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authorRoger Frank <rfrank@pglaf.org>2025-10-15 05:23:36 -0700
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+The Project Gutenberg EBook of Die drei Nüsse, by Clemens Brentano
+
+This eBook is for the use of anyone anywhere at no cost and with
+almost no restrictions whatsoever. You may copy it, give it away or
+re-use it under the terms of the Project Gutenberg License included
+with this eBook or online at www.gutenberg.org
+
+
+Title: Die drei Nüsse
+
+Author: Clemens Brentano
+
+Posting Date: May 20, 2013 [EBook #4505]
+Release Date: October, 2003
+First Posted: January 26, 2002
+
+Language: German
+
+Character set encoding: ISO-8859-1
+
+*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK DIE DREI NÜSSE ***
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+Produced by Michael Pullen. HTML version by Al Haines.
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+Die drei Nüsse
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+Clemens Brentano
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+Daniel Wilhelm Möller, Professor und Bibliothekar zu Altorf, lebte im
+Jahr 1665 in Kolmar als Hofmeister der drei Söhne des Bürgermeisters
+Maggi. Im Oktober dieses Jahres hatte der Bürgermeister einen
+reisenden Alchimisten zum Gaste, und als bei dem Nachtische der
+Abendmahlzeit unter anderm Obste auch welsche Nüsse auf die Tafel
+gesetzt wurden, sprach die Gesellschaft mancherlei von den
+Eigenschaften dieser Frucht. Da aber die drei Zöglinge Möllers etwas
+unmäßig zu den Nüssen griffen und sie lustig nacheinander aufknackten,
+verwies Möller es ihnen freundlich und gab ihnen folgenden Vers aus
+der Schola Salernitana zu verdeutschen auf: "Unica nux prodest, nocet
+altera, tertia mors est."--Da übersetzten sie: "Eine Nuß nützt, die
+zweite schadet, der Tod ist die dritte." Möller aber sagte zu ihnen,
+diese Übersetzung könne unmöglich die rechte sein, da sie die dritte
+Nuß längst genossen und doch noch frisch und gesund seien; sie
+möchten sich eines Bessern besinnen. Kaum waren diese Worte
+gesprochen, als der Alchimist mit Bestürzung plötzlich vom Tische
+aufsprang und sich in der ihm angewiesenen Stube verschloß, worüber
+alle Anwesende in nicht geringer Verwunderung waren. Der jüngste
+Sohn des Bürgermeisters folgte dem Fremden, um ihn auf Befehl seines
+Vaters zu fragen, ob ihm etwas zugestoßen sei; da er aber die Türe
+verschlossen fand, sah er durch das Schlüsselloch den Fremden auf den
+Knien liegen und unter Tränen und Händeringen mehrere Male ausrufen:
+"Ah, mon Dieu, mon Dieu!"
+
+Kaum hatte der Knabe seinem Vater dies hinterbracht, als der Fremde
+sich von dem Diener zu einer einsamen Unterredung melden ließ. Alle
+entfernten sich. Da trat der Alchimist herein, fiel auf die Knie,
+umfaßte die Füße des Bürgermeisters und flehte ihn unter heftigen
+Tränen an: er möge ihn nicht vor Gericht bringen, er möge ihn vor
+einem schmählichen Tode erretten.
+
+Der Bürgermeister, heftig über seine Rede erschrocken, fürchtete, der
+Mensch möge den Verstand verloren haben, hob ihn von der Erde auf und
+bat ihn freundlich: er möge ihm sagen, wie er auf so schreckliche
+Reden komme. Da erwiderte der Fremde: "Herr, verstellen Sie sich
+nicht, Sie und der Magister Möller kennen mein Verbrechen; der Vers
+von den drei Nüssen beweist es: tertia mors est, die dritte ist der
+Tod; ja, ja, eine bleierne Kugel war es, ein Druck des Fingers, und
+er schlug nieder. Sie haben sich verabredet, mich zu peinigen, Sie
+werden mich ausliefern, ich werde durch Sie unter das Schwert kommen."
+
+Der Bürgermeister glaubte nun die Verrücktheit des Alchimisten gewiß
+und suchte ihn durch freundliches Zureden zu beruhigen. Er aber ließ
+sich nicht beruhigen und sprach: "Wenn Sie es auch nicht wissen, so
+weiß es doch Ihr Hofmeister gewiß, denn er sah mich durchdringend an,
+als er sagte: ›tertia mors est‹." Nun konnte der Bürgermeister
+nichts anders tun, als ihn bitten, ruhig zu Bette zu gehen, und ihm
+sein Ehrenwort zu geben, daß weder er noch Möller ihn verraten würden,
+wenn irgend etwas Wahres an seinem Unglücke sein sollte. Der
+Unglückliche aber wollte ihn nicht eher verlassen, bis Möller gerufen
+war und ihm auch heilig beteuerte, daß er ihn nicht verraten wolle;
+denn daß auch er nicht das mindeste von seinem Unglücke wisse, wollte
+er sich auf keine Weise überreden lassen.
+
+Am folgenden Morgen entschloß sich der Unglückliche, von Kolmar nach
+Basel zu gehen, und bat den Magister Möller um eine Empfehlung an
+einen Professor der Medizin. Möller schrieb ihm einen Brief an den
+Doktor Bauhinus und reichte ihm denselben offen, damit er keine Art
+von Verdacht schöpfen könne. Er verließ das Haus mit Tränen und
+nochmaligem Flehen, ihn nicht zu verraten.
+
+Im folgenden Jahre um dieselbe Zeit, etwa drei Wochen später, als der
+Bürgermeister mit den Seinigen wieder Nüsse aß und sie sich dabei
+alle lebhaft an den unglücklichen Alchimisten erinnerten, ließ sich
+eine Frau bei ihm melden. Er hieß sie hereintreten; sie war eine
+Reisende in anständiger Tracht, sie trauerte und schien vom Kummer
+ganz zerstört, doch hatte sie noch Spuren von großer Schönheit. Der
+Bürgermeister bot ihr einen Stuhl an, stellte ihr ein Glas Wein und
+einige Nüsse vor; aber sie geriet bei dem Anblick dieser Frucht in
+eine heftige Erschütterung, die Tränen liefen ihr die Wangen herab:
+"Keine Nüsse, keine Nüsse!" sagte sie und schob den Teller zurück.
+
+Diese ihre Weigerung, mit der Erinnerung an den Alchimisten, brachte
+unter den Tischgenossen eine eigene Spannung hervor. Der
+Bürgermeister befahl dem Diener, die Nüsse sogleich wegzubringen, und
+bat die Frau, nach einer Entschuldigung, daß er ihren Abscheu vor den
+Nüssen nicht gekannt, um die Angabe des Geschäftes, das sie zu ihm
+geführt.
+
+"Ich bin die Witwe eines Apothekers aus Lyon", sagte sie, "und
+wünsche mich hier in Kolmar niederzulassen. Die traurigsten
+Schicksale nötigen mich, meine Vaterstadt zu verlassen."--Der
+Bürgermeister fragte sie um ihre Pässe, auf daß er versichert sein
+könne, daß sie ihr Vaterland frei von allen gerichtlichen Ansprüchen
+auf sie verlassen habe. Sie übergab ihre Papiere, die in der besten
+Ordnung waren und ihr den Namen der Witwe des Apothekers Pierre du
+Pont oder Petrus Pontanus gaben. Auch zeigte sie dem Bürgermeister
+mancherlei Atteste der medizinischen Fakultät von Montpellier, daß
+sie im Besitz der Fabrikationsrezepte vieler trefflicher Arzeneien
+sei.
+
+Der Bürgermeister versprach ihr alle mögliche Unterstützung bei ihrer
+Niederlassung und bat sie, ihm in sein Arbeitszimmer zu folgen, wo er
+ihr Empfehlungen an einige Ärzte und Apotheker der Stadt schreiben
+wollte. Als er nun die Frau die Treppe hinauf führte und oben über
+den Flur weg, kam dieselbe bei dem Anblick eines kindischen Gemäldes
+in eine solche Bestürzung, daß der Bürgermeister fürchtete, sie
+möchte an seinem Arme ohnmächtig werden; er brachte sie schnell auf
+seine Stube, und sie ließ sich unter bittern Tränen auf einen Stuhl
+nieder.
+
+Der Bürgermeister wußte die Veranlassung ihrer Gemütsbewegung nicht
+und fragte sie, was ihr fehle. Sie sagte ihm: "Mein Herr, woher
+kennen Sie mein Elend, wer hat das Bild an die Stubentüre geheftet,
+an welcher wir vorübergingen?" Da erinnerte sich der Bürgermeister
+an das Bild und sagte ihr, daß es die Spielerei seines jüngsten
+Sohnes sei, welcher eine Neigung habe, alle Ereignisse, die ihn näher
+interessierten, in solchen Malereien auf seine Art zu verewigen. Das
+Bild aber bestand darin, daß der Knabe, welcher das Jahr vorher den
+Alchimisten kniend und die Hände ringend in dieser Stube: "Ah, mon
+Dieu, mon Dieu!" hatte ausrufen hören, diesen in derselben Stellung
+und über ihn drei Nüsse mit dem Spruche: "Unica nux prodest, nocet
+altera, tertia mors est!" auf eine Pappe gemalt und an die Stubentüre,
+wo der Alchimist gewohnt, befestigt hatte.
+
+"Wie kann Ihr Sohn das schreckliche Unglück meines Mannes wissen?"
+sagte die Frau; "wie kann er wissen, was ich ewig verbergen möchte,
+und weswegen ich mein Vaterland verlassen habe?"
+
+"Ihres Mannes?" erwiderte der verwunderte Bürgermeister; "ist der
+Chemiker Todénus Ihr Mann? Ich glaubte nach Ihrem Passe, daß Sie die
+Witwe des Apothekers Pierre du Pont aus Lyon seien."
+
+"Die bin ich", entgegnete die Fremde, "und der Abgebildete ist mein
+Mann, du Pont; mir zeigt es die Stellung, in welcher ich ihn zuletzt
+gesehen, mir zeigt es der fatale Spruch und die Nüsse über ihm."
+
+Nun erzählte ihr der Bürgermeister den ganzen Vorfall mit dem
+Alchimisten in seinem Hause und fragte sie, wie er sich befinde, wenn
+er wirklich ihr Mann sei, der vielleicht unter fremdem Namen bei ihm
+gewesen wäre.
+
+"Mein Herr", erwiderte die Frau, "ich sehe wohl, das Schicksal selbst
+will, daß meine Schmach nicht soll verborgen bleiben; ich erwarte von
+Ihrer Rechtschaffenheit, daß Sie mein Unglück nicht zu meinem
+Nachteil bekanntmachen werden. Hören Sie mich an. Mein Mann, der
+Apotheker Pierre du Pont, war wohlhabend; er würde reich gewesen sein,
+wenn er nicht durch seine Neigung zur Alchimie vieles Geld
+verschwendet hätte. Ich war jung und hatte das große Unglück, sehr
+schön zu sein. Ach, mein Herr, es gibt schier kein größeres Unglück
+als dieses, weil keine Ruhe, kein Friede möglich ist, weil alles nach
+einem verlangt und verzweifelt und man in solche Bedrängnisse und
+Belagerungen kömmt, daß man sich manchmal gar, nur um des ekelhaften
+Götzendienstes los zu werden, dem Verderben hingeben könnte. Eitel
+war ich nicht, nur unglücklich; denn ich mochte mich auch absichtlich
+schlecht und entstellend kleiden, so wurde doch immer eine neue Mode
+daraus, und man fand es allerliebst. Wo ich ging und stand, war ich
+von Verehrern umgeben, ich konnte vor Serenaden nicht schlafen, mußte
+einen Diener halten, die Geschenke und Liebesbriefe abzuweisen, und
+alle Augenblick mein Gesinde abschaffen, weil es bestochen war, mich
+zu verführen. Zwei Diener in der Apotheke meines Mannes vergifteten
+einander, weil ein jeder von ihnen entdeckt hatte, daß der andere ein
+Edelmann sei, der aus Leidenschaft zu mir unter fremdem Namen in
+unsre Dienste gegangen war. Alle Leute, die in unsrer Offizin Arznei
+holten, waren dadurch schon im Verdacht, liebeskrank zu sein. Ich
+hatte von allem diesem nichts als Unruhe und Elend, und nur die
+Freude meines Mannes an meiner Gestalt hielt mich ab, mich an meiner
+Larve zu vergreifen und mich auf irgendeine Weise zu entstellen. Oft
+fragte ich ihn, ob er denn an meinem Herzen und guten Willen nicht
+genug habe; er möchte mir doch erlauben, mein Gesicht, das so vieles
+Unheil stifte, durch irgendein beizendes Mittel zu verderben. Aber
+er erwiderte mir immer: ›Schöne Amelie! Ich würde verzweifeln, wenn
+ich dich nicht mehr ansehen könnte; ich würde der unglücklichste
+Mensch sein, wenn ich den ganzen Tag in meinem rußigen Laboratorium
+vergebens geschwitzt habe und meine Augen abends nicht mehr an deinem
+Anblick erquicken könnte. Du bist der einzige klare Punkt in meiner
+finstern Bestimmung, und wenn ich alle meine Hoffnung habe nach
+schwerem Tagewerk zum Rauchfang hinausfliegen sehen, tritt mir alle
+meine Hoffnung am Abend in deiner Schönheit wieder entgegen.‹ Er
+liebte mich zärtlich, aber Gott segnete unsre Liebe nicht, wir hatten
+keine Kinder. Als ich ihm meine Trauer hierüber einst sehr lebhaft
+mitteilte, ward er finster und sprach: ›So Gott will und mir nicht
+alles mißlingt, wird uns auch diese Freude werden.‹ An einem Abend
+kam er spät nach Hause, er war ungewöhnlich froh und gestand mir, daß
+er heute mit einem sehr tief eingeweihten Adepten sich unterhalten
+habe, der einen lebhaften Anteil an ihm und mir zu nehmen scheinen
+und unsre Wünsche würden bald erfüllt werden. Ich verstand ihn nicht.
+
+Nach Mitternacht erwachte ich durch ein Geräusch; ich sah meine ganze
+Stube voll fliegender, leuchtender Johanniskäfer; ich konnte nicht
+begreifen, wie die Menge dieser Insekten in meine Stube gekommen sei;
+ich erweckte meinen Mann und fragte ihn, was das nur zu bedeuten habe.
+Zugleich sah ich auf meinem Nachttische ein prächtiges
+venetianisches Glas voll der schönsten Blumen stehen und daneben neue
+seidene Strümpfe, Pariser Schuhe, wohlriechende Handschuhe, Bänder
+und dergleichen liegen. Mir fiel ein, daß morgen mein Geburtstag sei,
+und glaubte, mein Mann habe mir diese Galanterie gemacht, wofür ich
+ihm herzlich dankte. Er aber versicherte mir mit den heiligsten
+Schwüren, daß diese Geschenke nicht von ihm herrührten, und die
+heftigste Eifersucht faßte zum erstenmal in ihm Wurzel. Er drang
+bald auf die rührendste und dann wieder heftigste Weise in mich, ihm
+zu erklären, wer diese Dinge hierher gebracht; ich weinte und konnte
+es ihm nicht sagen. Aber er glaubte mir nicht, befahl mir
+aufzustehen, und ich mußte mit ihm das ganze Haus durchsuchen, aber
+wir fanden niemand. Er begehrte die Schlüssel meines Schreibepultes,
+er durchsuchte alle meine Papiere und Briefschaften, er entdeckte
+nichts. Der Tag brach an, ich verzweifelte in Tränen. Mein Mann
+verließ mich sehr unmutig und begab sich nach seinem Laboratorium.
+Ermüdet legte ich mich wieder zu Bett und dachte unter bittern Tränen
+über den nächtlichen Vorfall nach; ich konnte mir auch gar nicht
+einbilden, wer den Handel könne angestellt haben, und verwünschte,
+indem ich mich selbst in einem Spiegel sah, der meinem Bette
+gegenüberstand, meine unglückliche Schönheit; ja, ich streckte gegen
+mich selbst, vor innerem Ekel, die Zunge heraus; aber leider blieb
+ich schön, ich mochte Gesichter schneiden, wie ich wollte. Da sah
+ich in dem Spiegel, aus einem der neuen Schuhe, die auf dem
+Nachttische standen, ein Papier hervorsehen. Ich griff hastig
+darnach und las unter heftiger Bestürzung folgendes Billett:
+
+
+
+Geliebte Amelie! Mein Unglück ist größer als je; Dich mußte ich
+meiden bis jetzt, und nun muß ich auch das Land fliehen, in dem Du
+lebst; ich habe in meiner Garnison einen Offizier im Duelle erstochen,
+der sich Deiner Begünstigung rühmte; man verfolgt mich, ich bin hier
+in verstellter Kleidung. Morgen ist Dein Geburtstag; ich muß Dich
+sehen, zum letzten Male sehen. Heute abend vor dem Tore findest Du
+mich in dem kleinen Wäldchen, unter den Nußbäumen, etwa hundert
+Schritte vom Wege, bei der kleinen Kapelle rechts. Wenn Du mir
+einiges Geld zu meiner Hülfe mitbringen kannst, so wird Dir es Gott
+vergelten. Ich Tor habe es nicht unterlassen können, die letzten
+wenigen Louisdore meines Vermögens an das kleine Geburtstagsgeschenk
+zu verwenden, das Du vor Dir siehst. Wie Du es erhalten, und was ich
+dabei gelitten, sollst Du selbst von mir hören. Schweigen mußt Du,
+kommen mußt Du, oder meine Leiche wird morgen in Deine Wohnung
+gebracht.
+
+Dein unglücklicher Ludewig.
+
+
+
+Ich las diese Zeilen mit der heftigsten Trauer; ich mußte ihn sehen,
+ich mußte ihn trösten, ich mußte ihm alles bringen, was ich hatte,
+denn ich liebte ihn unaussprechlich und sollte ihn auf ewig verlieren."
+
+Hier schüttelte der Bürgermeister lächelnd den Kopf und sprach: "So
+haben Sie also doch, meine Dame, für einen fremden Mann Zärtlichkeit
+empfunden?"
+
+Die Fremde erwiderte mit einem ruhigen Selbstgefühl: "Ja, mein Herr;
+aber verdammen Sie mich nicht zu früh, und hören Sie meine Erzählung
+ruhig aus. Ich raffte den ganzen Tag alles, was ich an Geld und
+Geschmeide hatte, zusammen und packte es in einen Bündel, den ich mir
+gegen Abend von unserer Magd nach einem Badehaus in der Gegend jenes
+Tores, vor welchem Ludewig mich erwarten sollte, tragen ließ. Dieser
+Weg hatte nichts Auffallendes, ich war ihn oft gegangen. Als wir
+dort angekommen waren, sendete ich meine Magd mit dem Auftrage zurück,
+mir um neun Uhr einen Wagen an das Badehaus zu senden, der mich nach
+Hause bringen solle. Sie verließ mich, ich aber ging nicht in das
+Badehaus, sondern begab mich mit meinem Bündelchen unter dem Arm vor
+das Tor nach dem Walde, wo ich erwartet wurde. Ich eilte nach dem
+bestimmten Orte, ich trat in die Kapelle, er flog in meine Arme, wir
+bedeckten uns mit Küssen, wir zerflossen in Tränen; auf den Stufen
+des Altares der kleinen Kapelle, die von Nußbäumen beschattet waren,
+saßen wir mit verschlungenen Armen und erzählten uns unter den
+zärtlichsten Liebkosungen unsre bisherigen Schicksale. Er
+verzweifelte schier, daß er mich nun nie, nie wiedersehen sollte.
+Der Abschied nahte; es war halb neun Uhr geworden, der bestellte
+Wagen erwartete mich. Ich gab ihm das Geld und die Juwelen, und er
+sagte zu mir: ›Amelie, hätte ich mich nur heute nacht vor deinem
+Bette erschossen, aber der Anblick deiner Schönheit im Schlafe
+entwaffnete mich. An dem Rebengeländer deines offenen Fensters bin
+ich in deine Stube geklettert und habe die Johanniskäfer fliegen
+lassen, an denen ich auf meiner ganzen Reise gesammelt, weil ich mich
+erinnerte, daß du sie liebtest; dann legte ich dir die neuen Schuhe
+und Strümpfe hin und nahm mir die mit, welche du am Abend abgelegt
+hattest; dein trocknet, ehrlicher Mann schien mir über seinen tollen
+Gedanken zu träumen, ich habe ihn gestern schon gesprochen, er
+begegnete mir hier im Walde botanisierend; es war schon düster, und
+da ich selbst Waldblumen dir zum Strauße suchte, hielt er mich für
+seinesgleichen, und wir gerieten in ein langes alchimisches Gespräch.
+Ich teilte ihm die Anweisung eines Mönches mit, der mich auf meiner
+letzten Reise in der Provence, als ich in einem Kloster übernachtete,
+lange von dem Geheimnis unterhielt, einen lebendigen Menschen auf
+chemischem Wege in einem Glase heraus zu destillieren. Dein guter
+Mann nahm alles für bare Münze, umarmte mich herzlich und bat mich,
+ihn bald zu besuchen, worauf er mich verließ; ach, er wußte nicht,
+daß ich ihn in derselben Nacht wirklich auf halsbrechendem Wege
+besuchen sollte. Wie muß ich dich bedauern, daß du kinderlos und
+eines solchen Toren Gattin bist!‹
+
+Ich war noch unwillig auf meinen Mann wegen seiner nächtlichen
+Eifersucht und sagte:›Ja, ich habe ihn als einen Toren kennengelernt.
