seine persönliche
+Ehre. Die unter der vorigen Regierung von factiösen Parlamenten gegen
+die Katholiken erlassenen Verordnungen seien lediglich gegen ihn selbst
+gerichtet gewesen; diese Gesetze hätten ihm ein Brandmal aufgedrückt,
+ihn aus der Admiralität und aus dem Staatsrathe vertrieben, und er sei
+berechtigt, zu erwarten, daß Alle, die ihn liebten und ehrten, sich zur
+Abschaffung jener Gesetze vereinigen würden. Sah er, daß seine Zuhörer
+gegen diese Ermahnungen taub blieben, so nahm er seine Zuflucht zu
+Drohungen und Bestechungen. Denjenigen, die sich weigerten, ihm in
+dieser Angelegenheit zu Willen zu sein, wurde geradezu gesagt, daß sie
+keine Gunstbezeigung zu erwarten hätten. Trotz seiner Knauserei öffnete
+und vertheilte er seine Schätze. Mehrere von Denen, die zu einer
+Conferenz mit ihm eingeladen worden waren, nahmen aus seinem
+Schlafzimmer Geld mit fort, das sie aus königlicher Hand empfangen
+hatten. Die Richter, die sich gerade auf ihrer Frühjahrsrundreise
+befanden, erhielten Befehl vom Könige, die noch in der Provinz
+zurückgebliebenen
+<span class = "pagenum">VII.37</span>
+<a name = "pageVII_37" id = "pageVII_37"> </a>
+Mitglieder zu besuchen und die Gesinnungen jedes Einzelnen zu
+erforschen.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Erfolglosigkeit der persönlichen Bearbeitung.</span>
+<a name = "secVII_28" id = "secVII_28">Das</a> Resultat aller dieser
+Nachforschungen war, daß die große Majorität des Hauses der Gemeinen
+entschlossen zu sein schien, sich den Maßregeln des Hofes zu
+widersetzen.<a class = "tag" name = "tagVII_30" id = "tagVII_30" href =
+"#noteVII_30">30</a> Einer von Denjenigen, deren Festigkeit allgemeine
+Bewunderung erregten, war Arthur Herbert, der Bruder des Oberrichters,
+Parlamentsmitglied für Dover, Kammerherr und Contreadmiral von
+England.</p>
+
+<p class = "footnote">
+<a name = "noteVII_30" id = "noteVII_30" href = "#tagVII_30">30.</a>
+Barillon, 28. Febr. (10. März) 1686/7; Citters, 15.(25.) Febr.; <span
+class = "antiqua">Reresby’s Memoirs</span>; Bonrepaux, 25. Mai (4. Juni)
+1687.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Admiral Herbert.</span>
+<a name = "secVII_29" id = "secVII_29">Arthur</a> Herbert war bei den
+Seeleuten sehr beliebt und galt für einen der tüchtigsten adeligen
+Marineoffiziere. Man hatte allgemein vermuthet, daß er sich den Wünschen
+des Königs bereitwillig fügen werde, denn er fragte wenig nach der
+Religion, war vergnügungslustig und verschwenderisch, hatte kein
+Privatvermögen, bezog aus seinen Stellen ein jährliches Einkommen von
+viertausend Pfund und wurde seit langer Zeit zu den ergebensten
+persönlichen Anhängern Jakob’s gerechnet. Als aber der Contreadmiral im
+Privatkabinet vorgenommen und das Versprechen von ihm verlangt wurde,
+daß er für die Aufhebung der Testacte stimmen wolle, antwortete er,
+seine Ehre und sein Gewissen erlaubten ihm nicht, ein solches
+Versprechen zu geben. „Niemand zweifelt an Ihrer Ehre“, sagte der König,
+„aber ein Mann, der so lebt wie Sie, sollte nicht von seinem Gewissen
+sprechen.“ Auf diesen Vorwurf, einen Vorwurf, der dem Geliebten der
+Katharine Sedley übel anstand, erwiederte Herbert mit männlicher
+Offenheit: „Ich habe meine Fehler, Sire, aber ich könnte Leute nennen,
+welche viel häufiger von ihrem Gewissen sprechen als ich und dabei ein
+eben so lockeres Leben führen.“ Er wurde aller seiner Stellen entsetzt
+und die Rechnung über seine Ausgaben und Einnahmen als Kammerherr wurden
+mit großer und, wie er klagte, ungerechter Strenge geprüft.<a class =
+"tag" name = "tagVII_31" id = "tagVII_31" href =
+"#noteVII_31">31</a></p>
+
+<p>Es war jetzt augenscheinlich, daß jede Hoffnung auf ein Bündnis
+zwischen der anglikanischen und römischen Kirche zu dem Zwecke, die
+Ämter und Einnahmen unter sich zu theilen und die puritanischen Secten
+zu unterdrücken, aufgegeben werden mußte. Es blieb weiter nichts übrig,
+als der Versuch, eine Koalition zwischen der römischen Kirche und den
+puritanischen Secten gegen die anglikanische Kirche zu Stande zu
+bringen.</p>
+
+<p class = "footnote">
+<a name = "noteVII_31" id = "noteVII_31" href = "#tagVII_31">31.</a>
+Barillon, 14.(24.) März 1687; Lord Russell an <span class =
+"antiqua">Dr.</span> Fitzwilliam, 1. April; <span class =
+"antiqua">Burnet I. 671, 672</span>. In <span class = "antiqua">Clarke’s
+Life of James the Second, II. 204</span> ist die Unterredung etwas
+anders erzählt. Diese Stelle aber ist kein Theil der eigenen Memoiren
+des Königs.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Die Indulgenzerklärung.</span>
+<a name = "secVII_30" id = "secVII_30">Am</a> 18. März kündigte der
+König dem Geheimen Rathe an, daß er beschlossen habe, das Parlament bis
+Ende November zu prorogiren und allen seinen Unterthanen aus eigner
+Machtvollkommenheit völlige Gewissensfreiheit zu gewähren.<a class =
+"tag" name = "tagVII_32" id = "tagVII_32" href = "#noteVII_32">32</a> Am
+4. April erschien die denkwürdige Indulgenzerklärung.</p>
+
+<p>In dieser Erklärung sagte der König, es sei sein innigster Wunsch,
+seine Unterthanen als Mitglieder derjenigen Kirche zu sehen, der er
+selbst angehöre. Da dies aber nicht sein könne, erkläre er, daß es seine
+Absicht
+<span class = "pagenum">VII.38</span>
+<a name = "pageVII_38" id = "pageVII_38"> </a>
+sei, sie in der freien Ausübung ihrer Religion zu schützen. Er
+wiederholte alle die schönen Redensarten, welche acht Jahre früher, als
+er selbst ein Unterdrückter war, so oft aus seinem Munde kamen, die er
+aber nicht mehr gebrauchte, seitdem ein Wechsel des Glücks ihm die Macht
+verliehen hatte, selbst ein Unterdrücker zu werden. Er sei schon längst
+überzeugt, sagte er, daß man dem Gewissen keinen Zwang anthun dürfe, daß
+Verfolgungen der Zunahme der Bevölkerung und dem Handel nachtheilig
+seien und nie zu dem Zwecke führten, den die Verfolger erreichen
+wollten. Er wiederholte das schon oft gegebene und eben so oft
+gebrochene Versprechen, daß er die Staatskirche im Genusse ihrer
+gesetzlichen Rechte schützen wolle. Hierauf erklärte er, ebenfalls aus
+eigner Machtvollkommenheit, eine lange Reihe von Gesetzen für null und
+nichtig, hob alle Strafbestimmungen gegen alle Klassen von
+Nonconformisten auf, ermächtigte die römischen Katholiken wie auch die
+protestantischen Dissenters, ihren Gottesdienst öffentlich zu halten,
+verbot seinen Unterthanen bei Strafe seines allerhöchsten Mißfallens,
+irgend eine religiöse Versammlung zu stören, und schaffte auch alle
+diejenigen Gesetze ab, welche die Befähigung zu bürgerlichen und
+militairischen Ämtern von einem Religionseide abhängig machten.<a class
+= "tag" name = "tagVII_33" id = "tagVII_33" href =
+"#noteVII_33">33</a></p>
+
+<p>Daß die Indulgenzerklärung verfassungswidrig war, darüber sind beide
+große Parteien Englands zu allen Zeiten einig gewesen. Jeder, der in
+politischen Fragen ein Urtheil hat, muß einsehen, daß ein Fürst, der
+eine solche Erklärung erlassen darf, nichts Geringeres ist als ein
+absoluter Monarch. Auch kann man zur Vertheidigung dieser Handlung
+Jakob’s nicht die Gründe geltend machen, mit denen viele willkürliche
+Maßregeln der Stuarts vertheidigt oder entschuldigt worden sind. Man
+kann nicht sagen, daß er den Umfang seiner Prärogative verkannt habe,
+weil sie nicht genau bestimmt gewesen sei, denn er überschritt die
+Grenze angesichts einer ganz kürzlich erst festgestellten Grenzmarke.
+Funfzehn Jahre früher hatte sein Bruder auf Anrathen der Cabale auch
+eine Indulgenzerklärung erlassen, welche im Vergleich zu der Erklärung
+Jakob’s gemäßigt und vorsichtig genannt werden konnte. Die Erklärung
+Karl’s dispensirte nur von Strafgesetzen, die Erklärung Jakob’s
+dispensirte auch von allen Religionseiden. Die Erklärung Karl’s
+gestattete den Katholiken, nur in Privatwohnungen ihren Gottesdienst zu
+halten, nach der Erklärung Jakob’s konnten sie Tempel bauen und
+ausschmücken und sogar mit Kreuzen, Bildern und Rauchfässern in
+Prozession durch Fleet Street ziehen. Dennoch war die Erklärung Karl’s
+in alter Form für gesetzwidrig erklärt worden. Die Gemeinen hatten sich
+dahin ausgesprochen, daß der König nicht befugt sei, in kirchlichen
+Angelegenheiten von Gesetzen zu dispensiren. Karl hatte hierauf das
+mißliebige Schriftstück vor seinen Augen vernichten lassen, hatte mit
+eigner Hand das Siegel davon abgerissen und sowohl durch eine von ihm
+eigenhändig unterschriebene Botschaft als auch mündlich vom Throne herab
+in vollem Parlament beiden Häusern fest versprochen, daß der Schritt,
+der so großen Anstoß gegeben, als nie geschehen betrachtet werden solle.
+Die beiden Häuser hatten dann ohne eine einzige opponirende Stimme eine
+gemeinschaftliche Dankadresse für diese Erfüllung ihrer Wünsche an ihn
+gerichtet. Nie war eine Verfassungsfrage mit reiflicherer
+<span class = "pagenum">VII.39</span>
+<a name = "pageVII_39" id = "pageVII_39"> </a>
+Erwägung, mit unzweideutigerer Klarheit und mit vollkommnerer
+Einhelligkeit entschieden worden.</p>
+
+<p>Jakob’s Vertheidiger haben zu seiner Entschuldigung häufig das
+Erkenntniß anführt, welches der Gerichtshof der Kings Bench in der
+abgekarteten Klage gegen Sir Eduard Hales abgab; aber dieser
+Entschuldigungsgrund hat gar kein Gewicht. Jakob hatte diesen Ausspruch
+notorisch durch Bitten, durch Drohungen, durch Entlassung gewissenhafter
+Beamten und durch Besetzung der Richterbank mit anderen höfischer
+gesinnten Richtern erlangt. Und obgleich dieses Erkenntniß von der
+Advokatur wie von der Nation allgemein für verfassungswidrig erklärt
+wurde, erstreckte es sich doch nur so weit, daß der König aus besonderen
+Staatsgründen einzelnen Individuen Dispensationen von ausschließenden
+Gesetzen bewilligen dürfe. Daß er durch ein Alles über den Haufen
+werfendes Edict alle seine Unterthanen ermächtigen konnte, ganze Bände
+von Gesetzen nicht mehr zu befolgen, dies hatte kein Gerichtshof
+angesichts der feierlichen Entscheidung des Parlaments von 1673 zu
+behaupten gewagt.</p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVII_32" id = "noteVII_32" href = "#tagVII_32">32.</a>
+<span class = "antiqua">London Gazette, March 21, 1686/7.</span></p>
+
+<p><a name = "noteVII_33" id = "noteVII_33" href = "#tagVII_33">33.</a>
+<span class = "antiqua">London Gazette, April 7</span>. 1087.</p>
+</div>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Stimmung der protestantischen Dissenters.</span>
+<a name = "secVII_31" id = "secVII_31">Die</a> Stellung der Parteien war
+jedoch von der Art, daß Jakob’s Indulgenzerklärung, obgleich der kühnste
+von allen Angriffen der Stuarts auf die öffentliche Freiheit, wohl
+geeignet war, gerade demjenigen Theile der Gesellschaft zu gefallen, der
+allen anderen Angriffen der Stuarts auf die öffentliche Freiheit den
+beharrlichsten Widerstand entgegengesetzt hatte. Es stand kaum zu
+erwarten, daß der durch ein hartes und streng gehandhabtes Gesetzbuch
+von seinen Landsleuten getrennte protestantische Nonconformist geneigt
+sein werde, die Gültigkeit eines Erlasses zu bestreiten, der ihn von
+unerträglichen Bedrückungen erlöste. Ein kalter und philosophischer
+Beobachter würde ohne Zweifel erklärt haben, daß alles Übel, das aus
+allen intoleranten Gesetzen, welche je von Parlamenten erlassen wurden,
+hervorgehen könne, nicht zu vergleichen sei mit dem Unheil, welches
+durch eine Übertragung der gesetzgebenden Gewalt vom Parlament auf den
+Souverain entstehen würde. Aber eine so ruhige und philosophische
+Überlegung kann man nicht von Leuten erwarten, die unter einem
+vorhandenen Drucke seufzen und denen die lockende Aussicht auf sofortige
+Erleichterung dargeboten wird. Ein puritanischer Theolog konnte
+allerdings nicht leugnen, daß die jetzt von der Krone beanspruchte
+Dispensationsgewalt mit den Grundprinzipien der Verfassung unvereinbar
+war. Aber es war vielleicht zu entschuldigen, wenn er fragte, was die
+Verfassung eigentlich für ihn sei. Die Gleichförmigkeitsacte hatte ihn
+trotz königlicher Versprechungen von einer Pfründe vertrieben, die sein
+rechtmäßiges Eigenthum war, und hatte ihn in Armuth und Abhängigkeit
+zurückgeworfen. Die Fünfmeilenacte hatte ihn von seiner Heimath, von
+seinen Verwandten, von seinen Freunden, von fast jedem öffentlichen
+Zufluchtsorte verbannt. Kraft der Conventikelacte war er seines
+Vermögens beraubt und aus einem schmutzigen Kerker in den andren mitten
+unter Straßenräuber und Diebe geworfen worden. Außerhalb des
+Gefängnisses wurde er beständig von den Gerichtsdienern verfolgt; er
+hatte Angeber durch Geldgeschenke zum Schweigen bringen, hatte sich in
+schimpflicher Verkleidung durch Fenster und Fallthüren heimlich zu
+seiner Gemeinde schleichen müssen, und während er das geweihte Wasser
+auf den Täufling sprengte oder das Brod des heiligen Abendmahls
+austheilte, hatte er in beständiger Angst auf das Zeichen horchen
+müssen, welches ihm sagte, daß die Sbirren der
+<span class = "pagenum">VII.40</span>
+<a name = "pageVII_40" id = "pageVII_40"> </a>
+Justiz sich näherten. War es nicht bitterer Hohn, einen so
+ausgeplünderten und bedrückten Mann aufzufordern, daß er für das
+Eigenthum und die Freiheit seiner Plünderer und Bedrücker zum Märtyrer
+werden solle? Mochte die Indulgenzerklärung seinen glücklichen Nachbarn
+noch so despotisch erscheinen, ihm brachte sie Erlösung. Er wurde
+aufgefordert, nicht zwischen der Freiheit und der Knechtschaft, sondern
+zwischen zwei Jochen zu wählen, und es wäre nicht unnatürlich gewesen,
+wenn er das Joch des Königs für erträglicher gehalten hätte als das der
+Kirche.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Stimmung der anglikanischen Kirche.</span>
+<a name = "secVII_32" id = "secVII_32">Während</a> solche Gedanken die
+Gemüther vieler Dissenters beschäftigten, war die anglikanische Partei
+in Angst und Bestürzung. Diese neue Wendung der Dinge war in der That
+beunruhigend. Das Haus Stuart im Bunde mit republikanischen und
+königsmörderischen Secten gegen die alten Kavaliere Englands; der
+Papismus im Bunde mit dem Puritanismus gegen ein kirchliches System, an
+welchem die Puritaner nichts weiter auszusetzen hatten, als daß es
+zuviel Papistisches beibehalten: das waren Zeichen und Wunder, welche
+alle Berechnungen der Staatsmänner über den Haufen warfen. Die Kirche
+sollte also mit einem Male von allen Seiten angegriffen werden, und zwar
+unter der Leitung Dessen, der ihrer Verfassung nach ihr Oberhaupt war.
+Es war kein Wunder, wenn sie von Erstaunen und Entsetzen ergriffen
+wurde. Und zu dem Erstaunen und dem Entsetzen gesellten sich noch andere
+bittere Gefühle: Groll gegen den meineidigen Fürsten, dem sie nur zu
+treu gedient, und Reue über die Grausamkeiten, die sie in Gemeinschaft
+mit ihm verübt hatte und für die er sie jetzt, wie es schien, bestrafen
+wollte. Ihre Strafe war gerecht, sie erntete was sie gesäet hatte. Als
+nach der Restauration ihre Macht den Höhepunkt erreicht, hatte sie nur
+Rache geschnaubt. Sie hatte die Stuarts aufgefordert, gedrängt, fast
+gezwungen, die kürzlich geleisteten Dienste der Presbyterianer mit
+schnödem Undanke zu vergelten. Hätte sie sich in jener Zeit ihrer
+höchsten Blüthe, wie es ihr geziemte, ihrer Feinde angenommen, so würde
+sie jetzt, in der Zeit der Noth, Freunde in ihnen gefunden haben.
+Vielleicht war es noch nicht zu spät, vielleicht konnte sie noch die
+Taktik ihres Bedrückers gegen ihn selbst kehren. Es gab unter den
+Anglikanern eine gemäßigte Partei, welche den protestantischen
+Dissenters immer freundlich gesinnt gewesen war. Allerdings war diese
+Partei nicht zahlreich, aber die Talente, Kenntnisse und Tugenden ihrer
+Mitglieder machten sie achtunggebietend. Sie war von den höchsten
+Würdenträgern der Kirche nicht mit günstigem Auge betrachtet und von den
+Frömmlern aus der Schule Laud’s schonungslos verunglimpft worden; aber
+von dem Tage, an welchem die Indulgenzerklärung erschien, bis zu dem
+Tage, wo Jakob’s Macht aufhörte Schrecken einzuflößen, schien die ganze
+Kirche von dem Geiste der verleumdeten Latitudinarier beseelt zu sein
+und von ihren Rathschlägen geleitet zu werden.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Der Hof und die Kirche.</span>
+<a name = "secVII_33" id = "secVII_33">Nun</a> folgte eine Art von
+Versteigerung, die sonderbarste, von der uns die Geschichte erzählt. Der
+König auf der einen, die Kirche auf der andren Seite begannen einander
+zu überbieten, um die Gunst Derer zu erlangen, zu deren Unterdrückung
+sie bis dahin verbündet gewesen waren. Die protestantischen Dissenters,
+die noch vor wenigen Monaten eine verachtete und geächtete Klasse
+gewesen waren, hielten jetzt die Wage der Macht in ihrer Hand. Die
+Härte, mit der sie behandelt worden waren, wurde allgemein verdammt. Der
+Hof
+<span class = "pagenum">VII.41</span>
+<a name = "pageVII_41" id = "pageVII_41"> </a>
+suchte die ganze Schuld auf die Hierarchie zu wälzen, und die Hierarchie
+warf sie zurück auf den Hof. Der König erklärte, daß er die Separatisten
+wider Willen nur deshalb verfolgt habe, weil seine Angelegenheiten in
+einem Zustande gewesen wären, bei dem er es nicht hatte wagen dürfen,
+dem Klerus der Staatskirche zu nahe zu treten. Dieser versicherte, daß
+er nur aus Ehrerbietung vor der Autorität des Königs an einer Strenge
+Theil genommen habe, die seinen Gefühlen durchaus fremd sei. Der König
+brachte eine Sammlung von Anekdoten von Rectoren und Vikaren zusammen,
+welche durch Androhung von Verfolgung von protestantischen Dissenters
+Geld erpreßt hatten. Er sprach häufig und öffentlich über diesen
+Gegenstand, drohte mit einer Untersuchung, welche die Pfarrer der ganzen
+Welt in ihrem wahren Character zeigen werde und erließ in der That
+mehrere Verordnungen, durch welche Agenten, auf die er sich verlassen zu
+können glaubte, ermächtigt wurden, den Betrag der Summen zu ermitteln,
+welche in verschiedenen Landestheilen von Bekennern der herrschenden
+Religion Sectirern abgepreßt worden waren. Die Vertheidiger der
+Landeskirche führten dagegen Beispiele von rechtschaffenen Pfarrern an,
+welche vom Hofe Verweise und Drohungen erhalten, weil sie auf der Kanzel
+Duldsamkeit empfohlen und sich geweigert hatten, kleine Gemeinden von
+Nonconformisten auszuspüren und zu Tode zu hetzen. Der König behauptete,
+daß einige Mitglieder der Staatskirche, die er privatim vorgenommen,
+sich erboten hatten, den Katholiken ausgedehnte Zugeständnisse zu
+machen, unter der Bedingung, daß die Verfolgung gegen die Puritaner
+ihren Fortgang behalte. Die angeklagten Anhänger der Staatskirche
+leugneten heftig die Wahrheit dieser Beschuldigung und behaupteten, daß,
+wenn sie sich mit dem, was der König für seine eigene Kirche verlangte,
+einverstanden erklärt hätten, er ihnen sehr gern gestattet haben würde,
+sich durch Verfolgung und Ausplünderung protestantischer Dissenters zu
+entschädigen.<a class = "tag" name = "tagVII_34" id = "tagVII_34" href =
+"#noteVII_34">34</a></p>
+
+<p>Der Hof hatte seine Physiognomie verändert. Die Schärpe und der
+Priesterrock der anglikanischen Geistlichen konnten sich daselbst kaum
+noch sehen lassen ohne spöttisches Lächeln und boshaftes Geflüster
+hervorzurufen. Die Hofdamen erlaubten sich nicht mehr zu kichern und die
+Kammerherren verbeugten sich bis zur Erde, wenn sich das puritanische
+Gesicht und die puritanische Tracht, welche in den vornehmen Zirkeln so
+lange Zeit Lieblingsgegenstände des Spotts gewesen waren, in den
+Gallerien des Palastes zeigten. Taunton, das zwei Generationen hindurch
+die Veste der Rundkopfpartei im Westen gewesen war, das die Armeen
+Karl’s&nbsp;I. zweimal tapfer zurückgeschlagen, sich zur Unterstützung
+Monmouth’s wie ein Mann erhoben hatte und von Kirke und Jeffreys in eine
+Schlachtbank verwandelt worden war, schien plötzlich die Stelle erobert
+zu haben, welche Oxford einst in der königlichen Gunst eingenommen.<a
+class = "tag" name = "tagVII_35" id = "tagVII_35" href =
+"#noteVII_35">35</a> Der König gewann es über sich, ausgezeichneten
+Dissenters sogar mit kriechender
+<span class = "pagenum">VII.42</span>
+<a name = "pageVII_42" id = "pageVII_42"> </a>
+Höflichkeit zu begegnen. Einigen bot er Geld an, Anderen städtische
+Ehrenämter, noch Anderen Begnadigung von Verwandten und Freunden, die
+wegen Theilnahme an dem Ryehousecomplot oder wegen Anschluß an die Fahne
+Monmouth’s auf dem Kontinent umherirrten oder in den Zuckerplantagen von
+Barbados schwitzten. Er stellte sich sogar, als ob er mit den
+freundlichen Gesinnungen der englischen Puritaner gegen ihre auswärtigen
+Glaubensbrüder sympathisirte. Eine zweite und dritte Proklamation
+erschien in Edinburg, welche die den Presbyterianern durch das
+Februaredict gewährte nichtssagende Duldung bedeutend erweiterten.<a
+class = "tag" name = "tagVII_36" id = "tagVII_36" href =
+"#noteVII_36">36</a> Die verbannten Hugenotten, die der König seit
+vielen Monaten mit ungnädigem Auge angesehen und denen er die von der
+Nation aufgebrachten milden Gaben vorenthalten hatte, wurden jetzt
+unterstützt und gehätschelt. Es wurde ein Ministerialbefehl erlassen,
+der die öffentliche Mildthätigkeit nochmals zu ihren Gunsten aufrief.
+Die Vorschrift, welche von ihnen den Anschluß an die anglikanische
+Gottesverehrung als Bedingung des Empfangs einer Unterstützung
+verlangte, scheint zu dieser Zeit stillschweigend aufgehoben gewesen zu
+sein, und die Vertheidiger der Politik des Königs hatten die Frechheit
+zu behaupten, diese Vorschrift sei auf Andringen der Prälaten der
+Staatskirche erlassen worden, während wir aus den sichersten Quellen
+wissen, daß sie von ihm selbst im Einverständniß mit Barillon ersonnen
+worden war.<a class = "tag" name = "tagVII_37" id = "tagVII_37" href =
+"#noteVII_37">37</a></p>
+
+<p>Während der König sich so die Gunst seiner alten Gegner zu erwerben
+suchte, waren die Freunde der Landeskirche nicht weniger thätig. Von der
+Bitterkeit und dem Hohne, mit dem die Prälaten und Priester seit der
+Restauration die Sectirer zu behandeln pflegten, war kaum noch eine Spur
+zu erkennen. Die, welche man ganz kürzlich noch Schismatiker und
+Fanatiker genannt hatte, waren jetzt geliebte Mitprotestanten,
+Glaubensbrüder, die vielleicht schwach sein mochten, aber deren
+Gewissensskrupel immerhin zarte Rücksichtnahme verdienten. Wenn sie nur
+in dieser Krisis der englischen Verfassung und dem reformirten Glauben
+treu blieben, so sollte ihre Hochherzigkeit bald und reich belohnt
+werden. Anstatt einer Indulgenz, welche keine gesetzliche Gültigkeit
+hätte, sollten sie eine wirkliche, durch eine Parlamentsacte gesicherte
+Indulgenz haben. Ja, viele Mitglieder der Staatskirche, die sich bisher
+durch ihr starres Festhalten an jeder in der Liturgie vorgeschriebenen
+Geberde und Formel ausgezeichnet hatten, erklärten sich jetzt nicht nur
+zur Duldung, sondern sogar zur Gleichstellung geneigt. Der Streit um
+Chorröcke und Stellungen, sagten sie, habe nur zu lange Christen von
+einander getrennt, welche doch in den wesentlichen Glaubenspunkten
+übereinstimmten. Wenn der Kampf auf Tod und Leben gegen den gemeinsamen
+Feind vorüber wäre, dann würde man sehen, daß die anglikanische
+Geistlichkeit zu jedem billigen Zugeständnisse bereit sei. Wenn die
+Dissenters nur nicht unbescheiden wären, so würden ihnen nicht blos
+bürgerliche, sondern auch geistliche Ämter offen stehen, und Baxter und
+Howe würden ohne einen Flecken an ihrer Ehre oder ihrem Gewissen auf der
+Bank der Bischöfe sitzen können.</p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVII_34" id = "noteVII_34" href = "#tagVII_34">34.</a>
+Verordnungen des Schatzamts. Siehe besonders die Instructionen vom 8.
+März 1687/88; <span class = "antiqua">Burnet, I. 715</span>; <span class
+= "antiqua">Reflections on His Majesty’s Proclamation for a Toleration
+in Scotland</span>; <span class = "antiqua">Letters containing some
+Reflections on His Majesty’s Declaration for Liberty of
+Conscience</span>; <span class = "antiqua">Apology for the Church of
+England with relation to the spirit of Persecution for which she is
+accused, 1687/88.</span> Doch es ist mir unmöglich, alle Flugschriften
+anzuführen, aus denen ich mein Urtheil über den damaligen Stand der
+Parteien geschöpft habe.</p>
+
+<p><a name = "noteVII_35" id = "noteVII_35" href = "#tagVII_35">35.</a>
+<span class = "antiqua">Letter to a Dissenter</span>.</p>
+
+<p><a name = "noteVII_36" id = "noteVII_36" href = "#tagVII_36">36.</a>
+<span class = "antiqua">Wodrow, Appendix, vol. II. Nos. 132,
+134.</span></p>
+
+<p><a name = "noteVII_37" id = "noteVII_37" href = "#tagVII_37">37.</a>
+<span class = "antiqua">London Gazette, April 21. 1687</span>; <span
+class = "antiqua">Animadversions on a late paper entituled a Letter to a
+Dissenter, by H.&nbsp;C. (Henry Care), 1687.</span></p>
+</div>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+„Brief an einen Dissenter.“</span>
+<a name = "secVII_34" id = "secVII_34">Von</a> den zahlreichen damaligen
+Flugschriften, in denen die Sache des Hofes und die Sache der Kirche
+<span class = "pagenum">VII.43</span>
+<a name = "pageVII_43" id = "pageVII_43"> </a>
+vor dem Puritaner, der jetzt durch eine sonderbare Wendung des Geschicks
+das Loos seiner Verfolger entscheiden sollte, eifrig und ängstlich
+entwickelt wurde, ist jetzt nur noch eine in der Erinnerung, betitelt:
+<span class = "antiqua">Letter to a Dissenter</span>. In dieser
+meisterhaften kleinen Schrift waren alle Argumente, die einen
+Nonconformisten überzeugen konnten, daß es seine Pflicht und sein
+Interesse sei, ein Bündniß mit der Staatskirche einem Bündnisse mit dem
+Hofe vorzuziehen, auf einem engen Raume in der übersichtlichsten Ordnung
+zusammengestellt, mit geistreichem Witze erörtert und mit einer zwar
+lebhaften, aber selbst in den Momenten der leidenschaftlichsten
+Heftigkeit die Grenzen des Anstandes und der seinen Bildung nie
+überschreitenden Beredtsamkeit zur Geltung gebracht. Die Schrift machte
+einen ungeheuren Eindruck, denn da sie nur einen Bogen stark war, wurden
+über zwanzigtausend Exemplare durch die Post versandt und die Wirkung
+zeigte sich in jedem Winkel des Reichs. Es erschienen vierundzwanzig
+Antworten darauf, aber die ganze Stadt erklärte sie für schlecht und die
+von Lestrange für die schlechteste von allen vierundzwanzig.<a class =
+"tag" name = "tagVII_38" id = "tagVII_38" href = "#noteVII_38">38</a>
+Die Regierung war sehr ärgerlich und sparte keine Mühe, um den Verfasser
+des Briefs ausfindig zu machen; aber es war nicht möglich,
+rechtskräftige Beweise gegen ihn aufzubringen. Einige meinten die Denk-
+und Sprachweise Temple’s zu erkennen.<a class = "tag" name = "tagVII_39"
+id = "tagVII_39" href = "#noteVII_39">39</a> In Wirklichkeit aber
+gehörte dieser umfassende und scharfe Verstand, diese lebhafte
+Phantasie, dieser elegante und kräftige Styl, diese ruhige und edle,
+halb hofmännische, halb philosophische Würde, welche die heftigste
+Aufregung des Kampfes nicht einen Augenblick aus der Fassung bringen
+konnte, keinem Andren als Halifax an.</p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVII_38" id = "noteVII_38" href = "#tagVII_38">38.</a>
+<span class = "antiqua">Lestrange’s Answer to a Letter to a
+Dissenter</span>; <span class = "antiqua">Care’s Animadversions on a
+Letter to a Dissenter</span>; <span class = "antiqua">Dialogue between
+Harry and Roger</span>, nämlich Harry Care und Roger Lestrange.</p>
+
+<p><a name = "noteVII_39" id = "noteVII_39" href = "#tagVII_39">39.</a>
+Der Brief war mit T. W. unterzeichnet. Care sagt in seinen <span class =
+"antiqua">Animadversions</span>: „Dieser Herr Politiker T.&nbsp;W. oder
+W.&nbsp;T., denn einige Kritiker halten dies für die richtigere
+Lesart.“</p>
+</div>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Benehmen der Dissenters.</span>
+<a name = "secVII_35" id = "secVII_35">Die</a> Dissenters schwankten und
+man darf ihnen keinen Vorwurf daraus machen. Sie litten und der König
+hatte ihnen Linderung verschafft. Einige ausgezeichnete Geistliche waren
+ihrer Haft entlassen worden, andere hatten es gewagt, aus dem Exil
+zurückzukehren. Gemeinden, die ihre Zusammenkünfte bisher nur heimlich
+und im Dunklen hatten abhalten können, versammelten sich jetzt am hellen
+Tage und sangen laut ihre Psalmen vor den Augen von Magistratsbeamten,
+Kirchenvorstehern und Constablern. Bescheidene Gotteshäuser von
+puritanischer Bauart begannen sich in allen Gegenden Englands zu
+erheben. Der aufmerksame Reisende kann noch jetzt an einigen der
+ältesten Bethäuser die Jahrzahl 1687 erkennen. Dessen ungeachtet waren
+die Anerbietungen der Kirche für einen klugen Dissenter viel lockender
+als die des Königs. Die Indulgenzerklärung war in den Augen des Gesetzes
+null und nichtig. Sie suspendirte die Strafgesetze gegen Nonconformität
+nur auf so lange, als die Grundprinzipien der Verfassung und die
+rechtmäßige Autorität des gesetzgebenden Körpers aufgehoben blieben.
+Welchen Werth hatten Privilegien, die auf einen so schmachvollen und
+zugleich so unsicheren Besitztitel beruhten? Es konnte bald eine
+Thronerledigung eintreten, ein der Landeskirche anhängender Souverain
+konnte
+<span class = "pagenum">VII.44</span>
+<a name = "pageVII_44" id = "pageVII_44"> </a>
+auf den Thron kommen und ein aus Mitgliedern der Landeskirche
+bestehendes Parlament gebildet werden. Wie beklagenswerth mußte dann die
+Lage der Dissenters werden, die sich mit Jesuiten gegen die Verfassung
+verbündet hatten! Die Kirche bot eine Indulgenz ganz andrer Art als die
+von Jakob gewährte dar, eine Indulgenz, die eben so rechtsgültig und
+heilig war als die Magna Charta. Beide streitende Parteien versprachen
+dem Separatisten Glaubensfreiheit; aber die eine Partei verlangte von
+ihm, daß er sie durch Aufopferung der bürgerlichen Freiheit erkaufen
+sollte, während die andre ihn zum Genuß der bürgerlichen und religiösen
+zugleich einlud.</p>
+
+<p>Aus diesen Gründen konnte ein Dissenter sich wohl entschließen, sein
+Loos mit dem der Staatskirche zu verknüpfen, selbst wenn er hätte
+glauben können, daß der Hof es aufrichtig meinte. Aber wer garantirte
+ihm für die Aufrichtigkeit des Hofes? Jedermann kannte das bisherige
+Benehmen Jakob’s. Es war zwar nicht gerade unmöglich, daß ein Verfolger
+durch Vernunftgründe und Erfahrungen von den Vortheilen der
+Religionsduldung überzeugt werden konnte. Aber Jakob behauptete, nicht
+erst neuerdings überzeugt worden zu sein; im Gegentheil, er versäumte
+keine Gelegenheit, um zu versichern, daß er schon seit vielen Jahren aus
+Grundsatz aller Unduldsamkeit feind gewesen sei. Dennoch hatte er noch
+vor wenigen Monaten Männer, Frauen und junge Mädchen um ihrer Religion
+willen bis zum Tode verfolgt. Hatte er damals gegen die bessere
+Überzeugung seines Gewissens gehandelt? oder sagte er jetzt eine
+wissentliche Unwahrheit? Aus diesem Dilemma gab es keinen Ausweg und
+jede der beiden Annahmen war für den Ruf der Rechtschaffenheit des
+Königs gleich verderblich. Außerdem war auch allbekannt, daß ihn die
+Jesuiten ganz in ihrer Gewalt hatten. Erst wenige Tage vor der
+Bekanntmachung der Indulgenz war dieser Orden dem wohlbekannten Willen
+des heiligen Stuhles zum Trotz mit einem neuen Beweise seines Vertrauens
+und seines Beifalls beehrt worden. Sein Beichtvater, Pater Mansuetus,
+ein Franziskaner, dessen menschenfreundlicher Character und tadelloser
+Lebenswandel die größte Achtung verdienten, den aber Tyrconnel und Petre
+schon längst haßten, war entlassen worden. Den dadurch erledigten Posten
+erhielt ein Engländer, Namens Warner, der von dem Glauben seines
+Vaterlandes abgefallen und Jesuit geworden war. Den gemäßigten
+Katholiken und dem Nuntius war dieser Wechsel nichts weniger als
+angenehm, und jeder Protestant erblickte darin einen Beweis, daß die
+Jesuiten eine unumschränkte Herrschaft über das Gemüth des Königs
+ausübten.<a class = "tag" name = "tagVII_40" id = "tagVII_40" href =
+"#noteVII_40">40</a> So großes Lob auch diese Väter mit Recht
+beanspruchen konnten, besondere Liberalität und Wahrheitsliebe konnte
+selbst die Schmeichelei ihnen nicht beimessen. Daß sie, wenn es das
+Interesse ihres Glaubens oder ihres Ordens galt, niemals Bedenken
+trugen, den Beistand des weltlichen Schwerts anzurufen, oder die Gesetze
+der Wahrheit und Treue zu verletzen, dies war der Welt nicht nur durch
+protestantische Ankläger, sondern auch durch Männer verkündet worden,
+deren Tugendhaftigkeit und Genie der Stolz der römischen Kirche war. Es
+war unglaublich, daß ein ergebener Schüler der Jesuiten der
+Gewissensfreiheit aus Grundsatz zugethan
+<span class = "pagenum">VII.45</span>
+<a name = "pageVII_45" id = "pageVII_45"> </a>
+sein sollte; dagegen aber war es weder unglaublich noch
+unwahrscheinlich, daß er es für gerechtfertigt hielt, seine wahren
+Gesinnungen zu verbergen, um seiner Religion einen Dienst zu erzeigen.
+Es war gewiß, daß dem Könige im Herzen die Anglikaner lieber waren als
+die Puritaner; es war gewiß, daß, so lange er noch Hoffnung hatte, die
+Anhänger der Staatskirche zu gewinnen, er den Puritanern nie die
+geringste Freundlichkeit erwiesen hatte. Konnte es also wohl einem
+Zweifel unterliegen, daß er selbst jetzt noch die Puritaner willig
+aufopfern würde, wenn die Anglikaner sich seinen Wünschen fügten? Sein
+wiederholt gegebenes Versprechen hatte ihn nicht abgehalten, die
+gesetzlichen Rechte der Geistlichkeit anzutasten, welche so viele
+sprechende Beweise von treuer Anhänglichkeit an sein Haus gegeben hatte.
+Welche Sicherheit konnte sonach sein Wort Secten gewähren, welche durch
+die Erinnerung an tausend geschlagene und empfangene, nicht wieder gut
+zu machende Wunden von ihm geschieden waren?</p>
+
+<p class = "footnote">
+<a name = "noteVII_40" id = "noteVII_40" href = "#tagVII_40">40.</a>
+Ellis’ Correspondenz, 15. März u. 27. Juli 1686; Barillon, 28. Febr.
+(10. März), 3.(13.) März, 6.(16.) März 1687; Ronquillo, 9.(19.) März
+1687 in der Mackintosh-Sammlung.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Einige von ihnen halten es mit dem Hofe. Care, Alsop, Rosewell.</span>
+<a name = "secVII_36" id = "secVII_36">Als</a> die durch Bekanntmachung
+der Indulgenz verursachte Aufregung sich ein wenig gelegt hatte, zeigte
+es sich, daß in der puritanischen Partei eine Spaltung eingetreten war.
+Die Minorität, mit einigen wenigen thätigen Männern an der Spitze, deren
+Urtheil mangelhaft oder durch das Interesse geleitet war, unterstützte
+den König. Heinrich Care, welcher lange Zeit der heftigste und thätigste
+Pamphletist unter den Nonconformisten gewesen war und der in den Tagen
+des papistischen Complots Jakob in einer Schrift unter dem Titel <span
+class = "antiqua">Packet of Advice from Rome</span> (Nachrichtenpacket
+von Rom) mit schrankenloser Wuth angegriffen hatte, schmeichelte ihm
+jetzt eben so laut, als er ihn früher geschmäht und verleumdet hatte.<a
+class = "tag" name = "tagVII_41" id = "tagVII_41" href =
+"#noteVII_41">41</a> Der Hauptagent, dessen sich die Regierung zur
+Bearbeitung der Presbyterianer bedient hatte, war Vincenz Alsop, ein
+Geistlicher, der als Prediger wie auch als Schriftsteller nicht
+unbekannt war. Sein Sohn, der wegen Hochverraths bestraft worden war,
+wurde begnadigt, und daher widmete der Vater seinen ganzen Einfluß dem
+Hofe.<a class = "tag" name = "tagVII_42" id = "tagVII_42" href =
+"#noteVII_42">42</a> Mit Alsop verbunden war Thomas Rosewell. Rosewell
+war während der durch die Entdeckung des Ryehousecomplots
+herbeigeführten Verfolgung der Dissenters fälschlich angeklagt worden,
+daß er gegen die Regierung gepredigt habe. Jeffreys hatte auf seine
+Verurtheilung zum Tode angetragen und eine bestochene Jury hatte ihn den
+klarsten Beweisen von seiner Unschuld zum Trotz für schuldig erklärt.
+Die Ungerechtigkeit des Urtheils war so himmelschreiend, daß selbst die
+Höflinge sich darüber empört zeigten. Ein angesehener Tory, der den
+Verhandlungen des Prozesses beigewohnt hatte, ging augenblicklich zu
+Karl und erklärte, daß der Hals des loyalsten Unterthanen in England
+nicht mehr sicher sein würde, wenn man Rosewell hinrichtete. Die
+Geschwornen selbst wurden von Reue ergriffen, als sie überlegten, was
+sie gethan hatten, und boten Alles auf, um dem Gefangenen das Leben zu
+retten. Endlich wurde seine Begnadigung
+<span class = "pagenum">VII.46</span>
+<a name = "pageVII_46" id = "pageVII_46"> </a>
+bewilligt, aber Rosewell mußte drückende Bürgschaft für sein ferneres
+Wohlverhalten stellen und zu bestimmten Zeiten persönlich vor dem
+Gerichtshofe der Kings Bench erscheinen. Seine Bürgschaften wurden jetzt
+auf königlichen Befehl erlassen und dadurch seine Dienste gewonnen.<a
+class = "tag" name = "tagVII_43" id = "tagVII_43" href =
+"#noteVII_43">43</a></p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVII_41" id = "noteVII_41" href = "#tagVII_41">41.</a>
+<span class = "antiqua">Wood’s Athenae Oxonienses</span>; <span class =
+"antiqua">Observator</span>; <span class = "antiqua">Heraclitus
+Ridens</span> an mehreren Stellen. Doch Care’s eigene Schriften sind das
+beste Material zur Würdigung seines Characters.</p>
+
+<p><a name = "noteVII_42" id = "noteVII_42" href = "#tagVII_42">42.</a>
+<span class = "antiqua">Calamy’s Account of the Ministers ejected or
+silenced after the Restoration, Northamptonshire</span>; <span class =
+"antiqua">Wood’s Athenae Oxonienses</span>; <span class =
+"antiqua">Biographia Britannica.</span></p>
+
+<p><a name = "noteVII_43" id = "noteVII_43" href = "#tagVII_43">43.</a>
+<span class = "antiqua">Collection of State Trials</span>; <span class =
+"antiqua">Samuel Rosewell’s Life of Thomas Rosewell, 1718</span>; <span
+class = "antiqua">Calamy’s Account.</span></p>
+</div>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Lobb.</span>
+<a name = "secVII_37" id = "secVII_37">Das</a> Geschäft, die
+Independenten zu gewinnen, war vornehmlich einem ihrer Geistlichen,
+Namens Stephan Lobb, übertragen. Lobb war ein schwacher, heftiger und
+ehrgeiziger Mann. Er hatte die Opposition gegen die Regierung so weit
+getrieben, daß sein Name in mehreren Proklamationen geächtet worden war,
+söhnte sich aber jetzt mit dem Hofe aus und ging in der Servilität eben
+so weit als er je in der Opposition gegangen war. Er schloß sich der
+jesuitischen Cabale an und rieth eifrig zu Maßregeln, vor denen die
+verständigsten und ehrenwerthesten Katholiken zurückschauderten. Man
+bemerkte, daß er fortwährend im Palaste und häufig im Privatkabinet des
+Königs war, daß er in einem Glanze lebte, an den die puritanischen
+Geistlichen nicht gewöhnt waren, und daß er beständig von Bittstellern
+belagert war, denen er durch seinen Einfluß Stellen und Begnadigungen
+verschaffen sollte.<a class = "tag" name = "tagVII_44" id = "tagVII_44"
+href = "#noteVII_44">44</a></p>
+
+<p class = "footnote">
+<a name = "noteVII_44" id = "noteVII_44" href = "#tagVII_44">44.</a>
+<span class = "antiqua">London Gazette, March 15. 1685/6</span>; <span
+class = "antiqua">Nichols’s Defence of the Church of England</span>;
+<span class = "antiqua">Pierce’s Vindication of the
+Dissenters.</span></p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Penn.</span>
+<a name = "secVII_38" id = "secVII_38">Mit</a> Lobb eng befreundet war
+Wilhelm Penn. Penn war nie ein characterfester Mann gewesen, das Leben,
+das er seit zwei Jahren führte, hatte sein sittliches Zartgefühl nicht
+wenig verhärtet, und wenn sein Gewissen ihm einmal Vorwürfe machte, so
+tröstete er sich immer wieder mit dem Gedanken, daß er einen guten und
+edlen Zweck verfolge und daß ihm seine Dienste nicht mit Geld bezahlt
+würden.</p>
+
+<p>Durch den Einfluß dieser und anderer weniger hervorragender Männer
+wurden mehrere Dissentergemeinden bewogen, Dankadressen an den König zu
+richten. Toryistische Schriftsteller haben mit Recht bemerkt, daß die
+Sprache dieser Adressen so widerlich servil war wie nur in irgend einer
+der überschwenglichsten Lobreden, welche den Stuarts von Bischöfen
+gespendet worden sind. Bei genauer Untersuchung stellt es sich heraus,
+daß die Schmach nur einem sehr kleinen Theile der puritanischen Partei
+zur Last fällt. Es gab kaum einen Marktflecken in England, der nicht
+wenigstens ein kleines Häuflein Separatisten gehabt hätte, und man
+sparte keine Mühe, um sie zu einer Äußerung ihrer Dankbarkeit für die
+Indulgenz zu bewegen. Rundschreiben, welche sie zur Unterzeichnung
+aufforderten, wurden nach allen Gegenden des Landes in solchen Massen
+geschickt, daß, wie man scherzweise sagte, die Postfelleisen den Pferden
+zu schwer waren. Indessen belief sich die Gesammtzahl der Adressen, die
+man von allen über ganz England zerstreuten Presbyterianern,
+Independenten und Baptisten erlangen konnte, noch nicht auf sechzig;
+auch ist kein Grund zu der Vermuthung vorhanden, daß diese Adressen
+zahlreiche Unterschriften hatten.<a class = "tag" name = "tagVII_45" id
+= "tagVII_45" href = "#noteVII_45">45</a></p>
+
+<p class = "footnote">
+<a name = "noteVII_45" id = "noteVII_45" href = "#tagVII_45">45.</a>
+Die Adressen sind in der London Gazette zu finden.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Die Mehrzahl der Puritaner ist gegen den Hof. Baxter.</span>
+<a name = "secVII_39" id = "secVII_39">Die</a> große Masse der
+protestantischen Nonconformisten, welche fest an den bürgerlichen
+Freiheiten hing und den Versprechungen des Königs und der Jesuiten nicht
+traute, weigerte sich standhaft, für eine Begünstigung zu
+<span class = "pagenum">VII.47</span>
+<a name = "pageVII_47" id = "pageVII_47"> </a>
+danken, hinter der man mit gutem Grund eine Schlinge argwöhnen durfte.
+Dies war die Stimmung aller angesehensten Oberhäupter der Partei. Zu
+ihnen gehörte Baxter. Er war, wie wir gesehen haben, bald nach Jakob’s
+Thronbesteigung in Untersuchung gezogen, von Jeffreys gröblich insultirt
+und von einer Jury, wie die höfischen Sheriffs der damaligen Zeit sie zu
+wählen pflegten, für schuldig erklärt worden. Baxter befand sich seit
+ungefähr anderthalb Jahren im Gefängniß, als der Hof ernstlich darauf zu
+denken begann, die Nonconformisten zu gewinnen. Er wurde nicht allein in
+Freiheit gesetzt, sondern auch bedeutet, daß er, wenn er sonst wollte,
+seinen Aufenthalt in London nehmen könnte, ohne die Anwendung der
+Fünfmeilenacte gegen sich zu fürchten. Die Regierung hoffte
+wahrscheinlich, daß die Erinnerung an vergangene Leiden und das Gefühl
+der gegenwärtigen Erlösung auf ihn die nämliche Wirkung äußern werde,
+wie auf Rosewell und Lobb. Diese Hoffnung erwies sich jedoch als irrig.
+Baxter war weder zu bestechen, noch zu täuschen; er weigerte sich,
+irgend eine Dankadresse für die Indulgenz zu unterzeichnen und
+verwendete seinen ganzen Einfluß zur Herbeiführung eines guten
+Vernehmens zwischen der Staatskirche und den Presbyterianern.<a class =
+"tag" name = "tagVII_46" id = "tagVII_46" href =
+"#noteVII_46">46</a></p>
+
+<p class = "footnote">
+<a name = "noteVII_46" id = "noteVII_46" href = "#tagVII_46">46.</a>
+<span class = "antiqua">Calamy’s Life of Baxter.</span></p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Howe.</span>
+<a name = "secVII_40" id = "secVII_40">Wenn</a> es irgend einen Mann
+gab, der in der Achtung der protestantischen Dissenters noch höher stand
+als Baxter, so war dies Johann Howe. Howe hatte, wie Baxter, durch den
+neuerlichen Umschwung der Politik persönlich gewonnen. Die nämliche
+Tyrannei, welche Baxter ins Gefängniß warf, hatte ihn in die Verbannung
+getrieben und bald nach Baxter’s Entlassung aus dem Gefängnisse der
+Kings Bench kehrte Howe von Utrecht nach England zurück. Man erwartete
+in Whitehall, daß Howe den ganzen Einfluß, den er auf seine
+Glaubensgenossen ausübte, zu Gunsten des Hofes verwenden werde. Der
+König selbst ließ sich herab, den Unterthan, den er unterdrückt hatte,
+um seinen Beistand zu bitten. Howe scheint geschwankt zu haben; der
+Einfuß Hampden’s aber, mit dem er intim befreundet war, vermochte ihn,
+der Sache der Verfassung treu zu bleiben. Eine Versammlung
+presbyterianischer Geistlichen wurde in seinem Hause gehalten, um über
+die Lage der Dinge zu berathen und über den einzuschlagenden Weg einen
+Beschluß zu fassen. Im Palaste erwartete man mit ängstlicher Spannung
+das Ergebniß. Zwei königliche Abgesandte wohnten der Verhandlung bei,
+und sie kamen mit der unwillkommnen Nachricht zurück, daß Howe sich
+entschieden gegen das Dispensationsrecht erklärt und nach langer Debatte
+die Majorität der Versammlung für sich gewonnen habe.<a class = "tag"
+name = "tagVII_47" id = "tagVII_47" href = "#noteVII_47">47</a></p>
+
+<p class = "footnote">
+<a name = "noteVII_47" id = "noteVII_47" href = "#tagVII_47">47.</a>
+<span class = "antiqua">Calamy’s Life of Howe</span>. Den Antheil, den
+die Familie Hampden an dieser Angelegenheit gehabt, habe ich aus einem
+Briefe von Johnstone an Waristoun vom 13. Juni 1688 erfahren.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Bunyan.</span>
+<a name = "secVII_41" id = "secVII_41">Neben</a> Baxter und Howe muß
+noch ein andrer Mann genannt werden, der nach seiner Stellung und
+Gelehrsamkeit tief unter ihnen, an Tugend aber ihnen gleich, und an
+Genie hoch über ihnen stand, Johann Bunyan. Bunyan war ursprünglich
+Kesselflicker gewesen und hatte als gemeiner Soldat in der
+Parlamentsarmee gedient. Schon in seinen früheren Jahren hatten ihn
+furchtbare Gewissensbisse wegen seiner Jugendsünden gequält, von denen
+jedoch die schlimmsten solche gewesen zu sein scheinen, welche die Welt
+für verzeihlich hält. Seine große Reizbarkeit
+<span class = "pagenum">VII.48</span>
+<a name = "pageVII_48" id = "pageVII_48"> </a>
+und seine glühende Phantasie machten seine inneren Kämpfe ganz besonders
+qualvoll. Er bildete sich ein, daß ein Verdammungsurtheil über ihn
+verhängt sei, daß er den heiligen Geist gelästert, daß er Christum
+verkauft habe und daß er thatsächlich von einem bösen Geiste besessen
+sei. Bald vernahm er laute Warnungsstimmen vom Himmel, bald versuchte
+ihn der Teufel durch gottlose Einflüsterungen. Er hatte Visionen von
+entfernten Berggipfeln, welche die Sonne glänzend beleuchtete, von denen
+er aber durch eine Schneewüste getrennt war. Er fühlte wie der Teufel
+ihn an den Kleidern zupfte; er glaubte, das Kainszeichen sei ihm
+aufgedrückt; er fürchtete daß er zerbersten werde, wie Judas. Diese
+Seelenkämpfe zerrütteten seine Gesundheit. Den einen Tag zitterte er wie
+ein vom Schlage Getroffener; ein andermal brannte es ihn wie Feuer in
+der Brust. Es ist kaum zu begreifen, daß er so entsetzlichen und
+andauernden Qualen nicht unterlag. Endlich zertheilten sich die Wolken.
+Aus dem Abgrunde der Verzweiflung erhob sich der Büßende in einen
+Zustand heiterer Glückseligkeit. Ein unwiderstehlicher Drang trieb ihn
+an, auch Andere des Segens theilhaftig werden zu lassen, dessen er
+selbst genoß.<a class = "tag" name = "tagVII_48" id = "tagVII_48" href =
+"#noteVII_48">48</a> Er schloß sich den Baptisten an und wurde Prediger
+und Schriftsteller. Seine Erziehung war die eines Handwerkers gewesen
+und er verstand keine andre Sprache als die englische, wie sie von dem
+niederen Volke gesprochen wird. Er hatte kein großes Musterwerk studirt,
+mit der einzigen, allerdings sehr bedeutenden Ausnahme unsrer herrlichen
+Bibelübersetzung. Seine Orthographie war schlecht; er machte häufige
+Verstöße gegen die Regeln der Grammatik. Doch sein angebornes Genie und
+seine durch eigene Erfahrung erworbene Kenntniß aller religiösen
+Gefühle, von der Verzweiflung bis zur Verzückung, ersetzten in ihm
+reichlich den Mangel an Gelehrsamkeit. Seine natürliche Beredtsamkeit
+erhob und rührte Zuhörer, welche bei den fleißig ausgearbeiteten
+Vorträgen großer Dialektiker und Hebraisten kalt blieben. Seine Werke
+waren unter den niederen Klassen weit verbreitet. Eines davon, des
+Pilgers Reise, wurde schon zu seinen Lebzeiten in mehrere fremde
+Sprachen übersetzt. Den Gelehrten und höher Gebildeten war es jedoch
+kaum bekannt, und die frommen Hüttenbewohner und Handwerker hatten sich
+bereits seit einem Jahrhundert daran erfreut, als es endlich von einem
+in der Literatur sehr hochstehenden Manne öffentlich empfohlen wurde.
+Die Kritik ließ sich nun herab, das Geheimniß einer so ausgedehnten und
+dauernden Popularität zu erforschen. Sie mußte gestehen, daß die
+unwissende Menge richtiger geurtheilt hatte als die Gelehrten und daß
+das verachtete Büchlein wirklich ein Meisterwerk war. Bunyan ist in der
+That ebenso gewiß der erste Allegoriker, wie Demosthenes der erste
+Redner und Shakespeare der erste Dramatiker ist. Zwar haben andere
+Allegoriker eine gleiche Erfindungsgabe gezeigt; aber kein andrer ist je
+im Stande gewesen, das Herz zu rühren und abstracte Begriffe zu
+Gegenständen des Entsetzens, des Mitleids und der Liebe zu machen.<a
+class = "tag" name = "tagVII_49" id = "tagVII_49" href =
+"#noteVII_49">49</a></p>
+<span class = "pagenum">VII.49</span>
+<a name = "pageVII_49" id = "pageVII_49"> </a>
+
+<p>Es dürfte zu bezweifeln sein, ob irgend ein englischer Dissenter die
+Last der Strafgesetze schwerer empfunden hat als Johann Bunyan. Von den
+siebenundzwanzig Jahren, welche seit der Restauration verstrichen waren,
+hatte er zwölf im Gefängniß zugebracht. Dennoch fuhr er fort zu
+predigen, aber um dies zu können, mußte er sich als Fuhrmann verkleiden.
+Oft wurde er, im Fuhrmannskittel und mit der Peitsche in der Hand, durch
+eine Hinterthür in die Versammlung eingeführt. Hätte er nur an seine
+eigene Ruhe und Sicherheit gedacht, so würde er die Indulgenzerklärung
+freudig begrüßt haben. Jetzt durfte er endlich am hellen Tage predigen
+und ermahnen. Seine Gemeinde wuchs mit reißender Schnelligkeit. Tausende
+hingen an seinen Lippen und in Bedford, wo er sich größtentheils
+aufhielt, gingen reiche Beisteuern zum Bau eines Bethauses für ihn ein.
+Er stand in so hohem Ansehen bei dem gemeinen Volke, daß die Regierung
+ihm gern ein städtisches Amt übertragen hätte; aber sein scharfer
+Verstand und sein treues englisches Herz widerstanden siegreich allen
+Versuchungen und Täuschungen. Er war fest überzeugt, daß die angebotene
+Duldung nur ein Köder sei, um die puritanische Partei damit ins
+Verderben zu locken; auch wollte er nicht durch Annahme einer Stelle, zu
+der er nicht gesetzlich qualificirt war, die Gültigkeit der
+Dispensationsgewalt anerkennen. Eine der letzten edlen Handlungen seines
+tugendreichen Lebens war die Ablehnung einer Unterredung, zu der er
+durch einen Agenten der Regierung eingeladen wurde.<a class = "tag" name
+= "tagVII_50" id = "tagVII_50" href = "#noteVII_50">50</a></p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVII_48" id = "noteVII_48" href = "#tagVII_48">48.</a>
+<span class = "antiqua">Bunyan’s Grace Abounding.</span></p>
+
+<p><a name = "noteVII_49" id = "noteVII_49" href = "#tagVII_49">49.</a>
+Young stellt Bunyan’s Prosa auf gleiche Stufe mit Durfey’s Poesie. Die
+fashionablen Leute im <span class = "antiqua">Spiritual Quixote</span>
+stellen den <span class = "antiqua">Pilgrim’s Progress</span> mit <span
+class = "antiqua">Jack the Giantkiller</span> zusammen. Spät im
+achtzehnten Jahrhundert wagte Cowper nur eine Anspielung auf den großen
+Allegoriker:</p>
+
+<div class = "verse">
+<p>Nicht nennen will ich dich, damit Dein Name</p>
+<p>Statt wohlverdienten Ruhm nicht Hohn Dir bringe.</p>
+</div>
+
+<p><a name = "noteVII_50" id = "noteVII_50" href = "#tagVII_50">50.</a>
+Fortsetzung von Bunyan’s Biographie im Anhang zu seiner „Überströmenden
+Gnade.“</p>
+</div>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Kiffin.</span>
+<a name = "secVII_42" id = "secVII_42">So</a> groß Bunyan’s Ansehen bei
+den Baptisten war, Wilhelm Kiffin’s Ansehen war noch größer. Kiffin war
+in Bezug auf Rang und Reichthum der Erste unter ihnen. Er pflegte seine
+geistlichen Talente bei ihren Versammlungen auszuüben, erwarb sich aber
+nicht durch Predigen seinen Unterhalt. Er machte große Handelsgeschäfte,
+stand an der Börse in hohem Ansehen und hatte sich ein bedeutendes
+Vermögen gesammelt. Niemand hätte vielleicht unter den dermaligen
+Verhältnissen dem Hofe werthvollere Dienste leisten können als er. Aber
+zwischen ihm und dem Hofe stand die Erinnerung an ein entsetzliches
+Ereigniß. Er war der Großvater der Gebrüder Hewling, der beiden muthigen
+Jünglinge, welche von allen Opfern der blutigen Assisen vielleicht am
+allgemeinsten bedauert worden waren. Für das traurige Loos des einen von
+ihnen war Jakob ganz besonders verantwortlich. Jeffreys hatte dem
+jüngeren Bruder einen Aufschub bewilligt. Churchill hatte der Schwester
+der beiden jungen Männer eine Audienz beim Könige verschafft, und sie
+hatte um Gnade gefleht; aber des Königs Herz war unerbittlich gewesen.
+Es war für die ganze Familie ein harter Schlag; am meisten aber war
+Kiffin zu bedauern. Er war siebzig Jahr alt, als er vereinsamt dastand.
+Diejenigen überlebend, die ihn hatten überleben sollen. Die herzlosen
+und feilen Schmarotzer von Whitehall glaubten, indem sie nach sich
+selbst urtheilten, der alte Mann werde durch einen Aldermansmantel und
+durch eine Geldentschädigung für das verwirkte Vermögen seiner Enkel
+leicht wieder zu gewinnen sein. Penn wurde zu dem Verführungswerke
+ausersehen; aber seine Bemühungen waren vergebens. Der König beschloß
+hierauf, die Wirkung seiner persönlichen Artigkeit zu versuchen. Kiffin
+wurde in den Palast beschieden. Er fand einen glänzenden Kreis von
+Kavalieren und
+<span class = "pagenum">VII.50</span>
+<a name = "pageVII_50" id = "pageVII_50"> </a>
+Gentlemen versammelt. Jakob kam ihm sogleich entgegen, redete ihn sehr
+freundlich an und schloß mit den Worten: „Ich habe Sie zu einem der
+Aldermen von London bestimmt, Herr Kiffin.“ Der alte Mann sah den König
+fest an, brach in Thränen aus und antwortete: „Sire, ich bin abgenutzt,
+ich bin nicht mehr fähig, Eurer Majestät oder der Hauptstadt zu dienen.
+Und überdies, Sire, hat der Tod meiner armen Jungen mir das Herz
+gebrochen. Diese Wunde ist noch heute so frisch wie jemals, und ich
+werde sie mit ins Grab nehmen.“ Der König schwieg einige Augenblicke
+sichtlich bewegt und sagte dann: „Ich werde einen Balsam für diese Wunde
+finden, Herr Kiffin.“ Es war gewiß nicht Jakob’s Absicht, etwas
+Kränkendes oder Übermüthiges zu sagen, im Gegentheil, er scheint sich in
+einer ungewöhnlich weichen Stimmung befunden zu haben. Dennoch wirft
+keine Äußerung die uns von ihm berichtet wird, ein so nachtheiliges
+Licht auf seinen Character als diese wenigen Worte. Es sind die Worte
+eines hartherzigen, niedrig denkenden Mannes, der sich keine Verwundung
+des Gefühls denken kann, welche durch eine Stelle oder durch eine
+Pension nicht vollkommen zu heilen wäre.<a class = "tag" name =
+"tagVII_51" id = "tagVII_51" href = "#noteVII_51">51</a></p>
+
+<p>Der Theil der Dissenters, der sich der neuen Politik des Königs
+günstig zeigte, war von Anfang an klein gewesen und begann bald noch
+mehr zusammenzuschmelzen. Denn die Nonconformisten erkannten in nicht
+langer Zeit, daß ihre geistlichen Privilegien durch die Indulgenz eher
+geschmälert als erweitert worden waren. Der characteristische Zug des
+Puritaners war Abscheu gegen die Eigenthümlichkeiten der römischen
+Kirche. Er hatte sich nur deshalb von der anglikanischen Kirche
+losgetrennt, weil er meinte, daß sie ihrer hochmüthigen und üppigen
+Schwester, der Zauberin mit dem goldenen Becher und dem Purpurgewande,
+zu ähnlich sähe. Jetzt fand er, daß eine von den stillschweigenden
+Bedingungen des Bündnisses, welches einige seiner Seelenhirten mit dem
+Hofe geschlossen hatten, die war, daß die Religion des Hofes mit Achtung
+und Schonung behandelt werden sollte. Er begann bald sich nach den Tagen
+der Verfolgung zurückzusehnen. So lange die Strafgesetze noch angewendet
+wurden, hatte er die Worte des Lebens zwar im Geheimen und mit
+persönlicher Gefahr angehört, aber er hatte sie doch gehört. Wenn die
+Brüder in ihrer Stube versammelt waren, wenn die Schildwachen
+ausgestellt und die Thüren verschlossen waren, wenn der Prediger in der
+Kleidung eines Metzgers oder Fuhrmanns über das Dach hereingekommen war,
+dann wurde wenigstens ein wirklicher Gottesdienst gehalten. Kein Theil
+der göttlichen Wahrheit ward aus weltlichen Rücksichten unterdrückt oder
+verstümmelt, alle unterscheidenden Lehren der puritanischen Theologie
+wurden vollständig und sogar in ihrer ungeschminktesten Form
+dargestellt. Der römischen Kirche ward kein Pardon gegeben. Das Thier,
+der Antichrist, der Mensch der Sünde, die mystische Isabel, das
+mystische Babylon waren die Ausdrücke, mit denen man jenen hehren und
+bezaubernden Aberglauben zu bezeichnen pflegte. Dies war einst die
+Sprache Alsop’s, Lobb’s, Rosewell’s und anderer Geistlichen gewesen,
+welche kürzlich im Palast wohl aufgenommen worden waren; aber so
+sprachen sie jetzt nicht mehr. Geistliche, die nach einer hohen Stufe in
+der Gunst und dem Vertrauen des Königs strebten, durften es nicht wagen,
+in harten Worten
+<span class = "pagenum">VII.51</span>
+<a name = "pageVII_51" id = "pageVII_51"> </a>
+von der Religion des Königs zu sprechen. Die Gemeinden beklagten sich
+daher laut, daß sie seit dem Erscheinen der Indulgenzerklärung, welche
+ihnen dem Wortlaute nach doch völlige Gewissensfreiheit gewähren wollte,
+das Evangelium nie mehr kühn und rein hätten verkünden hören. Früher
+hatten sie ihre geistliche Nahrung verstohlen erhaschen müssen, aber
+wenn sie sie erhascht hatten, so fanden sie sie wenigstens ganz nach
+ihrem Geschmacke zubereitet. Jetzt konnten sie sie öffentlich und in
+aller Bequemlichkeit zu sich nehmen, aber sie hatte ihren ganzen
+Wohlgeschmack verloren. Sie versammelten sich bei Tage und in geräumigen
+Lokalen; aber sie hörten Predigten, die ihnen bei weitem nicht so
+gefielen, als die, welche der Rector ihnen gehalten haben würde. In der
+Pfarrkirche wurde der selbstgeschaffene Gottesdienst und die Abgötterei
+Roms jeden Sonntag energisch angegriffen; im Versammlungshause aber
+hütete sich der Pastor, der noch vor wenigen Monaten die Geistlichen der
+Landeskirche für nicht viel besser als die Papisten erklärt hatte, jetzt
+sorgfältig, den Papismus zu tadeln, oder kleidete seinen Tadel
+wenigstens in ein so mildes Gewand, daß er selbst das Ohr eines Pater
+Petre nicht beleidigt haben würde. Auch war es nicht möglich, für diesen
+Wechsel einen stichhaltigen Grund aufzufinden. Die römisch-katholischen
+Lehren hatten sich nicht verändert; seit Menschengedenken waren die
+katholischen Priester noch nie so eifrig im Proselytenmachen gewesen;
+noch nie waren so viele katholische Schriften aus der Presse
+hervorgegangen; noch nie hatten Alle, die sich um die Religion
+kümmerten, den Streit zwischen Katholiken und Protestanten mit so
+gespannter Aufmerksamkeit verfolgt. Was konnte man also von der
+Aufrichtigkeit von Theologen halten, welche nicht müde geworden waren,
+den Papismus zu schmähen, so lange derselbe vergleichsweise harmlos und
+wehrlos war, und die jetzt, wo eine Zeit wirklicher Gefahr für den
+reformirten Glauben gekommen, sorgfaltig jedes Wort vermieden, das einem
+Jesuiten Anstoß geben konnte? Ihr Benehmen war in der That nicht schwer
+zu erklären. Es war bekannt, daß einige von ihnen Begnadigungen erlangt,
+es wurde vermuthet, daß andere Geld bekommen hatten. Ihr Vorbild war der
+schwache Apostel, der aus Angst den Herrn verleugnete, dem er
+prahlerisch die unverbrüchlichste Treue gelobt hatte, oder der noch
+schlechtere Apostel, der seinen Herrn um eine Handvoll Silberlinge
+verkaufte.<a class = "tag" name = "tagVII_52" id = "tagVII_52" href =
+"#noteVII_52">52</a></p>
+
+<p>So verloren die vom Hofe gewonnenen Dissentergeistlichen rasch den
+Einfluß, den sie einst auf ihre Glaubensbrüder besessen hatten. Auf der
+andren Seite fühlten sich die Sektirer durch eine starke religiöse
+Sympathie zu den anglikanischen Prälaten und Priestern hingezogen,
+welche trotz königlicher Befehle, Drohungen und Versprechungen einen
+heftigen Krieg gegen die römische Kirche unterhielten. Die so lange
+durch tödtliche Feindschaft getrennt gewesenen Anglikaner und Puritaner,
+näherten sich einander mit jedem Tage mehr und mehr und jeder Schritt
+zur Einigung vermehrte den Einfluß des Mannes, der ihr gemeinsames
+Oberhaupt war. Wilhelm eignete sich in jeder Beziehung zum Vermittler
+zwischen diesen beiden großen Parteien der englischen Nation. Man konnte
+nicht sagen, daß er einer von beiden angehöre; aber keine von
+<span class = "pagenum">VII.52</span>
+<a name = "pageVII_52" id = "pageVII_52"> </a>
+beiden konnte sich bei ruhiger Überlegung weigern, ihn als einen Freund
+zu betrachten. Sein theologisches System stimmte mit dem der Puritaner
+überein. Zu gleicher Zeit betrachtete er das Episcopat wenn auch nicht
+als eine göttliche Einrichtung, doch als eine vollkommen rechtmäßige und
+höchst nützliche Form des Kirchenregiments. Fragen über Stellungen,
+Gewänder, Festtage und Liturgien waren in seinen Augen keine
+Lebensfragen. Ein einfacher Gottesdienst wie der, an den er von jeher
+gewöhnt war, würde seinem persönlichen Geschmacke am meisten zugesagt
+haben, aber er war dabei gern bereit, sich jedem Ritual zu fügen, das
+der Nation angenehm war, und bestand nur darauf, daß man ihm nicht
+zumuthete, diejenigen seiner protestantischen Brüder zu verfolgen, denen
+ihr Gewissen es nicht zuließ, seinem Beispiele zu folgen. Zwei Jahre
+früher würde er von zahlreichen Bigotten auf beiden Seiten für einen
+bloßen Laodicäer erklärt, worden sein, der weder kalt noch warm war und
+zu nichts taugte als ausgestoßen zu werden. Aber der Eifer, der
+Anglikaner gegen Dissenters und Dissenters gegen Anglikaner entflammt
+hatte, war durch gemeinsame Widerwärtigkeiten und Gefahren so gedämpft
+worden, daß die Lauheit, die man ihm früher als Verbrechen angerechnet,
+jetzt als eine seiner Haupttugenden betrachtet wurde.</p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVII_51" id = "noteVII_51" href = "#tagVII_51">51.</a>
+<span class = "antiqua">Kiffin’s Memoirs</span>; Luson’s Brief an Brooke
+vom 11. Mai 1773 in der Hughes-Correspondenz.</p>
+
+<p><a name = "noteVII_52" id = "noteVII_52" href = "#tagVII_52">52.</a>
+Man sehe unter anderen zeitgenössischen Flugschriften eine mit dem
+Titel: <span class = "antiqua">A Representation of the threatening
+Dangers impending over Protestants.</span></p>
+</div>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Der Prinz und die Prinzessin von Oranien gegen die
+Indulgenzerklärung.</span>
+<a name = "secVII_43" id = "secVII_43">Jedermann</a> war gespannt auf
+seine Ansicht über die Indulgenzerklärung. Eine Zeit lang nährte man in
+Whitehall die Hoffnung, daß seine bekannte Achtung vor den Rechten des
+Gewissens ihn wenigstens abhalten werde, öffentlich seine Mißbilligung
+einer Politik auszusprechen, die einen unleugbaren Anstrich von
+Freisinnigkeit hatte. Penn schickte zahlreiche Auseinandersetzungen nach
+dem Haag und begab sich sogar persönlich dahin, in der Hoffnung daß
+seine Beredtsamkeit, von der er eine hohe Meinung hatte, sich als
+unwiderstehlich erweisen werde. Aber obgleich er sein Lieblingsthema mit
+einer Redseligkeit entwickelte, die seine Zuhörer ermüdete und obgleich
+er sie versicherte, daß ein Mann, der mit den Engeln verkehre, ihm das
+Herannahen eines goldenen Zeitalters der Religionsfreiheit geoffenbart
+habe, so machte er doch keinen Eindruck auf den Prinzen.<a class = "tag"
+name = "tagVII_53" id = "tagVII_53" href = "#noteVII_53">53</a> „Ihr
+verlangt von mir,“ sagte er zu einem der Agenten des Königs, „daß ich
+einen Angriff auf meine eigne Religion unterstützen soll. Das kann ich
+mit gutem Gewissen nicht thun, und ich werde es nicht thun, nein, nicht
+um die Krone Englands, nicht um die Herrschaft der Welt!“ Diese Worte
+wurden dem Könige mitgetheilt und sie beunruhigten ihn nicht wenig.<a
+class = "tag" name = "tagVII_54" id = "tagVII_54" href =
+"#noteVII_54">54</a> Er schrieb mit eigner Hand eindringliche Briefe.
