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If you are not located in the United States, you'll have -to check the laws of the country where you are located before using this ebook. - - - - -Title: Thibaut und Savigny - Zum 100jährigen Gedächtnis des Kampfes um ein einheitliches bürgerliches Recht für Deutschland - - -Editor: Jacques Stern - -Release Date: January 1, 2016 [eBook #50813] - -Language: German - -Character set encoding: ISO-8859-1 - - -***START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK THIBAUT UND SAVIGNY*** - - -E-text prepared by Norbert H. Langkau, Heike Leichsenring, and the Online -Distributed Proofreading Team (http://www.pgdp.net) - - - -Anmerkungen zur Transkription: - - Mit ~ umschlossene Texte sind im Original in einer anderen - Schriftart (Antiqua) als der Haupttext (Fraktur) gedruckt. - Im Original sind auch die Abkürzung "Dr." und römische - Zahlen in Antiqua gedruckt; dies wurde für die elektronische - Fassung nicht übernommen. - - Umschließungen mit * zeigen "gesperrt" gedruckten Text an, - Umschließungen mit _ kursiven Text. - - Griechischer Text wurde transliteriert und ist mit = umschlossen. - - Eine Liste mit Korrekturen finden Sie am Ende des Buchs. - - - - - -THIBAUT UND SAVIGNY. - -Zum 100jährigen Gedächtnis -des Kampfes um ein einheitliches bürgerliches Recht -für Deutschland. - -1814. * 1914. - -Die Originalschriften -in ursprünglicher Fassung mit Nachträgen, -Urteilen der Zeitgenossen und einer Einleitung -herausgegeben - -von - -~DR.~ JACQUES STERN, -Amtsrichter in Berlin. - - - - - - - -Berlin, 1914. -Verlag von Franz Vahlen -~W~ 9, Linkstr. 16. - - - Jedes Volk hat seinen Tag in der Geschichte, - doch der Tag des Deutschen ist die Ernte der ganzen Zeit. - - *Schiller* - - (aus einem unvollendeten Gedicht von - Deutscher Größe, 1801). - - - - -Vorrede. - - -Klassische Schriften der Wissenschaft haben zunächst geschichtliche -Bedeutung, indem sie uns die Auffassungen der Vergangenheit kennen -lehren und damit die Keime der Gegenwart aufdecken. Darüber hinaus aber -haben sie bleibenden Wert, soweit sie allgemeine, von Zeit und Ort -unabhängige Gedanken enthalten. - -Die Streitschrift *Savignys*, des größten deutschen Juristen im -19. Jahrhundert, »Vom Beruf unsrer Zeit für Gesetzgebung und -Rechtswissenschaft«, veranlaßt durch *Thibauts* Schrift »Über -die Notwendigkeit eines allgemeinen bürgerlichen Rechts für -Deutschland«, gehört schon wegen ihrer programmatischen Bedeutung -für die »historische Schule« zu den klassischen Schriften der -Rechtswissenschaft. Die Kodifikation, die vor 100 Jahren Thibaut -erstrebt und Savigny bekämpft hat, und zwar nicht bloß für *seine* -Zeit, was im Gegensatze zur herrschenden Meinung über die alte und -bedeutsame Streitfrage *in diesem Buche bewiesen* werden soll, ist um -die Wende des 19. Jahrhunderts durch die Schaffung des Bürgerlichen -Gesetzbuchs für das Deutsche Reich zur Wirklichkeit geworden. Trotzdem -bleibt Savignys Gelegenheitsschrift mit ihrer »in der Geschichte -vielleicht einzig dastehenden Wirkung« (Jhering zum Gedächtnis -Savignys in den Jahrbüchern für Dogmatik V, 362) eben wegen der -in ihr enthaltenen allgemeinen Gedanken von dauerndem Werte. Aber -auch Thibauts Schrift ist mehr als ein interessantes Dokument der -Zeitgeschichte. Nicht bloß als unmittelbare Veranlassung der Arbeit -Savignys wird sie, untrennbar von dieser, fortleben, sondern als -das Beste und Nachhaltigste, was über den Nutzen einer Kodifikation -geschrieben worden ist. - -In den Kämpfen der Gegenwart um die Grundfragen der Rechtswissenschaft -greift man mit Recht immer wieder auf Savignys Programmschrift zurück; -auch an Rückblicken auf Thibauts Abhandlung fehlt es hierbei nicht. Es -ist daher nicht bloß ein Akt der Pietät, durch den der Juristenstand -sich selber ehrt, wenn er die Erinnerung an seine Führer, insbesondere -an den denkwürdigen Streit zwischen Thibaut und Savigny durch die -Verbreitung ihrer eigenen Worte wach erhält, sondern von unmittelbarem -praktischen Werte, beide Schriften vollständig im Original zur Hand zu -haben. - -Die Jünger der Rechtswissenschaft hören zwar auch heute schon in -den ersten Anfängen ihres Studiums die Namen Savigny und Thibaut -und die Titel ihrer beiden Schriften, zu Gesicht bekommen oder -gar gelesen haben sie aber nur verschwindend wenige unter unseren -heutigen deutschen Juristen. Es ist ein schlechter Trost, daß von -dem gleichen Schicksal die übrigen klassischen Werke der deutschen -Rechtswissenschaft nicht minder als die des Auslands betroffen werden. -Und doch liegt in ihnen ein Bildungsmittel ersten Ranges für die -juristische Jugend, dessen Wertschätzung unsere Zeit beinahe verlernt -hat. Der einstige Leiter des Reichsjustizamts und nachmalige preußische -Kultusminister Bosse schildert mit dem Gefühl der Dankbarkeit, wie ihn -im Jahre 1854 kurz nach seinem Eintritt in den praktischen Justizdienst -ein älterer Richter auf Savignys Schrift aufmerksam gemacht und welch -tiefen Eindruck nach Form und Inhalt er von ihr empfangen habe. (Vgl. -Bosse, Über Savignys Schrift »Vom Beruf unsrer Zeit für Gesetzgebung -und Rechtswissenschaft.« Im Hinblick auf die Herstellung eines -deutschen bürgerlichen Gesetzbuches. Deutsche Revue, 25. Jahrgang -[1900] S. 7 ff.) - -Wer dafür eintritt, daß der Sinn für das Große und Allgemeine nicht -im täglichen Getriebe juristischer Spezialarbeit untergehe, der wird -das beste Mittel zu diesem Ziele in den Schriften der *Klassiker der -Rechtswissenschaft* finden und schon die juristische Jugend auf sie -hinweisen. Aus dem Kreise dieser Werke eignen sich die beiden im -engsten Zusammenhange stehenden und darum hier vereinigten Schriften -Thibauts und Savignys im Kampfe um ein einheitliches bürgerliches -Recht für Deutschland wegen ihres Gegenstandes ganz besonders für den -Anfänger. Dieser durch die Klarheit der Darstellung und die Schönheit -der Sprache in einen ästhetisch würdigen Rahmen gestellte Gegenstand -gibt ihnen aber auch, was schon einige der ersten Kritiker Thibauts -hervorgehoben haben (Jenaische Allgem. Literatur-Zeitung 1814 Nr. 185; -Wiener Allgem. Literatur-Zeitung 1814 Nr. 98), ein Anrecht auf das -Interesse jedes gebildeten Deutschen. Klingt doch zudem durch diese -Schriften der Ton der echten Vaterlandsliebe, wie sie mit fortreißender -Gewalt in jener großen Zeit zum Durchbruch kam, da Deutschland sich aus -seiner tiefen Erniedrigung erhob. - -Besonderer Beachtung wert sind auch die schönen Worte, die Thibaut -dem Verhältnis zwischen Fürst und Volk in Deutschland widmet -- -noch unter dem frischen Eindruck des Heimgangs Carl Friedrichs, -des um die Entwicklung seines Landes hochverdienten Herrschers, -der »Zierde *Badens*«. Vornehmlich seiner Fürsorge verdankte die -alte Universität am Neckar nach ihrem Verfalle während der letzten -Pfälzer-Zeit die Epoche neuen Glanzes trotz einer Zeit des Krieges und -der Unruhe. Von *Heidelberg* ging Thibauts patriotischer Ruf durch -das befreite Deutschland und Heidelberg wurde der Mittelpunkt dieses -wissenschaftlich und kulturgeschichtlich bedeutungsvollen Streites; -hier ließ Savigny seine Gegenschrift erscheinen und hier legte Thibaut -in den Heidelbergischen Jahrbüchern seine weiteren Äußerungen in dieser -Frage nieder. - -Um die Wirkung auf die Zeitgenossen möglichst rein zu vergegenwärtigen, -sind beide Schriften in erster Ausgabe wortgetreu zum Abdruck gebracht. -Dem gleichen Zwecke, dem besseren Verständnisse, aber auch zunutze -der juristischen Literaturgeschichte dient die *Wiedergabe wichtiger -Stimmen der Zeit, und zwar in einer bisher noch nicht erreichten -Vollständigkeit*. Die Zusätze der Streitschriften in späteren Ausgaben -sind besonders zusammengestellt. - -Noch einem anderen, gerade von Savigny wiederholt und mit Nachdruck -als erstrebenswert bezeichneten Ziele (vgl. System des heutigen -Römischen Rechts, Vorrede S. XX ff.) bringt uns die Beschäftigung mit -den grundlegenden Werken der Rechtswissenschaft näher: der Herstellung -der ursprünglichen und natürlichen Einheit von Theorie und Praxis. -(Vgl. hierzu die Vorrede meiner »Einführung in die gerichtliche -Praxis«, Berlin 1914.) Auch heute noch, wie zu Savignys Zeiten, ja -sogar mehr noch als damals, krankt unser durch die Veränderung der -wirtschaftlichen Verhältnisse, die Fortschritte der Technik und des -Verkehrs, sowie mancherlei sonstige Einflüsse in neue Bahnen gelenktes -Rechtsleben an der unnatürlichen Kluft zwischen beiden Richtungen, -die nach seinen Worten die Gefahr in sich birgt, daß die Theorie zu -einem leeren Spiel, die Praxis zu einem bloßen Handwerk herabsinke. -Jetzt, wo wir im Bürgerlichen Gesetzbuch eine feste Grundlage unseres -Privatrechts haben, ist es an der Zeit, der Arbeit am Speziellen -zugunsten der Beschäftigung mit dem Grundlegenden, Allgemeinen -eine Schranke zu setzen. Die Zukunft der Rechtsentwicklung und des -Rechtsunterrichts in Deutschland liegt in einer die rechtsschöpferische -Kraft von Theorie und Praxis fördernden Verbindung dieser beiden Teile -eines Ganzen. - - Berlin, im Juni 1914. - - ~Dr.~ *Jacques Stern*. - - *Bemerkung*: Die in [Anmerkung Transkription: doppelte eckige] - Klammern gesetzten Zahlen bei den Schriften Thibauts und Savignys - bedeuten die Seiten der ersten Ausgaben. Die kleinen [Anmerkung - Transkription: in einfache runde Klammern gesetzten] Zahlen im - Text der Thibautschen Schrift verweisen auf die Nachträge (Abt. - II Nr. 1). Die Noten unter dem Text sind nach den Seiten des - vorliegenden Abdrucks nummeriert. - - - - -Inhaltsverzeichnis. - - - *Einleitung.* - - 1. Der wissenschaftliche Streit zwischen Thibaut und Savigny und - seine weitere Entwicklung 8 - - 2. Biographisches 26 - - 3. Bibliographisches 32 - - *I. Abteilung.* - - 1. *Thibaut*, Über die Notwendigkeit eines allgemeinen - bürgerlichen Rechts für Deutschland. 1814 35 - - 2. *Savigny*, Vom Beruf unsrer Zeit für Gesetzgebung und - Rechtswissenschaft. 1814 69 - - *II. Abteilung.* - - 1. Thibauts Nachträge zu seiner Schrift. 2. Ausgabe. 1814 167 - - 2. Thibauts Besprechung (Antikritik) der Schrift Savignys. 1814 174 - - 3. Urteile der Zeitgenossen zu den Streitschriften Thibauts und - Savignys. 1814-1818 185 - - 4. Anselm von Feuerbachs Urteil. 1816 195 - - 5. Savignys Nachträge zu seiner Schrift. 2. Auflage. 1828 202 - - 6. Bemerkungen 235 - - - - -Einleitung. - - -1. Der wissenschaftliche Streit zwischen Thibaut und Savigny und seine -weitere Entwicklung. - -Vor hundert Jahren, am 19. Juni 1814, acht Monate nach der Leipziger -Völkerschlacht, noch nicht drei Monate nach dem Einzuge der Verbündeten -in Paris, schrieb Anton Friedrich Justus *Thibaut*, Professor des -Rechts in Heidelberg, die Vorrede zu seiner Flugschrift »Über die -Notwendigkeit eines allgemeinen bürgerlichen Rechts für Deutschland«. -Diesen geschichtlichen Hintergrund und seinen inneren Zusammenhang -mit den Äußerungen deutschen Geisteslebens muß man von vornherein im -Auge behalten, will man Erfolg und Wirkung der Arbeit Thibauts recht -verstehen. - -Der Gedanke eines gemeinsamen deutschen bürgerlichen Rechts war nicht -neu. Aus der großen Zahl seiner Vertreter seit der Mitte des 17. -Jahrhunderts ragen die Namen *Conrings*, des Begründers der deutschen -Rechtsgeschichte, *Leibniz'*, des großen Polyhistors, *Thomasius'*, -des Naturrechtslehrers, hervor. (Das Naturrecht strebte aber nach -einzelstaatlicher Kodifikation.) Das 18. Jahrhundert zeigt das gleiche -Bild. So handelt z. B. im Jahre 1781 der Leipziger Christian Gottlob -Biener in seinen »Bedenklichkeiten bei Verbannung der ursprünglich -fremden Rechte aus Deutschland und Einführung eines allgemeinen -deutschen National-Gesetzbuches« im § 6 »Von der Notwendigkeit eines -allgemeinen Gesetzbuches im heiligen römischen Reiche«. Zu Anfang des -19. Jahrhunderts hatte die Kodifikationsidee ihre Freunde unter den -verschiedenen Geistesrichtungen: Staatsmänner, Dichter, Gelehrte, -zumal Juristen der Theorie und Praxis traten für sie ein.[A] Aber den -rechten Wiederhall, das allgemeine Interesse erweckte erst Thibaut -mit seiner Schrift; er hatte den geeigneten Zeitpunkt erfaßt und die -richtige Form gefunden. Die Idee selber lag wieder einmal im Zuge -der Zeit, gewissermaßen in der Luft. Leicht faßlich, das Fachmäßige -möglichst meidend, getragen vom Schwunge nationaler Begeisterung, der -den Verfasser beim Schreiben, die Zeitgenossen beim Lesen mit sich -riß, hat Thibauts Schrift das Verdienst, die Gründe für die Einheit -der Gesetzgebung (»über ihre Notwendigkeit ist nach Thibauts Schrift -fast nichts mehr zu sagen« -- äußerte ein Kritiker in der Jenaischen -Allg. Lit. Ztg. 1814 Nr. 217) vollständig und fortwirkend bis auf -das Bürgerliche Gesetzbuch unserer Zeit zusammengefaßt zu haben. Ihr -weiteres Verdienst liegt in der -- wenn auch nur äußeren -- Anregung -zu Savignys Gegenschrift »Vom Beruf unsrer Zeit für Gesetzgebung -und Rechtswissenschaft.« Im schweren Rüstzeug der Wissenschaft, -mit objektiver Ruhe und souveräner Beherrschung des Stoffes einem -Wunsche der Zeit mit schroffer Verneinung entgegentretend ist diese -Arbeit die erste programmatische Äußerung einer Richtung, die, unter -Verdrängung der bis dahin herrschenden nicht bloß der Wissenschaft, -sondern auch der Praxis verderblichen naturrechtlichen Anschauungen, -der Rechtswissenschaft neue zu glänzender Entwicklung führende Wege -gewiesen hat. - -Veranlaßt zur Abfassung seiner Schrift »Über die Notwendigkeit eines -allgemeinen bürgerlichen Rechts für Deutschland« wurde *Thibaut*, -der bereits früher gelegentlich in seinen Schriften (so in der -»Juristischen Enzyklopädie und Methodologie«, Altona 1797, § 102) -für den gleichen Gedanken eingetreten war, durch das Erscheinen des -Buches »Über den Code Napoleon und dessen Einführung in Deutschland« -(Hannover, bei den Gebr. Hahn, 1814, XVI u. 319 S. 8^o) von dem -hannoverschen Staatsmann August Wilhelm Rehberg (Besprechungen in der -Allg. Lit. Ztg., Halle und Leipzig, 1814 Nr. 1; Jenaische Allg. Lit. -Ztg. 1814 Nr. 79 bis 81). Thibaut schrieb in den Heidelbergischen -Jahrbüchern der Litteratur (1814 Nr. 1 und 2) eine ausführliche -Rezension[B] dieses gegen das französische Gesetzbuch weniger mit -juristischen, als mit politischen Waffen (den »sehr finstren Ideen« -Rehbergs) vorgehenden, die Rückkehr zu den alten Verhältnissen -predigenden und jede Kodifikation verwerfenden Buches. Im letzten -Punkte, wie auch z. B. Johann Georg Schlossers Vorschlag und Versuch -einer Verbesserung des deutschen bürgerlichen Rechts ohne Abschaffung -des römischen Gesetzbuchs, Leipzig 1777, und seine Briefe über die -Gesetzgebung, Frankfurt 1789, ein Vorläufer von Savignys Schrift! -Thibauts Rezension, die zunächst ohne Nennung seines Namens erschien, -von ihm aber bald als seine Arbeit anerkannt wurde, verteidigt gegen -Rehberg das französische Gesetzbuch an zahlreichen Beispielen, um an -anderen dessen große Schwächen nachzuweisen, und gelangt schließlich -in beredten Worten zur Forderung eines deutschen Nationalgesetzbuchs. -Diesen wichtigen Gegenstand entwickelte Thibaut dann in seiner Schrift -»Über die Notwendigkeit eines allgemeinen bürgerlichen Rechts für -Deutschland« und zwar, wie er in der Vorrede sagt, der Aufforderung -achtungswerter Männer folgend. Über die Entstehung der Schrift, von -der sich eine Selbstanzeige in Nr. 33 der Heidelbergischen Jahrbücher -der Litteratur 1814 befindet, berichtet Thibaut selbst (Über die -sogenannte historische und nicht-historische Rechtsschule, Archiv für -die civilistische Praxis, Bd. 21 [1838] S. 393 f.): »Im Jahre 1814, -als ich viele deutsche Soldaten, welche auf Paris marschiren wollten, -mit frohen Hoffnungen im Quartier hatte, war mein Geist sehr bewegt. -Viele Freunde meines Vaterlandes lebten und webten damals mit mir -in dem Gedanken an die Möglichkeit einer gründlichen Verbesserung -unsres rechtlichen Zustandes, und so schrieb ich, -- höchstens nur -in vierzehn Tagen, -- recht aus der vollen Wärme meines Herzens eine -kleine Schrift über die Notwendigkeit eines allgemeinen bürgerlichen -Rechts für Deutschland, worin ich zu zeigen suchte: unser positives -Recht, namentlich das Justinianeische, sey weder materiell noch formell -unsern jetzigen Völkern anpassend, und den Deutschen könne nichts -heilsamer seyn, als ein, durch Benutzung der Kräfte der gebildetsten -Rechtsgelehrten verfaßtes bürgerliches Recht für ganz Deutschland, -wobei aber doch jedes Land für das Wenige, was seine Localität -erfordre, seine Eigenheiten behalten möge.« - -Der *Gedankengang* der Thibautschen Schrift ist folgender: - -Ausgehend davon, daß Deutschland auch nach seiner jetzt errungenen -Befreiung die volle politische Einheit nicht finden werde, sieht -Thibaut in dieser dem Nationalcharakter angepaßten Zersplitterung -eine Quelle für den Reichtum des Mannigfaltigen und Eigentümlichen, -vorausgesetzt, daß sich die Landesfürsten in die kleineren Verhältnisse -ihrer Staaten zu schicken wissen. Alsbald wendet er sich von diesen -politischen Betrachtungen, die zum Teil auf berechtigten Widerstand -stießen (»Gott verhüte eine so wenig enge Verbindung der einzelnen -Staaten, als wir in den letzten Jahrhunderten hatten«, sagte ein -Kritiker in der Allg. Lit. Ztg., Halle und Leipzig, 1814 Nr. 152), -unter Berufung auf seine langjährige Tätigkeit als Zivilist dem -Wunsche nach einer Neugestaltung des bürgerlichen Rechtes zu, -worunter er das Privat- und Kriminalrecht, sowie den Prozeß versteht. -Nirgends in Deutschland sei den an jede Gesetzgebung zu stellenden -zwei Anforderungen formeller und materieller Vollkommenheit -(gemeint sind klare und erschöpfende Bestimmungen, sowie eine -zweckmäßige Anordnung der Rechtsverhältnisse) genügt: unser ganzes -einheimisches Recht sei ein endloser Wust einander widerstreitender, -vernichtender, buntscheckiger Bestimmungen, ganz dazu geartet, die -Deutschen von einander zu trennen und den Richtern und Anwälten die -gründliche Kenntnis des Rechts unmöglich zu machen. Dazu komme seine -Unvollständigkeit, so daß meist auf das rezipierte römische und -kanonische Recht zurückgegriffen werden müsse. Im römischen Recht, -dessen Größe und Bedeutung für die juristische Schulung anzuerkennen -sei, hätten wir ein Gesetzbuch, dessen (authentischen) Text wir -nicht besäßen und dessen zahlreiche Lesarten zu einer Unsicherheit -des Rechtszustandes führten. Vor allem aber fehle uns wegen der -Verschiedenheit der römischen und deutschen Rechtsanschauungen der -Schlüssel zu der ganzen Kompilation. Ein deutsches Nationalgesetzbuch -werde in wissenschaftlicher Beziehung (damit beginnt Thibaut »den -Gelehrten zu gefallen«!) die Übersicht über das ganze Recht gewähren -und im akademischen Unterricht die Darstellung des praktischen Rechts -ermöglichen. Es werde aber auch das »Glück der Bürger« begründen, -für deren Verkehr die örtliche Kollision der Gesetze eine Plage sei -und die Einheit der Zivilgesetze eine Notwendigkeit bilde. Eine -gute Gesetzgebung sei freilich das schwerste unter allen Geschäften -und nicht von Einzelstaaten oder Einzelnen, vielmehr nur durch -das Zusammenwirken der namhaftesten Kräfte zu erreichen -- unter -feierlicher Garantie der auswärtigen großen alliierten Mächte. Diese -letzte Forderung ist Thibaut bereits von manchen Zeitgenossen mit -Recht verdacht worden. (Vgl. die Besprechungen in der Jenaischen Allg. -Lit. Ztg. 1814 Nr. 185, in der Allg. Lit. Ztg., Halle und Leipzig, -1814 Stück 267 und in der Wiener Allg. Lit. Ztg. 1814 Nr. 98.) Den -möglichen Einwendungen gegen die Forderung eines Nationalgesetzbuches --- heimlichen (Beschränkung der Landesfürsten, Furcht vor Neuerungen -und Umwälzungen) und öffentlichen (Berücksichtigung der örtlich -verschiedenen Verhältnisse, Heiligkeit des Herkömmlichen), -schließlich solchen wegen der Kosten und der langen Dauer eines -derartigen Gesetzgebungsunternehmens (die er auf zwei bis vier Jahre -veranschlagt!) -- sucht Thibaut im Schlußteile der Schrift von -vornherein zu begegnen. - -Thibauts Schrift hat ihren Zweck nicht erreicht; sie konnte es wohl -auch nicht, wie die rechtlichen (wissenschaftlichen und praktischen) -Verhältnisse und die politischen Dinge in dem durch Kriege geschwächten -und innere Gegensätze zerrissenen Deutschland damals lagen, und -Savignys literarisch weit höher stehende, ihrem Verfasser in diesem -Betracht den Sieg sichernde Gegenschrift ist, darüber kann kein -Zweifel sein, ohne Einfluß auf Thibauts Mißerfolg gewesen. Bereits -im Jahre 1816 schrieb Savigny (Zeitschrift für geschichtliche -Rechtswissenschaft Bd. 3 S. 11): »Im Ernst wird Niemand behaupten, daß -ohne jene Stimmen ein allgemeines Gesetzbuch wahrscheinlich zu Stande -gekommen wäre.« Aber was Thibaut, wie vor ihm kein anderer erreicht -hat, war, wie gesagt, die Erweckung des allgemeinen Interesses für -die Frage eines einheitlichen deutschen Gesetzbuchs, dessen nationale -und praktische Bedeutung er richtig erkannt und hervorgehoben hat, -und die bis dahin nirgends so vollständig gegebene, auch in der -Entstehungsgeschichte unseres Bürgerlichen Gesetzbuchs durchweg und -im wesentlichen unverändert verwertete Zusammenstellung aller für -die zivilistische Rechtseinheit anzuführenden Gründe. (Vgl. hierzu -Brunner, Die Rechtseinheit, Akademische Festrede, Berlin 1877, und -Vierhaus, Die Entstehungsgeschichte des Entwurfs eines Bürgerlichen -Gesetzbuchs für das Deutsche Reich, Berlin 1888.) Seine Irrtümer liegen -hauptsächlich in der Verkennung der damaligen Zeitverhältnisse, in der -Überschätzung der Bedeutung einer Kodifikation für Rechtswissenschaft -und Rechtsstudium und in der Unterschätzung der Schwierigkeiten -bei Ausarbeitung eines Gesetzbuchs, insbesondere hinsichtlich der -Zeitdauer, des Arbeitsplans und der Zusammensetzung der Kommission. - -Angeregt durch Thibauts Schrift trat *Savigny* mit seinen längst -gefaßten und ausgereiften, die Lehre der historischen Schule bildenden -Gedanken anstatt in der üblichen wissenschaftlichen Form zuerst in -der einer Gelegenheitsschrift hervor, die aber eben wegen dieser -gekennzeichneten Eigenschaft der Gedanken keinen der sonst den -Schriften dieser Art zumeist anhaftenden Mängel aufweist. (Vgl. auch -Savignys Vorrede zur 2. Ausgabe der Schrift vom »Beruf«.) - -Über die Entstehung der Savignyschen Arbeit schrieb Niebuhr, der -ausgezeichnete Staatsmann und Altertumsforscher, am 1. November 1814 an -seine Seelenfreundin Dora Hensler: »Savigny hat eine der Thibautschen -Schrift ganz entgegengesetzte geschrieben: er hat, nach meiner Meinung, -sehr zart und milde gegen Thibaut geschrieben und mit Wärme das -Verdienst seiner Opposition gegen die Einführung des Code Napoléon -anerkannt. Ich wollte, daß Jemand Thibaut zur Ruhe reden könnte. Mir -ist dieser Streit schmerzlich. Savigny ist äußerst tätig und in einer -Regsamkeit wie fast nie.« (Lebensnachrichten über Barthold Georg -Niebuhr, Hamburg 1838, 2. Bd. S. 125.) - -Am gleichen Tage schrieb Jacob an Wilhelm Grimm: »Du wirst von Savigny -seine Schrift über Gesetzgebung erhalten haben, die mir gar wohl -gefallen hat, in unsere Meinungen stimmt und sie bestätigt.... Es ist -mir gar lieb, daß Savigny diese Abhandlung geschrieben hat, sie ist -auch ganz wie er.« (Briefwechsel zwischen Jacob und Wilhelm Grimm, -Weimar 1881, S. 371, 372, 398, 470.) - -Bevor wir auf den Inhalt der Schrift Savignys näher eingehen, sei -gleichsam als erster Wegweiser durch ihre vielfach verschlungenen -Gedankengänge der Worte Rudolf v. Jherings, seines größten Schülers -und späteren machtvollen Bekämpfers, gedacht: »Die dauernde Bedeutung -jener Schrift liegt in dem Apparat allgemeiner Ideen, den Savigny -gegen seine Gegner in Bewegung zu setzen für nötig hält: eine Theorie -über die geschichtliche Natur des Rechts, verbunden mit einer Skizze -der Hauptmomente in der Entwickelungsgeschichte des Rechts, und als -»geschichtliche« Auffassung gegenübergestellt der bisher herrschenden -rationalistischen Auffassung.« (Jahrbücher für Dogmatik V, 364.) - -Der *Gedankengang* der Savignyschen in zwölf Kapitel gegliederten -Schrift läßt sich dahin zusammenfassen: - -In der Einleitung sagt Savigny, daß er den Streit um ein -gemeinschaftliches Gesetzbuch für Deutschland als einen friedlichen -und nicht als feindlichen führen wolle. Die Bestrebungen auf -Vereinheitlichung des bürgerlichen Rechts seien auf zwei durch -das Natur- oder Vernunftrecht vermittelte irrige Auffassungen -zurückzuführen: einmal auf die ungeschichtliche Richtung der -Aufklärungsperiode, sodann auf jene Ansicht von der Entstehung alles -positiven Rechts, nach welcher im normalen Zustande *alles Recht aus -Gesetzen*, d. h. ausdrücklichen Vorschriften der höchsten Staatsgewalt -entsteht und die Rechtswissenschaft lediglich den Inhalt der Gesetze -zum Gegenstande hat. - -So kommt er auf die Frage nach der Entstehung des positiven Rechts -(Kap. 2). Bereits zu Beginn urkundlicher Geschichte hat nach ihm -das Recht kein selbständiges Dasein für sich; es ist dem Volke -eigentümlich, so wie seine Sprache, Sitte, Verfassung. Zu einem Ganzen -verknüpft werden sie durch die gemeinsame Überzeugung des Volkes -(gleichbedeutend mit dem, von Savigny in seiner Schrift jedoch noch -nicht gebrauchten, Ausdruck »Volksgeist«), das gleiche Gefühl innerer -Notwendigkeit, welches den Gedanken einer zufälligen und willkürlichen -Entstehung des Rechts ausschließt. Ursprünglich verkörpern sich die -Regeln des Rechts in symbolischen Handlungen der Völker. Aber auch -für das Recht gibt es, hierin ebenfalls der Sprache vergleichbar, -keinen Augenblick absoluten Stillstandes. Es ist mit Notwendigkeit -derselben Bewegung und Entwickelung unterworfen, wie jede andere -Richtung des Volkes. Diese Sätze, in denen der Grundgedanken Savignys -und damit auch das Glaubensbekenntnis der historischen Schule liegt, -waren, wie Windscheid sagt, eine Offenbarung für ihre Zeit, sie sind -auch heute trotz mannigfacher Angriffe gegen die historische Schule -unerschüttert. Bei steigender Kultur, mit der Ausgestaltung rechtlicher -Einzelheiten und der Bildung eines besonderen Juristenstandes, -fällt, wie Savigny weiter lehrt, dies gemeinsame Bewußtsein, diese -gemeinsame Überzeugung des Volkes als Ganzen dem Bewußtsein der -Juristen anheim, von welchen das Volk nunmehr in dieser Funktion -repräsentiert wird. Auch jetzt bleibt aber das Recht noch ein Teil des -gesamten Volkslebens (»politisches Element des Rechts«) im Gegensatze -zum abgesonderten wissenschaftlichen Leben des Rechts (»technisches -Element des Rechts«). Nach Savigny, der als seine Vorläufer Gustav -Hugo ([+] 1844) und Justus Möser ([+] 1794) bezeichnet, entsteht das -Recht also erst durch Sitte und Volksglaube (»als Gewohnheitsrecht«), -dann durch Jurisprudenz, überall also durch innere, stillwirkende -Kräfte, nicht durch die Willkür eines Gesetzgebers. Freilich ist der -Einfluß der Gesetzgebung, fremden Rechts, örtlicher oder anderer -Verhältnisse nicht ausgeschlossen. Dieser Einfluß der *Gesetzgebung* -auf das bürgerliche Recht (Kap. 3) kann nach Savigny auf dreierlei -Gründen beruhen: erstens dem Willen des Gesetzgebers zur Erreichung -höherer politischer Zwecke; zweitens der Beseitigung vorhandener -rechtlicher Zweifel und Unklarheiten; drittens (von den beiden ersten -Gründen ganz verschieden) der *Kodifikation* des gesamten, auf seine -Brauchbarkeit zu untersuchenden Rechtsvorrats. Die Kodifikation kann -von Staats wegen oder von einzelnen Rechtsgelehrten vorgenommen werden; -sie bezweckt einmal höchste Rechtsgewißheit, sodann Besserung und -Berichtigung der äußeren Grenzen der Gültigkeit infolge der Ersetzung -der verschiedenen Lokalrechte durch ein allgemeines Nationalrecht. -Dieser zweite (äußere) Vorteil wird später in besonderer Anwendung auf -Deutschland näher betrachtet (Kap. 5). Der erste (innere) Vorteil der -größeren Rechtsgewißheit, den Savigny im Anschluß an die Meinung des -englischen Philosophen und Lordkanzlers Francis Bacon (von Verulam [+] -1626) näher betrachtet, hängt von der Vortrefflichkeit der Ausführung -ab. Was beibehalten werden soll, muß gründlich erkannt und richtig -ausgesprochen werden. Nach seiten des Stoffs sei Vollständigkeit des -Gesetzbuchs, aber nicht durch Kasuistik, sondern durch Erkenntnis -der leitenden Grundsätze (sie gebe der juristischen Arbeit den -wissenschaftlichen Charakter) zu erstreben; nach seiten der Form -(Darstellung, Sprache des Gesetzes) sei die Schwierigkeit nicht minder -groß. Hiernach werde nur in sehr wenigen Zeiten, die er in solche -jugendlicher Völker, mittlere und sinkende scheidet, die Fähigkeit zur -Schaffung eines vortrefflichen Gesetzbuchs vorhanden sein. »Also bleibt -nur eine mittlere Zeit übrig, diejenige, welche gerade für das Recht, -obgleich nicht notwendig auch in anderer Rücksicht, als Gipfel der -Bildung gelten kann. Allein eine solche Zeit hat für sich selbst nicht -das Bedürfnis eines Gesetzbuchs; sie würde es nur veranstalten können -für eine folgende schlechtere Zeit, gleichsam Wintervorräte sammlend. -Zu einer solchen Vorsorge aber für Kinder und Enkel ist selten ein -Zeitalter aufgelegt.« - -Seine bisher entwickelten Theorien sucht Savigny nun durch Anwendung -auf das römische Recht (Kap. 4) und das »Bürgerliche Recht in -Deutschland« (Kap. 5) klarer und überzeugender zu machen. Der große -Kenner des römischen Rechts und seiner Geschichte hat in dem 4. -Kapitel einen Glanzpunkt seiner Schrift geschaffen. Im 5. Kapitel -werden zunächst die Klagen über den Rechtszustand in Deutschland als -unbegründet bezeichnet: An der übermäßig langen Dauer der Prozesse sei -nicht das bürgerliche Recht, sondern das schlechte Prozeßverfahren -schuld; die große Verschiedenheit der Landesrechte sei kein Mangel, -sondern ein die Individualisierung der Rechtsbildung fördernder -Vorzug. Den Mittelpunkt der Schrift bildet das 6. Kapitel »Unser Beruf -zur Gesetzgebung«. An der Ehe und dem Eigentum als Repräsentanten -des auch den Nichtjuristen interessierenden Familienrechts und des -der juristischen Technik allein überlassenen Vermögensrechts zeigt -Savigny, daß die Fähigkeit zu gesetzgeberischen Reformen von der -Ausbildung unserer juristischen Technik abhänge. Der für den Juristen -unentbehrliche zweifache, historische und systematische, Sinn sei -im 18. Jahrhundert selten; eine gute Darstellung des »Systems des -Römisch-Deutschen Rechts« in Buchform gebe es nicht; die deutsche -juristische Literatur habe mit der allgemeinen literarischen Bildung -nicht Schritt gehalten. Der Zeit, die zwar Spuren eines lebendigeren -Geistes in der Rechtswissenschaft erkennen lasse, sei hiernach die -Fähigkeit zur Schaffung eines guten Gesetzbuchs abzusprechen. Um so -mehr, als es wie an der Beherrschung des Stoffs, so auch an der der -Sprache des Gesetzes mangele. Die drei neuen Gesetzbücher, der ~Code -civil~, das Allgemeine Preußische Landrecht und das Österreichische -Gesetzbuch, werden zum Beweise seiner Theorie im 7. Kapitel (der -schwächsten Partie der Schrift) einer Kritik unterzogen, die ungünstig -ausfällt: noch am besten kommt das preußische Gesetzbuch davon, am -schlechtesten das französische. (Das Tribunal von Montpellier wird -wegen seines Ausspruchs über die Rechtsunsicherheit als Folge der -zweifelhaften Natur des subsidiären Rechts und seines Vorschlags -zur Abhilfe *ohne* ein Gesetzbuch gelobt.) So gelangt Savigny zu -nachstehenden Schlußfolgerungen, je nachdem in einem Lande keine -Gesetzbücher -- wie im Gebiet des gemeinen Rechts -- (Kap. 8) -oder bereits solche vorhanden sind (Kap. 9). Dort habe sich die -Gesetzgebung für das bürgerliche Recht auf die Entscheidung von -Kontroversen und die Verzeichnung alter Gewohnheiten zu beschränken, -hier seien die bestehenden Gesetzbücher (abgesehen vom ~Code civil~, -einer überstandenen politischen Krankheit) nicht abzuschaffen. Das -Rechtsstudium sei in beiden Fällen das gleiche. *Dort* werde der -Juristenstand, geschult an einer nach historischer Methode entwickelten -Rechtswissenschaft wieder »ein Subjekt für lebendiges Gewohnheitsrecht« -werden. »Der Zustand klarer, anschaulicher Besonnenheit, welcher dem -Recht jugendlicher Völker eigen zu sein pflegt, wird sich mit der Höhe -wissenschaftlicher Ausbildung vereinigen. Dann kann auch für zukünftige -schwächere Zeiten gesorgt werden, und ob dieses durch Gesetzbücher oder -in anderer Form besser geschehe, wird dann Zeit sein zu beraten. Daß -dieser Zustand jemals eintreten werde, sage ich nicht: dieses hangt von -der Vereinigung der seltensten und glücklichsten Umstände ab.« *Hier* -seien nach wie vor das alte Recht und seine Quellen geschichtlich zu -erforschen und zu lehren. Das einigende Band des deutschen Rechts -erblickt Savigny in den Universitäten (Kap. 10). »Thibauts Vorschlag« -ist das 11. Kapitel gewidmet. Mit Thibaut, der sich zu Recht als -Vaterlandsfreund bezeichne, erstrebe er als gleiches Ziel die Grundlage -eines sicheren Rechts, die Gemeinschaft der Nation und Konzentration -ihrer wissenschaftlichen Bestrebungen auf dasselbe Objekt -- aber -mit verschiedenen Mitteln: Nicht durch Schaffung eines Gesetzbuchs, -wie Thibaut wolle, sondern durch eine organisch fortschreitende -Rechtswissenschaft sei dem Übel, das nicht in den Rechtsquellen, -sondern in uns liege, zu steuern. Auch in der praktischen Ausführung -seines Gedankens seien Irrtümer Thibauts nachzuweisen: die von ihm -angenommene kurze Dauer der Abfassung, die Herstellung durch ein -Kollegium statt durch *einen* Mann, die zwar notwendige, aber mangels -einer geeigneten Gesetzessprache nicht zu erreichende Popularität des -Werkes. Der Schluß (Kap. 12) gibt eine kurze Zusammenfassung, die in -eine Lobpreisung der deutschen Rechtswissenschaft aus Melanchthons -Munde ausläuft. - -Der *ewige Wert* der Schrift Savignys als programmatischer Äußerung -der historischen Rechtsschule und damit zugleich als Ausgangspunkt -für eine neue Grundlegung der Rechtswissenschaft mit Wirkung über -diese hinaus auf die Gesamtheit der Geisteswissenschaften ist bereits -hervorgehoben. Die wesentlichsten Irrtümer der Savignyschen Schrift -liegen gerade in der Behandlung der *Gesetzgebungsfrage*. Sie stehen -mit den eigentlichen Lehren der historischen Rechtsschule nur in loser -Verbindung (vom »Einfluß der Gesetzgebung auf das Fortschreiten des -Rechts« handelt Savigny selbst im System des heutigen Römischen Rechts -I § 13) und lassen sich zum Teil aus den Zeitverhältnissen erklären. -Daher sollen sie gleich jetzt betrachtet werden, ehe ein Blick auf -Ursprung und weitere Entwickelung der historischen Schule geworfen wird. - -Der Zusammenhang der Ausführungen, in denen Savigny *seiner* Zeit -- -wohl mit Recht -- den Beruf zur Gesetzgebung (womit die für unsere -Betrachtung allein wesentliche Kodifikation des bürgerlichen Rechts im -Gegensatze zur Einzelgesetzgebung[C] gemeint ist) abspricht (Kap. 3 und -6), zwingt zu dem Schlusse, daß er diese Fähigkeit -- sicherlich zu -Unrecht -- allgemein für *jedes* Volk und *jede* Zeit verneint: ihm ist -die Kodifikation ein Hemmnis organischer Rechtsentwickelung. - -Wir stehen hier vor einer alten und bedeutsamen Streitfrage. Sie ist -nur in letzterem Sinne zu beantworten. Sie konnte nur entstehen, weil -Savigny mehrere zur Gesetzgebungsfrage gehörende und deshalb zwar -zusammenhängende, aber doch verschiedene Gegenstände in engem Rahmen -gemeinsam behandelt hat. (Vgl. hierzu L. Spiegel, Gesetz und Recht, -München u. Leipzig 1913, S. 77 ff.) - -Die *herrschende* Meinung, wonach Savigny in der *Streitschrift* -lediglich *seiner* Zeit die Fähigkeit zur Gesetzgebung im Sinne einer -Kodifikation des gesamten Vorrats an bürgerlichem Recht abspreche, -stützt sich insbesondere auf den Titel seiner Schrift und auf -Wendungen, wie »unsre Zeit«, »unser Beruf« »wir« ... Damit ist aber von -Savigny nur gemeint, daß seiner Zeit ganz besonders diese Fähigkeit -mangele. Anders ist namentlich die oben wiedergegebene Stelle, die von -der Eignung einer Zeit zur Gesetzgebung handelt, nicht zu verstehen, -die einzige, die Wilhelm Grimm tadelnswert findet, weil sie die -Hoffnung hinter sich läßt (s. u. Abt. II, 3): »daß dieser Zustand -*jemals* eintreten werde, sage ich nicht« (S. 134, 25, 160 der ersten -Ausgabe). Die hier gegebene Auslegung, wonach Savigny ein Gegner jeder -Kodifikation ist und sie nur unter ganz ausnahmsweisen Bedingungen -für ausführbar erklärt, ist bereits von Gierke, Landsberg (bezüglich -der Einzelgesetzgebung abweichend) u. a. vertreten worden. (Vgl. -Landsberg, Geschichte der deutschen Rechtswissenschaft III, 2 S. 202.) -Im folgenden soll ein *Beweis* für ihre Richtigkeit geführt werden: - -Unter allen seinen Kritikern, mit denen sich Savigny in den »Stimmen -für und wider neue Gesetzbücher« (s. u. Abt. II, 5) auseinandersetzt, -spendet er *Schrader*, dem durch die Ausführungen Savignys über die -Trefflichkeit des Prätorischen Edikts angeregten Verfasser der Schrift -»Die Prätorischen Edikte der Römer auf unsere Verhältnisse übertragen, -ein Hauptmittel unser Recht allmählich gut und volksmäßig zu bilden«, -Weimar 1815, die höchste Anerkennung. Bei Schrader findet sich nun -nachstehende kurze Inhaltsangabe der Savignyschen Schrift: »~_Sie -zeigt hauptsächlich, wie der Rechtszustand bei den Völkern sich zu -entwickeln pflege; wie schwer es überall sei, ihn durch Gesetzgebung -löblichen Absichten gemäß zu ordnen; wie wenig dieses besonders bei -uns möchte erreicht werden können. Das Resultat geht dahin, daß den -dringenden Bedürfnissen in Beziehung auf den Prozeß durch Gesetze -abgeholfen; im Übrigen aber, da vom Mangel an genauer Rechtskenntnis, -an wahrer Beherrschung unseres mannigfachen rechtlichen Stoffes, die -meisten Fehler herrühren, das Rechtsstudium recht tüchtig getrieben -werde; und die gesetzgebende Behörde nur durch einzelne Entscheidungen -eingreife._~« Schrader, der, wie er von sich sagt, in den allgemeinen -Grundlagen »am Meisten mit Savigny übereinstimmt«, faßt seine eigenen -Ausführungen dahin zusammen, »~_daß Gesetzbücher zu erlassen, eine -sehr bedenkliche, kaum je zu empfehlende Unternehmung ist_~; daß -dieselbe außerdem auf keinen Fall die fortlaufende Leitung der -Selbstbildung des Rechts überflüssig macht. Diese ~_kann_~ durch stete -Tätigkeit der Gesetzgebung mittelst einzelner Verordnungen erfolgen; -aber zweckmäßiger möchte dazu eine ~_besondere Einrichtung_~ sein« -(womit er -- übrigens eine von Savigny zu Unrecht als praktisch -bezeichnete Idee -- die Einrichtung rechtsbildender Behörden nach Art -des römischen Prätors meint). *Es ist ausgeschlossen, daß Schrader in -der obigen, jeden Zweifel ausschließenden Inhaltsangabe bei dieser -grundlegenden Frage Savigny falsch verstanden hat, ohne daß dieser es -gerügt hätte.* Hinzu kommt jene Äußerung *Wilhelm Grimms* in seiner -durch Savigny, seinen Freund, selbst angeregten Rezension der Schrift -im Rheinischen Merkur. Weiter *Gönners* Worte in seiner Gegenschrift -»Über Gesetzgebung und Rechtswissenschaft in unsrer Zeit«, Erlangen -1815 S. 4: »Doch muß ich aufrichtig bekennen, daß die ganze Tendenz -seiner Schrift jenes harte Urteil über unsre Zeiten sehr mildert, -denn in seiner ganz eigentümlichen Ansicht von Gesetzgebung spricht -er *allen* Zeiten den Beruf dazu ab.« So also haben drei besonders -beachtliche Zeitgenossen Savigny verstanden. Und nun *Savignys* eigene -Worte zu dem Schraderschen Buche: »Der Verfasser geht von der richtigen -Bemerkung aus, daß die geschichtliche Bildung des Rechts, die auch von -ihm angenommen wird, keineswegs so mißverstanden werden dürfe, als -solle der Staat sich gar nicht um das Recht im allgemeinen bekümmern. -Nur die gewöhnliche Art, wie der Staat darauf einzuwirken pflege, -durch eigentliche Gesetzgebung nämlich, sei in den meisten Fällen -unzweckmäßig, selbst da, wo sich stehende Gesetzkommissionen finden.« -(S. u. Abt. II, 5. Vgl. auch die Kritik der Schraderschen Schrift in -den Heidelb. Jahrbüchern 1816 S. 1049.) Weiter sagt Savigny gegen -Gönner (Zeitschrift für geschichtl. Rechtswissenschaft Bd. 1 S. 373 -ff.): »Ich habe vielmehr schon in meiner früheren Schrift anerkannt, -daß unter gewissen Bedingungen die Abfassung eines Gesetzbuchs sehr -wohltätig sei und alle Billigung verdiene.... Ich glaube, daß die -unzeitige Abfassung eines Gesetzbuchs durch die Willkürlichkeit der -Entstehung und durch das Zerreißen der geschichtlichen Fäden dem -Despotismus in hohem Grade förderlich sein kann.« Hält man alle -diese Momente zusammen, so hat man geradezu eine *authentische -Interpretation* Savignys in dem von uns behaupteten Sinne zu seinen -Ausführungen in der Kampfschrift vor sich, die Veranlassung zu dieser -bedeutsamen Streitfrage gegeben haben. Noch deutlicher spricht sich -Savigny in der Zusammenfassung am Schlusse der »Stimmen« aus, doch soll -darauf nicht eingegangen werden, weil man in diesen Ausführungen auch -nur eine Modifikation oder Weiterbildung seiner Ansicht aus der Schrift -vom »Beruf« finden könnte. - -Wir kommen nunmehr zu der Erörterung der einzelnen Irrtümer Savignys -in der Kodifikationsfrage. Savigny denkt offenbar an ein vollkommenes, -ideales Gesetzbuch, das es, von Menschen und für Menschen verfaßt, nie -und nirgends geben kann. Er verkennt die national-politische Bedeutung -der Rechtseinheit unter dem Gesichtspunkt der Rechtspflege als einer -der wesentlichsten Staatsaufgaben; er verkennt ferner die (von Thibaut -mit Recht betonte) praktische Seite der Rechtseinheit für Rechtsleben -und Verkehr; er verkennt endlich die Kraft der durch die historische -Richtung auf eine neue Grundlage gestellten Rechtswissenschaft, wenn -er von ihr die Herbeiführung eines einheitlichen Rechts erwartet, von -einer Kodifikation aber ihren Verfall befürchtet. Die geschichtliche -Entwickelung Deutschlands seit jenen Tagen, die uns den Norddeutschen -Bund, dann das neue Deutsche Reich gebracht hat, zeigt als Folge das -Bild einer fortschreitenden Rechtseinheit. Und schließlich erstand als -Erfüllung des seit Thibaut nicht mehr zur Ruhe gekommenen, auch vom -Deutschen Juristentage mit Eifer ausgesprochenen Wunsches -- auf der -Grundlage des Gesetzes vom 20. Dezember 1873 (Änderung des Art. 4 der -Reichsverfassung, wodurch die Zuständigkeit des Reichs auf das gesamte -bürgerliche Recht ausgedehnt wurde,) -- das Bürgerliche Gesetzbuch -vom 18. August 1896. Sein erfolgreiches Dasein, nicht minder wie die -gesetzgeberische Tätigkeit der anderen großen Kulturstaaten im 19. -Jahrhundert ist eine Widerlegung der Savignyschen Lehren, soweit sie -sich gegen eine Kodifikation überhaupt richten. -- - -Das Bild, das wir aus Savignys Schrift vom Wesen der historischen -Rechtsschule erhalten, bedarf noch der Ergänzung sowohl hinsichtlich -des Ursprungs, als auch der Fortentwickelung ihrer Lehre. Entsprechend -dem Zwecke dieser Einleitung kann jedoch hier nur eine kurze Skizze -gegeben werden. - -Als die eigentlichen Gründungsschriften der historischen -Rechtsschule sind die durch Thibaut veranlaßte Streitschrift -und der Einführungsartikel der »Zeitschrift für geschichtliche -Rechtswissenschaft« (1815) anzusehen, die ergänzt werden durch die -erwähnte Erwiderung Savignys auf Gönners Streitschrift -- s. u. -Abt. II, 3 -- und den Aufsatz Savignys »Stimmen für und wider neue -Gesetzbücher« (Bd. 3 ebenda) -- s. u. Abt. II, 5. - -Auch Savigny hatte, wie wohl jeder Schöpfer auf dem Gebiete der -Wissenschaft, Vorläufer und Anreger. Sein unmittelbarer Vorläufer in -der *historisch-empirischen*, das Naturrecht verwerfenden Methode -war der Göttinger Professor Gustav Hugo (1764-1844). Der Gedanke der -Entstehung des Rechts aus dem »Volksgeist« hat Anklänge besonders bei -Montesquieu (~Esprit des lois XIX~, 5, wo vom ~esprit de la nation~ -die Rede ist) und dem englischen Philosophen Edmund Burke ([+] 1797), -sowie bei den deutschen *Romantikern*, die auf *Herder* fußend -Sprache und Recht in ihrer Entwickelung einander gleich setzten und -das Volkstümliche zu begreifen und zu erforschen suchten. Herder, -dieser großer Anreger und Bahnbrecher moderner Geisteskultur, ist, -das verdient besonders betont zu werden, auf die *beiden* Gegner in -der Kodifikationsfrage, Thibaut und Savigny, von Einfluß gewesen: in -den Schriften der Zeit (bei Karl Ernst Schmid und B. W. Pfeiffer) -wird er auch als Förderer des Gedankens eines Nationalgesetzbuchs -in Anspruch genommen. Der Streit, ob der für die historische Schule -charakteristische Ausdruck »*Volksgeist*« über Hegel (vgl. namentlich -dessen »Grundlinien der Philosophie des Rechts«) und Puchta (Das -Gewohnheitsrecht Bd. I) in die späteren Schriften Savignys (System -des heutigen römischen Rechts I, § 7) gekommen ist, oder ob ihn -Savigny einem anderen entnommen hat, ist müßig. (Thibaut gebraucht -ihn vor Savigny und zwar in der 1. Ausgabe »Geist des Volkes«, in -der 2. Ausgabe an einer anderen Stelle »Volksgeist«, ebenso in den -Heidelbergischen Jahrbüchern 1815 Nr. 42 -- vgl. hierzu, sowie über die -Geschichte des Begriffes »Volksgeist« v. Möller, Die Entstehung des -Dogmas von dem Ursprung des Rechts aus dem Volksgeist, Mitteilungen -des Instituts für österreichische Geschichtsforschung, 1909, S. 1 ff. -und Kantorowicz, Volksgeist und historische Rechtsschule, Historische -Zeitschrift, München und Berlin, Bd. 108 S. 295 ff.). Denn der -Ausdruck »Volksgeist« *lief damals allgemein um* und findet sich -vielfach in der Bedeutung von Volksbewußtsein, Volksstimmung gerade -in Schriften der Zeit, sogar in Zeitungen und Flugschriften (vgl. z. -B. Rheinischen Merkur von 1815 Nr. 225, 226, 245 und die Schrift von -F. W. Grävell, Drei Briefe über Preßfreiheit und Volksgeist, Berlin -1815, besprochen in der Jenaischen Allg. Lit. Ztg. 1815 Nr. 29); -sachlich ist er jedenfalls identisch mit der Savignyschen Wendung vom -»gemeinsamen Bewußtsein des Volkes«. Es zeigt sich auch hier wieder, -wie wichtig die Heranziehung der Zeitverhältnisse für die Aufhellung -wissenschaftlicher Zusammenhänge ist. Unter dem Einfluß der Romantik -bekamen alle Wissenschaften einen historischen Zug. Antiphilosophisch -war die historische Schule aber nicht. (Vgl. auch die Vorrede zur 2. -Ausgabe der Schrift vom »Beruf«.) Ihre Bekämpfung des Naturrechts -rechtfertigt diese Bezeichnung keineswegs. Sie steht vielmehr unter dem -direkten Einfluß *Schellings*, der nachhaltig auf Savigny gewirkt hat. -Ganz frei von naturrechtlichen Elementen ist übrigens Savignys Lehre -auch nicht: beginnend mit dem Volksgeist als Quelle des Rechts und der -hiermit sehr wohl zu vereinbarenden Annahme einer gemeinmenschlichen -Rechtsidee (Rechtsgedanke) und der Möglichkeit eines Widerspruchs -des geltenden Rechts mit ihren Postulaten bis zur Stabilisierung der -Wissenschaft und der Praxis als rechtserzeugender Potenzen. (Vgl. meine -Schrift »Rechtsphilosophie und Rechtswissenschaft«, Berlin 1904, S. -36 ff.) Den wissenschaftlichen Gegensatz zwischen der historischen -Rechtsschule und der naturrechtlichen, der Kodifikation günstigen -Richtung auf den politischen Gegensatz zwischen Konservatismus und -Liberalismus zurückzuführen, wie es zuweilen im Hinblick auf Savignys -streng konservative Gesinnung geschieht, ist innerlich unbegründet. -Außer auf der historisch-empirischen und der romantischen Auffassung -beruht die historische Schule weiter auf der *evolutionistischen*, d. -h. der Betrachtung der Dinge unter dem Gesichtspunkt der Entwickelung. -Gerade damals trat der französische Naturforscher Lamarck ([+] 1829), -der größte Vorläufer Darwins, mit seinen evolutionistischen Lehren -auf dem Gebiete der Naturwissenschaft hervor. Diese verschiedenen -Quellen, aus denen Savigny, wie es Landsberg a. a. O. S. 207 ff. in -verdienstvoller Weise darstellt, für die Bildung seiner Idee wohl -teils bewußt, teils unbewußt geschöpft hat, zeigen, daß seine, gleich -vielen anderen für die Wissenschaft bahnbrechenden Gedanken, wie wir -es oben auch bei Thibauts Idee gesehen haben, damals sozusagen in der -Luft lagen und nur des Mannes harrten, der die Fähigkeit hatte, sie in -feste Form zu bringen. In ihrem Kern haben sie sich, allen Angriffen -zum Trotz, von den wohl jeder Lehre auf geisteswissenschaftlichem -Gebiet in ihren Anfängen anhaftenden Unklarheiten und Einseitigkeiten -befreit, siegreich behauptet. Es waren vor allem -- von ganz -verschiedenen Standpunkten aus -- Hegel (Grundlinien der Philosophie -des Rechts; zur Gesetzgebungsfrage wichtig § 211 a. E.), Kirchmann (Die -Wertlosigkeit der Jurisprudenz als Wissenschaft), Jhering (Der Zweck -im Recht), Stammler (Wirtschaft und Recht nach der materialistischen -Geschichtsauffassung), die als bedeutendste Bekämpfer der historischen -Rechtsschule auftraten. - -Das praktische Moment, das Recht der Gegenwart, das lebende Recht, -der Einfluß von Wirtschaft und Kultur überhaupt haben in der neueren -historischen Richtung, deren Begründer Jhering wurde, ihre verdiente -Berücksichtigung gefunden. In jüngster Zeit sind dann von einem -Anhänger der an das Naturrecht anknüpfenden Freirechtsschule, die für -eine freiere Stellung des Richters gegenüber dem Gesetze eintritt, -maßlos-heftige Angriffe gegen Savigny, »den Vater des juristischen -Historismus und der Begriffsjurisprudenz, den Gegner der gegenwärtigen -deutschen Rechtswissenschaft und der Kultur überhaupt« und zwar unter -Verneinung des Wertes der Geschichte für die wissenschaftliche -Erkenntnis des Rechts erhoben worden. (Kantorowicz, Was ist uns -Savigny? in Recht und Wirtschaft, 1. Jahrgang S. 47 ff. und 76 ff.; -auch gesondert erschienen). Diese durch eine glänzende Sprache -bestechende Abhandlung wird aber den festgefügten, in hundertjährigem -Bestand erprobten Gedankenbau der historischen Schule um so weniger -erschüttern können, als sie allzu deutlich das Kennzeichen der -Einseitigkeit ihrer rationalistisch-teleologischen Rechtsbetrachtung an -sich trägt. (Entgegnungen insbesondere von Landsberg im Jurist. Lit. -Blatt 1912 S. 54 f. und von Manigk, Was ist uns Savigny? Recht und -Wirtschaft, 1. Jahrgang, S. 174 ff. und 199 ff., weiter ausgeführt in -seinem Buche Savigny und der Modernismus im Recht, Berlin 1914.) - - -2. Biographisches. - -I. *Anton* Friedrich Justus *Thibaut* wurde am 4. Januar 1772 zu Hameln -als Sohn eines aus reformierter Réfugiéfamilie stammenden hannoverschen -Majors geboren. Seine Mutter Ulrike Antoinette Grupen war die Tochter -des Germanisten und Publizisten Christian Ulrich Grupen. Ursprünglich -galt Thibauts Neigung dem Forstfache; dann studierte er die Rechte -in Göttingen (1792), Königsberg (1793), wo er Kant hörte, und Kiel -(1794). An dieser Universität promovierte er im November 1795 (im Jahre -1796?) mit der Schrift ~De genuina iuris personarum et rerum indole -veroque huius divisionis pretio~ zum Doktor, habilitierte sich 1796, -wurde 1798 außerordentlicher, 1801 ordentlicher Professor und ging -1802 nach Jena. Hier trat er in Beziehungen zu Goethe und Schiller, -in dessen Gartenhaus Thibauts Hauptwerk »System des Pandektenrechts« -entstand. Verheiratet war Thibaut mit einer Tochter des Kieler -Philosophieprofessors Ehlers. Seit 1806 lehrte er in Heidelberg. Zur -neuen Blüte dieser Universität hat Thibaut wesentlich beigetragen; er -hat sie auch eine Zeitlang in der Badischen Kammer vertreten; 1834 -wurde er Mitglied des Bundesschiedsgerichts. Er starb am 28. März 1840 -in Heidelberg. - -Thibaut, der zu den Begründern der neueren deutschen Rechtswissenschaft -zu rechnen ist, war ein geborener Zivilist mit praktischem Blick, -der die philosophischen Grundlagen des Rechts nicht preisgeben -wollte, und doch, wie er selbst betont, keineswegs ein Verächter -der Rechtsgeschichte. Als Universitätslehrer war er von bedeutender -Wirkung, wobei ihm sein vorzüglicher Vortrag und seine eindrucksvolle -Erscheinung zustatten kam. (Er soll entfernte Ähnlichkeit mit Savigny -gehabt haben -- Briefwechsel zwischen Jacob und Wilhelm Grimm, Weimar -1881, S. 56). Er war ein vielseitig gebildeter Mann. Die schöne -Literatur kannte er nach allen Richtungen. Die Musik hat er, auch -wissenschaftlich, in beachtenswerter Weise, namentlich durch das Buch -»Über Reinheit der Tonkunst« gefördert. Seine musikgeschichtlich höchst -wertvolle Sammlung ist von der Königlich Bayrischen Staatsbibliothek -erworben worden. (Den »Katalog der Bibliothek von Anton Friedrich -Justus Thibaut, welche vom 16. November 1840 an in Heidelberg -öffentlich versteigert werden soll«, Heidelberg 1840, besitzt die -Berliner Königliche Bibliothek.) - -Thibauts wichtigste juristische *Schriften* sind: Enzyklopädie und -Methodologie, Altona 1797; Versuche über einzelne Teile der Theorie -des Rechts, Jena 1798 u. 1801; Theorie der logischen Auslegung des -Römischen Rechts, Altona 1799; Beiträge zur Kritik der Feuerbachschen -Theorie über die Grundbegriffe des peinlichen Rechts, Hamburg 1802; -Über Besitz und Verjährung, Jena 1802; System des Pandektenrechts, -Jena 1803 (9 Auflagen), das erste von der Legalordnung absehende, -praktisch brauchbare Pandektensystem, welches die geltend gewordene -Systematik Heises (eines Kollegen Thibauts) unmittelbar vorbereitete; -Civilistische Abhandlungen, Heidelberg 1814, worin die Streitschrift -als 19. Abhdlg. enthalten ist; ferner zahlreiche Aufsätze in den -Heidelbergischen Jahrbüchern und im Archiv für die zivilistische -Praxis, in dessen Redaktion Thibaut mit dem 5. Bande eintrat. In -diesem Archiv ist seine für die Geschichte des Schulenstreits wichtige -Abhandlung »Über die sogenannte historische und nicht-historische -Rechtsschule« Bd. 21 (1838), S. 391 ff. und seine letzte Arbeit (aus -der Besitzlehre) Bd. 23 (1840), S. 167 ff. mit Nachruf von Mittermaier -enthalten. - -*Literatur*: Allgemeine Deutsche Biographie, Leipzig, Bd. 37, 737 ff.; -Weechs Badische Biographieen, 2. Teil, Heidelberg 1875, S. 345 ff.; -Landsberg, Geschichte der deutschen Rechtswissenschaft, München und -Berlin 1910, Bd. III, 2 S. 69 ff.; an allen drei Stellen finden sich -weitere Literaturangaben. - -II. *Friedrich* Karl von *Savigny* wurde am 21. Februar 1779 in -Frankfurt a. M. geboren. Er entstammte einer alt-adligen lothringischen -Réfugié-Familie. (Der Name Savigny ist auf der ersten Silbe zu betonen, -also Sávigny, nicht Savígny -- vgl. Brandenburgia, 19. Jahrgang S. -384.) Ein kurz gefaßtes, lateinisch geschriebenes von Savigny der -Marburger Juristen-Fakultät eingereichtes ~curriculum vitae~ ist -abgedruckt in v. Stintzing, Friedrich Karl von Savigny (Preußische -Jahrbücher Bd. 9 S. 121 ff., vgl. S. 134, auch gesondert erschienen). -Der Großvater Savignys war Pfalz-Zweibrückischer Kabinetsminister; -von der Großmutter stammte außer anderem Grundbesitz das Gut Trages -(Drachenhaus) bei Gelnhausen, wo Savigny sich vielfach aufhielt. -Savignys Vater Christian Karl Ludwig v. Savigny war Regierungsrat in -gleichen Diensten, später vertrat er mehrere oberrheinische Fürsten -in Frankfurt a. M. Savignys Mutter war die geistig hochstehende -Henriette Philippine Groos, Tochter des Pfalz-Zweibrückischen -Geheimen Rats Groos. Mit dreizehn Jahren verwaist, wurde Savigny im -Hause seines Vormundes, gleichzeitig eines Freundes und entfernten -Verwandten seines Vaters, von Neurath, der Rat am Reichskammergericht -in Wetzlar war, erzogen. Sechzehn Jahre alt, begann er (1795) die -juristischen Studien in Marburg. Dort war es der philologisch gebildete -Professor Ph. Friedrich Weis, ein Anhänger der eleganten (positiven) -Rechtsschule, der Savigny auf das römische Recht hinlenkte und die -Anregung zu Savignys späterem Meisterwerke »Geschichte des Römischen -Rechts im Mittelalter« gab, in dessen Vorrede der Verfasser dankbar -auf seinen früheren Lehrer hinweist. Im Winter 1796 studierte Savigny -in Göttingen; im Winter 1797 ging er wieder nach Marburg, wo er bis -zum Juli 1799 blieb. Es folgte dann eine einjährige Reise durch -verschiedene deutsche Staaten, von der die Reisebriefe erhalten sind -(Vgl. Stoll, Friedrich Karl von Savignys sächsische Studienreise -1799 bis 1800, Leipzig 1891). In Marburg vollendete Savigny seine -Studien und erhielt am 31. Oktober 1800 die juristische Doktorwürde. -Seine Dissertation und erste Schrift handelt ~de concursu delictorum -formali~ (Vermischte Schriften Bd. 4, S. 74 ff.). Kurz darauf begann er -mit einer Vorlesung über Strafrecht seine Lehrtätigkeit als Marburger -Privatdozent, schon im Anfang von Erfolg begleitet. Bald wandte er sich -dem Zivilrecht zu. Durch seine Vorlesung über die letzten zehn Bücher -der Pandekten kam er zu eingehender Beschäftigung mit der Besitzlehre: -Zu Beginn des Jahres 1803 erschien »Das Recht des Besitzes, eine -zivilistische Abhandlung.« Diese (32) + 495 Seiten umfassende -Schrift, die erste, die nach historisch-systematischer Methode die -römisch-rechtlichen Quellen von ihren Modifikationen durch Gesetzgebung -und Praxis schied, gleichzeitig auch das Gelehrte mit dem Praktischen -verband, dazu in klarer Darstellung und schöner Sprache abgefaßt war, -eröffnete eine neue Epoche der Rechtswissenschaft. Savigny trat damit -in die Reihe der ersten Zivilisten. So äußerte sich Thibaut in einer -begeisterten Besprechung des Savignyschen Buches (Allg. Lit. Ztg., -Halle und Leipzig, 1804 Nr. 41 bis 43). Im Jahre 1803 wurde Savigny -außerordentlicher Professor in Marburg. - -Durch seine Vermählung mit Kunigunde Brentano (17. April 1804; vgl. -das Zitat am Schlusse der Literaturangabe) trat Savigny in noch engere -Beziehungen zum Romantikerkreise, namentlich zum Geschwisterpaar -Clemens und Bettina Brentano, deren Schwager er jetzt wurde, und zu der -Dichterin Karoline von Günderode. Es fehlte nicht an Gegensätzen in -der Charakteranlage zwischen Savigny und den Brentanos. Dazu kam, daß -er Protestant, die Familie Brentano katholisch war; seine Kinder ließ -Savigny, der religiös positiv war, katholisch erziehen. - -Wegen einer mehrjährigen Studienreise zur Beschaffung -rechtsgeschichtlichen Materials, die ihn Ende 1804 auch nach Paris -führte, wohin ihm Jacob Grimm folgte, lehnte er eine Berufung als -Ordinarius nach Heidelberg ab; doch hat er sich wohl darum bemüht, -daß Heise, der nachmalige Schöpfer der modernen Pandektensystematik, -und Thibaut dorthin kamen. Nach Beendigung seiner Reise wurde -Savigny (1808) von der bayrischen Regierung als Ordinarius an die -Universität Landshut berufen, wo auch der Kriminalist Feuerbach und -Gönner, Savignys späterer Gegner in der Gesetzgebungsfrage, wirkten. -Über seine anregende akademische Wirksamkeit aus der Zeit seines -zweijährigen Landshuter Aufenthalts finden sich interessante Zeugnisse -in Bettinas Briefen (Goethes Briefwechsel mit einem Kinde, Bd. 2). - -Die Gründung der Universität Berlin führte Savigny im Frühling 1810 -auf den dortigen Lehrstuhl des römischen Rechts. Der Erfolg blieb ihm, -der schon, rein äußerlich betrachtet, eine bedeutende Erscheinung war, -auch in Berlin in einem Kreise auserlesener Männer treu. Bei der ersten -Rektorwahl standen sich der Philosoph Fichte, dessen »Reden an die -Deutsche Nation« (1808/09) den Befreiungskampf vorbereitet hatten, und -Savigny gegenüber: Fichte wurde mit einer geringen Mehrheit der erste -Rektor der Berliner Universität. Als ihn Meinungsverschiedenheiten über -die akademische Disziplin zum Rücktritt veranlaßten, berief der König -am 16. April 1812 aus besonderem Vertrauen Savigny zum Rektor. Das Jahr -1814 brachte dann die Streitschrift und gleichzeitige Programmschrift -der historischen Schule »Vom Beruf unsrer Zeit für Gesetzgebung und -Rechtswissenschaft«. 1815 folgte die Gründung der »Zeitschrift für -geschichtliche Rechtswissenschaft«, deren erste Herausgeber Savigny, -Eichhorn und Göschen waren. Im gleichen Jahre erschien der 1. Band -der »Geschichte des Römischen Rechts im Mittelalter«, dem bis 1831 -noch weitere 5 Bände folgten (die 2. Auflage umfaßt 7 Bände). Dies -Hauptwerk Savignys behandelt in seinem ersten Teile das römische Recht -als Ergebnis geschichtlicher Entwicklung in den sechs Jahrhunderten -vor dem Glossator Irnerius ([+] 1140), während der zweite Teil mehr -eine Geschichte der Literatur des römischen Rechts in den vier -Jahrhunderten nach Irnerius gibt. Als Niebuhr im Jahre 1816 in Verona -die Handschrift der Institutionen des Gajus fand, erkannte man den -Zusammenhang dieses namentlich durch die Aufhellung der römischen -Rechtspflege wissenschaftlich hochbedeutenden Fundes mit dem durch das -Aufblühen der historischen Schule geweckten Sinn für die Erforschung -der Rechtsquellen. Ohne Savigny hätten wir den Gajus nicht, schrieb -Hugo im Jahre 1818. Erwähnt seien hier auch Savignys Abhandlung -»Der zehente Mai 1788«, durch die er seiner Verehrung zu Hugos -fünfzigjährigem Doktor-Jubiläum Ausdruck gab, sowie die Aufsätze über -»Niebuhr« und die »Rechtsgeschichte des Adels.« Zur Überraschung und -Freude der Juristenwelt erschienen dann im Jahre 1840 die ersten drei -Bände des »Systems des heutigen Römischen Rechts«, in dessen Vorrede -Savigny zu den Angriffen auf die historische Schule Stellung nahm und -für die Herstellung der Einheit zwischen Theorie und Praxis erneut -mit Wärme eintrat. 1841 folgten zwei weitere Bände dieses Werkes. Ein -entscheidendes, für die weitere wissenschaftliche Tätigkeit Savignys -aber verhängnisvolles Ereignis trat im Jahre 1842 ein: Savigny übernahm -das von König Friedrich Wilhelm IV., seinem Gönner und einstigen -Schüler, eigens für ihn gegründete Ministerium für die Revision der -Gesetzgebung. Daraus ergab sich die Niederlegung der Professur. Seine -sechsjährige Ministerzeit, die mit den Märzereignissen des Jahres 1848 -ihr Ende erreichte, war eine Enttäuschung. In den Jahren 1847 bis 1853 -erschienen der 6. bis 10. Band des Systems, das (auf die Allgemeinen -Lehren und Teile des Obligationenrechts beschränkt) ebenso wie die -Geschichte des Römischen Rechts im Mittelalter ein Bruchstück geblieben -ist. - -Am 25. Oktober 1861 beendete Savigny sein von Anbeginn an im Zeichen -des Glücks stehendes, an Erfolgen ungewöhnlich reiches Leben, das in -mancherlei Hinsicht den von Jhering (a. a. O., S. 354 ff.) gezogenen -und durchgeführten Vergleich mit dem Leben Goethes, eines Sohnes der -gleichen Vaterstadt, gerechtfertigt erscheinen läßt. Wenige Wochen nach -Savignys Tode wurde bei der Gedächtnisfeier der Berliner Juristischen -Gesellschaft der Beschluß verkündet, das Andenken des großen -Rechtslehrers durch eine Stiftung zu ehren. Diese trat unter dem Namen -»Savigny-Stiftung« im Jahre 1863 ins Leben und verfolgt insbesondere -den Zweck, wissenschaftliche Arbeiten auf dem Gebiete des Rechts der -verschiedenen Nationen zu fördern. Die hundertjährige Wiederkehr seines -Geburtstages am 21. Februar 1879 gab Gelegenheit, das Andenken Savignys -in großartiger Weise zu feiern. - -*Literatur*: v. Stintzing, Friedrich Karl von Savigny (Preußische -Jahrbücher Bd. 9 (1862), S. 121 bis 168, auch gesondert erschienen); -Allgemeine Deutsche Biographie Bd. 30, S. 425 ff. mit Literaturangaben; -Landsberg, Geschichte der Deutschen Rechtswissenschaft, München und -Berlin 1910, Bd. III, 2 S. 186 ff.; Eduard Müller, Friedrich Karl von -Savigny, Leipzig 1906 (Heft 9 der Sammlung »Männer der Wissenschaft«), -beide gleichfalls mit Literaturangaben; O. Liebmann, Die juristische -Fakultät der Universität Berlin, Berlin 1910. Über die Nachkommen -Savignys vgl. Familiengeschichtliche Blätter, Leipzig, 9. Jahrgang -(1911), S. 145. - - -3. Bibliographisches. - -Die erste Ausgabe von *Thibauts* Schrift »Über die Notwendigkeit -eines allgemeinen bürgerlichen Rechts für Deutschland«, 8^o, 67 S., -deren Titelblatt unten wiedergegeben ist, erschien im Jahre 1814 in -Heidelberg bey Mohr und Zimmer. Noch in demselben Jahre veröffentlichte -Thibaut in seinen »Civilistischen Abhandlungen« (ebenda, 1814. Vorrede -»im August 1814«) als XIX. Abhandlung (S. 404 bis 466) eine durch -Zusätze vermehrte zweite Bearbeitung dieser Schrift; in den Heidelb. -Jahrbüchern 1814 Nr. 48 spricht Thibaut von einer »zweiten vermehrten -Ausgabe«. Im Jahre 1840 (kurz nach Thibauts Tode) erschien ebenda (J. -C. B. Mohr) eine dritte Ausgabe »Abgedruckt nach der in den *Civilist. -Abhandlungen* des Verf. als XIX. Abhandl. viel vermehrten *zweiten* -Bearbeitung dieser Schrift. Nebst Zugabe der darauf Bezug habenden -Rezensionen des Verf. aus den Heidelb. Jahrb. d. Liter. der Jahre 1814, -1815 u. 1816«. Es sind dies die Rezensionen des Rehbergschen Buches -»Über den Code Napoleon und dessen Einführung in Deutschland« (Heidelb. -Jahrb. 1814 Nr. 1 u. 2, S. 1 bis 32), der Savignyschen Schrift »Vom -Beruf unsrer Zeit für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft« (1814 Nr. -59, S. 929 ff., unten abgedruckt Abt. II, 2), des Pfeifferschen Buches -»Ideen zu einer neuen Civilgesetzgebung für deutsche Staaten« (1816 -Nr. 13, S. 193 ff.), des Gönnerschen Buches »Über Gesetzgebung und -Rechtswissenschaft in unsrer Zeit« (1815 Nr. 40, S. 625 ff.) und des -Savignyschen Programmaufsatzes »Über den Zweck dieser Zeitschrift« -- -Zeitschrift für geschichtliche Rechtswissenschaft, herausgegeben von -C. F. v. Savigny, C. F. Eichhorn und J. F. L. Göschen, Band I, Heft I -(ebenda 1815 Nr. 42, S. 657 bis 661). - -Die erste Ausgabe von *Savignys* Schrift »Vom Beruf unsrer Zeit für -Gesetzgebung und Rechtswissenschaft«, gr. 8^o, (4) + 162 S., deren -Titelblatt ebenfalls unten abgedruckt ist, erschien im Jahre 1814 auch -in Heidelberg, bey Mohr und Zimmer. Im Jahre 1828 erschien die zweite, -vermehrte Auflage (Heidelberg bey J. C. B. Mohr). Sie enthält eine -Vorrede, den völlig unveränderten Abdruck der Schrift und zwei Beilagen -(Savignys Abhandlung »Stimmen für und wider neue Gesetzbücher«, aus der -Zeitschrift für geschichtliche Rechtswissenschaft Bd. III, 1 bis 52 und -das Urteil des Tribunals von Montpellier über den Entwurf zum Code). -S. unten Abt. II, 5. Eine dritte unveränderte Auflage erfolgte im -Jahre 1840 (Heidelberg bei J. C. B. Mohr). Nach dieser dritten Auflage -veranstaltete die Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr -(Paul Siebeck) Freiburg i. B. 1892 einen Neudruck. - -Von Übersetzungen sind zu erwähnen: ~Of the vocation of our age for -legislation and jurisprudence, translated from the German of Frederick -Charles von Savigny by Abraham Hayward, London (1831), printed by -Littlewood u. Co., Old Bailey (not for sale).~ ~Savigny (De) Fed. -Carlo, La vocazione del nostro secolo per la legislazione e la -giurisprudenza, con introduzione e discorso sugli scritti di lui e -sulla scuola storica di Gius. Tedeschi, Verona (Antonelli) 1857.~ (Eine -französische Übersetzung scheint nicht vorhanden zu sein; bei ~Michaud, -Biographie universelle ancienne et moderne, Paris, Vol. 38~ ist keine -erwähnt, auch die Pariser National-Bibliothek besitzt keine.) - -Savignys Schrift ist *nach* der 2. (erweiterten) Ausgabe von Thibaut -im Oktober 1814 erschienen. Dies ergibt sich aus einer Vergleichung -der Daten der Thibautschen Vorreden mit denen der Briefe Niebuhrs -und Grimms, ferner aus der eigenen Bemerkung Thibauts am Anfange -seiner Besprechung der Savignyschen Schrift in den Heidelbergischen -Jahrbüchern der Literatur 1814 Nr. 59. Savigny zitiert aber nur die 1. -Ausgabe von Thibaut. - -Im folgenden ist der Text der Erstausgaben beider Streitschriften -wörtlich abgedruckt. Auch Orthographie und Interpunktion sind -beibehalten. Die in Klammern gesetzten Zahlen bedeuten die Seiten -der ersten Ausgaben, besonders zur Erleichterung des Nachschlagens -späterer Zitate. Offenbare Druckfehler -- so auf S. 33 bei Thibaut: -noch Hert, statt nach Hert, auf S. 14 bei Savigny: nach (statt noch) -einiger näheren Bestimmungen, S. 60 diesen (statt diese) allgemeinen -Lehren -- sind verbessert. Scheinbare Druckfehler, die auf Irrtümer -oder Ungenauigkeiten der Verfasser zurückzuführen sind, sind -beibehalten. - - - - - Ueber - die Nothwendigkeit - eines - allgemeinen - bürgerlichen Rechts - für - Deutschland. - - Von - - A. F. J. Thibaut, - - Hofrat und Professor des Rechts in Heidelberg; Correspondenten - der Kaiserl. Gesetzgebungs-Commission in Petersburg. - - Heidelberg, - bey Mohr und Zimmer. - - 1814. - - -[[3]] Ich habe kürzlich in einer Recension (Heidelberg. Jahrb. 1814. -S. 1-32.) über die Nothwendigkeit allgemeiner Deutscher bürgerlicher -Gesetze beyläufig manches geäußert, was achtungswerthe Männer -veranlaßte, mich aufzufordern, in einer besondern Abhandlung diesen -wichtigen Gegenstand sorgfältiger zu entwickeln. So ungern ich nun -auch in dem leicht verrinnenden Strom der Flugschriften etwas von dem -Meinigen sehe, und so wenig ich auch Ursach habe, zu glauben, daß -man auf meine Stimme sonderlich achten werde: so schien mir doch der -jetzige wichtige Augenblick von der Art zu seyn, daß Schüchternheit -und Zurückgezogenheit nicht zu dem Drange der Umstände passen möchten, -daß vielmehr jeder nachdenkende Mann für das Gute und Große laut -zu[[4]] reden habe, insofern irgend gehofft werden kann, durch einen -ersten Anstoß viele Kräfte in das Leben hervor zu rufen. Nur durch -diese Rücksicht veranlaßt, entwarf ich die folgenden Zeilen. Sie -können leicht Staatsmännern und Gelehrten mißfallen, und dagegen werde -ich nichts einwenden. Aber den Ruhm lasse ich mir nicht rauben, daß -ich als warmer Freund meines Vaterlandes geredet habe; und in diesen -Gesinnungen werde ich nie einem Andern nachstehen. - -Uebrigens ist keine Zeile der folgenden Blätter durch irgend eine -Empfindlichkeit veranlaßt. Nie hat mich ein Staatsmann beleidigt, und -in Beziehung auf meine Person sind mir verfehlte Wünsche so gut wie -fremd. Das Glück gab mir mehr als ich verdiene; nie strebte ich nach -Höherem; und meine Zufriedenheit wird ungetrübt bleiben, wenn auch -ferner Niemand zwischen mich und die Sonne in die Mitte tritt.(1) - - Heidelberg den 19. Junius 1814. - - A. T. - - -[[5]] Deutschland hat jetzt durch Befreyung seines Bodens zwar seine -Ehre gerettet, und sich die Möglichkeit einer glücklichen Zukunft -errungen; allein es stehen der Erreichung eines auch nur mittelmäßigen -Glücks noch so viele mögliche Hindernisse entgegen, daß man mit einer -Art eigensinnigen Glaubens die Hoffnung festhalten muß, um nicht durch -bange Ahndungen getroffen zu werden. Denn wie man auch die Deutschen -im Gegensatz der Besiegten empor heben mag, immer bleibt es gewiß, daß -ein Theil unsres Volks, besonders in den Höheren und Mittelständen, -des Deutschen Namens unwürdig ist; daß unsre Beamten vielfach durch -das feine Gift des Französischen Beyspiels und Einflusses verdorben -wurden; daß Kleinlichkeit und beschränkter Eigennutz zum Theil -auch den Besseren nicht fremd sind, und daß so jetzt wieder sehr -leicht geschehen könnte, was in stürmischen Zeiten nur zu leicht -geschieht,[[6]] nämlich daß die rechtlichen Männer nach unten -gedrückt werden, oder sich mürrisch in eine schuldlose Unthätigkeit -zurückziehen, daß der Hefen der Nation sich nach oben drängt, und daß -unsre Fürsten, schlecht berathen und geleitet, auch mit dem besten -Willen nicht im Stande seyn werden, den Theil des Volks zu befriedigen, -wegen dessen das Regieren allein Werth hat. Diese Möglichkeiten werden -dadurch noch vermehrt, daß unter unsern kräftigen und rechtlichen -Männern da und dort immer mehr eine überspannte Gutmüthigkeit empor -kommt, welche das Unmögliche ungestüm fordert, sich in politischen -und ästhetischen Träumereyen erschöpft, über dem Seichten das -Tiefe vergißt, und so den beschränkten und verdorbenen Weltmännern -der niederen Art die beste Gelegenheit gibt, mit scheinbar weiser -Bedachtsamkeit alles Schlechte und Kleinliche vom Untergange zu retten. -Auch stehen wir jetzt mehr, wie jemals, auf dem Punkt, daß uns die -Schlauen, durch eine frische Erfahrung unterstützt, mit frohem Bedauren -auf den Unsegen des Wechsels und der Neuerungen verweisen können. - -[[7]] So viel ist auf allen Fall schon jetzt entschieden, daß -Deutschland nach wie vor den Vortheilen einer unbedingten Einheit zu -entsagen hat, und sich in eine Reihe bloß äußerlich verbundener kleiner -Staaten auflösen wird. Darüber zu klagen wäre wahrlich unüberlegt und -ungerecht. Denn wenn man nicht die überspannte Forderung machen will, -daß alle andern Völker, im unbedingten Vertrauen auf die Rechtlichkeit -unsrer Regierung, alle menschlichen Nebenrücksichten dem Abstracten -opfernd, bloß im Interesse der Deutschen handeln sollen, so erscheint -jene Vereinzelung und Zerstückelung als fast nothwendig; auch -verspricht sie auf den möglichen Fall so viele bedeutende Vortheile, -daß schwerlich ein Politiker im Stande seyn wird, zu beweisen, die -volle Einheit nutze den Deutschen mehr, als jene Vereinzelung. Der -Zustand großer Staaten ist immer eine Art unnatürlicher Spannung und -Erschöpfung. Ein warmes Leben nur an Einem Punkt; ein einförmiges -Streben nur zu Einem Ziele; ein stetes Unterdrücken des Individuellen, -Mannigfaltigen einer einzigen gemeinen Sache wegen; und im Grunde keine -ganz innige Verbindung[[8]] zwischen dem Regenten und Unterthanen! -In einem Bunde kleiner Staaten hat dagegen die Eigenthümlichkeit -des Einzelnen freyen Spielraum, das Mannigfaltige kann sich ins -Unendliche ausbilden, und die Verbindung zwischen dem Volk und -Regenten ist weit inniger und lebendiger. Auch lege man nicht zu viel -Gewicht darauf, daß große einfache Staaten den kriegerischen Muth -des Einzelnen besonders heben. Denn wenn ein kleines Volk sittlich -erzogen, weise regiert, und seiner Verfassung geneigt gemacht ward, -so hat es sich immer durch kriegerische Rüstigkeit und Kraft ganz -vorzüglich ausgezeichnet, und die überwiegende Macht großer Staaten -lag dann immer nur in der Ueberzahl ihrer Streitenden. Ohnehin dürfen -die Deutschen nicht vergessen, wie sehr jene Zersplitterung ihrem -Character anpaßt, wenigstens wie jetzt die Nation sich ausgebildet hat. -Ueberall widerstreitende Elemente, welche verbunden sich aufreiben -könnten, aber neben einander gestellt sich wetteifernd zu dem Höheren -treiben, und unendlich viel Mannigfaltiges, Eigenthümliches wecken -und nähren werden! Mit diesem Reichthum des Mannigfaltigen[[9]] -werden die Deutschen stets einen ausgezeichneten Platz unter den -Völkern behaupten, während leicht alles zur Plattheit und Stumpfheit -herabsinken könnte, wenn es der allmächtigen Hand eines Einzigen -gelänge, die Deutschen Völker zu einer vollen politischen Einheit zu -stimmen. - -Allein wenn man auch im Ganzen über jene Vereinzelungen getröstet -ist,(2) so darf doch nicht vergessen werden, daß dieser Zustand -möglicher Weise die größten Gefahren droht, wenn unsre Regenten das -Eigenthümliche ihrer Lage übersehen sollten; wenn sie die nothwendigen -Uebel großer Staaten unbedachtsam nachahmten; wenn sie dem Volke -durch eine sinnlose Hofpracht Achtung einzuflößen suchten, Statt sich -dieselbe auf dem besseren Wege einer thätigen, milden, kräftigen -Regierung zu verschaffen, und nur allein darauf ausgingen, ohne -freundliche Verbindung mit den Nachbarstaaten die Erreichung großer -Zwecke kümmerlich durch die kleinen Mittel abgeschiedener eigner -Kräfte zu versuchen. Grade von dieser Seite drohen uns aber unendliche -Gefahren, und wenn unsre Fürsten den Einflüsterungen derer trauen, -welche jetzt ihrer Stimme[[10]] leicht das mehrste Gewicht geben -könnten, so werden die rechtlichen und kräftigen Männer der Nation -wenig Grund haben, mit heiterem Vertrauen der Zukunft entgegen zu sehen. - -Es ist nicht meines Berufs, unsre künftigen politischen Verhältnisse -von dieser Seite zu beleuchten; aber dazu bin ich lange genug -thätiger Civilist gewesen, um ohne Unbescheidenheit in diesem großen, -verhängnisvollen Augenblick meine Wünsche über unsre künftigen -bürgerlichen Verhältnisse äußern zu dürfen. Und in der That ist dieß -auch die Seite, welche am mehrsten hervorgehoben zu werden verdient. -Denn in Beziehung auf politische Organisationen(3) ist schon so viel -vorgearbeitet, daß die Wahl des Zweckmäßigen mehr nur noch von dem -guten Willen, als der Anstrengung des Verstandes abhängt; aber in -bürgerlicher, privat-rechtlicher Hinsicht thut es Noth, daß über -die frostigen herrschenden Ansichten ein warmer Hauch gehe, um das -Erstarrte aufzulösen, und alles in das Leben hervorzurufen, was unter -den Händen gewöhnlicher Staatskünstler wie eine todte Masse auf den -heiligsten Verhältnissen des Bürgers lastet. - -[[11]] Mehrere Zeichen der Zeit zwingen mich fast, die folgenden -Wünsche schnell zu äußern. Die Deutschen sind in dem letzten Jahre aus -einem langen Schlummer erwacht. Alle Stände haben der guten Sache mit -einer Kraft und Eintracht gedient, welche fast beyspiellos genannt -werden kann, und unsre Fürsten haben ein Uebermaß von Gründen erhalten, -um sich zu überzeugen, daß die Deutschen ein edles, kräftiges, -hochherziges Volk sind, welches nicht bloß auf die Gerechtigkeit, -sondern auch auf die Dankbarkeit seiner Regierungen lauten Anspruch -machen darf, also auch darauf, daß man diesen herrlichen Augenblick -benutze, um endlich alte Mißbräuche zu zerstören, und durch neue weise -bürgerliche Einrichtungen das Glück des Einzelnen fest zu begründen. -Aber grade in diesem Augenblick, und nachdem die zahllosen Gebrechen -unsrer früheren bürgerlichen Verfassung von vielen unsrer ersten -Rechtsgelehrten längst anerkannt waren, grade in diesem Augenblick -hat man an vielen Orten nichts eiliger zu thun gehabt, als das krause -Gemisch des alten Wirrwarrs gegen das eingeführte neueste Recht mit -einem schneidenden Machtwort[[12]] wieder herzustellen, jeden kleinen -Staat zu organisiren, als ob er mit der ganzen Welt durch keinen -Faden zusammen hänge, und den kleinen eignen Kräften unbesorgt das -Unglaubliche zuzutrauen. Die Theorie ist dabey denn auch nicht müßig -geblieben, und aus dem Munde eines geistvollen, edeln Schriftstellers -haben wir laut vernehmen müssen, daß es genüge, wenn man den Deutschen -zu seinen alten Gewohnheiten zurückführe, und sich allenfalls da und -dort eine Besserung im Einzelnen vorbehalte. - -Ich bin dagegen der Meynung, daß unser bürgerliches Recht (worunter ich -hier stets das Privat- und Criminal-Recht, und den Proceß verstehen -werde) eine gänzliche schnelle Umänderung bedarf, und daß die Deutschen -nicht anders in ihren bürgerlichen Verhältnissen glücklich werden -können, als wenn alle Deutschen Regierungen mit vereinten Kräften die -Abfassung eines, der Willkühr der einzelnen Regierungen entzogenen, für -ganz Deutschland erlassenen Gesetzbuchs zu bewirken suchen. - -Man kann und muß an jede Gesetzgebung zwey Forderungen machen: daß -sie formell und[[13]] materiell vollkommen sey; also daß sie ihre -Bestimmungen klar, unzweydeutig und erschöpfend aufstelle, und daß -sie die bürgerlichen Einrichtungen weise und zweckmäßig, ganz nach -den Bedürfnissen der Unterthanen, anordne. Leider gibt es aber kein -einziges Deutsches Reichsland, wo auch nur Eine dieser Forderungen -halb befriedigt ist. Unsre altdeutschen Gesetzbücher, deren es in -vielen Ländern noch wieder ein buntes Allerley gibt, sprechen wohl da -und dort den einfachen germanischen Sinn kräftig aus, und ließen sich -insofern für einzelne Rechtsfragen bey einer neuen Gesetzgebung sehr -gut benutzen. Allein daß sie häufig den Bedürfnissen unsrer Zeit nicht -entsprechen, überall die Spuren alter Rohheit und Kurzsichtigkeit an -sich tragen, und in keinem Fall als allgemeine, umfassende Gesetzbücher -gelten können, darüber war und ist unter den Kennern nur Eine Stimme. -Was sich sonst noch von einheimischen Particular-Gesetzen an sie -schließt -- die Landesherrlichen Verordnungen, -- hat zwar häufig -über diese oder jene einzelne Einrichtung etwas Gutes nachgetragen; -aber alles ist doch in der Regel ein furchtsames Bessern im[[14]] -Kleinen, und die ganze verwirrte Masse wird mehrentheils durch sich -selbst erdrückt. Von unsern alten durchsichtigen Reichsgesetzen läßt -sich höchstens nur behaupten, daß sie wenige zweckmäßige Anordnungen, -z. B. für Vormundschaften und den Proceß enthalten; aber eigentliche -Gesetzbücher sind sie nicht, die einzige Carolina abgerechnet, deren -Unzweckmäßigkeit für die jetzige Zeit so anerkannt ist, daß selbst -die Freunde des Unwandelbaren die unbedingte Nothwendigkeit neuer -Criminal-Gesetze zugeben mußten. So ist also unser ganzes einheimisches -Recht ein endloser Wust einander widerstreitender, vernichtender, -buntschäckiger Bestimmungen, ganz dazu geartet, die Deutschen von -einander zu trennen, und den Richtern und Anwälden die gründliche -Kenntniß des Rechts unmöglich zu machen. Aber auch eine vollendete -Kenntniß dieses chaotischen Allerley führt nicht weit. Denn unser -ganzes einheimisches Recht ist so unvollständig und leer, daß von -hundert Rechtsfragen immer wenigstens neunzig aus den recipirten -fremden Gesetzbüchern, dem Kanonischen und Römischen Recht, entschieden -werden müssen. Grade hier erreicht aber[[15]] das Ungemach den höchsten -Gipfel. Das Kanonische Recht, so weit es nicht auf die Katholische -Kirchenverfassung, sondern auf andre bürgerliche Einrichtungen geht, -ist nicht des Nennens werth; ein Haufen dunkler, verstümmelter, -unvollständiger Bestimmungen, zum Theil durch schlechte Ansichten -der alten Ausleger des Römischen Rechts veranlaßt, und so despotisch -in Ansehung des Einflusses der geistlichen Macht auf weltliche -Angelegenheiten, daß kein weiser Regent sich ganz demselben fügen -kann. Die letzte und hauptsächlichste Rechtsquelle bleibt daher für -uns das Römische Gesetzbuch, also das Werk einer uns sehr ungleichen -fremden Nation aus der Periode des tiefsten Verfalls derselben, die -Spuren dieses Verfalls auf jeder Seite an sich tragend! Man muß ganz in -leidenschaftlicher Einseitigkeit verfangen seyn, wenn man die Deutschen -wegen der Annahme dieses mißrathenen Werkes glücklich preist, und -dessen fernere Beybehaltung im Ernst anempfiehlt. Unendlich vollständig -ist es zwar, aber etwa in eben dem Sinne, wie man die Deutschen -unendlich reich nennen kann, weil ihnen alle Schätze unter ihrem Boden -bis zum[[16]] Mittelpunkt der Erde gehören. Wenn sich nur alles ohne -Kosten ausgraben ließe: da liegt die leidige Schwierigkeit! Und so -denn auch bey dem Römischen Recht! Es läßt sich nicht bezweifeln, daß -tief gelehrte, scharfsinnige, unermüdete Juristen über jede Theorie -etwas Erschöpfendes aus den zerrissenen Fragmenten dieses Gesetzbuchs -zusammentragen können, und daß wir vielleicht nach tausend Jahren so -glücklich sind, über jede der tausend wichtigen Lehren, welche noch -zur Zeit im Dunkeln liegen, ein classisches, erschöpfendes Werk zu -erhalten. Allein den Unterthanen liegt nichts daran, daß gute Ideen -sicher in gedruckten Werken aufbewahrt werden, sondern daß das Recht -lebendig in den Köpfen der Richter und Anwälde wohne, und daß es -diesen möglich sey, sich umfassende Rechtskenntnisse zu erwerben. -Dieß wird aber bey dem Römischen Recht stets unmöglich bleiben. Die -ganze Compilation ist zu dunkel, zu flüchtig gearbeitet, und der -wahre Schlüssel dazu wird uns ewig fehlen. Denn wir besitzen nicht -die Römischen Volks-Ideen, welche den Römern unendlich vieles leicht -verständlich machen mußten, was uns ein Räthsel[[17]] ist; etwa wie -neuerlich viele seichte Französische Juristen mit Leichtigkeit den -Code von der rechten Seite ansahen, wo die Deutsche Gründlichkeit -mit schwerfälliger Arbeit immer das Ziel verfehlte. Wir müssen -folglich überall auf einen tüchtigen gelehrten Apparat bedacht seyn, -und da werden denn, bey der Mannigfaltigkeit und Dürftigkeit der -historischen Quellen, die Erörterungen so weitschichtig, verwickelt, -und mehrentheils so gewagt, daß kein Practiker im Stande ist, sich -die entdeckten Schätze gehörig anzueignen. Gibt es doch sogar keinen -Professor der Pandekten in ganz Deutschland, welcher sich nachrühmen -könnte, daß es ihm möglich gewesen sey, alle einzelnen Lehren -seines beschränkten Fachs historisch-dogmatisch aus den Quellen zu -studieren, oder vollständig zu durchdenken. Aber laßt uns auch nur noch -offenherzig gestehen: das Römische Recht wird nie zur vollen Klarheit -und Gewißheit erhoben werden. Denn die Erklärungsquellen fehlen uns -bey jeder Gelegenheit, und der ganze Wust jämmerlich zerstückelter -Fragmente führt in ein solches Labyrinth gewagter, schwankender -Voraussetzungen, daß der Ausleger selten einen ganz festen[[18]] Boden -gewinnen kann, der nächste beste Ausleger also immer wieder angelockt -wird, neue Ideen zu versuchen, und die bisherigen umzuwerfen. Wir haben -ja darüber recht grüne Erfahrungen an einigen neueren trefflichen -Werken, welche schwerlich so bald wieder ihres Gleichen finden werden, -und doch auf der Stelle den lebhaftesten Angriffen ausgesetzt waren, -ohne sich in der gemeinen Meynung eines vollständigen Sieges erfreuen -zu können. Was aber vor allem dem Römischen Recht entgegensteht, ist -die innere Schlechtigkeit seiner mehrsten Bestimmungen, besonders -in Beziehung auf Deutschland. Zwar hat *Leibnitz* durch seine fast -leidenschaftlichen Aeußerungen über das Genie der Römischen Juristen -ein heiliges Staunen bey Vielen veranlaßt; allein jene Aeußerungen -gingen mehr nur auf das Formelle, und beziehen sich keineswegs auf das -ganze Gesetzbuch. In jener Hinsicht sind sie freylich wahr, treffen -aber auch insofern nicht das vorhin Gesagte. Denn alles, was man den -classischen Juristen zugestehen kann und muß, ist eine hohe Consequenz, -und eine ungemeine Leichtigkeit in der Anwendung allgemeiner[[19]] -positiver Rechtssätze auf die feinsten, verwickeltsten Einzelnheiten. -Allein zu leugnen ist es auch nicht, daß sie später immer mehr in eine -schwankende Billigkeit geriethen, und daß ihr Scharfsinn im Grunde der -wahren Rechtsweisheit eben so viel schadete, als nutzte. Denn überall -standen sie unter dem Zwange positiver Grundlagen aus der Periode -der Barbarey, und da ward dann durch folgerechte Auslegung das Uebel -nicht gemindert, sondern gemehrt. So kann man z. B. die Theorie -der Classiker über väterliche Gewalt und Erbrecht ein Meisterstück -juristischer Consequenz und Zergliederungskunst nennen; aber man muß -auch hinzusetzen: wehe der Nation, wo die Juristen dazu verurtheilt -sind, an solchen rohen, einseitigen Grundlagen ihren Scharfsinn zu -üben! Und was hilft uns auch alle Weisheit der Classiker, da ihre -Ideen nicht rein auf uns gekommen sind; da die späteren Kaiserlichen -Constitutionen fast jede einzelne Rechtslehre mißhandelt und verbildet -haben; und da nun das Ganze als ein wahrhaft gräßliches Gemisch -kluger und toller, consequenter und inconsequenter Bestimmungen vor -uns liegt! Dieß trifft nicht[[20]] bloß eine zahllose Menge kleiner -Rechtssätze, sondern große Rechtsmassen, welche als die Grundsteine -des ganzen bürgerlichen Rechts gelten können, namentlich die Lehre -von der elterlichen Gewalt, der Sicherheit des Eigenthums, dem -Hypotheken-Wesen, dem Erbrecht, und der Verjährung.(4) - -Wären aber auch alle diese Vorwürfe ungegründet, so bleibt doch noch -immer der, alles denkbare Schlechte übertreffende Umstand übrig, daß -wir -- unglaublicher Weise -- in dem Römischen Recht ein Gesetzbuch -haben, dessen Text wir nicht besitzen, und dessen Inhalt insofern einem -Irrlicht zu vergleichen ist. Kein authentischer oder patentisirter Text -ist aufgenommen, sondern das ideale Recht, wie man es nennen möchte, -welches sich in den, ganz verschieden lautenden vorhandenen zahllosen -Handschriften vorfindet. Die Masse dieser Varianten ist nun aber -ungeheuer. Bloß in der Gebauerschen Ausgabe nimmt ihr Abdruck so viel -Raum ein, als ein Viertheil des Textes; und doch ist es bekannt genug, -daß bey dieser Ausgabe nicht der hundertste Theil der unentbehrlichen -Hülfsmittel[[21]] benutzt ist. Wie ein Gelehrter nur ein Paar Wochen -lang gute Handschriften oder Ausgaben vergleicht, entdecken sich immer -neue überraschende Varianten, und es läßt sich gar nicht bezweifeln, -daß ein guter Theil herkömmlicher Rechtsansichten über den Haufen -geworfen werden müßte, wenn unsre *Cramer* und *Savigny* so glücklich -wären, zehn Jahre zu Rom an der Stelle zu sitzen, wo *Brenkmann* nach -dem Maaß seiner Kräfte der guten Sache zu dienen suchte. Also hängt -das Glück unsrer Bürger davon ab, ob unsre Gelehrten in Rom und -Paris liberal behandelt werden, und fleißig sammeln, oder nicht!(5) -Und wenn wir denn endlich das ersehnte Ziel erreicht hätten, wenn -die Varianten aller Handschriften und Ausgaben zu Einem großen Berge -zusammengefahren wären, was würde dann der Erfolg seyn? Die geschickte -Auswahl aus verschiedenen Lesarten hängt in der Regel vom bloßen Gefühl -ab, und die Wahl läßt sich selten streng rechtfertigen. Da werden -also die critischen Zänkereyen bis ins Unendliche vervielfältigt -werden, zumal da wir guten Rechtsgelehrten nichts so sehr lieben, -als die Meynungen Andrer, eben weil sie von Andern herrühren,[[22]] -außerordentlich bedenklich zu finden, und zu der Eröffnung einer neuen -Instanz alle Kräfte aufzubieten. Die Praktiker müssen aber bey solchen -hochgelehrten Streitigkeiten, wie Buridans geduldiges Thier zwischen -seinen beyden Heubündeln, mit unbewegtem Kopf in der Mitte stehen -bleiben, oder sich entschließen, ihre Richter so in Bewegung zu setzen, -wie jener Franzose den lieben Gott, indem er für den Deutschen Gott in -Hannover ein Deutsches A B C kaufte, und es mit der Bitte gen Himmel -hielt: mach dir selbst ein Vater unser daraus! -- Wäre dieß alles -nicht, wie würde es dann auch möglich gewesen seyn, daß edle Deutsche -Rechtsgelehrte es über sich hätten erhalten können, in den Zeiten der -Schmach und Unterdrückung dennoch ihrem Vaterlande die Annahme des -Neu-Französischen Civil-Rechts in vollem Ernste zu empfehlen? - -Freylich ist es nicht zu leugnen, daß die Einführung des Römischen -Rechts unserm gelehrten Treiben vielfach sehr förderlich war, besonders -dem Studio der Philologie und Geschichte, und daß die ganze große -räthselhafte Masse dem Scharfsinn und der Combinations-Gabe der -Juristen immer[[23]] viel Gelegenheit gab, und geben wird, sich zu üben -und zu verherrlichen. Allein der Bürger wird immer darauf bestehen -dürfen, daß er nun einmal nicht für den Juristen geschaffen ist, so -wenig als für die Lehrer der Chirurgie, um an sich lebendigen Leibes -anatomische Versuche anstellen zu lassen. Alle eure Gelehrsamkeit, -alle eure Varianten und Conjecturen, -- alles dieß hat die friedliche -Sicherheit des Bürgers tausendfältig gestört, und nur den Anwälden -die Taschen gefüllt. Das Bürgerglück frägt nicht nach gelehrten -Advocaten, und wir würden dem Himmel inbrünstig zu danken haben, wenn -es durch einfache Gesetze herausgebracht würde, daß unsre Anwälde ganz -der Gelehrsamkeit entrathen könnten, wie wir auch allen Grund hätten, -überselig zu seyn, wenn unsre Aerzte mit sechs Universal-Arzeneyen -alle Krankheiten mechanisch zu heilen vermöchten. Für wahre -wissenschaftliche Thätigkeit giebt es immer so viele Gegenstände, daß -man nie genöthigt seyn wird, Knoten zu schürzen, um sie nachher lösen -zu können. Aber ich behaupte noch mehr: eure beste Gelehrsamkeit hat -für das bürgerliche Wesen den wahren ächten juristischen Sinn von -jeher nicht[[24]] belebt, sondern getödtet. Die Masse des Positiven -und Historischen ist zu ungeheuer. Der gewöhnliche Jurist, dem doch -das Glück der Bürger in der Regel überlassen bleibt, kann diese Massen -nur nothdürftig mit dem Gedächtniß festhalten, aber nie geistvoll -verarbeiten. Daraus entsteht denn eine Hölzernheit und Aengstlichkeit, -welche Erbarmen erregt, und am Ende liegt immer ein alter Tröster -im Hintergrunde, woraus mechanisch der nöthige Rath geschöpft wird. -Man vergleiche nur die Anwälde in England, wo man durch Römische -Alterthümer und Varianten wenig geängstigt wird, mit unsern belobten -Rechtsfreunden. Dort ist alles Leben und frische Eigenthümlichkeit, -während bey uns in den mehrsten Ländern alles auf hölzerne Füße -gestellt ist, und so matt und pedantisch einherschleicht, daß man -am Ende kaum umhin kann, den Rabulisten, welche vom Positiven und -Gelehrten nichts kennen, aber lustig in das weite Meer hinaussteuren, -vorzugsweise geneigt zu werden. - -Nehmen wir nun dieß alles zusammen, so muß jedem Vaterlandsfreunde der -Wunsch sich aufdrängen, daß ein einfaches Gesetzbuch, das[[25]] Werk -eigner Kraft und Thätigkeit, endlich unsern bürgerlichen Zustand, den -Bedürfnissen des Volks gemäß, gehörig begründen und befestigen möge, -und daß ein patriotischer Verein aller Deutschen Regierungen dem ganzen -Reich die Wohlthaten einer gleichen bürgerlichen Verfassung auf ewige -Zeiten angedeihen lasse. Ich will versuchen, zuerst die Vortheile -dieser großen Neuerung anschaulich zu machen, und dann dasjenige zu -beseitigen, was man etwa gegen ihre Ausführbarkeit einwenden könnte. - -Zuerst, den Gelehrten zu gefallen, die Sache nur von der -wissenschaftlichen Seite betrachtet: welcher unendliche Gewinn für -die wahre, höhere Bildung der Diener des Rechts, der Lehrer und -Lernenden! Bisher war es unmöglich, daß irgend Jemand, und wäre er -auch der fleißigste Theoretiker gewesen, das ganze Recht übersehen, -und mit Geist gründlich durchdringen konnte. Jeder hatte höchstens -nur seine starken Seiten; an tausend Orten Nacht und Finsterniß! Von -den unschätzbaren Vortheilen des Uebersehens der Wechselwirkung aller -einzelnen Glieder der Rechtswissenschaft ist uns nichts zu Theil -geworden. Ein[[26]] einfaches National-Gesetzbuch, mit Deutscher -Kraft im Deutschen Geist gearbeitet, wird dagegen jedem auch nur -mittelmäßigen Kopfe in allen seinen Theilen zugänglich seyn, und -unsre Anwälde und Richter werden dadurch endlich in die Lage kommen, -daß ihnen für jeden Fall das Recht lebendig gegenwärtig ist. Auch -läßt sich nur bey einem solchen Gesetzbuch eine wahre Fortbildung der -Rechtsansichten als möglich denken. Mit unsern bisherigen gelehrten -Erörterungen haben wir uns zwar immer tiefer in Philologie und -Geschichte hineingewühlt, aber der kräftige Sinn für Recht und Unrecht, -für die Bedürfnisse des Volks, für ehrwürdige Einfalt und Strenge der -Gesetze, ist bey diesem mühseligen Treiben immer stumpfer geworden. -Was hätte sich auch für jene Fortbildung thun lassen, da die mehrsten -Theile unsres positiven Rechts durch und durch verdorben sind, da wir -ihre Gründe selten genau kennen, und da so auf der einen Seite keine -Hoffnung der Besserung, und auf der andern Seite wenig Gelegenheit zu -belebenden Erörterungen war! Wäre dagegen ein kräftiges einheimisches -Gesetzbuch das Gemeingut Aller, wäre es von anerkannt bedeutenden[[27]] -Staatsmännern und Gelehrten verfaßt, nach reifer Prüfung und voller -Benutzung des öffentlichen Urtheils, und wären dann auch dessen -Gründe mit unbedingter Offenheit zur allgemeinen Kenntniß gebracht, -so würde nun die wahre Rechtswissenschaft, d. h. die philosophirende, -sich leicht und frey bewegen können, und Jeder würde Gelegenheit und -Hoffnung haben, zur fernern Vervollkommnung dieses großen Nationalwerks -mitzuwirken. Auch wäre es unschätzbar, daß nun alle Deutschen -Rechtsgelehrten einen gleichen Gegenstand ihrer Untersuchungen -hätten, und durch stete Mittheilung ihrer Ideen über dasselbe Werk -sich wechselseitig heben und unterstützen könnten, daß also die -trostlosen Winkelpfuschereyen, unter denen bisher unsre zahllosen -Particular-Gesetze daniederlagen, im Wesentlichen ganz aufhörten. - -Sieht man aber auf den academischen Unterricht, so ist der Gewinn -ebenfalls unermeßlich. Bisher war das, doch immer höchst wichtige -Particular-Recht nirgend der Gegenstand gründlicher Vorträge auf den -Academien, konnte es nicht seyn, und wird es nie werden. Denn unsre -Academien bleiben gewiß, wie es heiß zu wünschen ist, allgemeine[[28]] -Bildungsanstalten für ganz Deutschland, und werden nie zu bloßen -Landesanstalten herabsinken, wo alles unter der Abgeschiedenheit und -Kleinlichkeit verkümmern muß. Wie kann aber hier jemals ein wahrer -Eifer der Lehrer für das einheimische Landrecht entstehen, da sie immer -bey Vorträgen über allgemeineres Recht auf ein weit größeres Publicum -rechnen können, besonders insofern, als sie schriftstellerische -Arbeiten unternehmen? Auch wird sich jeder Lehrer besserer Art die -goldene Aussicht erhalten wollen, in andern Freyhäfen eine freundliche -Aufnahme zu finden, wenn seine bisherige Stelle ihm mißfällt, -also nicht zu viel aufladen, was die Freyzügigkeit beschwerlich -machen könnte. So hat denn bisher über dem Particular-Recht in -wissenschaftlicher Hinsicht eine schwarze Nacht gelegen, und der junge -Practiker mußte sich darin immer durch eigne Kraft zu orientiren -suchen; ein unglückliches Geschäft, welches selten gerieth, da die -Particular-Gesetze zu zerstreut und mannigfaltig sind, und da selten -in einem Lande auch nur zehn practische Juristen das Glück haben, eine -vollständige Sammlung jener Gesetze zusammenbringen[[29]] zu können. So -schloß sich denn in der Regel an die vornehme academische Bildung eine -ungeheure Lücke, welche nur nach mannigfaltigem Wagen und Umhertappen -einigermaßen ausgefüllt werden konnte. Mit einem allgemeinen Gesetzbuch -wären dagegen Theorie und Praxis in die unmittelbarste Verbindung -gebracht, und die gelehrten academischen Juristen würden unter den -Practikern ein Wort mitreden dürfen, während sie jetzt überall mit -ihrem gemeinen Recht in der Luft hängen. - -Aber auch noch von einer andern Seite würde ein solches einfaches -National-Gesetzbuch dazu beytragen, daß der, so wichtige practische -Sinn unsrer Lernenden mehr geschärft werden könnte. Jetzt erschöpft -sich alles im Auswendiglernen zahlloser verwirrter Gesetze, -Definitionen, Distinctionen, und historischer Notizen. Für -Wohlredenheit, für Gewandtheit im Angreifen und Vertheidigen, für -Ausbildung des Talents, einer Rechtssache gleich vom Anfange an den -besten Wurf zu geben, für die Kunst, Geschäfte vorsichtig einzurichten, -für dialektische Schärfe und Schnellkraft, -- für das alles geschieht -mehrentheils nichts, und kann bey der gelehrten Ueberfüllung -nichts[[30]] Genügendes geschehen. So werden daher unsre Entlassenen in -die Welt hinaus gestoßen, um selbst durch Fallen das Gehen zu lernen; -und so muß man noch dem Himmel danken, wenn nur nachher in einer -langen Reihe von Jahren die Hälfte desjenigen, was ein geschickter -academischer Unterricht in kurzer Zeit leicht mittheilen könnte, -mühselig errungen wird. Wodurch sind auch die classischen Juristen -der Römer so groß geworden? Nicht durch endlose Ableitung dunkler -Rechtssätze aus Griechischen und Römischen Alterthümern; sondern -dadurch, daß einfache vaterländische Gesetze die Grundlage ihrer -Auslegungen waren, und daß so ungehindert für volle Gewandtheit des -Geistes alles Mögliche geschehen konnte. Auf jeder der Rechtsschulen zu -Rom, Berytus und Constantinopel gab es nur zwey ordentliche Professoren -des Rechts, aber eine Menge von Griechischen und Römischen Rhetoren und -Grammatikern; und wenn damals Staatswissenschaften und Naturrecht schon -so durchgearbeitet gewesen wären, wie jetzt, so würden wir gewiß, Statt -Eines Professors der Philosophie, weit mehrere den Juristen beygegeben -finden.(6) - -[[31]] Mehr als Alles ist es aber in Beziehung auf die -wissenschaftliche Bildung, daß mit der Einführung eines neuen weisen -National-Gesetzbuchs der academische Rechtsunterricht in allen Theilen -geistvoll werden kann. Jetzt ist nur zu vieles todt und abschreckend. -Die schlechte Beschaffenheit unsrer bisherigen Gesetze hat die Folge -gehabt, daß Niemand im gemeinen Leben den gangbaren Rechtszustand -mit Gefallen betrachten, und sich dabey verweilen mag. Man läßt das -krause Unwesen fortlaufen, wie es Gott gefällt, und bekümmert sich -nicht darum. So betreten denn unsre Anfänger die Academien, ohne je -über Gegenstände ihres Fachs auch nur entfernt nachgedacht zu haben, -und die Lehrer des Rechts sind nie so glücklich, wie die Lehrer der -Theologie und Medizin, daß sie ihre Vorträge an eine warme natürliche -Vorstellungsart, und lebhafte gemeine Begriffe anknüpfen können. Unsre -Naturrechte sind nicht dazu geschaffen, den civilistischen Verstand -aufzuschließen und groß zu bereichern; und wären sie auch ganz, was sie -seyn sollten, so würden sie doch das Interesse für das Positive nicht -heben. Denn dieß schwarze, unübersehbare Allerley läßt sich[[32]] nur -in einzelnen kleinen Theilen aufhellen, und mit der Philosophie in -Eintracht bringen. Das Mehrste muß mit dem bloßen Gedächtniß aufgefaßt, -und knechtisch angenommen werden, weil es nun einmal so ist; und -daher führt hier die gespannteste Unverdrossenheit den Studierenden -nie zu dem regen Eifer, und der innigen Anhänglichkeit an sein Fach, -wodurch sich tüchtig gebildete Aerzte, Theologen und Physiker so -oft auszeichnen. Wären wir dagegen so glücklich, ein gut gerathenes -Gesetzbuch zu besitzen, welches wir mit gerechtem Stolz das Werk unsrer -eignen Kraft nennen könnten, und dessen Segen sich in der Erfahrung -klar erkennen ließe: so würde der Anfänger mit fruchtbaren Begriffen -des gemeinen Lebens die Academie betreten, und die philosophischen und -positiv-rechtlichen Vorträge würden, Statt sich einander zu zerstören, -in steter wohlthätiger Wechselwirkung erhalten werden können.(7) - -Sehen wir nun ferner auf das Glück der Bürger, so kann es gar -keinen Zweifel leiden, daß ein solches einfaches Gesetzbuch für -ganz Deutschland die schönste Gabe des Himmels genannt zu werden -verdiente. Schon die bloße Einheit wäre[[33]] unschätzbar. Wenn auch -eine politische Trennung Statt finden muß und soll, so sind doch die -Deutschen hoch dabey interessirt, daß ein brüderlicher gleicher Sinn -sie ewig verbinde, und daß nie wieder eine fremde Macht den einen Theil -Deutschlands gegen den andern mißbrauche. Gleiche Gesetze erzeugen -aber gleiche Sitten und Gewohnheiten, und diese Gleichheit hat immer -zauberischen Einfluß auf Völkerliebe und Völkertreue gehabt. Außerdem -macht der bürgerliche Verkehr jene Einheit fast zu einer schreyenden -Nothwendigkeit. Unsre Deutschen Länder können allein durch einen -lebhaften, inneren, wechselseitigen Verkehr ihren Wohlstand erhalten, -und von dem schneidenden Volks-Egoismus, den der Französische Code -ausspricht, darf bey uns durchaus nichts gehört werden. Ist also -keine Gleichheit des Rechts, so entsteht das fürchterliche Unwesen -der Collision der Gesetze, wobey denn noch wieder der leidige Umstand -eintritt, daß es, nach *Hert*, wenigstens hundert und drey und dreyßig -Streitfragen über jene Collision gibt, die armen Unterthanen also bey -ihrem Verkehr in solche ewige Stockungen gerathen, und in ein solches -Labyrinth von Unsicherheit[[34]] und Schwanken verstrickt werden, daß -ihr ärgster Feind sie nicht übler berathen könnte. Die Einheit des -Rechts würde dagegen den Weg des Bürgers von dem einen Lande in das -andre eben und sicher machen, und schlechte Anwälde würden nicht mehr -Gelegenheit finden, bey dem Verkauf ihrer Rechtsgeheimnisse die armen -Ausländer schändlich auszusaugen und zu mißhandeln. - -Betrachten wir nun aber noch das Recht in seinem innern Seyn und Wesen, -so muß sich dem Unpartheyischen von selbst die Ueberzeugung aufdringen, -daß ein weises, tief durchdachtes, einfaches und geistvolles Gesetzbuch -grade dasjenige ist, was der Deutsche Bürger zu seiner Stärkung und -Erhebung unentbehrlich bedarf, damit die politische Zersplitterung, -und die mit derselben unzertrennlich verknüpften Kleinlichkeiten ein -tüchtiges Gegengewicht erhalten; und daß in der Regel kein einzelner -Regent im Stande seyn wird, ein solches Gesetzbuch durch seine Diener -entwerfen zu lassen. Es ist wahr, wir haben in Deutschland viele -treffliche, geübte, erfahrene Beamte; aber fast immer nur für das, -was im weiteren Sinne *Verwaltung* zu nennen ist,[[35]] also für -Anwendung bestehender Gesetze. Männer, welche der Gesetzgebung, und -insbesondere der allgemeinen, abstracten Gesetzgebung gewachsen sind, -gibt es sehr wenige, selbst im gelehrten Stande. Dieß darf auch nicht -befremden, und ist kein Vorwurf, welcher irgend eine Bitterkeit mit -sich führt. Denn eine gute Gesetzgebung ist das schwerste unter allen -Geschäften. Es gehört dazu ein reiner, großer, männlicher, edler Sinn; -eine unbedingte Festigkeit, damit man sich nicht durch falsches -Erbarmen und kleinliche Nebenrücksichten überraschen lasse, und eine -unendliche Umsicht und Mannigfaltigkeit der Kenntnisse. Wo solche -Bedingungen gefordert werden, da darf ein Einzelner, da dürfen Wenige -Einzelne sich nicht anmaßen, daß sie die Weisheit für alle Andern -besitzen, sondern die Kräfte vieler der Ersten müssen vereinigt werden, -damit durch eine große Wechselwirkung etwas Gediegenes und Geründetes -vollbracht werde. Kein Deutsches Justiz-Ministerium wird, wenn es mit -bescheidener Wahrhaftigkeit reden will, behaupten mögen, daß ihm die -Fähigkeit beywohne, auch nur eine einzige der vielen Hauptlehren des -bürgerlichen[[36]] Rechts so untadelhaft zu bearbeiten, daß das Werk -kühn, nicht etwa den Advocaten und Richtern dieses Landes, sondern -öffentlich den besseren Deutschen Rechtsgelehrten zur Prüfung vorgelegt -werden dürfte. Auch der Geschickteste versuche, nur über Kleinigkeiten -ein Gesetz zu entwerfen. Die Umfrage bey Andern, wie die spätere -Erfahrung, wird immer seine Begriffe mannigfaltig berichtigen; und wer -hier allein, oder nur mit wenigen Gehülfen wirkt, den wird sein Werk -nach kurzer Zeit immer wieder zum Theil gereuen. - -Aber es muß noch hinzugesetzt werden: die Begriffe über Gesetzgebung -sind bey vielen Deutschen Staatsbeamten allmählig, und besonders in -der letzter Zeit der Auflösung und Umkehrung, vielfach im höchsten -Grade schief und despotisch geworden; und dieses Uebel wird eher -zu- als abnehmen, wenn die Particular-Gesetzgebungen, welche als solche -von der öffentlichen Stimme wenig zu fürchten haben, auch fernerhin -an den unglücklichen Bürgern leichtsinnig ihre Versuche im Dunkeln -anstellen. Ich brauche nur das Beyspiel eines bedeutenden verstorbenen -Staatsmannes[[37]] anzuführen, welcher unlängst in einem Deutschen -Lande im Fach der Gesetzgebung kräftig wirkte. Er war ein Mann von -festem Sinn, vieler Rechtlichkeit, großem Scharfblick, arbeitsam über -alle Begriffe, und reich an Landeskenntnissen wie Wenige. In einem -großen Collegio, als thätiger Gehülfe Vieler, aber auch nur auf seine -Stimme beschränkt, würde er der Segen des Landes gewesen seyn. Allein -er überhob sich seiner Kräfte, wollte für Viele und über Viele hinüber -den rechten Verstand haben;(8) und da erfolgte denn ein Rechts-Jammer, -worunter das ganze Land tief gebeugt ward. Ewige Neuerungen und -Umwälzungen; reine Unwahrheiten in sogenannten authentischen -Auslegungen; Erklärungen, welche als Muster der Dunkelheit gelten -können; so wie, der ungehinderten Kühnheit wegen, eine Menge ganz -verkehrter Ansichten und Grundsätze! Als von der Möglichkeit der -Einführung des Code Napoleon die Rede war, stellte ich ihm einmal vor: -er möge einen bekannten schändlichen Artikel über uneheliche Kinder -nicht durchlassen; ferner den Art. 1649, wonach bey öffentlichen -Auctionen die heimlichen Mängel[[38]] ungestraft mit in den Kauf gehen, -als das Product eines groben Mißverstandes streichen; und endlich nicht -mit dem Art. 1139 verordnen, daß bey der Verabredung einer bestimmten -Zahlungszeit der Verzug doch nicht anders angenommen werden solle, -als wenn namentlich ausgemacht sey, das Nichtzahlen solle als Verzug -gelten, indem sich dieß ja von selbst verstehe, und der Bürger nie -durch willkührliche, unnütze Formen geplagt werden dürfe. Allein die -Antwort war: ~ad~ 1) Gottes Weltordnung sey auch unvollkommen; ~ad~ 2) -das werde zu viel Ueberlauf in den Gerichten machen; und ~ad~ 3) wenn -der Unterthan das neue Gesetzbuch gehörig einlerne, so wisse er ja, -was er zu thun und zu lassen habe. Man denke sich einen Gesetzgeber -nur mit diesen drey Grundsätzen: wir können ohne Noth zerstören, weil -dieß auch Blitze und Erdbeben unter Gottes Augen thun; wir können den -Betrogenen verderben lassen, wenn auf diese Art die Gerichte mehr Ruhe -haben; und wir können dem Bürger muthwillig Lasten aufladen, weil er -sie aus dem (mühseligen, und oft unmöglichen) Studio der Gesetze kennen -lernen kann: man denke sich einen[[39]] Gesetzgeber nur mit diesen -drey Grundsätzen thätig wirkend; welches Elend und Verderben an allen -Enden! Und solchen Jammer haben wir neuerlich viel erdulden müssen, -nicht durch den Willen unsrer guten Fürsten, welche außer Stande sind, -die Verwickelungen der bürgerlichen Verhältnisse ganz zu durchschauen, -sondern durch die Selbstsucht und die Halsstarrigkeit landesherrlicher -Diener; und dieß in einer Zeit, wo man Gottes Engel vom Himmel hätte -rufen mögen, um die Millionen Thränen zu trocknen, welche Noth und -Elend, Schmach und Schande den rechtlichen Deutschen, vom Höchsten bis -zum Niedrigsten, auspreßten! - -Und wer wagt es zu sagen: es gibt unter uns nur *wenige* Staatsmänner -mit solchen verkehrten Grundsätzen, mit dieser Beschränktheit, -Eigenwilligkeit, diesem unglücklichen, verzehrenden Dünkel? Ihre -Zahl ist wahrlich nicht klein, und daneben gibt es noch so viele -Unwissenheit, so viele muthwillige Verstocktheit in alten Vorurtheilen, -so viele Lahmheit und Schlaffheit, daß es ein seltenes Glück seyn wird, -wenn ein Deutscher Fürst sich sagen darf: ich kann mich für das[[40]] -große Fach der Gesetzgebung meinen Räthen sicher anvertrauen; und dieß -um so mehr, da bey der Vereinigung der Diener eines einzigen Herrn gar -zu leicht das Ansehn des Einen die übrigen zur Nachgiebigkeit verführt, -und so in der Regel an keine volle Freyheit der Stimmen zu denken ist. -Diese Freyheit, und eine durchdringende Allseitigkeit der Ueberlegung -wird erst durch die Vereinigung Vieler aus allen Ländern erwirkt werden -können; und dann mag auch ein verkehrter Kopf, oder ein sittlich -Verdorbener mit unter laufen. Denn das ist grade der himmlische -Segen großer collegialischer Verhandlungen: die Schaam, diese große -Schutzwehr menschlicher Freyheit, wodurch auch der Hebel der Publicität -so allmächtig wirkt, bändigt hier immer die Schlechtigkeit des -Einzelnen. Alle werden durch die Kräfte Aller unglaublich ermuntert und -gehoben; und durch ein geduldiges Erwägen aller Bedenken und Einwürfe -schleifen sich am Ende die sämmtlichen Ecken so glatt herunter, daß das -vollendete Werk in der Regel und im Ganzen (und auf mehr als dieses: -im Ganzen darf man nie Anspruch machen!) den Beyfall jedes einzelnen -Stimmenden haben wird.(9) - -[[41]] Uebrigens bedarf es kaum einer Erinnerung, daß ein solches -Gesetzbuch, wie es durch gemeinsames Wirken entstand, auch nur durch -eben ein solches nachher erforderlichen Falls gebessert werden -darf. Denn ohne dieß würde natürlich die beabsichtigte Einheit nur -kurze Zeit bestehen, und der böse Wille würde sich überall durch -schnelles Niederreißen zu rächen suchen. Die Sache müßte also wie -ein Völkervertrag unter feyerlicher Garantie der auswärtigen großen -alliirten Mächte behandelt werden. Man braucht auch nicht zu fürchten, -daß die künftige Bewirkung nothwendiger Aenderungen eben so viele -Weitläuftigkeiten veranlassen werde, als die jetzige Abfassung des -Gesetzbuchs. Denn die Haupttheile des Gesetzbuchs werden in der Regel -unangetastet bleiben, und die nöthigen Aenderungen im Zweifel immer aus -der Praxis, oder wissenschaftlichen Arbeiten so klar hervorgehen, daß -darüber nicht viel zu rechten seyn kann.(10) - -Inzwischen ist mit Sicherheit darauf zu zählen, daß die bisher -entwickelten Gedanken da und dort großen Widerspruch finden werden. -Ich muß mich daher auf die möglichen Haupteinwürfe etwas[[42]] näher -einlassen,(11) wobey ich jedoch die schwierigen Seelen sich selbst -überlassen muß, welche gegen alles bloß deswegen zu warnen pflegen, -weil es Diesem oder Jenem mißfallen könnte. Denn dieses theilweise -Mißfallen ist nun einmal bey jedem Dinge unabwendlich, und würde nicht -zu vermeiden seyn, auch wenn ein Engel alles eingerichtet hätte. -Auf die Mehrzahl, und auf den besseren, gediegenen Theil der Nation -kommt es hier also an; und dieser wird gewiß nicht dadurch im Guten -wankend gemacht werden, weil nicht alles gleich idealisch werden, -oder nicht unbedingt einem Jeden gefallen will. Es geht hier, wie -mit den Beschlüssen der Majorität eines Collegii. In der Regel wird -dadurch gewiß das Bessere getroffen; und daher ist der Ueberstimmte ein -Verräther an der guten Sache, und wird dafür gehalten, wenn er sich -nicht fügen will, oder hinterrückisch durch heimliche Verbindungen -zu hintertreiben sucht, was er auf dem graden Wege der Rechtlichkeit -anzugreifen hat, oder auf sich beruhen lassen soll. - -Jene Haupteinwendungen nun möchte ich in heimliche und öffentliche -eintheilen. Unter den letzten verstehe ich die, welche man als -rechtlicher[[43]] Mann ohne Erröthen vor aller Welt aussprechen darf; -unter den ersten aber diejenigen, deren man sich vielleicht hin und -wieder im Finstern bedienen möchte, um die Fürsten zu täuschen, und von -der Wahrheit abzulenken, welche aber, laut ausgesprochen, den Warnenden -der allgemeinen Verachtung aller Rechtlichen preiß geben. - -Die heimlichen Einwendungen sind nun: ein solches Gesetzbuch lähme die -Macht, und hemme die Freyheit des einzelnen Landesfürsten; man müsse -sich jetzt in diesen schweren Zeiten aller Neuerungen enthalten; jede -Umwälzung der Rechtsverfassung rege das wilde Gemüth des Volks auf, -könne leicht Aufstand veranlassen, und am Ende Deutschland in eben den -Strudel hineinziehen, woraus sich Frankreich in diesem Augenblick kaum -gerettet habe. - -Mit dem ersten Bedenken ist nun wohl ganz leicht fertig zu werden. -Denn edeln Deutschen Fürsten ist es nie darauf angekommen, daß die -Unterthanen von Woche zu Woche so recht weidlich herumregiert werden, -und immer Sporn und Zügel des schlechten Reiters fühlen; sondern daß -sie sich unter weisen, festen Gesetzen der verdienten[[44]] Ruhe -erfreuen, und wo möglich ungehindert und ungeschüttelt ihr Wesen -treu, ehrlich, und altherkömmlich für sich treiben. So werden denn -edle Fürsten dem Schöpfer danken, wenn ihrem Lande ein bürgerliches -Gesetzbuch zu Theil werden kann, welches daurende Ruhe und Sicherheit, -und gute Verhältnisse zu den Nachbarn verspricht. Auch bleibt ja für -die Regiersucht, wenn dieß Ungethüm wohl gepflegt fortleben soll, noch -genug Thätigkeit übrig, theils in Beziehung auf die ganze Verwaltung, -theils insofern nach den obigen Vorschlägen den Landesregenten, und -etwa mitregierenden Ständen, die ganze Gesetzgebung im Fach der -Finanzen, der Oekonomie, und der allgemeinen und besonderen Polizey -ungekränkt verbleibt. Und wäre es auch eine Art von Herabsetzung, -daß der Regent nach jenem Plan nicht grade alles kann, was ihm seine -Willkühr eingibt, so läßt sich diese Herabsetzung für gute Fürsten gar -nicht abwenden, und sie selbst werden dieselbe herbeywünschen. Denn der -rechtliche Fürst beugt sich gern unter die Gesetze der Zweckmäßigkeit, -und würde sich für den Glücklichsten halten, wenn in keinem Zweige -der Verwaltung etwas mehr zu[[45]] ändern übrig wäre. Der kleinlichen -Räthe, welche sich gar zu gern hervorthun, und ihre beschränkten -Ansichten recht oft ~in anima vili~ (an den Unterthanen) probiren -möchten, wird es zwar immer genug geben; aber gegen sie kann das Volk -den Fürsten selbst, wenn er seine wahre Hoheit erkennt, getrost zu -Hülfe rufen. - -Die übrigen Einwendungen sind bedenklicher, weil sie tückisch sind, und -in diesen Zeiten überstandener, und doch zum Theil wieder drohender -wilder Stürme ein erschrecktes, unerfahrnes Gemüth leicht ergreifen -könnten, auch der Verläumder fast immer darauf rechnen kann, daß -dieß und jenes hängen bleibt. Tückisch sind aber jene Einwendungen -mit Rücksicht auf Deutschland im höchsten Grade. Kein Volk der Erde -gibt es, welches so geneigt ist, seiner althergebrachten Verfassung -willfährig anzuhängen, und seinen Fürsten getreu zu bleiben, als das -biedere Volk der Deutschen. Ein Deutscher Fürst braucht, man möchte -sagen, nur halb seine Pflicht zu thun, nur von Zeit zu Zeit dem -Volk redlich seine Theilnahme zu beweisen, nur im Ganzen Recht und -Gerechtigkeit gut zu handhaben, um der allgemeinen Liebe[[46]] und -Anhänglichkeit gewiß zu seyn. Der erhabene Fürst, dessen frisches -Grab Badens Einwohner als die Ruhestätte eines Heiligen verehren, -und dessen Andenken nie unter ihnen erlöschen wird, stand ruhig und -unbesorgt, von den wildesten Volksstürmen umgeben, als angebeteter -Freund unter seinen Unterthanen; und es hätte nicht einmal seiner -unübertrefflichen, weisen Regierung bedurft, um auf die Treue des -Volks bauen zu können. Der Deutsche weiß zu gut, was er von jeher -seinen Fürsten zu danken hatte, und kennt die Gründe, warum er ihnen -ferner vertrauen, und sie in Ehren halten soll. Unsre Fürsten werden -im freundlichen Wohlstande gebohren und erzogen; keine der Reibungen -verfinstert ihr Gemüth, wodurch der Unterthan, und besonders der -Staatsdiener, im Gedränge des mühvollen Lebens so tausendfältig -ergriffen, abgestumpft, verbittert, und in seinen Grundsätzen -wankend gemacht wird. Jeder von ihnen kann sich durch die erhebende -Rückerinnerung an die Thaten großer Ahnherrn im Guten bestärken, -und überall aus der Geschichte seines eignen Landes lernen, welchen -Segen ein guter Fürst durch Mäßigkeit, Kraft, Klugheit[[47]] und -Gerechtigkeit über sein Volk verbreitet. Daher ist denn auch bey uns -das Volk tief von dem lebendigen Glauben durchdrungen, daß wahrer -Adel, Lauterkeit der Denkart, und das, was Vornehmheit im edleren -Sinne genannt zu werden verdient, also Wohlwollen gegen Jedermann, -Verachtung alles Kleinlichen, Unbestechlichkeit und Parteylosigkeit das -Gemüth seiner Fürsten über alle Gemeinheit hinweghebe; und daher hat -das Volk immer mit freudigem Herzen Gut und Blut geopfert, um die Ehre -seiner Fürsten zu behaupten, und Schaden von ihnen abzuwenden.(12) Und -wo geschah dieß mehr, als grade in diesem Augenblick heldenmüthiger -Volksanstrengung, und allgemeiner Ergebung? Es gehört mehr als Bosheit -dazu, wenn man selbst noch in solchen Zeiten den Fürsten von seinem -Volke abwendig zu machen, ihn mit Mißtrauen und Besorgniß zu erfüllen -sucht. Aber grade dieß haben wir jetzt am mehrsten zu fürchten. Denn --- es muß laut gesagt werden! -- die Verdorbenheit und Kleinlichkeit -eines Theils der Staatsdiener mancher Länder nimmt immer mehr überhand. -Nur zu gern möchte das lose Gesindel die zeitlichen Segnungen[[48]] -des Regierens an sich reißen, die Kraft des Fürsten lähmen, und so -wie der Sturmwind im Lande umherfahren; unbewacht an allen Enden -herrschen und quälen, und eigner Gemeinheit, Eitelkeit, und Habsucht -alle Zügel schießen lassen. Da muß denn die reine Seele des Fürsten -durch Mißtrauen vergiftet werden; da muß man alles aufbieten, daß -schlechte Umgebungen die Einwirkung der Edeln des Volks unmöglich -machen; und es muß künstlich darauf angelegt werden, daß sich der Herr -des Landes in Prunk und Tand, in Sinnlichkeit und Trägheit ersäufe, -damit nun andre im Stillen das Ruder des Staats ergreifen, und mit -ihrer Sippschaft von oben nach unten das Land durchfegen können, wie -es ihnen gefällt. Das ist es, was unsre Fürsten zu fürchten haben, -und mehr als je! Denn nicht so viel ist es zu beklagen, daß jüngst -ein eisernes Geschick uns Freunde, Väter und Kinder raubte, und die -Blüthe unsres Wohlstandes zerstörte, als vielmehr, daß uns bis auf -das Mark ein verzehrendes Gift eingeflößt ward, welches alles zu -vernichten drohet, wenn nicht kräftige Gegenmittel schnell angewandt -werden. Nicht haben sie es verstanden, die Schlechten[[49]] und Eiteln, -dem unbändigen Weltzerstörer seine guten Eigenschaften abzulernen, -seine Thatkraft, seine Besonnenheit, und seinen Ernst; aber das -gelang ihnen meisterhaft, durch die Betrachtung seiner Fehler, und -unverständige Nachahmungssucht, alles Verderbliche und Ehrlose in sich -aufzuregen, und zu befestigen. Daher diese herbe Menschenverachtung; -dieses pöbelhafte Reiben an den gebeugten höheren Ständen; diese -frostige, rücksichtlose Behandlung des(13) Unterthanen; diese Hudeleyen -verdienter Beamten; diese Schonung und Emporhebung der Schlechten, als -brauchbarer Werkzeuge zu beliebigen Zwecken; diese wechselseitige -Gönnerschaft unter allen denen, welche auf den möglichen Fall durch -ihre Bosheit einander möchten schaden können; und vor allen Dingen -dieses heillose Bestreben, alle Regierungsmaßregeln des Schrecklichen -nachzuahmen, welche nur insofern zu rechtfertigen waren, als ein Mensch -ohne sittliche Haltung, ohne wahre Größe, und ohne ererbten Namen das -Wagstück zu bestehen suchte, eine eitle, untreue, verwilderte Nation -zu bändigen, und zum sklavischen Werkzeuge seiner[[50]] tobenden Laune -zu machen. Unter diesen Menschen, und unter ihnen allein,(14) haben -unsre Fürsten ihre Feinde zu suchen. Nur daher jener vielfach nicht -zu verkennende Mißmuth, und jene Freudenlosigkeit vieler im Volke, -genährt durch die beklemmende Nebenbetrachtung, daß die Schamlosen, -welche bisher bey uns dem fremden Unwesen laut huldigten, sich nun -heuchlerisch in Unschuld waschen, ihr Brandmal verdeckend überall -wieder einschleichen, und dann den Treuen und Rechtlichen durch schnöde -Zurücksetzung und Mißhandlung den irdischen Lohn der Tugend reichlich -zutheilen werden. Aber Gottes Allmacht wird es geben, daß unsre Fürsten -bald ganz die Netze gewahren, welche man ihnen zu legen sucht. Auf die -Biederkeit des Volks können sie dann, wie auf einen Felsen, bauen, und -jede weise Neuerung wird nur noch dazu beytragen, die Unterthanen in -den Gesinnungen der Treue und inniger Fürstenliebe zu befestigen. - -Unter den Einwendungen, welche sich von rechtlichen Männern erwarten -lassen, möchte vielleicht[[51]] die scheinbarste diese seyn: das Recht -müsse sich nach dem besondern Geist des Volks, nach Zeit, Ort und -Umständen richten, und insofern führe ein allgemeines bürgerliches -Gesetzbuch für alle Deutschen zu einem verderblichen, unnatürlichen -Zwange. Für diese Einwendung lassen sich freylich viele Gewährsmänner -nennen. Wie oft haben wir nicht seit *Montesquieu* davon reden -gehört, daß das Recht klüglich nach den Umständen, nach dem Boden, -dem Clima, dem Character der Nation, so wie nach tausend andern -Dingen zu modificiren sey? Ist man ja sogar mit diesen vorsichtigen -Berücksichtigungen wohl dahin gekommen, am Ende alles Denkbare für -so eben recht, oder nicht eben für Unrecht zu erklären, weil es -sich finden will, daß auch das Tolleste da und dort seine Anhänger -hatte. Allein, -- man verzeihe mir die Stärke des Ausdrucks! -- ich -kann in solchen Ansichten fast nur Verkehrtheit, und Mangel tiefer -rechtlicher Gefühle entdecken. Das Mehrste dabey ist nichts, als -reine Vermengung gewöhnlicher Folgen einer Erscheinung mit dem, was -nach[[52]] der Vernunft seyn kann, und seyn sollte. Folgt der Mensch -seinen Launen, seiner Beschränktheit, und jedem ersten leisen Anstoß, -wie es gewöhnlich ist, und erwachsen daraus am Ende Grundsätze und -Einrichtungen, so erklärt sich der Erfolg zwar recht leicht; aber -damit ist er nicht gerechtfertigt. Die vier Haupt-Temperamente, welche -man nach unsern Seelenlehren unterscheiden soll, führen, ungeleitet -und ungehemmt, auch zu ganz verschiedenen Handlungsweisen; aber -keine Sittenlehre wird sich dadurch in der ehrwürdigen Einfalt ihrer -Vorschriften stören lassen. Wenn auch dem Cholerischen die Vermeidung -des Zorns schwerer wird, als dem Phlegmatiker, so muß er doch seinen -Kopf brechen lernen, und der Phlegmatiker alle Kräfte aufbieten, um -die muntre Thätigkeit des Sanguinikers nachzuahmen. So soll auch das -äußere Recht darauf angelegt seyn, die Menschen zu vereinigen, und -sie nicht in ihren schlaffen Angewohnheiten zu befestigen, oder ihren -Schlechtigkeiten zu schmeicheln, sondern sie zur vollen Besonnenheit -zu bringen, und aus dem Pfuhl elender Selbstischkeit[[53]] und -Kleinlichkeit herauszureißen. Wenn daher auch in einer despotischen -Verfassung die Diener ebenfalls geneigt werden, den Unterthanen zu -mißhandeln, und deswegen bey einer solchen Verfassung selbst der -bürgerliche Proceß leicht in das Willkührliche geht; wenn kleinliche -Menschen gekräuselte Gesetze lieben, und die sittenlosen Männer einer -benachbarten Nation sich nicht anders beglückt fühlen, als wenn sie -einen gesetzlichen Freybrief zur Unzucht haben: so kann das ernste -Recht nur darüber trauren, daß es Hindernisse findet; aber es muß, -der Vernunft wegen, durchgreifen, und wird sich nicht in seinen -nothwendigen Einrichtungen stören lassen. Zwar können besondere -Umstände besondere Gesetze erheischen, wie es namentlich in Betreff -der ökonomischen, und der Polizey-Gesetze oft der Fall ist. Allein die -bürgerlichen Gesetze, im Ganzen nur auf das menschliche Herz, auf -Verstand und Vernunft gegründet, werden sehr selten in der Lage seyn, -daß sie sich nach den Umständen beugen müssen; und wenn auch da und -dort kleine Unbequemlichkeiten aus der Einheit entstehen sollten,[[54]] -so wiegen die zahllosen Vortheile dieser Einheit alle jene Beschwerden -überreichlich wieder auf. Man überdenke nur die einzelnen Theile des -bürgerlichen Rechts! Viele derselben sind so zu sagen nur eine Art -reiner juristischer Mathematik, worauf keine Localität irgend einen -entscheidenden Einfluß haben kann, wie die Lehre vom Eigenthum, dem -Erbrecht, den Hypotheken, den Verträgen, und was zum allgemeinen Theil -der Rechtswissenschaft gehört. Und selbst in den Lehren, worauf schon -mehr die menschliche Individualität einzuwirken scheint, wird man in -der Regel immer finden, daß Eine Ansicht die bessere ist, sofern man -nicht in kahlen formellen Demonstrationen, sondern, wie es seyn soll, -in einer weisen Abwägung aller Gründe des Zweckmäßigen und Zuträglichen -die gesetzgebende Thätigkeit zu erhalten sucht. So kann z. B. über die -Grenzen der Ehescheidungen und der väterlichen Gewalt viel hin und her -gestritten werden; aber Niemand wird doch am Ende behaupten mögen, daß -es darüber verschiedene Systeme geben müsse, wenn auch Dieser und Jener -hier in Zweifeln hängen bleiben, und es[[55]] nicht wagen mag, sich -grade unbedingt und um jeden Preis für die Eine Ansicht zu erklären. -Mit einem, bloß die Deutschen betreffenden Gesetzbuch hat es in dieser -Hinsicht ohnehin wenig Noth. Denn wenn auch politische Interessen -gewisse Scheidungen hervorgebracht haben, so ist doch der Stamm -überall derselbe; überall der gleiche treue Sinn; überall unter den -Besseren gleicher Abscheu gegen Verzerrung, Ziererey und Falschheit; -und die kräftigen, freundlichen Nord-Deutschen werden gewiß stets die -brüderliche Liebe zu rühmen wissen, womit sie überall das tüchtige, -heitere Volk der Süd-Deutschen in den letzten Zeiten an seinem Heerde -empfangen hat. - -Es muß aber die Sache noch weiter getrieben werden. Die belobten -Rechtsverschiedenheiten, worauf die Bedenklichen so vieles Gewicht -legen, sind nicht einmal Folgen natürlicher Anlagen und örtlicher -Verhältnisse, sondern die Folgen unkluger Abgeschiedenheit und -unüberlegter Willkühr, wenigstens in unzähligen Fällen. Wie man den -Schritt in Deutschland etwas zu weit macht, so[[56]] steht man auf -anderem Rechtsboden; das ist wahr, und schon von *Voltaire* bemerkt. -Allein wo liegt der Grund? Doch wohl nicht darin, daß auf dieser Seite -eines Bachs die Sonne ganz anders scheint, als auf der andern; sondern -darin, daß kein Gesetzverfasser mit dem Nachbarn zu Rath gesessen, und -Jeder fein sittlich und bürgerlich seine eigne Wirthschaft für sich im -Stillen getrieben hat. Damit haben wir denn ein endloses Rechtsgewirr -bekommen, wie uns auch eben daher der Segen hundert verschiedener -Ellen und Wagengleise zu Theil geworden ist. So ist z. B. die Lehre -von der Intestaterbfolge die einfachste von der Welt, im Ganzen von -keinen Oertlichkeiten abhängig, sondern von dem einfachen Gedanken, -daß der Gesetzgeber an der Stelle des Verstorbenen so theilen soll, -wie dieser theilen durfte, und wahrscheinlich selbst würde getheilt -haben. Und dennoch haben wir darüber in unserm Vaterlande wenigstens -tausend verschiedene Local-Rechte. Bloß in den Herzogthümern Schleswig -und Holstein gibt es in dieser Hinsicht so viele abweichende Statute -und Gewohnheiten, daß in Kiel ein eignes bedeutendes[[57]] Collegium -darüber gelesen werden muß, während das Oesterreichische Gesetzbuch mit -seiner schönen Gediegenheit und Einfalt die ganze Sache für ein weites -Reich mit wenig klaren Artikeln ins Reine gebracht hat. Jeder Tag giebt -davon neue Beweise. Ueber die zweckmäßige Einrichtung eines Leihhauses -vereinigten sich die verständigen Männer der Nation wohl sehr leicht -Eines Beschlusses; aber man hat neuerlich auch darüber die wohlweisen -Stadträthe nur so in Gottes Namen für sich handeln lassen, und damit -sind denn gleich mehr als tausend, vielfach sehr schlechte Variationen -über dasselbe Thema erfolgt. - -Freylich wird es nicht abzuwenden seyn, daß in den einzelnen Ländern -da und dort eine Besonderheit als solche beyzubehalten ist, z. B. in -Ansehung der Bauergüter, gewisser Grunddienstbarkeiten, u. dgl.; allein -daraus folgt nichts, als daß man sie beybehalten mag, keineswegs aber, -daß das große Werk dadurch in seinem Lauf gehemmt werden muß. Solche -Dinge lassen sich gar leicht ausscheiden, wenn man nur ehrlich und -männlich[[58]] zu Werke geht, und nicht, wie auf den alten hochseligen -Reichstagen, durch ewige Häckeleyen und engherzige Zweifelsucht alles -muthwillig zu trüben und zu verwirren bemüht ist. - -Ein zweyter, von vielen Seiten zu erwartender Haupteinwand wird die -Heiligkeit des Herkömmlichen zur Grundlage nehmen. Man muß möglichst -alle Umwälzungen vermeiden; das Bestehende ehren, weil es dem Bürger -geläufig, und in sofern werth geworden ist; und selbst die anerkannten -Vorurtheile des Bürgers schonen, weil es einmal außer der menschlichen -Macht liegt, sie ganz zu überwältigen! So wird es von vielen Seiten -her lauten, und ich bin auch gar nicht gemeynt, im Allgemeinen solche -Ansichten zu bestreiten; aber ich behaupte, daß sie dermalen wenig -oder gar nicht passen, und daß sich unter jene patriarchalische -Rechtsweisheit mehrentheils viel Unlauteres und Unverständiges zu -verstecken pflegt. - -Leichtsinnige Aenderungen sind immer verderblich, und der Character des -Volks gewinnt an Kraft und Gediegenheit über die Maaße, wenn[[59]] die -Nachkommen fest und ehrbar auf eben dem Wege einhergehen, worauf ihre -Ahnen Glück und Zufriedenheit fanden. Das ist wahr, und verdiente recht -oft wiederholt zu werden, wenn nicht in den neueren Zeiten schon ohne -alle wissenschaftlichen Ermahnungen so viele blutige Thränen darüber -geflossen wären, daß Niemand heute wußte, wem er morgen angehören, -und was ihm der Wirbelwind der Gesetzmachereyen am folgenden Tage -lassen, oder rauben werde. Allein grade jene Unwandelbarkeit, jene -segenvolle Stimmung des Volks zur Ehrfurcht gegen das Alterthum, kann -erst durch ein allgemeines Gesetzbuch erreicht werden, welches aus -der ganzen Nationalkraft hervorging, und ein Ehrenwerk genannt zu -werden verdient. Läßt man uns dagegen jetzt bey dem bisherigen Recht, -so bleibt uns das Schlechte, Unnatürliche, unsrer Eigenthümlichkeit -vielfach Widerstreitende; und die Flickereyen von Jahr zu Jahr werden -kein Ende nehmen. Gebt uns also ein solches gediegenes Ehrenwerk, und -vor Allem in dieser Zeit, wo die Gemüther für das Große mehr wie je -aufgeregt[[60]] sind; wo jeder rechtliche Bürger die Neigung hat, treu -zu dulden und zu handeln, um doch wenigstens den Nachkommen ein gutes -Erbe zu hinterlassen. Ein solches Werk, in solcher Zeit geschaffen, -wird unsern Kindern und Kindeskindern ein Heiligthum werden, und so, -aber auch nur so allein, wird es endlich gelingen, unserm Volke die -Stetigkeit und feste Haltung zu geben, welche ihm in jeder Hinsicht so -sehr anpaßt. - -Man thue aber bey dem Verehren des Herkömmlichen der Sache nicht -zu viel! Die wuchernden Ortsgebräuche und Gewohnheiten sind nur zu -oft bloße Rechtsfaulheit, wobey es eines leisen Anstoßes bedarf, -damit der Schritt zu einem andern Ziel gelenkt werde, und wobey -der bessernde Gesetzgeber auf eben den Dank rechnen kann, der dem -Wundarzt zu Theil wird, wenn er den Furchtsamen nach langem Sträuben -durch einen leichten Schnitt von fressenden Qualen befreyte. Das -~sapere aude!~ gilt auch hier, und vielleicht mehr, als irgendwo. Der -gewöhnliche[[61]] Unterthan kann das Rechtsgewirr, dessen Gründe, -Vortheile und Nachtheile, nicht übersehen, oder mag sich zu dem -Ende nicht anstrengen. Er sucht daher in allen bedeutenden Fällen -die Hülfe eines Rechtsfreundes; und ein solcher muß es ja wohl so -recht eigentlich verstehen! Diesem wird dann blindlings gefolgt, wie -sauer es auch dem Berathenen ankommen mag; und in der Art schleppt -man sich von einem Tage zum andern. Was aber so wohl recht passen, -und den Bedürfnissen des Einzelnen am besten zusagen möchte, darauf -sieht die vorsehende Praxis nicht gern, sondern mehr auf schnelle -Abfertigung des Rathbedürftigen, und auf ein einfaches Formular für -Jedermann, damit der Rathende ja nicht genöthigt werde, viel von -seinen Verstandeskräften abzureiben, und nahrhafte Kunden über der -Vielheit fahren zu lassen. Man kann in dieser Hinsicht Cicero's -Spöttereyen in der Rede ~pro Murena~ als lautere Wahrheiten(15) gelten -lassen. Noch kürzlich ist mir ein Fall der Art vorgekommen, daß über -zweyhundert Ehepaare in Betreff ihrer, vertragsmäßig zu bestimmenden -Güterrechte[[62]] eintönig nach demselben Formular bedient wurden. Zwar -wollte es da und dort nicht recht einleuchten, daß z. B. eine reiche, -feine Frau mit einem rohen Verschwender in die engste Gütergemeinschaft -gebracht wurde; aber der bedachtsame Rechtshelfer hatte nun einmal -von nichts Anderm wissen wollen, und so mußte es ja doch wohl das -Beste seyn. So ging jedes Paar mit seinem, anständig eingelösten Bogen -davon, und konnte sich am Ende doch wenigstens damit trösten, daß alles -Getränk eine besondere Güte hat, wenn man recht etwas Ordentliches -dafür bezahlen mußte. - -Freylich wird es nun auch wohl hier oder dort der Fall seyn, daß -einzelnen Gewohnheitssündern das herkömmliche Schlechte gar zu lieb -und bequem geworden ist, besonders insofern bedenkliche Rechtskenner -vom alten Schlage ihnen mit weisem Rath zur Seite stehen. Allein -darauf muß man nun einmal in unserm lieben Vaterlande rechnen, daß -einzelne Originale solcher Art niemals aussterben. Das Uebel hebt -sich[[63]] indeß leicht, wenn man den Ton des Amtmanns in Gellerts -Fabeln zu treffen weiß. Und dazu hat man jetzt ein doppeltes Recht. -Als man,(16) den Degen halb gezogen, die Deutschen liebreich -ermahnte, den Französischen Code anzunehmen, da wußten sich die -altdeutschen, ehrwürdigen, heilsamen Einrichtungen nicht schnell genug -zurückzuziehen, als ob sie nie da gewesen wären, und von Widerbellern -ward wenig gehört. Die Stimme einheimischer Vernunft kann also -jetzt wenigstens so viel Achtung und Folgsamkeit verlangen, als die -fremde Unverschämtheit, und es würde unserm Volke zur ewigen Schande -gereichen, wenn der verständige, wohlwollende Vaterlandsfreund nicht -durchsetzen könnte, was dem, bloß listigen, tückischen Ausländer ohne -große Mühe gelang.(17) - -Noch könnte man vielleicht ferner einwenden: die Abfassung eines -solchen Gesetzbuchs über Privat-, Criminal- und Proceß-Recht durch eine -so große Versammlung, wozu jedes Land wenigstens einige Mitglieder -zu ernennen habe, müsse[[64]] höchst langwierig und kostbar werden. -Allein nur die Kleingeistigkeit kann einen solchen Einwand machen. Die -Summe der Kraft, welche auf ein solches Werk zu verwenden ist, beträgt -nicht ein Tausendtheil dessen, was man zusetzen muß, wenn ferner in -jedem Lande, wie bisher, ein neues Gesetz das andre verdrängt, und -damit sogar noch die bloße Rechtsanwendung grenzenlos schwierig und -kostbar gemacht wird. Auch läßt sich darauf rechnen, daß die Vollendung -des Werks in zwey, drey, vier Jahren geschehen kann, da wir in dem -Preussischen und Oesterreichischen Gesetzbuch, dem Französischen -Code, und in dem, was neuerlich in Sachsen und Bayern vollbracht ist, -so höchst lehrreiche Vorarbeiten haben, daß Vieles schon jetzt als -abgethan angesehen werden kann. Die Kosten sind aber wohl nicht des -Nennens werth, und werden für jedes Land schwerlich mehr betragen, als -der Unterhalt einiger berühmten Schauspieler und Schauspielerinnen. -Sollte indeß irgend ein Oberrechner darauf beharren, daß seine Casse -zu solchen Zwecken nichts hergeben könne, so werden die Richter[[65]] -und Anwälde des Landes, wenn sie ihren wahren Vortheil verstehen, -gern bereit seyn, die kleine Ausgabe aus dem Ihrigen zu bestreiten. -Denn wie unendlich war der geschickte practische Jurist bisher -dadurch beschränkt, daß er mit seinem Wissen in andern Ländern nichts -anfangen konnte, und daher oft lebenslänglich gebückt und gedrückt -auf der Erdscholle stehen bleiben mußte, wo ihn das Schicksal auf -die Welt geworfen hatte! Ein gleiches bürgerliches Deutsches Recht -würde auch diese Beschwerde heben, den Fürsten die Wahl brauchbarer -Diener erleichtern, und verdiente Männer gegen die Mißhandlungen des -Nepotismus und der Aristocratie in die gehörige Sicherheit setzen. - -Eine sehr große Schwierigkeit bleibt indeß auf jeden Fall in der, -schon lange herkömmlichen Widerspenstigkeit der Beschränkten und -Selbstsüchtigen grade bey solchen Gelegenheiten, wo davon die Rede ist, -daß etwas Tüchtiges und Großes ins Werk gerichtet werden müsse. Wie -weit es Deutsche Schwäche in dieser Hinsicht getrieben[[66]] hat, und -treiben konnte, zeigen die alten Reichstagsverhandlungen, welche fast -nur an die Polnischen Reichstage erinnern. Inzwischen darf man nicht -vergessen, wie eigenthümlich grade der jetzige Augenblick ist, und wie -viele Gründe es gibt, wenigstens dießmal auf etwas Außerordentliches zu -rechnen. Alle Völker Deutscher Abkunft haben sich in diesen Zeiten mit -herzlicher Liebe vereinigt, und wo man hinblickt, da findet man unter -ihnen die Feinde versöhnt, und die Freunde inniger als je verbunden. -Durch ihren Muth und ihre Ausdauer ist glücklich gelungen, was noch -vor einem Jahr unglaublich schien, und Jeden beseelt der Wunsch, daß -dieser große Augenblick über alle Deutschen Brüder für viele Jahre -seinen Segen verbreite. Unsre Regenten können daher den letzten Act -nicht so kahl enden, daß sie dem Volk die Ehre lassen, alle alten -Schlechtigkeiten durch grenzenlose Opfer wieder erlangt zu haben. -Es muß, -- nicht mit tändelnder Ziererey, welche sich an der Schale -erschöpft, sondern mit Mannskraft, welche das Wesen zu durchdringen -vermag, -- etwas Großes, Edles, Erhebendes geschehen, damit[[67]] den -Kämpfern ein würdiger Lohn ihrer Arbeit zu Theil werde; damit sie -ferner ihren Fürsten als Männern vertrauen. Die Volksstimme wird sich -in dieser Hinsicht nicht beschwichtigen lassen, und die Gewalt der -Zeit wird unwiderstehlich von unten nach oben wirken, wenn es in den -Köpfen beschränkter Räthe nicht von selbst aufthauen will. Auch können -die edeln Deutschen Fürsten und Staatsmänner, denen ungebührliche -Schwierigkeiten gemacht werden, sicher auf den Schutz der großen -Monarchen rechnen, welche jetzt der Welt den Frieden gegeben haben, -und schon insofern, als sie für das Glück der Urheber alles Uebels mit -seltener Großmuth das Aeußerste thaten, gewiß nicht unterlassen werden, -unser edles Volk, dem sie einen wesentlichen Theil ihrer Fortschritte -verdanken, mit Rath und That kräftig zu unterstützen.(18) - - - - - Vom - Beruf unsrer Zeit - für - Gesetzgebung - und - Rechtswissenschaft. - - Von - - ~D.~ Friedrich Carl von Savigny, - - ordentl. Professor der Rechte an der Königl. Universität zu Berlin, - und ordentl. Mitglied der Königl. Akademie der - Wissenschaften daselbst. - - Heidelberg, - bey Mohr und Zimmer. - - 1814. - - -Inhalt. - - Seite - - 1) Einleitung (1) 72 - - 2) Entstehung des positiven Rechts (8) 75 - - 3) Gesetze und Rechtsbücher (16) 80 - - 4) Römisches Recht (27) 87 - - 5) Bürgerliches Recht in Deutschland (37) 92 - - 6) Unser Beruf zur Gesetzgebung (45) 97 - - 7) Die drey neuen Gesetzbücher (54) 102 - - 8) Was wir thun sollen wo keine Gesetzbücher sind (111) 136 - - 9) Was bey vorhandenen Gesetzbüchern zu thun ist (135) 150 - - 10) Das Gemeinsame (151) 160 - - 11) Thibauts Vorschlag (155) 162 - - 12) Schluß (161) 166 - - -1. - -Einleitung. - -[[1]] In vielen deutschen Ländern hat jetzt ein äußeres Bedürfniß die -Frage nach der besten Einrichtung des bürgerlichen Rechts angeregt, -und so ist diese Frage, welche unsere Staaten lange Zeit auf sich -beruhen lassen konnten, zur gemeinsamen Berathung der Staatsmänner -und der Gelehrten gediehen. Aber noch ein edlerer Grund als das bloße -Bedürfniß hat zu dieser öffentlichen Berathung gewirkt: das Gefühl, -daß in der abgewendeten Unterdrückung der deutschen Nation eine -dringende Aufforderung an jede lebendige Kraft liegt, sich dieser -Zeit nicht unwerth zu zeigen. Darum ist es nicht Anmaaßung, sondern -recht und gut, wenn jeder, der ein Herz hat für seinen Beruf, und -eine klare Anschauung von demselben, diese Anschauung öffentlich -mittheilt, und[[2]] die Rechtsgelehrten dürfen darin am wenigsten -zurück bleiben. Denn gerade im bürgerlichen Rechte ist der Unterschied -der gegenwärtigen und der vergangenen Zeit recht augenscheinlich. Ohne -Zweifel kann auch hierin im einzelnen noch viel Verkehrtes geschehen -aus Unverstand oder bösem Willen. Aber die erste Frage darf doch wieder -seyn: was ist recht und gut? Die Sache trägt doch wieder ihren Zweck -und ihre Bestimmung in sich selbst, die Fürsten können wieder thun -nach ihrer Ueberzeugung, und ihre Ehre setzen in das gemeine Wohl. -Das wird von der vergangenen Zeit niemand behaupten. Als der Code in -Deutschland eindrang, und krebsartig immer weiter fraß, war von inneren -Gründen nicht die Rede, kaum hie und da in leeren Phrasen: ein äußerer -Zweck bestimmte alles, dem eigenen Werthe des Gesetzbuchs völlig fremd, -ein an sich selbst heilloses Verhältniß, selbst abgesehen davon, -daß es der verderblichste unter allen Zwecken war. Darum war es bis -jetzt fruchtlos darüber zu reden. Die in dieser Zeit geredet haben, -waren theils eigennützig der schlechten Sache hingegeben, theils in -unbegreiflicher Gutmüthigkeit von ihr bethört, die meisten blos zur -Ausführung mitwirkend als Geschäftsmänner, ohne sich in ein Urtheil -einzulassen: einzelne ehrenwerthe Stimmen ließen sich hören, strafend -und warnend, andere andeutend und winkend, an Erfolg aber konnte -keiner denken. Daß wieder eine Verschiedenheit der Meynungen[[3]] -wirksam werden, daß wieder Streit und Zweifel entstehen kann über die -Entscheidung, gehört zu den Wohlthaten, womit uns jetzt Gott gesegnet -hat, denn nur aus dieser Entzweyung kann eine lebendige und feste -Einheit hervorgehen, die Einheit der Ueberzeugung, nach welcher wir in -allen geistigen Dingen zu streben durch unsre Natur gedrungen sind. - -Aber es giebt einen zweyfachen Streit, einen feindlichen und einen -friedlichen. Jenen führen wir, wo wir Ziel und Zweck verwerflich -finden, diesen wo wir Mittel suchen zu gemeinsamen löblichen Zwecken. -Jener wäre auch jetzt noch, da nicht mehr vom Code die Rede ist, an -seiner Stelle, denn Einer behaupten wollte, jetzt sey die rechte Zeit, -wo alle einzelne Staaten in Deutschland sich fest abschließen müßten: -dazu sey auch das Recht gut zu gebrauchen, und jede Regierung müsse -für ein recht eigenthümliches Gesetzbuch sorgen, um auch hierin alles -gemeinsame aufzuheben, was an den Zusammenhang der Nation erinnern -könnte. Diese Ansicht ist nichts weniger als willkührlich ersonnen, -vielmehr sind ihr manche Regierungen offenbar günstig: wohl aber -hindert eine gewisse Scheu, sie jetzt laut werden zu lassen, und ich -wüßte nicht, daß sie in Schriften für das bürgerliche Recht benutzt -worden wäre. Ganz anders ist es mit den Vorschlägen, die bis jetzt -für dieses kund geworden sind, denn mit ihnen ist, wo wir[[4]] nicht -übereinstimmen, ein friedlicher Streit möglich, und ein solcher führt, -wo nicht zur Vereinigung der Streitenden, doch zu besserer Einsicht im -Ganzen. - -Von zwey Meynungen über die Einrichtung des bürgerlichen Rechts, -die mir bekannt geworden sind, geht die eine auf Herstellung des -alten Zustandes[1], die zweyte auf Annahme eines gemeinschaftlichen -Gesetzbuches für die Deutschen Staaten[2]. Zur Erläuterung dieser -zweyten Meynung sind gleich hier einige Bemerkungen nöthig, indem sie -in einem doppelten historischen Zusammenhang betrachtet werden muß. - -Erstens nämlich steht sie in Verbindung mit vielen ähnlichen -Vorschlägen und Versuchen seit der Mitte des achtzehnten -Jahrhunderts. In dieser Zeit hatte sich durch ganz Europa ein völlig -unerleuchteter Bildungstrieb geregt. Sinn und Gefühl für die Größe -und Eigenthümlichkeit anderer Zeiten, so wie für die naturgemäße -Entwicklung der Völker und Verfassungen, also alles was die Geschichte -heilsam und fruchtbar machen muß, war verloren: an die Stelle -getreten war eine gränzenlose Erwartung von der[[5]] gegenwärtigen -Zeit, die man keinesweges zu etwas geringerem berufen glaubte, als -zur wirklichen Darstellung einer absoluten Vollkommenheit. Dieser -Trieb äußerte sich nach allen Richtungen: was er in Religion und -Staatsverfassung gewirkt hat, ist bekannt, und es ist unverkennbar, wie -er hier durch eine natürliche Gegenwirkung aller Orten einer neuen, -lebendigeren Liebe die Stäte bereiten mußte. Auch im bürgerlichen -Rechte war er thätig. Man verlangte neue Gesetzbücher, die durch ihre -Vollständigkeit der Rechtspflege eine mechanische Sicherheit gewähren -sollten, indem der Richter, alles eigenen Urtheils überhoben, blos -auf die buchstäbliche Anwendung beschränkt wäre: zugleich sollten sie -sich aller historischen Eigenthümlichkeit enthalten, und in reiner -Abstraction für alle Völker und alle Zeiten gleiche Brauchbarkeit -haben. Es würde sehr irrig seyn, jenen Trieb und diese Anwendungen -desselben einzelnen Irrlehrern zuzuschreiben: es war, nur mit sehr -achtungswerten Ausnahmen, die Meynung der Völker. Darum stand es nicht -in der Macht der Regierungen, allen Anwendungen auszuweichen, und -die bloße Milderung und Beschränkung derselben konnte oft schon als -sehr verdienstlich und als Beweis innerer Kraft gelten. Vergleichen -wir mit diesen vergangenen Zuständen die gegenwärtige Zeit, so dürfen -wir uns freuen. Geschichtlicher Sinn ist überall erwacht, und neben -diesem hat jener bodenlose Hochmuth[[6]] keinen Raum. Und wenn auch -angehende Schriftsteller oft noch einen ähnlichen Anlauf nehmen, so ist -es doch gar nicht mehr herrschender Geist. Auch in den oben genannten -Vorschlägen von Gesetzbüchern ist zum Theil diese erfreuliche -Vergleichung bewährt. Frey von jenen übertriebenen Ansprüchen gehen -sie auf ein bestimmtes praktisches Ziel, und auch ihre Motive stehen -auf festem Boden. Das Durchlaufen jener Periode aber gewährt uns den -großen Vortheil, daß wir ihre Erfahrungen zu Rathe ziehen können. Aus -den Ansichten derselben sind nach einander Gesetzbücher für drey große -Staaten hervor gegangen. Diese, und zum Theil ihre Wirkungen, liegen -vor uns, und es würde unverzeihlich seyn, die Lehre zu verschmähen, die -sie uns aufmunternd oder warnend geben können. - -Zweytens stehen jene Vorschläge in Verbindung mit einer allgemeinen -Ansicht von der Entstehung alles positiven Rechts, die von jeher -bey der großen Mehrzahl der deutschen Juristen herrschend war. -Nach ihr entsteht im normalen Zustande alles Recht aus Gesetzen, -d. h. ausdrücklichen Vorschriften der höchsten Staatsgewalt. Die -Rechtswissenschaft hat lediglich den Inhalt der Gesetze zum Gegenstand. -Demnach ist die Gesetzgebung selbst, so wie die Rechtswissenschaft, -von ganz zufälligem, wechselndem Inhalt, und es ist sehr möglich, -daß das Recht von morgen dem von heute gar nicht ähnlich sieht. -Ein[[7]] vollständiges Gesetzbuch ist demnach das höchste Bedürfniß, -und nur bey einem lückenhaften Zustande desselben kann man in die -traurige Nothwendigkeit kommen, sich mit Gewohnheitsrecht, als einer -schwankenden Ergänzung, behelfen zu müssen. Diese Ansicht ist viel -älter als die oben dargestellte, beide haben sich auf manchen Punkten -feindlich berührt, weit öfter aber sehr gut vertragen. Als Vermittlung -diente häufig die Ueberzeugung, daß es ein praktisches Naturrecht oder -Vernunftrecht gebe, eine ideale Gesetzgebung für alle Zeiten und alle -Fälle gültig, die wir nur zu entdecken brauchten, um das positive Recht -für immer zu vollenden. - -Ob diese Ansicht von der Entstehung des positiven Rechts Realität habe, -wird sich aus der folgenden Untersuchung ergeben. - - -2. - -Entstehung des positiven Rechts. - -[[8]] Wir befragen zuerst die Geschichte, wie sich bey Völkern edler -Stämme das Recht wirklich entwickelt hat: dem Urtheil, was hieran gut, -vielleicht nothwendig, oder aber tadelnswerth seyn möge, ist damit -keinesweges vorgegriffen. - -Wo wir zuerst urkundliche Geschichte finden, hat das bürgerliche Recht -schon einen bestimmten Character, dem Volk eigenthümlich, so wie -seine Sprache, Sitte, Verfassung. Ja diese Erscheinungen haben kein -abgesondertes Daseyn, es sind nur einzelne Kräfte und Thätigkeiten -des einen Volkes, in der Natur untrennbar verbunden, und nur unsrer -Betrachtung als besondere Eigenschaften erscheinend. Was sie zu einem -Ganzen verknüpft, ist die gemeinsame Ueberzeugung des Volkes, das -gleiche Gefühl innerer Nothwendigkeit, welches allen Gedanken an -zufällige und willkührliche Entstehung ausschließt. - -Wie diese eigenthümlichen Functionen der Völker, wodurch sie selbst -erst zu Individuen werden, entstanden sind, diese Frage ist auf -geschichtlichem Wege nicht zu beantworten. In neueren Zeiten ist -die Ansicht herrschend gewesen, daß alles zuerst in[[9]] einem -thierähnlichen Zustand gelebt habe, und von da durch allmähliche -Entwicklung zu einem leidlichen Daseyn, bis endlich zu der Höhe -gekommen sey, auf welcher wir jetzt stehen. Wir können diese Ansicht -unberührt lassen, und uns auf die Thatsache jenes ersten urkundlichen -Zustandes des bürgerlichen Rechts beschränken. Wir wollen versuchen, -einige allgemeine Züge dieser Periode darzustellen, in welcher das -Recht wie die Sprache im Bewußtseyn des Volkes lebt. - -Diese Jugendzeit der Völker ist arm an Begriffen, aber sie genießt -ein klares Bewußtseyn ihrer Zustände und Verhältnisse, sie fühlt und -durchlebt diese ganz und vollständig, während wir, in unsrem künstlich -verwickelten Daseyn, von unserm eigenen Reichthum überwältigt sind, -anstatt ihn zu genießen und zu beherrschen. Jener klare, naturgemäße -Zustand bewährt sich vorzüglich auch im bürgerlichen Rechte, und so -wie für jeden einzelnen Menschen seine Familienverhältnisse und sein -Grundbesitz durch eigene Würdigung bedeutender werden, so ist aus -gleichem Grunde möglich, daß die Regeln des Privatrechts selbst zu -den Gegenständen des Volksglaubens gehören. Allein jene geistigen -Functionen bedürfen eines körperlichen Daseyns, um festgehalten -zu werden. Ein solcher Körper ist für die Sprache ihre stete, -ununterbrochene Uebung, für die Verfassung sind es die sichtbaren -öffentlichen Gewalten, was vertritt aber diese Stelle[[10]] bey -dem bürgerlichen Rechte? In unsren Zeiten sind es ausgesprochene -Grundsätze, durch Schrift und mündliche Rede mitgetheilt. Diese Art -der Festhaltung aber setzt eine bedeutende Abstraction voraus, und -ist darum in jener jugendlichen Zeit nicht möglich. Dagegen finden -wir hier überall symbolische Handlungen, wo Rechtsverhältnisse -entstehen oder untergehen sollen. Die sinnliche Anschaulichkeit dieser -Handlungen ist es, was äußerlich das Recht in bestimmter Gestalt -festhält, und ihr Ernst und ihre Würde entspricht der Bedeutsamkeit -der Rechtsverhältnisse selbst, welche schon als dieser Periode -eigenthümlich bemerkt worden ist. In dem ausgedehnten Gebrauch -solcher förmlichen Handlungen kommen z. B. die germanischen Stämme -mit den altitalischen überein, nur daß bey diesen letzten die Formen -selbst bestimmter und geregelter erscheinen, was mit den städtischen -Verfassungen zusammen hangen kann. Man kann diese förmlichen Handlungen -als die eigentliche Grammatik des Rechts in dieser Periode betrachten, -und es ist sehr bedeutend, daß das Hauptgeschäft der älteren -Römischen Juristen in der Erhaltung und genauen Anwendung derselben -bestand. Wir in neueren Zeiten haben sie häufig als Barbarey und -Aberglauben verachtet, und uns sehr groß damit gedünkt, daß wir sie -nicht haben, ohne zu bedenken, daß auch wir überall mit juristischen -Formen versorgt sind, denen nur gerade die Hauptvortheile der alten -Formen abgehen,[[11]] die Anschaulichkeit nämlich und der allgemeine -Volksglaube, während die unsrigen von jedem als etwas willkührliches -und darum als eine Last empfunden werden. In solchen einseitigen -Betrachtungen früher Zeiten sind wir den Reisenden ähnlich, die in -Frankreich mit großer Verwunderung bemerken, daß kleine Kinder, ja ganz -gemeine Leute, recht fertig französisch reden. - -Aber dieser organische Zusammenhang des Rechts mit dem Wesen und -Character des Volkes bewährt sich auch im Fortgang der Zeiten, und auch -hierin ist es der Sprache zu vergleichen. So wie für diese, giebt es -auch für das Recht keinen Augenblick eines absoluten Stillstandes, es -ist derselben Bewegung und Entwicklung unterworfen, wie jede andere -Richtung des Volkes, und auch diese Entwicklung steht unter demselben -Gesetz innerer Nothwendigkeit, wie jene früheste Erscheinung. Das -Recht wächst also mit dem Volke fort, bildet sich aus mit diesem, und -stirbt endlich ab, so wie das Volk seine Eigenthümlichkeit verliert. -Allein diese innere Fortbildung auch in der Zeit der Cultur hat für die -Betrachtung eine große Schwierigkeit. Es ist nämlich oben behauptet -worden, daß der eigentliche Sitz des Rechts das gemeinsame Bewußtseyn -des Volkes sey. Dieses läßt sich z. B. im Römischen Rechte für die -Grundzüge desselben, die allgemeine Natur der Ehe, des Eigenthums u. -s. w. recht wohl denken, aber für das unermeßliche[[12]] Detail, wovon -wir in den Pandekten einen Auszug besitzen, muß es jeder für ganz -unmöglich erkennen. Diese Schwierigkeit führt uns auf eine neue Ansicht -der Entwicklung des Rechts. Bey steigender Cultur nämlich sondern sich -alle Thätigkeiten des Volkes immer mehr, und was sonst gemeinschaftlich -betrieben wurde, fällt jetzt einzelnen Ständen anheim. Als ein solcher -abgesonderter Stand erscheinen nunmehr auch die Juristen. Das Recht -bildet sich nunmehr in der Sprache aus, es nimmt eine wissenschaftlich -Richtung, und wie es vorher im Bewußtseyn des gesammten Volkes lebte, -so fällt es jetzt dem Bewußtseyn der Juristen anheim, von welchen -das Volk nunmehr in dieser Function repräsentirt wird. Das Daseyn -des Rechts ist von nun an künstlicher und verwickelter, indem es ein -doppeltes Leben hat, einmal als Theil des ganzen Volkslebens, was es -zu seyn nicht aufhört, dann als besondere Wissenschaft in den Händen -der Juristen. Aus dem Zusammenwirken dieses doppelten Lebensprincips -erklären sich alle spätere Erscheinungen, und es ist nunmehr -begreiflich, wie auch jenes ungeheure Detail ganz auf organische -Weise, ohne eigentliche Willkühr und Absicht, entstehen konnte. Der -Kürze wegen nennen wir künftig den Zusammenhang des Rechts mit dem -allgemeinen Volksleben das *politische* Element, das abgesonderte -wissenschaftliche Leben des Rechts aber das *technische* Element -desselben. - -[[13]]In verschiedenen Zeiten also wird bey demselben Volke das Recht -natürliches Recht (in einem andern Sinn als unser Naturrecht) oder -gelehrtes Recht seyn, je nachdem das eine oder das andere Princip -überwiegt, wobey eine scharfe Gränzbestimmung von selbst als unmöglich -erscheint. Bey republikanischer Verfassung wird das politische Princip -länger als in monarchischen Staaten unmittelbaren Einfluß behalten -können, und besonders in der Römischen Republik wirkten viele Gründe -zusammen, diesen Einfluß noch bey steigender Cultur lebendig zu -erhalten. Aber in allen Zeiten und Verfassungen zeigt sich dieser -Einfluß noch in einzelnen Anwendungen, da wo in engeren Kreisen ein -oft wiederkehrendes gleiches Bedürfniß auch ein gemeinsames Bewußtseyn -des Volkes selbst möglich macht. So wird sich in den meisten Städten -für Dienstboten und Miethwohnungen ein besonderes Recht bilden und -erhalten, gleich unabhängig von ausdrücklichen Gesetzen und von -wissenschaftlicher Jurisprudenz: es sind dieses einzelne Ueberreste -der früheren allgemeinen Rechtsbildung. Vor der großen Umwälzung fast -aller Verfassungen, die wir erlebt haben, waren in kleineren Deutschen -Staaten diese Fälle weit häufiger als jetzt, indem sich Stücke -altgermanischer Verfassungen häufig durch alle Revolutionen hindurch -gerettet hatten. - -Die Summe dieser Ansicht also ist, daß alles Recht auf die Weise -entsteht, welche der herrschende,[[14]] nicht ganz passende, -Sprachgebrauch als *Gewohnheitsrecht* bezeichnet, d. h. daß es -erst durch Sitte und Volksglaube, dann durch Jurisprudenz erzeugt -wird, überall also durch innere, stillwirkende Kräfte, nicht durch -die Willkühr eines Gesetzgebers. Dieser Zustand ist bis jetzt nur -historisch aufgestellt worden, ob er löblich und wünschenswerth ist, -wird die folgende Untersuchung zeigen. Aber auch als historische -Ansicht bedarf dieser Zustand noch einiger näheren Bestimmungen. Zuerst -ist dabey eine ganz ungestörte einheimische Entwicklung vorausgesetzt -worden; der Einfluß früher Berührung mit fremdem Rechte wird weiter -unten an dem Beyspiel von Deutschland klar werden. Eben so wird sich -zeigen, daß allerdings ein theilweiser Einfluß der Gesetzgebung auf -bürgerliches Recht, bald löblich, bald tadelnswerth, statt finden -kann. Endlich finden sich große Verschiedenheiten in den Gränzen der -Gültigkeit und Anwendung des Rechts. Wie nämlich dasselbe Volk sich in -viele Stämme verzweigt, Staaten sich vereinigen oder zerfallen, so muß -bald dasselbe Recht mehreren unabhängigen Staaten gemein seyn, bald in -verschiedenen Theilen desselben Staates, neben gleichen Grundzügen des -Rechts, eine große Mannichfaltigkeit einzelner Bestimmungen gelten. - -Unter den Deutschen Juristen hat *Hugo* das große Verdienst, in den -meisten seiner Schriften die herrschenden Ansichten gründlich bekämpft -zu haben[3].