+‹ Aber da die Zeit der Trennung fast verflossen war und ich meine
+Arme um ihn schlang und ausrief: ›Lebe wohl, lieber, lieber Ludewig!
+Sieh, wie diese heilige Stunde des Wiedersehens verflossen ist, so
+geht auch bald das ganze elende Leben dahin, habe ein wenig Geduld,
+alles ist bald zu Ende‹, da brach er drei Nüsse von einem Baume bei
+der Kapelle und sprach. ›Diese Nüsse wollen wir zu ewigem Angedenken
+noch zusammen essen, und sooft wir Nüsse sehen, wollen wir aneinander
+gedenken.‹ Er biß die erste Nuß auf, teilte sie mit mir und küßte
+mich zärtlich; ›ach‹, sagte er, ›da fällt mir ein alter Reim von den
+Nüssen ein, er fängt an: Unica nux prodest, eine einzige Nuß ist
+nützlich; aber es ist nicht wahr, denn wir müssen bald scheiden. Die
+folgenden Worte sind wahrer: Nocet altera, die zweite schadet; jawohl,
+jawohl, denn wir müssen bald scheiden!‹ Da umarmte er mich unter
+heftigen Tränen und teilte die dritte Nuß mit mir und sagte: ›Bei
+dieser sagt der Spruch wahr; o Amelie, vergiß mich nicht, bete für
+mich! Tertia mors est, die dritte Nuß ist der Tod!‹--Da fiel ein
+Schuß, Ludewig stürzte zu meinen Füßen; ›tertia mors est!‹ schrie
+eine Stimme durch das Fenster der Kapelle; ich schrie: ›O Jesus, mein
+Bruder, mein armer Bruder Ludewig erschossen!‹"
+
+"Allmächtiger Gott! Ihr Bruder war es?" rief der Bürgermeister aus.
+
+"Ja, es war mein Bruder", erwiderte sie ernst; "und nun erwägen Sie
+mein Leid, da mein Mann, als der Mörder, mit einer Pistole vor mich
+trat; er hatte noch einen Schuß in dem Gewehr, er wollte sich selbst
+töten; ich aber entriß ihm die Waffe und warf sie in das Gebüsch.
+›Flieh, flieh!‹ rief ich aus, ›die Gerechtigkeit verfolgt dich, du
+bist ein Mörder geworden!‹ Er war in Schmerzen versteinert, er wollte
+nicht von der Stelle; wir hörten Leute, die sich auf den Schuß von
+der Landstraße nahten, ich gab ihm das Geld und die Geschmeide, die
+ich meinem Bruder bestimmt hatte, und stieß ihn aus der Kapelle
+hinaus.
+
+Nun ließ ich meinem Wehgeschrei vollen Lauf, und die Ankommenden,
+unter welchen Männer waren, die mich kannten, brachten mich, wie eine
+halb Wahnsinnige, nach Hause. Der Leichnam meines Bruders ward auf
+das Rathaus gebracht; es begann eine gräßliche Untersuchung.
+Glücklicherweise fiel ich in ein hitziges Fieber und war lange genug
+ohne den Gebrauch meiner Sinne, um meinen Gemahl nicht eher verraten
+zu können, als bis er bereits in völliger Sicherheit über der Grenze
+war. Kein Mensch zweifelte, daß er der Mörder sei, weil er an
+demselben Abend verschwunden war. Die Verleumdung fiel nun mit ihren
+greulichsten Zungen über mich her.--Alles, was andre Frauen von mir
+sagten, die mich meines Elends, meiner Schönheit wegen beneideten,
+alle Schandreden der Männer, welche nichts an mir ärgern konnte als
+meine Tugend, will ich hier nicht wiederholen; genug, wenn ich sage,
+daß man mir den Beweis, der Ermordete sei mein Bruder, durch den
+schändlichsten Verdacht zu erschweren suchte. Alles wollte mich in
+den Staub treten, um über meine gehässige Tugend zu triumphieren.
+Dabei genoß ich der ekelhaftesten Teilnahme aller jungen Advokaten
+und war im Begriffe, vor Bedrängnis und Jammer wirklich den Verstand
+zu verlieren. Auf ein Testament meines Mannes, zugunsten meiner,
+ließ ich die Apotheke unter Administration setzen und zog mich auf
+mehrere Jahre in ein Kloster zurück. So verstummte endlich das
+Gespräch, und ich beschäftigte mich während dieser Zeit mit der
+Zubereitung der Arzneien für die Armen, welche die Klosterfrauen
+verpflegten."
+
+"Ihr Unglück rührt mich ungemein", entgegnete der Bürgermeister,
+"aber die Art, wie Sie von dem Betragen ihres Bruders sprachen,
+machte auch mir eher den Eindruck eines Geliebten als eines Bruders."
+
+"O mein Herr", erwiderte die Fremde, "dies eben war eine Hauptursache
+meines Leides; er liebte mich mit größerer Leidenschaft, als er
+sollte, und mit der kräftigsten Seele arbeitete er dieser bösen
+Gewalt meiner Schönheit entgegen. Er sah mich manchmal in mehreren
+Jahren nicht, ja, er durfte mir selbst nicht mehr schreiben; nur die
+Not hatte ihn bei dem letzten Vorfalle zu mir getrieben, und so
+konnte ich ihm meinen Anblick doch nicht versagen. Mein Mann kannte
+ihn nicht, und ich hatte ihn allein geheiratet, um die Leidenschaft
+meines Bruders entschieden zu brechen. Ach, er hat sie selbst
+gebrochen mit seinem Leben! Mein Mann, von seiner Eifersucht
+beunruhigt, hatte sein Laboratorium früh verlassen; die Magd sagte
+ihm, daß ich nach dem Badehause sei; es fuhr ihm der Gedanke an
+Verrat durch die Seele, er steckte eine doppelte Pistole zu sich und
+suchte mich in dem Badehause auf. Er fand mich nicht, aber hörte die
+Aussage der Bademeisterin, sie habe mich zum nahgelegenen Tore
+hinausgehen sehen. Da erinnerte er sich des Fremden, der gestern mit
+ihm in dem Wäldchen geredet und ihn auch nach seiner Frau gefragt
+hatte; er erinnerte sich, daß derselbe Johanniswürmer gefangen, sein
+Verdacht erhielt Gewißheit; er eilte nach dem Wäldchen, nahte der
+Kapelle, hörte das Ende unsrer Unterredung: tertia mors est--er
+beging die schreckliche Tat."
+
+"O, der unglückliche, arme Mann!" rief der Bürgermeister aus; "aber
+wo ist er, was macht er, was führt Sie hieher, konnten Sie ihm
+verzeihen, werden wir ihn hier wiedersehen?"
+
+"Wir werden ihn nicht wiedersehen, ich habe ihm verziehen, Gott hat
+ihm verziehen!" versetzte die Fremde; "aber Blut will Blut, er konnte
+sich nicht selbst verzeihen! Acht Jahre lebte er in Kopenhagen an
+dem Hofe des Königs von Dänemark, Christian des Vierten, als
+Hoflaborant; denn dieser Fürst war den geheimen Künsten sehr zugetan.
+Nach dem Tode desselben zog er an manchen norddeutschen Höfen herum.
+Er war immer unstet und von seinem Gewissen gepeinigt, und wenn er
+Nüsse sah und von Nüssen hörte, fiel er oft plötzlich in die
+heftigste Trauer. So kam er endlich zu Ihnen, und als er hier den
+unglücklichen Vers hörte, floh er nach Basel. Dort lebte er, bis die
+Nüsse wieder reiften; da ward seine Unruhe unaufhaltsam; seine Zeit
+war abgelaufen; er reiste ab nach Lyon und lieferte sich selbst den
+Gerichten aus. Er hatte vor drei Wochen ein rührendes Gespräch mit
+mir, er war gut wie ein Kind, er bat mich um Vergebung--ach, ich
+hatte ihm längst vergeben. Er sagte mir, ich solle nach seiner
+schimpflichen Todesstrafe Frankreich verlassen und nach Kolmar reisen,
+dort sei der Bürgermeister ein sehr redlicher Mann. Zwei Tage
+hierauf ward er unter unzähligem Volkszulauf, bei der Kapelle, wo der
+Mord geschehen, enthauptet. Er kniete nieder in dem Kreise, brach
+drei Nüsse desselbigen Baums, welcher meinem Bruder die Todesnuß
+getragen hatte, teilte sie alle drei mit mir und umarmte mich
+nochmals zärtlich; dann brachte man mich in die Kapelle, wo ich
+betend an den Altar niedersank. Er aber sprach draußen: ›Unica nux
+prodest, altera nocet, tertia mors est‹, und bei diesem letzten Worte
+machte der Schwertstreich seinem elenden Leben ein Ende.--Dieses ist
+meine Geschichte, Herr Bürgermeister."
+
+Mit diesen Worten endete die Dame ihre Erzählung, der Bürgermeister
+reichte ihr gerührt die Hand und sagte: "Unglückliche Frau, nehmen
+Sie die Versicherung, daß ich von Ihrem Unglücke tief gerührt bin und
+das Vertrauen Ihres armen Mannes auf meine Redlichkeit auf alle Weise
+zu Ihrer Beruhigung wahr machen will."
+
+Indem er dies sprach und, seine Tränen unterdrückend, auf ihre Hand
+niedersah, bemerkte er einen Siegelring an ihrem Finger, der einen
+lebhaften Eindruck auf ihn machte; er erkannte auf ihm ein Wappen,
+das ihn ungemein interessierte. Die Dame sagte ihm, es sei der
+Siegelring ihres Bruders.--"Und sein Familienname heißt?" fragte der
+Bürgermeister lebhaft.--"Piautaz", erwiderte die Fremde; "unser Vater
+war ein Savoyarde und hatte einen Kram in Montpellier."
+
+Da wurde der Bürgermeister sehr unruhig, er lief nach seinem Pulte,
+er holte mehrere Papiere hervor, er las, er fragte sie um das Alter
+ihres Bruders, und da sie zu ihm sagte: "Heute würde er
+sechsundvierzig Jahre alt sein, wenn er noch lebte", sagte er mit
+freudigem Ungestüme: "Recht, ganz recht! Heute ist er so alt, denn
+er lebt noch. Amelie, ich bin dein Bruder! Ich bin von der Amme
+deiner Mutter gegen das Söhnlein des Mechanikus Maggi ausgewechselt
+worden; dein Bruder hat dich nicht geliebt, es war Maggis Sohn, der
+deines Bruders Namen trug und eines so unglücklichen Todes starb.
+Wohl mir, daß ich dich fand!"
+
+Die gute Dame konnte sich in diese Rede gar nicht finden; aber der
+Bürgermeister überzeugte sie durch ein über diesen Austausch von der
+Amme auf ihrem Todesbett aufgenommenes Protokoll, und sie sank ihrem
+neugefundenen Bruder in die Arme.
+
+Sie soll nachher dem Bürgermeister drei Jahre die Haushaltung geführt
+haben und, als er gestorben, in das Kloster zu St. Klara in Kolmar
+gegangen sein und demselben ihr ganzes Vermögen vermacht haben.
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+End of the Project Gutenberg EBook of Die drei Nüsse, by Clemens Brentano
+
+*** END OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK DIE DREI NÜSSE ***
+
+***** This file should be named 4505-8.txt or 4505-8.zip *****
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+one owns a United States copyright in these works, so the Foundation
+(and you!) can copy and distribute it in the United States without
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+set forth in the General Terms of Use part of this license, apply to
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+protect the PROJECT GUTENBERG-tm concept and trademark. Project
+Gutenberg is a registered trademark, and may not be used if you
+charge for the eBooks, unless you receive specific permission. If you
+do not charge anything for copies of this eBook, complying with the
+rules is very easy. You may use this eBook for nearly any purpose
+such as creation of derivative works, reports, performances and
+research. They may be modified and printed and given away--you may do
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+PLEASE READ THIS BEFORE YOU DISTRIBUTE OR USE THIS WORK
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+Gutenberg-tm electronic work and you do not agree to be bound by the
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+entity to whom you paid the fee as set forth in paragraph 1.E.8.
+
+1.B. "Project Gutenberg" is a registered trademark. It may only be
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+agree to be bound by the terms of this agreement. There are a few
+things that you can do with most Project Gutenberg-tm electronic works
+even without complying with the full terms of this agreement. See
+paragraph 1.C below. There are a lot of things you can do with Project
+Gutenberg-tm electronic works if you follow the terms of this agreement
+and help preserve free future access to Project Gutenberg-tm electronic
+works. See paragraph 1.E below.
+
+1.C. The Project Gutenberg Literary Archive Foundation ("the Foundation"
+or PGLAF), owns a compilation copyright in the collection of Project
+Gutenberg-tm electronic works. Nearly all the individual works in the
+collection are in the public domain in the United States. If an
+individual work is in the public domain in the United States and you are
+located in the United States, we do not claim a right to prevent you from
+copying, distributing, performing, displaying or creating derivative
+works based on the work as long as all references to Project Gutenberg
+are removed. Of course, we hope that you will support the Project
+Gutenberg-tm mission of promoting free access to electronic works by
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+what you can do with this work. Copyright laws in most countries are in
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+electronic work or group of works on different terms than are set
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+both the Project Gutenberg Literary Archive Foundation and Michael
+Hart, the owner of the Project Gutenberg-tm trademark. Contact the
+Foundation as set forth in Section 3 below.
+
+1.F.
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+LIABILITY, BREACH OF WARRANTY OR BREACH OF CONTRACT EXCEPT THOSE
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+LIABLE TO YOU FOR ACTUAL, DIRECT, INDIRECT, CONSEQUENTIAL, PUNITIVE OR
+INCIDENTAL DAMAGES EVEN IF YOU GIVE NOTICE OF THE POSSIBILITY OF SUCH
+DAMAGE.
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+your written explanation. The person or entity that provided you with
+the defective work may elect to provide a replacement copy in lieu of a
+refund. If you received the work electronically, the person or entity
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+in paragraph 1.F.3, this work is provided to you 'AS-IS', WITH NO OTHER
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+If any disclaimer or limitation set forth in this agreement violates the
+law of the state applicable to this agreement, the agreement shall be
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+trademark owner, any agent or employee of the Foundation, anyone
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+or cause to occur: (a) distribution of this or any Project Gutenberg-tm
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+Project Gutenberg-tm work, and (c) any Defect you cause.
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+
+Section 2. Information about the Mission of Project Gutenberg-tm
+
+Project Gutenberg-tm is synonymous with the free distribution of
+electronic works in formats readable by the widest variety of computers
+including obsolete, old, middle-aged and new computers. It exists
+because of the efforts of hundreds of volunteers and donations from
+people in all walks of life.
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+Volunteers and financial support to provide volunteers with the
+assistance they need are critical to reaching Project Gutenberg-tm's
+goals and ensuring that the Project Gutenberg-tm collection will
+remain freely available for generations to come. In 2001, the Project
+Gutenberg Literary Archive Foundation was created to provide a secure
+and permanent future for Project Gutenberg-tm and future generations.
+To learn more about the Project Gutenberg Literary Archive Foundation
+and how your efforts and donations can help, see Sections 3 and 4
+and the Foundation information page at www.gutenberg.org
+
+
+Section 3. Information about the Project Gutenberg Literary Archive
+Foundation
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+The Project Gutenberg Literary Archive Foundation is a non profit
+501(c)(3) educational corporation organized under the laws of the
+state of Mississippi and granted tax exempt status by the Internal
+Revenue Service. The Foundation's EIN or federal tax identification
+number is 64-6221541. Contributions to the Project Gutenberg
+Literary Archive Foundation are tax deductible to the full extent
+permitted by U.S. federal laws and your state's laws.
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+The Foundation's principal office is located at 4557 Melan Dr. S.
+Fairbanks, AK, 99712., but its volunteers and employees are scattered
+throughout numerous locations. Its business office is located at 809
+North 1500 West, Salt Lake City, UT 84116, (801) 596-1887. Email
+contact links and up to date contact information can be found at the
+Foundation's web site and official page at www.gutenberg.org/contact
+
+For additional contact information:
+ Dr. Gregory B. Newby
+ Chief Executive and Director
+ gbnewby@pglaf.org
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+Section 4. Information about Donations to the Project Gutenberg
+Literary Archive Foundation
+
+Project Gutenberg-tm depends upon and cannot survive without wide
+spread public support and donations to carry out its mission of
+increasing the number of public domain and licensed works that can be
+freely distributed in machine readable form accessible by the widest
+array of equipment including outdated equipment. Many small donations
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+status with the IRS.
+
+The Foundation is committed to complying with the laws regulating
+charities and charitable donations in all 50 states of the United
+States. Compliance requirements are not uniform and it takes a
+considerable effort, much paperwork and many fees to meet and keep up
+with these requirements. We do not solicit donations in locations
+where we have not received written confirmation of compliance. To
+SEND DONATIONS or determine the status of compliance for any
+particular state visit www.gutenberg.org/donate
+
+While we cannot and do not solicit contributions from states where we
+have not met the solicitation requirements, we know of no prohibition
+against accepting unsolicited donations from donors in such states who
+approach us with offers to donate.
+
+International donations are gratefully accepted, but we cannot make
+any statements concerning tax treatment of donations received from
+outside the United States. U.S. laws alone swamp our small staff.
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+Please check the Project Gutenberg Web pages for current donation
+methods and addresses. Donations are accepted in a number of other
+ways including checks, online payments and credit card donations.
+To donate, please visit: www.gutenberg.org/donate
+
+
+Section 5. General Information About Project Gutenberg-tm electronic
+works.
+
+Professor Michael S. Hart was the originator of the Project Gutenberg-tm
+concept of a library of electronic works that could be freely shared
+with anyone. For forty years, he produced and distributed Project
+Gutenberg-tm eBooks with only a loose network of volunteer support.
+
+Project Gutenberg-tm eBooks are often created from several printed
+editions, all of which are confirmed as Public Domain in the U.S.
+unless a copyright notice is included. Thus, we do not necessarily
+keep eBooks in compliance with any particular paper edition.
+
+Most people start at our Web site which has the main PG search facility:
+
+ www.gutenberg.org
+
+This Web site includes information about Project Gutenberg-tm,
+including how to make donations to the Project Gutenberg Literary
+Archive Foundation, how to help produce our new eBooks, and how to
+subscribe to our email newsletter to hear about new eBooks.
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+Title: Die drei Nüsse
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+Author: Clemens Brentano
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+Posting Date: May 20, 2013 [EBook #4505]
+Release Date: October, 2003
+First Posted: January 26, 2002
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+*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK DIE DREI NÜSSE ***
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+Produced by Michael Pullen. HTML version by Al Haines.
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+
+<h1>
+<br /><br />
+Die drei Nüsse
+</h1>
+
+<p class="t2">
+Clemens Brentano
+</p>
+
+<p><br /><br /></p>
+
+<p>
+Daniel Wilhelm Möller, Professor und Bibliothekar zu Altorf, lebte im
+Jahr 1665 in Kolmar als Hofmeister der drei Söhne des Bürgermeisters
+Maggi. Im Oktober dieses Jahres hatte der Bürgermeister einen
+reisenden Alchimisten zum Gaste, und als bei dem Nachtische der
+Abendmahlzeit unter anderm Obste auch welsche Nüsse auf die Tafel
+gesetzt wurden, sprach die Gesellschaft mancherlei von den
+Eigenschaften dieser Frucht. Da aber die drei Zöglinge Möllers etwas
+unmäßig zu den Nüssen griffen und sie lustig nacheinander aufknackten,
+verwies Möller es ihnen freundlich und gab ihnen folgenden Vers aus
+der Schola Salernitana zu verdeutschen auf: "Unica nux prodest, nocet
+altera, tertia mors est."--Da übersetzten sie: "Eine Nuß nützt, die
+zweite schadet, der Tod ist die dritte." Möller aber sagte zu ihnen,
+diese Übersetzung könne unmöglich die rechte sein, da sie die dritte
+Nuß längst genossen und doch noch frisch und gesund seien; sie
+möchten sich eines Bessern besinnen. Kaum waren diese Worte
+gesprochen, als der Alchimist mit Bestürzung plötzlich vom Tische
+aufsprang und sich in der ihm angewiesenen Stube verschloß, worüber
+alle Anwesende in nicht geringer Verwunderung waren. Der jüngste
+Sohn des Bürgermeisters folgte dem Fremden, um ihn auf Befehl seines
+Vaters zu fragen, ob ihm etwas zugestoßen sei; da er aber die Türe
+verschlossen fand, sah er durch das Schlüsselloch den Fremden auf den
+Knien liegen und unter Tränen und Händeringen mehrere Male ausrufen:
+"Ah, mon Dieu, mon Dieu!"
+</p>
+
+<p>
+Kaum hatte der Knabe seinem Vater dies hinterbracht, als der Fremde
+sich von dem Diener zu einer einsamen Unterredung melden ließ. Alle
+entfernten sich. Da trat der Alchimist herein, fiel auf die Knie,
+umfaßte die Füße des Bürgermeisters und flehte ihn unter heftigen
+Tränen an: er möge ihn nicht vor Gericht bringen, er möge ihn vor
+einem schmählichen Tode erretten.