+Zuweilen nahm er den Ton des Beleidigten an. Er sei das Oberhaupt der
+königlichen Familie, als solches sei er berechtigt, von den jüngeren
+Mitgliedern Gehorsam zu erwarten, und es sei sehr hart, daß er in einer
+Angelegenheit, die ihm über Alles am
+<span class = "pagenum">VII.53</span>
+<a name = "pageVII_53" id = "pageVII_53"> </a>
+Herzen liege, auf Widerstand stoße. Andere Male wurde ihm ein Köder
+vorgehalten, den man für unwiderstehlich hielt. Wenn Wilhelm nur in
+diesem einen Punkte nachgäbe, so würde die englische Regierung ihm dafür
+kräftigen Beistand gegen Frankreich leisten. Er ließ sich aber nicht
+bethören. Er wußte, daß Jakob selbst beim besten Willen ohne die
+Unterstützung eines Parlaments nicht im Stande sein würde, der
+gemeinschaftlichen Sache Europa’s einen wirksamen Dienst zu leisten, und
+es konnte keinem Zweifel unterliegen, daß wenn ein Parlament
+zusammenkam, die erste Forderung beider Häuser die Cassirung der
+Indulgenzerklärung sein würde.</p>
+
+<p>Die Prinzessin stimmte allen Meinungsäußerungen ihres Gemahls bei,
+und ihre gemeinschaftliche Ansicht wurde dem Könige in entschiedenen
+aber gemäßigten Ausdrücken mitgetheilt. Sie erklärten, daß sie das von
+Seiner Majestät eingeschlagene Verfahren lebhaft bedauerten. Sie seien
+überzeugt, daß er sich ein Hoheitsrecht angemaßt habe, das ihm
+gesetzlich nicht zustehe. Gegen diese Anmaßung protestirten sie, nicht
+nur als Freunde der bürgerlichen Freiheit, sondern auch als Mitglieder
+des königlichen Hauses, als welche sie ein hohes Interesse an der
+Erhaltung der Rechte dieser Krone hätten, die sie einst tragen könnten.
+Denn die Erfahrung habe gelehrt, daß Willkürherrschaft in England
+unfehlbar eine Reaction nach sich ziehe, die noch verderblicher sei als
+jene selbst, und man müsse mit Grund befürchten, daß die durch die
+Aussicht auf Despotismus beunruhigte und entrüstete Nation selbst gegen
+die constitutionelle Monarchie einen Widerwillen fassen würde. Sie gäben
+daher dem Könige den Rath, daß er in allen Dingen streng nach dem
+Gesetze regieren möge. Sie geständen sehr gern zu, daß das Gesetz mit
+Nutzen durch die competente Autorität abgeändert werden könne und daß
+ein Theil seiner Erklärung es wohl verdiene, einer Parlamentsacte
+einverleibt zu werden. Sie seien keine Verfolger, sie würden mit
+Vergnügen römische Katholiken so gut als protestantische Dissenters in
+geeigneter Weise von allen Strafgesetzen befreit, und ebenso gern
+protestantische Dissenters in zweckmäßiger Weise zu bürgerlichen Ämtern
+zugelassen sehen. Weiter aber könnten Ihre Hoheiten nicht gehen. Sie
+könnten sich der ernsten Besorgniß nicht enthalten, daß die Zulassung
+römischer Katholiken zu Staatsämtern große Nachtheile hervorrufen
+würden, und es war nicht undeutlich zu verstehen gegeben, daß der Grund
+zu dieser Besorgniß namentlich in Jakob’s Handlungsweise liege.<a class
+= "tag" name = "tagVII_55" id = "tagVII_55" href =
+"#noteVII_55">55</a></p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVII_53" id = "noteVII_53" href = "#tagVII_53">53.</a>
+<span class = "antiqua">Burnet I. 693, 694.</span></p>
+
+<p><a name = "noteVII_54" id = "noteVII_54" href = "#tagVII_54">54.</a>
+<span class = "antiqua">„Le Prince d’Orange, qui avoit éludé jusqu’alors
+de faire une réponse positive dit ... qu’il ne consentira jamaia à la
+suppression de ces lois qui avoient été établies pour le maintien et la
+sureté de la religion Protestante, et que sa conscience ne lui
+permettoit point, non seulement pour la succession du royaume
+d’Angleterre, mais même pour l’empire du monde; en sorte que le roi
+d’Angleterre est plus aigri contre lui qu’il n’a jamais été.“</span>
+&mdash; Bonrepaux, 11.(21.) Juni 1687.</p>
+
+<p><a name = "noteVII_55" id = "noteVII_55" href = "#tagVII_55">55.</a>
+<span class = "antiqua">Burnet, I. 710</span>; Bonrepaux, 24. Mai (4.
+Juni) 1687.</p>
+</div>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Vertheidigung ihrer Ansichten bezüglich der englischen
+Katholiken.</span>
+<a name = "secVII_44" id = "secVII_44">Die</a> ausgesprochene Ansicht
+des Prinzen und der Prinzessin über die Ausschließungen, denen die
+römischen Katholiken unterworfen waren, theilten fast alle Staatsmänner
+und Philosophen, welche damals der politischen und religiösen Freiheit
+eifrig das Wort redeten. In unsrer Zeit dagegen haben erleuchtete Männer
+oft mit Bedauern sich dahin geäußert, daß Wilhelm in diesem einen Punkte
+gegen seinen Schwiegervater im Nachtheil stehe. Das Wahre ist, daß
+einige Erwägungen, welche nothwendig sind, wenn man sich ein richtiges
+Urtheil bilden will, von vielen Schriftstellern des neunzehnten
+Jahrhunderts nicht berücksichtigt worden zu sein scheinen.</p>
+<span class = "pagenum">VII.54</span>
+<a name = "pageVII_54" id = "pageVII_54"> </a>
+
+<p>Es sind zwei einander entgegengesetzte Irrthümer, in welche
+Diejenigen, die sich mit dem Studium unsrer vaterländischen Geschichte
+beschäftigen, in steter Gefahr sind zu verfallen: der Irrthum, daß sie
+die Gegenwart nach der Vergangenheit, und der Irrthum, daß sie die
+Vergangenheit nach der Gegenwart beurtheilen. Dem ersteren sind
+Diejenigen unterworfen, welche geneigt sind alles Alte zu verehren, dem
+zweiten Diejenigen, welche von allem Neuen angezogen werden. Auf den
+ersteren stößt man beständig in den Raisonnements conservativer
+Politiker über die Fragen ihrer Zeit, der zweite findet sich immer in
+den Betrachtungen von Schriftstellern der liberalen Richtung, wenn sie
+die Ereignisse einer früheren Zeit besprechen. Der erstere ist bei einem
+Staatsmanne, der andre bei einem Geschichtsschreiber verderblicher.</p>
+
+<p>Es ist für Niemanden, der es in Unsrer Zeit unternimmt, über die
+Revolution zu schreiben, welche die Stuarts stürzte, so leicht, die
+rechte Mittelstraße zwischen diesen beiden Extremen stetig einzuhalten.
+Die Frage, ob es gerathen sei, Mitglieder der katholischen Kirche zum
+Parlament und zu Staatsämtern zuzulassen, erschütterte unser Vaterland
+während der Regierung Jakob’s&nbsp;II., durch seinen Sturz wurde sie in
+den Hintergrund zurückgedrängt, und nachdem sie über ein Jahrhundert
+lang geruht hatte, kam sie in Folge der großen Aufregung der Gemüther,
+welche dem Zusammentritt der französischen Nationalversammlung folgte,
+wieder zur Sprache. Dreißig Jahre währte der Streit in beiden Häusern
+des Parlaments, in jedem Wahlkörper, in jedem Kreise der Gesellschaft.
+Er stürzte Ministerien, zerriß Parteien, machte in einem Theile des
+Landes jede Regierung unmöglich und brachte uns zuletzt an den Rand des
+Bürgerkrieges. Selbst nach Beendigung des Kampfes gohren die
+Leidenschaften, die er aufgeregt hatte, noch immer fort. Ein Mann,
+dessen Geist unter dem Einflusse dieser Leidenschaften stand, konnte
+fast unmöglich die Ereignisse der Jahre 1687 und 1688 in einem
+vollkommen richtigen Lichte erblicken.</p>
+
+<p>Eine Klasse von Politikern, welche von dem richtigen Vordersatze
+ausging, daß die Revolution eine große Wohlthat für unser Land gewesen
+sei, gelangte zu dem irrigen Schlusse, daß keine Bürgschaft, die von den
+Staatsmännern der Revolution zum Schutze unsrer Religion und unsrer
+Freiheit für nöthig erachtet worden war, ohne Gefahr abgeschafft werden
+könnte. Eine andre Klasse, die von dem ebenfalls richtigen Vordersatze
+ausging, daß die über die Katholiken verhängten Ausschließungen lange
+Zeit nichts als Unheil verursacht hätten, kam zu dem falschen Schlusse,
+daß diese Ausschließungen zu keiner Zeit nützlich und nothwendig gewesen
+sein könnten. Der erste Trugschluß durchdrang die Reden des geistreichen
+und gelehrten Eldon, der andre blieb selbst auf einen so ruhigen und
+philosophischen Kopf wie Mackintosh nicht ganz ohne Einfluß.</p>
+
+<p>Bei näherer Prüfung wird es sich jedoch vielleicht zeigen, daß wir
+das von allen großen englischen Staatsmännern des siebzehnten
+Jahrhunderts einstimmig gebilligte Verfahren rechtfertigen können, ohne
+die Weisheit des von allen großen englischen Staatsmännern unsrer Zeit
+eben so einstimmig gebilligten Verfahrens in Zweifel zu ziehen.</p>
+
+<p>Es ist unbestreitbar ein Übel, wenn ein Bürger seiner religiösen
+Meinung halber vom Staatsdienste ausgeschlossen sein soll; aber der
+menschlichen Weisheit bleibt zuweilen nichts andres übrig als die Wahl
+zwischen zwei Übeln. Eine Nation kann in eine Lage kommen, in der
+<span class = "pagenum">VII.55</span>
+<a name = "pageVII_55" id = "pageVII_55"> </a>
+die Mehrheit entweder Ausschließungen verhängen oder sich solche
+gefallen lassen muß und wo das was unter gewöhnlichen Verhältnissen mit
+Recht als Verfolgung verdammt werden würde, noch innerhalb der Grenzen
+der Selbstvertheidigung liegt. In einer solchen Situation befand sich
+England im Jahre 1687.</p>
+
+<p>Nach der Verfassung des Reichs hatte Jakob das Recht, fast alle
+öffentlichen Beamten, bei der Regierung, bei den Gerichten, in der
+Kirche, beim Militair und bei der Flotte zu ernennen. Bei der Ausübung
+dieses Rechts war er nicht, wie unsere gegenwärtigen Souveraine,
+genöthigt, in Übereinstimmung mit dem Rathe von Ministern, die das Haus
+der Gemeinen billigte, zu handeln. Es lag also auf der Hand, daß es,
+wenn er durch das Gesetz nicht streng verbunden war, nur Protestanten
+anzustellen, ihm frei stand, lauter Katholiken anzustellen. Die Anzahl
+der römischen Katholiken war unbedeutend, und es gab nicht einen
+einzigen Mann unter ihnen, dessen Dienste der Staat ernstlich vermißt
+haben würde. Das Verhältniß, in dem ihre Zahl zur Gesammtbevölkerung
+stand, war noch viel geringer als es gegenwärtig ist, denn gegenwärtig
+ergießt sich ein ununterbrochener Auswanderungsstrom von Irland in
+unsere großen Städte, während es im siebzehnten Jahrhunderte noch nicht
+einmal in London eine irische Colonie gab. Neunundvierzig Funfzigstel
+der Bewohner des Königreichs, neunundvierzig Funfzigstel des Vermögens
+des Königreichs, fast alle politischen, juristischen und militairischen
+Talente und Kenntnisse, die das Land besaß, waren protestantisch.
+Trotzdem hatte der König in thörichter Verblendung sich vorgenommen,
+sein unbegrenztes Ernennungsrecht als Mittel zum Proselytenmachen zu
+benutzen. Seiner Kirche angehören war in seinen Augen der erste
+Befähigungstitel für ein Amt. Der Landeskirche angehören war entschieden
+ein Grund der Nichtbefähigung. Er verwarf zwar in einer Sprache, welche
+den Beifall einiger leichtgläubigen Freunde der Glaubensfreiheit fand,
+die monströse Ungerechtigkeit des Religionseides, der eine kleine
+Minderheit der Nation von öffentlichen Ämtern ausschloß; zu gleicher
+Zeit aber führte er einen andren Religionseid ein, der die Mehrheit
+ausschloß. Es schien ihm hart, daß ein guter Finanzmann und loyaler
+Unterthan lediglich deshalb weil er ein Papist war, von dem Posten eines
+Lordschatzmeisters ausgeschlossen sein sollte; aber er selbst hatte
+einen Lordschatzmeister, den er als einen tüchtigen Finanzmann und
+loyalen Unterthan anerkannt, bloß deshalb abgesetzt, weil er Protestant
+war. Er hatte wiederholt und bestimmt erklärt, er sei fest entschlossen,
+den weißen Stab niemals in die Hände eines Ketzers zu geben. Mit vielen
+anderen hohen Staatsämtern war er ebenso verfahren. Bereits waren der
+Lordpräsident, der Geheimsiegelbewahrer, der Oberkammerherr, der
+Garderobeaufseher, der erste Lord des Schatzes, ein Staatssekretär, der
+Lordobercommissar von Schottland, der Kanzler von Schottland und der
+Sekretär von Schottland Katholiken oder gaben sich wenigstens dafür aus.
+Die meisten von diesen Beamten waren von Haus aus Anglikaner und hatten
+sich des offenen oder geheimen Abfalls schuldig gemacht, um ihre hohen
+Stellen zu erlangen oder zu behalten. Jeder Protestant, der noch einen
+wichtigen Staatsposten bekleidete, bekleidete ihn in beständiger
+Ungewißheit und Angst. Wir würden nicht fertig werden, wollten wir die
+untergeordneteren Stellen anführen, welche von Mitgliedern der
+begünstigten Klasse besetzt waren. In jedem Zweige der Verwaltung
+wimmelte es schon von Katholiken. Sie waren Lordlieutenants,
+<span class = "pagenum">VII.56</span>
+<a name = "pageVII_56" id = "pageVII_56"> </a>
+stellvertretende Lieutenants, Richter, Friedensrichter, Zollcommissare,
+Gesandte an fremden Höfen, Regimentsobersten und Festungscommandanten.
+Der Antheil, den sie binnen wenigen Monaten von den durch die Krone zu
+besetzenden weltlichen Ämtern erlangt hatten, war weit über zehnmal so
+groß, als er unter einem unparteiischen Systeme gewesen sein würde. Dies
+war indessen noch nicht das Schlimmste. Man hatte sie auch zu
+Beherrschern der anglikanischen Kirche gemacht. Männer, die den König
+versichert hatten, daß sie seines Glaubens seien, saßen in der Hohen
+Commission und übten die höchste geistliche Gerichtsbarkeit über alle
+Prälaten und Priester der Landeskirche aus. Kirchliche Pfründen von
+hohem Ansehen waren theils erklärten, theils verkappten Papisten
+verliehen worden. Und dies Alles war geschehen, während die Gesetze
+gegen den Papismus noch in Kraft waren und Jakob noch gegründete Ursache
+hatte, Achtung vor den Rechten des Gewissens zu heucheln. Was war also
+von ihm zu erwarten, wenn seine Unterthanen einwilligten, ihn durch ein
+Gesetz von jedem Schatten der Beschränkung vollends zu befreien? Kann
+man wohl daran zweifeln, daß Protestanten durch eine streng gesetzmäßige
+Anwendung der königlichen Prärogative eben so wirksam von Anstellungen
+ausgeschlossen worden wären, als jemals römische Katholiken durch eine
+Parlamentsacte ausgeschlossen worden sind?</p>
+
+<p>Wie hartnäckig Jakob entschlossen war, den Mitgliedern seiner Kirche
+einen Antheil an den öffentlichen Ämtern zu gewähren, der zu ihrer Zahl
+und zu ihrer Bedeutung außer allem Verhältniß stand, geht aus den
+Instructionen hervor, die er im Exil und im hohen Alter als Leitfaden
+für seinen Sohn aufzeichnete. Es ist unmöglich, diese Ergüsse eines
+Mannes, an dem alle Lehren der Erfahrung und des Unglücks spurlos
+vorübergegangen waren, ohne ein Gemisch von Mitleid und Verachtung zu
+lesen. Dem Prätendenten wird anempfohlen, wenn er einmal zur Regierung
+in England gelangen sollte, die Ämter zu theilen und den Mitgliedern der
+römischen Kirche einen Antheil zu reserviren, der groß genug für sie
+gewesen sein würde, wenn sie die Hälfte, anstatt ein Funfzigstel der
+Nation gebildet hätten. Ein Staatssekretär, ein Schatzcommissar, der
+Kriegssekretär, die Mehrheit der Großwürdenträger des Hofstaates und die
+Mehrzahl der Offiziere der Armee müßten immer Katholiken sein. Dies
+waren Jakob’s Ansichten selbst dann noch, als seine thörichte Bigotterie
+ihm eine Strafe zugezogen hatte, über welche die ganze Welt erschrocken
+war. Kann man also wohl in Zweifel darüber sein, wie er gehandelt haben
+würde, wenn sein Volk, durch den leeren Namen der religiösen Freiheit
+geblendet, ihn ohne Zügel hätte fortregieren lassen?</p>
+
+<p>Selbst Penn scheint trotz seiner blinden und maßlosen Begeisterung
+für die Indulgenzerklärung eingesehen zu haben, daß man sich nicht
+wundern durfte, wenn die Parteilichkeit, mit der römische Katholiken mit
+Ehrenstellen und Einkünften überschüttet wurden, die Eifersucht der
+Nation erregte. Er gab zu, daß die Protestanten im Fall der Aufhebung
+der Testacte Anspruch auf ein Äquivalent hätten, und ging sogar so weit,
+daß er verschiedene Äquivalente vorschlug. Schon seit mehreren Wochen
+war das Wort Äquivalent, damals erst kürzlich aus Frankreich eingeführt,
+im Munde aller Kaffeehausredner; endlich aber machten einige Seiten
+scharfsinniger Logik und feiner Sarkasmen aus Halifax’ Feder diesen
+hohlen Projecten ein Ende. Einer von Penn’s Plänen bestand darin, daß
+ein Gesetz erlassen werden sollte, welches die von der Krone zu
+verleihenden
+<span class = "pagenum">VII.57</span>
+<a name = "pageVII_57" id = "pageVII_57"> </a>
+Ämter in drei gleiche Theile theilte, von denen nur einer den
+Mitgliedern der katholischen Kirche zufallen sollte. Selbst unter einem
+solchen System würden die Katholiken noch immer zwanzigmal den ihnen
+eigentlich zustehenden Antheil erhalten haben, und doch kann man nicht
+annehmen, daß der König selbst in eine solche Anordnung gewilligt haben
+würde. Hätte er aber auch darein gewilligt, welche Garantie konnte er
+bieten, daß er auch wirklich an diesem Übereinkommen festhielt? Man
+hatte keine Antwort auf das von Halifax aufgestellte Dilemma: wenn
+Gesetze für Euch bindend sind, so beobachtet das jetzt bestehende
+Gesetz; sind sie nicht bindend für Euch, so ist es auch nutzlos, uns ein
+Gesetz als Bürgschaft zu bieten.<a class = "tag" name = "tagVII_56" id =
+"tagVII_56" href = "#noteVII_56">56</a></p>
+
+<p>Es ist sonach klar, daß es sich gar nicht darum handelte, ob
+weltliche Ämter allen Religionsparteien ohne Unterschied offen stehen
+sollten. So lange Jakob König war, war Ausschließung unvermeidlich, und
+es fragte sich nur, wer ausgeschlossen werden sollte, ob Papisten oder
+Protestanten, die Wenigen oder die Vielen, hunderttausend Engländer oder
+fünf Millionen.</p>
+
+<p>Dies sind die gewichtigen Gründe, durch welche das Verfahren des
+Prinzen von Oranien gegen die englischen Katholiken mit den Grundsätzen
+der Glaubensfreiheit in Einklang gebracht werden kann. Diese Gründe
+haben, wie man bemerken wird, mit keinem Theile der katholischen
+Theologie etwas zu thun. Ebenso wird man einsehen, daß sie ihr ganzes
+Gewicht verlieren mußten, als die Krone an ein protestantisches
+Herrscherhaus gekommen und die Macht des Unterhauses im Staate ein so
+entschiedenes Übergewicht erlangt hatte, daß kein Souverain, mochten
+seine Ansichten oder Neigungen sein, welche sie wollten, das Beispiel
+Jakob’s nachahmen konnte. Die Nation befand sich indessen nach ihren
+Schrecken, ihren Kämpfen und ihrer mit genauer Noth erlangten Rettung in
+einer mißtrauischen und rachsüchtigen Stimmung. Daher wurden
+Vertheidigungsmittel, welche die Nothwendigkeit gerechtfertigt hatte,
+die aber auch nur die Nothwendigkeit rechtfertigen konnte, noch lange,
+nachdem die Nothwendigkeit nicht mehr vorhanden war, hartnäckig
+beibehalten, und erst aufgegeben, nachdem das herrschende Vorurtheil
+einen langjährigen Kampf gegen die Vernunft bestanden hatte. Zu den
+Zeiten Jakob’s aber standen Vernunft und herrschendes Vorurtheil auf der
+nämlichen Seite. Der Fanatiker und Ignorant wollte den Katholiken vom
+Staatsdienste ausschließen, weil er Klötze und Steine anbetete, weil er
+das Zeichen des Thieres an sich trug, weil er London angezündet und Sir
+Edmondsbury Godfrey erwürgt hatte, und der einsichtsvollste und
+toleranteste Staatsmann wurde, während er über den Irrwahn lächelte, in
+dem das gemeine Volk befangen war, auf einem ganz andren Wege zu dem
+nämlichen Schlusse geführt.</p>
+
+<p>Wilhelm’s großer Plan war jetzt, die zahlreichen Theile des großen
+Körpers, der ihn als sein gemeinschaftliches Oberhaupt betrachtete, zu
+einem Ganzen zu vereinigen. Bei diesem Werke hatte er mehrere geschickte
+und zuverlässige Mitarbeiter, von denen zwei, Burnet und Dykvelt, ihm
+ganz besonders nützlich waren.</p>
+
+<p class = "footnote">
+<a name = "noteVII_56" id = "noteVII_56" href = "#tagVII_56">56.</a>
+Johnstone, 13. Jan. 1688; <span class = "antiqua">Halifax’s Anatomy of
+an Equivalent</span>.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Jakob’s Feindschaft gegen Burnet.</span>
+<a name = "secVII_45" id = "secVII_45">Burnet</a>’s Dienste mußten
+allerdings mit einiger Vorsicht angewendet werden. Die freundliche
+<span class = "pagenum">VII.58</span>
+<a name = "pageVII_58" id = "pageVII_58"> </a>
+Aufnahme, die er im Haag gefunden, hatte Jakob heftig aufgebracht, und
+Marie erhielt von ihrem Vater zwei Briefe voll Invectiven gegen den
+frechen und wühlerischen Theologen, den sie beschützte. Diese
+Beschuldigungen aber machten einen so geringen Eindruck auf sie, daß sie
+Antworten darauf zurücksandte, welche Burnet selbst dictirt hatte. Im
+Januar 1687 endlich schritt der König zu energischeren Maßregeln.
+Skelton, der die englische Regierung bei den Vereinigten Provinzen
+vertreten hatte, wurde nach Paris versetzt und erhielt Albeville, das
+schwächste und gemeinste Mitglied der ganzen jesuitischen Cabale, zum
+Nachfolger. Geld war Albeville’s einziger Lebenszweck, und er nahm es
+von Jedem, der es ihm anbot. Er wurde zu gleicher Zeit von Frankreich
+und von Holland bezahlt. Er verschmähte sogar den erbärmlichen Anstand,
+den auch die Bestechlichkeit zu beobachten pflegt, und nahm so kleine
+Geschenke an, wie sie eher einem Lastträger oder einem Bedienten
+zukommen als einem Gesandten, der mit einer englischen Baronie und einem
+ausländischen Marquisate beehrt worden war. Einmal steckte er mit der
+größten Gemüthsruhe ein Trinkgeld von fünfzig Pistolen für einen Dienst
+ein, den er den Generalstaaten geleistet hatte. Dieser Mann war
+beauftragt, zu verlangen, daß Burnet im Haag nicht länger begünstigt
+werde. Wilhelm, der keine Lust hatte, sich von einem so werthvollen
+Freunde zu trennen, antwortete zuerst mit seiner gewohnten Kälte: „Ich
+wüßte nicht, Sir, daß der Doctor seit seinem Hiersein etwas gethan oder
+gesagt hätte, worüber Seine Majestät sich mit Grund beklagen könnte.“
+Jakob aber bestand entschieden auf seiner Forderung, und da die
+geeignete Zeit zu einem offenen Bruche noch nicht gekommen war, so mußte
+Wilhelm nachgeben. Über anderthalb Jahr lang kam Burnet weder mit dem
+Prinzen, noch mit der Prinzessin in persönliche Berührung; aber er
+wohnte in ihrer Nähe, wurde von Allem, was vorging, genau unterrichtet,
+sein Rath ward beständig in Anspruch genommen, seine Feder bei jedem
+wichtigen Anlasse benutzt und viele der schärfsten und wirksamsten
+Aufsätze und Flugschriften, welche damals in London erschienen, wurden
+ihm mit Recht zugeschrieben.</p>
+
+<p>Jakob’s Wuth entbrannte. Er war von jeher für zornige Leidenschaften
+nur zu empfänglich gewesen, aber noch keinen seiner Feinde, selbst die
+nicht, welche sich gegen sein Leben verschworen oder es versucht hatten,
+ihm durch Meineid die Schuld des Verraths und des Mordes aufzubürden,
+hatte er mit einer solchen Erbitterung gehaßt, als er jetzt Burnet
+haßte. Seine Majestät schimpfte täglich in höchst unköniglicher Sprache
+auf den Doctor und sann auf ungesetzliche Rache. Selbst Blut genügte
+diesem wüthenden Hasse nicht; der unverschämte Theolog mußte gefoltert
+werden, ehe er sterben durfte. Zum Glück war er ein Schotte von Geburt,
+und in Schottland konnten seine Beine erst in den spanischen Stiefeln
+zerquetscht werden, bevor er auf dem Grasmarkte gehängt wurde. Zu dem
+Ende wurde in Edinburg der Prozeß gegen ihn eingeleitet; aber er war in
+Holland naturalisirt, hatte eine vermögende Frau aus dieser Provinz
+geheirathet und es war gewiß, daß sein Adoptivvaterland ihn nicht
+ausliefern würde. Man beschloß daher, ihn wegfangen zu lassen. Mit
+großen Summen wurden einige Bösewichter für diesen gefährlichen und
+schändlichen Dienst gedungen; im Staatssekretariat wurde zu diesem
+Zwecke eine Anweisung auf dreitausend Pfund Sterling ausgestellt. Ludwig
+wurde von dem Plane unterrichtet und interessirte sich außerordentlich
+dafür;
+<span class = "pagenum">VII.59</span>
+<a name = "pageVII_59" id = "pageVII_59"> </a>
+er sicherte seinen kräftigen Beistand zu, damit der Schurke nach England
+gebracht werde, und versprach, daß die Werkzeuge der Rache Jakob’s in
+Frankreich eine Freistätte finden sollten. Burnet kannte die ihm
+drohende Gefahr wohl, aber Furcht gehörte nicht zu seinen Fehlern. Er
+veröffentlichte eine beherzte Antwort auf die in Edinburg gegen ihn
+erhobenen Anschuldigungen. Er wisse, sagte er, daß man ihn ohne Prozeß
+hinzurichten gedenke, aber er vertraue auf den König aller Könige, zu
+dem unschuldiges Blut selbst gegen die mächtigsten Fürsten der Erde
+nicht vergebens schreien werde. Er gab einigen Freunden ein
+Abschiedsmahl, und nach demselben nahm er als ein Mann, der dem Tode
+verfallen sei und mit dem sie ohne Gefahr nicht mehr umgehen könnten,
+feierlich Abschied von ihnen. Dessenungeachtet zeigte er sich nach wie
+vor so furchtlos auf allen öffentlichen Plätzen im Haag, daß seine
+Freunde ihm wegen seiner Tollkühnheit bittere Vorwürfe machten.<a class
+= "tag" name = "tagVII_57" id = "tagVII_57" href =
+"#noteVII_57">57</a></p>
+
+<p class = "footnote">
+<a name = "noteVII_57" id = "noteVII_57" href = "#tagVII_57">57.</a>
+<span class = "antiqua">Burnet <ins class = "correction" title =
+"Original hat »I.,«">I.</ins> 726&mdash;731</span>; <span class =
+"antiqua">Answer to the Criminal Letters issued out against Dr.
+Burnet</span>; <span class = "antiqua">Avaux Neg., July 7.(17.),
+14.(24.) July 28. (Aug. 7.) 1687, Jan. 19.(29.) 1688</span>; Ludwig an
+Barillon, 30. Dec. 1687 (9. Jan. 1688); Johnstone an Waristoun, 21.
+Febr. 1688; Lady Russel an <span class = "antiqua">Dr.</span>
+Fitzwilliam, 5. Oct. 1687. Da man vermuthet hat, daß Burnet, der seine
+persönliche Wichtigkeit nicht zu unterschätzen pflegte, die ihm drohende
+Gefahr übertrieben habe, so will ich hier die Worte Ludwig’s und
+Johnstone’s anführen: <span class = "antiqua">„Qui que ce soit“</span>,
+sagt Ludwig, <span class = "antiqua">„qui entreprenne de l’enlever en
+Hollande trouvera non seulement une retraite assurée et une entière
+protection dans mes états, mais aussi toute l’assistance qu’il pourra
+désirer pour faire conduire surement ce scélérat en Angleterre.“</span>
+&mdash; „Mit Bamfield (Burnet) ist es ganz bestimmt so“, sagt Johnstone.
+„Niemand zweifelt hier daran, und Einige, die dabei betheiligt sind,
+leugnen es nicht. Seine Freunde sagen, sie hätten gehört, daß er nicht
+vorsichtig sei, sondern aus Eitelkeit, um seinen Muth zu zeigen, mit
+thörichter Verwegenheit handle, so daß Jedermann ihn auslachen werde,
+wenn ihm ein Unglück zustoßen sollte. Ich bitte ihm dies von Seiten
+Jones’ (Johnstone) zu sagen. Wenn Einige abgefaßt werden könnten,
+während sie ihren <span class = "antiqua">coup d’essai</span> auf ihn
+machen, so wäre das sehr gut, weil sie dadurch abgeschreckt würden,
+etwas gegen Ogle (den Prinzen) zu unternehmen.“</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Sendung Dykvelt’s nach England.</span>
+<a name = "secVII_46" id = "secVII_46">Während</a> Burnet Wilhelm’s
+Sekretär für die englischen Angelegenheiten in Holland war, wurde
+Dykvelt mit nicht geringerem Nutzen in London verwendet. Dykvelt war
+einer von den ausgezeichneten Staatsmännern, welche in der edlen Schule
+des Johann de Witt ihre politische Bildung erhalten hatten und nach dem
+Falle dieses großen Ministers ihre Pflichten gegen die Republik dadurch
+am besten zu erfüllen glaubten, daß sie sich um den Prinzen von Oranien
+schaarten. Keiner von den Diplomaten im Dienste der Vereinigten
+Provinzen stand in Bezug auf Gewandtheit, Character und Manieren über
+Dykvelt, und ebenso scheint keiner ihm in der Kenntniß der englischen
+Verhältnisse gleichgekommen zu sein. Es fand sich ein Vorwand, um ihn zu
+Anfang des Jahres 1687 mit Beglaubigungsschreiben von den Generalstaaten
+in einer besonderen Mission nach England zu senden. Eigentlich aber galt
+seine Sendung nicht der Regierung, sondern der Opposition, und er
+handelte nach Privatinstructionen, welche von Burnet entworfen und von
+Wilhelm genehmigt waren.<a class = "tag" name = "tagVII_58" id =
+"tagVII_58" href = "#noteVII_58">58</a></p>
+
+<p class = "footnote">
+<a name = "noteVII_58" id = "noteVII_58" href = "#tagVII_58">58.</a>
+<span class = "antiqua">Burnet, I. 708</span>; <span class =
+"antiqua">Avaux Neg., Jan. 3.(13.), Feb. 6.(16.) 1687</span>; <span
+class = "antiqua">Van Kampen, Karakterkunde der Vaderlandsche
+Geschiedenis.</span></p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Unterhandlungen Dykvelt’s mit englischen Staatsmännern.</span>
+<a name = "secVII_47" id = "secVII_47">Dykvelt</a> berichtete, daß Jakob
+sich durch das Benehmen des Prinzen und der Prinzessin tief gekränkt
+fühle. „Die Pflicht meines Neffen
+<span class = "pagenum">VII.60</span>
+<a name = "pageVII_60" id = "pageVII_60"> </a>
+ist, meine Hand zu stärken“, sagte der König, „aber es hat ihm von jeher
+Vergnügen gemacht, wenn er mir hat hinderlich sein können.“ Dykvelt
+antwortete, in Privatangelegenheiten habe Seine Hoheit stets die Wünsche
+des Königs berücksichtigt und werde dies auch in Zukunft jederzeit thun,
+aber es sei doch kaum recht und billig, die Unterstützung eines
+protestantischen Fürsten gegen die protestantische Kirche zu erwarten.<a
+class = "tag" name = "tagVII_59" id = "tagVII_59" href =
+"#noteVII_59">59</a> Der König war zum Schweigen gebracht, aber nicht
+besänftigt. Mit einem Verdrusse, den er nicht verhehlen konnte, sah er,
+daß Dykvelt alle die verschiedenen Abteilungen der Opposition mit einer
+Geschicklichkeit musterte und einschulte, welche dem gewandtesten
+englischen Staatsmanne zur Ehre gereicht haben würde und die bei einem
+Ausländer bewundernswürdig war. Der Geistlichkeit wurde gesagt, daß sie
+in dem Prinzen einen Freund des Episcopats und der Liturgie finden
+werde. Den Nonconformisten wurde Hoffnung gemacht, daß sie von ihm nicht
+nur Duldung, sondern sogar Gleichstellung zu erwarten hätten. Selbst die
+römischen Katholiken wurden versöhnt und einige der Angesehensten unter
+ihnen sagten dem Könige ins Gesicht, daß sie mit dem, was Dykvelt ihnen
+biete, zufrieden seien und daß sie eine durch das Gesetz verbürgte
+Duldung einem gesetzwidrigen und unsicheren Übergewichte vorzögen.<a
+class = "tag" name = "tagVII_60" id = "tagVII_60" href =
+"#noteVII_60">60</a></p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVII_59" id = "noteVII_59" href = "#tagVII_59">59.</a>
+<span class = "antiqua">Burnet I. 711</span>. Dykvelt’s Depeschen an die
+Generalstaaten enthalten, so weit ich es habe ersehen oder erfahren
+können, kein Wort über den wirklichen Zweck seiner Sendung. Seine
+Correspondenz mit dem Prinzen von Oranien war streng privater Natur.</p>
+
+<p><a name = "noteVII_60" id = "noteVII_60" href = "#tagVII_60">60.</a>
+Bonrepaux, 12.(22.) Sept. 1687.</p>
+</div>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Danby.</span>
+<a name = "secVII_48" id = "secVII_48">Die</a> Oberhäupter aller
+wichtigen Parteien der Nation hielten häufige Besprechungen in Gegenwart
+des geschickten Gesandten. Die Ansicht der Torypartei war bei diesen
+Zusammenkünften hauptsächlich durch die Earls von Danby und von
+Nottingham vertreten. Obgleich seit Danby’s Sturze bereits über acht
+Jahre vergangen waren, so stand sein Name doch bei den alten Kavalieren
+Englands noch in hohem Ansehen, und selbst viele von denjenigen Whigs,
+die ihn früher verfolgt hatten, gaben jetzt bereitwillig zu, daß er für
+die Sünden Anderer habe büßen müssen und daß sein Eifer für die
+Hoheitsrechte ihn zwar oft irre geleitet habe, aber bei alledem durch
+zwei ehrenwerthe Gefühle gemildert worden sei: durch Eifer für die
+Staatsreligion und durch Eifer für die Würde und Unabhängigkeit seines
+Vaterlandes. Auch im Haag wurde er hoch geschätzt, denn man vergaß es
+ihm dort nie, daß er es gewesen war, der Karl trotz des Einflusses
+Frankreichs und der Papisten bewogen hatte, die Hand der Prinzessin
+Marie ihrem Vetter zu geben.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Nottingham.</span>
+<a name = "secVII_49" id = "secVII_49">Daniel</a> Finch, Earl von
+Nottingham, ein Edelmann, dessen Name in der Geschichte dreier
+ereignißvoller Regierungen häufig genannt werden wird, stammte aus einer
+Familie von unvergleichlicher juristischer Auszeichnung. Einer seiner
+Verwandten hatte das Siegel Karl’s&nbsp;I. geführt, hatte seine
+eminenten Talente und Kenntnisse zu schlechten Zwecken gemißbraucht und
+war von der Rache der Gemeinen Englands, mit Falkland an der Spitze,
+verfolgt worden. Einen ehrenvolleren Ruf erlangte unter der folgenden
+Generation Heneage Finche. Er war unmittelbar nach der Restauration zum
+Staatsprokurator ernannt worden und war nacheinander zum
+Lordsiegelbewahrer, zum Lordkanzler, zum Baron Finch und Earl von
+Nottingham emporgestiegen. Während
+<span class = "pagenum">VII.61</span>
+<a name = "pageVII_61" id = "pageVII_61"> </a>
+dieser ganzen glänzenden Laufbahn hatte er die Hoheitsrechte stets so
+hoch gehalten, als er es mit Ehren und Anstand konnte; nie aber war er
+bei irgend einer Machination gegen die Grundgesetze des Reichs
+betheiligt gewesen. Inmitten eines verderbten Hofes hatte er seine
+persönliche Rechtschaffenheit unbefleckt zu erhalten gewußt. Auch als
+Redner genoß er eines hohen Rufes, obwohl seine nach Mustern aus der
+Zeit vor dem Bürgerkriege gebildete Diction gegen das Ende seines Lebens
+von den Schöngeistern der heranwachsenden Generation steif und
+pedantisch genannt wurde. In Westminsterhall wird er noch immer mit
+Achtung als der Mann erwähnt, welcher aus dem Chaos, dem man in alter
+Zeit den Namen der Billigkeit gab, zuerst ein neues juristisches System
+bildete, das ebenso geregelt und vollständig ist wie das nach welchem
+die Richter des gemeinen Rechts verfahren.<a class = "tag" name =
+"tagVII_61" id = "tagVII_61" href = "#noteVII_61">61</a> Ein
+wesentlicher Theil der sittlichen und geistigen Eigenschaften dieses
+großen Staatsmannes ging mit dem Titel Nottingham auf seinen ältesten
+Sohn über. Dieser Sohn, der Earl Daniel, war ein rechtschaffener und
+tugendhafter Mann. Obwohl er in einigen abgeschmackten Vorurtheilen
+befangen und sonderbaren Anfällen von Launenhaftigkeit unterworfen war,
+kann man ihn doch nicht beschuldigen, daß er um unredlichen Gewinns oder
+strafbaren Genusses willen vom Pfade des Rechts abgewichen wäre. Er war,
+wie sein Vater, ein ausgezeichneter Redner und sprach eindringlich, aber
+weitschweifig und mit zu monotoner Gemessenheit. Seine Persönlichkeit
+entsprach ganz seiner Rede. Seine Haltung war steif, seine Gesichtsfarbe
+so dunkel, daß man ihn für den Eingebornen eines wärmeren Himmelstrichs
+hätte halten können, und seine scharf markirten Gesichtszüge hatten
+einen Ausdruck, welcher dem des Hauptleidtragenden bei einem Begräbnisse
+glich. Man pflegte von ihm zu sagen, daß er eher wie ein spanischer
+Grande als wie ein englischer Gentleman aussähe. Spottvögel gaben ihm
+die Spitznamen Dismal (Trübselig), Don Dismallo und Don Diego, welche
+noch heute nicht vergessen sind. Er hatte auf das Studium der
+Wissenschaft, durch die seine Familie sich so hoch emporgeschwungen,
+großen Fleiß verwendet und war für einen vornehm und reich gebornen Mann
+in den Gesetzen seines Vaterlandes erstaunlich bewandert. Er war ein
+treuer Sohn der Hochkirche und bewies seine Achtung vor derselben auf
+zwei Wegen, welche bei den Lords, die sich zu seiner Zeit als ihre
+besonderen Freunde gerirten, nicht gewöhnlich war, nämlich dadurch, daß
+er Schriften zur Vertheidigung ihrer Glaubenssätze herausgab und daß er
+sich in seinem Privatleben nach ihren Gebeten richtete. Wie viele andre
+eifrige Anglikaner hatte er bis vor Kurzem die monarchische
+Regierungsform kräftig unterstützt. Die Politik aber, welche seit der
+Unterdrückung des Aufstandes im Westen befolgt wurde, empörte ihn auf
+das heftigste, und zwar deshalb nicht weniger, weil sein jüngerer Bruder
+Heneage in Folge seiner Weigerung, die Dispensationsgewalt des Königs zu
+vertheidigen, seines Amtes als Generalprokurator entsetzt worden war.<a
+class = "tag" name = "tagVII_62" id = "tagVII_62" href =
+"#noteVII_62">62</a></p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVII_61" id = "noteVII_61" href = "#tagVII_61">61.</a>
+Siehe seine Biographie von Lord Campbell.</p>
+
+<p><a name = "noteVII_62" id = "noteVII_62" href = "#tagVII_62">62.</a>
+Johnstone’s Correspondenz; <span class = "antiqua">Mackay’s
+Memoirs</span>; <span class = "antiqua">Arbuthnot’s John Bull</span>;
+Swift’s Schriften von 1710 bis 1714 an mehreren Stellen; Whiston’s Brief
+an den Earl von Nottingham und des Letzteren Antwort darauf.</p>
+</div>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Halifax.</span>
+<a name = "secVII_50" id = "secVII_50">Mit</a> diesen beiden großen
+toryistischen Earls war jetzt
+<span class = "pagenum">VII.62</span>
+<a name = "pageVII_62" id = "pageVII_62"> </a>
+Halifax, das ausgezeichnete Oberhaupt der Trimmers, verbunden. Auf
+Nottingham’s Gesinnungen scheint Halifax damals in der That einen
+entschiedenen Einfluß ausgeübt zu haben. Zwischen Halifax und Danby
+bestand eine Feindschaft, welche am Hofe Karl’s begonnen hatte und
+nachher auch den Hof Wilhelm’s beunruhigte, während der Tyrannei Jakob’s
+aber wie viele andere Feindschaften ruhte. Die beiden Gegner trafen
+häufig in den von Dykvelt veranstalteten Conferenzen zusammen und
+stimmten in dem Ausdrucke des Mißfallens an der Politik der Regierung
+und der Verehrung für den Prinzen von Oranien überein. In ihrem Verkehr
+mit den holländischen Gesandten trat die Characterverschiedenheit der
+beiden Staatsmänner stark hervor. Halifax zeigte ein bewundernswürdiges
+Talent für Auseinandersetzungen, scheute sich aber vor kühnen und
+unwiderruflichen Entschlüssen. Danby war minder fein und beredt, besaß
+aber mehr Energie, Entschlossenheit und praktischen Scharfblick.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Devonshire.</span>
+<a name = "secVII_51" id = "secVII_51">Mehrere</a> ausgezeichnete Whigs
+waren mit Dykvelt in fortwährender Verbindung; aber die Oberhäupter der
+großen Häuser Cavendish und Russel konnten keinen so thätigen und
+vorwiegenden Antheil an den Unterhandlungen nehmen, als man nach ihrer
+Stellung und ihren Ansichten hätte erwarten dürfen. Der Ruhm und das
+Glück Devonshire’s wurden im Augenblicke durch eine Wolke verdunkelt. Er
+hatte einen beklagenswerthen Streit mit dem Hofe, der nicht aus einer
+öffentlichen und ehrenvollen Angelegenheit, sondern aus einem
+Privatzwist entsprungen war, in welchem selbst seine wärmsten Freunde
+ihn nicht von aller Schuld freisprechen konnten. Als er einmal nach
+Whitehall kam, um seine Aufwartung zu machen, war er von einem gewissen
+Colepepper insultirt worden, einem jener Raufbolde, welche die
+Umgebungen des Hofes unsicher machten und die sich durch Beleidigung von
+Mitgliedern der Opposition bei der Regierung in Gunst zu setzen suchten.
+Der König selbst äußerte seine Entrüstung über die einem seiner
+ausgezeichneten Peers unter dem königlichen Dache widerfahrene
+Behandlung und Devonshire wurde durch die Versicherung besänftigt, daß
+der Beleidiger den Palast nie wieder betreten solle. Dieses Verbot wurde
+jedoch bald wieder aufgehoben und der Groll des Earls erwachte von
+neuem. Seine Diener nahmen sich der Sache an und die Straßen von
+Westminster wurden durch Händel beunruhigt, die in ein roheres Zeitalter
+gehörten. Die Zeit des Geheimen Raths ward durch Anklagen und
+Gegenanklagen der streitenden Parteien in Anspruch genommen.
+Colepepper’s Frau erklärte: sie und ihr Gatte seien ihres Leben nicht
+sicher und ihr Haus sei beständig von Banditen in der Livree der
+Cavendish belagert; Devonshire erwiederte, es sei aus Colepepper’s
+Fenstern auf ihn geschossen worden. Dies wurde heftig geleugnet. Es
+wurde zwar eingeräumt, daß ein blind geladenes Pistol abgefeuert worden
+sei, aber dies sei nur in einem Augenblicke des Schreckens geschehen, um
+die Wache zu alarmiren. Wahrend diese Fehde ihren Höhepunkt erreicht
+hatte, traf der Earl im Empfangzimmer zu Whitehall mit Colepepper
+zusammen und er glaubte in den Mienen des Raufboldes triumphirenden
+Übermuth zu erkennen. Vor den Augen des Königs geschah nichts
+Unziemliches; sobald aber die beiden Gegner das Audienzzimmer verlassen
+hatten, machte Devonshire den Vorschlag, den Streit auf der Stelle mit
+dem Degen zu entscheiden. Die Herausforderung wurde zurückgewiesen. Da
+vergaß der stolze Peer die Achtung, die er dem Orte an dem er sich
+befand, und seiner eignen Würde schuldig
+<span class = "pagenum">VII.63</span>
+<a name = "pageVII_63" id = "pageVII_63"> </a>
+war, und schlug Colepepper mit einem Stocke ins Gesicht. Diese Handlung
+wurde allgemein als übereilt und unschicklich getadelt und Devonshire
+selbst konnte, nachdem sein Blut sich abgekühlt hatte, nicht ohne
+Verdruß und Beschämung daran denken. Die Regierung aber verfuhr mit
+gewohntem Unverstande so streng gegen ihn, daß das Publikum bald ganz
+auf seine Seite trat. Es wurde eine Criminalanklage bei der Kings Bench
+anhängig gemacht. Der Angeklagte berief sich auf seine Vorrechte als
+Peer des Königsreichs; dieser Punkt aber wurde sogleich zu seinem
+Nachtheile entschieden, und es läßt sich auch nicht leugnen, daß diese
+Entscheidung, mochte sie den technischen Regeln der englischen
+Gesetzgebung entsprechen oder nicht, in vollkommenem Einklange mit den
+großen Prinzipien stand, welche die Grundlage jeder Gesetzgebung sein
+sollen. Es blieb ihm somit nichts übrig, als sich dem Erkenntnisse zu
+unterwerfen. Der Gerichtshof war durch eine Reihe von Entlassungen zu so
+vollständigem Gehorsam gebracht worden, daß die Regierung, welche die
+Untersuchung eingeleitet hatte, die Strafe selbst vorschreiben konnte.
+Die Richter machten Jeffreys <span class = "antiqua">in pleno</span>
+ihre Aufwartung und dieser bestand auf der Zuerkennung einer Geldbuße
+von dreißigtausend Pfund. Dreißigtausend Pfund waren im Verhältniß zu
+den damaligen Einkünften der englischen Großen ungefähr soviel als
+hundertfunfzigtausend im neunzehnten Jahrhundert. In Anwesenheit des
+Kanzlers wurde kein Wort der Mißbilligung geäußert; als aber die Richter
+sich entfernt hatten, bemerkte Sir Johann Powell, in welchem sich das
+wenige Rechtsgefühl des ganzen Collegiums concentrirte, daß die
+beantragte Strafsumme übermäßig hoch und ein Zehntel derselben vollauf
+genug sei. Seine Collegen waren nicht dieser Meinung und er zeigte in
+diesem Falle nicht den Muth, durch den er einige Monate später an einem
+denkwürdigen Tage seinen Ruf glänzend wiederherstellte. Der Earl wurde
+demnach in eine Geldbuße von dreißigtausend Pfund und bis zur Bezahlung
+dieses Betrags zu persönlicher Haft verurtheilt. Eine solche Summe
+konnte damals auch der reichste Edelmann nicht in einem Tage aufbringen.
+Indessen war das Hafturtel leichter gesprochen, als vollzogen.
+Devonshire hatte sich nach Chatsworth zurückgezogen, wo er eben damit
+beschäftigt war, das alte gothische Stammschloß seiner Familie in ein
+Gebäude umzuwandeln, das Palladio’s würdig war. Der Peak war damals ein
+fast ebenso unwirthbarer Bezirk als gegenwärtig Connemara, und der
+Sheriff erkannte oder behauptete wenigstens, daß es schwer sein dürfte,
+den Lord in einer so wilden Gegend und inmitten treu ergebener Diener
+und Pächter zu verhaften. Darüber vergingen einige Tage, endlich aber
+wurde nicht nur der Earl, sondern auch der Sheriff zur Haft gebracht.
+Inzwischen verwendeten sich eine Menge Fürsprecher mit ihrem ganzen
+Einflusse. Es hieß die verwittwete Gräfin von Devonshire habe eine
+Privataudienz beim Könige erlangt, sie habe ihn daran erinnert, daß ihr
+Schwager, der tapfere Karl Cavendish, im Kampfe für die Krone bei
+Gainsborough gefallen sei, und ihm schriftliche Empfangsbescheinigungen
+von Karl&nbsp;I. und Karl&nbsp;II. über bedeutende Summen vorgelegt, die
+ihr Gemahl während der bürgerlichen Unruhen beiden Monarchen geliehen
+hatte. Diese Darlehen waren nie zurück gezahlt worden und sollten
+angeblich mehr betragen als die ungeheure Geldstrafe, welche die Kings
+Bench über den Earl verhängt hatte. Dazu kam noch ein andrer Punkt, der
+beim Könige noch mehr Gewicht gehabt zu haben scheint als die Erinnerung
+an früher geleistete Dienste. Es konnte nothwendig werden ein
+<span class = "pagenum">VII.64</span>
+<a name = "pageVII_64" id = "pageVII_64"> </a>
+Parlament einzuberufen, und man glaubte, daß Devonshire in diesem Falle
+sofort eine Cassationsklage einreichen werde. Der Punkt, auf den er
+seine Appellation gegen das Erkenntniß der Kings Bench zu stützen
+gedachte, waren seine Privilegien als Peer, und das Tribunal, vor das
+die Appellation kommen mußte, war das Haus der Peers. In einem solchen
+Falle konnte der Hof nicht einmal auf die Unterstützung der ihm
+ergebensten Adeligen mit Gewißheit rechnen. Es stand kaum zu bezweifeln,
+daß das Urtel cassirt werde, und daß die Regierung dadurch, daß sie zu
+viel haben wollte, Alles verlieren würde. Jakob war daher zu einem
+Vergleiche geneigt. Es wurde dem Earl angekündigt, daß, wenn er eine
+Schuldverschreibung über die ganze Summe geben und sich des möglichen
+Vortheils einer Cassationsklage begeben wolle, er in Freiheit gesetzt
+werden solle. Ob er zur Bezahlung der Summe angehalten werden würde oder
+nicht, sollte von seinem ferneren Benehmen abhängen. Wenn er das
+Dispensationsrecht unterstützte, solle er nicht dafür in Anspruch
+genommen werden; trachte er aber nach Popularität, so müsse er die
+dreißigtausend Pfund bezahlen. Er weigerte sich eine Zeit lang, auf
+diese Bedingungen einzugehen; aber die Haft war ihm unerträglich. Er
+stellte die Verschreibung aus und wurde aus den Gefängnis entlassen;
+aber obgleich er sich dazu verstand seinem Vermögen diese drückende
+Schuldlast aufzubürden, konnte ihn doch nichts zu dem Versprechen
+bestimmen, daß er seinen Grundsätzen und seiner Partei untreu werden
+wolle. Er wurde nach wie vor in alle Geheimnisse der Opposition
+eingeweiht, aber einige Monate lang hielten seine politischen Freunde es
+um seiner selbst wie um ihrer Sache willen für gerathen, daß er im
+Hintergrunde blieb.<a class = "tag" name = "tagVII_63" id = "tagVII_63"
+href = "#noteVII_63">63</a></p>
+
+<p class = "footnote">
+<a name = "noteVII_63" id = "noteVII_63" href = "#tagVII_63">63.</a>
+Kennet’s Grabrede auf den Herzog von Devonshire und Memoiren der Familie
+Cavendish; <span class = "antiqua">Collection of State Trials</span>;
+<span class = "antiqua">Privy Council Book, March 5. 1685/6</span>;
+Barillon, 30. Juni (10. Juli) 1687.; Johnstone, 8.(18.) Dec. 1687.;
+<span class = "antiqua">Lords’ Journals May 6. 1689</span>. <span class
+= "antiqua">„Ses amis et ses proches,“</span> sagt Barillon, <span class
+= "antiqua">„lui conseillent de prendre le bon parti, mais il persiste
+jusqu’à présent à ne se point soumettre. S’il vouloit se bien conduire
+et renoncer à être populaire, il ne payeroit pas l’amende, mais s’il
+opiniâtre, il lui en coutera trente mille pièces, et il demeurera
+prisonnier <ins class = "correction" title = "Original hat »j’usqu’à«">jusq’à</ins> l’actuel payement.“</span></p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Eduard Russell.</span>
+<a name = "secVII_52" id = "secVII_52">Der</a> Earl von Bedford hatte
+sich von dem harten Schlage, der ihm vor vier Jahren fast das Herz
+gebrochen, nie wieder erholen können. Seine persönlichen wie auch seine
+öffentlichen Gefühle machten ihn zum Gegner des Hofes; aber an der
+Verabredung von Maßregeln gegen denselben nahm er keinen thätigen
+Antheil. Seine Stelle in den Versammlungen der Mißvergnügten vertrat
+sein Neffe. Dies war der berühmte Eduard Russell, ein Mann von
+unbezweifeltem Muth und Talent, aber von lockeren Grundsätzen und
+ruhelosem Geiste. Er war Seemann, hatte sich in seinem Berufe
+ausgezeichnet und hatte unter der vorigen Regierung ein Hofamt
+bekleidet; aber durch den Tod seines Vetters Wilhelm Russell waren alle
+Bande, die ihn an den Hof ketteten, zerrissen worden. Der verwegene,
+unruhige und racheschnaubende Seemann saß jetzt in den von dem
+holländischen Gesandten berufenen Versammlungen als Vertreter des
+kühnsten und heftigsten Theiles der Opposition, der Männer, welche unter
+den Namen Rundköpfe, Exclusionisten und Whigs einen
+fünfundvierzigjährigen Kampf gegen drei aufeinanderfolgende Könige mit
+wechselndem Glück unterhalten hatten. Diese Partei, welche vor Kurzem
+niedergeworfen und fast vernichtet gewesen war,
+<span class = "pagenum">VII.65</span>
+<a name = "pageVII_65" id = "pageVII_65"> </a>
+sich jetzt aber mit voller Lebenskraft rasch zu Ansehen und Einfluß
+erhob, wurde durch keine von den Bedenklichkeiten behindert, welche die
+Bewegungen der Tories und der Trimmers noch immer hemmten, und war
+bereit, das Schwert gegen den Tyrannen zu ziehen, sobald es mit
+gegründeter Aussicht auf den Sieg gezogen werden konnte.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Compton. &mdash; Herbert. &mdash; Churchill.</span>
+<a name = "secVII_53" id = "secVII_53">Drei</a> Männer sind noch zu
+erwähnen, mit denen Dykvelt in vertrauter Verbindung stand und mit deren
+Hülfe er sich die Mitwirkung von drei großen Ständen zu sichern hoffte.
+Bischof Compton war der Agent, der die Geistlichkeit zu bearbeiten
+hatte, Admiral Herbert übernahm es, seinen ganzen Einfluß bei der Flotte
+zu verwenden und durch Churchill suchte man die Armee zu gewinnen.</p>
+
+<p>Das Benehmen Compton’s und Herbert’s bedarf keiner Erklärung. Nachdem
+sie der Krone in allen weltlichen Dingen mit Treue und Eifer gedient,
+hatten sie sich durch ihre Weigerung, als Werkzeuge der Zerstörung ihrer
+eignen Religion zu dienen, das Mißfallen des Königs zugezogen. Beiden
+hatte die Erfahrung gelehrt, wie bald Jakob eingegangene Verpflichtungen
+vergaß und mit welchem bitteren Groll er sich dessen erinnerte, was er
+als Beleidigung anzusehen für gut fand. Der Bischof war durch einen
+ungesetzlichen Richterspruch seiner bischöflichen Functionen enthoben,
+der Admiral in einer Stunde aus Reichthum in Armuth gestürzt worden.
+Ganz anders war die Lage Churchill’s. Er war durch königliche Gunst aus
+der Dunkelheit zu hohem Ansehen, aus der Dürftigkeit zum Reichthum
+erhoben worden. Als armer Fähndrich hatte er seine Laufbahn begonnen und
+jetzt war er, in seinem siebenunddreißigsten Jahre, Generalmajor, Peer
+von Schottland und Peer von England, befehligte eine Abtheilung der
+Leibgarde, bekleidete mehrere ehrenvolle und einträgliche Stellen und
+bis jetzt verrieth noch nichts, daß er den geringsten Theil von der
+Gunst verloren hatte, der er so viel verdankte. Er war nicht nur durch
+die allgemeine Pflicht der Unterthanentreue, sondern auch durch
+militairische Ehren, durch persönliche Dankbarkeit und, wie es
+oberflächlichen Beobachtern schien, durch die stärksten Bande des
+Interesses an Jakob gebunden. Aber Churchill selbst war kein
+oberflächlicher Beobachter, er wußte genau, worin sein wirkliches
+Interesse bestand. Er war überzeugt, daß, wenn sein Gebieter einmal
+volle Freiheit erhielt Papisten anzustellen, er nicht einen einzigen
+Protestanten mehr anstellen würde. Eine Zeit lang wurden vielleicht
+einige hochbegünstigte Diener der Krone noch von der allgemeinen
+Proscription ausgenommen, in der Hoffnung, daß sie sich dadurch
+bestimmen ließen, ihren Glauben zu wechseln, aber selbst diese mußten
+nach einer kurzen Frist Einer nach dem Andren fallen, wie Rochester
+schon gefallen war. Churchill konnte sich allerdings durch Übertritt zur
+katholischen Kirche gegen diese Gefahr sicher stellen und noch höher in
+der königlichen Gunst steigen; auch hätte man glauben können, daß ein
+Mann, der sich eben so sehr durch Habsucht und Characterlosigkeit, wie
+durch Talent und Tapferkeit auszeichnete, schwerlich an dem Gedanken,
+eine Messe anhören zu müssen, Anstoß nehmen würde. Aber die menschliche
+Natur ist so reich an Widersprüchen, daß selbst abgestumpfte Gewissen
+eine empfindliche Stelle haben. So hatte dieser Mann, der seine Erhebung
+der Schande seiner Schwester verdankte, der von der
+verschwenderischesten, herrschsüchtigsten und schamlosesten Buhlerin
+unterhalten worden war und dessen öffentliches Leben
+<span class = "pagenum">VII.66</span>
+<a name = "pageVII_66" id = "pageVII_66"> </a>
+Jedem, der mit unbefangenem Blicke den schimmernden Glanz des Genies und
+des Ruhms zu durchdringen vermag, als ein Abgrund von Schändlichkeit
+erscheinen muß, einen blinden Glauben an die Religion, die ihm als Kind
+eingelernt worden war, und schauderte bei dem Gedanken, sie förmlich
+abzuschwören. Es stand ihm eine furchtbare Alternative bevor. Das
+irdische Übel, das er am meisten fürchtete, war die Armuth, das einzige
+Verbrechen, vor dem sein Herz zurückbebte, war der Glaubensabfall, und
+wenn die Pläne des Hofes gelangen, konnte er nicht zweifeln, daß er bald
+zwischen Armuth und Abfall wählen mußte. Daher entschloß er sich, diese
+Pläne zu durchkreuzen, und es zeigte sich bald, daß er bereit war, jede
+Schuld und jede Schmach auf sich zu laden, wenn er nur der
+Nothwendigkeit entging, entweder seine Stellen oder seine Religion
+aufgeben zu müssen.<a class = "tag" name = "tagVII_64" id = "tagVII_64"
+href = "#noteVII_64">64</a></p>
+
+<p class = "footnote">
+<a name = "noteVII_64" id = "noteVII_64" href = "#tagVII_64">64.</a>
+Der Beweggrund, welcher das Verfahren der Churchill bestimmte, ist kurz
+und bündig in <span class = "antiqua">The Duchess of Marlborough’s
+Vindication</span> dargelegt. „Jedermann erkannte deutlich,“ sagt sie,
+„daß bei dem Systeme, das König Jakob angenommen hatte, Jeder der nicht
+Katholik werden wollte, früher oder später zu Grunde gehen mußte. Diese
+Überzeugung ließ mich das Unternehmen des Prinzen von Oranien, uns aus
+solcher Knechtschaft zu erlösen, mit Wohlgefallen betrachten.“</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Lady Churchill und die Prinzessin Anna.</span>
+<a name = "secVII_54" id = "secVII_54">Nicht</a> bloß als militairischer
+Befehlshaber von hohem Range und ausgezeichnetem Geschick und Muth
+konnte Churchill der Opposition Dienste leisten. Es war für das Gelingen
+der Pläne Wilhelm’s wenn nicht absolut nothwendig, doch höchst wichtig,
+daß seine Schwägerin, welche nach der englischen Thronfolgeordnung
+zwischen ihm und seiner Gemahlin stand, in vollkommener Übereinstimmung
+mit ihm handelte. Alle ihm entgegenstehenden Schwierigkeiten würden
+bedeutend vergrößert worden sein, wenn Anna sich günstig für die
+Indulgenz ausgesprochen hätte. Auf welche Seite sie treten würde, hing
+von dem Willen Anderer ab, denn ihr Verstand war träge, und obgleich in
+ihrem Character ein erblicher Eigenwille und Starrsinn verborgen lag,
+welche viele Jahre später durch große Macht und heftige Provocationen
+zum Vorschein gebracht wurden, so war sie doch zur Zeit die willige
+Sklavin einer Frau von viel lebhafterem und herrschsüchtigerem Character
+als der ihrige war. Diese Frau, welche sie völlig beherrschte, war
+Churchill’s Gattin, ein Weib, die nachmals auf die Geschicke England’s
+und Europa’s einen großen Einfluß ausübte.</p>
+
+<p>Der Name dieser berühmten Günstlingin war Sara Jennings. Ihre ältere
+Schwester Franziska hatte sich durch Schönheit und Leichtfertigkeit
+selbst unter der Masse von schönen Gesichtern und leichtfertigen
+Characteren ausgezeichnet, welche Whitehall während des wilden Carnevals
+der Restauration zierten und schändeten. Einmal verkleidete sie sich als
+Apfelsinenmädchen und rief in den Straßen ihre Früchte aus.<a class =
+"tag" name = "tagVII_65" id = "tagVII_65" href = "#noteVII_65">65</a>
+Gesetzte Leute meinten, daß ein Mädchen von so wenig Takt- und
+Schicklichkeitsgefühl nicht leicht einen Gatten finden werde. Sie war
+indessen zweimal verheirathet und jetzt die Gattin Tyrconnel’s. Sara war
+nicht so regelmäßig schön als ihre Schwester, aber vielleicht noch
+anziehender. Ihr Gesicht war ausdrucksvoll, ihre Gestalt entbehrte
+keines weiblichen Reizes, und die Fülle ihrer schönen Haare, welche noch
+nicht nach der barbarischen Mode, deren Einführung sie noch erlebte,
+durch Puder verunziert waren, erfüllten ihre zahlreichen Bewunderer mit
+Entzücken. Von den Freiern,
+<span class = "pagenum">VII.67</span>
+<a name = "pageVII_67" id = "pageVII_67"> </a>
+die sich um ihre Hand bewarben, erhielt der junge, schöne,
+liebenswürdige, einschmeichelnde, beredte und tapfere Oberst Churchill
+den Vorzug. Er mußte sie wirklich lieben, denn außer der Leibrente, die
+er sich für den von der Herzogin von Cleveland erhaltenen schmachvollen
+Lohn gekauft hatte, besaß er wenig Vermögen, war unersättlich in seiner
+Gier nach Schätzen, Sara war arm, und es war ihm ein einfaches Mädchen
+mit einem großen Vermögen angetragen worden. Nach einem kurzen Kampfe
+trug die Liebe den Sieg über die Habsucht davon, die Ehe verstärkte nur
+noch seine Leidenschaft, und Sara genoß bis zum letzten Augenblicke
+seines Lebens das Vergnügen und die Auszeichnung, das einzige
+menschliche Wesen zu sein, das im Stande war, diesen weitsehenden und
+sicheren Blick auf sich zu fesseln, das von diesem kalten Herzen heiß
+geliebt und von diesem unerschrockenen Geiste knechtisch gefürchtet
+wurde.</p>
+
+<p>Im weltlichen Sinne ward Churchill’s treue Liebe reich belohnt. Bei
+aller Dürftigkeit brachte seine Braut ihm doch ein Heirathsgut zu, das
+klug verwendet ihn endlich zum englischen Herzog, zum deutschen
+Reichsfürsten, zum Oberfeldherrn einer großen Coalition, zum
+Schiedsrichter zwischen mächtigen Fürsten und was in seinen Augen noch
+viel mehr werth war, zum reichsten Privatmann von ganz Europa machte.
+Sie war von früher Kindheit an mit der Prinzessin Anna aufgewachsen und
+es hatte sich eine innige Freundschaft zwischen den beiden Mädchen
+gebildet. Im Character glichen sie einander nur wenig. Anna war
+phlegmatisch und schweigsam. Gegen Diejenigen, die sie liebte, war sie
+sanft; ihr Zorn äußerte sich nur durch ein mürrisches Schmollen. Sie
+hatte einen starken religiösen Sinn und war den Gebräuchen und der
+Verfassung der anglikanischen Kirche mit wahrer Bigotterie zugethan.