[[15]] Hohe Ehre gebührt auch hierin dem Andenken *Mösers*, -der mit großartigem Sinn überall die Geschichte zu deuten suchte, oft -auch in Beziehung auf bürgerliches Recht; daß dieses Beyspiel den -Juristen größtentheils unbemerkt geblieben ist, war zu erwarten, da -er nicht zünftig war und weder Vorlesungen gehalten, noch Lehrbücher -geschrieben hat. - - -3. - -Gesetze und Rechtsbücher. - -[[16]] Der Einfluß eigentlicher Gesetzgebung auf bürgerliches Recht ist -in einzelnen Stücken desselben nicht selten, aber die Gründe dieses -Einflusses sind sehr verschiedener Art. Zunächst kann nämlich gerade -die Abänderung des bestehenden Rechts Absicht des Gesetzgebers seyn, -weil höhere politische Zwecke dieses fordern. Wenn in unsren Tagen -Nichtjuristen von dem Bedürfniß neuer Gesetzgebung sprechen, so ist -gewöhnlich blos dieses gemeynt, wovon die Bestimmung der gutsherrlichen -Rechte eines der wichtigsten Beispiele ist. Auch die Geschichte des -Römischen Rechts liefert Beyspiele dieser Art, wenige aus der freyen -Republik, unter August die wichtige ~Lex Iulia et Papia Poppaea~, seit -den christlichen Kaisern eine große Anzahl. Daß die Gesetze dieser Art -leicht eine fruchtlose Corruption des Rechts sind, und daß gerade in -ihnen die höchste Sparsamkeit nöthig ist, wird jedem einleuchten, der -die Geschichte zu Rathe zieht. Die technische Seite des Rechts wird -bey ihnen bloß für die Form, und für den Zusammenhang mit dem ganzen -übrigen Rechte in Anspruch genommen, welcher Zusammenhang diesen Theil -der[[17]] Gesetzgebung schwieriger macht, als er gewöhnlich gedacht -zu werden pflegt. Weit unbedenklicher ist ein zweyter Einfluß der -Gesetzgebung auf das bürgerliche Recht. Einzelne Rechtssätze nämlich -können zweifelhaft seyn, oder sie können ihrer Natur nach schwankende, -unbestimmte Gränzen haben, wie z. B. alle Verjährung, während die -Rechtspflege durchaus scharfe Gränzen fodert. Hier kann allerdings eine -Art von Gesetzgebung eintreten, welche der Gewohnheit zu Hülfe kommt, -jene Zweifel und diese Unbestimmtheiten entfernt, und so das wirkliche -Recht, den eigentlichen Willen des Volks, zu Tage fördert, und rein -erhält. Die Römische Verfassung hatte für diesen Zweck eine treffliche -Einrichtung in den Edicten der Prätoren, eine Einrichtung, welche auch -in monarchischen Staaten unter gewissen Bedingungen statt finden könnte. - -Aber diese Arten eines theilweisen Einflusses sind gar nicht gemeynt, -wenn so wie in unsern Tagen von dem Bedürfniß allgemeiner Gesetzbücher -die Rede ist. Hier ist vielmehr folgendes gemeynt. Der Staat soll -seinen gesammten Rechtsvorrath untersuchen und schriftlich aufzeichnen -lassen, so daß dieses Buch nunmehr als einzige Rechtsquelle gelte, -alles andere aber, was bisher etwa gegolten hat, nicht mehr gelte. -Zuvörderst läßt sich fragen, woher diesem Gesetzbuch der Inhalt kommen -solle. Nach einer oben dargestellten Ansicht ist von vielen behauptet -worden, das allgemeine[[18]] Vernunftrecht, ohne Rücksicht auf etwas -bestehendes, solle diesen Inhalt bestimmen. Die aber mit der Ausführung -zu thun hatten, oder sonst das Recht praktisch kannten, haben sich -dieser großsprechenden, völlig hohlen Ansicht leicht enthalten, und -man ist darüber einig gewesen, das ohnehin bestehende Recht solle hier -aufgezeichnet werden, nur mit den Abänderungen und Verbesserungen, -welche aus politischen Gründen nöthig seyn möchten. Daß dieses gerade -bei den neueren Gesetzbüchern die herrschende Ansicht war, wird sich -unten zeigen. Demnach hätte das Gesetzbuch einen doppelten Inhalt: -theils das bisherige Recht, theils neue Gesetze. Was diese letzten -betrifft, so ist es offenbar zufällig, daß sie bey Gelegenheit des -Gesetzbuchs vorkommen, sie könnten auch zu jeder anderen Zeit einzeln -gegeben werden, und eben so könnte zur Zeit des Gesetzbuchs kein -Bedürfniß derselben vorhanden seyn. In Deutschland besonders würden -diese neuen Gesetze oft nur scheinbar vorkommen, da das, was einem -Lande neu wäre, in einem andern meist schon gegolten haben würde, so -daß nicht von neuem, sondern von schon bestehendem Rechte verwandter -Stämme die Rede wäre, nur mit veränderten Gränzen der Anwendung. Um -also unsere Untersuchung nicht zu verwirren, wollen wir die neuen -Gesetze ganz bey Seite setzen, und blos auf den wesentlichen und -Hauptinhalt des Gesetzbuchs sehen. Demnach müssen wir das Gesetzbuch -als Aufzeichnung[[19]] des gesammten bestehenden Rechts denken, mit -ausschließender Gültigkeit vom Staate selbst versehen. - -Daß wir dieses letzte als wesentlich bey einer Unternehmung dieser Art -voraussetzen, ist in unsren schreibthätigen Zeiten natürlich, da bey -der Menge von Schriftstellern und dem schnellen Wechsel der Bücher und -ihres Ansehens, kein einzelnes Buch einen überwiegenden und dauernden -Einfluß anders als durch die Gewalt des Staates erhalten kann. An sich -aber läßt es sich gar wohl denken, daß diese Arbeit ohne Aufforderung -und ohne Bestätigung des Staates von einzelnen Rechtsgelehrten -vollbracht würde. Im altgermanischen Rechte war dieses häufig der -Fall, und wir würden viele Mühe gehabt haben, unsren Vorfahren den -Unterschied eines Rechtsbuchs als einer Privatarbeit von einem wahren -Gesetzbuche deutlich zu machen, den wir uns als so natürlich und -wesentlich denken. Wir bleiben aber jetzt bey dem Begriffe stehen, -welcher unsren Zeiten angemessen ist. Jedoch ist es klar, daß der -Unterschied lediglich in der Veranlassung und Bestätigung von Seiten -des Staates liegt, nicht in der Natur der Arbeit selbst, denn diese -ist auf jeden Fall ganz technisch und fällt als solche den Juristen -anheim, indem bey dem Inhalte des Gesetzbuchs, den wir voraussetzen, -das politische Element des Rechts längst ausgewirkt hat, und blos diese -Wirkung zu erkennen und auszusprechen[[20]] ist, welches Geschäft zur -juristischen Technik gehört. - -Die Forderungen an ein solches Gesetzbuch und die Erwartungen von -demselben sind von zweyerley Art. Für den innern Zustand des Rechts -soll dadurch die höchste Rechtsgewißheit entstehen, und damit die -höchste Sicherheit gleichförmiger Anwendung. Die äußeren Gränzen der -Gültigkeit sollen dadurch gebessert und berichtigt werden, indem an die -Stelle verschiedener Localrechte ein allgemeines Nationalrecht treten -soll. Wir beschränken uns hier noch auf den ersten Vortheil, indem -von dem zweyten besser unten in besonderer Anwendung auf Deutschland -geredet werden wird. - -Daß jener innere Vortheil von der Vortrefflichkeit der Ausführung -abhange, leuchtet jedem sogleich ein, und es ist also von dieser -Seite eben so viel zu verlieren als zu gewinnen möglich. Sehr -merkwürdig ist, was *Baco* aus der Fülle seines Geistes und seiner -Erfahrung über diese Arbeit sagt[4]. Er will, daß sie nicht ohne -dringendes Bedürfniß geschehe, dann aber mit besonderer Sorgfalt für -die bisher gültigen Rechtsquellen: zunächst durch wörtliche Aufnahme -alles anwendbaren aus ihnen, dann indem sie im Ganzen aufbewahrt und -fortwährend zu Rathe[[21]] gezogen werden. Vorzüglich aber soll diese -Arbeit nur in solchen Zeiten unternommen werden, die an Bildung und -Sachkenntniß höher stehen, als die vorhergehenden, denn es sey sehr -traurig, wenn durch die Unkunde der gegenwärtigen Zeit die Werke -der Vorzeit verstümmelt werden sollten[5]. Worauf es dabey ankommt, -ist nicht schwer zu sagen: das vorhandene, was nicht geändert, -sondern beybehalten werden soll, muß gründlich erkannt und richtig -ausgesprochen werden. Jenes betrifft den Stoff, dieses die Form. - -In Ansehung des Stoffs ist die wichtigste und schwierigste Aufgabe die -Vollständigkeit des Gesetzbuchs, und es kommt nur darauf an, diese -Aufgabe, worin Alle einstimmen, recht zu verstehen. Das Gesetzbuch -nämlich soll, da es einzige Rechtsquelle zu seyn bestimmt ist, auch -in der That für jeden vorkommenden Fall im voraus die Entscheidung -enthalten. Dieses hat man häufig so gedacht, als ob es möglich und -gut wäre, die einzelnen Fälle als solche durch Erfahrung vollständig -kennen zu lernen, und dann jeden durch eine entsprechende Stelle -des Gesetzbuchs zu entscheiden. Allein wer mit Aufmerksamkeit[[22]] -Rechtsfälle beobachtet hat, wird leicht einsehen, daß dieses -Unternehmen deshalb fruchtlos bleiben muß, weil es für die Erzeugung -der Verschiedenheiten wirklicher Fälle schlechthin keine Gränze -giebt. Auch hat man gerade in den allerneuesten Gesetzbüchern allen -Schein eines Bestrebens nach dieser materiellen Vollständigkeit -völlig aufgegeben, ohne jedoch etwas anderes an die Stelle derselben -zu setzen. Allein es giebt allerdings eine solche Vollständigkeit in -anderer Art, wie sich durch einen Kunstausdruck der Geometrie klar -machen läßt. In jedem Dreyeck nämlich giebt es gewisse Bestimmungen, -aus deren Verbindung zugleich alle übrige mit Nothwendigkeit folgen: -durch diese, z. B. durch zwey Seiten und den zwischenliegenden Winkel, -ist das Dreyeck *gegeben*. Auf ähnliche Weise hat jeder Theil unsres -Rechts solche Stücke, wodurch die übrigen gegeben sind: wir können -sie die leitenden Grundsätze nennen. Diese heraus zu fühlen, und von -ihnen ausgehend den innern Zusammenhang und die Art der Verwandtschaft -aller juristischen Begriffe und Sätze zu erkennen, gehört eben zu -den schwersten Aufgaben unsrer Wissenschaft, ja es ist eigentlich -dasjenige, was unsrer Arbeit den wissenschaftlichen Character giebt. -Entsteht nun das Gesetzbuch in einer Zeit, welche dieser Kunst -nicht mächtig ist, so sind folgende Uebel ganz unvermeidlich. Die -Rechtspflege wird scheinbar durch das Gesetzbuch, in der That aber -durch etwas anderes,[[23]] was außer dem Gesetzbuch liegt, als der -wahrhaft regierenden Rechtsquelle, beherrscht werden. Dieser falsche -Schein aber ist höchst verderblich. Denn das Gesetzbuch wird unfehlbar -durch seine Neuheit, seine Verwandtschaft mit herrschenden Begriffen -der Zeit, und sein äußeres Gewicht alle Aufmerksamkeit auf sich -und von der wahren Rechtsquelle ablenken, so daß diese in dunklem, -unbemerktem Daseyn gerade der geistigen Kräfte der Nation entbehren -wird, wodurch sie allein in einen löblichen Zustand kommen könnte. Daß -diese Gefahr nicht grundlos ist, wird unten aus der Betrachtung der -neuen Gesetzbücher klar werden, und es wird sich zeigen, daß nicht -blos der einzelne Inhalt, sondern selbst der Begriff und die allgemeine -Natur dieser eigentlich regierenden Rechtsquelle verkannt wird, wie -sie denn unter den verschiedensten Namen, bald als Naturrecht, bald -als ~jurisprudence~, bald als Rechtsanalogie vorkommt. Kommt nun -zu dieser mangelnden Erkenntniß der leitenden Grundsätze das oben -beschriebene Bestreben nach materieller Vollständigkeit hinzu, so -werden sich sehr häufig die einzelnen Entscheidungen, den Verfassern -unbemerkt, durchkreuzen und widersprechen, was erst allmählich durch -die Anwendung, und bey gedankenlosem Zustand der Rechtspflege auch hier -nicht, offenbar werden wird[6]. Dieser Erfolg ist gleich[[24]] für die -Gegenwart unvermeidlich, wenn auf diese Weise ein Zeitalter ohne innern -Beruf seine Ansicht des Rechts durch das Ansehen der Gesetzgebung -fixiert; eben so nachtheilig aber ist die Wirkung auf die folgende -Zeit. Denn wenn in dieser günstigere Bedingungen für die Behandlung -des Rechts eintreten, so ist nichts förderlicher, als die vielseitige -Berührung mit früheren einsichtsvollen Zeiten: das Gesetzbuch aber -steht nun in der Mitte und hemmt und erschwert diese Berührung auf -allen Seiten. Ohnehin liegt in der einseitigen Beschäftigung mit einem -gegebenen positiven Rechte die Gefahr, von dem bloßen Buchstaben -überwältigt zu werden[7], und jedes Erfrischungsmittel muß dagegen -sehr willkommen seyn: das mittelmäßige Gesetzbuch aber muß mehr als -alles andere diese Herrschaft einer unlebendigen Ansicht des Rechts -befestigen. - -Außer dem Stoff muß aber auch die Form des Gesetzbuchs in Erwägung -gezogen werden, denn der Verfasser des Gesetzbuchs kann das Recht, -welches er bearbeitet, völlig durchdrungen haben, und seine Arbeit -wird dennoch ihren Zweck verfehlen, wenn er nicht[[25]] zugleich die -Fähigkeit der Darstellung hat. Wie diese Darstellung beschaffen seyn -müsse, läßt sich leichter in gelungenen oder verfehlten Anwendungen -fühlen, als durch allgemeine Regeln aussprechen. Gewöhnlich fordert -man, daß sich die Sprache der Gesetze durch besondere Kürze auszeichne. -Allerdings kann Kürze große Wirkung thun, wie sich durch das Beyspiel -Römischer Volksschlüsse und des Römischen Edicts anschaulich machen -läßt. Allein es giebt auch eine trockene, nichtssagende Kürze, zu -welcher derjenige kommt, der die Sprache als Werkzeug nicht zu führen -versteht, und die durchaus ohne Wirkung bleibt; in den Gesetzen und -Urkunden des Mittelalters finden sich davon Beyspiele in Menge. Auf der -andern Seite kann Weitläufigkeit in Rechtsquellen völlig verwerflich, -ja ganz unerträglich seyn, wie in vielen Constitutionen von Justinian -und in den meisten Novellen des Theodosischen Codex: allein es giebt -auch eine geistvolle und sehr wirksame Weitläufigkeit, und in vielen -Stellen der Pandekten ist diese unverkennbar. - -Fassen wir dasjenige, was hier über die Bedingungen eines -vortrefflichen Gesetzbuchs gesagt worden ist, zusammen, so ist es klar, -daß nur in sehr wenigen Zeiten die Fähigkeit dazu vorhanden seyn wird. -Bey jugendlichen Völkern findet sich zwar die bestimmteste Anschauung -ihres Rechts, aber den Gesetzbüchern fehlt es an Sprache und logischer -Kunst, und[[26]] das Beste können sie meist nicht sagen, so daß sie oft -kein individuelles Bild geben, während ihr Stoff höchst individuell -ist. Beyspiele sind die schon angeführten Gesetze des Mittelalters, und -wenn wir die zwölf Tafeln ganz vor uns hätten, würden wir vielleicht -nur in geringerem Grade etwas ähnliches empfinden. In sinkenden Zeiten -dagegen fehlt es meist an allem, an Kenntniß des Stoffs wie an Sprache. -Also bleibt nur eine mittlere Zeit übrig, diejenige, welche gerade -für das Recht, obgleich nicht nothwendig auch in anderer Rücksicht, -als Gipfel der Bildung gelten kann. Allein eine solche Zeit hat für -sich selbst nicht das Bedürfniß eines Gesetzbuchs; sie würde es nur -veranstalten können für eine folgende schlechtere Zeit, gleichsam -Wintervorräthe sammlend. Zu einer solchen Vorsorge aber für Kinder und -Enkel ist selten ein Zeitalter aufgelegt. - - -4. - -Römisches Recht. - -[[27]] Diese allgemeinen Ansichten von Entstehung des Rechts und von -Gesetzbüchern werden durch die Anwendung auf Römisches Recht und auf -das Recht in Deutschland klarer und überzeugender werden. - -Die Vertheidiger des Römischen Rechts haben nicht selten den Werth -desselben darin gesetzt, daß es die ewigen Regeln der Gerechtigkeit -in vorzüglicher Reinheit enthalte, und so gleichsam selbst als ein -sanctionirtes Naturrecht zu betrachten sey. Erkundigt man sich -genauer, so wird freylich wieder der größte Theil als Beschränktheit -und Spitzfindigkeit aufgegeben, und die Bewunderung bleibt meist auf -der Theorie der Contracte haften: wenn man hier die Stipulationen und -einigen andern Aberglauben abrechne, so sey im übrigen die Billigkeit -dieses Rechts über die Maaßen groß, ja es sey zu nennen ~l'expression -des sentimens mis par Dieu même dans le coeur des hommes~[8]. Allein -gerade dieses übrig bleibende materielle des Römischen Rechts, was man -so für seine wahre Vortrefflichkeit ausgiebt, ist so allgemeiner Natur, -daß es meist schon[[28]] durch gesunden Verstand ohne alle juristische -Bildung gefunden werden könnte, und um einen so leichten Gewinn lohnt -es sich nicht, Gesetze und Juristen von zweytausend Jahren her zu -unsrer Hülfe zu bemühen. Wir wollen versuchen, das eigenthümliche -des Römischen Rechts etwas genauer ins Auge zu fassen. Daß es damit -eine andere als die hier angedeutete Bedeutung habe, läßt sich im -Voraus schon darum vermuthen, weil es das einzige Recht eines großen, -lange bestehenden Volkes ist, welches eine ganz nationale, ungestörte -Entwicklung gehabt hat, und zugleich in allen Perioden dieses Volkes -mit vorzüglicher Liebe gepflegt worden ist. - -Betrachten wir zuerst die Justinianischen Rechtsbücher, also diejenige -Form, in welcher das Römische Recht zu den neueren Staaten in Europa -gekommen ist, so ist in ihnen eine Zeit des Verfalls nicht zu -verkennen. Der Mittelpunkt dieser Rechtsbücher ist eine Compilation -aus Schriften einer classischen Zeit, die als verloren und jetzt -unerreichbar dasteht, und *Justinian* selbst hat dessen kein Hehl. -Diese classische Zeit also, die des *Papinian* und *Ulpian* ist es, -worauf wir unsre Blicke zu richten haben, und wir wollen versuchen, von -der Art und Weise dieser Juristen ein Bild zu entwerfen. - -Es ist oben (S. 22) gezeigt worden, daß in unsrer Wissenschaft aller -Erfolg auf dem Besitz der leitenden Grundsätze beruhe, und gerade -dieser Besitz[[29]] ist es, der die Größe der Römischen Juristen -begründet. Die Begriffe und Sätze ihrer Wissenschaft erscheinen ihnen -nicht wie durch ihre Willkühr hervorgebracht, es sind wirkliche Wesen, -deren Daseyn und deren Genealogie ihnen durch langen vertrauten -Umgang bekannt geworden ist. Darum eben hat ihr ganzes Verfahren eine -Sicherheit, wie sie sich sonst außer der Mathematik nicht findet, und -man kann ohne Uebertreibung sagen, daß sie mit ihren Begriffen rechnen. -Diese Methode aber ist keinesweges das ausschließende Eigenthum -eines oder weniger großen Schriftsteller, sie ist vielmehr Gemeingut -Aller, und obgleich unter sie ein sehr verschiedenes Maaß glücklicher -Anwendung vertheilt war, so ist doch die Methode überall dieselbe. -Selbst wenn wir ihre Schriften vollständig vor uns hätten, würden wir -darin weit weniger Individualität finden, als in irgend einer andern -Literatur, sie alle arbeiten gewissermaaßen an einem und demselben -großen Werke, und die Idee, welche der Compilation der Pandekten -zum Grunde liegt, ist darum nicht völlig zu verwerfen. Wie tief bey -den Römischen Juristen diese Gemeinschaft des wissenschaftlichen -Besitzes gegründet ist, zeigt sich auch darin, daß sie auf die äußeren -Mittel dieser Gemeinschaft geringen Werth legen; so z. B. sind ihre -Definitionen größtentheils sehr unvollkommen, ohne daß die Schärfe -und Sicherheit der Begriffe im geringsten darunter leidet. Dagegen -steht ihnen[[30]] ein viel wichtigeres, mehr unwillkührliches Mittel -zu Gebot, eine treffliche Kunstsprache, die mit der Wissenschaft so -zusammenfällt, daß beide ein unauflösliches Ganze zu bilden scheinen. -Mit diesen Vorzügen aber könnte sich eine schneidende Einseitigkeit -sehr wohl vertragen. Das Recht nämlich hat kein Daseyn für sich, -sein Wesen vielmehr ist das Leben der Menschen selbst, von einer -besondern Seite angesehen. Wenn sich nun die Wissenschaft des Rechts -von diesem ihrem Objecte ablöst, so wird die wissenschaftliche -Thätigkeit ihren einseitigen Weg fortgehen können, ohne von einer -entsprechenden Anschauung der Rechtsverhältnisse selbst begleitet -zu seyn; die Wissenschaft wird alsdann einen hohen Grad formeller -Ausbildung erlangen können, und doch alle eigentliche Realität -entbehren. Aber gerade von dieser Seite erscheint die Methode der -Römischen Juristen am vortrefflichsten. Haben sie einen Rechtsfall zu -beurtheilen, so gehen sie von der lebendigsten Anschauung desselben -aus, und wir sehen vor unsern Augen das ganze Verhältniß Schritt vor -Schritt entstehen und sich verändern. Es ist nun, als ob dieser Fall -der Anfangspunkt der ganzen Wissenschaft wäre, welche von hier aus -erfunden werden sollte. So ist ihnen Theorie und Praxis eigentlich gar -nicht verschieden, ihre Theorie ist bis zur unmittelbarsten Anwendung -durchgebildet, und ihre Praxis wird stets durch wissenschaftliche -Behandlung geadelt. In jedem[[31]] Grundsatz sehen sie zugleich -einen Fall der Anwendung, in jedem Rechtsfall zugleich die Regel, -wodurch er bestimmt wird, und in der Leichtigkeit, womit sie so vom -allgemeinen zum besondern und vom besondern zum allgemeinen übergehen, -ist ihre Meisterschaft unverkennbar. Und in dieser Methode, das Recht -zu finden und zu weisen, haben sie ihren eigenthümlichsten Werth, -darin den germanischen Schöffen unähnlich, daß ihre Kunst zugleich zu -wissenschaftlicher Erkenntniß und Mittheilung ausgebildet ist, doch -ohne die Anschaulichkeit und Lebendigkeit einzubüßen, welche früheren -Zeitaltern eigen zu seyn pflegen. - -Diese hohe Bildung der Rechtswissenschaft bey den Römern im Anfang -des dritten Jahrhunderts christlicher Zeitrechnung ist etwas so -merkwürdiges, daß wir auch die Geschichte derselben in Betracht ziehen -müssen. Es würde sehr irrig seyn, wenn man dieselbe als die reine -Erfindung eines sehr begünstigten Zeitalters, ohne Zusammenhang mit -der Vorzeit, halten wollte. Vielmehr war der Stoff ihrer Wissenschaft -den Juristen dieser Zeit schon gegeben, größtentheils noch aus der -Zeit der freyen Republik. Aber nicht blos dieser Stoff, sondern -auch jene bewundernswürdige Methode selbst hatte ihre Wurzel in der -Zeit der Freyheit. Was nämlich Rom groß gemacht hat, war der rege, -lebendige, politische Sinn, womit dieses Volk die Formen seiner -Verfassung stets[[32]] auf solche Weise zu verjüngen bereit war, -daß das neue blos zur Entwicklung des alten diente, dieses richtige -Ebenmaaß der beharrlichen und der fortbewegenden Kräfte. Dieser Sinn -war in der Verfassung wie im bürgerlichen Rechte wirksam, aber dort -war er schon vor dem Ende der Republik erloschen, während er hier -noch Jahrhunderte lang fortwirken konnte, weil hier nicht dieselben -Gründe der Corruption statt fanden wie in der Verfassung. Also auch im -bürgerlichen Rechte war der allgemeine Römische Character sichtbar, -das Festhalten am Herkömmlichen, ohne sich durch dasselbe zu binden, -wenn es einer neuen, volksmäßig herrschenden Ansicht nicht mehr -entsprach. Darum zeigt die Geschichte des Römischen Rechts bis zur -classischen Zeit überall allmähliche, völlig organische Entwicklung. -Entsteht eine neue Rechtsform, so wird dieselbe unmittelbar an -eine alte, bestehende angeknüpft, und ihr so die Bestimmtheit und -Ausbildung derselben zugewendet. Dieses ist der Begriff der Fiction, -für die Entwicklung des Römischen Rechts höchst wichtig und von den -Neueren oft lächerlich verkannt: so die ~bonorum possessio~ neben der -~hereditas~, die ~publiciana actio~ neben der ~rei vindicatio~, die -~actiones utiles~ neben den ~directae~. Und indem auf diese Weise das -juristische Denken von der größten Einfachheit zur mannichfaltigsten -Ausbildung ganz stetig und ohne äußere Störung oder Unterbrechung -fortschritt, wurde[[33]] den Römischen Juristen auch in der späteren -Zeit die vollendete Herrschaft über ihren Stoff möglich, die wir -an ihnen bewundern. So wie nun oben bemerkt worden ist, daß die -Rechtswissenschaft in ihrer classischen Zeit Gemeingut der Juristen -war, so erkennen wir jetzt auch eine ähnliche Gemeinschaft zwischen den -verschiedensten Zeitaltern, und wir sind genöthigt, das juristische -Genie, wodurch die Trefflichkeit des Römischen Rechts bestimmt worden -ist, nicht einem einzelnen Zeitalter, sondern der Nation überhaupt -zuzuschreiben. Allein wenn wir auf die literarische Ausbildung sehen, -durch welche allein dem Römischen Recht eine bleibende Wirkung auf -andere Völker und Zeiten gesichert werden konnte, so müssen wir das -Zeitalter des *Papinian* und *Ulpian* als das vornehmste erkennen, und -wenn wir juristische Bücher aus der Zeit des *Cicero* oder des *August* -übrig hätten, so würden wir schwerlich die Unvollkommenheit derselben -neben jenem Zeitalter verkennen können, so wichtig sie auch für unsere -Kenntniß seyn müßten. - -Aus dieser Darstellung ist von selbst klar, daß das Römische Recht -sich fast ganz von innen heraus, als Gewohnheitsrecht, gebildet hat, -und die genauere Geschichte desselben lehrt, wie gering im Ganzen -der Einfluß eigentlicher Gesetze geblieben ist, so lange das Recht -in einem lebendigen Zustande war. Auch für[[34]] dasjenige, was oben -über das Bedürfniß eines Gesetzbuchs gesagt wurde, ist die Geschichte -des Römischen Rechts sehr lehrreich. So lange das Recht in lebendigem -Fortschreiten war, wurde kein Gesetzbuch nöthig gefunden, selbst da -nicht, als die Umstände dafür am günstigsten waren. Nämlich zur Zeit -der classischen Juristen hätte es keine Schwierigkeit gemacht, ein -treffliches Gesetzbuch zu verfassen. Auch waren die drey berühmtesten -Juristen, *Papinian*, *Ulpian* und *Paulus* ~praefecti praetorio~; -diesen fehlte es sicher weder an Interesse für das Recht, noch an -Macht, ein Gesetzbuch zu veranlassen, wenn sie es gut oder nöthig -fanden: dennoch sehen wir keine Spur von einem solchen Versuche. Aber -als früher *Cäsar* im Gefühl seiner Kraft und der Schlechtigkeit des -Zeitalters nur seinen Willen in Rom gelten lassen wollte, soll er auch -auf ein Gesetzbuch in unserm Sinne bedacht gewesen seyn[9]. Und als im -sechsten Jahrhundert alles geistige Leben erstorben war, suchte man -Trümmer aus besseren Zeiten zusammen, um dem Bedürfniß des Augenblicks -abzuhelfen. So entstanden in einem kurzen Zeitraum verschiedene -Römische Gesetzbücher: das Edict des *Theoderich*, das Westgothische -Breviarium[[35]], der sogenannte *Papian*, und die Rechtsbücher von -*Justinian*. Schwerlich hätten sich Bücher über Römisches Recht -erhalten, wenn nicht diese Gesetzbücher gewesen wären, und schwerlich -hätte Römisches Recht im neueren Europa Eingang gefunden, wären nicht -unter diesen Gesetzbüchern die von *Justinian* gewesen, in welchen -unter jenen allein der Geist des Römischen Rechts erkennbar ist. Der -Gedanke zu diesen Gesetzbüchern aber ist augenscheinlich nur durch den -äußersten Verfall des Rechts herbeygeführt worden. - -Ueber den materiellen Werth des Römischen Rechts können die Meynungen -sehr verschieden seyn, aber über die hier dargestellte Meisterschaft in -der juristischen Methode sind ohne Zweifel alle einig, welche hierin -eine Stimme haben. Eine solche Stimme aber kann offenbar nur denjenigen -zukommen, welche unbefangen und mit literarischem Sinn die Quellen des -Römischen Rechts lesen. Die es blos aus Compendien oder Vorlesungen -kennen, also von Hörensagen, selbst wenn sie einzelne Beweisstellen -nachgeschlagen haben mögen, haben keine Stimme: für sie ist jegliche -Ansicht möglich, unter andern die eines trefflichen Französischen -Redners. Dieser behauptet, das Römische Recht habe zur Zeit der alten -Juristen aus einer unzählbaren Menge einzelner Entscheidungen und -Regeln bestanden, die ein Menschenleben nicht habe erfassen können: -unter *Justinian*[[36]] aber »~la législation romaine sortit du -chaos~,« und sein Werk war das am wenigsten unvollkommene, bis in dem -Code Napoleon ein ganz vollkommenes erschien[10]. - - -5. - -Bürgerliches Recht in Deutschland. - -[[37]] Bis auf sehr neue Zeiten war in ganz Deutschland ein -gleichförmiges bürgerliches Recht unter dem Namen des *gemeinen Rechts* -in Uebung, durch Landesrechte mehr oder weniger modificirt, aber -nirgends in allen seinen Theilen außer Kraft gesetzt. Die Hauptquelle -dieses gemeinen Rechts waren die Rechtsbücher von *Justinian*, deren -bloße Anwendung auf Deutschland indessen von selbst schon wichtige -Modificationen herbeigeführt hatte. Diesem gemeinen Rechte war -von jeher die wissenschaftliche Thätigkeit der deutschen Juristen -größtentheils zugewendet. Aber eben über dieses fremde Element unsers -Rechts sind auch schon längst bittere Klagen erhoben worden. Das -Römische Recht soll uns unsre Nationalität entzogen haben, und nur -die ausschließende Beschäftigung unsrer Juristen mit demselben soll -das einheimische Recht gehindert haben, eine eben so selbstständige -und wissenschaftliche Ausbildung zu erlangen. Beschwerden dieser Art -haben schon darin etwas leeres und grundloses, daß sie als zufällig und -willkührlich voraussetzen, was ohne innere Nothwendigkeit nimmermehr -geschehen oder doch nicht bleibend geworden wäre. Auch liegt überhaupt -eine abgeschlossene[[38]] nationale Entwicklung, wie die der Alten, -nicht auf dem Wege, welchen die Natur den neueren Völkern angewiesen -hat; wie ihre Religion nicht Eigenthum der Völker ist, ihre Literatur -eben so wenig frey von den mächtigsten äußeren Einflüssen, so scheint -ihnen auch ein fremdes und gemeinsames bürgerliches Recht nicht -unnatürlich. Ja sogar nicht blos fremd überhaupt war dieser Einfluß auf -Bildung und Literatur, sondern größtentheils Römisch, eben so Römisch -als jener Einfluß auf unser Recht. Allein in diesem Falle liegt noch -ein besonderer Irrthum bey jener Ansicht zum Grunde. Nämlich auch -ohne Einmischung des Römischen wäre eine ungestörte Ausbildung des -Deutschen Rechts dennoch unmöglich gewesen, indem alle die Bedingungen -fehlten, welche in Rom das bürgerliche Recht so sehr begünstigt -hatten. Dahin gehörte zuerst die unverrückte Localität, indem Rom, -ursprünglich der Staat selbst, bis zum Untergang des westlichen -Reichs der Mittelpunkt desselben blieb, während die Deutschen Stämme -auswanderten, unterjochten und unterjocht wurden, so daß das Recht -unter alle vertheilt war, aber nirgends eine unverrückte Stelle, noch -weniger einen einzelnen Mittelpunkt fand. Dann haben schon sehr frühe -die Deutschen Stämme Revolutionen erfahren von so durchgreifender Art, -wie sie die ganze Römische Geschichte nicht kennt. Denn selbst die -Aenderungen der Verfassung unter *August* und unter[[39]] *Constantin* -wirkten auf das bürgerliche Recht nicht unmittelbar und ließen selbst -Grundbegriffe des öffentlichen Rechts, wie z. B. den der Civität, -unberührt. In Deutschland dagegen, als das Lehenwesen ganz ausgebildet -war, blieb von der alten Nation eigentlich nichts mehr übrig, alles -bis auf Formen und Namen war von Grund aus verändert, und diese -gänzliche Umwälzung war schon entschieden, als das Römische Recht -Eingang fand. - -Im vorigen Abschnitt ist gezeigt worden, wie wichtig das Römische -Recht als Muster juristischer Methode sey: für Deutschland ist es nun -auch historisch, durch sein Verhältniß zum gemeinen Recht, von großer -Wichtigkeit. Es ist ganz falsch, wenn man diese historische Wichtigkeit -des Römischen Rechts auf die Fälle einschränken wollte, welche -unmittelbar aus demselben entschieden werden. Nicht nur ist in den -Landesrechten selbst sehr vieles blos Römisches Recht und nur in seinem -ursprünglichen Römischen Zusammenhang verständlich, sondern auch da, -wo man absichtlich seine Bestimmungen verlassen hat, hat es häufig die -Richtung und Ansicht des neu eingeführten Rechts bestimmt, so daß die -Aufgabe, die durch dieses neue Recht gelöst werden soll, ohne Römisches -Recht gar nicht verstanden werden kann. Diese historische Wichtigkeit -aber theilt mit dem Römischen Recht das Deutsche, welches überall in -den Landesrechten erhalten ist, so daß diese ohne Zurückführung[[40]] -auf die gemeinsame Quelle unverständlich bleiben müssen. - -Gegen diesen nicht wenig verwickelten Zustand der Rechtsquellen in -Deutschland, wie er aus der Verbindung des schon an sich sehr zusammen -gesetzten gemeinen Rechts mit den Landesrechten hervorgieng, sind -die größten Klagen geführt worden. Diejenigen, welche das Studium -betreffen, werden besser unten ihre Stelle finden: einige aber -betreffen die Rechtspflege selbst. - -*Erstlich* soll dadurch die übermäßig lange Dauer der Prozesse in -vielen Deutschen Ländern bewirkt worden seyn. Dieses Uebel selbst wird -niemand abläugnen oder für unbedeutend erklären können, aber man thut -den Richtern in solchen Ländern in der That zu viel Ehre an, wenn man -glaubt, auf das ängstliche Grübeln über der schweren Theorie werde so -viele Zeit verwendet. Ueber diese Theorie hilft das erste Compendium -oder Handbuch hinweg, welches zur Hand ist: schlecht vielleicht, -aber gewiß mit nicht mehr Aufwand von Zeit als das vortrefflichste -Gesetzbuch. Jenes Uebel entspringt vorzüglich aus der heillosen -Prozeßform vieler Länder, und deren Reform gehört allerdings zu den -dringendsten Bedürfnissen: die Quellen des bürgerlichen Rechts sind -daran schuldlos. Daß dem so ist, wird jeder Unbefangene zugeben, -welcher Acten aufmerksam gelesen hat. Auch die Erfahrung einzelner -Länder spricht dafür, so z. B. war[[41]] schon längst in Hessen -die Rechtspflege gut und schnell, obgleich da gerade in demselben -Verhältniß gemeines Recht und Landesrecht galt, wie in den Ländern, in -welchen die Prozesse nicht zu Ende gehen. - -*Zweytens* klagt man über die große Verschiedenheit der Landesrechte, -und diese Klage geht noch weiter als auf das Verhältniß verschiedener -Deutscher Länder, da häufig auch in demselben Lande Provinzen und -Städte wiederum besonderes Recht haben. Daß durch diese Verschiedenheit -die Rechtspflege selbst leide und der Verkehr erschwert werde, hat man -häufig gesagt, aber keine Erfahrung spricht dafür, und der wahre Grund -ist wohl meist ein anderer. Er besteht in der unbeschreiblichen Gewalt, -welche die bloße Idee der Gleichförmigkeit nach allen Richtungen nun -schon so lange in Europa ausübt: eine Gewalt, gegen deren Mißbrauch -schon *Montesquieu* warnt[11]. Es lohnt wohl der Mühe, diese -Gleichförmigkeit in dieser besondern Anwendung näher zu betrachten. -Das wichtigste, was man für die Gleichförmigkeit des Rechts sagt, ist -dieses: die Liebe zum gemeinsamen Vaterland werde durch sie erhöht, -durch die Mannichfaltigkeit der Particularrechte aber geschwächt. Ist -diese Voraussetzung[[42]] wahr, so wird jeder wohlgesinnte Deutsche -wünschen, daß Deutschland in allen seinen Theilen gleiches Recht -genießen möge. Aber eben diese Voraussetzung ist nun der Gegenstand -unsrer Prüfung. - -In jedem organischen Wesen, also auch im Staate, beruht die Gesundheit -darauf, daß beides, das Ganze und jeder Theil, im Gleichgewicht -stehe, daß jedem sein Recht widerfahre. Daß ein Bürger, eine Stadt, -eine Provinz den Staat vergessen, dem sie angehören, ist eine -sehr gewöhnliche Erscheinung, und jeder wird diesen Zustand für -unnatürlich und krankhaft erkennen. Aber eben so kann die lebendige -Liebe zum Ganzen blos aus der lebendigen Theilnahme an allen einzelnen -Verhältnissen hervorgehen, und nur wer seinem Hause tüchtig vorsteht, -wird ein trefflicher Bürger seyn. Darum ist es ein Irrthum, zu glauben, -das Allgemeine werde an Leben gewinnen durch die Vernichtung aller -individuellen Verhältnisse. Könnte in jedem Stande, in jeder Stadt, -ja in jedem Dorfe ein eigenthümliches Selbstgefühl erzeugt werden, so -würde aus diesem erhöhten und vervielfältigten individuellen Leben -auch das Ganze neue Kraft gewinnen. Darum, wenn von dem Einfluß des -bürgerlichen Rechts auf das Vaterlandsgefühl die Rede ist, so darf -nicht geradezu das besondere Recht einzelner Provinzen und Städte für -nachtheilig gehalten werden. Lob in dieser Beziehung[[43]] verdient -das bürgerliche Recht, insoferne es das Gefühl und Bewußtseyn des -Volkes berührt oder zu berühren fähig ist: Tadel, wenn es als etwas -fremdartiges, aus Willkühr entstandenes, das Volk ohne Theilnahme läßt. -Jenes aber wird öfter und leichter bey besonderen Rechten einzelner -Landstriche der Fall seyn, obgleich gewiß nicht jedes Stadtrecht etwas -wahrhaft volksmäßiges seyn wird. Ja für diesen politischen Zweck -scheint kein Zustand des bürgerlichen Rechts günstiger, als der, -welcher vormals in Deutschland allgemein war: große Mannichfaltigkeit -und Eigenthümlichkeit im einzelnen, aber als Grundlage überall -das gemeine Recht, welches alle Deutschen Volksstämme stets an -ihre unauflösliche Einheit erinnerte. Das verderblichste aber von -diesem Standpuncte aus ist leichte und willkührliche Aenderung des -bürgerlichen Rechts, und selbst wenn durch dieselbe für Einfachheit -und Bequemlichkeit gut gesorgt wäre, so könnte dieser Gewinn gegen -jenen politischen Nachtheil nicht in Betracht kommen. Was so vor -unsern Augen von Menschenhänden gemacht ist, wird im Gefühl des Volkes -stets von demjenigen unterschieden werden, dessen Entstehung nicht -eben so sichtbar und greiflich ist, und wenn wir in unserm löblichen -Eifer diese Unterscheidung ein blindes Vorurtheil schelten, so sollten -wir nicht vergessen, daß aller Glaube und alles Gefühl für das was -nicht[[44]] unsres gleichen ist, sondern höher als wir, auf einer -ähnlichen Sinnesart beruht. Eine solche Verwandtschaft könnte uns über -die Verwerflichkeit jener Unterscheidung wohl zweifelhaft machen[12]. - - -6. - -Unser Beruf zur Gesetzgebung. - -[[45]] Von den Gründen, auf welche das Bedürfniß eines Gesetzbuchs -für Deutschland gebaut zu werden pflegt, ist im vorigen Abschnitt -gesprochen worden: wir haben jetzt die Fähigkeit zu dieser Arbeit zu -untersuchen. Sollte es an dieser fehlen, so müßte durch ein Gesetzbuch -unser Zustand, den wir bessern wollen, nothwendig verschlimmert werden. - -*Baco* forderte, daß die Zeit, in welcher ein Gesetzbuch gemacht werde, -an Einsicht die vorhergehenden Zeiten übertreffe, wovon die nothwendige -Folge ist, daß manchem Zeitalter, welches in anderer Rücksicht für -gebildet gelten mag, gerade diese Fähigkeit abgesprochen werden muß. -In den neuesten Zeiten haben sich besonders die Gegner des Römischen -Rechts über solche Ansichten nicht selten entrüstet: denn die Vernunft -sey allen Völkern und allen Zeiten gemein, und da wir überdem die -Erfahrung voriger Zeiten benutzen können, so müsse unfehlbar, was wir -verfertigen, besser als alles vorige werden. Aber eben diese Meynung, -daß jedes Zeitalter zu allem berufen sey, ist das verderblichste -Vorurtheil. In den schönen Künsten müssen wir wohl das Gegentheil -anerkennen,[[46]] warum wollen wir uns nicht dasselbe gefallen lassen, -wo von Bildung des Staates und des Rechts die Rede ist? - -Sehen wir auf die Erwartungen der Nichtjuristen von einem Gesetzbuch, -so sind diese sehr verschieden nach den verschiedenen Gegenständen des -Rechts, und auch hierin zeigt sich das zweyfache Element alles Rechts, -welches ich oben das politische und das technische genannt habe. An -einigen Gegenständen nehmen sie unmittelbar lebhaften Antheil, andere -werden als gleichgültig der juristischen Technik allein überlassen: -jenes ist mehr im Familienrecht, dieses mehr im Vermögensrecht der -Fall, am meisten in den allgemeinen Grundlagen desselben[13]. Wir -wollen als Repräsentanten dieser verschiedenartigen Gegenstände die Ehe -und das Eigenthum wählen, was aber von ihnen gesagt werden wird, soll -zugleich für die ganze Classe gelten, wozu sie gehören. - -Die Ehe gehört nur zur Hälfte dem Rechte an, zur Hälfte aber der -Sitte, und jedes Eherecht ist unverständlich, welches nicht in -Verbindung mit dieser seiner nothwendigen Ergänzung betrachtet wird. -Nun ist in neueren Zeiten aus[[47]] Gründen, die mit der Geschichte -der christlichen Kirche zusammenhangen, die nichtjuristische Ansicht -dieses Verhältnisses theils flach, theils im höchsten Grade schwankend -und unbestimmt geworden, und jene Flachheit, wie dieses Schwanken, -haben sich dem Recht der Ehe mitgetheilt. Wer die Gesetzgebung und -das practische Recht in Ehesachen aufmerksam betrachtet, wird darüber -keinen Zweifel haben. Diejenigen nun, welche glauben, daß jedes -Uebel nur auf ein abhelfendes Gesetz warte, um dann auf der Stelle -zu verschwinden, werden diesen traurigen Zustand gern anerkennen, um -dadurch das Bedürfniß einer kräftigen, durchgreifenden Gesetzgebung -in helles Licht zu setzen. Aber eben die Hoffnung, die sie hierin -auf Gesetze bauen, halte ich für ganz grundlos. Ist einmal in der -allgemeinen Ansicht eine bestimmte und löbliche Richtung sichtbar, -so kann diese durch Gesetzgebung kräftig unterstützt werden, aber -hervorgebracht wird sie durch diese nicht, und wo sie gänzlich fehlt, -wird jeder Versuch einer erschöpfenden Gesetzgebung den gegenwärtigen -Zustand nur noch schwankender machen und die Heilung erschweren. - -Wir betrachten ferner diejenigen Gegenstände, welche (wie das -Eigenthum) im nichtjuristischen Publikum mit Gleichgültigkeit -betrachtet werden, und wovon selbst Juristen urtheilen, daß sie unter -allen Umständen dieselben seyn können[14], so daß sie lediglich[[48]] -der juristischen Technik anheim fallen. Daß wir diese Ansicht von -ihnen haben, ist eigentlich selbst schon Zeichen eines öffentlichen -Zustandes, welchem die rechtsbildende Kraft fehlt; denn wo diese -lebendig ist, werden alle diese Verhältnisse nichts weniger als -gleichgültig, sondern vielmehr ganz eigenthümlich und nothwendig -seyn, wie die Geschichte jedes ursprünglichen Rechts beweist. Jenen -Zustand aber als den unsrigen vorausgesetzt, wird unsre Fähigkeit zur -Gesetzgebung von dem Werthe und der Ausbildung unsrer juristischen -Technik abhangen, und auf diese muß demnach unsre Untersuchung zunächst -gerichtet seyn. - -Unglücklicherweise nun ist das ganze achtzehente Jahrhundert in -Deutschland sehr arm an großen Juristen gewesen. Fleißige Männer -zwar fanden sich in Menge, von welchen sehr schätzbare Vorarbeiten -gethan wurden, aber weiter als zu Vorarbeiten kam es selten. Ein -zweyfacher Sinn ist dem Juristen unentbehrlich: der historische, -um das eigenthümliche jedes Zeitalters und jeder Rechtsform scharf -aufzufassen, und der systematische, um jeden Begriff und jeden Satz -in lebendiger Verbindung und Wechselwirkung mit dem Ganzen anzusehen, -d. h. in dem Verhältniß, welches das allein wahre und natürliche -ist. Dieser zweyfache wissenschaftliche Sinn findet sich ungemein -wenig in den Juristen des achtzehenten Jahrhunderts, und vorzüglich -ein vielfältiges flaches Bestreben in der Philosophie wirkte sehr -ungünstig. Ueber[[49]] die Zeit, in welcher man selbst lebt, ist ein -sicheres Urtheil sehr schwer: doch, wenn nicht alle Zeichen trügen, -ist ein lebendigerer Geist in unsre Wissenschaft gekommen, der sie -künftig wieder zu einer eigenthümlichen Bildung erheben kann. Nur -fertig geworden ist von dieser Bildung noch sehr wenig, und aus -diesem Grunde läugne ich unsre Fähigkeit, ein löbliches Gesetzbuch -hervorzubringen. Viele mögen dieses Urtheil für übertrieben halten, -aber diese fordere ich auf, mir unter der nicht geringen Zahl von -Systemen des Römisch-Deutschen Rechts eines zu zeigen, welches nicht -etwa blos zu diesem oder jenem besondern Zwecke nützlich dienen könne, -denn deren haben wir viele, sondern welches als Buch vortrefflich sey; -dieses Lob aber wird nur dann gelten können, wenn die Darstellung -eine eigene, selbstständige Form hat, und zugleich den Stoff zu -lebendiger Anschauung bringt. So z. B. im Römischen Rechte würde es -darauf ankommen, daß die Methode der alten Juristen, der Geist, der -in den Pandekten lebt, erkennbar wäre, und ich würde mich sehr freuen, -dasjenige unsrer Systeme kennen zu lernen, worin dieses der Fall seyn -möchte. Hat nun diese Arbeit bey vielem Fleiße und guten Talenten bis -jetzt nicht gelingen wollen, so behaupte ich, daß in unsrer Zeit ein -gutes Gesetzbuch noch nicht möglich ist, denn für dieses ist die Arbeit -nicht anders, nur schwerer. Es giebt noch eine andere Probe für unsre -Fähigkeit: vergleichen wir unsre[[50]] juristische Literatur mit der -literarischen Bildung der Deutschen überhaupt, und sehen wir zu, ob -jene mit dieser gleichen Schritt gehalten hat, das Urtheil wird nicht -günstig ausfallen, und wir werden ein ganz anderes Verhältniß finden, -als das der Römischen Juristen zur Literatur der Römer. In dieser -Ansicht liegt keine Herabsetzung, denn unsre Aufgabe ist in der That -sehr groß, ohne Vergleichung schwerer als die der Römischen Juristen -war. Aber eben die Größe dieser Aufgabe sollen wir nicht verkennen -aus Bequemlichkeit oder Eigendünkel, wir sollen nicht am Ziel zu seyn -glauben, wenn wir noch weit davon entfernt sind. - -Haben wir nun in der That nicht was nöthig ist, damit ein gutes -Gesetzbuch entstehe, so dürfen wir nicht glauben, daß das wirkliche -Unternehmen eben nichts weiter seyn würde, als eine fehlgeschlagene -Hoffnung, die uns im schlimmsten Fall nur nicht weiter gebracht -hätte. Von der großen Gefahr, die unvermeidlich eintritt, wenn der -Zustand einer sehr mangelhaften unbegründeten Kenntniß durch äußere -Autorität fixiert wird, ist schon oben (S. 22) gesprochen worden, -und diese Gefahr würde hier um so größer seyn, je allgemeiner die -Unternehmung wäre und je mehr sie mit dem erwachenden Nationalinteresse -in Verbindung gebracht würde. Nahe liegende Beyspiele geben in -solchen Dingen oft ein weniger deutliches Bild: ich will also, um -anschaulich[[51]] zu machen, was auf solche Weise entstehen kann, an -die Zeit nach der Auflösung des weströmischen Reichs erinnern, wo eben -so ein unvollkommner Zustand der Rechtskenntniß fixirt worden ist (S. -34). Der einzige Fall, der hier eine Vergleichung darbietet, ist das -Edict des Ostgothischen Theoderich, weil hier allein das vorhandene -Recht in einer eigenen, neuen Form dargestellt werden sollte. Ich bin -weit entfernt zu glauben, daß, was wir hervorbringen könnten, diesem -Edict völlig gleich sehen würde, denn der Unterschied der Zeiten ist -in der That sehr groß: die Römer im Jahr 500 hatten Mühe zu sagen -was sie dachten, wir verstehen gewissermaaßen zu schreiben: ferner -gab es damals gar keine juristische Schriftsteller, wir haben daran -keinen Mangel. Allein darin ist die Aehnlichkeit unverkennbar, daß -dort ein historischer Stoff dargestellt werden sollte, den man nicht -übersah und nicht regieren konnte, und den wir Mühe haben in dieser -Darstellung wieder zu erkennen. Und darin ist der Nachteil entschieden -auf unsrer Seite, daß im Jahr 500 nichts zu verderben war. In unsrer -Zeit dagegen ist ein lebendiges Bestreben nicht abzuläugnen, und -niemand kann wissen, wie viel besseres wir der Zukunft entziehen, indem -wir gegenwärtige Mängel befestigen. Denn »~ut corpora lente augescunt, -cito extinguuntur; sic ingenia studiaque oppresseris facilius quam -revocaveris~.«[15] - -[[52]] Ein wichtiger Punkt ist noch zu bedenken, die Sprache nämlich. -Ich frage jeden, der für würdigen, angemessenen Ausdruck Sinn hat, -und der die Sprache nicht als eine gemeine Geräthschaft, sondern als -Kunstmittel betrachtet, ob wir eine Sprache haben, in welcher ein -Gesetzbuch geschrieben werden könnte. Ich bin weit entfernt, die -Kraft der edlen Deutschen Sprache selbst in Zweifel zu ziehen; aber -eben daß sie jetzt nicht dazu taugt, ist mir ein Zeichen mehr, daß -wir in diesem Kreise des Denkens zurück sind. Kommt nur erst unsre -Wissenschaft weiter, so wird man sehen, wie unsre Sprache durch -frische, ursprüngliche Lebenskraft förderlich seyn wird. Noch mehr, -ich glaube wir sind in diesem Stücke noch in neueren Zeiten rückwärts -gegangen. Ich kenne aus dem achtzehenten Jahrhundert kein Deutsches -Gesetz, welches in Ernst und Kraft des Ausdrucks mit der peinlichen -Gerichtsordnung Karls des fünften verglichen werden könnte. - -Ich weiß, was man auf diese Gründe antworten kann, selbst wenn man sie -alle zugiebt: die Kraft des menschlichen Geistes sey unendlich, und -bey redlichem Streben könne auch jetzt plötzlich ein Werk hervorgehen, -woran von allen diesen Mängeln keiner verspürt würde. Wohl: der -Versuch steht jedem frey, an Aufmerksamkeit fehlt es unsrer Zeit nicht, -und es hat keine Gefahr, daß das wirkliche Gelingen übersehen werde. - -[[53]] Ich habe bis jetzt die Fähigkeit unsrer Zeit zu einer -allgemeinen Gesetzgebung untersucht, als ob dergleichen noch nicht -unternommen worden wäre. Ich wende mich jetzt zu den Gesetzbüchern, -welche die neueste Zeit wirklich hervorgebracht hat. - - -7. - -Die drey neuen Gesetzbücher. - -[[54]] Die vollständige Kritik eines Gesetzbuchs, die von größerem -Umfang seyn muß, als das Gesetzbuch selbst, kann eben deshalb in den -Gränzen einer kleinen Schrift nicht versucht werden. Auch kommt es hier -auf diese Gesetzbücher nicht sowohl in ihrem Werthe im einzelnen an, -als in der Wahrscheinlichkeit, die sie uns für oder wider das Gelingen -einer neuen Unternehmung dieser Art darbieten. Sie sind nämlich -sämtlich aus demjenigen Zustande juristischer Bildung hervorgegangen, -für welchen oben die Fähigkeit zur Verfertigung eines guten Gesetzbuchs -verneint worden ist, und sie werden folglich historisch zur Bestätigung -oder Widerlegung unsrer Behauptung dienen können. Ich stelle den Code -Napoleon zuerst, weil über ihn allein ausführliche Verhandlungen -bekannt gemacht sind, welche recht unmittelbar zu unsrem Zwecke führen -können.[16] - -[[55]] Bey dem Code sind die politischen Elemente der Gesetzgebung -vor den technischen von Einfluß gewesen, und er hat deshalb in dem -bestehenden Rechte mehr als die deutschen Gesetzbücher geändert. Die -Gründe und die Natur dieses überwiegenden Einflusses sind neuerlich in -einer sehr geistreichen Schrift so gründlich dargestellt worden[17], -daß ich mich begnügen kann, ihre Ansichten hier kurz zusammen zu -fassen. Die Revolution nämlich hatte zugleich mit der alten Verfassung -auch einen großen Theil des bürgerlichen Rechts vernichtet, beides -mehr aus blindem Trieb gegen das bestehende und in ausschweifenden, -sinnlosen Erwartungen von einer unbestimmten Zukunft, als von dem -Wahn eines bestimmten, für trefflich gehaltenen Zustandes geleitet. -Als nun Bonaparte alles unter militärischen Despotismus zwang, hielt -er den Theil der Revolution, der ihm diente, und die Rückkehr der -alten Verfassung ausschloß, begierig fest, das übrige, was nun schon -Alle anekelte, und was ihm selbst entgegen gewesen wäre, sollte -verschwinden, nur war dies nicht überall möglich, da[[56]] die Wirkung -der vergangenen Jahre auf Bildung, Sitten und Gesinnungen nicht -auszulöschen war. Diese halbe Rückkehr zu den vorigen ruhigen Zuständen -war allerdings wohlthätig, und sie gab dem Gesetzbuch, das in dieser -Zeit entstand, seine Hauptrichtung. Aber diese Rückkehr war Ermüdung -und Ueberdruß, nicht der Sieg edlerer Kräfte und Gesinnungen, auch -wäre für diese in dem öffentlichen Zustand, der sich nun zur Plage -von Europa bildete, kein Raum gewesen. Diese innere Bodenlosigkeit -ist in den Discussionen des Staatsraths unverkennbar, und muß auf -jeden aufmerksamen Leser einen trostlosen Eindruck machen. Dazu kam -nun der unmittelbare Einfluß der Staatsverfassung. Diese war, als -der Code gemacht wurde, der Theorie nach republikanisch im Sinn der -Revolution, in der That aber neigte sich schon alles zu dem später -entwickelten Despotismus. Daher entstand in den Grundsätzen selbst -Schwanken und Veränderlichkeit, so z. B. erklärte Bonaparte selbst -1803 im Staatsrathe dieselben Familienfideicommisse für schädlich, -unsittlich und unvernünftig[18], welche 1806 wieder eingeführt und -1807 in den Code aufgenommen wurden. Weit gefährlicher aber für die -Gesinnung war es, daß durch diesen schnellen[[57]] Wechsel der letzte -so oft beschworene Gegenstand des Glaubens und der Verehrung wieder -vernichtet wurde, und daß Ausdrücke und Formen nunmehr beständig mit -den Begriffen in Widerspruch kamen, wodurch in den Meisten auch der -letzte Rest von Wahrheit und sittlicher Haltung verschwinden mußte. Es -würde schwer seyn, einen öffentlichen Zustand zu erfinden, welcher für -die Gesetzgebung nachtheiliger als dieser wirkliche wäre. Auch blickt -bey den Franzosen selbst nicht selten durch die stehenden Lobpreisungen -ein Gefühl dieses unseeligen Zustandes und der Unvollkommenheit der -auf denselben gegründeten Arbeit hervor[19]. Für Deutschland aber, -das der Fluch dieser Revolution nicht getroffen hatte, war der Code, -der Frankreich einen Theil des Weges zurück führte, vielmehr ein -Schritt vorwärts in den Zustand der Revolution hinein, folglich -verderblicher und heilloser als für Frankreich selbst[20]. -- Doch -alle diese Ansichten haben glücklicherweise für uns Deutsche nur noch -ein historisches Interesse. Napoleon zwar hatte es anders gemeynt. -Ihm diente der Code als ein Band mehr, die Völker zu umschlingen, und -darum[[58]] wäre er für uns verderblich und abscheulich gewesen, selbst -wenn er allen innern Werth gehabt hätte, der ihm fehlt. Von dieser -Schmach sind wir erlöst, und es wird bald wenig mehr davon übrig seyn, -als die Erinnerung, daß so manche Deutsche Juristen, selbst ohne allen -äußeren Beruf, recht vergnügt mit diesem Instrument gespielt, und uns -Heil verkündigt haben von dem was uns zu verderben bestimmt war. Jetzt -hat der Code eine andere Stellung gegen Europa angenommen, und wir -können ihn ruhig und unparteyisch als ein Gesetzbuch für Frankreich -beurtheilen. - -Wir betrachten nunmehr den technischen Theil des Code, welcher gedacht -werden könnte ohne alle Revolution, indem er schon bestehendes Recht -enthält[21]. Dieses bestehende Recht aber ist theils Römisches, theils -Französisches (~coutumes~), so daß auch dieser Theil des Code in jedem -einzelnen Stücke von Frankreich zur Hälfte neues Recht einführte, und -nirgends willkommen war[22]; derselbe Erfolg würde bey einem ähnlichen -Versuche in Deutschland unvermeidlich seyn. Davon abgesehen, wenden -wir uns nun zur Arbeit selbst. Es ist selbst in Deutschland[[59]] -nicht selten der Ernst und die Gründlichkeit gerühmt worden, womit -man diese Arbeit betrieben habe[23]. Daß die vier Redactoren mit der -Grundlage des ganzen (dem ~projet de code civil~) in wenigen Monaten -zu Stande kamen, war freylich nicht zu läugnen: aber alles, was hier -mangeln mochte, sollte in der Discussion des Staatsraths, diesem -Stolze der Französischen Administration, vollendet worden seyn. Daß -in dieser Discussion öfters auch gute Gedanken vorkamen, ist wahr, -aber den allgemeinen Character derselben hat *Thibaut* sehr richtig in -oberflächliches Hin- und Herreden und Durcheinandertappen gesetzt[24]. -Doch, was hier die Hauptsache ist, das eigentlich technische, wovon der -wahre Werth abhieng, ist so gut als gar nicht zur Sprache gekommen. -Und wie konnte es auch anders seyn! Einem sehr zahlreichen und sehr -gemischten Collegium konnten wohl Fragen begreiflich gemacht werden, -wie diese, ob der Vater seine Tochter ausstatten müsse, und ob der -Kauf wegen großer Läsion angefochten werden könne, aber die allgemeine -Theorie des Sachenrechts und der Obligationen ist nun einmal nicht -ohne wissenschaftliche Vorbereitung zu verstehen, ja sie[[60]] -konnte nicht einmal zur Sprache kommen bey einer Discussion, die -den Entwurf blos nach der Reihe der einzelnen Artikel prüfte, ohne -den Inhalt und die Behandlung ganzer Abschnitte zu untersuchen. So -ist es denn gekommen, daß z. B. die Discussion über die Anfechtung -des Kaufs wenigstens viermal so stark ist, als die über die zwey -ersten Kapitel der Verträge[25]. Und doch wird mir jeder Sachkundige -zugeben, daß für den Werth und die Brauchbarkeit des Gesetzbuchs -überhaupt jene isolirte Fragen gegen diese allgemeinen Lehren ganz -unbedeutend sind. Der Staatsrath also hat an dem Code, soweit er -technisch ist, keinen Theil, und der Code ist und bleibt die sehr -schnelle Arbeit der bekannten Redactoren, eigentlicher Juristen. Und -wie stand nun die Rechtswissenschaft in Frankreich, als diese Männer -sich bildeten? Es ist allgemein bekannt, daß für das Römische Recht -Pothier der Leitstern der neuern Französischen Juristen ist, und -daß seine Schriften den unmittelbarsten Einfluß auf den Code gehabt -haben. Ich bin weit entfernt, Pothier gering zu schätzen, vielmehr -wäre die Jurisprudenz eines Volkes, worin er einer von vielen wäre, -recht gut berathen. Aber eine juristische Literatur, in welcher er -allein steht,[[61]] und fast als Quelle verehrt und studiert wird, -muß doch Mitleid erregen. Betrachten wir ferner diese juristische -Gelehrsamkeit, wie sie in unläugbaren Thatsachen vor uns liegt, so -ist sie in der That merkwürdig. Sehr bedeutend sind schon solche -Erscheinungen wie *Desquiron*[26], der von einem Römischen Juristen -*Justus Lipsius* bald nach den zwölf Tafeln und von dem berühmten -*Sicardus* unter Theodosius II., Verfasser des Codex Theodosianus, -erzählt; selbst solche Monstrositäten verstatten einen Schluß auf -den mittleren Durchschnitt des wissenschaftlichen Zustandes. Allein -wir wollen uns unmittelbar an die Verfasser des Gesetzbuchs wenden, -an *Bigot-Preameneu*, *Portalis* und *Maleville*. Von den gelehrten -Ansichten des ersten ist bereits oben (35) eine Probe vorgekommen. -Von Portalis mag die folgende Probe genügen. Der ~art~ 6. enthält die -Regel: ~jus publicum privatorum pactis mutari non potest~. Man hatte -den Einwurf gemacht, ~jus publicum~ heiße nicht das Recht was den -Staat interessirt, sondern jedes Gesetz ohne Unterschied, jedes ~jus -publice stabilitum~. Darauf antwortet *Portalis*[27]: im allgemeinen -seyen[[62]] beide Bedeutungen des Worts zuzugeben, aber es frage sich, -was es eben in dieser Stelle des Römischen Rechts heiße. »~Or, voici -comment est conçu le sommaire de la loi 31^{me} au Digeste de pactis: -contra tenorem legis privatam utilitatem continentis pacisci licet.... -Ainsi, le droit public est ce qui intéresse plus directement la société -que les particuliers.~« Ich will nicht davon reden, daß hier ~jus -publicum~ oberflächlich und schief verstanden ist, aber ich frage: -was lag bey dieser allgemeinen Regel daran, wie sich die Römer eine -ähnliche Regel dachten? und wenn daran etwas lag, wie war es möglich, -den Sprachgebrauch der Römer aus einer Stelle des *Bartolus* (denn von -diesem ist das ~summarium~) darzuthun, d. h. diesen mit den Römischen -Juristen für Eine Masse zu halten? Das heißt doch wohl ~tamquam e -vinculis sermocinari~! *Maleville* zeigt sich in seinem Buche durchaus -als ein ehrenwerther und verständiger Mann: aber einige Spuren seiner -juristischen Gelehrsamkeit sind um so entscheidender, da er gerade -unter die Repräsentanten des Römischen Rechts bey der Redaction des -Code gehörte. So z. B. giebt er eine kleine Uebersicht der Geschichte -der Usucapion und der ~res mancipi~, die einzig in ihrer Art ist[28]: -so[[63]] lange die Römer nur kleines und nahes Landeigenthum hatten, -sagt er, waren zwey Jahre zur Verjährung hinreichend, als sie aber -in den Provinzen, also in großer Entfernung von Rom, Land erwarben, -wurden zehen Jahre erfodert (die ~longi temporis praescriptio~). ~Res -mancipi~ hießen die Italischen Grundstücke und alle bewegliche Sachen, -bey beweglichen Sachen gieng durch bloße Tradition Eigenthum über und -Usucapion ging nur auf ~res mancipi~; bey ~res nec mancipi~ aber, d. h. -bey Provinzialgrundstücken, gab es eine ~longi temporis praescriptio~, -wozu kein Titel gehörte; der Inhaber derselben hieß ~dominus -bonitarius~. An einer andern Stelle ist von der *Justinianischen* -Usucapion die Rede: man müsse unterscheiden zwischen dem Diebe selbst -und dem dritten, welcher von dem Diebe kaufe, jener brauche 30 Jahre, -bey diesem komme die ~L. un. C. de usuc. transform.~ in Anwendung, -also dreyjährige Verjährung[29], ganz als ob von ~res furtiva~ bey den -Römern niemals die Rede gewesen wäre. Ein anderer sehr merkwürdiger -Fall betrifft *Portalis* und *Maleville* zugleich. Bey der Ehescheidung -nämlich wird beständig Römisches Recht mit zur Sprache gebracht, -aber *Portalis* und *Maleville* gehen aus von einer Geschichte der -Römischen Ehescheidung, welche nicht etwa blos falsch,[[64]] sondern -ganz unmöglich ist; so z. B. glauben beide, die Ehe habe nicht von -einem Ehegatten einseitig, sondern nur durch Uebereinkunft getrennt -werden können, wodurch in der That das ganze Recht der Pandekten, -ja selbst das von *Justinian* über diesen Gegenstand, vollkommen -sinnlos wird; selbst die Scheidung durch Uebereinkunft sey bey den -Römern blos eine Folge der irrigen Ansicht, daß die Ehe mit anderen -Contracten auf gleicher Linie stehe[30]! Und dieses betraf hier nicht -etwa eine geschichtliche Curiosität, sondern Grundsätze, welche auf -die Discussion unmittelbaren Einfluß hatten, wie denn z. B. gerade das -unverständigste in der ganzen Geschichte der Römischen Ehescheidung -zum allgemeinen Ekel in den Art. 230 aufgenommen ist. Dieser Zustand -juristischer Gelehrsamkeit aber ist nicht als Hochmuth oder Verstockung -auszulegen; bey den Debatten über die Rescission des Kaufs führte einem -Staatsrath der Zufall die Dissertation von *Thomasius* über die ~L. -2. C. de resc. vend.~ in die Hände, und es ist ordentlich rührend zu -sehen, mit welchem Erstaunen diese Schrift aufgenommen, excerpirt und -discutirt wird[31]. Mit ähnlicher und besserer Gelehrsamkeit[[65]] -könnten wir freilich noch in anderen Materien dienen! auch kann man -dieser literarischen Unschuld keine nationale Parteylichkeit vorwerfen, -denn bekanntlich lebten in Frankreich im 16ten Jahrhundert einige -Leute, von denen man noch jetzt Römisches Recht lernen kann. Aber ich -selbst habe einen juristischen Professor in Paris sagen hören, die -Werke des *Cujaz* dürften zwar in einer sehr vollständigen Bibliothek -nicht fehlen, gebraucht würden sie indessen nicht mehr, weil alles gute -aus ihnen bey *Pothier* stehe. - -So viel von dem Boden, worauf der Code gewachsen ist, nun von der -Frucht selbst. Materielle Vollständigkeit lag nicht im Plane, es kam -daher auf folgende drey Stücke an: Auswahl der Gegenstände, Auswahl der -Bestimmungen über jeden Gegenstand, und Verhältniß zu demjenigen, was -~in subsidium~ gelten sollte, wo der Code nicht zureichen würde. -- -Die Auswahl der Gegenstände war für den praktisch gebildeten Juristen -das leichteste, aber gerade diese ist hier so ungeschickt ausgefallen, -daß für die Anwendung die fühlbarsten Lücken im großen entstehen. -Nicht Erfahrung und praktischer Sinn hat sie bestimmt, sondern der -Anstoß, welchen herkömmliche Lehrart gegeben hatte, und geht man -weiter zurück, so wird man häufig finden, daß wichtige Gegenstände -blos deswegen fehlen, weil sie auch gar nicht oder nur beyläufig in -*Justinians* Institutionen vorkommen, die ja so vielen neueren Systemen -oft unbemerkt[[66]] zum Grunde liegen[32]. Doch dieser Mangel kann uns -gleichgültiger seyn, da er in jedem künftigen Fall leicht zu vermeiden -wäre. - -Weit wichtiger in dieser Rücksicht, und weit schwerer an sich, ist die -Auswahl der Bestimmungen über die wirklich abgehandelten Gegenstände, -also das Finden der Regel, wodurch künftig die Masse des einzelnen -regiert werden soll. Hier kam es darauf an, selbst im Besitz der -leitenden Grundsätze zu seyn, worauf alle Sicherheit und Wirksamkeit -im Geschäft des Juristen beruht (22), und worin die Römer so groß -als Muster vor uns stehen. Gerade von dieser Seite aber erscheint -die Arbeit der Franzosen am allertraurigsten, wie nunmehr in einigen -Beyspielen gezeigt werden soll. - -Ein Hauptfehler, der überall fühlbar wird, ist dieser. Die Theorie des -Vermögensrechts ist im Ganzen die Römische. Bekanntlich beruht aber -das Römische Vermögensrecht auf zwey Grundbegriffen, der dinglichen -Rechte nämlich und der Obligationen, und jeder weiß, wie viel die Römer -mit der Schärfe und Bestimmtheit dieser Begriffe ausrichten. Diese -Grundbegriffe nun sind hier nicht etwa blos nirgends definirt, was ich -gar nicht tadeln wollte, sondern sie kennen sie gar nicht in dieser -Allgemeinheit, und diese[[67]] Unkunde verbreitet über das ganze Werk -mehr Dämmerung, als man glauben sollte. Allein dieser Punkt, so wichtig -er ist, bleibt doch zu sehr im allgemeinen stehen; die Lehre von der -Ungültigkeit juristischer Handlungen in Anwendung auf die Verträge, auf -die ~actes de l'etat civil~ und auf die Ehe, wird Gelegenheit geben, -mehr in das besondere einzugehen. Für die Ungültigkeit der Verträge -hat das Römische Recht den bekannten Unterschied von ~ipso jure~ und -~per exceptionem~, der im alten Recht mit der höchsten Bestimmtheit -ausgebildet war, und noch im *Justinianischen* Recht wohl mehr, als -man gewöhnlich annimmt, wirksam geblieben ist. Im Code kommt ein -Gegensatz von ~convention nulle de plein droit~ und ~action en nullité -ou en rescision~ vor (~a.~ 1117). Ob die Verfasser diesen Gegensatz -für einerley mit jenem Römischen gehalten haben, kann uns gleichgültig -seyn: aber sehr wichtig ist es, daß die Theorie dieser indirecten -Ungültigkeit (durch ~action en nullité~) ganz unbestimmt gelassen -ist. Es kommt fast nichts davon vor, als die Zeit der Verjährung -(~a.~ 1304), während sehr viele und sehr wichtige Verschiedenheiten -der Wirkung gerade so noch jetzt statt finden können, wie sie bey -den Römern statt fanden, also auf irgend eine Weise bestimmt werden -mußten, da die Sache einmal angeregt war. -- Für die ~actes de -l'état civil~ ist eine Menge von Förmlichkeiten vorgeschrieben, die -ihrer[[68]] Natur nach ganz willkührlich sind (~L. 1. T. 2. Ch. 1.~). -Aber eben deshalb war es doppelt nöthig zu bestimmen, was für Folgen -die Vernachlässigung dieser Formen haben sollte. Mehrere Gerichtshöfe -machten auf diese Nothwendigkeit aufmerksam[33], dennoch enthält der -Code davon gar nichts. Man sollte nun denken, in Paris sey man über die -Sache selbst so sicher und einig gewesen, daß man eine ausdrückliche -Bestimmung für überflüssig gehalten hätte; keinesweges. *Cambaceres* -nimmt an, die Nichtbeobachtung jeder Form erzeuge Nullität, d. h. sie -vernichte alle Beweiskraft der Urkunde. *Tronchet* dagegen meynt, bey -Geburt und Tod komme auf die Formen gar nichts an, und Falsum allein -könne entkräften: bey Ehe hingegen, lasse sich allerdings eine solche -Nullität wegen fehlender Form denken.[34] *Simeon* aber nimmt an, die -nichtbeobachtete Form entkräfte niemals den Beweis, also auch nicht -bey Ehe.[35] Ist nun diese Meynung richtig, so gehörten alle diese -Formen gar nicht in den Code, sondern in die bloße Instruction der -Beamten, die Fassung des Code also spricht eigentlich gegen diese -Meynung. Die Sache ist aber um so schlimmer, da diese Formen bey den -Todtenlisten wenigstens[[69]] in Paris ganz unausführbar sind, und -auch in den Provinzen ihre Aufrechthaltung nur gewünscht wird.[36] -- -Noch weit wichtiger aber ist die Lehre von der Ungültigkeit der Ehe. -Das Römische Recht hatte hier einen sehr einfachen und sehr klaren Weg -eingeschlagen. Fehlte eine Bedingung gültiger Ehe, so hieß es: ~non -est matrimonium~, und auf dieses Nichtdaseyn konnte sich zu jeder Zeit -jeder berufen, der Lust dazu hatte; eine besondere Klage zur Aufhebung -war nicht nöthig, ja nicht denkbar, also gab es auch keine Verjährung -noch andere Beschränkung dieses Rechts. Diese Einfachheit genügte, -weil für jeden andern Fall die einseitige Ehescheidung aushalf; daß -man in unsern Zeiten damit nicht auskam, war natürlich, und man konnte -also außer den Fällen jener Nullität (welche ich die Römische Nullität -nennen will) noch ein besonderes Recht auf Anfechtung aufstellen, was -man (da es auf das Wort nicht ankommt) immerhin ~action en nullité~ -nennen mochte. Wie verhält sich nun dazu der Code? er nimmt zweyerlei -Nullitäten an, absolute und relative (~L. 1. T. 5. Ch. 4.~). Dieses -möchte man wohl gerade für den hier beschriebenen Gegensatz halten, -so daß z. B. Vernachlässigung der Trauungsform eine Römische Nullität -wäre. Genau so versteht es auch *Portalis*[37], der eben für diesen -speciellen Fall[[70]] die wahre, ächte Nullität mit lebhaften Farben -ausmahlt. Allein *Maleville* nimmt die Römische Nullität (das ~non est -matrimonium~) außer allen diesen Anfechtungsrechten (~mariage qui peut -être cassé~) und verschieden von denselben an, so daß es dreyerley -gäbe: 1. ~non est matrimonium~; 2. absolute Nullität des Code; 3. -relative Nullität[38]. Auch bey ~N.~ 2 läßt sich wohl etwas denken, -nämlich es wäre ein Klagerecht auf Vernichtung, was jeder hätte, aber -doch ein bloßes Klagerecht, so daß ohne alle Klage, und wenn z. B. ein -Ehegatte gestorben wäre, die Ehe mit allen Folgen gültig bliebe; nur -wäre das freylich eine überflüssige Subtilität. Aber noch verwickelter -ist die Ansicht von *Maleville* in dem speciellen Fall, wenn die -Trauungsform fehlt. Diese Ehe, sagt der Art. 191. ~_peut_ être attaqué~ -von jedermann; aber Art. 193. läßt merken, es werde Fälle dieser Art -geben, in welchen die Ehe nicht werde aufgehoben werden, doch ohne -diese Fälle zu nennen. Aus beiden Stellen zieht *Maleville* folgendes -Resultat[39]: die Ehe ~peut être attaqué~, d. h. man kann auf Aufhebung -klagen, das Gesetz verwehrt die Klage nicht, aber was der Richter -thun will, ist seine Sache, oder mit andern Worten, die Aufhebung der -Ehe hangt von der[[71]] Willkühr des Richters ab. Das wäre folglich -noch eine vierte Art der Ungültigkeit, verschieden von den drey oben -angegebenen. Schwerlich giebt es einen Fall, in welchem richterliche -Willkühr gefährlicher und unpassender ist als in diesem. Ob sie gilt, -steht freylich dahin, denn das Gesetz sagt davon eigentlich nichts, -und zwey Redactoren haben darüber, wie ich gezeigt habe, ganz entgegen -gesetzte Meynungen. Aus zwey Gründen aber wird diese Ungewißheit noch -besonders hart: erstlich, weil sich in Paris (und wahrscheinlich -nicht bloß da) die meisten Armen der Kosten wegen gar nicht trauen -lassen[40], zweytens weil die Form der Trauung selbst eine höchst -schwankende Bedingung in sich faßt. Nämlich die Trauung muß nothwendig -von dem ~officier du domicile~ eines der beyden Ehegatten geschehen, so -daß nicht einmal Delegation zulässig ist[41]. Aber das ~domicile~ ist -hier nicht das sonst gewöhnliche (Art. 102), sondern ein besonderes, -für die Trauung allein erfundenes, nämlich Aufenthalt von 6 Monaten -(Art. 74), so daß man nicht einmal zwischen beiden Arten von ~domicile~ -zu diesem Zwecke die Wahl hat[42]. Wie oft nun muß es bey manchen -Gewerben zweifelhaft seyn, ob man auch bey dem besten[[72]] Willen -den rechten Beamten getroffen hat! In jedem Falle dieser Art aber ist -das ganze Schicksal einer Familie der völlig blinden Willkühr eines -Gerichts überlassen, welchem bey keiner möglichen Entscheidung ein -Vorwurf gemacht werden kann, da jede Entscheidung die angesehensten -Autoritäten für sich hat. Und der erste Grund dieses heillosen -Schwankens ist, daß man nicht von einem bestimmten, entscheidenden -Begriffe ausgegangen ist, sondern sich in steter Verwirrung zwischen -wahrer Nullität und Anfechtungsrecht hin und her bewegt hat, ohne -jemals aus der Unklarheit heraus kommen zu können[43], wodurch die -gänzliche Unnützlichkeit der Staatsrathsdiscussionen in technischen -Dingen recht anschaulich wird. Bey den Römern waren solche Dinge gar -nicht möglich, und es war diese Unmöglichkeit nicht etwa der Gipfel -ihrer Kunst, sondern der erste Anfang: das heißt, sie waren Männer vom -Fach, während diese Redactoren und Staatsräthe reden und schreiben -wie Dilettanten[[73]], oder mit anderen Worten, jene brauchten kein -Gesetzbuch, diese sollten keines machen wollen. Noch wird durch diesen -Fall recht anschaulich, was oben über die Gefährlichkeit unnöthiger -und unberufener Gesetzgebung gesagt worden ist. Eine Verwirrung -der Begriffe, wie die hier beschriebene, kann viele Jahre da seyn, -unbemerkt und unschädlich, weil sich durch Gebrauch das alles in ein -gewisses leidliches Gleichgewicht gesetzt hat. Aber jetzt wird sie -gesetzlich ausgesprochen, und wohl gar durch Discussionen ohne Erfolg -zur allgemeinen Kenntniß gebracht, und nun wird sie gefährlich, nun -wird sie in der Hand des Ungerechten ein Mittel, Andere zu bestricken -und zu übervortheilen. Dieses wäre eine politische Deutung der Regel: -~omnis definitio in jure civili periculosa est~. - -Zuletzt ist noch bey dem Code über dasjenige zu sprechen, was ~in -subsidium~ gelten soll, wo er nicht zureicht. Ueber den Umfang und -die Wichtigkeit desselben haben sich die Franzosen nicht getäuscht, -sie haben eingesehen, daß eigentlich die allerwenigsten Rechtsfälle -unmittelbar durch eine Stelle des Code entschieden werden können, daß -also fast überall jenes unbekannte das wahrhaft entscheidende seyn -müsse[44]. Aber über die Natur desselben erklären[[74]] sie sich etwas -mannichfaltig, sie behandeln es wie eine unbestimmte Größe, welche -viele Werthe haben kann. Als solche Werthe nämlich kommen vor[45]: 1. -~équité naturelle~, ~loi naturelle~; 2. Römisches Recht; 3. die alten -~coutumes~; 4. ~usages~, ~exemples~, ~décisions~, ~jurisprudence~; 5. -~droit commun~[46]; 6. ~principes généraux~, ~maximes~, ~doctrine~, -~science~. Ueber das Verhältniß dieser sehr verschiedenen Werthe zu -einander wird gar nichts gesagt, außer einmal, daß das Naturrecht -nur ~in subsidium~ gelte, wenn selbst ~usage~ und ~doctrine~ nicht -ausreiche[47]. Wir wollen es versuchen, bestimmte Resultate hieraus zu -ziehen. - -Zuvörderst ist es auffallend, daß Eine Art der Ergänzung gar nicht -vorkommt, die organische nämlich, welche von einem gegebenen Punkt -(also von einem Grundsatz des Gesetzbuchs) mit wissenschaftlicher -Sicherheit auf einen nicht gegebenen schließt. Unsere Juristen haben -davon unter den Namen Analogie[[75]] und ~argumentum legis~ etwas -beschränkte Begriffe, und auch bey den Franzosen findet sich einmal -beyläufig eine Ahnung davon[48]. Aber daß nicht eigentlich Gebrauch -davon gemacht wird, ist wohl nicht zufällig. Dieses Verfahren setzt -in dem Gesetzbuch selbst eine organische Einheit voraus. An eine -solche aber ist hier auch nicht entfernt zu denken, weder materiell, -noch formell. Nicht materiell, denn der Code enthält blos mechanisch -vermengt die Resultate der Revolution und das vorige Recht (S. 56), ja -auch das vorige Recht ist in ihm nichts in sich verbundenes, da er eine -~transaction~ zwischen Römischem Recht und ~coutumes~ seyn soll, wie -öfters von ihm gerühmt worden ist. Formelle Einheit würde er seyn, wenn -er von den Juristen, seinen Verfassern, durch die verarbeitende Kraft -des Gedankens zu einem logischen Ganzen geworden wäre, aber daß man -sich nicht so hoch verstiegen hat, wird durch die bisherige Darstellung -klar geworden seyn. Demnach blieb freylich nichts übrig, als eine -Ergänzung von außen zu suchen. - -Die oben angegebenen Ergänzungsmittel, welche[[76]] bey den -französischen Schriftstellern selbst vorkommen, lassen sich noch sehr -reduciren. Das Naturrecht ist wohl mehr zum Staat als zu ernstlichem -Gebrauch mit aufgeführt; wo von besondern Anwendungen die Rede ist, -wird keine Notiz davon genommen, und nur in Deutschland hat man -den Zustand der Französischen Richter wegen des freyen Gebrauchs -dieser Rechtsquelle glücklich gepriesen[49]; ich wünschte aber wohl -gegenwärtig zu seyn, wenn ein Französisches Gericht nach dem Naturrecht -entscheidet, ob eine Ehe wegen unvollkommener Form der Trauung ungültig -ist. Die übrigen Stücke kommen zurück auf diese zwey: 1. bisheriges -Recht; 2. wissenschaftliche Theorie. Diese sind nun einzeln zu prüfen. - -Das bisherige Recht ist bekanntlich nicht blos, wo es dem Code -widerspricht, sondern in allen Materien, die der Code berührt, -aufgehoben (Art. 4), also so gut als überall. Indessen sind die -Franzosen über die Bedeutung dieser Aufhebung mehr im klaren, als die -Deutschen Juristen, welche aus Haß oder Neigung gegen das Römische -Recht viel darüber gestritten haben. Jene nehmen an, das Römische -Recht sowohl als die ~coutumes~ zu befolgen, sey dem Richter erlaubt, -aber es sey ihm nicht geboten, und zwar habe das den Sinn, daß ein -richterliches[[77]] Urtheil nicht deswegen cassirt werden könne, -weil es diesen Rechtsquellen widerspreche[50]. Dasselbe gilt nun -auch vom vormaligen Gerichtsgebrauch[51], wie denn unzähligemal die -alte ~jurisprudence~ als Quelle angeführt wird. Ohne Zweifel denkt -man sich das nicht so, daß jeder Richter in einem Fall, den der Code -unentschieden läßt, zwischen Römischem Recht und irgend einer ~coutume~ -wählen dürfe, denn sonst wäre die Willkühr zu ungeheuer, sondern jeder -soll das Recht befolgen, was in dieser Gegend vormals galt, d. h. -entweder Römisches Recht, durch den alten Gerichtsgebrauch modificirt, -oder eine specielle ~coutume~ mit derselben Modification. Die -nothwendige Folge davon wird wiederum eine große Rechtsverschiedenheit -in den Sprengeln der einzelnen Appellationsgerichte seyn, und diese -Verschiedenheit wird jetzt, wo sie in der Stille, gegen die Absicht des -Gesetzes, und mit Verwirrung der vorigen Gränzen statt finden muß, ein -wahres Uebel seyn, was sie vormals nicht war. Dabey wird aber schon der -günstige Fall vorausgesetzt, daß die Gerichte auf diese regelmäßige -Weise von der Erlaubniß jener entfernten Rechtsquellen Gebrauch machen -wollen. Aber wer bürgt dafür, da es ihnen nicht geboten ist? Wenn also -in einem[[78]] Rechtsfall ein Gericht vorzieht, irgend eine beliebige -~équité~ oder ~loi naturelle~ anzuwenden aus besonderer Ueberzeugung, -oder als Vorwand einer Ungerechtigkeit, so kann ihm durchaus kein -Vorwurf gemacht werden, denn das Gesetz läßt dieses alles gelten. -Man sage nicht, das Cassationsgericht werde die künftige Praxis in -Ordnung, ja sogar in Gleichförmigkeit erhalten: das Cassationsgericht -soll ja blos cassiren, wo gegen ein Gesetz des Code oder ein neueres -Gesetz gesprochen wird: der Spruch für oder wider ~loi naturelle~, -Römisches Recht, ~coutume~ oder ~jurisprudence~ liegt also ganz außer -der Wirksamkeit jenes Gerichtshofes. Endlich ist auch noch der wichtige -Umstand zu bemerken, daß in allen aus der Revolution hervorgegangenen -Stücken des Code das vorige Recht gar keinen Schutz gegen die blindeste -Willkühr gewährt. Auch dafür mag wiederum das oben gewählte Beyspiel -von Ungültigkeit der Ehe zur Erläuterung dienen. Das zweite, was als -Supplement des Code gelten kann, ist die wissenschaftliche Theorie. -*Portalis* beschreibt diese einmal sehr prächtig: sie sey wie das Meer, -die Gesetze seyen die Ufer[52]. In Frankreich hat es nun freylich mit -diesem Meere nicht viel zu bedeuten, denn eine Rechtswissenschaft, -die nicht auf dem Boden gründlich historischer Kenntniß ruht,[[79]] -versieht eigentlich nur Schreibersdienst bey dem Gerichtsgebrauch. So -ist es in Frankreich in der That, und eine von dem Gerichtsgebrauch -verschiedene Theorie existirt da eigentlich nicht, so daß alles, was -über die Unsicherheit des praktischen Rechts gesagt worden ist, auch -die Theorie trifft. Die Lehranstalten allein haben ihrer Natur nach -eine ganz theoretische Form: von diesen wird im folgenden Abschnitt -bequemer gesprochen werden können. - -Allerdings können einige Umstände eintreten, wodurch der Zustand der -praktischen Rechtspflege günstiger ausfällt, als hier angedeutet worden -ist. Durch Unkenntniß und Geistesträgheit kann es dahin kommen, daß -einzelne Quellen und Schriftsteller in vielen Gerichten gleichförmig -befolgt werden, so z. B. kann man die ~coutume~ von Paris mit ihrem -Commentator *Ferriere* weit und breit bequem finden, auch wo sie -sonst nicht gegolten hat. Auch mögen in der alten ~jurisprudence~ gar -manche Sätze ziemlich allgemein angenommen gewesen seyn. Vielleicht -ist es etwas der Art, was man sich unter dem oben genannten ~droit -commun~ (S. 74) denkt. Ferner muß man nicht glauben, daß gerade alle -hier genannte Uebel als solche empfunden werden müssen; die Römer des -vierten und fünften Jahrhunderts nach Christus haben auch nicht daran -gedacht, daß wir sie wegen ihres tiefen Verfalls bedauern würden. Im -Ganzen aber ist doch nicht zu läugnen,[[80]] daß ein Zustand sehr -großer Rechtsungewißheit zu befürchten ist. Dieser Zustand nun ist -unerträglich; denn ob an verschiedenen Orten verschiedenes Recht -gilt, daran liegt wenig, aber wenn für einen gegebenen einzelnen Fall -das Recht dem Zufall und der Willkühr preis gegeben ist, so ist das -schlimmste eingetreten, was für die Rechtspflege gedacht werden kann, -und dieses Uebel wird gewiß von jedem empfunden. - -Es verdient die rühmlichste Anerkennung, daß in Frankreich wenigstens -Eine wahre und gründliche Stimme über das, was man thun wollte, gehört -worden ist: aber diese Stimme ist verhallt ohne Spur einer Wirkung. Das -Tribunal von Montpellier spricht über den künftigen Gerichtsgebrauch, -wodurch der Code ergänzt werden soll, also[53]: »~Mais quelle -jurisprudence! n'ayant d'autre règle que l'arbitraire sur l'immensité -d'objets à co-ordonner au systême de la législation nouvelle, à quelle -unité, à quel concert faudrait-il s'attendre de la part d'une pareille -jurisprudence, ouvrage de tant de juges et de tant de tribunaux, dont -l'opinion ébranlée, par les secousses révolutionnaires, serait encore -si diversement modifiée! quelle serait enfin le régulateur de cette -jurisprudence disparate, qui devrait nécessairement se composer[[81]] -de jugemens non sujets à cassation, puisqu'ils ne reposeraient pas sur -la base fixe des lois, mais sur des principes indéterminés d'équité, -sur des usages vagues, sur des idées logiciennes, et, pour tout dire en -un mot, sur l'arbitraire! A un systême incomplet de législation, serait -donc joint pour supplément une jurisprudence défectueuse.~« Diesem -Uebel zu begegnen, heißt es weiter, könne man zwey Wege einschlagen. -Entweder den Code blos betrachten als Institutionen, und ihm ein -zweytes, ausführlicheres Werk beygeben, was den Zweck von Justinians -Pandekten und Codex hätte. Oder man könnte zweytens und besser als -Regel das bisherige, verschiedene Recht bestehen lassen, und blos in -einzelnen bestimmten Stücken neues und gleichförmiges Recht durch ganz -Frankreich einführen, das heißt also, kein Gesetzbuch machen. Dieses -ist der eigentliche Vorschlag, und die ganze Art, wie er ausgeführt und -begründet wird, ist so gediegen und ächt praktisch, daß man in dieser -Umgebung durch so frische Gedanken zwiefach erfreut wird. - -Ich wende mich nun zum Preußischen Landrecht. Zur Geschichte desselben -dienen zunächst die officiellen Bekanntmachungen über diesen -Gegenstand[54], dann[[82]] einige Stellen aus *Kleins* Schriften[55], -der wichtigste Beytrag aber von *Simon* ist erst 1811 durch folgende -Veranlassung erschienen[56]. Die Materialien der gesammten neuen -Gesetzgebung nämlich sind noch größtentheils vorhanden; diese zu -ordnen und dadurch erst brauchbar zu machen, wurde dem eben genannten -Rechtsgelehrten übertragen, und dessen Bericht über dieses Geschäft -giebt eine so gründliche und vollständige Geschichte der ganzen -Unternehmung, daß dagegen die bisherigen Nachrichten fragmentarisch -und zum Theil unzuverlässig erscheinen. Es ist nicht möglich, in -dieser trefflichen Schrift zu sehen, wie durch vereinte und stets -wiederholte Arbeit der eigentlichen Redactoren, der Gesetzcommission, -der Landescollegien, der ständischen Deputirten, und vieler Gelehrten -und Geschäftsmänner aus allen Theilen von Deutschland das Landrecht -entstanden ist, ohne vor[[83]] dem Ernst und der Ausdauer, die darin -bewiesen worden sind, große Achtung zu empfinden; die Seele des -Ganzen aber war der geistreiche *Suarez*, durch welchen Einheit in -der Wirksamkeit so vieler und verschiedener Mitarbeiter erhalten -wurde. Gleich von dieser Seite wird kein Unbefangener den Code mit dem -Landrecht vergleichen wollen: nicht blos die Gewissenhaftigkeit und -Liebe zur Sache, die den besseren Deutschen natürlich ist, erklärt -diesen Unterschied, sondern auch die ganz verschiedene äußere Lage, -aus welcher beide Gesetzbücher hervorgiengen: der Code sollte schnell -fertig seyn, um manches drückende Uebel aus der Revolution zu mildern, -und um alles auf gleichen Fuß zu setzen, während das Landrecht blos -mit dem Zweck und dem Gefühl, etwas treffliches zu leisten, ohne -äußere Noth, die dazu drang, bearbeitet wurde. Was ich als einen -zweyten großen Vorzug des Landrechts betrachte, ist das Verhältniß -desselben zu den localen Quellen; es sollte blos als subsidiarisches -Recht an die Stelle des »Römischen, gemeinen Sachsen- und andrer -fremden subsidiarischen Rechte und Gesetze treten«[57], und alle -Provincialrechte sollten fort bestehen, aber auch binnen drey Jahren zu -besonderen Gesetzbüchern verarbeitet werden[58]. Andere[[84]] werden -dieses Verhältniß vielmehr als eine Unvollkommenheit des Landrechts -betrachten. - -Sehen wir aber auf die innere Entstehung des Landrechts, so wird auch -dadurch unsre Ansicht bestätigt, nach welcher in dieser Zeit kein -Gesetzbuch unternommen werden sollte. Der Plan, nach welchem gearbeitet -wurde, liegt vor Aller Augen. Das Justinianische Recht sollte -dergestalt Grundlage des Ganzen seyn, daß davon nur aus besonderen -Gründen abgewichen werden sollte. Diese Gründe wurden darin gesetzt, -wenn ein Satz des Römischen Rechts aus der stoischen Philosophie, -oder der besondern Verfassung, z. B. der Politik der Kaiser, oder -aus den spitzfindigen Fictionen und Subtilitäten der alten Juristen -entstanden wäre[59]. Dadurch zerfällt das Römische Recht im Verhältniß -zum Landrecht in zwey Theile, einen anwendbaren als Regel, und einen -unanwendbaren als Ausnahme, und es entstand die doppelte Aufgabe, die -Ausnahme gehörig abzusondern, und die Regel gründlich zu verstehen. -Nämlich was in der That auf stoischer Philosophie oder[[85]] besonderer -Verfassung beruht, und was eine verwerfliche Subtilität ist, kann -offenbar nur von einer sehr gründlichen Rechtsgeschichte aus erkannt -werden; dieselbe geschichtliche Kenntniß und zugleich ein lebendiges -Quellenstudium ist nöthig, wenn das anwendbare recht verstanden und -zu wirklicher Anwendung ersprieslich verarbeitet werden soll. Ob nun -die Schulen von *Nettelbladt* und *Darjes*, in welchen gewiß die -Meisten gebildet worden sind, die auf das Landrecht großen Einfluß -gehabt haben, im Besitz dieser geschichtlichen Kenntnisse und dieses -Quellenstudiums waren, überlasse ich jedem aus den Schriften dieser -Schulen und ihrer Meister zu beurtheilen[60]. Der Anfang des Ganzen -sollte ein vollständiger Auszug der Justinianischen Rechtsbücher seyn. -Dazu war Anfangs an *Schlosser* der Antrag gemacht worden, mit welchem -man aber über die Bedingungen nicht einig werden konnte[61]. Der Auszug -selbst wurde nun von ~D.~ *Volkmar* nach einem systematischen Plane -von *Suarez* gemacht; zur Kontrolle der Vollständigkeit verfertigte -*Volkmar* ein Verzeichniß aller Stellen des ~Corpus juris~ nach Ordnung -der Quellen, so daß bey jeder Stelle bemerkt wurde, wo sie in jenem -Systeme vorkomme,[[86]] oder warum sie da fehle. Dieser systematische -Auszug wurde dann von *Volkmar* und *Pachaly* verarbeitet, welche -Verarbeitung als das erste Material der eigentlichen Redaktion -anzusehen ist[62]. Dieses Material ist allerdings unglaublich oft -geprüft und wieder bearbeitet worden, und gewiß ist im Landrecht davon -sehr wenig unmittelbar übrig geblieben. Aber nicht blos hangt in der -Richtung jedes Geschäfts von großem Umfang ungemein viel von dem -ersten Anstoß ab, sondern gerade hier konnte gar vieles beynahe nur in -dieser ersten Grundlage geschehen, und was von *Volkmar* gethan und -unterlassen worden ist, muß wohl für alle nachfolgende Arbeiten sehr -bestimmend gewesen seyn. Sollte dieser überwiegende Einfluß vermieden -werden, so hätte ein Anderer, unabhängig von *Volkmars* Arbeit, und -unmittelbar aus den Quellen selbst, das erste Material nochmals -aufstellen müssen, und darin allein hätte eine durchgreifende Probe -für *Volkmars* Arbeit, was die Kenntniß und den Gebrauch der Quellen -betrifft, bestehen können. Dieses ist nicht geschehen, alle folgende -Revisionen sind wahrscheinlich hierauf am wenigsten gerichtet gewesen, -und so steht *Volkmars* Arbeit sehr allein, obgleich man ihn blos als -Sammler betrachtet, auch nicht vorzüglich geschätzt[[87]] zu haben -scheint[63]. Gerade für diese Stelle wäre ein Mann von Geist und -Gelehrsamkeit sehr wünschenswerth gewesen, und es wäre interessant, -wenn man wenigstens nach einzelnen Proben vergleichen könnte, wie -*Schlosser* die Aufgabe gelöst haben würde. Vielleicht lag aber in dem -Mechanismus des ganzen Geschäfts ein Grund, warum dieser Auftrag für -einen Mann von Bedeutung und Selbstständigkeit nicht passend gewesen -wäre. - -Sieht man auf das Resultat, wie es vor uns liegt, so ist ein bestimmtes -Urtheil schwerer als bey dem Code, weil die Verhandlungen, woraus -dieses Resultat hervorgegangen ist, nicht bekannt gemacht sind. Auch -scheint es, daß der Plan des Werks, so wie der ganzen Rechtspflege, -die darauf gegründet werden sollte, nicht immer derselbe gewesen -ist. Ursprünglich hatte unläugbar Friedrich II. die Absicht, daß das -Gesetzbuch höchst einfach, populär und zugleich materiell vollständig -seyn sollte, so daß das Geschäft des Richters in einer Art mechanischer -Anwendung[[88]] bestehen könnte[64]. Diesem gemäß verbot er schlechthin -alle Interpretation, und wollte, daß bey unzulänglichen oder -zweifelhaften Gesetzen, in jedem einzelnen Fall bey der gesetzgebenden -Gewalt angefragt würde[65]. Auch noch im Entwurf des Gesetzbuchs ist -die Interpretation dem Richter eigentlich ganz untersagt, und alles -an die Gesetzcommission auch für einzelne Fälle gewiesen[66]. Ganz -anders nach dem Landrechte; dieses will, daß der Richter auch auf -den Grund des Gesetzes sehe, vorzüglich aber, daß er jeden Fall, für -welchen er kein Gesetz findet, nach den allgemeinen Grundsätzen des -Gesetzbuchs und nach den Gesetzen ähnlicher Fälle entscheide[67]; die -Anfrage bey der Gesetzcommission war schon dadurch äußerst beschränkt -und selbst wo sie statt fand, war doch nur der anfragende Richter -an den Ausspruch gebunden, und es galten Rechtsmittel[[89]] gegen -das Urtheil[68]. In der neuesten Ausgabe des Landrechts aber ist -auch diese beschränkte Anfrage aufgehoben, und die Interpretation -des Richters für jede Art von Fällen gestattet[69]. Dadurch ist denn -allerdings die ganze Lage des Richters anders, als Friedrich II. sie -gedacht zu haben scheint, und dem ganzen Richteramte wird dadurch ein -mehr wissenschaftlicher und weniger mechanischer Character zuerkannt. -Dennoch ist dieses nur eine einzelne Abweichung von der Regel, es -soll offenbar nur von den als selten gedachten Ausnahmen gelten, in -welchen ein unmittelbar bestimmendes Gesetz fehlen würde, ja ein -Fall dieser Art soll, sobald er vorkommt, angezeigt und durch ein -neues Gesetz entschieden werden[70]. Die eigentliche Tendenz des -bestehenden Gesetzes selbst also geht auch jetzt noch darauf, daß -die einzelnen Rechtsfälle als solche vollständig aufgezählt, und -einzeln entschieden werden. Und gerade darin ist die Methode des -Landrechts der oben beschriebenen, welche wir in den übrig gebliebenen -Schriften der Römischen Juristen finden, entgegen gesetzt; nicht zum -Vortheil des Landrechts, wie es mir scheint.[[90]] Bey den Römern -beruht alles darauf, daß der Jurist durch den lebendigen Besitz des -Rechtssystems in den Stand gesetzt wird, für jeden gegebenen Fall das -Recht zu finden. Dazu führt die scharfe, individuelle Anschauung der -einzelnen Rechtsverhältnisse, so wie die sichere Kenntniß der leitenden -Grundsätze, ihres Zusammenhangs und ihrer Unterordnung, und wo wir -bey ihnen Rechtsfälle in der bedingtesten Anwendung finden, dienen -sie doch stets als verkörperter Ausdruck jenes allgemeinen. Diesen -Unterschied wird mir jeder zugeben, der das Landrecht unbefangen mit -den Pandekten vergleicht, und eine solche Vergleichung ist hier gewiß -zulässig, da ja nicht von eigenthümlicher Römischer Verfassung, -sondern von allgemeiner Methode die Rede ist. Was insbesondere die -scharfe, individuelle Auffassung der Begriffe betrifft, so ist der -nicht seltene Mangel derselben im Landrecht weniger auffallend und -fühlbar, weil eben die materielle Vollständigkeit des Details ihrer -Natur nach dahin strebt, diese Lücke auszufüllen. Was aber die -praktischen Regeln selbst, als den eigentlichen Zweck jedes Gesetzbuchs -anlangt, so ist die Folge des hier beschriebenen Characters, daß -die meisten Bestimmungen des Landrechts weder die Höhe allgemeiner, -leitender Grundsätze, noch die Anschaulichkeit des individuellen -erreichen, sondern zwischen beiden Endpunkten in der Mitte schweben, -während die Römer beide in ihrer naturgemäßen Verknüpfung[[91]] -besitzen. Es darf aber auch nicht übersehen werden, daß eine große, -vielleicht unübersteigliche Schwierigkeit in der gegenwärtigen Stufe -der deutschen Sprache lag, welche überhaupt nicht juristisch, und am -wenigsten für Gesetzgebung, ausgebildet ist; wie sehr dadurch die -lebendige Darstellung individueller Rechtsverhältnisse erschwert, ja -unmöglich gemacht wird, kann jeder finden, der irgend einen eigenen -Versuch der Art, z. B. eine Uebersetzung aus den Pandekten, unternehmen -will. Ja hierin hatten sogar die Franzosen in der größeren Bestimmtheit -der Formen und in der lateinischen Abstammung ihrer Sprache vor uns -einen großen Vorzug: daß sie ihn nicht besser benutzt haben, erklärt -sich aus dem oben dargestellten traurigen Zustand ihrer Sachkenntniß. --- Man würde diese Bemerkungen sehr misverstehen, wenn man sie so -deuten wollte, als ob die Verfasser des Landrechts gegen das künftige -wissenschaftliche Studium desselben gleichgültig gewesen wären, was gar -nicht meine Meynung ist. Sehr merkwürdig ist in dieser Rücksicht die -bekannte Preisaufgabe von 1788[71], welche ein Lehrbuch in zwey Theilen -forderte, deren erster ein aus dem Gesetzbuch selbst abstrahirtes -Naturrecht, der zweite einen Auszug des positiven Rechts selbst -enthalten sollte. Man hat diese Ansicht des[[92]] Naturrechts mitunter -sehr vornehm angelassen und ihr damit Unrecht gethan; offenbar sollte -unter diesem Namen dasjenige dargestellt werden, was der Gesetzgeber -selbst in seinen Gesetzen für allgemein und nicht für positiv ansehe, -eine interessante historische Aufgabe, der des Römischen jus gentium -ganz ähnlich. Also gering geschätzt hatte man die wissenschaftliche -Kenntniß des praktischen Rechts keinesweges, vielmehr erkennt das -Landrecht in seiner neuesten Gestalt das dringende Bedürfniß dieser -wissenschaftlichen Kenntniß an: aber es ist unverkennbar, daß ein -innerer Widerstreit zwischen dieser Anerkennung und der Construction -des Werkes selbst obwaltet, indem diese Construction selbst nach der -ursprünglichen Idee von Friedrich II. hinneigt, woraus sie ja auch -hervorgegangen ist. - -Jede Regierung ist zu tadeln, welche die Einsichten ihres Zeitalters -nicht kennt oder verschmäht. Von dieser Seite aber ist die Preussische -Gesetzgebung gewiß keinem Vorwurf ausgesetzt. Die Stimme nicht blos -der eigenen Geschäftsmänner, sondern aller Deutschen Gelehrten[72], -ist aufgerufen und gehört worden, und jeder unbefangene Beobachter -wird einräumen, daß, was gethan und unterlassen worden ist, dem Sinn -und der Einsicht des Zeitalters vollkommen[[93]] entsprach. Selbst die -bedeutendste Stimme, welche sich gleichzeitig dagegen erhoben hat[73], -beweist mehr für als wider diese Behauptung. Ich verkenne nicht, wie -viel treffliches in *Schlossers* Ansichten und Urtheilen enthalten -ist, allein das beste darin betrifft den allgemeinen politischen -Character unsrer Zeiten, und mit den eigenthümlichen Bedürfnissen des -bürgerlichen Rechts war er selbst keineswegs im reinen. Dieses erhellt -theils aus der von ihm entworfenen Einleitung eines Gesetzbuchs[74], -theils und noch weit mehr aus seinem Plan, das ~corpus juris~ auf ein -~caput mortuum~ eigentlicher Gesetze von weniger als zehn Bogen zu -reduciren[75]. Daß es ihm an Sinn für das rechte nicht fehlte, zeigt -sein geistreicher und durchaus vortrefflicher Aufsatz über das Studium -des reinen Römischen Rechts[76]. - -Ein vollständiges Urtheil über das technische des Landrechts würde erst -dann möglich seyn, wenn die oben erwähnten Materialien verarbeitet -und zur allgemeinen[[94]] Kenntniß gebracht würden. Alles, was für -Erhaltung und Verbreitung wichtiger geschichtlicher Quellen geschieht, -verdient ehrenvolle Anerkennung; so die Organisation jener Materialien, -welche von dem Chef der Preussischen Justiz, dem Herrn Justizminister -*von Kircheisen*, verfügt und dann aufs trefflichste ausgeführt worden -ist. Allein noch ist zu hoffen, daß dasselbe liberale Interesse an -der innern Geschichte des Landrechts auch die Bekanntmachung eines -zweckmäßigen Auszugs aus denselben veranlassen wird. Zu befürchten ist -dabey gewiß nichts, denn was mit solchem Ernst gethan worden ist, kann -sehr ruhig jedem Urtheil entgegen sehen. Daß auf diesem Wege, selbst -von dem zugegebenen Gesichtspunkte des Ganzen aus, manches einzelne als -unhaltbar erkannt werden könnte, ist wahr, aber dieses würde offenbar -ein sehr glücklicher Erfolg seyn, denn jeder Gesetzgebung ist ein -solches Mittel zu wünschen, wodurch sie von innen heraus gereinigt -werden kann. Diese Materialien müssen ungleich lehrreicher seyn als -die gedruckten über den Code, denn diese betreffen doch meist nur den -Uebergang vom ~projet~ zum Code, über die Entstehung des ~projet~ -selbst, was bey weitem die Hauptsache ist, geben sie keine Aufschlüsse, -man müßte denn die leere Declamation der meisten Reden für solche -Aufschlüsse halten wollen; jene Materialien dagegen würden bis auf -die erste Entstehung der Gedanken zurück führen können. Ein[[95]] -besonderer Vortheil aber würde darin bestehen, daß das Landrecht -dadurch ein geschichtliches und literarisches Leben erhalten würde, -welches ihm bis jetzt ganz fehlt. Damit, daß es von einseitigen Gegnern -ungerecht leiden könnte, hat es keine Noth, denn unter den geistreichen -und gebildeten Männern, auf deren Anzahl die Preußische Justiz stolz -seyn darf, würden sich gewiß Mehrere finden, die ein solches Unrecht -abzuwehren vermöchten. - -Die Geschichte des Oesterreichischen Gesetzbuchs[77] hat mit der des -Preussischen Landrechts die Aehnlichkeit, daß zu beiden der erste -Anstoß um die Mitte des vorigen Jahrhunderts gegeben worden ist[78], -so daß eben derselbe Zustand der Deutschen juristischen Literatur -auf beyde einwirken konnte. Die Grundlage war eine handschriftliche -Arbeit von acht starken Folianten, größtentheils aus den Commentatoren -des Römischen Rechts gezogen, und schon im Jahre 1767 vollendet. -Hieraus machte *Horten* einen Auszug, welcher von *Martini* zu einem -Gesetzbuche verarbeitet wurde; diese Arbeit von *Martini* wurde dann -öffentlich bekannt gemacht, und von den[[96]] Oesterreichischen -Landescollegien und Universitäten geprüft und beurtheilt[79], aus -welcher Revision endlich das gegenwärtige Gesetzbuch entstanden ist. -Die Mitwirkung der Rechtsgelehrten des übrigen Deutschlands scheint -sehr unbedeutend gewesen zu seyn, ja man scheint sie nicht für sehr -wünschenswerth gehalten zu haben, theils wegen des schlechten Erfolgs -einer Preisaufgabe über den Wucher, theils weil das Preussische -Landrecht schon solche Beyträge erhalten hatte, die also in ihm -zugleich mit benutzt werden konnten, deshalb sind nicht so, wie im -Preussischen, für die Beurtheilung öffentlich Preise ausgesetzt -worden[80]. Daß man keine Preise aussetzte, konnte sehr gute Gründe -haben, aber auch ohne Preise waren Gutachten und Urtheile leicht zu -erlangen, nur war freylich bey dem sehr geringen literarischen Verkehr -des übrigen Deutschlands mit Oesterreich der bloße Abdruck des Entwurfs -nicht hinreichend; ein Circular an alle Deutsche Universitäten wäre -gewiß nicht ohne Erfolg geblieben. So ist diese Unternehmung, die ihrer -Natur nach nur auf den wissenschaftlichen Zustand der ganzen Nation -gegründet werden konnte, als ein gewöhnliches Geschäft des einzelnen -Landes[[97]] vollführt worden, und jede Absonderung dieser Art ist für -den Erfolg, wenn gleich nicht entscheidend, doch immer sehr gefährlich. - -Was den Stoff betrifft, so könnte man nach den Vorschriften der -Kaiserin Maria Theresia eine größere Originalität als im Preussischen -Rechte erwarten, da die Verfasser sich nicht an das Römische Recht -binden, sondern überall die natürliche Billigkeit walten lassen -sollten[81]. Allein was über die Entstehung der ersten Grundlage -aus den Commentatoren gesagt worden ist, so wie die Betrachtung des -Gesetzbuchs selbst, zeigt, daß dennoch aus derselben Quelle, nur noch -weniger rein und unmittelbar, als bey dem Landrecht geschöpft worden -ist. In der Behandlung zeigt sich sogleich der Hauptunterschied, daß -man im Oesterreichischen Gesetzbuch nicht so, wie im Preussischen, -die Rechtsfälle selbst zu erschöpfen, sondern nur die Begriffe -der Rechtsverhältnisse und die allgemeinsten Regeln für dieselben -aufzustellen gesucht hat[82]. In der ganzen Form und Anlage ist das -Werk einem etwas ausführlichen Institutionencompendium sehr ähnlich. -Die Ausführung soll nun theils für die Begriffe (das formelle oder -theoretische), theils für die praktischen Regeln besonders geprüft -werden. - -[[98]] Daß die Begriffe der Rechtsverhältnisse bey einem Werk von -diesem Plan und Umfang vorzugsweise wichtig seyn müssen, leuchtet von -selbst ein; im Preussischen Landrecht treten sie wegen des Reichthums -an praktischen Regeln mehr zurück, und ihre fehlerhafte Behandlung -ist weniger nachtheilig. Und gerade von dieser Seite ist gar vieles -gegen das Oesterreichische Gesetzbuch einzuwenden. Die Begriffe der -Rechte nämlich sind theils zu allgemein und unbestimmt, theils zu -sehr auf den bloßen Buchstaben des Römischen Rechts, oder auch auf -das Misverständniß neuerer Commentatoren desselben gegründet, was bey -gründlicher Quellenkenntniß nicht möglich gewesen wäre. Beiderley -Fehler hat das Gesetzbuch nicht blos mit dem Landrecht gemein (welchem -sie, wie schon bemerkt ist, weniger schaden), sondern noch vor -demselben voraus, wie nunmehr in einigen Beyspielen gezeigt werden -soll. Von der Construction der Begriffe selbst aber ist hier die Rede, -nicht von Definitionen, denen als bloßen Symptomen jener Construction -nur ein bedingter und untergeordneter Werth zugeschrieben werden muß, -und welche nur in dieser Beziehung und nicht um ihrer selbst willen, -Gegenstand der folgenden Beurtheilung seyn werden. -- Zuvörderst -ist schon oben (S. 66) bey dem Code bemerkt worden, wie wichtig -und überall eingreifend im Römischen Rechte die höchst bestimmten -Begriffe von dinglichen Rechten und Obligationen sind. Dasselbe[[99]] -gilt vom Begriff des ~Status~. Hier nun liegt die Unterscheidung von -Personenrechten und Sachenrechten zum Grunde (§. 14. 15), die aber -weder auf Römische, noch auf irgend eine andere Weise bestimmt gedacht -sind. Das Landrecht (I. 2. §. 122-130) ist darin genauer. -- Der -Begriff der Sache (§. 285 vgl. §. 303) wird in solcher Allgemeinheit -genommen, daß kaum etwas ist, was nicht Sache heißen könnte: Künste, -Wissenschaften, Fertigkeiten, Begriffe sind insgesammt Sachen in diesem -allgemeinen Sinne. Nun werden aber unmittelbar auf den Begriff der -Sache zwey der allerwichtigsten Rechtsbegriffe gegründet: Besitz (§. -309) und Eigenthum (§. 353. 354). Allein es ist einleuchtend, daß eben -dadurch diese Begriffe durchaus gestaltlos und unbrauchbar werden; so -müßten wir z. B. nach §. 309 einem Gelehrten den juristischen Besitz -seiner Wissenschaft zuschreiben, denn er hat sie in seiner Macht, und -er hat den Willen, sie zu behalten. Unvermerkt wird deshalb in der -Behandlung dieser Lehren ein engerer, nirgends bestimmter Begriff von -Sache untergelegt, allein auch dieser stillschweigend eingeführte -Begriff ist nicht zulänglich, denn nach ihm müßte es doch noch z. -B. an einer Forderung (~obligatio~) Besitz und Eigenthum geben, was -zwar uneigentlich gesagt werden kann, wozu aber die ganze Theorie von -Besitz und Eigenthum gar nicht paßt. Das Landrecht (I. 2. § 3) hilft -hier durch einen besonders[[100]] aufgestellten engeren Begriff der -Sachen, worauf sich nachher die Rechtsverhältnisse beziehen. Ein noch -allgemeinerer Nachtheil jenes unbrauchbaren Begriffs der Sache zeigt -sich schon bey der Eintheilung der Sachenrechte in dingliche und -persönliche (§. 307): zu den dinglichen werden die bekannten fünf Arten -gerechnet, Besitz, Eigenthum, Pfand, Dienstbarkeit und Erbrecht (§. -308), deren Zusammenstellung allein schon hinreicht, jeden bestimmten -Gattungsbegriff ganz unmöglich zu machen. -- Die Objecte der Ersitzung -werden so allgemein angegeben (§. 1455), daß man viele Rechte, z. B. -Forderungen, darunter rechnen müßte, auf welche doch diese Art des -Erwerbs nur auf sehr gezwungene und überflüssige Weise angewendet -werden könnte, eine Anwendung, die wahrscheinlich gar nicht einmal -gemeynt ist. Das Landrecht (I. 9) verhütet diesen Zweifel dadurch, daß -es die ganze Lehre unter den Erwerbungen des Eigenthums abhandelt. -- -Unter den persönlichen Servituten werden das Recht des Gebrauchs und -das der Fruchtnießung dadurch unterschieden, daß jenes auf das bloße -Bedürfniß des Berechtigten beschränkt seyn soll, dieses aber nicht -(§. 504. 509). Der praktische Sinn davon ist dieser, daß Verträge und -Testamente, wenn sie von einem Recht des Gebrauchs reden, von einem -solchen auf das Bedürfniß beschränkten Nutzungsrecht ausgelegt werden -sollen. Allein diese Interpretation ist gewiß nicht natürlich,[[101]] -da es gar nicht gewöhnlich ist, gerade dieses mit dem Worte Gebrauch -zu bezeichnen. Wie dieser Begriff entstanden ist, kann nicht -zweifelhaft seyn; es ist der ~usus~, im Gegensatz des ~ususfructus~, -aber nicht der ~usus~ der Römischen Juristen selbst, sondern der, -welcher in unsern Compendien bis auf die neuesten Zeiten fälschlich -angenommen war. Die Römer verstehen unter ~usus~ den Gebrauch ohne -allen Fruchtgenuß, z. B. bey einem Pferde das Reiten und Fahren, aber -nicht die Füllen und das Miethgeld. Nur wenn aus Versehen ein ~usus~ -an einer solchen Sache gegeben ist, an welcher ganz oder zum Theil -dieser reine Gebrauch unmöglich ist, interpretiren sie ausnahmsweise -den ~usus~ wie vollen oder theilweisen ~ususfructus~, indem sie -nothgedrungen annehmen, daß man sich schlecht ausgedrückt habe, weshalb -durch Interpretation nachgeholfen werden müsse. Das eigenthümliche -Daseyn dieses ~usus~ beruht auf Römischem Sprachgebrauch, und da -wir kein Wort von entsprechender Bestimmtheit haben, so schlägt das -Landrecht den richtigern Weg ein, den ~usus~ ganz zu ignoriren, und -außer dem Nießbrauch zuerst im allgemeinen zu bemerken, daß man auch -nach Belieben eingeschränkte Nutzungsrechte geben könne (I. 21. §. -227), dann aber solche Fälle dieser Art abzuhandeln, die noch bey uns -gewöhnlich sind. -- Den Unterschied des Vormundes vom Curator (§. -188) möchte man auf den ersten Blick darin[[102]] setzen, daß jener -auf Minderjährige, dieser auf alle übrige Hülfsbedürftige bezogen -würde. Diese Terminologie wäre zwar neu und dem Gesetzbuch eigen, doch -tadellos. So ist es aber nicht, denn auch Minderjährige erhalten sehr -oft einen Curator, und nicht einen Vormund (§. 270-272). Unverkennbar -ist dieses aus dem Römischen Rechte beybehalten, das ja auch häufig -dem Pupillen einen blosen Curator giebt: nur daß hier überhaupt an -die Stelle der Pupillen mit Recht alle Minderjährige getreten sind. -Allein das Römische Recht hat zu dieser scharfen Unterscheidung der -Tutel und Curatel einen besonderen Grund. Der Tutor nämlich ist ihm -diejenige Person, durch deren ~auctoritas~ der sonst zum Handeln -unfähige Pupill ergänzt werden kann, während jeder Curator nichts als -gemeiner Verwalter fremder Rechte ist. Das also ist das eigenthümliche -und wichtige des Römischen Tutors, daß mit seiner Hülfe für den -Pupillen Mancipationen, Stipulationen, Vindicationen u. s. w. möglich -sind, welche Handlungen durch freye Stellvertreter, also auch durch -Curatoren, gar nicht vorgenommen werden können. Der Schlüssel der -ganzen Tutel also, insofern sie etwas eigenthümliches, von der Curatel -verschiedenes war, lag in der Regel: ~per extraneam personam nihil -adquiri (neque alienari) potest~[83]; diese Regel wurde[[103]] zwar -später auf civile Handlungen beschränkt[84], aber bey diesen erhielt -sie sich noch in *Justinians* Zeit, wie die angeführten Stellen seiner -Rechtsbücher beweisen. Wir dagegen in unserm praktischen Rechte, -haben davon keine Spur mehr, also auch keinen Grund, zwischen Tutor -und Curator die Römische Gränze zu behalten, die für uns ihren Sinn -verloren hat. Das Gesetzbuch sucht nun gleich bey der ersten Einführung -des Vormundes (§. 188) die Fälle auszuschließen, in welchen der -Pfleger eines Minderjährigen blos Curator heißt; dieses geschieht -durch die Bestimmung: »Ein Vormund hat *vorzüglich für die Person* des -Minderjährigen zu sorgen, zugleich aber dessen Vermögen zu verwalten.« -In der vorzugsweisen Beziehung auf die Person also (obgleich nach §. -282 dieselbe Beziehung auch bey Curatoren statt finden kann) läge -das unterscheidende des Vormundes. Dieses ist nun unverkennbar die -Römische Regel: ~personae, non rei vel causae (tutor) datur~[85], -die in unsern neueren Compendien ganz auf dieselbe Weise wie in dem -Gesetzbuch modificirt worden ist, weil man sich doch nicht verbergen -konnte, daß der Tutor allerdings auch mit dem Vermögen einiges Geschäft -habe[86].[[104]] Ganz consequent wird daher dem Vormund das Recht -und die Verbindlichkeit der Erziehung »gleich dem Vater« übertragen -(§. 216), wobey er nur in wichtigen und bedenklichen Angelegenheiten -an die Genehmigung des Gerichts gebunden ist. Allein der Sinn jener -Römischen Regel ist ein ganz anderer: die ~persona~, von welcher darin -gesprochen wird, ist die juristische Persönlichkeit des Pupillen, die -Fähigkeit desselben zu förmlichen Handlungen. Diese Fähigkeit für alle -Anwendungen zu ergänzen (will die Stelle sagen) ist der Hauptberuf des -Tutors, darum muß sich sein Amt allgemein auf alle Theile des Vermögens -erstrecken, und kann nicht auf einzelne Rechtsverhältnisse des Pupillen -beschränkt werden. Darum hat denn auch der Römische Tutor mit der -Erziehung des Pupillen durchaus gar nichts zu schaffen, sondern über -diese verfügt der Prätor ganz frey nach den Umständen, wobei zufällig -seine Wahl auf den Tutor wie auf jeden Andern fallen kann[87]. Man wird -dagegen einwenden, eben diesen Satz des Römischen Rechts habe man aus -guten Gründen abändern wollen. Wohl: aber der übrige Zusammenhang macht -dabey eine nicht geringe Schwierigkeit. Denn das Gesetzbuch hat aus dem -Römischen Rechte das strenge Recht der nächsten Verwandten auf ~tutela -legitima~ angenommen (§.[[105]] 198), und diese allgemeine Gewalt des -künftigen Intestaterben[88] über die Person des Minderjährigen ist sehr -bedenklich. Man braucht nicht gerade den äußersten Fall anzunehmen, -daß der Vormund den Mündel umbringt, um ihn zu beerben: auch in vielen -anderen unbemerkteren Fällen wird in der persönlichen Leitung und -Erziehung das Interesse des Mündels von dem seines künftigen Erben -sehr verschieden seyn. Dagegen schützen weder die gesetzlichen Gründe -der Unfähigkeit zur Vormundschaft (§. 191. 193), die immer sehr selten -nachzuweisen seyn werden, noch die Genehmigung des Gerichts, die ja -nur in bedenklichen Angelegenheiten eingeholt zu werden braucht (§. -216), noch endlich die Anzeige, die hinterher von wirklichem Misbrauch -der Gewalt gemacht werden kann (§. 217). In diesem Fall ist der -organische Zusammenhang verschiedener Rechtssätze recht merkwürdig. -Das Römische Recht macht seine ~tutela legitima~ dadurch unschädlich, -daß es die Erziehung davon absondert: der Hauptberuf des Tutors -ist der, zu auctoriren, und gewiß ist von keinem Menschen weniger -als von dem künftigen Erben zu befürchten, daß er in leichtsinnige -Veräußerungen[[106]] oder Versprechungen einwilligen werde. Nach -dem Preussischen Landrecht bestimmt auf gleiche Weise, wie nach dem -Römischen Rechte, das Gericht unmittelbar den Erzieher, ohne an den -Vormund gebunden zu seyn (II. 18. §. 320); und überdem gilt gar kein -Recht bestimmter Verwandten auf ~tutela legitima~ (II. 18. §. 194), was -unsrer heutigen Ansicht der Vormundschaft gewiß angemessen ist. Auch in -Bestimmung des Begriffs der Vormundschaft geht das Landrecht freyer zu -Werke: Vormund heißt ihm derjenige, welcher alle, Curator der, welcher -nur gewisse Angelegenheiten zu besorgen hat (II. 18. §. 3. 4). Dabey -ist die Römische Terminologie mit Recht ganz verlassen, dafür aber -innerer Zusammenhang erlangt. So z. B. hat nun auch der Wahnsinnige -einen Vormund (II. 18. §. 12), der nach dem Oesterreichischen -Gesetzbuch nur einen Curator hat (§. 270). Dieses folgt darin dem -Römischen Rechte; aber der Grund des Römischen Rechts, den Schutz der -Pupillen von dem der Wahnsinnigen streng zu unterscheiden, lag darin, -daß bey Pupillen und nicht auch bey Wahnsinnigen eine ~auctoritas~ -möglich war, und dieser Grund existirt nicht mehr. Daß Dinge solcher -Art geringfügig und unbedeutend seyen, wird niemand behaupten, der -aufmerksam den großen Einfluß dieser Verknüpfung und Bezeichnung der -Begriffe auf die Rechtssätze selbst beobachtet hat. - -Bisher ist von der Construction der Begriffe im[[107]] -Oesterreichischen Gesetzbuch die Rede gewesen, und nur beyläufig -auch von praktischen Sätzen, insofern nämlich jene Construction -unmittelbaren Einfluß auf dieselben ausgeübt hat. Nun ist noch -besonders von den praktischen Sätzen zu sprechen. Es ist schon bemerkt -worden, daß die materielle Vollständigkeit, welche im Preussischen -Landrechte gesucht war, hier gar nicht zur Aufgabe gehörte: die -Entscheidung der einzelnen Rechtsfälle wird demnach meistens, so -wie bey dem Code (S. 73), nicht unmittelbar durch das Gesetzbuch -bestimmt werden können, und das außer ihm liegende, wodurch sie in -der That bestimmt werden wird, verdient auch hier die allergrößte -Aufmerksamkeit. Das Gesetzbuch selbst (§. 7) schreibt eine doppelte -Quelle dieser Ergänzung vor: zunächst die wirklich im Gesetzbuch -enthaltene Entscheidung ähnlicher Fälle, und, wo diese nicht ausreicht, -das Naturrecht. Allein die erste Quelle wird wenig sichere Hülfe geben: -denn materieller Reichthum des Gesetzbuchs war, wie schon bemerkt, -gar nicht gesucht, und von der formellen Unzulänglichkeit desselben -ist so eben ausführlich die Rede gewesen. Die zweyte Quelle aber -(das Naturrecht) ist selbst von den würdigen Männern, welche zuletzt -zur Entstehung des Gesetzbuchs mitgewirkt haben, als sehr gefährlich -für die Rechtspflege anerkannt[89]. Der Erfolg wird also auch[[108]] -hier, wie bey dem Code, ein ganz anderer seyn, als ihn das Gesetzbuch -anzunehmen scheint, indem unvermeidlich und ganz in der Stille die -wissenschaftliche Theorie den Einfluß auf die Rechtspflege behaupten -wird, den ihr das Gesetzbuch zu entziehen bestimmt war. Ob also die -wirklich verbreitete Theorie gut oder schlecht ist, davon wird in der -That das meiste abhangen, und der Zustand der Lehranstalten (wovon -der folgende Abschnitt reden soll) wird für die Rechtspflege noch in -ganz anderer Rücksicht, als wegen der bloßen Kenntniß des Gesetzbuches -selbst, entscheidend seyn. - -Ist dieses Urtheil über die drey neuen Gesetzbücher gegründet, so -liegt darin eine Bestätigung meiner Ansicht, daß die gegenwärtige Zeit -keinen Beruf hat, ein Gesetzbuch zu unternehmen: und gewiß eine sehr -starke Bestätigung. Denn wie viel die Franzosen durch Gewandtheit -und Leichtigkeit im praktischen Leben auszurichten vermögen, ist uns -allen oft genug wiederholt worden: welche Zeiträume hindurch von -verdienten, einsichtsvollen Männern an den Deutschen Gesetzbüchern -mit ernstlichem Eifer gearbeitet worden ist, wissen wir. Ist also -durch so verschiedenartige Bemühungen das Ziel dennoch nicht erreicht -worden, so muß es in der juristischen Bildung eines ganzen[[109]] -Zeitalters Hindernisse geben können, welche nicht zu übersteigen sind. -Diese Ueberzeugung aber ist entscheidend, da ohne Zweifel die eifrigen -Freunde der Gesetzbücher die Bürgschaft eines glücklichen Erfolgs blos -in ihrem lebhaften Bestreben nach diesem Gegenstande finden, was doch -nach jenen Erfahrungen nicht hinreichend ist. Es würde also nur noch -darauf ankommen, die gegenwärtige Bildung der Rechtswissenschaft mit -derjenigen zu vergleichen, aus welcher die vorhandenen Gesetzbücher -hervorgegangen sind: und bey unbefangener Selbstprüfung müssen wir -bekennen, daß beide vielleicht wohl dem Grade nach, aber nicht -generisch verschieden sind. - -Alle diese Erinnerungen übrigens betreffen nicht etwa einzelne Mängel, -durch deren Verbesserung dem Ganzen leicht ein wahrhaft treffliches -und genügendes Daseyn verschafft werden könnte: sie betreffen vielmehr -den Character des Ganzen selbst, und alles einzelne, was herausgehoben -worden ist, sollte blos dazu dienen, diesen allgemeinen Charakter -anschaulich zu machen, und ein Urtheil über denselben zu begründen. -Anderer Meynung ist ein neuerer Schriftsteller[90], welcher von dem -Code glaubt, die wenigen Flecken, welche denselben verunstalten, -könnten leicht abgewischt werden, worauf er allerdings zu einer -dankenswerthen Wohlthat werden würde. Allein[[110]] es sey uns diese -fremde Weisheit überflüssig, denn, sagt er, »wir haben kürzlich -ein bürgerliches Gesetzbuch in Oesterreich erhalten, welches dem -Französischen wenigstens an die Seite gesetzt werden kann und für uns -den Vorzug hat, ohne alle weitere Vorbereitung in ganz Deutschland -anwendbar zu seyn.« Sein Rath geht dahin, daß dieses Gesetzbuch -augenblicklich angenommen, und dann den Regierungen überlassen -werde, ihre Vorschläge einzelner Abänderungen einer Gesetzcommission -vorzulegen. Diese Ansicht scheint mir schon aus sich selbst und ohne -Prüfung des innern Werthes der Gesetzbücher widerlegt werden zu können: -denn wenn es wahr wäre, daß der Code vortrefflich und mit geringen -Modificationen eine Wohlthat, das sehr verschiedene Oesterreichische -Gesetzbuch aber auch vortrefflich, ja noch besser und völlig anwendbar -wäre, so müßte den Gesetzbüchern überhaupt eine völlig fabrikmäßige -Vortrefflichkeit zugeschrieben werden, und es wäre unmöglich, sie für -etwas großes und höchst wünschenswerthes zu halten. - - -8. - -*Was wir thun sollen wo keine Gesetzbücher sind.* - -[[111]]Bey der Untersuchung dessen, was geschehen soll, müssen vor -allem diejenigen Länder, in welchen bis jetzt gemeines Recht und -Landesrecht (nur etwa unterbrochen durch die kurze Herrschaft des Code) -galt, von denen getrennt werden, welche bereits unter einheimischen -Gesetzbüchern leben. - -In den Ländern des gemeinen Rechts wird, so wie überall, ein löblicher -Zustand des bürgerlichen Rechts von drey Stücken abhängig seyn: -erstlich einer zureichenden Rechtsquelle, dann einem zuverlässigen -Personal, endlich einer zweckmäßigen Form des Prozesses. Ich werde in -der Folge auf diese drey Stücke zurückkommen, um die Zulänglichkeit -meines Plans darnach zu prüfen. - -Was zuerst die Rechtsquelle anlangt, wozu eben das neu einzuführende -Gesetzbuch bestimmt seyn sollte, so würde nach meiner Ueberzeugung -wieder einzuführen seyn an die Stelle des Code, oder beyzubehalten, wo -der Code nicht galt, dieselbe Verbindung des gemeinen Rechts und der -Landesrechte, welche früher in ganz Deutschland herrschend war: diese -Rechtsquelle halte ich für hinreichend, ja für vortrefflich,[[112]] -sobald die Rechtswissenschaft thut, was ihres Amtes ist, und was nur -durch sie geschehen kann. - -Betrachten wir nämlich unsern Zustand, wie er in der That ist, so -finden wir uns mitten in einer ungeheuern Masse juristischer Begriffe -und Ansichten, die sich von Geschlecht zu Geschlecht fortgeerbt -und angehäuft haben[91]. Wie die Sache jetzt steht, besitzen und -beherrschen wir diesen Stoff nicht, sondern wir werden von ihm bestimmt -und getrieben nicht wie wir wollen. Darauf gründen sich alle Klagen -über unsern Rechtszustand, deren Gerechtigkeit ich nicht verkenne, -und daher ist alles Rufen nach Gesetzbüchern entstanden. Dieser -Stoff umgiebt und bestimmt uns auf allen Seiten, oft ohne daß wir -es wissen: man könnte darauf denken, ihn zu vernichten, indem man -alle historische Fäden zu durchschneiden und ein ganz neues Leben -zu beginnen versuchte, aber auch diese Unternehmung würde auf einer -Selbsttäuschung beruhen. Denn es ist unmöglich, die Ansicht und Bildung -der jetztlebenden Rechtsgelehrten zu vernichten: unmöglich, die Natur -der bestehenden Rechtsverhältnisse umzuwandeln; und auf diese doppelte -Unmöglichkeit gründet sich der unauflösliche organische Zusammenhang -der Geschlechter und Zeitalter, zwischen welchen nur Entwicklung -aber[[113]] nicht absolutes Ende und absoluter Anfang gedacht werden -kann. Insbesondere damit, daß einzelne, ja viele Rechtssätze abgeändert -werden, ist für diesen Zweck gar nichts gethan: denn, wie schon oben -bemerkt worden ist (S. 39), die Richtung der Gedanken, die Fragen -und Aufgaben werden auch da noch durch den vorhergehenden Zustand -bestimmt seyn, und die Herrschaft der Vergangenheit über die Gegenwart -wird sich auch da äußern können, wo sich die Gegenwart absichtlich -der Vergangenheit entgegen setzt. Dieser überwiegende Einfluß des -bestehenden Stoffs also ist auf keine Weise vermeidlich: aber er wird -uns verderblich seyn, solange wir ihm bewußtlos dienen, wohlthätig, -wenn wir ihm eine lebendig bildende Kraft entgegen setzen, durch -historische Ergründung ihn unterwerfen, und so den ganzen Reichthum -der vergangenen Geschlechter uns aneignen. Wir haben also nur die -Wahl, ob wir wollen, nach *Baco's* Ausdruck, ~sermocinari tamquam e -vinculis,~ oder ob eine gründliche Rechtswissenschaft uns lehren soll, -diesen historischen Stoff frey als unser Werkzeug zu gebrauchen: ein -drittes giebt es nicht. Bey dieser Wahl möchte die Wissenschaftlichkeit -schon von selbst, als der edlere Theil, für sich gewinnen: aber -es kommen noch besondere Gründe aus unsrer Lage hinzu. Zuerst die -allgemeine wissenschaftliche Richtung, die den Deutschen natürlich -ist, und wodurch sie es andern Nationen in vielen[[114]] Dingen -zuvor zu thun berufen sind: dann auch manches in unsren politischen -Verhältnissen. Darum wird nicht die Erfahrung anderer Nationen oder -Zeiten zur Widerlegung angeführt werden können, nicht der Zustand des -bürgerlichen Rechts in England, noch der bey unsren Vorfahren. Was -unsre Vorfahren betrifft, so hat *Möser* in einem trefflichen Aufsatz -den Unterschied zwischen dem, was er Willkühr, und was er Weisheit -nennt, entwickelt[92]: bey jener konnte Freiheit und Gerechtigkeit -bestehen, solange ebenbürtige genosse Richter urtheilten, wir können -Weisheit durchaus nicht entbehren. Als Surrogat derselben verdient in -dieser Rücksicht selbst das Hangen an mittelmäßigen Autoritäten (so -schlecht dieses in anderer Rücksicht ist) alle Achtung[93], und kann -als ein Schutzmittel gegen die verderbliche Verwechslung von Willkühr -und Weisheit dienen. - -Erst wenn wir durch ernstliches Studium vollständigere Kenntniß -erworben, vorzüglich aber unsren geschichtlichen und politischen Sinn -mehr geschärft haben, wird ein wahres Urtheil über den überlieferten -Stoff möglich seyn. Bis dahin dürfte es gerathener seyn, etwas zu -zweifeln, ehe wir vorhandenes für schlaffe Angewohnheit, unkluge -Abgeschiedenheit[[115]] und blose Rechtsfaulheit halten[94]: vorzüglich -aber mit der Anwendung des wundärztlichen Messers[95] auf unsern -Rechtszustand zu zögern. Wir könnten dabey leicht auf gesundes Fleisch -treffen, das wir nicht kennen, und so gegen die Zukunft die schwerste -aller Verantwortungen auf uns laden. Auch ist der geschichtliche -Sinn der einzige Schutz gegen eine Art der Selbsttäuschung, die sich -in einzelnen Menschen, wie in ganzen Völkern und Zeitaltern, immer -wiederholt, indem wir nämlich dasjenige, was uns eigen ist, für -allgemein menschlich halten. So hatte man ehemals aus den Institutionen -mit Weglassung einiger hervorstehenden Eigenthümlichkeiten ein -Naturrecht gemacht, was man für unmittelbaren Ausspruch der Vernunft -hielt: jetzt ist niemand, der nicht über dieses Verfahren Mitleid -empfände, aber wir sehen noch täglich Leute, die ihre juristischen -Begriffe und Meynungen blos deshalb für rein vernünftig halten, -weil sie deren Abstammung nicht kennen. Sobald wir uns nicht unsres -individuellen Zusammenhangs mit dem großen Ganzen der Welt und ihrer -Geschichte bewußt werden, müssen wir nothwendig unsre Gedanken in einem -falschen Lichte von Allgemeinheit und Ursprünglichkeit erblicken. -Dagegen schützt nur der geschichtliche Sinn, welchen gegen uns selbst -zu kehren gerade die schwerste Anwendung ist. - -[[116]] Man könnte versucht seyn, die Nothwendigkeit dieser -historischen Ergründung des Stoffs, in welchem wir unwillkührlich -befangen sind, zwar für unsre Lage zuzugeben, aber zugleich für ein -Uebel zu halten, indem dadurch Kräfte in Anspruch genommen werden, -die zu nützlicheren Zwecken verwendet werden könnten. Diese Ansicht -wäre traurig, weil sie das Gefühl eines unvermeidlichen Uebels -erregen würde, aber wir können uns damit trösten, daß sie falsch ist. -Vielmehr ist diese Nothwendigkeit auch an sich für ein großes Gut zu -achten. In der Geschichte aller bedeutenden Völker nämlich finden wir -einen Uebergang von beschränkter, aber frischer und lebensvoller, -Individualität zu unbestimmter Allgemeinheit. Auf diesem Wege -geht auch das bürgerliche Recht, und auch in ihm kann zuletzt das -Bewußtseyn der Volkseigentümlichkeit verloren gehen: so geschieht es, -wenn bejahrte Völker darüber nachdenken, wie viele Eigenheiten ihres -Rechts sich bereits abgeschliffen haben, daß sie leicht zu dem so -eben dargestellten Irrthum kommen, indem sie ihr ganzes noch übriges -Recht für ein ~jus quod naturalis ratio apud omnes homines constituit~ -halten. Daß damit zugleich der eigenthümliche Vorzug verloren geht, -welchen das Recht in frühen Zeiten hat (S. 9), ist unverkennbar. Zu -diesem vergangenen Zustande zurück zu kehren, würde ein fruchtloser -und thörichter Rath seyn: aber etwas anderes[[117]] ist es, den -eigenen Werth desselben in frischer Anschauung gegenwärtig erhalten, -und sich so vor der Einseitigkeit der Gegenwart bewahren, welches -allerdings möglich und heilsam ist. Wenn überhaupt die Geschichte auch -im Jünglingsalter der Völker eine edle Lehrerin ist, so hat sie in -Zeitaltern, wie das unsrige, noch ein anderes und heiligeres Amt. Denn -nur durch sie kann der lebendige Zusammenhang mit den ursprünglichen -Zuständen der Völker erhalten werden, und der Verlust dieses -Zusammenhangs muß jedem Volk den besten Theil seines geistigen Lebens -entziehen. - -Dasjenige also, wodurch nach dieser Ansicht das gemeine Recht und die -Landesrechte als Rechtsquellen wahrhaft brauchbar und tadellos werden -sollen, ist die strenge historische Methode der Rechtswissenschaft. -Der Charakter derselben besteht nicht, wie einige neuere Gegner -unbegreiflicherweise gesagt haben, in ausschließender Anpreisung -des Römischen Rechts: auch nicht darin, daß sie die unbedingte -Beybehaltung irgend eines gegebenen Stoffs verlangte, was sie vielmehr -gerade verhüten will, wie sich dieses oben bey der Beurtheilung des -Oesterreichischen Gesetzbuchs gezeigt hat. Ihr Bestreben geht vielmehr -dahin, jeden gegebenen Stoff bis zu seiner Wurzel zu verfolgen, und -so sein organisches Princip zu entdecken, wodurch sich von selbst -das, was noch Leben hat, von demjenigen absondern muß, was schon -abgestorben[[118]] ist, und nur noch der Geschichte angehört. Der Stoff -aber der Rechtswissenschaft, welcher auf diese Weise behandelt werden -soll, ist für das gemeine Recht dreyfach, woraus sich drey Haupttheile -unsrer Rechtswissenschaft ergeben: Römisches Recht, Germanisches Recht, -und neuere Modifikationen beider Rechte. Das Römische Recht hat, wie -schon oben bemerkt worden, außer seiner historischen Wichtigkeit noch -den Vorzug, durch seine hohe Bildung als Vorbild und Muster unsrer -wissenschaftlichen Arbeiten dienen zu können. Dieser Vorzug fehlt -dem Germanischen Rechte, aber es hat dafür einen andern, welcher -jenem nicht weicht. Es hangt nämlich unmittelbar und volksmäßig mit -uns zusammen, und dadurch, daß die meisten ursprünglichen Formen -wirklich verschwunden sind, dürfen wir uns hierin nicht irre machen -lassen. Denn der nationale Grund dieser Formen, die Richtung woraus -sie hervor giengen, überlebt die Formen selbst, und es ist nicht -vorher zu bestimmen, wie viel von altgermanischen Einrichtungen, wie -in Verfassung so im bürgerlichen Recht, wieder erweckt werden kann. -Freylich nicht dem Buchstaben, sondern dem Geiste nach, aber den -ursprünglichen Geist lernt man nur kennen aus dem alten Buchstaben. -Endlich die Modification beider ursprünglichen Rechte ist gleichfalls -nicht zu vernachlässigen. Auf dem langen Wege nämlich, welchen jene -ursprünglichen Rechte bis zu uns gehen mußten,[[119]] hat sich -natürlich vieles ganz anders gestaltet und entwickelt, theils nach -wirklich volksmäßigem Bedürfniß, theils auf mehr literarische Weise, -unter den Händen der Juristen. Dieses letzte ist hier überwiegend, und -die Grundlage davon ist eine Geschichte unsrer Rechtswissenschaft vom -Mittelalter herab. Ein vorzügliches Bestreben dieses dritten Theiles -unsrer Wissenschaft muß darauf gerichtet seyn, den gegenwärtigen -Zustand des Rechts allmählich von demjenigen zu reinigen, was durch -bloße Unkunde und Dumpfheit literarisch schlechter Zeiten, ohne alles -wahrhaft praktische Bedürfniß, hervorgebracht worden ist. - -Es kann nicht meine Absicht seyn, diese historische Behandlung aller -Theile unsres Rechts hier in einer ausführlichen Methodik darzustellen; -allein über das Römische Recht muß noch einiges hinzugefügt werden, -da gerade dessen Behandlung neuerlich in Frage gekommen ist. Was ich -für den einzig möglichen Standpunkt dieses Studiums halte, wird aus -der oben gegebenen Darstellung des Römischen Rechts einleuchtend seyn: -es ist das Recht der Pandekten, von welchem aus dann die Uebergänge -zu den neueren Modificationen bis *Justinian* zu bestimmen sind. -Willkührlich wird diese Ansicht niemand finden, welcher bedenkt, daß -schon *Justinian* sie gehabt hat, und daß sie wenigstens dem Namen nach -dem Hauptunterricht auf Universitäten, und den ausführlichsten[[120]] -Werken über das Römische Recht seit Jahrhunderten zum Grunde liegt. -Wie nun die alten Juristen zu studieren sind, läßt sich leicht sagen, -obgleich schwer ohne wirkliche Probe anschaulich machen: sie sollen -nicht blos die Schule hüten, sondern wieder belebt werden: wir sollen -uns in sie hinein lesen und denken, wie in andere mit Sinn gelesene -Schriftsteller, sollen ihnen ihre Weise ablernen, und so dahin kommen, -in ihrer Art und von ihrem Standpunkt aus selbst zu erfinden und -so ihre unterbrochene Arbeit in gewissem Sinne fortzusetzen. Daß -dieses möglich ist, gehört zu meinen lebendigsten Ueberzeugungen. Die -erste Bedingung dazu ist freylich eine gründliche Rechtsgeschichte, -und, was aus dieser folgt, die völlige Gewöhnung, jeden Begriff -und jeden Satz sogleich von seinem geschichtlichen Standpunkte aus -anzusehen. Viel ist hierin noch zu leisten: aber wer bedenkt, was unsre -Rechtsgeschichte vor fünf und zwanzig Jahren war, und wie vieles nun -in Kenntniß und Behandlung, hauptsächlich durch *Hugos* Verdienst, -anders geworden ist, der kann auch für die Folge den besten Hoffnungen -Raum geben. Wer nun auf diese Weise in den Quellen des Römischen -Rechts wahrhaft einheimisch geworden ist, dem wird das Studium unsrer -neuern juristischen Literatur, vom Mittelalter bis auf uns herab, -zwar noch Arbeit und oft unerfreuliche Arbeit geben, aber er wird -dadurch nur noch seine Ansichten vervollständigen und auf[[121]] keine -Weise irre gemacht werden können, also keine innere Schwierigkeit -darin finden; wer dagegen das Römische Recht nicht so an der Wurzel -angreift, der wird fast unvermeidlich durch jene neuere Literatur -immer mehr in Schwanken und Unsicherheit gerathen, er müßte sie denn -im Ganzen ignoriren, und es dem Zufall überlassen, welches einzelne, -neue, vielleicht sehr flache Resultat dieser literarischen Entwicklung -auf ihn einwirken soll, und hierin ist allerdings in den neuesten -Zeiten viel geleistet worden. Die hier angedeutete literarische -Ausfüllung indessen gehört zur allmählichen Vollendung und nicht zum -nothwendigen Grund des Studiums. Der Grund aber muß allerdings in den -Vorträgen der Universitäten gelegt werden, und dazu dürften anderthalb -bis zwey Jahre (die man ja auch bis jetzt darauf zu verwenden -pflegte) hinreichend seyn. Nämlich hinreichend nicht zu vollendeter -Gelehrsamkeit, was ohnehin kein vernünftiger Mensch von irgend einem -Universitätsunterricht verlangen wird: wohl aber hinreichend, um in den -Quellen zu Hause zu seyn, um sie selbst lesen zu können, und um neuere -Schriftsteller unabhängig und mit eigenem Urtheil zu lesen, und ihnen -nicht mehr preis gegeben zu seyn. Es ist einleuchtend, daß dagegen die -Erfahrung eines wirklichen Unterrichts nicht angeführt werden kann, -sobald in diesem Unterricht die unmittelbare Einführung in die Quellen -gar nicht versucht worden ist. - -[[122]] In neueren Zeiten sind über die Bedingungen unsres Studiums -zwey von dieser Ansicht abweichende, völlig entgegengesetzte Meynungen -gehört worden. *Thibaut* nämlich[96] stellt die Schwierigkeit desselben -fast schauderhaft dar, und so, daß allerdings jedem, der es unternehmen -wollte, der Muth entfallen müßte; so z. B. sollen wir vielleicht -erst nach tausend Jahren so glücklich seyn, über alle Lehren des -Römischen Rechts erschöpfende Werke zu erhalten. Das ist zu wenig -oder zu viel, je nachdem man es nimmt. Ganz erschöpfen und völlig -abthun, so daß kein Weiterkommen möglich wäre, läßt sich eine würdige -historische Aufgabe niemals, auch nicht in tausend Jahren; aber um zu -sicherer Anschauung und zur Möglichkeit unmittelbarer, verständiger -Anwendung des Römischen Rechts zu gelangen, brauchen wir so lange -Zeit nicht, dies ist größtentheils schon jetzt möglich, obgleich mit -stetem Fortschreiten nach innen, was ich unsrer Wissenschaft nicht -zum Tadel, sondern zu wahrer Ehre rechne. Es kommt alles auf die Art -an, wie das Studium behandelt wird. Vor hundert Jahren hat man in -Deutschland viel mehr Mühe und Zeit an das Römische Recht gesetzt als -jetzt, und es ist unläugbar, daß man in eigentlicher Kenntniß nicht -so weit kommen konnte, als es jetzt[[123]] bey guten Lehrern möglich -ist. Vollends mit den kritischen Schwierigkeiten, die *Thibaut* -für ganz unübersteiglich erklärt[97], hat es so große Noth nicht. -Wer es recht angreift, kann sich mit einer ganz schlechten Ausgabe -der Pandekten in die Methode der Römischen Juristen einstudieren: -es werden ihm zwar manche Irrthümer im einzelnen übrig bleiben, -aber auch diese wird er größtentheils bey etwas kritischem Sinn mit -Hülfe von drey, vier Ausgaben, wie sie jeder leicht finden kann, -mit Sicherheit zu berichtigen im Stande sey. Auch hierin sind zwey -Dinge gänzlich verwechselt: dasjenige nämlich, was zur allmählichen -und ganz erschöpfenden Entwicklung einer großen historischen Aufgabe -allerdings gehört, mit dem was nothwendige Bedingung eines unmittelbar -möglichen, in gewissem Sinne befriedigenden Grades sicherer Kenntniß -ist. Alles, was hier *Thibaut* über die Unsicherheit unsres Textes -sagt, gilt eben so von unsren heiligen Büchern; auch da wird die -Kritik niemals ein Ende finden, aber wer überhaupt Nahrung und Freude -in ihnen finden kann, wird dadurch gewiß nicht gestört werden. -- -Eine gerade entgegen gesetzte und viel verbreitetere Ansicht geht -darauf, daß das Römische Recht viel leichter genommen werden könne und -müsse, und daß nur wenig Zeit darauf[[124]] zu wenden sey. Dieses ist -theils behauptet, theils (wie sich noch unten zeigen wird) praktisch -ausgeführt worden, besonders wo bey eingeführten neuen Gesetzbüchern -das Römische Recht bloßes Hülfsstudium werden sollte; desgleichen wenn -von der Bildung künftiger Gesetzgeber die Rede war. Zu diesen Zwecken, -glaubte man, sey das mühselige Detail entbehrlich, man könne sich mit -dem, was man den *Geist* dieses Rechts nannte, begnügen. Dieser Geist -nun besteht in dem, was sonst Institutionen heißt und was zum ersten -Orientiren ganz gute Dienste leisten kann: die allgemeinsten Begriffe -und Sätze ohne kritische Prüfung, ohne Anwendung und besonders ohne -Quellenanschauung, wodurch alles erst wahres Leben erhält. Dieses nun -ist ganz umsonst, und wenn man nicht mehr thun will, so ist selbst -diese wenige Zeit völlig verloren: der einzige Nutzen, den ein solches -Studium haben kann, ist die Erhaltung des Namens und der äußeren Form -unsrer Wissenschaft, wodurch vielleicht in einer künftigen, besseren -Zeit ihre Wiederbelebung erleichtert werden kann. Ganz heillos ist -besonders die Ansicht, als ob ein künftiger Gesetzgeber, für welchen -doch überhaupt dieser Stoff als wichtig und bildend anerkannt wird, -mit einer solchen leichten, vornehmen Kenntniß, wofür das französische -teinture die glücklichste Bezeichnung ist, auskommen könnte. Gerade -für diese Anwendung auf eigene, neue Production ist noch weit mehr -gründliche[[125]] Kenntniß nöthig, als für das gewöhnliche Geschäft -des Juristen; man muß über den Buchstaben des historischen Materials -sehr Herr geworden seyn, um dasselbe frey als Werkzeug zur Darstellung -neuer Formen gebrauchen zu können, sonst ist das ~sermocinari tamquam -e vinculis~ unvermeidlich. Jene verkehrte Ansicht ließe sich auf die -Sprache ungefähr so anwenden, als ob man zwar für den Umgang und das -gemeine Leben den Reichthum, die Kraft und die Fülle der Sprache -kennen müßte, für die Poesie aber mit oberflächlicher Kenntniß genug -haben könnte. - -Was nun hier von dem Studium des Rechts verlangt worden ist, soll -nicht etwa in Büchern aufbewahrt, auch nicht einzelnen Gelehrten -anvertraut, sondern Gemeingut aller Juristen werden, die mit Ernst und -mit offenem Sinn für ihren Beruf arbeiten wollen. Es soll also eine -lebendige Schule entstehen, so wie sämmtliche Römische Juristen, nicht -blos die Sabinianer und eben so die Proculianer für sich, in der That -Eine große Schule gebildet haben. Auch können nur aus einer solchen -über die Gesammtheit der Juristen verbreiteten lebendigen Bearbeitung -selbst die Wenigen hervorgehen, die durch ihren Geist zu eigentlicher -Erfindung berufen sind, und es ist ein schädliches Vorurtheil, als -ob diese sich immer finden würden, der Zustand der Schule möchte -seyn welcher er wollte. Das Beyspiel von *Montesquieu* [[126]] ist -in diesem Stück sehr lehrreich; niemand kann die unabhängige Kraft -verkennen, womit er sich von der Beschränktheit seiner Zeit und -Nation frey zu erhalten gestrebt hat: nun war er Jurist vom Handwerk -und in einem ~pays de droit écrit~, auch haben die Römer keinen -eifrigern Verehrer als ihn gehabt, so daß es ihm an Veranlassung und -Neigung, Römisches Recht zu kennen, nicht fehlen konnte; dennoch waren -seine Kenntnisse hierin sehr mittelmäßig, und ganze Stücke seines -Werkes werden dadurch völlig bodenlos, wovon seine Geschichte des -Römischen Erbrechts[98] als Beyspiel dienen kann. Dies war die Folge -der gänzlichen Nullität der juristischen Schule seiner Zeit, welche -er nicht zu überwinden vermochte. Ueberhaupt wird sich Jeder durch -gründliches Studium der Literargeschichte überzeugen, wie weniges -in ihren Erscheinungen ganz den einzelnen Individuen, unabhängig -von den Kräften und Bestrebungen des Zeitalters und der Nation, mit -Wahrheit zugeschrieben werden kann. -- Aber diese Gemeinschaft unsrer -Wissenschaft soll nicht blos unter den Juristen von gelehrtem Beruf, -den Lehrern und Schriftstellern, statt finden, sondern auch unter den -praktischen Rechtsgelehrten. Und eben diese Annäherung der Theorie -und Praxis ist es, wovon die eigentliche Besserung der Rechtspflege -ausgehen muß, und worin wir vorzüglich[[127]] von den Römern zu -lernen haben: auch unsere Theorie muß praktischer und unsere Praxis -wissenschaftlicher werden, als sie bisher war. *Leibniz* urtheilte, -daß unter den juristischen Schriftstellern fast nur die Verfasser -von Consilien die Rechtswissenschaft wahrhaft erweiterten und durch -Beobachtung neuer Fälle bereicherten[99]: zugleich wünscht er, daß -eine Gesellschaft von etwa 30 Juristen neue Pandekten als Auszug alles -wahrhaft praktischen und eigenthümlichen in neueren Schriftstellern -verfassen möchte[100]. Unabhängig von *Leibniz,* aber in ähnlichem -Sinne, schlägt *Möser* vor, durch planmäßige Sammlung wirklicher -Rechtsfälle eines Landes neue Pandekten anzulegen[101]. Beides sehr -schön; nur ist eine nothwendige Bedingung nicht mit in Rechnung -gebracht, die Fähigkeit nämlich wahre Erfahrungen zu machen. Denn man -muß das klare, lebendige Bewußtseyn des Ganzen stets gegenwärtig haben, -um von dem individuellen Fall wirklich lernen zu können, und es ist -also wieder nur der theoretische, wissenschaftliche Sinn, wodurch auch -die Praxis erst fruchtbar und lehrreich erscheint. Allerdings ist in -dem Mannichfaltigen die Einheit enthalten, aber wir sehen sie darin -nicht, wenn wir nicht den ausgebildeten Sinn für dieselbe[[128]] mit -hinzu bringen: ja, wir werden ohne diesen Sinn die individuelle Gestalt -des Mannichfaltigen selbst nicht mit Sicherheit unterscheiden. Darum -hat in den Pandekten jeder Rechtsfall eine bestimmte Individualität: -dagegen, wenn man Urtheilssprüche des achten und neunten Jahrhunderts -liest, so lautet einer wie der andere, und es ist, als wenn sich -nur immer derselbe Rechtsfall wiederholt hätte. Nicht als ob in der -That die Verhältnisse selbst bis zu diesem Grad der Einförmigkeit -herabgesunken wären; aber die Fähigkeit der Unterscheidung war -verloren, und je mehr diese fehlt, desto unmöglicher ist sicheres und -gleiches Recht. Ein treffliches Mittel zu dieser Annäherung der Theorie -und Praxis würde ein zweckmäßiger Verkehr der Juristenfakultäten mit -den Gerichtshöfen seyn, welcher neuerlich vorgeschlagen ist[102]. Die -Juristenfakultäten als Spruchcollegien konnten dazu dienen, und thaten -es wohl ursprünglich nach ihrer Weise: aber nachdem sie zu allgemeinen -Urtheilsfabriken geworden, mußte ihre Arbeit meist handwerksmäßiger -ausfallen, als die der bessern Gerichte, ja es stand nun bey alten -Fakultäten nicht mehr in der Macht einsichtsvoller Mitglieder, dieses -Verhältniß zu reinigen; nicht zu gedenken, daß durch die nothwendige -Uebung dieses unersprieslichen Handwerks der gelehrten Jurisprudenz -die[[129]] besten Kräfte entzogen wurden und zum Theil noch entzogen -werden. Zugleich ist diese Verknüpfung der Praxis mit einer lebendigen, -sich stets fortbildenden Theorie das einzige Mittel, geistreiche -Menschen für den Richterberuf wahrhaft zu gewinnen. Zwar Ehre und -Rechtlichkeit kann der Richterstand auch ohne dieses haben, auch kann -er sich fortwährend bilden durch Beschäftigungen außer seinem Beruf, -wie sie jeden nach seiner Eigenthümlichkeit vorzugsweise ansprechen: -aber ganz anders wird es seyn, wenn der eigene Beruf selbst durch -seinen Zusammenhang mit dem Ganzen einen wissenschaftlichen Character -annimmt, und selbst zu einem Bildungsmittel wird. Ein solcher Zustand -allein wird alle Forderungen befriedigen können: der Einzelne wird -nicht als bloßes Werkzeug dienen, sondern in freyem, würdigem Berufe -leben, und die Rechtslehre wird wahre, kunstmäßige Vollendung erhalten. -Auch die Franzosen haben dieses Bedürfniß anerkannt, nur freylich auf -ihre eigene etwas unedle Weise.[103] Das nachtheiligste Verhältniß in -dieser Rücksicht ist unläugbar dasjenige, worin der Richter darauf -beschränkt seyn[[130]] soll, einen gegebenen Buchstaben, den er nicht -interpretiren darf, mechanisch anzuwenden: betrachtet man dieses -Verhältniß als den äußersten Punkt auf einer Seite, so würde das -entgegen gesetzte äußerste darin bestehen, daß für jeden Rechtsfall der -Richter das Recht zu finden hätte, wobey durch die Sicherheit einer -streng wissenschaftlichen Methode dennoch alle Willkühr ausgeschlossen -wäre. Zu diesem zweyten Endpunkte aber ist wenigstens eine Annäherung -möglich, und in ihm wäre die älteste Deutsche Gerichtsverfassung in -verjüngter Form wieder erweckt. - -Ich bin oben von einem dreyfachen Bedürfniß ausgegangen: Rechtsquelle, -Personal, und Prozeßform, alle in löblichem Zustande. Wie die -Rechtsquelle auf gründlicher und verbreiteter Wissenschaft beruhen -solle, ist gezeigt worden: desgleichen wie eben dadurch das Personal -der Rechtspflege für diesen Beruf wahrhaft gewonnen werden könne. -Allein beides wird allerdings nicht zureichen, wenn die Form des -Prozesses schlecht ist. Von dieser Seite aber bedürfen manche Deutsche -Länder einer schnellen und gründlichen Hülfe. Die allgemeinsten -Gebrechen sind: Anarchie der Advokaten, Misbrauch der Fristen und ihrer -Verlängerungen, Vervielfältigung der Instanzen und vorzüglich der -Aktenversendung, die auf verständige Weise angewendet die trefflichsten -Dienste leisten würde. Dagegen muß allerdings durch Gesetzgebung -geholfen werden: auch ist gemeinsame Berathung[[131]] und Mittheilung -der Deutschen Länder hierüber sehr wünschenswerth. Nur ist nicht -nothwendig, daß gerade Eine allgemeine Form sogleich überall eingeführt -werde. Mögen doch verschiedene Erfahrungen gemacht werden, was sich als -das beste bewährt, wird dann wohl allgemeinen Eingang finden. Zwischen -dem Preussischen und dem bisherigen gemeinen Prozeß, deren Idee man als -entgegengesetzt betrachten kann, liegen noch manche Abstufungen in der -Mitte, über deren Werth wohl nur Erfahrung entscheiden kann. - -Nach dieser Ansicht also würde in den Ländern des gemeinen Rechts zwar -kein Gesetzbuch gemacht werden: aber die bürgerliche Gesetzgebung -überhaupt ist damit keinesweges für entbehrlich erklärt. Außer den -Gesetzen von politischem Grunde (welche nicht hierher gehören), würde -sie ein doppeltes Object haben können: Entscheidung von Controversen, -und Verzeichnis alter Gewohnheiten. Mit der gesetzlichen Entscheidung -von Controversen wäre ein Haupteinwurf beseitigt, wodurch man bisher -die praktische Anwendbarkeit des Römischen Rechts ohne weitere -Untersuchung zu widerlegen geglaubt hat. Ueberdem ist es aber mit -diesen Controversen so schlimm in der That nicht. Man muß erstlich -nicht gerade alles für controvers halten, woran sich irgend einmal -Unwissenheit oder Geistlosigkeit versucht hat, ohne sonderlichen -Eingang zu finden. Zweytens braucht sich[[132]] die Gesetzgebung -auch mit solchen Controversen nicht zu bemühen, die zwar in unsern -Lehrbüchern stehen, aber in der Praxis sehr selten vorkommen. -Rechnet man beide Fälle ab, so bleibt allerdings noch manches zu -thun übrig, allein der Code Napoleon, so jung er ist, kann sich -darin schon recht gut neben dem Römischen Rechte sehen lassen. Diese -Controversen indessen wären vielleicht besser in Form provisorischer -Verfügungen oder Anweisungen an die Gerichte zu entscheiden, als -durch eigentliche Gesetze, indem durch jene der möglichen besseren -Ergründung durch Theorie weniger vorgegriffen würde. -- Das zweyte -Objekt der Gesetzgebung wäre die Verzeichnung des Gewohnheitsrechts, -über welches auf diese Weise eine ähnliche Aufsicht wie in Rom durch -das Edict ausgeübt würde. Man darf nicht glauben, daß so das bisher -bestrittene Gesetzbuch doch wieder zugelassen würde, nur unter anderem -Namen: der Unterschied betrifft vielmehr gerade das Wesen der Sache. -Nämlich in dieses Gewohnheitsrecht wird nur dasjenige aufgenommen, was -durch wirkliche Uebung entschieden ist, und dieses wird ohne Zweifel -jetzt, da man diese Entscheidung vor sich hat, völlig begriffen: das -Gesetzbuch dagegen ist genöthigt, über alles zu sprechen, auch wenn -kein Trieb dazu da ist, und keine specielle Anschauung dazu fähig -macht, blos in Erwartung künftiger möglicher Fälle. Daß über die Art -der Ausführung dieser übrig bleibenden[[133]] Zweige bürgerlicher -Gesetzgebung hier nicht gesprochen werden kann, wird jedem von selbst -einleuchten. - -Ich habe bis jetzt für die Länder des gemeinen Rechts untersucht, -welcher Weg für das bürgerliche Recht zunächst zu betreten ist, -wenn dasselbe in einen löblichen Zustand kommen soll. Ich will noch -das höhere Ziel hinzufügen, dessen Möglichkeit auf demselben Wege -liegt. Ist einmal Rechtswissenschaft auf die hier beschriebene Weise -Gemeingut der Juristen geworden, so haben wir in dem Stand der Juristen -wiederum ein Subject für lebendiges Gewohnheitsrecht, also für -wahren Fortschritt, gewonnen; von diesem Gewohnheitsrecht war unser -Gerichtsgebrauch nur ein kümmerliches Surrogat, am kümmerlichsten der -Gerichtsgebrauch der Juristenfakultäten. Der historische Stoff des -Rechts, der uns jetzt überall hemmt, wird dann von uns durchdrungen -seyn und uns bereichern. Wir werden dann ein eigenes, nationales Recht -haben, und eine mächtig wirksame Sprache wird ihm nicht fehlen. Das -Römische Recht können wir dann der Geschichte übergeben, und wir werden -nicht blos eine schwache Nachahmung Römischer Bildung, sondern eine -ganz eigene und neue Bildung haben. Wir werden etwas höheres erreicht -haben, als blos sichere und schnelle Rechtspflege: der Zustand klarer, -anschaulicher Besonnenheit, welcher dem Recht jugendlicher Völker -eigen zu seyn pflegt, wird sich[[134]] mit der Höhe wissenschaftlicher -Ausbildung vereinigen. Dann kann auch für zukünftige schwächere Zeiten -gesorgt werden, und ob dieses durch Gesetzbücher oder in anderer -Form besser geschehe, wird dann Zeit seyn zu berathen. Daß dieser -Zustand jemals eintreten werde, sage ich nicht: dieses hangt von der -Vereinigung der seltensten und glücklichsten Umstände ab. Was wir -Juristen hinzu bringen können, ist offener Sinn, und treue tüchtige -Arbeit: haben wir diese gethan, so mögen wir den Erfolg ruhig abwarten, -vor allem aber uns hüten, dasjenige zu zerstören, was näher zu jenem -Ziele führen kann. - -Als das Jüdische Volk am Berge Sinai das göttliche Gesetz nicht -erwarten konnte, machte es aus Ungeduld ein goldenes Kalb, und darüber -wurden die wahren Gesetztafeln zerschlagen. - - -9. - -*Was bey vorhandenen Gesetzbüchern zu thun ist.* - -[[135]] Ich komme nun zu den Deutschen Ländern, in welchen Gesetzbücher -schon vorhanden sind: es versteht sich, daß darunter nur das -Preussische Landrecht und das Oesterreichische Gesetzbuch gedacht -werden kann, nicht der Code, welcher als eine überstandene politische -Krankheit betrachtet werden muß, wovon wir freylich noch manche Uebel -nachempfinden werden. - -Ueber jene Deutschen Gesetzbücher nun habe ich meine Meynung schon -geäußert; aber man würde mich misverstehen, wenn man diese Meynung -so deuten wollte, als ob damit die Abschaffung der Gesetzbücher für -etwas wünschenswerthes erklärt wäre. Diese sind vielmehr als eigene, -neue Thatsachen in der Geschichte des Rechts zu behandeln, und -ihre Aufhebung würde nicht nur unvermeidlich große Verwirrung zur -Folge haben, sondern es müßte auch nachtheilig auf den öffentlichen -Geist wirken, wenn dasjenige, was mit der besten Absicht und großer -Anstrengung kaum vollendet war, plötzlich zurückgenommen werden sollte. -Auch tritt ein großer Theil des Uebels, welches aus einem allgemeinen -Gesetzbuche folgen würde, bey ihnen nicht ein, so lange in[[136]] -andern Deutschen Ländern das gemeine Recht fortdauert. Also von -Aufhebung ist nicht die Rede, wohl aber ist ernstlich zu bedenken, wie -die Uebel vermieden werden können, die bey unrichtiger Behandlung der -Gesetzbücher eintreten dürften. - -Wen nämlich dasjenige, was über die Natur und Entstehung unsrer -Gesetzbücher gesagt worden ist, überzeugt hat, der wird nicht -zweifeln, daß dasselbe historisch begründete Rechtsstudium, welches -vor ihrer Einführung nothwendig war, auch durch sie nicht im -geringsten entbehrlicher geworden ist, und daß insbesondere gar nichts -geleistet wird, wenn man glaubt, sich um ihretwillen nun mit einer -oberflächlichen Darstellung des bisherigen Rechts behelfen zu können. -Diese fortdauernde Nothwendigkeit ist für die unmittelbare Anwendung -dringender bey dem Oesterreichischen Gesetzbuch (S. 108): aber sie -ist aus anderen Gründen auch bey dem Preussischen Landrecht nicht -geringer. Die häufig gehegte Erwartung also, daß das Rechtsstudium -dadurch leichter und einfacher werden könne, ist irrig: soll es nicht -schlecht und für den gegebenen Rechtszustand unzureichend werden (denn -alsdann ist jeder Grad der Vereinfachung möglich), so bleibt alle -vorige Arbeit, und es kommt noch eine neue hinzu, die wegen Zerstörung -der ursprünglichen Form unerfreulicher ist, als die vorige. Aber -nicht blos für die gründliche Kenntniß und Anwendung der Gesetzbücher -ist das vorige[[137]] Studium unentbehrlich, sondern auch für ihre -Fortbildung und Vervollkommnung, die doch jeder für nothwendig erkennen -wird, er mag auch den Werth derselben noch so hoch anschlagen. Denn -die Gesetzbücher selbst sind auf theoretischem Wege entstanden, und -nur auf diesem Wege können sie mit Sicherheit geprüft, gereinigt und -vervollkommt werden. Für diese Arbeit scheint ein bloßes Collegium von -Geschäftsmännern, die durch ihren Beruf und die Menge übriger Arbeiten -ihren lebendigen Verkehr mit der Theorie zu beschränken genöthigt sind, -nicht hinreichend. Auch die fortgesetzte Prüfung des Gesetzbuchs durch -Achtsamkeit der Gerichte auf die Anwendung ist zwar vortrefflich, aber -nicht hinlänglich: viele Mängel werden auf diesem Wege entdeckt werden -können, dennoch bleibt der Weg selbst zufällig, und eben so viele -Mängel können von ihm unberührt bleiben. Die Theorie steht zur Praxis -nicht ganz in demselben Verhältniß, wie ein Rechnungsexempel zu seiner -Probe. - -Es ist interessant, zu betrachten, wie man in den Staaten, worin -Gesetzbücher eingeführt sind, das Studium angesehen und geordnet -hat. Dabey mag denn auch wieder der Zustand der Dinge in Frankreich, -und zwar die gegenwärtige Einrichtung der Pariser Rechtsschule, in -Betracht kommen[104]. Zu dieser[[138]] Schule gehören drey Professoren -für den Code, einer für den Prozeß, einer für das Römische Recht, und -diese sollen sich in jeder Rechtsschule finden; aber Paris hat noch -außerdem zwey besondere Lehrstellen, für den ~code civil approfondi~ -und für den ~code de commerce.