+</p>
+
+<p>
+Der Bürgermeister, heftig über seine Rede erschrocken, fürchtete, der
+Mensch möge den Verstand verloren haben, hob ihn von der Erde auf und
+bat ihn freundlich: er möge ihm sagen, wie er auf so schreckliche
+Reden komme. Da erwiderte der Fremde: "Herr, verstellen Sie sich
+nicht, Sie und der Magister Möller kennen mein Verbrechen; der Vers
+von den drei Nüssen beweist es: tertia mors est, die dritte ist der
+Tod; ja, ja, eine bleierne Kugel war es, ein Druck des Fingers, und
+er schlug nieder. Sie haben sich verabredet, mich zu peinigen, Sie
+werden mich ausliefern, ich werde durch Sie unter das Schwert kommen."
+</p>
+
+<p>
+Der Bürgermeister glaubte nun die Verrücktheit des Alchimisten gewiß
+und suchte ihn durch freundliches Zureden zu beruhigen. Er aber ließ
+sich nicht beruhigen und sprach: "Wenn Sie es auch nicht wissen, so
+weiß es doch Ihr Hofmeister gewiß, denn er sah mich durchdringend an,
+als er sagte: ›tertia mors est‹." Nun konnte der Bürgermeister
+nichts anders tun, als ihn bitten, ruhig zu Bette zu gehen, und ihm
+sein Ehrenwort zu geben, daß weder er noch Möller ihn verraten würden,
+wenn irgend etwas Wahres an seinem Unglücke sein sollte. Der
+Unglückliche aber wollte ihn nicht eher verlassen, bis Möller gerufen
+war und ihm auch heilig beteuerte, daß er ihn nicht verraten wolle;
+denn daß auch er nicht das mindeste von seinem Unglücke wisse, wollte
+er sich auf keine Weise überreden lassen.
+</p>
+
+<p>
+Am folgenden Morgen entschloß sich der Unglückliche, von Kolmar nach
+Basel zu gehen, und bat den Magister Möller um eine Empfehlung an
+einen Professor der Medizin. Möller schrieb ihm einen Brief an den
+Doktor Bauhinus und reichte ihm denselben offen, damit er keine Art
+von Verdacht schöpfen könne. Er verließ das Haus mit Tränen und
+nochmaligem Flehen, ihn nicht zu verraten.
+</p>
+
+<p>
+Im folgenden Jahre um dieselbe Zeit, etwa drei Wochen später, als der
+Bürgermeister mit den Seinigen wieder Nüsse aß und sie sich dabei
+alle lebhaft an den unglücklichen Alchimisten erinnerten, ließ sich
+eine Frau bei ihm melden. Er hieß sie hereintreten; sie war eine
+Reisende in anständiger Tracht, sie trauerte und schien vom Kummer
+ganz zerstört, doch hatte sie noch Spuren von großer Schönheit. Der
+Bürgermeister bot ihr einen Stuhl an, stellte ihr ein Glas Wein und
+einige Nüsse vor; aber sie geriet bei dem Anblick dieser Frucht in
+eine heftige Erschütterung, die Tränen liefen ihr die Wangen herab:
+"Keine Nüsse, keine Nüsse!" sagte sie und schob den Teller zurück.
+</p>
+
+<p>
+Diese ihre Weigerung, mit der Erinnerung an den Alchimisten, brachte
+unter den Tischgenossen eine eigene Spannung hervor. Der
+Bürgermeister befahl dem Diener, die Nüsse sogleich wegzubringen, und
+bat die Frau, nach einer Entschuldigung, daß er ihren Abscheu vor den
+Nüssen nicht gekannt, um die Angabe des Geschäftes, das sie zu ihm
+geführt.
+</p>
+
+<p>
+"Ich bin die Witwe eines Apothekers aus Lyon", sagte sie, "und
+wünsche mich hier in Kolmar niederzulassen. Die traurigsten
+Schicksale nötigen mich, meine Vaterstadt zu verlassen."--Der
+Bürgermeister fragte sie um ihre Pässe, auf daß er versichert sein
+könne, daß sie ihr Vaterland frei von allen gerichtlichen Ansprüchen
+auf sie verlassen habe. Sie übergab ihre Papiere, die in der besten
+Ordnung waren und ihr den Namen der Witwe des Apothekers Pierre du
+Pont oder Petrus Pontanus gaben. Auch zeigte sie dem Bürgermeister
+mancherlei Atteste der medizinischen Fakultät von Montpellier, daß
+sie im Besitz der Fabrikationsrezepte vieler trefflicher Arzeneien
+sei.
+</p>
+
+<p>
+Der Bürgermeister versprach ihr alle mögliche Unterstützung bei ihrer
+Niederlassung und bat sie, ihm in sein Arbeitszimmer zu folgen, wo er
+ihr Empfehlungen an einige Ärzte und Apotheker der Stadt schreiben
+wollte. Als er nun die Frau die Treppe hinauf führte und oben über
+den Flur weg, kam dieselbe bei dem Anblick eines kindischen Gemäldes
+in eine solche Bestürzung, daß der Bürgermeister fürchtete, sie
+möchte an seinem Arme ohnmächtig werden; er brachte sie schnell auf
+seine Stube, und sie ließ sich unter bittern Tränen auf einen Stuhl
+nieder.
+</p>
+
+<p>
+Der Bürgermeister wußte die Veranlassung ihrer Gemütsbewegung nicht
+und fragte sie, was ihr fehle. Sie sagte ihm: "Mein Herr, woher
+kennen Sie mein Elend, wer hat das Bild an die Stubentüre geheftet,
+an welcher wir vorübergingen?" Da erinnerte sich der Bürgermeister
+an das Bild und sagte ihr, daß es die Spielerei seines jüngsten
+Sohnes sei, welcher eine Neigung habe, alle Ereignisse, die ihn näher
+interessierten, in solchen Malereien auf seine Art zu verewigen. Das
+Bild aber bestand darin, daß der Knabe, welcher das Jahr vorher den
+Alchimisten kniend und die Hände ringend in dieser Stube: "Ah, mon
+Dieu, mon Dieu!" hatte ausrufen hören, diesen in derselben Stellung
+und über ihn drei Nüsse mit dem Spruche: "Unica nux prodest, nocet
+altera, tertia mors est!" auf eine Pappe gemalt und an die Stubentüre,
+wo der Alchimist gewohnt, befestigt hatte.
+</p>
+
+<p>
+"Wie kann Ihr Sohn das schreckliche Unglück meines Mannes wissen?"
+sagte die Frau; "wie kann er wissen, was ich ewig verbergen möchte,
+und weswegen ich mein Vaterland verlassen habe?"
+</p>
+
+<p>
+"Ihres Mannes?" erwiderte der verwunderte Bürgermeister; "ist der
+Chemiker Todénus Ihr Mann? Ich glaubte nach Ihrem Passe, daß Sie die
+Witwe des Apothekers Pierre du Pont aus Lyon seien."
+</p>
+
+<p>
+"Die bin ich", entgegnete die Fremde, "und der Abgebildete ist mein
+Mann, du Pont; mir zeigt es die Stellung, in welcher ich ihn zuletzt
+gesehen, mir zeigt es der fatale Spruch und die Nüsse über ihm."
+</p>
+
+<p>
+Nun erzählte ihr der Bürgermeister den ganzen Vorfall mit dem
+Alchimisten in seinem Hause und fragte sie, wie er sich befinde, wenn
+er wirklich ihr Mann sei, der vielleicht unter fremdem Namen bei ihm
+gewesen wäre.
+</p>
+
+<p>
+"Mein Herr", erwiderte die Frau, "ich sehe wohl, das Schicksal selbst
+will, daß meine Schmach nicht soll verborgen bleiben; ich erwarte von
+Ihrer Rechtschaffenheit, daß Sie mein Unglück nicht zu meinem
+Nachteil bekanntmachen werden. Hören Sie mich an. Mein Mann, der
+Apotheker Pierre du Pont, war wohlhabend; er würde reich gewesen sein,
+wenn er nicht durch seine Neigung zur Alchimie vieles Geld
+verschwendet hätte. Ich war jung und hatte das große Unglück, sehr
+schön zu sein. Ach, mein Herr, es gibt schier kein größeres Unglück
+als dieses, weil keine Ruhe, kein Friede möglich ist, weil alles nach
+einem verlangt und verzweifelt und man in solche Bedrängnisse und
+Belagerungen kömmt, daß man sich manchmal gar, nur um des ekelhaften
+Götzendienstes los zu werden, dem Verderben hingeben könnte. Eitel
+war ich nicht, nur unglücklich; denn ich mochte mich auch absichtlich
+schlecht und entstellend kleiden, so wurde doch immer eine neue Mode
+daraus, und man fand es allerliebst. Wo ich ging und stand, war ich
+von Verehrern umgeben, ich konnte vor Serenaden nicht schlafen, mußte
+einen Diener halten, die Geschenke und Liebesbriefe abzuweisen, und
+alle Augenblick mein Gesinde abschaffen, weil es bestochen war, mich
+zu verführen. Zwei Diener in der Apotheke meines Mannes vergifteten
+einander, weil ein jeder von ihnen entdeckt hatte, daß der andere ein
+Edelmann sei, der aus Leidenschaft zu mir unter fremdem Namen in
+unsre Dienste gegangen war. Alle Leute, die in unsrer Offizin Arznei
+holten, waren dadurch schon im Verdacht, liebeskrank zu sein. Ich
+hatte von allem diesem nichts als Unruhe und Elend, und nur die
+Freude meines Mannes an meiner Gestalt hielt mich ab, mich an meiner
+Larve zu vergreifen und mich auf irgendeine Weise zu entstellen. Oft
+fragte ich ihn, ob er denn an meinem Herzen und guten Willen nicht
+genug habe; er möchte mir doch erlauben, mein Gesicht, das so vieles
+Unheil stifte, durch irgendein beizendes Mittel zu verderben. Aber
+er erwiderte mir immer: ›Schöne Amelie! Ich würde verzweifeln, wenn
+ich dich nicht mehr ansehen könnte; ich würde der unglücklichste
+Mensch sein, wenn ich den ganzen Tag in meinem rußigen Laboratorium
+vergebens geschwitzt habe und meine Augen abends nicht mehr an deinem
+Anblick erquicken könnte. Du bist der einzige klare Punkt in meiner
+finstern Bestimmung, und wenn ich alle meine Hoffnung habe nach
+schwerem Tagewerk zum Rauchfang hinausfliegen sehen, tritt mir alle
+meine Hoffnung am Abend in deiner Schönheit wieder entgegen.‹ Er
+liebte mich zärtlich, aber Gott segnete unsre Liebe nicht, wir hatten
+keine Kinder. Als ich ihm meine Trauer hierüber einst sehr lebhaft
+mitteilte, ward er finster und sprach: ›So Gott will und mir nicht
+alles mißlingt, wird uns auch diese Freude werden.‹ An einem Abend
+kam er spät nach Hause, er war ungewöhnlich froh und gestand mir, daß
+er heute mit einem sehr tief eingeweihten Adepten sich unterhalten
+habe, der einen lebhaften Anteil an ihm und mir zu nehmen scheinen
+und unsre Wünsche würden bald erfüllt werden. Ich verstand ihn nicht.
+</p>
+
+<p>
+Nach Mitternacht erwachte ich durch ein Geräusch; ich sah meine ganze
+Stube voll fliegender, leuchtender Johanniskäfer; ich konnte nicht
+begreifen, wie die Menge dieser Insekten in meine Stube gekommen sei;
+ich erweckte meinen Mann und fragte ihn, was das nur zu bedeuten habe.
+Zugleich sah ich auf meinem Nachttische ein prächtiges
+venetianisches Glas voll der schönsten Blumen stehen und daneben neue
+seidene Strümpfe, Pariser Schuhe, wohlriechende Handschuhe, Bänder
+und dergleichen liegen. Mir fiel ein, daß morgen mein Geburtstag sei,
+und glaubte, mein Mann habe mir diese Galanterie gemacht, wofür ich
+ihm herzlich dankte. Er aber versicherte mir mit den heiligsten
+Schwüren, daß diese Geschenke nicht von ihm herrührten, und die
+heftigste Eifersucht faßte zum erstenmal in ihm Wurzel. Er drang
+bald auf die rührendste und dann wieder heftigste Weise in mich, ihm
+zu erklären, wer diese Dinge hierher gebracht; ich weinte und konnte
+es ihm nicht sagen. Aber er glaubte mir nicht, befahl mir
+aufzustehen, und ich mußte mit ihm das ganze Haus durchsuchen, aber
+wir fanden niemand. Er begehrte die Schlüssel meines Schreibepultes,
+er durchsuchte alle meine Papiere und Briefschaften, er entdeckte
+nichts. Der Tag brach an, ich verzweifelte in Tränen. Mein Mann
+verließ mich sehr unmutig und begab sich nach seinem Laboratorium.
+Ermüdet legte ich mich wieder zu Bett und dachte unter bittern Tränen
+über den nächtlichen Vorfall nach; ich konnte mir auch gar nicht
+einbilden, wer den Handel könne angestellt haben, und verwünschte,
+indem ich mich selbst in einem Spiegel sah, der meinem Bette
+gegenüberstand, meine unglückliche Schönheit; ja, ich streckte gegen
+mich selbst, vor innerem Ekel, die Zunge heraus; aber leider blieb
+ich schön, ich mochte Gesichter schneiden, wie ich wollte. Da sah
+ich in dem Spiegel, aus einem der neuen Schuhe, die auf dem
+Nachttische standen, ein Papier hervorsehen. Ich griff hastig
+darnach und las unter heftiger Bestürzung folgendes Billett:
+</p>
+
+<p><br /><br /></p>
+
+<p>
+Geliebte Amelie! Mein Unglück ist größer als je; Dich mußte ich
+meiden bis jetzt, und nun muß ich auch das Land fliehen, in dem Du
+lebst; ich habe in meiner Garnison einen Offizier im Duelle erstochen,
+der sich Deiner Begünstigung rühmte; man verfolgt mich, ich bin hier
+in verstellter Kleidung. Morgen ist Dein Geburtstag; ich muß Dich
+sehen, zum letzten Male sehen. Heute abend vor dem Tore findest Du
+mich in dem kleinen Wäldchen, unter den Nußbäumen, etwa hundert
+Schritte vom Wege, bei der kleinen Kapelle rechts. Wenn Du mir
+einiges Geld zu meiner Hülfe mitbringen kannst, so wird Dir es Gott
+vergelten. Ich Tor habe es nicht unterlassen können, die letzten
+wenigen Louisdore meines Vermögens an das kleine Geburtstagsgeschenk
+zu verwenden, das Du vor Dir siehst. Wie Du es erhalten, und was ich
+dabei gelitten, sollst Du selbst von mir hören. Schweigen mußt Du,
+kommen mußt Du, oder meine Leiche wird morgen in Deine Wohnung
+gebracht.
+</p>
+
+<p>
+Dein unglücklicher Ludewig.
+</p>
+
+<p><br /><br /></p>
+
+<p>
+Ich las diese Zeilen mit der heftigsten Trauer; ich mußte ihn sehen,
+ich mußte ihn trösten, ich mußte ihm alles bringen, was ich hatte,
+denn ich liebte ihn unaussprechlich und sollte ihn auf ewig verlieren."
+</p>
+
+<p>
+Hier schüttelte der Bürgermeister lächelnd den Kopf und sprach: "So
+haben Sie also doch, meine Dame, für einen fremden Mann Zärtlichkeit
+empfunden?"
+</p>
+
+<p>
+Die Fremde erwiderte mit einem ruhigen Selbstgefühl: "Ja, mein Herr;
+aber verdammen Sie mich nicht zu früh, und hören Sie meine Erzählung
+ruhig aus. Ich raffte den ganzen Tag alles, was ich an Geld und
+Geschmeide hatte, zusammen und packte es in einen Bündel, den ich mir
+gegen Abend von unserer Magd nach einem Badehaus in der Gegend jenes
+Tores, vor welchem Ludewig mich erwarten sollte, tragen ließ. Dieser
+Weg hatte nichts Auffallendes, ich war ihn oft gegangen. Als wir
+dort angekommen waren, sendete ich meine Magd mit dem Auftrage zurück,
+mir um neun Uhr einen Wagen an das Badehaus zu senden, der mich nach
+Hause bringen solle. Sie verließ mich, ich aber ging nicht in das
+Badehaus, sondern begab mich mit meinem Bündelchen unter dem Arm vor
+das Tor nach dem Walde, wo ich erwartet wurde. Ich eilte nach dem
+bestimmten Orte, ich trat in die Kapelle, er flog in meine Arme, wir
+bedeckten uns mit Küssen, wir zerflossen in Tränen; auf den Stufen
+des Altares der kleinen Kapelle, die von Nußbäumen beschattet waren,
+saßen wir mit verschlungenen Armen und erzählten uns unter den
+zärtlichsten Liebkosungen unsre bisherigen Schicksale. Er
+verzweifelte schier, daß er mich nun nie, nie wiedersehen sollte.
+Der Abschied nahte; es war halb neun Uhr geworden, der bestellte
+Wagen erwartete mich. Ich gab ihm das Geld und die Juwelen, und er
+sagte zu mir: ›Amelie, hätte ich mich nur heute nacht vor deinem
+Bette erschossen, aber der Anblick deiner Schönheit im Schlafe
+entwaffnete mich. An dem Rebengeländer deines offenen Fensters bin
+ich in deine Stube geklettert und habe die Johanniskäfer fliegen
+lassen, an denen ich auf meiner ganzen Reise gesammelt, weil ich mich
+erinnerte, daß du sie liebtest; dann legte ich dir die neuen Schuhe
+und Strümpfe hin und nahm mir die mit, welche du am Abend abgelegt
+hattest; dein trocknet, ehrlicher Mann schien mir über seinen tollen
+Gedanken zu träumen, ich habe ihn gestern schon gesprochen, er
+begegnete mir hier im Walde botanisierend; es war schon düster, und
+da ich selbst Waldblumen dir zum Strauße suchte, hielt er mich für
+seinesgleichen, und wir gerieten in ein langes alchimisches Gespräch.
+Ich teilte ihm die Anweisung eines Mönches mit, der mich auf meiner
+letzten Reise in der Provence, als ich in einem Kloster übernachtete,
+lange von dem Geheimnis unterhielt, einen lebendigen Menschen auf
+chemischem Wege in einem Glase heraus zu destillieren. Dein guter
+Mann nahm alles für bare Münze, umarmte mich herzlich und bat mich,
+ihn bald zu besuchen, worauf er mich verließ; ach, er wußte nicht,
+daß ich ihn in derselben Nacht wirklich auf halsbrechendem Wege
+besuchen sollte. Wie muß ich dich bedauern, daß du kinderlos und
+eines solchen Toren Gattin bist!‹
+</p>
+
+<p>
+Ich war noch unwillig auf meinen Mann wegen seiner nächtlichen
+Eifersucht und sagte:›Ja, ich habe ihn als einen Toren kennengelernt.
+‹ Aber da die Zeit der Trennung fast verflossen war und ich meine
+Arme um ihn schlang und ausrief: ›Lebe wohl, lieber, lieber Ludewig!
+Sieh, wie diese heilige Stunde des Wiedersehens verflossen ist, so
+geht auch bald das ganze elende Leben dahin, habe ein wenig Geduld,
+alles ist bald zu Ende‹, da brach er drei Nüsse von einem Baume bei
+der Kapelle und sprach. ›Diese Nüsse wollen wir zu ewigem Angedenken
+noch zusammen essen, und sooft wir Nüsse sehen, wollen wir aneinander
+gedenken.‹ Er biß die erste Nuß auf, teilte sie mit mir und küßte
+mich zärtlich; ›ach‹, sagte er, ›da fällt mir ein alter Reim von den
+Nüssen ein, er fängt an: Unica nux prodest, eine einzige Nuß ist
+nützlich; aber es ist nicht wahr, denn wir müssen bald scheiden. Die
+folgenden Worte sind wahrer: Nocet altera, die zweite schadet; jawohl,
+jawohl, denn wir müssen bald scheiden!‹ Da umarmte er mich unter
+heftigen Tränen und teilte die dritte Nuß mit mir und sagte: ›Bei
+dieser sagt der Spruch wahr; o Amelie, vergiß mich nicht, bete für
+mich! Tertia mors est, die dritte Nuß ist der Tod!‹--Da fiel ein
+Schuß, Ludewig stürzte zu meinen Füßen; ›tertia mors est!‹ schrie
+eine Stimme durch das Fenster der Kapelle; ich schrie: ›O Jesus, mein
+Bruder, mein armer Bruder Ludewig erschossen!‹"
+</p>
+
+<p>
+"Allmächtiger Gott! Ihr Bruder war es?" rief der Bürgermeister aus.
+</p>
+
+<p>
+"Ja, es war mein Bruder", erwiderte sie ernst; "und nun erwägen Sie
+mein Leid, da mein Mann, als der Mörder, mit einer Pistole vor mich
+trat; er hatte noch einen Schuß in dem Gewehr, er wollte sich selbst
+töten; ich aber entriß ihm die Waffe und warf sie in das Gebüsch.