+Sara war lebhaft und redselig, dominirte selbst Diejenigen, die sie am
+meisten liebte, und wenn sie gekränkt wurde, äußerte sich ihre Wuth
+durch Thränen und heftige Vorwürfe. Auf Frömmigkeit machte sie keinen
+Anspruch, ja sie entging sogar kaum der Beschuldigung der
+Irreligiosität. Sie war jetzt noch nicht das was sie später wurde,
+nachdem das Glück <em>eine</em> Klasse von Fehlern, das Unglück eine
+andre vollkommen entwickelt, als Siege und Huldigungen ihr den Kopf
+verrückt und Mißgeschick und Kränkungen ihren Character verbittert
+hatten. Sie wurde in ihren späteren Lebensjahren das verächtlichste und
+erbärmlichste Geschöpf: ein altes Weib, die in beständigem Hader lebte
+mit ihrem ganzen Geschlecht, mit ihren eigenen Kindern und Enkeln, zwar
+vornehm und reich, aber Vornehmheit und Reichthum hauptsächlich nur
+deshalb schätzend, weil dieselben sie in den Stand setzten, der
+öffentlichen Meinung Hohn zu sprechen und rückhaltlos ihrem Hasse gegen
+Lebende und Todte zu fröhnen. Unter der Regierung Jakob’s&nbsp;II. galt
+sie für nichts Schlimmeres als eine schöne, stolze junge Frau, die wohl
+zuweilen launenhaft und eigensinnig sein konnte, der man aber in
+Berücksichtigung ihrer Reize ihre Launen gern verzieh.</p>
+
+<p>Es ist eine sehr gewöhnliche Erscheinung, daß Verschiedenheit der
+Neigungen und Geistesfähigkeiten keine Hindernisse der Freundschaft sind
+und daß gerade zwei Herzen, die sich gegenseitig ergänzen, das Band der
+innigsten Zuneigung umschlingt. Lady Churchill wurde von der Prinzessin
+Anna geliebt, ja fast angebetet. Die Prinzessin konnte ohne den
+Gegenstand ihrer romanhaften Zärtlichkeit nicht leben. Sie vermählte
+sich und wurde eine treue, sogar liebevolle Gattin; aber Prinz Georg,
+ein beschränkter Mann, dessen Hauptgenüsse die Freuden der Tafel und der
+<span class = "pagenum">VII.68</span>
+<a name = "pageVII_68" id = "pageVII_68"> </a>
+Flasche waren, erlangte keinen Einfluß auf sie, der sich mit dem ihrer
+Freundin vergleichen ließ, und gab sich bald mit stupider Geduld der
+Herrschaft des heftigen und gebieterischen Geistes hin, von dem seine
+Gemahlin sich leiten ließ. Das königliche Paar bekam Kinder und Anna
+entbehrte keineswegs der Gefühle einer Mutter; aber die Liebe zu ihren
+Kindern war lau im Vergleich mit ihrer hingebenden Zärtlichkeit für ihre
+Jugendfreundin. Endlich wurde die Prinzessin des Zwanges müde, den die
+Etikette ihr auferlegte, es war ihr unerträglich, die Worte Madame und
+Königliche Hoheit aus dem Munde einer Frau zu hören, die ihr mehr war
+als eine Schwester. In der Gallerie und im Empfangzimmer waren diese
+Worte nicht zu umgehen, aber im Boudoir wurden sie abgeschafft. Hier
+hieß Anna Mrs. Morley, Lady Churchill Mrs. Freeman, und unter diesen
+kindlichen Namen bestand zwanzig Jahre hindurch ein intimer Verkehr
+zwischen den beiden Freundinnen, von dem schließlich das Schicksal von
+Regierungen und Dynastien abhing. Bis jetzt hatte jedoch Anna noch keine
+politische Macht und nur geringen persönlichen Einfluß. Ihre Freundin
+bekleidete in ihrem Hausstaate das Amt der ersten Kammerdame mit nur
+vierhundert Pfund Sterling Gehalt. Gleichwohl hat man Grund zu glauben,
+daß es Churchill schon zu dieser Zeit möglich war, seine vorherrschende
+Leidenschaft durch den Einfluß seiner Gattin zu befriedigen. Obgleich
+die Prinzessin ein hohes Einkommen hatte und sehr einfach lebte, so
+machte sie doch Schulden, die ihr Vater mit einigem Unwillen bezahlte,
+und man sagte, daß der Grund ihrer finanziellen Verlegenheiten in ihrer
+verschwenderischen Freigebigkeit gegen ihren Liebling zu suchen sei.<a
+class = "tag" name = "tagVII_66" id = "tagVII_66" href =
+"#noteVII_66">66</a></p>
+
+<p>Endlich war die Zeit gekommen, wo diese sonderbare Freundschaft einen
+großen Einfluß auf die öffentlichen Angelegenheiten ausüben sollte. Man
+war äußerst gespannt darauf, welche Rolle Anna in dem Kampfe, der
+England erschütterte, spielen werde. Auf der einen Seite stand die
+Kindespflicht, auf der andren die Interessen der Religion, der sie
+aufrichtig zugethan war. Ein minder phlegmatischer Character würde
+zwischen so starken und wichtigen Beweggründen, die ihn nach
+entgegengesetzten Richtungen hinzogen, gewiß lange geschwankt haben. Der
+Einfluß der Churchill aber entschied die Frage und ihre Gönnerin wurde
+ein wichtiges Mitglied des umfassenden Bundes, dessen Oberhaupt der
+Prinz von Oranien war.</p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVII_65" id = "noteVII_65" href = "#tagVII_65">65.</a>
+<span class = "antiqua">Mémoires de Grammont</span>; <span class =
+"antiqua">Pepys’s Diary, Feb. 21. 1684/5.</span></p>
+
+<p><a name = "noteVII_66" id = "noteVII_66" href = "#tagVII_66">66.</a>
+Es würde mich zu weit führen, wollte ich alle die Werke aufzählen, aus
+denen ich mein Urtheil über den Character der Herzogin geschöpft habe.
+Meine Hauptquellen sind ihre eigenen Briefe, ihre „Rechtfertigung“ und
+die Entgegnungen, welche diese veranlaßte.</p>
+</div>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Dykvelt kehrt mit Briefen von vielen angesehenen Engländern nach dem
+Haag zurück.</span>
+<a name = "secVII_55" id = "secVII_55">Im</a> Juni 1687 kehrte Dykvelt
+nach dem Haag zurück. Er überreichte den Generalstaaten ein königliches
+Schreiben voll Lobeserhebungen über sein Benehmen während seines
+Aufenthalts in London. Diese Lobeserhebungen waren jedoch nur eine
+Formalität. In Privatmittheilungen von seiner eigenen Hand beschwerte
+Jakob sich bitter darüber, daß der Gesandte einen so vertrauten Umgang
+mit den heftigsten Oppositionsmännern seines Reiches gepflogen und sie
+in allen ihren Umsturzplänen bestärkt habe. Außerdem brachte Dykvelt
+auch eine Anzahl Briefe von den ausgezeichnetsten derjenigen
+<span class = "pagenum">VII.69</span>
+<a name = "pageVII_69" id = "pageVII_69"> </a>
+Männer mit, mit denen er sich während seines Aufenthalts in London
+berathen hatte. Die Schreiber dieser Briefe versicherten den Prinzen
+allgemein ihrer unbegrenzten Verehrung und Hingebung und verwiesen ihn
+wegen der näheren Darlegung ihrer Ansichten an den Überbringer. Halifax
+erörterte den Zustand und die Aussichten des Landes mit gewohnter
+Schärfe und Lebendigkeit, hütete sich aber sorgfältig, für irgend ein
+gefährliches Verfahren die Verantwortung zu übernehmen. Danby schrieb in
+einem kühneren und entschlosseneren Tone und konnte sich nicht
+enthalten, über die Besorgnisse und Bedenklichkeiten seines genialen
+Nebenbuhlers zu spötteln. Der interessanteste Brief aber war der von
+Churchill. Er war mit der natürlichen Beredtsamkeit, an der es ihm trotz
+seines Mangels an höherer Bildung bei wichtigen Anlässen nie fehlte, und
+mit einem Anstrich von Hochherzigkeit geschrieben, den er sich, so
+perfid er auch war, mit seltener Geschicklichkeit zu geben verstand. Die
+Prinzessin Anna, sagte er, habe ihm befohlen, ihre erlauchten Verwandten
+im Haag zu versichern, daß sie mit Gottes Hülfe fest entschlossen sei,
+eher ihr Leben zu lassen, als sich eines Glaubensabfalls schuldig zu
+machen. Was seine Person betreffe, so lege er auf seine Stellen und auf
+die königliche Gunst einen weit geringeren Werth als auf seine Religion.
+Er schloß mit der hochtrabenden Erklärung, daß man ihn, obgleich er
+keinen Anspruch darauf mache, wie ein Heiliger gelebt zu haben, doch
+vorkommenden Falls bereit finden werde, den Märtyrertod zu sterben.<a
+class = "tag" name = "tagVII_67" id = "tagVII_67" href =
+"#noteVII_67">67</a></p>
+
+<p class = "footnote">
+<a name = "noteVII_67" id = "noteVII_67" href = "#tagVII_67">67.</a>
+Das Formalitätsschreiben, welches Dykvelt den Generalstaaten
+überbrachte, befindet sich in den Archiven des Haags. Die anderen in
+diesem Paragraphen erwähnten Briefe giebt Dalrymple im Anhange zu Buch
+<span class = "antiqua">V.</span></p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Zulestein’s Sendung.</span>
+<a name = "secVII_56" id = "secVII_56">Dykvelt</a>’s Sendung hatte einen
+so glänzenden Erfolg gehabt, daß bald ein neuer Vorwand gefunden war, um
+einen andren Agenten abzusenden, der das so glücklich begonnene Werk
+fortsetzen sollte. Der neue Gesandte, nachmals der Gründer eines jetzt
+erloschenen englischen Adelshauses, war ein illegitimer leiblicher
+Vetter Wilhelm’s und führte einen der Herrschaft Zulestein entlehnten
+Namen. Seine Verwandtschaft mit dem Hause Oranien gab Zulestein in den
+Augen des Publikums ein bedeutendes Ansehen. Sein Benehmen war das eines
+tapferen Soldaten. In diplomatischen Talenten und Kenntnissen stand er
+Dykvelt weit nach, aber gerade diese Inferiorität hatte ihre Vortheile.
+Ein Militair, der sich anscheinend nie um die Politik gekümmert hatte,
+konnte ohne Verdacht zu erregen mit der englischen Aristokratie einen
+Verkehr unterhalten, der mit argwöhnischem Auge bewacht worden sein
+würde, wenn er ein bekannter Meister in der Staatskunst gewesen wäre.
+Nach kurzer Abwesenheit kehrte Zulestein mit nicht minder wichtigen
+Briefen und mündlichen Botschaften, als die welche seinem Vorgänger
+anvertraut worden waren, in sein Vaterland zurück. Von diesem
+Augenblicke an trat der Prinz mit der Opposition in einen regelmäßigen
+Briefwechsel. Geschäftsträger verschiedenen Ranges reisten beständig
+zwischen der Themse und dem Haag hin und her. Der nützlichste von diesen
+war ein Schotte von einigem Talent und großer Thätigkeit, Namens <ins
+class = "correction" title = "Original hat »Johnestone«">Johnstone</ins>. Er war Burnet’s Vetter und der Sohn eines
+angesehenen Covenanters, der bald nach der Restauration wegen
+Hochverraths hingerichtet worden war und von seiner Partei als Märtyrer
+verehrt wurde.</p>
+<span class = "pagenum">VII.70</span>
+<a name = "pageVII_70" id = "pageVII_70"> </a>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Zunehmende Feindschaft zwischen Jakob und Wilhelm.</span>
+<a name = "secVII_57" id = "secVII_57">Die</a> Entfremdung zwischen dem
+Könige von England und dem Prinzen von Oranien wurde mit jedem Tage
+vollkommener. Es hatte sich ein ernsthafter Streit in Betreff der sechs
+britischen Regimenter erhoben, welche im Solde der Vereinigten Provinzen
+standen. Der König wollte diese Regimenter unter das Commando
+römisch-katholischer Offiziere stellen, und der Prinz widersetzte sich
+diesem Ansinnen entschieden. Der König nahm seine Zuflucht zu seinen
+Lieblingsgemeinplätzen von der Duldung; der Prinz erwiederte daß er nur
+das Beispiel Seiner Majestät nachahme. Es sei notorisch erwiesen, daß
+loyale und tüchtige Männer in England lediglich deshalb, weil sie
+Protestanten waren, aus dem Staatsdienste entlassen worden seien, und
+dies berechtige den Statthalter und die Generalstaaten doch gewiß dazu,
+die Papisten von hohen öffentlichen Ämtern auszuschließen. Diese Antwort
+erbitterte Jakob dermaßen, daß er in seiner Wuth die Wahrhaftigkeit und
+den gesunden Verstand völlig aus den Augen verlor. Es sei nicht wahr,
+behauptete er mit Heftigkeit, daß er irgend Jemanden jemals aus
+religiösen Gründen abgesetzt habe. Und wenn er es wirklich gethan hätte,
+was ginge es dann dem Prinzen oder die Generalstaaten an? Wären sie etwa
+seine Herren? wären sie befugt, sich zu Richtern über die Handlungen
+fremder Fürsten aufzuwerfen? Von jetzt an wünschte er seine in
+holländischen Diensten stehenden Unterthanen zurückzuberufen, denn er
+glaubte durch diese Maßregel sich selbst zu verstärken und seine
+schlimmsten Feinde zu schwächen. Es traten ihm jedoch finanzielle
+Schwierigkeiten entgegen, die er unmöglich übersehen konnte. Die Zahl
+der bereits von ihm unterhaltenen Truppen war schon so groß, als es
+seine Einkünfte nur irgend zuließen, obgleich dieselben die aller seiner
+Vorgänger weit überstiegen und mit großer Sparsamkeit verwaltet wurden.
+Wenn aber die jetzt in Holland stehenden Bataillone noch zu dem
+vorhandenen Etat kamen, so war die Staatskasse bankerott. Vielleicht
+ließ Ludwig sich bewegen, sie in seinen Dienst zu nehmen. In diesem
+Falle wurden sie aus einem Lande entfernt, wo sie dem verderblichen
+Einflusse einer republikanischen Regierung und einer calvinistischen
+Kirchenverfassung ausgesetzt waren, und kamen in ein Land, wo Niemand
+die Autorität des Monarchen und die Lehren der wahren Kirche zu
+bestreiten wagte. Die Soldaten würden dann bald alle politische und
+religiöse Ketzerei wieder verlernen, ihr Landesfürst konnte zu jeder
+Zeit binnen kurzer Frist über ihre Hülfe verfügen und sich unter allen
+Umständen auf ihre Treue verlassen.</p>
+
+<p>Es wurden zwischen Whitehall und Versailles Unterhandlungen in dieser
+Angelegenheit eröffnet. Ludwig hatte soviel Soldaten als er brauchte,
+und wäre es auch anders gewesen, so würde er dennoch keine Lust gehabt
+haben, englische Truppen in Dienst zu nehmen, da der englische Sold, so
+niedrig er unsrer Generation erscheinen muß, doch viel höher war als der
+französische. Auf der andren Seite aber hätte er Wilhelm sehr gern um
+eine so schöne Brigade geschwächt. Nach einer mehrwöchentlichen
+Correspondenz wurde Barillon zu der Erklärung ermächtigt, daß, wenn
+Jakob die britischen Truppen aus Holland zurückriefe, Ludwig die
+Unterhaltungskosten für zweitausend Mann in England übernehmen wolle.
+Jakob nahm dieses Anerbieten mit dem wärmsten Danke an. In Folge des
+getroffenen Arrangements ersuchte er die Generalstaaten um Rücksendung
+der sechs Regimenter. Die Generalstaaten aber, welche Wilhelm ganz nach
+seinem Willen leitete, antworteten, daß ein solches Verlangen unter den
+obwaltenden
+<span class = "pagenum">VII.71</span>
+<a name = "pageVII_71" id = "pageVII_71"> </a>
+Umständen durch die bestehenden Verträge nicht gerechtfertigt werde, und
+weigerten sich entschieden, demselben zu entsprechen. Es ist
+bemerkenswerth, daß Amsterdam, welches für Zurückhaltung dieser Truppen
+in Holland gestimmt hatte, als Jakob ihrer gegen die Insurgenten im
+Westen bedurfte, jetzt heftig für die Erfüllung seines Verlangens
+stritt. In beiden Fällen beabsichtigten die Behörden dieser großen Stadt
+nichts weiter, als dem Prinzen von Oranien zu opponiren.<a class = "tag"
+name = "tagVII_68" id = "tagVII_68" href = "#noteVII_68">68</a></p>
+
+<p class = "footnote">
+<a name = "noteVII_68" id = "noteVII_68" href = "#tagVII_68">68.</a>
+Sunderland an Wilhelm, 24. Aug. 1686; Wilhelm an Sunderland, 2.(12.)
+Sept. 1686; Barillon, 6.(16.) Mai, 26. Mai (5. Juni), 3.(13.) Oct., 28.
+Nov. (8. Dec.) 1687; Ludwig an Barillon, 14.(24.) Oct. 1687; Memorial
+von Albeville, 15.(25.) Dec. 1687; Jakob an Wilhelm, 17. Jan., 16. Feb.,
+2. u. 13. März 1688: Avaux, 1.(11.), 6.(16.), 8.(18.) März, 22. März (1.
+April) 1688.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Einfluß der holländischen Presse.</span>
+<a name = "secVII_58" id = "secVII_58">Die</a> holländischen Waffen
+waren jedoch für Jakob kaum so gefährlich als die holländische Presse.
+Fast täglich erschienen im Haag englische Bücher und Flugschriften gegen
+die Regierung, und keine Wachsamkeit konnte es verhindern, daß viele
+Tausende von Exemplaren in die an der Nordsee gelegenen Grafschaften
+eingeschmuggelt wurden. Unter diesen Schriften zeichnete sich besonders
+eine durch ihre Wichtigkeit und durch den Eindruck, den sie machte, aus.
+Jedermann, der mit den öffentlichen Angelegenheiten vertraut war, kannte
+die Ansicht des Prinzen und der Prinzessin von Oranien in Betreff der
+Indulgenz; da aber keine officielle Erklärung dieser Ansicht erschienen
+war, so wurden Viele, denen gute Privatquellen nicht zugänglich waren,
+durch die Zuversicht, mit der die Anhänger des Hofes behaupteten, daß
+Ihre Hoheiten die letzten Maßregeln des Hofes billigten, getäuscht oder
+verwirrt gemacht. Es würde ein sehr einfacher und naheliegender Weg
+gewesen sein, diese Behauptungen öffentlich zu widerlegen, wenn Wilhelm
+keinen andren Zweck gehabt hätte, als seinen Einfluß in England zu
+befestigen. Allein er betrachtete England hauptsächlich als das zur
+Ausführung seines großen europäischen Planes nöthige Werkzeug. Er hoffte
+für diesen Plan die Mitwirkung der beiden Linien des Hauses Österreich,
+der italienischen Fürsten und selbst des Papstes zu gewinnen, und er
+hatte Grund zu der Befürchtung, daß jede die britischen Protestanten
+befriedigende Erklärung in Madrid, Wien, Turin und Rom Besorgniß und
+Unwillen erregen könnte. Deshalb enthielt sich der Prinz lange jeder
+officiellen Äußerung seiner Gesinnungen. Endlich aber wurde er darauf
+aufmerksam gemacht, daß sein beharrliches Stillschweigen unter den ihm
+Wohlwollenden viel Besorgniß und Mißtrauen erweckt habe und daß es hohe
+Zeit sei, sich offen auszusprechen. Er beschloß daher, sich zu
+erklären.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Stewart’s und Fagel’s Correspondenz.</span>
+<a name = "secVII_59" id = "secVII_59">Ein</a> schottischer Whig, Namens
+Jakob Stewart, war vor einigen Jahren nach Holland geflüchtet, um dem
+spanischen Stiefel und dem Galgen zu entgehen, und er war mit dem
+Großpensionär Fagel befreundet worden, der das Vertrauen und die Gunst
+des Statthalters in hohem Grade besaß. Stewart war der Verfasser des
+heftigen und gehässigen Manifestes von Argyle. Als die Indulgenz
+erschien, erkannte Stewart, daß sich ihm die Gelegenheit darbot, nicht
+nur Begnadigung, sondern noch obendrein eine Belohnung zu erlangen. Er
+bot der Regierung, deren Feind er gewesen war, seine Dienste an, diese
+wurden angenommen und er schrieb an Fagel einen Brief, zu dem er
+angeblich von Jakob selbst beauftragt war. In diesem
+<span class = "pagenum">VII.72</span>
+<a name = "pageVII_72" id = "pageVII_72"> </a>
+Briefe wurde der Großpensionär dringend aufgefordert, seinen ganzen
+Einfluß bei dem Prinzen und der Prinzessin aufzubieten, um sie zur
+Unterstützung der Politik ihres Vaters zu bewegen. Nach einiger Zeit
+schickte Fagel eine tief durchdachte und ausgezeichnet geschriebene
+Erwiederung ein. Wer dieses interessante Dokument liest, muß bemerken,
+daß es zwar in einer Weise abgefaßt ist, welche geeignet war, die
+englischen Protestanten zu beruhigen und ihnen zu gefallen, dennoch aber
+kein Wort enthält, das selbst dem Vatikan Anstoß hätte geben können. Es
+war darin gesagt, daß Wilhelm und Marie mit Vergnügen zur Abschaffung
+jedes Gesetzes mitwirken würden, welches über irgend einen Engländer
+seiner religiösen Überzeugung wegen Strafe verhänge. Aber zwischen
+Strafen und Ausschließungen war ein Unterschied gemacht. Katholiken zu
+Staatsämtern zuzulassen, könne nach der Ansicht Ihrer Hoheiten weder im
+allgemeinen Interesse Englands, noch im Interesse der Katholiken selbst
+liegen. Dieses Manifest wurde in mehrere Sprachen übersetzt und war auf
+dem Continent weit verbreitet. Von der durch Burnet besorgten englischen
+Ausgabe wurden nahe an funfzigtausend Exemplare in die östlichen
+Grafschaften eingeführt und rasch über das ganze Land verbreitet. Nie
+hat eine Staatsschrift einen vollständigeren Erfolg gehabt. Die
+Protestanten unsrer Insel priesen die männliche Entschiedenheit, mit der
+Wilhelm erklärte, daß er es nicht gutheißen könne, die Papisten Antheil
+an der Regierung nehmen zu lassen. Den katholischen Fürsten auf der
+andren Seite gefiel der milde und gemäßigte Ton, in welchem diese
+Erklärung gehalten war, sowie die ihnen eröffnete Aussicht, daß unter
+seiner Regierung kein Mitglied ihrer Kirche um seines Glaubens willen
+belästigt werden würde.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Castelmaine’s Gesandtschaft in Rom.</span>
+<a name = "secVII_60" id = "secVII_60">Es</a> ist wahrscheinlich, daß
+der Papst selbst einer von Denen war, die den berühmten Brief mit
+Vergnügen lasen. Einige Monate zuvor hatte er Castelmaine auf eine Art
+entlassen, welche wenig Rücksicht auf die Gesinnungen des Königs zeigte.
+Innocenz war mit der ganzen inneren und äußeren Politik der englischen
+Regierung durchaus nicht zufrieden. Er sah, daß die ungerechten und
+unklugen Maßregeln der jesuitischen Cabale viel eher dazu beitrugen, das
+Fortbestehen der Strafgesetze als die Abschaffung des Testes zu
+bewirken. Sein Streit mit dem Hofe von Versailles wurde mit jedem Tage
+ernsthafter, und er konnte weder als weltlicher Fürst, noch als
+Oberhaupt der katholischen Kirche für einen Vasallen dieses Hofes eine
+herzliche Freundschaft fühlen. Castelmaine war nicht geeignet, diesen
+Widerwillen zu beseitigen. Er kannte zwar für einen Laien Rom ziemlich
+gut und war auch in der theologischen Polemik gründlich bewandert,<a
+class = "tag" name = "tagVII_69" id = "tagVII_69" href =
+"#noteVII_69">69</a> besaß aber durchaus nicht das Geschick, welches
+sein Posten erforderte, und wenn er auch der talentvollste Diplomat
+gewesen wäre, so würde doch ein Umstand ihn für die besondere Mission,
+mit der er betraut war, untauglich gemacht haben. Er war in ganz Europa
+als der Gatte des schamlosesten Weibes bekannt, und als weiter nichts.
+Man konnte unmöglich mit ihm oder von ihm sprechen, ohne daran zu
+denken, wie er zu dem Titel gekommen war, bei dem er genannt wurde.
+Dieser Umstand würde wenig auf sich gehabt haben, wenn er an einem
+sittenlosen Hofe accreditirt gewesen wäre, wie zum Beispiel bei dem, an
+welchem unlängst die Herzogin
+<span class = "pagenum">VII.73</span>
+<a name = "pageVII_73" id = "pageVII_73"> </a>
+von Montespan das Regiment geführt hatte. Aber es war offenbar ein
+grober Mißgriff, ihn mit einem Auftrage mehr geistlichen als weltlichen
+Characters an einen Papst von patriarchalischer Sittenstrenge zu senden.
+Die Protestanten von ganz Europa spöttelten darüber, und Innocenz, der
+ohnehin schon gegen die englische Regierung eingenommen war, betrachtete
+die ihm mit so großer Gefahr und so großen Kosten erzeigte
+Aufmerksamkeit als nicht viel besser denn eine Beleidigung. Der Gehalt
+des Gesandten war auf hundert Pfund die Woche festgesetzt. Castelmaine
+klagte, daß dies zu wenig sei und daß das Dreifache dieses Betrags kaum
+ausreichen werde. Denn in Rom bemühten sich die Gesandten aller großen
+Continentalmächte einander vor den Augen eines Volks, das durch den
+beständigen Anblick prächtiger Gebäude, Decorationen und Ceremonien
+verwöhnt war, im Glanz zu überbieten. Er erklärte stets, daß er bei
+seiner Gesandtschaft Geld zusetzen müsse. Es waren ihm mehrere junge
+Adelige aus den vornehmsten katholischen Familien Englands, wie die
+Ratcliffe, die Arundell und Tichborne, beigegeben, und er bewohnte in
+Rom den Palast der Familie Pamfili an dem prächtigen Navonaplatze. Eine
+Privatunterredung mit Innocenz wurde ihm bald bewilligt, die officielle
+Audienz aber wurde lange hinausgeschoben. Castelmaine’s Vorbereitungen
+zu diesem wichtigen Acte waren so prachtvoll, daß sie, obgleich schon zu
+Ostern 1686 begonnen, im darauffolgenden November noch nicht beendigt
+waren, und im November bekam der Papst einen wirklichen oder angeblichen
+Gichtanfall, der einen weiteren Aufschub verursachte. Im Januar 1687
+endlich fand die feierliche Vorstellung und Aufwartung mit
+ungewöhnlichem Pompe statt. Die Staatswagen, welche zu der Auffahrt in
+Rom gebaut wurden, waren so prächtig, daß man sie für werth hielt, der
+Nachwelt in schönen Abbildungen überliefert und von Dichtern in mehreren
+Sprachen besungen zu werden.<a class = "tag" name = "tagVII_70" id =
+"tagVII_70" href = "#noteVII_70">70</a> Die Façade des
+Gesandtschaftspalastes wurde an diesem hochwichtigen Tage mit
+geschmacklosen allegorischen Gemälden von riesenhafter Größe decorirt.
+Man sah hier den heiligen Georg mit dem Fuße auf dem Nacken des Titus
+Oates, und Herkules, wie er mit seiner Keule den protestantischen
+Tischler College zu Boden schlägt, der sich vergebens mit seinem Flegel
+zu vertheidigen sucht. Nach dieser öffentlichen Schaustellung lud
+Castelmaine alle damals in Rom anwesenden Notabilitäten zu einem Bankett
+in dem freundlichen und prächtigen Saale ein, den Peter von Cortona mit
+Gemälden von Scenen aus der Aeneide geschmückt hat. Die ganze Stadt
+drängte sich zu dem Schauspiele und nur mit Mühe konnte eine Compagnie
+der Schweizergarde die Ordnung unter den Zuschauern aufrechterhalten.
+Die Kavaliere des päpstlichen Hofstaates
+<span class = "pagenum">VII.74</span>
+<a name = "pageVII_74" id = "pageVII_74"> </a>
+gaben hierauf ihrerseits dem Gesandten glänzende Gastmähler, und Dichter
+und Literaten überhäuften seinen Gebieter mit abgeschmackten und
+hyperbolischen Schmeicheleien, wie sie da am meisten floriren, wo Genie
+und Geschmack am tiefsten gesunken sind. An der Spitze der Schmeichler
+stand ein gekröntes Haupt. Mehr als dreißig Jahre waren verflossen, seit
+Christine, die Tochter des großen Gustav Adolph, freiwillig vom
+schwedischen Throne herabgestieqen war. Nach langen Wanderungen, während
+denen sie viele Thorheiten und Verbrechen begangen, hatte sie endlich in
+Rom ihren bleibenden Aufenthalt genommen, wo sie sich mit astrologischen
+Berechnungen und mit den Intriguen des Conclave beschäftigte und sich
+nebenbei mit Gemälden, Gemmen, Handschriften und Münzen die Zeit
+vertrieb. Jetzt dichtete sie einige italienische Stanzen zu Ehren des
+englischen Fürsten, der, wie sie selbst, einem Geschlecht von Königen
+entsprossen, welche zu ihrer Zeit als die Vorkämpfer der Reformation
+betrachtet wurden, sich, gleich ihr, mit der alten Kirche wieder
+ausgesöhnt hatte. Sie gab eine glänzende Gesellschaft in ihrem Palaste.
+Ihre in Musik gesetzten Verse wurden unter allgemeinem Beifalle
+vorgetragen und einer ihrer literarischen Günstlinge hielt über
+denselben Gegenstand eine Rede in so blühendem Style, daß er den
+Geschmack der englischen Zuhörer beleidigt zu haben scheint. Die dem
+Papste feindlich gesinnten, den Interessen Frankreichs ergebenen
+Jesuiten, denen jede Gelegenheit, Jakob Ehre zu erzeigen, willkommen
+war, empfingen den englischen Gesandten mit möglichstem Gepränge in dem
+fürstlichen Hause, wo die Überreste des Ignatius <ins class =
+"correction" title = "Original hat »Loyla«">Loyola</ins> in einem
+Schrein von Lasurstein und Gold aufbewahrt werden. Bildhauerkunst,
+Malerei, Poesie und Beredtsamkeit wurden aufgeboten, um den Fremden zu
+bewillkommnen; aber alle diese Künste lagen tief im Argen. Es wurde viel
+schwülstige und unedle Latinität entfaltet, die eines so gelehrten
+Ordens unwürdig war, und einige von den die Wände zierenden Inschriften
+zeigten noch schlimmere Fehler als schlechten Styl. An einer Stelle war
+gesagt, daß Jakob seinen Bruder als Boten zum Himmel gesandt habe, an
+einer andren, daß Jakob die Schwingen geliefert, welche seinen Bruder in
+eine höhere Region emporgetragen. Außerdem gab es ein noch viel
+unglücklicheres Distichon, welches damals wenig beachtet wurde, dessen
+man aber einige Monate später mit boshaften Auslegungen gedachte.
+„O&nbsp;König,“ sagte der Dichter, „seufze nicht länger nach einem
+Sohne. Mag auch die Natur Deinen Wunsch nicht erfüllen, die Sterne
+werden Mittel finden, um ihn zu befriedigen.“</p>
+
+<p>Inmitten dieser Festlichkeiten erfuhr Castelmaine schwere Kränkungen
+und Demüthigungen. Der Papst behandelte ihn mit äußerster Kälte und
+Zurückhaltung. So oft der Gesandte ihn um eine Antwort auf das zu
+Gunsten Petre’s gestellte Anliegen bat, bekam Innocenz einen heftigen
+Hustenanfall, der dem Gespräch ein Ende machte. Ganz Rom unterhielt sich
+von diesen sonderbaren Audienzen. Pasquino schwieg nicht und die ganze
+neugierige und geschwätzige Bevölkerung der müßigsten aller Städte, mit
+alleiniger Ausnahme der Jesuiten und der Prälaten der französischen
+Faction, lachte über Castelmaine’s verunglückte Mission. Sein von Natur
+unfreundlicher Character wurde bald auf’s Heftigste erbittert und er
+verbreitete eine Denkschrift mit Betrachtungen über den Papst. Dadurch
+gerieth er in eine schiefe Stellung, der kluge Italiener hatte einen
+Vortheil gewonnen und er ließ sich denselben nicht wieder entreißen. Er
+erklärte gerade heraus, die Regel, welche die Jesuiten von kirchlichen
+Würden ausschließe,
+<span class = "pagenum">VII.75</span>
+<a name = "pageVII_75" id = "pageVII_75"> </a>
+dürfe zu Gunsten Petre’s nicht übertreten werden. Der immer mehr
+gereizte Castelmaine drohte jetzt Rom zu verlassen. Innocenz erwiederte
+ihm mit sanfter Impertinenz, die um so kränkender war, weil sie sich
+kaum von treuherziger Einfalt unterscheiden ließ. Seine Excellenz könne
+gehen, wenn es ihm beliebe. „Wenn wir ihn aber verlieren müssen,“ setzte
+der ehrwürdige Pontifex hinzu, „so hoffe ich wenigstens, daß er
+unterwegs seine Gesundheit schonen wird. Ein Engländer weiß nicht, wie
+gefährlich es ist, hier zu Lande während der Tageshitze zu reisen. Man
+thut am besten, wenn man vor Tagesanbruch aufbricht und zu Mittag Rast
+macht.“ Mit diesem wohlmeinenden Rathe und einem Rosenkranze wurde der
+unglückliche Gesandte entlassen. Wenige Monate darauf erschien eine
+pomphafte Geschichte seiner Sendung in einer prachtvollen Folioausgabe
+mit Kupferstichen in italienischer und englischer Sprache. Das
+Titelkupfer zeigte zum großen Ärgerniß aller Protestanten Castelmaine in
+der Peersrobe und mit der Adelskrone in der Hand, wie er Innocenz den
+Fuß küßt.<a class = "tag" name = "tagVII_71" id = "tagVII_71" href =
+"#noteVII_71">71</a></p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVII_69" id = "noteVII_69" href = "#tagVII_69">69.</a>
+Adda, 9.(19.) Nov. 1685.</p>
+
+<p><a name = "noteVII_70" id = "noteVII_70" href = "#tagVII_70">70.</a>
+Der Professor der griechischen Sprache am Kollegium <span class =
+"antiqua">De Propaganda Fide</span> machte seiner Bewunderung in einigen
+abscheulichen Hexametern und Pentametern Luft, von denen folgende Probe
+genügen mag:</p>
+
+<div class = "verse">
+<p title = "Rôgeriou dê skepsomenos lamproio thriambon,">Ρωγερίου δὴ
+σκεψόμενος λαμπροῖο θρίαμβον,</p>
+<p class = "indent" title = "Ôka mal’ êïssen kai theen ochlos apas;">Ὦκα
+μάλ’ ἤϊσσεν καὶ θέεν ὄχλος ἅπας·</p>
+<p title = "Thaumazousa de tên pompên, panchrusea t’ autou">Θαυμάζουσα
+δὲ τὴν πομπὴν, παγχρύσεά τ’ αὐτοῦ</p>
+<p class = "indent" title = "Harmata, tous th’ hippous, toiade Rhômê epsê.">Ἅρματα, τοὺς θ’ ἵππους, τοίαδε Ῥώμη ἔψη.</p>
+</div>
+
+<p class = "continue">
+Die lateinischen Verse sind etwas besser. Nahum Tate stimmte auf
+Englisch ein:</p>
+
+<div class = "verse">
+<p>Um etwas von dem Prachtzug zu erspähen,</p>
+<p>Wie selbst in Rom noch Niemand ihn gesehen,</p>
+<p>Drängt Alt und Jung sich nach der Thürme Zinnen</p>
+<p>Und über jede Wange Freudenthränen rinnen.</p>
+</div>
+
+<p><a name = "noteVII_71" id = "noteVII_71" href = "#tagVII_71">71.</a>
+Correspondenz Jakob’s und Innocenz’ im Britischen Museum; <span class =
+"antiqua">Burnet, I. 703&mdash;705</span>; <span class =
+"antiqua">Welwood’s Memoirs</span>; <span class = "antiqua">Commons’
+Journals, Oct. 28. 1689</span>; <span class = "antiqua">An Account of
+his Excellency Roger Earl of Castelmaine’s Embassy, by Michael Wright,
+chief steward of his Excellency’s house at Rome, 1688.</span></p>
+</div>
+
+
+<a name = "kap_VIII" id = "kap_VIII">&nbsp;</a>
+<div class = "chapterhead">
+
+<span class = "pagenum">VIII.1</span>
+<a name = "pageVIII_1" id = "pageVIII_1"> </a>
+
+<h5><b>Achtes Kapitel. </b></h5>
+
+<h4><span class = "extended">Jakob</span> <b>II.</b></h4>
+
+<hr class = "tiny">
+
+</div>
+
+<a name = "pageVIII_2" id = "pageVIII_2"> </a>
+
+
+<span class = "pagenum">VIII.3</span>
+<a name = "pageVIII_3" id = "pageVIII_3"> </a>
+
+<h4><a name = "inhalt_VIII" id = "inhalt_VIII">
+<b><span class = "extended">Inhalt</span>.</b></a></h4>
+
+<hr class = "micro">
+
+<table class = "toc" summary = "inhaltsverzeichniss">
+<tr>
+<td></td>
+<td class = "seite">Seite</td>
+</tr>
+<tr class = "bottomline">
+<td><a href = "#kap_VII">[<i>7. Kapitel</i>]</a></td>
+<td></td>
+</tr>
+<tr class = "toppad">
+<td><p><a href = "#secVIII_1">Consecration des Nuntius im St.
+Jamespalaste</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_5">5</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVIII_2">Sein officieller Empfang. &mdash; Der
+Herzog von Somerset</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_5">5</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVIII_3">Auflösung des Parlaments</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_6">6</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVIII_4">Gesetzwidrige Bestrafung militairischer
+Vergehen</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_7">7</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVIII_5">Verfahren der Hohen Commission</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_8">8</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVIII_6">Die Universitäten</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_9">9</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVIII_7">Verfahren gegen die Universität
+Cambridge</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_10">10</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVIII_8">Der Earl von Mulgrave</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_11">11</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVIII_9">Zustand Oxford’s</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_13">13</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVIII_10">Das Magdalenen-Collegium in Oxford</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_15">15</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVIII_11">Anton Farmer, vom Könige als Präsident
+empfohlen</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_17">17</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVIII_12">Wahl des Präsidenten</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_18">18</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVIII_13">Die Mitglieder des Magdalenen-Collegiums
+werden vor die Hohe Commission geladen</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_18">18</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVIII_14">Parker zum Präsidenten empfohlen</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_19">19</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVIII_15">Die Karthause</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_19">19</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVIII_16">Rundreise des Königs</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_20">20</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVIII_17">Der König in Oxford</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_21">21</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVIII_18">Er giebt den Collegiaten des
+Magdalenenstifts einen Verweis</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_22">22</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVIII_19">Penn sucht zu vermitteln</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_22">22</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVIII_20">Eine kirchliche Specialcommission wird
+nach Oxford gesandt</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_24">24</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVIII_21">Hough’s Protest</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_24">24</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVIII_22">Einsetzung Parker’s</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_25">25</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVIII_23">Vertreibung der Collegiaten</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_26">26</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVIII_24">Das Magdalenen-Collegium in ein
+papistisches Seminar verwandelt</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_27">27</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVIII_25">Groll der Geistlichkeit</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_28">28</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVIII_26">Pläne der jesuitischen Cabale in Bezug
+auf die Thronfolge</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_29">29</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVIII_27">Jakob’s und Tyrconnel’s Plan, die
+Prinzessin von Oranien von der Erbfolge im Königreich Irland
+auszuschließen</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_30">30</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVIII_28">Schwangerschaft der Königin</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_31">31</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVIII_29">Allgemeiner Zweifel</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_31">31</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVIII_30">Stimmung der Wahlkörper und der
+Peers</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_33">33</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVIII_31">Jakob beschließt, ein bestochenes
+Parlament zusammenzusetzen</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_34">34</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVIII_32">Die Regulatoren</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_36">36</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVIII_33">Entlassung vieler Lordlieutenants</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_36">36</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVIII_34">Der Earl von Oxford</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_36">36</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVIII_35">Der Earl von Shrewsbury</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_37">37</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVIII_36">Der Earl von Dorset</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_38">38</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td>
+<span class = "pagenum">VIII.4</span>
+<a name = "pageVIII_4" id = "pageVIII_4"> </a>
+<p><a href = "#secVIII_37">An die Obrigkeiten gerichtete Fragen, und
+Antworten darauf</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_41">41</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVIII_38">Scheitern der Pläne des Königs</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_42">42</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVIII_39">Liste der Sheriffs</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_45">45</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVIII_40">Character der katholischen
+Landgentlemen</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_45">45</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVIII_41">Stimmung der Dissenters</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_47">47</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVIII_42">Regulirung der Corporationen</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_47">47</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVIII_43">Untersuchung in allen öffentlichen
+Verwaltungszweigen</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_50">50</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVIII_44">Entlassung Sawyer’s</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_51">51</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVIII_45">Williams Generalprokurator</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_52">52</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVIII_46">Zweite Indulgenzerklärung</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_53">53</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVIII_47">Die Geistlichkeit erhält Befehl, sie von
+der Kanzel zu verlesen</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_53">53</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVIII_48">Die Geistlichkeit ist unschlüssig</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_54">54</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVIII_49">Patriotismus der protestantischen
+Nonconformisten Londons</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_54">54</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVIII_50">Berathung der londoner
+Geistlichkeit</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_55">55</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVIII_51">Berathung im Palast zu Lambeth</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_57">57</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVIII_52">Die Petition der sieben Bischöfe dem
+Könige überreicht</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_57">57</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVIII_53">Die londoner Geistlichkeit gehorcht dem
+königlichen Befehle nicht</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_60">60</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVIII_54">Unschlüssigkeit der Regierung</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_61">61</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVIII_55">Es wird eine gerichtliche Verfolgung der
+Bischöfe wegen Libells beschlossen</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_63">63</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVIII_56">Sie werden im Geheimen Rathe
+verhört</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_63">63</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVIII_57">Geburt des Prätendenten</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_65">65</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVIII_58">Man hält ihn allgemein für
+untergeschoben</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_65">65</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVIII_59">Die Bischöfe werden vor die Kings Bench
+gestellt und müssen Bürgschaft leisten</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_69">69</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVIII_60">Aufregung der Gemüther</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_70">70</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVIII_61">Sunderland’s Angst</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_71">71</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVIII_62">Er erklärt sich für einen
+Katholiken</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_72">72</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><a href = "#secVIII_63">Prozeß der Bischöfe</a></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_72">72</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVIII_64">Das Verdict der Geschwornen; Freude des
+Volks</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_80">80</a></td>
+</tr>
+<tr>
+<td><p><a href = "#secVIII_65">Eigenthümlicher Zustand der öffentlichen
+Meinung zu jener Zeit</a></p></td>
+<td class = "number"><a href = "#pageVIII_84">84</a></td>
+</tr>
+</table>
+
+<span class = "pagenum">VIII.5</span>
+<a name = "pageVIII_5" id = "pageVIII_5"> </a>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Consecration des Nuntius im St. Jamespalaste.</span>
+<a name = "secVIII_1" id = "secVIII_1">Die</a> auffallende Unhöflichkeit
+des Papstes hätte wohl den sanftmüthigsten Fürsten reizen müssen. Auf
+Jakob aber machte sie keinen andren Eindruck, als daß er mit
+Schmeicheleien und Komplimenten noch verschwenderischer wurde. Während
+Castelmaine, das Herz von Zorn und Unwillen erfüllt, auf der Rückreise
+nach England begriffen war, wurde der Nuntius mit Ehrenbezeigungen
+überhäuft, die sein eigner Verstand verwerfen mußte. Er war in Folge
+einer bei der römischen Kirche häufig in Anwendung kommenden Fiction
+unlängst zur Bischofswürde ohne Bischofssitz erhoben worden. Jetzt wurde
+er zum Erzbischof von Amasia, einer Stadt am Pontus, dem Geburtsorte
+Strabo’s und Mithridates’, erhoben. Jakob bestand darauf, daß die
+Ceremonie der Consecration in der Kapelle des St. Jamespalastes
+stattfinden sollte. Der apostolische Vikar Leyburn und zwei irische
+Prälaten versahen den Dienst. Die Thüren wurden dem Publikum geöffnet
+und man bemerkte unter den Zuschauern einige von den Puritanern, die
+sich neuerdings dem Hofe angeschlossen hatten. Am Abend erschien Adda in
+seiner neuen Amtstracht im Gesellschaftszirkel der Königin. Jakob fiel
+angesichts des ganzen Hofes auf die Knie und bat um seinen Segen. Trotz
+aller Vorschriften der Etikette konnten die Umstehenden ihr Erstaunen
+und ihren Widerwillen nicht unterdrücken.<a class = "tag" name =
+"tagVIII_1" id = "tagVIII_1" href = "#noteVIII_1">1</a> Es hatte in der
+That seit langer Zeit kein englischer Souverain vor einem Sterblichen
+gekniet und wer das sonderbare Schauspiel mit ansah, erinnerte sich
+unwillkürlich des schmachvollen Tages, an welchem Johann sich seine
+Krone von Pandolph aufs Haupt setzen ließ.</p>
+
+<p class = "footnote">
+<a name = "noteVIII_1" id = "noteVIII_1" href = "#tagVIII_1">1.</a>
+Barillon, 2.(12.) Mai 1687.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Sein officieller Empfang. &mdash; Der Herzog von Somerset.</span>
+<a name = "secVIII_2" id = "secVIII_2">Bald</a> darauf fand eine noch
+prächtigere Schaustellung zu Ehren des Heiligen Stuhles statt. Es wurde
+beschlossen, daß der Nuntius sich in feierlicher Prozession an den Hof
+begeben sollte. Bei dieser Gelegenheit zeigten mehrere Personen, auf
+deren Gehorsam der König gerechnet hatte, zum ersten Male eine Neigung
+zur Widersetzlichkeit. Der Hervorragendste unter ihnen war der zweite
+Peer des Königreichs, Karl Seymour, gewöhnlich der stolze Herzog von
+Somerset genannt. Er war in der That ein Mann, bei dem Geburts- und
+Rangstolz fast zu einer krankhaften Manie geworden war. Sein ererbtes
+Vermögen war der hohen Stelle, die er unter dem englischen Adel einnahm,
+nicht angemessen; aber durch seine Vermählung mit der Tochter und Erbin
+des letzten Percy, der
+<span class = "pagenum">VIII.6</span>
+<a name = "pageVIII_6" id = "pageVIII_6"> </a>
+die alte Krone von Northumberland trug, war er in den Besitz des größten
+Vermögens in England gelangt. Somerset war erst fünfundzwanzig Jahre alt
+und im Publikum noch wenig bekannt. Er war Kammerherr des Königs und
+Oberst eines der Regimenter, welche zur Zeit des Aufstandes im Westen
+neu errichtet worden waren. Er hatte kein Bedenken dagegen erhoben, bei
+feierlichen Gelegenheiten das Staatsschwert in die königliche Kapelle zu
+tragen; diesmal aber weigerte er sich entschieden, an dem Festzuge zu
+Ehren des Nuntius Theil zu nehmen. Einige Mitglieder seiner Familie
+baten ihn dringend, sich das königliche Mißfallen nicht zuzuziehen; aber
+ihr Bitten war fruchtlos. Der König setzte ihn nun selbst zur Rede. „Ich
+hätte geglaubt, Mylord,“ sagte er, „daß ich Ihnen eine große Ehre
+erzeigte, indem ich Sie dazu ausersah, den Gesandten des ersten aller
+gekrönten Häupter zu begleiten.“ &mdash; „Sire,“ entgegnete der Herzog,
+„ich bin darauf aufmerksam gemacht worden, daß ich Eurer Majestät nicht
+gehorchen kann, ohne das Gesetz zu verletzen.“ &mdash; „Ich will Sie
+lehren, mich ebenso zu achten wie das Gesetz,“ erwiederte der König in
+hochfahrendem Tone. „Wissen Sie noch nicht, daß ich über dem Gesetz
+stehe?“ &mdash; „Eure Majestät mögen über dem Gesetz stehen, ich aber
+nicht, und wenn ich dem Gesetz gehorche, fürchte ich nichts.“ Der König
+entfernte sich höchlich erzürnt und Somerset wurde augenblicklich seiner
+Stellen im Hofstaate und in der Armee entsetzt.<a class = "tag" name =
+"tagVIII_2" id = "tagVIII_2" href = "#noteVIII_2">2</a></p>
+
+<p>In einem Punkte zeigte jedoch der König einige Klugheit. Er wagte es
+nicht, den päpstlichen Gesandten in feierlichem Aufzuge der ganzen
+Bevölkerung der Hauptstadt vorzuführen. Die Ceremonie fand am 3. Juli
+1687 in Windsor statt. Eine große Menschenmenge strömte nach dem
+Städtchen. Der Schaulustigen waren so viele, daß sie weder Speise und
+Trank noch ein Unterkommen fanden und eine Menge vornehmer Leute den
+ganzen Tag in ihrem Wagen zubringen mußten, um das Schauspiel mit
+anzusehen. Spät am Nachmittag endlich erschienen die Leute des
+Hofmarschalls zu Pferde. Hierauf folgte ein langer Zug von Läufern und
+dann in einem königlichen Staatswagen Adda im Purpurmantel und mit einem
+Brillantenkreuze auf der Brust. Hinter ihm fuhren die Equipagen der
+vornehmsten Hofkavaliere und der Staatsminister. Mit großem Mißfallen
+bemerkte das Volk in dem Zuge die Wappen und Livreen Crewe’s, Bischofs
+von Durham, und Cartwright’s, Bischofs von Chester.<a class = "tag" name
+= "tagVIII_3" id = "tagVIII_3" href = "#noteVIII_3">3</a></p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVIII_2" id = "noteVIII_2" href = "#tagVIII_2">2.</a>
+<span class = "antiqua">Memoirs of the Duke of Somerset</span>; Citters,
+5.(15.) Juli 1687; <span class = "antiqua">Eachard’s History of the
+Revolution</span>; <span class = "antiqua">Clarke’s Life of James the
+Second, II. 116, 117, 118</span>; <span class = "antiqua">Lord
+Lonsdale’s Memoirs.</span></p>
+
+<p><a name = "noteVIII_3" id = "noteVIII_3" href = "#tagVIII_3">3.</a>
+<span class = "antiqua">London Gazette, July 7. 1687</span>; Citters,
+7.(17.) Juli; Bericht über die Ceremonie in den Somers’schen
+Schriften.</p>
+</div>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Auflösung des Parlaments.</span>
+<a name = "secVIII_3" id = "secVIII_3">Am</a> folgenden Tage erschien in
+der Gazette eine Proklamation, welche das Parlament auflöste, das von
+allen durch die Stuarts einberufenen Parlamenten das fügsamste gewesen
+war.<a class = "tag" name = "tagVIII_4" id = "tagVIII_4" href =
+"#noteVIII_4">4</a></p>
+
+<p>Mittlerweile hatten sich neue Schwierigkeiten in Westminsterhall
+gezeigt. Erst vor wenigen Monaten waren mehrere Richter entlassen und
+andere an deren Stelle gesetzt worden, um in dem Prozesse gegen Sir
+Eduard Hales ein Erkenntniß zu Gunsten der Krone zu erlangen, und schon
+waren neue Änderungen nöthig.</p>
+
+<p class = "footnote">
+<a name = "noteVIII_4" id = "noteVIII_4" href = "#tagVIII_4">4.</a>
+<span class = "antiqua">London Gazette, July, 4. 1687.</span></p>
+<span class = "pagenum">VIII.7</span>
+<a name = "pageVIII_7" id = "pageVIII_7"> </a>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Gesetzwidrige Bestrafung militairischer Vergehen.</span>
+<a name = "secVIII_4" id = "secVIII_4">Der</a> König hatte kaum die
+Armee gebildet, auf die er zur Ausführung seiner Pläne namentlich
+rechnete, so erkannte er auch schon, daß er sie selbst nicht regieren
+konnte. Wenn ein Krieg im Lande wüthete, so konnte ein Meuterer oder
+Deserteur vor ein Kriegsgericht gestellt und das Urtel durch den
+Generalprofoß vollzogen werden. Aber man war jetzt im tiefsten Frieden.
+Das englische Landrecht, das aus einem Zeitalter herrührte, wo
+erforderlichenfalls Jedermann, Niemand aber beständig die Waffen trug,
+machte in Friedenszeiten keinen Unterschied zwischen einem Soldaten und
+jedem andren Unterthan, und es gab kein Gesetz ähnlich dem, durch
+welches heutzutage dem Souverain alljährlich die zum Oberbefehl über die
+reguläre Truppenmacht nöthige Autorität verliehen wird. Zwar erklärten
+einige alte Verordnungen die Desertion in gewissen angeführten Fällen
+für Felonie; aber diese Verordnungen galten nur für die Soldaten, welche
+dem Könige im wirklichen Kriege dienten und konnten nicht ohne die
+arglistigste Willkür so weit ausgedehnt werden, daß sie auch auf einen
+Mann Anwendung fanden, der in einer Zeit der vollständigsten inneren und
+äußeren Ruhe des Lagers von Hounslow überdrüssig wurde und daher in sein
+heimathliches Dorf zurückkehrte. Die Regierung hatte offenbar über einen
+solchen Mann keine andre Macht, als die, welche ein Bäcker- oder
+Schneidermeister über seine Gesellen hat. Er und seine Offiziere standen
+vor dem Gesetz auf gleicher Stufe. Fluchte er gegen sie, so konnte er
+wegen Schwörens mit einer Geldstrafe belegt werden; schlug er sie, so
+konnte er wegen thätlicher Mißhandlung verklagt werden. Das stehende
+Heer stand factisch unter einer milderen Disciplin als die Miliz, denn
+die Miliz war durch eine Parlamentsacte errichtet worden, in welcher
+zugleich bestimmt war, daß Disciplinarvergehen summarisch mit leichten
+Strafen geahndet werden könnten.</p>
+
+<p>Es scheint nicht, daß die aus diesem Zustande des Gesetzes
+entspringenden praktischen Nachtheile sich unter der Regierung
+Karl’s&nbsp;II. sehr fühlbar gemacht hatten, was sich vielleicht dadurch
+erklären läßt, weil bis zum letzten Jahre seiner Regierung die
+Streitmacht, die er in England unterhielt, hauptsächlich aus Haustruppen
+bestand, welche einen so hohen Sold bekamen, daß die Entlassung aus dem
+Dienste von den Meisten sehr schmerzlich empfunden worden wäre. Eine
+Anstellung als Gemeiner in der Leibgarde war für den jüngeren Sohn eines
+Gentleman eine gute Versorgung; selbst die Fußgarden wurden so gut
+bezahlt als Fabrikarbeiter unter besonders günstigen Verhältnissen, und
+sie befanden sich daher in einer Lage, um die sie die große Masse der
+arbeitenden Bevölkerung wohl beneiden konnte. Die Rückkehr der Garnison
+von Tanger und die Errichtung der neuen Regimenter hatte eine große
+Veränderung herbeigeführt. Es gab jetzt in England viele Tausend
+Soldaten, welche nur acht Pence den Tag erhielten. Die Furcht vor der
+Verabschiedung war nicht mehr hinreichend, um sie der Dienstpflicht treu
+zu erhalten, und körperliche Strafen durften die Offiziere gesetzlich
+nicht zuerkennen. Jakob hatte daher nur die Wahl, entweder die Armee
+ihrer Auflösung entgegengehen zu lassen oder die Richter zu der
+Erklärung zu bewegen, daß das Gesetz das sei, was es, wie jeder Student
+wußte, nicht war.</p>
+
+<p>Es war besonders wichtig, die Mitwirkung zweier Gerichtshöfe zu
+gewinnen: der Kings Bench, welche der erste Criminalgerichtshof des
+Landes war, und des Gerichtshofs für Leerung der Gefängnisse, der in
+<span class = "pagenum">VIII.8</span>
+<a name = "pageVIII_8" id = "pageVIII_8"> </a>
+der Old Bailey saß und über die in der Hauptstadt begangenen Vergehen
+abzuurtheilen hatte. In beiden Gerichtshöfen aber stieß man auf große
+Schwierigkeiten. Herbert, der Oberrichter der Kings Bench, wollte trotz
+aller bis dahin bewiesenen Servilität nicht weiter gehen. Ein noch
+entschiedenerer Widerstand war von Sir Johann Holt zu erwarten, der als
+Syndikus der City von London auf der Bank der Old Bailey saß. Holt war
+ein ausgezeichnet gelehrter und aufgeklärter Jurist, dabei ein
+rechtschaffener und muthiger Mann und seine politische Meinung hatte
+eine whiggistische Färbung, obgleich er sich von allem Parteitreiben
+stets fern hielt. Dem Willen des Königs mußten jedoch alle Hindernisse
+weichen. Holt wurde seines Syndikats entsetzt. Herbert und ein andrer
+Richter von der Kings Bench entfernt, und die erledigten Stellen mit
+Männern besetzt, auf die sich die Regierung verlassen konnte. Allerdings
+mußte man in ziemlich niedere juristische Regionen hinabsteigen, ehe man
+Leute fand, welche zu Dienstleistungen, wie man sie jetzt brauchte,
+bereit waren. Der neue Oberrichter, Sir Robert Wright, war
+sprichwörtlich ein Ignorant, und die Unwissenheit war noch nicht sein
+ärgster Fehler. Seine Laster hatten ihn zu Grunde gerichtet. Um sich
+Geld zu verschaffen, hatte er zu unredlichen Mitteln seine Zuflucht
+genommen und einmal einen falschen Eid abgelegt, um in den Besitz von
+fünfhundert Pfund zu gelangen. Arm, ausschweifend und schamlos war er
+einer von den Schmarotzern Jeffreys’ geworden, der ihn beförderte und
+verächtlich behandelte. Dies war der Mann, den Jakob zum Lord
+Oberrichter von England erkor. Ein gewisser Allibone, der in der
+Rechtskunde noch unwissender war als Wright und als Katholik eigentlich
+gar nicht fähig war, ein öffentliches Amt zu bekleiden, wurde zum
+Unterrichter der Kings Bench ernannt. Sir Bartholomäus Shower, als
+serviler Tory und langweiliger Redner gleich bekannt, wurde Syndikus von
+London. Nachdem diese Veränderungen bewirkt waren, wurden mehrere
+Deserteurs zur Untersuchung gezogen und dem Wortlaute und dem Geiste des
+Gesetzes zum Hohn für schuldig befunden. Einige von ihnen vernahmen ihr
+Todesurtheil vor den Schranken der Kings Bench, Andere vor den Schranken
+der Old Bailey. Sie wurden vor den Augen der Regimenter, denen sie
+angehört hatten, gehängt und dafür Sorge getragen, daß diese
+Hinrichtungen durch die London Gazette, welche derartige Vorgänge nur
+selten berichtete, zur Öffentlichkeit gelangten.<a class = "tag" name =
+"tagVIII_5" id = "tagVIII_5" href = "#noteVIII_5">5</a></p>
+
+<p class = "footnote">
+<a name = "noteVIII_5" id = "noteVIII_5" href = "#tagVIII_5">5.</a>
+Siehe <span class = "antiqua">Statutes 18 Henry 6. c. 19; 2 &amp; 3 Ed.
+6. c. 2.</span>; <span class = "antiqua">Eachard’s History of the
+Revolution</span>; <span class = "antiqua">Kennet, III. 468</span>;
+<span class = "antiqua">North’s Life of Guildford, 247.</span>; <span
+class = "antiqua"> London Gazette, April 18. &amp; May 23. 1687</span>;
+<span class = "antiqua">Vindication of the E. of R. (Earl of
+Rochester.)</span></p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Verfahren der Hohen Commission.</span>
+<a name = "secVIII_5" id = "secVIII_5">Man</a> kann wohl denken, daß das
+Gesetz, das so gröblich von denjenigen Gerichtshöfen verletzt wurde,
+deren ganze Autorität sich auf dasselbe gründete und die es als
+Richtschnur zu betrachten pflegten, von einem durch tyrannische Willkür
+errichteten Tribunale eben so wenig geachtet wurde. Während der ersten
+Monate ihres Bestehens hatte die neue Hohe Commission Geistlichen nur
+die Ausübung ihrer Amtshandlungen verboten; die Eigenthumsrechte waren
+noch unangetastet geblieben. Zu Anfang des Jahres 1687 aber beschloß man
+auch gegen die Pfründeneinkünfte einen Schlag zu führen und jedem
+anglikanischen Priester und Prälaten die Überzeugung beizubringen,
+<span class = "pagenum">VIII.9</span>
+<a name = "pageVIII_9" id = "pageVIII_9"> </a>
+daß, wenn er seine Beihülfe zur Vernichtung der Kirche, deren Diener er
+war, verweigerte, er in einer Stunde zum Bettler gemacht werden
+würde.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Die Universitäten.</span>
+<a name = "secVIII_6" id = "secVIII_6">Es</a> würde der Klugheit
+angemessen gewesen sein, das erste Exempel an einem unbekannten
+Individuum zu statuiren. Die Regierung aber war in einer so unseligen
+Verblendung befangen, daß man dieselbe in einem naiveren Zeitalter als
+eine göttliche Strafe betrachtet haben würde. Es wurde daher ohne
+weiteres gleich von Anfang an den beiden ehrwürdigsten Korporationen des
+Reichs, den Universitäten Oxford und Cambridge, der Krieg erklärt.</p>
+
+<p>Die Macht dieser beiden Körperschaften war schon seit vielen
+Jahrhunderten groß; in der zweiten Hälfte des siebzehnten Jahrhunderts
+aber hatte sie ihren Höhepunkt erreicht. Kein Nachbarland konnte sich so
+glänzender und reicher Sitze der Wissenschaft rühmen. Die Hochschulen
+von Edinburg und Glasgow, von Leyden und Utrecht, von Löwen und Leipzig,
+von Padua und Bologna kamen Gelehrten, welche in den prächtigen
+Stiftungen Wykeham’s und Wolsey’s, Heinrich’s&nbsp;VI. und <ins class =
+"correction" title = "Original hat »Heinrichs«">Heinrich’s</ins> VIII.
+gebildet waren, ärmlich vor. Literatur und Wissenschaft waren in dem
+akademischen Systeme Englands mit Gepränge umgeben, mit obrigkeitlicher
+Gewalt bekleidet und mit den vornehmsten Institutionen des Landes eng
+verbunden. Kanzler einer Universität zu werden, war eine Auszeichnung,
+nach der die Magnaten des Reichs eifrig strebten; eine Universität im
+Parlament zu vertreten, war das Lieblingsziel des Ehrgeizes von
+Staatsmännern. Edelleute und selbst Fürsten waren stolz darauf, wenn
+eine Universität ihnen das Recht verlieh, den Scharlach der Doctorwürde
+zu tragen. Die Neugierigen wurden von den Universitäten angezogen durch
+alte, mit mittelalterlichen Verzierungen reich ausgestattete Gebäude,
+durch neuere Gebäude, welche glänzendes Zeugniß von dem künstlerischen
+Genie eines Jones und Wren gaben, durch imposante Hallen und Kapellen,
+durch Museen, durch botanische Gärten und durch die einzigen
+öffentlichen Bibliotheken, welche das Königreich damals besaß. Der
+Prunk, den namentlich Oxford bei feierlichen Gelegenheiten entfaltete,
+wetteiferte mit dem souverainer Fürsten. Wenn der Kanzler, der
+ehrwürdige Herzog von Ormond, in seinem geflickten Mantel auf seinem
+Throne unter der gemalten Decke der Sheldon’schen Tribüne saß, umgeben
+von vielen hundert Graduirten in der ihrem verschiedenen Range
+entsprechenden Kleidung, während die vornehmsten Jünglinge Englands ihm
+als Bewerber um akademische Ehren feierlich vorgeführt wurden, spielte
+er eine kaum minder königliche Figur als sein Gebieter im Bankethause zu
+Whitehall. Auf den Universitäten waren fast alle ausgezeichneten
+Geistlichen, Rechtsgelehrten, Ärzte, Schriftsteller, Dichter und Redner
+des Landes und zum großen Theil auch der hohe Adel und die reiche Gentry
+gebildet. Auch ist zu bemerken, daß die Verbindung zwischen dem Schüler
+und der Schule durch seinen Abgang nicht aufgelöst wurde. Er blieb oft
+während seines ganzen Lebens Mitglied des akademischen Körpers und
+behielt bei allen wichtigen Wahlen eine Stimme. Er hing daher an seinem
+alten Lieblingsaufenthalte am Cam und Isis mit weit größerer Zuneigung,
+als gebildete Leute sie in der Regel zu ihren Bildungsstätten empfinden.
+Es gab in England keinen Winkel, wo nicht beide Universitäten dankbare
+und treuergebene Söhne gehabt hätten. Jeder Angriff auf die Ehre oder
+die Interessen von Cambridge oder Oxford mußte nothwendig den Unwillen
+einer
+<span class = "pagenum">VIII.10</span>
+<a name = "pageVIII_10" id = "pageVIII_10"> </a>
+mächtigen, thätigen und intelligenten Klasse erregen, die über alle
+Grafschaften, von Northumberland bis Cornwall, zerstreut war.</p>
+
+<p>Die seßhaften Graduirten waren vielleicht im Ganzen genommen den
+seßhaften Graduirten unsrer Zeit nicht überlegen, aber im Vergleich zu
+den anderen Gesellschaftskreisen standen sie damals auf einer viel
+höheren Stufe; denn Cambridge und Oxford waren die beiden einzigen
+Provinzialstädte im ganzen Königreiche, wo man eine bedeutende Anzahl
+hochgebildeter Männer fand. Selbst die Hauptstadt hatte große Achtung
+vor der Autorität der Universitäten, nicht nur in Fragen der Theologie,
+der Naturwissenschaften und des klassischen Alterthums, sondern auch in
+solchen Angelegenheiten, in denen die Hauptstädte in der Regel für die
+höchsten Instanzen gelten wollen. Von Will’s Kaffeehaus und dem Parterre
+des Drurylanetheaters appellirte man noch an die beiden großen
+Nationalsitze des Geschmacks und der Gelehrsamkeit. Schauspiele, die in
+London mit enthusiastischem Beifalle aufgenommen worden waren, galten
+erst dann für außer Gefahr, wenn sie die strenge Prüfung eines mit
+Sophokles und Terenz vertrauten Zuhörerkreises bestanden hatten.<a class
+= "tag" name = "tagVIII_6" id = "tagVIII_6" href =
+"#noteVIII_6">6</a></p>
+
+<p>Die englischen Universitäten hatten ihren großen moralischen und
+intellectuellen Einfluß energisch zu Gunsten der Krone angewendet. Das
+Hauptquartier Karl’s&nbsp;I. war in Oxford gewesen und die silbernen
+Krüge und Teller sämmtlicher Collegien waren zur Unterstützung seiner
+Kriegskasse eingeschmolzen worden. Cambridge war nicht weniger loyal
+gesinnt. Es hatte ebenfalls einen großen Theil seines Silbergeräths in’s
+königliche Lager gesandt, und der Rest würde auch nachgefolgt sein, wäre
+die Stadt nicht von den Parlamentstruppen genommen worden. Beide
+Universitäten waren von den siegreichen Puritanern mit der äußersten
+Strenge behandelt worden, beide hatten die Restauration mit Freuden
+begrüßt, beide hatten sich der Ausschließungsbill standhaft widersetzt
+und ihren tiefsten Abscheu über das Ryehousecomplot ausgesprochen.
+Cambridge hatte nicht nur seinen Kanzler Monmouth abgesetzt, sondern
+seinen Unwillen über den Verrath des Herzogs sogar in einer eines Sitzes
+der Gelehrsamkeit unwürdigen Weise zu erkennen gegeben, indem es die
+Leinwand, auf der Kneller seine einnehmende Physiognomie und Gestalt mit
+künstlerischer Vollendung dargestellt hatte, den Flammen übergab.<a
+class = "tag" name = "tagVIII_7" id = "tagVIII_7" href =
+"#noteVIII_7">7</a> Oxford, das dem Herde des westlichen Aufstandes
+näher lag, hatte noch stärkere Beweise von Loyalität gegeben. Die
+Studenten hatten mit Bewilligung ihrer Professoren zu Hunderten die
+Waffen zur Vertheidigung der erblichen Thronrechte ergriffen. Und diese
+Körperschaften beschloß Jakob jetzt in offenem Widerspruch mit den
+Gesetzen und mit seinem verpfändeten Worte zu beschimpfen und zu
+berauben.</p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVIII_6" id = "noteVIII_6" href = "#tagVIII_6">6.</a>
+Dryden’s Prologe und Cibber’s Memoiren enthalten zahlreiche Beweise von
+dem Ansehen, welches der Geschmack der Oxforder bei den gefeiertsten
+Dichtern und Schauspielern genoß.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_7" id = "noteVIII_7" href = "#tagVIII_7">7.</a>
+Siehe das Gedicht: <span class = "antiqua">Advice to the Painter upon
+the Defeat of the Rebels in the West</span>, sowie noch ein andres ganz
+abscheuliches Gedicht über den nämlichen Gegenstand von Stepney, welcher
+damals am Trinity-Collegium studirte.</p>
+</div>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Verfahren gegen die Universität Cambridge.</span>
+<a name = "secVIII_7" id = "secVIII_7">Mehrere</a> Parlamentsacte, die
+so klar waren als nur irgend eine Verordnung des Gesetzbuches, hatten
+vorgeschrieben, daß auf beiden Universitäten Niemand zu irgend einem
+Grade zugelassen werden sollte, ohne den Suprematseid und einen andren
+ähnlichen Eid, der Gehorsamseid genannt, abgelegt zu
+<span class = "pagenum">VIII.11</span>
+<a name = "pageVIII_11" id = "pageVIII_11"> </a>
+haben. Dessenungeachtet wurde im Februar 1687 ein königliches Schreiben
+nach Cambridge gesandt, worin die Aufnahme eines Benedictinermönches,
+Namens Alban Francis, als Magister der freien Künste anbefohlen
+wurde.</p>
+
+<p>Die akademischen Würdenträger, zwischen der Ehrerbietung gegen den
+König und der Achtung vor dem Gesetz schwankend, waren in großer
+Verlegenheit. Es wurden in aller Eile Boten an den Herzog von Albemarle
+gesandt, der Monmouth’s Nachfolger als Kanzler der Universität war, und
+er wurde dringend ersucht, dem Könige die Sache in geeigneter Weise
+vorzustellen. Unterdessen begaben sich der Registrator und die Pedelle
+zu Francis und erklärten ihm, daß er sogleich aufgenommen werden solle,
+wenn er die gesetzlich vorgeschriebenen Eide leiste. Er weigerte sich
+dessen, machte den Beamten Vorwürfe wegen ihrer Nichtachtung des
+königlichen Befehls, und da sie nicht nachgaben, reiste er auf der
+Stelle wieder ab, um sich in Whitehall zu beschweren.</p>
+
+<p>Die Vorsteher der Collegien versammelten sich zu einer Berathung. Die
+Gutachten der ausgezeichnetsten Rechtsgelehrten wurden abgehört und sie
+sprachen sich entschieden zu Gunsten des beobachteten Verfahrens aus.
+Aber schon war ein zweites hochmüthiges und drohendes Schreiben von
+Sunderland unterwegs. Albemarle antwortete der Universität unter vielen
+Versicherungen seiner Theilnahme und seines Bedauerns, daß er alles
+Mögliche gethan habe, aber vom Könige sehr kalt und unfreundlich
+aufgenommen worden sei. Der akademische Körper, durch die königliche
+Ungnade erschreckt und von dem aufrichtigen Willen beseelt, den Wünschen
+Seiner Majestät nachzukommen, dabei aber auch fest entschlossen, das
+klare Gesetz des Landes nicht zu verletzen, unterbreitete die
+bescheidensten und ehrerbietigsten Auseinandersetzungen, aber ohne
+Erfolg. Bald darauf kam eine Vorladung, welche den Vicekanzler und den
+Senat auf den 24. April vor die Hohe Commission nach Westminster
+beschied. Der Vicekanzler sollte in Person erscheinen, der Senat, der
+aus allen Doctoren und Magistern der Universität besteht, eine
+Deputation senden.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Der Earl von Mulgrave.</span>
+<a name = "secVIII_8" id = "secVIII_8">Als</a> der festgesetzte Tag
+erschien, füllte sich der Sitzungssaal mit einer großen Zuschauermenge.