~ Criminalrecht und Criminalprozeß, -Rechtsgeschichte und altfranzösisches Recht werden nicht gelesen. Jeder -Professor hält stets Einen Cursus, welcher einjährig ist (mit Abzug von -3 Monaten Ferien in Paris, an andern Orten aber nur von 2 Monaten), und -wöchentlich aus drey anderthalbstündigen Vorlesungen besteht: dieser -Umfang ist bey allen Vorlesungen derselbe. Der Code also wird in drey -solchen Cursen gelehrt, indem jeder Lehrer nur ein Drittheil des Ganzen -abhandelt. Jeder Professor hat einen suppléant, der für ihn eintritt, -wenn er zu lesen verhindert ist. Das Römische Recht las *Berthelot* -über die Institutionen des *Heineccius,* denen er eine französische -Uebersetzung beygegeben hatte, damit die Zuhörer sie verstehen -könnten; seit *Berthelots* Tode liest es dessen bisheriger suppléant -*Blondeau*, aber, was man nicht glauben sollte, über den Code, indem -er bey jedem Artikel die Abweichungen bemerkt. Der Baccalaureus muß -zwey Jahre, der Licentiat drey, der Doctor vier Jahre studiert haben; -dem ersten ist der Cursus des Römischen Rechts vorgeschrieben, für -den zweyten ist dessen Wiederholung eigenem Gutdünken überlassen, -dem[[139]] dritten ist diese Wiederholung wiederum vorgeschrieben: was -aber wohlgemerkt immer nur die Wiederholung derselben Institutionen -bey demselben Lehrer ist. Es wird nicht nöthig seyn, nach dem, was -bisher ausgeführt worden ist, noch besondere Grunde gegen diesen -Studienplan vorzubringen; aber besonders merkwürdig ist der greifliche -Zirkel, worin man sich befindet. Die Redactoren selbst haben oft -erklärt, daß der Code zur Anwendung nicht hinreiche, sondern für -diese die Ergänzung durch Wissenschaft nothwendig sey. Und doch dreht -sich der wissenschaftliche Unterricht wieder ganz um den Code, denn -das wenige Römische Recht ist gar nicht zu rechnen. Welches ist denn -also die factische Grundlage dieser Wissenschaft? ohne Zweifel der -Gerichtsgebrauch, derselbe Gerichtsgebrauch, dessen Verschiedenheit -aufzuheben das wichtigste Bestreben schien, und der durch Auflösung der -alten Gerichte und Vermischung ihrer Sprengel alle Haltung verloren -hat! Daß nun ein solcher Zustand nicht stehen bleibt, sondern immer -weiter rückwärts führt, ist handgreiflich. Es liegt in der Natur, daß -in jedem Zeitalter der Zustand der Rechtswissenschaft durch den Wert -desjenigen bestimmt wird, was dieses Zeitalter als nächstes Object -des Studiums in der That (wenn gleich nicht immer den Worten nach) -betrachtet und behandelt; stets wird die Rechtswissenschaft etwas und -vielleicht viel tiefer stehen, als dieses Object. So z. B. hatten die -ersten[[140]] Glossatoren den Vortheil, daß sie aus den Quellen selbst -zu schöpfen genöthigt waren, diese waren also ihr Object; Bartolus -dagegen hatte schon die Schriften der Glossatoren zum Object, die sich -nunmehr zwischen die gegenwärtigen Juristen und die Quellen gestellt -hatten, und dieses ist ein Hauptgrund, warum die Schule des Bartolus -so viel schlechter ist, als die der Glossatoren. Derselbe Rückschritt -wird überall statt finden, wo nicht der Grundsatz befolgt wird, jeden -Stoff bis zu seiner Wurzel zu verfolgen, welcher Grundsatz oben als der -Character der historischen Methode angegeben worden ist. So denn auch -bey dem Code; wenn z. B. einer der Redactoren auch die übertriebenste -Meynung vom Werthe des Code hegte, so würde er doch im Vertrauen -bekennen, daß er selbst höher stehe, als dieses sein Werk: er würde -einräumen, daß er selbst seine Bildung unabhängig von dem Code erhalten -habe, und daß die gegenwärtige Generation, die durch den Code erzogen -werden soll, nicht auf den Punkt kommen würde, worauf er selbst steht, -und worauf er fähig war, ein solches Werk hervorzubringen. Diese -einfache Ueberlegung wird dasselbe Resultat überall haben, wo man mit -Einführung des neuen Gesetzbuchs zugleich das vorige Studium zerstört, -gleichsam die Brücke hinter sich abwerfend, auf welcher man über den -Strom gekommen ist. - -Die neue Oesterreichische Studienordnung (von[[141]] 1810) verbindet -das juridische und politische Studium zu einem Ganzen[105], welches in -vier Jahren dergestalt geendigt wird, daß diese ganze Zeit hindurch -täglich drey Stunden den Vorlesungen bestimmt sind[106]. Jeder -Lehrgegenstand wird nur einmal gehört. Deutsches Recht kommt nicht -vor, ohne Zweifel deshalb, weil es auch vor dem neuen Gesetzbuch -in Oesterreich wenig verbreitet war[107]. Dagegen wird allerdings -Römisches Recht gelehrt, und die Gründe, welche die Aufnahme desselben -in den Lehrplan bewirkt haben, sind die trefflichsten und liberalsten. -Der erste ist die Entstehung des neuen Gesetzbuchs aus dem Römischen -Recht: der zweyte, daß das bisherige gemeine Recht (und besonders -der Römische Theil desselben) zu jeder positiven Rechtswissenschaft -in einem ähnlichen Verhältniß stehe, wie die alten Sprachen zur -allgemeinen Bildung: nämlich als das eigentlich gelehrte Element, -wodurch unser Fach zur Wissenschaft werde, und zugleich als das[[142]] -Gemeinsame unter den Juristen verschiedener Völker[108]. Diese Ansicht, -die ohne Zweifel die der Studiencommission selbst ist[109], verdient -gewiß den größten Beyfall: allein ob die gewählten Mittel zu diesem -anerkannten Zweck hinreichen, muß ich bezweifeln. Zwar soll der Lehrer -des Römischen Rechts eine Geschichte desselben voraus schicken, und -dahin trachten, daß der Zuhörer »das System desselben in seinen -Grundzügen und aus seinen Quellen kennen lerne«[110]: allein bey der -vorgeschriebenen beschränkten Zeit ist es ganz unmöglich, mehr als -gewöhnliche Institutionen vorzutragen, da für das ganze Fach nur eine -halbjährige Vorlesung von zwey Stunden täglich (nach schriftlichen -Nachrichten eigentlich neun Stunden die Woche) bestimmt ist, also -genau dieselbe Zeit wie in Paris. Was in einer so kurzen Zeit möglich -ist, kann jeder leicht berechnen: auch ist bereits ein Lehrbuch für -die Vorlesungen nach diesem Plane erschienen[111], an welchem deutlich -zu sehen ist, wie unbefriedigend dieser Unterricht bleiben muß, und -gewiß ohne Schuld des Verfassers, dessen Fleiß und Kenntniß neuerer -Fortschritte der Rechtswissenschaft[[143]] vielmehr das beste Lob -verdient. Es käme nur darauf an, sich von der Unzulänglichkeit dieses -Planes zu überzeugen, und dabey die Erfahrung anderer Deutschen Länder -unbefangen zu Rathe zu ziehen: an Mitteln zu einer andern Einrichtung -würde es nicht fehlen, am wenigsten an Zeit. Der Plan ist darauf -berechnet, daß jeder Studierende täglich drey Stunden höre; nimmt man -anstatt dessen fünf Stunden an, so werden in vier Jahren 16 einfache -Collegien gewonnen, und es können dann nicht nur alle zum gelehrten -Studium unentbehrliche Fächer, sondern auch die Hauptvorlesungen -bey mehreren Lehrern gehört werden, wodurch erst rechtes Leben in -den Unterricht der Universitäten kommt. Zwar glaubte man, daß fünf -Stunden täglich nach der Localität zu viel sey, indem es z. B. zu viel -Anstrengung kosten würde, drey Stunden ununterbrochen zu hören[112]: -allein ich berufe mich auch hierüber auf die Erfahrung anderer -Deutschen Universitäten, wo dieses niemals die geringste Schwierigkeit -macht. Davon, daß es Universitäten giebt, wo manche Studenten 10-11 -Stunden täglich hören, will ich nicht sprechen, denn dieses wird auch -dort für einen sehr schädlichen Misbrauch erkannt, dem man entgegen zu -arbeiten sucht. - -[[144]] In den Preußischen Staaten ist auch seit Einführung des -Landrechts niemals eine Studienordnung vorgeschrieben worden, und diese -durch alte Erfahrung Deutscher Universitäten bewährte Freyheit ist -stets unversehrt geblieben. Auch die Anzahl der Lehrer, wie sie vorher -durch das gemeine Recht nöthig war, ist nicht vermindert worden, und -die Curatoren der Universitäten haben niemals in den Lehrern oder den -Studierenden die Meynung erregt, als wäre ein Theil der vorher nöthigen -Vorlesungen für entbehrlich zu achten. Ursprünglich hielt man es für -räthlich, daß auf jeder Universität wenigstens Eine Hauptstelle für das -Preußische Recht bestimmt würde, und es wurde ein ansehnlicher Preiß -für das beste Lehrbuch ausgesetzt[113]. Allein selbst dieses wurde in -der Folge nicht mehr befördert, wie denn die Universität zu Berlin das -Preußische Recht bis jetzt nicht gelehrt hat. Dieselbe Ansicht liegt -den eingeführten Prüfungen zum Grunde, indem die erste Prüfung, bey -dem Eintritt in wirkliche Geschäfte, blos auf gemeines Recht gerichtet -wird: die nächste Zeit ist nun für die unmittelbar praktische Bildung -des Rechtsgelehrten bestimmt[114], und erst die nun folgenden zwey -Prüfungen[[145]] haben auch das Landrecht zum Gegenstande, jedoch ohne -daß das gemeine Recht dabey ausgeschlossen wäre. Offenbar ist also -gegenwärtig die Bildung des Juristen, als aus zwey Hälften bestehend, -gedacht, so daß die erste Hälfte (die Universität) nur die gelehrte -Grundlage, die zweyte dagegen die Kenntniß des Landrechts, die des -Preußischen Prozesses, und die praktische Fertigkeit zur Aufgabe hat. -Dafür, daß die erste Hälfte nicht aus Bequemlichkeit verkürzt werde, -hat man nicht durch eine specielle Studienordnung gesorgt, wohl aber -erstlich durch das vorgeschriebene Triennium[115], so daß die Anwendung -dieser Zeit, wie billig, der eigenen Wahl und dem Rathe der Lehrer -überlassen blieb; zweytens durch die Vorschrift, bey der Zulassung -zum Staatsdienste auch auf das Zeugniß der Universitätslehrer, und -selbst auf das frühere Schulzeugniß, Rücksicht zu nehmen[116]. Man -muß bedenken, mit welchem Ernst und welcher Anstrengung das Landrecht -gemacht worden ist, um die ganze Achtung zu empfinden, welche diesem -Verfahren der Preußischen Regierung gebührt. Denn auch bey der -festen Ueberzeugung, daß das neu eingeführte ein unbedingter[[146]] -Fortschritt sey, hat sie dennoch mit edler Scheu sich enthalten, der -fest gewurzelten wissenschaftlichen Gewohnheit zu gebieten, die durch -das Bedürfniß und die Einsicht der Zeiten allmählich entstanden und -entwickelt war. Rühmliche Erwähnung verdient auch der gründliche -Sinn des Kammergerichts, auf dessen Veranlassung im Jahr 1801. den -juristischen Fakultäten der Gebrauch lateinischer Lehrbücher empfohlen -wurde, weil seit Einführung der Deutschen Lehrbücher die juristische -Kunstsprache den Juristen weniger geläufig war[117]; noch sicherer und -vollständiger als durch Lehrbücher dürfte freylich dieser Zweck durch -die Quellen selbst erreicht werden. -- Was insbesondere die Vorlesungen -über das Landrecht betrifft, so glaube ich allerdings, daß diese in der -gegenwärtigen Lage besser nicht gehalten werden, indem zum praktischen -Bedürfniß die spätere Einübung hinreicht, eine wissenschaftliche -Seite aber dem Gegenstande abzugewinnen, aus Mangel an speciellen -geschichtlichen Quellen, schwer seyn dürfte. Anders würde es vielleicht -seyn, wenn der oben (S. 94) ausgesprochene Wunsch öffentlicher -Mittheilung von Materialien des Landrechts in Erfüllung gehen sollte. - -Betrachten wir nun nochmals die drey genannten Gesetzbücher im -Zusammenhang, und in besonderer Beziehung auf das Studium des Rechts, -so ist[[147]] einleuchtend, daß ein eigenthümliches wissenschaftliches -Leben aus ihnen nicht entspringen kann, und daß sich auch neben ihnen -wissenschaftlicher Geist nur in dem Maaße lebendig erhalten wird, als -die geschichtlichen Quellen dieser Gesetzbücher selbst fortwährend -Gegenstand aller juristischen Studien bleiben. Derselbe Fall aber -müßte unfehlbar eintreten, wenn wir ein Gesetzbuch für Deutschland -aufstellen wollten. *Thibaut*, welcher dieses anräth, will, wie -sich bey ihm von selbst versteht, nicht die Wissenschaftlichkeit -aufheben, vielmehr hofft er gerade für diese großen Gewinn. Welches -nun die Basis der künftigen Rechtsstudien seyn soll, ob (wie in -Preußen) die alten Quellen, oder (wie in Frankreich und Oesterreich) -das neue Gesetzbuch selbst, sagt er nicht deutlich, doch scheint -mehr das letzte seine Meynung[118]. Ist aber dieses der Fall, so -fordere ich jeden auf, bey sich zu erwägen, ob auf eines der drey -schon vorhandenen neuen Gesetzbücher, unabhängig von den Quellen -des bisherigen Rechts und dieser Gesetzbücher selbst, eine wirklich -lebendige Rechtswissenschaft möglicherweise gegründet werden könne. -Wer aber dieses nicht für möglich erkennt, der kann es auch nicht für -das vorgeschlagene Gesetzbuch behaupten. Denn ich halte es, aus den -oben entwickelten Gründen, für ganz unmöglich, daß dasselbe von den -bisherigen[[148]] Gesetzbüchern nicht blos durch Vermeidung einzelner -Mängel (was allerdings gedacht werden kann), sondern generisch -verschieden ausfalle; ohne eine solche generische Verschiedenheit -aber wird die Untauglichkeit zu Begründung einer selbstständigen -Rechtswissenschaft stets dieselbe seyn. Was alsdann eintreten wird, -läßt sich leicht vorhersehen. Wir werden entweder gar keine juristische -Literatur haben, oder (was wahrscheinlicher ist) eine so flache, -fabrikmäßige, unerträgliche, wie sie uns unter der Herrschaft des Code -zu überschütten angefangen hatte, und wir werden dann alle Nachtheile -eines cultivirten, verwickelten, auf literarisches Bedürfniß gebauten -Zustandes empfinden, ohne durch die eigenthümlichen Vortheile desselben -entschädigt zu werden. Ja, um alles mit Einem Worte zu sagen, es -könnte leicht kommen, daß der Zustand des bürgerlichen Rechts bey -uns schlechter würde, als er in Frankreich ist; denn das Streben -nach wissenschaftlicher Begründung gehört nicht zu den nationalen -Bedürfnissen der Franzosen, wohl aber zu den unsrigen, und ein so tief -wurzelndes Bedürfniß läßt sich nicht ungestraft hintansetzen. - -Wollte man dagegegen die Rechtswissenschaft auch neben dem neuen -Gesetzbuch auf die alten Quellen gründen, so würden die oben[119] -angegebenen Schwierigkeiten eintreten, und man würde das Studium, -anstatt es zu vereinfachen, vielmehr verwickeln[[149]] und weniger -belohnend einrichten, also dem wahren Zwecke gerade entgegen arbeiten. -Man möchte etwa glauben, der Erfolg würde ganz derselbe seyn, wie er -bey einem ähnlichen Verfahren in den Preussischen Staaten wirklich vor -Augen liegt, wo gewiß das Personal der Rechtspflege trefflich ist und -allgemeine Achtung genießt und verdient; aber auch diese Erwartung -halte ich für eine leere Täuschung. Denn zwey Umstände dürfen dabey -nicht übersehen werden, die den Erfolg in anderen Deutschen Ländern -leicht ungünstiger bestimmen dürften: erstlich, daß der allgemeine -Character der Preußischen Einrichtungen auch dieser einzelnen -Einrichtung zusagt, und ihre Ausführung in gesundem Zustande erhält, -was sich in anderen Deutschen Ländern schwerlich so zeigen würde: -zweytens aber und weit mehr dieses, daß selbst in den Preussischen -Staaten die Lage des Rechts durch das vorgeschlagene Gesetzbuch der -übrigen Deutschen Länder anders werden würde. Denn die Bildung der -Preußischen Juristen wird begründet auf den Universitäten, also durch -die Quellen des gemeinen Rechts: das Studium auf den Universitäten also -macht mit dem der übrigen Deutschen Ein Ganzes aus. Es ist aber nicht -zu bestimmen, wie viel Lebenskraft dieses Studium noch dadurch zieht, -daß seine Quellen im übrigen Deutschland geltendes Recht sind, und wie -ihm allmählich Kraft und Leben schwinden würde, wenn diese Quellen -überall unmittelbar[[150]] zu gelten aufhören sollten. Dann also würde -durch das Deutsche Gesetzbuch selbst für die Preussischen Staaten das -Studium entkräftet seyn, und gegen dieses zu befürchtende Uebel kann -uns begreiflich die Erfahrung nicht sicher stellen, die bis jetzt der -Preussische Staat gemacht hat. - - -10. - -Das Gemeinsame. - -[[151]] Die Folge dieser Ansichten ist, daß das wissenschaftliche -Studium des Rechts, als welchem alle Erhaltung und Veredlung desselben -obliegt, in beiderley Ländern, denen die Gesetzbücher haben, und -die sie nicht haben, dasselbe seyn müsse. Ja nicht auf das gemeine -Recht allein beschränke ich diese Gemeinschaft, sie muß vielmehr auch -auf die Landesrechte erstreckt werden aus zwey Gründen. Erstlich -weil die Landesrechte großentheils nur durch Vergleichung und durch -Zurückführung auf alte nationale Wurzeln verstanden werden können: -zweytens weil schon an sich alles geschichtliche der einzelnen -Deutschen Länder für die ganze Nation ein natürliches Interesse hat. -Daß die Landesrechte bisher am wenigsten auf diese Weise behandelt -worden sind, wird niemand läugnen[120]; aber viele Gründe lassen für -die Zukunft allgemeinere Theilnahme an der vaterländischen Geschichte -hoffen, und davon wird auch das Studium der Landesrechte belebt werden, -die eben so wenig als das gemeine Recht dem blosen Handwerk anheim -fallen dürfen. Und so führt unsre Ansicht auf einem anderen[[152]] Wege -zu demselben Ziel, welchem die Freunde des allgemeinen Gesetzbuchs -nachstreben, aus dem bürgerlichen Recht nämlich eine gemeinsame -Angelegenheit der Nation, und damit zugleich eine neue Befestigung -ihrer Einheit zu machen; nur führt unsre Ansicht vollständiger dahin, -indem sie in der That alle Deutschen Lande umfaßt, während durch das -vorgeschlagene Gesetzbuch Deutschland in drey große Ländermassen -zerfallen würde, die durch das bürgerliche Recht sogar schärfer als -vorhin geschieden wären: Oesterreich nämlich, Preußen, und die Länder -des Gesetzbuchs[121]. - -Daß nun diese Gemeinschaft des bürgerlichen Rechts in allen wirklichen -Einrichtungen anerkannt und vorausgesetzt werde, halte ich eben -wegen jener durch sie mit zu begründenden Vereinigung für eine der -wichtigsten Angelegenheiten der Nation. Wie es keine Preussische -und Bairische Sprache oder Literatur giebt, sondern eine Deutsche, -so ist es auch mit den Urquellen unsres Rechts und mit deren -geschichtlicher[[153]] Erforschung; daß es so ist, hat kein Fürst mit -Willkühr gemacht, und keiner kann es hindern, nur kann es verkannt -werden: aber jeder Irrthum über das, was wahrhaft der Nation angehört, -und fälschlich als dem einzelnen Stamme eigen behandelt wird, bringt -Verderben. - -Sehen wir nun um uns, und suchen ein Mittel, wodurch dieses gemeinsame -Studium äußerlich begründet und befördert werden könne, so finden wir -ein solches, nicht mit Willkühr ersonnen, sondern durch das Bedürfniß -der Nation seit Jahrhunderten bereitet, in den Universitäten. Die -tiefere Begründung unsres Rechts, und vorzüglich des vaterländischen, -für welches noch am meisten zu thun ist, ist von ihnen zu erwarten, -aber auch mit Ernst zu fordern. Allein damit sie diesem Beruf ganz -genügen könnten, müßte ein Wunsch erfüllt werden, in welchen gewiß -auch diejenigen herzlich einstimmen werden, welchen bis jetzt unsre -Ansicht entgegen gesetzt war. Oesterreich, Baiern und Würtemberg, -diese trefflichen, gediegenen Deutschen Stämme, stehen (theils von -jeher, theils gegenwärtig) mit dem übrigen Deutschland nicht in -dem vielseitigen Verkehr des Universitätsunterrichts, welcher den -übrigen Ländern so großen Vortheil bringt; theils Gewohnheit, theils -beschränkende Gesetze hemmen diesen Verkehr. Die Erfahrung dieser -letzten Zeit hat gezeigt, welches Zutrauen die Deutschen Völker zu -einander fassen dürfen,[[154]] und wie nur in der innigsten Vereinigung -ihr Heil ist. Darum scheint es an der Zeit, daß jener Verkehr nicht -nur völlig frey gestattet, sondern auf alle Weise begünstigt und -befördert werde: für gefährlich kann ihn jetzt niemand halten, und wie -er wohlthätig für die Verbrüderung der Völker wirken könne, muß jedem -einleuchten. Aber nicht blos politisch würde dieser unbeschränkte und -vielseitige Verkehr höchst wichtig seyn, sondern auch noch mehr für -den innern, wissenschaftlichen Werth der Lehranstalten selbst. Wie -sich bey dem allgemeinen Welthandel ein irriges Münzsystem einzelner -Staaten nicht halten kann, ohne bald in schlimmen Folgen empfunden und -entdeckt zu werden, so würde eine mangelhafte Einrichtung einzelner -Universitäten durch diesen erwünschten Verkehr bald erkannt und -verbessert werden können; alle Universitäten würden sich gegenseitig -halten und heben, und die Erfahrung einer jeden würde ein Gemeingut -aller werden. - - -11. - -Thibauts Vorschlag. - -[[155]] *Thibaut* versichert im Eingang seiner Schrift, daß er als -warmer Freund seines Vaterlandes rede, und gewiß, er hat ein Recht, -dieses zu sagen. Denn er hat zur Zeit des Code in einer Reihe von -Recensionen auf die Würde der Deutschen Jurisprudenz gehalten, -während Manche die neue Weisheit, Manche selbst die Herrschaft, -wozu diese führte, mit thörichtem Jubel begrüßten. Auch das Ziel -seines Vorschlags, die festere, innigere Vereinigung der Nation, -bestätigt diese gute Gesinnung, die ich mit Freuden anerkenne. Bis -auf diesen Punkt also sind wir einig, und darum ist unser Streit kein -feindseeliger, uns liegt derselbe Zweck ernsthaft am Herzen, und wir -berathen und besprechen uns über die Mittel. Aber freylich über diese -Mittel sind unsre Ansichten sehr entgegen gesetzt. Vieles davon ist -schon oben im Zusammenhang dieser Schrift abgehandelt worden, der -eigentliche Vorschlag selbst ist nun noch zu prüfen. - -*Thibaut* nimmt an, das vorgeschlagene Gesetzbuch könne in zwey, drey, -vier Jahren gemacht werden[122], nicht als bloser Behelf, sondern -als ein[[156]] Ehrenwerk, welches als Heiligthum auf Kinder und -Kindeskinder vererbt werden möge[123], und woran auch in Zukunft nur -noch in einzelnen Stellen nachzubessern seyn würde[124]. Für leicht -hält er die Arbeit keinesweges, vielmehr für das schwerste unter -allen Geschäften[125]. Natürlicherweise ist die Hauptfrage die, wer -dieses Werk machen soll, und dabey ist es höchst wichtig, daß wir -uns nicht durch übertriebene Erwartungen von der Gegenwart täuschen -lassen, sondern ruhig und unparteyisch überschlagen, welche Kräfte uns -zu Gebote stehen. Dieses hat auch *Thibaut* gethan; auf zwey Classen -von Arbeitern müssen wir rechnen, Geschäftsmänner und Juristen von -gelehrtem Beruf, und beide verlangt, wie sich von selbst versteht, auch -er. Aber von den Geschäftsmännern im einzelnen ist seine Erwartung sehr -mäßig[126], und auch auf die Gelehrten setzt er nach einigen Äußerungen -keine übertriebene Hoffnung[127]. Eben deshalb fordert er eine -collegialische Verhandlung: nicht Einer, auch nicht Wenige, sondern -Viele und aus allen Ländern sollen das Gesetzbuch machen[128]. - -Allerdings giebt es Geschäfte im Leben, worin sechs Menschen genau -sechsmal so viel ausrichten als Einer, andere worin sie sogar mehr, -noch andere[[157]] dagegen worin sie weit weniger als dieses leisten. -Das Gesetzbuch nun ist eine solche Arbeit, worin die vereinigte Kraft -Vieler keinesweges eine nach Verhältniß erhöhte Kraft seyn würde. Noch -mehr: es wird als ein löbliches, treffliches Werk auf diesem Wege gar -nicht entstehen können, und zwar aus dem einfachen Grunde, weil es -nach seiner Natur weder eine einzelne Bestimmung, noch ein Aggregat -solcher einzelnen Bestimmungen ist, sondern ein organisches Ganze. Ein -Richtercollegium z. B. ist deshalb möglich, weil über Condemnation -oder Absolution in jedem einzelnen Fall die Stimmen abgegeben und -gezählt werden können. Daß damit die Verfertigung des Gesetzbuchs keine -Aehnlichkeit hat, leuchtet von selbst ein. Ich komme auf dasjenige -zurück, was oben erörtert worden ist. Unter den Römern zur Zeit des -*Papinian* war ein Gesetzbuch möglich, weil ihre gesammte juristische -Literatur selbst ein organisches Ganze war: man könnte (mit einem -Kunstausdruck der neueren Juristen) sagen, daß damals die einzelnen -Juristen fungible Personen waren. In einer solchen Lage gab es sogar -mehrere Wege, die zu einem guten Gesetzbuch führen konnten: entweder -Einer konnte es machen, und die Andern konnten hinterher einzelne -Mängel verbessern, was deswegen möglich war, weil in der That jeder -einzelne als Repräsentant ihrer juristischen Bildung überhaupt gelten -konnte: oder auch Mehrere konnten, unabhängig[[158]] von einander, -jeder das Ganze ausarbeiten, und durch Vergleichung und Verbindung -dieser Werke würde ein neues entstanden seyn, vollkommner als jedes -einzelne, aber mit jedem gleichartig. - -Nun bitte ich jeden, mit diesem Zustand den unsrigen zu vergleichen, -der jenem gerade hierin völlig entgegen gesetzt ist. Um mit -dem geringeren anzufangen, wähle jeder in Gedanken eine Anzahl -der jetztlebenden Juristen aus, und frage sich, ob aus deren -gemeinschaftlicher Arbeit auch nur ein System des bestehenden Rechts -hervorgehen könne: er wird sich bald von der völligen Unmöglichkeit -überzeugen. Daß aber ein Gesetzbuch eine viel größere Arbeit ist, und -daß von ihm besondere ein höherer Grad organischer Einheit verlangt -werden muß, wird gewiß niemand läugnen. In der That also würde das -Gesetzbuch, wenn es nicht durch blos mechanische Zusammensetzung -unlebendig und darum völlig verwerflich seyn soll, doch nicht von jenem -Collegium gemacht werden können, sondern nur von einem Einzelnen; die -übrigen aber würden nur untergeordnete Dienste leisten können, indem -sie bey einzelnen Zweifeln Rath und Gutachten ertheilten, oder die -fertige Arbeit durch Entdeckung einzelner Mängel zu reinigen suchten. -Wer uns aber dieses zugiebt, der muß für die gegenwärtige Zeit an der -Möglichkeit überhaupt verzweifeln; denn eben jenen einzelnen, den -wahren Gesetzgeber, zu finden, ist ganz unmöglich,[[159]] weil wegen -der völligen Ungleichartigkeit der individuellen Bildung und Kenntniß -unsrer Juristen kein einzelner als Repräsentant der Gattung betrachtet -werden kann. - -Wer auch nach dieser Betrachtung noch an die Möglichkeit einer wirklich -collegialischen Verfertigung des Gesetzbuchs glauben möchte, der wolle -doch die Discussionen des Französischen Staatsraths, die *Thibaut* -so treffend geschildert hat[129], auch nur in einem einzelnen -Abschnitt durchlesen. Ich zweifle nicht, daß unsre Discussionen in -manchen Stücken besser seyn würden; aber, auf die Gefahr hin, der -Parteylichkeit für die Franzosen beschuldigt zu werden, kann ich die -Ueberzeugung nicht verbergen, daß die unsrigen in anderer Rücksicht -hinter diesem Vorbild zurück bleiben dürften. - -Es ist oft verlangt worden, daß ein Gesetzbuch populär seyn solle, und -auch *Thibaut* kommt einmal auf diese Forderung zurück[130]. Recht -verstanden, ist diese Forderung wohl zuzugeben. Die Sprache nämlich, -die das wirksamste Mittel ist, wodurch Ein Geist zum andern kommen -kann, hemmt und beschränkt auch diesen geistigen Verkehr vielfältig; -oft wird der beste Theil des Gedankens von diesem Medium absorbirt, -wegen der Ungeschicklichkeit entweder des Redenden, oder des Hörers. -Aber durch[[160]] Naturanlage oder Kunst kann dieses Medium so -unterworfen werden, daß beiderley Ungeschicklichkeit nicht mehr im Wege -steht. Der Gedanke schreitet dann weg über die verschiedene Art und -Bildung der hörenden Individuen, und ergreift sie in dem gemeinsamen -geistigen Mittelpunkt. Dann kommt es, daß die Hohen befriedigt werden, -während auch den Geringen alles klar ist: beide sehen den Gedanken über -sich als etwas höheres, bildendes, und beiden ist er erreichbar. So ist -irgendwo ein wunderthätiges Christusbild gewesen, das die Eigenschaft -hatte, eine Hand breit höher zu seyn, als der größte Mann, der sich -daran stellen mochte: kam aber ein Mann von mäßiger Größe, oder ein -kleiner, so war der Unterschied dennoch derselbe, nicht größer. -Diesen einfältigen, einzig populären Styl sehen wir (um nur von der -einheimischen Literatur zu reden) in unsren besseren Chroniken, aber er -kann auch in mancherley anderen Arten erscheinen. Wenn wir ihn einmal -wieder finden, dann wird manches treffliche möglich seyn, unter andern -eine gute Geschichtschreibung, und unter andern auch ein populäres -Gesetzbuch. - - -12. - -Schluß. - -[[161]] Ich fasse nochmals in kurzen Worten zusammen, worin meine -Ansicht mit der Ansicht der Freunde eines Gesetzbuchs übereinstimmt, -und worin sich beide unterscheiden. - -In dem Zweck sind wir einig: wir wollen Grundlage eines sicheren -Rechts, sicher gegen Eingriff der Willkühr und ungerechter Gesinnung; -desgleichen Gemeinschaft der Nation und Concentration ihrer -wissenschaftlichen Bestrebungen auf dasselbe Object. Für diesen Zweck -verlangen sie ein Gesetzbuch, was aber die gewünschte Einheit nur für -die Hälfte von Deutschland hervorbringen, die andere Hälfte dagegen -schärfer als vorher absondern würde. Ich sehe das rechte Mittel in -einer organisch fortschreitenden Rechtswissenschaft, die der ganzen -Nation gemein seyn kann. - -Auch in der Beurtheilung des gegenwärtigen Zustandes treffen wir -überein, denn wir erkennen ihn beide für mangelhaft. Sie aber sehen den -Grund des Uebels in den Rechtsquellen, und glauben durch ein Gesetzbuch -zu helfen: ich finde ihn vielmehr in uns, und glaube, daß wir eben -deshalb zu einem Gesetzbuch nicht berufen sind. - -[[162]] Wie in unsrer Zeit gesprochen sind die Worte eines der edelsten -Deutschen des sechzehnten Jahrhunderts[131]: - - ~Nam nihi aspicienti legum libros, et cognita pericula Germaniae, - saepe totum corpus cohorrescit, cum reputo quanta incommoda - secutura sint, si Germania propter bella amitteret hanc eruditam - doctrinam juris et hoc curiae ornamentum ... Non igitur deterreamur - periculis, non frangamur animis,.... nec possessionem studii nostri - deseramus. -- -- Itaque Deus flectat animos principum ac potentum - ad hujus doctrinae conservationem, magnopere decet optare bonos et - prudentes. Nam hac remota, ne dici potest quanta in aulis tyrannis, - in judiciis barbaries, denique confusio in tota civili vita - secutura esset, quam ut Deus prohibeat, ex animo petamus.~ - - - - -II. Abteilung. - - -1. Thibauts Nachträge zu seiner Schrift. 2. Ausgabe. 1814. - -Bald nach der 1. Ausgabe erschien Thibauts Streitschrift in seinen -»Civilistischen Abhandlungen« (Heidelberg bey Mohr und Zimmer, 1814, -Vorrede vom August 1814) S. 404 bis 466 als die 19. von 20 Abhandlungen -in erweiterter Fassung (2. Ausgabe). - - -Neunzehnte Abhandlung. - -Ueber die Nothwendigkeit eines allgemeinen bürgerlichen Rechts für -Deutschland. - -Vor einiger Zeit gab ich eine kleine Flugschrift heraus, welche die -Rubrik dieser Abhandlung als Titel führt, und durch folgende Vorrede -begleitet ist: - -(Es folgt dann die oben abgedruckte Vorrede zur 1. Fassung. Die -Nachträge -- »Zusätze« -- sind nachstehend wortgetreu abgedruckt; -Zusatz 1 bezieht sich auf die Vorrede, die übrigen auf die Schrift -selbst; es sind auch sonstige Änderungen mitaufgenommen. - -Der 6. und 7. Zusatz findet sich bereits wörtlich in der erwähnten, -2½ Druckseiten umfassenden *Selbstanzeige* Thibauts, Heidelb. Jahrb. -1814 Nr. 33.) - - * * * * * - -*1. Zusatz*: So viel ich von allen Seiten vernehme, hat die Schrift -vielen von denen gefallen, um deren Beyfall es mir besonders zu -thun war, d. h. Männern, welche warme Vaterlandsliebe zu schätzen -wissen, die Bedürfnisse der Nation kennen, und das kräftige, freye -Wort in Ehren halten, wenn es nicht leichtsinnig mit unerreichbaren -Idealen spielt. Da kleine Schriften dieser Art gewöhnlich in kurzer -Zeit verloren gehen, und ich doch die längere Erhaltung derselben zu -wünschen Ursach habe, so nehme ich sie hiemit in diese größere Schrift -auf, mit einer ziemlichen Reihe von Zusätzen vermehrt, welche in -mehrerer Hinsicht für meinen Hauptgedanken von Bedeutung sind. In der -Gesellschaft exegetischer Abhandlungen über das römische Recht wird -denn diese Abhandlung auch den Lesern, welche sonst nichts von meinen -Schriften kennen, zum Beweise dienen, daß ich dem Römischen Recht nicht -deswegen abhold bin, weil ich gelehrte Nachforschungen über dasselbe -gescheuet habe. - -*2. Zusatz*: oder sein muß, - -*3. Zusatz*: (z. B. die Nothwendigkeit ständischer Verfassung) - -*4. Zusatz*: Was eigentlich für Deutschland vom Römischen Recht -unbedingten Werth hat, sind nur die, ich möchte sagen, exegetischen -Theile desselben; aber im Grunde auch nur insofern, als sie zum Muster -dienen können, keineswegs aber als Gesetze. Die große Masse seiner -Erörterungen nämlich, welche in Beziehung auf den Sinn und Umfang der -einzelnen Servituten, Legate, und Verträge in den Pandekten und dem -Codex vorkommt, enthält einen Schatz geistvoller und scharfsinniger -Erörterungen; aber im Ganzen doch nur in dem Sinn, daß gezeigt wird, -was unter einem *Römischen* Worte nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauch -in allen möglichen Beziehungen zu verstehen sey. So lernen wir denn -wohl, was ~usus~, ~habitatio~ und ~supellex~ bey den Römern hieß; -aber was nun unsre Worte: Gebrauch, Wohnung und Hausrath bezeichnen, -darüber kann uns kein römischer Classiker Aufschluß geben; und es -hat daher unsrer juristischen Gewandtheit und Eigenthümlichkeit -unendlich geschadet, daß wir, unbekümmert um unsre Worte und die -feinen Schattirungen unsrer Wortbedeutungen, alles nach den Römischen -Entscheidungen maßen, grade als ob die juristischen Classiker der Römer -auf die Anfragen Deutscher Bürger geantwortet hätten. Der eigentlich -legislative Theil des Römischen Rechts paßt uns aber gar nicht an, auch -wo man ihn nicht grade schlecht und dem Römischen Volksgeist gemäß -nennen wollte. Der deutsche Sinn ist immer auf das Feste, Mäßige, -Einfache gegangen; auf billige, sittliche, häusliche Verhältnisse; -Gleichheit der Geschlechter; wohlwollende, achtungsvolle Behandlung der -Weiber, besonders der Mütter und Wittwen; weise und kräftige Einwirkung -der Obrigkeit in allen Verhältnissen, wo man ihrer bedarf; Einfachheit -der Verpflichtungsarten, aber auch dagegen Sicherheit des Eigenthums -und der Hypotheken durch wohlgeordnete, offenkundige Staatsanstalten. -Ganz anders war der Geist des Römers. Ganze Massen des ältern Rechts -lassen sich auf militairisch-republicanischen Mannstrotz, Stolz -und Egoismus, und eine Art militairischer Steifheit und Pedanterey -zurückführen. Daher diese unerhörte Despotie des Hausvaters; diese -Entfernung aller mütterlichen Gewalt; diese harte Zurücksetzung der -Weiber bey der Erbfolge; dieser fast gänzliche Mangel obrigkeitlicher -Aufsicht bey Vormundschaftsangelegenheiten; diese grenzenlose Neigung, -alle Geschäfte in strikte Formeln einzukleiden, und die Verträge von -allen Seiten einzuengen, während da, wo von der Sicherheit gegen -Dritte, und von der Sicherheit Dritter die Rede ist, nirgend eine -mitwirkende Staatsanstalt hülfreich erscheint. Unter den Kaisern ist -an allen diesen und ähnlichen Dingen nun zwar vielfach herumgefeilt; -aber eine wesentliche Umwandlung ist nie erfolgt, ja es ist später -sogar manches noch verschlimmert, wie das Hypotheken-System; und so -hat denn die Deutsche Praxis sich damit begnügen müssen, da und dort -noch ein Stückchen wegzustehlen, ohne je zu der Einfalt und Festigkeit -zu gelangen, welche unserm Charakter allein anpaßt, und ohne unsre -Eigenthümlichkeit frey ausbilden zu können. Unsre Hausväter haben -noch immer zu viel Rechte; unsre Wittwen sind häufig viel zu sehr -zurückgesetzt; unsre Sicherheits-Anstalten sind durch das Einwirken -Römischer Privilegien überall durchlöchert, und unsre Grundsätze -über die Heiligkeit der Verträge haben über viele feinere Folgesätze -des Römischen Contracten-Systems (z. B. in Beziehung auf die ~pacta -adjecta~) nie den Sieg davon getragen. Jeder denkende Germanist wird es -einräumen, daß die feinen Verfälschungen, welche Römische Begriffe in -die unsrigen gebracht haben, fast zahllos sind. Was uns würde anpassend -gewesen seyn, das ist zum Theil die alte Römische Strenge; das alte -Hypotheken-System, insofern es keine Privilegien kannte; und jene hohe -Achtung gegen die Person des Bürgers, welche sich in Beziehung auf -Criminal-Sachen, und in Ansehung der Freyheit der Emigration so laut -aussprach. Allein grade diese herrlichen hellen Punkte wurden unter -den Kaisern in Nacht und Finsterniß gehüllt; und so wird denn kein -Deutscher Mann, dem der Himmel in diesen Zeiten der Abspannung und -Demüthigung milde Deutsche Kraft und Einfalt erhalten hat, irgend eine -Hauptlehre des Römischen Rechts entdecken können, von der er behaupten -möchte, daß sie ächten Deutschen Sinn zu beleben und zu befestigen im -Stande sey. - -*5. Zusatz*: nicht; und bey dem Allen ist ein fester Boden auch -nicht einmal mit voller Sicherheit zu gewinnen. Denn schon in den -Handschriften findet sich viel critische Willkühr, und noch mehr in den -Ausgaben, ohne daß ein strenger Beweis möglich ist, weil fast alle, -von den Herausgebern benutzten Handschriften unbekannt, oder verloren -gegangen sind. Für Kenner brauche ich in dieser Hinsicht nur an die -*Haloandrischen* Ausgaben der Institutionen, der Pandekten und des -Codex zu erinnern, worin im Ganzen eine gewisse critische Willkühr -klar am Tage liegt, ohne daß man sie je in dem einzelnen Fall streng -erweisen kann. - -*6. Zusatz*: Daß jene, grade in der Periode des Verfalls der Römischen -Rechtswissenschaft emporgekommenen Rechtsschulen durch die große Menge -ihrer Lehrer der Rhetorik und Grammatik der Rechtsgelehrsamkeit nicht -aufgeholfen haben, ist freylich wahr. Allein was ließ sich in dieser -Periode der Entkräftung durchsetzen? So viel läßt sich indeß immer mit -Sicherheit behaupten, daß auch nicht einmal das geleistet seyn würde, -was *Justinianus* vollbrachte, wenn auf den damaligen Rechtsschulen -das Positive so ins Unendliche gegangen wäre, als bei uns, und daß -die Juristen vom gänzlichen Untergange gerettet wurden, weil ihr -einheimisches Recht dem Handwerk wenig zu thun gab, und die lebhafte -Mitwirkung vieler Rhetoren und Grammatiker immer ein mächtiger Damm -gegen volle Barbarey blieb. - -*7. Zusatz*: Man fürchte auch nicht, daß das Studium der Philologie -und Rechtsgeschichte, dessen Unentbehrlichkeit ich gern zugebe, bey -einem einfachen National-Gesetzbuch irgend einige Gefahr laufe. Es -wird vielmehr bedeutend gewinnen, wenn man nur die Sache von der -rechten Seite ansieht, und gehörig behandelt. Belehrende und erhebende -Geschichts- und Alterthumsforschungen sind nicht das mikrologische -Zusammenscharren und Zergliedern jeder Kleinigkeit, sondern das -Bestreben, das Lehrreiche und Fruchtbare kräftig herauszuheben, und -für menschliche Zwecke in einen lichtvollen Zusammenhang zu bringen. -Wozu führt uns aber in dieser Hinsicht unser ganzes juridisches -Sprach- und Antiquitäten-Wesen? An ein mißrathenes, verwirrtes, -grenzenlos verwickeltes Gesetzbuch geschmiedet, müssen wir Riesenkräfte -zusetzen, um chaotische Details zu erklären, welche dem gesetzgebenden -Verstande wenig Nahrung geben; und bei dem allen ist doch der Blick nur -höchst beschränkt auf eine Kleinigkeit gerichtet. Ein recht thätiger -Gelehrter kann ein ganzes Jahr gebrauchen, um die Schicksale der -Römischen Intestat-Erbfolge und Concurslehre gehörig aus den Quellen - -zu prüfen, und dreyßig Stunden, um darüber das wesentliche Resultat -seiner Forschungen in Vorlesungen mitzutheilen. Aber was ist am Ende -der Gewinn für den denkenden Rechtsforscher? Nichts, als auf der -einen Seite, daß man ein altes, für die Periode roher Mannskraft -passendes, sehr kurzsichtig gefaßtes Gesetz erst recht buchstäblich -handhabte, aber dann durch zahllose Beschränkungen am Ende ganz zum -Fallen brachte; und auf der andern Seite, daß die kräftige ältere -Ansicht über die Nothwendigkeit unbedingter Sicherheit erst da und -dort durch Politik und Schwäche beschränkt ward, daß eine Sünde zur -andern führte, und daß am Ende das ganze Hypotheken-System sich durch -sich selbst zerstörte. Ein geistvoller Lehrer könnte das, was von -dem allen zur Belebung des rechtlichen Verstandes gebraucht werden -kann, in wenig Stunden entwickeln; aber jetzt bedarf es zur Erklärung -des Positiven eines solchen Wustes zahlloser Details, daß man fast -vor den Bäumen den Wald nicht zu sehen bekommt. Dafür muß man denn -entbehren, was grade unentbehrlich ist. Denn das ist nicht die wahre -belebende Rechtsgeschichte, welche mit gefesseltem Blick auf der -Geschichte Eines Volkes ruhet, aus dieser alle Kleinigkeiten engherzig -herauspflückt, und mit ihrer Mikrologie der Dissertation eines großen -Praktikers über das: ~et cetera~ gleicht. Wie man den Europäischen -Reisenden, welche ihren Geist kräftig berührt, und ihr Innerstes -umgekehrt wissen wollen, den Rath geben sollte, nur außer Europa ihr -Heil zu versuchen: so sollten auch unsre Rechtsgeschichten, um wahrhaft -pragmatisch zu werden, groß und kräftig die Gesetzgebungen aller andern -alten und neuen Völker umfassen. Zehn geistvolle Vorlesungen über die -Rechtsverfassung der Perser und Chinesen würden in unsern Studirenden -mehr wahren juristischen Sinn wecken, als hundert über die jämmerlichen -Pfuschereyen, denen die Intestat-Erbfolge von *Augustus* bis -*Justinianus* unterlag. Hätten wir daher ein einfaches einheimisches -Gesetzbuch, so könnte die Zeit, welche jetzt auf tödtende, ermüdende -historische Erörterungen zu verwenden ist, grade der ächten, belebenden -Rechtsgeschichte gewidmet werden. Auch für die Philologie würde auf -diese Art mehr geschehen können. Alle jetzigen Philologen werden es -bezeugen können, daß ihnen unsre jungen Juristen nicht viel Freude -machen; und wir Rechtsgelehrten wissen den Grund am besten. Wo sollten -junge Gemüther noch ungeschwächte Kraft für das philologische Studium -her bekommen, wenn wir Rechtslehrer ihnen erst die Schwungfedern -in einer Sündfluth wunderlicher Gesetze gebadet haben? Man gebe -uns dagegen ein einfaches, unserm Volkssinn entsprechendes, in -vaterländischer, kräftiger Sprache entworfenes Gesetzbuch: dann werden -unsre Regierungen ohne Ungerechtigkeit verlangen können, daß jeder -junge Jurist, welcher sich zum Examen stellt, die Griechischen Redner -und seinen Cicero gründlich müsse studirt haben; und dann werden -unsre Juristen-Facultäten auch die Freude haben, daß ihre Candidaten, -nach dem neulichen Beispiel der trefflichen Studenten in Oxford, -durchreisenden hohen Häuptern mit Lateinischen und Griechischen Oden -andienen können. - -*8. Zusatz*: haben, oder wagte wenigstens allein zu handeln, wo der -Einzelne sich allein nie alles zutrauen soll; - -*9. Zusatz*: Erwägen wir aber noch genauer die Vortheile des -Zusammenwirkens gelehrter und geübter Rechtskenner aus allen Deutschen -Reichsländern, so wird es fast unwidersprechlich, daß nur eine solche -Versammlung im Stande ist, alles Gute zu vereinigen, und allem -Schlechten ein Ende zu machen. Wenn ein deutsches National-Gesetzbuch -das Resultat der National-Kraft seyn soll, so muß dabey durchaus -benutzt werden, was bisher in jedem Lande für Gesetzgebung geschah. -Kein Land kann zwar in dieser Hinsicht etwas Vollendetes aufweisen; -aber einzelne gute Ideen finden sich doch zerstreut überall; und -es gibt gewiß kein Particular-Recht, selbst so weit es durch -gelegentliche landesherrliche Verordnungen ausgebildet ist, worin -nicht sehr nutzbare, weise, originelle Ideen vorkommen. Dieß weiß -jeder Facultist, welcher nur zufällig bei Acten-Arbeiten etwas von den -Local-Rechten erfuhr. Einzelne gelehrte Germanisten können sich aber -diese Schätze nicht gründlich zu eigen machen. Die Masse des Ganzen -ist zu unermeßlich, und zum Theil unverständlich, sofern man nicht die -Praxis des Particular-Rechts beobachtet hat, und mit der Geschichte -des Landes aufs innigste vertraut ist. Stellen also unsre Regenten -aus jedem Lande einen erfahrenen Kenner des Rechtes dieses Landes zu -der großen Versammlung, so würde nun eine erschöpfende Austauschung -guter Ideen Statt finden, und eine reiche Erfahrung zum gemeinsamen -Zweck weise benutzt werden können. Vielleicht noch heilsamer würde es -aber seyn, daß nun auf diese Weise auch die Fehler sich an einander -abschleifen werden. Wir müssen es zugestehen: schon unter den Römischen -Kaisern, und eben so sehr in dem neueren Europa, ist der Sinn für -kräftige Einfalt des Rechts immer mehr abgestorben, und alles ist von -Tage zu Tage mehr und mehr durch furchtsame Ausnahmen, Beschränkungen -und Billigkeitssätze so herabgestimmt, daß die vielfache Kleinlichkeit -unsers National-Characters gewiß in mancher Hinsicht unsrer -bürgerlichen Rechtsverfassung zugeschrieben werden muß.[D] Laßt jetzt -einmal Deputirte aus allen Ländern ihre mitgebrachten Kleinlichkeiten -gegen einander legen: dieses Heer von Eigenthumsbeschränkungen; dieses -bunte Gewirr endloser Concurs-Privilegien, und diese Unermeßlichkeit -mannigfaltiger Verjährungsfristen, der kein Gedächtniß gewachsen -ist. Da werden alle nothwendig von Staunen und Widerwillen ergriffen -werden, und es ist mit höchster Wahrscheinlichkeit zu erwarten, daß das -Uebermaaß allen die Augen öffnen, und alle zu einer weisen, einfachen -Gesetzgebung zwingen wird, wobei Jeder seine Kleinlichkeiten aufgibt, -um von denen des Andern befreyt zu werden. Da wäre denn die Einfalt -errungen, deren wir mehr bedürfen, als viele andere Völker. Denn unsre -politische Trennung, und die Beschränktheit der Kraft der einzelnen -Regenten, muß mannigfaltige Kleinlichkeiten, und eine politische -Gedrücktheit zur Folge haben, wodurch wir leicht zu einer gewissen -Aengstlichkeit und Kleinherzigkeit gestimmt werden können. Gebt also -dem Bürger das unschätzbare Glück, daß er unter dem Schutz kräftiger, -ungekünstelter Gesetze in allen Beziehungen frey, sicher und trotzig -gegen seinen Mitbürger auftreten, und ohne alle Aengstlichkeit und -Nächstenfurcht sich des Seinigen als Familienvater, Eigenthümer und -Geschäftsmann erfreuen kann. Das wird den ächten germanischen Sinn -wieder aufregen, dem Staat rüstige Vertheidiger schaffen, und uns von -den zahlreichen Ausgeburten befreyen, welche bisher so recht eigentlich -darauf ausgingen, alle französische Zierereyen und Verzerrungen bey -unserm Volke einheimisch zu machen. - -*10. Zusatz*: Mehr Unwandelbarkeit wird zwar unser Recht dadurch -bekommen, auch da, wo Aenderungen nöthig sind. Allein darüber braucht -man nicht zu erschrecken. Denn so werden wir auch umgekehrt von dem -weit größeren Uebel unausgesetzter leichtsinniger Aenderungen befreyt. -Eine gewisse Unbeweglichkeit der Gesetzgebung hat immer mehr genutzt, -als geschadet, und die Engländer haben gewiß eben daher einen Theil -ihrer Gediegenheit und Kraft, daß Aenderungen der Gesetze selten bey -ihnen sind, und daß das Parlament nicht gleich durch jeden ersten -Zweifel einzelner Richter sich zu Neuerungen verleiten läßt. - -*11.* »Ich muß daher auf die möglichen Haupteinwürfe etwas näher -eingehen,« (*Aenderung*). - -*12. Zusatz*: abzuwenden, selbst wo es durch bittre Erfahrungen in -seinen Hoffnungen getäuscht war. - -*13.* »der« statt »des« (*Aenderung*). - -*14. Zusatz*: und in den, von ihnen erlernten Gesinnungen, - -*15.* »Wahrheit« statt »Wahrheiten« (*Aenderung*). - -*16. Zusatz*: Als man, da und dort den Degen halb gezogen, - -*17. Zusatz*: gelang, und bey daurendem Glück unfehlbar ganz gelungen -seyn würde. - -*18. Zusatz*: Am wenigsten lasse man sich aber dadurch irre machen, -daß die gänzliche Umänderung unsers bürgerlichen Rechts unter den -eigentlich gelehrten Rechtskennern vielleicht die mehrsten Widersacher -finden wird. Das wird stets so bleiben; und jetzt ist es gar nicht -anders zu erwarten. Bittre Worte müssen darüber gesagt werden; aber -die Wahrheitsliebe macht diese Bitterkeit zur Pflicht. Was hat denn -in diesen dürren Jahren die Nation von den Gelehrten an Unterstützung -erhalten, von ihnen, denen die ganze Welt zum Broderwerb offen steht, -und denen die Freymüthigkeit um so mehr obgelegen hätte, da sie mehr, -wie Andre, die Fähigkeit besitzen, auf eine feine und geschickte Art -der Wahrheit gebührend zu huldigen? Fast nirgend entdecken wir, auf -unsre letzte Vergangenheit zurücksehend, gelehrte Catonen; aber leider -genug Feige, Eitle, niedrige Kriecher und Schmeichler, und eigennützige -Gelegenheitsmacher, zum Theil mit grenzenloser Schamlosigkeit, so daß -es zur ewigen Warnung wohl der Mühe werth wäre, alle Elendigkeiten, -wodurch unsre Gelehrten in diesen Zeiten ihr Vaterland schändeten, -in einer derben Chronik der Nachwelt zu überliefern. Lassen wir aber -auch diese Trostlosigkeiten auf sich beruhen: für kräftige Umwälzungen -wird die Mehrzahl der eleganten Juristen nie gestimmt seyn. Keiner von -ihnen übersieht in der Regel das ganze Recht; wenigen von ihnen werden -die Bedürfnisse des Volks durch Beobachtung klar, und die mächtige -Triebfeder des Eigennutzes wird keinen in Bewegung setzen, vielmehr -wird es immer vortheilhafter für sie seyn, die mühsam errungenen -critisch-historischen Schätze in gehöriger Sicherheit zu halten, und -gegen bessernde Einrichtungen zu kämpfen, damit ihnen nicht die Pflicht -werde, den neuen Menschen anzuziehen. Welche Erfahrungen haben wir in -dieser Hinsicht gehabt! *Luther* erkannte es, daß das kanonische Recht -den Protestanten durchaus nicht anpaßte. Nach wiederholtem Eifern -verbrannte er dasselbe öffentlich vor den Thoren von Wittenberg. -Aber grade die gelehrten protestantischen Juristen wurden seine -ärgsten Widersacher, und am Ende mußte er sich selbst noch wieder zu -Vorlesungen über das verhaßte Gesetzbuch verstehen, um doch wenigstens -gegen die gröbsten Mißbräuche kräftig warnen zu können. Auch edle -Triebfedern mögen hier zur Einseitigkeit führen; aber die Einseitigkeit -bleibt was sie ist. Ein geistvoller, tief gelehrter Rechtskenner, -welcher die schwersten Untersuchungen mit brennender Lust und Liebe -zur Sache, und einer glücklichen Gewandtheit anstellt, setzt nur zu -leicht voraus, daß sein Publicum durch ihn entzündet werde, und daß -am Ende vielleicht Jedermann sich auf die Höhe des Meisters schwinge. -Allein prüft nur nachher, was euren Zuhörern, auch den Besten, hängen -geblieben ist, und wie sich in der Folge der Lehrling macht, wenn -er sich eine Weile durch das schwerfällige und quälende bürgerliche -Leben hindurch gearbeitet hat. Da wird auf die rosenrothen Hoffnungen -des Meisters eine finstre Demuth folgen, und da wird die Ueberzeugung -unvermeidlich werden, daß nur die Rechtswissenschaft der Verbreitung -und voller Wirksamkeit fähig seyn kann, welche dem gemeinen Verstande -auf dem graden Wege zugänglich ist, und in dem gemeinen Verstande die -hauptsächlichsten Grundlagen für ihre Lehren hat. Das kann man freylich -zugeben, daß wir *vielleicht* künftig für Abfassung eines neuen -Gesetzbuchs noch fähiger werden, als wir jetzt sind; allein vielfach -gesunken, und gegen ferneres Sinken keineswegs gesichert, könnten -wir auch leicht das umgekehrte Schicksal haben; und so darf denn die -jetzige Generation verlangen, daß man sie nicht ungewissen Hoffnungen -opfere, und daß man zunächst für ihr Glück, als die sicherste Grundlage -des Glückes der Nachkommen, gebührende Sorge trage. - - -2. Thibauts Besprechung (Antikritik) der Schrift Savignys. - -Aus den Heidelbergischen Jahrbüchern der Litteratur. 1814. No. 59. - - Vom Beruf unsrer Zeit für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft. Von - ~D.~ *Friedrich Carl von Savigny*, ordentl. Prof. des Rechts - zu Berlin, und ordentl. Mitglied der Königl. Akademie der - Wissenschaften daselbst. Heidelberg bey Mohr und Zimmer. 1814. - 162 S. gr. 8. - -Als ich vor nicht langer Zeit einige Zusätze zu meiner kurz vorher -erschienenen Abhandlung: *Ueber die Nothwendigkeit eines allgemeinen -bürgerlichen Rechts für Deutschland* herausgab, fügte ich die -Wahrsagung hinzu, daß mein Vorschlag unter den eigentlich gelehrten -Romanisten unfehlbar die mehrsten Widersacher finden werde.[E] Meine -innigste Ueberzeugung zwang mich, darüber auch bittere Worte fallen zu -lassen, wobey ich jedoch natürlich nicht an Herrn *von Savigny* dachte -und denken konnte, da das ganze Publikum mit mir seinen Namen nicht -ohne die höchste Achtung ausspricht, sowohl in Beziehung auf ächte -Gelehrsamkeit, Tiefe und Helle des Geistes, als auch mit Rücksicht -auf jene männliche Ruhe, Kraft und Unparteylichkeit, ohne welche in -keinem practischen Fach etwas Gediegenes vollendet werden kann. Allein -bey folgenden Worten hatte ich ihn, wie wenige Andre, doch ahndend im -Sinn: »Auch edle Triebfedern mögen hier zur Einseitigkeit führen; aber -die Einseitigkeit bleibt was sie ist. Ein geistvoller, tief gelehrter -Rechtskenner, welcher die schwersten Untersuchungen mit brennender Lust -und Liebe zur Sache, und einer glücklichen Gewandtheit anstellt, setzt -nur zu leicht voraus, daß sein Publikum durch ihn entzündet werde, -und daß am Ende vielleicht Jedermann sich auf die Höhe des Meisters -schwinge. Allein prüft nur nachher, was euren Zuhörern, auch den -besten, hängen geblieben ist, und wie sich in der Folge der Lehrling -macht, wenn er sich eine Weile durch das schwerfällige und quälende -bürgerliche Leben hindurch gearbeitet hat. Da wird auf die rosenrothen -Hoffnungen des Meisters eine finstre Demuth folgen, und da wird die -Ueberzeugung unvermeidlich werden, daß nur die Rechtswissenschaft der -Verbreitung und voller Wirksamkeit fähig seyn kann, welche dem gemeinen -Verstande auf dem graden Wege zugänglich ist, und in dem gemeinen -Verstande die hauptsächlichsten Grundlagen für ihre Lehren hat. Das -kann man freylich zugeben, daß wir *vielleicht* künftig für die -Abfassung eines neuen Gesetzbuchs noch fähiger werden, als wir jetzt -sind; allein vielfach gesunken, und gegen ferneres Sinken keineswegs -gesichert, könnten wir auch leicht das umgekehrte Schicksal haben; -und so darf denn die jetzige Generation verlangen, daß man sie nicht -ungewissen Hoffnungen opfere, und daß man zunächst für ihr Glück, als -die sicherste Grundlage des Glücks der Nachkommen, gebührende Sorge -trage.« - -Diese Ahndung hat mich nun nicht betrogen, und es freut mich in -sofern aufs innigste, als jede vollendet dargestellte Ansicht eines -classischen Schriftstellers immer ihren hohen Werth hat. Herr v. S. -sucht nämlich in der vorliegenden Schrift auszuführen, daß das jetzige -Zeitalter sowohl formell, in Beziehung auf die Sprache, als materiell, -in Rücksicht des innern Zusammenhangs und der Vollständigkeit -der civilistischen Grundsätze, zu einer brauchbaren bürgerlichen -Gesetzgebung unfähig sey. Zum Zweck dieser Behauptung hat der Verf. -die Hauptmängel des Code Napoléon, des neuen Preußischen und des -Oesterreichischen Gesetzbuchs kurz hervorgehoben. Vor allen Dingen -hält er die, so unentbehrliche organische Einheit des Gesetzbuchs für -unmöglich, wenn das Werk, wie ich vorgeschlagen hatte, einer großen -Versammlung von Rechtsgelehrten aus allen Deutschen Reichsländern -übertragen werde. Sein Vorschlag geht demnach dahin: das Römische -Recht soll überall allgemeine, subsidiaire Rechtsquelle bleiben, -auch wo die neuen, beyzubehaltenden, Gesetzbücher eingeführt sind; -aber eine geistvolle historische Behandlung soll demselben das, bis -jetzt fehlende Leben geben; man soll allmählig dessen Controversen, -wenigstens durch vorläufige Verfügungen, entscheiden, und auf den -Deutschen Academien, von denen aller Zwang zu entfernen ist, auch die -Deutschen Statutargesetzgebungen zum Gegenstande academischer Vorträge -machen. -- Ein genauerer Auszug der Ideen des Verf. ist hier unnöthig, -und unmöglich. Denn wer die Arbeit eines solchen Schriftstellers über -einen solchen Gegenstand ungelesen lassen kann, dem ist doch nicht -zu helfen; und den großen Reichthum der Erörterungen, welche uns der -Verf. in einer gedrängten trefflichen Sprache gegeben hat, können bloße -Umrisse auf keine Weise anschaulich machen. Es muß hier also jenen -Andeutungen unmittelbar die Beurtheilung selbst folgen. - -Diese Beurtheilung setzt mich nun aber in einige Verlegenheit. Hätte -mich der Verf. für seine Ansichten gewonnen, so würde es wohl als die -beste unparteyische Critik gelten können, wenn ich hiemit meine eignen -früheren Vorschläge zurücknähme. Allein ich bin in der Hauptsache -nicht durch ihn bekehrt, so gern ich auch die Zurechtweisung eines -solchen Schriftstellers benutzt hätte; und so bleibt mir denn nur die -Wahl, entweder aufs Neue für meine Ansicht zu sprechen, oder, als -Mit-Redacteur dieser Jahrbücher, Dritte zu Schiedsrichtern zwischen -dem Verf. und mir aufzurufen. Zu dem Letzten bin ich aber wieder außer -Stande. Denn unter unsern thätigen Mitarbeitern im juridischen Fach -kenne ich nur drey, denen ich in dieser Sache ein Urtheil zutrauen -möchte, und von allen dreyen weiß ich gewiß, daß sie in der Hauptsache -für meine Ansicht sprechen werden. Es ist aber wohl natürlich, daß ich -mein eigenes Lob in diesen Jahrbüchern nicht anders aufnehme, als wenn -es mir ein Recensent unerwartet aufdrängt. So bleibt mir denn nichts -übrig, als meine offene Replik die Stelle einer Beurtheilung vertreten -zu lassen. Der Verf., welcher mir das, aus seinem Munde doppelt -erfreuliche Lob gibt, daß ich auch in den Zeiten der Noth als warmer -Freund des Vaterlandes der Wahrheit öffentlich gehuldigt habe, wird -gewiß, von gleichen Gesinnungen beseelt, eine solche Replik auf allen -Fall lieber sehen, als gänzliches Schweigen in diesen Jahrbüchern. - -Die Hauptfragen unter uns sind diese: ist ein neues einheimisches -gemeines bürgerliches Recht dringendes Bedürfniß der Deutschen? Läßt -sich darauf rechnen, daß wir fähig sind, ein neues Gesetzbuch zu -schaffen, welches unsern Rechtszustand gründlich bessert? und führen -die Vorschläge des Verf. vielleicht am leichtesten und sichersten zu -diesem Ziele? Ich muß die ersten beyden Fragen nach wie vor bejahen, -die letzte Frage aber verneinen. Folgendes mag und muß darüber an -diesem Orte genügen. - -Ein neues einheimisches gemeines Recht scheint mir aus dem doppelten -Grunde dringendes Bedürfniß, theils weil ohne dies keine wahre -National-Einheit, und Einfachheit der Rechtsverfassung möglich ist, -theils weil unser bisheriges gemeines Reichsrecht, in sofern es -bedeutend ist, d. h. das Römische Recht, die Haupterfordernisse eines -guten Gesetzbuchs der Deutschen nicht hat. - -Ueber den ersten Punct habe ich mich schon in meiner früheren -Abhandlung ausführlich erklärt, und ich finde mich nicht widerlegt, -wenn der Verf. S. 42. 43 dagegen dies erinnert: »In jedem organischen -Wesen, also auch im Staate, beruht die Gesundheit darauf, daß beydes, -das Ganze und jeder Theil, im Gleichgewicht stehe, daß jedem sein -Recht widerfahre. Daß ein Bürger, eine Stadt, eine Provinz den Staat -vergessen, dem sie angehören, ist eine sehr gewöhnliche Erscheinung, -und jeder wird diesen Zustand für unnatürlich und krankhaft erkennen. -Aber eben so kann die lebendige Liebe zum Ganzen bloß aus der -lebendigen Theilnahme an allen einzelnen Verhältnissen hervorgehen, -und nur wer seinem Hause tüchtig vorsteht, wird ein trefflicher -Bürger seyn. Darum ist es ein Irrthum, zu glauben, das Allgemeine -werde an Leben gewinnen durch die Vernichtung aller individuellen -Verhältnisse. Könnte in jedem Stande, in jeder Stadt, ja in jedem Dorfe -ein eigenthümliches Selbstgefühl erzeugt werden, so würde aus diesem -erhöhten und vervielfältigten individuellen Leben auch das Ganze neue -Kraft gewinnen. Darum, wenn von dem Einfluß des bürgerlichen Rechts auf -das Vaterlandsgefühl die Rede ist, so darf nicht geradezu das besondere -Recht einzelner Provinzen und Städte für nachtheilig gehalten werden. -Lob in dieser Beziehung verdient das bürgerliche Recht, in soferne es -das Gefühl und Bewußtseyn des Volkes berührt oder zu berühren fähig -ist; Tadel, wenn es als etwas fremdartiges, aus Willkühr entstandenes, -das Volk ohne Theilnahme läßt. Jenes aber wird öfter und leichter bey -besonderen Rechten einzelner Landstriche der Fall seyn, obgleich gewiß -nicht jedes Stadtrecht etwas wahrhaft volksmäßiges seyn wird. Ja für -diesen politischen Zweck scheint kein Zustand des bürgerlichen Rechts -günstiger, als der, welcher vormals in Deutschland allgemein war: große -Mannigfaltigkeit und Eigenthümlichkeit im Einzelnen, aber als Grundlage -überall das gemeine Recht, welches alle Deutschen Volksstämme stets an -ihre unauflösliche Einheit erinnerte.« - -Ich selbst habe im Anfange meiner Abhandlung erklärt, wie sehr -ich die Vortheile der Eigenthümlichkeit und Mannigfaltigkeit der -einzelnen Deutschen Länder zu erkennen weiß, und bin daher auch -wohl von dem unbedachtsamen Haufen unsrer Politiker, welche nur das -Sturmlaufen verstehen, recht grämlich beurtheilt worden, -- mir zur -Freude und Genugthuung. Auch habe ich es laut anerkannt, daß ich die -bürgerliche Einheit keineswegs wünsche, wo entschiedene Oertlichkeiten -derselben entgegenstehen. Allein eine solche Mannigfaltigkeit und -Einheit, wie sie unser Verf. nach dem Obigen wünscht, scheint mir -die Nation noch tiefer in ihre bisherige grenzenlose Ohnmacht und -Zersplitterung herabzustoßen. Wenn das, was grade die Menschen am -mehrsten zusammenhält, -- das lebendige Wesen des täglichen Thuns und -Treibens, so recht buntschäckig und launevoll werden soll: wo wird dann -der brüderliche, gleiche Volkssinn dadurch Nahrung finden, daß jeder -den Trost hat, im Nothfall werde auch noch wohl einmal die Definition -oder Entscheidung eines leidigen fremden Gesetzbuchs für einzelne Fälle -durchgreifend werden, wie z. B. ein feiner Satz über die ~petitio -hereditatis~, während nach den originellen Statutar-Rechten auf -dieser Seite eines Deutschen Berges die Frauen als Intestat-Erbinnen -ihres Mannes neben den Vettern nichts bekommen, und auf jener Seite -den Kindern vorgehen? Ich muß es wiederholen, und ich weiß, daß -viele Deutsche Männer von einfachem, kräftigem Sinn auf meiner Seite -stehen: es ziemt dem Deutschen, dem Nachbarn seine Launen, Moden und -Gefühle zu lassen, und es soll hoch und in Ehren gehalten werden, -was überall das unerklärbare Angebohrne Eigenthümliches geschaffen -hat: aber Bescheidenheit und Vaterlandsliebe sollen sich fügen und -schicken, wo die Ueberlegung zu richtigen *Begriffen* kommen kann; -wo leichter Verkehr den Segen der Einfachheit unwidersprechlich -macht; wo bey der Vielfachheit in der Regel ein Theil offenbar -irrt: und dies ist grade bey unsern bürgerlichen Einrichtungen der -Fall. Der Wunsch, ein sicheres Eigenthum zu haben; die häuslichen -Verhältnisse und Intestat-Erbrechte nach den, überall im Ganzen -gleichen verwandtschaftlichen und ehelichen Neigungen eingerichtet -zu sehen; sich auf den Fall der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners -fester Rechte zu erfreuen; an allen Seiten Sicherheitsformen zu haben, -aber lästiger Formalien überhoben zu seyn, -- über diese und tausend -andre Dinge des bürgerlichen Rechts werden die Einwohner Deutschlands -nur Eine Stimme haben, wenn sie gehörig angeregt und belehrt werden; -und selbst ein Befehl könnte hier genügen, wie manche der Länder -zeigen, wo neuerlich ohne alle Schonung das Neu-Französische Recht -unbedingt eingeführt ward, und wo die juristische Einheit sich sehr -leicht machte, ohne daß dennoch im Uebrigen die Local-Originalitäten -irgend verwischt wurden. Aber das weiß ich freylich, daß man bey uns -mehr, als bey andern Nationen, die Nothwendigkeit des zufälligen Seyns -zu construiren versteht. Wie *Kant* einmal gegen die Philosophen -bemerkt, daß sie ~a priori~ nach dem hinzielen, was sie sich vorher ~a -posteriori~ aufgesteckt haben, so kann man auch mit allem Recht sagen, -daß unsre klügelnden Juristen und Politiker, besonders seit der, aus -den neueren Revolutionen erfolgten Abspannung und Kleinmüthigkeit, -alles zu rechtfertigen und zu beschönigen suchen, was sich nun einmal -zufällig so oder so gemacht hat. Allein das wird doch Niemand zeigen -können, daß es nicht unendlich wünschenswerth wäre, wenn das Volk -den Muth faßte, sich da, wo alle thätigen Verhältnisse durch, und in -einander greifen, der alles verwirrenden bisherigen Vielfältigkeiten -zu entschlagen; in Betreff des Rechten gleich zu denken und zu -handeln; und nur da den Eigenthümlichkeiten Raum zu geben, wo sie -den vernünftigen Nachbarn nicht stören, oder gar erfreuen können. -Die Behauptung der inneren Notwendigkeit der Buntschäckigkeit unsers -bisherigen Rechts wird schon durch die Unendlichkeit des Allerley von -selbst widerlegt. Denn es findet sich in den nächsten Berührungen, -unter völlig gleichen Umständen, auf allen Seiten, und bestätigt so, -was die tägliche Erfahrung über die Seelenlosigkeit des größten Theiles -unsres Rechts handgreiflich lehrt, nämlich, daß nicht Naturkräfte und -Ideen die steten Triebfedern dabey sind, sondern oft bloß zufällige -Entschlüsse, Mangel an Umsicht und Ueberlegung, und dann im Vollenden -die trockne, endlose grammatische Auslegung, welche verurtheilt ist, -aus den kümmerlichen Aehren die tauben Körner auszudreschen. Mit -voller Ueberlegung hat die Deutsche Nation nie geschaffen, was ihre -Glieder jetzt trennt und verwirrt; und so soll man denn mit aller Macht -Heilmittel herbeyschaffen, nicht aber den Kranken glauben machen, daß -seine Pein so recht das wahre Gutbefinden und Wohlbehagen sey. - -Daß nun aber Justinians Sammlungen *als Gesetzbuch* ein gänzlich -mißrathenes Werk sind, bleibt unwidersprechlich, obgleich man dem Verf. -gern zugeben kann (und dies habe ich immer getan), daß die Römischen -Classiker große Anlagen für tiefe und umfassende Ansichten hatten. -Denn das Ganze ist nun einmal durch schlaffe Barbaren verkrüppelt -und verbildet; voll der ärgsten Widersprüche; fast nirgend auf -weise legislative Grundsätze gebauet; wegen der Vielfachheit bloßer -Einzelnheiten ohne deutliche Gründe unendlich lückenhaft; unserem -Volks-Charakter nicht zusagend; und dunkel und räthselhaft an allen -Enden. Meinem Vorwurf, daß wir nicht einmal einen festen Text besitzen, -und denselben aus zahllosen Varianten bilden müssen, begegnet zwar -der Verf. dadurch, daß er meint, drey bis vier Ausgaben könnten einen -Mann von kritischem Sinn schon ziemlich zum Ziele führen, und das -Ganze werde die fortschreitende Wissenschaft schon vollenden; wobey -er denn noch daran erinnert, daß ja die Unsicherheit des Textes -auch bey unsern heiligen Büchern Statt finde (S. 123). Allein mein -Vorwurf wird dadurch nicht entkräftet. Die Gesetze greifen mit allen -ihren feinsten Einzelnheiten in das wirkliche Leben, und da gibt es -kein Beruhigtseyn *im Ganzen*. Man muß alles Kleinere wissen. Wer -also auch die vier Ausgaben von *Contius*, *Russardus*, *Pacius* und -*Gothofredus* zur Hand hat (ein seltener Fall!), und dann doch erwarten -muß, daß die nächste beste andre Ausgabe, z. B. von *Baudoza*, wieder -ihre eignen Lesarten habe, der kann unmöglich beruhigt seyn. Von dem -Fortschreiten der Wissenschaft erwarte man aber nie eine Vollendung. -Was bisher seit acht Jahrhunderten, durch alle Zeiten der Kraft und -Arbeitsamkeit nicht geschehen ist, das wird ferner himmelfest auch -unterbleiben. Die Arbeit ist zu ungeheuer und die Richtung der neueren -Zeit wird sie den Gelehrten immer unerträglicher machen, wenn auch -wohl da und dort ein glänzendes Probestückchen erscheinen möchte. Die -Vergleichung mit der Bibel scheint aber weder passend, noch tröstend -zu seyn. Denn ihre Varianten lassen dem Glauben seine Freyheit, und -im Glauben kann das Vielfache unbeschadet neben einander bestehen. Im -Fach des äußern Rechts dagegen läßt sich nur Ein Gesetz denken, und da -beruhet immer das Glück des Bürgers darauf, ob man ihn nach dieser oder -jener Variante behandelt. Auch ist bey der Bibel der Nothstand, daß -eine neue Offenbarung nicht verlangt werden kann, während es bey einem -menschlichen Gesetzbuch eine Schande der Regierung genannt werden muß, -wenn sie einen verwilderten, der gesetzlichen Besserung fähigen Text -seinem eignen Schicksal überläßt. Zur Bestärkung meiner Klagen will -ich hier nur noch daran erinnern, daß *Jauch* einen ganzen Oktav-Band -über die, in den Pandekten zu setzenden oder zu streichenden Negationen -geschrieben hat, und daß man mit einigen hundert gesetzgebenden ~*non*~ -mehr oder minder die ganze Welt umkehren kann. - -Daß wir jetzt zur Abfassung eines neuen Gesetzbuchs unfähig sind, -scheint mir die Geschichte der bisherigen jüngsten Gesetzbücher eben -so wenig zu beweisen, als ich aus der Geschichte der Schlacht von -Jena beweisen möchte, es hätten den Preußen die Feldzüge von 1813 und -1814 mißlingen müssen. Der ~Code Napoléon~ kann hier gar nicht in -Betracht kommen. Denn wenn die Franzosen der jüngsten Zeit ihre eignen -classischen älteren Juristen kaum dem Namen nach kannten, so lag die -bürgerliche Gesetzgebung ganz außer ihrer Sphäre. Eben so wenig bietet -das neue Preußische und Oesterreichische Gesetzbuch entscheidende -Abschreckungsgründe dar. Beyde fanden ihre Veranlassung in der Periode -unsrer, auch in wissenschaftlicher Hinsicht größten Schlaffheit, -und bey beyden waren nur wenig bedeutende Männer thätig mitwirkend, -besonders bey dem Oesterreichischen Gesetzbuch, dessen Verfasser -nirgend in Deutschland nach Hülfe suchten. Dennoch ist nach meiner -innigsten Ueberzeugung eben dieses Gesetzbuch durch seine Bündigkeit, -und seine einfachen, kräftigen, eigenthümlichen Ansichten höchst -merkwürdig, und könnte, -- obgleich ich dessen unbedingte Annahme in -Deutschland nicht mit Andern wünschen möchte, -- als Grundlage der -Discussion bey einem neuen Gesetzbuch unvergleichliche Dienste leisten. -Zu tadeln ist daran gewiß noch viel, so wie auch das sorgfältigst -gearbeitete neue Gesetzbuch noch allerley zu erinnern übrig lassen -würde. Aber warum will man denn vorzugsweise alles herabsetzen, und -mißtrauisch gegen alles machen, was unsre eigne Kraft schaffte, und -schaffen kann? Es ist wahr: wir werden das neue Gesetzbuch nicht -durchaus so naiv und wundervoll klar und kräftig schreiben, wie -es *Luther* und *Logau* hätten schreiben können, und der Lücken, -Dunkelheiten und Inconsequenzen werden auch noch wohl da und dort -vorkommen. Allein wer darüber klagt, der sollte doch nicht vergessen, -daß die Sprache des Codex fast durchaus nichts, daß die Sprache der -Novellen gar nichts taugt, daß selbst die, überall räthselhaften -Pandekten keinen, einer Gesetzgebung würdigen Styl enthalten, und daß -das ganze Justinianeische Gesetzbuch mit Inconsequenzen, Lücken und -schlechten Rechtssätzen übersäet ist. Wenn also der Verfasser S. 115 -gegen die chirurgische Behandlungsart, welche ich für nothwendig halte, -einwendet: »wir könnten dabey leicht auf gesundes Fleisch treffen, -das wir nicht kennen, und so gegen die Zukunft die schwerste aller -Verantwortungen auf uns laden«, so erwiedere ich: laßt uns dennoch -den alten Krebs ausschneiden; es wird schon junges besseres Fleisch -nachwachsen, und wir werden eher und sicherer ganz geheilt, als wenn -man durch die Wissenschaft die bösen Säfte künstlich zu vertheilen, -oder allmählig abzuleiten sucht. - -Darauf, daß eine große Versammlung bedeutender Rechtsgelehrten aus -allen Deutschen Ländern das Werk vollende, muß ich aber noch immer -besonderes Gewicht legen, obgleich ich gern einräume (was ich auch -nie leugnete), daß erst Einzelne der Bedeutendsten die Grundlagen -auszuarbeiten haben. Aber die Vollendung ist das Werk keines Einzelnen, -und so wird denn, der Provocation des Verfassers ungeachtet, schwerlich -ein einzelner Privat-Mann den Entwurf eines Civil-Gesetzbuchs allein -wagen, oder jemals allein etwas damit ausrichten. Betrieben unsre -Deutschen Regenten die Sache wieder kümmerlich, wie früher so manche -andre wichtige Staatsangelegenheit, so würde ich gern der Erste seyn, -um das neue Werk mit einer rüstigen Strafrede anzufallen. Allein -benutzt nur diesen seltenen Augenblick des warmen Eifers und der -Verträglichkeit der Völker; wendet nur etwas Ehrenwerthes auf das -heilsame Werk; vereinigt die Kräfte der jetzigen besten Theoretiker, -und gebt ihnen aus jedem Lande zum Mitgehülfen einen erfahrnen Kenner -des Landrechts, nicht nach der mißlichen Wahl der Höfe, sondern -allein nach dem Urtheil der, auf ihre Eidespflicht angerufenen -höheren Landesgerichte; und behandelt das Ganze von oben als eine -der wichtigsten National-Angelegenheiten, mit Regsamkeit, Kraft und -Ehrerbietung: dann wird schon etwas Musterhaftes vollbracht werden, -und zum Tadeln wird nicht mehr Veranlassung seyn, als bey den besten -andern bisherigen menschlichen Werken. Hätten wir doch im Fach der -Rechtswissenschaft einen *Göthe*, welcher uns recht klar darlegen -könnte, wie wir, gleich seinem *Hermann*, von Haus aus ängstlich, -und uns selbst mißtrauend, unsre besten Kräfte verkennen, aber des -höheren Fluges nicht unfähig sind, wenn unsre Kraft geweckt, und -unser Selbstvertrauen belebt wird: dann würde schon die Ueberzeugung -herrschend werden, daß wir auch im Fach der Gesetzgebung nicht bey -fremden Völkern zu betteln brauchten, und ein Gesetzbuch vollenden -könnten, hinter dem auf allen Fall unser bisheriges Recht weit -zurückstehen müßte! - -Für den eignen Plan des Verfassers habe ich alle Achtung, in sofern -er ein Ausdruck seines herrlichen wissenschaftlichen Eifers, und -seines wohlbegründeten Selbstgefühls ist; aber in Beziehung auf die -Außenwelt kann ich ihn durchaus nicht billigen. Die historische -Rechtswissenschaft als solche kann nur das Gute fördern und vollenden, -wenn sie in der Lage ist, von weisen Grundlagen auszugehen, und deren -Wirkungskreis zu erweitern. Allein in dieser Lage sind wir bey dem -Römischen Rechte nicht. Ueberall in den Hauptlehren unglückliche -positive Grundgedanken; überall verwirrte räthselhafte Details; überall -ein willkürliches, oft rasendes Hineinfahren gelegentlicher Eigenmacht, -und eine Masse von Folgesätzen des Kampfes der Billigkeit, und des -Edicts mit dem strengen Rechte, ohne daß Justinianus es verstanden hat, -das Ganze zu einer gleichartigen Masse zu bilden! Bey diesen zahllosen, -ungeheuren Gebrechen könnte die historische Rechtswissenschaft nur in -sofern wohlthätig werden, als sie, eine neue Gesetzgebung verlangend, -sich sorgfältig bemühte, alle jene Gebrechen als solche zur Lehre und -Warnung hinzustellen; aber ihre bloßen klaren Entwickelungen werden -das Volk nicht glücklicher machen, sondern ihm nur sein Unglück noch -anschaulicher darstellen. - -Es bleibt daneben aber noch das zweyte trostlose Hauptübel, daß alle -Wissenschaft uns nicht zu der Gewißheit führen kann, welche einem guten -Rechtszustande nothwendig ist. Denn der Text des Justinianeischen -Rechts ist nun einmal durch und durch ungewiß und zweydeutig, und die -Zahl der räthselhaften Fragmente ist unendlich. Daß mit jedem Tage -immer mehr gute neue Ideen zum Vorschein kommen werden, läßt sich -freylich erwarten: aber ich muß nochmals wiederholen, was ich schon vor -sechszehn Jahren gesagt habe: der eigentliche Rechtszustand gewinnt -nicht dadurch, daß immer mehr Gutes in die Bücher hineinkommt, sondern -nur durch die allgemeine lebendige Verbreitung in den Köpfen; nicht -dadurch, daß Professoren ihre Lieblingslehren munter vortragen, sondern -dadurch, daß die Richter und Anwälde sich des Besten ganz bemächtigen, -und bemächtigen können. Von diesem Ziele werden wir aber immer weiter -abkommen. Je verfeinerter bey einem solchen chaotischen Gesetzzustande -die Wissenschaft wird, desto mehr bekommen die Zweifler und -Streitsüchtigen Gelegenheit, immer neue Ideen zu wagen, und alles zu -verwirren; auch wird die Masse des Wissenwürdigen immer unermeßlicher. -Freylich kann ein partieller Eifer auf eine sehr glänzende Weise -hervorgebracht werden; aber das Ganze wird damit nicht gefördert. So -ist z. B. das classische Werk des Verf. über den Besitz allgemein mit -dem größten Eifer studirt; aber dafür sind die unschätzbaren ~errores -pragmaticorum~ von *Faber* desto weniger gelesen; und so wird es mit -jedem Tage weiter gehen, ohne daß doch jemals die alte Litteratur durch -die neue entbehrlich werden wird. - -Die Wissenschaft wird also die Zweifel und Controversen nicht genügend -heben können, und daher will auch der Verf. eine Mitwirkung der -Regierungen durch provisorische Verfügungen. Allein das wäre nach -meiner Ueberzeugung das größte Unglück. Denn zu solchen Verfügungen -gehören große theoretische Kenntnisse, welche sich in den einzelnen -Deutschen Justiz-Ministerien nur selten finden werden, und man kann -daher mit voller Sicherheit behaupten, daß das Römisch-Deutsche -Recht in den kläglichsten Zustand der Hölzernheit, Verwirrung und -Inconsequenz kommen würde, wenn alle einzelnen Regierungen nach dem -Maaß ihrer Kräfte und Einsichten daran herumarbeiteten; besonders -da die Verrückung Eines Satzes leicht auch die Aenderung eines -zweyten und dritten zur Folge haben muß, und da die gewöhnlichen -Gelegenheits-Gesetzgeber selten wahrnehmen, wie eingreifend einzelne -Sätze sind, wenn man sie folgerecht durchführte. Wenn also auch jetzt -die Freunde des Römischen Rechts zur vorläufigen Beruhigung der Gegner -auf die heilbringende Hülfe der Regierungen hindeuten, so werden sie -doch nachher selbst im Einzelnen immer bedenklich, und mit Recht, gegen -Aenderungen warnen, und sich das wissenschaftliche Steuerruder nicht -aus der Hand winden lassen; und so kommen wir denn mit den Vorschlägen -des Verfassers zu dem Dilemma: wirkt man von oben, so taugt es nichts; -wirkt man aber bloß durch die Wissenschaft, so ist das Volk dem -Verderben und der Ungewißheit preis gegeben. - -Uebrigens kann niemand mehr, wie ich, den unschätzbaren Werth einer -geistvollen historischen Behandlung des Rechts erkennen, und die -Rechtsgelehrten verehren, welche in den neuesten Zeiten dieser -Behandlungsart wieder Eingang verschafft haben. Auch bin ich -überzeugt, daß von dieser Seite noch unendlich viel Gutes geschehen -kann. Allein an eine historische Wiedergeburt und Erlösung glaube ich -nicht; und nebenbey kann ich auch nicht die Besorgniß unterdrücken, -daß unsre Wissenschaft von dieser Seite sehr leicht verfälscht -werden könnte. Was die älteren Französischen Juristen bis auf *J. -Gothofredus*, was die besseren Holländer, was unsre *Heineccius* und -*Ritter* geleistet haben, wird im Ganzen nie übertroffen werden; und -doch blieb unsre Rechtswissenschaft schlecht, verwirrt und ungewiß. -Daß man mehr Geist und Haltung in unsre Rechtsgeschichten bringen -wird, kann keinen Zweifel leiden. Allein das alles wird nur das Ganze -im Allgemeinen betreffen, aber nicht das endlose feinere Detail, -welches dem Richter eben so nahe liegt, als das Allgemeine. Wir nehmen -zwar immer mehr die Wendung, daß wir eine Einheit der Gründe und des -Geistes herauszubringen, und alle Einzelnheiten darauf zurückzuführen -suchen. Aber wir werden vergebens mit dem Unmöglichen ringen. Noch nie -hat sich ein positives bürgerliches Recht aus einfachen, nothwendigen -Elementen consequent herausgebildet. Die zufällige Wortfassung eines -Gesetzes wird oft für Jahrhunderte entscheidend, wie schon die zwölf -Tafeln zeigen; und wenn alle Arten der guten und schlechten Köpfe -tausend Jahre an einer Rechtsverfassung herumgepfuscht haben, so -kann auch nicht entfernt an eine organische Einheit gedacht werden. -Selbst die Praxis ist nur zu oft ein blindes Werkzeug des Zufalls, so -schön es auch klingt, daß es mit dem Recht gut stehe, wenn es sich -nur von selbst mache; daher auch die classischen Juristen der Römer -sich mehrfach über schlechte Rechtssätze ihrer Praxis aufgehalten -haben (z. B. ~L. 6. §. 2 si servit. vindic. L. 9. de religiosis~). -Das Schlimmste ist aber: eine Rechtsverfassung, welche sich von Jahr -zu Jahr durch Einwirkung aller möglichen Zufälligkeiten ausbildet, -sinkt allmählig in Ansehung ihrer *Gründe* in den dicksten Nebel; und -wenn dann noch dazu, wie bey dem Römischen Recht, die Urkunden der -Geschichte unsicher, verdorben, oder ganz verloren sind, so müssen sich -die historischen Erörterungen, welche das Feine und Einzelne, also -recht das Practische betreffen, in schwankende Voraussetzungen und -Vermuthungen auflösen; wobey denn unser, leider nicht zu verkennender -Hang für das Hineinlegen unsrer Eigenthümlichkeit in das Alterthum, -und für künstliche Zusammenhäufung vornehmer Träumereyen, so recht -nach Lust und Gefallen alles unter das gelbe Glaß bringen kann. Je -eifriger dann herüber und hinüber gestrebt wird, desto größer muß für -das Practische die Ueberlast und die Verwirrung werden. Ich will den -Verf. nur an das unvergleichliche Werk unsres *Niebuhr* erinnern. Laßt -dieses Werk ganz vollendet werden, und sich auch über die Einzelnheiten -unsrer Rechtsgeschichte verbreiten: was wird der Erfolg seyn? Der große -Haufen wird es anstaunen und nicht verstehen; die Mittelköpfe werden -es loben, etwa wie der Furchtsame im Dunkeln singt, und wenig Nutzen -daraus ziehen; und wenn es möglich wäre, daß Männer mit solcher fast -unglaublicher Gelehrsamkeit, mit dieser Tiefe und Fülle des Geistes, -und dieser kritischen Kühnheit neben *Niebuhr* auftreten könnten, -so würde der ganze Stoff so in Schwanken, und die Untersuchung in -solche Tiefen gerathen, daß für die Praxis die ganze Masse eben so ein -todter Stoff werden würde, als manche der besten Streitschriften der -Alt-Italiänischen Philologen und Rechts-Historiker. - -Ich denke daher: haltet die Rechtsgeschichte, und vor allen Dingen -die Geschichte des, doch immer vorzüglich bedeutenden Römischen -Rechts in den höchsten Ehren, damit philosophische Armuth uns niemals -verkleinliche, und damit wir mit den vielfachen Veranlassungen unsres -neu-europäischen Zustandes vertraut bleiben. Allein überschätzt die -Geschichte nicht, damit in Ansehung ihrer nicht auch Statt finde, -was gewöhnlich das wahre Glück des einzelnen Menschen zerstört, -nämlich, daß er in wehmüthigen Rückerinnerungen an Zeiten, welche -nicht besser waren, als die jetzigen, träumend lebt, und darüber das -Gute der Gegenwart übersieht und unbenutzt läßt. Der Rückblick auf -die Werke der vergangenen Zeit mag unsre Begriffe schärfen, unsre -Einbildungskraft beleben und veredeln; aber wir müssen Muth und Willen -behalten, durch unsre eigne Kraft die wesentlichen Grundlagen unsres -Glückes zu schaffen; und erst dann wird es recht mit uns werden, wenn -wir das Alterthum, so weit es gewiß ist, also im Großen und im Ganzen, -uns lebhaft vergewärtigen, aber im Uebrigen für die Einrichtung der -Wirklichkeit unsrer Kraft mit heiterer Zuversicht vertrauen. Und dazu -kann uns unsre eigne Geschichte alle Gründe der Aufmunterung geben, -namentlich für das Fach des äußeren Rechts. Denn wenn wir unparteyisch -erwägen wollen, welche Geisteskraft und Consequenz sich z. B. in -dem System des Katholicismus ausgedrückt hat, in dem Lehns-System, -in unserm Wechsel- und Bauern-Recht, und in einer Menge politischer -Einrichtungen: so bleibt auch dem neueren Europa sein großes, -eigenthümliches Verdienst, welches ohne Zweifel noch unendlich größer -gewesen seyn würde, wenn wir uns nicht von allen Seiten durch fremde -Begriffe hätten überraschen und unterjochen lassen; und es verdient -wahrlich nicht den Namen eines unüberlegten Wagstücks, wenn wir, mit -Deutscher Gediegenheit, einträchtig und eifrig, unsern Rechtszustand -nach unsern Anlagen und Bedürfnissen männlich zu bestimmen suchen. - -Der Verf. hat auf der letzten Seite seiner Schrift einige Auszüge aus -*Melanchthons* Reden gegeben, welche den Wunsch, daß das Römische -Recht als Schutzwehr gegen Barbarey beybehalten werden möge, lebhaft -aussprechen. Für die wilde, ungebildete Zeit des 16ten Jahrhunderts -mag dies gern als lautere Wahrheit gelten; aber keineswegs für den -inneren Werth der Justinianeischen Compilation. Ich will darüber auch -zum Beschluß etwas Merkwürdiges anführen, nämlich eine Aeußerung -von *Muretus*, welcher, mit den Schriften der großen Italiänischen -und Französischen Juristen bekannt, und nachdem er selbst über die -Pandekten ausführliche Vorlesungen gehalten hatte, im Jahr 1580 von Rom -aus Folgendes (~opp. T. 4. p. 191 sqq.~) einem Freunde schrieb: ~»Ex -omnibus veterum scriptorum monumentis, Paule Sacrate, nulla pejus ab -hominibus imperitis ac temerariis flagitiosiusque tractata sunt, quam -ea, quibus jus civile populi Romani continebatur. Nam cum extitisset -antiquitus magna quaedam vis hominum eruditorum, qui leges, senatus -consulta, plebiscita, edicta magistratuum et urbana et provincialia -tum copiosis et uberibus tum mundissimo ac nitidissimo orationis -genere scriptis commentariis illustrassent; jamque immensi operis -videretur, eorum omnium scripta pervolvere; arduum etiam et difficile -in crebris, ut fit, eorum dissensionibus, quid optimum ac verissimum -esset, judicare: ei malo mederi cupiens imperator Justinianus negotium -Triboniano et aliquot aliis dedit, ut ex eorum scriptis ea tantum -excerperent, quae utilia essent quaeque in judiciis obtinerent: quae -cum in unum corpus, resectis ceteris, ordine digessissent, sola -tererentur studiosorum manibus eisque laborem minuerent ac levarent. -At illi, hac potestate accepta, non ut ille Horatianus agricola, qui -inutiles ramos falce amputans feliciores inserit, sed ut milites -accepte signo ad oppidum aliquod diripiendum ac depraedandum, per -medium jus civile grassantes et, ut quidque obvium erat, lacerantes, -mutilantes, trucidantes, brevi tempore exhibuerunt nobis veteres -jurisconsultos, instar Deiphobi,~ - - ~*laceros crudeliter ora,*~ - ~*Ora manusque ambas;*~ - -~quamque disciplinam perpurgandam ac perpoliendam susceperant, eam -ita deformarunt, ut vix ulla amplius ejus imago superesset. Quam -enim hanc infelicitatem esse dicemus, quod, cum hoc jus ex legibus, -senatus consultis, plebiscitis, edictis magistratuum, constitutionibus -principum, responsis prudentum constare dicatur, hodie in libris -juris nulla lex extat, nullum senatus consultum, integrum saltem et -=holoklêron=, nullum plebiscitum; edicti perpetui paucae quaedam, ut -ex naufragio, tabulae; ipsae principum constitutiones multis locis -decurtatae et ha =êkrôtêriasmenai=; prudentum autem scripta ita -distracta, dilacerata, divulsa, ut in eis vetus illa Hippolyti fabula -renovata videatur. Itaque hodie non aliter jus civile discere cogimur, -quam si, sublatis et extinctis omnibus Aristotelis et Aristoteleorum -interpretum scriptis, fragmenta tantum quaedam reperirentur, e -variis Alexandri, Themistii, Simplicii, Philiponi et aliorum -decerpta commentariis, ex quibus utcunque in communes locos digestis -Aristoteleam philosophiam discere juberemur.~« - - -3. Urteile der Zeitgenossen zu den Streitschriften Thibauts und -Savignys.[F] 1814-1818. - - - 1. *Besprechungen von Thibauts Schrift (Originalausgabe und - erweiterter Abdruck in Thibauts Civilistischen Abhandlungen, - Heidelberg 1814, S. 404 bis 466).* - -~a~) Jenaische Allgemeine Literatur-Zeitung, Jena und Leipzig, 1814 Nr. -185 mit der Unterschrift R. V. K. - -Sowohl früher, als in der neuesten Zeit, haben auch andere Stimmen sich -schon über diesen Gegenstand vernehmen lassen; noch nie aber ist dies -auf eine so überzeugende, Geist und Herz so eindringlich in Anspruch -nehmende Weise geschehen, als in diesen wenigen, aber inhaltschweren -Bogen.... Eifrigen Widerspruch aber wird hin und wieder des Vfs. Urteil -über unsere hauptsächlichste Rechtsquelle, nämlich über das römische -Recht, finden.... Einen der größten Mängel, wenn gleich nur relativen, -unseres bisherigen Rechtes hat der Vf. viel zu wenig herausgehoben, -*den* nämlich, daß es ein *fremdes* Recht ist.... Sind wir denn aber so -ganz unfähig zu einer selbständigen Vereinigung, daß es selbst *hiezu* -der Hilfe und Garantie fremder Mächte bedürfen sollte? - - -~b~) Allgemeine Literatur-Zeitung, Halle und Leipzig, 1814 Stück 152, -153. Für Thibaut. Es handele sich um einen seit 50 bis 100 Jahren laut -gewordenen »Volkswunsch«. - -Ebenda, Stück 267. - -In einer sinnigen Abhandlung, kurz und kräftig, wie es sein muß, -wenn man einen großen allgemeinen Eindruck machen will, zeigt Herr -*Thibaut* die Notwendigkeit eines allgemeinen Rechts. Die unheilbaren -Gebrechen der römischen Gesetzbücher werden in ihrem ganzen Umfange -enthüllt; an dem französischen Gesetzbuch hätte auch wohl seine geheime -Grundlage: Conscription und Enregistrement entdeckt werden müssen.... -Die Einwendungen gegen ein deutsches Gesetzbuch werden siegreich -beantwortet. Bei der Entwicklung seiner Vorteile hätten wir mehr Tiefe -erwartet. Die Vorteile für die Gelehrten und Akademieen sind zuerst -genannt, da es doch nur Nebenvorteile sind. Sein Nutzen für die Bürger -wird bloß darin gesetzt, daß es dem Unwesen der Collisionen steuere, -daß es der politischen Zersplitterung und dem Kleinigkeitsgeiste -das Gegengewicht halte und daß in den einzelnen Ländern nichts -Vollkommenes zu erwarten sei. Es hat uns endlich weh getan, in dieser -sonst schätzbaren Schrift die Meinung zu finden: Die Erlassung des -Gesetzbuches müsse wie ein Völkervertrag unter feierlicher Garantie der -auswärtigen alliirten Mächte behandelt werden. - - -~c~) Wiener Allgemeine Literatur-Zeitung, Wien, 1814 Nr. 98 (Xxxx). - -Diese Vorfrage (die politische, s. o. S. 12) abgerechnet, müssen wir -gestehen, daß der Hr. Verf. seine Materie auf die gründlichste Art -abgehandelt hat. Seine gehaltvolle Schrift ist eine um so erfreulichere -Erscheinung, als es nach der Flut der Ideale, womit wir bisher -überschwemmt worden sind, gewaltig Not tut, wieder einmal Etwas zu -vernehmen, das uns in das Reich der Wirklichkeit zurücklenkt. Die -Abhandlung hat nicht bloß für den gegenwärtigen Zeitpunkt ein hohes -Interesse, sondern auch für die Folge einen bleibenden Wert, da sie -nebst dem eigentlichen Thema noch mehrere andere Gegenstände berührt, -die dem Freunde der Rechtswissenschaft von hoher Wichtigkeit sind. Wenn -wir auch voraussetzen können, daß ihre inhaltsschweren Worte bereits -die rege Teilnahme aller deutschen Biedermänner gefesselt haben, und -die kräftige Schrift in den Händen der Meisten unserer Leser sein -werde, so halten wir es doch nicht für überflüssig, bei der Analyse -derselben noch einige Zeit zu verweilen. Die in ihr ausgesprochenen -Wahrheiten können nicht oft genug wiederholt werden, und wenn es auch -nicht nötig ist, sie in den deutschen Erbländern des österreichischen -Kaiserstaates in Anregung zu bringen, da sich dieselben bereits eines -allgemeinen bürgerlichen und peinlichen Gesetzbuches erfreuen, das, -bis auf die noch nicht revidierte Prozeßordnung, allgemein als ein -Muster der Vortrefflichkeit anerkannt wird, -- so sind dieselben doch -für Deutschland im Allgemeinen von zu hohem Interesse, als daß sie -in dem mächtigsten Bestandteile dieses Reichs nicht einer besonderen -Beachtung würdig gehalten werden sollten.... Die Vorteile, welche -aus der Einführung eines Nationalgesetzbuches für den Gelehrten, -für den akademischen Unterricht, für die Schärfung des, bis jetzt -auf den deutschen Universitäten vernachlässigten praktischen Sinnes -in den Studirenden, für den ausübenden Juristen, und vorzüglich für -das Glück der Bürger entspringen müssen, können wohl nicht mehr -einleuchtender erwiesen werden, als es in dieser kleinen, aber sehr -gehaltvollen Abhandlung geschehen ist.... Rühmlich ist die Kühnheit, -mit welcher der Hr. Verf. gegen Vorurteile und Mißbräuche zu Felde -zieht, besonders da er nicht verkennt, wie sehr er den Widerspruch, -vorzüglich der eingewurzelten Selbstsucht auf sich ziehen wird. Er ist -auf die Vorwürfe der einseitigen Verehrer des Pandektenrechts, deren -Zorn er besonders durch seine Ausfälle auf ihr mit ausschließender -Liebe gepflegtes Schoßkind rege gemacht haben muß, so wie auf -die Bedenklichkeiten in Voraus gefaßt, welche von heimlichen und -öffentlichen Widersachern gegen die Abfassung eines deutschen -Gesetzbuches in Anregung gebracht werden könnten. Er begegnet ihren -Einwendungen durch eine Reihe sehr scharfsinniger Bemerkungen, die -in mehr als einer Hinsicht, allgemein beherzigt zu werden verdienen, -deren Anführung wir jedoch hier um so billiger übergehen können, als -wir erwarten, daß die schätzbare Abhandlung des Herrn Thibaut nicht -nur von jedem Freunde der positiven Rechtswissenschaft und Politik, -sondern auch von jedem deutschen Manne werde gelesen werden, für den -das künftige Schicksal des Vaterlandes Interesse hat. - - -~d~) Leipziger Literatur-Zeitung, Leipzig, 1816 Stück 34, 35. - -Für Thibaut. Rezensent vermißt zwei Betrachtungen bei Thibaut: -Die allgemeine Rechtsuniformirung würde auch für die *Herrscher* -Deutschlands ersprießlich sein, weil sie den Ländertausch (eine -politisch-militärische Notwendigkeit) erleichtere. Sodann: Mit welchem -Teile des Ganzen soll der Anfang gemacht werden? Rezensent schlägt vor: -Mit den Bestimmungen über Handel, Literatur und Kunst. Die schwierigste -Frage wird übrigens immer die sein: Ob in dem gegenwärtigen Zustande -Deutschlands die Niedersetzung einer solchen allgemeinen deutschen -Gesetzgebungscommission politisch möglich sei? Daß sie nicht politisch -wahrscheinlich ist, folgt aus der Möglichkeit obiger Frage. - - -~e~) Karl Albert von Kamptz, Jahrbücher für die Preußische -Gesetzgebung, Rechtswissenschaft und Rechtsverwaltung, 3. Band, Berlin -1814, S. 395. - -Eine kurze Inhaltsangabe der zusammen besprochenen Streitschriften von -Thibaut und Savigny. »Die Gründe beider Rechtsgelehrten sind aber so -wenig eines kurzen Auszugs fähig, als die lichtvollen Bemerkungen des -Herrn von Savigny über das Preußische allgemeine Landrecht.« - - - 2. *Besprechungen von Savignys Schrift.* - -~a~) Heidelbergische Jahrbücher der Litteratur, Heidelberg, 1814 Nr. 59 -(von *Thibaut*, oben abgedruckt Abt. II, 2). - - -~b~) Göttingische Gelehrte Anzeigen, Göttingen, 1814 Stück 194 (von -*Hugo*). - -Hugo erinnert an seine zustimmende Kritik von Schlossers Briefen über -die Gesetzgebung, die sich im Jahre 1789 gegen die Schaffung eines -Preußischen Gesetzbuchs aussprachen.... Wie freute sich nun Rezensent, -als er von seinem Freunde *Savigny* erfuhr, daß dieser, trotz seiner -Beschäftigung mit den gelehrtesten Untersuchungen über die Geschichte -des Römischen Rechts im Mittelalter, doch in einer eigenen Schrift -die Wissenschaft gegen die Gesetzbücher retten wolle! Und wie freute -er sich, als er nun das Buch las und ganz *Savigny* darin fand! »*Den -sollt ihr hören*« möchte er Juristen und Nichtjuristen zurufen, und -für diejenigen, die sich etwa wundern möchten, wie Rez. das Herz habe, -ein Buch so zu loben, worin seiner so sehr in Ehren gedacht wird, will -er nur gleich hinzusetzen, daß ihm noch nie eine Anerkennung dessen, -was er nun schon ein Vierteljahrhundert für die Wissenschaft zu tun -gestrebt hat, so angenehm gewesen ist, als diese. - - -~c~) Wiener Allgemeine Literatur-Zeitung, Wien, 1814 Nr. 98. (Hß.) - -Die Meinung (Thibauts) hat wohl die Stimme der Zeitgenossen für sich, -deren Mut, Hoffnung und Selbstvertrauen, durch die riesenhaften Erfolge -ihrer Anstrengungen belebt, nichts für unmöglich, wenig für bedenklich -hält; doch gebührt *Savignys* Schrift der Vorzug einer größern -Eigentümlichkeit der Gründe, und einer sorgfältigern Ausführung.... -Rez. muß offenherzig gestehen, daß ihn *Savignys* Gründe nicht -überzeugt haben.... Daß unsere Zeit dazu nicht reif sei, könnte nur die -Tat beweisen. Wir rufen vielmehr im festen Vertrauen auf die Kraft der -Völker und den guten Willen der Herrscher: *Jetzt oder nie!* - - -~d~) Allgemeine Literatur-Zeitung, Halle und Leipzig, 1815 Stück 222 -bis 223. - -Daß über die Schrift des *Hn. von Savigny* als anstrebend gegen den -Zeitgeist und gegen die Überzeugung nicht bloß der Menge, sondern auch -aller ausübenden Rechtsgelehrten und aufgeklärten Staatsmänner nicht -vorteilhaft geurteilt wurde, war sehr natürlich, und Rezensent, der -Hn. v. S. aufrichtig hochachtet, hätte gewünscht, *daß die Schrift -ungedruckt geblieben wäre*. - - -~e~) Leipziger Literatur-Zeitung, Leipzig, 1815 Stück 234. Vom Beruf -unserer Zeit für (?) Gesetzgebung und Rechtswissenschaft. - -... Sieht man nun auf den *Titel* des Buches zurück, so muß man dem -Verf. die Billigkeit der sogenannten Halbscheidsurtheil nachrühmen: -denn von den beiden *Berufen*, welche dort erwähnt sind, spricht -er unserer Zeit nur den ersten ab, und läßt ihr den zweiten. Die -Schrift liest sich übrigens, das um die Bilder schwebende *Helldunkel* -abgerechnet, angenehm und ist fast splendid gedruckt. - - -~f~) Vgl. oben zu 1 ~e~. - - -~g~) Äußerungen von *Niebuhr* und *Jacob Grimm* s. o. S. 14. *Anselm v. -Feuerbachs* Urteil ist wegen der ihm zukommenden besonderen Bedeutung -unten Abt. II, 4 im Zusammenhange abgedruckt. - - - 3. *Nicolaus Thaddäus v. Gönner, Direktor des Appellationsgerichts - und Mitglied der Gesetzkommission in München, Über Gesetzgebung - und Rechtswissenschaft in unsrer Zeit (Beiträge zur neuen - Gesetzgebung in den Staaten des teutschen Bundes), Erlangen 1815*, - 291 S. (Vgl. unten Abt. II, 5). - -Das gegen Savigny gerichtete, teilweise in verletzendem Tone -geschriebene Buch enthält dieselben Abschnitte wie Savignys Schrift. -An die Stelle der bisherigen Rechtsquellen sollen nach Gönners -Vorschlag Gesetzbücher treten, aber jeder größere deutsche Staat soll -sein eigenes haben. (Vgl. Ludwig Spiegel, Savignys Beruf und Gönners -Gegenschrift, Vierte Abhandlung in Spiegels Gesetz und Recht, München -und Leipzig 1913). - - -Besprechungen hierzu: - - -~a~) Zeitschrift für geschichtliche Rechtswissenschaft (herausgegeben -von Savigny, Eichhorn und Göschen), Band 1, Berlin 1815, Nr. 17 (von -*Savigny*, wieder abgedruckt in dessen Vermischten Schriften 5. Band, -Berlin 1850, S. 115 ff.). - -Die heillosesten Ansichten und Grundsätze, die unter Bonapartes -Herrschaft in Deutschland gedeihen konnten, und die allen Gutgesinnten -ein Greuel sind, werden hier ohne Scheu ausgelegt, und mit der -Verteidigung der Gesetzbücher gegen das geschichtliche Recht in -Verbindung gebracht.... Die Regierungen werden gewarnt gegen die -historische Methode, deren Bekenner ihnen das Recht der Gesetzgebung -entziehen, und es in die Hände des Volks und der Juristen als -Volksrepräsentanten spielen wollen (auf diesen Punkt von Bedeutung -geht Savigny ausführlich ein).... Nimmt man hinzu, daß nach unserm -Verf. das Gesetzbuch die eigentliche Grundlage alles wissenschaftlichen -Rechtsstudiums sein soll, so ist die unvermeidliche Folge seines -Vorschlags, und ohne Zweifel auch die deutlich gedachte Absicht -desselben, daß in dem Recht sowohl als in dem Rechtsstudium der -Deutschen alles Gemeinsame aufhöre. Ein solcher Vorschlag kann Jedem, -der das Deutsche Vaterland liebt, schon um dieser Vaterlandsliebe -willen nicht anders, als sehr schmerzlich sein: er ist aber auch an -sich, für das Recht jedes einzelnen Staates verderblich. (Diese -abgerissenen Sätze aus der umfangreichen und für die Grundlehren der -historischen Schule wichtigen Rezension Savignys müssen hier genügen). - - -~b~) Heidelbergische Jahrbücher der Litteratur, Heidelberg, 1815 Nr. 40 -(von *Thibaut*). - -... Als Mitherausgeber unserer Jahrbücher bin ich nun bei diesem Streit -abermals in eben der Verlegenheit, worüber ich früher (Heidelb. Jahrb. -1814 S. 931 -- gemeint ist die Rezension über Savignys »Beruf«) klagte, -und noch mehr als damals. Denn durch mich ist hauptsächlich der Streit -veranlaßt, und fast alles, was Hr. v. G. gegen meinen, mir sonst so -teuren Gegner gesagt hat, stimmt im Wesentlichen mit meinen innigsten -Überzeugungen überein. Vielfach von dem Verf. gelobt (und wahrlich weit -über mein Verdienst!) stehe ich hier demnach als parteiischer Richter -in der Mitte, und ich würde es nicht verantworten können, wenn ich -durch irgend ein Urteil die vorläufige Ansicht der Leser zu bestimmen -suchte. Ich muß mich daher auf eine bloße Inhaltsanzeige beschränken, -welche auch nur in kurzen Andeutungen zu bestehen braucht. Denn die, -welche im Stande sind, diesen großen Streit zu beurteilen, werden sich -doch nicht dazu verstehen, die Arbeit eines solchen Schriftstellers -blos nach den Auszügen eines andern zu benutzen; und für die Neugier -der übrigen Leser sind kurze Andeutungen mehr als hinreichend. Nur -über Einen Punkt will ich mich näher erklären, weil ich dabei der -Angegriffene bin, und insofern auf die Billigung aller Leser rechnen -kann, wenn ich mich selbst frei und offen meiner eigenen Sache annehme. -(Es folgt die Inhaltsangabe.) Der Eine Hauptpunkt, wogegen ich mich -aber, wie gesagt, erklären muß, ist die Behauptung des Verf. (S. 274, -275), daß ein allgemeines Deutsches bürgerliches Gesetzbuch sich nicht -denken lasse, weil Deutschland ein bloßer Bundesstaat sei, und die -Selbständigkeit der einzelnen Staaten es nicht vertrage, von einem -Gesetzbuch regiert zu werden, welches von dem Bunde als einer *obersten -Gewalt* ausging. Er begnügt sich also damit, die Hoffnung zu machen, -daß einige der größeren Staaten nach Österreich und Preußen mit gutem -Beispiel vorangehen, und die übrigen nicht lange zurückbleiben werden. -Auf solche Art werde sich nach und nach in den Hauptbestimmungen eine -materielle Gleichförmigkeit der Civilgesetzgebungen bilden, wobei dann -kleine Abweichungen der Nationalität nicht schaden würden. - -Nach den in Deutschland so beliebten, immer mehr aufblühenden -Grundsätzen des Territorial-Egoismus läßt sich gegen jene Ideen -des Verf. freilich nichts einwenden. Allein die Nation, als Ganzes -betrachtet, und insofern sie die neumodische Souverainität in Ansehung -ihrer angeblichen Segnungen nicht anerkennen mag und kann, wird -schwerlich jene tröstenden Hoffnungen des Verf. beruhigend finden. -Durch zufälliges Zusammentreffen und Nachahmen machte sich ja bei uns -nie etwas bedeutend Gutes, und wenn jetzt die Theorie sich mehr als -jemals, für das Princip des Isolirens ausspricht, so wird die Praxis, --- welche im Politischen stets noch despotischer und kleinlicher war, -als die Theorie, -- das Arge schnell zum Aergsten fortbilden. Der -Begriff eines bloßen Bundesstaates im schlaffen jetzigen Sinn kann -nichts weiter beweisen, als daß ein einzelnes Bundesland in Ansehung -der vielen Gegenstände, worüber die Bundesversammlung keine Gewalt -hat, sich nicht den Befehlen dieser Versammlung zu unterwerfen braucht. -Allein wer wollte es für eine Nichtigkeit und Unmöglichkeit erklären, -wenn alle deutschen Regierungen zusammenträten, und ihre gemeinsame -Kraft der Einführung eines gleichförmigen bürgerlichen Rechts widmeten? -Die unermeßlichen Vortheile einer solchen gleichförmigen Verfassung hat -Herr v. G. in seiner Schrift überall selbst anerkannt und mit lebhaften -Farben geschildert. Treffender wäre es also gewesen, wenn Er als ein, -für keinen einzelnen Bundesstaat besonders gestimmter Deutscher, -philosophirend die rechtliche Einheit dringend empfohlen, und höchstens -nur als Kenner der Vergangenheit und Gegenwart hinzugesetzt hätte: -unsere Vorschläge und Wünsche werden auch in dieser Hinsicht leere -Luftschlösser bleiben. Denn wenige einzelne deutsche Staaten meinen -es ehrlich mit einander, und es läßt sich die Zahl schwerer Opfer gar -nicht berechnen, welche noch zu bringen sind, um deutsche Gesinnungen -in der That und Wahrheit allgemeinherrschend zu machen. - - -~c~) Allgemeine Literatur-Zeitung, Halle und Leipzig, 1815 Stück 232 -bis 235. - -Die Besprechung nimmt zu den Schriften Thibauts und Savignys Stellung -in einem für Savigny günstigen Sinne. - - -~d~) Leipziger Literatur-Zeitung, Leipzig, 1815 Stück 235. - -Es ist Pflicht und Schmuck aller gelehrten Journale, sich -auszusprechen, und die Stimmen mehrer einzelner Gelehrten in sich -zu sammeln über die neue, zwischen Hrn. v. Savigny auf der einen, -Hrn. v. Gönner, Schmid und Thibaut auf der andern Seite entstandene -Streitfrage. -- Der Rezensent, der im römischen Recht die unerläßliche -Grundlage jedes Rechtsstudiums erblickt, tritt im Übrigen im -Wesentlichen Gönner gegen Savigny bei. - - -~e~) Göttingische Gelehrte Anzeigen, Göttingen, 1815 Stück 108 (von -*Hugo*). - -Für die Leser unserer Anzeigen, welche sich etwa aus St. 194 im -vorigen Jahrgange der Schrift von *Savigny*: Vom Beruf unserer Zeit -für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft erinnern, bedarf es eigentlich -nur der ganz kurzen Angabe, daß hier die eilf Abschnitte jenes Buchs, -vom ersten bis zum letzten, widerlegt werden sollen, daß Herr v. G. -sich der »Deutschen« Gelehrten, welche ein Gesetzbuch forderten, -gegen diesen »romanistischen« annimmt, ihm alle Begriffe von Recht -und Gesetzgebung abspricht, ihm Schuld gibt S. 88, daß er auch die -Bildungsgeschichte des Römischen Rechts historisch unrichtig darstelle -usw. Die Meinung des Rez. hierüber werden sie wohl nicht erst zu wissen -verlangen. *Savigny*, den einen bloßen Romanisten nennen zu hören, -besonders seit der Erscheinung seines oben S. 85 angezeigten Buches -(gemeint ist die Geschichte des Römischen Rechts im Mittelalter), -erbaulich ist, gehört, wie ihm oft genug zu Gemüte geführt wird, zur -historischen Schule, und in welchem Verhältnisse Rez. zu dieser steht, -ist im Buche selbst S. 44 klar zu lesen, damit nicht etwa Jemand das -Verdienst von *Savigny* zu hoch anschlage und ihm in dieser Schule mehr -als eine höchst untergeordnete Stelle anweise.... - - -~f~) Rheinischer Merkur, Koblenz, 1815 Nr. 245. G(rimm). -(Wiederabgedruckt in Wilhelm Grimm's Kleineren Schriften Bd. 1 -(Berlin 1881) S. 549 ff. unter dem Titel »Über Gesetzgebung und -Rechtswissenschaft in unserer Zeit«). Vgl. auch Briefwechsel zwischen -Jacob und Wilhelm Grimm, Weimar 1881, S. 459: Wilhelm an Jacob Grimm, -2.6.1815, »Ich habe nur in dieser Zeit eine Rezension von Gönners -Schrift gegen Savigny für den Merkur geschrieben, wozu er mich -aufforderte.« - -Für Savigny (dessen Schrift inhaltlich kurz wiedergegeben wird) -gegen Gönner. -- (Gönners Schrift) ist weder geistreich noch gewandt -geschrieben, vielmehr gemein und sich wiederholend; nur einige -Gifttropfen sind mit hineingeschlossen, welche die Reinheit der -Gesinnung am Gegner beflecken sollen, dagegen ist sie vollständig und -bietet überall eine freche Stirn.... (Das Recht geht nach Gönner) -*einzig vom Herrscher und dessen Einzelwillen aus*.... Dieser -Streit ist nicht bloß ein wissenschaftlicher, der sich überlassen -bleiben könnte, sondern er geht auf etwas allgemein Menschliches, -und insofern gehört er in dieses öffentliche, die freien Rechte der -Völker verteidigende Blatt.... *Ein teutsches* Vaterland kennt dieser -Geist nicht, nur selbständige und unabhängige Staaten, deren jeder -sein *besonderes* Gesetzbuch haben muß; und er rühmt selbst diesen -dauerhaften Zustand. (Vgl. oben S. 20.) - - -~g~) *Kamptz*, Jahrbücher für die Preußische Gesetzgebung, -Rechtswissenschaft und Rechtsverwaltung, 6. Band, Berlin 1815, S. 174. - - - 4. *Karl Ernst Schmid, Herzoglich Sächsischer Geheimer Rat und - Vicepräsident der Landesregierung zu Hildburghausen, Deutschlands - Wiedergeburt, Ein politischer Versuch, Jena 1814, 425 S., - Abschnitt VI: Einheit der bürgerlichen und peinlichen Gesetze.* - (Vgl. oben S. 73 u. 135.) - -Für Thibaut. 2 Besprechungen in der Jenaischen Allgemeinen -Literatur-Zeitung 1814 Nr. 220 bis 224 (die erste, ~PN~ gezeichnet, -gegen Thibaut), ferner Besprechungen in der Allgemeinen -Literatur-Zeitung, Halle und Leipzig, 1814 Stück 286, 287 und in der -Leipziger Literatur-Zeitung, Leipzig, 1814 Nr. 183. - - - 5. *B. W. Pfeiffer, Kurfürstl. Hessischer Regierungsrat zu Cassel, - Ideen zu einer neuen Civilgesetzgebung für Teutsche Staaten, - Göttingen 1815*, 221 S. (Vgl. unten Abt. II, 5). - -Für Thibaut. *Pfeiffer* schlägt vor: Das Werk damit zu beginnen, daß -allen bisherigen Rechtsnormen, und ganz vorzüglich dem Corpus juris der -Römer, das gesetzliche Ansehen entzogen werde; alsdann aber aus dem -reichhaltigen Stoffe, welchen sie enthalten, ein einfaches und bündiges -neues Gesetzbuch zu bilden, das jedoch nur neu in Rücksicht der Form -ist, alt seinem Inhalte nach. - -Besprechung in den Heidelbergischen Jahrbüchern, Heidelberg, 1816 -Nr. 13 (von *Thibaut*).... Daß Rezensent in Ansehung der Gebrechen -unseres Rechtszustandes und der Notwendigkeit eines neuen allgemeinen -bürgerlichen Rechts ganz mit Hr. Pf. gleichdenkt, ist bekannt. Allein -in Ansehung der Art der Ausführung des Werks kann Rez. die Pläne des -Verf. unmöglich billigen. (Thibaut erklärt sich insbesondere gegen -den Verfasser insofern, als dieser alle naturrechtlichen Sätze aus -dem Gesetzbuch ausscheiden will, ferner unser bestehendes Recht als -im Ganzen unabänderlich ansieht, endlich die Redaktion des Ganzen nur -Einem Einzigen übertragen will.) ... Allein wir reden hier von einem -Werke, welches dem bürgerlichen Leben des Volks auf viele Jahrhunderte -zur Grundlage dienen soll ... Übrigens stimmt Rez. dem Verf. ganz -bei, wenn er es für höchst wahrscheinlich hält, daß die Regierungen -der Deutschen Länder sich zur Abfassung eines allgemeinen Gesetzbuchs -*nicht* verbinden werden, und daß so über kurz oder lang jedes einzelne -Land sein eigenes Particular-Recht bekommen wird. Damit ist denn -natürlich auch die Rechtswissenschaft zu Grunde gerichtet und man wird -dann den Freunden der Wissenschaft, welche jetzt für das Alte kämpfen, -auch wieder sagen können, was man so oft sagen muß: Gott bewahre uns -vor unseren Freunden! Indes wünscht Rezensent doch, daß man für den -Notfall noch einen Mittelgedanken im Leben erhalte, nämlich daß man -nahe bei einander liegende Länder zur Einführung eines gleichförmigen -bürgerlichen Rechts zu bewegen suche, z. B. Baiern, Würtemberg, Baden -und Darmstadt. Nicht allein der bürgerliche Verkehr macht dies im -höchsten Grade rätlich, sondern auch der Umstand, daß selten ein -einzelnes deutsches Land im Stande ist, ein vollendetes bürgerliches -Recht durch die Kräfte seiner eigenen Rechtsgelehrten zu schaffen. - - - 6. *Ludwig Harscher von Almendingen, Politische Ansichten über - Deutschlands Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, 1. Abteilung, - 1814* (ohne Ort und Namen des Verfassers); *2. Abteilung, - Wiesbaden 1814*, zusammen 448 S. (Der Verfasser war Prozessualist - und Kriminalist, dann Richter und Staatsmann im Nassauischen.) - (Vgl. unten Abt. II, 5.) - -Gegen Thibauts Vorschlag S. 354 ff. Daß die Ausführung desselben, -welcher Gottlob nicht geringe Schwierigkeiten im Wege stehen, ein -ungeheures Nationalunglück sein würde, leuchtet dem schlichten -Menschenverstand des gewöhnlichen Geschäftsmannes ein. Die Bekämpfung -jenes Vorschlages wäre daher nicht nötig, wenn es nicht viele -Menschen gäbe, welche lieber dem Wort eines berühmten akademischen -Gelehrten, als ihren fünf Sinnen glauben. Für diese Menschen sind -folgende Bemerkungen niedergeschrieben. -- Der Verfasser wendet sich -namentlich gegen Thibauts Forderung, daß *alle* deutsche Staaten *ein -und dasselbe* Gesetzbuch erhalten müssen; es wäre nur eine von außen -aufgedrungene Form; öffentlich-rechtliche und örtliche Bedürfnisse -seien in den einzelnen Staaten von verschiedenem Einfluß auf das -bürgerliche Recht; besonders in der *Kriminalgesetzgebung* seien -die für ein Volk passenden Bestimmungen nicht auch für ein anderes -geeignet; mit dem eigenen *inneren* Leben der einzelnen föderalisierten -Staaten Deutschlands sei ein von *außen her* gegebenes einförmiges -unabänderliches bürgerliches Recht schlechterdings unvereinbar. - -Besprechungen im Rheinischen Merkur 1814 No. 100 und in den Heidelb. -Jahrbüchern 1815 No. 28 bis 30. - - - 7. *Eduard Schrader, Professor des Civilrechts und Obertribunal-Rat - in Tübingen, Die Prätorischen Edicte der Römer auf unsere - Verhältnisse übertragen, ein Hauptmittel unser Recht allmälich - gut und volksmäßig zu bilden, Weimar 1815, 144 S.* (Vgl. unten - Abt. II, 5.) Für Savigny. (Vgl. oben S. 20.) - -Besprechung in den Heidelbergischen Jahrbüchern, Heidelberg, 1816 Nr. -66 (für Thibaut). - - - 8. ~*Carol. Eduard. Morstadt, Dissertatio juridica, qua disquiritur - num Germanorum jureconsulti novo legum civilium codici condendo - idonei sint censendi, Heidelbergae 1815, 48 pag.*~ - -(Der Verfasser war später Professor in Heidelberg, bekannt durch seine -unselige Lebensführung.) - -Für Thibaut. - - - 9. *Anselm Ritter von Feuerbach, Einige Worte über historische - Rechtsgelehrsamkeit und einheimische deutsche Gesetzgebung. Eine - Vorrede. (Aus Borst's Schrift: über die Beweislast besonders - abgedruckt.) Bamberg und Leipzig 1816, 24 S.* (Vgl. unten Abt. II, - 5.) - -Das Urteil des Kriminalisten *Feuerbach*, des nächst Savigny -bedeutendsten Juristen der Zeit, ist unten Abt. II, 4 im Zusammenhange -abgedruckt. - -Besprechung in den Heidelbergischen Jahrbüchern, Heidelberg, 1816 Nr. -46 (von *Thibaut*). - - - 10. *Karl Schildener, ordentl. Professor der Rechte in Greifswald, - Begünstigt die Haupteigenschaft im gesellschaftlichen Character - der Deutschen die Abfassung eines allgemeinen Gesetzbuchs zu - jetziger Zeit? Rede nach öffentlicher Übernahme des Rektorats der - Universität am 11. Mai 1815, Greifswaldisches Academisches Archiv, - 1. Band, Greifswald 1817*, S. 1 bis 28. - -Für Thibaut. - - - 11. *Gespräche über Gesetzgebung und Rechtswissenschaft in - Teutschland. Veranlaßt durch den Streit zwischen A. F. J. - Thibaut und F. C. v. Savigny und gehalten im Frühjahr 1815. Aus - den Papieren eines vieljährigen practischen Rechtsgelehrten - herausgegeben von ~Dr.~ N. Schlichtegroll, München 1818, 80 S.* - -Die drei Gespräche sind betitelt: Thibaut, Savigny, Der Freyherr -(gemeint ist ein Staatsmann, der Vertreter aller vier Fakultäten zur -Aburteilung des Streites versammelt). Die Entscheidung fällt zu Gunsten -von Thibaut. Die den Gesprächen angehängte »Übersicht der wichtigsten -über die Streitfrage: ob ein allgemeines bürgerliches Gesetzbuch für -Teutschland zu wünschen sei, in den letzten vier Jahren erschienenen -Schriften« ist bei der vorstehenden Zusammenstellung teilweise benutzt -(Siehe auch die kurze Übersicht bei *Schrader*, a. a. O., S. 3 Anm. und -namentlich *Savignys* »Stimmen« unten Abt. II, 5). - - - 12. *F. A. Freiherr von Ende, Kgl. Würtbg. Staatsminister, Vermischte - Juristische Abhandlungen, Hannover 1816, Abhdlg. 24, S. 303 - ff: Ist die Einführung eines allgemeinen Gesetzbuchs für ganz - Teutschland ausführbar und wünschenswert?* - -Das *Dafür* ist so oft vorgetragen, daß eine Wiederholung desselben -überflüssig wäre.... Ich zweifle sehr, daß ein allgemeines Gesetzbuch -der Wunsch der teutschen Nation im Ganzen ist, und es je sein wird. -- -Der Verfasser beruft sich zur Begründung der Nachteile auf Möser, der -vor dem Generalisieren warnte. - - -4. Anselm von Feuerbachs Urteil. 1816. - -Aus der von dem Kriminalisten Feuerbach (1775 bis 1833) verfaßten -Vorrede zu der Schrift des Bamberger Stadtgerichtsassessors Nepomuk -Borst, Über die Beweislast im Civilprozeß, Bamberg und Leipzig 1816. -Die Vorrede ist auch gesondert erschienen unter dem Titel: Einige -Worte über historische Rechtsgelehrsamkeit und einheimische deutsche -Gesetzgebung, Bamberg und Leipzig 1816, 24 S. (Wiederabgedruckt in -Feuerbachs kleinen Schriften vermischten Inhalts, Nürnberg 1833, S. -133-151.) Vgl. unten Abt. II, 5. - - * * * * * - -Diesen Zustand der Dinge (gemeint ist der Gegensatz zwischen dem -Theoretiker mit seiner Kenntnis nur des toten und dem Praktiker -mit seiner Kenntnis nur des lebenden Rechts) scheint man bey -Entscheidung des neulichen, vielfach merkwürdigen Streits über das -Bedürfniß und den Werth einheimisch deutscher Gesetzgebung[G], nicht -gehörig erwogen zu haben. Bekanntlich wurde unser Zeitalter, -- -nachdem man demselben die Fähigkeit, sein geltendes Recht, gereinigt -von alterthümlichem Ueberfluß und neuen Mißbräuchen in einem mit -sich selbst übereinstimmenden Gesetzbuche darzustellen, geradezu -abgesprochen hatte, -- mit seinen Erwartungen und Wünschen von der -gesetzgebenden Gewalt hinweg an die Rechtsgelehrten gewiesen, welche -durch fortgesetzte Bildung des gelehrten Rechts, und zwar nach -reingeschichtlicher Methode, ausschließend berufen seyen, im Lauf einer -nicht zu bestimmenden Zeit allem Bedürfnisse abzuhelfen. Das Recht -werde überall (und dieß ist ganz unbestreitbar) aus dem Geiste des -Volks gebohren, falle aber, sobald es zu gewissen Jahren und Kräften -gekommen, den Rechtsgelehrten und der sich selbst überlassenen freyen -Wissenschaft ausschließend als Pflegkind anheim, wie denn das römische -Recht nicht durch Gesetzgebung, sondern durch Rechtsgelehrte zu seiner -Vollkommenheit gediehen sey. Ein deutsches Gesetzbuch (abgesehen, daß -dasselbe nur als Urkundenbuch unserer Unwissenheit und Geistesarmuth -dienen werde) könne daher nichts anderes wirken, als die Wissenschaft -in ihren Schritten aufzuhalten und die Nachkommenschaft wohlthätiger -Entdeckungen zu berauben. - -Ob hinter dem eifrigen Bemühen, womit von einigen der -ausgezeichnetesten Gelehrten der römischen Schule, dem lauten Nothruf -nach einem einheimischen Rechtsbuche niederschlagend begegnet wurde, -nicht insgeheim, diesen würdigen Männern selbst unbewußt, ein -Argument versteckt liege, demjenigen ähnlich, womit wohl auch schon -von Kriegsgelehrten die Nothwendigkeit des Kriegs behauptet wurde, -weil nämlich sonst die Kriegswissenschaft untergehen werde[H]: mag -ununtersucht bleiben, weil die Entscheidung unerheblich ist. Wie -die Schlußfolge selbst offen ausgesprochen vorliegt, darf diese -nur zergliedert werden, und man sieht bald, daß ihre Stärke auf -einer Vermischung verschiedenartiger Begriffe, Voraussetzungen und -Bedingungen ruht, wodurch der Schein entsteht, als wenn was von dem -Einen in Wahrheit gilt, auch von dem Anderen gelte. - -Als ein Hauptgrund für das Bedürfniß einer einheimisch deutschen -Gesetzgebung wurde geltend gemacht, daß die *gesetzliche Grundlage* -unseres Rechtszustandes aus den ungleichartigsten, mit sich selbst -streitenden Bestandtheilen zusammengesetzt sey; daß die Bücher, welche -für uns *Gesetzbücher* geworden, als Rechtsbücher fremder Völker, nach -fremden Gebräuchen und oft unbekannten oder nicht mehr vorhandenen -Einrichtungen und Zwecken, in fremden Begriffen wie mit fremden Worten -zu uns sprechen, und daß das Gebäude des Rechtssystems, welches wir -das unsrige nennen, zum größten Theil unter dem Schutt einer längst -untergegangenen Zeit begraben liegt, so daß es der mühseligsten -Zurüstungen und der fortgesetzten Bemühungen eines Menschenlebens -bedarf, um den Schutt aufzuräumen, die Trümmern hervorzugraben und -dann die Bruch-Enden zu errathen, bey denen sie wohl oder übel sich -wieder zusammenfügen lassen. Ist diese Anschuldigung gegründet (und -wer vermag sie zu läugnen?) so ist nicht zu verstehen, wie die -Rechtswissenschaft Gebrechen zu tilgen vermöge, welche die Gesetzgebung -belasten. Mag die ihrem freyen Gang überlassene Rechtswissenschaft -graben und wühlen, entdecken und aufklären, zur Wahrscheinlichkeit -oder Gewißheit bringen, so viel sie wolle, so darf sie den Bann-Kreis -jener Gesetzbücher nicht überschreiten und ist daher schlechterdings -unvermögend, einen Zustand, von dem sie selbst bedrückt wird und den -sie ohne Empörung gegen die eigne Gottheit nicht von sich abschütteln -kann, zu bessern oder nur um eine Linie breit von der Stelle zu rücken. -Daß unsere Rechtswissenschaft *Rechtsgelehrsamkeit* und ihrem Wesen -nach, wenigstens zum allergrößten Theil *historisch-antiquarisch* -ist, darf niemand verkennen, noch unsern Rechtsgelehrten zum Vorwurf -anrechnen. Auch wird die geschichtliche Erforschung des Rechts und -seiner Entwickelung (sogar in *weit mehr umfassender Beziehung*, als -in welcher dieselbe von unsern reingeschichtlichen Rechtsgelehrten -dermalen empfohlen und betrieben wird) unter jeder Voraussetzung ein -nicht nur für den Gesetzgeber unentbehrlicher, sondern für jeden zum -Höhern gebildeten Geist würdiger Gegenstand des Wissens seyn. Aber daß -unsre Rechtswissenschaft, *selbst in ihrer unmittelbaren Beziehung -auf das Leben*, historisch-antiquarisch ist, daß sie dieses nach -dermaliger Beschaffenheit der Rechtsquellen sein *muß*: das ist eben -das Uebel, dem nun einmal durch diese geschichtliche Rechtswissenschaft -selbst eben so wenig abzuhelfen ist, als eine Krankheit durch weitere -Vervollkommnung eben dieser Krankheit gleichsam aus sich selbst heraus -geheilt werden mag. Jeder seiner Zeit gemäße Rechtszustand und jede -denselben darstellende Gesetzgebung ist in so ferne nothwendiger -Weise geschichtlich, als die Gegenwart immer durch die Vergangenheit, -der jetzige Zustand durch eine Reihe vorhergehender bestimmt wird. -Allein das ist das ganz eigenthümliche unsres Rechtszustandes, -daß die Geschichte des Rechts, welches wir das *unsrige* nennen, -gleichwohl *nicht* bey *uns* und bis auf *unsre Zeit* herab, sondern -bey einem fremden untergegangenen Volke bereits vor weit mehr als -tausend Jahren *abgelaufen* ist; daß man von da nicht *vorwärts*[I], -sondern an dem dünnen, oft zerreissenden Faden der Geschichte, -Sprach- und Alterthumskunde wieder um mehr als Ein Jahrtausend forschend -*rückwärts* gehen muß, um, wenn man klar oder halbklar eingesehen -was in der ersten Hälfte des VI. Jahrhunderts bey den Römern als -Recht gegolten habe, nun erst zu wissen, wie unsere Richter im XIX. -Jahrhundert den Deutschen ihr Recht sprechen sollen. - -Es ist nichts unbestrittener als eben dasjenige, worauf von den -Widersachern eines einheimisch deutschen Gesetzbuchs mit ganz -besonderem Nachdrucke gedrungen wird, gleichsam als wäre es je von -Verständigen bestritten worden, nämlich: daß alles auf Entwickelung -und Darstellung des *volksthümlichen, in das Leben der Nation* -übergegangenen Rechts ankomme. Das ist nur das Unbegreifliche, wie -gerade die historische Rechtswissenschaft, welche Alles in Allem -seyn soll, mit Entwickelung und Bildung dieses lebenden Rechts, -das unbekümmert um das Gelehrtenwesen und um Entdeckungen in dem -Alterthum früherer Jahrtausende, seines Weges geht und immer nur -seine gegenwärtigen Bedürfnisse befragt, -- in irgend einem nahen -ursächlichen Zusammenhang stehe? Was, wenn auch alle Geister der -alten Römerwelt aus ihren Gräbern heraufbeschworen würden, um über -alles klärliche Antwort zu geben und von der Mutter Carmenta bis zu -Justinian herab die ganze Rechtsgeschichte aufs wahrhafteste im -bündigsten Zusammenhange zu erzählen, -- was hiedurch so Großes für -die Verbesserung unseres gegenwärtigen Rechtszustandes gewonnen sey? -Die Geschichte erklärt, wie Etwas nach und nach *geworden*; *wie* -und *was* dieses Etwas *sey*, lehrt die Geschichte nicht. Was der -Geschichte angehört ist schon dem Leben abgestorben. Oder ist etwa -*das* Recht, welches die geschichtliche Rechtswissenschaft lehrt, -wirklich das volksthümliche, lebende? -- Was ist bey *uns* wirklich -Rechtens? was ist von dem Fremden einheimisch geworden? wie hat es -sich, vermischt mit deutschem Saft und Blute, umgestaltet? in welcher -Form steht es jetzt da, lebt und wirkt es? Hierüber vermag die -geschichtliche Rechtswissenschaft entweder keine oder nur abgebrochene -Antwort zu geben, und in jedem Fall liegt das Orakel, welches hierauf -antwortet, weit näher, als daß dasselbe erst auf einem Umweg, der durch -Jahrtausende hindurchgeht, gesucht werden müßte. Abgeschiedene Geister -kehren leibhaft nimmermehr zurück, und daher wird insbesondere die -Geschichte des Rechts, werde ihre Erforschung auch noch Jahrhunderte -fortgesetzt, mehr nicht seyn und bleiben, als eine Zusammenstellung -größerer oder kleinerer Bruchstücke, welche da und dort aus dem Dunkel -der Zeiten hervortreten und deren Bedeutung und Zusammenhang oft nicht -zu erkennen, sondern nur muthmaßlich zu errathen ist. Wenn also das -Heil unseres Rechtszustandes von der Wiederherstellung eines Gewebes -abhängt, welches zwar die Zeit gewoben, aber auch, wenigstens für -unsere Erkenntniß, wieder zerrissen und in alle Winde gestreut hat, -wehe! dann ist dessen Verbesserung auf die Ewigkeit verschoben. - -Was in jener Ansicht am meisten auffällt, ist das Unpassende einer -Vergleichung zwischen dem alten römischen Recht und unserem heutigen -römisch-canonisch-deutschen Rechte, besonders die Fehlerhaftigkeit -des Schlusses von dem was der römische Rechtsgelehrte der Fortbildung -des römischen Rechtszustandes *war*, auf das was unsere deutschen -Rechtsgelehrten, wenn man diese nur nicht durch Gesetze in ihren -Forschungen hemme, dereinst dem deutschen Rechtszustande werden -*könnten*. Schon die große Verschiedenheit zwischen der römischen -aristokratisch-demokratischen Verfassung und unsern heutigen -Monarchien, die eigenthümliche Vollmacht der Magistrate und die -ausgedehnte Gewalt des Gerichtsbrauchs, der Einfluß auf das Edict -jener Magistrate und auf diesen Gerichtsbrauch, wodurch der -römische Rechtsgelehrte mittelbar und zwar unter der Form einer -höheren Autorität, mithin wirklich *gesetzgebend* (wiewohl nicht -auf den Comitien, noch in unserer Art Gesetze zu geben) auf den -Rechtszustand einwirkte: dieses und anderes dergleichen stumpft -schon gar sehr die Schärfe jener Vergleichung ab. Jedoch hievon -abgesehen ist einleuchtend, daß der römische Rechtsgelehrte und seine -Rechtswissenschaft äußerlich und innerlich etwas ganz *anderes* -war, als *unsre* Rechtsgelehrte und *unsre* Rechtswissenschaft, so -lange ihre jetzigen Quellen fortdauern, jemals werden können. Der -römische Rechtsgelehrte saß bekanntlich nicht als Geschichts- und -Alterthumsforscher hinter alten Denkmälern und Manuscripten, sondern -auf dem Marktplatz, oder zu Haus unter den Clienten, oder auf dem -Gerichtsstuhl oder in dessen Nähe; sein Wissen war Erkenntniß aus -dem Buche des bürgerlichen Lebens, und er hatte weit weniger zu -lesen und zu lernen als zu beobachten, zu denken, zu urtheilen und -zu schließen. Aus der Erforschung hetrurischer, altitalischer, -griechischer Alterthümer sog das römische Recht seine Lebenssäfte -nicht, obgleich diese Alterthümer dem Römer weit näher lagen als uns -die seinigen; Alterthumskunde war der Grammatik zugewiesen. Das konnte -auch wohl geschehen; denn der Römer hatte nicht erst den Rechtsleichnam -eines vor einem Jahrtausend untergegangenen Volks zu zergliedern, um -denselben bey sich von neuem künstlich zusammenzusetzen und wieder -zum Scheinleben aufzuwecken. Wo Er stand und ging war er bey sich zu -Hause; was Er umfaßte, was Ihn durchdrang, war *seine* Zeit und die -*Gegenwart* mit ihrem Haben und Bedürfen; was Er erkannte, bearbeitete, -gestaltete, war *sein* und *seines* Volkes Recht. Und so ward das -römische Recht nicht durch Geschichte, Alterthumskunde, Kritik und -Grammatik, als geschichtliche Rechtswissenschaft, sondern durch -Erfahrung, Philosophie und Logik zur Reife gebracht. - -Können die Pfleger der deutschen Rechtsgelehrsamkeit uns die gründliche -Verheissung geben, eben das und eben so uns zu werden, was und wie es -der Römer seinem Volke war? Wohlan! dann wollen wir uns des Wunsches -nach einem einheimischen Gesetzbuche oder (weil man bey deutschen -Angelegenheiten in der Mehrzahl sprechen muß) nach einheimischen -*Gesetzbüchern* gern entschlagen. Allein umsonst! Um jenes zu -werden, müßte erst unsere Rechtswissenschaft aufgehört haben, zu -seyn was sie ist, -- eine historisch-antiquarische Wissenschaft; und -damit diese etwas anderes seyn könnte als sie ist, müßten wir erst -gerade eben dasjenige besitzen, dessen Besitz uns, wie gesagt wird, -durch fortgesetztes historisch-antiquarisches Forschen entbehrlich -gemacht werden soll: -- ein einheimisches, den Bedürfnissen der Zeit -anpassendes, in sich selbst übereinstimmendes, mit gesetzlicher Kraft -ausgestattetes Rechtsbuch. Ein solches hatte der Römer in seinen XII -Tafeln, späterhin in seinem Edict. Und eben weil er es hatte, weil sein -Recht auf einheimischem Boden aus Einer Herzwurzel hervorwuchs, darum -konnte dieses unter der Jahrhunderte lang fortgesetzten Pflege des -stets auf die Wirklichkeit hingewendeten philosophischen Geistes und -logischen Verstandes, zu jenem kräftigen Stamm mit reichen Aesten in -die Breite und Höhe wachsen. - -Als man von einem deutschen Gesetzbuch für deutsche Völker sprach, -dachte man nicht an ein Werk despotischer Willkühr, welche aus sich -selbst das Recht erst mache, und dasselbe, wenn es nach Laune fertig -geworden, dem Volk als Joch über den Hals lege; auch dachte man nicht -an ein von der Vernunft mit Idealen erzeugtes, auf Wolken gebohrnes -Götterkind, welches, nachdem es die vergangenen Jahrhunderte aus -dem Buche der Zeit weggestrichen, kecken Geistes über die Gegenwart -hinweg in neue noch unerschaffene Jahrhunderte hinüberspringe[J]. Die -Foderungen waren weder so gemein, noch so überspannt. Man wollte nicht -mehr, als was die Römer gethan, da sie ihre XII Tafeln verfaßten, mit -dem einzigen Unterschied, daß nach dem Zustand unserer geselligen und -geistigen Bildung, und nach der großen Verschiedenheit der Elemente, -welche auf die Fortbildung unseres Rechtszustandes eingewirkt haben, -die deutschen Rechte nicht in dem Raum von zwölf römischen Tafeln Platz -genug finden. Mit einem bloßen *Aufschreiben* des vorhandenen Rechts -war es aber freylich selbst bey diesen kleinen XII Tafeln auch nicht -gethan. Waren die Römer, wie aus *Niebuhrs* Forschungen erhellet, durch -Kasten getrennt, lebten Patrizier und Plebejer nach verschiedenen -Rechten, vielleicht auch die Plebejer selbst, je nach Verschiedenheit -ihrer Volksabstammung wieder unter sich nach verschiedenen Volks- und -Stammsgewohnheiten (wie späterhin die Barbaren in den neugestifteten -germanischen Reichen); so mußten, nach dem Ausdrucke des *Livius*[K], -diese Verschiedenheiten gegen einander ausgeglichen, mit einander in -ein übereinstimmendes Ganze verschmolzen, mithin mußte auf der einen -Seite weggenommen, auf der andern zugelegt, dort etwas aufgehoben, -hier etwas beygefügt, dort das Widerstreitende durch ein Drittes -vermittelt, alles dem gegenwärtigen Zeitbedürfniß mit Weisheit angepaßt -werden. Daß die Zehnmänner das bürgerliche Recht ohne weiteres nur -so hingeschrieben haben, wie sie es eben fanden, widerstreitet aller -Geschichte[L]. Daß ihnen das Volk die gesetzgebende Weisheit zum -Verbrechen angerechnet, darüber schweigt die Geschichte. Ob die Römer, -ehe sie ihre Wünsche geltend machten, zuvor noch eine gründliche -Selbstprüfung über ihre Fähigkeit zu einer Gesetzgebung angestellt -haben? ob die Unbehülflichkeit ihrer Sprache und die Aussicht auf eine -erst künftige Veredlung derselben, als ein Zweifelsgrund gegen das -Unternehmen auch bey ihnen[M] angeführt worden ist? ob die verstockten -Patrizier das dringende Begehren des Volks unter anderem auch damit -abzulehnen versuchten, daß sie ihm vorgestellt: -- all ihr Klagen -und Verlangen beruhe auf einem Mißverstande, wenn sie von Gesetzen -foderten, was die Rechtswissenschaft allein nach Jahrhunderten ohnehin -schon leisten werde; man möge den Rechtsgelehrten in ihrer Mitte nur -Zeit lassen, die heiligen Rechtsbücher der Etrusker, die Alterthümer -der Lateiner, Oenotrer, Sabeller, Sikuler und, weil offenbar viel -Griechisches eingedrungen, die Rechtsgeschichte der Griechen durch -Großgriechenland hindurch nach Athen hinüber und von da, wo möglich, -bis in die Zeiten von Kekrops hinauf mit der Fackel der Kritik und -Geschichte beleuchtend zu verfolgen; dann werde alles von selbst sich -machen: -- ob dieses oder ähnliches gesagt worden? darüber schweigt -ebenfalls die Geschichte. Was aber, wenn es gesagt worden wäre, der -kerngesunde Römerverstand würde erwiedert haben, ist zu errathen nicht -schwer. - - -5. Savignys Nachträge zu seiner Schrift. 1828. - - -Vorrede der zweyten Ausgabe. - -Die erste Ausgabe der gegenwärtigen Schrift erschien im J. 1814, -zu einer Zeit, welche jedem, der sie mit vollem Bewußtseyn erlebt -hat, unvergeßlich seyn muß. Jahre hindurch waren die Bande, welche -unser Deutsches Vaterland an fremde Willkühr knüpften, immer fester -angezogen worden, und es war deutlich einzusehen, daß unser Schicksal, -wenn die Absichten des Unterdrückers zur vollen Ausführung kamen, -mit der Vernichtung unsrer Nationalität enden mußte. Die großen -Schicksale, durch welche die fremde Herrschaft zertrümmert wurde, -wendeten dieses herbe Loos von unsrem Vaterland ab, und das Gefühl -dankbarer Freude, welches damals durch die Befreyung von der größten -aller Gefahren allgemein erregt wurde, sollte wohl bey Allen als -eine heilige Erinnerung bewahrt werden. Damals war es wieder möglich -geworden, über öffentliche Dinge nach freyer Überzeugung öffentlich -zu reden, und der durch die ganze durchlebte[[IV]] Zeit überall -aufgeregte Sinn machte dieses Geschäft anziehender und dankbarer, -als es in gewöhnlichen Zeiten zu seyn pflegt. So trat damals ein -ausgezeichneter Rechtsgelehrter mit dem Vorschlag auf, ein gemeinsames -bürgerliches Gesetzbuch für Deutschland abzufassen, und dadurch die -politisch so wichtige Einheit der Deutschen, zugleich aber auch -die Rechtspflege und die Rechtswissenschaft zu fördern. Von dem -Congreß, der eben damals in Wien zusammentrat, erwartete man, er -werde wohl auf solche patriotische Vorschläge einzugehen geneigt -seyn. Dieses waren die äußeren Umstände, welche mich bewogen, in -der gegenwärtigen Schrift auch meine Stimme über die wichtige Sache -abzugeben. Diese Veranlassung, so wie die lebhaft erregte Zeit worin -die Schrift erschien, sind darin unverkennbar, und hätte ich erst -jetzt über diese Frage zu reden gehabt, so würde es ohne Zweifel in -sehr verschiedener Weise geschehen seyn, obgleich in der Sache selbst -meine Überzeugungen nicht nur dieselben geblieben sind, sondern sich -auch durch fortgesetztes Nachdenken und manche nicht unbedeutende -Erfahrungen noch mehr begründet haben. Es konnte daher in Frage kommen, -diese Schrift durch Änderungen und Zusätze in eine solche Gestalt zu -bringen, worin sie etwa jetzt hätte erscheinen können. Allein bey -diesem Verfahren war keine Gränze zu finden, ja es hätte eigentlich auf -die gänzliche Vernichtung der früheren Schrift, und die Abfassung einer -neuen geführt. Deshalb habe ich einen völlig unveränderten Abdruck, wie -er gegenwärtig erfolgt, für zweckmäßiger gehalten. Über[[V]] einige -Stellen jedoch finde ich hier eine besondere Erklärung nöthig. - -S. 48 ist die Rede von der nicht glücklichen Bearbeitung der -Rechtswissenschaft im achtzehnten Jahrhundert, und es wird dabey auch -die ungünstige Einwirkung eines vielfältigen flachen Bestrebens in der -Philosophie erwähnt. Diese Stelle haben Manche als ein absprechendes -Urtheil über philosophische Bestrebungen in der Rechtswissenschaft -überhaupt verstanden. Mir unbegreiflich; denn nach dem ganzen -Zusammenhang war lediglich die Rede theils von der unglücklichen -Anwendung Wolfischer Philosophie auf die Rechtswissenschaft, theils von -der Einwirkung der späteren Popularphilosophen. Diese Bestrebungen aber -dürften auch wohl gegenwärtig kaum Anhänger und Vertheidiger finden. - -Im siebenten Abschnitt ist ein sehr ungünstiges Urtheil über die -Französischen Juristen der neuesten Zeiten niedergelegt. Nun sind zwar -die einzelnen dort zusammengestellten Thatsachen ganz richtig, und -auch an dem Tadel derselben läßt sich nicht füglich Etwas mindern: -dennoch ist das darauf gebaute Totalurtheil völlig einseitig und -ungerecht, indem Eine höchst achtbare Seite der juristischen Literatur -unsrer Nachbaren mit Stillschweigen übergangen wird. Die Ursache -dieser Einseitigkeit lag theils in der aufgeregten Stimmung gegen -diese Nachbaren, die in jenem Zeitpunkt so natürlich war, theils in -meiner unvollständigen Kenntniß ihrer Literatur, und ich benutze -gerne diese Gelegenheit, jenes zugefügte Unrecht durch ein offenes -Bekenntniß[[VI]] gut zu machen[132]. Die Sache ist nämlich die, daß -allerdings die gelehrte Seite der Rechtswissenschaft, und die mit ihr -zusammenhängenden Kenntnisse, seit langer Zeit in Frankreich sehr -vernachlässigt waren, obgleich auch hierin eine Anzahl jüngerer Männer -in den neuesten Zeiten rühmlichen Eifer an den Tag gelegt haben[133]. -Dagegen hat bey ihnen die praktische Rechtswissenschaft einen hohen -Grad von Bildung erlangt und behauptet, und der darauf gegründete -Theil ihrer Literatur verdient die größte Achtung, und könnte mit -wesentlichem Vortheil von uns benutzt werden. So zum Beispiel -enthalten die Schriften von Merlin, sowohl das ~Répertoire~, als die -~Questions~ wahre Muster gründlicher, scharfsinniger, geschmackvoller -Behandlung von Rechtsfällen, und unsre praktisch-juristische Literatur -steht hierin der Französischen bey Weitem nach. Der Grund dieser -ihrer Trefflichkeit, neben den oben erwähnten Mängeln, liegt theils -in dem praktischen Geschick der Nation, theils in den Formen ihres -Prozesses, welche dem ausgezeichneten Talent Spielraum und Reiz in -hohem Grad gewähren, anstatt daß bey uns Richter und Sachwalter -ihr Geschäft in wenig anregender Unbemerktheit betreiben. Dagegen -bin ich weit entfernt, dem Code an diesen Vorzügen den geringsten -Antheil zuzuschreiben, und was sie Gutes haben,[[VII]] das haben sie -*ungeachtet* des Code, nicht *durch* denselben. Alles also, was gegen -diesen in meiner Schrift gesagt ist, muß ich noch jetzt für wahr -erklären. Und eben so das nachtheilige Urtheil über ihre Rechtsschulen, -deren Einrichtung gewiß jede freye Entwicklung der Rechtswissenschaft -in Frankreich hemmt. Ich sage dieses um so zuversichtlicher, als mir -dieses Urtheil durch die Stimme sehr achtbarer und einsichtsvoller -Franzosen bestätigt worden ist[134]. - -S. 138. Was hier von Blondeau's Darstellungsart des Römischen Rechts -erzählt wird, scheint, nach späteren Nachrichten, auf einem bloßen -Misverständniß zu beruhen. -- S. 144-146. Was hier über das juristische -Studium auf Preussischen Universitäten gesagt ist, hat sich seit jener -Zeit einigermaßen geändert. Über das Landrecht sind seit mehreren -Jahren Vorlesungen gehalten worden, auch von mir selbst, wobey ich die -handschriftlichen Materialien des Landrechts habe benutzen können. -Sogar ist neuerlich der Besuch solcher Vorlesungen, jedoch ohne Abbruch -der gelehrten Rechtsstudien, als nothwendig vorgeschrieben worden, -und schon das erste Examen wird jetzt mit darauf gerichtet. Dann hat -neuerlich der gegenwärtige Herr Justizminister die Benutzung der -Materialien zur öffentlichen Mittheilung gestattet[[VIII]], einige -ausgezeichnete Rechtsgelehrte sind jetzt damit beschäftigt, und so wird -der von mir S. 94 ausgesprochene lebhafte Wunsch auf die erfreulichste -Weise in Erfüllung gehen. - -S. 153. Hier ist der Wunsch ausgesprochen, daß die Hemmungen des -Verkehrs zwischen den Universitäten verschiedener Deutscher Länder -weggeräumt werden möchten. Es ist bekannt, daß seitdem, und ganz -neuerlich von der Bairischen Regierung, sehr Vieles für diesen -wichtigen Zweck gethan worden ist. - -In der gegenwärtigen Ausgabe hat meine Schrift zwey Beylagen erhalten. - -Die erste Beylage ist eigentlich eine Fortsetzung der Schrift selbst, -und gehört also wesentlich an diese Stelle. Dasselbe zwar könnte man -auch noch von einer andern Abhandlung in der Zeitschrift sagen, von der -Recension über Gönner, B. 1. Nr. 17. Allein diese Abhandlung mußte, -nach der Art, wie sie veranlaßt wurde, großentheils den Charakter -einer persönlichen Polemik annehmen, und so wenig ich hiervon, auch -bey der ruhigsten Betrachtung, Etwas als ungerecht zurückzunehmen -Ursache finde, so fühle ich doch auch keine Neigung, diesen durch -zufällige Umstände herbeygeführten Streit nach Ablauf vieler Jahre, -und nach dem Tode des Gegners, durch neuen Abdruck aufzufrischen. -Allerdings betrifft Vieles auch in dieser Recension das Allgemeine des -damaligen Streits; demjenigen aber, welcher vollständige Akten liebt, -bleibt es ja unbenommen, sie in der Zeitschrift selbst aufzusuchen. --- In dieser ersten Beylage ist nur Eine Stelle, worüber ich jetzt -Etwas hinzuzusetzen finde; es ist[[IX]] die Stelle S. 166, worin ich -gegen den oberflächlichen Gebrauch der Universalrechtsgeschichte -gewarnt habe. Diese Stelle ist mitunter so gedeutet worden, als ob -ich die Universalrechtsgeschichte überhaupt verwerfen wollte. Wer -sie jedoch mit unbefangener Wahrheitsliebe lesen will, der muß ein -solches Mißverständniß ganz unbegreiflich finden. Auch weiß ich in der -That kein neues Wort hinzuzusetzen, um mich gegen diese Misdeutung zu -verwahren. - -Die zweyte Beylage enthält das Urtheil eines französischen Gerichtshofs -über den Entwurf zum Code, welches in meiner Schrift S. 80 angeführt -und gerühmt ist. Ich habe es jetzt abdrucken lassen, weil die -französische Sammlung worin es bekannt gemacht wurde, gewiß nur dem -kleineren Theil meiner Leser zugänglich ist. - - -Erste Beylage. - -Stimmen für und wider neue Gesetzbücher. - -Von *Savigny*. - - (Abgedruckt aus der Zeitschrift für geschichtliche - Rechtswissenschaft, herausgegeben von *F. C. von Savigny*, *C. F. - Eichhorn* und *J. F. L. Göschen*. B. 3. Heft 1. Berlin 1816. 8. S. - 1-52.) - -[[163]] Wird ein wissenschaftlicher Streit lebhaft und mit -allgemeinerer Theilnahme geführt, so pflegt er neben großen Vortheilen -auch nicht geringe Gefahren mit sich zu führen. Daß jede Meynung im -Angesicht bestimmter Gegner vollständiger ausgebildet und fester -begründet wird, ist gewiß der Wahrheit förderlich, aber gar leicht -verliert der Streitende die Unbefangenheit, die allein der eigenen -und der fremden Meynung in allen Theilen und Wendungen Gerechtigkeit -wiederfahren lassen kann. So geschieht es, daß oft in demselben Maaße, -in welchem die Gegenstände selbst deutlicher werden, die Sehkraft -gerade derjenigen getrübt wird, von welchen die Meynung der übrigen -geleitet und bestimmt werden soll. - -Diese guten und schlimmen Folgen mögen auch bey dem Streite eingetreten -seyn, der seit einigen Jahren über die Frage geführt worden ist, -wie unsere deutschen Staaten das bürgerliche Recht zweckmäßig zu -behandeln haben. Was ist dabey nun aber zu thun? Sollen wir schweigen, -damit die Leidenschaften sich legen, schweigen, bis wieder alles -gleichgültig über die Sache geworden ist? Mit nichten. Aber sorgfältig -bedenken sollen wir jene vorhin erwähnte Gefahr, und strenge seyn -gegen uns selbst und gegen andere. Denn in der eigenen, wie in der -entgegengesetzten Meynung, läßt sich wohl unterscheiden, was zu ihr -nach ihrer Natur gehört, von dem was Parteylichkeit hinzugefügt hat. -Überall, wo eine Schwäche der eigenen Meynung oder eine Stärke der -fremden umgangen oder verschwiegen wird, da ist es nicht mehr die -Meynung, welche redet oder verschweigt, sondern die Parteylichkeit, -und so bewußtlos wir auch seyn mögen bey dem Spiel, welches diese -Parteylichkeit mit uns treibt, so ist doch das Spiel selbst immer -verwerflich, und wir thun wohl, ihm überall nachzuspüren, in uns selbst -wie in unsern Gegnern. - -[[164]] Dieses Vorwort sollte den Gesichtspunct angeben, von welchem -der folgende Aufsatz angesehen zu werden wünscht. Es soll in diesem -Aufsatz eine Übersicht gegeben werden über die verschiedenen Meynungen -und Äußerungen, die seit der Erscheinung meiner Schrift (1814) über -die Sache laut geworden sind, wobey ich mich aber weder zu absoluter -Vollständigkeit, noch zu strenger chronologischer Folge anheischig -mache. - - -~A.~ Stimmen *für* neue Gesetzbücher[135]. - - -1. Thibaut. - - Über die Nothwendigkeit eines allgemeinen bürgerlichen Rechts für - Deutschland, zweyte Ausgabe, in: Civilistische Abhandlungen. - Heidelberg 1814. 8. Seite 404 fg. - - Heidelbergische Jahrbücher - - 1814 S. 929 fg. - 1815 S. 625 fg. S. 657 fg - 1816 S. 193 fg. - -Daß die früheren Behauptungen des Vfs. von der wünschenswerthen -Einheit des Rechts durch ganz Deutschland, von der Nothwendigkeit -neuer Gesetzbücher u. s. w. hier wiederholt und bekräftigt werden, -versteht sich von selbst. Auch sollen hier nur diejenigen Äußerungen -herausgehoben werden, die entweder selbst neu sind, oder doch zu neuen -Entwicklungen Gelegenheit geben können. - -So wird hier gegen die Meynung gestritten, nach welcher das Recht -eine unveränderliche, unbewegliche Natur haben solle: das Recht, wird -gesagt, sey vielmehr zu allen Zeiten veränderlich gewesen, und es -sey verderblich, dasselbe jetzt fest bannen zu wollen[136]. Allein -Unbeweglichkeit des Rechts ist in der That niemals behauptet worden. -Auch der menschliche Leib ist nicht unveränderlich, sondern wächst und -entwickelt sich unaufhörlich; und so betrachte ich das Recht jedes -Volkes, wie ein Glied an dem Leibe desselben, nur nicht wie ein Kleid, -das willkührlich gemacht worden ist, und eben so willkührlich abgelegt -und gegen ein anderes vertauscht werden kann. - -Eine neue auffallende Aussicht eröffnet der Vf. der Rechtsgeschichte. -Sobald wir nur einmal von der Noth des gemeinen Rechts befreyt wären, -würde nach seiner Meynung die[[165]] Rechtsgeschichte, nicht mehr auf -ein einzelnes Volk beschränkt, alle Völker umfassen können. »Denn -das ist nicht die wahre belebende Rechtsgeschichte (sagt er), welche -mit gefesseltem Blick auf der Geschichte Eines Volkes ruht, aus -dieser alle Kleinigkeiten herauspflückt, und mit ihrer Mikrologie der -Dissertation eines großen Praktikers über das: ~et cetera~ gleicht. -Wie man den Europäischen Reisenden, welche ihren Geist kräftig -berührt, und ihr Innerstes umgekehrt wissen wollen, den Rath geben -sollte, nur außer Europa ihr Heil zu versuchen: so sollten auch unsre -Rechtsgeschichten, um wahrhaft pragmatisch zu werden, groß und kräftig -die Gesetzgebungen aller andern alten und neuen Völker umfassen. -Zehn geistvolle Vorlesungen über die Rechtsverfassung der Perser -und Chinesen würden in unsern Studierenden mehr wahren juristischen -Sinn wecken, als hundert über die jämmerlichen Pfuschereyen, denen -die Intestaterbfolge von Augustus bis Justinianus unterlag«[137]. -Ausführlicher ist diese Forderung einer Universalrechtsgeschichte -schon früher von *Feuerbach* ausgesprochen worden[138]. Etwas Wahres -liegt in dieser Ansicht, aber so dargestellt, wie es von *Feuerbach* -und noch mehr von *Thibaut* geschehen ist, muß es zu argem Irrthum -verleiten. Zuvörderst ist keine Verwechslung verderblicher, als die -der Mikrologie mit specieller Detailkenntniß. Mikrologie nämlich muß -jeder vernünftige Mensch gering schätzen, aber genaue und strenge -Detailkenntniß ist in aller Geschichte so wenig entbehrlich, daß sie -vielmehr das einzige ist, was der Geschichte ihren Werth sichern kann. -Eine Rechtsgeschichte, die nicht auf dieser gründlichen Erforschung des -Einzelnen beruht, kann unter dem Namen großer und kräftiger Ansichten -nichts anderes geben, als ein allgemeines und flaches Räsonnement -über halbwahre Thatsachen, und ein solches Verfahren halte ich für -so leer und fruchtlos, daß ich daneben einer ganz rohen Empirie den -Vorzug einräume. Daraus folgt, daß wenigstens der Römischen und -Deutschen Rechtsgeschichte die Zeit und Kraft nicht würde abgespart -werden können, welche auf das Persische und Chinesische Recht zu -verwenden wäre. Außerdem aber ist wohl zu bedenken, daß es für das -Recht der allermeisten Völker und Zeiten an allem irgend brauchbaren -geschichtlichen Material fehlen muß. Wir können im allgemeinen gute -Nachrichten von dem Zustand eines Volkes haben, während wir über die -Verfassung und das bürgerliche Recht desselben wenig wahres wissen: -denn diese Gegenstände fordern einen geübten Blick, und wer sie[[166]] -ohne diesen darzustellen unternimmt, der wird meist das eigentlich -wahre und lehrreiche übersehen, wie wir dieses gar nicht blos an -Reisebeschreibern gewahr werden, sondern selbst an einheimischen -Geschichtschreibern, die aus Mangel an eigener Sachkenntnis den Leser -oft mehr verwirren als belehren. Endlich muß ich besonders gegen -die Unparteylichkeit protestiren, womit die Rechtsgeschichte aller -Völker als ungefähr gleich interessant und lehrreich dargestellt wird. -Abgesehen davon, daß hier eben so wie in andern Dingen die Virtuosität -mancher Völker einen nicht geringen Unterschied macht, wie denn z. B. -die Betrachtung Griechischer Kunstwerke den Kunstsinn mehr entwickeln -wird, als die der Chinesischen -- davon abgesehen, ist ein anderer -Unterschied ganz entscheidend. Auch hierin kommt nämlich alles auf -die Grundfrage an, ob (wie ich glaube) das Recht, welches mit einer -Nation geboren ist, und eben so das ursprünglich fremde, was aber -viele Jahrhunderte in ihr gelebt hat, ein Stück ihres eigenen Wesens -geworden ist, oder ob (nach der Lehre der Gegner) jeder Augenblick -fragen kann und darf, welches Recht im nächsten Augenblick gelten -solle, so daß bey dieser Überlegung die Gesetzbücher aller Zeiten und -Völker zu gleichmäßiger beliebiger Auswahl vor uns ausgebreitet liegen -sollen. Von meinem Standpunct aus würde demnach der Rechtsgeschichte -verschiedener Völker eine sehr ungleiche Wichtigkeit zugeschrieben -werden müssen. Das wichtigste nämlich ist und bleibt die Geschichte der -uns angehörigen Rechte, d. h. der Germanischen Rechte, des Römischen -und des Canonischen Rechts: wobey jedoch zu bedenken ist, daß das -Germanische Recht wissenschaftlich keinesweges auf das in Deutschland -geltende zu beschränken ist, sondern vielmehr alle Germanische Stämme -umfaßt. Die Rechte der ganz fremden Nationen aber haben wieder ein -sehr ungleichartiges Interesse für uns, je nachdem der Zustand -dieser Völker mit dem unsrigen mehr oder weniger Verwandtschaft hat, -so daß uns deshalb das Recht aller christlich Europäischen Nationen -von nicht Germanischem Stamme, dieser fremden Abstammung ungeachtet, -viel näher angeht, als die Rechte orientalischer Völker. *Es versteht -sich aber von selbst, daß hier blos von einem verschiedenen Grad des -Interesse die Rede ist, und daß schlechthin keine Kenntniß dieser -Art, wenn sie nur eine wirkliche Kenntniß ist, gering geachtet -werden soll.* Sind diese Ansichten richtig, so folgt daraus, daß in -unsrer Art, die Rechtsgeschichte zu behandeln, ein sehr fühlbarer -Mangel allerdings statt findet, indem das Recht der verschiedenen -Europäischen Nationen, besonders derjenigen, welche Germanischer -Abkunft sind, nicht vernachlässigt werden sollte. Denn erstens ist, -dieses zu lebendiger, fruchtbarer Kenntniß zu bringen, möglich, und -zweytens liegt es unserm eigenen[[167]] Rechtszustand so nahe, daß -dieser nur in Verbindung damit allseitig erkannt werden kann. Es wäre -zu wünschen, daß selbst auf unsern Universitäten die Gelegenheit zu -solchen Vorlesungen nicht fehlen möchte, und daß junge tüchtige Männer -von den Regierungen dazu ausersehen und unterstützt würden. Eine -unerläßliche Forderung aber müßte seyn, daß solche Männer nicht blos -durch gründliches Quellenstudium, sondern zugleich durch den Aufenthalt -in England, Dänemark, Schweden u. s. w. sich gebildet hätten, wodurch -allein ihre Kenntniß Leben und Anschaulichkeit gewinnen könnte. Wie -viel bey dieser Erweiterung der Rechtsgeschichte auch die allgemeine -Völkergeschichte gewinnen müßte, ist einleuchtend: aber auch Thibaut, -und wer sonst von der Gesetzgebung alles Heil erwartet, müßte in diesen -Wunsch einstimmen. Denn auch für die Gesetzgebung würde es gewiß ein -wesentlicher Vortheil seyn, wenn Männer daran arbeiteten, die ihren -Gesichtskreis durch so vielseitige Rechtsanschauung erweitert hätten. - -Mehrmals hat Thibaut aufmerksam darauf gemacht, daß die Masse, die wir -zu bearbeiten haben, stets anwächst, und daß es also immer schwerer, -ja dem Einzelnen unmöglich werde, diese Masse, sowohl was die Quellen, -als was die Literatur betrifft, vollständig zu verarbeiten[139]. Diese -Klage ist gegründet, und jeder, der gewissenhaft arbeitet, wird sich -oft durch diesen Zustand gedrückt fühlen. Aber wie war es möglich, zu -übersehen, daß dieser Zustand gerade auch die gründliche Abfassung -neuer Gesetzbücher hemmt, also ein sehr wichtiger Grund gegen Thibauts -Aufforderung zu einem allgemeinen Gesetzbuche ist? Wir können uns doch -nicht anmaaßen, in einem Fache, das sich so ins Einzelne ausgebildet -hat, wie das bürgerliche Recht, alles durch gute Einfälle vortrefflich -entscheiden zu wollen, wir können des guten Rathes der Zeitgenossen -und der Vorfahren doch nicht entbehren, was auch Thibauts Meynung gar -nicht ist. Bey jenem Zustand der Quellen und der Literatur aber kann -es gar leicht kommen, daß uns in gar vielen Stücken die einzig rechte, -längst gefundene Ansicht (die gar nicht immer die herrschende oder -bekannteste ist) entgieng, nicht weil wir ihre Richtigkeit verkannten, -sondern lediglich weil sie uns der Zufall nicht vor die Augen führte. -Wollen wir aufrichtig seyn, so müssen wir gestehen, daß der oben -bemerkte Zustand keiner der beyden Meynungen ein neues Gewicht giebt, -weil er für beide gleich unbequem und hinderlich ist. Darum scheint -es räthlich, dabey unsern Streit zu vergessen, und uns brüderlich zu -berathen, wie dem Übel abzuhelfen seyn möchte, das wir nicht[[168]] -hervorgebracht und nicht zu verantworten haben. Ich werde am Schlusse -dieses Aufsatzes meine Gedanken hierüber mittheilen. - -Manche neue Äußerungen Thibauts verdienen wieder ungetheilten Beyfall. -So diese Stelle: »Betrieben unsre Deutschen Regenten die Sache wieder -kümmerlich, wie früher so manche andre wichtige Staatsangelegenheit, -so würde ich gern der Erste seyn, um das neue Werk mit einer rüstigen -Strafrede anzufallen«[140]. Eben so der Wunsch, daß in Ermanglung eines -allgemeinen Deutschen Gesetzbuches doch lieber von mehrern Staaten -gemeinschaftlich, als von jedem einzeln, ein Gesetzbuch gemacht werden -möchte. »Nicht allein der bürgerliche Verkehr macht dies im höchsten -Grade räthlich, sondern auch der Umstand, daß selten ein einzelnes -Deutsches Land im Stande ist, ein vollendetes bürgerliches Recht durch -die Kräfte seiner eignen Rechtsgelehrten zu schaffen«[141]. - -Etwas deutlicher, als früher, erklärt sich jetzt Thibaut über die -Art, wie er sich die collegialische Mitwirkung bey Abfassung eines -Gesetzbuchs denkt: es soll nämlich über einzelne, vorgelegte Fragen -votirt werden[142]. Dieses ist allerdings sehr begreiflich, aber auf -diese Weise entsteht kein Buch. Die Hauptsache ist und bleibt die -Redaction des Ganzen, und diese würde doch immer einem Einzelnen anheim -fallen müssen, obgleich sie nachher von Andern geprüft und verbessert -werden könnte. - -Thibaut vermuthet, es werde in Deutschland kein allgemeines -Gesetzbuch zu Stande kommen, vielmehr werde jedes Land sein eigenes -Particularrecht bekommen (welches freylich der traurigste Erfolg -seyn würde). »Damit ist denn« fügt er hinzu »natürlich auch die -Rechtswissenschaft zu Grunde gerichtet, und man wird dann den Freunden -der Wissenschaft, welche jetzt für das Alte kämpfen, auch wieder sagen -können, was man so oft sagen muß: Gott bewahre uns nur vor unsern -Freunden«[143]. Das klingt beynahe so, als ob die Stimmen, welche gegen -ein allgemeines Gesetzbuch sich erhoben haben, die Abfassung desselben -gehindert und dagegen eine Geneigtheit für besondere Gesetzbücher -hervorgebracht hätten. Doch mag dieses blos im Ausdruck liegen, denn -im Ernst wird niemand behaupten, daß ohne jene Stimmen ein allgemeines -Gesetzbuch wahrscheinlich zu Stande gekommen wäre. Das Streben mancher -Regierungen, alles gemeinsame von sich abzuhalten, ist schwerlich durch -jene Schriften erzeugt worden,[[169]] ja wenn diese Schriften wirklich -hätten zu ihrer Kenntniß kommen und ihren Beyfall erhalten können, was -sehr zu bezweifeln ist, so würde ihre Wirkung gerade darin bestanden -haben, das willkührliche Fixiren von Particularrechten der einzelnen -Staaten vor allem andern zu verhindern. - - -2. Feuerbach. - - Vorrede zu: *Nepomuk Borst*, die Beweislast im Civilprozeß. Bamberg - und Leipzig. 1816. 8. - -Die Entscheidung oder Vermittlung des Streits, sagt F., solle in -diesen wenigen Worten nicht versucht werden; allein er halte es für -recht und gut, daß in einer solchen Sache jeder seine Gesinnung -öffentlich ausspreche[144]: welcher Äußerung gewiß jeder Unbefangene -vollen Beyfall geben wird. Darin ist F. mit mir einverstanden, ja er -hält es für etwas nie bestrittenes, »daß alles auf Entwickelung und -Darstellung des volksthümlichen, in das Leben der Nation übergegangenen -Rechts ankomme« (S. XVI.). Nur findet er es unbegreiflich, was die -*Geschichte* mit der Erforschung dieses gegebenen, im Volk lebenden -Rechtes zu thun habe. »Die Geschichte erklärt, wie Etwas nach und nach -*geworden*; *wie* und *was* dieses Etwas *sey*, lehrt die Geschichte -nicht. Was der Geschichte angehört, ist schon dem Leben abgestorben« -u. s. w. (S. XVII.). Diese Ansicht der Geschichte ist sehr befremdend. -Ist es denn möglich, die Gegenwart eines organischen Zustandes anders -zu begreifen, als in Verbindung mit seiner Vergangenheit, d. h. anders, -als auf genetische Weise? Ein trefflicher Schriftsteller drückt dieses -also aus: »Aus demjenigen, was einst als Recht *gegolten hat*, ist -hervorgegangen das jetzt geltende Recht, und dieses ist nur darum das, -was es ist und wie es ist, weil das Alte, indem es *veraltete*, das -Neue geboren hat. In der Vergangenheit von Jahrtausenden liegt der Keim -zu der Gesetzgebung, der wir jetzo dienen. Der Keim mußte verwesen, -damit die Frucht entstände: kann ich aber das Daseyn der Frucht -begreifen, ohne von ihrem Seyn zu ihrem Werden und von ihrem Werden -zum letzten Grund ihres Werdens zurückzugehen? Nur der Geisterpöbel -steht gaffend vor dem, was ist, und sieht nichts weiter und will nichts -weiter sehen, als daß es ist: aber das *wie?* und das *warum?* hat -jeder Geist von besserer Art sich vorbehalten«[145]. - -Offenbar liegt jener neuesten Äußerung Feuerbachs dieselbe Verwechslung -zum Grunde, die auch schon bey andern Schriftstellern vorgekommen ist: -die Verwechslung nämlich der[[170]] geschichtlichen Ansicht des Rechts -mit einer besondern Vorliebe für das Alterthümliche vor der Gegenwart, -oder gar des Römischen vor dem Vaterländischen. - -Zuletzt werden die Gegner der Gesetzbücher durch das Beyspiel der -Römer beschämt, die durch gesunden Verstand geleitet, ihre zwölf -Tafeln niedergeschrieben hätten, ohne sich durch die Bedenklichkeiten -stören zu lassen, die jetzt den neuen Gesetzbüchern entgegengestellt -würden (S. XXII-XXVI). Hält man damit zusammen, was vorher (S. VI-X) -über das unpraktische unsrer theoretischen Juristen gesagt wird, so -sollte man denken, der ganze Streit werde geführt zwischen Praktikern, -die Gesetzbücher verlangten, und Theoretikern, die aus unpraktischem -Sinn sie verweigerten. Aber das ist eben unser Unglück, daß uns die -wahren Praktiker fehlen, indem unsre Praktiker größtentheils doch -wieder nichts sind, als Theoretiker, die nur meist auf halbem Wege -stehen geblieben sind. Darin eben war es zur Zeit der zwölf Tafeln -ganz anders, indem damals niemand das Recht niederschrieb, als wer die -anschaulichste, lebendigste Kenntniß davon hatte, und indem nicht mehr -niedergeschrieben wurde, als was Gegenstand unmittelbarer Anschauung -und Erfahrung seyn konnte. Aber wie wir jetzt stehen, können wir kein -Gesetzbuch machen, das etwas anderes wäre, als eine wissenschaftliche -Arbeit, so daß unsere Gesetzbücher im günstigsten Fall von den -eigenthümlichen Gebrechen unsres in Abstractionen lebenden Zeitalters -nicht werden frey bleiben können. Darum scheint es denn in der That -nicht ganz passend, sich auf die zwölf Tafeln zu berufen, wenn die -Räthlichkeit neuer Gesetzbücher durch Beyspiele aus der Vergangenheit -ausgemittelt werden soll. Soll dieser Weg eingeschlagen werden, so ist -es offenbar passender, das Beyspiel aus einem dem unsrigen verwandten -Zustand herzunehmen. Ich wähle dazu das Bairische Criminalgesetzbuch -vom J. 1813[146]. - -Nachdem zu diesem Gesetzbuch eine große Menge von Materialien aller -Art gesammelt, auch ein erster Versuch mislungen war, wurde im J. 1804 -*Feuerbach* mit dieser Arbeit beauftragt. Der von demselben abgefaßte -Entwurf wurde zuerst von einer eigenen Gesetzcommission, dann von einer -Commission des geheimen Raths, endlich von dem versammelten geheimen -Rathe geprüft und verbessert, und so nach neun Jahren das Resultat -dieser vielseitigen ernstlichen Bemühungen zum Gesetzbuch erhoben[147]. -Es war also gewiß nichts[[171]] versäumt worden, was dem wichtigen -Werk die höchste Vollendung geben konnte, weder in der wiederholten -sorgfältigen Prüfung, noch in der Abfassung des Entwurfs, indem diese -dem Manne aufgetragen war, der in seinem Fache geradezu den ersten -Ruf genoß, einen Ruf, wie er im Civilrecht keinem einzelnen unter -den jetzt lebenden Gelehrten zu Theil geworden ist. Wir haben keine -genaue Nachricht von dem Verfahren bey Abfassung der zwölf Tafeln, -aber wir können mit Sicherheit annehmen, daß so viel Vorsicht dabey -nicht angewendet worden ist. Und was ist nun das spätere Schicksal -jenes Gesetzbuchs vom J. 1813 gewesen[148]? Es sind bis jetzt zu -demselben, theils im Regierungsblatt, theils in besonderen Abdrücken, -*Ein Hundert und Eilf* abändernde Novellen erschienen, deren eine -(vom 25. März 1816) die Lehre vom Diebstahl ganz neu bestimmt: die -gänzliche Umarbeitung der Lehre von Unterschlagung und Betrug war -noch nicht erschienen, circulirte aber unter den Mitgliedern der -Gesetzcommission. Daß eine so plötzliche Rechtsabwechslung kein -glücklicher Zustand ist, wird jeder zugeben. Und ferner, wie man -auch über Gesetzbücher denken möge, wird man einräumen müssen, daß -hier von zwey Dingen eines wahr seyn muß. Entweder nämlich ist Grund -zu dieser schnell durchgreifenden Änderung gewesen oder nicht. Im -ersten Fall hat denn also ein Gesetzbuch, ungeachtet der großen oben -bemerkten Vorsichtsmaaßregeln, in diesem Grade mislingen können. Im -zweyten Fall hat man ganz willkührlich ein gutes Gesetz gleich nach -seiner Einführung preis gegeben, ohne Rücksicht auf die Sicherheit -und Festigkeit des Rechts, die dadurch aufs äußerste gefährdet werden -mußte[149]. Welcher dieser beiden Fälle nun auch der wahre seyn mag -(worüber ich mich alles Urtheils enthalte), so scheint in der That -eine Zeit, in welcher einer derselben eintreten konnte, keinen Beruf -zur Abfassung eines Gesetzbuchs zu haben. Und was soll man dazu sagen, -wenn bey solchen Erfahrungen *Thibaut* die Hoffnung hegen kann, -das Gesetzbuch, welches er fordert, werde viele Jahrhunderte dem -bürgerlichen Leben zur Grundlage dienen[150]! Wird man etwa erwiedern, -bey dem künftigen Gesetzbuch müsse alles vortrefflich gemacht werden, -was bey jenem versehen worden, und die Regierungen, die bis jetzt -wohl willkührlichen Änderungen allzu leicht Raum gegeben hätten, -müßten von nun an die höchste Beharrlichkeit im Festhalten[[172]] -des Aufgestellten beweisen? Aber dann kann ich mich nicht enthalten, -an *Thibauts* eigene Worte zu denken: »In der That! es veranlaßt -sehr trübe Gedanken, wenn man täglich sehen muß, wie unsre mehrsten -politischen Ansichten auf Träumereyen hinausgehen. Man ersinnt sich -recht etwas Ideales, macht nur die einzige kleine Voraussetzung, daß -die Weisen und Gerechten die Vollstreckung besorgen, und dann geht -alles in Lust und Freude von Statten«[151]. - - -3. Pfeiffer. - - Ideen zu einer neuen Civilgesetzgebung für Teutsche Staaten, von - ~D.~ B. W. Pfeiffer, Kurf. Hessischem Regierungsrath zu Cassel. - Göttingen 1815. 8. - -Es ist ungemein erfreulich, daß in diesem Buche ein erfahrner -praktischer Jurist seine Stimme in dieser wichtigen Sache hat abgeben -wollen, indem die Vielseitigkeit der Ansichten dadurch sehr befördert -werden muß. Vor allem verdient es ehrenvolle Erwähnung, daß der -Verfasser die Unentbehrlichkeit der gelehrten Bildung selbst für -den praktischen Zweck anerkennt (S. 5 und 84 fg.), und daß er bey -Begründung des neuen Rechtszustandes hierauf besondere Rücksicht -genommen wissen will. Und gewiß, der Verfasser hatte darüber ein sehr -gültiges Urtheil, indem er selbst eine gründliche gelehrte Bildung in -seinem Fach durch geschätzte Schriften bewährt hat, und indem er zur -Westphälischen Zeit in der Lage gewesen ist, zu bemerken, wie traurig -der Zustand eines Rechts ist, welches auf blos mechanische Weise zum -Zweck der äußeren Nothdurft hinlänglich erlernt werden kann (S. 65. 66). - -Das eigenthümliche seines Vorschlags, wodurch dieser Zweck mit dem -der Rechtseinheit u. s. w. verbunden werden soll, besteht darin: alle -bisher geltende Rechtsquellen, auch das Gewohnheitsrecht, sollen -abgeschafft und durch ein neues Gesetzbuch ersetzt werden; dieses -Gesetzbuch soll im Ganzen auf das jetzt geltende Recht gebaut seyn, -soll nur allgemeine und nur positive (nicht schon naturrechtliche) -Grundsätze enthalten, soll aber dennoch ganz vollständig seyn, um, wie -schon bemerkt, alle anderen Quellen entbehrlich machen zu können (S. -62-64, S. 78). Eigentlich heißt das also nur so viel: das Gesetzbuch -soll nicht ausführlich seyn, wie das Preußische Landrecht, sondern -kurz, wie das Österreichische Gesetzbuch: etwas neues in dem ganzen -Plane, wovon also auch ganz eigene Früchte zu hoffen wären, kann ich -nicht entdecken. Auch hier also bleiben die allgemeinen Gegengründe -bestehen: daß wir auf keine Weise ausgerüstet sind, ein solches -Gesetzbuch[[173]] zu machen[152], daß das wissenschaftliche Leben des -Rechts untergehen wird, und daß das Gesetzbuch zum Behuf der Anwendung -doch wieder eine unsichtbare Umgebung von Gerichtsgebrauch, Doctrin -oder wie man es sonst benennen will, erhalten muß, die dann das -eigentlich herrschende seyn wird, die sich aber auf eine zufällige, -willkührliche, bewußtlose Weise bilden wird, während sie jetzt in dem -Zusammenhang mit früheren Jahrhunderten eine herrliche Lebenswurzel -findet. Eine solche geistige, unsichtbare Umgebung ist überall, auch -bey dem reichhaltigsten und durchgreifendsten Gesetzbuch der wahre -Sitz des lebenden Rechts, und es ist unbegreiflich, wie der Vf. (S. -47. 