+›Flieh, flieh!‹ rief ich aus, ›die Gerechtigkeit verfolgt dich, du
+bist ein Mörder geworden!‹ Er war in Schmerzen versteinert, er wollte
+nicht von der Stelle; wir hörten Leute, die sich auf den Schuß von
+der Landstraße nahten, ich gab ihm das Geld und die Geschmeide, die
+ich meinem Bruder bestimmt hatte, und stieß ihn aus der Kapelle
+hinaus.
+</p>
+
+<p>
+Nun ließ ich meinem Wehgeschrei vollen Lauf, und die Ankommenden,
+unter welchen Männer waren, die mich kannten, brachten mich, wie eine
+halb Wahnsinnige, nach Hause. Der Leichnam meines Bruders ward auf
+das Rathaus gebracht; es begann eine gräßliche Untersuchung.
+Glücklicherweise fiel ich in ein hitziges Fieber und war lange genug
+ohne den Gebrauch meiner Sinne, um meinen Gemahl nicht eher verraten
+zu können, als bis er bereits in völliger Sicherheit über der Grenze
+war. Kein Mensch zweifelte, daß er der Mörder sei, weil er an
+demselben Abend verschwunden war. Die Verleumdung fiel nun mit ihren
+greulichsten Zungen über mich her.--Alles, was andre Frauen von mir
+sagten, die mich meines Elends, meiner Schönheit wegen beneideten,
+alle Schandreden der Männer, welche nichts an mir ärgern konnte als
+meine Tugend, will ich hier nicht wiederholen; genug, wenn ich sage,
+daß man mir den Beweis, der Ermordete sei mein Bruder, durch den
+schändlichsten Verdacht zu erschweren suchte. Alles wollte mich in
+den Staub treten, um über meine gehässige Tugend zu triumphieren.
+Dabei genoß ich der ekelhaftesten Teilnahme aller jungen Advokaten
+und war im Begriffe, vor Bedrängnis und Jammer wirklich den Verstand
+zu verlieren. Auf ein Testament meines Mannes, zugunsten meiner,
+ließ ich die Apotheke unter Administration setzen und zog mich auf
+mehrere Jahre in ein Kloster zurück. So verstummte endlich das
+Gespräch, und ich beschäftigte mich während dieser Zeit mit der
+Zubereitung der Arzneien für die Armen, welche die Klosterfrauen
+verpflegten."
+</p>
+
+<p>
+"Ihr Unglück rührt mich ungemein", entgegnete der Bürgermeister,
+"aber die Art, wie Sie von dem Betragen ihres Bruders sprachen,
+machte auch mir eher den Eindruck eines Geliebten als eines Bruders."
+</p>
+
+<p>
+"O mein Herr", erwiderte die Fremde, "dies eben war eine Hauptursache
+meines Leides; er liebte mich mit größerer Leidenschaft, als er
+sollte, und mit der kräftigsten Seele arbeitete er dieser bösen
+Gewalt meiner Schönheit entgegen. Er sah mich manchmal in mehreren
+Jahren nicht, ja, er durfte mir selbst nicht mehr schreiben; nur die
+Not hatte ihn bei dem letzten Vorfalle zu mir getrieben, und so
+konnte ich ihm meinen Anblick doch nicht versagen. Mein Mann kannte
+ihn nicht, und ich hatte ihn allein geheiratet, um die Leidenschaft
+meines Bruders entschieden zu brechen. Ach, er hat sie selbst
+gebrochen mit seinem Leben! Mein Mann, von seiner Eifersucht
+beunruhigt, hatte sein Laboratorium früh verlassen; die Magd sagte
+ihm, daß ich nach dem Badehause sei; es fuhr ihm der Gedanke an
+Verrat durch die Seele, er steckte eine doppelte Pistole zu sich und
+suchte mich in dem Badehause auf. Er fand mich nicht, aber hörte die
+Aussage der Bademeisterin, sie habe mich zum nahgelegenen Tore
+hinausgehen sehen. Da erinnerte er sich des Fremden, der gestern mit
+ihm in dem Wäldchen geredet und ihn auch nach seiner Frau gefragt
+hatte; er erinnerte sich, daß derselbe Johanniswürmer gefangen, sein
+Verdacht erhielt Gewißheit; er eilte nach dem Wäldchen, nahte der
+Kapelle, hörte das Ende unsrer Unterredung: tertia mors est--er
+beging die schreckliche Tat."
+</p>
+
+<p>
+"O, der unglückliche, arme Mann!" rief der Bürgermeister aus; "aber
+wo ist er, was macht er, was führt Sie hieher, konnten Sie ihm
+verzeihen, werden wir ihn hier wiedersehen?"
+</p>
+
+<p>
+"Wir werden ihn nicht wiedersehen, ich habe ihm verziehen, Gott hat
+ihm verziehen!" versetzte die Fremde; "aber Blut will Blut, er konnte
+sich nicht selbst verzeihen! Acht Jahre lebte er in Kopenhagen an
+dem Hofe des Königs von Dänemark, Christian des Vierten, als
+Hoflaborant; denn dieser Fürst war den geheimen Künsten sehr zugetan.
+Nach dem Tode desselben zog er an manchen norddeutschen Höfen herum.
+Er war immer unstet und von seinem Gewissen gepeinigt, und wenn er
+Nüsse sah und von Nüssen hörte, fiel er oft plötzlich in die
+heftigste Trauer. So kam er endlich zu Ihnen, und als er hier den
+unglücklichen Vers hörte, floh er nach Basel. Dort lebte er, bis die
+Nüsse wieder reiften; da ward seine Unruhe unaufhaltsam; seine Zeit
+war abgelaufen; er reiste ab nach Lyon und lieferte sich selbst den
+Gerichten aus. Er hatte vor drei Wochen ein rührendes Gespräch mit
+mir, er war gut wie ein Kind, er bat mich um Vergebung--ach, ich
+hatte ihm längst vergeben. Er sagte mir, ich solle nach seiner
+schimpflichen Todesstrafe Frankreich verlassen und nach Kolmar reisen,
+dort sei der Bürgermeister ein sehr redlicher Mann. Zwei Tage
+hierauf ward er unter unzähligem Volkszulauf, bei der Kapelle, wo der
+Mord geschehen, enthauptet. Er kniete nieder in dem Kreise, brach
+drei Nüsse desselbigen Baums, welcher meinem Bruder die Todesnuß
+getragen hatte, teilte sie alle drei mit mir und umarmte mich
+nochmals zärtlich; dann brachte man mich in die Kapelle, wo ich
+betend an den Altar niedersank. Er aber sprach draußen: ›Unica nux
+prodest, altera nocet, tertia mors est‹, und bei diesem letzten Worte
+machte der Schwertstreich seinem elenden Leben ein Ende.--Dieses ist
+meine Geschichte, Herr Bürgermeister."
+</p>
+
+<p>
+Mit diesen Worten endete die Dame ihre Erzählung, der Bürgermeister
+reichte ihr gerührt die Hand und sagte: "Unglückliche Frau, nehmen
+Sie die Versicherung, daß ich von Ihrem Unglücke tief gerührt bin und
+das Vertrauen Ihres armen Mannes auf meine Redlichkeit auf alle Weise
+zu Ihrer Beruhigung wahr machen will."
+</p>
+
+<p>
+Indem er dies sprach und, seine Tränen unterdrückend, auf ihre Hand
+niedersah, bemerkte er einen Siegelring an ihrem Finger, der einen
+lebhaften Eindruck auf ihn machte; er erkannte auf ihm ein Wappen,
+das ihn ungemein interessierte. Die Dame sagte ihm, es sei der
+Siegelring ihres Bruders.--"Und sein Familienname heißt?" fragte der
+Bürgermeister lebhaft.--"Piautaz", erwiderte die Fremde; "unser Vater
+war ein Savoyarde und hatte einen Kram in Montpellier."
+</p>
+
+<p>
+Da wurde der Bürgermeister sehr unruhig, er lief nach seinem Pulte,
+er holte mehrere Papiere hervor, er las, er fragte sie um das Alter
+ihres Bruders, und da sie zu ihm sagte: "Heute würde er
+sechsundvierzig Jahre alt sein, wenn er noch lebte", sagte er mit
+freudigem Ungestüme: "Recht, ganz recht! Heute ist er so alt, denn
+er lebt noch. Amelie, ich bin dein Bruder! Ich bin von der Amme
+deiner Mutter gegen das Söhnlein des Mechanikus Maggi ausgewechselt
+worden; dein Bruder hat dich nicht geliebt, es war Maggis Sohn, der
+deines Bruders Namen trug und eines so unglücklichen Todes starb.
+Wohl mir, daß ich dich fand!"
+</p>
+
+<p>
+Die gute Dame konnte sich in diese Rede gar nicht finden; aber der
+Bürgermeister überzeugte sie durch ein über diesen Austausch von der
+Amme auf ihrem Todesbett aufgenommenes Protokoll, und sie sank ihrem
+neugefundenen Bruder in die Arme.
+</p>
+
+<p>
+Sie soll nachher dem Bürgermeister drei Jahre die Haushaltung geführt
+haben und, als er gestorben, in das Kloster zu St. Klara in Kolmar
+gegangen sein und demselben ihr ganzes Vermögen vermacht haben.
+</p>
+
+<p><br /><br /><br /><br /></p>
+
+
+
+
+
+
+
+
+<pre>
+
+
+
+
+
+End of the Project Gutenberg EBook of Die drei Nüsse, by Clemens Brentano
+
+*** END OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK DIE DREI NÜSSE ***
+
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+terms imposed by the copyright holder. Additional terms will be linked
+to the Project Gutenberg-tm License for all works posted with the
+permission of the copyright holder found at the beginning of this work.
+
+1.E.4. Do not unlink or detach or remove the full Project Gutenberg-tm
+License terms from this work, or any files containing a part of this
+work or any other work associated with Project Gutenberg-tm.
+
+1.E.5. Do not copy, display, perform, distribute or redistribute this
+electronic work, or any part of this electronic work, without
+prominently displaying the sentence set forth in paragraph 1.E.1 with
+active links or immediate access to the full terms of the Project
+Gutenberg-tm License.
+
+1.E.6. You may convert to and distribute this work in any binary,
+compressed, marked up, nonproprietary or proprietary form, including any
+word processing or hypertext form. However, if you provide access to or
+distribute copies of a Project Gutenberg-tm work in a format other than
+"Plain Vanilla ASCII" or other format used in the official version
+posted on the official Project Gutenberg-tm web site (www.gutenberg.org),
+you must, at no additional cost, fee or expense to the user, provide a
+copy, a means of exporting a copy, or a means of obtaining a copy upon
+request, of the work in its original "Plain Vanilla ASCII" or other
+form. Any alternate format must include the full Project Gutenberg-tm
+License as specified in paragraph 1.E.1.
+
+1.E.7. Do not charge a fee for access to, viewing, displaying,
+performing, copying or distributing any Project Gutenberg-tm works
+unless you comply with paragraph 1.E.8 or 1.E.9.
+
+1.E.8. You may charge a reasonable fee for copies of or providing
+access to or distributing Project Gutenberg-tm electronic works provided
+that
+
+- You pay a royalty fee of 20% of the gross profits you derive from
+ the use of Project Gutenberg-tm works calculated using the method
+ you already use to calculate your applicable taxes. The fee is
+ owed to the owner of the Project Gutenberg-tm trademark, but he
+ has agreed to donate royalties under this paragraph to the
+ Project Gutenberg Literary Archive Foundation. Royalty payments
+ must be paid within 60 days following each date on which you
+ prepare (or are legally required to prepare) your periodic tax
+ returns. Royalty payments should be clearly marked as such and
+ sent to the Project Gutenberg Literary Archive Foundation at the
+ address specified in Section 4, "Information about donations to
+ the Project Gutenberg Literary Archive Foundation."
+
+- You provide a full refund of any money paid by a user who notifies
+ you in writing (or by e-mail) within 30 days of receipt that s/he
+ does not agree to the terms of the full Project Gutenberg-tm
+ License. You must require such a user to return or
+ destroy all copies of the works possessed in a physical medium
+ and discontinue all use of and all access to other copies of
+ Project Gutenberg-tm works.
+
+- You provide, in accordance with paragraph 1.F.3, a full refund of any
+ money paid for a work or a replacement copy, if a defect in the
+ electronic work is discovered and reported to you within 90 days
+ of receipt of the work.
+
+- You comply with all other terms of this agreement for free
+ distribution of Project Gutenberg-tm works.
+
+1.E.9. If you wish to charge a fee or distribute a Project Gutenberg-tm
+electronic work or group of works on different terms than are set
+forth in this agreement, you must obtain permission in writing from
+both the Project Gutenberg Literary Archive Foundation and Michael
+Hart, the owner of the Project Gutenberg-tm trademark. Contact the
+Foundation as set forth in Section 3 below.
+
+1.F.
+
+1.F.1. Project Gutenberg volunteers and employees expend considerable
+effort to identify, do copyright research on, transcribe and proofread
+public domain works in creating the Project Gutenberg-tm
+collection. Despite these efforts, Project Gutenberg-tm electronic
+works, and the medium on which they may be stored, may contain
+"Defects," such as, but not limited to, incomplete, inaccurate or
+corrupt data, transcription errors, a copyright or other intellectual
+property infringement, a defective or damaged disk or other medium, a
+computer virus, or computer codes that damage or cannot be read by
+your equipment.
+
+1.F.2. LIMITED WARRANTY, DISCLAIMER OF DAMAGES - Except for the "Right
+of Replacement or Refund" described in paragraph 1.F.3, the Project
+Gutenberg Literary Archive Foundation, the owner of the Project
+Gutenberg-tm trademark, and any other party distributing a Project
+Gutenberg-tm electronic work under this agreement, disclaim all
+liability to you for damages, costs and expenses, including legal
+fees. YOU AGREE THAT YOU HAVE NO REMEDIES FOR NEGLIGENCE, STRICT
+LIABILITY, BREACH OF WARRANTY OR BREACH OF CONTRACT EXCEPT THOSE
+PROVIDED IN PARAGRAPH 1.F.3. YOU AGREE THAT THE FOUNDATION, THE
+TRADEMARK OWNER, AND ANY DISTRIBUTOR UNDER THIS AGREEMENT WILL NOT BE
+LIABLE TO YOU FOR ACTUAL, DIRECT, INDIRECT, CONSEQUENTIAL, PUNITIVE OR
+INCIDENTAL DAMAGES EVEN IF YOU GIVE NOTICE OF THE POSSIBILITY OF SUCH
+DAMAGE.
+
+1.F.3. LIMITED RIGHT OF REPLACEMENT OR REFUND - If you discover a
+defect in this electronic work within 90 days of receiving it, you can
+receive a refund of the money (if any) you paid for it by sending a
+written explanation to the person you received the work from. If you
+received the work on a physical medium, you must return the medium with
+your written explanation. The person or entity that provided you with
+the defective work may elect to provide a replacement copy in lieu of a
+refund. If you received the work electronically, the person or entity
+providing it to you may choose to give you a second opportunity to
+receive the work electronically in lieu of a refund. If the second copy
+is also defective, you may demand a refund in writing without further
+opportunities to fix the problem.
+
+1.F.4. Except for the limited right of replacement or refund set forth
+in paragraph 1.F.3, this work is provided to you 'AS-IS', WITH NO OTHER
+WARRANTIES OF ANY KIND, EXPRESS OR IMPLIED, INCLUDING BUT NOT LIMITED TO
+WARRANTIES OF MERCHANTABILITY OR FITNESS FOR ANY PURPOSE.
+
+1.F.5. Some states do not allow disclaimers of certain implied
+warranties or the exclusion or limitation of certain types of damages.
+If any disclaimer or limitation set forth in this agreement violates the
+law of the state applicable to this agreement, the agreement shall be
+interpreted to make the maximum disclaimer or limitation permitted by
+the applicable state law. The invalidity or unenforceability of any
+provision of this agreement shall not void the remaining provisions.
+
+1.F.6. INDEMNITY - You agree to indemnify and hold the Foundation, the
+trademark owner, any agent or employee of the Foundation, anyone
+providing copies of Project Gutenberg-tm electronic works in accordance
+with this agreement, and any volunteers associated with the production,
+promotion and distribution of Project Gutenberg-tm electronic works,
+harmless from all liability, costs and expenses, including legal fees,
+that arise directly or indirectly from any of the following which you do
+or cause to occur: (a) distribution of this or any Project Gutenberg-tm
+work, (b) alteration, modification, or additions or deletions to any
+Project Gutenberg-tm work, and (c) any Defect you cause.
+
+
+Section 2. Information about the Mission of Project Gutenberg-tm
+
+Project Gutenberg-tm is synonymous with the free distribution of
+electronic works in formats readable by the widest variety of computers
+including obsolete, old, middle-aged and new computers. It exists
+because of the efforts of hundreds of volunteers and donations from
+people in all walks of life.
+
+Volunteers and financial support to provide volunteers with the
+assistance they need are critical to reaching Project Gutenberg-tm's
+goals and ensuring that the Project Gutenberg-tm collection will
+remain freely available for generations to come. In 2001, the Project
+Gutenberg Literary Archive Foundation was created to provide a secure
+and permanent future for Project Gutenberg-tm and future generations.
+To learn more about the Project Gutenberg Literary Archive Foundation
+and how your efforts and donations can help, see Sections 3 and 4
+and the Foundation information page at www.gutenberg.org
+
+
+Section 3. Information about the Project Gutenberg Literary Archive
+Foundation
+
+The Project Gutenberg Literary Archive Foundation is a non profit
+501(c)(3) educational corporation organized under the laws of the
+state of Mississippi and granted tax exempt status by the Internal
+Revenue Service. The Foundation's EIN or federal tax identification
+number is 64-6221541. Contributions to the Project Gutenberg
+Literary Archive Foundation are tax deductible to the full extent
+permitted by U.S. federal laws and your state's laws.
+
+The Foundation's principal office is located at 4557 Melan Dr. S.
+Fairbanks, AK, 99712., but its volunteers and employees are scattered
+throughout numerous locations. Its business office is located at 809
+North 1500 West, Salt Lake City, UT 84116, (801) 596-1887. Email
+contact links and up to date contact information can be found at the
+Foundation's web site and official page at www.gutenberg.org/contact
+
+For additional contact information:
+ Dr. Gregory B. Newby
+ Chief Executive and Director
+ gbnewby@pglaf.org
+
+Section 4. Information about Donations to the Project Gutenberg
+Literary Archive Foundation
+
+Project Gutenberg-tm depends upon and cannot survive without wide
+spread public support and donations to carry out its mission of
+increasing the number of public domain and licensed works that can be
+freely distributed in machine readable form accessible by the widest
+array of equipment including outdated equipment. Many small donations
+($1 to $5,000) are particularly important to maintaining tax exempt
+status with the IRS.
+
+The Foundation is committed to complying with the laws regulating
+charities and charitable donations in all 50 states of the United
+States. Compliance requirements are not uniform and it takes a
+considerable effort, much paperwork and many fees to meet and keep up
+with these requirements. We do not solicit donations in locations
+where we have not received written confirmation of compliance. To
+SEND DONATIONS or determine the status of compliance for any
+particular state visit www.gutenberg.org/donate
+
+While we cannot and do not solicit contributions from states where we
+have not met the solicitation requirements, we know of no prohibition
+against accepting unsolicited donations from donors in such states who
+approach us with offers to donate.
+
+International donations are gratefully accepted, but we cannot make
+any statements concerning tax treatment of donations received from
+outside the United States. U.S. laws alone swamp our small staff.
+
+Please check the Project Gutenberg Web pages for current donation
+methods and addresses. Donations are accepted in a number of other
+ways including checks, online payments and credit card donations.
+To donate, please visit: www.gutenberg.org/donate
+
+
+Section 5. General Information About Project Gutenberg-tm electronic
+works.
+
+Professor Michael S. Hart was the originator of the Project Gutenberg-tm
+concept of a library of electronic works that could be freely shared
+with anyone. For forty years, he produced and distributed Project
+Gutenberg-tm eBooks with only a loose network of volunteer support.
+
+Project Gutenberg-tm eBooks are often created from several printed
+editions, all of which are confirmed as Public Domain in the U.S.
+unless a copyright notice is included. Thus, we do not necessarily
+keep eBooks in compliance with any particular paper edition.
+
+Most people start at our Web site which has the main PG search facility:
+
+ www.gutenberg.org
+
+This Web site includes information about Project Gutenberg-tm,
+including how to make donations to the Project Gutenberg Literary
+Archive Foundation, how to help produce our new eBooks, and how to
+subscribe to our email newsletter to hear about new eBooks.
+
+
+</pre>
+
+</body>
+
+</html>
+
+
diff --git a/LICENSE.txt b/LICENSE.txt
new file mode 100644
index 0000000..6312041
--- /dev/null
+++ b/LICENSE.txt
@@ -0,0 +1,11 @@
+This eBook, including all associated images, markup, improvements,
+metadata, and any other content or labor, has been confirmed to be
+in the PUBLIC DOMAIN IN THE UNITED STATES.
+
+Procedures for determining public domain status are described in
+the "Copyright How-To" at https://www.gutenberg.org.