+Jeffreys fungirte als Präsident der Commission. Rochester war, seit ihm
+der weiße Stab abgenommen worden, nicht mehr Mitglied, anstatt seiner
+erschien der Lordkammerherr Johann Sheffield, Earl von Mulgrave. Das
+Schicksal dieses Edelmanns glich in einer Beziehung dem seines Collegen
+Sprat. Mulgrave schrieb Verse, die sich kaum über die absolute
+Mittelmäßigkeit erhoben, da er aber ein in den politischen und vornehmen
+Kreisen hochangesehener Mann war, so fanden seine Verse doch Bewunderer.
+Die Zeit zerstörte den Zauber, zu seinem Unglücke aber erst nachdem
+seine Gedichte bereits ein unveräußerliches Recht auf eine Stelle in
+allen Sammlungen englischer Dichtungswerke erlangt hatten. Dennoch
+werden bis auf den heutigen Tag seine, abgeschmackten Reimereien und
+seine jämmerlichen Lieder an Amoretta und Gloriana in Gesellschaft des
+„Comus“ und des „Festes Alexander’s“ immer wieder gedruckt. Die Folge
+davon ist, daß unsre Generation Mulgrave hauptsächlich als einen
+Dichterling kennt und ihn als solchen verachtet. Er war jedoch, wie
+selbst Diejenigen zugaben, die ihn weder liebten noch achteten, ein
+durch schöne Talente ausgezeichneter Mann und in der parlamentarischen
+Beredtsamkeit stand er kaum einem Redner seiner Zeit nach. Dagegen
+verdiente sein moralischer Character keine Achtung. Er war ein Wüstling,
+aber ohne jene Offenheit
+<span class = "pagenum">VIII.12</span>
+<a name = "pageVIII_12" id = "pageVIII_12"> </a>
+des Herzens und der Hand, welche zuweilen auch die Ausschweifung
+liebenswürdig, und ein stolzer Aristokrat ohne jene Hoheit der
+Denkungsart, welche zuweilen den aristokratischen Hochmuth achtungswerth
+macht. Die damaligen Satiriker gaben ihm den Spottnamen Lord Allpride
+(Ganzstolz). Sein Stolz vertrug sich indessen mit allen schmachvollen
+Lastern. Viele wunderten sich darüber, wie ein Mann, der ein so
+übertriebenes Gefühl seiner Würde zur Schau trug, in Geldangelegenheiten
+so zäh und knauserig sein konnte. Er hatte der königlichen Familie
+großes Ägerniß dadurch gegeben, daß er den Gedanken zu hegen wagte, das
+Herz und die Hand der Prinzessin Anna zu erobern. In dieser Hoffnung
+getäuscht, hatte er sich bemüht, durch kriechende Gemeinheit die durch
+Anmaßung verwirkte Gunst wieder zu gewinnen. Seine von ihm selbst
+verfaßte Grabschrift sagt noch heute jedem Besucher der
+Westminsterabtei, daß er in religiösen Dingen als Zweifler lebte und
+starb, und aus seinen hinterlassenen Memoiren ersehen wir, daß der
+römische Aberglaube ein Lieblingsthema seines Spottes war. Dennoch
+begann er unmittelbar nach Jakob’s Regierungsantritt eine starke
+Hinneigung zum Papismus zu zeigen und gerirte sich endlich privatim als
+Convertit. Der Lohn für diese verworfene Heuchelei war seine Anstellung
+bei der Hohen Commission.<a class = "tag" name = "tagVIII_8" id =
+"tagVIII_8" href = "#noteVIII_8">8</a></p>
+
+<p>Vor diesem gefürchteten Tribunal erschien jetzt der Vicekanzler der
+Universität Cambridge, Doctor Johann Pechell. Er selbst war kein Mann
+von ausgezeichneter Befähigung und Energie, aber es begleiteten ihn acht
+vom Senat gewählte vorzügliche Akademiker. Einer davon war Isaak Newton,
+Fellow des Trinity-Collegiums und Professor der Mathematik. Sein Genie
+stand damals in seiner vollsten Kraft. Das große Werk, welches ihm die
+erste Stelle unter den Geometern und Naturforschern aller Zeiten und
+aller Nationen sichert, wurde seit einiger Zeit unter der Sanction der
+Königlichen Societät gedruckt und war seiner Vollendung nahe. Er war der
+entschiedenste Freund der bürgerlichen Freiheit und der protestantischen
+Religion, aber seine Gewohnheiten machten ihn für die Kämpfe des
+praktischen Lebens durchaus nicht geeignet. Er verharrte daher in
+bescheidenem Stillschweigen unter den Delegirten und überließ anderen
+Männern, welche im Geschäftsleben mehr bewandert waren, die Aufgabe,
+seine geliebte Universität zu vertheidigen.</p>
+
+<p>Es konnte keinen klareren Rechtsfall geben. Das Gesetz ließ keinen
+Zweifel zu und die Praxis hatte fast stets im Einklang mit dem Gesetz
+gestanden. Es konnte vielleicht schon vorgekommen sein, daß an einem
+besonders feierlichen Tage, wo viele Ehrengrade verliehen wurden, in der
+Menge Einer durchgeschlüpft war, der die Eide nicht abgelegt hatte; aber
+eine solche Unregelmäßigkeit, lediglich die Folge der Eil und
+Unachtsamkeit, konnte nicht als Vorgang geltend gemacht werden. Fremde
+Gesandte verschiedener Glaubensrichtungen, insbesondere ein Muselmann,
+waren ohne die Eide aufgenommen worden. Aber es war eine große Frage, ob
+solche Fälle im Bereiche der Ansicht und des Geistes der betreffenden
+Parlamentsverordnungen
+<span class = "pagenum">VIII.13</span>
+<a name = "pageVIII_13" id = "pageVIII_13"> </a>
+lagen. Es war nicht einmal behauptet worden, daß schon einmal Jemand,
+dem die Eide angesonnen wurden und der sie nicht leisten wollte, einen
+akademischen Grad erlangt habe, und in dieser Lage befand sich Francis.
+Die Delegirten erboten sich zu beweisen, daß unter der vorigen Regierung
+mehrere königliche Befehle unberücksichtigt geblieben waren, weil die
+empfohlenen Personen sich dem Gesetz nicht hatten fügen wollen, und daß
+die Regierung sich in solchen Fällen stets bei dem Verfahren der
+Universität beruhigt habe, da sie es als das richtige anerkennen mußte.
+Jeffreys aber wollte von nichts hören. Er kam bald dahinter, daß der
+Vicekanzler ein schwacher, unerfahrener und schüchterner Mann war und
+ließ daher der ganzen Unverschämtheit, welche so lange der Schrecken der
+Old Bailey gewesen war, freien Lauf. Der unglückliche Doctor, der an ein
+solches Auditorium und an eine solche Behandlung nicht gewöhnt war,
+wurde bald so eingeschüchtert, daß er gänzlich die Fassung verlor.
+Sobald andere zur Verfechtung ihrer Sache besser befähigte Akademiker
+das Wort ergreifen wollten, wurden sie auf die unsanfteste Weise zum
+Schweigen gebracht. „Sie sind nicht Vicekanzler; wenn Sie es einmal sein
+werden, dann mögen Sie sprechen, bis dahin aber geziemt es Ihnen, den
+Mund zu halten.“ Die Angeklagten wurden, ohne gehört worden zu sein aus
+dem Gerichtssaale gewiesen. Nach einer Weile wurden sie wieder
+hereingerufen und ihnen kundgethan, daß die Commission beschlossen habe,
+Pechell seiner Würde als Vicekanzler zu entheben und ihm alle Einkünfte
+vorzuenthalten, die er als Vorsteher eines Collegiums bezog und welche
+ganz den Character eines unantastbaren Eigenthums hatten. „Sie, meine
+Herren,“ sagte Jeffreys zu den Delegirten, „sind größtentheils
+Theologen, und ich will Sie daher mit einer Stelle aus der Schrift
+heimschicken: <ins class = "correction" title = "alle anführungszeichen ungeändert">„Gehet</ins> hin und sündigt fortan nicht mehr, damit Euch
+nicht etwas Ärgeres widerfahre.“<a class = "tag" name = "tagVIII_9" id =
+"tagVIII_9" href = "#noteVIII_9">9</a></p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVIII_8" id = "noteVIII_8" href = "#tagVIII_8">8.</a>
+<span class = "antiqua">Mackay’s Character of Sheffield</span> nebst
+Swift’s Note; <span class = "antiqua">Satire on the Deponents,
+1688</span>; <span class = "antiqua">Life of John, Duke of
+Buckinghamshire, 1729</span>; Barillon, 30. Aug. 1687. Ich besitze ein
+handschriftliches Spottgedicht aus Mulgrave von 1690, das nicht ohne
+Witz ist. Die bemerkenswerthesten Zeilen sind diese:</p>
+
+<div class = "verse">
+<p>Heut’ schmeichelt er dem Peters (Petre), morgen dem Burnet.</p>
+<p>Fragt nicht nach Glauben und Partei, denn alle sind ihm gleich.</p>
+</div>
+
+<p><a name = "noteVIII_9" id = "noteVIII_9" href = "#tagVIII_9">9.</a>
+Siehe den Prozeß gegen die Universität Cambridge in der <span class =
+"antiqua">Collection of State Trials</span>.</p>
+</div>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Zustand Oxford’s.</span>
+<a name = "secVIII_9" id = "secVIII_9">Man</a> sollte meinen, daß dieses
+Verfahren ungerecht und willkürlich genug war. Aber der König hatte
+schon angefangen, Oxford mit einer Strenge zu behandeln, im Vergleich zu
+welcher die gegen Cambridge bewiesene Milde genannt werden konnte. Schon
+war das University-Collegium durch Obadja Walker in ein
+römisch-katholisches Seminar verwandelt, schon stand das
+Christchurch-Collegium unter der Leitung eines römisch-katholischen
+Dechanten, schon wurde in diesen beiden Collegien täglich Messe gelesen.
+Die ruhige, majestätische Stadt, so lange das Bollwerk des monarchischen
+Prinzips, war von Leidenschaften aufgeregt, die sie bisher nie gekannt
+hatte. Die Untergraduirten verhöhnten mit stillschweigender Erlaubniß
+ihrer Vorgesetzten die Mitglieder von Walker’s Gemeinde und sangen
+Spottlieder unter ihren Fenstern. Einige Bruchstücke von den Serenaden,
+welche damals in High Street die Ruhe störten, sind der Nachwelt
+erhalten worden; der Refrain einer Ballade lautet:</p>
+
+<div class = "verse">
+<p>„Der alte Obadja</p>
+<p>singt Ave Maria.“</p>
+</div>
+
+<p>Als die Schauspieler nach Oxford kamen, äußerte sich die öffentliche
+Meinung noch stärker. Es wurde Howard’s „Comité“ gegeben. Dieses bald
+nach der Restauration geschriebene Stück stellte die Puritaner in einem
+<span class = "pagenum">VIII.14</span>
+<a name = "pageVIII_14" id = "pageVIII_14"> </a>
+gehässigen und verächtlichen Lichte dar und war deshalb seit einem
+Vierteljahrhundert ein Lieblingsstück des oxforder Publikums. Jetzt war
+es beliebter als je zuvor, denn ein glücklicher Zufall wollte, daß eine
+der Hauptrollen ein alter Heuchler Namens Obadja war. Das Publikum brach
+in einen Beifallsjubel aus, als Obadja in der letzten Scene mit einem
+Strick um den Hals hereingeschleppt wurde, und der Applaus nahm zu, als
+einer der Schauspieler, von dem vorgeschriebenen Texte abweichend,
+ankündigte, daß Obadja wegen Glaubenabfalls gehängt werden solle. Der
+König war höchlich entrüstet über diesen Hohn. Die Stimmung der
+Universität war so rebellisch, daß eines der neu errichteten Regimenter,
+das welches gegenwärtig das zweite Gardedragonerregiment heißt, nach
+Oxford versetzt wurde, um einen Aufstand zu verhindern.<a class = "tag"
+name = "tagVIII_10" id = "tagVIII_10" href = "#noteVIII_10">10</a></p>
+
+<p>Diese Vorgänge hätten Jakob überzeugen können, daß er einen Weg
+eingeschlagen hatte, der ihn ins Verderben führen mußte. An das Geschrei
+der Londoner war er schon längst gewöhnt. Es war zuweilen
+ungerechterweise, zuweilen vergebens gegen ihn erhoben worden; er hatte
+demselben wiederholt getrotzt und konnte ihm auch fernerhin trotzen. Daß
+aber Oxford, der Sitz der Loyalität, das Hauptquartier der
+Kavalierarmee, der Ort, wohin sein Vater und sein Bruder ihren Hof
+verlegten, wenn sie sich in ihrer stürmisch bewegten Hauptstadt nicht
+mehr sicher glaubten, der Ort, wo die Schriften der großen
+republikanischen Lehrer unlängst den Flammen überliefert worden waren,
+daß diese Stadt sich jetzt in einer unzufriedenen Gährung befand und die
+muthigen Jünglinge, die sich vor wenigen Monaten so eifrig als
+Freiwillige gemeldet hatten, um gegen die Insurgenten im Westen zu
+marschiren, jetzt nur mit Mühe durch Säbel und Karabiner im Schach
+gehalten wurden: das waren Zeichen von schlimmer Vorbedeutung für das
+Haus Stuart. Doch der abgestumpfte, starrsinnige und eigenwillige Tyrann
+beachtete den Warnungsruf nicht. Er hatte sich einmal vorgenommen,
+seiner Kirche die reichsten und glänzendsten Stiftungen Englands zu
+verschaffen. Umsonst machten ihm die besseren und verständigeren seiner
+römisch-katholischen Rathgeber Vorstellungen. Sie erklärten ihm, daß er
+der Sache seiner Religion viel nützen könne, ohne die Eigenthumsrechte
+zu verletzen. Eine Bewilligung von jährlich zweitausend Pfund aus seiner
+Privatchatulle würde hinreichen, um ein Jesuitencollegium in Oxford zu
+unterhalten, und diese Summe könne er leicht verschmerzen. Ein solches
+Collegium, mit tüchtigen, gelehrten und eifrigen Lehrern ausgestattet,
+würde ein gefährlicher Nebenbuhler für die alten akademischen Anstalten
+werden, welche nur zu deutliche Symptome einer von Reichthum und
+Sicherheit unzertrennlichen Erschlaffung zeigten. König Jakob’s
+Collegium würde bald selbst von den Protestanten hinsichtlich der
+Wissenschaften sowohl als auch der moralischen Zucht als die erste
+Bildungsanstalt der Insel anerkannt werden. Dies würde der wirksamste
+und zugleich glimpflichste Weg sein, um die anglikanische Kirche zu
+demüthigen und die römische zu Ansehen zu bringen. Der Earl von
+Ailesbury, einer der ergebensten Diener des königlichen Hauses,
+erklärte, daß er, obgleich Protestant und nicht reich, lieber selbst
+einen Beitrag von tausend Pfund zu diesem Zwecke hergeben wolle, als daß
+sein Gebieter
+<span class = "pagenum">VIII.15</span>
+<a name = "pageVIII_15" id = "pageVIII_15"> </a>
+die Eigenthumsrechte verletze und sein der Staatskirche gegebenes Wort
+breche.<a class = "tag" name = "tagVIII_11" id = "tagVIII_11" href =
+"#noteVIII_11">11</a> Der Plan fand jedoch keinen Beifall in den Augen
+des Königs. Allerdings entsprach er auch in mehr als einer Beziehung
+seinem unfreundlichen Character nicht. Denn es machte ihm Vergnügen, den
+Sinn der Menschen zu beugen und zu brechen, und von seinem Gelde konnte
+er sich nur schwer trennen. Was er auf seine Kosten zu unternehmen nicht
+hochherzig genug war, das beschloß er auf Kosten Anderer durchzuführen.
+Wenn er einmal etwas begonnen hatte, so hielt sein Stolz und sein
+Starrsinn ihn ab, wieder zurückzutreten, und er ließ sich endlich
+Schritt für Schritt zu Handlungen türkischer Tyrannei verleiten, zu
+Handlungen, welche die Nation zu der Überzeugung bringen mußten, daß das
+Vermögen eines protestantischen Freisassen Englands unter einem
+römisch-katholischen König ebenso unsicher war, wie das eines Griechen
+unter der Herrschaft eines Moslem.</p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVIII_10" id = "noteVIII_10" href =
+"#tagVIII_10">10.</a>
+<span class = "antiqua">Wood’s Athenae Oxonienses</span>; <span class =
+"antiqua">Apology for the Life of Colley Cibber</span>; Citters, 2.(12.)
+März 1686.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_11" id = "noteVIII_11" href =
+"#tagVIII_11">11.</a>
+<span class = "antiqua">Burnet, I.</span> 697; Brief von Lord Ailesbury,
+abgedruckt im <span class = "antiqua">European Magazine</span>, April
+1795.</p>
+</div>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Das Magdalenen-Collegium in Oxford.</span>
+<a name = "secVIII_10" id = "secVIII_10">Das</a> Magdalenen-Collegium,
+gegründet im funfzehnten Jahrhundert von Wilhelm von Waynflete, Bischof
+von Winchester und Lordgroßkanzler, war eine der hervorragendsten
+unserer akademischen Institute. Ein schlanker Thurm, auf dessen Zinnen
+alljährlich am Morgen des ersten Mai von Choristen eine lateinische
+Hymne gesungen wurde, fesselte schon von weitem die Aufmerksamkeit des
+von London her kommenden Reisenden. Wenn er sich näherte, bemerkte er,
+daß dieser Thurm sich von einem mit Zinnen versehenen, zwar niedrigen
+und unregelmäßigen, aber doch sehr ehrwürdig aussehenden Gebäude erhob,
+das von Bäumen beschattet und von den trägen Fluthen des Chervell
+bespült wurde. Er trat durch einen Thorweg,<a class = "tag" name =
+"tagVIII_12" id = "tagVIII_12" href = "#noteVIII_12">12</a> über dem
+eine stattliche Gallerie hinlief, in einen geräumigen Kreuzgang, der mit
+Emblemen der Tugenden und Laster, von den Bildhauern des funfzehnten
+Jahrhunderts roh in grauen Stein gemeißelt, verziert war. Der Tisch der
+Gesellschaft wurde in einem mit Gemälden und phantastischem Schnitzwerk
+reich ausgestatteten Refectorium gedeckt. Der Gottesdienst wurde früh
+und Abends in einer Kapelle gehalten, die von den Reformers und den
+Puritanern viel zu leiden gehabt hatte, aber trotz alledem ein
+wunderschönes Bauwerk war, das in unseren Tagen mit seltenem Geschmack
+und Geschick restaurirt worden ist. Die großen Gartenanlagen am Ufer des
+Flusses zeichneten sich durch hohe Bäume aus, unter denen ein Wunder der
+Pflanzenwelt unsrer Insel emporragte, eine riesige Eiche, welche hundert
+Jahre älter sein sollte, als das älteste Collegium der Universität.</p>
+
+<p>Die Statuten der Gesellschaften bestimmten, daß die Könige von
+England und die Prinzen von Wales in dem Hause aufgenommen werden
+sollten, wie in ihrem eignen Palaste. Eduard&nbsp;IV. hatte das Gebäude
+bewohnt, als es noch nicht vollendet war. Richard III. hatte darin sein
+Hoflager gehalten, im großen Saale Disputationen mit angehört, war
+königlich bewirthet worden und hatte die Küche seiner Wirthe mit einem
+Geschenk von fetten Rehböcken aus seinen Forsten beehrt. Zwei
+muthmaßliche Thronerben, welche frühzeitig hinweggerafft wurden, Arthur,
+der ältere Bruder Heinrich’s VIII., und Heinrich, der ältere Bruder
+Karl’s&nbsp;I., hatten in dem Collegium studirt; ebenso auch ein andrer
+Prinz
+<span class = "pagenum">VIII.16</span>
+<a name = "pageVIII_16" id = "pageVIII_16"> </a>
+von Geblüt, der letzte und beste der römisch-katholischen Erzbischöfe
+von Canterbury, der menschenfreundliche Reginald Pole. Zur Zeit des
+Bürgerkriegs war das Collegium der Sache der Krone treu geblieben.
+Ruprecht hatte dort sein Hauptquartier aufgeschlagen, und ehe er zu
+einigen seiner kühnsten Unternehmungen auszog, hatte man in den stillen
+Kreuzgängen seine Trompeter zum Aufbruch blasen hören. Die Mehrzahl der
+Fellows waren Theologen und konnten den König nur mit Gebeten und
+Geldspenden unterstützen. Doch einer von den Mitgliedern der
+Gesellschaft, ein Doctor des Civilrechts, warb eine Truppe
+Untergraduirter und fiel an ihrer Spitze im tapferen Kampfe gegen die
+Soldaten von Essex. Als die Feindseligkeiten beendigt und die Rundköpfe
+Herren von England waren, verweigerten sechs Siebentel der Mitglieder
+der usurpirten Gewalt ihre Unterwerfung. In Folge dessen wurden sie aus
+ihren Wohnungen vertrieben und ihrer Einkünfte beraubt. Nach der
+Restauration kehrten die noch Lebenden an ihren lieblichen Wohnsitz
+zurück. Eine neue Generation war auf sie gefolgt, die ihre Ansichten und
+ihren Muth geerbt hatte. Zur Zeit des Aufstandes im Westen hatten
+diejenigen Collegiaten, welche nicht durch Alter oder Beruf zum
+Gebrauche der Waffen unfähig waren, sich bereitwilligst erboten, für die
+Krone zu kämpfen. Es dürfte schwerlich im ganzen Königreiche irgend eine
+Korporation zu finden sein, welche gerechteren Anspruch auf die
+Dankbarkeit des Hauses Stuart gehabt hätte.<a class = "tag" name =
+"tagVIII_13" id = "tagVIII_13" href = "#noteVIII_13">13</a></p>
+
+<p>Die Gesellschaft bestand aus einem Präsidenten, vierzig <ins class =
+"correction" title = "’ im Original">Fellow’s</ins>, dreißig Studenten
+(<span class = "antiqua">Demies</span>, Halbe genannt) und einer Anzahl
+von Kaplanen, Schreibern und Chorsängern. Zur Zeit der Generalvisitation
+unter Heinrich VIII. waren die Einkünfte viel bedeutender als die jeder
+andren ähnlichen Stiftung des Landes, fast um die Hälfte größer als die
+der reichen Stiftung Heinrich’s&nbsp;VI. in Cambridge und über noch
+einmal so groß als die, welche Wilhelm von Wykeham seinem Collegium in
+Oxford vermacht hatte. In den Tagen Jakob’s&nbsp;II. war der Reichthum
+des Magdalenen-Collegiums enorm und wurde durch das Gerücht noch
+übertrieben. Das Collegium wurde allgemein für reicher als die reichsten
+Abteien des Continents gehalten. Wenn die Pachtgelder alle eingingen,
+hieß es unter dem Volke, so beliefen sich die jährlichen Einkünfte auf
+die ungeheure Summe von vierzigtausend Pfund Sterling.<a class = "tag"
+name = "tagVIII_14" id = "tagVIII_14" href = "#noteVIII_14">14</a></p>
+
+<p>Die Collegiaten waren durch die von dem Begründer festgesetzten
+Statuten ermächtigt, sich ihren Präsidenten unter Personen, welche
+Mitglieder ihrer Gesellschaft oder des Neuen Collegiums waren oder
+gewesen waren, selbst zu wählen. Dieses Recht war in der Regel mit
+völliger Freiheit ausgeübt worden. Nur in einzelnen Fällen waren
+königliche Zuschriften gekommen, welche dem Collegium befähigte Personen
+anempfahlen, die bei Hofe in Gunst standen, und es war in solchen Fällen
+Sitte gewesen, auf die Wünsche des Souverains gebührende Rücksicht zu
+nehmen.</p>
+
+<p>Im März 1687 starb der Präsident des Collegiums. Einer der Fellows,
+Doctor Thomas Smith, vom Volke spottweise Rabbi Smith
+<span class = "pagenum">VIII.17</span>
+<a name = "pageVIII_17" id = "pageVIII_17"> </a>
+genannt, ein ausgezeichneter Reisender, Büchersammler,
+Alterthumsforscher und Orientalist, der Kaplan bei der Gesandtschaft in
+Konstantinopel gewesen und mit der Vergleichung der alexandrinischen
+Handschriften beauftragt worden war, bewarb sich um den erledigten
+Posten. Er meinte als Gelehrter und als eifriger Tory einigen Anspruch
+auf die Begünstigung von Seiten der Regierung zu haben. Seine Loyalität
+war auch in der That so glühend und so unwandelbar, wie man sie in der
+ganzer englischen Kirche nur finden konnte. Er war lange mit dem Bischof
+Parker von Oxford intim befreundet gewesen und hoffte durch die
+Verwendung dieses Prälaten ein königliches Empfehlungsschreiben an das
+Collegium zu erhalten. Parker versprach sein Möglichstes zu thun,
+berichtete aber bald, daß er auf Schwierigkeiten gestoßen sei. „Der
+König,“ sagte er, „mag Niemanden empfehlen, der nicht ein Freund seiner
+Religion ist. Was können Sie in dieser Beziehung thun, um ihn zufrieden
+zu stellen?“ Smith antwortete, daß, wenn er Präsident werden sollte, er
+sich bemühen würde, Gelehrsamkeit, wahres Christenthum und Loyalität zu
+fördern. „Das wird nicht genügen,“ sagte der Bischof. „Nun so mag
+Präsident werden wer da will,“ versetzte Smith mannhaft; „ich kann nicht
+mehr versprechen.“</p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVIII_12" id = "noteVIII_12" href =
+"#tagVIII_12">12.</a>
+Dieser Thorweg ist jetzt verschlossen.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_13" id = "noteVIII_13" href =
+"#tagVIII_13">13.</a>
+<span class = "antiqua">Wood’s Athenae Oxonienses</span>; <span class =
+"antiqua">Walker’s Sufferings of the Clergy.</span></p>
+
+<p><a name = "noteVIII_14" id = "noteVIII_14" href =
+"#tagVIII_14">14.</a>
+<span class = "antiqua">Burnet, I. 697</span>; <span class =
+"antiqua">Tanner’s Notitia Monastica.</span> Bei der Visitation im
+sechsundzwanzigsten Regierungsjahre Heinrich’s VIII. ergab es sich, daß
+die Einkünfte des Kings-Collegiums 751 Pfd. St., die des Neuen
+Collegiums 487 Pfd. St. und die des Magdalenen-Collegiums 1076 Pfd. St.
+betrugen.</p>
+</div>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Anton Farmer vom Könige als Präsident empfohlen.</span>
+<a name = "secVIII_11" id = "secVIII_11">Die</a> Wahl wurde auf den
+dreizehnten April festgesetzt und die Fellows aufgefordert, derselben
+beizuwohnen. Es ging die Rede, daß ein königliches Schreiben einlaufen
+werde, das einen gewissen Anton Farmer für die erledigte Stelle
+empfehle. Das Leben dieses Mannes war eine Reihenfolge ehrloser
+Handlungen. Er war Mitglied der Universität Cambridge gewesen und der
+Ausstoßung nur durch rechtzeitige freiwillige Entfernung entgangen. Dann
+hatte er sich den Dissenters angeschlossen und hierauf war er nach
+Oxford gegangen, um in das Magdalenen-Collegium einzutreten, wo er sich
+bald durch alle möglichen Laster auszeichnete. In der Regel taumelte er
+spät in der Nacht so betrunken, daß er nicht sprechen konnte, seinem
+Collegium zu. Es war allbekannt, daß er an der Spitze eines
+unehrenvollen Aufruhrs in Abingdon gestanden hatte, und er war ein
+regelmäßiger Gast bekannter Lieblingsorte von Wüstlingen gewesen.
+Endlich war er Kuppler geworden, hatte sogar die gewöhnliche Gemeinheit
+seines abscheulichen Gewerbes noch übertroffen und hatte von
+liederlichen jungen Leuten für Dienste, welche die Geschichte nicht gut
+erzählen kann, Geld genommen. Dieser erbärmliche Mensch war jetzt zum
+Papismus übergetreten. Sein Abfall sühnte alle seine Laster, und
+obgleich noch sehr jung, wurde er zum Vorsteher einer ernsten religiösen
+Gesellschaft empfohlen, in welcher das Ärgerniß, das er durch seine
+Lasterhaftigkeit gegeben, noch im frischen Andenken war.</p>
+
+<p>Durch das allgemeine Landesgesetz war er als römischer Katholik von
+allen akademischen Ämtern ausgeschlossen, und da er niemals Fellow des
+Magdalenen-Collegiums noch des Neuen Collegiums gewesen, so hatte er der
+besonderen Verordnung Wilhelm’s von Waynflete gemäß gar kein Recht, sich
+um die erledigte Präsidentenstelle zu bewerben. Überdies hatte Waynflete
+den Mitgliedern seiner Stiftung noch ausdrücklich eingeschärft, daß sie
+bei der Wahl ihres Vorstehers namentlich auf seinen moralischen
+Character Rücksicht nehmen sollten, und hätte er auch keine derartige
+Weisung hinterlassen, so konnte eine meist aus Theologen bestehende
+Gesellschaft einem Mann wie Farmer schicklicherweise nicht die Leitung
+einer Bildungsanstalt übertragen.
+<span class = "pagenum">VIII.18</span>
+<a name = "pageVIII_18" id = "pageVIII_18"> </a></p>
+
+<p>Die Collegiaten stellten dem Könige ehrerbietigst vor, in welche
+Verlegenheit sie kommen würden, wenn das Gerücht, daß Farmer ihnen
+empfohlen werden sollte, sich als begründet erwies, und baten darum, daß
+Seine Majestät, wenn es ihm beliebe, sich in die Wahl einzumischen,
+ihnen einen Mann vorschlagen möchte, für den sie gesetzlicherweise und
+mit gutem Gewissen stimmen könnten. Von dieser ergebenen Bitte wurde
+keine Notiz genommen. Das königliche Schreiben lief ein. Der Überbringer
+desselben war ein Fellow des Collegiums, der unlängst Papist geworden
+war, Namens Robert Charnock, ein Mann von Talent und Geist, aber von
+heftigem und ruhelosem Temperament, das ihn einige Jahre später zu einem
+abscheulichen Verbrechen und zu einem entsetzlichen Schicksale trieb.
+Das Collegium versammelte sich am 13. April in der Kapelle. Man hatte
+noch immer einige Hoffnung, daß der König sich durch die an ihn
+gerichteten Vorstellungen werde bewegen lassen, und die Versammlung
+vertagte sich deshalb bis auf den 15. April, als den letzten Termin, an
+welchem die Wahl nach den Statuten des Collegiums stattfinden mußte.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Wahl des Präsidenten.</span>
+<a name = "secVIII_12" id = "secVIII_12">Der</a> 15. April erschien und
+die Collegiaten versammelten sich wieder in ihrer Kapelle. Von <ins
+class = "correction" title = "Original hat »Withehall«">Whitehall</ins>
+war keine Antwort gekommen. Einige der älteren Mitglieder, darunter
+Smith, waren der Meinung, die Wahl lieber noch einmal zu verschieben,
+als einen Schritt zu thun, der den König möglicherweise beleidigen
+konnte. Aber die Sprache der Statuten war klar und die Mitglieder des
+Collegiums hatten sich eidlich verpflichtet, dieselben zu befolgen. Die
+Ansicht der Mehrheit war daher, daß kein weiterer Aufschub stattfinden
+dürfe. Es erfolgte eine heftige Debatte. Die Wähler waren zu aufgeregt,
+als daß sie hätten auf ihren Plätzen bleiben können; die ganze Kapelle
+war in Aufruhr. Diejenigen, welche für die Vornahme der Wahl stimmten,
+beriefen sich auf ihre Eide und auf die Verordnungen des Stifters,
+dessen Brot sie aßen. Sie behaupteten ganz richtig, der König habe nicht
+das Recht, ihnen selbst einen geeigneten Candidaten aufzudringen. In der
+Hitze des Streits fielen einige für toryistische Ohren anstößige
+Äußerungen und Smith ließ sich zu der Bemerkung verleiten, der Geist
+Ferguson’s habe sich seiner Collegen bemächtigt. Mit großer
+Stimmenmehrheit wurde endlich der Beschluß gefaßt, die Wahl unverzüglich
+vorzunehmen. Charnock verließ die Kapelle. Die übrigen Fellows gaben,
+nachdem sie vorher das Sakrament empfangen, ihre Stimmen ab. Die Wahl
+fiel auf Johann Hough, einen Mann von seltener Tugend und Besonnenheit,
+der, nachdem er Verfolgungen mit hohem Muthe und das Glück mit ernster
+Würde ertragen, zu hohen Ehren emporgestiegen und noch höhere bescheiden
+abgelehnt hatte, mehr als sechsundfünfzig Jahre nach diesem
+ereignißvollen Tage in hohem Alter, aber noch in voller Kraft des
+Geistes starb.</p>
+
+<p>Die Gesellschaft beeilte sich, dem Könige die Umstände
+auseinanderzusetzen, welche es nothwendig gemacht hatten, ohne weiteren
+Verzug zur Wahl eines Präsidenten zu schreiten, und ersuchte den Herzog
+von Ormond als Kanzler der ganzen Universität, und den Bischof von
+Winchester als Visitator des Magdalenen-Collegiums, das Amt der
+Vermittelung zu übernehmen. Der König aber war viel zu aufgebracht und
+viel zu befangen, als daß er auf derartige Verstellungen hätte hören
+können.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Die Mitglieder des Magdalenen-Collegiums werden vor die Hohe Commission
+geladen.</span>
+<a name = "secVIII_13" id = "secVIII_13">Anfangs</a> Juni wurden die
+Collegiaten vor die Hohe Commission nach Whitehall beschieden. Fünf von
+<span class = "pagenum">VIII.19</span>
+<a name = "pageVIII_19" id = "pageVIII_19"> </a>
+ihnen kamen als Deputirte der Korporation der Aufforderung nach.
+Jeffreys behandelte sie nach seiner gewohnten Manier. Als einer von
+ihnen, ein ehrwürdiger Doctor, Namens Fairfax, einigen Zweifel an der
+Rechtsgültigkeit der Commission äußerte, begann er zu brüllen wie ein
+wildes Thier: „Wer ist der Mann? Wer giebt ihm das Recht, hier
+unverschämt zu sein? Ergreift ihn und steckt ihn in ein finstres Zimmer!
+Wie kann man ihn ohne Wächter lassen? Er steht als Wahnsinniger unter
+meiner Aufsicht. Es wundert mich, daß noch Niemand bei mir darauf
+angetragen hat, daß er in sicheres Gewahrsam gebracht werde.“ Als aber
+der Sturm ausgetobt hatte und die Aussagen über den sittlichen Charakter
+des vom Könige empfohlenen Kandidaten verlesen waren, hatte keiner der
+Commissare die Frechheit zu behaupten, daß ein solcher Mensch sich zum
+Präsidenten eines großen Collegiums eigne. Obadja Walker und die übrigen
+oxforder Papisten, die sich eingefunden hatten, um ihren Proselyten zu
+unterstützen, waren nicht wenig bestürzt. Die Commission erklärte
+Hough’s Wahl für ungültig und suspendirte Fairfax von seiner
+Collegiatur; von Farmer aber war keine Rede mehr und im August kam ein
+königliches Schreiben an, welches dem Collegium den Bischof von Oxford,
+Parker, empfahl.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Parker zum Präsidenten empfohlen.</span>
+<a name = "secVIII_14" id = "secVIII_14">Parker</a> war kein erklärter
+Papist. Es lag jedoch ein Umstand gegen ihn vor, der, selbst wenn die
+Präsidentur erledigt gewesen wäre, hätte entscheidend sein müssen: er
+hatte weder dem Neuen Collegium noch dem Magdalenen-Collegium jemals
+angehört. Aber die Präsidentur war gar nicht erledigt, denn Hough war
+rechtskräftig gewählt und sämmtliche Mitglieder des Collegiums waren
+eidlich verpflichtet, ihn in seinem Amte zu erhalten. Sie entschuldigten
+sich daher mit vielen Versicherungen ihrer Loyalität und ihres
+Bedauerns, daß sie dem Befehle des Königs nicht Folge leisten
+könnten.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Die Karthause.</span>
+<a name = "secVIII_15" id = "secVIII_15">Während</a> Oxford so der
+Tyrannei energisch entgegen trat, leistete man an einem andren Orte
+nicht weniger tapferen Widerstand. Jakob hatte vor einiger Zeit den
+Administratoren der Karthause, Männern von hohem Rang und Ansehen im
+Königreiche, den Befehl gegeben, einen römischen Katholiken, Namens
+Popham, in das unter ihrer Verwaltung stehende Hospital aufzunehmen. Der
+Vorsteher der Anstalt, Thomas Burnet, ein durch Genie, Gelehrsamkeit und
+Tugend ausgezeichneter Geistlicher, hatte, obgleich der wilde Jeffreys
+im Collegium saß, den Muth, sie darauf aufmerksam zu machen, daß jene
+Zumuthung dem Willen des Stifters sowohl als einer Parlamentsacte
+zuwiderlaufe. „Was thut dies zur Sache?“ fragte ein dem Vorstande
+angehörender Höfling. „Ich meine, es thut sehr viel zur Sache,“
+antwortete eine von Alter und Sorgen geschwächte Stimme, die aber in
+keiner Versammlung ohne Achtung gehört wurde, die Stimme des ehrwürdigen
+Ormond. „Eine Parlamentsacte,“ fuhr der Patriarch der Kavalierpartei
+fort, „ist meiner Ansicht nach keine Kleinigkeit.“ Es wurde die Frage
+gestellt, ob Popham zugelassen werden solle, und der Beschluß lautete
+auf seine Zurückweisung. Da der Kanzler seinem Grolle nicht wohl durch
+Fluchen und Verwünschungen gegen Ormond Luft machen konnte, so lief er
+in voller Wuth fort und mehrere von der Minorität folgten ihm. In Folge
+dessen blieb keine beschlußfähige Anzahl übrig und es konnte daher auf
+den königlichen Befehl keine formelle Antwort gegeben werden.</p>
+
+<p>Die nächste Sitzung fand nur zwei Tage, nachdem die Commission
+<span class = "pagenum">VIII.20</span>
+<a name = "pageVIII_20" id = "pageVIII_20"> </a>
+Hough’s Wahl für ungültig erklärt und Fairfax suspendirt hatte, statt.
+Die Administratoren erhielten einen zweiten Befehl mit dem großen
+Staatssiegel; aber das tyrannische Verfahren gegen das
+Magdalenen-Collegium hatte ihren Muth noch erhöht, anstatt ihn zu
+schwächen. Sie setzten ein Schreiben an Sunderland auf, durch welches er
+ersucht wurde, dem Könige mitzutheilen, daß sie im vorliegenden Falle
+Seiner Majestät nicht gehorchen könnten, ohne das Gesetz und ihre
+Amtspflicht zu verletzen.</p>
+
+<p>Es dürfte kaum zu bezweifeln sein, daß, wenn diese Zuschrift nur von
+unbedeutenden Männern unterzeichnet gewesen wäre, der König irgend einen
+Gewaltschritt gethan haben würde. Aber selbst er erschrak beim Anblick
+der großen Namen Ormond, Halifax, Danby und Nottingham, der Oberhäupter
+aller Farben der großen Partei, der er seine Krone verdankte. Er
+begnügte sich deshalb, Jeffreys zu bedeuten, daß er das weiter
+einzuschlagende Verfahren in Erwägung ziehen solle. Einmal hieß es, es
+werde ein Prozeß bei der Kings Bench anhängig gemacht werden, ein
+andermal, die Kirchliche Commission werde den Fall in die Hand nehmen,
+aber diese Drohungen verstummten nach und nach wieder.<a class = "tag"
+name = "tagVIII_15" id = "tagVIII_15" href = "#noteVIII_15">15</a></p>
+
+<p class = "footnote">
+<a name = "noteVIII_15" id = "noteVIII_15" href = "#tagVIII_15">15.</a>
+<span class = "antiqua">A Relation of the Proceedings at the
+Charterhouse, 1689.</span></p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Rundreise des Königs.</span>
+<a name = "secVIII_16" id = "secVIII_16">Der</a> Sommer war jetzt weit
+vorgerückt und der König trat eine Reise an, die längste und
+glänzendste, die man seit vielen Jahren gesehen hatte. Am 16. August
+begab er sich von Windsor nach <ins class = "correction" title =
+"Original hat »Portsmuth«">Portsmouth</ins>, besichtigte die
+Festungswerke, berührte einige mit Kröpfen Behaftete und fuhr dann in
+einer seiner Yachten nach Southampton. Von hier reiste er nach Bath, wo
+er sich einige Tage aufhielt und die Königin zurückließ. Als er wieder
+abreiste, begleiteten ihn der Obersheriff von Somersetshire und eine
+große Anzahl Gentlemen bis an die Grenze der Grafschaft, wo ihn der
+Obersheriff von Gloucestershire mit einem nicht minder glänzenden
+Gefolge erwartete. Der Herzog von Beaufort kam bald darauf den
+königlichen Equipagen entgegen und geleitete dieselben nach Badminton,
+wo ein des Rufes, den sich der Herzog durch seinen glänzenden Haushalt
+erworben hatte, würdiges Mahl für ihn angerichtet war. Am Nachmittag
+ging der Zug weiter nach Gloucester. Zwei Meilen vor der Stadt wurde er
+vom Bischofe und der Geistlichkeit bewillkommnet. Am Südthore erwartete
+ihn der Mayor mit den Schlüsseln. Die Glocken gingen und aus allen
+Röhrtrögen floß Wein, während der König durch die Straßen nach dem
+Platze zog, der die ehrwürdige Kathedrale umgiebt. Er übernachtete in
+der Dechanei und brach am folgenden Morgen nach Worcester auf. Von
+Worcester ging er nach Ludlow, Shrewsbury und Chester, und wurde überall
+mit äußeren Zeichen der Freude und Ehrerbietung empfangen, die er
+schwach genug war, als Beweise zu betrachten, daß die durch seine
+Maßregeln hervorgerufene Unzufriedenheit gedämpft sei und ihm ein
+leichter Sieg bevorstehe. Der scharfblickendere Barillon benachrichtigte
+Ludwig, daß der König in einer Täuschung befangen sei, daß die Reise
+keinen wirklichen Nutzen gebracht habe und daß die nämlichen Gentlemen
+von Worcestershire und Shropshire, die es für ihre Pflicht gehalten,
+ihren Souverain und Gast mit allen Ehrenbezeigungen zu empfangen, sich
+so widerspenstig als je zeigen würden, wenn die Testangelegenheit zur
+Sprache käme.<a class = "tag" name = "tagVIII_16" id = "tagVIII_16" href
+= "#noteVIII_16">16</a></p>
+
+<p>Unterwegs schlossen sich dem königlichen Zuge zwei Höflinge an, die
+<span class = "pagenum">VIII.21</span>
+<a name = "pageVIII_21" id = "pageVIII_21"> </a>
+in Character und Meinungen weit von einander verschieden waren. Penn war
+auf einer geistlichen Hirtenreise in Chester. Seine Popularität und sein
+Ansehen waren unter seinen Glaubensbrüdern tief gesunken, seitdem er ein
+Werkzeug des Königs und der Jesuiten geworden war.<a class = "tag" name
+= "tagVIII_17" id = "tagVIII_17" href = "#noteVIII_17">17</a> Jakob aber
+nahm ihn sehr freundlich auf und er durfte am Sonntage im Ballhause
+einen Vortrag halten, während Cartwright in der Kathedrale predigte und
+der König an einem in der Grafschaftshalle errichteten Altare die Messe
+hörte. Man sagt sogar, Seine Majestät habe geruht, einen Augenblick in
+das Ballhaus einzutreten und der melodischen Beredtsamkeit seines
+Freundes mit Anstand zuzuhören.<a class = "tag" name = "tagVIII_18" id =
+"tagVIII_18" href = "#noteVIII_18">18</a></p>
+
+<p>Der wüthende Tyrconnel war von Dublin über den Kanal gekommen, um von
+seiner Verwaltung Bericht zu erstatten. Alle achtungswertheren
+englischen Katholiken behandelten ihn als einen Feind ihres Stammes und
+als eine Schande ihrer Religion mit Kälte. Sein Gebieter aber hieß ihn
+herzlich willkommen und entließ ihn mit Versicherungen seines
+ungeschwächten Vertrauens und seiner steten Unterstützung. Jakob vernahm
+mit großer Freude, daß bald die ganze Verwaltung Irlands in
+römisch-katholischen Händen sein werde. Die englischen Ansiedler waren
+schon ihrer ganzen politischen Macht beraubt, es blieb nur noch übrig,
+sie auch ihres Eigenthums zu berauben, und diese letzte Gewaltthat wurde
+so lange aufgeschoben, bis man sich die Mitwirkung eines irischen
+Parlaments gesichert haben würde.<a class = "tag" name = "tagVIII_19" id
+= "tagVIII_19" href = "#noteVIII_19">19</a></p>
+
+<p>Von Cheshire wendete sich der König nach dem Süden und in der festen
+Überzeugung, daß die Fellows des Magdalenen-Collegiums es trotz ihres
+widerspenstigen Geistes nicht wagen würden, einem ihnen mündlich
+gegebenen Befehle den Gehorsam zu verweigern, reiste er nach Oxford. Auf
+dem Wege dahin machte er einige kleine Abstecher nach Orten, die ihn als
+König, als Bruder und als Sohn besonders interessirten. Er besuchte das
+gastliche Dach von Boscobel und die Überreste der Eiche, die in der
+Geschichte seines Hauses eine so wichtige Rolle spielt. Er fuhr über das
+Schlachtfeld von Edgehill, wo die Kavaliere zuerst mit den Soldaten des
+Parlaments die Schwerter kreuzten. Am 3. September speiste er mit großem
+Gepränge im Palast von Woodstock, einem alten berühmten Schlosse, von
+dem kein Stein mehr vorhanden ist, dessen Lage aber noch heute auf der
+Wiese des Blenheimparks durch zwei unweit der stattlichen Brücke
+stehende Platanen bezeichnet wird.</p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVIII_16" id = "noteVIII_16" href =
+"#tagVIII_16">16.</a>
+London Gazette vom 18. Aug. bis 1. Sept. 1687; Barillon, 19.(29.)
+Sept.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_17" id = "noteVIII_17" href =
+"#tagVIII_17">17.</a>
+<span class = "antiqua">„Penn, chef des Quakers, qu’on sait être dans
+les intérêts du Roi d’Angleterre, est si fort décrié parmi ceux de son
+parti qu’il n’ont plus aucune confiance en lui.“</span> &mdash;
+Bonrepaux an Seignelay, 12.(22.) Sept. 1687. Gerhard Croese’s Zeugniß
+lautet ganz ebenso: <span class = "antiqua">„Etiam Quakeri Pennum non
+amplius, ut ante ita amabant ac magnifaciebant, quidam aversabantur ac
+fugiebant.“ &mdash; Historia Quakeriana, lib. II. 1695.</span></p>
+
+<p><a name = "noteVIII_18" id = "noteVIII_18" href =
+"#tagVIII_18">18.</a>
+<span class = "antiqua">Cartwright’s Diary, Aug. 30. 1687</span>; <span
+class = "antiqua">Clarkson’s Life of William Penn.</span></p>
+
+<p><a name = "noteVIII_19" id = "noteVIII_19" href =
+"#tagVIII_19">19.</a>
+<span class = "antiqua">London Gazette, Sept. 5.</span>; <span class =
+"antiqua">Sheridan MS.</span>; Barillon 6.(16.) Sept. 1687. <span class
+= "antiqua">„Le Roi son maître,“</span> sagt Barillon, <span class =
+"antiqua">„a témoigné une grande satisfaction des mesures qu’il a
+prises, et a autorisé ce qu’il a fait en faveur des Catholiques. Il les
+établit dans les emplois et les charges, en sorte que l’autorité se
+trouvera bientôt entre leurs mains. Il reste encore beaucoup de choses à
+faire en ce pays là pour retirer les biens injustement ôtés aux
+Catholiques. Mais cela ne peut s’exécuter qu’avec le temps et dans
+l’assemblée d’un parlement en Irlande.“</span></p>
+</div>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Der König in Oxford.</span>
+<a name = "secVIII_17" id = "secVIII_17">Am</a> Abend erreichte er
+Oxford, wo
+<span class = "pagenum">VIII.22</span>
+<a name = "pageVIII_22" id = "pageVIII_22"> </a>
+er mit den gewohnten Ehrenbezeigungen empfangen wurde. Die Studenten
+hatten sich in ihrer akademischen Tracht vom Stadtthore bis an den
+Haupteingang des Christchurch-Collegiums in einer Doppelreihe
+aufgestellt. Er stieg in der Dechanei ab, wo er unter anderen
+Bequemlichkeiten eine zum Meßdienst eingerichtete Kapelle vorfand.<a
+class = "tag" name = "tagVIII_20" id = "tagVIII_20" href =
+"#noteVIII_20">20</a></p>
+
+<p class = "footnote">
+<a name = "noteVIII_20" id = "noteVIII_20" href = "#tagVIII_20">20.</a>
+<span class = "antiqua">London Gazette, Sept. 5, 8. 1687</span>.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Er giebt den Collegiaten des Magdalenenstifts einen Verweis.</span>
+<a name = "secVIII_18" id = "secVIII_18">Den</a> Tag nach seiner Ankunft
+erhielten die Fellows des Magdalenen-Collegiums Befehl, ihm ihre
+Aufwartung zu machen. Als sie vor ihm erschienen, behandelte er sie mit
+einem Übermuth, wie ihn die puritanischen Visitatoren gegen ihre
+Vorgänger nie bewiesen hatten. „Sie haben Sich nicht wie Gentlemen gegen
+mich benommen,“ rief er aus; „Sie haben Sich eben so unschicklich als
+ungehorsam gezeigt.“ Sie fielen auf die Knie und überreichten ihm eine
+Petition. Er wollte sie nicht ansehen. „Ist das die Loyalität Ihrer
+englischen Kirche? Ich hätte nicht gedacht, daß so viele Geistliche der
+Kirche Englands sich bei einer solchen Sache betheiligen könnten. Gehen
+Sie nach Hause, gehen Sie. Ich bin König und ich verlange Gehorsam.
+Gehen Sie augenblicklich in Ihre Kapelle und nehmen Sie den Bischof von
+Oxford auf. Und wehe Denen, die sich weigern, sie sollen das ganze
+Gewicht meiner Hand fühlen, sie sollen erfahren, was es heißt, sich die
+Ungnade seines Souverains zuziehen!“ Die noch immer vor ihm knieenden
+Collegiaten reichten ihm wiederholt ihre Petition dar. Er warf sie
+zornig zu Boden. „Gehen Sie, sage ich, ich nehme nichts von Ihnen an,
+bis Sie den Bischof aufgenommen haben!“</p>
+
+<p>Sie gingen und versammelten sich augenblicklich in ihrer Kapelle. Es
+wurde die Frage gestellt, ob sie sich dem Befehle Seiner Majestät fügen
+sollten. Smith war abwesend, nur Charnock antwortete mit Ja. Alle
+übrigen Collegiaten erklärten, daß sie in allen gesetzlichen Dingen dem
+Könige bereitwilligst gehorchen, ihre Statuten und ihre Eide aber nicht
+verletzen würden.</p>
+
+<p>Voll Zorn und Ärger über seine Niederlage verließ der König Oxford
+und kehrte nach Bath zur Königin zurück. Seine Hartnäckigkeit und
+Willkür hatte ihn in eine sehr schwierige Lage versetzt. Er hatte zu
+fest auf die Wirkung seiner finstren Miene und seiner gebieterischen
+Rede gerechnet und unbesonnenerweise nicht nur das Ansehen seiner
+Regierung, sondern auch seine persönliche Würde aufs Spiel gesetzt.
+Konnte er Unterthanen nachgeben, denen er mit erhobener Stimme und
+zornigen Geberden gedroht hatte? Konnte er es auf der andren Seite
+wagen, an einem Tage eine Anzahl achtungswerther Geistlicher aus ihrer
+Heimath zu vertreiben, weil sie eine in den Augen der ganzen Nation
+heilige Pflicht gethan hatten? Vielleicht gab es noch einen Ausweg aus
+dieser Verlegenheit, vielleicht konnte das Collegium doch noch durch
+Drohungen, durch Zureden oder durch Bestechung zur Unterwerfung gebracht
+werden.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Penn sucht zu vermitteln.</span>
+<a name = "secVIII_19" id = "secVIII_19">Man</a> bediente sich Penn’s
+als Vermittler. Er hatte zuviel Rechtsgefühl, als daß er das gewaltsame
+und ungerechte Verfahren der Regierung hätte billigen können und er
+wagte es sogar, einem Theile seiner Gedanken Worte zu geben. Jakob
+beharrte wie gewöhnlich auf seinem Vorsatze, und der höfische Quäker
+<span class = "pagenum">VIII.23</span>
+<a name = "pageVIII_23" id = "pageVIII_23"> </a>
+that daher sein Möglichstes, um das Collegium vom Pfade des Rechts
+abzuziehen. Zuerst versuchte er es mit Einschüchterungen. Er sagte, der
+Gesellschaft drohe der Untergang, denn der König sei im höchsten Grade
+aufgebracht. Es sei allerdings ein schwerer Schritt für sie, das sahen
+die meisten Leute ein; aber jedes Kind wisse auch, daß Seine Majestät
+seinen Willen gern durchsetze und daß er Widerspruch nicht vertragen
+könne. Penn ermahnte daher die Collegiaten, nicht auf die Gerechtigkeit
+ihrer Sache zu pochen, sondern sich zu fügen oder wenigstens zu
+temporisiren. Ein solcher Rath klang sonderbar aus dem Munde eines
+Mannes, der selbst von der Universität vertrieben worden war, weil er
+wegen des Chorhemds einen Tumult hervorgerufen, der sich lieber der
+Gefahr der Enterbung ausgesetzt hatte, als daß er sich entschloß, vor
+einem königlichen Prinzen den Hut abzunehmen und der wegen seiner in
+Conventikeln gehaltenen Reden mehr als einmal in’s Gefängniß geschickt
+worden war. Es gelang ihm jedoch nicht, die Magdalenen-Collegiaten zu
+schrecken. In Antwort auf seine drohenden Winke wurde er daran erinnert,
+daß unter der vorigen Generation vierunddreißig von den vierzig
+Collegiaten lieber mit Freuden ihre geliebten Kreuzgänge und Gärten,
+ihre Halle und ihre Kapelle verlassen hätten und fortgegangen seien,
+ohne zu wissen wo sie ein Mahl oder ein Nachtlager finden würden, als
+daß sie ihren Unterthaneneid gebrochen hätten. Jetzt verlange der König
+die Verletzung eines andren Eides von ihnen, aber er solle erfahren, daß
+der alte Geist noch nicht erstorben sei.</p>
+
+<p>Penn zog nun gelindere Saiten auf. Er hatte eine Besprechung mit
+Hough und einigen Collegiaten und begann endlich nach vielen
+Versicherungen von Theilnahme und Freundschaft die Möglichkeit eines
+Vergleichs in Aussicht zu stellen. Der König vertrage nun einmal keinen
+Widerspruch, sagte er, das Collegium müsse nachgeben und Parker
+annehmen. Aber seine Gesundheit sei schwankend und alle seine Ämter
+würden voraussichtlich bald erledigt sein. „Doctor Hough,“ setzte er
+hinzu, „kann dann Bischof von Oxford werden. Wie würde Ihnen das
+gefallen, meine Herren?“ Penn hatte während seines ganzen Lebens gegen
+eine Miethlingsgeistlichkeit gepredigt. Er hielt sich für verpflichtet,
+die Entrichtung von Zehnten zu verweigern, und dies selbst als er mit
+Zehnten belastete Ländereien gekauft hatte und ihm der Betrag der
+Zehnten von der Kaufsumme nachgelassen worden war. Nach seinen eigenen
+Grundsätzen würde er eine große Sünde begangen haben, wenn er sich dabei
+betheiligt hätte, dem frömmsten Geistlichen selbst unter den
+ehrenvollsten Bedingungen eine Pfründe zu verschaffen. Aber sein
+Character war durch schlechte Gesellschaft so verdorben und sein
+Verstand durch übermäßigen Eifer für einen einseitigen Zweck so
+verdunkelt, daß er keinen Anstand nahm, bei einer Simonie von ganz
+besonders unehrenhafter Art den Unterhändler abzugeben und ein Bisthum
+als Köder zu benutzen, um einen Geistlichen zum Eidbruche zu verführen.
+Hough erwiederte mit höflicher Geringschätzung, daß er von der Krone
+nichts weiter verlange als einfache Gerechtigkeit. „Wir sind an unsere
+Statuten und unsere Eide gebunden,“ sagte er; „aber auch ganz abgesehen
+von unseren Statuten und unseren Eiden fühlen wir uns verpflichtet,
+unsren Glauben zu vertheidigen. Die Papisten haben uns schon das
+University-Collegium und das Christchurch-Collegium geraubt, jetzt
+greifen sie auch das Magdalenen-Collegium an. Sie werden bald Alles
+haben.“
+<span class = "pagenum">VIII.24</span>
+<a name = "pageVIII_24" id = "pageVIII_24"> </a></p>
+
+<p>Penn war so unbesonnen, hierauf zu antworten, daß er ernstlich
+glaube, die Papisten würden nun zufrieden sein. „Das
+University-Collegium,“ sagte er, „ist ein schönes Collegium,
+Christchurch ein vortrefflicher Platz und Magdalenen ein herrliches
+Gebäude. Die Lage ist angenehm, die Gartenanlagen am Flusse reizend.
+Wenn die Katholiken vernünftig sind, werden sie sich damit begnügen.“
+Diese alberne Erklärung würde allein schon Hough und seine Collegen in
+die Unmöglichkeit versetzt haben, nachzugeben. Die Unterhandlung wurde
+abgebrochen, und der König beeilte sich, seiner Drohung gemäß die
+Ungehorsamen fühlen zu lassen, was es hieß, sich seine Ungnade
+zuziehen.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Eine kirchliche Specialcommission wird nach Oxford gesandt.</span>
+<a name = "secVIII_20" id = "secVIII_20">Cartwright</a>, Bischof von
+Chester, Wright, Oberrichter der Kings Bench, und Sir Thomas Jenner, ein
+Baron des Schatzkammergerichts, erhielten eine Specialvollmacht zur
+Visitation des Collegiums. Am 20. October kamen sie in Oxford an,
+begleitet von drei Schwadronen Kavalerie mit gezogenen Säbeln. Am
+folgenden Morgen nahmen die Commissare im Hörsaale des
+Magdalenen-Collegiums ihre Sitze ein und Cartwright hielt eine loyale
+Rede, welche noch vor wenigen Jahren von den Oxfordern mit lautem
+Beifall aufgenommen worden wäre, die aber jetzt mit stummem Unwillen
+angehört wurde. Es erfolgte hierauf eine lange Debatte. Der Präsident
+vertheidigte seine Rechte mit Geschick, Mäßigung und Entschiedenheit. Er
+versicherte seine hohe Achtung vor der königlichen Autorität, behauptete
+aber fest, daß er nach den Gesetzen Englands ein Eigenthumsrecht an das
+Haus und an die mit der Präsidentur verbundenen Einkünfte habe. Dieses
+Rechts könne ihn ein Machtspruch des Landesherrn nicht berauben. „Wollen
+Sie sich unsrer Visitation unterwerfen?“ fragte der Bischof. „Ich
+unterwerfe mich derselben,“ antwortete Hough mit weiser Vorsicht, „in so
+weit sie mit dem Gesetz im Einklange steht, weiter nicht.“ &mdash;
+„Wollen Sie den Schlüssel zu Ihrer Wohnung ausliefern?“ fragte
+Cartwright. Hough schwieg. Die Frage wurde wiederholt, und Hough
+antwortete nun mild aber entschieden, daß er dies nicht thun werde. Die
+Commissare nannten ihn einen unberufenen Eindringling und forderten die
+Collegiaten auf, seine Autorität nicht mehr anzuerkennen und für die
+Aufnahme des Bischofs von Oxford zu stimmen. Charnock versprach
+bereitwilligst Gehorsam, Smith gab eine ausweichende Antwort, die
+Hauptmasse der Collegiaten aber erklärte auf das Bestimmteste, daß sie
+Hough noch immer als ihren rechtmäßigen Präsidenten betrachteten.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Hough’s Protest.</span>
+<a name = "secVIII_21" id = "secVIII_21">Jetzt</a> bat Hough um die
+Erlaubniß, selbst noch einige Worte an die Commissare richten zu dürfen.
+Sie bewilligten ihm dies sehr artig, vielleicht weil sie nach seinem
+ruhigen und gelassenen Benehmen erwarteten, daß er ein Zugeständniß
+machen werde. „Mylords,“ sprach er, „Sie haben mich heute meines freien
+Eigenthums beraubt; ich protestire hiermit gegen Ihr ganzes Verfahren
+als gesetzwidrig, ungerecht und nichtig und appellire an unsren
+erlauchten Gebieter, den König, in seinen Gerichtshöfen.“ Ein lautes
+beifälliges Gemurmel erhob sich unter den Studirenden, welche den Saal
+füllten. Die Commissare waren wüthend. Man suchte die Verbrecher, welche
+applaudirt hatten, herauszufinden, aber vergebens. Der ganze Zorn der
+Commission richtete sich nun gegen Hough. „Glauben Sie nicht, daß Sie
+uns trotzen können,“
+<span class = "pagenum">VIII.25</span>
+<a name = "pageVIII_25" id = "pageVIII_25"> </a>
+rief Jenner mit einem Wortspiel auf den Namen des Präsidenten.<a class =
+"tag" name = "tagVIII_21" id = "tagVIII_21" href = "#noteVIII_21">21</a>
+„Ich werde die Autorität Seiner Majestät aufrecht erhalten, so lange ich
+Athem in meiner Brust habe,“ setzte Wright hinzu. „Das Alles kommt von
+Ihrem nach Popularität haschenden Protest. Sie haben den Landfrieden
+gebrochen und sollen sich dafür vor der Kings Bench verantworten. Ich
+verpflichte Sie bei Strafe von tausend Pfund, beim nächsten Termine zu
+erscheinen. Wir wollen sehen, ob die Civilgewalt Sie nicht bändigen
+wird. Reicht sie nicht aus, so sollen Sie auch die militairische haben.“
+Oxford befand sich in der That in einer Stimmung, welche die Commissare
+nicht wenig beunruhigte. Die Soldaten erhielten Befehl, ihre Carabiner
+zu laden, und man sagte, es sei ein expresser Bote nach London geschickt
+worden, um schleunige Nachsendung von Verstärkungen zu verlangen. Es
+fand jedoch keine Ruhestörung statt.</p>
+
+<p class = "footnote">
+<a name = "noteVIII_21" id = "noteVIII_21" href = "#tagVIII_21">21.</a>
+Im Deutschen läßt sich das Wortspiel nicht wiedergeben. <span class =
+"antiqua">Hough</span> und <span class = "antiqua">huff</span> (trotzen)
+wird im Englischen ziemlich gleich
+ausgesprochen.&emsp;&emsp;D.&nbsp;Übers.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Einsetzung Parker’s.</span>
+<a name = "secVIII_22" id = "secVIII_22">Der</a> Bischof von Oxford
+wurde mittelst Vollmacht ruhig eingesetzt, aber nur zwei Mitglieder des
+Magdalenen-Collegiums wohnten der Feierlichkeit bei. Mancherlei
+Anzeichen bewiesen, daß der Geist des Widerstandes sich auch des Volks
+bemächtigt hatte. Der Thürsteher des Collegiums warf seinen Schlüssel
+weg. Der Kellermeister weigerte sich, den Namen Hough’s aus dem
+Wirthschaftsbuche zu streichen. In der ganzen Stadt war kein Schlosser
+aufzutreiben, der die Thür der Präsidentenwohnung aufsprengen wollte.
+Die eigenen Diener der Commissare mußten die Thür mit eisernen Stangen
+erbrechen. Die Predigten, welche am nächstfolgenden Sonntage in der
+Universitätskirche gehalten wurden, waren voll von Bemerkungen, welche
+Cartwright tief kränkten; aber sie waren so gehalten, daß er nichts
+dagegen thun konnte.</p>
+
+<p>Wäre Jakob nicht ganz verblendet gewesen, so würde er hier
+innegehalten haben. Die Collegiaten waren im Ganzen genommen nicht
+geneigt, den Widerstand noch weiter zu treiben. Sie waren der Meinung,
+daß sie ihre Achtung vor ihren Statuten und Eiden hinreichend bewiesen
+hätten, indem sie ihre Mitwirkung bei der Einsetzung eines Unberufenen
+verweigerten, und daß sie sich ihm jetzt, da er im factischen Besitze
+des Amtes war, als ihrem Oberhaupte unterwerfen könnten, ohne einen
+Vorwurf auf sich zu laden, bis er durch den Ausspruch eines competenten
+Gerichts entfernt wurde. Nur ein Collegiat, Doctor Fairfax, weigerte
+sich, auch nur soweit nachzugeben. Die Commissare würden zu einer
+solchen Verständigung gern die Hand geboten haben und einige Stunden
+lang herrschte eine Waffenruhe, von der Viele glaubten, daß sie zu einem
+gütlichen Vergleich führen werde. Aber bald war Alles wieder in
+Aufregung. Die Collegiaten sahen, daß die öffentliche Meinung sie offen
+der Kleinmüthigkeit beschuldigte; in der Stadt sprach man schon ironisch
+von einem Magdalenengewissen und sagte, der tapfere Hough und der brave
+Fairfax seien verrathen und verlassen worden. Noch ärgerlicher waren die
+Spötteleien Obadja Walker’s und seiner Renegatensippschaft. Das also,
+sagten diese Apostaten, sei das Ende von all den hochtrabenden Worten,
+in denen die Gesellschaft ihren Entschluß erklärt habe, treu zu ihrem
+rechtmäßigen Präsidenten und zu ihrem protestantischen Glauben zu
+stehen! Während die Collegiaten, tief gekränkt durch den öffentlichen
+Tadel, ihre bedingte Unterwerfung bereueten, erfuhren sie, daß diese den
+König noch keineswegs
+<span class = "pagenum">VIII.26</span>
+<a name = "pageVIII_26" id = "pageVIII_26"> </a>
+zufriedengestellt habe. Es sei nicht genug, sagte er, daß sie sich
+erboten hätten, dem Bischof von Oxford als factischem Präsidenten zu
+gehorchen; sie müßten auch die Commission und Alles was dieselbe gethan
+habe, als gesetzlich anerkennen. Sie müßten eingestehen, daß sie
+pflichtvergessen gehandelt hätten, müßten ihr Benehmen bereuen und
+versprechen, daß sie sich in Zukunft besser betragen wollten, müßten
+Seine Majestät um Verzeihung bitten und ihm zu Füßen fallen. Nur zwei
+Collegiaten, Charnock und Smith, über welche der König nicht zu klagen
+hatte, wurden von der Verpflichtung, diese erniedrigenden
+Entschuldigungen zu machen, ausgenommen.</p>
+
+<p>Nie that Jakob einen thörichteren Fehlgriff. Die Collegiaten, schon
+mit sich selbst unzufrieden, weil sie so weit nachgegeben hatten, und
+durch den Tadel des Publikums gereizt, ergriffen eifrig die ihnen jetzt
+gebotene Gelegenheit, die öffentliche Achtung wieder zu gewinnen. Sie
+erklärten einstimmig, sie würden niemals deshalb, daß sie in ihrem
+Rechte gewesen seien, um Verzeihung bitten, und eben so wenig
+anerkennen, daß die Visitation ihres Collegiums und die Beraubung ihres
+Präsidenten gesetzlich gewesen sei.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Vertreibung der Collegiaten.</span>
+<a name = "secVIII_23" id = "secVIII_23">Jetzt</a> ließ sie der König
+das angedrohte ganze Gewicht seiner Hand fühlen. Durch ein summarisches
+Edict wurden sie zur Vertreibung verurtheilt. Diese Strafe wurde
+indessen noch nicht für genügend erachtet. Man wußte, daß viele
+Edelleute und Gentlemen, welche ein kirchliches Patronatrecht hatten,
+sich bemühen würden, für Männer zu sorgen, welche für die Gesetze
+Englands und für den protestantischen Glauben so viel gelitten. Deshalb
+erklärte die Hohe Commission die Vertriebenen für unfähig, irgend ein
+geistliches Amt wieder zu bekleiden, und Diejenigen, welche noch nicht
+ordinirt waren, wurden für unfähig erklärt, die geistliche Ordination zu
+empfangen. So hatte Jakob die Genugthuung, Viele von ihnen aus einer
+Lage, in der sie alle möglichen Annehmlichkeiten des Lebens genossen und
+die schönsten Aussichten auf zukünftige Anstellungen hatten, in
+hoffnungslose Dürftigkeit zurückgeworfen zu haben.</p>
+
+<p>Aber all’ diese Strenge hatte gerade die entgegengesetzte Wirkung als
+er erwartete. Der Geist der Engländer, dieser trotzige Geist, den kein
+König aus dem Hause Stuart jemals durch Erfahrung erkennen lernte,
+empörte sich heftig gegen die Ungerechtigkeit. Oxford, der friedliche
+Sitz der Gelehrsamkeit und Loyalität, war in einem Zustande, ähnlich
+dem, in welchem sich London am Morgen nach dem Versuche Karl’s&nbsp;I.,
+die fünf Parlamentsmitglieder festnehmen zu lassen, befunden hatte. Der
+Vicekanzler war am Tage der Vertreibung von den Commissaren zu Tische
+eingeladen worden. Er lehnte die Einladung ab. „Mein Geschmack,“ sagte
+er, „ist verschieden von dem des Obersten Kirke; ich kann unter dem
+Galgen nicht mit Appetit essen.“ Die Studenten weigerten sich, den neuen
+Vorsteher des Magdalenen-Collegiums zu grüßen. Smith erhielt den
+Spottnamen <span class = "antiqua">Dr.</span> Schuft und wurde in einem
+Kaffeehause öffentlich insultirt. Als Charnock die Demies aufforderte,
+in seiner Gegenwart ihre akademischen Übungen vorzunehmen, antworteten
+sie ihm, daß sie ihrer rechtmäßigen Vorsteher beraubt seien und sich
+keiner widerrechtlichen Autorität unterwerfen würden. Sie versammelten
+sich zum Studiren wie zum Gottesdienst auf eigne Hand. Man versuchte es,
+sie durch das Anerbieten der einträglichen Collegiaturen, welche eben
+für erledigt erklärt
+<span class = "pagenum">VIII.27</span>
+<a name = "pageVIII_27" id = "pageVIII_27"> </a>
+worden waren, zu verführen, aber ein Untergraduirter nach dem andren
+antwortete mit männlichem Freimuth, daß sein Gewissen ihm nicht
+gestatte, aus einem Unrecht für sich Nutzen zu ziehen. Ein Student, der
+sich zur Annahme einer Collegiatur überreden ließ, wurde von seinen
+Comiletonen aus dem Saale gestoßen. Es wurden junge Leute aus anderen
+Collegien eingeladen, aber mit geringem Erfolg; die reichste Stiftung
+des Landes schien selbst für arme Studenten alle Anziehungskraft
+verloren zu haben. Inzwischen wurde in London und im ganzen Lande Geld
+zur Unterstützung der vertriebenen Collegiaten gesammelt. Die Prinzessin
+von Oranien zeichnete zur großen Freude aller Protestanten zweihundert
+Pfund. Der König, beharrte nichtsdestoweniger bei dem eingeschlagenen
+Verfahren. Auf die Vertreibung der Collegiaten folgte bald die
+Ausstoßung einer Menge Demies. Währenddem nahmen die körperlichen und
+geistigen Kräfte des neuen Präsidenten mehr und mehr ab. Er hatte zu der
+Zeit, als sein Kollegium sich in offener Empörung gegen seine Autorität
+befand, noch einen schwachen Versuch gemacht, der Regierung einen Dienst
+zu leisten, indem er eine Vertheidigung der Indulgenzerklärung oder
+vielmehr der Lehre von der Transsubstantiation erscheinen ließ. Diese
+Schrift rief viele Entgegnungen hervor, namentlich eine von Burnet, die
+mit außerordentlicher Kraft und Schärfe geschrieben war. Wenige Wochen
+nach der Vertreibung der Demies starb Parker in dem Hause, von dem er
+gewaltsam Besitz ergriffen hatte. Man sagte damals, Reue und Scham
+hätten sein Ende beschleunigt. Er ruht in der schönen Vorkapelle des
+Collegiums, aber kein Denkstein bezeichnet sein Grab.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Das Magdalenen-Collegium in ein papistisches Seminar verwandelt.</span>
+<a name = "secVIII_24" id = "secVIII_24">Der</a> ganze Plan des Königs
+wurde nun vollends ausgeführt: das Collegium wurde zu einem papistischen
+Seminar umgestaltet. Bonaventura Giffard, der katholische Bischof von
+Madura, ward Präsident. In der Kapelle wurde katholischer Gottesdienst
+gehalten und an einem Tage zwölf Katholiken als Collegiaten aufgenommen.