50) Hugo's Behauptung, daß es so sey, für etwas ganz eigenes -und unerhörtes hat halten können. Das Preußische Landrecht z. B. -verbietet ausdrücklich alle dem Gesetz derogirende Gewohnheiten, und -insbesondere alle Rücksicht auf den Gerichtsgebrauch[153], und dennoch, -so neu dieses Gesetzbuch auch ist, hat sich durch die Anwendung in -den Gerichten so vieles modificirt, ergänzt, anders gestellt, daß das -geschriebene Landrecht mit dem in den Preussischen Gerichten lebenden -Recht keineswegs identisch ist. So ist es überall und so muß es -überall bleiben, nur wird darin ein großer Unterschied seyn, ob jene -unsichtbare Umgebung mehr im Gerichtsgebrauch, oder in der allgemeinen -Volkssitte, oder in der Lehre der Schulen, oder in der Lehre der -Schriftsteller, und hier wieder der gelehrten oder blos praktischen -besteht. Jede Einseitigkeit hierin ist nachtheilig, und das gehörige -Gleichgewicht und die Wechselwirkung dieser Kräfte (wozu aber auch -Berührung und Gemeinschaft gehört) ist allein ein gesunder Zustand. Das -schlimmste aber ist, sich über die Unvermeidlichkeit dieses Zustandes -zu täuschen, und von der vermeynten Vortrefflichkeit irgend eines neuen -Gesetzbuchs sich zu der Meynung verleiten zu lassen, daß dasselbe in -Wahrheit das Recht unmittelbar und ausschließend beherrschen werde. - -[[174]] In einem zweyten Abschnitt (»Grundlinien einer neuen -Civilgesetzgebung«) giebt der Vf. Vorschläge zu neuen Gesetzen -über diejenigen Gegenstände, in welchen er neue Bestimmungen für -besonders nöthig hält. Dieser specielle Theil des Werks verdient -große Aufmerksamkeit: er macht nämlich recht anschaulich, wie wenig -wir, auch politisch betrachtet, in der Lage sind, die Abfassung -neuer Gesetzbücher wünschen zu können. Und wie könnte es auch anders -seyn! Mehr als ein halbes Jahrhundert hat eine trostlose Aufklärerey -den politischen wie den religiösen Glauben wankend gemacht. Nachdem -sie lange Zeit durch Milde und Freundlichkeit alle Herzen gewonnen -hatte, hat sie dann, in ihrem innern Wesen stets dieselbe, in der -Französischen Revolution und in Buonapartes Despotismus sich etwas -herb erwiesen: diese Revolution und die Folgen dieses Despotismus -hat Deutschland großentheils auch äußerlich, weit mehr aber auf -geistige Weise mit durchlebt. Und so stehen wir jetzt in allgemeiner -Ungewißheit: bürgerliche und kirchliche Verfassung sind aus allen Fugen -gewichen, und auch die ordnende Sitte der Privatverhältnisse hat dem -allgemeinen Schwanken nicht entgehen können. Viel guter Wille hat sich -im einzelnen dabey erhalten: alles fühlt das drückende dieses Zustandes -und die Sehnsucht nach einem besseren. Und einen solchen Zustand -des Übergangs wollten wir durch geschriebene Buchstaben fixiren auf -Jahrhunderte? Man wird sagen, gerade dieses Schwanken müsse gehoben -werden durch eine feste, vorgeschriebene Regel. Nichts ist eitler -als diese Hoffnung. Erstlich muß die vollkommenste Regel fruchtlos -bleiben, so lange ihr nicht eine entschiedene Richtung im Volk, eine -Empfänglichkeit dafür, entgegen kommt: der gute Wille, die unbestimmte -Sehnsucht nach einem bessern Zustand, ist dazu nicht hinreichend. -Zweytens wer soll diese Regel finden? jene Verwirrung der Begriffe und -Grundsätze, als Folge der durchlebten inneren und äußeren Revolutionen -findet sich keinesweges blos im Volk, sondern gerade auch bey denen, -welche das Gesetzbuch zu machen hätten. Man versuche es nur, ein -Collegium zu diesem Zweck zu bilden, und man wird fühlen, wie rathlos -gerade in den wichtigsten Dingen die Ansichten durch einander laufen -werden. Dagegen dann kein Stimmenzählen helfen! - -Einige Beyspiele aus den Vorschlägen des Verfs. mögen das Gesagte -anschaulicher machen. Kirchenbücher läßt er sich S. 132. 133 höchstens -aus Noth gefallen: eigentlich aber sollen sie illiberal seyn, weil -nicht auch Juden, Türken und Heiden darin stehen können. Am besten -wäre es daher, wenn die Gerichtsschreiber der untern Justizbehörden -die Geburts- und Sterbelisten führten. -- Allerdings ist der abstracte -Begriff des Staates von dem der Kirche verschieden: aber soll uns -dieser Abstraction zu Gefallen nun auch noch das wenige[[175]] an -Würde, was sich hie und da in unsern öffentlichen Verhältnissen -erhalten hat, genommen werden? Nicht zu gedenken, daß jene Listen sehr -gewiß von den Schreibern der Untergerichte liederlich und schlecht -geführt werden würden, ohne Vergleich schlechter, als es jemals von den -Geistlichen zu befürchten ist. - -Eben so wird es S. 135. 138 als Überrest von Barbarey verworfen, -zwischen Einheimischen und Fremden, noch mehr aber, zwischen Christen -und Juden einigen Unterschied machen zu wollen. -- Dieses hängt damit -zusammen, daß wir schon lange den Begriff des Bürgers eigentlich ganz -verloren haben, und nur noch von Menschen und Unterthanen wissen -wollen. Diese Ansicht hatte sich einestheils durch eine mißverstandene, -übel angewendete Humanität eingeschmeichelt: anderntheils war den -Regierungen der überall gleichförmige und passive Begriff des -Unterthans viel bequemer und angenehmer, als der des Bürgers. Aber wie -ohne eigentliche, wahre Bürger ein gesunder kräftiger Staat bestehen -könne, ist nicht wohl abzusehen, und wer dieses einräumt, wird auch -die Aufstellung sichtbarer Gränzen zwischen Bürgern und Fremden nicht -absolut verwerfen können. Härte und Unmenschlichkeit freylich soll in -keinem Fall geduldet werden. Auch in Rom durfte man die Peregrinen -bekanntlich nicht todt schlagen, ja sie hatten ziemlich frühe einen -eigenen Prätor. Von unmittelbarer Nachahmung kann hier freylich gar -nicht die Rede seyn, auch ist schon das Verhältniß der christlich -Europäischen Staaten zu einander ganz eigener Art. Aber auch hier ist -die Vernichtung aller Gränze ganz unnatürlich. Vollends die Juden sind -und bleiben uns ihrem innern Wesen nach Fremdlinge, und dieses zu -verkennen konnte uns nur die unglückseligste Verwirrung politischer -Begriffe verleiten; nicht zu gedenken, daß diese bürgerliche und -politische Gleichstellung, so menschenfreundlich sie gemeynt seyn mag, -dem Erfolg nach nichts weniger als wohlthätig ist, indem sie nur dazu -dienen kann, die unglückselige Nationalexistenz der Juden zu erhalten -und wo möglich noch auszubreiten. - -Der Ehe soll nach S. 142. 143 die bürgerliche Form der Trauung -eigentlich allein natürlich seyn. Da die Ehe indessen auch noch eine -moralische Seite habe, und wegen unsrer Gewöhnung, wird nebenher auch -noch die kirchliche Form zugelassen, jedoch nur als durch kirchliche -Verordnungen vorgeschrieben, welche festsetzen: »daß zu der in dem -Gesetzbuch bestimmten bürgerlichen Form die hergebrachte kirchliche -als wesentlich hinzukomme«. Das bürgerliche Recht müßte also wohl -consequenterweise eine Ehe ohne kirchliche Trauung anerkennen, und nur -die Kirche könnte etwa in einem solchen Fall strafen oder auch ihre -Einwilligung versagen. Doch dem sey wie ihm wolle, und die Wirkung des -Grundsatzes[[176]] mag noch so sehr gemildert seyn, so ist es doch -immer ein merkwürdiges Beyspiel, wie weit sehr wackere Männer geführt -werden können, wenn sie die Bestimmung aller menschlichen Verhältnisse -von oben herab als das naturgemäße ansehen. Zwar in Ländern, welche -bisher unter dem Code gelebt haben, mag jener Vorschlag des Vfs. -weniger auffallen. Aber man denke sich nun ein Deutsches Land, worin -der Code nicht galt, dessen Einwohner also nie etwas anderes als -kirchliche Trauung gekannt haben, gewiß ohne jemals das Bedürfniß einer -Änderung hierin zu empfinden. In einem solchen Lande soll nun daneben -die bürgerliche Trauung eingeführt werden, und zwar als die Hauptsache, -vielleicht gar so, daß die Ehe durch sie allein schon rechtsbeständig -werden kann: und so soll ein solches Land, einer bloßen Abstraction -zu Gefallen, dieses Stück der Revolution noch hintennach zu genießen -bekommen! Daß dadurch das Wesen der Ehe, als eines (vor allem andern) -christlichen Verhältnisses verkannt und beeinträchtigt wird, ist -freylich die Hauptsache; aber selbst wer hierüber anders und neutraler -dächte, müßte doch solche Vorschläge schon aus allgemeinen Gründen -bedenklich finden. In unsrem Leben hat sich so wenig alte, unantastbare -Sitte und würdige Form erhalten, daß wir wahrlich nicht Ursache haben, -das wenige, was sich noch gerettet haben mag, hintanzusetzen. - -Die Ehescheidung durch gemeinsamen Willen soll nach S. 151 frey gegeben -werden, noch freyer als im Preussischen Recht, und nur an erschwerende -Formen gebunden. Dabey liegt ohne Zweifel die sehr verbreitete Ansicht -zum Grunde, daß das Recht überhaupt für nichts anderes zu sorgen -habe, als für die höchste Freyheit der Einzelnen, gleich als ob die -Idee der Ehe nicht auch ihr Daseyn und ihr Recht haben müßte. Doch -dieses auseinander zu setzen, würde hier zu weit führen. Aber auch -rein praktisch genommen wird für die allermeisten Ehescheidungen -gerade durch diese Leichtigkeit erst das Bedürfniß entstehen. Sehr -selten ist eine wahre innere Nothwendigkeit vorhanden, fast überall -entsteht das Bedürfniß blos daher, daß einer der Ehegatten, oder auch -beide nicht den ernsten Willen haben, sich selbst etwas zuzumuthen: -und gerade diese Stimmung kann gewiß nicht sicherer befördert werden, -als durch ein Gesetz, welches die absolute Willkühr der Scheidung -festsetzt. Darüber hat Erfahrung entschieden, ja es ist Erfahrung, daß -da, wo freye Ehescheidung gilt, gar manche Ehe mit Rücksicht darauf -leichtsinniger geschlossen wird. - -Der Familienrath des Code war bekanntlich das Stück desselben, worüber -sich viele Deutsche Juristen vor Bewunderung gar nicht zu lassen -wußten. Es ist daher sehr merkwürdig, daß hier S. 164 aus Erfahrung -die gänzliche Unbrauchbarkeit[[177]] dieses Instituts bezeugt wird. -Der eigene Vorschlag des Vfs. aber (S. 167) ist so künstlich und -zusammengesetzt, daß ich ihn für noch unausführbarer halte. Schwerlich -wird dem Vormundschaftswesen anders gründlich geholfen werden können, -als in Verbindung mit Entwicklungen unsrer Communalverfassungen, -die auch in jeder andern Rücksicht höchst wünschenswerth und nichts -weniger als Luftschlösser sind. Es kommt also auch hier darauf an, ob -wir, so lange uns die dazu nöthigen Einrichtungen fehlen, irgend eine -Regel fixiren wollen, die zu keinem rechten Ziel führen kann, und die -bey einer gründlichen Verbesserung unsres übrigen Zustandes als ganz -untauglich wird verworfen werden müssen. - -Im Hypothekenrecht (S. 179) spricht der Vf., so wie alle, die in diesen -Zeiten der Sache erwähnt haben, für die unbeschränkte mechanische -Erleichterung des Realcredits, und es ist ihm nur um die Mittel zu -diesem Zweck zu thun. Ich verkenne gar nicht die Mängel des Römischen -Hypothekenwesens, besonders wie es durch neuere Constitutionen -ausgebildet worden ist: aber es ist mir unbegreiflich, und kein -sonderliches Zeichen für den praktisch-politischen Sinn, aus welchem -die Vorschläge zu neuen Gesetzgebungen hervorzugehen pflegen, daß man -so ganz mit sich im reinen zu seyn scheint, obgleich darüber sehr im -Großen bedenkliche Erfahrungen gemacht sind. Dennoch scheint man gar -keine Ahnung davon zu haben, wie wesentlich durch unser ausgebildetes -Hypothekenwesen das Grundeigenthum modificirt wird, und ob eine -solche Verwandlung des Grundeigenthums in bloßen Geldreichthum, eine -solche Ausmünzung des Bodens (denn das ist es bey großer Vollendung -der Anstalt) wünschenswerth seyn möchte. Man übersieht, daß dadurch -ähnliche Verhältnisse wie durch ein Papiergeld hervorgebracht werden, -welches letzte doch nun auch nicht mehr für die höchste Vollendung -eines glücklichen Zustandes gehalten werden wird. Diese Bemerkungen -sollen gar nicht der Beybehaltung des Justinianischen Hypothekenwesens -das Wort reden, auch nicht den Weg, den man in neueren Zeiten -eingeschlagen hat, unbedingt widerrathen, sondern nur darauf aufmerksam -machen, daß es bey der Einrichtung des Hypothekenwesens noch auf andere -Dinge ankomme, als welche von unsren Legislatoren berücksichtigt zu -werden pflegen. Wenn man die Vorschläge derselben liest, sollte man -denken, dasselbe Hypothekenrecht tauge für alle Zustände der Völker: -überall, in der Schweiz wie in China, in Rußland wie in Frankreich -komme es nur darauf an, die bekannten Grundsätze der Publicität und -Specialität anzuwenden, dann bleibe nichts mehr zu wünschen übrig. -Diese blos formelle Behandlung der Gesetzgebung ist es, die ich -durchaus für verderblich halte, und in diesem Sinne ist schon oben (S. -13. 14.)[[178]] darüber geklagt worden, daß unsre Praktiker viel zu -sehr Theoretiker sind. - -Die Intestaterbfolge ist bekanntlich für unsre Rechtspolitiker eine -besonders beliebte Materie, und sie nimmt auch hier S. 186 und folg. -eine bedeutende Stelle ein. Der Vf. fordert, daß sie einfach und -gerecht eingerichtet werde, die Unbrauchbarkeit des Römischen Rechts -scheint er als ganz unzweifelhaft vorauszusetzen, und das Preussische -soll hierin um gar nichts besser seyn, dagegen das Österreichische -allein den Ansprüchen der Vernunft Genüge leisten. Ich habe nie -begreifen können, warum die Novelle 118 in diesen neuesten Zeiten -so schnöde angesehen worden ist. Leicht zu übersehen ist ihre -Erbfolgeordnung gewiß, und ein wirklicher Zweifel in der Anwendung -derselben gehört sicher zu den großen Seltenheiten, während z. B. -nach dem Französischen Recht, wie ich aus eigener Erfahrung weiß, in -ganz einfachen, täglich vorkommenden Fällen, unauflösliche Zweifel -entstanden sind. Was die Gerechtigkeit betrifft, so müßte es freylich -jeder anstößig finden, wenn ein Gesetz die Kinder ausschließen und -entfernte Verwandte berufen wollte. Aber in der Novelle ist das -bekanntlich auch nicht der Fall: ihre Ungerechtigkeit soll besonders -darin bestehen, daß sie die Halbgeschwister den vollbürtigen -Geschwistern nachsetzt. Wie ist es aber möglich, dieses eine -Ungerechtigkeit zu nennen! hier, wo alles auf individuellen, höchst -verschiedenen Verhältnissen beruht! Vielleicht finden sich eben so -viele Fälle, worin der Verstorbene, wenn er befragt worden wäre, einen -Unterschied zwischen beiden Arten der Geschwister gemacht hätte, als -wo es nicht der Fall gewesen wäre, und keine von beiden Entscheidungen -läßt sich aus allgemeinen Gründen ableiten. Der große Beyfall, welchen -die Österreichische Erbfolgeordnung gefunden hat, gründet sich auf -nichts anderes, als auf die einfachere Formel, in welche sie gefaßt -werden kann, also auf ihre Symmetrie; und gesetzt selbst, daß dieses -in der That ein Vorzug genannt werden könnte, so sind gewiß die -Nachtheile einer gänzlichen Umänderung der bisher bestehenden Erbfolge -ein viel zu theurer Preiß für jenen Gewinn. Auch dieser Ansicht der -Intestaterbfolge liegt also die oben gerügte formelle Behandlung der -Gesetzgebung zum Grunde. - -Diese Bemerkungen über die einzelnen Vorschläge des Vfs. sind übrigens -gar nicht als individuell gegen ihn gerichtet zu betrachten. Was hier -getadelt worden ist, gründet sich auf den Weg, den uns im allgemeinen -das Schicksal geführt hat. Nur verkennen sollen wir nicht, daß es -so ist, und sollen uns nicht zu Meistern der künftigen Jahrhunderte -aufwerfen, da uns die politische Einsicht und Bildung gebricht, um nur -unsren eigenen gegenwärtigen Zustand recht zu übersehen und zu regieren. - - -[[179]] 4. Almendingen. - - Politische Ansichten über Deutschlands Vergangenheit, Gegenwart und - Zukunft, von Harscher von Almendingen. Erster Bd. Wiesbaden 1814. - 8. S. 354 fg. - -Vortrefflich setzt der Verf. auseinander, daß der Rechtszustand -der Deutschen Länder des gemeinen Rechts nur in der Beschreibung -fürchterlich aussehe, und daß die eigentliche Noth in dem Mangel an -tüchtigen Justizbeamten bestehe (S. 366); eben so zeigt er auf die -überzeugendste Weise, wie wenig bey der großen Verschiedenheit der -Zustände und Bedürfnisse die Gleichförmigkeit des bürgerlichen sowohl -als des Criminalrechts wünschenswerth sey (S. 357 fg.). Das innere -Leben eines Volks, die Lebensweise eines Landes (S. 357) soll das Recht -bestimmen. Nach so schönen Worten erwartet man, daß in der That das -geschichtlich begründete Recht hier einen warmen Vertheidiger finden -müsse. Keinesweges! Nur die Abfassung eines allgemeinen Gesetzbuchs -für ganz Deutschland, welche von *Thibaut* und *Schmid* verlangt -wurde, soll hier bekämpft werden: für jeden einzelnen Deutschen Staat -dagegen ist »die Abfassung eines bürgerlichen Gesetzbuchs ein höchst -dringendes Bedürfniß« (S. 356), denn hier ist die Mannichfaltigkeit des -bürgerlichen Rechts in verschiedenen Theilen des Staats ein drückendes, -unerträgliches Übel, dem nicht schnell genug gesteuert werden kann. Als -Mittelglied für einen so ungeheuern Widerspruch dient die Verwechslung -des *Volks* mit dem *Staate*. »Vollendete Gesetze sind die schönen und -freien Formen des innern Lebens eines *Volks*: sie gehen aus ihm hervor -und bestehen mit dem sie zeugenden Princip. Von aussen aufgedrungene -Formen dagegen würken dem innern Leben entgegen. Was wäre aber ein -allgemeines Deutsches stereotypisches Gesetzbuch für die einzelnen -*föderalisirten Staaten* anders, als eine von aussen aufgedrungene -Form?« (S. 357). Also enthält jeder Bundesstaat ein eigenes Volk, -welches sich wie überhaupt, so auch in seinem Recht durch ein eigenes -Gesetzbuch, wie billig abschließt, und welchem die Rechtsgemeinschaft -mit den übrigen Staaten eine von aussen aufgedrungene Form seyn -würde, so gut als die mit Frankreich oder Rußland! Aber was haben die -Beschlüsse des Wiener Congresses, was die früheren Ländervereinigungen -durch Erbschaft, Säcularisation u. s. w. mit der Volkseinheit zu -schaffen? sind dadurch Völker gebildet und Völker begränzt worden? Noch -unbegreiflicher aber ist es, daß von der nothwendigen Mannichfaltigkeit -des Rechts in den einzelnen Staaten gar nicht die Rede ist, gleich -als ob Lage und Zustand des Volks hier überall gleich und nur -zwischen mehreren Staaten verschieden wäre. Alles was der Verf. über -diese Mannichfaltigkeit im Widerstreit gegen ein[[180]] allgemeines -Deutsches Gesetzbuch sagt, gilt ebensowohl gegen Bairische, Nassauische -Gesetzbücher u. s. w., besonders wenn sie nach der jetzt herrschenden -Ansicht keine Localrechte neben sich dulden wollen. - -Das letzte Resultat also, worauf dieser Schriftsteller führt, -ist freylich viel bedauernswerther als das, worauf *Thibaut* und -*Schmid* hinarbeiteten. Was diese wollten, war zwar dem Rechtszustand -nachtheilig, aber die Idee einer Vereinigung aller Deutschen zu dem -gemeinsamen Werk war schon an sich trefflich, und auch die Ausführung -konnte von dieser Seite manche gute Folge haben. Was aus jenem -Plane hervorgeht, ist dem Recht nicht weniger nachtheilig, als ein -allgemeines Gesetzbuch, und zugleich politisch höchst verderblich, als -ein neues Trennungsmittel für die Deutschen, welche (großenteils sehr -zufällig und willkührlich) verschiedenen Bundesstaaten zugetheilt sind. - - -5. Einige Ungenannte. - -Diesen verdankt man einige gar nicht unwichtige Entdeckungen. So ist -zuerst von einem Ungenannten die eigentliche Gefährlichkeit eines -gelehrten Juristenstandes an das Licht gezogen worden. »Daß deutsche -Fürsten (sagt er) ihre Völker blos der so gerühmten Gesetzgebung der -*repräsentirenden Juristen*, oder juristischen Braminen Preiß geben -sollten, welche ihre Sanskritsprache verewigen, ganz still und leise -überall im Stillen herrschen, das Mark des Volkes aussaugen, und sich -wie die Rabbiner der Juden zu Gesetz- und Sittenlehrern stempeln -möchten, läßt sich nicht erwarten«[154]. Wenn die gelehrte Jurisprudenz -ein Weg zum Mark des Volkes wäre, würde sie wahrscheinlich mehr -Anhänger finden als jetzt! - -Ein anderer Ungenannter[155] hat Untersuchungen über die Eigenschaften -guter Gesetzgeber angestellt. Er geht, einstimmig mit mir, davon -aus, daß in einem neuen Gesetzbuch vorzugsweise das jetzt geltende -Recht berücksichtigt werden müsse. Da sich nun dieses »nicht an der -Hand der Geschichte« gebildet habe, sondern »gerade durch recht -unhistorische Juristen, so dürfte doch wohl nichts inconsequenter -seyn, als echt geschichtlich gebildete Juristen bei der Redaction des -Gesetzbuchs zu Rathe zu ziehen« (S. 206). (Nach dieser Ansicht scheint -das historische Studium keinen andern Gegenstand zu haben, als die -Thaten der -- *Historiker*, und eine Kriegsgeschichte[[181]] z. B. -müßte etwas ganz widersinniges seyn.) Daraus folgt denn, daß bei der -Abfassung eines Gesetzbuchs »gerade die historische Bildung ... nicht -nöthig, sogar nicht einmal nützlich, vielmehr schädlich seyn dürfte -... Gerade ein recht unhistorischer Jurist, der durch die Ausübung das -noch geltende von dem nicht mehr geltenden zu unterscheiden gelernt -hätte, würde hier an dem rechten Orte seyn.« Nach dieser Entdeckung -freylich dürfen wir um tüchtige Verfasser eines Gesetzbuchs nicht mehr -verlegen seyn, denn die hier beschriebene ächte Unabhängigkeit von -schädlichen historischen Kenntnissen ist in unsrer Zeit so häufig, daß -von dieser Seite her der Beruf derselben für die Gesetzgebung sich auf -das Glänzendste rechtfertiget. Man muß indessen nicht glauben, daß -es mit der Unwissenheit allein, so gut und nöthig diese ist, gethan -sey, denn sie liefert nur gleichsam die Materialien, die Form aber -giebt -- die Philosophie! Nämlich unser praktisches Recht ist ein -»unzusammenhängendes Gemisch.... welchem die leitenden Principien ... -blos durch die Philosophie gegeben werden können, d. h. dadurch« (was -nun folgt ist also unläugbar eine Definition der Philosophie) »daß ein -philosophischer Kopf das Gemisch zusammenstellt, das leitende Princip -zu der größern Masse des Gemisches findet, und die geringere Masse in -das Princip einzwängt, darnach beschneidet und umformt.« Höchst naiv -ist auch noch der Beweis, daß das gemeine Deutsche Recht gar nichts zu -unsrer juristischen Bildung beitragen könne. »Die römischen Juristen -(heißt es S. 209) studierten kein gemeines deutsches Recht, und waren -doch die gebildetsten. Die juristische Bildung kann also von daher -nicht kommen, wohl aber die Verbildung.« - -Gerade das Gegentheil meynt ein anderer Recensent[156], welcher -für den Juristen durchaus nichts höheres anerkennt, als das reine -Römerrecht. Dieses soll man ihm nicht antasten, sonst hat man es mit -ihm zu thun! Läßt man es ihm aber als vornehmsten Gegenstand des -Universitätsunterrichts gelten, muß jeder Jurist es hören und wird -jeder daraus examinirt, so läßt er sich dann auch neue Gesetzbücher -sehr gerne gefallen: nur müssen die Gesetzgeber auch große Civilisten -seyn! Davon daß das Römische Recht gerade auch für uns etwas geworden -ist, und besonders davon, daß es auch noch ein Deutsches Recht giebt, -welches zu unsrem eigensten Wesen gehört, erscheint hier keine Ahnung. -Nur daß das unschuldige Spiel mit dem Römerrecht nicht gestört werde! -Man sieht,[[182]] wie verschieden die Anfangspuncte seyn können, von -welchen ausgehend man doch am Ende wieder in dem gemeinsamen Gefallen -an Gesetzbüchern zusammentrifft. - - -~B.~ Stimmen der *Gegner* neuer Gesetzbücher. - - -1. Hugo. - -Dieser, der älteste und standhafteste Vertheidiger der geschichtlichen -Bildung des Rechts, hat auch neuerlich wieder in mehreren -Recensionen[157] diese Ansicht zu entwickeln und gegen ihre Widersacher -zu sichern versucht. Jede dieser neuen Darstellungen der längst -bekannten Ansicht liest man wieder mit einem eigenen Interesse, indem -die Frische des Ausdrucks, so wie die Heiterkeit und Unbefangenheit -der Gedanken erfreuliche Zeichen sind, daß die Ansicht selbst hier -nicht als ein todter Besitz aus früherer Zeit fortdauert, sondern recht -eigentlich die Seele der wissenschaftlichen Gedanken, Kenntnisse und -Erfahrungen des Vfs. ist. - - -2. Einige Ungenannte. - -Höchst erfreulich sind die Stimmen zweier Recensenten, die, wie es -scheint, gar nicht der Schule angehören, auch gar nicht von dem -Interesse der Wissenschaft ausgehen, sondern von Lebenserfahrung und -praktischem Bedürfniß, und von diesem Standpunct aus der Abfassung von -Gesetzbüchern aufs bestimmteste widersprechen. - -Der eine derselben[158] rügt die handgreifliche Uebertreibung, womit -die Folgen der mannichfaltigen Rechte in Deutschland geschildert -zu werden pflegen. Die wenigsten Menschen, wird hier richtig -bemerkt, erfahren etwas genaueres über den Inhalt ihres eigenen -bürgerlichen Rechts, sie werden sich also mit den Bewohnern anderer -Gegenden durch gemeinsames Recht eben so wenig verbrüdert, als durch -Rechtsverschiedenheit von ihnen getrennt fühlen. »Der Ärger, den der -Beisizzer einer Juristen-Facultät, die von allen Seiten her Acten -bekömmt, über die Mannichfaltigkeit des Rechts hat, und welchen -Rec. auch recht gut kennt, ist gewiß kein universeller Deutscher -National-Ärger.« Mit demselben praktischen Sinne werden dann die großen -Nachtheile einer Gesetzgebung bemerkt, welche das Recht aller Orten -gleich zu machen bestimmt seyn sollte, so wie die unübersteiglichen -Schwierigkeiten der Ausführung. - -[[183]] Noch ausführlicher geht ein anderer[159] auf diese Ansicht -ein, indem er bemerkt, wie täuschend die Vorteile und wie reell -die Uebel seyen, die wir von einer durchgreifenden Änderung und -Gleichstellung des gesammten bürgerlichen Rechts zu erwarten haben. Die -Ruhe und Unbefangenheit, womit dieses entwickelt wird, ist besonders -bemerkenswerth, und die Uebereinstimmung in der Ansicht selbst ist mir -hier um so erfreulicher, da eben dieser Recensent gewiß nichts weniger -als parteyisch für mich und meine Schrift gestimmt erscheint. - - -3. Schrader. - - Die Prätorischen Edicte der Römer auf unsere Verhältnisse - übertragen von ~D.~ Ed. Schrader, Professor des Civilrechts und - Obertribunalrath in Tübingen. Weimar 1815. 8. - -Ich stelle diese Schrift absichtlich zuletzt, abgesondert von -den übrigen, weil sie an eigenen und neuen Gedanken bey weitem -die reichhaltigste ist. Der Vf. geht von der richtigen Bemerkung -aus, daß die geschichtliche Bildung des Rechts, die auch von ihm -angenommen wird, keinesweges so misverstanden werden dürfe, als solle -der Staat sich gar nicht um das Recht im allgemeinen bekümmern. -Nur die gewöhnliche Art, wie der Staat darauf einzuwirken pflege, -durch eigentliche Gesetzgebung nämlich, sey in den meisten Fällen -unzweckmäßig, selbst da wo sich stehende Gesetzcommissionen finden. -Durch Gesetze nämlich geschehe für das bürgerliche Recht bald zu -viel, bald zu wenig (S. 73); zu viel, wenn man sich einmal zur -Abfassung eines Gesetzbuchs entschließe, welches auch der Vf. für -sehr nachtheilig hält; zu wenig, indem außer dem Fall einer solchen -außerordentlichen Anstrengung gewöhnlich gar nichts geschehe, und -gar keine fortgehende Aufsicht auf das Recht in allen seinen Theilen -ausgeübt wurde. Er erwägt das Beyspiel der Römer, welche (seit den -zwölf Tafeln) durch Volksschlüsse nur wenig am bürgerlichen Recht -änderten, dagegen in ihren Edicten eine fortlaufende, jährlich -revidierte, höchst wohlthätige Controlle ihres gesammten bürgerlichen -Rechts besaßen. Eine ähnliche Einrichtung, verschieden von der -eigentlichen Gesetzgebung, wird hier vorgeschlagen. - -Jeder Deutsche Staat nämlich soll zu diesem Zweck alle zehen Jahre -ein Collegium bilden, welches nur Ein Jahr lang versammelt bleibt -(S. 111), und in dieser Zeit eine Art von Prätorischem Edict abfaßt. -Das Collegium erhält den Justizminister[[184]] zum Präsidenten, und -außerdem einen Deputierten der Landstände zum Mitglied, dann aber -noch fünf andere aus fünf verschiedenen Ständen gewählte Mitglieder -(S. 91 fg. S. 102 fg.). Einer nämlich repräsentirt die Richter, -ein zweyter die Advokaten der höheren Gerichte: ebenso einer die -Richter, ein anderer die Advocaten der Untergerichte: endlich ein -fünfter die juristischen Theoretiker. Jeder dieser Stände schlägt -drey Candidaten vor, woraus die Regierung einen wählt. In größeren -Staaten soll die Zahl der gewählten Mitglieder durch Verdoppelung oder -Verdreyfachung auf Zehen oder Funfzehen gebracht werden. Wird nach -einem Jahrzehend ein neues Collegium gebildet, so muß die kleinere -Hälfte des vorhergehenden darin sitzen (S. 92. 112. 130). Mehrere -kleinere Staaten können ein solches Collegium gemeinschaftlich bilden -(S. 122). (Vielleicht wäre doch ein etwas größerer Antheil der -Theoretiker wünschenswerth, die ja auch dann noch, wie billig, sehr in -der Minorität bleiben würden. Dieses scheint nöthig, nicht sowohl um -der Theorie mehr Gewicht gegen die Stimme der Praktiker zu geben, als -um der Einseitigkeit zu entgehen, die unvermeidlich eintreten wird, -wenn nur ein einziger Theoretiker zugezogen wird: die individuelle -wissenschaftliche Ansicht desselben würde ein sehr nachtheiliges -Übergewicht in der Versammlung haben, welches nur dadurch vermieden -werden kann, daß in der Versammlung selbst mehrere wissenschaftliche -Stimmen gehört werden). - -In diesem Edict soll das jetzt bestehende Recht geändert werden können, -jedoch nur wenn zwey Drittheile der Stimmen die Änderung verlangen (S. -86. 89). Künftige, mit Einwilligung der Landstände gemachte Gesetze, -dürfen erst geändert werden, wenn sie 100 Jahre alt sind (S. 88). -Innerhalb der nächsten hundert Jahre darf überhaupt kein anderer -Rechtssatz neueingeführt werden, als welcher schon in irgendeinem -andern Deutschen Lande Gültigkeit gehabt hat (S. 89). - -Durch eine solche Einrichtung, wie der Verf. sehr richtig bemerkt, -würde der große Vortheil erreicht werden, daß man nicht wie bei einem -Gesetzbuch zu einer äußern Vollständigkeit genöthigt wäre, sondern -nur über dasjenige sprechen würde, wozu gerade jetzt Bedürfniß und -Kenntniß vorhanden wäre (S. 58): dadurch würde diese Arbeit Leben und -Anschaulichkeit gewinnen, während unsre modernen Gesetzbücher mehr den -Charakter von Compendien haben. Allerdings wäre zu befürchten, daß das -Collegium, seinen wahren Beruf verkennend, doch wieder etwas machen -möchte, das einem Gesetzbuch ähnlich wäre; dieser Gefahr soll begegnet -werden, theils durch die oben erwähnten Einschränkungen, theils durch -ein besonderes Gewicht, welches (S. 107) dem Veto eingeräumt wird. - -[[185]] Die größte Billigung verdient der Wunsch (S. 94), daß alle -Protokolle gedruckt werden möchten: sehr richtig bemerkt der Vf., daß -dadurch die Achtung gegen das so gegründete Recht vielmehr erhöht als -vermindert werden würde. Zugleich würde dieses das sicherste Mittel -seyn, in der Zwischenzeit von einem Collegium zum anderen brauchbare -Beyträge zu neuen Verbesserungen zu erhalten. Solche offen dargelegte -Gründe und Gegengründe müssen ungleich mehr wahren Antheil erwecken, -als eine allgemeine empfehlende Entwicklung, worin aller Zweifel und -Widerspruch gleisnerisch zugedeckt wird. Wie viel lehrreicher sind -nicht bey dem Französischen Gesetzbuch die Protokolle des Staatsraths, -als die aufgeblasenen, schmeichlerischen Reden, nach welchen man bey -einem Gesetz über das Eigenthum glauben könnte, den Franzosen würden -so eben alle Sachen geschenkt, über deren Eigenthum das Gesetz Regeln -aufstellt. - -Über die Art, wie ein Referent bestellt werden soll, und über die -Geschäftsführung selbst, werden S. 103 u. fg. ausführliche Regeln -gegeben, die aber wohl nur dazu dienen sollen, die Ausführbarkeit -anschaulicher zu machen. Denn feste Regeln dieser Art für immer -vorzuschreiben, dürfte wohl nicht rathsam seyn, da nach der -Persönlichkeit der Mitglieder gar verschiedene Einrichtungen zweckmäßig -seyn können. - -Um den Zusammenhang des Rechts zwischen den verschiedenen Deutschen -Staaten zu erhalten, wünscht der Vf. S. 123, daß abwechselnd mit -den schon erwähnten Collegien der einzelnen Staaten ein allgemeines -Collegium für ganz Deutschland zusammen treten möchte. Allein das -Verhältniß dieser Versammlung zu denen der einzelnen Staaten bestimmt -er so künstlich, daß die Ausführung wohl kaum für möglich gehalten -werden kann. Vielleicht wäre es zweckmäßiger, für einen recht -vielseitigen Verkehr zwischen den einzelnen Staaten in Ansehung ihrer -Rechtsbildung zu sorgen. - -Wie das allgemeine Deutsche Collegium, so halte ich auch die oben -erwähnten Zeitbestimmungen von 100 Jahren für unpassend. Solche -Bestimmungen gehören kaum in Zeiten wie die waren, worin unsre alten -Kirchen von vielen Geschlechtern nacheinander und stets nach demselben -Plan fortgebaut wurden: unsere ephemere Zeit scheint dafür am wenigsten -geeignet. - -In der ganzen Schrift herrscht ein so gesunder praktischer Sinn, die -Vorschläge des Verfassers sind so gut begründet, seine Erwartungen -von dem Erfolg sind so besonnen und so frey von Übertreibung, daß ihm -selbst Andersdenkende ihre Theilnahme nicht werden versagen können. Es -ist sehr merkwürdig, daß diese Schrift gerade aus Würtemberg kommt, -aus einem Lande, dessen Einwohner sich vorzugsweise entwickelter -politischer Einsichten und Erfahrungen rühmen können. Man[[186]] -sage nicht, ein akademischer Lehrer wie der Vf. sey blos Bürger der -Gelehrtenrepublik und der Staat um ihn her wirke wenig auf ihn ein. -Dieses ist überall falsch, und bei dieser Schrift würde es doppelt -unrichtig seyn, da dieselbe durch handschriftliche Mittheilung an -erfahrne und einsichtsvolle Geschäftsmänner geprüft und geläutert -worden ist. - - * * * * * - -Vielleicht ist es nicht überflüssig, am Schluß dieser literarischen -Übersicht einige Resultate kurz zusammen zu stellen, wie sie gerade in -diesem Zusammenhang recht klar hervortreten. - -1. Die Besserung unsres Rechtszustandes, die man von einem Gesetzbuch -erwartet, soll theils eine materiale seyn, theils eine formale. - -Die materiale Besserung soll diejenigen Theile unsres Zustandes -betreffen, worin wir uns (theils in der That, theils wie man behauptet) -nicht sonderlich wohl befinden. Dagegen ist schon früher bemerkt -worden, es fehle uns theils an der nöthigen Einsicht, um das rechte -mit Sicherheit zu treffen, theils an den nothwendigen Bedingungen -in der Sitte des Volks und in den Verfassungen, ohne welche keine -Empfänglichkeit für einen gründlich guten Zustand vorhanden ist. -In welchem Sinne dieser Einwurf gemeynt ist, habe ich oben bey der -Beurtheilung des Pfeifferschen Werks deutlich zu machen gesucht. Ist -der Einwurf gegründet, so folgt daraus, daß wir jetzt zwar im einzelnen -nachhelfen, aber nichts durchgreifendes und bleibendes gründen können. - -Die formale Besserung soll uns anstatt eines undeutlichen, verwirrten, -an allen Enden zerstreuten Rechts, wofür man das unsrige ausgiebt, ein -klares, übersehbares und zusammenhängendes Recht geben. Dagegen ist -erinnert worden, daß wir gar nicht die Fähigkeit haben, eine solche -Aufgabe zu lösen, und daß wir einem äußeren, oberflächlichen Schein -von Vollkommenheit nachjagend das innere Wesen unsres Rechts verderben -würden. - -Dieses ganze Bestreben aber unsren Rechtszustand so durch einen -großen Schlag von oben herab zu verbessern, was ist es anders als -Eine Äußerung mehr von der unglücklichen Richtung, die nun schon so -lange das öffentliche Leben durchzogen hat, von der Richtung *alles zu -regieren, und immer mehr regieren zu wollen*? Diese Regierungssucht -hat fast jeder unter uns, da wo er gerade regiert wird, schon recht -schmerzlich empfunden, und selbst diejenigen, welche am lebhaftesten -für Gesetzbücher kämpfen, sind gewiß schon oft, wo ihnen diese Sucht -in der Administration, der Polizey, den Finanzen u. s. w. entgegen -trat, recht ernstlich darüber entrüstet[[187]] gewesen. Hier aber, -wo sie in ihrem Fach die Regierungen berathen wollen, wo sie sich -selbst in Gedanken an die Stelle derselben setzen, hier ist das alles -vergessen, und sie glauben, daß mit Verordnen und Regieren der Welt -von Grund aus geholfen werden könne. Daß sie dabey die edelste Absicht -haben, versteht sich: aber gewiß auch die meisten, die uns in andern -Fächern mit übermäßigem Regieren das Leben verbittern, meynen es recht -gut mit uns, und rechnen ehrlich auf unsren Dank. - -2. Wichtiger als alle Vorschriften seyn können, ist der Geist und die -Bildung des Juristenstandes. Gewiß hat die unglückliche, verwirrende -Zeit, die wir durchlebt haben, sehr traurig auf den öffentlichen -Geist gewirkt, und nichts ist verderblicher, als sich hierüber zu -täuschen. Auch verdient gerade *Thibaut* das Lob, daß er, ferne -von der Gleisnerey mancher anderen Schriftsteller, diese Übel der -Zeit mit edlem Ernst gerügt hat. Was haben nun wir Juristen, woran -wir uns im Ganzen halten und empor heben können? was in England -hilft und in den alten Freystaaten half, sind eingewohnte freye -Staatsformen, nebst einem Erbgut von Volkssitte, die gerade aus ihrer -Abgeschlossenheit frische Lebenskraft zieht; diese Mittel haben wir -nicht. Was uns im Großen und Ganzen am meisten helfen kann, ist -allein ein *wissenschaftlicher Geist*, der das Geschäft des Juristen, -auch das gewöhnliche praktische Geschäft, zu veredeln im Stande -ist. Weit entfernt also, daß die Gegner der Gesetzbücher dem Volk -anmuthen sollten, für die Probestücke der Professoren und Advocaten zu -leben,[160] fordern sie vielmehr einen wissenschaftlichen Character -des Rechts als das erste und wichtigste, gerade weil dieses allein der -Ausübung des Rechts eine edle und haltbare Grundlage geben kann. - -Freylich wollen auch die Freunde der Gesetzbücher die Wissenschaft -gerne befördern, ja sie soll erst recht in Blüthe kommen, wenn wir nur -erst Gesetzbücher haben! Wenn uns aber, wie billig, die Sache mehr am -Herzen liegt, als unsere Einbildungen, so laßt uns doch unbefangen -dahin sehen, wo der Versuch mit neuen Gesetzbüchern wirklich gemacht -ist, und wir werden uns überzeugen müssen, daß da das Recht an -wissenschaftlichem Leben verloren, und daß es sich dem bloßen Handwerk -genähert hat. Wollen wir aber ungeachtet dieser Erfahrungen behaupten, -bei einem neuen Versuch werde gerade das Gegentheil erfolgen, -heißt denn das nicht Luftschlösser bauen, und die Lehre muthwillig -verschmähen, die uns große Erfahrungen darbieten? - -[[188]] Schlimmer aber und ganz unbegreiflich ist der Weg, den das -neueste Bairische Criminalrecht eingeschlagen hat. Hier ist nämlich -in einer eigenen Verordnung ausdrücklich verboten, einen Commentar -über das Gesetzbuch zu schreiben, und mündliche Vorlesungen anders -als über das Gesetzbuch selbst zu halten[161], wie denn bekanntlich -schon Kaiser Justinianus ähnliches verordnet hatte. Ich weiß, was -man dafür sagen kann: die Gesetze sollen weder durch Tadel um ihre -Autorität, noch durch verschiedene Auslegung um ihre Gewißheit gebracht -werden. Aber welche Geistlosigkeit der Juristen daraus hervorgehen -muß, liegt am Tage. In Justinians Reich konnte ein solches Gesetz mit -Erfolg ausgeführt werden, aber in einem einzelnen Deutschen Lande, -bey dem allgemeinen Verkehr der Gedanken und der Literatur ist der -Zweck nicht einmahl erreichbar, den man sich dabey als wünschenswerth -vorsetzen möchte. Auch in eine Zeit geistiger Erstarrung mag ein -solches Gesetz noch wohl passen, aber völlig fremdartig steht es da in -einer überbeweglichen Zeit wie die unsrige, deren Beweglichkeit sich -gerade an demselben Gesetzbuch[162] auf die merkwürdigste Weise bereits -offenbart hat. - -3. Ich bin weit entfernt zu wünschen, daß der Staat bei der -Rechtsbildung ein unthätiger Zuschauer seyn soll. Es giebt sogar mehr -als eine Art, wie er dabey auf die wohlthätigste Weise thätig seyn kann. - -Vor allem ist es die Sache des Staats, dafür zu sorgen, daß es der -inneren rechtsbildenden Kraft nicht an zweckmäßig eingerichteten -Organen fehle. Diesen Dienst leistete den Römern ihre Prätur: eben -dahin gehört der oben dargestellte Vorschlag von Schrader für unsre -Zeit. Soll aber dieser Vorschlag wahre Früchte tragen, so gehört dazu, -daß überhaupt die öffentliche Meynung, über Personen sowohl als über -Einrichtungen, fester und gründlicher werde, was wie bey jeder Kraft -nur durch Übung bewirkt werden kann; dazu kann eine Entwicklung der -Verfassung besonders förderlich seyn. - -Aber es giebt noch andere Arten, wie der Staat auch unmittelbar auf -den Zustand des Rechts einwirken kann, ohne das Recht selbst in seinem -Gang zu stören. Wenn sich nämlich in einer langen Reihe von Jahren eine -Masse einzelner Verordnungen gesammelt hat, so sind darunter gewiß -viele,[[189]] die eine blos vorübergehende Gültigkeit haben sollten: -viele andere werden zufällig in Vergessenheit gerathen, andere durch -Gebrauch abgeschafft oder modificirt seyn; noch andere, wirklich -geltende, werden vor der Masse des veralteten leicht übersehen werden. -So wird es oft vom Zufall abhängen, ob eine ältere Verordnung entdeckt -und angewendet wird oder nicht. Diese Art der Rechtsungewißheit, die -gewiß niemand loben wird, kann auf einem sehr sicheren Wege gehoben -werden. Sämmtliche Gerichte und administrirende Behörden des Landes -nämlich können aufgefordert werden, darüber zu berichten, welche -Verordnungen nach ihrer Geschäftserfahrung noch geltend geblieben -sind. Aus diesen Berichten wird es nicht schwer seyn, einen Auszug des -noch geltenden zu machen, welcher dann mit ausschließender Gültigkeit -von neuem als Gesetz vorgeschrieben werden kann. Einem solchen ~Codex -Constitutionum~ stehen die Gründe nicht im Wege, die der Abfassung -von Gesetzbüchern im gewöhnlichen Sinn entgegen gesetzt worden sind: -denn was so auf dem Wege der Gesetzgebung entstanden ist, kann ganz -unbedenklich auf demselben Wege reformirt werden. Der seltene Fall, in -welchem eine ältere Verordnung in einzelnen Gegenden zur Bildung eines -eigenthümlichen Gewohnheitsrechts Veranlassung gegeben hätte, könnte -noch eine abweichende Behandlung bewirken. - -Wenn z. B. auf diese Weise das ~Corpus Constitutionum Marchicarum~ von -Mylius mit seinen sämmtlichen Continuationen umgearbeitet würde, so -würde dieses jeder Preussische Geschäftsmann höchst wohlthätig finden, -und auch der strengste Vertheidiger des geschichtlichen Rechts würde -dagegen nichts einwenden können. - -4. Es ist oben (S. 8 u. 9), einstimmend mit *Thibaut*, die große -Schwierigkeit bemerkt worden, die für uns aus der immer wachsenden -Masse des historischen und literarischen Materials unsres Rechts -entsteht; eine Schwierigkeit, gleich groß für die Gesetzgebung, wie -für das Studium, für den Lehrer und den Schriftsteller, wie für den -gründlichen, gewissenhaften Richter. Der Hauptgrund dieses Übels liegt -aber darin, daß die Arbeiten der juristischen Schriftsteller zu wenig -auf ein bestimmtes, großes Ziel planmäßig hingerichtet waren. Wir haben -eine ungeheure Menge Compendien, Observationen, einzelne Abhandlungen -u. s. w., aber eigentliche Bücher, die als integrirende Theile eines -wissenschaftlichen Abschlusses (nach den Einsichten eines gegebenen -Zeitalters) betrachtet werden könnten, haben wir verhältnißmäßig sehr -wenige, und wie vieles hätte dafür geschehen können, wenn das, was -in jenen einzeln versplitterten Kräften gut und fruchtbar war, auf -einfache und wesentliche Zwecke concentrirt worden wäre. Vor mehreren -Jahren sollte in einem großen Deutschen Staate ein neues Gesetzbuch -gemacht werden, und man hatte dabey[[190]] den Plan, das Römische -Recht als Subsidiarrecht gelten zu lassen. Vergebens sah man sich nach -einem ausführlichen Handbuch des Römischen Rechts um, welches den -praktischen Juristen zu ihrer Belehrung hätte empfohlen werden können. -Deshalb sollte damals ein solches Handbuch veranlaßt werden, welches -jedoch so wie die ganze damals unternommene Abfassung des Gesetzbuchs, -unterblieb. Ein solches Handbuch nun ist es, was wir in allen Theilen -unsres Rechts, am meisten im Römischen Recht, bedürfen und vermissen. -Soll es gründlich gemacht werden, so übersteigt es die Kräfte eines -Einzelnen, aber durch gemeinsame Arbeit aller, die inneren Beruf dazu -haben, könnte es in einigen Jahren wohl zu Stande kommen. Der Weg zur -Ausführung wäre dieser. Nach einem einfachen, leicht übersehbaren -Plan würde eine tabellarische Übersicht aller Gegenstände entworfen. -Hieraus wählte sich jeder Theilnehmer diejenigen aus, wofür er am -meisten vorgearbeitet hätte. Jede einzelne Arbeit müßte enthalten: -1. Rechtsgeschichte ganz im Detail, und besonders mit vollständiger -Zusammenstellung der Quellen. 2. Dogmatik, gleichfalls durch Quellen -vollständig begründet, und verbunden mit Erklärung dieser Quellen, so -viel dazu nöthig. 3. Literatur, und zwar mit Angabe des Inhalts und -mit Beurtheilung, sowohl was die zusammenhängenden Schriften über das -Ganze, als was einzelne zerstreute Bemerkungen betrifft. 4. Endlich -wären auch politische Ansichten, Wünsche und Vorschläge, obgleich -nicht so dringendes Bedürfniß, dennoch keinesweges ausgeschlossen. -Die Reihe von Werken verschiedener Verfasser, die auf diese Weise -entstehen würde, wäre durch die gemeinschaftliche zusammenhängende -Aufgabe zugleich als Ein großes Werk zu betrachten, welches Verhältniß -schon durch die ähnliche äußere Einrichtung bezeichnet werden könnte. -Man wende nicht ein, daß wegen der verschiedenen Ansicht und Richtung -der Verfasser nur ein täuschender Schein von Einheit in jenen Werken -entstehen, und daß die Erreichung des Zwecks bey jedem einzelnen -Werk sehr zufällig und zweifelhaft seyn würde. Wenn jeder nicht nur -mit Ernst, sondern auch mit einiger Selbstverläugnung arbeitet, wird -dieses keinesweges der Fall seyn. Es müßte nämlich ausdrücklich -zur Aufgabe gemacht werden, daß das rein factische, ausgemachte, -allgemeingültige auf eine sichtbare Weise von dem getrennt würde, was -jeder als neue, individuelle Ansicht, als bloße Hypothese, zuzugeben -gut fände, eine Bemühung, die selbst dem Gelingen jeder Arbeit an sich -und ohne Rücksicht auf jenen gemeinsamen Zweck förderlich seyn könnte. -Freylich wird es auch bey dieser Vorsicht nicht fehlen, daß uns manche -Arbeiten großenteils mislungen und ungenügend erscheinen werden: -dennoch wird im schlimmsten Fall durch die bloße Zusammenstellung -der Quellen und der Literatur unglaublich viel[[191]] gewonnen, und -für jede künftige, bessere Arbeit vorbereitet seyn. Gerade das, was -jetzt das abschreckendste ist, die Masse des factischen, wird dadurch -bezwingbar geworden seyn. Auch versteht es sich, daß jeder Mitarbeiter -die einzelnen Bemerkungen und Ausführungen, die er für die Werke der -übrigen vorräthig hätte, diesen überlassen würde, besonders aber -die Literarnotizen, die in ihre Materien gehörten. Damit für die -Literatur die möglichste Vollständigkeit erreicht würde, müßte jeder -das Verzeichniß der Schriften, die ihm für sein Werk bekannt sind, zur -Kenntniß der übrigen bringen, so daß es durch diese vervollständigt -werden könnte. -- Ein solches Unternehmen müßte unfehlbar gelingen, -wenn es nur ohne Selbstsucht und persönliche Anmaßung, mit reiner -Liebe zur Sache angegriffen würde. Es wäre ein schönes Beispiel -von Gemeingeist, wenn tüchtige Juristen der verschiedensten -Ansichten, Freunde und Gegner neuer Gesetzbücher, zu diesem Zwecke -zusammentreten wollten, und *Thibauts* vorzügliche Theilnahme würde, -wie in jeder Rücksicht, so besonders auch aus diesem Grund, von -großer Wichtigkeit seyn. Man hat oft mit Recht geklagt, daß sich die -Deutschen, auseinander gehalten durch leere, gehässige Einbildungen, -zu nichts gemeinschaftlichem entschließen wollten: hier ist etwas -gemeinschaftliches, daß recht eigentlich unsres Berufs ist, und wozu -wir der Mitwirkung der Regierungen gar nicht oder nur sehr beyläufig -bedürfen. Der Gesetzgebung wird dadurch eben so gut vorgearbeitet, als -der Wissenschaft, und auch diejenigen, welche von Gesetzbüchern das -Heil erwarten, müssen ihr Ziel dadurch gefördert sehen. - - -Zweyte Beylage. - - ~Analyse des observations des tribunaux d'appel et du tribunal de - cassation sur le projet de code civil~ (von ~Crussaire~). ~Paris - 1802. 4. p. 5-9.~ - -~[[192]] MONTPELLIER. Il faut au Code un caractère de simplicité que -n'offre pas le projet: jamais la France ne fut dans une situation plus -heureuse pour recevoir une législation simple.~ - -~Dans l'état où la législation projettée se présente, les formes y -semblent quelquefois un peu trop compliquées. Il est à craindre qu'en -trompant le voeu exprimé dans le Discours préliminaire, le fisc n'ait -autant à gagner que le justiciable à perdre.~ - -~Quant aux choses, les circonstances et les localités sont et doivent -être la règle nécessaire et le motif déterminant de la loi; telles -sont, par exemple, les lois agraires, toutes celles qui ont trait à -l'agriculture, aux servitudes réelles, services fonciers, etc. Ces -lois sont tellement modifiées par les localités, que celles qui sont -appropriées à une contrée, pays plat, ne conviennent pas souvent à la -contrée voisine, pays montagneux.~ - -~D'après ces principes, comment concevoir un systême de législation -uniforme sur l'usage des eaux pour l'irrigation des terres, et -l'exploitation des usines, sans nulle distinction, entre les propriétés -et contre l'usage des lieux, qui ne se règle pas toujours d'après -l'utilité (ainsi que l'établit le projet); mais bien d'après la -propriété qui en est acquise exclusivement, à ceux qui sont en droit de -s'en servir.~ - -~Le même inconvenient se présente à l'égard de l'exploitation, et la -durée des baux à ferme et à cheptel qui, dans certains pays, comportent -*équitablement* des stipulations que le projet de code proscrit.~ - -~Il en est de même des servitudes rurales dont l'usage, non moins -fréquent que varié, ne peut pas sans doute s'arranger,[[193]] comme -dans le projet de code, dans le cadre d'un *systême uniforme*. -Les exceptions doivent être à côté de la règle, et dictées par la -connaissance exacte des localités.~ - -~Dire que la disposition générale du projet de code pourvoit à ces -inconvéniens, en laissant les anciens usages derrière les nouvelles -lois, ce n'est pas se pénétrer assez de la difficulté à l'égard de -tous les cas. Il y a aussi d'autres usages généraux qui ont divisés la -France en deux grandes parties, en pays de droit écrit, et en pays de -coutume; ces usages se confondent, par le projet de code, dans l'unité -du même systême; c'est, dit-on, une *transaction* entre *le droit écrit -et les coutumes*.~ - -~Pour apprécier cette *transaction* et les avantages qui doivent en -résulter pour l'un et l'autre pays, il faut faire quelques remarques:~ - -~1. Ce qui s'est trouvé réformé par la force des choses, et par la -constitution même, n'a pu faire l'objet de cette transaction.~ - -~D'un autre côté, dans les lois romaines, comme dans les coutumes, -il faut distinguer celles qui ont pour fondement le droit naturel et -l'équité, de celles qui tiennent à la fois à l'ordre naturel et civil, -ainsi qu'à l'ordre politique; aux simples rapports des individus entre -eux, et à ces mêmes rapports compliqués, avec ceux de la société; les -premières, d'une équité évidente, ne peuvent pas être maniées au gré du -législateur; les autres se prêtent à l'esprit de systême qui crée les -différentes combinaisons, parmi lesquelles le législateur peut choisir -celui qui lui paraît le plus convenable.~ - -~C'est ainsi que les rédacteurs du projet de code ont eu à choisir -entre les dispositions du *droit écrit* et les dispositions du *droit -coutumier*, principalement sur les points systématiques *de la -puissance paternelle, des tutelles, minorités et interdictions, des -successions, des donations entre-vifs ou à cause de mort, des droits -des époux dans le contrat de mariage, des prescriptions etc.*; c'est là -où l'on met le droit romain plus aux prises et en oppositions avec les -coutumes, et où l'on a pu le faire *transiger*.~ - -~Mais qu'a-t-il été accordé ou soustrait au *droit écrit*? Qu'a-t-il -été accordé ou soustrait au *droit coutumier*?~ - -~Quant à la *puissance paternelle*, la coutume obtient de l'affaiblir -en plaçant à côté d'elle la communauté de biens entre époux; ce qui met -en opposition, dans un ménage, le *crédit* d'un époux avec l'autorité -de l'autre; autorité qui perd presque toute la force qu'elle tient du -droit écrit, par l'avantage accordé à la coutume d'ôter aux pères la -faculté d'exhéréder leurs enfans, de disposer librement de leurs biens, -et d'ôter aux enfans le droit d'exiger des pères un établissement -convenable.~ - -~[[194]] Si, dans les *tutelles*, le *droit écrit* l'a emporté dans -sa disposition peu convenable à nos usages concernant la division de -la tutelle en quatre espèces, la coutume a triomphé dans les points -bien plus essentiels où elle ne laisse pas distinguer entre tuteur et -curateur, ni entre pupille, et mineur ou adulte, elle a triomphé encore -en mettant, à la place de l'interdiction pour cause de prodigalité, la -disposition officieuse si peu propre à la remplacer.~ - -~Dans les *successions* on ne trouve plus ces grands traits de la -législation romaine, qui ne déférait l'hérédité qu'à un seul titre -universel par la volonté de l'homme, et à défaut par la disposition -de la loi; principe simple dont les avantages étaient sentis dans la -pratique.~ - -~En écartant ce principe, la coutume fait concourir à la fois la -succession légitime avec la succession testamentaire; et il y a tout -autant de titres universels qu'il y a de dispositions sur des portions -de biens par quelques actes que ce soit. Le partage en deux lignes pour -les ascendans et les collatéraux, contrarie, dans la plupart des cas, -l'équitable disposition du droit écrit, en faisant passer les diens -dans les familles étrangères; systême qui, par la prolongation des deux -lignes à l'infini, priva les époux de tous les avantages que le droit -écrit leur ménageait sur leur succession réciproque.~ - -~Il est vrai que ce droit paraît avoir été adopté pour les -*prescriptions*; mais ces règles qui ne font que compliquer mal à -propos les dispositions, n'auraient pas dû être maintenues.~ - -~Ce serait donc ainsi qu'on aurait fait transiger les deux droits en -laissant, à l'empire de la coutume, la presque totalité des points -sur lesquels elle pourrait être en concurrence avec le droit romain, -et en abandonnant au droit écrit les autres points qui sont de peu -d'importance droit d'ailleurs qui était modifié par les coutumes -particulières qui y dérogeaient, ou y ajoutaient selon les convenances -ou les localités.~ - -~Ainsi, tel pourra être le sort de ces pays que, par le nouveau systême -de législation, ils seront frustrés à la fois et des dispositions -du droit écrit, et de celles de leur coutume particulière, qui leur -étaient convenables; et qu'ils recevront, à la place de ces lois qu'ils -avaient choisies, des dispositions coutumières qui ne leur conviennent -pas, et des dispositions du droit écrit déjà par eux rejettées ou -modifiées.~ - -~Mais, quelles que soient les nouvelles lois qui seront données à la -France, le législateur ne doit pas moins se tenir en garde contre les -effets de la rétroactivité, et contre les inconvéniens du point de -rencontre des nouvelles lois[[195]] avec les lois anciennes, pour le -prévenir, autant qu'il est possible, ou les corriger sans blesser la -justice et l'équité.~ - -~Le projet de Code qui établit en principe *que la loi ne dispose que -pour l'avenir, et qu'elle n'a point d'effet rétroactif*, manquera -le but au moins sur divers cas: par exemple, à l'égard du cours -d'eau, dont l'ancien droit ne permettait pas l'usage an propriétaire -riverain, sur le seul fondement de son utilité particulière, lorsque -l'usage exclusif en était légitimement acquis à d'autres propriétaires -ou possesseurs d'usine; c'est ainsi que l'ancien propriétaire se -trouverait dépouillé, en vertu de la loi nouvelle, d'un droit acquis -depuis des siècles, et après avoir fait, sous la foi de l'ancienne loi, -des constructions qui lui deviendraient inutiles après la perte de son -droit.~ - -~Le tribunal de Montpellier desire aussi que le législateur s'explique -enfin sur le vrai sens et sur l'effet que doit avoir le décret du..... -septembre 1791, qui déclare non écrites toutes clauses insérées aux -actes, et qui seraient contraires aux moeurs, ou aux lois nouvelles, à -la liberté religieuse, naturelle et civile, et à celle de se marier ou -remarier; et la loi des 24. octobre et 14. novembre 1792, qui prohibe -les substitutions pour l'avenir, abolit celles qui se trouvaient alors -établies, et maintient l'effet de celles seulement qui étaient ouvertes -à cette époque.~ - -~Les tribunaux ont pensé que le législateur n'avait pas vu d'effets -rétroactifs dans ces deux lois; cependant le tribunal de cassation -croit y voir ce vice. Le projet de Code ne règle rien à cet égard: or, -il serait à désirer que le législateur s'expliquât pour faire cesser ce -conflit, et les incertitudes qui en résultent.~ - -~Ici, les lacunes qui résulteront de l'abrogation des lois anciennes, -générales ou particulières, et locales, présenteront une foule de -difficultés à la sagacité du législateur.~ - -~Ainsi, régler les rapports, combler les lacunes, régulariser les -effets compliqués des anciennes et nouvelles lois; suppléer à leur -silence, pénétrer leur obscurité, telle est la tâche immense qu'imposé -le perfectionnement du grand ouvrage de la législation nouvelle.~ - -~C'est cette tâche que les rédacteurs du projet semblent renvoyer -à l'arbitrage des juges pour la remplir, à mesure qu'ils feront -l'application des lois aux cas particuliers; et telle serait la -jurisprudence qu'on entend placer à côté du sanctuaire des lois!~ - -~Mais quelle jurisprudence! n'ayant d'autre règle que l'arbitraire -sur l'immensité d'objets à co-ordonner au systême de législation -nouvelle, à quelle unité, à quel concert faudrait-il s'attendre de -la part d'une pareille jurisprudence, ouvrage de tant de juges et de -tant de tribunaux, dont[[196]] l'opinion ébranlée, par les secousses -révolutionnaires, serait encore si diversement modifiée! quel serait -enfin le régulateur de cette jurisprudence disparate, qui devrait -nécessairement se composer de jugemens non sujets à cassation, -puisqu'ils ne reposeraient pas sur la base fixe des lois, mais sur des -principes indéterminés d'équité, sur des usages vagues, sur des idées -logiciennes, et, pour tout dire en un mot, sur l'arbitraire!~ - -~A un systême incomplet de législation, serait donc joint pour -supplément une jurisprudence défectueuse.~ - -~Pour l'éviter, le législateur pourrait tourner ses vues sur son propre -ouvrage, le compléter lui-même autant que possible, et ne considérer -le projet de Code que comme *les Institutes du droit français*, à -l'instar des institutes de JUSTINIEN à l'égard du droit romain. Comme -ces dernières, le projet de Code contiendrait les principes généraux -du droit, et, pour ainsi dire, le texte des lois. Le commentaire, le -développement et les détails sur chaque matière devraient être l'objet -de tout autant de traités séparés, comme ils le sont à-peu-près dans le -Code et dans le Digeste du droit romain.~ - -~Une autre méthode pourrait peut-être conduire le législateur à un -résultat non moins heureux, quoiqu'avec moins d'effort, de travail et -de secousses; si l'unité, dans le systême législatif, est d'une utilité -si évidente qu'elle doit être envisagée comme un dogme politique dont -il ne peut pas être permis de s'écarter, il est certain aussi que la -France, telle qu'elle est aujourd'hui, est un état trop étendu pour que -la différence des climats n'en nécessite une dans certaines lois, que -la nature des choses et celle du sol modifient nécessairement.~ - -~Ainsi, *laisser subsister les différences locales* en tout ce qu'elles -ne choquent pas l'esprit général et *ramener le reste à l'uniformité*, -telle paraît être la tâche du législateur.~ - -~Pour atteindre ce but, faut-il tout détruire, abroger toutes les lois -anciennes pour tout récréer? Il paraît plus simple et plus naturel de -maintenir l'ancien systême, en y dérogeant sur les points qui doivent -être ramenés à l'unité et à l'uniformité, et surtout ceux dont notre -nouvelle situation politique demande la modification ou la réforme.~ - -~Quant à ces derniers points, l'ouvrage paraît déjà porté à sa -perfection dans le livre premier du projet du Code, sur l'état des -personnes, et dans les différentes lois rendues par nos assemblées -nationales.~ - -~A l'égard des autres points, sur lesquels doivent tomber le changement -et la réforme nécessités par l'unité du systême, il semble qu'on ne -peut pas s'y méprendre, et qu'ils ne se présentent pas en si grand -nombre. En effet, en laissant de[[197]] côté toutes les dispositions ou -principes du droit naturel, appelés *la raison écrite*, dont l'équité -évidente s'allie avec tous les systêmes législatifs, il ne resterait -précisement que les points de droit ou les matières que nous avons -appelées plus haut *systématiques*, parce que leur règle est moins dans -l'invariable nature que dans la variable combinaison des convenances -particulières et générales.~ - -~D'après ce plan, qui paraît si simple, les matières à traiter dans le -nouveau Code se réduiraient à-peu-près à *la puissance paternelle, et -aux obligations des pères envers leurs enfans; aux tutelles, minorités, -et interdictions, aux successions et aux donations entre-vifs, ou à -cause de mort, aux droits des époux dans les contrats de mariage, aux -hypothèques, aux ventes forcées, et aux prescriptions*.~ - -~Toutes les autres matières pourraient ainsi rester à leur place, -et avec leur force dans le dépôt des anciennes lois; et ces lois, -soit générales, soit particulières ou locales, continueraient d'être -exécutées comme auparavant dans tout ce qui n'y aurait pas été dérogé -par la loi nouvelle du Code.~ - -~Cette méthode pourrait réunir les deux objets d'importance majeure que -le législateur doit avoir principalement en vue, l'utilité générale de -l'unité du systême avec les convenances particulières des localités. -Ainsi, le contact des lois anciennes et nouvelles dans un nombre de -points infiniment moindres, faciliterait davantage leur cohérence et -leur liaison. Avec beaucoup moins d'efforts, la législation serait plus -complète et la jurisprudence plus certaine. La règle ne manquerait pas -au juge, et la contravention aux lois aurait un correctif. Au lieu de -détruire, on ne ferait, pour ainsi dire, que réparer, et le changement -paraîtrait moins une innovation qu'une conservation de ce qu'il n'est -pas nécessaire de détruire, et une amélioration de ce qu'il est utile -de réformer ou de modifier.~ - -~Tel paraît être le modèle du Code que réclame la situation actuelle -de la France. On le croit tracé en entier dans la maxime rappelée dans -le discours préliminaire du projet, où il est dit: *Qu'il est utile de -conserver tout ce qu'il n'est pas nécessaire de détruire.* En effet, -les changemens dans les lois ne sauraient être trop réfléchis, et ils -ne peuvent être justifiés que par une utilité évidente: *in rebus novis -constituendis*, dit la loi romaine, puisée dans les écrits de Platon, -*evidens debet esse utilitas ut recedatur ab eo jure quod diu aequum -visum est*.~ - - -6. Bemerkungen. - -S. 14. *Savigny* hat auch in späterer Zeit trotz zahlreicher -Widersacher an den Grundauffassungen seiner Streitschrift -*festgehalten*. (Vgl. die Vorrede zur 2. Ausgabe vom Jahre 1828.) -So war es auch weiterhin. In der Bibliothek des Preußischen -Justizministeriums befindet sich ein Exemplar von Savignys -Streitschrift (3. Aufl. 1840), auf dessen erster freier Seite mit Tinte -geschrieben, nach der Schrift zu schließen, von der Hand Savignys (über -seine Ministertätigkeit s. o. S. 31) folgende Worte stehen: =hames de -g'eimes; ai de lês, augasdeo=. ~Plut. instit. Lacon. c. 15.~ -- 24. -Dez. 47.« -- Sinngemäß übersetzt bedeutet diese Stelle: »*Wir sind noch -rüstig; wenn Du willst, versuch' es!*« Sie ist in dorischem Dialekt -abgefaßt und der Abhandlung »Die alten Gebräuche der Lacedämonier« -(~Instituta Laconica~) aus Plutarchs Moralisch-philosophischen Werken -(~Moralia~) entnommen. Der Zusammenhang ist dort folgender: »An -gewissen Festen wurden (in Sparta) nach dem dreifachen Alter drei Chöre -errichtet. Das Chor der Greise sang zuerst: »»Wir waren einst rüstige -Jünglinge.«« Darauf antwortete das Chor der jungen Männer: »»Wir sind -es noch, wenn Du willst, versuch' es.«« Zuletzt sang das Chor der -Knaben: »»Wir werden einst noch viel besser sein.«« (Übersetzung von J. -F. S. Kaltwasser, Wien und Prag 1797, 2. Bd. S. 202.) - -S. 19. Wegen der Einzelgesetzgebung siehe S. 148, 149. - -S. 20. Für unsere Ansicht sprechen auch *Hugos* Worte S. 187. Wegen -weiterer Literatur zu der Streitfrage vgl. Brinz, Die Savignyfeier -am 21. Februar 1879, in der Kritischen Vierteljahresschrift für -Gesetzgebung und Rechtswissenschaft, Bd. 21, München 1879, S. 485 ff., -auch Bd. 22, S. 161 ff. - -S. 22. Zur »Geschichte der privatrechtlichen Kodifikationsbestrebungen -in Deutschland« vgl. auch die Abhandlung von E. *Schwartz*, Archiv für -Bürgerliches Recht, Berlin, Bd. 1 (1889), S. 1 ff. mit Bemerkungen -über die Streitschriften Thibauts und Savignys. Erwähnt sei noch die -Bemerkung Gierkes (unten S. 237, N. 38 u. 80) zu Anton *Christs* -Schrift Über deutsche Nationalgesetzgebung, Karlsruhe 1842, daß -hier zuerst die Kodifikation aus geschichtlichen und organischen -Gesichtspunkten begründet werde. - -S. 23. Über den Einführungsartikel der Zeitschrift *Savignys* hat -*Thibaut* in den Heidelbergischen Jahrbüchern 1815 Nr. 42 eine -beachtenswerte Rezension geschrieben, in der er »den anzüglichen -Namen ungeschichtliche Schule verbittet«. *Savigny* sagt dort: »Die -geschichtliche Schule nimmt an, der Stoff des Rechts sei durch die -gesamte Vergangenheit der Nation gegeben, doch nicht durch Willkür, so -daß er zufällig dieser oder ein anderer sein könnte, sondern aus dem -innersten Wesen der Nation selbst und ihrer Geschichte hervorgegangen.« - - -S. 23. Vgl. *Herders* Gedicht »An den Kaiser« (Joseph II.). 1780. »Gib -uns,.... Ein Deutsches Vaterland, Und *Ein* Gesetz....« - -S. 24. Zu dem Ausdruck »Volksgeist« vgl. auch die Wendung *Feuerbachs* -S. 195. - -S. 24. Wegen der Stellung der historischen Schule zur Philosophie s. S. -99 und 202. - -S. 25. Ein alter Vorwurf gegen *Savigny* ist seine Überschätzung des -Gewohnheitsrechts. - -S. 31. Über Beziehungen *Savignys* zu Goethe vgl. z. B. Eckermanns -Gespräche mit Goethe, 6. April 1829 (»unser trefflicher Savigny«). - -S. 32. Aus der Bibliothek *Savignys* befinden sich viele alte und -seltene Werke romanistischen Inhalts auf Grund seines Vermächtnisses -in der Berliner Königlichen Bibliothek. Vgl. Verzeichnis der der -Königlichen Bibliothek vermachten Werke Savignys. - -S. 33. Aus den Vorräten der 3. Auflage *Savignys* wurde 1878 eine -zweite (Titel-)Ausgabe veranstaltet. - -S. 33, 34. Um wirkliche Druckfehler aus dem Texte der Schrift -*Savignys* möglichst auszumerzen, sind alle drei zu seinen Lebzeiten -erschienenen Ausgaben verglichen worden. Da die 2. und 3. Ausgabe einen -völlig unveränderten Abdruck der Schrift enthalten soll (s. Vorrede der -2. Ausgabe), ist von einer Zusammenstellung der Textabweichungen, die -nur auf Druckfehlern beruhen können, abgesehen. - -S. 41. *Thibaut* meint mit den Worten »aus dem Munde eines geistvollen, -edeln Schriftstellers« offenbar August Wilhelm *Rehberg*, dessen Werk -über den Code Napoleon die Veranlassung zu der Rezension Thibauts -in den Heidelbergischen Jahrbüchern 1814 Nr. 1 u. 2 und weiter zu -Thibauts Flugschrift wurde. Vgl. Landsberg, Geschichte der Deutschen -Rechtswissenschaft, III, 2, Noten, S. 32 Nr. 20 und brieflich. -Eine Stütze dieser Ansicht finde ich darin, daß Thibaut in dieser -Rezension sich ganz ähnlicher Wendungen bedient, wie an unserer Stelle -(»geistvolle Arbeiten des Verfassers; er macht Gewohnheit und Herkommen -zur Grundlage aller bürgerlichen Einrichtungen; er tadelt, daß der Code -es nicht bei dem chaotischen Allerlei der verschiedenen Ortsgebräuche -bewenden ließ«), daß Thibaut es ferner absichtlich vermeidet (vgl. -seine Vorrede), den Namen Rehberg zu nennen. Eine weitere oben S. -10 nicht erwähnte Besprechung des Rehbergschen Buches befindet sich -übrigens in den Göttingischen Gelehrten Anzeigen 1814 S. 33. - -S. 46. Gegen »Trivialitäten« und »Übertreibungen« in *Thibauts* Schrift -(S. 23, 25, 28, 12, 64, 34 der 1. Ausgabe) wendet sich Immanuel -*Bekker*, Über den Streit der historischen und der filosofischen -Rechtsschule, Heidelberg 1886; später milder in »Vier Pandektisten«, -Heidelberg 1903. Siehe auch *Savignys* Schrift S. 122 (1. Ausgabe). - -S. 53. Wer unter dem »bedeutenden verstorbenen Staatsmann« zu verstehen -ist, ist nicht sicher festzustellen. Vielleicht ist damit nach einer -(brieflich geäußerten) Vermutung des Herrn Professors ~Dr.~ Ernst -Landsberg der am 17. November 1813 gestorbene Geheime Rat Johann -Nikolaus Friedrich *Brauer* gemeint, ein altbewährter Ratgeber Carl -Friedrichs von Baden. Brauer wurde außer anderen gesetzgeberischen -Arbeiten die Bearbeitung und Einführung des Code Napoleon in Baden -übertragen. - -S. 55. Die Stelle vom Völkervertrag beurteilt *Meinecke*, Weltbürgertum -und Nationalstaat, München und Berlin 1908, S. 195 wegen des damaligen -Nationalgefühls milder, als es oben geschehen ist. - -S. 58. Carl Friedrich von Baden, seit 1738 Markgraf, seit 1803 -Kurfürst, seit 1806 Großherzog, ist am 11. Juni 1811 gestorben. - -S. 63. Die Beibehaltung der Besonderheiten erinnert an die im -Einführungsgesetz des Bürgerlichen Gesetzbuchs Art. 55-152 enthaltene -Verlustliste der Deutschen Rechtseinheit. - -S. 88. Die Stelle »weit weniger Individualität« bezeichnet *Bekker*, a. -a. O., S. 9 als »fast unbegreiflich«. Vgl. auch die Wendung »fungible -Personen« S. 163. - -S. 91, 92 (163). Hiergegen wendet sich *M. A. von Bethmann-Hollweg*, -Über Gesetzgebung und Rechtswissenschaft als Aufgabe unserer Zeit, -Bonn 1876, S. 7 ff.: *Savigny* bedenke nicht, daß die Römer ihr -gesamtes Recht schon in frühester Zeit in den Zwölf Tafeln als Gesetz -verzeichnet haben und daß dieses bis auf Justinian den festen Kern des -Rechtssystems bildete. Diese Schrift verdient auch sonst wegen ihrer -mehrfachen Rückblicke auf den Streit zwischen *Thibaut* und *Savigny* -unsere Beachtung. - -S. 105. Vgl. S. 229. - -S. 118. Das Zitat aus dem Ausspruch des Tribunals von Montpellier ist -nicht ganz genau. Siehe S. 229, ferner S. 203 (ungünstiges Urteil über -die französischen Juristen). - -S. 119. *Savigny* schreibt Suarez statt Svarez. Der Verfasser des -Preußischen Landrechts lebte von 1746 bis 1798 (Biographie von *Adolf -Stölzel*, Berlin 1885). - -S. 132. J. A. Hellfeld (Jena), ~Jurisprudentia forensis secundum -Pandectarum ordinem~. - -S. 140, 141. Diese Reinigung richtete sich tatsächlich gegen den -»germanischen Einschlag«, den das römische Recht im Laufe seiner -Entwicklung -- teilweise durch das Verdienst der Naturrechtler -- -erfahren hatte. *Gierke* (Die historische Rechtsschule und die -Germanisten, Berlin 1903, S. 10 ff.) erblickt hierin die »wirkliche -Sünde der historischen Rechtsschule«, die »ihrem eignen Prinzip untreu« -wurde. Damit hängt auch die Verschärfung des Gegensatzes zwischen -Romanisten und Germanisten zusammen. - -S. 153. Vgl. S. 204. - -S. 156, 157. Vgl. S. 204. - -S. 161. Vgl. S. 204. - -S. 166. Zwischen ~Itaque~ und ~Deus~ ist ~ut~ ausgefallen. ~Ph. -Melanthonis opera, Halis Saxonum 1843, XI, 350.~ - -S. 170. Vgl. Savignys Gegenäußerung über die Bedeutung der -Rechtsgeschichte S. 206, 207. - -S. 170. Die Sätze *Thibauts* von der Rechtsgeschichte bis zu den »zehn -geistvollen Vorlesungen« dienten dem Hegelianer und erbitterten Gegner -Savignys *Eduard Gans*, Professor der Rechte in Berlin, als Motto zu -seinem »Erbrecht in weltgeschichtlicher Entwicklung«, 4 Bde., Berlin, -Stuttgart und Tübingen 1824 bis 1835. - -S. 185. Von den damals erschienenen anonymen Schriften sei noch erwähnt -»Blicke auf die juristische Praxis in Beziehung auf das künftige -Gesetzbuch für Deutschland«, 1817 (für Thibaut). Hingewiesen sei -auch noch auf *Unterholzners* Vorrede zu seinem »Entwurf zu einem -Lehrgebäude des bei den Römern geltenden bürgerlichen Rechts«, Breslau -1817 (gegen die Kodifikation für Savigny). - -S. 195. *Feuerbach* schreibt *Thiebaut* statt Thibaut. In seinen -Kleinen Schriften vermischten Inhalts bemerkt er, daß das Thema seines -Aufsatzes später am vollständigsten erörtert wurde von ~Meijer de la -Codification en général, et de celle de l'Angleterre en particulier. -Amsterdam 1830~. - -S. 198. Mutter Carmenta, die Weissagegöttin, bei Dichtern Künderin von -Roms Größe. - -S. 202. Unter dem »ausgezeichneten Rechtsgelehrten« ist natürlich -*Thibaut* zu verstehen. - -S. 206. Wegen *Thibauts* Abhandlungen in den Heidelbergischen -Jahrbüchern s. S. 32. - -S. 221. Mit dem Zitat aus der Jenaischen Literatur-Zeitung 1814 ist -die S. 191 erwähnte Rezension des *Schmid*'schen Buches Deutschlands -Wiedergeburt gemeint. - - - - -Nachwort. - - -In den Tagen, da die Schlußzeilen dieses mit der Erinnerung an die -große Zeit der Freiheitskriege verknüpften Buches geschrieben sind, -steht Deutschland im Kampfe gegen eine Welt von Feinden. Was unsere -Vorfahren in den Jahren 1813/15 erkämpft und vorbereitet, was unsere -Väter 1870/71 errungen und verwirklicht haben, das neue Deutsche -Reich, es muß 1914 verteidigt werden gegen die Neider seiner Macht und -seines Ansehens auf allen Gebieten menschlicher Entwicklung, gegen -Kulturfeinde, denen Mißgunst, Rache und Profitgier über alles gehen. In -wunderbarer Einigkeit steht ganz Deutschland geschart um seinen Kaiser. -Der Geist von 1914, dies einmütige Aufwallen der Volksseele, dies -Bestreben jedes einzelnen, sofern er nicht dem Vaterlande unmittelbar -mit der Waffe dient, als Glied *eines* Organismus seine Kräfte zum -Wohle des Ganzen möglichst nutzbringend zu betätigen, so daß sich wie -von selbst neue zweckbewußte Organisationen unseres Gemeinschaftslebens -gestalten, wird in der Geschichte fortleben als eine noch nie gesehene -gewaltige Erscheinung, als eigentümliches Kennzeichen unserer Zeit: -*Mehr als die Waffen schlägt der Geist die Schlachten. Deutschlands -Wille zum Siege ist die Gewähr seines Sieges.* - - *Berlin*, im August 1914. - - ~Dr. Jacques Stern~. - - - - -Im gleichen Verlage sind erschienen: - - - Einführung in die gerichtliche Praxis. - - Ein Buch für Referendare und Studierende. - - Von - - ~Dr.~ Jacques Stern, - - Amtsrichter am Amtsgericht Berlin-Mitte. - - 1914. Geheftet 9 M., gebunden 10 M. - -*Prof. ~Dr.~ Heilfron* schreibt über dies Buch im »Recht«, Jahrgang -1914, Nr. 11: - - Der Verfasser hat sich um die juristische Jugend ein zweifelloses - Verdienst erworben. Es kann nicht nur den Referendaren empfohlen - werden, vor jeder Station den betreffenden Abschnitt durchzuarbeiten, - sondern auch die Studenten werden an der Hand des Werkes die ihnen - leider so häufig mangelnde Verbindung mit der Praxis herzustellen - vermögen. - - - Arrest und einstweilige Verfügungen - - nach der Deutschen Zivilprozeßordnung. - - Von - - ~Dr.~ Jacques Stern, - - Amtsrichter am Amtsgericht Berlin-Mitte. - - 1912. Geheftet 3 M. - -*Warneyer* schreibt über dies Buch in der »Deutschen Juristen-Zeitung«, -Jahrgang 1912, Nr. 22: - - Die Arbeit erreicht ihren Zweck im vollsten Maße. Übersichtlich - gegliedert, behandelt sie zunächst das materielle und formelle - Arrestrecht, sodann Voraussetzungen und Inhalt der einstweiligen - Verfügungen, sowie das Verfahren bei diesen, endlich die Rückgabe der - Sicherheiten und die Schadensersatzpflicht wegen ungerechtfertigter - Anordnungen. Auch wo man dem Verfasser nicht folgen kann, weiß er - seine Meinung geschickt zu begründen. - - Druck von Gebhardt, Jahn & Landt G. m. b. H., Berlin-Schöneberg. - - - - -Mit Buchstaben indizierte Fußnoten: - -[A] Als einer von »Teutschlands Ansprüchen«, als Forderung der -»künftigen teutschen Verfassung«, als Verlangen der »Volksstimmung« -kommt eine »gleiche Gerechtigkeitspflege«, ein »gleiches Recht« z. B. -im Rheinischen Merkur wiederholt zum Ausdruck (Nr. 76 vom 23. Juni -1814, Nr. 105 vom 20. August 1814, Nr. 219 vom 7. April 1815). Groß -war auch die Zahl der ohne Nennung des Verfassers erschienenen, außer -anderen Reformen auch ein einheitliches bürgerliches Recht erstrebenden -Flugschriften und Bücher. Genannt seien: Was war Deutschland? Was ist -es jetzt? Was darf es von der Zukunft hoffen? Germanien 1813, 48 S. -(Vgl. z. B. Allg. Lit. Ztg., Halle und Leipzig, 1814 Nr. 102 u. 103, -Wiener Allg. Lit. Ztg., Wien, 1814 Nr. 46 u. Heidelb. Jahrb. 1814 Nr. -38). Geburt, Taten und Ende des Rheinbundes, kein Roman, sondern eine -wahre Geschichte, mit einigen bloß in schwachen Umrissen hingeworfenen -Ideen zur künftigen Regeneration einer deutschen Staatsverfassung an -das Licht gestellt von einem deutschen Patrioten in der Wüste des -unterjochten Deutschlands, Germanien 1813, 80 S. (Vgl. Allg. Lit. -Ztg. u. Wiener Allg. Lit. Ztg., ebenda, sowie Jenaische Allg. Lit. -Ztg. 1814 Nr. 78). Was hat Deutschland von seinen erhabenen Rettern -zu erwarten, was hat es zu wünschen? 1814 (ohne Druckort), 27 (nicht -72) S. (Vgl. Jenaische Allg. Lit. Ztg. 1814 Nr. 190.) Ideen über die -Bildung eines freyen germanischen Staatenbundes nebst einem Anhang über -einen ähnlichen italischen Bund -- Von dem Verfasser der Ideen über das -Gleichgewicht von Europa, 1814 (ohne Druckort), 272 S. (Vgl. ebenda -Nr. 217). Was können die verschiedenen Völkerstämme Teutschlands in -Rücksicht ihrer inneren Verhältnisse von ihren Regenten verlangen und -begehren? Germanien 1814. (Vgl. B. W. Pfeiffers Ideen zu einer neuen -Civil-Gesetzgebung, S. 7; unten Abt. II, 3 u. 5.) - -[B] Vgl. auch das zeitlich nach Thibauts Schrift erschienene Buch -von H. R. Brinkmann, Über den Wert des bürgerlichen Gesetzbuchs der -Franzosen, mit besonderer Rücksicht auf die Schrift des Herrn geheimen -Kabinetsraths Rehberg über dasselbe, sowie auf unsere jetzigen -Bedürfnisse in der Gesetzgebung, Göttingen 1814 (Besprechungen in der -Allg. Lit. Ztg., Halle und Leipzig 1814, Stück 226 bis 228; Jenaische -Allg. Lit. Ztg. 1815 Nr. 144; Leipziger Lit. Ztg. 1816 Nr. 26, -Göttingische Gelehrte Anzeigen 1814 Stück 154). - -[C] Savignys Stellung zur bürgerlich-rechtlichen *Einzelgesetzgebung* -ist diese: er ist nicht etwa ein Anhänger der Einzelgesetzgebung -schlechtweg im Gegensatze zur Kodifikation. Vielmehr ist er, wenn wir -seine Gruppierung der Einzelgesetzgebung zugrunde legen, Gegner auch -der Einzelgesetzgebung, soweit sie der organischen Rechtsentwickelung -entgegentritt: Gesetze von politischem Grunde betrachtet er als -Ausnahme und notwendiges Übel; die Entscheidung von Kontroversen -und die Verzeichnung alter Gewohnheiten ist nach ihm ein Objekt -der Gesetzgebung, doch ist ihm sogar hier ein anderer Weg als die -eigentliche Gesetzgebung lieber. - -[D] Beyspiele habe ich schon oben (civilist. Abhdlgn.) S. 305 bis 311 -gegeben. - -[E] Meine civilist. Abhandl. S. 463-466. - -[F] Obige Zusammenstellung macht natürlich keinen Anspruch auf absolute -Vollständigkeit. Immerhin sind hier *in einem bisher nicht erreichten -Umfange* wissenschaftliche Stimmen zum Streite zwischen Thibaut und -Savigny vereinigt. - -[G] Zwischen Hrn. v. *Savigny* und *Thiebaut*. Was später geschehen, -hat wenig zur Schlichtung, desto mehr zur Erhitzung des Streits -beigetragen. Auf der Seite des zuletzt genannten Gelehrten stehen -übrigens nicht blos diejenigen, welche in der Rechtswissenschaft mehr -als das Geschichtliche suchen, sondern auch ausgezeichnete Männer -der reingeschichtlichen Methode. Mein ehrwürdiger Freund, Etatsrath -Ritter *Cramer* zu Kiel, wird mir verzeihen, wenn ich hier seinen -Namen nenne und dem Publikum verrathe, daß Er es vorzüglich war, der -mich gegen die Behauptungen des von uns gemeinschaftlich verehrten -*v. Savigny* in Harnisch zu bringen und zu freundschaftlichem Kampf -hinauszuführen gesucht hat. Vieles was den Freuden des geistigen -Wirkens wenig zusagt, hinderte mich seither, an dieser Angelegenheit -Theil zu nehmen. Und auch jetzt will ich nicht so angesehen seyn, als -traute ich mir zu, durch die wenigen Worte, die ich hier zu sagen habe, -den Streit zu schlichten oder zu vermitteln. *Solons* weises Gesetz, -wonach jeder gute Bürger verpflichtet war, bey entstandener Partheiung -seine Gesinnungen öffentlich auszusprechen, sollte vorzüglich in dem -gelehrten Freistaat und geistigen Tugendbund (oder wie man sonst den -heiligen Verein für Recht und Wahrheit nennen mag, in welchem ohne -Heimlichkeit und ohne Schwur Tausende sich Brüder nennen) als eines der -ersten Grundgesetze gelten. Ich ergreife die gegenwärtige Gelegenheit -nur dazu, um dieses Gesetz zu erfüllen, und die Parthey bestimmt -zu bezeichnen, auf deren Seite ich zu finden bin. -- Einige sagen -vielleicht hierauf spottend: »das haben wir längst gewußt!« Indessen -hat auch dieses mir nichts zu bedeuten. - -[H] Hierin löst sich das meiste von demjenigen auf, was Hr. Prof. -*Meister* zu Breslau für das römische Recht und dessen Beibehaltung -einige Zeit vor jenem Streit zwischen *Thiebaut* und *v. Savigny* -geschrieben hat. - -[I] Denn die Geschichte der *Aufnahme* des römischen Rechts, zuerst im -Einzelnen blos der Materie nach, dann der Form nach im Ganzen, wird -wohl nicht gegen das oben stehende geltend gemacht werden wollen. -Ueberdieß läßt sich bestimmt voraussagen, daß diese Geschichte immer -nur über Manches im Allgemeinen, allein nur über Weniges im Einzelnen -werde Licht verbreiten können. - -[J] Und doch wurde von den Gegnern über Gesetze und Gesetzgebung gerade -so gesprochen, als hätte man jenes oder dieses gedacht. An ein von dem -Feuerlande bis nach Kamtschatka allgemeingültiges *gesetzgebendes* -Naturrecht glaubt man schon lange nicht mehr. Daß aber das Gesetzgeben -mit dem Despotismus so nahe verwandt sey, daß man *Cäsars* bekanntes -Vorhaben, ohne weiteres unter den Beweisen seines Strebens nach -Gewaltherrschaft anführen dürfe, hat man früher noch nie geglaubt, und -glauben sehr viele noch nicht, wiewohl es seitdem behauptet worden ist. - -[K] ~Jura aequare.~ -- Ich schreibe diese Vorrede entfernt von meinen -Papieren und habe *Livius* so eben nicht bey der Hand, um die Stelle -näher zu bezeichnen. - -[L] Jedes Volk, sobald dasselbe so weit gekommen, seine Rechte in einem -Gesetzbuche schriftlich darzustellen, änderte und besserte zugleich -sein Recht. War das Volk aus mehreren kleineren Stämmen mit eignen -Rechtsgewohnheiten zusammengeflossen, so galt es auch bey Abfassung -des Rechtsbuchs, vor allem diese Verschiedenheiten in Einstimmung zu -bringen und aus dem vorhandenen Stoff ein Gemeinsames zu schaffen. -Abgesehen von den späteren Zusätzen der Könige und des Clerus, enthielt -schwerlich irgend eines der sogenannten Gesetze der Barbaren, selbst -in der ursprünglichen Gestalt, ganz reines Gewohnheitsrecht ohne allen -Einfluß der gesetzgebenden Weisheit dieser Zeit. Was der große König -*Alfred* in der Einleitung zu seinem Rechtsbuche sagt: ~Ego Alfredus -Rex in unum colligi et litteris consignari jussi, *multa eorum quae -parentes nostri observabant, quae mihi placebant, et multa eorum -quae mihi non placebant rejeci* cum meo sapienti Concilio, et alio -modo jussi observari~: dieses thaten und dachten, in größerem oder -geringerem Umfang, besser oder schlechter, gewiß alle, die berufen -waren, ihres Volkes Rechte in Gesetzen zu verfassen. Das: ~quae mihi -placebant~, bedeutet aber freylich nicht so viel als: ~car tel est -notre plaisir~, sondern hat ungefähr denselben Sinn, in welchem König -*Egica* durch Betrachtungen über Geist und Zweck aller Gesetze das -westgothische Gesetzbuch einleitet, wenn er sagt: ~Lex erit secundum -naturam, secundum consuetudinem civitatis, loco temporique conveniens, -justa et aequabilia praescribens, congruens, honesta et digna, utilis, -necessaria.~ (~*Canciani* Vol. IV. p. 63. et 247.~) - -[M] Wie bey uns, denen ins Angesicht behauptet wurde, keines der -neueren Gesetzbücher sey an Würde und Kraft des Gesetz-Styls auch nur -mit der *Halsgerichtsordnung* Kaisers *Karl V.* zu vergleichen. Wenn -einmal unsere Gesetzbücher ein paar Jahrhunderte alt geworden sind, -so werden sie unsern Nachkommen wahrscheinlich eben so ehrwürdig und -gravitätisch klingen, wie uns jetzt die Karolina. - - - -Mit Zahlen indizierte Fußnoten: - -[1] *Rehberg* über den Code Napoleon. Hannover 1814. - -[2] *K. E. Schmid* Deutschlands Wiedergeburt. Jena 1814. S. 135 &c. -*Thibaut* über die Nothwendigkeit eines allg. bürgerlichen Rechts für -Deutschland. Heidelberg 1814. Jener wünscht für den Augenblick Annahme -des Oesterreichischen Gesetzbuchs, dieser sogleich ein neues. - -[3] Vorzüglich in der Encyclopädie ~ed.~ 4. §. 21. 22. Naturrecht ~ed.~ -3. §. 130. Civilist. Magazin B. 4. ~Num.~ 4. - -[4] ~*Baco* de fontibus juris, aphor. 59-64 (de augmentis scient. L. 8 -C. 3).~ - -[5] ~l. c. aph. 64. »Optandum esset, ut hujusmodi legum instauratio -illis temporibus suscipiatur, quae antiquioribus, quorum acta et opera -tractant, literis et rerum cognitione praestiterint ... Infelix res -namque est, cum ex judicio et delectu aetatis minus prudentis et e -ditae antiquorum opera mutilantur et recomponuntur.«~ - -[6] *Hugo* Naturrecht §. 130 N. 7. »Wenn alle Rechtsfragen von oben -herab entschieden werden sollten, so würde es solcher Entscheidungen so -viele geben, daß es kaum möglich wäre, sie alle zu kennen, und für die -unentschiedenen Fälle, deren doch immer noch genug übrig blieben, gäbe -es nur um so mehr widersprechende Analogien.« - -[7] ~*Baco* de augm. scient. L. 8. C. 3. »Jurisconsulti autem.... -tanquam e vinculis sermocinantur.«~ - -[8] ~Motifs de la loi du 3. Sept. 1807~ vor dem ~Code Nap. ed. Paris -1807. 8. p. IX.~ (*von Bigot-Preameneu*). - -[9] ~_Sueton._ Caesar. C. 44. Jus civile ad certum modum redigere, -atque ex immensa diffusaque legum copia, optima quaeque et necessaria -in paucissimos conferre libros.~ - -[10] ~Motifs de la loi du 3. Sept. 1807~ vor den Ausgaben des Code seit -1807, von *Bigot-Preameneu*. - -[11] ~*_Montesquieu_* XXIX. 18.~ - -[12] Man vergleiche was über die Gleichförmigkeit des Rechts *Rehberg* -über den Code Nap. S. 33 und f., so wie über die wichtigen Folgen der -gänzlichen Umwandlung des Rechts derselbe S. 57 u. f. sagt. - -[13] Die Discussionen des französischen Staatsraths über den Code geben -eine bequeme Uebersicht über das Verhältniß dieser Theile: bey jenen -konnten die Nichtjuristen kein Ende finden, von diesen war oft gar -nicht die Rede. - -[14] *Thibaut* a. a. O. ~p.~ 54. - -[15] ~*Tacitus*, Agricola C. 3.~ - -[16] Ich werde dabey auf folgende Schriften verweisen: ~Conférence du -code civil avec la discussion ... du conseil d'état et du tribunat. -Paris Didot 1805. 8. vol. in 12.~ -- ~Code civil suivi de l'exposé des -motifs~ (die Reden im ~corps legislatif~). ~Paris Didot 1804. 8. vol. -in 12.~ -- (~*Crussaire*~) ~Analyse des observations des[55] tribunaux -d'appel et du tribunal de cassation sur le projet de code civil. Paris -1802. 4.~ -- ~*Maleville* analyse raisonnée de la discussion du code -civil, ed. 2. Paris 1807. 4. vol. in 8.~ Der ~Code~ und das ~Projet de -code civil~ sind ohnehin bekannt.] - -[17] *Rehberg* über den Code Napoleon. Hannover 1814. 8. - -[18] ~Conférence T. 4. p. 126.~ »~Ces substitutions étaient contraires -à l'intérêt de l'agriculture, aux bonnes moeurs, à la raison; personne -ne pense à les rétablir.~« - -[19] Einige Stellen s. bey *Rehberg* S. 141. 163. 177. 187. - -[20] Dieses sind im wesentlichen die Ansichten von *Rehberg*, und ich -sehe nicht, wie man diesen ungerechte Bitterkeit vorwerfen kann: die -Anwendung auf manche einzelne Stellen läßt sich freylich bestreiten. - -[21] Die Beurtheilung des Code von dieser Seite lag außer *Rehbergs* -Zweck. Viel treffliches hierüber enthält *Thibauts* Rec. von *Rehbergs* -Schrift in den Heidelb. Jahrb. 1814. Jan. S. 1 u. f. - -[22] Vgl. hierüber die ungemein vortrefflichen Bemerkungen des -Appellationsgerichts von Montpellier bey ~*Crussaire* p. 5-9~. - -[23] Z. B. von *Seidensticker* Einleitung in den Codex Napoleon S. -221-224. - -[24] Heidelb. Jahrb. 1814. Jan. S. 12. - -[25] Jene, über ~art.~ 1674-1685, steht ~conférence T. 6. p. 43-94~, -diese über ~a.~ 1101-1133, ~T. 5. p. 1-21~, und davon nimmt der Text -wenigstens die Hälfte ein. - -[26] ~*Desquiron* esprit des Institutes de Justinien conféré avec le -code Nap. Paris Renaudière, 1807. 2 vol. 4.~, in der historischen -Einleitung. - -[27] ~Moniteur an X. N. 86. p. 339.~ Die Rede gehört zu den nachher -unterdrückten Verhandlungen. - -[28] ~*Maleville* analyse T. 4. p. 358. 359.~ - -[29] ~l. c. p. 407.~ - -[30] ~Conférence T. 2 p. 123. 124. 136.~ Der Irrthum von *Emmery* ~p.~ -139 ist um einige Grade geringer. - -[31] ~Conférence T. 6 p. 44.~ - -[32] Beyspiele wichtiger Materien, die im Code ganz oder größtentheils -fehlen, stehen in den *Heidelb. Jahrb.* 1814 Januar S. 13. - -[33] Lyon und Rouen, bey ~*_Crussaire_* p. 43. 52.~ - -[34] ~Conférence T. 1. p. 204. 267.~ - -[35] ~Motifs T. 2. p. 115.~ - -[36] ~*_Maleville_* T. 1. p. 104.~ - -[37] ~Motifs T. 2. p. 255.~ - -[38] ~*_Maleville_* T. 1. p. 165.~ - -[39] ~*_Maleville_* T. 1. p. 206.~ - -[40] ~*_Maleville_* T. 1. p. 327.~ - -[41] ~*_Maleville_* T. 1. p. 96.~ - -[42] ~*_Maleville_* T. 1. p. 182.~ - -[43] Die vergeblichen Bemühungen stehen ~conférence T. 2. p. 79-90~. -Der Gipfel der Verwirrung ist in der Bemerkung von *Tronchet* ~p. 84~ -~que jamais le mariage n'est nul de plein droit; il y a toujours un -titre et une apparence qu'il faut détruire~. Wenn jemand mein Haus -besitzt, so giebt es auch ~une apparence à détruire~, (etwas blos -factisches), dazu dient die Vindication; aber sein angebliches *Recht* -des Eigenthums ist dennoch ~nul de plein droit~, d. h. es ist gar nicht -da, und dieses aufzuheben brauche ich keine Klage. Bey Testamenten läßt -es sich durch den Gegensatz der alten Nullität wegen eines präterirten -Sohnes, und der ~querela inofficiosi~, recht deutlich machen. - -[44] *Portalis* in ~conférence T. 1. p. 29.~; *Boulay* im ~Moniteur an -X. N. 86. p. 343~. »~On sait que jamais, ou presque[[74] -jamais, dans aucun procès, on ne peut citer un texte bien clair et bien -précis de loi, en sorte que ce n'est jamais que par le bon sens et par -l'équité que l'on peut décider.~«] - -[45] ~Conférence T. 1. p. 27. 29.~ ~Motifs T. 2. p. 17. 18.~ -~*_Maleville_* T. 1. p. 13.~ ~Projet, discours préliminaire p. XI. XII. -XIII.~ - -[46] *Bonaparte* in ~conférence T. 2. p. 327~. ~Avis du conseil d'état~ -im ~Bulletin des lois~ und bey ~*_Locré_* T. 3. p. 104~, »~les divers -cas que la loi ... a laissés à la disposition des principes généraux et -du droit commun.~« - -[47] ~Projet l. c.~ - -[48] ~Projet, discours préliminaire, p. XIX.~ »~Dans cette immensité -d'objets divers, qui composent les matières civiles, et dont le -jugement, dans le plus grand nombre des cas, est moins l'application -d'un texte précis que la combinaison de plusieurs textes qui conduisent -à la décision bien plus qu'ils ne la renferment, on ne peut pas plus se -passer de jurisprudence que de lois.~« - -[49] *Schmid* Einleitung in das bürgerl. Recht des Franz. Reichs B. 1. -S. 21-23. 373. 374. - -[50] ~*_Maleville_* T. 4. p. 414-417.~ - -[51] ~*_Locré_* T. 3. p. 443 ed. Paris 1805. 8.~ - -[52] ~Moniteur an X. p. 337.~ - -[53] ~*_Crussaire_* p. 8.~ - -[54] Cabinetsordre von 1780 vor dem ~Corpus juris Fridericianum~ B. 1. -Berlin 1781. 8. -- Die Vorerinnerungen vor dem Entwurf des Gesetzbuchs -Th. 1. Abth. 1. und Th. 2. Abth. 1. und 3. -- Cabinetsordre von 1786 in -*Kleins* Annalen Th. I. S. XLIX. -- Publicationspatente von 1791 und -1794 vor dem Gesetzbuch (1791) und dem Landrecht (1794). - -[55] *Kleins* Annalen B. 1. und B. 8., gleich im Anfang beider Bände. --- *Kleins* Selbstbiographie. Berlin 1806. 8. S. 47. - -[56] Bericht des Justizcommissarius *Simon* üb. Redaktion der -Materialien der preuss. Gesetzgebung, in *Mathis* jur. Monatsschrift -B. 11 Heft 3. S. 191 bis 286 nebst einem Konspektus der Materialien. --- Die Materialien zum Landrecht allein (ohne die Gerichtsordnung) -betragen 1500-2000 einzelne Stücke in 88 Folianten. - -[57] Publicationspatent §. 1. - -[58] Dieses ist indessen für Ostpreussen etwas später geschehen -(Ostpreussisches Provinzialrecht. Berlin 1801. 8), für die übrigen -Provinzen gar nicht. Es gilt also da das besondere Recht in seiner -alten Form. - -[59] Entwurf des Gesetzbuchs Th. 1. Abth. 1. S. 5. 6. *Kleins* Annalen -B. 8. S. XXVI-XXIX. *Simon* S. 197-199. Mehrere der wichtigsten -Neuerungen wurden noch in der allerletzten Revision des Landrechts -weggelassen. *Simon* S. 235. - -[60] *Hugo* über Daniel *Nettelbladt*, civilist. Magazin B. 2 ~N.~ 1. - -[61] *Simon* S. 198. - -[62] *Simon* S. 200-202. - -[63] *Simon* S. 202. -- Von *Volkmar* existiren folgende Schriften: -1) ~De condictionum indole. Hal. 1777.~ (*Simon* S. 200). 2) ~De -intestatorum Atheniensium hereditatibus. Traj. ad Viad. 1778.~ -(*Schott* Critik. B. 10. S. 79). 3) Erörterung der Begriffe Erbschaft -~ex asse~ &c. Breslau 1780. (~ib.~ S. 82). 4) ~Varia quae ad leges -Romuleas et magistratus pertinent. Vratislav. 1779. 8.~ 5) Ueber -ursprüngliche Menschenrechte. Breslau 1793. 8. (*Ersch* Literatur der -Jurisprud. S. 272). Ich kenne davon nur die vierte, und diese ist -allerdings wenig bedeutend. - -[64] Cabinetsordre von 1780 S. XII. XIII. »Wenn Ich ... Meinen -Endzweck .. erlange, so werden freylich viele Rechtsgelehrten bey der -Simplifikation dieser Sache ihr geheimnißvolles Ansehen verlieren, -um ihren ganzen Subtilitäten-Kram gebracht, und das ganze Corps der -bisherigen Advokaten unnütz werden. Allein ich werde dagegen.... desto -mehr geschickte Kaufleute, Fabrikanten und Künstler gewärtigen können, -von welchen sich der Staat mehr Nutzen zu versprechen hat.« - -[65] a. a. O. S. XIII. - -[66] Entwurf Einl. §. 34-36. - -[67] Landrecht Einl. §. 46. 49. - -[68] Landrecht Einl. §. 47. 48. - -[69] Erster Anhang zum Landrecht. Berlin 1803. §. 2. - -[70] Landrecht Einl. §. 50. - -[71] Entwurf Th. 2 Abth. 3. Vorerinnerung. - -[72] Bey *Simon* S. 213. 220 stehen die Namen derer, welche Bemerkungen -eingesandt, und welche Preise erhalten haben. - -[73] *Schlossers* Briefe über die Gesetzgebung &c. Frankfurt 1789, und: -Fünfter Brief &c. Frankfurt 1790. 8. - -[74] Briefe S. 246. - -[75] *Schlossers* Vorschlag und Versuch einer Verbesserung des -Deutschen bürgerlichen Rechts &c. Leipzig 1777. 8. -- *Schlossers* -Briefe S. 46. 342. in welcher letzten Stelle er sogar Westphals -Schriften als sehr brauchbar für diesen Zweck rühmt. - -[76] In *Hugos* civilist. Magazin B. 1. ~N.~ 6. (1790). - -[77] Die Nachrichten darüber sind genommen aus *Zeillers* Vorbereitung -zur neuesten Oesterreichischen Gesetzkunde. Wien und Triest 1810. Bd. -1. S. 19-30. - -[78] Nämlich 1746 zur Preussischen, 1753 zur Oesterreichischen -Gesetzgebung. *Simon* S. 194. *Zeiller* S. 19. - -[79] *Zeiller* S. 23. 26-30. - -[80] *Zeiller* S. 27. 28. - -[81] *Zeiller* S. 24. - -[82] Die drey Theile des Gesetzbuchs enthalten zusammen 561 Seiten, -sehr weitläufig gedruckt. - -[83] ~§. 5 I. per quas pers.~ - -[84] ~§. I. cit., L. 53 D. de adqu. rer. dom.~ - -[85] ~_L._ 14 D. de testam. tut.~ - -[86] ~*_Hellfeld_* §. 1298~ »~Ipsa vero tutela consistit in defensione -personae pupilli principaliter, et secundario in defensione bonorum -pupillarium.~« - -[87] ~*_Digest._* lib. 27 tit. 2.~ - -[88] Nämlich nach Römischem Rechte war allgemein und absichtlich der -Intestaterbe zur Tutel berufen; im Oesterreichischen Gesetzbuch kann -es wegen der Linealerbfolge kommen, daß der Intestaterbe und der zur -Vormundschaft berufene nächste Verwandte verschiedene Personen sind, in -den meisten Fällen aber wird es auch hier dieselbe Person seyn. - -[89] *Zeiller* a. a. O., S. 38. »Da nun aber auf dem philosophischen -Gebiete jedermann nach seiner Ueberzeugung urtheilet; so ist leicht -zu erachten, daß die Urtheile oft nach einer eingebildeten Billigkeit -(~aequitas cerebrina~) und im Grunde nach Willkühr gefället werden.« - -[90] *K. E. Schmid* Deutschlands Wiedergeburt, S. 131. 134. 135. - -[91] Vergl. *Rehberg* über den Code Napoleon S. 8-10. - -[92] Ueber die Art und Weise, wie unsre Vorfahren die Processe -abgekürzet haben; patriotische Phantasien Th. 1. ~N.~ 51. - -[93] *Mösers* Schreiben eines alten Rechtsgelehrten über das sogenannte -Allegiren, a. a. O. Th. 1. ~N.~ 22. - -[94] *Thibaut* a. a. O., S. 52. 55. 60. - -[95] *Thibaut* S. 60. - -[96] a. a. O., S. 15-22. - -[97] a. a. O., S. 20. 21. - -[98] ~Esprit des lois liv. 27.~ - -[99] ~Nova methodus. P. 2. §. 82.~ - -[100] ~l. c. §. 85-90.~ - -[101] *Mösers* Vorschlag zu einer Sammlung einheimischer Rechtsfälle; -patriot. Phantasien Th. 2. ~N.~ 53. (3te Ausgabe ~N.~ 44). - -[102] *Schmid* Deutschlands Wiedergeburt, S. 278. 279. - -[103] ~Projet de code civil p. XIII. »Dans l'état de nos sociétés, il -est trop heureux que la jurisprudence forme une science qui puisse -fixer le talent, flatter l'amour propre et réveiller l'émulation.« -- -P. XIV. »On ne saurait comprendre combien cette habitude de science et -de raison adoucit et règle le pouvoir.«~ - -[104] Ich benutze die handschriftliche und mündliche Mittheilung eines -Doctors dieser Rechtsschule. - -[105] Als Quellen sind hierüber benutzt worden: Instruction zur -Ausführung des Lehrplanes &c. im 35ten Bande von K. *Franz* I. -Gesetzsammlung. -- A. *von Heß* encycl. methodol. Einleitung in das -juridisch-politische Studium. Wien u. Triest 1813. 8. Dem Vf. sind -laut S. 9. die Acten über den Studienplan mitgetheilt worden, so daß -seine Darstellung der Gründe desselben gewissermaaßen als officiell zu -betrachten ist. - -[106] *Heß* §. 39. - -[107] *Heß* §. 13. - -[108] *Heß* §. 16. - -[109] s. v. S. 141. Note 1. - -[110] *Heß* §. 40. 41. - -[111] *Kaufmann* Anfangsgründe des Römischen Privatrechts. Erste -Abtheilung. Wien u. Triest 1814. 8. - -[112] *Eggers* Anhang zu *Heß* S. 93. - -[113] Vorerinnerung zum Entwurf des Gesetzbuchs Th. 2. Abth. 3. - -[114] Ein sehr lehrreicher Aufsatz hierüber von dem Hrn. Justizminister -*von Kircheisen* steht in *Mathis* jurist. Monatsschrift B. 4. S. 65. - -[115] Die Rescripte hierüber von 1804. 1809 und 1812 sind an folgenden -Orten zu finden: *Mathis* Monatsschrift Bd. 1 S. 56. 61.; B. 8. S. 352. -462. *Kamptz* Monatsschrift Heft 1 S. 18. - -[116] *Rescript* von 1813. in *Kamptz* Monatsschrift Heft 3. S. 14. - -[117] *Stengels* Beyträge B. 13. S. 214. 218. - -[118] *Thibaut* a. a. O., S. 29-32. - -[119] Abschn. 8. - -[120] *Thibaut* a. a. O., S. 27. 28. - -[121] Nämlich die gegenwärtigen Vorschläge eines neu einzuführenden -Gesetzbuchs sind lediglich veranlaßt durch den Zustand der Länder, -worin bis jetzt das gemeine Recht oder der Code galt, und ich habe -stillschweigend angenommen, daß der Vorschlag selbst nicht weiter gehe -als diese seine Veranlassung. Sollte aber auch Oesterreich und Preussen -darin mitbegriffen seyn, so wäre allerdings von der politischen Seite -diese Vollständigkeit sehr zu loben, aber für diese Länder selbst wäre -wohl zu bedenken, was oben (Abschn. 8.) in anderer Rücksicht gegen die -Abschaffung ihrer Gesetzbücher gesagt worden ist. - -[122] A. a. O. S. 64. - -[123] S. 59. 60. - -[124] S. 41. - -[125] S. 35. - -[126] S. 36-39. - -[127] S. 17. 29. - -[128] S. 35. 36. 40. - -[129] s. o. S. 59. - -[130] A. a. O. S. 23. - -[131] ~*_Melanchthon_*, oratio de dignitate legum; in select. declamat. -T. 1. Servestae 1587. p. 247~ und ~Or. de vita *_Irnerii_* et -*_Bartoli_*. T. 2. p. 411.~ - -[132] Zum Theil war dieses schon bey einer andern Gelegenheit von mir -geschehen. Zeitschrift für geschichtliche Rechtswissenschaft B. 4. S. -488-490. - -[133] Vgl. Zeitschrift &c. a. a. O. S. 482 fg. - -[134] Was ich hier zur Erklärung meines einseitigen Urtheils über -die französische Jurisprudenz aus den Umständen, unter welchen meine -Schrift zuerst erschien, gesagt habe, ist auf sehr billige Weise -anerkannt in einer französischen Recension, welche überhaupt jenen -wissenschaftlichen Streit sehr treffend darstellt. (~Le Globe T. V. N. -59. 1827. 18. Août~). - -[135] Die ausführlichste Schrift, welche hierher gehört (von *Gönner*), -ist schon früher in dieser Zeitschrift angezeigt worden (B. 1. S. 373 -u. fg.). - -[136] Heidelb. Jahrb. 1815. S. 659. - -[137] Civilist. Abhandl. S. 433. - -[138] Vorrede zu *Unterholzners* juristischen Abhandlungen. München -1810. S. XII-XVII. - -[139] Civilist. Abhandl. S. 416. Heidelb. Jb. 1814. S. 940. - -[140] Heidelb. Jahrb. 1814. S. 938. - -[141] Heidelb. Jahrb. 1816. S. 200. - -[142] a. a. O. S. 198-200. - -[143] Heidelb. Jahrb. 1816. S. 200. - -[144] Vorrede S. XI. - -[145] *Feuerbach* über Philosophie und Empirie. Landshut 1804. 8. S. 43. - -[146] Strafgesetzbuch für das Königreich Baiern. München 1813. -(das Promulgationspatent ist vom 16. Mai 1813). Anmerkungen zum -Strafgesetzbuche für das Königreich Baiern. B. 1. 2. München 1813. B. -3. 1814. 8. - -[147] Anmerkungen B. 1. S. 12-19. - -[148] Ich nehme diese Nachricht aus dem Brief eines Bairischen -Advocaten vom 22. Mai 1816. - -[149] Durch diese Erfahrung wäre denn also buchstäblich in Erfüllung -gegangen, was ich in dieser Zeitschrift (B. 1. S. 421, 422), ohne -diesen Fall zu kennen, ganz im allgemeinen vorhergesagt habe. - -[150] Heidelb. Jahrb. 1816. S. 199. - -[151] Heidelb. Jahrb. 1816. S. 199. - -[152] Der Vrf. sucht durch angeführte Stellen aus verschiedenen -Jahrhunderten S. 43. 44 darzuthun, die Klage über Unfähigkeit sey -ungegründet, denn sie sey zu allen Zeiten dieselbe gewesen: daraus -scheint denn hervorzugehen, es sey zu allen Zeiten ein gleiches und -zwar sehr großes Maas von Gelehrsamkeit da gewesen, und immer habe -es einige hypochondrische Leute gegeben, die geklagt hätten. Ob dem -so ist, mag jeder entscheiden, der die Literargeschichte kennt; -aber unter jenen Stellen ist gerade die entscheidendste, die des -*Donellus* nämlich, sehr übel gewählt, denn *Donellus* klagt daselbst -gar nicht über seine Zeitgenossen, sondern über die vorhergehende -Schule der Bartolisten, denen er mit Recht den Mangel humanistischer -Kenntnisse vorwirft. Offenbar will er also das vergangene Jahrhundert -in Vergleichung mit dem seinigen herabsetzen, also gerade sein eigenes -Zeitalter rühmen. - -[153] Publicationspatent § 7: Einleitung § 6. - -[154] Gründe für und wider die mündliche öffentliche Rechtspflege. -Mainz 1816. 8. S. 32 (Anmerkung des Herausgebers). - -[155] Der Recensent meiner Schrift vom Beruf &c. Hallische Lit. Zeit. -1815. October S. 201-211. - -[156] Leipz. Lit. Zeit. 1815. September, Nr. 235. (Recension von -Gönners Schrift.) - -[157] Besonders Gött. Anzeigen 1814. St. 194 u. 1815 St. 108. - -[158] Jenaische Lit. Zeit. 1814. B. 4. S. 327. 328. - -[159] Leipziger Lit. Zeit. 1815. Septemb. St. 234. - -[160] Heidelb. Jahrb. 1815. S. 661. - -[161] Bairische Verordnung vom 19. Okt. 1813 vor dem erstem Band -der Anmerkungen zum Strafgesetzbuche S. III. »Hierbei ist es auch -Unser ausdrücklicher Befehl, daß außer dieser von Uns selbst -angeordneten Darstellung durchaus von keinem andern Staatsdiener oder -Privatgelehrten ein Kommentar über das Strafgesetzbuch in Druck gegeben -werde« u. s. w. - -[162] s. o. S. 14-16. - - - - - * * * * * * - - - - -Anmerkungen zur Transkription: - -Offensichtliche Druckfehler wurden berichtigt. Im Übrigen wurden -Inkonsistenzen in der Interpunktion und Schreibweise einzelner Wörter -belassen, da solche auch schon im Original absichtlich belassen wurden -(siehe Einleitung). - -Bei der Transkription vorgenommene Änderungen: - -- "ausdrucklichen" in "ausdrücklichen"; -- "Stabilierung" in "Stabilisierung"; -- "Halbscheidsurthel" in "Halbscheidsurtheil"; -- "ursachlichen" in "ursächlichen"; -- "Plane" (im Kontext von "die Plane des Verf.") in Pläne. - - - -***END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK THIBAUT UND SAVIGNY*** - - -******* This file should be named 50813-8.txt or 50813-8.zip ******* - - -This and all associated files of various formats will be found in: -http://www.gutenberg.org/dirs/5/0/8/1/50813 - - -Updated editions will replace the previous one--the old editions will -be renamed. - -Creating the works from print editions not protected by U.S. copyright -law means that no one owns a United States copyright in these works, -so the Foundation (and you!) can copy and distribute it in the United -States without permission and without paying copyright -royalties. 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You may copy it, give it away or re-use it -under the terms of the Project Gutenberg License included with this -eBook or online at <a -href="http://www.gutenberg.org">www.gutenberg.org</a>. If you are not -located in the United States, you'll have to check the laws of the -country where you are located before using this ebook.</p> -<p>Title: Thibaut und Savigny</p> -<p> Zum 100jährigen Gedächtnis des Kampfes um ein einheitliches bürgerliches Recht für Deutschland</p> -<p>Editor: Jacques Stern</p> -<p>Release Date: January 1, 2016 [eBook #50813]</p> -<p>Language: German</p> -<p>Character set encoding: ISO-8859-1</p> -<p>***START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK THIBAUT UND SAVIGNY***</p> -<p> </p> -<h3 class="pg">E-text prepared by Norbert H. Langkau, Heike Leichsenring,<br /> - and the Online Distributed Proofreading Team<br /> - (http://www.pgdp.net)</h3> -<p> </p> -<div class="tnote"> -<p class="noindent">Anmerkungen zur Transkription:</p> - -<p class="noindent f80">In <span class="antiqua">Sans-Serif</span> dargestellte Texte sind auch im Original in einer anderen Schriftart -(Antiqua) als der Haupttext (Fraktur) gedruckt. </p> - -<p class="noindent f80">Eine Liste mit Korrekturen finden Sie am -<a href="#tnpart2">Ende des Buchs</a>).</p> -</div> -<p> </p> -<hr class="full" /> -<p> </p> -<p> </p> -<p> </p> - -<p><a class="pagenum" name="Page_1" id="Page_1">[Pg 1]</a></p> - - -<h1>Thibaut und Savigny.<br /><br /> - -<span class="f90">Zum 100jährigen Gedächtnis<br /> -des Kampfes um ein einheitliches bürgerliches Recht<br /> -für Deutschland.</span><br /><br /> - -<span class="f80 nostyle">1814. * 1914.</span><br /><br /> - -<span class="f80">Die Originalschriften</span><br /> - -<span class="f70 nostyle">in ursprünglicher Fassung mit Nachträgen,<br /> -Urteilen der Zeitgenossen und einer Einleitung</span></h1> - -<p class="center">herausgegeben<br /><br /> - -von<br /><br /> - -<span class="large">Dr. Jacques Stern,</span><br /> -Amtsrichter in Berlin.</p> - - -<p class="f80 center">Berlin, 1914.</p> -<p class="f80 center">Verlag von Franz Vahlen<br /> -<span class="antiqua">W</span> 9, Linkstr. 16.</p> - - -<p><a class="pagenum" name="Page_2" id="Page_2">[Pg 2]</a></p> - - -<div class="poem"> -<p>Jedes Volk hat seinen Tag in der Geschichte,</p> -<p>doch der Tag des Deutschen ist die Ernte der ganzen Zeit.</p> -</div> - -<div class="poem2"> -<p class="gesperrt">Schiller</p> - -<p>(aus einem unvollendeten Gedicht von<br /> -Deutscher Größe, 1801).</p> -</div> - -<p><a class="pagenum" name="Page_3" id="Page_3">[Pg 3]</a></p> - -<h2>Vorrede.</h2> - -<p>Klassische Schriften der Wissenschaft haben zunächst geschichtliche -Bedeutung, indem sie uns die Auffassungen der Vergangenheit -kennen lehren und damit die Keime der Gegenwart aufdecken. -Darüber hinaus aber haben sie bleibenden Wert, soweit sie allgemeine, -von Zeit und Ort unabhängige Gedanken enthalten.</p> - -<p>Die Streitschrift <cite>Savignys</cite>, des größten deutschen Juristen -im 19. Jahrhundert, »Vom Beruf unsrer Zeit für Gesetzgebung -und Rechtswissenschaft«, veranlaßt durch <cite>Thibauts</cite> Schrift -»Über die Notwendigkeit eines allgemeinen bürgerlichen Rechts -für Deutschland«, gehört schon wegen ihrer programmatischen -Bedeutung für die »historische Schule« zu den klassischen Schriften -der Rechtswissenschaft. Die Kodifikation, die vor 100 Jahren -Thibaut erstrebt und Savigny bekämpft hat, und zwar nicht bloß -für <em>seine</em> Zeit, was im Gegensatze zur herrschenden Meinung -über die alte und bedeutsame Streitfrage <em>in diesem Buche -bewiesen</em> werden soll, ist um die Wende des 19. Jahrhunderts -durch die Schaffung des Bürgerlichen Gesetzbuchs für das Deutsche -Reich zur Wirklichkeit geworden. Trotzdem bleibt Savignys -Gelegenheitsschrift mit ihrer »in der Geschichte vielleicht einzig -dastehenden Wirkung« (Jhering zum Gedächtnis Savignys in den -Jahrbüchern für Dogmatik V, 362) eben wegen der in ihr enthaltenen -allgemeinen Gedanken von dauerndem Werte. Aber -auch Thibauts Schrift ist mehr als ein interessantes Dokument -der Zeitgeschichte. Nicht bloß als unmittelbare Veranlassung der -Arbeit Savignys wird sie, untrennbar von dieser, fortleben, sondern -als das Beste und Nachhaltigste, was über den Nutzen einer -Kodifikation geschrieben worden ist.</p> - -<p>In den Kämpfen der Gegenwart um die Grundfragen der -Rechtswissenschaft greift man mit Recht immer wieder auf -Savignys Programmschrift zurück; auch an Rückblicken auf Thibauts -Abhandlung fehlt es hierbei nicht. Es ist daher nicht bloß ein -Akt der Pietät, durch den der Juristenstand sich selber ehrt, wenn<a class="pagenum" name="Page_4" id="Page_4">[Pg 4]</a> -er die Erinnerung an seine Führer, insbesondere an den denkwürdigen -Streit zwischen Thibaut und Savigny durch die Verbreitung -ihrer eigenen Worte wach erhält, sondern von unmittelbarem -praktischen Werte, beide Schriften vollständig im Original -zur Hand zu haben.</p> - -<p>Die Jünger der Rechtswissenschaft hören zwar auch heute -schon in den ersten Anfängen ihres Studiums die Namen Savigny -und Thibaut und die Titel ihrer beiden Schriften, zu Gesicht -bekommen oder gar gelesen haben sie aber nur verschwindend -wenige unter unseren heutigen deutschen Juristen. Es ist ein -schlechter Trost, daß von dem gleichen Schicksal die übrigen -klassischen Werke der deutschen Rechtswissenschaft nicht minder -als die des Auslands betroffen werden. Und doch liegt in ihnen -ein Bildungsmittel ersten Ranges für die juristische Jugend, dessen -Wertschätzung unsere Zeit beinahe verlernt hat. Der einstige Leiter -des Reichsjustizamts und nachmalige preußische Kultusminister -Bosse schildert mit dem Gefühl der Dankbarkeit, wie ihn im -Jahre 1854 kurz nach seinem Eintritt in den praktischen Justizdienst -ein älterer Richter auf Savignys Schrift aufmerksam -gemacht und welch tiefen Eindruck nach Form und Inhalt er von -ihr empfangen habe. (Vgl. Bosse, Über Savignys Schrift »Vom -Beruf unsrer Zeit für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft.« Im -Hinblick auf die Herstellung eines deutschen bürgerlichen Gesetzbuches. -Deutsche Revue, 25. Jahrgang [1900] S. 7 ff.)</p> - -<p>Wer dafür eintritt, daß der Sinn für das Große und Allgemeine -nicht im täglichen Getriebe juristischer Spezialarbeit -untergehe, der wird das beste Mittel zu diesem Ziele in den -Schriften der <em>Klassiker der Rechtswissenschaft</em> finden und -schon die juristische Jugend auf sie hinweisen. Aus dem Kreise -dieser Werke eignen sich die beiden im engsten Zusammenhange -stehenden und darum hier vereinigten Schriften Thibauts und -Savignys im Kampfe um ein einheitliches bürgerliches Recht -für Deutschland wegen ihres Gegenstandes ganz besonders für -den Anfänger. Dieser durch die Klarheit der Darstellung und -die Schönheit der Sprache in einen ästhetisch würdigen Rahmen -gestellte Gegenstand gibt ihnen aber auch, was schon einige der -ersten Kritiker Thibauts hervorgehoben haben (Jenaische Allgem.<a class="pagenum" name="Page_5" id="Page_5">[Pg 5]</a> -Literatur-Zeitung 1814 Nr. 185; Wiener Allgem. Literatur-Zeitung -1814 Nr. 98), ein Anrecht auf das Interesse jedes gebildeten -Deutschen. Klingt doch zudem durch diese Schriften der Ton der -echten Vaterlandsliebe, wie sie mit fortreißender Gewalt in jener -großen Zeit zum Durchbruch kam, da Deutschland sich aus seiner -tiefen Erniedrigung erhob.</p> - -<p>Besonderer Beachtung wert sind auch die schönen Worte, -die Thibaut dem Verhältnis zwischen Fürst und Volk in Deutschland -widmet – noch unter dem frischen Eindruck des Heimgangs -Carl Friedrichs, des um die Entwicklung seines Landes hochverdienten -Herrschers, der »Zierde <em>Badens</em>«. Vornehmlich seiner -Fürsorge verdankte die alte Universität am Neckar nach ihrem -Verfalle während der letzten Pfälzer-Zeit die Epoche neuen Glanzes -trotz einer Zeit des Krieges und der Unruhe. Von <em>Heidelberg</em> -ging Thibauts patriotischer Ruf durch das befreite Deutschland -und Heidelberg wurde der Mittelpunkt dieses wissenschaftlich und -kulturgeschichtlich bedeutungsvollen Streites; hier ließ Savigny -seine Gegenschrift erscheinen und hier legte Thibaut in den -Heidelbergischen Jahrbüchern seine weiteren Äußerungen in dieser -Frage nieder.</p> - -<p>Um die Wirkung auf die Zeitgenossen möglichst rein zu vergegenwärtigen, -sind beide Schriften in erster Ausgabe wortgetreu -zum Abdruck gebracht. Dem gleichen Zwecke, dem besseren Verständnisse, -aber auch zunutze der juristischen Literaturgeschichte -dient die <em>Wiedergabe wichtiger Stimmen der Zeit, und -zwar in einer bisher noch nicht erreichten Vollständigkeit</em>. -Die Zusätze der Streitschriften in späteren Ausgaben sind -besonders zusammengestellt.</p> - -<p>Noch einem anderen, gerade von Savigny wiederholt und -mit Nachdruck als erstrebenswert bezeichneten Ziele (vgl. System -des heutigen Römischen Rechts, Vorrede S. XX ff.) bringt uns -die Beschäftigung mit den grundlegenden Werken der Rechtswissenschaft -näher: der Herstellung der ursprünglichen und natürlichen -Einheit von Theorie und Praxis. (Vgl. hierzu die Vorrede -meiner »Einführung in die gerichtliche Praxis«, Berlin 1914.) -Auch heute noch, wie zu Savignys Zeiten, ja sogar mehr noch -als damals, krankt unser durch die Veränderung der wirtschaftlichen Verhältnisse<a class="pagenum" name="Page_6" id="Page_6">[Pg 6]</a>, die Fortschritte der Technik und des Verkehrs, -sowie mancherlei sonstige Einflüsse in neue Bahnen gelenktes -Rechtsleben an der unnatürlichen Kluft zwischen beiden Richtungen, -die nach seinen Worten die Gefahr in sich birgt, daß die Theorie -zu einem leeren Spiel, die Praxis zu einem bloßen Handwerk -herabsinke. Jetzt, wo wir im Bürgerlichen Gesetzbuch eine feste -Grundlage unseres Privatrechts haben, ist es an der Zeit, der -Arbeit am Speziellen zugunsten der Beschäftigung mit dem Grundlegenden, -Allgemeinen eine Schranke zu setzen. Die Zukunft der -Rechtsentwicklung und des Rechtsunterrichts in Deutschland liegt -in einer die rechtsschöpferische Kraft von Theorie und Praxis -fördernden Verbindung dieser beiden Teile eines Ganzen.</p> - -<p>Berlin, im Juni 1914.</p> - -<p class="poem2"><span class="antiqua">Dr.</span> <span class="gesperrt">Jacques Stern</span>.</p> - -<p class="block f90"><span class="gesperrt">Bemerkung</span>: Die in Klammern gesetzten Zahlen bei den Schriften Thibauts -und Savignys bedeuten die Seiten der ersten Ausgaben. Die kleinen -Zahlen im Text der Thibautschen Schrift verweisen auf die Nachträge -(Abt. II Nr. <a href="#Page_167">1</a>). Die Noten unter dem Text sind nach den Seiten des -vorliegenden Abdrucks nummeriert.</p> - - -<p><a class="pagenum" name="Page_7" id="Page_7">[Pg 7]</a></p> - -<h2>Inhaltsverzeichnis.</h2> - -<table class="toc" summary="Inhaltsverzeichnis zur gesamten Sammlung"> -<tr> - <td class="tdl" colspan="3">Einleitung.</td> -</tr> -<tr> - <td class="tdr">1.</td> - <td>Der wissenschaftliche Streit zwischen Thibaut und Savigny und - seine weitere Entwicklung</td> - <td class="tdr"><a href="#Page_8">8</a></td> -</tr> -<tr> - <td class="tdr">2.</td> - <td>Biographisches</td> - <td class="tdr"><a href="#Page_26">26</a></td> -</tr> -<tr> - <td class="tdr">3.</td> - <td>Bibliographisches</td> - <td class="tdr"><a href="#Page_32">32</a></td> -</tr> -<tr> - <td class="tdl" colspan="3">I. Abteilung.</td> -</tr> -<tr> - <td class="tdr">1.</td> - <td><cite>Thibaut</cite>, Über die Notwendigkeit eines allgemeinen - bürgerlichen Rechts für Deutschland. 1814 </td> - <td class="tdr"><a href="#Page_35">35</a></td> -</tr> -<tr> - <td class="tdr">2.</td> - <td><cite>Savigny</cite>, Vom Beruf unsrer Zeit für Gesetzgebung und - Rechtswissenschaft. 1814</td> - <td class="tdr"><a href="#Page_69">69</a></td> -</tr> -<tr> - <td class="tdl" colspan="3">II. Abteilung.</td> -</tr> -<tr> - <td class="tdr">1.</td> - <td>Thibauts Nachträge zu seiner Schrift. 2. Ausgabe. 1814</td> - <td class="tdr"><a href="#Page_167">167</a></td> -</tr> -<tr> - <td class="tdr">2.</td> - <td>Thibauts Besprechung (Antikritik) der Schrift Savignys. 1814</td> - <td class="tdr"><a href="#Page_174">174</a></td> -</tr> -<tr> - <td class="tdr">3.</td> - <td>Urteile der Zeitgenossen zu den Streitschriften Thibauts und - Savignys. 1814-1818</td> - <td class="tdr"><a href="#Page_185">185</a></td> -</tr> -<tr> - <td class="tdr">4.</td> - <td>Anselm von Feuerbachs Urteil. 1816</td> - <td class="tdr"><a href="#Page_195">195</a></td> -</tr> -<tr> - <td class="tdr">5.</td> - <td>Savignys Nachträge zu seiner Schrift. 2. Auflage. 1828</td> - <td class="tdr"><a href="#Page_202">202</a></td> -</tr> -<tr> - <td class="tdr">6.</td> - <td>Bemerkungen</td> - <td class="tdr"><a href="#Page_235">235</a></td> -</tr> -</table> - - - -<p><a class="pagenum" name="Page_8" id="Page_8">[Pg 8]</a></p> - -<h2>Einleitung.</h2> - -<h3>1. Der wissenschaftliche Streit zwischen Thibaut und -Savigny und seine weitere Entwicklung.</h3> - -<p>Vor hundert Jahren, am 19. Juni 1814, acht Monate nach -der Leipziger Völkerschlacht, noch nicht drei Monate nach dem -Einzuge der Verbündeten in Paris, schrieb Anton Friedrich -Justus <cite>Thibaut</cite>, Professor des Rechts in Heidelberg, die Vorrede -zu seiner Flugschrift »Über die Notwendigkeit eines allgemeinen -bürgerlichen Rechts für Deutschland«. Diesen geschichtlichen -Hintergrund und seinen inneren Zusammenhang mit den -Äußerungen deutschen Geisteslebens muß man von vornherein -im Auge behalten, will man Erfolg und Wirkung der Arbeit -Thibauts recht verstehen.</p> - -<p>Der Gedanke eines gemeinsamen deutschen bürgerlichen Rechts -war nicht neu. Aus der großen Zahl seiner Vertreter seit der -Mitte des 17. Jahrhunderts ragen die Namen <cite>Conrings</cite>, des -Begründers der deutschen Rechtsgeschichte, <cite>Leibniz'</cite>, des großen -Polyhistors, <cite>Thomasius'</cite>, des Naturrechtslehrers, hervor. (Das -Naturrecht strebte aber nach einzelstaatlicher Kodifikation.) Das -18. Jahrhundert zeigt das gleiche Bild. So handelt z. B. im -Jahre 1781 der Leipziger Christian Gottlob Biener in seinen -»Bedenklichkeiten bei Verbannung der ursprünglich fremden Rechte -aus Deutschland und Einführung eines allgemeinen deutschen -National-Gesetzbuches« im § 6 »Von der Notwendigkeit eines -allgemeinen Gesetzbuches im heiligen römischen Reiche«. Zu -Anfang des 19. Jahrhunderts hatte die Kodifikationsidee ihre -Freunde unter den verschiedenen Geistesrichtungen: Staatsmänner, -Dichter, Gelehrte, zumal Juristen der Theorie und Praxis traten -für sie ein.<a name="FNanchor_A_1" id="FNanchor_A_1" href="#Fn_A_1" class="fnanchor">A</a> Aber den rechten Wiederhall, das allgemeine<a class="pagenum" name="Page_9" id="Page_9">[Pg 9]</a> -Interesse erweckte erst Thibaut mit seiner Schrift; er hatte den -geeigneten Zeitpunkt erfaßt und die richtige Form gefunden. Die -Idee selber lag wieder einmal im Zuge der Zeit, gewissermaßen in -der Luft. Leicht faßlich, das Fachmäßige möglichst meidend, getragen -vom Schwunge nationaler Begeisterung, der den Verfasser beim -Schreiben, die Zeitgenossen beim Lesen mit sich riß, hat Thibauts -Schrift das Verdienst, die Gründe für die Einheit der Gesetzgebung -(»über ihre Notwendigkeit ist nach Thibauts Schrift fast -nichts mehr zu sagen« – äußerte ein Kritiker in der Jenaischen -Allg. Lit. Ztg. 1814 Nr. 217) vollständig und fortwirkend bis auf -das Bürgerliche Gesetzbuch unserer Zeit zusammengefaßt zu haben. -Ihr weiteres Verdienst liegt in der – wenn auch nur äußeren -– Anregung zu Savignys Gegenschrift »Vom Beruf unsrer -Zeit für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft.« Im schweren -Rüstzeug der Wissenschaft, mit objektiver Ruhe und souveräner -Beherrschung des Stoffes einem Wunsche der Zeit mit schroffer Verneinung -entgegentretend ist diese Arbeit die erste programmatische -Äußerung einer Richtung, die, unter Verdrängung der bis dahin -herrschenden nicht bloß der Wissenschaft, sondern auch der Praxis -verderblichen naturrechtlichen Anschauungen, der Rechtswissenschaft -neue zu glänzender Entwicklung führende Wege gewiesen hat.</p> - -<p><a class="pagenum" name="Page_10" id="Page_10">[Pg 10]</a></p> - -<p>Veranlaßt zur Abfassung seiner Schrift »Über die Notwendigkeit -eines allgemeinen bürgerlichen Rechts für Deutschland« wurde -<cite>Thibaut</cite>, der bereits früher gelegentlich in seinen Schriften (so -in der »Juristischen Enzyklopädie und Methodologie«, Altona -1797, § 102) für den gleichen Gedanken eingetreten war, durch -das Erscheinen des Buches »Über den Code Napoleon und dessen -Einführung in Deutschland« (Hannover, bei den Gebr. Hahn, -1814, XVI u. 319 S. 8<sup>o</sup>) von dem hannoverschen Staatsmann -August Wilhelm Rehberg (Besprechungen in der Allg. Lit. Ztg., -Halle und Leipzig, 1814 Nr. 1; Jenaische Allg. Lit. Ztg. 1814 -Nr. 79 bis 81). Thibaut schrieb in den Heidelbergischen Jahrbüchern -der Litteratur (1814 Nr. 1 und 2) eine ausführliche -Rezension<a name="FNanchor_B_2" id="FNanchor_B_2" href="#Fn_B_2" class="fnanchor">B</a> dieses gegen das französische Gesetzbuch weniger -mit juristischen, als mit politischen Waffen (den »sehr finstren -Ideen« Rehbergs) vorgehenden, die Rückkehr zu den alten Verhältnissen -predigenden und jede Kodifikation verwerfenden Buches. -Im letzten Punkte, wie auch z. B. Johann Georg Schlossers Vorschlag -und Versuch einer Verbesserung des deutschen bürgerlichen -Rechts ohne Abschaffung des römischen Gesetzbuchs, Leipzig 1777, -und seine Briefe über die Gesetzgebung, Frankfurt 1789, ein Vorläufer -von Savignys Schrift! Thibauts Rezension, die zunächst -ohne Nennung seines Namens erschien, von ihm aber bald als -seine Arbeit anerkannt wurde, verteidigt gegen Rehberg das -französische Gesetzbuch an zahlreichen Beispielen, um an anderen -dessen große Schwächen nachzuweisen, und gelangt schließlich in -beredten Worten zur Forderung eines deutschen Nationalgesetzbuchs. -Diesen wichtigen Gegenstand entwickelte Thibaut dann in -seiner Schrift »Über die Notwendigkeit eines allgemeinen bürgerlichen -Rechts für Deutschland« und zwar, wie er in der Vorrede -sagt, der Aufforderung achtungswerter Männer folgend.<span class="pagenum"><a name="Page_11" id="Page_11">[Pg 11]</a></span> -Über die Entstehung der Schrift, von der sich eine Selbstanzeige -in Nr. 33 der Heidelbergischen Jahrbücher der Litteratur 1814 -befindet, berichtet Thibaut selbst (Über die sogenannte historische -und nicht-historische Rechtsschule, Archiv für die civilistische -Praxis, Bd. 21 [1838] S. 393 f.): »Im Jahre 1814, als ich -viele deutsche Soldaten, welche auf Paris marschiren wollten, -mit frohen Hoffnungen im Quartier hatte, war mein Geist sehr -bewegt. Viele Freunde meines Vaterlandes lebten und webten -damals mit mir in dem Gedanken an die Möglichkeit einer -gründlichen Verbesserung unsres rechtlichen Zustandes, und so -schrieb ich, – höchstens nur in vierzehn Tagen, – recht aus der -vollen Wärme meines Herzens eine kleine Schrift über die Notwendigkeit -eines allgemeinen bürgerlichen Rechts für Deutschland, -worin ich zu zeigen suchte: unser positives Recht, namentlich das -Justinianeische, sey weder materiell noch formell unsern jetzigen -Völkern anpassend, und den Deutschen könne nichts heilsamer -seyn, als ein, durch Benutzung der Kräfte der gebildetsten Rechtsgelehrten -verfaßtes bürgerliches Recht für ganz Deutschland, wobei -aber doch jedes Land für das Wenige, was seine Localität -erfordre, seine Eigenheiten behalten möge.«</p> - -<p>Der <em>Gedankengang</em> der Thibautschen Schrift ist folgender:</p> - -<p>Ausgehend davon, daß Deutschland auch nach seiner jetzt -errungenen Befreiung die volle politische Einheit nicht finden -werde, sieht Thibaut in dieser dem Nationalcharakter angepaßten -Zersplitterung eine Quelle für den Reichtum des Mannigfaltigen -und Eigentümlichen, vorausgesetzt, daß sich die Landesfürsten in -die kleineren Verhältnisse ihrer Staaten zu schicken wissen. Alsbald -wendet er sich von diesen politischen Betrachtungen, die -zum Teil auf berechtigten Widerstand stießen (»Gott verhüte eine -so wenig enge Verbindung der einzelnen Staaten, als wir in -den letzten Jahrhunderten hatten«, sagte ein Kritiker in der Allg. -Lit. Ztg., Halle und Leipzig, 1814 Nr. 152), unter Berufung -auf seine langjährige Tätigkeit als Zivilist dem Wunsche nach -einer Neugestaltung des bürgerlichen Rechtes zu, worunter er -das Privat- und Kriminalrecht, sowie den Prozeß versteht. -Nirgends in Deutschland sei den an jede Gesetzgebung zu stellenden -zwei Anforderungen formeller und materieller Vollkommenheit<a class="pagenum" name="Page_12" id="Page_12">[Pg 12]</a> (gemeint sind klare und erschöpfende Bestimmungen, sowie -eine zweckmäßige Anordnung der Rechtsverhältnisse) genügt: -unser ganzes einheimisches Recht sei ein endloser Wust einander -widerstreitender, vernichtender, buntscheckiger Bestimmungen, ganz -dazu geartet, die Deutschen von einander zu trennen und den -Richtern und Anwälten die gründliche Kenntnis des Rechts unmöglich -zu machen. Dazu komme seine Unvollständigkeit, so daß -meist auf das rezipierte römische und kanonische Recht zurückgegriffen -werden müsse. Im römischen Recht, dessen Größe und -Bedeutung für die juristische Schulung anzuerkennen sei, hätten -wir ein Gesetzbuch, dessen (authentischen) Text wir nicht besäßen -und dessen zahlreiche Lesarten zu einer Unsicherheit des Rechtszustandes -führten. Vor allem aber fehle uns wegen der Verschiedenheit -der römischen und deutschen Rechtsanschauungen der -Schlüssel zu der ganzen Kompilation. Ein deutsches Nationalgesetzbuch -werde in wissenschaftlicher Beziehung (damit beginnt -Thibaut »den Gelehrten zu gefallen«!) die Übersicht über das -ganze Recht gewähren und im akademischen Unterricht die Darstellung -des praktischen Rechts ermöglichen. Es werde aber auch -das »Glück der Bürger« begründen, für deren Verkehr die örtliche -Kollision der Gesetze eine Plage sei und die Einheit der -Zivilgesetze eine Notwendigkeit bilde. Eine gute Gesetzgebung -sei freilich das schwerste unter allen Geschäften und nicht von -Einzelstaaten oder Einzelnen, vielmehr nur durch das Zusammenwirken -der namhaftesten Kräfte zu erreichen – unter feierlicher -Garantie der auswärtigen großen alliierten Mächte. Diese letzte -Forderung ist Thibaut bereits von manchen Zeitgenossen mit -Recht verdacht worden. (Vgl. die Besprechungen in der Jenaischen -Allg. Lit. Ztg. 1814 Nr. 185, in der Allg. Lit. Ztg., Halle und -Leipzig, 1814 Stück 267 und in der Wiener Allg. Lit. Ztg. 1814 -Nr. 98.) Den möglichen Einwendungen gegen die Forderung -eines Nationalgesetzbuches – heimlichen (Beschränkung der -Landesfürsten, Furcht vor Neuerungen und Umwälzungen) und -öffentlichen (Berücksichtigung der örtlich verschiedenen Verhältnisse, -Heiligkeit des Herkömmlichen), schließlich solchen wegen -der Kosten und der langen Dauer eines derartigen Gesetzgebungsunternehmens -(die er auf zwei bis vier Jahre veranschlagt!) –<a class="pagenum" name="Page_13" id="Page_13">[Pg 13]</a> -sucht Thibaut im Schlußteile der Schrift von vornherein zu -begegnen.</p> - -<p>Thibauts Schrift hat ihren Zweck nicht erreicht; sie konnte -es wohl auch nicht, wie die rechtlichen (wissenschaftlichen und -praktischen) Verhältnisse und die politischen Dinge in dem durch -Kriege geschwächten und innere Gegensätze zerrissenen Deutschland -damals lagen, und Savignys literarisch weit höher stehende, -ihrem Verfasser in diesem Betracht den Sieg sichernde Gegenschrift -ist, darüber kann kein Zweifel sein, ohne Einfluß auf -Thibauts Mißerfolg gewesen. Bereits im Jahre 1816 schrieb -Savigny (Zeitschrift für geschichtliche Rechtswissenschaft Bd. 3 -S. 11): »Im Ernst wird Niemand behaupten, daß ohne jene -Stimmen ein allgemeines Gesetzbuch wahrscheinlich zu Stande gekommen -wäre.« Aber was Thibaut, wie vor ihm kein anderer -erreicht hat, war, wie gesagt, die Erweckung des allgemeinen -Interesses für die Frage eines einheitlichen deutschen Gesetzbuchs, -dessen nationale und praktische Bedeutung er richtig erkannt und -hervorgehoben hat, und die bis dahin nirgends so vollständig -gegebene, auch in der Entstehungsgeschichte unseres Bürgerlichen -Gesetzbuchs durchweg und im wesentlichen unverändert verwertete -Zusammenstellung aller für die zivilistische Rechtseinheit anzuführenden -Gründe. (Vgl. hierzu Brunner, Die Rechtseinheit, -Akademische Festrede, Berlin 1877, und Vierhaus, Die Entstehungsgeschichte -des Entwurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuchs für das -Deutsche Reich, Berlin 1888.) Seine Irrtümer liegen hauptsächlich -in der Verkennung der damaligen Zeitverhältnisse, in der -Überschätzung der Bedeutung einer Kodifikation für Rechtswissenschaft -und Rechtsstudium und in der Unterschätzung der Schwierigkeiten -bei Ausarbeitung eines Gesetzbuchs, insbesondere hinsichtlich -der Zeitdauer, des Arbeitsplans und der Zusammensetzung -der Kommission.</p> - -<p>Angeregt durch Thibauts Schrift trat <cite>Savigny</cite> mit seinen -längst gefaßten und ausgereiften, die Lehre der historischen Schule -bildenden Gedanken anstatt in der üblichen wissenschaftlichen -Form zuerst in der einer Gelegenheitsschrift hervor, die aber -eben wegen dieser gekennzeichneten Eigenschaft der Gedanken -keinen der sonst den Schriften dieser Art zumeist anhaftenden<a class="pagenum" name="Page_14" id="Page_14">[Pg 14]</a> -Mängel aufweist. (Vgl. auch Savignys Vorrede zur 2. Ausgabe -der Schrift vom »Beruf«.)</p> - -<p>Über die Entstehung der Savignyschen Arbeit schrieb Niebuhr, -der ausgezeichnete Staatsmann und Altertumsforscher, am 1. November -1814 an seine Seelenfreundin Dora Hensler: »Savigny -hat eine der Thibautschen Schrift ganz entgegengesetzte geschrieben: -er hat, nach meiner Meinung, sehr zart und milde gegen Thibaut -geschrieben und mit Wärme das Verdienst seiner Opposition gegen -die Einführung des Code Napoléon anerkannt. Ich wollte, daß -Jemand Thibaut zur Ruhe reden könnte. Mir ist dieser Streit -schmerzlich. Savigny ist äußerst tätig und in einer Regsamkeit -wie fast nie.« (Lebensnachrichten über Barthold Georg Niebuhr, -Hamburg 1838, 2. Bd. S. 125.)</p> - -<p>Am gleichen Tage schrieb Jacob an Wilhelm Grimm: »Du -wirst von Savigny seine Schrift über Gesetzgebung erhalten -haben, die mir gar wohl gefallen hat, in unsere Meinungen -stimmt und sie bestätigt.... Es ist mir gar lieb, daß Savigny -diese Abhandlung geschrieben hat, sie ist auch ganz wie er.« -(Briefwechsel zwischen Jacob und Wilhelm Grimm, Weimar 1881, -S. 371, 372, 398, 470.)</p> - -<p>Bevor wir auf den Inhalt der Schrift Savignys näher -eingehen, sei gleichsam als erster Wegweiser durch ihre vielfach -verschlungenen Gedankengänge der Worte Rudolf v. Jherings, -seines größten Schülers und späteren machtvollen Bekämpfers, -gedacht: »Die dauernde Bedeutung jener Schrift liegt in dem -Apparat allgemeiner Ideen, den Savigny gegen seine Gegner -in Bewegung zu setzen für nötig hält: eine Theorie über die -geschichtliche Natur des Rechts, verbunden mit einer Skizze der -Hauptmomente in der Entwickelungsgeschichte des Rechts, und als -»geschichtliche« Auffassung gegenübergestellt der bisher herrschenden -rationalistischen Auffassung.« (Jahrbücher für Dogmatik -V, 364.)</p> - -<p>Der <em>Gedankengang</em> der Savignyschen in zwölf Kapitel -gegliederten Schrift läßt sich dahin zusammenfassen:</p> - -<p>In der Einleitung sagt Savigny, daß er den Streit um ein -gemeinschaftliches Gesetzbuch für Deutschland als einen friedlichen -und nicht als feindlichen führen wolle. Die Bestrebungen auf<a class="pagenum" name="Page_15" id="Page_15">[Pg 15]</a> -Vereinheitlichung des bürgerlichen Rechts seien auf zwei durch -das Natur- oder Vernunftrecht vermittelte irrige Auffassungen -zurückzuführen: einmal auf die ungeschichtliche Richtung der Aufklärungsperiode, -sodann auf jene Ansicht von der Entstehung -alles positiven Rechts, nach welcher im normalen Zustande <em>alles -Recht aus Gesetzen</em>, d. h. ausdrücklichen Vorschriften der höchsten -Staatsgewalt entsteht und die Rechtswissenschaft lediglich den -Inhalt der Gesetze zum Gegenstande hat.</p> - -<p>So kommt er auf die Frage nach der Entstehung des -positiven Rechts (Kap. 2). Bereits zu Beginn urkundlicher Geschichte -hat nach ihm das Recht kein selbständiges Dasein für sich; -es ist dem Volke eigentümlich, so wie seine Sprache, Sitte, Verfassung. -Zu einem Ganzen verknüpft werden sie durch die gemeinsame -Überzeugung des Volkes (gleichbedeutend mit dem, von -Savigny in seiner Schrift jedoch noch nicht gebrauchten, Ausdruck -»Volksgeist«), das gleiche Gefühl innerer Notwendigkeit, -welches den Gedanken einer zufälligen und willkürlichen Entstehung -des Rechts ausschließt. Ursprünglich verkörpern sich die Regeln -des Rechts in symbolischen Handlungen der Völker. Aber auch -für das Recht gibt es, hierin ebenfalls der Sprache vergleichbar, -keinen Augenblick absoluten Stillstandes. Es ist mit Notwendigkeit -derselben Bewegung und Entwickelung unterworfen, wie jede -andere Richtung des Volkes. Diese Sätze, in denen der Grundgedanken -Savignys und damit auch das Glaubensbekenntnis -der historischen Schule liegt, waren, wie Windscheid sagt, eine -Offenbarung für ihre Zeit, sie sind auch heute trotz mannigfacher -Angriffe gegen die historische Schule unerschüttert. Bei steigender -Kultur, mit der Ausgestaltung rechtlicher Einzelheiten und der -Bildung eines besonderen Juristenstandes, fällt, wie Savigny -weiter lehrt, dies gemeinsame Bewußtsein, diese gemeinsame -Überzeugung des Volkes als Ganzen dem Bewußtsein der Juristen -anheim, von welchen das Volk nunmehr in dieser Funktion -repräsentiert wird. Auch jetzt bleibt aber das Recht noch ein -Teil des gesamten Volkslebens (»politisches Element des Rechts«) -im Gegensatze zum abgesonderten wissenschaftlichen Leben des -Rechts (»technisches Element des Rechts«). Nach Savigny, -der als seine Vorläufer Gustav Hugo († 1844) und Justus Möser<a class="pagenum" name="Page_16" id="Page_16">[Pg 16]</a> -(† 1794) bezeichnet, entsteht das Recht also erst durch Sitte und -Volksglaube (»als Gewohnheitsrecht«), dann durch Jurisprudenz, -überall also durch innere, stillwirkende Kräfte, nicht durch die -Willkür eines Gesetzgebers. Freilich ist der Einfluß der Gesetzgebung, -fremden Rechts, örtlicher oder anderer Verhältnisse nicht -ausgeschlossen. Dieser Einfluß der <em>Gesetzgebung</em> auf das -bürgerliche Recht (Kap. 3) kann nach Savigny auf dreierlei -Gründen beruhen: erstens dem Willen des Gesetzgebers zur Erreichung -höherer politischer Zwecke; zweitens der Beseitigung -vorhandener rechtlicher Zweifel und Unklarheiten; drittens (von -den beiden ersten Gründen ganz verschieden) der <em>Kodifikation</em> -des gesamten, auf seine Brauchbarkeit zu untersuchenden Rechtsvorrats. -Die Kodifikation kann von Staats wegen oder von -einzelnen Rechtsgelehrten vorgenommen werden; sie bezweckt einmal -höchste Rechtsgewißheit, sodann Besserung und Berichtigung -der äußeren Grenzen der Gültigkeit infolge der Ersetzung der -verschiedenen Lokalrechte durch ein allgemeines Nationalrecht. -Dieser zweite (äußere) Vorteil wird später in besonderer Anwendung -auf Deutschland näher betrachtet (Kap. 5). Der erste (innere) -Vorteil der größeren Rechtsgewißheit, den Savigny im Anschluß -an die Meinung des englischen Philosophen und Lordkanzlers -Francis Bacon (von Verulam † 1626) näher betrachtet, hängt -von der Vortrefflichkeit der Ausführung ab. Was beibehalten -werden soll, muß gründlich erkannt und richtig ausgesprochen -werden. Nach seiten des Stoffs sei Vollständigkeit des Gesetzbuchs, -aber nicht durch Kasuistik, sondern durch Erkenntnis der -leitenden Grundsätze (sie gebe der juristischen Arbeit den wissenschaftlichen -Charakter) zu erstreben; nach seiten der Form (Darstellung, -Sprache des Gesetzes) sei die Schwierigkeit nicht minder -groß. Hiernach werde nur in sehr wenigen Zeiten, die er in -solche jugendlicher Völker, mittlere und sinkende scheidet, die -Fähigkeit zur Schaffung eines vortrefflichen Gesetzbuchs vorhanden -sein. »Also bleibt nur eine mittlere Zeit übrig, diejenige, welche -gerade für das Recht, obgleich nicht notwendig auch in anderer -Rücksicht, als Gipfel der Bildung gelten kann. Allein eine solche -Zeit hat für sich selbst nicht das Bedürfnis eines Gesetzbuchs; -sie würde es nur veranstalten können für eine folgende schlechtere<a class="pagenum" name="Page_17" id="Page_17">[Pg 17]</a> -Zeit, gleichsam Wintervorräte sammlend. Zu einer solchen Vorsorge -aber für Kinder und Enkel ist selten ein Zeitalter aufgelegt.«</p> - -<p>Seine bisher entwickelten Theorien sucht Savigny nun durch -Anwendung auf das römische Recht (Kap. 4) und das »Bürgerliche -Recht in Deutschland« (Kap. 5) klarer und überzeugender zu -machen. Der große Kenner des römischen Rechts und seiner -Geschichte hat in dem 4. Kapitel einen Glanzpunkt seiner Schrift -geschaffen. Im 5. Kapitel werden zunächst die Klagen über den -Rechtszustand in Deutschland als unbegründet bezeichnet: An der -übermäßig langen Dauer der Prozesse sei nicht das bürgerliche -Recht, sondern das schlechte Prozeßverfahren schuld; die große -Verschiedenheit der Landesrechte sei kein Mangel, sondern ein -die Individualisierung der Rechtsbildung fördernder Vorzug. -Den Mittelpunkt der Schrift bildet das 6. Kapitel »Unser Beruf -zur Gesetzgebung«. An der Ehe und dem Eigentum als Repräsentanten -des auch den Nichtjuristen interessierenden Familienrechts -und des der juristischen Technik allein überlassenen Vermögensrechts -zeigt Savigny, daß die Fähigkeit zu gesetzgeberischen -Reformen von der Ausbildung unserer juristischen Technik abhänge. -Der für den Juristen unentbehrliche zweifache, historische und -systematische, Sinn sei im 18. Jahrhundert selten; eine gute -Darstellung des »Systems des Römisch-Deutschen Rechts« in -Buchform gebe es nicht; die deutsche juristische Literatur habe -mit der allgemeinen literarischen Bildung nicht Schritt gehalten. -Der Zeit, die zwar Spuren eines lebendigeren Geistes in der -Rechtswissenschaft erkennen lasse, sei hiernach die Fähigkeit -zur Schaffung eines guten Gesetzbuchs abzusprechen. Um so -mehr, als es wie an der Beherrschung des Stoffs, so auch -an der der Sprache des Gesetzes mangele. Die drei neuen -Gesetzbücher, der <span class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">Code civil</span>, das Allgemeine Preußische Landrecht -und das Österreichische Gesetzbuch, werden zum Beweise seiner -Theorie im 7. Kapitel (der schwächsten Partie der Schrift) einer -Kritik unterzogen, die ungünstig ausfällt: noch am besten kommt -das preußische Gesetzbuch davon, am schlechtesten das französische. -(Das Tribunal von Montpellier wird wegen seines Ausspruchs -über die Rechtsunsicherheit als Folge der zweifelhaften Natur des -subsidiären Rechts und seines Vorschlags zur Abhilfe <em>ohne</em><a class="pagenum" name="Page_18" id="Page_18">[Pg 18]</a> -ein Gesetzbuch gelobt.) So gelangt Savigny zu nachstehenden -Schlußfolgerungen, je nachdem in einem Lande keine Gesetzbücher -– wie im Gebiet des gemeinen Rechts – (Kap. 8) oder bereits -solche vorhanden sind (Kap. 9). Dort habe sich die Gesetzgebung -für das bürgerliche Recht auf die Entscheidung von Kontroversen -und die Verzeichnung alter Gewohnheiten zu beschränken, -hier seien die bestehenden Gesetzbücher (abgesehen vom <span class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">Code civil</span>, -einer überstandenen politischen Krankheit) nicht abzuschaffen. -Das Rechtsstudium sei in beiden Fällen das gleiche. <em>Dort</em> -werde der Juristenstand, geschult an einer nach historischer Methode -entwickelten Rechtswissenschaft wieder »ein Subjekt für lebendiges -Gewohnheitsrecht« werden. »Der Zustand klarer, anschaulicher -Besonnenheit, welcher dem Recht jugendlicher Völker eigen zu -sein pflegt, wird sich mit der Höhe wissenschaftlicher Ausbildung -vereinigen. Dann kann auch für zukünftige schwächere Zeiten -gesorgt werden, und ob dieses durch Gesetzbücher oder in anderer -Form besser geschehe, wird dann Zeit sein zu beraten. Daß -dieser Zustand jemals eintreten werde, sage ich nicht: dieses -hangt von der Vereinigung der seltensten und glücklichsten Umstände -ab.« <em>Hier</em> seien nach wie vor das alte Recht und seine -Quellen geschichtlich zu erforschen und zu lehren. Das einigende -Band des deutschen Rechts erblickt Savigny in den Universitäten -(Kap. 10). »Thibauts Vorschlag« ist das 11. Kapitel gewidmet. -Mit Thibaut, der sich zu Recht als Vaterlandsfreund bezeichne, -erstrebe er als gleiches Ziel die Grundlage eines sicheren Rechts, -die Gemeinschaft der Nation und Konzentration ihrer wissenschaftlichen -Bestrebungen auf dasselbe Objekt – aber mit verschiedenen -Mitteln: Nicht durch Schaffung eines Gesetzbuchs, -wie Thibaut wolle, sondern durch eine organisch fortschreitende -Rechtswissenschaft sei dem Übel, das nicht in den Rechtsquellen, -sondern in uns liege, zu steuern. Auch in der praktischen Ausführung -seines Gedankens seien Irrtümer Thibauts nachzuweisen: -die von ihm angenommene kurze Dauer der Abfassung, die Herstellung -durch ein Kollegium statt durch <em>einen</em> Mann, die zwar -notwendige, aber mangels einer geeigneten Gesetzessprache nicht -zu erreichende Popularität des Werkes. Der Schluß (Kap. 12) -gibt eine kurze Zusammenfassung, die in eine Lobpreisung der<a class="pagenum" name="Page_19" id="Page_19">[Pg 19]</a> -deutschen Rechtswissenschaft aus Melanchthons Munde ausläuft.</p> - -<p>Der <em>ewige Wert</em> der Schrift Savignys als programmatischer -Äußerung der historischen Rechtsschule und damit zugleich als -Ausgangspunkt für eine neue Grundlegung der Rechtswissenschaft -mit Wirkung über diese hinaus auf die Gesamtheit der -Geisteswissenschaften ist bereits hervorgehoben. Die wesentlichsten -Irrtümer der Savignyschen Schrift liegen gerade in der Behandlung -der <em>Gesetzgebungsfrage</em>. Sie stehen mit den eigentlichen -Lehren der historischen Rechtsschule nur in loser Verbindung -(vom »Einfluß der Gesetzgebung auf das Fortschreiten -des Rechts« handelt Savigny selbst im System des heutigen -Römischen Rechts I § 13) und lassen sich zum Teil aus den Zeitverhältnissen -erklären. Daher sollen sie gleich jetzt betrachtet -werden, ehe ein Blick auf Ursprung und weitere Entwickelung -der historischen Schule geworfen wird.</p> - -<p>Der Zusammenhang der Ausführungen, in denen Savigny -<em>seiner</em> Zeit – wohl mit Recht – den Beruf zur Gesetzgebung -(womit die für unsere Betrachtung allein wesentliche Kodifikation -des bürgerlichen Rechts im Gegensatze zur Einzelgesetzgebung<a name="FNanchor_C_3" id="FNanchor_C_3" href="#Fn_C_3" class="fnanchor">C</a> -gemeint ist) abspricht (Kap. 3 und 6), zwingt zu dem Schlusse, -daß er diese Fähigkeit – sicherlich zu Unrecht – allgemein für -<em>jedes</em> Volk und <em>jede</em> Zeit verneint: ihm ist die Kodifikation ein -Hemmnis organischer Rechtsentwickelung.</p> - -<p>Wir stehen hier vor einer alten und bedeutsamen Streitfrage. -Sie ist nur in letzterem Sinne zu beantworten. Sie konnte nur -entstehen, weil Savigny mehrere zur Gesetzgebungsfrage gehörende -und deshalb zwar zusammenhängende, aber doch verschiedene Gegenstände -in engem Rahmen gemeinsam behandelt hat. (Vgl. hierzu -L. Spiegel, Gesetz und Recht, München u. Leipzig 1913, S. 77 ff.)</p> - -<p><a class="pagenum" name="Page_20" id="Page_20">[Pg 20]</a></p> - -<p>Die <em>herrschende</em> Meinung, wonach Savigny in der <em>Streitschrift</em> -lediglich <em>seiner</em> Zeit die Fähigkeit zur Gesetzgebung im -Sinne einer Kodifikation des gesamten Vorrats an bürgerlichem -Recht abspreche, stützt sich insbesondere auf den Titel seiner -Schrift und auf Wendungen, wie »unsre Zeit«, »unser Beruf« -»wir« ... Damit ist aber von Savigny nur gemeint, daß -seiner Zeit ganz besonders diese Fähigkeit mangele. Anders ist -namentlich die oben wiedergegebene Stelle, die von der Eignung -einer Zeit zur Gesetzgebung handelt, nicht zu verstehen, die einzige, -die Wilhelm Grimm tadelnswert findet, weil sie die Hoffnung -hinter sich läßt (s. u. Abt. II, <a href="#Page_174">3</a>): »daß dieser Zustand <em>jemals</em> -eintreten werde, sage ich nicht« (S. <a href="#savigny_134">134</a>, <a href="#savigny_25">25</a>, <a href="#savigny_134">160</a> der ersten Ausgabe). -Die hier gegebene Auslegung, wonach Savigny ein -Gegner jeder Kodifikation ist und sie nur unter ganz ausnahmsweisen -Bedingungen für ausführbar erklärt, ist bereits von -Gierke, Landsberg (bezüglich der Einzelgesetzgebung abweichend) -u. a. vertreten worden. (Vgl. Landsberg, Geschichte der deutschen -Rechtswissenschaft III, 2 S. 202.) Im folgenden soll ein <em>Beweis</em> -für ihre Richtigkeit geführt werden:</p> - -<p>Unter allen seinen Kritikern, mit denen sich Savigny in -den »Stimmen für und wider neue Gesetzbücher« (s. u. Abt. II, <a href="#Page_202">5</a>) -auseinandersetzt, spendet er <cite>Schrader</cite>, dem durch die Ausführungen -Savignys über die Trefflichkeit des Prätorischen Edikts -angeregten Verfasser der Schrift »Die Prätorischen Edikte der -Römer auf unsere Verhältnisse übertragen, ein Hauptmittel unser -Recht allmählich gut und volksmäßig zu bilden«, Weimar 1815, -die höchste Anerkennung. Bei Schrader findet sich nun nachstehende -kurze Inhaltsangabe der Savignyschen Schrift: »<span class="antiqua2">Sie -zeigt hauptsächlich, wie der Rechtszustand bei den Völkern -sich zu entwickeln pflege; wie schwer es überall sei, ihn durch -Gesetzgebung löblichen Absichten gemäß zu ordnen; wie wenig -dieses besonders bei uns möchte erreicht werden können. Das -Resultat geht dahin, daß den dringenden Bedürfnissen in Beziehung -auf den Prozeß durch Gesetze abgeholfen; im Übrigen -aber, da vom Mangel an genauer Rechtskenntnis, an wahrer -Beherrschung unseres mannigfachen rechtlichen Stoffes, die -meisten Fehler herrühren, das Rechtsstudium recht tüchtig getrieben werde; und die gesetzgebende Behörde nur durch einzelne -Entscheidungen eingreife.</span>« Schrader, der, wie er von -sich sagt, in den allgemeinen Grundlagen »am Meisten mit -Savigny übereinstimmt«, faßt seine eigenen Ausführungen dahin -zusammen, »<span class="antiqua2">daß Gesetzbücher zu erlassen, eine sehr bedenkliche, -kaum je zu empfehlende Unternehmung ist</span>; daß dieselbe außerdem -auf keinen Fall die fortlaufende Leitung der Selbstbildung -des Rechts überflüssig macht. Diese <span class="antiqua2">kann</span> durch stete Tätigkeit -der Gesetzgebung mittelst einzelner Verordnungen erfolgen; aber -zweckmäßiger möchte dazu eine <span class="antiqua2">besondere Einrichtung</span> sein« (womit -er – übrigens eine von Savigny zu Unrecht als praktisch bezeichnete -Idee – die Einrichtung rechtsbildender Behörden nach -Art des römischen Prätors meint). <em>Es ist ausgeschlossen, -daß Schrader in der obigen, jeden Zweifel ausschließenden -Inhaltsangabe bei dieser grundlegenden -Frage Savigny falsch verstanden hat, ohne daß dieser -es gerügt hätte.</em> Hinzu kommt jene Äußerung <cite>Wilhelm -Grimms</cite> in seiner durch Savigny, seinen Freund, selbst angeregten -Rezension der Schrift im Rheinischen Merkur. Weiter -<cite>Gönners</cite> Worte in seiner Gegenschrift »Über Gesetzgebung und -Rechtswissenschaft in unsrer Zeit«, Erlangen 1815 S. 4: »Doch -muß ich aufrichtig bekennen, daß die ganze Tendenz seiner Schrift -jenes harte Urteil über unsre Zeiten sehr mildert, denn in seiner -ganz eigentümlichen Ansicht von Gesetzgebung spricht er <em>allen</em> -Zeiten den Beruf dazu ab.« So also haben drei besonders beachtliche -Zeitgenossen Savigny verstanden. Und nun <cite>Savignys</cite> -eigene Worte zu dem Schraderschen Buche: »Der Verfasser geht -von der richtigen Bemerkung aus, daß die geschichtliche Bildung -des Rechts, die auch von ihm angenommen wird, keineswegs so -mißverstanden werden dürfe, als solle der Staat sich gar nicht -um das Recht im allgemeinen bekümmern. Nur die gewöhnliche -Art, wie der Staat darauf einzuwirken pflege, durch eigentliche -Gesetzgebung nämlich, sei in den meisten Fällen unzweckmäßig, -selbst da, wo sich stehende Gesetzkommissionen finden.« (S. u. -Abt. II, <a href="#Page_202">5</a>. Vgl. auch die Kritik der Schraderschen Schrift in den -Heidelb. Jahrbüchern 1816 S. 1049.) Weiter sagt Savigny gegen -Gönner (Zeitschrift für geschichtl. Rechtswissenschaft Bd. 1 S. 373 ff.):<a class="pagenum" name="Page_22" id="Page_22">[Pg 22]</a> -»Ich habe vielmehr schon in meiner früheren Schrift anerkannt, -daß unter gewissen Bedingungen die Abfassung eines Gesetzbuchs -sehr wohltätig sei und alle Billigung verdiene.... Ich glaube, -daß die unzeitige Abfassung eines Gesetzbuchs durch die Willkürlichkeit -der Entstehung und durch das Zerreißen der geschichtlichen -Fäden dem Despotismus in hohem Grade förderlich sein kann.« -Hält man alle diese Momente zusammen, so hat man geradezu -eine <em>authentische Interpretation</em> Savignys in dem von uns -behaupteten Sinne zu seinen Ausführungen in der Kampfschrift -vor sich, die Veranlassung zu dieser bedeutsamen Streitfrage gegeben -haben. Noch deutlicher spricht sich Savigny in der Zusammenfassung -am Schlusse der »Stimmen« aus, doch soll darauf -nicht eingegangen werden, weil man in diesen Ausführungen auch -nur eine Modifikation oder Weiterbildung seiner Ansicht aus der -Schrift vom »Beruf« finden könnte.</p> - -<p>Wir kommen nunmehr zu der Erörterung der einzelnen -Irrtümer Savignys in der Kodifikationsfrage. Savigny denkt -offenbar an ein vollkommenes, ideales Gesetzbuch, das es, von -Menschen und für Menschen verfaßt, nie und nirgends geben -kann. Er verkennt die national-politische Bedeutung der Rechtseinheit -unter dem Gesichtspunkt der Rechtspflege als einer der -wesentlichsten Staatsaufgaben; er verkennt ferner die (von Thibaut -mit Recht betonte) praktische Seite der Rechtseinheit für Rechtsleben -und Verkehr; er verkennt endlich die Kraft der durch die -historische Richtung auf eine neue Grundlage gestellten Rechtswissenschaft, -wenn er von ihr die Herbeiführung eines einheitlichen Rechts -erwartet, von einer Kodifikation aber ihren Verfall befürchtet. -Die geschichtliche Entwickelung Deutschlands seit jenen Tagen, -die uns den Norddeutschen Bund, dann das neue Deutsche Reich -gebracht hat, zeigt als Folge das Bild einer fortschreitenden -Rechtseinheit. Und schließlich erstand als Erfüllung des seit -Thibaut nicht mehr zur Ruhe gekommenen, auch vom Deutschen -Juristentage mit Eifer ausgesprochenen Wunsches – auf der -Grundlage des Gesetzes vom 20. Dezember 1873 (Änderung des -Art. 4 der Reichsverfassung, wodurch die Zuständigkeit des Reichs -auf das gesamte bürgerliche Recht ausgedehnt wurde,) – das -Bürgerliche Gesetzbuch vom 18. August 1896. Sein erfolgreiches<a class="pagenum" name="Page_23" id="Page_23">[Pg 23]</a> -Dasein, nicht minder wie die gesetzgeberische Tätigkeit der anderen -großen Kulturstaaten im 19. Jahrhundert ist eine Widerlegung -der Savignyschen Lehren, soweit sie sich gegen eine Kodifikation -überhaupt richten. –</p> - -<p>Das Bild, das wir aus Savignys Schrift vom Wesen der -historischen Rechtsschule erhalten, bedarf noch der Ergänzung -sowohl hinsichtlich des Ursprungs, als auch der Fortentwickelung -ihrer Lehre. Entsprechend dem Zwecke dieser Einleitung kann -jedoch hier nur eine kurze Skizze gegeben werden.</p> - -<p>Als die eigentlichen Gründungsschriften der historischen -Rechtsschule sind die durch Thibaut veranlaßte Streitschrift und -der Einführungsartikel der »Zeitschrift für geschichtliche Rechtswissenschaft« -(1815) anzusehen, die ergänzt werden durch die -erwähnte Erwiderung Savignys auf Gönners Streitschrift – s. -u. Abt. II, <a href="#Page_185">3</a> – und den Aufsatz Savignys »Stimmen für und -wider neue Gesetzbücher« (Bd. 3 ebenda) – s. u. Abt. II, <a href="#Page_202">5</a>.</p> - -<p>Auch Savigny hatte, wie wohl jeder Schöpfer auf dem -Gebiete der Wissenschaft, Vorläufer und Anreger. Sein unmittelbarer -Vorläufer in der <em>historisch-empirischen</em>, das Naturrecht -verwerfenden Methode war der Göttinger Professor Gustav Hugo -(1764-1844). Der Gedanke der Entstehung des Rechts aus -dem »Volksgeist« hat Anklänge besonders bei Montesquieu (<span class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">Esprit -des lois XIX</span>, 5, wo vom <span class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">esprit de la nation</span> die Rede ist) und dem -englischen Philosophen Edmund Burke († 1797), sowie bei den -deutschen <em>Romantikern</em>, die auf <cite>Herder</cite> fußend Sprache und -Recht in ihrer Entwickelung einander gleich setzten und das -Volkstümliche zu begreifen und zu erforschen suchten. Herder, -dieser großer Anreger und Bahnbrecher moderner Geisteskultur, -ist, das verdient besonders betont zu werden, auf die <em>beiden</em> -Gegner in der Kodifikationsfrage, Thibaut und Savigny, von -Einfluß gewesen: in den Schriften der Zeit (bei Karl Ernst -Schmid und B. W. Pfeiffer) wird er auch als Förderer des -Gedankens eines Nationalgesetzbuchs in Anspruch genommen. -Der Streit, ob der für die historische Schule charakteristische -Ausdruck »<em>Volksgeist</em>« über Hegel (vgl. namentlich dessen -»Grundlinien der Philosophie des Rechts«) und Puchta (Das -Gewohnheitsrecht Bd. I) in die späteren Schriften Savignys (System<a class="pagenum" name="Page_24" id="Page_24">[Pg 24]</a> -des heutigen römischen Rechts I, § 7) gekommen ist, oder ob ihn -Savigny einem anderen entnommen hat, ist müßig. (Thibaut gebraucht -ihn vor Savigny und zwar in der 1. Ausgabe »Geist -des Volkes«, in der 2. Ausgabe an einer anderen Stelle »Volksgeist«, -ebenso in den Heidelbergischen Jahrbüchern 1815 Nr. 42 -– vgl. hierzu, sowie über die Geschichte des Begriffes »Volksgeist« -v. Möller, Die Entstehung des Dogmas von dem Ursprung -des Rechts aus dem Volksgeist, Mitteilungen des Instituts für -österreichische Geschichtsforschung, 1909, S. 1 ff. und Kantorowicz, -Volksgeist und historische Rechtsschule, Historische Zeitschrift, -München und Berlin, Bd. 108 S. 295 ff.). Denn der Ausdruck -»Volksgeist« <em>lief damals allgemein um</em> und findet sich vielfach -in der Bedeutung von Volksbewußtsein, Volksstimmung gerade -in Schriften der Zeit, sogar in Zeitungen und Flugschriften (vgl. -z. B. Rheinischen Merkur von 1815 Nr. 225, 226, 245 und die -Schrift von F. W. Grävell, Drei Briefe über Preßfreiheit und -Volksgeist, Berlin 1815, besprochen in der Jenaischen Allg. Lit. -Ztg. 1815 Nr. 29); sachlich ist er jedenfalls identisch mit der -Savignyschen Wendung vom »gemeinsamen Bewußtsein des -Volkes«. Es zeigt sich auch hier wieder, wie wichtig die Heranziehung -der Zeitverhältnisse für die Aufhellung wissenschaftlicher -Zusammenhänge ist. Unter dem Einfluß der Romantik bekamen -alle Wissenschaften einen historischen Zug. Antiphilosophisch war -die historische Schule aber nicht. (Vgl. auch die Vorrede zur 2. Ausgabe -der Schrift vom »Beruf«.) Ihre Bekämpfung des Naturrechts -rechtfertigt diese Bezeichnung keineswegs. Sie steht vielmehr -unter dem direkten Einfluß <cite>Schellings</cite>, der nachhaltig auf -Savigny gewirkt hat. Ganz frei von naturrechtlichen Elementen -ist übrigens Savignys Lehre auch nicht: beginnend mit dem -Volksgeist als Quelle des Rechts und der hiermit sehr wohl zu -vereinbarenden Annahme einer gemeinmenschlichen Rechtsidee -(Rechtsgedanke) und der Möglichkeit eines Widerspruchs des -geltenden Rechts mit ihren Postulaten bis zur Stabilisierung der -Wissenschaft und der Praxis als rechtserzeugender Potenzen. (Vgl. -meine Schrift »Rechtsphilosophie und Rechtswissenschaft«, Berlin -1904, S. 36 ff.) Den wissenschaftlichen Gegensatz zwischen der historischen -Rechtsschule und der naturrechtlichen, der Kodifikation günstigen<a class="pagenum" name="Page_25" id="Page_25">[Pg 25]</a> -Richtung auf den politischen Gegensatz zwischen Konservatismus und -Liberalismus zurückzuführen, wie es zuweilen im Hinblick auf -Savignys streng konservative Gesinnung geschieht, ist innerlich unbegründet. -Außer auf der historisch-empirischen und der romantischen -Auffassung beruht die historische Schule weiter auf der -<em>evolutionistischen</em>, d. h. der Betrachtung der Dinge unter -dem Gesichtspunkt der Entwickelung. Gerade damals trat der -französische Naturforscher Lamarck († 1829), der größte Vorläufer -Darwins, mit seinen evolutionistischen Lehren auf dem Gebiete -der Naturwissenschaft hervor. Diese verschiedenen Quellen, aus -denen Savigny, wie es Landsberg a. a. O. S. 207 ff. in verdienstvoller -Weise darstellt, für die Bildung seiner Idee wohl teils -bewußt, teils unbewußt geschöpft hat, zeigen, daß seine, gleich -vielen anderen für die Wissenschaft bahnbrechenden Gedanken, -wie wir es oben auch bei Thibauts Idee gesehen haben, damals -sozusagen in der Luft lagen und nur des Mannes harrten, -der die Fähigkeit hatte, sie in feste Form zu bringen. In ihrem -Kern haben sie sich, allen Angriffen zum Trotz, von den wohl -jeder Lehre auf geisteswissenschaftlichem Gebiet in ihren Anfängen -anhaftenden Unklarheiten und Einseitigkeiten befreit, siegreich behauptet. -Es waren vor allem – von ganz verschiedenen Standpunkten -aus – Hegel (Grundlinien der Philosophie des Rechts; -zur Gesetzgebungsfrage wichtig § 211 a. E.), Kirchmann (Die -Wertlosigkeit der Jurisprudenz als Wissenschaft), Jhering (Der -Zweck im Recht), Stammler (Wirtschaft und Recht nach der -materialistischen Geschichtsauffassung), die als bedeutendste Bekämpfer -der historischen Rechtsschule auftraten.</p> - -<p>Das praktische Moment, das Recht der Gegenwart, das lebende -Recht, der Einfluß von Wirtschaft und Kultur überhaupt haben in -der neueren historischen Richtung, deren Begründer Jhering wurde, -ihre verdiente Berücksichtigung gefunden. In jüngster Zeit sind dann -von einem Anhänger der an das Naturrecht anknüpfenden Freirechtsschule, -die für eine freiere Stellung des Richters gegenüber dem -Gesetze eintritt, maßlos-heftige Angriffe gegen Savigny, »den Vater -des juristischen Historismus und der Begriffsjurisprudenz, den -Gegner der gegenwärtigen deutschen Rechtswissenschaft und der -Kultur überhaupt« und zwar unter Verneinung des Wertes der<a class="pagenum" name="Page_26" id="Page_26">[Pg 26]</a> -Geschichte für die wissenschaftliche Erkenntnis des Rechts erhoben -worden. (Kantorowicz, Was ist uns Savigny? in Recht und Wirtschaft, -1. Jahrgang S. 47 ff. und 76 ff.; auch gesondert erschienen). -Diese durch eine glänzende Sprache bestechende Abhandlung wird -aber den festgefügten, in hundertjährigem Bestand erprobten Gedankenbau -der historischen Schule um so weniger erschüttern können, -als sie allzu deutlich das Kennzeichen der Einseitigkeit ihrer rationalistisch-teleologischen -Rechtsbetrachtung an sich trägt. (Entgegnungen -insbesondere von Landsberg im Jurist. Lit. Blatt 1912 S. 54 f. -und von Manigk, Was ist uns Savigny? Recht und Wirtschaft, -1. Jahrgang, S. 174 ff. und 199 ff., weiter ausgeführt in seinem -Buche Savigny und der Modernismus im Recht, Berlin 1914.)</p> - - -<h3>2. Biographisches.</h3> - -<p>I. <cite>Anton</cite> Friedrich Justus <cite>Thibaut</cite> wurde am 4. Januar -1772 zu Hameln als Sohn eines aus reformierter Réfugiéfamilie -stammenden hannoverschen Majors geboren. Seine Mutter Ulrike -Antoinette Grupen war die Tochter des Germanisten und Publizisten -Christian Ulrich Grupen. Ursprünglich galt Thibauts Neigung -dem Forstfache; dann studierte er die Rechte in Göttingen -(1792), Königsberg (1793), wo er Kant hörte, und Kiel (1794). -An dieser Universität promovierte er im November 1795 (im Jahre -1796?) mit der Schrift <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">De genuina iuris personarum et rerum -indole veroque huius divisionis pretio</span> zum Doktor, habilitierte -sich 1796, wurde 1798 außerordentlicher, 1801 ordentlicher Professor -und ging 1802 nach Jena. Hier trat er in Beziehungen zu Goethe -und Schiller, in dessen Gartenhaus Thibauts Hauptwerk »System -des Pandektenrechts« entstand. Verheiratet war Thibaut mit einer -Tochter des Kieler Philosophieprofessors Ehlers. Seit 1806 -lehrte er in Heidelberg. Zur neuen Blüte dieser Universität hat -Thibaut wesentlich beigetragen; er hat sie auch eine Zeitlang -in der Badischen Kammer vertreten; 1834 wurde er Mitglied -des Bundesschiedsgerichts. Er starb am 28. März 1840 in -Heidelberg.