+
+No investigation has been made concerning possible copyrights in
+jurisdictions other than the United States. Anyone seeking to utilize
+this eBook outside of the United States should confirm copyright
+status under the laws that apply to them.
diff --git a/README.md b/README.md
new file mode 100644
index 0000000..2ab1d49
--- /dev/null
+++ b/README.md
@@ -0,0 +1,2 @@
+Project Gutenberg (https://www.gutenberg.org) public repository for
+eBook #4505 (https://www.gutenberg.org/ebooks/4505)
diff --git a/old/7nuss10.txt b/old/7nuss10.txt
new file mode 100644
index 0000000..dd8a0c0
--- /dev/null
+++ b/old/7nuss10.txt
@@ -0,0 +1,816 @@
+The Project Gutenberg Etext of Die drei Nuesse, by Clemens Brentano
+#6 in our series by Clemens Brentano
+
+This Etext is in German.
+
+We are releasing two versions of this Etext, one in 7-bit format,
+known as Plain Vanilla ASCII, which can be sent via plain email--
+and one in 8-bit format, which includes higher order characters--
+which requires a binary transfer, or sent as email attachment and
+may require more specialized programs to display the accents.
+This is the 7-bit version.
+
+Copyright laws are changing all over the world. Be sure to check the
+copyright laws for your country before distributing this or any other
+Project Gutenberg file.
+
+We encourage you to keep this file, exactly as it is, on your
+own disk, thereby keeping an electronic path open for future
+readers. Please do not remove this.
+
+This header should be the first thing seen when anyone starts to
+view the etext. Do not change or edit it without written permission.
+The words are carefully chosen to provide users with the
+information they need to understand what they may and may not
+do with the etext.
+
+
+**Welcome To The World of Free Plain Vanilla Electronic Texts**
+
+**Etexts Readable By Both Humans and By Computers, Since 1971**
+
+*****These Etexts Are Prepared By Thousands of Volunteers!*****
+
+Information on contacting Project Gutenberg to get etexts, and
+further information, is included below. We need your donations.
+
+The Project Gutenberg Literary Archive Foundation is a 501(c)(3)
+organization with EIN [Employee Identification Number] 64-6221541
+
+
+
+Title: Die drei Nuesse
+
+Author: Clemens Brentano
+
+Release Date: October, 2003 [Etext #4505]
+[Yes, we are more than one year ahead of schedule]
+[This file was first posted on January 26, 2002]
+
+Edition: 10
+
+Language: German
+
+Character set encoding: ASCII
+
+The Project Gutenberg Etext of Die drei Nuesse, by Clemens Brentano
+*******This file should be named 7nuss10.txt or 7nuss10.zip******
+
+Corrected EDITIONS of our etexts get a new NUMBER, 7nuss11.txt
+VERSIONS based on separate sources get new LETTER, 7nuss10a.txt
+
+This etext was produced by Michael Pullen, globaltraveler5565@yahoo.com.
+
+Project Gutenberg Etexts are often created from several printed
+editions, all of which are confirmed as Public Domain in the US
+unless a copyright notice is included. Thus, we usually do not
+keep etexts in compliance with any particular paper edition.
+
+We are now trying to release all our etexts one year in advance
+of the official release dates, leaving time for better editing.
+Please be encouraged to tell us about any error or corrections,
+even years after the official publication date.
+
+Please note neither this listing nor its contents are final til
+midnight of the last day of the month of any such announcement.
+The official release date of all Project Gutenberg Etexts is at
+Midnight, Central Time, of the last day of the stated month. A
+preliminary version may often be posted for suggestion, comment
+and editing by those who wish to do so.
+
+Most people start at our sites at:
+http://gutenberg.net or
+http://promo.net/pg
+
+These Web sites include award-winning information about Project
+Gutenberg, including how to donate, how to help produce our new
+etexts, and how to subscribe to our email newsletter (free!).
+
+
+Those of you who want to download any Etext before announcement
+can get to them as follows, and just download by date. This is
+also a good way to get them instantly upon announcement, as the
+indexes our cataloguers produce obviously take a while after an
+announcement goes out in the Project Gutenberg Newsletter.
+
+http://www.ibiblio.org/gutenberg/etext03 or
+ftp://ftp.ibiblio.org/pub/docs/books/gutenberg/etext03
+
+Or /etext02, 01, 00, 99, 98, 97, 96, 95, 94, 93, 92, 92, 91 or 90
+
+Just search by the first five letters of the filename you want,
+as it appears in our Newsletters.
+
+
+Information about Project Gutenberg (one page)
+
+We produce about two million dollars for each hour we work. The
+time it takes us, a rather conservative estimate, is fifty hours
+to get any etext selected, entered, proofread, edited, copyright
+searched and analyzed, the copyright letters written, etc. Our
+projected audience is one hundred million readers. If the value
+per text is nominally estimated at one dollar then we produce $2
+million dollars per hour in 2001 as we release over 50 new Etext
+files per month, or 500 more Etexts in 2000 for a total of 4000+
+If they reach just 1-2% of the world's population then the total
+should reach over 300 billion Etexts given away by year's end.
+
+The Goal of Project Gutenberg is to Give Away One Trillion Etext
+Files by December 31, 2001. [10,000 x 100,000,000 = 1 Trillion]
+This is ten thousand titles each to one hundred million readers,
+which is only about 4% of the present number of computer users.
+
+At our revised rates of production, we will reach only one-third
+of that goal by the end of 2001, or about 4,000 Etexts. We need
+funding, as well as continued efforts by volunteers, to maintain
+or increase our production and reach our goals.
+
+The Project Gutenberg Literary Archive Foundation has been created
+to secure a future for Project Gutenberg into the next millennium.
+
+We need your donations more than ever!
+
+As of November, 2001, contributions are being solicited from people
+and organizations in: Alabama, Arkansas, Connecticut, Delaware,
+Florida, Georgia, Idaho, Illinois, Indiana, Iowa, Kansas, Kentucky,
+Louisiana, Maine, Michigan, Missouri, Montana, Nebraska, Nevada, New
+Jersey, New Mexico, New York, North Carolina, Oklahoma, Oregon,
+Pennsylvania, Rhode Island, South Carolina, South Dakota, Tennessee,
+Texas, Utah, Vermont, Virginia, Washington, West Virginia, Wisconsin,
+and Wyoming.
+
+*In Progress
+
+We have filed in about 45 states now, but these are the only ones
+that have responded.
+
+As the requirements for other states are met, additions to this list
+will be made and fund raising will begin in the additional states.
+Please feel free to ask to check the status of your state.
+
+In answer to various questions we have received on this:
+
+We are constantly working on finishing the paperwork to legally
+request donations in all 50 states. If your state is not listed and
+you would like to know if we have added it since the list you have,
+just ask.
+
+While we cannot solicit donations from people in states where we are
+not yet registered, we know of no prohibition against accepting
+donations from donors in these states who approach us with an offer
+to
+donate.
+
+International donations are accepted, but we don't know ANYTHING
+about
+how to make them tax-deductible, or even if they CAN be made
+deductible, and don't have the staff to handle it even if there are
+ways.
+
+All donations should be made to:
+
+Project Gutenberg Literary Archive Foundation
+PMB 113
+1739 University Ave.
+Oxford, MS 38655-4109
+
+Contact us if you want to arrange for a wire transfer or payment
+method other than by check or money order.
+
+
+The Project Gutenberg Literary Archive Foundation has been approved
+by
+the US Internal Revenue Service as a 501(c)(3) organization with EIN
+[Employee Identification Number] 64-622154. Donations are
+tax-deductible to the maximum extent permitted by law. As
+fundraising
+requirements for other states are met, additions to this list will be
+made and fundraising will begin in the additional states.
+
+We need your donations more than ever!
+
+You can get up to date donation information at:
+
+http://www.gutenberg.net/donation.html
+
+
+***
+
+If you can't reach Project Gutenberg,
+you can always email directly to:
+
+Michael S. Hart <hart@pobox.com>
+
+Prof. Hart will answer or forward your message.
+
+We would prefer to send you information by email.
+
+
+**The Legal Small Print**
+
+
+(Three Pages)
+
+***START**THE SMALL PRINT!**FOR PUBLIC DOMAIN ETEXTS**START***
+Why is this "Small Print!" statement here? You know: lawyers.
+They tell us you might sue us if there is something wrong with
+your copy of this etext, even if you got it for free from
+someone other than us, and even if what's wrong is not our
+fault. So, among other things, this "Small Print!" statement
+disclaims most of our liability to you. It also tells you how
+you may distribute copies of this etext if you want to.
+
+*BEFORE!* YOU USE OR READ THIS ETEXT
+By using or reading any part of this PROJECT GUTENBERG-tm
+etext, you indicate that you understand, agree to and accept
+this "Small Print!" statement. If you do not, you can receive
+a refund of the money (if any) you paid for this etext by
+sending a request within 30 days of receiving it to the person
+you got it from. If you received this etext on a physical
+medium (such as a disk), you must return it with your request.
+
+ABOUT PROJECT GUTENBERG-TM ETEXTS
+This PROJECT GUTENBERG-tm etext, like most PROJECT GUTENBERG-tm
+etexts,
+is a "public domain" work distributed by Professor Michael S. Hart
+through the Project Gutenberg Association (the "Project").
+Among other things, this means that no one owns a United States
+copyright
+on or for this work, so the Project (and you!) can copy and
+distribute it in the United States without permission and
+without paying copyright royalties. Special rules, set forth
+below, apply if you wish to copy and distribute this etext
+under the "PROJECT GUTENBERG" trademark.
+
+Please do not use the "PROJECT GUTENBERG" trademark to market
+any commercial products without permission.
+
+To create these etexts, the Project expends considerable
+efforts to identify, transcribe and proofread public domain
+works. Despite these efforts, the Project's etexts and any
+medium they may be on may contain "Defects". Among other
+things, Defects may take the form of incomplete, inaccurate or
+corrupt data, transcription errors, a copyright or other
+intellectual property infringement, a defective or damaged
+disk or other etext medium, a computer virus, or computer
+codes that damage or cannot be read by your equipment.
+
+LIMITED WARRANTY; DISCLAIMER OF DAMAGES
+But for the "Right of Replacement or Refund" described below,
+[1] Michael Hart and the Foundation (and any other party you may
+receive this etext from as a PROJECT GUTENBERG-tm etext) disclaims
+all liability to you for damages, costs and expenses, including
+legal fees, and [2] YOU HAVE NO REMEDIES FOR NEGLIGENCE OR
+UNDER STRICT LIABILITY, OR FOR BREACH OF WARRANTY OR CONTRACT,
+INCLUDING BUT NOT LIMITED TO INDIRECT, CONSEQUENTIAL, PUNITIVE
+OR INCIDENTAL DAMAGES, EVEN IF YOU GIVE NOTICE OF THE
+POSSIBILITY OF SUCH DAMAGES.
+
+If you discover a Defect in this etext within 90 days of
+receiving it, you can receive a refund of the money (if any)
+you paid for it by sending an explanatory note within that
+time to the person you received it from. If you received it
+on a physical medium, you must return it with your note, and
+such person may choose to alternatively give you a replacement
+copy. If you received it electronically, such person may
+choose to alternatively give you a second opportunity to
+receive it electronically.
+
+THIS ETEXT IS OTHERWISE PROVIDED TO YOU "AS-IS". NO OTHER
+WARRANTIES OF ANY KIND, EXPRESS OR IMPLIED, ARE MADE TO YOU AS
+TO THE ETEXT OR ANY MEDIUM IT MAY BE ON, INCLUDING BUT NOT
+LIMITED TO WARRANTIES OF MERCHANTABILITY OR FITNESS FOR A
+PARTICULAR PURPOSE.
+
+Some states do not allow disclaimers of implied warranties or
+the exclusion or limitation of consequential damages, so the
+above disclaimers and exclusions may not apply to you, and you
+may have other legal rights.
+
+INDEMNITY
+You will indemnify and hold Michael Hart, the Foundation,
+and its trustees and agents, and any volunteers associated
+with the production and distribution of Project Gutenberg-tm
+texts harmless, from all liability, cost and expense, including
+legal fees, that arise directly or indirectly from any of the
+following that you do or cause: [1] distribution of this etext,
+[2] alteration, modification, or addition to the etext,
+or [3] any Defect.
+
+DISTRIBUTION UNDER "PROJECT GUTENBERG-tm"
+You may distribute copies of this etext electronically, or by
+disk, book or any other medium if you either delete this
+"Small Print!" and all other references to Project Gutenberg,
+or:
+
+[1] Only give exact copies of it. Among other things, this
+ requires that you do not remove, alter or modify the
+ etext or this "small print!" statement. You may however,
+ if you wish, distribute this etext in machine readable
+ binary, compressed, mark-up, or proprietary form,
+ including any form resulting from conversion by word
+ processing or hypertext software, but only so long as
+ *EITHER*:
+
+ [*] The etext, when displayed, is clearly readable, and
+ does *not* contain characters other than those
+ intended by the author of the work, although tilde
+ (~), asterisk (*) and underline (_) characters may
+ be used to convey punctuation intended by the
+ author, and additional characters may be used to
+ indicate hypertext links; OR
+
+ [*] The etext may be readily converted by the reader at
+ no expense into plain ASCII, EBCDIC or equivalent
+ form by the program that displays the etext (as is
+ the case, for instance, with most word processors);
+ OR
+
+ [*] You provide, or agree to also provide on request at
+ no additional cost, fee or expense, a copy of the
+ etext in its original plain ASCII form (or in EBCDIC
+ or other equivalent proprietary form).
+
+[2] Honor the etext refund and replacement provisions of this
+ "Small Print!" statement.
+
+[3] Pay a trademark license fee to the Foundation of 20% of the
+ gross profits you derive calculated using the method you
+ already use to calculate your applicable taxes. If you
+ don't derive profits, no royalty is due. Royalties are
+ payable to "Project Gutenberg Literary Archive Foundation"
+ the 60 days following each date you prepare (or were
+ legally required to prepare) your annual (or equivalent
+ periodic) tax return. Please contact us beforehand to
+ let us know your plans and to work out the details.
+
+WHAT IF YOU *WANT* TO SEND MONEY EVEN IF YOU DON'T HAVE TO?
+Project Gutenberg is dedicated to increasing the number of
+public domain and licensed works that can be freely distributed
+in machine readable form.
+
+The Project gratefully accepts contributions of money, time,
+public domain materials, or royalty free copyright licenses.
+Money should be paid to the:
+"Project Gutenberg Literary Archive Foundation."
+
+If you are interested in contributing scanning equipment or
+software or other items, please contact Michael Hart at:
+hart@pobox.com
+
+[Portions of this header are copyright (C) 2001 by Michael S. Hart
+and may be reprinted only when these Etexts are free of all fees.]
+[Project Gutenberg is a TradeMark and may not be used in any sales
+of Project Gutenberg Etexts or other materials be they hardware or
+software or any other related product without express permission.]
+
+*END THE SMALL PRINT! FOR PUBLIC DOMAIN ETEXTS*Ver.10/04/01*END*
+
+
+
+
+
+
+Die drei Nuesse
+
+Clemens Brentano
+
+
+
+Daniel Wilhelm Moeller, Professor und Bibliothekar zu Altorf, lebte im
+Jahr 1665 in Kolmar als Hofmeister der drei Soehne des Buergermeisters
+Maggi. Im Oktober dieses Jahres hatte der Buergermeister einen
+reisenden Alchimisten zum Gaste, und als bei dem Nachtische der
+Abendmahlzeit unter anderm Obste auch welsche Nuesse auf die Tafel
+gesetzt wurden, sprach die Gesellschaft mancherlei von den
+Eigenschaften dieser Frucht. Da aber die drei Zoeglinge Moellers etwas
+unmaessig zu den Nuessen griffen und sie lustig nacheinander aufknackten,
+verwies Moeller es ihnen freundlich und gab ihnen folgenden Vers aus
+der Schola Salernitana zu verdeutschen auf: "Unica nux prodest, nocet
+altera, tertia mors est."--Da uebersetzten sie: "Eine Nuss nuetzt, die
+zweite schadet, der Tod ist die dritte." Moeller aber sagte zu ihnen,
+diese UEbersetzung koenne unmoeglich die rechte sein, da sie die dritte
+Nuss laengst genossen und doch noch frisch und gesund seien; sie
+moechten sich eines Bessern besinnen. Kaum waren diese Worte
+gesprochen, als der Alchimist mit Bestuerzung ploetzlich vom Tische
+aufsprang und sich in der ihm angewiesenen Stube verschloss, worueber
+alle Anwesende in nicht geringer Verwunderung waren. Der juengste
+Sohn des Buergermeisters folgte dem Fremden, um ihn auf Befehl seines
+Vaters zu fragen, ob ihm etwas zugestossen sei; da er aber die Tuere
+verschlossen fand, sah er durch das Schluesselloch den Fremden auf den
+Knien liegen und unter Traenen und Haenderingen mehrere Male ausrufen:
+"Ah, mon Dieu, mon Dieu!"
+
+Kaum hatte der Knabe seinem Vater dies hinterbracht, als der Fremde
+sich von dem Diener zu einer einsamen Unterredung melden liess. Alle
+entfernten sich. Da trat der Alchimist herein, fiel auf die Knie,
+umfasste die Fuesse des Buergermeisters und flehte ihn unter heftigen
+Traenen an: er moege ihn nicht vor Gericht bringen, er moege ihn vor
+einem schmaehlichen Tode erretten.
+
+Der Buergermeister, heftig ueber seine Rede erschrocken, fuerchtete, der
+Mensch moege den Verstand verloren haben, hob ihn von der Erde auf und
+bat ihn freundlich: er moege ihm sagen, wie er auf so schreckliche
+Reden komme. Da erwiderte der Fremde: "Herr, verstellen Sie sich
+nicht, Sie und der Magister Moeller kennen mein Verbrechen; der Vers
+von den drei Nuessen beweist es: tertia mors est, die dritte ist der
+Tod; ja, ja, eine bleierne Kugel war es, ein Druck des Fingers, und
+er schlug nieder. Sie haben sich verabredet, mich zu peinigen, Sie
+werden mich ausliefern, ich werde durch Sie unter das Schwert kommen."
+
+Der Buergermeister glaubte nun die Verruecktheit des Alchimisten gewiss
+und suchte ihn durch freundliches Zureden zu beruhigen. Er aber liess
+sich nicht beruhigen und sprach: "Wenn Sie es auch nicht wissen, so
+weiss es doch Ihr Hofmeister gewiss, denn er sah mich durchdringend an,
+als er sagte: ›tertia mors est‹." Nun konnte der Buergermeister
+nichts anders tun, als ihn bitten, ruhig zu Bette zu gehen, und ihm
+sein Ehrenwort zu geben, dass weder er noch Moeller ihn verraten wuerden,
+wenn irgend etwas Wahres an seinem Ungluecke sein sollte. Der
+Unglueckliche aber wollte ihn nicht eher verlassen, bis Moeller gerufen
+war und ihm auch heilig beteuerte, dass er ihn nicht verraten wolle;
+denn dass auch er nicht das mindeste von seinem Ungluecke wisse, wollte
+er sich auf keine Weise ueberreden lassen.
+
+Am folgenden Morgen entschloss sich der Unglueckliche, von Kolmar nach
+Basel zu gehen, und bat den Magister Moeller um eine Empfehlung an
+einen Professor der Medizin. Moeller schrieb ihm einen Brief an den
+Doktor Bauhinus und reichte ihm denselben offen, damit er keine Art
+von Verdacht schoepfen koenne. Er verliess das Haus mit Traenen und
+nochmaligem Flehen, ihn nicht zu verraten.
+
+Im folgenden Jahre um dieselbe Zeit, etwa drei Wochen spaeter, als der
+Buergermeister mit den Seinigen wieder Nuesse ass und sie sich dabei
+alle lebhaft an den ungluecklichen Alchimisten erinnerten, liess sich
+eine Frau bei ihm melden. Er hiess sie hereintreten; sie war eine
+Reisende in anstaendiger Tracht, sie trauerte und schien vom Kummer
+ganz zerstoert, doch hatte sie noch Spuren von grosser Schoenheit. Der
+Buergermeister bot ihr einen Stuhl an, stellte ihr ein Glas Wein und
+einige Nuesse vor; aber sie geriet bei dem Anblick dieser Frucht in
+eine heftige Erschuetterung, die Traenen liefen ihr die Wangen herab:
+"Keine Nuesse, keine Nuesse!" sagte sie und schob den Teller zurueck.
+
+Diese ihre Weigerung, mit der Erinnerung an den Alchimisten, brachte
+unter den Tischgenossen eine eigene Spannung hervor. Der
+Buergermeister befahl dem Diener, die Nuesse sogleich wegzubringen, und
+bat die Frau, nach einer Entschuldigung, dass er ihren Abscheu vor den
+Nuessen nicht gekannt, um die Angabe des Geschaeftes, das sie zu ihm
+gefuehrt.
+
+"Ich bin die Witwe eines Apothekers aus Lyon", sagte sie, "und
+wuensche mich hier in Kolmar niederzulassen. Die traurigsten
+Schicksale noetigen mich, meine Vaterstadt zu verlassen."--Der
+Buergermeister fragte sie um ihre Paesse, auf dass er versichert sein
+koenne, dass sie ihr Vaterland frei von allen gerichtlichen Anspruechen
+auf sie verlassen habe. Sie uebergab ihre Papiere, die in der besten
+Ordnung waren und ihr den Namen der Witwe des Apothekers Pierre du
+Pont oder Petrus Pontanus gaben. Auch zeigte sie dem Buergermeister
+mancherlei Atteste der medizinischen Fakultaet von Montpellier, dass
+sie im Besitz der Fabrikationsrezepte vieler trefflicher Arzeneien
+sei.