+Einige servile Protestanten bewarben sich um die Aufnahme, wurden aber
+abschläglich beschieden. Smith, der loyal bis zur Begeisterung, aber
+noch immer ein aufrichtiges Mitglied der anglikanischen Kirche war,
+konnte das veränderte Aussehen des Hauses nicht ertragen. Er entfernte
+sich, kam der Aufforderung zur Rückkehr in seine Wohnung nicht nach, und
+wurde daher abgesetzt. So war das Beraubungswerk vollendet.<a class =
+"tag" name = "tagVIII_22" id = "tagVIII_22" href =
+"#noteVIII_22">22</a></p>
+
+<p>Das Universitätssystem Englands ist von der Art, daß jedes Ereigniß,
+das die Interessen oder die Ehre irgend einer Universität berührt, im
+ganzen Lande nothwendig einen starken Eindruck machen muß. Jeder neue
+Schlag gegen das Magdalenen-Collegium wurde daher bis an die äußersten
+Endpunkte des Königreichs gefühlt. In den londoner Kaffeehäusern, in den
+juristischen Hochschulen, unter den Geistlichen aller Domkapitel, in
+Pfarrwohnungen und Landschlössern selbst der entferntesten Grafschaften
+war das Mitleid mit den Duldern und der Unwille gegen die Regierung
+<span class = "pagenum">VIII.28</span>
+<a name = "pageVIII_28" id = "pageVIII_28"> </a>
+beständig im Zunehmen. Hough’s Protest fand überall Beifall, das
+Aufsprengen seiner Thür wurde überall mit Abscheu erzählt und das über
+die Collegiaten verhängte Beraubungs- und Vertreibungsurtheil zerriß
+endlich die einst so engen und theuren Bande, welche die anglikanische
+Kirche mit dem Hause Stuart verknüpften.</p>
+
+<p class = "footnote">
+<a name = "noteVIII_22" id = "noteVIII_22" href = "#tagVIII_22">22.</a>
+Prozeßverfahren gegen das Magdalenen-Collegium zu Oxford wegen
+Nichterwählung Anton Farmer’s zum Präsidenten, in der <span class =
+"antiqua">Collection of State Trials</span>, Ausgabe von Howell; <span
+class = "antiqua">Luttrell’s Diary, June 15., 17., Oct. 24., Dec. 10.
+1687</span>; <span class = "antiqua">Smith’s Narrative</span>; Brief von
+Doctor Richard Rawlinson vom 31. Oct. 1687; <span class =
+"antiqua">Reresby’s Memoirs</span>; <span class = "antiqua">Burnet, I.
+699</span>; <span class = "antiqua">Cartwright’s Diary</span>; Citters,
+25. Oct. (4. Nov.), 28. Oct. (7. Nov.), 8.(18.) u. 18.(28.) Nov.
+1687.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Groll der Geistlichkeit.</span>
+<a name = "secVIII_25" id = "secVIII_25">Bitterer</a> Groll und schlimme
+Befürchtungen traten an die Stelle der Liebe und des Vertrauens. Es gab
+keinen Pfründner, keinen Rector und keinen Vikar, der nicht von der
+Angst gequält worden wäre, daß er, so friedlich sein Character und so
+unbedeutend seine Stelle sein mochte, vielleicht in wenigen Monaten
+durch einen willkürlichen Machtspruch aus seinem Hause vertrieben werden
+könne, um im zerrissenen Priesterrocke mit Frau und Kindern zu betteln,
+während sein durch uralte Gesetze und durch das königliche Wort
+gesichertes Eigenthum von einem Apostaten in Besitz genommen wurde. Das
+war also der Lohn für die heldenmüthige Loyalität, die sich in allen
+Wechselfällen fünfzig stürmischer Jahre nicht ein einziges Mal
+verleugnet hatte! Deshalb also hatte die Geistlichkeit für Karl&nbsp;I.
+Plünderung und Verfolgung ertragen, deshalb hatte sie Karl&nbsp;II. in
+seinem harten Kampfe mit der whiggistischen Opposition unterstützt,
+deshalb hatte sie in der vordersten Reihe gegen Diejenigen gestanden,
+welche Jakob seines Geburtsrechtes berauben wollten! Ihrer Treue allein
+verdankte ihr Unterdrücker die Macht, die er jetzt zu ihrem Verderben
+anwendete. Lange genug hatten sie mit bitterem Schmerze die Leiden
+aufgezählt, die sie von den Puritanern in den Tagen ihrer Macht hatten
+erdulden müssen. Der Puritaner war indessen einigermaßen zu
+entschuldigen. Er war ein erklärter Feind, er hatte sich für erlittenes
+Unrecht zu rächen und selbst er war nicht ganz ohne Mitleid gewesen, als
+er die Kirchenverfassung des Landes umgestaltete und Alle, die seinen
+Covenant nicht unterschreiben wollten, absetzte. Er hatte denen, die er
+ihrer Pfründen beraubte, wenigstens so viel davon gelassen, als sie zu
+ihrem Lebensunterhalte nothwendig brauchten. Aber des Königs Haß gegen
+die Kirche, die ihn vor der Verbannung bewahrt und auf den Thron erhoben
+hatte, war nicht so leicht zu sättigen. Nur der völlige Ruin seiner
+Opfer konnte ihn zufrieden stellen. Nicht genug, daß sie aus ihren
+Wohnungen vertrieben und ihres Einkommens beraubt wurden, auch jede
+andre Laufbahn, auf der Männer ihrer Art ihren Unterhalt suchen konnten,
+war ihnen mit raffinirter Böswilligkeit verschlossen und es blieb ihnen
+nichts Andres übrig, als die unsichere und beschämende Hülfsquelle der
+öffentlichen Mildthätigkeit.</p>
+
+<p>Die anglikanische Geistlichkeit und diejenigen Laien, welche dem
+protestantischen Episcopat mit Liebe zugethan waren, betrachteten daher
+jetzt den König mit Gefühlen, wie sie eine durch Undank noch
+verschlimmerte Ungerechtigkeit nothwendig, erregen muß. Indessen hatte
+der Anglikaner noch immer viele Bedenken des Gewissens und der Ehre zu
+überwinden, ehe er sich zum gewaltsamen Widerstande gegen die Regierung
+entschließen konnte. Man hatte ihn gelehrt, daß das göttliche Gesetz
+passiven Gehorsam ohne Bedingung oder Ausnahme vorschreibe. Diese
+Ansicht hatte er laut und offen ausgesprochen und die Insinuation, daß
+extreme Fälle eintreten könnten, welche dem Volke das Recht gäben, gegen
+königliche Tyrannei das Schwert zu ziehen, mit Verachtung
+zurückgewiesen. Sowohl Grundsatz als Scham hielten ihn demnach ab, das
+Beispiel der rebellischen Rundköpfe nachzuahmen, so lange noch einige
+Hoffnung auf friedliche und
+<span class = "pagenum">VIII.29</span>
+<a name = "pageVIII_29" id = "pageVIII_29"> </a>
+gesetzmäßige Befreiung vorhanden war, und eine solche Hoffnung konnte
+man vernünftigerweise wohl hegen, so lange die Prinzessin von Oranien
+die nächste Thronerbin war. Wenn er diese Glaubensprüfung geduldig
+überstand, so würden die Gesetze der Natur bald das für ihn thun, was er
+ohne Sünde und Schande nicht selbst für sich thun konnte. Die
+Bedrückungen der Kirche wurden dann abgestellt, ihr Eigenthum und ihre
+Würde durch neue Bürgschaften gesichert und die schändlichen Minister,
+die sie in Zeiten der Bedrängniß gekränkt und verhöhnt hatten, wurden
+exemplarisch bestraft.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Pläne der jesuitischen Cabale in Bezug auf die Thronfolge.</span>
+<a name = "secVIII_26" id = "secVIII_26">An</a> das Ereigniß, von dem
+die anglikanische Kirche eine ehrenvolle und friedliche Erlösung von
+ihren Leiden erwartete, konnten auch die sorglosesten Mitglieder der
+jesuitischen Cabale nicht ohne quälende Besorgnisse denken. Wenn ihr
+Gebieter starb, ohne ihnen eine größere Sicherheit gegen die
+Strafgesetze zu hinterlassen als eine Indulgenzerklärung, welche die
+ganze Nation einstimmig für null und nichtig erklärt hatte, wenn ein von
+dem nämlichen Geiste, welcher in den Parlamenten Karl’s&nbsp;II.
+vorgeherrscht, beseeltes Parlament sich um den Thron eines
+protestantischen Landesoberhauptes versammelte, war dann nicht
+vorauszusehen, daß eine furchtbare Vergeltung ausgeübt, daß die alten
+Gesetze gegen den Papismus mit schonungsloser Strenge gehandhabt und daß
+noch härtere neue Gesetze dem Gesetzbuche einverleibt werden würden? Von
+diesen schlimmen Befürchtungen wurden die bösen Rathgeber der Krone
+schon seit langer Zeit gequält, und einige von ihnen hatten sonderbare
+und verzweifelte Schutzmittel ersonnen. Jakob hatte den Thron kaum
+bestiegen, so begann man sich in Whitehall schon zuzuflüstern, daß, wenn
+die Prinzessin Anna katholisch werden wollte, es mit Hülfe Ludwig’s
+vielleicht nicht unmöglich sein würde, das Geburtsrecht ihrer älteren
+Schwester auf sie zu übertragen. Bei der französischen Gesandtschaft
+fand diese Idee großen Beifall und Bonrepaux war der Meinung, daß
+Jakob’s Einwilligung nicht schwer zu erlangen sein werde.<a class =
+"tag" name = "tagVIII_23" id = "tagVIII_23" href = "#noteVIII_23">23</a>
+Bald jedoch zeigte es sich deutlich, daß Anna der Landeskirche
+unerschütterlich treu war. Der Gedanke, sie zur Königin zu machen, wurde
+daher wieder aufgegeben. Dessenungeachtet nährte ein kleines Häuflein
+Fanatiker noch immer die kühne Hoffnung, daß es ihnen gelingen könne,
+die Thronfolgeordnung zu ändern. Der Plan dieser Männer wurde in einem
+Entwurfe dargelegt, von dem noch eine schlechte französische Übersetzung
+vorhanden ist. Es sei zu hoffen, sagten sie, daß der König im Stande
+sein werde, den wahren Glauben zu befestigen, ohne zu extremen Mitteln
+zu greifen; im schlimmsten Fall aber könne er die Verfügung über seine
+Krone Ludwig anheimstellen. Es sei für die Engländer immer noch besser,
+wenn sie Vasallen Frankreichs wären, als Sklaven des Teufels.<a class =
+"tag" name = "tagVIII_24" id = "tagVIII_24" href = "#noteVIII_24">24</a>
+Dieses höchst merkwürdige
+<span class = "pagenum">VIII.30</span>
+<a name = "pageVIII_30" id = "pageVIII_30"> </a>
+Actenstück ging unter den Jesuiten und Höflingen von Hand zu Hand, bis
+endlich einige ausgezeichnete Katholiken, in denen die Bigotterie noch
+nicht allen Patriotismus erstickt hatte, dem holländischen Gesandten
+eine Abschrift anfertigten. Dieser zeigte den Aufsatz dem Könige, und
+Jakob erklärte denselben für eine erbärmliche Fälschung, die von einem
+holländischen Pamphletschmierer ersonnen sein müsse. Der holländische
+Gesandte antwortete mit Entschiedenheit, daß er durch das Zeugniß
+mehrerer ausgezeichneter Mitglieder der eigenen Kirche Seiner Majestät
+das Gegentheil beweisen könne, ja daß es sogar nicht schwer sein werde,
+den Verfasser ausfindig zu machen, welcher im Grunde nur das
+niedergeschrieben habe, wovon viele Priester und geschäftige Politiker
+täglich in den Gallerien des Palastes sprächen. Der König hielt es nicht
+für rathsam, nach dem Verfasser zu forschen, nahm den Vorwurf der
+Fälschung zurück und versicherte mit großer Heftigkeit und
+Feierlichkeit, daß es ihm nie in den Sinn gekommen sei, seine älteste
+Tochter zu enterben. „Niemand,“ sagte er, „hat es je gewagt, eine solche
+Idee gegen mich zu äußern, und ich würde auch nie darauf hören. Gott
+befiehlt uns nicht, die wahre Religion durch Ungerechtigkeit zu
+verbreiten, und dies würde die empörendste, widernatürlichste
+Ungerechtigkeit sein“.<a class = "tag" name = "tagVIII_25" id =
+"tagVIII_25" href = "#noteVIII_25">25</a> Trotz aller dieser
+Betheuerungen meldete Barillon wenige Tage später seinem Hofe, daß Jakob
+angefangen habe, auf Einflüsterungen in Betreff einer Änderung der
+Thronfolgeordnung zu hören, daß die Sache zwar sehr kitzlich sei, daß
+man aber gegründete Hoffnung habe, mit der Zeit und durch vorsichtiges
+Verfahren einen Weg zu finden, um die Krone mit Ausschließung der beiden
+Prinzessinnen auf ein römisch-katholisches Haupt zu bringen.<a class =
+"tag" name = "tagVIII_26" id = "tagVIII_26" href = "#noteVIII_26">26</a>
+Dieser Plan wurde noch viele Monate von den heftigsten und
+überspanntesten Papisten am Hofe besprochen, und es wurden wirklich
+Candidaten für den Königsthron genannt.<a class = "tag" name =
+"tagVIII_27" id = "tagVIII_27" href = "#noteVIII_27">27</a></p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVIII_23" id = "noteVIII_23" href =
+"#tagVIII_23">23.</a>
+<span class = "antiqua">„Quand on connoit le dedans de cette cour aussi
+intimement que je la connois, on peut croire que Sa Majesté Britannique
+donnera volontiers dans ces sortes de projets.“</span> Bonrepaux an
+Seignelay, 18.(28.) März 1686.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_24" id = "noteVIII_24" href =
+"#tagVIII_24">24.</a>
+<span class = "antiqua">„Que, quand pour établir la religion Catholique
+et pour la confirmer icy, il</span> (Jakob) <span class =
+"antiqua">devroit se rendre en quelque façon dépendant de la France, et
+mettre la décision de la succession à la couronne entre les mains de ce
+monarque là, qu’il seroit obligé de le faire, parcequ’il vaudroit mieux
+pour ses sujets qu’ils devinssent vassaux du Roy de France, étant
+Catholiques, que de demeurer comme esclaves du Diable.“</span> &mdash;
+Dieses Schriftstück befindet sich sowohl im französischen als auch im
+holländischen Archive.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_25" id = "noteVIII_25" href =
+"#tagVIII_25">25.</a>
+Citters, 6.(16.) u. 17.(27.) Aug.; Barillon, 19.(29.) Aug.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_26" id = "noteVIII_26" href =
+"#tagVIII_26">26.</a>
+Barillon, 13.(23.) Sept. 1686. <span class = "antiqua">„La succession
+est une matière fort délicate à traiter. Je sais pourtant qu’on en parle
+au Roy d’Angleterre et qu’on ne désespère pas avec le temps de trouver
+des moyens pour faire passer la couronne sur la tête d’un héritier
+Catholique.“</span></p>
+
+<p><a name = "noteVIII_27" id = "noteVIII_27" href =
+"#tagVIII_27">27.</a>
+Bonrepaux, 11.(21.) Juli 1687.</p>
+</div>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Jakob’s und Tyrconnel’s Plan, die Prinzessin von Oranien von der
+Erbfolge im Königreich Irland auszuschließen.</span>
+<a name = "secVIII_27" id = "secVIII_27">Es</a> ist jedoch nicht
+wahrscheinlich, daß Jakob jemals einen so unsinnigen Schritt zu thun
+beabsichtigte. Er mußte wissen, daß England nicht einen einzigen Tag das
+Joch eines Usurpators ertragen hätte, der noch obendrein Papist war, und
+daß sowohl Diejenigen, welche die Ausschließungsbill unterstützt, als
+auch Die, welche sich ihr widersetzt hatten, jeden Versuch, die
+Prinzessin Marie bei Seite zu schieben, auf Leben und Tod bekämpft haben
+würden. Dagegen unterliegt es keinem Zweifel, daß der König bei einem
+minder unsinnigen, aber eben so unverantwortlichen Anschlage auf die
+Rechte seiner Kinder die Hand im Spiele hatte. Tyrconnel hatte im
+Einverständniß mit seinem Gebieter Anstalten getroffen, um Irland von
+dem Königreiche zu trennen und es unter Ludwig’s Protection zu stellen,
+sobald die Krone einem protestantischen Oberhaupte zufallen würde.
+Bonrepaux war zu Rathe gezogen worden, hatte seinem Hofe den Plan
+mitgetheilt und die Weisung erhalten, Tyrconnel
+<span class = "pagenum">VIII.31</span>
+<a name = "pageVIII_31" id = "pageVIII_31"> </a>
+zu versichern, daß Frankreich zur Ausführung dieser großartigen Idee
+kräftigen Beistand leisten werde.<a class = "tag" name = "tagVIII_28" id
+= "tagVIII_28" href = "#noteVIII_28">28</a> Diese Unterhandlungen,
+welche im Haag vielleicht nicht in ihrem ganzen Umfange genau bekannt
+waren, aber doch stark vermuthet wurden, dürfen nicht außer Acht
+gelassen werden, wenn man sich ein richtiges Urtheil über das Verfahren
+bilden will, das die Prinzessin von Oranien wenige Monate später
+einschlug. Wer sie einer Verletzung der Kindespflicht beschuldigt, muß
+zugeben, daß ihr Fehler durch das ihr zugefügte Unrecht wenigstens sehr
+gemildert wird. Wenn sie im Interesse ihres Glaubens die heiligsten
+Bande der Blutsverwandtschaft zerriß, so folgte sie nur dem Beispiele
+ihres Vaters. Sie lieh erst dann die Hand zu seiner Absetzung, als er
+einen Anschlag zu ihrer Enterbung geschmiedet hatte.</p>
+
+<p class = "footnote">
+<a name = "noteVIII_28" id = "noteVIII_28" href = "#tagVIII_28">28.</a>
+Bonrepaux an Seignelay, 25. Aug. (4. Sept.) 1687. Ich will eine Stelle
+aus dieser wichtigen Depesche hier anführen. <span class = "antiqua">„Je
+sçay bien certainement que l’intention du Roy d’Angleterre est de faire
+perdre ce royaume</span> (Irland) <span class = "antiqua">à son
+successeur, et de le fortifier en sorte que tous ses sujets Catholiques
+y puissent avoir un asile assuré. Son projet est de mettre les choses en
+cet estat dans le cours de cinq années.“</span> &mdash; In den <span
+class = "antiqua">Secret Consults of the Romish Party in Ireland,
+1690</span>, findet sich eine Stelle, aus welcher hervorgeht, daß diese
+Unterhandlung nicht streng geheim gehalten wurde. „Obgleich der König es
+selbst vor seinen Räthen verschwieg, so ist es doch gewiß, daß er dem
+französischen König die Verfügung über jene Regierung und jenes
+Königreich versprochen hat, sobald die Dinge so weit gediehen sein
+würden, daß es sich thun ließe.“</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Schwangerschaft der Königin.</span>
+<a name = "secVIII_28" id = "secVIII_28">Bonrepaux</a> war kaum davon
+benachrichtigt, daß Ludwig beschlossen habe, Tyrconnel’s Vorhaben zu
+unterstützen, so wurde jeder Gedanke an diesen Plan wieder aufgegeben.
+Jakob erblickte den ersten Schimmer einer Hoffnung, die ihn mit Stolz
+und Entzücken erfüllte: die Königin war schwanger.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Allgemeiner Zweifel.</span>
+<a name = "secVIII_29" id = "secVIII_29">Gegen</a> Ende October 1687
+begann sich die große Neuigkeit gerüchtweise zu verbreiten. Man hatte
+bemerkt, daß Ihre Majestät sich unter dem Vorwande der Unpäßlichkeit von
+mehreren öffentlichen Feierlichkeiten fern gehalten. Es hieß, daß ihr
+eine Menge Reliquien, denen man eine außerordentliche Wirkung zuschrieb,
+umgehängt worden seien. Die Geschichte fand bald ihren Weg aus dem
+Palaste in die Kaffeehäuser und verbreitete sich rasch durch das ganze
+Land. Nur sehr Wenige begrüßten das Gerücht mit Freuden, der bei weitem
+größte Theil der Nation vernahm es mit einem Gemisch von Zweifel und
+Besorgniß. Die Sache war jedoch keineswegs so unglaublich. Der König
+hatte eben erst sein vierundfünfzigstes Jahr vollendet und die Königin
+stand im Sommer ihres Lebens. Sie hatte vier Kinder geboren, welche jung
+starben, und lange nachher wurde sie von einem fünften entbunden, das
+Niemand ein Interesse hatte als untergeschoben zu betrachten und das
+daher auch nie für ein solches erklärt wurde. Da indessen seit dieser
+letzten Schwangerschaft fünf Jahre verstrichen waren, so hatte das Volk
+unter dem Einflusse der Täuschung, welche die Menschen so leicht
+verleitet, das zu glauben was sie wünschen, jede Besorgniß, daß sie noch
+einen Thronerben zur Welt bringen werde, aufgegeben. Auf der andren
+Seite schien nichts natürlicher und wahrscheinlicher, als daß die
+Jesuiten einen frommen Betrug ersonnen haben könnten. Es unterlag keinem
+Zweifel, daß sie die Thronbesteigung der Prinzessin von Oranien als
+einen der härtesten Schläge betrachten mußten, der ihre Kirche treffen
+konnte. Eben
+<span class = "pagenum">VIII.32</span>
+<a name = "pageVIII_32" id = "pageVIII_32"> </a>
+so gewiß war es, daß sie nicht sehr gewissenhaft in der Wahl der Mittel
+sein würden, mit deren Hülfe sie ein so großes Unglück von ihrer Kirche
+abwenden konnten. In Werken von ausgezeichneten Mitgliedern ihrer
+Gesellschaft, welche von ihren Oberen sanctionirt waren, war es deutlich
+ausgesprochen, daß selbst Mittel, welche allen Begriffen von
+Gerechtigkeit und Humanität noch viel ärger Hohn sprachen, als die
+Einschmuggelung eines unächten Erben in eine Familie, mit Fug und Recht
+zu minder wichtigen Zwecken angewendet werden dürften, als die Bekehrung
+eines ketzerischen Königreichs war. Es war ruchbar geworden, daß einige
+Räthe des Königs und sogar der König selbst Pläne geschmiedet hätten, um
+die Prinzessin Marie ganz oder theilweis um ihr rechtmäßiges Erbe zu
+betrügen. Es bemächtigte sich der öffentlichen Meinung ein Verdacht, der
+zwar nicht wohl begründet, aber keineswegs so abgeschmackt war, als man
+gewöhnlich glaubt, und die Unbesonnenheit einiger Katholiken bestärkte
+das allgemeine Vorurtheil. Sie sprachen von dem glücklichen Ereignisse
+wie von etwas Außerordentlichem und Wunderbaren, wie von einem Zeichen
+derselben göttlichen Allmacht, welche Sara durch Isaak stolz und
+glücklich machte und die Gebete Hanna’s mit Samuel belohnte. Marien’s
+Mütter, die Herzogin von Modena, war unlängst gestorben. Kurz vor ihrem
+Tode sollte sie mit inbrünstigen Gebeten und reichen Opfergaben die
+heilige Jungfrau von Loretto angefleht haben, daß sie Jakob einen Sohn
+schenken möge. Der König selbst hatte im vergangenen August auf seiner
+Reise einen Abstecher nach der sogenannten heiligen Quelle gemacht und
+dort die heilige Winifreda gebeten, daß sie ihm das Geschenk verschaffen
+möge, ohne welches seine großen Pläne zur Verbreitung des wahren
+Glaubens nur unvollkommen ausgeführt werden könnten. Die unbesonnenen
+Zeloten, die auf solche Geschichten ein großes Gewicht legten,
+prophezeiten mit Zuversicht, daß das ungeborne Kind ein Knabe sein werde
+und boten darauf eine Wette von zwanzig Guineen gegen eine an. Sie
+meinten, der Himmel werde sich nicht in’s Mittel gelegt haben, wenn er
+nicht einen großen Zweck dabei hätte. Ein Fanatiker verkündete sogar,
+die Königin werde Zwillinge gebären, von denen der ältere König von
+England, der jüngere Papst werden würde. Marie konnte das Vergnügen, mit
+dem sie diese Prophezeiungen anhörte, nicht verbergen, und ihre Hofdamen
+sahen, daß sie sich nicht besser bei ihr insinuiren könnten, als wenn
+sie davon sprachen. Die Katholiken würden klüger gethan haben, wenn sie
+von der Schwangerschaft als von einem ganz natürlichen Ereignisse
+gesprochen und ihr unverhofftes Glück mit mehr Mäßigung getragen hätten.
+Ihr übermüthiger Triumph erregte nur den Unwillen des Volks und ihre
+Prophezeiungen bestärkten es in seinem Verdacht. Von dem Prinzen und der
+Prinzessin von Dänemark herab bis zu den Lastträgern und Waschweibern
+erwähnte Niemand die verheißene Geburt ohne ein höhnisches Lächeln. Die
+londoner Spottvögel beschrieben das neue Wunder in Reimen, die, wie man
+leicht denken kann, nicht eben die zartesten waren. Die ungeschliffenen
+Landsquires brachen in ein schallendes Gelächter aus, wenn sie mit
+Jemandem zusammentrafen, der so einfältig war zu glauben, daß die
+Königin wirklich noch einmal Mutter werden würde. Es erschien eine
+königliche Verordnung, welche der Geistlichkeit befahl, ein von Crewe
+und Sprat für dieses freudige Ereigniß besonders verfaßtes Bitt- und
+Dankgebet zu verlesen. Die Geistlichen gehorchten, aber man bemerkte,
+daß die Gemeinden nicht respondirten und kein Zeichen von
+<span class = "pagenum">VIII.33</span>
+<a name = "pageVIII_33" id = "pageVIII_33"> </a>
+Ehrerbietung äußerten. Bald circulirte in allen Kaffeehäusern ein rohes
+Spottgedicht auf die höfischen Prälaten, deren Feder sich der König
+bedient hatte. Mutter East (Ost) war darin ebenfalls reichlich mit
+Schmähungen bedacht. Zu diesem einheimischen einsilbigen Wörtchen hatten
+unsere Vorfahren den Namen des großen Hauses Este, welches in Modena
+regierte, verstümmelt.<a class = "tag" name = "tagVIII_29" id =
+"tagVIII_29" href = "#noteVIII_29">29</a></p>
+
+<p>Die neue Hoffnung, welche den Muth des Königs so sehr hob, war
+indessen mit mancherlei Besorgnissen vermischt. Es bedurfte noch etwas
+mehr als die Geburt eines Prinzen von Wales zum Gelingen der von der
+Jesuitenpartei entworfenen Pläne. Es war nicht anzunehmen, daß Jakob so
+lange lebte, bis sein Sohn das zur Ausübung der königlichen Functionen
+erforderliche Alter erreicht hatte. Das Gesetz hatte den Fall eines
+minderjährigen Thronerben nicht vorgesehen, und der regierende
+Landesherr war nicht berechtigt, für diesen Fall eine testamentarische
+Verfügung zu treffen. Die gesetzgebende Versammlung allein konnte die
+Lücke ausfüllen. Starb Jakob, bevor Letzteres geschehen war, und
+hinterließ er einen Nachfolger von zarter Jugend, so mußte die höchste
+Gewalt unfehlbar protestantischen Händen zufallen. Selbst diejenigen
+Tories, welche am festesten an dem Grundsatze hingen, daß nichts sie zum
+Widerstande gegen ihren Lehnsherrn berechtigen könne, würden gewiß kein
+Bedenken getragen haben, das Schwert gegen ein papistisches Weib zu
+ziehen, die es gewagt hätte, sich die Vormundschaft über das Reich und
+über den jugendlichen Souverain anzumaßen. Der Ausgang eines Kampfes
+konnte kaum zweifelhaft sein. Der Prinz von Oranien oder seine Gemahlin
+wurde Regent und der junge König kam in die Hände ketzerischer Lehrer,
+deren Kunstgriffe die Eindrücke, welche sein Gemüth in der Kinderstube
+empfangen hatte, jedenfalls bald verwischten. Er konnte ein zweiter
+Eduard&nbsp;VI. werden und der durch die Fürsprache der Mutter Gottes
+und der heiligen Winifreda erlangte Segen konnte sich in Fluch
+verwandeln.<a class = "tag" name = "tagVIII_30" id = "tagVIII_30" href =
+"#noteVIII_30">30</a> Gegen eine solche Gefahr konnte nur eine
+Parlamentsacte schützen, und eine solche Acte war nicht leicht zu
+erlangen.</p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVIII_29" id = "noteVIII_29" href =
+"#tagVIII_29">29.</a>
+Citters, 28. Oct. (7. Nov.), 22. Nov. (2. Dec.) 1687; die Prinzessin
+Anna an die Prinzessin von Oranien, 14. u. 20. März 1687/8; Barillon,
+1.(11.) Dec. 1687; <span class = "antiqua">Revolution Politics</span>;
+das Gedicht: <span class = "antiqua">„Two Toms and a Nat“</span>;
+Johnstone, 4. April 1688; <span class = "antiqua">Secret Consults of the
+Romish Party in Ireland, 1690</span>.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_30" id = "noteVIII_30" href =
+"#tagVIII_30">30.</a>
+Die Besorgnisse des Königs über diesen Punkt werden von Ronquillo in
+einer Depesche vom 12.(22.) Dec. 1688 mit starken Farben geschildert:
+<span class = "antiqua">„Un Principe de Vales y un Dogue de York y otro
+di Lochaosterna</span> (vermuthlich Lancaster), <span class =
+"antiqua">no bastan, a reducir la gente; porque el Rey tiene 54 años, y
+vendrá á morir, dejando los hijos pequeños, y que entonces el reyno se
+apoderará dellos, y los nombrará tutor, y los educará en la religion
+protestante, contra la disposicion que dejare el Rey, y la autoridad de
+la Reyna.“</span></p>
+</div>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Stimmung der Wahlkörper und der Peers.</span>
+<a name = "secVIII_30" id = "secVIII_30">Es</a> schien Alles anzudeuten,
+daß, wenn die Häuser einberufen werden sollten, sie von dem Geiste von
+1640 beseelt nach Westminster kommen würden. Das Resultat der
+Grafschaftswahlen konnte kaum zweifelhaft sein. Die ganze Masse der
+Grundeigenthümer, hohe und niedere, geistlichen und weltlichen Standes,
+waren gegen die Regierung heftig aufgebracht. In der großen Mehrzahl
+derjenigen Städte, wo das Stimmrecht von der Entrichtung örtlicher
+Steuern oder von dem Besitze eines Grundstücks abhängig war, hätte sich
+kein höfisch gesinnter Kandidat blicken lassen dürfen. Ein sehr
+<span class = "pagenum">VIII.34</span>
+<a name = "pageVIII_34" id = "pageVIII_34"> </a>
+großer Theil des Unterhauses wurde von Mitgliedern von
+Municipalcorporationen gewählt. Diese Corporationen waren unlängst
+reorganisirt worden, um den Einfluß der Whigs und der Dissenters zu
+zerstören, mehr als hundert Wahlkörper waren durch der Krone ergebene
+Gerichtshöfe ihrer Freibriefe beraubt oder doch veranlaßt worden, einer
+gewaltsamen Entziehung ihrer Privilegien durch freiwilliges Aufgeben
+derselben zuvorzukommen. Jeder Mayor, jeder Alderman, jeder
+Stadtschreiber von Berwick bis Helstone war Tory und Anglikaner; aber
+Tories und Anglikaner waren jetzt dem Souverain nicht mehr ergeben. Die
+neuen Municipalbehörden waren noch unlenksamer als die früheren je
+gewesen waren, und sie wählten ohne allen Zweifel solche Abgeordnete,
+deren erster parlamentarischer Act eine Anklage gegen alle papistischen
+Geheimräthe und gegen alle Mitglieder der Hohen Commission war.</p>
+
+<p>Bei den Lords waren die Aussichten fast eben so trübe als bei den
+Gemeinen. Es unterlag keinem Zweifel, daß die große Mehrzahl der
+weltlichen Peers gegen die Maßregeln des Königs sein würden, und auf der
+Bischofsbank, welche ihn vor sieben Jahren einstimmig gegen Diejenigen
+unterstützt hatte, die ihn seines Geburtsrechtes berauben wollten,
+konnte er nur auf den Beistand von vier oder fünf servilen Schmeichlern
+rechnen, die von ihren Berufsgenossen wie von der ganzen Nation
+verachtet wurden.<a class = "tag" name = "tagVIII_31" id = "tagVIII_31"
+href = "#noteVIII_31">31</a></p>
+
+<p>Jedem, den die Leidenschaft nicht gänzlich verblendete, mußten diese
+Hindernisse unübersteiglich erscheinen. Die gewissenlosesten Sklaven der
+Gewalt ließen Zeichen von Besorgniß laut werden. Dryden äußerte, der
+König werde durch seinen Versuch, die Sache besser zu machen, sie nur
+verschlimmern, und er sehnte sich zurück nach den goldenen Tagen des
+sorglosen und gutmüthigen Karl.<a class = "tag" name = "tagVIII_32" id =
+"tagVIII_32" href = "#noteVIII_32">32</a> Selbst Jeffreys wurde
+schwankend. So lange er arm war, war er stets bereit gewesen, um des
+Gewinns willen dem bösen Leumunde und dem öffentlichen Hasse zu trotzen;
+aber er hatte sich jetzt durch Bestechlichkeit und Erpressungen große
+Reichthümer erworben, und es lag ihm mehr daran, sich den Besitz
+derselben zu sichern, als sie noch zu vermehren. Seine Lauheit zog ihm
+einen strengen Verweis aus königlichem Munde zu. Aus Furcht, das große
+Siegel zu verlieren, versprach er Alles was von ihm verlangt wurde;
+Barillon aber bemerkte in seinem hierauf bezüglichen Berichte an Ludwig,
+daß der König von England sich selbst auf Diejenigen, die etwas zu
+verlieren hätten, nicht mehr verlassen könne.<a class = "tag" name =
+"tagVIII_33" id = "tagVIII_33" href = "#noteVIII_33">33</a></p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVIII_31" id = "noteVIII_31" href =
+"#tagVIII_31">31.</a>
+Drei damals entworfene Stimmlisten sind noch vorhanden; eine befindet
+sich in den französischen Archiven, die beiden anderen in den Archiven
+der Familie Portland. In diese Listen sind die Peers unter drei Rubriken
+eingetragen: Für Aufhebung des Testes, gegen die Aufhebung, und
+zweifelhaft. Nach der einen Liste waren 31 für, 86 gegen und 20
+zweifelhaft; nach der zweiten 33 für, 87 gegen und 19 zweifelhaft; nach
+der dritten 35 für, 92 gegen und 10 zweifelhaft. Abschriften der drei
+Listen befinden sich unter den Mackintosh-Manuscripten.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_32" id = "noteVIII_32" href =
+"#tagVIII_32">32.</a>
+Im Britischen Museum befindet sich ein Brief von Dryden an Etherege vom
+Februar 1688. Ich entsinne mich nicht, ihn gedruckt gesehen zu haben.
+„Ach,“ sagt Dryden, „möchte doch unser König durch sein eignes Beispiel
+zu edler Muße aufmuntern, wie sein Vorgänger hochseligen Andenkens es
+that. Mich dünkt er wird mit all’ seinem Geschäftseifer die
+Angelegenheiten nicht fördern.“</p>
+
+<p class = "footnote">
+<a name = "noteVIII_33" id = "noteVIII_33" href = "#tagVIII_33">33.</a>
+Barillon, 29. Aug. (8. Sept.) 1687.</p>
+</div>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Jakob beschließt, ein bestochenes Parlament zusammenzusetzen.</span>
+<a name = "secVIII_31" id = "secVIII_31">Trotz</a> alledem beschloß
+Jakob, seinen Weg beharrlich zu verfolgen.
+<span class = "pagenum">VIII.35</span>
+<a name = "pageVIII_35" id = "pageVIII_35"> </a>
+Die Zustimmung eines freien und gesetzlichen Parlaments zu erlangen, war
+offenbar unmöglich; aber nicht ganz unmöglich war es, durch Bestechung,
+Einschüchterung, gewaltthätige Anwendung der Prärogative und
+betrügerische Rechtsverdrehungen eine Versammlung zu Stande zu bringen,
+die sich ein Parlament nennen konnte und bereit war, jeden Befehl des
+Souverains als Gesetz zu registriren. Es mußten Wahlbeamte ernannt
+werden, die den geringsten Vorwand benutzten, um Freunde des Königs für
+rechtsgültig gewählt zu erklären. Jedem Angestellten, von den höchsten
+bis zu den niedrigsten, mußte zu verstehen gegeben werden, daß, wenn er
+sein Amt behalten wolle, er diesmal den Thron durch seine Stimme und
+seinen Einfluß unterstützen müsse. Zu gleicher Zeit mußte die Hohe
+Commission ein scharfes Auge auf die Geistlichkeit haben. Die Wahlorte,
+welche erst kürzlich reorganisirt worden waren, um dem einen Zwecke zu
+dienen, konnten noch einmal umgestaltet werden, um einem andren zu
+dienen. Auf diese Weise hoffte der König im Hause der Gemeinen eine
+Majorität zu erlangen. Das Oberhaus war dann ganz in seiner Gewalt, denn
+er hatte das unbestrittene gesetzliche Recht, Peers nach seinem
+Gutdünken zu ernennen, und er war fest entschlossen, von diesem Rechte
+Gebrauch zu machen. Er wünschte zwar nicht, was auch kein Souverain
+wünschen kann, die höchste Ehrenbezeigung, welche die Krone zu verleihen
+vermag, werthlos zu machen; aber er schmeichelte sich mit der Hoffnung,
+daß es ihm durch Einberufung einiger nächster Erben in die Versammlung,
+in der sie doch früher oder später einmal ihren Sitz einnehmen mußten,
+und durch Verleihung englischer Adelstitel an schottische und irische
+Lords gelingen werde, sich eine Majorität zu sichern; ohne so viele
+Leute in den Adelsstand erheben zu müssen, daß dadurch die Adelskrone
+und der Hermelin an Ansehen verloren. Indessen hatte er sich
+vorgenommen, im Nothfall auch zu den äußersten Mitteln zu greifen. Als
+in einer zahlreichen Gesellschaft einmal die Meinung ausgesprochen
+wurde, daß sich die Peers unfügsam zeigen würden, sagte Sunderland zu
+Churchill: „Wie einfältig! Ihre Garde wird vor dem Hause der Lords
+stehen.“<a class = "tag" name = "tagVIII_34" id = "tagVIII_34" href =
+"#noteVIII_34">34</a></p>
+
+<p>Nachdem Jakob beschlossen hatte, ein corrumpirtes Parlament
+zusammenzubringen, ging er energisch und planmäßig an die Ausführung. Es
+erschien in der Gazette eine Proklamation, welche ankündigte, daß der
+König sich entschlossen habe, die Bestallungen der Friedensrichter und
+der Grafschaftsstatthalter einer Revision zu unterwerfen und daß nur
+diejenigen Gentlemen im Staatsdienste bleiben sollten, welche geneigt
+waren, seine Politik zu unterstützen<a class = "tag" name = "tagVIII_35"
+id = "tagVIII_35" href = "#noteVIII_35">35</a>. Ein Ausschuß von sieben
+Geheimräthen saß in Whitehall, um, wie man sich ausdrückte, die
+Municipalkörperschaften zu reguliren. In diesem Ausschusse vertrat
+Jeffreys allein das protestantische, Powis das gemäßigte katholische
+Interesse. Alle anderen Mitglieder gehörten der jesuitischen Faction an.
+Unter ihnen befand sich auch Petre, der in den Geheimen Rath vereidigt
+worden war. Seine Ernennung war bis zum factischen Antritt dieser
+Function vor Jedermann, mit alleiniger Ausnahme Sunderland’s, sorgfältig
+geheim gehalten worden. Der öffentliche Unwille über diese abermalige
+Verletzung des Gesetzes
+<span class = "pagenum">VIII.36</span>
+<a name = "pageVIII_36" id = "pageVIII_36"> </a>
+äußerte sich laut, und man bemerkte, daß die Katholiken sie noch
+rücksichtsloser tadelten als die Protestanten. Der eitle und ehrgeizige
+Jesuit war jetzt beauftragt, die Hälfte der Wahlkörper des Reichs
+aufzulösen und neu zu organisiren.</p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVIII_34" id = "noteVIII_34" href =
+"#tagVIII_34">34.</a>
+Lord Bradford, welcher anwesend war, erzählte dies Dartmouth; Note zu
+Burnet <ins class = "correction" title = "Original hat ,">I.</ins>
+755.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_35" id = "noteVIII_35" href =
+"#tagVIII_35">35.</a>
+<span class = "antiqua">London Gazette, Dec. 12, 1687</span>.</p>
+</div>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Die Regulatoren.</span>
+<a name = "secVIII_32" id = "secVIII_32">Unter</a> der Oberleitung des
+Ausschusses der Geheimräthe stand ein aus thätigen Agenten
+untergeordneten Ranges gebildeter Unterausschuß, der die Einzelheiten
+des Geschäfts zu besorgen hatte, und im ganzen Lande waren örtliche
+Ausschüsse von Regulatoren errichtet, welche mit dem Centralcomité in
+Westminster correspondirten.<a class = "tag" name = "tagVIII_36" id =
+"tagVIII_36" href = "#noteVIII_36">36</a></p>
+
+<p>Die Personen, auf deren Unterstützung Jakob bei diesem neuen und
+schwierigen Unternehmen hauptsächlich rechnete, waren die
+Lordlieutenants. Sie erhielten sämmtlich den schriftlichen Befehl, sich
+unverweilt in ihre respectiven Grafschaften zu begeben. Dort sollten sie
+alle ihre Stellvertreter und Friedensrichter vor sich laden und ihnen
+eine Reihe Fragen vorlegen, um zu erfahren, wie sie sich bei einer
+allgemeinen Wahl verhalten würden. Die Antworten sollten sie
+niederschreiben und der Regierung einsenden. Ferner sollten sie ein
+Verzeichniß derjenigen Katholiken und protestantischen Dissenters
+anfertigen, welche für die Richterbank und für die Commandos in der
+Miliz am geeignetsten erschienen. Auch sollten sie die Stimmung aller
+Wahlorte der Grafschaft untersuchen und Berichte darüber einsenden,
+welche den Regulatoren bei ihrer Arbeit als Leitfaden dienen konnten.
+Schließlich war ihnen bedeutet, daß sie alle diese Pflichten in Person
+zu vollziehen hätten und keine Stellvertreter mit der Ausführung
+beauftragen dürften.<a class = "tag" name = "tagVIII_37" id =
+"tagVIII_37" href = "#noteVIII_37">37</a></p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVIII_36" id = "noteVIII_36" href =
+"#tagVIII_36">36.</a>
+Bonrepaux an Seignelay, 14.(24.) Nov.; Citters, 15.(25.) Nov.; <span
+class = "antiqua">Lords’ Journals, Dec. 20. 1689</span>.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_37" id = "noteVIII_37" href =
+"#tagVIII_37">37.</a>
+Citters, 28. Oct. (7. Nov.) 1687.</p>
+</div>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Entlassung vieler Lordlieutenants.</span>
+<a name = "secVIII_33" id = "secVIII_33">Der</a> erste Eindruck, den
+diese Befehle machten, würde einen weniger verblendeten Fürsten als
+Jakob sofort zur Besinnung gebracht haben. Die Hälfte der
+Lordlieutenants von England verweigerten auf das Bestimmteste den
+gehässigen Dienst, den man von ihnen verlangte. Sie wurden auf der
+Stelle entlassen. Alle, welche diese ihnen zum Ruhme gereichende Ungnade
+traf, waren hochangesehene Peers, welche bisher als feste Stützen der
+Monarchie gegolten hatten. Einige Namen der Liste verdienen besondere
+Erwähnung.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Der Earl von Oxford.</span>
+<a name = "secVIII_34" id = "secVIII_34">Der</a> vornehmste Unterthan
+von England und, wie die Engländer gern sagten, von ganz Europa, war
+Aubray de Vere, der zwanzigste und letzte der alten Earls von Oxford.
+Sein Adelstitel schrieb sich durch eine ununterbrochene Reihenfolge
+männlicher Ahnen aus einer Zeit her, wo die Familien Howard und Seymour
+noch unbekannt waren, wo die Nevilles und die Percy erst eine
+provinzielle Berühmtheit hatten und wo selbst der große Name Plantagenet
+in England noch nicht gehört worden war. Ein Oberhaupt des Hauses de
+Vere hatte bei Hastings ein hohes Commando bekleidet, ein Andrer war mit
+Gottfried und Tancred über Haufen erschlagener Moslems nach dem Grabe
+Jesu Christi gezogen. Der erste Earl von Oxford war Minister Heinrich
+Beauclerc’s gewesen; der dritte hatte sich unter den Lords
+ausgezeichnet, welche von Johann die Magna Charta erpreßten; der
+siebente hatte bei Cressy und Poitiers tapfer gefochten; der dreizehnte
+war unter
+<span class = "pagenum">VIII.37</span>
+<a name = "pageVIII_37" id = "pageVIII_37"> </a>
+vielen Glückswechseln das Oberhaupt der Partei der Rothen Rose gewesen
+und hatte in der entscheidenden Schlacht von Bosworth die Vorhut
+angeführt; der siebzehnte hatte am Hofe der Königin Elisabeth geglänzt
+und sich einen ehrenvollen Platz unter den älteren Meistern der
+englischen Dichtkunst erworben; der neunzehnte war im Kampfe für den
+protestantischen Glauben und für die Freiheit Europa’s unter den Mauern
+von Mastricht gefallen. Sein Sohn Aubray, mit welchem der älteste und
+erlauchteste Adelsstamm, den England je gesehen, erlosch, ein Mann von
+lockeren Sitten, aber von harmlosem Charakter und artigen Manieren, war
+Lordlieutenant von Essex und Oberst der Blauen. Er war von Natur nicht
+widersetzlich und es lag in seinem Interesse, einen Bruch mit dem Hofe
+zu vermeiden, denn seine Güter waren mit Schulden belastet und sein
+Commando ein sehr einträgliches. Er wurde in das königliche Kabinet
+beschieden und eine bündige Erklärung über seine Gesinnungen von ihm
+verlangt. „Sire,“ antwortete Oxford, „ich werde bis zum letzten
+Blutstropfen gegen alle Feinde zu Eurer Majestät stehen; aber dies ist
+eine Gewissenssache, in der ich Ihnen nicht willfahren kann.“ Er wurde
+augenblicklich seiner Statthalterschaft und seines Commando’s
+entsetzt.<a class = "tag" name = "tagVIII_38" id = "tagVIII_38" href =
+"#noteVIII_38">38</a></p>
+
+<p class = "footnote">
+<a name = "noteVIII_38" id = "noteVIII_38" href = "#tagVIII_38">38.</a>
+<span class = "antiqua">Halstead’s Succinct Genealogy of the Family of
+Vere, 1685</span>; <span class = "antiqua">Collins’s Historical
+Collections</span>. Siehe auch in den <span class = "antiqua">Lords’
+Journals</span> und in <span class = "antiqua">Jones’s Reports</span>
+den Prozeß wegen des Earlthums Oxford im März und April 1625/26. Die
+Einleitung der Rede des Lordoberrichters Crew gehört zu den glänzendsten
+Proben der altenglischen Beredtsamkeit. Citters, 7.(17.) Febr. 1688.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Der Earl von Shrewsbury.</span>
+<a name = "secVIII_35" id = "secVIII_35">Dem</a> Hause de Vere, aber
+auch nur diesem, stand an Alter und Glanz das Haus Talbot nach. Seit der
+Regierung Eduard’s III. hatten die Talbot stets unter den Peers des
+Reichs gesessen. Das Earlthum Shrewsbury war im funfzehnten Jahrhundert
+Johann Talbot, dem Gegner der Jungfrau von Orleans, verliehen worden.
+Seine Landsleute hatten seiner noch lange in Liebe und Verehrung als
+eines der berühmtesten Krieger gedacht, welche auf dem europäischen
+Festlande ein großes englisches Reich zu gründen versuchten. Der
+unerschütterliche Muth, den er im Unglück gezeigt, hatten ihn zum
+Gegenstande einer größeren Theilnahme gemacht als glücklichere
+Feldherren sie erweckt haben, und sein Tod lieferte unsrer älteren Bühne
+den Stoff zu einer ungemein ergreifenden Scene. Seine Nachkommen waren
+zwei Jahrhunderte lang ein blühendes und ehrenvolles Geschlecht. Zur
+Zeit der Restauration war Franz, der elfte Earl, ein Katholik, das
+Oberhaupt der Familie. Sein Tod war von Umständen begleitet gewesen, die
+selbst in jenen zügellosen Zeiten, welche unmittelbar auf den Sturz der
+puritanischen Partei folgten, Abscheu und Mitleid erweckt hatten. Der
+Herzog von Buckingham war im Laufe seiner leichtfertigen Liebeshändel
+einen Augenblick von der Gräfin von Shrewsbury angezogen worden. Sie
+wurde leicht erobert. Ihr Gemahl forderte den Verführer zum Zweikampfe
+und fiel. Einige sagten, das pflichtvergessene Weib habe den Zweikampf
+in männlicher Verkleidung mit angesehen. Andere wollten sogar wissen,
+sie habe den siegreichen Geliebten ans Herz gedrückt, während sein Hemd
+noch vom Blute ihres Gatten geröthet war. Die Titel des Ermordeten
+gingen auf seinen unmündigen Sohn Karl über. Als der verwaiste Jüngling
+zum Manne heranwuchs, ward es allgemein anerkannt, daß kein andrer
+junger Adeliger Englands von der Natur so reich begabt
+<span class = "pagenum">VIII.38</span>
+<a name = "pageVIII_38" id = "pageVIII_38"> </a>
+sei. Er besaß ein einnehmendes Äußere, einen ungemein sanften Character
+und einen solchen Schatz von Talenten, daß er, selbst wenn er in einem
+niederen Stande geboren gewesen wäre, sich ohne Zweifel zu einer hohen
+Stellung im Staate emporgeschwungen haben würde. Alle diese natürlichen
+Vorzüge hatte er so gut angewendet, daß er schon vor seiner
+Volljährigkeit für einen der feinsten und kenntnißreichsten Gentlemen
+seiner Zeit galt. Für seine Gelehrsamkeit sprechen die noch vorhandenen
+eigenhändigen Anmerkungen von ihm zu Werken aus fast allen Zweigen der
+Literatur. Er sprach Französisch wie ein Kammerherr des Königs Ludwig
+und Italienisch wie ein Florentiner. Es war wohl natürlich, daß ein
+Jüngling von solchen Gaben nach den Gründen forschte, aus denen seine
+Familie sich der Staatsreligion nicht angeschlossen hatte. Er studirte
+sorgfältig die Streitpunkte, theilte seine Zweifel Priestern seines
+eignen Glaubens mit, legte deren Antworten Tillotson vor, erwog lange
+und aufmerksam die beiderseitigen Gründe und erklärte sich nach einer
+zweijährigen genauen Untersuchung zum Protestanten. Die anglikanische
+Kirche nahm den erlauchten Convertiten freudig in ihren Schooß auf. Er
+genoß einer großen Popularität, und diese nahm zu, als man erfuhr, daß
+der König umsonst Bitten und Versprechungen an ihn verschwendet hatte,
+um ihn zu dem Irrglauben zurückzuführen, den er abgeschworen. Der
+Character des jungen Mannes entwickelte sich jedoch nicht in einer
+Weise, welche Diejenigen, die an seiner Bekehrung den hauptsächlichsten
+Antheil hatten, vollkommen befriedigte. Seine Sittlichkeit entging der
+allgemeinen Ansteckung der modischen Ausschweifungen nicht. Der Stoß,
+der seine Jugendvorurtheile zerstört, hatte zu gleicher Zeit alle seine
+Überzeugungen erschüttert und ihn der schwankenden Leitung seiner
+Gefühle preisgegeben. Aber wenn auch seine Grundsätze ihren Halt
+verloren hatten, so waren doch die Triebfedern seines Handelns so edel,
+sein Gemüth so sanft, sein Benehmen so freundlich und gewinnend, daß es
+unmöglich war, ihn nicht zu lieben. Er wurde schon frühzeitig der König
+der Herzen genannt und verlor in seinem langen, ereignißvollen und
+bewegten Leben nie das Recht auf diese Bezeichnung.<a class = "tag" name
+= "tagVIII_39" id = "tagVIII_39" href = "#noteVIII_39">39</a></p>
+
+<p>Shrewsbury war Lordlieutenant von Staffordshire und Oberst eines der
+Kavallerieregimenter, die in Folge des Aufstandes im Westen errichtet
+worden waren. Er weigerte sich jetzt, seine Thätigkeit durch die
+Regulatoren bestimmen zu lassen und wurde deshalb seiner beiden Stellen
+entsetzt.</p>
+
+<p class = "footnote">
+<a name = "noteVIII_39" id = "noteVIII_39" href = "#tagVIII_39">39.</a>
+<span class = "antiqua">Coxe’s Shrewsbury Correspondence</span>; <span
+class = "antiqua">Mackay’s Memoirs</span>; <span class = "antiqua">Life
+of Charles Duke of Shrewsbury, 1718</span>; <span class =
+"antiqua">Burnet, I. 762</span>; <span class = "antiqua">Birch’s Life of
+Tillotson.</span> In letzterem Werke findet der Leser einen Brief von
+Tillotson an Shrewsbury, der meiner Ansicht nach ein Muster von ernstem,
+freundschaftlichem und rücksichtvollem Tadel ist.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Der Earl von Dorset.</span>
+<a name = "secVIII_36" id = "secVIII_36">Kein</a> englischer Adeliger
+erfreute sich der Volksgunst in einem reicheren Maße als Karl Sackville,
+Earl von Dorset. Er war in der That ein merkwürdiger Mann. In seiner
+Jugend war er einer der bekanntesten Wüstlinge der zügellosen Zeit
+gewesen, welche auf die Restauration folgte. Er war der Schrecken der
+londoner Nachtwächter, hatte manche Nacht auf der Wache zubringen müssen
+und zum mindesten einmal eine Zelle in Newgate bewohnt. Seine Liebe zu
+Betty Morrice und zu Lorchen Gwynn, die ihn ihren Karl&nbsp;I. zu nennen
+pflegte, hatte der Stadt nicht wenig Stoff zur Unterhaltung und zum
+<span class = "pagenum">VIII.39</span>
+<a name = "pageVIII_39" id = "pageVIII_39"> </a>
+Ärgerniß gegeben.<a class = "tag" name = "tagVIII_40" id = "tagVIII_40"
+href = "#noteVIII_40">40</a> Doch bei all’ seinen Thorheiten und Lastern
+hatte er sich durch hochherzigen Muth, durch scharfen Verstand und durch
+natürliche Herzensgüte ausgezeichnet. Die Leute meinten, die
+Ausschweifungen, denen er sich hingäbe, theile er mit dem ganzen
+Geschlechte der lebenslustigen jungen Kavaliere, aber sein Mitgefühl für
+die Leiden der Menschheit und die Großmuth, mit der er diejenigen,
+welche durch seine muthwilligen Streiche verletzt wurden, zu
+entschädigen suchte, sei nur ihm allein eigen. Seine Freunde wunderten
+sich darüber, daß das Publikum zwischen ihm und ihnen einen Unterschied
+machte. „Der kann thun was er will,“ sagte Wilmot; „ihm geschieht nie
+etwas.“ Das Urtheil der Welt über Dorset gestaltete sich noch günstiger,
+als er mit den Jahren und in der Ehe gesetzter wurde. Jedermann pries
+seine herablassenden Manieren, seine geistreiche Unterhaltung, sein
+weiches Gemüth und seine Freigebigkeit. Man sagte es vergehe kein Tag,
+ohne daß eine bedrängte Familie Ursache habe, seinen Namen zu segnen.
+Und doch war bei aller seiner Herzensgüte sein Witz so beißend, daß
+Spötter, deren Sarkasmus die ganze Stadt fürchtete, vor dem Sarkasmus
+Dorset’s zitterten. Alle politischen Parteien achteten und liebten ihn;
+ihm selbst aber behagte die Politik überhaupt nicht sonderlich. Hätte
+ihn die Nothwendigkeit zu Anstrengungen gespornt, so würde er
+wahrscheinlich zu den höchsten Posten im Staate gestiegen sein; aber er
+nahm schon durch seine Geburt einen so hohen Rang ein und war dabei so
+reich, daß ihm viele Beweggründe fehlten, welche die Menschen antreiben,
+sich mit den öffentlichen Angelegenheiten zu befassen. Er nahm gerade
+nur so viel Theil an parlamentarischen und diplomatischen Geschäften,
+als hinreichte, um zu beweisen, daß ihm nichts weiter fehlte als die
+Lust dazu, um mit Danby und Sunderland zu rivalisiren, und richtete
+seine Thätigkeit auf Bestrebungen, die ihm besser zusagten. Gleich
+vielen anderen Männern, welche mit großen natürlichen Fähigkeiten eine
+angeborne und gewohnheitsmäßige Indolenz verbinden, wurde er ein
+geistiger Genußmensch und ein Meister in allen unterhaltenden Zweigen
+des Wissens, die man sich ohne ernstes Studium aneignen kann. Er war
+anerkanntermaßen der beste Richter in der Malerei, der Sculptur, der
+Baukunst und der Schauspielerkunst, den der Hof aufzuweisen hatte. In
+Angelegenheiten der schönen Künste und Wissenschaften galt sein Urtheil
+in allen Kaffeehäusern für unwiderruflich maßgebend. Mehr als ein
+hübsches Theaterstück, das bei der ersten Aufführung durchfiel, wurde
+lediglich durch seine Autorität gegen das Geschrei des ganzen Parterres
+siegreich vertheidigt und bestand mit glücklichem Erfolge die zweite
+Probe. St. Evremond und Lafontaine rühmten die feine Eleganz seines
+französischen Styls. Noch nie hatte England einen solchen Gönner der
+Literatur gehabt. Er übte seine Freigebigkeit mit eben so richtiger
+Einsicht als liberaler Unparteilichkeit, keine Secte oder Faction wurde
+dabei von ihm bevorzugt. Geniale Männer, welche durch literarische
+Eifersucht oder durch Verschiedenheit ihrer politischen Meinung einander
+entfremdet waren, stimmten in der Anerkennung seiner unparteiischen Güte
+überein. Dryden gestand, daß Dorset’s fürstliche Freigebigkeit ihn vom
+<span class = "pagenum">VIII.40</span>
+<a name = "pageVIII_40" id = "pageVIII_40"> </a>
+Untergange gerettet habe. Und dennoch wurden Montague und Prior, welche
+Dryden durch beißende Satiren getadelt hatten, von Dorset ins
+öffentliche Leben eingeführt, und das beste Lustspiel von Dryden’s
+Todfeind, Shadwell, war auf Dorset’s Landsitze geschrieben. Hätte der
+freigebige Earl sonst gewollt, so hätte er sehr gut mit Denen
+rivalisiren können, deren Wohlthäter er zu sein sich begnügte, denn die
+Verse, die er gelegentlich dichtete, zeigen bei aller unkünstlerischen
+Form Spuren eines angebornen Genies, das bei sorgfältiger Pflege Großes
+hätte schaffen können. In dem kleinen Bande seiner Werke finden sich
+Lieder, welche die ungezwungene Lebendigkeit Suckling’s besitzen, und
+kleine Satiren, deren glänzender Humor dem eines Butler nicht
+nachsteht.<a class = "tag" name = "tagVIII_41" id = "tagVIII_41" href =
+"#noteVIII_41">41</a></p>
+
+<p>Dorset war Lordlieutenant von Sussex und auf Sussex blickten die
+Regulatoren mit besonders ängstlicher Spannung, denn in keiner andren
+Grafschaft, Cornwall und Wiltshire ausgenommen, befanden sich so viele
+kleine Wahlorte. Er erhielt Befehl, sich auf seinen Posten zu begeben.
+Keiner von Denen, die ihn kannten, erwartete, daß er gehorchen werde. Er
+gab eine Antwort, wie sie sich für ihn ziemte, und wurde bedeutet, daß
+man seiner Dienste nicht mehr bedürfe. Das allgemeine Interesse, das er
+seinen vielen edlen und liebenswürdigen Eigenschaften verdankte, wurde
+nicht wenig erhöht, als man erfuhr, daß er durch die Post einen anonymen
+Brief erhalten hatte, worin ihm angekündigt wurde, daß, wenn er sich
+nicht sofort den Wünschen des Königs füge, ihn all’ sein Geist und seine
+Popularität nicht vor der Ermordung schützen werde. Eine ähnliche
+Warnung erhielt auch Shrewsbury. Drohbriefe waren damals viel seltener
+als sie es späterhin geworden sind, und man kann sich daher nicht
+darüber wundern, daß das ohnehin schon aufgeregte Volk zu dem Glauben
+geneigt war, die besten und edelsten Engländer seien wirklich für
+papistische Dolche ausersehen.<a class = "tag" name = "tagVIII_42" id =
+"tagVIII_42" href = "#noteVIII_42">42</a> Gerade zu der Zeit, als diese
+Briefe in ganz London das Tagesgespräch bildeten, wurde der verstümmelte
+Leichnam eines angesehenen Puritaners auf der Straße gefunden. Es zeigte
+sich indessen bald, daß der Mörder die That nicht aus religiösen oder
+politischen Beweggründen verübt hatte. Aber der erste Verdacht des
+gemeinen Volkes fiel auf die Papisten. Die verstümmelten Überreste des
+Ermordeten wurden in feierlicher Prozession nach dem Jesuitencollegium
+im Savoy getragen und einige Stunden lang war die Furcht und Wuth der
+Menge kaum weniger heftig als an dem Tage, wo Godfrey zu Grabe getragen
+ward.<a class = "tag" name = "tagVIII_43" id = "tagVIII_43" href =
+"#noteVIII_43">43</a></p>
+
+<p>Mit den übrigen Entlassungen muß ich mich kürzer fassen. Der Herzog
+<span class = "pagenum">VIII.41</span>
+<a name = "pageVIII_41" id = "pageVIII_41"> </a>
+von Somerset, dem vor einigen Monaten schon sein Regiment wieder
+abgenommen worden war, wurde nun auch seiner Stelle als Lordlieutenant
+des Ostbezirks<a class = "tag" name = "tagVIII_44" id = "tagVIII_44"
+href = "#noteVIII_44">44</a> von Yorkshire enthoben. Die
+Statthalterschaft des Nordbezirks verlor der Viscount Fauconberg, die
+von Shropshire der Viscount Newark und die von Lancashire der Earl von
+Derby, der Enkel des tapferen Kavaliers, der auf dem Schlachtfelde
+sowohl als auf dem Schaffot für das Haus Stuart dem Tode so muthig ins
+Auge geblickt hatte. Der Earl von Pembroke, der unlängst der Krone gegen
+Monmouth treu und tapfer gedient hatte, wurde in Wiltshire, der Earl von
+Rutland in Leicestershire, der Earl von Bridgewater in Buckinghamshire,
+der Earl von Thanet in Cumberland, der Earl von Northampton in
+Warwickshire, der Earl von Abingdon in Oxfordshire, der Earl von
+Scarsdale in Derbyshire abgesetzt. Scarsdale verlor außerdem auch sein
+Reiterregiment und seine Stelle im Hofstaate der Prinzessin von
+Dänemark. Diese weigerte sich, ihn aus ihren Diensten zu entlassen und
+gab nur einem peremptorischen Befehle ihres Vaters nach. Der Earl von
+Gainsborough wurde nicht nur der Statthalterschaft von Hampshire,
+sondern auch des Gouverneurpostens von Portsmouth und des
+Wildmeisteramts im Neuen Forste entsetzt, zwei Stellen, die er erst vor
+wenigen Monaten für fünftausend Pfund gekauft hatte.<a class = "tag"
+name = "tagVIII_45" id = "tagVIII_45" href = "#noteVIII_45">45</a></p>
+
+<p>Der König konnte keine angesehenen Lords und namentlich gar keine
+protestantischen auftreiben, welche die erledigten Stellen anzunehmen
+bereit waren. Man mußte zwei Grafschaften Jeffreys, einem Manne von sehr
+jungem Adel und von geringem Grundbesitz, und zwei andere Preston, der
+nicht einmal Peer von England war, zuertheilen. Die übrigen ihrer
+Statthalter beraubten Grafschaften wurden fast ohne Ausnahme bekannten
+Katholiken oder solchen Höflingen überwiesen, welche dem Könige im
+Geheimen versprochen hatten, zur römisch-katholischen Kirche
+überzutreten, sobald die Klugheit es ihnen gestatten würde.</p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVIII_40" id = "noteVIII_40" href =
+"#tagVIII_40">40.</a>
+Der König war nur Lorchen’s Karl III. Ob Dorset oder Major Hart die Ehre
+hatte ihr Karl&nbsp;I. zu sein, ist eine streitige Frage. Meines
+Bedünkens scheint Dorset gegründeteren Anspruch auf diesen Vorzug zu
+haben. Siehe die gestrichene Stelle in Burnet I. 263, und Pepys’
+Tagebuch vom 26. Oct. 1667.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_41" id = "noteVIII_41" href =
+"#tagVIII_41">41.</a>
+<span class = "antiqua">Pepys’s Diary</span>; Prior’s Widmung seiner
+Gedichte an den Herzog von Dorset; <span class = "antiqua">Johnson’s
+Life of Dorset</span>; <span class = "antiqua">Dryden’s Essay on
+Satire</span> und seine Widmung des <span class = "antiqua">Essay on
+Dramatic Poesy</span>. Dorset’s Liebe zu seiner Gattin und seine strenge
+eheliche Treue wird von dem ausschweifenden Narren Sir Georg Etherege in
+seinen Briefen aus Regensburg vom 9.(19.) Dec. 1687 und 16.(26.) Jan.
+1688 mit höhnender Geringschätzung erwähnt; Shadwell’s Widmung zu seinem
+<span class = "antiqua">Squire of Alsatia</span>; <span class =
+"antiqua">Burnet <ins class = "correction" title = "Original hat ,">I.</ins> 264</span>; <span class = "antiqua">Mackay’s
+Characters.</span> Einige Seiten von Dorset’s Character werden in seiner
+von Pope verfassten Grabschrift treffend angedeutet:</p>
+
+<div class = "verse">
+<p>Doch sanft war sein Herz, wenn auch streng sein Lied;</p>
+</div>
+
+<p class = "continue">
+und weiterhin:</p>
+
+<div class = "verse">
+<p>Ein glücklicher Hofmann, von Fürst und Land geliebt,</p>
+<p>Und dennoch treu der Freundschaft und der Muße.</p>
+</div>
+
+<p><a name = "noteVIII_42" id = "noteVIII_42" href =
+"#tagVIII_42">42.</a>
+Barillon, 9.(19.) Jan. 1688; Citters, Jan. 31. (Febr. 10.)</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_43" id = "noteVIII_43" href =
+"#tagVIII_43">43.</a>
+Adda, 3.(13.) u. 10.(20.) Febr. 1688.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_44" id = "noteVIII_44" href =
+"#tagVIII_44">44.</a>
+Die Grafschaft York, die größte von England, wird in drei Bezirke (<span
+class = "antiqua">Ridings</span>)
+eingetheilt.&emsp;&emsp;D.&nbsp;Übers.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_45" id = "noteVIII_45" href =
+"#tagVIII_45">45.</a>
+Barillon, 5.(15.), 8.(18.) u. 12.(22.) Dec. 1687; Citters, 29. Nov. (9.
+Dec.) u. <ins class = "correction" title = "Original hat »2.(12. Dec.).«">2.(12.) Dec.</ins></p>
+</div>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+An die Obrigkeiten gerichtete Fragen, und Antworten darauf.</span>
+<a name = "secVIII_37" id = "secVIII_37">Endlich</a> wurde die neue
+Maschinerie in Bewegung gesetzt und bald kam aus allen Gegenden des
+Landes die Nachricht von der vollständigen und hoffnungslosen
+Niederlage. Der Katechismus, nach welchem die Lordlieutenants die
+Gesinnungen der Landgentry erforschen sollten, bestand aus drei Fragen.