</p> - -<p>Thibaut, der zu den Begründern der neueren deutschen -Rechtswissenschaft zu rechnen ist, war ein geborener Zivilist mit -praktischem Blick, der die philosophischen Grundlagen des Rechts<a class="pagenum" name="Page_27" id="Page_27">[Pg 27]</a> -nicht preisgeben wollte, und doch, wie er selbst betont, keineswegs -ein Verächter der Rechtsgeschichte. Als Universitätslehrer -war er von bedeutender Wirkung, wobei ihm sein vorzüglicher -Vortrag und seine eindrucksvolle Erscheinung zustatten kam. -(Er soll entfernte Ähnlichkeit mit Savigny gehabt haben – -Briefwechsel zwischen Jacob und Wilhelm Grimm, Weimar 1881, -S. 56). Er war ein vielseitig gebildeter Mann. Die schöne -Literatur kannte er nach allen Richtungen. Die Musik hat er, -auch wissenschaftlich, in beachtenswerter Weise, namentlich durch -das Buch »Über Reinheit der Tonkunst« gefördert. Seine musikgeschichtlich -höchst wertvolle Sammlung ist von der Königlich -Bayrischen Staatsbibliothek erworben worden. (Den »Katalog -der Bibliothek von Anton Friedrich Justus Thibaut, welche vom -16. November 1840 an in Heidelberg öffentlich versteigert werden -soll«, Heidelberg 1840, besitzt die Berliner Königliche Bibliothek.)</p> - -<p>Thibauts wichtigste juristische <em>Schriften</em> sind: Enzyklopädie -und Methodologie, Altona 1797; Versuche über einzelne Teile -der Theorie des Rechts, Jena 1798 u. 1801; Theorie der logischen -Auslegung des Römischen Rechts, Altona 1799; Beiträge zur -Kritik der Feuerbachschen Theorie über die Grundbegriffe des -peinlichen Rechts, Hamburg 1802; Über Besitz und Verjährung, -Jena 1802; System des Pandektenrechts, Jena 1803 (9 Auflagen), -das erste von der Legalordnung absehende, praktisch brauchbare -Pandektensystem, welches die geltend gewordene Systematik Heises -(eines Kollegen Thibauts) unmittelbar vorbereitete; Civilistische -Abhandlungen, Heidelberg 1814, worin die Streitschrift als -19. Abhdlg. enthalten ist; ferner zahlreiche Aufsätze in den -Heidelbergischen Jahrbüchern und im Archiv für die zivilistische -Praxis, in dessen Redaktion Thibaut mit dem 5. Bande eintrat. -In diesem Archiv ist seine für die Geschichte des Schulenstreits -wichtige Abhandlung »Über die sogenannte historische und nicht-historische -Rechtsschule« Bd. 21 (1838), S. 391 ff. und seine letzte -Arbeit (aus der Besitzlehre) Bd. 23 (1840), S. 167 ff. mit Nachruf -von Mittermaier enthalten.</p> - -<p><span class="gesperrt">Literatur</span>: Allgemeine Deutsche Biographie, Leipzig, Bd. 37, -737 ff.; Weechs Badische Biographieen, 2. Teil, Heidelberg 1875, -S. 345 ff.; Landsberg, Geschichte der deutschen Rechtswissenschaft,<a class="pagenum" name="Page_28" id="Page_28">[Pg 28]</a> -München und Berlin 1910, Bd. III, 2 S. 69 ff.; an allen drei -Stellen finden sich weitere Literaturangaben.</p> - -<p>II. <cite>Friedrich</cite> Karl von <cite>Savigny</cite> wurde am 21. Februar -1779 in Frankfurt a. M. geboren. Er entstammte einer alt-adligen -lothringischen Réfugié-Familie. (Der Name Savigny -ist auf der ersten Silbe zu betonen, also Sávigny, nicht Savígny -– vgl. Brandenburgia, 19. Jahrgang S. 384.) Ein kurz gefaßtes, -lateinisch geschriebenes von Savigny der Marburger -Juristen-Fakultät eingereichtes <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">curriculum vitae</span> ist abgedruckt in -v. Stintzing, Friedrich Karl von Savigny (Preußische Jahrbücher -Bd. 9 S. 121 ff., vgl. S. 134, auch gesondert erschienen). Der -Großvater Savignys war Pfalz-Zweibrückischer Kabinetsminister; -von der Großmutter stammte außer anderem Grundbesitz das -Gut Trages (Drachenhaus) bei Gelnhausen, wo Savigny sich -vielfach aufhielt. Savignys Vater Christian Karl Ludwig -v. Savigny war Regierungsrat in gleichen Diensten, später vertrat -er mehrere oberrheinische Fürsten in Frankfurt a. M. -Savignys Mutter war die geistig hochstehende Henriette Philippine -Groos, Tochter des Pfalz-Zweibrückischen Geheimen Rats -Groos. Mit dreizehn Jahren verwaist, wurde Savigny im Hause -seines Vormundes, gleichzeitig eines Freundes und entfernten -Verwandten seines Vaters, von Neurath, der Rat am Reichskammergericht -in Wetzlar war, erzogen. Sechzehn Jahre alt, -begann er (1795) die juristischen Studien in Marburg. Dort -war es der philologisch gebildete Professor Ph. Friedrich Weis, -ein Anhänger der eleganten (positiven) Rechtsschule, der Savigny -auf das römische Recht hinlenkte und die Anregung zu Savignys -späterem Meisterwerke »Geschichte des Römischen Rechts im Mittelalter« -gab, in dessen Vorrede der Verfasser dankbar auf seinen -früheren Lehrer hinweist. Im Winter 1796 studierte Savigny -in Göttingen; im Winter 1797 ging er wieder nach Marburg, -wo er bis zum Juli 1799 blieb. Es folgte dann eine einjährige -Reise durch verschiedene deutsche Staaten, von der die Reisebriefe -erhalten sind (Vgl. Stoll, Friedrich Karl von Savignys sächsische -Studienreise 1799 bis 1800, Leipzig 1891). In Marburg vollendete -Savigny seine Studien und erhielt am 31. Oktober 1800 -die juristische Doktorwürde. Seine Dissertation und erste Schrift<a class="pagenum" name="Page_29" id="Page_29">[Pg 29]</a> -handelt <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">de concursu delictorum formali</span> (Vermischte Schriften -Bd. 4, S. 74 ff.). Kurz darauf begann er mit einer Vorlesung -über Strafrecht seine Lehrtätigkeit als Marburger Privatdozent, -schon im Anfang von Erfolg begleitet. Bald wandte er sich -dem Zivilrecht zu. Durch seine Vorlesung über die letzten zehn -Bücher der Pandekten kam er zu eingehender Beschäftigung mit -der Besitzlehre: Zu Beginn des Jahres 1803 erschien »Das Recht -des Besitzes, eine zivilistische Abhandlung.« Diese (32) + -495 Seiten umfassende Schrift, die erste, die nach historisch-systematischer -Methode die römisch-rechtlichen Quellen von ihren -Modifikationen durch Gesetzgebung und Praxis schied, gleichzeitig -auch das Gelehrte mit dem Praktischen verband, dazu in klarer -Darstellung und schöner Sprache abgefaßt war, eröffnete eine -neue Epoche der Rechtswissenschaft. Savigny trat damit in die -Reihe der ersten Zivilisten. So äußerte sich Thibaut in einer -begeisterten Besprechung des Savignyschen Buches (Allg. Lit. Ztg., -Halle und Leipzig, 1804 Nr. 41 bis 43). Im Jahre 1803 wurde -Savigny außerordentlicher Professor in Marburg.</p> - -<p>Durch seine Vermählung mit Kunigunde Brentano (17. April -1804; vgl. das Zitat am Schlusse der Literaturangabe) trat -Savigny in noch engere Beziehungen zum Romantikerkreise, -namentlich zum Geschwisterpaar Clemens und Bettina Brentano, -deren Schwager er jetzt wurde, und zu der Dichterin Karoline -von Günderode. Es fehlte nicht an Gegensätzen in der Charakteranlage -zwischen Savigny und den Brentanos. Dazu kam, daß -er Protestant, die Familie Brentano katholisch war; seine Kinder -ließ Savigny, der religiös positiv war, katholisch erziehen.</p> - -<p>Wegen einer mehrjährigen Studienreise zur Beschaffung -rechtsgeschichtlichen Materials, die ihn Ende 1804 auch nach -Paris führte, wohin ihm Jacob Grimm folgte, lehnte er eine -Berufung als Ordinarius nach Heidelberg ab; doch hat er sich -wohl darum bemüht, daß Heise, der nachmalige Schöpfer der -modernen Pandektensystematik, und Thibaut dorthin kamen. Nach -Beendigung seiner Reise wurde Savigny (1808) von der bayrischen -Regierung als Ordinarius an die Universität Landshut berufen, -wo auch der Kriminalist Feuerbach und Gönner, Savignys -späterer Gegner in der Gesetzgebungsfrage, wirkten. Über seine<a class="pagenum" name="Page_30" id="Page_30">[Pg 30]</a> -anregende akademische Wirksamkeit aus der Zeit seines zweijährigen -Landshuter Aufenthalts finden sich interessante Zeugnisse -in Bettinas Briefen (Goethes Briefwechsel mit einem Kinde, Bd. 2).</p> - -<p>Die Gründung der Universität Berlin führte Savigny im -Frühling 1810 auf den dortigen Lehrstuhl des römischen Rechts. -Der Erfolg blieb ihm, der schon, rein äußerlich betrachtet, eine -bedeutende Erscheinung war, auch in Berlin in einem Kreise auserlesener -Männer treu. Bei der ersten Rektorwahl standen sich der -Philosoph Fichte, dessen »Reden an die Deutsche Nation« (1808/09) -den Befreiungskampf vorbereitet hatten, und Savigny gegenüber: -Fichte wurde mit einer geringen Mehrheit der erste Rektor der -Berliner Universität. Als ihn Meinungsverschiedenheiten über -die akademische Disziplin zum Rücktritt veranlaßten, berief der -König am 16. April 1812 aus besonderem Vertrauen Savigny -zum Rektor. Das Jahr 1814 brachte dann die Streitschrift und -gleichzeitige Programmschrift der historischen Schule »Vom Beruf -unsrer Zeit für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft«. 1815 -folgte die Gründung der »Zeitschrift für geschichtliche Rechtswissenschaft«, -deren erste Herausgeber Savigny, Eichhorn und -Göschen waren. Im gleichen Jahre erschien der 1. Band der -»Geschichte des Römischen Rechts im Mittelalter«, dem bis 1831 -noch weitere 5 Bände folgten (die 2. Auflage umfaßt 7 Bände). -Dies Hauptwerk Savignys behandelt in seinem ersten Teile das -römische Recht als Ergebnis geschichtlicher Entwicklung in den -sechs Jahrhunderten vor dem Glossator Irnerius († 1140), -während der zweite Teil mehr eine Geschichte der Literatur des -römischen Rechts in den vier Jahrhunderten nach Irnerius gibt. -Als Niebuhr im Jahre 1816 in Verona die Handschrift der -Institutionen des Gajus fand, erkannte man den Zusammenhang -dieses namentlich durch die Aufhellung der römischen Rechtspflege -wissenschaftlich hochbedeutenden Fundes mit dem durch das -Aufblühen der historischen Schule geweckten Sinn für die Erforschung -der Rechtsquellen. Ohne Savigny hätten wir den -Gajus nicht, schrieb Hugo im Jahre 1818. Erwähnt seien hier -auch Savignys Abhandlung »Der zehente Mai 1788«, durch die -er seiner Verehrung zu Hugos fünfzigjährigem Doktor-Jubiläum -Ausdruck gab, sowie die Aufsätze über »Niebuhr« und die<a class="pagenum" name="Page_31" id="Page_31">[Pg 31]</a> -»Rechtsgeschichte des Adels.« Zur Überraschung und Freude der -Juristenwelt erschienen dann im Jahre 1840 die ersten drei Bände -des »Systems des heutigen Römischen Rechts«, in dessen Vorrede -Savigny zu den Angriffen auf die historische Schule Stellung -nahm und für die Herstellung der Einheit zwischen Theorie und -Praxis erneut mit Wärme eintrat. 1841 folgten zwei weitere Bände -dieses Werkes. Ein entscheidendes, für die weitere wissenschaftliche -Tätigkeit Savignys aber verhängnisvolles Ereignis trat im -Jahre 1842 ein: Savigny übernahm das von König Friedrich -Wilhelm IV., seinem Gönner und einstigen Schüler, eigens für -ihn gegründete Ministerium für die Revision der Gesetzgebung. -Daraus ergab sich die Niederlegung der Professur. Seine sechsjährige -Ministerzeit, die mit den Märzereignissen des Jahres 1848 -ihr Ende erreichte, war eine Enttäuschung. In den Jahren 1847 -bis 1853 erschienen der 6. bis 10. Band des Systems, das (auf -die Allgemeinen Lehren und Teile des Obligationenrechts beschränkt) -ebenso wie die Geschichte des Römischen Rechts im -Mittelalter ein Bruchstück geblieben ist.</p> - -<p>Am 25. Oktober 1861 beendete Savigny sein von Anbeginn -an im Zeichen des Glücks stehendes, an Erfolgen ungewöhnlich -reiches Leben, das in mancherlei Hinsicht den von Jhering -(a. a. O., S. 354 ff.) gezogenen und durchgeführten Vergleich -mit dem Leben Goethes, eines Sohnes der gleichen Vaterstadt, -gerechtfertigt erscheinen läßt. Wenige Wochen nach Savignys -Tode wurde bei der Gedächtnisfeier der Berliner Juristischen -Gesellschaft der Beschluß verkündet, das Andenken des großen -Rechtslehrers durch eine Stiftung zu ehren. Diese trat unter -dem Namen »Savigny-Stiftung« im Jahre 1863 ins Leben und -verfolgt insbesondere den Zweck, wissenschaftliche Arbeiten auf -dem Gebiete des Rechts der verschiedenen Nationen zu fördern. -Die hundertjährige Wiederkehr seines Geburtstages am 21. Februar -1879 gab Gelegenheit, das Andenken Savignys in großartiger -Weise zu feiern.</p> - -<p><span class="gesperrt">Literatur</span>: v. Stintzing, Friedrich Karl von Savigny (Preußische -Jahrbücher Bd. 9 (1862), S. 121 bis 168, auch gesondert -erschienen); Allgemeine Deutsche Biographie Bd. 30, S. 425 ff. -mit Literaturangaben; Landsberg, Geschichte der Deutschen Rechts<a class="pagenum" name="Page_32" id="Page_32">[Pg 32]</a>wissenschaft, München und Berlin 1910, Bd. III, 2 S. 186 ff.; Eduard -Müller, Friedrich Karl von Savigny, Leipzig 1906 (Heft 9 der -Sammlung »Männer der Wissenschaft«), beide gleichfalls mit -Literaturangaben; O. Liebmann, Die juristische Fakultät der -Universität Berlin, Berlin 1910. Über die Nachkommen Savignys -vgl. Familiengeschichtliche Blätter, Leipzig, 9. Jahrgang (1911), -S. 145.</p> - - -<h3>3. Bibliographisches.</h3> - -<p>Die erste Ausgabe von <cite>Thibauts</cite> Schrift »Über die Notwendigkeit -eines allgemeinen bürgerlichen Rechts für Deutschland«, -8<sup>o</sup>, 67 S., deren Titelblatt unten wiedergegeben ist, erschien im -Jahre 1814 in Heidelberg bey Mohr und Zimmer. Noch in -demselben Jahre veröffentlichte Thibaut in seinen »Civilistischen -Abhandlungen« (ebenda, 1814. Vorrede »im August 1814«) als -XIX. Abhandlung (S. 404 bis 466) eine durch Zusätze vermehrte -zweite Bearbeitung dieser Schrift; in den Heidelb. Jahrbüchern -1814 Nr. 48 spricht Thibaut von einer »zweiten vermehrten Ausgabe«. -Im Jahre 1840 (kurz nach Thibauts Tode) erschien ebenda -(J. C. B. Mohr) eine dritte Ausgabe »Abgedruckt nach der in den -<cite>Civilist. Abhandlungen</cite> des Verf. als XIX. Abhandl. viel vermehrten -<em>zweiten</em> Bearbeitung dieser Schrift. Nebst Zugabe der -darauf Bezug habenden Rezensionen des Verf. aus den Heidelb. -Jahrb. d. Liter. der Jahre 1814, 1815 u. 1816«. Es sind dies die -Rezensionen des Rehbergschen Buches »Über den Code Napoleon -und dessen Einführung in Deutschland« (Heidelb. Jahrb. 1814 Nr. 1 -u. 2, S. 1 bis 32), der Savignyschen Schrift »Vom Beruf unsrer -Zeit für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft« (1814 Nr. 59, -S. 929 ff., unten abgedruckt Abt. II, <a href="#Page_174">2</a>), des Pfeifferschen Buches -»Ideen zu einer neuen Civilgesetzgebung für deutsche Staaten« -(1816 Nr. 13, S. 193 ff.), des Gönnerschen Buches »Über Gesetzgebung -und Rechtswissenschaft in unsrer Zeit« (1815 Nr. 40, -S. 625 ff.) und des Savignyschen Programmaufsatzes »Über den -Zweck dieser Zeitschrift« – Zeitschrift für geschichtliche Rechtswissenschaft, -herausgegeben von C. F. v. Savigny, C. F. Eichhorn -und J. F. L. Göschen, Band I, Heft I (ebenda 1815 Nr. 42, S. 657 -bis 661).</p> - -<p><a class="pagenum" name="Page_33" id="Page_33">[Pg 33]</a></p> - -<p>Die erste Ausgabe von <cite>Savignys</cite> Schrift »Vom Beruf -unsrer Zeit für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft«, gr. 8<sup>o</sup>, (4) -+ 162 S., deren Titelblatt ebenfalls unten abgedruckt ist, erschien -im Jahre 1814 auch in Heidelberg, bey Mohr und Zimmer. -Im Jahre 1828 erschien die zweite, vermehrte Auflage (Heidelberg -bey J. C. B. Mohr). Sie enthält eine Vorrede, den völlig -unveränderten Abdruck der Schrift und zwei Beilagen (Savignys -Abhandlung »Stimmen für und wider neue Gesetzbücher«, aus -der Zeitschrift für geschichtliche Rechtswissenschaft Bd. III, 1 bis 52 -und das Urteil des Tribunals von Montpellier über den Entwurf -zum Code). S. unten Abt. II, <a href="#Page_202">5</a>. Eine dritte unveränderte Auflage -erfolgte im Jahre 1840 (Heidelberg bei J. C. B. Mohr). -Nach dieser dritten Auflage veranstaltete die Akademische Verlagsbuchhandlung -von J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) Freiburg i. B. -1892 einen Neudruck.</p> - -<p>Von Übersetzungen sind zu erwähnen: <span class="antiqua" lang="en" xml:lang="en">Of the vocation of -our age for legislation and jurisprudence, translated from the -German of Frederick Charles von Savigny by Abraham Hayward, -London (1831), printed by Littlewood u. Co., Old Bailey (not for -sale).</span> <span class="antiqua" lang="it" xml:lang="it">Savigny (De) Fed. Carlo, La vocazione del nostro secolo -per la legislazione e la giurisprudenza, con introduzione e discorso -sugli scritti di lui e sulla scuola storica di Gius. Tedeschi, Verona -(Antonelli) 1857.</span> (Eine französische Übersetzung scheint nicht vorhanden -zu sein; bei <span class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">Michaud, Biographie universelle ancienne et -moderne, Paris, Vol. 38</span> ist keine erwähnt, auch die Pariser National-Bibliothek -besitzt keine.)</p> - -<p>Savignys Schrift ist <em>nach</em> der 2. (erweiterten) Ausgabe von -Thibaut im Oktober 1814 erschienen. Dies ergibt sich aus einer -Vergleichung der Daten der Thibautschen Vorreden mit denen -der Briefe Niebuhrs und Grimms, ferner aus der eigenen Bemerkung -Thibauts am Anfange seiner Besprechung der Savignyschen -Schrift in den Heidelbergischen Jahrbüchern der Literatur 1814 -Nr. 59. Savigny zitiert aber nur die 1. Ausgabe von Thibaut.</p> - -<p>Im folgenden ist der Text der Erstausgaben beider Streitschriften -wörtlich abgedruckt. Auch Orthographie und Interpunktion -sind beibehalten. Die in Klammern gesetzten Zahlen<a class="pagenum" name="Page_34" id="Page_34">[Pg 34]</a> -bedeuten die Seiten der ersten Ausgaben, besonders zur Erleichterung des Nachschlagens späterer Zitate. Offenbare Druckfehler -– so auf S. <a href="#thibaut_33">33</a> bei Thibaut: noch Hert, statt nach Hert, auf -S. <a href="#savigny_14">14</a> bei Savigny: nach (statt noch) einiger näheren Bestimmungen, -S. <a href="#savigny_60">60</a> diesen (statt diese) allgemeinen Lehren – sind -verbessert. Scheinbare Druckfehler, die auf Irrtümer oder Ungenauigkeiten -der Verfasser zurückzuführen sind, sind beibehalten.</p> - -<p><a class="pagenum" name="Page_35" id="Page_35">[Pg 35]</a></p> - - - -<h2> -<span class="f70 nostyle">Ueber</span><br /> -<span class="f90 nostyle">die Nothwendigkeit</span><br /> -<span class="f70 nostyle">eines</span><br /> -<span class="f90 nostyle">allgemeinen</span><br /> -bürgerlichen Rechts<br /> -<span class="f70 nostyle">für</span><br /> -<span class="f90 gesperrt">Deutschland.</span></h2> - -<p class="center"><span class="f80">Von</span><br /><br /> - -<span class="gesperrt"> A. F. J. Thibaut,</span><br /><br /> - - <span class="f80">Hofrat und Professor des Rechts in Heidelberg; Correspondenten<br /> - der Kaiserl. Gesetzgebungs-Commission in Petersburg.</span></p> - -<p class="f90 center gesperrt">Heidelberg,<br /> -bey Mohr und Zimmer.</p> - -<p class="center mb2">1814.</p> - - -<p><a class="pagenum" name="Page_36" id="Page_36">[Pg 36]</a></p> - -<p><a class="pagenum" name="Page_37" id="Page_37">[Pg 37]</a></p> - -<p class="noindent"><a name="thibaut_3" id="thibaut_3" class="f70">[3]</a></p> -<p class="cap">Ich habe kürzlich in einer Recension (Heidelberg. Jahrb. -1814. S. 1-32.) über die Nothwendigkeit allgemeiner Deutscher -bürgerlicher Gesetze beyläufig manches geäußert, was achtungswerthe -Männer veranlaßte, mich aufzufordern, in einer besondern -Abhandlung diesen wichtigen Gegenstand sorgfältiger zu entwickeln. -So ungern ich nun auch in dem leicht verrinnenden -Strom der Flugschriften etwas von dem Meinigen sehe, und so -wenig ich auch Ursach habe, zu glauben, daß man auf meine -Stimme sonderlich achten werde: so schien mir doch der jetzige -wichtige Augenblick von der Art zu seyn, daß Schüchternheit und -Zurückgezogenheit nicht zu dem Drange der Umstände passen -möchten, daß vielmehr jeder nachdenkende Mann für das Gute -und Große laut zu<a name="thibaut_4" id="thibaut_4" class="f70">[4]</a> reden habe, insofern irgend gehofft werden -kann, durch einen ersten Anstoß viele Kräfte in das Leben hervor -zu rufen. Nur durch diese Rücksicht veranlaßt, entwarf ich die -folgenden Zeilen. Sie können leicht Staatsmännern und Gelehrten -mißfallen, und dagegen werde ich nichts einwenden. Aber -den Ruhm lasse ich mir nicht rauben, daß ich als warmer Freund -meines Vaterlandes geredet habe; und in diesen Gesinnungen -werde ich nie einem Andern nachstehen.</p> - -<p>Uebrigens ist keine Zeile der folgenden Blätter durch irgend -eine Empfindlichkeit veranlaßt. Nie hat mich ein Staatsmann -beleidigt, und in Beziehung auf meine Person sind mir verfehlte -Wünsche so gut wie fremd. Das Glück gab mir mehr als ich -verdiene; nie strebte ich nach Höherem; und meine Zufriedenheit -wird ungetrübt bleiben, wenn auch ferner Niemand zwischen mich -und die Sonne in die Mitte tritt.<a name="an_zus_1" id="an_zus_1" href="#zus_1" class="fnanchor">1</a></p> - -<p>Heidelberg den 19. Junius 1814.</p> - -<p class="poem2">A. T.</p> - -<hr class="hr45" /> - -<p><a class="pagenum" name="Page_38" id="Page_38">[Pg 38]</a></p> - - -<p class="noindent"><a name="thibaut_5" id="thibaut_5" class="f70">[5]</a> </p> -<p class="cap"> Deutschland hat jetzt durch Befreyung seines Bodens zwar -seine Ehre gerettet, und sich die Möglichkeit einer glücklichen Zukunft -errungen; allein es stehen der Erreichung eines auch nur mittelmäßigen -Glücks noch so viele mögliche Hindernisse entgegen, daß -man mit einer Art eigensinnigen Glaubens die Hoffnung festhalten -muß, um nicht durch bange Ahndungen getroffen zu -werden. Denn wie man auch die Deutschen im Gegensatz der -Besiegten empor heben mag, immer bleibt es gewiß, daß ein -Theil unsres Volks, besonders in den Höheren und Mittelständen, -des Deutschen Namens unwürdig ist; daß unsre Beamten vielfach -durch das feine Gift des Französischen Beyspiels und Einflusses -verdorben wurden; daß Kleinlichkeit und beschränkter Eigennutz -zum Theil auch den Besseren nicht fremd sind, und daß so jetzt -wieder sehr leicht geschehen könnte, was in stürmischen Zeiten -nur zu leicht geschieht,<a name="thibaut_6" id="thibaut_6" class="f70">[6]</a> nämlich daß die rechtlichen Männer -nach unten gedrückt werden, oder sich mürrisch in eine schuldlose -Unthätigkeit zurückziehen, daß der Hefen der Nation sich nach -oben drängt, und daß unsre Fürsten, schlecht berathen und geleitet, -auch mit dem besten Willen nicht im Stande seyn werden, -den Theil des Volks zu befriedigen, wegen dessen das Regieren -allein Werth hat. Diese Möglichkeiten werden dadurch noch -vermehrt, daß unter unsern kräftigen und rechtlichen Männern -da und dort immer mehr eine überspannte Gutmüthigkeit empor -kommt, welche das Unmögliche ungestüm fordert, sich in politischen -und ästhetischen Träumereyen erschöpft, über dem Seichten -das Tiefe vergißt, und so den beschränkten und verdorbenen -Weltmännern der niederen Art die beste Gelegenheit gibt, mit -scheinbar weiser Bedachtsamkeit alles Schlechte und Kleinliche -vom Untergange zu retten. Auch stehen wir jetzt mehr, wie -jemals, auf dem Punkt, daß uns die Schlauen, durch eine frische -Erfahrung unterstützt, mit frohem Bedauren auf den Unsegen des -Wechsels und der Neuerungen verweisen können.</p> - -<p><a name="thibaut_7" id="thibaut_7" class="f70">[7]</a> So viel ist auf allen Fall schon jetzt entschieden, daß -Deutschland nach wie vor den Vortheilen einer unbedingten<a class="pagenum" name="Page_39" id="Page_39">[Pg 39]</a> -Einheit zu entsagen hat, und sich in eine Reihe bloß äußerlich -verbundener kleiner Staaten auflösen wird. Darüber zu klagen -wäre wahrlich unüberlegt und ungerecht. Denn wenn man nicht -die überspannte Forderung machen will, daß alle andern Völker, -im unbedingten Vertrauen auf die Rechtlichkeit unsrer Regierung, -alle menschlichen Nebenrücksichten dem Abstracten opfernd, bloß -im Interesse der Deutschen handeln sollen, so erscheint jene Vereinzelung -und Zerstückelung als fast nothwendig; auch verspricht -sie auf den möglichen Fall so viele bedeutende Vortheile, daß -schwerlich ein Politiker im Stande seyn wird, zu beweisen, die -volle Einheit nutze den Deutschen mehr, als jene Vereinzelung. -Der Zustand großer Staaten ist immer eine Art unnatürlicher -Spannung und Erschöpfung. Ein warmes Leben nur an Einem -Punkt; ein einförmiges Streben nur zu Einem Ziele; ein stetes -Unterdrücken des Individuellen, Mannigfaltigen einer einzigen -gemeinen Sache wegen; und im Grunde keine ganz innige Verbindung<a name="thibaut_8" id="thibaut_8" class="f70">[8]</a> -zwischen dem Regenten und Unterthanen! In einem -Bunde kleiner Staaten hat dagegen die Eigenthümlichkeit des -Einzelnen freyen Spielraum, das Mannigfaltige kann sich ins -Unendliche ausbilden, und die Verbindung zwischen dem Volk -und Regenten ist weit inniger und lebendiger. Auch lege man -nicht zu viel Gewicht darauf, daß große einfache Staaten den -kriegerischen Muth des Einzelnen besonders heben. Denn wenn -ein kleines Volk sittlich erzogen, weise regiert, und seiner Verfassung -geneigt gemacht ward, so hat es sich immer durch -kriegerische Rüstigkeit und Kraft ganz vorzüglich ausgezeichnet, -und die überwiegende Macht großer Staaten lag dann immer -nur in der Ueberzahl ihrer Streitenden. Ohnehin dürfen die -Deutschen nicht vergessen, wie sehr jene Zersplitterung ihrem -Character anpaßt, wenigstens wie jetzt die Nation sich ausgebildet -hat. Ueberall widerstreitende Elemente, welche verbunden -sich aufreiben könnten, aber neben einander gestellt sich wetteifernd -zu dem Höheren treiben, und unendlich viel Mannigfaltiges, -Eigenthümliches wecken und nähren werden! Mit diesem Reichthum -des Mannigfaltigen<a name="thibaut_9" id="thibaut_9" class="f70">[9]</a> werden die Deutschen stets einen -ausgezeichneten Platz unter den Völkern behaupten, während leicht -alles zur Plattheit und Stumpfheit herabsinken könnte, wenn es<a class="pagenum" name="Page_40" id="Page_40">[Pg 40]</a> -der allmächtigen Hand eines Einzigen gelänge, die Deutschen -Völker zu einer vollen politischen Einheit zu stimmen.</p> - -<p>Allein wenn man auch im Ganzen über jene Vereinzelungen -getröstet ist,<a name="an_zus_2" id="an_zus_2" href="#zus_2" class="fnanchor">2</a> so darf doch nicht vergessen werden, daß dieser Zustand -möglicher Weise die größten Gefahren droht, wenn unsre -Regenten das Eigenthümliche ihrer Lage übersehen sollten; wenn -sie die nothwendigen Uebel großer Staaten unbedachtsam nachahmten; -wenn sie dem Volke durch eine sinnlose Hofpracht Achtung -einzuflößen suchten, Statt sich dieselbe auf dem besseren Wege -einer thätigen, milden, kräftigen Regierung zu verschaffen, und -nur allein darauf ausgingen, ohne freundliche Verbindung mit -den Nachbarstaaten die Erreichung großer Zwecke kümmerlich durch -die kleinen Mittel abgeschiedener eigner Kräfte zu versuchen. Grade -von dieser Seite drohen uns aber unendliche Gefahren, und wenn -unsre Fürsten den Einflüsterungen derer trauen, welche jetzt ihrer -Stimme<a name="thibaut_10" id="thibaut_10" class="f70">[10]</a> leicht das mehrste Gewicht geben könnten, so werden -die rechtlichen und kräftigen Männer der Nation wenig Grund -haben, mit heiterem Vertrauen der Zukunft entgegen zu sehen.</p> - -<p>Es ist nicht meines Berufs, unsre künftigen politischen Verhältnisse -von dieser Seite zu beleuchten; aber dazu bin ich lange -genug thätiger Civilist gewesen, um ohne Unbescheidenheit in -diesem großen, verhängnisvollen Augenblick meine Wünsche über -unsre künftigen bürgerlichen Verhältnisse äußern zu dürfen. Und -in der That ist dieß auch die Seite, welche am mehrsten hervorgehoben -zu werden verdient. Denn in Beziehung auf politische -Organisationen<a name="an_zus_3" id="an_zus_3" href="#zus_3" class="fnanchor">3</a> ist schon so viel vorgearbeitet, daß die Wahl des -Zweckmäßigen mehr nur noch von dem guten Willen, als der -Anstrengung des Verstandes abhängt; aber in bürgerlicher, -privat-rechtlicher Hinsicht thut es Noth, daß über die frostigen -herrschenden Ansichten ein warmer Hauch gehe, um das Erstarrte -aufzulösen, und alles in das Leben hervorzurufen, was unter -den Händen gewöhnlicher Staatskünstler wie eine todte Masse -auf den heiligsten Verhältnissen des Bürgers lastet.</p> - -<p><a name="thibaut_11" id="thibaut_11" class="f70">[11]</a> Mehrere Zeichen der Zeit zwingen mich fast, die folgenden -Wünsche schnell zu äußern. Die Deutschen sind in dem letzten -Jahre aus einem langen Schlummer erwacht. Alle Stände -haben der guten Sache mit einer Kraft und Eintracht gedient,<a class="pagenum" name="Page_41" id="Page_41">[Pg 41]</a> -welche fast beyspiellos genannt werden kann, und unsre Fürsten -haben ein Uebermaß von Gründen erhalten, um sich zu überzeugen, -daß die Deutschen ein edles, kräftiges, hochherziges Volk -sind, welches nicht bloß auf die Gerechtigkeit, sondern auch auf -die Dankbarkeit seiner Regierungen lauten Anspruch machen darf, -also auch darauf, daß man diesen herrlichen Augenblick benutze, -um endlich alte Mißbräuche zu zerstören, und durch neue weise -bürgerliche Einrichtungen das Glück des Einzelnen fest zu begründen. -Aber grade in diesem Augenblick, und nachdem die -zahllosen Gebrechen unsrer früheren bürgerlichen Verfassung von -vielen unsrer ersten Rechtsgelehrten längst anerkannt waren, grade -in diesem Augenblick hat man an vielen Orten nichts eiliger zu -thun gehabt, als das krause Gemisch des alten Wirrwarrs gegen -das eingeführte neueste Recht mit einem schneidenden Machtwort<a name="thibaut_12" id="thibaut_12" class="f70">[12]</a> -wieder herzustellen, jeden kleinen Staat zu organisiren, als ob -er mit der ganzen Welt durch keinen Faden zusammen hänge, -und den kleinen eignen Kräften unbesorgt das Unglaubliche zuzutrauen. -Die Theorie ist dabey denn auch nicht müßig geblieben, -und aus dem Munde eines geistvollen, edeln Schriftstellers -haben wir laut vernehmen müssen, daß es genüge, wenn -man den Deutschen zu seinen alten Gewohnheiten zurückführe, und -sich allenfalls da und dort eine Besserung im Einzelnen vorbehalte.</p> - -<p>Ich bin dagegen der Meynung, daß unser bürgerliches Recht -(worunter ich hier stets das Privat- und Criminal-Recht, und -den Proceß verstehen werde) eine gänzliche schnelle Umänderung -bedarf, und daß die Deutschen nicht anders in ihren bürgerlichen -Verhältnissen glücklich werden können, als wenn alle Deutschen -Regierungen mit vereinten Kräften die Abfassung eines, der -Willkühr der einzelnen Regierungen entzogenen, für ganz Deutschland -erlassenen Gesetzbuchs zu bewirken suchen.</p> - -<p>Man kann und muß an jede Gesetzgebung zwey Forderungen -machen: daß sie formell und<a name="thibaut_13" id="thibaut_13" class="f70">[13]</a> materiell vollkommen sey; also -daß sie ihre Bestimmungen klar, unzweydeutig und erschöpfend -aufstelle, und daß sie die bürgerlichen Einrichtungen weise und -zweckmäßig, ganz nach den Bedürfnissen der Unterthanen, anordne. -Leider gibt es aber kein einziges Deutsches Reichsland, -wo auch nur Eine dieser Forderungen halb befriedigt ist. Unsre<a class="pagenum" name="Page_42" id="Page_42">[Pg 42]</a> -altdeutschen Gesetzbücher, deren es in vielen Ländern noch wieder -ein buntes Allerley gibt, sprechen wohl da und dort den einfachen -germanischen Sinn kräftig aus, und ließen sich insofern -für einzelne Rechtsfragen bey einer neuen Gesetzgebung sehr gut -benutzen. Allein daß sie häufig den Bedürfnissen unsrer Zeit -nicht entsprechen, überall die Spuren alter Rohheit und Kurzsichtigkeit -an sich tragen, und in keinem Fall als allgemeine, -umfassende Gesetzbücher gelten können, darüber war und ist unter -den Kennern nur Eine Stimme. Was sich sonst noch von einheimischen -Particular-Gesetzen an sie schließt – die Landesherrlichen -Verordnungen, – hat zwar häufig über diese oder jene -einzelne Einrichtung etwas Gutes nachgetragen; aber alles ist -doch in der Regel ein furchtsames Bessern im<a name="thibaut_14" id="thibaut_14" class="f70">[14]</a> Kleinen, und -die ganze verwirrte Masse wird mehrentheils durch sich selbst -erdrückt. Von unsern alten durchsichtigen Reichsgesetzen läßt sich -höchstens nur behaupten, daß sie wenige zweckmäßige Anordnungen, -z. B. für Vormundschaften und den Proceß enthalten; aber eigentliche -Gesetzbücher sind sie nicht, die einzige Carolina abgerechnet, -deren Unzweckmäßigkeit für die jetzige Zeit so anerkannt ist, daß -selbst die Freunde des Unwandelbaren die unbedingte Nothwendigkeit -neuer Criminal-Gesetze zugeben mußten. So ist also -unser ganzes einheimisches Recht ein endloser Wust einander -widerstreitender, vernichtender, buntschäckiger Bestimmungen, ganz -dazu geartet, die Deutschen von einander zu trennen, und den -Richtern und Anwälden die gründliche Kenntniß des Rechts unmöglich -zu machen. Aber auch eine vollendete Kenntniß dieses -chaotischen Allerley führt nicht weit. Denn unser ganzes einheimisches -Recht ist so unvollständig und leer, daß von hundert -Rechtsfragen immer wenigstens neunzig aus den recipirten fremden -Gesetzbüchern, dem Kanonischen und Römischen Recht, entschieden -werden müssen. Grade hier erreicht aber<a name="thibaut_15" id="thibaut_15" class="f70">[15]</a> das Ungemach den -höchsten Gipfel. Das Kanonische Recht, so weit es nicht auf -die Katholische Kirchenverfassung, sondern auf andre bürgerliche -Einrichtungen geht, ist nicht des Nennens werth; ein Haufen -dunkler, verstümmelter, unvollständiger Bestimmungen, zum Theil -durch schlechte Ansichten der alten Ausleger des Römischen Rechts -veranlaßt, und so despotisch in Ansehung des Einflusses der<a class="pagenum" name="Page_43" id="Page_43">[Pg 43]</a> -geistlichen Macht auf weltliche Angelegenheiten, daß kein weiser -Regent sich ganz demselben fügen kann. Die letzte und hauptsächlichste -Rechtsquelle bleibt daher für uns das Römische Gesetzbuch, -also das Werk einer uns sehr ungleichen fremden Nation -aus der Periode des tiefsten Verfalls derselben, die Spuren dieses -Verfalls auf jeder Seite an sich tragend! Man muß ganz in -leidenschaftlicher Einseitigkeit verfangen seyn, wenn man die -Deutschen wegen der Annahme dieses mißrathenen Werkes glücklich -preist, und dessen fernere Beybehaltung im Ernst anempfiehlt. -Unendlich vollständig ist es zwar, aber etwa in eben dem Sinne, -wie man die Deutschen unendlich reich nennen kann, weil ihnen -alle Schätze unter ihrem Boden bis zum<a name="thibaut_16" id="thibaut_16" class="f70">[16]</a> Mittelpunkt der -Erde gehören. Wenn sich nur alles ohne Kosten ausgraben -ließe: da liegt die leidige Schwierigkeit! Und so denn auch bey -dem Römischen Recht! Es läßt sich nicht bezweifeln, daß tief -gelehrte, scharfsinnige, unermüdete Juristen über jede Theorie -etwas Erschöpfendes aus den zerrissenen Fragmenten dieses -Gesetzbuchs zusammentragen können, und daß wir vielleicht nach -tausend Jahren so glücklich sind, über jede der tausend wichtigen -Lehren, welche noch zur Zeit im Dunkeln liegen, ein classisches, -erschöpfendes Werk zu erhalten. Allein den Unterthanen liegt -nichts daran, daß gute Ideen sicher in gedruckten Werken aufbewahrt -werden, sondern daß das Recht lebendig in den Köpfen -der Richter und Anwälde wohne, und daß es diesen möglich sey, -sich umfassende Rechtskenntnisse zu erwerben. Dieß wird aber -bey dem Römischen Recht stets unmöglich bleiben. Die ganze -Compilation ist zu dunkel, zu flüchtig gearbeitet, und der wahre -Schlüssel dazu wird uns ewig fehlen. Denn wir besitzen nicht -die Römischen Volks-Ideen, welche den Römern unendlich vieles -leicht verständlich machen mußten, was uns ein Räthsel<a name="thibaut_17" id="thibaut_17" class="f70">[17]</a> ist; -etwa wie neuerlich viele seichte Französische Juristen mit Leichtigkeit -den Code von der rechten Seite ansahen, wo die Deutsche -Gründlichkeit mit schwerfälliger Arbeit immer das Ziel verfehlte. -Wir müssen folglich überall auf einen tüchtigen gelehrten Apparat -bedacht seyn, und da werden denn, bey der Mannigfaltigkeit und -Dürftigkeit der historischen Quellen, die Erörterungen so weitschichtig, -verwickelt, und mehrentheils so gewagt, daß kein Practiker<a class="pagenum" name="Page_44" id="Page_44">[Pg 44]</a> -im Stande ist, sich die entdeckten Schätze gehörig anzueignen. -Gibt es doch sogar keinen Professor der Pandekten in ganz -Deutschland, welcher sich nachrühmen könnte, daß es ihm möglich -gewesen sey, alle einzelnen Lehren seines beschränkten Fachs -historisch-dogmatisch aus den Quellen zu studieren, oder vollständig -zu durchdenken. Aber laßt uns auch nur noch offenherzig -gestehen: das Römische Recht wird nie zur vollen Klarheit -und Gewißheit erhoben werden. Denn die Erklärungsquellen -fehlen uns bey jeder Gelegenheit, und der ganze Wust jämmerlich -zerstückelter Fragmente führt in ein solches Labyrinth gewagter, -schwankender Voraussetzungen, daß der Ausleger selten -einen ganz festen<a name="thibaut_18" id="thibaut_18" class="f70">[18]</a> Boden gewinnen kann, der nächste beste -Ausleger also immer wieder angelockt wird, neue Ideen zu versuchen, -und die bisherigen umzuwerfen. Wir haben ja darüber -recht grüne Erfahrungen an einigen neueren trefflichen Werken, -welche schwerlich so bald wieder ihres Gleichen finden werden, -und doch auf der Stelle den lebhaftesten Angriffen ausgesetzt -waren, ohne sich in der gemeinen Meynung eines vollständigen -Sieges erfreuen zu können. Was aber vor allem dem Römischen -Recht entgegensteht, ist die innere Schlechtigkeit seiner mehrsten -Bestimmungen, besonders in Beziehung auf Deutschland. Zwar -hat <cite>Leibnitz</cite> durch seine fast leidenschaftlichen Aeußerungen über -das Genie der Römischen Juristen ein heiliges Staunen bey -Vielen veranlaßt; allein jene Aeußerungen gingen mehr nur auf -das Formelle, und beziehen sich keineswegs auf das ganze Gesetzbuch. -In jener Hinsicht sind sie freylich wahr, treffen aber auch -insofern nicht das vorhin Gesagte. Denn alles, was man den -classischen Juristen zugestehen kann und muß, ist eine hohe -Consequenz, und eine ungemeine Leichtigkeit in der Anwendung -allgemeiner<a name="thibaut_19" id="thibaut_19" class="f70">[19]</a> positiver Rechtssätze auf die feinsten, verwickeltsten -Einzelnheiten. Allein zu leugnen ist es auch nicht, daß sie später -immer mehr in eine schwankende Billigkeit geriethen, und daß -ihr Scharfsinn im Grunde der wahren Rechtsweisheit eben so -viel schadete, als nutzte. Denn überall standen sie unter dem -Zwange positiver Grundlagen aus der Periode der Barbarey, -und da ward dann durch folgerechte Auslegung das Uebel nicht -gemindert, sondern gemehrt. So kann man z. B. die Theorie<a class="pagenum" name="Page_45" id="Page_45">[Pg 45]</a> -der Classiker über väterliche Gewalt und Erbrecht ein Meisterstück -juristischer Consequenz und Zergliederungskunst nennen; -aber man muß auch hinzusetzen: wehe der Nation, wo die -Juristen dazu verurtheilt sind, an solchen rohen, einseitigen -Grundlagen ihren Scharfsinn zu üben! Und was hilft uns auch -alle Weisheit der Classiker, da ihre Ideen nicht rein auf uns -gekommen sind; da die späteren Kaiserlichen Constitutionen fast -jede einzelne Rechtslehre mißhandelt und verbildet haben; und -da nun das Ganze als ein wahrhaft gräßliches Gemisch kluger -und toller, consequenter und inconsequenter Bestimmungen vor -uns liegt! Dieß trifft nicht<a name="thibaut_20" id="thibaut_20" class="f70">[20]</a> bloß eine zahllose Menge kleiner -Rechtssätze, sondern große Rechtsmassen, welche als die Grundsteine -des ganzen bürgerlichen Rechts gelten können, namentlich -die Lehre von der elterlichen Gewalt, der Sicherheit des -Eigenthums, dem Hypotheken-Wesen, dem Erbrecht, und der -Verjährung.<a name="an_zus_4" id="an_zus_4" href="#zus_4" class="fnanchor">4</a></p> - -<p>Wären aber auch alle diese Vorwürfe ungegründet, so bleibt -doch noch immer der, alles denkbare Schlechte übertreffende -Umstand übrig, daß wir – unglaublicher Weise – in dem -Römischen Recht ein Gesetzbuch haben, dessen Text wir nicht besitzen, -und dessen Inhalt insofern einem Irrlicht zu vergleichen -ist. Kein authentischer oder patentisirter Text ist aufgenommen, -sondern das ideale Recht, wie man es nennen möchte, welches -sich in den, ganz verschieden lautenden vorhandenen zahllosen -Handschriften vorfindet. Die Masse dieser Varianten ist nun -aber ungeheuer. Bloß in der Gebauerschen Ausgabe nimmt ihr -Abdruck so viel Raum ein, als ein Viertheil des Textes; und -doch ist es bekannt genug, daß bey dieser Ausgabe nicht der -hundertste Theil der unentbehrlichen Hülfsmittel<a name="thibaut_21" id="thibaut_21" class="f70">[21]</a> benutzt ist. -Wie ein Gelehrter nur ein Paar Wochen lang gute Handschriften -oder Ausgaben vergleicht, entdecken sich immer neue überraschende -Varianten, und es läßt sich gar nicht bezweifeln, daß ein guter -Theil herkömmlicher Rechtsansichten über den Haufen geworfen -werden müßte, wenn unsre <cite>Cramer</cite> und <cite>Savigny</cite> so glücklich -wären, zehn Jahre zu Rom an der Stelle zu sitzen, wo <cite>Brenkmann</cite> -nach dem Maaß seiner Kräfte der guten Sache zu dienen -suchte. Also hängt das Glück unsrer Bürger davon ab, ob unsre<a class="pagenum" name="Page_46" id="Page_46">[Pg 46]</a> -Gelehrten in Rom und Paris liberal behandelt werden, und -fleißig sammeln, oder nicht!<a name="an_zus_5" id="an_zus_5" href="#zus_5" class="fnanchor">5</a> Und wenn wir denn endlich das -ersehnte Ziel erreicht hätten, wenn die Varianten aller Handschriften -und Ausgaben zu Einem großen Berge zusammengefahren -wären, was würde dann der Erfolg seyn? Die geschickte -Auswahl aus verschiedenen Lesarten hängt in der Regel vom -bloßen Gefühl ab, und die Wahl läßt sich selten streng rechtfertigen. -Da werden also die critischen Zänkereyen bis ins -Unendliche vervielfältigt werden, zumal da wir guten Rechtsgelehrten -nichts so sehr lieben, als die Meynungen Andrer, eben -weil sie von Andern herrühren,<a name="thibaut_22" id="thibaut_22" class="f70">[22]</a> außerordentlich bedenklich -zu finden, und zu der Eröffnung einer neuen Instanz alle Kräfte -aufzubieten. Die Praktiker müssen aber bey solchen hochgelehrten -Streitigkeiten, wie Buridans geduldiges Thier zwischen seinen -beyden Heubündeln, mit unbewegtem Kopf in der Mitte stehen -bleiben, oder sich entschließen, ihre Richter so in Bewegung zu -setzen, wie jener Franzose den lieben Gott, indem er für den -Deutschen Gott in Hannover ein Deutsches A B C kaufte, und -es mit der Bitte gen Himmel hielt: mach dir selbst ein Vater -unser daraus! – Wäre dieß alles nicht, wie würde es dann -auch möglich gewesen seyn, daß edle Deutsche Rechtsgelehrte es -über sich hätten erhalten können, in den Zeiten der Schmach -und Unterdrückung dennoch ihrem Vaterlande die Annahme des -Neu-Französischen Civil-Rechts in vollem Ernste zu empfehlen?</p> - -<p>Freylich ist es nicht zu leugnen, daß die Einführung des -Römischen Rechts unserm gelehrten Treiben vielfach sehr förderlich -war, besonders dem Studio der Philologie und Geschichte, -und daß die ganze große räthselhafte Masse dem Scharfsinn und -der Combinations-Gabe der Juristen immer<a name="thibaut_23" id="thibaut_23" class="f70">[23]</a> viel Gelegenheit -gab, und geben wird, sich zu üben und zu verherrlichen. Allein -der Bürger wird immer darauf bestehen dürfen, daß er nun -einmal nicht für den Juristen geschaffen ist, so wenig als für die -Lehrer der Chirurgie, um an sich lebendigen Leibes anatomische -Versuche anstellen zu lassen. Alle eure Gelehrsamkeit, alle eure -Varianten und Conjecturen, – alles dieß hat die friedliche -Sicherheit des Bürgers tausendfältig gestört, und nur den Anwälden -die Taschen gefüllt. Das Bürgerglück frägt nicht nach<a class="pagenum" name="Page_47" id="Page_47">[Pg 47]</a> -gelehrten Advocaten, und wir würden dem Himmel inbrünstig zu -danken haben, wenn es durch einfache Gesetze herausgebracht -würde, daß unsre Anwälde ganz der Gelehrsamkeit entrathen -könnten, wie wir auch allen Grund hätten, überselig zu seyn, -wenn unsre Aerzte mit sechs Universal-Arzeneyen alle Krankheiten -mechanisch zu heilen vermöchten. Für wahre wissenschaftliche -Thätigkeit giebt es immer so viele Gegenstände, daß man nie -genöthigt seyn wird, Knoten zu schürzen, um sie nachher lösen -zu können. Aber ich behaupte noch mehr: eure beste Gelehrsamkeit -hat für das bürgerliche Wesen den wahren ächten juristischen -Sinn von jeher nicht<a name="thibaut_24" id="thibaut_24" class="f70">[24]</a> belebt, sondern getödtet. Die -Masse des Positiven und Historischen ist zu ungeheuer. Der gewöhnliche -Jurist, dem doch das Glück der Bürger in der Regel -überlassen bleibt, kann diese Massen nur nothdürftig mit dem -Gedächtniß festhalten, aber nie geistvoll verarbeiten. Daraus -entsteht denn eine Hölzernheit und Aengstlichkeit, welche Erbarmen -erregt, und am Ende liegt immer ein alter Tröster im Hintergrunde, -woraus mechanisch der nöthige Rath geschöpft wird. -Man vergleiche nur die Anwälde in England, wo man durch -Römische Alterthümer und Varianten wenig geängstigt wird, mit -unsern belobten Rechtsfreunden. Dort ist alles Leben und frische -Eigenthümlichkeit, während bey uns in den mehrsten Ländern alles -auf hölzerne Füße gestellt ist, und so matt und pedantisch einherschleicht, -daß man am Ende kaum umhin kann, den Rabulisten, welche -vom Positiven und Gelehrten nichts kennen, aber lustig in das -weite Meer hinaussteuren, vorzugsweise geneigt zu werden.</p> - -<p>Nehmen wir nun dieß alles zusammen, so muß jedem Vaterlandsfreunde -der Wunsch sich aufdrängen, daß ein einfaches -Gesetzbuch, das<a name="thibaut_25" id="thibaut_25" class="f70">[25]</a> Werk eigner Kraft und Thätigkeit, endlich -unsern bürgerlichen Zustand, den Bedürfnissen des Volks gemäß, -gehörig begründen und befestigen möge, und daß ein patriotischer -Verein aller Deutschen Regierungen dem ganzen Reich die Wohlthaten -einer gleichen bürgerlichen Verfassung auf ewige Zeiten -angedeihen lasse. Ich will versuchen, zuerst die Vortheile dieser -großen Neuerung anschaulich zu machen, und dann dasjenige zu -beseitigen, was man etwa gegen ihre Ausführbarkeit einwenden -könnte.</p> - -<p><a class="pagenum" name="Page_48" id="Page_48">[Pg 48]</a></p> - -<p>Zuerst, den Gelehrten zu gefallen, die Sache nur von der -wissenschaftlichen Seite betrachtet: welcher unendliche Gewinn -für die wahre, höhere Bildung der Diener des Rechts, der -Lehrer und Lernenden! Bisher war es unmöglich, daß irgend -Jemand, und wäre er auch der fleißigste Theoretiker gewesen, -das ganze Recht übersehen, und mit Geist gründlich durchdringen -konnte. Jeder hatte höchstens nur seine starken Seiten; an -tausend Orten Nacht und Finsterniß! Von den unschätzbaren -Vortheilen des Uebersehens der Wechselwirkung aller einzelnen -Glieder der Rechtswissenschaft ist uns nichts zu Theil geworden. -Ein<a name="thibaut_26" id="thibaut_26" class="f70">[26]</a> einfaches National-Gesetzbuch, mit Deutscher Kraft im -Deutschen Geist gearbeitet, wird dagegen jedem auch nur mittelmäßigen -Kopfe in allen seinen Theilen zugänglich seyn, und unsre -Anwälde und Richter werden dadurch endlich in die Lage kommen, -daß ihnen für jeden Fall das Recht lebendig gegenwärtig ist. -Auch läßt sich nur bey einem solchen Gesetzbuch eine wahre -Fortbildung der Rechtsansichten als möglich denken. Mit unsern -bisherigen gelehrten Erörterungen haben wir uns zwar immer -tiefer in Philologie und Geschichte hineingewühlt, aber der kräftige -Sinn für Recht und Unrecht, für die Bedürfnisse des Volks, -für ehrwürdige Einfalt und Strenge der Gesetze, ist bey diesem -mühseligen Treiben immer stumpfer geworden. Was hätte sich -auch für jene Fortbildung thun lassen, da die mehrsten Theile -unsres positiven Rechts durch und durch verdorben sind, da wir -ihre Gründe selten genau kennen, und da so auf der einen -Seite keine Hoffnung der Besserung, und auf der andern Seite -wenig Gelegenheit zu belebenden Erörterungen war! Wäre dagegen -ein kräftiges einheimisches Gesetzbuch das Gemeingut -Aller, wäre es von anerkannt bedeutenden<a name="thibaut_27" id="thibaut_27" class="f70">[27]</a> Staatsmännern und -Gelehrten verfaßt, nach reifer Prüfung und voller Benutzung -des öffentlichen Urtheils, und wären dann auch dessen Gründe -mit unbedingter Offenheit zur allgemeinen Kenntniß gebracht, -so würde nun die wahre Rechtswissenschaft, d. h. die philosophirende, -sich leicht und frey bewegen können, und Jeder würde -Gelegenheit und Hoffnung haben, zur fernern Vervollkommnung -dieses großen Nationalwerks mitzuwirken. Auch wäre es unschätzbar, -daß nun alle Deutschen Rechtsgelehrten einen gleichen<a class="pagenum" name="Page_49" id="Page_49">[Pg 49]</a> -Gegenstand ihrer Untersuchungen hätten, und durch stete Mittheilung -ihrer Ideen über dasselbe Werk sich wechselseitig heben -und unterstützen könnten, daß also die trostlosen Winkelpfuschereyen, -unter denen bisher unsre zahllosen Particular-Gesetze daniederlagen, -im Wesentlichen ganz aufhörten.</p> - -<p>Sieht man aber auf den academischen Unterricht, so ist der -Gewinn ebenfalls unermeßlich. Bisher war das, doch immer -höchst wichtige Particular-Recht nirgend der Gegenstand gründlicher -Vorträge auf den Academien, konnte es nicht seyn, und wird -es nie werden. Denn unsre Academien bleiben gewiß, wie es -heiß zu wünschen ist, allgemeine<a name="thibaut_28" id="thibaut_28" class="f70">[28]</a> Bildungsanstalten für ganz -Deutschland, und werden nie zu bloßen Landesanstalten herabsinken, -wo alles unter der Abgeschiedenheit und Kleinlichkeit -verkümmern muß. Wie kann aber hier jemals ein wahrer Eifer -der Lehrer für das einheimische Landrecht entstehen, da sie immer -bey Vorträgen über allgemeineres Recht auf ein weit größeres -Publicum rechnen können, besonders insofern, als sie schriftstellerische -Arbeiten unternehmen? Auch wird sich jeder Lehrer -besserer Art die goldene Aussicht erhalten wollen, in andern -Freyhäfen eine freundliche Aufnahme zu finden, wenn seine bisherige -Stelle ihm mißfällt, also nicht zu viel aufladen, was die -Freyzügigkeit beschwerlich machen könnte. So hat denn bisher -über dem Particular-Recht in wissenschaftlicher Hinsicht eine -schwarze Nacht gelegen, und der junge Practiker mußte sich darin -immer durch eigne Kraft zu orientiren suchen; ein unglückliches -Geschäft, welches selten gerieth, da die Particular-Gesetze zu -zerstreut und mannigfaltig sind, und da selten in einem Lande -auch nur zehn practische Juristen das Glück haben, eine vollständige -Sammlung jener Gesetze zusammenbringen<a name="thibaut_29" id="thibaut_29" class="f70">[29]</a> zu können. -So schloß sich denn in der Regel an die vornehme academische -Bildung eine ungeheure Lücke, welche nur nach mannigfaltigem -Wagen und Umhertappen einigermaßen ausgefüllt werden konnte. -Mit einem allgemeinen Gesetzbuch wären dagegen Theorie und -Praxis in die unmittelbarste Verbindung gebracht, und die -gelehrten academischen Juristen würden unter den Practikern ein -Wort mitreden dürfen, während sie jetzt überall mit ihrem gemeinen -Recht in der Luft hängen.</p> - -<p><a class="pagenum" name="Page_50" id="Page_50">[Pg 50]</a></p> - -<p>Aber auch noch von einer andern Seite würde ein solches -einfaches National-Gesetzbuch dazu beytragen, daß der, so wichtige -practische Sinn unsrer Lernenden mehr geschärft werden könnte. -Jetzt erschöpft sich alles im Auswendiglernen zahlloser verwirrter -Gesetze, Definitionen, Distinctionen, und historischer Notizen. Für -Wohlredenheit, für Gewandtheit im Angreifen und Vertheidigen, -für Ausbildung des Talents, einer Rechtssache gleich vom Anfange -an den besten Wurf zu geben, für die Kunst, Geschäfte vorsichtig -einzurichten, für dialektische Schärfe und Schnellkraft, – für das -alles geschieht mehrentheils nichts, und kann bey der gelehrten -Ueberfüllung nichts<a name="thibaut_30" id="thibaut_30" class="f70">[30]</a> Genügendes geschehen. So werden -daher unsre Entlassenen in die Welt hinaus gestoßen, um selbst -durch Fallen das Gehen zu lernen; und so muß man noch dem -Himmel danken, wenn nur nachher in einer langen Reihe von -Jahren die Hälfte desjenigen, was ein geschickter academischer -Unterricht in kurzer Zeit leicht mittheilen könnte, mühselig errungen -wird. Wodurch sind auch die classischen Juristen der Römer so -groß geworden? Nicht durch endlose Ableitung dunkler Rechtssätze -aus Griechischen und Römischen Alterthümern; sondern -dadurch, daß einfache vaterländische Gesetze die Grundlage ihrer -Auslegungen waren, und daß so ungehindert für volle Gewandtheit -des Geistes alles Mögliche geschehen konnte. Auf jeder der -Rechtsschulen zu Rom, Berytus und Constantinopel gab es nur -zwey ordentliche Professoren des Rechts, aber eine Menge von -Griechischen und Römischen Rhetoren und Grammatikern; und -wenn damals Staatswissenschaften und Naturrecht schon so durchgearbeitet -gewesen wären, wie jetzt, so würden wir gewiß, Statt -Eines Professors der Philosophie, weit mehrere den Juristen -beygegeben finden.<a name="an_zus_6" id="an_zus_6" href="#zus_6" class="fnanchor">6</a></p> - -<p><a name="thibaut_31" id="thibaut_31" class="f70">[31]</a> Mehr als Alles ist es aber in Beziehung auf die wissenschaftliche -Bildung, daß mit der Einführung eines neuen weisen -National-Gesetzbuchs der academische Rechtsunterricht in allen -Theilen geistvoll werden kann. Jetzt ist nur zu vieles todt und -abschreckend. Die schlechte Beschaffenheit unsrer bisherigen Gesetze -hat die Folge gehabt, daß Niemand im gemeinen Leben den -gangbaren Rechtszustand mit Gefallen betrachten, und sich dabey -verweilen mag. Man läßt das krause Unwesen fortlaufen, wie<a class="pagenum" name="Page_51" id="Page_51">[Pg 51]</a> -es Gott gefällt, und bekümmert sich nicht darum. So betreten -denn unsre Anfänger die Academien, ohne je über Gegenstände -ihres Fachs auch nur entfernt nachgedacht zu haben, und die -Lehrer des Rechts sind nie so glücklich, wie die Lehrer der -Theologie und Medizin, daß sie ihre Vorträge an eine warme -natürliche Vorstellungsart, und lebhafte gemeine Begriffe anknüpfen -können. Unsre Naturrechte sind nicht dazu geschaffen, -den civilistischen Verstand aufzuschließen und groß zu bereichern; -und wären sie auch ganz, was sie seyn sollten, so würden sie -doch das Interesse für das Positive nicht heben. Denn dieß -schwarze, unübersehbare Allerley läßt sich<a name="thibaut_32" id="thibaut_32" class="f70">[32]</a> nur in einzelnen -kleinen Theilen aufhellen, und mit der Philosophie in Eintracht -bringen. Das Mehrste muß mit dem bloßen Gedächtniß aufgefaßt, -und knechtisch angenommen werden, weil es nun einmal -so ist; und daher führt hier die gespannteste Unverdrossenheit den -Studierenden nie zu dem regen Eifer, und der innigen Anhänglichkeit -an sein Fach, wodurch sich tüchtig gebildete Aerzte, -Theologen und Physiker so oft auszeichnen. Wären wir dagegen -so glücklich, ein gut gerathenes Gesetzbuch zu besitzen, welches wir -mit gerechtem Stolz das Werk unsrer eignen Kraft nennen könnten, -und dessen Segen sich in der Erfahrung klar erkennen ließe: so -würde der Anfänger mit fruchtbaren Begriffen des gemeinen -Lebens die Academie betreten, und die philosophischen und -positiv-rechtlichen Vorträge würden, Statt sich einander zu zerstören, -in steter wohlthätiger Wechselwirkung erhalten werden -können.<a name="an_zus_7" id="an_zus_7" href="#zus_7" class="fnanchor">7</a></p> - -<p>Sehen wir nun ferner auf das Glück der Bürger, so kann -es gar keinen Zweifel leiden, daß ein solches einfaches Gesetzbuch -für ganz Deutschland die schönste Gabe des Himmels genannt -zu werden verdiente. Schon die bloße Einheit wäre<a name="thibaut_33" id="thibaut_33" class="f70">[33]</a> unschätzbar. -Wenn auch eine politische Trennung Statt finden muß -und soll, so sind doch die Deutschen hoch dabey interessirt, daß -ein brüderlicher gleicher Sinn sie ewig verbinde, und daß nie -wieder eine fremde Macht den einen Theil Deutschlands gegen -den andern mißbrauche. Gleiche Gesetze erzeugen aber gleiche -Sitten und Gewohnheiten, und diese Gleichheit hat immer -zauberischen Einfluß auf Völkerliebe und Völkertreue gehabt.<a class="pagenum" name="Page_52" id="Page_52">[Pg 52]</a> -Außerdem macht der bürgerliche Verkehr jene Einheit fast zu -einer schreyenden Nothwendigkeit. Unsre Deutschen Länder können -allein durch einen lebhaften, inneren, wechselseitigen Verkehr -ihren Wohlstand erhalten, und von dem schneidenden Volks-Egoismus, -den der Französische Code ausspricht, darf bey uns -durchaus nichts gehört werden. Ist also keine Gleichheit des -Rechts, so entsteht das fürchterliche Unwesen der Collision der -Gesetze, wobey denn noch wieder der leidige Umstand eintritt, -daß es, nach <cite>Hert</cite>, wenigstens hundert und drey und dreyßig -Streitfragen über jene Collision gibt, die armen Unterthanen also -bey ihrem Verkehr in solche ewige Stockungen gerathen, und in -ein solches Labyrinth von Unsicherheit<a name="thibaut_34" id="thibaut_34" class="f70">[34]</a> und Schwanken verstrickt -werden, daß ihr ärgster Feind sie nicht übler berathen könnte. -Die Einheit des Rechts würde dagegen den Weg des Bürgers -von dem einen Lande in das andre eben und sicher machen, und -schlechte Anwälde würden nicht mehr Gelegenheit finden, bey dem -Verkauf ihrer Rechtsgeheimnisse die armen Ausländer schändlich -auszusaugen und zu mißhandeln.</p> - -<p>Betrachten wir nun aber noch das Recht in seinem innern -Seyn und Wesen, so muß sich dem Unpartheyischen von selbst -die Ueberzeugung aufdringen, daß ein weises, tief durchdachtes, -einfaches und geistvolles Gesetzbuch grade dasjenige ist, was der -Deutsche Bürger zu seiner Stärkung und Erhebung unentbehrlich -bedarf, damit die politische Zersplitterung, und die mit derselben -unzertrennlich verknüpften Kleinlichkeiten ein tüchtiges Gegengewicht -erhalten; und daß in der Regel kein einzelner Regent -im Stande seyn wird, ein solches Gesetzbuch durch seine Diener -entwerfen zu lassen. Es ist wahr, wir haben in Deutschland -viele treffliche, geübte, erfahrene Beamte; aber fast immer nur -für das, was im weiteren Sinne <em>Verwaltung</em> zu nennen ist,<a name="thibaut_35" id="thibaut_35" class="f70">[35]</a> -also für Anwendung bestehender Gesetze. Männer, welche der -Gesetzgebung, und insbesondere der allgemeinen, abstracten Gesetzgebung -gewachsen sind, gibt es sehr wenige, selbst im gelehrten -Stande. Dieß darf auch nicht befremden, und ist kein Vorwurf, -welcher irgend eine Bitterkeit mit sich führt. Denn eine gute -Gesetzgebung ist das schwerste unter allen Geschäften. Es gehört -dazu ein reiner, großer, männlicher, edler Sinn; eine unbedingte<a class="pagenum" name="Page_53" id="Page_53">[Pg 53]</a> -Festigkeit, damit man sich nicht durch falsches Erbarmen und -kleinliche Nebenrücksichten überraschen lasse, und eine unendliche -Umsicht und Mannigfaltigkeit der Kenntnisse. Wo solche Bedingungen -gefordert werden, da darf ein Einzelner, da dürfen -Wenige Einzelne sich nicht anmaßen, daß sie die Weisheit für -alle Andern besitzen, sondern die Kräfte vieler der Ersten müssen -vereinigt werden, damit durch eine große Wechselwirkung etwas -Gediegenes und Geründetes vollbracht werde. Kein Deutsches -Justiz-Ministerium wird, wenn es mit bescheidener Wahrhaftigkeit -reden will, behaupten mögen, daß ihm die Fähigkeit beywohne, -auch nur eine einzige der vielen Hauptlehren des bürgerlichen<a name="thibaut_36" id="thibaut_36" class="f70">[36]</a> -Rechts so untadelhaft zu bearbeiten, daß das Werk kühn, nicht -etwa den Advocaten und Richtern dieses Landes, sondern öffentlich -den besseren Deutschen Rechtsgelehrten zur Prüfung vorgelegt -werden dürfte. Auch der Geschickteste versuche, nur über Kleinigkeiten -ein Gesetz zu entwerfen. Die Umfrage bey Andern, wie -die spätere Erfahrung, wird immer seine Begriffe mannigfaltig -berichtigen; und wer hier allein, oder nur mit wenigen Gehülfen -wirkt, den wird sein Werk nach kurzer Zeit immer wieder zum -Theil gereuen.</p> - -<p>Aber es muß noch hinzugesetzt werden: die Begriffe über -Gesetzgebung sind bey vielen Deutschen Staatsbeamten allmählig, -und besonders in der letzter Zeit der Auflösung und Umkehrung, -vielfach im höchsten Grade schief und despotisch geworden; und -dieses Uebel wird eher zu- als abnehmen, wenn die Particular-Gesetzgebungen, -welche als solche von der öffentlichen Stimme -wenig zu fürchten haben, auch fernerhin an den unglücklichen -Bürgern leichtsinnig ihre Versuche im Dunkeln anstellen. Ich -brauche nur das Beyspiel eines bedeutenden verstorbenen Staatsmannes<a name="thibaut_37" id="thibaut_37" class="f70">[37]</a> -anzuführen, welcher unlängst in einem Deutschen -Lande im Fach der Gesetzgebung kräftig wirkte. Er war ein -Mann von festem Sinn, vieler Rechtlichkeit, großem Scharfblick, -arbeitsam über alle Begriffe, und reich an Landeskenntnissen wie -Wenige. In einem großen Collegio, als thätiger Gehülfe Vieler, -aber auch nur auf seine Stimme beschränkt, würde er der Segen -des Landes gewesen seyn. Allein er überhob sich seiner Kräfte, -wollte für Viele und über Viele hinüber den rechten Verstand<a class="pagenum" name="Page_54" id="Page_54">[Pg 54]</a> -haben;<a name="an_zus_8" id="an_zus_8" href="#zus_8" class="fnanchor">8</a> und da erfolgte denn ein Rechts-Jammer, worunter -das ganze Land tief gebeugt ward. Ewige Neuerungen und -Umwälzungen; reine Unwahrheiten in sogenannten authentischen -Auslegungen; Erklärungen, welche als Muster der Dunkelheit -gelten können; so wie, der ungehinderten Kühnheit wegen, eine -Menge ganz verkehrter Ansichten und Grundsätze! Als von der -Möglichkeit der Einführung des Code Napoleon die Rede war, -stellte ich ihm einmal vor: er möge einen bekannten schändlichen -Artikel über uneheliche Kinder nicht durchlassen; ferner den -Art. 1649, wonach bey öffentlichen Auctionen die heimlichen -Mängel<a name="thibaut_38" id="thibaut_38" class="f70">[38]</a> ungestraft mit in den Kauf gehen, als das Product -eines groben Mißverstandes streichen; und endlich nicht mit dem -Art. 1139 verordnen, daß bey der Verabredung einer bestimmten -Zahlungszeit der Verzug doch nicht anders angenommen werden -solle, als wenn namentlich ausgemacht sey, das Nichtzahlen solle -als Verzug gelten, indem sich dieß ja von selbst verstehe, und -der Bürger nie durch willkührliche, unnütze Formen geplagt -werden dürfe. Allein die Antwort war: <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">ad</span> 1) Gottes Weltordnung -sey auch unvollkommen; <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">ad</span> 2) das werde zu viel Ueberlauf -in den Gerichten machen; und <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">ad</span> 3) wenn der Unterthan -das neue Gesetzbuch gehörig einlerne, so wisse er ja, was er zu -thun und zu lassen habe. Man denke sich einen Gesetzgeber nur -mit diesen drey Grundsätzen: wir können ohne Noth zerstören, -weil dieß auch Blitze und Erdbeben unter Gottes Augen thun; -wir können den Betrogenen verderben lassen, wenn auf diese -Art die Gerichte mehr Ruhe haben; und wir können dem Bürger -muthwillig Lasten aufladen, weil er sie aus dem (mühseligen, -und oft unmöglichen) Studio der Gesetze kennen lernen kann: -man denke sich einen<a name="thibaut_39" id="thibaut_39" class="f70">[39]</a> Gesetzgeber nur mit diesen drey Grundsätzen -thätig wirkend; welches Elend und Verderben an allen -Enden! Und solchen Jammer haben wir neuerlich viel erdulden -müssen, nicht durch den Willen unsrer guten Fürsten, welche -außer Stande sind, die Verwickelungen der bürgerlichen Verhältnisse -ganz zu durchschauen, sondern durch die Selbstsucht und -die Halsstarrigkeit landesherrlicher Diener; und dieß in einer -Zeit, wo man Gottes Engel vom Himmel hätte rufen mögen, -um die Millionen Thränen zu trocknen, welche Noth und Elend,<a class="pagenum" name="Page_55" id="Page_55">[Pg 55]</a> -Schmach und Schande den rechtlichen Deutschen, vom Höchsten -bis zum Niedrigsten, auspreßten!</p> - -<p>Und wer wagt es zu sagen: es gibt unter uns nur <em>wenige</em> -Staatsmänner mit solchen verkehrten Grundsätzen, mit dieser -Beschränktheit, Eigenwilligkeit, diesem unglücklichen, verzehrenden -Dünkel? Ihre Zahl ist wahrlich nicht klein, und daneben gibt -es noch so viele Unwissenheit, so viele muthwillige Verstocktheit -in alten Vorurtheilen, so viele Lahmheit und Schlaffheit, daß -es ein seltenes Glück seyn wird, wenn ein Deutscher Fürst sich -sagen darf: ich kann mich für das<a name="thibaut_40" id="thibaut_40" class="f70">[40]</a> große Fach der Gesetzgebung -meinen Räthen sicher anvertrauen; und dieß um so mehr, -da bey der Vereinigung der Diener eines einzigen Herrn gar -zu leicht das Ansehn des Einen die übrigen zur Nachgiebigkeit -verführt, und so in der Regel an keine volle Freyheit der Stimmen -zu denken ist. Diese Freyheit, und eine durchdringende Allseitigkeit -der Ueberlegung wird erst durch die Vereinigung Vieler aus allen -Ländern erwirkt werden können; und dann mag auch ein verkehrter -Kopf, oder ein sittlich Verdorbener mit unter laufen. Denn -das ist grade der himmlische Segen großer collegialischer Verhandlungen: -die Schaam, diese große Schutzwehr menschlicher -Freyheit, wodurch auch der Hebel der Publicität so allmächtig -wirkt, bändigt hier immer die Schlechtigkeit des Einzelnen. Alle -werden durch die Kräfte Aller unglaublich ermuntert und gehoben; -und durch ein geduldiges Erwägen aller Bedenken und -Einwürfe schleifen sich am Ende die sämmtlichen Ecken so glatt -herunter, daß das vollendete Werk in der Regel und im Ganzen -(und auf mehr als dieses: im Ganzen darf man nie Anspruch -machen!) den Beyfall jedes einzelnen Stimmenden haben wird.<a name="an_zus_9" id="an_zus_9" href="#zus_9" class="fnanchor">9</a></p> - -<p><a name="thibaut_41" id="thibaut_41" class="f70">[41]</a> Uebrigens bedarf es kaum einer Erinnerung, daß ein -solches Gesetzbuch, wie es durch gemeinsames Wirken entstand, auch -nur durch eben ein solches nachher erforderlichen Falls gebessert -werden darf. Denn ohne dieß würde natürlich die beabsichtigte -Einheit nur kurze Zeit bestehen, und der böse Wille würde sich -überall durch schnelles Niederreißen zu rächen suchen. Die Sache -müßte also wie ein Völkervertrag unter feyerlicher Garantie der -auswärtigen großen alliirten Mächte behandelt werden. Man -braucht auch nicht zu fürchten, daß die künftige Bewirkung noth<a class="pagenum" name="Page_56" id="Page_56">[Pg 56]</a>wendiger Aenderungen eben so viele Weitläuftigkeiten veranlassen -werde, als die jetzige Abfassung des Gesetzbuchs. Denn -die Haupttheile des Gesetzbuchs werden in der Regel unangetastet -bleiben, und die nöthigen Aenderungen im Zweifel immer aus -der Praxis, oder wissenschaftlichen Arbeiten so klar hervorgehen, -daß darüber nicht viel zu rechten seyn kann.<a name="an_zus_10" id="an_zus_10" href="#zus_10" class="fnanchor">10</a></p> - -<p>Inzwischen ist mit Sicherheit darauf zu zählen, daß die -bisher entwickelten Gedanken da und dort großen Widerspruch -finden werden. Ich muß mich daher auf die möglichen Haupteinwürfe -etwas<a name="thibaut_42" id="thibaut_42" class="f70">[42]</a> näher einlassen,<a name="an_zus_11" id="an_zus_11" href="#zus_11" class="fnanchor">11</a> wobey ich jedoch die -schwierigen Seelen sich selbst überlassen muß, welche gegen alles -bloß deswegen zu warnen pflegen, weil es Diesem oder Jenem -mißfallen könnte. Denn dieses theilweise Mißfallen ist nun einmal -bey jedem Dinge unabwendlich, und würde nicht zu vermeiden -seyn, auch wenn ein Engel alles eingerichtet hätte. Auf -die Mehrzahl, und auf den besseren, gediegenen Theil der Nation -kommt es hier also an; und dieser wird gewiß nicht dadurch im -Guten wankend gemacht werden, weil nicht alles gleich idealisch -werden, oder nicht unbedingt einem Jeden gefallen will. Es -geht hier, wie mit den Beschlüssen der Majorität eines Collegii. -In der Regel wird dadurch gewiß das Bessere getroffen; und -daher ist der Ueberstimmte ein Verräther an der guten Sache, -und wird dafür gehalten, wenn er sich nicht fügen will, oder -hinterrückisch durch heimliche Verbindungen zu hintertreiben sucht, -was er auf dem graden Wege der Rechtlichkeit anzugreifen hat, -oder auf sich beruhen lassen soll.</p> - -<p>Jene Haupteinwendungen nun möchte ich in heimliche und -öffentliche eintheilen. Unter den letzten verstehe ich die, welche -man als rechtlicher<a name="thibaut_43" id="thibaut_43" class="f70">[43]</a> Mann ohne Erröthen vor aller Welt -aussprechen darf; unter den ersten aber diejenigen, deren man -sich vielleicht hin und wieder im Finstern bedienen möchte, um -die Fürsten zu täuschen, und von der Wahrheit abzulenken, welche -aber, laut ausgesprochen, den Warnenden der allgemeinen Verachtung -aller Rechtlichen preiß geben.</p> - -<p>Die heimlichen Einwendungen sind nun: ein solches Gesetzbuch -lähme die Macht, und hemme die Freyheit des einzelnen -Landesfürsten; man müsse sich jetzt in diesen schweren Zeiten<a class="pagenum" name="Page_57" id="Page_57">[Pg 57]</a> -aller Neuerungen enthalten; jede Umwälzung der Rechtsverfassung -rege das wilde Gemüth des Volks auf, könne leicht -Aufstand veranlassen, und am Ende Deutschland in eben den -Strudel hineinziehen, woraus sich Frankreich in diesem Augenblick -kaum gerettet habe.</p> - -<p>Mit dem ersten Bedenken ist nun wohl ganz leicht fertig -zu werden. Denn edeln Deutschen Fürsten ist es nie darauf -angekommen, daß die Unterthanen von Woche zu Woche so recht -weidlich herumregiert werden, und immer Sporn und Zügel des -schlechten Reiters fühlen; sondern daß sie sich unter weisen, -festen Gesetzen der verdienten<a name="thibaut_44" id="thibaut_44" class="f70">[44]</a> Ruhe erfreuen, und wo möglich -ungehindert und ungeschüttelt ihr Wesen treu, ehrlich, und altherkömmlich -für sich treiben. So werden denn edle Fürsten dem -Schöpfer danken, wenn ihrem Lande ein bürgerliches Gesetzbuch -zu Theil werden kann, welches daurende Ruhe und Sicherheit, -und gute Verhältnisse zu den Nachbarn verspricht. Auch bleibt -ja für die Regiersucht, wenn dieß Ungethüm wohl gepflegt fortleben -soll, noch genug Thätigkeit übrig, theils in Beziehung auf -die ganze Verwaltung, theils insofern nach den obigen Vorschlägen -den Landesregenten, und etwa mitregierenden Ständen, -die ganze Gesetzgebung im Fach der Finanzen, der Oekonomie, -und der allgemeinen und besonderen Polizey ungekränkt verbleibt. -Und wäre es auch eine Art von Herabsetzung, daß der Regent -nach jenem Plan nicht grade alles kann, was ihm seine Willkühr -eingibt, so läßt sich diese Herabsetzung für gute Fürsten gar nicht -abwenden, und sie selbst werden dieselbe herbeywünschen. Denn -der rechtliche Fürst beugt sich gern unter die Gesetze der Zweckmäßigkeit, -und würde sich für den Glücklichsten halten, wenn in -keinem Zweige der Verwaltung etwas mehr zu<a name="thibaut_45" id="thibaut_45" class="f70">[45]</a> ändern übrig -wäre. Der kleinlichen Räthe, welche sich gar zu gern hervorthun, -und ihre beschränkten Ansichten recht oft <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">in anima vili</span> (an den -Unterthanen) probiren möchten, wird es zwar immer genug -geben; aber gegen sie kann das Volk den Fürsten selbst, wenn -er seine wahre Hoheit erkennt, getrost zu Hülfe rufen.</p> - -<p>Die übrigen Einwendungen sind bedenklicher, weil sie tückisch -sind, und in diesen Zeiten überstandener, und doch zum Theil -wieder drohender wilder Stürme ein erschrecktes, unerfahrnes<a class="pagenum" name="Page_58" id="Page_58">[Pg 58]</a> -Gemüth leicht ergreifen könnten, auch der Verläumder fast immer -darauf rechnen kann, daß dieß und jenes hängen bleibt. Tückisch -sind aber jene Einwendungen mit Rücksicht auf Deutschland im -höchsten Grade. Kein Volk der Erde gibt es, welches so geneigt -ist, seiner althergebrachten Verfassung willfährig anzuhängen, -und seinen Fürsten getreu zu bleiben, als das biedere Volk der -Deutschen. Ein Deutscher Fürst braucht, man möchte sagen, -nur halb seine Pflicht zu thun, nur von Zeit zu Zeit dem Volk -redlich seine Theilnahme zu beweisen, nur im Ganzen Recht und -Gerechtigkeit gut zu handhaben, um der allgemeinen Liebe<a name="thibaut_46" id="thibaut_46" class="f70">[46]</a> -und Anhänglichkeit gewiß zu seyn. Der erhabene Fürst, dessen -frisches Grab Badens Einwohner als die Ruhestätte eines Heiligen -verehren, und dessen Andenken nie unter ihnen erlöschen wird, -stand ruhig und unbesorgt, von den wildesten Volksstürmen umgeben, -als angebeteter Freund unter seinen Unterthanen; und es -hätte nicht einmal seiner unübertrefflichen, weisen Regierung -bedurft, um auf die Treue des Volks bauen zu können. Der -Deutsche weiß zu gut, was er von jeher seinen Fürsten zu danken -hatte, und kennt die Gründe, warum er ihnen ferner vertrauen, -und sie in Ehren halten soll. Unsre Fürsten werden im freundlichen -Wohlstande gebohren und erzogen; keine der Reibungen -verfinstert ihr Gemüth, wodurch der Unterthan, und besonders der -Staatsdiener, im Gedränge des mühvollen Lebens so tausendfältig -ergriffen, abgestumpft, verbittert, und in seinen Grundsätzen -wankend gemacht wird. Jeder von ihnen kann sich durch -die erhebende Rückerinnerung an die Thaten großer Ahnherrn -im Guten bestärken, und überall aus der Geschichte seines eignen -Landes lernen, welchen Segen ein guter Fürst durch Mäßigkeit, -Kraft, Klugheit<a name="thibaut_47" id="thibaut_47" class="f70">[47]</a> und Gerechtigkeit über sein Volk verbreitet. -Daher ist denn auch bey uns das Volk tief von dem lebendigen -Glauben durchdrungen, daß wahrer Adel, Lauterkeit der Denkart, -und das, was Vornehmheit im edleren Sinne genannt zu werden -verdient, also Wohlwollen gegen Jedermann, Verachtung alles -Kleinlichen, Unbestechlichkeit und Parteylosigkeit das Gemüth seiner -Fürsten über alle Gemeinheit hinweghebe; und daher hat das -Volk immer mit freudigem Herzen Gut und Blut geopfert, um -die Ehre seiner Fürsten zu behaupten, und Schaden von ihnen<a class="pagenum" name="Page_59" id="Page_59">[Pg 59]</a> -abzuwenden.<a name="an_zus_12" id="an_zus_12" href="#zus_12" class="fnanchor">12</a> Und wo geschah dieß mehr, als grade in diesem -Augenblick heldenmüthiger Volksanstrengung, und allgemeiner -Ergebung? Es gehört mehr als Bosheit dazu, wenn man selbst -noch in solchen Zeiten den Fürsten von seinem Volke abwendig -zu machen, ihn mit Mißtrauen und Besorgniß zu erfüllen sucht. -Aber grade dieß haben wir jetzt am mehrsten zu fürchten. Denn -– es muß laut gesagt werden! – die Verdorbenheit und Kleinlichkeit -eines Theils der Staatsdiener mancher Länder nimmt -immer mehr überhand. Nur zu gern möchte das lose Gesindel -die zeitlichen Segnungen<a name="thibaut_48" id="thibaut_48" class="f70">[48]</a> des Regierens an sich reißen, die Kraft -des Fürsten lähmen, und so wie der Sturmwind im Lande umherfahren; -unbewacht an allen Enden herrschen und quälen, und -eigner Gemeinheit, Eitelkeit, und Habsucht alle Zügel schießen -lassen. Da muß denn die reine Seele des Fürsten durch Mißtrauen -vergiftet werden; da muß man alles aufbieten, daß schlechte -Umgebungen die Einwirkung der Edeln des Volks unmöglich -machen; und es muß künstlich darauf angelegt werden, daß sich -der Herr des Landes in Prunk und Tand, in Sinnlichkeit und -Trägheit ersäufe, damit nun andre im Stillen das Ruder des -Staats ergreifen, und mit ihrer Sippschaft von oben nach unten -das Land durchfegen können, wie es ihnen gefällt. Das ist es, -was unsre Fürsten zu fürchten haben, und mehr als je! Denn -nicht so viel ist es zu beklagen, daß jüngst ein eisernes Geschick -uns Freunde, Väter und Kinder raubte, und die Blüthe unsres -Wohlstandes zerstörte, als vielmehr, daß uns bis auf das Mark -ein verzehrendes Gift eingeflößt ward, welches alles zu vernichten -drohet, wenn nicht kräftige Gegenmittel schnell angewandt werden. -Nicht haben sie es verstanden, die Schlechten<a name="thibaut_49" id="thibaut_49" class="f70">[49]</a> und Eiteln, -dem unbändigen Weltzerstörer seine guten Eigenschaften abzulernen, -seine Thatkraft, seine Besonnenheit, und seinen Ernst; -aber das gelang ihnen meisterhaft, durch die Betrachtung seiner -Fehler, und unverständige Nachahmungssucht, alles Verderbliche -und Ehrlose in sich aufzuregen, und zu befestigen. Daher diese -herbe Menschenverachtung; dieses pöbelhafte Reiben an den gebeugten -höheren Ständen; diese frostige, rücksichtlose Behandlung -des<a name="an_zus_13" id="an_zus_13" href="#zus_13" class="fnanchor">13</a> Unterthanen; diese Hudeleyen verdienter Beamten; diese -Schonung und Emporhebung der Schlechten, als brauchbarer<a class="pagenum" name="Page_60" id="Page_60">[Pg 60]</a> -Werkzeuge zu beliebigen Zwecken; diese wechselseitige Gönnerschaft -unter allen denen, welche auf den möglichen Fall durch -ihre Bosheit einander möchten schaden können; und vor allen -Dingen dieses heillose Bestreben, alle Regierungsmaßregeln des -Schrecklichen nachzuahmen, welche nur insofern zu rechtfertigen -waren, als ein Mensch ohne sittliche Haltung, ohne wahre Größe, -und ohne ererbten Namen das Wagstück zu bestehen suchte, eine -eitle, untreue, verwilderte Nation zu bändigen, und zum sklavischen -Werkzeuge seiner<a name="thibaut_50" id="thibaut_50" class="f70">[50]</a> tobenden Laune zu machen. Unter diesen -Menschen, und unter ihnen allein,<a name="an_zus_14" id="an_zus_14" href="#zus_14" class="fnanchor">14</a> haben unsre Fürsten ihre -Feinde zu suchen. Nur daher jener vielfach nicht zu verkennende -Mißmuth, und jene Freudenlosigkeit vieler im Volke, genährt -durch die beklemmende Nebenbetrachtung, daß die Schamlosen, -welche bisher bey uns dem fremden Unwesen laut huldigten, -sich nun heuchlerisch in Unschuld waschen, ihr Brandmal verdeckend -überall wieder einschleichen, und dann den Treuen und -Rechtlichen durch schnöde Zurücksetzung und Mißhandlung den -irdischen Lohn der Tugend reichlich zutheilen werden. Aber -Gottes Allmacht wird es geben, daß unsre Fürsten bald ganz -die Netze gewahren, welche man ihnen zu legen sucht. Auf die -Biederkeit des Volks können sie dann, wie auf einen Felsen, -bauen, und jede weise Neuerung wird nur noch dazu beytragen, -die Unterthanen in den Gesinnungen der Treue und inniger -Fürstenliebe zu befestigen.</p> - -<p>Unter den Einwendungen, welche sich von rechtlichen Männern -erwarten lassen, möchte vielleicht<a name="thibaut_51" id="thibaut_51" class="f70">[51]</a> die scheinbarste diese seyn: -das Recht müsse sich nach dem besondern Geist des Volks, nach -Zeit, Ort und Umständen richten, und insofern führe ein allgemeines -bürgerliches Gesetzbuch für alle Deutschen zu einem verderblichen, -unnatürlichen Zwange. Für diese Einwendung lassen -sich freylich viele Gewährsmänner nennen. Wie oft haben wir -nicht seit <cite>Montesquieu</cite> davon reden gehört, daß das Recht -klüglich nach den Umständen, nach dem Boden, dem Clima, dem -Character der Nation, so wie nach tausend andern Dingen zu -modificiren sey? Ist man ja sogar mit diesen vorsichtigen Berücksichtigungen -wohl dahin gekommen, am Ende alles Denkbare -für so eben recht, oder nicht eben für Unrecht zu erklären, weil<a class="pagenum" name="Page_61" id="Page_61">[Pg 61]</a> -es sich finden will, daß auch das Tolleste da und dort seine Anhänger -hatte. Allein, – man verzeihe mir die Stärke des Ausdrucks! -– ich kann in solchen Ansichten fast nur Verkehrtheit, -und Mangel tiefer rechtlicher Gefühle entdecken. Das Mehrste -dabey ist nichts, als reine Vermengung gewöhnlicher Folgen einer -Erscheinung mit dem, was nach<a name="thibaut_52" id="thibaut_52" class="f70">[52]</a> der Vernunft seyn kann, -und seyn sollte. Folgt der Mensch seinen Launen, seiner Beschränktheit, -und jedem ersten leisen Anstoß, wie es gewöhnlich -ist, und erwachsen daraus am Ende Grundsätze und Einrichtungen, -so erklärt sich der Erfolg zwar recht leicht; aber damit ist er -nicht gerechtfertigt. Die vier Haupt-Temperamente, welche man -nach unsern Seelenlehren unterscheiden soll, führen, ungeleitet -und ungehemmt, auch zu ganz verschiedenen Handlungsweisen; -aber keine Sittenlehre wird sich dadurch in der ehrwürdigen -Einfalt ihrer Vorschriften stören lassen. Wenn auch dem Cholerischen -die Vermeidung des Zorns schwerer wird, als dem Phlegmatiker, -so muß er doch seinen Kopf brechen lernen, und der Phlegmatiker -alle Kräfte aufbieten, um die muntre Thätigkeit des -Sanguinikers nachzuahmen. So soll auch das äußere Recht -darauf angelegt seyn, die Menschen zu vereinigen, und sie nicht -in ihren schlaffen Angewohnheiten zu befestigen, oder ihren -Schlechtigkeiten zu schmeicheln, sondern sie zur vollen Besonnenheit -zu bringen, und aus dem Pfuhl elender Selbstischkeit<a name="thibaut_53" id="thibaut_53" class="f70">[53]</a> -und Kleinlichkeit herauszureißen. Wenn daher auch in einer -despotischen Verfassung die Diener ebenfalls geneigt werden, -den Unterthanen zu mißhandeln, und deswegen bey einer -solchen Verfassung selbst der bürgerliche Proceß leicht in -das Willkührliche geht; wenn kleinliche Menschen gekräuselte -Gesetze lieben, und die sittenlosen Männer einer benachbarten -Nation sich nicht anders beglückt fühlen, als wenn sie einen gesetzlichen -Freybrief zur Unzucht haben: so kann das ernste Recht -nur darüber trauren, daß es Hindernisse findet; aber es muß, -der Vernunft wegen, durchgreifen, und wird sich nicht in seinen -nothwendigen Einrichtungen stören lassen. Zwar können besondere -Umstände besondere Gesetze erheischen, wie es namentlich in -Betreff der ökonomischen, und der Polizey-Gesetze oft der Fall -ist. Allein die bürgerlichen Gesetze, im Ganzen nur auf das<a class="pagenum" name="Page_62" id="Page_62">[Pg 62]</a> -menschliche Herz, auf Verstand und Vernunft gegründet, werden -sehr selten in der Lage seyn, daß sie sich nach den Umständen -beugen müssen; und wenn auch da und dort kleine Unbequemlichkeiten -aus der Einheit entstehen sollten,<a name="thibaut_54" id="thibaut_54" class="f70">[54]</a> so wiegen die -zahllosen Vortheile dieser Einheit alle jene Beschwerden überreichlich -wieder auf. Man überdenke nur die einzelnen Theile -des bürgerlichen Rechts! Viele derselben sind so zu sagen nur -eine Art reiner juristischer Mathematik, worauf keine Localität -irgend einen entscheidenden Einfluß haben kann, wie die Lehre -vom Eigenthum, dem Erbrecht, den Hypotheken, den Verträgen, -und was zum allgemeinen Theil der Rechtswissenschaft gehört. -Und selbst in den Lehren, worauf schon mehr die menschliche -Individualität einzuwirken scheint, wird man in der Regel immer -finden, daß Eine Ansicht die bessere ist, sofern man nicht in kahlen -formellen Demonstrationen, sondern, wie es seyn soll, in einer -weisen Abwägung aller Gründe des Zweckmäßigen und Zuträglichen -die gesetzgebende Thätigkeit zu erhalten sucht. So kann -z. B. über die Grenzen der Ehescheidungen und der väterlichen -Gewalt viel hin und her gestritten werden; aber Niemand wird -doch am Ende behaupten mögen, daß es darüber verschiedene -Systeme geben müsse, wenn auch Dieser und Jener hier in -Zweifeln hängen bleiben, und es<a name="thibaut_55" id="thibaut_55" class="f70">[55]</a> nicht wagen mag, sich -grade unbedingt und um jeden Preis für die Eine Ansicht zu -erklären. Mit einem, bloß die Deutschen betreffenden Gesetzbuch -hat es in dieser Hinsicht ohnehin wenig Noth. Denn wenn auch -politische Interessen gewisse Scheidungen hervorgebracht haben, -so ist doch der Stamm überall derselbe; überall der gleiche treue -Sinn; überall unter den Besseren gleicher Abscheu gegen Verzerrung, -Ziererey und Falschheit; und die kräftigen, freundlichen -Nord-Deutschen werden gewiß stets die brüderliche Liebe zu -rühmen wissen, womit sie überall das tüchtige, heitere Volk der -Süd-Deutschen in den letzten Zeiten an seinem Heerde empfangen -hat.</p> - -<p>Es muß aber die Sache noch weiter getrieben werden. Die -belobten Rechtsverschiedenheiten, worauf die Bedenklichen so -vieles Gewicht legen, sind nicht einmal Folgen natürlicher Anlagen -und örtlicher Verhältnisse, sondern die Folgen unkluger<a class="pagenum" name="Page_63" id="Page_63">[Pg 63]</a> -Abgeschiedenheit und unüberlegter Willkühr, wenigstens in unzähligen -Fällen. Wie man den Schritt in Deutschland etwas -zu weit macht, so<a name="thibaut_56" id="thibaut_56" class="f70">[56]</a> steht man auf anderem Rechtsboden; das -ist wahr, und schon von <cite>Voltaire</cite> bemerkt. Allein wo liegt der -Grund? Doch wohl nicht darin, daß auf dieser Seite eines -Bachs die Sonne ganz anders scheint, als auf der andern; -sondern darin, daß kein Gesetzverfasser mit dem Nachbarn zu -Rath gesessen, und Jeder fein sittlich und bürgerlich seine eigne -Wirthschaft für sich im Stillen getrieben hat. Damit haben wir -denn ein endloses Rechtsgewirr bekommen, wie uns auch eben -daher der Segen hundert verschiedener Ellen und Wagengleise -zu Theil geworden ist. So ist z. B. die Lehre von der Intestaterbfolge -die einfachste von der Welt, im Ganzen von keinen -Oertlichkeiten abhängig, sondern von dem einfachen Gedanken, -daß der Gesetzgeber an der Stelle des Verstorbenen so theilen -soll, wie dieser theilen durfte, und wahrscheinlich selbst würde -getheilt haben. Und dennoch haben wir darüber in unserm -Vaterlande wenigstens tausend verschiedene Local-Rechte. Bloß -in den Herzogthümern Schleswig und Holstein gibt es in dieser -Hinsicht so viele abweichende Statute und Gewohnheiten, daß in -Kiel ein eignes bedeutendes<a name="thibaut_57" id="thibaut_57" class="f70">[57]</a> Collegium darüber gelesen -werden muß, während das Oesterreichische Gesetzbuch mit seiner -schönen Gediegenheit und Einfalt die ganze Sache für ein weites -Reich mit wenig klaren Artikeln ins Reine gebracht hat. Jeder -Tag giebt davon neue Beweise. Ueber die zweckmäßige Einrichtung -eines Leihhauses vereinigten sich die verständigen Männer -der Nation wohl sehr leicht Eines Beschlusses; aber man hat -neuerlich auch darüber die wohlweisen Stadträthe nur so in -Gottes Namen für sich handeln lassen, und damit sind denn -gleich mehr als tausend, vielfach sehr schlechte Variationen über -dasselbe Thema erfolgt.</p> - -<p>Freylich wird es nicht abzuwenden seyn, daß in den einzelnen -Ländern da und dort eine Besonderheit als solche beyzubehalten -ist, z. B. in Ansehung der Bauergüter, gewisser Grunddienstbarkeiten, -u. dgl.; allein daraus folgt nichts, als daß man -sie beybehalten mag, keineswegs aber, daß das große Werk dadurch -in seinem Lauf gehemmt werden muß. Solche Dinge<a class="pagenum" name="Page_64" id="Page_64">[Pg 64]</a> -lassen sich gar leicht ausscheiden, wenn man nur ehrlich und -männlich<a name="thibaut_58" id="thibaut_58" class="f70">[58]</a> zu Werke geht, und nicht, wie auf den alten hochseligen -Reichstagen, durch ewige Häckeleyen und engherzige Zweifelsucht -alles muthwillig zu trüben und zu verwirren bemüht ist.</p> - -<p>Ein zweyter, von vielen Seiten zu erwartender Haupteinwand -wird die Heiligkeit des Herkömmlichen zur Grundlage nehmen. -Man muß möglichst alle Umwälzungen vermeiden; das Bestehende -ehren, weil es dem Bürger geläufig, und in sofern werth geworden -ist; und selbst die anerkannten Vorurtheile des Bürgers -schonen, weil es einmal außer der menschlichen Macht liegt, sie -ganz zu überwältigen! So wird es von vielen Seiten her -lauten, und ich bin auch gar nicht gemeynt, im Allgemeinen solche -Ansichten zu bestreiten; aber ich behaupte, daß sie dermalen wenig -oder gar nicht passen, und daß sich unter jene patriarchalische -Rechtsweisheit mehrentheils viel Unlauteres und Unverständiges -zu verstecken pflegt.</p> - -<p>Leichtsinnige Aenderungen sind immer verderblich, und der -Character des Volks gewinnt an Kraft und Gediegenheit über -die Maaße, wenn<a name="thibaut_59" id="thibaut_59" class="f70">[59]</a> die Nachkommen fest und ehrbar auf eben -dem Wege einhergehen, worauf ihre Ahnen Glück und Zufriedenheit -fanden. Das ist wahr, und verdiente recht oft wiederholt zu -werden, wenn nicht in den neueren Zeiten schon ohne alle -wissenschaftlichen Ermahnungen so viele blutige Thränen darüber -geflossen wären, daß Niemand heute wußte, wem er morgen -angehören, und was ihm der Wirbelwind der Gesetzmachereyen -am folgenden Tage lassen, oder rauben werde. Allein grade -jene Unwandelbarkeit, jene segenvolle Stimmung des Volks zur -Ehrfurcht gegen das Alterthum, kann erst durch ein allgemeines -Gesetzbuch erreicht werden, welches aus der ganzen Nationalkraft -hervorging, und ein Ehrenwerk genannt zu werden verdient. -Läßt man uns dagegen jetzt bey dem bisherigen Recht, so bleibt -uns das Schlechte, Unnatürliche, unsrer Eigenthümlichkeit vielfach -Widerstreitende; und die Flickereyen von Jahr zu Jahr werden -kein Ende nehmen. Gebt uns also ein solches gediegenes Ehrenwerk, -und vor Allem in dieser Zeit, wo die Gemüther für das -Große mehr wie je aufgeregt<a name="thibaut_60" id="thibaut_60" class="f70">[60]</a> sind; wo jeder rechtliche -Bürger die Neigung hat, treu zu dulden und zu handeln, um<a class="pagenum" name="Page_65" id="Page_65">[Pg 65]</a> -doch wenigstens den Nachkommen ein gutes Erbe zu hinterlassen. -Ein solches Werk, in solcher Zeit geschaffen, wird unsern Kindern -und Kindeskindern ein Heiligthum werden, und so, aber auch -nur so allein, wird es endlich gelingen, unserm Volke die Stetigkeit -und feste Haltung zu geben, welche ihm in jeder Hinsicht so sehr -anpaßt.</p> - -<p>Man thue aber bey dem Verehren des Herkömmlichen der -Sache nicht zu viel! Die wuchernden Ortsgebräuche und Gewohnheiten -sind nur zu oft bloße Rechtsfaulheit, wobey es eines leisen -Anstoßes bedarf, damit der Schritt zu einem andern Ziel gelenkt -werde, und wobey der bessernde Gesetzgeber auf eben den Dank -rechnen kann, der dem Wundarzt zu Theil wird, wenn er den -Furchtsamen nach langem Sträuben durch einen leichten Schnitt -von fressenden Qualen befreyte. Das <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">sapere aude!</span> gilt auch -hier, und vielleicht mehr, als irgendwo. Der gewöhnliche<a name="thibaut_61" id="thibaut_61" class="f70">[61]</a> -Unterthan kann das Rechtsgewirr, dessen Gründe, Vortheile und -Nachtheile, nicht übersehen, oder mag sich zu dem Ende nicht -anstrengen. Er sucht daher in allen bedeutenden Fällen die -Hülfe eines Rechtsfreundes; und ein solcher muß es ja wohl -so recht eigentlich verstehen! Diesem wird dann blindlings gefolgt, -wie sauer es auch dem Berathenen ankommen mag; und -in der Art schleppt man sich von einem Tage zum andern. Was -aber so wohl recht passen, und den Bedürfnissen des Einzelnen -am besten zusagen möchte, darauf sieht die vorsehende Praxis -nicht gern, sondern mehr auf schnelle Abfertigung des Rathbedürftigen, -und auf ein einfaches Formular für Jedermann, -damit der Rathende ja nicht genöthigt werde, viel von seinen -Verstandeskräften abzureiben, und nahrhafte Kunden über der -Vielheit fahren zu lassen. Man kann in dieser Hinsicht Cicero's -Spöttereyen in der Rede <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">pro Murena</span> als lautere Wahrheiten<a name="an_zus_15" id="an_zus_15" href="#zus_15" class="fnanchor">15</a> -gelten lassen. Noch kürzlich ist mir ein Fall der Art vorgekommen, -daß über zweyhundert Ehepaare in Betreff ihrer, -vertragsmäßig zu bestimmenden Güterrechte<a name="thibaut_62" id="thibaut_62" class="f70">[62]</a> eintönig nach -demselben Formular bedient wurden. Zwar wollte es da und -dort nicht recht einleuchten, daß z. B. eine reiche, feine Frau mit -einem rohen Verschwender in die engste Gütergemeinschaft gebracht -wurde; aber der bedachtsame Rechtshelfer hatte nun einmal von<a class="pagenum" name="Page_66" id="Page_66">[Pg 66]</a> -nichts Anderm wissen wollen, und so mußte es ja doch wohl das -Beste seyn. So ging jedes Paar mit seinem, anständig eingelösten -Bogen davon, und konnte sich am Ende doch wenigstens damit -trösten, daß alles Getränk eine besondere Güte hat, wenn man -recht etwas Ordentliches dafür bezahlen mußte.</p> - -<p>Freylich wird es nun auch wohl hier oder dort der Fall -seyn, daß einzelnen Gewohnheitssündern das herkömmliche Schlechte -gar zu lieb und bequem geworden ist, besonders insofern bedenkliche -Rechtskenner vom alten Schlage ihnen mit weisem Rath -zur Seite stehen. Allein darauf muß man nun einmal in unserm -lieben Vaterlande rechnen, daß einzelne Originale solcher Art -niemals aussterben. Das Uebel hebt sich<a name="thibaut_63" id="thibaut_63" class="f70">[63]</a> indeß leicht, wenn -man den Ton des Amtmanns in Gellerts Fabeln zu treffen -weiß. Und dazu hat man jetzt ein doppeltes Recht. Als man,<a name="an_zus_16" id="an_zus_16" href="#zus_16" class="fnanchor">16</a> -den Degen halb gezogen, die Deutschen liebreich ermahnte, den -Französischen Code anzunehmen, da wußten sich die altdeutschen, -ehrwürdigen, heilsamen Einrichtungen nicht schnell genug zurückzuziehen, -als ob sie nie da gewesen wären, und von Widerbellern -ward wenig gehört. Die Stimme einheimischer Vernunft kann -also jetzt wenigstens so viel Achtung und Folgsamkeit verlangen, -als die fremde Unverschämtheit, und es würde unserm Volke zur -ewigen Schande gereichen, wenn der verständige, wohlwollende -Vaterlandsfreund nicht durchsetzen könnte, was dem, bloß listigen, -tückischen Ausländer ohne große Mühe gelang.<a name="an_zus_17" id="an_zus_17" href="#zus_17" class="fnanchor">17</a></p> - -<p>Noch könnte man vielleicht ferner einwenden: die Abfassung -eines solchen Gesetzbuchs über Privat-, Criminal- und Proceß-Recht -durch eine so große Versammlung, wozu jedes Land wenigstens -einige Mitglieder zu ernennen habe, müsse<a name="thibaut_64" id="thibaut_64" class="f70">[64]</a> höchst -langwierig und kostbar werden. Allein nur die Kleingeistigkeit -kann einen solchen Einwand machen. Die Summe der Kraft, -welche auf ein solches Werk zu verwenden ist, beträgt nicht ein -Tausendtheil dessen, was man zusetzen muß, wenn ferner in -jedem Lande, wie bisher, ein neues Gesetz das andre verdrängt, -und damit sogar noch die bloße Rechtsanwendung grenzenlos -schwierig und kostbar gemacht wird. Auch läßt sich darauf rechnen, -daß die Vollendung des Werks in zwey, drey, vier Jahren geschehen -kann, da wir in dem Preussischen und Oesterreichischen<a class="pagenum" name="Page_67" id="Page_67">[Pg 67]</a> -Gesetzbuch, dem Französischen Code, und in dem, was neuerlich -in Sachsen und Bayern vollbracht ist, so höchst lehrreiche Vorarbeiten -haben, daß Vieles schon jetzt als abgethan angesehen -werden kann. Die Kosten sind aber wohl nicht des Nennens -werth, und werden für jedes Land schwerlich mehr betragen, als -der Unterhalt einiger berühmten Schauspieler und Schauspielerinnen. -Sollte indeß irgend ein Oberrechner darauf beharren, daß seine -Casse zu solchen Zwecken nichts hergeben könne, so werden die Richter<a name="thibaut_65" id="thibaut_65" class="f70">[65]</a> -und Anwälde des Landes, wenn sie ihren wahren Vortheil -verstehen, gern bereit seyn, die kleine Ausgabe aus dem Ihrigen -zu bestreiten. Denn wie unendlich war der geschickte practische -Jurist bisher dadurch beschränkt, daß er mit seinem Wissen in -andern Ländern nichts anfangen konnte, und daher oft lebenslänglich -gebückt und gedrückt auf der Erdscholle stehen bleiben -mußte, wo ihn das Schicksal auf die Welt geworfen hatte! Ein -gleiches bürgerliches Deutsches Recht würde auch diese Beschwerde -heben, den Fürsten die Wahl brauchbarer Diener erleichtern, und -verdiente Männer gegen die Mißhandlungen des Nepotismus und -der Aristocratie in die gehörige Sicherheit setzen.</p> - -<p>Eine sehr große Schwierigkeit bleibt indeß auf jeden Fall -in der, schon lange herkömmlichen Widerspenstigkeit der Beschränkten -und Selbstsüchtigen grade bey solchen Gelegenheiten, -wo davon die Rede ist, daß etwas Tüchtiges und Großes ins -Werk gerichtet werden müsse. Wie weit es Deutsche Schwäche -in dieser Hinsicht getrieben<a name="thibaut_66" id="thibaut_66" class="f70">[66]</a> hat, und treiben konnte, zeigen -die alten Reichstagsverhandlungen, welche fast nur an die Polnischen -Reichstage erinnern. Inzwischen darf man nicht vergessen, -wie eigenthümlich grade der jetzige Augenblick ist, und wie viele -Gründe es gibt, wenigstens dießmal auf etwas Außerordentliches -zu rechnen. Alle Völker Deutscher Abkunft haben sich in diesen -Zeiten mit herzlicher Liebe vereinigt, und wo man hinblickt, da -findet man unter ihnen die Feinde versöhnt, und die Freunde -inniger als je verbunden. Durch ihren Muth und ihre Ausdauer -ist glücklich gelungen, was noch vor einem Jahr unglaublich -schien, und Jeden beseelt der Wunsch, daß dieser große Augenblick -über alle Deutschen Brüder für viele Jahre seinen Segen -verbreite. Unsre Regenten können daher den letzten Act nicht so<a class="pagenum" name="Page_68" id="Page_68">[Pg 68]</a> -kahl enden, daß sie dem Volk die Ehre lassen, alle alten Schlechtigkeiten -durch grenzenlose Opfer wieder erlangt zu haben. Es -muß, – nicht mit tändelnder Ziererey, welche sich an der Schale -erschöpft, sondern mit Mannskraft, welche das Wesen zu durchdringen -vermag, – etwas Großes, Edles, Erhebendes geschehen, -damit<a name="thibaut_67" id="thibaut_67" class="f70">[67]</a> den Kämpfern ein würdiger Lohn ihrer Arbeit zu -Theil werde; damit sie ferner ihren Fürsten als Männern vertrauen. -Die Volksstimme wird sich in dieser Hinsicht nicht -beschwichtigen lassen, und die Gewalt der Zeit wird unwiderstehlich -von unten nach oben wirken, wenn es in den Köpfen beschränkter -Räthe nicht von selbst aufthauen will. Auch können die edeln -Deutschen Fürsten und Staatsmänner, denen ungebührliche -Schwierigkeiten gemacht werden, sicher auf den Schutz der großen -Monarchen rechnen, welche jetzt der Welt den Frieden gegeben -haben, und schon insofern, als sie für das Glück der Urheber -alles Uebels mit seltener Großmuth das Aeußerste thaten, gewiß -nicht unterlassen werden, unser edles Volk, dem sie einen wesentlichen -Theil ihrer Fortschritte verdanken, mit Rath und That -kräftig zu unterstützen.<a name="an_zus_18" id="an_zus_18" href="#zus_18" class="fnanchor">18</a></p> - -<p><a class="pagenum" name="Page_69" id="Page_69">[Pg 69]</a></p> - -<h2><span class="f70 nostyle">Vom</span><br /> -<span class="f80 nostyle gesperrt">Beruf unsrer Zeit</span><br /> -<span class="f70 nostyle">für</span><br /> -<span class="f90">Gesetzgebung</span><br /> -<span class="f70 nostyle">und</span><br /> -Rechtswissenschaft.</h2> - -<p class="center mb2"><span class="f80">Von</span><br /><br /> - -<span class="antiqua">D.</span> Friedrich Carl von Savigny,<br /><br /> - -<span class="f80">ordentl. Professor der Rechte an der Königl. Universität zu Berlin,<br /> -und ordentl. Mitglied der Königl. Akademie der<br /> -Wissenschaften daselbst.</span></p> - -<p class="f90 center gesperrt">Heidelberg,<br /> -bey Mohr und Zimmer.</p> - -<p class="f90 center mb2">1814.</p> - - - -<p><a class="pagenum" name="Page_70" id="Page_70">[Pg 70]</a><a class="pagenum" name="Page_71" id="Page_71">[Pg 71]</a></p> - - - -<h3>Inhalt.</h3> - -<table class="toc" summary="Inhaltsverzeichnis Savigny"> -<tr> - <td colspan="4" class="tdr"> Seite</td> -</tr> -<tr> - <td class="tdr">1)</td> - <td>Einleitung</td> - <td class="tdr"><a href="#savigny_1">(1)</a></td> - <td class="tdr"><a href="#Page_72">72</a></td> -</tr> -<tr> - <td class="tdr">2)</td> - <td>Entstehung des positiven Rechts</td> - <td class="tdr"><a href="#savigny_8">(8)</a></td> - <td class="tdr"><a href="#Page_75">75</a></td> -</tr> -<tr> - <td class="tdr">3)</td> - <td>Gesetze und Rechtsbücher</td> - <td class="tdr"><a href="#savigny_16">(16)</a></td> - <td class="tdr"><a href="#Page_80">80</a></td> -</tr> -<tr> - <td class="tdr">4)</td> - <td>Römisches Recht</td> - <td class="tdr"><a href="#savigny_27">(27)</a></td> - <td class="tdr"><a href="#Page_87">87</a></td> -</tr> -<tr> - <td class="tdr">5)</td> - <td>Bürgerliches Recht in Deutschland</td> - <td class="tdr"><a href="#savigny_37">(37)</a></td> - <td class="tdr"><a href="#Page_92">92</a></td> -</tr> -<tr> - <td class="tdr">6)</td> - <td>Unser Beruf zur Gesetzgebung</td> - <td class="tdr"><a href="#savigny_45">(45)</a></td> - <td class="tdr"><a href="#Page_97">97</a></td> -</tr> -<tr> - <td class="tdr">7)</td> - <td>Die drey neuen Gesetzbücher</td> - <td class="tdr"><a href="#savigny_54">(54)</a></td> - <td class="tdr"><a href="#Page_102">102</a></td> -</tr> -<tr> - <td class="tdr">8)</td> - <td>Was wir thun sollen wo keine Gesetzbücher sind</td> - <td class="tdr"><a href="#savigny_111">(111)</a></td> - <td class="tdr"><a href="#Page_136">136</a></td> -</tr> -<tr> - <td class="tdr">9)</td> - <td>Was bey vorhandenen Gesetzbüchern zu thun ist</td> - <td class="tdr"><a href="#savigny_135">(135)</a></td> - <td class="tdr"><a href="#Page_150">150</a></td> -</tr> -<tr> - <td class="tdr">10)</td> - <td>Das Gemeinsame</td> - <td class="tdr"><a href="#savigny_151">(151)</a></td> - <td class="tdr"><a href="#Page_160">160</a></td> -</tr> -<tr> - <td class="tdr">11)</td> - <td>Thibauts Vorschlag</td> - <td class="tdr"><a href="#savigny_155">(155)</a></td> - <td class="tdr"><a href="#Page_162">162</a></td> -</tr> -<tr> - <td class="tdr">12)</td> - <td>Schluß</td> - <td class="tdr"><a href="#savigny_161">(161)</a></td> - <td class="tdr"><a href="#Page_166">166</a></td> -</tr> -</table> - - -<p><a class="pagenum" name="Page_72" id="Page_72">[Pg 72]</a></p> - - - - -<h3 class="gs">1.<br /> - -Einleitung.</h3> - - -<p class="noindent"><a name="savigny_1" id="savigny_1" class="f70">[1]</a></p> -<p class="cap"> In vielen deutschen Ländern hat jetzt ein äußeres Bedürfniß -die Frage nach der besten Einrichtung des bürgerlichen Rechts angeregt, -und so ist diese Frage, welche unsere Staaten lange Zeit -auf sich beruhen lassen konnten, zur gemeinsamen Berathung der -Staatsmänner und der Gelehrten gediehen. Aber noch ein edlerer -Grund als das bloße Bedürfniß hat zu dieser öffentlichen -Berathung gewirkt: das Gefühl, daß in der abgewendeten Unterdrückung -der deutschen Nation eine dringende Aufforderung an -jede lebendige Kraft liegt, sich dieser Zeit nicht unwerth zu -zeigen. Darum ist es nicht Anmaaßung, sondern recht und gut, -wenn jeder, der ein Herz hat für seinen Beruf, und eine klare -Anschauung von demselben, diese Anschauung öffentlich mittheilt, -und<a name="savigny_2" id="savigny_2" class="f70">[2]</a> die Rechtsgelehrten dürfen darin am wenigsten zurück -bleiben. Denn gerade im bürgerlichen Rechte ist der Unterschied -der gegenwärtigen und der vergangenen Zeit recht augenscheinlich. -Ohne Zweifel kann auch hierin im einzelnen noch viel Verkehrtes -geschehen aus Unverstand oder bösem Willen. Aber die erste -Frage darf doch wieder seyn: was ist recht und gut? Die Sache -trägt doch wieder ihren Zweck und ihre Bestimmung in sich selbst, -die Fürsten können wieder thun nach ihrer Ueberzeugung, und -ihre Ehre setzen in das gemeine Wohl. Das wird von der vergangenen -Zeit niemand behaupten. Als der Code in Deutschland -eindrang, und krebsartig immer weiter fraß, war von -inneren Gründen nicht die Rede, kaum hie und da in leeren -Phrasen: ein äußerer Zweck bestimmte alles, dem eigenen Werthe -des Gesetzbuchs völlig fremd, ein an sich selbst heilloses Verhältniß, -selbst abgesehen davon, daß es der verderblichste unter allen -Zwecken war. Darum war es bis jetzt fruchtlos darüber zu -reden. Die in dieser Zeit geredet haben, waren theils eigennützig -der schlechten Sache hingegeben, theils in unbegreiflicher -Gutmüthigkeit von ihr bethört, die meisten blos zur Ausführung -mitwirkend als Geschäftsmänner, ohne sich in ein Urtheil einzu<a class="pagenum" name="Page_73" id="Page_73">[Pg 73]</a>lassen: einzelne ehrenwerthe Stimmen ließen sich hören, strafend -und warnend, andere andeutend und winkend, an Erfolg aber -konnte keiner denken. Daß wieder eine Verschiedenheit der -Meynungen<a name="savigny_3" id="savigny_3" class="f70">[3]</a> wirksam werden, daß wieder Streit und Zweifel -entstehen kann über die Entscheidung, gehört zu den Wohlthaten, -womit uns jetzt Gott gesegnet hat, denn nur aus dieser -Entzweyung kann eine lebendige und feste Einheit hervorgehen, -die Einheit der Ueberzeugung, nach welcher wir in allen geistigen -Dingen zu streben durch unsre Natur gedrungen sind.</p> - -<p>Aber es giebt einen zweyfachen Streit, einen feindlichen -und einen friedlichen. Jenen führen wir, wo wir Ziel und -Zweck verwerflich finden, diesen wo wir Mittel suchen zu gemeinsamen -löblichen Zwecken. Jener wäre auch jetzt noch, da -nicht mehr vom Code die Rede ist, an seiner Stelle, denn Einer -behaupten wollte, jetzt sey die rechte Zeit, wo alle einzelne -Staaten in Deutschland sich fest abschließen müßten: dazu sey -auch das Recht gut zu gebrauchen, und jede Regierung müsse -für ein recht eigenthümliches Gesetzbuch sorgen, um auch hierin -alles gemeinsame aufzuheben, was an den Zusammenhang der -Nation erinnern könnte. Diese Ansicht ist nichts weniger als -willkührlich ersonnen, vielmehr sind ihr manche Regierungen offenbar -günstig: wohl aber hindert eine gewisse Scheu, sie jetzt laut -werden zu lassen, und ich wüßte nicht, daß sie in Schriften für -das bürgerliche Recht benutzt worden wäre. Ganz anders ist es -mit den Vorschlägen, die bis jetzt für dieses kund geworden sind, -denn mit ihnen ist, wo wir<a name="savigny_4" id="savigny_4" class="f70">[4]</a> nicht übereinstimmen, ein friedlicher -Streit möglich, und ein solcher führt, wo nicht zur Vereinigung -der Streitenden, doch zu besserer Einsicht im Ganzen.</p> - -<p>Von zwey Meynungen über die Einrichtung des bürgerlichen -Rechts, die mir bekannt geworden sind, geht die eine auf Herstellung -des alten Zustandes<a name="FNanchor_1_14" id="FNanchor_1_14" href="#Fn_1_14" class="fnanchor">1</a>, die zweyte auf Annahme eines -gemeinschaftlichen Gesetzbuches für die Deutschen Staaten<a name="FNanchor_2_15" id="FNanchor_2_15" href="#Fn_2_15" class="fnanchor">2</a>. Zur -Erläuterung dieser zweyten Meynung sind gleich hier einige Bemerkungen -nöthig, indem sie in einem doppelten historischen Zusammenhang -betrachtet werden muß.</p> - -<p><a class="pagenum" name="Page_74" id="Page_74">[Pg 74]</a></p> - -<p>Erstens nämlich steht sie in Verbindung mit vielen ähnlichen -Vorschlägen und Versuchen seit der Mitte des achtzehnten Jahrhunderts. -In dieser Zeit hatte sich durch ganz Europa ein -völlig unerleuchteter Bildungstrieb geregt. Sinn und Gefühl -für die Größe und Eigenthümlichkeit anderer Zeiten, so wie für -die naturgemäße Entwicklung der Völker und Verfassungen, also -alles was die Geschichte heilsam und fruchtbar machen muß, war -verloren: an die Stelle getreten war eine gränzenlose Erwartung -von der<a name="savigny_5" id="savigny_5" class="f70">[5]</a> gegenwärtigen Zeit, die man keinesweges zu etwas -geringerem berufen glaubte, als zur wirklichen Darstellung einer -absoluten Vollkommenheit. Dieser Trieb äußerte sich nach allen -Richtungen: was er in Religion und Staatsverfassung gewirkt -hat, ist bekannt, und es ist unverkennbar, wie er hier durch eine -natürliche Gegenwirkung aller Orten einer neuen, lebendigeren -Liebe die Stäte bereiten mußte. Auch im bürgerlichen Rechte -war er thätig. Man verlangte neue Gesetzbücher, die durch ihre -Vollständigkeit der Rechtspflege eine mechanische Sicherheit gewähren -sollten, indem der Richter, alles eigenen Urtheils überhoben, -blos auf die buchstäbliche Anwendung beschränkt wäre: -zugleich sollten sie sich aller historischen Eigenthümlichkeit enthalten, -und in reiner Abstraction für alle Völker und alle Zeiten -gleiche Brauchbarkeit haben. Es würde sehr irrig seyn, jenen -Trieb und diese Anwendungen desselben einzelnen Irrlehrern zuzuschreiben: -es war, nur mit sehr achtungswerten Ausnahmen, -die Meynung der Völker. Darum stand es nicht in der Macht -der Regierungen, allen Anwendungen auszuweichen, und die -bloße Milderung und Beschränkung derselben konnte oft schon -als sehr verdienstlich und als Beweis innerer Kraft gelten. -Vergleichen wir mit diesen vergangenen Zuständen die gegenwärtige -Zeit, so dürfen wir uns freuen. Geschichtlicher Sinn -ist überall erwacht, und neben diesem hat jener bodenlose Hochmuth<a name="savigny_6" id="savigny_6" class="f70">[6]</a> -keinen Raum. Und wenn auch angehende Schriftsteller oft -noch einen ähnlichen Anlauf nehmen, so ist es doch gar nicht -mehr herrschender Geist. Auch in den oben genannten Vorschlägen<a class="pagenum" name="Page_75" id="Page_75">[Pg 75]</a> von Gesetzbüchern ist zum Theil diese erfreuliche Vergleichung -bewährt. Frey von jenen übertriebenen Ansprüchen -gehen sie auf ein bestimmtes praktisches Ziel, und auch ihre Motive -stehen auf festem Boden. Das Durchlaufen jener Periode -aber gewährt uns den großen Vortheil, daß wir ihre Erfahrungen -zu Rathe ziehen können. Aus den Ansichten derselben sind -nach einander Gesetzbücher für drey große Staaten hervor gegangen. -Diese, und zum Theil ihre Wirkungen, liegen vor uns, -und es würde unverzeihlich seyn, die Lehre zu verschmähen, die -sie uns aufmunternd oder warnend geben können.</p> - -<p>Zweytens stehen jene Vorschläge in Verbindung mit einer -allgemeinen Ansicht von der Entstehung alles positiven Rechts, -die von jeher bey der großen Mehrzahl der deutschen Juristen -herrschend war. Nach ihr entsteht im normalen Zustande alles -Recht aus Gesetzen, d. h. ausdrücklichen Vorschriften der höchsten -Staatsgewalt. Die Rechtswissenschaft hat lediglich den Inhalt -der Gesetze zum Gegenstand. Demnach ist die Gesetzgebung selbst, -so wie die Rechtswissenschaft, von ganz zufälligem, wechselndem -Inhalt, und es ist sehr möglich, daß das Recht von morgen dem -von heute gar nicht ähnlich sieht. Ein<a name="savigny_7" id="savigny_7" class="f70">[7]</a> vollständiges Gesetzbuch -ist demnach das höchste Bedürfniß, und nur bey einem lückenhaften -Zustande desselben kann man in die traurige Nothwendigkeit -kommen, sich mit Gewohnheitsrecht, als einer schwankenden -Ergänzung, behelfen zu müssen. Diese Ansicht ist viel älter als -die oben dargestellte, beide haben sich auf manchen Punkten -feindlich berührt, weit öfter aber sehr gut vertragen. Als Vermittlung -diente häufig die Ueberzeugung, daß es ein praktisches -Naturrecht oder Vernunftrecht gebe, eine ideale Gesetzgebung für -alle Zeiten und alle Fälle gültig, die wir nur zu entdecken -brauchten, um das positive Recht für immer zu vollenden.</p> - -<p>Ob diese Ansicht von der Entstehung des positiven Rechts -Realität habe, wird sich aus der folgenden Untersuchung ergeben.</p> - - - - -<h3 class="gs">2.<br /> - -Entstehung des positiven Rechts.</h3> - - -<p class="noindent"><a name="savigny_8" id="savigny_8" class="f70">[8]</a></p> -<p class="cap"> Wir befragen zuerst die Geschichte, wie sich bey Völkern -edler Stämme das Recht wirklich entwickelt hat: dem Urtheil, was<a class="pagenum" name="Page_76" id="Page_76">[Pg 76]</a> -hieran gut, vielleicht nothwendig, oder aber tadelnswerth seyn -möge, ist damit keinesweges vorgegriffen.</p> - -<p>Wo wir zuerst urkundliche Geschichte finden, hat das bürgerliche -Recht schon einen bestimmten Character, dem Volk eigenthümlich, -so wie seine Sprache, Sitte, Verfassung. Ja diese -Erscheinungen haben kein abgesondertes Daseyn, es sind nur -einzelne Kräfte und Thätigkeiten des einen Volkes, in der Natur -untrennbar verbunden, und nur unsrer Betrachtung als besondere -Eigenschaften erscheinend. Was sie zu einem Ganzen verknüpft, -ist die gemeinsame Ueberzeugung des Volkes, das gleiche Gefühl -innerer Nothwendigkeit, welches allen Gedanken an zufällige und -willkührliche Entstehung ausschließt.</p> - -<p>Wie diese eigenthümlichen Functionen der Völker, wodurch -sie selbst erst zu Individuen werden, entstanden sind, diese Frage -ist auf geschichtlichem Wege nicht zu beantworten. In neueren -Zeiten ist die Ansicht herrschend gewesen, daß alles zuerst in<a name="savigny_9" id="savigny_9" class="f70">[9]</a> -einem thierähnlichen Zustand gelebt habe, und von da durch allmähliche -Entwicklung zu einem leidlichen Daseyn, bis endlich zu -der Höhe gekommen sey, auf welcher wir jetzt stehen. Wir -können diese Ansicht unberührt lassen, und uns auf die Thatsache -jenes ersten urkundlichen Zustandes des bürgerlichen Rechts beschränken. -Wir wollen versuchen, einige allgemeine Züge dieser -Periode darzustellen, in welcher das Recht wie die Sprache im -Bewußtseyn des Volkes lebt.</p> - -<p>Diese Jugendzeit der Völker ist arm an Begriffen, aber sie -genießt ein klares Bewußtseyn ihrer Zustände und Verhältnisse, -sie fühlt und durchlebt diese ganz und vollständig, während wir, -in unsrem künstlich verwickelten Daseyn, von unserm eigenen -Reichthum überwältigt sind, anstatt ihn zu genießen und zu beherrschen. -Jener klare, naturgemäße Zustand bewährt sich vorzüglich -auch im bürgerlichen Rechte, und so wie für jeden einzelnen -Menschen seine Familienverhältnisse und sein Grundbesitz durch -eigene Würdigung bedeutender werden, so ist aus gleichem Grunde -möglich, daß die Regeln des Privatrechts selbst zu den Gegenständen -des Volksglaubens gehören. Allein jene geistigen Functionen -bedürfen eines körperlichen Daseyns, um festgehalten zu -werden. Ein solcher Körper ist für die Sprache ihre stete, un<a class="pagenum" name="Page_77" id="Page_77">[Pg 77]</a>unterbrochene Uebung, für die Verfassung sind es die sichtbaren -öffentlichen Gewalten, was vertritt aber diese Stelle<a name="savigny_10" id="savigny_10" class="f70">[10]</a> bey dem -bürgerlichen Rechte? In unsren Zeiten sind es ausgesprochene -Grundsätze, durch Schrift und mündliche Rede mitgetheilt. Diese -Art der Festhaltung aber setzt eine bedeutende Abstraction voraus, -und ist darum in jener jugendlichen Zeit nicht möglich. -Dagegen finden wir hier überall symbolische Handlungen, wo -Rechtsverhältnisse entstehen oder untergehen sollen. Die sinnliche -Anschaulichkeit dieser Handlungen ist es, was äußerlich das Recht -in bestimmter Gestalt festhält, und ihr Ernst und ihre Würde -entspricht der Bedeutsamkeit der Rechtsverhältnisse selbst, welche -schon als dieser Periode eigenthümlich bemerkt worden ist. In -dem ausgedehnten Gebrauch solcher förmlichen Handlungen -kommen z. B. die germanischen Stämme mit den altitalischen -überein, nur daß bey diesen letzten die Formen selbst bestimmter -und geregelter erscheinen, was mit den städtischen Verfassungen -zusammen hangen kann. Man kann diese förmlichen Handlungen -als die eigentliche Grammatik des Rechts in dieser Periode betrachten, -und es ist sehr bedeutend, daß das Hauptgeschäft der -älteren Römischen Juristen in der Erhaltung und genauen Anwendung -derselben bestand. Wir in neueren Zeiten haben sie -häufig als Barbarey und Aberglauben verachtet, und uns sehr -groß damit gedünkt, daß wir sie nicht haben, ohne zu bedenken, -daß auch wir überall mit juristischen Formen versorgt sind, denen -nur gerade die Hauptvortheile der alten Formen abgehen,<a name="savigny_11" id="savigny_11" class="f70">[11]</a> -die Anschaulichkeit nämlich und der allgemeine Volksglaube, -während die unsrigen von jedem als etwas willkührliches und -darum als eine Last empfunden werden. In solchen einseitigen -Betrachtungen früher Zeiten sind wir den Reisenden ähnlich, die -in Frankreich mit großer Verwunderung bemerken, daß kleine -Kinder, ja ganz gemeine Leute, recht fertig französisch reden.</p> - -<p>Aber dieser organische Zusammenhang des Rechts mit dem -Wesen und Character des Volkes bewährt sich auch im Fortgang -der Zeiten, und auch hierin ist es der Sprache zu vergleichen. -So wie für diese, giebt es auch für das Recht keinen Augenblick -eines absoluten Stillstandes, es ist derselben Bewegung und Entwicklung -unterworfen, wie jede andere Richtung des Volkes, und<a class="pagenum" name="Page_78" id="Page_78">[Pg 78]</a> -auch diese Entwicklung steht unter demselben Gesetz innerer Nothwendigkeit, -wie jene früheste Erscheinung. Das Recht wächst -also mit dem Volke fort, bildet sich aus mit diesem, und stirbt endlich -ab, so wie das Volk seine Eigenthümlichkeit verliert. Allein -diese innere Fortbildung auch in der Zeit der Cultur hat für die -Betrachtung eine große Schwierigkeit. Es ist nämlich oben behauptet -worden, daß der eigentliche Sitz des Rechts das gemeinsame -Bewußtseyn des Volkes sey. Dieses läßt sich z. B. im -Römischen Rechte für die Grundzüge desselben, die allgemeine -Natur der Ehe, des Eigenthums u. s. w. recht wohl denken, -aber für das unermeßliche<a name="savigny_12" id="savigny_12" class="f70">[12]</a> Detail, wovon wir in den -Pandekten einen Auszug besitzen, muß es jeder für ganz unmöglich -erkennen. Diese Schwierigkeit führt uns auf eine neue Ansicht -der Entwicklung des Rechts. Bey steigender Cultur nämlich -sondern sich alle Thätigkeiten des Volkes immer mehr, und -was sonst gemeinschaftlich betrieben wurde, fällt jetzt einzelnen -Ständen anheim. Als ein solcher abgesonderter Stand erscheinen -nunmehr auch die Juristen. Das Recht bildet sich nunmehr in -der Sprache aus, es nimmt eine wissenschaftlich Richtung, und -wie es vorher im Bewußtseyn des gesammten Volkes lebte, so -fällt es jetzt dem Bewußtseyn der Juristen anheim, von welchen -das Volk nunmehr in dieser Function repräsentirt wird. Das -Daseyn des Rechts ist von nun an künstlicher und verwickelter, -indem es ein doppeltes Leben hat, einmal als Theil des ganzen -Volkslebens, was es zu seyn nicht aufhört, dann als besondere -Wissenschaft in den Händen der Juristen. Aus dem Zusammenwirken -dieses doppelten Lebensprincips erklären sich alle spätere -Erscheinungen, und es ist nunmehr begreiflich, wie auch jenes -ungeheure Detail ganz auf organische Weise, ohne eigentliche -Willkühr und Absicht, entstehen konnte. Der Kürze wegen nennen -wir künftig den Zusammenhang des Rechts mit dem allgemeinen -Volksleben das <em>politische</em> Element, das abgesonderte wissenschaftliche -Leben des Rechts aber das <em>technische</em> Element -desselben.</p> - -<p><a name="savigny_13" id="savigny_13" class="f70">[13]</a>In verschiedenen Zeiten also wird bey demselben Volke das -Recht natürliches Recht (in einem andern Sinn als unser Naturrecht) -oder gelehrtes Recht seyn, je nachdem das eine oder das<a class="pagenum" name="Page_79" id="Page_79">[Pg 79]</a> -andere Princip überwiegt, wobey eine scharfe Gränzbestimmung -von selbst als unmöglich erscheint. Bey republikanischer Verfassung -wird das politische Princip länger als in monarchischen -Staaten unmittelbaren Einfluß behalten können, und besonders -in der Römischen Republik wirkten viele Gründe zusammen, -diesen Einfluß noch bey steigender Cultur lebendig zu erhalten. -Aber in allen Zeiten und Verfassungen zeigt sich dieser Einfluß -noch in einzelnen Anwendungen, da wo in engeren Kreisen ein -oft wiederkehrendes gleiches Bedürfniß auch ein gemeinsames -Bewußtseyn des Volkes selbst möglich macht. So wird sich in -den meisten Städten für Dienstboten und Miethwohnungen ein -besonderes Recht bilden und erhalten, gleich unabhängig von -ausdrücklichen Gesetzen und von wissenschaftlicher Jurisprudenz: -es sind dieses einzelne Ueberreste der früheren allgemeinen Rechtsbildung. -Vor der großen Umwälzung fast aller Verfassungen, -die wir erlebt haben, waren in kleineren Deutschen Staaten -diese Fälle weit häufiger als jetzt, indem sich Stücke altgermanischer -Verfassungen häufig durch alle Revolutionen hindurch gerettet -hatten.</p> - -<p>Die Summe dieser Ansicht also ist, daß alles Recht auf die -Weise entsteht, welche der herrschende,<a name="savigny_14" id="savigny_14" class="f70">[14]</a> nicht ganz passende, -Sprachgebrauch als <em>Gewohnheitsrecht</em> bezeichnet, d. h. daß -es erst durch Sitte und Volksglaube, dann durch Jurisprudenz erzeugt -wird, überall also durch innere, stillwirkende Kräfte, nicht durch -die Willkühr eines Gesetzgebers. Dieser Zustand ist bis jetzt nur -historisch aufgestellt worden, ob er löblich und wünschenswerth -ist, wird die folgende Untersuchung zeigen. Aber auch als -historische Ansicht bedarf dieser Zustand noch einiger näheren Bestimmungen. -Zuerst ist dabey eine ganz ungestörte einheimische -Entwicklung vorausgesetzt worden; der Einfluß früher Berührung -mit fremdem Rechte wird weiter unten an dem Beyspiel von -Deutschland klar werden. Eben so wird sich zeigen, daß allerdings -ein theilweiser Einfluß der Gesetzgebung auf bürgerliches -Recht, bald löblich, bald tadelnswerth, statt finden kann. Endlich -finden sich große Verschiedenheiten in den Gränzen der Gültigkeit -und Anwendung des Rechts. Wie nämlich dasselbe Volk -sich in viele Stämme verzweigt, Staaten sich vereinigen oder zer<a class="pagenum" name="Page_80" id="Page_80">[Pg 80]</a>fallen, so muß bald dasselbe Recht mehreren unabhängigen Staaten -gemein seyn, bald in verschiedenen Theilen desselben Staates, -neben gleichen Grundzügen des Rechts, eine große Mannichfaltigkeit -einzelner Bestimmungen gelten.</p> - -<p>Unter den Deutschen Juristen hat <cite>Hugo</cite> das große Verdienst, -in den meisten seiner Schriften die herrschenden Ansichten -gründlich bekämpft zu haben<a name="FNanchor_3_16" id="FNanchor_3_16" href="#Fn_3_16" class="fnanchor">3</a>.<a name="savigny_15" id="savigny_15" class="f70">[15]</a> Hohe Ehre gebührt auch hierin -dem Andenken <cite>Mösers</cite>, der mit großartigem Sinn überall die -Geschichte zu deuten suchte, oft auch in Beziehung auf bürgerliches -Recht; daß dieses Beyspiel den Juristen größtentheils unbemerkt -geblieben ist, war zu erwarten, da er nicht zünftig war -und weder Vorlesungen gehalten, noch Lehrbücher geschrieben hat.</p> - - - - -<h3 class="gs">3.<br /> - -Gesetze und Rechtsbücher.</h3> - - -<p class="noindent"><a name="savigny_16" id="savigny_16" class="f70">[16]</a></p> -<p class="cap"> Der Einfluß eigentlicher Gesetzgebung auf bürgerliches -Recht ist in einzelnen Stücken desselben nicht selten, aber die -Gründe dieses Einflusses sind sehr verschiedener Art. Zunächst kann -nämlich gerade die Abänderung des bestehenden Rechts Absicht -des Gesetzgebers seyn, weil höhere politische Zwecke dieses fordern. -Wenn in unsren Tagen Nichtjuristen von dem Bedürfniß neuer -Gesetzgebung sprechen, so ist gewöhnlich blos dieses gemeynt, -wovon die Bestimmung der gutsherrlichen Rechte eines der wichtigsten -Beispiele ist. Auch die Geschichte des Römischen Rechts -liefert Beyspiele dieser Art, wenige aus der freyen Republik, -unter August die wichtige <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">Lex Iulia et Papia Poppaea</span>, seit den -christlichen Kaisern eine große Anzahl. Daß die Gesetze dieser -Art leicht eine fruchtlose Corruption des Rechts sind, und daß -gerade in ihnen die höchste Sparsamkeit nöthig ist, wird jedem -einleuchten, der die Geschichte zu Rathe zieht. Die technische -Seite des Rechts wird bey ihnen bloß für die Form, und für -den Zusammenhang mit dem ganzen übrigen Rechte in Anspruch -genommen, welcher Zusammenhang diesen Theil der<a name="savigny_17" id="savigny_17" class="f70">[17]</a> Gesetzgebung -schwieriger macht, als er gewöhnlich gedacht zu werden<a class="pagenum" name="Page_81" id="Page_81">[Pg 81]</a> -pflegt. Weit unbedenklicher ist ein zweyter Einfluß der Gesetzgebung -auf das bürgerliche Recht. Einzelne Rechtssätze nämlich -können zweifelhaft seyn, oder sie können ihrer Natur nach schwankende, -unbestimmte Gränzen haben, wie z. B. alle Verjährung, -während die Rechtspflege durchaus scharfe Gränzen fodert. -Hier kann allerdings eine Art von Gesetzgebung eintreten, welche -der Gewohnheit zu Hülfe kommt, jene Zweifel und diese Unbestimmtheiten -entfernt, und so das wirkliche Recht, den eigentlichen -Willen des Volks, zu Tage fördert, und rein erhält. Die -Römische Verfassung hatte für diesen Zweck eine treffliche Einrichtung -in den Edicten der Prätoren, eine Einrichtung, welche -auch in monarchischen Staaten unter gewissen Bedingungen statt -finden könnte.</p> - -<p>Aber diese Arten eines theilweisen Einflusses sind gar nicht -gemeynt, wenn so wie in unsern Tagen von dem Bedürfniß allgemeiner -Gesetzbücher die Rede ist. Hier ist vielmehr folgendes -gemeynt. Der Staat soll seinen gesammten Rechtsvorrath untersuchen -und schriftlich aufzeichnen lassen, so daß dieses Buch nunmehr -als einzige Rechtsquelle gelte, alles andere aber, was bisher -etwa gegolten hat, nicht mehr gelte. Zuvörderst läßt sich -fragen, woher diesem Gesetzbuch der Inhalt kommen solle. Nach -einer oben dargestellten Ansicht ist von vielen behauptet worden, -das allgemeine<a name="savigny_18" id="savigny_18" class="f70">[18]</a> Vernunftrecht, ohne Rücksicht auf etwas -bestehendes, solle diesen Inhalt bestimmen. Die aber mit der -Ausführung zu thun hatten, oder sonst das Recht praktisch -kannten, haben sich dieser großsprechenden, völlig hohlen Ansicht -leicht enthalten, und man ist darüber einig gewesen, das ohnehin -bestehende Recht solle hier aufgezeichnet werden, nur mit den -Abänderungen und Verbesserungen, welche aus politischen Gründen -nöthig seyn möchten. Daß dieses gerade bei den neueren -Gesetzbüchern die herrschende Ansicht war, wird sich unten zeigen. -Demnach hätte das Gesetzbuch einen doppelten Inhalt: theils -das bisherige Recht, theils neue Gesetze. Was diese letzten betrifft, -so ist es offenbar zufällig, daß sie bey Gelegenheit des -Gesetzbuchs vorkommen, sie könnten auch zu jeder anderen Zeit -einzeln gegeben werden, und eben so könnte zur Zeit des Gesetzbuchs -kein Bedürfniß derselben vorhanden seyn. In Deutschland<a class="pagenum" name="Page_82" id="Page_82">[Pg 82]</a> -besonders würden diese neuen Gesetze oft nur scheinbar vorkommen, -da das, was einem Lande neu wäre, in einem andern meist -schon gegolten haben würde, so daß nicht von neuem, sondern -von schon bestehendem Rechte verwandter Stämme die Rede -wäre, nur mit veränderten Gränzen der Anwendung. Um also -unsere Untersuchung nicht zu verwirren, wollen wir die neuen -Gesetze ganz bey Seite setzen, und blos auf den wesentlichen und -Hauptinhalt des Gesetzbuchs sehen. Demnach müssen wir das -Gesetzbuch als Aufzeichnung<a name="savigny_19" id="savigny_19" class="f70">[19]</a> des gesammten bestehenden -Rechts denken, mit ausschließender Gültigkeit vom Staate selbst -versehen.</p> - -<p>Daß wir dieses letzte als wesentlich bey einer Unternehmung -dieser Art voraussetzen, ist in unsren schreibthätigen Zeiten natürlich, -da bey der Menge von Schriftstellern und dem schnellen -Wechsel der Bücher und ihres Ansehens, kein einzelnes Buch -einen überwiegenden und dauernden Einfluß anders als durch -die Gewalt des Staates erhalten kann. An sich aber läßt es -sich gar wohl denken, daß diese Arbeit ohne Aufforderung und -ohne Bestätigung des Staates von einzelnen Rechtsgelehrten -vollbracht würde. Im altgermanischen Rechte war dieses häufig -der Fall, und wir würden viele Mühe gehabt haben, unsren -Vorfahren den Unterschied eines Rechtsbuchs als einer Privatarbeit -von einem wahren Gesetzbuche deutlich zu machen, den -wir uns als so natürlich und wesentlich denken. Wir bleiben -aber jetzt bey dem Begriffe stehen, welcher unsren Zeiten angemessen -ist. Jedoch ist es klar, daß der Unterschied lediglich in -der Veranlassung und Bestätigung von Seiten des Staates liegt, -nicht in der Natur der Arbeit selbst, denn diese ist auf jeden -Fall ganz technisch und fällt als solche den Juristen anheim, indem -bey dem Inhalte des Gesetzbuchs, den wir voraussetzen, das -politische Element des Rechts längst ausgewirkt hat, und blos -diese Wirkung zu erkennen und auszusprechen<a name="savigny_20" id="savigny_20" class="f70">[20]</a> ist, welches -Geschäft zur juristischen Technik gehört.</p> - -<p>Die Forderungen an ein solches Gesetzbuch und die Erwartungen -von demselben sind von zweyerley Art. Für den -innern Zustand des Rechts soll dadurch die höchste Rechtsgewißheit -entstehen, und damit die höchste Sicherheit gleichförmiger<a class="pagenum" name="Page_83" id="Page_83">[Pg 83]</a> -Anwendung. Die äußeren Gränzen der Gültigkeit sollen dadurch -gebessert und berichtigt werden, indem an die Stelle verschiedener -Localrechte ein allgemeines Nationalrecht treten soll. Wir beschränken -uns hier noch auf den ersten Vortheil, indem von dem -zweyten besser unten in besonderer Anwendung auf Deutschland -geredet werden wird.</p> - -<p>Daß jener innere Vortheil von der Vortrefflichkeit der Ausführung -abhange, leuchtet jedem sogleich ein, und es ist also von -dieser Seite eben so viel zu verlieren als zu gewinnen möglich. -Sehr merkwürdig ist, was <cite>Baco</cite> aus der Fülle seines Geistes -und seiner Erfahrung über diese Arbeit sagt<a name="FNanchor_4_17" id="FNanchor_4_17" href="#Fn_4_17" class="fnanchor">4</a>. Er will, daß -sie nicht ohne dringendes Bedürfniß geschehe, dann aber mit besonderer -Sorgfalt für die bisher gültigen Rechtsquellen: zunächst -durch wörtliche Aufnahme alles anwendbaren aus ihnen, dann -indem sie im Ganzen aufbewahrt und fortwährend zu Rathe<a name="savigny_21" id="savigny_21" class="f70">[21]</a> -gezogen werden. Vorzüglich aber soll diese Arbeit nur in solchen -Zeiten unternommen werden, die an Bildung und Sachkenntniß -höher stehen, als die vorhergehenden, denn es sey sehr traurig, -wenn durch die Unkunde der gegenwärtigen Zeit die Werke der -Vorzeit verstümmelt werden sollten<a name="FNanchor_5_18" id="FNanchor_5_18" href="#Fn_5_18" class="fnanchor">5</a>. Worauf es dabey ankommt, -ist nicht schwer zu sagen: das vorhandene, was nicht -geändert, sondern beybehalten werden soll, muß gründlich erkannt -und richtig ausgesprochen werden. Jenes betrifft den Stoff, -dieses die Form.</p> - -<p>In Ansehung des Stoffs ist die wichtigste und schwierigste -Aufgabe die Vollständigkeit des Gesetzbuchs, und es kommt nur -darauf an, diese Aufgabe, worin Alle einstimmen, recht zu verstehen. -Das Gesetzbuch nämlich soll, da es einzige Rechtsquelle -zu seyn bestimmt ist, auch in der That für jeden vorkommenden -Fall im voraus die Entscheidung enthalten. Dieses hat man<a class="pagenum" name="Page_84" id="Page_84">[Pg 84]</a> -häufig so gedacht, als ob es möglich und gut wäre, die einzelnen -Fälle als solche durch Erfahrung vollständig kennen zu -lernen, und dann jeden durch eine entsprechende Stelle des Gesetzbuchs -zu entscheiden. Allein wer mit Aufmerksamkeit<a name="savigny_22" id="savigny_22" class="f70">[22]</a> -Rechtsfälle beobachtet hat, wird leicht einsehen, daß dieses Unternehmen -deshalb fruchtlos bleiben muß, weil es für die Erzeugung -der Verschiedenheiten wirklicher Fälle schlechthin keine -Gränze giebt. Auch hat man gerade in den allerneuesten Gesetzbüchern -allen Schein eines Bestrebens nach dieser materiellen -Vollständigkeit völlig aufgegeben, ohne jedoch etwas anderes an -die Stelle derselben zu setzen. Allein es giebt allerdings eine -solche Vollständigkeit in anderer Art, wie sich durch einen Kunstausdruck -der Geometrie klar machen läßt. In jedem Dreyeck -nämlich giebt es gewisse Bestimmungen, aus deren Verbindung -zugleich alle übrige mit Nothwendigkeit folgen: durch diese, -z. B. durch zwey Seiten und den zwischenliegenden Winkel, ist -das Dreyeck <em>gegeben</em>. Auf ähnliche Weise hat jeder Theil -unsres Rechts solche Stücke, wodurch die übrigen gegeben sind: -wir können sie die leitenden Grundsätze nennen. Diese heraus -zu fühlen, und von ihnen ausgehend den innern Zusammenhang -und die Art der Verwandtschaft aller juristischen Begriffe und -Sätze zu erkennen, gehört eben zu den schwersten Aufgaben -unsrer Wissenschaft, ja es ist eigentlich dasjenige, was unsrer -Arbeit den wissenschaftlichen Character giebt. Entsteht nun das -Gesetzbuch in einer Zeit, welche dieser Kunst nicht mächtig ist, -so sind folgende Uebel ganz unvermeidlich. Die Rechtspflege -wird scheinbar durch das Gesetzbuch, in der That aber durch etwas -anderes,<a name="savigny_23" id="savigny_23" class="f70">[23]</a> was außer dem Gesetzbuch liegt, als der wahrhaft -regierenden Rechtsquelle, beherrscht werden. Dieser falsche Schein -aber ist höchst verderblich. Denn das Gesetzbuch wird unfehlbar -durch seine Neuheit, seine Verwandtschaft mit herrschenden Begriffen -der Zeit, und sein äußeres Gewicht alle Aufmerksamkeit -auf sich und von der wahren Rechtsquelle ablenken, so daß diese -in dunklem, unbemerktem Daseyn gerade der geistigen Kräfte der -Nation entbehren wird, wodurch sie allein in einen löblichen -Zustand kommen könnte. Daß diese Gefahr nicht grundlos ist, -wird unten aus der Betrachtung der neuen Gesetzbücher klar<a class="pagenum" name="Page_85" id="Page_85">[Pg 85]</a> -werden, und es wird sich zeigen, daß nicht blos der einzelne -Inhalt, sondern selbst der Begriff und die allgemeine Natur -dieser eigentlich regierenden Rechtsquelle verkannt wird, wie sie -denn unter den verschiedensten Namen, bald als Naturrecht, bald -als <span class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">jurisprudence</span>, bald als Rechtsanalogie vorkommt. Kommt -nun zu dieser mangelnden Erkenntniß der leitenden Grundsätze -das oben beschriebene Bestreben nach materieller Vollständigkeit -hinzu, so werden sich sehr häufig die einzelnen Entscheidungen, -den Verfassern unbemerkt, durchkreuzen und widersprechen, was -erst allmählich durch die Anwendung, und bey gedankenlosem -Zustand der Rechtspflege auch hier nicht, offenbar werden wird<a name="FNanchor_6_19" id="FNanchor_6_19" href="#Fn_6_19" class="fnanchor">6</a>. -Dieser Erfolg ist gleich<a name="savigny_24" id="savigny_24" class="f70">[24]</a> für die Gegenwart unvermeidlich, -wenn auf diese Weise ein Zeitalter ohne innern Beruf seine -Ansicht des Rechts durch das Ansehen der Gesetzgebung fixiert; -eben so nachtheilig aber ist die Wirkung auf die folgende Zeit. -Denn wenn in dieser günstigere Bedingungen für die Behandlung -des Rechts eintreten, so ist nichts förderlicher, als die vielseitige -Berührung mit früheren einsichtsvollen Zeiten: das Gesetzbuch -aber steht nun in der Mitte und hemmt und erschwert -diese Berührung auf allen Seiten. Ohnehin liegt in der einseitigen -Beschäftigung mit einem gegebenen positiven Rechte die -Gefahr, von dem bloßen Buchstaben überwältigt zu werden<a name="FNanchor_7_20" id="FNanchor_7_20" href="#Fn_7_20" class="fnanchor">7</a>, -und jedes Erfrischungsmittel muß dagegen sehr willkommen seyn: -das mittelmäßige Gesetzbuch aber muß mehr als alles andere -diese Herrschaft einer unlebendigen Ansicht des Rechts befestigen.</p> - -<p>Außer dem Stoff muß aber auch die Form des Gesetzbuchs -in Erwägung gezogen werden, denn der Verfasser des Gesetzbuchs -kann das Recht, welches er bearbeitet, völlig durchdrungen haben, -und seine Arbeit wird dennoch ihren Zweck verfehlen, wenn er -nicht<a name="savigny_25" id="savigny_25" class="f70">[25]</a> zugleich die Fähigkeit der Darstellung hat. Wie diese<a class="pagenum" name="Page_86" id="Page_86">[Pg 86]</a> -Darstellung beschaffen seyn müsse, läßt sich leichter in gelungenen -oder verfehlten Anwendungen fühlen, als durch allgemeine Regeln -aussprechen. Gewöhnlich fordert man, daß sich die Sprache -der Gesetze durch besondere Kürze auszeichne. Allerdings kann -Kürze große Wirkung thun, wie sich durch das Beyspiel Römischer -Volksschlüsse und des Römischen Edicts anschaulich machen -läßt. Allein es giebt auch eine trockene, nichtssagende Kürze, -zu welcher derjenige kommt, der die Sprache als Werkzeug nicht -zu führen versteht, und die durchaus ohne Wirkung bleibt; in -den Gesetzen und Urkunden des Mittelalters finden sich davon -Beyspiele in Menge. Auf der andern Seite kann Weitläufigkeit -in Rechtsquellen völlig verwerflich, ja ganz unerträglich seyn, -wie in vielen Constitutionen von Justinian und in den meisten -Novellen des Theodosischen Codex: allein es giebt auch eine geistvolle -und sehr wirksame Weitläufigkeit, und in vielen Stellen -der Pandekten ist diese unverkennbar.</p> - -<p>Fassen wir dasjenige, was hier über die Bedingungen eines -vortrefflichen Gesetzbuchs gesagt worden ist, zusammen, so ist es -klar, daß nur in sehr wenigen Zeiten die Fähigkeit dazu vorhanden -seyn wird. Bey jugendlichen Völkern findet sich zwar -die bestimmteste Anschauung ihres Rechts, aber den Gesetzbüchern -fehlt es an Sprache und logischer Kunst, und<a name="savigny_26" id="savigny_26" class="f70">[26]</a> das Beste -können sie meist nicht sagen, so daß sie oft kein individuelles -Bild geben, während ihr Stoff höchst individuell ist. Beyspiele -sind die schon angeführten Gesetze des Mittelalters, und wenn -wir die zwölf Tafeln ganz vor uns hätten, würden wir vielleicht -nur in geringerem Grade etwas ähnliches empfinden. In -sinkenden Zeiten dagegen fehlt es meist an allem, an Kenntniß -des Stoffs wie an Sprache. Also bleibt nur eine mittlere Zeit -übrig, diejenige, welche gerade für das Recht, obgleich nicht -nothwendig auch in anderer Rücksicht, als Gipfel der Bildung -gelten kann. Allein eine solche Zeit hat für sich selbst nicht das -Bedürfniß eines Gesetzbuchs; sie würde es nur veranstalten -können für eine folgende schlechtere Zeit, gleichsam Wintervorräthe -sammlend. Zu einer solchen Vorsorge aber für Kinder -und Enkel ist selten ein Zeitalter aufgelegt.</p> - -<p><a class="pagenum" name="Page_87" id="Page_87">[Pg 87]</a></p> - -<h3 class="gs">4.<br /> - -Römisches Recht.</h3> - - -<p class="noindent"><a name="savigny_27" id="savigny_27" class="f70">[27]</a></p> -<p class="cap"> Diese allgemeinen Ansichten von Entstehung des Rechts -und von Gesetzbüchern werden durch die Anwendung auf Römisches -Recht und auf das Recht in Deutschland klarer und überzeugender -werden.</p> - -<p>Die Vertheidiger des Römischen Rechts haben nicht selten -den Werth desselben darin gesetzt, daß es die ewigen Regeln der -Gerechtigkeit in vorzüglicher Reinheit enthalte, und so gleichsam -selbst als ein sanctionirtes Naturrecht zu betrachten sey. Erkundigt -man sich genauer, so wird freylich wieder der größte -Theil als Beschränktheit und Spitzfindigkeit aufgegeben, und die -Bewunderung bleibt meist auf der Theorie der Contracte haften: -wenn man hier die Stipulationen und einigen andern Aberglauben -abrechne, so sey im übrigen die Billigkeit dieses Rechts -über die Maaßen groß, ja es sey zu nennen <span class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">l'expression des -sentimens mis par Dieu même dans le coeur des hommes</span><a name="FNanchor_8_21" id="FNanchor_8_21" href="#Fn_8_21" class="fnanchor">8</a>. -Allein gerade dieses übrig bleibende materielle des Römischen -Rechts, was man so für seine wahre Vortrefflichkeit ausgiebt, -ist so allgemeiner Natur, daß es meist schon<a name="savigny_28" id="savigny_28" class="f70">[28]</a> durch gesunden -Verstand ohne alle juristische Bildung gefunden werden könnte, -und um einen so leichten Gewinn lohnt es sich nicht, Gesetze -und Juristen von zweytausend Jahren her zu unsrer Hülfe zu -bemühen. Wir wollen versuchen, das eigenthümliche des Römischen -Rechts etwas genauer ins Auge zu fassen. Daß es damit eine -andere als die hier angedeutete Bedeutung habe, läßt sich im -Voraus schon darum vermuthen, weil es das einzige Recht eines -großen, lange bestehenden Volkes ist, welches eine ganz nationale, -ungestörte Entwicklung gehabt hat, und zugleich in allen Perioden -dieses Volkes mit vorzüglicher Liebe gepflegt worden ist.</p> - -<p>Betrachten wir zuerst die Justinianischen Rechtsbücher, also -diejenige Form, in welcher das Römische Recht zu den neueren -Staaten in Europa gekommen ist, so ist in ihnen eine Zeit des -Verfalls nicht zu verkennen. Der Mittelpunkt dieser Rechts<a class="pagenum" name="Page_88" id="Page_88">[Pg 88]</a>bücher ist eine Compilation aus Schriften einer classischen Zeit, -die als verloren und jetzt unerreichbar dasteht, und <cite>Justinian</cite> -selbst hat dessen kein Hehl. Diese classische Zeit also, die des -<cite>Papinian</cite> und <cite>Ulpian</cite> ist es, worauf wir unsre Blicke zu -richten haben, und wir wollen versuchen, von der Art und Weise -dieser Juristen ein Bild zu entwerfen.</p> - -<p>Es ist oben (S. <a href="#savigny_22">22</a>) gezeigt worden, daß in unsrer Wissenschaft -aller Erfolg auf dem Besitz der leitenden Grundsätze -beruhe, und gerade dieser Besitz<a name="savigny_29" id="savigny_29" class="f70">[29]</a> ist es, der die Größe der -Römischen Juristen begründet. Die Begriffe und Sätze ihrer -Wissenschaft erscheinen ihnen nicht wie durch ihre Willkühr hervorgebracht, -es sind wirkliche Wesen, deren Daseyn und deren -Genealogie ihnen durch langen vertrauten Umgang bekannt geworden -ist. Darum eben hat ihr ganzes Verfahren eine Sicherheit, -wie sie sich sonst außer der Mathematik nicht findet, und -man kann ohne Uebertreibung sagen, daß sie mit ihren Begriffen -rechnen. Diese Methode aber ist keinesweges das ausschließende -Eigenthum eines oder weniger großen Schriftsteller, sie ist vielmehr -Gemeingut Aller, und obgleich unter sie ein sehr verschiedenes -Maaß glücklicher Anwendung vertheilt war, so ist doch die -Methode überall dieselbe. Selbst wenn wir ihre Schriften vollständig -vor uns hätten, würden wir darin weit weniger Individualität -finden, als in irgend einer andern Literatur, sie alle -arbeiten gewissermaaßen an einem und demselben großen Werke, -und die Idee, welche der Compilation der Pandekten zum Grunde -liegt, ist darum nicht völlig zu verwerfen. Wie tief bey den -Römischen Juristen diese Gemeinschaft des wissenschaftlichen Besitzes -gegründet ist, zeigt sich auch darin, daß sie auf die äußeren -Mittel dieser Gemeinschaft geringen Werth legen; so z. B. sind -ihre Definitionen größtentheils sehr unvollkommen, ohne daß die -Schärfe und Sicherheit der Begriffe im geringsten darunter leidet. -Dagegen steht ihnen<a name="savigny_30" id="savigny_30" class="f70">[30]</a> ein viel wichtigeres, mehr unwillkührliches -Mittel zu Gebot, eine treffliche Kunstsprache, die mit der -Wissenschaft so zusammenfällt, daß beide ein unauflösliches Ganze -zu bilden scheinen. Mit diesen Vorzügen aber könnte sich eine -schneidende Einseitigkeit sehr wohl vertragen. Das Recht nämlich -hat kein Daseyn für sich, sein Wesen vielmehr ist das Leben<a class="pagenum" name="Page_89" id="Page_89">[Pg 89]</a> -der Menschen selbst, von einer besondern Seite angesehen. Wenn -sich nun die Wissenschaft des Rechts von diesem ihrem Objecte -ablöst, so wird die wissenschaftliche Thätigkeit ihren einseitigen -Weg fortgehen können, ohne von einer entsprechenden Anschauung -der Rechtsverhältnisse selbst begleitet zu seyn; die Wissenschaft -wird alsdann einen hohen Grad formeller Ausbildung erlangen -können, und doch alle eigentliche Realität entbehren. Aber gerade -von dieser Seite erscheint die Methode der Römischen Juristen -am vortrefflichsten. Haben sie einen Rechtsfall zu beurtheilen, -so gehen sie von der lebendigsten Anschauung desselben aus, und -wir sehen vor unsern Augen das ganze Verhältniß Schritt vor -Schritt entstehen und sich verändern. Es ist nun, als ob dieser -Fall der Anfangspunkt der ganzen Wissenschaft wäre, welche von -hier aus erfunden werden sollte. So ist ihnen Theorie und -Praxis eigentlich gar nicht verschieden, ihre Theorie ist bis zur -unmittelbarsten Anwendung durchgebildet, und ihre Praxis wird -stets durch wissenschaftliche Behandlung geadelt. In jedem<a name="savigny_31" id="savigny_31" class="f70">[31]</a> -Grundsatz sehen sie zugleich einen Fall der Anwendung, in jedem -Rechtsfall zugleich die Regel, wodurch er bestimmt wird, und in -der Leichtigkeit, womit sie so vom allgemeinen zum besondern -und vom besondern zum allgemeinen übergehen, ist ihre Meisterschaft -unverkennbar. Und in dieser Methode, das Recht zu -finden und zu weisen, haben sie ihren eigenthümlichsten Werth, -darin den germanischen Schöffen unähnlich, daß ihre Kunst zugleich -zu wissenschaftlicher Erkenntniß und Mittheilung ausgebildet -ist, doch ohne die Anschaulichkeit und Lebendigkeit einzubüßen, -welche früheren Zeitaltern eigen zu seyn pflegen.</p> - -<p>Diese hohe Bildung der Rechtswissenschaft bey den Römern -im Anfang des dritten Jahrhunderts christlicher Zeitrechnung ist -etwas so merkwürdiges, daß wir auch die Geschichte derselben in -Betracht ziehen müssen. Es würde sehr irrig seyn, wenn man -dieselbe als die reine Erfindung eines sehr begünstigten Zeitalters, -ohne Zusammenhang mit der Vorzeit, halten wollte. Vielmehr -war der Stoff ihrer Wissenschaft den Juristen dieser Zeit -schon gegeben, größtentheils noch aus der Zeit der freyen Republik. -Aber nicht blos dieser Stoff, sondern auch jene bewundernswürdige -Methode selbst hatte ihre Wurzel in der Zeit der Frey<a class="pagenum" name="Page_90" id="Page_90">[Pg 90]</a>heit. Was nämlich Rom groß gemacht hat, war der rege, -lebendige, politische Sinn, womit dieses Volk die Formen seiner -Verfassung stets<a name="savigny_32" id="savigny_32" class="f70">[32]</a> auf solche Weise zu verjüngen bereit war, -daß das neue blos zur Entwicklung des alten diente, dieses -richtige Ebenmaaß der beharrlichen und der fortbewegenden -Kräfte. Dieser Sinn war in der Verfassung wie im bürgerlichen -Rechte wirksam, aber dort war er schon vor dem Ende -der Republik erloschen, während er hier noch Jahrhunderte lang -fortwirken konnte, weil hier nicht dieselben Gründe der Corruption -statt fanden wie in der Verfassung. Also auch im bürgerlichen -Rechte war der allgemeine Römische Character sichtbar, -das Festhalten am Herkömmlichen, ohne sich durch dasselbe zu -binden, wenn es einer neuen, volksmäßig herrschenden Ansicht -nicht mehr entsprach. Darum zeigt die Geschichte des Römischen -Rechts bis zur classischen Zeit überall allmähliche, völlig organische -Entwicklung. Entsteht eine neue Rechtsform, so wird dieselbe -unmittelbar an eine alte, bestehende angeknüpft, und ihr so die -Bestimmtheit und Ausbildung derselben zugewendet. Dieses ist -der Begriff der Fiction, für die Entwicklung des Römischen -Rechts höchst wichtig und von den Neueren oft lächerlich verkannt: -so die <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">bonorum possessio</span> neben der <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">hereditas</span>, die <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">publiciana -actio</span> neben der <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">rei vindicatio</span>, die <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">actiones utiles</span> neben den -<span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">directae</span>. Und indem auf diese Weise das juristische Denken von -der größten Einfachheit zur mannichfaltigsten Ausbildung ganz -stetig und ohne äußere Störung oder Unterbrechung fortschritt, -wurde<a name="savigny_33" id="savigny_33" class="f70">[33]</a> den Römischen Juristen auch in der späteren Zeit -die vollendete Herrschaft über ihren Stoff möglich, die wir an -ihnen bewundern. So wie nun oben bemerkt worden ist, daß -die Rechtswissenschaft in ihrer classischen Zeit Gemeingut der -Juristen war, so erkennen wir jetzt auch eine ähnliche Gemeinschaft -zwischen den verschiedensten Zeitaltern, und wir sind genöthigt, -das juristische Genie, wodurch die Trefflichkeit des Römischen -Rechts bestimmt worden ist, nicht einem einzelnen Zeitalter, -sondern der Nation überhaupt zuzuschreiben. Allein wenn wir -auf die literarische Ausbildung sehen, durch welche allein dem -Römischen Recht eine bleibende Wirkung auf andere Völker und -Zeiten gesichert werden konnte, so müssen wir das Zeitalter des<a class="pagenum" name="Page_91" id="Page_91">[Pg 91]</a> -<cite>Papinian</cite> und <cite>Ulpian</cite> als das vornehmste erkennen, und wenn -wir juristische Bücher aus der Zeit des <cite>Cicero</cite> oder des <cite>August</cite> -übrig hätten, so würden wir schwerlich die Unvollkommenheit -derselben neben jenem Zeitalter verkennen können, so wichtig sie -auch für unsere Kenntniß seyn müßten.</p> - -<p>Aus dieser Darstellung ist von selbst klar, daß das Römische -Recht sich fast ganz von innen heraus, als Gewohnheitsrecht, -gebildet hat, und die genauere Geschichte desselben lehrt, wie -gering im Ganzen der Einfluß eigentlicher Gesetze geblieben ist, -so lange das Recht in einem lebendigen Zustande war. Auch -für<a name="savigny_34" id="savigny_34" class="f70">[34]</a> dasjenige, was oben über das Bedürfniß eines Gesetzbuchs -gesagt wurde, ist die Geschichte des Römischen Rechts sehr -lehrreich. So lange das Recht in lebendigem Fortschreiten war, -wurde kein Gesetzbuch nöthig gefunden, selbst da nicht, als die -Umstände dafür am günstigsten waren. Nämlich zur Zeit der -classischen Juristen hätte es keine Schwierigkeit gemacht, ein treffliches -Gesetzbuch zu verfassen. Auch waren die drey berühmtesten -Juristen, <cite>Papinian</cite>, <cite>Ulpian</cite> und <cite>Paulus</cite> <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">praefecti praetorio</span>; -diesen fehlte es sicher weder an Interesse für das Recht, noch an -Macht, ein Gesetzbuch zu veranlassen, wenn sie es gut oder nöthig -fanden: dennoch sehen wir keine Spur von einem solchen Versuche. -Aber als früher <cite>Cäsar</cite> im Gefühl seiner Kraft und der -Schlechtigkeit des Zeitalters nur seinen Willen in Rom gelten -lassen wollte, soll er auch auf ein Gesetzbuch in unserm Sinne -bedacht gewesen seyn<a name="FNanchor_9_22" id="FNanchor_9_22" href="#Fn_9_22" class="fnanchor">9</a>. Und als im sechsten Jahrhundert alles -geistige Leben erstorben war, suchte man Trümmer aus besseren -Zeiten zusammen, um dem Bedürfniß des Augenblicks abzuhelfen. -So entstanden in einem kurzen Zeitraum verschiedene Römische -Gesetzbücher: das Edict des <cite>Theoderich</cite>, das Westgothische -Breviarium<a name="savigny_35" id="savigny_35" class="f70">[35]</a>, der sogenannte <cite>Papian</cite>, und die Rechtsbücher -von <cite>Justinian</cite>. Schwerlich hätten sich Bücher über Römisches -Recht erhalten, wenn nicht diese Gesetzbücher gewesen wären, -und schwerlich hätte Römisches Recht im neueren Europa Eingang -gefunden, wären nicht unter diesen Gesetzbüchern die von<a class="pagenum" name="Page_92" id="Page_92">[Pg 92]</a> -<cite>Justinian</cite> gewesen, in welchen unter jenen allein der Geist des -Römischen Rechts erkennbar ist. Der Gedanke zu diesen Gesetzbüchern -aber ist augenscheinlich nur durch den äußersten Verfall -des Rechts herbeygeführt worden.</p> - -<p>Ueber den materiellen Werth des Römischen Rechts können -die Meynungen sehr verschieden seyn, aber über die hier dargestellte -Meisterschaft in der juristischen Methode sind ohne Zweifel -alle einig, welche hierin eine Stimme haben. Eine solche Stimme -aber kann offenbar nur denjenigen zukommen, welche unbefangen -und mit literarischem Sinn die Quellen des Römischen Rechts -lesen. Die es blos aus Compendien oder Vorlesungen kennen, -also von Hörensagen, selbst wenn sie einzelne Beweisstellen nachgeschlagen -haben mögen, haben keine Stimme: für sie ist jegliche -Ansicht möglich, unter andern die eines trefflichen Französischen -Redners. Dieser behauptet, das Römische Recht habe zur Zeit -der alten Juristen aus einer unzählbaren Menge einzelner Entscheidungen -und Regeln bestanden, die ein Menschenleben nicht -habe erfassen können: unter <cite>Justinian</cite><a name="savigny_36" id="savigny_36" class="f70">[36]</a> aber »<span class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">la législation -romaine sortit du chaos</span>,« und sein Werk war das am wenigsten -unvollkommene, bis in dem Code Napoleon ein ganz vollkommenes -erschien<a name="FNanchor_10_23" id="FNanchor_10_23" href="#Fn_10_23" class="fnanchor">10</a>.</p> - - - - -<h3 class="gs">5.<br /> - -Bürgerliches Recht in Deutschland.</h3> - - -<p class="noindent"><a name="savigny_37" id="savigny_37" class="f70">[37]</a></p> -<p class="cap"> Bishr neue Zeiten war in ganz Deutschland ein -gleichförmiges bürgerliches Recht unter dem Namen des <em>gemeinen -Rechts</em> in Uebung, durch Landesrechte mehr oder weniger modificirt, -aber nirgends in allen seinen Theilen außer Kraft gesetzt. -Die Hauptquelle dieses gemeinen Rechts waren die Rechtsbücher -von <cite>Justinian</cite>, deren bloße Anwendung auf Deutschland -indessen von selbst schon wichtige Modificationen herbeigeführt -hatte. Diesem gemeinen Rechte war von jeher die wissenschaftliche -Thätigkeit der deutschen Juristen größtentheils zuge<a class="pagenum" name="Page_93" id="Page_93">[Pg 93]</a>wendet. Aber eben über dieses fremde Element unsers Rechts -sind auch schon längst bittere Klagen erhoben worden. Das -Römische Recht soll uns unsre Nationalität entzogen haben, und -nur die ausschließende Beschäftigung unsrer Juristen mit demselben -soll das einheimische Recht gehindert haben, eine eben so -selbstständige und wissenschaftliche Ausbildung zu erlangen. Beschwerden -dieser Art haben schon darin etwas leeres und grundloses, -daß sie als zufällig und willkührlich voraussetzen, was -ohne innere Nothwendigkeit nimmermehr geschehen oder doch nicht -bleibend geworden wäre. Auch liegt überhaupt eine abgeschlossene<a name="savigny_38" id="savigny_38" class="f70">[38]</a> -nationale Entwicklung, wie die der Alten, nicht auf -dem Wege, welchen die Natur den neueren Völkern angewiesen -hat; wie ihre Religion nicht Eigenthum der Völker ist, ihre -Literatur eben so wenig frey von den mächtigsten äußeren Einflüssen, -so scheint ihnen auch ein fremdes und gemeinsames bürgerliches -Recht nicht unnatürlich. Ja sogar nicht blos fremd -überhaupt war dieser Einfluß auf Bildung und Literatur, sondern -größtentheils Römisch, eben so Römisch als jener Einfluß -auf unser Recht. Allein in diesem Falle liegt noch ein besonderer -Irrthum bey jener Ansicht zum Grunde. Nämlich auch -ohne Einmischung des Römischen wäre eine ungestörte Ausbildung -des Deutschen Rechts dennoch unmöglich gewesen, indem -alle die Bedingungen fehlten, welche in Rom das bürgerliche -Recht so sehr begünstigt hatten. Dahin gehörte zuerst die unverrückte -Localität, indem Rom, ursprünglich der Staat selbst, -bis zum Untergang des westlichen Reichs der Mittelpunkt desselben -blieb, während die Deutschen Stämme auswanderten, -unterjochten und unterjocht wurden, so daß das Recht unter alle -vertheilt war, aber nirgends eine unverrückte Stelle, noch weniger -einen einzelnen Mittelpunkt fand. Dann haben schon sehr frühe -die Deutschen Stämme Revolutionen erfahren von so durchgreifender -Art, wie sie die ganze Römische Geschichte nicht kennt. -Denn selbst die Aenderungen der Verfassung unter <cite>August</cite> und -unter<a name="savigny_39" id="savigny_39" class="f70">[39]</a> <cite>Constantin</cite> wirkten auf das bürgerliche Recht -nicht unmittelbar und ließen selbst Grundbegriffe des öffentlichen -Rechts, wie z. B. den der Civität, unberührt. In Deutschland -dagegen, als das Lehenwesen ganz ausgebildet war, blieb von<a class="pagenum" name="Page_94" id="Page_94">[Pg 94]</a> -der alten Nation eigentlich nichts mehr übrig, alles bis auf -Formen und Namen war von Grund aus verändert, und diese -gänzliche Umwälzung war schon entschieden, als das Römische -Recht Eingang fand.</p> - -<p>Im vorigen Abschnitt ist gezeigt worden, wie wichtig das -Römische Recht als Muster juristischer Methode sey: für Deutschland -ist es nun auch historisch, durch sein Verhältniß zum gemeinen -Recht, von großer Wichtigkeit. Es ist ganz falsch, wenn -man diese historische Wichtigkeit des Römischen Rechts auf die -Fälle einschränken wollte, welche unmittelbar aus demselben entschieden -werden. Nicht nur ist in den Landesrechten selbst sehr -vieles blos Römisches Recht und nur in seinem ursprünglichen -Römischen Zusammenhang verständlich, sondern auch da, wo -man absichtlich seine Bestimmungen verlassen hat, hat es häufig -die Richtung und Ansicht des neu eingeführten Rechts bestimmt, -so daß die Aufgabe, die durch dieses neue Recht gelöst werden -soll, ohne Römisches Recht gar nicht verstanden werden kann. -Diese historische Wichtigkeit aber theilt mit dem Römischen Recht -das Deutsche, welches überall in den Landesrechten erhalten ist, -so daß diese ohne Zurückführung<a name="savigny_40" id="savigny_40" class="f70">[40]</a> auf die gemeinsame -Quelle unverständlich bleiben müssen.</p> - -<p>Gegen diesen nicht wenig verwickelten Zustand der Rechtsquellen -in Deutschland, wie er aus der Verbindung des schon -an sich sehr zusammen gesetzten gemeinen Rechts mit den -Landesrechten hervorgieng, sind die größten Klagen geführt -worden. Diejenigen, welche das Studium betreffen, werden besser -unten ihre Stelle finden: einige aber betreffen die Rechtspflege -selbst.</p> - -<p><em>Erstlich</em> soll dadurch die übermäßig lange Dauer der Prozesse -in vielen Deutschen Ländern bewirkt worden seyn. Dieses -Uebel selbst wird niemand abläugnen oder für unbedeutend erklären -können, aber man thut den Richtern in solchen Ländern -in der That zu viel Ehre an, wenn man glaubt, auf das ängstliche -Grübeln über der schweren Theorie werde so viele Zeit -verwendet. Ueber diese Theorie hilft das erste Compendium oder -Handbuch hinweg, welches zur Hand ist: schlecht vielleicht, aber -gewiß mit nicht mehr Aufwand von Zeit als das vortrefflichste<a class="pagenum" name="Page_95" id="Page_95">[Pg 95]</a> -Gesetzbuch. Jenes Uebel entspringt vorzüglich aus der heillosen -Prozeßform vieler Länder, und deren Reform gehört allerdings -zu den dringendsten Bedürfnissen: die Quellen des bürgerlichen -Rechts sind daran schuldlos. Daß dem so ist, wird jeder Unbefangene -zugeben, welcher Acten aufmerksam gelesen hat. Auch -die Erfahrung einzelner Länder spricht dafür, so z. B. war<a name="savigny_41" id="savigny_41" class="f70">[41]</a> -schon längst in Hessen die Rechtspflege gut und schnell, obgleich -da gerade in demselben Verhältniß gemeines Recht und Landesrecht -galt, wie in den Ländern, in welchen die Prozesse nicht zu -Ende gehen.</p> - -<p><em>Zweytens</em> klagt man über die große Verschiedenheit der -Landesrechte, und diese Klage geht noch weiter als auf das Verhältniß -verschiedener Deutscher Länder, da häufig auch in demselben -Lande Provinzen und Städte wiederum besonderes Recht -haben. Daß durch diese Verschiedenheit die Rechtspflege selbst -leide und der Verkehr erschwert werde, hat man häufig gesagt, -aber keine Erfahrung spricht dafür, und der wahre Grund ist -wohl meist ein anderer. Er besteht in der unbeschreiblichen Gewalt, -welche die bloße Idee der Gleichförmigkeit nach allen -Richtungen nun schon so lange in Europa ausübt: eine Gewalt, -gegen deren Mißbrauch schon <cite>Montesquieu</cite> warnt<a name="FNanchor_11_24" id="FNanchor_11_24" href="#Fn_11_24" class="fnanchor">11</a>. Es -lohnt wohl der Mühe, diese Gleichförmigkeit in dieser besondern -Anwendung näher zu betrachten. Das wichtigste, was man für -die Gleichförmigkeit des Rechts sagt, ist dieses: die Liebe zum -gemeinsamen Vaterland werde durch sie erhöht, durch die -Mannichfaltigkeit der Particularrechte aber geschwächt. Ist diese -Voraussetzung<a name="savigny_42" id="savigny_42" class="f70">[42]</a> wahr, so wird jeder wohlgesinnte Deutsche -wünschen, daß Deutschland in allen seinen Theilen gleiches Recht -genießen möge. Aber eben diese Voraussetzung ist nun der -Gegenstand unsrer Prüfung.</p> - -<p>In jedem organischen Wesen, also auch im Staate, beruht -die Gesundheit darauf, daß beides, das Ganze und jeder Theil, -im Gleichgewicht stehe, daß jedem sein Recht widerfahre. Daß -ein Bürger, eine Stadt, eine Provinz den Staat vergessen, dem -sie angehören, ist eine sehr gewöhnliche Erscheinung, und jeder<a class="pagenum" name="Page_96" id="Page_96">[Pg 96]</a> -wird diesen Zustand für unnatürlich und krankhaft erkennen. -Aber eben so kann die lebendige Liebe zum Ganzen blos aus -der lebendigen Theilnahme an allen einzelnen Verhältnissen hervorgehen, -und nur wer seinem Hause tüchtig vorsteht, wird ein -trefflicher Bürger seyn. Darum ist es ein Irrthum, zu glauben, -das Allgemeine werde an Leben gewinnen durch die Vernichtung -aller individuellen Verhältnisse. Könnte in jedem Stande, in -jeder Stadt, ja in jedem Dorfe ein eigenthümliches Selbstgefühl -erzeugt werden, so würde aus diesem erhöhten und vervielfältigten -individuellen Leben auch das Ganze neue Kraft gewinnen. -Darum, wenn von dem Einfluß des bürgerlichen Rechts -auf das Vaterlandsgefühl die Rede ist, so darf nicht geradezu -das besondere Recht einzelner Provinzen und Städte für nachtheilig -gehalten werden. Lob in dieser Beziehung<a name="savigny_43" id="savigny_43" class="f70">[43]</a> verdient -das bürgerliche Recht, insoferne es das Gefühl und Bewußtseyn -des Volkes berührt oder zu berühren fähig ist: Tadel, wenn es -als etwas fremdartiges, aus Willkühr entstandenes, das Volk -ohne Theilnahme läßt. Jenes aber wird öfter und leichter bey -besonderen Rechten einzelner Landstriche der Fall seyn, obgleich -gewiß nicht jedes Stadtrecht etwas wahrhaft volksmäßiges seyn -wird. Ja für diesen politischen Zweck scheint kein Zustand des -bürgerlichen Rechts günstiger, als der, welcher vormals in -Deutschland allgemein war: große Mannichfaltigkeit und Eigenthümlichkeit -im einzelnen, aber als Grundlage überall das gemeine -Recht, welches alle Deutschen Volksstämme stets an ihre -unauflösliche Einheit erinnerte. Das verderblichste aber von -diesem Standpuncte aus ist leichte und willkührliche Aenderung -des bürgerlichen Rechts, und selbst wenn durch dieselbe für Einfachheit -und Bequemlichkeit gut gesorgt wäre, so könnte dieser -Gewinn gegen jenen politischen Nachtheil nicht in Betracht -kommen. Was so vor unsern Augen von Menschenhänden gemacht -ist, wird im Gefühl des Volkes stets von demjenigen -unterschieden werden, dessen Entstehung nicht eben so sichtbar -und greiflich ist, und wenn wir in unserm löblichen Eifer diese -Unterscheidung ein blindes Vorurtheil schelten, so sollten wir -nicht vergessen, daß aller Glaube und alles Gefühl für das was -nicht<a name="savigny_44" id="savigny_44" class="f70">[44]</a> unsres gleichen ist, sondern höher als wir, auf einer<a class="pagenum" name="Page_97" id="Page_97">[Pg 97]</a> -ähnlichen Sinnesart beruht. Eine solche Verwandtschaft könnte -uns über die Verwerflichkeit jener Unterscheidung wohl zweifelhaft -machen<a name="FNanchor_12_25" id="FNanchor_12_25" href="#Fn_12_25" class="fnanchor">12</a>.