+
+Der Buergermeister versprach ihr alle moegliche Unterstuetzung bei ihrer
+Niederlassung und bat sie, ihm in sein Arbeitszimmer zu folgen, wo er
+ihr Empfehlungen an einige AErzte und Apotheker der Stadt schreiben
+wollte. Als er nun die Frau die Treppe hinauf fuehrte und oben ueber
+den Flur weg, kam dieselbe bei dem Anblick eines kindischen Gemaeldes
+in eine solche Bestuerzung, dass der Buergermeister fuerchtete, sie
+moechte an seinem Arme ohnmaechtig werden; er brachte sie schnell auf
+seine Stube, und sie liess sich unter bittern Traenen auf einen Stuhl
+nieder.
+
+Der Buergermeister wusste die Veranlassung ihrer Gemuetsbewegung nicht
+und fragte sie, was ihr fehle. Sie sagte ihm: "Mein Herr, woher
+kennen Sie mein Elend, wer hat das Bild an die Stubentuere geheftet,
+an welcher wir voruebergingen?" Da erinnerte sich der Buergermeister
+an das Bild und sagte ihr, dass es die Spielerei seines juengsten
+Sohnes sei, welcher eine Neigung habe, alle Ereignisse, die ihn naeher
+interessierten, in solchen Malereien auf seine Art zu verewigen. Das
+Bild aber bestand darin, dass der Knabe, welcher das Jahr vorher den
+Alchimisten kniend und die Haende ringend in dieser Stube: "Ah, mon
+Dieu, mon Dieu!" hatte ausrufen hoeren, diesen in derselben Stellung
+und ueber ihn drei Nuesse mit dem Spruche: "Unica nux prodest, nocet
+altera, tertia mors est!" auf eine Pappe gemalt und an die Stubentuere,
+wo der Alchimist gewohnt, befestigt hatte.
+
+"Wie kann Ihr Sohn das schreckliche Unglueck meines Mannes wissen?"
+sagte die Frau; "wie kann er wissen, was ich ewig verbergen moechte,
+und weswegen ich mein Vaterland verlassen habe?"
+
+"Ihres Mannes?" erwiderte der verwunderte Buergermeister; "ist der
+Chemiker Todenus Ihr Mann? Ich glaubte nach Ihrem Passe, dass Sie die
+Witwe des Apothekers Pierre du Pont aus Lyon seien."
+
+"Die bin ich", entgegnete die Fremde, "und der Abgebildete ist mein
+Mann, du Pont; mir zeigt es die Stellung, in welcher ich ihn zuletzt
+gesehen, mir zeigt es der fatale Spruch und die Nuesse ueber ihm."
+
+Nun erzaehlte ihr der Buergermeister den ganzen Vorfall mit dem
+Alchimisten in seinem Hause und fragte sie, wie er sich befinde, wenn
+er wirklich ihr Mann sei, der vielleicht unter fremdem Namen bei ihm
+gewesen waere.
+
+"Mein Herr", erwiderte die Frau, "ich sehe wohl, das Schicksal selbst
+will, dass meine Schmach nicht soll verborgen bleiben; ich erwarte von
+Ihrer Rechtschaffenheit, dass Sie mein Unglueck nicht zu meinem
+Nachteil bekanntmachen werden. Hoeren Sie mich an. Mein Mann, der
+Apotheker Pierre du Pont, war wohlhabend; er wuerde reich gewesen sein,
+wenn er nicht durch seine Neigung zur Alchimie vieles Geld
+verschwendet haette. Ich war jung und hatte das grosse Unglueck, sehr
+schoen zu sein. Ach, mein Herr, es gibt schier kein groesseres Unglueck
+als dieses, weil keine Ruhe, kein Friede moeglich ist, weil alles nach
+einem verlangt und verzweifelt und man in solche Bedraengnisse und
+Belagerungen koemmt, dass man sich manchmal gar, nur um des ekelhaften
+Goetzendienstes los zu werden, dem Verderben hingeben koennte. Eitel
+war ich nicht, nur ungluecklich; denn ich mochte mich auch absichtlich
+schlecht und entstellend kleiden, so wurde doch immer eine neue Mode
+daraus, und man fand es allerliebst. Wo ich ging und stand, war ich
+von Verehrern umgeben, ich konnte vor Serenaden nicht schlafen, musste
+einen Diener halten, die Geschenke und Liebesbriefe abzuweisen, und
+alle Augenblick mein Gesinde abschaffen, weil es bestochen war, mich
+zu verfuehren. Zwei Diener in der Apotheke meines Mannes vergifteten
+einander, weil ein jeder von ihnen entdeckt hatte, dass der andere ein
+Edelmann sei, der aus Leidenschaft zu mir unter fremdem Namen in
+unsre Dienste gegangen war. Alle Leute, die in unsrer Offizin Arznei
+holten, waren dadurch schon im Verdacht, liebeskrank zu sein. Ich
+hatte von allem diesem nichts als Unruhe und Elend, und nur die
+Freude meines Mannes an meiner Gestalt hielt mich ab, mich an meiner
+Larve zu vergreifen und mich auf irgendeine Weise zu entstellen. Oft
+fragte ich ihn, ob er denn an meinem Herzen und guten Willen nicht
+genug habe; er moechte mir doch erlauben, mein Gesicht, das so vieles
+Unheil stifte, durch irgendein beizendes Mittel zu verderben. Aber
+er erwiderte mir immer: ›Schoene Amelie! Ich wuerde verzweifeln, wenn
+ich dich nicht mehr ansehen koennte; ich wuerde der ungluecklichste
+Mensch sein, wenn ich den ganzen Tag in meinem russigen Laboratorium
+vergebens geschwitzt habe und meine Augen abends nicht mehr an deinem
+Anblick erquicken koennte. Du bist der einzige klare Punkt in meiner
+finstern Bestimmung, und wenn ich alle meine Hoffnung habe nach
+schwerem Tagewerk zum Rauchfang hinausfliegen sehen, tritt mir alle
+meine Hoffnung am Abend in deiner Schoenheit wieder entgegen.‹ Er
+liebte mich zaertlich, aber Gott segnete unsre Liebe nicht, wir hatten
+keine Kinder. Als ich ihm meine Trauer hierueber einst sehr lebhaft
+mitteilte, ward er finster und sprach: ›So Gott will und mir nicht
+alles misslingt, wird uns auch diese Freude werden.‹ An einem Abend
+kam er spaet nach Hause, er war ungewoehnlich froh und gestand mir, dass
+er heute mit einem sehr tief eingeweihten Adepten sich unterhalten
+habe, der einen lebhaften Anteil an ihm und mir zu nehmen scheinen
+und unsre Wuensche wuerden bald erfuellt werden. Ich verstand ihn nicht.
+
+Nach Mitternacht erwachte ich durch ein Geraeusch; ich sah meine ganze
+Stube voll fliegender, leuchtender Johanniskaefer; ich konnte nicht
+begreifen, wie die Menge dieser Insekten in meine Stube gekommen sei;
+ich erweckte meinen Mann und fragte ihn, was das nur zu bedeuten habe.
+Zugleich sah ich auf meinem Nachttische ein praechtiges
+venetianisches Glas voll der schoensten Blumen stehen und daneben neue
+seidene Struempfe, Pariser Schuhe, wohlriechende Handschuhe, Baender
+und dergleichen liegen. Mir fiel ein, dass morgen mein Geburtstag sei,
+und glaubte, mein Mann habe mir diese Galanterie gemacht, wofuer ich
+ihm herzlich dankte. Er aber versicherte mir mit den heiligsten
+Schwueren, dass diese Geschenke nicht von ihm herruehrten, und die
+heftigste Eifersucht fasste zum erstenmal in ihm Wurzel. Er drang
+bald auf die ruehrendste und dann wieder heftigste Weise in mich, ihm
+zu erklaeren, wer diese Dinge hierher gebracht; ich weinte und konnte
+es ihm nicht sagen. Aber er glaubte mir nicht, befahl mir
+aufzustehen, und ich musste mit ihm das ganze Haus durchsuchen, aber
+wir fanden niemand. Er begehrte die Schluessel meines Schreibepultes,
+er durchsuchte alle meine Papiere und Briefschaften, er entdeckte
+nichts. Der Tag brach an, ich verzweifelte in Traenen. Mein Mann
+verliess mich sehr unmutig und begab sich nach seinem Laboratorium.
+Ermuedet legte ich mich wieder zu Bett und dachte unter bittern Traenen
+ueber den naechtlichen Vorfall nach; ich konnte mir auch gar nicht
+einbilden, wer den Handel koenne angestellt haben, und verwuenschte,
+indem ich mich selbst in einem Spiegel sah, der meinem Bette
+gegenueberstand, meine unglueckliche Schoenheit; ja, ich streckte gegen
+mich selbst, vor innerem Ekel, die Zunge heraus; aber leider blieb
+ich schoen, ich mochte Gesichter schneiden, wie ich wollte. Da sah
+ich in dem Spiegel, aus einem der neuen Schuhe, die auf dem
+Nachttische standen, ein Papier hervorsehen. Ich griff hastig
+darnach und las unter heftiger Bestuerzung folgendes Billett:
+
+
+
+Geliebte Amelie! Mein Unglueck ist groesser als je; Dich musste ich
+meiden bis jetzt, und nun muss ich auch das Land fliehen, in dem Du
+lebst; ich habe in meiner Garnison einen Offizier im Duelle erstochen,
+der sich Deiner Beguenstigung ruehmte; man verfolgt mich, ich bin hier
+in verstellter Kleidung. Morgen ist Dein Geburtstag; ich muss Dich
+sehen, zum letzten Male sehen. Heute abend vor dem Tore findest Du
+mich in dem kleinen Waeldchen, unter den Nussbaeumen, etwa hundert
+Schritte vom Wege, bei der kleinen Kapelle rechts. Wenn Du mir
+einiges Geld zu meiner Huelfe mitbringen kannst, so wird Dir es Gott
+vergelten. Ich Tor habe es nicht unterlassen koennen, die letzten
+wenigen Louisdore meines Vermoegens an das kleine Geburtstagsgeschenk
+zu verwenden, das Du vor Dir siehst. Wie Du es erhalten, und was ich
+dabei gelitten, sollst Du selbst von mir hoeren. Schweigen musst Du,
+kommen musst Du, oder meine Leiche wird morgen in Deine Wohnung
+gebracht.
+
+Dein ungluecklicher Ludewig.
+
+
+
+Ich las diese Zeilen mit der heftigsten Trauer; ich musste ihn sehen,
+ich musste ihn troesten, ich musste ihm alles bringen, was ich hatte,
+denn ich liebte ihn unaussprechlich und sollte ihn auf ewig verlieren."
+
+Hier schuettelte der Buergermeister laechelnd den Kopf und sprach: "So
+haben Sie also doch, meine Dame, fuer einen fremden Mann Zaertlichkeit
+empfunden?"
+
+Die Fremde erwiderte mit einem ruhigen Selbstgefuehl: "Ja, mein Herr;
+aber verdammen Sie mich nicht zu frueh, und hoeren Sie meine Erzaehlung
+ruhig aus. Ich raffte den ganzen Tag alles, was ich an Geld und
+Geschmeide hatte, zusammen und packte es in einen Buendel, den ich mir
+gegen Abend von unserer Magd nach einem Badehaus in der Gegend jenes
+Tores, vor welchem Ludewig mich erwarten sollte, tragen liess. Dieser
+Weg hatte nichts Auffallendes, ich war ihn oft gegangen. Als wir
+dort angekommen waren, sendete ich meine Magd mit dem Auftrage zurueck,
+mir um neun Uhr einen Wagen an das Badehaus zu senden, der mich nach
+Hause bringen solle. Sie verliess mich, ich aber ging nicht in das
+Badehaus, sondern begab mich mit meinem Buendelchen unter dem Arm vor
+das Tor nach dem Walde, wo ich erwartet wurde. Ich eilte nach dem
+bestimmten Orte, ich trat in die Kapelle, er flog in meine Arme, wir
+bedeckten uns mit Kuessen, wir zerflossen in Traenen; auf den Stufen
+des Altares der kleinen Kapelle, die von Nussbaeumen beschattet waren,
+sassen wir mit verschlungenen Armen und erzaehlten uns unter den
+zaertlichsten Liebkosungen unsre bisherigen Schicksale. Er
+verzweifelte schier, dass er mich nun nie, nie wiedersehen sollte.
+Der Abschied nahte; es war halb neun Uhr geworden, der bestellte
+Wagen erwartete mich. Ich gab ihm das Geld und die Juwelen, und er
+sagte zu mir: ›Amelie, haette ich mich nur heute nacht vor deinem
+Bette erschossen, aber der Anblick deiner Schoenheit im Schlafe
+entwaffnete mich. An dem Rebengelaender deines offenen Fensters bin
+ich in deine Stube geklettert und habe die Johanniskaefer fliegen
+lassen, an denen ich auf meiner ganzen Reise gesammelt, weil ich mich
+erinnerte, dass du sie liebtest; dann legte ich dir die neuen Schuhe
+und Struempfe hin und nahm mir die mit, welche du am Abend abgelegt
+hattest; dein trocknet, ehrlicher Mann schien mir ueber seinen tollen
+Gedanken zu traeumen, ich habe ihn gestern schon gesprochen, er
+begegnete mir hier im Walde botanisierend; es war schon duester, und
+da ich selbst Waldblumen dir zum Strausse suchte, hielt er mich fuer
+seinesgleichen, und wir gerieten in ein langes alchimisches Gespraech.
+Ich teilte ihm die Anweisung eines Moenches mit, der mich auf meiner
+letzten Reise in der Provence, als ich in einem Kloster uebernachtete,
+lange von dem Geheimnis unterhielt, einen lebendigen Menschen auf
+chemischem Wege in einem Glase heraus zu destillieren. Dein guter
+Mann nahm alles fuer bare Muenze, umarmte mich herzlich und bat mich,
+ihn bald zu besuchen, worauf er mich verliess; ach, er wusste nicht,
+dass ich ihn in derselben Nacht wirklich auf halsbrechendem Wege
+besuchen sollte. Wie muss ich dich bedauern, dass du kinderlos und
+eines solchen Toren Gattin bist!‹
+
+Ich war noch unwillig auf meinen Mann wegen seiner naechtlichen
+Eifersucht und sagte:›Ja, ich habe ihn als einen Toren kennengelernt.
+‹ Aber da die Zeit der Trennung fast verflossen war und ich meine
+Arme um ihn schlang und ausrief: ›Lebe wohl, lieber, lieber Ludewig!
+Sieh, wie diese heilige Stunde des Wiedersehens verflossen ist, so
+geht auch bald das ganze elende Leben dahin, habe ein wenig Geduld,
+alles ist bald zu Ende‹, da brach er drei Nuesse von einem Baume bei
+der Kapelle und sprach. ›Diese Nuesse wollen wir zu ewigem Angedenken
+noch zusammen essen, und sooft wir Nuesse sehen, wollen wir aneinander
+gedenken.‹ Er biss die erste Nuss auf, teilte sie mit mir und kuesste
+mich zaertlich; ›ach‹, sagte er, ›da faellt mir ein alter Reim von den
+Nuessen ein, er faengt an: Unica nux prodest, eine einzige Nuss ist
+nuetzlich; aber es ist nicht wahr, denn wir muessen bald scheiden. Die
+folgenden Worte sind wahrer: Nocet altera, die zweite schadet; jawohl,
+jawohl, denn wir muessen bald scheiden!‹ Da umarmte er mich unter
+heftigen Traenen und teilte die dritte Nuss mit mir und sagte: ›Bei
+dieser sagt der Spruch wahr; o Amelie, vergiss mich nicht, bete fuer
+mich! Tertia mors est, die dritte Nuss ist der Tod!‹--Da fiel ein
+Schuss, Ludewig stuerzte zu meinen Fuessen; ›tertia mors est!‹ schrie
+eine Stimme durch das Fenster der Kapelle; ich schrie: ›O Jesus, mein
+Bruder, mein armer Bruder Ludewig erschossen!‹"
+
+"Allmaechtiger Gott! Ihr Bruder war es?" rief der Buergermeister aus.
+
+"Ja, es war mein Bruder", erwiderte sie ernst; "und nun erwaegen Sie
+mein Leid, da mein Mann, als der Moerder, mit einer Pistole vor mich
+trat; er hatte noch einen Schuss in dem Gewehr, er wollte sich selbst
+toeten; ich aber entriss ihm die Waffe und warf sie in das Gebuesch.
+›Flieh, flieh!‹ rief ich aus, ›die Gerechtigkeit verfolgt dich, du
+bist ein Moerder geworden!‹ Er war in Schmerzen versteinert, er wollte
+nicht von der Stelle; wir hoerten Leute, die sich auf den Schuss von
+der Landstrasse nahten, ich gab ihm das Geld und die Geschmeide, die
+ich meinem Bruder bestimmt hatte, und stiess ihn aus der Kapelle
+hinaus.
+
+Nun liess ich meinem Wehgeschrei vollen Lauf, und die Ankommenden,
+unter welchen Maenner waren, die mich kannten, brachten mich, wie eine
+halb Wahnsinnige, nach Hause. Der Leichnam meines Bruders ward auf
+das Rathaus gebracht; es begann eine graessliche Untersuchung.
+Gluecklicherweise fiel ich in ein hitziges Fieber und war lange genug
+ohne den Gebrauch meiner Sinne, um meinen Gemahl nicht eher verraten
+zu koennen, als bis er bereits in voelliger Sicherheit ueber der Grenze
+war. Kein Mensch zweifelte, dass er der Moerder sei, weil er an
+demselben Abend verschwunden war. Die Verleumdung fiel nun mit ihren
+greulichsten Zungen ueber mich her.--Alles, was andre Frauen von mir
+sagten, die mich meines Elends, meiner Schoenheit wegen beneideten,
+alle Schandreden der Maenner, welche nichts an mir aergern konnte als
+meine Tugend, will ich hier nicht wiederholen; genug, wenn ich sage,
+dass man mir den Beweis, der Ermordete sei mein Bruder, durch den
+schaendlichsten Verdacht zu erschweren suchte. Alles wollte mich in
+den Staub treten, um ueber meine gehaessige Tugend zu triumphieren.
+Dabei genoss ich der ekelhaftesten Teilnahme aller jungen Advokaten
+und war im Begriffe, vor Bedraengnis und Jammer wirklich den Verstand
+zu verlieren. Auf ein Testament meines Mannes, zugunsten meiner,
+liess ich die Apotheke unter Administration setzen und zog mich auf
+mehrere Jahre in ein Kloster zurueck. So verstummte endlich das
+Gespraech, und ich beschaeftigte mich waehrend dieser Zeit mit der
+Zubereitung der Arzneien fuer die Armen, welche die Klosterfrauen
+verpflegten."
+
+"Ihr Unglueck ruehrt mich ungemein", entgegnete der Buergermeister,
+"aber die Art, wie Sie von dem Betragen ihres Bruders sprachen,
+machte auch mir eher den Eindruck eines Geliebten als eines Bruders."
+
+"O mein Herr", erwiderte die Fremde, "dies eben war eine Hauptursache
+meines Leides; er liebte mich mit groesserer Leidenschaft, als er
+sollte, und mit der kraeftigsten Seele arbeitete er dieser boesen
+Gewalt meiner Schoenheit entgegen. Er sah mich manchmal in mehreren
+Jahren nicht, ja, er durfte mir selbst nicht mehr schreiben; nur die
+Not hatte ihn bei dem letzten Vorfalle zu mir getrieben, und so
+konnte ich ihm meinen Anblick doch nicht versagen. Mein Mann kannte
+ihn nicht, und ich hatte ihn allein geheiratet, um die Leidenschaft
+meines Bruders entschieden zu brechen. Ach, er hat sie selbst
+gebrochen mit seinem Leben! Mein Mann, von seiner Eifersucht
+beunruhigt, hatte sein Laboratorium frueh verlassen; die Magd sagte
+ihm, dass ich nach dem Badehause sei; es fuhr ihm der Gedanke an
+Verrat durch die Seele, er steckte eine doppelte Pistole zu sich und
+suchte mich in dem Badehause auf. Er fand mich nicht, aber hoerte die
+Aussage der Bademeisterin, sie habe mich zum nahgelegenen Tore
+hinausgehen sehen. Da erinnerte er sich des Fremden, der gestern mit
+ihm in dem Waeldchen geredet und ihn auch nach seiner Frau gefragt
+hatte; er erinnerte sich, dass derselbe Johanniswuermer gefangen, sein
+Verdacht erhielt Gewissheit; er eilte nach dem Waeldchen, nahte der
+Kapelle, hoerte das Ende unsrer Unterredung: tertia mors est--er
+beging die schreckliche Tat."
+
+"O, der unglueckliche, arme Mann!" rief der Buergermeister aus; "aber
+wo ist er, was macht er, was fuehrt Sie hieher, konnten Sie ihm
+verzeihen, werden wir ihn hier wiedersehen?"