+Jeder Magistratsbeamte und jeder Stellvertreter des Lordlieutenants
+mußte gefragt werden, erstens ob er, im Fall er gewählt würde, um im
+Parlamente zu dienen, für eine im Sinne der Indulgenzerklärung gefaßte
+Bill stimmen wolle; zweitens ob er als Wähler seine Stimme solchen
+Candidaten geben wolle, die sich verpflichteten, für eine derartige Bill
+zu stimmen; und drittens ob er als Privatmann die wohlwollenden Zwecke
+des Königs fördern wolle, indem er mit Leuten jeder religiösen
+Überzeugung in Frieden lebte.<a class = "tag" name = "tagVIII_46" id =
+"tagVIII_46" href = "#noteVIII_46">46</a></p>
+
+<p>Sobald diese Fragen bekannt geworden waren, wurde ein mit seltener
+Geschicklichkeit entworfenes Antwortformular im ganzen Lande verbreitet
+und allgemein angenommen. Es lautete folgendermaßen: „Im Fall mir
+<span class = "pagenum">VIII.42</span>
+<a name = "pageVIII_42" id = "pageVIII_42"> </a>
+die Ehre zu Theil werden sollte, einen Sitz im Hause der Gemeinen
+einzunehmen, werde ich als Mitglied dieses Hauses es für meine Pflicht
+halten, die Gründe, welche für und gegen eine Indulgenzbill im Laufe der
+Debatte geltend gemacht werden, sorgfältig zu erwägen, und dann nach
+meiner gewissenhaften Überzeugung zu stimmen. Als Wähler werde ich meine
+Stimme solchen Candidaten geben, deren Begriffe von den Pflichten eines
+Volksvertreters mit meinen eigenen übereinstimmen. Als Privatmann hege
+ich den Wunsch, mit Jedermann in Frieden und Eintracht zu leben.“</p>
+
+<p class = "footnote">
+<a name = "noteVIII_46" id = "noteVIII_46" href = "#tagVIII_46">46.</a>
+Citters, 28. Oct. (7. Nov.) 1687; <span class = "antiqua">Lonsdale’s
+Memoirs.</span></p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Scheitern der Pläne des Königs.</span>
+<a name = "secVIII_38" id = "secVIII_38">Diese</a> Antwort, die noch
+viel trotziger war als eine förmliche Weigerung, weil sie einen leichten
+Anflug von milder und anständiger Ironie hatte, über die man sich nicht
+wohl gereizt zeigen konnte, war Alles was die Emissäre des Hofes von den
+meisten Landgentlemen erlangen konnten. Gegenvorstellungen,
+Versprechungen und Drohungen wurden vergebens angewendet. Der Herzog von
+Norfolk, obgleich Protestant und mit dem Verfahren der Regierung
+unzufrieden, hatte sich zu ihrem Werkzeuge in zwei Grafschaften
+hergegeben. Er begab sich zuerst nach Surrey, wo er aber bald sah, daß
+er nichts ausrichten konnte.<a class = "tag" name = "tagVIII_47" id =
+"tagVIII_47" href = "#noteVIII_47">47</a> Dann ging er nach Norfolk, von
+wo er ebenfalls bald zurückkehrte, um dem Könige zu melden, daß ihm von
+siebzig Gentlemen, welche in dieser großen Provinz öffentliche Ämter
+bekleideten, nur sechs Hoffnung gemacht hätten, die Politik des Hofes zu
+unterstützen.<a class = "tag" name = "tagVIII_48" id = "tagVIII_48" href
+= "#noteVIII_48">48</a> Der Herzog von Beaufort, dessen Autorität sich
+über vier englische Grafschaften und über das ganze Fürstenthum Wales
+erstreckte, kam mit einem nicht minder niederschlagenden Berichte nach
+Whitehall.<a class = "tag" name = "tagVIII_49" id = "tagVIII_49" href =
+"#noteVIII_49">49</a> Rochester war Lordlieutenant von Hertfordshire.
+Sein ganzer kleiner Schatz von Tugend war in dem Kampfe gegen die starke
+Versuchung, seine Religion für Geld zu verkaufen, aufgezehrt worden; er
+war noch durch einen Jahrgehalt von viertausend Pfund an den Hof
+gebunden, und zum Dank dafür war er zu jedem wenn auch noch so
+ungesetzlichen und erniedrigenden Dienste bereit, vorausgesetzt, daß man
+nicht die Formalität einer Aussöhnung mit Rom von ihm verlangte. Er
+hatte sich bereitwilligst der Aufgabe unterzogen, seine Grafschaft zu
+bearbeiten, und er ging dabei, wie immer, mit übereilter Heftigkeit und
+Gewaltthätigkeit zu Werke. Aber er verschwendete seinen Eifer vergebens
+an die starrsinnigen Squires, mit denen er es zu thun hatte. Sie
+erklärten ihm einstimmig, daß sie keinen Mann ins Parlament schicken
+wollten, der für die Beseitigung der Schutzwehren des protestantischen
+Glaubens stimmen würde.<a class = "tag" name = "tagVIII_50" id =
+"tagVIII_50" href = "#noteVIII_50">50</a> Dieselbe Antwort erhielt der
+Kanzler auch in Buckinghamshire.<a class = "tag" name = "tagVIII_51" id
+= "tagVIII_51" href = "#noteVIII_51">51</a> Die Gentry von Shropshire
+weigerte sich in einer zu Ludlow veranstalteten Zusammenkunft einhellig,
+sich durch das von dem Könige verlangte Versprechen zu binden.<a class =
+"tag" name = "tagVIII_52" id = "tagVIII_52" href = "#noteVIII_52">52</a>
+Der Earl von Yarmouth berichtete
+<span class = "pagenum">VIII.43</span>
+<a name = "pageVIII_43" id = "pageVIII_43"> </a>
+aus Wiltshire, daß von sechzig Magistratsbeamten und
+Statthaltersubstituten, mit denen er gesprochen, nur sieben eine
+günstige Antwort gegeben hätten und daß man selbst diesen nicht trauen
+könne.<a class = "tag" name = "tagVIII_53" id = "tagVIII_53" href =
+"#noteVIII_53">53</a> Der Renegat Peterborough richtete eben so wenig in
+Northamptonshire aus.<a class = "tag" name = "tagVIII_54" id =
+"tagVIII_54" href = "#noteVIII_54">54</a> Nicht glücklicher war sein
+Genosse Dover in Cambridgeshire.<a class = "tag" name = "tagVIII_55" id
+= "tagVIII_55" href = "#noteVIII_55">55</a> Auch Preston brachte
+schlechte Nachrichten aus Cumberland und Westmoreland; Dorsetshire und
+Huntingdonshire waren von dem nämlichen Geiste beseelt. Der Earl von
+Bath kehrte nach langem Stimmenwerben mit trostlosen Nachrichten aus dem
+Westen zurück. Er war ermächtigt worden, den Bewohnern dieser Gegenden
+die verführerischesten Anerbietungen zu machen. Insbesondere hatte er
+versprochen, daß, wenn die Wünsche des Königs gebührend berücksichtigt
+würden, der Zinnhandel von den auf ihm lastenden drückenden
+Beschränkungen befreit werden solle. Aber dieser Köder, dem man zu einer
+andren Zeit nicht widerstanden haben würde, wurde jetzt mit Verachtung
+zurückgewiesen. Alle Friedensrichter und Statthaltersubstituten von
+Devonshire und Cornwall erklärten ohne eine einzige Ausnahme, daß sie
+Gut und Blut für den König opfern würden, daß aber die protestantische
+Religion ihnen noch theurer sei als Gut und Blut. „Und,“ setzte Bath
+hinzu, „wenn Eure Majestät alle diese Gentlemen absetzte, so würden ihre
+Nachfolger ganz die nämliche Antwort geben“.<a class = "tag" name =
+"tagVIII_56" id = "tagVIII_56" href = "#noteVIII_56">56</a> Wenn es
+irgend einen Bezirk gab, in welchem die Regierung auf einen günstigen
+Erfolg hoffen durfte, so war es Lancashire. Man hatte starke Zweifel
+gehegt, ob das Resultat in dieser Provinz mit dem der meisten anderen
+Grafschaften übereinstimmen werde. In keinem Theile des Landes gab es so
+viele reiche und angesehene Familien, welche dem alten Glauben anhingen,
+und die Oberhäupter vieler dieser Familien waren kraft der
+Dispensationsgewalt zu Friedensrichtern und Commandanten der Miliz
+ernannt worden. Doch auch von dort meldete der neue Lordstatthalter,
+selbst ein Katholik, daß zwei Drittel seiner Substituten und der
+Magistratsbeamten dem Hofe feindlich gesinnt seien.<a class = "tag" name
+= "tagVIII_57" id = "tagVIII_57" href = "#noteVIII_57">57</a> Noch viel
+schmerzlicher verletzte das Ergebniß in Hampshire den Stolz des Königs.
+Arabella Churchill hatte ihm vor mehr als zwanzig Jahren einen Sohn
+geboren, der späterhin als einer der geschicktesten Generäle Europa’s
+weit und breit berühmt wurde. Der junge Mann hieß Jakob Fitzjames und
+bis dahin hatte noch nichts in ihm vermuthen lassen, daß er sich einst
+zu hoher Auszeichnung emporschwingen würde; aber sein Character und sein
+Benehmen waren so sanft und herzgewinnend, daß er keinen Feind hatte,
+außer Marien von Modena, welche den Sohn der Concubine schon seit langer
+Zeit mit dem bitteren Ingrimm einer kinderlosen Gattin haßte. Ein
+kleiner Theil der jesuitischen Faction hatte, bevor die Schwangerschaft
+der Königin angekündigt wurde, ganz ernstlich daran gedacht, ihn als
+Kronprätendenten neben der Prinzessin von Oranien aufzustellen.<a class
+= "tag" name = "tagVIII_58" id = "tagVIII_58" href =
+"#noteVIII_58">58</a> Wenn man bedenkt, wie vollständig dem Herzoge von
+Monmouth, obgleich das
+<span class = "pagenum">VIII.44</span>
+<a name = "pageVIII_44" id = "pageVIII_44"> </a>
+niedere Volk ihn für legitim hielt und obgleich er der Vorkämpfer des
+nationalen Glaubens war, ein ähnlicher Versuch mißlang, so muß es
+unbegreiflich erscheinen, wie ein Mann durch den Fanatismus so ganz
+verblendet sein konnte, daß er nur auf die Idee kam, einen jungen
+Menschen, der allgemein als ein papistischer Bastard bekannt war, auf
+den Thron erheben zu wollen. Es läßt sich nicht mit Gewißheit sagen, ob
+der König diesem albernen Plane seinen Beifall zollte. Der junge Mann
+war übrigens als Prinz anerkannt und wurde mit allen Auszeichnungen
+überschüttet, welche ein nicht aus königlichem Blute entsprossener
+Unterthan nur irgend zu erlangen hoffen konnte. Er war zum Herzog von
+Berwick erhoben worden und bekleidete jetzt mehrere ehrenvolle und
+einträgliche Stellen, welche Edelleuten, die sich den königlichen
+Befehlen nicht hatten fügen wollen, abgenommen worden waren. Er war der
+Nachfolger des Earls von Oxford als Oberst der Blauen und des Earls von
+Gainsborough als Lordlieutenant von Hampshire, Wildmeister des Neuen
+Forstes und Gouverneur von Portsmouth. Berwick erwartete, daß ihn an der
+Grenze von Hampshire, der Sitte gemäß, ein langer Zug von Baronets,
+Rittern und Squires empfangen werde; aber nicht eine einzige angesehene
+Person hatte sich zu seiner Begrüßung eingefunden. Er sendete Schreiben
+aus, durch welche er die Gentry zu sich entbot, aber nur fünf oder sechs
+beachteten diese Einladung. Die Übrigen warteten ihre Entlassung gar
+nicht ab; sie erklärten im voraus, daß sie keinen Theil an der Civil-
+oder Militairverwaltung ihrer Grafschaft haben möchten, so lange der
+König daselbst durch einen Papisten vertreten sei, und legten ihre
+Stellen freiwillig nieder.<a class = "tag" name = "tagVIII_59" id =
+"tagVIII_59" href = "#noteVIII_59">59</a></p>
+
+<p>Sunderland, der an die Stelle des Earls von Northampton zum
+Lordlieutenant von Warwickshire ernannt worden war, fand eine Ausflucht,
+um nicht in diese Grafschaft zu gehen und die Entrüstung und Verachtung
+der dortigen Gentry auf sich zu laden, und seine Entschuldigung wurde um
+so bereitwilliger angenommen, da der König endlich einzusehen begann,
+daß sich der Sinn der Landgentry nicht beugen ließ.<a class = "tag" name
+= "tagVIII_60" id = "tagVIII_60" href = "#noteVIII_60">60</a></p>
+
+<p>Es muß bemerkt werden, daß Diejenigen, welche diesen trotzigen Sinn
+an den Tag legten, nicht die alten Feinde des Hauses Stuart waren. Die
+Listen der Friedensrichter und Statthaltersubstituten waren schon längst
+von allen republikanischen Namen sorgfältig gesäubert. Die Männer, denen
+die Regierung vergebens das Versprechen der Unterstützung abzuzwingen
+versucht hatte, waren fast ohne Ausnahme Tories. Die älteren von ihnen
+konnten noch Narben, welche von den Schwertern der Rundköpfe herrührten,
+und Empfangsbescheinigungen über Silbergeschirr aufweisen, das sie
+Karl&nbsp;I. in seiner Noth geschickt hatten. Die Jüngeren hatten gegen
+Shaftesbury und Monmouth fest zu Jakob gehalten. Dies waren die Männer,
+welche jetzt von dem nämlichen Fürsten, dem sie so glänzende Beweise von
+treuer Anhänglichkeit gegeben hatten, in Masse ihrer Ämter entsetzt
+wurden. Die Entlassung machte sie aber nur noch entschlossener; es war
+bei ihnen zu einer heiligen Ehrensache geworden, in dieser Krisis fest
+zusammenzuhalten. Es konnte keinem Zweifel unterliegen, daß, wenn bei
+der Stimmenzählung ehrlich zu Werke gegangen
+<span class = "pagenum">VIII.45</span>
+<a name = "pageVIII_45" id = "pageVIII_45"> </a>
+wurde, nicht ein einziger der Regierungspolitik günstiger
+Grafschaftsabgeordneter gewählt werden würde. Die Leute fragten einander
+daher mit nicht geringer Besorgniß, ob man wohl erwarten könne, daß bei
+der Stimmenzählung ehrlich zu Werke gegangen werden würde.</p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVIII_47" id = "noteVIII_47" href =
+"#tagVIII_47">47.</a>
+Citters, 22. Nov. (2. Dec.) 1687.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_48" id = "noteVIII_48" href =
+"#tagVIII_48">48.</a>
+Citters, 27. Dez. (6. Jan.) 1687/88.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_49" id = "noteVIII_49" href =
+"#tagVIII_49">49.</a>
+<span class = "antiqua">Ibid.</span></p>
+
+<p><a name = "noteVIII_50" id = "noteVIII_50" href =
+"#tagVIII_50">50.</a>
+Johnstone erwähnt zweimal, unterm 25. Nov. und unterm 8. Dec. 1687, den
+beleidigenden Eifer, den Rochester bei dieser Gelegenheit zeigte. Das
+Mißlingen seiner Bemühungen erwähnt Citters unterm 6.(16.) Dec.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_51" id = "noteVIII_51" href =
+"#tagVIII_51">51.</a>
+Citters, 6.(16.) Dec. 1687.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_52" id = "noteVIII_52" href =
+"#tagVIII_52">52.</a>
+<span class = "antiqua">Ibid.</span> 20.(30.) Dec. 1687.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_53" id = "noteVIII_53" href =
+"#tagVIII_53">53.</a>
+Citters, 30. März (9. April) 1687.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_54" id = "noteVIII_54" href =
+"#tagVIII_54">54.</a>
+<span class = "antiqua">Ibid.</span> 22. Nov. (2. Dec.) 1687.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_55" id = "noteVIII_55" href =
+"#tagVIII_55">55.</a>
+<span class = "antiqua">Ibid.</span> 15.(25.) Nov. 1687.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_56" id = "noteVIII_56" href =
+"#tagVIII_56">56.</a>
+<span class = "antiqua">Ibid.</span> 10.(20.) April 1688.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_57" id = "noteVIII_57" href =
+"#tagVIII_57">57.</a>
+Die ängstliche Spannung wegen Lancashire erwähnt Citters in einer
+Depesche vom 18.(28.) Nov. 1687, das Resultat in einer vier Tage später
+datirten.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_58" id = "noteVIII_58" href =
+"#tagVIII_58">58.</a>
+Bonrepaux, 11.(21.) Juli 1687.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_59" id = "noteVIII_59" href =
+"#tagVIII_59">59.</a>
+Citters, 3.(13.) Febr. 1688.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_60" id = "noteVIII_60" href =
+"#tagVIII_60">60.</a>
+Citters, 5.(15.) April 1688.</p>
+</div>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Liste der Sheriffs.</span>
+<a name = "secVIII_39" id = "secVIII_39">Mit</a> Ungeduld sah man der
+Liste der Sheriffs für das neue Jahr entgegen. Sie erschien, während die
+Lordlieutenants noch auf ihrer Werbungsreise begriffen waren, und wurde
+mit einem allgemeinen Schrei des Zornes und Unwillens aufgenommen. Die
+Mehrzahl dieser Beamten, welche bei den Grafschaftswahlen die
+Oberleitung hatten, waren entweder Katholiken oder protestantische
+Dissenters, die ihre Zustimmung zur Indulgenzerklärung ausgesprochen
+hatten.<a class = "tag" name = "tagVIII_61" id = "tagVIII_61" href =
+"#noteVIII_61">61</a> Eine Zeit lang hegte man die schlimmsten
+Befürchtungen, die aber bald wieder schwanden. Man hatte guten Grund,
+anzunehmen, daß über einen gewissen Punkt hinaus der König auch nicht
+auf die Unterstützung der seiner eigenen Kirche angehörenden Sheriffs
+rechnen könne.</p>
+
+<p class = "footnote">
+<a name = "noteVIII_61" id = "noteVIII_61" href = "#tagVIII_61">61.</a>
+<span class = "antiqua">London Gazette, Dec. 5. 1687</span>; Citters,
+6.(16.) Dec.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Character der katholischen Landgentlemen.</span>
+<a name = "secVIII_40" id = "secVIII_40">Zwischen</a> dem katholischen
+Höflinge und dem katholischen Landgentleman herrschte nur sehr geringe
+Sympathie. Die in Whitehall dominirende Cabale bestand theils aus
+Fanatikern, welche zum Zwecke der Verbreitung ihres Glaubens bereit
+waren, alle Gesetze der Moral über den Haufen zu werfen und die ganze
+Welt in eine heillose Verwirrung zu stürzen, theils aus Heuchlern,
+welche um des Gewinnes willen von dem Glauben, in dem sie erzogen
+worden, abgefallen waren und die jetzt den allen Neubekehrten eigenen
+Eifer auf die Spitze trieben. Sowohl die Fanatiker als auch die Heuchler
+am Hofe hatten zum größten Theil keine Spur von englischer
+Anschauungsweise. In einigen von ihnen hatte die unbedingte Hingebung
+für ihre Kirche alles Nationalgefühl erstickt; andere waren Irländer,
+deren Patriotismus in einem tödtlichen Hasse gegen die sächsischen
+Eroberer Irlands bestand; noch andere waren Verräther, die von einer
+auswärtigen Macht einen regelmäßigen Sold bezogen, und wieder andere
+hatten einen großen Theil ihres Lebens im Auslande zugebracht, und waren
+entweder bloße Kosmopoliten oder hegten einen positiven Widerwillen
+gegen die Sitten und Staatseinrichtungen des Landes, das sie jetzt zu
+regieren hatten. Diese Leute hatten mit einem noch der alten Kirche
+anhängenden Gutsbesitzer von Cheshire oder Staffordshire kaum irgend
+etwas gemein. Er war weder Fanatiker noch Heuchler, er war Katholik,
+weil sein Vater und Großvater Katholiken gewesen waren, und er hing an
+seinem ererbten Glauben, wie die Menschen in der Regel an demselben
+hängen, aufrichtig aber ohne sonderliche Begeisterung. In jeder andren
+Beziehung war er nichts weiter als eben ein englischer Squire, der sich
+von den benachbarten Squires höchstens dadurch unterschied, daß er noch
+etwas ungebildeter und bäuerischer war als sie. Die auf ihm lastenden
+Ausschließungen hatten ihn verhindert, sich bis zu der allerdings selbst
+nur mäßig hohen Bildungsstufe zu erheben, auf der die meisten
+protestantischen Landgentlemen standen. Als Knabe von Eton und
+Westminster, als Jüngling von Oxford und Cambridge, als Mann vom
+Parlament und von der Richterbank ausgeschlossen, vegetirte er still und
+ruhig hin, wie die Ulmen der Allee, die zu dem ererbten Meierhofe seiner
+<span class = "pagenum">VIII.46</span>
+<a name = "pageVIII_46" id = "pageVIII_46"> </a>
+Vorfahren führte. Seine Kornfelder, seine Milchwirthschaft, seine
+Ciderpresse, seine Jagdhunde, seine Angelruthe und seine Flinte, sein
+Bier und sein Tabak beschäftigten fast allein seine Gedanken. Mit seinen
+Nachbarn stand er trotz der Glaubensverschiedenheit in der Regel auf
+gutem Fuße. Sie kannten ihn als einen harmlosen Mann ohne Ehrgeiz, er
+stammte fast durchgängig aus einer guten und alten Familie und war immer
+ein Kavalier. Er drang Niemandem seine persönlichen Ansichten auf und
+wurde Niemandem lästig damit, er quälte nicht, wie ein Puritaner, sich
+selbst und Andere mit Gewissensskrupeln über alle Genüsse des Lebens; im
+Gegentheil, er war ein eben so leidenschaftlicher Jagdliebhaber und ein
+eben so heiterer Gesellschafter als irgend Einer, der den Suprematseid
+und die Erklärung gegen die Transsubstantiation angenommen hatte. Er
+ging mit seinen Nachbarsquires auf die Jagd, hielt bis zum Hallali bei
+ihnen aus und nahm sie nach beendeter Jagd mit sich nach Hause zu einer
+Wildpretpastete und zu einem Kruge Octoberbier, das seine vier Jahre auf
+Flaschen lag. Die Bedrückungen, die er erduldet, waren nicht so arg, daß
+sie ihn zu einem verzweifelten Entschlusse hätten treiben können; selbst
+als seine Kirche schonungslos verfolgt wurde, waren sein Leben und sein
+Eigenthum nicht in großer Gefahr. Der schamloseste falsche Zeuge würde
+es schwerlich gewagt haben, der Wahrheit so frech ins Gesicht zu
+schlagen, daß er ihn beschuldigt hätte, ein Verschwörer zu sein. Die
+Papisten, welche Oates zu seinen Angriffen auswählte, waren Peers,
+Prälaten, Jesuiten, Benedictiner, thätige politische Agenten, Juristen
+mit ausgedehnter Praxis und Hofärzte. Der katholische Landgentlemen
+konnte unter dem Schutze seiner Verborgenheit, seines leutseligen Wesens
+und der Zuneigung seiner Umgebungen unbelästigt seine Ernte einbringen
+und seine Waidtasche mit Wild füllen, während Coleman und Langhorne,
+Whitbread und Pickering, Erzbischof Plunkett und Lord Stafford durch den
+Strick oder durch das Beil starben. Eine Bande elender Schurken machte
+zwar den Versuch, gegen Sir Thomas Gascoigne, einen bejahrten
+katholischen Baronet in Yorkshire, eine Anklage auf Hochverrath zu
+erheben, aber zwölf der besten Gentlemen des Westbezirks, die seinen
+Lebenswandel kannten, hielten es nicht für möglich, daß ihr ehrenwerther
+alter Bekannter Banditen zur Ermordung des Königs gedungen haben sollte,
+und sprachen trotz mancherlei der Richterbank eben nicht zur Ehre
+gereichender Versuche ein „Nichtschuldig“ aus. Wohl mochte es für das
+Oberhaupt einer alten, angesehenen Familie in der Provinz ein
+schmerzlicher Gedanke sein, daß er seines Glaubens wegen von ehrenvollen
+Stellen und Ämtern ausgeschlossen war, zu deren Bekleidung Männer von
+niedererer Herkunft und geringerem Vermögen für berechtigt gehalten
+wurden; aber er hatte nicht Lust, Land und Leben im Kampfe gegen eine
+erdrückende Übermacht auf’s Spiel zu setzen, und sein gerader, ächt
+englischer Character würde, vor Mitteln, wie ein Petre und Tyrconnel sie
+anwendeten, mit Abscheu zurückgebebt sein. Deshalb würde er jedoch eben
+so bereitwillig, als irgend einer seiner protestantischen Nachbarn zur
+Vertheidigung seines Vaterlandes gegen einen Einfall der Franzosen oder
+irischen Papisten das Schwert um die Lenden gegürtet und die Pistolen in
+die Halfter gesteckt haben. Dies war der allgemeine Character der
+Männer, in denen Jakob jetzt die sichersten Werkzeuge zur Leitung der
+Grafschaftswahlen zu erblicken glaubte. Er überzeugte sich jedoch bald,
+daß sie nicht geneigt
+<span class = "pagenum">VIII.47</span>
+<a name = "pageVIII_47" id = "pageVIII_47"> </a>
+waren, sich durch einen ihm zu leistenden schimpflichen und strafbaren
+Dienst die Achtung ihrer Nachbarn zu verscherzen und Leben und Vermögen
+zu gefährden. Mehrere von ihnen weigerten sich, Sheriffs zu werden, und
+von denen, welche die Ernennung annahmen, erklärten viele, daß sie eben
+so gewissenhaft, als wenn sie Mitglieder der Staatskirche wären, ihre
+Pflicht erfüllen, und keinen Wahlcandidaten, der nicht eine wirkliche
+Stimmenmehrheit hätte, in’s Parlament schicken würden.<a class = "tag"
+name = "tagVIII_62" id = "tagVIII_62" href = "#noteVIII_62">62</a></p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVIII_62" id = "noteVIII_62" href =
+"#tagVIII_62">62.</a>
+Etwa zwanzig Jahre vor dieser Zeit sprach sich ein Jesuit über die
+eingezogene Lebensweise der katholischen Gentry Englands folgendermaßen
+aus: <span class = "antiqua">„La nobilità Inglese, senon se legata in
+serviglio di Corte ò in opera di maestrato, vive, e godo il più dell’
+anno a la campagna, ne’ suoi palagi e poderi, dove son liberi e padroni;
+è ciò tanto più sollecitamente i Cattolici quanto più utilmente, si come
+meno osservati colà.“ &mdash; L’Inghilterra descritta dal P. Daniello
+Bartoli. Roma, 1667.</span></p>
+
+<p class = "continue">
+„Viele von den papistischen Sheriffs,“ schrieb Johnstone, „sind begütert
+und erklären, daß man sich sehr irren würde, wenn man gefälschte Wahlen
+von ihnen erwartete. Die papistische Gentry, welche auf ihren Landgütern
+lebt, ist von der städtischen weit verschieden. Mehrere von ihnen haben
+es abgelehnt, Sheriffs oder Statthaltersubstituten zu werden.“ &mdash;
+8. Dec. 1687.</p>
+
+<p class = "continue">
+Ronquillo sagt das Nämliche: <span class = "antiqua">„Algunos Catolicos
+que fueron nombrados por sherifes se han excusado.“</span> &mdash;
+9.(19.) Jan. 1688. Einige Monate später versichert er seinem Hof, daß
+die katholischen Landgentlemen gern zu einer Verständigung die Hand
+bieten würden, deren Grundbedingungen die Abschaffung der Strafgesetze
+und die Beibehaltung des Religionseides wären. <span class =
+"antiqua">„Estoy informado,“</span> sagt er, <span class =
+"antiqua">„que los Catolicos de las provincias no lo reprueban, pues no
+pretendiendo oficios, y siendo solo algunos de la Corte los provechosos,
+les parece que mejoran su estado, quedando seguros ellos y sus
+descendientes en la religion, en la quietud, y en la seguridad de sus
+haciendas.“</span> &mdash; 23. Juli (2. Aug.) 1688.</p>
+</div>
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Stimmung der Dissenters.</span>
+<a name = "secVIII_41" id = "secVIII_41">Konnte</a> der König schon auf
+seine katholischen Sheriffs wenig rechnen, so konnte er sich noch viel
+weniger auf die puritanischen verlassen. Seit dem Erscheinen der
+Indulgenzerklärung waren mehrere Monate verflossen, Monate voll
+wichtiger Ereignisse und fortwährender Streitigkeiten. Die öffentliche
+Besprechung der Angelegenheiten hatte vielen Dissenters die Augen
+geöffnet, aber die Maßregeln der Regierung, und vorzugsweise das strenge
+Verfahren gegen das Magdalenen-Collegium, hatte mehr als selbst die
+Feder eines Halifax dazu beigetragen, alle Klassen der Protestanten
+aufzurütteln und zu vereinigen. Die meisten von den Sectirern, die sich
+hatten verleiten lassen, ihren Dank für die Indulgenz auszudrücken,
+schämten sich jetzt ihres Irrthums und wünschten sehnlichst, ihn dadurch
+wieder gut zu machen, daß sie sich der großen Masse ihrer Landsleute
+anschlossen.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Regulirung der Corporationen.</span>
+<a name = "secVIII_42" id = "secVIII_42">In</a> Folge dieses Umschwungs
+in den Gesinnungen der Nonconformisten stieß die Regierung in den
+Städten auf fast eben so große Schwierigkeiten, wie auf dem platten
+Lande. Als die Regulatoren ihre Arbeit begannen, hatten sie fest darauf
+gerechnet, daß jeder Dissenter, der sich zu Gunsten der Indulgenz
+ausgesprochen hatte, auch die Politik des Königs unterstützen werde. Sie
+waren daher überzeugt, daß sie im Stande sein würden, alle
+Municipalämter des Königreichs mit zuverlässigen Freunden zu besetzen.
+In den neuen Städteordnungen hatte sich die Krone das Recht vorbehalten,
+Magistratsbeamte nach ihrem Belieben zu entlassen. Dieses Recht wurde
+jetzt ohne alle Beschränkung ausgeübt. Durchaus nicht so klar war es
+<span class = "pagenum">VIII.48</span>
+<a name = "pageVIII_48" id = "pageVIII_48"> </a>
+jedoch, daß Jakob auch das Recht hatte, neue Magistratsbeamte zu
+ernennen; aber mochte es ihm nun zustehen oder nicht, er beschloß, es
+sich zu nehmen. Allenthalben, vom Tweed bis Landsend, wurden
+toryistische Beamte abgesetzt und Presbyterianer, Independenten und
+Baptisten an ihrer Stelle ernannt. In dem neuen Freibriefe der
+Hauptstadt hatte sich die Krone das Recht vorbehalten, alle Vorsteher,
+Pfleger und Beisitzer der Innungen zu entlassen. In Folge dessen wurden
+über achthundert angesehene Bürger, sämmtlich Mitglieder der Partei, die
+sich der Ausschließungsbill widergesetzt hatte, durch einen einzigen
+Erlaß ihrer Ämter enthoben. Bald darauf erschien ein Nachtrag zu dieser
+langen Liste.<a class = "tag" name = "tagVIII_63" id = "tagVIII_63" href
+= "#noteVIII_63">63</a> Aber die neuen Angestellten waren kaum
+vereidigt, so zeigte es sich, daß sie eben so unfügsam waren, als ihre
+Vorgänger. In Newcastle am Tyne ernannten die Regulatoren einen
+katholischen Mayor und puritanische Aldermen. Man zweifelte keinen
+Augenblick, daß die so umgestaltete Municipalbehörde eine Adresse
+beschließen werde, in der sie die Maßregeln des Königs zu unterstützen
+versprach. Die Adresse wurde jedoch verweigert. Der Mayor reiste wüthend
+nach London und sagte dem Könige, die Dissenters seien alle Schurken und
+Rebellen und die Regierung könne in der ganzen Corporation auf nicht
+mehr als vier Stimmen rechnen.<a class = "tag" name = "tagVIII_64" id =
+"tagVIII_64" href = "#noteVIII_64">64</a> In Reading wurden
+vierundzwanzig toryistische Aldermen entlassen und vierundzwanzig neue
+ernannt. Von diesen erklärten sich dreiundzwanzig sofort gegen die
+Indulgenz und wurden deshalb ebenfalls wieder entlassen.<a class = "tag"
+name = "tagVIII_65" id = "tagVIII_65" href = "#noteVIII_65">65</a> Im
+Laufe weniger Tage wurde der Stadtbezirk von Yarmouth nacheinander durch
+drei verschiedene Magistratskörper verwaltet, welche sämmtlich dem Hofe
+gleich feindlich gesinnt waren.<a class = "tag" name = "tagVIII_66" id =
+"tagVIII_66" href = "#noteVIII_66">66</a> Dies sind nur einzelne
+Beispiele von dem was im ganzen Lande geschah. Der holländische Gesandte
+berichtete an die Generalstaaten, daß in manchen Städten die
+Magistratsbeamten in einem Monate zwei und selbst dreimal, aber dennoch
+vergebens gewechselt worden seien.<a class = "tag" name = "tagVIII_67"
+id = "tagVIII_67" href = "#noteVIII_67">67</a> Aus den Acten des
+Geheimen Raths geht hervor, daß die Zahl der Regulationen, wie sie
+genannt wurden, zweihundert überstieg.<a class = "tag" name =
+"tagVIII_68" id = "tagVIII_68" href = "#noteVIII_68">68</a> Die
+Regulatoren fanden in der That, daß in nicht wenigen Städten die
+Veränderung eine Verschlimmerung war. Die mißvergnügten Tories hatten,
+wenn sie auch über die Politik des Königs murrten; doch wenigstens stets
+Achtung für seine Person und seinen Thron an den Tag gelegt und jeden
+Gedanken an Widerstand verworfen. Ganz anders war die Sprache einiger
+neuen Mitglieder der Corporationen. Man sagte, daß alte Soldaten der
+Republik, welche zu ihrem eignen wie zum Erstaunen des Publikums zu
+Aldermen ernannt worden waren, den Agenten des Hofes deutlich zu
+verstehen gäben, es müsse erst Blut fließen, bevor Papismus und
+Willkürgewalt in England zur Herrschaft gelangten.<a class = "tag" name
+= "tagVIII_69" id = "tagVIII_69" href = "#noteVIII_69">69</a></p>
+<span class = "pagenum">VIII.49</span>
+<a name = "pageVIII_49" id = "pageVIII_49"> </a>
+
+<p>Die Regulatoren sahen, daß mit dem was sie bis jetzt gethan hatten,
+wenig oder nichts gewonnen war. Es gab indessen noch ein Mittel, aber
+auch nur dieses eine, durch das sie hoffen konnten ihren Zweck zu
+erreichen. Die Gemeindeordnungen der Wahlflecken mußten zurückgezogen
+und durch neue ersetzt werden, welche das Wahlrecht auf sehr kleine, vom
+König zu ernennende Wahlkörper beschränkten.<a class = "tag" name =
+"tagVIII_70" id = "tagVIII_70" href = "#noteVIII_70">70</a></p>
+
+<p>Aber wie war dieser Plan auszuführen? In einigen der neuen Freibriefe
+hatte sich die Krone zwar das Recht der Wiederentziehung vorbehalten,
+aber die übrigen konnte Jakob nur durch freiwillige Zurückgabe von
+Seiten der Corporationen oder durch einen Ausspruch der Kings Bench
+wieder in die Hand bekommen. Aber nur wenige Corporationen waren jetzt
+geneigt, ihre Gemeindeordnungen freiwillig aufzugeben, und ein
+Richterspruch, wie er den Zwecken des Hofes diente, war selbst von einem
+Sklaven wie Wright nicht zu erwarten. Die Quo-Warranto-Erlasse,<a class
+= "tag" name = "tagVIII_71" id = "tagVIII_71" href =
+"#noteVIII_71">71</a> welche vor einigen Jahren erschienen waren, um die
+Whigpartei zu vernichten, waren von allen Unparteiischen einhellig
+verdammt worden. Doch hatten diese Erlasse wenigstens einen Anschein von
+Recht für sich, denn sie waren gegen alte Municipalkörper gerichtet, und
+unter diesen gab es wenige, in denen im Laufe der Zeit nicht Mißbrauche
+eingerissen waren, welche genügenden Anhalt zu einem Prozeßverfahren
+darboten. Die Corporationen aber, welche jetzt angegriffen wurden,
+befanden sich noch im Alter der kindlichen Unschuld, die ältesten von
+ihnen hatten kaum ihr fünftes Lebensjahr erreicht, und es war unmöglich,
+daß viele von ihnen schon so schwer gesündigt haben sollten, daß sie
+eine Zurücknahme ihrer Privilegien verdienten. Den Richtern selbst war
+nicht wohl zu Muthe. Sie gaben zu bedenken, daß das, was man von ihnen
+verlange, den einfachsten und klarsten Grundsätzen des Rechts und der
+Gerechtigkeit schnurstracks zuwiderlaufe; aber alle Vorstellungen waren
+umsonst. Die Wahlorte wurden zur Rücksendung ihrer Freibriefe
+aufgefordert. Einige wenige kamen der Aufforderung nach; aber das
+Verfahren, welches der König gegen diese wenigen einschlug, war eben
+nicht geeignet, bei den anderen Vertrauen zu erwecken. In mehreren
+Städten wurde der Gesammtbürgerschaft das Wahlrecht entzogen und auf
+eine kleine Anzahl Personen beschränkt und diese mußten sich eidlich
+verpflichten, die von der Regierung empfohlenen Candidaten zu
+unterstützen. In Tewkesbury zum Beispiel wurde das Wahlrecht dreizehn
+Personen übertragen. Doch selbst diese Anzahl war noch zu groß. Haß und
+Furcht hatten sich so weit verbreitet, daß es kaum möglich war, auch
+durch die unredlichsten Mittel nur dreizehn Männer zu finden, auf die
+sich der Hof unbedingt verlassen konnte. Es hieß, daß die Mehrheit des
+neuen Wahlkörpers von Tewkesbury von dem nämlichen Sinne beseelt sei,
+welcher in der ganzen Nation überwiege, und daß derselbe an dem
+entscheidenden Tage zuverlässige Protestanten in’s Parlament schicken
+werde. Die Regulatoren drohten in heftigem Zorne, die Zahl der Wähler
+auf drei zu reduciren.<a class = "tag" name = "tagVIII_72" id =
+"tagVIII_72" href = "#noteVIII_72">72</a> Inzwischen
+<span class = "pagenum">VIII.50</span>
+<a name = "pageVIII_50" id = "pageVIII_50"> </a>
+weigerte sich die große Mehrzahl der Wahlorte entschieden, ihre
+Privilegien aufzugeben. Barnstaple, Winchester und Buckingham zeichneten
+sich durch die Kühnheit ihres Widerstandes besonders aus. In Oxford
+wurde der Antrag, daß die Stadt ihr Wahlrecht dem Könige zurückgeben
+solle, mit achtzig gegen zwei Stimmen verworfen.<a class = "tag" name =
+"tagVIII_73" id = "tagVIII_73" href = "#noteVIII_73">73</a> Der Tempel
+und Westminsterhall kamen durch die plötzliche Häufung von Aufträgen aus
+allen Theilen des Landes in ungewohnte Bewegung. Jeder Advokat von
+bedeutender Praxis erhielt Vollmachten über Vollmachten von den
+städtischen Corporationen, und die gewöhnlichen Clienten beklagten sich,
+daß ihre Angelegenheiten vernachlässigt würden.<a class = "tag" name =
+"tagVIII_74" id = "tagVIII_74" href = "#noteVIII_74">74</a> Es lag auf
+der Hand, daß eine geraume Zeit darüber hingehen mußte, ehe eine so
+große Anzahl Prozesse entschieden werden konnten. Diese Verzögerung war
+der Tyrannei unerträglich. Es wurde nichts unterlassen, um die
+widerspenstigen Wahlkörper durch Drohungen zur Unterwerfung zu bringen.
+In Buckingham hatten einige Municipalbeamten sich in nicht eben lobender
+Weise ausgesprochen. Man machte ihnen den Prozeß und kündigte ihnen an,
+daß mit schonungsloser Strenge gegen sie verfahren werden würde, wenn
+sie sich nicht durch Herausgabe ihres Freibriefs loskauften.<a class =
+"tag" name = "tagVIII_75" id = "tagVIII_75" href = "#noteVIII_75">75</a>
+In Winchester griff man zu noch strengeren Gewaltmaßregeln. Eine
+bedeutende Truppenabtheilung wurde in die Stadt gelegt, einzig und
+allein zu dem Zwecke, die Einwohner zu belästigen und zu quälen.<a class
+= "tag" name = "tagVIII_76" id = "tagVIII_76" href =
+"#noteVIII_76">76</a> Die Stadt blieb fest und die öffentliche Stimme
+beschuldigte den König laut, daß er die schlimmsten Verbrechen seines
+Bruders von Frankreich nachahme; die Dragonaden hätten begonnen, sagte
+man. Man hatte auch wirklich Grund zu ernsten Besorgnissen. Jakob war
+auf den Einfall gekommen, daß er den Widerstandsgeist einer hartnäckigen
+Stadt nicht wirksamer brechen könne, als indem er den Einwohnern
+Soldaten in’s Quartier legte. Er mußte wissen, daß diese Maßregel
+sechzig Jahre früher heftigen Unwillen erregt und durch die Bitte um
+Recht, ein Gesetz, das von den Engländern kaum weniger verehrt wurde,
+als die Magna Charta, feierlichst für gesetzwidrig erklärt worden war.
+Aber er hoffte von den Gerichtshöfen eine Erklärung zu erlangen, daß
+selbst die Bitte um Recht die Prärogative nicht beschränken könne. Er
+fragte in der That den Oberrichter der Kings Bench über diesen
+Gegenstand um Rath;<a class = "tag" name = "tagVIII_77" id =
+"tagVIII_77" href = "#noteVIII_77">77</a> aber das Resultat der
+Besprechung wurde geheim gehalten, und in einigen Wochen gestalteten
+sich die Dinge so, daß eine Furcht, welche noch stärker war, als selbst
+die vor der königlichen Ungnade, sogar einen so servilen Mann wie Wright
+bewog, ein wenig einzuhalten.</p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVIII_63" id = "noteVIII_63" href =
+"#tagVIII_63">63.</a>
+<span class = "antiqua">Privy Council Book, Sept. 25. 1687, Febr. 21,
+1687/88</span>.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_64" id = "noteVIII_64" href =
+"#tagVIII_64">64.</a>
+Acten der Corporation, angeführt in <span class = "antiqua">Brand’s
+History of Newcastle</span>; Johnstone, 21. Febr. 1687/88.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_65" id = "noteVIII_65" href =
+"#tagVIII_65">65.</a>
+Johnstone, 21. Febr. 1687/88.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_66" id = "noteVIII_66" href =
+"#tagVIII_66">66.</a>
+Citters, 14.(24.) Febr. 1688.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_67" id = "noteVIII_67" href =
+"#tagVIII_67">67.</a>
+Citters, 1.(11.) Mai 1688.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_68" id = "noteVIII_68" href =
+"#tagVIII_68">68.</a>
+Am Rande der Geheimrathsacten findet man die Bemerkung „Zweite
+Regulation“ und „Dritte Regulation“, wenn ein Wahlkörper mehr als einmal
+umgestaltet worden war.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_69" id = "noteVIII_69" href =
+"#tagVIII_69">69.</a>
+Johnstone, 23. Mai 1688.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_70" id = "noteVIII_70" href =
+"#tagVIII_70">70.</a>
+Johnstone, 21. Febr. 1688.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_71" id = "noteVIII_71" href =
+"#tagVIII_71">71.</a>
+Diese Erlasse, so genannt nach den beiden Anfangsworten <span class =
+"antiqua">Quo warranto</span>, ordneten eine Untersuchung über die
+Rechtsbefugnisse an, auf welche sich die Privilegien einer Corporation
+gründeten, und wenn sich eine Unregelmäßigkeit fand, wurde der Freibrief
+entzogen.
+&emsp;&emsp;D.&nbsp;Übers.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_72" id = "noteVIII_72" href =
+"#tagVIII_72">72.</a>
+Johnstone, 21. Febr. 1688.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_73" id = "noteVIII_73" href =
+"#tagVIII_73">73.</a>
+Citters, 20.(30.) März 1688.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_74" id = "noteVIII_74" href =
+"#tagVIII_74">74.</a>
+<span class = "antiqua">Ibid.</span> 1.(11.) Mai 1688.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_75" id = "noteVIII_75" href =
+"#tagVIII_75">75.</a>
+<span class = "antiqua">Ibid.</span> 22. Mai (1. Jun.) 1688.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_76" id = "noteVIII_76" href =
+"#tagVIII_76">76.</a>
+<span class = "antiqua">Ibid.</span> 1.(11.) Mai 1688.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_77" id = "noteVIII_77" href =
+"#tagVIII_77">77.</a>
+<span class = "antiqua">Ibid.</span> 18.(28.) Mai 1688.</p>
+</div>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Untersuchung in allen öffentlichen Verwaltungszweigen.</span>
+<a name = "secVIII_43" id = "secVIII_43">Während</a> die Lordlieutenants
+die Friedensrichter ausforschten und die Regulatoren die Wahlkörper
+umgestalteten, wurden alle Zweige des Staatsdienstes einer strengen
+Untersuchung unterworfen. Zuerst wurde der Palast gesäubert. Jeder mit
+Narben bedeckte alte Kavalier, der zum Ersatz für das der Sache des
+Königs geopferte Blut und Grundeigenthum ein Ämtchen in der königlichen
+Garderobe oder im Marstalle erhalten
+<span class = "pagenum">VIII.51</span>
+<a name = "pageVIII_51" id = "pageVIII_51"> </a>
+hatte, wurde aufgefordert, zwischen dem Könige und der Kirche zu wählen.
+Die Zoll- und Steuercommissare wurden zu Seiner Majestät ins Schatzamt
+beschieden, hier das Versprechen von ihnen verlangt, daß sie seine
+Politik unterstützen wollten, und ihnen bedeutet, daß sie allen ihren
+Unterbeamten ein ähnliches Versprechen abzunehmen hätten.<a class =
+"tag" name = "tagVIII_78" id = "tagVIII_78" href = "#noteVIII_78">78</a>
+Ein Zollbeamter motivirte seine Unterwerfung unter den Willen des Königs
+in einer Weise, welche Heiterkeit und zugleich Mitleid erregte. „Ich
+habe,“ sagte er, „vierzehn Gründe, die mich bestimmen, Seiner Majestät
+Befehlen zu gehorchen: eine Frau und dreizehn unerzogene Kinder“.<a
+class = "tag" name = "tagVIII_79" id = "tagVIII_79" href =
+"#noteVIII_79">79</a> Gegen solche Gründe ließ sich allerdings nichts
+einwenden; dennoch aber kamen nicht wenig Fälle vor, wo die religiösen
+und patriotischen Gefühle selbst solche Gründe überwogen.</p>
+
+<p>Man hat Grund zu der Vermuthung, daß die Regierung um diese Zeit
+ernstlich mit dem Plane umging, einen Schlag zu führen, der viele
+tausend Familien an den Bettelstab gebracht und auf die socialen
+Zustände aller Landestheile störend eingewirkt haben würde. Niemand
+durfte Wein, Bier oder Kaffee ohne Concession verkaufen. Es hieß nun,
+daß jeder Inhaber einer solchen Concession demnächst aufgefordert werden
+sollte, entweder dieselben Verpflichtungen einzugehen, welche den
+öffentlichen Beamten auferlegt worden waren, oder sein Geschäft
+aufzugeben.<a class = "tag" name = "tagVIII_80" id = "tagVIII_80" href =
+"#noteVIII_80">80</a> Wäre ein solcher Schritt gethan worden, so würden
+ohne allen Zweifel die Wirthshäuser und öffentlichen Vergnügungsorte im
+ganzen Lande zu Hunderten geschlossen worden sein. Welche Wirkung ein
+solcher Eingriff in die Lebensgenüsse aller Stände hervorgebracht haben
+würde, läßt sich nur muthmaßen. Der durch Übel erzeugte Unwille steht
+nicht immer im Verhältnisse mit der Wichtigkeit derselben, und es ist
+durchaus nicht unwahrscheinlich, daß die Einziehung von
+Schankconcessionen das bewirkt haben würde, was die Entziehung von
+Freibriefen nicht bewirkt hatte. Die Vornehmeren würden ihr
+Chokoladenhaus in St. James Street, die Geschäftsmänner ihre
+Kaffeekanne, bei der sie in Change Alley zu rauchen und zu politisiren
+pflegten, schmerzlich vermißt haben. Die Hälfte der Clubs hätte sich
+neue Versammlungslokale suchen müssen. Der Reisende würde des Nachts den
+Gasthof, in welchem er gewohnt war abzusteigen und seine Abendmahlzeit
+einzunehmen, verödet gefunden haben. Der Landmann würde die Bierschenke
+vermißt haben, wo er im Sommer auf der Bank vor der Thür, im Winter am
+Kamin seinen Krug zu trinken gewohnt war. Es war leicht möglich, daß die
+auf solche Art gereizte Nation sich zu einem allgemeinen Aufstande
+erhob, ohne auf die Hülfe fremder Verbündeter zu warten.</p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVIII_78" id = "noteVIII_78" href =
+"#tagVIII_78">78.</a>
+Citters, 6.(16.) April 1688; <span class = "antiqua">Treasury Letter
+Book. March 14. 1687/88</span>; Ronquillo, 16.(26.) April.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_79" id = "noteVIII_79" href =
+"#tagVIII_79">79.</a>
+Citters, 18.(28.) Mai 1688.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_80" id = "noteVIII_80" href =
+"#tagVIII_80">80.</a>
+<span class = "antiqua">Ibid.</span> 18.(28.) Mai 1688.</p>
+</div>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Entlassung Sawyer’s.</span>
+<a name = "secVIII_44" id = "secVIII_44">Es</a> war nicht zu erwarten,
+daß ein Fürst, der von allen niederen Dienern der Regierung bei Strafe
+der Entlassung Unterstützung seiner Politik verlangte, einen
+Generalfiskal behalten würde, dessen Abneigung gegen diese Politik kein
+Geheimniß war. Sawyer hatte noch über anderthalb Jahr in seiner Stellung
+bleiben dürfen, nachdem er sich gegen die Dispensationsgewalt erklärt
+hatte. Diese ungewöhnliche Nachsicht verdankte er nur der
+außerordentlichen Schwierigkeit, die es der Regierung machte, einen
+Nachfolger für ihn zu finden. Es war um
+<span class = "pagenum">VIII.52</span>
+<a name = "pageVIII_52" id = "pageVIII_52"> </a>
+der pekuniären Interessen der Krone willen nothwendig, daß wenigstens
+einer der beiden ersten Staatsanwälte ein talentvoller und
+kenntnißreicher Mann war, und es war keineswegs leicht, einen diesen
+Anforderungen genügenden Juristen zu bewegen, daß er sich durch das
+tägliche Begehen von Handlungen, welche das nächste Parlament
+wahrscheinlich als schwere Übertretungen und Verbrechen betrachtete,
+sehr ernster Gefahr aussetzte. Es war nicht möglich gewesen, einen
+besseren Generalprokurator als Powis aufzutreiben, ein Mann, der sich
+zwar aus nichts ein Gewissen machte, der aber auch nicht einmal den
+gewöhnlichsten Pflichten seines Postens gewachsen war. Unter diesen
+Umständen hielt man es für wünschenswerth, die Arbeit zu theilen. Ein
+Fiskal, dessen Berufstüchtigkeit durch Gewissensskrupel bedeutend
+beeinträchtigt wurde, hatte einen Prokurator zur Seite, dessen
+Gewissenlosigkeit seinen Mangel an Befähigung einigermaßen ersetzte.
+Wenn es der Regierung um energische Durchführung des Gesetzes zu thun
+war, so wendete sie sich an Sawyer; wollte sie das Gesetz mit Füßen
+treten, so hielt sie sich an Powis. Dieses Arrangement wurde so lange
+beibehalten, bis der König die Dienste eines Anwalts erlangte, der zu
+gleicher Zeit noch gewissenloser als Powis und geschickter als Sawyer
+war.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Williams Generalprokurator.</span>
+<a name = "secVIII_45" id = "secVIII_45">Keiner</a> der damals lebenden
+Advokaten hatte der Regierung giftiger opponirt als Wilhelm Williams. Er
+hatte sich unter der vorigen Regierung als Whig und Exclusionist
+hervorgethan. Als die Parteiwuth den höchsten Grad erreicht hatte, war
+er zum Sprecher des Unterhauses erwählt worden. Nach der Prorogation des
+oxforder Parlaments war er der gewöhnliche Rechtsbeistand der heftigsten
+Demagogen gewesen, die des Aufruhrs angeklagt wurden. Er besaß
+anerkanntermaßen bedeutende juristische Gewandtheit und Kenntnisse.
+Unbesonnene Überstürzung und Parteigeist hielt man für seine
+Hauptfehler; daß er noch andere Fehler hatte, in Vergleich mit denen die
+genannten als Tugenden gelten konnten, ahnete man damals noch nicht. Die
+Regierung suchte eine Gelegenheit, um ihm etwas anzuhaben, und es wurde
+ihr nicht schwer, eine solche zu finden. Er hatte auf Befehl des Hauses
+der Gemeinen einen von Dangerfield verfaßten erzählenden Bericht
+herausgegeben. Hätte ein Privatmann diese Schrift veröffentlicht, so
+würde sie unbestreitbar als ein aufrührerisches Libell zu betrachten
+gewesen sein. Es wurde bei der Kings Bench eine Criminaluntersuchung
+gegen Williams eingeleitet; er berief sich umsonst auf die Privilegien
+des Parlaments und wurde zu einer Geldbuße von zehntausend Pfund
+verurtheilt. Einen großen Theil dieser Summe bezahlte er baar und über
+den Rest gab er eine Schuldverschreibung. Der Earl von Peterborough, der
+in Dangerfield’s Erzählung in beleidigender Weise erwähnt war, wurde
+durch den Erfolg der Criminaluntersuchung ermuthigt, eine Civilklage auf
+eine bedeutende Entschädigungssumme anhängig zu machen. Williams gerieth
+dadurch in die größte Verlegenheit. Da bot sich ihm ein rettender Ausweg
+dar. Allerdings war es ein Ausweg, der einem Manne von festen
+Grundsätzen und edlem Character noch schrecklicher gewesen sein würde,
+als Armuth, Gefängniß und selbst Tod. Er konnte sich der Regierung
+verkaufen, deren Feind und Opfer er gewesen war; er konnte sich
+erbieten, bei jedem Angriffe auf die Freiheiten und die Religion, für
+welche er einen maßlosen Eifer gezeigt hatte, den gefährlichsten Posten
+zu übernehmen; er konnte seinen Whiggismus durch Dienste wieder gut
+machen, vor denen selbst die eingefleischtesten Tories, an deren Händen
+das Blut
+<span class = "pagenum">VIII.53</span>
+<a name = "pageVIII_53" id = "pageVIII_53"> </a>
+Russell’s und Sidney’s klebte, mit Abscheu zurückbebten. Der Handel
+wurde abgeschlossen. Der noch schuldige Rest der Strafsumme wurde
+erlassen und Peterborough durch Vermittelung des Königs zu einem
+Vergleich bewogen. Sawyer wurde abgesetzt, Powis wurde Generalfiskal,
+Williams wurde zum Generalprokurator ernannt, in den Adelstand erhoben
+und war bald ein Günstling des Königs. Obgleich im Range nur der zweite
+Kronjurist, gelang es ihm doch sehr bald, durch seine Gewandtheit,
+Gelehrsamkeit und Energie seinen Vorgesetzten völlig in den Schatten zu
+stellen<a class = "tag" name = "tagVIII_81" id = "tagVIII_81" href =
+"#noteVIII_81">81</a>.</p>
+
+<p>Williams war noch nicht lange im Amte, als er aufgefordert wurde, in
+dem denkwürdigsten Staatsprozesse, von dem die Annalen der britischen
+Justiz berichten, eine Hauptrolle zu übernehmen.</p>
+
+<p class = "footnote">
+<a name = "noteVIII_81" id = "noteVIII_81" href = "#tagVIII_81">81.</a>
+<span class = "antiqua">London Gazette, Dec. 15. 1687</span>. Siehe den
+Prozeß gegen Williams in der <span class = "antiqua">Collection of State
+Trials</span>. <span class = "antiqua">„Ha hecho,“</span> sagt
+Ronquillo, <span class = "antiqua">„grande susto el haber nombrado el
+abogado Williams, que fue el orador y el mas arrabiade de toda la casa
+des comunes en los ultimos terribles parlamentos del Rey
+difunto.“</span> 27. Nov. (7. Dec.) 1687.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Zweite Indulgenzerklärung.</span>
+<a name = "secVIII_46" id = "secVIII_46">Am</a> 27. April 1688 erließ
+der König eine zweite Indulgenzerklärung. In diesem Schriftstücke führte
+er die Erklärung vom vorjährigen April in ihrer ganzen Länge auf. Sein
+bisheriges Leben, sagte er dann, habe sein Volk überzeugen können, daß
+er nicht der Mann sei, der sich von einem einmal gefaßten Beschlusse so
+leicht abbringen lasse. Da aber heimtückische Menschen es versucht
+hätten, die Welt glauben zu machen, daß man ihn doch noch zum Nachgeben
+in dieser Angelegenheit werde bestimmen können, halte er es für nöthig,
+zu erklären, daß sein Vorsatz unwiderruflich fest stehe, daß er
+entschlossen sei, nur solche Männer anzustellen, welche bereit wären,
+ihn bei der Ausführung seiner Pläne zu unterstützen, und daß er in
+Gemäßheit dieses Entschlusses viele seiner ungehorsamen Diener von
+Civil- und Militairämtern habe entheben müssen. Schließlich zeigte er
+an, daß er spätestens im November ein Parlament einzuberufen gedenke,
+und ermahnte seine Unterthanen, solche Vertreter in dasselbe zu wählen,
+die ihn bei dem begonnenen großen Werke zu unterstützen geneigt wären<a
+class = "tag" name = "tagVIII_82" id = "tagVIII_82" href =
+"#noteVIII_82">82</a>.</p>
+
+<p class = "footnote">
+<a name = "noteVIII_82" id = "noteVIII_82" href = "#tagVIII_82">82.</a>
+<span class = "antiqua">London Gazette, April 30. 1688</span>; Barillon,
+26. April (6. Mai).</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Die Geistlichkeit erhält Befehl, sie von der Kanzel zu verlesen.</span>
+<a name = "secVIII_47" id = "secVIII_47">Diese</a> Erklärung machte
+anfangs nur wenig Sensation. Sie enthielt nichts Neues und die Leute
+wunderten sich, daß der König es für nöthig hielt, ein feierliches
+Manifest zu erlassen, blos um ihnen zu sagen, daß er seinen Sinn nicht
+geändert habe<a class = "tag" name = "tagVIII_83" id = "tagVIII_83" href
+= "#noteVIII_83">83</a>. Die Gleichgültigkeit, mit der die Ankündigung
+seines festen Entschlusses vom Publikum aufgenommen wurde, verdroß ihn
+wahrscheinlich und er glaubte ohne Zweifel, daß seine Würde und
+Autorität leiden könnten, wenn er nicht unverzüglich etwas Neues und
+Auffallendes thue. In Folge dessen verfügte er unterm 4. Mai durch einen
+Geheimrathsbefehl, daß seine Erklärung von vergangener Woche an zwei
+aufeinanderfolgenden Sonntagen beim öffentlichen Gottesdienste von den
+dienstthuenden Geistlichen aller Kirchen und Kapellen des Reiches
+verlesen werden solle. In London und seinen Vorstädten sollte die
+Verlesung am 20. und 27. Mai, in den anderen Landestheilen am 3. und 10.
+Juni stattfinden. Die Bischöfe waren angewiesen, Exemplare der Erklärung
+in ihren respectiven Diöcesen zu vertheilen<a class = "tag" name =
+"tagVIII_84" id = "tagVIII_84" href = "#noteVIII_84">84</a>.</p>
+
+<span class = "pagenum">VIII.54</span>
+<a name = "pageVIII_54" id = "pageVIII_54"> </a>
+<p>Wenn man berücksichtigt, daß die Geistlichen der anglikanischen
+Kirche fast ohne Ausnahme die Indulgenzerklärung als eine Verletzung der
+Landesgesetze, als einen Wortbruch des Königs und als einen
+verderblichen Gewaltstreich gegen die Interessen und die Würde ihres
+Standes betrachteten, so wird man schwerlich daran zweifeln können, daß
+der Geheimrathsbefehl darauf berechnet war, als eine tiefe Kränkung von
+ihnen empfunden zu werden. Man glaubte im Volke, daß Petre diese Absicht
+durch ein der orientalischen Redeweise entlehntes rohes Gleichniß
+ausgesprochen habe. Er sollte gesagt haben, er wolle sie Koth essen
+lassen und zwar den abscheulichsten und ekelhaftesten Koth. Aber konnte
+man annehmen, daß die anglikanische Geistlichkeit diesem tyrannischen
+und gehässigen Befehle den Gehorsam verweigern werde? Der Character des
+Königs war willkürlich und streng und das Verfahren der kirchlichen
+Commission eben so summarisch wie das eines Kriegsgerichts. Wer sich
+aufzulehnen wagte, konnte in Zeit von acht Tagen seiner Stelle entsetzt,
+seines ganzen Einkommens beraubt, der ferneren Bekleidung jedes
+geistlichen Amts unfähig erklärt und in die Nothwendigkeit versetzt
+werden, von Haus zu Haus sein Brot zu erbetteln. Wenn der ganze Stand
+sich einmüthig dem königlichen Willen widersetzte, dann war es
+allerdings wahrscheinlich, daß selbst Jakob nicht den Muth haben würde,
+zehntausend Schuldige auf einmal zu bestrafen. Aber zu einer allgemeinen
+Verständigung in dieser Angelegenheit war keine Zeit. Am 7. Mai erschien
+der Befehl in der Gazette und schon am 20. sollte die Erklärung von
+allen Kanzeln Londons und dessen Umgegend verlesen werden. Er wäre
+damals mit der größten Anstrengung nicht möglich gewesen, binnen
+vierzehn Tagen die Ansichten nur des zehnten Theiles der im ganzen Lande
+zerstreuten Pfarrgeistlichen einzuholen, ja nur die Stimmen der Bischöfe
+hätten nicht leicht in so kurzer Zeit gesammelt werden können. Auch
+stand zu befürchten, daß, wenn die Geistlichkeit das Verlesen der
+Erklärung verweigerte, die protestantischen Dissenters die Weigerung
+falsch auslegen, die Hoffnung, von den Mitgliedern der anglikanischen
+Kirche Duldung zu erlangen, aufgeben und ihr ganzes Gewicht in die
+Wagschale des Hofes werfen würden.</p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVIII_83" id = "noteVIII_83" href =
+"#tagVIII_83">83.</a>
+Citters, 1.(11.) Mai 1688.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_84" id = "noteVIII_84" href =
+"#tagVIII_84">84.</a>
+<span class = "antiqua">London Gazette, Mai 7. 1688.</span></p>
+</div>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Die Geistlichkeit ist unschlüssig.</span>
+<a name = "secVIII_48" id = "secVIII_48">Die</a> Geistlichkeit war daher
+unschlüssig und diese Unschlüssigkeit läßt sich wohl entschuldigen, denn
+einige hochgestellte Laien, welche das öffentliche Vertrauen in hohem
+Maße genossen, waren geneigt, zur Unterwerfung zu rathen. Sie waren der
+Meinung, ein allgemeiner Widerstand stehe kaum zu erwarten und ein
+theilweiser werde für die Einzelnen verderblich und für die Kirche und
+die Nation im Allgemeinen nur von geringem Nutzen sein. Dies war die
+ausgesprochene Ansicht von Halifax und Nottingham. Der Tag rückte heran
+und noch war keine Verständigung und kein bestimmter Entschluß
+erzielt.<a class = "tag" name = "tagVIII_85" id = "tagVIII_85" href =
+"#noteVIII_85">85</a></p>
+
+<p class = "footnote">
+<a name = "noteVIII_85" id = "noteVIII_85" href = "#tagVIII_85">85.</a>
+Johnstone, 27. Mai 1688.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Patriotismus der protestantischen Nonconformisten Londons.</span>
+<a name = "secVIII_49" id = "secVIII_49">In</a> diesem Augenblicke
+erwarben sich die protestantischen Dissenters der Hauptstadt einen
+Anspruch auf die ewige Dankbarkeit ihres Vaterlandes. Die Regierung
+hatte sie bisher als einen Theil ihrer Stärke betrachtet. Einige von
+ihren thätigsten und lautesten Predigern hatten, durch die
+Gnadenbezeigungen des Hofes bestochen, Adressen zu Gunsten
+<span class = "pagenum">VIII.55</span>
+<a name = "pageVIII_55" id = "pageVIII_55"> </a>
+der Politik des Königs zu Stande gebracht. Andere, welche durch die
+Erinnerung an viele schwere Unbilden sowohl der anglikanischen Kirche
+als dem Hause Stuart entfremdet waren, hatten mit boshafter
+Schadenfreude gesehen, wie der tyrannische Fürst und die tyrannische
+Hierarchie durch bittere Feindschaft von einander getrennt waren und
+sich gegenseitig überboten, um den Beistand von Secten zu erlangen, die
+sie noch unlängst verfolgt und verachtet hatten. Aber so natürlich
+dieses Gefühl auch sein mochte, man hatte sich demselben lange genug
+hingegeben. Die Zeit war gekommen, wo man eine Wahl treffen mußte, und
+die Nonconformisten traten in einer hochherzigen Regung auf die Seite
+der Anglikaner, um gemeinschaftlich mit ihnen die Grundgesetze des
+Reichs zu vertheidigen. Baxter, Bates und Howe zeichneten sich durch
+ihre Anstrengungen, dieses Bündniß zu Stande zu bringen, besonders aus;
+aber die edle Begeisterung, welche die Gesammtheit der Puritaner
+beseelte, erleichterte ihnen die Aufgabe. Der Eifer der Pfarrer wurde
+von dem ihrer Gemeinden noch übertroffen. Diejenigen Presbyterianer- und
+Independentenprediger, welche Lust zeigten, mit dem Könige Partei gegen
+die Landeskirche zu nehmen, wurden nachdrücklich bedeutet, daß, wenn sie
+ihr Verfahren nicht änderten, ihre Gemeinden sie fernerhin weder hören
+noch bezahlen würden. Alsop, der sich mit der Hoffnung geschmeichelt
+hatte, daß er im Stande sein werde, einen großen Theil seiner Anhänger
+dem Könige zuzuführen, sah sich plötzlich von Denen, die ihn kurz zuvor
+noch als ihren geistlichen Führer verehrt hatten, verachtet und
+verabscheut, verfiel darüber in eine tiefe Schwermuth und verbarg sich
+vor den Blicken der Welt. Bei mehreren londoner Geistlichen erschienen
+Deputationen, um sie zu bitten, daß sie die Masse der Dissenters nicht
+nach den kriechenden Schmeicheleien beurtheilen möchten, welche kürzlich
+die Spalten der Gazette gefüllt hätten, und forderten sie, als bei dem
+großen Kampfe in vorderster Reihe stehend, auf, mit männlicher
+Tapferkeit für die Freiheiten Englands und den den Heiligen
+überlieferten Glauben zu streiten. Diese Versicherungen wurden freudig
+und dankend aufgenommen. Unter Denen aber, die sich zu entscheiden
+hatten, ob sie am nächsten Sonntage, den 20. Mai, dem Befehl des Königs
+nachkommen wollten oder nicht, herrschte noch immer große Ängstlichkeit
+und Meinungsverschiedenheit.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Berathung der londoner Geistlichkeit.</span>
+<a name = "secVIII_50" id = "secVIII_50">Die</a> londoner Geistlichkeit,
+welche damals allgemein als die Elite ihres Standes anerkannt war,
+veranstaltete eine berathende Versammlung. Funfzehn Doctoren der
+Theologie waren anwesend. Tillotson, Dechant von Canterbury, der
+berühmteste Kanzelredner der damaligen Zeit, kam vom Krankenlager dahin.
+Sherlock, Vorsteher des Tempels, Patrick, Dechant von Peterborough und
+Oberpfarrer des wichtigen Kirchspiels St. Paul in Coventgarden, sowie
+auch Stillingfleet, Archidiakonus von London und Dechant der St.
+Pauls-Kathedrale, nahmen daran Theil. Die Versammlung im Allgemeinen
+schien der Ansicht zu sein, daß es im Grunde doch gerathen sei, dem
+Geheimrathsbefehl zu gehorchen. Der Streit begann hitzig zu werden und
+hätte vielleicht schlimme Folgen haben können, wäre er nicht durch die
+Festigkeit und Einsicht des Unterpfarrers von St. Giles, Cripplegate,
+Doctor Eduard Fowler, beendigt worden. Dieser Mann gehörte zu der
+kleinen aber ausgezeichneten Klasse von Theologen, welche die der Schule
+Calvin’s eigene Liebe zur bürgerlichen Freiheit mit der Theologie der
+Schule des Arminius verbanden<a class = "tag" name = "tagVIII_86" id =
+"tagVIII_86" href = "#noteVIII_86">86</a>. Er erhob sich und sprach:
+„Ich will
+<span class = "pagenum">VIII.56</span>
+<a name = "pageVIII_56" id = "pageVIII_56"> </a>
+offen meine Meinung sagen. Die Sache ist so klar und einfach, daß lange
+Erörterungen kein neues Licht auf sie werfen können, sondern nur die
+Leidenschaften aufregen müssen. Lassen Sie einem Jeden blos Ja oder Nein
+sagen. Ich für meine Person kann mich durch das Votum der Majorität
+nicht binden lassen. Es würde mir leid thun, wenn dadurch unsre
+Einigkeit gestört werden sollte, aber mein Gewissen erlaubt mir nicht,
+diese Erklärung zu verlesen.“ Tillotson, Patrick, Sherlock und
+Stillingfleet erklärten, daß sie der nämlichen Meinung seien, und die
+Majorität fügte sich einer so achtbaren Minorität. Es wurde ein Beschluß
+schriftlich ausgefertigt, durch den sich alle Anwesenden gegen einander
+verpflichteten, die Erklärung nicht zu verlesen. Patrick war der Erste,
+der seinen Namen unterschrieb, Fowler der Zweite. Das Papier wurde dann
+in der Stadt herumgeschickt und war bald von fünfundachtzig
+Pfründeninhabern unterzeichnet<a class = "tag" name = "tagVIII_87" id =
+"tagVIII_87" href = "#noteVIII_87">87</a>.</p>
+
+<p>Unterdessen beriethen sich mehrere Bischöfe in banger Sorge über das
+einzuschlagende Verfahren. Am 12. Mai war ein ernster und gelehrter
+Kreis um den Tisch des Primas zu Lambeth versammelt. Compton, Bischof
+von London, Turner, Bischof von Ely, White, Bischof von Peterborough,
+und Tenison, Oberpfarrer des Kirchspiels St. Martin, befanden sich unter
+den Anwesenden. Der Earl von Clarendon, ein warmer und
+unerschütterlicher Freund der Kirche, war ebenfalls eingeladen worden.