</p> - - - -<h3 class="gs">6.<br /> - -Unser Beruf zur Gesetzgebung.</h3> - - -<p class="noindent"><a name="savigny_45" id="savigny_45" class="f70">[45]</a></p> -<p class="cap"> Von den Gründen, auf welche das Bedürfniß eines Gesetzbuchs -für Deutschland gebaut zu werden pflegt, ist im vorigen Abschnitt -gesprochen worden: wir haben jetzt die Fähigkeit zu dieser -Arbeit zu untersuchen. Sollte es an dieser fehlen, so müßte -durch ein Gesetzbuch unser Zustand, den wir bessern wollen, nothwendig -verschlimmert werden.</p> - -<p><cite>Baco</cite> forderte, daß die Zeit, in welcher ein Gesetzbuch gemacht -werde, an Einsicht die vorhergehenden Zeiten übertreffe, -wovon die nothwendige Folge ist, daß manchem Zeitalter, welches -in anderer Rücksicht für gebildet gelten mag, gerade diese Fähigkeit -abgesprochen werden muß. In den neuesten Zeiten haben -sich besonders die Gegner des Römischen Rechts über solche Ansichten -nicht selten entrüstet: denn die Vernunft sey allen Völkern -und allen Zeiten gemein, und da wir überdem die Erfahrung -voriger Zeiten benutzen können, so müsse unfehlbar, was wir verfertigen, -besser als alles vorige werden. Aber eben diese Meynung, -daß jedes Zeitalter zu allem berufen sey, ist das verderblichste -Vorurtheil. In den schönen Künsten müssen wir wohl -das Gegentheil anerkennen,<a name="savigny_46" id="savigny_46" class="f70">[46]</a> warum wollen wir uns nicht -dasselbe gefallen lassen, wo von Bildung des Staates und des -Rechts die Rede ist?</p> - -<p>Sehen wir auf die Erwartungen der Nichtjuristen von einem -Gesetzbuch, so sind diese sehr verschieden nach den verschiedenen -Gegenständen des Rechts, und auch hierin zeigt sich das zweyfache -Element alles Rechts, welches ich oben das politische und -das technische genannt habe. An einigen Gegenständen nehmen -sie unmittelbar lebhaften Antheil, andere werden als gleichgültig -der juristischen Technik allein überlassen: jenes ist mehr im<a class="pagenum" name="Page_98" id="Page_98">[Pg 98]</a> -Familienrecht, dieses mehr im Vermögensrecht der Fall, am -meisten in den allgemeinen Grundlagen desselben<a name="FNanchor_13_26" id="FNanchor_13_26" href="#Fn_13_26" class="fnanchor">13</a>. Wir wollen -als Repräsentanten dieser verschiedenartigen Gegenstände die Ehe -und das Eigenthum wählen, was aber von ihnen gesagt werden -wird, soll zugleich für die ganze Classe gelten, wozu sie gehören.</p> - -<p>Die Ehe gehört nur zur Hälfte dem Rechte an, zur Hälfte -aber der Sitte, und jedes Eherecht ist unverständlich, welches -nicht in Verbindung mit dieser seiner nothwendigen Ergänzung betrachtet -wird. Nun ist in neueren Zeiten aus<a name="savigny_47" id="savigny_47" class="f70">[47]</a> Gründen, -die mit der Geschichte der christlichen Kirche zusammenhangen, -die nichtjuristische Ansicht dieses Verhältnisses theils flach, theils -im höchsten Grade schwankend und unbestimmt geworden, und -jene Flachheit, wie dieses Schwanken, haben sich dem Recht der -Ehe mitgetheilt. Wer die Gesetzgebung und das practische Recht -in Ehesachen aufmerksam betrachtet, wird darüber keinen Zweifel -haben. Diejenigen nun, welche glauben, daß jedes Uebel nur -auf ein abhelfendes Gesetz warte, um dann auf der Stelle zu -verschwinden, werden diesen traurigen Zustand gern anerkennen, -um dadurch das Bedürfniß einer kräftigen, durchgreifenden Gesetzgebung -in helles Licht zu setzen. Aber eben die Hoffnung, -die sie hierin auf Gesetze bauen, halte ich für ganz grundlos. -Ist einmal in der allgemeinen Ansicht eine bestimmte und löbliche -Richtung sichtbar, so kann diese durch Gesetzgebung kräftig -unterstützt werden, aber hervorgebracht wird sie durch diese nicht, -und wo sie gänzlich fehlt, wird jeder Versuch einer erschöpfenden -Gesetzgebung den gegenwärtigen Zustand nur noch schwankender -machen und die Heilung erschweren.</p> - -<p>Wir betrachten ferner diejenigen Gegenstände, welche (wie -das Eigenthum) im nichtjuristischen Publikum mit Gleichgültigkeit -betrachtet werden, und wovon selbst Juristen urtheilen, daß -sie unter allen Umständen dieselben seyn können<a name="FNanchor_14_27" id="FNanchor_14_27" href="#Fn_14_27" class="fnanchor">14</a>, so daß sie lediglich<a name="savigny_48" id="savigny_48" class="f70">[48]</a> -der juristischen Technik anheim fallen. Daß wir diese -Ansicht von ihnen haben, ist eigentlich selbst schon Zeichen eines<a class="pagenum" name="Page_99" id="Page_99">[Pg 99]</a> -öffentlichen Zustandes, welchem die rechtsbildende Kraft fehlt; -denn wo diese lebendig ist, werden alle diese Verhältnisse nichts -weniger als gleichgültig, sondern vielmehr ganz eigenthümlich -und nothwendig seyn, wie die Geschichte jedes ursprünglichen -Rechts beweist. Jenen Zustand aber als den unsrigen vorausgesetzt, -wird unsre Fähigkeit zur Gesetzgebung von dem Werthe -und der Ausbildung unsrer juristischen Technik abhangen, und -auf diese muß demnach unsre Untersuchung zunächst gerichtet seyn.</p> - -<p>Unglücklicherweise nun ist das ganze achtzehente Jahrhundert -in Deutschland sehr arm an großen Juristen gewesen. Fleißige -Männer zwar fanden sich in Menge, von welchen sehr schätzbare -Vorarbeiten gethan wurden, aber weiter als zu Vorarbeiten kam -es selten. Ein zweyfacher Sinn ist dem Juristen unentbehrlich: -der historische, um das eigenthümliche jedes Zeitalters und jeder -Rechtsform scharf aufzufassen, und der systematische, um jeden -Begriff und jeden Satz in lebendiger Verbindung und Wechselwirkung -mit dem Ganzen anzusehen, d. h. in dem Verhältniß, -welches das allein wahre und natürliche ist. Dieser zweyfache -wissenschaftliche Sinn findet sich ungemein wenig in den Juristen -des achtzehenten Jahrhunderts, und vorzüglich ein vielfältiges -flaches Bestreben in der Philosophie wirkte sehr ungünstig. -Ueber<a name="savigny_49" id="savigny_49" class="f70">[49]</a> die Zeit, in welcher man selbst lebt, ist ein sicheres -Urtheil sehr schwer: doch, wenn nicht alle Zeichen trügen, ist ein -lebendigerer Geist in unsre Wissenschaft gekommen, der sie künftig -wieder zu einer eigenthümlichen Bildung erheben kann. Nur -fertig geworden ist von dieser Bildung noch sehr wenig, und aus -diesem Grunde läugne ich unsre Fähigkeit, ein löbliches Gesetzbuch -hervorzubringen. Viele mögen dieses Urtheil für übertrieben -halten, aber diese fordere ich auf, mir unter der nicht -geringen Zahl von Systemen des Römisch-Deutschen Rechts eines -zu zeigen, welches nicht etwa blos zu diesem oder jenem besondern -Zwecke nützlich dienen könne, denn deren haben wir viele, -sondern welches als Buch vortrefflich sey; dieses Lob aber wird -nur dann gelten können, wenn die Darstellung eine eigene, selbstständige -Form hat, und zugleich den Stoff zu lebendiger Anschauung -bringt. So z. B. im Römischen Rechte würde es -darauf ankommen, daß die Methode der alten Juristen, der Geist,<a class="pagenum" name="Page_100" id="Page_100">[Pg 100]</a> -der in den Pandekten lebt, erkennbar wäre, und ich würde mich -sehr freuen, dasjenige unsrer Systeme kennen zu lernen, worin -dieses der Fall seyn möchte. Hat nun diese Arbeit bey vielem -Fleiße und guten Talenten bis jetzt nicht gelingen wollen, so -behaupte ich, daß in unsrer Zeit ein gutes Gesetzbuch noch nicht -möglich ist, denn für dieses ist die Arbeit nicht anders, nur -schwerer. Es giebt noch eine andere Probe für unsre Fähigkeit: -vergleichen wir unsre<a name="savigny_50" id="savigny_50" class="f70">[50]</a> juristische Literatur mit der literarischen -Bildung der Deutschen überhaupt, und sehen wir zu, ob jene -mit dieser gleichen Schritt gehalten hat, das Urtheil wird nicht -günstig ausfallen, und wir werden ein ganz anderes Verhältniß -finden, als das der Römischen Juristen zur Literatur der Römer. -In dieser Ansicht liegt keine Herabsetzung, denn unsre Aufgabe -ist in der That sehr groß, ohne Vergleichung schwerer -als die der Römischen Juristen war. Aber eben die Größe -dieser Aufgabe sollen wir nicht verkennen aus Bequemlichkeit -oder Eigendünkel, wir sollen nicht am Ziel zu seyn glauben, wenn -wir noch weit davon entfernt sind.</p> - -<p>Haben wir nun in der That nicht was nöthig ist, damit -ein gutes Gesetzbuch entstehe, so dürfen wir nicht glauben, daß -das wirkliche Unternehmen eben nichts weiter seyn würde, als -eine fehlgeschlagene Hoffnung, die uns im schlimmsten Fall nur -nicht weiter gebracht hätte. Von der großen Gefahr, die unvermeidlich -eintritt, wenn der Zustand einer sehr mangelhaften unbegründeten -Kenntniß durch äußere Autorität fixiert wird, ist -schon oben (S. <a href="#savigny_22">22</a>) gesprochen worden, und diese Gefahr würde -hier um so größer seyn, je allgemeiner die Unternehmung wäre -und je mehr sie mit dem erwachenden Nationalinteresse in Verbindung -gebracht würde. Nahe liegende Beyspiele geben in -solchen Dingen oft ein weniger deutliches Bild: ich will also, -um anschaulich<a name="savigny_51" id="savigny_51" class="f70">[51]</a> zu machen, was auf solche Weise entstehen -kann, an die Zeit nach der Auflösung des weströmischen -Reichs erinnern, wo eben so ein unvollkommner Zustand der -Rechtskenntniß fixirt worden ist (S. <a href="#savigny_34">34</a>). Der einzige Fall, der -hier eine Vergleichung darbietet, ist das Edict des Ostgothischen -Theoderich, weil hier allein das vorhandene Recht in einer eigenen, -neuen Form dargestellt werden sollte. Ich bin weit entfernt zu<a class="pagenum" name="Page_101" id="Page_101">[Pg 101]</a> -glauben, daß, was wir hervorbringen könnten, diesem Edict völlig -gleich sehen würde, denn der Unterschied der Zeiten ist in der -That sehr groß: die Römer im Jahr 500 hatten Mühe zu sagen -was sie dachten, wir verstehen gewissermaaßen zu schreiben: ferner -gab es damals gar keine juristische Schriftsteller, wir haben -daran keinen Mangel. Allein darin ist die Aehnlichkeit unverkennbar, -daß dort ein historischer Stoff dargestellt werden sollte, -den man nicht übersah und nicht regieren konnte, und den wir -Mühe haben in dieser Darstellung wieder zu erkennen. Und -darin ist der Nachteil entschieden auf unsrer Seite, daß im Jahr -500 nichts zu verderben war. In unsrer Zeit dagegen ist ein -lebendiges Bestreben nicht abzuläugnen, und niemand kann wissen, -wie viel besseres wir der Zukunft entziehen, indem wir gegenwärtige -Mängel befestigen. Denn »<span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">ut corpora lente augescunt, -cito extinguuntur; sic ingenia studiaque oppresseris facilius quam -revocaveris</span>.«<a name="FNanchor_15_28" id="FNanchor_15_28" href="#Fn_15_28" class="fnanchor">15</a></p> - -<p><a name="savigny_52" id="savigny_52" class="f70">[52]</a> Ein wichtiger Punkt ist noch zu bedenken, die Sprache -nämlich. Ich frage jeden, der für würdigen, angemessenen Ausdruck -Sinn hat, und der die Sprache nicht als eine gemeine Geräthschaft, -sondern als Kunstmittel betrachtet, ob wir eine Sprache -haben, in welcher ein Gesetzbuch geschrieben werden könnte. Ich -bin weit entfernt, die Kraft der edlen Deutschen Sprache selbst -in Zweifel zu ziehen; aber eben daß sie jetzt nicht dazu taugt, -ist mir ein Zeichen mehr, daß wir in diesem Kreise des Denkens -zurück sind. Kommt nur erst unsre Wissenschaft weiter, so wird -man sehen, wie unsre Sprache durch frische, ursprüngliche Lebenskraft -förderlich seyn wird. Noch mehr, ich glaube wir sind in -diesem Stücke noch in neueren Zeiten rückwärts gegangen. Ich -kenne aus dem achtzehenten Jahrhundert kein Deutsches Gesetz, -welches in Ernst und Kraft des Ausdrucks mit der peinlichen -Gerichtsordnung Karls des fünften verglichen werden könnte.</p> - -<p>Ich weiß, was man auf diese Gründe antworten kann, -selbst wenn man sie alle zugiebt: die Kraft des menschlichen -Geistes sey unendlich, und bey redlichem Streben könne auch -jetzt plötzlich ein Werk hervorgehen, woran von allen diesen<a class="pagenum" name="Page_102" id="Page_102">[Pg 102]</a> -Mängeln keiner verspürt würde. Wohl: der Versuch steht jedem -frey, an Aufmerksamkeit fehlt es unsrer Zeit nicht, und es hat -keine Gefahr, daß das wirkliche Gelingen übersehen werde.</p> - -<p><a name="savigny_53" id="savigny_53" class="f70">[53]</a> Ich habe bis jetzt die Fähigkeit unsrer Zeit zu einer allgemeinen -Gesetzgebung untersucht, als ob dergleichen noch nicht -unternommen worden wäre. Ich wende mich jetzt zu den Gesetzbüchern, -welche die neueste Zeit wirklich hervorgebracht hat.</p> - - - - -<h3 class="gs">7.<br/> - -Die drey neuen Gesetzbücher.</h3> - - -<p class="noindent"><a name="savigny_54" id="savigny_54" class="f70">[54]</a></p> -<p class="cap"> Die vollständige Kritik eines Gesetzbuchs, die von größerem -Umfang seyn muß, als das Gesetzbuch selbst, kann eben deshalb -in den Gränzen einer kleinen Schrift nicht versucht werden. Auch -kommt es hier auf diese Gesetzbücher nicht sowohl in ihrem -Werthe im einzelnen an, als in der Wahrscheinlichkeit, die sie -uns für oder wider das Gelingen einer neuen Unternehmung -dieser Art darbieten. Sie sind nämlich sämtlich aus demjenigen -Zustande juristischer Bildung hervorgegangen, für welchen oben die -Fähigkeit zur Verfertigung eines guten Gesetzbuchs verneint -worden ist, und sie werden folglich historisch zur Bestätigung -oder Widerlegung unsrer Behauptung dienen können. Ich stelle -den Code Napoleon zuerst, weil über ihn allein ausführliche -Verhandlungen bekannt gemacht sind, welche recht unmittelbar -zu unsrem Zwecke führen können.<a name="FNanchor_16_29" id="FNanchor_16_29" href="#Fn_16_29" class="fnanchor">16</a></p> - -<p><a name="savigny_55" id="savigny_55" class="f70">[55]</a> Bey dem Code sind die politischen Elemente der Gesetzgebung -vor den technischen von Einfluß gewesen, und er hat -deshalb in dem bestehenden Rechte mehr als die deutschen Gesetzbücher -geändert. Die Gründe und die Natur dieses überwiegenden -Einflusses sind neuerlich in einer sehr geistreichen<a class="pagenum" name="Page_103" id="Page_103">[Pg 103]</a> -Schrift so gründlich dargestellt worden<a name="FNanchor_17_30" id="FNanchor_17_30" href="#Fn_17_30" class="fnanchor">17</a>, daß ich mich begnügen -kann, ihre Ansichten hier kurz zusammen zu fassen. Die Revolution -nämlich hatte zugleich mit der alten Verfassung auch einen -großen Theil des bürgerlichen Rechts vernichtet, beides mehr aus -blindem Trieb gegen das bestehende und in ausschweifenden, -sinnlosen Erwartungen von einer unbestimmten Zukunft, als von -dem Wahn eines bestimmten, für trefflich gehaltenen Zustandes -geleitet. Als nun Bonaparte alles unter militärischen Despotismus -zwang, hielt er den Theil der Revolution, der ihm diente, -und die Rückkehr der alten Verfassung ausschloß, begierig fest, -das übrige, was nun schon Alle anekelte, und was ihm selbst -entgegen gewesen wäre, sollte verschwinden, nur war dies nicht -überall möglich, da<a name="savigny_56" id="savigny_56" class="f70">[56]</a> die Wirkung der vergangenen Jahre -auf Bildung, Sitten und Gesinnungen nicht auszulöschen war. -Diese halbe Rückkehr zu den vorigen ruhigen Zuständen war -allerdings wohlthätig, und sie gab dem Gesetzbuch, das in dieser -Zeit entstand, seine Hauptrichtung. Aber diese Rückkehr war -Ermüdung und Ueberdruß, nicht der Sieg edlerer Kräfte und -Gesinnungen, auch wäre für diese in dem öffentlichen Zustand, -der sich nun zur Plage von Europa bildete, kein Raum gewesen. -Diese innere Bodenlosigkeit ist in den Discussionen des Staatsraths -unverkennbar, und muß auf jeden aufmerksamen Leser -einen trostlosen Eindruck machen. Dazu kam nun der unmittelbare -Einfluß der Staatsverfassung. Diese war, als der Code -gemacht wurde, der Theorie nach republikanisch im Sinn der -Revolution, in der That aber neigte sich schon alles zu dem -später entwickelten Despotismus. Daher entstand in den Grundsätzen -selbst Schwanken und Veränderlichkeit, so z. B. erklärte -Bonaparte selbst 1803 im Staatsrathe dieselben Familienfideicommisse -für schädlich, unsittlich und unvernünftig<a name="FNanchor_18_31" id="FNanchor_18_31" href="#Fn_18_31" class="fnanchor">18</a>, welche 1806 -wieder eingeführt und 1807 in den Code aufgenommen wurden. -Weit gefährlicher aber für die Gesinnung war es, daß durch -diesen schnellen<a name="savigny_57" id="savigny_57" class="f70">[57]</a> Wechsel der letzte so oft beschworene Gegen<a class="pagenum" name="Page_104" id="Page_104">[Pg 104]</a>stand des Glaubens und der Verehrung wieder vernichtet wurde, -und daß Ausdrücke und Formen nunmehr beständig mit den Begriffen -in Widerspruch kamen, wodurch in den Meisten auch der -letzte Rest von Wahrheit und sittlicher Haltung verschwinden -mußte. Es würde schwer seyn, einen öffentlichen Zustand zu erfinden, -welcher für die Gesetzgebung nachtheiliger als dieser wirkliche -wäre. Auch blickt bey den Franzosen selbst nicht selten -durch die stehenden Lobpreisungen ein Gefühl dieses unseeligen -Zustandes und der Unvollkommenheit der auf denselben gegründeten -Arbeit hervor<a name="FNanchor_19_32" id="FNanchor_19_32" href="#Fn_19_32" class="fnanchor">19</a>. Für Deutschland aber, das der Fluch -dieser Revolution nicht getroffen hatte, war der Code, der Frankreich -einen Theil des Weges zurück führte, vielmehr ein Schritt -vorwärts in den Zustand der Revolution hinein, folglich verderblicher -und heilloser als für Frankreich selbst<a name="FNanchor_20_33" id="FNanchor_20_33" href="#Fn_20_33" class="fnanchor">20</a>. – Doch alle -diese Ansichten haben glücklicherweise für uns Deutsche nur noch -ein historisches Interesse. Napoleon zwar hatte es anders gemeynt. -Ihm diente der Code als ein Band mehr, die Völker -zu umschlingen, und darum<a name="savigny_58" id="savigny_58" class="f70">[58]</a> wäre er für uns verderblich und -abscheulich gewesen, selbst wenn er allen innern Werth gehabt -hätte, der ihm fehlt. Von dieser Schmach sind wir erlöst, und -es wird bald wenig mehr davon übrig seyn, als die Erinnerung, -daß so manche Deutsche Juristen, selbst ohne allen äußeren Beruf, -recht vergnügt mit diesem Instrument gespielt, und uns Heil verkündigt -haben von dem was uns zu verderben bestimmt war. -Jetzt hat der Code eine andere Stellung gegen Europa angenommen, -und wir können ihn ruhig und unparteyisch als ein -Gesetzbuch für Frankreich beurtheilen.</p> - -<p>Wir betrachten nunmehr den technischen Theil des Code, -welcher gedacht werden könnte ohne alle Revolution, indem er -schon bestehendes Recht enthält<a name="FNanchor_21_34" id="FNanchor_21_34" href="#Fn_21_34" class="fnanchor">21</a>. Dieses bestehende Recht aber<a class="pagenum" name="Page_105" id="Page_105">[Pg 105]</a> -ist theils Römisches, theils Französisches (<span class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">coutumes</span>), so daß auch -dieser Theil des Code in jedem einzelnen Stücke von Frankreich -zur Hälfte neues Recht einführte, und nirgends willkommen war<a name="FNanchor_22_35" id="FNanchor_22_35" href="#Fn_22_35" class="fnanchor">22</a>; -derselbe Erfolg würde bey einem ähnlichen Versuche in Deutschland -unvermeidlich seyn. Davon abgesehen, wenden wir uns -nun zur Arbeit selbst. Es ist selbst in Deutschland<a name="savigny_59" id="savigny_59" class="f70">[59]</a> nicht -selten der Ernst und die Gründlichkeit gerühmt worden, womit -man diese Arbeit betrieben habe<a name="FNanchor_23_36" id="FNanchor_23_36" href="#Fn_23_36" class="fnanchor">23</a>. Daß die vier Redactoren -mit der Grundlage des ganzen (dem <span class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">projet de code civil</span>) in -wenigen Monaten zu Stande kamen, war freylich nicht zu läugnen: -aber alles, was hier mangeln mochte, sollte in der Discussion -des Staatsraths, diesem Stolze der Französischen Administration, -vollendet worden seyn. Daß in dieser Discussion öfters auch gute -Gedanken vorkamen, ist wahr, aber den allgemeinen Character -derselben hat <cite>Thibaut</cite> sehr richtig in oberflächliches Hin- und -Herreden und Durcheinandertappen gesetzt<a name="FNanchor_24_37" id="FNanchor_24_37" href="#Fn_24_37" class="fnanchor">24</a>. Doch, was hier die -Hauptsache ist, das eigentlich technische, wovon der wahre Werth -abhieng, ist so gut als gar nicht zur Sprache gekommen. Und -wie konnte es auch anders seyn! Einem sehr zahlreichen und sehr -gemischten Collegium konnten wohl Fragen begreiflich gemacht -werden, wie diese, ob der Vater seine Tochter ausstatten müsse, -und ob der Kauf wegen großer Läsion angefochten werden könne, -aber die allgemeine Theorie des Sachenrechts und der Obligationen -ist nun einmal nicht ohne wissenschaftliche Vorbereitung zu verstehen, -ja sie<a name="savigny_60" id="savigny_60" class="f70">[60]</a> konnte nicht einmal zur Sprache kommen bey -einer Discussion, die den Entwurf blos nach der Reihe der einzelnen -Artikel prüfte, ohne den Inhalt und die Behandlung -ganzer Abschnitte zu untersuchen. So ist es denn gekommen, -daß z. B. die Discussion über die Anfechtung des Kaufs wenigstens -viermal so stark ist, als die über die zwey ersten Kapitel der -Verträge<a name="FNanchor_25_38" id="FNanchor_25_38" href="#Fn_25_38" class="fnanchor">25</a>. Und doch wird mir jeder Sachkundige zugeben, daß<a class="pagenum" name="Page_106" id="Page_106">[Pg 106]</a> -für den Werth und die Brauchbarkeit des Gesetzbuchs überhaupt -jene isolirte Fragen gegen diese allgemeinen Lehren ganz unbedeutend -sind. Der Staatsrath also hat an dem Code, soweit er -technisch ist, keinen Theil, und der Code ist und bleibt die sehr -schnelle Arbeit der bekannten Redactoren, eigentlicher Juristen. -Und wie stand nun die Rechtswissenschaft in Frankreich, als diese -Männer sich bildeten? Es ist allgemein bekannt, daß für das -Römische Recht Pothier der Leitstern der neuern Französischen -Juristen ist, und daß seine Schriften den unmittelbarsten Einfluß -auf den Code gehabt haben. Ich bin weit entfernt, Pothier -gering zu schätzen, vielmehr wäre die Jurisprudenz eines Volkes, -worin er einer von vielen wäre, recht gut berathen. Aber eine -juristische Literatur, in welcher er allein steht,<a name="savigny_61" id="savigny_61" class="f70">[61]</a> und fast als Quelle -verehrt und studiert wird, muß doch Mitleid erregen. Betrachten -wir ferner diese juristische Gelehrsamkeit, wie sie in unläugbaren -Thatsachen vor uns liegt, so ist sie in der That merkwürdig. -Sehr bedeutend sind schon solche Erscheinungen wie <cite>Desquiron</cite><a name="FNanchor_26_39" id="FNanchor_26_39" href="#Fn_26_39" class="fnanchor">26</a>, -der von einem Römischen Juristen <cite>Justus Lipsius</cite> bald nach -den zwölf Tafeln und von dem berühmten <cite>Sicardus</cite> unter -Theodosius II., Verfasser des Codex Theodosianus, erzählt; selbst -solche Monstrositäten verstatten einen Schluß auf den mittleren -Durchschnitt des wissenschaftlichen Zustandes. Allein wir wollen -uns unmittelbar an die Verfasser des Gesetzbuchs wenden, an -<cite>Bigot-Preameneu</cite>, <cite>Portalis</cite> und <cite>Maleville</cite>. Von den -gelehrten Ansichten des ersten ist bereits oben (<a href="#savigny_35">35</a>) eine Probe -vorgekommen. Von Portalis mag die folgende Probe genügen. -Der <span class="antiqua">art</span> 6. enthält die Regel: <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">jus publicum privatorum pactis -mutari non potest</span>. Man hatte den Einwurf gemacht, <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">jus publicum</span> -heiße nicht das Recht was den Staat interessirt, sondern jedes -Gesetz ohne Unterschied, jedes <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">jus publice stabilitum</span>. Darauf antwortet -<cite>Portalis</cite><a name="FNanchor_27_40" id="FNanchor_27_40" href="#Fn_27_40" class="fnanchor">27</a>: im allgemeinen seyen<a name="savigny_62" id="savigny_62" class="f70">[62]</a> beide Bedeutungen -des Worts zuzugeben, aber es frage sich, was es eben in dieser -Stelle des Römischen Rechts heiße. »<span class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">Or, voici comment est conçu<a class="pagenum" name="Page_107" id="Page_107">[Pg 107]</a> -le sommaire de la loi 31<sup>me</sup> au Digeste de pactis: contra tenorem -legis privatam utilitatem continentis pacisci licet.... Ainsi, le -droit public est ce qui intéresse plus directement la société que -les particuliers.</span>« Ich will nicht davon reden, daß hier <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">jus publicum</span> -oberflächlich und schief verstanden ist, aber ich frage: was lag -bey dieser allgemeinen Regel daran, wie sich die Römer eine -ähnliche Regel dachten? und wenn daran etwas lag, wie war es -möglich, den Sprachgebrauch der Römer aus einer Stelle des -<cite>Bartolus</cite> (denn von diesem ist das <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">summarium</span>) darzuthun, -d. h. diesen mit den Römischen Juristen für Eine Masse zu halten? -Das heißt doch wohl <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">tamquam e vinculis sermocinari</span>! <cite>Maleville</cite> -zeigt sich in seinem Buche durchaus als ein ehrenwerther und -verständiger Mann: aber einige Spuren seiner juristischen Gelehrsamkeit -sind um so entscheidender, da er gerade unter die -Repräsentanten des Römischen Rechts bey der Redaction des -Code gehörte. So z. B. giebt er eine kleine Uebersicht der Geschichte -der Usucapion und der <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">res mancipi</span>, die einzig in ihrer -Art ist<a name="FNanchor_28_41" id="FNanchor_28_41" href="#Fn_28_41" class="fnanchor">28</a>: so<a name="savigny_63" id="savigny_63" class="f70">[63]</a> lange die Römer nur kleines und nahes Landeigenthum -hatten, sagt er, waren zwey Jahre zur Verjährung -hinreichend, als sie aber in den Provinzen, also in großer Entfernung -von Rom, Land erwarben, wurden zehen Jahre erfodert -(die <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">longi temporis praescriptio</span>). <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">Res mancipi</span> hießen die Italischen -Grundstücke und alle bewegliche Sachen, bey beweglichen Sachen -gieng durch bloße Tradition Eigenthum über und Usucapion ging -nur auf <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">res mancipi</span>; bey <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">res nec mancipi</span> aber, d. h. bey Provinzialgrundstücken, -gab es eine <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">longi temporis praescriptio</span>, wozu -kein Titel gehörte; der Inhaber derselben hieß <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">dominus bonitarius</span>. -An einer andern Stelle ist von der <cite>Justinianischen</cite> Usucapion -die Rede: man müsse unterscheiden zwischen dem Diebe selbst und -dem dritten, welcher von dem Diebe kaufe, jener brauche 30 Jahre, -bey diesem komme die <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">L. un. C. de usuc. transform.</span> in Anwendung, -also dreyjährige Verjährung<a name="FNanchor_29_42" id="FNanchor_29_42" href="#Fn_29_42" class="fnanchor">29</a>, ganz als ob von <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">res furtiva</span> bey -den Römern niemals die Rede gewesen wäre. Ein anderer sehr -merkwürdiger Fall betrifft <cite>Portalis</cite> und <cite>Maleville</cite> zugleich. -Bey der Ehescheidung nämlich wird beständig Römisches Recht<a class="pagenum" name="Page_108" id="Page_108">[Pg 108]</a> -mit zur Sprache gebracht, aber <cite>Portalis</cite> und <cite>Maleville</cite> -gehen aus von einer Geschichte der Römischen Ehescheidung, welche -nicht etwa blos falsch,<a name="savigny_64" id="savigny_64" class="f70">[64]</a> sondern ganz unmöglich ist; so z. B. -glauben beide, die Ehe habe nicht von einem Ehegatten einseitig, -sondern nur durch Uebereinkunft getrennt werden können, wodurch -in der That das ganze Recht der Pandekten, ja selbst das -von <cite>Justinian</cite> über diesen Gegenstand, vollkommen sinnlos wird; -selbst die Scheidung durch Uebereinkunft sey bey den Römern -blos eine Folge der irrigen Ansicht, daß die Ehe mit anderen -Contracten auf gleicher Linie stehe<a name="FNanchor_30_43" id="FNanchor_30_43" href="#Fn_30_43" class="fnanchor">30</a>! Und dieses betraf hier -nicht etwa eine geschichtliche Curiosität, sondern Grundsätze, welche -auf die Discussion unmittelbaren Einfluß hatten, wie denn z. B. -gerade das unverständigste in der ganzen Geschichte der Römischen -Ehescheidung zum allgemeinen Ekel in den Art. 230 aufgenommen -ist. Dieser Zustand juristischer Gelehrsamkeit aber ist nicht als -Hochmuth oder Verstockung auszulegen; bey den Debatten über -die Rescission des Kaufs führte einem Staatsrath der Zufall die -Dissertation von <cite>Thomasius</cite> über die <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">L. 2. C. de resc. vend.</span> in -die Hände, und es ist ordentlich rührend zu sehen, mit welchem -Erstaunen diese Schrift aufgenommen, excerpirt und discutirt -wird<a name="FNanchor_31_44" id="FNanchor_31_44" href="#Fn_31_44" class="fnanchor">31</a>. Mit ähnlicher und besserer Gelehrsamkeit<a name="savigny_65" id="savigny_65" class="f70">[65]</a> könnten -wir freilich noch in anderen Materien dienen! auch kann man -dieser literarischen Unschuld keine nationale Parteylichkeit vorwerfen, -denn bekanntlich lebten in Frankreich im 16ten Jahrhundert -einige Leute, von denen man noch jetzt Römisches Recht -lernen kann. Aber ich selbst habe einen juristischen Professor in -Paris sagen hören, die Werke des <cite>Cujaz</cite> dürften zwar in einer -sehr vollständigen Bibliothek nicht fehlen, gebraucht würden sie -indessen nicht mehr, weil alles gute aus ihnen bey <cite>Pothier</cite> stehe.</p> - -<p>So viel von dem Boden, worauf der Code gewachsen ist, -nun von der Frucht selbst. Materielle Vollständigkeit lag nicht -im Plane, es kam daher auf folgende drey Stücke an: Auswahl -der Gegenstände, Auswahl der Bestimmungen über jeden Gegenstand, -und Verhältniß zu demjenigen, was <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">in subsidium</span> gelten<a class="pagenum" name="Page_109" id="Page_109">[Pg 109]</a> -sollte, wo der Code nicht zureichen würde. – Die Auswahl der -Gegenstände war für den praktisch gebildeten Juristen das leichteste, -aber gerade diese ist hier so ungeschickt ausgefallen, daß für die -Anwendung die fühlbarsten Lücken im großen entstehen. Nicht -Erfahrung und praktischer Sinn hat sie bestimmt, sondern der -Anstoß, welchen herkömmliche Lehrart gegeben hatte, und geht -man weiter zurück, so wird man häufig finden, daß wichtige -Gegenstände blos deswegen fehlen, weil sie auch gar nicht oder -nur beyläufig in <cite>Justinians</cite> Institutionen vorkommen, die ja -so vielen neueren Systemen oft unbemerkt<a name="savigny_66" id="savigny_66" class="f70">[66]</a> zum Grunde -liegen<a name="FNanchor_32_45" id="FNanchor_32_45" href="#Fn_32_45" class="fnanchor">32</a>. Doch dieser Mangel kann uns gleichgültiger seyn, da -er in jedem künftigen Fall leicht zu vermeiden wäre.</p> - -<p>Weit wichtiger in dieser Rücksicht, und weit schwerer an sich, -ist die Auswahl der Bestimmungen über die wirklich abgehandelten -Gegenstände, also das Finden der Regel, wodurch künftig die -Masse des einzelnen regiert werden soll. Hier kam es darauf -an, selbst im Besitz der leitenden Grundsätze zu seyn, worauf alle -Sicherheit und Wirksamkeit im Geschäft des Juristen beruht (22), -und worin die Römer so groß als Muster vor uns stehen. Gerade -von dieser Seite aber erscheint die Arbeit der Franzosen am -allertraurigsten, wie nunmehr in einigen Beyspielen gezeigt -werden soll.</p> - -<p>Ein Hauptfehler, der überall fühlbar wird, ist dieser. Die -Theorie des Vermögensrechts ist im Ganzen die Römische. Bekanntlich -beruht aber das Römische Vermögensrecht auf zwey -Grundbegriffen, der dinglichen Rechte nämlich und der Obligationen, -und jeder weiß, wie viel die Römer mit der Schärfe -und Bestimmtheit dieser Begriffe ausrichten. Diese Grundbegriffe -nun sind hier nicht etwa blos nirgends definirt, was ich gar -nicht tadeln wollte, sondern sie kennen sie gar nicht in dieser -Allgemeinheit, und diese<a name="savigny_67" id="savigny_67" class="f70">[67]</a> Unkunde verbreitet über das ganze -Werk mehr Dämmerung, als man glauben sollte. Allein dieser -Punkt, so wichtig er ist, bleibt doch zu sehr im allgemeinen -stehen; die Lehre von der Ungültigkeit juristischer Handlungen -in Anwendung auf die Verträge, auf die <span class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">actes de l'etat civil</span><a class="pagenum" name="Page_110" id="Page_110">[Pg 110]</a> -und auf die Ehe, wird Gelegenheit geben, mehr in das besondere -einzugehen. Für die Ungültigkeit der Verträge hat das Römische -Recht den bekannten Unterschied von <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">ipso jure</span> und <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">per exceptionem</span>, -der im alten Recht mit der höchsten Bestimmtheit -ausgebildet war, und noch im <cite>Justinianischen</cite> Recht wohl -mehr, als man gewöhnlich annimmt, wirksam geblieben ist. Im -Code kommt ein Gegensatz von <span class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">convention nulle de plein droit</span> -und <span class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">action en nullité ou en rescision</span> vor (<span class="antiqua">a.</span> 1117). Ob die -Verfasser diesen Gegensatz für einerley mit jenem Römischen gehalten -haben, kann uns gleichgültig seyn: aber sehr wichtig ist -es, daß die Theorie dieser indirecten Ungültigkeit (durch <span class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">action -en nullité</span>) ganz unbestimmt gelassen ist. Es kommt fast nichts -davon vor, als die Zeit der Verjährung (<span class="antiqua">a.</span> 1304), während sehr -viele und sehr wichtige Verschiedenheiten der Wirkung gerade so -noch jetzt statt finden können, wie sie bey den Römern statt -fanden, also auf irgend eine Weise bestimmt werden mußten, da -die Sache einmal angeregt war. – Für die <span class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">actes de l'état civil</span> -ist eine Menge von Förmlichkeiten vorgeschrieben, die ihrer<a name="savigny_68" id="savigny_68" class="f70">[68]</a> -Natur nach ganz willkührlich sind (<span class="antiqua">L. 1. T. 2. Ch. 1.</span>). Aber -eben deshalb war es doppelt nöthig zu bestimmen, was für -Folgen die Vernachlässigung dieser Formen haben sollte. Mehrere -Gerichtshöfe machten auf diese Nothwendigkeit aufmerksam<a name="FNanchor_33_46" id="FNanchor_33_46" href="#Fn_33_46" class="fnanchor">33</a>, -dennoch enthält der Code davon gar nichts. Man sollte nun -denken, in Paris sey man über die Sache selbst so sicher und -einig gewesen, daß man eine ausdrückliche Bestimmung für überflüssig -gehalten hätte; keinesweges. <cite>Cambaceres</cite> nimmt an, -die Nichtbeobachtung jeder Form erzeuge Nullität, d. h. sie vernichte -alle Beweiskraft der Urkunde. <cite>Tronchet</cite> dagegen meynt, -bey Geburt und Tod komme auf die Formen gar nichts an, -und Falsum allein könne entkräften: bey Ehe hingegen, lasse sich -allerdings eine solche Nullität wegen fehlender Form denken.<a name="FNanchor_34_47" id="FNanchor_34_47" href="#Fn_34_47" class="fnanchor">34</a> -<cite>Simeon</cite> aber nimmt an, die nichtbeobachtete Form entkräfte -niemals den Beweis, also auch nicht bey Ehe.<a name="FNanchor_35_48" id="FNanchor_35_48" href="#Fn_35_48" class="fnanchor">35</a> Ist nun diese -Meynung richtig, so gehörten alle diese Formen gar nicht in<a class="pagenum" name="Page_111" id="Page_111">[Pg 111]</a> -den Code, sondern in die bloße Instruction der Beamten, die -Fassung des Code also spricht eigentlich gegen diese Meynung. -Die Sache ist aber um so schlimmer, da diese Formen bey den -Todtenlisten wenigstens<a name="savigny_69" id="savigny_69" class="f70">[69]</a> in Paris ganz unausführbar sind, -und auch in den Provinzen ihre Aufrechthaltung nur gewünscht -wird.<a name="FNanchor_36_49" id="FNanchor_36_49" href="#Fn_36_49" class="fnanchor">36</a> – Noch weit wichtiger aber ist die Lehre von der Ungültigkeit -der Ehe. Das Römische Recht hatte hier einen sehr -einfachen und sehr klaren Weg eingeschlagen. Fehlte eine Bedingung -gültiger Ehe, so hieß es: <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">non est matrimonium</span>, und -auf dieses Nichtdaseyn konnte sich zu jeder Zeit jeder berufen, -der Lust dazu hatte; eine besondere Klage zur Aufhebung war -nicht nöthig, ja nicht denkbar, also gab es auch keine Verjährung -noch andere Beschränkung dieses Rechts. Diese Einfachheit genügte, -weil für jeden andern Fall die einseitige Ehescheidung -aushalf; daß man in unsern Zeiten damit nicht auskam, war -natürlich, und man konnte also außer den Fällen jener Nullität -(welche ich die Römische Nullität nennen will) noch ein besonderes -Recht auf Anfechtung aufstellen, was man (da es auf das Wort -nicht ankommt) immerhin <span class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">action en nullité</span> nennen mochte. Wie -verhält sich nun dazu der Code? er nimmt zweyerlei Nullitäten -an, absolute und relative (<span class="antiqua">L. 1. T. 5. Ch. 4.</span>). Dieses möchte man -wohl gerade für den hier beschriebenen Gegensatz halten, so daß -z. B. Vernachlässigung der Trauungsform eine Römische Nullität -wäre. Genau so versteht es auch <cite>Portalis</cite><a name="FNanchor_37_50" id="FNanchor_37_50" href="#Fn_37_50" class="fnanchor">37</a>, der eben für -diesen speciellen Fall<a name="savigny_70" id="savigny_70" class="f70">[70]</a> die wahre, ächte Nullität mit lebhaften -Farben ausmahlt. Allein <cite>Maleville</cite> nimmt die Römische -Nullität (das <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">non est matrimonium</span>) außer allen diesen Anfechtungsrechten -(<span class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">mariage qui peut être cassé</span>) und verschieden von -denselben an, so daß es dreyerley gäbe: 1. <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">non est matrimonium</span>; -2. absolute Nullität des Code; 3. relative Nullität<a name="FNanchor_38_51" id="FNanchor_38_51" href="#Fn_38_51" class="fnanchor">38</a>. Auch bey -<span class="antiqua">N.</span> 2 läßt sich wohl etwas denken, nämlich es wäre ein Klagerecht -auf Vernichtung, was jeder hätte, aber doch ein bloßes -Klagerecht, so daß ohne alle Klage, und wenn z. B. ein Ehegatte -gestorben wäre, die Ehe mit allen Folgen gültig bliebe;<a class="pagenum" name="Page_112" id="Page_112">[Pg 112]</a> -nur wäre das freylich eine überflüssige Subtilität. Aber noch -verwickelter ist die Ansicht von <cite>Maleville</cite> in dem speciellen -Fall, wenn die Trauungsform fehlt. Diese Ehe, sagt der Art. 191. -<span class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr"><i>peut</i> être attaqué</span> von jedermann; aber Art. 193. läßt merken, es -werde Fälle dieser Art geben, in welchen die Ehe nicht werde -aufgehoben werden, doch ohne diese Fälle zu nennen. Aus beiden -Stellen zieht <cite>Maleville</cite> folgendes Resultat<a name="FNanchor_39_52" id="FNanchor_39_52" href="#Fn_39_52" class="fnanchor">39</a>: die Ehe <span class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">peut -être attaqué</span>, d. h. man kann auf Aufhebung klagen, das Gesetz -verwehrt die Klage nicht, aber was der Richter thun will, ist -seine Sache, oder mit andern Worten, die Aufhebung der Ehe -hangt von der<a name="savigny_71" id="savigny_71" class="f70">[71]</a> Willkühr des Richters ab. Das wäre folglich -noch eine vierte Art der Ungültigkeit, verschieden von den -drey oben angegebenen. Schwerlich giebt es einen Fall, in -welchem richterliche Willkühr gefährlicher und unpassender ist als -in diesem. Ob sie gilt, steht freylich dahin, denn das Gesetz sagt -davon eigentlich nichts, und zwey Redactoren haben darüber, wie -ich gezeigt habe, ganz entgegen gesetzte Meynungen. Aus zwey -Gründen aber wird diese Ungewißheit noch besonders hart: erstlich, -weil sich in Paris (und wahrscheinlich nicht bloß da) die -meisten Armen der Kosten wegen gar nicht trauen lassen<a name="FNanchor_40_53" id="FNanchor_40_53" href="#Fn_40_53" class="fnanchor">40</a>, zweytens -weil die Form der Trauung selbst eine höchst schwankende Bedingung -in sich faßt. Nämlich die Trauung muß nothwendig von -dem <span class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">officier du domicile</span> eines der beyden Ehegatten geschehen, -so daß nicht einmal Delegation zulässig ist<a name="FNanchor_41_54" id="FNanchor_41_54" href="#Fn_41_54" class="fnanchor">41</a>. Aber das <span class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">domicile</span> -ist hier nicht das sonst gewöhnliche (Art. 102), sondern ein besonderes, -für die Trauung allein erfundenes, nämlich Aufenthalt -von 6 Monaten (Art. 74), so daß man nicht einmal zwischen -beiden Arten von <span class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">domicile</span> zu diesem Zwecke die Wahl hat<a name="FNanchor_42_55" id="FNanchor_42_55" href="#Fn_42_55" class="fnanchor">42</a>. -Wie oft nun muß es bey manchen Gewerben zweifelhaft seyn, -ob man auch bey dem besten<a name="savigny_72" id="savigny_72" class="f70">[72]</a> Willen den rechten Beamten -getroffen hat! In jedem Falle dieser Art aber ist das ganze -Schicksal einer Familie der völlig blinden Willkühr eines Gerichts -überlassen, welchem bey keiner möglichen Entscheidung ein Vor<a class="pagenum" name="Page_113" id="Page_113">[Pg 113]</a>wurf gemacht werden kann, da jede Entscheidung die angesehensten -Autoritäten für sich hat. Und der erste Grund dieses heillosen -Schwankens ist, daß man nicht von einem bestimmten, entscheidenden -Begriffe ausgegangen ist, sondern sich in steter Verwirrung -zwischen wahrer Nullität und Anfechtungsrecht hin und her bewegt -hat, ohne jemals aus der Unklarheit heraus kommen zu -können<a name="FNanchor_43_56" id="FNanchor_43_56" href="#Fn_43_56" class="fnanchor">43</a>, wodurch die gänzliche Unnützlichkeit der Staatsrathsdiscussionen -in technischen Dingen recht anschaulich wird. Bey -den Römern waren solche Dinge gar nicht möglich, und es war -diese Unmöglichkeit nicht etwa der Gipfel ihrer Kunst, sondern -der erste Anfang: das heißt, sie waren Männer vom Fach, während -diese Redactoren und Staatsräthe reden und schreiben wie Dilettanten<a name="savigny_73" id="savigny_73" class="f70">[73]</a>, -oder mit anderen Worten, jene brauchten kein Gesetzbuch, -diese sollten keines machen wollen. Noch wird durch -diesen Fall recht anschaulich, was oben über die Gefährlichkeit -unnöthiger und unberufener Gesetzgebung gesagt worden ist. -Eine Verwirrung der Begriffe, wie die hier beschriebene, kann -viele Jahre da seyn, unbemerkt und unschädlich, weil sich durch -Gebrauch das alles in ein gewisses leidliches Gleichgewicht gesetzt -hat. Aber jetzt wird sie gesetzlich ausgesprochen, und wohl -gar durch Discussionen ohne Erfolg zur allgemeinen Kenntniß -gebracht, und nun wird sie gefährlich, nun wird sie in der Hand -des Ungerechten ein Mittel, Andere zu bestricken und zu übervortheilen. -Dieses wäre eine politische Deutung der Regel: -<span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">omnis definitio in jure civili periculosa est</span>.</p> - -<p>Zuletzt ist noch bey dem Code über dasjenige zu sprechen, -was <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">in subsidium</span> gelten soll, wo er nicht zureicht. Ueber den -Umfang und die Wichtigkeit desselben haben sich die Franzosen -nicht getäuscht, sie haben eingesehen, daß eigentlich die aller<a class="pagenum" name="Page_114" id="Page_114">[Pg 114]</a>wenigsten Rechtsfälle unmittelbar durch eine Stelle des Code -entschieden werden können, daß also fast überall jenes unbekannte -das wahrhaft entscheidende seyn müsse<a name="FNanchor_44_57" id="FNanchor_44_57" href="#Fn_44_57" class="fnanchor">44</a>. Aber über die Natur -desselben erklären<a name="savigny_74" id="savigny_74" class="f70">[74]</a> sie sich etwas mannichfaltig, sie behandeln -es wie eine unbestimmte Größe, welche viele Werthe haben kann. -Als solche Werthe nämlich kommen vor<a name="FNanchor_45_58" id="FNanchor_45_58" href="#Fn_45_58" class="fnanchor">45</a>: 1. <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">équité naturelle</span>, -<span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">loi naturelle</span>; 2. Römisches Recht; 3. die alten <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">coutumes</span>; 4. <span class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">usages</span>, -<span class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">exemples</span>, <span class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">décisions</span>, -<span class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">jurisprudence</span>; 5. <span class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">droit commun</span><a name="FNanchor_46_59" id="FNanchor_46_59" href="#Fn_46_59" class="fnanchor">46</a>; -6. <span class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">principes -généraux</span>, <span class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">maximes</span>, <span class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">doctrine</span>, -<span class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">science</span>. Ueber das Verhältniß dieser -sehr verschiedenen Werthe zu einander wird gar nichts gesagt, -außer einmal, daß das Naturrecht nur <span class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">in subsidium</span> gelte, wenn -selbst <span class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr"> usage</span> und <span class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">doctrine</span> nicht ausreiche<a name="FNanchor_47_60" id="FNanchor_47_60" href="#Fn_47_60" class="fnanchor">47</a>. Wir wollen es versuchen, -bestimmte Resultate hieraus zu ziehen.</p> - -<p>Zuvörderst ist es auffallend, daß Eine Art der Ergänzung -gar nicht vorkommt, die organische nämlich, welche von einem -gegebenen Punkt (also von einem Grundsatz des Gesetzbuchs) mit -wissenschaftlicher Sicherheit auf einen nicht gegebenen schließt. -Unsere Juristen haben davon unter den Namen Analogie<a name="savigny_75" id="savigny_75" class="f70">[75]</a> -und <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">argumentum legis</span> etwas beschränkte Begriffe, und auch bey -den Franzosen findet sich einmal beyläufig eine Ahnung davon<a name="FNanchor_48_61" id="FNanchor_48_61" href="#Fn_48_61" class="fnanchor">48</a>. -Aber daß nicht eigentlich Gebrauch davon gemacht wird, ist wohl<a class="pagenum" name="Page_115" id="Page_115">[Pg 115]</a> -nicht zufällig. Dieses Verfahren setzt in dem Gesetzbuch selbst -eine organische Einheit voraus. An eine solche aber ist hier -auch nicht entfernt zu denken, weder materiell, noch formell. -Nicht materiell, denn der Code enthält blos mechanisch vermengt -die Resultate der Revolution und das vorige Recht (S. <a href="#savigny_56">56</a>), ja -auch das vorige Recht ist in ihm nichts in sich verbundenes, da -er eine <span class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">transaction</span> zwischen Römischem Recht und <span class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">coutumes</span> seyn -soll, wie öfters von ihm gerühmt worden ist. Formelle Einheit -würde er seyn, wenn er von den Juristen, seinen Verfassern, -durch die verarbeitende Kraft des Gedankens zu einem logischen -Ganzen geworden wäre, aber daß man sich nicht so hoch verstiegen -hat, wird durch die bisherige Darstellung klar geworden -seyn. Demnach blieb freylich nichts übrig, als eine Ergänzung -von außen zu suchen.</p> - -<p>Die oben angegebenen Ergänzungsmittel, welche<a name="savigny_76" id="savigny_76" class="f70">[76]</a> bey -den französischen Schriftstellern selbst vorkommen, lassen sich noch -sehr reduciren. Das Naturrecht ist wohl mehr zum Staat als -zu ernstlichem Gebrauch mit aufgeführt; wo von besondern Anwendungen -die Rede ist, wird keine Notiz davon genommen, und -nur in Deutschland hat man den Zustand der Französischen -Richter wegen des freyen Gebrauchs dieser Rechtsquelle glücklich -gepriesen<a name="FNanchor_49_62" id="FNanchor_49_62" href="#Fn_49_62" class="fnanchor">49</a>; ich wünschte aber wohl gegenwärtig zu seyn, wenn -ein Französisches Gericht nach dem Naturrecht entscheidet, ob eine -Ehe wegen unvollkommener Form der Trauung ungültig ist. -Die übrigen Stücke kommen zurück auf diese zwey: 1. bisheriges -Recht; 2. wissenschaftliche Theorie. Diese sind nun einzeln zu -prüfen.</p> - -<p>Das bisherige Recht ist bekanntlich nicht blos, wo es dem -Code widerspricht, sondern in allen Materien, die der Code berührt, -aufgehoben (Art. 4), also so gut als überall. Indessen -sind die Franzosen über die Bedeutung dieser Aufhebung mehr -im klaren, als die Deutschen Juristen, welche aus Haß oder -Neigung gegen das Römische Recht viel darüber gestritten haben. -Jene nehmen an, das Römische Recht sowohl als die <span class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">coutumes</span> -zu befolgen, sey dem Richter erlaubt, aber es sey ihm nicht ge<a class="pagenum" name="Page_116" id="Page_116">[Pg 116]</a>boten, und zwar habe das den Sinn, daß ein richterliches<a name="savigny_77" id="savigny_77" class="f70">[77]</a> -Urtheil nicht deswegen cassirt werden könne, weil es diesen -Rechtsquellen widerspreche<a name="FNanchor_50_63" id="FNanchor_50_63" href="#Fn_50_63" class="fnanchor">50</a>. Dasselbe gilt nun auch vom vormaligen -Gerichtsgebrauch<a name="FNanchor_51_64" id="FNanchor_51_64" href="#Fn_51_64" class="fnanchor">51</a>, wie denn unzähligemal die alte -<span class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">jurisprudence</span> als Quelle angeführt wird. Ohne Zweifel denkt -man sich das nicht so, daß jeder Richter in einem Fall, den der -Code unentschieden läßt, zwischen Römischem Recht und irgend -einer <span class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">coutume</span> wählen dürfe, denn sonst wäre die Willkühr zu -ungeheuer, sondern jeder soll das Recht befolgen, was in dieser -Gegend vormals galt, d. h. entweder Römisches Recht, durch -den alten Gerichtsgebrauch modificirt, oder eine specielle <span class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">coutume</span> -mit derselben Modification. Die nothwendige Folge davon wird -wiederum eine große Rechtsverschiedenheit in den Sprengeln der -einzelnen Appellationsgerichte seyn, und diese Verschiedenheit wird -jetzt, wo sie in der Stille, gegen die Absicht des Gesetzes, und -mit Verwirrung der vorigen Gränzen statt finden muß, ein wahres -Uebel seyn, was sie vormals nicht war. Dabey wird aber schon -der günstige Fall vorausgesetzt, daß die Gerichte auf diese regelmäßige -Weise von der Erlaubniß jener entfernten Rechtsquellen -Gebrauch machen wollen. Aber wer bürgt dafür, da es ihnen -nicht geboten ist? Wenn also in einem<a name="savigny_78" id="savigny_78" class="f70">[78]</a> Rechtsfall ein Gericht -vorzieht, irgend eine beliebige <span class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">équité</span> oder <span class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">loi naturelle</span> anzuwenden -aus besonderer Ueberzeugung, oder als Vorwand einer Ungerechtigkeit, -so kann ihm durchaus kein Vorwurf gemacht werden, -denn das Gesetz läßt dieses alles gelten. Man sage nicht, das -Cassationsgericht werde die künftige Praxis in Ordnung, ja sogar -in Gleichförmigkeit erhalten: das Cassationsgericht soll ja blos -cassiren, wo gegen ein Gesetz des Code oder ein neueres Gesetz -gesprochen wird: der Spruch für oder wider <span class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">loi naturelle</span>, Römisches -Recht, <span class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">coutume</span> oder <span class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">jurisprudence</span> liegt also ganz außer der -Wirksamkeit jenes Gerichtshofes. Endlich ist auch noch der wichtige -Umstand zu bemerken, daß in allen aus der Revolution hervorgegangenen -Stücken des Code das vorige Recht gar keinen Schutz gegen die -blindeste Willkühr gewährt. Auch dafür mag wiederum das oben gewählte -Beyspiel von Ungültigkeit der Ehe zur Erläuterung dienen.<a class="pagenum" name="Page_117" id="Page_117">[Pg 117]</a> -Das zweite, was als Supplement des Code gelten kann, -ist die wissenschaftliche Theorie. <cite>Portalis</cite> beschreibt diese einmal -sehr prächtig: sie sey wie das Meer, die Gesetze seyen die -Ufer<a name="FNanchor_52_65" id="FNanchor_52_65" href="#Fn_52_65" class="fnanchor">52</a>. In Frankreich hat es nun freylich mit diesem Meere -nicht viel zu bedeuten, denn eine Rechtswissenschaft, die nicht -auf dem Boden gründlich historischer Kenntniß ruht,<a name="savigny_79" id="savigny_79" class="f70">[79]</a> versieht -eigentlich nur Schreibersdienst bey dem Gerichtsgebrauch. So -ist es in Frankreich in der That, und eine von dem Gerichtsgebrauch -verschiedene Theorie existirt da eigentlich nicht, so daß -alles, was über die Unsicherheit des praktischen Rechts gesagt -worden ist, auch die Theorie trifft. Die Lehranstalten allein -haben ihrer Natur nach eine ganz theoretische Form: von diesen -wird im folgenden Abschnitt bequemer gesprochen werden können.</p> - -<p>Allerdings können einige Umstände eintreten, wodurch der -Zustand der praktischen Rechtspflege günstiger ausfällt, als hier -angedeutet worden ist. Durch Unkenntniß und Geistesträgheit -kann es dahin kommen, daß einzelne Quellen und Schriftsteller -in vielen Gerichten gleichförmig befolgt werden, so z. B. kann -man die <span class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">coutume</span> von Paris mit ihrem Commentator <cite>Ferriere</cite> -weit und breit bequem finden, auch wo sie sonst nicht gegolten -hat. Auch mögen in der alten <span class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">jurisprudence</span> gar manche Sätze -ziemlich allgemein angenommen gewesen seyn. Vielleicht ist es -etwas der Art, was man sich unter dem oben genannten <span class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">droit -commun</span> (S. <a href="#savigny_74">74</a>) denkt. Ferner muß man nicht glauben, daß -gerade alle hier genannte Uebel als solche empfunden werden -müssen; die Römer des vierten und fünften Jahrhunderts nach -Christus haben auch nicht daran gedacht, daß wir sie wegen ihres -tiefen Verfalls bedauern würden. Im Ganzen aber ist doch nicht -zu läugnen,<a name="savigny_80" id="savigny_80" class="f70">[80]</a> daß ein Zustand sehr großer Rechtsungewißheit -zu befürchten ist. Dieser Zustand nun ist unerträglich; denn ob -an verschiedenen Orten verschiedenes Recht gilt, daran liegt -wenig, aber wenn für einen gegebenen einzelnen Fall das Recht -dem Zufall und der Willkühr preis gegeben ist, so ist das schlimmste -eingetreten, was für die Rechtspflege gedacht werden kann, und -dieses Uebel wird gewiß von jedem empfunden.</p> - -<p>Es verdient die rühmlichste Anerkennung, daß in Frankreich<a class="pagenum" name="Page_118" id="Page_118">[Pg 118]</a> -wenigstens Eine wahre und gründliche Stimme über das, was -man thun wollte, gehört worden ist: aber diese Stimme ist verhallt -ohne Spur einer Wirkung. Das Tribunal von Montpellier -spricht über den künftigen Gerichtsgebrauch, wodurch der Code -ergänzt werden soll, also<a name="FNanchor_53_66" id="FNanchor_53_66" href="#Fn_53_66" class="fnanchor">53</a>: »<span class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">Mais quelle jurisprudence! n'ayant d'autre -règle que l'arbitraire sur l'immensité d'objets à co-ordonner au -systême de la législation nouvelle, à quelle unité, à quel concert -faudrait-il s'attendre de la part d'une pareille jurisprudence, ouvrage -de tant de juges et de tant de tribunaux, dont l'opinion ébranlée, -par les secousses révolutionnaires, serait encore si diversement -modifiée! quelle serait enfin le régulateur de cette jurisprudence -disparate, qui devrait nécessairement se composer<a name="savigny_81" id="savigny_81" class="f70">[81]</a> de jugemens -non sujets à cassation, puisqu'ils ne reposeraient pas sur la base -fixe des lois, mais sur des principes indéterminés d'équité, sur des -usages vagues, sur des idées logiciennes, et, pour tout dire en un mot, -sur l'arbitraire! A un systême incomplet de législation, serait donc -joint pour supplément une jurisprudence défectueuse.</span>« Diesem Uebel -zu begegnen, heißt es weiter, könne man zwey Wege einschlagen. -Entweder den Code blos betrachten als Institutionen, und ihm ein -zweytes, ausführlicheres Werk beygeben, was den Zweck von -Justinians Pandekten und Codex hätte. Oder man könnte zweytens -und besser als Regel das bisherige, verschiedene Recht bestehen -lassen, und blos in einzelnen bestimmten Stücken neues und gleichförmiges -Recht durch ganz Frankreich einführen, das heißt also, -kein Gesetzbuch machen. Dieses ist der eigentliche Vorschlag, und -die ganze Art, wie er ausgeführt und begründet wird, ist so gediegen -und ächt praktisch, daß man in dieser Umgebung durch -so frische Gedanken zwiefach erfreut wird.</p> - -<p>Ich wende mich nun zum Preußischen Landrecht. Zur Geschichte -desselben dienen zunächst die officiellen Bekanntmachungen -über diesen Gegenstand<a name="FNanchor_54_67" id="FNanchor_54_67" href="#Fn_54_67" class="fnanchor">54</a>, dann<a name="savigny_82" id="savigny_82" class="f70">[82]</a> einige Stellen aus <cite>Kleins</cite><a class="pagenum" name="Page_119" id="Page_119">[Pg 119]</a> -Schriften<a name="FNanchor_55_68" id="FNanchor_55_68" href="#Fn_55_68" class="fnanchor">55</a>, der wichtigste Beytrag aber von <cite>Simon</cite> ist erst -1811 durch folgende Veranlassung erschienen<a name="FNanchor_56_69" id="FNanchor_56_69" href="#Fn_56_69" class="fnanchor">56</a>. Die Materialien -der gesammten neuen Gesetzgebung nämlich sind noch größtentheils -vorhanden; diese zu ordnen und dadurch erst brauchbar zu machen, -wurde dem eben genannten Rechtsgelehrten übertragen, und dessen -Bericht über dieses Geschäft giebt eine so gründliche und vollständige -Geschichte der ganzen Unternehmung, daß dagegen die -bisherigen Nachrichten fragmentarisch und zum Theil unzuverlässig -erscheinen. Es ist nicht möglich, in dieser trefflichen Schrift -zu sehen, wie durch vereinte und stets wiederholte Arbeit der -eigentlichen Redactoren, der Gesetzcommission, der Landescollegien, -der ständischen Deputirten, und vieler Gelehrten und Geschäftsmänner -aus allen Theilen von Deutschland das Landrecht entstanden -ist, ohne vor<a name="savigny_83" id="savigny_83" class="f70">[83]</a> dem Ernst und der Ausdauer, die darin -bewiesen worden sind, große Achtung zu empfinden; die Seele -des Ganzen aber war der geistreiche <cite>Suarez</cite>, durch welchen -Einheit in der Wirksamkeit so vieler und verschiedener Mitarbeiter -erhalten wurde. Gleich von dieser Seite wird kein Unbefangener -den Code mit dem Landrecht vergleichen wollen: nicht blos die -Gewissenhaftigkeit und Liebe zur Sache, die den besseren Deutschen -natürlich ist, erklärt diesen Unterschied, sondern auch die ganz -verschiedene äußere Lage, aus welcher beide Gesetzbücher hervorgiengen: -der Code sollte schnell fertig seyn, um manches drückende -Uebel aus der Revolution zu mildern, und um alles auf gleichen -Fuß zu setzen, während das Landrecht blos mit dem Zweck und -dem Gefühl, etwas treffliches zu leisten, ohne äußere Noth, die -dazu drang, bearbeitet wurde. Was ich als einen zweyten großen -Vorzug des Landrechts betrachte, ist das Verhältniß desselben zu -den localen Quellen; es sollte blos als subsidiarisches Recht an die -Stelle des »Römischen, gemeinen Sachsen- und andrer fremden<a class="pagenum" name="Page_120" id="Page_120">[Pg 120]</a> -subsidiarischen Rechte und Gesetze treten«<a name="FNanchor_57_70" id="FNanchor_57_70" href="#Fn_57_70" class="fnanchor">57</a>, und alle Provincialrechte -sollten fort bestehen, aber auch binnen drey Jahren zu -besonderen Gesetzbüchern verarbeitet werden<a name="FNanchor_58_71" id="FNanchor_58_71" href="#Fn_58_71" class="fnanchor">58</a>. Andere<a name="savigny_84" id="savigny_84" class="f70">[84]</a> werden -dieses Verhältniß vielmehr als eine Unvollkommenheit des Landrechts -betrachten.</p> - -<p>Sehen wir aber auf die innere Entstehung des Landrechts, -so wird auch dadurch unsre Ansicht bestätigt, nach welcher in -dieser Zeit kein Gesetzbuch unternommen werden sollte. Der -Plan, nach welchem gearbeitet wurde, liegt vor Aller Augen. -Das Justinianische Recht sollte dergestalt Grundlage des Ganzen -seyn, daß davon nur aus besonderen Gründen abgewichen werden -sollte. Diese Gründe wurden darin gesetzt, wenn ein Satz des -Römischen Rechts aus der stoischen Philosophie, oder der besondern -Verfassung, z. B. der Politik der Kaiser, oder aus den spitzfindigen -Fictionen und Subtilitäten der alten Juristen entstanden -wäre<a name="FNanchor_59_72" id="FNanchor_59_72" href="#Fn_59_72" class="fnanchor">59</a>. Dadurch zerfällt das Römische Recht im -Verhältniß zum Landrecht in zwey Theile, einen anwendbaren -als Regel, und einen unanwendbaren als Ausnahme, und es -entstand die doppelte Aufgabe, die Ausnahme gehörig abzusondern, -und die Regel gründlich zu verstehen. Nämlich was -in der That auf stoischer Philosophie oder<a name="savigny_85" id="savigny_85" class="f70">[85]</a> besonderer Verfassung -beruht, und was eine verwerfliche Subtilität ist, kann offenbar -nur von einer sehr gründlichen Rechtsgeschichte aus erkannt -werden; dieselbe geschichtliche Kenntniß und zugleich ein lebendiges -Quellenstudium ist nöthig, wenn das anwendbare recht verstanden -und zu wirklicher Anwendung ersprieslich verarbeitet werden soll. -Ob nun die Schulen von <cite>Nettelbladt</cite> und <cite>Darjes</cite>, in welchen -gewiß die Meisten gebildet worden sind, die auf das Landrecht -großen Einfluß gehabt haben, im Besitz dieser geschichtlichen Kenntnisse -und dieses Quellenstudiums waren, überlasse ich jedem aus<a class="pagenum" name="Page_121" id="Page_121">[Pg 121]</a> -den Schriften dieser Schulen und ihrer Meister zu beurtheilen<a name="FNanchor_60_73" id="FNanchor_60_73" href="#Fn_60_73" class="fnanchor">60</a>. -Der Anfang des Ganzen sollte ein vollständiger Auszug der -Justinianischen Rechtsbücher seyn. Dazu war Anfangs an -<cite>Schlosser</cite> der Antrag gemacht worden, mit welchem man aber -über die Bedingungen nicht einig werden konnte<a name="FNanchor_61_74" id="FNanchor_61_74" href="#Fn_61_74" class="fnanchor">61</a>. Der Auszug -selbst wurde nun von <span class="antiqua">D.</span> <cite>Volkmar</cite> nach einem systematischen -Plane von <cite>Suarez</cite> gemacht; zur Kontrolle der Vollständigkeit -verfertigte <cite>Volkmar</cite> ein Verzeichniß aller Stellen des <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">Corpus -juris</span> nach Ordnung der Quellen, so daß bey jeder Stelle bemerkt -wurde, wo sie in jenem Systeme vorkomme,<a name="savigny_86" id="savigny_86" class="f70">[86]</a> oder warum sie -da fehle. Dieser systematische Auszug wurde dann von <cite>Volkmar</cite> -und <cite>Pachaly</cite> verarbeitet, welche Verarbeitung als das erste -Material der eigentlichen Redaktion anzusehen ist<a name="FNanchor_62_75" id="FNanchor_62_75" href="#Fn_62_75" class="fnanchor">62</a>. Dieses -Material ist allerdings unglaublich oft geprüft und wieder bearbeitet -worden, und gewiß ist im Landrecht davon sehr wenig -unmittelbar übrig geblieben. Aber nicht blos hangt in der -Richtung jedes Geschäfts von großem Umfang ungemein viel von -dem ersten Anstoß ab, sondern gerade hier konnte gar vieles -beynahe nur in dieser ersten Grundlage geschehen, und was von -<cite>Volkmar</cite> gethan und unterlassen worden ist, muß wohl für -alle nachfolgende Arbeiten sehr bestimmend gewesen seyn. Sollte -dieser überwiegende Einfluß vermieden werden, so hätte ein -Anderer, unabhängig von <cite>Volkmars</cite> Arbeit, und unmittelbar -aus den Quellen selbst, das erste Material nochmals aufstellen -müssen, und darin allein hätte eine durchgreifende Probe für -<cite>Volkmars</cite> Arbeit, was die Kenntniß und den Gebrauch der -Quellen betrifft, bestehen können. Dieses ist nicht geschehen, -alle folgende Revisionen sind wahrscheinlich hierauf am wenigsten -gerichtet gewesen, und so steht <cite>Volkmars</cite> Arbeit sehr allein, -obgleich man ihn blos als Sammler betrachtet, auch nicht vorzüglich -geschätzt<a name="savigny_87" id="savigny_87" class="f70">[87]</a> zu haben scheint<a name="FNanchor_63_76" id="FNanchor_63_76" href="#Fn_63_76" class="fnanchor">63</a>. Gerade für diese Stelle<a class="pagenum" name="Page_122" id="Page_122">[Pg 122]</a> -wäre ein Mann von Geist und Gelehrsamkeit sehr wünschenswerth -gewesen, und es wäre interessant, wenn man wenigstens -nach einzelnen Proben vergleichen könnte, wie <cite>Schlosser</cite> die -Aufgabe gelöst haben würde. Vielleicht lag aber in dem Mechanismus -des ganzen Geschäfts ein Grund, warum dieser Auftrag -für einen Mann von Bedeutung und Selbstständigkeit nicht passend -gewesen wäre.</p> - -<p>Sieht man auf das Resultat, wie es vor uns liegt, so ist -ein bestimmtes Urtheil schwerer als bey dem Code, weil die Verhandlungen, -woraus dieses Resultat hervorgegangen ist, nicht -bekannt gemacht sind. Auch scheint es, daß der Plan des Werks, -so wie der ganzen Rechtspflege, die darauf gegründet werden -sollte, nicht immer derselbe gewesen ist. Ursprünglich hatte unläugbar -Friedrich II. die Absicht, daß das Gesetzbuch höchst einfach, -populär und zugleich materiell vollständig seyn sollte, so daß das -Geschäft des Richters in einer Art mechanischer Anwendung<a name="savigny_88" id="savigny_88" class="f70">[88]</a> -bestehen könnte<a name="FNanchor_64_77" id="FNanchor_64_77" href="#Fn_64_77" class="fnanchor">64</a>. Diesem gemäß verbot er schlechthin alle Interpretation, -und wollte, daß bey unzulänglichen oder zweifelhaften -Gesetzen, in jedem einzelnen Fall bey der gesetzgebenden Gewalt -angefragt würde<a name="FNanchor_65_78" id="FNanchor_65_78" href="#Fn_65_78" class="fnanchor">65</a>. Auch noch im Entwurf des Gesetzbuchs ist -die Interpretation dem Richter eigentlich ganz untersagt, und -alles an die Gesetzcommission auch für einzelne Fälle gewiesen<a name="FNanchor_66_79" id="FNanchor_66_79" href="#Fn_66_79" class="fnanchor">66</a>. -Ganz anders nach dem Landrechte; dieses will, daß der Richter -auch auf den Grund des Gesetzes sehe, vorzüglich aber, daß er -jeden Fall, für welchen er kein Gesetz findet, nach den allgemeinen<a class="pagenum" name="Page_123" id="Page_123">[Pg 123]</a> -Grundsätzen des Gesetzbuchs und nach den Gesetzen ähnlicher -Fälle entscheide<a name="FNanchor_67_80" id="FNanchor_67_80" href="#Fn_67_80" class="fnanchor">67</a>; die Anfrage bey der Gesetzcommission war -schon dadurch äußerst beschränkt und selbst wo sie statt fand, war -doch nur der anfragende Richter an den Ausspruch gebunden, -und es galten Rechtsmittel<a name="savigny_89" id="savigny_89" class="f70">[89]</a> gegen das Urtheil<a name="FNanchor_68_81" id="FNanchor_68_81" href="#Fn_68_81" class="fnanchor">68</a>. In der -neuesten Ausgabe des Landrechts aber ist auch diese beschränkte -Anfrage aufgehoben, und die Interpretation des Richters für -jede Art von Fällen gestattet<a name="FNanchor_69_82" id="FNanchor_69_82" href="#Fn_69_82" class="fnanchor">69</a>. Dadurch ist denn allerdings die -ganze Lage des Richters anders, als Friedrich II. sie gedacht zu -haben scheint, und dem ganzen Richteramte wird dadurch ein -mehr wissenschaftlicher und weniger mechanischer Character zuerkannt. -Dennoch ist dieses nur eine einzelne Abweichung von -der Regel, es soll offenbar nur von den als selten gedachten -Ausnahmen gelten, in welchen ein unmittelbar bestimmendes -Gesetz fehlen würde, ja ein Fall dieser Art soll, sobald er vorkommt, -angezeigt und durch ein neues Gesetz entschieden werden<a name="FNanchor_70_83" id="FNanchor_70_83" href="#Fn_70_83" class="fnanchor">70</a>. -Die eigentliche Tendenz des bestehenden Gesetzes selbst also geht -auch jetzt noch darauf, daß die einzelnen Rechtsfälle als solche -vollständig aufgezählt, und einzeln entschieden werden. Und -gerade darin ist die Methode des Landrechts der oben beschriebenen, -welche wir in den übrig gebliebenen Schriften der Römischen -Juristen finden, entgegen gesetzt; nicht zum Vortheil des -Landrechts, wie es mir scheint.<a name="savigny_90" id="savigny_90" class="f70">[90]</a> Bey den Römern beruht alles -darauf, daß der Jurist durch den lebendigen Besitz des Rechtssystems -in den Stand gesetzt wird, für jeden gegebenen Fall das -Recht zu finden. Dazu führt die scharfe, individuelle Anschauung -der einzelnen Rechtsverhältnisse, so wie die sichere Kenntniß -der leitenden Grundsätze, ihres Zusammenhangs und ihrer Unterordnung, -und wo wir bey ihnen Rechtsfälle in der bedingtesten -Anwendung finden, dienen sie doch stets als verkörperter Ausdruck -jenes allgemeinen. Diesen Unterschied wird mir jeder zugeben, -der das Landrecht unbefangen mit den Pandekten vergleicht, und -eine solche Vergleichung ist hier gewiß zulässig, da ja nicht von<a class="pagenum" name="Page_124" id="Page_124">[Pg 124]</a> -eigenthümlicher Römischer Verfassung, sondern von allgemeiner -Methode die Rede ist. Was insbesondere die scharfe, individuelle -Auffassung der Begriffe betrifft, so ist der nicht seltene Mangel -derselben im Landrecht weniger auffallend und fühlbar, weil eben -die materielle Vollständigkeit des Details ihrer Natur nach dahin -strebt, diese Lücke auszufüllen. Was aber die praktischen Regeln -selbst, als den eigentlichen Zweck jedes Gesetzbuchs anlangt, so -ist die Folge des hier beschriebenen Characters, daß die meisten -Bestimmungen des Landrechts weder die Höhe allgemeiner, -leitender Grundsätze, noch die Anschaulichkeit des individuellen -erreichen, sondern zwischen beiden Endpunkten in der Mitte -schweben, während die Römer beide in ihrer naturgemäßen Verknüpfung<a name="savigny_91" id="savigny_91" class="f70">[91]</a> -besitzen. Es darf aber auch nicht übersehen werden, -daß eine große, vielleicht unübersteigliche Schwierigkeit in der -gegenwärtigen Stufe der deutschen Sprache lag, welche überhaupt -nicht juristisch, und am wenigsten für Gesetzgebung, ausgebildet -ist; wie sehr dadurch die lebendige Darstellung individueller -Rechtsverhältnisse erschwert, ja unmöglich gemacht wird, kann -jeder finden, der irgend einen eigenen Versuch der Art, z. B. -eine Uebersetzung aus den Pandekten, unternehmen will. Ja -hierin hatten sogar die Franzosen in der größeren Bestimmtheit -der Formen und in der lateinischen Abstammung ihrer Sprache -vor uns einen großen Vorzug: daß sie ihn nicht besser benutzt -haben, erklärt sich aus dem oben dargestellten traurigen Zustand -ihrer Sachkenntniß. – Man würde diese Bemerkungen sehr misverstehen, -wenn man sie so deuten wollte, als ob die Verfasser -des Landrechts gegen das künftige wissenschaftliche Studium -desselben gleichgültig gewesen wären, was gar nicht meine -Meynung ist. Sehr merkwürdig ist in dieser Rücksicht die bekannte -Preisaufgabe von 1788<a name="FNanchor_71_84" id="FNanchor_71_84" href="#Fn_71_84" class="fnanchor">71</a>, welche ein Lehrbuch in zwey -Theilen forderte, deren erster ein aus dem Gesetzbuch selbst abstrahirtes -Naturrecht, der zweite einen Auszug des positiven -Rechts selbst enthalten sollte. Man hat diese Ansicht des<a name="savigny_92" id="savigny_92" class="f70">[92]</a> -Naturrechts mitunter sehr vornehm angelassen und ihr damit -Unrecht gethan; offenbar sollte unter diesem Namen dasjenige<a class="pagenum" name="Page_125" id="Page_125">[Pg 125]</a> -dargestellt werden, was der Gesetzgeber selbst in seinen Gesetzen -für allgemein und nicht für positiv ansehe, eine interessante -historische Aufgabe, der des Römischen jus gentium ganz ähnlich. -Also gering geschätzt hatte man die wissenschaftliche Kenntniß -des praktischen Rechts keinesweges, vielmehr erkennt das Landrecht -in seiner neuesten Gestalt das dringende Bedürfniß dieser -wissenschaftlichen Kenntniß an: aber es ist unverkennbar, daß -ein innerer Widerstreit zwischen dieser Anerkennung und der -Construction des Werkes selbst obwaltet, indem diese Construction -selbst nach der ursprünglichen Idee von Friedrich II. hinneigt, -woraus sie ja auch hervorgegangen ist.</p> - -<p>Jede Regierung ist zu tadeln, welche die Einsichten ihres -Zeitalters nicht kennt oder verschmäht. Von dieser Seite aber -ist die Preussische Gesetzgebung gewiß keinem Vorwurf ausgesetzt. -Die Stimme nicht blos der eigenen Geschäftsmänner, sondern -aller Deutschen Gelehrten<a name="FNanchor_72_85" id="FNanchor_72_85" href="#Fn_72_85" class="fnanchor">72</a>, ist aufgerufen und gehört worden, -und jeder unbefangene Beobachter wird einräumen, daß, was -gethan und unterlassen worden ist, dem Sinn und der Einsicht -des Zeitalters vollkommen<a name="savigny_93" id="savigny_93" class="f70">[93]</a> entsprach. Selbst die bedeutendste -Stimme, welche sich gleichzeitig dagegen erhoben hat<a name="FNanchor_73_86" id="FNanchor_73_86" href="#Fn_73_86" class="fnanchor">73</a>, beweist -mehr für als wider diese Behauptung. Ich verkenne nicht, wie -viel treffliches in <cite>Schlossers</cite> Ansichten und Urtheilen enthalten -ist, allein das beste darin betrifft den allgemeinen politischen -Character unsrer Zeiten, und mit den eigenthümlichen Bedürfnissen -des bürgerlichen Rechts war er selbst keineswegs im reinen. -Dieses erhellt theils aus der von ihm entworfenen Einleitung -eines Gesetzbuchs<a name="FNanchor_74_87" id="FNanchor_74_87" href="#Fn_74_87" class="fnanchor">74</a>, theils und noch weit mehr aus seinem Plan, -das <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">corpus juris</span> auf ein <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">caput mortuum</span> eigentlicher Gesetze von -weniger als zehn Bogen zu reduciren<a name="FNanchor_75_88" id="FNanchor_75_88" href="#Fn_75_88" class="fnanchor">75</a>. Daß es ihm an Sinn<a class="pagenum" name="Page_126" id="Page_126">[Pg 126]</a> -für das rechte nicht fehlte, zeigt sein geistreicher und durchaus -vortrefflicher Aufsatz über das Studium des reinen Römischen -Rechts<a name="FNanchor_76_89" id="FNanchor_76_89" href="#Fn_76_89" class="fnanchor">76</a>.</p> - -<p>Ein vollständiges Urtheil über das technische des Landrechts -würde erst dann möglich seyn, wenn die oben erwähnten Materialien -verarbeitet und zur allgemeinen<a name="savigny_94" id="savigny_94" class="f70">[94]</a> Kenntniß gebracht würden. -Alles, was für Erhaltung und Verbreitung wichtiger geschichtlicher -Quellen geschieht, verdient ehrenvolle Anerkennung; so die -Organisation jener Materialien, welche von dem Chef der -Preussischen Justiz, dem Herrn Justizminister <cite>von Kircheisen</cite>, -verfügt und dann aufs trefflichste ausgeführt worden ist. Allein -noch ist zu hoffen, daß dasselbe liberale Interesse an der innern -Geschichte des Landrechts auch die Bekanntmachung eines zweckmäßigen -Auszugs aus denselben veranlassen wird. Zu befürchten -ist dabey gewiß nichts, denn was mit solchem Ernst gethan -worden ist, kann sehr ruhig jedem Urtheil entgegen sehen. Daß -auf diesem Wege, selbst von dem zugegebenen Gesichtspunkte des -Ganzen aus, manches einzelne als unhaltbar erkannt werden -könnte, ist wahr, aber dieses würde offenbar ein sehr glücklicher -Erfolg seyn, denn jeder Gesetzgebung ist ein solches Mittel zu -wünschen, wodurch sie von innen heraus gereinigt werden kann. -Diese Materialien müssen ungleich lehrreicher seyn als die gedruckten -über den Code, denn diese betreffen doch meist nur den -Uebergang vom <span class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">projet</span> zum Code, über die Entstehung des <span class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">projet</span> -selbst, was bey weitem die Hauptsache ist, geben sie keine Aufschlüsse, -man müßte denn die leere Declamation der meisten -Reden für solche Aufschlüsse halten wollen; jene Materialien -dagegen würden bis auf die erste Entstehung der Gedanken -zurück führen können. Ein<a name="savigny_95" id="savigny_95" class="f70">[95]</a> besonderer Vortheil aber würde -darin bestehen, daß das Landrecht dadurch ein geschichtliches und -literarisches Leben erhalten würde, welches ihm bis jetzt ganz -fehlt. Damit, daß es von einseitigen Gegnern ungerecht leiden -könnte, hat es keine Noth, denn unter den geistreichen und gebildeten -Männern, auf deren Anzahl die Preußische Justiz stolz -seyn darf, würden sich gewiß Mehrere finden, die ein solches -Unrecht abzuwehren vermöchten.</p> - -<p><a class="pagenum" name="Page_127" id="Page_127">[Pg 127]</a></p> - -<p>Die Geschichte des Oesterreichischen Gesetzbuchs<a name="FNanchor_77_90" id="FNanchor_77_90" href="#Fn_77_90" class="fnanchor">77</a> hat mit -der des Preussischen Landrechts die Aehnlichkeit, daß zu beiden -der erste Anstoß um die Mitte des vorigen Jahrhunderts gegeben -worden ist<a name="FNanchor_78_91" id="FNanchor_78_91" href="#Fn_78_91" class="fnanchor">78</a>, so daß eben derselbe Zustand der Deutschen juristischen -Literatur auf beyde einwirken konnte. Die Grundlage war eine -handschriftliche Arbeit von acht starken Folianten, größtentheils -aus den Commentatoren des Römischen Rechts gezogen, und -schon im Jahre 1767 vollendet. Hieraus machte <cite>Horten</cite> einen -Auszug, welcher von <cite>Martini</cite> zu einem Gesetzbuche verarbeitet -wurde; diese Arbeit von <cite>Martini</cite> wurde dann öffentlich bekannt -gemacht, und von den<a name="savigny_96" id="savigny_96" class="f70">[96]</a> Oesterreichischen Landescollegien und -Universitäten geprüft und beurtheilt<a name="FNanchor_79_92" id="FNanchor_79_92" href="#Fn_79_92" class="fnanchor">79</a>, aus welcher Revision -endlich das gegenwärtige Gesetzbuch entstanden ist. Die Mitwirkung -der Rechtsgelehrten des übrigen Deutschlands scheint -sehr unbedeutend gewesen zu seyn, ja man scheint sie nicht für -sehr wünschenswerth gehalten zu haben, theils wegen des schlechten -Erfolgs einer Preisaufgabe über den Wucher, theils weil das -Preussische Landrecht schon solche Beyträge erhalten hatte, die -also in ihm zugleich mit benutzt werden konnten, deshalb sind -nicht so, wie im Preussischen, für die Beurtheilung öffentlich -Preise ausgesetzt worden<a name="FNanchor_80_93" id="FNanchor_80_93" href="#Fn_80_93" class="fnanchor">80</a>. Daß man keine Preise aussetzte, -konnte sehr gute Gründe haben, aber auch ohne Preise waren -Gutachten und Urtheile leicht zu erlangen, nur war freylich bey -dem sehr geringen literarischen Verkehr des übrigen Deutschlands -mit Oesterreich der bloße Abdruck des Entwurfs nicht hinreichend; -ein Circular an alle Deutsche Universitäten wäre gewiß nicht -ohne Erfolg geblieben. So ist diese Unternehmung, die ihrer -Natur nach nur auf den wissenschaftlichen Zustand der ganzen -Nation gegründet werden konnte, als ein gewöhnliches Geschäft -des einzelnen Landes<a name="savigny_97" id="savigny_97" class="f70">[97]</a> vollführt worden, und jede Absonderung -dieser Art ist für den Erfolg, wenn gleich nicht entscheidend, -doch immer sehr gefährlich.</p> - -<p><a class="pagenum" name="Page_128" id="Page_128">[Pg 128]</a></p> - -<p>Was den Stoff betrifft, so könnte man nach den Vorschriften -der Kaiserin Maria Theresia eine größere Originalität als im -Preussischen Rechte erwarten, da die Verfasser sich nicht an das -Römische Recht binden, sondern überall die natürliche Billigkeit -walten lassen sollten<a name="FNanchor_81_94" id="FNanchor_81_94" href="#Fn_81_94" class="fnanchor">81</a>. Allein was über die Entstehung der -ersten Grundlage aus den Commentatoren gesagt worden ist, so -wie die Betrachtung des Gesetzbuchs selbst, zeigt, daß dennoch -aus derselben Quelle, nur noch weniger rein und unmittelbar, -als bey dem Landrecht geschöpft worden ist. In der Behandlung -zeigt sich sogleich der Hauptunterschied, daß man im Oesterreichischen -Gesetzbuch nicht so, wie im Preussischen, die Rechtsfälle -selbst zu erschöpfen, sondern nur die Begriffe der Rechtsverhältnisse -und die allgemeinsten Regeln für dieselben aufzustellen gesucht -hat<a name="FNanchor_82_95" id="FNanchor_82_95" href="#Fn_82_95" class="fnanchor">82</a>. In der ganzen Form und Anlage ist das Werk einem -etwas ausführlichen Institutionencompendium sehr ähnlich. Die -Ausführung soll nun theils für die Begriffe (das formelle oder -theoretische), theils für die praktischen Regeln besonders geprüft -werden.</p> - -<p><a name="savigny_98" id="savigny_98" class="f70">[98]</a> Daß die Begriffe der Rechtsverhältnisse bey einem Werk -von diesem Plan und Umfang vorzugsweise wichtig seyn müssen, -leuchtet von selbst ein; im Preussischen Landrecht treten sie wegen -des Reichthums an praktischen Regeln mehr zurück, und ihre -fehlerhafte Behandlung ist weniger nachtheilig. Und gerade von -dieser Seite ist gar vieles gegen das Oesterreichische Gesetzbuch -einzuwenden. Die Begriffe der Rechte nämlich sind theils zu -allgemein und unbestimmt, theils zu sehr auf den bloßen Buchstaben -des Römischen Rechts, oder auch auf das Misverständniß -neuerer Commentatoren desselben gegründet, was bey gründlicher -Quellenkenntniß nicht möglich gewesen wäre. Beiderley Fehler -hat das Gesetzbuch nicht blos mit dem Landrecht gemein (welchem -sie, wie schon bemerkt ist, weniger schaden), sondern noch vor -demselben voraus, wie nunmehr in einigen Beyspielen gezeigt -werden soll. Von der Construction der Begriffe selbst aber ist -hier die Rede, nicht von Definitionen, denen als bloßen Symptomen<a class="pagenum" name="Page_129" id="Page_129">[Pg 129]</a> -jener Construction nur ein bedingter und untergeordneter Werth -zugeschrieben werden muß, und welche nur in dieser Beziehung -und nicht um ihrer selbst willen, Gegenstand der folgenden Beurtheilung -seyn werden. – Zuvörderst ist schon oben (S. <a href="#savigny_66">66</a>) -bey dem Code bemerkt worden, wie wichtig und überall eingreifend -im Römischen Rechte die höchst bestimmten Begriffe von dinglichen -Rechten und Obligationen sind. Dasselbe<a name="savigny_99" id="savigny_99" class="f70">[99]</a> gilt vom -Begriff des <span class="antiqua">Status</span>. Hier nun liegt die Unterscheidung von -Personenrechten und Sachenrechten zum Grunde (§. 14. 15), die -aber weder auf Römische, noch auf irgend eine andere Weise -bestimmt gedacht sind. Das Landrecht (I. 2. §. 122-130) ist -darin genauer. – Der Begriff der Sache (§. 285 vgl. §. 303) -wird in solcher Allgemeinheit genommen, daß kaum etwas ist, -was nicht Sache heißen könnte: Künste, Wissenschaften, Fertigkeiten, -Begriffe sind insgesammt Sachen in diesem allgemeinen -Sinne. Nun werden aber unmittelbar auf den Begriff der Sache -zwey der allerwichtigsten Rechtsbegriffe gegründet: Besitz (§. 309) -und Eigenthum (§. 353. 354). Allein es ist einleuchtend, daß -eben dadurch diese Begriffe durchaus gestaltlos und unbrauchbar -werden; so müßten wir z. B. nach §. 309 einem Gelehrten den -juristischen Besitz seiner Wissenschaft zuschreiben, denn er hat sie -in seiner Macht, und er hat den Willen, sie zu behalten. Unvermerkt -wird deshalb in der Behandlung dieser Lehren ein -engerer, nirgends bestimmter Begriff von Sache untergelegt, allein -auch dieser stillschweigend eingeführte Begriff ist nicht zulänglich, -denn nach ihm müßte es doch noch z. B. an einer Forderung -(<span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">obligatio</span>) Besitz und Eigenthum geben, was zwar uneigentlich -gesagt werden kann, wozu aber die ganze Theorie von Besitz -und Eigenthum gar nicht paßt. Das Landrecht (I. 2. § 3) hilft -hier durch einen besonders<a name="savigny_100" id="savigny_100" class="f70">[100]</a> aufgestellten engeren Begriff der -Sachen, worauf sich nachher die Rechtsverhältnisse beziehen. Ein -noch allgemeinerer Nachtheil jenes unbrauchbaren Begriffs der -Sache zeigt sich schon bey der Eintheilung der Sachenrechte in -dingliche und persönliche (§. 307): zu den dinglichen werden die -bekannten fünf Arten gerechnet, Besitz, Eigenthum, Pfand, Dienstbarkeit -und Erbrecht (§. 308), deren Zusammenstellung allein schon -hinreicht, jeden bestimmten Gattungsbegriff ganz unmöglich zu<a class="pagenum" name="Page_130" id="Page_130">[Pg 130]</a> -machen. – Die Objecte der Ersitzung werden so allgemein angegeben -(§. 1455), daß man viele Rechte, z. B. Forderungen, -darunter rechnen müßte, auf welche doch diese Art des Erwerbs -nur auf sehr gezwungene und überflüssige Weise angewendet -werden könnte, eine Anwendung, die wahrscheinlich gar nicht -einmal gemeynt ist. Das Landrecht (I. 9) verhütet diesen Zweifel -dadurch, daß es die ganze Lehre unter den Erwerbungen des -Eigenthums abhandelt. – Unter den persönlichen Servituten -werden das Recht des Gebrauchs und das der Fruchtnießung -dadurch unterschieden, daß jenes auf das bloße Bedürfniß des -Berechtigten beschränkt seyn soll, dieses aber nicht (§. 504. 509). -Der praktische Sinn davon ist dieser, daß Verträge und Testamente, -wenn sie von einem Recht des Gebrauchs reden, von -einem solchen auf das Bedürfniß beschränkten Nutzungsrecht ausgelegt -werden sollen. Allein diese Interpretation ist gewiß nicht -natürlich,<a name="savigny_101" id="savigny_101" class="f70">[101]</a> da es gar nicht gewöhnlich ist, gerade dieses mit -dem Worte Gebrauch zu bezeichnen. Wie dieser Begriff entstanden -ist, kann nicht zweifelhaft seyn; es ist der <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">usus</span>, im Gegensatz -des <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">ususfructus</span>, aber nicht der <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">usus</span> der Römischen Juristen -selbst, sondern der, welcher in unsern Compendien bis auf die -neuesten Zeiten fälschlich angenommen war. Die Römer verstehen -unter <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">usus</span> den Gebrauch ohne allen Fruchtgenuß, z. B. -bey einem Pferde das Reiten und Fahren, aber nicht die Füllen -und das Miethgeld. Nur wenn aus Versehen ein <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">usus</span> an einer -solchen Sache gegeben ist, an welcher ganz oder zum Theil dieser -reine Gebrauch unmöglich ist, interpretiren sie ausnahmsweise -den <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">usus</span> wie vollen oder theilweisen <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">ususfructus</span>, indem sie nothgedrungen -annehmen, daß man sich schlecht ausgedrückt habe, -weshalb durch Interpretation nachgeholfen werden müsse. Das -eigenthümliche Daseyn dieses <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">usus</span> beruht auf Römischem Sprachgebrauch, -und da wir kein Wort von entsprechender Bestimmtheit -haben, so schlägt das Landrecht den richtigern Weg ein, den <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">usus</span> -ganz zu ignoriren, und außer dem Nießbrauch zuerst im allgemeinen -zu bemerken, daß man auch nach Belieben eingeschränkte -Nutzungsrechte geben könne (I. 21. §. 227), dann aber solche Fälle -dieser Art abzuhandeln, die noch bey uns gewöhnlich sind. – -Den Unterschied des Vormundes vom Curator (§. 188) möchte<a class="pagenum" name="Page_131" id="Page_131">[Pg 131]</a> -man auf den ersten Blick darin<a name="savigny_102" id="savigny_102" class="f70">[102]</a> setzen, daß jener auf -Minderjährige, dieser auf alle übrige Hülfsbedürftige bezogen -würde. Diese Terminologie wäre zwar neu und dem Gesetzbuch -eigen, doch tadellos. So ist es aber nicht, denn auch Minderjährige -erhalten sehr oft einen Curator, und nicht einen Vormund -(§. 270-272). Unverkennbar ist dieses aus dem Römischen -Rechte beybehalten, das ja auch häufig dem Pupillen einen blosen -Curator giebt: nur daß hier überhaupt an die Stelle der Pupillen -mit Recht alle Minderjährige getreten sind. Allein das Römische -Recht hat zu dieser scharfen Unterscheidung der Tutel und Curatel -einen besonderen Grund. Der Tutor nämlich ist ihm diejenige -Person, durch deren <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">auctoritas</span> der sonst zum Handeln unfähige -Pupill ergänzt werden kann, während jeder Curator nichts als -gemeiner Verwalter fremder Rechte ist. Das also ist das eigenthümliche -und wichtige des Römischen Tutors, daß mit seiner -Hülfe für den Pupillen Mancipationen, Stipulationen, Vindicationen -u. s. w. möglich sind, welche Handlungen durch freye -Stellvertreter, also auch durch Curatoren, gar nicht vorgenommen -werden können. Der Schlüssel der ganzen Tutel also, insofern -sie etwas eigenthümliches, von der Curatel verschiedenes war, -lag in der Regel: <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">per extraneam personam nihil adquiri (neque -alienari) potest</span><a name="FNanchor_83_96" id="FNanchor_83_96" href="#Fn_83_96" class="fnanchor">83</a>; diese Regel wurde<a name="savigny_103" id="savigny_103" class="f70">[103]</a> zwar später auf civile -Handlungen beschränkt<a name="FNanchor_84_97" id="FNanchor_84_97" href="#Fn_84_97" class="fnanchor">84</a>, aber bey diesen erhielt sie sich noch in -<cite>Justinians</cite> Zeit, wie die angeführten Stellen seiner Rechtsbücher -beweisen. Wir dagegen in unserm praktischen Rechte, -haben davon keine Spur mehr, also auch keinen Grund, zwischen -Tutor und Curator die Römische Gränze zu behalten, die für -uns ihren Sinn verloren hat. Das Gesetzbuch sucht nun gleich -bey der ersten Einführung des Vormundes (§. 188) die Fälle -auszuschließen, in welchen der Pfleger eines Minderjährigen blos -Curator heißt; dieses geschieht durch die Bestimmung: »Ein Vormund -hat <em>vorzüglich für die Person</em> des Minderjährigen zu -sorgen, zugleich aber dessen Vermögen zu verwalten.« In der -vorzugsweisen Beziehung auf die Person also (obgleich nach §. 282 -dieselbe Beziehung auch bey Curatoren statt finden kann) läge<a class="pagenum" name="Page_132" id="Page_132">[Pg 132]</a> -das unterscheidende des Vormundes. Dieses ist nun unverkennbar -die Römische Regel: <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">personae, non rei vel causae (tutor) datur</span><a name="FNanchor_85_98" id="FNanchor_85_98" href="#Fn_85_98" class="fnanchor">85</a>, -die in unsern neueren Compendien ganz auf dieselbe Weise wie -in dem Gesetzbuch modificirt worden ist, weil man sich doch nicht -verbergen konnte, daß der Tutor allerdings auch mit dem Vermögen -einiges Geschäft habe<a name="FNanchor_86_99" id="FNanchor_86_99" href="#Fn_86_99" class="fnanchor">86</a>.<a name="savigny_104" id="savigny_104" class="f70">[104]</a> Ganz consequent wird daher -dem Vormund das Recht und die Verbindlichkeit der Erziehung -»gleich dem Vater« übertragen (§. 216), wobey er nur -in wichtigen und bedenklichen Angelegenheiten an die Genehmigung -des Gerichts gebunden ist. Allein der Sinn jener Römischen -Regel ist ein ganz anderer: die <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">persona</span>, von welcher darin gesprochen -wird, ist die juristische Persönlichkeit des Pupillen, die -Fähigkeit desselben zu förmlichen Handlungen. Diese Fähigkeit -für alle Anwendungen zu ergänzen (will die Stelle sagen) ist der -Hauptberuf des Tutors, darum muß sich sein Amt allgemein auf -alle Theile des Vermögens erstrecken, und kann nicht auf einzelne -Rechtsverhältnisse des Pupillen beschränkt werden. Darum hat -denn auch der Römische Tutor mit der Erziehung des Pupillen -durchaus gar nichts zu schaffen, sondern über diese verfügt der -Prätor ganz frey nach den Umständen, wobei zufällig seine Wahl -auf den Tutor wie auf jeden Andern fallen kann<a name="FNanchor_87_100" id="FNanchor_87_100" href="#Fn_87_100" class="fnanchor">87</a>. Man wird -dagegen einwenden, eben diesen Satz des Römischen Rechts habe -man aus guten Gründen abändern wollen. Wohl: aber der -übrige Zusammenhang macht dabey eine nicht geringe Schwierigkeit. -Denn das Gesetzbuch hat aus dem Römischen Rechte das -strenge Recht der nächsten Verwandten auf <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">tutela legitima</span> angenommen -(§.<a name="savigny_105" id="savigny_105" class="f70">[105]</a> 198), und diese allgemeine Gewalt des künftigen -Intestaterben<a name="FNanchor_88_101" id="FNanchor_88_101" href="#Fn_88_101" class="fnanchor">88</a> über die Person des Minderjährigen ist sehr bedenklich. -Man braucht nicht gerade den äußersten Fall anzu<a class="pagenum" name="Page_133" id="Page_133">[Pg 133]</a>nehmen, daß der Vormund den Mündel umbringt, um ihn zu -beerben: auch in vielen anderen unbemerkteren Fällen wird in -der persönlichen Leitung und Erziehung das Interesse des Mündels -von dem seines künftigen Erben sehr verschieden seyn. Dagegen -schützen weder die gesetzlichen Gründe der Unfähigkeit zur Vormundschaft -(§. 191. 193), die immer sehr selten nachzuweisen seyn -werden, noch die Genehmigung des Gerichts, die ja nur in bedenklichen -Angelegenheiten eingeholt zu werden braucht (§. 216), -noch endlich die Anzeige, die hinterher von wirklichem Misbrauch -der Gewalt gemacht werden kann (§. 217). In diesem Fall ist -der organische Zusammenhang verschiedener Rechtssätze recht merkwürdig. -Das Römische Recht macht seine <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">tutela legitima</span> dadurch -unschädlich, daß es die Erziehung davon absondert: der Hauptberuf -des Tutors ist der, zu auctoriren, und gewiß ist von keinem -Menschen weniger als von dem künftigen Erben zu befürchten, -daß er in leichtsinnige Veräußerungen<a name="savigny_106" id="savigny_106" class="f70">[106]</a> oder Versprechungen -einwilligen werde. Nach dem Preussischen Landrecht bestimmt -auf gleiche Weise, wie nach dem Römischen Rechte, das Gericht -unmittelbar den Erzieher, ohne an den Vormund gebunden zu -seyn (II. 18. §. 320); und überdem gilt gar kein Recht bestimmter -Verwandten auf <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">tutela legitima</span> (II. 18. §. 194), was unsrer heutigen -Ansicht der Vormundschaft gewiß angemessen ist. Auch in Bestimmung -des Begriffs der Vormundschaft geht das Landrecht -freyer zu Werke: Vormund heißt ihm derjenige, welcher alle, -Curator der, welcher nur gewisse Angelegenheiten zu besorgen -hat (II. 18. §. 3. 4). Dabey ist die Römische Terminologie mit -Recht ganz verlassen, dafür aber innerer Zusammenhang erlangt. -So z. B. hat nun auch der Wahnsinnige einen Vormund (II. 18. -§. 12), der nach dem Oesterreichischen Gesetzbuch nur einen Curator -hat (§. 270). Dieses folgt darin dem Römischen Rechte; aber -der Grund des Römischen Rechts, den Schutz der Pupillen von -dem der Wahnsinnigen streng zu unterscheiden, lag darin, daß -bey Pupillen und nicht auch bey Wahnsinnigen eine <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">auctoritas</span> -möglich war, und dieser Grund existirt nicht mehr. Daß Dinge solcher -Art geringfügig und unbedeutend seyen, wird niemand behaupten, -der aufmerksam den großen Einfluß dieser Verknüpfung und Bezeichnung -der Begriffe auf die Rechtssätze selbst beobachtet hat.</p> - -<p><a class="pagenum" name="Page_134" id="Page_134">[Pg 134]</a></p> - -<p>Bisher ist von der Construction der Begriffe im<a name="savigny_107" id="savigny_107" class="f70">[107]</a> Oesterreichischen -Gesetzbuch die Rede gewesen, und nur beyläufig auch -von praktischen Sätzen, insofern nämlich jene Construction unmittelbaren -Einfluß auf dieselben ausgeübt hat. Nun ist noch -besonders von den praktischen Sätzen zu sprechen. Es ist schon -bemerkt worden, daß die materielle Vollständigkeit, welche im -Preussischen Landrechte gesucht war, hier gar nicht zur Aufgabe -gehörte: die Entscheidung der einzelnen Rechtsfälle wird demnach -meistens, so wie bey dem Code (S. <a href="#savigny_73">73</a>), nicht unmittelbar durch -das Gesetzbuch bestimmt werden können, und das außer ihm -liegende, wodurch sie in der That bestimmt werden wird, verdient -auch hier die allergrößte Aufmerksamkeit. Das Gesetzbuch selbst -(§. 7) schreibt eine doppelte Quelle dieser Ergänzung vor: zunächst -die wirklich im Gesetzbuch enthaltene Entscheidung ähnlicher Fälle, -und, wo diese nicht ausreicht, das Naturrecht. Allein die erste -Quelle wird wenig sichere Hülfe geben: denn materieller Reichthum -des Gesetzbuchs war, wie schon bemerkt, gar nicht gesucht, -und von der formellen Unzulänglichkeit desselben ist so eben ausführlich -die Rede gewesen. Die zweyte Quelle aber (das Naturrecht) -ist selbst von den würdigen Männern, welche zuletzt zur -Entstehung des Gesetzbuchs mitgewirkt haben, als sehr gefährlich -für die Rechtspflege anerkannt<a name="FNanchor_89_102" id="FNanchor_89_102" href="#Fn_89_102" class="fnanchor">89</a>. Der Erfolg wird also auch<a name="savigny_108" id="savigny_108" class="f70">[108]</a> -hier, wie bey dem Code, ein ganz anderer seyn, als ihn -das Gesetzbuch anzunehmen scheint, indem unvermeidlich und ganz -in der Stille die wissenschaftliche Theorie den Einfluß auf die -Rechtspflege behaupten wird, den ihr das Gesetzbuch zu entziehen -bestimmt war. Ob also die wirklich verbreitete Theorie gut oder -schlecht ist, davon wird in der That das meiste abhangen, und -der Zustand der Lehranstalten (wovon der folgende Abschnitt -reden soll) wird für die Rechtspflege noch in ganz anderer Rücksicht, -als wegen der bloßen Kenntniß des Gesetzbuches selbst, -entscheidend seyn.</p> - -<p>Ist dieses Urtheil über die drey neuen Gesetzbücher gegründet,<a class="pagenum" name="Page_135" id="Page_135">[Pg 135]</a> -so liegt darin eine Bestätigung meiner Ansicht, daß die gegenwärtige -Zeit keinen Beruf hat, ein Gesetzbuch zu unternehmen: -und gewiß eine sehr starke Bestätigung. Denn wie viel die -Franzosen durch Gewandtheit und Leichtigkeit im praktischen -Leben auszurichten vermögen, ist uns allen oft genug wiederholt -worden: welche Zeiträume hindurch von verdienten, einsichtsvollen -Männern an den Deutschen Gesetzbüchern mit ernstlichem Eifer -gearbeitet worden ist, wissen wir. Ist also durch so verschiedenartige -Bemühungen das Ziel dennoch nicht erreicht worden, so -muß es in der juristischen Bildung eines ganzen<a name="savigny_109" id="savigny_109" class="f70">[109]</a> Zeitalters -Hindernisse geben können, welche nicht zu übersteigen sind. Diese -Ueberzeugung aber ist entscheidend, da ohne Zweifel die eifrigen -Freunde der Gesetzbücher die Bürgschaft eines glücklichen Erfolgs -blos in ihrem lebhaften Bestreben nach diesem Gegenstande finden, -was doch nach jenen Erfahrungen nicht hinreichend ist. Es -würde also nur noch darauf ankommen, die gegenwärtige Bildung -der Rechtswissenschaft mit derjenigen zu vergleichen, aus welcher -die vorhandenen Gesetzbücher hervorgegangen sind: und bey unbefangener -Selbstprüfung müssen wir bekennen, daß beide vielleicht -wohl dem Grade nach, aber nicht generisch verschieden sind.</p> - -<p>Alle diese Erinnerungen übrigens betreffen nicht etwa einzelne -Mängel, durch deren Verbesserung dem Ganzen leicht ein wahrhaft -treffliches und genügendes Daseyn verschafft werden könnte: -sie betreffen vielmehr den Character des Ganzen selbst, und alles -einzelne, was herausgehoben worden ist, sollte blos dazu dienen, -diesen allgemeinen Charakter anschaulich zu machen, und ein -Urtheil über denselben zu begründen. Anderer Meynung ist ein -neuerer Schriftsteller<a name="FNanchor_90_103" id="FNanchor_90_103" href="#Fn_90_103" class="fnanchor">90</a>, welcher von dem Code glaubt, die wenigen -Flecken, welche denselben verunstalten, könnten leicht abgewischt -werden, worauf er allerdings zu einer dankenswerthen Wohlthat -werden würde. Allein<a name="savigny_110" id="savigny_110" class="f70">[110]</a> es sey uns diese fremde Weisheit -überflüssig, denn, sagt er, »wir haben kürzlich ein bürgerliches -Gesetzbuch in Oesterreich erhalten, welches dem Französischen -wenigstens an die Seite gesetzt werden kann und für uns den -Vorzug hat, ohne alle weitere Vorbereitung in ganz Deutschland -anwendbar zu seyn.« Sein Rath geht dahin, daß dieses Gesetz<a class="pagenum" name="Page_136" id="Page_136">[Pg 136]</a>buch augenblicklich angenommen, und dann den Regierungen -überlassen werde, ihre Vorschläge einzelner Abänderungen einer -Gesetzcommission vorzulegen. Diese Ansicht scheint mir schon aus -sich selbst und ohne Prüfung des innern Werthes der Gesetzbücher -widerlegt werden zu können: denn wenn es wahr wäre, -daß der Code vortrefflich und mit geringen Modificationen eine -Wohlthat, das sehr verschiedene Oesterreichische Gesetzbuch aber -auch vortrefflich, ja noch besser und völlig anwendbar wäre, so -müßte den Gesetzbüchern überhaupt eine völlig fabrikmäßige Vortrefflichkeit -zugeschrieben werden, und es wäre unmöglich, sie für -etwas großes und höchst wünschenswerthes zu halten.</p> - - - - -<h3 class="gs">8.<br/> - -Was wir thun sollen wo keine Gesetzbücher sind.</h3> - - -<p class="noindent"><a name="savigny_111" id="savigny_111" class="f70">[111]</a></p> -<p class="cap"> Bey der Untersuchung dessen, was geschehen soll, -müssen vor allem diejenigen Länder, in welchen bis jetzt gemeines -Recht und Landesrecht (nur etwa unterbrochen durch die kurze -Herrschaft des Code) galt, von denen getrennt werden, welche -bereits unter einheimischen Gesetzbüchern leben.</p> - -<p>In den Ländern des gemeinen Rechts wird, so wie überall, -ein löblicher Zustand des bürgerlichen Rechts von drey Stücken -abhängig seyn: erstlich einer zureichenden Rechtsquelle, dann -einem zuverlässigen Personal, endlich einer zweckmäßigen Form -des Prozesses. Ich werde in der Folge auf diese drey Stücke -zurückkommen, um die Zulänglichkeit meines Plans darnach zu -prüfen.</p> - -<p>Was zuerst die Rechtsquelle anlangt, wozu eben das neu -einzuführende Gesetzbuch bestimmt seyn sollte, so würde nach -meiner Ueberzeugung wieder einzuführen seyn an die Stelle des Code, -oder beyzubehalten, wo der Code nicht galt, dieselbe Verbindung -des gemeinen Rechts und der Landesrechte, welche früher in ganz -Deutschland herrschend war: diese Rechtsquelle halte ich für hinreichend, -ja für vortrefflich,<a name="savigny_112" id="savigny_112" class="f70">[112]</a> sobald die Rechtswissenschaft -thut, was ihres Amtes ist, und was nur durch sie geschehen kann.</p> - -<p>Betrachten wir nämlich unsern Zustand, wie er in der That -ist, so finden wir uns mitten in einer ungeheuern Masse juristi<a class="pagenum" name="Page_137" id="Page_137">[Pg 137]</a>scher Begriffe und Ansichten, die sich von Geschlecht zu Geschlecht -fortgeerbt und angehäuft haben<a name="FNanchor_91_104" id="FNanchor_91_104" href="#Fn_91_104" class="fnanchor">91</a>. Wie die Sache jetzt steht, besitzen -und beherrschen wir diesen Stoff nicht, sondern wir werden -von ihm bestimmt und getrieben nicht wie wir wollen. Darauf -gründen sich alle Klagen über unsern Rechtszustand, deren Gerechtigkeit -ich nicht verkenne, und daher ist alles Rufen nach -Gesetzbüchern entstanden. Dieser Stoff umgiebt und bestimmt -uns auf allen Seiten, oft ohne daß wir es wissen: man könnte -darauf denken, ihn zu vernichten, indem man alle historische -Fäden zu durchschneiden und ein ganz neues Leben zu beginnen -versuchte, aber auch diese Unternehmung würde auf einer Selbsttäuschung -beruhen. Denn es ist unmöglich, die Ansicht und -Bildung der jetztlebenden Rechtsgelehrten zu vernichten: unmöglich, -die Natur der bestehenden Rechtsverhältnisse umzuwandeln; -und auf diese doppelte Unmöglichkeit gründet sich der unauflösliche -organische Zusammenhang der Geschlechter und Zeitalter, -zwischen welchen nur Entwicklung aber<a name="savigny_113" id="savigny_113" class="f70">[113]</a> nicht absolutes Ende -und absoluter Anfang gedacht werden kann. Insbesondere damit, -daß einzelne, ja viele Rechtssätze abgeändert werden, ist für -diesen Zweck gar nichts gethan: denn, wie schon oben bemerkt -worden ist (S. <a href="#savigny_39">39</a>), die Richtung der Gedanken, die Fragen und -Aufgaben werden auch da noch durch den vorhergehenden Zustand -bestimmt seyn, und die Herrschaft der Vergangenheit über die -Gegenwart wird sich auch da äußern können, wo sich die Gegenwart -absichtlich der Vergangenheit entgegen setzt. Dieser überwiegende -Einfluß des bestehenden Stoffs also ist auf keine Weise -vermeidlich: aber er wird uns verderblich seyn, solange wir ihm -bewußtlos dienen, wohlthätig, wenn wir ihm eine lebendig bildende -Kraft entgegen setzen, durch historische Ergründung ihn -unterwerfen, und so den ganzen Reichthum der vergangenen Geschlechter -uns aneignen. Wir haben also nur die Wahl, ob wir -wollen, nach <cite>Baco's</cite> Ausdruck, <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">sermocinari tamquam e vinculis,</span> -oder ob eine gründliche Rechtswissenschaft uns lehren soll, diesen -historischen Stoff frey als unser Werkzeug zu gebrauchen: ein -drittes giebt es nicht. Bey dieser Wahl möchte die Wissenschaftlichkeit -schon von selbst, als der edlere Theil, für sich gewinnen:<a class="pagenum" name="Page_138" id="Page_138">[Pg 138]</a> -aber es kommen noch besondere Gründe aus unsrer Lage hinzu. -Zuerst die allgemeine wissenschaftliche Richtung, die den Deutschen -natürlich ist, und wodurch sie es andern Nationen in vielen<a name="savigny_114" id="savigny_114" class="f70">[114]</a> -Dingen zuvor zu thun berufen sind: dann auch manches in -unsren politischen Verhältnissen. Darum wird nicht die Erfahrung -anderer Nationen oder Zeiten zur Widerlegung angeführt -werden können, nicht der Zustand des bürgerlichen Rechts in -England, noch der bey unsren Vorfahren. Was unsre Vorfahren -betrifft, so hat <cite>Möser</cite> in einem trefflichen Aufsatz den Unterschied -zwischen dem, was er Willkühr, und was er Weisheit -nennt, entwickelt<a name="FNanchor_92_105" id="FNanchor_92_105" href="#Fn_92_105" class="fnanchor">92</a>: bey jener konnte Freiheit und Gerechtigkeit -bestehen, solange ebenbürtige genosse Richter urtheilten, wir -können Weisheit durchaus nicht entbehren. Als Surrogat derselben -verdient in dieser Rücksicht selbst das Hangen an mittelmäßigen -Autoritäten (so schlecht dieses in anderer Rücksicht ist) -alle Achtung<a name="FNanchor_93_106" id="FNanchor_93_106" href="#Fn_93_106" class="fnanchor">93</a>, und kann als ein Schutzmittel gegen die verderbliche -Verwechslung von Willkühr und Weisheit dienen.</p> - -<p>Erst wenn wir durch ernstliches Studium vollständigere -Kenntniß erworben, vorzüglich aber unsren geschichtlichen und -politischen Sinn mehr geschärft haben, wird ein wahres Urtheil -über den überlieferten Stoff möglich seyn. Bis dahin dürfte es -gerathener seyn, etwas zu zweifeln, ehe wir vorhandenes für -schlaffe Angewohnheit, unkluge Abgeschiedenheit<a name="savigny_115" id="savigny_115" class="f70">[115]</a> und blose -Rechtsfaulheit halten<a name="FNanchor_94_107" id="FNanchor_94_107" href="#Fn_94_107" class="fnanchor">94</a>: vorzüglich aber mit der Anwendung des -wundärztlichen Messers<a name="FNanchor_95_108" id="FNanchor_95_108" href="#Fn_95_108" class="fnanchor">95</a> auf unsern Rechtszustand zu zögern. -Wir könnten dabey leicht auf gesundes Fleisch treffen, das wir -nicht kennen, und so gegen die Zukunft die schwerste aller Verantwortungen -auf uns laden. Auch ist der geschichtliche Sinn -der einzige Schutz gegen eine Art der Selbsttäuschung, die sich -in einzelnen Menschen, wie in ganzen Völkern und Zeitaltern, -immer wiederholt, indem wir nämlich dasjenige, was uns eigen<a class="pagenum" name="Page_139" id="Page_139">[Pg 139]</a> -ist, für allgemein menschlich halten. So hatte man ehemals aus -den Institutionen mit Weglassung einiger hervorstehenden Eigenthümlichkeiten -ein Naturrecht gemacht, was man für unmittelbaren -Ausspruch der Vernunft hielt: jetzt ist niemand, der nicht -über dieses Verfahren Mitleid empfände, aber wir sehen noch -täglich Leute, die ihre juristischen Begriffe und Meynungen blos -deshalb für rein vernünftig halten, weil sie deren Abstammung -nicht kennen. Sobald wir uns nicht unsres individuellen Zusammenhangs -mit dem großen Ganzen der Welt und ihrer Geschichte -bewußt werden, müssen wir nothwendig unsre Gedanken -in einem falschen Lichte von Allgemeinheit und Ursprünglichkeit -erblicken. Dagegen schützt nur der geschichtliche Sinn, welchen -gegen uns selbst zu kehren gerade die schwerste Anwendung ist.</p> - -<p><a name="savigny_116" id="savigny_116" class="f70">[116]</a> Man könnte versucht seyn, die Nothwendigkeit dieser historischen -Ergründung des Stoffs, in welchem wir unwillkührlich befangen -sind, zwar für unsre Lage zuzugeben, aber zugleich für -ein Uebel zu halten, indem dadurch Kräfte in Anspruch genommen -werden, die zu nützlicheren Zwecken verwendet werden könnten. -Diese Ansicht wäre traurig, weil sie das Gefühl eines unvermeidlichen -Uebels erregen würde, aber wir können uns damit -trösten, daß sie falsch ist. Vielmehr ist diese Nothwendigkeit auch -an sich für ein großes Gut zu achten. In der Geschichte aller -bedeutenden Völker nämlich finden wir einen Uebergang von beschränkter, -aber frischer und lebensvoller, Individualität zu unbestimmter -Allgemeinheit. Auf diesem Wege geht auch das -bürgerliche Recht, und auch in ihm kann zuletzt das Bewußtseyn -der Volkseigentümlichkeit verloren gehen: so geschieht es, wenn -bejahrte Völker darüber nachdenken, wie viele Eigenheiten ihres -Rechts sich bereits abgeschliffen haben, daß sie leicht zu dem so -eben dargestellten Irrthum kommen, indem sie ihr ganzes noch -übriges Recht für ein <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">jus quod naturalis ratio apud omnes homines -constituit</span> halten. Daß damit zugleich der eigenthümliche Vorzug -verloren geht, welchen das Recht in frühen Zeiten hat (S. <a href="#savigny_9">9</a>), -ist unverkennbar. Zu diesem vergangenen Zustande zurück zu -kehren, würde ein fruchtloser und thörichter Rath seyn: aber -etwas anderes<a name="savigny_117" id="savigny_117" class="f70">[117]</a> ist es, den eigenen Werth desselben in -frischer Anschauung gegenwärtig erhalten, und sich so vor der<a class="pagenum" name="Page_140" id="Page_140">[Pg 140]</a> -Einseitigkeit der Gegenwart bewahren, welches allerdings möglich -und heilsam ist. Wenn überhaupt die Geschichte auch im Jünglingsalter -der Völker eine edle Lehrerin ist, so hat sie in Zeitaltern, -wie das unsrige, noch ein anderes und heiligeres Amt. -Denn nur durch sie kann der lebendige Zusammenhang mit den -ursprünglichen Zuständen der Völker erhalten werden, und der -Verlust dieses Zusammenhangs muß jedem Volk den besten Theil -seines geistigen Lebens entziehen.</p> - -<p>Dasjenige also, wodurch nach dieser Ansicht das gemeine -Recht und die Landesrechte als Rechtsquellen wahrhaft brauchbar -und tadellos werden sollen, ist die strenge historische Methode -der Rechtswissenschaft. Der Charakter derselben besteht nicht, -wie einige neuere Gegner unbegreiflicherweise gesagt haben, in -ausschließender Anpreisung des Römischen Rechts: auch nicht -darin, daß sie die unbedingte Beybehaltung irgend eines gegebenen -Stoffs verlangte, was sie vielmehr gerade verhüten will, wie sich -dieses oben bey der Beurtheilung des Oesterreichischen Gesetzbuchs -gezeigt hat. Ihr Bestreben geht vielmehr dahin, jeden gegebenen -Stoff bis zu seiner Wurzel zu verfolgen, und so sein organisches -Princip zu entdecken, wodurch sich von selbst das, was noch Leben -hat, von demjenigen absondern muß, was schon abgestorben<a name="savigny_118" id="savigny_118" class="f70">[118]</a> -ist, und nur noch der Geschichte angehört. Der Stoff aber der -Rechtswissenschaft, welcher auf diese Weise behandelt werden soll, -ist für das gemeine Recht dreyfach, woraus sich drey Haupttheile -unsrer Rechtswissenschaft ergeben: Römisches Recht, Germanisches -Recht, und neuere Modifikationen beider Rechte. Das Römische -Recht hat, wie schon oben bemerkt worden, außer seiner historischen -Wichtigkeit noch den Vorzug, durch seine hohe Bildung als Vorbild -und Muster unsrer wissenschaftlichen Arbeiten dienen zu -können. Dieser Vorzug fehlt dem Germanischen Rechte, aber es -hat dafür einen andern, welcher jenem nicht weicht. Es hangt -nämlich unmittelbar und volksmäßig mit uns zusammen, und -dadurch, daß die meisten ursprünglichen Formen wirklich verschwunden -sind, dürfen wir uns hierin nicht irre machen lassen. -Denn der nationale Grund dieser Formen, die Richtung woraus -sie hervor giengen, überlebt die Formen selbst, und es ist nicht -vorher zu bestimmen, wie viel von altgermanischen Einrichtungen,<a class="pagenum" name="Page_141" id="Page_141">[Pg 141]</a> -wie in Verfassung so im bürgerlichen Recht, wieder erweckt werden -kann. Freylich nicht dem Buchstaben, sondern dem Geiste nach, -aber den ursprünglichen Geist lernt man nur kennen aus dem -alten Buchstaben. Endlich die Modification beider ursprünglichen -Rechte ist gleichfalls nicht zu vernachlässigen. Auf dem langen -Wege nämlich, welchen jene ursprünglichen Rechte bis zu uns -gehen mußten,<a name="savigny_119" id="savigny_119" class="f70">[119]</a> hat sich natürlich vieles ganz anders gestaltet -und entwickelt, theils nach wirklich volksmäßigem Bedürfniß, -theils auf mehr literarische Weise, unter den Händen der Juristen. -Dieses letzte ist hier überwiegend, und die Grundlage davon ist -eine Geschichte unsrer Rechtswissenschaft vom Mittelalter herab. -Ein vorzügliches Bestreben dieses dritten Theiles unsrer Wissenschaft -muß darauf gerichtet seyn, den gegenwärtigen Zustand des -Rechts allmählich von demjenigen zu reinigen, was durch bloße -Unkunde und Dumpfheit literarisch schlechter Zeiten, ohne alles -wahrhaft praktische Bedürfniß, hervorgebracht worden ist.</p> - -<p>Es kann nicht meine Absicht seyn, diese historische Behandlung -aller Theile unsres Rechts hier in einer ausführlichen -Methodik darzustellen; allein über das Römische Recht muß noch -einiges hinzugefügt werden, da gerade dessen Behandlung neuerlich -in Frage gekommen ist. Was ich für den einzig möglichen -Standpunkt dieses Studiums halte, wird aus der oben gegebenen -Darstellung des Römischen Rechts einleuchtend seyn: es ist das -Recht der Pandekten, von welchem aus dann die Uebergänge zu -den neueren Modificationen bis <cite>Justinian</cite> zu bestimmen sind. -Willkührlich wird diese Ansicht niemand finden, welcher bedenkt, -daß schon <cite>Justinian</cite> sie gehabt hat, und daß sie wenigstens -dem Namen nach dem Hauptunterricht auf Universitäten, und -den ausführlichsten<a name="savigny_120" id="savigny_120" class="f70">[120]</a> Werken über das Römische Recht seit -Jahrhunderten zum Grunde liegt. Wie nun die alten Juristen -zu studieren sind, läßt sich leicht sagen, obgleich schwer ohne -wirkliche Probe anschaulich machen: sie sollen nicht blos die Schule -hüten, sondern wieder belebt werden: wir sollen uns in sie hinein -lesen und denken, wie in andere mit Sinn gelesene Schriftsteller, -sollen ihnen ihre Weise ablernen, und so dahin kommen, in ihrer -Art und von ihrem Standpunkt aus selbst zu erfinden und so -ihre unterbrochene Arbeit in gewissem Sinne fortzusetzen. Daß<a class="pagenum" name="Page_142" id="Page_142">[Pg 142]</a> -dieses möglich ist, gehört zu meinen lebendigsten Ueberzeugungen. -Die erste Bedingung dazu ist freylich eine gründliche Rechtsgeschichte, -und, was aus dieser folgt, die völlige Gewöhnung, -jeden Begriff und jeden Satz sogleich von seinem geschichtlichen -Standpunkte aus anzusehen. Viel ist hierin noch zu leisten: aber -wer bedenkt, was unsre Rechtsgeschichte vor fünf und zwanzig -Jahren war, und wie vieles nun in Kenntniß und Behandlung, -hauptsächlich durch <cite>Hugos</cite> Verdienst, anders geworden ist, der -kann auch für die Folge den besten Hoffnungen Raum geben. -Wer nun auf diese Weise in den Quellen des Römischen Rechts -wahrhaft einheimisch geworden ist, dem wird das Studium unsrer -neuern juristischen Literatur, vom Mittelalter bis auf uns herab, -zwar noch Arbeit und oft unerfreuliche Arbeit geben, aber er -wird dadurch nur noch seine Ansichten vervollständigen und auf<a name="savigny_121" id="savigny_121" class="f70">[121]</a> -keine Weise irre gemacht werden können, also keine innere -Schwierigkeit darin finden; wer dagegen das Römische Recht -nicht so an der Wurzel angreift, der wird fast unvermeidlich -durch jene neuere Literatur immer mehr in Schwanken und Unsicherheit -gerathen, er müßte sie denn im Ganzen ignoriren, und -es dem Zufall überlassen, welches einzelne, neue, vielleicht sehr -flache Resultat dieser literarischen Entwicklung auf ihn einwirken -soll, und hierin ist allerdings in den neuesten Zeiten viel geleistet -worden. Die hier angedeutete literarische Ausfüllung indessen -gehört zur allmählichen Vollendung und nicht zum nothwendigen -Grund des Studiums. Der Grund aber muß allerdings in den -Vorträgen der Universitäten gelegt werden, und dazu dürften -anderthalb bis zwey Jahre (die man ja auch bis jetzt darauf -zu verwenden pflegte) hinreichend seyn. Nämlich hinreichend -nicht zu vollendeter Gelehrsamkeit, was ohnehin kein vernünftiger -Mensch von irgend einem Universitätsunterricht verlangen wird: -wohl aber hinreichend, um in den Quellen zu Hause zu seyn, -um sie selbst lesen zu können, und um neuere Schriftsteller unabhängig -und mit eigenem Urtheil zu lesen, und ihnen nicht mehr -preis gegeben zu seyn. Es ist einleuchtend, daß dagegen die -Erfahrung eines wirklichen Unterrichts nicht angeführt werden -kann, sobald in diesem Unterricht die unmittelbare Einführung -in die Quellen gar nicht versucht worden ist.</p> - -<p><a class="pagenum" name="Page_143" id="Page_143">[Pg 143]</a></p> - -<p><a name="savigny_122" id="savigny_122" class="f70">[122]</a> In neueren Zeiten sind über die Bedingungen unsres -Studiums zwey von dieser Ansicht abweichende, völlig entgegengesetzte -Meynungen gehört worden. <cite>Thibaut</cite> nämlich<a name="FNanchor_96_109" id="FNanchor_96_109" href="#Fn_96_109" class="fnanchor">96</a> stellt -die Schwierigkeit desselben fast schauderhaft dar, und so, daß -allerdings jedem, der es unternehmen wollte, der Muth entfallen -müßte; so z. B. sollen wir vielleicht erst nach tausend Jahren so -glücklich seyn, über alle Lehren des Römischen Rechts erschöpfende -Werke zu erhalten. Das ist zu wenig oder zu viel, je nachdem -man es nimmt. Ganz erschöpfen und völlig abthun, so daß kein -Weiterkommen möglich wäre, läßt sich eine würdige historische -Aufgabe niemals, auch nicht in tausend Jahren; aber um zu -sicherer Anschauung und zur Möglichkeit unmittelbarer, verständiger -Anwendung des Römischen Rechts zu gelangen, brauchen -wir so lange Zeit nicht, dies ist größtentheils schon jetzt möglich, -obgleich mit stetem Fortschreiten nach innen, was ich unsrer -Wissenschaft nicht zum Tadel, sondern zu wahrer Ehre rechne. -Es kommt alles auf die Art an, wie das Studium behandelt -wird. Vor hundert Jahren hat man in Deutschland viel mehr -Mühe und Zeit an das Römische Recht gesetzt als jetzt, und es -ist unläugbar, daß man in eigentlicher Kenntniß nicht so weit -kommen konnte, als es jetzt<a name="savigny_123" id="savigny_123" class="f70">[123]</a> bey guten Lehrern möglich ist. -Vollends mit den kritischen Schwierigkeiten, die <cite>Thibaut</cite> für -ganz unübersteiglich erklärt<a name="FNanchor_97_110" id="FNanchor_97_110" href="#Fn_97_110" class="fnanchor">97</a>, hat es so große Noth nicht. Wer -es recht angreift, kann sich mit einer ganz schlechten Ausgabe der -Pandekten in die Methode der Römischen Juristen einstudieren: -es werden ihm zwar manche Irrthümer im einzelnen übrig bleiben, -aber auch diese wird er größtentheils bey etwas kritischem Sinn -mit Hülfe von drey, vier Ausgaben, wie sie jeder leicht finden -kann, mit Sicherheit zu berichtigen im Stande sey. Auch hierin -sind zwey Dinge gänzlich verwechselt: dasjenige nämlich, was -zur allmählichen und ganz erschöpfenden Entwicklung einer großen -historischen Aufgabe allerdings gehört, mit dem was nothwendige -Bedingung eines unmittelbar möglichen, in gewissem Sinne befriedigenden -Grades sicherer Kenntniß ist. Alles, was hier<a class="pagenum" name="Page_144" id="Page_144">[Pg 144]</a> -<cite>Thibaut</cite> über die Unsicherheit unsres Textes sagt, gilt eben so -von unsren heiligen Büchern; auch da wird die Kritik niemals -ein Ende finden, aber wer überhaupt Nahrung und Freude in -ihnen finden kann, wird dadurch gewiß nicht gestört werden. – -Eine gerade entgegen gesetzte und viel verbreitetere Ansicht geht -darauf, daß das Römische Recht viel leichter genommen werden -könne und müsse, und daß nur wenig Zeit darauf<a name="savigny_124" id="savigny_124" class="f70">[124]</a> zu -wenden sey. Dieses ist theils behauptet, theils (wie sich noch -unten zeigen wird) praktisch ausgeführt worden, besonders wo -bey eingeführten neuen Gesetzbüchern das Römische Recht bloßes -Hülfsstudium werden sollte; desgleichen wenn von der Bildung -künftiger Gesetzgeber die Rede war. Zu diesen Zwecken, glaubte -man, sey das mühselige Detail entbehrlich, man könne sich mit -dem, was man den <em>Geist</em> dieses Rechts nannte, begnügen. Dieser -Geist nun besteht in dem, was sonst Institutionen heißt und was -zum ersten Orientiren ganz gute Dienste leisten kann: die allgemeinsten -Begriffe und Sätze ohne kritische Prüfung, ohne Anwendung -und besonders ohne Quellenanschauung, wodurch alles -erst wahres Leben erhält. Dieses nun ist ganz umsonst, und -wenn man nicht mehr thun will, so ist selbst diese wenige Zeit -völlig verloren: der einzige Nutzen, den ein solches Studium -haben kann, ist die Erhaltung des Namens und der äußeren -Form unsrer Wissenschaft, wodurch vielleicht in einer künftigen, -besseren Zeit ihre Wiederbelebung erleichtert werden kann. Ganz -heillos ist besonders die Ansicht, als ob ein künftiger Gesetzgeber, -für welchen doch überhaupt dieser Stoff als wichtig und bildend -anerkannt wird, mit einer solchen leichten, vornehmen Kenntniß, -wofür das französische teinture die glücklichste Bezeichnung ist, -auskommen könnte. Gerade für diese Anwendung auf eigene, -neue Production ist noch weit mehr gründliche<a name="savigny_125" id="savigny_125" class="f70">[125]</a> Kenntniß -nöthig, als für das gewöhnliche Geschäft des Juristen; man muß -über den Buchstaben des historischen Materials sehr Herr geworden -seyn, um dasselbe frey als Werkzeug zur Darstellung -neuer Formen gebrauchen zu können, sonst ist das <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">sermocinari -tamquam e vinculis</span> unvermeidlich. Jene verkehrte Ansicht ließe -sich auf die Sprache ungefähr so anwenden, als ob man zwar -für den Umgang und das gemeine Leben den Reichthum, die<a class="pagenum" name="Page_145" id="Page_145">[Pg 145]</a> -Kraft und die Fülle der Sprache kennen müßte, für die Poesie -aber mit oberflächlicher Kenntniß genug haben könnte.</p> - -<p>Was nun hier von dem Studium des Rechts verlangt worden -ist, soll nicht etwa in Büchern aufbewahrt, auch nicht einzelnen -Gelehrten anvertraut, sondern Gemeingut aller Juristen werden, -die mit Ernst und mit offenem Sinn für ihren Beruf arbeiten -wollen. Es soll also eine lebendige Schule entstehen, so wie -sämmtliche Römische Juristen, nicht blos die Sabinianer und eben -so die Proculianer für sich, in der That Eine große Schule gebildet -haben. Auch können nur aus einer solchen über die Gesammtheit -der Juristen verbreiteten lebendigen Bearbeitung selbst -die Wenigen hervorgehen, die durch ihren Geist zu eigentlicher -Erfindung berufen sind, und es ist ein schädliches Vorurtheil, als -ob diese sich immer finden würden, der Zustand der Schule möchte -seyn welcher er wollte. Das Beyspiel von <cite>Montesquieu</cite><a name="savigny_126" id="savigny_126" class="f70">[126]</a> -ist in diesem Stück sehr lehrreich; niemand kann die unabhängige -Kraft verkennen, womit er sich von der Beschränktheit seiner Zeit -und Nation frey zu erhalten gestrebt hat: nun war er Jurist -vom Handwerk und in einem <span class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">pays de droit écrit</span>, auch haben die -Römer keinen eifrigern Verehrer als ihn gehabt, so daß es ihm -an Veranlassung und Neigung, Römisches Recht zu kennen, nicht -fehlen konnte; dennoch waren seine Kenntnisse hierin sehr mittelmäßig, -und ganze Stücke seines Werkes werden dadurch völlig -bodenlos, wovon seine Geschichte des Römischen Erbrechts<a name="FNanchor_98_111" id="FNanchor_98_111" href="#Fn_98_111" class="fnanchor">98</a> als -Beyspiel dienen kann. Dies war die Folge der gänzlichen Nullität -der juristischen Schule seiner Zeit, welche er nicht zu überwinden -vermochte. Ueberhaupt wird sich Jeder durch gründliches Studium -der Literargeschichte überzeugen, wie weniges in ihren Erscheinungen -ganz den einzelnen Individuen, unabhängig von den -Kräften und Bestrebungen des Zeitalters und der Nation, mit -Wahrheit zugeschrieben werden kann. – Aber diese Gemeinschaft -unsrer Wissenschaft soll nicht blos unter den Juristen von gelehrtem -Beruf, den Lehrern und Schriftstellern, statt finden, sondern -auch unter den praktischen Rechtsgelehrten. Und eben diese -Annäherung der Theorie und Praxis ist es, wovon die eigentliche<a class="pagenum" name="Page_146" id="Page_146">[Pg 146]</a> -Besserung der Rechtspflege ausgehen muß, und worin wir vorzüglich<a name="savigny_127" id="savigny_127" class="f70">[127]</a> -von den Römern zu lernen haben: auch unsere -Theorie muß praktischer und unsere Praxis wissenschaftlicher werden, -als sie bisher war. <cite>Leibniz</cite> urtheilte, daß unter den juristischen -Schriftstellern fast nur die Verfasser von Consilien die Rechtswissenschaft -wahrhaft erweiterten und durch Beobachtung neuer -Fälle bereicherten<a name="FNanchor_99_112" id="FNanchor_99_112" href="#Fn_99_112" class="fnanchor">99</a>: zugleich wünscht er, daß eine Gesellschaft -von etwa 30 Juristen neue Pandekten als Auszug alles wahrhaft -praktischen und eigenthümlichen in neueren Schriftstellern verfassen -möchte<a name="FNanchor_100_113" id="FNanchor_100_113" href="#Fn_100_113" class="fnanchor">100</a>. Unabhängig von <cite>Leibniz</cite>, aber in ähnlichem Sinne, -schlägt <cite>Möser</cite> vor, durch planmäßige Sammlung wirklicher Rechtsfälle -eines Landes neue Pandekten anzulegen<a name="FNanchor_101_114" id="FNanchor_101_114" href="#Fn_101_114" class="fnanchor">101</a>. Beides sehr -schön; nur ist eine nothwendige Bedingung nicht mit in Rechnung -gebracht, die Fähigkeit nämlich wahre Erfahrungen zu machen. -Denn man muß das klare, lebendige Bewußtseyn des Ganzen -stets gegenwärtig haben, um von dem individuellen Fall wirklich -lernen zu können, und es ist also wieder nur der theoretische, -wissenschaftliche Sinn, wodurch auch die Praxis erst fruchtbar -und lehrreich erscheint. Allerdings ist in dem Mannichfaltigen -die Einheit enthalten, aber wir sehen sie darin nicht, wenn wir -nicht den ausgebildeten Sinn für dieselbe<a name="savigny_128" id="savigny_128" class="f70">[128]</a> mit hinzu bringen: -ja, wir werden ohne diesen Sinn die individuelle Gestalt des -Mannichfaltigen selbst nicht mit Sicherheit unterscheiden. Darum -hat in den Pandekten jeder Rechtsfall eine bestimmte Individualität: -dagegen, wenn man Urtheilssprüche des achten und neunten -Jahrhunderts liest, so lautet einer wie der andere, und es ist, -als wenn sich nur immer derselbe Rechtsfall wiederholt hätte. -Nicht als ob in der That die Verhältnisse selbst bis zu diesem -Grad der Einförmigkeit herabgesunken wären; aber die Fähigkeit -der Unterscheidung war verloren, und je mehr diese fehlt, desto -unmöglicher ist sicheres und gleiches Recht. Ein treffliches Mittel -zu dieser Annäherung der Theorie und Praxis würde ein zweckmäßiger -Verkehr der Juristenfakultäten mit den Gerichtshöfen<a class="pagenum" name="Page_147" id="Page_147">[Pg 147]</a> -seyn, welcher neuerlich vorgeschlagen ist<a name="FNanchor_102_115" id="FNanchor_102_115" href="#Fn_102_115" class="fnanchor">102</a>. Die Juristenfakultäten -als Spruchcollegien konnten dazu dienen, und thaten es wohl ursprünglich -nach ihrer Weise: aber nachdem sie zu allgemeinen -Urtheilsfabriken geworden, mußte ihre Arbeit meist handwerksmäßiger -ausfallen, als die der bessern Gerichte, ja es stand nun -bey alten Fakultäten nicht mehr in der Macht einsichtsvoller Mitglieder, -dieses Verhältniß zu reinigen; nicht zu gedenken, daß -durch die nothwendige Uebung dieses unersprieslichen Handwerks -der gelehrten Jurisprudenz die<a name="savigny_129" id="savigny_129" class="f70">[129]</a> besten Kräfte entzogen -wurden und zum Theil noch entzogen werden. Zugleich ist diese -Verknüpfung der Praxis mit einer lebendigen, sich stets fortbildenden -Theorie das einzige Mittel, geistreiche Menschen für -den Richterberuf wahrhaft zu gewinnen. Zwar Ehre und Rechtlichkeit -kann der Richterstand auch ohne dieses haben, auch kann -er sich fortwährend bilden durch Beschäftigungen außer seinem -Beruf, wie sie jeden nach seiner Eigenthümlichkeit vorzugsweise -ansprechen: aber ganz anders wird es seyn, wenn der eigene -Beruf selbst durch seinen Zusammenhang mit dem Ganzen einen -wissenschaftlichen Character annimmt, und selbst zu einem Bildungsmittel -wird. Ein solcher Zustand allein wird alle Forderungen -befriedigen können: der Einzelne wird nicht als bloßes Werkzeug -dienen, sondern in freyem, würdigem Berufe leben, und die Rechtslehre -wird wahre, kunstmäßige Vollendung erhalten. Auch die -Franzosen haben dieses Bedürfniß anerkannt, nur freylich auf -ihre eigene etwas unedle Weise.<a name="FNanchor_103_116" id="FNanchor_103_116" href="#Fn_103_116" class="fnanchor">103</a> Das nachtheiligste Verhältniß -in dieser Rücksicht ist unläugbar dasjenige, worin der Richter -darauf beschränkt seyn<a name="savigny_130" id="savigny_130" class="f70">[130]</a> soll, einen gegebenen Buchstaben, -den er nicht interpretiren darf, mechanisch anzuwenden: betrachtet -man dieses Verhältniß als den äußersten Punkt auf einer Seite, -so würde das entgegen gesetzte äußerste darin bestehen, daß für -jeden Rechtsfall der Richter das Recht zu finden hätte, wobey<a class="pagenum" name="Page_148" id="Page_148">[Pg 148]</a> -durch die Sicherheit einer streng wissenschaftlichen Methode dennoch -alle Willkühr ausgeschlossen wäre. Zu diesem zweyten Endpunkte -aber ist wenigstens eine Annäherung möglich, und in ihm -wäre die älteste Deutsche Gerichtsverfassung in verjüngter Form -wieder erweckt.</p> - -<p>Ich bin oben von einem dreyfachen Bedürfniß ausgegangen: -Rechtsquelle, Personal, und Prozeßform, alle in löblichem Zustande. -Wie die Rechtsquelle auf gründlicher und verbreiteter -Wissenschaft beruhen solle, ist gezeigt worden: desgleichen wie -eben dadurch das Personal der Rechtspflege für diesen Beruf -wahrhaft gewonnen werden könne. Allein beides wird allerdings -nicht zureichen, wenn die Form des Prozesses schlecht ist. Von -dieser Seite aber bedürfen manche Deutsche Länder einer schnellen -und gründlichen Hülfe. Die allgemeinsten Gebrechen sind: -Anarchie der Advokaten, Misbrauch der Fristen und ihrer Verlängerungen, -Vervielfältigung der Instanzen und vorzüglich der -Aktenversendung, die auf verständige Weise angewendet die trefflichsten -Dienste leisten würde. Dagegen muß allerdings durch -Gesetzgebung geholfen werden: auch ist gemeinsame Berathung<a name="savigny_131" id="savigny_131" class="f70">[131]</a> -und Mittheilung der Deutschen Länder hierüber sehr -wünschenswerth. Nur ist nicht nothwendig, daß gerade Eine allgemeine -Form sogleich überall eingeführt werde. Mögen doch -verschiedene Erfahrungen gemacht werden, was sich als das beste -bewährt, wird dann wohl allgemeinen Eingang finden. Zwischen -dem Preussischen und dem bisherigen gemeinen Prozeß, deren -Idee man als entgegengesetzt betrachten kann, liegen noch manche -Abstufungen in der Mitte, über deren Werth wohl nur Erfahrung -entscheiden kann.</p> - -<p>Nach dieser Ansicht also würde in den Ländern des gemeinen -Rechts zwar kein Gesetzbuch gemacht werden: aber die bürgerliche -Gesetzgebung überhaupt ist damit keinesweges für entbehrlich erklärt. -Außer den Gesetzen von politischem Grunde (welche nicht -hierher gehören), würde sie ein doppeltes Object haben können: -Entscheidung von Controversen, und Verzeichnis alter Gewohnheiten. -Mit der gesetzlichen Entscheidung von Controversen wäre -ein Haupteinwurf beseitigt, wodurch man bisher die praktische -Anwendbarkeit des Römischen Rechts ohne weitere Untersuchung<a class="pagenum" name="Page_149" id="Page_149">[Pg 149]</a> -zu widerlegen geglaubt hat. Ueberdem ist es aber mit diesen -Controversen so schlimm in der That nicht. Man muß erstlich -nicht gerade alles für controvers halten, woran sich irgend einmal -Unwissenheit oder Geistlosigkeit versucht hat, ohne sonderlichen -Eingang zu finden. Zweytens braucht sich<a name="savigny_132" id="savigny_132" class="f70">[132]</a> die Gesetzgebung -auch mit solchen Controversen nicht zu bemühen, die zwar in -unsern Lehrbüchern stehen, aber in der Praxis sehr selten vorkommen. -Rechnet man beide Fälle ab, so bleibt allerdings noch -manches zu thun übrig, allein der Code Napoleon, so jung er ist, -kann sich darin schon recht gut neben dem Römischen Rechte sehen -lassen. Diese Controversen indessen wären vielleicht besser in Form -provisorischer Verfügungen oder Anweisungen an die Gerichte zu -entscheiden, als durch eigentliche Gesetze, indem durch jene der -möglichen besseren Ergründung durch Theorie weniger vorgegriffen -würde. – Das zweyte Objekt der Gesetzgebung wäre die Verzeichnung -des Gewohnheitsrechts, über welches auf diese Weise -eine ähnliche Aufsicht wie in Rom durch das Edict ausgeübt würde. -Man darf nicht glauben, daß so das bisher bestrittene Gesetzbuch -doch wieder zugelassen würde, nur unter anderem Namen: der -Unterschied betrifft vielmehr gerade das Wesen der Sache. Nämlich -in dieses Gewohnheitsrecht wird nur dasjenige aufgenommen, was -durch wirkliche Uebung entschieden ist, und dieses wird ohne Zweifel -jetzt, da man diese Entscheidung vor sich hat, völlig begriffen: das -Gesetzbuch dagegen ist genöthigt, über alles zu sprechen, auch wenn -kein Trieb dazu da ist, und keine specielle Anschauung dazu fähig -macht, blos in Erwartung künftiger möglicher Fälle. Daß über -die Art der Ausführung dieser übrig bleibenden<a name="savigny_133" id="savigny_133" class="f70">[133]</a> Zweige -bürgerlicher Gesetzgebung hier nicht gesprochen werden kann, wird -jedem von selbst einleuchten.</p> - -<p>Ich habe bis jetzt für die Länder des gemeinen Rechts untersucht, -welcher Weg für das bürgerliche Recht zunächst zu betreten -ist, wenn dasselbe in einen löblichen Zustand kommen soll. Ich -will noch das höhere Ziel hinzufügen, dessen Möglichkeit auf demselben -Wege liegt. Ist einmal Rechtswissenschaft auf die hier -beschriebene Weise Gemeingut der Juristen geworden, so haben -wir in dem Stand der Juristen wiederum ein Subject für lebendiges -Gewohnheitsrecht, also für wahren Fortschritt, gewonnen; von<a class="pagenum" name="Page_150" id="Page_150">[Pg 150]</a> -diesem Gewohnheitsrecht war unser Gerichtsgebrauch nur ein -kümmerliches Surrogat, am kümmerlichsten der Gerichtsgebrauch -der Juristenfakultäten. Der historische Stoff des Rechts, der uns -jetzt überall hemmt, wird dann von uns durchdrungen seyn und -uns bereichern. Wir werden dann ein eigenes, nationales Recht -haben, und eine mächtig wirksame Sprache wird ihm nicht fehlen. -Das Römische Recht können wir dann der Geschichte übergeben, -und wir werden nicht blos eine schwache Nachahmung Römischer -Bildung, sondern eine ganz eigene und neue Bildung haben. Wir -werden etwas höheres erreicht haben, als blos sichere und schnelle -Rechtspflege: der Zustand klarer, anschaulicher Besonnenheit, welcher -dem Recht jugendlicher Völker eigen zu seyn pflegt, wird sich<a name="savigny_134" id="savigny_134" class="f70">[134]</a> -mit der Höhe wissenschaftlicher Ausbildung vereinigen. Dann -kann auch für zukünftige schwächere Zeiten gesorgt werden, und -ob dieses durch Gesetzbücher oder in anderer Form besser geschehe, -wird dann Zeit seyn zu berathen. Daß dieser Zustand jemals -eintreten werde, sage ich nicht: dieses hangt von der Vereinigung -der seltensten und glücklichsten Umstände ab. Was wir Juristen -hinzu bringen können, ist offener Sinn, und treue tüchtige Arbeit: -haben wir diese gethan, so mögen wir den Erfolg ruhig abwarten, -vor allem aber uns hüten, dasjenige zu zerstören, was näher zu -jenem Ziele führen kann.</p> - -<p>Als das Jüdische Volk am Berge Sinai das göttliche Gesetz -nicht erwarten konnte, machte es aus Ungeduld ein goldenes -Kalb, und darüber wurden die wahren Gesetztafeln zerschlagen.</p> - - - - -<h3 class="gs">9.<br/> - -Was bey vorhandenen Gesetzbüchern zu thun ist.</h3> - - -<p class="noindent"><a name="savigny_135" id="savigny_135" class="f70">[135]</a></p> -<p class="cap"> Ich komme nun zu den Deutschen Ländern, in welchen -Gesetzbücher schon vorhanden sind: es versteht sich, daß darunter -nur das Preussische Landrecht und das Oesterreichische Gesetzbuch -gedacht werden kann, nicht der Code, welcher als eine überstandene -politische Krankheit betrachtet werden muß, wovon wir -freylich noch manche Uebel nachempfinden werden.</p> - -<p><a class="pagenum" name="Page_151" id="Page_151">[Pg 151]</a></p> - -<p>Ueber jene Deutschen Gesetzbücher nun habe ich meine -Meynung schon geäußert; aber man würde mich misverstehen, -wenn man diese Meynung so deuten wollte, als ob damit die -Abschaffung der Gesetzbücher für etwas wünschenswerthes erklärt -wäre. Diese sind vielmehr als eigene, neue Thatsachen in der -Geschichte des Rechts zu behandeln, und ihre Aufhebung würde -nicht nur unvermeidlich große Verwirrung zur Folge haben, -sondern es müßte auch nachtheilig auf den öffentlichen Geist -wirken, wenn dasjenige, was mit der besten Absicht und großer -Anstrengung kaum vollendet war, plötzlich zurückgenommen werden -sollte. Auch tritt ein großer Theil des Uebels, welches aus -einem allgemeinen Gesetzbuche folgen würde, bey ihnen nicht ein, -so lange in<a name="savigny_136" id="savigny_136" class="f70">[136]</a> andern Deutschen Ländern das gemeine Recht -fortdauert. Also von Aufhebung ist nicht die Rede, wohl aber -ist ernstlich zu bedenken, wie die Uebel vermieden werden können, -die bey unrichtiger Behandlung der Gesetzbücher eintreten dürften.</p> - -<p>Wen nämlich dasjenige, was über die Natur und Entstehung -unsrer Gesetzbücher gesagt worden ist, überzeugt hat, der -wird nicht zweifeln, daß dasselbe historisch begründete Rechtsstudium, -welches vor ihrer Einführung nothwendig war, auch -durch sie nicht im geringsten entbehrlicher geworden ist, und daß -insbesondere gar nichts geleistet wird, wenn man glaubt, sich um -ihretwillen nun mit einer oberflächlichen Darstellung des bisherigen -Rechts behelfen zu können. Diese fortdauernde Nothwendigkeit -ist für die unmittelbare Anwendung dringender bey -dem Oesterreichischen Gesetzbuch (S. <a href="#savigny_108">108</a>): aber sie ist aus anderen -Gründen auch bey dem Preussischen Landrecht nicht geringer. -Die häufig gehegte Erwartung also, daß das Rechtsstudium dadurch -leichter und einfacher werden könne, ist irrig: soll es nicht -schlecht und für den gegebenen Rechtszustand unzureichend werden -(denn alsdann ist jeder Grad der Vereinfachung möglich), so -bleibt alle vorige Arbeit, und es kommt noch eine neue hinzu, -die wegen Zerstörung der ursprünglichen Form unerfreulicher ist, -als die vorige. Aber nicht blos für die gründliche Kenntniß -und Anwendung der Gesetzbücher ist das vorige<a name="savigny_137" id="savigny_137" class="f70">[137]</a> Studium -unentbehrlich, sondern auch für ihre Fortbildung und Vervollkommnung, -die doch jeder für nothwendig erkennen wird, er mag<a class="pagenum" name="Page_152" id="Page_152">[Pg 152]</a> -auch den Werth derselben noch so hoch anschlagen. Denn die -Gesetzbücher selbst sind auf theoretischem Wege entstanden, und -nur auf diesem Wege können sie mit Sicherheit geprüft, gereinigt -und vervollkommt werden. Für diese Arbeit scheint ein bloßes -Collegium von Geschäftsmännern, die durch ihren Beruf und die -Menge übriger Arbeiten ihren lebendigen Verkehr mit der Theorie -zu beschränken genöthigt sind, nicht hinreichend. Auch die fortgesetzte -Prüfung des Gesetzbuchs durch Achtsamkeit der Gerichte -auf die Anwendung ist zwar vortrefflich, aber nicht hinlänglich: -viele Mängel werden auf diesem Wege entdeckt werden können, -dennoch bleibt der Weg selbst zufällig, und eben so viele Mängel -können von ihm unberührt bleiben. Die Theorie steht zur Praxis -nicht ganz in demselben Verhältniß, wie ein Rechnungsexempel -zu seiner Probe.</p> - -<p>Es ist interessant, zu betrachten, wie man in den Staaten, -worin Gesetzbücher eingeführt sind, das Studium angesehen und -geordnet hat. Dabey mag denn auch wieder der Zustand der -Dinge in Frankreich, und zwar die gegenwärtige Einrichtung der -Pariser Rechtsschule, in Betracht kommen<a name="FNanchor_104_117" id="FNanchor_104_117" href="#Fn_104_117" class="fnanchor">104</a>. Zu dieser<a name="savigny_138" id="savigny_138" class="f70">[138]</a> -Schule gehören drey Professoren für den Code, einer für den -Prozeß, einer für das Römische Recht, und diese sollen sich in -jeder Rechtsschule finden; aber Paris hat noch außerdem zwey -besondere Lehrstellen, für den <span class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">code civil approfondi</span> und für den -<span class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">code de commerce.</span> Criminalrecht und Criminalprozeß, Rechtsgeschichte -und altfranzösisches Recht werden nicht gelesen. Jeder -Professor hält stets Einen Cursus, welcher einjährig ist (mit Abzug -von 3 Monaten Ferien in Paris, an andern Orten aber nur -von 2 Monaten), und wöchentlich aus drey anderthalbstündigen -Vorlesungen besteht: dieser Umfang ist bey allen Vorlesungen derselbe. -Der Code also wird in drey solchen Cursen gelehrt, indem -jeder Lehrer nur ein Drittheil des Ganzen abhandelt. Jeder -Professor hat einen suppléant, der für ihn eintritt, wenn er zu -lesen verhindert ist. Das Römische Recht las <cite>Berthelot</cite> über -die Institutionen des <cite>Heineccius</cite>, denen er eine französische -Uebersetzung beygegeben hatte, damit die Zuhörer sie verstehen<a class="pagenum" name="Page_153" id="Page_153">[Pg 153]</a> -könnten; seit <cite>Berthelots</cite> Tode liest es dessen bisheriger -suppléant <cite>Blondeau</cite>, aber, was man nicht glauben sollte, -über den Code, indem er bey jedem Artikel die Abweichungen -bemerkt. Der Baccalaureus muß zwey Jahre, der Licentiat -drey, der Doctor vier Jahre studiert haben; dem ersten -ist der Cursus des Römischen Rechts vorgeschrieben, für den -zweyten ist dessen Wiederholung eigenem Gutdünken überlassen, -dem<a name="savigny_139" id="savigny_139" class="f70">[139]</a> dritten ist diese Wiederholung wiederum vorgeschrieben: -was aber wohlgemerkt immer nur die Wiederholung derselben -Institutionen bey demselben Lehrer ist. Es wird nicht nöthig -seyn, nach dem, was bisher ausgeführt worden ist, noch besondere -Grunde gegen diesen Studienplan vorzubringen; aber besonders -merkwürdig ist der greifliche Zirkel, worin man sich befindet. -Die Redactoren selbst haben oft erklärt, daß der Code zur Anwendung -nicht hinreiche, sondern für diese die Ergänzung durch -Wissenschaft nothwendig sey. Und doch dreht sich der wissenschaftliche -Unterricht wieder ganz um den Code, denn das wenige -Römische Recht ist gar nicht zu rechnen. Welches ist denn also -die factische Grundlage dieser Wissenschaft? ohne Zweifel der -Gerichtsgebrauch, derselbe Gerichtsgebrauch, dessen Verschiedenheit -aufzuheben das wichtigste Bestreben schien, und der durch Auflösung -der alten Gerichte und Vermischung ihrer Sprengel alle -Haltung verloren hat! Daß nun ein solcher Zustand nicht stehen -bleibt, sondern immer weiter rückwärts führt, ist handgreiflich. -Es liegt in der Natur, daß in jedem Zeitalter der Zustand der -Rechtswissenschaft durch den Wert desjenigen bestimmt wird, -was dieses Zeitalter als nächstes Object des Studiums in der -That (wenn gleich nicht immer den Worten nach) betrachtet und -behandelt; stets wird die Rechtswissenschaft etwas und vielleicht -viel tiefer stehen, als dieses Object. So z. B. hatten die ersten<a name="savigny_140" id="savigny_140" class="f70">[140]</a> -Glossatoren den Vortheil, daß sie aus den Quellen selbst -zu schöpfen genöthigt waren, diese waren also ihr Object; -Bartolus dagegen hatte schon die Schriften der Glossatoren zum -Object, die sich nunmehr zwischen die gegenwärtigen Juristen -und die Quellen gestellt hatten, und dieses ist ein Hauptgrund, -warum die Schule des Bartolus so viel schlechter ist, als die -der Glossatoren. Derselbe Rückschritt wird überall statt finden,<a class="pagenum" name="Page_154" id="Page_154">[Pg 154]</a> -wo nicht der Grundsatz befolgt wird, jeden Stoff bis zu seiner -Wurzel zu verfolgen, welcher Grundsatz oben als der Character -der historischen Methode angegeben worden ist. So denn auch -bey dem Code; wenn z. B. einer der Redactoren auch die übertriebenste -Meynung vom Werthe des Code hegte, so würde er -doch im Vertrauen bekennen, daß er selbst höher stehe, als dieses -sein Werk: er würde einräumen, daß er selbst seine Bildung unabhängig -von dem Code erhalten habe, und daß die gegenwärtige -Generation, die durch den Code erzogen werden soll, nicht auf -den Punkt kommen würde, worauf er selbst steht, und worauf -er fähig war, ein solches Werk hervorzubringen. Diese einfache -Ueberlegung wird dasselbe Resultat überall haben, wo man mit -Einführung des neuen Gesetzbuchs zugleich das vorige Studium -zerstört, gleichsam die Brücke hinter sich abwerfend, auf welcher -man über den Strom gekommen ist.</p> - -<p>Die neue Oesterreichische Studienordnung (von<a name="savigny_141" id="savigny_141" class="f70">[141]</a> 1810) -verbindet das juridische und politische Studium zu einem Ganzen<a name="FNanchor_105_118" id="FNanchor_105_118" href="#Fn_105_118" class="fnanchor">105</a>, -welches in vier Jahren dergestalt geendigt wird, daß diese ganze -Zeit hindurch täglich drey Stunden den Vorlesungen bestimmt -sind<a name="FNanchor_106_119" id="FNanchor_106_119" href="#Fn_106_119" class="fnanchor">106</a>. Jeder Lehrgegenstand wird nur einmal gehört. Deutsches -Recht kommt nicht vor, ohne Zweifel deshalb, weil es auch vor -dem neuen Gesetzbuch in Oesterreich wenig verbreitet war<a name="FNanchor_107_120" id="FNanchor_107_120" href="#Fn_107_120" class="fnanchor">107</a>. Dagegen -wird allerdings Römisches Recht gelehrt, und die Gründe, -welche die Aufnahme desselben in den Lehrplan bewirkt haben, -sind die trefflichsten und liberalsten. Der erste ist die Entstehung -des neuen Gesetzbuchs aus dem Römischen Recht: der zweyte, -daß das bisherige gemeine Recht (und besonders der Römische -Theil desselben) zu jeder positiven Rechtswissenschaft in einem -ähnlichen Verhältniß stehe, wie die alten Sprachen zur allgemeinen -Bildung: nämlich als das eigentlich gelehrte Element, wodurch<a class="pagenum" name="Page_155" id="Page_155">[Pg 155]</a> -unser Fach zur Wissenschaft werde, und zugleich als das<a name="savigny_142" id="savigny_142" class="f70">[142]</a> -Gemeinsame unter den Juristen verschiedener Völker<a name="FNanchor_108_121" id="FNanchor_108_121" href="#Fn_108_121" class="fnanchor">108</a>. Diese Ansicht, -die ohne Zweifel die der Studiencommission selbst ist<a name="FNanchor_109_122" id="FNanchor_109_122" href="#Fn_109_122" class="fnanchor">109</a>, -verdient gewiß den größten Beyfall: allein ob die gewählten -Mittel zu diesem anerkannten Zweck hinreichen, muß ich bezweifeln. -Zwar soll der Lehrer des Römischen Rechts eine Geschichte desselben -voraus schicken, und dahin trachten, daß der Zuhörer »das System -desselben in seinen Grundzügen und aus seinen Quellen kennen -lerne«<a name="FNanchor_110_123" id="FNanchor_110_123" href="#Fn_110_123" class="fnanchor">110</a>: allein bey der vorgeschriebenen beschränkten Zeit ist es -ganz unmöglich, mehr als gewöhnliche Institutionen vorzutragen, -da für das ganze Fach nur eine halbjährige Vorlesung von zwey -Stunden täglich (nach schriftlichen Nachrichten eigentlich neun -Stunden die Woche) bestimmt ist, also genau dieselbe Zeit wie -in Paris. Was in einer so kurzen Zeit möglich ist, kann jeder -leicht berechnen: auch ist bereits ein Lehrbuch für die Vorlesungen -nach diesem Plane erschienen<a name="FNanchor_111_124" id="FNanchor_111_124" href="#Fn_111_124" class="fnanchor">111</a>, an welchem deutlich zu sehen ist, -wie unbefriedigend dieser Unterricht bleiben muß, und gewiß -ohne Schuld des Verfassers, dessen Fleiß und Kenntniß neuerer -Fortschritte der Rechtswissenschaft<a name="savigny_143" id="savigny_143" class="f70">[143]</a> vielmehr das beste Lob -verdient. Es käme nur darauf an, sich von der Unzulänglichkeit -dieses Planes zu überzeugen, und dabey die Erfahrung anderer -Deutschen Länder unbefangen zu Rathe zu ziehen: an Mitteln -zu einer andern Einrichtung würde es nicht fehlen, am wenigsten -an Zeit. Der Plan ist darauf berechnet, daß jeder Studierende -täglich drey Stunden höre; nimmt man anstatt dessen fünf -Stunden an, so werden in vier Jahren 16 einfache Collegien -gewonnen, und es können dann nicht nur alle zum gelehrten -Studium unentbehrliche Fächer, sondern auch die Hauptvorlesungen -bey mehreren Lehrern gehört werden, wodurch erst rechtes Leben -in den Unterricht der Universitäten kommt. Zwar glaubte man, -daß fünf Stunden täglich nach der Localität zu viel sey, indem -es z. B. zu viel Anstrengung kosten würde, drey Stunden un<a class="pagenum" name="Page_156" id="Page_156">[Pg 156]</a>unterbrochen zu hören<a name="FNanchor_112_125" id="FNanchor_112_125" href="#Fn_112_125" class="fnanchor">112</a>: allein ich berufe mich auch hierüber auf -die Erfahrung anderer Deutschen Universitäten, wo dieses niemals -die geringste Schwierigkeit macht. Davon, daß es Universitäten -giebt, wo manche Studenten 10-11 Stunden täglich hören, will -ich nicht sprechen, denn dieses wird auch dort für einen sehr -schädlichen Misbrauch erkannt, dem man entgegen zu arbeiten sucht.</p> - -<p><a name="savigny_144" id="savigny_144" class="f70">[144]</a> In den Preußischen Staaten ist auch seit Einführung -des Landrechts niemals eine Studienordnung vorgeschrieben -worden, und diese durch alte Erfahrung Deutscher Universitäten -bewährte Freyheit ist stets unversehrt geblieben. Auch die Anzahl -der Lehrer, wie sie vorher durch das gemeine Recht nöthig -war, ist nicht vermindert worden, und die Curatoren der Universitäten -haben niemals in den Lehrern oder den Studierenden -die Meynung erregt, als wäre ein Theil der vorher nöthigen -Vorlesungen für entbehrlich zu achten. Ursprünglich hielt man -es für räthlich, daß auf jeder Universität wenigstens Eine Hauptstelle -für das Preußische Recht bestimmt würde, und es wurde -ein ansehnlicher Preiß für das beste Lehrbuch ausgesetzt<a name="FNanchor_113_126" id="FNanchor_113_126" href="#Fn_113_126" class="fnanchor">113</a>. Allein -selbst dieses wurde in der Folge nicht mehr befördert, wie denn -die Universität zu Berlin das Preußische Recht bis jetzt nicht -gelehrt hat. Dieselbe Ansicht liegt den eingeführten Prüfungen -zum Grunde, indem die erste Prüfung, bey dem Eintritt in wirkliche -Geschäfte, blos auf gemeines Recht gerichtet wird: die nächste -Zeit ist nun für die unmittelbar praktische Bildung des Rechtsgelehrten -bestimmt<a name="FNanchor_114_127" id="FNanchor_114_127" href="#Fn_114_127" class="fnanchor">114</a>, und erst die nun folgenden zwey Prüfungen<a name="savigny_145" id="savigny_145" class="f70">[145]</a> -haben auch das Landrecht zum Gegenstande, jedoch ohne -daß das gemeine Recht dabey ausgeschlossen wäre. Offenbar -ist also gegenwärtig die Bildung des Juristen, als aus zwey -Hälften bestehend, gedacht, so daß die erste Hälfte (die Universität) -nur die gelehrte Grundlage, die zweyte dagegen die -Kenntniß des Landrechts, die des Preußischen Prozesses, und die -praktische Fertigkeit zur Aufgabe hat. Dafür, daß die erste Hälfte -nicht aus Bequemlichkeit verkürzt werde, hat man nicht durch eine<a class="pagenum" name="Page_157" id="Page_157">[Pg 157]</a> -specielle Studienordnung gesorgt, wohl aber erstlich durch das -vorgeschriebene Triennium<a name="FNanchor_115_128" id="FNanchor_115_128" href="#Fn_115_128" class="fnanchor">115</a>, so daß die Anwendung dieser Zeit, -wie billig, der eigenen Wahl und dem Rathe der Lehrer überlassen -blieb; zweytens durch die Vorschrift, bey der Zulassung -zum Staatsdienste auch auf das Zeugniß der Universitätslehrer, -und selbst auf das frühere Schulzeugniß, Rücksicht zu nehmen<a name="FNanchor_116_129" id="FNanchor_116_129" href="#Fn_116_129" class="fnanchor">116</a>. -Man muß bedenken, mit welchem Ernst und welcher Anstrengung -das Landrecht gemacht worden ist, um die ganze Achtung zu -empfinden, welche diesem Verfahren der Preußischen Regierung -gebührt. Denn auch bey der festen Ueberzeugung, daß das neu -eingeführte ein unbedingter<a name="savigny_146" id="savigny_146" class="f70">[146]</a> Fortschritt sey, hat sie dennoch -mit edler Scheu sich enthalten, der fest gewurzelten wissenschaftlichen -Gewohnheit zu gebieten, die durch das Bedürfniß und die -Einsicht der Zeiten allmählich entstanden und entwickelt war. -Rühmliche Erwähnung verdient auch der gründliche Sinn des -Kammergerichts, auf dessen Veranlassung im Jahr 1801. den -juristischen Fakultäten der Gebrauch lateinischer Lehrbücher -empfohlen wurde, weil seit Einführung der Deutschen Lehrbücher -die juristische Kunstsprache den Juristen weniger geläufig war<a name="FNanchor_117_130" id="FNanchor_117_130" href="#Fn_117_130" class="fnanchor">117</a>; -noch sicherer und vollständiger als durch Lehrbücher dürfte freylich -dieser Zweck durch die Quellen selbst erreicht werden. – Was -insbesondere die Vorlesungen über das Landrecht betrifft, so -glaube ich allerdings, daß diese in der gegenwärtigen Lage besser -nicht gehalten werden, indem zum praktischen Bedürfniß die spätere -Einübung hinreicht, eine wissenschaftliche Seite aber dem Gegenstande -abzugewinnen, aus Mangel an speciellen geschichtlichen -Quellen, schwer seyn dürfte. Anders würde es vielleicht seyn, -wenn der oben (S. <a href="#savigny_94">94</a>) ausgesprochene Wunsch öffentlicher Mittheilung -von Materialien des Landrechts in Erfüllung gehen sollte.</p> - -<p>Betrachten wir nun nochmals die drey genannten Gesetzbücher -im Zusammenhang, und in besonderer Beziehung auf das -Studium des Rechts, so ist<a name="savigny_147" id="savigny_147" class="f70">[147]</a> einleuchtend, daß ein eigen<a class="pagenum" name="Page_158" id="Page_158">[Pg 158]</a>thümliches wissenschaftliches Leben aus ihnen nicht entspringen -kann, und daß sich auch neben ihnen wissenschaftlicher Geist nur -in dem Maaße lebendig erhalten wird, als die geschichtlichen -Quellen dieser Gesetzbücher selbst fortwährend Gegenstand aller -juristischen Studien bleiben. Derselbe Fall aber müßte unfehlbar -eintreten, wenn wir ein Gesetzbuch für Deutschland aufstellen -wollten. <cite>Thibaut</cite>, welcher dieses anräth, will, wie sich bey -ihm von selbst versteht, nicht die Wissenschaftlichkeit aufheben, -vielmehr hofft er gerade für diese großen Gewinn. Welches nun -die Basis der künftigen Rechtsstudien seyn soll, ob (wie in -Preußen) die alten Quellen, oder (wie in Frankreich und Oesterreich) -das neue Gesetzbuch selbst, sagt er nicht deutlich, doch -scheint mehr das letzte seine Meynung<a name="FNanchor_118_131" id="FNanchor_118_131" href="#Fn_118_131" class="fnanchor">118</a>. Ist aber dieses der -Fall, so fordere ich jeden auf, bey sich zu erwägen, ob auf eines -der drey schon vorhandenen neuen Gesetzbücher, unabhängig von -den Quellen des bisherigen Rechts und dieser Gesetzbücher selbst, -eine wirklich lebendige Rechtswissenschaft möglicherweise gegründet -werden könne. Wer aber dieses nicht für möglich erkennt, der -kann es auch nicht für das vorgeschlagene Gesetzbuch behaupten. -Denn ich halte es, aus den oben entwickelten Gründen, für ganz -unmöglich, daß dasselbe von den bisherigen<a name="savigny_148" id="savigny_148" class="f70">[148]</a> Gesetzbüchern -nicht blos durch Vermeidung einzelner Mängel (was allerdings -gedacht werden kann), sondern generisch verschieden ausfalle; -ohne eine solche generische Verschiedenheit aber wird die Untauglichkeit -zu Begründung einer selbstständigen Rechtswissenschaft -stets dieselbe seyn. Was alsdann eintreten wird, läßt sich leicht -vorhersehen. Wir werden entweder gar keine juristische Literatur -haben, oder (was wahrscheinlicher ist) eine so flache, fabrikmäßige, -unerträgliche, wie sie uns unter der Herrschaft des Code zu überschütten -angefangen hatte, und wir werden dann alle Nachtheile -eines cultivirten, verwickelten, auf literarisches Bedürfniß gebauten -Zustandes empfinden, ohne durch die eigenthümlichen -Vortheile desselben entschädigt zu werden. Ja, um alles mit -Einem Worte zu sagen, es könnte leicht kommen, daß der Zustand -des bürgerlichen Rechts bey uns schlechter würde, als er in<a class="pagenum" name="Page_159" id="Page_159">[Pg 159]</a> -Frankreich ist; denn das Streben nach wissenschaftlicher Begründung -gehört nicht zu den nationalen Bedürfnissen der -Franzosen, wohl aber zu den unsrigen, und ein so tief wurzelndes -Bedürfniß läßt sich nicht ungestraft hintansetzen.