+
+"Wir werden ihn nicht wiedersehen, ich habe ihm verziehen, Gott hat
+ihm verziehen!" versetzte die Fremde; "aber Blut will Blut, er konnte
+sich nicht selbst verzeihen! Acht Jahre lebte er in Kopenhagen an
+dem Hofe des Koenigs von Daenemark, Christian des Vierten, als
+Hoflaborant; denn dieser Fuerst war den geheimen Kuensten sehr zugetan.
+Nach dem Tode desselben zog er an manchen norddeutschen Hoefen herum.
+Er war immer unstet und von seinem Gewissen gepeinigt, und wenn er
+Nuesse sah und von Nuessen hoerte, fiel er oft ploetzlich in die
+heftigste Trauer. So kam er endlich zu Ihnen, und als er hier den
+ungluecklichen Vers hoerte, floh er nach Basel. Dort lebte er, bis die
+Nuesse wieder reiften; da ward seine Unruhe unaufhaltsam; seine Zeit
+war abgelaufen; er reiste ab nach Lyon und lieferte sich selbst den
+Gerichten aus. Er hatte vor drei Wochen ein ruehrendes Gespraech mit
+mir, er war gut wie ein Kind, er bat mich um Vergebung--ach, ich
+hatte ihm laengst vergeben. Er sagte mir, ich solle nach seiner
+schimpflichen Todesstrafe Frankreich verlassen und nach Kolmar reisen,
+dort sei der Buergermeister ein sehr redlicher Mann. Zwei Tage
+hierauf ward er unter unzaehligem Volkszulauf, bei der Kapelle, wo der
+Mord geschehen, enthauptet. Er kniete nieder in dem Kreise, brach
+drei Nuesse desselbigen Baums, welcher meinem Bruder die Todesnuss
+getragen hatte, teilte sie alle drei mit mir und umarmte mich
+nochmals zaertlich; dann brachte man mich in die Kapelle, wo ich
+betend an den Altar niedersank. Er aber sprach draussen: ›Unica nux
+prodest, altera nocet, tertia mors est‹, und bei diesem letzten Worte
+machte der Schwertstreich seinem elenden Leben ein Ende.--Dieses ist
+meine Geschichte, Herr Buergermeister."
+
+Mit diesen Worten endete die Dame ihre Erzaehlung, der Buergermeister
+reichte ihr geruehrt die Hand und sagte: "Unglueckliche Frau, nehmen
+Sie die Versicherung, dass ich von Ihrem Ungluecke tief geruehrt bin und
+das Vertrauen Ihres armen Mannes auf meine Redlichkeit auf alle Weise
+zu Ihrer Beruhigung wahr machen will."
+
+Indem er dies sprach und, seine Traenen unterdrueckend, auf ihre Hand
+niedersah, bemerkte er einen Siegelring an ihrem Finger, der einen
+lebhaften Eindruck auf ihn machte; er erkannte auf ihm ein Wappen,
+das ihn ungemein interessierte. Die Dame sagte ihm, es sei der
+Siegelring ihres Bruders.--"Und sein Familienname heisst?" fragte der
+Buergermeister lebhaft.--"Piautaz", erwiderte die Fremde; "unser Vater
+war ein Savoyarde und hatte einen Kram in Montpellier."
+
+Da wurde der Buergermeister sehr unruhig, er lief nach seinem Pulte,
+er holte mehrere Papiere hervor, er las, er fragte sie um das Alter
+ihres Bruders, und da sie zu ihm sagte: "Heute wuerde er
+sechsundvierzig Jahre alt sein, wenn er noch lebte", sagte er mit
+freudigem Ungestueme: "Recht, ganz recht! Heute ist er so alt, denn
+er lebt noch. Amelie, ich bin dein Bruder! Ich bin von der Amme
+deiner Mutter gegen das Soehnlein des Mechanikus Maggi ausgewechselt
+worden; dein Bruder hat dich nicht geliebt, es war Maggis Sohn, der
+deines Bruders Namen trug und eines so ungluecklichen Todes starb.
+Wohl mir, dass ich dich fand!"
+
+Die gute Dame konnte sich in diese Rede gar nicht finden; aber der
+Buergermeister ueberzeugte sie durch ein ueber diesen Austausch von der
+Amme auf ihrem Todesbett aufgenommenes Protokoll, und sie sank ihrem
+neugefundenen Bruder in die Arme.
+
+Sie soll nachher dem Buergermeister drei Jahre die Haushaltung gefuehrt
+haben und, als er gestorben, in das Kloster zu St. Klara in Kolmar
+gegangen sein und demselben ihr ganzes Vermoegen vermacht haben.
+
+
+Ende dieses Project Gutenberg Etextes "Die drei Nuesse", von Clemens
+Brentano.
+
+
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+The Project Gutenberg Etext of Die drei Nüsse, by Clemens Brentano
+#6 in our series by Clemens Brentano
+
+This Etext is in German.
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+We are releasing two versions of this Etext, one in 7-bit format,
+known as Plain Vanilla ASCII, which can be sent via plain email--
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+*****These Etexts Are Prepared By Thousands of Volunteers!*****
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+Information on contacting Project Gutenberg to get etexts, and
+further information, is included below. We need your donations.
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+The Project Gutenberg Literary Archive Foundation is a 501(c)(3)
+organization with EIN [Employee Identification Number] 64-6221541
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+Title: Die drei Nüsse
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+Author: Clemens Brentano
+
+Release Date: October, 2003 [Etext #4505]
+[Yes, we are more than one year ahead of schedule]
+[This file was first posted on January 26, 2002]
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+Edition: 10
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+Language: German
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+Character set encoding: ASCII
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+The Project Gutenberg Etext of Die drei Nüsse, by Clemens Brentano
+*******This file should be named 8nuss10.txt or 8nuss10.zip******
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+VERSIONS based on separate sources get new LETTER, 8nuss10a.txt
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+This etext was produced by Michael Pullen, globaltraveler5565@yahoo.com.
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+Project Gutenberg Etexts are often created from several printed
+editions, all of which are confirmed as Public Domain in the US
+unless a copyright notice is included. Thus, we usually do not
+keep etexts in compliance with any particular paper edition.
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+We are now trying to release all our etexts one year in advance
+of the official release dates, leaving time for better editing.
+Please be encouraged to tell us about any error or corrections,
+even years after the official publication date.
+
+Please note neither this listing nor its contents are final til
+midnight of the last day of the month of any such announcement.
+The official release date of all Project Gutenberg Etexts is at
+Midnight, Central Time, of the last day of the stated month. A
+preliminary version may often be posted for suggestion, comment
+and editing by those who wish to do so.
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+Most people start at our sites at:
+http://gutenberg.net or
+http://promo.net/pg
+
+These Web sites include award-winning information about Project
+Gutenberg, including how to donate, how to help produce our new
+etexts, and how to subscribe to our email newsletter (free!).
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+Those of you who want to download any Etext before announcement
+can get to them as follows, and just download by date. This is
+also a good way to get them instantly upon announcement, as the
+indexes our cataloguers produce obviously take a while after an
+announcement goes out in the Project Gutenberg Newsletter.
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+http://www.ibiblio.org/gutenberg/etext03 or
+ftp://ftp.ibiblio.org/pub/docs/books/gutenberg/etext03
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+Or /etext02, 01, 00, 99, 98, 97, 96, 95, 94, 93, 92, 92, 91 or 90
+
+Just search by the first five letters of the filename you want,
+as it appears in our Newsletters.
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+
+Information about Project Gutenberg (one page)
+
+We produce about two million dollars for each hour we work. The
+time it takes us, a rather conservative estimate, is fifty hours
+to get any etext selected, entered, proofread, edited, copyright
+searched and analyzed, the copyright letters written, etc. Our
+projected audience is one hundred million readers. If the value
+per text is nominally estimated at one dollar then we produce $2
+million dollars per hour in 2001 as we release over 50 new Etext
+files per month, or 500 more Etexts in 2000 for a total of 4000+
+If they reach just 1-2% of the world's population then the total
+should reach over 300 billion Etexts given away by year's end.
+
+The Goal of Project Gutenberg is to Give Away One Trillion Etext
+Files by December 31, 2001. [10,000 x 100,000,000 = 1 Trillion]
+This is ten thousand titles each to one hundred million readers,
+which is only about 4% of the present number of computer users.
+
+At our revised rates of production, we will reach only one-third
+of that goal by the end of 2001, or about 4,000 Etexts. We need
+funding, as well as continued efforts by volunteers, to maintain
+or increase our production and reach our goals.
+
+The Project Gutenberg Literary Archive Foundation has been created
+to secure a future for Project Gutenberg into the next millennium.
+
+We need your donations more than ever!
+
+As of November, 2001, contributions are being solicited from people
+and organizations in: Alabama, Arkansas, Connecticut, Delaware,
+Florida, Georgia, Idaho, Illinois, Indiana, Iowa, Kansas, Kentucky,
+Louisiana, Maine, Michigan, Missouri, Montana, Nebraska, Nevada, New
+Jersey, New Mexico, New York, North Carolina, Oklahoma, Oregon,
+Pennsylvania, Rhode Island, South Carolina, South Dakota, Tennessee,
+Texas, Utah, Vermont, Virginia, Washington, West Virginia, Wisconsin,
+and Wyoming.
+
+*In Progress
+
+We have filed in about 45 states now, but these are the only ones
+that have responded.
+
+As the requirements for other states are met, additions to this list
+will be made and fund raising will begin in the additional states.
+Please feel free to ask to check the status of your state.
+
+In answer to various questions we have received on this:
+
+We are constantly working on finishing the paperwork to legally
+request donations in all 50 states. If your state is not listed and
+you would like to know if we have added it since the list you have,
+just ask.
+
+While we cannot solicit donations from people in states where we are
+not yet registered, we know of no prohibition against accepting
+donations from donors in these states who approach us with an offer
+to
+donate.
+
+International donations are accepted, but we don't know ANYTHING
+about
+how to make them tax-deductible, or even if they CAN be made
+deductible, and don't have the staff to handle it even if there are
+ways.
+
+All donations should be made to:
+
+Project Gutenberg Literary Archive Foundation
+PMB 113
+1739 University Ave.
+Oxford, MS 38655-4109
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+Contact us if you want to arrange for a wire transfer or payment
+method other than by check or money order.
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+
+The Project Gutenberg Literary Archive Foundation has been approved
+by
+the US Internal Revenue Service as a 501(c)(3) organization with EIN
+[Employee Identification Number] 64-622154. Donations are
+tax-deductible to the maximum extent permitted by law. As
+fundraising
+requirements for other states are met, additions to this list will be
+made and fundraising will begin in the additional states.
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+
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+
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+you can always email directly to:
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+Michael S. Hart <hart@pobox.com>
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+
+
+(Three Pages)
+
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+They tell us you might sue us if there is something wrong with
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+
+*END THE SMALL PRINT! FOR PUBLIC DOMAIN ETEXTS*Ver.10/04/01*END*
+
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+
+Die drei Nüsse
+
+Clemens Brentano
+
+
+
+Daniel Wilhelm Möller, Professor und Bibliothekar zu Altorf, lebte im
+Jahr 1665 in Kolmar als Hofmeister der drei Söhne des Bürgermeisters
+Maggi. Im Oktober dieses Jahres hatte der Bürgermeister einen
+reisenden Alchimisten zum Gaste, und als bei dem Nachtische der
+Abendmahlzeit unter anderm Obste auch welsche Nüsse auf die Tafel
+gesetzt wurden, sprach die Gesellschaft mancherlei von den
+Eigenschaften dieser Frucht. Da aber die drei Zöglinge Möllers etwas
+unmäßig zu den Nüssen griffen und sie lustig nacheinander aufknackten,
+verwies Möller es ihnen freundlich und gab ihnen folgenden Vers aus
+der Schola Salernitana zu verdeutschen auf: "Unica nux prodest, nocet
+altera, tertia mors est."--Da übersetzten sie: "Eine Nuß nützt, die
+zweite schadet, der Tod ist die dritte." Möller aber sagte zu ihnen,
+diese Übersetzung könne unmöglich die rechte sein, da sie die dritte
+Nuß längst genossen und doch noch frisch und gesund seien; sie
+möchten sich eines Bessern besinnen. Kaum waren diese Worte
+gesprochen, als der Alchimist mit Bestürzung plötzlich vom Tische
+aufsprang und sich in der ihm angewiesenen Stube verschloß, worüber
+alle Anwesende in nicht geringer Verwunderung waren. Der jüngste
+Sohn des Bürgermeisters folgte dem Fremden, um ihn auf Befehl seines
+Vaters zu fragen, ob ihm etwas zugestoßen sei; da er aber die Türe
+verschlossen fand, sah er durch das Schlüsselloch den Fremden auf den
+Knien liegen und unter Tränen und Händeringen mehrere Male ausrufen:
+"Ah, mon Dieu, mon Dieu!"
+
+Kaum hatte der Knabe seinem Vater dies hinterbracht, als der Fremde
+sich von dem Diener zu einer einsamen Unterredung melden ließ. Alle
+entfernten sich. Da trat der Alchimist herein, fiel auf die Knie,
+umfaßte die Füße des Bürgermeisters und flehte ihn unter heftigen
+Tränen an: er möge ihn nicht vor Gericht bringen, er möge ihn vor
+einem schmählichen Tode erretten.
+
+Der Bürgermeister, heftig über seine Rede erschrocken, fürchtete, der
+Mensch möge den Verstand verloren haben, hob ihn von der Erde auf und
+bat ihn freundlich: er möge ihm sagen, wie er auf so schreckliche
+Reden komme. Da erwiderte der Fremde: "Herr, verstellen Sie sich
+nicht, Sie und der Magister Möller kennen mein Verbrechen; der Vers
+von den drei Nüssen beweist es: tertia mors est, die dritte ist der
+Tod; ja, ja, eine bleierne Kugel war es, ein Druck des Fingers, und
+er schlug nieder. Sie haben sich verabredet, mich zu peinigen, Sie
+werden mich ausliefern, ich werde durch Sie unter das Schwert kommen."
+
+Der Bürgermeister glaubte nun die Verrücktheit des Alchimisten gewiß
+und suchte ihn durch freundliches Zureden zu beruhigen. Er aber ließ
+sich nicht beruhigen und sprach: "Wenn Sie es auch nicht wissen, so
+weiß es doch Ihr Hofmeister gewiß, denn er sah mich durchdringend an,
+als er sagte: ›tertia mors est‹." Nun konnte der Bürgermeister
+nichts anders tun, als ihn bitten, ruhig zu Bette zu gehen, und ihm
+sein Ehrenwort zu geben, daß weder er noch Möller ihn verraten würden,
+wenn irgend etwas Wahres an seinem Unglücke sein sollte. Der
+Unglückliche aber wollte ihn nicht eher verlassen, bis Möller gerufen
+war und ihm auch heilig beteuerte, daß er ihn nicht verraten wolle;
+denn daß auch er nicht das mindeste von seinem Unglücke wisse, wollte
+er sich auf keine Weise überreden lassen.
+
+Am folgenden Morgen entschloß sich der Unglückliche, von Kolmar nach
+Basel zu gehen, und bat den Magister Möller um eine Empfehlung an
+einen Professor der Medizin. Möller schrieb ihm einen Brief an den
+Doktor Bauhinus und reichte ihm denselben offen, damit er keine Art
+von Verdacht schöpfen könne. Er verließ das Haus mit Tränen und
+nochmaligem Flehen, ihn nicht zu verraten.
+
+Im folgenden Jahre um dieselbe Zeit, etwa drei Wochen später, als der
+Bürgermeister mit den Seinigen wieder Nüsse aß und sie sich dabei
+alle lebhaft an den unglücklichen Alchimisten erinnerten, ließ sich
+eine Frau bei ihm melden. Er hieß sie hereintreten; sie war eine
+Reisende in anständiger Tracht, sie trauerte und schien vom Kummer
+ganz zerstört, doch hatte sie noch Spuren von großer Schönheit. Der
+Bürgermeister bot ihr einen Stuhl an, stellte ihr ein Glas Wein und
+einige Nüsse vor; aber sie geriet bei dem Anblick dieser Frucht in
+eine heftige Erschütterung, die Tränen liefen ihr die Wangen herab:
+"Keine Nüsse, keine Nüsse!" sagte sie und schob den Teller zurück.
+
+Diese ihre Weigerung, mit der Erinnerung an den Alchimisten, brachte
+unter den Tischgenossen eine eigene Spannung hervor. Der
+Bürgermeister befahl dem Diener, die Nüsse sogleich wegzubringen, und
+bat die Frau, nach einer Entschuldigung, daß er ihren Abscheu vor den
+Nüssen nicht gekannt, um die Angabe des Geschäftes, das sie zu ihm
+geführt.
+
+"Ich bin die Witwe eines Apothekers aus Lyon", sagte sie, "und
+wünsche mich hier in Kolmar niederzulassen. Die traurigsten
+Schicksale nötigen mich, meine Vaterstadt zu verlassen."--Der
+Bürgermeister fragte sie um ihre Pässe, auf daß er versichert sein
+könne, daß sie ihr Vaterland frei von allen gerichtlichen Ansprüchen
+auf sie verlassen habe. Sie übergab ihre Papiere, die in der besten
+Ordnung waren und ihr den Namen der Witwe des Apothekers Pierre du
+Pont oder Petrus Pontanus gaben. Auch zeigte sie dem Bürgermeister
+mancherlei Atteste der medizinischen Fakultät von Montpellier, daß
+sie im Besitz der Fabrikationsrezepte vieler trefflicher Arzeneien
+sei.
+
+Der Bürgermeister versprach ihr alle mögliche Unterstützung bei ihrer
+Niederlassung und bat sie, ihm in sein Arbeitszimmer zu folgen, wo er
+ihr Empfehlungen an einige Ärzte und Apotheker der Stadt schreiben
+wollte. Als er nun die Frau die Treppe hinauf führte und oben über
+den Flur weg, kam dieselbe bei dem Anblick eines kindischen Gemäldes
+in eine solche Bestürzung, daß der Bürgermeister fürchtete, sie
+möchte an seinem Arme ohnmächtig werden; er brachte sie schnell auf
+seine Stube, und sie ließ sich unter bittern Tränen auf einen Stuhl
+nieder.
+
+Der Bürgermeister wußte die Veranlassung ihrer Gemütsbewegung nicht
+und fragte sie, was ihr fehle. Sie sagte ihm: "Mein Herr, woher
+kennen Sie mein Elend, wer hat das Bild an die Stubentüre geheftet,
+an welcher wir vorübergingen?" Da erinnerte sich der Bürgermeister
+an das Bild und sagte ihr, daß es die Spielerei seines jüngsten
+Sohnes sei, welcher eine Neigung habe, alle Ereignisse, die ihn näher
+interessierten, in solchen Malereien auf seine Art zu verewigen. Das
+Bild aber bestand darin, daß der Knabe, welcher das Jahr vorher den
+Alchimisten kniend und die Hände ringend in dieser Stube: "Ah, mon
+Dieu, mon Dieu!" hatte ausrufen hören, diesen in derselben Stellung
+und über ihn drei Nüsse mit dem Spruche: "Unica nux prodest, nocet
+altera, tertia mors est!" auf eine Pappe gemalt und an die Stubentüre,
+wo der Alchimist gewohnt, befestigt hatte.
+
+"Wie kann Ihr Sohn das schreckliche Unglück meines Mannes wissen?"
+sagte die Frau; "wie kann er wissen, was ich ewig verbergen möchte,
+und weswegen ich mein Vaterland verlassen habe?"
+
+"Ihres Mannes?" erwiderte der verwunderte Bürgermeister; "ist der
+Chemiker Todénus Ihr Mann? Ich glaubte nach Ihrem Passe, daß Sie die
+Witwe des Apothekers Pierre du Pont aus Lyon seien."
+
+"Die bin ich", entgegnete die Fremde, "und der Abgebildete ist mein
+Mann, du Pont; mir zeigt es die Stellung, in welcher ich ihn zuletzt
+gesehen, mir zeigt es der fatale Spruch und die Nüsse über ihm."
+
+Nun erzählte ihr der Bürgermeister den ganzen Vorfall mit dem
+Alchimisten in seinem Hause und fragte sie, wie er sich befinde, wenn
+er wirklich ihr Mann sei, der vielleicht unter fremdem Namen bei ihm
+gewesen wäre.