+Cartwright, Bischof von Chester, drängte sich, wahrscheinlich als Spion,
+in die Versammlung. So lange er anwesend war, konnten vertrauliche
+Mittheilungen nicht stattfinden; nach seinem Weggange aber wurde die
+große Frage, welche alle Gemüther erfüllte, zur Sprache gebracht und
+erörtert. Die allgemeine Ansicht war, daß die Erklärung nicht verlesen
+werden solle. An mehrere der achtbarsten Prälaten der Provinz Canterbury
+wurden sogleich Briefe geschrieben, durch welche dieselben aufgefordert
+wurden, unverzüglich nach London zu kommen, um ihren Metropoliten in
+dieser Angelegenheit zu unterstützen<a class = "tag" name = "tagVIII_88"
+id = "tagVIII_88" href = "#noteVIII_88">88</a>. Da man kaum zweifeln
+konnte, daß diese Briefe geöffnet werden würden, wenn sie durch das
+Postamt in Lombard Street gingen, so wurden sie bis zu den nächsten
+Poststationen in den verschiedenen Richtungen durch reitende Boten
+befördert. Der Bischof von Winchester, dessen Loyalität sich bei
+Sedgemoor so glänzend erprobt hatte, beschloß trotz eines ernstlichen
+Unwohlseins der Aufforderung nachzukommen und sofort abzureisen, sah
+aber, daß er die Erschütterung des Fahrens nicht vertragen konnte. Der
+an Wilhelm Lloyd, Bischof von Norwich, gerichtete Brief wurde ungeachtet
+aller Vorsichtsmaßregeln von einem Postmeister zurückgehalten, und
+dieser Prälat, welcher keinem seiner Amtsbrüder in Muth und Eifer für
+die gemeinsame Sache seines
+<span class = "pagenum">VIII.57</span>
+<a name = "pageVIII_57" id = "pageVIII_57"> </a>
+Berufs nachstand, kam zu spät in London an<a class = "tag" name =
+"tagVIII_89" id = "tagVIII_89" href = "#noteVIII_89">89</a>. Sein
+Namensvetter, Wilhelm Lloyd, Bischof von St. Asaph, ein frommer,
+rechtschaffener und gelehrter Mann, aber von schwacher Urtheilskraft und
+halb aufgerieben durch seine beharrlichen Anstrengungen, aus Daniel und
+der Offenbarung einige Aufschlüsse über den Papst und den König von
+Frankreich zu gewinnen, eilte nach der Hauptstadt und traf am
+Sechzehnten ein<a class = "tag" name = "tagVIII_90" id = "tagVIII_90"
+href = "#noteVIII_90">90</a>. Am nächstfolgenden Tage kamen auch der
+treffliche Ken, Bischof von Bath und Wells, Lake, Bischof von
+Chichester, und Sir Johann Trelawney, Bischof von Bristol, ein Baronet
+aus einer alten und angesehenen Familie in Cornwall.</p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVIII_86" id = "noteVIII_86" href =
+"#tagVIII_86">86.</a>
+Der verstorbene Alexander Knox, dieser ausgezeichnete Mann, dessen
+beredte Conversation und vortrefflich ausgearbeitete Briefe einen großen
+Einfluß auf die Gemüther seiner Landsleute ausübten, hat, wie ich
+vermuthe, vieles von seinem theologischen System und Fowler’s Schriften
+gelernt. Fowler’s Werk über den Zweck des Christenthums wurde von Johann
+Bunyan mit einer durch nichts zu rechtfertigenden Heftigkeit
+angegriffen, die sich nur durch die Herkunft und mangelhafte Erziehung
+des ehrlichen Kesselflickers einigermaßen entschuldigen läßt.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_87" id = "noteVIII_87" href =
+"#tagVIII_87">87.</a>
+Johnstone, 23. Mai 1688. Es existirt ein satirisches Gedicht auf diese
+Versammlung betitelt: „Die geistliche Cabale.“</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_88" id = "noteVIII_88" href =
+"#tagVIII_88">88.</a>
+<span class = "antiqua">Clarendon’s Diary, May 22. 1688.</span></p>
+
+<p><a name = "noteVIII_89" id = "noteVIII_89" href =
+"#tagVIII_89">89.</a>
+Auszug aus Tanner’s Handschriften in <span class = "antiqua">Howell’s
+State Trials</span>; <span class = "antiqua">Life of Prideaux</span>;
+<span class = "antiqua">Clarendon’s Diary, May 16. 1688</span>.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_90" id = "noteVIII_90" href =
+"#tagVIII_90">90.</a>
+<span class = "antiqua">Clarendon’s Diary, May 16 &amp; 17.
+1688</span>.</p>
+</div>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Berathung im Palast zu Lambeth.</span>
+<a name = "secVIII_51" id = "secVIII_51">Am</a> Achtzehnten wurde im
+Palast des Primas zu Lambeth eine Versammlung von Prälaten und anderen
+ausgezeichneten Theologen gehalten. Tillotson, Tenison, Stillingfleet,
+Patrick und Sherlock waren dabei anwesend. Vor dem Beginn der Berathung
+wurde eine feierliche Betstunde gehalten. Nach einer langen Besprechung
+setzte der Erzbischof eigenhändig eine Petition auf, in der die
+allgemeine Ansicht ausgesprochen war. Sie war nicht im elegantesten
+Style abgefaßt. Sancroft zog sich durch den schwülstigen und unschönen
+Periodenbau sogar spöttelnden Tadel zu, den er mit weniger Geduld
+ertrug, als er bei viel härteren Prüfungen gezeigt hatte. Dem Inhalte
+nach aber konnte nichts geschickter entworfen sein, als dieses
+denkwürdige Actenstück. Man verwahrte sich entschieden gegen alle
+Illoyalität und Intoleranz, versicherte dem König, daß die Kirche noch
+immer, wie von jeher, dem Throne treu ergeben sei und daß die Bischöfe
+seiner Zeit am geeigneten Orte als Lords des Parlaments und als
+Mitglieder des Oberhauses der Convocation beweisen wurden, wie es ihnen
+keineswegs an humaner Rücksicht auf die Gewissensbedenken der Dissenters
+fehle. Aber das Parlament habe sowohl unter der vorigen wie unter der
+gegenwärtigen Regierung ausgesprochen, daß der Souverain nach der
+Verfassung nicht berechtigt sei, in kirchlichen Angelegenheiten von
+Gesetzen zu dispensiren. Deshalb sei die Erklärung gesetzwidrig und
+Klugheit, Ehre und Gewissen gestatte den Petenten nicht, sich bei der
+feierlichen Veröffentlichung einer ungesetzlichen Erklärung im Hause
+Gottes und während der Zeit des Gottesdienstes zu betheiligen.</p>
+
+<p>Diese Petition wurde von dem Erzbischof und sechs seiner Suffraganen,
+Lloyd von St. Asaph, Turner von Ely, Lake von Chichester, Ken von Bath
+und Wells, White von Peterborough und Trelawney von Bristol,
+unterzeichnet. Der Bischof von London unterzeichnete nicht mit, weil er
+suspendirt war.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Die Petition der sieben Bischöfe dem Könige überreicht.</span>
+<a name = "secVIII_52" id = "secVIII_52">Es</a> war spät am Freitag
+Abend, und am Sonntag Morgen sollte die Erklärung in den Kirchen von
+London verlesen werden. Die Petition mußte daher dem Könige unverweilt
+überreicht werden. Die sechs Bischöfe brachen sofort nach Whitehall auf;
+der Erzbischof, dem schon seit geraumer Zeit der Zutritt bei Hofe
+untersagt war, begleitete sie nicht. Lloyd ließ seine fünf Collegen im
+Hause des Lord Dartmouth in der
+<span class = "pagenum">VIII.58</span>
+<a name = "pageVIII_58" id = "pageVIII_58"> </a>
+Nähe des Palastes zurück, begab sich zu Sunderland und bat den Minister,
+die Petition zu lesen und sich zu erkundigen, wann der König geneigt
+sein werde, sie in Empfang zu nehmen. Sunderland wollte, aus Furcht sich
+zu compromittiren, die Petition gar nicht ansehen, begab sich aber
+sogleich ins königliche Kabinet. Jakob befahl, die Bischöfe vorzulassen.
+Er hatte von seinem Spion Cartwright erfahren, daß sie wohl geneigt
+wären, dem königlichen Befehle zu gehorchen, aber einige kleine
+Änderungen in der Form wünschten und eine unterthänige Bitte in diesem
+Sinne vorlegen wollten. Seine Majestät war daher sehr gut gelaunt. Als
+die Prälaten vor ihm knieten, bat er sie freundlich, aufzustehen, nahm
+das Papier, aus Lloyd’s Händen und sagte: „Das ist Mylord Canterbury’s
+Hand.“ &mdash; „Ja, Sire, seine eigene Hand,“ war die Antwort. Jakob las
+die Petition, brach sie dann zusammen und sprach, während seine Stirn
+sich verfinsterte: „Dies ist eine große Überraschung für mich. Ich hätte
+dies von Ihrer Kirche, insbesondere von einigen unter Ihnen, nicht
+erwartet. Das heißt die Fahne des Aufruhrs aufpflanzen.“ Die Bischöfe
+ergossen sich in die wärmsten Versicherungen ihrer Loyalität; der König
+aber wiederholte seiner Gewohnheit nach die gesprochenen Worte von
+Anfang bis zu Ende. „Ich sage Ihnen, es ist eine Fahne des Aufruhrs!“
+&mdash; „Des Aufruhrs?“ rief Trelawney auf die Knie fallend. „Um des
+Himmels willen, Sire, sprechen Sie nicht so hart von uns. Ein Trelawney
+kann nie ein Rebell werden. Erinnern Sie Sich, daß meine Familie für die
+Krone gekämpft hat, erinnern Sie Sich, wie ich Eurer Majestät gedient
+habe, als Monmouth im Westen war.“ &mdash; „Wir haben den letzten
+Aufstand unterdrückt,“ sagte Lake, „und wollen gewiß nicht einen neuen
+hervorrufen.“ &mdash; „Wir, Rebellen!“ rief Turner; „wir sind bereit, zu
+den Füßen Eurer Majestät zu sterben.“ &mdash; „Sire,“ hob jetzt Ken in
+einem männlicheren Tone an, „ich hoffe, Sie werden uns die
+Gewissensfreiheit zugestehen, die Sie Jedermann gewähren.“ Jakob aber
+wiederholte abermals: „Das ist Aufruhr! das ist eine Fahne des Aufruhrs!
+Hat jemals ein guter Diener der Staatskirche das Dispensationsrecht in
+Frage gestellt? Haben nicht einige von Ihnen zu Gunsten desselben
+gepredigt und geschrieben? Ich will durchaus, daß meine Erklärung
+verlesen werde!“ &mdash; „Wir haben zwei Pflichten zu erfüllen,“
+erwiederte Ken, „unsre Pflicht gegen Gott und unsre Pflicht gegen Eure
+Majestät. Wir ehren Sie, aber wir fürchten Gott.“ &mdash; „Habe ich das
+um Sie verdient?“ versetzte der König mit wachsendem Zorne; „bin ich
+nicht stets ein Freund Ihrer Kirche gewesen? Ich hätte dies nicht von
+Ihnen erwartet. Aber ich verlange Gehorsam. Meine Erklärung muß verlesen
+werden. Sie sind die Trompeter des Aufruhrs. Was wollen Sie hier? Gehen
+Sie in Ihre Diöcesen und sorgen Sie dafür, daß meinen Befehlen gehorcht
+wird. Dieses Papier will ich behalten. Sie bekommen es nicht zurück. Ich
+werde Sie, die Unterzeichner, nicht vergessen.“ &mdash; „Gottes Wille
+geschehe,“ sagte Ken. &mdash; „Gott hat mir die Dispensationsgewalt
+verliehen,“ fuhr der König fort, „und ich werde sie zu behaupten wissen.
+Ich sage Ihnen, es sind noch Siebentausend in Ihrer Kirche, die das Knie
+nicht vor dem Baal gebeugt haben.“ Die Bischöfe entfernten sich
+ehrerbietig<a class = "tag" name = "tagVIII_91" id = "tagVIII_91" href =
+"#noteVIII_91">91</a>.
+<span class = "pagenum">VIII.59</span>
+<a name = "pageVIII_59" id = "pageVIII_59"> </a>
+Noch den nämlichen Abend erschien die Petition, die sie dem Könige
+überreicht hatten, Wort für Wort, in Druck und wurde in allen
+Kaffeehäusern ausgelegt und in den Straßen zum Verkauf ausgeboten.
+Allenthalben standen die Leute aus den Betten wieder auf und gingen
+hinunter auf die Straße, um zu sehen, was es gab. Man sagte, daß der
+Drucker binnen wenigen Stunden durch dieses Pennyblatt tausend Pfund
+verdient habe. Dies mag übertrieben sein, aber es beweist wenigstens,
+daß der Absatz ungeheuer war. Wie die Petition in die Öffentlichkeit
+kam, ist noch heute ein Geheimniß. Sancroft versicherte, daß er jede
+erdenkliche Vorsicht beobachtet habe und von keinem andren Exemplare
+wisse, als von dem, welches er selbst geschrieben und das der König aus
+Lloyd’s Händen entgegengenommen hatte. Die Wahrhaftigkeit des
+Erzbischofs ist über alle Zweifel erhaben. Nicht unwahrscheinlich aber
+ist es, daß einige von den anwesenden Geistlichen das kurze Schriftstück
+ihrem Gedächtniß genau eingeprägt und es zum Druck befördert hatten. Die
+vorherrschende Meinung war jedoch, daß eine Person aus der nächsten
+Umgebung des Königs eine Indiscretion oder einen Verrath begangen habe<a
+class = "tag" name = "tagVIII_92" id = "tagVIII_92" href =
+"#noteVIII_92">92</a>. Kaum weniger Aufsehen machte ein kurzer, mit
+großer logischer Schärfe und in kräftiger Sprache geschriebener Brief,
+der im Geheimen gedruckt und an dem nämlichen Tage durch die Post und
+durch die gewöhnlichen Botenfuhrleute verbreitet wurde. Jedem
+Geistlichen im ganzen Lande wurde ein Exemplar zugesandt. Der Verfasser
+versuchte es nicht, die Gefahr zu verhehlen, der sich Diejenigen
+aussetzten, welche dem königlichen Befehle nicht gehorchten; aber er
+schilderte mit lebhaften Farben die noch größere Gefahr der
+Unterwerfung. „Wenn wir die Erklärung verlesen,“ sagte er, „so fallen
+wir, um uns nicht wieder zu erheben. Und wir werden nicht bedauert,
+sondern nur verachtet werden; wir fallen unter den Verwünschungen einer
+Nation, die unsre Willfährigkeit ins Verderben gestürzt hat.“ Einige
+waren der Meinung, die Schrift sei aus Holland herübergekommen, Andere
+schrieben sie Sherlock zu. Aber Prideaux, Dechant von Norwich, der bei
+der Verbreitung besonders thätig war, hielt sie für das Werk
+Halifax’.</p>
+
+<p>Das Verfahren der Prälaten fand allgemeinen und lebhaften Beifall;
+aber hier und da ließ sich auch ein Murren vornehmen. Man sagte, daß so
+ernste Männer, wenn ihr Gewissen ihnen geboten hätte, beim Könige zu
+remonstriren, dies früher hätten thun sollen. Wäre es recht gegen ihn
+gehandelt, daß sie ihn bis sechsunddreißig Stunden vor der zur Verlesung
+der Erklärung festgesetzten Zeit im Dunkeln ließen? Selbst wenn er den
+Geheimrathsbefehl hätte zurücknehmen wollen, wäre es dazu zu spät
+gewesen. Aus dem Allen scheine hervorzugehen, daß die Petition nicht den
+Zweck gehabt habe, den König andren Sinnes zu machen, sondern nur die
+Unzufriedenheit des Volks zu erregen<a class = "tag" name = "tagVIII_93"
+id = "tagVIII_93" href = "#noteVIII_93">93</a>. Diese Beschwerden waren
+jedoch völlig grundlos. Der König hatte den Bischöfen einen neuen,
+unerwarteten und in Verlegenheit setzenden Befehl gegeben. Es war ihre
+Pflicht, mit einander in Vernehmen zu treten und so weit als möglich die
+Ansicht des Standes, dessen Oberhäupter sie waren, einzuholen, ehe sie
+irgend einen Schritt thaten. Die Mitglieder waren im ganzen Lande
+zerstreut,
+<span class = "pagenum">VIII.60</span>
+<a name = "pageVIII_60" id = "pageVIII_60"> </a>
+einige waren eine volle Tagereise von einander entfernt. Jakob hatte
+ihnen nur vierzehn Tage Zeit gelassen, um sich zu erkundigen, zu
+berathschlagen und einen Entschluß zu fassen, und er konnte sich gewiß
+nicht darüber beklagen, daß diese vierzehn Tage zu Ende gingen, bevor er
+ihren Entschluß erfuhr. Ebenso ist es auch nicht wahr, daß sie ihm nicht
+Zeit ließen, seinen Befehl zurückzunehmen, wenn er hätte so klug sein
+wollen, dies zu thun. Er hätte am Samstag Morgen den Geheimen Rath
+zusammenberufen können und vor dem Abend konnte es in ganz London und
+dessen Vorstädten bekannt sein, daß er den Bitten der Väter der Kirche
+nachgegeben. Der Samstag ging jedoch ohne ein Zeichen von Sinnesänderung
+seitens der Regierung vorüber und der Sonntag kam heran, ein Tag, dessen
+man sich noch lange erinnerte.</p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVIII_91" id = "noteVIII_91" href =
+"#tagVIII_91">91.</a>
+Sancroft’s Bericht aus Tanner’s Handschriften abgedruckt; Citters, 22.
+Mai (1. Juni) 1688.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_92" id = "noteVIII_92" href =
+"#tagVIII_92">92.</a>
+<span class = "antiqua">Burnet, I. 741</span>; <span class =
+"antiqua">Revolution Politics</span>; <span class = "antiqua">Higgins’s
+Short View.</span></p>
+
+<p><a name = "noteVIII_93" id = "noteVIII_93" href =
+"#tagVIII_93">93.</a>
+<span class = "antiqua">Clarke’s Life of James the Second, II.
+155.</span></p>
+</div>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Die londoner Geistlichkeit gehorcht dem königlichen Befehle
+nicht.</span>
+<a name = "secVIII_53" id = "secVIII_53">In</a> der City und den
+Vorstädten Londons gab es ungefähr hundert Pfarrkirchen. Nur in vier
+derselben wurde der Geheimrathsbefehl befolgt. In der St. Gregorskirche
+wurde die Erklärung von einem Geistlichen, Namens Martin, verlesen.
+Sobald er die ersten Worte sprach, stand die ganze Gemeinde auf und
+entfernte sich. In der St. Matthäuskirche in Friday Street wurde ein
+Elender, Namens Timotheus Hall, der seinen Priesterrock geschändet,
+indem er der Herzogin von Portsmouth bei dem Handel mit Begnadigungen
+als Zwischenträger gedient und der jetzt Hoffnung auf das erledigte
+Bisthum Oxford hatte, ebenfalls von seiner Gemeinde in der Kirche allein
+gelassen. In Serjeant’s Inn, in Chancery Lane, gab der Geistliche vor,
+er habe vergessen, ein Exemplar der Erklärung mitzubringen, und der
+Oberrichter der Kings Bench, welcher anwesend war, um darauf zu sehen,
+daß dem königlichen Befehle gehorcht werde, mußte sich mit dieser
+Entschuldigung begnügen. Samuel Wesley, der Vater Johann’s und Karl’s
+Wesley, Pfarrer in London, wählte an diesem Sonntage zum Text seiner
+Predigt die edle Antwort, welche die drei Juden dem chaldäischen
+Tyrannen gaben: „So sollst Du nun wissen, o König, daß wir Deine Götter
+nicht ehren, noch das güldene Bild, das Du hast setzen lassen, anbeten
+wollen.“ Selbst in der Kapelle des St. Jamespalastes hatte der
+dienstthuende Geistliche den Muth, dem Befehle nicht zu gehorchen. Die
+Knaben von Westminster erinnerten sich noch lange dessen, was an jenem
+Tage in der Abtei vorging. Sprat, Bischof von Rochester, fungirte hier
+als Dechant. Sobald er die Erklärung zu verlesen begann, übertäubte das
+Murren und das Geräusch des sich aus der Kirche drängenden Volks seine
+Stimme. Er zitterte so heftig, daß man das Papier in seiner Hand sich
+bewegen sah. Lange bevor er geendet hatte, war die Kirche von Allen
+verlassen, bis auf Diejenigen, die ihre Stellung zum Bleiben nöthigte.<a
+class = "tag" name = "tagVIII_94" id = "tagVIII_94" href =
+"#noteVIII_94">94</a></p>
+
+<p>Noch nie war die Kirche der Nation so theuer gewesen, als an jenem
+Nachmittage. Der Geist der Zwietracht schien erloschen zu sein. Baxter
+hielt auf der Kanzel eine Lobrede auf die Bischöfe und die Pfarrer.
+Wenige Stunden später schrieb der holländische Gesandte an die
+Generalstaaten, daß die anglikanische Geistlichkeit in der Achtung des
+Publikums unglaublich gestiegen sei. Die Nonconformisten, sagte er,
+sprächen sich
+<span class = "pagenum">VIII.61</span>
+<a name = "pageVIII_61" id = "pageVIII_61"> </a>
+allgemein dahin aus, daß sie lieber unter dem Drucke der Strafgesetze
+bleiben, als ihre Sache von der der Prälaten trennen wollten.<a class =
+"tag" name = "tagVIII_95" id = "tagVIII_95" href =
+"#noteVIII_95">95</a></p>
+
+<p>So verging noch eine Woche ängstlicher Aufregung, und der zweite
+Sonntag kam heran. Abermals waren die Kirchen der Hauptstadt mit
+Hunderttausenden gefüllt. Die Erklärung wurde nirgends anderwärts
+verlesen, als an den wenigen Orten, wo sie vor acht Tagen verlesen
+worden war. Der Geistliche, der in der Kapelle des St. Jamespalastes
+gepredigt hatte, war seines Amtes entsetzt worden und es erschien ein
+servilerer Geistlicher mit dem Papier in der Hand; aber er war so
+befangen, daß er nicht vernehmlich sprechen konnte. Die Stimmung der
+ganzen Nation hatte sich in der That so gestaltet, daß nur die besten
+und hochherzigsten, oder die schlechtesten und characterlosesten
+Menschen ihr ohne große Angst die Stirn bieten konnten.<a class = "tag"
+name = "tagVIII_96" id = "tagVIII_96" href = "#noteVIII_96">96</a></p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVIII_94" id = "noteVIII_94" href =
+"#tagVIII_94">94.</a>
+Citters; 22. Mai (1. Juni) 1688; <span class = "antiqua">Burnet</span>,
+I. 740 und Lord Dartmouth’s Note; <span class = "antiqua">Southey’s Life
+of Wesley</span>.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_95" id = "noteVIII_95" href =
+"#tagVIII_95">95.</a>
+Citters, 22. Mai (1. Juni) 1688.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_96" id = "noteVIII_96" href =
+"#tagVIII_96">96.</a>
+<span class = "antiqua">Ibid.</span> 29. Mai (8. Juni) 1688.</p>
+</div>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Unschlüssigkeit der Regierung.</span>
+<a name = "secVIII_54" id = "secVIII_54">Selbst</a> der König war einen
+Augenblick bestürzt über die Heftigkeit des von ihm heraufbeschworenen
+Sturmes. Was sollte er nun zunächst thun? Er mußte entweder vorwärts
+oder rückwärts gehen, und ersteres konnte er nicht ohne Gefahr,
+letzteres nicht ohne Demüthigung. Einmal nahm er sich vor, einen neuen
+Befehl zu erlassen, durch den er der Geistlichkeit in hochmüthigem und
+zornigem Tone gebot, seine Erklärung zu verlesen, und jedem
+Widerspenstigen mit augenblicklicher Amtsentsetzung drohte. Dieser
+Befehl wurde zu Papier gebracht und in die Druckerei geschickt, dann
+zurückgeholt, dann zum zweitenmal in die Druckerei geschickt und noch
+einmal zurückgeholt.<a class = "tag" name = "tagVIII_97" id =
+"tagVIII_97" href = "#noteVIII_97">97</a> Zu einem andren Plane riethen
+einige von Denen, welche für strenge Maßregeln waren. Sie meinten, die
+Prälaten, welche die Petition unterzeichnet hatten, könnten ja vor die
+kirchliche Commission citirt und ihrer Bischofssitze beraubt werden.
+Gegen dieses Verfahren aber wurden im Staatsrathe energische
+Einwendungen erhoben. Man habe angekündigt, daß die Kammern noch vor
+Ende des Jahres einberufen werden sollten und die Lords würden das
+Absetzungsurtel unzweifelhaft für null und nichtig erklären, auf der
+Einberufung Sancroft’s und seiner Mitpetenten bestehen und sich weigern,
+einen neuen Erzbischof von Canterbury oder einen neuen Bischof von Bath
+und Wells anzuerkennen. So würde die Session, die aller
+Wahrscheinlichkeit nach im günstigen Falle immer noch sehr stürmisch
+werden würde, sogleich mit einem erbitterten Streite zwischen der Krone
+und den Peers beginnen. Wenn daher eine Bestrafung der Bischöfe für
+nöthig gehalten würde, so müßte dieselbe nach dem bekannten Gange des
+englischen Rechtsverfahrens über sie verhängt werden. Sunderland hatte
+sich von Anfang an, soweit er es ohne Gefahr wagen konnte, dem
+Geheimrathsbefehl widersetzt. Jetzt rieth er zu einem Verfahren, das
+zwar nicht frei von Nachtheilen, aber doch das klügste und würdigste
+war, welches der Regierung nach einer Reihe von Fehlgriffen noch offen
+stand. Der König solle mit Huld und Majestät der Welt ankündigen, daß
+das ungehorsame Benehmen der anglikanischen Kirche ihn tief verletzt
+habe, daß er aber die vielen Dienste nicht vergessen könne, die diese
+Kirche in schweren Prüfungszeiten seinem Vater,
+<span class = "pagenum">VIII.62</span>
+<a name = "pageVIII_62" id = "pageVIII_62"> </a>
+seinem Bruder und ihm selbst geleistet; daß er als Freund der
+Gewissensfreiheit nicht streng gegen Männer verfahren wolle, deren
+allerdings irregeleitetes und über alle Maßen bedenkliches Gewissen
+ihnen nicht erlaubt habe, seinen Befehlen zu gehorchen, und daß er daher
+die Schuldigen der Strafe überlassen werde, die ihre eigne Überzeugung
+ihnen zuerkennen müsse, wenn sie ihre neuesten Schritte mit den loyalen
+Grundsätzen verglichen, deren sie sich so laut gerühmt hätten. Nicht
+allein Powis und Bellasyse, welche stets für gemäßigte Beschlüsse waren,
+sondern selbst Dover und Arundell neigten sich zu diesem Vorschlage hin.
+Jeffreys dagegen behauptete, daß die Regierung entehrt sein würde, wenn
+sie solche Verbrecher, wie die sieben Bischöfe, mit einem bloßen
+Verweise davon kommen ließe. Er wünschte jedoch nicht, daß sie vor die
+Hohe Commission, in welcher er als erster oder vielmehr einziger Richter
+saß, geladen würden, denn die Last des öffentlichen Hasses, die er
+bereits zu tragen hatte, war selbst für seine schamlose Stirn und sein
+verknöchertes Herz zu groß, und er erschrak vor der Verantwortlichkeit,
+die er durch eine gesetzwidrige Verurtheilung der Oberhäupter der
+Staatskirche und der Lieblinge des Volkes auf sich geladen haben
+würde.</p>
+
+<p class = "footnote">
+<a name = "noteVIII_97" id = "noteVIII_97" href = "#tagVIII_97">97.</a>
+<span class = "antiqua">Ibid.</span></p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Es wird eine gerichtliche Verfolgung der Bischöfe wegen Libells
+beschlossen.</span>
+<a name = "secVIII_55" id = "secVIII_55">Jeffreys</a> empfahl deshalb
+einen Criminalprozeß gegen sie anhängig zu machen. In Folge dessen wurde
+beschlossen, den Erzbischof und die sechs anderen Bittsteller unter der
+Anklage auf Abfassung eines aufrührerischen Libells vor den Gerichtshof
+der Kings Bench zu stellen. Daß sie für schuldig befunden werden würden,
+daran war kaum zu zweifeln, denn die Richter und ihre Unterbeamten waren
+Werkzeuge des Hofes. Seitdem der Hauptstadt ihr alter Freibrief entzogen
+worden, war kaum ein Gefangener, den die Regierung bestraft wissen
+wollte, von einer Jury freigesprochen worden. Die widerspenstigen
+Prälaten wurden höchst wahrscheinlich zu unerschwinglichen Geldbußen und
+langer Haft verurtheilt und waren dann froh, wenn sie sich dadurch
+loskaufen konnten, daß sie in und außer dem Parlament den Absichten des
+Königs dienten.<a class = "tag" name = "tagVIII_98" id = "tagVIII_98"
+href = "#noteVIII_98">98</a></p>
+
+<p>Am 27. Mai wurde den Bischöfen angekündigt, daß sie am 8. Juni vor
+dem Könige im Geheimen Rathe erscheinen sollten. Warum eine so lange
+Frist gestattet wurde, ist uns nicht bekannt. Vielleicht hoffte Jakob,
+daß einige der Schuldigen sich aus Furcht vor seiner Ungnade bis zu dem
+zum Verlesen der Erklärung bestimmten Tage noch fügen und, um sich mit
+ihm auszusöhnen, die Geistlichen ihrer Diöcesen zum Gehorsam überreden
+würden. Wenn dies wirklich seine Hoffnung war, so wurde sie vollständig
+getäuscht. Der 3. Juni kam und alle Theile Englands folgten dem
+Beispiele der Hauptstadt. Die Bischöfe von Norwich, Gloucester,
+Salisbury, Winchester und Exeter hatten bereits Abschriften der Petition
+zum Beweis ihrer Zustimmung unterzeichnet; der Bischof von Worcester
+hatte sich geweigert, die Erklärung unter seine Geistlichen zu
+vertheilen; der Bischof von Hereford hatte sie vertheilt, wurde aber,
+wie allgemein bekannt war, deshalb von Reue und Scham gequält. Von
+<span class = "pagenum">VIII.63</span>
+<a name = "pageVIII_63" id = "pageVIII_63"> </a>
+fünfzig Pfarrern fügte sich noch nicht einer dem Geheimrathsbefehl. In
+der großen Diöcese Chester, welche die Grafschaft Lancaster umfaßt,
+konnte Cartwright nicht mehr als drei Geistliche zum Gehorsam gegen den
+König bewegen. Die Diöcese Norwich enthält viele hundert Pfarreien, und
+nur in vieren davon wurde die Erklärung verlesen. Dem höfischen Bischof
+von Rochester gelang es nicht, die Gewissensscrupel des
+Gefängnißpredigers von Chatham, der von der Regierung besoldet wurde, zu
+heben. Es existirt noch ein rührender Brief, den dieser wackere
+Geistliche an den Sekretär der Admiralität schrieb. „Ich kann wohl nicht
+erwarten,“ schrieb er darin, „daß Euer Ehren sich für mich verwenden.
+Der Wille Gottes geschehe. Ich will lieber leiden, als sündigen“<a class
+= "tag" name = "tagVIII_99" id = "tagVIII_99" href =
+"#noteVIII_99">99</a>.</p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVIII_98" id = "noteVIII_98" href =
+"#tagVIII_98">98.</a>
+Barillon, 24. Mai (3. Juni), 31. Mai (10. Juni) 1688; Citters, 1.(11.)
+Juli; Adda 25. Mai (4. Juni), 30. Mai (9. Juni), 1.(11.) Juni; <span
+class = "antiqua">Clarke’s Life of James the Second, II. 158</span>.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_99" id = "noteVIII_99" href =
+"#tagVIII_99">99.</a>
+<span class = "antiqua">Burnet, I. 740</span>; <span class =
+"antiqua">Life of Prideaux</span>; Citters, 12.(22.), 15.(25.) Juni
+1688; <span class = "antiqua">Tanner MS.</span>; <span class =
+"antiqua">Life and Correspondence of Pepys</span>.</p>
+</div>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Sie werden im Geheimen Rathe verhört.</span>
+<a name = "secVIII_56" id = "secVIII_56">Am</a> Abend des 8. Juni
+begaben sich die sieben Prälaten, von den ausgezeichnetsten
+Rechtsgelehrten Englands gehörig instruirt, in den Palast, wo sie
+alsbald in das Geheimrathszimmer gerufen wurden. Ihre Petition lag auf
+dem Tische. Der Kanzler nahm das Papier, zeigte es dem Erzbischofe und
+sagte: „Ist dies die Schrift, die Euer Gnaden aufgesetzt und welche die
+hier anwesenden Bischöfe Seiner Majestät überreicht haben?“ Sancroft
+warf einen Blick auf das Papier und sagte dann zum Könige: „Sire, ich
+stehe hier als Angeklagter. Ich war dies noch nie und hätte früher nicht
+geglaubt, daß ich es je einmal werden könnte. Am allerwenigsten aber
+habe ich daran gedacht, daß mir ein Vergehen gegen meinen König zur Last
+gelegt werden könnte. Da ich aber das Unglück habe, in diese Lage
+gekommen zu sein, so wird Eure Majestät es mir nicht übel nehmen, wenn
+ich von dem mir gesetzlich zustehenden Rechte Gebrauch mache, nichts zu
+sagen, was mich als schuldig erscheinen lassen könnte.“ &mdash; „Dies
+ist bloße Chikane,“ erwiederte der König. „Euer Gnaden werden
+hoffentlich nicht so gewissenlos sein, daß Sie Ihre eigne Hand
+verleugnen?“ &mdash; „Sire,“ sagte Lloyd, der die Casuistik gründlich
+studirt hatte, „alle Theologen stimmen darin überein, daß Jemand, der
+sich in unsrer Lage befindet, die Antwort auf eine solche Frage
+verweigern darf.“ Der König, der eben so beschränkten Verstandes, als
+heftigen Temperamentes war, wußte nicht sogleich was der Prälat meinte.
+Er beharrte jedoch auf seinem Verlangen und gerieth in sichtbaren Zorn.
+„Sire,“ hob der Erzbischof wieder an, „ich bin nicht verpflichtet, mich
+selbst anzuklagen. Dessenungeachtet will ich, wenn Eure Majestät es
+durchaus befiehlt, eine Antwort geben, in dem Vertrauen, daß ein
+gerechter und edelsinniger Fürst das was ich lediglich aus Gehorsam
+gegen Höchstdessen Befehl thue, nicht als Rechtsbeweis gegen mich
+anwenden lassen wird.“ &mdash; „Sie dürfen mit Ihrem Souverain nicht
+kapituliren,“ sagte der Kanzler. „Nein,“ setzte der König hinzu, „ich
+werde einen solchen Befehl nicht geben. Wenn Sie es vorziehen, Ihre
+eigenen Handschriften abzuleugnen, so habe ich Ihnen nichts mehr zu
+sagen.“</p>
+
+<p>Die Bischöfe wurden zu wiederholten Malen ins Vorzimmer
+hinausgeschickt und eben so oft wieder hereingerufen. Endlich gab ihnen
+Jakob den bestimmten Befehl, auf die Frage zu antworten. Er
+verpflichtete sich allerdings nicht ausdrücklich dazu, daß ihr
+Geständniß nicht gegen sie angewendet
+<span class = "pagenum">VIII.64</span>
+<a name = "pageVIII_64" id = "pageVIII_64"> </a>
+werden sollte; aber nach dem was vorausgegangen war, mußten sie
+natürlich annehmen, daß diese Zusage selbstverständlich mit in dem
+Befehle enthalten sei. Sancroft erkannte seine Handschrift an, und seine
+Collegen folgten seinem Beispiele. Hierauf wurden sie über den Sinn
+einiger in der Petition vorkommenden Worte und über den Brief befragt,
+der im ganzen Lande verbreitet worden war und so großes Aufsehen gemacht
+hatte; aber ihre Antworten waren so vorsichtig, daß durch das Verhör
+nichts gewonnen wurde. Der Kanzler sagte ihnen nun, daß eine
+Criminaluntersuchung bei der Kings Bench gegen sie eingeleitet werden
+würde und forderte sie auf, sich wegen ihres Erscheinens jeder für seine
+eigne Person zu verpflichten. Dies lehnten sie aber ab. Sie seien Peers
+des Reiches, sagten sie, die besten Rechtsgelehrten von Westminster Hall
+hätten ihnen gesagt, daß keinem Peer in einer Untersuchung wegen Libells
+persönliche Bürgschaft angesonnen werden könne, und sie hielten sich
+nicht für berechtigt, auf eines ihrer Standesvorrechte zu verzichten.
+Der König war einfältig genug, es als eine persönliche Beleidigung gegen
+sich zu betrachten, daß die Bischöfe in einer Rechtsfrage sich durch
+juristischen Rath leiten ließen. „Sie glauben ja auch jedem Andren eher
+als mir,“ sagte er. Er fühlte sich ernstlich gedemüthigt und beunruhigt,
+denn er war so weit gegangen, daß ihm, wenn sie auf ihrem Vorsatze
+beharrten, nichts Andres übrig blieb, als sie in’s Gefängniß zu
+schicken, und wenn er auch keineswegs <em>alle</em> Folgen eines solchen
+Schrittes voraussah, so sah er doch so viel davon voraus, daß ihm bange
+wurde. Sie blieben fest. Es wurde daher wirklich ein Befehl
+ausgefertigt, welcher den Gouverneur des Tower anwies, sie in sicherem
+Gewahrsam zu halten und eine Barke brachte sie den Fluß hinunter nach
+dem Staatsgefängnisse.<a class = "tag" name = "tagVIII_100" id =
+"tagVIII_100" href = "#noteVIII_100">100</a></p>
+
+<p>Ganz London wußte, daß die Bischöfe vor dem Geheimen Rathe standen.
+Das Publikum war in gespannter Erwartung. Eine große Menschenmenge
+füllte die Höfe von Whitehall und alle umliegenden Straßen. Viele Leute
+pflegten sich damals an Sommerabenden an der kühlen Themseluft zu
+erlaben; an diesem Abend aber war der ganze Fluß mit Böten bedeckt. Als
+die sieben Bischöfe in Begleitung einer Wache erschienen, konnte das
+Volk seine Gefühle nicht mehr beherrschen. Tausende fielen auf die Knie
+und beteten laut für die Männer, welche mit dem christlichen Muthe eines
+Ridley und Latimer einem von der ganzen Bigotterie der Maria erfüllten
+Tyrannen Trotz geboten hatten. Viele sprangen in den Fluß und riefen,
+bis über den Hüften in Schlamm und Wasser stehend, die heiligen Väter um
+ihren Segen an. Auf der ganzen Strecke von Whitehall bis zur
+London-Brücke fuhr die königliche Barke zwischen Reihen von Böten, aus
+denen beständig der Ruf: „Gott segne Eure Lordschaften!“ ertönte. Der
+König gab in seiner Angst Befehl, daß die Besatzung des Tower verstärkt,
+die Garden zum Feuern bereit gehalten und zwei Compagnien von jedem
+Regiment im ganzen Reiche unverzüglich nach London berufen werden
+sollten. Die Militairmacht aber, die er als das zuverlässigste Werkzeug
+zur Bändigung des Volkes ansah, theilte alle Gefühle desselben. Selbst
+die Schildwachen, welche am Verrätherthore unter Waffen standen, baten
+die Märtyrer, die sie bewachen sollten, um ihren Segen. Der Gouverneur
+des Tower war Sir Eduard
+<span class = "pagenum">VIII.65</span>
+<a name = "pageVIII_65" id = "pageVIII_65"> </a>
+Hales. Er war nicht eben geneigt, seine Gefangenen freundlich zu
+behandeln, denn er war von der Kirche, für die sie litten, abgefallen
+und bekleidete kraft der Dispensationsgewalt, gegen die sie protestirt
+hatten, mehrere einträgliche Stellen. Mit Entrüstung vernahm er, daß
+seine Soldaten auf das Wohl der Bischöfe tranken, und er befahl seinen
+Offizieren, dies ein für allemal zu verbieten; aber diese brachten ihm
+die Meldung, daß es sich nicht mehr verhindern lasse und daß in der
+ganzen Besatzung keine andre Gesundheit mehr ausgebracht werde. Übrigens
+bewiesen die Truppen ihre Verehrung für die Väter der Kirche nicht
+allein durch Toaste. Im ganzen Tower herrschte eine so andächtige
+Stimmung, daß fromme Geistliche dem Himmel dankten, daß er aus Bösem
+Gutes hervorgehen ließe und die Verfolgung seiner treuen Diener zum
+Rettungsmittel für viele Seelen machte. Tag für Tag sah man die
+Equipagen und Livreen der vornehmsten Kavaliere Englands vor den
+Eingängen des Gefängnisses, und Tausende von Zuschauern aus den
+bürgerlichen Klassen bedeckten fortwährend Towerhill.<a class = "tag"
+name = "tagVIII_101" id = "tagVIII_101" href = "#noteVIII_101">101</a>
+Von den verschiedenen Zeichen der öffentlichen Verehrung und Theilnahme
+für die Prälaten erfüllte aber namentlich eines mehr als alle anderen
+den König mit Zorn und Besorgniß. Er erfuhr, daß eine Deputation von
+zehn nonconformistischen Geistlichen die Bischöfe im Tower besucht
+hatte. Er ließ vier von ihnen zu sich entbieten und machte ihnen
+persönlich heftige Vorwürfe; sie aber antworteten ihm muthig, daß sie es
+für ihre Pflicht hielten, vergangene Streitigkeiten zu vergessen und zu
+den Männern zu stehen, welche die Träger des protestantischen Glaubens
+seien.<a class = "tag" name = "tagVIII_102" id = "tagVIII_102" href =
+"#noteVIII_102">102</a></p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVIII_100" id = "noteVIII_100" href =
+"#tagVIII_100">100.</a>
+Sancroft’s Bericht, abgedruckt aus Tanner’s Handschriften.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_101" id = "noteVIII_101" href =
+"#tagVIII_101">101.</a>
+<span class = "antiqua">Burnet, I. 741</span>; Citters, 8.(18.),
+12.(22.) Juni 1688; <span class = "antiqua">Luttrell’s Diary, June
+8</span>; <span class = "antiqua">Evelyn’s Diary</span>, Brief von <span
+class = "antiqua">Dr.</span> Ralson an seine Gattin vom 14. Juni
+abgedruckt aus Tanner’s Handschriften; <span class = "antiqua">Reresby’s
+Memoirs</span>.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_102" id = "noteVIII_102" href =
+"#tagVIII_102">102.</a>
+<span class = "antiqua">Reresby’s Memoirs</span>.</p>
+</div>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Geburt des Prätendenten.</span>
+<a name = "secVIII_57" id = "secVIII_57">Kaum</a> hatten sich die Thore
+des Tower hinter den Gefangenen geschlossen, so trat ein Ereigniß ein,
+welches die allgemeine Aufregung noch vermehrte. Es war angekündigt
+worden, daß die Königin erst im Juli ihre Entbindung erwarte. Den Tag
+nach dem Verhöre der Bischöfe aber bemerkte man, daß der König sich
+angelegentlich nach ihrem Befinden erkundigte. Sie saß jedoch diesen
+Abend noch bis gegen Mitternacht in Whitehall am Spieltisch. Dann aber
+wurde sie in einer Sänfte in den St. Jamespalast gebracht, wo in aller
+Eil Zimmer für sie eingerichtet worden waren. Bald darauf eilten Boten
+nach allen Richtungen hin, um Ärzte und Priester, Staatsräthe und
+Kammerdamen herbeizuholen. Binnen wenigen Stunden waren eine Menge
+Staatsbeamte und vornehme Damen im Zimmer der Königin versammelt, und
+hier wurde am Morgen des 10. Juni, einem Sonntage, der von den
+allzutreuen Freunden einer schlechten Sache lange in Ehren gehalten
+wurde, der unglücklichste aller Fürsten geboren, bestimmt zu
+siebenundsiebzig Jahren der Verbannung und des Umherirrens, zu einem
+Leben voll eitler Pläne, voll Ehrenbezeigungen, welche kränkender sind
+als offene Beleidigungen, und voll Hoffnungen, die das Herz vor Gram
+vergehen lassen.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Man hält ihn allgemein für untergeschoben.</span>
+<a name = "secVIII_58" id = "secVIII_58">Die</a> traurigen Schicksale
+des armen Kindes begannen schon vor seiner Geburt.
+<span class = "pagenum">VIII.66</span>
+<a name = "pageVIII_66" id = "pageVIII_66"> </a>
+Die Nation über welche er nach der gewöhnlichen Erbfolgeordnung einst
+regiert haben würde, war fest überzeugt, daß seine Mutter gar nicht
+schwanger sei. Wäre seine Geburt auch durch noch so viele Zeugen
+bewiesen worden, ein großer Theil des Volks würde trotzdem
+wahrscheinlich bei der Behauptung geblieben sein, daß die Jesuiten ein
+geschicktes Taschenspielerkunststück ausgeführt hätten; der Beweis für
+die Thatsache ließ aber, theils durch Zufall, theils durch grobe
+Versehen manchen Einwürfen und Zweifeln Raum. Es waren zwar viele
+Personen beiderlei Geschlechts im königlichen Schlafgemache anwesend,
+als das Kind das Licht der Welt erblickte, aber keine von ihnen erfreute
+sich des öffentlichen Vertrauens im besonderen Grade. Von den anwesenden
+Geheimräthen waren die Hälfte Katholiken und die, welche sich
+Protestanten nannten, galten allgemein für Verräther an Gott und
+Vaterland. Unter den Kammerdamen befanden sich viele Französinnen,
+Italienerinnen und Portugiesinnen, und von den englischen Damen waren
+einige selbst Papistinnen, andere die Gattinnen von Papisten. Mehrere
+Personen, welche vorzugsweise hätten anwesend sein sollen, und deren
+Zeugniß allen Verständigen genügt haben würde, fehlten und man legte die
+Schuld an ihrer Abwesenheit dem Könige zur Last. Die Prinzessin Anna war
+von allen Bewohnern der ganzen Insel am meisten bei der Sache
+interessirt. Ihr Geschlecht und ihre Erfahrung berechtigte sie, als
+Wächterin des Geburtsrechts ihrer Schwester und ihres eigenen
+aufzutreten. Sie hatte starken Verdacht geschöpft, in welchem sie
+täglich durch geringfügige oder imaginäre Umstände bestärkt wurde. Es
+schien ihr, als ob die Königin geflissentlich ihren Fragen auswiche und
+sie schrieb diese Zurückhaltung, welche vielleicht im Zartgefühl ihren
+Grund hatte, dem Schuldbewußtsein zu.<a class = "tag" name =
+"tagVIII_103" id = "tagVIII_103" href = "#noteVIII_103">103</a> In Folge
+dessen hatte Anna sich vorgenommen, an dem entscheidenden Tage anwesend
+zu sein und ein scharfes Auge zu haben. Sie hatte es aber nicht für
+nöthig gehalten, schon einen Monat vor diesem Tage auf ihrem Posten zu
+sein, sondern war mit Bewilligung und angeblich auf Anrathen ihres
+Vaters nach Bath gereist, um dort eine Brunnenkur zu gebrauchen.
+Sancroft, dessen hohe Stellung ihm die Pflicht auferlegte, anwesend zu
+sein, und in dessen Rechtschaffenheit die Nation volles Vertrauen
+setzte, war einige Stunden vorher von Jakob in den Tower geschickt
+worden. Die Hyde waren die geeigneten Beschützer der Rechte beider
+Prinzessinnen. Der holländische Gesandte konnte als der Vertreter
+Wilhelm’s betrachtet werden, der als der erste Prinz von Geblüt und als
+Gemahl der ältesten Tochter des Königs das größte Interesse an dem
+Ereignisse hatte. Jakob aber dachte nicht daran, ein männliches oder
+weibliches Mitglied der Familie Hyde herbeizurufen und eben so wenig
+wurde der holländische Gesandte zugezogen.</p>
+
+<p>Die Nachwelt hat den König von dem Betrug, dessen sein Volk ihn
+beschuldigte, vollkommen freigesprochen. Unmöglich aber kann man ihn von
+der Thorheit und Verkehrtheit freisprechen, welche den Irrthum seiner
+Zeitgenossen erklären und entschuldigen. Er wußte recht gut, welche
+argwöhnischen Vermuthungen man im Publikum hegte,<a class = "tag" name =
+"tagVIII_104" id = "tagVIII_104" href = "#noteVIII_104">104</a> und er
+hätte eben
+<span class = "pagenum">VIII.67</span>
+<a name = "pageVIII_67" id = "pageVIII_67"> </a>
+so gut wissen können, daß dieser Argwohn nicht durch das Zeugniß von
+Mitgliedern der römischen Kirche oder solchen Personen zerstreut werden
+konnte, die sich zwar Mitglieder der anglikanischen Kirche nannten, aber
+sich ganz bereit gezeigt hatten, die Interessen dieser Kirche zu opfern,
+um seine Gunst zu gewinnen. Daß der Eintritt des Ereignisses ihn vor der
+erwarteten Zeit überraschte, ist wahr, aber er hatte immerhin zwölf
+Stunden vor sich, um seine Anordnungen zu treffen. So gut als er den St.
+Jamespalast mit Bigotten und Schmarotzern füllen konnte, deren Wort die
+Nation nicht traute, eben so gut hätte er auch für die Anwesenheit
+einiger angesehenen Personen sorgen können, deren treue Anhänglichkeit
+an die Prinzessinnen und an die Landeskirche außer Zweifel stand.</p>
+
+<p>Zu einer späteren Zeit, als er für seine tollkühne Verachtung der
+öffentlichen Meinung schwer gebüßt hatte, pflegte man in Saint-Germain
+ihn dadurch zu entschuldigen, daß man die Schuld auf Andere wälzte.
+Einige Jakobiten behaupteten, Anna habe sich absichtlich fern gehalten,
+ja sie scheuten sich nicht zu sagen, Sancroft habe den König
+herausgefordert, ihn in den Tower zu schicken, damit das Zeugniß,
+welches die Verleumdungen der Unzufriedenen widerlegen konnte,
+mangelhaft wäre.<a class = "tag" name = "tagVIII_105" id = "tagVIII_105"
+href = "#noteVIII_105">105</a> Die Abgeschmacktheit dieser Beschuldigung
+ist handgreiflich. Konnte Anna oder Sancroft vermuthen, daß die Königin
+sich in ihrer Berechnung um einen ganzen Monat geirrt hatte? Wäre ihre
+Berechnung richtig gewesen, so würde Anna gewiß, um der Entbindung
+beiwohnen zu können, zur rechten Zeit von Bath zurückgekehrt und
+Sancroft nicht im Tower gewesen sein. Jedenfalls aber waren die
+mütterlichen Oheime der Tochter des Königs weder von London entfernt
+noch im Gefängniß. Die nämlichen Boten, welche die ganze Schaar der
+Renegaten, Dover, Peterborough, Murray, Sunderland und Mulgrave,
+herbeiholten, hätten ganz eben so leicht auch Clarendon herbeirufen
+können. Er war so gut Geheimer Rath als sie, und seine Wohnung befand
+sich in Jermyn Street, keine zweihundert Schritt von den Gemächern der
+Königin. Dennoch ließ man es ihn erst in der St. Jameskirche durch die
+Bewegung und das Geflüster der Gemeinde erfahren, daß seine Nichte
+aufgehört hatte, die präsumtive Thronerbin zu sein.<a class = "tag" name
+= "tagVIII_106" id = "tagVIII_106" href = "#noteVIII_106">106</a>
+Gehörte er etwa deshalb nicht in das Entbindungszimmer, weil er ein
+naher Verwandter der Prinzessinnen von Oranien und von Dänemark war,
+oder weil er unerschütterlich treu an der anglikanischen Kirche
+hing?</p>
+
+<p>Die ganze Nation sprach es laut und offen aus, daß ein Betrug
+gespielt worden sei. Mehre Monate lang hätten die Papisten auf der
+Kanzel und durch die Presse, in Prosa und in Versen, in englischer und
+in lateinischer Sprache prophezeit, daß die Bitten der Kirche erhört und
+ein Prinz von Wales geboren werden würde, und sie hätten jetzt selbst
+ihre Prophezeiung erfüllt. Jeder nicht zu bestechende oder zu
+hintergehende Zeuge sei sorgfältig ausgeschlossen worden. Anna habe man
+arglistigerweise zu einer Reise nach Bath überredet. Der Primas sei
+gerade am Tage vor dem zur Ausführung des Betrugs bestimmten den
+Vorschriften des Gesetzes und der Privilegien der Peers zum Trotz ins
+Gefängniß geworfen worden. Nicht eine einzige männliche oder weibliche
+Person, die das geringste Interesse an der Enthüllung des Betrugs haben
+<span class = "pagenum">VIII.68</span>
+<a name = "pageVIII_68" id = "pageVIII_68"> </a>
+konnte, sei zugezogen worden. Man habe die Königin plötzlich mitten in
+der Nacht in den St. Jamespalast gebracht, weil dieses Gebäude, für
+unehrliche Zwecke passender eingerichtet als Whitehall, einige für die
+Absichten der Jesuiten vortrefflich geeignete Zimmer und Gänge enthalte.
+Hier sei inmitten eines Kreises von Zeloten, denen nichts, was die
+Interessen ihrer Kirche fördern konnte, ein Verbrechen dünkte, und von
+Höflingen, welche nichts, was zu ihrer Bereicherung und Erhebung
+beitragen konnte, für Sünde hielten, ein neugeborenes Kind ins Bett der
+Königin practicirt und dann triumphirend als Erbe dreier Königreiche
+herumgegeben worden. Durch diesen zwar unbegründeten, aber nicht ganz
+unnatürlichen Verdacht aufgeregt, drängten sich die Leute nur um so
+eifriger danach, den frommen Opfern des Tyrannen zu huldigen, der,
+nachdem er lange seinem Volke das empörendste Unrecht zugefügt, das Maß
+seiner Schändlichkeit voll machte, indem er sich noch empörender an
+seinen eigenen Kindern verging<a class = "tag" name = "tagVIII_107" id =
+"tagVIII_107" href = "#noteVIII_107">107</a>.</p>
+
+<p>Der Prinz von Oranien, der selbst keinen Betrug argwöhnte und den
+Zustand der Volksstimmung in England nicht kannte, ordnete Dankgebete
+für seinen kleinen Schwager unter seinem eigenen Dache an und schickte
+Zulestein mit einem förmlichen Beglückwünschungsschreiben nach London.
+Zulestein hörte zu seinem großen Erstaunen Jedermann ganz offen von dem
+schändlichen Betruge sprechen, den die Jesuiten eben begangen haben
+sollten, und erblickte jede Stunde ein neues Pasquill auf die
+Schwangerschaft und die Entbindung der Königin. Er schrieb sehr bald
+nach dem Haag, von zehn Personen glaube nicht eine, daß die Königin
+dieses Kind geboren habe<a class = "tag" name = "tagVIII_108" id =
+"tagVIII_108" href = "#noteVIII_108">108</a>.</p>
+
+<p>Das Benehmen der gefangenen Prälaten erhöhte inzwischen die
+allgemeine Theilnahme, die ihre Lage erweckte. Am Abend des „schwarzen
+Freitags“, wie man den Tag ihrer Einkerkerung nannte, kamen sie gerade
+zur Stunde des Gottesdienstes in ihrem Gefängnisse an. Sie begaben sich
+sogleich in die Kapelle. Der Zufall wollte, daß im zweiten Vorlesestück
+die Worte vorkamen: „In allen Dingen lasset uns beweisen als die Diener
+Gottes in großer Geduld und Trübsalen, in Nöthen und Ängsten, in
+Schlägen, in Gefängnissen.“ Alle eifrigen Anhänger der Staatskirche
+freuten sich dieses Zusammentreffens und erinnerten sich, wie ein ganz
+ähnliches vor fast vierzig Jahren Karl&nbsp;I. in seiner Todesstunde
+getröstet und erhoben hatte.</p>
+
+<p>Am Abend des folgenden Tages, Samstag den 9. Juni, kam ein Schreiben
+von Sunderland, welcher dem Kaplan des Tower befahl, am nächsten Morgen
+beim Gottesdienste die Erklärung zu verlesen. Da die in dem
+Geheimrathsbefehl zur Verlesung in London bestimmte Zeit längst
+verstrichen war, so konnte dieses Verfahren der Regierung nur als eine
+ganz gemeine und kindische persönliche Insulte gegen die ehrwürdigen
+Gefangenen
+<span class = "pagenum">VIII.69</span>
+<a name = "pageVIII_69" id = "pageVIII_69"> </a>
+betrachtet werden. Der Kaplan weigerte sich zu gehorchen; er wurde
+sofort entlassen und die Kapelle geschlossen<a class = "tag" name =
+"tagVIII_109" id = "tagVIII_109" href = "#noteVIII_109">109</a>.</p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVIII_103" id = "noteVIII_103" href =
+"#tagVIII_103">103.</a>
+Correspondenz zwischen Anna und Marie in Dalrymple; <span class =
+"antiqua">Clarendon’s Diary Oct. 31. 1688</span>.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_104" id = "noteVIII_104" href =
+"#tagVIII_104">104.</a>
+Dies geht aus Clarendon’s Tagebuche vom 31. Oct. 1688 klar hervor.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_105" id = "noteVIII_105" href =
+"#tagVIII_105">105.</a>
+<span class = "antiqua">Clarke’s Life of James the Second, II. 159.
+160.</span></p>
+
+<p><a name = "noteVIII_106" id = "noteVIII_106" href =
+"#tagVIII_106">106.</a>
+<span class = "antiqua">Clarendon’s Diary, June 10. 1688.</span></p>
+
+<p><a name = "noteVIII_107" id = "noteVIII_107" href =
+"#tagVIII_107">107.</a>
+Johnstone giebt in kurzen Worten eine treffliche Übersicht der gegen den
+König erhobenen Beschuldigungen. „Die große Masse des Volks ist der
+Meinung, daß Alles ein Betrug sei, denn, sagen sie, die Berechnung
+treffe nicht zu, die Prinzessin sei entfernt und weder Jemand von der
+Familie Clarendon noch der holländische Gesandte herbeigerufen worden;
+dazu komme noch der plötzliche Eintritt des Ereignisses, die Predigten,
+die Zuversicht der Priester und die Eil.“ &mdash; 13. Juni 1688.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_108" id = "noteVIII_108" href =
+"#tagVIII_108">108.</a>
+Ronquillo, 26. Juli (5. Aug.). Ronquillo setzt hinzu, daß Zulestein’s
+Bericht über den Zustand der öffentlichen Meinung vollkommen wahr
+sei.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_109" id = "noteVIII_109" href =
+"#tagVIII_109">109.</a>
+Citters, 12.(22.) Juni 1688; <span class = "antiqua">Luttrell’s Diary,
+June 18.</span></p>
+</div>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Die Bischöfe werden vor die Kings Bench gestellt und müssen Bürgschaft
+leisten.</span>
+<a name = "secVIII_59" id = "secVIII_59">Die</a> Bischöfe erbauten Alle,
+die sich ihnen näherten, durch die Standhaftigkeit und Freudigkeit, mit
+der sie ihre Haft ertrugen, durch die Bescheidenheit und Demuth, mit der
+sie die Beifallsbezeigungen und Segenswünsche der ganzen Nation
+aufnahmen, und durch die loyale Anhänglichkeit, die sie für den
+Tyrannen, der sie in’s Verderben stürzen wollte, an den Tag legten. Am
+Freitag den 15. Juni, dem ersten Sitzungstage der Kings Bench, wurden
+sie vor diesen Gerichtshof gestellt. Eine ungeheure Menschenmenge
+erwartete ihre Ankunft. Vom Landungsplatze bis zur Court of Requests
+gingen sie durch eine Doppelreihe von Zuschauern, welche ihnen
+Segenswünsche und Beifall zuriefen. „Lieben Freunde,“ sagten die
+Gefangenen im Vorübergehen, „ehret den König und gedenket unserer in
+Euren Gebeten.“ Diese demüthigen und frommen Worte rührten Viele bis zu
+Thränen. Als sich der Zug endlich durch das Gedränge einen Weg gebahnt
+hatte und vor den Richtern angekommen war, verlas der Generalfiskal die
+Anklage, welche er auf hohen Befehl ausgearbeitet hatte und stellte den
+Antrag, daß die Beklagten aufgefordert werden sollten, auf die Klage
+einzugehen. Der Vertheidiger wendete dagegen ein, die Bischöfe seien
+gesetzwidrig verhaftet worden, und ihr Erscheinen vor dem Gerichtshofe
+sei daher nicht ordnungsgemäß. Die Frage, ob ein Peer unter einer
+Anklage wegen Libells sein Erscheinen vor Gericht gehörig zu verbürgen
+habe, wurde ausführlich erörtert und endlich von der Mehrheit der
+Richter zu Gunsten der Krone entschieden. Die Gefangenen erklärten sich
+nun für nichtschuldig. Der vierzehnte Tag darauf, der 29. Juni, wurde
+zur Verhandlung ihres Prozesses anberaumt. Bis dahin wurden sie gegen
+das persönliche Versprechen, sich zu stellen, in Freiheit gesetzt. Die
+Kronanwälte thaten sehr weise daran, aß sie keine fremde Bürgschaft
+verlangten, denn Halifax hatte dafür gesorgt, daß einundzwanzig
+weltliche Peers vom höchsten Ansehen, je drei für einen Angeklagten, zur
+Bürgschaftleistung bereit waren, und eine solche Gesinnungsäußerung des
+hohen Adels würde für die Regierung ein harter Schlag gewesen sein. Eben
+so wußte man, daß einer der reichsten, Dissenters der Hauptstadt um die
+Ehre nachgesucht hatte, für Ken Bürgschaft leisten zu dürfen.</p>
+
+<p>Die Bischöfe durften nun in ihre Heimath zurückkehren. Das niedere
+Volk, welches von dem bei der Kings Bench beobachteten Gerichtsverfahren
+nichts wußte und nur sah, daß ihre Lieblinge, nachdem sie unter
+Bedeckung nach Westminster Hall gebracht worden waren, jetzt sich in
+voller Freiheit wieder entfernen durften, glaubte, die gute Sache habe
+gesiegt, und brach in lauten Beifallsjubel aus, während zugleich
+fröhliches Glockengeläute von allen Thürmen ertönte. Sprat erstaunte
+nicht wenig, als er die Glocken seiner eigenen Abtei lustig erklingen
+hörte. Er brachte sie sofort zum Schweigen, aber seine Einmischung
+erregte viel unwilliges Murren. Die Bischöfe wußten gar nicht, wie sie
+sich vor der zudringlichen Masse ihrer Freunde retten sollten. Lloyd
+wurde im Palasthofe von Verehrern zurückgehalten, die sich um die Gunst
+stritten, seine Hände zu berühren und den Saum seines Rockes zu küssen,
+bis endlich Clarendon
+<span class = "pagenum">VIII.70</span>
+<a name = "pageVIII_70" id = "pageVIII_70"> </a>
+ihn nicht ohne Anstrengung befreite und ihn durch eine Seitengasse nach
+Hause führte. Man sagte, Cartwright sei so unvorsichtig gewesen, sich
+unter das Volk zu mischen. Jemand, der ihn an seinem Bischofsgewand
+erkannte, erbat sich und erhielt seinen Segen. „Wißt Ihr, von wem Ihr
+Euch eben habt segnen lassen?“ rief einer der Umstehenden. „Nun, es war
+doch gewiß einer von den Sieben?“ versetzte Der, welcher eben mit dem
+Segen beehrt worden war. „Nein,“ entgegnete der Andere, „es war der
+papistische Bischof von Chester.“ &mdash; „Papistischer Hund!“ rief der
+Protestant wüthend, „nimm Deinen Segen zurück!“</p>
+
+<p>Der Zusammenlauf und die Aufregung waren so groß, daß der
+holländische Gesandte sich wunderte, den Tag ohne einen Aufstand enden
+zu sehen. Dem Könige war durchaus nicht wohl zu Muthe gewesen. Um jede
+Ruhestörung sogleich unterdrücken zu können, hatte er am Morgen in
+Hydepark mehrere Bataillone Infanterie gemustert. Es ist jedoch
+keineswegs ausgemacht, daß diese Truppen zu ihm gehalten haben würden,
+wenn er ihrer Dienste bedurft hätte. Als Sancroft am Nachmittag in
+Lambeth ankam, fand er die in dieser Vorstadt liegenden Grenadiergarden
+vor dem Eingange seines Palastes versammelt. Sie stellten sich in einer
+Doppelreihe auf und während er zwischen ihnen hinschritt, baten sie ihn
+um seinen Segen. Nur mit Mühe hielt er sie davon ab, daß sie zur Feier
+seiner Rückkehr in seine Wohnung ein Freudenfeuer anzündeten. Es
+brannten übrigens an jenem Abend mehrere Freudenfeuer in der Hauptstadt.
+Zwei Katholiken, welche so unbesonnen waren, einige Knaben zu schlagen,
+weil sie an diesen öffentlichen Freudenbezeigungen Theil nahmen, wurden
+vom Pöbel ergriffen, nackt ausgezogen und schimpflich gebrandmarkt<a
+class = "tag" name = "tagVIII_110" id = "tagVIII_110" href =
+"#noteVIII_110">110</a>.</p>
+
+<p>Jetzt forderte Sir Eduard Hales seine Gebühren von den Bischöfen, die
+seine Gefangenen gewesen waren. Sie weigerten sich, einem Beamten,
+dessen Bestallung sie nach ihren Grundsätzen für null und nichtig
+ansahen, etwas für eine in ihren Augen gesetzwidrige Haft zu bezahlen.
+Hierauf gab ihnen der Gouverneur sehr deutlich zu verstehen, daß, wenn
+sie noch einmal in seine Hände kämen, er sie in schwere Eisen legen und
+auf die nackten Steine betten werde. „Wir haben uns die Ungnade unsres
+Königs zugezogen,“ war ihre Antwort, „und wir empfinden dies sehr
+schmerzlich; ein Mitunterthan aber, der uns droht, strengt nutzlos seine
+Lunge an.“ Man kann leicht denken, mit welchem Unwillen das ohnehin
+schon gereizte Volk erfuhr, daß ein vom protestantischen Glauben
+Abgefallener, der den Grundgesetzen Englands zum Hohn einen
+Commandoposten bekleidete, es gewagt hatte, ehrwürdigen Geistlichen mit
+allen Barbareien von Lollard’s Tower zu drohen<a class = "tag" name =
+"tagVIII_111" id = "tagVIII_111" href = "#noteVIII_111">111</a>.</p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVIII_110" id = "noteVIII_110" href =
+"#tagVIII_110">110.</a>
+Über die Ereignisse dieses Tages sehe man die <span class =
+"antiqua">Collection of State Trials</span>; <span class =
+"antiqua">Clarendon’s Diary</span>; <span class = "antiqua">Luttrell’s
+Diary</span>; Citters, 15.(25.) Juni; Johnstone, 18. Juni und <span
+class = "antiqua">Revolution Politics.</span></p>
+
+<p><a name = "noteVIII_111" id = "noteVIII_111" href =
+"#tagVIII_111">111.</a>
+Johnstone, 18. Juni 1688; <span class = "antiqua">Evelyn’s Diary, June
+29.</span></p>
+</div>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Aufregung der Gemüther.</span>
+<a name = "secVIII_60" id = "secVIII_60">Bis</a> zu dem Tage des
+Prozesses hatte sich die Aufregung nach den entferntesten Winkeln der
+Insel verbreitet. Aus Schottland erhielten die Bischöfe Zuschriften, in
+denen sie der Sympathie aller Presbyterianer dieses dem Prälatenthum so
+lange und so bitter Feind gewesenen Landes versichert wurden<a class =
+"tag" name = "tagVIII_112" id = "tagVIII_112" href =
+"#noteVIII_112">112</a>. Die Bevölkerung von Cornwall, ein trotziges,
+kühnes und herkulisches Geschlecht,
+<span class = "pagenum">VIII.71</span>
+<a name = "pageVIII_71" id = "pageVIII_71"> </a>
+das ein stärkeres Provinzialgefühl hatte, als man es in irgend einem
+andren Theile des Landes fand, nahm großen Antheil an der Gefahr, in
+welcher Trelawney schwebte, den sie weniger als einen Leiter der Kirche,
+denn als das Oberhaupt eines angesehenen Hauses und als den Erben von
+zwanzig Ahnen verehrten, welche schon in hohem Ansehen standen, ehe die
+Normannen den Fuß auf englischen Boden gesetzt hatten. In der ganzen
+Grafschaft sang das Landvolk eine Ballade, deren Refrain noch nicht
+vergessen ist:</p>
+
+<div class = "verse">
+<p>„Und bringt man Trelawney um, bringt man Trelawney um,</p>
+<p>Wollen dreißigtausend cornische Burschen wissen warum?“</p>
+</div>
+
+<p>Die Bergleute sangen das Lied mit einer kleinen Variation:</p>
+
+<div class = "verse">
+<p>„Wollen Zwanzigtausend unter der Erde wissen warum.“<a class = "tag"
+name = "tagVIII_113" id = "tagVIII_113" href =
+"#noteVIII_113">113</a></p>
+</div>
+
+<p>In manchen Theilen des Landes sprachen die Bauern laut eine
+sonderbare Hoffnung aus, welche nie aufgehört hat, in ihren Herzen
+fortzuleben. Sie meinten, ihr protestantischer Herzog, ihr geliebter
+Monmouth, werde plötzlich wieder erscheinen, sie zum Siege führen und
+den König wie die Jesuiten unter seinen Füßen zertreten<a class = "tag"
+name = "tagVIII_114" id = "tagVIII_114" href =
+"#noteVIII_114">114</a>.</p>
+
+<p>Die Minister waren in der größten Angst; selbst Jeffreys würde gern
+seine Maßregeln zurückgenommen haben. Er beauftragte Clarendon mit
+freundlichen Botschaften an die Bischöfe und wälzte die Schuld an der
+Verfolgung, zu der er selbst gerathen hatte, auf Andere. Sunderland
+wagte es noch einmal, Zugeständnisse anzuempfehlen. Die glückliche
+Geburt eines Prinzen, sagte er, biete dem Könige eine vortreffliche
+Gelegenheit, eine gefährliche und nachtheilige Stellung aufzugeben, ohne
+sich den Vorwurf der Zaghaftigkeit oder der Launenhaftigkeit zuzuziehen.
+Bei so erfreulichen Anlässen sei es stets Sitte gewesen, daß der Fürst
+die Herzen seiner Unterthanen durch Gnadenacte erfreue, und nichts könne
+dem Prinzen von Wales mehr zum Vortheile gereichen, als wenn er schon in
+der Wiege der Friedensstifter zwischen seinem Vater und der
+aufgebrachten Nation würde. Aber des Königs Entschluß stand fest. „Ich
+werde fortfahren,“ sagte er, „ich bin nur zu nachsichtig gewesen. Die
+Nachsicht war meines Vaters Verderben“<a class = "tag" name =
+"tagVIII_115" id = "tagVIII_115" href = "#noteVIII_115">115</a>.</p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVIII_112" id = "noteVIII_112" href =
+"#tagVIII_112">112.</a>
+<span class = "antiqua">Tanner MS.</span></p>
+
+<p><a name = "noteVIII_113" id = "noteVIII_113" href =
+"#tagVIII_113">113.</a>
+Diese Thatsache wurde mir freundlichst von dem Rev. R.&nbsp;S. Hawker
+von Morwenstow in Cornwall mitgetheilt.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_114" id = "noteVIII_114" href =
+"#tagVIII_114">114.</a>
+Johnstone, 18. Juni 1688.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_115" id = "noteVIII_115" href =
+"#tagVIII_115">115.</a>
+Adda, 29. Juni (9. Juli) 1688.</p>
+</div>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Sunderland’s Angst.</span>
+<a name = "secVIII_61" id = "secVIII_61">Der</a> schlaue Minister kam
+dahinter, daß sein Rath früher nur deshalb angenommen worden war, weil
+er denselben jederzeit nach dem Willen des Königs eingerichtet hatte,
+daß er aber von dem Augenblicke an, wo er wirklich guten ertheilte, kein
+Gehör mehr finden würde. Bei dem Verfahren gegen das
+Magdalenen-Collegium hatte er einige Lauheit gezeigt. Er hatte ferner
+ganz neuerdings den König zu überzeugen gesucht, daß Tyrconnel’s Plan
+zur Confiscirung des Eigenthums der englischen Colonisten in Irland
+höchst gefährlich sei, und er hatte es mit Hülfe Powis’ und Bellasyse’s
+wenigstens dahingebracht, daß die Ausführung des Planes noch um ein Jahr
+aufgeschoben wurde. Aber diese zaghafte Bedenklichkeit hatte den Keim
+des Widerwillens und Mißtrauens ins Herz des Königs gelegt<a class =
+"tag" name = "tagVIII_116" id = "tagVIII_116" href =
+"#noteVIII_116">116</a>. Der Tag der
+<span class = "pagenum">VIII.72</span>
+<a name = "pageVIII_72" id = "pageVIII_72"> </a>
+Vergeltung war jetzt gekommen. Sunderland war in der nämlichen Lage, in
+der sich einige Monate früher sein Nebenbuhler Rochester befunden hatte.