</p> - -<p>Wollte man dagegegen die Rechtswissenschaft auch neben dem -neuen Gesetzbuch auf die alten Quellen gründen, so würden die -oben<a name="FNanchor_119_132" id="FNanchor_119_132" href="#Fn_119_132" class="fnanchor">119</a> angegebenen Schwierigkeiten eintreten, und man würde -das Studium, anstatt es zu vereinfachen, vielmehr verwickeln<a name="savigny_149" id="savigny_149" class="f70">[149]</a> -und weniger belohnend einrichten, also dem wahren Zwecke gerade -entgegen arbeiten. Man möchte etwa glauben, der Erfolg würde -ganz derselbe seyn, wie er bey einem ähnlichen Verfahren in den -Preussischen Staaten wirklich vor Augen liegt, wo gewiß das -Personal der Rechtspflege trefflich ist und allgemeine Achtung -genießt und verdient; aber auch diese Erwartung halte ich für -eine leere Täuschung. Denn zwey Umstände dürfen dabey nicht -übersehen werden, die den Erfolg in anderen Deutschen Ländern -leicht ungünstiger bestimmen dürften: erstlich, daß der allgemeine -Character der Preußischen Einrichtungen auch dieser einzelnen -Einrichtung zusagt, und ihre Ausführung in gesundem Zustande -erhält, was sich in anderen Deutschen Ländern schwerlich so zeigen -würde: zweytens aber und weit mehr dieses, daß selbst in den -Preussischen Staaten die Lage des Rechts durch das vorgeschlagene -Gesetzbuch der übrigen Deutschen Länder anders werden würde. -Denn die Bildung der Preußischen Juristen wird begründet auf -den Universitäten, also durch die Quellen des gemeinen Rechts: -das Studium auf den Universitäten also macht mit dem der -übrigen Deutschen Ein Ganzes aus. Es ist aber nicht zu bestimmen, -wie viel Lebenskraft dieses Studium noch dadurch zieht, -daß seine Quellen im übrigen Deutschland geltendes Recht sind, -und wie ihm allmählich Kraft und Leben schwinden würde, wenn -diese Quellen überall unmittelbar<a name="savigny_150" id="savigny_150" class="f70">[150]</a> zu gelten aufhören sollten. -Dann also würde durch das Deutsche Gesetzbuch selbst für die -Preussischen Staaten das Studium entkräftet seyn, und gegen -dieses zu befürchtende Uebel kann uns begreiflich die Erfahrung -nicht sicher stellen, die bis jetzt der Preussische Staat gemacht hat.</p> - - - -<p><a class="pagenum" name="Page_160" id="Page_160">[Pg 160]</a></p> - - - - -<h3 class="gs">10.<br /> - -Das Gemeinsame.</h3> - - -<p class="noindent"><a name="savigny_151" id="savigny_151" class="f70">[151]</a></p> -<p class="cap"> Die Folge dieser Ansichten ist, daß das wissenschaftliche -Studium des Rechts, als welchem alle Erhaltung und Veredlung -desselben obliegt, in beiderley Ländern, denen die Gesetzbücher -haben, und die sie nicht haben, dasselbe seyn müsse. Ja -nicht auf das gemeine Recht allein beschränke ich diese Gemeinschaft, -sie muß vielmehr auch auf die Landesrechte erstreckt werden -aus zwey Gründen. Erstlich weil die Landesrechte großentheils -nur durch Vergleichung und durch Zurückführung auf alte nationale -Wurzeln verstanden werden können: zweytens weil schon an sich -alles geschichtliche der einzelnen Deutschen Länder für die ganze -Nation ein natürliches Interesse hat. Daß die Landesrechte bisher -am wenigsten auf diese Weise behandelt worden sind, wird -niemand läugnen<a name="FNanchor_120_133" id="FNanchor_120_133" href="#Fn_120_133" class="fnanchor">120</a>; aber viele Gründe lassen für die Zukunft -allgemeinere Theilnahme an der vaterländischen Geschichte hoffen, -und davon wird auch das Studium der Landesrechte belebt werden, -die eben so wenig als das gemeine Recht dem blosen Handwerk -anheim fallen dürfen. Und so führt unsre Ansicht auf einem anderen<a name="savigny_152" id="savigny_152" class="f70">[152]</a> -Wege zu demselben Ziel, welchem die Freunde des -allgemeinen Gesetzbuchs nachstreben, aus dem bürgerlichen Recht -nämlich eine gemeinsame Angelegenheit der Nation, und damit zugleich -eine neue Befestigung ihrer Einheit zu machen; nur führt unsre -Ansicht vollständiger dahin, indem sie in der That alle Deutschen -Lande umfaßt, während durch das vorgeschlagene Gesetzbuch Deutschland -in drey große Ländermassen zerfallen würde, die durch das -bürgerliche Recht sogar schärfer als vorhin geschieden wären: -Oesterreich nämlich, Preußen, und die Länder des Gesetzbuchs<a name="FNanchor_121_134" id="FNanchor_121_134" href="#Fn_121_134" class="fnanchor">121</a>.</p> - -<p><a class="pagenum" name="Page_161" id="Page_161">[Pg 161]</a></p> - -<p>Daß nun diese Gemeinschaft des bürgerlichen Rechts in -allen wirklichen Einrichtungen anerkannt und vorausgesetzt werde, -halte ich eben wegen jener durch sie mit zu begründenden Vereinigung -für eine der wichtigsten Angelegenheiten der Nation. -Wie es keine Preussische und Bairische Sprache oder Literatur -giebt, sondern eine Deutsche, so ist es auch mit den Urquellen -unsres Rechts und mit deren geschichtlicher<a name="savigny_153" id="savigny_153" class="f70">[153]</a> Erforschung; -daß es so ist, hat kein Fürst mit Willkühr gemacht, und keiner -kann es hindern, nur kann es verkannt werden: aber jeder -Irrthum über das, was wahrhaft der Nation angehört, und -fälschlich als dem einzelnen Stamme eigen behandelt wird, bringt -Verderben.</p> - -<p>Sehen wir nun um uns, und suchen ein Mittel, wodurch -dieses gemeinsame Studium äußerlich begründet und befördert -werden könne, so finden wir ein solches, nicht mit Willkühr ersonnen, -sondern durch das Bedürfniß der Nation seit Jahrhunderten -bereitet, in den Universitäten. Die tiefere Begründung -unsres Rechts, und vorzüglich des vaterländischen, für welches -noch am meisten zu thun ist, ist von ihnen zu erwarten, aber -auch mit Ernst zu fordern. Allein damit sie diesem Beruf ganz -genügen könnten, müßte ein Wunsch erfüllt werden, in welchen -gewiß auch diejenigen herzlich einstimmen werden, welchen bis -jetzt unsre Ansicht entgegen gesetzt war. Oesterreich, Baiern und -Würtemberg, diese trefflichen, gediegenen Deutschen Stämme, -stehen (theils von jeher, theils gegenwärtig) mit dem übrigen -Deutschland nicht in dem vielseitigen Verkehr des Universitätsunterrichts, -welcher den übrigen Ländern so großen Vortheil -bringt; theils Gewohnheit, theils beschränkende Gesetze hemmen -diesen Verkehr. Die Erfahrung dieser letzten Zeit hat gezeigt, -welches Zutrauen die Deutschen Völker zu einander fassen dürfen,<a name="savigny_154" id="savigny_154" class="f70">[154]</a> -und wie nur in der innigsten Vereinigung ihr Heil -ist. Darum scheint es an der Zeit, daß jener Verkehr nicht nur -völlig frey gestattet, sondern auf alle Weise begünstigt und befördert -werde: für gefährlich kann ihn jetzt niemand halten, und -wie er wohlthätig für die Verbrüderung der Völker wirken könne, -muß jedem einleuchten. Aber nicht blos politisch würde dieser -unbeschränkte und vielseitige Verkehr höchst wichtig seyn, sondern<a class="pagenum" name="Page_162" id="Page_162">[Pg 162]</a> -auch noch mehr für den innern, wissenschaftlichen Werth der -Lehranstalten selbst. Wie sich bey dem allgemeinen Welthandel -ein irriges Münzsystem einzelner Staaten nicht halten kann, ohne -bald in schlimmen Folgen empfunden und entdeckt zu werden, so -würde eine mangelhafte Einrichtung einzelner Universitäten durch -diesen erwünschten Verkehr bald erkannt und verbessert werden -können; alle Universitäten würden sich gegenseitig halten und -heben, und die Erfahrung einer jeden würde ein Gemeingut -aller werden.</p> - - - - -<h3 class="gs">11.<br /> - -Thibauts Vorschlag.</h3> - - -<p class="noindent"><a name="savigny_155" id="savigny_155" class="f70">[155]</a></p> -<p class="cap"> <cite>Thibaut</cite> versichert im Eingang seiner Schrift, daß -er als warmer Freund seines Vaterlandes rede, und gewiß, er -hat ein Recht, dieses zu sagen. Denn er hat zur Zeit des Code -in einer Reihe von Recensionen auf die Würde der Deutschen -Jurisprudenz gehalten, während Manche die neue Weisheit, -Manche selbst die Herrschaft, wozu diese führte, mit thörichtem -Jubel begrüßten. Auch das Ziel seines Vorschlags, die festere, -innigere Vereinigung der Nation, bestätigt diese gute Gesinnung, -die ich mit Freuden anerkenne. Bis auf diesen Punkt also sind -wir einig, und darum ist unser Streit kein feindseeliger, uns -liegt derselbe Zweck ernsthaft am Herzen, und wir berathen und -besprechen uns über die Mittel. Aber freylich über diese Mittel -sind unsre Ansichten sehr entgegen gesetzt. Vieles davon ist schon -oben im Zusammenhang dieser Schrift abgehandelt worden, der -eigentliche Vorschlag selbst ist nun noch zu prüfen.</p> - -<p><cite>Thibaut</cite> nimmt an, das vorgeschlagene Gesetzbuch könne in -zwey, drey, vier Jahren gemacht werden<a name="FNanchor_122_135" id="FNanchor_122_135" href="#Fn_122_135" class="fnanchor">122</a>, nicht als bloser Behelf, -sondern als ein<a name="savigny_156" id="savigny_156" class="f70">[156]</a> Ehrenwerk, welches als Heiligthum auf -Kinder und Kindeskinder vererbt werden möge<a name="FNanchor_123_136" id="FNanchor_123_136" href="#Fn_123_136" class="fnanchor">123</a>, und woran -auch in Zukunft nur noch in einzelnen Stellen nachzubessern seyn -würde<a name="FNanchor_124_137" id="FNanchor_124_137" href="#Fn_124_137" class="fnanchor">124</a>. Für leicht hält er die Arbeit keinesweges, vielmehr für<a class="pagenum" name="Page_163" id="Page_163">[Pg 163]</a> -das schwerste unter allen Geschäften<a name="FNanchor_125_138" id="FNanchor_125_138" href="#Fn_125_138" class="fnanchor">125</a>. Natürlicherweise ist die -Hauptfrage die, wer dieses Werk machen soll, und dabey ist es -höchst wichtig, daß wir uns nicht durch übertriebene Erwartungen -von der Gegenwart täuschen lassen, sondern ruhig und unparteyisch -überschlagen, welche Kräfte uns zu Gebote stehen. Dieses hat -auch <cite>Thibaut</cite> gethan; auf zwey Classen von Arbeitern müssen -wir rechnen, Geschäftsmänner und Juristen von gelehrtem Beruf, -und beide verlangt, wie sich von selbst versteht, auch er. Aber -von den Geschäftsmännern im einzelnen ist seine Erwartung sehr -mäßig<a name="FNanchor_126_139" id="FNanchor_126_139" href="#Fn_126_139" class="fnanchor">126</a>, und auch auf die Gelehrten setzt er nach einigen Äußerungen -keine übertriebene Hoffnung<a name="FNanchor_127_140" id="FNanchor_127_140" href="#Fn_127_140" class="fnanchor">127</a>. Eben deshalb fordert er -eine collegialische Verhandlung: nicht Einer, auch nicht Wenige, -sondern Viele und aus allen Ländern sollen das Gesetzbuch -machen<a name="FNanchor_128_141" id="FNanchor_128_141" href="#Fn_128_141" class="fnanchor">128</a>.</p> - -<p>Allerdings giebt es Geschäfte im Leben, worin sechs Menschen -genau sechsmal so viel ausrichten als Einer, andere worin sie -sogar mehr, noch andere<a name="savigny_157" id="savigny_157" class="f70">[157]</a> dagegen worin sie weit weniger -als dieses leisten. Das Gesetzbuch nun ist eine solche Arbeit, -worin die vereinigte Kraft Vieler keinesweges eine nach Verhältniß -erhöhte Kraft seyn würde. Noch mehr: es wird als -ein löbliches, treffliches Werk auf diesem Wege gar nicht entstehen -können, und zwar aus dem einfachen Grunde, weil es -nach seiner Natur weder eine einzelne Bestimmung, noch ein -Aggregat solcher einzelnen Bestimmungen ist, sondern ein organisches -Ganze. Ein Richtercollegium z. B. ist deshalb möglich, weil -über Condemnation oder Absolution in jedem einzelnen Fall die -Stimmen abgegeben und gezählt werden können. Daß damit -die Verfertigung des Gesetzbuchs keine Aehnlichkeit hat, leuchtet -von selbst ein. Ich komme auf dasjenige zurück, was oben erörtert -worden ist. Unter den Römern zur Zeit des <cite>Papinian</cite> war -ein Gesetzbuch möglich, weil ihre gesammte juristische Literatur selbst -ein organisches Ganze war: man könnte (mit einem Kunstausdruck -der neueren Juristen) sagen, daß damals die einzelnen Juristen -fungible Personen waren. In einer solchen Lage gab es sogar mehrere<a class="pagenum" name="Page_164" id="Page_164">[Pg 164]</a> -Wege, die zu einem guten Gesetzbuch führen konnten: entweder -Einer konnte es machen, und die Andern konnten hinterher einzelne -Mängel verbessern, was deswegen möglich war, weil in der That -jeder einzelne als Repräsentant ihrer juristischen Bildung überhaupt -gelten konnte: oder auch Mehrere konnten, unabhängig<a name="savigny_158" id="savigny_158" class="f70">[158]</a> -von einander, jeder das Ganze ausarbeiten, und durch Vergleichung -und Verbindung dieser Werke würde ein neues entstanden -seyn, vollkommner als jedes einzelne, aber mit jedem gleichartig.</p> - -<p>Nun bitte ich jeden, mit diesem Zustand den unsrigen zu -vergleichen, der jenem gerade hierin völlig entgegen gesetzt ist. -Um mit dem geringeren anzufangen, wähle jeder in Gedanken -eine Anzahl der jetztlebenden Juristen aus, und frage sich, ob aus -deren gemeinschaftlicher Arbeit auch nur ein System des bestehenden -Rechts hervorgehen könne: er wird sich bald von der -völligen Unmöglichkeit überzeugen. Daß aber ein Gesetzbuch eine -viel größere Arbeit ist, und daß von ihm besondere ein höherer -Grad organischer Einheit verlangt werden muß, wird gewiß -niemand läugnen. In der That also würde das Gesetzbuch, -wenn es nicht durch blos mechanische Zusammensetzung unlebendig -und darum völlig verwerflich seyn soll, doch nicht von jenem -Collegium gemacht werden können, sondern nur von einem Einzelnen; -die übrigen aber würden nur untergeordnete Dienste -leisten können, indem sie bey einzelnen Zweifeln Rath und Gutachten -ertheilten, oder die fertige Arbeit durch Entdeckung einzelner -Mängel zu reinigen suchten. Wer uns aber dieses zugiebt, -der muß für die gegenwärtige Zeit an der Möglichkeit überhaupt -verzweifeln; denn eben jenen einzelnen, den wahren Gesetzgeber, -zu finden, ist ganz unmöglich,<a name="savigny_159" id="savigny_159" class="f70">[159]</a> weil wegen der völligen -Ungleichartigkeit der individuellen Bildung und Kenntniß unsrer -Juristen kein einzelner als Repräsentant der Gattung betrachtet -werden kann.</p> - -<p>Wer auch nach dieser Betrachtung noch an die Möglichkeit -einer wirklich collegialischen Verfertigung des Gesetzbuchs glauben -möchte, der wolle doch die Discussionen des Französischen Staatsraths, -die <cite>Thibaut</cite> so treffend geschildert hat<a name="FNanchor_129_142" id="FNanchor_129_142" href="#Fn_129_142" class="fnanchor">129</a>, auch nur in<a class="pagenum" name="Page_165" id="Page_165">[Pg 165]</a> -einem einzelnen Abschnitt durchlesen. Ich zweifle nicht, daß -unsre Discussionen in manchen Stücken besser seyn würden; aber, -auf die Gefahr hin, der Parteylichkeit für die Franzosen beschuldigt -zu werden, kann ich die Ueberzeugung nicht verbergen, -daß die unsrigen in anderer Rücksicht hinter diesem Vorbild zurück -bleiben dürften.</p> - -<p>Es ist oft verlangt worden, daß ein Gesetzbuch populär seyn -solle, und auch <cite>Thibaut</cite> kommt einmal auf diese Forderung -zurück<a name="FNanchor_130_143" id="FNanchor_130_143" href="#Fn_130_143" class="fnanchor">130</a>. Recht verstanden, ist diese Forderung wohl zuzugeben. -Die Sprache nämlich, die das wirksamste Mittel ist, wodurch -Ein Geist zum andern kommen kann, hemmt und beschränkt auch -diesen geistigen Verkehr vielfältig; oft wird der beste Theil des -Gedankens von diesem Medium absorbirt, wegen der Ungeschicklichkeit -entweder des Redenden, oder des Hörers. Aber durch<a name="savigny_160" id="savigny_160" class="f70">[160]</a> -Naturanlage oder Kunst kann dieses Medium so unterworfen -werden, daß beiderley Ungeschicklichkeit nicht mehr im -Wege steht. Der Gedanke schreitet dann weg über die verschiedene -Art und Bildung der hörenden Individuen, und ergreift -sie in dem gemeinsamen geistigen Mittelpunkt. Dann kommt es, -daß die Hohen befriedigt werden, während auch den Geringen -alles klar ist: beide sehen den Gedanken über sich als etwas -höheres, bildendes, und beiden ist er erreichbar. So ist irgendwo -ein wunderthätiges Christusbild gewesen, das die Eigenschaft -hatte, eine Hand breit höher zu seyn, als der größte Mann, der -sich daran stellen mochte: kam aber ein Mann von mäßiger -Größe, oder ein kleiner, so war der Unterschied dennoch derselbe, -nicht größer. Diesen einfältigen, einzig populären Styl sehen -wir (um nur von der einheimischen Literatur zu reden) in unsren -besseren Chroniken, aber er kann auch in mancherley anderen -Arten erscheinen. Wenn wir ihn einmal wieder finden, dann -wird manches treffliche möglich seyn, unter andern eine gute -Geschichtschreibung, und unter andern auch ein populäres -Gesetzbuch.</p> - - - -<p><a class="pagenum" name="Page_166" id="Page_166">[Pg 166]</a></p> - - - - -<h3 class="gs">12.<br /> - -Schluß.</h3> - - -<p class="noindent"><a name="savigny_161" id="savigny_161" class="f70">[161]</a></p> -<p class="cap">Ich fasse nochmals in kurzen Worten zusammen, worin -meine Ansicht mit der Ansicht der Freunde eines Gesetzbuchs -übereinstimmt, und worin sich beide unterscheiden.</p> - -<p>In dem Zweck sind wir einig: wir wollen Grundlage eines -sicheren Rechts, sicher gegen Eingriff der Willkühr und ungerechter -Gesinnung; desgleichen Gemeinschaft der Nation und Concentration -ihrer wissenschaftlichen Bestrebungen auf dasselbe Object. Für -diesen Zweck verlangen sie ein Gesetzbuch, was aber die gewünschte -Einheit nur für die Hälfte von Deutschland hervorbringen, -die andere Hälfte dagegen schärfer als vorher absondern -würde. Ich sehe das rechte Mittel in einer organisch fortschreitenden -Rechtswissenschaft, die der ganzen Nation gemein -seyn kann.</p> - -<p>Auch in der Beurtheilung des gegenwärtigen Zustandes -treffen wir überein, denn wir erkennen ihn beide für mangelhaft. -Sie aber sehen den Grund des Uebels in den Rechtsquellen, -und glauben durch ein Gesetzbuch zu helfen: ich finde ihn vielmehr -in uns, und glaube, daß wir eben deshalb zu einem Gesetzbuch -nicht berufen sind.</p> - -<p><a name="savigny_162" id="savigny_162" class="f70">[162]</a> Wie in unsrer Zeit gesprochen sind die Worte eines -der edelsten Deutschen des sechzehnten Jahrhunderts<a name="FNanchor_131_144" id="FNanchor_131_144" href="#Fn_131_144" class="fnanchor">131</a>:</p> - -<p class="posth6_2 antiqua" lang="la" xml:lang="la">Nam nihi aspicienti legum libros, et cognita pericula Germaniae, -saepe totum corpus cohorrescit, cum reputo quanta -incommoda secutura sint, si Germania propter bella amitteret -hanc eruditam doctrinam juris et hoc curiae ornamentum ... -Non igitur deterreamur periculis, non frangamur animis,.... -nec possessionem studii nostri deseramus. – – Itaque -Deus flectat animos principum ac potentum ad hujus doctrinae -conservationem, magnopere decet optare bonos et prudentes. -Nam hac remota, ne dici potest quanta in aulis tyrannis, in -judiciis barbaries, denique confusio in tota civili vita secutura -esset, quam ut Deus prohibeat, ex animo petamus.</p> - - - - - - - -<p><a class="pagenum" name="Page_167" id="Page_167">[Pg 167]</a></p> -<h2>II. Abteilung.</h2> - -<h3>1. Thibauts Nachträge zu seiner Schrift. 2. Ausgabe. 1814.</h3> - - -<p>Bald nach der 1. Ausgabe erschien Thibauts Streitschrift in seinen -»Civilistischen Abhandlungen« (Heidelberg bey Mohr und Zimmer, 1814, Vorrede -vom August 1814) S. 404 bis 466 als die 19. von 20 Abhandlungen in erweiterter -Fassung (2. Ausgabe).</p> - - -<p class="center gesperrt p2">Neunzehnte Abhandlung.<br /> - -Ueber die Nothwendigkeit eines allgemeinen bürgerlichen Rechts -für Deutschland.</p> - -<p>Vor einiger Zeit gab ich eine kleine Flugschrift heraus, welche die Rubrik -dieser Abhandlung als Titel führt, und durch folgende Vorrede begleitet ist:</p> - -<p>(Es folgt dann die oben abgedruckte Vorrede zur 1. Fassung. Die Nachträge -– »Zusätze« – sind nachstehend wortgetreu abgedruckt; Zusatz 1 bezieht sich auf die -Vorrede, die übrigen auf die Schrift selbst; es sind auch sonstige Änderungen -mitaufgenommen.</p> - -<p>Der 6. und 7. Zusatz findet sich bereits wörtlich in der erwähnten, -2-1/2 Druckseiten umfassenden <cite>Selbstanzeige</cite> Thibauts, Heidelb. Jahrb. 1814 -Nr. 33.)</p> - -<hr class="hr45" /> - -<p><a name="zus_1" id="zus_1" href="#an_zus_1">1. Zusatz</a>: So viel ich von allen Seiten vernehme, hat die Schrift vielen -von denen gefallen, um deren Beyfall es mir besonders zu thun war, d. h. -Männern, welche warme Vaterlandsliebe zu schätzen wissen, die Bedürfnisse der -Nation kennen, und das kräftige, freye Wort in Ehren halten, wenn es nicht -leichtsinnig mit unerreichbaren Idealen spielt. Da kleine Schriften dieser Art -gewöhnlich in kurzer Zeit verloren gehen, und ich doch die längere Erhaltung -derselben zu wünschen Ursach habe, so nehme ich sie hiemit in diese größere -Schrift auf, mit einer ziemlichen Reihe von Zusätzen vermehrt, welche in mehrerer -Hinsicht für meinen Hauptgedanken von Bedeutung sind. In der Gesellschaft -exegetischer Abhandlungen über das römische Recht wird denn diese Abhandlung -auch den Lesern, welche sonst nichts von meinen Schriften kennen, zum Beweise -dienen, daß ich dem Römischen Recht nicht deswegen abhold bin, weil ich gelehrte -Nachforschungen über dasselbe gescheuet habe.</p> - -<p><a name="zus_2" id="zus_2" href="#an_zus_2">2. Zusatz</a>: oder sein muß,</p> - -<p><a name="zus_3" id="zus_3" href="#an_zus_3">3. Zusatz</a>: (z. B. die Nothwendigkeit ständischer Verfassung)</p> - -<p><a name="zus_4" id="zus_4" href="#an_zus_4">4. Zusatz</a>: Was eigentlich für Deutschland vom Römischen Recht unbedingten -Werth hat, sind nur die, ich möchte sagen, exegetischen Theile desselben; -aber im Grunde auch nur insofern, als sie zum Muster dienen können, keineswegs -aber als Gesetze. Die große Masse seiner Erörterungen nämlich, welche in -Beziehung auf den Sinn und Umfang der einzelnen Servituten, Legate, und -Verträge in den Pandekten und dem Codex vorkommt, enthält einen Schatz<a class="pagenum" name="Page_168" id="Page_168">[Pg 168]</a> -geistvoller und scharfsinniger Erörterungen; aber im Ganzen doch nur in dem -Sinn, daß gezeigt wird, was unter einem <em>Römischen</em> Worte nach dem gewöhnlichen -Sprachgebrauch in allen möglichen Beziehungen zu verstehen sey. So -lernen wir denn wohl, was <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">usus</span>, <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">habitatio</span> und <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">supellex</span> bey den Römern hieß; -aber was nun unsre Worte: Gebrauch, Wohnung und Hausrath bezeichnen, -darüber kann uns kein römischer Classiker Aufschluß geben; und es hat daher -unsrer juristischen Gewandtheit und Eigenthümlichkeit unendlich geschadet, daß -wir, unbekümmert um unsre Worte und die feinen Schattirungen unsrer Wortbedeutungen, -alles nach den Römischen Entscheidungen maßen, grade als ob die -juristischen Classiker der Römer auf die Anfragen Deutscher Bürger geantwortet -hätten. Der eigentlich legislative Theil des Römischen Rechts paßt uns aber -gar nicht an, auch wo man ihn nicht grade schlecht und dem Römischen Volksgeist -gemäß nennen wollte. Der deutsche Sinn ist immer auf das Feste, Mäßige, -Einfache gegangen; auf billige, sittliche, häusliche Verhältnisse; Gleichheit der -Geschlechter; wohlwollende, achtungsvolle Behandlung der Weiber, besonders der -Mütter und Wittwen; weise und kräftige Einwirkung der Obrigkeit in allen -Verhältnissen, wo man ihrer bedarf; Einfachheit der Verpflichtungsarten, aber -auch dagegen Sicherheit des Eigenthums und der Hypotheken durch wohlgeordnete, -offenkundige Staatsanstalten. Ganz anders war der Geist des Römers. -Ganze Massen des ältern Rechts lassen sich auf militairisch-republicanischen -Mannstrotz, Stolz und Egoismus, und eine Art militairischer Steifheit und -Pedanterey zurückführen. Daher diese unerhörte Despotie des Hausvaters; diese -Entfernung aller mütterlichen Gewalt; diese harte Zurücksetzung der Weiber bey -der Erbfolge; dieser fast gänzliche Mangel obrigkeitlicher Aufsicht bey Vormundschaftsangelegenheiten; -diese grenzenlose Neigung, alle Geschäfte in strikte Formeln -einzukleiden, und die Verträge von allen Seiten einzuengen, während da, wo von -der Sicherheit gegen Dritte, und von der Sicherheit Dritter die Rede ist, -nirgend eine mitwirkende Staatsanstalt hülfreich erscheint. Unter den Kaisern -ist an allen diesen und ähnlichen Dingen nun zwar vielfach herumgefeilt; aber -eine wesentliche Umwandlung ist nie erfolgt, ja es ist später sogar manches noch -verschlimmert, wie das Hypotheken-System; und so hat denn die Deutsche Praxis -sich damit begnügen müssen, da und dort noch ein Stückchen wegzustehlen, ohne -je zu der Einfalt und Festigkeit zu gelangen, welche unserm Charakter allein -anpaßt, und ohne unsre Eigenthümlichkeit frey ausbilden zu können. Unsre -Hausväter haben noch immer zu viel Rechte; unsre Wittwen sind häufig viel -zu sehr zurückgesetzt; unsre Sicherheits-Anstalten sind durch das Einwirken -Römischer Privilegien überall durchlöchert, und unsre Grundsätze über die Heiligkeit -der Verträge haben über viele feinere Folgesätze des Römischen Contracten-Systems -(z. B. in Beziehung auf die <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">pacta adjecta</span>) nie den Sieg davon getragen. -Jeder denkende Germanist wird es einräumen, daß die feinen Verfälschungen, -welche Römische Begriffe in die unsrigen gebracht haben, fast zahllos sind. Was -uns würde anpassend gewesen seyn, das ist zum Theil die alte Römische Strenge; -das alte Hypotheken-System, insofern es keine Privilegien kannte; und jene hohe -Achtung gegen die Person des Bürgers, welche sich in Beziehung auf Criminal-Sachen, und in Ansehung der Freyheit der Emigration so laut aussprach. Allein -grade diese herrlichen hellen Punkte wurden unter den Kaisern in Nacht und -Finsterniß gehüllt; und so wird denn kein Deutscher Mann, dem der Himmel -in diesen Zeiten der Abspannung und Demüthigung milde Deutsche Kraft und -Einfalt erhalten hat, irgend eine Hauptlehre des Römischen Rechts entdecken -können, von der er behaupten möchte, daß sie ächten Deutschen Sinn zu beleben -und zu befestigen im Stande sey.</p> - -<p><a name="zus_5" id="zus_5" href="#an_zus_5">5. Zusatz</a>: nicht; und bey dem Allen ist ein fester Boden auch nicht einmal -mit voller Sicherheit zu gewinnen. Denn schon in den Handschriften findet sich -viel critische Willkühr, und noch mehr in den Ausgaben, ohne daß ein strenger -Beweis möglich ist, weil fast alle, von den Herausgebern benutzten Handschriften -unbekannt, oder verloren gegangen sind. Für Kenner brauche ich in dieser -Hinsicht nur an die <cite>Haloandrischen</cite> Ausgaben der Institutionen, der Pandekten -und des Codex zu erinnern, worin im Ganzen eine gewisse critische Willkühr -klar am Tage liegt, ohne daß man sie je in dem einzelnen Fall streng erweisen kann.</p> - -<p><a name="zus_6" id="zus_6" href="#an_zus_6">6. Zusatz</a>: Daß jene, grade in der Periode des Verfalls der Römischen -Rechtswissenschaft emporgekommenen Rechtsschulen durch die große Menge ihrer -Lehrer der Rhetorik und Grammatik der Rechtsgelehrsamkeit nicht aufgeholfen -haben, ist freylich wahr. Allein was ließ sich in dieser Periode der Entkräftung -durchsetzen? So viel läßt sich indeß immer mit Sicherheit behaupten, daß auch -nicht einmal das geleistet seyn würde, was <cite>Justinianus</cite> vollbrachte, wenn -auf den damaligen Rechtsschulen das Positive so ins Unendliche gegangen wäre, -als bei uns, und daß die Juristen vom gänzlichen Untergange gerettet wurden, -weil ihr einheimisches Recht dem Handwerk wenig zu thun gab, und die lebhafte -Mitwirkung vieler Rhetoren und Grammatiker immer ein mächtiger Damm -gegen volle Barbarey blieb.</p> - -<p><a name="zus_7" id="zus_7" href="#an_zus_7">7. Zusatz</a>: Man fürchte auch nicht, daß das Studium der Philologie -und Rechtsgeschichte, dessen Unentbehrlichkeit ich gern zugebe, bey einem einfachen -National-Gesetzbuch irgend einige Gefahr laufe. Es wird vielmehr bedeutend -gewinnen, wenn man nur die Sache von der rechten Seite ansieht, und gehörig -behandelt. Belehrende und erhebende Geschichts- und Alterthumsforschungen -sind nicht das mikrologische Zusammenscharren und Zergliedern jeder Kleinigkeit, -sondern das Bestreben, das Lehrreiche und Fruchtbare kräftig herauszuheben, -und für menschliche Zwecke in einen lichtvollen Zusammenhang zu bringen. Wozu -führt uns aber in dieser Hinsicht unser ganzes juridisches Sprach- und Antiquitäten-Wesen? -An ein mißrathenes, verwirrtes, grenzenlos verwickeltes Gesetzbuch geschmiedet, -müssen wir Riesenkräfte zusetzen, um chaotische Details zu erklären, -welche dem gesetzgebenden Verstande wenig Nahrung geben; und bei dem allen -ist doch der Blick nur höchst beschränkt auf eine Kleinigkeit gerichtet. Ein recht -thätiger Gelehrter kann ein ganzes Jahr gebrauchen, um die Schicksale der -Römischen Intestat-Erbfolge und Concurslehre gehörig aus den Quellen zu prüfen, -und dreyßig Stunden, um darüber das wesentliche Resultat seiner Forschungen -in Vorlesungen mitzutheilen. Aber was ist am Ende der Gewinn für den -denkenden Rechtsforscher? Nichts, als auf der einen Seite, daß man ein altes,<a class="pagenum" name="Page_170" id="Page_170">[Pg 170]</a> -für die Periode roher Mannskraft passendes, sehr kurzsichtig gefaßtes Gesetz -erst recht buchstäblich handhabte, aber dann durch zahllose Beschränkungen am -Ende ganz zum Fallen brachte; und auf der andern Seite, daß die kräftige -ältere Ansicht über die Nothwendigkeit unbedingter Sicherheit erst da und dort -durch Politik und Schwäche beschränkt ward, daß eine Sünde zur andern führte, -und daß am Ende das ganze Hypotheken-System sich durch sich selbst zerstörte. -Ein geistvoller Lehrer könnte das, was von dem allen zur Belebung des rechtlichen -Verstandes gebraucht werden kann, in wenig Stunden entwickeln; aber -jetzt bedarf es zur Erklärung des Positiven eines solchen Wustes zahlloser Details, -daß man fast vor den Bäumen den Wald nicht zu sehen bekommt. Dafür muß -man denn entbehren, was grade unentbehrlich ist. Denn das ist nicht die wahre -belebende Rechtsgeschichte, welche mit gefesseltem Blick auf der Geschichte Eines -Volkes ruhet, aus dieser alle Kleinigkeiten engherzig herauspflückt, und mit ihrer -Mikrologie der Dissertation eines großen Praktikers über das: <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">et cetera</span> gleicht. -Wie man den Europäischen Reisenden, welche ihren Geist kräftig berührt, und -ihr Innerstes umgekehrt wissen wollen, den Rath geben sollte, nur außer Europa -ihr Heil zu versuchen: so sollten auch unsre Rechtsgeschichten, um wahrhaft -pragmatisch zu werden, groß und kräftig die Gesetzgebungen aller andern alten -und neuen Völker umfassen. Zehn geistvolle Vorlesungen über die Rechtsverfassung -der Perser und Chinesen würden in unsern Studirenden mehr wahren juristischen -Sinn wecken, als hundert über die jämmerlichen Pfuschereyen, denen die Intestat-Erbfolge -von <cite>Augustus</cite> bis <cite>Justinianus</cite> unterlag. Hätten wir daher ein -einfaches einheimisches Gesetzbuch, so könnte die Zeit, welche jetzt auf tödtende, -ermüdende historische Erörterungen zu verwenden ist, grade der ächten, belebenden -Rechtsgeschichte gewidmet werden. Auch für die Philologie würde auf diese -Art mehr geschehen können. Alle jetzigen Philologen werden es bezeugen können, -daß ihnen unsre jungen Juristen nicht viel Freude machen; und wir Rechtsgelehrten -wissen den Grund am besten. Wo sollten junge Gemüther noch ungeschwächte -Kraft für das philologische Studium her bekommen, wenn wir -Rechtslehrer ihnen erst die Schwungfedern in einer Sündfluth wunderlicher -Gesetze gebadet haben? Man gebe uns dagegen ein einfaches, unserm Volkssinn -entsprechendes, in vaterländischer, kräftiger Sprache entworfenes Gesetzbuch: dann -werden unsre Regierungen ohne Ungerechtigkeit verlangen können, daß jeder -junge Jurist, welcher sich zum Examen stellt, die Griechischen Redner und seinen -Cicero gründlich müsse studirt haben; und dann werden unsre Juristen-Facultäten -auch die Freude haben, daß ihre Candidaten, nach dem neulichen Beispiel der -trefflichen Studenten in Oxford, durchreisenden hohen Häuptern mit Lateinischen -und Griechischen Oden andienen können.</p> - -<p><a name="zus_8" id="zus_8" href="#an_zus_8">8. Zusatz</a>: haben, oder wagte wenigstens allein zu handeln, wo der -Einzelne sich allein nie alles zutrauen soll;</p> - -<p><a name="zus_9" id="zus_9" href="#an_zus_9">9. Zusatz</a>: Erwägen wir aber noch genauer die Vortheile des Zusammenwirkens -gelehrter und geübter Rechtskenner aus allen Deutschen Reichsländern, -so wird es fast unwidersprechlich, daß nur eine solche Versammlung im Stande -ist, alles Gute zu vereinigen, und allem Schlechten ein Ende zu machen. Wenn<a class="pagenum" name="Page_171" id="Page_171">[Pg 171]</a> -ein deutsches National-Gesetzbuch das Resultat der National-Kraft seyn soll, so -muß dabey durchaus benutzt werden, was bisher in jedem Lande für Gesetzgebung -geschah. Kein Land kann zwar in dieser Hinsicht etwas Vollendetes aufweisen; -aber einzelne gute Ideen finden sich doch zerstreut überall; und es gibt gewiß -kein Particular-Recht, selbst so weit es durch gelegentliche landesherrliche Verordnungen -ausgebildet ist, worin nicht sehr nutzbare, weise, originelle Ideen vorkommen. -Dieß weiß jeder Facultist, welcher nur zufällig bei Acten-Arbeiten -etwas von den Local-Rechten erfuhr. Einzelne gelehrte Germanisten können sich -aber diese Schätze nicht gründlich zu eigen machen. Die Masse des Ganzen ist -zu unermeßlich, und zum Theil unverständlich, sofern man nicht die Praxis des -Particular-Rechts beobachtet hat, und mit der Geschichte des Landes aufs innigste -vertraut ist. Stellen also unsre Regenten aus jedem Lande einen erfahrenen -Kenner des Rechtes dieses Landes zu der großen Versammlung, so würde nun -eine erschöpfende Austauschung guter Ideen Statt finden, und eine reiche Erfahrung -zum gemeinsamen Zweck weise benutzt werden können. Vielleicht noch -heilsamer würde es aber seyn, daß nun auf diese Weise auch die Fehler sich an -einander abschleifen werden. Wir müssen es zugestehen: schon unter den -Römischen Kaisern, und eben so sehr in dem neueren Europa, ist der Sinn für -kräftige Einfalt des Rechts immer mehr abgestorben, und alles ist von Tage zu -Tage mehr und mehr durch furchtsame Ausnahmen, Beschränkungen und Billigkeitssätze -so herabgestimmt, daß die vielfache Kleinlichkeit unsers National-Characters -gewiß in mancher Hinsicht unsrer bürgerlichen Rechtsverfassung zugeschrieben -werden muß.<a name="FNanchor_D_4" id="FNanchor_D_4" href="#Fn_D_4" class="fnanchor">D</a> Laßt jetzt einmal Deputirte aus allen Ländern ihre mitgebrachten -Kleinlichkeiten gegen einander legen: dieses Heer von Eigenthumsbeschränkungen; -dieses bunte Gewirr endloser Concurs-Privilegien, und diese Unermeßlichkeit -mannigfaltiger Verjährungsfristen, der kein Gedächtniß gewachsen ist. Da werden -alle nothwendig von Staunen und Widerwillen ergriffen werden, und es ist mit -höchster Wahrscheinlichkeit zu erwarten, daß das Uebermaaß allen die Augen -öffnen, und alle zu einer weisen, einfachen Gesetzgebung zwingen wird, wobei -Jeder seine Kleinlichkeiten aufgibt, um von denen des Andern befreyt zu werden. -Da wäre denn die Einfalt errungen, deren wir mehr bedürfen, als viele andere -Völker. Denn unsre politische Trennung, und die Beschränktheit der Kraft der -einzelnen Regenten, muß mannigfaltige Kleinlichkeiten, und eine politische Gedrücktheit -zur Folge haben, wodurch wir leicht zu einer gewissen Aengstlichkeit -und Kleinherzigkeit gestimmt werden können. Gebt also dem Bürger das unschätzbare -Glück, daß er unter dem Schutz kräftiger, ungekünstelter Gesetze in -allen Beziehungen frey, sicher und trotzig gegen seinen Mitbürger auftreten, und -ohne alle Aengstlichkeit und Nächstenfurcht sich des Seinigen als Familienvater, -Eigenthümer und Geschäftsmann erfreuen kann. Das wird den ächten germanischen -Sinn wieder aufregen, dem Staat rüstige Vertheidiger schaffen, und uns von -den zahlreichen Ausgeburten befreyen, welche bisher so recht eigentlich darauf -ausgingen, alle französische Zierereyen und Verzerrungen bey unserm Volke einheimisch -zu machen.</p> - -<p><a class="pagenum" name="Page_172" id="Page_172">[Pg 172]</a></p> - -<p><a name="zus_10" id="zus_10" href="#an_zus_10">10. Zusatz</a>: Mehr Unwandelbarkeit wird zwar unser Recht dadurch bekommen, -auch da, wo Aenderungen nöthig sind. Allein darüber braucht man -nicht zu erschrecken. Denn so werden wir auch umgekehrt von dem weit größeren -Uebel unausgesetzter leichtsinniger Aenderungen befreyt. Eine gewisse Unbeweglichkeit -der Gesetzgebung hat immer mehr genutzt, als geschadet, und die Engländer haben -gewiß eben daher einen Theil ihrer Gediegenheit und Kraft, daß Aenderungen -der Gesetze selten bey ihnen sind, und daß das Parlament nicht gleich durch -jeden ersten Zweifel einzelner Richter sich zu Neuerungen verleiten läßt.</p> - -<p><a name="zus_11" id="zus_11" href="#an_zus_11">11.</a> »Ich muß daher auf die möglichen Haupteinwürfe etwas näher eingehen,« -(<span class="gesperrt">Aenderung</span>).</p> - -<p><a name="zus_12" id="zus_12" href="#an_zus_12">12. Zusatz</a>: abzuwenden, selbst wo es durch bittre Erfahrungen in seinen -Hoffnungen getäuscht war.</p> - -<p><a name="zus_13" id="zus_13" href="#an_zus_13">13.</a> »der« statt »des« (<span class="gesperrt">Aenderung</span>).</p> - -<p><a name="zus_14" id="zus_14" href="#an_zus_14">14. Zusatz</a>: und in den, von ihnen erlernten Gesinnungen,</p> - -<p><a name="zus_15" id="zus_15" href="#an_zus_15">15.</a> »Wahrheit« statt »Wahrheiten« (<span class="gesperrt">Aenderung</span>).</p> - -<p><a name="zus_16" id="zus_16" href="#an_zus_16">16. Zusatz</a>: Als man, da und dort den Degen halb gezogen,</p> - -<p><a name="zus_17" id="zus_17" href="#an_zus_17">17. Zusatz</a>: gelang, und bey daurendem Glück unfehlbar ganz gelungen -seyn würde.</p> - -<p><a name="zus_18" id="zus_18" href="#an_zus_18">18. Zusatz</a>: Am wenigsten lasse man sich aber dadurch irre machen, daß -die gänzliche Umänderung unsers bürgerlichen Rechts unter den eigentlich gelehrten -Rechtskennern vielleicht die mehrsten Widersacher finden wird. Das wird -stets so bleiben; und jetzt ist es gar nicht anders zu erwarten. Bittre Worte -müssen darüber gesagt werden; aber die Wahrheitsliebe macht diese Bitterkeit -zur Pflicht. Was hat denn in diesen dürren Jahren die Nation von den Gelehrten -an Unterstützung erhalten, von ihnen, denen die ganze Welt zum Broderwerb -offen steht, und denen die Freymüthigkeit um so mehr obgelegen hätte, da sie -mehr, wie Andre, die Fähigkeit besitzen, auf eine feine und geschickte Art der -Wahrheit gebührend zu huldigen? Fast nirgend entdecken wir, auf unsre letzte -Vergangenheit zurücksehend, gelehrte Catonen; aber leider genug Feige, Eitle, -niedrige Kriecher und Schmeichler, und eigennützige Gelegenheitsmacher, zum -Theil mit grenzenloser Schamlosigkeit, so daß es zur ewigen Warnung wohl der -Mühe werth wäre, alle Elendigkeiten, wodurch unsre Gelehrten in diesen Zeiten -ihr Vaterland schändeten, in einer derben Chronik der Nachwelt zu überliefern. -Lassen wir aber auch diese Trostlosigkeiten auf sich beruhen: für kräftige Umwälzungen -wird die Mehrzahl der eleganten Juristen nie gestimmt seyn. Keiner -von ihnen übersieht in der Regel das ganze Recht; wenigen von ihnen werden -die Bedürfnisse des Volks durch Beobachtung klar, und die mächtige Triebfeder -des Eigennutzes wird keinen in Bewegung setzen, vielmehr wird es immer -vortheilhafter für sie seyn, die mühsam errungenen critisch-historischen Schätze in -gehöriger Sicherheit zu halten, und gegen bessernde Einrichtungen zu kämpfen, -damit ihnen nicht die Pflicht werde, den neuen Menschen anzuziehen. Welche -Erfahrungen haben wir in dieser Hinsicht gehabt! <cite>Luther</cite> erkannte es, daß das -kanonische Recht den Protestanten durchaus nicht anpaßte. Nach wiederholtem -Eifern verbrannte er dasselbe öffentlich vor den Thoren von Wittenberg. Aber<a class="pagenum" name="Page_173" id="Page_173">[Pg 173]</a> -grade die gelehrten protestantischen Juristen wurden seine ärgsten Widersacher, -und am Ende mußte er sich selbst noch wieder zu Vorlesungen über das verhaßte -Gesetzbuch verstehen, um doch wenigstens gegen die gröbsten Mißbräuche kräftig -warnen zu können. Auch edle Triebfedern mögen hier zur Einseitigkeit führen; -aber die Einseitigkeit bleibt was sie ist. Ein geistvoller, tief gelehrter Rechtskenner, -welcher die schwersten Untersuchungen mit brennender Lust und Liebe -zur Sache, und einer glücklichen Gewandtheit anstellt, setzt nur zu leicht voraus, -daß sein Publicum durch ihn entzündet werde, und daß am Ende vielleicht -Jedermann sich auf die Höhe des Meisters schwinge. Allein prüft nur nachher, -was euren Zuhörern, auch den Besten, hängen geblieben ist, und wie sich in der -Folge der Lehrling macht, wenn er sich eine Weile durch das schwerfällige und -quälende bürgerliche Leben hindurch gearbeitet hat. Da wird auf die rosenrothen -Hoffnungen des Meisters eine finstre Demuth folgen, und da wird die Ueberzeugung -unvermeidlich werden, daß nur die Rechtswissenschaft der Verbreitung -und voller Wirksamkeit fähig seyn kann, welche dem gemeinen Verstande auf -dem graden Wege zugänglich ist, und in dem gemeinen Verstande die hauptsächlichsten -Grundlagen für ihre Lehren hat. Das kann man freylich zugeben, -daß wir <em>vielleicht</em> künftig für Abfassung eines neuen Gesetzbuchs noch fähiger -werden, als wir jetzt sind; allein vielfach gesunken, und gegen ferneres Sinken -keineswegs gesichert, könnten wir auch leicht das umgekehrte Schicksal haben; -und so darf denn die jetzige Generation verlangen, daß man sie nicht ungewissen -Hoffnungen opfere, und daß man zunächst für ihr Glück, als die sicherste Grundlage -des Glückes der Nachkommen, gebührende Sorge trage.</p> - - - - - -<p><a class="pagenum" name="Page_174" id="Page_174">[Pg 174]</a></p> -<h3>2. Thibauts Besprechung (Antikritik) der Schrift Savignys.</h3> - -<p class="noindent">Aus den Heidelbergischen Jahrbüchern der Litteratur. 1814. No. 59.</p> - -<p class="block">Vom Beruf unsrer Zeit für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft. Von <span class="antiqua">D.</span> <cite>Friedrich -Carl von Savigny</cite>, ordentl. Prof. des Rechts zu Berlin, und ordentl. -Mitglied der Königl. Akademie der Wissenschaften daselbst. Heidelberg bey -Mohr und Zimmer. 1814. 162 S. gr. 8.</p> - -<p>Als ich vor nicht langer Zeit einige Zusätze zu meiner kurz vorher erschienenen -Abhandlung: <cite>Ueber die Nothwendigkeit eines allgemeinen bürgerlichen -Rechts für Deutschland</cite> herausgab, fügte ich die Wahrsagung hinzu, daß -mein Vorschlag unter den eigentlich gelehrten Romanisten unfehlbar die mehrsten -Widersacher finden werde.<a name="FNanchor_E_5" id="FNanchor_E_5" href="#Fn_E_5" class="fnanchor">E</a> Meine innigste Ueberzeugung zwang mich, darüber -auch bittere Worte fallen zu lassen, wobey ich jedoch natürlich nicht an Herrn -<cite>von Savigny</cite> dachte und denken konnte, da das ganze Publikum mit mir -seinen Namen nicht ohne die höchste Achtung ausspricht, sowohl in Beziehung -auf ächte Gelehrsamkeit, Tiefe und Helle des Geistes, als auch mit Rücksicht auf -jene männliche Ruhe, Kraft und Unparteylichkeit, ohne welche in keinem practischen -Fach etwas Gediegenes vollendet werden kann. Allein bey folgenden Worten -hatte ich ihn, wie wenige Andre, doch ahndend im Sinn: »Auch edle Triebfedern -mögen hier zur Einseitigkeit führen; aber die Einseitigkeit bleibt was sie ist. -Ein geistvoller, tief gelehrter Rechtskenner, welcher die schwersten Untersuchungen -mit brennender Lust und Liebe zur Sache, und einer glücklichen Gewandtheit -anstellt, setzt nur zu leicht voraus, daß sein Publikum durch ihn entzündet -werde, und daß am Ende vielleicht Jedermann sich auf die Höhe des Meisters -schwinge. Allein prüft nur nachher, was euren Zuhörern, auch den besten, -hängen geblieben ist, und wie sich in der Folge der Lehrling macht, wenn er -sich eine Weile durch das schwerfällige und quälende bürgerliche Leben hindurch -gearbeitet hat. Da wird auf die rosenrothen Hoffnungen des Meisters eine -finstre Demuth folgen, und da wird die Ueberzeugung unvermeidlich werden, -daß nur die Rechtswissenschaft der Verbreitung und voller Wirksamkeit fähig -seyn kann, welche dem gemeinen Verstande auf dem graden Wege zugänglich -ist, und in dem gemeinen Verstande die hauptsächlichsten Grundlagen für ihre -Lehren hat. Das kann man freylich zugeben, daß wir <em>vielleicht</em> künftig für -die Abfassung eines neuen Gesetzbuchs noch fähiger werden, als wir jetzt sind; -allein vielfach gesunken, und gegen ferneres Sinken keineswegs gesichert, könnten -wir auch leicht das umgekehrte Schicksal haben; und so darf denn die jetzige -Generation verlangen, daß man sie nicht ungewissen Hoffnungen opfere, und daß -man zunächst für ihr Glück, als die sicherste Grundlage des Glücks der Nachkommen, -gebührende Sorge trage.«</p> - -<p><a class="pagenum" name="Page_175" id="Page_175">[Pg 175]</a></p> - -<p>Diese Ahndung hat mich nun nicht betrogen, und es freut mich in sofern -aufs innigste, als jede vollendet dargestellte Ansicht eines classischen Schriftstellers -immer ihren hohen Werth hat. Herr v. S. sucht nämlich in der vorliegenden -Schrift auszuführen, daß das jetzige Zeitalter sowohl formell, in Beziehung auf -die Sprache, als materiell, in Rücksicht des innern Zusammenhangs und der -Vollständigkeit der civilistischen Grundsätze, zu einer brauchbaren bürgerlichen -Gesetzgebung unfähig sey. Zum Zweck dieser Behauptung hat der Verf. die -Hauptmängel des Code Napoléon, des neuen Preußischen und des Oesterreichischen -Gesetzbuchs kurz hervorgehoben. Vor allen Dingen hält er die, so unentbehrliche -organische Einheit des Gesetzbuchs für unmöglich, wenn das Werk, wie ich vorgeschlagen -hatte, einer großen Versammlung von Rechtsgelehrten aus allen -Deutschen Reichsländern übertragen werde. Sein Vorschlag geht demnach dahin: -das Römische Recht soll überall allgemeine, subsidiaire Rechtsquelle bleiben, auch -wo die neuen, beyzubehaltenden, Gesetzbücher eingeführt sind; aber eine geistvolle -historische Behandlung soll demselben das, bis jetzt fehlende Leben geben; man -soll allmählig dessen Controversen, wenigstens durch vorläufige Verfügungen, -entscheiden, und auf den Deutschen Academien, von denen aller Zwang zu entfernen -ist, auch die Deutschen Statutargesetzgebungen zum Gegenstande academischer -Vorträge machen. – Ein genauerer Auszug der Ideen des Verf. ist hier unnöthig, -und unmöglich. Denn wer die Arbeit eines solchen Schriftstellers über einen -solchen Gegenstand ungelesen lassen kann, dem ist doch nicht zu helfen; und den -großen Reichthum der Erörterungen, welche uns der Verf. in einer gedrängten -trefflichen Sprache gegeben hat, können bloße Umrisse auf keine Weise anschaulich -machen. Es muß hier also jenen Andeutungen unmittelbar die Beurtheilung -selbst folgen.</p> - -<p>Diese Beurtheilung setzt mich nun aber in einige Verlegenheit. Hätte mich -der Verf. für seine Ansichten gewonnen, so würde es wohl als die beste unparteyische -Critik gelten können, wenn ich hiemit meine eignen früheren Vorschläge -zurücknähme. Allein ich bin in der Hauptsache nicht durch ihn bekehrt, so gern -ich auch die Zurechtweisung eines solchen Schriftstellers benutzt hätte; und so -bleibt mir denn nur die Wahl, entweder aufs Neue für meine Ansicht zu sprechen, -oder, als Mit-Redacteur dieser Jahrbücher, Dritte zu Schiedsrichtern zwischen -dem Verf. und mir aufzurufen. Zu dem Letzten bin ich aber wieder außer -Stande. Denn unter unsern thätigen Mitarbeitern im juridischen Fach kenne -ich nur drey, denen ich in dieser Sache ein Urtheil zutrauen möchte, und von -allen dreyen weiß ich gewiß, daß sie in der Hauptsache für meine Ansicht sprechen -werden. Es ist aber wohl natürlich, daß ich mein eigenes Lob in diesen Jahrbüchern -nicht anders aufnehme, als wenn es mir ein Recensent unerwartet aufdrängt. -So bleibt mir denn nichts übrig, als meine offene Replik die Stelle -einer Beurtheilung vertreten zu lassen. Der Verf., welcher mir das, aus seinem -Munde doppelt erfreuliche Lob gibt, daß ich auch in den Zeiten der Noth als -warmer Freund des Vaterlandes der Wahrheit öffentlich gehuldigt habe, wird -gewiß, von gleichen Gesinnungen beseelt, eine solche Replik auf allen Fall lieber -sehen, als gänzliches Schweigen in diesen Jahrbüchern.</p> - -<p><a class="pagenum" name="Page_176" id="Page_176">[Pg 176]</a></p> - -<p>Die Hauptfragen unter uns sind diese: ist ein neues einheimisches gemeines -bürgerliches Recht dringendes Bedürfniß der Deutschen? Läßt sich darauf -rechnen, daß wir fähig sind, ein neues Gesetzbuch zu schaffen, welches unsern Rechtszustand -gründlich bessert? und führen die Vorschläge des Verf. vielleicht am -leichtesten und sichersten zu diesem Ziele? Ich muß die ersten beyden Fragen -nach wie vor bejahen, die letzte Frage aber verneinen. Folgendes mag und muß -darüber an diesem Orte genügen.</p> - -<p>Ein neues einheimisches gemeines Recht scheint mir aus dem doppelten -Grunde dringendes Bedürfniß, theils weil ohne dies keine wahre National-Einheit, -und Einfachheit der Rechtsverfassung möglich ist, theils weil unser bisheriges -gemeines Reichsrecht, in sofern es bedeutend ist, d. h. das Römische Recht, die -Haupterfordernisse eines guten Gesetzbuchs der Deutschen nicht hat.</p> - -<p>Ueber den ersten Punct habe ich mich schon in meiner früheren Abhandlung -ausführlich erklärt, und ich finde mich nicht widerlegt, wenn der Verf. S. <a href="#savigny_42">42. 43</a> -dagegen dies erinnert: »In jedem organischen Wesen, also auch im Staate, beruht -die Gesundheit darauf, daß beydes, das Ganze und jeder Theil, im Gleichgewicht -stehe, daß jedem sein Recht widerfahre. Daß ein Bürger, eine Stadt, eine -Provinz den Staat vergessen, dem sie angehören, ist eine sehr gewöhnliche Erscheinung, -und jeder wird diesen Zustand für unnatürlich und krankhaft erkennen. -Aber eben so kann die lebendige Liebe zum Ganzen bloß aus der lebendigen -Theilnahme an allen einzelnen Verhältnissen hervorgehen, und nur wer seinem -Hause tüchtig vorsteht, wird ein trefflicher Bürger seyn. Darum ist es ein -Irrthum, zu glauben, das Allgemeine werde an Leben gewinnen durch die Vernichtung -aller individuellen Verhältnisse. Könnte in jedem Stande, in jeder -Stadt, ja in jedem Dorfe ein eigenthümliches Selbstgefühl erzeugt werden, so -würde aus diesem erhöhten und vervielfältigten individuellen Leben auch das -Ganze neue Kraft gewinnen. Darum, wenn von dem Einfluß des bürgerlichen -Rechts auf das Vaterlandsgefühl die Rede ist, so darf nicht geradezu das besondere -Recht einzelner Provinzen und Städte für nachtheilig gehalten werden. Lob in -dieser Beziehung verdient das bürgerliche Recht, in soferne es das Gefühl und -Bewußtseyn des Volkes berührt oder zu berühren fähig ist; Tadel, wenn es als -etwas fremdartiges, aus Willkühr entstandenes, das Volk ohne Theilnahme läßt. -Jenes aber wird öfter und leichter bey besonderen Rechten einzelner Landstriche -der Fall seyn, obgleich gewiß nicht jedes Stadtrecht etwas wahrhaft volksmäßiges -seyn wird. Ja für diesen politischen Zweck scheint kein Zustand des bürgerlichen -Rechts günstiger, als der, welcher vormals in Deutschland allgemein war: große -Mannigfaltigkeit und Eigenthümlichkeit im Einzelnen, aber als Grundlage -überall das gemeine Recht, welches alle Deutschen Volksstämme stets an ihre -unauflösliche Einheit erinnerte.«</p> - -<p>Ich selbst habe im Anfange meiner Abhandlung erklärt, wie sehr ich die -Vortheile der Eigenthümlichkeit und Mannigfaltigkeit der einzelnen Deutschen -Länder zu erkennen weiß, und bin daher auch wohl von dem unbedachtsamen -Haufen unsrer Politiker, welche nur das Sturmlaufen verstehen, recht grämlich -beurtheilt worden, – mir zur Freude und Genugthuung. Auch habe ich es laut<a class="pagenum" name="Page_177" id="Page_177">[Pg 177]</a> -anerkannt, daß ich die bürgerliche Einheit keineswegs wünsche, wo entschiedene -Oertlichkeiten derselben entgegenstehen. Allein eine solche Mannigfaltigkeit und -Einheit, wie sie unser Verf. nach dem Obigen wünscht, scheint mir die Nation -noch tiefer in ihre bisherige grenzenlose Ohnmacht und Zersplitterung herabzustoßen. -Wenn das, was grade die Menschen am mehrsten zusammenhält, – -das lebendige Wesen des täglichen Thuns und Treibens, so recht buntschäckig -und launevoll werden soll: wo wird dann der brüderliche, gleiche Volkssinn -dadurch Nahrung finden, daß jeder den Trost hat, im Nothfall werde auch noch -wohl einmal die Definition oder Entscheidung eines leidigen fremden Gesetzbuchs -für einzelne Fälle durchgreifend werden, wie z. B. ein feiner Satz über die <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">petitio -hereditatis</span>, während nach den originellen Statutar-Rechten auf dieser Seite -eines Deutschen Berges die Frauen als Intestat-Erbinnen ihres Mannes neben -den Vettern nichts bekommen, und auf jener Seite den Kindern vorgehen? Ich -muß es wiederholen, und ich weiß, daß viele Deutsche Männer von einfachem, -kräftigem Sinn auf meiner Seite stehen: es ziemt dem Deutschen, dem Nachbarn -seine Launen, Moden und Gefühle zu lassen, und es soll hoch und in Ehren -gehalten werden, was überall das unerklärbare Angebohrne Eigenthümliches geschaffen -hat: aber Bescheidenheit und Vaterlandsliebe sollen sich fügen und schicken, -wo die Ueberlegung zu richtigen <em>Begriffen</em> kommen kann; wo leichter Verkehr -den Segen der Einfachheit unwidersprechlich macht; wo bey der Vielfachheit in -der Regel ein Theil offenbar irrt: und dies ist grade bey unsern bürgerlichen -Einrichtungen der Fall. Der Wunsch, ein sicheres Eigenthum zu haben; die -häuslichen Verhältnisse und Intestat-Erbrechte nach den, überall im Ganzen -gleichen verwandtschaftlichen und ehelichen Neigungen eingerichtet zu sehen; sich -auf den Fall der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners fester Rechte zu erfreuen; -an allen Seiten Sicherheitsformen zu haben, aber lästiger Formalien überhoben -zu seyn, – über diese und tausend andre Dinge des bürgerlichen Rechts werden -die Einwohner Deutschlands nur Eine Stimme haben, wenn sie gehörig angeregt -und belehrt werden; und selbst ein Befehl könnte hier genügen, wie manche der -Länder zeigen, wo neuerlich ohne alle Schonung das Neu-Französische Recht unbedingt -eingeführt ward, und wo die juristische Einheit sich sehr leicht machte, -ohne daß dennoch im Uebrigen die Local-Originalitäten irgend verwischt wurden. -Aber das weiß ich freylich, daß man bey uns mehr, als bey andern Nationen, die -Nothwendigkeit des zufälligen Seyns zu construiren versteht. Wie <cite>Kant</cite> einmal -gegen die Philosophen bemerkt, daß sie <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">a priori</span> nach dem hinzielen, was sie -sich vorher <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">a posteriori</span> aufgesteckt haben, so kann man auch mit allem Recht -sagen, daß unsre klügelnden Juristen und Politiker, besonders seit der, aus den -neueren Revolutionen erfolgten Abspannung und Kleinmüthigkeit, alles zu rechtfertigen -und zu beschönigen suchen, was sich nun einmal zufällig so oder so gemacht -hat. Allein das wird doch Niemand zeigen können, daß es nicht unendlich -wünschenswerth wäre, wenn das Volk den Muth faßte, sich da, wo alle thätigen -Verhältnisse durch, und in einander greifen, der alles verwirrenden bisherigen -Vielfältigkeiten zu entschlagen; in Betreff des Rechten gleich zu denken und zu -handeln; und nur da den Eigenthümlichkeiten Raum zu geben, wo sie den ver<a class="pagenum" name="Page_178" id="Page_178">[Pg 178]</a>nünftigen Nachbarn nicht stören, oder gar erfreuen können. Die Behauptung -der inneren Notwendigkeit der Buntschäckigkeit unsers bisherigen Rechts wird -schon durch die Unendlichkeit des Allerley von selbst widerlegt. Denn es findet -sich in den nächsten Berührungen, unter völlig gleichen Umständen, auf allen -Seiten, und bestätigt so, was die tägliche Erfahrung über die Seelenlosigkeit des -größten Theiles unsres Rechts handgreiflich lehrt, nämlich, daß nicht Naturkräfte -und Ideen die steten Triebfedern dabey sind, sondern oft bloß zufällige Entschlüsse, -Mangel an Umsicht und Ueberlegung, und dann im Vollenden die trockne, endlose -grammatische Auslegung, welche verurtheilt ist, aus den kümmerlichen Aehren -die tauben Körner auszudreschen. Mit voller Ueberlegung hat die Deutsche Nation -nie geschaffen, was ihre Glieder jetzt trennt und verwirrt; und so soll man denn -mit aller Macht Heilmittel herbeyschaffen, nicht aber den Kranken glauben -machen, daß seine Pein so recht das wahre Gutbefinden und Wohlbehagen sey.</p> - -<p>Daß nun aber Justinians Sammlungen <em>als Gesetzbuch</em> ein gänzlich mißrathenes -Werk sind, bleibt unwidersprechlich, obgleich man dem Verf. gern zugeben -kann (und dies habe ich immer getan), daß die Römischen Classiker große Anlagen -für tiefe und umfassende Ansichten hatten. Denn das Ganze ist nun einmal -durch schlaffe Barbaren verkrüppelt und verbildet; voll der ärgsten Widersprüche; -fast nirgend auf weise legislative Grundsätze gebauet; wegen der Vielfachheit -bloßer Einzelnheiten ohne deutliche Gründe unendlich lückenhaft; unserem Volks-Charakter -nicht zusagend; und dunkel und räthselhaft an allen Enden. Meinem -Vorwurf, daß wir nicht einmal einen festen Text besitzen, und denselben aus zahllosen -Varianten bilden müssen, begegnet zwar der Verf. dadurch, daß er meint, drey -bis vier Ausgaben könnten einen Mann von kritischem Sinn schon ziemlich zum -Ziele führen, und das Ganze werde die fortschreitende Wissenschaft schon vollenden; -wobey er denn noch daran erinnert, daß ja die Unsicherheit des Textes auch bey -unsern heiligen Büchern Statt finde (S. <a href="#savigny_123">123</a>). Allein mein Vorwurf wird -dadurch nicht entkräftet. Die Gesetze greifen mit allen ihren feinsten Einzelnheiten -in das wirkliche Leben, und da gibt es kein Beruhigtseyn <em>im Ganzen</em>. -Man muß alles Kleinere wissen. Wer also auch die vier Ausgaben von <cite>Contius</cite>, -<cite>Russardus</cite>, <cite>Pacius</cite> und <cite>Gothofredus</cite> zur Hand hat (ein seltener -Fall!), und dann doch erwarten muß, daß die nächste beste andre Ausgabe, z. B. -von <cite>Baudoza</cite>, wieder ihre eignen Lesarten habe, der kann unmöglich beruhigt -seyn. Von dem Fortschreiten der Wissenschaft erwarte man aber nie eine -Vollendung. Was bisher seit acht Jahrhunderten, durch alle Zeiten der Kraft -und Arbeitsamkeit nicht geschehen ist, das wird ferner himmelfest auch unterbleiben. -Die Arbeit ist zu ungeheuer und die Richtung der neueren Zeit wird sie den -Gelehrten immer unerträglicher machen, wenn auch wohl da und dort ein -glänzendes Probestückchen erscheinen möchte. Die Vergleichung mit der Bibel -scheint aber weder passend, noch tröstend zu seyn. Denn ihre Varianten lassen -dem Glauben seine Freyheit, und im Glauben kann das Vielfache unbeschadet -neben einander bestehen. Im Fach des äußern Rechts dagegen läßt sich nur Ein -Gesetz denken, und da beruhet immer das Glück des Bürgers darauf, ob man -ihn nach dieser oder jener Variante behandelt. Auch ist bey der Bibel der Noth<a class="pagenum" name="Page_179" id="Page_179">[Pg 179]</a>stand, daß eine neue Offenbarung nicht verlangt werden kann, während es bey -einem menschlichen Gesetzbuch eine Schande der Regierung genannt werden muß, -wenn sie einen verwilderten, der gesetzlichen Besserung fähigen Text seinem -eignen Schicksal überläßt. Zur Bestärkung meiner Klagen will ich hier nur -noch daran erinnern, daß <cite>Jauch</cite> einen ganzen Oktav-Band über die, in den -Pandekten zu setzenden oder zu streichenden Negationen geschrieben hat, und daß -man mit einigen hundert gesetzgebenden <span class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr"><em>non</em></span> mehr oder minder die ganze Welt -umkehren kann.</p> - -<p>Daß wir jetzt zur Abfassung eines neuen Gesetzbuchs unfähig sind, scheint -mir die Geschichte der bisherigen jüngsten Gesetzbücher eben so wenig zu beweisen, -als ich aus der Geschichte der Schlacht von Jena beweisen möchte, es hätten -den Preußen die Feldzüge von 1813 und 1814 mißlingen müssen. Der <span class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">Code -Napoléon</span> kann hier gar nicht in Betracht kommen. Denn wenn die Franzosen -der jüngsten Zeit ihre eignen classischen älteren Juristen kaum dem Namen nach -kannten, so lag die bürgerliche Gesetzgebung ganz außer ihrer Sphäre. Eben so -wenig bietet das neue Preußische und Oesterreichische Gesetzbuch entscheidende -Abschreckungsgründe dar. Beyde fanden ihre Veranlassung in der Periode unsrer, -auch in wissenschaftlicher Hinsicht größten Schlaffheit, und bey beyden waren nur -wenig bedeutende Männer thätig mitwirkend, besonders bey dem Oesterreichischen -Gesetzbuch, dessen Verfasser nirgend in Deutschland nach Hülfe suchten. Dennoch -ist nach meiner innigsten Ueberzeugung eben dieses Gesetzbuch durch seine Bündigkeit, -und seine einfachen, kräftigen, eigenthümlichen Ansichten höchst merkwürdig, und -könnte, – obgleich ich dessen unbedingte Annahme in Deutschland nicht mit -Andern wünschen möchte, – als Grundlage der Discussion bey einem neuen -Gesetzbuch unvergleichliche Dienste leisten. Zu tadeln ist daran gewiß noch viel, -so wie auch das sorgfältigst gearbeitete neue Gesetzbuch noch allerley zu erinnern -übrig lassen würde. Aber warum will man denn vorzugsweise alles herabsetzen, -und mißtrauisch gegen alles machen, was unsre eigne Kraft schaffte, und schaffen -kann? Es ist wahr: wir werden das neue Gesetzbuch nicht durchaus so naiv -und wundervoll klar und kräftig schreiben, wie es <cite>Luther</cite> und <cite>Logau</cite> hätten -schreiben können, und der Lücken, Dunkelheiten und Inconsequenzen werden auch -noch wohl da und dort vorkommen. Allein wer darüber klagt, der sollte doch -nicht vergessen, daß die Sprache des Codex fast durchaus nichts, daß die Sprache -der Novellen gar nichts taugt, daß selbst die, überall räthselhaften Pandekten -keinen, einer Gesetzgebung würdigen Styl enthalten, und daß das ganze Justinianeische -Gesetzbuch mit Inconsequenzen, Lücken und schlechten Rechtssätzen -übersäet ist. Wenn also der Verfasser S. <a href="#savigny_115">115</a> gegen die chirurgische Behandlungsart, -welche ich für nothwendig halte, einwendet: »wir könnten dabey leicht auf gesundes -Fleisch treffen, das wir nicht kennen, und so gegen die Zukunft die schwerste -aller Verantwortungen auf uns laden«, so erwiedere ich: laßt uns dennoch den -alten Krebs ausschneiden; es wird schon junges besseres Fleisch nachwachsen, -und wir werden eher und sicherer ganz geheilt, als wenn man durch die Wissenschaft -die bösen Säfte künstlich zu vertheilen, oder allmählig abzuleiten sucht.</p> - -<p>Darauf, daß eine große Versammlung bedeutender Rechtsgelehrten aus allen<a class="pagenum" name="Page_180" id="Page_180">[Pg 180]</a> -Deutschen Ländern das Werk vollende, muß ich aber noch immer besonderes -Gewicht legen, obgleich ich gern einräume (was ich auch nie leugnete), daß erst -Einzelne der Bedeutendsten die Grundlagen auszuarbeiten haben. Aber die -Vollendung ist das Werk keines Einzelnen, und so wird denn, der Provocation -des Verfassers ungeachtet, schwerlich ein einzelner Privat-Mann den Entwurf -eines Civil-Gesetzbuchs allein wagen, oder jemals allein etwas damit ausrichten. -Betrieben unsre Deutschen Regenten die Sache wieder kümmerlich, wie früher -so manche andre wichtige Staatsangelegenheit, so würde ich gern der Erste seyn, -um das neue Werk mit einer rüstigen Strafrede anzufallen. Allein benutzt nur -diesen seltenen Augenblick des warmen Eifers und der Verträglichkeit der Völker; -wendet nur etwas Ehrenwerthes auf das heilsame Werk; vereinigt die Kräfte -der jetzigen besten Theoretiker, und gebt ihnen aus jedem Lande zum Mitgehülfen -einen erfahrnen Kenner des Landrechts, nicht nach der mißlichen Wahl der -Höfe, sondern allein nach dem Urtheil der, auf ihre Eidespflicht angerufenen -höheren Landesgerichte; und behandelt das Ganze von oben als eine der wichtigsten -National-Angelegenheiten, mit Regsamkeit, Kraft und Ehrerbietung: dann wird -schon etwas Musterhaftes vollbracht werden, und zum Tadeln wird nicht mehr -Veranlassung seyn, als bey den besten andern bisherigen menschlichen Werken. -Hätten wir doch im Fach der Rechtswissenschaft einen <cite>Göthe</cite>, welcher uns -recht klar darlegen könnte, wie wir, gleich seinem <cite>Hermann</cite>, von Haus aus -ängstlich, und uns selbst mißtrauend, unsre besten Kräfte verkennen, aber des -höheren Fluges nicht unfähig sind, wenn unsre Kraft geweckt, und unser Selbstvertrauen -belebt wird: dann würde schon die Ueberzeugung herrschend werden, -daß wir auch im Fach der Gesetzgebung nicht bey fremden Völkern zu betteln -brauchten, und ein Gesetzbuch vollenden könnten, hinter dem auf allen Fall unser -bisheriges Recht weit zurückstehen müßte!</p> - -<p>Für den eignen Plan des Verfassers habe ich alle Achtung, in sofern er -ein Ausdruck seines herrlichen wissenschaftlichen Eifers, und seines wohlbegründeten -Selbstgefühls ist; aber in Beziehung auf die Außenwelt kann ich ihn durchaus -nicht billigen. Die historische Rechtswissenschaft als solche kann nur das Gute -fördern und vollenden, wenn sie in der Lage ist, von weisen Grundlagen auszugehen, -und deren Wirkungskreis zu erweitern. Allein in dieser Lage sind wir -bey dem Römischen Rechte nicht. Ueberall in den Hauptlehren unglückliche -positive Grundgedanken; überall verwirrte räthselhafte Details; überall ein willkürliches, -oft rasendes Hineinfahren gelegentlicher Eigenmacht, und eine Masse -von Folgesätzen des Kampfes der Billigkeit, und des Edicts mit dem strengen -Rechte, ohne daß Justinianus es verstanden hat, das Ganze zu einer gleichartigen -Masse zu bilden! Bey diesen zahllosen, ungeheuren Gebrechen könnte die historische -Rechtswissenschaft nur in sofern wohlthätig werden, als sie, eine neue Gesetzgebung -verlangend, sich sorgfältig bemühte, alle jene Gebrechen als solche zur -Lehre und Warnung hinzustellen; aber ihre bloßen klaren Entwickelungen werden -das Volk nicht glücklicher machen, sondern ihm nur sein Unglück noch anschaulicher -darstellen.</p> - -<p>Es bleibt daneben aber noch das zweyte trostlose Hauptübel, daß alle<a class="pagenum" name="Page_181" id="Page_181">[Pg 181]</a> -Wissenschaft uns nicht zu der Gewißheit führen kann, welche einem guten Rechtszustande -nothwendig ist. Denn der Text des Justinianeischen Rechts ist nun -einmal durch und durch ungewiß und zweydeutig, und die Zahl der räthselhaften -Fragmente ist unendlich. Daß mit jedem Tage immer mehr gute neue Ideen -zum Vorschein kommen werden, läßt sich freylich erwarten: aber ich muß nochmals -wiederholen, was ich schon vor sechszehn Jahren gesagt habe: der eigentliche -Rechtszustand gewinnt nicht dadurch, daß immer mehr Gutes in die Bücher -hineinkommt, sondern nur durch die allgemeine lebendige Verbreitung in den -Köpfen; nicht dadurch, daß Professoren ihre Lieblingslehren munter vortragen, -sondern dadurch, daß die Richter und Anwälde sich des Besten ganz bemächtigen, -und bemächtigen können. Von diesem Ziele werden wir aber immer weiter abkommen. -Je verfeinerter bey einem solchen chaotischen Gesetzzustande die -Wissenschaft wird, desto mehr bekommen die Zweifler und Streitsüchtigen -Gelegenheit, immer neue Ideen zu wagen, und alles zu verwirren; auch wird -die Masse des Wissenwürdigen immer unermeßlicher. Freylich kann ein partieller -Eifer auf eine sehr glänzende Weise hervorgebracht werden; aber das Ganze -wird damit nicht gefördert. So ist z. B. das classische Werk des Verf. über -den Besitz allgemein mit dem größten Eifer studirt; aber dafür sind die unschätzbaren -<span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">errores pragmaticorum</span> von <cite>Faber</cite> desto weniger gelesen; und so -wird es mit jedem Tage weiter gehen, ohne daß doch jemals die alte Litteratur -durch die neue entbehrlich werden wird.</p> - -<p>Die Wissenschaft wird also die Zweifel und Controversen nicht genügend -heben können, und daher will auch der Verf. eine Mitwirkung der Regierungen -durch provisorische Verfügungen. Allein das wäre nach meiner Ueberzeugung -das größte Unglück. Denn zu solchen Verfügungen gehören große theoretische -Kenntnisse, welche sich in den einzelnen Deutschen Justiz-Ministerien nur selten -finden werden, und man kann daher mit voller Sicherheit behaupten, daß das -Römisch-Deutsche Recht in den kläglichsten Zustand der Hölzernheit, Verwirrung -und Inconsequenz kommen würde, wenn alle einzelnen Regierungen nach dem -Maaß ihrer Kräfte und Einsichten daran herumarbeiteten; besonders da die Verrückung -Eines Satzes leicht auch die Aenderung eines zweyten und dritten zur -Folge haben muß, und da die gewöhnlichen Gelegenheits-Gesetzgeber selten -wahrnehmen, wie eingreifend einzelne Sätze sind, wenn man sie folgerecht durchführte. -Wenn also auch jetzt die Freunde des Römischen Rechts zur vorläufigen -Beruhigung der Gegner auf die heilbringende Hülfe der Regierungen hindeuten, -so werden sie doch nachher selbst im Einzelnen immer bedenklich, und mit Recht, -gegen Aenderungen warnen, und sich das wissenschaftliche Steuerruder nicht aus -der Hand winden lassen; und so kommen wir denn mit den Vorschlägen des -Verfassers zu dem Dilemma: wirkt man von oben, so taugt es nichts; wirkt -man aber bloß durch die Wissenschaft, so ist das Volk dem Verderben und der -Ungewißheit preis gegeben.</p> - -<p>Uebrigens kann niemand mehr, wie ich, den unschätzbaren Werth einer -geistvollen historischen Behandlung des Rechts erkennen, und die Rechtsgelehrten -verehren, welche in den neuesten Zeiten dieser Behandlungsart wieder Eingang<a class="pagenum" name="Page_182" id="Page_182">[Pg 182]</a> -verschafft haben. Auch bin ich überzeugt, daß von dieser Seite noch unendlich -viel Gutes geschehen kann. Allein an eine historische Wiedergeburt und Erlösung -glaube ich nicht; und nebenbey kann ich auch nicht die Besorgniß unterdrücken, -daß unsre Wissenschaft von dieser Seite sehr leicht verfälscht werden könnte. -Was die älteren Französischen Juristen bis auf <cite>J. Gothofredus</cite>, was die -besseren Holländer, was unsre <cite>Heineccius</cite> und <cite>Ritter</cite> geleistet haben, wird -im Ganzen nie übertroffen werden; und doch blieb unsre Rechtswissenschaft -schlecht, verwirrt und ungewiß. Daß man mehr Geist und Haltung in unsre -Rechtsgeschichten bringen wird, kann keinen Zweifel leiden. Allein das alles -wird nur das Ganze im Allgemeinen betreffen, aber nicht das endlose feinere -Detail, welches dem Richter eben so nahe liegt, als das Allgemeine. Wir nehmen -zwar immer mehr die Wendung, daß wir eine Einheit der Gründe und des -Geistes herauszubringen, und alle Einzelnheiten darauf zurückzuführen suchen. -Aber wir werden vergebens mit dem Unmöglichen ringen. Noch nie hat sich ein -positives bürgerliches Recht aus einfachen, nothwendigen Elementen consequent -herausgebildet. Die zufällige Wortfassung eines Gesetzes wird oft für Jahrhunderte -entscheidend, wie schon die zwölf Tafeln zeigen; und wenn alle Arten -der guten und schlechten Köpfe tausend Jahre an einer Rechtsverfassung herumgepfuscht -haben, so kann auch nicht entfernt an eine organische Einheit gedacht -werden. Selbst die Praxis ist nur zu oft ein blindes Werkzeug des Zufalls, so -schön es auch klingt, daß es mit dem Recht gut stehe, wenn es sich nur von -selbst mache; daher auch die classischen Juristen der Römer sich mehrfach über -schlechte Rechtssätze ihrer Praxis aufgehalten haben (z. B. <span class="antiqua">L. 6. §. 2 si servit. -vindic. L. 9. de religiosis</span>). Das Schlimmste ist aber: eine Rechtsverfassung, -welche sich von Jahr zu Jahr durch Einwirkung aller möglichen Zufälligkeiten -ausbildet, sinkt allmählig in Ansehung ihrer <em>Gründe</em> in den dicksten Nebel; -und wenn dann noch dazu, wie bey dem Römischen Recht, die Urkunden der -Geschichte unsicher, verdorben, oder ganz verloren sind, so müssen sich die historischen -Erörterungen, welche das Feine und Einzelne, also recht das Practische betreffen, -in schwankende Voraussetzungen und Vermuthungen auflösen; wobey denn unser, -leider nicht zu verkennender Hang für das Hineinlegen unsrer Eigenthümlichkeit -in das Alterthum, und für künstliche Zusammenhäufung vornehmer Träumereyen, -so recht nach Lust und Gefallen alles unter das gelbe Glaß bringen kann. Je -eifriger dann herüber und hinüber gestrebt wird, desto größer muß für das -Practische die Ueberlast und die Verwirrung werden. Ich will den Verf. nur -an das unvergleichliche Werk unsres <cite>Niebuhr</cite> erinnern. Laßt dieses Werk ganz -vollendet werden, und sich auch über die Einzelnheiten unsrer Rechtsgeschichte -verbreiten: was wird der Erfolg seyn? Der große Haufen wird es anstaunen -und nicht verstehen; die Mittelköpfe werden es loben, etwa wie der Furchtsame -im Dunkeln singt, und wenig Nutzen daraus ziehen; und wenn es möglich wäre, -daß Männer mit solcher fast unglaublicher Gelehrsamkeit, mit dieser Tiefe und -Fülle des Geistes, und dieser kritischen Kühnheit neben <cite>Niebuhr</cite> auftreten -könnten, so würde der ganze Stoff so in Schwanken, und die Untersuchung in -solche Tiefen gerathen, daß für die Praxis die ganze Masse eben so ein todter<a class="pagenum" name="Page_183" id="Page_183">[Pg 183]</a> -Stoff werden würde, als manche der besten Streitschriften der Alt-Italiänischen -Philologen und Rechts-Historiker.</p> - -<p>Ich denke daher: haltet die Rechtsgeschichte, und vor allen Dingen die -Geschichte des, doch immer vorzüglich bedeutenden Römischen Rechts in den -höchsten Ehren, damit philosophische Armuth uns niemals verkleinliche, und -damit wir mit den vielfachen Veranlassungen unsres neu-europäischen Zustandes -vertraut bleiben. Allein überschätzt die Geschichte nicht, damit in Ansehung -ihrer nicht auch Statt finde, was gewöhnlich das wahre Glück des einzelnen -Menschen zerstört, nämlich, daß er in wehmüthigen Rückerinnerungen an Zeiten, -welche nicht besser waren, als die jetzigen, träumend lebt, und darüber das Gute -der Gegenwart übersieht und unbenutzt läßt. Der Rückblick auf die Werke der -vergangenen Zeit mag unsre Begriffe schärfen, unsre Einbildungskraft beleben -und veredeln; aber wir müssen Muth und Willen behalten, durch unsre eigne -Kraft die wesentlichen Grundlagen unsres Glückes zu schaffen; und erst dann -wird es recht mit uns werden, wenn wir das Alterthum, so weit es gewiß ist, -also im Großen und im Ganzen, uns lebhaft vergewärtigen, aber im Uebrigen -für die Einrichtung der Wirklichkeit unsrer Kraft mit heiterer Zuversicht vertrauen. -Und dazu kann uns unsre eigne Geschichte alle Gründe der Aufmunterung geben, -namentlich für das Fach des äußeren Rechts. Denn wenn wir unparteyisch erwägen -wollen, welche Geisteskraft und Consequenz sich z. B. in dem System des -Katholicismus ausgedrückt hat, in dem Lehns-System, in unserm Wechsel- und -Bauern-Recht, und in einer Menge politischer Einrichtungen: so bleibt auch dem -neueren Europa sein großes, eigenthümliches Verdienst, welches ohne Zweifel -noch unendlich größer gewesen seyn würde, wenn wir uns nicht von allen Seiten -durch fremde Begriffe hätten überraschen und unterjochen lassen; und es verdient -wahrlich nicht den Namen eines unüberlegten Wagstücks, wenn wir, mit Deutscher -Gediegenheit, einträchtig und eifrig, unsern Rechtszustand nach unsern Anlagen -und Bedürfnissen männlich zu bestimmen suchen.</p> - -<p>Der Verf. hat auf der letzten Seite seiner Schrift einige Auszüge aus -<cite>Melanchthons</cite> Reden gegeben, welche den Wunsch, daß das Römische Recht -als Schutzwehr gegen Barbarey beybehalten werden möge, lebhaft aussprechen. -Für die wilde, ungebildete Zeit des 16ten Jahrhunderts mag dies gern als -lautere Wahrheit gelten; aber keineswegs für den inneren Werth der Justinianeischen -Compilation. Ich will darüber auch zum Beschluß etwas Merkwürdiges -anführen, nämlich eine Aeußerung von <cite>Muretus</cite>, welcher, mit den -Schriften der großen Italiänischen und Französischen Juristen bekannt, und -nachdem er selbst über die Pandekten ausführliche Vorlesungen gehalten hatte, -im Jahr 1580 von Rom aus Folgendes (<span class="antiqua">opp. T. 4. p. 191 sqq.</span>) einem Freunde -schrieb: <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">»Ex omnibus veterum scriptorum monumentis, Paule Sacrate, nulla -pejus ab hominibus imperitis ac temerariis flagitiosiusque tractata sunt, -quam ea, quibus jus civile populi Romani continebatur. Nam cum extitisset -antiquitus magna quaedam vis hominum eruditorum, qui leges, senatus -consulta, plebiscita, edicta magistratuum et urbana et provincialia tum -copiosis et uberibus tum mundissimo ac nitidissimo orationis genere<a class="pagenum" name="Page_184" id="Page_184">[Pg 184]</a> -scriptis commentariis illustrassent; jamque immensi operis videretur, eorum -omnium scripta pervolvere; arduum etiam et difficile in crebris, ut fit, -eorum dissensionibus, quid optimum ac verissimum esset, judicare: ei -malo mederi cupiens imperator Justinianus negotium Triboniano et -aliquot aliis dedit, ut ex eorum scriptis ea tantum excerperent, quae utilia -essent quaeque in judiciis obtinerent: quae cum in unum corpus, resectis -ceteris, ordine digessissent, sola tererentur studiosorum manibus eisque -laborem minuerent ac levarent. At illi, hac potestate accepta, non ut ille -Horatianus agricola, qui inutiles ramos falce amputans feliciores inserit, -sed ut milites accepte signo ad oppidum aliquod diripiendum ac depraedandum, -per medium jus civile grassantes et, ut quidque obvium erat, -lacerantes, mutilantes, trucidantes, brevi tempore exhibuerunt nobis veteres -jurisconsultos, instar Deiphobi,</span></p> - -<p class="line1"><span class="antiqua gesperrt" lang="la" xml:lang="la">laceros crudeliter ora,</span></p> -<p class="line2"><span class="antiqua gesperrt" lang="la" xml:lang="la">Ora manusque ambas;</span></p> - -<p class="noindent"><span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">quamque disciplinam perpurgandam ac perpoliendam susceperant, -eam ita deformarunt, ut vix ulla amplius ejus imago superesset. Quam -enim hanc infelicitatem esse dicemus, quod, cum hoc jus ex legibus, -senatus consultis, plebiscitis, edictis magistratuum, constitutionibus principum, -responsis prudentum constare dicatur, hodie in libris juris nulla lex -extat, nullum senatus consultum, integrum saltem et <span lang="grc" xml:lang="grc" title="holoklêron">ὁλόκληρον</span>, nullum -plebiscitum; edicti perpetui paucae quaedam, ut ex naufragio, tabulae; -ipsae principum constitutiones multis locis decurtatae et ha <span lang="grc" xml:lang="grc" title="êkrôtêriasmenai">ὴκρωτηριασμέναι</span>; -prudentum autem scripta ita distracta, dilacerata, divulsa, ut in eis vetus -illa Hippolyti fabula renovata videatur. Itaque hodie non aliter jus civile -discere cogimur, quam si, sublatis et extinctis omnibus Aristotelis et -Aristoteleorum interpretum scriptis, fragmenta tantum quaedam reperirentur, -e variis Alexandri, Themistii, Simplicii, Philiponi et aliorum decerpta -commentariis, ex quibus utcunque in communes locos digestis Aristoteleam -philosophiam discere juberemur.</span>«</p> - - -<p><a class="pagenum" name="Page_185" id="Page_185">[Pg 185]</a></p> - - - -<h3>3. Urteile der Zeitgenossen zu den Streitschriften Thibauts -und Savignys.<a name="FNanchor_F_6" id="FNanchor_F_6" href="#Fn_F_6" class="fnanchor">F</a> 1814-1818.</h3> - - -<h4>1. Besprechungen von Thibauts Schrift (Originalausgabe und -erweiterter Abdruck in Thibauts Civilistischen Abhandlungen, -Heidelberg 1814, S. 404 bis 466).</h4> - - -<p class="qh5"><span class="antiqua">a</span>) Jenaische Allgemeine Literatur-Zeitung, Jena und Leipzig, 1814 Nr. 185 mit -der Unterschrift R. V. K.</p> - -<p>Sowohl früher, als in der neuesten Zeit, haben auch andere Stimmen -sich schon über diesen Gegenstand vernehmen lassen; noch nie aber ist dies auf -eine so überzeugende, Geist und Herz so eindringlich in Anspruch nehmende Weise -geschehen, als in diesen wenigen, aber inhaltschweren Bogen.... Eifrigen -Widerspruch aber wird hin und wieder des Vfs. Urteil über unsere hauptsächlichste -Rechtsquelle, nämlich über das römische Recht, finden.... Einen der größten -Mängel, wenn gleich nur relativen, unseres bisherigen Rechtes hat der Vf. viel -zu wenig herausgehoben, <em>den</em> nämlich, daß es ein <em>fremdes</em> Recht ist.... -Sind wir denn aber so ganz unfähig zu einer selbständigen Vereinigung, daß es -selbst <em>hiezu</em> der Hilfe und Garantie fremder Mächte bedürfen sollte?</p> - - -<p class="qh5"><span class="antiqua">b</span>) Allgemeine Literatur-Zeitung, Halle und Leipzig, 1814 Stück 152, 153. Für -Thibaut. Es handele sich um einen seit 50 bis 100 Jahren laut gewordenen -»Volkswunsch«.</p> - -<p>Ebenda, Stück 267.</p> - -<p>In einer sinnigen Abhandlung, kurz und kräftig, wie es sein muß, wenn -man einen großen allgemeinen Eindruck machen will, zeigt Herr <cite>Thibaut</cite> die -Notwendigkeit eines allgemeinen Rechts. Die unheilbaren Gebrechen der römischen -Gesetzbücher werden in ihrem ganzen Umfange enthüllt; an dem französischen Gesetzbuch -hätte auch wohl seine geheime Grundlage: Conscription und Enregistrement -entdeckt werden müssen.... Die Einwendungen gegen ein deutsches Gesetzbuch -werden siegreich beantwortet. Bei der Entwicklung seiner Vorteile hätten wir -mehr Tiefe erwartet. Die Vorteile für die Gelehrten und Akademieen sind -zuerst genannt, da es doch nur Nebenvorteile sind. Sein Nutzen für die Bürger -wird bloß darin gesetzt, daß es dem Unwesen der Collisionen steuere, daß es der -politischen Zersplitterung und dem Kleinigkeitsgeiste das Gegengewicht halte und -daß in den einzelnen Ländern nichts Vollkommenes zu erwarten sei. Es hat -uns endlich weh getan, in dieser sonst schätzbaren Schrift die Meinung zu finden: -Die Erlassung des Gesetzbuches müsse wie ein Völkervertrag unter feierlicher -Garantie der auswärtigen alliirten Mächte behandelt werden.</p> - -<p><a class="pagenum" name="Page_186" id="Page_186">[Pg 186]</a></p> - - -<p class="qh5"><span class="antiqua">c</span>) Wiener Allgemeine Literatur-Zeitung, Wien, 1814 Nr. 98 (Xxxx).</p> - -<p>Diese Vorfrage (die politische, s. o. S. <a href="#thibaut_12">12</a>) abgerechnet, müssen wir gestehen, -daß der Hr. Verf. seine Materie auf die gründlichste Art abgehandelt hat. -Seine gehaltvolle Schrift ist eine um so erfreulichere Erscheinung, als es nach -der Flut der Ideale, womit wir bisher überschwemmt worden sind, gewaltig -Not tut, wieder einmal Etwas zu vernehmen, das uns in das Reich der -Wirklichkeit zurücklenkt. Die Abhandlung hat nicht bloß für den gegenwärtigen -Zeitpunkt ein hohes Interesse, sondern auch für die Folge einen bleibenden Wert, -da sie nebst dem eigentlichen Thema noch mehrere andere Gegenstände berührt, -die dem Freunde der Rechtswissenschaft von hoher Wichtigkeit sind. Wenn wir -auch voraussetzen können, daß ihre inhaltsschweren Worte bereits die rege Teilnahme -aller deutschen Biedermänner gefesselt haben, und die kräftige Schrift in den -Händen der Meisten unserer Leser sein werde, so halten wir es doch nicht für -überflüssig, bei der Analyse derselben noch einige Zeit zu verweilen. Die in ihr -ausgesprochenen Wahrheiten können nicht oft genug wiederholt werden, und -wenn es auch nicht nötig ist, sie in den deutschen Erbländern des österreichischen -Kaiserstaates in Anregung zu bringen, da sich dieselben bereits eines allgemeinen -bürgerlichen und peinlichen Gesetzbuches erfreuen, das, bis auf die noch nicht -revidierte Prozeßordnung, allgemein als ein Muster der Vortrefflichkeit anerkannt -wird, – so sind dieselben doch für Deutschland im Allgemeinen von zu hohem -Interesse, als daß sie in dem mächtigsten Bestandteile dieses Reichs nicht einer -besonderen Beachtung würdig gehalten werden sollten.... Die Vorteile, welche -aus der Einführung eines Nationalgesetzbuches für den Gelehrten, für den -akademischen Unterricht, für die Schärfung des, bis jetzt auf den deutschen -Universitäten vernachlässigten praktischen Sinnes in den Studirenden, für den -ausübenden Juristen, und vorzüglich für das Glück der Bürger entspringen -müssen, können wohl nicht mehr einleuchtender erwiesen werden, als es in dieser -kleinen, aber sehr gehaltvollen Abhandlung geschehen ist.... Rühmlich ist die -Kühnheit, mit welcher der Hr. Verf. gegen Vorurteile und Mißbräuche zu -Felde zieht, besonders da er nicht verkennt, wie sehr er den Widerspruch, -vorzüglich der eingewurzelten Selbstsucht auf sich ziehen wird. Er ist auf die -Vorwürfe der einseitigen Verehrer des Pandektenrechts, deren Zorn er besonders -durch seine Ausfälle auf ihr mit ausschließender Liebe gepflegtes Schoßkind rege -gemacht haben muß, so wie auf die Bedenklichkeiten in Voraus gefaßt, welche -von heimlichen und öffentlichen Widersachern gegen die Abfassung eines deutschen -Gesetzbuches in Anregung gebracht werden könnten. Er begegnet ihren Einwendungen -durch eine Reihe sehr scharfsinniger Bemerkungen, die in mehr als -einer Hinsicht, allgemein beherzigt zu werden verdienen, deren Anführung wir -jedoch hier um so billiger übergehen können, als wir erwarten, daß die schätzbare -Abhandlung des Herrn Thibaut nicht nur von jedem Freunde der positiven -Rechtswissenschaft und Politik, sondern auch von jedem deutschen Manne werde -gelesen werden, für den das künftige Schicksal des Vaterlandes Interesse hat.</p> - - -<p class="qh5"><span class="antiqua">d</span>) Leipziger Literatur-Zeitung, Leipzig, 1816 Stück 34, 35.</p> - -<p>Für Thibaut. Rezensent vermißt zwei Betrachtungen bei Thibaut: Die<a class="pagenum" name="Page_187" id="Page_187">[Pg 187]</a> -allgemeine Rechtsuniformirung würde auch für die <em>Herrscher</em> Deutschlands -ersprießlich sein, weil sie den Ländertausch (eine politisch-militärische Notwendigkeit) -erleichtere. Sodann: Mit welchem Teile des Ganzen soll der Anfang gemacht -werden? Rezensent schlägt vor: Mit den Bestimmungen über Handel, Literatur -und Kunst. Die schwierigste Frage wird übrigens immer die sein: Ob in dem -gegenwärtigen Zustande Deutschlands die Niedersetzung einer solchen allgemeinen -deutschen Gesetzgebungscommission politisch möglich sei? Daß sie nicht politisch -wahrscheinlich ist, folgt aus der Möglichkeit obiger Frage.</p> - - -<p class="qh5"><span class="antiqua">e</span>) Karl Albert von Kamptz, Jahrbücher für die Preußische Gesetzgebung, Rechtswissenschaft -und Rechtsverwaltung, 3. Band, Berlin 1814, S. 395.</p> - -<p>Eine kurze Inhaltsangabe der zusammen besprochenen Streitschriften von -Thibaut und Savigny. »Die Gründe beider Rechtsgelehrten sind aber so wenig -eines kurzen Auszugs fähig, als die lichtvollen Bemerkungen des Herrn von -Savigny über das Preußische allgemeine Landrecht.«</p> - - -<h4>2. Besprechungen von Savignys Schrift.</h4> - - -<p class="qh5"><span class="antiqua">a</span>) Heidelbergische Jahrbücher der Litteratur, Heidelberg, 1814 Nr. 59 (von -<cite>Thibaut</cite>, oben abgedruckt Abt. II, <a href="#Page_174">2</a>).</p> - - -<p class="qh5"><span class="antiqua">b</span>) Göttingische Gelehrte Anzeigen, Göttingen, 1814 Stück 194 (von <cite>Hugo</cite>).</p> - -<p>Hugo erinnert an seine zustimmende Kritik von Schlossers Briefen -über die Gesetzgebung, die sich im Jahre 1789 gegen die Schaffung eines -Preußischen Gesetzbuchs aussprachen.... Wie freute sich nun Rezensent, als -er von seinem Freunde <cite>Savigny</cite> erfuhr, daß dieser, trotz seiner Beschäftigung -mit den gelehrtesten Untersuchungen über die Geschichte des Römischen Rechts -im Mittelalter, doch in einer eigenen Schrift die Wissenschaft gegen die Gesetzbücher -retten wolle! Und wie freute er sich, als er nun das Buch las und ganz -<cite>Savigny</cite> darin fand! »<em>Den sollt ihr hören</em>« möchte er Juristen und Nichtjuristen -zurufen, und für diejenigen, die sich etwa wundern möchten, wie Rez. -das Herz habe, ein Buch so zu loben, worin seiner so sehr in Ehren gedacht -wird, will er nur gleich hinzusetzen, daß ihm noch nie eine Anerkennung dessen, -was er nun schon ein Vierteljahrhundert für die Wissenschaft zu tun gestrebt -hat, so angenehm gewesen ist, als diese.</p> - - -<p class="qh5"><span class="antiqua">c</span>) Wiener Allgemeine Literatur-Zeitung, Wien, 1814 Nr. 98. (Hß.)</p> - -<p>Die Meinung (Thibauts) hat wohl die Stimme der Zeitgenossen für sich, -deren Mut, Hoffnung und Selbstvertrauen, durch die riesenhaften Erfolge ihrer -Anstrengungen belebt, nichts für unmöglich, wenig für bedenklich hält; doch -gebührt <cite>Savignys</cite> Schrift der Vorzug einer größern Eigentümlichkeit der -Gründe, und einer sorgfältigern Ausführung.... Rez. muß offenherzig gestehen, -daß ihn <cite>Savignys</cite> Gründe nicht überzeugt haben.... Daß unsere Zeit dazu -nicht reif sei, könnte nur die Tat beweisen. Wir rufen vielmehr im festen -Vertrauen auf die Kraft der Völker und den guten Willen der Herrscher: <em>Jetzt -oder nie!</em></p> - - -<p class="qh5"><span class="antiqua">d</span>) Allgemeine Literatur-Zeitung, Halle und Leipzig, 1815 Stück 222 bis 223.</p> - -<p>Daß über die Schrift des <cite>Hn. von Savigny</cite> als anstrebend gegen den -Zeitgeist und gegen die Überzeugung nicht bloß der Menge, sondern auch aller<a class="pagenum" name="Page_188" id="Page_188">[Pg 188]</a> -ausübenden Rechtsgelehrten und aufgeklärten Staatsmänner nicht vorteilhaft -geurteilt wurde, war sehr natürlich, und Rezensent, der Hn. v. S. aufrichtig -hochachtet, hätte gewünscht, <em>daß die Schrift ungedruckt geblieben wäre</em>.</p> - - -<p class="qh5"><span class="antiqua">e</span>) Leipziger Literatur-Zeitung, Leipzig, 1815 Stück 234. Vom Beruf unserer -Zeit für (?) Gesetzgebung und Rechtswissenschaft.</p> - -<p>... Sieht man nun auf den <em>Titel</em> des Buches zurück, so muß man dem -Verf. die Billigkeit der sogenannten Halbscheidsurtheil nachrühmen: denn von den -beiden <em>Berufen</em>, welche dort erwähnt sind, spricht er unserer Zeit nur den -ersten ab, und läßt ihr den zweiten. Die Schrift liest sich übrigens, das um -die Bilder schwebende <em>Helldunkel</em> abgerechnet, angenehm und ist fast splendid -gedruckt.</p> - - -<p class="qh5"><span class="antiqua">f</span>) Vgl. oben zu 1 <span class="antiqua">e</span>.</p> - - -<p class="qh5"><span class="antiqua">g</span>) Äußerungen von <cite>Niebuhr</cite> und <cite>Jacob Grimm</cite> s. o. S. <a href="#Page_14">14</a>. <cite>Anselm -v. Feuerbachs</cite> Urteil ist wegen der ihm zukommenden besonderen Bedeutung -unten Abt. II, <a href="#Page_195">4</a> im Zusammenhange abgedruckt.</p> - - -<h4>3. Nicolaus Thaddäus v. Gönner, Direktor des Appellationsgerichts -und Mitglied der Gesetzkommission in München, -Über Gesetzgebung und Rechtswissenschaft in unsrer Zeit -(Beiträge zur neuen Gesetzgebung in den Staaten des -teutschen Bundes), Erlangen 1815, 291 S. <span class="nostyle">(Vgl. unten Abt. II, <a href="#Page_202">5</a>)</span>.</h4> - -<p>Das gegen Savigny gerichtete, teilweise in verletzendem Tone geschriebene -Buch enthält dieselben Abschnitte wie Savignys Schrift. An die Stelle der -bisherigen Rechtsquellen sollen nach Gönners Vorschlag Gesetzbücher treten, -aber jeder größere deutsche Staat soll sein eigenes haben. (Vgl. Ludwig Spiegel, -Savignys Beruf und Gönners Gegenschrift, Vierte Abhandlung in Spiegels -Gesetz und Recht, München und Leipzig 1913).</p> - - -<p>Besprechungen hierzu:</p> - - -<p class="qh5"><span class="antiqua">a</span>) Zeitschrift für geschichtliche Rechtswissenschaft (herausgegeben von Savigny, -Eichhorn und Göschen), Band 1, Berlin 1815, Nr. 17 (von <cite>Savigny</cite>, -wieder abgedruckt in dessen Vermischten Schriften 5. Band, Berlin 1850, -S. 115 ff.).</p> - -<p>Die heillosesten Ansichten und Grundsätze, die unter Bonapartes Herrschaft -in Deutschland gedeihen konnten, und die allen Gutgesinnten ein Greuel sind, -werden hier ohne Scheu ausgelegt, und mit der Verteidigung der Gesetzbücher -gegen das geschichtliche Recht in Verbindung gebracht.... Die Regierungen -werden gewarnt gegen die historische Methode, deren Bekenner ihnen das Recht -der Gesetzgebung entziehen, und es in die Hände des Volks und der Juristen -als Volksrepräsentanten spielen wollen (auf diesen Punkt von Bedeutung geht -Savigny ausführlich ein).... Nimmt man hinzu, daß nach unserm Verf. das -Gesetzbuch die eigentliche Grundlage alles wissenschaftlichen Rechtsstudiums sein -soll, so ist die unvermeidliche Folge seines Vorschlags, und ohne Zweifel auch -die deutlich gedachte Absicht desselben, daß in dem Recht sowohl als in dem -Rechtsstudium der Deutschen alles Gemeinsame aufhöre. Ein solcher Vorschlag -kann Jedem, der das Deutsche Vaterland liebt, schon um dieser Vaterlandsliebe<a class="pagenum" name="Page_189" id="Page_189">[Pg 189]</a> -willen nicht anders, als sehr schmerzlich sein: er ist aber auch an sich, für das -Recht jedes einzelnen Staates verderblich. (Diese abgerissenen Sätze aus der -umfangreichen und für die Grundlehren der historischen Schule wichtigen Rezension -Savignys müssen hier genügen).</p> - - -<p class="qh5"><span class="antiqua">b</span>) Heidelbergische Jahrbücher der Litteratur, Heidelberg, 1815 Nr. 40 (von -<cite>Thibaut</cite>).</p> - -<p>... Als Mitherausgeber unserer Jahrbücher bin ich nun bei diesem Streit -abermals in eben der Verlegenheit, worüber ich früher (Heidelb. Jahrb. 1814 -S. 931 – gemeint ist die Rezension über Savignys »Beruf«) klagte, und noch -mehr als damals. Denn durch mich ist hauptsächlich der Streit veranlaßt, und -fast alles, was Hr. v. G. gegen meinen, mir sonst so teuren Gegner gesagt hat, -stimmt im Wesentlichen mit meinen innigsten Überzeugungen überein. Vielfach -von dem Verf. gelobt (und wahrlich weit über mein Verdienst!) stehe ich hier -demnach als parteiischer Richter in der Mitte, und ich würde es nicht verantworten -können, wenn ich durch irgend ein Urteil die vorläufige Ansicht der Leser zu -bestimmen suchte. Ich muß mich daher auf eine bloße Inhaltsanzeige beschränken, -welche auch nur in kurzen Andeutungen zu bestehen braucht. Denn die, welche -im Stande sind, diesen großen Streit zu beurteilen, werden sich doch nicht dazu -verstehen, die Arbeit eines solchen Schriftstellers blos nach den Auszügen eines -andern zu benutzen; und für die Neugier der übrigen Leser sind kurze Andeutungen -mehr als hinreichend. Nur über Einen Punkt will ich mich näher erklären, -weil ich dabei der Angegriffene bin, und insofern auf die Billigung aller Leser -rechnen kann, wenn ich mich selbst frei und offen meiner eigenen Sache annehme. -(Es folgt die Inhaltsangabe.) Der Eine Hauptpunkt, wogegen ich mich aber, -wie gesagt, erklären muß, ist die Behauptung des Verf. (S. 274, 275), daß ein -allgemeines Deutsches bürgerliches Gesetzbuch sich nicht denken lasse, weil Deutschland -ein bloßer Bundesstaat sei, und die Selbständigkeit der einzelnen Staaten es -nicht vertrage, von einem Gesetzbuch regiert zu werden, welches von dem Bunde -als einer <em>obersten Gewalt</em> ausging. Er begnügt sich also damit, die Hoffnung -zu machen, daß einige der größeren Staaten nach Österreich und Preußen mit -gutem Beispiel vorangehen, und die übrigen nicht lange zurückbleiben werden. -Auf solche Art werde sich nach und nach in den Hauptbestimmungen eine materielle -Gleichförmigkeit der Civilgesetzgebungen bilden, wobei dann kleine Abweichungen -der Nationalität nicht schaden würden.</p> - -<p>Nach den in Deutschland so beliebten, immer mehr aufblühenden Grundsätzen -des Territorial-Egoismus läßt sich gegen jene Ideen des Verf. freilich -nichts einwenden. Allein die Nation, als Ganzes betrachtet, und insofern sie -die neumodische Souverainität in Ansehung ihrer angeblichen Segnungen nicht -anerkennen mag und kann, wird schwerlich jene tröstenden Hoffnungen des Verf. -beruhigend finden. Durch zufälliges Zusammentreffen und Nachahmen machte sich -ja bei uns nie etwas bedeutend Gutes, und wenn jetzt die Theorie sich mehr -als jemals, für das Princip des Isolirens ausspricht, so wird die Praxis, – -welche im Politischen stets noch despotischer und kleinlicher war, als die Theorie, -– das Arge schnell zum Aergsten fortbilden. Der Begriff eines bloßen Bundes<a class="pagenum" name="Page_190" id="Page_190">[Pg 190]</a>staates im schlaffen jetzigen Sinn kann nichts weiter beweisen, als daß ein -einzelnes Bundesland in Ansehung der vielen Gegenstände, worüber die Bundesversammlung -keine Gewalt hat, sich nicht den Befehlen dieser Versammlung zu -unterwerfen braucht. Allein wer wollte es für eine Nichtigkeit und Unmöglichkeit -erklären, wenn alle deutschen Regierungen zusammenträten, und ihre gemeinsame -Kraft der Einführung eines gleichförmigen bürgerlichen Rechts widmeten? Die -unermeßlichen Vortheile einer solchen gleichförmigen Verfassung hat Herr v. G. -in seiner Schrift überall selbst anerkannt und mit lebhaften Farben geschildert. -Treffender wäre es also gewesen, wenn Er als ein, für keinen einzelnen Bundesstaat -besonders gestimmter Deutscher, philosophirend die rechtliche Einheit -dringend empfohlen, und höchstens nur als Kenner der Vergangenheit und -Gegenwart hinzugesetzt hätte: unsere Vorschläge und Wünsche werden auch in -dieser Hinsicht leere Luftschlösser bleiben. Denn wenige einzelne deutsche Staaten -meinen es ehrlich mit einander, und es läßt sich die Zahl schwerer Opfer gar -nicht berechnen, welche noch zu bringen sind, um deutsche Gesinnungen in der -That und Wahrheit allgemeinherrschend zu machen.</p> - - -<p class="qh5"><span class="antiqua">c</span>) Allgemeine Literatur-Zeitung, Halle und Leipzig, 1815 Stück 232 bis 235.</p> - -<p>Die Besprechung nimmt zu den Schriften Thibauts und Savignys Stellung -in einem für Savigny günstigen Sinne.</p> - - -<p class="qh5"><span class="antiqua">d</span>) Leipziger Literatur-Zeitung, Leipzig, 1815 Stück 235.</p> - -<p>Es ist Pflicht und Schmuck aller gelehrten Journale, sich auszusprechen, -und die Stimmen mehrer einzelner Gelehrten in sich zu sammeln über die neue, -zwischen Hrn. v. Savigny auf der einen, Hrn. v. Gönner, Schmid und Thibaut -auf der andern Seite entstandene Streitfrage. – Der Rezensent, der im römischen -Recht die unerläßliche Grundlage jedes Rechtsstudiums erblickt, tritt im Übrigen -im Wesentlichen Gönner gegen Savigny bei.</p> - - -<p class="qh5"><span class="antiqua">e</span>) Göttingische Gelehrte Anzeigen, Göttingen, 1815 Stück 108 (von <cite>Hugo</cite>).</p> - -<p>Für die Leser unserer Anzeigen, welche sich etwa aus St. 194 im vorigen -Jahrgange der Schrift von <cite>Savigny</cite>: Vom Beruf unserer Zeit für Gesetzgebung -und Rechtswissenschaft erinnern, bedarf es eigentlich nur der ganz kurzen -Angabe, daß hier die eilf Abschnitte jenes Buchs, vom ersten bis zum letzten, -widerlegt werden sollen, daß Herr v. G. sich der »Deutschen« Gelehrten, welche -ein Gesetzbuch forderten, gegen diesen »romanistischen« annimmt, ihm alle Begriffe -von Recht und Gesetzgebung abspricht, ihm Schuld gibt S. 88, daß er auch die -Bildungsgeschichte des Römischen Rechts historisch unrichtig darstelle usw. Die -Meinung des Rez. hierüber werden sie wohl nicht erst zu wissen verlangen. -<cite>Savigny</cite>, den einen bloßen Romanisten nennen zu hören, besonders seit der -Erscheinung seines oben S. 85 angezeigten Buches (gemeint ist die Geschichte -des Römischen Rechts im Mittelalter), erbaulich ist, gehört, wie ihm oft genug -zu Gemüte geführt wird, zur historischen Schule, und in welchem Verhältnisse -Rez. zu dieser steht, ist im Buche selbst S. 44 klar zu lesen, damit nicht etwa -Jemand das Verdienst von <cite>Savigny</cite> zu hoch anschlage und ihm in dieser -Schule mehr als eine höchst untergeordnete Stelle anweise....</p> - -<p><a class="pagenum" name="Page_191" id="Page_191">[Pg 191]</a></p> - - -<p class="qh5"><span class="antiqua">f</span>) Rheinischer Merkur, Koblenz, 1815 Nr. 245. G(rimm). (Wiederabgedruckt -in Wilhelm Grimm's Kleineren Schriften Bd. 1 (Berlin 1881) S. 549 ff. -unter dem Titel »Über Gesetzgebung und Rechtswissenschaft in unserer -Zeit«). Vgl. auch Briefwechsel zwischen Jacob und Wilhelm Grimm, -Weimar 1881, S. 459: Wilhelm an Jacob Grimm, 2.6.1815, »Ich -habe nur in dieser Zeit eine Rezension von Gönners Schrift gegen -Savigny für den Merkur geschrieben, wozu er mich aufforderte.«</p> - -<p>Für Savigny (dessen Schrift inhaltlich kurz wiedergegeben wird) gegen -Gönner. – (Gönners Schrift) ist weder geistreich noch gewandt geschrieben, -vielmehr gemein und sich wiederholend; nur einige Gifttropfen sind mit hineingeschlossen, -welche die Reinheit der Gesinnung am Gegner beflecken sollen, dagegen -ist sie vollständig und bietet überall eine freche Stirn.... (Das Recht geht -nach Gönner) <em>einzig vom Herrscher und dessen Einzelwillen -aus</em>.... Dieser Streit ist nicht bloß ein wissenschaftlicher, der sich überlassen -bleiben könnte, sondern er geht auf etwas allgemein Menschliches, und insofern -gehört er in dieses öffentliche, die freien Rechte der Völker verteidigende Blatt.... -<em>Ein teutsches</em> Vaterland kennt dieser Geist nicht, nur selbständige und unabhängige -Staaten, deren jeder sein <em>besonderes</em> Gesetzbuch haben muß; und -er rühmt selbst diesen dauerhaften Zustand. (Vgl. oben S. <a href="#Page_20">20</a>.)</p> - - -<p class="qh5"><span class="antiqua">g</span>) <cite>Kamptz</cite>, Jahrbücher für die Preußische Gesetzgebung, Rechtswissenschaft -und Rechtsverwaltung, 6. Band, Berlin 1815, S. 174.</p> - - -<h4>4. Karl Ernst Schmid, Herzoglich Sächsischer Geheimer Rat -und Vicepräsident der Landesregierung zu Hildburghausen, -Deutschlands Wiedergeburt, Ein politischer Versuch, Jena -1814, 425 S., Abschnitt VI: Einheit der bürgerlichen und peinlichen -Gesetze. <span class="nostyle">(Vgl. oben S. <a href="#Page_73">73</a> u. <a href="#Page_135">135</a>.)</span></h4> - -<p>Für Thibaut. 2 Besprechungen in der Jenaischen Allgemeinen Literatur-Zeitung -1814 Nr. 220 bis 224 (die erste, <span class="antiqua">PN</span> gezeichnet, gegen Thibaut), ferner -Besprechungen in der Allgemeinen Literatur-Zeitung, Halle und Leipzig, 1814 -Stück 286, 287 und in der Leipziger Literatur-Zeitung, Leipzig, 1814 Nr. 183.</p> - - -<h4>5. B. W. Pfeiffer, Kurfürstl. Hessischer Regierungsrat zu -Cassel, Ideen zu einer neuen Civilgesetzgebung für Teutsche -Staaten, Göttingen 1815, 221 S. (<span class="nostyle">Vgl. unten Abt. II, <a href="#Page_202">5</a></span>).</h4> - -<p>Für Thibaut. <cite>Pfeiffer</cite> schlägt vor: Das Werk damit zu beginnen, daß -allen bisherigen Rechtsnormen, und ganz vorzüglich dem Corpus juris der Römer, -das gesetzliche Ansehen entzogen werde; alsdann aber aus dem reichhaltigen -Stoffe, welchen sie enthalten, ein einfaches und bündiges neues Gesetzbuch zu -bilden, das jedoch nur neu in Rücksicht der Form ist, alt seinem Inhalte nach.</p> - -<p>Besprechung in den Heidelbergischen Jahrbüchern, Heidelberg, 1816 Nr. 13 -(von <cite>Thibaut</cite>).... Daß Rezensent in Ansehung der Gebrechen unseres -Rechtszustandes und der Notwendigkeit eines neuen allgemeinen bürgerlichen -Rechts ganz mit Hr. Pf. gleichdenkt, ist bekannt. Allein in Ansehung der Art -der Ausführung des Werks kann Rez. die Pläne des Verf. unmöglich billigen. -(Thibaut erklärt sich insbesondere gegen den Verfasser insofern, als dieser alle<a class="pagenum" name="Page_192" id="Page_192">[Pg 192]</a> -naturrechtlichen Sätze aus dem Gesetzbuch ausscheiden will, ferner unser bestehendes -Recht als im Ganzen unabänderlich ansieht, endlich die Redaktion des Ganzen -nur Einem Einzigen übertragen will.) ... Allein wir reden hier von einem -Werke, welches dem bürgerlichen Leben des Volks auf viele Jahrhunderte -zur Grundlage dienen soll ... Übrigens stimmt Rez. dem Verf. ganz bei, -wenn er es für höchst wahrscheinlich hält, daß die Regierungen der Deutschen -Länder sich zur Abfassung eines allgemeinen Gesetzbuchs <em>nicht</em> verbinden werden, -und daß so über kurz oder lang jedes einzelne Land sein eigenes Particular-Recht -bekommen wird. Damit ist denn natürlich auch die Rechtswissenschaft zu Grunde -gerichtet und man wird dann den Freunden der Wissenschaft, welche jetzt für -das Alte kämpfen, auch wieder sagen können, was man so oft sagen muß: -Gott bewahre uns vor unseren Freunden! Indes wünscht Rezensent doch, daß -man für den Notfall noch einen Mittelgedanken im Leben erhalte, nämlich daß -man nahe bei einander liegende Länder zur Einführung eines gleichförmigen -bürgerlichen Rechts zu bewegen suche, z. B. Baiern, Würtemberg, Baden und -Darmstadt. Nicht allein der bürgerliche Verkehr macht dies im höchsten Grade -rätlich, sondern auch der Umstand, daß selten ein einzelnes deutsches Land im -Stande ist, ein vollendetes bürgerliches Recht durch die Kräfte seiner eigenen -Rechtsgelehrten zu schaffen.</p> - - -<h4>6. Ludwig Harscher von Almendingen, Politische Ansichten über -Deutschlands Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, -1. Abteilung, 1814 <span class="nostyle">(ohne Ort und Namen des Verfassers)</span>; 2. Abteilung, -Wiesbaden 1814, <span class="nostyle">zusammen 448 S. (Der Verfasser war Prozessualist -und Kriminalist, dann Richter und Staatsmann im Nassauischen.) (Vgl. -unten Abt. II, <a href="#Page_202">5</a>.)</span></h4> - -<p>Gegen Thibauts Vorschlag S. 354 ff. Daß die Ausführung desselben, welcher -Gottlob nicht geringe Schwierigkeiten im Wege stehen, ein ungeheures Nationalunglück -sein würde, leuchtet dem schlichten Menschenverstand des gewöhnlichen -Geschäftsmannes ein. Die Bekämpfung jenes Vorschlages wäre daher nicht -nötig, wenn es nicht viele Menschen gäbe, welche lieber dem Wort eines berühmten -akademischen Gelehrten, als ihren fünf Sinnen glauben. Für diese Menschen -sind folgende Bemerkungen niedergeschrieben. – Der Verfasser wendet sich -namentlich gegen Thibauts Forderung, daß <em>alle</em> deutsche Staaten <em>ein und -dasselbe</em> Gesetzbuch erhalten müssen; es wäre nur eine von außen aufgedrungene -Form; öffentlich-rechtliche und örtliche Bedürfnisse seien in den einzelnen Staaten -von verschiedenem Einfluß auf das bürgerliche Recht; besonders in der <em>Kriminalgesetzgebung</em> -seien die für ein Volk passenden Bestimmungen nicht auch für ein -anderes geeignet; mit dem eigenen <em>inneren</em> Leben der einzelnen föderalisierten -Staaten Deutschlands sei ein von <em>außen her</em> gegebenes einförmiges unabänderliches -bürgerliches Recht schlechterdings unvereinbar.</p> - -<p>Besprechungen im Rheinischen Merkur 1814 No. 100 und in den Heidelb. -Jahrbüchern 1815 No. 28 bis 30.</p> - - -<h4>7. Eduard Schrader, Professor des Civilrechts und Obertribunal-Rat -in Tübingen, Die Prätorischen Edicte der<a class="pagenum" name="Page_193" id="Page_193">[Pg 193]</a> -Römer auf unsere Verhältnisse übertragen, ein Hauptmittel -unser Recht allmälich gut und volksmäßig zu bilden, Weimar -1815, 144 S. <span class="nostyle">(Vgl. unten Abt. II, <a href="#Page_202">5</a>.) Für Savigny. (Vgl. oben S. <a href="#Page_20">20</a>.)</span></h4> - -<p>Besprechung in den Heidelbergischen Jahrbüchern, Heidelberg, 1816 Nr. 66 -(für Thibaut).</p> - - -<h4>8. Carol. Eduard. Morstadt, Dissertatio juridica, qua -disquiritur num Germanorum jureconsulti novo legum -civilium codici condendo idonei sint censendi, Heidelbergae -1815, 48 pag.</h4> - -<p>(Der Verfasser war später Professor in Heidelberg, bekannt durch seine -unselige Lebensführung.)</p> - -<p>Für Thibaut.</p> - - -<h4>9. Anselm Ritter von Feuerbach, Einige Worte über historische -Rechtsgelehrsamkeit und einheimische deutsche Gesetzgebung. -Eine Vorrede. (Aus Borst's Schrift: über die -Beweislast besonders abgedruckt.) Bamberg und Leipzig -1816, 24 S. <span class="nostyle">(Vgl. unten Abt. II, <a href="#Page_202">5</a>.)</span></h4> - -<p>Das Urteil des Kriminalisten <cite>Feuerbach</cite>, des nächst Savigny bedeutendsten -Juristen der Zeit, ist unten Abt. II, <a href="#Page_195">4</a> im Zusammenhange abgedruckt.</p> - -<p>Besprechung in den Heidelbergischen Jahrbüchern, Heidelberg, 1816 Nr. 46 -(von <cite>Thibaut</cite>).</p> - - -<h4>10. Karl Schildener, ordentl. Professor der Rechte in -Greifswald, Begünstigt die Haupteigenschaft im gesellschaftlichen -Character der Deutschen die Abfassung eines -allgemeinen Gesetzbuchs zu jetziger Zeit? Rede nach -öffentlicher Übernahme des Rektorats der Universität am -11. Mai 1815, Greifswaldisches Academisches Archiv, -1. Band, Greifswald 1817, <span class="nostyle">S. 1 bis 28.</span></h4> - -<p>Für Thibaut.</p> - - -<h4>11. Gespräche über Gesetzgebung und Rechtswissenschaft in -Teutschland. Veranlaßt durch den Streit zwischen -A. F. J. Thibaut und F. C. v. Savigny und gehalten im -Frühjahr 1815. Aus den Papieren eines vieljährigen practischen -Rechtsgelehrten herausgegeben von <span class="antiqua">Dr.</span> N. Schlichtegroll, -München 1818, 80 S.</h4> - -<p>Die drei Gespräche sind betitelt: Thibaut, Savigny, Der Freyherr (gemeint -ist ein Staatsmann, der Vertreter aller vier Fakultäten zur Aburteilung des -Streites versammelt). Die Entscheidung fällt zu Gunsten von Thibaut. Die -den Gesprächen angehängte »Übersicht der wichtigsten über die Streitfrage: ob -ein allgemeines bürgerliches Gesetzbuch für Teutschland zu wünschen sei, in den -letzten vier Jahren erschienenen Schriften« ist bei der vorstehenden Zusammenstellung -teilweise benutzt (Siehe auch die kurze Übersicht bei <cite>Schrader</cite>, a. a. O., -S. 3 Anm. und namentlich <cite>Savignys</cite> »Stimmen« unten Abt. II, <a href="#Page_202">5</a>).</p> - -<p><a class="pagenum" name="Page_194" id="Page_194">[Pg 194]</a></p> - - -<h4>12. F. A. Freiherr von Ende, Kgl. Würtbg. Staatsminister, -Vermischte Juristische Abhandlungen, Hannover 1816, -Abhdlg. 24, S. 303 ff: Ist die Einführung eines allgemeinen -Gesetzbuchs für ganz Teutschland ausführbar und wünschenswert?</h4> - -<p>Das <em>Dafür</em> ist so oft vorgetragen, daß eine Wiederholung desselben überflüssig -wäre.... Ich zweifle sehr, daß ein allgemeines Gesetzbuch der Wunsch der -teutschen Nation im Ganzen ist, und es je sein wird. – Der Verfasser beruft -sich zur Begründung der Nachteile auf Möser, der vor dem Generalisieren warnte.</p> - - - -<p><a class="pagenum" name="Page_195" id="Page_195">[Pg 195]</a></p> - - - - -<h3>4. Anselm von Feuerbachs Urteil. 1816.</h3> - - -<p>Aus der von dem Kriminalisten Feuerbach (1775 bis 1833) verfaßten -Vorrede zu der Schrift des Bamberger Stadtgerichtsassessors Nepomuk Borst, -Über die Beweislast im Civilprozeß, Bamberg und Leipzig 1816. Die Vorrede -ist auch gesondert erschienen unter dem Titel: Einige Worte über historische -Rechtsgelehrsamkeit und einheimische deutsche Gesetzgebung, Bamberg und -Leipzig 1816, 24 S. (Wiederabgedruckt in Feuerbachs kleinen Schriften vermischten -Inhalts, Nürnberg 1833, S. 133-151.) Vgl. unten Abt. II, <a href="#Page_202">5</a>.</p> - -<hr class="hr45" /> - -<p>Diesen Zustand der Dinge (gemeint ist der Gegensatz zwischen dem Theoretiker -mit seiner Kenntnis nur des toten und dem Praktiker mit seiner Kenntnis nur -des lebenden Rechts) scheint man bey Entscheidung des neulichen, vielfach merkwürdigen -Streits über das Bedürfniß und den Werth einheimisch deutscher -Gesetzgebung<a name="FNanchor_G_7" id="FNanchor_G_7" href="#Fn_G_7" class="fnanchor">G</a>, nicht gehörig erwogen zu haben. Bekanntlich wurde unser Zeitalter, -– nachdem man demselben die Fähigkeit, sein geltendes Recht, gereinigt von -alterthümlichem Ueberfluß und neuen Mißbräuchen in einem mit sich selbst -übereinstimmenden Gesetzbuche darzustellen, geradezu abgesprochen hatte, – mit -seinen Erwartungen und Wünschen von der gesetzgebenden Gewalt hinweg an -die Rechtsgelehrten gewiesen, welche durch fortgesetzte Bildung des gelehrten -Rechts, und zwar nach reingeschichtlicher Methode, ausschließend berufen seyen, -im Lauf einer nicht zu bestimmenden Zeit allem Bedürfnisse abzuhelfen. Das -Recht werde überall (und dieß ist ganz unbestreitbar) aus dem Geiste des Volks<a class="pagenum" name="Page_196" id="Page_196">[Pg 196]</a> -gebohren, falle aber, sobald es zu gewissen Jahren und Kräften gekommen, den -Rechtsgelehrten und der sich selbst überlassenen freyen Wissenschaft ausschließend -als Pflegkind anheim, wie denn das römische Recht nicht durch Gesetzgebung, -sondern durch Rechtsgelehrte zu seiner Vollkommenheit gediehen sey. Ein -deutsches Gesetzbuch (abgesehen, daß dasselbe nur als Urkundenbuch unserer -Unwissenheit und Geistesarmuth dienen werde) könne daher nichts anderes wirken, -als die Wissenschaft in ihren Schritten aufzuhalten und die Nachkommenschaft -wohlthätiger Entdeckungen zu berauben.</p> - -<p>Ob hinter dem eifrigen Bemühen, womit von einigen der ausgezeichnetesten -Gelehrten der römischen Schule, dem lauten Nothruf nach einem einheimischen -Rechtsbuche niederschlagend begegnet wurde, nicht insgeheim, diesen würdigen -Männern selbst unbewußt, ein Argument versteckt liege, demjenigen ähnlich, -womit wohl auch schon von Kriegsgelehrten die Nothwendigkeit des Kriegs -behauptet wurde, weil nämlich sonst die Kriegswissenschaft untergehen werde<a name="FNanchor_H_8" id="FNanchor_H_8" href="#Fn_H_8" class="fnanchor">H</a>: -mag ununtersucht bleiben, weil die Entscheidung unerheblich ist. Wie die -Schlußfolge selbst offen ausgesprochen vorliegt, darf diese nur zergliedert werden, -und man sieht bald, daß ihre Stärke auf einer Vermischung verschiedenartiger -Begriffe, Voraussetzungen und Bedingungen ruht, wodurch der Schein entsteht, -als wenn was von dem Einen in Wahrheit gilt, auch von dem Anderen gelte.</p> - -<p>Als ein Hauptgrund für das Bedürfniß einer einheimisch deutschen Gesetzgebung -wurde geltend gemacht, daß die <em>gesetzliche Grundlage</em> unseres -Rechtszustandes aus den ungleichartigsten, mit sich selbst streitenden Bestandtheilen -zusammengesetzt sey; daß die Bücher, welche für uns <em>Gesetzbücher</em> geworden, -als Rechtsbücher fremder Völker, nach fremden Gebräuchen und oft unbekannten -oder nicht mehr vorhandenen Einrichtungen und Zwecken, in fremden Begriffen -wie mit fremden Worten zu uns sprechen, und daß das Gebäude des Rechtssystems, -welches wir das unsrige nennen, zum größten Theil unter dem Schutt -einer längst untergegangenen Zeit begraben liegt, so daß es der mühseligsten -Zurüstungen und der fortgesetzten Bemühungen eines Menschenlebens bedarf, -um den Schutt aufzuräumen, die Trümmern hervorzugraben und dann die Bruch-Enden -zu errathen, bey denen sie wohl oder übel sich wieder zusammenfügen -lassen. Ist diese Anschuldigung gegründet (und wer vermag sie zu läugnen?) -so ist nicht zu verstehen, wie die Rechtswissenschaft Gebrechen zu tilgen vermöge, -welche die Gesetzgebung belasten. Mag die ihrem freyen Gang überlassene -Rechtswissenschaft graben und wühlen, entdecken und aufklären, zur Wahrscheinlichkeit -oder Gewißheit bringen, so viel sie wolle, so darf sie den Bann-Kreis -jener Gesetzbücher nicht überschreiten und ist daher schlechterdings unvermögend, -einen Zustand, von dem sie selbst bedrückt wird und den sie ohne Empörung -gegen die eigne Gottheit nicht von sich abschütteln kann, zu bessern oder nur -um eine Linie breit von der Stelle zu rücken. Daß unsere Rechtswissenschaft -<em>Rechtsgelehrsamkeit</em> und ihrem Wesen nach, wenigstens zum allergrößten<a class="pagenum" name="Page_197" id="Page_197">[Pg 197]</a> -Theil <em>historisch-antiquarisch</em> ist, darf niemand verkennen, noch unsern -Rechtsgelehrten zum Vorwurf anrechnen. Auch wird die geschichtliche Erforschung -des Rechts und seiner Entwickelung (sogar in <em>weit mehr umfassender -Beziehung</em>, als in welcher dieselbe von unsern reingeschichtlichen Rechtsgelehrten -dermalen empfohlen und betrieben wird) unter jeder Voraussetzung -ein nicht nur für den Gesetzgeber unentbehrlicher, sondern für jeden zum Höhern -gebildeten Geist würdiger Gegenstand des Wissens seyn. Aber daß unsre -Rechtswissenschaft, <em>selbst in ihrer unmittelbaren Beziehung auf -das Leben</em>, historisch-antiquarisch ist, daß sie dieses nach dermaliger Beschaffenheit -der Rechtsquellen sein <em>muß</em>: das ist eben das Uebel, dem nun einmal -durch diese geschichtliche Rechtswissenschaft selbst eben so wenig abzuhelfen ist, -als eine Krankheit durch weitere Vervollkommnung eben dieser Krankheit gleichsam -aus sich selbst heraus geheilt werden mag. Jeder seiner Zeit gemäße Rechtszustand -und jede denselben darstellende Gesetzgebung ist in so ferne nothwendiger -Weise geschichtlich, als die Gegenwart immer durch die Vergangenheit, der jetzige -Zustand durch eine Reihe vorhergehender bestimmt wird. Allein das ist das -ganz eigenthümliche unsres Rechtszustandes, daß die Geschichte des Rechts, -welches wir das <em>unsrige</em> nennen, gleichwohl <em>nicht</em> bey <em>uns</em> und bis auf -<em>unsre Zeit</em> herab, sondern bey einem fremden untergegangenen Volke bereits -vor weit mehr als tausend Jahren <em>abgelaufen</em> ist; daß man von da nicht -<em>vorwärts</em><a name="FNanchor_I_9" id="FNanchor_I_9" href="#Fn_I_9" class="fnanchor">I</a>, sondern an dem dünnen, oft zerreissenden Faden der Geschichte, -Sprach- und Alterthumskunde wieder um mehr als Ein Jahrtausend forschend -<em>rückwärts</em> gehen muß, um, wenn man klar oder halbklar eingesehen was in -der ersten Hälfte des VI. Jahrhunderts bey den Römern als Recht gegolten -habe, nun erst zu wissen, wie unsere Richter im XIX. Jahrhundert den Deutschen -ihr Recht sprechen sollen.</p> - -<p>Es ist nichts unbestrittener als eben dasjenige, worauf von den Widersachern -eines einheimisch deutschen Gesetzbuchs mit ganz besonderem Nachdrucke gedrungen -wird, gleichsam als wäre es je von Verständigen bestritten worden, nämlich: daß -alles auf Entwickelung und Darstellung des <em>volksthümlichen, in das -Leben der Nation</em> übergegangenen Rechts ankomme. Das ist nur das -Unbegreifliche, wie gerade die historische Rechtswissenschaft, welche Alles in -Allem seyn soll, mit Entwickelung und Bildung dieses lebenden Rechts, das unbekümmert -um das Gelehrtenwesen und um Entdeckungen in dem Alterthum -früherer Jahrtausende, seines Weges geht und immer nur seine gegenwärtigen -Bedürfnisse befragt, – in irgend einem nahen ursächlichen Zusammenhang stehe? -Was, wenn auch alle Geister der alten Römerwelt aus ihren Gräbern heraufbeschworen -würden, um über alles klärliche Antwort zu geben und von der<a class="pagenum" name="Page_198" id="Page_198">[Pg 198]</a> -Mutter Carmenta bis zu Justinian herab die ganze Rechtsgeschichte aufs wahrhafteste -im bündigsten Zusammenhange zu erzählen, – was hiedurch so Großes -für die Verbesserung unseres gegenwärtigen Rechtszustandes gewonnen sey? Die -Geschichte erklärt, wie Etwas nach und nach <em>geworden</em>; <em>wie</em> und <em>was</em> -dieses Etwas <em>sey</em>, lehrt die Geschichte nicht. Was der Geschichte angehört ist -schon dem Leben abgestorben. Oder ist etwa <em>das</em> Recht, welches die geschichtliche -Rechtswissenschaft lehrt, wirklich das volksthümliche, lebende? – Was ist bey <em>uns</em> -wirklich Rechtens? was ist von dem Fremden einheimisch geworden? wie hat es -sich, vermischt mit deutschem Saft und Blute, umgestaltet? in welcher Form -steht es jetzt da, lebt und wirkt es? Hierüber vermag die geschichtliche Rechtswissenschaft -entweder keine oder nur abgebrochene Antwort zu geben, und in -jedem Fall liegt das Orakel, welches hierauf antwortet, weit näher, als daß -dasselbe erst auf einem Umweg, der durch Jahrtausende hindurchgeht, gesucht -werden müßte. Abgeschiedene Geister kehren leibhaft nimmermehr zurück, und -daher wird insbesondere die Geschichte des Rechts, werde ihre Erforschung auch -noch Jahrhunderte fortgesetzt, mehr nicht seyn und bleiben, als eine Zusammenstellung -größerer oder kleinerer Bruchstücke, welche da und dort aus dem Dunkel -der Zeiten hervortreten und deren Bedeutung und Zusammenhang oft nicht zu -erkennen, sondern nur muthmaßlich zu errathen ist. Wenn also das Heil unseres -Rechtszustandes von der Wiederherstellung eines Gewebes abhängt, welches zwar -die Zeit gewoben, aber auch, wenigstens für unsere Erkenntniß, wieder zerrissen -und in alle Winde gestreut hat, wehe! dann ist dessen Verbesserung auf die -Ewigkeit verschoben.</p> - -<p>Was in jener Ansicht am meisten auffällt, ist das Unpassende einer Vergleichung -zwischen dem alten römischen Recht und unserem heutigen römisch-canonisch-deutschen -Rechte, besonders die Fehlerhaftigkeit des Schlusses von dem -was der römische Rechtsgelehrte der Fortbildung des römischen Rechtszustandes -<em>war</em>, auf das was unsere deutschen Rechtsgelehrten, wenn man diese nur nicht -durch Gesetze in ihren Forschungen hemme, dereinst dem deutschen Rechtszustande -werden <em>könnten</em>. Schon die große Verschiedenheit zwischen der römischen -aristokratisch-demokratischen Verfassung und unsern heutigen Monarchien, die -eigenthümliche Vollmacht der Magistrate und die ausgedehnte Gewalt des -Gerichtsbrauchs, der Einfluß auf das Edict jener Magistrate und auf diesen -Gerichtsbrauch, wodurch der römische Rechtsgelehrte mittelbar und zwar unter -der Form einer höheren Autorität, mithin wirklich <em>gesetzgebend</em> (wiewohl -nicht auf den Comitien, noch in unserer Art Gesetze zu geben) auf den Rechtszustand -einwirkte: dieses und anderes dergleichen stumpft schon gar sehr die -Schärfe jener Vergleichung ab. Jedoch hievon abgesehen ist einleuchtend, daß -der römische Rechtsgelehrte und seine Rechtswissenschaft äußerlich und innerlich -etwas ganz <em>anderes</em> war, als <em>unsre</em> Rechtsgelehrte und <em>unsre</em> Rechtswissenschaft, -so lange ihre jetzigen Quellen fortdauern, jemals werden können. -Der römische Rechtsgelehrte saß bekanntlich nicht als Geschichts- und Alterthumsforscher -hinter alten Denkmälern und Manuscripten, sondern auf dem Marktplatz, -oder zu Haus unter den Clienten, oder auf dem Gerichtsstuhl oder in dessen<a class="pagenum" name="Page_199" id="Page_199">[Pg 199]</a> -Nähe; sein Wissen war Erkenntniß aus dem Buche des bürgerlichen Lebens, -und er hatte weit weniger zu lesen und zu lernen als zu beobachten, zu denken, -zu urtheilen und zu schließen. Aus der Erforschung hetrurischer, altitalischer, -griechischer Alterthümer sog das römische Recht seine Lebenssäfte nicht, obgleich -diese Alterthümer dem Römer weit näher lagen als uns die seinigen; Alterthumskunde -war der Grammatik zugewiesen. Das konnte auch wohl geschehen; denn -der Römer hatte nicht erst den Rechtsleichnam eines vor einem Jahrtausend -untergegangenen Volks zu zergliedern, um denselben bey sich von neuem künstlich -zusammenzusetzen und wieder zum Scheinleben aufzuwecken. Wo Er stand und -ging war er bey sich zu Hause; was Er umfaßte, was Ihn durchdrang, war -<em>seine</em> Zeit und die <em>Gegenwart</em> mit ihrem Haben und Bedürfen; was Er -erkannte, bearbeitete, gestaltete, war <em>sein</em> und <em>seines</em> Volkes Recht. Und so -ward das römische Recht nicht durch Geschichte, Alterthumskunde, Kritik und -Grammatik, als geschichtliche Rechtswissenschaft, sondern durch Erfahrung, -Philosophie und Logik zur Reife gebracht.</p> - -<p>Können die Pfleger der deutschen Rechtsgelehrsamkeit uns die gründliche -Verheissung geben, eben das und eben so uns zu werden, was und wie es der -Römer seinem Volke war? Wohlan! dann wollen wir uns des Wunsches nach -einem einheimischen Gesetzbuche oder (weil man bey deutschen Angelegenheiten -in der Mehrzahl sprechen muß) nach einheimischen <em>Gesetzbüchern</em> gern entschlagen. -Allein umsonst! Um jenes zu werden, müßte erst unsere Rechtswissenschaft -aufgehört haben, zu seyn was sie ist, – eine historisch-antiquarische -Wissenschaft; und damit diese etwas anderes seyn könnte als sie ist, müßten wir -erst gerade eben dasjenige besitzen, dessen Besitz uns, wie gesagt wird, durch fortgesetztes -historisch-antiquarisches Forschen entbehrlich gemacht werden soll: – ein -einheimisches, den Bedürfnissen der Zeit anpassendes, in sich selbst übereinstimmendes, -mit gesetzlicher Kraft ausgestattetes Rechtsbuch. Ein solches hatte der Römer -in seinen XII Tafeln, späterhin in seinem Edict. Und eben weil er es hatte, -weil sein Recht auf einheimischem Boden aus Einer Herzwurzel hervorwuchs, -darum konnte dieses unter der Jahrhunderte lang fortgesetzten Pflege des stets -auf die Wirklichkeit hingewendeten philosophischen Geistes und logischen Verstandes, -zu jenem kräftigen Stamm mit reichen Aesten in die Breite und Höhe wachsen.</p> - -<p>Als man von einem deutschen Gesetzbuch für deutsche Völker sprach, dachte -man nicht an ein Werk despotischer Willkühr, welche aus sich selbst das Recht -erst mache, und dasselbe, wenn es nach Laune fertig geworden, dem Volk als -Joch über den Hals lege; auch dachte man nicht an ein von der Vernunft mit -Idealen erzeugtes, auf Wolken gebohrnes Götterkind, welches, nachdem es die -vergangenen Jahrhunderte aus dem Buche der Zeit weggestrichen, kecken Geistes -über die Gegenwart hinweg in neue noch unerschaffene Jahrhunderte hinüberspringe<a name="FNanchor_J_10" id="FNanchor_J_10" href="#Fn_J_10" class="fnanchor">J</a>. -Die Foderungen waren weder so gemein, noch so überspannt. Man<a class="pagenum" name="Page_200" id="Page_200">[Pg 200]</a> -wollte nicht mehr, als was die Römer gethan, da sie ihre XII Tafeln verfaßten, -mit dem einzigen Unterschied, daß nach dem Zustand unserer geselligen und -geistigen Bildung, und nach der großen Verschiedenheit der Elemente, welche -auf die Fortbildung unseres Rechtszustandes eingewirkt haben, die deutschen -Rechte nicht in dem Raum von zwölf römischen Tafeln Platz genug finden. Mit -einem bloßen <em>Aufschreiben</em> des vorhandenen Rechts war es aber freylich -selbst bey diesen kleinen XII Tafeln auch nicht gethan. Waren die Römer, wie -aus <cite>Niebuhrs</cite> Forschungen erhellet, durch Kasten getrennt, lebten Patrizier -und Plebejer nach verschiedenen Rechten, vielleicht auch die Plebejer selbst, je -nach Verschiedenheit ihrer Volksabstammung wieder unter sich nach verschiedenen -Volks- und Stammsgewohnheiten (wie späterhin die Barbaren in den neugestifteten -germanischen Reichen); so mußten, nach dem Ausdrucke des <cite>Livius</cite><a name="FNanchor_K_11" id="FNanchor_K_11" href="#Fn_K_11" class="fnanchor">K</a>, -diese Verschiedenheiten gegen einander ausgeglichen, mit einander in ein übereinstimmendes -Ganze verschmolzen, mithin mußte auf der einen Seite weggenommen, -auf der andern zugelegt, dort etwas aufgehoben, hier etwas beygefügt, dort das -Widerstreitende durch ein Drittes vermittelt, alles dem gegenwärtigen Zeitbedürfniß -mit Weisheit angepaßt werden. Daß die Zehnmänner das bürgerliche Recht -ohne weiteres nur so hingeschrieben haben, wie sie es eben fanden, widerstreitet -aller Geschichte<a name="FNanchor_L_12" id="FNanchor_L_12" href="#Fn_L_12" class="fnanchor">L</a>. Daß ihnen das Volk die gesetzgebende Weisheit zum<a class="pagenum" name="Page_201" id="Page_201">[Pg 201]</a> -Verbrechen angerechnet, darüber schweigt die Geschichte. Ob die Römer, ehe -sie ihre Wünsche geltend machten, zuvor noch eine gründliche Selbstprüfung -über ihre Fähigkeit zu einer Gesetzgebung angestellt haben? ob die Unbehülflichkeit -ihrer Sprache und die Aussicht auf eine erst künftige Veredlung derselben, als -ein Zweifelsgrund gegen das Unternehmen auch bey ihnen<a name="FNanchor_M_13" id="FNanchor_M_13" href="#Fn_M_13" class="fnanchor">M</a> angeführt worden -ist? ob die verstockten Patrizier das dringende Begehren des Volks unter anderem -auch damit abzulehnen versuchten, daß sie ihm vorgestellt: – all ihr Klagen -und Verlangen beruhe auf einem Mißverstande, wenn sie von Gesetzen foderten, -was die Rechtswissenschaft allein nach Jahrhunderten ohnehin schon leisten -werde; man möge den Rechtsgelehrten in ihrer Mitte nur Zeit lassen, die -heiligen Rechtsbücher der Etrusker, die Alterthümer der Lateiner, Oenotrer, -Sabeller, Sikuler und, weil offenbar viel Griechisches eingedrungen, die Rechtsgeschichte -der Griechen durch Großgriechenland hindurch nach Athen hinüber und -von da, wo möglich, bis in die Zeiten von Kekrops hinauf mit der Fackel der -Kritik und Geschichte beleuchtend zu verfolgen; dann werde alles von selbst sich -machen: – ob dieses oder ähnliches gesagt worden? darüber schweigt ebenfalls -die Geschichte. Was aber, wenn es gesagt worden wäre, der kerngesunde -Römerverstand würde erwiedert haben, ist zu errathen nicht schwer.</p> - - - -<p><a class="pagenum" name="Page_202" id="Page_202">[Pg 202]</a></p> - - - - -<h3>5. Savignys Nachträge zu seiner Schrift. 1828.</h3> - - -<h4 class="h4_2">Vorrede der zweyten Ausgabe.</h4> - -<p>Die erste Ausgabe der gegenwärtigen Schrift erschien im J. 1814, zu einer -Zeit, welche jedem, der sie mit vollem Bewußtseyn erlebt hat, unvergeßlich seyn -muß. Jahre hindurch waren die Bande, welche unser Deutsches Vaterland an -fremde Willkühr knüpften, immer fester angezogen worden, und es war deutlich -einzusehen, daß unser Schicksal, wenn die Absichten des Unterdrückers zur vollen -Ausführung kamen, mit der Vernichtung unsrer Nationalität enden mußte. Die -großen Schicksale, durch welche die fremde Herrschaft zertrümmert wurde, wendeten -dieses herbe Loos von unsrem Vaterland ab, und das Gefühl dankbarer Freude, -welches damals durch die Befreyung von der größten aller Gefahren allgemein -erregt wurde, sollte wohl bey Allen als eine heilige Erinnerung bewahrt werden. -Damals war es wieder möglich geworden, über öffentliche Dinge nach freyer -Überzeugung öffentlich zu reden, und der durch die ganze durchlebte<a class="f70" name="savigny_iv" id="savigny_iv">[IV]</a> Zeit -überall aufgeregte Sinn machte dieses Geschäft anziehender und dankbarer, als -es in gewöhnlichen Zeiten zu seyn pflegt. So trat damals ein ausgezeichneter -Rechtsgelehrter mit dem Vorschlag auf, ein gemeinsames bürgerliches Gesetzbuch -für Deutschland abzufassen, und dadurch die politisch so wichtige Einheit der -Deutschen, zugleich aber auch die Rechtspflege und die Rechtswissenschaft zu -fördern. Von dem Congreß, der eben damals in Wien zusammentrat, erwartete -man, er werde wohl auf solche patriotische Vorschläge einzugehen geneigt seyn. -Dieses waren die äußeren Umstände, welche mich bewogen, in der gegenwärtigen -Schrift auch meine Stimme über die wichtige Sache abzugeben. Diese Veranlassung, -so wie die lebhaft erregte Zeit worin die Schrift erschien, sind darin -unverkennbar, und hätte ich erst jetzt über diese Frage zu reden gehabt, so würde -es ohne Zweifel in sehr verschiedener Weise geschehen seyn, obgleich in der Sache -selbst meine Überzeugungen nicht nur dieselben geblieben sind, sondern sich auch -durch fortgesetztes Nachdenken und manche nicht unbedeutende Erfahrungen noch -mehr begründet haben. Es konnte daher in Frage kommen, diese Schrift durch -Änderungen und Zusätze in eine solche Gestalt zu bringen, worin sie etwa jetzt -hätte erscheinen können. Allein bey diesem Verfahren war keine Gränze zu -finden, ja es hätte eigentlich auf die gänzliche Vernichtung der früheren Schrift, -und die Abfassung einer neuen geführt. Deshalb habe ich einen völlig unveränderten -Abdruck, wie er gegenwärtig erfolgt, für zweckmäßiger gehalten. -Über<a class="f70" name="savigny_v" id="savigny_v">[V]</a> einige Stellen jedoch finde ich hier eine besondere Erklärung nöthig.</p> - -<p>S. <a href="#savigny_48">48</a> ist die Rede von der nicht glücklichen Bearbeitung der Rechtswissenschaft -im achtzehnten Jahrhundert, und es wird dabey auch die ungünstige -Einwirkung eines vielfältigen flachen Bestrebens in der Philosophie erwähnt. -Diese Stelle haben Manche als ein absprechendes Urtheil über philosophische -Bestrebungen in der Rechtswissenschaft überhaupt verstanden. Mir unbegreiflich;<a class="pagenum" name="Page_203" id="Page_203">[Pg 203]</a> -denn nach dem ganzen Zusammenhang war lediglich die Rede theils von der -unglücklichen Anwendung Wolfischer Philosophie auf die Rechtswissenschaft, theils -von der Einwirkung der späteren Popularphilosophen. Diese Bestrebungen aber -dürften auch wohl gegenwärtig kaum Anhänger und Vertheidiger finden.</p> - -<p>Im <a href="#savigny_54">siebenten Abschnitt</a> ist ein sehr ungünstiges Urtheil über die Französischen -Juristen der neuesten Zeiten niedergelegt. Nun sind zwar die einzelnen dort -zusammengestellten Thatsachen ganz richtig, und auch an dem Tadel derselben -läßt sich nicht füglich Etwas mindern: dennoch ist das darauf gebaute Totalurtheil -völlig einseitig und ungerecht, indem Eine höchst achtbare Seite der -juristischen Literatur unsrer Nachbaren mit Stillschweigen übergangen wird. Die -Ursache dieser Einseitigkeit lag theils in der aufgeregten Stimmung gegen diese -Nachbaren, die in jenem Zeitpunkt so natürlich war, theils in meiner unvollständigen -Kenntniß ihrer Literatur, und ich benutze gerne diese Gelegenheit, jenes zugefügte -Unrecht durch ein offenes Bekenntniß<a class="f70" name="savigny_vi" id="savigny_vi">[VI]</a> gut zu machen<a name="FNanchor_132_145" id="FNanchor_132_145" href="#Fn_132_145" class="fnanchor">132</a>. Die Sache ist -nämlich die, daß allerdings die gelehrte Seite der Rechtswissenschaft, und die -mit ihr zusammenhängenden Kenntnisse, seit langer Zeit in Frankreich sehr -vernachlässigt waren, obgleich auch hierin eine Anzahl jüngerer Männer in den -neuesten Zeiten rühmlichen Eifer an den Tag gelegt haben<a name="FNanchor_133_146" id="FNanchor_133_146" href="#Fn_133_146" class="fnanchor">133</a>. Dagegen hat bey -ihnen die praktische Rechtswissenschaft einen hohen Grad von Bildung erlangt -und behauptet, und der darauf gegründete Theil ihrer Literatur verdient die -größte Achtung, und könnte mit wesentlichem Vortheil von uns benutzt werden. -So zum Beispiel enthalten die Schriften von Merlin, sowohl das <span class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">Répertoire</span>, -als die <span class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">Questions</span> wahre Muster gründlicher, scharfsinniger, geschmackvoller -Behandlung von Rechtsfällen, und unsre praktisch-juristische Literatur steht hierin -der Französischen bey Weitem nach. Der Grund dieser ihrer Trefflichkeit, neben -den oben erwähnten Mängeln, liegt theils in dem praktischen Geschick der -Nation, theils in den Formen ihres Prozesses, welche dem ausgezeichneten Talent -Spielraum und Reiz in hohem Grad gewähren, anstatt daß bey uns Richter -und Sachwalter ihr Geschäft in wenig anregender Unbemerktheit betreiben. Dagegen -bin ich weit entfernt, dem Code an diesen Vorzügen den geringsten Antheil -zuzuschreiben, und was sie Gutes haben,<a class="f70" name="savigny_vii" id="savigny_vii">[VII]</a> das haben sie <em>ungeachtet</em> des -Code, nicht <em>durch</em> denselben. Alles also, was gegen diesen in meiner Schrift -gesagt ist, muß ich noch jetzt für wahr erklären. Und eben so das nachtheilige -Urtheil über ihre Rechtsschulen, deren Einrichtung gewiß jede freye Entwicklung -der Rechtswissenschaft in Frankreich hemmt. Ich sage dieses um so zuversichtlicher, -als mir dieses Urtheil durch die Stimme sehr achtbarer und einsichtsvoller -Franzosen bestätigt worden ist<a name="FNanchor_134_147" id="FNanchor_134_147" href="#Fn_134_147" class="fnanchor">134</a>.</p> - -<p><a class="pagenum" name="Page_204" id="Page_204">[Pg 204]</a></p> - -<p>S. <a href="#savigny_138">138</a>. Was hier von Blondeau's Darstellungsart des Römischen Rechts -erzählt wird, scheint, nach späteren Nachrichten, auf einem bloßen Misverständniß -zu beruhen. – S. <a href="#savigny_144">144-146</a>. Was hier über das juristische Studium auf -Preussischen Universitäten gesagt ist, hat sich seit jener Zeit einigermaßen -geändert. Über das Landrecht sind seit mehreren Jahren Vorlesungen gehalten -worden, auch von mir selbst, wobey ich die handschriftlichen Materialien des -Landrechts habe benutzen können. Sogar ist neuerlich der Besuch solcher Vorlesungen, -jedoch ohne Abbruch der gelehrten Rechtsstudien, als nothwendig vorgeschrieben -worden, und schon das erste Examen wird jetzt mit darauf gerichtet. -Dann hat neuerlich der gegenwärtige Herr Justizminister die Benutzung der -Materialien zur öffentlichen Mittheilung gestattet<a class="f70" name="savigny_viii" id="savigny_viii">[VIII]</a>, einige ausgezeichnete -Rechtsgelehrte sind jetzt damit beschäftigt, und so wird der von mir S. <a href="#savigny_94">94</a> ausgesprochene -lebhafte Wunsch auf die erfreulichste Weise in Erfüllung gehen.</p> - -<p>S. <a href="#savigny_144">144</a>. Hier ist der Wunsch ausgesprochen, daß die Hemmungen des -Verkehrs zwischen den Universitäten verschiedener Deutscher Länder weggeräumt -werden möchten. Es ist bekannt, daß seitdem, und ganz neuerlich von der -Bairischen Regierung, sehr Vieles für diesen wichtigen Zweck gethan worden ist.</p> - -<p>In der gegenwärtigen Ausgabe hat meine Schrift zwey Beylagen erhalten.</p> - -<p>Die erste Beylage ist eigentlich eine Fortsetzung der Schrift selbst, und -gehört also wesentlich an diese Stelle. Dasselbe zwar könnte man auch noch -von einer andern Abhandlung in der Zeitschrift sagen, von der Recension über -Gönner, B. 1. Nr. 17. Allein diese Abhandlung mußte, nach der Art, wie sie -veranlaßt wurde, großentheils den Charakter einer persönlichen Polemik annehmen, -und so wenig ich hiervon, auch bey der ruhigsten Betrachtung, Etwas -als ungerecht zurückzunehmen Ursache finde, so fühle ich doch auch keine Neigung, -diesen durch zufällige Umstände herbeygeführten Streit nach Ablauf vieler Jahre, -und nach dem Tode des Gegners, durch neuen Abdruck aufzufrischen. Allerdings -betrifft Vieles auch in dieser Recension das Allgemeine des damaligen Streits; -demjenigen aber, welcher vollständige Akten liebt, bleibt es ja unbenommen, sie -in der Zeitschrift selbst aufzusuchen. – In dieser ersten Beylage ist nur Eine -Stelle, worüber ich jetzt Etwas hinzuzusetzen finde; es ist<a class="f70" name="savigny_ix" id="savigny_ix">[IX]</a> die Stelle S. <a href="#savigny_166">166</a>, -worin ich gegen den oberflächlichen Gebrauch der Universalrechtsgeschichte gewarnt -habe. Diese Stelle ist mitunter so gedeutet worden, als ob ich die Universalrechtsgeschichte -überhaupt verwerfen wollte. Wer sie jedoch mit unbefangener -Wahrheitsliebe lesen will, der muß ein solches Mißverständniß ganz unbegreiflich -finden. Auch weiß ich in der That kein neues Wort hinzuzusetzen, um mich -gegen diese Misdeutung zu verwahren.</p> - -<p>Die zweyte Beylage enthält das Urtheil eines französischen Gerichtshofs -über den Entwurf zum Code, welches in meiner Schrift S. <a href="#savigny_80">80</a> angeführt und -gerühmt ist. Ich habe es jetzt abdrucken lassen, weil die französische Sammlung -worin es bekannt gemacht wurde, gewiß nur dem kleineren Theil meiner Leser -zugänglich ist.</p> - - - - -<p><a class="pagenum" name="Page_205" id="Page_205">[Pg 205]</a></p> - -<h4 class="h4_2">Erste Beylage.</h4> - -<p class="center gesperrt bold">Stimmen für und wider neue Gesetzbücher.</p> - -<p class="center">Von <br/> -<cite>Savigny</cite>.</p> - -<p>(Abgedruckt aus der Zeitschrift für geschichtliche Rechtswissenschaft, herausgegeben -von <cite>F. C. von Savigny</cite>, <cite>C. F. Eichhorn</cite> und <cite>J. F. L. Göschen</cite>. -B. 3. Heft 1. Berlin 1816. 8. S. 1-52.)</p> - -<p><a name="savigny_163" id="savigny_163" class="f70">[163]</a> Wird ein wissenschaftlicher Streit lebhaft und mit allgemeinerer -Theilnahme geführt, so pflegt er neben großen Vortheilen auch nicht geringe -Gefahren mit sich zu führen. Daß jede Meynung im Angesicht bestimmter -Gegner vollständiger ausgebildet und fester begründet wird, ist gewiß der Wahrheit -förderlich, aber gar leicht verliert der Streitende die Unbefangenheit, die allein -der eigenen und der fremden Meynung in allen Theilen und Wendungen -Gerechtigkeit wiederfahren lassen kann. So geschieht es, daß oft in demselben -Maaße, in welchem die Gegenstände selbst deutlicher werden, die Sehkraft gerade -derjenigen getrübt wird, von welchen die Meynung der übrigen geleitet und -bestimmt werden soll.</p> - -<p>Diese guten und schlimmen Folgen mögen auch bey dem Streite eingetreten -seyn, der seit einigen Jahren über die Frage geführt worden ist, wie unsere -deutschen Staaten das bürgerliche Recht zweckmäßig zu behandeln haben. Was -ist dabey nun aber zu thun? Sollen wir schweigen, damit die Leidenschaften -sich legen, schweigen, bis wieder alles gleichgültig über die Sache geworden ist? -Mit nichten. Aber sorgfältig bedenken sollen wir jene vorhin erwähnte Gefahr, -und strenge seyn gegen uns selbst und gegen andere. Denn in der eigenen, wie -in der entgegengesetzten Meynung, läßt sich wohl unterscheiden, was zu ihr nach -ihrer Natur gehört, von dem was Parteylichkeit hinzugefügt hat. Überall, wo -eine Schwäche der eigenen Meynung oder eine Stärke der fremden umgangen -oder verschwiegen wird, da ist es nicht mehr die Meynung, welche redet oder -verschweigt, sondern die Parteylichkeit, und so bewußtlos wir auch seyn mögen -bey dem Spiel, welches diese Parteylichkeit mit uns treibt, so ist doch das -Spiel selbst immer verwerflich, und wir thun wohl, ihm überall nachzuspüren, -in uns selbst wie in unsern Gegnern.</p> - -<p><a name="savigny_164" id="savigny_164" class="f70">[164]</a> Dieses Vorwort sollte den Gesichtspunct angeben, von welchem der -folgende Aufsatz angesehen zu werden wünscht. Es soll in diesem Aufsatz eine -Übersicht gegeben werden über die verschiedenen Meynungen und Äußerungen, -die seit der Erscheinung meiner Schrift (1814) über die Sache laut geworden -sind, wobey ich mich aber weder zu absoluter Vollständigkeit, noch zu strenger -chronologischer Folge anheischig mache.</p> - -<p><a class="pagenum" name="Page_206" id="Page_206">[Pg 206]</a></p> - - -<h5><span class="antiqua">A.</span> Stimmen <em>für</em> neue Gesetzbücher<a name="FNanchor_135_148" id="FNanchor_135_148" href="#Fn_135_148" class="fnanchor">135</a>.</h5> - - -<h6>1. Thibaut.</h6> - -<p class="posth6">Über die Nothwendigkeit eines allgemeinen bürgerlichen Rechts für -Deutschland, zweyte Ausgabe, in: Civilistische Abhandlungen. Heidelberg -1814. 8. Seite 404 fg.</p> - -<p class="posth6">Heidelbergische Jahrbücher<br/> -1814 S. 929 fg.<br /> -1815 S. 625 fg. S. 657 fg<br /> -1816 S. 193 fg.<br /> -</p> - - -<p>Daß die früheren Behauptungen des Vfs. von der wünschenswerthen Einheit -des Rechts durch ganz Deutschland, von der Nothwendigkeit neuer Gesetzbücher -u. s. w. hier wiederholt und bekräftigt werden, versteht sich von selbst. Auch -sollen hier nur diejenigen Äußerungen herausgehoben werden, die entweder selbst -neu sind, oder doch zu neuen Entwicklungen Gelegenheit geben können.</p> - -<p>So wird hier gegen die Meynung gestritten, nach welcher das Recht eine -unveränderliche, unbewegliche Natur haben solle: das Recht, wird gesagt, sey -vielmehr zu allen Zeiten veränderlich gewesen, und es sey verderblich, dasselbe -jetzt fest bannen zu wollen<a name="FNanchor_136_149" id="FNanchor_136_149" href="#Fn_136_149" class="fnanchor">136</a>. Allein Unbeweglichkeit des Rechts ist in der That -niemals behauptet worden. Auch der menschliche Leib ist nicht unveränderlich, -sondern wächst und entwickelt sich unaufhörlich; und so betrachte ich das Recht -jedes Volkes, wie ein Glied an dem Leibe desselben, nur nicht wie ein Kleid, -das willkührlich gemacht worden ist, und eben so willkührlich abgelegt und gegen -ein anderes vertauscht werden kann.</p> - -<p>Eine neue auffallende Aussicht eröffnet der Vf. der Rechtsgeschichte. Sobald -wir nur einmal von der Noth des gemeinen Rechts befreyt wären, würde nach -seiner Meynung die<a name="savigny_165" id="savigny_165" class="f70">[165]</a> Rechtsgeschichte, nicht mehr auf ein einzelnes Volk -beschränkt, alle Völker umfassen können. »Denn das ist nicht die wahre belebende -Rechtsgeschichte (sagt er), welche mit gefesseltem Blick auf der Geschichte Eines -Volkes ruht, aus dieser alle Kleinigkeiten herauspflückt, und mit ihrer Mikrologie -der Dissertation eines großen Praktikers über das: <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">et cetera</span> gleicht. Wie -man den Europäischen Reisenden, welche ihren Geist kräftig berührt, und ihr -Innerstes umgekehrt wissen wollen, den Rath geben sollte, nur außer Europa -ihr Heil zu versuchen: so sollten auch unsre Rechtsgeschichten, um wahrhaft pragmatisch -zu werden, groß und kräftig die Gesetzgebungen aller andern alten und -neuen Völker umfassen. Zehn geistvolle Vorlesungen über die Rechtsverfassung -der Perser und Chinesen würden in unsern Studierenden mehr wahren -juristischen Sinn wecken, als hundert über die jämmerlichen Pfuschereyen, denen -die Intestaterbfolge von Augustus bis Justinianus unterlag«<a name="FNanchor_137_150" id="FNanchor_137_150" href="#Fn_137_150" class="fnanchor">137</a>. Ausführlicher -ist diese Forderung einer Universalrechtsgeschichte schon früher von <cite>Feuerbach</cite><a class="pagenum" name="Page_207" id="Page_207">[Pg 207]</a> -ausgesprochen worden<a name="FNanchor_138_151" id="FNanchor_138_151" href="#Fn_138_151" class="fnanchor">138</a>. Etwas Wahres liegt in dieser Ansicht, aber so dargestellt, -wie es von <cite>Feuerbach</cite> und noch mehr von <cite>Thibaut</cite> geschehen ist, muß es -zu argem Irrthum verleiten. Zuvörderst ist keine Verwechslung verderblicher, -als die der Mikrologie mit specieller Detailkenntniß. Mikrologie nämlich muß -jeder vernünftige Mensch gering schätzen, aber genaue und strenge Detailkenntniß -ist in aller Geschichte so wenig entbehrlich, daß sie vielmehr das einzige ist, was -der Geschichte ihren Werth sichern kann. Eine Rechtsgeschichte, die nicht auf -dieser gründlichen Erforschung des Einzelnen beruht, kann unter dem Namen -großer und kräftiger Ansichten nichts anderes geben, als ein allgemeines und -flaches Räsonnement über halbwahre Thatsachen, und ein solches Verfahren halte -ich für so leer und fruchtlos, daß ich daneben einer ganz rohen Empirie den -Vorzug einräume. Daraus folgt, daß wenigstens der Römischen und Deutschen -Rechtsgeschichte die Zeit und Kraft nicht würde abgespart werden können, welche -auf das Persische und Chinesische Recht zu verwenden wäre. Außerdem aber ist -wohl zu bedenken, daß es für das Recht der allermeisten Völker und Zeiten an -allem irgend brauchbaren geschichtlichen Material fehlen muß. Wir können im -allgemeinen gute Nachrichten von dem Zustand eines Volkes haben, während -wir über die Verfassung und das bürgerliche Recht desselben wenig wahres wissen: -denn diese Gegenstände fordern einen geübten Blick, und wer sie<a name="savigny_166" id="savigny_166" class="f70">[166]</a> ohne -diesen darzustellen unternimmt, der wird meist das eigentlich wahre und lehrreiche -übersehen, wie wir dieses gar nicht blos an Reisebeschreibern gewahr werden, -sondern selbst an einheimischen Geschichtschreibern, die aus Mangel an eigener -Sachkenntnis den Leser oft mehr verwirren als belehren. Endlich muß ich besonders -gegen die Unparteylichkeit protestiren, womit die Rechtsgeschichte aller -Völker als ungefähr gleich interessant und lehrreich dargestellt wird. Abgesehen -davon, daß hier eben so wie in andern Dingen die Virtuosität mancher Völker -einen nicht geringen Unterschied macht, wie denn z. B. die Betrachtung Griechischer -Kunstwerke den Kunstsinn mehr entwickeln wird, als die der Chinesischen – -davon abgesehen, ist ein anderer Unterschied ganz entscheidend. Auch hierin -kommt nämlich alles auf die Grundfrage an, ob (wie ich glaube) das Recht, -welches mit einer Nation geboren ist, und eben so das ursprünglich fremde, was -aber viele Jahrhunderte in ihr gelebt hat, ein Stück ihres eigenen Wesens geworden -ist, oder ob (nach der Lehre der Gegner) jeder Augenblick fragen kann -und darf, welches Recht im nächsten Augenblick gelten solle, so daß bey dieser -Überlegung die Gesetzbücher aller Zeiten und Völker zu gleichmäßiger beliebiger -Auswahl vor uns ausgebreitet liegen sollen. Von meinem Standpunct aus -würde demnach der Rechtsgeschichte verschiedener Völker eine sehr ungleiche -Wichtigkeit zugeschrieben werden müssen. Das wichtigste nämlich ist und bleibt -die Geschichte der uns angehörigen Rechte, d. h. der Germanischen Rechte, des -Römischen und des Canonischen Rechts: wobey jedoch zu bedenken ist, daß das -Germanische Recht wissenschaftlich keinesweges auf das in Deutschland geltende -zu beschränken ist, sondern vielmehr alle Germanische Stämme umfaßt. Die<a class="pagenum" name="Page_208" id="Page_208">[Pg 208]</a> -Rechte der ganz fremden Nationen aber haben wieder ein sehr ungleichartiges -Interesse für uns, je nachdem der Zustand dieser Völker mit dem unsrigen mehr -oder weniger Verwandtschaft hat, so daß uns deshalb das Recht aller christlich -Europäischen Nationen von nicht Germanischem Stamme, dieser fremden Abstammung -ungeachtet, viel näher angeht, als die Rechte orientalischer Völker. -<em>Es versteht sich aber von selbst, daß hier blos von einem verschiedenen -Grad des Interesse die Rede ist, und daß schlechthin -keine Kenntniß dieser Art, wenn sie nur eine wirkliche Kenntniß -ist, gering geachtet werden soll.</em> Sind diese Ansichten richtig, so folgt -daraus, daß in unsrer Art, die Rechtsgeschichte zu behandeln, ein sehr fühlbarer -Mangel allerdings statt findet, indem das Recht der verschiedenen Europäischen -Nationen, besonders derjenigen, welche Germanischer Abkunft sind, nicht vernachlässigt -werden sollte. Denn erstens ist, dieses zu lebendiger, fruchtbarer -Kenntniß zu bringen, möglich, und zweytens liegt es unserm eigenen<a name="savigny_167" id="savigny_167" class="f70">[167]</a> Rechtszustand -so nahe, daß dieser nur in Verbindung damit allseitig erkannt werden -kann. Es wäre zu wünschen, daß selbst auf unsern Universitäten die Gelegenheit -zu solchen Vorlesungen nicht fehlen möchte, und daß junge tüchtige Männer von -den Regierungen dazu ausersehen und unterstützt würden. Eine unerläßliche -Forderung aber müßte seyn, daß solche Männer nicht blos durch gründliches -Quellenstudium, sondern zugleich durch den Aufenthalt in England, Dänemark, -Schweden u. s. w. sich gebildet hätten, wodurch allein ihre Kenntniß Leben und -Anschaulichkeit gewinnen könnte. Wie viel bey dieser Erweiterung der Rechtsgeschichte -auch die allgemeine Völkergeschichte gewinnen müßte, ist einleuchtend: -aber auch Thibaut, und wer sonst von der Gesetzgebung alles Heil erwartet, müßte -in diesen Wunsch einstimmen. Denn auch für die Gesetzgebung würde es gewiß -ein wesentlicher Vortheil seyn, wenn Männer daran arbeiteten, die ihren Gesichtskreis -durch so vielseitige Rechtsanschauung erweitert hätten.</p> - -<p>Mehrmals hat Thibaut aufmerksam darauf gemacht, daß die Masse, die -wir zu bearbeiten haben, stets anwächst, und daß es also immer schwerer, ja -dem Einzelnen unmöglich werde, diese Masse, sowohl was die Quellen, als was -die Literatur betrifft, vollständig zu verarbeiten<a name="FNanchor_139_152" id="FNanchor_139_152" href="#Fn_139_152" class="fnanchor">139</a>. Diese Klage ist gegründet, -und jeder, der gewissenhaft arbeitet, wird sich oft durch diesen Zustand gedrückt -fühlen. Aber wie war es möglich, zu übersehen, daß dieser Zustand gerade auch -die gründliche Abfassung neuer Gesetzbücher hemmt, also ein sehr wichtiger Grund -gegen Thibauts Aufforderung zu einem allgemeinen Gesetzbuche ist? Wir können -uns doch nicht anmaaßen, in einem Fache, das sich so ins Einzelne ausgebildet -hat, wie das bürgerliche Recht, alles durch gute Einfälle vortrefflich entscheiden -zu wollen, wir können des guten Rathes der Zeitgenossen und der Vorfahren -doch nicht entbehren, was auch Thibauts Meynung gar nicht ist. Bey jenem -Zustand der Quellen und der Literatur aber kann es gar leicht kommen, daß -uns in gar vielen Stücken die einzig rechte, längst gefundene Ansicht (die gar -nicht immer die herrschende oder bekannteste ist) entgieng, nicht weil wir ihre<a class="pagenum" name="Page_209" id="Page_209">[Pg 209]</a> -Richtigkeit verkannten, sondern lediglich weil sie uns der Zufall nicht vor die -Augen führte. Wollen wir aufrichtig seyn, so müssen wir gestehen, daß der oben -bemerkte Zustand keiner der beyden Meynungen ein neues Gewicht giebt, weil -er für beide gleich unbequem und hinderlich ist. Darum scheint es räthlich, -dabey unsern Streit zu vergessen, und uns brüderlich zu berathen, wie dem Übel -abzuhelfen seyn möchte, das wir nicht<a name="savigny_168" id="savigny_168" class="f70">[168]</a> hervorgebracht und nicht zu verantworten -haben. Ich werde am Schlusse dieses Aufsatzes meine Gedanken hierüber -mittheilen.</p> - -<p>Manche neue Äußerungen Thibauts verdienen wieder ungetheilten Beyfall. -So diese Stelle: »Betrieben unsre Deutschen Regenten die Sache wieder kümmerlich, -wie früher so manche andre wichtige Staatsangelegenheit, so würde ich -gern der Erste seyn, um das neue Werk mit einer rüstigen Strafrede anzufallen«<a name="FNanchor_140_153" id="FNanchor_140_153" href="#Fn_140_153" class="fnanchor">140</a>. -Eben so der Wunsch, daß in Ermanglung eines allgemeinen Deutschen -Gesetzbuches doch lieber von mehrern Staaten gemeinschaftlich, als von jedem -einzeln, ein Gesetzbuch gemacht werden möchte. »Nicht allein der bürgerliche -Verkehr macht dies im höchsten Grade räthlich, sondern auch der Umstand, daß -selten ein einzelnes Deutsches Land im Stande ist, ein vollendetes bürgerliches -Recht durch die Kräfte seiner eignen Rechtsgelehrten zu schaffen«<a name="FNanchor_141_154" id="FNanchor_141_154" href="#Fn_141_154" class="fnanchor">141</a>.</p> - -<p>Etwas deutlicher, als früher, erklärt sich jetzt Thibaut über die Art, wie -er sich die collegialische Mitwirkung bey Abfassung eines Gesetzbuchs denkt: es -soll nämlich über einzelne, vorgelegte Fragen votirt werden<a name="FNanchor_142_155" id="FNanchor_142_155" href="#Fn_142_155" class="fnanchor">142</a>. Dieses ist allerdings -sehr begreiflich, aber auf diese Weise entsteht kein Buch. Die Hauptsache -ist und bleibt die Redaction des Ganzen, und diese würde doch immer einem -Einzelnen anheim fallen müssen, obgleich sie nachher von Andern geprüft und -verbessert werden könnte.</p> - -<p>Thibaut vermuthet, es werde in Deutschland kein allgemeines Gesetzbuch -zu Stande kommen, vielmehr werde jedes Land sein eigenes Particularrecht -bekommen (welches freylich der traurigste Erfolg seyn würde). »Damit ist -denn« fügt er hinzu »natürlich auch die Rechtswissenschaft zu Grunde gerichtet, -und man wird dann den Freunden der Wissenschaft, welche jetzt für -das Alte kämpfen, auch wieder sagen können, was man so oft sagen muß: -Gott bewahre uns nur vor unsern Freunden«<a name="FNanchor_143_156" id="FNanchor_143_156" href="#Fn_143_156" class="fnanchor">143</a>. Das klingt beynahe so, als -ob die Stimmen, welche gegen ein allgemeines Gesetzbuch sich erhoben haben, -die Abfassung desselben gehindert und dagegen eine Geneigtheit für besondere -Gesetzbücher hervorgebracht hätten. Doch mag dieses blos im Ausdruck liegen, -denn im Ernst wird niemand behaupten, daß ohne jene Stimmen ein allgemeines -Gesetzbuch wahrscheinlich zu Stande gekommen wäre. Das Streben mancher -Regierungen, alles gemeinsame von sich abzuhalten, ist schwerlich durch jene -Schriften erzeugt worden,<a name="savigny_169" id="savigny_169" class="f70">[169]</a> ja wenn diese Schriften wirklich hätten zu ihrer<a class="pagenum" name="Page_210" id="Page_210">[Pg 210]</a> -Kenntniß kommen und ihren Beyfall erhalten können, was sehr zu bezweifeln -ist, so würde ihre Wirkung gerade darin bestanden haben, das willkührliche Fixiren -von Particularrechten der einzelnen Staaten vor allem andern zu verhindern.</p> - - -<h6>2. Feuerbach.</h6> - -<p class="posth6_2">Vorrede zu: <cite>Nepomuk Borst</cite>, die Beweislast im Civilprozeß. -Bamberg und Leipzig. 1816. 8.</p> - -<p>Die Entscheidung oder Vermittlung des Streits, sagt F., solle in diesen -wenigen Worten nicht versucht werden; allein er halte es für recht und gut, daß -in einer solchen Sache jeder seine Gesinnung öffentlich ausspreche<a name="FNanchor_144_157" id="FNanchor_144_157" href="#Fn_144_157" class="fnanchor">144</a>: welcher -Äußerung gewiß jeder Unbefangene vollen Beyfall geben wird. Darin ist F. -mit mir einverstanden, ja er hält es für etwas nie bestrittenes, »daß alles auf -Entwickelung und Darstellung des volksthümlichen, in das Leben der Nation -übergegangenen Rechts ankomme« (S. XVI.). Nur findet er es unbegreiflich, -was die <em>Geschichte</em> mit der Erforschung dieses gegebenen, im Volk lebenden -Rechtes zu thun habe. »Die Geschichte erklärt, wie Etwas nach und nach <em>geworden</em>; -<em>wie</em> und <em>was</em> dieses Etwas <em>sey</em>, lehrt die Geschichte nicht. Was -der Geschichte angehört, ist schon dem Leben abgestorben« u. s. w. (S. XVII.). -Diese Ansicht der Geschichte ist sehr befremdend. Ist es denn möglich, die -Gegenwart eines organischen Zustandes anders zu begreifen, als in Verbindung -mit seiner Vergangenheit, d. h. anders, als auf genetische Weise? Ein trefflicher -Schriftsteller drückt dieses also aus: »Aus demjenigen, was einst als Recht -<em>gegolten hat</em>, ist hervorgegangen das jetzt geltende Recht, und dieses ist -nur darum das, was es ist und wie es ist, weil das Alte, indem es <em>veraltete</em>, -das Neue geboren hat. In der Vergangenheit von Jahrtausenden liegt der -Keim zu der Gesetzgebung, der wir jetzo dienen. Der Keim mußte verwesen, -damit die Frucht entstände: kann ich aber das Daseyn der Frucht begreifen, -ohne von ihrem Seyn zu ihrem Werden und von ihrem Werden zum letzten -Grund ihres Werdens zurückzugehen? Nur der Geisterpöbel steht gaffend vor -dem, was ist, und sieht nichts weiter und will nichts weiter sehen, als daß -es ist: aber das <em>wie?</em> und das <em>warum?</em> hat jeder Geist von besserer Art -sich vorbehalten«<a name="FNanchor_145_158" id="FNanchor_145_158" href="#Fn_145_158" class="fnanchor">145</a>.</p> - -<p>Offenbar liegt jener neuesten Äußerung Feuerbachs dieselbe Verwechslung -zum Grunde, die auch schon bey andern Schriftstellern vorgekommen ist: die -Verwechslung nämlich der<a name="savigny_170" id="savigny_170" class="f70">[170]</a> geschichtlichen Ansicht des Rechts mit einer besondern -Vorliebe für das Alterthümliche vor der Gegenwart, oder gar des -Römischen vor dem Vaterländischen.</p> - -<p>Zuletzt werden die Gegner der Gesetzbücher durch das Beyspiel der Römer -beschämt, die durch gesunden Verstand geleitet, ihre zwölf Tafeln niedergeschrieben -hätten, ohne sich durch die Bedenklichkeiten stören zu lassen, die jetzt den neuen -Gesetzbüchern entgegengestellt würden (S. XXII-XXVI). Hält man damit zusammen, -was vorher (S. VI-X) über das unpraktische unsrer theoretischen Juristen<a class="pagenum" name="Page_211" id="Page_211">[Pg 211]</a> -gesagt wird, so sollte man denken, der ganze Streit werde geführt zwischen -Praktikern, die Gesetzbücher verlangten, und Theoretikern, die aus unpraktischem -Sinn sie verweigerten. Aber das ist eben unser Unglück, daß uns die wahren -Praktiker fehlen, indem unsre Praktiker größtentheils doch wieder nichts sind, -als Theoretiker, die nur meist auf halbem Wege stehen geblieben sind. Darin -eben war es zur Zeit der zwölf Tafeln ganz anders, indem damals niemand das -Recht niederschrieb, als wer die anschaulichste, lebendigste Kenntniß davon hatte, -und indem nicht mehr niedergeschrieben wurde, als was Gegenstand unmittelbarer -Anschauung und Erfahrung seyn konnte. Aber wie wir jetzt stehen, können -wir kein Gesetzbuch machen, das etwas anderes wäre, als eine wissenschaftliche -Arbeit, so daß unsere Gesetzbücher im günstigsten Fall von den eigenthümlichen -Gebrechen unsres in Abstractionen lebenden Zeitalters nicht werden frey bleiben -können. Darum scheint es denn in der That nicht ganz passend, sich auf die -zwölf Tafeln zu berufen, wenn die Räthlichkeit neuer Gesetzbücher durch Beyspiele -aus der Vergangenheit ausgemittelt werden soll. Soll dieser Weg eingeschlagen -werden, so ist es offenbar passender, das Beyspiel aus einem dem unsrigen verwandten -Zustand herzunehmen. Ich wähle dazu das Bairische Criminalgesetzbuch -vom J. 1813<a name="FNanchor_146_159" id="FNanchor_146_159" href="#Fn_146_159" class="fnanchor">146</a>.