+
+"Mein Herr", erwiderte die Frau, "ich sehe wohl, das Schicksal selbst
+will, daß meine Schmach nicht soll verborgen bleiben; ich erwarte von
+Ihrer Rechtschaffenheit, daß Sie mein Unglück nicht zu meinem
+Nachteil bekanntmachen werden. Hören Sie mich an. Mein Mann, der
+Apotheker Pierre du Pont, war wohlhabend; er würde reich gewesen sein,
+wenn er nicht durch seine Neigung zur Alchimie vieles Geld
+verschwendet hätte. Ich war jung und hatte das große Unglück, sehr
+schön zu sein. Ach, mein Herr, es gibt schier kein größeres Unglück
+als dieses, weil keine Ruhe, kein Friede möglich ist, weil alles nach
+einem verlangt und verzweifelt und man in solche Bedrängnisse und
+Belagerungen kömmt, daß man sich manchmal gar, nur um des ekelhaften
+Götzendienstes los zu werden, dem Verderben hingeben könnte. Eitel
+war ich nicht, nur unglücklich; denn ich mochte mich auch absichtlich
+schlecht und entstellend kleiden, so wurde doch immer eine neue Mode
+daraus, und man fand es allerliebst. Wo ich ging und stand, war ich
+von Verehrern umgeben, ich konnte vor Serenaden nicht schlafen, mußte
+einen Diener halten, die Geschenke und Liebesbriefe abzuweisen, und
+alle Augenblick mein Gesinde abschaffen, weil es bestochen war, mich
+zu verführen. Zwei Diener in der Apotheke meines Mannes vergifteten
+einander, weil ein jeder von ihnen entdeckt hatte, daß der andere ein
+Edelmann sei, der aus Leidenschaft zu mir unter fremdem Namen in
+unsre Dienste gegangen war. Alle Leute, die in unsrer Offizin Arznei
+holten, waren dadurch schon im Verdacht, liebeskrank zu sein. Ich
+hatte von allem diesem nichts als Unruhe und Elend, und nur die
+Freude meines Mannes an meiner Gestalt hielt mich ab, mich an meiner
+Larve zu vergreifen und mich auf irgendeine Weise zu entstellen. Oft
+fragte ich ihn, ob er denn an meinem Herzen und guten Willen nicht
+genug habe; er möchte mir doch erlauben, mein Gesicht, das so vieles
+Unheil stifte, durch irgendein beizendes Mittel zu verderben. Aber
+er erwiderte mir immer: ›Schöne Amelie! Ich würde verzweifeln, wenn
+ich dich nicht mehr ansehen könnte; ich würde der unglücklichste
+Mensch sein, wenn ich den ganzen Tag in meinem rußigen Laboratorium
+vergebens geschwitzt habe und meine Augen abends nicht mehr an deinem
+Anblick erquicken könnte. Du bist der einzige klare Punkt in meiner
+finstern Bestimmung, und wenn ich alle meine Hoffnung habe nach
+schwerem Tagewerk zum Rauchfang hinausfliegen sehen, tritt mir alle
+meine Hoffnung am Abend in deiner Schönheit wieder entgegen.‹ Er
+liebte mich zärtlich, aber Gott segnete unsre Liebe nicht, wir hatten
+keine Kinder. Als ich ihm meine Trauer hierüber einst sehr lebhaft
+mitteilte, ward er finster und sprach: ›So Gott will und mir nicht
+alles mißlingt, wird uns auch diese Freude werden.‹ An einem Abend
+kam er spät nach Hause, er war ungewöhnlich froh und gestand mir, daß
+er heute mit einem sehr tief eingeweihten Adepten sich unterhalten
+habe, der einen lebhaften Anteil an ihm und mir zu nehmen scheinen
+und unsre Wünsche würden bald erfüllt werden. Ich verstand ihn nicht.
+
+Nach Mitternacht erwachte ich durch ein Geräusch; ich sah meine ganze
+Stube voll fliegender, leuchtender Johanniskäfer; ich konnte nicht
+begreifen, wie die Menge dieser Insekten in meine Stube gekommen sei;
+ich erweckte meinen Mann und fragte ihn, was das nur zu bedeuten habe.
+Zugleich sah ich auf meinem Nachttische ein prächtiges
+venetianisches Glas voll der schönsten Blumen stehen und daneben neue
+seidene Strümpfe, Pariser Schuhe, wohlriechende Handschuhe, Bänder
+und dergleichen liegen. Mir fiel ein, daß morgen mein Geburtstag sei,
+und glaubte, mein Mann habe mir diese Galanterie gemacht, wofür ich
+ihm herzlich dankte. Er aber versicherte mir mit den heiligsten
+Schwüren, daß diese Geschenke nicht von ihm herrührten, und die
+heftigste Eifersucht faßte zum erstenmal in ihm Wurzel. Er drang
+bald auf die rührendste und dann wieder heftigste Weise in mich, ihm
+zu erklären, wer diese Dinge hierher gebracht; ich weinte und konnte
+es ihm nicht sagen. Aber er glaubte mir nicht, befahl mir
+aufzustehen, und ich mußte mit ihm das ganze Haus durchsuchen, aber
+wir fanden niemand. Er begehrte die Schlüssel meines Schreibepultes,
+er durchsuchte alle meine Papiere und Briefschaften, er entdeckte
+nichts. Der Tag brach an, ich verzweifelte in Tränen. Mein Mann
+verließ mich sehr unmutig und begab sich nach seinem Laboratorium.
+Ermüdet legte ich mich wieder zu Bett und dachte unter bittern Tränen
+über den nächtlichen Vorfall nach; ich konnte mir auch gar nicht
+einbilden, wer den Handel könne angestellt haben, und verwünschte,
+indem ich mich selbst in einem Spiegel sah, der meinem Bette
+gegenüberstand, meine unglückliche Schönheit; ja, ich streckte gegen
+mich selbst, vor innerem Ekel, die Zunge heraus; aber leider blieb
+ich schön, ich mochte Gesichter schneiden, wie ich wollte. Da sah
+ich in dem Spiegel, aus einem der neuen Schuhe, die auf dem
+Nachttische standen, ein Papier hervorsehen. Ich griff hastig
+darnach und las unter heftiger Bestürzung folgendes Billett:
+
+
+
+Geliebte Amelie! Mein Unglück ist größer als je; Dich mußte ich
+meiden bis jetzt, und nun muß ich auch das Land fliehen, in dem Du
+lebst; ich habe in meiner Garnison einen Offizier im Duelle erstochen,
+der sich Deiner Begünstigung rühmte; man verfolgt mich, ich bin hier
+in verstellter Kleidung. Morgen ist Dein Geburtstag; ich muß Dich
+sehen, zum letzten Male sehen. Heute abend vor dem Tore findest Du
+mich in dem kleinen Wäldchen, unter den Nußbäumen, etwa hundert
+Schritte vom Wege, bei der kleinen Kapelle rechts. Wenn Du mir
+einiges Geld zu meiner Hülfe mitbringen kannst, so wird Dir es Gott
+vergelten. Ich Tor habe es nicht unterlassen können, die letzten
+wenigen Louisdore meines Vermögens an das kleine Geburtstagsgeschenk
+zu verwenden, das Du vor Dir siehst. Wie Du es erhalten, und was ich
+dabei gelitten, sollst Du selbst von mir hören. Schweigen mußt Du,
+kommen mußt Du, oder meine Leiche wird morgen in Deine Wohnung
+gebracht.
+
+Dein unglücklicher Ludewig.
+
+
+
+Ich las diese Zeilen mit der heftigsten Trauer; ich mußte ihn sehen,
+ich mußte ihn trösten, ich mußte ihm alles bringen, was ich hatte,
+denn ich liebte ihn unaussprechlich und sollte ihn auf ewig verlieren."
+
+Hier schüttelte der Bürgermeister lächelnd den Kopf und sprach: "So
+haben Sie also doch, meine Dame, für einen fremden Mann Zärtlichkeit
+empfunden?"
+
+Die Fremde erwiderte mit einem ruhigen Selbstgefühl: "Ja, mein Herr;
+aber verdammen Sie mich nicht zu früh, und hören Sie meine Erzählung
+ruhig aus. Ich raffte den ganzen Tag alles, was ich an Geld und
+Geschmeide hatte, zusammen und packte es in einen Bündel, den ich mir
+gegen Abend von unserer Magd nach einem Badehaus in der Gegend jenes
+Tores, vor welchem Ludewig mich erwarten sollte, tragen ließ. Dieser
+Weg hatte nichts Auffallendes, ich war ihn oft gegangen. Als wir
+dort angekommen waren, sendete ich meine Magd mit dem Auftrage zurück,
+mir um neun Uhr einen Wagen an das Badehaus zu senden, der mich nach
+Hause bringen solle. Sie verließ mich, ich aber ging nicht in das
+Badehaus, sondern begab mich mit meinem Bündelchen unter dem Arm vor
+das Tor nach dem Walde, wo ich erwartet wurde. Ich eilte nach dem
+bestimmten Orte, ich trat in die Kapelle, er flog in meine Arme, wir
+bedeckten uns mit Küssen, wir zerflossen in Tränen; auf den Stufen
+des Altares der kleinen Kapelle, die von Nußbäumen beschattet waren,
+saßen wir mit verschlungenen Armen und erzählten uns unter den
+zärtlichsten Liebkosungen unsre bisherigen Schicksale. Er
+verzweifelte schier, daß er mich nun nie, nie wiedersehen sollte.
+Der Abschied nahte; es war halb neun Uhr geworden, der bestellte
+Wagen erwartete mich. Ich gab ihm das Geld und die Juwelen, und er
+sagte zu mir: ›Amelie, hätte ich mich nur heute nacht vor deinem
+Bette erschossen, aber der Anblick deiner Schönheit im Schlafe
+entwaffnete mich. An dem Rebengeländer deines offenen Fensters bin
+ich in deine Stube geklettert und habe die Johanniskäfer fliegen
+lassen, an denen ich auf meiner ganzen Reise gesammelt, weil ich mich
+erinnerte, daß du sie liebtest; dann legte ich dir die neuen Schuhe
+und Strümpfe hin und nahm mir die mit, welche du am Abend abgelegt
+hattest; dein trocknet, ehrlicher Mann schien mir über seinen tollen
+Gedanken zu träumen, ich habe ihn gestern schon gesprochen, er
+begegnete mir hier im Walde botanisierend; es war schon düster, und
+da ich selbst Waldblumen dir zum Strauße suchte, hielt er mich für
+seinesgleichen, und wir gerieten in ein langes alchimisches Gespräch.
+Ich teilte ihm die Anweisung eines Mönches mit, der mich auf meiner
+letzten Reise in der Provence, als ich in einem Kloster übernachtete,
+lange von dem Geheimnis unterhielt, einen lebendigen Menschen auf
+chemischem Wege in einem Glase heraus zu destillieren. Dein guter
+Mann nahm alles für bare Münze, umarmte mich herzlich und bat mich,
+ihn bald zu besuchen, worauf er mich verließ; ach, er wußte nicht,
+daß ich ihn in derselben Nacht wirklich auf halsbrechendem Wege
+besuchen sollte. Wie muß ich dich bedauern, daß du kinderlos und
+eines solchen Toren Gattin bist!‹
+
+Ich war noch unwillig auf meinen Mann wegen seiner nächtlichen
+Eifersucht und sagte:›Ja, ich habe ihn als einen Toren kennengelernt.
+‹ Aber da die Zeit der Trennung fast verflossen war und ich meine
+Arme um ihn schlang und ausrief: ›Lebe wohl, lieber, lieber Ludewig!
+Sieh, wie diese heilige Stunde des Wiedersehens verflossen ist, so
+geht auch bald das ganze elende Leben dahin, habe ein wenig Geduld,
+alles ist bald zu Ende‹, da brach er drei Nüsse von einem Baume bei
+der Kapelle und sprach. ›Diese Nüsse wollen wir zu ewigem Angedenken
+noch zusammen essen, und sooft wir Nüsse sehen, wollen wir aneinander
+gedenken.‹ Er biß die erste Nuß auf, teilte sie mit mir und küßte
+mich zärtlich; ›ach‹, sagte er, ›da fällt mir ein alter Reim von den
+Nüssen ein, er fängt an: Unica nux prodest, eine einzige Nuß ist
+nützlich; aber es ist nicht wahr, denn wir müssen bald scheiden. Die
+folgenden Worte sind wahrer: Nocet altera, die zweite schadet; jawohl,
+jawohl, denn wir müssen bald scheiden!‹ Da umarmte er mich unter
+heftigen Tränen und teilte die dritte Nuß mit mir und sagte: ›Bei
+dieser sagt der Spruch wahr; o Amelie, vergiß mich nicht, bete für
+mich! Tertia mors est, die dritte Nuß ist der Tod!‹--Da fiel ein
+Schuß, Ludewig stürzte zu meinen Füßen; ›tertia mors est!‹ schrie
+eine Stimme durch das Fenster der Kapelle; ich schrie: ›O Jesus, mein
+Bruder, mein armer Bruder Ludewig erschossen!‹"
+
+"Allmächtiger Gott! Ihr Bruder war es?" rief der Bürgermeister aus.
+
+"Ja, es war mein Bruder", erwiderte sie ernst; "und nun erwägen Sie
+mein Leid, da mein Mann, als der Mörder, mit einer Pistole vor mich
+trat; er hatte noch einen Schuß in dem Gewehr, er wollte sich selbst
+töten; ich aber entriß ihm die Waffe und warf sie in das Gebüsch.
+›Flieh, flieh!‹ rief ich aus, ›die Gerechtigkeit verfolgt dich, du
+bist ein Mörder geworden!‹ Er war in Schmerzen versteinert, er wollte
+nicht von der Stelle; wir hörten Leute, die sich auf den Schuß von
+der Landstraße nahten, ich gab ihm das Geld und die Geschmeide, die
+ich meinem Bruder bestimmt hatte, und stieß ihn aus der Kapelle
+hinaus.
+
+Nun ließ ich meinem Wehgeschrei vollen Lauf, und die Ankommenden,
+unter welchen Männer waren, die mich kannten, brachten mich, wie eine
+halb Wahnsinnige, nach Hause. Der Leichnam meines Bruders ward auf
+das Rathaus gebracht; es begann eine gräßliche Untersuchung.
+Glücklicherweise fiel ich in ein hitziges Fieber und war lange genug
+ohne den Gebrauch meiner Sinne, um meinen Gemahl nicht eher verraten
+zu können, als bis er bereits in völliger Sicherheit über der Grenze
+war. Kein Mensch zweifelte, daß er der Mörder sei, weil er an
+demselben Abend verschwunden war. Die Verleumdung fiel nun mit ihren
+greulichsten Zungen über mich her.--Alles, was andre Frauen von mir
+sagten, die mich meines Elends, meiner Schönheit wegen beneideten,
+alle Schandreden der Männer, welche nichts an mir ärgern konnte als
+meine Tugend, will ich hier nicht wiederholen; genug, wenn ich sage,
+daß man mir den Beweis, der Ermordete sei mein Bruder, durch den
+schändlichsten Verdacht zu erschweren suchte. Alles wollte mich in
+den Staub treten, um über meine gehässige Tugend zu triumphieren.
+Dabei genoß ich der ekelhaftesten Teilnahme aller jungen Advokaten
+und war im Begriffe, vor Bedrängnis und Jammer wirklich den Verstand
+zu verlieren. Auf ein Testament meines Mannes, zugunsten meiner,
+ließ ich die Apotheke unter Administration setzen und zog mich auf
+mehrere Jahre in ein Kloster zurück. So verstummte endlich das
+Gespräch, und ich beschäftigte mich während dieser Zeit mit der
+Zubereitung der Arzneien für die Armen, welche die Klosterfrauen
+verpflegten."
+
+"Ihr Unglück rührt mich ungemein", entgegnete der Bürgermeister,
+"aber die Art, wie Sie von dem Betragen ihres Bruders sprachen,
+machte auch mir eher den Eindruck eines Geliebten als eines Bruders."
+
+"O mein Herr", erwiderte die Fremde, "dies eben war eine Hauptursache
+meines Leides; er liebte mich mit größerer Leidenschaft, als er
+sollte, und mit der kräftigsten Seele arbeitete er dieser bösen
+Gewalt meiner Schönheit entgegen. Er sah mich manchmal in mehreren
+Jahren nicht, ja, er durfte mir selbst nicht mehr schreiben; nur die
+Not hatte ihn bei dem letzten Vorfalle zu mir getrieben, und so
+konnte ich ihm meinen Anblick doch nicht versagen. Mein Mann kannte
+ihn nicht, und ich hatte ihn allein geheiratet, um die Leidenschaft
+meines Bruders entschieden zu brechen. Ach, er hat sie selbst
+gebrochen mit seinem Leben! Mein Mann, von seiner Eifersucht
+beunruhigt, hatte sein Laboratorium früh verlassen; die Magd sagte
+ihm, daß ich nach dem Badehause sei; es fuhr ihm der Gedanke an
+Verrat durch die Seele, er steckte eine doppelte Pistole zu sich und
+suchte mich in dem Badehause auf. Er fand mich nicht, aber hörte die
+Aussage der Bademeisterin, sie habe mich zum nahgelegenen Tore
+hinausgehen sehen. Da erinnerte er sich des Fremden, der gestern mit
+ihm in dem Wäldchen geredet und ihn auch nach seiner Frau gefragt
+hatte; er erinnerte sich, daß derselbe Johanniswürmer gefangen, sein
+Verdacht erhielt Gewißheit; er eilte nach dem Wäldchen, nahte der
+Kapelle, hörte das Ende unsrer Unterredung: tertia mors est--er
+beging die schreckliche Tat."
+
+"O, der unglückliche, arme Mann!" rief der Bürgermeister aus; "aber
+wo ist er, was macht er, was führt Sie hieher, konnten Sie ihm
+verzeihen, werden wir ihn hier wiedersehen?"
+
+"Wir werden ihn nicht wiedersehen, ich habe ihm verziehen, Gott hat
+ihm verziehen!" versetzte die Fremde; "aber Blut will Blut, er konnte
+sich nicht selbst verzeihen! Acht Jahre lebte er in Kopenhagen an
+dem Hofe des Königs von Dänemark, Christian des Vierten, als
+Hoflaborant; denn dieser Fürst war den geheimen Künsten sehr zugetan.
+Nach dem Tode desselben zog er an manchen norddeutschen Höfen herum.
+Er war immer unstet und von seinem Gewissen gepeinigt, und wenn er
+Nüsse sah und von Nüssen hörte, fiel er oft plötzlich in die
+heftigste Trauer. So kam er endlich zu Ihnen, und als er hier den
+unglücklichen Vers hörte, floh er nach Basel. Dort lebte er, bis die
+Nüsse wieder reiften; da ward seine Unruhe unaufhaltsam; seine Zeit
+war abgelaufen; er reiste ab nach Lyon und lieferte sich selbst den
+Gerichten aus. Er hatte vor drei Wochen ein rührendes Gespräch mit
+mir, er war gut wie ein Kind, er bat mich um Vergebung--ach, ich
+hatte ihm längst vergeben. Er sagte mir, ich solle nach seiner
+schimpflichen Todesstrafe Frankreich verlassen und nach Kolmar reisen,
+dort sei der Bürgermeister ein sehr redlicher Mann. Zwei Tage
+hierauf ward er unter unzähligem Volkszulauf, bei der Kapelle, wo der
+Mord geschehen, enthauptet. Er kniete nieder in dem Kreise, brach
+drei Nüsse desselbigen Baums, welcher meinem Bruder die Todesnuß
+getragen hatte, teilte sie alle drei mit mir und umarmte mich
+nochmals zärtlich; dann brachte man mich in die Kapelle, wo ich
+betend an den Altar niedersank. Er aber sprach draußen: ›Unica nux
+prodest, altera nocet, tertia mors est‹, und bei diesem letzten Worte
+machte der Schwertstreich seinem elenden Leben ein Ende.--Dieses ist
+meine Geschichte, Herr Bürgermeister."
+
+Mit diesen Worten endete die Dame ihre Erzählung, der Bürgermeister
+reichte ihr gerührt die Hand und sagte: "Unglückliche Frau, nehmen
+Sie die Versicherung, daß ich von Ihrem Unglücke tief gerührt bin und
+das Vertrauen Ihres armen Mannes auf meine Redlichkeit auf alle Weise
+zu Ihrer Beruhigung wahr machen will."
+
+Indem er dies sprach und, seine Tränen unterdrückend, auf ihre Hand
+niedersah, bemerkte er einen Siegelring an ihrem Finger, der einen
+lebhaften Eindruck auf ihn machte; er erkannte auf ihm ein Wappen,
+das ihn ungemein interessierte. Die Dame sagte ihm, es sei der
+Siegelring ihres Bruders.--"Und sein Familienname heißt?" fragte der
+Bürgermeister lebhaft.--"Piautaz", erwiderte die Fremde; "unser Vater
+war ein Savoyarde und hatte einen Kram in Montpellier."
+
+Da wurde der Bürgermeister sehr unruhig, er lief nach seinem Pulte,
+er holte mehrere Papiere hervor, er las, er fragte sie um das Alter
+ihres Bruders, und da sie zu ihm sagte: "Heute würde er
+sechsundvierzig Jahre alt sein, wenn er noch lebte", sagte er mit
+freudigem Ungestüme: "Recht, ganz recht! Heute ist er so alt, denn
+er lebt noch. Amelie, ich bin dein Bruder! Ich bin von der Amme
+deiner Mutter gegen das Söhnlein des Mechanikus Maggi ausgewechselt
+worden; dein Bruder hat dich nicht geliebt, es war Maggis Sohn, der
+deines Bruders Namen trug und eines so unglücklichen Todes starb.
+Wohl mir, daß ich dich fand!"
+
+Die gute Dame konnte sich in diese Rede gar nicht finden; aber der
+Bürgermeister überzeugte sie durch ein über diesen Austausch von der
+Amme auf ihrem Todesbett aufgenommenes Protokoll, und sie sank ihrem
+neugefundenen Bruder in die Arme.
+
+Sie soll nachher dem Bürgermeister drei Jahre die Haushaltung geführt
+haben und, als er gestorben, in das Kloster zu St. Klara in Kolmar
+gegangen sein und demselben ihr ganzes Vermögen vermacht haben.
+
+
+Ende dieses Project Gutenberg Etextes "Die drei Nüsse", von Clemens
+Brentano.
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