+Beide Staatsmänner lernten die Angst eines Menschen kennen, der sich
+krampfhaft an eine Stütze anklammert, die seinen Händen mehr und mehr
+entschlüpft. Beide sahen ihre Rathschläge verächtlich zurückgewiesen.
+Beide erlitten die Qual, in den Mienen und dem Benehmen ihres Gebieters
+Unzufriedenheit und Mißtrauen zu lesen, und doch wurden Beide von ihrem
+Vaterlande für die Verbrechen und Irrthümer, von denen sie ihn vergebens
+zurückzubringen versucht hatten, verantwortlich gemacht. Während er sie
+in dem Verdacht hatte, daß sie auf Kosten seiner Autorität und seiner
+Würde sich populär machen wollten, beschuldigte die öffentliche Stimme
+sie laut des Versuchs, auf Kosten ihrer eigenen Ehre und des Gemeinwohls
+die königliche Gunst zu gewinnen. Doch trotz aller Kränkungen und
+Demüthigungen hielten Beide ihren Ministerposten mit der verzweifelten
+Kraft Ertrinkender umklammert. Beide versuchten es, den König wieder
+günstig zu stimmen, indem sie sich stellten, als ob sie zum Anschluß an
+seine Kirche geneigt wären. Es gab aber eine Grenze, welche Rochester
+entschlossen war nicht zu überschreiten. Er ging bis an den Rand des
+Glaubensabfalls; hier aber blieb er stehen und in Berücksichtigung der
+Standhaftigkeit, mit der er sich weigerte, den letzten Schritt zu thun,
+verzieh ihm die Welt großmüthig seine frühere Willfährigkeit.</p>
+
+<p class = "footnote">
+<a name = "noteVIII_116" id = "noteVIII_116" href =
+"#tagVIII_116">116.</a>
+Sunderland’s eigner Erzählung darf man natürlich nicht unbedingten
+Glauben beimessen. Aber er führte Godolphin zum Zeugen für das an, was
+in Betreff der irischen Ansiedlungsacte vorgegangen war.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Er erklärt sich für einen Katholiken.</span>
+<a name = "secVIII_62" id = "secVIII_62">Der</a> weniger gewissenhafte
+und für das Schamgefühl weniger empfängliche Sunderland beschloß durch
+einen Schritt, der jedem von der Wichtigkeit der religiösen Überzeugung
+durchdrungenen Gemüth als eines der schändlichsten Verbrechen erscheinen
+mußte und den selbst weltlich gesinnte Menschen als das Übermaß von
+Verworfenheit betrachten, seine bisherige Mäßigung wieder gut zu machen
+und das Vertrauen des Königs wieder zu gewinnen. Ungefähr eine Woche vor
+dem zur Verhandlung des Prozesses anberaumten Tage erschien die
+öffentliche Ankündigung, daß er Papist geworden sei. Der König sprach
+mit Entzücken von diesem Siege der göttlichen Gnade. Die Höflinge und
+auswärtigen Gesandten bemühten sich nach Kräften ernsthaft zu bleiben,
+als der Renegat versicherte, daß er schon lange von der Unmöglichkeit
+überzeugt sei, außerhalb des Schooßes der römischen Kirche selig werden
+zu können, und daß sein Gewissen ihm keine Ruhe gelassen, bis er sich
+von dem Ketzerglauben losgesagt habe, in dem er erzogen worden. Die
+Neuigkeit verbreitete sich schnell. In allen Kaffeehäusern erzählte man
+sich, wie der Premierminister von England barfuß und mit einer Kerze in
+der Hand sich nach der königlichen Kapelle begeben und demüthig um
+Einlaß gebeten, wie die Stimme eines Priesters drinnen gefragt habe, wer
+da sei, wie Sunderland zur Antwort gegeben, ein armer Sünder, der lange
+fern von der wahren Kirche umherirre, flehe um Aufnahme und Absolution,
+wie hierauf die Thüren geöffnet worden seien und der Neubekehrte an den
+heiligen Mysterien habe Theil nehmen dürfen<a class = "tag" name =
+"tagVIII_117" id = "tagVIII_117" href = "#noteVIII_117">117</a>.</p>
+
+<p class = "footnote">
+<a name = "noteVIII_117" id = "noteVIII_117" href =
+"#tagVIII_117">117.</a>
+Barillon, 21. Juni (1. Juli) 1688; Adda, 29. Juni (9. Juli); Citters,
+26. Juni (6. Juli); Johnstone, 2. Juli 1688; <span class = "antiqua">The
+Converts, a poem</span>.</p>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Prozeß der Bischöfe.</span>
+<a name = "secVIII_63" id = "secVIII_63">Dieser</a> schmachvolle Abfall
+konnte das Interesse nur erhöhen, mit dem die Nation dem Tage
+entgegensah, an
+<span class = "pagenum">VIII.73</span>
+<a name = "pageVIII_73" id = "pageVIII_73"> </a>
+welchem das Schicksal der sieben muthigen Bekenner der anglikanischen
+Kirche entschieden werden sollte. Eine willfährige Jury
+zusammenzubringen war jetzt das Hauptziel des Königs. Die Kronanwälte
+erhielten Befehl, die Gesinnung der Männer, welche in das Verzeichniß
+der Freisassen eingetragen waren, genau zu erforschen. Sir Samuel Astry,
+Sekretär der Krone, dem die Auswählung der Namen in solchen Fällen
+oblag, wurde in den Palast beschieden und hatte eine Unterredung mit
+Jakob, an welcher der Kanzler Theil nahm<a class = "tag" name =
+"tagVIII_118" id = "tagVIII_118" href = "#noteVIII_118">118</a>. Sir
+Samuel scheint sein Möglichstes gethan zu haben, denn es befanden sich,
+wie es hieß, unter den achtundvierzig Personen, die er auswählte,
+mehrere Diener des Königs und mehrere Katholiken<a class = "tag" name =
+"tagVIII_119" id = "tagVIII_119" href = "#noteVIII_119">119</a>. Da aber
+der Vertheidiger der Bischöfe das Recht hatte, zwölf davon zu streichen,
+so waren diese natürlich die gestrichenen. Die Kronanwälte strichen
+ebenfalls zwölf und die Liste reducirte sich dadurch auf vierundzwanzig.
+Die ersten zwölf, welche aufgerufen wurden, hatten dann den Ausspruch zu
+thun.</p>
+
+<p>Am neunundzwanzigsten Juni waren Westminsterhall, der alte und der
+neue Palasthof und alle benachbarten Straßen weithin mit einer dicht
+gedrängten Volksmasse angefüllt. Ein so zahlreiches Auditorium war nie
+zuvor und ist auch seitdem nie wieder im Gerichtssaale der Kings Bench
+versammelt gewesen. Man zählte fünfunddreißig weltliche Peers unter der
+Menge<a class = "tag" name = "tagVIII_120" id = "tagVIII_120" href =
+"#noteVIII_120">120</a>.</p>
+
+<p>Sämmtliche vier Richter des Gerichtshofes waren anwesend. Wright, der
+den Vorsitz führte, war einzig und allein wegen seiner gewissenlosen
+Servilität vielen tüchtigeren und gelehrteren Männern bei Besetzung
+seines hohen Postens vorgezogen worden. Allibone war Papist und
+verdankte seine Stellung der Dispensationsgewalt, deren Gesetzlichkeit
+eben in Frage stand. Holloway war seither ein willenloses Werkzeug der
+Regierung gewesen. Selbst Powell, der sich des Rufes strenger
+Rechtschaffenheit erfreute, hatte bei einigen Vorgängen eine Rolle
+gespielt, die sich nicht vertheidigen läßt. Er hatte in dem wichtigen
+Prozesse Sir Eduard Hales’, allerdings mit einigem Bedenken und nach
+einigem Zögern, mit der Mehrheit der Richter gestimmt und dadurch auf
+seinen Character einen Flecken geworfen, der aber durch sein
+ehrenwerthes Benehmen an diesem Tage völlig verwischt wurde.</p>
+
+<p>Die beiderseitigen Rechtsanwälte waren einander durchaus nicht
+ebenbürtig. Die Regierung hatte von ihren Kronjuristen so gehässige und
+entehrende Dienste verlangt, daß die ausgezeichnetsten Rechtsgelehrten
+und Advokaten der Torypartei nach einander ihre Mitwirkung verweigert
+hatten und ihrer Ämter entsetzt worden waren. Sir Thomas Powis, der
+Generalfiskal, war kaum ein Jurist dritten Ranges. Der
+Generalprokurator, Sir Wilhelm Williams, besaß zwar einen scharfen
+Verstand und einen unbeugsamen Muth, aber es fehlte ihm an der nöthigen
+Ruhe und Bedächtigkeit; er war streitsüchtig, konnte sein Temperament
+nicht beherrschen und wurde von allen politischen Parteien gehaßt und
+verachtet. Die hervorragendsten Beistände des Fiskals und des
+Prokurators waren Serjeant Trinder, ein Katholik, und Sir Bartholomäus
+Shower, Syndikus von London, der einige juristische Kenntnisse besaß,
+aber wegen seiner oft den
+<span class = "pagenum">VIII.74</span>
+<a name = "pageVIII_74" id = "pageVIII_74"> </a>
+Anstand verletzenden Vertheidigungen und seiner endlosen Wiederholungen
+das Gespött von ganz Westminsterhall war. Gern hätte die Regierung
+Maynard’s Dienste gewonnen; aber er hatte geradezu erklärt, daß er sich
+auf das, was man von ihm verlangte, mit gutem Gewissen nicht einlassen
+könne<a class = "tag" name = "tagVIII_121" id = "tagVIII_121" href =
+"#noteVIII_121">121</a>.</p>
+
+<p>Auf der andren Seite hingegen standen fast alle ausgezeichneten
+juristischen Talente der damaligen Zeit. Sawyer und Finch, welche beim
+Regierungsantritt Jakob’s Fiskal und Prokurator gewesen waren, und die
+während der Verfolgung der Whigs unter der vorigen Regierung der Krone
+mit nur zu großem Eifer und zu glücklichem Erfolge gedient hatten,
+befanden sich unter den Vertheidigern der Angeklagten. Ihnen zur Seite
+standen zwei Männer, welche, seit Maynard’s Thätigkeit durch sein
+vorgerücktes Alter vermindert worden war, für die beiden besten Juristen
+galten: Pemberton, der zur Zeit Karl’s&nbsp;II. Oberrichter der Kings
+Bench gewesen, wegen seiner Menschlichkeit und Mäßigung aber dieses
+hohen Postens entsetzt worden und deshalb wieder zur advokatorischen
+Praxis zurückgekehrt war, und Pollexfen, der lange die Assisen im Westen
+geleitet und von dem man, obgleich er sich bei den blutigen Assisen
+durch Annahme von Aufträgen für die Krone und besonders durch sein
+Auftreten gegen Alice Lisle sehr unpopulär gemacht hatte, dennoch wußte,
+daß er im Herzen ein Whig, wenn nicht gar ein Republikaner war. Ferner
+war dabei Sir Creswell Levinz, ein Mann von gründlichen Kenntnissen und
+reichen Erfahrungen, aber von auffallend ängstlichem Wesen. Er war
+einige Jahre vorher von der Richterbank entfernt worden, weil er sich
+nicht hatte entschließen können, den Zwecken der Regierung zu dienen.
+Jetzt scheute er sich wieder, als Vertheidiger der Bischöfe aufzutreten
+und hatte sich zuerst geweigert, ihnen seine Dienste zu widmen; aber die
+ganze Corporation der Gerichtsadvokaten, die ihn beschäftigten, hatten
+ihm erklärt, daß wenn er diesen Auftrag zurückwiese, er nie wieder einen
+erhalten sollte<a class = "tag" name = "tagVIII_122" id = "tagVIII_122"
+href = "#noteVIII_122">122</a>.</p>
+
+<p>Sir Georg Treby, ein reichbegabter und eifriger Whig, der unter der
+alten städtischen Verfassung Syndikus von London gewesen war, stand auf
+der nämlichen Seite. Sir Johann Holt, ein noch ausgezeichneterer
+whiggistischer Advokat, wurde wahrscheinlich deshalb, weil Sancroft
+gegen ihn eingenommen war, nicht mit zur Vertheidigung berufen, war aber
+vom Bischof von London privatim um Rath gefragt worden<a class = "tag"
+name = "tagVIII_123" id = "tagVIII_123" href = "#noteVIII_123">123</a>.
+Der jüngste Rechtsbeistand der Bischöfe war ein junger Advokat, Namens
+Johann Somers. Er war weder durch hohe Geburt noch durch Vermögen
+begünstigt und hatte auch noch keine Gelegenheit gehabt, sich öffentlich
+auszuzeichnen, aber sein Genie, sein Fleiß und sein vielseitiges großes
+Talent waren einem kleinen Kreise von Freunden wohl bekannt, und sein
+gründliches, klares System der Beweisführung, sowie sein jederzeit
+taktvolles Benehmen hatten ihm trotz seiner whiggistischen Ansichten die
+Aufmerksamkeit des Gerichtshofes der Kings Bench bereits gesichert.
+Johnstone hatte den Bischöfen eindringlich vorgestellt, wie wichtig es
+sei, seinen
+<span class = "pagenum">VIII.75</span>
+<a name = "pageVIII_75" id = "pageVIII_75"> </a>
+Beistand zu gewinnen, und Pollexfen sollte erklärt haben, daß Niemand in
+Westminsterhall zur Behandlung einer geschichtlichen und die Verfassung
+berührenden Frage so befähigt sei, als Somers.</p>
+
+<p>Die Jury wurde vereidigt; sie bestand aus Männern, welche sehr
+geachtete Stellungen in der Gesellschaft einnahmen. Der Vormann war Sir
+Roger Langley, ein Baronet von alter und angesehener Familie. Ihm zur
+Seite stand ein Ritter und zehn Esquires, von denen mehrere sehr
+vermögend waren. Es befanden sich einige Nonconformisten unter ihnen,
+denn die Bischöfe hatten wohlweislich beschlossen, kein Mißtrauen gegen
+die protestantischen Dissenters zu zeigen. Ein Name jedoch erregte große
+Besorgniß, der Name Michael Arnold’s. Er war Hofbrauer und man
+fürchtete, daß die Regierung auf seine Stimme rechnen könne. Es wird
+erzählt, daß er sich bitter über die Stellung beklagt habe, in die er
+versetzt war. „Was ich auch thun mag,“ soll er geäußert haben, „so habe
+ich die Gewißheit, halb ruinirt zu werden. Sage ich Nichtschuldig, so
+werde ich nicht mehr für den König brauen; sage ich Schuldig, so werde
+ich für niemand Andren mehr brauen“.<a class = "tag" name =
+"tagVIII_124" id = "tagVIII_124" href = "#noteVIII_124">124</a></p>
+
+<p>So begann denn die gerichtliche Verhandlung, die, selbst wenn man sie
+nach Verlauf von mehr als anderthalb Jahrhunderten mit kaltem Blute
+liest, das ganze Interesse eines Drama’s hat. Die Advokaten stritten auf
+beiden Seiten mit einer mehr als berufsmäßigen Schärfe und Heftigkeit,
+das anwesende Publikum hörte mit so gespannter Aufmerksamkeit zu, als
+hätte das Schicksal jedes Einzelnen von dem Ausspruche der Geschwornen
+abgehangen, und die Aussichten auf den Sieg wechselten so plötzlich und
+so ergreifend, daß die Menge zu wiederholten Malen in der nämlichen
+Minute von der größten Angst zur lebhaftesten Freude und umgekehrt von
+der lebhaftesten Freude zu noch größerer Angst übersprang.</p>
+
+<p>Die Anklage beschuldigte die Bischöfe, in der Grafschaft Middlesex
+ein falsches, böswilliges und aufrührerisches Libell geschrieben oder
+veröffentlicht zu haben. Der Generalfiskal und der Staatsprokurator
+versuchten zuvörderst den Beweis zu führen, daß die Angeklagten das
+Libell unterschrieben hatten. Zu dem Ende wurden mehrere Personen
+aufgefordert, die Handschriften der Bischöfe zu recognosciren. Aber die
+Zeugen thaten dies mit solcher Unlust, daß kaum einem von ihnen eine
+klare und deutliche Antwort zu entlocken war. Pemberton, Pollexfen und
+Levinz behaupteten, daß keine genügenden Beweise vorhanden seien, die
+der Jury vorgelegt werden könnten; zwei von den Richtern, Holloway und
+Powell, traten dieser Ansicht bei, und die Hoffnung der Zuschauer stieg
+bedeutend. Da erklärten plötzlich die Kronanwälte, daß sie einen andren
+Weg einzuschlagen gedächten. Powis führte mit unverkennbarer Beschämung
+und Widerstreben einen Sekretär des Geheimen Raths, Namens Blathwayt,
+der zugegen gewesen war, als der König die Bischöfe verhörte, in die
+Zeugenloge ein. Blathwayt versicherte eidlich, daß er gehört habe, wie
+sie ihre Unterschriften selbst anerkannt hätten. Dieses Zeugniß war
+entscheidend. „Warum haben Sie,“ sagte der Richter Holloway zu dem
+Fiskal, „da Sie einen solchen Zeugen hatten, ihn nicht sogleich
+vorgeführt? es wäre dadurch viel unnöthiger Zeitverlust erspart worden.“
+Es ergab sich bald, warum der Kronanwalt sich nur höchst ungern durch
+die dringendste
+<span class = "pagenum">VIII.76</span>
+<a name = "pageVIII_76" id = "pageVIII_76"> </a>
+Nothwendigkeit hatte bestimmen lassen, zu diesem Beweismittel zu
+greifen. Pemberton hielt Blathwayt zurück, unterwarf ihn einem
+umständlichen Verhör und verlangte eine genaue Erzählung alles dessen,
+was zwischen dem Könige und den Angeklagten vorgegangen sei. „Das wäre
+etwas ganz Neues!“ rief Williams. „Glauben Sie,“ sagte Powis, „daß Sie
+ein Recht dazu haben, an unsere Zeugen jede impertinente Frage zu
+richten, die Ihnen in den Sinn kommt?“ Die Advokaten der Bischöfe waren
+jedoch nicht die Männer, die sich so leicht werfen ließen. „Er ist
+darauf vereidigt,“ sagte Pollexfen, „die Wahrheit, die ganze Wahrheit zu
+sagen; wir wollen und müssen eine Antwort haben.“ Der Zeuge wurde
+verlegen, gab ausweichende Antworten, wollte die Fragen nicht richtig
+verstanden haben und bat um den Schutz des Gerichtshofes; aber er war in
+Händen, aus denen nicht leicht wieder loszukommen war. Endlich schlug
+der Generalfiskal sich wieder ins Mittel. „Wenn Sie durchaus auf Ihrer
+Forderung bestehen,“ hob er an, „so sagen Sie uns wenigstens, welchen
+Gebrauch Sie von der Antwort zu machen gedenken.“ Pemberton, der während
+der ganzen Verhandlung seine Pflicht muthig und geschickt erfüllte,
+erwiederte ohne Besinnen: „Mylords, ich will dem Herrn Generalfiskal
+antworten, ich will offen mit dem Gerichtshofe reden. Wenn die Bischöfe
+sich unter dem Versprechen von Seiten Seiner Majestät, daß ihr
+Geständniß nicht gegen sie angewendet werden solle, zu dieser Schrift
+bekannten, so wird man sich hoffentlich nicht eines unredlichen
+Vortheils gegen sie bedienen.“ &mdash; „Sie erheben eine Beschuldigung
+gegen Seine Majestät, die ich kaum auszusprechen wage,“ sagte Williams;
+„da Sie es so genau nehmen, dann verlange ich auch für den König, daß
+die Frage zu Protokoll genommen wird.“ &mdash; „Was meinen Sie damit?“
+fragte jetzt Sawyer. „Ich weiß, was ich meine,“ antwortete der Apostat,
+„ich verlange, daß die Frage vor Gericht zu Protokoll genommen wird.“
+&mdash; „Nehmen Sie zu Protokoll, was Sie wollen, Herr Prokurator, ich
+fürchte Sie nicht,“ sagte Pemberton. Es folgte nun ein lauter und
+heftiger Wortwechsel, den der Oberrichter nur mit Mühe beschwichtigen
+konnte. In jedem andren Falle hätte er die Frage ohne Zweifel zu
+Protokoll nehmen und Pemberton verhaften lassen. Aber an diesem
+wichtigen Tage wagte er dies nicht. Er warf oft einen Seitenblick auf
+die dichten Reihen der Earls und Barone, die ihn scharf beobachteten und
+die ihn beim nächsten Parlamente zur Rechenschaft ziehen konnten. Ein
+Anwesender meinte nachher, es habe ausgesehen, als ob alle zuhörenden
+Peers Stricke in der Tasche gehabt hätten.<a class = "tag" name =
+"tagVIII_125" id = "tagVIII_125" href = "#noteVIII_125">125</a>
+Blathwayt wurde endlich gezwungen, über den ganzen Vorgang einen
+ausführlichen Bericht zu erstatten. Es stellte sich heraus, daß der
+König den Bischöfen gegenüber keine ausdrückliche Verpflichtung
+eingegangen war; ebenso aber ergab es sich auch, daß die Bischöfe wohl
+Grund hatten, eine stillschweigende Zusage anzunehmen. Aus dem
+Widerstreben, mit dem die Kronanwälte den Sekretär des Geheimraths in
+die Zeugenloge einführten und aus der Heftigkeit, mit der sie sich
+Pemberton’s Kreuzfragen widersetzten, geht klar hervor, daß sie der
+nämlichen Ansicht waren.</p>
+
+<p>Die Handschrift war jedoch bewiesen. Aber jetzt wurde ein neuer und
+ernster Einwand erhoben. Der Beweis, daß die Bischöfe das gesetzwidrige
+<span class = "pagenum">VIII.77</span>
+<a name = "pageVIII_77" id = "pageVIII_77"> </a>
+Libell geschrieben hatten, war nicht genügend; es mußte auch bewiesen
+werden, daß sie es in der Grafschaft Middlesex geschrieben hatten.
+Allein dies konnten der Fiskal und der Prokurator nicht nur nicht
+beweisen, sondern die Angeklagten waren sogar im Stande, das Gegentheil
+zu beweisen, denn Sancroft hatte von dem Augenblicke an, wo der
+Geheimrathsbefehl erschien, bis zu dem Augenblicke, wo die Petition dem
+Könige überreicht wurde, seinen Palast in Lambeth nicht verlassen. Die
+ganze Anklage fiel daher in sich selbst zusammen und das Publikum
+erwartete mit großer Freude eine vollständige Freisprechung.</p>
+
+<p>Die Kronjuristen änderten nun abermals ihre Taktik, ließen die
+Anklage auf Abfassung eines Libells ganz fallen und unternahmen es, zu
+beweisen, daß die Bischöfe in Middlesex ein Libell
+<em>veröffentlicht</em> hätten. Das war nicht leicht. Die Überreichung
+der Petition an den König war in den Augen des Gesetzes unzweifelhaft
+eine Veröffentlichung. Aber wie war diese Überreichung zu beweisen? Es
+war bei der Audienz im königlichen Kabinet außer dem Könige und den
+Angeklagten Niemand zugegen gewesen. Den König konnte man nicht wohl als
+Zeugen vereidigen. Das Factum der Veröffentlichung konnte also nur durch
+das Eingeständniß der Angeklagten constatirt werden. Blathwayt wurde
+noch einmal vernommen, aber vergebens. Er sagte, er erinnere sich wohl,
+daß die Bischöfe ihre Unterschriften anerkannt, nicht aber, daß sie das
+auf dem Tische des Geheimen Raths liegende Papier als das nämliche
+anerkannt hätten, welches sie dem Könige überreichten, noch daß sie
+überhaupt über diesen Punkt befragt worden waren. Mehrere andere Beamte,
+die im Geheimrathszimmer zugegen gewesen waren, wurden aufgerufen, unter
+ihnen Samuel Pepys, Sekretär der Admiralität; aber keinem von ihnen war
+es erinnerlich, daß von der Überreichung irgend die Rede gewesen sei.
+Williams bemühte sich vergebens, sie durch verfängliche Fragen zu dem
+gewünschten Zeugnisse zu verleiten, bis endlich die Rechtsanwälte der
+Gegenpartei erklärten, daß ein solches Drehen und Wenden noch an keinem
+Gerichtshofe vorgekommen sei, und Wright selbst zugestehen mußte, daß
+die Vernehmungsweise des Generalprokurators allen Regeln zuwider sei. Da
+ein Zeuge nach dem andren verneinend antwortete, wiederhallte der ganze
+Saal von lautem Gelächter und triumphirendem Jubel, welche zum Schweigen
+zu bringen die Richter gar nicht versuchten.</p>
+
+<p>Der harte Kampf schien endlich gewonnen zu sein; für die Krone war
+nichts mehr vorzubringen. Hätten die Anwälte der Bischöfe nun
+geschwiegen, so war die Freisprechung gewiß, denn es war nichts
+ausgesagt worden, was auch der parteiischeste und gewissenloseste
+Richter einen rechtskräftigen Beweis für die Veröffentlichung hätte
+nennen kennen. Der Oberrichter schickte sich bereits an, den Geschwornen
+das Resumé vorzulegen und er würde sie ohne Zweifel angewiesen haben,
+die Angeklagten freizusprechen, als Finch, der zu aufgeregt war, um mit
+gehöriger Besonnenheit handeln zu können, noch auftrat und gehört zu
+werden verlangte. „Wenn Sie gehört sein wollen,“ sagte Wright, „so
+können wir Sie nicht hindern zu sprechen; aber ich muß Ihnen bemerken,
+daß Sie Ihren eigenen Vortheil nicht erkennen.“ Die anderen Vertheidiger
+bewogen Finch, sich wieder niederzusetzen und baten den Oberrichter
+fortzufahren. Eben wollte er dies auch thun, da kam ein Bote an den
+Generalprokurator mit der Nachricht, daß Lord Sunderland die
+Veröffentlichung beweisen könne und sogleich im Gerichtssaal erscheinen
+werde.
+<span class = "pagenum">VIII.78</span>
+<a name = "pageVIII_78" id = "pageVIII_78"> </a>
+Wright bemerkte den Vertheidigern in ziemlich spitzigem Tone, daß sie
+sich diese neue Wendung der Dinge lediglich selbst zuzuschreiben hätten.
+Die Gesichtszüge der versammelten Zuschauer verfinsterten sich; Finch
+war einige Stunden lang der unpopulärste Mann im ganzen Lande. Warum
+konnte er nicht ruhig sitzen bleiben wie seine verständigeren Collegen
+Sawyer, Pemberton und Pollexfen? Seine Sucht, auch etwas zu sagen, der
+Wunsch eine schöne Rede zu halten, hatte Alles verdorben.</p>
+
+<p>Inzwischen wurde der Lordpräsident in einer Sänfte durch die Halle
+getragen. Nicht ein einziger Hut wurde gelüftet und viele Stimmen
+riefen: „Papistischer Hund!“ Bleich und zitternd, mit zu Boden gesenktem
+Blicke trat er vor die Schranken und gab mit unsicherer Stimme seine
+Zeugenaussage ab. Er versicherte eidlich, daß ihm die Bischöfe ihre
+Absicht, dem Könige eine Petition zu überreichen, mitgetheilt hätten und
+daß sie zu dem Ende in das königliche Kabinet eingelassen worden seien.
+Dieser Umstand in Verbindung mit dem, daß sich, nachdem sie das Kabinet
+verlassen, eine von ihnen unterzeichnete Petition in den Händen des
+Königs befand, war für das Factum der Veröffentlichung ein Beweis, der
+einer Jury wohl genügen konnte.</p>
+
+<p>Die Veröffentlichung in Middlesex war also ebenfalls bewiesen. Aber
+war das veröffentlichte Schriftstück ein falsches, böswilliges und
+aufrührerisches Libell? Bis jetzt hatte es sich nur darum gehandelt, ob
+eine Thatsache, die Jedermann als wirklich geschehen kannte, nach den
+technischen Regeln des Beweises constatirt werden konnte; jetzt aber
+erhielt der Streit ein höheres Interesse. Man mußte die Grenzen der
+königlichen Hoheitsrechte und der bürgerlichen Freiheit, das Recht des
+Königs, von Gesetzen zu dispensiren, und das Recht der Unterthanen um
+Abstellung von Mißständen zu petitioniren, untersuchen. Drei Stunden
+lang vertheidigten die Anwälte der Petenten mit energischem Nachdrucke
+die Grundprinzipien der Verfassung und bewiesen aus den Protokollen des
+Hauses der Gemeinen, daß die Bischöfe nur etwas Wahres behauptet hätten,
+indem sie dem Könige vorstellten, daß die von ihm beanspruchte
+Dispensationsgewalt mehr als einmal vom Parlament für ungesetzlich
+erklärt worden sei. Somers erhob sich zuletzt. Er sprach wenig über fünf
+Minuten lang, aber jedes seiner Worte war gewichtigen Inhalts, und als
+er seinen Platz wieder einnahm, war sein Ruf als Redner und als
+constitutioneller Jurist fest begründet. Er untersuchte die Ausdrücke
+der Anklage, in welcher das den Bischöfen zur Last gelegte Vergehen
+dargestellt war, und bewies, daß jedes Wort, Adjectiv oder Substantiv,
+durchaus unangemessen sei. Die Anklage laute auf ein falsches,
+böswilliges und aufrührerisches Libell. Falsch sei das Schriftstück
+nicht, denn jede darin behauptete Thatsache sei durch die
+Parlamentsprotokolle als wahr bewiesen. Auch böswillig sei das
+Schriftstück nicht, denn die Angeklagten hätten nicht Streit gesucht,
+sondern die Regierung habe sie in eine Lage versetzt, in der sie sich
+entweder dem königlichen Willen widersetzen oder die heiligsten
+Pflichten des Gewissens und der Ehre verletzen mußten. Aufrührerisch sei
+das Schriftstück eben so wenig, denn die Verfasser hätten es nicht unter
+dem Volke vertheilt, sondern es privatim den Händen des Königs allein
+übergeben; auch sei es kein Libell, sondern eine anständige Petition,
+wie sie nach den Gesetzen Englands, ja nach den Gesetzen des römischen
+Kaiserreichs und nach den Gesetzen aller civilisirten Staaten
+<span class = "pagenum">VIII.79</span>
+<a name = "pageVIII_79" id = "pageVIII_79"> </a>
+jeder Unterthan, welcher glaubt, daß ihm Unrecht geschehen, mit Fug und
+Recht dem Souverain überreichen dürfe.</p>
+
+<p>Der Fiskal replicirte kurz und schwach. Der Prokurator sprach sehr
+ausführlich und mit großer Bitterkeit, so daß er oft durch Zurufe und
+Zischen des Publikums unterbrochen wurde. Er ging so weit zu behaupten,
+daß kein einzelner Unterthan und keine Gemeinschaft von Unterthanen,
+außer die Parlamentshäuser, berechtigt sei, eine Petition an den König
+zu richten. Die Zuschauer waren wüthend und selbst der Oberrichter war
+ganz betroffen über die Frechheit dieses feilen Achselträgers.</p>
+
+<p>Wright schritt endlich zum Resumé. Seine Rede bewies, daß seine
+Furcht vor der Regierung durch die Furcht vor dieser zahlreichen,
+glänzenden und heftig aufgeregten Versammlung gemäßigt wurde. Er sagte,
+er wolle nicht seine Ansicht über die Dispensationsfrage abgeben, er
+habe dies nicht nöthig, er könne dem Staatsprokurator in vielen Punkten
+seiner Rede nicht beistimmen, ein Unterthan habe allerdings das Recht,
+zu petitioniren, aber die dem Gerichtshofe vorliegende specielle
+Petition, sei ungebührlich abgefaßt und daher in den Augen des Gesetzes
+ein Libell. Allibone sprach die nämliche Ansicht aus, bewies aber in
+seinem Vortrag eine so gänzliche Unkenntniß des Rechts und der
+Geschichte, daß er sich die Verachtung Aller zuzog, die ihn anhörten.
+Holloway umging die Dispensationsfrage, sagte aber, ihm scheine die
+Petition so gefaßt, wie sie Unterthanen, die sich in ihrem Rechte
+gekränkt glaubten, wohl zu überreichen befugt seien, und sie sei daher
+kein Libell. Powell trat noch kühner auf. Er erklärte geradezu, daß
+seiner Ansicht nach die Indulgenzerklärung null und nichtig und die
+Dispensationsgewalt, wie sie neuerdings ausgeübt worden, mit allen
+Gesetzen durchaus unvereinbar sei. Wenn man solche Übergriffe der
+Prärogative dulden wolle, so seien die Parlamente ganz überflüssig, die
+ganze gesetzgebende Gewalt liege dann in den Händen des Königs. „Diese
+Entscheidung, meine Herren,“ sagte er, „stelle ich Gott und Ihrem
+Gewissen anheim“.<a class = "tag" name = "tagVIII_126" id =
+"tagVIII_126" href = "#noteVIII_126">126</a></p>
+
+<p>Es war dunkel geworden, als die Jury sich zurückzog, um über ihren
+Schiedsspruch zu berathen. Diese Nacht war eine Nacht voll ängstlicher
+Spannung. Es existiren noch einige Briefe, welche während jener Stunden
+der Ungewißheit abgesendet wurden und die daher ein ganz besonderes
+Interesse haben. „Es ist sehr spät,“ schrieb der päpstliche Nuntius,
+„und noch ist die Entscheidung nicht bekannt. Die Richter und die
+Angeklagten haben sich nach Hause begeben, die Geschwornen aber bleiben
+beisammen. Morgen werden wir den Ausgang dieses wichtigen Kampfes
+erfahren.“</p>
+
+<p>Der Prokurator der Bischöfe brachte mit einer Anzahl Bedienten die
+ganze Nacht auf der Treppe zu, welche nach dem Berathungszimmer der
+Geschwornen führte. Es war durchaus nothwendig, die an den Thüren Wache
+haltenden Beamten scharf zu beobachten, denn man vermuthete, daß sie von
+der Regierung gewonnen waren, und sie konnten daher, wenn sie nicht
+sorgfältig bewacht wurden, einen höfisch gesinnten Geschwornen mit
+Speise und Trank versehen, so daß er dann im Stande war, seine elf
+Collegen auszuhungern. Es wurde daher strenge Wache gehalten und nicht
+einmal ein Licht, um eine Pfeife anzuzünden, eingelassen. Gegen
+<span class = "pagenum">VIII.80</span>
+<a name = "pageVIII_80" id = "pageVIII_80"> </a>
+vier Uhr Morgens ließ man einige Becken mit Wasser zum Waschen passiren.
+Die vor Durst verschmachtenden Geschwornen tranken gierig die Gefäße
+aus. Die umliegenden Straßen waren bis zum Morgen von einer großen
+Volksmenge angefüllt. Von Stunde zu Stunde kam ein Bote von Whitehall um
+sich nach dem Stande der Sache zu erkundigen. Verschiedene Male hörte
+man drinnen im Zimmer einen heftigen Wortstreit; aber etwas Gewisses
+erfuhr man nicht.<a class = "tag" name = "tagVIII_127" id =
+"tagVIII_127" href = "#noteVIII_127">127</a></p>
+
+<p>Zuerst waren neun für die Freisprechung und drei für die
+Verurtheilung. Zwei von der Minorität gaben bald nach; Arnold aber
+beharrte auf seinem Ausspruche. Thomas Austin, ein reichbegüterter
+Landgentleman, der die Zeugenaussagen und Reden aufmerksam verfolgt und
+sich ausführliche Notizen gemacht hatte, wollte die Sache mit ihm
+speciell erörtern. Arnold aber lehnte dies ab, indem er ärgerlich sagte,
+er sei nicht gewöhnt zu raisonniren und zu debattiren, sein Gewissen
+gestatte ihm nicht, die Bischöfe freizusprechen. „Wenn Sie dabei
+beharren,“ sagte Austin, „so sehen Sie mich an. Ich bin der Größte und
+Stärkste von uns Zwölfen; ehe ich aber eine Petition wie diese als ein
+Libell anerkenne, bleibe ich hier, bis ich nicht mehr dicker bin als ein
+Pfeifenrohr.“ Es war sechs Uhr Morgens, als Arnold endlich nachgab. Es
+wurde bald bekannt, daß die Geschwornen einig waren; wie aber ihr
+Ausspruch lautete, war noch ein Geheimniß.<a class = "tag" name =
+"tagVIII_128" id = "tagVIII_128" href = "#noteVIII_128">128</a></p>
+
+<p>Um zehn Uhr versammelte sich der Gerichtshof wieder. Das Gedränge war
+noch ärger als am vorigen Tage. Die Geschwornen erschienen in ihrer Loge
+und es trat eine lautlose Stille ein.</p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVIII_118" id = "noteVIII_118" href =
+"#tagVIII_118">118.</a>
+<span class = "antiqua">Clarendon’s Diary, June</span> 21. 1688.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_119" id = "noteVIII_119" href =
+"#tagVIII_119">119.</a>
+Gitters, 26. Juni (6. Juli) 1688.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_120" id = "noteVIII_120" href =
+"#tagVIII_120">120.</a>
+Johnstone, 2. Juli 1688.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_121" id = "noteVIII_121" href =
+"#tagVIII_121">121.</a>
+Johnstone, 2. Juli 1688.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_122" id = "noteVIII_122" href =
+"#tagVIII_122">122.</a>
+Johnstone, 2. Juli 1688. Der Herausgeber von <span class =
+"antiqua">Levinz’s Reports</span> drückt seine große Verwunderung
+darüber aus, daß Levinz nach der Revolution nicht wieder in sein
+Richteramt eingesetzt wurde. Die von Johnstone erzählten Thatsachen
+können dies anscheinende Ungerechtigkeit vielleicht erklären.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_123" id = "noteVIII_123" href =
+"#tagVIII_123">123.</a>
+Ich schließe dies aus einem Briefe von Compton an Sancroft vom 12.
+Juni.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_124" id = "noteVIII_124" href =
+"#tagVIII_124">124.</a>
+<span class = "antiqua">Revolution Politics.</span></p>
+
+<p><a name = "noteVIII_125" id = "noteVIII_125" href =
+"#tagVIII_125">125.</a>
+Der Ausdruck eines Augenzeugen. Er findet sich in einem Neuigkeitsbriefe
+in der Mackintosh-Sammlung.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_126" id = "noteVIII_126" href =
+"#tagVIII_126">126.</a>
+Siehe den Prozeß in der <span class = "antiqua">Collection of State
+Trials</span>. Einiges habe ich auch von Johnstone und Citters
+entlehnt.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_127" id = "noteVIII_127" href =
+"#tagVIII_127">127.</a>
+Johnstone, 2. Juli 1688; Brief von Mr. Ince an den Erzbischof, datirt
+von sechs Uhr Morgens; <span class = "antiqua">Tanner <ins class =
+"correction" title = "Original hat »Ms.«">MS.</ins></span>; <span class
+= "antiqua">Revolution Politics</span>.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_128" id = "noteVIII_128" href =
+"#tagVIII_128">128.</a>
+Johnstone, 2. Juli 1688.</p>
+</div>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Das Verdict der Geschwornen; Freude des Volks.</span>
+<a name = "secVIII_64" id = "secVIII_64">Sir</a> Samuel Astry sprach:
+„Finden Sie die Angeklagten oder einen von ihnen des Vergehens, dessen
+sie angeklagt sind, schuldig oder nicht schuldig?“ Sir Roger Langley
+antwortete: „Nicht schuldig.“ Sobald diese Worte über seine Lippen
+waren, sprang Halifax auf und schwenkte seinen Hut. Auf dieses Zeichen
+brachen alle Bänke und Gallerien in donnernden Beifallsjubel aus. Im
+nächsten Augenblick stimmten die zehntausend Menschen, welche die große
+Halle füllten, mit noch lauterem Jubel ein, von dem die alte eichene
+Decke erdröhnte, und noch einen Augenblick, so ließ die draußen
+versammelte Menge ein drittes Hurrah erschallen, das man in Templebar
+hören konnte. Die Böte, welche den Fluß bedeckten, antworteten mit
+gleicher Begeisterung, ein Kanonenschlag knallte auf dem Wasser, dann
+wieder einer und wieder einer, und so flog die frohe Nachricht binnen
+wenigen Augenblicken über den Savoy und über die Friars hinaus bis zur
+Londonbrücke und zu dem Mastenwalde der jenseit derselben liegenden
+Schiffe. Wohin die Botschaft kam, brachen Straßen und Squares,
+Marktplätze und Kaffeehäuser in Freudenjubel aus. Der Jubel aber war
+minder auffallend, als die Thränen. Denn die Gefühle der Leute waren so
+angespannt worden, daß selbst die kalte, an Äußerungen von
+Gemüthsbewegung wenig gewöhnte englische Natur überwältigt wurde und
+Tausende vor lauter Freude schluchzten. Inzwischen sprengten von den
+Endpunkten der Menge Reiter fort, um die Kunde von dem Siege
+<span class = "pagenum">VIII.81</span>
+<a name = "pageVIII_81" id = "pageVIII_81"> </a>
+der Kirche und der Nation durch alle Hauptstraßen zu verbreiten. Aber
+selbst dieser gewaltige Ausbruch der Freude vermochte den hämischen und
+furchtlosen Sinn des Staatsprokurators nicht zu erschüttern. Er
+versuchte es, sich in dem betäubenden Lärme Gehör zu verschaffen und
+forderte die Richter auf, Diejenigen, welche durch ihr Geschrei die
+Würde des Gerichtshofes verletzt hatten, verhaften zu lassen. Einer aus
+der jubelnden Menge wurde wirklich festgenommen. Indessen sah das
+Tribunal doch ein, daß es geradezu lächerlich gewesen wäre einen
+Einzelnen für eine Übertretung zu bestrafen, welche Hunderttausende
+begangen hatten, und entließ ihn daher wieder mit einem leichten
+Verweis.<a class = "tag" name = "tagVIII_129" id = "tagVIII_129" href =
+"#noteVIII_129">129</a></p>
+
+<p>Es war jetzt nicht daran zu denken, etwas Andres vorzunehmen, denn
+das Getöse der Menge war so arg, daß man eine halbe Stunde lang im
+Gerichtssaale kein Wort verstehen konnte. Williams stieg unter einem
+Sturme von Zischen und Verwünschungen in seinen Wagen. Cartwright, der
+eine unbezähmbare Neugierde besaß, hatte die Thorheit und
+Unschicklichkeit begangen, nach Westminster zu kommen, um zu hören, wie
+das Urtel ausfallen würde. Man erkannte ihn an seiner Priestertracht und
+seiner Korpulenz und verfolgte ihn durch die ganze Halle mit Geschrei.
+„Nehmt Euch vor dem Wolfe in Schafskleidern in Acht,“ sagte Einer.
+„Platz für den Mann mit dem Papst im Bauche!“ rief ein Andrer.<a class =
+"tag" name = "tagVIII_130" id = "tagVIII_130" href =
+"#noteVIII_130">130</a></p>
+
+<p>Die freigesprochenen Prälaten flüchteten sich vor der Menge, die sie
+um ihren Segen bat, in die nächste Kapelle, wo eben Gottesdienst
+gehalten wurde. Viele Kirchen der Hauptstadt waren an diesem Morgen
+geöffnet und wurden von vielen Andächtigen besucht. In allen
+Kirchspielen der City und der Vorstädte gingen die Glocken. Unterdessen
+konnten sich die Geschwornen kaum einen Weg aus der Halle bahnen. Von
+Hunderten mußten sie sich die Hand drücken lassen. „Gott segne Euch,“
+rief das Volk; „Gott segne Eure Familien! Ihr habt wie brave Gentlemen
+gehandelt und uns Alle heute gerettet.“ Während die Peers, welche zur
+Unterstützung der guten Sache herbeigekommen waren, fortfuhren, warfen
+sie Hände voll Geld unter die Menge und hießen sie auf das Wohl des
+Königs, der Bischöfe und der Geschwornen trinken.<a class = "tag" name =
+"tagVIII_131" id = "tagVIII_131" href = "#noteVIII_131">131</a>
+<span class = "pagenum">VIII.82</span>
+<a name = "pageVIII_82" id = "pageVIII_82"> </a></p>
+
+<p>Der Generalfiskal überbrachte die Nachricht Sunderland, der sich
+gerade mit dem Nuntius unterhielt. „Seit Menschengedenken,“ sagte Powis,
+„hat man nicht einen solchen Jubel und so viel Freudenthränen gesehen
+wie heute“.<a class = "tag" name = "tagVIII_132" id = "tagVIII_132" href
+= "#noteVIII_132">132</a> Der König hatte am Morgen das Lager auf der
+Hounslowhaide besucht. Sunderland schickte sofort einen Courier mit der
+Botschaft an ihn ab. Jakob befand sich in Feversham’s Zelte, als der
+Expresse ankam. Er war sehr ärgerlich über die Nachricht und rief auf
+Französisch aus: „Sie sollen es bereuen!“ Er brach sogleich nach London
+auf. So lange er anwesend war, hielt der Respekt die Soldaten ab, ihren
+Gefühlen freien Lauf zu lassen; kaum aber hatte er das Lager verlassen,
+so hörte er hinter sich ein lautes Jubelgeschrei. Er wunderte sich
+darüber und fragte, was das bedeute. „Es ist nichts,“ erhielt er zur
+Antwort, „die Soldaten freuen sich nur über die Freisprechung der
+Bischöfe.“ &mdash; „Das nennen Sie nichts?“ sagte der König und
+wiederholte dann noch einmal: „Sie sollen es bereuen!“<a class = "tag"
+name = "tagVIII_133" id = "tagVIII_133" href =
+"#noteVIII_133">133</a></p>
+
+<p>Er hatte in der That Ursache, verstimmt zu sein, denn seine
+Niederlage war vollständig und im höchsten Grade demüthigend. Wären die
+Prälaten auf Grund mangelhaften Beweises freigesprochen worden, etwa
+weil sie die Petition nicht in Middlesex geschrieben hatten, oder weil
+es ihnen streng nach den Regeln des Gesetzes nicht bewiesen werden
+konnte, daß sie dem Könige die Petition, um dessentwillen sie in
+Untersuchung waren, überreicht hatten, so würde die Prärogative keinen
+Stoß erhalten haben. Zum Glück für das Land aber war die Thatsache der
+Veröffentlichung vollkommen festgestellt worden und die Vertheidiger der
+Angeklagten hatten daher das Dispensationsrecht angreifen müssen. Dies
+hatten sie mit großer Gelehrsamkeit, Beredtsamkeit und Kühnheit gethan.
+Die Anwälte der Krone waren, wie allgemein anerkannt wurde, in dem
+Kampfe unterlegen. Nicht ein einziger Richter hatte die
+Indulgenzerklärung für gesetzlich zu erklären gewagt, einer hatte sie
+sogar in den stärksten Ausdrücken als ungesetzlich bezeichnet. Die ganze
+Stadt sprach davon, daß die Dispensationsgewalt den Todesstoß bekommen
+habe. Finch, der den Tag vorher allgemein geschmäht worden war, wurde
+jetzt allgemein gepriesen. Man sagte, er habe die Sache nicht in einer
+Weise entschieden sehen wollen, wobei die große Verfassungsfrage auf
+immer zweifelhaft geblieben wäre. Er habe eingesehen, daß die
+Freisprechung seiner Klienten ohne Verdammung der Indulgenzerklärung nur
+ein halber Sieg gewesen sein würde. Es ist gewiß, daß Finch weder die
+Vorwürfe verdiente, mit denen er überhäuft wurde, so lange der Ausgang
+noch zweifelhaft war, noch die Lobpreisungen, die ihm gespendet wurden,
+nachdem derselbe so günstig ausgefallen. Es war thöricht, ihn zu tadeln,
+weil die Kronanwälte während des von ihm veranlaßten kurzen Verzugs
+unerwartet einen neuen Zeugen fanden. Eben so thöricht war die Annahme,
+daß er seine Klienten absichtlich einer Gefahr ausgesetzt habe, um ein
+allgemeines Prinzip festzustellen, und noch thörichter war es, ihn wegen
+etwas zu loben, was eine grobe Verletzung seiner Berufspflichten gewesen
+sein würde.
+<span class = "pagenum">VIII.83</span>
+<a name = "pageVIII_83" id = "pageVIII_83"> </a></p>
+
+<p>Dem freudigen Tage folgte eine nicht minder freudige Nacht. Die
+Bischöfe und einige ihrer achtungswerthen Freunde bemühten sich
+vergebens, tumultuarische Freudenbezeigungen zu verhindern. Die ältesten
+Leute erinnerten sich nicht, jemals, selbst nicht an dem Abende, als es
+in London bekannt wurde, daß die schottische Armee sich für ein freies
+Parlament erklärt hatte, die Straßen von so zahlreichen Freudenfeuern
+erhellt gesehen zu haben. Um jedes Feuer hatte sich ein Haufe gelagert,
+der auf das Wohl der Bischöfe und auf den Untergang der Papisten trank.
+Die Fenster waren ebenfalls glänzend erleuchtet, jedes gewöhnlich durch
+sieben Lichter, von denen das mittelste und längste den Primas
+vorstellte. Dazu hörte man fortwährend das Knallen von Schwärmern,
+Raketen und Gewehrschüssen. Ein ungeheurer Holzstoß brannte gerade dem
+Haupteingange von Whitehall gegenüber; andere wurden vor den Thüren
+katholischer Peers angezündet. Lord Arundell von Wardour beschwichtigte
+wohlweislich den Pöbel mit ein wenig Geld; im Palast Salisbury am Strand
+aber wurde ein Widerstandsversuch gemacht. Die Dienerschaft Lord
+Salisbury’s machte einen Ausfall und feuerte; aber nur der unglückliche
+Büttel des Bezirks fiel, der gerade gekommen war, um das Feuer
+auszulöschen, und die Schaar wurde bald in den Palast zurückgetrieben.
+Kein Schauspiel jener Nacht amüsirte das gemeine Volk so sehr, als
+eines, das ihnen vor mehreren Jahren wohl bekannt gewesen war, und das
+ihnen jetzt nach einer langen Pause wieder gegeben wurde: die
+Verbrennung des Papstes. Dieses vor Zeiten sehr beliebte Schauspiel
+kennt unsere Generation nur aus Beschreibungen und Abbildungen. Eine
+Figur, die aber keineswegs jenen plumpen Conterfeyen von Guy Fawx glich,
+welche noch jetzt am 5. November zur Schau umhergetragen werden, sondern
+die mit einiger Geschicklichkeit von Wachs verfertigt und mit nicht
+geringen Kosten mit Gewändern und einer Tiara geschmückt war, wurde auf
+einen Stuhl gesetzt, ähnlich dem, auf welchem noch heute an einigen
+hohen Festtagen die römischen Bischöfe durch die Peterskirche zum
+Hochaltare getragen werden. Seine Heiligkeit war gewöhnlich umgeben von
+einem Gefolge von Cardinälen und Jesuiten, und ihm zur Seite stand ein
+als Teufel mit Schweif und Hörnern verkleideter Hanswurst. Kein reicher
+und eifriger Protestant sah bei dieser Gelegenheit eine Guinee an, und
+wenn man der Sage glauben darf, betrugen die Kosten einer solchen
+Prozession zuweilen nicht weniger als tausend Pfund. Nachdem der Papst
+eine Zeit lang über den Köpfen der Menge zur Schau umhergetragen worden
+war, wurde er unter lautem Jubel den Flammen überliefert. Zur Zeit der
+Popularität Oates’ und Shaftesbury’s wurde das Schauspiel alljährlich am
+Geburtstage der Königin Elisabeth in Fleet Street unter den Fenstern des
+Whig-Clubs aufgeführt. Der groteske Gebrauch war so berühmt, daß
+Barillon sich einmal in Lebensgefahr begab, um aus einem Versteck
+zuzusehen.<a class = "tag" name = "tagVIII_134" id = "tagVIII_134" href
+= "#noteVIII_134">134</a> Seit der Entdeckung des Ryehousecomplots war
+die Ceremonie bis zu dem Tage der Freisprechung der Bischöfe
+unterblieben. An diesem Abende aber tauchten in verschiedenen
+<span class = "pagenum">VIII.84</span>
+<a name = "pageVIII_84" id = "pageVIII_84"> </a>
+Stadttheilen Londons mehrere Päpste auf. Der Nuntius war höchlich
+entrüstet und der König fühlte sich durch diese Verhöhnung seiner Kirche
+schwerer gekränkt als durch irgend eine andre ihm zugefügte Beleidigung.
+Die Behörden konnten jedoch nichts thun. Der Sonntagmorgen graute
+bereits und die Glocken der Pfarrkirchen riefen zum Frühgebet, ehe die
+Feuer zu erlöschen und die Volksmassen sich zu verlaufen begannen. Es
+erschien nun alsbald eine Proklamation gegen die Ruhestörer. Viele von
+ihnen, meist Lehrlinge, wurden verhaftet: aber die Anklagen gegen sie
+wurden von den Gerichten von Middlesex nicht angenommen. Die
+Magistratsbeamten, von denen viele Katholiken waren, geriethen mit der
+großen Jury in Streit und schickten sie mehrere Male zurück, aber ohne
+Erfolg.<a class = "tag" name = "tagVIII_135" id = "tagVIII_135" href =
+"#noteVIII_135">135</a></p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVIII_129" id = "noteVIII_129" href =
+"#tagVIII_129">129.</a>
+<span class = "antiqua">Collection of State Trials</span>; <span class =
+"antiqua">Oldmixon, 739</span>; <span class = "antiqua">Clarendon’s
+Diary, June 25. 1688</span>; Johnstone, 2. Juli; Citters, 3.(13.) Juli;
+Adda, 6.(10.) Juli; <span class = "antiqua">Luttrell’s Diary</span>;
+Barillon, 2.(12.) Juli.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_130" id = "noteVIII_130" href =
+"#tagVIII_130">130.</a>
+Citters, 3.(13.) Juli. Der würdevolle Ernst, mit dem er die Geschichte
+erzählt, macht einen komischen Eindruck: <span class = "antiqua">„Den
+Bisschop van Chester, wie seer de partie van het hof houdt, om te
+voldoen aan syne gewoone nieusgierigheyt, hem op dien tyt in Westminster
+Hall mede hebbende laten vinden, in het uytgaan doorgaans was
+uytgekreten voor een grypende wolf in schaaps kleederen; en hy synde een
+heer van hooge stature en vollyvig, spotsgewyse allomme geroepen was dat
+men voor hem plaats moeste maken, om te laten passen, gelyck ook
+geschiede, om dat soo sy uytschreeuwden en hem in het aansigt seyden, hy
+den Paus in syn buyck hadde.“</span></p>
+
+<p><a name = "noteVIII_131" id = "noteVIII_131" href =
+"#tagVIII_131">131.</a>
+Luttrell; Citters, 3.(13.) Juli 1688. <span class = "antiqua">„Soo syn
+in tegendeel gedagte jurys met de uyterste acclamatie en alle teyckenen
+van genegenheyt en danckbaarheyt in het door passeren van de gemeente
+ontvangen. Honderden vielen haar om den hals met alle bedenckelycke
+wewensch van segen en geluck over hare persoonen en familien, om dat sy
+haar so heusch en eerlyck buyten verwagtinge als het ware in desen
+gedragen hadden. Veele van de grooten en kleynen adel wierpen in het
+wegryden handen vol gelt under de armen luyten, om op de gesontheyt van
+den Coning, der Heeren Prelaten, on de Jurys te drincken.“</span></p>
+
+<p><a name = "noteVIII_132" id = "noteVIII_132" href =
+"#tagVIII_132">132.</a>
+<span class = "antiqua">„Mi trovava con Milord Sunderland la stessa
+mattina, quando venne l’Avvocato Generale a rendergli conto del
+successo, e disse, che mai piu a memoria d’huomini si era sentito un
+applauso, mescolato di voce e lagrime di giubilo, egual a quello che
+veniva egli di vedere in quest’ occasione.“</span> Adda, 6.(16.) Juli
+1688.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_133" id = "noteVIII_133" href =
+"#tagVIII_133">133.</a>
+<span class = "antiqua">Burnet, I. 744</span>; Citters, 3.(13.) Juli
+1688.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_134" id = "noteVIII_134" href =
+"#tagVIII_134">134.</a>
+Siehe eine interessante Erzählung, welche Danby, damals Herzog von
+Leeds, zugleich mit anderen Papieren im Jahre 1710 veröffentlichte. Eine
+anziehende Beschreibung der Ceremonie der Papstverbrennung findet sich
+auch in North’s <span class = "antiqua">Examen, 570</span>. Ferner sehe
+man die Note zum Epilog des Trauerspiels „Ödipus“ in Scott’s Ausgabe von
+Dryden.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_135" id = "noteVIII_135" href =
+"#tagVIII_135">135.</a>
+<span class = "antiqua">Reresby’s Memoirs</span>; Citters, 3.(13.) Juli
+1688; Adda, 6.(16.) Juli; Barillon 2.(12.) Juli; <span class =
+"antiqua">Luttrell’s Diary</span>; Neuigkeitsbrief vom 4. Juli; <span
+class = "antiqua">Oldmixon, 739</span>; Ellis’ Correspondenz.</p>
+</div>
+
+
+<p class = "section">
+<span class = "heading">
+Eigenthümlicher Zustand der öffentlichen Meinung zu jener Zeit.</span>
+<a name = "secVIII_65" id = "secVIII_65">Inzwischen</a> verbreitete sich
+die frohe Nachricht durch das ganze Land und wurde allenthalben mit
+Jubel aufgenommen. Gloucester, Bedford und Lichfield gehörten zu den
+Städten, die sich durch besonderen Eifer auszeichneten; Bristol und
+Norwich aber, welche nach Bevölkerung und Reichthum London am nächsten
+standen, kamen bei diesem freudigen Anlasse auch in der Begeisterung der
+Hauptstadt am nächsten.</p>
+
+<p>Die gerichtliche Verfolgung der sieben Bischöfe ist ein Ereigniß, das
+in unsrer Geschichte einzig dasteht. Es war der erste und letzte Fall,
+wo zwei mächtige in der Regel einander entgegengesetzte Gefühle, von
+denen jedes für sich allein bei heftiger Erregung hinreichend war, um
+den Staat zu erschüttern, in vollkommener Eintracht verbündet waren.
+Diese Gefühle waren die Liebe zur Kirche und die Liebe zur Freiheit.
+Während vieler Generationen war jeder heftige Ausbruch des kirchlichen
+Gefühls, mit einer einzigen Ausnahme, der bürgerlichen Freiheit
+nachtheilig gewesen; und ebenso war jeder heftige Ausbruch des
+Freiheitsgefühls, mit einer einzigen Ausnahme, dem Ansehen und Einflusse
+des Prälatenthums und der Priesterschaft verderblich. Im Jahre 1688 war
+die Sache der Hierarchie einen Augenblick die Sache der Volkspartei.
+Mehr als neuntausend Geistliche, mit dem Primas und seinen
+ehrenwerthesten Suffraganen an der Spitze, erklärten sich bereit, Haft
+und Eigenthumsberaubung für das große Grundprinzip unsrer freien
+Verfassung zu erdulden. Die Folge war eine Coalition, welche die
+eifrigsten Kavaliere, die eifrigsten Republikaner und alle zwischeninne
+liegenden Parteien der Gesammtheit umfaßte. Der Geist, welcher Hampden
+unter der vergangenen Generation aufrecht erhalten hatte, verband sich
+mit dem Geiste, welcher Sacheverell unter der folgenden aufrecht
+erhielt, um den Erzbischof, der ein Hampden und ein Sacheverell zugleich
+war, aufrecht zu erhalten. Diejenigen Klassen der Gesellschaft, denen an
+der Erhaltung der Ruhe am meisten gelegen ist, welche in stürmischen
+Zeiten gewöhnlich am ersten bei der Hand sind, die Regierung zu
+unterstützen, und welche einen natürlichen Widerwillen gegen Aufwiegler
+hegen, folgten ohne Bedenken der Leitung eines ehrwürdigen Mannes, des
+ersten Peers des Reiches, des ersten Dieners der Kirche, eines Tory’s in
+der Politik, eines Heiligen in seinem Privatleben, den die Tyrannei
+wider seinen Willen in einen Demagogen verwandelt hatte.
+<span class = "pagenum">VIII.85</span>
+<a name = "pageVIII_85" id = "pageVIII_85"> </a>
+Auf der andren Seite flehten jetzt selbst Diejenigen, welche das
+Episcopat als einen Überrest des Papismus und als ein Werkzeug der
+Willkürherrschaft stets verabscheut hatten, auf den Knien um den Segen
+eines Prälaten, der bereit war, eher Ketten zu tragen und seine
+alterschwachen Glieder auf die nackten Steine eines Kerkers zu legen,
+als daß er die Interessen des protestantischen Glaubens verrathen und
+die Hoheitsrechte der Krone über das Gesetz gestellt hätte. Mit der
+Liebe zur Kirche und der Liebe zur Freiheit verband sich in dieser
+wichtigen Krisis noch ein drittes Gefühl, das zu den achtungswerthesten
+Zügen unsres Nationalcharacters gehört. Ein durch Willkürgewalt
+unterdrückter Mensch findet bei uns, hätte er sonst auch nicht den
+mindesten Anspruch auf Achtung und Dankbarkeit, gewöhnlich eine rege
+Theilnahme. So wurde zu den Zeiten unserer Großväter die Gesellschaft
+durch <ins class = "correction" title = "Original hat »Wilke’s«">Wilkes’</ins> Verfolgung heftig aufgeregt. Wir selbst sahen
+die Nation durch die gegen die Königin Karoline geübte Härte fast bis
+zum Wahnsinn gereizt. Daher wurde England, selbst wenn von dem Ausgange
+des Prozesses gegen die Bischöfe keine wichtigen politischen oder
+religiösen Interessen abgehangen hätten, es wahrscheinlich nicht ohne
+starke Regungen von Mitleid und Unwillen mit angesehen haben, wie einige
+Greise von makelloser Tugend von der Rache eines jähzornigen und
+unerbittlichen Fürsten verfolgt wurden, der ihrer Treue seine Krone
+verdankte.</p>
+
+<p>Von diesen Gefühlen angetrieben, stellten sich unsere Vorfahren in
+einer ungeheuren und compacten Masse der Regierung entgegen. Die
+mächtige Phalanx war aus allen Ständen, allen Parteien, allen
+protestantischen Seelen gebildet. Im Vordertreffen standen die
+geistlichen und weltlichen Lords, dann kamen die begüterte Gentry und
+der Klerus, beide Universitäten, alle Gerichtshöfe, Großhändler, Krämer
+und Pächter, die Lastträger, die sich in den Straßen der großen Städte
+plagten, und die Landleute, welche das Feld bebauten. Die Koalition
+gegen den König umfaßte selbst die Matrosen, die seine Schiffe
+bemannten, selbst die Schildwachen, die seinen Palast bewachten. Die
+Namen Whig und Tory waren einen Augenblick vergessen. Der alte
+Ausschließungsmann reichte dem alten Verabscheuer die Hand; Episcopalen,
+Presbyterianer, Independenten und Baptisten vergaßen ihre langjährigen
+Fehden, um nur an ihren gemeinsamen Protestantismus und an ihre
+gemeinsame Gefahr zu denken; Theologen, die in der Schule Laud’s
+gebildet waren, sprachen nicht nur von Duldung, sondern sogar von
+Einigung. Der Erzbischof erließ bald nach seiner Freisprechung einen
+Hirtenbrief, der eines der merkwürdigsten Schriftstücke jener Zeit ist.
+Er hatte von Jugend auf mit den Nonconformisten in Streit gelegen und
+sie mehrmals mit ungerechter und unchristlicher Heftigkeit angegriffen.
+Sein Hauptwerk war eine häßliche Karrikatur auf die Calvinistische
+Theologie.<a class = "tag" name = "tagVIII_136" id = "tagVIII_136" href
+= "#noteVIII_136">136</a> Er hatte für den 30. Januar, den Jahrestag der
+Hinrichtung Karl’s&nbsp;I., und für den 29. Mai, den Jahrestag der
+Rückkehr Karl’s&nbsp;II., Gebetsformulare abgefaßt, welche so heftige
+Schmähungen gegen die Puritaner enthielten, daß die Regierung es für
+nöthig erachtet hatte, dieselben zu mildern. Jetzt aber war sein Herz
+erweicht und geöffnet. Er ermahnte die Bischöfe und die Geistlichen
+feierlich und eindringlich, ihren Brüdern, den protestantischen
+Dissenters, mit zarter Rücksicht zu begegnen, sie oft zu besuchen, sie
+gastlich zu bewirthen,
+<span class = "pagenum">VIII.86</span>
+<a name = "pageVIII_86" id = "pageVIII_86"> </a>
+sich freundlich mit ihnen zu unterhalten und sie womöglich zum Anschluß
+an die Kirche zu bewegen, sich aber, wenn ihnen dies nicht gelänge, in
+ihrem Wirken für die segensreiche Sache der Reformation herzlich und
+liebreich zu verbinden.<a class = "tag" name = "tagVIII_137" id =
+"tagVIII_137" href = "#noteVIII_137">137</a></p>
+
+<p>Viele fromme Leute dachten in späteren Jahren mit schmerzlicher
+Sehnsucht an jene Zeit zurück. Sie schilderten dieselbe als den
+flüchtigen Schimmer eines goldenen Zeitalters zwischen zwei eisernen
+Zeitaltern. Waren solche Klagen auch natürlich, so waren sie doch nicht
+begründet. Die Coalition von 1688 war und konnte nur das Erzeugniß einer
+an Wahnsinn grenzenden Tyrannei und einer alle großen Institutionen des
+Landes gleichzeitig bedrohenden Gefahr sein. Daß eine solche Coalition
+seitdem nicht wieder vorgekommen, hat seinen Grund darin, weil noch nie
+wieder so schlecht und verkehrt regiert worden ist. Man darf nicht
+vergessen, daß, wenn auch Eintracht an sich besser ist als Zwietracht,
+doch Zwietracht das Zeichen besserer Zustände sein kann als Eintracht
+sie andeutet. Unglück und Gefahr zwingen die Menschen oft, sich zu
+verbinden. Glück und Sicherheit bestimmen sie oft, sich zu trennen.</p>
+
+<div class = "footnote">
+<p><a name = "noteVIII_136" id = "noteVIII_136" href =
+"#tagVIII_136">136.</a>
+Der <span class = "antiqua">Fur Praedestinatus</span>.</p>
+
+<p><a name = "noteVIII_137" id = "noteVIII_137" href =
+"#tagVIII_137">137.</a>
+Dieser Hirtenbrief findet sich in der ersten der zwölf Sammlungen von
+Urkunden über die englischen Angelegenheiten, die zu Ende des Jahres
+1688 und zu Anfang des Jahres 1689 gedruckt wurden. Er wurde am 26.
+Juli, nicht ganz einen Monat nach dem Prozesse erlassen. Um die nämliche
+Zeit äußerte Lloyd von St. Asaph gegen Heinrich Wharton, daß die
+Bischöfe ein ganz neues Verfahren gegen die protestantischen Dissenters
+einzuschlagen gedächten: <span class = "antiqua">„Omni modo curaturos,
+ut ecclesia sordibus et corruptelis penitus exueretur; ut sectariis
+reformatis reditus in ecclesiae sinum exoptati occasio ac ratio
+concederetur, si qui sobrii et pii essent; ut pertinacibus interim jugum
+levaretur, extinctis penitus legibus mulctatoriis.“ &mdash; Excerpta ex
+Vita H. Wharton.</span></p>
+</div>
+
+<p>&nbsp;</p>
+
+<hr class = "small">
+
+<p>&nbsp;</p>
+
+<h6>Druck von Philipp Reclam jun. in Leipzig.</h6>
+
+
+
+
+
+
+
+
+<pre>
+
+
+
+
+
+End of the Project Gutenberg EBook of Geschichte von England seit der
+Thronbesteigung Jakob's des Zwe, by Thomas Babington Macaulay
+
+*** END OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK GESCHICHTE VON ENGLAND--VIERTER BAND ***
+
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+things that you can do with most Project Gutenberg-tm electronic works
+even without complying with the full terms of this agreement. See
+paragraph 1.C below. There are a lot of things you can do with Project
+Gutenberg-tm electronic works if you follow the terms of this agreement
+and help preserve free future access to Project Gutenberg-tm electronic
+works. See paragraph 1.E below.
+
+1.C. The Project Gutenberg Literary Archive Foundation ("the Foundation"
+or PGLAF), owns a compilation copyright in the collection of Project
+Gutenberg-tm electronic works. Nearly all the individual works in the
+collection are in the public domain in the United States. If an
+individual work is in the public domain in the United States and you are
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+
+Project Gutenberg-tm is synonymous with the free distribution of
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+including obsolete, old, middle-aged and new computers. It exists
+because of the efforts of hundreds of volunteers and donations from
+people in all walks of life.
+
+Volunteers and financial support to provide volunteers with the
+assistance they need are critical to reaching Project Gutenberg-tm's
+goals and ensuring that the Project Gutenberg-tm collection will
+remain freely available for generations to come. In 2001, the Project
+Gutenberg Literary Archive Foundation was created to provide a secure
+and permanent future for Project Gutenberg-tm and future generations.
+To learn more about the Project Gutenberg Literary Archive Foundation
+and how your efforts and donations can help, see Sections 3 and 4
+and the Foundation web page at https://www.pglaf.org.
+
+
+Section 3. Information about the Project Gutenberg Literary Archive
+Foundation
+
+The Project Gutenberg Literary Archive Foundation is a non profit
+501(c)(3) educational corporation organized under the laws of the
+state of Mississippi and granted tax exempt status by the Internal
+Revenue Service. The Foundation's EIN or federal tax identification
+number is 64-6221541. Its 501(c)(3) letter is posted at
+https://pglaf.org/fundraising. Contributions to the Project Gutenberg
+Literary Archive Foundation are tax deductible to the full extent
+permitted by U.S. federal laws and your state's laws.
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+Fairbanks, AK, 99712., but its volunteers and employees are scattered
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+business@pglaf.org. Email contact links and up to date contact
+information can be found at the Foundation's web site and official
+page at https://pglaf.org
+
+For additional contact information:
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+ Chief Executive and Director
+ gbnewby@pglaf.org
+
+
+Section 4. Information about Donations to the Project Gutenberg
+Literary Archive Foundation
+
+Project Gutenberg-tm depends upon and cannot survive without wide
+spread public support and donations to carry out its mission of
+increasing the number of public domain and licensed works that can be
+freely distributed in machine readable form accessible by the widest
+array of equipment including outdated equipment. Many small donations
+($1 to $5,000) are particularly important to maintaining tax exempt
+status with the IRS.
+
+The Foundation is committed to complying with the laws regulating
+charities and charitable donations in all 50 states of the United
+States. Compliance requirements are not uniform and it takes a
+considerable effort, much paperwork and many fees to meet and keep up
+with these requirements. We do not solicit donations in locations
+where we have not received written confirmation of compliance. To
+SEND DONATIONS or determine the status of compliance for any
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+
+While we cannot and do not solicit contributions from states where we
+have not met the solicitation requirements, we know of no prohibition
+against accepting unsolicited donations from donors in such states who
+approach us with offers to donate.
+
+International donations are gratefully accepted, but we cannot make
+any statements concerning tax treatment of donations received from
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+
+Please check the Project Gutenberg Web pages for current donation
+methods and addresses. Donations are accepted in a number of other
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+
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+works.
+
+Professor Michael S. Hart was the originator of the Project Gutenberg-tm
+concept of a library of electronic works that could be freely shared
+with anyone. For thirty years, he produced and distributed Project
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+
+
+Project Gutenberg-tm eBooks are often created from several printed
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+
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