</p> - -<p>Nachdem zu diesem Gesetzbuch eine große Menge von Materialien aller -Art gesammelt, auch ein erster Versuch mislungen war, wurde im J. 1804 -<cite>Feuerbach</cite> mit dieser Arbeit beauftragt. Der von demselben abgefaßte Entwurf -wurde zuerst von einer eigenen Gesetzcommission, dann von einer Commission des -geheimen Raths, endlich von dem versammelten geheimen Rathe geprüft und -verbessert, und so nach neun Jahren das Resultat dieser vielseitigen ernstlichen -Bemühungen zum Gesetzbuch erhoben<a name="FNanchor_147_160" id="FNanchor_147_160" href="#Fn_147_160" class="fnanchor">147</a>. Es war also gewiß nichts<a name="savigny_171" id="savigny_171" class="f70">[171]</a> versäumt -worden, was dem wichtigen Werk die höchste Vollendung geben konnte, -weder in der wiederholten sorgfältigen Prüfung, noch in der Abfassung des -Entwurfs, indem diese dem Manne aufgetragen war, der in seinem Fache geradezu -den ersten Ruf genoß, einen Ruf, wie er im Civilrecht keinem einzelnen -unter den jetzt lebenden Gelehrten zu Theil geworden ist. Wir haben keine -genaue Nachricht von dem Verfahren bey Abfassung der zwölf Tafeln, aber wir -können mit Sicherheit annehmen, daß so viel Vorsicht dabey nicht angewendet -worden ist. Und was ist nun das spätere Schicksal jenes Gesetzbuchs vom J. -1813 gewesen<a name="FNanchor_148_161" id="FNanchor_148_161" href="#Fn_148_161" class="fnanchor">148</a>? Es sind bis jetzt zu demselben, theils im Regierungsblatt, theils -in besonderen Abdrücken, <cite>Ein Hundert und Eilf</cite> abändernde Novellen erschienen, -deren eine (vom 25. März 1816) die Lehre vom Diebstahl ganz neu -bestimmt: die gänzliche Umarbeitung der Lehre von Unterschlagung und Betrug<a class="pagenum" name="Page_212" id="Page_212">[Pg 212]</a> -war noch nicht erschienen, circulirte aber unter den Mitgliedern der Gesetzcommission. -Daß eine so plötzliche Rechtsabwechslung kein glücklicher Zustand -ist, wird jeder zugeben. Und ferner, wie man auch über Gesetzbücher denken -möge, wird man einräumen müssen, daß hier von zwey Dingen eines wahr seyn -muß. Entweder nämlich ist Grund zu dieser schnell durchgreifenden Änderung -gewesen oder nicht. Im ersten Fall hat denn also ein Gesetzbuch, ungeachtet der -großen oben bemerkten Vorsichtsmaaßregeln, in diesem Grade mislingen können. -Im zweyten Fall hat man ganz willkührlich ein gutes Gesetz gleich nach seiner -Einführung preis gegeben, ohne Rücksicht auf die Sicherheit und Festigkeit des -Rechts, die dadurch aufs äußerste gefährdet werden mußte<a name="FNanchor_149_162" id="FNanchor_149_162" href="#Fn_149_162" class="fnanchor">149</a>. Welcher dieser -beiden Fälle nun auch der wahre seyn mag (worüber ich mich alles Urtheils -enthalte), so scheint in der That eine Zeit, in welcher einer derselben eintreten -konnte, keinen Beruf zur Abfassung eines Gesetzbuchs zu haben. Und was soll -man dazu sagen, wenn bey solchen Erfahrungen <cite>Thibaut</cite> die Hoffnung hegen -kann, das Gesetzbuch, welches er fordert, werde viele Jahrhunderte dem bürgerlichen -Leben zur Grundlage dienen<a name="FNanchor_150_163" id="FNanchor_150_163" href="#Fn_150_163" class="fnanchor">150</a>! Wird man etwa erwiedern, bey dem -künftigen Gesetzbuch müsse alles vortrefflich gemacht werden, was bey jenem versehen -worden, und die Regierungen, die bis jetzt wohl willkührlichen Änderungen -allzu leicht Raum gegeben hätten, müßten von nun an die höchste Beharrlichkeit -im Festhalten<a name="savigny_172" id="savigny_172" class="f70">[172]</a> des Aufgestellten beweisen? Aber dann kann ich mich nicht -enthalten, an <cite>Thibauts</cite> eigene Worte zu denken: »In der That! es veranlaßt -sehr trübe Gedanken, wenn man täglich sehen muß, wie unsre mehrsten -politischen Ansichten auf Träumereyen hinausgehen. Man ersinnt sich recht -etwas Ideales, macht nur die einzige kleine Voraussetzung, daß die Weisen und -Gerechten die Vollstreckung besorgen, und dann geht alles in Lust und Freude -von Statten«<a name="FNanchor_151_164" id="FNanchor_151_164" href="#Fn_151_164" class="fnanchor">151</a>.</p> - - -<h6>3. Pfeiffer.</h6> - -<p class="posth6_2">Ideen zu einer neuen Civilgesetzgebung für Teutsche Staaten, von -<span class="antiqua">D.</span> B. W. Pfeiffer, Kurf. Hessischem Regierungsrath zu Cassel. Göttingen -1815. 8.</p> - -<p>Es ist ungemein erfreulich, daß in diesem Buche ein erfahrner praktischer -Jurist seine Stimme in dieser wichtigen Sache hat abgeben wollen, indem die -Vielseitigkeit der Ansichten dadurch sehr befördert werden muß. Vor allem verdient -es ehrenvolle Erwähnung, daß der Verfasser die Unentbehrlichkeit der gelehrten -Bildung selbst für den praktischen Zweck anerkennt (S. 5 und 84 fg.), und daß -er bey Begründung des neuen Rechtszustandes hierauf besondere Rücksicht genommen -wissen will. Und gewiß, der Verfasser hatte darüber ein sehr gültiges -Urtheil, indem er selbst eine gründliche gelehrte Bildung in seinem Fach durch<a class="pagenum" name="Page_213" id="Page_213">[Pg 213]</a> -geschätzte Schriften bewährt hat, und indem er zur Westphälischen Zeit in der -Lage gewesen ist, zu bemerken, wie traurig der Zustand eines Rechts ist, welches -auf blos mechanische Weise zum Zweck der äußeren Nothdurft hinlänglich erlernt -werden kann (S. 65. 66).</p> - -<p>Das eigenthümliche seines Vorschlags, wodurch dieser Zweck mit dem der -Rechtseinheit u. s. w. verbunden werden soll, besteht darin: alle bisher geltende -Rechtsquellen, auch das Gewohnheitsrecht, sollen abgeschafft und durch ein neues -Gesetzbuch ersetzt werden; dieses Gesetzbuch soll im Ganzen auf das jetzt geltende -Recht gebaut seyn, soll nur allgemeine und nur positive (nicht schon naturrechtliche) -Grundsätze enthalten, soll aber dennoch ganz vollständig seyn, um, wie -schon bemerkt, alle anderen Quellen entbehrlich machen zu können (S. 62-64, -S. 78). Eigentlich heißt das also nur so viel: das Gesetzbuch soll nicht ausführlich -seyn, wie das Preußische Landrecht, sondern kurz, wie das Österreichische -Gesetzbuch: etwas neues in dem ganzen Plane, wovon also auch ganz eigene -Früchte zu hoffen wären, kann ich nicht entdecken. Auch hier also bleiben die -allgemeinen Gegengründe bestehen: daß wir auf keine Weise ausgerüstet sind, -ein solches Gesetzbuch<a name="savigny_173" id="savigny_173" class="f70">[173]</a> zu machen<a name="FNanchor_152_165" id="FNanchor_152_165" href="#Fn_152_165" class="fnanchor">152</a>, daß das wissenschaftliche Leben des -Rechts untergehen wird, und daß das Gesetzbuch zum Behuf der Anwendung -doch wieder eine unsichtbare Umgebung von Gerichtsgebrauch, Doctrin oder wie -man es sonst benennen will, erhalten muß, die dann das eigentlich herrschende -seyn wird, die sich aber auf eine zufällige, willkührliche, bewußtlose Weise bilden -wird, während sie jetzt in dem Zusammenhang mit früheren Jahrhunderten eine -herrliche Lebenswurzel findet. Eine solche geistige, unsichtbare Umgebung ist -überall, auch bey dem reichhaltigsten und durchgreifendsten Gesetzbuch der wahre -Sitz des lebenden Rechts, und es ist unbegreiflich, wie der Vf. (S. 47. 50) -Hugo's Behauptung, daß es so sey, für etwas ganz eigenes und unerhörtes hat -halten können. Das Preußische Landrecht z. B. verbietet ausdrücklich alle dem -Gesetz derogirende Gewohnheiten, und insbesondere alle Rücksicht auf den Gerichtsgebrauch<a name="FNanchor_153_166" id="FNanchor_153_166" href="#Fn_153_166" class="fnanchor">153</a>, -und dennoch, so neu dieses Gesetzbuch auch ist, hat sich durch -die Anwendung in den Gerichten so vieles modificirt, ergänzt, anders gestellt,<a class="pagenum" name="Page_214" id="Page_214">[Pg 214]</a> -daß das geschriebene Landrecht mit dem in den Preussischen Gerichten lebenden -Recht keineswegs identisch ist. So ist es überall und so muß es überall bleiben, -nur wird darin ein großer Unterschied seyn, ob jene unsichtbare Umgebung mehr -im Gerichtsgebrauch, oder in der allgemeinen Volkssitte, oder in der Lehre der -Schulen, oder in der Lehre der Schriftsteller, und hier wieder der gelehrten oder -blos praktischen besteht. Jede Einseitigkeit hierin ist nachtheilig, und das gehörige -Gleichgewicht und die Wechselwirkung dieser Kräfte (wozu aber auch Berührung -und Gemeinschaft gehört) ist allein ein gesunder Zustand. Das schlimmste -aber ist, sich über die Unvermeidlichkeit dieses Zustandes zu täuschen, und von -der vermeynten Vortrefflichkeit irgend eines neuen Gesetzbuchs sich zu der -Meynung verleiten zu lassen, daß dasselbe in Wahrheit das Recht unmittelbar und -ausschließend beherrschen werde.</p> - -<p><a name="savigny_174" id="savigny_174" class="f70">[174]</a> In einem zweyten Abschnitt (»Grundlinien einer neuen Civilgesetzgebung«) -giebt der Vf. Vorschläge zu neuen Gesetzen über diejenigen Gegenstände, -in welchen er neue Bestimmungen für besonders nöthig hält. Dieser specielle -Theil des Werks verdient große Aufmerksamkeit: er macht nämlich recht anschaulich, -wie wenig wir, auch politisch betrachtet, in der Lage sind, die Abfassung -neuer Gesetzbücher wünschen zu können. Und wie könnte es auch anders seyn! -Mehr als ein halbes Jahrhundert hat eine trostlose Aufklärerey den politischen -wie den religiösen Glauben wankend gemacht. Nachdem sie lange Zeit durch -Milde und Freundlichkeit alle Herzen gewonnen hatte, hat sie dann, in ihrem -innern Wesen stets dieselbe, in der Französischen Revolution und in Buonapartes -Despotismus sich etwas herb erwiesen: diese Revolution und die Folgen dieses -Despotismus hat Deutschland großentheils auch äußerlich, weit mehr aber auf -geistige Weise mit durchlebt. Und so stehen wir jetzt in allgemeiner Ungewißheit: -bürgerliche und kirchliche Verfassung sind aus allen Fugen gewichen, und auch -die ordnende Sitte der Privatverhältnisse hat dem allgemeinen Schwanken nicht -entgehen können. Viel guter Wille hat sich im einzelnen dabey erhalten: alles -fühlt das drückende dieses Zustandes und die Sehnsucht nach einem besseren. -Und einen solchen Zustand des Übergangs wollten wir durch geschriebene Buchstaben -fixiren auf Jahrhunderte? Man wird sagen, gerade dieses Schwanken -müsse gehoben werden durch eine feste, vorgeschriebene Regel. Nichts ist eitler -als diese Hoffnung. Erstlich muß die vollkommenste Regel fruchtlos bleiben, so -lange ihr nicht eine entschiedene Richtung im Volk, eine Empfänglichkeit dafür, -entgegen kommt: der gute Wille, die unbestimmte Sehnsucht nach einem bessern -Zustand, ist dazu nicht hinreichend. Zweytens wer soll diese Regel finden? jene -Verwirrung der Begriffe und Grundsätze, als Folge der durchlebten inneren und -äußeren Revolutionen findet sich keinesweges blos im Volk, sondern gerade auch -bey denen, welche das Gesetzbuch zu machen hätten. Man versuche es nur, ein -Collegium zu diesem Zweck zu bilden, und man wird fühlen, wie rathlos gerade -in den wichtigsten Dingen die Ansichten durch einander laufen werden. Dagegen -dann kein Stimmenzählen helfen!</p> - -<p>Einige Beyspiele aus den Vorschlägen des Verfs. mögen das Gesagte anschaulicher -machen. Kirchenbücher läßt er sich S. 132. 133 höchstens aus Noth<a class="pagenum" name="Page_215" id="Page_215">[Pg 215]</a> -gefallen: eigentlich aber sollen sie illiberal seyn, weil nicht auch Juden, Türken -und Heiden darin stehen können. Am besten wäre es daher, wenn die Gerichtsschreiber -der untern Justizbehörden die Geburts- und Sterbelisten führten. – -Allerdings ist der abstracte Begriff des Staates von dem der Kirche verschieden: -aber soll uns dieser Abstraction zu Gefallen nun auch noch das -wenige<a name="savigny_175" id="savigny_175" class="f70">[175]</a> an Würde, was sich hie und da in unsern öffentlichen Verhältnissen -erhalten hat, genommen werden? Nicht zu gedenken, daß jene Listen -sehr gewiß von den Schreibern der Untergerichte liederlich und schlecht geführt -werden würden, ohne Vergleich schlechter, als es jemals von den Geistlichen zu -befürchten ist.</p> - -<p>Eben so wird es S. 135. 138 als Überrest von Barbarey verworfen, -zwischen Einheimischen und Fremden, noch mehr aber, zwischen Christen und -Juden einigen Unterschied machen zu wollen. – Dieses hängt damit zusammen, -daß wir schon lange den Begriff des Bürgers eigentlich ganz verloren haben, -und nur noch von Menschen und Unterthanen wissen wollen. Diese Ansicht hatte -sich einestheils durch eine mißverstandene, übel angewendete Humanität eingeschmeichelt: -anderntheils war den Regierungen der überall gleichförmige und -passive Begriff des Unterthans viel bequemer und angenehmer, als der des -Bürgers. Aber wie ohne eigentliche, wahre Bürger ein gesunder kräftiger Staat -bestehen könne, ist nicht wohl abzusehen, und wer dieses einräumt, wird auch -die Aufstellung sichtbarer Gränzen zwischen Bürgern und Fremden nicht absolut -verwerfen können. Härte und Unmenschlichkeit freylich soll in keinem Fall geduldet -werden. Auch in Rom durfte man die Peregrinen bekanntlich nicht todt -schlagen, ja sie hatten ziemlich frühe einen eigenen Prätor. Von unmittelbarer -Nachahmung kann hier freylich gar nicht die Rede seyn, auch ist schon das Verhältniß -der christlich Europäischen Staaten zu einander ganz eigener Art. Aber -auch hier ist die Vernichtung aller Gränze ganz unnatürlich. Vollends die -Juden sind und bleiben uns ihrem innern Wesen nach Fremdlinge, und dieses -zu verkennen konnte uns nur die unglückseligste Verwirrung politischer Begriffe -verleiten; nicht zu gedenken, daß diese bürgerliche und politische Gleichstellung, -so menschenfreundlich sie gemeynt seyn mag, dem Erfolg nach nichts weniger als -wohlthätig ist, indem sie nur dazu dienen kann, die unglückselige Nationalexistenz -der Juden zu erhalten und wo möglich noch auszubreiten.</p> - -<p>Der Ehe soll nach S. 142. 143 die bürgerliche Form der Trauung eigentlich -allein natürlich seyn. Da die Ehe indessen auch noch eine moralische Seite -habe, und wegen unsrer Gewöhnung, wird nebenher auch noch die kirchliche Form -zugelassen, jedoch nur als durch kirchliche Verordnungen vorgeschrieben, welche -festsetzen: »daß zu der in dem Gesetzbuch bestimmten bürgerlichen Form die hergebrachte -kirchliche als wesentlich hinzukomme«. Das bürgerliche Recht müßte -also wohl consequenterweise eine Ehe ohne kirchliche Trauung anerkennen, und -nur die Kirche könnte etwa in einem solchen Fall strafen oder auch ihre Einwilligung -versagen. Doch dem sey wie ihm wolle, und die Wirkung des Grundsatzes<a name="savigny_176" id="savigny_176" class="f70">[176]</a> -mag noch so sehr gemildert seyn, so ist es doch immer ein merkwürdiges -Beyspiel, wie weit sehr wackere Männer geführt werden können, wenn<a class="pagenum" name="Page_216" id="Page_216">[Pg 216]</a> -sie die Bestimmung aller menschlichen Verhältnisse von oben herab als das naturgemäße -ansehen. Zwar in Ländern, welche bisher unter dem Code gelebt haben, -mag jener Vorschlag des Vfs. weniger auffallen. Aber man denke sich nun ein -Deutsches Land, worin der Code nicht galt, dessen Einwohner also nie etwas -anderes als kirchliche Trauung gekannt haben, gewiß ohne jemals das Bedürfniß -einer Änderung hierin zu empfinden. In einem solchen Lande soll nun daneben -die bürgerliche Trauung eingeführt werden, und zwar als die Hauptsache, vielleicht -gar so, daß die Ehe durch sie allein schon rechtsbeständig werden kann: und so -soll ein solches Land, einer bloßen Abstraction zu Gefallen, dieses Stück der -Revolution noch hintennach zu genießen bekommen! Daß dadurch das Wesen -der Ehe, als eines (vor allem andern) christlichen Verhältnisses verkannt und beeinträchtigt -wird, ist freylich die Hauptsache; aber selbst wer hierüber anders -und neutraler dächte, müßte doch solche Vorschläge schon aus allgemeinen -Gründen bedenklich finden. In unsrem Leben hat sich so wenig alte, unantastbare -Sitte und würdige Form erhalten, daß wir wahrlich nicht Ursache haben, -das wenige, was sich noch gerettet haben mag, hintanzusetzen.</p> - -<p>Die Ehescheidung durch gemeinsamen Willen soll nach S. 151 frey gegeben -werden, noch freyer als im Preussischen Recht, und nur an erschwerende -Formen gebunden. Dabey liegt ohne Zweifel die sehr verbreitete Ansicht zum -Grunde, daß das Recht überhaupt für nichts anderes zu sorgen habe, als für die -höchste Freyheit der Einzelnen, gleich als ob die Idee der Ehe nicht auch ihr -Daseyn und ihr Recht haben müßte. Doch dieses auseinander zu setzen, würde -hier zu weit führen. Aber auch rein praktisch genommen wird für die allermeisten -Ehescheidungen gerade durch diese Leichtigkeit erst das Bedürfniß entstehen. -Sehr selten ist eine wahre innere Nothwendigkeit vorhanden, fast überall -entsteht das Bedürfniß blos daher, daß einer der Ehegatten, oder auch beide -nicht den ernsten Willen haben, sich selbst etwas zuzumuthen: und gerade diese -Stimmung kann gewiß nicht sicherer befördert werden, als durch ein Gesetz, -welches die absolute Willkühr der Scheidung festsetzt. Darüber hat Erfahrung -entschieden, ja es ist Erfahrung, daß da, wo freye Ehescheidung gilt, gar manche -Ehe mit Rücksicht darauf leichtsinniger geschlossen wird.</p> - -<p>Der Familienrath des Code war bekanntlich das Stück desselben, worüber -sich viele Deutsche Juristen vor Bewunderung gar nicht zu lassen wußten. Es -ist daher sehr merkwürdig, daß hier S. 164 aus Erfahrung die gänzliche Unbrauchbarkeit<a name="savigny_177" id="savigny_177" class="f70">[177]</a> -dieses Instituts bezeugt wird. Der eigene Vorschlag des -Vfs. aber (S. 167) ist so künstlich und zusammengesetzt, daß ich ihn für noch -unausführbarer halte. Schwerlich wird dem Vormundschaftswesen anders gründlich -geholfen werden können, als in Verbindung mit Entwicklungen unsrer Communalverfassungen, -die auch in jeder andern Rücksicht höchst wünschenswerth und nichts -weniger als Luftschlösser sind. Es kommt also auch hier darauf an, ob wir, so -lange uns die dazu nöthigen Einrichtungen fehlen, irgend eine Regel fixiren -wollen, die zu keinem rechten Ziel führen kann, und die bey einer gründlichen -Verbesserung unsres übrigen Zustandes als ganz untauglich wird verworfen werden -müssen.</p> - -<p><a class="pagenum" name="Page_217" id="Page_217">[Pg 217]</a></p> - -<p>Im Hypothekenrecht (S. 179) spricht der Vf., so wie alle, die in diesen -Zeiten der Sache erwähnt haben, für die unbeschränkte mechanische Erleichterung -des Realcredits, und es ist ihm nur um die Mittel zu diesem Zweck zu thun. -Ich verkenne gar nicht die Mängel des Römischen Hypothekenwesens, besonders -wie es durch neuere Constitutionen ausgebildet worden ist: aber es ist mir unbegreiflich, -und kein sonderliches Zeichen für den praktisch-politischen Sinn, aus -welchem die Vorschläge zu neuen Gesetzgebungen hervorzugehen pflegen, daß man -so ganz mit sich im reinen zu seyn scheint, obgleich darüber sehr im Großen bedenkliche -Erfahrungen gemacht sind. Dennoch scheint man gar keine Ahnung -davon zu haben, wie wesentlich durch unser ausgebildetes Hypothekenwesen das -Grundeigenthum modificirt wird, und ob eine solche Verwandlung des Grundeigenthums -in bloßen Geldreichthum, eine solche Ausmünzung des Bodens (denn -das ist es bey großer Vollendung der Anstalt) wünschenswerth seyn möchte. -Man übersieht, daß dadurch ähnliche Verhältnisse wie durch ein Papiergeld hervorgebracht -werden, welches letzte doch nun auch nicht mehr für die höchste Vollendung -eines glücklichen Zustandes gehalten werden wird. Diese Bemerkungen -sollen gar nicht der Beybehaltung des Justinianischen Hypothekenwesens das -Wort reden, auch nicht den Weg, den man in neueren Zeiten eingeschlagen hat, -unbedingt widerrathen, sondern nur darauf aufmerksam machen, daß es bey der -Einrichtung des Hypothekenwesens noch auf andere Dinge ankomme, als welche -von unsren Legislatoren berücksichtigt zu werden pflegen. Wenn man die Vorschläge -derselben liest, sollte man denken, dasselbe Hypothekenrecht tauge für alle -Zustände der Völker: überall, in der Schweiz wie in China, in Rußland wie in -Frankreich komme es nur darauf an, die bekannten Grundsätze der Publicität und -Specialität anzuwenden, dann bleibe nichts mehr zu wünschen übrig. Diese blos -formelle Behandlung der Gesetzgebung ist es, die ich durchaus für verderblich halte, -und in diesem Sinne ist schon oben (S. 13. 14.)<a name="savigny_178" id="savigny_178" class="f70">[178]</a> darüber geklagt worden, -daß unsre Praktiker viel zu sehr Theoretiker sind.</p> - -<p>Die Intestaterbfolge ist bekanntlich für unsre Rechtspolitiker eine besonders -beliebte Materie, und sie nimmt auch hier S. 186 und folg. eine bedeutende -Stelle ein. Der Vf. fordert, daß sie einfach und gerecht eingerichtet werde, die -Unbrauchbarkeit des Römischen Rechts scheint er als ganz unzweifelhaft vorauszusetzen, -und das Preussische soll hierin um gar nichts besser seyn, dagegen das -Österreichische allein den Ansprüchen der Vernunft Genüge leisten. Ich habe nie -begreifen können, warum die Novelle 118 in diesen neuesten Zeiten so schnöde -angesehen worden ist. Leicht zu übersehen ist ihre Erbfolgeordnung gewiß, und -ein wirklicher Zweifel in der Anwendung derselben gehört sicher zu den großen -Seltenheiten, während z. B. nach dem Französischen Recht, wie ich aus eigener -Erfahrung weiß, in ganz einfachen, täglich vorkommenden Fällen, unauflösliche -Zweifel entstanden sind. Was die Gerechtigkeit betrifft, so müßte es freylich -jeder anstößig finden, wenn ein Gesetz die Kinder ausschließen und entfernte Verwandte -berufen wollte. Aber in der Novelle ist das bekanntlich auch nicht der -Fall: ihre Ungerechtigkeit soll besonders darin bestehen, daß sie die Halbgeschwister -den vollbürtigen Geschwistern nachsetzt. Wie ist es aber möglich, dieses eine<a class="pagenum" name="Page_218" id="Page_218">[Pg 218]</a> -Ungerechtigkeit zu nennen! hier, wo alles auf individuellen, höchst verschiedenen -Verhältnissen beruht! Vielleicht finden sich eben so viele Fälle, worin der Verstorbene, -wenn er befragt worden wäre, einen Unterschied zwischen beiden Arten -der Geschwister gemacht hätte, als wo es nicht der Fall gewesen wäre, und keine -von beiden Entscheidungen läßt sich aus allgemeinen Gründen ableiten. Der -große Beyfall, welchen die Österreichische Erbfolgeordnung gefunden hat, gründet -sich auf nichts anderes, als auf die einfachere Formel, in welche sie gefaßt werden -kann, also auf ihre Symmetrie; und gesetzt selbst, daß dieses in der That ein -Vorzug genannt werden könnte, so sind gewiß die Nachtheile einer gänzlichen Umänderung -der bisher bestehenden Erbfolge ein viel zu theurer Preiß für jenen -Gewinn. Auch dieser Ansicht der Intestaterbfolge liegt also die oben gerügte -formelle Behandlung der Gesetzgebung zum Grunde.</p> - -<p>Diese Bemerkungen über die einzelnen Vorschläge des Vfs. sind übrigens -gar nicht als individuell gegen ihn gerichtet zu betrachten. Was hier getadelt -worden ist, gründet sich auf den Weg, den uns im allgemeinen das Schicksal -geführt hat. Nur verkennen sollen wir nicht, daß es so ist, und sollen uns nicht -zu Meistern der künftigen Jahrhunderte aufwerfen, da uns die politische Einsicht -und Bildung gebricht, um nur unsren eigenen gegenwärtigen Zustand recht zu -übersehen und zu regieren.</p> - - -<h6><a name="savigny_179" id="savigny_179" class="f70 nostyle">[179]</a> 4. Almendingen.</h6> - -<p class="posth6">Politische Ansichten über Deutschlands Vergangenheit, Gegenwart und -Zukunft, von Harscher von Almendingen. Erster Bd. Wiesbaden -1814. 8. S. 354 fg.</p> - -<p>Vortrefflich setzt der Verf. auseinander, daß der Rechtszustand der Deutschen -Länder des gemeinen Rechts nur in der Beschreibung fürchterlich aussehe, und -daß die eigentliche Noth in dem Mangel an tüchtigen Justizbeamten bestehe -(S. 366); eben so zeigt er auf die überzeugendste Weise, wie wenig bey der -großen Verschiedenheit der Zustände und Bedürfnisse die Gleichförmigkeit des -bürgerlichen sowohl als des Criminalrechts wünschenswerth sey (S. 357 fg.). -Das innere Leben eines Volks, die Lebensweise eines Landes (S. 357) soll das -Recht bestimmen. Nach so schönen Worten erwartet man, daß in der That das -geschichtlich begründete Recht hier einen warmen Vertheidiger finden müsse. -Keinesweges! Nur die Abfassung eines allgemeinen Gesetzbuchs für ganz Deutschland, -welche von <cite>Thibaut</cite> und <cite>Schmid</cite> verlangt wurde, soll hier bekämpft -werden: für jeden einzelnen Deutschen Staat dagegen ist »die Abfassung eines -bürgerlichen Gesetzbuchs ein höchst dringendes Bedürfniß« (S. 356), denn hier -ist die Mannichfaltigkeit des bürgerlichen Rechts in verschiedenen Theilen des -Staats ein drückendes, unerträgliches Übel, dem nicht schnell genug gesteuert -werden kann. Als Mittelglied für einen so ungeheuern Widerspruch dient die -Verwechslung des <em>Volks</em> mit dem <em>Staate</em>. »Vollendete Gesetze sind die -schönen und freien Formen des innern Lebens eines <em>Volks</em>: sie gehen aus ihm -hervor und bestehen mit dem sie zeugenden Princip. Von aussen aufgedrungene -Formen dagegen würken dem innern Leben entgegen. Was wäre aber ein<a class="pagenum" name="Page_219" id="Page_219">[Pg 219]</a> -allgemeines Deutsches stereotypisches Gesetzbuch für die einzelnen <em>föderalisirten -Staaten</em> anders, als eine von aussen aufgedrungene Form?« -(S. 357). Also enthält jeder Bundesstaat ein eigenes Volk, welches sich wie -überhaupt, so auch in seinem Recht durch ein eigenes Gesetzbuch, wie billig abschließt, -und welchem die Rechtsgemeinschaft mit den übrigen Staaten eine von -aussen aufgedrungene Form seyn würde, so gut als die mit Frankreich oder Rußland! -Aber was haben die Beschlüsse des Wiener Congresses, was die früheren -Ländervereinigungen durch Erbschaft, Säcularisation u. s. w. mit der Volkseinheit -zu schaffen? sind dadurch Völker gebildet und Völker begränzt worden? Noch -unbegreiflicher aber ist es, daß von der nothwendigen Mannichfaltigkeit des -Rechts in den einzelnen Staaten gar nicht die Rede ist, gleich als ob Lage und -Zustand des Volks hier überall gleich und nur zwischen mehreren Staaten verschieden -wäre. Alles was der Verf. über diese Mannichfaltigkeit im Widerstreit -gegen ein<a name="savigny_180" id="savigny_180" class="f70">[180]</a> allgemeines Deutsches Gesetzbuch sagt, gilt ebensowohl gegen -Bairische, Nassauische Gesetzbücher u. s. w., besonders wenn sie nach der jetzt -herrschenden Ansicht keine Localrechte neben sich dulden wollen.</p> - -<p>Das letzte Resultat also, worauf dieser Schriftsteller führt, ist freylich viel -bedauernswerther als das, worauf <cite>Thibaut</cite> und <cite>Schmid</cite> hinarbeiteten. Was -diese wollten, war zwar dem Rechtszustand nachtheilig, aber die Idee einer Vereinigung -aller Deutschen zu dem gemeinsamen Werk war schon an sich trefflich, -und auch die Ausführung konnte von dieser Seite manche gute Folge haben. -Was aus jenem Plane hervorgeht, ist dem Recht nicht weniger nachtheilig, als -ein allgemeines Gesetzbuch, und zugleich politisch höchst verderblich, als ein neues -Trennungsmittel für die Deutschen, welche (großenteils sehr zufällig und willkührlich) -verschiedenen Bundesstaaten zugetheilt sind.</p> - - -<h6>5. Einige Ungenannte.</h6> - -<p>Diesen verdankt man einige gar nicht unwichtige Entdeckungen. So ist -zuerst von einem Ungenannten die eigentliche Gefährlichkeit eines gelehrten Juristenstandes -an das Licht gezogen worden. »Daß deutsche Fürsten (sagt er) ihre -Völker blos der so gerühmten Gesetzgebung der <em>repräsentirenden Juristen</em>, -oder juristischen Braminen Preiß geben sollten, welche ihre Sanskritsprache -verewigen, ganz still und leise überall im Stillen herrschen, das Mark -des Volkes aussaugen, und sich wie die Rabbiner der Juden zu Gesetz- und -Sittenlehrern stempeln möchten, läßt sich nicht erwarten«<a name="FNanchor_154_167" id="FNanchor_154_167" href="#Fn_154_167" class="fnanchor">154</a>. Wenn die gelehrte -Jurisprudenz ein Weg zum Mark des Volkes wäre, würde sie wahrscheinlich -mehr Anhänger finden als jetzt!</p> - -<p>Ein anderer Ungenannter<a name="FNanchor_155_168" id="FNanchor_155_168" href="#Fn_155_168" class="fnanchor">155</a> hat Untersuchungen über die Eigenschaften guter -Gesetzgeber angestellt. Er geht, einstimmig mit mir, davon aus, daß in einem -neuen Gesetzbuch vorzugsweise das jetzt geltende Recht berücksichtigt werden<a class="pagenum" name="Page_220" id="Page_220">[Pg 220]</a> -müsse. Da sich nun dieses »nicht an der Hand der Geschichte« gebildet habe, -sondern »gerade durch recht unhistorische Juristen, so dürfte doch wohl nichts -inconsequenter seyn, als echt geschichtlich gebildete Juristen bei der Redaction -des Gesetzbuchs zu Rathe zu ziehen« (S. 206). (Nach dieser Ansicht scheint -das historische Studium keinen andern Gegenstand zu haben, als die Thaten der -– <em>Historiker</em>, und eine Kriegsgeschichte<a name="savigny_181" id="savigny_181" class="f70">[181]</a> z. B. müßte etwas ganz widersinniges -seyn.) Daraus folgt denn, daß bei der Abfassung eines Gesetzbuchs -»gerade die historische Bildung ... nicht nöthig, sogar nicht einmal nützlich, -vielmehr schädlich seyn dürfte ... Gerade ein recht unhistorischer Jurist, der -durch die Ausübung das noch geltende von dem nicht mehr geltenden zu unterscheiden -gelernt hätte, würde hier an dem rechten Orte seyn.« Nach dieser -Entdeckung freylich dürfen wir um tüchtige Verfasser eines Gesetzbuchs nicht mehr -verlegen seyn, denn die hier beschriebene ächte Unabhängigkeit von schädlichen -historischen Kenntnissen ist in unsrer Zeit so häufig, daß von dieser Seite her -der Beruf derselben für die Gesetzgebung sich auf das Glänzendste rechtfertiget. -Man muß indessen nicht glauben, daß es mit der Unwissenheit allein, so gut -und nöthig diese ist, gethan sey, denn sie liefert nur gleichsam die Materialien, -die Form aber giebt – die Philosophie! Nämlich unser praktisches Recht ist -ein »unzusammenhängendes Gemisch.... welchem die leitenden Principien ... -blos durch die Philosophie gegeben werden können, d. h. dadurch« (was nun -folgt ist also unläugbar eine Definition der Philosophie) »daß ein philosophischer -Kopf das Gemisch zusammenstellt, das leitende Princip zu der größern Masse -des Gemisches findet, und die geringere Masse in das Princip einzwängt, darnach -beschneidet und umformt.« Höchst naiv ist auch noch der Beweis, daß -das gemeine Deutsche Recht gar nichts zu unsrer juristischen Bildung beitragen -könne. »Die römischen Juristen (heißt es S. 209) studierten kein gemeines -deutsches Recht, und waren doch die gebildetsten. Die juristische Bildung kann -also von daher nicht kommen, wohl aber die Verbildung.«</p> - -<p>Gerade das Gegentheil meynt ein anderer Recensent<a name="FNanchor_156_169" id="FNanchor_156_169" href="#Fn_156_169" class="fnanchor">156</a>, welcher für den -Juristen durchaus nichts höheres anerkennt, als das reine Römerrecht. Dieses -soll man ihm nicht antasten, sonst hat man es mit ihm zu thun! Läßt man es -ihm aber als vornehmsten Gegenstand des Universitätsunterrichts gelten, muß -jeder Jurist es hören und wird jeder daraus examinirt, so läßt er sich dann -auch neue Gesetzbücher sehr gerne gefallen: nur müssen die Gesetzgeber auch -große Civilisten seyn! Davon daß das Römische Recht gerade auch für uns -etwas geworden ist, und besonders davon, daß es auch noch ein Deutsches Recht -giebt, welches zu unsrem eigensten Wesen gehört, erscheint hier keine Ahnung. -Nur daß das unschuldige Spiel mit dem Römerrecht nicht gestört werde! Man -sieht,<a name="savigny_182" id="savigny_182" class="f70">[182]</a> wie verschieden die Anfangspuncte seyn können, von welchen ausgehend -man doch am Ende wieder in dem gemeinsamen Gefallen an Gesetzbüchern -zusammentrifft.</p> - -<p><a class="pagenum" name="Page_221" id="Page_221">[Pg 221]</a></p> - - -<h5><span class="antiqua">B.</span> Stimmen der <em>Gegner</em> neuer Gesetzbücher.</h5> - - -<h6>1. Hugo.</h6> - -<p>Dieser, der älteste und standhafteste Vertheidiger der geschichtlichen Bildung -des Rechts, hat auch neuerlich wieder in mehreren Recensionen<a name="FNanchor_157_170" id="FNanchor_157_170" href="#Fn_157_170" class="fnanchor">157</a> diese Ansicht -zu entwickeln und gegen ihre Widersacher zu sichern versucht. Jede dieser -neuen Darstellungen der längst bekannten Ansicht liest man wieder mit einem -eigenen Interesse, indem die Frische des Ausdrucks, so wie die Heiterkeit und -Unbefangenheit der Gedanken erfreuliche Zeichen sind, daß die Ansicht selbst -hier nicht als ein todter Besitz aus früherer Zeit fortdauert, sondern recht -eigentlich die Seele der wissenschaftlichen Gedanken, Kenntnisse und Erfahrungen -des Vfs. ist.</p> - - -<h6>2. Einige Ungenannte.</h6> - -<p>Höchst erfreulich sind die Stimmen zweier Recensenten, die, wie es scheint, -gar nicht der Schule angehören, auch gar nicht von dem Interesse der Wissenschaft -ausgehen, sondern von Lebenserfahrung und praktischem Bedürfniß, und -von diesem Standpunct aus der Abfassung von Gesetzbüchern aufs bestimmteste -widersprechen.</p> - -<p>Der eine derselben<a name="FNanchor_158_171" id="FNanchor_158_171" href="#Fn_158_171" class="fnanchor">158</a> rügt die handgreifliche Uebertreibung, womit die Folgen -der mannichfaltigen Rechte in Deutschland geschildert zu werden pflegen. Die -wenigsten Menschen, wird hier richtig bemerkt, erfahren etwas genaueres über -den Inhalt ihres eigenen bürgerlichen Rechts, sie werden sich also mit den Bewohnern -anderer Gegenden durch gemeinsames Recht eben so wenig verbrüdert, -als durch Rechtsverschiedenheit von ihnen getrennt fühlen. »Der Ärger, den -der Beisizzer einer Juristen-Facultät, die von allen Seiten her Acten bekömmt, -über die Mannichfaltigkeit des Rechts hat, und welchen Rec. auch recht gut -kennt, ist gewiß kein universeller Deutscher National-Ärger.« Mit demselben -praktischen Sinne werden dann die großen Nachtheile einer Gesetzgebung bemerkt, -welche das Recht aller Orten gleich zu machen bestimmt seyn sollte, so wie die -unübersteiglichen Schwierigkeiten der Ausführung.</p> - -<p><a name="savigny_183" id="savigny_183" class="f70">[183]</a> Noch ausführlicher geht ein anderer<a name="FNanchor_159_172" id="FNanchor_159_172" href="#Fn_159_172" class="fnanchor">159</a> auf diese Ansicht ein, indem -er bemerkt, wie täuschend die Vorteile und wie reell die Uebel seyen, die wir -von einer durchgreifenden Änderung und Gleichstellung des gesammten bürgerlichen -Rechts zu erwarten haben. Die Ruhe und Unbefangenheit, womit dieses -entwickelt wird, ist besonders bemerkenswerth, und die Uebereinstimmung in -der Ansicht selbst ist mir hier um so erfreulicher, da eben dieser Recensent -gewiß nichts weniger als parteyisch für mich und meine Schrift gestimmt erscheint.</p> - -<p><a class="pagenum" name="Page_222" id="Page_222">[Pg 222]</a></p> - - -<h6>3. Schrader.</h6> - -<p class="posth6">Die Prätorischen Edicte der Römer auf unsere Verhältnisse übertragen -von <span class="antiqua">D.</span> Ed. Schrader, Professor des Civilrechts und Obertribunalrath -in Tübingen. Weimar 1815. 8.</p> - -<p>Ich stelle diese Schrift absichtlich zuletzt, abgesondert von den übrigen, weil -sie an eigenen und neuen Gedanken bey weitem die reichhaltigste ist. Der Vf. -geht von der richtigen Bemerkung aus, daß die geschichtliche Bildung des Rechts, -die auch von ihm angenommen wird, keinesweges so misverstanden werden dürfe, -als solle der Staat sich gar nicht um das Recht im allgemeinen bekümmern. -Nur die gewöhnliche Art, wie der Staat darauf einzuwirken pflege, durch eigentliche -Gesetzgebung nämlich, sey in den meisten Fällen unzweckmäßig, selbst da wo -sich stehende Gesetzcommissionen finden. Durch Gesetze nämlich geschehe für das -bürgerliche Recht bald zu viel, bald zu wenig (S. 73); zu viel, wenn man sich -einmal zur Abfassung eines Gesetzbuchs entschließe, welches auch der Vf. für sehr -nachtheilig hält; zu wenig, indem außer dem Fall einer solchen außerordentlichen -Anstrengung gewöhnlich gar nichts geschehe, und gar keine fortgehende Aufsicht -auf das Recht in allen seinen Theilen ausgeübt wurde. Er erwägt das Beyspiel -der Römer, welche (seit den zwölf Tafeln) durch Volksschlüsse nur wenig am -bürgerlichen Recht änderten, dagegen in ihren Edicten eine fortlaufende, jährlich -revidierte, höchst wohlthätige Controlle ihres gesammten bürgerlichen Rechts besaßen. -Eine ähnliche Einrichtung, verschieden von der eigentlichen Gesetzgebung, -wird hier vorgeschlagen.</p> - -<p>Jeder Deutsche Staat nämlich soll zu diesem Zweck alle zehen Jahre ein -Collegium bilden, welches nur Ein Jahr lang versammelt bleibt (S. 111), und -in dieser Zeit eine Art von Prätorischem Edict abfaßt. Das Collegium erhält -den Justizminister<a name="savigny_184" id="savigny_184" class="f70">[184]</a> zum Präsidenten, und außerdem einen Deputierten der -Landstände zum Mitglied, dann aber noch fünf andere aus fünf verschiedenen -Ständen gewählte Mitglieder (S. 91 fg. S. 102 fg.). Einer nämlich repräsentirt -die Richter, ein zweyter die Advokaten der höheren Gerichte: ebenso einer die -Richter, ein anderer die Advocaten der Untergerichte: endlich ein fünfter die -juristischen Theoretiker. Jeder dieser Stände schlägt drey Candidaten vor, woraus -die Regierung einen wählt. In größeren Staaten soll die Zahl der gewählten -Mitglieder durch Verdoppelung oder Verdreyfachung auf Zehen oder Funfzehen -gebracht werden. Wird nach einem Jahrzehend ein neues Collegium gebildet, -so muß die kleinere Hälfte des vorhergehenden darin sitzen (S. 92. 112. 130). -Mehrere kleinere Staaten können ein solches Collegium gemeinschaftlich bilden -(S. 122). (Vielleicht wäre doch ein etwas größerer Antheil der Theoretiker -wünschenswerth, die ja auch dann noch, wie billig, sehr in der Minorität bleiben -würden. Dieses scheint nöthig, nicht sowohl um der Theorie mehr Gewicht -gegen die Stimme der Praktiker zu geben, als um der Einseitigkeit zu entgehen, -die unvermeidlich eintreten wird, wenn nur ein einziger Theoretiker zugezogen -wird: die individuelle wissenschaftliche Ansicht desselben würde ein sehr nachtheiliges -Übergewicht in der Versammlung haben, welches nur dadurch vermieden<a class="pagenum" name="Page_223" id="Page_223">[Pg 223]</a> -werden kann, daß in der Versammlung selbst mehrere wissenschaftliche Stimmen -gehört werden).</p> - -<p>In diesem Edict soll das jetzt bestehende Recht geändert werden können, -jedoch nur wenn zwey Drittheile der Stimmen die Änderung verlangen (S. 86. -89). Künftige, mit Einwilligung der Landstände gemachte Gesetze, dürfen erst -geändert werden, wenn sie 100 Jahre alt sind (S. 88). Innerhalb der nächsten -hundert Jahre darf überhaupt kein anderer Rechtssatz neueingeführt werden, als -welcher schon in irgendeinem andern Deutschen Lande Gültigkeit gehabt hat (S. 89).</p> - -<p>Durch eine solche Einrichtung, wie der Verf. sehr richtig bemerkt, würde -der große Vortheil erreicht werden, daß man nicht wie bei einem Gesetzbuch zu -einer äußern Vollständigkeit genöthigt wäre, sondern nur über dasjenige sprechen -würde, wozu gerade jetzt Bedürfniß und Kenntniß vorhanden wäre (S. 58): dadurch -würde diese Arbeit Leben und Anschaulichkeit gewinnen, während unsre -modernen Gesetzbücher mehr den Charakter von Compendien haben. Allerdings -wäre zu befürchten, daß das Collegium, seinen wahren Beruf verkennend, doch -wieder etwas machen möchte, das einem Gesetzbuch ähnlich wäre; dieser Gefahr -soll begegnet werden, theils durch die oben erwähnten Einschränkungen, theils -durch ein besonderes Gewicht, welches (S. 107) dem Veto eingeräumt wird.</p> - -<p><a name="savigny_185" id="savigny_185" class="f70">[185]</a> Die größte Billigung verdient der Wunsch (S. 94), daß alle Protokolle -gedruckt werden möchten: sehr richtig bemerkt der Vf., daß dadurch die -Achtung gegen das so gegründete Recht vielmehr erhöht als vermindert werden -würde. Zugleich würde dieses das sicherste Mittel seyn, in der Zwischenzeit von -einem Collegium zum anderen brauchbare Beyträge zu neuen Verbesserungen zu -erhalten. Solche offen dargelegte Gründe und Gegengründe müssen ungleich -mehr wahren Antheil erwecken, als eine allgemeine empfehlende Entwicklung, -worin aller Zweifel und Widerspruch gleisnerisch zugedeckt wird. Wie viel lehrreicher -sind nicht bey dem Französischen Gesetzbuch die Protokolle des Staatsraths, -als die aufgeblasenen, schmeichlerischen Reden, nach welchen man bey einem -Gesetz über das Eigenthum glauben könnte, den Franzosen würden so eben alle -Sachen geschenkt, über deren Eigenthum das Gesetz Regeln aufstellt.</p> - -<p>Über die Art, wie ein Referent bestellt werden soll, und über die Geschäftsführung -selbst, werden S. 103 u. fg. ausführliche Regeln gegeben, die aber wohl -nur dazu dienen sollen, die Ausführbarkeit anschaulicher zu machen. Denn feste -Regeln dieser Art für immer vorzuschreiben, dürfte wohl nicht rathsam seyn, da -nach der Persönlichkeit der Mitglieder gar verschiedene Einrichtungen zweckmäßig -seyn können.</p> - -<p>Um den Zusammenhang des Rechts zwischen den verschiedenen Deutschen -Staaten zu erhalten, wünscht der Vf. S. 123, daß abwechselnd mit den schon -erwähnten Collegien der einzelnen Staaten ein allgemeines Collegium für ganz -Deutschland zusammen treten möchte. Allein das Verhältniß dieser Versammlung -zu denen der einzelnen Staaten bestimmt er so künstlich, daß die Ausführung -wohl kaum für möglich gehalten werden kann. Vielleicht wäre es zweckmäßiger, -für einen recht vielseitigen Verkehr zwischen den einzelnen Staaten -in Ansehung ihrer Rechtsbildung zu sorgen.</p> - -<p><a class="pagenum" name="Page_224" id="Page_224">[Pg 224]</a></p> - -<p>Wie das allgemeine Deutsche Collegium, so halte ich auch die oben erwähnten -Zeitbestimmungen von 100 Jahren für unpassend. Solche Bestimmungen -gehören kaum in Zeiten wie die waren, worin unsre alten Kirchen von vielen -Geschlechtern nacheinander und stets nach demselben Plan fortgebaut wurden: -unsere ephemere Zeit scheint dafür am wenigsten geeignet.</p> - -<p>In der ganzen Schrift herrscht ein so gesunder praktischer Sinn, die Vorschläge -des Verfassers sind so gut begründet, seine Erwartungen von dem Erfolg -sind so besonnen und so frey von Übertreibung, daß ihm selbst Andersdenkende -ihre Theilnahme nicht werden versagen können. Es ist sehr merkwürdig, daß -diese Schrift gerade aus Würtemberg kommt, aus einem Lande, dessen Einwohner -sich vorzugsweise entwickelter politischer Einsichten und Erfahrungen -rühmen können. Man<a name="savigny_186" id="savigny_186" class="f70">[186]</a> sage nicht, ein akademischer Lehrer wie der Vf. -sey blos Bürger der Gelehrtenrepublik und der Staat um ihn her wirke wenig -auf ihn ein. Dieses ist überall falsch, und bei dieser Schrift würde es doppelt -unrichtig seyn, da dieselbe durch handschriftliche Mittheilung an erfahrne und einsichtsvolle -Geschäftsmänner geprüft und geläutert worden ist.</p> - -<hr class="hr45" /> - -<p>Vielleicht ist es nicht überflüssig, am Schluß dieser literarischen Übersicht -einige Resultate kurz zusammen zu stellen, wie sie gerade in diesem Zusammenhang -recht klar hervortreten.</p> - -<p>1. Die Besserung unsres Rechtszustandes, die man von einem Gesetzbuch -erwartet, soll theils eine materiale seyn, theils eine formale.</p> - -<p>Die materiale Besserung soll diejenigen Theile unsres Zustandes betreffen, -worin wir uns (theils in der That, theils wie man behauptet) nicht sonderlich -wohl befinden. Dagegen ist schon früher bemerkt worden, es fehle uns theils an -der nöthigen Einsicht, um das rechte mit Sicherheit zu treffen, theils an den -nothwendigen Bedingungen in der Sitte des Volks und in den Verfassungen, -ohne welche keine Empfänglichkeit für einen gründlich guten Zustand vorhanden -ist. In welchem Sinne dieser Einwurf gemeynt ist, habe ich oben bey der Beurtheilung -des Pfeifferschen Werks deutlich zu machen gesucht. Ist der Einwurf -gegründet, so folgt daraus, daß wir jetzt zwar im einzelnen nachhelfen, aber nichts -durchgreifendes und bleibendes gründen können.</p> - -<p>Die formale Besserung soll uns anstatt eines undeutlichen, verwirrten, an -allen Enden zerstreuten Rechts, wofür man das unsrige ausgiebt, ein klares, übersehbares -und zusammenhängendes Recht geben. Dagegen ist erinnert worden, -daß wir gar nicht die Fähigkeit haben, eine solche Aufgabe zu lösen, und daß -wir einem äußeren, oberflächlichen Schein von Vollkommenheit nachjagend das -innere Wesen unsres Rechts verderben würden.</p> - -<p>Dieses ganze Bestreben aber unsren Rechtszustand so durch einen großen -Schlag von oben herab zu verbessern, was ist es anders als Eine Äußerung -mehr von der unglücklichen Richtung, die nun schon so lange das öffentliche -Leben durchzogen hat, von der Richtung <em>alles zu regieren, und immer -mehr regieren zu wollen</em>? Diese Regierungssucht hat fast jeder unter -uns, da wo er gerade regiert wird, schon recht schmerzlich empfunden, und selbst<a class="pagenum" name="Page_225" id="Page_225">[Pg 225]</a> -diejenigen, welche am lebhaftesten für Gesetzbücher kämpfen, sind gewiß schon oft, -wo ihnen diese Sucht in der Administration, der Polizey, den Finanzen u. s. w. -entgegen trat, recht ernstlich darüber entrüstet<a name="savigny_187" id="savigny_187" class="f70">[187]</a> gewesen. Hier aber, wo sie -in ihrem Fach die Regierungen berathen wollen, wo sie sich selbst in Gedanken -an die Stelle derselben setzen, hier ist das alles vergessen, und sie glauben, daß -mit Verordnen und Regieren der Welt von Grund aus geholfen werden könne. -Daß sie dabey die edelste Absicht haben, versteht sich: aber gewiß auch die meisten, -die uns in andern Fächern mit übermäßigem Regieren das Leben verbittern, -meynen es recht gut mit uns, und rechnen ehrlich auf unsren Dank.</p> - -<p>2. Wichtiger als alle Vorschriften seyn können, ist der Geist und die -Bildung des Juristenstandes. Gewiß hat die unglückliche, verwirrende Zeit, die -wir durchlebt haben, sehr traurig auf den öffentlichen Geist gewirkt, und nichts ist -verderblicher, als sich hierüber zu täuschen. Auch verdient gerade <cite>Thibaut</cite> das -Lob, daß er, ferne von der Gleisnerey mancher anderen Schriftsteller, diese -Übel der Zeit mit edlem Ernst gerügt hat. Was haben nun wir Juristen, -woran wir uns im Ganzen halten und empor heben können? was in England -hilft und in den alten Freystaaten half, sind eingewohnte freye Staatsformen, -nebst einem Erbgut von Volkssitte, die gerade aus ihrer Abgeschlossenheit frische -Lebenskraft zieht; diese Mittel haben wir nicht. Was uns im Großen und -Ganzen am meisten helfen kann, ist allein ein <em>wissenschaftlicher Geist</em>, der -das Geschäft des Juristen, auch das gewöhnliche praktische Geschäft, zu veredeln -im Stande ist. Weit entfernt also, daß die Gegner der Gesetzbücher dem Volk -anmuthen sollten, für die Probestücke der Professoren und Advocaten zu leben,<a name="FNanchor_160_173" id="FNanchor_160_173" href="#Fn_160_173" class="fnanchor">160</a> -fordern sie vielmehr einen wissenschaftlichen Character des Rechts als das erste -und wichtigste, gerade weil dieses allein der Ausübung des Rechts eine edle und -haltbare Grundlage geben kann.</p> - -<p>Freylich wollen auch die Freunde der Gesetzbücher die Wissenschaft gerne -befördern, ja sie soll erst recht in Blüthe kommen, wenn wir nur erst Gesetzbücher -haben! Wenn uns aber, wie billig, die Sache mehr am Herzen liegt, als unsere -Einbildungen, so laßt uns doch unbefangen dahin sehen, wo der Versuch mit -neuen Gesetzbüchern wirklich gemacht ist, und wir werden uns überzeugen müssen, -daß da das Recht an wissenschaftlichem Leben verloren, und daß es sich dem -bloßen Handwerk genähert hat. Wollen wir aber ungeachtet dieser Erfahrungen -behaupten, bei einem neuen Versuch werde gerade das Gegentheil erfolgen, heißt -denn das nicht Luftschlösser bauen, und die Lehre muthwillig verschmähen, die -uns große Erfahrungen darbieten?</p> - -<p><a name="savigny_188" id="savigny_188" class="f70">[188]</a> Schlimmer aber und ganz unbegreiflich ist der Weg, den das neueste -Bairische Criminalrecht eingeschlagen hat. Hier ist nämlich in einer eigenen Verordnung -ausdrücklich verboten, einen Commentar über das Gesetzbuch zu schreiben, -und mündliche Vorlesungen anders als über das Gesetzbuch selbst zu halten<a name="FNanchor_161_174" id="FNanchor_161_174" href="#Fn_161_174" class="fnanchor">161</a>,<a class="pagenum" name="Page_226" id="Page_226">[Pg 226]</a> -wie denn bekanntlich schon Kaiser Justinianus ähnliches verordnet hatte. Ich -weiß, was man dafür sagen kann: die Gesetze sollen weder durch Tadel um -ihre Autorität, noch durch verschiedene Auslegung um ihre Gewißheit gebracht -werden. Aber welche Geistlosigkeit der Juristen daraus hervorgehen muß, -liegt am Tage. In Justinians Reich konnte ein solches Gesetz mit Erfolg -ausgeführt werden, aber in einem einzelnen Deutschen Lande, bey dem allgemeinen -Verkehr der Gedanken und der Literatur ist der Zweck nicht einmahl -erreichbar, den man sich dabey als wünschenswerth vorsetzen möchte. Auch in -eine Zeit geistiger Erstarrung mag ein solches Gesetz noch wohl passen, aber -völlig fremdartig steht es da in einer überbeweglichen Zeit wie die unsrige, deren -Beweglichkeit sich gerade an demselben Gesetzbuch<a name="FNanchor_162_175" id="FNanchor_162_175" href="#Fn_162_175" class="fnanchor">162</a> auf die merkwürdigste Weise -bereits offenbart hat.</p> - -<p>3. Ich bin weit entfernt zu wünschen, daß der Staat bei der Rechtsbildung -ein unthätiger Zuschauer seyn soll. Es giebt sogar mehr als eine Art, wie er -dabey auf die wohlthätigste Weise thätig seyn kann.</p> - -<p>Vor allem ist es die Sache des Staats, dafür zu sorgen, daß es der inneren -rechtsbildenden Kraft nicht an zweckmäßig eingerichteten Organen fehle. Diesen -Dienst leistete den Römern ihre Prätur: eben dahin gehört der oben dargestellte -Vorschlag von Schrader für unsre Zeit. Soll aber dieser Vorschlag wahre -Früchte tragen, so gehört dazu, daß überhaupt die öffentliche Meynung, über -Personen sowohl als über Einrichtungen, fester und gründlicher werde, was wie -bey jeder Kraft nur durch Übung bewirkt werden kann; dazu kann eine Entwicklung -der Verfassung besonders förderlich seyn.</p> - -<p>Aber es giebt noch andere Arten, wie der Staat auch unmittelbar auf den -Zustand des Rechts einwirken kann, ohne das Recht selbst in seinem Gang zu -stören. Wenn sich nämlich in einer langen Reihe von Jahren eine Masse -einzelner Verordnungen gesammelt hat, so sind darunter gewiß viele,<a name="savigny_189" id="savigny_189" class="f70">[189]</a> die -eine blos vorübergehende Gültigkeit haben sollten: viele andere werden zufällig -in Vergessenheit gerathen, andere durch Gebrauch abgeschafft oder modificirt seyn; -noch andere, wirklich geltende, werden vor der Masse des veralteten leicht übersehen -werden. So wird es oft vom Zufall abhängen, ob eine ältere Verordnung -entdeckt und angewendet wird oder nicht. Diese Art der Rechtsungewißheit, die -gewiß niemand loben wird, kann auf einem sehr sicheren Wege gehoben werden. -Sämmtliche Gerichte und administrirende Behörden des Landes nämlich können -aufgefordert werden, darüber zu berichten, welche Verordnungen nach ihrer Geschäftserfahrung -noch geltend geblieben sind. Aus diesen Berichten wird es nicht -schwer seyn, einen Auszug des noch geltenden zu machen, welcher dann mit ausschließender -Gültigkeit von neuem als Gesetz vorgeschrieben werden kann. Einem -solchen <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">Codex Constitutionum</span> stehen die Gründe nicht im Wege, die der Ab<a class="pagenum" name="Page_227" id="Page_227">[Pg 227]</a>fassung von Gesetzbüchern im gewöhnlichen Sinn entgegen gesetzt worden sind: -denn was so auf dem Wege der Gesetzgebung entstanden ist, kann ganz unbedenklich -auf demselben Wege reformirt werden. Der seltene Fall, in welchem eine -ältere Verordnung in einzelnen Gegenden zur Bildung eines eigenthümlichen Gewohnheitsrechts -Veranlassung gegeben hätte, könnte noch eine abweichende Behandlung -bewirken.</p> - -<p>Wenn z. B. auf diese Weise das <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">Corpus Constitutionum Marchicarum</span> -von Mylius mit seinen sämmtlichen Continuationen umgearbeitet würde, so würde -dieses jeder Preussische Geschäftsmann höchst wohlthätig finden, und auch der -strengste Vertheidiger des geschichtlichen Rechts würde dagegen nichts einwenden -können.</p> - -<p>4. Es ist oben (S. <a href="#savigny_8">8</a> u. <a href="#savigny_9">9</a>), einstimmend mit <cite>Thibaut</cite>, die große -Schwierigkeit bemerkt worden, die für uns aus der immer wachsenden Masse des -historischen und literarischen Materials unsres Rechts entsteht; eine Schwierigkeit, -gleich groß für die Gesetzgebung, wie für das Studium, für den Lehrer und -den Schriftsteller, wie für den gründlichen, gewissenhaften Richter. Der Hauptgrund -dieses Übels liegt aber darin, daß die Arbeiten der juristischen Schriftsteller -zu wenig auf ein bestimmtes, großes Ziel planmäßig hingerichtet waren. -Wir haben eine ungeheure Menge Compendien, Observationen, einzelne Abhandlungen -u. s. w., aber eigentliche Bücher, die als integrirende Theile eines -wissenschaftlichen Abschlusses (nach den Einsichten eines gegebenen Zeitalters) betrachtet -werden könnten, haben wir verhältnißmäßig sehr wenige, und wie vieles -hätte dafür geschehen können, wenn das, was in jenen einzeln versplitterten -Kräften gut und fruchtbar war, auf einfache und wesentliche Zwecke concentrirt -worden wäre. Vor mehreren Jahren sollte in einem großen Deutschen Staate -ein neues Gesetzbuch gemacht werden, und man hatte dabey<a name="savigny_190" id="savigny_190" class="f70">[190]</a> den Plan, das -Römische Recht als Subsidiarrecht gelten zu lassen. Vergebens sah man sich -nach einem ausführlichen Handbuch des Römischen Rechts um, welches den -praktischen Juristen zu ihrer Belehrung hätte empfohlen werden können. Deshalb -sollte damals ein solches Handbuch veranlaßt werden, welches jedoch so wie -die ganze damals unternommene Abfassung des Gesetzbuchs, unterblieb. Ein -solches Handbuch nun ist es, was wir in allen Theilen unsres Rechts, am meisten -im Römischen Recht, bedürfen und vermissen. Soll es gründlich gemacht werden, -so übersteigt es die Kräfte eines Einzelnen, aber durch gemeinsame Arbeit aller, -die inneren Beruf dazu haben, könnte es in einigen Jahren wohl zu Stande -kommen. Der Weg zur Ausführung wäre dieser. Nach einem einfachen, leicht -übersehbaren Plan würde eine tabellarische Übersicht aller Gegenstände entworfen. -Hieraus wählte sich jeder Theilnehmer diejenigen aus, wofür er am meisten vorgearbeitet -hätte. Jede einzelne Arbeit müßte enthalten: 1. Rechtsgeschichte ganz -im Detail, und besonders mit vollständiger Zusammenstellung der Quellen. -2. Dogmatik, gleichfalls durch Quellen vollständig begründet, und verbunden mit -Erklärung dieser Quellen, so viel dazu nöthig. 3. Literatur, und zwar mit Angabe -des Inhalts und mit Beurtheilung, sowohl was die zusammenhängenden -Schriften über das Ganze, als was einzelne zerstreute Bemerkungen betrifft.<a class="pagenum" name="Page_228" id="Page_228">[Pg 228]</a> -4. Endlich wären auch politische Ansichten, Wünsche und Vorschläge, obgleich -nicht so dringendes Bedürfniß, dennoch keinesweges ausgeschlossen. Die Reihe -von Werken verschiedener Verfasser, die auf diese Weise entstehen würde, wäre -durch die gemeinschaftliche zusammenhängende Aufgabe zugleich als Ein großes -Werk zu betrachten, welches Verhältniß schon durch die ähnliche äußere Einrichtung -bezeichnet werden könnte. Man wende nicht ein, daß wegen der verschiedenen -Ansicht und Richtung der Verfasser nur ein täuschender Schein von -Einheit in jenen Werken entstehen, und daß die Erreichung des Zwecks bey -jedem einzelnen Werk sehr zufällig und zweifelhaft seyn würde. Wenn jeder nicht -nur mit Ernst, sondern auch mit einiger Selbstverläugnung arbeitet, wird dieses -keinesweges der Fall seyn. Es müßte nämlich ausdrücklich zur Aufgabe gemacht -werden, daß das rein factische, ausgemachte, allgemeingültige auf eine sichtbare -Weise von dem getrennt würde, was jeder als neue, individuelle Ansicht, als -bloße Hypothese, zuzugeben gut fände, eine Bemühung, die selbst dem Gelingen -jeder Arbeit an sich und ohne Rücksicht auf jenen gemeinsamen Zweck förderlich -seyn könnte. Freylich wird es auch bey dieser Vorsicht nicht fehlen, daß uns -manche Arbeiten großenteils mislungen und ungenügend erscheinen werden: -dennoch wird im schlimmsten Fall durch die bloße Zusammenstellung der Quellen -und der Literatur unglaublich viel<a name="savigny_191" id="savigny_191" class="f70">[191]</a> gewonnen, und für jede künftige, bessere -Arbeit vorbereitet seyn. Gerade das, was jetzt das abschreckendste ist, die Masse -des factischen, wird dadurch bezwingbar geworden seyn. Auch versteht es sich, -daß jeder Mitarbeiter die einzelnen Bemerkungen und Ausführungen, die er für -die Werke der übrigen vorräthig hätte, diesen überlassen würde, besonders aber -die Literarnotizen, die in ihre Materien gehörten. Damit für die Literatur die -möglichste Vollständigkeit erreicht würde, müßte jeder das Verzeichniß der -Schriften, die ihm für sein Werk bekannt sind, zur Kenntniß der übrigen bringen, -so daß es durch diese vervollständigt werden könnte. – Ein solches Unternehmen -müßte unfehlbar gelingen, wenn es nur ohne Selbstsucht und persönliche Anmaßung, -mit reiner Liebe zur Sache angegriffen würde. Es wäre ein schönes -Beispiel von Gemeingeist, wenn tüchtige Juristen der verschiedensten Ansichten, -Freunde und Gegner neuer Gesetzbücher, zu diesem Zwecke zusammentreten -wollten, und <cite>Thibauts</cite> vorzügliche Theilnahme würde, wie in jeder Rücksicht, -so besonders auch aus diesem Grund, von großer Wichtigkeit seyn. Man hat -oft mit Recht geklagt, daß sich die Deutschen, auseinander gehalten durch leere, -gehässige Einbildungen, zu nichts gemeinschaftlichem entschließen wollten: hier ist -etwas gemeinschaftliches, daß recht eigentlich unsres Berufs ist, und wozu wir -der Mitwirkung der Regierungen gar nicht oder nur sehr beyläufig bedürfen. -Der Gesetzgebung wird dadurch eben so gut vorgearbeitet, als der Wissenschaft, -und auch diejenigen, welche von Gesetzbüchern das Heil erwarten, müssen ihr -Ziel dadurch gefördert sehen.</p> - - - - -<p><a class="pagenum" name="Page_229" id="Page_229">[Pg 229]</a></p> - -<h4 class="h4_2">Zweyte Beylage.</h4> - -<p class="center gesperrt antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">Analyse des observations des tribunaux d'appel et du -tribunal de cassation sur le projet de code civil<br/> -(<span class="nostyle">von</span> Crussaire). Paris 1802. 4. p. 5-9.</p> - - -<p class="p2 antiqua" lang="fr" xml:lang="fr"><a name="savigny_192" id="savigny_192" class="f70">[192]</a> MONTPELLIER. Il faut au Code un caractère de simplicité -que n'offre pas le projet: jamais la France ne fut dans une situation -plus heureuse pour recevoir une législation simple.</p> - -<p class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">Dans l'état où la législation projettée se présente, les formes y -semblent quelquefois un peu trop compliquées. Il est à craindre qu'en -trompant le voeu exprimé dans le Discours préliminaire, le fisc n'ait -autant à gagner que le justiciable à perdre.</p> - -<p class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">Quant aux choses, les circonstances et les localités sont et doivent -être la règle nécessaire et le motif déterminant de la loi; telles sont, -par exemple, les lois agraires, toutes celles qui ont trait à l'agriculture, -aux servitudes réelles, services fonciers, etc. Ces lois sont tellement -modifiées par les localités, que celles qui sont appropriées à une -contrée, pays plat, ne conviennent pas souvent à la contrée voisine, -pays montagneux.</p> - -<p class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">D'après ces principes, comment concevoir un systême de législation -uniforme sur l'usage des eaux pour l'irrigation des terres, et -l'exploitation des usines, sans nulle distinction, entre les propriétés et -contre l'usage des lieux, qui ne se règle pas toujours d'après l'utilité -(ainsi que l'établit le projet); mais bien d'après la propriété qui en est -acquise exclusivement, à ceux qui sont en droit de s'en servir.</p> - -<p class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">Le même inconvenient se présente à l'égard de l'exploitation, et la -durée des baux à ferme et à cheptel qui, dans certains pays, comportent -<em>équitablement</em> des stipulations que le projet de code proscrit.</p> - -<p class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">Il en est de même des servitudes rurales dont l'usage, non moins -fréquent que varié, ne peut pas sans doute s'arranger,<a name="savigny_193" id="savigny_193" class="f70">[193]</a> comme dans -le projet de code, dans le cadre d'un <em>systême uniforme</em>. Les -exceptions doivent être à côté de la règle, et dictées par la connaissance -exacte des localités.</p> - -<p class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">Dire que la disposition générale du projet de code pourvoit à ces -inconvéniens, en laissant les anciens usages derrière les nouvelles lois, -ce n'est pas se pénétrer assez de la difficulté à l'égard de tous les cas. -Il y a aussi d'autres usages généraux qui ont divisés la France en deux<a class="pagenum" name="Page_230" id="Page_230">[Pg 230]</a> -grandes parties, en pays de droit écrit, et en pays de coutume; ces -usages se confondent, par le projet de code, dans l'unité du même -systême; c'est, dit-on, une <em>transaction</em> entre <em>le droit écrit et les -coutumes</em>.</p> - -<p class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">Pour apprécier cette <em>transaction</em> et les avantages qui doivent -en résulter pour l'un et l'autre pays, il faut faire quelques remarques:</p> - -<p class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">1. Ce qui s'est trouvé réformé par la force des choses, et par la -constitution même, n'a pu faire l'objet de cette transaction.</p> - -<p class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">D'un autre côté, dans les lois romaines, comme dans les coutumes, -il faut distinguer celles qui ont pour fondement le droit naturel et l'équité, -de celles qui tiennent à la fois à l'ordre naturel et civil, ainsi qu'à l'ordre -politique; aux simples rapports des individus entre eux, et à ces mêmes -rapports compliqués, avec ceux de la société; les premières, d'une équité -évidente, ne peuvent pas être maniées au gré du législateur; les autres -se prêtent à l'esprit de systême qui crée les différentes combinaisons, -parmi lesquelles le législateur peut choisir celui qui lui paraît le plus -convenable.</p> - -<p class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">C'est ainsi que les rédacteurs du projet de code ont eu à choisir -entre les dispositions du <em>droit écrit</em> et les dispositions du <em>droit -coutumier</em>, principalement sur les points systématiques <em>de la puissance -paternelle, des tutelles, minorités et interdictions, -des successions, des donations entre-vifs ou à cause de -mort, des droits des époux dans le contrat de mariage, -des prescriptions etc.</em>; c'est là où l'on met le droit romain plus -aux prises et en oppositions avec les coutumes, et où l'on a pu le faire -<em>transiger</em>.</p> - -<p class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">Mais qu'a-t-il été accordé ou soustrait au <em>droit écrit</em>? Qu'a-t-il -été accordé ou soustrait au <em>droit coutumier</em>?</p> - -<p class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">Quant à la <em>puissance paternelle</em>, la coutume obtient de -l'affaiblir en plaçant à côté d'elle la communauté de biens entre époux; -ce qui met en opposition, dans un ménage, le <em>crédit</em> d'un époux avec -l'autorité de l'autre; autorité qui perd presque toute la force qu'elle tient -du droit écrit, par l'avantage accordé à la coutume d'ôter aux pères la -faculté d'exhéréder leurs enfans, de disposer librement de leurs biens, -et d'ôter aux enfans le droit d'exiger des pères un établissement convenable.</p> - -<p class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr"><a name="savigny_194" id="savigny_194" class="f70">[194]</a> Si, dans les <em>tutelles</em>, le <em>droit écrit</em> l'a emporté dans sa -disposition peu convenable à nos usages concernant la division de la -tutelle en quatre espèces, la coutume a triomphé dans les points bien -plus essentiels où elle ne laisse pas distinguer entre tuteur et curateur, -ni entre pupille, et mineur ou adulte, elle a triomphé encore en mettant, -à la place de l'interdiction pour cause de prodigalité, la disposition -officieuse si peu propre à la remplacer.</p> - -<p class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">Dans les <em>successions</em> on ne trouve plus ces grands traits de la<a class="pagenum" name="Page_231" id="Page_231">[Pg 231]</a> -législation romaine, qui ne déférait l'hérédité qu'à un seul titre universel -par la volonté de l'homme, et à défaut par la disposition de la loi; -principe simple dont les avantages étaient sentis dans la pratique.</p> - -<p class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">En écartant ce principe, la coutume fait concourir à la fois la -succession légitime avec la succession testamentaire; et il y a tout autant -de titres universels qu'il y a de dispositions sur des portions de biens -par quelques actes que ce soit. Le partage en deux lignes pour les -ascendans et les collatéraux, contrarie, dans la plupart des cas, l'équitable -disposition du droit écrit, en faisant passer les diens dans les familles -étrangères; systême qui, par la prolongation des deux lignes à l'infini, -priva les époux de tous les avantages que le droit écrit leur ménageait -sur leur succession réciproque.</p> - -<p class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">Il est vrai que ce droit paraît avoir été adopté pour les <em>prescriptions</em>; -mais ces règles qui ne font que compliquer mal à propos -les dispositions, n'auraient pas dû être maintenues.</p> - -<p class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">Ce serait donc ainsi qu'on aurait fait transiger les deux droits en -laissant, à l'empire de la coutume, la presque totalité des points sur -lesquels elle pourrait être en concurrence avec le droit romain, et en -abandonnant au droit écrit les autres points qui sont de peu d'importance -droit d'ailleurs qui était modifié par les coutumes particulières qui y -dérogeaient, ou y ajoutaient selon les convenances ou les localités.</p> - -<p class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">Ainsi, tel pourra être le sort de ces pays que, par le nouveau -systême de législation, ils seront frustrés à la fois et des dispositions -du droit écrit, et de celles de leur coutume particulière, qui leur étaient -convenables; et qu'ils recevront, à la place de ces lois qu'ils avaient -choisies, des dispositions coutumières qui ne leur conviennent pas, et des -dispositions du droit écrit déjà par eux rejettées ou modifiées.</p> - -<p class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">Mais, quelles que soient les nouvelles lois qui seront données à la -France, le législateur ne doit pas moins se tenir en garde contre les -effets de la rétroactivité, et contre les inconvéniens du point de rencontre -des nouvelles lois<a name="savigny_195" id="savigny_195" class="f70">[195]</a> avec les lois anciennes, pour le prévenir, autant -qu'il est possible, ou les corriger sans blesser la justice et l'équité.</p> - -<p class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">Le projet de Code qui établit en principe <em>que la loi ne dispose -que pour l'avenir, et qu'elle n'a point d'effet rétroactif</em>, -manquera le but au moins sur divers cas: par exemple, à l'égard du -cours d'eau, dont l'ancien droit ne permettait pas l'usage an propriétaire -riverain, sur le seul fondement de son utilité particulière, lorsque l'usage -exclusif en était légitimement acquis à d'autres propriétaires ou possesseurs -d'usine; c'est ainsi que l'ancien propriétaire se trouverait dépouillé, -en vertu de la loi nouvelle, d'un droit acquis depuis des siècles, et après -avoir fait, sous la foi de l'ancienne loi, des constructions qui lui deviendraient -inutiles après la perte de son droit.</p> - -<p class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">Le tribunal de Montpellier desire aussi que le législateur s'explique -enfin sur le vrai sens et sur l'effet que doit avoir le décret du.....<a class="pagenum" name="Page_232" id="Page_232">[Pg 232]</a> -septembre 1791, qui déclare non écrites toutes clauses insérées aux actes, -et qui seraient contraires aux moeurs, ou aux lois nouvelles, à la liberté -religieuse, naturelle et civile, et à celle de se marier ou remarier; et la -loi des 24. octobre et 14. novembre 1792, qui prohibe les substitutions -pour l'avenir, abolit celles qui se trouvaient alors établies, et maintient -l'effet de celles seulement qui étaient ouvertes à cette époque.</p> - -<p class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">Les tribunaux ont pensé que le législateur n'avait pas vu d'effets -rétroactifs dans ces deux lois; cependant le tribunal de cassation croit -y voir ce vice. Le projet de Code ne règle rien à cet égard: or, il -serait à désirer que le législateur s'expliquât pour faire cesser ce conflit, -et les incertitudes qui en résultent.</p> - -<p class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">Ici, les lacunes qui résulteront de l'abrogation des lois anciennes, -générales ou particulières, et locales, présenteront une foule de difficultés -à la sagacité du législateur.</p> - -<p class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">Ainsi, régler les rapports, combler les lacunes, régulariser les effets -compliqués des anciennes et nouvelles lois; suppléer à leur silence, -pénétrer leur obscurité, telle est la tâche immense qu'imposé le perfectionnement -du grand ouvrage de la législation nouvelle.</p> - -<p class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">C'est cette tâche que les rédacteurs du projet semblent renvoyer -à l'arbitrage des juges pour la remplir, à mesure qu'ils feront l'application -des lois aux cas particuliers; et telle serait la jurisprudence qu'on entend -placer à côté du sanctuaire des lois!</p> - -<p class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">Mais quelle jurisprudence! n'ayant d'autre règle que l'arbitraire sur -l'immensité d'objets à co-ordonner au systême de législation nouvelle, à -quelle unité, à quel concert faudrait-il s'attendre de la part d'une pareille -jurisprudence, ouvrage de tant de juges et de tant de tribunaux, dont<a name="savigny_196" id="savigny_196" class="f70">[196]</a> -l'opinion ébranlée, par les secousses révolutionnaires, serait encore -si diversement modifiée! quel serait enfin le régulateur de cette jurisprudence -disparate, qui devrait nécessairement se composer de jugemens -non sujets à cassation, puisqu'ils ne reposeraient pas sur la base fixe -des lois, mais sur des principes indéterminés d'équité, sur des usages -vagues, sur des idées logiciennes, et, pour tout dire en un mot, sur -l'arbitraire!</p> - -<p class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">A un systême incomplet de législation, serait donc joint pour supplément -une jurisprudence défectueuse.</p> - -<p class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">Pour l'éviter, le législateur pourrait tourner ses vues sur son propre -ouvrage, le compléter lui-même autant que possible, et ne considérer le -projet de Code que comme <em>les Institutes du droit français</em>, à -l'instar des institutes de <span class="smcap">Justinien</span> à l'égard du droit romain. Comme -ces dernières, le projet de Code contiendrait les principes généraux du -droit, et, pour ainsi dire, le texte des lois. Le commentaire, le développement -et les détails sur chaque matière devraient être l'objet de tout -autant de traités séparés, comme ils le sont à-peu-près dans le Code et -dans le Digeste du droit romain.</p> - -<p><a class="pagenum" name="Page_233" id="Page_233">[Pg 233]</a></p> - -<p class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">Une autre méthode pourrait peut-être conduire le législateur à un -résultat non moins heureux, quoiqu'avec moins d'effort, de travail et de -secousses; si l'unité, dans le systême législatif, est d'une utilité si évidente -qu'elle doit être envisagée comme un dogme politique dont il ne peut -pas être permis de s'écarter, il est certain aussi que la France, telle -qu'elle est aujourd'hui, est un état trop étendu pour que la différence -des climats n'en nécessite une dans certaines lois, que la nature des -choses et celle du sol modifient nécessairement.</p> - -<p class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">Ainsi, <em>laisser subsister les différences locales</em> en tout ce -qu'elles ne choquent pas l'esprit général et <em>ramener le reste à -l'uniformité</em>, telle paraît être la tâche du législateur.</p> - -<p class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">Pour atteindre ce but, faut-il tout détruire, abroger toutes les lois -anciennes pour tout récréer? Il paraît plus simple et plus naturel de -maintenir l'ancien systême, en y dérogeant sur les points qui doivent -être ramenés à l'unité et à l'uniformité, et surtout ceux dont notre nouvelle -situation politique demande la modification ou la réforme.</p> - -<p class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">Quant à ces derniers points, l'ouvrage paraît déjà porté à sa perfection -dans le livre premier du projet du Code, sur l'état des personnes, -et dans les différentes lois rendues par nos assemblées nationales.</p> - -<p class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">A l'égard des autres points, sur lesquels doivent tomber le changement -et la réforme nécessités par l'unité du systême, il semble qu'on -ne peut pas s'y méprendre, et qu'ils ne se présentent pas en si grand -nombre. En effet, en laissant de<a name="savigny_197" id="savigny_197" class="f70">[197]</a> côté toutes les dispositions ou -principes du droit naturel, appelés <em>la raison écrite</em>, dont l'équité -évidente s'allie avec tous les systêmes législatifs, il ne resterait précisement -que les points de droit ou les matières que nous avons appelées -plus haut <em>systématiques</em>, parce que leur règle est moins dans -l'invariable nature que dans la variable combinaison des convenances -particulières et générales.</p> - -<p class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">D'après ce plan, qui paraît si simple, les matières à traiter dans -le nouveau Code se réduiraient à-peu-près à <em>la puissance paternelle, -et aux obligations des pères envers leurs enfans; -aux tutelles, minorités, et interdictions, aux successions -et aux donations entre-vifs, ou à cause de mort, aux droits -des époux dans les contrats de mariage, aux hypothèques, -aux ventes forcées, et aux prescriptions</em>.</p> - -<p class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">Toutes les autres matières pourraient ainsi rester à leur place, et -avec leur force dans le dépôt des anciennes lois; et ces lois, soit générales, -soit particulières ou locales, continueraient d'être exécutées comme -auparavant dans tout ce qui n'y aurait pas été dérogé par la loi nouvelle -du Code.</p> - -<p class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">Cette méthode pourrait réunir les deux objets d'importance majeure -que le législateur doit avoir principalement en vue, l'utilité générale de -l'unité du systême avec les convenances particulières des localités. Ainsi,<a class="pagenum" name="Page_234" id="Page_234">[Pg 234]</a> -le contact des lois anciennes et nouvelles dans un nombre de points -infiniment moindres, faciliterait davantage leur cohérence et leur liaison. -Avec beaucoup moins d'efforts, la législation serait plus complète et la -jurisprudence plus certaine. La règle ne manquerait pas au juge, et la -contravention aux lois aurait un correctif. Au lieu de détruire, on ne -ferait, pour ainsi dire, que réparer, et le changement paraîtrait moins -une innovation qu'une conservation de ce qu'il n'est pas nécessaire de -détruire, et une amélioration de ce qu'il est utile de réformer ou de -modifier.</p> - -<p class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">Tel paraît être le modèle du Code que réclame la situation actuelle -de la France. On le croit tracé en entier dans la maxime rappelée dans -le discours préliminaire du projet, où il est dit: <em>Qu'il est utile de -conserver tout ce qu'il n'est pas nécessaire de détruire.</em> -En effet, les changemens dans les lois ne sauraient être trop réfléchis, -et ils ne peuvent être justifiés que par une utilité évidente: <span lang="la" xml:lang="la"><em>in rebus -novis constituendis</em></span>, dit la loi romaine, puisée dans les écrits de -Platon, <span lang="la" xml:lang="la"><em>evidens debet esse utilitas ut recedatur ab eo jure -quod diu aequum visum est</em></span>.</p> - - -<p><a class="pagenum" name="Page_235" id="Page_235">[Pg 235]</a></p> - - - - -<h3>6. Bemerkungen.</h3> - - -<p>S. <a href="#Page_14">14</a>. <cite>Savigny</cite> hat auch in späterer Zeit trotz zahlreicher Widersacher -an den Grundauffassungen seiner Streitschrift <em>festgehalten</em>. (Vgl. die Vorrede -zur 2. Ausgabe vom Jahre 1828.) So war es auch weiterhin. In der Bibliothek -des Preußischen Justizministeriums befindet sich ein Exemplar von Savignys -Streitschrift (3. Aufl. 1840), auf dessen erster freier Seite mit Tinte geschrieben, -nach der Schrift zu schließen, von der Hand Savignys (über seine Ministertätigkeit -s. o. S. <a href="#Page_31">31</a>) folgende Worte stehen: <span lang="grc" xml:lang="grc" title="hames de g'eimes; ai de lês, augasdeo">ἁμὲς δὲ γ'εὶμές· αι δὲ λῇς, αὺγάσδεο</span>. -<cite class="antiqua">Plut. instit. Lacon. c. 15.</cite> – 24. Dez. 47.« – Sinngemäß übersetzt bedeutet -diese Stelle: »<em>Wir sind noch rüstig; wenn Du willst, versuch' es!</em>« -Sie ist in dorischem Dialekt abgefaßt und der Abhandlung »Die alten Gebräuche -der Lacedämonier« (<span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">Instituta Laconica</span>) aus Plutarchs Moralisch-philosophischen -Werken (<span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">Moralia</span>) entnommen. Der Zusammenhang ist dort folgender: »An gewissen -Festen wurden (in Sparta) nach dem dreifachen Alter drei Chöre errichtet. -Das Chor der Greise sang zuerst: »»Wir waren einst rüstige Jünglinge.«« -Darauf antwortete das Chor der jungen Männer: »»Wir sind es noch, wenn -Du willst, versuch' es.«« Zuletzt sang das Chor der Knaben: »»Wir werden -einst noch viel besser sein.«« (Übersetzung von J. F. S. Kaltwasser, Wien und -Prag 1797, 2. Bd. S. 202.)</p> - -<p>S. <a href="#Page_19">19</a>. Wegen der Einzelgesetzgebung siehe S. 148, 149.</p> - -<p>S. <a href="#Page_20">20</a>. Für unsere Ansicht sprechen auch <cite>Hugos</cite> Worte S. 187. Wegen -weiterer Literatur zu der Streitfrage vgl. Brinz, Die Savignyfeier am 21. Februar -1879, in der Kritischen Vierteljahresschrift für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft, -Bd. 21, München 1879, S. 485 ff., auch Bd. 22, S. 161 ff.</p> - -<p>S. <a href="#Page_22">22</a>. Zur »Geschichte der privatrechtlichen Kodifikationsbestrebungen in -Deutschland« vgl. auch die Abhandlung von E. <cite>Schwartz</cite>, Archiv für Bürgerliches -Recht, Berlin, Bd. 1 (1889), S. 1 ff. mit Bemerkungen über die Streitschriften -Thibauts und Savignys. Erwähnt sei noch die Bemerkung Gierkes -(unten S. <a href="#Page_237">237</a>, N. 38 u. 80) zu Anton <cite>Christs</cite> Schrift Über deutsche Nationalgesetzgebung, -Karlsruhe 1842, daß hier zuerst die Kodifikation aus geschichtlichen -und organischen Gesichtspunkten begründet werde.</p> - -<p>S. <a href="#Page_23">23</a>. Über den Einführungsartikel der Zeitschrift <cite>Savignys</cite> hat -<cite>Thibaut</cite> in den Heidelbergischen Jahrbüchern 1815 Nr. 42 eine beachtenswerte -Rezension geschrieben, in der er »den anzüglichen Namen ungeschichtliche Schule -verbittet«. <cite>Savigny</cite> sagt dort: »Die geschichtliche Schule nimmt an, der -Stoff des Rechts sei durch die gesamte Vergangenheit der Nation gegeben, doch -nicht durch Willkür, so daß er zufällig dieser oder ein anderer sein könnte, son<a class="pagenum" name="Page_236" id="Page_236">[Pg 236]</a>dern aus dem innersten Wesen der Nation selbst und ihrer Geschichte hervorgegangen.«</p> - -<p>S. <a href="#Page_23">23</a>. Vgl. <cite>Herders</cite> Gedicht »An den Kaiser« (Joseph II.). 1780. -»Gib uns,.... Ein Deutsches Vaterland, Und <em>Ein</em> Gesetz....«</p> - -<p>S. <a href="#Page_24">24</a>. Zu dem Ausdruck »Volksgeist« vgl. auch die Wendung <cite>Feuerbachs</cite> -S. 195.</p> - -<p>S. <a href="#Page_24">24</a>. Wegen der Stellung der historischen Schule zur Philosophie s. -S. <a href="#Page_99">99</a> und <a href="#Page_202">202</a>.</p> - -<p>S. <a href="#Page_25">25</a>. Ein alter Vorwurf gegen <cite>Savigny</cite> ist seine Überschätzung des -Gewohnheitsrechts.</p> - -<p>S. <a href="#Page_31">31</a>. Über Beziehungen <cite>Savignys</cite> zu Goethe vgl. z. B. Eckermanns -Gespräche mit Goethe, 6. April 1829 (»unser trefflicher Savigny«).</p> - -<p>S. <a href="#Page_32">32</a>. Aus der Bibliothek <cite>Savignys</cite> befinden sich viele alte und -seltene Werke romanistischen Inhalts auf Grund seines Vermächtnisses in der -Berliner Königlichen Bibliothek. Vgl. Verzeichnis der der Königlichen Bibliothek -vermachten Werke Savignys.</p> - -<p>S. <a href="#Page_33">33</a>. Aus den Vorräten der 3. Auflage <cite>Savignys</cite> wurde 1878 eine -zweite (Titel-)Ausgabe veranstaltet.</p> - -<p>S. <a href="#Page_33">33</a>, <a href="#Page_34">34</a>. Um wirkliche Druckfehler aus dem Texte der Schrift <cite>Savignys</cite> -möglichst auszumerzen, sind alle drei zu seinen Lebzeiten erschienenen Ausgaben -verglichen worden. Da die 2. und 3. Ausgabe einen völlig unveränderten Abdruck -der Schrift enthalten soll (s. Vorrede der 2. Ausgabe), ist von einer Zusammenstellung -der Textabweichungen, die nur auf Druckfehlern beruhen können, -abgesehen.</p> - -<p>S. <a href="#Page_41">41</a>. <cite>Thibaut</cite> meint mit den Worten »aus dem Munde eines geistvollen, -edeln Schriftstellers« offenbar August Wilhelm <cite>Rehberg</cite>, dessen Werk -über den Code Napoleon die Veranlassung zu der Rezension Thibauts in den -Heidelbergischen Jahrbüchern 1814 Nr. 1 u. 2 und weiter zu Thibauts Flugschrift -wurde. Vgl. Landsberg, Geschichte der Deutschen Rechtswissenschaft, III, 2, -Noten, S. 32 Nr. 20 und brieflich. Eine Stütze dieser Ansicht finde ich darin, -daß Thibaut in dieser Rezension sich ganz ähnlicher Wendungen bedient, wie an -unserer Stelle (»geistvolle Arbeiten des Verfassers; er macht Gewohnheit und -Herkommen zur Grundlage aller bürgerlichen Einrichtungen; er tadelt, daß der Code -es nicht bei dem chaotischen Allerlei der verschiedenen Ortsgebräuche bewenden -ließ«), daß Thibaut es ferner absichtlich vermeidet (vgl. seine Vorrede), -den Namen Rehberg zu nennen. Eine weitere oben S. 10 nicht erwähnte Besprechung -des Rehbergschen Buches befindet sich übrigens in den Göttingischen -Gelehrten Anzeigen 1814 S. 33.</p> - -<p>S. <a href="#Page_46">46</a>. Gegen »Trivialitäten« und »Übertreibungen« in <cite>Thibauts</cite> -Schrift (S. 23, 25, 28, 12, 64, 34 der 1. Ausgabe) wendet sich Immanuel <cite>Bekker</cite>, -Über den Streit der historischen und der filosofischen Rechtsschule, Heidelberg -1886; später milder in »Vier Pandektisten«, Heidelberg 1903. Siehe auch -<cite>Savignys</cite> Schrift S. 122 (1. Ausgabe).</p> - -<p><a class="pagenum" name="Page_237" id="Page_237">[Pg 237]</a></p> - -<p>S. <a href="#Page_53">53</a>. Wer unter dem »bedeutenden verstorbenen Staatsmann« zu verstehen -ist, ist nicht sicher festzustellen. Vielleicht ist damit nach einer (brieflich -geäußerten) Vermutung des Herrn Professors <span class="antiqua">Dr.</span> Ernst Landsberg der am 17. November -1813 gestorbene Geheime Rat Johann Nikolaus Friedrich <cite>Brauer</cite> -gemeint, ein altbewährter Ratgeber Carl Friedrichs von Baden. Brauer wurde -außer anderen gesetzgeberischen Arbeiten die Bearbeitung und Einführung des -Code Napoleon in Baden übertragen.</p> - -<p>S. <a href="#Page_55">55</a>. Die Stelle vom Völkervertrag beurteilt <cite>Meinecke</cite>, Weltbürgertum -und Nationalstaat, München und Berlin 1908, S. 195 wegen des damaligen -Nationalgefühls milder, als es oben geschehen ist.</p> - -<p>S. <a href="#Page_58">58</a>. Carl Friedrich von Baden, seit 1738 Markgraf, seit 1803 Kurfürst, -seit 1806 Großherzog, ist am 11. Juni 1811 gestorben.</p> - -<p>S. <a href="#Page_63">63</a>. Die Beibehaltung der Besonderheiten erinnert an die im Einführungsgesetz -des Bürgerlichen Gesetzbuchs Art. 55-152 enthaltene Verlustliste -der Deutschen Rechtseinheit.</p> - -<p>S. <a href="#Page_88">88</a>. Die Stelle »weit weniger Individualität« bezeichnet <cite>Bekker</cite>, -a. a. O., S. 9 als »fast unbegreiflich«. Vgl. auch die Wendung »fungible Personen« -S. <a href="#Page_163">163</a>.</p> - -<p>S. <a href="#Page_91">91</a>, <a href="#Page_92">92</a> (<a href="#Page_163">163</a>). Hiergegen wendet sich <cite>M. A. von Bethmann-Hollweg</cite>, -Über Gesetzgebung und Rechtswissenschaft als Aufgabe unserer Zeit, -Bonn 1876, S. 7 ff.: <cite>Savigny</cite> bedenke nicht, daß die Römer ihr gesamtes -Recht schon in frühester Zeit in den Zwölf Tafeln als Gesetz verzeichnet haben -und daß dieses bis auf Justinian den festen Kern des Rechtssystems bildete. -Diese Schrift verdient auch sonst wegen ihrer mehrfachen Rückblicke auf den -Streit zwischen <cite>Thibaut</cite> und <cite>Savigny</cite> unsere Beachtung.</p> - -<p>S. <a href="#Page_105">105</a>. Vgl. S. <a href="#Page_229">229</a>.</p> - -<p>S. <a href="#Page_118">118</a>. Das Zitat aus dem Ausspruch des Tribunals von Montpellier -ist nicht ganz genau. Siehe S. <a href="#Page_229">229</a>, ferner S. <a href="#Page_203">203</a> (ungünstiges Urteil über die -französischen Juristen).</p> - -<p>S. <a href="#Page_119">119</a>. <cite>Savigny</cite> schreibt Suarez statt Svarez. Der Verfasser des -Preußischen Landrechts lebte von 1746 bis 1798 (Biographie von <cite>Adolf -Stölzel</cite>, Berlin 1885).</p> - -<p>S. <a href="#Page_132">132</a>. J. A. Hellfeld (Jena), <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">Jurisprudentia forensis secundum Pandectarum -ordinem</span>.</p> - -<p>S. <a href="#Page_140">140</a>, <a href="#Page_141">141</a>. Diese Reinigung richtete sich tatsächlich gegen den »germanischen -Einschlag«, den das römische Recht im Laufe seiner Entwicklung – -teilweise durch das Verdienst der Naturrechtler – erfahren hatte. <cite>Gierke</cite> -(Die historische Rechtsschule und die Germanisten, Berlin 1903, S. 10 ff.) erblickt -hierin die »wirkliche Sünde der historischen Rechtsschule«, die »ihrem -eignen Prinzip untreu« wurde. Damit hängt auch die Verschärfung des Gegensatzes -zwischen Romanisten und Germanisten zusammen.</p> - -<p>S. <a href="#Page_153">153</a>. Vgl. S. <a href="#Page_204">204</a>.</p> - -<p>S. <a href="#Page_156">156</a>, <a href="#Page_157">157</a>. Vgl. S. <a href="#Page_204">204</a>.</p> - -<p>S. <a href="#Page_161">161</a>. Vgl. S. <a href="#Page_204">204</a>.</p> - -<p><a class="pagenum" name="Page_238" id="Page_238">[Pg 238]</a></p> - -<p>S. <a href="#Page_166">166</a>. Zwischen <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">Itaque</span> und <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">Deus</span> ist <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">ut</span> ausgefallen. <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">Ph. Melanthonis -opera, Halis Saxonum 1843, XI, 350.</span></p> - -<p>S. <a href="#Page_170">170</a>. Vgl. Savignys Gegenäußerung über die Bedeutung der Rechtsgeschichte -S. <a href="#Page_206">206</a>, <a href="#Page_207">207</a>.</p> - -<p>S. <a href="#Page_170">170</a>. Die Sätze <cite>Thibauts</cite> von der Rechtsgeschichte bis zu den -»zehn geistvollen Vorlesungen« dienten dem Hegelianer und erbitterten Gegner -Savignys <cite>Eduard Gans</cite>, Professor der Rechte in Berlin, als Motto zu -seinem »Erbrecht in weltgeschichtlicher Entwicklung«, 4 Bde., Berlin, Stuttgart -und Tübingen 1824 bis 1835.</p> - -<p>S. <a href="#Page_185">185</a>. Von den damals erschienenen anonymen Schriften sei noch erwähnt -»Blicke auf die juristische Praxis in Beziehung auf das künftige Gesetzbuch für -Deutschland«, 1817 (für Thibaut). Hingewiesen sei auch noch auf <cite>Unterholzners</cite> -Vorrede zu seinem »Entwurf zu einem Lehrgebäude des bei den -Römern geltenden bürgerlichen Rechts«, Breslau 1817 (gegen die Kodifikation -für Savigny).</p> - -<p>S. <a href="#Page_195">195</a>. <cite>Feuerbach</cite> schreibt <cite>Thiebaut</cite> statt Thibaut. In seinen -Kleinen Schriften vermischten Inhalts bemerkt er, daß das Thema seines Aufsatzes -später am vollständigsten erörtert wurde von <span class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">Meijer de la Codification -en général, et de celle de l'Angleterre en particulier. Amsterdam 1830</span>.</p> - -<p>S. <a href="#Page_198">198</a>. Mutter Carmenta, die Weissagegöttin, bei Dichtern Künderin -von Roms Größe.</p> - -<p>S. <a href="#Page_202">202</a>. Unter dem »ausgezeichneten Rechtsgelehrten« ist natürlich -<cite>Thibaut</cite> zu verstehen.</p> - -<p>S. <a href="#Page_206">206</a>. Wegen <cite>Thibauts</cite> Abhandlungen in den Heidelbergischen Jahrbüchern -s. S. <a href="#Page_32">32</a>.</p> - -<p>S. <a href="#Page_221">221</a>. Mit dem Zitat aus der Jenaischen Literatur-Zeitung 1814 ist -die S. <a href="#Page_191">191</a> erwähnte Rezension des <cite>Schmid</cite>'schen Buches Deutschlands Wiedergeburt -gemeint.</p> - - - -<p><a class="pagenum" name="Page_239" id="Page_239">[Pg 239]</a></p> - - - - -<h2>Nachwort.</h2> - - -<p>In den Tagen, da die Schlußzeilen dieses mit der Erinnerung -an die große Zeit der Freiheitskriege verknüpften Buches geschrieben -sind, steht Deutschland im Kampfe gegen eine Welt -von Feinden. Was unsere Vorfahren in den Jahren 1813/15 -erkämpft und vorbereitet, was unsere Väter 1870/71 errungen -und verwirklicht haben, das neue Deutsche Reich, es muß 1914 -verteidigt werden gegen die Neider seiner Macht und seines Ansehens -auf allen Gebieten menschlicher Entwicklung, gegen Kulturfeinde, -denen Mißgunst, Rache und Profitgier über alles gehen. -In wunderbarer Einigkeit steht ganz Deutschland geschart um -seinen Kaiser. Der Geist von 1914, dies einmütige Aufwallen -der Volksseele, dies Bestreben jedes einzelnen, sofern er nicht -dem Vaterlande unmittelbar mit der Waffe dient, als Glied -<em>eines</em> Organismus seine Kräfte zum Wohle des Ganzen möglichst -nutzbringend zu betätigen, so daß sich wie von selbst neue zweckbewußte -Organisationen unseres Gemeinschaftslebens gestalten, -wird in der Geschichte fortleben als eine noch nie gesehene gewaltige -Erscheinung, als eigentümliches Kennzeichen unserer Zeit: -<em>Mehr als die Waffen schlägt der Geist die Schlachten. -Deutschlands Wille zum Siege ist die Gewähr seines -Sieges.</em></p> - -<p><span class="gesperrt">Berlin</span>, im August 1914.</p> - -<p class="poem2"> -<span class="antiqua">Dr.</span> <span class="fantasy">Jacques Stern</span>.<br /> -</p> - -<hr class="hr45" /> - -<p>Im gleichen Verlage sind erschienen:</p> - - -<p class="center"> -<span class="bold large">Einführung in die gerichtliche Praxis.</span><br /> -Ein Buch für Referendare und Studierende.<br /> -Von<br /> -<span class="bold"><span class="antiqua">Dr.</span> Jacques Stern,</span><br /> -<span class="f80">Amtsrichter am Amtsgericht Berlin-Mitte.</span><br /> -1914. Geheftet 9 M., gebunden 10 M.<br /> -</p> - -<p><span class="gesperrt">Prof. <span class="antiqua">Dr.</span> Heilfron</span> schreibt über dies Buch im »Recht«, -Jahrgang 1914, Nr. 11:</p> - -<p class="posth6_2 f90">Der Verfasser hat sich um die juristische Jugend ein zweifelloses Verdienst -erworben. Es kann nicht nur den Referendaren empfohlen werden, -vor jeder Station den betreffenden Abschnitt durchzuarbeiten, sondern auch -die Studenten werden an der Hand des Werkes die ihnen leider so häufig -mangelnde Verbindung mit der Praxis herzustellen vermögen.</p> - -<hr class="hr45" /> - -<p class="center"> -<span class="bold large">Arrest und einstweilige Verfügungen</span><br /> -nach der Deutschen Zivilprozeßordnung.<br /> -Von<br /> -<span class="bold"><span class="antiqua">Dr.</span> Jacques Stern,</span><br /> -<span class="f80">Amtsrichter am Amtsgericht Berlin-Mitte.</span><br /> -1912. Geheftet 3 M.<br /> -</p> - -<p><cite>Warneyer</cite> schreibt über dies Buch in der »Deutschen -Juristen-Zeitung«, Jahrgang 1912, Nr. 22:</p> - -<p class="posth6_2 f90">Die Arbeit erreicht ihren Zweck im vollsten Maße. Übersichtlich -gegliedert, behandelt sie zunächst das materielle und formelle -Arrestrecht, sodann Voraussetzungen und Inhalt der einstweiligen -Verfügungen, sowie das Verfahren bei diesen, endlich die Rückgabe der -Sicherheiten und die Schadensersatzpflicht wegen ungerechtfertigter -Anordnungen. Auch wo man dem Verfasser nicht folgen kann, weiß er -seine Meinung geschickt zu begründen.</p> - -<p class="center f70"> -Druck von Gebhardt, Jahn & Landt G. m. b. H., Berlin-Schöneberg.<br /> -</p> - - -<hr class="hr45" /> - -<p class="bold noindent">Fußnoten:</p> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_A_1" id="Fn_A_1" href="#FNanchor_A_1"><span class="label">[A]</span></a> Als einer von »Teutschlands Ansprüchen«, als Forderung der »künftigen -teutschen Verfassung«, als Verlangen der »Volksstimmung« kommt eine »gleiche -Gerechtigkeitspflege«, ein »gleiches Recht« z. B. im Rheinischen Merkur wiederholt -zum Ausdruck (Nr. 76 vom 23. Juni 1814, Nr. 105 vom 20. August 1814, -Nr. 219 vom 7. April 1815). Groß war auch die Zahl der ohne Nennung des -Verfassers erschienenen, außer anderen Reformen auch ein einheitliches bürgerliches Recht erstrebenden Flugschriften und Bücher. Genannt seien: Was war Deutschland? -Was ist es jetzt? Was darf es von der Zukunft hoffen? Germanien 1813, -48 S. (Vgl. z. B. Allg. Lit. Ztg., Halle und Leipzig, 1814 Nr. 102 u. 103, -Wiener Allg. Lit. Ztg., Wien, 1814 Nr. 46 u. Heidelb. Jahrb. 1814 Nr. 38). -Geburt, Taten und Ende des Rheinbundes, kein Roman, sondern eine wahre -Geschichte, mit einigen bloß in schwachen Umrissen hingeworfenen Ideen zur -künftigen Regeneration einer deutschen Staatsverfassung an das Licht gestellt -von einem deutschen Patrioten in der Wüste des unterjochten Deutschlands, -Germanien 1813, 80 S. (Vgl. Allg. Lit. Ztg. u. Wiener Allg. Lit. Ztg., ebenda, -sowie Jenaische Allg. Lit. Ztg. 1814 Nr. 78). Was hat Deutschland von seinen -erhabenen Rettern zu erwarten, was hat es zu wünschen? 1814 (ohne Druckort), -27 (nicht 72) S. (Vgl. Jenaische Allg. Lit. Ztg. 1814 Nr. 190.) Ideen -über die Bildung eines freyen germanischen Staatenbundes nebst einem Anhang -über einen ähnlichen italischen Bund – Von dem Verfasser der Ideen über das -Gleichgewicht von Europa, 1814 (ohne Druckort), 272 S. (Vgl. ebenda Nr. 217). -Was können die verschiedenen Völkerstämme Teutschlands in Rücksicht ihrer inneren -Verhältnisse von ihren Regenten verlangen und begehren? Germanien 1814. (Vgl. -B. W. Pfeiffers Ideen zu einer neuen Civil-Gesetzgebung, S. 7; unten Abt. II, <a href="#Page_185">3</a> u. <a href="#Page_202">5</a>.)</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_B_2" id="Fn_B_2" href="#FNanchor_B_2"><span class="label">[B]</span></a> Vgl. auch das zeitlich nach Thibauts Schrift erschienene Buch von -H. R. Brinkmann, Über den Wert des bürgerlichen Gesetzbuchs der Franzosen, -mit besonderer Rücksicht auf die Schrift des Herrn geheimen Kabinetsraths -Rehberg über dasselbe, sowie auf unsere jetzigen Bedürfnisse in der Gesetzgebung, -Göttingen 1814 (Besprechungen in der Allg. Lit. Ztg., Halle und Leipzig 1814, -Stück 226 bis 228; Jenaische Allg. Lit. Ztg. 1815 Nr. 144; Leipziger Lit. -Ztg. 1816 Nr. 26, Göttingische Gelehrte Anzeigen 1814 Stück 154).</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_C_3" id="Fn_C_3" href="#FNanchor_C_3"><span class="label">[C]</span></a> Savignys Stellung zur bürgerlich-rechtlichen <em>Einzelgesetzgebung</em> -ist diese: er ist nicht etwa ein Anhänger der Einzelgesetzgebung schlechtweg im -Gegensatze zur Kodifikation. Vielmehr ist er, wenn wir seine Gruppierung der -Einzelgesetzgebung zugrunde legen, Gegner auch der Einzelgesetzgebung, soweit -sie der organischen Rechtsentwickelung entgegentritt: Gesetze von politischem -Grunde betrachtet er als Ausnahme und notwendiges Übel; die Entscheidung -von Kontroversen und die Verzeichnung alter Gewohnheiten ist nach ihm ein -Objekt der Gesetzgebung, doch ist ihm sogar hier ein anderer Weg als die eigentliche -Gesetzgebung lieber.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_D_4" id="Fn_D_4" href="#FNanchor_D_4"><span class="label">[D]</span></a> -Beyspiele habe ich schon oben (civilist. Abhdlgn.) S. 305 bis 311 gegeben.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_E_5" id="Fn_E_5" href="#FNanchor_E_5"><span class="label">[E]</span></a> Meine civilist. Abhandl. S. 463-466.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_F_6" id="Fn_F_6" href="#FNanchor_F_6"><span class="label">[F]</span></a> -Obige Zusammenstellung macht natürlich keinen Anspruch auf absolute -Vollständigkeit. Immerhin sind hier <em>in einem bisher nicht erreichten -Umfange</em> wissenschaftliche Stimmen zum Streite zwischen Thibaut und Savigny -vereinigt.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_G_7" id="Fn_G_7" href="#FNanchor_G_7"><span class="label">[G]</span></a> -Zwischen Hrn. v. <cite>Savigny</cite> und <cite>Thiebaut</cite>. Was später geschehen, -hat wenig zur Schlichtung, desto mehr zur Erhitzung des Streits beigetragen. -Auf der Seite des zuletzt genannten Gelehrten stehen übrigens nicht blos diejenigen, -welche in der Rechtswissenschaft mehr als das Geschichtliche suchen, -sondern auch ausgezeichnete Männer der reingeschichtlichen Methode. Mein ehrwürdiger -Freund, Etatsrath Ritter <cite>Cramer</cite> zu Kiel, wird mir verzeihen, wenn -ich hier seinen Namen nenne und dem Publikum verrathe, daß Er es vorzüglich -war, der mich gegen die Behauptungen des von uns gemeinschaftlich verehrten -<cite>v. Savigny</cite> in Harnisch zu bringen und zu freundschaftlichem Kampf hinauszuführen -gesucht hat. Vieles was den Freuden des geistigen Wirkens wenig -zusagt, hinderte mich seither, an dieser Angelegenheit Theil zu nehmen. Und -auch jetzt will ich nicht so angesehen seyn, als traute ich mir zu, durch die wenigen -Worte, die ich hier zu sagen habe, den Streit zu schlichten oder zu vermitteln. -<cite>Solons</cite> weises Gesetz, wonach jeder gute Bürger verpflichtet war, bey entstandener -Partheiung seine Gesinnungen öffentlich auszusprechen, sollte vorzüglich -in dem gelehrten Freistaat und geistigen Tugendbund (oder wie man sonst den -heiligen Verein für Recht und Wahrheit nennen mag, in welchem ohne Heimlichkeit -und ohne Schwur Tausende sich Brüder nennen) als eines der ersten Grundgesetze -gelten. Ich ergreife die gegenwärtige Gelegenheit nur dazu, um dieses -Gesetz zu erfüllen, und die Parthey bestimmt zu bezeichnen, auf deren Seite ich -zu finden bin. – Einige sagen vielleicht hierauf spottend: »das haben wir längst -gewußt!« Indessen hat auch dieses mir nichts zu bedeuten.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_H_8" id="Fn_H_8" href="#FNanchor_H_8"><span class="label">[H]</span></a> -Hierin löst sich das meiste von demjenigen auf, was Hr. Prof. <cite>Meister</cite> -zu Breslau für das römische Recht und dessen Beibehaltung einige Zeit vor -jenem Streit zwischen <cite>Thiebaut</cite> und <cite>v. Savigny</cite> geschrieben hat.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_I_9" id="Fn_I_9" href="#FNanchor_I_9"><span class="label">[I]</span></a> -Denn die Geschichte der <em>Aufnahme</em> des römischen Rechts, zuerst -im Einzelnen blos der Materie nach, dann der Form nach im Ganzen, wird -wohl nicht gegen das oben stehende geltend gemacht werden wollen. Ueberdieß -läßt sich bestimmt voraussagen, daß diese Geschichte immer nur über Manches -im Allgemeinen, allein nur über Weniges im Einzelnen werde Licht verbreiten -können.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_J_10" id="Fn_J_10" href="#FNanchor_J_10"><span class="label">[J]</span></a> -Und doch wurde von den Gegnern über Gesetze und Gesetzgebung gerade -so gesprochen, als hätte man jenes oder dieses gedacht. An ein von dem Feuerlande -bis nach Kamtschatka allgemeingültiges <em>gesetzgebendes</em> Naturrecht glaubt -man schon lange nicht mehr. Daß aber das Gesetzgeben mit dem Despotismus so nahe verwandt sey, daß man -<cite>Cäsars</cite> bekanntes Vorhaben, ohne weiteres -unter den Beweisen seines Strebens nach Gewaltherrschaft anführen dürfe, hat -man früher noch nie geglaubt, und glauben sehr viele noch nicht, wiewohl es -seitdem behauptet worden ist.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_K_11" id="Fn_K_11" href="#FNanchor_K_11"><span class="label">[K]</span></a> -<span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">Jura aequare.</span> – Ich schreibe diese Vorrede entfernt von meinen -Papieren und habe <cite>Livius</cite> so eben nicht bey der Hand, um die Stelle näher -zu bezeichnen.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_L_12" id="Fn_L_12" href="#FNanchor_L_12"><span class="label">[L]</span></a> -Jedes Volk, sobald dasselbe so weit gekommen, seine Rechte in einem -Gesetzbuche schriftlich darzustellen, änderte und besserte zugleich sein Recht. War -das Volk aus mehreren kleineren Stämmen mit eignen Rechtsgewohnheiten -zusammengeflossen, so galt es auch bey Abfassung des Rechtsbuchs, vor allem -diese Verschiedenheiten in Einstimmung zu bringen und aus dem vorhandenen -Stoff ein Gemeinsames zu schaffen. Abgesehen von den späteren Zusätzen der -Könige und des Clerus, enthielt schwerlich irgend eines der sogenannten Gesetze -der Barbaren, selbst in der ursprünglichen Gestalt, ganz reines Gewohnheitsrecht -ohne allen Einfluß der gesetzgebenden Weisheit dieser Zeit. Was der große -König <cite>Alfred</cite> in der Einleitung zu seinem Rechtsbuche sagt: <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">Ego Alfredus -Rex in unum colligi et litteris consignari jussi, <em>multa eorum quae -parentes nostri observabant, quae mihi placebant, et -multa eorum quae mihi non placebant rejeci</em> cum meo sapienti -Concilio, et alio modo jussi observari</span>: dieses thaten und dachten, in größerem -oder geringerem Umfang, besser oder schlechter, gewiß alle, die berufen waren, -ihres Volkes Rechte in Gesetzen zu verfassen. Das: <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">quae mihi placebant</span>, -bedeutet aber freylich nicht so viel als: <span class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">car tel est notre plaisir</span>, sondern hat -ungefähr denselben Sinn, in welchem König <cite>Egica</cite> durch Betrachtungen über -Geist und Zweck aller Gesetze das westgothische Gesetzbuch einleitet, wenn er -sagt: <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">Lex erit secundum naturam, secundum consuetudinem civitatis, loco -temporique conveniens, justa et aequabilia praescribens, congruens, honesta -et digna, utilis, necessaria.</span> (<span class="antiqua"><cite>Canciani</cite> Vol. IV. p. 63. et 247.</span>)</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_M_13" id="Fn_M_13" href="#FNanchor_M_13"><span class="label">[M]</span></a> -Wie bey uns, denen ins Angesicht behauptet wurde, keines der neueren -Gesetzbücher sey an Würde und Kraft des Gesetz-Styls auch nur mit der <cite>Halsgerichtsordnung</cite> -Kaisers <cite>Karl</cite> V. zu vergleichen. Wenn einmal unsere -Gesetzbücher ein paar Jahrhunderte alt geworden sind, so werden sie unsern -Nachkommen wahrscheinlich eben so ehrwürdig und gravitätisch klingen, wie -uns jetzt die Karolina.</p></div> - - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_1_14" id="Fn_1_14" href="#FNanchor_1_14"><span class="label">[1]</span></a> <cite>Rehberg</cite> über -den Code Napoleon. Hannover 1814.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_2_15" id="Fn_2_15" href="#FNanchor_2_15"><span class="label">[2]</span></a> <cite>K. E. Schmid</cite> -Deutschlands Wiedergeburt. Jena 1814. S. 135 &c. <cite>Thibaut</cite> über die Nothwendigkeit eines allg. -bürgerlichen Rechts für Deutschland. Heidelberg 1814. Jener wünscht für den Augenblick Annahme des Oesterreichischen -Gesetzbuchs, dieser sogleich ein neues.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_3_16" id="Fn_3_16" href="#FNanchor_3_16"><span class="label">[3]</span></a> Vorzüglich in der -Encyclopädie <span class="antiqua">ed.</span> 4. §. 21. 22. Naturrecht <span class="antiqua">ed.</span> 3. §. 130. -Civilist. Magazin B. 4. <span class="antiqua">Num.</span> 4.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_4_17" id="Fn_4_17" href="#FNanchor_4_17"><span class="label">[4]</span></a> <span -class="antiqua" lang="la" xml:lang="la"><cite>Baco</cite> de fontibus juris, aphor. 59-64 (de augmentis scient. L. 8 C. 3).</span></p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_5_18" id="Fn_5_18" href="#FNanchor_5_18"><span class="label">[5]</span></a> <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">l. -c. aph. 64. »Optandum esset, ut hujusmodi legum instauratio illis temporibus suscipiatur, quae antiquioribus, quorum -acta et opera tractant, literis et rerum cognitione praestiterint ... Infelix res namque est, cum ex judicio et delectu -aetatis minus prudentis et e ditae antiquorum opera mutilantur et recomponuntur.«</span></p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_6_19" id="Fn_6_19" href="#FNanchor_6_19"><span class="label">[6]</span></a> <cite>Hugo</cite> Naturrecht -§. 130 N. 7. »Wenn alle Rechtsfragen von oben herab entschieden werden sollten, so würde es solcher Entscheidungen so -viele geben, daß es kaum möglich wäre, sie alle zu kennen, und für die unentschiedenen Fälle, deren doch immer noch -genug übrig blieben, gäbe es nur um so mehr widersprechende Analogien.«</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_7_20" id="Fn_7_20" href="#FNanchor_7_20"><span class="label">[7]</span></a> <span -class="antiqua" lang="la" xml:lang="la"><cite>Baco</cite> de augm. scient. L. 8. C. 3. »Jurisconsulti autem.... tanquam e vinculis -sermocinantur.«</span></p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_8_21" id="Fn_8_21" href="#FNanchor_8_21"><span class="label">[8]</span></a> <span class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">Motifs -de la loi du 3. Sept. 1807</span> vor dem <span class="antiqua">Code Nap. ed. Paris 1807. 8. p. IX.</span> (<cite>von -Bigot-Preameneu</cite>).</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_9_22" id="Fn_9_22" href="#FNanchor_9_22"><span class="label">[9]</span></a> <span -class="antiqua" lang="la" xml:lang="la"><cite class="it">Sueton.</cite> Caesar. C. 44. Jus civile ad certum modum redigere, atque ex immensa diffusaque legum copia, -optima quaeque et necessaria in paucissimos conferre libros.</span></p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_10_23" id="Fn_10_23" href="#FNanchor_10_23"><span class="label">[10]</span></a> <span -class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">Motifs de la loi du 3. Sept. 1807</span> vor den Ausgaben des Code seit 1807, von -<cite>Bigot-Preameneu</cite>.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_11_24" id="Fn_11_24" href="#FNanchor_11_24"><span class="label">[11]</span></a> <span -class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr"><cite class="it">Montesquieu</cite> XXIX. 18.</span></p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_12_25" id="Fn_12_25" href="#FNanchor_12_25"><span class="label">[12]</span></a> Man vergleiche was über -die Gleichförmigkeit des Rechts <cite>Rehberg</cite> über den Code Nap. S. 33 und f., so wie über die wichtigen Folgen -der gänzlichen Umwandlung des Rechts derselbe S. 57 u. f. sagt.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_13_26" id="Fn_13_26" href="#FNanchor_13_26"><span class="label">[13]</span></a> Die Discussionen des -französischen Staatsraths über den Code geben eine bequeme Uebersicht über das Verhältniß dieser Theile: bey jenen -konnten die Nichtjuristen kein Ende finden, von diesen war oft gar nicht die Rede.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_14_27" id="Fn_14_27" href="#FNanchor_14_27"><span class="label">[14]</span></a> <cite>Thibaut</cite> a. -a. O. <span class="antiqua">p.</span> <a href="#thibaut_54">54</a>.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_15_28" id="Fn_15_28" href="#FNanchor_15_28"><span class="label">[15]</span></a> <span -class="antiqua" lang="la" xml:lang="la"><cite>Tacitus</cite>, Agricola C. 3.</span></p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_16_29" id="Fn_16_29" href="#FNanchor_16_29"><span class="label">[16]</span></a> -Ich werde dabey auf -folgende Schriften verweisen: <span class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">Conférence du code civil avec la discussion ... du conseil d'état -et du tribunat. Paris Didot 1805. 8. vol. in 12. – Code civil suivi de l'exposé des -motifs</span> (die Reden im <span class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">corps legislatif</span>). <span class="antiqua">Paris Didot 1804. -8. vol. in 12.</span> – (<span class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr"><cite>Crussaire</cite></span>) <span class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">Analyse des -observations des<span class="f70">[55]</span> tribunaux d'appel et du tribunal de cassation sur le projet de code civil. Paris 1802. 4. – -<cite>Maleville</cite> analyse raisonnée de la discussion du code civil, ed. 2. Paris 1807. 4. vol. in -8.</span> Der <span class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">Code</span> und das <span class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">Projet de code civil</span> sind ohnehin -bekannt.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_17_30" id="Fn_17_30" href="#FNanchor_17_30"><span class="label">[17]</span></a> <cite>Rehberg</cite> -über den Code Napoleon. Hannover 1814. 8.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_18_31" id="Fn_18_31" href="#FNanchor_18_31"><span class="label">[18]</span></a> <span -class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">Conférence T. 4. p. 126.</span> »<span class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">Ces substitutions étaient contraires à l'intérêt -de l'agriculture, aux bonnes moeurs, à la raison; personne ne pense à les rétablir.</span>«</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_19_32" id="Fn_19_32" href="#FNanchor_19_32"><span class="label">[19]</span></a> Einige Stellen s. bey -<cite>Rehberg</cite> S. 141. 163. 177. 187.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_20_33" id="Fn_20_33" href="#FNanchor_20_33"><span class="label">[20]</span></a> Dieses sind im -wesentlichen die Ansichten von <cite>Rehberg</cite>, und ich sehe nicht, wie man diesen ungerechte Bitterkeit vorwerfen -kann: die Anwendung auf manche einzelne Stellen läßt sich freylich bestreiten.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_21_34" id="Fn_21_34" href="#FNanchor_21_34"><span class="label">[21]</span></a> Die Beurtheilung des -Code von dieser Seite lag außer <cite>Rehbergs</cite> Zweck. Viel treffliches hierüber enthält <cite>Thibauts</cite> -Rec. von <cite>Rehbergs</cite> Schrift in den Heidelb. Jahrb. 1814. Jan. S. 1 u. f.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_22_35" id="Fn_22_35" href="#FNanchor_22_35"><span class="label">[22]</span></a> Vgl. -hierüber die ungemein vortrefflichen Bemerkungen des Appellationsgerichts von Montpellier bey <span -class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr"><cite>Crussaire</cite> p. 5-9</span>.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_23_36" id="Fn_23_36" href="#FNanchor_23_36"><span class="label">[23]</span></a> Z. B. von -<cite>Seidensticker</cite> Einleitung in den Codex Napoleon S. 221-224.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_24_37" id="Fn_24_37" href="#FNanchor_24_37"><span class="label">[24]</span></a> Heidelb. Jahrb. 1814. -Jan. S. 12.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_25_38" id="Fn_25_38" href="#FNanchor_25_38"><span class="label">[25]</span></a> Jene, über <span -class="antiqua">art.</span> 1674-1685, steht <span class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">conférence T. 6. p. 43-94</span>, diese über <span -class="antiqua">a.</span> 1101-1133, <span class="antiqua">T. 5. p. 1-21</span>, und davon nimmt der Text wenigstens -die Hälfte ein.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_26_39" id="Fn_26_39" href="#FNanchor_26_39"><span class="label">[26]</span></a> <span -class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr"><cite>Desquiron</cite> esprit des Institutes de Justinien conféré avec le code Nap. Paris Renaudière, -1807. 2 vol. 4.</span>, in der historischen Einleitung.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_27_40" id="Fn_27_40" href="#FNanchor_27_40"><span class="label">[27]</span></a> <span -class="antiqua">Moniteur an X. N. 86. p. 339.</span> Die Rede gehört zu den nachher unterdrückten -Verhandlungen.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_28_41" id="Fn_28_41" href="#FNanchor_28_41"><span class="label">[28]</span></a> <span -class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr"><cite>Maleville</cite> analyse T. 4. p. 358. 359.</span></p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_29_42" id="Fn_29_42" href="#FNanchor_29_42"><span class="label">[29]</span></a> <span class="antiqua">l. -c. p. 407.</span></p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_30_43" id="Fn_30_43" href="#FNanchor_30_43"><span class="label">[30]</span></a> <span -class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">Conférence T. 2 p. 123. 124. 136.</span> Der Irrthum von <cite>Emmery</cite> <span -class="antiqua">p.</span> 139 ist um einige Grade geringer.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_31_44" id="Fn_31_44" href="#FNanchor_31_44"><span class="label">[31]</span></a> <span -class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">Conférence T. 6 p. 44.</span></p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_32_45" id="Fn_32_45" href="#FNanchor_32_45"><span class="label">[32]</span></a> Beyspiele wichtiger -Materien, die im Code ganz oder größtentheils fehlen, stehen in den <cite>Heidelb. Jahrb.</cite> 1814 Januar S. -13.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_33_46" id="Fn_33_46" href="#FNanchor_33_46"><span class="label">[33]</span></a> Lyon und Rouen, bey -<span class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr"><cite class="it">Crussaire</cite> p. 43. 52.</span></p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_34_47" id="Fn_34_47" href="#FNanchor_34_47"><span class="label">[34]</span></a> <span -class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">Conférence T. 1. p. 204. 267.</span></p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_35_48" id="Fn_35_48" href="#FNanchor_35_48"><span class="label">[35]</span></a> <span -class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">Motifs T. 2. p. 115.</span></p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_36_49" id="Fn_36_49" href="#FNanchor_36_49"><span class="label">[36]</span></a> <span -class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr"><cite class="it">Maleville</cite> T. 1. p. 104.</span></p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_37_50" id="Fn_37_50" href="#FNanchor_37_50"><span class="label">[37]</span></a> <span -class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">Motifs T. 2. p. 255.</span></p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_38_51" id="Fn_38_51" href="#FNanchor_38_51"><span class="label">[38]</span></a> <span -class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr"><cite class="it">Maleville</cite> T. 1. p. 165.</span></p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_39_52" id="Fn_39_52" href="#FNanchor_39_52"><span class="label">[39]</span></a> <span -class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr"><cite class="it">Maleville</cite> T. 1. p. 206.</span></p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_40_53" id="Fn_40_53" href="#FNanchor_40_53"><span class="label">[40]</span></a> <span -class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr"><cite class="it">Maleville</cite> T. 1. p. 327.</span></p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_41_54" id="Fn_41_54" href="#FNanchor_41_54"><span class="label">[41]</span></a> <span -class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr"><cite class="it">Maleville</cite> T. 1. p. 96.</span></p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_42_55" id="Fn_42_55" href="#FNanchor_42_55"><span class="label">[42]</span></a> <span -class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr"><cite class="it">Maleville</cite> T. 1. p. 182.</span></p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_43_56" id="Fn_43_56" href="#FNanchor_43_56"><span class="label">[43]</span></a> Die vergeblichen -Bemühungen stehen <span class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">conférence T. 2. p. 79-90</span>. Der Gipfel der Verwirrung ist in der -Bemerkung von <cite>Tronchet</cite> <span class="antiqua">p. 84 <span lang="fr" xml:lang="fr">que jamais le mariage -n'est nul de plein droit; il y a toujours un titre et une apparence qu'il faut détruire</span></span>. Wenn jemand mein -Haus besitzt, so giebt es auch <span class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">une apparence à détruire</span>, (etwas blos factisches), dazu -dient die Vindication; aber sein angebliches <em>Recht</em> des Eigenthums ist dennoch <span class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">nul de -plein droit</span>, d. h. es ist gar nicht da, und dieses aufzuheben brauche ich keine Klage. Bey Testamenten läßt -es sich durch den Gegensatz der alten Nullität wegen eines präterirten Sohnes, und der <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">querela -inofficiosi</span>, recht deutlich machen.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_44_57" id="Fn_44_57" href="#FNanchor_44_57"><span class="label">[44]</span></a> <cite>Portalis</cite> in -<span class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">conférence T. 1. p. 29.</span>; <cite>Boulay</cite> im <span class="antiqua">Moniteur an X. N. -86. p. 343</span>. »<span class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">On sait que jamais, ou presque<span class="f70">[74]</span> jamais, dans aucun procès, on ne peut citer un texte bien clair et -bien précis de loi, en sorte que ce n'est jamais que par le bon sens et par l'équité que l'on peut décider.</span>«</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_45_58" id="Fn_45_58" href="#FNanchor_45_58"><span class="label">[45]</span></a> <span -class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">Conférence T. 1. p. 27. 29.</span> <span class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">Motifs T. 2. p. 17. 18.</span> <span -class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr"><cite class="it">Maleville</cite> T. 1. p. 13.</span> <span class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">Projet, discours -préliminaire p. XI. XII. XIII.</span></p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_46_59" id="Fn_46_59" href="#FNanchor_46_59"><span class="label">[46]</span></a> <cite>Bonaparte</cite> -in <span class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">conférence T. 2. p. 327</span>. <span class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">Avis du conseil d'état</span> im -<span class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">Bulletin des lois</span> und bey <span class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr"><cite class="it">Locré</cite> T. 3. p. -104</span>, »<span class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">les divers cas que la loi ... a laissés à la disposition des principes généraux et -du droit commun.</span>«</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_47_60" id="Fn_47_60" href="#FNanchor_47_60"><span class="label">[47]</span></a> <span -class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">Projet l. c.</span></p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_48_61" id="Fn_48_61" href="#FNanchor_48_61"><span class="label">[48]</span></a> <span -class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">Projet, discours préliminaire, p. XIX. »Dans cette immensité d'objets -divers, qui composent les matières civiles, et dont le jugement, dans le plus grand nombre des cas, est moins -l'application d'un texte précis que la combinaison de plusieurs textes qui conduisent à la décision bien plus qu'ils ne -la renferment, on ne peut pas plus se passer de jurisprudence que de lois.</span>«</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_49_62" id="Fn_49_62" href="#FNanchor_49_62"><span class="label">[49]</span></a> <cite>Schmid</cite> -Einleitung in das bürgerl. Recht des Franz. Reichs B. 1. S. 21-23. 373. 374.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_50_63" id="Fn_50_63" href="#FNanchor_50_63"><span class="label">[50]</span></a> <span -class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr"><cite class="it">Maleville</cite> T. 4. p. 414-417.</span></p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_51_64" id="Fn_51_64" href="#FNanchor_51_64"><span class="label">[51]</span></a> <span -class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr"><cite class="it">Locré</cite> T. 3. p. 443 ed. Paris 1805. 8.</span></p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_52_65" id="Fn_52_65" href="#FNanchor_52_65"><span class="label">[52]</span></a> <span -class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">Moniteur an X. p. 337.</span></p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_53_66" id="Fn_53_66" href="#FNanchor_53_66"><span class="label">[53]</span></a> <span -class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr"><cite class="it">Crussaire</cite> p. 8.</span></p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_54_67" id="Fn_54_67" href="#FNanchor_54_67"><span class="label">[54]</span></a> Cabinetsordre von 1780 -vor dem <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">Corpus juris Fridericianum</span> B. 1. Berlin 1781. 8. – Die Vorerinnerungen -vor dem Entwurf des Gesetzbuchs Th. 1. Abth. 1. und Th. 2. Abth. 1. und 3. – Cabinetsordre von 1786 in -<cite>Kleins</cite> Annalen Th. I. S. XLIX. – Publicationspatente von 1791 und 1794 vor dem Gesetzbuch (1791) und -dem Landrecht (1794).</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_55_68" id="Fn_55_68" href="#FNanchor_55_68"><span class="label">[55]</span></a> <cite>Kleins</cite> -Annalen B. 1. und B. 8., gleich im Anfang beider Bände. – <cite>Kleins</cite> Selbstbiographie. Berlin 1806. 8. -S. 47.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_56_69" id="Fn_56_69" href="#FNanchor_56_69"><span class="label">[56]</span></a> Bericht des -Justizcommissarius <cite>Simon</cite> üb. Redaktion der Materialien der preuss. Gesetzgebung, in <cite>Mathis</cite> -jur. Monatsschrift B. 11 Heft 3. S. 191 bis 286 nebst einem Konspektus der Materialien. – Die Materialien zum -Landrecht allein (ohne die Gerichtsordnung) betragen 1500-2000 einzelne Stücke in 88 Folianten.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_57_70" id="Fn_57_70" href="#FNanchor_57_70"><span class="label">[57]</span></a> Publicationspatent §. -1.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_58_71" id="Fn_58_71" href="#FNanchor_58_71"><span class="label">[58]</span></a> Dieses ist indessen für -Ostpreussen etwas später geschehen (Ostpreussisches Provinzialrecht. Berlin 1801. 8), für die übrigen Provinzen gar -nicht. Es gilt also da das besondere Recht in seiner alten Form.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_59_72" id="Fn_59_72" href="#FNanchor_59_72"><span class="label">[59]</span></a> Entwurf des Gesetzbuchs -Th. 1. Abth. 1. S. 5. 6. <cite>Kleins</cite> Annalen B. 8. S. XXVI-XXIX. <cite>Simon</cite> S. 197-199. Mehrere der -wichtigsten Neuerungen wurden noch in der allerletzten Revision des Landrechts weggelassen. <cite>Simon</cite> S. -235.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_60_73" id="Fn_60_73" href="#FNanchor_60_73"><span class="label">[60]</span></a> <cite>Hugo</cite> über -Daniel <cite>Nettelbladt</cite>, civilist. Magazin B. 2 <span class="antiqua">N.</span> 1.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_61_74" id="Fn_61_74" href="#FNanchor_61_74"><span class="label">[61]</span></a> <cite>Simon</cite> S. -198.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_62_75" id="Fn_62_75" href="#FNanchor_62_75"><span class="label">[62]</span></a> <cite>Simon</cite> S. -200-202.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_63_76" id="Fn_63_76" href="#FNanchor_63_76"><span class="label">[63]</span></a> <cite>Simon</cite> -S. 202. – Von <cite>Volkmar</cite> existiren folgende Schriften: 1) <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">De condictionum -indole. Hal. 1777.</span> (<cite>Simon</cite> S. 200). 2) <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">De intestatorum Atheniensium -hereditatibus. Traj. ad Viad. 1778.</span> (<cite>Schott</cite> Critik. B. 10. S. 79). 3) Erörterung der Begriffe -Erbschaft <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">ex asse</span> &c. Breslau 1780. (<span class="antiqua">ib.</span> S. 82). 4) -<span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">Varia quae ad leges Romuleas et magistratus pertinent. Vratislav. 1779. 8.</span> 5) Ueber -ursprüngliche Menschenrechte. Breslau 1793. 8. (<cite>Ersch</cite> Literatur der Jurisprud. S. 272). Ich kenne davon -nur die vierte, und diese ist allerdings wenig bedeutend.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_64_77" id="Fn_64_77" href="#FNanchor_64_77"><span class="label">[64]</span></a> Cabinetsordre von 1780 -S. XII. XIII. »Wenn Ich ... Meinen Endzweck .. erlange, so werden freylich viele Rechtsgelehrten bey der Simplifikation -dieser Sache ihr geheimnißvolles Ansehen verlieren, um ihren ganzen Subtilitäten-Kram gebracht, und das ganze Corps -der bisherigen Advokaten unnütz werden. Allein ich werde dagegen.... desto mehr geschickte Kaufleute, Fabrikanten und -Künstler gewärtigen können, von welchen sich der Staat mehr Nutzen zu versprechen hat.«</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_65_78" id="Fn_65_78" href="#FNanchor_65_78"><span class="label">[65]</span></a> a. a. O. S. -XIII.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_66_79" id="Fn_66_79" href="#FNanchor_66_79"><span class="label">[66]</span></a> Entwurf Einl. §. -34-36.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_67_80" id="Fn_67_80" href="#FNanchor_67_80"><span class="label">[67]</span></a> Landrecht Einl. §. 46. -49.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_68_81" id="Fn_68_81" href="#FNanchor_68_81"><span class="label">[68]</span></a> Landrecht Einl. §. 47. -48.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_69_82" id="Fn_69_82" href="#FNanchor_69_82"><span class="label">[69]</span></a> Erster Anhang zum -Landrecht. Berlin 1803. §. 2.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_70_83" id="Fn_70_83" href="#FNanchor_70_83"><span class="label">[70]</span></a> Landrecht Einl. §. -50.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_71_84" id="Fn_71_84" href="#FNanchor_71_84"><span class="label">[71]</span></a> Entwurf Th. 2 Abth. 3. Vorerinnerung.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_72_85" id="Fn_72_85" href="#FNanchor_72_85"><span class="label">[72]</span></a> Bey <cite>Simon</cite> -S. 213. 220 stehen die Namen derer, welche Bemerkungen eingesandt, und welche Preise erhalten haben.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_73_86" id="Fn_73_86" href="#FNanchor_73_86"><span class="label">[73]</span></a> <cite>Schlossers</cite> -Briefe über die Gesetzgebung &c. Frankfurt 1789, und: Fünfter Brief &c. Frankfurt 1790. 8.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_74_87" id="Fn_74_87" href="#FNanchor_74_87"><span class="label">[74]</span></a> Briefe S. 246.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_75_88" id="Fn_75_88" href="#FNanchor_75_88"><span class="label">[75]</span></a> <cite>Schlossers</cite> -Vorschlag und Versuch einer Verbesserung des Deutschen bürgerlichen Rechts &c. Leipzig 1777. 8. – -<cite>Schlossers</cite> Briefe S. 46. 342. in welcher letzten Stelle er sogar Westphals Schriften als sehr brauchbar -für diesen Zweck rühmt.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_76_89" id="Fn_76_89" href="#FNanchor_76_89"><span class="label">[76]</span></a> In <cite>Hugos</cite> -civilist. Magazin B. 1. <span class="antiqua">N.</span> 6. (1790).</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_77_90" id="Fn_77_90" href="#FNanchor_77_90"><span class="label">[77]</span></a> Die Nachrichten darüber -sind genommen aus <cite>Zeillers</cite> Vorbereitung zur neuesten Oesterreichischen Gesetzkunde. Wien und Triest 1810. -Bd. 1. S. 19-30.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_78_91" id="Fn_78_91" href="#FNanchor_78_91"><span class="label">[78]</span></a> Nämlich 1746 zur -Preussischen, 1753 zur Oesterreichischen Gesetzgebung. <cite>Simon</cite> S. 194. <cite>Zeiller</cite> S. 19.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_79_92" id="Fn_79_92" href="#FNanchor_79_92"><span class="label">[79]</span></a> <cite>Zeiller</cite> S. -23. 26-30.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_80_93" id="Fn_80_93" href="#FNanchor_80_93"><span class="label">[80]</span></a> <cite>Zeiller</cite> S. -27. 28.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_81_94" id="Fn_81_94" href="#FNanchor_81_94"><span class="label">[81]</span></a> <cite>Zeiller</cite> S. -24.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_82_95" id="Fn_82_95" href="#FNanchor_82_95"><span class="label">[82]</span></a> Die drey Theile des -Gesetzbuchs enthalten zusammen 561 Seiten, sehr weitläufig gedruckt.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_83_96" id="Fn_83_96" href="#FNanchor_83_96"><span class="label">[83]</span></a> <span class="antiqua">§. -5 I. per quas pers.</span></p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_84_97" id="Fn_84_97" href="#FNanchor_84_97"><span class="label">[84]</span></a> <span class="antiqua">§. -I. cit., L. 53 D. de adqu. rer. dom.</span></p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_85_98" id="Fn_85_98" href="#FNanchor_85_98"><span class="label">[85]</span></a> <span -class="antiqua"><i>L.</i> 14 D. de testam. tut.</span></p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_86_99" id="Fn_86_99" href="#FNanchor_86_99"><span class="label">[86]</span></a> <span -class="antiqua"><cite class="it">Hellfeld</cite> §. 1298</span> »<span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">Ipsa vero tutela consistit in -defensione personae pupilli principaliter, et secundario in defensione bonorum pupillarium.</span>«</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_87_100" id="Fn_87_100" href="#FNanchor_87_100"><span class="label">[87]</span></a> <span -class="antiqua"><cite class="it">Digest.</cite> lib. 27 tit. 2.</span></p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_88_101" id="Fn_88_101" href="#FNanchor_88_101"><span class="label">[88]</span></a> Nämlich nach -Römischem Rechte war allgemein und absichtlich der Intestaterbe zur Tutel berufen; im Oesterreichischen Gesetzbuch -kann es wegen der Linealerbfolge kommen, daß der Intestaterbe und der zur Vormundschaft berufene nächste Verwandte -verschiedene Personen sind, in den meisten Fällen aber wird es auch hier dieselbe Person seyn.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_89_102" id="Fn_89_102" href="#FNanchor_89_102"><span class="label">[89]</span></a> <cite>Zeiller</cite> -a. a. O., S. 38. »Da nun aber auf dem philosophischen Gebiete jedermann nach seiner Ueberzeugung urtheilet; so -ist leicht zu erachten, daß die Urtheile oft nach einer eingebildeten Billigkeit (<span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">aequitas -cerebrina</span>) und im Grunde nach Willkühr gefället werden.«</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_90_103" id="Fn_90_103" href="#FNanchor_90_103"><span class="label">[90]</span></a> <cite>K. E. -Schmid</cite> Deutschlands Wiedergeburt, S. 131. 134. 135.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_91_104" id="Fn_91_104" href="#FNanchor_91_104"><span class="label">[91]</span></a> Vergl. -<cite>Rehberg</cite> über den Code Napoleon S. 8-10.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_92_105" id="Fn_92_105" href="#FNanchor_92_105"><span class="label">[92]</span></a> Ueber -die Art und Weise, wie unsre Vorfahren die Processe abgekürzet haben; patriotische Phantasien Th. 1. <span -class="antiqua">N.</span> 51.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_93_106" id="Fn_93_106" href="#FNanchor_93_106"><span class="label">[93]</span></a> <cite>Mösers</cite> -Schreiben eines alten Rechtsgelehrten über das sogenannte Allegiren, a. a. O. Th. 1. <span class="antiqua">N.</span> -22.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_94_107" id="Fn_94_107" href="#FNanchor_94_107"><span class="label">[94]</span></a> <cite>Thibaut</cite> -a. a. O., S. <a href="#thibaut_52">52</a>. <a href="#thibaut_55">55</a>. <a href="#thibaut_60">60</a>.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_95_108" id="Fn_95_108" href="#FNanchor_95_108"><span class="label">[95]</span></a> <cite>Thibaut</cite> -S. <a href="#thibaut_60">60</a>.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_96_109" id="Fn_96_109" href="#FNanchor_96_109"><span class="label">[96]</span></a> a. a. O., S. -<a href="#thibaut_15">15-22</a>.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_97_110" id="Fn_97_110" href="#FNanchor_97_110"><span class="label">[97]</span></a> a. a. O., S. <a href="#thibaut_20">20</a>. -<a href="#thibaut_21">21</a>.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_98_111" id="Fn_98_111" href="#FNanchor_98_111"><span class="label">[98]</span></a> <span -class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">Esprit des lois liv. 27.</span></p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_99_112" id="Fn_99_112" href="#FNanchor_99_112"><span class="label">[99]</span></a> <span -class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">Nova methodus. P. 2. §. 82.</span></p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_100_113" id="Fn_100_113" href="#FNanchor_100_113"><span class="label">[100]</span></a> <span -class="antiqua">l. c. §. 85-90.</span></p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_101_114" id="Fn_101_114" href="#FNanchor_101_114"><span class="label">[101]</span></a> -<cite>Mösers</cite> Vorschlag zu einer Sammlung einheimischer Rechtsfälle; patriot. Phantasien Th. 2. <span -class="antiqua">N.</span> 53. (3te Ausgabe <span class="antiqua">N.</span> 44).</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_102_115" id="Fn_102_115" href="#FNanchor_102_115"><span class="label">[102]</span></a> -<cite>Schmid</cite> Deutschlands Wiedergeburt, S. 278. 279.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_103_116" id="Fn_103_116" href="#FNanchor_103_116"><span class="label">[103]</span></a> <span -class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">Projet de code civil p. XIII. »Dans l'état de nos sociétés, il est trop heureux que la jurisprudence -forme une science qui puisse fixer le talent, flatter l'amour propre et réveiller l'émulation.« – P. XIV. »On ne -saurait comprendre combien cette habitude de science et de raison adoucit et règle le pouvoir.«</span></p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_104_117" id="Fn_104_117" href="#FNanchor_104_117"><span class="label">[104]</span></a> Ich benutze die -handschriftliche und mündliche Mittheilung eines Doctors dieser Rechtsschule.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_105_118" id="Fn_105_118" href="#FNanchor_105_118"><span class="label">[105]</span></a> Als Quellen sind -hierüber benutzt worden: Instruction zur Ausführung des Lehrplanes &c. im 35ten Bande von K. <cite>Franz</cite> I. -Gesetzsammlung. – A. <cite>von Heß</cite> encycl. methodol. Einleitung in das juridisch-politische Studium. Wien -u. Triest 1813. 8. Dem Vf. sind laut S. 9. die Acten über den Studienplan mitgetheilt worden, so daß seine Darstellung -der Gründe desselben gewissermaaßen als officiell zu betrachten ist.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_106_119" id="Fn_106_119" href="#FNanchor_106_119"><span class="label">[106]</span></a> <cite>Heß</cite> -§. 39.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_107_120" id="Fn_107_120" href="#FNanchor_107_120"><span class="label">[107]</span></a> <cite>Heß</cite> -§. 13.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_108_121" id="Fn_108_121" href="#FNanchor_108_121"><span class="label">[108]</span></a> <cite>Heß</cite> -§. 16.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_109_122" id="Fn_109_122" href="#FNanchor_109_122"><span class="label">[109]</span></a> s. v. S. 141. -<a href="#Fn_105_118">Note 1</a>.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_110_123" id="Fn_110_123" href="#FNanchor_110_123"><span class="label">[110]</span></a> <cite>Heß</cite> -§. 40. 41.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_111_124" id="Fn_111_124" href="#FNanchor_111_124"><span class="label">[111]</span></a> -<cite>Kaufmann</cite> Anfangsgründe des Römischen Privatrechts. Erste Abtheilung. Wien u. Triest 1814. 8.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_112_125" id="Fn_112_125" href="#FNanchor_112_125"><span class="label">[112]</span></a> -<cite>Eggers</cite> Anhang zu <cite>Heß</cite> S. 93.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_113_126" id="Fn_113_126" href="#FNanchor_113_126"><span class="label">[113]</span></a> Vorerinnerung zum -Entwurf des Gesetzbuchs Th. 2. Abth. 3.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_114_127" id="Fn_114_127" href="#FNanchor_114_127"><span class="label">[114]</span></a> Ein sehr -lehrreicher Aufsatz hierüber von dem Hrn. Justizminister <cite>von Kircheisen</cite> steht in <cite>Mathis</cite> -jurist. Monatsschrift B. 4. S. 65.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_115_128" id="Fn_115_128" href="#FNanchor_115_128"><span class="label">[115]</span></a> Die Rescripte -hierüber von 1804. 1809 und 1812 sind an folgenden Orten zu finden: <cite>Mathis</cite> Monatsschrift Bd. 1 S. 56. 61.; -B. 8. S. 352. 462. <cite>Kamptz</cite> Monatsschrift Heft 1 S. 18.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_116_129" id="Fn_116_129" href="#FNanchor_116_129"><span class="label">[116]</span></a> -<cite>Rescript</cite> von 1813. in <cite>Kamptz</cite> Monatsschrift Heft 3. S. 14.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_117_130" id="Fn_117_130" href="#FNanchor_117_130"><span class="label">[117]</span></a> -<cite>Stengels</cite> Beyträge B. 13. S. 214. 218.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_118_131" id="Fn_118_131" href="#FNanchor_118_131"><span class="label">[118]</span></a> -<cite>Thibaut</cite> a. a. O., S. <a href="#thibaut_29">29-32</a>.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_119_132" id="Fn_119_132" href="#FNanchor_119_132"><span class="label">[119]</span></a> Abschn. -<a href="#savigny_111">8</a>.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_120_133" id="Fn_120_133" href="#FNanchor_120_133"><span class="label">[120]</span></a> -<cite>Thibaut</cite> a. a. O., S. <a href="#thibaut_27">27</a>. <a href="#thibaut_28">28</a>.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_121_134" id="Fn_121_134" href="#FNanchor_121_134"><span class="label">[121]</span></a> Nämlich die -gegenwärtigen Vorschläge eines neu einzuführenden Gesetzbuchs sind lediglich veranlaßt durch den Zustand der Länder, -worin bis jetzt das gemeine Recht oder der Code galt, und ich habe stillschweigend angenommen, daß der Vorschlag selbst -nicht weiter gehe als diese seine Veranlassung. Sollte aber auch Oesterreich und Preussen darin mitbegriffen seyn, -so wäre allerdings von der politischen Seite diese Vollständigkeit sehr zu loben, aber für diese Länder selbst wäre -wohl zu bedenken, was oben (Abschn. <a href="#savigny_111">8</a>.) in anderer Rücksicht gegen die Abschaffung ihrer Gesetzbücher gesagt worden -ist.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_122_135" id="Fn_122_135" href="#FNanchor_122_135"><span class="label">[122]</span></a> A. a. O. S. -<a href="#thibaut_64">64</a>.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_123_136" id="Fn_123_136" href="#FNanchor_123_136"><span class="label">[123]</span></a> S. <a href="#thibaut_59">59</a>. -60.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_124_137" id="Fn_124_137" href="#FNanchor_124_137"><span class="label">[124]</span></a> S. <a href="#thibaut_41">41</a>.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_125_138" id="Fn_125_138" href="#FNanchor_125_138"><span class="label">[125]</span></a> S. <a href="#thibaut_35">35</a>.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_126_139" id="Fn_126_139" href="#FNanchor_126_139"><span class="label">[126]</span></a> S. -<a href="#thibaut_36">36-39</a>.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_127_140" id="Fn_127_140" href="#FNanchor_127_140"><span class="label">[127]</span></a> S. <a href="#thibaut_17">17</a>. -<a href="#thibaut_29">29</a>.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_128_141" id="Fn_128_141" href="#FNanchor_128_141"><span class="label">[128]</span></a> S. <a href="#thibaut_35">35</a>. <a href="#thibaut_36">36</a>. -40.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_129_142" id="Fn_129_142" href="#FNanchor_129_142"><span class="label">[129]</span></a> s. o. S. -<a href="#savigny_59">59</a>.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_130_143" id="Fn_130_143" href="#FNanchor_130_143"><span class="label">[130]</span></a> A. a. O. S. -<a href="#thibaut_23">23</a>.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_131_144" id="Fn_131_144" href="#FNanchor_131_144"><span class="label">[131]</span></a> <span -class="antiqua" lang="la" xml:lang="la"><cite class="it">Melanchthon</cite>, oratio de dignitate legum; in select. declamat. T. 1. -Servestae 1587. p. 247</span> und <span class="antiqua" lang="la" xml:lang="la">Or. de vita <cite class="it">Irnerii</cite> et <cite -class="it">Bartoli</cite>. T. 2. p. 411.</span></p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_132_145" id="Fn_132_145" href="#FNanchor_132_145"><span class="label">[132]</span></a> Zum Theil war -dieses schon bey einer andern Gelegenheit von mir geschehen. Zeitschrift für geschichtliche Rechtswissenschaft B. 4. S. -488-490.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_133_146" id="Fn_133_146" href="#FNanchor_133_146"><span class="label">[133]</span></a> Vgl. Zeitschrift -&c. a. a. O. S. 482 fg.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_134_147" id="Fn_134_147" href="#FNanchor_134_147"><span class="label">[134]</span></a> Was ich hier -zur Erklärung meines einseitigen Urtheils über die französische Jurisprudenz aus den Umständen, unter welchen meine -Schrift zuerst erschien, gesagt habe, ist auf sehr billige Weise anerkannt in einer französischen Recension, welche -überhaupt jenen wissenschaftlichen Streit sehr treffend darstellt. (<span class="antiqua" lang="fr" xml:lang="fr">Le Globe T. V. N. 59. 1827. -18. Août</span>).</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_135_148" id="Fn_135_148" href="#FNanchor_135_148"><span class="label">[135]</span></a> Die -ausführlichste Schrift, welche hierher gehört (von <cite>Gönner</cite>), ist schon früher in dieser Zeitschrift -angezeigt worden (B. 1. S. 373 u. fg.).</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_136_149" id="Fn_136_149" href="#FNanchor_136_149"><span class="label">[136]</span></a> Heidelb. Jahrb. -1815. S. 659.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_137_150" id="Fn_137_150" href="#FNanchor_137_150"><span class="label">[137]</span></a> Civilist. -Abhandl. S. 433.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_138_151" id="Fn_138_151" href="#FNanchor_138_151"><span class="label">[138]</span></a> Vorrede zu -<cite>Unterholzners</cite> juristischen Abhandlungen. München 1810. S. XII-XVII.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_139_152" id="Fn_139_152" href="#FNanchor_139_152"><span class="label">[139]</span></a> Civilist. -Abhandl. S. 416. Heidelb. Jb. 1814. S. 940.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_140_153" id="Fn_140_153" href="#FNanchor_140_153"><span class="label">[140]</span></a> Heidelb. Jahrb. -1814. S. 938.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_141_154" id="Fn_141_154" href="#FNanchor_141_154"><span class="label">[141]</span></a> Heidelb. Jahrb. -1816. S. 200.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_142_155" id="Fn_142_155" href="#FNanchor_142_155"><span class="label">[142]</span></a> a. a. O. S. -198-200.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_143_156" id="Fn_143_156" href="#FNanchor_143_156"><span class="label">[143]</span></a> Heidelb. Jahrb. -1816. S. 200.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_144_157" id="Fn_144_157" href="#FNanchor_144_157"><span class="label">[144]</span></a> Vorrede S. -XI.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_145_158" id="Fn_145_158" href="#FNanchor_145_158"><span class="label">[145]</span></a> -<cite>Feuerbach</cite> über Philosophie und Empirie. Landshut 1804. 8. S. 43.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_146_159" id="Fn_146_159" href="#FNanchor_146_159"><span class="label">[146]</span></a> Strafgesetzbuch -für das Königreich Baiern. München 1813. (das Promulgationspatent ist vom 16. Mai 1813). Anmerkungen zum -Strafgesetzbuche für das Königreich Baiern. B. 1. 2. München 1813. B. 3. 1814. 8.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_147_160" id="Fn_147_160" href="#FNanchor_147_160"><span class="label">[147]</span></a> Anmerkungen B. 1. -S. 12-19.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_148_161" id="Fn_148_161" href="#FNanchor_148_161"><span class="label">[148]</span></a> Ich nehme diese -Nachricht aus dem Brief eines Bairischen Advocaten vom 22. Mai 1816.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_149_162" id="Fn_149_162" href="#FNanchor_149_162"><span class="label">[149]</span></a> Durch diese -Erfahrung wäre denn also buchstäblich in Erfüllung gegangen, was ich in dieser Zeitschrift (B. 1. S. 421, 422), ohne -diesen Fall zu kennen, ganz im allgemeinen vorhergesagt habe.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_150_163" id="Fn_150_163" href="#FNanchor_150_163"><span class="label">[150]</span></a> Heidelb. Jahrb. -1816. S. 199.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_151_164" id="Fn_151_164" href="#FNanchor_151_164"><span class="label">[151]</span></a> Heidelb. Jahrb. -1816. S. 199.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_152_165" id="Fn_152_165" href="#FNanchor_152_165"><span class="label">[152]</span></a> Der Vrf. -sucht durch angeführte Stellen aus verschiedenen Jahrhunderten S. 43. 44 darzuthun, die Klage über Unfähigkeit sey -ungegründet, denn sie sey zu allen Zeiten dieselbe gewesen: daraus scheint denn hervorzugehen, es sey zu allen -Zeiten ein gleiches und zwar sehr großes Maas von Gelehrsamkeit da gewesen, und immer habe es einige hypochondrische -Leute gegeben, die geklagt hätten. Ob dem so ist, mag jeder entscheiden, der die Literargeschichte kennt; aber -unter jenen Stellen ist gerade die entscheidendste, die des <cite>Donellus</cite> nämlich, sehr übel gewählt, denn -<cite>Donellus</cite> klagt daselbst gar nicht über seine Zeitgenossen, sondern über die vorhergehende Schule der -Bartolisten, denen er mit Recht den Mangel humanistischer Kenntnisse vorwirft. Offenbar will er also das vergangene -Jahrhundert in Vergleichung mit dem seinigen herabsetzen, also gerade sein eigenes Zeitalter rühmen.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_153_166" id="Fn_153_166" href="#FNanchor_153_166"><span class="label">[153]</span></a> -Publicationspatent § 7: Einleitung § 6.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_154_167" id="Fn_154_167" href="#FNanchor_154_167"><span class="label">[154]</span></a> Gründe für und -wider die mündliche öffentliche Rechtspflege. Mainz 1816. 8. S. 32 (Anmerkung des Herausgebers).</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_155_168" id="Fn_155_168" href="#FNanchor_155_168"><span class="label">[155]</span></a> Der Recensent -meiner Schrift vom Beruf &c. Hallische Lit. Zeit. 1815. October S. 201-211.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_156_169" id="Fn_156_169" href="#FNanchor_156_169"><span class="label">[156]</span></a> Leipz. Lit. Zeit. -1815. September, Nr. 235. (Recension von Gönners Schrift.)</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_157_170" id="Fn_157_170" href="#FNanchor_157_170"><span class="label">[157]</span></a> Besonders Gött. -Anzeigen 1814. St. 194 u. 1815 St. 108.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_158_171" id="Fn_158_171" href="#FNanchor_158_171"><span class="label">[158]</span></a> Jenaische Lit. -Zeit. 1814. B. 4. S. 327. 328.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_159_172" id="Fn_159_172" href="#FNanchor_159_172"><span class="label">[159]</span></a> Leipziger Lit. -Zeit. 1815. Septemb. St. 234.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_160_173" id="Fn_160_173" href="#FNanchor_160_173"><span class="label">[160]</span></a> Heidelb. Jahrb. -1815. S. 661.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_161_174" id="Fn_161_174" href="#FNanchor_161_174"><span class="label">[161]</span></a> Bairische -Verordnung vom 19. Okt. 1813 vor dem erstem Band der Anmerkungen zum Strafgesetzbuche S. III. »Hierbei ist es auch -Unser ausdrücklicher Befehl, daß außer dieser von Uns selbst angeordneten Darstellung durchaus von keinem andern -Staatsdiener oder Privatgelehrten ein Kommentar über das Strafgesetzbuch in Druck gegeben werde« u. s. w.</p></div> - -<div class="footnote"> - -<p><a name="Fn_162_175" id="Fn_162_175" href="#FNanchor_162_175"><span class="label">[162]</span></a> s. o. S. -<a href="#savigny_14">14-16</a>.</p></div> - - - -<div class="tnote p4"> -<p class="noindent">Anmerkungen zur Transkription:</p> - -<p>Offensichtliche Druckfehler wurden berichtigt. Im Übrigen wurden -Inkonsistenzen in der Interpunktion und Schreibweise einzelner Wörter -belassen, da solche auch schon im Original absichtlich belassen wurden -(siehe Einleitung).</p> - -<p class="bold noindent"><a name="tnpart2" id="tnpart2">Bei der Transkription vorgenommene Änderungen:</a></p> - -<ul> -<li>"ausdrucklichen" in "ausdrücklichen"</li> -<li>"Stabilierung" in "Stabilisierung"</li> -<li>"Halbscheidsurthel" in "Halbscheidsurtheil"</li> -<li>"ursachlichen" in "ursächlichen"</li> -<li>"Plane" (im Kontext von: "die Plane des Verf.") in "Pläne"</li> -</ul> -</div> - -<p> </p> -<p> </p> -<hr class="full" /> -<p>***END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK THIBAUT UND SAVIGNY***</p> -<p>******* This file should be named 50813-h.htm or 50813-h.zip *******</p> -<p>This and all associated files of various formats will be found in:<br /> -<a href="http://www.gutenberg.org/dirs/5/0/8/1/50813">http://www.gutenberg.org/5/0/8/1/50813</a></p> -<p> -Updated editions will replace the previous one--the old editions will -be renamed.</p> - -<p>Creating the works from print editions not protected by U.S. copyright -law means that no one owns a United States copyright in these works, -so the Foundation (and you!) can copy and distribute it in the United -States without permission and without paying copyright -royalties. 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LIMITED RIGHT OF REPLACEMENT OR REFUND - If you discover a -defect in this electronic work within 90 days of receiving it, you can -receive a refund of the money (if any) you paid for it by sending a -written explanation to the person you received the work from. If you -received the work on a physical medium, you must return the medium -with your written explanation. The person or entity that provided you -with the defective work may elect to provide a replacement copy in -lieu of a refund. If you received the work electronically, the person -or entity providing it to you may choose to give you a second -opportunity to receive the work electronically in lieu of a refund. If -the second copy is also defective, you may demand a refund in writing -without further opportunities to fix the problem.</p> - -<p>1.F.4. 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INDEMNITY - You agree to indemnify and hold the Foundation, the -trademark owner, any agent or employee of the Foundation, anyone -providing copies of Project Gutenberg-tm electronic works in -accordance with this agreement, and any volunteers associated with the -production, promotion and distribution of Project Gutenberg-tm -electronic works, harmless from all liability, costs and expenses, -including legal fees, that arise directly or indirectly from any of -the following which you do or cause to occur: (a) distribution of this -or any Project Gutenberg-tm work, (b) alteration, modification, or -additions or deletions to any Project Gutenberg-tm work, and (c) any -Defect you cause. </p> - -<h3 class="pg">Section 2. Information about the Mission of Project Gutenberg-tm</h3> - -<p>Project Gutenberg-tm is synonymous with the free distribution of -electronic works in formats readable by the widest variety of -computers including obsolete, old, middle-aged and new computers. It -exists because of the efforts of hundreds of volunteers and donations -from people in all walks of life.</p> - -<p>Volunteers and financial support to provide volunteers with the -assistance they need are critical to reaching Project Gutenberg-tm's -goals and ensuring that the Project Gutenberg-tm collection will -remain freely available for generations to come. In 2001, the Project -Gutenberg Literary Archive Foundation was created to provide a secure -and permanent future for Project Gutenberg-tm and future -generations. To learn more about the Project Gutenberg Literary -Archive Foundation and how your efforts and donations can help, see -Sections 3 and 4 and the Foundation information page at -www.gutenberg.org.</p> - -<h3 class="pg">Section 3. Information about the Project Gutenberg -Literary Archive Foundation</h3> - -<p>The Project Gutenberg Literary Archive Foundation is a non profit -501(c)(3) educational corporation organized under the laws of the -state of Mississippi and granted tax exempt status by the Internal -Revenue Service. The Foundation's EIN or federal tax identification -number is 64-6221541. Contributions to the Project Gutenberg Literary -Archive Foundation are tax deductible to the full extent permitted by -U.S. federal laws and your state's laws.</p> - -<p>The Foundation's principal office is in Fairbanks, Alaska, with the -mailing address: PO Box 750175, Fairbanks, AK 99775, but its -volunteers and employees are scattered throughout numerous -locations. Its business office is located at 809 North 1500 West, Salt -Lake City, UT 84116, (801) 596-1887. Email contact links and up to -date contact information can be found at the Foundation's web site and -official page at www.gutenberg.org/contact</p> - -<p>For additional contact information:</p> - -<p> Dr. Gregory B. Newby<br /> - Chief Executive and Director<br /> - gbnewby@pglaf.org</p> - -<h3 class="pg">Section 4. Information about Donations to the Project Gutenberg -Literary Archive Foundation</h3> - -<p>Project Gutenberg-tm depends upon and cannot survive without wide -spread public support and donations to carry out its mission of -increasing the number of public domain and licensed works that can be -freely distributed in machine readable form accessible by the widest -array of equipment including outdated equipment. Many small donations -($1 to $5,000) are particularly important to maintaining tax exempt -status with the IRS.</p> - -<p>The Foundation is committed to complying with the laws regulating -charities and charitable donations in all 50 states of the United -States. Compliance requirements are not uniform and it takes a -considerable effort, much paperwork and many fees to meet and keep up -with these requirements. We do not solicit donations in locations -where we have not received written confirmation of compliance. To SEND -DONATIONS or determine the status of compliance for any particular -state visit <a href="http://www.gutenberg.org/donate">www.gutenberg.org/donate</a>.</p> - -<p>While we cannot and do not solicit contributions from states where we -have not met the solicitation requirements, we know of no prohibition -against accepting unsolicited donations from donors in such states who -approach us with offers to donate.</p> - -<p>International donations are gratefully accepted, but we cannot make -any statements concerning tax treatment of donations received from -outside the United States. U.S. laws alone swamp our small staff.</p> - -<p>Please check the Project Gutenberg Web pages for current donation -methods and addresses. Donations are accepted in a number of other -ways including checks, online payments and credit card donations. To -donate, please visit: www.gutenberg.org/donate</p> - -<h3 class="pg">Section 5. General Information About Project Gutenberg-tm electronic works.</h3> - -<p>Professor Michael S. Hart was the originator of the Project -Gutenberg-tm concept of a library of electronic works that could be -freely shared with anyone. For forty years, he produced and -distributed Project Gutenberg-tm eBooks with only a loose network of -volunteer support.</p> - -<p>Project Gutenberg-tm eBooks are often created from several printed -editions, all of which are confirmed as not protected by copyright in -the U.S. unless a copyright notice is included. Thus, we do not -necessarily keep eBooks in compliance with any particular paper -edition.</p> - -<p>Most people start at our Web site which has the main PG search -facility: www.gutenberg.org</p> - -<p>This Web site includes information about Project Gutenberg-tm, -including how to make donations to the Project Gutenberg Literary -Archive Foundation, how to help produce our new eBooks, and how to -subscribe to our email newsletter to hear about new eBooks.</p> - -</body> -</html> - diff --git a/old/50813-h/images/cover.jpg b/old/50813-h/images/cover.jpg Binary files differdeleted file mode 100644 index 607dec5..0000000 --- a/old/50813-h/images/cover.jpg +++ /dev/null |
